"Okay …", sagte Johnny lang gezogen, nachdem Robert seinen kleinen Vortrag beendet hatte und ihn mit diesem bestimmten Gesichtsausdruck musterte, der ihn so nervte und ihn damit unausgesprochen tadelte. "Lass mich das kurz zusammen fassen … Du warst bei der Sache mit dem Tattoo und auch bei der Ziege mit dabei." Mit einer misstrauisch angehobenen Augenbraue betrachtete der Schotte seinen Freund und verschränkte dabei die Arme vor dem Oberkörper, um seinem angesäuerten Gemütszustand mehr Ausdruck zu verleihen. "Und obwohl du dabei warst, um mich von irgendwelche Dummheiten abzuhalten, habe ich jetzt ein Tattoo auf dem Arsch und eine verdammte Ziege im Bad! Sag mal, was hast du eigentlich in der Zeit gemacht? Standest du seelenruhig daneben und hast mir einen Vortrag darüber gehalten, oder was?"
Robert, der schon ansetzen wollte, sich für sein Vorgehen in der vergangenen Nacht zu rechtfertigen, schloss wieder den Mund, da Johnny nicht daran dachte, ihn überhaupt zu Wort kommen zu lassen. Stattdessen hatte er sich anscheinend in den Kopf gesetzt, ihm die ganze Schuld an der vorherrschenden Situation zu geben.
"Sag mal, wozu warst du dann überhaupt dabei? Du hättest mir das Tattoo ausreden müssen! Und du hättest mich davon abhalten müssen, dass ich die blöde Ziege mitschleppe!"
Oliver und Enrique warfen sich einen wissenden Blick zu, während Robert nur mit den Augen rollte und den Eindruck machte, dass er sich am liebsten die flache Hand ins Gesicht schlagen würde. Das hier jetzt im Prinzip eine typische Reaktion von Johnny. Anstatt einzusehen, dass er etwas falsch gemacht hatte, versuchte er den Spieß umzudrehen und Robert die Schuld in die Schuhe zu schieben.
"Ich habe versucht, es dir auszureden, aber dir war das – um es mal salopp auszudrücken – total egal. Komm damit klar oder lass es. Ich bin nicht schuld daran, dass du Mist gebaut hast und ich werde mit Sicherheit nicht dafür sorgen, dass es plötzlich ungeschehen gemacht ist", erwidere Robert mit mehr Ernst und Autorität in der Stimme, als es für sein Alter angemessen wäre – aber zumindest bewirkte es, dass Johnny vorläufig den Mund hielt. "Und um Eines gleich klar zu stellen: Ich werde dir nicht helfen, deine Missetaten zu bereinigen. Aber du wirst diese Ziege hier raus schaffen, klar?"
"Und wo soll sie hin?", stellte Johnny eine Gegenfrage.
"Zurück in diesen Streichelzoo."
"Und wenn ich dann festgenommen werde?"
"Das ist nicht mein Problem", sagte Robert lapidar und zuckte mit den Schultern. Für ihn war dieses Thema damit abgeschlossen und er hatte nicht die geringste Lust, weiter darüber zu reden.
Für einen Moment stand Johnny unschlüssig im Zimmer herum, ehe er Enrique einen undeutbaren Blick zuwarf. "Deine Familie hat doch ein paar Weinberge, richtig?", fragte er mit einem Unterton, der selbst dem Italiener deutlich machte, dass er etwas von ihm wollte.
"Ja, warum?", erwiderte Enrique misstrauisch und ahnte sicherlich, auf was der Schotte anspielte. "Ich nehme die Ziege nicht!", fügte er nur Sekunden später hinzu, als es ihm richtig bewusst wurde.
"Vergiss es!", ergänzte Oliver, als Johnny ihm diesen bestimmten Blick schenkte.
Seufzend ließ Johnny den Kopf hängen. "Okay …", sagte er dann mit leidender Stimme, ganz so, als ob er hoffte, dass das reichte, um seine Freunde umzustimmen. "Dann bringe ich die Ziege eben zurück …" Er seufzte erneut theatralisch. "Aber könnt ihr mir wenigstens helfen, sie aus dem Hotel zu schaffen?"
Robert, Oliver und Enrique warfen sich für fast eine halbe Minute einen Blick zu, als ob die Drei ein telepathisches Gespräch und dabei diskutierten, ob sie Johnny diesen Gefallen taten. Letztendlich kamen sie zu der Übereinkunft, dass sie es tun würden.
"Aber nur unter einer Bedingung", sagte Robert entschieden und warf jedem der Anwesenden einen strengen Blick zu. "Alles, was in diesen vierundzwanzig Stunden passiert ist, verlässt nicht diesen Raum und wir werden nie wieder ein Wort darüber verlieren."
