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You Always Meet Twice A Lifetime

Final Fantasy VII
von

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Anxious Hearts

Wenige Stunden später...
 

Bedrücktes Schweigen erfüllte den Konferenzraum. Einzig Tifas Schritte waren zu hören, als sie nervös vor dem großen Panoramafenster hin- und herschritt. Draußen regnete es schon wieder - oder immer noch. Das Licht der schwachen Herbstsonne, die gerade erst am Horizont aufstieg, drang kaum durch die dicke Wolkendecke. Tifa hätte gut noch ein paar Stunden Schlaf gebrauchen können, aber Reeve hatte Cloud und sie vor einer halbe Stunden wecken und über den Vorfall in der Nacht unterrichten lassen. Seitdem warteten sie hier auf neue Nachrichten.
 

Abrupt blieb sie stehen und schnaubte frustriert. "Verdammt! Was dauert da so lange?"
 

"Beruhig dich, Tifa." Im Gegensatz zu ihr saß Cloud am Konferenztisch und wirkte deutlich gefasster. Nur seine Mimik verriet ein Spur von Besorgnis. "Reeve wollte gleich hier sein."
 

Sie sah ihn finster an und nahm ihre Marschroute wieder auf. "Ich hab in der letzten Woche zu viele nächtliche Angriffe erlebt, als dass ich mich beruhigen könnte."
 

"Es hilft auch nichts mehr, wenn du jetzt ein Loch in den Teppich läufst."
 

Tifa blieb abermals stehen und stieß beleidigt Luft aus. Sie wollte etwas Scharfes erwidern, überlegte es sich dann doch anders. Cloud hatte Recht. Sie setzte sich ihm gegenüber an den Tisch und griff nach der Tasse mit Kaffee, die man ihr bereitgestellt hatte - wenn auch nur um eine Beschäftigung für ihre Hände zu haben. Sie starrte eine ganze Weile besorgt in die dunkle Flüssigkeit, bevor sie schließlich an dem warmen Getränk nippte. Sie hoffte, Elena und Cid waren in Ordnung. Sie wusste bisher nur, dass es in der Nacht einen Angriff gegeben hatte, der wohl Raika gegolten hatte, und die drei verletzt worden waren. Wie schwer hatte ihr niemand sagen können - oder wollen.
 

Als die Tür sich öffnete und Reeve endlich auftauchte, sprang Tifa auf und verschüttete aus lauter Hektik etwas von ihrem Kaffee.
 

"Wie geht es ihnen?", fragte sie aufgeregt. "Kommen sie durch? Warum zur Hölle hast du uns nicht früher geweckt?"
 

Reeve legte eine dünne Mappe auf den Tisch und hob dann beruhigend die Hände. "Keine Sorge. Alle sind am Leben und kommen durch." Er seufzte leicht. "Das Mädchen hat unglaubliches Glück gehabt. Drei Wurfmessern haben sie in die Brust getroffen, aber der potentiell gefährlichste Treffer ist von ihrer Schiene abgefangen worden. Die anderen beiden waren zwar auch nicht harmlos, aber die Notoperation war erfolgreich. Jetzt muss sie nur noch aufwachen."
 

Tifa verschränkte ihre Arme und starrte Reeve ungeduldig an. Das war noch nicht das, was sie hören wollte. Sie unterbrach ihn allerdings nicht.
 

"Cid hat einige blaue Flecken und einen unschönen Bruch an der rechten Schulter davon getragen. Das wird einige Zeit brauchen um zu heilen, allerdings ist er sonst schon wieder wohl auf - wenn man sein Wohlbefinden an der Anzahl der Schimpfwörter pro Minute messen kann."
 

"Und Elena?"
 

"Elena geht es gut. Sie ist bei Doktor Arcula."
 

Erleichterung machte sich bei Tifa breit, wurde aber schnell durch Verwirrung ergänzt.
 

"Ich dachte, sie wurde auch verletzt."
 

Reeve nickte zustimmend. "Habe ich zuerst auch gedacht, aber offensichtlich hat sie nur ein paar Kratzer abbekommen."
 

"Hat sie sich...?", begann Tifa unsicher, aber Reeve schüttelte den Kopf.
 

"Soweit ich weiß, nicht."
 

"Wer waren die Angreifer?", mischte sich Cloud, immer noch am Tisch sitzend, endlich in das Gespräch ein.
 

"'Der' Angreifer", stellte Reeve klar. "Es war nur ein einziger."
 

Sowohl Tifa als auch Cloud sahen ihn ungläubig an, während er zwei Fotos aus der Mappe holte und auf den Tisch legte. Tifa hob eines davon auf und betrachtete es näher. Es zeigte einen blassen, toten, jungen Mann, der ziemlich offensichtlich wutainesischer Abstammung war. Das Bild war kurz unterhalb seines Halses abgeschnitten, aber ein paar rote Ränder ließen Tifa annehmen, dass er an einer Wunde in seiner Brust gestorben war.
 

"Wer ist das?", fragte Cloud, der das andere Foto in seiner Hand hielt.
 

"Ich hatte gehofft, dass ihr mir das vielleicht sagen könntet." Er zog sich einen Stuhl heraus und setzte sich hin. "Laut Elena hat Raika ihn angeblich 'Shishima' genannt. Sein primäres Ziel war offensichtlich das Mädchen, also gehört er wahrscheinlich zu Mishimas Leuten, aber wir haben keinerlei Informationen über ihn. Er war weder bei den normalen Truppen, noch bei SOLDAT."
 

"Ein Auftragskiller vielleicht", schlug Cloud vor. "Mishima scheint ja manchmal auch Kräfte von außerhalb seiner Gruppe anzuheuern. Er hat auch Elena angestellt."
 

Tifa schloss kurz die Augen. Sie hatte schon vollkommen verdrängt, wie diese ganze elende Sache überhaupt begonnen hatte. Irgendwie widerstrebte es ihr daran zu denken. Sie betrachte das Foto noch ein letztes Mal, dann legte sie es zurück auf den Tisch.
 

"Wie konnte er hier eindringen?", fragte sie schließlich um das Thema fortzuführen.
 

Reeve stieß ein langgezogenes Seufzen aus. "Ich habe keine Ahnung. Ich weiß weder wo, noch wie er hier hereingekommen ist. Er taucht auf praktisch keinem Überwachungsvideo auf. Er hat die Wächter im Verwahrungstrakt umgebracht, aber ansonsten konnte er wohl jedem Widerstand aus dem Weg gehen. Das muss ein absoluter Profi gewesen sein." Er betrachtete eines der Fotos. "Wer zum Teufel war der Kerl?"
 

Tifas Blick haftete noch einen Augenblick auf dem Foto, aber ihre Gedanken kreisten um etwas anderes. "K-kann ich... Können wir zu ihnen?"
 

* * *
 

Elena betrachtete ungläubig die Wunde an ihrer rechten Hand. Sie hatte das nicht geträumt. Sie wusste, dass Shishimas Klinge ihre Hand durchstoßen hatte, aber jetzt war es nichts weiter als ein größerer Schnitt auf jeder Seite. Dasselbe galt für ihre Schulter und ihren Oberschenkel. Die Wunden dort waren vor ein paar Stunden noch mehr als bloße Kratzer gewesen - deutlich mehr als das. Nur ihr Kopf brummte noch von dem letzten Treffer des Ninjas. Nicht, dass sie sich über diese spontane Genesung beklagen wollte, nur war es irgendwie unheimlich - ziemlich unheimlich sogar.
 

"Guten Morgen." Arculas nicht mehr ganz frische Stimme schreckte sie aus ihren Gedanken auf. Dunkle Ringe umrahmten die Augen des Doktors, der sich kurz zu einem schwachen Lächeln zwang.
 

"Sie sehen nicht so aus als hätten Sie viel geschlafen, Doc."
 

"Sie hatten auch keine ruhige Nacht, wie mir zu Ohren gekommen ist." Er unterdrückte ein Gähnen. "Alles in Ordnung mit Ihnen? Haben Sie sich wieder verw..."
 

"Mir geht’s gut! Das war nichts, was ich mittlerweile nicht schon gewohnt wäre", unterbrach sie ihn schnell. Sie hatte keine Lust ihre wenig ruhmreiche Begegnung mit dem Attentäter ein drittes Mal nachzuerzählen. Nachdem sie auf der Krankenstation wieder zu sich gekommen war, hatten Reeve und einige andere sie den Rest der Nacht ausgefragt. "Einer Ihrer Chefs hat mich runter geschickt. Können Sie mir sagen, was ich hier mache - außer Ihnen den Schlaf zu rauben?"
 

"Ihr Sedativum ist fertig."
 

Elena sah den Doktor ungläubig an. "Jetzt schon?"
 

"Naja, ein erster Prototyp zumindest", gab er zu. "Ich hab die ganze Nacht daran gearbeitet. Ich benötige nur noch einen kleinen Augenblick ihrer Geduld. Setzen sie sich solange, ich bin gleich wieder da."
 

Ohne lange eine Antwort abzuwarten, verschwand Arcula durch eine Tür in einen anderen Teil des Labors. Elena verschränkte misstrauisch die Arme und lehnte sich gegen den Untersuchungtisch, setzte sich allerdings nicht. In ihren Ohren hörte sich das viel zu einfach an. Und schon allein das Wort 'Prototyp' traf nicht gerade auf Wohlgefallen bei ihr.
 

"Du bRAuChst dAs nIcHT."
 

Apropos 'einfach'. Sie schloss die Augen und versuchte das Gekreische auszublenden. Sehr plötzlich erschien ihr auch der Prototyp eines Prototypen von einem Gegenmittels wieder verlockend.
 

"DU BRaUchSt nUR mICh!"
 

"Halt die Klappe!". Elena verfluchte sich innerlich sofort dafür, aber sie schaffte es einfach nie, darauf nicht zu reagieren.
 

"DeNkST Du, dU wÄrSt nOCh aM LeBen oHnE mIcH? GeSterN NAchT haBE iCh dIcH geREttEt. IcH, uND nIeMAnD sOnSt. ... WIEdEr eINmAl."
 

"Blödsinn."
 

"IcH waR scHOn ImMeR bEi dIR. OhNe miCh wÄRst du ImMEr nOCh eiN äNgSTlIcHEs DiNG In dEn SlUMs, daS veRmUTlIcH scHOn lAnGe abGEkrAtZ wÄRe. IcH bIN eS, dIe diCh aM LeBEn häLt. ErINneRst dU diCh?"
 

Sie öffnete die Augen und starrte nachdenklich gerade aus, anstatt ein weiteres Mal zu widersprechen.
 

"ICh LÜge fÜr dIcH, wEnN dU zU DumM daZu bISt. IcH laUfe fÜr diCh weG uNd veRsTEcKe UnS, wEnN Du zU tÖriCHt biSt. IcH TÖTE, wENn DU Zu FEiGe BisT. ErINNerE DIcH! Cera. Krauser. Palmer. ICh lÖsE dEiNe PrOBlEme FüR diCh, WEil Du ZU sCHwaCh dAzU BIsT. NUr weIL icH pLöTZliCh eInE StiMmE HabE, hAt sICh dARAn nIcHTs geÄnDeRt."
 

Elena betrachtete besorgt ihr verzerrtes Spiegelbild in der metallenen Oberfläche des Schrankes gegenüber. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie schwören können, es war nicht das ihr eigenes.
 

"Du dENKsT dU kAnNsT mIcH EiNfAcH sO lOS wErDEn? DU BRaUchSt mICh! OhNe miCH wIrST dU dRaUFgeHeN!"
 

Elena setzte gerade zu einer Erwiderung an, als Arcula zurück in den Raum kam.
 

"Entschuldigen Sie die Verzögerung." Er stellte ein Gestell mit einigen gefüllten Ampullen vor sich ab. Eine bernsteinfarbene Flüssigkeit schimmerte in den gläsernen Behältern und fesselte Elenas Blick. Arcula kramte währenddessen mit dem Rücken zu ihr eine frische Spritze und ein Desinfektionsspray aus einer Schublade hervor. "Machen Sie doch bitte einen Ihrer Arme frei."
 

"FaLL nIcHt aUF ihN hErEIn, dAS ZEuG brInGt DicH UM!"
 

Nach einem kurzen Zögern schälte sich Elena wortlos aus ihrer Trainingsjacke und schob einen Ärmel ihres Shirts über den Ellenbogen zurück. Sie sah zu wie der Doktor die Spritze mit dem Inhalt einer Ampulle aufzog und sie anschließend entlüftete.
 

"TöTe IhN!"
 

Elena zuckte zusammen und unterdrückte gerade noch ein überraschtes Husten, als ein stechender Schmerz durch ihre Brust fuhr, der jedoch fast augenblicklich wieder nachließ. Arcula schien nichts davon bemerkt zu haben. Mit einem grimmigen Schnauben richtete sie sich auf und marschierte auf den Doktor zu.
 

"TÖTE IHN!"
 

"Rechts oder links?", fragte Arcula fast schon verspielt und drehte sich ahnungslos zu ihr um. Er wich erschrocken zurück, als Elena plötzlich direkt vor ihm stand und mit einem grimmigen Gesichtsausdruck die Spritze aus der Hand riss.
 

"Danke, Doc." Sie starrte erst ihn und dann die Spritze einem Moment lang grimmig an, bevor sie sich die Nadel in den Arm rammte und sich die Flüssigkeit injizierte.
 

"Was tun sie denn? Sie sollten die Stelle erst desinfizieren, außerdem..."
 

Sie reichte ihm die leere Spritze wieder. "Ich wollt's hinter mich bringen, Doc."
 

"DaS wIrSt dU nOcH bErEuEn..."
 

"Sie sind eine sehr seltsame Person", sagte der Doktor mit einem Kopfschütteln und begann die Stelle nachträglich zu desinfizieren. "Hat Ihnen das schon einmal jemand gesagt?"
 

Elena zuckte nur mit den Schultern, dann sah sie Arcula eindringlich an. "Kann ich Sie etwas fragen, Doc?"
 

"Was denn?"
 

"Wie viel verdienen Sie hier?"
 

* * *
 

"Ich will doch nur eine einzige, gottverdammte Zigarette rauchen!"
 

Tifa wusste sofort, dass sie und Cloud das richtige Krankenzimmer betreten hatten.
 

"Wie oft muss ich Ihnen noch sagen, dass das nicht geht!", schrie eine Krankenschwester verzweifelt, die kurz vorm Nervenzusammenbruch zu stehen schien. "Das ist die Krankenstation, hier sind noch andere..."
 

"Komm mir nicht mit dieser blöden Ausrede! Das ist ein kümmerliches Einzelzimmer und nicht die Notaufnahme." Cids grimmige Miene hellte sich auf, als er seine beiden Besucher bemerkte. Tifa winkte ihm kurz zu.
 

"Endlich zwei Menschen, denen ich nicht sofort eine reinhauen möchte!" begrüßte er sie lautstark. Der Pilot saß aufrecht im Bett, seine rechte Schulter war inklusive fast des ganzen Armes dick bandagiert, ansonsten wirkte er aber kerngesund.
 

"Wie geht’s dir?", fragte Cloud, während die Schwester, dankbar für die Ablenkung, aus dem Raum huschte.
 

"Wie soll's mir hier schon gehen? Es fängt schon mit diesen diebischen Elstern an, die mir meine Zigaretten geklaut haben..." Cid unterbrach seine Schimpftriade abrupt, als Cloud ihm eine Packung Zigaretten und ein Feuerzeug auf die Bettdecke warf. Tifa konnte gar nicht schnell genug hinsehen, schon hatte er einen der Glimmstängel zwischen den Lippen.
 

"Du bist ein echter Held, mein Freund", murmelte Cid, während er sich die Zigarette anzündete. Er nahm zwei tiefe Züge, dann lehnte er sich entspannt gegen das aufgestelltes Kopfteil zurück.
 

Tifa konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. "Ich glaube, Cloud wollte eigentlich wissen wie es deiner Verletzung geht", meldete sie sich endlich zu Wort.
 

Cids Miene wurde wieder grimmiger. "Was soll groß sein? Der dreckige Mistkerl hat mir die Schulter gebrochen. Aber wisst ihr, was der größere Scheißdreck ist?" Er setzte sich wieder auf und begann mit seiner unverletzten Hand wild herum zu gestikulieren. "Die haben mir gesagt es dauert sechs Wochen bis das wieder verheilt ist. SECHS WOCHEN! Bloß weil keiner der feinen Herren Doktoren seinen geheimen Materiavorrat auspacken will. Ständig heißt's nur, das wäre jetzt verboten. Pff, 'verboten'. Was glaubt ihr, wie die Welt heute aussehen würde, wenn wir uns für jedes dämliche Wehwehchen sechs Wochen Zeit genommen hätten."
 

"Die Zeiten haben sich eben geändert, Cid", versuchte Cloud ihn etwas zu beschwichtigen, aber der Pilot wollte nichts davon wissen.
 

"Quatsch! Ich wette mit euch, wenn hier irgendeiner von den großen Bossen mit einem eingewachsen Zehennagel herein marschiert kommt, ist der fünf Minuten später wieder Saltos schlagend zur Tür hinaus." Er schnaubte laut aus und lehnte sich wieder zurück. "Alles eine korrupte Vetternwirtschaft."
 

Mit ein paar schnellen Zügen rauchte er seine Zigarette zu Ende und drückte sie bedenkenlos auf seinem Nachtkästchen aus, bevor er sich gleich die die nächste anzündete.
 

"Wie geht’s der kleinen Irren?", fragte er schließlich etwas ruhiger.
 

"Sie wurde operiert und ist über den Berg", sagte Cloud.
 

"Gottverdammtes Arschloch!", knurrte Cid. "Überhaupt, die ganze Bande sollte sich etwas schämen. Sie mag zwar eine irre Bombenlegerin sein, aber sie ist trotzdem noch ein Kind. Feiger geht es gar nicht mehr!"
 

Tifa konnte ihm da nur Recht geben.
 

"Ich weiß", stimmte auch Cloud zu. "Aber sie hatte Glück. Du hast ihr das Leben gerettet."
 

"Nein, hab ich nicht", erklärte er mit einem gewissen Bedauern. "Ich hab nur den Spinner erledigt, als er dachte, er hätte schon gewonnen. Und selbst dann hat er sie noch erwischt." Er deute mit einem kurzen Nicken auf Tifa. "Deine labile Turk-Freundin hat uns den Arsch gerettet. Vor seinem ersten Angriff hatte ich ihn nicht einmal ansatzweise bemerkt. Zur Hölle, selbst danach hab ihn die meiste Zeit nicht gesehen. Elena dagegen hat ihn quasi aus der Luft gepflückt. Wenn sie nicht gewesen wäre hättet ihr mich und die kleine Irre in 'nen Plastiksack stecken können."
 

Tifa blickte nachdenklich auf die glimmende Spitze von Cids Zigarette. Bisher hatte sie angenommen Elena war ebenfalls ein Ziel des Attentäters gewesen und es wäre in erster Linie Cids Anwesenheit zu verdanken, dass es nicht noch schlimmer ausgegangen war. Ihr gefiel es zu wissen, dass Elena endlich etwas Richtiges getan hatte.
 

"Muss mich wohl mal bedanken", murmelte Cid leise. Tifa musste ihm abermals zustimmen, jedoch bevor jemand noch etwas sagen konnte, sprang plötzlich der Rauchmelder an der Decke des Zimmers an und stieß ein ohrenbetäubendes Piepsen aus.
 

"Gottverdammt! Kann einer von euch das Scheißding runterreißen?"
 

* * *
 

"Hier stecken Sie also." Mishima ließ bewusst etwas Ungeduld in seiner Stimme mitklingen. "Ich muss mit Ihnen sprechen."
 

Der lange Raum, in dem er Sarcone endlich ausfindig gemacht hatte, ließ noch am ehesten auf den anfänglichen Zweck dieser Anlage schließen. Ein breiter Graben teilte den Raum in zwei schmale Hälften, die nur ein einzelner Metallsteg verband. Der Doktor lehnte am Geländer des Steges und schien Mishima nicht wirklich zu beachten. Stattdessen warf er einen faszinierten Blick auf den Inhalt des Beckens.
 

"Ein beeindruckendes Lebewesen, nicht wahr?" Mit der Frage zeigte er, dass er Mishimas Anwesenheit zumindest zur Kenntnis genommen hatte.
 

Mishima trat näher und warf ebenfalls einen Blick über das Geländer. Etwa fünf Meter unter ihnen ruhte ein langer, grauer Leib knapp unter der Oberfläche des trüben Sumpfwassers.
 

"Ja", sagte er schließlich. Er hatte dem gewaltigen Tier bisher nicht sonderlich Beachtung geschenkt. Es war bereits hier gewesen, als sie die Anlage in Beschlag genommen hatten, hatte sich aber nicht als Störfaktor erwiesen, also hatten er seinen Männern befohlen es einfach in Ruhe zu lassen. Im Nachhinein eine weise Entscheidung. Das Ungetüm hatte sich als sehr praktische Methode zur Beseitigung gewisser Abfälle herausgestellt.
 

"Wie er wohl hier hereingekommen ist?", fragte er schließlich doch von leichter Neugierde ergriffen.
 

"Diese Tiere haben nach ihrer Geburt noch nicht einmal annähernd die beeindruckende Statur von ausgewachsenen Exemplaren", erklärte Sarcone. "Der Sumpf staut sich ja offensichtlich bis hierher zurück. Er wird durch eine der Schleusen gekommen sein und hat sich hier anscheinend zu lange wohlgefühlt. Dann ist er zu groß geworden und jetzt kommt er nicht mehr hinaus."
 

"Also wird er wohl irgendwann verhungern", brummte Mishima knapp. Sein Interesse war bereits wieder verflogen und wurde abermals von Ungeduld ersetzt.
 

"Höchstwahrscheinlich." Sarcone zeigte ebenfalls kein weiteres Interesse mehr an dem Grabenbewohner und wandte sich endlich Mishima zu. "Sie wollten etwas mit mir besprechen?"
 

"Ja. Shishima."
 

Der junge Doktor zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Was ist mit ihm?"
 

"Seine 24 Stunden sind schon längst abgelaufen", sagte Mishima in einem Tonfall, von dem er hoffte, er würde Sarcone klar machen, er solle die Situation ernster nehmen. "Ich nehme also an, er hat es nicht geschafft, sich um unser kleines Problem zu kümmern."
 

"Sie meinen das Mädchen? Ru-Ri... äh..."
 

"Raika. Ich muss davon ausgehen, dass Midgar früher oder später aus ihr heraus bekommt, wo wir uns aufhalten. Wir sind hier nicht mehr sicher."
 

"Dann schicken Sie eben jemand anderen, der sich darum kümmern soll", erwiderte der Doktor immer noch wenig interessiert. "Mir ist relativ egal, wie Sie es anstellen. Ich hab Sie schließlich dafür angeheuert, dass ich mich mit so etwas nicht beschäftigen muss."
 

"Für einen zweiten Versuch haben wir nicht genug Zeit. Wir evakuieren die Anlage." Mishima machte deutlich, dass es kein Vorschlag war.
 

"Was?!" Sarcones gleichgültige Haltung löste sich in Luft auf und er trat energisch an den SOLDAT heran. "Mishima, ich habe Sie zum Lösen von Problemen und als Schutz angeheuert, nicht um mit Ihnen wegzulaufen!"
 

"Ihnen wird aufgefallen sein, dass mir langsam die Männer ausgehen."
 

"Dann heuern sie Neue an, Gott verdammt! Wofür habe ich Ihnen eigentlich das ganze Geld gegeben?
 

Mishima ignorierte ihn. "Ich habe noch einige Schlupflöcher zur Verfügung. Ihre Arbeit ist doch ohnehin beinahe abgeschlossen, oder?"
 

Sarcone warf verzweifelt die Arme in die Luft und wandte sich ab. "Die Grundlagen, ja! Aber es gibt da noch unzählige Feinheiten, die ich..."
 

"Nun, die werden warten müssen", stellte Mishima mit gelassener Sachlichkeit fest. "Eine ähnliche Einrichtung wie hier kann ich Ihnen leider nicht mehr bieten. Aber sie können ja ihren Geldgeber kontaktieren. Vielleicht ist er in der jetzigen Phase etwas weniger kontaktscheu und stellt ein Labor zur Verfügung. Auch, wenn ihm das Verschwinden seines Spitzels wohl weniger gefallen dürfte."
 

Der Wissenschaftler fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und stieß ein langes Seufzen aus. "Wenn ich mit meiner Forschung warten muss, dann kann mein Geldgeber das ebenfalls", meinte er schließlich wieder etwas ruhiger und sah zu Mishima auf. "Also schön, verfahren wir nach Ihrem Plan, brechen wir die Zelte ab."
 

"Gut. Ich sage den Männern Bescheid." Ohne noch länger abzuwarten machte Mishima kehrt und marschierte davon. "Wir haben nicht unbegrenzt Transportkapazität. Suchen Sie das Wichtigste zusammen, alles - und jeder - andere wird vernichtet."
 

* * *
 

Elena war froh, dass sie keine Uhr dabei hatte. Sie wollte gar nicht wissen, wie lange sie schon vor Tifas Tür stand und sich nicht traute anzuklopfen. Immer wieder ging sie in ihrem Kopf durch was sie sagen wollte und verwarf einen Plan nach dem anderen. Sie hatte Angst, dass sie es ohnehin wieder verbocken würde, egal was sie sagte. Insgesamt hatte sich ihre Situation mittlerweile vielleicht verbessert, aber trotzdem war seitdem sie Midgar verlassen hatten nichts mehr so verlaufen, wie sie sich das gewünscht hatte. Und sie hatte das Gefühl, dass es von Mal zu Mal nur schlimmer wurde.
 

Sie hatte Tifa seit dem Vorfall mit Cloud nicht mehr gesehen. Wahrscheinlich war sie immer noch sauer. Wer konnte es ihr verdenken? Aber hatte die Schwester auf der Krankenstation nicht gesagt, Tifa hatte sie sehen wollen? Außerdem musste sie sich zumindest einmal richtig entschuldigen - wenn das überhaupt noch möglich war.
 

Sie schloss die Augen, atmete tief durch und klopfte dann zaghaft an. Erst als sie hörte, dass die Tür geöffnet wurde, machte sie die Augen wieder auf.
 

"Elena", begrüßte Tifa sie knapp und etwas überrascht. Elena konnte nicht wirklich sagen, ob es freudige oder unangenehme Überraschung war.
 

Sie hob zur Begrüßung nur kurz ihre Hand an und begann hastig loszubrabbeln. "Hi, du wolltest mit mir reden... haben sie mir zumindest gesagt! Wenn nicht, dann..."
 

Tifa machte nur einen Schritt zur Seite und hielt ihr die Tür auf. "Komm rein!"
 

Elena ließ sich nicht zweimal bitten und trat ein. Noch bevor Tifa die Tür hinter ihr geschlossen hatte, setzte sie ihren Wortschwall fort. "Tut mir Leid, dass du so lange warten musstest. Ich war recht lange bei Arcula... und dann haben sie vergessen..."
 

Elena blieben die Worte vor Verblüffung im Hals stecken, als sie sich umdrehte und von Tifa plötzlich fest umarmt wurde.
 

"Danke."
 

Elena war immer noch sprachlos. Sie hatte mit vielem gerechnet, sogar einem weiteren Kinnhaken, aber nicht damit.
 

"Wo-wofür?", brachte sie schließlich hervor.
 

"Für letzte Nacht." Tifa löste sich wieder von ihr und schaltete den kleinen Fernseher aus, der bisher leise im Hintergrund gelaufen war. Damit bestand die Geräuschkulisse des kleinen Zimmers nur noch aus dem unablässig gegen das Fenster prasselnden Regen.
 

"Cid hat mir erzählt, was du getan hast", fuhr Tifa fort und lehnte sich gegen den Tisch, auf dem der Fernseher stand. "Du hast sein Leben gerettet. Und das von Raika."
 

Daher wehte also der Wind.
 

"Ich glaube, er hat es falsch erzählt", meinte Elena bescheiden. Sie war auf ihren Auftritt von letzter Nacht nicht sehr stolz. Sie wusste schließlich woran es in erster Linie lag, dass sie alle noch am Leben waren. "Ich wurde KO geschlagen. Den Assassine hat er umgebracht - wurde mir zumindest gesagt."
 

"Cid meinte, ohne dich hätte er es nicht geschafft. Und ein Lob aus seinem Mund ist etwas seltenes." Tifa schenkte ihr ein aufmunterndes, scheinbar ehrlich gemeintes Lächeln, das jedoch gleich darauf von einem besorgtem Gesichtsausdruck abgelöst wurde. "Wurdest du nicht auch verletzt?"
 

"Eine dicke Beule am Hinterkopf und ein paar Kratzer." Sie zeigte ihr nur kurz die Schnittwunde an ihrem Handrücken. "Ich... ich nehme an, ich hatte Glück."
 

Tifa schien sich mit dieser Antwort zufrieden zu geben, da sie nicht weiter nachhakte. "Und was sagt dieser Doktor...?"
 

"Arcula."
 

"Genau. Kann er dir helfen?"
 

"Bisher nicht", gestand die Turk, fügte dann aber schnell hinzu, "a-aber er hat etwas entwickelt, quasi eine Art Beruhigungsmittel, dass es zumindest für einige Zeit unterdrücken soll."
 

Tifa sah sie misstrauisch an. "Aber geheilt wirst du dadurch nicht?"
 

"Es... nein...", seufzte Elena. Sie hatte schon damit gerechnet, dass Tifa von dem geringen Fortschritt nicht sehr begeistert sein würde.
 

"Warum darfst du dann frei herumlaufen?"
 

"Reeve hat mir eine Stunde Ausgang gewährt." Es war die Wahrheit, nur fürchtete sie fast, Tifa würde es ihr nicht glauben. Ein knappes 'Ah' war jedoch zunächst ihre einzige Antwort.
 

"Nun, zumindest ist es ein Anfang. Das Beruhigungsmittel, meine ich", sagte Tifa schließlich. Scheinbar bemühte sie sich dabei zuversichtlich zu klingen, dann allerdings lächelte sie Elena wieder an. "Und ich bin froh, dass dir nichts passiert ist."
 

Ein wohltuendes Gefühl der Erleichterung machte sich in Elena breit. Sie erwiderte das Lächeln kurz und ging zu Tifa hinüber. Es gab noch eine letzte Sache, die sie zu klären hatte.
 

"Tifa." Sie fasste die Dunkelhaarige, die sie unschlüssig ansah, an den Händen. "Das mit Cloud tut mir so unendlich Leid! Ich wollte ihn nicht angreifen, wirklich nicht! Nur als ich euch... als ich ihn gesehen hatte..." Etwas verzweifelt suchte sie nach den richtigen Worten. "Reno hat mich kurz zuvor so unglaublich wütend gemacht... ich habe einfach die Kontrolle verloren. Und das Ding wartet nur auf sowas..."
 

Elena brach ab, als sie sah wie sich das Gesicht der anderen Frau verfinsterte. Tifa löste ihre Hände aus Elenas Griff und kehrte ihr den Rücken zu, dann trat sie vor das Fenster und starrte wortlos hinaus. Elena stieß ein enttäuschtes Seufzen aus und lehnte sich gegen den Tisch, den Blick zu Boden gesenkt. Tifa war ihr also doch immer noch böse. Aber was hatte sie auch anderes erwarten sollen? Wäre es besser gewesen, nicht wieder davon anzufangen?
 

Eine ganze Zeitlang sagte keine der beiden ein Wort. Nur das Geräusch der an der Glasscheibe zerschellenden Regentropfen überdeckte die unangenehme Stille, bis Tifa plötzlich ihre Fäuste mit einem Knurren auf die Fensterbank donnerte.
 

"Ich hasse dieses gottverdammte Dreckswetter!", schimpfte Tifa, bevor sie dann etwas ruhiger fortfuhr. "Regen, Regen, immer nur Regen. Das geht jetzt mittlerweile fast vier Wochen so." Sie lehnte ihre Stirn gegen die Fensterscheibe. "Kommt mir so vor als wären es schon vier Jahre..."
 

Elena seufzte leise. Sie wusste nicht so recht, ob sie erleichtert sein sollte. Tifas letzter Ausbruch galt wohl nicht ihr, aber allen Anschein nach wollte sie auch nicht über den Vorfall von gestern reden. Es war wohl das Klügste es ihr einfach gleich zu tun und das Thema zu wechseln.
 

"Ich kann Regen auch nicht ausstehen", begann die Turk zu erzählen. "Auch ein Grund, warum an die Costa del Sol gezogen bin." Ihre Lippen formten ein zynisches Lächeln. "Dumm nur, dass es da auch eine dreimonatige Regenzeit gibt. Die müsste ohnehin bald wieder..."
 

"Warum zur Hölle tust du das?!" Tifa fuhr so schlagartig herum, dass Elena erschrocken zusammen zuckte.
 

"W-Was?"
 

"Ich bin nicht blöd", zischte Tifa sichtlich aufgewühlt und begann dann den kleinen Raum auf- und abzuschreiten. "Ich weiß warum du Cloud angegriffen hast: Du warst eifersüchtig. Auf ihn! Schön, du hast da vielleicht die Kontrolle verloren, aber glaub nicht, dass ich deine kleine Einlage auf der Fähre vergessen habe. Da warst du bereits wieder du selbst."
 

"I-ich...", versucht die Turk sich zu verteidigen.
 

"Du weißt, dass ich eine Frau bin?", unterbrach Tifa sie und deute auf sich selbst.
 

"Ja... ja natürlich! Aber... also, ich..." Elena überlegt kurz, wie sie es am besten formulierte und wich dabei Tifas Blick aus. "Ich hab mir da nicht wirklich eine Grenze gesetzt."
 

"Aber wieso?" Sie warf in Arme in die Höhe und marschierte immer noch vor Elena hin und her. "Woher? Warum?!"
 

Elena schluckte schwer. Sie hatte sich das anders gewünscht. Im Moment kam sie sich vor wie bei einem Verhör.
 

"Du... Du warst da für mich. Du hast mir das Leben gerettet, dich um mich gekümmert, ohne daran zu denken was früher zwischen uns war. Da ist es einfach... irgendwie... passiert?" Sie versuchte Tifa mit einem unsicheren Lächeln etwas zu beruhigen.
 

"Großartig!" Es schien nicht zu funktionieren. Tifa wandte sich wieder von ihr ab.
 

"Wirklich großartig", wiederholte die Dunkelhaarige deutlich kraftloser als gerade eben noch und starrte abermals zum Fenster hinaus. "Dann bin ich also wieder mal die glückliche Gewinnerin, weil ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und kein Schwert durch die Brust gerammt bekommen habe?" Sie stieß ein lautes Seufzen aus und ließ abermals ihren Kopf mit einem dumpfen Geräusch gegen die Glasscheibe sacken. "Ich brauch das nicht schon wieder. Ich kann auf diese Art der Zuneigung verzichten."
 

Elena konnte sie nur verwirrt ansehen. "Wo-Wovon redest du?"
 

Tifa drehte sich wieder um, lehnte sich aber nach wie vor gegen das Fenster. "Dass es einfach nur Zufall war, dass ich dich gefunden habe." Sie schlang ihre Arme um sich selbst, den Blick zur Seite ins Leere gerichtet. "Es hätten genauso gut Cloud oder Cid sein können. Oder sogar Reno! Oder sonstwer. Und du würdest..."
 

"NEIN!" Mit einem Mal war Elena, klar worauf Tifa hinaus wollte. "Nein, nein, nein!"
 

Entsetzt sprang sie auf und packte Tifa an den Schultern. "Es war vielleicht tatsächlich Zufall, dass du mich gefunden hast, aber das ist mir egal. Ganz egal! Hörst du? Es ist zwar das einzige Ereignis in letzter Zeit, für das ich wirklich dankbar bin. Aber es geht hier nicht darum, dass du mich gefunden hast." Sie strich ihr eine ins Gesicht gefallene Haarsträhne beiseite und fuhr dann mit einer Hand sanft über ihre Wange. "Es geht hier um dich, und nur um dich."
 

"Elena, bitte..." Endlich sah Tifa sie wieder an. Ihre Augen wirkten so erschöpft und irgendwie verzweifelt.
 

"Tifa, hör mir zu! Ich... ich..."
 

Plötzlich zerriss ein schrilles Klingeln die Stille, so dass sie beide überrascht zusammen zuckten. Ihre Blicke wanderten zu dem Telefon, das neben dem Bett auf dem Nachtkästchen stand.
 

"Tifa...", versuchte Elena sofort den Faden von gerade eben wieder aufzunehmen, doch Tifa drückte sich an ihr vorbei.
 

"Lassen wir das", murmelte sie leise, Elena den Rücken zugewandt. Die Turk ließ sich mit hängenden Schultern zurück gegen den Fernsehtisch sinken und stieß ein enttäuschtes Seufzen aus. Sie sah zu, wie Tifa sich kurz mit dem Handrücken über die Augen fuhr und dann den Hörer abnahm.
 

"Ja?" Sie lauschte kurz der Stimme am anderen Ende, ihr Gesicht immer noch von Elena abgekehrt. "Ja, sie ist hier. Gut, ich sage es ihr. Bis gleich."
 

Tifa legte auf und drehte sich endlich wieder zu Elena um, die sie fragend ansah.
 

"Raika ist vor einer halben Stunde aufgewacht", erklärte sie ohne Blickkontakt herzustellen. "Sie will mit dir sprechen."
 

* * *
 

Eine Viertelstunde später stand Elena mit verschränkten Armen vor der großen verspiegelten Glasscheibe des Verhörraums und betrachtete ihr grimmiges Ebenbild. Sie konnte beinahe spüren, wie Reno sie von dahinter aus angrinste. Sie hatte im Moment absolut keine Lust hier zu sein und mit der Kleinen zu reden. Natürlich wollte sie, dass das Mädchen endlich verriet, wo sich Sarcone versteckte, allerdings zweifelte sie stark daran diejenige zu sein, die es dazu brachte. Sie hatte einen Teil des Verhörs am Vortag mitangesehen. Auf das laute Geschrei konnte sie gut und gerne verzichten. Aber das war nur der kleinere Grund.
 

Eigentlich wollte sie im Moment wieder viel lieber mit Tifa allein sein. Wegen der frustrierenden, abrupten Unterbrechung von gerade eben, hätte sie am liebsten laut geschrien. Aber zumindest wusste sie jetzt wieder, dass Tifa sie nicht hasste. Eher das Gegenteil. Sie hoffte jedenfalls, dass das keine Einbildung war.
 

"Hast du gar nichts zu sagen?"
 

Raikas Frage schreckte sie aus ihren Gedanken hoch. Elena drehte sich halb zu ihr um. Der Rotschopf saß zusammengekauert in einem Rollstuhl neben dem Tisch und sah sie fragend an. Raika war kreidebleich und sah nicht sehr fit aus. Das Geschrei würde heute vielleicht doch nicht ganz so laut ausfallen.
 

Elena wandte sich wieder dem Spiegel zu. "Du bist doch diejenige, die mit mir reden wollte."
 

"Schon." Selbst Raikas Stimme klang schwach und kraftlos. "Die anderen haben immer gleich angefangen mir Fragen zu stellen."
 

"Ich arbeite nicht für diesen Verein", sagte Elena. Nach einem kurzem Seufzen, dreht sie sich schließlich doch ganz um und setzte sich dem Mädchen gegenüber an den Tisch. "Ich bin nicht hier, um dich auszufragen."
 

Raika warf einen Blick in den Spiegel. "Aber wir werden abgehört, oder?"
 

"Ziemlich sicher sogar." Elena richtete einen weiteren bösen Blick auf den Spiegel und hoffte dahinter irgendjemanden damit getroffen zu haben. "Die trauen mir wahrscheinlich genauso wenig wie dir."
 

Raika sah sie verständnislos an. "Aber du bist doch ein Turk..."
 

"Ich WAR ein Turk!" Elena richtet sich in ihrem Stuhl auf und starrte irgendwo in den Raum, um dem Mädchen nicht in die Augen zu blicken. "Dinge ändern sich und Seiten können schneller wechseln als man denkt. Das sollte dir inzwischen auch klar geworden sein."
 

"Hat es Spaß gemacht?"
 

Überrascht stellte sie den Blickkontakt wieder her. "Was soll Spaß gemacht haben?"
 

"Ein Turk zu sein?"
 

Elenas Blick rutschte nach unten auf ihre Hände. Für einen kurzen Moment hätte sie über die Frage am liebsten laut gelacht. Ein kleines Mädchen, das mittlerweile in Raikas Alter gewesen wäre, hätte die Frage sicher nicht so lustig gefunden. Genauso wenig wie ein paar Dutzend anderer Leute.
 

Spaß? Hatte sie sich diese Frage überhaupt jemals selbst gestellt? Stolz, das war sie gewesen - zumindest nachdem sich der Schock ihrer Aufnahmeprüfung gelegt gehabt hatte. Und erleichtert, da ihre Todesstrafe erlassen worden war. Aber sie war gerade mal ein paar Wochen ein richtiger Turk gewesen, bevor es mit ShinRa zu Ende gegangen war. Hatte sie in der kurzen Zeit so etwas wie 'Spaß' erlebt? Sie erinnerte sich an ein paar freie Abende, die sie mit Reno und Rude verbracht hatte. Die waren bisweilen ganz lustig gewesen, auch wenn die meisten Späße auf ihre Kosten gegangen waren.
 

Allerdings erinnerte sie sich noch an etwas anderes: Die Art, wie die Leute erschrocken aufblickten, wenn sie in ihrem dunkelblauen Anzug irgendwo aufgetaucht war. Die Mischung aus Furcht und Respekt, die ihr fast überall in der zivilisierten Welt entgegengebracht worden war. Selbst die gewöhnlichen Soldaten, zu denen sie einmal selbst gehört hatte, salutierten manchmal vor ihr, auch wenn das nicht wirklich zum Protokoll gehört hatte. In diesen paar Wochen war ihr - von einem größenwahnsinnigen Zuhälter einmal abgesehen - niemand blöd gekommen. Das hatte ihr sehr gefallen.
 

"Manchmal", fasste sie ihre Antwort schließlich zusammen, die Augen immer noch nach unten gerichtet. Raika erwiderte nichts darauf und für einen kurzen Augenblick schwiegen sich die beiden einfach nur an.
 

"Nachdem sie mir gesagt hatten, ich könnte ein SOLDAT werden, da konnte ich an nichts anderes mehr denken", begann Raika plötzlich mit einem schwachen Lächeln im Gesicht zu erzählen. "Ich kannte ja die Geschichten, was SOLDATs so alles machen. Die tollen Kräfte, die sie bekommen. Die megastarke Materia, die sie verwenden dürfen."
 

Elena sah auf. Nun war es das Mädchen, das gedankenverloren vor sich hin starrte. Nach einer weiteren schweigsamen Minute blickte Raika sie wieder an.
 

"Glaubst du, Shishima hat die Wahrheit gesagt? Hat der Kommandant wirklich befohlen mich zu töten?"
 

Elena stieß einen langen Seufzer aus. "Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich. Es ist das Sinnvollste was er tun konnte", gestand sie schließlich mit einem Schulterzucken. "Gefangen stellst du für ihn ein ziemliches Sicherheitsrisiko dar. Es ist einfacher dich zu liquidieren als dich zu befreien."
 

"Ich hätte nichts verraten..."
 

Der Kloß in Raikas Hals war praktisch nicht zu überhören. Eine erste Träne kullerte ihr ebenfalls über die Wange. Unwillig das mit anzusehen, stand Elena auf und wandte sich wieder der verspiegelten Wand zu. Sie traute dem Mädchen durchaus zu in einem normalen Verhör einen Befrager nach dem anderen in den Wahnsinn zu treiben, aber wenn hier immer noch so gearbeitet wurde wie zu ShinRas Zeiten - wovon sie beim Blick auf das Personal ausging - dann wäre sie früher oder später an die wahren Spezialisten geraten. Das hätte die Kleine keine fünf Minuten durchgestanden.
 

"Irgendwann hättest du es sicher getan. Und davon mussten sie ausgehen", erklärte Elena ihr, ohne den Blick vom Spiegel zu nehmen. "So ist eben das Leben. Turks, SOLDATs, jeder, der in so einer Gruppe steckt, tut eben was getan werden muss."
 

"Und ich? Was soll ich jetzt tun?", schniefte der Rotschopf.
 

Elena trat erneut zu ihr an den Tisch. "Du kannst als heulendes Elend warten bis deine Verletzungen verheilt sind und sie dich in ein Heim stecken. Oder du kannst dieser ganzen Sache ein Ende machen."
 

Sie zog ihren rechten Ärmel ein Stück zurück und hielt Raika ihre verunstaltete Hand vor das Gesicht. "Du hast doch gestern gesehen, was dieses Zeug mit mir macht. Hilf mir Sarcone zu schnappen und diesen Dreck wieder loszuwerden. Ich bin sicher, dann lässt sich auch etwas für dich drehen und du bist bald wieder ein freies Mädchen."
 

Sie hatte auf eine Reaktion gehofft, aber Raika saß nun nur noch da und starrte auf ihren Schoß. Innerlich verfluchte Elena sich selbst. Mit dieser Strategie hatten es Reeve und seine Leute sicherlich schon den ganzen gestrigen Tag versucht. Wahrscheinlich würde sie nun wieder auf stur schalten.
 

"Das war dann wohl alles, worüber du reden wolltest", meinte die Turk und machte sich auf den Weg zur Tür.
 

"Unser Hauptquartier...", begann Raika zögerlich, woraufhin Elena sofort innehielt. "Unser Hauptquartier ist in den Mithrilbergen..."
 

* * *
 

Seit Raikas Geständnis waren keine fünf Minuten vergangen, aber als Elena zu den anderen zurückkehrte, waren die bereits eingehend damit beschäftigt die neuen Informationen zu verarbeiten. Sie hatte allerdings auch nichts anderes erwartet.
 

"Gute Arbeit, Elena", sagte Reeve, ohne sich zu ihr umzudrehen.
 

Tifas Mundwinkel zuckten kurz nach oben, was Elena einfach als aufmunterndes Lächeln und damit als gutes Zeichen wertete. Dann wandten sie und Tifa - sowie auch Cloud und Reno - sich dem großen Kartenbildschirm zu, der in verschiedenen Grüntönen Luftaufnahmen von einem Großteil der nördlichen Hälfte des Midgarkontinents zeigte. Reeve betätigte ein paar Knöpfe auf der Konsole vor dem Bildschirm, worauf in einem kleineren Bildabschnitt ein vergrößerter Ausschnitt der Region, die Raika genannt hatte, dargestellt wurde. Darauf war deutlich ein großes, einsames Gebäude mitten in den Bergen zu sehen, das Reeve mit einem grübelnden Stirnrunzeln betrachtete.
 

"Und, was meinst du?", fragte Cloud den Agenten nach einem schweigsamen Moment. "Kann das stimmen, was sie sagt."
 

"Wie ihr seht, existiert der Stützpunkt, den sie erwähnt hat, tatsächlich. Lange vor der Entdeckung von Makoenergie war das mal ein Wasserkraftwerk. Es wurde stillgelegt als der Strom versiegte und das Gebiet immer mehr zu Sumpf verkam." Er deutete mit einem Finger auf das gewaltige Sumpfgebiet, das sich unweit der Luftaufnahme des Gebäudes immer weiter nach Osten erstreckte. "Später wurde die Anlage vergrößert und zu einem kleinen Stützpunkt mit Waffenlabor umfunktioniert, wurde aber noch während des Krieges wieder stillgelegt."
 

Der Schwertkämpfer sah Reeve fragend an. "Das heißt, Mishima hätte ihn unbemerkt in Beschlag nehmen können?"
 

"Vielleicht, aber nicht für sehr lange. Solche stillgelegten Einrichtungen werden immer noch zweimal pro Jahr von einem Team inspiziert." Er gab eine Suchanfrage in seinen Computer ein und nickte wissend als er das Ergebnis bekam. "Das letzte Mal ist noch gar nicht so lange her. Und ich glaube nicht, dass Mishima so oft sein Lager wechseln kann."
 

"Vielleicht stehen die Inspektoren auf seiner Gehaltsliste", mischte sich Reno ein, der im Hintergrund an einer Wand lehnte, dabei aber dennoch ungewohnt interessiert wirkte. "Wir wissen doch, dass er hier und da immer noch alte Gefolgsleute untergebracht hat."
 

"Also glauben wir ihr?"
 

Reeve kratzte sich nachdenklich am Bart ohne Clouds Frage sofort zu beantworten.
 

"Ich weiß es nicht", sagte er schließlich. "Aber wir müssen es zumindest überprüfen."
 

"Sie lügt", warf Tifa überzeugt ein, die bisher wortlos die Karte studiert hatte. Elena sah verwundert auf.
 

Auch Reeve sah sie fragend an. "Wie kannst du dir da so sicher sein?"
 

Tifa trat näher an die Karte heran und deute zuerst auf Midgar, dann auf den Stützpunkt.
 

"Wie weit ist das von Midgar weg? Dreihundert Kilometer? Vierhundert?" Sie warf Elena einen kurzen Blick zu. Die Erinnerungen ließen eine unverkennbare Wut in ihren Augen aufblitzen. "Ich weiß noch genau, in was für einer Verfassung du warst..." Tifa brach mitten im Satz ab und dann wandte sich nach einem kurzen Zögern und einem lauten Schnaufen wieder an die übrigen. "Sie kann die Strecke unmöglich geschafft haben. Vor allem nicht innerhalb eines Tages."
 

Elena starrte den Plan lange nachdenklich an, dann schloss sie die Augen. Hatte Raika sie wirklich angelogen? Wie war sie nach Midgar gekommen? Von der Zeit in Gefangenschaft fehlte ihr immer noch ein großer Teil. Sie erinnerte sich schemenhaft an ihre Zelle, die Gang die sie in Midgar in die Finger bekommen hatte, Tifas überraschtes Gesicht, Beruga wie er sich über sie beugte - und die Schmerzen. Ihre Stirn legte sich in Falten als sich angestrengter nachdachte. Irgendetwas vergaß sie, da war noch etwas. Aber was? Sie war ausgebrochen. Und angeschossen worden. Sie war ziellos irgendwo ins Dunkle gerannt, geklettert, gefallen. Und da war... ein Licht? Ja, und ein lautes Rumpeln. Genau, sie hatte sich fallen lassen!
 

Ruckartig öffnete sie die Augen.
 

"Wartet einen Moment", unterbrach sie anderen, die bereits diskutierten was sie nun mit Raika machen sollten, und trat an den Kartenbildschirm. Sie deutete mit ihrem Finger eine lange Linie entlang die durch Mithrilberge, unweit vorbei an der Anlage bis nach Midgar verlief. "Das hier sind Bahngleise, oder? Sind die noch in Betrieb?"
 

Reeve musste nicht lange überlegen. "Ja, ziemlich frequentiert sogar. Ein Großteil des Güterverkehrs zwischen hier, den östlichen Ebenen und dem Südosten verkehrt darüber, um die anderen Strecken für den Zivilverkehr zu entlasten."
 

Die Turk ließ ihre Augen ein letztes Mal über die Karte wandern. Das musste es einfach sein. "Sie sagt die Wahrheit", meinte sie schließlich und drehte sich zu den anderen um, die sie noch wenig überzeugt ansahen. "Ich erinnere mich zwar nur bruchstückhaft, aber ich glaube... Nein, ich bin mir sicher, ich bin mit einem der Züge nach Midgar gekommen."
 

"Du bist dir sicher?", bohrte Reeve nach. "Die Züge halten dort nirgendwo. Du müsstest in voller Fahrt aufgesprungen sein."
 

Sie nickte zustimmend. "Es muss so sein. Außerdem hat Raika nicht mehr viel davon zu lügen und Mishima wird nicht leicht ein besseres Versteck finden. Mir fehlen vielleicht noch ein paar Puzzlestücke, aber das Bild lässt sich schon erkennen."
 

Sie schien Reeve halbwegs überzeugt zu haben. Er betrachtete sie noch einen Augenblick, dann trat er vor sie alle hin und schlug einen kommandierenden Ton an.
 

"Gut, dann gehen wir davon aus, dass Mishima und Sarcone dort sind. Der Angriff von letzter Nacht verrät uns, dass sie wahrscheinlich schon mit uns rechnen. Wir sollten so schnell wie möglich zuschlagen, bevor sie uns entwischen. Reno, stell ein Team zusammen." Anschließend wandte er sich an Cloud. "Ich hätte dich ebenfalls gerne mit an Bord. Wir mögen sie geschwächt haben, aber Sarcone hat immer noch drei SOLDAT erster Klasse in seiner Leibgarde."
 

Der Schwertkämpfer nickte bereits zustimmend, bevor er jedoch etwas sagen konnte fiel ihm Tifa ins Wort.
 

"Ich komme auch mit!"
 

"Du bist verletzt", wandte Cloud ein.
 

"Oh bitte!" Sie verdrehte die Augen und vollführte mit ihrem rechten Arm ein paar Bewegungen. "Wir haben uns damals vor vier Jahren mit viel Schlimmeren herumgeschlagen. Ich will Vincent genauso helfen wie du und diese Mistkerle für das, was sie Elena angetan haben, drankriegen. Außerdem..." Ihr Blick sank zu Boden. "Außerdem MUSS ich das tun - für mich selbst!" Elena und die anderen sahen sie fragend an. "Früher war alles irgendwie so viel einfacher, schwarz und weiß. Wir hatten ein Ziel, ICH hatte ein Ziel. Einen Zweck. Wir waren die Guten. Shinra die Bösen."
 

Reeve räusperte sich gekränkt.
 

"Du weißt wie ich das meine", entschuldigte sie sich kurz. "Aber die Welt hat sich in so kurzer Zeit so sehr verändert. Alles ist nur noch grau und ich fühle mich so absolut nutzlos. Auch wenn es wahrscheinlich naiv ist so zu denken, aber ich möchte zumindest einmal wieder das Gefühl haben, das Richtige zu tun." Sie sah auf und schlug mit einer Faust in ihre Hand. "Den Kampf für das Gute austragen."
 

"Hast du das vorm Spiegel geübt?", lachte Reno amüsiert auf und erntete mehrere missbilligende Blicke, worauf er verstummte aber sein Grinsen beibehielt.
 

Elena musterte Tifa. Sie konnte förmlich spüren wie es in der jungen Frau brodelte. Sie wollte etwas sagen, nur wusste sie nicht was.
 

"Schön. Du bist dabei - auf dein eigenes Risiko", gab Reeve nach kurzem Bedenken schließlich nach, auch wenn Cloud immer noch nicht von der Idee begeistert zu sein schien. "Ich glaube zu verstehen, wie du dich fühlst." Er begann leicht zu grinsen. "Aber dafür musst du Cid beibringen, dass er definitiv NICHT mitkommen kann."
 

"Hart aber fair", erwiderte Tifa mit einem Lächeln.
 

Es klopfte an der Tür und gleich darauf steckte ein etwas ungeduldig wirkender Sicherheitsmann seinen Kopf zur Tür herein.
 

"Entschuldigen Sie, Boss. Die Kleine besteht darauf, noch einmal kurz mit Ihnen allen reden."
 

"Bring sie rein!"
 

Der Mann nickte knapp, stieß kurz darauf die Tür auf und schob das Mädchen in seinem Rollstuhl herein. Raika winkte zur Begrüßung schwach mit ihrer heilen Hand.
 

"Ist dir noch etwas eingefallen?", fragte Elena.
 

Sie schüttelte den Kopf. "Nein, das war alles was ich weiß. Aber ich... ich wollte euch noch um etwas bitten."
 

"Was denn?"
 

"Ihr werdet mit ihnen kämpfen, oder?" Raikas Augen waren zu Boden gerichtet. "Mit Lorgan und den anderen, meine ich. Sie werden sich nicht ergeben und dann werdet Ihr gegen sie kämpfen und sie töten, nicht wahr?"
 

"He, das siehst du ganz richtig, wir...", begann Reno, aber Reeve ließ ihn mit einem Blick verstummen. Elena funkelte ihn dennoch böse an, bevor sie sich wieder an Raika wandte.
 

"Es wird sich wohl nicht vermeiden lassen."
 

"Ich weiß. Das dachte ich mir schon." Sie sah auf und blickte in die Runde, bevor ihre Augen an Elena haften blieben. "Aber... aber könntet ihr Lorgan bitte verschonen und ihn dann mit mir gehen lassen, wenn alles vorbei ist? Bitte?"
 

Ein betretenes Schweigen machte sich unter den Versammelten breit. Elena tauschte vielsagende Blicke mit Tifa und Reeve aus. Sie stieß einen langen Seufzer aus, bevor sie sich zu dem Mädchen hinab kniete.
 

"E-er hat auch ganz sicher nichts mit der Sache von gestern zu tun. Er nicht!"
 

"Raika", sagte Elena schließlich leise.
 

"Er macht das alles nur, weil er es für seine Pflicht als SOLDAT hält", fuhr Raika fort ohne auf Elena zu achten. "Er ist der einzige, der mich... Ich..."
 

"Raika", wiederholte Elena nachdrücklicher, worauf der Rotschopf schließlich verstummte und sie hoffnungsvoll ansah. Die Turk benötigte einen Augenblick bis sie es endlich heraus brachte. "Lorgan ist tot."
 

"W-was?" Raika schüttelte den Kopf und sah sich kurz hilfesuchend um. "D-du lügst doch. Das ist nicht wahr!"
 

Elena schaffte es nicht länger den Blickkontakt aufrecht zu halten. "Lorgan und ich, wir haben in Junon in dem Parkhaus miteinander gekämpft. Ich... dabei habe ich ihn erschossen. Das war nichts Persönliches, wir..."
 

Eine schallende Ohrfeige unterbrach sie mitten im Satz. Mehr die Überraschung als die Kraft des Schlages ließen Elena ihr Gleichgewicht verlieren und zu Boden taumeln.
 

"MISTSTÜCK!", schrie Raika sie aufgebracht an und versuchte sich aus ihrem Rollstuhl zu stemmen. "Ich bring dich um! Ich mach dich alle... Aua!" Der Sicherheitsmann drückte sie unsanft zurück in den Rollstuhl.
 

"Lass mich los, du Arschloch!", fuhr sie ihn an, bevor sie ihren Blick wieder auf Elena richtete. "Du bist tot!" Ein Klumpen warmen Speichels traf Elena zielgenau ins Gesicht, dann schrie Raika die übrigen an. "Ihr seid alle tot! Ich hab euch angelogen, jawohl! Sie verstecken sich ganz woanders! Auf euch wartet eine Falle und ihr werdet alle sterben. Ihr alle!" Sie versuchte ein triumphales Lachen zu verkaufen, aber es war klar, dass aus ihr reine Wut, Trauer und Verzweiflung sprachen. Die feuchten Augen taten ihr übriges.
 

"Schaff sie hier raus!", befahl Reeve dem Sicherheitsmann, der alle Mühe hatte das zappelnde und strampelnde Mädchen in dem Rollstuhl zu halten. Er schaffte es dennoch das Gefährt zu wenden und zur Tür zu schieben, die ihm Reno mit einem mitleidigem Grinsen offen hielt. Raika hielt sich jedoch noch einen Moment lang mit ihren gesunden Arm am Türstock fest.
 

"Du bist tot, dreckige Schlampe!", brüllte sie Elena abermals an. "Hörst du mich, Miststück? Ich werde dich umbringen! Ich jag dich in die Luft! Eines Tages wirst du ins Gras beißen und ICH werde dafür verantwortlich sein, das verspreche ich dir! Ich bin diejenige die dich ins Grab bringt - und ich werde dabei lachen! Du verlogenes Miststück!"
 

Dann endlich schaffte es der Wachmann sie durch die Tür zu buchsieren, welche Reno gleich darauf zuwarf. Das Geschrei des Mädchens war jedoch noch eine ganze Zeit lang deutlich zu hören.
 

Elena ignorierte Tifas ausgesteckte Hand und stand alleine wieder auf. Mit einem niedergeschlagenen Seufzen wischte sie sich die Spucke aus dem Gesicht und versuchte nicht den Blicken der anderen zu begegnen.
 

Reno stieß einen leisen Pfiff aus. "Dank diesem kleinen Auftritt wissen wir jetzt wenigstens, dass sie wohl doch nicht gelogen hat. Gut gemacht." Er klopfte Elena höhnisch auf die Schulter. Sie ersparte sich eine Antwort und hoffte einfach ihr Blick würde ihn umbringen. "Was ist los?", stichelte er unbeeindruckt und ärgerlicherweise quicklebendig weiter. "Hast du den Teil des Jobs auch schon vergessen? Einen Beliebtheitswettbewerb hat als Turk noch keiner gewonnen."
 

Sie stieß unsanft seine Hand von ihrer Schulter und trat auf Reeve zu. "Ich komme ebenfalls mit."
 

"Schlag dir das gleich mal wieder aus dem Kopf. Genaugenommen stehst du sogar immer noch unter Arrest."
 

"Und weswegen genau?" Reeve öffnete den Mund um zu antworten, aber sie kam ihn zuvor und hielt ihm ihren Arm unter die Nase. "Wegen dem? Das habe ich unter Kontrolle, ich habe Arculas Gegenmittel."
 

Reeve schüttelte nur den Kopf. "Wir wissen doch noch nicht einmal, ob das überhaupt wirkt. Du bist eine uneinschätzbare Gefahr für dich und deine Umgebung."
 

"Schön!" Ihre Stimme wurde schärfer und sie trat noch einen Schritt näher an ihn heran. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie wie sich Reno angespannt aufrichtete. "Dann lass es mich anders sagen: Ich will diese Drecksäcke in meine Hände bekommen. Stellt euch mir in den Weg und wir finden ganz schnell heraus, ob dieses Mittelchen funktioniert oder nicht."
 

Reeve zeigte sich unbeeindruckt. "Drohungen helfen dir rein gar nichts. Außerdem ist das eine delikate Angelegenheit, kein Rachefeldzug. Wir brauchen Sarcone lebend. Allein schon um den Schaden zu reparieren, den er angerichtet hat."
 

"Und Mishima? Braucht ihr den auch lebend?"
 

"Nicht unbedingt." Er wandte sich von ihr ab und brachte wieder etwas Distanz zwischen beide. "Dennoch, deine Beteiligung stellt ein gewaltiges Risiko für diese Mission dar und die Einzigen, die davon profitieren sind deine Rachegelüste."
 

"Das ist mir auch klar. Deshalb biete euch einen Deal an. Einen Deal der dir und deinen Vorgesetzten sicherlich gefallen dürfte, denn ihr bekommt etwas, das ihr unbedingt haben wollt."
 

Er hob eine Augenbraue und sah sie wieder an. "Und was wäre das?"
 

"Mich." Bei allen Anwesenden ruckten verwundert die Köpfe hoch. "Ich bin nicht blöd. Ihr seid nicht einfach nur hinter Sarcone her, weil er Hojos 'böse' Forschung weiter betreibt. Ihr wollt seine Ergebnisse haben. SOLDATs sind geächtet, ihr dürft keine mehr produzieren, also wollt ihr etwas Neues." Sie schob ihren Ärmel zurück und hob ihre Hand. "Ihr wollt das hier."
 

Reeve sah sie einen längeren Augenblick lang nachdenklich an, bevor er zögerlich antwortete. "Angenommen es wäre so, was genau wollten wir dann mit dir?"
 

Elenas Lippen verzogen sich zu einem wissenden Grinsen. "Ihr hättet das, was Sarcone von Anfang an gefehlt hat: Eine Freiwillige."
 

Tifa starrte sie erschrocken an. "Elena..."
 

---------- Ende Kapitel 15 ----------
 

Anmerkungen des Autors:

Yay! Es ist fertig. Anstrengendes Kapitel für mich. Bis ich mich mit Dialogen leicht tue, wird wohl noch ein Jahrzehnt vergehen (Und das Kapitel besteht fast nur aus Dialogen). Ich hoffe, dass Endergebnis war die lange Warterei wenigstens wert und es hat euch gefallen. Ich bin ganz zufrieden.
 

Mit den Mithrilbergen meine ich den langen Gebirgszug, der Junon und Fort Condor von Midgar, Kalm und der Chocobo-Farm trennt, vornehmlich den mittleren Teil, wo sich auch das riesige Sumpfgebiet (das mit dem Midgar-Zolom, westlich der Chocobo-Farm) befindet. Nur, damit ihr euch auskennt.
 

Lasst von euch hören, bis zum nächsten Kapitel (oder bis zur nächsten Sidestory)!
 

Nguyen Tran Loc, 9. Oktober 2006



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  SilverReader
2006-11-26T10:50:51+00:00 26.11.2006 11:50
Das Kapittel ist mal wieder sher gut geworden ^^

*endlich zum Kommi schreiben kommt*

Ich hoffe es wird noch was mit Elena x Tifa ^^

*smile*
udn ich hoffe immernoch das Sephiroth auftaucht
*Sniff*
Währ doch schön ^^
Von:  amelia_shinra
2006-10-30T23:25:24+00:00 31.10.2006 00:25
Das Kapitel war wieder durchweg genial! Klasse Schreibstil und die Story ist sowieso genial! Und auch die Dialoge fand ich klasse! Mach einfach weiter so wie bisher!

Ich freu mich schon aufs nächste Kapitel! Wäre super nett, wenn du wieder bescheid sagen könntest!
Von: abgemeldet
2006-10-30T17:11:30+00:00 30.10.2006 18:11
Hey, danke für die ENS ich hab ja schon das letzte Kapi verpasst ^-^'''

Also, ich find es so extremst geil, wie du die Storyline im Verlauf aufgebaut hast.
Du schaffst es jedes mal aufs Neue mich mit den Geschehnissen zu fesseln *-*
Dass dieses Mal so viele Dialoge dabei sind, find ich auch toll, weil sie dir wirklich großartig gelungen sind.
Obwohl ich deine Beschreibung der Kampfszenen auch vergötter n_n
Überhaupt frage ich mich schon seit längerer Zeit, wo du diese verdammt guten Ideen hernimmst >_<''

Gut, nun zu der Darstellung der Charas:
Egal, was für ein Fandom ich wähle, meine Charas werden immer OOC, aber deine sind und bleiben stets IC ^-^
Besonders die Darstellung von Cid hat es mir angetan *-* Aber auch die Eigenschaften deiner eigenen Charas sind bewundernswert:
Jeder setzt sich aus völlig eigenen, unabhängig von den anderen, Charakterzügen und Verhaltensweisen zusammen
und deine Beschreibungen diesbezüglich, vereinfacht es den Leser sich die Personen vorzustellen.

Für mich besondere Highlights dieses Kapis waren
- Die Stimme... Auch bei ihr gelingt dir die Darstellung jedes mal perfekt und das Verhalten Elenas darauf ^-^
- Die Kippenaktion von Cloud... Ich weiß nicht warum, aber dieser Abschnitt hat mir so extrem gefallen.
Cid regt sich wie immer auf und Cloud begeht eine Wohltat xDDDD
- Das Beste zum Schluss: Die Geschichte zwischen Tifa und Elena...
Am Anfang der Story hab ich mir diese Entwicklung niemals träumen lassen.
Aber ich finde genau diese Situation so genial, insbesondere wie Beide damit umgehen n_n

*luft hol* Okay, ich bin fertig xDDD Freue mich schon auf das nächste Kapitel ^-^
Von:  ClarissaMorgenstern
2006-10-25T13:56:15+00:00 25.10.2006 15:56
Hey du ^.^~

Hier jetzt auch noch mal, auch wenn ich dir meine meinung schon kund getan hab ^^

ich liebe deine fanfiction >___<~
Das kappi find ich sehr gelungen und ich finde auch, dass man nichts von etwaigen problemen mit dialogen bemerkt o,o!

Allerdings find ich diesen Cliffhanger gemein >___>~
Ich war so richtig in der story und dann kommen auf einmal die anmerkungen *tz* XD

*dich umschnuffl*
weiter so! Ich kann das nächste Kappi kaum erwarten!!
Von: abgemeldet
2006-10-23T15:37:41+00:00 23.10.2006 17:37
Zuerst einmal danke, dass du mir bescheid gesagt hast ^^ Ich denke ich hätte es übersehen, wahrscheinlich weil sich hier ja nicht so oft etwas tut (schade eigentlich ^^).

Wie immer total supeer das Kapitel ;)
Es lässt sich alles wirklcih flüssig lesen, auch die Dialoge find ich sind dir toll gelungen. Man merkt nichts davon, dass du da deine Probleme hast - abgesehen von der Zeit die da wohl dabei draufgeht.
Aber ich hoffe dass im ncähsten Kapitel ein bisschen mehr Action zu lesen sein wird ^^ Du kannst ja Kampfszenen perfekt beschreiben *g* Auf solche freu ich mich immer besonders - was jetzt nicht heißen soll dass ich den Rest nicht mag :-P

d^^b
Ich freu mich schon aufs nächste Kapitel xD

LG,
Odayaka_Kurayami

(könntest du mir bitte wieder eine nachricht senden wenn du ein kapitel hochlädtst? danke schon mal im voraus ^^)
Von: abgemeldet
2006-10-21T09:53:18+00:00 21.10.2006 11:53
Boah, wieder so ein schönes, langes Kappi^^
Hat mir sehr gefallen, vor alem bin ich ein wenig erleichtert, dass Raika doch noch überlebt hat, warum weiß ich nich...
Vielen Dank für deine ENS und bis zum nächsten Chap!
xD

LG
Kanade
Von: abgemeldet
2006-10-20T22:15:55+00:00 21.10.2006 00:15
Ich liebe deine Fanfic ^^ Oder, um genau zu sein, deine Fanfics u.û Fand die anderen auch super und freu mich schon riesig aufs nächste Kapi ^^
Von: abgemeldet
2006-10-20T18:14:57+00:00 20.10.2006 20:14
Hehe, die erste!^^
Ich freu mich schon auf die nächsten Kapitel,
dann heißt es wohl mal wieder action!^^


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