Als Jodies Wecker klingelte, sprang sie nahezu aus dem Bett. Sie hatte sich wochenlang auf die Hochzeitsfeier ihrer Kollegen gefreut und auch mehrere Stunden im Einkaufszentrum verbracht. Und dann hatte Jodie das perfekte Kleid gefunden.
Ein wenig nervös stand Jodie vor der Tür der Kudo-Villa und klingelte. Hoffentlich ist er zu Hause. Es war nicht der erste Abend an dem sie vor der Tür stand und klingelte. Leider war er jedes Mal nicht zu Hause oder öffnete die Tür einfach nicht.
Hätte Jodie kein Problem und würde sie nicht zwingend Shuichis Hilfe brauchen, hätte sie ihn nicht angerufen. Glücklicherweise war er direkt ans Telefon gegangen und hatte ihr ruhig zugehört. „Wo bist du?“, wollte er von seiner Kollegin wissen.
Jodie lief gedankenversunken die Straße entlang. Seit längerem überlegte sie, welche Möglichkeiten das FBI noch hatte, um gegen die Organisation einen Sieg zu erringen. Doch es war alles andere als einfach.
Jodie hatte sich bereits mehrere Tage auf die abendliche Veranstaltung gefreut. Sie mochte derartige Veranstaltungen, aber nicht weil sie gern tanzte, sondern weil sie sich gerne rausputzte.
Shuichi saß nervös in dem kleinen Büro, welches James in Tokyo gemietet hatte, und starrte auf den Schreibtisch von Jodie. Dieser war immer aufgeräumt. Links hatte sie alle Unterlagen an denen sie gerade aktiv arbeitete oder die sie für weitere Ermittlungen brauchte.
Als sich Jodie und Shuichi an jenem Morgen zur Lagebesprechung mit James begaben, hatten sie nicht damit gerechnet, wie das Treffen enden würde. James aß gern in einem American Diner und lud seine Agenten auch häufig dorthin ein.
Mit einem Glas Rotwein stand Jodie am Fenster und blickte in die beleuchtete Dunkelheit. Einige ihrer Nachbarn waren nicht zu Hause und feierten mit ihren Liebsten auswärts, andere luden die Familie zu sich ein.
Tokyo im Winter war ein magischer Ort, egal zu welcher Tageszeit.
Jodie lebte bereits seit mehr als einem Jahr in Japan. Die Wohnung, die sie seitdem bezog, war sogar zu ihrem neuen zu Hause geworden. Die Räume waren groß und geräumig.
Shuichi Akai arbeitete bereits seit etwas mehr als zwei Jahren für das FBI. Sein Einstieg verlief relativ unspektakulär. Es gab keinen Fall an den er gesetzt wurde und auch sein damaliger Partner musste ihn erst noch auf den Boden der Tatsachen zurückholen.
Hätte Jodie bereits am frühen Morgen gewusst, wie der ganze Tag verlaufen würde wäre sie im Bett liegen geblieben. Normalerweise mochte sie Weiterbildungen, allerding war es beim FBI relativ schwer gewesen, an einer teilnehmen zu können.
Jodie streckte sich. Sie war froh über den Feierabend und darüber sich bald entspannen zu können. Ein warmes Bad würde den Abschluss des Tages bringen, doch vorher traf sie sich noch mit Shuichi. Er hatte bereits mehrfach angedeutet, dass sie einen Trinken gehen würden.
Welches Mädchen liebte keine Pferde oder Ponys? Selbst die härtesten Frauen zeigten als Kinder ihre weiche Seite. Auch Jodie liebte Pferde und freute sich immer, wenn ihr Vater sie zum Ponyhof mitnahm. Es gab sogar ein paar Bilder von ihr auf einem Pferd.
Jodie fuhr gerne Zug. Doch in den letzten Jahren musste sie immer mehr auf dieses Verkehrsmittel verzichten. Die Gründe waren vielseitig. Zum einen war sie nahezu auf ihr Auto angewiesen und zum anderen gab es für weitere Entfernungen andere Transportwege.
Immer in Eile. Immer unter Beobachtungen. Nur wenig Freiraum und trotzdem ist dies derzeit mein Leben. Ein Leben, mit dem ich schon seit einigen Jahren klarkommen muss.
Sie hatten wirklich großes Glück gehabt. Einen Kopfschuss überlebt nicht jeder, hörte Jodie auch Wochen später die Worte ihres Arztes. Es war schon lange her, seitdem Jodie an jenem Tag überfallen wurde.
Jodie seufzte leise auf. Sie war gefrustet und fühlte sich gedemütigt. Immer war ihnen die Organisation einen Schritt voraus und es war egal, was sie taten. Sie schafften es einfach nicht. Und dann war da noch Shuichi.
Akais Kopf dröhnte und seine Glieder schmerzten. Er hatte zudem Probleme beim Atmen. Seit langer Zeit fühlte sich sein Körper träge an. Und auch wenn er es nie laut aussprechen würde, er wollte zurück in sein Bett. Nur mit Mühe war er überhaupt aufgestanden.
Einkaufen. Es gab nur wenig Dinge, die besser waren als Einkaufen. Dinge, die sie gern mit Shu machte, aber auf die sie nun verzichten musste.
Jodie mochte das Einkaufen in kleinen Ladengeschäften wie auch in den größeren Einkaufszentren.
Aus einer Laune heraus hatte Jodie Inspektor Megure vorgeschlagen, dass sie ihm und seinen Leuten Englischunterricht geben könnte. Als Amerikanerin in Japan wusste die Agentin nur zu gut, wie schwer es gewesen war, mit den Menschen in Kontakt zu treten.
Jodie war über einem Berg voller Akten eingenickt. Ihr Kopf schmerzte und sie musste noch alle Informationen verarbeiten. Hätte sie gewusst, worin das Treffen mit Shuichi und James gipfeln würde, hätte sie sich ganz anders vorbereitet.
Wenn es schief ging, dann richtig. Die letzten Tage waren eine Katastrophe gewesen. Und es traf nicht nur Jodie. Auch Camel, James und Shuichi hatten mit ihren Problemen zu kämpfen.
Das Wetter war nahezu perfekt. Perfekt für ein Date mit Shuichi. Doch leider war es kein Date. Zumindest nicht offiziell.
Die Sonnenstrahlen umspielten Jodies Gesicht während nur wenig schneeweiße Wolken langsam am hellblauen Himmel dahinzogen.