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Die dunkle Ritterin

von

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Gefühlsregungen

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Gefühlsregungen
 

'Das ist das Ende unserer Geschichte.' Die tränen erstickten Worte, hallten in der Todesritterin unerbittlich wieder und sie konnte ihren Blick einfach nicht von dem traurig schönen Antlitz der Hohepriesterin abwenden. Sie saß auf dem Bett, der Kabine und hatte die angewinkelten Beine eng umschlungen. Das Knarren der Maschinen, die das Luftschiff in schwindelerregenden Höhen hielten, war das einzige Geräusch, das die undefinierbare Stille durchbrach, die zwischen den beiden Frauen herrschte, seit Marialle geendet hatte.

Die leuchtend, blauen Augen huschten hin und her über den Körper der Menschenfrau, die ihrerseits völlig in sich gekehrt zu sein schien. Einzig ein leises Schluchzen, alle paar Herzschläge, zeugte davon, dass sie überhaupt noch bei Bewusstsein war.

Die dunkle Ritterin verspürte den unnachgiebigen Drang, sie einfach zu packen, ihr die Tränen aus den Augen zu wischen und sie für immer zu halten, doch sie war nicht in der Lage sich zu rühren, oder auch nur ein einziges Wort zusagen. So viele Fragen stiegen in ihr hoch, doch nicht eine kam ihr über die blutleeren Lippen.

Konnte das überhaupt alles der Wahrheit entsprechen?

'Du und eine Paladin Meisterin? Lachhaft!', rief sie die Dunkelheit in sich zur Ordnung.

Aber die Gefühle waren da und egal wie unwahrscheinlich sie all das empfand, diese Verbindung, die die Priesterin, so detailliert geschildert hatte, auch sie war da. Sie spürte den Kampf in sich. Das goldene Schimmern, das während Marialle erzählte, zu einem heißen Lodern geworden war, drohte immer wieder von der übermächtigen Dunkelheit verschlungen zu werden. Und irgendwie sehnte sie sich auch danach wieder von ihr verschlungen zu werden. Die Gefühle die sie empfand, schmerzten sie schon fast physisch.

'Nein nicht nur fast, es schmerzt wirklich fürchterlich.', dachte sie bei sich, als der Schmerz plötzlich bittere Realität wurde. Sie saß an der Wand, auf dem Boden, gegenüber von dem Bett, auf dem die Hohepriesterin hockte, und kalter Schweiß stand auf ihrer Stirn. Die Todesritterin versuchte sich zusammenzureißen, doch der Schmerz ließ sie unwillkürlich zucken und ihre Arme verkrampften sich um ihren Oberkörper. Dunkelheit umgab sie und sie hörte wie Marialle sich erschrocken erhob und auf sie zu stürmte.
 

Sie hatte die ganze Zeit kein einziges Wort gesagt, keine Frage gestellt. Was mochte nur in der dunklen Elfe vor sich gehen? Genau in diesem Moment sah die Hohepriesterin, aus den Augenwinkeln, wie Dolette einfach zur Seite kippte und anfing zu zittern.

"Dole! Dolette, was ist mit dir?", rief sie während sie zu der Todesritterin stürzte. Sie ließ ihre Hände über den Körper der Todesritterin gleiten, doch konnte nichts feststellen, was sie nur den Kopf schütteln ließ. Die blau, leuchtenden Augen sahen schwach zu ihr auf und ein bitteres Lächeln glitt über die Züge ihres makellosen Gesichts.

"Hol mir Plagg.", befahl sie kraftlos. Marialle nickte besorgt und tat wie ihr geheißen.

"Halte aus, ich bin gleich wieder da."

Sie ließ die Tür hinter sich geräuschvoll ins Schloss fallen und rannte los. Die Kabine von Plagg war nicht weit entfernt und so stieß sie die Tür auf ohne zu Klopfen.

"Meister Kinnab! Folgt mir, Dolette braucht euch! Irgendwas stimmt nicht mit ihr.", befahl sie laut, während sie in den Raum trat. Was sie nun aber sah erschreckte sie und ekelte sie gleichermaßen an. Der Verlassene lag auf seinem Rücken, im Bett, das Hemd aufgeknöpft, den Blick auf seine, von Löchern durchzogene Haut freigebend. Die Sukkubus lag in seinen Armen, fuhr grade mit ihren langen Fingernägeln über seine fahle Haut und hinterließ dabei feine rosa Spuren, als sie beide erschrocken zu der Hohepriesterin aufsahen.

"Herrin Dolli verletzt? Nicht gut gehen?", kam es bestürzt von der Dämonin und während sie aufsprang, presste sie ihren Ellbogen schmerzhaft gegen die, zwar verheilte, aber noch immer schmerzende Schulter des Untoten.

"Beim verfluchten Dämon, Susi. Gib doch acht!", presste er schmerzverzerrt hervor, während die Sukkubus, Marialle im Vorbeilaufen unsanft gegen den Türrahmen drückte.

" 'Tschuldigen, Meisterin Marialle, aber Herrin Dolli verletzt." Die Priesterin schüttelte kurz, gedankenverloren den Kopf, bevor sie sich daran erinnerte weshalb sie überhaupt hier war. Sie eilte zu Plagg und zog ihn in eine stehende Position.

"Knöpft gefälligst euer Hemd zu und eilt euch, Meister Plagg." Er nickte ernst und so stürmten auch sie aus der Kabine. Von weitem waren schon merkwürdige Geräusche zu vernehmen, die weder Marialle noch Plagg, zu deuten vermochten. Sie sahen einander fragend an. Einige Herzschläge später, wurde der Menschenfrau klar, dass es sich hierbei um das Schluchzen von Susanne handelte. Als die beiden in die Kajüte bogen, bot sich ihnen ein merkwürdiges Bild. Die Sukkubus war über etwas gebeugt, das unmöglich der Körper der Todesritterin sein konnte. Sie weinte bitterlich und hielt etwas schwarzes in den Händen.

"Susi, was ist denn hier los?", fragte der Verlassene, bemüht mitfühlend, worauf sich rein der Kopf, zu den beiden Neuankömmlinge drehte, was Marialle ein Geräusch des Ekels entlockte. Die Wangen der Dämonin waren tränenüberströmt, was die Schminke so sehr verschmierte, dass ihr Gesicht einer entstellten Fratze glich.

"Herrin Dolli tot, das alles von ihr geblieben!", schluchzte sie laut und hielt den beiden, den schwarzen Stoff entgegen, den die Priesterin als den Umhang der Elfe erkannte.

"Todesritter, lösen sich doch nicht einfach so auf, oder Meister Kinnab?", fragte Marialle entsetzt und hielt den Atem an.

"Nein, Mylady. Nicht dass ich wüsste, aber wo ist sie dann?", entgegnete Plagg, was der Hohepriesterin etwas leichter ums Herz werden ließ.

"Ich weiß es nicht, wir müssen sie suchen.", beschloss Marialle und war bemüht die Sorge für den Moment hinunter zu schlucken.

"Herrin Dolli nicht tot? Susanne suchen?", fragte die Dämonin begeistert und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

"Ich frage mich, ob du auch nur annähernd so traurig wärst, wenn deinem Meisterchen etwas zustieße. Aber ja Susi, wir suchen die Herrin jetzt." Kaum hatte er geendet, schoss die Sukkubus auch schon an ihnen vorbei.

"Also gut, Meister Kinnab. Ihr bleibt hier, so viel Bewegung tut euch nicht gut, dafür wäre es gut wenn einer von uns auf sie wartet, falls sie wieder kommt." Er nickte ihr zerknirscht zu. Sie verschwand aus dem Raum und richtete sich in die entgegengesetzte Richtung, in die Susanne gerannt war.

Marialle durchsuchte das Schiff eine gefühlte Ewigkeit. War an Deck, in der Kombüse, im Maschinenraum und durchstreifte die unzähligen Gänge, die das Luftschiff durchzogen.

"Beim Licht, wie groß kann denn dieses Schiff sein?", fragte sie laut zu sich selbst.

"Hast du dich verlaufen, Marialle?", erklang eine vertraute Stimme, kühl und teilnahmslos neben ihr. Dolette stand an der Ecke des nächsten Ganges lehnend und aß einen Apfel, den sie darauf achtlos in die nächsten Gang warf.

"Was? Nein, zufällig suche ich dich schon einen halben Tag lang! Wo beim Licht bist du gewesen?", stieß Maraille etwas zu ungehalten hervor und die Zornesröte stieg ihr ins Gesicht. Gleichzeitig spürte sie, aber auch wie Tränen in ihr hoch drängten.

"Wieso hast du mich denn gesucht?", erklang es missgünstig von der Todesritterin. Marialle biss sich auf die lippen. Sie wollte die Elfe mit ihrer Sorge sicher nicht einengen, aber es fiel ihr zu schwer gegen dieses gefühl anzugehen.

"Weil du Schmerzen hattest? Du hast mich zu Kinnab geschickt und als ich mit ihm zurückkehrte, warst du verschwunden!" Die Priesterin ertappte sich wie sie fast begann hysterisch zu schreien und rief sich zur Ordnung. Sie räusperte sich.

"Ich habe mir Sorgen gemacht Dolette." Die Augenbraue der Elfe zuckte kurz nach oben und ihre Gesichtszüge wurden eine Spur weicher.

"Verzeih, Marialle. Nachdem du die Kabine verlassen hattest, ging ich an Deck, um frische Luft zu schnappen und seit dem geht es mir besser, ich muss vergessen haben, dass ihr nach mir suchen würdet."
 

Sie hoffte, dass die Hohepriesterin, die Lüge nicht durchschauen würde, aber der Schmerz der sich in ihrem Antlitz ausbreitete, nachdem Dolette geendet hatte, versetzte der Todesritterin dennoch einen Stich.

'Was tust du denn da? Wieso leidest du mit ihr? Du bist eine Todesritterin, ergötze dich an ihrem Leid!', höhnte die dunkle Stimme wieder in ihr, doch das goldene Lodern wurde stark, zu stark. Die leuchtenden, blauen Augen der dunklen Elfe strahlten plötzlich wärme aus, glühten förmlich in ihren Höhlen und mit einer Hand strich sie zärtlich über die Wange der Priesterin, wobei ihre Hand golden zu schimmern begann. Dolette zuckte kurz, doch zog sie ihre Hand nicht wieder zurück, was die Priesterin aufschauen ließ und so konnte sie der Menschenfrau tief in die bernsteinfarbenen Augen blicken in denen der silberne Schimmer zu brodeln schien.

"Es tut mir leid. Sag, wie fühlst du dich?", fragte sie, was die Hohepriesterin stutzen ließ.

"Ich habe dir gerade die Geschichte deines Todes erzählt, worauf du dich vor Schmerzen auf dem Boden krümmst und du fragst mich, wie es mir geht?", stieß sie noch immer überrascht und ungläubig hervor.

"Ja." War die schlichte und knappe Antwort der Todesritterin. Marialle schien zu überlegen, lange. So ergriff die Elfe erneut das Wort:

"Diese Frage hast du dir schon lange nicht mehr selbst beantwortet, kann das sein?" Dolettes Gesicht war noch immer die makellose, starre Maske, die sie pflegte aufzusetzen, doch sie wusste, dass ihre Augen und Worte sie verrieten.
 

Marialle starrte noch immer ungläubig, fast fassungslos in die Augen der Todesritterin. Sie wusste nicht wie lange schon. Dolette hatte mittlerweile einen Arm um ihre Taille und den anderen auf ihre Schulter gelegt und wartete geduldig, während die Hohepriesterin noch immer wie erstarrt, die Arme schlaff herabhängend, in der steifen Umarmung stand. Woher, beim Licht, konnte sie auch nur erahnen, wie sie nun war, seit ihre Liebste ihr genommen wurde?

In dieser Frage lag so unglaublich viel Wahrheit, dass sie auf einmal spürte wie die Emotionen heiß in ihr hochstiegen. Die malerische Landschaft eines Tales, erstreckte sich vor ihrem inneren Auge. Sie stand an eine Klippe und schaute darauf hinab.

Marialle schüttelte sich, im Geiste, so wie physisch und wandte den Blick von den Augen der Todesritterin ab. Sie schluckte hart, um die Tränen nicht weiter aufsteigen zu lassen.

"Ich weiß nicht was du meinst, mir geht es ausgezeichnet, ausgenommen der Sorge, die ich bis eben noch empfunden habe." Sie bezweifelte, dass Dolette ihr dies abnahm, doch würde sie sicher nicht weiter nachfragen, zumindest vorerst. Die Priesterin befreite sich aus der Umarmung und drehte sich leicht weg.

"Komm, wir sollten Kinnab und Susanne informieren, auch sie machen sich Sorgen.", ließ sie kraftlos verlauten und machte Anstalten loszugehen, doch sie wurde bestimmt am Handgelenk festgehalten und das vertraute goldene und silberne Leuchten erstrahlte. Sie schluckte erneut, als Dolette sie zwang, sich ihr wieder zuzuwenden und in ihre Augen zu sehen. Der goldene Schimmer, der in diesem Moment in dem tiefen hellblau lag, ließ die Fassade der Priesterin bröckeln und so brachen sich doch Tränen ungehindert ihren Weg über ihre Wangen Bahn.

"Lass mich! Sieh mich nicht so an!", erklang Marialles verärgerte und schluchzende Stimme.

"Warum?", fragte die dunkle Elfe matt. Ihr Gesichtsausdruck schien gleichgültig, aber ihre Augen...diese Augen zeugten von Gefühlen, jeglicher Art, die man sich vorstellen konnte und ließen die Menschenfrau nicht los.

"Weil du in mich hinein schaust!", gab die Hohepriesterin ehrlich zurück. Sie bemühte sich all ihre Erfahrung und Autorität in diesen einen Satz zu legen, auf das die Todesritterin, sie endlich nicht mehr mit diesem forschenden Blick bedachte, den sie so schmerzlich liebte. Es schien zu wirken, denn nun zuckten die leuchtenden Augen für den Bruchteil eines Herzschlages, schmerzverzerrt und so wurde Marialle aus dem griff entlassen. Dolette ging schnurstracks an ihr vorbei und sagte nur:

"Zu Kinnab, nicht dass er sich weiter sorgt."

Als sie die Kajüte betraten, saß der Verlassene tatsächlich auf einem Stuhl und wippte ungeduldig mit dem Fuß.

"Lady Dolette, da seid ihr ja, konntet ihr euer Leid..." Die Todesritterin schenkte ihm einen Blick der ihn auf der Stelle hätte umbringen müsse, wäre er nicht schon tot gewesen und ließ den Untoten zumindest augenblicklich verstummen. Er nickte nur kurz und wandte sich zum Gehen.

"Ich werde mal Susanne suchen gehen, sie macht sich sicherlich auch noch immer Sorgen."

"Tut das Kinnab!", war die schlichte Antwort der Elfe und ihr Blick zeugte noch immer von Eiseskälte. Er verließ murmelnd den Raum. Die Todesritterin beachtete Marialle nicht weiter und legte sich aufs Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Erst jetzt fiel der Hohepriesterin auf, dass die Elfe ohne ihren Umhang, in der spärlichen Rüstung, einen äußerst aufreizenden Anblick bot. Die grazile Frau, auf dem Bett schien den bohrenden Blick der Priesterin zu spüren, und schaute auf. Ertappt lief Marialle rot an und schalt sich für ihre unpassenden Gedanken.

"Also?" Die Hohepriesterin wandte sich ab und wollte die Kajüte verlassen.

"Nichts also."
 

Die dunkle Elfe betrachtete den Fleck an dem die Hohepriesterin, noch vor wenigen Momenten gestanden und sie angesehen hatte und ein Seufzen entfuhr ihr.

Marialle hatte so viele verschiedene Gefühlsregungen gezeigt, während sie von ihrer gemeinsamen Zeit berichtete. Die Erinnerung daran ließ sie schmunzeln. Diese erhabene, wissende Hohepriesterin war ein ums andere mal rot angelaufen, als sie von ihrer tiefen Liebe und der Verbindung erzählte die sie seelisch und körperlich eingegangen waren. Und grade eben, hatte sie denselben beschämten Ausdruck auf dem ebenmäßigen Gesicht, das sofern es frei von Trauer, so unfassbar schön war.

Dolette musste einige male schwer schlucken, während die Priesterin, Stunden zuvor, dem Ende ihrer Geschichte immer näher kam. Natürlich wusste sie um die Sucht der Blutelfen und auch war ihr klar, dass es zu ihren Lebzeiten, wohl auch für sie einmal ein Thema gewesen war, aber die Parallelen, die es zu ihrer jetzigen Daseinsform aufwies, machten ihr Angst, zumindest wenn sie an die Menschenfrau dachte.

Sie würde Abstand halten müssen, jetzt wo sie die Geschichte um Marialle und sich kannte, erst recht. Sie würde der Priesterin mit den weichen, schönen Augen nicht noch mal dasselbe antun. Sie würde ihr Trost und Ablenkung geben. Mehr nicht und nach dem sie die Anführer, an der Pforte des Zorns gewarnt hatten, würden sich ihre Wege für immer trennen.
 

Marialle stand noch immer, mit dem Rücken an der verschlossenen Türe und ließ den Kopf hängen. Wie sehr hatten ihre Gefühle für Dolette, sie schon wieder gefangen genommen. Die Sorge war fast unerträglich und wie lächerlich sie sich gemacht zu haben schien, noch viel mehr. Es war der dunklen Elfe einfach egal gewesen, ob die Priesterin oder auch Plagg sich um sie sorgten, zumindest gab sie sich alle Mühe, um das jeden glauben zu machen.

Sie war schon in der Lage die unterkühlte Maske der Todesritterin zu durchschauen, die Hohepriesterin wusste allerdings in keinster Weise, ob sie es ertrug gegen diese Fassade stetig anzukämpfen. Dieses hin und her im Verhalten der ehemaligen Paladin, versetzte ihr Stiche, nur um sie Augenblicke später wieder zu verschließen.

Noch bevor sie ihre Geschichte erzählte, war sie der Meinung, der Hoffnungsschimmer wäre so groß und die Todesritterin auch gewillt, aber jetzt? Vielleicht war es ein Fehler es ihr zu erzählen, die wenigen Gefühlsregungen im Gesicht der Elfe, waren alle negativer Natur und schienen erst am Ende aus ihr raus zudrängen.

Ihr Kennenlernen und die schicksalhafte Verbindung, die die beiden Umgab schien sie, im Gegensatz, nur wenig zu bewegen.

Nur als sie vorhin so wissend fragte, wie ihr Befinden sei, war Marialle kurz schwach geworden, doch sie besann sich. Dolette war eine Todesritterin, es war ja nicht so, dass Todesritter nichts fühlen konnten, aber alles in der dunklen Elfe schien gegen positive Gefühle anzukämpfen. Im Leid hingegen scheint sie äußerst gern zu baden. So beschloss die Hohepriesterin, die Anführer von Allianz und Horde, an der Pforte des Zorns, so schnell es ginge zu alarmieren und sich dann wieder dem Turm des heiligen Lichts zu widmen, so wie Yskopaiah es einst für sie erdacht hatte. Sie lehnte sich von der Türe und wandte sich nach links, um in ihre Kabine zu gehen und endlich etwas schlafen zu können, lange würde die Überfahrt nicht mehr dauern.
 

Das Schreien von Möwen ließ sie aufschrecken. Wellenrauschen drang an ihre Ohren und stumpfes Gehämmer aus weiter Ferne. Die gleißenden Strahlen der aufgehenden Sonne fielen durch das Fenster zu ihrer rechten. Sie drehte sich ein Stück und stellte ihre aschfahlen Füße auf dem Holzboden ab, um aufzustehen. Das Zimmer war groß und schlicht eingerichtet, einige liebevolle Details, wie ein schöner Strauß Gartenblumen und die verzierte Gardine, machten es lebendig. Sie stand auf und trat durch die einzige Türe, gegenüber. Es war ein Wohnzimmer, mit einem kleinen Sofa, dazugehörigem Tisch und zwei Sesseln, darin. Auch hier zeugten die Details von der Liebe, mit dem der Raum eingerichtet worden war. Ein Tresen trennte das Zimmer von der kleinen Kochnische und der Feuerstelle, daneben hing ein kleiner Spiegel auf Kopfhöhe. Die Todesritterin trat an ihn heran.

Sie erschrak kurz bevor ihr klar wurde was sie sah. Dunkle, blaue Augen blickten zurück in ihre. Die Lippen voll und rosa, die Hautfarbe rosig und die Haare golden wie die Sonne. So musste sie ausgesehen haben als sie noch am Leben war, doch als sie auf ihre Hand schaute, war diese grau und leblos. Ein leises Geräusch aus dem Schlafzimmer riss sie aus ihren Gedanken und sie wandte sich von ihrem verfälschtem Spiegelbild ab, um zurück ins Schlafzimmer zu schleichen. Erst jetzt wurde ihr klar, wie groß das Bett war aus dem sie Augenblicke vorher gestiegen war und dass in diesem eine Frau lag. Dolette wusste sofort wer es war, als sie den hellbraunen Schopf, zwischen den Decken und Kissen, hervorragen sah. Marialle schien zu träumen, sie stöhnte leise und strampelte sich mit der Zeit, die Decke vom Körper. Dolette spürte wie ihr eine leichte Hitze in die Wangen schoss, als sie die nackten, wohlgeformten Konturen der schönen Hohepriesterin entdeckte. Obwohl, ihre Haare trug sie anders, wahrscheinlich war diese Marialle jünger.

"Dole!", keuchte die Menschenfrau und rollte sich noch immer hin und her. Die Elfe schluckte hart und nahm ihren Mut zusammen, bevor sie sich zu ihr setze und über sie beugte. Sie strich ihr sanft über die Wange, was ihre Hand sanft golden schimmern und die Wange der jungen Priesterin, zu Dolettes Überraschung, hell silbern erstrahlen ließ. Es war so viel heller als alles was die dunkle Ritterin bisher von der Verbindung zwischen Marialle und ihr gesehen hatte. Die blau, schimmernden Augen, der Todesritterin weiteten sich noch weiter vor Erstaunen und ihre Ohren zuckten als sie die zarte Stimme vernahm.

"Guten Morgen, Dole. Wird es schon Zeit?" Ihre Stimme war zuckersüß und verführerisch, ähnlich wie an dem Morgen nach Therez' Bestattung, aber so lasziv drang sie noch nie an die Ohren der dunklen Elfe.

"Nein, du hast glaube ich etwas Schlechtes geträumt, schlaf weiter.", sagte sie nur leise und so warm es ihr möglich war. Sie wollte diesen Anblick noch weiter genießen. Marialle schien ihr mehr denn je wie eine Erscheinung, ein übernatürliches Wesen. Doch die Priesterin stutzte und zog eine kokette Schnute. Dolette musste sich beherrschen sie nicht einfach zu küssen, bis die Menschenfrau aufhören würde zu atmen.

"Alles in Ordnung mit dir, Liebste?", fragte sie nun deutlich aufhorchend. Marialle drohte die Augen zu öffnen was die Todesritterin auf keinen Fall riskieren wollte, denn dann war das alles hier vorbei, also legte sie ihr sanft ihre vollen, leblosen Lippen auf die blassrosanen der Priesterin. Die wärme des lebendigen Fleisches unter ihr schien in die Untote überzugehen, sie spürte wie die Hitze in ihr aufstieg und sie zu verbrennen drohte, doch es war einfach nur schön. Marialle hingegen ließ sich zwar kurz auf den Kuss ein, aber löste sich dann doch bestimmt daraus.

"Warst du heute Morgen etwa schon im Ozean baden, oder warum bist du so bitter..." Sie verstummte als sie die Augen endgültig aufschlug, sie waren matt Silber und einfach wunderschön. Dolette brachte keinen Ton heraus und sah nur erschrocken wie sich das Gesicht der Priesterin immer mehr vor Schmerz verzerrte und die Todesritterin schließlich von sich stieß. Die Kleidung der jungen Marialle und die Umgebung veränderte sich plötzlich. Sie standen auf einem großen Platz, den die dunkle Elfe als den Platz auf dem Sonnenbrunnenplateau auf Quel'danas erkannte. Die Priesterin sank auf die knie und starrte durch die Todesritterin hindurch, bis sie einen markerschütternden Schrei ausstieß.

"Doooooole!", hallte es in den Ohren der Elfe wieder, als sie hochfuhr und sich den kalten Schweiß von der Stirn wischte.

Ein Traum.

'Verdammt!'

Die Tür zu ihrer Kajüte wurde geräuschvoll aufgestoßen und die Sukkubus stürzte in den Raum. Sie passte mit ihren aufgeregt flatternden Schwingen kaum durch die Tür.

"Herrin Dolli krank?", fragte sie als sie die Untote betrachtete. Von Weitem hörte sie weitere Schritte und konnte sich nicht gegen die enge Umarmung wehren, in die sie von der Dämonen gezogen wurde.

"Susi, du musst doch klopfen bevor du in die Kabine der Herrin gehst!", prustete der Verlassene atemlos aber lachend los, als auch er den Raum betrat. Der Anblick der Elfe, mit dem Kopf zwischen dem üppigen Busen der Sukkubus, um Atem ringend, ließ ihn erröten sofern man das sagen konnte und der Farbton wurde noch eine Nuance dunkler als Susanne erneut zu sprechen begann:

"Meisterchen auch kuscheln?" Er war versucht sich einfach dazu zuwerfen, doch in dem Moment betrat auch Marialle die Kajüte, die erst ebenfalls errötete, um dann einen sorgenvollen Blick aufzulegen, als sie Dolette genauer betrachtete.

"Susi raus aus dem Bett, sofort!", befahl sie und legte all ihre Autorität in ihre Stimme. Zur Überraschung der Todesritterin gehorchte die Dämonin und entließ sie aus ihrem Griff. Marialle stürzte zu Dolette und kniete sich vor dem Bett auf den Boden.

"Was hast du? Du schwitzt ja am ganzen Leib." Nun erntete sie auch einen besorgten Blick des Hexenmeisters, der alle Hand mit der verschmähten Sukkubus zu tun hatte.

"Jaaa, ich hab nur schlecht geträumt.", sagte sie steif und versuchte sich an einem Lächeln, doch der Blick der Priesterin verriet ihr, dass sie aufs Neue durchschaut worden war. In dem Moment erklang der dröhnende Ruf des Steuermanns, durch das Schiff.

"Der Hafen der Vergeltung ist in Sichtweite!" Sie waren in Nordend angekommen.



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