Zum Inhalt der Seite

Lang lebe die Königin

Vertrau mir deine Flügel an II
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Unter Wölfen

Sacht fielen die Schneeflocken vom Himmel und umspielten Natsus rotbraunes Haar. Ihr Blick war gen Himmel gewandt und zusammen mit Wölkchen ihres warmen Atems stiegen auch ihre Sorgen und Freuden zum Himmel empor.

Mit einem Lied auf den Lippen begrüßte sie den ersten Schnee am Ende dieses Monats, während ihre Beine von einer Steinlaterne, die im Hauptquartier der Shinsengumi stand, baumelten.

Eng um ihren nackten Körper geschlungen lag Toudou Heisukes Mantel, den sie geliehen - gestohlen war so ein böses Wort – hatte.

Niemand von der Shinsengumi wusste, dass sie hier war, und das, obwohl sie ihnen oft genug ohne Scheu begegnete. Zumindest in ihrer Fuchsgestalt.

Die Krieger hatten verstanden, dass dies ihr Zuhause war, und obwohl sie die Nicht-Menschen, welche Rasetsu genannt worden, verabscheute, konnte sie ihrer Heimat doch nicht erneut den Rücken zukehren.

Sie hatte das schon einmal getan, vor mehr als zwei Monaten. Zu dieser Zeit hatte sie Yuki kennengelernt, die sie während ihrer Suche nach einem Mädchen bei sich aufgenommen hatte. Doch nun war Yuki seit fast zwei Monaten weg.

'Wie es Yuki wohl geht?' Es war ein Gedanke, der ihr häufiger durch den Kopf ging. Schließlich war in der Zeit ihrer Abwesenheit soviel geschehen. Die Shinsengumi war nun ohne Serizawa und dessen Haussklaven, das Samuraimädchen kam nicht mehr zum Putzen und überhaupt, ohne Yuki fühlte sich Natsu einsam.

Sie traf zwar hin und wieder, in ihrer menschlichen Gestalt, außerhalb der Shinsengumi auf Heisuke, aber meist war er zu beschäftigt, um mit ihr zu spielen. Immerhin hatte die Shinsengumi soviel zu tun, genauso wie die blonde Geiko aus Shimabara.

Das Vergnügungsviertel schien besser besucht als zuvor, und so hatte die Geiko auch Mizus Hilfe dankbar angenommen, als diese sich um die Stelle als zweite Wächterin beworben hatte.

Nur selten kamen die beiden zum Hauptquartier der Krieger, um zu trainieren und sich mit den Jungs zu unterhalten. Worüber, verstand Natsu allerdings nicht. Es war einfach nicht ihre Welt. Füchse verstanden, was es hieß zu überleben, aber nichts von der menschlichen Gesellschaft, von ihren unnatürlichen Problemen und schon gar nichts von der menschlichen Notdurft, sich körperlichen Spaß zu gönnen.

In Nächten wie dieser zerriss sie diese Erkenntnis fast schon und Yuki fehlte ihr noch mehr. Sie waren sich so ähnlich gewesen, immerhin gehörten sie nicht zu den Menschen, und doch hatte Yuki sie soviel von ihnen gelehrt.
 

Langsam glitt Natsu von der Steinlaterne und streifte sich Heisukes Mantel ab. Sehnsüchtig vergrub sie ihre Nase in den weichen Stoff und atmete seinen beruhigenden, naiven Duft ein.

Immer wenn sie an ihn dachte, beruhigte sie sich, so wie jetzt. Auch wenn Heisuke immer nur wenig Zeit hatte, sobald er sie sah, lächelte er sie an, begrüßte sie und ließ sie für einen Augenblick vergessen, wer sie wirklich war.

Schützend drückte Natsu den Stoff an sich und lief zu einer Ecke des Hauptquartiers, die alleine ihr gehörte. Es war eine Stelle unter den Holzböden außerhalb des Gebäudes. Sie hatte es sich dort heimisch gemacht und versteckte ihre Schätze, wie den Mantel, dort.

Vorsichtig verstaute sie den Mantel in ihrem Heim. Sie musste sich beeilen, denn es wurde kalt und diese Menschenhaut schützte gar nicht.

Mit einem erleichterten Seufzen nahm sie sie wieder ihre Fuchsgestalt an und streckte sich müde. Bevor sie schlief, wollte sie noch einmal Heisuke sehen. Immerhin war das ihr Ritual geworden.

Mit sicherem Schritt lief sie zu den Quartieren der Hauptmänner, die im Gegensatz zu den niederrangigen Kriegern privatere Zimmer hatten, in denen man maximal drei Männer unterbringen konnte. Außer den Kommandanten Hijikata, Sannan und dem Oberkommandanten Kondou, die jeweils ein Zimmer für sich zum ruhigen Arbeiten hatten, genossen sie neben einem höheren Gehalt eben kleinere Privilegien.

„Kannst du auch nicht schlafen?“

Natsu neigte den Kopf, als sie den Speerkämpfer an einen Pfosten gelehnt außerhalb seines Zimmers sah. Es war kein seltenes Bild, denn er schien an seinen freien Abenden häufiger alleine für sich, in Gedanken versunken, sein zu wollen.

„Niu?“

Langsam tapste Natsu auf den Krieger zu, der sich zu ihr bückte, sie vorsichtig in seine Arme nahm und kraulte. Sie genoss diese Zärtlichkeit, auch wenn sie sich diese eher von Heisuke gewünscht hätte.

„Ob sie an mich denkt?“ Seine Worte glichen eher einem Seufzen, doch sie kamen voller Gefühl bei Natsu an, weswegen sie den Speerkämpfer ansah. Sie fühlte sich ihm so verbunden, denn sie ahnte, an wen er dachte. Immerhin hatte er soviel Zeit mit ihr verbracht, und zusammen mit Yuki hatte auch das Puppenmädchen Kyoto verlassen.

Natsu verstand nicht viel von menschlicher Liebe, doch sie war sich sicher, dass es dem Puppenmädchen nicht anders ging, wenn sie es ehrlich mit ihm meinte.

Etwas hob sie ihren Körper, wich seiner warmen Hand aus und stemmte sich mit ihren Vorderpfoten gegen seine Schulter. Der Krieger sah verwundert zu der Kitsune, die ihm ermutigend über die Wange leckte. Er sollte nicht traurig sein, sondern dem Puppenmädchen vertrauen, denn sie hatte die beste Lehrerin an ihrer Seite. Und irgendwann, wenn die Zeit reif war, würden beide zurückkehren.
 

Müde grub sich Natsu aus der Decke Heisukes. Es war selten, dass sie bei den Kriegern schlief, doch Harada hatte am Abend zuvor darauf bestanden, indem er sie einfach neben Heisuke abgelegt hatte.

Jeder in der Shinsengumi wusste, dass Natsu den jungen Krieger mochte, denn schließlich suchte sie auch in ihrer Fuchsgestalt bevorzugt seine Nähe. Und der Krieger dankte es ihr mit Zärtlichkeiten wie einer Decke, die sie wärmen sollte.

Dass sie mit ihrer zierlichen Größe es schwerer hatte, sich aus dieser liebevoll drüber gelegten Decke zu wühlen, vergaß er meist aber. Dennoch schaffte sie es auch heute wieder und tapste zu der Tür, die einen Spalt weit geöffnet war.

Die Männer hatten sie wahrscheinlich wieder für sie offen gelassen, damit sie in die Freiheit und auf die Jagd gehen konnte.

Wie immer schlüpfte sie durch den Spalt die die andere Seite, wandte sich um und schloss die Tür mit aller Kraft die sie aufbringen konnte. Immerhin sollten die Männer nicht frieren.

„Bitte! Verzeiht mir! Ich werde nichts sagen!“

Natsu sah auf, als sie Stimmen hörte. Oder vielmehr eine Stimme. Sie war zwar nicht sehr nahe dran, aber ihre empfindlichen Ohren fingen die hohe Tonlage sehr gut auf.

Neugierig lief sie der Stimme entgegen und sah schließlich Saito, der einen zierlichen Burschen unsanft in ein Zimmer bugsierte.

„Bereite dich auf das Schlimmste vor. Es wird nicht gut für dich ausgehen.“

Fragend neigte Natsu den Kopf und lief Saito entgegen, der sie mit seinen geschärften Sinnen sofort bemerkt. Doch wie die anderen Hauptmänner vertrieb er sie nicht und gewährte ihr die Nähe, die sie suchte.

„Er ist ein Gefangener. Pass auf, dass er nicht flieht.“

Brav, als hätte Saito seine Worte wirklich ernst gemeint, setzte sich Natsu vor die Schiebetür und beobachtete, wie der sonst so schweigsame Linkshänder zurück in Richtung Besprechungszimmer ging.
 

Es ließ sich niemand mehr an der Tür blicken, und obwohl Natsu nicht dazu verpflichtet war, Wache zu schieben, blieb sie treu auf ihrem Posten, während der kalte Wind ihr durchs Fell fuhr.

'Was hat es verbrochen, dass man es einsperrt?'

Natsu kannte die Shinsengumi gut genug, um zu wissen, dass so eine Strafe nicht grundlos verhängt wurde. Doch sie war neugierig und wollte es genauer wissen.

Vorsichtig sah sich das Fuchsmädchen um und lief zurück zu ihrem Versteck, aus dem sie Heisukes Mantel hervorzog. Erneut sah sie sich vorsichtig um, ehe sie ihre menschliche Form annahm, sich den Mantel umwarf und enger um ihren Körper schlang.

'Niu... kalt', dachte sie und lief zu dem Zimmer zurück. Sie musste schnell sein, bevor man sie entdeckte und alles etwas unangenehmer wurde.

Leise schob sie die Tür auf und schlüpfte wie ein Schatten in das Zimmer. Sie war froh, dass sie erneut unbemerkt war und atmete erleichtert auf.

Suchend schweifte ihr Blick durch den Raum und schließlich trafen ihre Augen die der Fremden.

„Wer bist du?“

Natsus durch Fuchsmagie getarnte Ohren zuckten. Nein, sie hatten einen Fehler begangen. Diese Person war kein Mann. Es war ein Mädchen.
 

Die Frage, wer sie war, schwebte nach wie vor unbeantwortet im Raum, doch Natsu konnte nicht antworten. Sie war viel zu geschockt von der Tatsache, dass die Shinsengumi ein Mädchen gefangen hielt.

Wie hatten die Männer das nicht bemerken können, es war doch so offensichtlich, und selbst die Männerkleidung konnte nicht darüber hinweg täuschen.

„Was macht ein Mädchen als Gefangene bei der Shinsengumi?“

Immer noch hatte Natsu nicht auf die ihr gestellte Frage geantwortet. Sie konnte es auch nicht, denn ihre eigene Frage erschien ihr als viel wichtiger.

„Ich...“ Scheinbar war die Fremde nicht einmal verwundert, darüber, dass Natsu ihre Tarnung durchschaut hatte. Zumindest war sie kooperativ, als sie zu ihrer Antwort ansetzen wollte.

„Moment! Du bist auch ein Mädchen. Was suchst du hier? Und warum bist du nackt?“

Fragend neigte Natsu den Kopf. Aus ihrer Sicht war sie nicht nackt, sie trug immerhin Heisukes Mantel. Ebenso wenig war es aus ihrer Sicht schlimm, hier im Hauptquartier der Krieger zu sein.

„Ich lebe hier.“ Natsu war unfähig zu lügen. Sie hatte auch keinen Grund, das zu tun. Es entzog sich ihrem Verständnis, dass dem gefangenen Mädchen die Gesichtszüge entglitten.

„Du bist ihre... Mätresse?“ Mätresse? Das war ein Wort, das Natsu nicht verstand. Sie musste es aber auch nicht. Zumindest glaubte sie das.

„Du hast meine Frage nicht beantwortet.“ Das Fuchsmädchen wusste, dass sie nicht ewig Zeit hatte. Mit Sicherheit würden bald die Männer der Shinsengumi kommen und das Mädchen abführen.

„Ich bin hier, um nach jemandem zu suchen.“

Natsus Augen weiteten sich. Dieser Grund. Er war ihr so vertraut und erinnerte sie an Yuki, was wiederum den Wunsch in ihr auslöste, diesem Mädchen zu helfen.

„Wen suchst du?“ Es dauerte einige Augenblicke, bis Natsu sich gefasst hatte und das persönliche Verhör fortführen konnte. Auch wenn sie bezweifelte, dass sie die Person kannte, die das Mädchen suchte, wollte sie doch etwas tun.

„Meinen Vater. Vor sechs Monaten ist er nach Kyoto gegangen. Er hat mir jeden Tag einen Brief geschrieben, doch vor einem Monat kamen keine mehr. Ich habe auch seinen Freund Matsumoto-sensei nicht mehr gefunden, und deswegen habe ich mich auf den Weg nach Kyoto gemacht. Aber die Zeiten sind etwas bedrohlich, weswegen ich befürchtet hatte, dass ich in Schwierigkeiten gerate, wenn ich mich als Frau zu erkennen gebe.“

Verwunderung machte sich in Natsu breit. Sie hatte noch nie Probleme bekommen. Es gab eine schöne Zuflucht für sie, das Futter reichte und ihr Heisuke atmete. Damit war doch alles ideal.

„Als ich hier ankam, wurde ich aber von einigen Rebellen angegriffen. Bei meiner Flucht sind mir dann die Männer der Shinsengumi begegnet.“

Für Natsu war dies nun doch ein klarer Fall. Auch wenn Saito sie als Gefangene bezeichnet hatte, so konnte sich das Fuchsmädchen nicht vorstellen, dass man wirklich vorhatte sie zu beseitigen, nachdem man sie vor den bösen Männern beschützt hatte.

Die Frage war nur, wie sie ihr das erklärte.

„Du musst dir keine Sorgen machen. Die Shinsengumi ist nicht so schlecht wie ihr Ruf. Ich meine, sie lassen mich hier leben, geben mir hin und wieder etwas von ihrem Essen ab und lassen mich bei sich im Bett schlafen.“

Ein unschuldiges Lächeln zierte Natsus Gesicht. Zwar war es wohl nur Heisuke, von dem sie sprach, aber wenn sie alles verallgemeinerte, konnte sie dem Mädchen vielleicht etwas von ihren Ängsten nehmen.

Das sie das genaue Gegenteil von ihren Absichten tat, konnte sie nur anhand des verängstigten Gesichtsausdrucks ihres Gegenübers erkennen.

Doch warum verstand sie es nicht? Immerhin hatte sie doch nur Gutes von den Kriegern erzählt.

„Du bist ein seltsames Mädchen.“ Es war eine laut ausgesprochene Feststellung Natsus. Für sie war die Frau einfach nur seltsam und eigentlich kein Umgang für sie. Die Shinsengumi war lieb, und von dieser Vorstellung würde sie niemand abbringen.

„Auf Wiedersehen.“

Ohne die Fremde weiterhin zu beachten, wandte sich Natsu um und verließ geschwind das Zimmer. Sie hatte nun alles erfahren, was sie wollte, und mehr brauchte sie nicht.
 

~~**~~
 

Ein kalter Wind fuhr ihm durch das Haar, als er über die unbeleuchteten Schleichwege Shimabaras seinen Weg zu einer ihm sehr vertrauten Sumiya machte.

Obwohl sein hellblauer Mantel aus einem angenehm wärmenden Stoff war, fröstelte es Okita Souji, der seiner Pflicht in dieser Sumiya nachkommen wollte.

Wieder einmal faszinierten ihn die zwei Hüterinnen, die, nur in ihre dünnen Yukatas gehüllt, Abend für Abend das Wohl der Geikos und Maikos beschützten.

Und doch gerade jetzt, da die Sumiya ihre Kinder wieder willkommen hieß, war es zu viel für zwei Frauen. Betrunkene Männer waren unberechenbar, und obwohl die Wächterinnen Shimabaras auch ausgezeichnete Kämpferinnen waren, hatten Kondou und Hijikata entschieden, dass nächtlich mindestens ein Mann an ihrer Seite patrouillierte und kämpfte.

„Du bist spät, Okita.“ Die Stimme der exotischen Geiko durchschnitt die Stille wie ein scharfes Schwert. Sie klang zwar nicht sehr erfreut, aber Souji wusste auch, dass sie nicht wirklich wütend war.

„Verzeih, Chia-chan. Wir hatten in der Shinsengumi einige Dinge zu klären, die etwas mehr Zeit in Anspruch genommen haben. Wie ist die Lage derzeit?“ Wie gewöhnlich beschränkte sich Souji auf die nötigsten Informationen, schmückte sie sprachlich aber genug aus, dass Chia sich so einiges vorstellen konnte. Er liebte es einfach, diesen entsetzten Gesichtsausdruck zu sehen, doch anders als bei Mizu, die so ziemlich alles schockierte was Souji sagte oder tat, blieb bei Chia dieser erwünschte Blick aus.

„Alles ist ruhig. Mizu macht gerade einen Rundgang bei den Läden. Man weiß ja nie, was in den Köpfen dieser Männer vor sich geht.“

Um Souji zu zeigen, in welche Richtung Mizu gegangen war, wandte sie ihren Kopf dahin. Sie machte sich Sorgen, zumindest glaubte Souji das in ihrem Blick zu erkennen.

„Ich gehe Mizu-chan dann einmal Hallo sagen.“

Ein Lächeln schlich über Soujis Gesicht. Er freute sich schon darauf, Mizu zu sehen, immerhin war ihr letztes Treffen nun schon eine Woche her.

Ohne Chia eines weiteren Blickes zu würdigen, ging Souji in die ihm gewiesene Richtung. Chia brauchte keine Hilfe, immerhin war es nicht sie gewesen, auf die er sich den ganzen Tag so schelmisch gefreut hatte.
 

Selbst während einer tosenden Schlacht hätte er den Klang von Mizus Schwertklinge erkannt. Und so wusste er auch heute, dass Mizu sich inmitten eines Kampfes befand, den sie wohl nicht verlieren würde. Zumindest war er hier, sodass sie gar nicht verlieren konnte. Ruhig näherte sich Souji dem Geschehen und erblickte drei Männer, die Mizu umzingelt oder vielmehr gegen die Fassade eines Hauses gedrängt hatten.

Hinter ihr stand eine Maiko, die sich zitternd an die Wächterin klammert, die ihre Feinde finster fixierte. Link von ihr lagen bereits zwei Männer, die sich vor Schmerzen krümmten, was Souji nur zu deutlich zeigte, dass Mizu bereits ganze Arbeit geleistet hatte.

„Da ihr es nicht verstanden habt, sage ich es euch gerne noch einmal! Diese Maiko geht mit euch nirgendwo hin. Also verschwindet von hier!“

Sie zeigte wie gewohnt keine Angst, und selbst ihre Körperhaltung verriet, dass sie wirklich ernst meinte. Und dennoch, Souji blieb in Bereitschaft, denn wenn die anderen beiden noch kampffähig waren, stand es fünf gegen eine.

„Was bildet sich dieses Miststück ein? Denkt sie, dass sie ein Samurai ist und es mit echten Kriegern aufnehmen kann?“

Nun wurde es interessant. In einem Ausbruch ihrer Wut bemerkten die Männer nicht, wie sich Mizus Haltung veränderte. Sie wartete darauf, dass einer von ihnen sich auf sie stürzte und sie ihm ihr Schwert in den Leib rammen konnte.

Zwar stand sie mit dem Rücken zur Wand, aber für einen Konter war dies die idealste Position.

Und schließlich, mit einem verzweifelten Schrei, lief der mittlere der drei auf die Wächterin zu. Er erhob sein Schwert zum alles entscheidenden Schlag und sah nur noch, wie sich Mizu seitlich wegduckte, und ihm die scharfe Klinge ihres Schwertes in die Seite stieß und ihm eine rote feierliche Fontäne entlockte.

„Diese verdammte...“

Der Verlust ihres Freundes entfachte nur noch mehr die Wut der Männer, die bereit waren, Mizu gleichzeitig anzugreifen. Auch wenn Souji nur zu gerne gesehen hätte, wie Mizu sich da rausgeboxt hätte, ging er auf die Gruppe zu und machte auf sich aufmerksam.

„Brauchst du Hilfe, Mizu-chan?“

Die Wächterin sah auf, als sie Soujis verspielt-belustigte Stimme hörte. Ihr war klar, dass mit seinem Erscheinen nun alles besser wurde, auch wenn sie dies niemals offen zugegeben hätte.

„Wer stör-“ Wütend über den unverschämten Kerl, der sich in ihre Angelegenheiten einmischen wollte, wandte sich der linke, kleinere der unverletzten Kämpfern um, stockte aber, als er den hellblauen Mantel erblickte.

„Die Mibu-Wölfe!“

Nur zu deutlich konnte Souji die Panik des Mannes heraushören, doch ein Blick zu Mizu sagte ihm, dass er nicht mit ihnen spielen durfte. Dennoch zog er sein Schwert und zeigte deutlich, dass er es ernst meinte.

„Schnell weg!“

Die „Grausamkeit“ der Wölfe von Mibu hatte sich herumgesprochen, und zu zweit gegen die Wächterin und einem Mitglied der Shinsengumi hatten die Rônin keine Chance. Zumindest wussten sie das.

Schnell griffen sie nach ihren verletzten Kumpels und entfernten sich von dem Dreiergrüppchen.
 

Aufmerksam beobachtete Souji die Umgebung, während sich Mizu um das Wohlergehen der Maiko kümmerte. Das Mädchen lächelte schon wieder und würde wohl in wenigen Tagen über diesen Schock hinweg sein.

Mit einer dankbaren Verbeugung verabschiedete sich die Maiko und lief in Richtung der Sumiya, in der sie untergekommen war.

„Du scheinst dich gut in deine neue Aufgabe eingefunden zu haben.“ Ein verspieltes Lächeln lag auf Soujis Gesicht, als Mizu sich ihm näherte. Er wusste, dass sie von ihrer neuen Aufgabe alles andere als begeistert war, aber da die Shinsengumi sie nicht auf Dauer anstellen wollte, hatte sie in den sauren Apfel gebissen.

„Natürlich, ich stehe darauf, Nacht für Nacht Trunkenbolden den Ausgang zu zeigen.“ Wut klang aus ihrer Stimme heraus, denn wirklich begeistert war sie nicht. Eigentlich war sie diese Arbeit schon nach wenigen Tagen leid gewesen, doch wegen Chia konnte sie einfach nicht aufhören.

„Die Arbeit steht dir.“

Böse sah Mizu zu dem Krieger, der wahrlich mit dem Gedanken spielte, sie zum Explodieren zu bringen. Sie wusste, dass seine Antwort ihr nicht gefallen würde, wenn sie nun auf sein Spiel einging.

„Was soll das heißen, Okita-kun?“ Ja, sie war wirklich wütend. Immerhin benutzte sie seinen Nachnamen nur, wenn sie kurz vor der Explosion stand.

„Shimabara kitzelt selbst bei dir etwas Weiblichkeit heraus.“

Es war ihr klar gewesen. Irgendwas neckisches musste Souji doch sagen. So war er eben. Und obwohl ihr das klar war, ging sie darauf ein, indem sie ihr Schwert zog und auf Souji niedersausen ließ. Dieser hatte den Angriff bereits vorausgeahnt und ihn mit einem Lächeln geblockt. Er war bereit, einen kleinen Kampf mit ihr zu wagen, nur dazu dienten seine Provokationen.

„Ich will euch beide ja nicht stören, aber statt mit einander anzubandeln, solltet ihr besser arbeiten.“

Ein Seufzen drang über Soujis Lippen. Immer wenn es schön wurde, mischte sich jemand ein. Für gewöhnlich war es Saito, doch heute war es Chia, die ihnen entgegengekommen war. Auch Mizu schien nicht sonderlich begeistert darüber, dass ihre Freundin sie unterbrochen hatte, doch irgendwann würde sie ihm seine sexistischen Sprüche heimzahlen.
 

Wütend steckte sich Mizu ein Daifuku in den Mund und kaute darauf herum, während sie versuchte, den Samurai zu ignorieren, der gerade einen Bericht darüber lieferte, was am Tage bei der Shinsengumi vorgefallen war.

„Ihr habt die Tochter des Irren aufgenommen, der für diese Rasetsu-Dinger verantwortlich ist?“ Zwischen einem weiteren Bissen und einer Sprechpause Soujis fasste Chia zusammen, was sie soeben gehört hatten.

Da sie vor einigen Monaten mit Niimi in Kontakt gekommen und Mizu von einem Rasetsu angegriffen worden waren, hatte die Shinsengumi sie in dieses Geheimnis eingeweiht, sie aber aufgefordert, Stillschweigen zu wahren.

„Ihr seid größenwahnsinnig...“, nuschelte Mizu und leckte sich ein paar Reste ihres Daifukus vom Finger.

„Sie scheint aber nichts zu wissen. Demnach ist sie keine große Bedrohung für uns. Allerdings...“ Der Krieger stockte und sah zu den Wächterinnen, die trotz des Genusses ihrer kleinen Stärkung aufmerksam zuhörten. „Sollte Kodo wieder auftauchen, haben wir eine Geisel.“

Sowohl Mizu als auch Chia gefiel nicht, was Souji da sagte. Sie waren nicht wirklich zu 100% mit den Methoden der Shinsengumi einverstanden, aber sie konnten auch nichts dagegen tun.

„Ein armes Lamm unter Wölfen... Ich sage dir, Okita, das wird niemals gut gehen. Mädchen brauchen weiblichen Umgang, das haben mir die Jahre in Shimabara beigebracht.“

Mizu nickte, um Chias Worten zuzustimmen. Ein Mädchen unter einer Horde Krieger, das konnte nie und nimmer gut gehen.
 

Februar, das vierte Jahr der Bunkyuu-Ära (1864)
 

Mürrisch verzog Jandate das Gesicht, als sie an ihrem Yukata herumzerrte. Sie hatten dieses Kleidungsstück aus einem Garten gestohlen, um nicht unter den Einheimischen aufzufallen, doch Jandate wären ihre Kleider um einiges lieber gewesen.

„Wie barbarisch. Womit waschen die hier ihre Sachen? Es stinkt und kratzt! Wie hat Chihiro das nur ausgehalten?“

Leise seufzte Mio, denn obwohl diese Sachen zu ihrer Tarnung dienen sollten, zweifelte sie daran, dass sie auf Dauer halten würden, wenn Jandate weiterhin ihre königlichen Allüren beibehielt.

„Hoheit... Wir haben weder Geld noch Arbeit, um uns was anderes besorgen zu können. Ihr müsst erst einmal damit ausharren, bis wir uns in diesem fremden, unbekannten Land eingefügt haben. Erst dann könnten wir euch angemessene Garderobe besorgen.“ Es kostete Mio einiges an Kraft und Geduld, Jandate zu beruhigen. Immerhin war die Hoheit wirklich eigen.

„Dann lass uns schnell das Vampirelixier finden und zurück nach Hause gehen.“

Es gehörte eher zu den seltenen Momenten, in denen Jandate wirklich an die Arbeit dachte, doch scheinbar war der Wille, zurück zu ihrem Luxus zu kommen, stärker als das Verlangen, mehr von diesem barbarischen Land zu sehen.

Sie hatten sich nun bis zur Hauptstadt durchgeschlagen, doch es war für Mio eindeutig, dass nichts von dem, was sie gesehen hatten, ihrer Königin gefiel.

Sie selbst aber genoss diese Ländlichkeiten. Die Flüsse waren noch sauber, die Kultur vollkommen unangetastet, und mit Sicherheit schmeckte auch das exotische Essen. Zumindest zeigte sie beim Vorbeigehen an den Ständen wesentlich mehr Interesse als Jandate, die sich wahrscheinlich ihr Brot, Marmelade und andere europäische Köstlichkeiten zurückwünschte.

„Ich habe Hunger, Mio...“

Jandate war einfach stehengeblieben, als wäre sie ein kleines Kind, das die Aufmerksamkeit ihrer Mutter verlangte. Es erging Mio aber nicht anders. Auch an ihr nagte der Hunger, und das bereits seit Tagen. In den Wäldern hatten sie sich immerhin von Wurzeln und Wildbeeren ernähren können, aber auf Dauer war das auch keine Lösung.

„Hoheit, mir ist klar, dass Ihr Hunger habt, aber wir haben kein Geld, um uns etwas zu kaufen. Und bei unseren Sprachkenntnissen bezweifle ich, dass wir so schnell eine Arbeit bekommen.“

Nachdenklich sah sich Mio in den Menschenmassen um. Es schien auch nicht wirklich leicht zu werden, Geld zu klauen. Nirgends sah sie Taschen oder Beutel, in die man ungehindert greifen konnte. Und mit Gewalt konnten sie die kostbaren Münzen sicher nicht bekommen, immerhin waren sie unbewaffnet und ihre Dämonen-Gestalt zu auffällig.

„Es sieht nicht gut aus, Ho-“ Mio wollte sich gerade zu ihrer Freundin umdrehen, als sie bemerkte, dass ihre Königin nicht mehr vor Ort war.

Panisch sah sie sich um und erkannte schließlich das dunkelblonde Haupt ihrer Herrscherin.

Geschickt schlängelte sich Mio durch die Menschenmenge zu einer dunklen Gasse, in der sie Jandate zusammen mit einem blonden Schönling wiederfand.

Etwas an dieser Situation gefiel ihr nicht, weswegen sie zu ihrer Freundin lief und sich nun auch den Schönling genauer ansah.

Seine roten Augen ruhten ruhig, aber bedrohlich auf Jandate, die ihn einfach nur hoheitsvoll anlächelte, als wäre er einer ihrer Untertanen..

Mio kannte diesen Blick und konzentrierte ihre Sinne noch mehr, sodass sie die fast schon übermächtige Aura ihres Gegenübers erspähte. Es war keine menschliche Aura, sondern eine, die der ihrigen glich.

„Was suchen zwei Onifrauen wie ihr in dieser Stadt?“ Seine Stimme klang tief und hatte eine ruhige, emotionslose Tonlage. Mio hatte kaum etwas verstanden, was vielleicht auch daran lag, dass er eine Sprache benutzte, die ihr nur dank Chihiro etwas vertraut war. Dennoch konnte sie nicht verstehen, was er sagte.

„Ich verstehe kein Wort, das dieser betrunkene Barbar von sich gibt. Ich habe nur irgendetwas mit 'Oni' verstanden.“

Auch Jandate konnte mit dieser Sprache wirklich nichts anfangen, und das machte sie wütend. Sie konnte es einfach nicht ertragen, wenn andere undeutlich mit ihr sprachen. Dabei waren sie in keiner besseren Lage. Immerhin verstand der Fremde sicher kein Französisch.

„Ich verstehe...“

Mit geweiteten Augen sahen die Frauen zu dem Mann vor ihnen, der im Englischen zu verstehen gab, dass er auch noch einer anderen Sprache mächtig war.

„Er spricht die Sprache der Teebeutel...“, murrte Jandate und sah zu Mio, die diese Sprache wohl wesentlich besser beherrschte.

„Ihr kommt also nicht von hier. Onis aus dem Ausland, würde ich meinen. Was macht ihr hier?“ Mit gebrochenem Englisch versuchte der Mann, aus den Frauen die passenden Informationen zu entlocken. Doch mit einem Blickkontakt wogen die Frauen ab, was sie ihm erzählen würden.

„Wir kommen aus Frankreich im Auftrag unserer Königin. Leider war das Glück uns nicht treu und wir wurden angegriffen.“

Stolz sah Jandate zu dem Mann, als hätten sie, oder vielmehr Mio, in einer Schlacht gegen ihn gekämpft und gewonnen. Sie fühlte sich vor diesem Barbaren eindeutig überlegen, selbst in dessen Heimat.

„Dann geht zurück. Ausländer sollten gerade nicht hier sein. Vor allem keine wehrlosen Frauen.“

Ihr entglitten alle Gesichtszüge wegen so viel Arroganz. Jandate war mit Sicherheit vieles, aber keine wehrlose Frau. Und das musste doch auch dieser Oni merken.

„Wir werden mit Sicherheit nicht zurückgehen, wenn wir unsere Angelegenheiten nicht geklärt haben. Zumindest lasse ich, Jandate Kaminir Ravenclaw van Evangion, mir nichts von einem barbarischen, ungehobelten, niederrangigen Schwächling sagen.“

Es erstaunte Mio immer wieder, wenn Momente wie dieser eintrafen. Momente, in denen Jandate eine Sprache fast perfekt beherrschte, um jemanden zu beleidigen oder zu diskriminieren. Darin war die Königin ganz groß.

„Weder dein Name noch dein Rang haben hier eine Bedeutung. Hier geht es nur um den Erhalt der Existenz. Auch wenn es mir widerstrebt, zwei unverschämten Ausländern zu helfen, empfehle ich euch Lhikans Laden. Er ist zwar nur ein unwürdiger Wurm, aber für eure Zwecke könnte er dienlich sein.“

Mio sah, wie ihre Freundin versuchte, sich zu beherrschen. Sie fackelte in der Regel nicht lange, so ungehobeltes Pack wie diesen Oni um einen Kopf kürzer zu machen. Doch sie konnte es nicht ohne eine Waffe, auch wenn es in ihr gewaltig brodelte.

„Lass uns gehen, Mio!“ Wütend wandte sich Jandate von dem Fremden ab und lief in die Richtung der Hauptstraße. Gehorsam wie sie war, folgte Mio ihr, denn der Befehl der Königin war Gesetz

„Oh, Mr. Bastard. Wenn du mir in die Quere kommst, zeige ich dir, dass mein Rang und Name nicht nur zur Zierde existieren.“

Es war ein heiliges Versprechen, das sie ihm mit einem drohenden Unterton gab. Selbst wenn sie nichts über diesen Mann wusste, sie hatte bereits beschlossen, ihn auszuschalten, wenn es notwendig wurde.
 

Sie hatten Stunden gebraucht, um Lhikans Laden zu finden. Immerhin hatten die Menschen, wenn auch etwas widerwillig, den zwei ausländischen Damen geholfen. Vielleicht hatte es aber auch daran gelegen, dass Jandate im Gegensatz zu Mio äußerst mürrisch und nicht sehr um Freundlichkeit bemüht gewesen war.

Dennoch, sie standen hier vor der Holzhütte, deren Tür nur zwei Tücher mit ihnen unbekannten Schriftzeichen waren. Ein seltsamer Anblick für die Frauen aus dem Westen, deren Architektur um ein wesentliches moderner und haltbarer erschien.

„Von diesem Laden hat der Bastard gesprochen?“

Mio nickte schweigend und sah zu, wie Jandate den Laden betrat. Sie machte sich auf alles gefasst, denn der Oni hatte ihnen diesen Ort sicher nicht ohne guten Grund oder Hintergedanken empfohlen.

„Sieht wie ein normaler Laden aus...“, stellte Jandate fest und lief an den Regalen entlang.

Die Ware war mit Schildchen ausgezeichnet, die sie nicht lesen konnte, weswegen sie nicht einmal wusste, was das vor ihr war. Doch bei einigen Gegenständen, wie einem Sack, aus dem weißes Pulver rieselte, war sie sich sicher, vertrautes Mehl zu erkennen. Immerhin etwas war diesen Barbaren nicht fremd.

„Kann ich den Damen helfen?“

Erschrocken fuhr Jandate herum und sah zur Theke, an der ein Mann mittleren Alters stand. Zumindest glaubte sie, dass er im mittleren Alter war, denn hier sahen wirklich alle Sterblichen gleich aus. Genauso wie alle nur diese fremde Sprache, die sie nicht verstand, zur Verständigung nutzten.

Hilfesuchend sah Jandate zu Mio, die leise seufzte und auf den Händler zuging.

„Auch wenn sie uns nicht verstehen...“ Sie hielt inne. Egal was sie sagen würde, er würde sie nicht verstehen. In seinem Blick erkannte sie das jetzt schon.

Nachdenklich verschränkte sie die Arme und seufzte. In ihrem Kopf arbeitete es. Sie mussten sich doch irgendwie verständigen. Mir Chihiro wäre das sicher kein Problem gewesen.

„Richtig! Tasukete!“ Es war ein Geistesblitz, der Mio durchzog. Eines der wenigen wichtigen Worte, die Mio sich dank Chihiro gemerkt hatte.

„Tasukete onegai....“

Kurz dachte der Händler nach, sah die beiden Damen an und überlegte scheinbar, was sie wollten, denn ihre Aussprache war Laienhaft. Dennoch hatte er seine Landessprache erkannt.

„Ausländer also... Verdammt... ich kann keine anderen Sprachen“, nuschelte Lhikan, der zwar verstanden hatte, dass beide um Hilfe baten, aber selbst nicht fragen konnte, was für Hilfe sie benötigten. Dennoch wollte er diese Konversation irgendwie aufrechterhalten, auch wenn er nicht wusste wie.

„In Ordnung, hör mal gut zu. Okane ga nai! Kapiert?“ Etwas genervt von diesem zähen Gespräch, war es nun Jandate die das Wort erhob und versuchte, zu erläutern, warum sie Hilfe brauchten. Sie ignorierte dabei Mios doch schon stark verwunderten Blick.

Immerhin verstand der Händler nun und nickte, was auch immer dieses Nicken bedeuten sollte, und sah erwartungsvoll zu den Damen.

„Ich glaube, er will wissen, was wir brauchen...“, merkte Mio an und kramte in ihren Erinnerungen nach den richtigen Worten.

„Tabemono to mizu?“ Unsicherheit schwang in Mios Stimme mit, als sie zu erklären versuchte, dass sie etwas Essbares und Wasser brauchten. Es grenzte für sie fast schon an ein Wunder, als Lhikan erneut nickte und in sein Lager ging, in dem er einige Minuten verweilte.

„Ob er uns wirklich verstanden hat?“ Die Zweifel waren bei Jandate deutlich herauszuhören. Aber es war nicht verwunderlich, denn wahrscheinlich wussten sie selbst nicht, was sie gesagt hatten.

„Na Euch hat er wohl verstanden, Hoheit. Woher hattet Ihr diese Phrase?“

Ein verruchtes Lächeln zeichnete sich auf Jandates Lippen ab, als sie die Frage hörte. Eigentlich brauchte Mio nun keine Antwort mehr, denn es waren immer solche Phrasen, die sich Jandate merkte, wenn es um Sex oder andere unkönigliche Dinge ging.

„Irgendwie muss ich doch sagen, dass meine Vorzüge billig sind.“

In der Tat, das passte zu ihrer Königin.
 

Lhikan bereute es etwas, dass er nicht mehr für die ausländischen Frauen tun konnte.

Aber etwas Essbares und Wasser konnte er ihnen geben. Ebenso wie ein kleines Startkapital, das sie über ein bis zwei Tage bringen konnte, wenn sie sparsam waren. Er bedauerte, dass er sie nicht fragen konnte, was ihnen passiert war und woher sie genau kamen.

Dennoch, er war stolz, dass sein Laden den ursprünglichen Sinn, Mittellosen zu helfen, erfüllen konnte.

Mit einem zufriedenen Lächeln packte er für die Ausländer einen Beutel mit Proviant wie Reis, Gemüse und anderen günstigen Lebensmitteln. Dazu gab er einen Krug Wasser und zwei Paar Schuhe, denn ihm war aufgefallen, dass die Damen scheinbar barfuß gelaufen waren. Zumindest waren ihre Füße dreckig, fast so, als wären sie durch Schlamm gelaufen.

Mehr konnte Lhikan aber nicht tun. Zumindest nicht mit ihrem Verständigungsproblem.
 

**~~**

Natsu wusste immer noch nicht, was sie davon halten sollte, dass dieses seltsame Mädchen nun hier bei der Shinsengumi bleiben durfte. Sie wusste nichts von all den Geheimnissen und wurde selbst zu einem, indem man sie als Mann tarnte. Lediglich die Kommandanten und die Hauptmänner kannten neben ihr die Wahrheit.

Eben jene Hauptmänner waren nun aber dazu abkommandiert, neben der ermüdenden Patrouille auch noch Wache zu schieben.

Natsu selbst unterstützte die Krieger hin und wieder, indem sie sich stumm neben jene setzte und kraulen ließ. Das war schließlich alles was sie tun konnte, auch wenn sie das schade fand.

Vor allem Heisuke, der sonst immer vor Energie strotzte und meist die Abendwache bekam, tat ihr leid.

Gedankenverloren tapste Natsu zu dem Zimmer, welches für das Mädchen hergerichtet worden war. Doch schon weitem erkannte das Fuchsmädchen, dass heute niemand auf dem Wachposten war. Selbst die Tür war geöffnet, weswegen Natsu sofort auf das Zimmer zulief und hineinspähte.

Leer. Niemand war darin zu sehen, kein Hauptmann und auch kein seltsames Mädchen.

„Niu?“

Es dauerte einen Augenblick, bis das Fuchsmädchen verstanden hatte, was dieses nicht anwesend sein bedeutete. Es war dieser Moment, als die Sorgen um die Hauptmänner und vor allem um Heisuke anstiegen und sie ohne nachzudenken loslief.
 

„Ich habe Neuigkeiten aus Osaka von Hijikata-san.“

Natsu hatte nur zu deutlich die Stimme Genzaburous gehört. Sie kam vom Gemeinschaftsraum, in dem die Hauptmänner und Kommandanten immer gemeinsam ihre Mahlzeiten einnahmen. Dass es gerade momentan die Kommandanten waren, die nicht vor Ort waren, lag einzig und allein an einer Geschäftsreise, die sie nach Osaka geführt hatte.

Mittlerweile waren die Krieger das gewohnt, ebenso wie Natsu, weswegen sie recht gut auch ohne diese auskamen. Dennoch vermieden es Hijikata und die anderen nicht, regelmäßig Nachrichten zu schicken, um die anderen auf dem Laufenden zu halten.

„Es sieht so aus, als wäre Sannan-san schwerwiegend verletzt worden.“

Entsetzen ging durch die Reihen der Männer, zumindest konnte Natsu es klar und deutlich hören. Und ihr ging es nicht anders. Auch sie war erschrocken, denn neben Hijikata, Saito und Okita gehörte Sannan zu den besten Kriegern der Shinsengumi.

„Was ist Sannan-san passiert?“

Es war das Schlimmste, was die Männer befürchteten, und doch hofften sie, dass sie nicht Verlust eines so wichtigen Mitgliedes betrauern mussten.

„Es ist keine schlimme Verletzung, aber sein linker Arm... Es wird schwierig für ihn werden, ein Schwert zu führen. Dennoch, sein Leben ist nicht in Gefahr.“ Es war eigentlich eine positive Nachricht, doch das Schweigen, das nur von der Stimme des seltsamen Mädchens unterbrochen wurde, sprach Bände. Selbst Natsu, die von menschlicher Kriegsführung nichts verstand, wusste, was dies für Sannan bedeutete.

Wenn ein Fuchs für sein Rudel nichts mehr beitragen konnte, war er nutzlos und kein Mitglied des Rudels mehr. Das hatte Natsu am eigenen Leib erfahren müssen.

„Das Schwert ist nichts, was man mit der anderen Hand führen kann. Vielleicht wird er nie wieder ein Schwert benutzen können.“ Nun war ausgesprochen, was Natsu schon längst gewusst hatte. Leben und kämpfen zu können, für Krieger hatte das eine nichts mit dem anderen zu tun.
 

**~~**

Irgendwie hatten sich Mio und Jandate durch die Stadt durchgeschlagen und folgten nun einem Weg, der sie aus Kyotos hinausführte. Mit dem Geld wollten sie, auch wenn es Jandate missfiel, sparsam umgehen, denn sie würden einige Zeit damit auskommen müssen. Deswegen wollten sie es nicht für einen Gasthof verschwenden, sondern sich im Wald niederlassen.

„Wieso der Wald?“

Ein entnervtes Seufzen kam von Mio, die diesen bereits leid war. Es war einer dieser häufigen Momente, in denen sie Jandate nur zu gerne ihre Meinung gesagt hätte. Doch da diese ihre Königin war, konnte sie es einfach nicht.

„Mio... Wir haben doch Geld... Und ich will ein weiches Bett und kein billiges Hinterwäldlergeäst. Das verträgt meine seidige Haut nicht. Reicht es denn nicht, dass ich diesen kratzigen was-auch-immer tragen muss?“

Es war tatsächlich einer dieser Tage, in denen Jandate Mios Geduld nur allzusehr auf die Probe stellte. Wie ein kleines Kind versuchte die Königin, ihren Willen durchzusetzen. Doch damit war sie bei Mio an der falschen Adresse.

„HOHEIT!“ Es war an der Zeit, Jandate klar zu machen, in was für einer Lage sie sich befanden. Nur deswegen erhob Mio die Stimme, drehte sich zu ihrer Königin und starrte ins Leere.

Verwundert darüber, denn vor wenigen Sekunden hatte Jandate noch dort gestanden, ließ sie ihren Blick durch die Umgebung schweifen und entdeckte die Königin schließlich bei einer kleinen Hütte.

„Was macht Ihr dort, Hoheit? Kommt sofort wieder her.“

Eilig lief Mio zu Jandate, die sie ernst ansah und den Zeigefinger auf ihre Lippen legte, um ihr Stillschweigen zu befehlen.

„Was macht Ihr da?“, flüsterte Mio und sah zu, wie Jandate ihr Ohr gegen die Tür drückte.

„Da sind Männer drinnen... Ich verstehe nicht, was sie genau sagen, aber ich habe das Wort Miststück und Rotlichtviertel verstanden.“

Nun durch Jandates Worte neugierig gemacht, lehnte auch Mio ihren Kopf gegen die Tür. Zwar verstand sie nichts von den Worten, die Jandate rauszuhören vermeinte, doch sie merkte deutlich, dass die männlichen Bewohner der Hütte äußerst erbost waren.

„Das wird unser Unterschlupf.“

Mio zuckte zusammen, als Jandate sie beiseite schob und den Türgriff packte. Sie konnte gar nicht so schnell gucken, wie sie die Tür aufschob und sich bei den Männern Gehör verschaffte.

„Hey ihr Hinterwäldler! Dieses Haus ist von jetzt an Hoheitsgebiet.“

Mit rasender Geschwindigkeit entfärbte sich Jandates dunkelblondes Haar. Ebenso wuchsen ihr seitlich, dort wo sich die Schläfen sich befanden, zwei Hörner, die endgültig preisgaben, wer oder was Jandate wirklich war.

„Oni!“ Es war das einzige Wort, das Mio von den Männern noch hörte, ehe sich ihre Königin auf die bewaffneten Opfer stürzte. Eben jene zogen ihre Schwerter, griffen die Frau an und verletzten sie. Doch über jeden dieser Kratzer lachte Jandate nur wie eine Verrückte.

Sie war masochistisch genug, um diesen Schmerz und den Prozess der Heilung zu genießen und sich an der steigenden Angst der Männer zu ergötzen.

Es war ein Anblick, den man in Frankreich zwar nicht mehr sah, der aber durch Holzdrucke von Generation zu Generation weitergereicht wurde.

Und schließlich, in einer letzten Blutfontäne, die Jandates krallenartige Fingernägel zu verantworten hatten, fand das Schauspiel sein Ende.

Der letzte der vier Männer sackte in sich zusammen und tränkte den Holzboden mit seinem kostbaren Lebenssaft.

„Ihr müsst immer gleich übertreiben, Hoheit...“, murrte Mio, als sie das Haus betrat und sich die Schweinerei ansah.

Sich keiner Schuld bewusst, tarnte sich Jandate wieder als Mensch und bückte sich zu den Opfern, um sie von allem nun unnötigen Hab und Gut zu befreien.

„Ich hatte mir mehr erhofft... Die zwei dort scheinen nicht mehr ganz fit gewesen zu sein.“ Mit einem Nicken verwies sie auf zwei der Männer, an deren Körper blaue Flecken erkennbar waren. Da sie am Verblassen waren, Jandates Aussage aber darauf hindeutete, dass nicht nur blaue Flecken ihr Problem gewesen waren, deutete Mio, dass ihnen das schon vor einigen Tagen zugefügt worden war. Die Frage von wem wollte Mio aber keinesfalls beantwortet haben, denn sie fürchtete nun, dass sie ihren Auftrag doch nicht so schnell erledigen konnten, wenn sie diesem Kämpfer gegenübertreten mussten.

„Hauptgewinn~“

Mio sah von den Männern auf, zu ihrer Königin, die ihr freudestrahlend vier Säckchen entgegenhielt, in denen es überraschend angenehm schepperte. Beide hatten kein schlechtes Gewissen dabei, diese Rônin um ihr Geld zu erleichtern, denn immerhin galt für sie der Grundsatz: Fressen oder gefressen werden.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich bin so happy.
Endlich Kapitel 1 dieser FF. Hach~ ich liebe es an Haku weiter zu schreiben. Besonders liebe ich Mizu und Souji. Ich weiß echt nicht, was das mit den beiden ist.
Ich schreib gerade auch an Kapi 2 und musste feststellen... so sexy wie die ersten zwei Kapitel von "Lang lebe die Königin", war "Vertrau mir deine Flügel an" nicht.
Hier ein nacktes Fuchsi, dann eine lüsterne Dämonenkönigin, viel nackte Haut... Aije~

Ach ja~ Eri, Yuki und den Rest dürft ihr in Kapitel 2 kurz bewundern. Richtig werden sie wohl aber erst wieder ab Kapi 3 ins Geschehen eingreifen. Außer die FF plant wieder ohne mich und sagt "Nö, warte mal bis 4"

Ich hoffe es gefällt euch. Mir auf jeden. Also vor allem wegen der ganzen nicht knisternden Erotik XD Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück