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You Always Meet Twice A Lifetime

Final Fantasy VII
von

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One Winged Angel

"Dein Ausbilder?", fragte Aeris ihren Begleiter überrascht. Ihre Erscheinung

im Lebensstrom war blasser als zuvor. Die Kontaktaufnahme mit Tifa hatte sie mehr Kraft gekostet als angenommen. "Mishima war dein Ausbilder?"
 

"Ja", entgegnete Sephiroth knapp ohne seinen Blick von dem Beobachtungsfenster

zu nehmen. "Dachtest du ein paar Jenovazellen machen einen guten Kämpfer aus?"
 

"Du hast es nicht für nötig gehalten, das zu erwähnen?", hakte die Cetra vorwurfsvoll nach. "Ich hätte Tifa vor ihm warnen können..."
 

"Weil ich nicht dachte, dass er es tatsächlich ist." Sephiroth sah Aeris an. "Er sollte tot sein. Oder zumindest ein Krüppel." Bevor Aeris ihm ins Wort fallen konnte, fuhr er fort: "Nein, ich habe ihn nicht getötet."
 

"Aber verkrüppelt", meinte Aeris wenig zufrieden.
 

"Er hatte es verdient, glaub mir." Sephiroth Blick wanderte in die unendliche Ferne des Lebensstroms. "Der Kerl ist ein arroganter Psychopath. Es war an der Zeit, dass ihm jemand seinen Platz zuwies."
 

Sephiroth schien diesen Mishima wirklich nicht ausstehen zu können. Jedenfalls bereitete es ihm sichtlich wenig Freude über ihn zu sprechen.
 

"Hmm... es scheint ihm jedenfalls wieder besser zu gehen", stellte Aeris fest.
 

"Ich weiß." Ein Grinsen zeigte sich auf dem Gesicht des SOLDATs. "Das könnte durchaus interessant werden. Ob dein geliebter Cloud ihm wohl gewachsen ist?"
 

"Auf wessen Seite stehst du eigentlich?"
 

"Auf meiner."
 

Aeris unterließ es weiter nachzuhaken. Stattdessen verfolgte sie die hitzige Diskussion zwischen Cloud, Cait, Reno und - in erster Linie - Cid. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, Sephiroth hinzuzuziehen. Aber sie wusste niemanden der fähig genug war, ihr von hier aus zu helfen. Sie allein hatte nicht genug Kraft ihren Freunden beizustehen.
 

"Ich glaube, ich muss mir um Cloud keine allzu großen Sorgen machen", meinte sie schließlich mit einem gespielten Grinsen.
 

"Wie darf ich das verstehen?"
 

"Ganz einfach." Aeris' Grinsen wurde breiter, als sie Sephiroth ansah. "Du hast Mishima besiegt und Cloud hat dich besiegt. So schlimm kann es also gar nicht werden."
 

Sephiroth brummte nur verächtlich. "Glaub doch, was du willst."
 

* * *
 

"Sephiroths Ausbilder... So etwas gibt es?"
 

"Natürlich, Cid", erklärte Cait. "Wunderkind oder nicht - auch Sephiroth musste erst einmal lernen zu kämpfen."
 

"Und was sagt uns das über Mishima?", hakte der Pilot nach.
 

"Das ich seinen Kampfstil kennen sollte", warf Cloud ein, bevor Cait etwas sagen konnte. "Wir dürfen ihn zwar nicht unterschätzen, aber trotz seiner zahlreichen Errungenschaften ist er kein unbesiegbarer Gegner."
 

"Deine Zuversicht in Ehren, Stachelkopf", meinte Reno, "aber hast du vielleicht die anderen sechs SOLDATs vergessen? Ich weiß ja, dass ihr euch für die Größten haltet, weil ihr vor ein paar Jahren etwas Glück hattet, aber sieben SOLDATs, darunter drei First-Class, das wird selbst für euch ein harter Brocken."
 

"Leichter, als wenn du es allein machen müsstest, Reno", teilte der kleine Roboter seinem Mitarbeiter mit.
 

"Was genau sollen wir nun eigentlich für dich tun, Reeve?", wollte Cloud wissen. "Die SOLDATs finden und ausschalten? Wir haben nämlich, um ehrlich zu sein, noch nicht sehr viele Anhaltspunkte."
 

"Gar keine, um genau zu sein", ergänzte Cid.
 

"Wir wissen leider auch nicht, wo sie sich derzeit aufhalten. Wir haben zwar versucht Mishimas Söldnergruppe zu infiltrieren..."
 

"Allerdings hat Corgan, der Idiot, sich erwischen lassen", fiel Reno dem Roboter ins Wort.
 

"Sein Opfer war jedoch nicht ganz umsonst, denn wir wissen jetzt an welcher Stelle wir zuschlagen können", fuhr Cait wieder fort und betätigte eine Taste auf dem Laptop, woraufhin Berugas Bild wieder erschien. "Doktor Beruga ist es wohl zu heiß geworden und er hat Reißaus genommen. Aller Wahrscheinlichkeit nach hält er sich hier in Junon auf."
 

"und wo genau?", fragte Cid misstrauisch. "Junon ist ein beschissen großes Dreckloch!"
 

"Wir wissen es nicht", gab Cait kleinlaut zu, ließ sich allerdings von Cid diesmal nicht unterbrechen. "NOCH nicht! Beruga ist soweit wir wissen alles andere als ein lebenserfahrener Mann - er hat keinerlei Ahnung wie man sich gut versteckt. Wir haben hier viel Personal im Einsatz, sollte nur eine Frage der Zeit sein, bis er wieder auftaucht."
 

"Und dann sollen wir ihn uns schnappen."
 

"Das trau ich meinen Männern auch noch zu", entkräfte Cait Clouds Schlussfolgerung und warf gleichzeitig einen Seitenblick zu Reno. "In erster Linie brauche ich euch, um ihn zu beschützen. Einige der SOLDATs sind auch hier in Junon. Wir gehen stark davon aus, dass sie Beruga eliminieren sollen."
 

"Was euch natürlich gar nicht in den Kram passt, weil er eine Chance für euch darstellt endlich rauszubekommen, wo die Rasselbande steckt."
 

"Wahrscheinlich stellt er sogar unsere einzige Chance dar. Und die Zeit drängt. Wir wissen nicht, wie schnell Doktor Sarcone mit seinem Projekt vorankommt, jetzt wo er Vincent hat."
 

"Also schön, Reeve", meinte Cloud. "Wir helfen euch."
 

"Nicht so schnell, Kleiner", warf Cid ein und hob protestierend eine Hand. "Was bekommen wir dafür?"
 

"Bitte!?" Cait schien seinen Ohren nicht zu trauen - Cloud jedenfalls tat es nicht. "Ich dachte, ihr seid hier um Vincent helfen."
 

"Dachte ich eigentlich auch, Cid", sagte Cloud vorwurfsvoll.
 

"Wenn die beiden jetzt mehr Kohle bekommen als ich, dann kannst du was erleben, Katerchen", richtete sich Reno drohend an den kleinen Roboter.
 

"Wir wollen kein Geld!", meinte Cloud beharrlich.
 

"Stimmt, wollen wir nicht."
 

"Was willst du dann, Cid?", fragte Cait verwirrt und legte seinen Kopf fragend zur Seite.
 

"In erster Linie will ich Vincent helfen", erklärte der Pilot. "Aber wenn ich mir schon die Finger für ShinRa schmutzig..."
 

"Midgar!", warf Cait ärgerlich ein.
 

"Was auch immer. Wenn ich mir schon die Finger für euch schmutzig mache, dann will ich eine kleine Entschädigung dafür - nichts weltbewegendes."
 

"Und was?"
 

"Ich brauch sechs GLK-V5.0 Motoren." Cid dachte einen kurzen Moment nach. "Nein, besser acht."
 

"ACHT?!"
 

"Ich will, dass die Highwind endlich wieder fliegen kann. Dafür brauch ich vernünftige Motoren. Nicht dieses unnütze Dreckszeug aus Wutai, das heutzutage den Markt überschwemmt. Davon müssen doch noch welche rumliegen. Oder baut welche aus den Gelinkas aus."
 

"Die Highwind hat doch nur vier Motoren, Cid", stellte Cloud vorwurfsvoll fest.
 

"Ersatz kann nie schaden."
 

"Acht dieser Motoren sind sehr viel mehr als ich mir von meinem Gehalt leisten kann, da stimmst du mir doch zu, oder Katerchen?", richtete Reno sich mit drohendem Blick an seinen Vorgesetzten.
 

"Ich kann dir nichts versprechen, Cid. Die Motoren werden schließlich nicht mehr hergestellt", meinte Cait seinen Mitarbeiter ignorierend. "Aber ich sehe, was sich tun lässt."
 

* * *
 

~Nächster Tag, später Vormittag...~
 

"Sie sind schwarz", beklagte sich Elena, die misstrauisch ihr Spiegelbild betrachtete, während sie eine Strähne ihrer frisch gefärbten Haare durch ihre Finger gleiten ließ.
 

"Du hattest die Wahl. Färben oder Abschneiden", bemerkte Tifa wenig mitfühlend und quetschte den Rest der Klamotten und Ausrüstung, die sie mitnehmen wollten, in einen Rucksack.
 

"Schon gut... es ist nur... ungewohnt. Ich habe mich an ihre Länge gewöhnt. Ich könnte sie nicht einfach abschneiden - und ich verstehe nicht, wie du das einfach so konntest."
 

"Sind doch nur Haare", meinte Tifa und fuhr mit einer Hand durch ihre neue, wirklich ungewohnt kurze Haarpracht. Sie hatte die Haare etwa auf Schulterlänge gekürzt, aber sie trauerte ihnen nicht hinterher - so wie sie es früher getan hätte. Irgendwie war es Zeit für eine Veränderung gewesen.
 

Elena schien sich mit Tifas Antwort zufrieden zu geben und betrachtete sich noch ein letztes Mal im Spiegel, dann vervollständigte sie ihr Outfit, indem sie ihre Haare zu einem losen Pferdeschwanz zusammenband, und drehte sich anschließend zu Tifa um. "Wie seh ich aus?"
 

Tifa sah kurz zu auf und stieß - nach einem kurzen Stocken - ein amüsiertes Lachen raus.
 

"Was!?"
 

Ein Seufzen ausstoßend marschierte Tifa zu Elena hin und zog ihr kopfschüttelnd die Sonnenbrille vom Kopf. "Undercover-Einsätze sind wohl wirkliche keine Stärke von euch Turks. Elena, wir haben Oktober und diese Stadt hat seit knapp einer Woche keine Sonne mehr gesehen. Wenn etwas sagt 'Hier bin ich. Schnappt mich endlich!', dann es ist es eine Sonnebrille!"
 

Tifa musterte Elenas restliches Outfit, das aus einer schwarzen Jeans, einem schwarzen T-Shirt und einer ähnlich dunklen Jacke bestand.
 

"Einen Trenchcoat und einen Schlapphut hast du wohl nicht mehr gefunden, oder wie?"
 

"Sehr witzig!", entgegnete Elena sarkastisch, sah dann aber unsicher an sich herab. "Soll ich noch mal einkaufen gehen?"
 

"Quatsch!", grinste Tifa. "Aber für die Zukunft kannst du dir merken, dass Kinofilme und alte Krimis schlechte Vorbilder sind, wenn es ums Kostümieren geht. Schwarz ist nicht so unauffällig, wie die meisten glauben."
 

"Glaubst du wir schaffen es?"
 

"Du etwa nicht?", fragte Tifa als sie sich wieder dem Rucksack zuwandte und ihn zuknöpfte.
 

"Ich weiß nicht", meinte Elena unsicher und lehnte sich gegen die Kommode unterhalb des Spiegels. "Es ist in letzter Zeit so gut wie alles schief gegangen."
 

"Bis zum Bahnhof sind es von hier aus zwei Blocks", überlegte Tifa. "Das dürften wir ohne Probleme schaffen. Am Hauptbahnhof versuchen wir uns so ruhig wie möglich zu verhalten, bis unser Zug zum Hafen abfährt. Sind wir erst einmal aus Midgar draußen, sollte es leichter werden."
 

Elena nickte, auch wenn sie nicht ganz überzeugt schien, und starrte nachdenklich zu Boden.
 

"Was hast du?", fragte Tifa, als sie ihr den Rucksack hinhielt.
 

"Nichts... Ich..." Die Turk schüttelte den Kopf. "Es ist nur..."
 

"Hast du Angst?" Das war mehr eine Feststellung als ein Vorwurf, woraufhin Elena abermals nur nickte. "Die hab ich auch", meinte Tifa mitfühlend, bevor sich ihre Züge wieder verhärteten. Demonstrativ öffnete sie die Zimmertür. "Aber hier bleiben und verkriechen bringt uns auch nicht weiter."
 

"Ich weiß." Elena hob ihren Kopf und sah Tifa verbissen an. "Ich hasse das."
 

"Was?"
 

"Angst zu haben. Ich hab die letzten Jahre gut darauf verzichten können." Verärgert ballte sie ihre Fäuste. "Mishima ist dran, wenn ich ihn erwische!"
 

Ein leichtes Lächeln huschte über Tifas Gesicht, als ihr Elena endlich den Rucksack abnahm, ihn sich über die Schulter streifte und an ihr vorbei aus dem Zimmer stiefelte. Tifa folgte ihr und zog die Tür zu.
 

"Sehen wir zu, dass wir hier wegkommen."
 

* * *
 

Vincent wusste, dass er Gesellschaft bekam, noch bevor die Tür zum Zellenraum geöffnet wurde, aber er ließ sich dadurch nicht in Unruhe versetzen. Er öffnete langsam seine Augen und setzte sich auf seiner Pritsche auf. Es dauerte nicht lange, bis Sarcone zusammen mit einem seiner Wachmänner in seinem Sichtfeld auftauchte.
 

"Guten Morgen, Mister Valentine", grüßte ihn der Wissenschaftler. "Gut geschlafen?"
 

Vincent verzichtete auf eine Antwort, sondern beobachtete ihn nur stumm. Auch wenn es ihm seine Geiselnehmer - hoffentlich - nicht ansahen, war er voll konzentriert und seine Muskeln auf das vollste angespannt. Er hatte Sarcone das letzte Mal beobachtet. Der Kerl war ein ahnungsloser Anfänger. Wenn er die selben Fehler wie gestern machte, war Vincent seiner Freiheit wieder ein Stückchen näher.
 

"Wie ich sehe, haben Sie ihr Frühstück wieder nicht angerührt", tadelte ihn Sarcone. "Das ist eine echte Schande. Sie künstlich ernähren zu müssen, ist nur eine lästige Verzögerung." Der Wissenschaftler trat an das Tablett heran, hob eines der darauf liegenden Brötchen auf und biss genüsslich hinein. Vincents Gelegenheit war gekommen.
 

"Und das Essen ist wirklich kein...", begann Sarcone.
 

Ohne Vorwarnung schnellte der Ex-Turk hoch, durchquerte seine Zelle mit nur einem Schritt und packte Sarcone durch die Gitterstäbe am Kragen. Er riss den jungen Doktor zu sich und schmetterte seinen Kopf gegen die dicken Eisenstangen. Während Sarcone benommen war, ließ Vincent ihn kurz los, schlängelte seinen Arm durch das Gitter und presste den Kopf seine Opfers dann von außen dagegen. Dabei verbarg er sich so gut es ging hinter Sarcone vor der Wache, die vor Verblüffung gerade erst begonnen hatte an ihren Pistolenhalfter herumzufummeln.
 

"Waffe fallen lassen!" bellte Vincent. "Oder ich beweise dir, dass sein Kopf ohne größere Problem durch die Gitterstäbe durchpasst." Um seine Drohung zu Untermauern erhöht er den Druck auf Sarcones Kopf.
 

"AHHH! Tu... tu was er sagt!", befahl Sarcone seinem unsicheren Gefolgsmann, der nach einem kurzen Zögern die Waffe fallen ließ.
 

"Aufsperren!"
 

"Sir... soll ich?", stammelte der überforderte Wachmann.
 

"MACH SCHON!", rief Sarcone unter Schmerzen.
 

Hektisch zog die Wache eine Schlüsselkarte aus der Tasche und entriegelte die Tür. Wieder handelte Vincent blitzschnell. Er verpasste Sarcone einen kräftigen Stoß und schleuderte ihn gegen die Wand, dann schnellte er aus seiner Zelle und schlug den Wachmann mit einem kräftigen Haken zu Boden. Zwei Tritte und ein abscheuliches Knacken später, befand er sich endgültig im Reich der Träume. Er hob die kleine Pistole auf und prüfte das Magazin, dann entsicherte er sie und steckte sie sich auf den Rücken in den Hosenbund.
 

Anschließend packte Vincent Sarcone, der immer noch benommen an der Wand lehnte, zerrte ihn am Kragen auf die Füße und wirbelte ihn herum. Hinter ihm stehend, legte er dem Wissenschaftler seinen Arm eisern um den Hals und begann ihn langsam vorwärts zu schieben, auf den Ausgang zu.
 

"Ein Arm ist mehr als genug um dir das Genick zu brechen", zischte er in Sarcones Ohr. "Eine Bewegung, die mir nicht gefällt und du bist dran. Dasselbe passiert, wenn sich uns auch nur einer deiner Männer in den Weg stellt, hast du mich verstanden?"
 

Sarcone, der am ganzen Leib zitterte, nickte nur stumm.
 

Langsam marschierten die beiden aus dem Zellenblock und erreichten den Hauptkorridor der Anlage, wo sie auf die nächsten beiden Soldaten aus Sarcones Gefolgschaft stießen.
 

"Kei... Keine Bewegung! Rührt euch nicht!", rief Sarcone noch bevor Vincent etwas sagen konnte. Zumindest lebensmüde war der Bengel nicht, stellte der Ex-Turk fast schon amüsiert fest.
 

Die beiden Soldaten blickten ihren Boss und seinen Geiselnehmer nur ratlos an, die Hände an den gehalfterten Waffen.
 

"Wer... Werft eure Waffen weg!"
 

"Aber Sir!", protestierte einer der beiden und beäugte einen Schalter an der Wand, der wohl einen Alarmknopf darstellte.
 

So funktionierte das nicht, er war zu langsam. Vincent ließ Sarcone zu dessen Überraschung urplötzlich los, zog die Waffe hinter seinem Rücken hervor und feuerte über Sarcones Schulter hinweg zwei Schüsse ab, die beide Männer zielsicher in die Stirn trafen. Dann drehte er Sarcone herum, stieß ihn leicht von sich weg und richtete die Waffe auf ihn.
 

"Du führst mich jetzt so schnell wie möglich zum Ausgang!"
 

Der Wissenschaftler nickte abermals nur stumm, schrie dann aber zu Vincents Überraschung schmerzerfüllt auf, als er von etwas am Bein getroffen wurde und zu Boden ging. Keine Sekunde später zerbarsten allerdings mehrere Lampen über ihm und der Abschnitt des Korridors wurde in Dunkelheit getaucht.
 

Vincent tauchte zur Seite weg und feuerte einen Schuss in die Dunkelheit ab, als ein Wurfmesser an ihm vorbeisauste. Eigentlich hätte dieses Halbdunkel seine Sehkraft nicht im Geringsten beeinträchtigen sollen, aber er konnte seinen Widersacher nirgendwo entdecken, nur den wimmernden Sarcone am Boden. Und wahllos ins nichts zu Feuern war nur Munitionsverschwendung.
 

Er machte einen Sprung rückwärts und entging damit zwei weiteren Messern, die wirkungslos am Boden aufschlugen, dann tauchte eine dunkle Silhouette vor ihm auf, die versuchte ihn mit einem Sprungkick am Brustkorb zu treffen. Vincent wich ihr knapp aus und ging zum Gegenangriff über. Der komplett in Schwarz gekleidete war allerdings ein durchaus fähiger Kämpfer - und Vincent hatte nur einen Arm zur Verfügung. Dennoch gelang es ihm mit einem Tritt einen Treffer zu landen. Als er nachsetzen wollte, war sein Gegner allerdings schon wieder verschwunden.
 

"Du bist gut", ertönte eine anerkennende Stimme hinter ihm.
 

Vincent fuhr herum und feuerte zwei Schüsse auf den Sprecher ab, traf erneut nur ins Leere. Links vor ihm blitzte eine Klinge auf und der schwarze Kämpfer stürzte sich wieder auf ihn. Vincent versuchte noch seine Schussbahn zu korrigieren, da fühlte er wie die Klinge seinen Arm aufschlitzte - und kurz darauf beide Oberschenkel.
 

Zuerst dachte er, es wären nur tiefere Kratzer, aber als ihm die Waffe aus der Hand fiel, bemerkte Vincent, dass etwas nicht stimmte. Er hatte keine Kraft mehr im Arm und gleich darauf gaben seine Beine nach und er sank auf die Knie.
 

"Du wirst hier noch gebraucht."
 

Sein Gegner stand wieder vor ihm. Vincent hob seinen Kopf an und blickte ihn verbissen an. Er spürte noch wie der Schlag des Unbekannten ihn traf, dann verschlang ihn die Dunkelheit.
 

* * *
 

Shishima sah den bewusstlosen Valentine noch einen Augenblick an, dann drehte er sich zu Sarcone um.
 

"Sie haben ihn unterschätzt."
 

"Was sollte das? Sie hätten mich beinahe umgebracht!", beschwerte sich der Wissenschaftler lautstark, während er sein verletztes Bein hielt, in dem eines der Messer des Ninjas steckte.
 

Shishima ging wortlos zu Sarcone hinüber und zog ohne Zögern das Messer aus dem Bein, was dem jungen Wissenschaftler einen weiteren Schmerzensschrei entlockte.
 

"Die Wunde ist harmlos. Lassen sie sich verarzten", meinte Shishima unbeeindruckt. "Oder sagen sie ihrer Hexe Jinua, sie soll Sie heilen."
 

Sarcone warf dem Ninja einen wütenden Blick zu, unterließ aber weitere Proteste. Nachdem Shishima ihm nicht auf die Beine half, zog er sich selbst an der Wand nach oben und humpelte zu Valentine.
 

"Was haben Sie mit ihm angestellt", fragte er, als er die Schnitte an Vincents Gliedmaßen bemerkte.
 

"Alte Geheimtechnik meines Clans", erklärte Shishima der seine Messer aufsammelte. "Meist ist das Opfer danach nie wieder in der Lage sich zu bewegen."
 

"SIND SIE WAHNSINNIG?!", schrie der Wissenschaftler aufgebracht. "Wie soll mir Valentine noch Nutzen sein, wenn er sich nicht mehr bewegen kann? Da kann ich meinen Kunden ja gleich Steine verkaufen."
 

Shishimas Augen blitzen für einen Augenblick bösartig auf, dann wandte er sich ab, ohne dass Sarcone etwas aufgefallen wäre. "Sorgen Sie für eine Verwandlung. Dann müsste er sich von den Wunden doch erholen, oder etwa nicht?"
 

Sarcone nickte nachdenklich. Shishima hatte Recht. Daran hatte er gar nicht gedacht.
 

"Allerdings sollten Sie aufpassen, dass so etwas nicht noch einmal passiert, Doktor. Das nächste Mal haben Sie vielleicht nicht so viel Glück."
 

"Sie haben Recht, ich..." begann Sarcone, als er sich umdrehte und brach dann verwundert ab. Shishima war nicht mehr zu sehen.
 

* * *
 

Midgars Hafen war verglichen mit dem von Junon mickrig. Erst seit Junon ein eigenständiger Staat geworden war, hatte der kleine Hafen gute hundert Kilometer westlich der großen Metropole an Bedeutung gewonnen. In den letzten Jahren war er allerdings rege angewachsen und mittlerweile verkehrten auch hier mehre tausend Menschen am Tag.
 

Elena hatte trotzdem das Gefühl aus der Menschenmenge hervorzustechen wie ein bunter Chocobo. Die Zugfahrt hierher war zwar ohne Zwischenfall vonstatten gegangen - sie und Tifa hatten sogar etwas Schlaf nachholen können. Trotzdem nagte an ihr ein Gefühl der Unruhe. Nervös spülte sie den letzten Bissen ihres Cheeseburgers mit einem Schluck Kaffee hinunter und sah sich um. Tifa, die Tickets besorgen wollte, ließ ganz schön auf sich warten.
 

"SiE iST dABeI dIcH zU vErRAtEn."
 

Nicht hinhören, beschloss Elena. Einfach nicht hinhören und sich ablenken. Sie hatte dieses Ding gestern in seine Schranken gewiesen, sie würde es auch heute wieder schaffen.
 

Vorsichtig lugte sie unter dem Vordach der Imbissbude hervor und starrte zum grauen Himmel, von dem immer noch ein leichter Nieselregen auf die Erde nieder ging. Wo sie auch hin sah, nur graue Wolken. Dieses Wetter war einfach entsetzlich. Elena wusste nur zu gut, warum sie die letzten Jahre an der Costa del Sol verbracht hatte.
 

"HiNtEr DIr!"
 

Trotz allen guten Vorsätzen die Stimme zu ignorieren, fuhr Elena reflexartig herum - und konnte nichts erblicken, außer einigen Leuten die durch den Regen eilten.
 

"SiE sINd üBeRaLl! SiE fINdEn dIcH. SIe tÖTen DiCh."
 

"Halt die Klappe!", murmelte Elena vor sich hin, was ihren schiefen Blick von einem der Kunden des Imbiss einbrachte.
 

"TiFA tÖtET dIcH!"
 

Costa del Sol, Costa del Sol, Costa del Sol, betete Elena sich in Gedanken vor. Bald war sie wieder zuhause, in ihrer Wohnung, an ihrer Sonnenküste. In ihrem Leben. Fast zumindest. Sie musste sich nur reorganisieren und dann würde es schon irgendwie klappen - mit Tifas Hilfe.
 

"Du mUsST sIE zUeRSt töTEn!"
 

Ein Kratzen stieg in ihrem Hals auf, das sie gut es irgendwie ging mit einem weiteren Schluck Kaffee erstickte.
 

Sie war schon fast zwei Monate nicht mehr dort gewesen. Wie viel Probleme weniger sie jetzt hätte, wäre sie sich nicht für einen normalen Job zu schade gewesen. Oder wenn sie wenigstens Mishima gegenüber misstrauischer gewesen wäre.
 

Es half nichts mehr. Sie hatte früher auch nicht ständig ihre Situation beheult, sondern gekämpft. Damit sollte sie wieder anfangen.
 

"GenAu, hÖR aUF mICh!"
 

Ohne das Elena protestieren oder sich wieder halbwegs ablenken konnte, wurde sie von einem Hustenanfall heimgesucht, der fast eine halbe Minute anhielt. Als sie sich schließlich wieder erholte, brannten ihre Lungen wie Feuer. Sie schüttete den Rest ihres Kaffees in sich hinein und zuckte dann erschrocken zusammen, als Tifa sie von hinten ansprach.
 

"Alles okay?"
 

"Sicher, hab mich nur verschluckt", meinte Elena schnell und lenkte auf ein anderes Thema um. "Fahrkarten bekommen? Wann geht's los?"
 

"Das nächste Schiff zur Costa del Sol läuft erst in vier Tagen aus", erklärte Tifa, worauf Elenas Gesichtszüge zusammen mit ihrer Stimmung in den Keller rutschten.
 

"Aber", fuhr die Dunkelhaarige fort und hielt zwei Tickets hoch, "der freundliche Herr am Schalter war so nett, mir mitzuteilen, dass morgen Nachmittag eines in Junon ablegt. Die nächste Fähre legt in zwei Stunden ab."
 

Elena atmete erleichtert auf. Für einen Moment hatte sie wieder sämtliche Zuversicht verloren.
 

"Wie ist das Essen hier?", fragte Tifa mit Blick auf die Imbissbude.
 

"Furchtbar, aber der Kaffee geht."
 

"Das hört sich doch gut an", meinte Tifa mit einem zuversichtlichen Lächeln und stellte sich an.
 

Elena sah ihr kurz nach, dann fiel ihr Blick auf die Hand, die sich vorhin bei ihrem Hustenanfall vorgehalten hatte. Blut. Sie überlegte nicht lange, sonder wischte sich die rote Flüssigkeit mit einer Serviette ab und ließ diese in einem nahen Mülleimer verschwinden. Tifa würde sich sonst wieder nur aufregen. Und wahrscheinlich hatte sie sich ohnehin nur auf die Zunge gebissen - redete sie sich zumindest ein.
 

* * *
 

Der kleine Fitnessraum des mittelgroßen Hotels in Junon war gähnend leer. Lorgan war die einzige Person, die im Moment hier trainierte, und eigentlich benötigte er die Geräte nicht einmal, da er zur Zeit nur unablässig Liegenstütz machte.
 

"Du trainierst viel zuviel", meinte Raika, die es sich mit verschränkten Beinen auf seinem breiten Rücken bequem gemacht hatte und in einer Musikzeitschrift blätterte ohne sich von dem ständigen auf und ab stören zu lassen. "Du siehst ohnehin schon aus wie Behemoth. Und wird dir das nicht irgendwann mal zu langweilig?"
 

"Nein", antwortete Lorgan ohne seine Übung zu unterbrechen. "Bei wie viel bin ich?"
 

"247." Raika wartete bis sie sich nah am Boden befand und schnappte sich dort ihre Getränkedose. Sie nahm einen kurzen Schluck und stellte sie drei Liegestütz später wieder ab. "Du brauchst dringend ein Hobby."
 

"Das ist mein Hobby."
 

"Ein echtes Hobby! Du könntest alte Gil sammeln. Oder Chocobos züchten. Oder mit mir Motorrad fahren."
 

"Hmm", grübelte der muskulöse SOLDAT einen Moment. "Wie viel?"
 

"199. Weich mir nicht aus!"
 

"Ich weich dir nicht aus, aber um ehrlich zu sein: Ich finde du trainierst zu wenig."
 

"Gar nicht wahr!", protestierte der Rotschopf. "Ich verbessere mich ständig. Du hättest mein Paket für Highwind sehen sollen. Sooo leicht und unscheinbar und trotzdem hat's die alte Rostmühle pulverisiert. Und sein Gesicht hättest du sehen sollen. Der traut sich nie wieder in unsere Nähe!"
 

"Wenn du es sagst."
 

Raika verpasste ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, den Lorgan ohne Murren erduldete. "Ich bin gut, und du weißt das auch!" Sie begann kurz zu grübeln. "Außerdem ist Motorrad fahren auch anstrengender als es aussieht."
 

"Dann ist ja alles in Ordnung. Wie viele?"
 

"324."
 

"Sag mal, zählst du überhaupt mit?"
 

"Nö", antwortete Raika und widmete sich wieder ihrer Zeitschrift, als in diesem Moment Okita den Raum betrat.
 

"Schön zu sehen, dass ihr etwas sinnvolles mit eurer Zeit anfangt - zumindest einer von euch", meinte der Schwertkämpfer, als er die Szene betrachtete.
 

"Hey!", beschwerte sich Raika und hob ihr Magazin hoch. "Ich bilde mich weiter."
 

"Ach...", sagte Okita wenig interessiert und beobachtete Lorgan, der seine Übung bisher nicht unterbrochen hatte. "Bei wie viel bist du, Lorgan?"
 

"Neunzehn", antworte Raika anstelle des großen SOLDAT und stieß gleich darauf einen erschrockenen Schrei aus, als Lorgan sich aufrichtete und sie einfach abwarf. Sie verpasste Lorgan daraufhin einen leichten Tritt, den dieser abermals ignorierte. "Das war gemein!"
 

"Was willst du, Okita?", fragte Lorgan, während er sich den kaum vorhandenen Schweiß abtrocknete.
 

"Nur Bescheid sagen, dass es in ein paar Stunden losgeht." Der blonde SOLDAT begann zu grinsen. "Wir haben ihn."
 

"Wen? Beruga?", fragte Raika, die immer noch am Boden saß.
 

"Nein, unseren neuen Bassisten... Natürlich meine ich Beruga!", fuhr Okita die Teenagerin an.
 

"Warum schnappen wir ihn uns dann nicht sofort?", mischte sich Lorgan ein, bevor es noch zu einem Streit zwischen den beiden kommen konnte. "In ein paar Stunden kann der gute Doktor doch schon wieder ganz woanders sein."
 

"Wir wissen nicht, wo er ist. Wir wissen nur, wo er sein wird", erklärte Okita. Als ihn nur zwei Paar ratlose Augen anblickten, fuhr er fort: "Wir haben ein Telefonat abgefangen. Er lässt sich von einem Studienfreund abholen und nach Mideel ausfliegen. Das werden wir natürlich unterbinden."
 

"Sollen wir ihn jetzt am Leben lassen, oder nicht?", fragte Lorgan nach.
 

Okita zuckte nur mit den Schultern. "Im HQ scheint das allen egal zu sein, aber ich sage, dass es wohl nicht schaden kann, ihn einsatzfähig zurückzubringen. Also greift nur zum Äußersten, wenn er zu entkommen droht."
 

"Sollte wohl kein Problem sein, die Sache", meinte Raika, die sich mit beiden Händen an Lorgans Arm hochzog. "Darf ich's wieder allein machen?"
 

"Ganz sicher nicht." Okita schüttelte den Kopf, während Raika enttäuscht ihr Gesicht verzog. "Beruga ist ein Tölpel im Spuren verwischen. Wir können uns sicher sein, dass die Typen aus Midgar auch da sein werden. Und wir wissen immer noch nicht was Strife und Highwind eigentlich hier wollen. Deshalb rücken wir mit voller Mannschaft an. Bereitet euch gut vor, ich will heute Abend eine Glanzleistung sehen. Der Kommandant soll stolz auf uns sein."
 

"Schon dabei!", rief Raika übermütig und stürmte aus dem Fitnessraum, während Lorgan und Okita ihr nur hinterher sahen.
 

"Heute Abend kann sie ja endlich einmal zeigen, was sie wirklich kann", meinte Okita wenig beeindruckt.
 

"Unterschätz sie nicht." Lorgan packte seinen Trainingssachen und marschierte ebenfalls aus dem Raum. "Du wirst überrascht sein."
 

* * *
 

~Später...~
 

Die Fähre nach Junon war nur mäßig besetzt, und obwohl sich aufgrund des schlechten Wetters alle Passagiere im Inneren aufhielten, hatten Tifa und Elena ohne Probleme einen Tisch für sich allein bekommen. Hier saßen sie sich nun schweigsam gegenüber. Nachdem die ersten Minuten der Fahrt kein interessantes Gespräch ergeben hatten, blätterte Tifa nun halbinteressiert in einer liegengelassenen Zeitschrift, während Elena durch ein Fenster auf die Wellen hinaus starrte und versuchte sich nicht anmerken zulassen, dass sie nur noch schwer Luft bekam.
 

Der Schmerz in ihren Lungen war höllisch und ihr ganzer Körper pulsierte gerade zu. Tifa würde ausflippen, würde sie bemerken in welchem Zustand sich Elena gerade befand, deshalb hielt sie ihren Atem flach, bewegte sich so wenig wie möglich und nippte alle paar Minuten an ihrem Wasser, das ihr ein Kellner kurz nach der Abfahrt gebracht hatte.
 

"SiE wIRd dIcH UMbRiNgEn!"
 

Elena schloss die Augen und versuchte an alles anderen zu denken, nur nicht an das schreckliche Monster, mit dem sie die verzerrte Stimme verband. Sie musste es wieder verdrängen, das konnte sie doch! Außerdem hatten sie es doch fast geschafft.
 

"NIcHTs hASt dU. SieH dICh Um! SIe SInD üBeRAlL!"
 

Elena musste sich nicht umsehen. Sie hatte die anderen Mitreisenden gleich zu Beginn misstrauisch beäugt. Aber es schienen wirklich nur harmlose Mitreisende zu sein. Die würden ihr nichts tun.
 

"SiE TÖtEn dICh!"
 

Das waren nie und niemals Mishimas Leute. Die hätten sie doch sonst schon längst attackiert.
 

"DU wIRsT sTeRBen!"
 

Aber vielleicht hatten sie andere Gründe? Sie schüttelte den Kopf, das war absurd. Diese verdammte Stimme machte sie noch paranoid!
 

"Was hast du?"
 

Sie zuckte zusammen. Tifa hatte wohl ihr Kopfschütteln bemerkt.
 

"Nichts", presste Elena fast schon gequält hervor, aber ein flüchtiger Blick zu Tifa verriet ihr, dass es ihr nicht abgenommen wurde.
 

"Ich kenne dein 'Nichts'.", meinte Tifa vorwurfsvoll und legte ihre Zeitschrift beiseite. Sie setzte sich aufrecht hin und sah Elena genauer an, die ihrem Blick auswich. "Dir geht's wieder schlechter. Das sieht man dir doch an."
 

"Unsinn! Mir..." Ein heftiger Hustenanfall unterbrach sie abrupt, der sie dann abermals mit brennenden Lungen zurückließ. Hastig griff sie nach ihrem Glas und versuchte den Schmerz mit dem kalten Wasser zu betäuben. Doch es half praktisch nicht.
 

Als sie das Glas zurückstellte nahm Tifa erschrocken das Blut, das am Rand des Glases zurückgeblieben war, wahr.
 

"Elena, du..."
 

"Ich muss... Warte hier!", unterbrach Elena sie, sprang auf und stürzte auf den Ausgang der Kabine zu. Sie hielt es hier einfach nicht mehr aus. Luft! Sie brauchte Luft.
 

Sie wusste nicht einmal wie sie dorthin kam, aber schließlich fand sie sich an der Reling des oberen Außendecks wieder und übergab ihren Mageninhalt in die aufgewühlte See. Ob es nur der schlechte Cheeseburger von vorhin war oder auch wieder Blut, wollte sie gar nicht wissen. Mit fauligem Geschmack im Mund sank sie auf die Knie, während sich ihre Hände immer noch an die Reling klammerten.
 

"Du wIRsT STerBeN!"
 

"Ich will nicht!", schrie sie frustriert der unsichtbaren Stimme zu und griff sich dann mit einer Hand an den Hals, als ihr die Luft abgeschnürt wurde.
 

"Du mUSsT AlLe töTeN!"
 

"Lass mich in Ruhe!"
 

Als sie ihre Augen kurz öffnete starrte sie wieder auf ihre bekannte grüne Klaue, die sich krampfhaft um die Reling schloss. Sie presste ihren Augen wieder zu. Sie musste sich konzentrieren, sich beruhigen. Sie war stärker als dieses Ding! Wenn nur diese Schmerzen nicht wären.
 

Und diese Hitze. Verzweifelt schälte sie sich aus ihrer Jacke, aber auch das half ihr nicht wirklich.
 

"Elena!"
 

Entsetzt riss Elena die Augen wieder auf. Tifa! Sie durfte nicht hier sein.
 

"TöTe sIe!"
 

"Verschwinde! Lass mich endlich in Ruhe!"
 

"Das werde ich sicher machen", erklärte ihr Tifa bestimmt und kam auf sie zu.
 

"TÖtE SIe!"
 

"Tifa, bitte geh..." Elena zog sich wieder hoch und wollte von Tifa wegkommen, als sich plötzlich ein stechender Schmerz in ihren Rücken bohrte und sie wieder zu Boden zwang. Was war das?
 

"Elena, ich will..."
 

"SiE tÖtET dIcH!"
 

Niemals! Aber der Schmerz ließ nicht nach und raubte ihr beinahe die Besinnung.
 

"TiFa, vERscHwInDE vON HiER!"
 

"Du StIrBsT!"
 

Hatte Tifa nicht auch ein Messer dabei?
 

"SIe tÖTet DicH! DU StIRbSt! SiE töTEt dICh! Du sTiRbST!"
 

Sie wollte nicht sterben. Nicht sterben. Auf keinen Fall sterben!
 

"TÖTE SIE!!!"
 

Ein unmenschlicher, verzerrter Schrei entfuhr Elenas Kehle, als sie ihren Kampf aufgab und der Schmerz überwältigend wurde, bevor er endlich aufhörte.
 

* * *
 

Als Elena zu schreien begann, machte Tifa erschrocken einen Schritt zurück. Sie konnte sich ausmalen was nun passierte, allerdings hatte sie noch keine von Elenas Verwandlungen direkt miterlebt.
 

Es war kein schöner Anblick.
 

Die Turk bäumte sich unter Schmerzen zunehmend unmenschlicher schreiend auf, während ihr Kiefer breiter wurde, ihre Lippen zurücktraten und eine Reihe spitzer Zähne zum Vorschein kam. Elenas Haut wurde von grünen Schuppen überzogen, ihr Körper wurde muskulöser und größer und ihre rechte Hand verwandelte sich wieder in die schwarz bekrallte Klaue an dem unnatürlich pulsierenden Arm.
 

Doch plötzlich krümmte die Kreatur sich zusammen, als Elenas T-Shirt aufriss und sich ein einzelner, ledriger Flügel aus ihrer rechten Schulter seinen Weg in die Freiheit bahnte.
 

Das ganze hatte nur wenige Sekunden gedauert, aber Tifa glaubte nicht, dass sie etwas unternommen hätte, hätte sie mehr Zeit gehabt. Wie versteinert stand sie da und starrte das Monster an, das Elenas Platz eingenommen hatte. Elena war es nicht besser gegangen. Ganz und gar nicht. Die Verwandlung war eher schlimmer geworden. Und sie hatte nichts bemerkt. Irgendwie kam sie sich gerade furchtbar naiv vor.
 

Noch kauerte die Elena-Kreatur am Boden und schien ihren Atem zu beruhigen, aber Tifa wusste, dass diese Kreatur alles andere friedlich bleiben würde. Nur was sollte sie jetzt machen?
 

Sie machte vorsichtig einen Schritt auf Elena zu, was sich sofort als gewaltiger Fehler herausstellte. Die Kreatur riss ruckartig den Kopf hoch und blickte Tifa durch Elenas schwarze Strähnen hindurch mit bösartigen, gelben Reptilaugen an. Ein aggressives Fauchen ausstoßend ließ sie anschließend die lange, schleimige Zunge aus dem abartig verzerrten Mund gleiten.
 

Und plötzlich wusste Tifa, was sie wollte: Weg!
 

Sie stolperte ein paar Schritte rückwärts, machte dann kehrt und stürmte auf die Treppe zu, die vom Oberdeck runter führte. Allerdings kam sie dort nie an, da Elena plötzlich vor ihr landete und ihr den Weg versperrte. Die Kreatur schlug wütend mit ihrem Flügel und machte ihr mit einem bösartigen Brüllen klar, dass sie nichts von Tifas Fluchtplänen hielt.
 

Tifa nahm zwar die Fäuste hoch, aber wie sollte sie sich verteidigen? Sie war verletzt, außerdem machte Elena nicht den geschwächten Eindruck wie bei der letzten Verwandlung, die Tifa mit erlebt hatte. Und auch hatte die Kreatur hier wesentlich mehr Platz als in Tifas kleiner Wohnung.
 

Tifa machte einen langsamen Schritt rückwärts. "Elena, bitte..."
 

Die Kreatur stieß ein verächtliches Grunzen aus und verpasste Tifa einen Schlag, der sie fast über das gesamte Deck schleuderte. Als sie wieder aufschlug, fuhr ein stechender Schmerz durch ihren Brustkorb. Doch anstatt sich lange ihrer Benommenheit hinzugeben, rappelte sie sich wieder auf. Sie musste von hier verschwinden, egal wie. Oder zumindest Zeit schinden. Die Verwandlungen hatten bisher nie lange angehalten.
 

Aus dem Plan schien jedoch nichts zu werden. Kaum war sie wieder auf den Beinen, stand auch Elena schon wieder vor ihr. Tifa konnte einen Schlag abwehren, doch dann schloss sich Elenas Pranke wie ein Schraubstock um ihren Hals und hob sie von den Füßen.
 

"Bitte, Elena...", röchelte Tifa und versuchte mit beiden Händen den Griff der Klaue um ihren Hals zu lockern, doch stattdessen verstärkte sich der Halt nur. Sie glaubte für einen Moment Verwirrung in Elenas Blick zu sehen, doch dann verengten sich die Augen wieder zu bösen Schlitzen und Tifa - immer mehr um Luft ringend - wurde noch höher gehalten.
 

In letzter Verzweiflung riss Tifa ein Bein hoch und trat der Kreatur mit aller verbleibender Kraft gegen die Kehle. Das zeigte Wirkung. Der Griff um ihren Hals lockerte sich, Tifa konnte sich befreien und landete wieder auf den Füßen, während Elena einen entsetzlichen Schrei ausstieß und benommen zurücktaumelte.
 

Tifas Triumph währte allerdings nicht lange, da das Monster sich mit einer Hand den Hals hielt, sie aber mit einem beinahe beiläufigen Schlag beiseite fegte und gegen die nächste Reling schleuderte. Tifa sank abermals zu Boden, diesmal hatte sie allerdings nicht mehr die Kraft sich wieder aufzurichten, sondern hielt sich den schmerzenden Brustkorb. Glücklicherweise setzte ihr die Elena-Kreatur nicht nach. Tifa glaubte allerdings nicht, dass das immer noch eine Nachwirkung ihres Tritts war.
 

Dennoch wirkte Elena fast schon betrunken, so wie sie gerade auf dem Deck hin- und herwankte und immer wieder gequälte Schreie ausstieß. Es dauerte einen Moment, bis Tifa die sich ständig wiederholenden Schreie als verzerrte Worte identifizieren konnte.
 

"LaSs... sIE... iN rUhE!"
 

Schließlich sank die Kreatur, ihren Kopf mit beiden Händen umklammert, auf die Knie und presste ihr Gesicht auf den Boden, während die Schreie langsam in ein Wimmern umschlugen. Erleichtert bemerkte Tifa wie sich die schuppige Pranke in Elenas zarte Hand zurück verwandelte, dann schrumpfte die Kreatur wieder auf die Größe der Turk zurück und auch der einsame Flügel verschwand im Nichts.
 

Erschöpft legte Tifa ihren Kopf in den Nacken und schloss ihre Augen. Es war überstanden - fürs erste jedenfalls. Das war deutlich zu knapp gewesen. Es vergingen einige schweigsame Minuten, in der Tifa einfach nur ihren Atem beruhigen wollte und versuchte möglichst an nichts zu denken.
 

"Es tut mir leid...", ertönte schließlich Elenas kaum hörbare Stimme.
 

Was auch sonst? Tifa blies enttäuscht Luft durch ihre Nase, ließ ihren Blick kurz zu der elenden Gestalt, die auf sie zukrabbelte, wandern und starrte dann über das raue Meer zur nicht allzu weit entfernten Küste. Sie konnte darauf verzichten sich schon wieder Elenas Entschuldigungstriaden anhören zu müssen.
 

"Tifa, es..."
 

"Ich hab dich schon verstanden", unterbrach sie Tifa schroff.
 

"Nein, es tut mir wirklich, wirklich leid", schluchzte die Turk als sie Tifa erreichte. "Ich... ich wollte das nicht."
 

Elena vergrub ihren Kopf in Tifas Schoß und begann hemmungslos zu heulen. Tifa ignorierte das jedoch weitgehend und starrte weiterhin in die Ferne.
 

"Du hast mich angelogen", sagte schließlich Tifa nach einem längeren Schweigen. Sie war gerade verdammt wütend, nur irgendwie widerstrebte es ihr, das einfach so an Elena auszulassen - obwohl die Turk es ihren Augen durchaus verdient hätte.
 

Elena hob ihren Kopf und blickte Tifa mit verweinten Augen an. "Ich weiß. Ich konnte nicht... ich wollte nicht, dass du..."
 

Unsanft packte Tifa Elena an den Schultern und erwiderte ihren Blick. "Mach das nie wieder! Sag nie wieder..."
 

Sie wurde jäh unterbrochen als Elena plötzlich ihren Kopf festhielt und ihre Lippen auf Tifas Mund presste. Tifa war im ersten Moment zu geschockt, um überhaupt irgendwie zu reagieren, doch dann stieß sie die Turk von sich und sprang auf.
 

"Was zur... Was verdammt noch mal sollte DAS?!", schrie sie Elena an.
 

"Tifa, ich..."
 

"Du... du... Lass mich einfach in Ruhe!!!", unterbrach sie die Turk, stampfte dann ihre Hand auf ihre wieder schmerzende Rippe gepresst an ihr vorbei und beeilte sich von dem Deck herunter zu kommen.
 

* * *
 

"Tifa, warte... ich..."
 

Tifa bahnte sich zügig ihren Weg durch die abendliche Menschenmenge am Hafen von Junon. Natürlich hörte sie Elena, welche versuchte ihr so schnell wie möglich hinterher zu kommen. Aber sie wollte nicht warten - oder sie hören. Seit dem Vorfall hatten sie kein Wort miteinander gesprochen und waren sich auf der Fähre aus dem Weg gegangen. Sie war... Sie wusste nicht einmal genau, was sie eigentlich war. Sauer? Schockiert? Enttäuscht? Verletzt. Ihr Hals tat weh, ihre Verletzung ebenso, aber irgendwie war das im Moment zweitrangig.
 

Schließlich erreichten sie eine etwas ruhigere Halle in der Nähe des Ausgangs.
 

"Tifa...", flehte Elena abermals.
 

Blitzartig fuhr Tifa herum und packte Elena an ihrer Jacke. "Halt einfach die Klappe!"
 

"Es..."
 

"Sag mir...", fiel ihr Tifa ins Wort und schubste sie zornig gegen eine Wand. "Sag mir NIE wieder, du wärst okay! Du bist alles andere als okay. Nennst du das etwa okay, was da auf der Fähre passiert ist?"
 

"Nein... Tifa, ich..."
 

"Ich, weiß wie ich heiße, verdammt! Spar dir deine ewigen Entschuldigen. Du hast mich beinahe umgebracht. Du hast dich nicht mehr unter Kontrolle. Du... Du hast mich angelogen, verdammt noch mal! Und geküsst - warum auch immer..."
 

"Das, ich... tut mir leid, ich... ich verstehe, wenn du mich jetzt hasst", stotterte die Turk niedergeschlagen.
 

"Elena, dass ist nicht..." Tifa schnaubte nachdenklich und verschränkte die Arme, während sie verzweifelt versuchte einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Am liebsten hätte sie Elena einfach eine runter gehauen, aber das würde auch nicht mehr helfen. Nur ihrem Frust ein Ventil geben. "Ich weiß irgendwie gar nichts im Moment."
 

Es verstrichen einige Minuten, in der keine der beiden sprach. Elena blickte mit bleichem Gesicht zu Boden, während Tifa überall anders hinsah nur nicht zu Elena. Es wurde ihr einfach zuviel. Noch vor einer Stunde hatte sie wirklich geglaubt, sie würden es schaffen. Aber jetzt befand sie sich in einer Sackgasse. Sie brauchten Hilfe.
 

"Und jetzt?", traute sich Elena schließlich zu fragen.
 

Tifa schüttelte ahnungslos den Kopf. "Ich weiß es nicht."
 

Einfach weiter im Plan? Zur Costa del Sol, aufrüsten und dann warten bis sie gefunden wurden? Und dabei jeden Tag Elenas Attacken abwehren. Oder um die Welt reisen, versuchen diesen SOLDAT Mishima zu finden und dabei jeden Tag Elenas Attacken abwehren? Es war beinahe lächerlich. Wie hätte das je funktionieren sollen?
 

Es half nichts.
 

"Warte hier", sagte sie zu Elena wandte sich zum Gehen, doch die Turk hielt sie an der Schulter fest.
 

"Wo willst du hin?"
 

"Warte. Hier." Tifa nahm Elenas Hand von der Schulter und marschierte, ohne eine weitere Reaktion der Turk abzuwarten, zurück in eine der größeren Hallen des Hafens. Sie musste nicht lange suchen, bis sie einige Münztelefone fand. Das allerdings beschleunigte ihr Vorhaben nicht wirklich.
 

Sie wusste nicht wie viele Minuten sie vor dem Telefon stand und überlegte, wen sie nun anrufen sollte. Barret oder Cloud? Eigentlich hatte sie ihre Wahl schon längst getroffen, trotzdem widerstrebte es ihr den Hörer abzuheben und ihn einfach anzurufen. Anderseits hatte Barret genug zu tun und sie wollte ihm und Marlene keine unnötigen Sorgen machen.
 

Also schöpfte sie das letzte bisschen Mut, das ihr noch geblieben war und stieß ein langes Seufzen aus, dann hob sie den Hörer ab und begann mehrere Münzen für das Ferngespräch einzuwerfen.
 

Sie wusste Clouds Nummer immer noch auswendig. Konnte man so etwas überhaupt absichtlich vergessen? Aber was wollte sie ihm eigentlich erzählen? Irgendwas, egal was. Sie brauchte Hilfe. Allein schaffte sie es einfach nicht mehr.
 

Es begann zu klingeln - und mit jedem Klingeln wurde sie unsicherer.
 

Wohnte er überhaupt noch in Nibelheim? Sie hatten sicher schon über ein Jahr nicht mehr miteinander gesprochen.
 

Würde er ihr überhaupt helfen. Wahrscheinlich ja, sie hatten sich schließlich freundschaftlich getrennt - mehr oder weniger.
 

"Cloud?", meldete sich eine hoffnungsvolle Stimme am anderen Ende der Leitung - eine weibliche Stimme.
 

"Cl...", Tifa brach ab.
 

"Hallo?" Die Stimme klang enttäuscht.
 

Wer war das?
 

"I... Ist Cloud da?", brachte sie zögerlich heraus.
 

"Nein, ist er nicht. Er ist... nicht da. Wer..."
 

Tifa hängte auf und starrte das Telefon für einen Moment lang ungläubig an, dann machte sie ein paar Schritte zur Seite, bevor sie sich umdrehte und kraftlos gegen die Wand lehnte.
 

Er war nicht da. Cloud würde ihr nicht helfen. Er war nicht da. Er war nicht da und er hatte jemanden, der auf ihn wartete. Elena hatte sie beinahe umgebracht. Ihr Haus war abgebrannt. Er war nicht da. Elena wollte sie umbringen. Er hatte jemanden. Elena hatte sie geküsst. Haus abgebrannt. Nicht da. Umbringen. Abgebrannt. Elena. Keine Hilfe. Cloud. Umbringen. Nichtdaumbringenabgebranntgeküssthattejemanden...
 

Tifa sackte zu Boden, zog ihre Knie heran und vergrub ihren Kopf als die Tränen aus ihr hervorbrachen. Sie schaffte das nicht mehr. Sie wollte nicht mehr. Sie konnte nicht mehr.
 

Nur noch heulen.
 

* * *
 

Elena wanderte unruhig an der Stelle auf und ab, an der Tifa sie stehen lassen hatte. Mittlerweile ging es ihr wieder sehr viel besser als noch vor einer halben Stunde - wie nach fast allen Verwandlungen in den letzten Tagen. Aber heute erinnerte sie sich zum ersten Mal wirklich an das was passiert war, was sie getan hatte, und musste es nicht mehr nur vermuten. Das war keine schöne Sache.
 

Sie schüttelte angewidert den Kopf und versuchte nicht mehr daran zu denken. Ungeduldig sah auf Elena auf die große Uhr die über dem Ausgang der Halle hing. Wie lange war das nun schon her, dass Tifa gegangen war? Zehn Minuten? 'Warte hier' hatte sie gesagt. Was sie wohl vorhatte?
 

Sie hat dich allein gelassen, sagte ihr eine Stimme in ihrem Hinterkopf, die ausnahmsweise mal ihre eigene war und nicht das Gekreische, das ihr fast den ganzen Tag im Kopf herum gespukt war. Aber gerade das machte ihr besonders Angst. Aber Tifa würde sie doch ganz sicher nicht einfach so allein lassen.
 

Oder?
 

Nach dem, was vorhin geschehen war, war das nicht mal sehr abwegig. Sie hatte sie beinahe umgebracht - nein, nicht sie! Dieses Ding, das in ihr wucherte. Sie würde Mishima dafür umbringen. Und wer sonst noch dafür verantwortlich war.
 

Aber sie hatte Tifa geküsst, und wahrscheinlich war sie deshalb auch so sauer.
 

Elena stieß ein frustriertes Seufzen aus und lehnte sich gegen die Wand, während sie ihren Blick zur Deckenbeleuchtung wandern ließ.
 

Eigentlich hätte sie es wissen sollen. Mit Tseng war es genau dasselbe gewesen. Aber sie war Tifa einfach nicht mehr nur dankbar. Das war vielleicht bei Tseng der Fall gewesen, er hatte ihr immerhin das Leben gerettet. Sie war noch nie einem Menschen begegnet, der ihr einfach so geholfen hatte - ohne etwas dafür zu wollen. Und das, obwohl sie einst versucht hatte Tifa umzubringen. Nicht einmal aus persönlichen Gründen, sondern weil es ihr Job gewesen war.
 

Das machte es wahrscheinlich noch schlimmer.
 

"Ganz allein hier?"
 

Das fasste es wohl zusammen. Elena brauchte einen Augenblick, bevor sie bemerkte, dass es sich dabei nicht um ihre Gedanken gehandelt hatte, sondern jemand sie angesprochen hatte. Sie senkte ihren Blick wieder und erblickte einen jungen Kerl mit stacheliger Frisur, der sie hoffnungsvoll angrinste. Elena stieß genervt Luft aus. Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
 

"Lass mich in Ruhe", sagte sie desinteressiert und sah demonstrativ in eine andere Richtung.
 

Ihrer neuer Freund ließ allerdings nicht locker. "Du siehst erschöpft aus. Lust auf 'nen Kaffee?"
 

"Nein."
 

"Ich könnte dir die Stadt zeigen."
 

"Ich kenn die Stadt schon gut genug", erwiderte Elena scharf und warf ihrem Gegenüber einen strengen Blick zu. "Willst du es nicht kapieren? Du sollst verschwinden!"
 

"Hey, ich will nur nett sein, Süße. Hast du schon einen Platz zum schlafen?"
 

Elena wurde es zu blöd. Mit einer schnellen Bewegung zog sie ihre Pistole und hielt sie dem Kerl vor die Brust, der daraufhin erschrocken zurückstolperte.
 

"Ich hab heute einen verdammt beschissenen Tag", zischte Elena ihn an. "Du kannst von Glück reden, dass ich dich nicht in der Luft zerfetze. Also, wenn du in fünf Sekunden nicht verschwunden bist..."
 

"Irres Miststück!", fluchte der Junge und suchte das Weite.
 

Elena blickte ihm kurz nach, dann steckte sie die Waffe wieder weg und sah sich um, ob jemand sie bemerkt hatte. Was wohl glücklicherweise nicht der Fall war. Aber Tifa konnte sie ebenfalls nirgends sehen. Würde sie aber wahrscheinlich auch nicht mehr.
 

Elena beschloss zu verschwinden. Es war frustrierend, aber auch ihre eigene Schuld. Jetzt groß herum zu heulen half ihr auch nichts mehr. Sie war fast ihr ganzes Leben lang allein gewesen und hatte es trotzdem irgendwie geschafft. Sie würde es auch dieses mal schaffen... wahrscheinlich. Hoffentlich.
 

Mit viel Glück...
 

Sie marschierte auf den Ausgang zu, als sie plötzlich von hinten an der Schulter gepackt wurde.
 

"Wo willst du..."
 

"DU SOLLST VERSCHWINDEN!!!", schrie Elena entnervt auf, fuhr herum und verpasste dem unbelehrbaren Störenfried einen Schlag mit ihrem Handrücken ins Gesicht - nur um dann erschrocken zu bemerken, dass es sich um Tifa handelte.
 

Tifa taumelte kurz zur Seite und starrte die Turk geschockt an, eine Hand an ihr Gesicht haltend.
 

Elena war ebenso geschockt und versuchte verzweifelte einige sinnvolle Worte herauszubringen. "Tifa... ich..."
 

Sehr weit kam sie nicht, bevor ein Schlag von Tifa sie von den Beinen holte. Als sich die Benommenheit wieder legte, stand Tifa über ihr - jetzt ihre Hand auf ihre verletzte Seite gepresst - und sah sie wütend an.
 

"Was zur Hölle sollte das, Elena? Diesmal kannst du es nicht auf eine Verwandlung schieben."
 

"Ich... Ich wollte das nicht. Ich dachte, du wärst jemand anderes...", stammelte Elena immer noch am Boden liegend. Sie erschrak ein weiteres mal, als sie Tifa das erste Mal richtig ansah. Sie sah furchtbar aus. Nicht in erster Linie wegen dem Blut, das ihr aus dem Mundwinkel lief, sondern wegen ihren geröteten Augen. "Bist du okay?"
 

"'Nein' reicht nicht aus, um das zu beschreiben", meinte Tifa, wischte sich das Blut vom Mund und half Elena wieder auf die Beine. "Ich kann diese Frage nicht mehr hören."
 

"Dann weißt du endlich wie ich mich fühle", versuchte die Turk zu scherzen, auch wenn keine der beiden zum Lachen aufgelegt war.
 

"Gehen wir", war Tifas einziger Kommentar darauf, bevor sie sich Richtung Ausgang aufmachte.
 

"Wohin?", fragte Elena verwirrt und folgte ihr. Sie war froh, dass Tifa doch nicht das Weite gesucht hatte, aber ihre Freundin war noch angefressener als vor zehn Minuten. Das machte ihr Sorgen. Der Tag war schon schlimm genug gewesen.
 

"Einen Platz zum schlafen suchen. Das Schiff zur Costa del Sol läuft erst morgen Nachmittag aus", erklärte Tifa, ihren Blick starr nach vorne gerichtet.
 

"Gleich gegenüber ist ein Motel, vielleicht bekommen wir da noch ein Zimmer", bot Elena an und versuchte beim Verlassen der Halle mit Tifa auf gleiche Höhe zukommen.
 

Sie schien Elenas Vorschlag angenommen zu haben, denn Tifa eilte ohne weitere Worte über die wenig befahrene Straße auf das Motel zu, in dem Elena vor nicht allzu langer Zeit übernachtet hatte, als sie auf der Jagd nach Valentine gewesen war.
 

"Die verlangen nicht viel für eine Nacht und die Betten sind sauber." Diese Stille war Elena unangenehm.
 

"Schön."
 

Bevor die beiden ihr Nachtquartier in spe betreten konnten, stürmte ihnen eine nervöse Gestalt aus dem Eingang des Motels entgegen und schob sich brüsk zwischen ihnen hindurch, woraufhin Tifa nur genervt die Augen zusammenkniff.
 

"Hey!", beschwerte sich die Turk hingegen lautstark, worauf hin der Rüpel sich kurz umdrehte.
 

"Ent.. Entschuldigung", stammelte der rotbärtige Mann kurz, dann eilte er zu einem am Straßenrand wartenden Taxi. Elena bekam das jedoch gar nicht mehr mit. Sie war vor Schreck erstarrt...
 

* * *
 

>>>>> Licht. Überall nur dieses gleißende Licht. Und diese Schmerzen. Sie starb wohl gerade. Etwas anderes konnte das nicht sein.
 

Hatte Mishima sie doch erschossen?
 

"Wir verlieren sie! Sie hat viel zuviel Blut verloren."
 

War das der Lebensstrom? Das soll ein seltsamer Ort sein, hatte sie gehört.
 

"Der Cocktail ist gleich so weit. Kümmern Sie sich um ihre Aufgabe, Beruga."
 

Aber wenn man tot war, sollte man doch keinen solchen Schmerzen mehr haben, oder?
 

"Wir müssen ihre Wunden versorgen."
 

War sie in einem Krankenhaus?
 

"Nein, ich möchte sehen, wie schnell der Regenerationsprozess eintritt."

Warum half ihr dann niemand? Sie hatte Schmerzen, unglaubliche Schmerzen!
 

"Und wenn sie es nicht schafft?"
 

"Dann suchen wir uns eben neue Testobjekte."
 

Natürlich. Sie wollten ihr nicht helfen. Irgend jemand machte etwas an ihrer rechten Schulter.
 

"Dann kann ich mit der Prothese also warten?"
 

Warten?
 

"Nein, machen Sie schon. Sie brauchen endlich wieder Praxis auf dem Gebiet."
 

Sie würden einfach warten und sie sterben lassen.
 

"Ich habe mehr als genug... Mein Gott, sie ist ja bei Bewusstsein!"
 

Sie wollte nicht sterben.
 

"Oh, wirklich?"
 

Wenn nur diese Schmerzen nicht wären.
 

"Wir müssen ihr eine Narkose verabreichen!"
 

"Tun Sie, was Sie nicht lassen können."
 

Irgend jemand beugte sich über sie. Sie kniff ihre Augen zusammen und versuchte etwas zu erkennen. Ein Brillenträger mit rotem Vollbart sah auf sie herab, während er sich eine Maske über den Mund zog.
 

"Keine Sorge, gleich haben die Schmerzen ein Ende. Und wenn sie aufwachen ist ihr Bein besser als neu... ELENA!" <<<<<
 

* * *
 

"ELENA!", rief Tifa zum wiederholtem Mal ungeduldig, wobei die Turk diesmal endlich aus ihrer Trance hoch schreckte und Tifa entgeistert anblickte. "Was bitte ist los mit dir?"
 

Elena starrte wieder dem Taxi nach, dessen Rücklichter sich gerade in den nächtlichen Verkehr von Junon einordneten.
 

"Das... das...", begann Elena, dann ballte sie verbissen ihre Fäuste. "Das war einer von ihnen!"
 

"Was!?"
 

Bevor Tifa sich versah, packte Elena sie plötzlich mit einem Arm und begann zu rennen. Zumindest dachte Tifa, sie würden rennen, bis ihre Beine den Boden unter den Füßen verloren und sie sich einige Meter über der Straße wieder fand. Elena hatte einen gewaltigen Sprung vollführt und sie beiden zusammen in die Luft katapultiert.
 

"ElennnaaaAAAAAAAA!!!"
 

---------- Ende Kapitel 11 ----------
 

Anmerkungen des Autors:

Tadaa! Diesmal hat es kein dreiviertel Jahr mehr gedauert. Bin endlich wieder richtig in FF-Stimmung, da geht's mit dem Schreiben auch wieder schneller (wäre bloß die Lernerei nicht -_-). Gibt diesmal nicht viel zu sagen. Bin aber mit diesem Kapitel sehr viel zufriedener als mit dem letzten. Ab dem nächsten bekommen dann auch die Actionfans endlich wieder was geboten... Mittlerweile sind ja alle wichtigen Personen in Junon angekommen ;)
 

Und ich hab diesmal einen der größten Fanfic Fauxpas überhaupt begangen: Ich hab das Aussehen der Charaktere verändert! (Schlimm, ich weiß *g*) Okay, Elena hatte ja schon seit Kapitel 1 längere Haare, aber Tifa bekommt aus aktuellem Anlass (Advent Children rules! *gg* ) nach und nach ein Redesign verpasst.
 

Wer's nicht mehr weiß: Gelinkas sind die klobigen Transportflugzeuge von ShinRa (eines davon liegt am Meeresboden).
 

Und bevor ihr jetzt verzweifelt ein geheimes Dungeon sucht. Nein, Midgar hatte keinen Hafen im Spiel. Aber die meisten dürften mittlerweile gemerkt haben, dass meine FF7-Welt sehr viel größer ist, als das, was man auf der Karte im Spiel sieht.
 

Achja: Dieses Kapitel hat noch einen zweiten Titel: "Winged Sweetness". Genauso zynisch, wie der jetzige Titel, aber eigentlich einer guten Freundin gleichen Namens gewidmet (Hiho, Sweety!). Aber einer hier nicht näher genannter (neidischer *ggg*) Beta-Reader fand, dass "One Winged Angel" besser passt.
 

Bis zum nächsten Mal! Review bitte nicht vergessen ;)
 

Nguyen Tran Loc (NguyenTranLoc@gmx.de)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Leviath
2004-08-28T16:06:18+00:00 28.08.2004 18:06
Hm.. ich hab mich zu dem Titel nicht geäußert, von wegen ob er passt oder nicht..
*grübel*
War wohl der andere? ^^

Nun ja, ich schulde dir jedenfalls noch nen Kommi ^^

Ich hab mich schon gefragt, ob du Vincent vergessen hast.. Kaum fragte ich mich das, kam der Abschnitt XD
Der Arme Kerl.. Du missbrauchst ihn ganz schön als Mittel zum Zweck TT
Meinen armen Vincent ...

Die Fitnessudio-Szene fand ich cool ^^ Besonders Raika.. das Mädel beginnt mir ans Herz zu wachsen ^^
Ich stell sie mir irgendwie wie son Rikku-Verschnitt nur mit Fuchsroten Haaren vor (son bissel ins bräunliche gehend) da ich die Beschreibung in den ersten Kapiteln irgendwie nimmer im Kopf habe oder das einfach verdrängt hab XD

Aber das absolut obercoolste, war die Kuss-Szene ^^ Und Tifas Reaktion ^^ *gg*

Außerdem (ok, das ist jetzt schon fast alt, aber ich glaub ich hab noch nie was zu gesagt) find ich die Stimme in Elenas Bewustsein klasse. Die die immer auftaucht, wenn das Äh.. ich sag mal 'Ding' herauswill ^^ Das ist ja so richtig schön penetrant. Und man kann sich Elenas Empfindungen in dem Moment echt prima vorstellen. Das beschriebst du jedes Mal sehr schön ^-^

Übrigens.. Tifa in Advant Children hab ich noch nciht gesehen.. kenn da nur Cloud und Seph.. und das auch nur von Bildern...


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