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Die dunkle Ritterin

von

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Zurück in der schwebenden Stadt

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Zurück in der schwebenden Stadt
 

Es war totenstill in der Violetten Zitadelle, als Marialle zusammen mit Aethas und Modera zurückkehrte. Die anderen waren offenbar noch nicht zurückgekehrt, sofern sie noch am Leben waren.

"Was machen wir jetzt?", erklang die Stimme der Erzmagierin, an den anderen gewandt.

"Wir warten. Um ehrlich zu sein, vermag ich grade gar nicht darüber nachzudenken, was geschieht, wenn sie nicht zurückkehren.", gab er betrübt zurück.

"Vielleicht waren sie einfach nur zu spät, schließlich waren sie oben auf der Pforte und Putress ganz unten.", sprach die Hohepriesterin hoffnungsvoll. Die Erzmagier betrachteten sie gedankenverloren und sagten nichts.

Auch Marialles Gedanken überschlugen sich, zwischen Angst, Sorge, Wut und Hoffnung wechselten ihre Gefühle, beinah im Takt ihres Herzschlags. Und zu jedem dieser Gefühle gab es eine Möglichkeit was der Todesritterin wohl geschehen war. Sie hatte es doch geahnt, kaum hatten sie sich wieder angenähert, würde die Priesterin sie wieder verlieren.

Die Nacht in der die dunkle Elfe sie zum Baden begleitete drang bei diesem Gedanken, erbarmungslos in ihr hoch.

Die ehemalige Paladin war zu ihr in den See gestiegen und fand ein mal wieder die richtigen Worte, die die Mauern der Priesterin bröckeln ließen. Sie hatte sie nach ihren Ängsten und Sorgen gefragt und nach kurzem überlegen, hatte sie den Fehler gemacht und sich darauf eingelassen.

Und so war es ein leichtes für ihre Gefühle, sich ungehindert Bahn zu brechen, als Dolette ihr die ausschlaggebende Frage stellte.

'Jetzt weiß ich worüber du aktuell nachgrübelst. Nun sag mir, was hat dich vorher so sehr bewegt, dass du jedes einzelne, deiner Gefühle so tief in dir verschließen musstest?' Die Hohepriesterin schluckte ein ums andere mal, nach Worten ringend und die Tränen unterdrückend. Kühle aber unglaublich sanfte Hände legten sich auf ihre Schultern und der winzige goldene Glanz in den blau schimmernden Augen, der Elfe, rang auch den letzten Widerstand in ihr nieder. Silbern tropften die Tränen hinab und brachen die glatte Wasseroberfläche auf. Marialle fixierte den Schimmer in den Augen, der Frau vor ihr und wartete darauf, dass sich ihre Züge und Farben denen der Paladin anglichen die schon vor so langer Zeit von ihr gegangen war, doch die gewohnte Irreführung blieb aus. Stattdessen fühlte sie eine unbändige Sehnsucht in sich aufsteigen. Den Drang, die marmorgleiche Haut zu berühren und zu küssen. Das war neu, so deutlich war ihr bisher nicht klar gewesen, dass sie in der Todesritterin, nicht länger nur den Schatten der Paladin sah, die Dolette einst war. Die Gefühle die in ihr tobten, galten ebenso ihrem untoten Ich, wie sie es einst für die lebendige Elfe empfunden hatte. Dolette schien die Veränderung im Antlitz der Priesterin aufgefallen zu sein und auch die Tränen liefen nicht länger ihre Wangen hinab. Sie legte den Kopf schief und das Schimmern, das von ihren Händen, an den Schultern der Menschenfrau ausging, wurde eine Nuance heller und erleuchtete ihre aschfahle Haut.

'Als du gestorben bist, wollte ich dir nach.', erklärte Marialle nun und Fassungslosigkeit breitete sich im Gesicht der dunklen Elfe aus.

'Alles hatte für mich seinen Sinn verloren. Ich stand oben auf dem Vorsprung des kleinen Berges, in der Nähe des Hofes meiner Familie und konnte mich nicht dazu durchringen zu ihnen zu gehen, um ihnen von deinem und Bertholds Tod zu berichten. Ich wollte einfach nur sterben. Ich weiß nicht mehr wie lange ich dort stand, aber irgendwann holte mich das Geschrei eines Neugeborenen aus meiner Dunkelheit. Unten im Tal sah ich Daria mit ihrer kleinen Tochter, die kurz vorher zur Welt gekommen war und mein Pflichtbewusstsein hielt mich davon ab einfach zu springen. Die kleine würde mich schließlich vielleicht irgendwann brauchen.' Sie hatte sich matt und emotionslos gefühlt, als sie der Elfe von diesen dunkelsten, ihrer Momente erzählte. Es kam ihr vor als würde sie die Geschichte einer anderen erzählen. Das Gesicht der Todesritterin war vor Schmerz verzerrt, der in ihrem Inneren zu toben schien. Sie schaute zur Seite, bemüht sich diese Gefühlsregung nicht anmerken zu lassen, doch Marialle erkannte was in Dolette vor ging, obwohl sie mehr als erstaunt war, dass es diesem, eigentlich von Gefühlen befreitem, Wesen möglich war, so empathisch zu sein. Der Priesterin glitt ein schwaches Lächeln über die Lippen, als die Arme der Elfe kraftlos von ihren Schultern rutschten und ins glitzernde Wasser glitten. Sie legte ihre Hand sanft auf eine der kalten Wangen der dunklen Ritterin und strich zärtlich mit ihrem Daumen darüber. Unter Marialles Hand begann es golden zu schimmern und zu ihrer Verwunderung wurde es nach einigen Herzschlägen sogar warm. Dolette brauchte etwas bis sie aufsah, doch der helle Glanz in ihren Augen, ließ das Herz der Hohepriesterin schneller schlagen, als sich ihre Blicke schließlich trafen.

'Es bedeutet mir viel, dass du meinen Schmerz mitfühlst, doch es war und ist niemals deine Schuld, Dole. Matere dich nicht, du bist hier und das ist alles was zählt.' Der Gesichtsausdruck der Todesritterin sprach Bände, soviel Zusprache zu ihrer eigenen und vorallem jetzigen Daseinsform hatte sie offenbar nie im Leben erwartet. Sie schien unfähig etwas zu sagen, was Marialle erneut ein leichtes Lächeln abverlangte.

'Was gibts denn da zu lachen?', fragte sie nun doch, in ihrer schlichten, fast unbeholfenen Art.

'Ich habe grade etwas erkannt und das lässt mich schmunzeln.', erklärte die Menschenfrau und Dolette verzog leicht den Mund.

'Aha und was?' Die Todesritterin, dachte wohl, dass sie sich über sie lustig machte, ohne zu ahnen welch bedeutsame Erkenntnis wirklich in der Priesterin aufgestiegen war. Marialle besann sich einen Augenblick und suchte nach den richtigen Worten, bevor sie sprach:

'Seit dem du zurück in mein Leben gestürzt bist, hatte ich gedacht, in dir immer nur die Frau zu sehen die ich verloren habe und so verzweifelt vermisse, aber jetzt wird mir bewusst, dass dem nicht so ist, dass du jetzt vielleicht anders bist, aber meine Gefühle für dich sind kein Widerhall der Vergangenheit, sondern eine neu entfachte Flamme.' Sie kam sich etwas komisch vor, so drum herumzureden, doch sie hatte Angst, die dunkle Elfe mit dem Wort Liebe zu verschrecken und hoffte, sie würde es auch so verstehen.

Dolette war erstarrt und machte es der Priesterin unmöglich, zu erkennen was grade in ihr vorging. Sie ließ schon enttäuscht ihren Blick sinken und zog die Hand von der Wange der Todesritterin zurück, als diese ihr Handgelenk packte und es mit sanfter Gewalt fest hielt.

'Marialle, in mir tobt es. Eine übermächtige Dunkelheit, drängt mich von dir fort, doch der kleine goldene Schimmer den du in mir entfacht hast wächst beständig an. Um ehrlich zu sein, wollte ich nach dem wir an der Pforte waren, davor flüchten, aber jetzt...' Die heisere Stimme der Elfe versagte ihr den Dienst, als sie ehrfürchtig von dem goldenen Funken in sich berichtet, der es so tapfer mit der Dunkelheit aufnahm. Das Herz der Priesterin schlug noch schneller, als ihr bewusst wurde, dass es Dolette grade genauso ergangen war wie ihr selbst und so bedurfte es keiner weiteren Worte mehr. Sie gab den Widerstand ihrer Hand auf und schmiegte ihren nackten Körper an den der Elfe. Bevor sie ihre Augen genießend schloss, erblickte sie das goldene Leuchten, dass den Körper von Dolette sanft umschloss. Zusammen mit dem silbernen Mondlicht ließen die Spiegelungen in der Wasseroberfläche ein vertrautes Bild von goldenem und silbernem Licht entstehen.

Marialle seufzte innerlich und schalt sich dafür, dass sie es so weit hatte kommen lassen. Der vertraute Schmerz schnürte ihre Kehle zu, seit die erste Explosion das Schlachtfeld erschüttern ließ. Die Angst, Dolette ein weiteres mal verloren zu haben, war unbändig. Aber war dieser eine Moment es nicht auch vielleicht wert gewesen, auch wenn es ein letzter war?

'Hör auf so etwas zu denken, sie kehrt sicher gleich mit den anderen zurück!' Und tatsächlich schälten sich, in diesem Moment, einige Körper in die Umgebung, der Halle der Violetten Zitadelle.

"Na bitte, da kommen sie.", ließ sich Aethas zufrieden vernehmen. Die Gestalten nahmen klare Umrisse und Farben an und als Marialle erkannte, dass die Todesritterin nicht bei ihnen war, sank sie, mit erstarrten Gesichtszügen, auf die Knie. Die Tränen liefen stumm an ihren Wangen herab, doch ihre Miene war weiterhin starr.

"Mari!" Odessa stürzte sofort auf die Hohepriesterin zu, offenbar erkennend, was sich in ihr abspielte.

"Mylady Lichtsprung, die Herrin ist in den Trupp des Großapothekers gestürzt, wir konnten sie nicht aufhalten. Wir mussten fliehen als die Geißel sich wieder auf den Balustraden der Pforte postierten und wir wissen leider nicht was aus ihr geworden ist." Marialle sagte nichts und rührte sich auch nicht. Sie sah sich selbst in Quel'danas stehend, nachdem sie erfahren hatte, dass die Elfe ihr Leben gelassen hatte. Alles kam ihr grade unendlich fern vor. Sie selbst, die anderen und selbst ihr Schmerz schien nicht mehr der ihre. Sie stand auf.

"Ich habe Sylvanas und Thrall versprochen ihnen dabei zu helfen Unterstadt zurückzuerobern. Verehrung an die Kirin'Tor.", erklärte sie nur abwesend, verneigte sich in Richtung Rhonin und drehte auf dem Absatz um, die Violette Zitadelle zu verlassen. Sie ließ nur verwirrte Mienen zurück.
 

Das war also ihr Ende. Innerlich schmunzelte sie, wozu brauchte die Welt auch eine Todesritterin, die in der Lage war zu lieben.

Liebe. Jetzt hatte sie es erkannt und war trotzdem nicht in der Lage die Menschenfrau zu beschützen. Der Tod war ihr mehr als willkommen. Sie sah die Schergen des Großapothekers auf sich zu stürmen und schloss ihre Augen, auf den Schmerz wartend, der ihrem jämmerlichen Dasein ein Ende bereiten würde, doch er blieb aus. Stattdessen vernahm sie, durch ihre geschlossenen Lider ein helles goldenes Leuchten und dachte für den Bruchteil eines Herzschlages es würde von ihr selbst ausgehen, doch dann öffnete sie ihre Augen, riss sie förmlich auf, als ein riesiger goldener Hammer die Heranstürmenden fort riss. Sie konnte nicht sofort erkennen, von wem dieser mächtige Zauber ausging, aber sie erkannte ihre Chance, doch noch ihre Rache zu bekommen. Also sprang sie wieder auf und wandte sich erneut Putress zu.

"Stellt euch Abschaum!", schrie sie ihn an. Sein Gesicht war verzerrt, Staunen und Angst zeichneten sich darauf ab, doch sie ließ sich nun nicht mehr beirren. Ihre Augen glommen bedrohlich und das leuchtende blau schien wie Rauch empor zu steigen, als sie langsam auf ihn zu trat. Zwei der abtrünnigen Verlassenen rannten, mit erhobenen Schwertern auf sie zu, doch sie wehrte die Angriffe mit ihrem Runenschwert elegant ab, drehte sich einmal um sich selbst und trennte ihnen die verfaulten Köpfe vom Körper. Hinter ihr war ein Kampf entflammt, offensichtlich hatte ein kleiner Trupp Menschen überlebt und verfolgte, ebenso wie sie, die Verräter. Sie erhob ihr Schwert und spürte wieder dessen ungnädigen Hunger nach Blut und Tod, in sich aufsteigen.

"Stellt euch!", befahl sie ein weiteres mal, doch Putress machte keine Anstalten eine Waffe zu ziehen oder einen Zauber zu formen. Es war ihr gleich, sie holte aus und ließ ihr Runenschwert niederfahren. Es durchtrennte den Hals des Apothekers mit Leichtigkeit und sie schaute seinem Kopf befriedigt dabei zu, wie er von dem, in die Knie, sackenden, Körper wegrollte.

Mit entfachtem Blutdurst drehte sie sich um und stürzte sich in den laufenden Kampf. Die Menschen waren allerdings in leichter Überzahl und so war er viel zu schnell, für ihren Geschmack, vorrüber. Dolette ließ ihre Klinge zurück in die Scheide gleiten, als jemand an sie heran trat und sie ansprach.

"Ihr musstet wahrlich Sehnsucht nach dem Tod gehabt haben, wenn ihr so viele Gegner alleine angreift, Todesritterin." Der Mann in der silbernen Rüstung, mit den blauen und goldenen Verzierungen darauf, legte Achtung in seine Worte und lächelte sogar leicht. Das Alter hatte ihn deutlich gezeichnet, dennoch war er eine beeindruckende Erscheinung und die Elfe konnte spüren, welche Macht von ihm ausging. Er kam ihr bekannt vor, aber ihr fiel nicht ein woher. So erwiderte sie sein Lächeln nur matt.

"Wäre möglich.", antwortete sie knapp.

"Da sollte man denken, ein Todesritter findet im Abschlachten seinen Grund zu leben, aber ihr scheint euren verloren zu haben." Ein Schatten glitt über ihr Gesicht, als er den Grund, für ihren halsbrecherischen Versuch, den Großapotheker allein zu stellen, ansprach.

"Eine scharfe Auffassungsgabe scheint ihr ja zu haben, Mensch. Habt ihr auch einen Namen?" Nun lachte er herzhaft.

"Tirion Fordring, Paladin der silbernen Hand." Er hielt ihr kameradschaftlich seine Hand entgegen. Und da fiel ihr ein woher sie ihn kannte. Er stand damals neben Varian Wrynn, als sie die Hohepriesterin zum ersten mal, vor der Kathedrale erblickte.

"Dolette Glutklinge, danke für eure Hilfe." Sein Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig.

"Dolette Glutklinge? Wisst ihr um euer ehemaliges Leben?", fragte er ohne Umschweife. Sie schluckte hart. Ein Paladin, natürlich wurde er bei ihrem Namen hellhörig. Verwunderlich genug, dass er sie nicht so schon erkannte. Sie konnte es nicht mehr ändern und nickte daher leicht.

"Ja, Marialle...Mir wurde ein Teil meiner Lebensgeschichte zugetragen. Ich war einst ebenfalls eine Paladin." Sie lächelte schwach, doch sein Gesicht wies schon wieder Spuren der Überraschung auf.

"Die Hohepriesterin? Wart ihr in ihrer Begleitung?" Nun weiteten sich ihre eigenen Augen irritiert.

"Ja, das war ich. In Dalaran trennten wir uns." Sie zog eine Augenbraue hoch und sah ihn fragend an, doch er ließ sie einige Herzschläge unbewusst warten.

"Als die Drachen der Lebensbinderin die Toten auf dem Schlachtfeld verbrannt haben, habe ich sie, in Begleitung der Anführer der Horde und diesem Blutelfen der Kirin'Tor, getroffen. Wenn ich das richtig gesehen habe ist sie kurz nach meinem Aufbruch, mit den Erzmagiern wegteleportiert. Sie versprach dem Kriegshäuptling, sich an der Rückeroberung, der Unterstadt Lordaerons, zu beteiligen. Ich kann euch also nicht sagen, ob sie noch in Dalaran ist." Noch während der Paladin sprach, hellte sich die Miene der Todesritterin auf und sie fiel dem Menschen unvermittelt um den Hals. Erst sah er verwundert drein, doch dann klopfte er ihr freundschaftlich auf den Rücken und lachte leise.

"Ist ja gut.", sagte er schlicht und sie zog sich schnell wieder von ihm zurück.

"Verzeiht, Lord Fordring." Er lachte herzhaft auf.

"Eine schöne Todesritterin seid ihr mir! Wenn ihr in Dalaran gefunden habt, was ihr suchtet, dann kommt zur Allianzfeste, wir werden jetzt nicht aufgeben, den Lichkönig zu Fall zu bringen! Das Schicksal ganz Azeroths hängt daran." Sie nickte ihm entschlossen zu.

"Das werde ich! Sagt, in welcher Richtung liegt Dalaran?", fragte sie und er erhob nur seine Hand und deutete zu seiner Rechten. Sie drehte sich um und begann zu laufen, so schnell sie ihre Beine trugen.

Sie war am Leben!

Vereinzelte Schneeflocken zerbarsten an ihrem Gesicht, bei der hohen Geschwindigkeit die sie erreichte. Ihre blassen Lippen zierte ein erleichtertes Lächeln.
 

"Marialle!" Es war der Anführer der Kirin'Tor, der sich vernehmen ließ, um die Priesterin an einem voreiligen Aufbruch zu hindern. Sie blieb stehen und drehte sich um, betrachtete den Erzmagier ausdruckslos. Sie wollte einfach nur hier weg. Vergessen, wieder an den Punkt gelangen, an dem sie war, bevor sie die Todesritterin traf. Vielleicht würde sie auf dem Weg nach Unterstadt einen Abstecher zu ihrer Familie machen, ihre kleine Patentochter sehen, sich Kraft abholen, um weiterleben zu können.

"Bleibt noch eine Nacht in Dalaran, überdenkt genau eure nächsten Schritte und ruht euch aus.", schlug Rhonin vor. Marialles Blick war schwammig. Es fiel ihr schwer einen festen Punkt länger zu fixieren.

"Ja, Mari. Bleib heute Nacht hier. Wenn du morgen aufbrichst werden wir dir folgen.", bekräftigte Odessa, die Worte des Magiers und wechselte einen Blick mit Borigan, um sich seines Einverständnisses zu versichern.

"Außerdem, kann es doch sein, dass es ihr gut geht und auf eigene Faust zurück nach Dalaran kehrt, gib ihr etwas Zeit. Gib die Hoffnung noch nicht auf.", fuhr die junge Magierin fort.

Hoffnung. Ja, sicher war sie nicht, dass sie Dolette ein zweites mal verloren hatte, aber konnte sie es sich erlauben zu hoffen? Würde es ihr nicht den letzten Lebenswillen rauben, wenn sie nun doch noch zu hoffen wagte und diese Hoffnung unbegründet blieb?

Hoffnung hin oder her, ihre Gefühle waren grade betäubt und vielleicht würde sie sogar etwas Schlaf finden, wenn sie sich jetzt ausruhte, also willigte sie ein.

"Also schön, ich bleibe eine Nacht hier. Wie sieht es mit euch aus Meister Plagg, wollt auch ihr mir nach Unterstadt folgen?", wandte sie sich an den Verlassenen, der bisher nur ruhig in einer Ecke stand. Als er aufsah, erschrak sie kurz, seine zerfledderten Gesichtszüge wiesen Trauer auf. Das hatte sie nicht erwartet, doch dem Untoten schien mittlerweile viel an seiner Herrin zu liegen. Die Sukkubus ihrerseits schaute nur seicht grinsend in der Gegend umher. Wie so oft schien sie nichts von dem, was um sie herum geschah, zu registrieren.

"Mylady Lichtsprung, so oder so werde ich dabei helfen mein Zuhause wieder zurück zu erkämpfen, wenn ich dies an eurer Seite tun kann, um so mehr." Er verneigte sich kaum merklich und Marialle nickte ihm zu.

"Dann lasse ich Zimmer für euch herrichten. Seid unsere Gäste, für heute Nacht. Bis dahin folgt mir und esst mit uns." Rhonin ging vor, dicht gefolgt von Vereesa, Modera und Aethas. Marialle und ihre Gefährten schritten ihnen ebenfalls hinterher, die Treppe hinauf, durch eine große Flügeltüre hinter der ein langer Flur lag. Am Ende des Flures, durchschritten sie eine weitere Flügeltür und erreichten einen großen Speisesaal. Auf der großen Tafel standen reihenweise Kerzenleuchter und von den Wänden hingen, wie schon zuvor in dem langen Flur, reich verzierte violette Wandteppiche, mit aufgestickten Zeichen der Kirin'tor, hinab.

Sie verbrachten einen ruhigen, kurzen Abend im Kreise der Kirin'Tor, der nur durch die bedrückte Stimmung zeigte, unter welch dunklen Umständen er stattfand.

Marialle stand in ihrem Zimmer, das ihr bereit gestellt wurde, blickte aus dem Fenster und betrachtete wehmütig den Mond, der über der Schwebenden Stadt thronte. Ob Odessa recht hatte, war Dolette vielleicht gar nicht Tod, sondern bereits auf dem Weg zu ihr?
 

Die Nacht war herein gebrochen, doch die Todesritterin, dachte nicht daran zu rasten, oder auch nur ihre beeindruckende Geschwindigkeit zu reduzieren. Sie rannte wie der Wind, ihr Ziel fest vor Augen. Sie musste Dalaran erreichen, bevor der Morgen anbrach, vielleicht hatte sie Glück und die Priesterin hätte die Nacht in Dalaran verbracht und würde erst am Morgen nach Unterstadt aufbrechen. Die Elfe würde das Versprechen, was sie dem Paladin gab nicht brechen. Sie stand in seiner Schuld und würde zu ihm stoßen, um dem Lichkönig endgültig Einhalt zu gebieten, aber falls Marialle Dalaran schon verlassen hätte, würde das bedeuten, sie würde womöglich in dem Glauben sein, die Todesritterin wäre Tod.

Sie rannte die ganze Nacht hindurch und der Himmel färbte sich am Horizont schon orange, als sie von weitem die Umrisse der schwebenden Stadt erkannte. Es war ein atemberaubender Anblick. Dalaran schien mühelos viele Körperlängen über dem Kristallsangwald zu schweben. Sie zog das Tempo noch weiter an, es durfte nicht umsonst sein.



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