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Königsbürde

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
[Zusammenfassung „Königsanwärter“]

Schon lange hatte Killian ein Auge auf seinen Prinzen geworfen. Aidan war höflich, selbstsicher und nicht aus der Ruhe zu bringen. Sein Leben sah er klar vor sich und diesem Ziel strebte er entgegen. Das Killian während ihrer Ausbildung zum König plötzlich Interesse an ihm zeigte, verstand er erst nicht. Es passte schlicht nicht in das Bild, welches er von seinem Leben hatte. Doch mit der Zeit schaffte es der Ältere, die Neugier des Prinzen zu wecken und er war bereit sich auf ihn einzulassen. Ihr Problem war, dass eine solche Beziehung wohl kaum geduldet werden würde, sollten sie doch immerhin bereit sein, der zukünftige König zu werden und die passende Königin zu heiraten.
Dies war auch der Grund, warum Aidan sich immer wieder zurückzog, doch aufgrund seiner Sehnsucht suchte er immer wieder die Nähe von Killian. Die Regeln, die Drohungen des Anwärters Luan und Warnungen ihres Kameraden Torans ignorierend, kommen die Beiden sich immer Näher und Killian zeigt dem unschuldigen Prinzen, was Liebe ist.
Schicksalsschläge und unglückliche Ereignisse schweißen die Beiden nur noch mehr aneinander und Aidan ist froh, dass er nicht alleine ist, als die Rebellion gegen seinen Vater immer mehr zunimmt, er selbst in Ungnade fällt, seinen Platz als Anwärter verliert und zu guter Letzt sogar von seinem eigenen Vater verstoßen wird.
Zeitgleich erhält ihre Beziehung aber auch mehr Unterstützung von Toran, welcher inzwischen ebenfalls die Liebe fand, Peer, dem jüngsten der Anwärter und Liam, einem guten Freund und Bediensteten. Die Kritik von Luan nimmt aber immer mehr zu, bis es sogar zu handfesten Streitigkeiten kommt. Aber das störte sie nicht weiter, glaubten sie fest an ihre Liebe.
Nur eines konnte ihre Beziehung erschüttern und das war die Wahl des neuen Königs. Beiden war bewusst, dass Killian die beste Leistung dafür erbrachte und so kam es dann auch: Killian wurde zum neuen König ernannt.

[Zusammenfassung Ende] Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Gleich zu Beginn dieses Kapitels muss ich auf einen Fehler hinweisen, den ich in ‚Königsanwärter‘ gemacht hatte. Ich hatte dort von Anfang an geschrieben gehabt, dass Toran eine Schwester bei den Anwärterinnen hat. Als diese dann jedoch zu besucht kamen, kam das nie zur Sprache, bzw. um wen es sich dabei handelte. Inzwischen habe ich unter anderem auch diese Kapitel überarbeitet und das geändert.
Zwar tut das hier in diesem Moment nicht so viel zur Sache, aber die Schwester von Toran ist Ada. Hier hat sie nun eine kleine Nebenrolle bekommen.
Viel Spaß beim lesen! Komplett anzeigen

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Kapitel 1

Kapitel 1
 

Killian fühlt sich wie in Watte gehüllt. Nur am Rande bemerkt er, dass der Ausbildungsleiter sich wieder aufgerichtet hat, weiterhin seine Hand schüttelte und irgendetwas zu ihm sagt, allerdings hört er nicht was. Es war ihm auch gerade egal, denn er hatte nur Augen für Aidan. Er konnte sehen, wie dieser sich versuchte zusammenzureißen, doch das Einzige was er tat, war dastehen mit zunehmend stärkerer Atmung. Dann sackten seine Schultern ab und er schien aufzugeben. Er setzte sich in Bewegung und verließ schnellstmöglich den Raum, ohne ihn anzusehen, eine Gratulation auszusprechen oder Worte der Entschuldigung für sein abruptes Verlassen des Saals.
 

„Liam!“, rief er seinem Freund zu, der dem ehemaligen Prinzen mitfühlend nachblickte. „Bitte geh ihm nach und sieh nach ihm.“

Sofort nickte der Angesprochene und setzte sich in Bewegung, wurde jedoch von einem der Lehrer am Arm festgehalten, als er an diesem vorbeigehen wollte. „Meinst du nicht, dass du dem König und dessen Wahl ein wenig mehr Respekt zollen solltest?“, fuhr der Mann ihn in einem ermahnenden Ton an. Augenblicklich zuckte der Blick des Angestellten zu Killian, welcher ihm jedoch nur auffordernd zunickte.

„Ich gedenke nur einem Befehl meines Königs nachzukommen“, gab Liam an, bevor er seinen Arm aus dem Griff des Ausbilders wandte. Kaum hatte er sich losmachen können, nahm er seinen Weg aus dem Saal heraus wieder auf und folgte Aidan nun mit schnelleren Schritten.
 

Empört sahen die Lehrer ihm nach, doch noch bevor sie darüber ein Wort verlieren konnten, ergriff Killian das Wort. „Er hat recht, immerhin bat ich ihn darum. Mit Sicherheit wird er mir zu einem späteren Zeitpunkt den gebührenden Respekt entgegenbringen.“

Schweigend nahmen die Anwesenden diese Worte hin, wenn sie auch nicht alle glücklich damit aussehen.

Nur wenige Augenblicke später kehrten sie auch zu ihrer Freude zurück, dem neuen König zu seiner Ernennung gratulieren zu können. Killian hingegen fragte sich nur, ob sie wirklich so glücklich über ihre Wahl waren, wie sie taten. Vielleicht war er ja auch nur das geringste Übel, welches sie auswählen konnten. Aber auch in diesem Fall hatten die Ausbilder Grund zur Freude, denn dann waren sie die fünf nun zumindest los, sobald sie in das Schloss umzogen.
 

Schließlich hatte auch der letzte der Lehrer ihm überschwänglich gratuliert, womit der Ausbildungsleiter wieder das Wort ergriff. „Wir werden euch vieren nun eine kleine Pause gönnen. Weitere Ernennungen und Ankündigungen wird es dann zur Frühstückszeit im Speisesaal geben.“

Mit einer leichten Verbeugung verließen die Lehrer den Saal und ließen den neuen König und die verbliebenen Anwärter zurück.

„Glückwunsch, mein Freund“, zischte Luan plötzlich sarkastisch und deutete einen kleine Verbeugung mit einem verbitterten Lächeln im Gesicht an. Auch er verließ ohne weiteres Wort und mit großen zornigen Schritten den Raum. Es war wohl mehr als offensichtlich, dass ihn Killians Ernennung nicht gefiel, immerhin war ihnen bewusst, wie groß sein Wunsch war König zu werden. Dies war nun wohl für ihn in eine unerreichbare Ferne gerückt, solange seinem Kameraden nichts zustieß.
 

Doch Killian interessierte sich kaum für den zornigen Anwärter. Ihm gingen ganz andere Dinge durch den Kopf, wie seine Sehnsucht nach dem ehemaligen Prinzen und die aufkeimende Verzweiflung, was diese Situation nun aus ihrer Beziehung machte. Er hatte das Gefühl nicht richtig Luft zu bekommen, war sich aber gleichzeitig bewusst, dass dies eine Reaktion auf die aufkommende Panik war. Kurzerhand entschied er sich, sich einfach an Ort und Stelle auf den Boden sinken zu lassen. Die Stühle, die an den Wänden standen, waren ihm zu weit weg gewesen, zusätzlich war der Steinboden angenehm kühl. Nachdem er seine Beine in eine Art halben Schneidersitz platziert hatte, stieß er endlich die Luft aus, von der er das Gefühl hatte, sie die ganze Zeit angehalten zu haben. Mit den Händen wischte er sich über das Gesicht und hoffte so aus dem real gewordenen Alptraum wach zu werden, was natürlich nicht funktionieren wollte. Also raufte er sich zum Ausgleich die Haare. „Scheiße!“, war das Einzige, was ihm dazu einfiel.
 

Toran sah kurz zu ihm herunter, bevor auch er sich zu ihm auf den Boden gesellte. Er setzte sich einfach nur hin und schwieg, ließ den Anderen wissen, dass er da war. Peer hingegen schien ein wenig überfordert zu sein und stand nur Hilflos daneben.

Nach einer Weile war Killian wieder bereit seinen Kopf zu heben und beruhigte seine Atmung wieder.

„Ist alles in Ordnungen?“, fragte der Älteste ihn von der Seite. Mit einem nicken beantwortet der neue König die Frage, woraufhin sein Freund wieder aufstand und ihm helfend die Hand reichte. Dankend nahm Killian die Hilfe an und ließ sich auf die Beine ziehen.

„Vielleicht… vielleicht solltest du versuchen es positiv zu sehen“, sagte der Jüngste vorsichtig und erntete dafür nur einen verständnislosen Blick.

„Entschuldige, Kleiner. Aber was ist denn jetzt bitte noch positiv? Nicht mal Luan findet das Ganze gut und wir sind und sonst nie einer Meinung“, versuchte Killian möglichst nett zu sagen und hoffte wirklich nicht so verständnislos zu klingen, wie er aussah.

„Na siehst du, das ist doch schon positiv! Du und Luan seit euch mal einig. Das passiert doch nicht so oft“, lachte Peer nervös in dem verzweifelten Versuch ihn ein wenig aufzuheitern.

„Außerdem haben die Ausbilder nun endlich ihrem Liebling eine Krone aufsetzen können“, ergänzte Toran unterstützend.

„Das glaubst du doch wohl selber nicht?“, lachte Killian eher freudlos. „Als ob die noch einen Liebling hatten.“

Mit diesen Worten wurde er an den Schultern gegriffen und so gedreht, dass er direkt vor dem Ältesten stand. „Nun sieh doch nicht alles schwarz. Du bist noch immer ihr Liebling, wenn du auch rebellischer bist, als du es sonst immer warst.“

„Überlass den Optimismus dem Kleinen. Dir steht eher der Realismus“, sagte der angesprochene trocken.

„Ja, ich weiß“, seufzte Toran und strich kurz durch Killian Haar um dieses nach dem Raufen wieder glatt zu legen.

„Wollen wir zum Speisesaal gehen?“ Der junge König nickte nur auf die gestellte Frage, bevor sie sich auch schon schweigend auf den Weg machten.
 

In dem Saal angekommen befand sich dort bereits Luan an dem Tisch sitzend. Die drei Neuankömmlinge taten es ihm gleich, wobei Killian seinen neuen Platz am Kopf des Tisches einnahm, Toran sich in seine Nähe setzte und Peer auf dem bereits Sitzenden zuhielt.

Weiterhin machte das Schweigen sich zwischen ihnen breit, während sie auf die Ausbilder warteten. Eine Zeit, in der Killian viel zu viel Zeit zum Nachdenken hatte, denn sofort sah er Aidan wieder vor seinem geistigen Auge. Er war nicht besonders nahe am Wasser gebaut, doch jetzt war ihm einfach nur nach Weinen zu mute. Natürlich hatte er gewusst, dass dies passieren könnte, es hätte ihm zumindest bewusst sein müssen, doch wenn er ehrlich zu sich war, dann hat er nie ernsthaft darüber nachgedacht Aidan verlassen zu müssen. Vielleicht war er da ähnlich naiv wie Peer, mit dem Glauben daran, dass eine Liebe ewig und natürlich ohne Komplikationen halten würde. So wie er sich nun fühlte, würde seine Liebe wohl auch für immer halten, nur wird das zu einer Qual werden. Alleine der Gedanke, er soll in Kürze eine der Anwärterinnen heiraten, ließ ihm übel werden.
 

Seine Gedanken fanden ein schnelles Ende, als ihre Lehrer den Raum betraten. Lächelnd traten sie an den Tisch und betrachteten ihre ehemaligen Schützlinge. Am liebsten wäre Killian gegangen. Während diese Männer lächelnd vor ihnen standen und erneut von dem freudigen Anlass sprachen und wie gut ihre Wahl mit Sicherheit war, konnte er nur daran denken, dass dies auch gleichzeitig der Todestag vom Vater seines Liebsten war. Wer wusste schon, was jetzt gerade in diesem vor sich ging. Nur weil er sagte, dass er mit seinem Vater abschließen wolle, hieß das noch lange nicht, dass er das auch tat.

Erst als die Ausbilder davon sprachen nun die weiteren Positionen verkünden zu wollen, galt Killians Aufmerksamkeit wieder voll und ganz ihnen.
 

„Toran, dir haben wir den Platz des stellvertretenden Königs zugedacht. Damit wirst du die rechte Hand seiner Majestät sein.“

Dankend nahm der Angesprochene sein Amt an.

„Luan, deine Fähigkeiten im strategischen Denken haben uns davon überzeugt, dass du auch in diesem Bereich als Berater tätig sein solltest.“ Noch immer schwieg er, nahm die Entscheidung der Lehrer aber mit einem Nicken hin.

„Für Aidan hatten wir eigentlich die Position des diplomatischen Beraters vorgesehen, aber mein König, wir möchten euch empfehlen, dies nicht in Betracht zu ziehen. Immerhin zollte er euch bereits nach eurer Ernennung keinen Respekt mehr und nicht einmal eine kleine Gratulation hat er ausgesprochen.“

„Ich möchte ihn in dieser Position an meiner Seite wissen“, entschied Killian und sah die Lehrer mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Er hat nur wenige Minuten zuvor erfahren, dass sein Vater verstorben ist. Ich finde sein Verhalten daher weniger schlimm und habe viel mehr Verständnis für ihn.“

„Natürlich, wenn das Euer Wunsch ist, so soll er die Position erhalten“, entgegnete der Ausbildungsleiter auf Killians Aussage hin. „Des Weiteren haben wir entschieden, dass Peer weiterhin den Anwärtern angehören wird.“
 

Zum ersten Mal, seit Killian den Jüngsten kennt, war dieser Sprachlos und mit leicht geöffneten Mund sah er zu den Ausbildern.

„Aus welchem Grund habt Ihr so entschieden?“, wollte er daher wissen.

„Peer hat deutlich gezeigt, dass er noch zu unreif für eine verantwortungsvolle Position ist. Dazu kommt, dass er noch sehr jung ist.“

„Er hat ebenso die Ausbildung durchlaufen und war bemüht wie wir. Ich denke nicht, dass er nun dafür bestraft werden sollte.“

„Doch genau das ist das Problem, welches wir sehen. Er war zwar bemüht, doch sahen wir die Erfolge nicht. Viel mehr sahen wir, dass er noch reichlich viele Dummheiten im Kopf hat. Deswegen müssen wir in diesem Punkt auf unsere Entscheidung beharren.“

Der König erkannte, dass es in diesem Moment zwecklos war, gegen diese Entscheidung etwas zu machen. Natürlich könnte er einfach beschließen, den Jüngeren an seiner Seite haben zu wollen, doch wollte er nicht sofort an die Verhaltensweisen des alten Königs anschließen. „Sowohl das Alter, als auch die persönliche Reife verändern sich mit der Zeit. Ich erwarte eine neue Bewertung seiner Fähigkeiten nach einer angemessenen Zeit.“
 

Damit schienen die Lehrer leben zu können. Der Ausbildungsleiter entschied Peer zwei weitere Jahre zu geben, in denen er versuchen konnte sich zu beweisen. Vielleicht schaffte er es in dieser Zeit, sie von sich zu überzeugen.

Peer allerdings reagierte darauf nicht. Er hatte seinen Blick auf die Tischplatte vor sich gerichtet und starte diese stumm an. Killian konnte nur hoffen, dass er sich in der nächsten Zeit am Riemen reißen würde.

Als die Ausbilder gerade zur Verabschiedung ansetzen wollten, unterbrach ihr König sie dabei. „Ich hätte noch ein weiteres Anliegen.“

„Aber natürlich, wie können wir Euch weiterhelfen?“

„Ich möchte Liam zu meinen persönlichen Kammerdiener ernennen“, entschied Killian. Es würde sich schon genug verändern, da wollte er möglichst viele treue Freunde um sich wissen, wenn er schon Peer zurücklassen musste.

„Aber das geht nicht, er kennt hier die Abläufe perfekt und wird sich um die neuen Anwärter kümmern müssen.“

„Dann muss für diese Position jemand neues gefunden werden. Ich bin mir sicher, dass Liam auch gerne dabei aushelfen wird und in der Anfangszeit unterstützend mitwirken kann.“

„Nun gut, wenn Liam die Position antreten möchte, dann soll er das tun. Sollten die neuen Anwärter zu Beginn ein paar Orientierungsprobleme haben, dann wird sicherlich auch Peer ihnen aushelfen können. Immerhin kennt er das alles bereits.“
 

Nachdem nun auch dieses Thema beendet war, verabschiedeten sich die Lehrer von ihren ehemaligen Schützlingen und teilten ihnen mit, dass sie noch eine Woche hier im Anwesen verweilen würden. Im Schloss sollte alles vorbereitet werden und sie selbst sollten nochmal zur Ruhe kommen. Damit war die Verkündung beendet und erneut blieben die Kameraden zurück.
 

Zum zweiten Mal an diesem Tag tat Luan es den Ausbildern gleich und erhob sich vom Tisch, um ebenfalls zu gehen. Vorher ließ er es sich jedoch nicht nehmen mit einem eher spöttischen Gesichtsausdruck sich zu verbeugen. Dann trat er unter den Augen der Anderen zur Tür und ging hinaus.

Auch Killian wiederholte ein Stück weit sein Handeln von vorhin, nur brauchte er dieses Mal nicht auf dem Boden zu sitzen, da er bereits auf einem der gepolsterten Stühle saß, doch ließ er erneut seine Hände seufzend über sein Gesicht gleiten. Eine Weile saß er so da, bis er seinen Blick hob, schon alleine, weil die anderen beiden Anwesenden nach wie vor nichts gesagt hatten. Wie er feststellt, sah Peer noch immer auf den Tisch und Toran sah stattdessen aus dem Fenster.
 

„Geh zu Melissa“, sagte Killian schwach lächelnd.

„Wie bitte?“ Überrascht sah der Ältere zu ihm.

„Geh zu ihr und gib Entwarnung. Es wird sie bestimmt freuen von dir die Neuigkeiten zu hören.“ Wenn er und Aidan schon kein Glück hatten, dann wollte er zumindest seinen Freund nicht von seinem fernhalten.

Nach einem skeptischen Blick zu ihrem jüngsten sah Toran ihn erneut an. „Ich kann dich auch wirklich… alleine lassen?“

„Ja, kein Problem. Nun geh schon.“

„Danke“, sagte Toran lächelnd und drückte ihm nochmal kurz die Schulter, bevor er fast so schnell wie sein Vorgänger den Raum verließ. Es freute Killian, dass zumindest einer positives zu berichten hatte.
 

„Ist bei dir alles in Ordnung?“, fragte er dann an Peer gerichtet.

Ein wenig schief lächelnd hob dieser seinen Blick. „Sollte ich nicht eher dir die Frage stellen?“

„Ich werde dich nachholen, versprochen. Ich muss nur etwas Passendes für dich finden“, sagte Killian auf Peers Problem beziehend.

„Danke, aber das bringt doch eh nichts. Ich habe es selber vermasselt.“

„Das wird schon. Du musst dich jetzt nur mehr anstrengen. Ich vergesse dich nicht und hole dich zu uns“, versuchte der Ältere den Anderen nochmals aufzumuntern.

„Es tut mir leid, dass ich dir das jetzt sagen muss, aber du bist definitiv die richtige Wahl für einen neuen König“, sagte Peer und legte den Kopf entschuldigend schief.

„Ja, scheint wohl so“, seufzte Killian und bevor er noch etwas hinzufügen konnte nahm er eine Bewegung aus Richtung der Küche wahr.
 

Mit kleinen Schritten kam eines der Küchenmädchen auf sie zu und verbeugte sich schließlich vor dem Älteren. Er würde wohl seine Zeit brauchen, bis er sich daran gewöhnt hatte, dass die Leute ihn nun anders behandelten.

„Kann ich Euch vielleicht etwas bringen?“, fragte sie schüchtern und ließ ihren Blick zwischen den beiden Anwesenden hin und her huschen.

„Ich glaube, ich könnte jetzt einen Rum vertragen“, überlegte Killian laut.

„Das klingt super! Ich würde auch einen nehmen“, meinte Peer auch sogleich, was das Mädchen dazu veranlasste zurück zur Küche zu eilen, ohne zu fragen, ob sie vielleicht noch mehr wollten.
 

„Sag mal, kann es sein, dass du noch zu jung bist für so etwas?“ Schmunzelnd versuchte der Ältere den Anwärter zu tadeln, doch dieser war nur wenig beeindruckt davon und erhob sich sogar, um näher bei ihm zu sitzen. „Ich lasse dich jetzt bestimmt nicht alleine trinken.“
 

So kam es, dass sie sich auf ein Glas einigten, nachdem das Küchenmädchen ihnen zwei Gläser, sowie eine Flasche Rum brachte.

Sarkastisch lachend hob Killian seines an. „Auf das Erreichen meines Ziels.“

Der Gesichtsausdruck des Jüngeren hingegen war milder. „Auf das ich euch später folgen kann und das ihr beide einen Weg finden werden, um glücklich zu sein.“
 

Ende Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 2
 

Braun.

Vielmehr ein warmer Braunton mit einer Holzmaserung. Kirschholz, wenn Killian sich nicht irrte.

Es war ihm nie zuvor aufgefallen, dass ein solches Holz für die Türen ihrer Räumlichkeiten verbaut wurde. Wieso hätte er sich auch dafür interessieren sollen? Immerhin hat er noch nie so lange vor einer der Türen gestanden. Schon gar nicht, um sie sich einfach nur anzusehen. Doch auch jetzt war das eigentlich nicht sein Ziel gewesen.

Seit geraumer Zeit stand er nun vor Aidans Zimmer und schaffte es nicht seine Hand zu heben und seine Fingerknöchel auf das Holz treffen zu lassen.

Zuvor hatte er Peer im Speisesaal zurückgelassen, alleine mit der Flasche Rum. Natürlich sagte er ihm, dass er nicht zu viel trinken sollte, doch wer konnte es ihm verübeln, wenn er es an diesem Tag doch tut. Ähnlich hatte der letzte verbliebene Anwärter es wohl auch gesehen, denn er erwiderte nur, dass er kein König wäre, welcher auf seinen Ruf achten müsste.

Killian ließ ihn trotzdem alleine. Er hoffte einfach, der Peer nicht übertreiben würde. Später wird sein Weg ihn wohl nochmal zu ihm führen.
 

Plötzlich konnte der König etwas hinter der Tür hören. Es war Aidans Stimme. Er sprach laut über etwas, doch konnte er nicht verstehen worüber. Vielleicht war der Gedanke gerade unpassend, doch war Killian froh festzustellen, dass man draußen auf den Fluren wirklich nur sehr schlecht hören konnte, was in den Räumen vor sich ging.

Nach einer kurzen Weile kehrte wieder Ruhe ein, was der junge Mann nutze, um endlich an die Tür zu klopfen. Obwohl er dies nur sehr zaghaft tat, weshalb das Geräusch sehr leise war, wurde die Tür kurz darauf aufgemacht und Liam sah ihm entgegen. Dieser zögerte auch nicht lange, sondern drängte sich gleich durch die Tür nach draußen und lehnte diese hinter sich an.
 

„Killian… mein König“, fing er an, stockend hervorzubringen. „Aidan ist… als er… es geht ihm… die Verkündungen haben ihn getroffen.“ Es fiel ihm offensichtlich schwer die richtigen Worte zu finden, um die Situation hinter der Tür zu beschreiben, doch eines war klar: Aidan schien es nicht gut zu gehen.

Besorgt legte Killian seine Stirn in Falten. Ihm war klar, dass sein Liebster mehr darunter litt, als er. Er hatte in der letzten Zeit bereits so vieles verloren, während das Schicksal ihm selbst kaum Streiche spielte, bis auf die Entscheidung von heute. Dem ehemaligen Prinzen und Anwärter hingegen wurde heute erneut der Boden unter den Füßen weggerissen und Killian blieb nichts anderes übrig, als hilflos dabei zuzusehen und ihm beizustehen. Doch ändern konnte er die Situation und Ereignisse leider nicht.
 

„Ich werde zu ihm hineingehen“, verkündete der junge Mann und sah Liam dankend an. „Danke, dass du bei ihm geblieben bist. Vielleicht magst du ja zu Peer in den Speisesaal gehen, sein Tag war nicht sehr von Erfolg gekrönt.“

„Ist er mit seiner Position nicht zufrieden?“, fragte Liam auch gleich.

„Nein, nicht wirklich. Er wird dir sicherlich berichten, was noch verkündet wurde. Außerdem hat er eine Flasche Rum, die könnt ihr euch teilen“, grinste Killian ein wenig unbeholfen, doch die Sorge und den eigenen Kummer konnte er nach wie vor nicht verbergen, ebenso wenig wie er den Blick nicht dauerhaft von der Tür trennen konnte.

Gleich darauf nickte sein Freund entschlossen. „Ich wünsche dir viel Glück da drin.“ Damit drehte er sich kurz zu der Tür, um seine Worte zu verdeutlichen. Danach griff er nach seiner Hand. „Außerdem gratuliere ich dir zu deiner Wahl. Vielleicht bist du eines Tages glücklich darüber.“ Mit einer leichten Verbeugung trat er dann einen Schritt zur Seite und machte somit den Weg zur Tür frei. Nachdem Killian ihm kurz zunickte, machte der Bedienstete sich auf den Weg in Richtung des Speisesaals. Seine Schritte waren dabei nicht besonders langsam. Er schien wohl froh darüber zu sein, aus seiner Pflicht, dem ehemaligen Prinzen beizustehen, entlassen worden zu sein und dies nun der Person zu überlassen, die vielleicht wirklich etwas bewirken konnte.
 

Bevor Killian nach der Türklinke griff, atmete er nochmal tief durch und betrat dann den Raum. In dem Moment, in dem Aidan ihn sah, drehte dieser sich von ihm weg. Da er vor dem Fenster stand, konnte der Ältere sein Gesicht wegen des Gegenlichtes nicht richtig erkennen, doch die grobe Handbewegung über seine Wangen verrieten, warum er nicht wollte, dass Killian ihn sah. Mit einem tiefen durchatmen drehte er sich dann aber doch zurück, den Blick gen Boden gerichtet.

„Mein Verhalten von eben tut mir sehr leid. Selbstverständlich gratuliere ich mit vollstem Respekt zu der Wahl des neuen Königs“, sagte er laut und deutlich, mit fester Stimme. Zusätzlich verbeugte er sich respektvoll und tiefer, als Liam es kurz zuvor getan hatte.
 

Killian trat langsam auf den jungen Mann zu, welcher nach wie vor in der Verbeugung verharrte und nachdem der Ältere die ausgesprochenen Worte verarbeitet hatte, traten ihm Tränen in die Augen. Er wollte das nicht hören, nicht von Aidan! Es war bereits schlimm genug, dass alle anderen ihn nun zumindest oberflächlich gesehen, anders behandelten, doch das wollte er nicht von der Liebe seines Lebens. Er wollte das einfach nicht.

„Aidan, tu das nicht“, sprach er leise aus und hoffte so den Anderen zu stoppen, doch schien dieser seine Worte zu ignorieren, oder einfach nur seinem guten und anerzogenen Verhalten folgen zu wollen. „Ich bin zuversichtlich, dass die Wahl zur vollsten Zufriedenheit aller getroffen wurde.“
 

Froh, endlich die Distanz zwischen ihnen überbrückt zu haben, griff Killian nach dem Arm des Jüngeren und zog ihn so wieder in eine aufrechte Position. Wie aus einem Reflex heraus, aber auch, um ihn zum Schweigen zu bringen, küsste er den Jüngeren einfach. Zwar spürte er, wie Aidan sich bei der Berührung versteifte, doch war es ihm in dem Moment egal, zu sehr genoss er die Nähe des Anderen, sowie seine Lippen auf den seinen.

Kaum hatte Aidan sich von seinem Schock erholt, da schubste er Killian auch schon an den Schultern zurück, weg von sich. „Was soll das?“, fährt er ihn sauer an und hebt eine Hand an seine Lippen.

„Ich liebe dich“, waren die einzigen Worte, die dem König in diesem Moment einfielen und verzweifelt sah er ihn dabei an.

„Das geht jetzt nicht mehr!“, fährt der Jüngere ihn an und schüttelte dazu wütend den Kopf, doch auch ein Ausdruck von Schmerz trat in seine Augen.

Wieder griff Killian nach dem Anderen, nur um dieses Mal seine Arme um ihn zu legen. „Das lässt sich nicht so einfach ändern.“
 

Erneut legte er seine Lippen auf die warmen und weichen seines Gegenübers. Soweit es die feste Umarmung zuließ, hob Aidan seine Hände, um diese an die Brust des Anderen zu legen. Wütend versuchte er ihn abermals von sich zu stoßen, doch wollte ihm dies nicht gelingen. Aggressive erwiderte er also den Kuss und biss auf die Unterlippe des vor ihm Stehenden, bis er einen leicht kupferigen Geschmack auf der Zunge schmecken konnte.

Erschrocken lockerte Killian seinen Griff, was Aidan sofort ausnutzte, um so, ein wenig von ihm abzurücken, was wiederum der Ältere nicht zulassen wollte. Auf diese Art und Weise miteinander rangelnd geraten sie ins Schwanken, weshalb der Jüngere zurücktrat und von einem Möbelstück gestoppt wurde. Weiter um das Gleichgewicht kämpfend kippte das Hindernis jedoch um und stellte sich als ein Stuhl heraus, welcher jede Menge Krach beim Aufprall auf dem Boden machte. Aidan welcher nun ebenfalls keinen Halt mehr fand, drohte auf eben dieses Möbelstück zu fallen, doch konnte Killian ihn gerade noch so zur Seite ziehen, dass er stattdessen auf dem Teppich gleich daneben aufkam. Auch der König konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten, doch fiel er lediglich auf die Knie neben den Beinen des Jüngeren.
 

Mit einem lauten Geräusch würde die Türklinke heruntergedrückt und die Tür aufgerissen. „Eurer Majestät, was…“, rief die hereinstürmende Wache auch sogleich aus und sah sich währenddessen in dem Raum, nach einer möglichen Gefahrenquelle suchend, um.

„Raus! Sofort!“, schrie Killian den Mann regelrecht an und hörte zufrieden, wie sich die Tür zügig wieder schloss.

Aidan hatte sich inzwischen wieder auf die Ellenbogen hochgerappelt, doch brachte ihm das nicht viel. Sofort drückte der Ältere ihn zurück auf den Boden und nach nur kurzer Zeit hatte er den Jüngeren unter sich fixiert. Killian hatte nie gedacht, dass er das in dem Kampfunterricht gelernte auf diese Art und Weise verwenden würde und war gleichzeitig zum ersten Mal an diesem Tag froh, dass er in einem der Unterrichtsinhalte besser war, als sein Gegenüber.
 

„Nun werde doch endlich vernünftig!“, begehrte Aidan nochmals auf, hielt aber in den Bemühungen sich zu befreien inne, als er einen Tropfen auf die Stirn bekam. Fragend sah er zu Killian auf und sah die Tränen in seinen Augen, welche diese immer mehr verließen. „Bitte stoße mich nicht von dir“, flüsterte der Kniende. Wie von alleine wurde Aidans Blick milder und der Ältere löste den Griff um die Handgelenke des unter ihm liegenden, nur um sich langsam auf dessen Körper zu legen. Schluchzend versteckte er sein Gesicht an der Halsbeuge des Jüngeren. Dieser seufzte leise, legte aber seine Arme um die bebenden Schultern und strich bald beruhigend über den Rücken des Anderen.
 

Seine Gefühle hatten ihn einfach überrollt. Eigentlich war Killian hierhergekommen, um Aidan zu beruhigen, trösten oder was auch immer er hätte tun können, doch war alles anders gekommen. Er hätte ihm schon nicht so nahe kommen sollen, war auch ihm immerhin klar, dass sie keine gemeinsame Zukunft mehr hatten, doch konnte er ihm einfach nicht fern bleiben. Er musste ihn unbedingt in seinen Armen spüren und so war alles anders gekommen. Dabei wollte er der Starke sein und nicht der, der getröstet werden musste.
 

Schließlich hatte Killian sich wieder beruhigt und Aidan ließ langsam seine Arme wieder sinken, ohne jedoch aufzuhören ihn anzufassen. „Wie geht es nun weiter? Politisch meine ich“, flüsterte er leise.

„Wir haben noch eine Woche, bis wir ins Schloss gehen werden“, begann der Ältere zu erzählen und musste dem Drang widerstehen, die Haut des Halses vor sich zu küssen. „Du sollst diplomatischer Berater werden.“

Danach schwiegen sie wieder, Aidan schien das gehörte zu verarbeiten und darüber nachzudenken.

„Wirst du auf Abstand gehen können, wenn wir diese Woche noch für uns nutzen?“, fragte er schließlich mit rauer Stimme.

Die gehörten Worte veranlassten Killian dazu nun doch den Kopf zu heben und den Jüngeren unter sich aus geröteten Augen anzusehen. Langsam und noch etwas zögerlich nickte er schließlich zustimmend.

„Dann lass uns diese Tage als Abschied nutzen.“
 

- - - - -
 

Aidan und Killian waren schon bald von dem ungemütlichen Boden aufgestanden und hatten sich stattdessen auf einem Dreisitzer der Sitzecke niedergelassen. Da sie die Zeit über nicht mehr gestört worden waren, auch nicht zum Mittagessen, haben sie die Stunden genutzt, um sich einfach nur nahe zu sein, sich gegenseitig im Arm zu halten und hin und wieder einen Kuss auszutauschen. Gesprochen hatten sie kaum, doch das mussten sie auch nicht. Es reichte ihnen, einfach nur zu wissen, dass der Andere da.
 

Am späten Nachmittag hatten sie schließlich entschieden in den Garten zugehen und noch die letzten Sonnenstrahlen des Tages, sowie die frische Luft zu genießen. Zunächst wollten sie ein wenig zwischen den vom Herbst gezeichneten Blumenbeeten entlanglaufen, doch blieben sie schnell an einem der Bäume stehen. Auch dieser war von der Jahreszeit stark gezeichnet und seine gelben und orangenen Blätter strahlten in der Sonne. Kurzerhand beschlossen sie, den prächtigen Anblick zu genießen und zu ihrem Glück befand sich auch ganz in der Nähe eine der Sitzbänke, auf welcher sie sich niederließen.
 

Ein wenig traurig sah Killian den Baum an. Genaugenommen konnte man ihn wunderbar mit Aidans und seiner Beziehung vergleichen. So wie er nun da stand, mit leuchtenden Blättern an den verzweigten Ästen war er wunderschön, genauso wie das, was zwischen ihnen war. Doch sah der Baum nur jetzt so aus, denn die Blätter würden fallen, ihre Zeit war begrenzt und zurück würde nur ein kahles, raues und kaltes Gerippe bleiben. Mit Ästen, die Spitz in den Himmel ragten und früher oder später schutzlos der Kälte ausgesetzt sein würden.

Er wandte den Blick ab, wollte diese düsteren Gedanken nicht haben, da er ihnen früher oder später sowieso verfallen würde. Stattdessen sah er zu Aidan, welcher sein Gesicht einfach nur der Sonne entgegenstreckte. Die Augen geschlossen, atmete er ruhig und gleichmäßig und nur das leichte Zucken seine Augenlider ließ vermuten, dass er über etwas nachdachte. Die sonst eher blasse Haut wurde von den Sonnenstrahlen in einen warmen Ton getaucht und ließen seine Züge noch weicher erscheinen als sie es sonst schon waren. Er war wunderschön.
 

Doch leider konnte der König seinen Liebsten nicht sehr lange so beobachten, denn dieser schien die Blicke auf sich zu spüren und drehte langsam sein Gesicht zu ihm. Nachdem auch er sein Gegenüber gemustert hatte, legte sich kurz ein leichtes Lächeln auf seine Lippen, bevor er seinen Blick wieder abwandte und auch seine Mundwinkel wieder sanken.

„Wir sollten versuchen, bereits in dieser Woche ein wenig mehr auf einen gewissen Abstand zu achten.“

Killian schwieg, als er die Worte hörte, doch in Gedanken wollte er ihm widersprechen. Natürlich hatte er recht, doch das wollte er nicht hören. War es denn nicht schon schlimm genug, dass sie nur noch diese eine Woche hatten?
 

„Luan! Lass sie in Ruhe!“, hörten sie plötzlich Peers Stimme, die aus der Richtung des Anwesens kam. Als Killian einen Blick dorthin wandte, sah er, dass diese Worte ihre Wirkung jedoch verfehlt hatten. Ein zornig dreinblickender Luan kam direkt auf sie zu. Seufzend drehte der König sich zurück. Er hatte gehofft sich heute nicht mehr mit ihm auseinandersetzten zu müssen, doch da hatte er wohl zu früh gehofft. Schließlich kam der Neuankömmling vor ihnen zum Stehen und verschränkte die Arme vor sich. „Ihr wollt wirklich so weiter machen wie bisher?“ Nun war mehr als offensichtlich, dass er wütend war. Man konnte es klar an seiner Stimme erkennen.

Auch Killian wurde nun sauer, doch wollte er nicht darauf eingehen und wandte sein Gesicht demonstrativ ab. Doch anders als er, schien dieses Mal Aidan es nicht auf sich sitzenlassen zu wollen, denn er erhob sich von der Bank. Abrupt ging er sogar einen Schritt auf ihn zu. „Ist das dein Ernst?!“, fragte er laut und erzürnt.
 

Erschrocken trat Luan einen Schritt zurück und auch Killian sah seinen Liebsten sprachlos an. Er sollte es wahrscheinlich nicht sein, doch war er positiv überrascht und auch irgendwie stolz auf ihn. Er war immer ruhig und zurückhaltend. Stellte das Wohl der Anderen über seine eigenes und ließ anderen den Vortritt. Konflikten war er meistens aus dem Weg gegangen, es sei denn, sie hatten in seinen Augen einen Sinn.

Da Luan nach wie vor nur erschrocken den Jüngeren ansah, fuhr dieser fort. „Ich will in dieser Woche meine Ruhe haben, vor allem vor dir!“
 

Diese Worte schienen den strategischen Berater aus seinem Schock herauszuholen, denn er straffte seine Schultern und gewann seine Selbstsicherheit zurück. „Seid ihr euch eurer neuen Position eigentlich bewusst?“

Nun ballte der ehemalige Prinz die Fäuste und Killian konnte nicht anders, als ein wenig darüber zu grinsen. „Bitte mach dir die Hände nicht an ihm schmutzig, das habe ich doch schon mal getan.“ Mit seinen Worten versuchte er sowohl die Aufmerksamkeit weg von Luan, auf sich selbst zu ziehen und zusätzlich die Spannung aus der Situation heraus zu nehmen.

„Wann war das?“, fragte Aidan und schien gewillt zu sein, den Anderen links liegen zu lassen, denn er drehte sich mit fragendem Blick zu dem Ältesten der dreien.

„Am Abend deines Ausschlusses von den Anwärtern. Kurz bevor ich zu dir gekommen bin“, präzisierte der Gefragte seine Aussage.
 

Aidan warf nochmal einen kurzen Blick zu Luan, bevor er wieder zum Sprechen ansetzte. „War es deswegen so einfach dich zu überzeugen?“

Natürlich war ihnen beiden bewusst, dass das der Abend war, an dem sie zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten und auch, dass er selbst der Bitte des Jüngeren gefolgt war. Doch hätte Killian nie gedacht, dass Aidan diese Nacht einmal dazu nutzen würde, jemand anderen zu provozieren oder sie anderweitig einzusetzen.

Seine einzige Antwort auf die Frage war ein größer werdendes Grinsen und das Erheben von der Sitzbank. „Komm, lass uns wieder hineingehen.“

Sofort trat Aidan von Luan zurück und stattdessen auf seinen Liebsten zu. „Gerne.“ Er warf einen letzten Blick über die Schulter zu dem Unruhestifter. „Hier draußen wird es ohnehin ungemütlich.“

Damit ließen sie den Anderen einfach stehen, welcher dies auch wortlos geschehen ließ.
 

Erneut vor ihren Zimmern angekommen blieb der ehemalige Prinz stehen. „Es wäre wohl besser, wenn wir für heute getrennte Wege gehen“, sagte er leise und schien selbst nicht sehr begeistert von seiner Aussage zu sein.

Ein wenig genervt, dass sie nicht alleine waren, weil sie nach wie vor von der Wache Killians begleitet wurden, deutete dieser auf seine Zimmertür und schob den Jüngeren leicht aber bestimmend zu dieser hin. Da Aidan sich zunächst ein wenig sträubt, ging das Ganze ein wenig stockend vonstatten, doch er merkte schnell, dass der Ältere sich in diesem Punkt wohl nicht hineinreden lassen würde, weshalb er sich bald fügte und sie ohne weitere Zwischenfälle in dem Raum ankamen.

Noch bevor der Jüngere sich zu seinem König umdrehen konnte legte dieser seine Arme um ihn und hauchte ihm einen Kuss seitlich an den Hals.
 

„Ich lasse dich heute Nacht nicht alleine. Der Tag war anstrengend und du hast wesentlich mehr verloren als ich“, flüsterte Killian ihm mit sanfter Stimme ins Ohr.

Er hörte, wie Aidan schluckte. Nur ungern erinnerte der Ältere ihn an den Tod seines Vaters, doch mit Sicherheit wäre diese Erinnerung gekommen, sobald er ein wenig Zeit zum Nachdenken gehabt hätte, doch dann wäre er alleine gewesen.

„Nein, ich habe nur dich verloren. Mit allem anderen habe ich abgeschlossen“, gab Aidan ebenfalls flüsternd von sich, klang dabei aber trotzdem nicht überzeugend.

„Ich weiß, komm her“, sagte Killian ein wenig lauter und lockerte seinen Griff so, dass der Jüngere sich in seinen Armen zu ihm drehen konnte, bevor er ihn wieder fest an sich drückte.
 

Ende Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 3
 

Schweigend biss Killian ein Stück von seinem Brot ab. Ein wenig unzufrieden stellte er fest, dass ihm das Essen schon mal besser geschmeckt hatte, doch wahrscheinlich wirkte seine bedrückte Stimmung sich bereits auf seinen Geschmack aus.

Es war ein neuer Morgen angebrochen und alle hatten über die Änderungen, die am Vortag vorgenommen worden waren, schlafen können. Zu der Enttäuschung des Königs war der vergangene Tag kein Alptraum gewesen. Das einzig Positive war bisher, dass er mit Aidan im Arm den Tag begonnen hatte, welcher nun zu seiner linken saß, während er selbst seinem neuen Stand entsprechend am Kopfende des Tisches Platz genommen hatte. Sein künftiger Stellvertreter saß zu seiner Rechten, ebenso wie Luan, welcher jedoch ein wenig Abstand hielt. Peer könnte man wahrscheinlich wieder tadeln, da dieser sich direkt neben Aidan gesetzt hatte und er somit zu nahe bei dem König saß, dies wäre eher der Platz des strategischen Beraters, doch wenn dieser so großen Abstand wahrte, dann sollte Killians Meinung nach der Platz ruhig von jemand anderem eingenommen werden. Außerdem war auch ihre gemeinsame Zeit hier im Anwesen begrenzt und somit wollte er diese Gesellschaft noch genießen können.
 

Da alle an diesem Morgen sehr schweigsam waren, glitten Killians Gedanken wie von alleine zurück zum gestrigen Abend. Es war nicht mehr allzu viel passiert und trotzdem war der Abend sehr schön gewesen. Liam hatte Aidan und ihm noch ein wenig zu Essen gebracht, damit sie nicht den gesamten Tag ohne solches verbringen mussten, doch ansonsten hatte das Paar die Zeit nur dazu genutzt die Anwesenheit des Anderen zu genießen. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie sich an dem Essen bedient hatten, verbrachten sie ihre Zeit erneut auf den Polstern der Sitzgruppe, schweigend, jedoch hin und wieder Zärtlichkeit austauschend.

Nachdem sie ihren Hunger gestillt hatten, welcher sich irgendwann doch nach der Aufregung am Morgen gemeldet hatte, verlegten sie ihr gemeinsames Kuscheln ins Bett. Doch auch hier fanden sie ihre Stimme kaum wieder und schon recht früh waren sie eingeschlafen.
 

Zu Killians Bedauern hatte der heutige Morgen allerdings genauso begonnen, wie der Abend geendet hatte. Natürlich, wenn Aidan kein Gespräch anfing, dann könnte er dies tun, doch wusste auch er nicht, worüber sie sprechen sollten. Das Einzige was ihm durch den Kopf ging, waren die Gefühle, die er dem Jüngeren entgegen brachte. Er würde ihm gerne sagen, wie sehr er ihn liebte, doch würde Aidan ihn dann wohl wieder nur tadeln. Der Ältere wusste auch, dass der ehemalige Prinz damit recht hätte. In Vernunftdingen hatte er immer recht. Er war derjenige, der stets einen kühlen Kopf behielt und dementsprechend handeln und beurteilen konnte, doch nun frustrierte dies den König.

Genaugenommen war Killian unvernünftig und das wusste er auch, doch zum ersten Mal seit einiger Zeit hätte er Luan gerne zugestimmt. Wie gerne würde er mit Aidan einfach so weiter machen, wie bisher, immerhin wussten sie, wie es war eine Beziehung im Verborgenen zu führen, doch nun hatten sie eine neue Aufgabe bekommen. Warum nur war er der König geworden?! Toran hätte sich seiner Meinung nach viel besser geeignet! Selbstverständlich war ihm klar, dass dieses Denken unfair war. Sein Stellvertreter hatte ebenso etwas zu verlieren, wie er selbst, doch trotzdem konnte er diese Gedanken nicht völlig unterdrücken, auch wenn ihn das in diesem Punkt zu einem schlechten Freund machte.
 

Gerade als Killian seine Tasse Tee leerte, betrat der Ausbildungsleiter den Raum. Vor seinem König kam dieser zum Stehen und verbeugte sich respektvoll. „Mein König, ich hoffe, Ihr hattet eine erholsame Nacht, in der ihr euch an den Gedanken, der neue Monarch dieses Landes zu sein, gewöhnen konntet.“

Killian nickte bloß lächelnd. Er wusste, dass wenn er eine Antwort hervorbringen würde, es wohl nur eine sarkastische sein würde. Doch dem Mann schien eine solche Reaktion völlig auszureichen, denn er nahm seinen Weg zum anderen Ende des Tisches wieder auf und nahm dort den Platz für eine Verkündung ein. „Zunächst möchte ich den Anwesenden mitteilen, dass nun auch Aidan aufgrund seiner neuen Position eine Wache zugeteilt werden wird. Diese wird in Kürze hier eintreffen.“

Der diplomatische Berater nahm diese Verkündung ebenso wie sein König die Begrüßung, mit einem Nicken hin.

„Des Weiteren möchte ich mitteilen, dass die Beerdigung des ehemaligen Königs Morgenmittag stattfinden wird. Aidan, aufgrund Eures Ausschlusses aus der königlichen Familie ist Eure Anwesenheit selbstverständlich nicht erwünscht und wird auch nicht geduldet werden.“
 

„Aber das kann man doch nicht verlangen!“, sprach Peer sofort dazwischen. Killian bedachte den Jüngsten mit gemischten Gefühlen. Auch wenn er ihm am liebsten sofort zustimmen wollen würde, so fragte er sich zeitgleich, ob der Einzige, der von ihnen ein Anwärter, wegen unter anderem fehlender Disziplin, bleiben würde, sich zeitnahe noch ändern würde.

„Möchtest du damit dem Willen eines Toten widersprechen?“, fragte der Ausbildungsleiter mit hochgezogenen Augenbrauen und schien dabei alles andere als glücklich über diese Unterbrechung zu sein.

Bevor Peer erneut das Wort ergreifen konnte, wurde er jedoch durch Aidans Hand aufgehalten, welche sich beschwichtigend auf dessen Arm legte. „Es ist in Ordnung, ich habe doch ohnehin mit diesem Mann abgeschlossen. Da brauche ich dann nicht gegen seinen Wunsch handeln und morgen daran teilnehmen.“

„Aber…“, wollte der Jüngste widersprechen, wurde aber von Killian unterbrochen. „Peer, es gibt Regeln, die eingehalten werden müssen.“ Es gefiel dem König ganz und gar nicht das zu sagen, doch würde er sich wohl daran gewöhnen müssen auch Dinge zu unterstützen, hinter denen er nicht voll und ganz stand.
 

Ohne weiter auf den Anwärter einzugehen, setzte der Ausbildungsleiter seine Verkündung fort. „Direkt im Anschluss an die Beerdigung wird auch traditionell die Nachfolge des verstorbenen Königs bekanntgegeben. Allerdings werdet Ihr zuvor weggebracht, nur für den Fall, dass das Volk negativ darauf reagiert.“ Bei dem letzten Satz wandte sich der Mann an Killian, welcher das gehörte erneut mit einem Nicken hinnahm. Er wusste nicht, ob er diese Entscheidung gut oder schlecht heißen sollte. Sollten die Leute grundsätzlich etwas gegen das System haben, dann würde es ihn zwar vor eventuellen Aufständen schützen, doch das Problem wäre dadurch nicht beseitigt. Auf der anderen Seite jedoch wurde damit gezeigt, dass man ihn wohl grundsätzlich schützen musste. Man könnte es als eine Schwäche auslegen.

Nur am Rande seiner Überlegungen bemerkte der König, dass der Ausbildungsleiter sich verabschiedete und wieder ging. Kaum hatte er den Raum verlassen, schüttelte Killian seine Gedanken jedoch ab und wandte sich an Aidan. „Es tut mir leid, Aidan.“

„Das ist in Ordnung. Ich weiß, wo mein Platz ist“, versicherte der Jüngere mit einem milden Lächeln, doch konnte Killian erkennen, dass es ihm nicht so leicht fiel das hinzunehmen, wie er es vorgab, doch beließ er es im Beisein der Anderen dabei.
 

„Wie schön, da wird unser König bereits zu Beginn inkonsequent und weich“, erhob Luan zum ersten Mal an diesem Tag seine Stimme und schob gemächlich seinen Stuhl zurück.

„Solche Bemerkungen solltest du dir nach der offiziellen Krönung wohl eher sparen“, sagte Toran an den Anderen, der sich gerade von dem Sitzmöbel erhob, gewandt.

Übertrieben tief verbeugte der strategische Berater sich und könnte ein spöttisches Lächeln nicht ganz unterdrücken, als er sich wieder erhob. „Aber natürlich, Stellvertreter des Königs.“ Damit setzte er sich in Bewegung in Richtung der Tür.

„Mir ist es gleich“, fügte der Angesprochene noch hinzu. „Es ist nur eine Empfehlung. Du hast die Konsequenzen zu tragen, nicht ich.“
 

Kurz schwiegen die verbliebenen Anwesenden. Killian atmete langsam und beruhigend aus. Wenn das so weiter ginge, dann konnte Luan in Zukunft noch anstrengender werden, als er es ohnehin schon war.

Schließlich fasste Aidan sich ein Herz und unterbrach die eher unangenehme Stille. „Und, Toran, hast du schon mit Melissa gesprochen?“

Der Angesprochene lächelte leicht, doch man sah ihm an, dass er das volle Maß seiner Freude unterdrückte. „Ja, das habe ich gestern noch getan.“

„Du kannst uns ruhig mehr erzählen“, ermutigte nun auch Killian ihn, doch hielt sich ihr Freund zurück.

„Sie ist natürlich glücklich über die Entscheidung. Über die Zukunft haben wie allerdings noch nicht gesprochen.“
 

- - - - -
 

Nachdem sie sich noch zu viert ein wenig unterhalten hatten, gingen sie danach getrennte Wege. Killian wäre gerne weiterhin bei Aidan geblieben, doch bat dieser darum, ein wenig Zeit für sich haben zu können. Er wollte sich mit liegen gebliebenen Dokumenten beschäftigen und im Anschluss einen Brief an seine Mutter schreiben. Dafür brauchte er Ruhe, um sich konzentrieren zu können, so seine Worte.

Der Ältere respektierte dies natürlich. Gerade weil der ehemalige Prinz seiner Mutter schreiben wollte, konnte er nachvollziehen, warum er ein wenig Zeit für sich wollte. Es wäre das erste Mal, dass er Kontakt zu jemandem aus der Familie aufnahm, seit seinem Ausstoß und je nach Reaktion seiner Mutter mussten seine Worte gut gewählt sein, denn immerhin sollte auch ein solcher Kontakt unterbunden werden. Wahrscheinlich erhoffte Aidan sich nun doch noch Kontakt aufnehmen zu können, jetzt, wo sein Vater verstorben war.
 

Seine Rücksichtnahme bescherte Killian nun aber Langweile. Auch er hätte noch so manche liegengebliebenen Dokumente, doch ihm fehlte heute sowohl die Disziplin, als auch die Motivation sich diesen zu widmen. Stattdessen stand er nun im ersten Obergeschoss des Anwesens in einem der langen Flure am Fenster und sah hinaus.

Schwere Wolken verdunkelten den Himmel und dicke Regentropfen trommelten gegen die Fensterscheiben. Mit einer seltsamen Faszination besah er sich das feuchte Netz, welches der Regen hinterließ und folgte mit seinen Augen manchem dicken Tropfen seinen langen Weg hinunter zum Holzrahmen.

Er versuchte währenddessen einen Weg zu finden, wie er sich von Aidan lösen konnte nach dieser Woche, doch entweder waren seine Gedanken zu träge oder es gab keine zufriedenstellende Möglichkeit für ihn. Er glaubte dabei allerdings eher an letzteres. Wie sollte es auch eine zufriedenstellende Möglichkeit geben? Er konnte wahrscheinlich einfach froh sein, dass er seinen Liebsten weiterhin in seiner Nähe haben konnte, doch gleichzeitig würde es die reinste Qual werden. Er sah ihn, durfte ihm aber nicht nahe sein.
 

Nach einer Weile bemerkte er, dass sich jemand neben ihn stellte, war jedoch inzwischen zu träge um sich nach der Person umzudrehen und nachzusehen, wer es war. Doch das musste er auch gar nicht. Bereits nach kurzer Zeit begann die Person unruhig auf und ab zu wippen. Das konnte nur Peer sein.

„Was machst du gerade?“, wurde das leise Prasseln des Regens alsbald unterbrochen.

„Nichts…“ Selbst diese simple Antwort erschien Killian als anstrengend.

„Das ist aber nicht sehr spannend.“

„Mir ist auch langweilig…“

Danach herrschte wieder kurze Stille.
 

„Was machst du denn gerade?“, fragte der Ältere schließlich.

„Nichts“, kam die Antwort, hinter der jedoch mehr Energie steckte, als wie bei Killian.

Nach einer Weile der Ruhe setzte Peer seine Antwort fort. „Ich hatte gehofft jemanden zu finden, der irgendetwas zu tun hat.“

„Da bist du bei mir leider falsch. Hättest du denn eine Idee, was man machen könnte?“ Killian stand zwar noch immer unverändert da, doch hätte er wirklich nichts gegen eine spannendere Tätigkeit, als dem Regen beim Fallen zuzusehen.

„Ich habe leider auch keine Idee“, sagte Peer mit leichtem Bedauern in der Stimme, was ihn jedoch nicht davon abhielt, sich wieder in Bewegung zu setzten. Kurzerhand griff er nach dem Arm des Königs und zog ihn mit sich. Dieser stolperte zunächst mehr, als das er lief. Er hatte definitiv zu lange einfach nur auf der Stelle gestanden und vor sich hingestarrt.

„Auch wenn ich keine Idee habe, so ist mir vor dem Fenster stehen dann doch zu langweilig“, erklärte der Jüngere sein Handeln und grinste den Älteren schief und breit an.

„Aber du wärest bestimmt ruhiger dadurch geworden“, murrte Killian, der nur langsam aus seiner Trägheit aufwachte.

„Das wäre ja fürchterlich!“, sagte der Andere theatralisch.

„Das glaub ich dir, dass du das fürchterlich findest“, lachte der Ältere.
 

Gemeinsam gingen sie nun langsam durch die Gänge des Gebäudes. Sie schwiegen zwar, doch war es kein unangenehmes Schweigen. Beide konnten so noch ein wenig ihren Gedanken nachgehen und sich zur Abwechslung mal in Ruhe die zum Teil mit Gemälden geschmückten Wände der Flure ansehen.

Erst als sie schon eine ganze Weile unterwegs waren, sprach Peer erneut. „Wirst du diesen Ort vermissen? Und die Ausbildung?“

Killian überlegte kurz, bevor er zu einer Antwort ansetzte. „Einerseits bin ich wirklich froh, dass ich das hier hinter mir habe, aber es wird bestimmt die Zeit kommen, in der ich mich zurücksehne. Spätestens dann, wenn meine neuen Aufgaben unangenehm werden.“ Ein schiefes Grinsen konnte er sich dabei nicht verkneifen, welches der Jüngere auch gleich erwiderte.

„Ich bin gespannt, wann neue Anwärter hierherkommen werden und wie sie wohl sein werden“, murmelte Peer schließlich, nachdem sein Grinsen langsam verschwunden war.

„Ich fürchte, dass es noch eine Weile dauern könnte, bis du hier neue Gesichter sehen wirst. Wir haben ja auch schon lange keinen Zuwachs mehr bekommen“, konnte Killian nur bedauernd lächelnd vermuten.
 

„Es wird bestimmt langweilig werden, wenn ihr erst mal weg seid!“, jammerte der Anwärter plötzlich, weshalb der König kurz lachte.

„Solange wie du Einzelunterricht haben wirst, kannst du dies intensiv nutzen und zeigen, dass du das wirklich willst“, versuchte der Ältere den Anderen zu ermutigen. Er hoffte wirklich, dass er sich ändern würde.

„Ich bezweifle, dass sie mir ernsthaftes Interesse abnehmen würden“, sagte Peer und nichts zeugte mehr von seiner guten Laune von eben. Es war nur schwer einzuschätzen, ob er nun traurig war, nicht bei den anderen Anwärtern zu bleiben oder ob es ihn störte nicht ernst genommen zu werden.

„Ach, das wird schon werden“, versuchte Killian erneut dem Jüngeren gut zuzureden. „Oder gibst du bereits auf, bevor du es versucht hast?“

„Nein, das nicht, doch ich bin im Moment einfach nicht so richtig motiviert.“

„Nutze diese Woche ebenfalls für dich. Nimm ein wenig Abstand von allem und vielleicht bekommst du dann einen völlig neuen Blickwinkel für das alles hier. Womöglich fällt es dir dann leichter dich anzustrengen.“
 

Sie blieben vor der großen Doppelflügeltür zu einer teilüberdachten Terrasse stehen und Killian unterstrich seine aufmunternden Worte damit, dass er dem Jüngeren kurz die Schultern drückte.

„Lass uns ein wenig frische Luft schnappen“, schlug der Jüngere dann lächelnd vor und trat bereits auf die Tür zu. Seine trübe Laune von eben wie weggewischt.

Als sie hinaustraten wurden sie von dem lauten Rauschen des Regens begrüßt und der Wind wehte ihnen ein wenig Feuchtigkeit entgegen. Trotzdem entschieden sie eine Weile draußen zu bleiben und gingen zu einer Sitzbank, die ein wenig geschützter stand.

Sie unterhielten sich über belangloses und scherzten ein wenig, bis sie von Liam Gesellschaft bekamen, welcher sie im Vorbeigehen unter dem Dach hat sitzen sehen.
 

„Was macht ihr hier?“, fragte er und schien ein wenig zu frösteln.

„Wir genießen das schöne Wetter!“, rief Peer sofort aus und wie auf Kommando trug der nächste Windstoß wieder Feuchtigkeit zu ihnen.

„Das merke ich“, erwiderte der Bedienstete das Lachen. „Kann ich euch irgendetwas bringen?“

„Etwas zu trinken?“, fragte Killian inzwischen ebenfalls wieder grinsend.

„Na, wenn ihr meint, hier draußen mehr Zeit verbringen zu wollen“, sagte Liam ein wenig kopfschüttelnd, drehte sich aber um und kehrte bald darauf mit zwei Tassen zurück. Der Inhalt stellte sich als heiß dampfender Früchtetee heraus. So konnten sie sich zumindest ein wenig warm halten.
 

Ende Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 4
 

Den restlichen Tag hatten Killian und Peer ebenfalls zusammen verbracht und sich einfach nur unterhalten. Allerdings wechselten sie dann doch irgendwann ihren Sitzplatz und machten es sich schließlich im Inneren des Gebäudes vor einem Kamin gemütlich. Mit der Zeit war es ihnen draußen doch zu kühl und feucht geworden.

Auch wenn der junge König gehofft hatte irgendwann am Nachmittag seinen Liebsten zu Gesicht zu bekommen, so kam dieser erst zum Abendessen wieder aus seinem Zimmer hervor. Dies hatte zur Folge, dass Killian ihm nun nicht mehr von der Seite wich. Kurz hatte Aidan versucht ihn in seinem Zimmer abzusetzen, damit sie die Nacht getrennt voneinander verbringen würden, doch merkte er schnell, dass er dabei auf taube Ohren stieß und gab sein Vorhaben auf.
 

Killian fiel es sofort auf, dass der Jüngere sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt war, als sie schließlich alleine in seinem Zimmer waren. Das war auch der Grund, weshalb sie erneut früh zu Bett gingen. Er hatte zwar versucht, das eine oder andere Gespräch anzufangen, doch verliefen diese recht schnell im Sande und sie schwiegen erneut. Das änderte sich zwar auch nicht, nachdem sie in den weichen Laken seines Bettes gelegen hatten, doch dort ließ sich der Jüngere zumindest in den Arm nehmen und kuschelte sich an den Älteren heran.
 

In der Nacht wachte Killian auf. Ein kurzer Blick aus dem Fenster sagte ihm, dass es noch mitten in der Nacht war, es zeigte sich noch nicht einmal ein Lichtschimmer am Horizont. Da er nach wie vor müde war, schmiegte er sich wieder an Aidans Rücken und zog diesen zeitgleich näher an seine Brust.

Seinen Liebsten an seinem Körper spürend und seinen Geruch einatmend, sollte er eigentlich zufrieden sein und sich wohlfühlen, doch trotzdem stellte sich kein Schlaf ein. Ihm war kalt und auch der warme Körper vor sich änderte daran nichts. Scheinbar waren er und Peer am Nachmittag wohl zu lange auf der Terrasse gewesen und dies rächte sich nun ein wenig.

Er zwang sich die von der Müdigkeit brennenden Augen geschlossen zu halten und suchte so viel Körperkontakt wie nur möglich, doch nichts von alldem half ihm. Schließlich ließ ein Seufzen ihn aufhorchen. „Bist du wach?“, fragte er daher flüsternd.

Ein schwaches Nicken von Aidan war die Antwort, wodurch dessen Haare an Killians Stirn kitzelten.

„Habe ich dich geweckt?“, wollte der Ältere nun wissen, da sich leise sein schlechtes Gewissen meldete.

„Kannst du nicht schlafen?“, wurde ihm murmelnd die Gegenfrage gestellt und sofort fühlte Killian sich schlecht. Er hatte den Jüngeren nicht wecken wollen durch sein Gewühl, doch da hätte er wohl eher drauf kommen sollen, dass der Andere dadurch hätte wach werden können.

„Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken. Schlaf weiter“, forderte der König seinen Liebsten auf und kuschelte sich erneut eng an dessen Rücken.
 

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Aidan nun mit etwas wacherer Stimme und drehte seinen Kopf leicht zu ihm. „Du fühlst dich warm an.“

„Ich bin einfach nur müde, sonst nichts weiter.“

Nun drehte der Jüngere sich in der Umarmung um und legte sogleich seine Stirn an die des Anderen. „Du bist wärmer als sonst. Du bist nicht nur müde.“

Sofort verzogen sich Killians Lippen zu einem Lächeln. „Es ist alles in Ordnung, du brauchst dir keine Sorgen machen.“ Es machte ihn glücklich die Worte seines Liebsten zu hören, wobei es nicht mal unbedingt die Sorge war, die er ihm entgegenbrachte, was ihn natürlich auch freute, doch es war viel mehr die Tatsache, dass Aidan spürte, wenn sich etwas an ihm verändert hatte.

„Das mache ich aber…“, murmelte der Jüngere und hob seine Hand an Killians Gesicht, um über dessen Wange zu streichen.
 

Er überlegte kurz, wollte seinen Liebsten eigentlich schon wieder beschwichtigen, doch wusste er, dass dieser ebenso stur sein konnte wie er selbst, wenn es darum ging, dass sie die Nacht gemeinsam in einem Bett verbrachten. „Ich war über Tag wohl ein wenig zu lange draußen“, gab er also leise zu und senkte seinen Blick.

„Im Regen?“, fragte der Jüngere verwirrt, als ob er nichts sicher war, was genau er dort gehört hatte.

„Nein, auf der Terrasse mit der Überdachung…“

„Du meinst die Trasse, auf welcher der Wind immer verwirbelt und das Dach somit selten seinen Zweck richtig erfüllen kann?“

„Ja…“ Unter dem prüfenden Blick Aidans hatte Killian das Gefühl zu schrumpfen. Warum war er plötzlich so streng, wenn er sich nicht so gut fühlte?

„Dich kann man auch keinen Nachmittag alleine lassen“, tadelte der Jüngere seufzend und strich das Haar des Königs zurück, um diesem einen kleinen Kuss auf die Stirn zu hauchen.
 

„Es mag dir entgangen sein, aber du bist zum neuen König gewählt worden. Du solltest mehr auf dich achtgeben. Was sollen denn die anderen denken, wenn sie hören, dass du wegen Eigenverschulden Krank geworden bist?“, wurde der Ältere weiter kritisiert, wenn auch mit einem Lächeln. Killian hingegen hörte sich das Gesagte einfach nur an und schwieg. Er war müde und wollte eigentlich nur schlafen und nicht seinem Liebsten Sorgen bereiten. Dieser schien letztendlich auch die Müdigkeit des Anderen zu bemerken und seufzte erneut, bevor er den Älteren in den Arm nahm und wieder näher zu sich zog.

„Schlaf jetzt. Morgen früh werden wir sehen wie es dir geht.“
 

Träge nickend stimmt Killian zu, bevor er sich wieder an den Anderen kuschelt, so wie er es bereits vor ihrem kurzen Gespräch getan hatte. Langsam schob er seinen Arm über den Körper des Jüngeren hin zum Rücken und ließ seine Hand zu seinem Nacken hoch wandern, um dort mit den kürzeren Haaren zu spielen.

„Danke, dass du für mich da bist“, flüsterte er.

„Für dich bin ich immer da“, kam die Antwort ebenso leise zurück.
 

- - - - -
 

Mit leicht glasigen Augen stand Killian mittig im Raum, trug die offizielle Trauerkleidung, bestehend aus einer dunkel eingefärbten Hose, sowie einem ebenso eingefärbten weitem Hemd und einem schweren schwarzen Umhang. Aidan stand neben ihm, strich über den dunklen Stoff und zupfte hin und wieder einen Fussel herunter.

Da Killians Körpertemperatur am Morgen noch unverändert war hatte der Jüngere ihn länger schlafen lassen und stattdessen Frühstück auf das Zimmer bringen lassen. Zwar hat Killian sich dadurch gleich nach dem Essen für die Beerdigung fertig machen müssen, doch er war dankbar um die verlängerte Schlafenszeit.

Er fühlte sich ein wenig matt und sein Kopf schien in Watte gepackt zu sein, doch ansonsten ging es ihm eigentlich ganz gut. Wahrscheinlich konnte er sich glücklich schätzen, dass es ihm nicht schlechter ging.
 

Langsam erwachte der König aus seiner kleinen Starre und sah zu dem Jüngeren, welcher nach wie vor akribisch seinen Umhang betrachtete. „Bist du dann langsam soweit fertig?“, fragte er schließlich amüsiert.

Sofort trat Aidan einen Schritt zurück und ließ die Hand sinken. Ertappt sah er drein und nickte stumm.

Kurzerhand legte Killian seine Hände auf der Hüfte des Jüngeren ab und zog ihn soweit zu sich, dass er ihm einen Kuss auf die Lippen hauchen konnte. „Ich danke dir.“

„Gerne doch“, sagte Aidan zwischen den folgenden kleinen Küssen.
 

Seufzend löste der Ältere sich schließlich von seinem Liebsten. „Ich gehe dann jetzt.“

„Ja, tu das. Nicht, dass alle auf dich warten müssen“, scherzte Aidan mit einem schiefen Lächeln.

„Ich komme direkt wieder hierher, wenn wir zurück sind“, versprach Killian und trat langsam auf die Zimmertür zu.

„Ich werde hier sein“, versicherte sein Liebster. „Wo sollte ich auch sonst sein?“

Aidans letzte Worte waren leise, trotzdem verstand der König sie und drehte sich daher nochmal zu ihm um. „Es tut mir leid.“

„Das braucht es nicht“, versicherte der Jünger, lächelte ihm nochmal zu und hob die Hand kurz zum Abschied. Dann stand Killian auch bereits auf dem Flur und begab sich zur Eingangshalle. Es gefiel ihm nicht, dass Aidan nicht mit zu der Beerdigung konnte. Seiner Meinung nach war es wichtig, dass auch er sich verabschieden konnte. Außerdem wollte er ihn schlicht und einfach an seiner Seite haben.
 

In der Eingangshalle angekommen warteten bereits Luan und Toran auf ihn und begrüßten ihn Respektvoll. Luan drehte sich danach zwar von ihm weg, doch erkannte Killian dies als eine Art Fortschritt ihm gegenüber an und verschwendete keine Energie darauf, sich weiter darüber Gedanken zu machen.

Ein wenig grinsend sah der Älteste von ihnen dem König entgegen. „Wir haben den zweiten Morgen nach Eurer Ernennung und bereits jetzt habt Ihr schon ein gemeinsames Frühstück ausfallen lassen, mein König?“

Das Grinsen erwidernd, schlug Killian dem Anderen leicht mit seiner Faust gegen die Schulter. „Lass das, wenn wir unter uns sind“, meinte er ein wenig vorwurfsvoll. „Außerdem fühlte ich mich nicht ganz wohl.“

„Das hat Aidan uns schon erzählt. Peer geht es übrigens ähnlich. Als er hörte, dass wir nicht auf dich zu warten brauchen, ist er sofort zurück ins Bett gegangen.“

Kurz zog Killian seine Stirn mitleidig kraus. Dann hatte es also nicht nur ihn getroffen.

„Was habt ihr gestern gemacht, dass ihr beide nun krank seid?“, wollte der Ältere schmunzelnd von ihm wissen.

„Wir haben eine Zeitlang das Wetter genossen.“

Sofort sah Toran ihn zweifelnd an. „Möchtest du nicht rechtzeitig in dein Amt eintreten oder was war euer Plan?“, fragte er mehr im Scherz.
 

Langsam neigte Killian sich zu seinem Freund und senkte seine Stimme so weit, dass nur sein Gegenüber ihn noch verstehen konnte. „So habe ich zumindest Aidans ungeteilte Aufmerksamkeit.“

Sogleich lächelte Toran ihn warm an, jedoch auch ein wenig traurig. „Nutzt die euch verbliebene Zeit gut.“

„Oh, das möchte ich“, erwiderte Killian sofort. „Doch sollte man nie Aidans Pflichtbewusstsein unterschätzen.“

„Das hast du schon einmal überwunden, du wirst es auch ein weiteres Mal schaffen“, sprach Toran ihm gut zu. „Für die Vernunft ist noch genügend Zeit, sobald wir das Schloss verlassen.“

„Aidan würde dich für deine Aussage tadeln“, meinte der König schlicht.

„Ich würde aber an deiner Stelle so handeln“, fügte der Ältere unschuldig guckend hinzu.

„Danke, dass zumindest du mir den Rücken stärkst, wenn Aidan es schon nicht tut“, schmunzelte Killian und drehte sich auch sogleich zur Treppe um. Von oben hörte man ein kräftiges Niesen. Das durfte dann wohl Peer sein. Ihn musste es schlimmer erwischt haben.
 

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Gemeinsam standen die ehemaligen Anwärter auf der rechten Seite des Altars, auf dem der verstorbene König, in goldenen Tüchern eingeschlagen, lag. Auf der linken, befanden sich die ehemaligen Anwärterinnen, während davor die Königsfamilie ihren Platz eingenommen hatte. Das Volk stand hinter den drei Gruppen, während die Berater des Königs hinter dem Altar bei dem Geistlichen, der die Beerdigung durchführte, standen.

Der kühle Herbstwind zog an ihren Umhängen, doch am heutigen Tage regnete es zumindest nicht. Killian war glücklich darüber. Ihre Begräbnisse fanden grundsätzlich vor dem Gebetshaus statt, ungeachtet welches Wetter gerade herrschte. Hätten sie nun ähnliches Wetter wie Gestern, dann wären sie bereits bis auf die Knochen durchnässt gewesen, was mit Sicherheit für niemandes Gesundheit förderlich gewesen wäre.
 

Die Stimmung unter den zahlreichen Anwesenden war gedrückt. Grimmig schauten die Menschen des Volkes nach vorne. Es war offensichtlich, dass die meisten nur hier waren, um zu sehen, dass sie den Monarchen wirklich los waren. Selbst die Familie schien nicht sehr zu trauern. Bis auf die Witwe, welche ihr Gesicht verschleiert hatte, konnte man sehen, dass die meisten eher gleichgültig dreinblickten. Amalia hingegen schien nachdenklich und hatte den Blick irgendwo hinter den Altar gerichtet.

Doch auch Killian konnte nicht behaupten, dass er in großer Trauer hier stand. Immerhin sprach der Geistliche bereits seit einiger Zeit und er selbst hatte nichts anderes zu tun, als seinen Blick durch die Menge gleiten zu lassen. Doch er musste sich eingestehen, dass er seinen Respekt für den König verloren hatte. Was er Aidan angetan hatte, konnte er nicht verzeihen. Wie oft sah er Aidan in seinen Erinnerungen vor sich, als er in den Räumlichkeiten seines Vaters stand und sich die Beschimpfungen und die Vorwürfe anhören musste? Wie sehr schmerzte es ihn nach wie vor daran zu denken, wie schlecht es Aidan ging, als er der Familie verstoßen wurde? Spätestens an diesem Tag hatte er jeglichen Respekt verloren.
 

Eine ganze Weile noch wurde über den König und seine Geschichte gesprochen. All die negativen Handlungen von ihm wurden jedoch ausgelassen. Immerhin sollte man nicht schlecht über die Toten sprechen. Traurig daran war nur, dass dieser Mann eigentlich ein guter König gewesen war. Zu Beginn seiner Amtszeit. Irgendwann hatte sich das offensichtlich gewandelt.
 

Schließlich war es soweit, dass man dem Verstorbenen den letzten Respekt zollte und nachdem die Familie vorgetreten war, wurden die Anwärter nach vorne gebeten. Einzeln traten sie vor und verbeugten sich vor ihm. Wer wollte, konnte noch ein paar Worte an den Körper richten, der dort lag, doch Killian fielen keine positiven ein. Auch seine Verbeugung fiel nicht so tief aus, wie sie eigentlich sollte, er konnte sich einfach nicht dazu überwinden, doch schien sich ohnehin niemand daran zu stören.
 

Kaum waren Killian, Luan, Peer und Toran an ihre vorherigen Plätze zurückgetreten, trat einer der Berater auf sie zu und bat sie den Platz durch das Gebetshaus zu verlassen. Im Augenwinkel konnte Killian sehen, wie die ehemaligen Anwärterinnen eine nach der Anderen zu dem Leichnam vortraten, während auch die Familie den Platz bereits verließ.

Am anderen Ende des Gebäudes angekommen traten sie auf den Platz dort hinter, wo bereits einige Kutschen warteten. Die ehemaligen Anwärter gingen auf die zu, welche sie auch bereits hierher gefahren hatte. Kaum saßen sie auf den gemütlichen Polstern, setzte sich der Wagen in Bewegung und sie verließen den Platz noch vor der Verkündung des neuen Königs, so wie es zuvor geplant gewesen war.
 

Die Stimmung unter den jungen Männern war bedrückt, weshalb auch keiner ein Wort sagte. Unterbrochen wurde die Stille lediglich hin und wieder von einem niesen oder husten Peers.

Das Schweigen setzte sich auch bei ihrer Ankunft beim Anwesen fort. Alle, bis auf Aidan und seine Wache, hatten das Gebäude verlassen und waren zu der Beerdigung gegangen. Es war fast schon unheimlich die stillen Gänge zwischen den dicken Mauern entlangzugehen und nur die schweren Schritte der Wache hinter sich zu hören. Doch das hielt den König nicht davon ab, direkt zu seinem Liebsten zu gehen. Bei ihren Zimmern angekommen konnte er feststellen, dass die Wache des Jüngeren nicht mehr vor Killians Zimmer stand, sondern zwischenzeitig zu Aidans Tür gewechselt hatte.
 

Sich nicht die Mühe machend, bei seinem Liebsten anzuklopfen, trat Killian einfach durch die Tür und schloss sie wieder, um das unangenehme Gefühl des verfolgt Werdens hinter sich zu lassen. Aidan saß zu dem Zeitpunkt an einem der Fenster und schreckte kurz zusammen. Als er erkannte, wer den Raum betreten hatte, verzog sich sein Mund zu einem Lächeln, leider zu einem eher gequälten. Sofort wird Killians Gesichtsausdruck milder und er versuchte sich selbst in einem aufmunternden Lächeln. Ob dies wirklich klappte, wusste er nicht, denn seine Aufmerksamkeit wurde schnell von etwas abgelenkt, das der Jüngere in der Hand hielt.

„Was ist das?“, fragte er geradeheraus und deutete auf die Hand seines Liebsten.

Kurz sah dieser hinunter in die angedeutete Richtung, bevor er die Luft ausstieß. „Das ist der Brief, den ich gestern an meine Mutter geschrieben habe.“
 

Er stand etwas wackelig auf. Scheinbar hatte er schon eine ganze Weile dort so gesessen.

„Ich habe ihn vorhin zurückbekommen. Sie hat ihn am Morgen abgelehnt, mit dem Hinweis, dass ich mich bitte an den Ausschluss halten möge.“

Sofort wurden die Falten auf Killians Stirn tiefer. Sorge und Mitgefühl machten sich in ihm breit und mit großen Schritten trat er auf den Jüngeren zu, nur um ihn seine Arme zu ziehen und festzuhalten. Erleichtert stellte er fest, dass sein Liebster diese Nähe nicht ablehnte. Ganz im Gegenteil sogar. Er erwiderte den festen Griff, drückte sich so nah wie möglich an den Anderen und legte seinen Kopf auf der Schulter ab.

„Das ist schon in Ordnung so. Ich kann froh sein, dass sie den Brief nicht gemeldet hat und ich mich somit einer Strafe unterziehen muss“, sagte Aidan schließlich, klang dabei aber nicht besonders überzeugt von seinen eigenen Worten.

„Ich habe trotzdem nicht erwartet, dass sie deinen Brief ablehnen würde, ohne ihn zuvor gelesen zu haben“, sagte Killian, auch wenn seine Worte wohl nur wenig Trost spenden würden.

„Die Königin ist ihrem Mann gegenüber sehr loyal.“ Aidans Stimme war gefasst, als er dies sagte. Ganz offensichtlich war dies ein weiterer Punkt in seinem Leben, mit dem er nun abschließen wollte. Doch wussten sie beide, dass das alles andere als einfach war, immerhin war das alles zuvor schon nicht einfach gewesen.
 

Seufzend trat Killian einen Schritt zurück und brachte so den Jüngeren dazu ihn loszulassen. Seine eigenen Arme hob er soweit, dass er das Gesicht von Aidan mit seinen Händen umfassen konnte und ihn so dazu zu bewegen ihm ins Gesicht zu sehen.

„Ich bin auch loyal, Aidan. Ich werde dich nicht im Stich lassen, niemals. Hörst du! Auch dann nicht, wenn wir nicht mehr zusammen sein können. Ich werde immer für dich da sein, wenn du mich brauchst.“
 

Ende Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 5
 

Es dauerte noch eine Weile, doch dann kam auch das Personal von der Beerdigung zurück zum Anwesen und bereitete sogleich das Mittagessen vor. Killian hatte Aidan vorgeschlagen schon mal zum Speisesaal zu gehen, um so der noch immer etwas bedrückenden Stimmung innerhalb des Zimmers zu entkommen, doch war dieser eindeutig dagegen. Wie schon am Morgen machte er sich noch immer Sorgen um Killians Gesundheit und wollte stattdessen, dass er zurück ins Bett ging und das ihr Essen erneut zu ihnen gebracht wurde.

Der junge König versuchte ihn davon zu überzeugen, dass es ihm besser ging, da dem tatsächlich so war und die Bewegung an der frischen Luft vorhin scheinbar geholfen hatte, doch nach einer kleinen Überprüfung seiner Körpertemperatur hatte sein Liebster sich so sehr darauf versteift ihn heute nicht mehr aus dem Bett zu lassen, dass Killian dann doch den Widerstand aufgab und sich dem Wunsch des Jüngeren fügte.

Grundsätzlich würde er sich aber auch nicht über diese Behandlung und die Nähe Aidans beschweren, so musste er den Anderen noch nicht einmal dazu überreden, ihm seine Aufmerksamkeit zu schenken.
 

Den Rest des Tages verbrachten sie somit gemeinsam und sie unterhielten sich über viele Dinge, die wichtigen und bedrückenden Themen ließen sie dabei allerdings bewusst aus, weshalb eine angenehme Stimmung zwischen ihnen herrschte und sie fast den Eindruck hatten, dass alles so war, wie vor der Verkündung.

Am frühen Abend schlug Killian schließlich ein gemeinsames Bad vor. Er hoffte so seinem Liebsten zeigen zu können, dass nicht nur dieser seine erhöhte Temperatur ernst nahm, sondern auch er selbst und natürlich hoffte er auch so ein klein wenig mehr Intimität mit ihm genießen zu können.
 

„Die Idee, dass du ein heißes Bad nehmen könntest, finde ich gut, aber ich denke, es wäre besser, wenn ich mich währenddessen von dem Bad fern halte“, sagte Aidan und sah den Älteren skeptisch lächelnd an. Ihm war klar, dass er darauf mit Widerworten zu rechnen hatte.

„Aidan! Wer soll denn dann aufpassen, dass ich nicht einschlafe und womöglich ertrinke?“, versuchte Killian an das Mitleid des anderen zu appellieren. Immerhin behandelte dieser ihn, als wäre er kranker, als er es tatsächlich war.

Der Angesprochene schnaubte jedoch lachend und verzog seinen Mund zu einem schmunzeln. „Du weist genau, wie unser letztes gemeinsames Bad endete. An dem Abend sollte es eigentlich nur um Entspannung gehen.“

Natürlich wusste Killian noch, was in der Wanne passiert war, denn er erinnerte sich nur zu gerne an diesem Abend zurück, an dem sie das Wasser dazu gebracht hatten, über den Rand zu schwappen und den Fußboden zu benetzen. Es fiel ihm schwer nicht direkt darauf einzugehen. Wie gerne würde er den Jüngeren unter seinen Berührungen stöhnen hören, den Geschmack seiner Haut auf der eigenen Zunge habe, seine Lippen auf den schnellen Puls am Hals des Jüngeren drücken.
 

„Das ist dieses Mal wirklich nicht mein Ziel“, sagte Killian schließlich und meinte die gesagten Worte ernst. „Mir geht es wirklich nur um ein heißes Bad und um deine Gesellschaft. Beides möchte ich in aller Ruhe genießen.“

Zunächst sah Aidan ihn prüfend an. Er verzog seine Lippen und schien zu überlegen, ob er dieser Aussage trauen konnte. „Na gut“, stimmte er langsam zu. „Ich werde Liam dann bescheid geben und du wirst so lange noch im Bett bleiben.“

„In Ordnung“, sagte Killian sofort freudestrahlend und faltete seine Hände wie ein braver Junge auf seinen Bauch. Als Aidan dann aufstand und ihm den Rücken zudrehte, konnte er jedoch nicht anders, als mit dunkler und ruhiger Stimme etwas seiner Aussage hinzuzufügen. „Du kannst nicht leugnen, dass du nach dem Bad nicht entspannt gewesen warst.“
 

Der junge Mann stockte kurz in seiner Bewegung und warf dem Anderen schließlich einen kleinen Blick über die Schulter hinweg zu. Ein leichter Rotschimmer hatte sich dabei auf seinen Wangen breit gemacht. „Das habe ich gehört“, versuchte er eher halbherzig seinen König zu maßregeln, behielt aber die Absicht zur Tür zu gehen bei. Kurz bevor er diese erreichte rief Killian ihm nochmal etwas zu. „Leugnest du es doch?“

„Nein“, war seine schlichte Antwort, bevor er durch die Tür trat und diese hinter sich schloss. Zurück blieb der junge König, der sich nun ein leises Lachen doch nicht mehr verkneifen konnte.
 

- - - - -
 

„Mein König?“, sprach Liam gespielt besorgt, als er gerade mit der Wanne fertig geworden war. „Denkt Ihr, dass Ihr wieder gesunde werdet?“

Killian der inzwischen auf der Bettkante saß, wobei es ihn verwunderte, dass Aidan nichts dagegen gesagt hatte, sah kurz prüfend zu seinem Liebsten. „Ich bin mir nicht sicher“, setzte er zögernd an. „Wenn es nach Aidan geht, dann könnte es wohl schwierig werden.“

„Ach sei doch ruhig!“, beschwerte sich der Erwähnte sofort und verschränkte seine Arme beleidigt vor der Brust, da er genau wusste, dass auch ihr anwesende Freund sich ein wenig über seine Sorge lustig machte. „Ich mache mir bloß Sorgen um dich.“
 

Sofort stand Killian grinsend auf und ging zu dem Jüngeren, griff nach dessen Armen um sie so voneinander zu lösen und ihn zeitgleich zu sich zu ziehen und ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen zu hauchen. „Dafür danke ich dir“, sagte er leise und lächelte ihn an, was den Jüngeren scheinbar auch gleich milder stimmte.

Liam, der das beobachtete nur mit einem Grinsen kommentierte, wandte sich wieder zum Gehen. „Dann ab in die Wanne mit euch. Dann gibt es morgen mit Sicherheit auch keinen Grund zur Sorge mehr.“

„Vielen Dank für das Wasser“, rief Aidan noch schnell, bevor ihr Freund das Zimmer wieder verlassen hatte.

„Gerne.“ Damit schloss sich die Tür wieder von außen.
 

„Na dann komm“, sagte Killian schmunzelnd und zog den Jüngeren an dessen Hand in die Richtung des Bades. „Dann wollen wir einmal tun, was man uns sagt.“

Jetzt wieder mit einem skeptischen Blick folgte Aidan ihm. „Wieso glaube ich nicht, dass du deine Finger bei dir behalten wirst?“

„Weil du mich kennst“, lachte Killian kurz auf. „Ich werde selbstverständlich nicht meine Finger bei mir behalten, denn ich möchte gerne mit dir kuscheln.“ Um seine Aussage zu unterstreichen, gab er seinem Liebsten einen weiteren kleinen Kuss auf die Lippen, als dieser seine Stirn kraus zog.

„Und wenn du deine Meinung dann plötzlich doch wieder wechselst? Auch beim letzten Mal hattest du mir versprochen dich zu benehmen.“ Kurzerhand nahm Aidan ein wenig Abstand von dem Älteren, schien aber sonst bei dem Vorhaben, das Bad miteinander zu genießen, zu bleiben.

„Mhm“, überlegte der junge König gespielt, bevor er den Anderen unschuldig ansah. „Dann wirst du wohl stark bleiben müssen.“
 

Kurz schnaubte der Jüngere auf, bevor er sich wegdrehte, um seine Kleidung auszuziehen und sie auf einen Stuhl hinter sich zu legen. „Stark bleiben… er weiß genau, dass er meine Schwäche ist“, murrte er leise für sich, trotzdem hörte Killian ihn und als sein Liebster das letzte Kleidungsstück beiseitegelegte hatte, legte er seine Arme um ihn und zog ihn so an seine ebenfalls entkleidete Brust.

„Ja, das weiß ich“, flüsterte er in das Ohr des Jüngeren und zog ihn langsam zu der dampfenden Wanne. „Und das nutze ich auch zu gerne für mich.“ Ein sanfter Kuss auf die Ohrspitze folgte. Eine Gänsehaut zeigte sich auf Aidans Armen, welche auf denen des Älteren lagen und er biss sich leicht auf die Unterlippe.

„Doch heute nicht.“ Killian löste sich wieder von dem Jüngeren und drehte ihn stattdessen zu sich um und ergriff seine Hand, um ihn in die Wanne zu helfen. Aidan hingegen stieß nur enttäuscht die Luft aus und hielt seinen Blick gesenkt, als er den Griff um seine Hand erwiderte. Auf diese Art und Weise halfen sie sich gegenseitig, bis Killian seinen Rücken gegen den Wannenrand lehnte und den Anderen zu sich an die Brust zog, sodass dieser zwischen seinen Beinen saß.
 

Den Kopf auf dem oberen Rand der Wanne abgelegt genoss der Ältere das Gefühl, dass Aidan sich in seinen Armen vollkommen entspannte. Seinen Kopf hatte er auf Killians Schulter abgelegt und mit einer seiner Hände strich er sachte über das Bein des Anderen. Träge lehnte der König seinen Kopf an den des Jüngeren und in völliger Ruhe genossen sie das warme Wasser und hingen ihren Gedanken nach. Nachdem einige Zeit verstrichen war bemerkte Killian, dass er tatsächlich Gefahr lief wegzudämmern, so sehr entspannte er sich, doch ließ Aidan dies gar nicht erst zu, wenn auch eher unbewusst. Dieser fing an die Bewegung seiner Hand zu intensivieren. Mit den Fingern strich er nun nicht nur sachte über die Stelle seitlich seines Knies, sondern zog langsam seine Hand nun nach oben, den Oberschenkel Killians hoch.
 

„Was geht dir durch den Kopf?“, murmelte er schließlich leise und hob seinen Kopf, um dem Jüngeren in das Gesicht sehen zu können.

„Ich… nichts Wichtiges“, sagte Aidan ebenso leise und strich weiter über die vom Wasser erhitze Haut.

„Aidan?“

„Ja?“

„Langsam macht deine Hand mich nervös?“

„Was meinst du?“ Verwundert über die gehörten Worte hob nun auch der Jüngere seinen Kopf und sah Killian fragend an. Dieser deutete nur schmunzelnd auf die besagte Hand.

„Entschuldige! Ich war so sehr in Gedanken, dass ich…“ Aidan hatte sogleich seine Hand weggezogen und hielt diese dann nahe bei seinem Körper. Seine Entschuldigung unterbrach Killian währenddessen mit seinen Lippen, als er den Jüngeren kurzerhand zärtlich küsste.

„Du hättest sie ruhig dort lassen können, bloß war es dein Wunsch, dass wir nur entspannen“, schmunzelte der Ältere, als er ihre Lippen wieder voneinander löste.

„Das stimmt ja auch, ent…“ Wieder unterbrach Killian seinen Liebsten mit einem Kuss. Er wollte keine Entschuldigung für sein Handeln hören. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich möchte nicht, dass du denkst, dass du mich nicht einfach so anfassen darfst. Das darfst du, ungefragt.“
 

Kurz öffnete sich Aidans Mund, um zu antworten, doch schloss er diesen auch ebenso schnell wieder und er presste seine Lippen aufeinander, den Blick dabei senkend. Es war ganz offensichtlich eine erneute Entschuldigung gewesen, die er hatte aussprechen wollen.

Ein wenig frustrierte es Killian, wie der Jüngere sich ihm gegenüber verhielt. Seit der Verkündung hatte er sich verändert. Einerseits war er taffer geworden, wenn er mit den anderen zu tun hatte, doch auf der anderen Seite war er auch wieder zurückhaltender geworden, wenn es um den Älteren ging. In manchen Situationen war er sogar wieder so schüchtern wie zu Beginn ihrer Beziehung.

„Was beschäftigt dich so sehr, Aidan?“, versuchte Killian sein Glück erneut.

Sofort wandte der Jüngere sein Gesicht wieder ab und sah runter auf seine Hände, welche er unter Wasser nervös miteinander verschränkt hatte. „Ich… es ist deine Ernennung zum König. Der Tod meines… des alten Königs. Deine Verlobte oder viel mehr deine baldige Frau.“ Umso mehr Aidan sagte, desto lauter wurde er. Sein Körper verspannte sich, bis er sich schließlich aufsetzte und hinter sich zu Killian blickte. „Herrgott, Killian! Seit dem Moment deiner Ernennung bist du verlobt und ich bringe dich dazu sie zu betrügen! Ich habe keinerlei recht irgendeinen Anspruch auf dich zu erheben, ich sollte nicht einmal hier, bei dir sein!“
 

Aidan war wütend. Er war wütend auf sich, auf Killian und sein uneinsichtiges Verhalten und auf den Verlauf der Dinge, welcher alles andere als positiv für ihn in letzter Zeit war. Umständlich rappelte er sich auf die Knie, doch bevor er noch etwas anderes tun konnte hatte Killian bereits nach ihm gegriffen und ihn zurück zu sich gezogen und hielt ihn fest in seinen Armen. Aidan wehrte sich und versuchte sich aus dem Griff zu befreien, doch das brachte nur das Wasser zum Schwappen und erneut bildeten sich Pfützen um die Wanne herum.

Von einem auf dem anderen Moment hörte der Jüngere auf sich zu wehren, sein Körper blieb jedoch steif und sein Brustkorb senkte und hoch sich schnell, aufgrund seiner starken Atmung.

„Es tut mir leid“, sagte Killian, lockerte seinen Griff aber nicht, da er spürte, dass dieser kleine Kampf von vorne würde losgehen, sollte er es tun.

„Wie bitte?!“, fragte Aidan wütend und fassungslos zugleich.

„Es tut mir leid“, wiederholte der junge König somit seine Worte.

„Was soll dir bitte leidtun?! Dass du gut bist, in dem was du tust?“, fragte der Jüngere ungehalten und versuchte sich ein wenig zu dem Anderen zu drehen.
 

Der König atmete durch. Es würde nichts bringen auf die Fragen einzugehen, genauso wenig, wie wenn er nun locker lassen würde. Trotzdem konnte er nicht leugnen, dass es langsam anstrengend wurde seinen künftigen Berater festzuhalten. „Du bist sauer“, rutschten ihm seine Gedanken schneller raus, als er es verhindern konnte.

„Ach, was du nicht sagst!“ Erneut versuchte Aidan sich zu befreien, doch zu seiner Enttäuschung klappte es noch immer nicht, was seine Laune nicht unbedingt steigerte. „Denkst du mir gefällt das alles?!“

Natürlich gefiel es ihm nicht, das wusste Killian, aus dem Grund antwortete er wieder nicht. Was würde das auch schon bringen. Aidan war so wütend, wie er es bisher noch nie erlebt hatte. Überhaupt war er nur sehr selten so unzufrieden. Er war halt immer der beherrschte.

„Vielleicht… vielleicht gibt es ja etwas Positives?“, fragte der junge König weniger geistreich. Er stellte dadurch fest, dass die Erkältung ihm wohl stärker zusetzte, als er selbst gedacht hatte. Mit solchen Ideen würde er seinen Liebsten wohl kaum besänftigen können.

„Etwas Positives?!“ Es wunderte Killian, dass Aidan seine Lautstärke nicht noch weiter erhöht hatte. Er hatte ja gleich geahnt, dass seine Aussage nicht die Beste gewesen war. Jetzt konnte er nur hoffen, dass sein Liebster aus eigener Vernunft darauf eingehen würde.
 

„Zur Abwechslung heule ich mal nicht über die Situation!“

Sprachlos sah der Ältere seinen Liebsten an und lockerte unbewusst den Griff, doch dies nutzte Aidan nicht aus, sondern drehte sich einfach wieder nach vorne. „Ist doch so“, fügte er noch hinzu, dieses Mal leiser, bevor er sogar kurz auflachte.

Jetzt ließ der junge König den Anderen ganz los und versuchte sich ein aufkommendes Lachen zu unterdrücken. „Das ist das einzig Positive, dass dir gerade einfällt?“

Nun fing Aidan an, richtig zu lachen, weshalb auch Killian mit einstimmte. Der Ältere konnte kaum glaube, dass er den Anderen so ein wenig von seiner Wut hat befreien können. Letztendlich hielten sie sich sogar die schmerzenden Bäuche, bevor sie sich wieder beruhigen konnten.

Sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel wischend, sah der Jüngere zu dem Anderen. „Eigentlich ist das nicht lustig.“ Erneut musste er leicht lachen.

Killian wusste natürlich, was er meinte. Ihre Situation war alles andere als zum Lachen, doch es war eigentlich ganz befreiend sämtliche Anspannung auf diese Art und Weise herauszulassen. Zumindest empfand er dies so.
 

„Aidan?“ Als der Angesprochene seinen Kopf hob, sprach Killian weiter. „Es wird die Situation nicht ändern, doch lass uns … meine Verlobte noch vergessen, in Ordnung? Wir haben noch nicht einmal einen Namen, geschweige denn, dass wir noch nicht einmal wissen, ob die Wahl bei den Anwärterinnen bereits getroffen ist.“

„Du weißt, dass du das erfragen darfst, oder?“, fragte Aidan.

„Ich weiß“, gab Killian unsicher lächelnd zu. „Doch wenn ich danach frage und womöglich einen Namen erhalte, dann ist sie real. Genauso wie die bevorstehende Hochzeit. Ich bin noch nicht bereit dazu, nicht so lange wie wir noch hier sind.“
 

Als der Jüngere daraufhin nur nickte, wollte der junge König schon nach ihm greifen, doch wurde er davon abgehalten, indem er ihm mit seiner Hand zeigte nicht angefasst werden zu wollen. „Ich bin noch immer sauer“, erklärte er schlicht seinen Wunsch.

„Du versteckst es schon wieder“, sagte Killian traurig.

„Was meinst du?“

„Du versteckst deine Gefühle hinter deiner Selbstbeherrschung.“ Der Ältere seufzte auf. „Ich fühle mich, jedes Mal, wenn du weinst oder so wie heute wütend bist, erleichtert. Natürlich freut es mich nicht, dass es dir so geht, wie es dir geht, aber dann zeigst du es endlich mal und machst es nicht mit dir alleine aus.“

Aidan sah ihn nur eine Weile lang ausdruckslos an, bevor er sich erhob und Killian die Hand hinstreckte, um ihm ebenfalls hoch zu helfen.
 

Gemeinsam verließen sie schweigend die Wanne, um sich abzutrocknen und anzukleiden. Bevor Aidan fertig war, wandte Killian sich an ihn. „Ich werde Liam Bescheid geben. Vielleicht leert er die Wanne heute noch.“

Sofort legte der Jüngere Protest ein. „Du sollst dich ausruhen. Ich kann doch zu ihm gehen.“

„Lass mich gehen“, sagte der junge König lächelnd. „Ich habe das Gefühl, ich müsste mir noch eben die Beine vertreten. Außerdem wollte ich ohnehin noch kurz mit Liam sprechen.“
 

Ende Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 6
 

Schnellen Schrittes ging Killian den Flur zu Liams Räumlichkeiten entlang. Er wollte keine Zeit verlieren und Aidan nicht dazu ermutigen nachzusehen, wo er denn bleiben würde. An seinem Ziel angekommen klopft er direkt an der Tür und wird auch gleich hereingebeten.

Der Bedienstete saß in einem Sessel, neben sich eine Lampe entzündet und ein Buch in den Händen. Offensichtlich genoss er bereits seinen verdienten Feierabend. Trotzdem lächelte er, als der junge König den Raum betrat. „Fertig?“, fragte er einfach nur und war bereits im Begriff das Buch zuzuklappen und zur Seite zu legen.
 

Killian nickte. „Ja, vielen Dank nochmal für das Wasser.“

„Das ist doch meine Aufgabe“, lachte sein Freund leise auf. „Kann ich das Wasser gleich herausholen oder störe ich euch damit?“

„Nein, nur zu“, meinte der junge König sofort und überlegte kurz, wie er seine nächsten Worte formulieren sollte. „Aidan und ich werden ohnehin gleich weg sein.“

Liam legte seine Stirn fragend in Falten. „Wollt ihr rüber in das andere Zimmer?“

„Nein, wir werden gleich kurz das Anwesen verlassen“, erklärte Killian schlicht.

Erstaunt weiten sich die Augen des Bediensteten. „Das Anwesen verlassen? Es ist bereits dunkel! Bist du sicher?“

Killian lächelte beruhigend. Ihm war die Tageszeit natürlich bewusst, doch genau darauf hatte er gewartete gehabt. Nun würden nicht mehr so viele Menschen draußen anzutreffen sein, die sie sehen könnten. „Wir wollen auch nicht lange weg und beeilen uns.“

„Wie hast du Aidan zu so etwas überreden können?“, fragte Liam noch immer skeptisch und hatte in der Zwischenzeit das Buch zur Seite gelegt und sich von dem Polstermöbel erhoben.

Nun war es auch Killians Aufgabe ein wenig skeptisch zu gucken und er griff sich, seiner Sache nicht völlig sicher, unbewusst in den Nacken, um diesen leicht zu massieren. „Aidan weiß noch nichts davon.“
 

Sein Freund sah ihn nur noch skeptischer an. „Killian, erst am Mittag wurde verkündet, dass du der neue König werden wirst und dann möchtest du dich alleine mit Aidan nachts draußen herumtreiben? Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?“ Natürlich wusste der Bedienstete, dass er sehr anmaßend war, seine Meinung einfach so kundzutun und das Handeln des künftigen Königs infrage zu stellen, doch konnte er es einfach nicht unterdrücken, seine Bedenken seinem Freund gegenüber zu äußern.

„Wir gehen natürlich nicht ganz alleine los“, startete Killian einen Versuch sein Gegenüber zu beruhigen. „Unsere Wachen werden uns natürlich begleiten, außerdem werden wir versuchen Begegnungen aus dem Weg zu gehen.“

Nachdem er darauf keine Reaktion erhielt, legte er seinen Kopf schief und ein Grinsen schlich sich auf seine Züge. „Möchtest du etwa die Entscheidung deines Königs infrage stellen?“

Der Bedienstete seufzte kurz und presste die Lippen aufeinander. „Scheinbar muss ich das ja tun. Aber seid bitte vorsichtig“, erteilte er letztendlich seinen Segen, wenn auch offensichtlich noch immer nicht von seinen Bedenken befreit.

„Das werden wir. Wir sind nicht lange weg“, versicherte der junge König und war bereits im Begriff sich schnell wieder auf den Weg zu Aidan zu machen, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, als er sich bei der Tür nochmal zu dem Anderen umdrehte.
 

„Liam?“

„Ja?“

„Der Zustand des Bades tut mir leid“, gab Killian leise von sich und sah den Anderen vorsichtig an.

„Habt ihr es schon wieder unter Wasser gesetzt?“, fragte der Angestellte mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Ein wenig?“, versuchte der junge Mann eher dürftig zu erklären.

Liam seufzte erneut, aber ein Lächeln zeigte sich langsam auf seinem Gesicht. „Ich hoffe, ihr hattet zumindest euren Spaß dabei.“

„Nein.“ Nervös lachend schüttet Killian seinen Kopf. „Nicht wirklich.“

„Möchte ich es wissen? Nein, wahrscheinlich nicht“, beantwortet sein Freund sich seine eigene Frage selbst und winkte zusätzlich noch ab. „Aber nun geh wieder zurück, damit ihr losgehen könnt. Sonst wird es noch später.“
 

Dies ließ sich der junge König kein zweites Mal sagen und wenige Augenblicke später stand er schon wieder in seinem Zimmer, vor seinem Liebsten, der sich auf die Polster der Sitzecke gesetzt hatte und scheinbar auf ihn gewartet hatte. Kurzerhand beugte Killian sich zu ihm herunter und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, dann zog er ihn auf die Beine.

„Zieh dir bitte etwas Warmes an. Wir machen noch einen kleinen Ausflug“, bestimmte er einfach und schob den Jüngeren, welcher für den Moment völlig überrumpelt war, zu den Kleidertruhen, um dort die gewünschten warmen Kleidungsstücke herauszuholen.

Nicht verstehend, was der Ältere vorhatte, zog Aidan sich um und legte sich zum Schluss noch einen Umhang um die Schultern, nur, um dann bereits von Killian mitgezogen zu werden. Auf dem Weg die Treppe herunter, hatte sich seine Überraschung wohl doch so weit gelegt, dass er zum Sprechen ansetzte. „Killian, was hast du vor? Wo gehen wir hin?“

„Das ist eine Überraschung“, beantwortete der Angesprochene die gestellten Fragen eher unbefriedigend. Trotzdem folgte der Jüngere seinem Liebsten ohne Zweifel bis zu den Stallungen.
 

Dort angekommen sprach nun auch Killians Wache seine Verwirrung aus. „Eure Majestät, möchtet Ihr das Grundstück verlassen?“

„Ja, das möchten wir“, sagte der junge Mann schlicht und sah Aidan lächelnd an, um ihm das Gefühl zu geben, dass nichts passiert war, weshalb sie irgendwo hinmüssten.

„Seid ihr Euch sicher? Es ist Nacht“, stellte die Wache seine Antwort infrage, griff aber zeitgleich nach der Tür der Box, in welcher eines der benötigten Pferde stand, um diesem sein Zaumzeug umzulegen.

„Das sehe ich selbst“, konnte Killian sich die Bemerkung nicht verkneifen und sah seine Wache zweifelnd an. „Ich bin mir sicher. Immerhin haben wir doch zwei fähige Wachen bei uns, findet Ihr nicht auch?“ Fügte er noch hinzu und wusste, dass er der Wache damit den Wind aus den Segeln nahm.

Natürlich wusste er, dass er viel von den Wachen verlangte. Sollte ihm etwas zustoßen, so würde man als Erstes die Wachen für ihre Inkompetenz zur Rechenschaft ziehen. Dazu kam, dass er nicht wusste, wie das Volk die Nachricht über seine bevorstehende Krönung aufgenommen hatte und konnte somit nicht einschätzen, wie man auf ihn reagieren würde, wenn man ihn nun sehen würde. Sollten die Anwesenden erfahren, was er vorhatte, dann würde man diese Entscheidung zumindest im geheimen infrage stellen, auch wenn man dann nachvollziehen konnte, warum er sich diese Tageszeit ausgesucht hatte. Doch Killian war zuversichtlich, dass es keine Komplikationen geben würde und dass sie auch tatsächlich nicht so viel Zeit brauchen würden.
 

Noch während die Wachen sich um die Pferde kümmerten und der König und sein Berater darauf warteten, dass diese fertig wurden, äußerte Aidan dann doch erste Zweifel und sprach ihn erneut darauf an, was sie hier in den Stallungen wollten. „Killian, was soll das?“

„Bitte vertraue mir einfach. Ich möchte dich mit etwas überraschen“, erklärte Killian erneut und musste dem Drang widerstehen, dem Jüngeren nicht in Gesellschaft der Wachen über die Wange zu streichen.

„Müssen wir dafür wirklich in der Nacht das Gelände verlassen? Ist es das wirklich wert?“, fragte Aidan und sah seinen Liebsten eindringlich an.

„Natürlich ist es das. Für dich ist es das immer.“ Warm lächelte er dabei den Jüngeren an und freute sich darüber, als dieser im Geheimen leicht über die Haut seine Hand strich.
 

Schließlich waren die Pferde fertig gesattelt und Killian führte zur Unzufriedenheit der Wachen die kleine Gruppe an, als sie das Grundstück verließen.

Nun, von fast völliger Dunkelheit umgeben, war der junge König doch froh, dass ihr Weg kein weiter sein würde. Bevor er zu den Anwärtern kam, schlich er sich öfters aus dem Haus seiner Eltern, vor allem als er bereits älter war. Ihm war nie in den Sinn gekommen, dass etwas passieren könnte, allerdings war er auch immer alleine gewesen und hat nicht jemanden an seiner Seite, von dem er nicht wollte, dass er nicht von irgendwelchen Räubern angegriffen würde. Dazu kam, dass zu dem Zeitpunkt das Volk auch wesentlich friedlicher gewesen war.
 

Der Ritt verlief schweigend, schließlich wollten sie niemanden unnötig auf sich aufmerksam machen. Nach einer Weile konnte Killian dann auch endlich die Mauer in der Dunkelheit erkennen, deren Ziel dieser kleine Ausflug sein sollte und seine Gefährten würden sich inzwischen auch sicherlich denken können, was er tun wollte. Spätestens als er am Tor des Friedhofs von seinem Pferd stieg, sollten sie es bemerkt haben.

Die anderen Drei stiegen ebenfalls ab und die Wachen nahmen Aidan und Killian zusätzlich die Zügel ihrer Pferde ab.
 

Unsicher sah der Jüngere seinen König an. „Warum sind wir hier, Killian?“

Ein warmes Lächeln zogen Killians Mundwinkel nach oben. „Du kannst dich nun von deinem Vater verabschieden, ohne dass sich jemand daran stört.“ Mit seinen letzten Worten warf er den Wachen einen strengen Blick zu, auch wenn er vermutete, dass dies wohl nicht nötig gewesen wäre.

Bevor der Jüngere womöglich noch Einwände erheben konnte, ging Killian auf die Gruft der Königsfamilien zu, welche sich am Ende des Friedhofes befand. Das flache gräuliche Gebäude war umgeben von Bäumchen, die diesen Ort im Sommer friedlich erscheinen ließen, nun jedoch etwas Grausames hatten, mit ihren kahlen Ästen. Rundherum wurde das Gebäude von Fackeln spärlich erleuchtet und man sah zwei Wachen vor dem Eingang positioniert. Als diese bemerkten, dass sich Personen auf sie zubewegten, richteten sie sich in die gerade Haltung auf, die sie eigentlich die ganze Zeit über haben sollten und sahen den Neuankömmlingen entgegen, bereit ihnen den Weg zu versperren. Doch als sie erkannten, wer auf sie zukam, traten sie zur Seite und senkten ihre Oberkörper in eine tiefe Verbeugung. „Mein König“, ließen sie zeitgleich verlauten und wiedermal fragte Killian sich, warum er überhaupt so genannt wurde, bevor er überhaupt die Krönungszeremonie durchlaufen hatte. Wahrscheinlich musste er sich einfach noch an die neue Verhaltensweise der Menschen ihm gegenüber noch gewöhnen, bevor er es wirklich akzeptieren konnte.
 

Fragend sah Killian den Jüngeren an, als sie vor dem Eingang zum Stehen kommen, ob dieser nun wirklich die Chance nutzen würde, sich von seinem Vater zu verabschieden. Dieser besah sich das Gebäude, als würde er es zum ersten Mal sehen. Stolz stand er dort, ließ nicht vermuten, dass dieser Ort etwas in ihm auslöste. Das verwunderte den jungen König nicht weiter. Auch wenn sein Liebster inzwischen dazu neigte vor ihren Wachen vertrauter mit ihm umzugehen, so wahrte er vor Fremden nach, wie vor die Haltung die er immer an den Tag gelegt hatte.

„Kommst du mit mir?“, fragte Aidan dann jedoch leise und sah ihn vorsichtig an.

„Natürlich“, antwortete Killian sofort und nickte ihm aufmunternd zu, dass er vorgehen solle.
 

Die Wachen zurücklassend und durch das Eingangsportal gehend, betraten sie direkt einen großen Gebetsraum, welcher durch zahlreiche Fackeln erhellt war. In den Außenwänden befanden sich Nischen, in welchen man Wappen und Familienbücher der vergangenen Königsfamilien finden konnte. In der Mitte des Raumes führte eine Treppe in den Untergrund, wo die steinernen Särge aufgestellt waren. Auch von dort konnte man den Schein von Fackeln erkennen, welche zu Tag- und Nachtzeiten brannten.

Dem Weg nach unten folgend zog Killian unwillkürlich seinen Umhang enger um seine Schultern. Die dicken Wände schluckten sämtliche Geräusche von draußen und die Temperaturen sanken drastisch.

Noch bevor die Beiden sich in die Richtung wenden konnten, in die sie zu dem entsprechenden Familiengrab kamen, blieb Aidan stehen, weshalb Killian sich nahe zu ihm stellte. Der Jüngere wusste, wo er langgehen musste, um zu der richtigen Stelle zu gelangen, immerhin hatte er diesen Weg bereits beim Begräbnis seines Bruders beschritten, doch schien er nun noch nicht bereit zu sein, so schnell dorthin zu gelangen.

Schließlich spürte der junge König eine Berührung an seinem Umhang, als sein Liebster nach seiner Hand tastete, ohne jedoch selbst einen Blick dorthin zu werfen. Schnell holte Killian seine Hand unter dem warmen Stoff hervor und griff nach der des Jüngeren.

Das gab diesem ausreichend viel Kraft, um ihren Weg nun fortzusetzen.
 

Bald kamen sie an dem gesuchten Grab an. Die goldenen Tücher, die am Mittag noch den Körper des Verstorbenen verhüllt hatten, lagen nun über dessen Sarkophag und würden diesen noch ein paar weitere Tage schmücken und ihn so gegenüber den anderen hervorheben. Auch waren hier noch mehr Fackeln entzündet, als an den anderen Gendenkstätten, doch auch diese würden mit der Zeit weniger werden.

Vorsichtig lockerte Killian den Griff seiner Hand und Aidan löste sich schließlich von ihm, weshalb dieser alleine Vortrat und seinen Liebsten ein paar wenige Schritte hinter sich ließ.
 

Langsam hob Aidan seine Hand an die Stoffbahnen und ließ seine Finger leicht darüber gleiten, schwieg aber ansonsten.

Nach einer Weile, in der Killian nur der Rücken seines Liebsten betrachtete, drehte dieser leicht den Kopf zur Seite und fragte nach ihm. Sofort trat er die paar Schritte, die sie voneinander entfernten, nach vorne und spürte, wie Aidan auch sogleich erneut nach seiner Hand griff.

„Als ich noch klein war, hat mein Vater mir beigebracht, dass man Probleme alleine für sich löst“, sprach der Jüngere leise. „Man sucht sich keine Unterstützung oder vertraut sich jemandem an. Das wäre schwach.“ Er verstärkte den Griff seiner Hand um Killians.

„Es ist nicht schwach, mit seinen Problemen zu jemandem zu gehen. Es ist stark zuzugeben, dass man welche hat“, erwiderte Killian in ebenso leisem Ton.

Kurz huschte ein Lächeln über Aidans Gesicht und er nickte, bevor er erneut seine Stimme erhob. „Er brachte mir auch bei, dass die Seelen der Toten bei ihren Körpern blieben, zumindest eine Weile lang. So würden sie wissen, wer sie besucht und man könnte ihnen Abschiedsworte zukommen lassen.“ Er schwieg kurz, schien über seine eigenen Worte nachzudenken. „Ich hoffe, dass er nun wieder die Person ist, die er war, bevor er sich so verändert hat.“
 

„Was hätte er denn hierzu gesagt?“, fragte Killian und hob leicht ihre Hände an.

Aidan schwieg eine Weile, sah aber lächelnd zu ihren Händen und verschränkte schließlich ihre Finger miteinander. „Es hätte ihm wohl nicht gefallen. Er schien mir nichts von der Liebe zu halten, aber vielleicht glaubte er auch einfach nicht an sie. Meine Mutter und er waren eine Partnerschaft eingegangen und harmonierten gut zusammen, aber sie waren keine Liebenden. Außerdem gibst du mir dadurch Stärke. Das würde mich in seinen Augen schwach machen.“
 

Die gehörten Worte machten Killian traurig. Es wunderte ihn nicht, dass Aidan so lange an seiner einfachen Vorstellung von seiner Zukunft festgehalten hatte. Eine Zukunft, in der er verheiratet worden wäre, mit einer Frau, die man für ihn ausgesucht hätte und mit der er ebenfalls nur eine Partnerschaft eingegangen wäre, in der man sich höchstens gegenseitig den Rücken freihielt.

„Ich denke, dass er nie echte Liebe empfunden hat, wenn er dir solche Dinge beigebracht hat“, vermutete Killian.

„Nein, das hat er wohl nicht. Auch meine Großeltern sind verheiratet worden, da sie aus großen Adelsfamilien stammten. Da wollte man nichts dem Zufall überlassen. Außerdem sah man sich nicht außerhalb der Familie nach jemand anderem um. Man folgte seinen Aufgaben, seinen Pflichten. Da blieb niemandem viel Zeit für eigene Interessen.“
 

Killian schwieg darauf. Wie hatte der ehemalige König seinem Sohn solche Dinge auch beibringen sollen, wenn er selbst nie gesehen hatte, was Liebe ist, geschweige denn, es selbst gespürt hatte.

Schließlich drehte Aidan sich zu ihm und zog ihn zu sich, um ihn kurz zu küssen. „Ich danke dir. Danke, dass du mich hierher gebracht hast.“ Damit ließ er den Anderen auch bereits wieder los, um sich dem Sarg ein letztes Mal zuzuwenden. In Gedanken schien er sich zu verabschieden, bevor er sich von diesem wegdrehte. „Lass uns wieder zurückgehen.“
 

Der Rückweg verlief wieder schweigend und zur Erleichterung aller, erneut ohne Zwischenfälle. Am Anwesen wieder angekommen, nahmen die Wachen sich erneut der Pferde an, während Aidan und Killian auf sie warteten, bevor sie gemeinsam das Gebäude betraten. Ohne Umwege gingen sie zurück zu Killians Zimmer, in welchem sie von der stillen Dunkelheit empfangen wurden.

Da der Jüngere noch immer schwieg, erkundigte sich sein Liebster nach ihm. Doch erhielt er nur die Antwort, dass es ihm gut ginge.
 

„Killian, ich danke dir“, wiederholte Aidan seine Worte aus der Gruft. „Das tue ich wirklich.“

Vorsichtig legte der Ältere einen Arm um seinen Liebsten und zog ihn an sich. „Das habe ich gerne gemacht“, flüsterte er und strich sanft mit seinen Lippen über die des Anderen. Dieser nutzte die Gelegenheit und intensivierte die Berührung. Die Lippen aneinanderschmiegend, stehen sie in der schützenden Dunkelheit, seufzen in den Kuss hinein und genießen die Wärme des Körpers des jeweils anderen.

„Ich liebe dich, Killian“, sagte Aidan als sie sich voneinander lösten. „Ich will dich nicht verlassen müssen.“ Schon fast verzweifelt presst er ihre Lippen erneut aufeinander und drängt sich an den Körper des neuen Königs.
 

Ende Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 7
 

„Was tut Ihr im Zimmer meines Sohnes?“
 

Verwirrt über die gehörten Worte runzelte Killian seine Stirn, als er wach wurde und langsam seine Augen öffnete. Was hatte er eben gehört?

Nur allmählich gelang es ihm, diesen einfachen Satz zu verarbeiten und die Stimme seiner Mutter zu erkennen. Als er den Zusammenhang jedoch verstand, waren seine Augen sofort weit geöffnet und er setzte sich ruckartig im Bett auf. Er wusste nicht ganz, wie er mit dem Bild vor sich umgehen sollte. In der Nähe seiner Zimmertür stand seine Mutter im Raum und sah zu der Tür seines Bades, in welcher wiederum Aidan stand und mitten in der Bewegung erstarrt war. Im Hintergrund befand sich ein hilflos aussehender Liam.
 

„Mutter? Was machst du in meinem Schlafzimmer?“, fragte er schließlich irritiert und zog so die Aufmerksamkeit der Frau auf sich.

„Killian, mein Sohn! Wie schön, dass du nun wach bist. Wir sind gekommen, um dir zu deiner Ernennung zu gratulieren.“ Begeistert kam sie ein paar Schritte auf ihn zu, bis sie frontal vor dem Bett stand und uneingeschränkte Sicht auf ihren Sohn hatte.

Noch immer wusste er nicht, wie er mit der Situation umgehen sollte, war viel zu sehr von seinem überraschenden Besuch überrumpelt. Letztendlich schaffte er es aber, ein erfreutes Lächeln in sein Gesicht zu bringen. „Es freut mich, dass du extra deswegen gekommen bist. Doch trotzdem verstehe ich nicht, warum du in meinem Schlafzimmer bist und mich weckst?“ Im Augenwinkel konnte der junge König sehen, wie Aidan langsam aus seiner Starre erwachte und sich langsam vom Bad entfernte. Seine Mutter drehte sich währenddessen leicht zu Liam um, um auf diesen zu deuten.
 

„Wir sind unten von diesem Helfer in Empfang genommen worden, welcher sagte, dass er dich holen wolle. Doch ich wollte nicht warten und bin ihm gefolgt“, erklärte sie schlicht und nachdem sie sich von dem Bediensteten abgewandt hatte, folgten ihre Augen Aidans Bewegungen, als dieser zielstrebig zu einer der Kleidertruhen ging. Dort öffnete er den Deckel, zog ein Stück Stoff heraus und ging damit zu Killian herüber. Dieser erkannte es schließlich als eine dünne Jacke, welche ihm kurzerhand um die nackten Schultern gelegt wurde. „Nicht, dass Ihr wieder krank werdet, mein König“, erklärte der Jüngere sein Handeln und zupfte noch ein wenig am Kragen herum.
 

„Sagt, seid Ihr immer im Schlafzimmer meines Sohnes, wenn dieser noch schläft?“, stellte Killians Mutter ihre Frage erneut, nur dieses Mal mit anderen Worten und schien den zukünftigen Berater dabei genauestens zu beobachten. Ihren Sohn beunruhigte der Blick, dem sie dem Jüngeren zuwarf, immerhin hatte sie schon früher schnell herausgefunden, wenn er wieder einmal Blödsinn gemacht hatte, welchen er eigentlich geheim halten wollte. Dies war auch der Grund, warum er nun hilflos zu Aidan aufsah, doch dieser lächelte nur und wandte sich dann an die etwas ältere Frau.

„Ich bin hier, um die Fenster zum Lüften zu öffnen“, erklärte er, während er sich von dem Bett, auf welchem er sich mit einem Knie abgestützt hatte, wieder erhob.

„Macht Ihr das öfters?“, erkundigte die Frau sich weiter, doch dieses Mal antwortete Killian ihr. „Ich habe mich die Tage ein wenig erkältet und Aidan war so aufmerksam, sich um mich zu kümmern“, erklärte er und wollte seinen Liebsten so unterstützen.
 

„Gibt es denn dafür kein Personal?“ Nun spürte der junge König erneut den Blick seiner Mutter auf sich und musste sich beherrschen nicht zusammenzuzucken. Stattdessen riss er sich zusammen und sah ihr entgegen, wenn auch eher verkrampft. „Entschuldige, Mutter, aber wäre es vielleicht möglich, dass du kurz draußen wartest? Ich möchte mich gerne ankleiden“, sagte er, statt auf die gestellte Frage zu antworten und hoffte so, seine Mutter ein wenig von ihren Fragen abzulenken.
 

Erleichtert sah er, dass sie zu nicken begann. „Natürlich, mache dich ruhig fertig.“

„Du könntest gleich gerne mit uns Frühstücken“, bot er ihr lächelnd an, doch verneinte sie dies recht schnell, da sie wohl gefrühstückt hatte, bevor sie gekommen war.

„Dann magst du uns vielleicht mit einem Tee Gesellschaft leisten?“, bot Killian daher ersatzweise an, woraufhin sie auch zustimmte.

„Liam? Wärest du so nett und bringst meine Mutter zum Speisesaal?“, fragte er also an seinen Freund gewandt, welcher noch immer bei seiner Zimmertür stand und dem die Situation offenbar mehr als unangenehm war. Doch Killian würde es ihm nicht übel nehmen, dass er seine Mutter mitgebracht hatte, ob nun bewusst oder nicht. Es war fast ein Ding der Unmöglichkeit sie abzuschütteln, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. So wie er sie kannte, ist sie mit Sicherheit noch vor Liam in dem Raum gewesen, sobald sie gesehen hatte, welcher der richtige war. Sie konnten nur froh sein, dass sie zu keinem anderen Zeitpunkt entschieden hatte, ihren Sohn zu besuchen.
 

Als Killian bereits dachte, von seiner Mutter würde nun keine weitere Reaktion mehr kommen, da sie sich bereits zum Gehen gewandt hatte, da drehte sie sich nochmal um und sah seinen Liebsten erwartungsvoll an. „Ihr seid doch Aidan, nicht wahr?“

Kurz sah dieser sie fragend an, doch dann nickte er freundlich lächelnd. „Ja, der bin ich.“

„Ihr könnt mich doch bereits jetzt begleiten“, sagte sie und deutete in Richtung der Tür.

Der junge Mann warf seinem König einen fragenden Blick zu, doch auch dieser konnte nur hilflos mit den Schultern zucken, weshalb Aidan sich also in Bewegung setzte und mit Liam und Killians Mutter den Raum verließ.
 

Überfordert mit der Situation stieß der junge König die Luft aus und ließ sich zurück auf das Kissen fallen. Wenn er ehrlich war, dann hatte er gar nicht darüber nachgedacht, dass seine Eltern ihn besuchen kommen könnten, auch wenn das gar nicht mal so abwegig war. Doch offensichtlich war er derzeit so sehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt, dass er für solche Gedanken gar keine Zeit verschwendet hatte.
 

Schließlich schwingt er doch seine Beine aus dem Bett, um aufzustehen. Sein Vater war ein ruhiger und geduldiger Mann, der wusste, wann er auf bestimmte Themen eingehen konnte und wann nicht, doch seine Mutter war neugierig und fragte einem dazu regelrecht Löcher in den Bauch, damit man Antworten gab, ohne direkt darüber nachzudenken. Für sie hatte es den Vorteil, dass sie so an Informationen kam, die sie auch haben wollte, für alle Anderen hatte es den Nachteil, dass man mehr preisgab, als man eigentlich wollte. Er mochte sich gar nicht vorstellen, was passieren konnte, wenn sie auf Luan treffen würde. Eine Person die Dinge weiß, die sie wahrscheinlich nicht zwangsläufig zurückhalten möchte.
 

Er brauchte nicht lange, bis er fertig war und sein Zimmer verlassen konnte. Sein Weg zum Speisesaal führte ihn durch die Eingangshalle, in welcher er bereits von weitem Stimmen vernehmen konnte. Dort angekommen sah er seinen Vater, welcher sich angeregt mit Luan unterhielt. Sich kurz räuspernd und so auf sich aufmerksam machend, ging er direkt auf die beiden Männer zu. Als sein Vater ihn sah, lächelte dieser gutmütig und ging ein paar Schritte auf ihn zu, um ihn in eine herzliche Umarmung zu ziehen.

„Killian“, lachte der Mann und rückte ein Stück von seinem Sohn ab um diesen anzusehen. „Ich gratuliere dir zum Erreichen deines Ziels und somit zu der Ernennung zum König.“ Erneut lachte er, während Killian sah, dass auch Luan sich in Bewegung gesetzt hatte, um zu ihnen aufzuschließen.
 

„Ich danke dir, Vater“, sagte er und musste dabei aufpassen nicht gequält zu lächeln, als er darauf hingewiesen wurde, dass diese Situation wirklich mal sein Ziel gewesen war, bevor er lernte, was ihm tatsächlich wichtig war.

„Ich freue mich dich zu sehen!“, sagte der ältere Mann und man sah ihm an seinem strahlenden Gesicht an, dass dies der Wahrheit entsprach. Schließlich trat er einen Schritt zurück und deutete auf Luan, der inzwischen neben ihnen stand. „Ich hatte bereits das Vergnügen einer deiner Berater kennenlernen zu dürfen. Ein toller junger Mann!“
 

Weiterhin lächelnd, wandte der junge König sich kurz zu diesem. „Ist das so?“, fragte er freundlich, bevor seine Aufmerksamkeit wieder ganz seinem Vater gehörte.

„Wollen wir vielleicht in den Speisesaal gehen? Ich nehme an, das dort bereits alle anwesend sind und Mutter sie auf trapp hält.“

Sofort lachte sein Vater wieder und nickte zustimmend. „Ich fürchte, das tut sie tatsächlich. Sie sagte mir, dass sie so viele Fragen hätte.“
 

Wie sie nach kurzer Zeit feststellten, war dem wohl wirklich so. Als sie den Saal betraten, sprach seine Mutter ununterbrochen mit Toran, welcher damit aber scheinbar kein großes Problem zu haben schien. Peer hingegen hatte offenbar schlechte Laune, denn sein Interesse sich an dem Gespräch zu beteiligen schien kaum zu existieren, während Aidan sich zwar selbst zurückhielt, jedoch lächelnd zuhörte.
 

Die Neuankömmlinge setzten sich dazu und schließlich wurde auch das Frühstück serviert. Während des Essens plauderte Killians Mutter fröhlich weiter und freute sich über die Aufmerksamkeit von Toran und hin und wieder die von Aidan. Killians Vater hatte sich wieder Luan zugewandt und schien völlig vertieft in das Gespräch mit ihm.

Irgendwie konnte Killian ihn verstehen, vor ein paar Jahren hatte er sich noch ähnlich mit dem damaligen Anwärter unterhalten können. Es waren gute Gespräche gewesen, doch dann hatte er sein Interesse für den Prinzen entwickelt und ihr Verhältnis zueinander hatte sich verschlechtert. Vielleicht hatte er in seiner Fixierung auf Aidan irgendetwas getan, was den Anderen gekränkt hatte? Er wusste es nicht. Luan hatte sich nie geäußert und Killian vermutete auch, dass es nun zu spät für ein klärendes Gespräch war, immerhin hatte dieser oft genug verlauten lassen, was er über den neuen König dachte.
 

Plötzlich wurde sein Interesse aber wieder zurück auf seine Mutter gelenkt, als er hörte, dass sie sich an Peer wandte.

„Sagt, Peer, speist Ihr immer mit den künftigen Beratern und dem König?“

„Warum sollte er das nicht tun?“, fragte Killian schnell, bevor der Jüngste darauf antworten konnte. Er wusste ja, wie schnell er auf so etwas ansprang und unbedacht antwortete.

„Immerhin ist er noch ein Anwärter“, sagte sie schlicht und sah ihren Sohn fragend an. Peers Miene hingegen verdunkelte sich weiter. Sofort wusste Killian, dass dies wohl auch der Grund für seine Laune war. Wahrscheinlich hatte seine Mutter ihn bereits zuvor darauf hingewiesen.

„Ja, das ist er, aber wir waren immerhin über Jahre hinweg Kameraden gewesen“, erklärte Killian also seine Mutter und hoffte so, dass Gespräch über dieses Thema beenden zu können.
 

„Richtig, doch das seid ihr nun ja nicht mehr.“ Dem jungen König hätte wohl klar sein sollen, dass er das Thema nicht so schnell wieder verschwinden lassen konnte, wie es aufgekommen war.

„Peer ist als Letzter zu uns gekommen und hat somit bisher am kürzesten die Ausbildung durchlebt, außerdem ist er noch sehr jung. Es ist in Ordnung, wenn er noch ein wenig dazulernt.“

„Ist das seine Entschuldigung?“

„Das soll lediglich eine Erklärung sein.“ Killian musste sich zusammenreißen, dass er sich nicht genervt die Nasenwurzel massierte. Konnte seine Mutter das Thema nicht einfach fallen lassen?
 

„Verzeiht eure Majestät, wenn es euch recht wäre, dann würde ich mich nun zurückziehen. Die Erkältung setzt mir noch ein wenig zu.“ Ungewöhnlich förmlich hatte der Anwärter nun das Wort erhoben und sah seinen König erwartungsvoll an. Dieser nickte ihm zu. „Natürlich. Ruhe dich ein wenig aus.“

Unter drückendem Schweigen verließ der Jüngste den Raum.

Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, da erhob auch schon Killians Vater seine Stimme und sprach seine Frau direkt an. „Hat das denn sein müssen?“

„Was? Das war doch eine berechtigte Frage!“, verteidigte die Frau sich. Ihr Sohn seufzte kurz. Manchmal wusste sie einfach nicht, wie weit sie mit ihren Fragen gehen konnte, ohne jemandem dadurch zu nahezutreten.
 

Ähnlich war es auch dieses Mal, denn nachdem betretendes Schweigen eingekehrt war, durchbrach ihre Stimme diese bereitwillig, indem sie sich dieses Mal an Aidan wandte. „Ihr seid ein guter Freund. Ich habe durchaus bemerkt, dass ihr versucht habt das Mal an Killians Hals zu verdecken, bevor ich es bemerke.“ Während sie das sagte, lächelte sie unverändert und deutete auf die linke Halsseite ihres Sohnes, welcher ein wenig verwirrt dreinblickte und die Hand an eben diese Stelle hob. Wovon sprach sie?
 

„Herrje, Weib!“, schritt sein Vater dieses Mal sofort ein. „Nun lass ihm doch den Spaß, solange er noch nicht verheiratet ist.“

„Ich möchte ja nur sichergehen, dass er seiner zukünftigen Frau später den Respekt zollt, den sie verdient!“, fügte sie sofort hinzu.

„Du hast ihn gut erzogen, also mach dir diesbezüglich doch keine Sorgen“, seufzte ihr Ehemann. „Es spricht doch nichts dagegen, wenn er solange noch die Gesellschaft von anderen Frauen sucht.“
 

Unbehaglich saß Killian da und hörte sich die kleine Diskussion seiner Eltern an, während er nach, wie vor mit seiner Hand seinen Hals verdeckte. Scheinbar hatte Aidan ihm ein Liebesmal hinterlassen und er hatte es noch nicht einmal gemerkt. Doch das störte ihn nicht sonderlich. Viel mehr störte es ihn, dass seine Eltern dachten, dass er das Bett mit irgendwelchen Frauen teilte. Natürlich war es gut, dass sie das annahmen, statt von der Wahrheit zu wissen, doch trotzdem störte es ihn einfach.

Als er heimlich seinen Blick zu seinem Liebsten wandern ließ musste er sich zusammenreißen nicht laut zu lachen. Normalerweise genoss dieser am Morgen seine Tasse Tee und konnte sich, wenn nötig solange damit aufhalten, bis dieser eisig kalt war, nun jedoch hing er förmlich an seiner Tasse, als hätte er Ewigkeiten nichts zu trinken bekommen. Zum Glück erkannten seine Eltern diesen Unterschied nicht.
 

„Ich störe euch bei eurer kleinen Diskussion ja nur ungerne“, unterbracht Killian schließlich seine Eltern. „Aber was haltet ihr davon, wenn ich euch gleich den Garten des Anwesens zeige?“

Das Ehepaar konnte es nicht lassen sich noch kurz einen unzufriedenen Blick zuzuwerfen, doch dann stimmten sie beide zu und beendete damit auch dieses Gesprächsthema.
 

- - - - -
 

Nachdem sie den restlichen Vormittag im Garten verbracht und ein gemeinsames Mittagessen zu sich genommen hatten, verabschiedeten Killians Eltern sich bereits wieder. Sie beteuerten nochmals, wie stolz sie auf ihren Sohn waren, doch leider müssten sie wieder gehen, da ihrer Geschäfte nicht länger auf sie warten könnten.

Killian selbst hatte sich über ihren Besuch gefreut, auch wenn ein paar unangenehme Dinge zur Sprache gekommen waren. Durch die Ausbildung eines Anwärters sah man seine Familie nur sehr selten und durch sein neues Amt, wäre dies wohl auch weiterhin der Fall. Zugegeben hätte auch er diese Woche nutzen können, sie zu besuchen, doch hatte er bereits festgestellt, dass andere Gedanken derzeit eine höhere Priorität hatten.
 

Zu eben einem solchen Gedanken war er nun auch auf dem Weg. Nach dem Essen hatte Aidan erzählt, dass er in die Bibliothek gehen wolle, um all die Bücher zurückzustellen, die er von dort noch bei sich hatte. Immerhin konnte er sie schlecht mit in den Palast nehmen.
 

Langsam ging Killian an den Regalen vorbei und sah immer wieder hoffnungsvoll in die einzelnen Gänge, bis er schließlich sah, wie sein Liebster am Ende eines der Regale, um die Ecke verschwand. Leise lief er ihm hinterher und erblickte ihn gar nicht weit von sich erneut, mit dem Rücken zu ihm. Er schleicht sich an ihn heran, nur um ihm dann von hinten die Arme um den Körper zu legen und ihn so in eine Umarmung zu ziehen.

Zu seiner Enttäuschung zuckte der Jüngere noch nicht einmal zusammen. Ganz im Gegenteil. Er ließ sich beim Sortieren der Bücher noch nicht einmal stören und ignorierte ihn einfach.
 

Schließlich ging Aidan weiter und zog den Älteren einfach mit sich. Als sie zum Stehen kamen, legte der junge König seufzend sein Kinn auf der Schulter seines Liebsten ab.

„Ich habe mir diesen Tag anders vorgestellt“, murmelt er leise.

Noch immer in Gedanken, stellte Aidan das letzte Buch in das Regal vor ihnen. „Deine Mutter ist außergewöhnlich direkt und neugierig“, sagte er schließlich in der gleichen Lautstärke wie Killian zuvor.

Langsam drehte der Ältere nun sein Gesicht und setze einen Kuss auf den Hals seines Liebsten. „Wann hast du mir dieses Mal gemacht?“, flüsterte er direkt an der Haut und Unterschicht seine Worte, indem er kurz an dieser saugte, jedoch nur sehr schwach.
 

Genüsslich sog Aidan die Luft ein und ließ seinen Kopf nach hinten auf die Schulter des Älteren fallen und bot so noch mehr seiner Haut für weitere Liebkosungen an, was sich Killian natürlich nicht entgehen ließ und eine kleine Spur von zarten Küssen darauf verteilte.

„Wenn du das nicht bemerkt hast, dann ist es mein Geheimnis“, sagte der Jüngere nach einer Weile seufzend und zog die Arme seines Liebsten enger um sich.

„Ich war sicherlich abgelenkt…“, säuselte Killian und küsste anschließend leicht die Rundung von Aidans Kiefer.

„Das könnte gut sein…“, erwiderte der Jüngere leise, bevor er seinen Kopf zu dem Anderen drehte. Der Einladung folgend legte der junge König seine Lippen auf die seines Beraters, schmiegte sie an diese, bevor er sachte mit seiner Zunge darüber fuhr. Augenblicklich öffnete der Jüngere seinen Mund, hieß diese leise stöhnend darin willkommen und begrüßte sie mit seiner eigenen.
 

Ende Kapitel 7

Kapitel 8

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 9

Kapitel 9
 

Ein wenig hilflos stand Killian in seinen neuen Räumlichkeiten herum. Bedienstete hatten ihn vom Innenhof hier her gebracht, mit der Aussage, der Stellvertreter des alten Königs würde in Kürze zu ihm kommen und mit ihm alles weitere besprechen. Damit war er alleingelassen worden und der junge König fragte sich langsam, wie man das Wort ‚Kürze‘ hier im Palast wohl interpretieren würde.

Im Groben hatte er sich bereits umgesehen. Er befand sich in dem Gebäudeflügel, in dem er zusammen mit Aidan gewesen war, als dieser seinen Vater besucht hatte. Genau genommen, befand er sich sogar auf dem gleichen Korridor und bewohnte ab sofort die gleichen Räume. Nun stand er in dem großzügigen und gemütlich, sowie edel aussehenden Wohnraum, welcher in der Nähe seines Schlafzimmers lag. Dieses war jedoch nicht der gleiche Raum, in dem der alte König sich bei seinem letzten Besuch aufgehalten hatte. Doch darüber konnte er sich noch immer Gedanken machen, wenn man sich ihm zunächst einmal angenommen hatte, um ihm zu erklären, wie es nun weiter gehen würde.
 

Mit langsamen Schritten ging er zu der großen verglasten Doppelflügeltür, welche auf den Balkon führte. Darunter schien sich ein großzügiger Garten zu befinden. Säuberlich angelegte Wege und Beete mit ein paar großen Bäumen täuschten eine Idylle vor, welche nicht herrschte.

Als sie sich in der Kutsche befunden hatten, da hatte sein Blick sich kaum von deren Boden gelöst, doch nahm er in den wenigen Sekunden, in denen er aufblickte, wahr, dass das Volk ihre Kutsche argwöhnisch beäug hatte, auch wenn sie sich friedlich verhalten hatten.
 

Eine Weile blickte er durch das Glas der Tür und hing einfach nur seinen Gedanken nach, als er schließlich ein leises Räuspern vernahm. Da er abgelenkt und tief in seinen Gedanken versunken war, zuckte er erschrocken zusammen, doch durchzog ihn auch gleich darauf die Freude, als er ein bekanntes Gesicht ihm Türrahmen sah. Liam, welcher bereits früh am Morgen zum Palast aufgebrochen war, damit man ihn in seine neuen Aufgaben einweisen konnte, stand ihm lächelnd gegenüber und verbeugte sich respektvoll. Sofort verzog der junge König ein wenig das Gesicht, konnte sich bisher noch immer nicht an ein solches Verhalten ihm gegenüber gewöhnen. Wäre er an der Stelle seines Freundes, wäre es ihm wohl leichter gefallen, eine solche Verhaltensweise an den Tag zu legen. Gleichzeitig war ihm natürlich bewusst, dass es von Liam äußerst unhöflich wäre, hier im Schloss diese Verhaltensweisen nicht an den Tag zu legen.
 

„Ob ich mich wohl je daran gewöhnen werde?“, fragte Killian mit einem zaghaftem Lächeln seinen Kammerdiener, als dieser sich wieder aufrichtete.

„Ich mache es einfach so oft, bis du es nicht einmal mehr merkst“, meinte Liam zwinkernd. „Es freut mich zu hören, dass du zumindest noch nicht bei der neuen Höflichkeitsform angekommen bist“, schmunzelte der junge König und war wirklich erleichtert darüber.

„Zu dieser würde ich wechseln, wenn wir nicht mehr alleine oder wir nur unter Freunden sind. Wenn es Eurer Majestät so angenehm wäre.“ Ein Grinsen schlich sich auf die Züge des Bediensteten, konnte er schon ahnen, dass Killian dem bereitwillig zustimmen würde.

„Ich bitte darum!“, kam auch schnell darauf die Antwort, wenn auch lachend.
 

„Mein Zimmer befindet sich übrigens in unmittelbarer Nähe von dir, damit ich dir stets zu Diensten sein kann“, erklärte Liam und zeigte wage über die Schulter, in Richtung von Killians Schlafzimmer, was diesen auch dazu veranlasste, seine Stirn fragend in Falten zu legen.

„Mein Zimmer grenzt an dein Schlafzimmer, mit direktem Zugang“, wurde dem jungen König daraufhin grinsend erläutert.

„Verdeckte Türen?“ Killian hatte sich den Raum zwar nur oberflächlich angesehen, doch eine zusätzliche Tür wäre ihm mit Sicherheit aufgefallen.

„Damit du dich der andauernden Präsenz deiner Bediensteten nicht bewusst sein musst.“ Liam deutete erneut eine leichte Verbeugung an und wollte damit wohl andeuten, dass er sich dem ohne weiteres fügt, doch der Andere konnte darüber nur den Kopf schütteln und fragte sich, ob er wohl wirklich irgendwann ein Problem damit haben würde, seinen Bediensteten, in seinen privaten Räumen, wahrzunehmen.

„Hinter einem, Teil der Wandpaneele?“, fragte er daher belustigt.

„Der Wandteppich.“

„Natürlich, der Teppich! Wo denn auch sonst?“
 

Schweigend standen sie danach da. Killian fühlte sich nicht wohl, hatte nicht das Gefühl gut vorbereitet für diesen Tag zu sein. Alles war neu und befremdlich für ihn. Er dachte, dass Regieren würde das Schwierigste werden, was wohl auch so sein würde, doch dachte er auch gleichzeitig, dass das hier im Palast die einzige neue Hürde wäre, die er nehmen müsste, doch nun musste er feststellen, dass diese ganze Welt völlig neu für ihn war. Es war natürlich bereits eine große Veränderung gewesen, als er von seinen Eltern zu den Anwärtern kam, doch hätte er nie gedacht, dass der Sprung vom Anwesen zum Palast nochmal ein viel größerer war. Vielleicht war er zu naiv an die Sache herangegangen, doch gleichzeitig fragte er sich auch, ob man die Anwärter nicht besser darauf hätte vorbereiten können.
 

„Weißt du, warum ich nicht das gleiche Schlafzimmer, wie es der ehemalige König hatte, erhalten habe?“, fragte der junge König schließlich und unterbrach somit das Schweigen, das sich immer schwerer auf seinen Schultern angefühlt hatte.

„Du hast das Schlafzimmer der vergangenen Königin zugeteilt bekommen, weil das andere wohl noch nicht hergerichtet wurde. Dieses würde dann an deine Königin gehen.“

„Inwiefern muss der andere Raum noch hergerichtet werden? Musste es dieser nicht?“ Killian kam das komisch vor.

„Tut mir leid, das weiß ich nicht, man hat mir nur nahegelegt, den anderen Raum zu meiden und nicht weiter zu beachten“, erklärte sein Freund und hob hilflos die Schultern.
 

Mit einem lauten Geräusch wurde die Tür zum Flur geöffnet, was die beiden Anwesenden erschrocken zusammenfahren ließ. Nach einem kurzen Augenblick sahen sie den ehemaligen Stellvertreter des Königs auf sie zukommen. Er wirkte ein wenig gestresst und begann zu sprechen, bevor er überhaupt richtig in dem Wohnraum angekommen war. „Die Verspätung tut mir leid, mein König! Ich weiß, ich hätte euch bereits unten im Hof willkommen heißen sollen.“ Mit Beendigung des Satzes war der Mann auch schließlich zum Stehen gekommen und verbeugte sich tief vor Killian. Doch bevor der junge König sich überhaupt dazu äußern konnte, hatte der Andere sich bereits wieder aufgerichtet und sprach weiter.

„Ich schlage vor, dass ich Euch als Erstes den Palast zeige, damit ihr euch hier schnell zu Recht finden werdet.“
 

Erleichtert, dass nun endlich etwas passierte, stimmt Killian gleich zu und ging quer durch den Raum zu dem ehemaligen Stellvertreter. Als er an Liam vorbeiging, verbeugte dieser sich zum Abschied und sprach leise ein paar Höflichkeitsfloskeln, bevor der junge König auf den Flur trat. Dort drehte sich der ehemalige Stellvertreter lächelnd zu ihm um und deutete auf die Tür, über die der junge König geradeeben bereits mit seinem Bediensteten gesprochen hatte.

„Ich weiß nicht, ob man Euch schon etwas zu dem Raum mitgeteilt hat, doch möchte ich Euch bitten, diesen Raum zunächst zu meiden. Ihr müsst Euch den Raum wirklich nicht ansehen, denn nach dem Tod des Königs, ist dieser noch nicht wieder aufgeräumt worden. Es wurde noch sehr lange nach Hinweisen gesucht, die uns zu seinen Gegnern führen könnten.“

Killian bekam gar nicht erst die Chance dazu etwas zu sagen, denn der Mann lief gleich weiter, hinaus auf den öffentlichen Gang, auf welchem auch seine Wache wartete. Doch würde er das Thema im Hinterkopf behalten und den Älteren zu einem anderen Zeitpunkt darauf ansprechen.
 

Mit forschen Schritten ging der ehemalige Stellvertreter weiter, bis er sich ein weiteres Mal umdrehte. „Ihr könnt mich natürlich gerne alleine mit meinem Vornamen ansprechen. Travis.“

„Gerne“, nahm Killian das Angebot lächelnd an und lief dem Mann weiter nach, verwundert über sich selbst. Er kam sich wie ein kleiner Junge vor, der von jemandem unterrichtet wurde. Sonst war er doch auch nicht auf den Mund gefallen und hatte kein Problem mit diversen Konversationen, doch nun war er geradezu wortkarg und folgte. Welcher König folgte bitteschön?
 

Noch völlig mit seinen Gedanken beschäftigt, lief er beinahe in Travis hinein, als dieser vor einem weiteren Korridor stehen blieb.

„Hier befinden sich die Räumlichkeiten Eurer Berater. Aktuell wohnen dort noch die alten, doch mit der Zeit werden dort Eure eigenen einziehen. Deren Quartiere befinden sich derzeit noch ein wenig weiter weg von Euch.“

Als der ehemalige Stellvertreter bereits weiter gehen wollte, hielt Killian ihn davon ab, indem er ihn schnell ansprach. „Moment! Verzeiht, wenn ich Euch das frage, doch wie sieht der Tagesablauf für heute aus?“ Vielleicht würde er mit ein paar Informationen mehr, seine Gedanken sortieren können.

„Wie es Euch beliebt“, wurde ihm aber nur weiterhin lächelnd entgegengebracht.

Ein wenig verwundert über die Antwort blinzelte Killian kurz. Gleichzeitig fragte er sich aber auch, ob sie wirklich die Zeit für so wenig Struktur hatten.
 

„Gut“, fing der junge König an und überlegte sich kurz, seine nächsten Worte. „Dann würde ich es begrüßen, wenn wir uns ein wenig mehr Zeit ließen, bei unserem kleinen Rundgang, damit ich auch wirklich verinnerlichen kann, wo sich die wichtigen Räume befinden. Denn die Zeit, in den nächsten Tagen durch die Gänge zu irren, werde ich wohl kaum haben.“

„Wie Ihr wünscht.“ Das Lächeln blieb nach wie vor das Gleiche und Killian konnte nicht verhindern, langsam genervt davon zu sein. Das alles hier vermittelte ihm das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden! Doch vielleicht lag es auch einfach an ihm selbst. Er wusste es nicht, denn immerhin ist das alles neu für ihn.
 

Ein wenig langsamer als zuvor gingen sie nun weiter und Travis gab auch immer mehr Informationen preis, die Killian später mit Sicherheit helfen würden. Als sie bei den Zimmern seiner alten Kameraden ankamen, wurde ihm auch erklärt, dass die alten Berater nur aufgrund ihres Kenntnisstandes noch in ihren alten Räumen verweilten. So wäre es möglich ihn bestmöglich zu beraten und wenn die Anderen soweit waren, so konnte sie ihren Platz dort einnehmen. Auch gab der ehemalige Stellvertreter zu bedenken, ob nicht ein paar der alten Berater ihre Position zumindest im Hintergrund behalten sollten, da ihre Generation der Anwärter sehr klein war und er entsprechend wenige Berater bei sich hätte.
 

Nachdem Killian schließlich mehrere Ball- und Speisesäle, sowie eine dazugehörige Küche, die große Bibliothek, in der auch Versammlungen der Berater stattfanden, Terrassen und einen kleinen Teil der Gartenanlage gesehen hatte, kehrten sie zu einem der Speisesäle zurück. Hier würden sie mit allen alten, sowie neuen Beratern zusammen zu Mittag essen. Einige von ihnen waren auch bereits anwesend und wie Killian feststellen konnte, so kümmerte sich ein jeder Berater um seinen Nachfolger.

Während des Essens wurden fachbezogene Gespräche innerhalb kleiner Gruppen geführt und auch Killian setzte seine Unterhaltung mit Travis fort, in die sich hin und wieder auch Toran mit einbrachte, der gleich mit zwei alten Beratern unterwegs gewesen war, denn immerhin sollte er seinen jungen König später bestmöglich in allen Bereichen unterstützen können und wurde entsprechend betreut.
 

Nach dem Essen waren Killian und Travis die ersten, die sich wieder erhoben und ihren Weg durch den Palast fortsetzten. Erneut gingen sie alle Räume ab, die in der nächsten Zeit wichtig für den jungen König werden könnten, bevor sie am späten Nachmittag wieder an seinen privaten Räumlichkeiten ankamen.

Kaum betraten sie den Flur, wurde Killian auch schon wieder an das Schlafzimmer des verstorbenen Königs erinnert, als er diese sah.

„Wann wird sich um den Raum gekümmert?“, fragte er möglichst nebenbei. Er konnte nicht einschätzen, warum scheinbar niemand über das Zimmer sprechen wollte und wollte den alten Stellvertreter daher nicht direkt verschrecken.

„Innerhalb der nächsten 7 Tage. Keine Sorge, es wird rechtzeitig fertig sein, bis Eure Zukünftige pünktlich zur Hochzeit hier eintreffen wird“, sagte Travis und schien nicht unbedingt mehr zu dem Thema sagen zu wollen.

„Warum soll ich den Raum bis dahin nicht weiter beachten?“, fragte Killian, auch wenn er schon mit der Antwort, die er gleich hören würde, gerechnet hatte.

„Der König verstarb dort drin.“

„Dann möchte ich mich entschuldigen, dass ich Eurer Empfehlung nicht nachkommen werde, doch ich möchte sehen, was womöglich auch auf mich zukommen wird, wenn ich die gleichen Fehler begehe wie er.“
 

Travis sah nicht besonders glücklich über diese Entscheidung aus, doch hielt er den Jüngeren nicht auf, als dieser seine Hand nach der Türklinke ausstreckte und herunterdrückte, um den Raum zu betreten.

Das Erste, was Killian sah, war eine gewisse Unordnung. Möbel standen schief, die Vorhänge waren zum Teil zugezogen und Kleidungsstücke lagen hier und da auf dem Boden herum. Trotz alledem sah es nicht durchwühlt aus, sondern nur nach einem Zimmer, in dem keine Ordnung mehr gehalten wurde. Er nahm an, dass der König bereits so paranoid war, dass er nicht einmal mehr seinem Kammerdiener unbeaufsichtigten Zutritt gewährt hatte.
 

„Der König ist in seinem Bett verstorben“, hörte er hinter sich die Stimme des ehemaligen Stellvertreters und der junge König wandte dem genannten Möbelstück seine Aufmerksamkeit zu. Während der Raum keine große Besonderheit aufwies, so hob sich das Bett bei genauerer Betrachtung deutlich hervor.

Die Decke war zurückgeschlagen und man konnte die Matratze deutlich sehen. Ein großer dunkler Fleck hatte sich auf dieser breit gemacht, dunkelrot, fast schwarz. Die Laken, Decke und das Kopfkissen ebenfalls blutbefleckt und vollgesogen.

„Wie genau ist er verstorben?“, wollte Killian wissen und konnte dabei nicht seinen Blick von dem Bett abwenden und stellte sich automatisch vor, wie der König darin gelegen haben mochte.

„Ihm wurden die Pulsadern durchgeschnitten. Am Hals und an den Handgelenken. Nicht besonders tief, doch eben tief genug, um langsam zu verbluten.“

„Und der König hat einfach so friedlich dagelegen und darauf gewartet, dass er stirbt?“, fragte Killian skeptisch und sah kurz zu Travis, welcher in einiger Entfernung zu ihm stand und ihn ansah.

„Es wird davon ausgegangen, dass er zuvor betäubt worden ist. Er trank am Abend immer ein Glas Wein, welches nun nicht von ihm vollständig geleert worden war. Man konnte feststellen, das der Geschmack verändert war, doch niemand weiß, was in dem Glas war.“

„Gibt es bereits irgendwelche Hinweise darauf, wer das gewesen ist?“

„Nein.“

„Weiß man überhaupt schon etwas?“

„Nein.“
 

Killian hielt sich zurück darüber den Kopf zu schütteln.

Der König ist mehrfach angegriffen worden. Er wurde vergiftet, sein Wein mit etwas betäubenden vermischt und letztendlich getötet und es gab keinerlei Hinweise darauf, wer dies getan haben könnte? Entweder, waren seine Gegner sehr gut, in dem, was sie taten, es wurde etwas vertuscht oder die Gegner stammten aus den eigenen Reihen.

„Ich möchte, dass der Raum schnellstmöglich hergerichtet wird“, entschied Killian schließlich. „Sobald er fertig ist, werde ich ihn beziehen.“

„Aber mein König! Ich möchte Euch dringendst davon abraten. Wir wissen nicht, ob diese Angriffe alleine gegen den verstorbenen König gerichtet waren oder ob sie sich gegen unsere Monarchie richten“, wandte Travis gleich ein und sah seinen neuen König dabei bittend an.

„Aus eben diesem Grund möchte ich auch, dass dies mein Schlafzimmer ist.“ Er machte eine kurze Pause, in der er bereits weiter dachte. „Ich möchte meine zukünftige Frau nicht diesen Gefahren ausgesetzt sehen. Soweit ich weiß, hat es bisher auf die Frauen der Königsfamilie keine Übergriffe gegeben. Ich möchte nicht, dass es im Dunkeln womöglich zu einer Verwechslung kommt und meine Frau darunter leiden muss.“

Natürlich gefiel Killian der Gedanke nicht, dass ihn das gleiche Schicksal ereilen könnte, doch offensichtlich richtete sich diese Wut gegen die Männer der Königsfamilie, auch wenn Aidan vergleichsweise sehr wenig abbekommen hatte und zum Schluss sogar wieder als beliebt galt. Trotzdem wollte er nicht, dass eine unschuldige Frau zu Schaden kam, nur weil man ihr aufgetragen hatte, ihn zu heiraten.
 

„Ich möchte so schnell wie möglich dieses Zimmer beziehen.“
 

Ende Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 10
 

Schon eine ganze Weile lag Killian wach in seinem Bett. So sehr er sich auch darauf konzentrierte, er konnte einfach nicht einschlafen.

Seine Gedanken kreisten zum einen um den alten König. Viel hatte er von ihm während seiner Ausbildung nicht mitbekommen, außer, dass das Volk zunehmend unzufriedener wurde. Was dies allerdings ausgelöst hatte, wusste er nur am Rande. Doch ganz egal, was sein Vorgänger getan hatte, es begann mit seiner eigenen Veränderung. Die Frage war jedoch, weshalb er dies getan hatte? Was war in seinem Leben passiert, dass es überhaupt so weit kam? Hatte er womöglich von Anfang an ein Problem, welches sich jedoch erst später bemerkbar machte oder war es vielleicht ein Erlebnis oder eine Begegnung, die das ganze ausgelöst hatte?

Des Weiteren dachte er darüber nach, wer ihm hat schaden wollen und es letztendlich auch getan hat. Killian vermutete bereits, dass es eine oder mehrere Personen sein mussten, die ein persönliches Problem mit ihm hatten. Soweit er informiert war, gab es nie Übergriffe oder auch nur laute Kritik über die Frauen der Familie, alles bezog sich ausschließlich auf die Männer. Doch waren wirklich alle männlichen Mitglieder der Familie ein Problem oder nur das Oberhaupt? Aidan wurde zwar kritisiert, doch im Nachhinein betrachtet war dies harmlos im Gegensatz zu dem, was dessen Vater alles passiert war und kaum hatte dieser sein jüngstes Kind verstoßen, hatte der junge Mann das Volk größtenteils wieder auf seiner Seite. Aidans Bruder hatte er nie kennengelernt. Er war verstorben, kurz bevor er zu den Anwärtern kam, doch zu dieser Zeit hatte es auch kaum nennenswerte Kritik an ihrem Herrscher gegeben. Außerdem war der älteste Prinz an einer Infektion verstorben. Die genaueren Umstände waren Killian nicht bekannt, doch hätte man dahinter einen Angriff oder ähnliches vermutet, dann hätte er mit Sicherheit davon gehört.
 

Nachdem er mit diesen Gedanken gefühlt Stunden der Nacht verbracht hatte, ohne den Erfolg, davon ausreichend müde zu werden, beschloss er sein Bett wieder zu verlassen. Er sah sich in dem Zimmer um, welches ihm fremd war. Alles in dem Palast war fremd, was ihm nun im Dunkeln der Nacht Unbehagen bereitete. Kurzerhand entschied er daher, dorthin zu gehen, wo ihm etwas bekannt war oder vielmehr, wo ihm jemand bekannt war.
 

Auf seinem Weg stellte er fest, dass es im gesamten Palast ruhig war. Alleine seine Wache und er selbst verursachten leise Geräusche durch ihre Schuhsohlen auf dem Boden. Nur wenige der zahlreichen Lampen an den Wänden waren entzündet und tauchten die Gänge in ein schummeriges Licht und Killian konnte nicht verhindern, dass ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Er hoffte, dass dies einfach nur geschah, weil er sich hier noch fremd vorkam, doch vielleicht hatte er sich auch nur mit seinen eigenen Gedanken verrückt gemacht.

Erleichterung durchströmte seinen Körper dennoch, als er sein Ziel erreichte und leise die Tür von einem bestimmten Raum öffnete. Seine Wache sperrte er kurzerhand einfach aus, als er sich in einem kleinen Wohnraum wiederfand.
 

Das Licht war bereits erloschen und nur der leichte Schein vom Mond und den Sternen ließen erahnen, wo die Möbel standen. Nachdem Killians Augen sich schnell an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er auch eine weitere Tür erahnen, zu welcher es ihn hinzog. Sie war nur angelehnt gewesen, weshalb es ihm ein Einfaches war, den Raum leise zu betreten. Nur wenige Schritte in das Schlafzimmer hinein reichten aus, dass er die Gestalt, die friedlich in dem großen Bett schlief, erkannte. Auf der Seite liegend, das Gesicht den großen Fenstern auf der linken Raumseite zugewandt, hatte Aidan seine Decke bis zu seinem Kinn hinaufgezogen. Sofort durchströmte den jungen König ein Gefühl von Wärme und er bemerkte erst jetzt, wie sehr er seinen Liebsten den Tag über doch an seiner Seite vermisst hatte.
 

Eine Weile stand Killian einfach nur da, beobachtete seinen Liebsten im Schlaf und spürte, wie er langsam seine innere Unruhe zurückdrängen konnte. Schließlich begann er zu überlegen, was er nun tun sollte. Wenn er Aidan wecken würde, dann würde dieser ihn mit Sicherheit wieder wegschicken. Sein Blick wanderte kurz zu einer Sitzbank, doch diese erschien ihm dann doch als zu ungemütlich, um darauf die restliche Nacht zu verbringen. Letztendlich entschied er dann doch, zu riskieren seinen Liebsten zu wecken, indem er sich zu ihm in das Bett legte.

Erleichtert stellte er fest, dass Aidan durch die Bewegungen der Matratze und der Decke nicht geweckt worden war. Kaum hatte er eine bequeme Position für sich gefunden, fing der Jüngere dann doch an sich zu bewegen und der König befürchtete, er wäre doch wach geworden, allerdings drehte sein Liebster sich nur im Schlaf zu ihm um.

Um nichts zu riskieren, verharrte Killian wieder für eine Weile so wie er lag und musterte das Gesicht Aidans. Dieses war in seinen Augen wunderschön und nur zu gerne hätte er die ebenmäßigen Züge mit seinen Fingern oder seinen Lippen berührt. Noch viel länger hätte der junge König am liebsten damit weiter gemacht, doch beruhigte die Gegenwart seines Liebsten ihn zunehmend und er spürte wie die Müdigkeit nun doch seinen Körper langsam erschlaffen ließ.
 

Letztendlich tastete er vorsichtig und langsam nach Aidans Hand, welche neben dessen Gesicht auf dem Kissen lag und schloss seine Finder um diese, nur um so einzuschlafen.
 

- - - - -
 

„Killian“, hörte der Angesprochene seinen Namen, was ihn aus seinem Schlaf holte. Sofort öffnete er seine Augen und stellte erschrocken fest, dass es bereits hell in dem Zimmer war. Leider sah er auch, dass Aidan wach war und nicht besonders glücklich aussah.

„Was machst du hier?!“, fragte sein Berater ihn vorwurfsvoll und zog seine Stirn noch krauser, als sie es ohnehin schon war.

„Entschuldige…“, sprach Killian leise und sah schuldbewusst auf das Laken zwischen ihnen, woraufhin der Jüngere nur zu schweigen schien, weshalb der junge König zu einer Erklärung ansetzte. „Ich habe nicht schlafen können, hier ist alles noch fremd und mir geht vieles durch den Kopf.“

Als der Ältere nun seinen Blick langsam hob, konnte er sehen, dass der Ausdruck im Gesicht seines Liebsten milder wurde. „Das geht aber in Zukunft nicht mehr einfach so. Es muss eine Ausnahme bleiben, hörst du?“
 

Schwach nickte Killian darüber und sah aus dem Augenwinkel, dass Aidans Hand noch immer in der seinen lag. Vorsichtig strich er über dessen Handrücken und sein Herz machte einen kurzen Sprung der Freude, als er feststellte, dass der Jüngere diese Berührung zuließ und nicht sofort seine Hand fortzog.

Schließlich seufzte Aidan und fing an, sich langsam aufzurichten. „Du solltest jetzt gehen. Es ist noch früh, vielleicht sieht dich dann keiner, wenn du zurückgehst.“

Killian wusste, dass der Jüngere wohl recht hatte, weshalb er sich ebenfalls schweigend aufrichtete und die Hand des Anderen losließ. Er wollte bereits das Bett verlassen, als er sich dann jedoch wieder umdrehte und Aidan, der nicht zurückwich, einen Kuss gab. Sein Herz schlug augenblicklich schneller und er musste sich zusammenreißen nicht wohlig aufzuseufzen aufgrund des Glücksgefühls.

Einen Moment lang ließ Aidan auch dies zu, doch dann hob er seine Hand und schob den Älteren bestimmend von sich weg. „Bitte gehe jetzt.“
 

Schweigend nickte der junge König daraufhin und verließ nun doch das Bett und im Anschluss auch die Räumlichkeiten.
 

Grübelnd ging er den Weg zu seinen privaten Gemächern zurück und Aidan behielt recht. Er begegnete ausschließlich ihren beiden Wachen vor seinem Zimmer. Als er jedoch den Flur zu seinen Räumlichkeiten betrat, stand Liam vor ihm, der sich sofort respektvoll vor ihm verbeugte und ihm im Anschluss die Tür von seinem Schlafzimmer aufhielt. Kaum hatten sie gemeinsam den Raum betreten, sah der junge König seinem Kammerdiener an, dass dieser unzufrieden war. „Sag, was auch immer du zu sagen hast“, sagte Killian seufzend und machte sich darauf gefasst, dass ihm nun ins Gewissen gesprochen werden würde.

„Das brauche ich nicht. Sicherlich hat bereits jemand anderes etwas dazu gesagt, dass du die Nacht nicht in deinem eigenen Bett verbracht hast.“ Als die Tür hinter ihnen wieder geschlossen war, ging Liam direkt zu einer der Kleidertruhen, auf welcher ein Stapel Kleidung bereitlag. Dieser übergab er seinem König.

Langsam streckte Killian seine Hände nach dem Stoff aus, sah dann aber seinen Freund an. „Ich liebe Aidan.“

„Das weiß ich doch.“ Milde lächelnd ermunterte der Kammerdiener seinen König die Kleidung anzunehmen. „Du musst trotzdem versuchen, dich von ihm zu lösen.“

„Das weiß ich, aber das sagt sich leichter, als es getan ist.“ Sofort senkte der junge König seine Hände mit dem Stapel darin. „Ich habe das Gefühl, dass Aidan das besser kann als ich.“

„Nein, das glaube ich nicht“, sagte Liam sofort kopfschüttelnd. „Ich denke, es wird ihm genauso schwerfallen, doch du kennst ihn und seine Selbstbeherrschung doch. Er wird es sicherlich einfach nur nicht zeigen.“

„Kannst du ein wenig auf Aidan achtgeben?“, fragte Killian, als er bereits im Begriff war sich umzudrehen und für den Tag fertig zu machen.

„Insofern meine Aufgaben es zulassen, mache ich das sehr gerne.“
 

Leicht lächelnd nimmt Killian die Antwort hin. Das war mehr, als er momentan selbst für seinen Liebsten tun konnte. „Wie soll ich ihn nur loslassen? Wie kann ich meine Gefühle für ihn einfach ignorieren?“

„Es tut mir leid, ich war noch nie so verliebt, wie ihr beide es seid“, fing Liam an zu sprechen. „Doch vielleicht hilft es dir zu hoffen, dass Aidan irgendwann ein glückliches Leben führen könnte, wenn ihr beide es nur schafft, einander loszulassen.“
 

- - - - -
 

Killian war fassungslos.

Nach einem gemeinsamen Frühstück mit seinen Beratern, sind Toran und er mit dem ehemaligen Stellvertreter des Königs in eine der Bibliotheken gegangen, um dort über die Entscheidungen des Königs im vergangenen Jahr aufgeklärt zu werden.

Nun konnte er das Volk und dessen Unzufriedenheit auch wirklich verstehen. Es waren neue Gesetze erlassen worden, die es besonders den Armen, von denen es reichlich gab, das Leben schwerer machten. Gesetzbrüche wurden zum Großteil härter bestraft, als es eigentlich vorgesehen war, was auch zur Folge hatte, dass die Anzahl der Hinrichtungen stark angestiegen waren.
 

Eine Weile lang war er sprachlos und ein Blick zu Toran zeigte ihm, dass es diesem wohl nicht anders bei dem gehörten erging. Das Schweigen der jungen Männer nutzte Travis natürlich, um ihnen von immer mehr Dingen zu berichten, welche die gesamte Situation auch nicht mehr besser machten.

Schließlich fasste der junge König sich wieder und unterbrach den älteren Mann mitten im Satz. „Wie ist der König in den letzten Jahren beraten worden?“ Es war Killian ein Rätsel, warum sein Vorgänger offensichtlich von niemand aufgehalten worden war.
 

„Nun…“, begann Travis und schien kurz über die Frage nachzudenken. „Der König war ein intelligenter Mann. Zunächst klangen seine Entscheidungen vernünftig und wohlüberlegt, doch zeitgleich hatte er ein Talent für Worte. Er vertuschte es einfach, sobald er vermutete, dass er gegen unseren Rat handeln würde.“ Kurz machte er eine Pause in seinen Ausführungen, die er dazu nutzte einen langgezogenen Seufzer auszustoßen. „Als er dann anfing, sich in manche Sachen hineinzusteigern, da war es bereits zu spät. Wir haben natürlich versucht dagegen zu lenken, doch umso mehr Widerworte er hörte, desto mehr wehrte er sich auch gegen diese.“
 

Plötzlich trat ein Bediensteter zwischen den Bücherregalen hervor und räusperte sich, um die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich zu lenken. Mit einem direkten Blick zu Travis zeigte er diesem, dass er wohl auch nur ihn ansprach. „Verzeiht die Störung, doch ich müsste kurz mit Euch sprechen.“

Daraufhin entschuldigte sich der ehemalige Stellvertreter und verließ mit dem Mann den Raum.

Killian und Toran blieben schweigend zurück, bis der ältere der Beiden die Stille durchbrach. „Es ist schlimmer, als ich es zunächst angenommen hatte.“

„Da muss ich dir zustimmen“, schnaubte der junge König frustriert und rieb sich kurz über die Nasenwurzel. „Ich verstehe auch nicht, warum wir von alldem nichts mitbekommen haben. Als Anwärter hätten wir das doch wissen müssen, doch stattdessen schottete man uns scheinbar völlig ab um uns nun direkt ins kalte Wasser zu werfen!“

Verstehen nickte Toran. „Ich verstehe es auch nicht. Was ich allerdings verstehe, ist die Reaktion des Volkes. Wir haben eine Menge wieder gut zu machen, wenn wir unsere Amtszeit hier gut überstehen wollen.“
 

Kurz überlegte Killian. Auch wenn er bereits als König angesehen wurde, so war er trotzdem noch eingeschränkt und hatte bis zur Krönung nicht volle Befugnis für diverse Entscheidungen.

„Wir müssen mit den alten Beratern sprechen. Vielleicht könnte man zum Beispiel laufende Prozesse erst einmal pausieren, bis ich die Krönungszeremonie durchlaufen habe und auch etwas ausrichten kann.“

„Das klingt in meinen Ohren nur vernünftig“, stimmt sein Freund augenblicklich zu. „Ich befürchte, dass du sonst schneller in Ungnade fallen wirst, als es dir möglich ist zu handeln.“
 

Ende Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 11
 

Müde lehnte Killian seinen Kopf gegen die Lehne des Kanapees. So wie er dasaß, war es zwar unbequem, doch erschien ihm das Gewicht seines Kopfes gerade zu schwer, als es weiterhin zu halten. Dass es bereits dunkel um ihn herum war und er darauf verzichtet hatte ein Licht zu entzünden, half ihm kaum dabei, wieder ein wenig munterer zu werden.

Es war ein langer und anstrengender Tag gewesen, an dem er sehr viele neue Informationen aufnehmen musste. Nachdem Travis zu ihm und Toran zurück in die Bibliothek gekommen war, baten sie ihn darum, ihnen alles offen zu legen, was für sie relevant für das spätere aktive Herrschen war. Der ehemalige Stellvertreter des Königs war zunächst nicht sehr angetan von der Bitte und wollte sie auch ausschlagen, da er sie nicht mit alledem überrumpeln wollte. Es erschien ihm zu viel zu sein und sie sollten langsam anfangen und nicht direkt mit der Fülle an wichtigen Dingen überfordert werden. Gemeinsam überzeugten sie den Älteren jedoch, immerhin konnten sie sowieso nicht davor weglaufen und früher oder später mussten sie sich einfach damit auseinandersetzen. Dann doch lieber sofort und die Zeit haben, sich noch ausreichend bis zu der Krönung vorbereiten zu können.
 

Die Aufklärung über die aktuelle Situation nahm sehr viel Zeit in Anspruch und obwohl sie auf das gemeinsame Abendessen mit den anderen Beratern zusammen, verzichteten und stattdessen in der Bibliothek etwas zu sich nahmen, hatten sie bei Weitem nicht über alle Themen sprechen können.

Als die Sonne bereits untergegangen war und sie zunehmend müder wurden, wodurch ihre Aufnahmefähig stark litt, beschlossen sie, für heute die Gespräche ruhen zu lassen und wollten sich am nächsten Morgen wieder treffen, um an genau dieser Stelle weiter zu machen.
 

Es fiel ihm schwer die Augenlider zu heben, doch trotzdem tat er dies, nur um seinen Kopf ein wenig zur Seite zu wenden und in das schlafende Gesicht Aidans zu sehen. Insgeheim musste er über sich selbst lachen. Er kam sich vor, als würde er dem Jüngeren nachstellen und ihn belästigen, doch hatte er einfach nicht anders gekonnt und war auf direktem Wege hierhergekommen. Dieser Raum hatte ihn regelrecht angezogen, auch wenn er wusste, dass sein Liebster sauer über seine Anwesenheit sein würde, wenn er es bemerkte. Dafür war er zumindest nicht wieder zu ihm unter die Decke gekrochen, sondern saß auf dem Sitzmöbel, welches noch härter war, als es zunächst ausgesehen hatte.

Die Beine hatte er über Sitzflächen gelegt und seinen Rücken gegen die etwas weniger hohe Armlehne gelehnt, weshalb diese unangenehm in seinen Rücken drückte.
 

Leise seufzte er und konnte die Augen einfach nicht wieder von seinem Liebsten abwenden. Wie gerne würde er jetzt zu ihm rübergehen und die weiche Haut seines Gesichtes berühren, sei es mit den Händen oder mit den Lippen. Wie gerne würde er einfach nur seine Nase in Aidans Haare stecken und tief seinen warmen und ganz eigenen Körpergeruch einatmen und sich davon einlullen lassen. Doch er tat dies nicht. Nicht nur, weil er und Aidan entschieden hatten, ihre Beziehung noch vor seiner Eheschließung zu beenden, wobei diese Entscheidung wohl in erster Linie von dem Jüngeren getroffen worden war, sondern auch, weil die Müdigkeit immer mehr von ihm Besitz ergriff, bis er mit einem weiteren Seufzen die Augen schloss und in einen Traumlosen schlaf über glitt.
 

- - - - -
 

Ein Rütteln an seinem Bein, weckte Killian und langsam begann er träge zu blinzeln.

„Hast du einen steifen Nacken?“, fragte Aidan ihn mit monotoner Stimme und erst jetzt bemerkte der Ältere, dass er tatsächlich im Sitzen eingeschlafen war und noch immer in dieser Position verharrte. Umso wacher er wurde, desto mehr machten sich nun auch seine verspannten Muskeln bemerkbar und unter einem leisen ächzen hob er langsam den Kopf, der im Schlaf nach vorne gesackt war.

„Das geschieht dir dann wohl recht“, kommentierte der Jüngere mit bitterer Stimme. „Was tust du schon wieder in meinem Schlafzimmer?“
 

Schließlich hatte Killian es geschafft seinen Kopf zu heben, den Schlaf ein wenig aus den Augen zu blinzeln und seinen Nacken langsam zu dehnen. „Schlafen…“, murrte er als Antwort, als er die gehörten Worte glaubte begriffen zu haben.

„Killian!“, rief Aidan sofort laut aus und sah ihn aus Augen an, in denen er eine Mischung aus Trauer, Verzweiflung und Wut ablesen könnte.

Die Heftigkeit dieses Ausrufes ließen den jungen König zusammenzucken, damit hatte er nicht gerechnet. „Deine Gegenwart beruhigt mich…“, erklärte er daher kleinlaut, bevor sein Liebster noch mehr sagen konnte.

Kopfschüttelnd wandte Aidan seinen Blick ab. „Du wirst dir etwas anderes suchen müssen, was dich beruhigt.“

„Das kann ich nicht so schnell“, gab Killian zu und versuchte sich so hinzusetzen, dass er dem Jüngeren in das Gesicht sehen konnte, doch gelang es ihm nicht und auch seine Muskeln protestierten noch.

„Du versuchst es noch nicht einmal!“, warf Aidan dem Älteren vor.

„Ich bemühe mich doch!“

„Aber offenbar nicht genug!“
 

Killian wollte etwas erwidern, doch schloss er seinen Mund wieder, ohne etwas gesagt zu haben. Er verstand Aidan und er wusste auch, dass er es ihnen womöglich nur unnötig schwerer machte mit seinem Verhalten. Trotzdem verletzte es ihn, die Worte von seinem Liebsten zu hören, genauso wie die Vorwürfe und die ablehnende Haltung.

Kurzerhand schwang er seine Beine von dem Sitzmöbel und stellte sich schnell hin. Zu schnell, wie er feststellen musste, als sowohl sein Kreislauf, als auch seine Beine dagegen protestierten und er ins Schwanken geriet. Sofort möchte Aidan ihn stützen, jedoch will Killian das zu diesem Zeitpunkt nicht und stößt ihn von sich. Er wollte nicht abweisend behandelt werden, nur um kurz darauf wieder Körpernähe herzustellen, auch wenn der Grund nun ein Anderer war.

Kurzerhand suchte er das Weite, wenn auch noch ein wenig ungelenk auf den Füßen. Den bedrückten Blick des Jüngeren im Rücken spürend.
 

Auf dem Flur angekommen und Aidan durch die Tür von sich trennend, stand er da und versuchte seine aufsteigende Wut durch ein paar tiefe Atemzüge zu zügeln, doch brachte dies kaum etwas. Viel mehr steigerten seine Gefühle sich noch, jetzt wo er das Gesicht des Anderen nicht mehr vor sich sah, welches ihn besänftigt hatte. Er ist einfach sauer auf die Situation und ihrer beider Verhalten. Er wollte etwas daran ändern, doch was sollte er schon tun? Er konnte einfach nichts tun!

Sie mussten nun mit einer Situation klar kommen, die sie sich beide nicht gewünscht hatten, aber von der sie wussten, dass es auf sie zukommen könnte und genau deswegen hätten sie sich darauf wohl gar nicht erst einlassen sollen. Genaugenommen, war doch er selbst Auslöser für das alles hier! Der damalige Prinz wäre niemals von alleine auf eine solche Beziehung eingegangen, wahrscheinlich wäre er noch nicht einmal auf die Idee gekommen, wenn Killian nicht gewesen wäre.
 

In seinem aufgewühlten Zustand hatte der junge König gar nicht richtig bemerkt, wie er sich in Bewegung gesetzt hatte, trotzdem stand er nun vor seinen eigenen Räumlichkeiten und nachdem er die Tür öffnete, sah er auch schon Liam, der erneut auf ihn wartete.

Mit zornigen Schritten, ging Killian an seinem Kammerdiener vorbei, direkt in das Schlafzimmer, um sich für den Tag neu anzukleiden. Das Einzige, was er in diesem Moment noch als positiv empfand war, dass sein Freund, der ihm ins Schlafzimmer gefolgt war, kein Wort sagte. Doch wenn er es sich genau überlegte, so frustrierte es ihn gleichermaßen. Sonst sagte er doch auch immer zu allem etwas, warum heute nicht?
 

Kurzerhand drehte er sich zu seinem Bediensteten um. „Warum ermahnst du mich nicht?!“, fährt er ihn wütend an.

„Das brauche ich nicht tun“, sagte Liam ruhig und sah ihn mild an. „Wie ich sehe, tut das bereits jemand anderes.“

„Das hilft mir auch nicht!“, stieß Killian frustriert aus, woraufhin sein Freund sich in Bewegung setzte und auf ihn zukam. Irritiert folgten seine Augen der Hand Liams, als dieser sie hob und sie auf der Schulter des jungen Königs ablegte. Beruhigend übte der Bedienstete Druck auf Killians Schulter aus.

„Es tut mir leid“, sagte er mit ruhiger und leiser Stimme. „Du musst ihn loslassen.“

Frustriert drehte der Angesprochene sich ein wenig weg und machte sich so von der Berührung los. „Dass weiß ich selbst, wir sprachen schon mal darüber, schon vergessen?“

Plötzlich legte Liam seine Arme um den frustrierten Mann und zog ihn in eine lockere Umarmung aus der Killian sich sofort lösen konnte, wenn er wollte. Doch er war wie erstarrt und bewegte sich kein Stück.

„Du musst dich tagsüber beherrschen, Killian. Die Nächte sind etwas Anderes, doch über Tag musst du hinter einer Fassade leben, denk daran“, sagte Liam und hielt den jungen König einfach nur im Arm.
 

Killian halfen diese Worte, sie erinnerten ihn an seine Pflichten, welche er kurzzeitig in seiner Wut vergessen hatte. Diese starken Gefühle verschwanden zwar nicht sofort, doch er merkte, wie sie von Moment zu Moment schwächer wurden. Es half, einfach jemanden in seiner Nähe zu haben, der für ihn da war und ihn einfach nur daran erinnerte, was seine eigentliche Aufgabe war.

Schließlich hob er ebenfalls seine Arme und legte sie um seinen Freund. Eine Weile standen sie einfach nur so da, bis Killian sich bedankte und Liam wieder einen Schritt zurücktrat. Ein aufmunterndes Lächeln bewegte den jungen König dazu, ebenfalls die Mundwinkel zu heben, wenn auch nicht so optimistisch, wie es vielleicht sein sollte.
 

„Ich muss dann wohl los in die Bibliothek“, meinte Killian schließlich und machte sich leise seufzend auf den Weg, zu dem nächsten Tag, an dem er sich mit den Fehlern des alten Königs beschäftigen musste. Doch sah er es positiv, denn immerhin würde es ihn zumindest für einige Stunden auf andere Gedanken bringen.

Überrascht zog er die Augenbrauen hoch, als er hinter der Tür Toran stehen sah, der scheinbar auf ihn gewartet hatte. „Guten Morgen.“

„Guten Morgen“, wünschte ihm auch sein Stellvertreter. „Ich hoffe, deine Nacht war…“

„Frag nicht nach“, sagte Killian sofort, als er ahnte, worauf das Gespräch auf Dauer hinauslaufen könnte. Er war froh gerade seine Wut heruntergeschluckt haben zu können, da wollte er nicht schon wieder daran erinnert werden und diese Gefühle von neuem wecken.

„Verstehe“, sagte Toran gedehnt, wenn auch mit einem skeptischen Blick.

„Ich wollte dich abholen kommen“, erklärte er seine Anwesenheit daraufhin stattdessen.

Lächelnd drückte der junge König seine Freude darüber aus und gemeinsam machten sie sich auf den Weg.
 

„Du vermisst ihn, nicht wahr?“, fragte Toran schließlich und Killian stöhnte im Inneren frustriert auf. Es war ihm wohl nicht gegönnt, über dieses derzeit schwierige Thema zu schweigen.

„Ja, sehr“, sagte er also knapp.

„Das kann ich mir gut vorstellen. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es wohl wäre, auf diese Art von Melissa getrennt worden zu sein.“

„Da muss ich jetzt wohl durch“, sagte Killian kurz angebunden und vielleicht auch ein wenig zu schroff, doch dadurch schien der Ältere zu verstehen, dass dies nicht unbedingt ein Thema war, worüber er an diesem Morgen sprechen wollte, denn er nickte nur und schweigend gingen sie den Rest des Weges.
 

In der Bibliothek angekommen mussten sie feststellen, dass sie als erste da waren und leider ließ Travis auch auf sich warten. Bedienstete brachten ihnen derweil Frühstück an dem sie sich bedienen konnten, bis der ehemalige Stellvertreter des Königs endlich dazukam. Er entschuldigte sich direkt und setzte sich zu ihnen, um sich ohne Umschweife an dem Frühstück zu bedienen. Langgezogen stieß er die Luft aus. „Ihr glaubt ja gar nicht, wie kompliziert die Liebe manchmal ist.“

Killian, der gerade einen Schluck von seinem Tee nahm, hielt kurz in der Bewegung inne und ließ seinen Blick langsam zu Toran wandern. Auch er hatte seinem Freund den Blick zugewandt und hob nun kaum merklich die Augenbrauen.

Der ältere Mann, der von dem Blickaustausch nichts mitbekommen hatte und noch immer mit dem Essen vor sich beschäftigt war, sprach währenddessen weiter. „Meine Frau ist einfach fürchterlich besorgt und übervorsichtig.“

Toran räusperte sich kurz. „Ist es in Zeiten wie diesen nicht nur normal sich um seine Liebsten zu sorgen, vor allem, wenn sie in einer solchen Position sind wie wir?“

Ein wenig verwundert sah Travis auf, machte aber recht schnell eine abwinkende Bewegung mit der Hand. „Ihr beide habt davon noch nicht viel Ahnung. Sowieso werden wir hier ja ohnehin gut geschützt.“
 

Sofort begann Toran zu nicken und mimte den Verstehenden, bevor sein Blick erneut zu Killian ging, welcher ihn auch nur mit einem vielsagenden Blick ansah. Der junge König würde sich besonders an diesem Morgen wünschen, nicht zu wissen, wie kompliziert die Liebe doch war, dazu kam die Frage, ob sie wohl unter dem gleichen Schutz wie der alte König standen. Sollte dem so sein, dann würden sie wohl mehr Augenmerk darauf legen müssen, sich selbst zu schützen.

Dieses Mal bemerkte Travis jedoch ihren Blickaustausch, interpretierte ihn jedoch fehl.

„Keine Sorge, mein König. Ich weiß ja, dass Ihr in wenigen Tagen heiraten werdet. Im Zweifelsfall lasst Ihr Eure Frau einfach reden und geht gar nicht erst weiter darauf ein. Dann spart ihr Euch einiges an Problemen mit ihr.“

„Vielen Dank für Euren Ratschlag“, sagte Killian freundlich und lächelte dazu. Er fand es erstaunlich, wie ihm noch vor seiner Ehe dazu geraten wurde, seine Frau, die künftige Königin, nicht ernst zu nehmen. Im Augenwinkel sah er, wie sein Stellvertreter amüsiert von einem Stück Brot abbiss. Ja, je nachdem, welche Anwärterin er ehelichen würde, konnte es tatsächlich amüsant werden, wenn er den Ratschlag befolgen würde. Lana, die Anwärterin die Toran betreut hatte, würde ihm wohl keine ruhige Minute mehr lassen, wenn sie den Eindruck hatte, dass er ihre Sorgen, die sehr wohl berechtigt waren, nicht ernst nehmen würde.
 

Nachdem sie mit dem Essen fertig wurden, fragte Travis gleich, wo sie am gestrigen Tag stehen geblieben waren, damit sie dort ansetzten konnten. Während Toran zusammenfasste, was sie bereits erfahren hatten, hing Killian einem bestimmten seiner Gedanken nach. Ihm war ein Einfall gekommen, welchen er umsetzen wollte. Nur musste er dies nun so gut in Worte verpacken, dass die beiden Anwesenden ebenfalls so sehr davon überzeugt waren, wie er es war.
 

Nachdem Toran geendet hatte, fing der junge König sofort an zu sprechen. Er wollte etwas im Rahmen seiner derzeitigen Möglichkeiten tun, um das Volk noch vor seiner Krönung ein wenig milder zu Stimmen. Er wollte den Menschen von vornherein zeigen, dass er nicht den Plänen des alten Königs folgen wollte.

Noch während er seine Idee vorstellte, konnte er sehen, wie Toran zunächst skeptisch war, aber mit jedem Wort, welches er hörte, mehr überzeugt werden konnte. Anders dagegen war Travis. Er war blass geworden und sprach sich sofort dagegen aus, denn es wäre viel zu gefährlich.

Doch ließ Killian sich nicht davon abbringen und beschloss mit Torans Unterstützung, dass er dies noch heute in die Tat umsetzen wollte.
 

Ende Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 12
 

Nach außen hin stand Killian ruhig und ausgeglichen am Rand des Marktplatzes, innerlich war er jedoch nervös und unruhig. Neben ihm standen Toran und Travis, ein wenig entfernt noch der eine oder andere alte Berater. Um sie herum standen ihre Wachen und machten eher einen angespannten Eindruck, was dem jungen König mit seiner Nervosität eher weniger half.

Sein Plan war es, eine Ansprache vor dem Volk zu halten, noch bevor er die Krönungszeremonie durchlaufen würde. Normal präsentierte ein König sich nicht vorher, jedoch wollte er sich vorab dem Volk vorstellen und von seinen groben Plänen für das Land und Volk sprechen. Im Zuge dessen, wollte er sehen, wie das Volk auf ihn und seine Pläne reagierte, denn immerhin war er bereits bei der Verkündung, dass er der neue König sein würde, nicht anwesend. Egal wen er befragte, niemand konnte bisher einschätzen, wie die Menschen zu ihm standen.
 

Den gesamten Tag über hatten sie an den Themen seiner Rede, sowie seiner Wortwahl gearbeitet, während eine Ankündigung verbreitet wurde, dass er am späten Nachmittag auf dem Marktplatz eine Ansprache halten würde.

Nun warteten sie nur noch darauf, dass sich der Platz weiter füllen würde und letzte Handgriffe wurden an dem für ihn bestimmten Podest mit Rednerpult vorgenommen.

Man hatte entschieden, dass Killian sich weniger königlich und dafür volksnäher kleiden sollte, weshalb er nun zwar trotzdem mit teuren Stoffen, jedoch gedeckten Farben eingekleidet war und er hoffte, dass es ihm gelang dadurch sympathischer zu wirken.
 

Nur am Rande hörte er, wie die Menschenmasse gebeten wurde zur Ruhe zu kommen und wie man ihn kurz darauf ankündigte. Als man das Podest für ihn freimachte, machte sein Herz einen kurzen nervösen Hüpfer, doch trotzdem ging er mit sicheren Schritten voran, ließ sich seine Gefühlslage nicht anmerken und stellte sich hinter das Pult. Es war nicht besonders hoch, doch trotzdem sah er auf die Gesichter, die ihm zugewandt waren hinunter. Trocken schluckte er, als er sah, dass kaum jemand ihm freundlich entgegenblickte.

Kurz atmete er tief durch. Er wollte sich von so etwas nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wer wusste schon, was genau in den Köpfen der Menschen vor sich ging, immerhin kannten sie Killian bisher nur aus Berichten, denn noch nie stand er derart in der Öffentlichkeit.
 

„Ich bin erst sehr spät zu den Anwärtern gestoßen“, fing er an zu sprechen und war sich nicht sicher, ob dies wirklich das Thema war, mit dem er tatsächlich beginnen sollte. „Auch habe ich in meinen Lebensjahren noch nicht so viel Weisheit erlangen können, wie andere es taten, weder durch meine Ausbildung, noch durch Lebenserfahrung.“

Nervös trat er von einem Fuß auf den anderen und wusste sofort, dass dies nicht dem Bild des starken Königs, welches er verkörpern sollte, entsprach. Doch er konnte es nicht verhindern, denn beim besten Willen, er wusste nicht mehr, was er als Nächstes zu sagen hatte.

Seine innere Anspannung stieg immer mehr an und als er seinen Blick auf das Rednerpult senkte, fingen die ersten Leute an zu tuscheln. Er verfluchte sich selbst für sein Versagen und hatte das Gefühl, nicht richtig vorbereitet zu sein. Warum war er überhaupt auf diese Idee gekommen und hatte darauf bestanden noch heute die Ansprache zu halten? Er hätte dies doch auch morgen tun können oder sogar noch einen Tag später!
 

Er wusste nicht wieso, doch in dem ganzen Gemurmel der Menge konnte er schließlich ein Räuspern wahrnehmen, welches ihn automatisch aufblicken ließ. Sein Blick traf direkt die grauen und ruhigen Augen Torans. Mit einer leichten Geste symbolisierte er, dass er sich beruhigen solle und lächelte ihm wissend und aufmunternd zu. Es funktionierte tatsächlich. Killian hatte in seiner Nervosität vergessen, dass er nicht alleine und einer seiner Vertrauten bei ihm war.

Mit neuer Zuversicht wandte er sein Gesicht wieder dem Volk zu und ignorierte dabei die zum Teil irritierten Blicke der Menschen. Kurzerhand verwarf er seine Bedenken und auch das Vorhaben, an der geplanten Rede festzuhalten. Es waren Worte, die ihm ohnehin zum Teil in den Mund gelegt wurden. Wenn er authentisch sein wollte, so musste er sich auch so verhalten.
 

„Ich glaube daran, dass die Ausbilder der Königsanwärter sich ihrer Wahl sicher sind und mein Ziel ist es, diese Erwartungen zu erfüllen. Mit Sicherheit werde ich noch viel lernen müssen, doch ich wünsche mir für das Land und das Volk eine bessere Zukunft. In der Vergangenheit sind Dinge passiert, die nicht hätten passieren dürfen. Es liegt leider nicht in meiner Macht, dies alles ungeschehen zu machen, doch ich werde daran arbeiten, dass es sich nicht wiederholt. Ich möchte keine Enttäuschung für das Volk sein, deswegen werde ich täglich daran arbeiten und nach Lösungen suchen. Vielen Dank, dass die hier Anwesenden noch vor meiner Krönung die Zeit gefunden haben meiner Ansprache beizuwohnen.“
 

Killian wusste, dass er sich sehr kurz gehalten hatte. Weitaus kürzer, als es eigentlich abgesprochen war, doch wenn er an die Ansprachen des alten Königs zurückdachte, die er gehört hatte, dann erinnerte er sich an eine lange Rede, in der um Fakten herumgesprochen worden war und letztendlich sogar die Zuhörer ermüdeten, weil er nicht zum eigentlichen Punkt kam. Wie man sah, hatte es den König nicht zu dem Glanz verholfen, den er sich wahrscheinlich erhofft hatte.

Ob er trotzdem die richtige Entscheidung getroffen hatte, konnte er direkt nach dem Ende nicht sagen. Skeptische und verhaltene Blicke wurden ihm zugeworfen und erst nach einer Weile der Stille begannen einige Leute zu applaudieren. Dies nahm zwar bereits nach wenigen Sekunden zu, wobei manche sogar geradezu euphorisch aussahen, doch gab es ebenso Menschen, die keine Miene verzogen und auch die Hände nicht hoben.

Doch für den Moment war er zufrieden, immerhin wäre es unrealistisch sich zu erhoffen, dass Leid dieses Landes mit nur einer Rede zu beseitigen.
 

Sein Selbstvertrauen zurückerlangt, trat er nun wieder herunter von dem Podest und auf Toran zu. Dieser begrüßte ihn mit einem zufriedenen Nicken. „Gut gemacht“, sprach er leise zu ihm und das gab Killian das Gefühl, dass es richtig war von der ursprünglichen Rede abzuweichen.

Da die Ansprache somit beendet war, löste sich nun auch die Menschenmasse wieder auf, was die Wachen dazu brachte sofort an die beiden und die anderen Berater heranzurücken.

Ruppig, fast schon aggressiv, bahnten die Wachposten einen Weg durch die Menschen um sie so zu den Kutschen zu geleiten.
 

Killian gefiel dieses Verhalten nicht. Er konnte keine unmittelbare Gefahr erkennen, trotzdem stießen die Bewaffneten die Leute beiseite, ohne darauf zu achten, ob sie die Personen womöglich verletzen würden. Schließlich passierte es sogar, dass eine Frau zu Fall kam. Da dies direkt neben Toran geschah, blieb dieser stehen und griff durch die Reihe an Wachen und half ihr, wieder auf die Füße zu kommen. Besorgt sah er sie dabei an. „Es tut mir leid.“

Seine Worte wurden lediglich mit einem Blick aus großen Augen wahrgenommen, bevor die Männer auch schon weiter drängten.
 

Bei den Kutschen angekommen wurden sowohl der junge König, als auch seine Berater gebeten sofort die Kutschen zu betreten, was sie auch taten. Trotzdem ließ Killian es sich nicht nehmen, seinen Ärger auszusprechen, nachdem sie auf den weichen Polstern zum Sitzen gekommen waren. „Die Wachen sind zu grob.“

„Mein König, das ist doch nur verständlich. Es dient nur Eurem Schutz, denn man weiß nie, wann man mit einem Übergriff zu rechnen hat“, nahm Travis das Verhalten der Männer sofort in den Schutz.

„Jedoch schürt ein solches Verhalten nur Aggressionen und provoziert somit sogar die befürchteten Übergriffe. Außerdem wirft dies ein schlechtes Licht auf all diejenigen die unter ihrem Schutz stehen“, gab Killian zu bedenken, doch schien er damit auf taube Ohren zu stoßen.

„Die Sicherheit des Königs geht nun mal vor“, kam sofort die Erwiderung des ehemaligen Stellvertreters, welcher auch sofort zustimmendes Nicken andere Anwesenden erhielt. Nur Toran hatte wohl einen ähnlichen Gedanken wie der junge König.
 

In einem solchen Moment konnte Killian verstehen, dass der alte König nicht auf seine Berater gehört hatte, wenn sie so vehement auf ihre Meinung beharrten, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass dies vielleicht nicht der beste Weg war.

Er entschied, dass Thema zunächst fallen zu lassen. Darum könnte er sich auch zu einem späteren Zeitpunkt nochmal befassen. Trotzdem konnte er es nicht lassen, einen vielsagenden Blick zu Toran zu werfen. Dieser verzog kurz den Mund und stimmte ihm damit zu.
 

- - - - -
 

Gemeinsam gingen Killian und Toran durch die Gänge des Palastes zu den königlichen Räumlichkeiten. Für diesen Tag war nichts Weiteres mehr geplant, da man fand, dass Killian sich ruhig zurücklehnen konnte. Deswegen hatten die beiden entschieden, die Zeit bis zum Abendessen gemeinsam zu verbringen und die vergangenen Tage Review passieren zu lassen.

Als sie am oberen Ende der Treppe ankamen, konnten sie bereits zwei bekannte Personen erkennen, die sich leise auf dem Flur unterhielten. Es waren Aidan und Liam, wobei der Erste unglücklich die Stirn kraus gezogen hatte und dem Kammerdiener nickend zuhörte.
 

Killian konnte nicht verhindern, dass sich nun auch langsam auf seine Stirn Falten legten. Er machte sich Sorgen und wollte wissen, was Aidan dazu bringen konnte, seine lächelnde Fassade derart fallen zu lassen. Daher ließ er es sich auch nicht nehmen, sie darauf anzusprechen, als die beiden Neuankömmlinge auf ihrer Höhe anhielten.

„Was ist los? Ist etwas passiert?“ Killian versuchte dabei seinem Liebsten in die Augen zu sehen, doch wandte dieser nur schnell seinen Blick ab. Letztendlich sah der junge König daher doch den Bediensteten an.

„Ich weiß, wer als Königin ausgewählt worden ist“, sprach er leise und unbehaglich.

Sofort ging Killians Blick zurück zu Aidan, welcher noch immer seinem Blick auswich. „Wer ist es?“, wollte er wissen und ahnte bereits, welchen Namen er gleich hören würde.

„Möchtest du das wirklich wissen?“ Man konnte an Liams Stimme hören, dass er sich wahrlich eine schönere Situation als diese hier vorstellen konnte.

„Wer. Ist. Es?“, fragte der junge König nun gepresst und aggressiver, als er es wollte. Er hatte die ganze Zeit über nicht gewusst, wer es werden würde und er hatte es auch erfolgreich verdrängt, doch nun, wo die Information regelrecht zu seinen Füßen lag, da wollte er nun auch eine Antwort zu seiner Frage haben. Die Antwort, die alles irgendwie endgültig für ihn machen würde.

„Es ist Amalia.“
 

Es fühlte sich an, wie ein Hieb in die Magengrube, diesen Namen zu hören. Augenblicklich wurde dem jungen König schlecht. Natürlich bestand eine Chance, dass die Wahl auf sie fiel. Eine sehr gute sogar, denn immerhin sollen ihre Leistungen sehr gut gewesen sein, doch kam es ihm wie die Ironie des Schicksals vor, dass er Aidan nicht haben durfte und dafür seine Schwester bekam.
 

Langsam drehte nun auch sein Liebster sein Gesicht zu ihm und sah ihn vorsichtig mit einer Mischung aus Trauer und Schmerz an.

„Liam, bist du dir sicher?“, fragte Killian daher und offenbarte mehr von seinen Gefühlen, als er eigentlich wollte. Er hatte sich vorgenommen, diese Entscheidung mit Stärke hinzunehmen und zu akzeptieren, doch nun wo es soweit war und er dazu Aidan sah, konnte er es nicht.

„Ja, ohne Zweifel.“
 

„Sei bitte gut zu ihr, ja?“, bat Aidan plötzlich leise. „Sie hat schon immer gehofft. Später einmal glücklich verheiratet zu sein. Ich bin froh, dass sie an einen guten Mann wie dich geraten ist.“

Innerlich lachte Killian bitter auf. Ein guter Mann, das war er nicht. Natürlich würde er sie gut behandeln, doch würde eine Ehe ohne Liebe sie auch wirklich glücklich machen? Denn das wird es werden. Eine Ehe, in der er seine Frau niemals lieben könnte, weil die Liebe seines Lebens sein Schwager war, welcher stets in ihrem Schatten stand.

„Versprich es mir, Killian“, forderte sein Liebster ihn auf und sah ihn hoffnungsvoll, wenn auch noch immer traurig und verletzt an.

Zunächst zögerte der junge König noch, doch begann er dann langsam zu nicken. „Ich werde sie gut behandeln“, sagte er bestimmt.
 

Ein gequältes Lächeln huschte über Aidans Gesicht. „Ich danke dir. Ich… ich werde jetzt gehen“, sagte er und wandte sich mit den letzten Worten bereits ab, um fluchtartig zu gehen. Killian konnte ihm nur kummervoll hinterher sehen, während er spürte, dass Toran ihm kurz mitfühlend die Schulter drückte.

„Ich werde Aidan lieber hinterhergehen“, sagte dieser noch leise, bevor auch er ging.

Zurück blieben Killian und Liam, doch das nahm der junge König in dem Moment kaum wahr. Er blickte einfach nur den leeren Flur entlang, in die Richtung, in die sein Liebster gegangen war.
 

„Mein König“, sprach Liam schließlich leise. „Ihr solltet Euch in Eure Räumlichkeiten zurückziehen.“

Nur langsam verarbeitete Killians Verstand die gehörten Worte. Schließlich nickte er und ließ sich von seinem Kammerdiener in den entsprechenden Gang ziehen.
 

Ende Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 13
 

Killian war wirklich froh, dass an diesem Tag nichts mehr von ihm gefordert und erwartet wurde. Natürlich hätte er die Nachricht, wen er nun heiraten würde, gefasst aufnehmen sollen, doch konnte er das nicht. Er war abgelenkt und dachte über seine Zukunft nach. Der Gedanke an Aidans Blick vorhin auf dem Flur ließ ihn nicht los. Es sprach so viel Kummer aus seinen Augen, welchen er nicht sehen und sofort vertreiben wollte, doch konnte er das nicht.

So sympathisch er Amalia in der Woche, in der die Anwärterinnen sie besucht hatten, auch gefunden hatte, er konnte den Gedanken, sie nicht heiraten zu wollen, nicht unterdrücken. Natürlich wollte er auch vorher schon nicht eine der Frauen heiraten, doch nun hatte sie einen Namen und das machte es alles andere als leichter für ihn. Er hatte vielmehr das Gefühl, dass dies alles nur schwerer machte und wenn er könnte, dann würde ihn das einfach nur in die Arme seines Liebsten treiben.
 

Beim gemeinschaftlichen Abendessen wahrte er natürlich die Fassade, tat so, als hätte sich nichts verändert. Lächelnd nahm er die Gratulationen zu seiner erfolgreichen Ansprache entgegen und freut sich auch darüber, wenn auch nicht so sehr, wie er es unter anderen Umständen vielleicht getan hätte.

Aidan hingegen mied sowohl seine Nähe, als auch seinen Blick, hielt den anderen gegenüber jedoch trotzdem seine eigene Fassade aufrecht. Der junge König erkannte es sofort an dem Lächeln, dass seine Mundwinkel ein Stück weit zu sehr nach oben zogen und seine Augen nicht erreichte, sowie an der leicht erzwungen aussehenden, geraden Haltung seines Körpers.
 

Das Essen relativ kurz haltend, hatte Killian sich schon früh zurückgezogen und war mit Untergang der Sonne in sein Schlafzimmer eingekehrt. Er brauchte Zeit für sich, um seine Gedanken zu sortieren und ab sofort würde er dem Wunsch seines Liebsten, die Nächte nicht mehr bei ihm zu verbringen, respektieren. Er würde gerne mit ihm darüber sprechen, seine genauen Gedanken zu der Vermählung mit dessen Schwester hören, doch würde er ihn nicht weiter bedrängen. Killian war sich sicher, dass Toran und Liam, soweit es ihnen möglich war, ein Auge auf ihn haben würden. Er selbst musste immerhin auch irgendwann versuchen loszulassen und diesen Kampf nicht nur seinem Liebsten überlassen.
 

Ein Klopfen unterbrach schließlich die Ruhe, die ihn umgab, als er sich bereits halb sitzend in seinem Bett befand. Da dies sicherlich nur wieder Liam sein würde, welcher sich nach ihm erkundigen wollte, denn schließlich war er seit der Verkündung von Amalias künftigen Platz in seinem Leben, nicht mehr von seiner Seite gewichen, sagte er nichts und hoffte einfach von ihm für Heute in Ruhe gelassen zu werden. Doch schließlich öffnete sich die Tür, auch ohne, dass er etwas hat sagen müssen. Er hatte keinen direkten Blick zu der Tür, sah nach unten auf die Decke und behielt dies bei, in der Hoffnung, sein Kammerdiener würde ihn für schlafend halten, denn immerhin war es dunkel genug in dem Raum, sodass man nicht unbedingt sah, ob er bereits schlief, wenn er die Augenlider nur ein wenig senkte. Doch als die Tür sich wieder schloss, konnte er noch immer die Präsenz einer Person im Raum spüren, auch wenn diese sich weder bewegte, noch etwas sagte. Schließlich konnte er es dann doch nicht unterdrücken nachzusehen, wer dort war und er sah, dass nicht Liam in den Raum getreten war, sondern Aidan, welcher nun mit hinter dem Rücken verschränkten Armen an der Tür lehnte und in seine Richtung blickte.
 

Eine Weile lang sagte keiner etwas von ihnen. Sie sahen sich einfach nur an und musterten den jeweils anderen, insofern das wenige Licht des Mondes dies zuließ.

„H-Hallo…“, gab der künftige Berater schließlich unsicher und leise von sich und durchbrach somit die Stille.

Killian schwieg zunächst weiter. Er wusste nicht genau, was er sagen sollte, auch wenn er sich zuvor noch gewünscht hatte mit ihm über alles zu sprechen. Er wusste schlicht nicht, wo er genau anfangen sollte, bis er schließlich einfach das sagte, was ihm gerade in den Sinn kam. „Es tut mir leid, Aidan.“

„Was tut dir leid?“, fragte der Jüngere sofort und man konnte die Verwirrung in seiner Stimme hören.

„Das alles hier, wie sich alles entwickelt hat und wie unsere Zukunft aussehen wird.“ Es tat dem jungen König wirklich leid. Er hatte sich wahrlich etwas Schöneres für sie beide gewünscht, doch vor allem für seinen Liebsten. Ihm selbst wurde immerhin ein Platz zugewiesen und er wusste, was von ihm erwartet wurde. Aidan hingegen war zwar einer seiner Berater, jedoch blieb er zumindest zunächst alleine.
 

„Aber dafür kannst du doch nichts“, antwortete sein Liebster sanft und seufzte leise.

Da mochte Aidan vielleicht recht haben. Das Einzige, was Killian hätte tun können, war, seine eigenen Leistungen während der Ausbildung zu verschlechtern, doch wie man nun sah, hatte er dies nicht gewagt. Vielleicht hätte er das tun sollen?

„Ich verstehe einfach nicht, warum ich dich nicht haben darf, deine Schwester dahingegen jedoch schon. Warum ist unser System so?“, sagte Killian schließlich und machte seinem Frust damit ein wenig Luft. Gleichgeschlechtliche Beziehungen wurden toleriert, doch gab es solche noch nie bei Hofe in den hohen Positionen. War dies ein Bereich, in dem sie nicht geduldet wurden oder hat es solche Beziehungen bisher einfach noch nicht gegeben?
 

„Ich muss gestehen, dass ich mich über diese Entscheidung zum Teil freue, nicht nur für meine Schwester“, ließ Aidan verlauten und ließ seine Arme neben den Körper fallen.

„Weshalb freut es dich noch?“, fragte der junge König interessiert, wenn auch skeptisch. Auch wenn es den Berater offensichtlich traf, so konnte er selbst noch immer nicht einschätzen, wie er genau mit der ganzen Situation umging.

„Nicht nur sie ist in guten Händen, sondern auch du“, hörte er schließlich die Antwort und glaubte im Dunkeln ein Lächeln in dem Gesicht seines Liebsten erkennen zu können. „Meine Schwester liebt Harmonie und solange du sie nicht verärgerst, wird sie auch unkompliziert sein.“
 

Darauf wusste Killian nichts zu erwidern. Er war sich nicht sicher, ob er überhaupt gerade Tipps hören wollte, wie er mit seiner zukünftigen Ehefrau am besten umgehen sollte. Mit Sicherheit wäre das auf Dauer hilfreich, doch hatte dies sicherlich auch noch Zeit.

Schließlich sprach Aidan erneut und riss den jungen König damit aus seinen Gedanken. „Darf ich mich zu dir setzen?“

Sofort nickte Killian. „Natürlich, du kannst immer zu mir kommen.“

Es dauerte nicht lange, da hatte der Jüngere sich ebenfalls auf der Matratze niedergelassen. Mit einem Kissen im Rücken lehnte mit den Schultern an dem Kopfende des Bettes.

„Ich werde nicht bleiben“, ließ er verlauten und der Ältere war sich nicht sicher, ob er eine womöglich aufkeimende Hoffnung ersticken wollte oder es viel mehr zu sich selbst sagte und sich so an sein eigenes Vorhaben erinnerte.

„Ich weiß“, sagte er somit einfach nur leise, für den Fall, dass die Worte an ihn gerichtet gewesen waren.
 

„Ich war heute Nachmittag auch auf dem Marktplatz, weißt du?“, sagte Aidan leise, was seinen Liebsten dazu bewegt ihn von der Seite abwartend anzusehen. „Ich befand mich nur am anderen Ende.“

Kurz strich der Jüngere mit den Händen über die Laken, schien sich seine nächsten Worte zu überlegen. „Du hast das wirklich sehr gut gemacht.“ Ein Lächeln zog seine Mundwinkel nach oben und er drehte seinen Kopf, um Killian in das Gesicht sehen zu können.

„Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Menschen deine Ansprache im Grunde gut aufgenommen haben. Das Ganze war sicherlich eine gute Entscheidung.“

„Danke“, sprach Killian leise aus und erwiderte das ihm entgegengebrachte Lächeln.
 

Schließlich wandten sie die Blicke wieder voneinander ab, was der Jüngere sofort nutzte, um langsam an den jungen König heranzurücken. Nach kurzer Zeit konnte dieser den Kopf des Anderen auf seiner Schulter spüren, was ihn automatisch wieder zum Lächeln brachte. Vorsichtig legte er schließlich einen Arm um den Jüngeren und als dieser sich daraufhin ein wenig an ihn kuschelte, zog er ihn noch ein wenig mehr zu sich. Killian drehte sein Gesicht zu dem Kopf des anderen und rieb seine Nasenspitze auf dessen Haupt und atmete seinen Geruch tief ein. Augenblicklich entspannte er und schloss genießerisch die Augen. Aidan hingegen gab ein leises Seufzen von sich und schien sich auch von Sekunde zu Sekunde mehr zu entspannen.
 

„Ich werde auf Amalia aufpassen…“, flüsterte der junge König schließlich und hoffte so, seinem Berater zumindest eine Sorge dauerhaft zu nehmen.

„Danke“, kam ebenso leise zurück. „Bitte sei auch gut zu ihr.“

„Das werde ich.“

„Bring sie zum Lachen. Es gibt kaum etwas Schöneres…“, murmelte der Jüngere weiter. Killian fielen sofort viele Dinge ein, die er an seinem Liebsten sicherlich schöner fand, Dinge, die er an diesem sehen und hören wollte, doch schwieg er darüber. Stattdessen versprach er nur, sein Bestes zu geben.

Als Aidans Atmung immer ruhiger wurde, fing der junge König an, diesem sanft durch die Haare zu streichen. Es würde nicht lange dauern und sein Liebster wäre in seinen Armen eingeschlafen. Schließlich traf dies tatsächlich ein und Killian wartete noch einen Moment, bis er sich sicher war, dass der Andere tief genug schlief, so, dass er ihn auch nicht wecken würde, sobald er sich bewegte. Als es soweit war, zog er den Jüngeren ein wenig tiefer, ging sicher, dass die Decke ihn umhüllt und hauchte ihm einen zarten Kuss auf die Lippen, bevor er selbst das Bett, sowie den Raum verließ.
 

Schweren Herzens würde er von nun an den Wunsch Aidans respektieren und mehr Distanz wahren, weshalb er nun in den Wohnraum ging. Er würde die Nacht hier auf einem der Polstermöbel verbringen, denn wecken würde er seinen Liebsten auch nicht.

Zu seinem Leidwesen musste er zwar schnell feststellen, dass auch diese Nacht wohl sehr ungemütlich werden würde, doch irgendwann schaffte er es doch bald einzuschlafen.
 

- - - - -
 

Am nächsten Morgen wurde Killian von jemandem geweckt, der seinen Namen nannte. Als er die Augen aufschlug, war er verwundert von seiner Umgebung, konnte sich nicht sofort orientieren, doch er erkannte Liam, der ihn verwundert ansah.

„Killian, warum schläfst du im Wohnraum?“

In dem Moment fiel es ihm wieder ein. Er war in den besagten Raum gegangen, weil Aidan ihm am Abend einen Besuch abgestattet hatte und in seinem Bett eingeschlafen war.

„Aidan. Er schläft in meinem Schlafzimmer“, erklärte er also, mit noch vom Schlaf belegter Stimme, seinem Freund und versuchte den Schlaf fort zublinzeln.

„Nun, er ist nicht mehr da und das Bett ist gemacht. Ich hatte schon befürchtet, dass du erneut bei ihm geschlafen hast“, sagte Liam mit noch immer krauser Stirn und leiser Stimme.

„Nein, keine Sorge. Ich war die gesamte Nacht hier“, erklärte der junge König schmunzelnd und setzte sich langsam auf und streckte seine Gliedmaßen. „Aidan war gestern Abend noch zu mir gekommen und wir haben kurz über Amalia gesprochen. Dann ist er eingeschlafen.“

Verstehend nickte sein Freund. „Siehst du, Aidan fällt die Trennung auch schwer, sonst wäre er wohl nicht mehr gekommen und vor allem wäre er nicht eingeschlafen. Er fühlt sich bei dir einfach wohl, egal wie die Situation ist.“ Aufmunternd lächelte er seinen König an. „Du solltest dich umziehen, es ist bereits spät. Ich konnte ja nicht ahnen, dass du dich hierher verzogen hast“, lachte er und zog Killian auf die Beine, welcher dies ohne Widerworte, jedoch mit einem leichten Murren hinnahm, da er sich noch ein wenig steif fühlte.
 

Vor der Tür, auf dem Vorflur, blickte ihnen Toran entgegen und zog langsam die Augenbrauen hoch, als er Killians Erscheinung sah, wie er aus dem Raum trat. Offensichtlich hatte der junge König länger geschlafen, wenn er bereits zum Frühstück abgeholt werden sollte.

„Jetzt, wo ich deine zerknitterte Kleidung sehe, verstehe ich auch, warum du heute einen Termin bei dem Schneider hast“, scherzte sein Stellvertreter lachend und musterte ihn belustigt von oben bis unten.

„Schneider? Ich habe einen Termin bei einem Schneider?“, fragte Killian stirnrunzelnd und fragte sich, was er noch alles nicht wusste oder mitbekommen hatte. Plötzlich kam er sich wieder unwissend vor. Wurde er einfach nur nicht informiert oder hatte er so viele andere Dinge im Kopf, dass er so etwas vergaß? Was auch immer das Problem war, er sollte sich darüber Gedanken machen, wie er dies beseitigen konnte.

„Wegen deiner Kleidung für die Hochzeit“, erklärte Toran knapp.

Kurz den Mund leicht verziehend nickte der junge König. Darauf hätte er auch von alleine kommen können, immerhin sollte er in wenigen Tagen bereits heiraten. Genaugenommen war dieser Termin sogar ungewöhnlich spät, wie er fand.
 

Schnell machte er sich für das Frühstück fertig, von welchem sie direkt zu einem Raum gingen, in dem der Schneider sich bereits aufhielt und ihnen ernst entgegenblickte, als sie bei ihm ankamen. Natürlich begrüßte er den künftigen König, mit dem Respekt, wie alle ihm entgegenbrachten, doch das Lächeln blieb aus, weshalb Killian sich nicht ganz wohlfühlte in der Situation.
 

Schließlich ließ der junge König sich eingehend von dem Mann begutachten, woraufhin seine Maße akribisch genau genommen wurden. Danach wandte der Mann sich wortlos ab und trat an einen Stapel Stoffe heran. Nachdem er diese gemustert hatte, zog er einen heraus und hielt ihn Killian entgegen. „Eure Oberbleidung wird hieraus gefertigt werden. Selbstverständlich werden die einzelnen Teile noch mit Goldstickereien verziert.“

Killian besah sich den intensiven Blauton des Seidenstoffes. Es war die Farbe des Königshauses und die Goldverzierungen würden ihn als König ausweisen.

Als der Schneider der Meinung war, sie hätten sich den Stoff lange genug angesehen, zog er ein zweites Stück heraus, welches dieses Mal feiner schwarzer Leinen war.
 

„Das sieht alles sehr teuer aus“, dachte Killian laut. „Steht dieses Geld überhaupt zur Verfügung?“ Dies war ein Gedanke, der ihm zuvor noch gar nicht gekommen war und zeitgleich frustrierte ihn, dass er sich diese Frage überhaupt stellte, denn er hatte keine Ahnung, wie es um die Finanzen des Landes stand.

Toran konnte ihm darauf aber auch keine Antwort geben. Ebenso schien er über die Finanzen nicht informiert zu sein.

„Euer Majestät, Ihr werdet heiraten. Ihr solltet Euch entsprechend in ausgewählter und hochwertiger Kleidung präsentieren. Dabei sollte nicht auf das Geld geachtet werden“, sprach der Schneider eifrig, doch noch immer mit ernster Miene.
 

Killian ließ das gehörte unkommentiert so stehen. Dass der Schneider eher wenige Einwände gegen einen teureren Auftrag hatte, war ihm natürlich klar. Immerhin wollte dieser sich auch nur seinen Lohn verdienen.

„Mit prächtiger Kleidung könnt Ihr Euch der Achtung der Leute sicher sein“, wurde ihm weiter erläutert, doch Killian war sich dabei aber nicht mal so sicher. Immerhin kam Verschwendung der Steuergelder nur selten gut bei dem Volk an.
 

Ende Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 14
 

Es war der Tag der Hochzeit und Killian stand mit ausdrucksloser Miene in seinem Schlafzimmer vor einem großen Spiegel. Der Schneider war vor wenigen Augenblicken wieder gegangen und nun stand er da, in Kleidung, die wahrscheinlich zu teuer war, für die derzeitige Situation, in der sich ihr Land befand. Doch eines musste er dem Mann lassen, er hatte seine Arbeit wirklich gut gemacht. Die schwarze Hose hatte einen guten Sitz, weder zu weit, noch zu eng, während das etwas weite weiße Hemd aus edlem Stoff seinen Körper umschmeichelte. Darüber würde er gleich noch einen dunkelblauen kurzen Mantel tragen, auf welchem sich auch die goldenen Stickereien des Königshauses befanden.

Einzig die eigenen schwarzen Wildlederschuhe hatte er durchsetzen können und verzichtete somit auf die teure Ausführung des Schusters, der die Schuhe für die Hochzeit hatte anfertigen sollen. Er fühlte sich in nichts unwohler, als in unbequemem Schuhwerk und die ihm zugedachten Schuhe waren alles andere als bequem gewesen. Zwar hatte er durch sein vehementes Ablehnen eine kleine Welle der Empörung ausgelöst, doch dies war ihm allemal lieber, als diesen unangenehmen Tag in ebensolchen Stiefeln zu verbringen.
 

Ein weiteres Mal an diesem Morgen nahm er wahr, wie jemandem an seiner Kleidung herum zupfte, doch wie die letzten Male auch, achtete er nicht darauf, wer es war und warum diese Person das tat. Eine ganze Gruppe an Bediensteten huschte schon seit Stunden durch seine Räumlichkeiten. Was ihn zunächst noch irritiert hatte, war ihm inzwischen egal geworden und er starrte nur sein gespiegeltes Selbst an und hing seinen wirren Gedanken nach, welche er versuchte mit mäßigem Erfolg zu sortieren. Immer wieder schlich sich Aidan in seine Gedanken, doch versuchte er eben dies zu unterdrücken, alleine schon aus Respekt Amalia gegenüber. Er fühlte sich zwiegespalten, als wenn ihm eine böse und eine gute Stimme Dinge ins Ohr flüstern würden, welche ihn beeinflussen sollten. Zu seiner Erleichterung verhielt sich die Stimme, die ihm von Aidan erzählte, jedoch ruhiger. Seit der Jüngere bei ihm geschlafen hatte, hatte er kaum ein Wort mit ihm gewechselt, doch aus dem Weg gingen sie sich nicht, es hatte sich schlicht nicht ergeben. Er würde trotzdem gerne wissen, wie er mit der Situation klar kam und auf Dauer würde er sich auch wünschen, dass sie ein eben solches Verhältnis zueinander aufbauen würden, dass sie über so etwas sprechen konnten, doch für den Moment konnte er sicherlich zufrieden mit der aktuellen Situation sein.
 

Schließlich wurde es ruhiger um ihn herum und Killian konnte sehen, wie Liam die Bediensteten langsam zur Tür hinausgeleitete. Auch Toran, der die ganze Zeit über anwesend gewesen war, sich jedoch an den Rand des Raumes zurückgezogen hatte, trat nun wieder vor, an die Seite seines Königs.

„Bist du bereit?“, fragte der künftige Stellvertreter des Königs und sah ihn über die Spiegelung des Spiegels an.

Sofort fühlte Killian sich in die Kutsche zurückversetzt, die sie hier her in den Palast gebracht hatte. Auch dort hatte Toran die gleiche Frage gestellt und nun fragte der junge König sich, ob er sich ähnlich wie zu dem Zeitpunkt fühlte. „Kann man wirklich bereit sein, für eine arrangierte Ehe?“, fragte er statt zu antworten.

Der Ältere überlegte kurz, bevor er leise seufzte und dann zu einer Antwort ansetzte. „Das sind wohl nur die Wenigsten.“

Killian nickte leicht, denn das war auch sein Gedanke. Vor wenigen Generationen war es noch normal gewesen, dass die Ehen arrangiert wurden, doch inzwischen wurden diese Entscheidungen weitestgehend selbst getroffen, wenn auch mit von den Eltern oder anderen Verwandten ausgesprochenen Empfehlungen.
 

„Sieh dich an“, meinte sein Freund schließlich zu ihm und deutete auf den Spiegel, dem die ganze Zeit schon sein Blick galt. „Die Farben stehen dir.“

Kurz musste Killian über die Aussage, den Versuch vom eigentlichen Thema abzulenken, schmunzeln, doch als er der Aufforderung trotzdem nachkam, musste er feststellen, dass Toran recht hatte. Die Kombination aus blau und schwarz ließ ihn nicht blass wirken, sondern vielmehr stolz. An die goldfarbenen Stickereien, die alleine seiner Frau, seinen Kindern und ihm vorbehalten waren, würde er sich zwar noch gewöhnen müssen, doch dies lag vielmehr daran, dass es ein zusätzliches Muster, welches er nicht gewohnt war. Die silberfarbenen Verzierungen die der Rest der Familie oder ehemalige Königsfamilienmitglieder nun tragen durften, wären ebenso gewöhnungsbedürftig für ihn gewesen.

Auch Toran trug als Berater nun Kleidung in Schwarz und dunkelblau, jedoch ist der Blauanteil geringer und Stickereien gab es keine oder nur in Schwarz und waren dementsprechend dezent.
 

Ebenfalls Amalia würde heute einen gewissen Blauanteil an ihrem Kleid tragen und sich somit den Farben ihrer künftigen Position anpassen.

Killian fragte sich, wie es ihr wohl gerade ging, ob sie sich auch viele Gedanken machen würde und vor allem, ob sie ihn heiraten wollen würde.
 

Nach einer weiteren Weile war es schließlich soweit und Liam hatte sämtliche Bedienstete aus dem Raum geleitet und nur noch sie drei waren anwesend. Es war wohltuend, diese Ruhe nun genießen zu können. Langsam schlich sich ein leichtes Lächeln auf Killians Gesicht, bevor er sich räusperte und zum Reden ansetzte.

„Amalia weiß von Aidan und mir“, erzählte er leise und erntete dafür erstaunte und verwunderte Blicke. „Eigentlich hatten wir ihren Segen bekommen.“

„Das Schicksal treibt gerne seine Spielchen“, murmelte Liam.

Toran hingegen legte Killian eine Hand auf die Schulter. „Dann wird sie sicherlich Verständnis dafür haben, wenn du zu Beginn eurer Ehe noch abgelenkt bist.“

Der junge König verzog kurz den Mund. Er konnte sie noch nicht einschätzen, wie sie wohl nun damit umgehen würde. „Ich vermute, dass sie nicht glücklich darüber sein wird, mich heiraten zu müssen.“ Kurz seufzte er auf. „Toran, kannst du heute ein Auge auf Aidan haben?“

„Natürlich, solange du mich nicht brauchst. Immerhin geht Ihr vor, mein König“, antwortete er und sprach dabei den letzten Satz besonders dramatisch aus und lachte infolgedessen.
 

Auch Liam trat nun näher zu ihnen, allerdings hatte er ein kleines Tablett mit Essen darauf, welches er Killian entgegenhielt. „Killian, du solltest etwas essen.“

Sofort rümpfte der Angesprochene leicht seine Nase. „Nein, vielen Dank. Ich kann nichts essen.“

Seufzend stellte sein Kammerdiener das Tablett wieder weg nur, um nach dem Weinkrug zu greifen und Killian einen gefüllten Becher entgegenhalten zu können. „Dann trink zumindest einen Schluck. Vielleicht änderst du dann ja doch noch deine Meinung und isst zumindest eine Kleinigkeit.“

Sofort griff der junge König nach dem Gefäß und genehmigte sich einen Schluck. Ihm war klar, dass er nicht zu viel trinken sollte. Dies würde wohl kaum einen guten Eindruck hinterlassen, doch trotzdem versuchte er in der roten Flüssigkeit zumindest ein wenig Motivation zu finden, um den Tag gut überstehen zu können.
 

Letztendlich sah er von dem Getränk wieder auf und sah seine Freunde fragend an. „Wann findet die Zeremonie eigentlich statt?“

Sofort mussten die Anwesenden lachen. „Hast du dich überhaupt über deine eigene Hochzeit informiert?“, wollte Toran wissen.

„Nein“, sagte Killian schlicht. „Ich habe das Thema eigentlich versucht so gut es geht zu verdrängen.“

Ein wenig zweifelnd sah Toran ihn an und schüttelte kurz verwundert den Kopf. Dann griff er nach dem Mantel seines Königs und half ihm in diesen hinein. „Du wirst gleich von Travis abgeholt werden. Die Zeremonie findet natürlich in der Öffentlichkeit statt und das kurz vor Mittag“, begann er ausführlich zu erklären. „Wie es die Tradition verlangt, wirst du Amalia dann das erste Mal vor dem Altar sehen und nach der Zeremonie werdet ihr die zahlreichen Glückwünsche entgegennehmen.“ Bedächtig richtete Toran den Kragen des Mantels. „Danach geht es dann mit sämtlichen geladenen Gästen zum Festsaal, um das Mahl einzunehmen. Folgend erwartet man noch einen gemeinsamen Tanz von euch beiden, bevor ihr dann am Nachmittag in eure Hochzeitsnacht entlassen werdet, damit ihr für diese auch ausreichend Zeit habt.“

Augenblicklich drehte Killian sich der Magen um und er musste schlucken. Das war definitiv ein Punkt, den er auch weiterhin versuchen würde zu ignorieren.
 

Sein Berater, der den Stimmungsumschwung bemerkt zu haben schien, griff nochmals nach seinem Kragen, um an diesem zu rütteln und so seine Aufmerksamkeit zu erlangen. „Wir, als deine Berater, werden die ganze Zeit über in deiner Nähe sein, nur den Tag beenden wirst du ohne uns müssen.“

Der junge König schloss seine Augen und atmete tief durch, versuchte die zuvor kurz aufgestiegene Übelkeit zu besänftigen. Er war alles andere als glücklich mit der Situation und er fragte sich, ob es verwerflich war, nun stärker denn je, das Bedürfnis zu haben, weglaufen zu wollen.
 

„Ich passe auf Aidan auf“, hörte er schließlich Toran leise sagen, was ihn dazu bewegte die Augen wieder zu öffnen und dies mit einem Nicken anzunehmen.

„Im Moment ist Luan bei ihm“, erklärte der Ältere weiter und wie von alleine zogen sich Killians Augenbrauen hoch.

„Ich muss zugeben, dass mich das nun fast am meisten beunruhigt“, sagte er sarkastisch und meinte es auch so, wie er es sagte.

Im Hintergrund sah er Liam, der leicht zu schmunzeln begann. „Ich vermute, dass Aidan mit ihm zurechtkommen wird.“

„Nun“, fing Killian erneut an zu sprechen. „Vielleicht schafft Luan es ja auch, Aidan davon zu überzeugen, dass das alles ein Fehler war. Immerhin scheint er ja für sich die richtigen Argumente gegen uns gefunden zu haben.“

„Ihr solltet das nicht als Fehler sehen, viel mehr als eine schöne Erfahrung“, sagte Toran sofort.
 

Kurz ließ Killian die gehörten Worte sacken. Sie klangen gut, doch helfen sie ihnen leider auch nicht. „Ich bin mir da inzwischen nicht mehr so sicher“, gab er schließlich leise zu.

Sein Berater seufzte kurz, ließ seine Zweifel aber im Raum stehen. „Ich denke nicht, dass Luan es schaffen wird Aidan das einzureden. Dazu kommt, dass er offiziell noch immer von nichts weiß.“ Über seine letzte Aussage blieb ihm nichts anderes übrig, als zu schmunzeln.
 

Eine Weile unterhielten die drei sich nun noch über belanglose Themen und versuchten so den jungen König ein wenig auf andere Gedanken zu bringen. Die Pflichten würden ihn noch schnell genug wieder einholen.

Schließlich klopfte es auch an der Tür und Travis kam herein. Überschwänglich begrüßte dieser den jungen König und erzählte ihm, was für ein großartiger Tag doch war.

Nach der Begrüßung zog Liam sich schnellstmöglich und höflich zurück und ließ den König mit seinen Beratern alleine, doch auch Toran setzte nun zum Abschied an. Kurz umarmte er Killian und versuchte ihn so ein wenig mehr Mut zu verleihen.

„Verliere mir jetzt nicht doch noch die Nerven“, scherzte er lächelnd. „Wir sehen uns bei der Zeremonie!“ Kurz zwinkerte er ihm im Scherz zu, was Killian auch dazu brachte, auf den Scherz einzusteigen.

„Du würdest mich tatsächlich heiraten?“ Herausfordernd zog er die Augenbrauen hoch und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Beim nächsten Mal, versprochen.“ Mit diesen Worten drehte er sich lachend um, nickte Travis zu und verließ den Raum.
 

Als Killian zu dem Anderen sah, bemerkte er erstaunt, dass sich dessen gute Laune verzogen hatte und er nun stattdessen skeptisch und vielmehr unglücklich dreinblickte. Darauf eingehen konnte er jedoch nicht, da auch sie bereits losmussten.
 

Mit einer Kutsche wurden sie zu einem großen Festplatz gebracht, der oft für solche Veranstaltungen genutzt wurde. Am heutigen Tage war er mit Herbstblumen und farblich passenden Girlanden geschmückt worden. Im vorderen Bereich befand sich der Altar, an welchem die Zeremonie stattfinden würde, davor standen einige Stuhlreihen, auf welchen der Adel und wichtige Handelsfamilien Platz finden würde. Der Bereich dahin ist leer gelassen worden, damit sich hier das Volk hinstellen und der Zeremonie ebenfalls beiwohnen konnte.
 

Der junge König musste bis zu der eigentlichen Zeremonie noch eine Weile warten, weshalb er solange in der Kutsche blieb. Travis leistete ihm in dieser Zeit noch Gesellschaft, weshalb er auch weiterhin an dessen Blick erinnert wurde, den er Killian und Toran eben noch in seinen Gemächern zugeworfen hatte. Er konnte ihn sich nicht wirklich erklären, weshalb er entschied, den Älteren danach zu fragen.
 

„Sagt, Euch ist eben der Scherz zwischen mir und meinem Stellvertreter nicht entgangen, denn ich sah Euren Blick diesbezüglich. Ihr wart nicht besonders glücklich darüber. Was war der Grund dafür? Erschien Euch das gerade als unangebracht?“

„Verzeiht mein König. Ich wollte Euch mit meiner Reaktion natürlich nicht zu nahe treten“, fing der Ältere sofort an zu sprechen und lächelte freundlich. „Eine solche Art von Scherzen hörte ich bisher nie innerhalb unseres Standes.“

Sofort runzelte Killian die Stirn, dachte über die Worte nach und war sich nicht sicher, wie er sie deuten sollte. „Eine solche Art von Scherzen? Was für eine Art meint Ihr? Ist es Eurer Meinung nach untypisch sich so alles Gute für so einen Tag zu wünschen?“

„Nein, nicht doch! Ich meinte Scherze über gleichgeschlechtliche Beziehungen“, kam auch gleich die fröhliche Antwort und Travis wandte sich wieder ab, da er scheinbar alles erklärt hatte. Zumindest aus seiner Sicht. Killian sah das jedoch anders.
 

„Habt Ihr etwas gegen solche Beziehungen einzuwenden?“, fragte er also um sicher zu gehen, dass er die Aussage nicht falsch deutete und versuchte dabei möglichst locker und weniger skeptisch zu klingen.

„Aber nein“, sagte der ehemalige Stellvertreter und sah überrascht darüber aus, dass das Thema noch nicht beendet war. „Aber eine solche Beziehung wäre doch nur wenig repräsentativ und daher innerhalb der Adelsfamilien schwer vorstellbar. Innerhalb der Königsfamilie wäre es natürlich undenkbar! Ich denke so etwas sollte wohl nicht toleriert werden.“ Erneut lächelte Travis freundlich bevor er sich zum Fenster drehte und das Thema wieder für beendet erklärte.
 

Killian merkte dies nicht mal richtig. Viel zu sehr überrumpelte ihn die gehörte Antwort. Sofort wurde ihm klar, dass er in Zukunft Schwierigkeiten haben würde, diesen Mann mit gleichen Augen wie zuvor zu sehen. Er hätte nicht gedacht, dass Travis es schaffen würde, sich durch eine so kurze Aussage, so unsympathisch zu machen.
 

Killian war glücklich darüber, dass in diesem Moment Bedienstete kamen, um ihn von der Kutsche abzuholen.
 

Ende Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 15
 

Durch die Sonnenstrahlen war es angenehm warm und nur ein leichter Wind kam dazu. Er würde noch nicht mal reichen trockenes Laub aufzuwirbeln, wenn es denn welches auf dem Festplatz geben würde. Es konnte wohl kaum ein angenehmerer Herbsttag sein.

Killian war froh darüber, immerhin fand auch die Hochzeit unter freiem Himmel statt, weshalb er sich nun auf dem großen Platz befand und bereits seinen Platz neben dem Altar, an welchem die Zeremonie abgehalten werden würde, eingenommen hatte, um hier auf Amalias Ankunft zu warten.
 

Wenn er es richtig einschätzen konnte, dann war ein Großteil des Volkes erschienen, welches sich murmelnd unterhielt. Davor befanden sich die Stuhlreihen für die Gäste mit einem höheren Rang.

In den ersten Reihen hatten sich seine Berater und Amalias, sowie seine eigenen Familienmitglieder niedergelassen. Jedoch stellte er fest, dass er die ehemalige Königin nirgends entdecken konnte. Womöglich würde sie sich erst kurz vor Amalias Eintreffen zu ihrem Sitzplatz begeben.

Des Weiteren waren die wichtigsten Adelsfamilien anwesend, unter welchen er auch Peer mit seiner Familie erkennen konnte. Es freute Killian, den Jüngeren wiederzusehen, auch wenn es eigentlich noch gar nicht so lange war, als sie sich zuletzt gesehen hatten. Trotzdem wirkte der Anwärter ein wenig verändert, ernster und mit weniger Flausen im Kopf. Doch das konnte auch daran liegen, dass er sich nun in der Gesellschaft seiner Familie befand. Als sich ihre Blicke kurz kreuzten, lächelte Peer ihm aufmunternd zu, bevor er seinen Kopf respektvoll leicht neigte. Eine Geste, die Killian so zwar nicht erwartete hatte und ihn auch ein wenig irritierte, doch entsprach diese einfach nur der Etikette.

In den letzten Sitzreihen konnte Killian die Handelsfamilien erkennen, die eine wichtige Position bekleideten. Sie waren ihm kaum bekannt, hauptsächlich nur vom Gesicht her, doch ein paar wenige erkannte er als Handelspartner seiner eigenen Familie.
 

Während er dort stand und sich umsah, machte Killian den Fehler zu Aidan zu sehen. Er hatte sich eigentlich vorgenommen, genau dies vor der Zeremonie nicht zu tun, damit es nicht unnötig schwer werden würde. Sofort wich der Jüngere seinem Blick aus, wandte diesen zur Seite und schien mit dem Beobachten von etwas anderem beschäftigt zu sein. Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, wahrte Aidan seine Fassade des freundlichen Diplomaten. Killian konnte aber erkennen, dass das Lächeln erzwungen war und seine Bewegungen einen Hauch von Nervosität mit sich trugen. Seine Augen waren leicht glasig, als wenn er nicht genügend Schlaf bekommen hätte.

Es schmerzte Killian seinen Liebsten so zu sehen, ihn in den letzten Wochen immer wieder so zu sehen. Das Sehnen, einfach zu ihm rüber zugehen und ihn in die Arme zu nehmen, wuchs stetig. Wie gerne würde er den anwesenden Leuten hier zeigen, für wen sein Herz schlug, doch hatte die Zukunft andere Pläne für ihn und in Anbetracht dessen hoffte er, dass es sowohl für Aidan, als auch für ihn selbst einfacher werden würde, dass der Schmerz der Trennung abnehmen und sie offener werden würden, für das, was die Zeit bringen würde. In Killians Fall wäre es Amalia, seine zukünftige Ehefrau, welche nun die Menge dazu bewegte ruhiger zu werden, als sie den Platz betrat.
 

Natürlich war ihm bereits vorher aufgefallen, dass die Prinzessin eine hübsche Frau war. Viele Männer würden ihn um sie beneiden, denn auch heute sah sie sehr attraktiv aus, mit ihren strahlenden Augen, leicht von der Aufregung geröteten Wangen und dem dezenten Lächeln auf den Lippen. Das cremefarbene Kleid, mit der zu ihm passend blauen Schärpe, welche ihr um die Taille gebunden worden war, unterstrich ihre Schönheit noch.

Auf dem oberen Teil des Kleides, welches durch Schnürungen fest an ihrem Körper anlag, waren ebenso wie auf seinem Mantel die goldenen Stickereien des Königshauses angebracht worden, welche in den weiten Rock übergingen und sich dort verloren. Der Unterschied zwischen ihren und seinen Stickereien war, dass ihre auf dem hellen Stoff weitaus weniger auffällig waren, als bei ihm.
 

Nachdem die Anwesenden nun vollends zur Ruhe gekommen waren, begann sie alleine zu ihm nach vorne zu schreiten. Mit diesem Vorgehen unterschieden sie sich von anderen Ländern, denn sie kam nicht nur alleine zu ihm, weil ihr Vater verstorben war, sondern weil dies in ihrem Land so Brauch war. Auch wenn die Königin zumindest offiziell an keinen wichtigen Entscheidungen teilnahm und sie somit nur das Repräsentieren des Königshauses zum großen Teil übernahm, so war es ihnen wichtig, dass man sie als eine starke Person wahrnahm, die eben auch den Weg zum Altar alleine bestreiten konnte, ohne ihn geführt zu werden.
 

Während Killian ihr entgegenblickte, musste er sich zusammenreißen nicht zu Aidan zu sehen. Wie sehr hätte er sich in diesem Moment einfach seine Zustimmung gewünscht, um zu wissen, ob er das Richtige tut, doch war ihm natürlich auch klar, dass es Amalia gegenüber respektlos gewesen wäre, wenn er seinen Blick lieber jemand anderem zugewandt hätte als ihr.

Nun, wo sie immer näher kam, konnte er auch das filigrane Diadem in den hochgesteckten Haaren erkennen, welches sie als Prinzessin auswies. Ihr gesamtes Erscheinungsbild mit ihrer geraden Haltung, ließ sie aussehen wie die stolze Frau, die sie mit Sicherheit war.
 

Bei ihm angekommen machte sie einen leichten Knicks, aus welchem sie sich mit einem freundlichen Lächeln erhob. Auch Killian neigte kurz seinen Kopf zum Gruß, bevor sie sich dem Zeremonienmeister zuwandten.
 

Nach wenigen Sekunden begann dieser bereits zu sprechen und wie auch schon bei der Beerdigung des alten Königs begannen Killians Gedanken abzuschweifen, zu sehr beschäftigten ihn seine eigenen Gefühle.

Es fühlte sich schlicht falsch an für ihn, hier gemeinsam mit Amalia zu stehen. Am liebsten wollte er weglaufen oder einfach Aidan zu sich nach vorne holen, um ihn zu heiraten, doch weder das eine, noch das andere würde eintreffen.

Zum Glück bemerkte er zumindest, dass er schließlich an der Reihe war, sein vorgegebenes Gelübde auszusprechen. „Ich schwöre meiner Gemahlin stets mit Respekt gegenüberzutreten und ihr Loyal zu sein. Ich werde sie, sowie unsere Ehe schützen.“

Danach erhob sich Amalias Stimme, mit ähnlichen Worten. „Ich schwöre meinen Gemahl stets mit Respekt gegenüberzutreten und ihm Loyal zu sein. Ich werde ihn, sowie unsere Ehe schützen.“
 

Der Zeremonienmeister hielt eine weitere kurze Ansprache darüber, hier ein gutes Bündnis geschlossen zu haben und das er zuversichtlich ihrer Zukunft gegenüber stand. Zum Schluss sprach er die Bitte aus, das Bündnis mit einem Kuss zu besiegeln, weshalb Killian sich mehr automatisch Amalia zuwandte.

Sie lächelte ihm kurz zu, bevor sie den Blick leicht niederschlug. Er war froh darum, hatte Angst vor möglichen Erwartungen, die er in ihren Augen hätte sehen können.

Nur kurz senkte Killian seinen Kopf zu ihr herunter, um ihre Lippen zart zu verbinden, doch er spürte gleich, dass es die falschen waren. Zu einem früheren Zeitpunkt seines Lebens hätte er sich wohl darüber gefreut. Niemals wäre er auf die Idee gekommen, eine Frau wie Amalia zu verschmähen! Wie schnell sich so etwas doch ändern konnte.
 

Zu seinem Glück hatte wohl auch sie keine allzu hohen Erwartungen an den Kuss. Sie versuchte gar nicht erst diesen zu vertiefen und bot ihm so die Möglichkeit eines schnellen Rückzuges, während die Besucher der Zeremonie begannen zu applaudieren.

Als sie sich wieder in die Augen sahen, lächelte sie warm und Killian konnte nicht anders, als sich mit seinem Blick zu entschuldigen. Eine Ehe sollte niemals mit so vielen Zweifeln beginnen, sie hatte etwas Besseres verdient.
 

Als das frisch vermählte Paar seinen Blick wieder den Anderen zuwandte, löste sich die Masse bereits ein wenig auf und die ersten Personen des Adels traten langsam zu ihnen nach vorne, um ihnen zu gratulieren.

Die alten Berater machten dabei den Anfang, bis die neuen an der Reihe waren. Alle wahrten die Höflichkeit. Dies beinhalteten, dass man der zukünftigen Königin einen Handkuss gab und dem zukünftigen König die Hand reichte. Jedoch war es nur den Beratern und dem höheren Adel erlaubt bei solchen Anlässen diesen Körperkontakt herzustellen. Der niedere Adel, sowie die Handelsfamilien hatten Abstand zu wahren und durch Knickse und Verbeugungen ihren Respekt zu zollen.
 

Schließlich trat Aidan als vorletzter der Berater vor und ohne zu zögern, brach Amalia mit den Regeln und schloss die Arme um ihn, um ihn fest an sich zu drücken. Ein wenig überrumpelt blickte ihr jüngerer Bruder drein und hob nur zögerlich die eigenen Arme, um ihre Geste zu erwidern.

„Du bist und bleibst mein Bruder, hörst du?“, fragte Amalia schließlich und sah Aidan dabei wieder ins Gesicht. „Mir ist egal, was Vater beschlossen hatte.“
 

Killian konnte nicht anders als glücklich über die gehörten Worte zu lächeln und das Aidans Gesichtsausdruck sich von einem überforderten zu einem gerührten wandelte, machte die Situation nur besser. Ihm war klar, dass Aidan unter dem offiziellen Verlust seiner Familie litt, dass seine Schwester, die sie nun eigentlich nicht mehr war, aber noch immer zu ihm stand, würde ihm zumindest einen gewissen Teil seines Kummers nehmen. Killian selbst würde dagegen auch sicherlich nichts unternehmen, auch wenn er in der Position war, um dies zu unterbinden.
 

„Ich danke dir, Amalia“, sagte Aidan schließlich leise und lächelte sie glücklich an.

Um zu dem unterbrochenen Ablauf zurück zukommen wählte der Berater nun die Variante des niederen Adels, um ihnen weiterhin entgegenzutreten und verbeugte sich. „Ich wünsche euch alles Gute“, sprach er leise, statt der üblichen Glückwünsche, die sie heute noch öfters zu hören bekommen würden. Dann trat er beiseite und ließ Luan vortreten, der als letzter von den Beratern übrig geblieben war.
 

Danach kamen schon bald Killians Eltern nach vorne, wobei seine Mutter erstaunlich ruhig war. Er war sehr erleichtert darüber und vermutete, dass sein Vater etwas damit zu tun hatte. Es wäre ihm mehr als unangenehm gewesen, wenn er seine Mutter zu Recht hätte weisen müssen, denn so langsam würde er sich nicht mehr davor drücken können.
 

Zusammen mit den Mitgliedern der kleineren Adelsfamilien kam dann schließlich auch Peer vor sie getreten. Wie es sich für den Sohn einer solchen Familie gehörte hielt er sich ein wenig mehr im Hintergrund, doch trotzdem freute es Killian ihn zu sehen und hoffte nachher auf dem Fest die Gelegenheit zu bekommen sich auch kurz mit ihm unterhalten zu können.
 

Schließlich hatten Amalia und Killian die Gratulationen alle entgegengenommen und die Bediensteten traten an sie heran, um sie zu dem Festsaal zu geleiten, in welchem die geladenen Gäste auch bereits langsam angekommen sein sollten.
 

Auf dem Weg dorthin waren die beiden zunächst recht schweigsam, wussten nicht, was sie dem jeweils anderem mitteilen sollten, doch schließlich wandte Killian sich leicht zu Amalia.“Wo ist die ehemalige Königin? Ich habe sie bis zum Schluss nicht gesehen“, sprach er die Frage aus, die ihn schon eine Weile lang beschäftigte.

„Sie möchte in Zukunft das Schloss meiden. Die Erinnerungen beschäftigen sie noch zu sehr“, erklärte Amalia und ihr Blick richtete sich gen Boden. „Außerdem möchte sie vermeiden Aidan zu begegnen.“

„Verstehe“, sagte Killian leise und nickte kurz dazu. „Geht es ihr gut?“

„Ja, das tut es“, sagte Amalia knapp.
 

Killian verstand, dass er wohl direkt ein schlechtes Thema gewählt hatte oder aber er hatte sie bereits anderweitig verärgert. Er hoffte es nicht und wünschte sich, dass der restliche Tag einfach gut verlaufen würde.
 

- - - - -
 

Mit dem Verklingen der Musik ließ Killian die Hände von Amalias Körper sinken und sie verneigten sich kurz voreinander. Mit diesem Eröffnungstanz hatten sie nun alle Pflichtteile des Tages erfüllt und gemeinsam gingen sie zurück zu dem Tisch, an dem sie für das Fest saßen. Die Leute, die auf den Plätzen neben ihnen gesessen haben waren inzwischen nicht mehr dort, denn auch sie waren nun auf der Tanzfläche oder aber knüpften Kontakte mit den anderen Gästen.
 

Amalia nahm gerade einen Schluck aus ihrem Weinbecher, als Killian begann zu sprechen. „Es tut mir leid.“

Sofort hielt sie in der Bewegung innen und sah ihn an, nachdem sie den Becher wieder hat sinken lassen. „Was tut dir leid?“

„Dass ich deinen Bruder liebe.“ Mit diesen Worten griff nun auch Killian zu seinem Becher, um einen Schluck zu nehmen. Amalia nickte kurz.

„Dann ist es inzwischen also ernster zwischen euch, als mein letzter Kenntnisstand war.“

Killian wusste nicht, was er darauf erwidern sollte, doch letztendlich nahm Amalia ihm das ab. „Ich bin mir seit der Verkündung bewusst, dass du abgelenkt sein würdest“, erzählte sie und strich mit den Fingern über die eingravierten Muster ihres Bechers. „Eigentlich habe ich mir einen Mann gewünscht, bei dem ich zumindest eine Chance habe.“

„Das tut mir leid“, entschuldigte Killian sich ein weiteres Mal.

„Nun ist es so, wie es ist“, seufzte sie und stellte den Becher zurück auf den Tisch. „Ich weiß nicht, ob Aidan dir davon erzählt hat, aber ich gab euch beiden meinen Segen. Das kann ich nun schlecht zurücknehmen, vor allem mit dem Wissen, was mein Bruder bereits alles verloren hat.“
 

Natürlich wusste Killian, dass sie ihren Segen hatten, immerhin hatte Aidan es ihm glücklich an dem gleichen Tag gesagt. Danach gestand er ihm seine Liebe.

Er rechnete es Amalia hoch an, das sie in dieser Sache vorrangig an ihren Bruder dachte. Trotz der vielen Jahre, in denen die beiden sich nicht gesehen hatten, scheint ihre gemeinsame Bindung nach wie vor sehr stark zu sein.
 

„Ich werde aber meine Chance bei dir nutzen, wenn ich denn eine sehe“, sagte Amalia schließlich mit Überzeugung in der Stimme und sah Killian dabei ernst an.

Zugegeben, es überraschte ihn ein wenig, doch trotzdem nickte er schließlich. „Das ist in Ordnung.“ Zumindest dachte er das in diesem Moment, denn auch sie sollte das Recht haben ihre Ehe zu Formen und nicht einfach nur in dieser gefangen sein.
 

„Lass uns fürs Erste zumindest Freunde sein, in Ordnung?“, fragte sie und lächelte ihn an. Ein Angebot, welches er gerne annahm.

„Das klingt gut“, stimmte er also zu und nickte zusätzlich, bevor er sich einem ernsteren Thema wieder zuwenden wollte. „Wie geht es dir? Wie gehst du mit den Geschehnissen der letzten Wochen um?“

Sie lächelte weiterhin, doch Killian glaubte erkennen zu können, dass dies nun ein aufgesetztes Lächeln war.

„Mir geht es gut. Es ist nichts passiert, was ich nicht erwartet hätte, mit Ausnahme der Wahl des Königs. Eigentlich habe ich gedacht, dass Toran gewählt werden würde.“
 

Killian verkniff es sich, sich ein weiteres Mal zu entschuldigen, immerhin konnte er für diese Wahl nichts. Außerdem wäre es wohl fraglich gewesen, ob sie mit Toran die bessere Wahl gehabt hätte, immerhin hatte auch er sein Herz bereits verschenkt, doch das erzählte er ihr lieber nicht.
 

Kurz darauf kamen auch bereits die ersten Leute auf sie zu und verwickelten die beiden in unterschiedliche Gespräche.
 

- - - - -
 

Killian war unruhig. Wieder stand er vor einer Schlafzimmertür, starte diese an und traute sich nicht die Türklinke herunterzudrücken.

Er und Amalia hatten das Fest verlassen, als es dunkel geworden war. Es waren zwar noch Gäste anwesend, doch so wie er die Situation einschätzte, würden diese auch noch eine ganze Weile feiern, einfach um des Feierns wegen.
 

Eine ganze Weile lang hatte er in seinem dunklen Schlafzimmer gesessen, mit dem Wissen, was man nun von ihm erwarten würde und trotzdem fiel es ihm besonders schwer, dem nachzukommen. Schließlich schaffte er es sich aufzuraffen und durch die Dunkelheit zu gehen, in der Hoffnung sich zumindest so ein wenig zu verstecken. Natürlich war ihm klar, dass es die Situation nicht ändern würde, doch was tat man nicht alles, um sich selbst zu beruhigen?
 

Zu seiner Nervosität mischte sich nun auch die Wut. Er war wütend über die Situation, wütend, dass er nicht den Menschen hat heiraten dürfen, den er wollte und wütend, dass er nun etwas tun sollte, zu dem er nicht bereit war. Er war sich nicht sicher, ob er das überhaupt tun konnte.
 

Letztendlich trat er noch einmal nervös von einem Fuß auf den anderen und in einem Moment, in dem er kurz Zeit nicht darüber nachdachte, was seine Gefühle für ein Chaos in ihm hinterließen, griff er nach der Türklinke und drückte diese hinunter.
 

Ende Kapitel 15

Kapitel 16

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 17

Kapitel 17
 

Als Killian langsam wach wurde, merkte er als Erstes die angenehme Wärme an seinem Rücken, die von Aidans Körper ausging. Einer dessen Arme lag um ihn, auf Höhe seiner Hüfte und er konnte die ruhige Atmung des jüngeren in seinem Nacken spüren, wo seine kurzen Härchen sachte angepustet wurden.

So wachte er gerne auf und wie von alleine schlich sich ein kleines Lächeln auf Killians Lippen. Allmählich kamen ihm auch die Erinnerungen an die vergangene Nacht in den Sinn, weshalb er wohlig seufzte und sich ein wenig mehr nach hinten, an die Brust seines Liebsten schmiegte.

Die Erinnerungen jedoch weckten ihn auch weiter auf, weshalb er mehr und mehr von seiner Umgebung wahrnahm, trotz seiner noch geschlossenen Augen. Immer präsenter wurde das Gefühl, dass sich am Ende des Bettes noch ein weiterer Schwerpunkt befand, welcher die Matratze unerbittlich absenkte.
 

Irritiert von dem Gefühl, von den inneren Dämonen bereits beim Aufwachen begrüßt zu werden, öffnete er die Augen einen spaltbreit und sah zu der entsprechenden Stelle des Fußendes, darauf wartend, dass der Schleier des Schlafes verschwand und er klar sehen konnte.

Schlagartig war er vollständig wach, saß dort immerhin Amalia an den Bettpfosten gelehnt und sah ihn direkt an. Unwillkürlich zuckte er zusammen und richtet sich ihr zugewandt ein wenig auf, wodurch er scheinbar auch Aidan weckte.

„Ich bin tatsächlich bereits in meiner Hochzeitsnacht von meinem Mann betrogen worden“, stellte die junge Frau mit monotoner Stimme fest und wechselte mit dem Blick nun zwischen den Liebenden langsam hin und her.
 

„Amalia!“, kam es geistreich von Killian. „Ich… also… was…“, stotterte er, weil er schlicht nicht wusste, was er dazu sagen sollte. Er würde ihr gerne die Situation erklären, doch war sie natürlich nicht blind und hatte die Situation schon selbst erfasst. Er wusste nicht, welche Worte er wählen sollte, die die Sache verbessern konnten. Einerseits machte sich langsam aber sicher das schlechte Gewissen ihr gegenüber in ihm breit, doch andererseits bereute er die letzten Stunden auf keinen Fall und würde dieselbe Entscheidung jeder Zeit wieder treffen. Das Amalias Gesichtsausdruck dabei völlig neutral war und er nicht eine Gefühlsregung daraus ablesen konnte, half ihm nicht gerade.
 

„Was machst du hier in meinem Zimmer?“, fragte Aidan auf einmal an Amalia gewandt und klang dabei ähnlich monoton wie sie zuvor. Als der junge König seinen Liebsten ansah, konnte er auch bei diesem nur einen relativ neutralen, wenn nicht sogar einen dezent genervten Gesichtsausdruck feststellen.

„Ich habe meinen Mann vermisst und ihn auch nicht in seinem eigenen Schlafzimmer vorgefunden. Es muss mein Instinkt gewesen sein, der mich zu deinem Zimmer führte“, sprach Amalia und ihre zuvor monotone Stimme erschien nun doch ein wenig gereizter. Als Killian zu ihr blickte, konnte er feststellen, dass ihr Blick nun völlig auf ihren jüngeren Bruder gerichtet war und er selbst damit wohl zu einer Art Nebensache geworden war.

„Du hättest anklopfen können“, meinte Aidan sofort und Killians Blick wechselte wieder zu ihm, um festzustellen, dass sich nun langsam die Augenbrauen des Jüngeren hoben.

„Mir erschien es als zu früh, euch beide schon zu wecken.“
 

Wieder blickte der junge König zurück zu seiner Frau, die gerade ihre Position ein wenig gerader rückte und er fühlte sich, als hätte er ihren zuvor zwischen den beiden hin und herwechselnden Blick übernommen.

„Du hättest auch im Wohnraum auf unser Aufwachen warten können.“

„Im Schlafzimmer ist es gemütlicher.“
 

Killian war klar überfordert mit diesem Gespräch. Er hätte niemals mit einer solchen Reaktion von Aidan gerechnet. Immerhin schien er fast schon genervt von der Anwesenheit seiner Schwester zu sein und sich gestört zu fühlen, statt sich ihr gegenüber schlecht zu fühlen, weil er mit ihrem Mann geschlafen hatte. Hatte er etwa seine Einstellung zu ihrer Liebesbeziehung geändert? Würde er doch versuchen sie weiter aufrecht zu halten, ungeachtet der eigentlichen Regelung?
 

Zunächst sahen die Geschwister sich nur stumm eine Weile an, in der Killian kaum wagte sich auch nur zu bewegen. Er hatte das Gefühl, dass es vielleicht besser war, zunächst abzuwarten, was noch kommen möge. Als Amalia aber ruckartig ihm ihren Blick wieder zuwandte, musste er sich zusammenreißen nicht zusammen zu zucken, in dem Versuch sich zu verstecken. Auch wenn sie es nicht offen zeigte, so schien sie zumindest äußerst angespannt zu sein. Er kannte sie nicht gut genug um sagen zu können, wie sie in solchen Situationen reagieren würde.

„Warum weiß dein Kammerdiener nichts über deinen Verbleib?“, fragte sie und nun konnte Killian klar sagen, dass sie wohl sauer war. Bezog sich dies nun aber auf die gesamte Situation oder doch eher auf die gestellte Frage? Er wusste es nicht.

„Ich hatte keine Gelegenheit mit Liam zu sprechen. Mein Weg hat mich direkt…“, begann er zu erklären, als er auch bereits unterbrochen wurde.

„Zumindest eine Person sollte wissen, wo du bist!“, tadelte seine Frau sauer.
 

Killian öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, jedoch schloss er ihn auch sofort wieder. Was genau sollte er darauf erwidern? Immerhin hatte sie recht. Er war nun der König und konnte nicht einfach so verschwinden wie es ihm beliebte. Wäre dies jemand anderem aufgefallen, so wäre womöglich bereits das ganze Personal auf den Beinen, um ihn zu Suchen. Aber es gefiel ihm gleichzeitig auch nicht, wie sie mit ihm sprach. Doch durfte er ihr das Vorhalten? Natürlich wusste sie über seine Gefühle Bescheid, hatten sie immerhin erst gestern darüber kurz gesprochen, doch wäre es mit Sicherheit ihr gegenüber gerechter gewesen, wenn sie zunächst über sämtliche Möglichkeiten ausführlich gesprochen hätten. Doch den Impuls, dem er gestern gefolgt war hätte er wohl trotzdem nicht unterdrücken können oder vielmehr hätte er ihn wohl kaum unterdrücken wollen.
 

Noch während Killian in Gedanken war und sich den Kopf zerbrach, übernahm Aidan es, auf die Aussage Amalias zu antworten. „Es wusste doch jemand Bescheid, immerhin ist er nicht alleine in diesem Raum gewesen.“

Ein bittersüßes Lächeln zeigte sich auf den Lippen der Königin, als sie ihren Bruder kurz bedachte, dann wandte sie sich jedoch wohl lieber wieder ihrem Mann zu.

„Bitte geh doch schon mal zum Frühstück vor. Ich würde gerne mit Aidan alleine sprechen.“
 

Sofort wandte er Aidan sein Gesicht zu, blickte jedoch weiterhin zu Amalia, auf deren Gesicht sich nun ein strahlendes Lächeln zu zeigen begann. Nun zweifelte er auch nicht mehr an, dass sie ebenso wie ihr Bruder genauestens wusste eine Fassade zu zeigen, die kaum das widerspiegelte, was sich in ihrem Inneren abspielte. „Bitte“, fügte sie freundlich hinzu.

Nun wechselten seine Augen doch zu seinem Liebsten, welcher ihn nur mit einem ähnlichen Lächeln ansah. „Ich kümmere mich schon darum“, ließ er verlauten und da Killian Aidan in jeglicher Hinsicht vertraute, ließ er sich das nicht zweimal sagen. Diese Situation überforderte ihn im Moment maßlos. Er war darauf geschult worden in politisch brenzligen Situationen den Überblick zu behalten und schnell handeln zu können. Doch hatte er nun keine Ahnung, wie er mit so vielen Emotionen, die ohne Zweifel zwischen ihnen standen, umgehen sollte. Wenn die beiden somit das Ganze als Erstes zwischen sich klären wollten, so würde er sie nicht davon abhalten. Immerhin konnte er die Zeit ebenfalls nutzen und seine eigenen Gedanken zunächst einmal sortieren.
 

Er war froh, auf der Seite des Bettes gelegen zu haben, auf welcher er erst am vergangenen Abend seine Kleidung verloren hatte, so konnte er diese nun zügig zusammensammeln. Die Decke war weiter an seinem Körper heruntergerutscht, als er plötzlich die zischende und ermahnende Stimme seines Liebsten hörte. „Starr ihn nicht so an!“

Ein wenig irritiert über die Aussage sah Killian nun über seine Schulter hinweg zu den Geschwistern, die ihn jedoch nur seelenruhig anlächelten und ihn ermutigen mit seinem handeln fortzufahren.
 

Als Killian sich nun wieder umdrehte und im Begriff war, sich das erste Kleidungsstück überzustreifen, vernahm er die Stimme Amalias. „Du hast ihm den Rücken ganz schön zerkratzt.“

Nun kam er doch nicht drum herum sich noch unwohler zu fühlen, weshalb er sich schnellstmöglich die Kleidungsstücke notdürftig überzog und ohne sich nochmal umzublicken zur Tür begab. Kaum hatte er den Raum verlassen und die Tür hinter sich geschlossen, da hörte er auch schon, wie die beiden Geschwister anfingen zu diskutieren. Killian war nicht sicher, ob er frustriert oder glücklich darüber sein sollte, dass die schwere Holztür massiv genug war, dass er davor kein Wort von dem Gesprochenen verstehen konnte. Doch wahrscheinlich war es gut so, sonst hätte er womöglich nur noch mehr Dinge gehabt, über die er sich den Kopf hätte zerbrechen können.
 

Viel lieber machte er sich nun über Aidan und dessen Verhalten Gedanken. Natürlich wusste er, dass es ihm missfiel in seiner Privatsphäre gestört zu werden, was somit zum einen sein Verhalten erklärte, doch genauso wusste er, dass er und Amalia sich trotz der jahrelangen Trennung sehr gut verstanden. Bereits bei dem Besuch der Anwärterinnen hatte Killian erkannt, dass seine damals zukünftige Frau eine dominantere Art an den Tag legte, als es ihr Bruder tat, welcher in emotionalen Situationen eher dazu tendierte sich zunächst unterzuordnen und erst im Nachhinein, wenn die Gemüter sich abgekühlt hatten, das Gespräch nochmal zu suchen.

Das Aidan nun völlig gegen seine vorherige Verhaltensweise handelte, verwirrte Killian. Er konnte nicht einschätzen, was das nun zu bedeuten hatte, doch er hoffte, dass es nicht wieder in einer ihm gegenüber ablehnenden Haltung enden würde. Doch er würde abwarten müssen, bis er das nächste Mal auf ihn traf, um dies einschätzen zu können.
 

Mit Amalia hingegen würde er später auf jeden Fall sprechen wollen. So unangenehm die Situation auch war und so gerne er einem solchen Gespräch auch aus dem Weg gehen wollen würde, so sehr war es auch sein Wunsch, nicht unnötig ihre Gefühle zu verletzen, indem er ihr das Gefühl gab, nicht wichtig in dieser Sache zu sein.
 

- - - - -
 

Die drei sahen sich erst bei dem gemeinsamen Frühstück wieder. Amalia und Aidan machten auf Killian einen zufriedenen Eindruck, unterhielten sich und setzten sich letztendlich auch nebeneinander zu ihm. Es sollte den jungen König wahrscheinlich beruhigen, doch das tat es nicht, vielmehr machte es ihn nervös. Sie darauf ansprechen konnte er jedoch nicht, denn sämtliche Berater waren ebenfalls anwesend, teilweise sogar mit ihren Familien, weshalb Amalia und Killian erneut auch ein paar Glückwünsche entgegennehmen mussten.
 

Während des Essens unterhielten die Anwesenden sich in kleineren Grüppchen, wobei der junge König sich jedoch größtenteils zurückhielt. Sein Liebster und seine Schwester verhielten sich durchweg anders als noch am Morgen und er fragte sich, ob sie diese gute Laune nur vorgaben. Soweit er Aidan jedoch einschätzen konnte war dies keine Fassade. Doch konnten sie sich zu dem Thema wirklich so schnell geeinigt haben, dass sie sogar beide mit dem Ergebnis einverstanden und glücklich waren?

Killian konnte es schlichtweg nicht lassen den beiden immer wieder einen Seitenblick zuzuwerfen, auf der Suche nach einem Anzeichen dafür, dass die Differenzen nach wie vor bestanden, doch wurde er nicht fündig.
 

Schließlich wurde er von seinen weiteren Beobachtungen abgehalten, als einer der älteren Berater sich räusperte und sich direkt an das Königspaar wandte. „Ich nehme an, dass es keine Beschwerden über die vergangene Nacht gibt?“, versuchte der Mann sich zu informieren, doch man erkannte an der Tonlage seiner Stimme, dass er wohl viel mehr neugierig und nicht interessiert an Beschwerden war.

„Ich hoffe doch, dass es befriedigend für den König war“, murmelte Aidan so leise, dass nur Amalia, Killian und Toran noch etwas davon mitbekamen, weil sie in der direkten Nähe saßen. Seine Schwester reagierte sofort auf diese Aussage, indem sie ihm scheinbar möglichst unbemerkt unter dem Tisch auf den Fuß trat, sonst aber weiterhin lächelte und freundlich antwortete. „Der König und ich sind uns einig.“

Ein wenig irritiert über diese Antwort und nicht wissend, wie sie das wohl meinen könnte, nickte Killian jedoch einfach nur zustimmend. Waren sie sich nun tatsächlich bereits einig oder gab sie dies nur vor?

Auch der Berater nickte nur. Sei es nun, weil er verstanden hatte, dass er wohl keine andere Antwort erhalten würde oder weil er diese ebenfalls nicht richtig einordnen konnte.
 

Damit wandten sich die Anwesenden wieder anderen Gesprächen zu, bis erneut das Wort durch einen anderen an Amalia gewandt wurde. „Ist es überhaupt in Ordnung für Euch, dass Aidan neben Euch sitzt?“

Den Zuhörenden war natürlich sofort klar, dass es sich dabei um den Umstand handelte, dass Aidan aus seiner Familie verwiesen wurde. Auch am gestrigen Tag hatte es sich schnell herumgesprochen, dass die ehemalige Königin die Feierlichkeiten aufgrund ihres ehemaligen Sohnes gemieden hatte. Aufgrund dessen konnte Killian es seinem Berater nicht einmal richtig übel nehmen, dass er sich danach erkundigte. Immerhin konnte es tatsächlich der Fall sein, dass es ihr missfiel, hätte er sich jedoch für die anderen am Tisch zuvor interessiert, dann hätte er feststellen müssen, dass die beiden Geschwister durchaus keinerlei Probleme mit der Sitzplatzwahl hatten.
 

Doch auch bei dieser Frage bewahrte Amalia die Ruhe und lächelte den Fragenden freundlich an. „Ich freue mich sehr darüber nun endlich wieder mehr Zeit mit meinem Bruder zu verbringen.“ Das Wort Bruder betonte sie dabei jedoch extra und verdeutlichte, dass sie ihn ganz offensichtlich nicht als verstoßen betrachtete. Als der Berater andeutete, etwas einwenden zu wollen, hob sie sofort die Hand und unterbrach ihn so in seinem Vorhaben. „Mein Vater hat entschieden ihn zu verstoßen, nicht ich. Ich kann ihn natürlich nicht wieder in der Familie aufnehmen, jedoch wird es sich für mich nie ändern, dass Aidan mein Bruder ist.“
 

Auch an diesem Morgen ließen ihre Worte Killian lächeln. Genauso wie am vorigen Tag gefiel ihm ihre Einstellung zu dem Thema und als er zu Aidan sah, konnte er erneut erkennen, wie gerührt er nach wie vor durch diese Worte war.

Am gesamten Tisch jedoch trat eher betretenes Schweigen ein. Einige der Anwesenden senkten ihren Blick gen Tischplatte. Der junge König konnte nicht einschätzen, ob es nun daran lag, dass sie eine Missachtung der Regeln des alten Königs missbilligten oder einfach nur daran, dass einer der ihren zurechtgewiesen wurde, doch es war Killian in dem Moment auch nicht wichtig. Sollte jemand wirklich ein Problem damit haben, dass die Geschwister einen guten Kontakt pflegten, so sollte man sich an ihn richten und er würde sich gegen eine Unterbindung dessen aussprechen.
 

Letztendlich begannen die ersten Leute sich zu verabschieden, um ihren Arbeiten nachzukommen, weshalb Travis sich an das frisch vermählte Paar wandte. „Mein König, meine Königin, Ihr werdet nun ein paar Tage Zeit für Euch bekommen, damit ihr Euch ausreichend kennenlernen könnt. In der Zwischenzeit werden wir, Eure Berater, selbstverständlich für einen reibungslosen Ablauf der politischen Angelegenheiten sorgen.“

„Versteht mich nicht falsch, ich freue mich darauf, meine Frau besser kennenzulernen, jedoch bezweifle ich, dass wir dafür tatsächlich die Zeit haben“, sprach Killian seine Bedenken sofort offen aus, als er die Worte des Beraters hörte. Er fühlte sich bei weitem noch nicht richtig über das Land informiert, dessen Krone er in Kürze aufgesetzt bekommen würde.

„Macht Euch keine Gedanken“, wehrte Travis sogleich ab. „Ich werde Euren Stellvertreter auch weiterhin über alles Wichtige in Kenntnis setzten. Außerdem werden wir alle Euch auch weiterhin gut beraten.“ Mit diesen Worten entschuldigte sich der ehemalige Stellvertreter bereits und deutete Toran, dass er ihm folgen möge. Dieser stand ebenfalls auf und raunte Killian noch zu, das er ihn über das wichtigste informieren würde.
 

Letztendlich leerte sich der Speisesaal immer mehr und zurückblieben nur noch Amalia und Killian.

„Hat man mich soeben bevormundet?“, fragte Killian sich leise selbst und sah der letzten Person nach, die durch die Tür gegangen war.

„Das vielleicht nicht, doch mir scheint, dass man deine Entscheidungen infrage stellt, bevor du sie richtig getroffen hast“, sagte Amalia wie selbstverständlich, während sie sich noch ein Stückchen Obst in den Mund schob. Ob Killian diese Variante nun besser gefiel, wusste er nicht, allerdings erinnerte ihn die Aussage ein wenig an den Morgen, weshalb er sogleich den Moment nutzte. „Amalia, das heute Morgen tut mir leid. Das hätte…“
 

Schon zum zweiten Mal an diesem Morgen unterbrach sie ihn, dieses Mal jedoch weitaus freundlicher und mit einer wedelnden Handbewegung. „Es hat mich nicht überrascht, keine Sorge. Ich habe es viel mehr erwartet. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, wenn du zuvor mit mir nochmal gesprochen hättest“, sagte sie und nahm Killian ein paar seiner Sorgen. Doch ihm war klar, dass es die Situation trotzdem nicht ungeschehen machte. „Dennoch ist es unangenehm, dass du noch in der Hochzeitsnacht zu meinem Bruder gegangen bist“, fügte sie leise hinzu und hatte sich dabei leicht zu ihm gebeugt, damit er sie besser verstehen konnte.
 

„Es tut mir leid, wirklich“, begann Killian erneut sich zu entschuldigen und dieses Mal ließ Amalia ihn auch aussprechen. „Wir hatten das eigentlich beendet und ich wollte mich auch daran halten. Ich wollte mich an die vorgegebenen Regeln halten, doch als der Abend hereinbrach und ich kurz alleine war, da haben mich meine Füße wie von alleine zu ihm getragen. Es tut mir leid.“

Sie sah ihn während seiner Worte ernst an und als er geendet hatte, seufzte sie leicht. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es nicht leicht für euch beide ist. Es gefällt mir auch nicht, dem Glück meines Bruders im Weg zu stehen, doch diesen Platz hat man nun mal für uns gewählt.“

Sofort nickte Killian. Es war für keinen der drei leicht und sie würden das Beste daraus machen müssen.

„Aber ich möchte euch beide darum bitten, mich mit Respekt zu behandeln“, fügte sie hinzu und sah ihn bittend an. Das war wohl das erste Mal, dass sie ihm gegenüber diese Art der Schwäche zeigte und es fühlte sich für ihn furchtbar an, sie überhaupt in eine solche Lage zu bringen. Sofort nickte er auch dieses Mal und zeigte ihr so seine Zustimmung. „Wir werden dich so weit wie möglich mit einbeziehen. Du sollst keine bösen Überraschungen erleben.“
 

Sofort zwang sie sich ihren Gesichtsausdruck zu wandeln und schließlich grinste sie ihn an. „Dann kannst du gerne anfangen zu erzählen!“, sagte sie und Killian hoffte, dass ihr Interesse an ihnen echter war, als ihre nun aufgesetzte grinsende Miene. „Als wir uns das letzte Mal sahen, da war mein kleiner Bruder noch so unschuldig und frisch verliebt. Er hatte nichts mit diesen Körperlichkeiten zu tun gehabt und jetzt bekomme ich hier einen solchen Bruder zurück?“

Aufgrund dieser Aussage zogen sich sowohl Killians Augenbrauen, als auch seine Mundwinkel nach oben. „Hat er das so gesagt?“, fragte er, auch wenn er sich ohnehin schon gedacht hatte, dass Aidan damals wohl kaum intime Details ausgeplaudert hatte, auch wenn es tatsächlich noch nicht ganz so viel zu erzählen gegeben hatte.
 

Ende Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 18
 

Seit der Hochzeit waren ein paar Tage vergangen, welche Amalia und Killian tatsächlich größtenteils zusammen verbracht hatten, um sich besser kennenzulernen. Umso mehr der junge König von seiner Gemahlin erfuhr, desto glücklicher war er mit der Wahl dieser. Selbstverständlich würde er sich nach wie vor wünschen, dass Aidan an seiner Seite war, doch schien Amalia diejenige der Anwärterinnen zu sein, die wirklich am besten zu ihm passte und sie schien ebenso sehr gut mit der Situation rund um ihn und ihren Bruder umgehen zu können. Es wäre fraglich gewesen, ob es eine der anderen Frauen auch auf diese Weise aufgenommen hätte. Aidan wiederum verbrachte nun jede Nacht bei Killian und auch er schien sich erstaunlich gut mit der Situation arrangieren zu können.
 

Nach wie vor wusste der junge König nicht, was die beiden Geschwister ohne sein Beisein in Aidans Schlafzimmer besprochen hatten, doch offensichtlich sahen sie die gesamte Situation nun lockerer und das langfristig. Wenn er nachfragte, was während des Gespräches passiert war, dann wichen ihm beide aus oder sagten ihm offen ins Gesicht, dass er das nicht wissen müsste. Trotzdem war er neugierig, denn auch wenn er Amalia als eine sehr unkomplizierte Person kennenlernte, so fragte er sich doch, ob dieses Verhalten nur erzwungen war. Er konnte sich kaum vorstellen, dass sie sein und Aidans Verhalten auf lange Sicht akzeptieren würde. Doch hatte er auch Probleme damit sich in sie hinein zu versetzen, sei es nun aus dem Grund, dass nicht sie in einer Beziehung war oder weil er einfach ein Einzelkind war und somit nicht wusste, wie es war Geschwister zu haben, die man liebte.
 

Nun saßen Amalia und Killian an diesem Morgen gemeinsam in ihren privaten Räumlichkeiten an einem reichlich gedeckten Frühstückstisch, während sie sich über belanglose Dinge unterhielten, als sie plötzlich unterdrückte und trotzdem recht laute Stimmen vor der Tür wahrnahmen, die miteinander diskutierten. Beide seufzten aufgrund dessen auf und während Killian anfing sich die Nasenwurzel zu massieren, stellte Amalia ihre Tasse zurück auf den Tisch. „Nicht schon wieder“, murmelte sie leise und schüttelte langsam den Kopf.
 

Beinahe wie jeden Morgen und teilweise auch zu anderen Tageszeiten konnten sie Ada und Liam hören, wie sie über Killians Verhalten sprachen. So wie Liam seinem König aus der Anwärterzeit folgte und diesem nun als Kammerdiener zur Seite stand, so war auch Ada ihrer Königin gefolgt und unterstützte sie als eine ihrer Hofdamen, auch wenn sie zuvor eine Anwärterin gewesen war. Wenn man Killian fragte, so passte diese Position gut zu ihr, immerhin hatte sie auch schon auf Amalia und ihre Verhaltensweisen während der Ausbildung achtgegeben. Dass sie in ihrer neuen Aufgabe jedoch so sehr aufging, wie sie es nun tat, hätte er dann doch nicht erwartet.
 

Fast täglich schimpfte sie mit Liam, dass dieser bitte dafür Sorge tragen sollte, dass Killian sich auch in der Nacht um Amalia kümmern solle, statt sich in seinem eigenen Schlafzimmer einzusperren. Das Königspaar vermutete, dass es ihr dabei wohl nicht einmal unbedingt um einen künftigen Erben ging, sondern, dass sie einfach befürchtete, dass sie bereits am Anfang ihrer Ehe in eine Krise geraten könnten. Immerhin handelte es sich bei ihrer Ehe um eine arrangierte und alleine das konnte ein großer Streitpunkt sein.

Liam wusste aber natürlich, dass der König seine Nächte nicht alleine verbrachte und versuchte dieses Geheimnis schlicht zu schützen, da sie Ada bisher nicht eingeweiht hatten.
 

„Ada!“, rief Amalia schließlich und augenblicklich verstummten die Stimmen vor der Tür. Nach einer Weile des Schweigens öffnete sich langsam die Tür und vorsichtig streckte die Gerufene ihren Kopf durch einen Spalt in den Raum.

„Hast du mich gerufen?“, fragte eine unschuldig dreinblickende Ada vorsichtig.

Killian war froh, dass die beiden Frauen inzwischen normal miteinander sprachen, wenn er dabei war. In den ersten wenigen Tagen nach der Hochzeit hatte Ada darauf bestanden, Amalia auf förmlicher Art und Weise anzusprechen, sobald er den Raum betreten hatte. Es hatte einiges an Überredungskunst gebraucht, doch schließlich hatten Amalia und er sie davon überzeugt, dass, solange sie unter sich waren, die förmliche Ansprache ruhig fallengelassen werden konnte.
 

„Komm bitte herein und bringe Liam am besten gleich mit“, sagte Amalia geduldig zu ihrer Freundin und faltete bedächtig ihre Hände in ihrem Schoß.

Nachdem die beiden Bediensteten eingetreten waren, standen sie nebeneinander vor dem Königspaar und warteten, bis Amalia erneut zu sprechen ansetzte. „Warum streitet ihr immer wieder über ein Thema, dass euch noch nicht einmal persönlich betrifft?“, wollte sie wissen und klang dabei ein wenig streng, als ihr Blick zu der Frau ihr gegenüber wanderte.

„Es tut mir leid“, sagte Ada leise und schien sich ertappt zu fühlen. „Ich mache mir Sorgen um eure Ehe, ob sie denn auch so harmonisch abläuft, wie sie könnte. Ich möchte, dass ihr glücklich seid“, erklärte sie ihre Absichten hinter ihrem Verhalten kleinlaut, aber ehrlich.

„Das ist lieb von dir“, sagte Amalia lächelnd und augenblicklich schien die andere junge Frau sich zu entspannen. „Aber darum brauchst du dich nicht zu kümmern. Das müssen wir alleine für uns klären.“ Dann wandte sie sich an Liam. „Was hast du ihr bisher für einen Grund für Killians Verhalten genannt?“, wollte sie wissen und schien dabei weniger fordernd, dafür aber mehr neugierig zu sein.

„Ich nannte ihr gar keinen Grund“, kam schnell die Antwort. „Ich nehme an, dass Ada aus diesem Grund auch frustriert ist und das Thema deswegen auch nicht ruhen lässt.“
 

Verstehend nickte Amalia über das soeben Gehörte. „Ich weiß, dass Ada überaus loyal ist, weshalb ich denke, dass sie den Grund kennen sollte“, sagte sie und noch bevor Killian etwas dagegen hätte sagen können, sprach sie auch schon weiter. „Killian hat in der Nacht Besuch von jemand anderem.“

„Ist das wahr?!“, fragte die Bedienstete sofort erschrocken und mit größer werdenden Augen sah sie zwischen dem Paar hin und her. Killian hingegen war ebenso erschrocken, doch reagierte er darauf viel mehr mit Sprachlosigkeit darauf. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet.

„Ja, es stimmt“, übernahm die junge Königin daher gutmütig lächelnd die Antwort. „Killian war zuvor schon verliebt gewesen.“

„In wen?“, fragte Ada und schien den ersten Schock zum Teil überwunden zu haben, denn sie sah nun langsam eher Ratlos aus, auf der Suche nach einer Erklärung für etwas, mit dem sie nicht gerechnet hatte.

„Das ist im Moment nicht wichtig“, erklärte Amalia weiter. „Wenn du es jedoch zufällig herausfinden solltest, so möchte ich, dass du darüber schweigst.“
 

Sofort nickte Ada und sah dabei auch zu Killian, um ihm zu zeigen, dass ihre Antwort auch ihm galt. „Natürlich, das werde ich. Wenn die Frage gestattet ist, soll es auf dieser Art und Weise in Zukunft weitergehen?“ Man konnte ihr ansehen, dass sie nach wie vor besorgt um die Ehe war und ihr die neue Erkenntnis über den Ehebund ihrer Freundin nicht ganz behagte.

Die junge Königin legte lächelnd ihren Kopf leicht schräg. „Ich habe noch nicht aufgegeben. In der Zukunft werde ich versuchen Killians Interesse zu wecken, doch derzeit ist es nicht möglich.“ Beim zweiten Satz sah sie direkt zu Killian, während ihr Lächeln mit jedem Wort strahlender und auch irgendwie provozierender wurde. Damit hatte sie es geschafft ihn noch weiterhin sprachlos zu machen. Eine ähnliche Aussage hatte sie bereits direkt nach der Hochzeit getätigt und doch hatte er fast vermutet, dass sie diese Ansicht nach der Aussprache mit Aidan revidiert hatte. Nun interessierte es ihn noch mehr, worüber sie gesprochen hatten.
 

Erneut nickte die Bedienstete. Sie würde die Situation wohl für den Moment akzeptieren. Was würde ihr ohnehin übrig bleiben, als das zu tun?

„Liam“, wandte Amalia sich nun ein letztes Mal an den Kammerdiener. „Du brauchst dann nun nicht mehr so sehr darauf aufpassen, dass Ada nichts mitbekommt. Das dürfte dich ein wenig entlasten und dir mehr Zeit für andere Dinge einräumen.“

Der Angesprochene hatte kaum Zeit darauf zu reagieren, bevor Ada auch schon höflich verkündete, dass sie sich nun wieder zurückziehen würden, damit das Königspaar in Ruhe ihr Frühstück beenden konnte. Nur wenige Augenblicke später schloss sich die Tür hinter den beiden Bediensteten.
 

Während Killian noch immer ohne nennenswerte Reaktion dasaß und Amalia ansah, seufzte diese aufgrund des vergangenen Gespräches. Sie hatte sich scheinbar erhofft, dass sich das Thema damit erledigt hatte, doch da hörten sie bereits erneut die schimpfende Stimme Adas auf dem Flur.

„Du warst doch schon vorher im Dienst der Anwärter, wie hast du das zulassen können, dass sich einer von ihnen verliebt!?“

Die Antwort von Liam war recht leise, aber Killian vermutete, dass er ein „Ach, Ada…“ verlauten ließ. Reagieren tat darauf von ihnen aber keiner. Vielleicht würde ignorieren in diesem Fall ja nun doch noch abschließend helfen.
 

Langsam schien die junge Königin hingegen die Blicke ihres Gemahls nicht mehr verdrängen zu können, weshalb auch sie ihn langsam ansah. „Dachtest du, ich würde die Situation, so wie sie ist, einfach so hinnehmen?“

Genau das versuchte Killian nun bereits seit Tagen einzuschätzen. So richtig vorstellen hatte er es sich nicht können, dafür war ihr Charakter einfach zu stark, doch gleichzeitig war sie in dem Thema so nachgiebig gewesen, dass er eben nicht mehr genau einschätzen konnte, was in ihr vor sich geht. Dafür kannte er sich bei weitem noch nicht gut genug, wenn er das denn überhaupt jemals tun würde. Sie war eine Frau, die genau wusste, wie sie etwas vorgeben konnte, was nicht so war. Er war sich in der Sache zwar noch nicht sicher, jedoch bekam er langsam den Eindruck, dass sie darin eine Fassade zu errichten, besser war als Aidan und dieser war bereits beängstigend gut darin. Vielleicht war das eine Eigenschaft, die sie sich automatisch zu Eigen gemacht hatten, alleine dadurch, dass sie der Königsfamilie angehörten.
 

„Ich bin mir nicht sicher, was ich denke“, sagte er schließlich, nachdem er eine Weile darüber nachgedacht hatte. „Aber ein wenig verwundert bin ich schon, dass muss ich zugeben.“

„Ich möchte nicht in einer unglücklichen Ehe festsitzen“, sagte seine Frau ernst. „Ich liebe meinen Bruder und gerade nach den letzten Wochen wünsche ich ihm nur das Beste. Auf keinen Fall werde ich euch manipulieren und so zu einer Trennung drängen, aber trotzdem werde ich auch versuchen eine funktionierende Ehe aufzubauen, wenn ich die Chance dazu sehe. Davon werde ich auch nach wie vor nicht abrücken.“
 

Sie hatte bereits ähnliche Worte zu ihm gesagt, weshalb er schlicht nickte. „Das akzeptiere ich.“
 

- - - - -
 

Es vergingen weitere Tage, in denen Amalia und Killian Zeit hatten sich weiter kennenzulernen und sich aufeinander zu konzentrieren. Tatsächlich konnten sie die Zeit nutzen, um nicht nur über oberflächliche Dinge zu sprechen, sondern sie fanden auch langsam heraus, bei welchen Dingen der jeweils andere womöglich empfindlicher reagierte als der Andere und welche anderen Sachen wiederum einen hohen Stellenwert einnahmen. Dies war durchaus positiv, wie sie fanden, so konnten sie sich gegebenenfalls bei diversen gemeinsamen Konversationen mit anderen den Rücken frei halten.
 

Schließlich sprachen sie auch über ihre jeweilige Ausbildung und Killian merkte schnell, dass nicht nur Verbesserungsbedarf bei den Männern herrschte, sondern bei den Frauen noch viel mehr. Die Ausbildung der Anwärterinnen baute fast ausschließlich auf den repräsentativen Aspekt auf. Nur nebenbei wurden ihnen noch soziale Themen nahe gebracht, wie die Erziehung von Kindern und das Pflegen anderer Personen. Beide waren der Ansicht, dass man dies würde ausbauen können. Mit Sicherheit konnten die Frauen nach der Ausbildung auch in anderen Bereichen noch tätig sein, denn so war es kein Wunder, dass die Ausbildung für die meisten Anwärterinnen keinen Nutzen hatte.
 

An den Abenden kam bald auch Toran regelmäßig zu ihnen. Er berichtete von den Dingen, die man ihm über ihr Land und über das Regieren dessen erzählt hatte, um so Killian auf dem Laufenden zu halten und Zeit zu sparen, wenn er endlich wieder zum eigentlichen Alltag zurückkehren würde. Im Gegenzug konnte Killian von der Ausbildung der Frauen berichten, auch wenn es nur wenig war.
 

Während die Männer beieinander saßen gesellte Amalia sich immer zu ihnen und hörte ebenso wie Killian, interessiert zu. Da ihm ihre Meinung auch zunehmen wichtiger wurde, war er sehr froh, dass sie viele Dinge mithörte. Sie hatte einen anderen Blick auf diese, als er oder Toran es hatten und dementsprechend konnte man die einzelnen Aspekte auch betrachten, wenn sie die beiden Männer an ihren Gedankengängen teilhaben ließ.

Wie der junge König in ihrer gemeinsamen Zeit ebenso erfuhr, hatte die alte Königin nie an den politischen Dingen Interesse gezeigt und hatte sich dementsprechend auch nie daran beteiligt. Jedoch konnte Amalia nicht einschätzen, ob dies nun tatsächlich an einem fehlenden Interesse gelegen hatte oder aber doch an einer ablehnenden Haltung ihres Vaters, wodurch ein Desinteresse entstanden sein könnte. Sie war schlicht zu jung gewesen, um dies festzustellen.
 

Nachdem sie schließlich ihre Kennenlerntage hinter sich gebracht hatten, kehrte auch Killian zu den gemeinsamen Sitzungen mit Travis zurück und wurde zusammen mit Toran weiter informiert. Nun jedoch intensiver als noch vor der Hochzeit, da die Tage bis zur Krönungszeremonie nicht mehr viele waren.

Amalia hingegen hatte keine offiziellen Aufgaben zu erledigen, weshalb man ihr auf eigenen Wunsch unter anderem Waisenhäuser zeigte. Wenn sie schon im Palast nicht weiter helfen konnte, so wollte sie sehen, ob sie dies woanders tun könnte. Am Abend jedoch, wollte sie stets wissen, was Killian ihr berichten konnte, damit auch sie möglichst gut in den politischen Dingen informiert war.
 

Auf diese Art und Weise verbrachten sie die Tage bis zu der Krönungszeremonie.
 

Ende Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 19
 

Langsam lies Killian den Blick durch den Flur vor seinem Schlafzimmer gleiten und beobachtete zwei Bedienstete dabei, wie sie hektisch ihre Aufgaben verrichteten. Wäre er selbst nicht so nervös, wie er es war, dann hätte er sich vielleicht sogar darüber amüsieren können, doch nicht an diesem Morgen. Es war der Morgen der Krönungszeremonie und alle Personen im Schloss schienen noch unruhiger zu sein, als am Vormittag der Hochzeit.
 

Killian war bereits eingekleidet worden, weshalb er derzeit nichts tuend herumstand und darauf wartete, dass irgendetwas passierte. Amalia hingegen wurde gerade noch von Ada und weiteren Bediensteten hergerichtet, während auch Liam anderen Dingen nachging und dem jungen König keine Gesellschaft leisten konnte. Doch das würde wahrscheinlich ohnehin als seltsam bezeichnet werden, wenn sein Kammerdiener ein langanhaltendes Gespräch mit ihm führen würde, während andere anwesend waren. Leider war auch Toran an diesem Morgen nicht an seiner Seite, denn auch er hatte an diesem Morgen seinen ersten großen Tag, denn die neuen Berater würden im Anschluss an die Zeremonie dem Volk vorgestellt werden und ihr Ämter offiziell antreten. Der junge König musste zugeben, dass er sich inzwischen sehr an die Gesellschaft des Freundes gewöhnt hatte. Sie haben in den letzten Wochen sehr viel Zeit miteinander verbracht und verstanden sich darüber hinaus schon besser, als in ihrer Ausbildungszeit.
 

Bald öffnete sich die Tür zu Amalias Schlafgemach und sie trat heraus und kam direkt auf Killian zu, als sie ihn an dem Türrahmen lehnen sah. Ada folgte ihr, blieb als ihre Hofdame jedoch in respektvollem Abstand hinter ihr und begrüßte Killian höflich mit einem Knicks. Die anderen beiden Bediensteten, die der jungen Königin geholfen hatten ihr Kleid anzuziehen, eilten nach einer Begrüßung wieder von dannen. Sie hatten wohl noch diverse andere Aufgaben zu erledigen.

Währenddessen strich Amalia über den Stoff ihres langen Rocks. Nach außen hin mochte es eine Geste sein, die nur zeigen sollte, dass sie ihr Kleid ordentlich legte, doch wusste Killian inzwischen, dass sie sich darum nur am Rande kümmerte oder wenn das Kleidungsstück wirklich auffällige Falten warf, weshalb er es darauf schob, dass auch sie eine gewisse Nervosität in sich trug.
 

„Du siehst hübsch aus“, kommentierte der junge König das Erscheinungsbild seiner Frau. Anders als noch auf ihrer Hochzeit war ihr Kleid nun komplett in dem Blau des Königshauses gefärbt und mit vielen goldenen Stickereien verziert, weitaus mehr, als auf Killians Kleidung zu finden waren.

„Vielen Dank, mein Gemahl“, gab sie zur Antwort und sah nun wie Killian zuvor zu den hektischen Bediensteten rüber. Er hingegen runzelte leicht die Stirn. Sie erwähnte es nur zu gerne, dass sie nun verheiratet waren. Ob sie dies nun machte, um ihn zu ärgern oder eher als eine Art Erinnerung konnte er jedoch nicht sagen.

„Ein schlichteres Kleid jedoch würde wohl besser zu dir passen, wenn man bedenkt, wie gerne du impulsiv auf manche Dinge reagieren würdest“, sagte er ein wenig nachdenklich und bezog sich darauf, dass ihr Unterrock wohl mehr als nur einen Reif haben und sie somit bei manchen Dingen behindern dürfte.

„Da hast du wohl recht, mein Lieber, da hast du wohl recht“, sprach Amalia und sah ihn nun lächelnd an.

„Ich wollte dich eigentlich necken und du reagierst so?“, fragte der junge König empört und konnte in ihrem Gesicht ablesen, dass sie das gewusst hatte.

„Dann musst du dir schon mehr Mühe geben und nicht auf Tatsachen zurückgreifen“, stichelte sie hingegen und strich ein weiteres Mal über ihren Rock.

„Vielen Dank für den Hinweis. Beim nächsten Mal werde ich darauf achten.“
 

Eine Weile konzentrierte Killian sich auf diese Aussage. Nicht, weil er sie tatsächlich ernst gemeint hätte, es half ihm lediglich sich ein wenig abzulenken, wenn auch nur mit mäßigem Erfolg.

„Wann müssen wir losgehen?“, fragte Amalia schließlich und machte so jeden Versuch nicht über die Krönungszeremonie nachzudenken zunichte.

„Ich weiß es nicht. Liam sagte mir nur, dass man uns rechtzeitig abholen würde“, sprach er leise und verlagerte sein Gewicht unruhig auf den anderen Fuß.

Kurz stieß die junge Königin wenig damenhaft die Luft aus ihrer Nase aus. „Nicht einmal dein Kammerdiener unterrichtet dich über die wichtigen Dinge.“ Damit bezog sie sich auf die Tatsache, dass Killian nach wie vor den Eindruck hatte, dass er insbesondere von den alten Beratern nicht in vollem Maße ernst genommen wurde. Nun hoffte er, dass sich dies durch den heutigen Tag von alleine ändern würde. Ansonsten würde die Zeremonie ihm aber die Unsicherheit darüber, dass er nicht wusste, wozu er bemächtigt war, nehmen, die ihn zuvor immer zurückgehalten hatte so zu handeln und zu sprechen, wie er es für angemessen hielt.
 

„Ada?“, richtete er nun sein Wort direkt an die Hofdame, die ihn überrascht anblickte und einen Schritt vortrat. „Mein König?“

„Sag, wann beginnt die Zeremonie heute?“, fragte er die junge Frau interessiert und sah bereits aus dem Augenwinkel, dass Amalia ein leichtes Grinsen nicht mehr versuchte zu unterdrücken.

Ada hingegen schien die Frage unangenehm zu sein, denn sie richtete ihren Blick gen Boden. „Tut mir leid, aber das weiß ich leider nicht.“

Ein wenig machte sich das schlechte Gewissen in dem jungen König breit. Eigentlich wusste er, wie stark Ada darauf bedacht war, alles richtig zu machen und nun sprach er sie auf etwas an, von dem er ausgegangen war, dass sie es nicht wusste. „Ist schon in Ordnung“, sprach er daher und lächelte sie an, auch wenn sie es nicht sah, weil sie nach wie vor den Blick gesenkt hatte. „Trotzdem vielen Dank.“
 

„Wenn deine Hofdame nicht über diese Information verfügt“, sprach Killian nun leise und zu Amalia gelehnt, damit Ada nicht unbedingt seine Worte hörte. „Warum sollte es dann mein Kammerdiener tun?“

Amalia lachte kurz auf. „Du darfst die beiden nicht miteinander vergleichen, Killian. Immerhin weiß Ada wie man sich benimmt. Liam hingegen steckt seine Nase nur zu gerne in anderer Leute Angelegenheiten.“

„Was meinst du?“, fragte der junge König nun wirklich ratlos. Ihm war nie aufgefallen, dass sein Freund übermäßig neugierig war.

„Immerhin habe ich ihn schon mal rückwärts schleichend aus deinem Schlafzimmer kommen sehen.“

Die Falten auf Killians Stirn wurden tiefer. „Ist dem so?“, fragte er murmelnd und fragte sich gleichzeitig, wann das gewesen sein sollte, ihm war nie etwas aufgefallen. „Immerhin ist er sehr leise und vor allem diskret. Ich habe ihn nie bemerkt“, sagte er also schlicht und versuchte ihn so zumindest ein wenig zu verteidigen und seine eigene Verwunderung zu verstecken. Zugleich fragte er sich jedoch auch, was Liam womöglich zum Rückzug bewegt haben könnte. Von den Aussagen seines Kammerdieners wusste er zwar, dass dieser schon so allerlei Dinge hinter Schlafzimmertüren gesehen hatte, jedoch hatte er bisher tatsächlich vermutet, dass es sich dabei eben nicht um sein eigenes gehandelt hatte, bis auf die zwei oder dreimal, als er ihn tatsächlich mit jemandem im Bett erwischt hatte. Das war aber noch zu einer Zeit gewesen, als er nicht mit Aidan zusammen gewesen war.
 

Amalia erwiderte darauf nichts mehr. Beide hingen wieder nervös ihren Gedanken nach, bis sie schließlich von ihren Wachen abgeholt und zu ihrer Kutsche begleitet wurden, denn die Krönungszeremonie würde ebenfalls unter freien Himmel auf einem Festplatz stattfinden.

Zwar schwiegen Amalia und Killian die meiste Zeit der Fahrt, doch er war glücklich darüber, dass sie an diesem Tag alles gemeinsam machen würden. Auch wenn dies vielleicht in manchen Augen nicht unbedingt für einen staken König sprechen mochte, so gab es ihm eine gewisse Sicherheit den Tag über nichts alleine machen zu müssen und gegebenenfalls auch sie um Rat fragen zu können, wenn er in einer Situation vielleicht nicht weiter wusste.
 

Bei dem Festplatz angekommen konnten sie sehen, dass erneut eine Bühne aufgebaut worden war, nur war sie dieses Mal größer als die, auf der sie bei ihrer Hochzeit standen. Auf dieser standen bereits die meisten der alten Berater und blickten auf das Volk vor ihnen herunter. Auf Sitzbänke für Gäste höheren Standes hatte man dieses Mal verzichtet. Alle Anwesenden würden der Zeremonie stehend beiwohnen.
 

Als schließlich auch der letzte der alten Berater die Bühne betreten hatte, wurde das Königspaar aus der Kutsche gebeten und augenblicklich waren sie von ihren Wachen umgeben, welche sie zu der Bühne geleiteten. Die Stufen dieser erklimmend stellten sie sich vor Travis, welcher die Zeremonie durchführen würde und standen somit mit dem Rücken zum Volk. Mit einer kurzen Geste symbolisierte der Stellvertreter des alten Königs, dass das Paar sich vor ihm hinknien möge.
 

Auch wenn das Volk bereits ruhiger geworden war, als Amalia und Killian die Kutsche verlassen hatten, so wartete man nun noch darauf, dass auch das letzte Gemurmel verebbte. Travis erhob seine Stimme für eine Ansprache. Er sprach von einer neuen Zukunft, die auf sie alle warten würde und mit dem heutigen Tag anbrach. Seine Worte waren optimistischer Natur, für Killians Geschmack ein wenig zu optimistisch. Auch wenn ein neues Herrscherpaar nun die Macht übernahm, so würden sie nicht innerhalb kürzester Zeit all das Leiden des Landes beseitigen können. Doch die Worte des Beraters schienen dies geradezu zu versprechen. Der junge König war sich nicht sicher, ob er die Reaktionen des Volkes sehen wollte oder nicht, wenn er könnte. Wenn die Menschen dem alten Stellvertreter glauben würden, dann würde er sie letztendlich enttäuschen müssen, wodurch der Respekt ihm gegenüber wohl sinken dürfte. Wenn die Leute Travis aber nicht glaubten, so könnten seine Worte Frust hervorrufen und Zorn schüren. Welche Variante ihm nun besser gefiel, konnte er zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich sagen.
 

Schließlich beendet Travis seine Ansprache voll positivem Denken und ging zu der eigentlichen Krönung über. Als Erstes ging der Berater zu Amalia, stellte sich vor sie und sprach diverse einstudierte Worte. „Von Euch, meine Königin, wird erwartet, dass Ihr Euren König unterstützt, ihn schmückt und glücklich macht“, endete er und sah auf die junge Frau vor sich herunter.

Amalia kniete vor ihm in gerader Haltung, ebenso wie ihren Kopf. Lediglich ihre Augen blickten nach oben und warfen ihrem Onkel einen eher dunkel wirkenden Blick zu. „Ich werde nach bestem Wissen handeln.“
 

Zufrieden nickte Travis und griff nach der Krone der Königin, die man ihm auf einem mit Samt bezogenen Kissen reichte. Er überbrückte die paar Schritte zwischen ihnen und setzte ihr das glänzende Metall, verziert mit Edelsteinen, sachte auf das Haupt. Dann trat er vor Killian und nahm wieder ein wenig abstand, so, dass auch dieser ihn gerade noch so anblicken konnte, ohne seinen Kopf heben zu müssen. Doch das hätte Killian wohl ohnehin nicht getan, ungeachtet dessen, ob er ihm nun in die Augen sehen konnte oder nicht.

Auch für ihn gab es einstudierte Worte, die von dem alten Stellvertreter vorgetragen wurden, nur endete er mit anderen Worten, als bei Amalia. „Von Euch, mein König, wird erwartet, dass Ihr stark und vorausschauend handelt, Euch nicht schlecht beraten lasst und gegen Feinde des Landes vorgeht.“

Killian konnte den Gedanken, dass er wohl auf die eine oder andere schlechte Beratung treffen würde nicht unterdrücken. Bevor er damit jedoch zu viel Zeit verschwendete, setzte auch er zu einer Antwort an. „Ich werde nach bestem Wissen handeln.“ In Gedanken fügte er hinzu, dass er auch auf die Stimmen des Volkes hören wollte. Diese kamen ihm in den Ansprachen des Älteren auf jeden Fall zu kurz und womöglich war genau das, das Problem des alten Königs gewesen.
 

Wenige Sekunden nach seiner Antwort spürte auch Killian das Gewicht der Krone auf seinem Kopf und sah ein Zeichen von Travis, dass Amalia und er aufstehen konnten. Sofort erhob der junge König sich und wie selbstverständlich reichte er seiner Frau die Hand, um diese dabei zu unterstützen, sich ebenfalls hinzustellen. Als sie sich gemeinsam zum Volk umdrehten, konnten sie die Stimme eines Sprechers hören, wie er sie als neuen König und Königin den Menschen vorstellte. Ein Großteil des Volkes jubelte ihnen zu, während alle Augen auf sie gerichtet waren. Augen, die verschiedene Botschaften sendeten. Am meisten jedoch machte Killian die Hoffnung, die er darin lesen konnte Sorgen. Er wollte diese nicht enttäuschen.
 

Als der junge König seinen Blick weiter über die Menge schweifen ließ, erkannte er in der Nähe der rechten Seite der Bühne eine kleine Gruppe von Menschen, die regungslos dastanden. Vielmehr sahen sie wütend zu ihnen auf. Sich aber nicht aus der Ruhe bringen lassen wollend, ließ er seinen Blick weiter schweifen und erblickte ein weiteres Stück nach rechts Aidan und auch Luan, welche dort warteten, ebenfalls zu ihrer Vorstellung auf die Bühne gerufen zu werden. Sein Liebster sah nun jedoch zu ihm auf und lächelte. Stolz sprach aus seinen Augen und er nickte ihm kurz zu.

Killian erwiderte die Bewegung ganz eben, ließ sich sonst aber nichts anmerken und blickte langsam wieder zurück zu dem Volk. Als dieses sich langsam wieder beruhigte traten Amalia und Killian zurück auf eine kleine Erhöhung. Nun war die Zeit gekommen, dass die neuen Berater vorgestellt werden sollten.
 

Um die ehemaligen Anwärter in ihrem Amt willkommen zu heißen, trat zunächst der alte Berater vor, welcher diese Position in der Vergangenheit bekleidet hatte. Dieser bedankte sich für die letzten Jahre und gab seinen Platz hoffnungsvoll an die nächste Generation weiter. Der Sprecher, der auch schon das Königspaar verkündet hatte, rief den jeweiligen neuen Berater auf, damit diese die Bühne betrat. Sie versprachen dem Volk ebenfalls nach bestem Wissen zu handeln und auch sie wurden von dem Volk mit Jubel begrüßt, wenn auch nicht ganz so euphorisch wie das Königspaar. Anschließend nahmen sie schräg vor Amalia und Killian ihren Platz ein, ohne die Sicht auf sie zu versperren.

Die alten Berater, die keinen Nachfolger hatten, würden zunächst in ihrem Amt bleiben und wurden auch als solche erneut vorgestellt.
 

Als der letzte der Berater sich soeben auf seinen Platz gestellt hatte, wollte Killian bereits durchatmen, weil sie den zeremoniellen Teil hinter sich gebracht hatten, als plötzlich eine wütende Männerstimme aus dem Publikum etwas rief. „Das königliche Blut ist gefährlich!“

Kurz wurden die Leute ruhiger, schienen nach dem Ursprung der Stimme zu suchen, ebenso wie Killian. Er blickte wie automatisch zu der Gruppe, die ihm eben schon aufgefallen war, als einer der Männer sich auch schon aus dieser löste und die Wachen vor sich anrempelte. „Es muss eliminiert werden!“, rief er wütend aus, wurde jedoch bei seinem weiteren vorankommen unterbrochen und von den Wachen zu Boden gerungen. Noch während er sich gegen die Hände die ihn fixierten erzürnt wehrte, brach langsam Unruhe unter den Leuten aus. Als Amalia einen Fuß zurücksetzte trat Killian näher an sie heran und stellte sich schützend vor sie.

Nun traten auch die Wachen auf die Bühne und führten Amalia, Killian und ihre Berater hinter diese und durch eine schmale Gasse zwischen den Häusern entlang. Dieser Weg führte sie auf einen der breiteren Wege, zu welchem nun ihre Kutschen beordert wurden.
 

Als sie dort standen und warteten, legte Killian schützend einen Arm um Amalia, während er Aidans Blick suchte. Doch zum ersten Mal, seit sie ein Paar waren, konnte er diesen nicht richtig deuten. Er konnte zwar seine Nervosität erkennen, so wie bei jedem anderen hier auch, welche zunahm, um so unruhiger und lauter das Volk auf dem Platz wurde, doch mehr erkannte er nicht. Toran hingegen war wütend und schien es zu unterdrücken hin und her zu laufen. „Das hätte nicht passieren dürfen“, zischte er, wofür er aber kaum Beachtung fand.

Am ruhigsten schien tatsächlich Luan zu sein. Er überblickte die Gegend scheinbar auf der Suche nach Auffälligkeiten. Die alten Berater hingegen zeigten eine seltsame Mischung aus Unruhe und einer Art Akzeptanz. Killian würde das hinterfragen, sobald sich die Gelegenheit ergab. Er hatte ohnehin das Gefühl, dass er bisher kaum in Erfahrung gebracht hatte, was all die Jahre hinter der Fassade des Schlosses passiert war.
 

Es dauerte nicht allzu lange, da hörten sie das Geräusch von Hufen und Kutschenräder auf den Steinen des Weges näher kommen. Es waren nicht die, die sie hierher gebracht hatten, doch trotzdem wurden sie von ihren Wachen in die Wagen gedrängt, bevor noch jemand von dem Platz auf sie aufmerksam wurde. Schließlich fanden Amalia und Killian sich mit Luan und einem der alten Berater in einer der Kutschen wieder, welche mit einem Ruck losfuhr und sie in hohem Tempo zurück zum Schloss bringen sollte.

„Das verlief ja gut“, meinte Luan sarkastisch und erntete dafür einen erschrockenen Blick des anderen Beraters, was ihn jedoch nicht weiter zu stören schien. Killian hingegen hätte ihm zur Abwechslung nur zu gerne zugestimmt, ebenso wie Toran zuvor. Das hätte so wirklich nicht passieren sollen. Wenn die Krönung schon solch eine Reaktion hervorrief, was würde ihn dann in den nächsten Monaten und Jahren erwarten?
 

Doch anstatt diesen Gedanken weiter zu spinnen richtete er seine Aufmerksamkeit lieber auf Amalia. Diese saß angespannt neben ihm und blickte aus dem Fenster, die Zähne fest aufeinander beißend. Es war offensichtlich, dass auch ihr die Situation nicht gefiel, doch trotzdem wüsste der junge König nur zu gerne, was genau in ihrem Kopf vor sich geht. Vorsichtig griff er nach ihrer Hand, welche vor Anspannung, Nervosität und vielleicht auch Angst leicht zitterte und strich beruhigend über ihren Handrücken. Dies bewegte sie dazu ihn anzusehen, was ihren Gesichtsausdruck jedoch nicht veränderte.
 

Schließlich führen sie vor dem Schloss vor ohne irgendwelche Zwischenfälle. Als die Kutschen zum Stehen kamen, wurden sie sofort gebeten diese zu verlassen und sich innerhalb der schützenden Mauern des Schlosses zu begeben. Noch während die letzten Personen die große Eingangshalle betraten verkündete Killian, dass er alle seine Berater sofort in der großen Bibliothek sprechen wolle und nach Beendigung seiner Aufforderung ging er bereits selbst los, um dorthin zu gelangen.

Zunächst ging Amalia noch mit ihm, doch als Ada zu ihnen eilte und sie respektvoll zurückbegrüßte entschied sie, lieber bei ihr zu bleiben. Die Berater würden ihre Anwesenheit ohnehin nicht willkommen heißen.

Stattdessen schloss Toran zu Killian auf und setzte mit ihm seinen Weg fort.

„War Melissa auf dem Festplatz?“, wollte der junge König wissen, als er langsam darüber nachdachte, wer alles womöglich dort gewesen war und was für Konsequenzen das haben könnte, sollten die Wachen dort nicht möglichst schnell wieder Ruhe in die Situation bringen.

„Nein, zum Glück nicht“, gab Toran zur Antwort. „Ich habe schon im Voraus gesagt, dass ich kein gutes Gefühl hätte, wenn sie dort wäre.“

„Das ist gut“, murmelte Killian nachdenklich, während er im Kopf durchging, ob er irgendwo bekannte Gesichter gesehen hatte.

„Waren deine Eltern dort?“, fragte Toran ihn hingegen.

„Ich habe sie nicht gesehen, aber sie halten sich meist sowieso bei solchen Versammlungen am Rand. Ich hoffe, dass sie das auch dieses Mal getan haben.“ Killian würde es nachher wohl feststellen, wenn sie auf das Fest gehen würden, das zu Ehren der Krönung gefeiert werden wird.
 

Schließlich waren sie in der entsprechenden Bibliothek angekommen und ungeduldig warteten sie darauf, dass alle Berater zu ihnen stoßen würden, denn anders als die neuen, die Killian sofort gefolgt waren, hatten die alten es wenig mit Eile versucht.

Jedoch konnte Killian die Zeit nutzen ein wenig über Aidans Gefühlslage herauszufinden. Diese konnte er nun auch wieder besser deuten, so lächelte sein Liebster ihn beruhigend an, wenn er auch nicht glücklich war. Doch wer konnte das nach dieser Krönung schon sein?

Letztendlich war Killian es müde, auf die Nachzügler zu warten und als Travis den Raum betrat, wandte er sich direkt an diesen. „Hat es bereits beim alten König diese Art von Unruhen gegeben?“

„Hin und wieder ja. Dabei ging es den Leuten immer um das königliche Blut“, antwortete Travis zwar noch immer nervös von ihrem fluchtartigen Rückzug, jedoch zugleich auch irgendwie gleichgültig.
 

Killian unterdrückte den Wunsch sich seine Nasenwurzel genervt zu massieren. Er nahm an, dass Travis es nicht gefiel, dass er dieses Mal dabei war, als die Unruhe langsam ausbrach. Der Grund war ihm wahrscheinlich egal. „Weiß man, was genau dahinter steckt?“, fragte er stattdessen.

„Nein, bisher nicht. Wir waren immer davon ausgegangen, dass es dabei um den alten König ging“, erklärte dessen alter Stellvertreter.

„Könnte mit königlichem Blut nicht auch gemeint sein, dass es ebenso die Königin und ihre Kinder betraf? Vielleicht auch nahe Verwandte, wie den Bruder des Königs?“, fragte Killian langsam immer wütender werdend und deutete dabei auf Travis, welcher ihn erschrocken ansah. „Oder vielleicht auch die nachfolgende Generation?“
 

Allgemeines schweigt war die Antwort auf seine Fragen, weshalb Killian sich gezwungen sah, weiter zu sprechen. „Wer hat sich bisher darum gekümmert?“

„Das war ich, mein König“, sagte Travis kleinlaut, da er nun zu begreifen schien, dass die Situation vielleicht doch ernster war, als er es eingeschätzt hatte, trotz des Todes des alten Königs.

„Und inwieweit habt Ihr Euch bisher darum gekümmert?“, wollte der junge König wissen.

„Ich habe nie die Gelder für weitreichende Ermittlungen gehabt“, versuchte der Ältere sich herauszureden, ohne eine richtige Antwort auf die Frage zu geben.
 

Nun konnte Killian es doch nicht mehr unterdrücken und griff sich an die Nasenwurzel. Er war wütend und besorgt. Immerhin gehörten zum königlichen Blut sowohl sein Liebster, als auch seine Frau. Ganz davon abgesehen befand sich die ehemalige Königin an einem abgeschiedenen Ort und der Bruder des alten Königs nahm die Dinge offensichtlich nicht ernst genug.

„Ihr solltet Euch langsam mal Gedanken machen, in welche Richtung noch nicht ermittelt worden ist“, wandte er sich sauer an Travis. „Ich erwarte von Euch, genauestens über ehemalige Vorkommnisse in Kenntnis gesetzt zu werden. Ihr bekommt Zeit bis morgen und dann werden wir besprechen, wie wir mit dieser Situation weiter umgehen werden, denn so wie bisher wird es in Zukunft nicht mehr gehen“, entschied Killian erzürnt. „Nun wünsche ich euch allen viel Vergnügen auf dem Fest.“ Mit einer Handbewegung deutete er seinen Beratern, dass sie gehen konnten, was die meisten der Anwesenden auch direkt wahrnahmen und fast schon fluchtartig den Raum verließen. Letztendlich blieben nur Aidan, Toran und Killian zurück.
 

„Ich wusste, dass dir die Position des Königs liegen würde“, sagte Aidan und lächelte seinen Liebsten dabei an.

„Ja, ich muss zugeben, dass dich die Krönung ein wenig in deinem Auftreten verändert hat“, sagte Toran und klopfte Killian auf die Schulter. Dieser rieb sich nur seufzend über die Stirn.

„Ich mache mir doch nur Sorgen“, sagte er und auch seine Mundwinkel hoben sich ein wenig, als ihm bewusst wurde, dass er zumindest in diesem Moment von Menschen umgeben war, in dessen Gegenwart er sich wohlfühlte, auch wenn es nicht viele waren. „Aidan, du bist auch Teil des königlichen Blutes, genau wie deine Schwester.“

Sofort kam der Jüngere auf ihn zu, blieb direkt vor ihm stehen. „Mach dir keine Sorgen. Ich bin verstoßen worden und meine Schwester genießt einen guten Schutz durch die Wachen“, mit den Worten gab er Killian einen kleinen Kuss auf die Lippen, bevor er wieder einen Schritt zurücktrat, falls ein Bediensteter den Raum betreten sollte.
 

„Ich hoffe, dass die Rebellen das auch so sehen“, seufzte Killian. „Aber der alte König hatte auch Wachen und dein Blut bleibt dasselbe wie zuvor, auch wenn man dich deines Standes enthoben hat.“
 

Ende Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 20
 

Nach dem großen Festessen blieben Amalia und Killian zunächst auf ihren Plätzen, am Ende des Raumes und mit der Möglichkeit den gesamten Saal zu überblicken, sitzen, in der Erwartung noch einige weitere Glückwünsche zu ihrer Krönung entgegennehmen zu müssen. Ein großer Teil der geladenen Gäste hatte dies zwar bereits vor dem Essen getan, jedoch hatte die Zeit nicht ausgereicht, damit jeder die Gelegenheit dazu bekommen hatte.
 

Killian versuchte währenddessen seine freundliche Miene beizubehalten und somit zu verstecken, dass er im Grunde genervt und angespannt war. Angespannt war er nach wie vor aufgrund der Vorkommnisse am Morgen bei der Krönung, genervt hingegen war er von einigen Personen, die ihnen ihre Glückwünsche überbracht hatten.

Auch wenn ihm bei weitem nicht alle Personen bekannt waren, die vor sie traten, so war es ihm doch möglich gewesen, sich einige der Gesichter zu merken, welche ihnen bereits bei der Hochzeit gratuliert hatten. Auffällig war nun, dass viele dieser Menschen außerordentlich freundlich sowohl zu Amalia, als auch zu ihm waren. Selbst die ersten Bitten wurden bereits geäußert, während sie sich vor ihnen verbeugten. Nicht, dass ihn dieses Verhalten tatsächlich überraschte, doch wunderte es ihn, dass man erst damit angefangen hatte, nachdem die Krönungszeremonie vollzogen worden war. Immerhin stand bereits vorher schon fest, dass es dazu kommen sollte, doch schien es den Menschen nicht auszureichen nur mit einem künftigen Königspaar zu tun zu haben, sondern erst mit dem offiziell gekröntem.
 

Mit der Zeit spürte er den Blick seiner Gemahlin auf sich, bis er ihr schließlich das Gesicht zuwandte.

„Deine Laune ist nicht die beste“, stellte Amalia einfach nur fest und musterte ihn weiter.

„Ich kann es nur nicht verstehen, dass es noch nicht mehr Erkenntnisse über die Rebellen gibt“, antwortete Killian nach kurzem Überlegen und umging somit lieber das Verhalten ihrer Untertanen.

„Ich hatte auch mehr erwartet, als das, was du mir vorhin berichten konntest“, gestand sie leicht seufzend und ließ ihren Blick ein wenig gedankenverloren durch den Raum wandern, ohne dabei auf der Suche nach etwas bestimmten zu sein.

„Ich werde mich die nächsten Tage versuchen weitestgehend zu informieren. Vielleicht finde ich noch etwas heraus oder es kommen womöglich sogar neue Erkenntnisse zum Vorschein“, sagte Killian murmelnd.
 

Auch der junge König ließ nun seinen Blick durch den Saal wandern, blieb damit jedoch an dem einen oder anderen alten Berater hängen. Vor allem Travis beäugte er eine Zeit lang. Er konnte sich nicht vorstellen, dass dieser keinen größeren Aufwand betrieben hatte, um herauszufinden, wer genau hinter den Rebellen stand, wer diese Anführte und vor allem, was genau ihr Ziel war. Immerhin richtete sich die Wut offenbar zum größten Teil gegen seinen nun verstorbenen Bruder. Hat er ihn nicht für Schützenswert gehalten oder hatte er die Rebellen einfach nur unterschätzt?

Allgemein hatte Killian den Eindruck, dass der Berater sich seine Arbeit recht einfach machte. Er war gebildet, gut informiert und wusste sich so auszudrücken, dass er nicht alles preisgeben musste, doch vielleicht hatte ihn letztendlich der Alltag und eine gewisse Gleichgültigkeit über all die Jahre ereilt? Denn an seiner Reaktion, dass auch er genaugenommen zur königlichen Familie gehörte, konnte man erkennen, dass er scheinbar gar nicht so weit gedacht hatte, wie er es hätte müssen. Vielleicht war er blind für seine eigenen Aufgaben geworden?

Killian musste dafür sorgen, dass ihm zumindest jemanden an die Seite gestellt wurde, damit auch ein neuer Blickwinkel hinzukam. Vielleicht würde es so zufriedenstellende Ergebnisse im Bezug auf die Rebellen geben. Doch bis er jemand passendes gefunden hatte, würde es hoffentlich reichen, dass er heute einen kleinen Schreck bekommen hatte.
 

Kurz wurde Killian bei seiner Betrachtung der anwesenden Personen unterbrochen, als weitere Gratulanten vor sie traten. Nach den respektvollen Worten und einer tiefen Verbeugung gingen diese auch gleich wieder zurück zu den anderen Gästen, was der junge König willkommen hieß.

„Ich möchte wissen, wann die Kritiker zu Rebellen wurden“, erklärte er seiner Frau schließlich leise und schloss damit an seine letzte Aussage an. „Was war der Auslöser? Ich frage mich, was man alles hätte verhindern können, wenn man nur die richtigen Informationen gehabt hätte.“

Er musste zugeben, dass ihn das ganze doch mehr beschäftigte, als er sich selbst eingestehen wollte. Dabei machte er sich jedoch viel weniger Sorgen um sich selbst, sondern eher um Amalia. Immerhin gehörte sie nicht nur der alten Königsfamilie an. Nun war sie selbst die Königin und sollte eine neue Gründen.
 

Schließlich unterbrach die junge Königin Killian in seinen Gedanken, als sie ihm sachte eine Hand auf den Unterarm legte. „Du bist viel zu angespannt“, sagte sie mit sanfter Stimme und lächelte ihn dabei beruhigend an.

„Aber wie könnte ich nicht angespannt sein?“, fragte er hingegen und zog seine Stirn dabei kraus. „Bist du völlig entspannt bei diesem Thema?“

Kurz lachte sie leise auf. „Nein, ganz gewiss nicht. Allerdings bin ich noch immer ruhiger als du. So ist es einfacher einen klaren Kopf zu bewahren.“

Gleich darauf wollte Killian etwas erwidern, doch noch bevor er auch nur ein Wort richtig sagen konnte, unterbrach Amalia ihn bereits erneut. „Du kannst hier und jetzt ohnehin nichts an der Situation ändern. Zerbrich dir heute nicht mehr den Kopf. Der morgige Tag bringt auch Zeit mit sich. Zeit, die du dann in aller Ruhe nutzen kannst.“
 

Killian ließ sich das Gehörte durch den Kopf gehen und musste Amalia letztendlich zustimmen. Natürlich konnte er sich auch jetzt schon kleinere Dinge überlegen, doch alleine wegen der Lautstärke und dem Trubel um sie herum fehlte ihm die nötige Konzentration, die er brauchen würde um sich etwas wirklich Sinnvolles zu überlegen. Diesen Gedanken behielt er jedoch für sich und fragte sie stattdessen etwas anderes, um die Situation wieder ein wenig aufzulockern. „Wieso glaubst du eigentlich, deinen König einfach so unterbrechen zu dürfen?“ Dabei zogen sich seine Mundwinkel ein wenig nach oben und er sah sie herausfordernd an.

„Nun“, fing sie an darauf einzugehen. „Ich hatte das Gefühl meinen König vor seinen eigenen Aussagen schützen zu müssen.“ Auch sie erwiderte sein Lächeln, bereit, ebenfalls auf andere Gedanken zu kommen.

„Denkst du, dass deine Aufgaben als Königin dich so wenig auslasten werden, dass du das auch noch übernehmen musst?“, fragte er, auch wenn er somit bereits wieder ein etwas ernsteres Thema ansprach. Doch immerhin war es nicht das Thema, welches sie zuvor hatten.
 

Amalia nickte aufgrund seiner Frage. „Ich fürchte tatsächlich früher oder später unter Langeweile zu leiden, immerhin war ein großer Teil der Ausbildung auf Kindererziehung ausgelegt gewesen.“ Mit diesen Worten wandte sie ihren Blick wieder in Richtung der Menge.

Damit hatte Killian es wohl erreicht, genau das Thema anzuschneiden, welches sie für gewöhnlich auch eher mieden.

„Würdest du dir jetzt schon welche wünschen?“, fragte er daher, denn plötzlich eine neue Richtung des Gespräches einzuschlagen wäre wohl auch nicht gerade die sensible Art gewesen.

„Nein, nicht sofort“, sagte Amalia gleich und lächelte ihn beruhigend an. „Aber ich habe mir schon immer welche gewünscht. Nur eben später.“

„Tut mir leid.“ Er wusste zwar, dass sie es nicht mochte, wenn er sich wegen seiner Beziehung zu Aidan entschuldigte, doch etwas anderes fiel ihm in diesem Moment nicht ein und auch Amalia schien es dieses Mal hinzunehmen, denn sie schwieg lediglich.
 

Nach einer Weile bekam Killian jedoch eine Idee, auch wenn sie vielleicht in ihren Augen taktlos erscheinen könnte. Doch wenn er ihr dies nicht vorschlug, dann konnte er es auch nicht wissen. „Was hältst du von Hunden?“

Ein wenig irritiert schaute sie ihn wieder an. „Worauf möchtest du hinaus?“, fragte sie und runzelte die Stirn dabei.

„Du könntest einen haben, wenn du sie magst. Das ist zwar fürs Erste nur ein schwacher Trost, aber zugleich auch ein Zeitvertreib. Außerdem haben viele Herrscherinnen einen solch treuen Gefährten an ihrer Seite“, erklärte er seinen Gedankengang und hoffte wirklich, dass sie das nicht falsch auffassen würde.
 

Amalia schien kurz zu überlegen, dann aber fing sie an zu lächeln. „Nur, wenn ich selbst einen aussuchen darf!“

„Dann sollst du einen bekommen“, sagte er lachend, da er das Strahlen in Amalias Augen sah.

„Außerdem möchte ich einen Tanz mit meinem großherzigen Gemahl“, fügte sie hinzu und sah ihn fordernd dabei an.

Gespielt entsetzt erwiderte Killian ihren Blick. „Da reiche ich dir einen kleinen Finger und auf einmal ist mein ganzer Arm mit weg! Was möchtest du denn noch alles haben?“

„Was hast du denn noch anzubieten?“
 

Nur kurz hatte Killian seinen Blick erneut durch den Saal gleiten lassen, doch dieses Mal blieb er wie von alleine an Aidan hängen und nahm daher die Frage seiner Frau nur am Rande wahr, ohne sie richtig zu beachten. Wahrscheinlich wäre er gar nicht so sehr von seinem Liebsten abgelenkt gewesen, wenn er ihn nicht aus so ausdruckslosen Augen angesehen hätte. Es verwunderte und irritierte Killian gleichermaßen, dass Aidan gerade nicht seine freundliche Fassade aufrechterhalten hatte. Sofort machte er sich Sorgen, dass etwas vorgefallen sein könnte, weshalb er ihm einen fragenden Blick zuwarf, doch reagierte sein Liebster gar nicht darauf, drehte sich nur zu seinem Sitznachbarn, der ihn gerade angesprochen hatte und schenkte diesem ein Lächeln. Danach kümmerte er sich nicht weiter um Killian und konzentrierte sich auf das entstandene Gespräch.
 

„Mein Bruder braucht nur einen einzigen Blick, um deine volle Aufmerksamkeit zu bekommen“, hörte Killian schließlich Amalia sagen, ohne die Fröhlichkeit, die zuvor noch in ihrer Stimme gewesen war.

Nur langsam konnte der junge König seinen Blick von Aidan losreißen und wandte diesen dann der Frau neben sich zu. „Entschuldige, was sagtest du?“

„Dafür werde ich auf jeden Fall gleich meinen Tanz bekommen, ebenso einen zweiten. Außerdem möchte ich mit Aidan tanzen und du wirst nichts dagegen sagen“, sagte Amalia und errichtet nun auch eine Fassade aus Freundlichkeit.

Ein wenig irritiert sah Killian sie an. „Warum sollte ich etwas dagegen haben? Ich freue mich, wenn du Zeit mit ihm verbringen kannst, nach so vielen Jahren, in denen ihr euch nicht gesehen habt.“
 

Kritisch begann sie ihn daraufhin zu mustern. Es dauerte eine Weile, bis Killian glaubte zu verstehen, worum es ihr hier ging. Nur hätte sie in dem Fall vielleicht nicht gerade ihren Bruder auswählen sollen. „Andere Männer hingegen wären ein anderes Thema“, sagte er daher vorsichtig, auch wenn die Aussage von seiner Seite aus nicht ganz stimmte. Sie sollte ruhig mit anderen Männern tanzen, solange ihr keiner davon zu nahe treten wollen würde, hätte er auch nichts dagegen. Er fand ohnehin, dass er durch seine Liebschaft mit Aidan, nicht das Recht dazu hatte, ihr den Kontakt zu anderen zu untersagen, auch wenn er es dürfte.

Als er nun sah, dass Amalias Gesichtsausdruck zufrieden wirkte, atmete er innerlich erleichtert auf. Offenbar hatte er richtig vermutet, dass sie sich wohl wünschte, dass sie ihm zumindest nicht ganz egal war. Doch zweifelte er nun daran, ob er ihr mit solchen Aussagen dann nicht doch in irgendeiner Weise Hoffnungen machte.

„Ich werde versuchen dich glücklich zu machen, soweit es mir möglich ist“, sagte er schließlich leise zu seiner Frau und hoffte, dass sie verstand, dass er nicht plante, Aidan dafür aufzugeben.
 

Eine Weile musterte sie ihn, bis sie schließlich von ihrem Stuhl aufstand und ihn auffordernd ansah. „Dann fang gerne gleich damit an. Geh mit mir auf die Tanzfläche.“

Er war froh, dass, auch wenn die Situation für sie nicht sonderlich angenehm war, sie trotzdem versuchte es von ihrer Seite möglichst einfach zu halten.

Lächelnd nickte er ihr zu, bevor auch er sich erhob und ihr seine Hand reichte, welche sie auch sogleich ergriff. So führte er sie um den großen Tisch herum zur Tanzfläche, während langsam die Menschen um sie herum ihnen mit ihren Blicken folgten, um den ersten Tanz des neuen Königspaares nach der Krönung zu bestaunen.
 

- - - - -
 

Killian kam sich dieses Mal seltsam vor, als er sich in einem dunklen Schlafzimmer wiederfand und erneut das Bett, oder vielmehr die schlafende Person darin, beobachtete. Nun war es jedoch nicht Aidan, sondern Amalia, die unter der großen Decke friedlich schlief und nichts von seiner Anwesenheit bemerkte.
 

Das Fest zog sich bis spät in die Nacht. Bereits am Abend hatten Amalia und Killian sich von den Feiernden zurückgezogen, um in ihre privaten Räumlichkeiten zurückzukehren. Während Killian entschied noch auf Aidan zu warten, war Amalia schließlich ins Bett gegangen und hatte offensichtlich schnell in den Schlaf gefunden.
 

Mit der Zeit wurde es immer später und der junge König musste feststellen, dass sein Liebster scheinbar an diesem Abend nicht zu ihm kam. So hatte er genügend Zeit zum Nachdenken und wie von alleine kehrten seine Gedanken zu dem Zwischenfall am Morgen zurück. Leider kam er, obwohl er nun die nötige Ruhe hatte, zu keinem Lösungsansatz, sondern wurde stattdessen viel mehr nervös. Mit der Nacht kamen auch die Schatten und in diesen Schatten konnte man sich gut verstecken.
 

Letztendlich verließ er sein Schlafzimmer wieder, nur um stattdessen das von seiner Frau zu betreten und nach ihr zu sehen. Es hatte ihn schlicht nervös gemacht, sie alleine hier im Dunkeln zu wissen.

Erleichtert stellte er fest, dass ihr nichts fehlte und soweit er es im Dunkeln erkennen konnte, war in ihrem Zimmer alles unverändert. Eine Weile lang betrachtete er sie und stellte fest, dass sie trotz der Stärke, die sie zu jeder Zeit an den Tag legte, nun im Schlaf jünger und verletzlicher aussah. Als er sich jedoch seltsam dabei vorkam, sie anzusehen, ohne, dass sie etwas davon mitbekam, trat er von ihrem Bett zurück und im Zuge dessen an eines der Fenster heran. Noch immer ein wenig nervös blickte er sich im Garten um, konnte aber nichts Ungewöhnliches feststellen, auch nicht, nachdem er diesen eine ganze Weile lang betrachtet hatte.
 

Nach einiger Zeit ging er schließlich wieder zurück in sein eigenes Schlafzimmer. Zu seiner Enttäuschung war Aidan noch immer nicht gekommen und wartete dementsprechend auch nicht auf ihn.

Für einen kurzen Moment dachte er darüber nach, ob nicht er selbst zu seinem Liebsten gehen sollte, doch verwarf er die Idee recht schnell wieder, bei dem Gedanken, dann Amalia alleine zurückzulassen. Zwar hatten sie nach wie vor Wachen, doch reichte dies nicht aus, ihm ein vollkommen sicheres Gefühl zu geben.
 

Schließlich ging er dann alleine ins Bett.
 

Ende Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 21
 

Erschöpft seufzte Killian kurz, als er auf den Rücken des Mannes, der den Thronsaal gerade verließ, blickte.

Seit der Krönung waren nun ein paar Tage vergangen und die meiste Zeit verbrachte er seither mit Audienzen. Andere von seinen Aufgaben, kamen derzeit zu kurz und auch wenn ihm bewusst war, dass es offensichtlich großen Bedarf an Audienzen gab, so blieben die anderen wichtigen Dinge liegen, um die er sich zu einem späteren Zeitpunkt kümmern dürfte. Hinzu kam, dass er seit dem Fest mit Aidan kaum ein Wort gewechselt hatte. Dieser wich ihm ständig aus und schien sich mehr und mehr zu distanzieren. Sobald er ihn ansprach, hatte er einen Vorwand, warum er sich nicht lange mit ihm unterhalten konnte. Den Grund für dieses Verhalten wusste Killian nicht und ebenso wenig hatte er eine Vermutung, woran es liegen könnte.

Leider musste der junge König dieses Verhalten akzeptieren, ohne etwas dagegen zu unternehmen, so sehr er sich auch nach ein wenig mehr Nähe zu seinem Liebsten sehnte. Auch wenn sie sich beide meist bei den Audienzen sahen, so konnte Killian ihn nie rechtzeitig davon abhalten, sofort nach Beendigung dieser aus dem Raum zu eilen. In den Nächten hingegen wollte er Amalia nach den Unruhen noch immer nicht alleine lassen. Nach Aidan in solchen Momenten schicken zu lassen erschien ihm ebenso falsch, immerhin wollte er ihn zu nichts zwingen oder zu aufdringlich sein und vielleicht brauchte sein Liebster ja auch nur ein klein wenig Abstand nach den Unruhen. Auch er würde sich sicherlich mehr Gedanken darum machen und dies wollte er womöglich lieber alleine tun.
 

Killian atmete noch einmal tief durch, bevor er einer der Wachen deutete, dass der nächste aus dem Volk in den Saal treten durfte, um sein Anliegen zu erläutern.

Er war froh, dass er nun auch das kleine Volk anhören konnte. Die ersten Tage hatte er ausschließlich mit Adeligen gesprochen, so hatten es die alten Berater bereits im Vorfeld besprochen. Natürlich nahm Killian auch deren Anliegen ernst, jedoch empfand er viele Probleme der einfachen Leute doch als dringender, weshalb er nun eher das Gefühl hatte etwas Wichtiges zu tun und vor allem auch bewirken zu können.
 

Schließlich betrat ein junges Mädchen ein wenig eingeschüchtert den Saal und trat auf den Thron zu, auf welchem Killian bereits am Morgen Platz genommen hatte. Sie trug ein schlichtes braunes Kleid aus grobem Stoff, ihr Haar hatte sie zurückgebunden und trotzdem fielen ihr so einige Strähnen wirr ins Gesicht. Vielleicht mochte sie gerade mal um die 12 Jahre alt sein.

Als sie vor ihm zum Stehen kam, schwieg sie und sah nur ihre Füße an, weshalb Toran, der während der Audienzen stets an Killians Seite stand, sie ruhig darum bat zu sprechen.

Unsicher sah sie auf und blickte den anwesenden ins Gesicht, bis ihr scheinbar bewusst wurde, dass auch der König unter ihnen war. Ein wenig stolpernd machte sie einen ungeübten Knicks und begann leise zu sprechen. „Mein König, ich möchte im Namen meiner Familie um Unterstützung auf unserem Hof bitten.“ Nach diesen Worten zog sie auch bereits ihre Schultern hoch und ihr Blick ging wieder gen Boden. Sie schien offensichtlich mit einer Ablehnung ihrer Bitte zu rechnen, wenn nicht sogar schlimmerem.
 

Beruhigend lächelnd lehnte Killian sich ein wenig vor. Diese Reaktion der Menschen war ihm inzwischen nicht mehr fremd. Es musste den Leuten wirklich schwerfallen ihn aufzusuchen, da sie alle Angst vor der Reaktion des Königs hatten. Vielmehr war es wohl die Reaktion des alten Königs, der lieber Strafen statt Hilfe ausgeteilt hatte.

„Erzähl, weshalb ihr Hilfe braucht“, forderte Killian das Mädchen auf, weshalb sie aufzuhorchen schien und ihre Schultern langsam wieder sinken ließ.

„Mein… mein Vater ist hingerichtet worden und meine Mutter erkrankt“, begann sie vorsichtig und als sie bemerkte, dass Killian nach wie vor zuhörte, ohne wütend auszusehen, sprach sie weiter. „In diesem Jahr war die Ernte schlecht und einen Teil konnten wir nicht rechtzeitig abernten, weshalb er noch auf dem Feld vergammelte. Wir bereiten nun alles für den Winter vor, liegen damit aber weit zurück. Meine Geschwister und ich schaffen es nicht alleine rechtzeitig fertig zu werden.“
 

Killian nickte verstehend. Das Mädchen war längst nicht die Erste, die mit diesem oder einem ähnlichen Anliegen zu ihm kam.

„Ihr werdet Unterstützung auf dem Hof erhalten“, sicherte er ihr zu und sah sich nach einem der Bediensteten um, der sich um solche Angelegenheiten kümmerte. Dieser trat auch sofort einen Schritt vor und Killian deutete mit seiner Hand auf ihn. „Er wird mit dir alles Weitere besprechen.“
 

Das Mädchen sah ihn kurz sprachlos an, bevor sie sich mehr als glücklich bei ihm bedankte und erneut in einen ungelenken Knicks fiel. Dann eilte sie dem Bediensteten bereits entgegen, welcher sie hinausführt, um dort mit ihre die Angelegenheit zu besprechen.

Es gefiel Killian natürlich den Menschen auf diese Art und Weise eine Freude machen zu können, jedoch fand er es traurig, dass es überhaupt erst zu solchen Situationen kommen musste. „Wie viele Bauernfamilien gibt es, deren Familienoberhaupt hingerichtet worden ist?“, fragte er daher und wandte sein Gesicht langsam Travis zu.

Dieser räusperte sich kurz, als er verstand, dass die Frage ihm galt. „Es war die gängigste Methode des verstorbenen Königs die Menschen hinzurichten, sollten sie eine Steuerschuld aufgebaut haben.“

Es erschreckte den jungen König nicht einmal richtig dies zu hören, denn es schien so, dass die Hinrichtung nicht nur für solche Vergehen gerne eingesetzt worden war, sondern für fast jedes. „Wie hoch musste die Schuld dafür gewesen sein?“, fragte er weiter und wusste von vornherein, dass ihm die Antwort wohl kaum gefallen würde.

„Ein Kupferstück reichte bereits“, sagte der ehemalige Stellvertreter des Königs und verzog dabei keine Miene. Entweder dies war ein weiterer Punkt, indem sich ein gewisses Desinteresse entwickelt hatte oder aber er war es schon viel zu lange gewöhnt gewesen, als dass es ihn selbst noch nennenswert berührt hätte.
 

Killian versuchte nicht weiter auf das Gehörte in Gedanken einzugehen. Er würde wohl nicht so schnell verstehen, was in dem ehemaligen König vor sich ging. „Und zudem Zeitpunkt der Hinrichtung ist der komplette Besitz des Schuldners bereits verpfändet worden?“

„Auf den Besitz wurde fast nie zurückgegriffen. Zumindest war dies so in den letzten Jahren. Bevor die Hinrichtung vermehrt eingesetzt worden war, wurde mehr verpfändet, allerdings begann der König die Menschen härter zu bestrafen, damit sie als abschreckendes Beispiel für andere galten.“
 

Killian überraschte die Antwort. Nicht ihr Inhalt, viel mehr, dass Travis so viel preisgab. Er war es inzwischen gewohnt, dass er dem Berater viele Informationen einzeln entlocken musste. Nichtsdestotrotz realisierte er nun immer mehr, das gehörte, auch wenn er zunächst versucht hatte nicht genau darüber nachzudenken. Er war schlichtweg schockiert, immer wieder aufs Neue. Wie hatte der ehemalige König so gnadenlos regieren können, ohne dass ihm Einhalt geboten worden war?

Zudem war es ihm schleierhaft, wie man die Anwärter derart hat abschirmen können, von dem was im Königreich passierte. Hätten sie schon vorher von derart vielen Hinrichtungen und der kompromisslosen Art des Königs gehört, dann hätten sie zwar nichts daran ändern können, doch dann würden er und seine Berater nun nicht ohne dieses Wissen dastehen. Sie hätten sich bereits im Vorfeld Gedanken machen können, wie nun mit der Situation, mit dem unzufriedenen Volk, richtig umgegangen werden könnte.
 

Kurzerhand gab er der Wache ein Zeichen, dass die nächste Person mit einem Anliegen eintreten sollte. Für den Moment hatte er erst einmal wieder genug von den Handlungen des alten Königs gehört. Stattdessen konzentrierte er sich nun auf einen älteren Mann, der vor ihn getreten war. Sein äußeres Erscheinungsbild war wesentlich schlechter als das, von dem Mädchen eben. Seine Kleidung war teilweise zerrissen und verdreckt. Außerdem schien er nur aus Haut und Knochen zu bestehen. Jedoch blieb dieser Mann nicht einfach nur vor ihm stehen und verbeugte sich respektvoll, so wie es bereits zahlreiche Menschen zuvor getan hatten, nein, er ging direkt auf die Knie.

„Bitte verzeiht mir mein König!“, jammerte er direkt und senkte seinen Kopf, um Killian nicht ansehen zu müssen. „Ich bitte Euch mein Leben zu verschonen, ich muss mich um meine Enkel kümmern!“
 

Der junge König atmete kurz durch und straffte seinen Rücken ein wenig. Auch diese Bitte hörte er nicht zum ersten Mal, trotzdem war es für ihn kein angenehmes Gefühl einen Menschen derart in Angst zu versetzen, vor allem dann nicht, wenn er den Grund dafür nicht einmal kannte.

„Aus welchem Grund sollte ich Euch hinrichten lassen wollen?“, fragte er daher und hoffte, dass der Mann vor ihm nicht derart an seiner Bitte festhielt, dass er nicht dazu imstande war, auf eine weitere Frage antworten zu können, so, wie er es bereits bei anderen Menschen erlebt hatte. Zu groß war bei ihnen die Angst gewesen, für etwas hingerichtet zu werden, weshalb sie einfach nur bei ihrer anfänglichen Aussage geblieben waren.
 

„Ich werde die kommenden Steuerzahlungen nicht vollständig leisten können“, sprach der alte Mann mit unveränderter Körperhaltung. „Die Ernte… sie ist so schlecht ausgefallen in diesem Jahr.“

Innerlich seufzte Killian auf. Wieder war ein Mensch von der geringen Ernte betroffen. Er würde sich schnellstmöglich über die Erträge dieses Jahres informieren müssen, da die alten Berater dies noch nicht von alleine getan hatten. Sollte die Situation so ernst sein, wie er es inzwischen einschätzte, so würden einige Menschen über den Winter Hungerleiden. Wenn sie dies vermeiden wollten, müssten sie womöglich Getreide noch zusätzlich von woanders beziehen. Wie die Ernten andernorts ausgefallen waren, wusste Killian jedoch auch noch nicht.
 

„Wie hoch wird Eure Schuld voraussichtlich ausfallen?“, fragte er schließlich und hoffte eine nicht allzu hohe Zahl zu hören.

„2 Silbertaler, mein König“, sprach der alte Mann mit leiser werdender Stimme.

Kurz überlegte Killian, bis er eine Entscheidung getroffen hatte. „Ich weiß um die schlechte Ernte, weshalb ich Euch einen Aufschub gewähre. Ihr werdet Eure Schuld begleichen, sobald Euch dies möglich ist, spätestens jedoch mit der nächsten Ernte.“
 

Sprachlos sah der vor ihm kniende Mann nun auf. Er wollte etwas erwidern, doch kein Wort verließ seinen Mund, bis er schließlich in Tränen ausbrach und sich anfing zu bedanken. Zusätzlich beugte er sich wieder nach vorne, soweit, dass er mit seiner Stirn den Boden berührte.

Als er sich beruhigte, rappelte er sich mit zitternden Knien wieder auf die Füße hoch. Ob dies nun den starken Emotionen oder aber der ungewohnten Haltung in Kombination mit seinem hohen Alter zu verschulden war, wusste Killian nicht, doch er war erleichtert, als der Mann vor ihm schließlich einen halbwegs sicheren Stand hatte und sich unter weiterem bedanken von ihm abwandte und den Saal wieder verließ.
 

„Ihr dürft nicht zu mild mit den Leuten umgehen“, sagte Travis sofort, als die Tür wieder geschlossen war. „Wir brauchen die Steuereinnahmen dringend.“

„Da habt Ihr natürlich recht“, sagte Killian gedehnt und sah wieder langsam zu dem Berater. „Ich könnte weitermachen wie mein Vorgänger. Sagt, Travis, wie hoch sind die Steuereinnahmen von den Hingerichteten?“

„Ich verstehe, was Ihr damit sagen wollt, mein König, trotzdem werdet ihr nicht immer so verfahren können. Früher oder später würdet Ihr deswegen ausgenutzt werden“, erklärte der Ältere seine Gedanken.

Bevor der junge König darauf antworten konnte, vernahm er jedoch ein Räuspern von Toran, welcher einen Schritt vortrat und somit zeigte, etwas dazu sagen zu wollen. Mit einem Nicken stimmte er dem zu.
 

„Mit Verlaub, aber wie denkt Ihr, sollte unser König stattdessen auf solche Bitten reagieren?“, richtete er seine Frage direkt an Travis, doch dieser sah ihn nur an und blieb stumm. Diese Reaktion brachte Toran dazu weiter zu sprechen. „Ihr seid nach wie vor ein Berater, wenn auch ohne einen direkten Posten. Trotzdem solltet Ihr dann auch beraten, wenn Ihr schon Einwände habt.“

Killian war bewusst, dass auch Torans Begeisterung für seinen Vorgänger Grenzen hatte, dass er diesen jedoch so Zeitnahe mit irgendeiner Art von Kritik konfrontierte, war dann doch eine kleine Überraschung. Eine Überraschung, die er jedoch willkommen hieß. Ihm war bewusst, dass seine derzeitigen Reaktionen sehr mild waren und zum Teil ein Problem auch nur verschob, jedoch fehlte ihm schlicht das richtige Wissen, um womöglich richtig zu reagieren und er hatte auch nicht den Eindruck, dass dieses Wissen von alleine zu ihm getragen werden würde. Eine Änderung im Verhalten der alten Berater wäre somit für ihn nur wünschenswert. Wahrscheinlich hätte er schon selbst etwas diesbezüglich sagen müssen.
 

Während Killian kurz seinen Gedankengängen gefolgt war, war Travis weiterhin stumm geblieben und schien dies nicht allzu schnell ändern zu wollen, weshalb nun Aidan das Wort ergriff. „Die Situation ist so, wie sie derzeit ist, nicht haltbar. Wir sollten uns alle einmal Gedanken darum machen, wie man damit umgehen sollte. Womöglich finden wir so eine Möglichkeit, die für alle zufriedenstellend ist, immerhin hat jeder der hier anwesenden seine persönlichen Stärken.“

Da war sie, die diplomatische und harmoniebedürftige Seite Aidans. Auch wenn seine Aussage in dem Moment nicht direkt weiterhalf, so nickten die meisten zustimmend und die Situation war sogleich um einiges entspannter. Man konnte nur hoffen, dass auch wirklich jeder versuchte eine Möglichkeit zu finden und nicht einfach nur bei der alten Reaktion für Probleme bleiben zu wollen.
 

„Ihr habt recht“, ergriff Travis sogleich die Chance aus diesem für ihm unangenehmen Gespräch zu flüchten. „Wir sollten das Gespräch auf den Abend verschieben.“

Auch Killian stimmte dem zu und erklärte das Gespräch für beendet, indem er die nächste Person hereinrufen ließ.

Es war eine junge Frau, die durch die Tür trat. Ihr Erscheinungsbild war besser, als das ihrer Vorgänger. Das Haar trug sie fein säuberlich hochgesteckt und auch ihr Kleid war farbenfroher und aus einem qualitativ hochwertigeren Stoff gefertigt. Auch wenn ihre Haltung gerade war und sie ihren Blick erhoben hatte, so machte sie jedoch recht kleine Schritte, was dazu führte, dass sie eine Weile brauchte, bis sie vor ihnen zum Stehen kam. Zögerlich machte sie einen Knicks, bevor sie Killian direkt ansah. „Mein König, vielen Dank, dass ihr mich empfangt“, begann sie zu sprechen und der Angesprochene nickte ihr kurz zu, um sie so zum weitersprechen zu bewegen. Kurz schluckte die junge Frau unbehaglich, bevor sie genügend Luft holte, um ihr Anliegen auszudrücken. „Ich möchte mich Euch als Gespielin anbieten.“
 

Sofort hörte man den einen oder anderen Berater scharf die Luft einsaugen, bevor es still wurde. Auch Killian wusste für den Moment nichts zu sagen, denn damit hatte er sicherlich nicht gerechnet, zumindest nicht während der Audienzen.

Schließlich reagierte einer der alten Berater und trat auch schon auf die junge Frau zu, noch während er sprach. „Verzeiht, mein König. Sie muss übersehen worden sein, normalerweise lassen wir solche Personen bereits im Vorfeld gar nicht erst zu Euch durch.“ Auch eine der Wachen trat nun auf sie zu, was die junge Frau nur nervös und unsicher zur Seite treten ließ. Dann schaute sie wieder zu Killian. „Bitte… mein König…“
 

Kurz überlegt der junge König noch, doch dann hob er die Hand. „Wartet!“, sagte er laut und ließ sowohl die Wache, als auch den Berater innehalten. „Ich möchte wissen, was Eure Gründe für dieses Angebot sind“, fügte er an die junge Frau gewandt hinzu, welche zunächst noch immer nervös zwischen den Anwesenden hin und her sah. Würde sie bei Killian den Eindruck erwecken, dass sie sich mit Freude anbot, dann hätte er die Wache wohl nicht aufgehalten, doch es war ziemlich offensichtlich, dass sie sich zumindest jetzt nicht sonderlich wohl in ihrer Haut fühlte.
 

„Ich… meine Eltern sind beide hingerichtet worden. Außerdem wurde zusätzlich unser Vermögen eingezogen. Ich finde unter diesen Umständen nie einen geeigneten Mann.“ Kurz musste Killian ein Schmunzeln unterdrücken. Nicht etwa, weil er sich über sie oder ihre Geschichte lustig machte, denn diese fand er, ähnlich wie bei den anderen, überaus tragisch. Jedoch fand er ihre Herangehensweise ihr Vorhaben zu erklären doch viel mehr als amüsant. Derart ehrlich ging wohl kaum einer auf so etwas ein. Allerdings erklärte dies auch, warum er von Anfang an den Eindruck hatte, dass sie nicht freiwillig hier war. Sie wusste sich ganz offensichtlich nicht anders zu helfen und wäre Killian noch jünger und wäre er in einer anderen Situation, dann hätte er sich womöglich sogar dazu hinreißen lassen können ihr auf die angebotene Art und Weise zu helfen.
 

„Tut mir leid, aber ich habe für Euer Angebot keinerlei Verwendung“, erklärte er kurzerhand, was ihren Blick enttäuscht gen Boden gehen ließ. „Aber vielleicht kann die Königin in diesem Fall weiterhelfen. Bitte lasst Amalia hierherkommen.“ Mit seinen letzten Worten eilte sofort einer der Bediensteten los.

Vielleicht würde Amalia wirklich Verwendung für die junge Frau haben. Killian erinnerte sich an ein Gespräch mit ihr, in dem sie gesagt hatte, dass sie sich noch eine Zofe wünschte, die verblieben Anwärterinnen jedoch hatten an eine solche Tätigkeit kein Interesse gehabt.
 

Während sie warteten, bemerkte Killian schließlich, dass Travis sich langsam zu ihm bewegte. Scheinbar hatte dieser ihm etwas mitzuteilen, denn er beugte sich zu seinem Ohr. „Wir können nicht auch noch das Schicksal von Huren beeinflussen.“ Der junge König wollte eine solche Aussage gar nicht erst hören. Wie, als wenn er mit seiner Hand eine lästige Fliege verscheuchen wollte, scheuchte er Travis aus der Nähe seines Kopfes weg und deute ihm, Abstand zu wahren.
 

Es dauerte nicht lang, bis Amalia den Thronsaal betrat. Killian hatte den Eindruck, dass sie wohl nur auf eine Aufgabe gewartet hatte, dies würde sich zumindest mit ihrer Aussage decken, dass sie vermehrt Langeweile hatte, aufgrund zu weniger Aufgaben für sie. Als sie näher an den Thron herantrat stand er auf und aus den Augenwinkeln konnte er erkennen, dass seine Berater sich respektvoll vor ihr verbeugten und sie willkommen hießen. Sie hingegen blickte in die Runde und nickte den Anwesenden kurz zu, bevor sie die von Killian gereichte Hand ergriff und sich von ihm zu ihrem Thron geleiten ließ.
 

„Wie kann ich unserem König behilflich sein?“, fragte sie direkt und sah den Genannten freundlich und erwartungsvoll an.

„Nun, es geht um diese junge Frau“, begann er zu sprechen und deutete kurz auf die Frau, welche noch immer nervös vor ihnen stand und trotzdem versuchte einen gewissen Stolz auszustrahlen. „Sie verlor neben ihren Eltern zusätzlich noch das Vermögen ihrer Familie. Nun versucht sie eine Möglichkeit zu finden ihren Lebensunterhalt zu sichern. Da ich jedoch keinen Bedarf habe, habe ich gedacht, dass Ihr womöglich einen Vorschlag dazu hättet.“
 

Eine kurze Zeit lang sah die junge Königin die vor ihnen stehende Frau neugierig an, bevor sie ihrem Gemahl einen prüfenden Blick zuwarf. Dann begann sie leicht zu lächeln und nickte zustimmend, bevor sie sich wieder zu der jungen Frau drehte und das Wort direkt an sie wandte. „Wir könnten gemeinsam über Eure Qualifikationen sprechen. Vielleicht wüsste ich tatsächlich einen Platz für Euch.“

Die Augen der Angesprochenen wurden groß, als sie das gesagte hörte und nun offenbar sprachlos, nickte sie ebenfalls zustimmend. Als Amalia sich wieder von ihrem Platz erhob und auf sie zutrat, um gemeinsam mit ihr den Raum zu verlassen, damit Killian seine ursprünglichen Aufgaben wieder in aller Ruhe aufnehmen konnte, fiel die junge Frau in einen erneuten Knicks vor dem Königspaar. „Vielen Dank!“, ließ sie hektisch verlauten.
 

Kurz wartete Killian noch lächelnd darauf, dass die beiden Frauen den Saal verlassen hatten, als er sich auch schon wieder direkt an Travis wandte. „Was lässt Euch vermuten, dass dieses Mädchen eine Hure sei?“, wollte er von dem Berater wissen. „Ganz offensichtlich war sie nicht freiwillig hier. Sie war völlig verunsichert!“

Travis hingegen sah ihn nur still an. Ob er nun tatsächlich sprachlos war oder einfach nur nicht antworten wollte, konnte Killian in dem Moment nicht sagen. „Das hab ich mir gedacht, dass Ihr dazu nichts zu sagen habt“, erklärte Killian noch, bevor er auch schon den Nächsten hereinbitten ließ.
 

Killian wurde das Gefühl nicht los, dass er keinen richtigen Fuß in sein Amt setzen konnte, solange sich hier nicht bald etwas ändern würde. Die Frage war jedoch, was sich ändern musste. Hatte er selbst einfach eine falsche Vorstellung vom Regieren und den damit verbundenen Pflichten oder gab es wirklich ein Problem innerhalb der Regierung? Dass der letzte Herrscher derart versagt hatte ließ zwar darauf schließen, doch konnte man alleine ihm die Schuld an allem geben?
 

Ende Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 22
 

Während Killian langsam die letzten Treppenstufen auf dem Weg zu seinem und Amalias Gemächern erklomm, fuhr er sich mit der Hand durch seine Haare und strich so ein paar der Strähnen, die sich im Laufe der letzten Stunden immer wieder auf seine Stirn verirrt hatten, zurück.

Der Tag war anstrengend gewesen, denn viele Menschen hatten den Wunsch mit ihren Problemen vorstellig zu werden. Dazu kam, dass er nicht so agieren konnte, wie er es persönlich gerne wollte, sei es nun, weil insbesondere die alten Berater ihm zu etwas anderem rieten oder weil er aus finanziellen Gründen anders handeln musste.
 

Nachdem niemand mehr vor ihn und seine Berater getreten war, hätte Killian gerne das Gespräch mit Aidan gesucht und einfach nur mit ihm Zeit verbracht, doch dieser war wieder einmal schneller aus dem Raum geeilt, als alle anderen Anwesenden. Zu Killians Glück war sein diplomatischer Berater aber inzwischen in seine angedachten Räumlichkeiten umgezogen, weil sein Vorgänger ihm diese überlassen hatte. Daher befand er sich nun auf dem gleichen Geschoss mit seinem König, um diesem bei Bedarf schnellstmöglich beratend zur Seite stehen zu können.

Aus diesem Grund blieb dieser nun auch auf dem Flur vor der Eingangstür zu seinen privaten Gemächern stehen und wartete einfach ab, bis Aidan an ihm vorbeikommen würde. Schließlich müsste er irgendwann auf dem Flur auftauchen.
 

Killian vermisste ihn von Tag zu Tag mehr und dass, obwohl er ihn stets sah. Einerseits wollte er akzeptieren, wenn der Jüngere zurzeit ein wenig Abstand brauchte, doch wollte er zumindest wissen, was der Grund dafür war. Schließlich hatte er angenommen, dass sie sich ausgesprochen hatten und das noch nicht einmal vor allzu langer Zeit. Was ließ ihn also erneut auf Abstand gehen? Hatte Killian womöglich etwas Falsches gesagt oder getan?
 

Noch ein wenig in Gedanken versunken bemerkte der junge König schließlich eine Bewegung am Treppenabsatz, was ihn dazu bewegte seine Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Tatsächlich war es die erwartetet Person und er konnte ihm sofort ansehen, dass er unterdrückte sich sofort umzudrehen, um einen anderen Weg einzuschlagen.

Als Aidan fast auf Killians Höhe war, wollte dieser bereits mit einem höflichen Nicken an ihm vorbeigehen, was der König jedoch nicht ohne weiteres zulassen wollte.

„Hast du einen Moment Zeit für mich?“, fragte der Ältere also und ließ sein Gegenüber doch in der Bewegung innehalten.

„Entschuldige, ich habe noch etwas zu erledigen. Können wir…“, setzte Aidan an und schien ihm mehr als deutlich aus dem Weg gehen zu wollen. Wieder einmal. Aus diesem Grund unterbrach Killian ihn auch und griff kurzerhand nach seinem Arm, um ihn an diesem durch die Tür zu dem Vorflur seiner Räumlichkeiten zu ziehen. „Ich möchte nur kurz mit dir sprechen“, sprach er noch murmelnd, in der Hoffnung, dass Aidan ihn deswegen nicht erneut versuchen würde abzuwimmeln.
 

Noch bevor Aidan wirklich etwas erwidern konnte hatte Killian die Tür bereits wieder verschlossen und sich so hingestellt, dass Aidan hinter der Tür stand und somit weder vor und noch zurückkonnte.

„Killian, was soll das?“, fragte der Jüngere und schien nicht besonders glücklich über die Situation zu sein.

„Warum gehst du mir aus dem Weg?“, fragte Killian daher direkt und sah ihn unverwandt an.

„Ich gehe dir nicht aus dem Weg. Wie auch? Wir sehen uns jeden Tag und auch jetzt kann ich dir wohl kaum aus dem Weg gehen“, antwortete Aidan und klang zum Ende hin immer vorwurfsvoller.

Kurz schwieg Killian und schnalzte unzufrieden mit der Zunge. „Du weißt, was ich meine.“
 

Aidans Schweigen darauf bestätigte die Annahme des Älteren.

„Ist etwas bei der Krönungszeremonie vorgefallen?“, wollte Killian schließlich direkt wissen. Immerhin hatte der Jüngere sich ab diesem Zeitpunkt wieder mehr zurückgezogen. „Hast du womöglich mit jemanden gesprochen, so, dass du nun vorsichtiger sein möchtest?“

„Nein, es ist nichts vorgefallen“, beantwortete Aidan die Frage und wirkte dabei fast schon ein wenig genervt, während er jedoch den Blick senkte.

„Aidan, bitte! Hilf mir doch die Situation zu verstehen.“

„Du und Amalia… ihr habt euch doch gut verstanden“, erklärte er schließlich ruhig, hob seinen Blick jedoch noch immer nicht.
 

Killian dachte über die Krönungsfeier nach und nickte unbewusst, als er an die guten Gespräche, die er mit Amalia geführt hatte, zurückdachte. „Ja, das haben wir. Ist es das vielleicht?“

Doch anstelle einer Antwort erhielt der junge König erneut nur wieder ein Schweigen. Auch wenn die Distanz zwischen ihnen die ganze Zeit über nicht besonders groß war, so trat er nun einen kleinen Schritt auf den anderen zu und packte ihn behutsam am Oberarm, in der Hoffnung so nun endlich die Aufmerksamkeit zu bekommen, die er sich wünschte. Tatsächlich hob Aidan nun wieder seinen Kopf und sah ihm in das Gesicht.

„Was soll das, Aidan? Geh mir bitte nicht aus dem Weg“, sprach Killian nun ruhiger zu Aidan, doch trotzdem schwieg dieser noch weiter.

Nun bildeten sich Falten auf der Stirn des jungen Königs. „Bist du etwa eifersüchtig?“
 

Kurz weiteten sich die Augen seines Beraters, doch als dieser seinen Blick über Killians Schulter streifen ließ straffte er seine Haltung und sah bewusster hinter ihn.

„Guten Abend, Ada“, sagte er mit neutraler Stimme.

Auch Killian warf nun einen Blick über seine Schulter und sah die junge Frau dort stehen. Sofort trat er einen Schritt von Aidan zurück und ließ dabei seinen Arm los. Ada hingegen sah sie eine kurze Weile schweigsam an, bevor sie einen Knicks machte und den beiden Männern höflich einen guten Abend wünschte. „Entschuldigt die Störung, mein König“, wandte sie sich direkt an den Angesprochenen und drehte sich letztendlich zu der Person um, die hinter ihr im Schatten stand, wodurch das Paar sie erst nicht bemerkt hatten. Es war die junge Frau aus der Audienz, derer sich Amalia angenommen hatte.

„Komm, Claudette“, forderte Ada sie leise auf, ihr zu folgen und ein wenig hektisch machte auch sie einen kleinen Knicks vor dem König und seinem Berater, bevor sie der anderen Frau folgte.
 

Den beiden hinterher blickend, als sie durch eine der Türen verschwanden, bemerkte Killian erst spät, dass Aidan sich aus der Ecke, in die er ihn gedrängt hatte, heraus geschlichen hatte. „Ich sollte nun gehen, bevor uns noch jemand in einer Situation sieht, die man falsch interpretieren könnte“, erklärte er und wollte bereits auf die Tür, die auf den anderen Flur führte, zugehen, doch der junge König ergriff sofort dessen Handgelenk und zog ihn an diesem in sein Schlafgemach, in dem er sich ein wenig mehr Abgeschiedenheit erhoffte.

In dem Raum angekommen löste Aidan vorsichtig sein Handgelenk aus dem Griff.
 

„Killian, was soll das? Adas Blick kam mir schon skeptisch genug vor“, wollte der Jüngere wissen.

„Sie weiß ohnehin, dass ich im Geheimen noch jemanden habe“, sagte Killian geradeheraus und war nicht verwundert, als sich der Gesichtsausdruck seines Liebsten zu einem schockierten wandelte.

„Wie bitte? Woher weiß sie das?“, wollte dieser, nun langsam doch sauer werdend, wissen.

„Amalia hat es ihr gesagt, wenn auch ohne deinen Namen“, erklärte der junge König möglichst neutral. Immerhin war auch er über diese Tatsache nicht besonders begeistert, doch das musste er dem Jüngeren nicht unbedingt zeigen und somit seine Gefühle noch mehr aufwühlen. „Ich denke jedoch, dass Ada auch ohne den Namen zu wissen, womöglich etwas ahnen könnte.“

„Doch warum hat sie es ihr gesagt?“, wollte Aidan weiter wissen, um wohl die Situation besser zu verstehen.

„Sie wollte verhindern, dass Ada etwas ahnt und dann zu spekulieren anfängt.“

„Ich verstehe es trotzdem nicht“, sagte der Jüngere nun kopfschüttelnd. Trotzdem fuhr er mit etwas milderer Stimme fort. „Das zwischen uns hat nun mal keine Zukunft. Du und Amalia, ihr beide habt eine und das sollten wir alle akzeptieren. Umso mehr Leute davon erfahren, desto schwieriger wird die Situation letztendlich.“
 

Killian tat es weh, dies zu hören und jedes Mal, wenn Aidan ihre Beziehung aufs Neue aufgab, wurde es schlimmer. Er wünschte sich so sehr, dass sein Liebster nur ein klein wenig mehr um sie kämpfen würde.

„Warum hast du dich dann erneut darauf eingelassen?“, wollte er daher wissen. Immerhin hatte Aidan bereits vor ihrem Umzug in den Palast einen Schlussstrich gezogen. Zwar war Killian in der Hochzeitsnacht sehr entschlossen gewesen und hatte seinem Liebsten nur wenig Entscheidungsfreiraum gelassen, doch hätte er weiterhin eine klare Grenze gezogen, dann hätte er ihn wohl kaum gezwungen mit ihm die Nacht zu verbringen.

„Ich bin schwach geworden! Auch ich kann meine Gefühle für dich nicht immer leugnen, Killian!“, erklärte sich Aidan und ein Hauch Verzweiflung ließ sich aus seiner Stimme heraushören.

„Doch du bist derjenige mit der grenzenlosen Selbstbeherrschung! Das warst immer du!“ Killian ließ sich von Aidans Gefühlen anstecken. Er hatte sich immer danach gerichtet, was Aidan zugelassen hatte. Dieser sah ihn nun kopfschüttelnd an. „Killian, du solltest bemerkt haben, dass du meine Selbstbeherrschung mit Leichtigkeit bezwingst. Außerdem trage nicht nur ich Verantwortung bei dieser Sache.“
 

Der Ältere ließ sich kurz die gehörten Worte durch den Kopf gehen. Natürlich trug nicht nur Aidan die Verantwortung, aber er war immer der Vernünftigere von ihnen beiden gewesen. „Wie kannst du uns einfach immer wieder aufgeben? Ich kann es nicht und ich will es auch nicht!“
 

Während sich die Liebenden in die Augen sahen, ging plötzlich die Tür auf. Amalia betrat den Raum, ohne auf eine Erlaubnis zu warten und während Killian seinen Blick nicht von Aidan abwandte, huschten dessen Augen kurz zu der Königin und wieder zurück zu seinem Liebsten. Der junge König konnte nicht deuten, was er in den Augen seines Gegenübers sah, doch letztlich wandte dieser seinen Blick dann doch vollends ab, um seine Schwester mit einem bösen Blick zu bedenken.

„Schließ‘ die Tür“, unterstrich er letztendlich mit Worten seinen Blick.
 

Während Amalia tat, wozu er sie aufgefordert hatte, gab er ihr nicht die Chance etwas zu entgegnen, nachdem die Tür geschlossen war, stattdessen fuhr er sogleich fort. „Du könntest beginnen die Privatsphäre anderer zu respektieren. Dazu gehört, an Türen zu klopfen, bevor man sie öffnet und Geheimnisse nicht einfach weiterzutragen, ohne zuvor um Erlaubnis zu fragen.“

Wäre Killian nicht gerade selbst mit seinen Gefühlen derart beschäftigt, dann würde es ihn wohl erstaunen, wie sein Liebster mit der Königin sprach. Auch wenn sie Geschwister waren, so wahrte Aidan für gewöhnlich trotzdem gewisse Regeln, die ihm vorgegeben wurden. Dazu gehörte auch der respektvolle Umgang der Königin, auch wenn sie nun unter sich waren und er die Regeln nur in abgeschwächter Form anwandte.
 

Amalia jedoch ließ sich von der Reaktion ihres Bruders nicht aus der Ruhe bringen. Sie lächelte, wie sie es auch schon getan hatte, als sie den Raum betrat und schien somit das Verhalten einfach ignorieren zu wollen. „Ich freue mich dich zu sehen, kleiner Bruder. Es ist schon eine Weile her, dass wir uns in einem privaten Rahmen sahen.“

Killian konnte sofort an ihrer Stimme erkennen, dass sie die Worte ernst meinte. Sie freute sich wirklich und das war sicherlich auch der Grund, warum sie über die gereizte Stimmung hinwegsah. Er hatte es bereits bemerkt, als die Anwärterinnen bei den Anwärtern zu Besuch gewesen waren. Sie liebte ihren Bruder und sah wahrscheinlich deswegen über so manches hinweg.

„Ich habe über eure Beziehung nur deswegen gesprochen, um Gerüchten vorzubeugen“, erklärte sie sich zusätzlich.
 

„Und warum entscheidest du das einfach für dich? Warum fragst du nicht zumindest alle beteiligten oder warnst sie vor?“, wollte Aidan weiter wissen.

„Weil ich eine Ehe zu führen habe, mit einem Mann der mich nicht will“, brachte sie ihr Argument vor und es verfehlte seine Wirkung nicht. Es war nicht das erste Mal, dass sie diese Tatsache nutzte und doch machte sich sofort ein schlechtes Gewissen in den jungen Männern breit. Killian wurde ein weiteres Mal bewusst, wie unzufrieden auch sie mit der Situation war, wusste aber auch nichts darauf zu erwidern. Ähnlich erging es scheinbar Aidan, denn auch er schwieg.
 

Mit etwas ernsterer Stimme sprach die junge Königin weiter. „Ich würde mich freuen, wenn du zum Abendessen bleiben und uns Gesellschaft leisten würdest“, sagte sie direkt an Aidan gerichtet. Es war weniger eine Einladung, als vielmehr eine Aufforderung, die keine Widerworte zuließ, das wussten alle Anwesenden.

„Ich freue mich mal wieder ein wenig Zeit mit dir verbringen zu können.“ Ihre Worte klangen aufrichtig und auch das fröhliche Lächeln, das kurzzeitig zu einem erzwungenen geworden war, war in ihr Gesicht zurückgekehrt.

Sie wartete keine Antwort ab, sondern wandte sich bereits wieder zum Gehen.

„Das Essen wird gerade aufgetischt. Lasst euch bitte nicht zu viel Zeit mit dem Kommen.“ Damit beendete sie das Gespräch und verschwand wieder aus dem Raum.
 

Schweigend blieben die beiden Männer zurück und hingen zunächst ihren eigenen Gedanken nach und versuchten diese, ebenso wie ihre Gefühle zu sortieren. Das gesamte Gespräch hatte wohl einen Verlauf angenommen, mit dem sie beide nicht gerechnet hatten.

„Können wir nach dem Essen noch einmal in Ruhe über die ganze Sache sprechen?“, fragte Killian schließlich vorsichtig und hoffte inständig, dass Aidan dem zustimmen würde. Zögerlich tat dieser das auch und fürs Erste folgten sie nun Amalia.
 

- - - - -
 

Sie saßen nun schon eine Weile beim Abendessen, bei welchem Killian sich eher zurückhielt und sich mehr mit dem Essen beschäftigte, als sich aktiv in das Gespräch der Geschwister einzubringen. Amalia freute sich wirklich sehr über die Gesellschaft ihres Bruders und verwickelte ihn immer wieder in neue Gesprächsthemen, auf welche er sich auch gerne einzulassen schien. Insgesamt war die Stimmung am Tisch sehr angenehm.
 

Gegen Ende der Mahlzeit trat Claudette an sie heran, mit einem Weinkrug in den Händen, um mit diesem ihre Becher nachzufüllen. Während die junge Königin sofort ablehnte, nahmen sowohl ihr Gemahl, als auch ihr Bruder das Angebot an.

Killian beobachtete sie dabei, wie sie ihre neue Arbeit verrichtet. Wie Aidan und er zu Beginn des Essens von Amalia erfahren hatten, hatte sie entschieden die junge Frau in ihre Dienste als Zofe zu nehmen. Sie verfügte zwar kaum über die entsprechenden Qualifikationen und entpuppte sich sogar als überaus zurückhaltend, doch wollte sie ihr eine Chance geben und ohnehin hatte sie jemanden gesucht, der Ada unterstützen könnte.

Nun konnte man Claudette die Nervosität deutlich ansehen, doch wer wäre das nicht an seinem ersten Tag im Dienste der Königin. Killian wunderte sich auch nicht darüber, dass sie beinahe in Liam hineingelaufen wäre, als sie ihre Aufgabe erfüllt hatte und scheinbar nur schnell den Raum wieder verlassen wollte. Sein Kammerdiener hingegen schien schon etwas mehr überrascht zu sein, schaffte es jedoch trotzdem die junge Frau an den Armen festzuhalten und somit zu verhindern, dass sich der Rotwein aus dem Krug nicht auf ihrer Kleidung verteilte.
 

Überrumpelt und erschrocken sah Claudette zu Liam auf und auch Amalia und Aidan unterbrachen ihr Gespräch, um die kleine Szene zu beobachten.

„Vorsicht“, sagte Liam freundlich lächelnd, was der jungen Frau aber auch nicht wirklich half aus ihrer Starre herauszukommen.

„Claudette!“, hörte man stattdessen Ada von der Tür aus sagen und dies bewirkte, dass sich die junge Zofe schnell bei Liam mit einem kleinen Knicks entschuldigte und dann zur Tür eilte.

„Das wird schon noch“, murmelte Amalia leise, was bei Aidan und Killian wiederum nur ein Schmunzeln hervorrief, doch im Grunde stimmten sie ihr zu. Der Kammerdiener hingegen kümmerte sich erst mal nicht weiter um den beinahe Zusammenstoß und trat an den Tisch heran, um sich zu erkundigen, ob sie alles hatten oder ob er ihnen noch etwas bringen konnte. Dies verneinten jedoch alle.
 

„Wir haben einen Neuzugang?“, fragte Liam dann doch noch, denn scheinbar war ihm dies bisher entgangen.

„Das war Claudette“, erklärte die junge Königin. „Sie besuchte Killian heute in der Audienz.“ Wie selbstverständlich griff sie nach seiner Hand, so, wie sie es in der Öffentlich auch immer tat. „Ich habe entschieden, sie als Kammerzofe in meine Dienste zu nehmen.“
 

Noch während Amalia Liam erklärte, um wen es sich bei der jungen Frau handelte, bemerkte Killian den Blick seines Liebsten, der zu ihnen herübergewandert war und nun auf ihren Händen lag. Er sah wenig erfreut darüber aus, was Killian die Augenbrauen heben ließ und als der Jüngere dies bemerkte, wandte er seinen Blick wieder ab, um dem Blick seines Gegenübers nicht standhalten zu müssen.

Während dieser Sache hatte Liam sich bereits wieder verabschiedet, weshalb Amalia bemerkte, dass eine Art stumme Unterhaltung zwischen den beiden Anwesenden stattfand. Vorsichtig drückte sie nun Killians Hand, was sie in der Öffentlichkeit ebenfalls des Öfteren tat und so die Bestätigung von ihm erbat. Für gewöhnlich erwiderte er diese Geste auch, doch nun, mit Aidans Anwesenheit konnte er es nicht. Durch seine Reaktion darauf fühlte es sich falsch an.
 

Die Königin bemerkte natürlich das Ausbleiben einer Reaktion, weshalb sie ihre Hand wieder zurückzog und sie mit den Fingern ihrer anderen Hand unter dem Tisch verschränkte.

Einerseits tat es Killian leid. Für ihn war dies immer eine Geste des gegenseitigen Beistandes in der Öffentlichkeit. Nun beschlich ihn das Gefühl, dass seine Gemahlin darin womöglich mehr gesehen hatte, als er selbst. Das Aidan diese Geste ebenfalls zu missfallen schien, machte das Ganze nicht besser.
 

Ein Räuspern seitens Amalia unterbrach ihr gemeinsames Schweigen. Selbstbewusst nahm sie das unterbrochene Gespräch mit ihrem Bruder wieder auf und man könnte vermuten, dass es diese Unterbrechung nie gegeben hatte, denn auch Aidan ging völlig darauf ein.

Nun war der junge König froh, den Abend eher Schweigsam mit ihnen verbracht zu haben. Normal war er der Mittelpunkt der Gespräche, wodurch es ihm nur selten möglich war, die Menschen um sich herum zu beobachten. In einem anderen Moment hätte er die Reaktionen der Geschwister wohl kaum bemerkt.
 

Wie viel hatte er bereits noch nicht mitbekommen? Was hatte er womöglich mit unbedachten Handlungen ausgelöst?

Gleichzeitig erschrak es ihn, wie leicht es den beiden fiel zurück zum ursprünglichen Verhalten zurückzukommen, ohne zu zeigen, dass offenbar etwas nicht stimmte.
 

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Die Gespräche hatten nicht mehr lange angehalten. Stattdessen hatte Amalia sich alsbald zurückgezogen und schweigend blieben Aidan und Killian zurück, während Liam den Tisch vor ihnen abräumte.

Sie hingen beide ihren eigenen Gedanken nach, bis sie völlig alleine waren und der junge König sich dazu durchrang seinen Liebsten zu bitten, wieder zurück mit in sein Schlafgemach zu kommen, um so nicht erneut mit der Anwesenheit eines Bediensteten konfrontiert sein zu müssen.
 

„Die Nähe zwischen Amalia und mir fällt dir wirklich sehr schwer, nicht wahr?“, fragte Killian ruhig, als sie alleine in dem Raum waren.

Aidan hatte sich bereits im Vorfeld ein wenig von ihm distanziert, stand in der Nähe der Außenwand des Schlafgemachs, weshalb der Ältere nun langsam auf ihn zuging.

Der junge Berater hingegen ging auf die Frage nicht ein, stattdessen versuchte er eher den Abstand zwischen ihnen zu wahren, weshalb er nun vollends zum Fenster ging, doch während er dem König den Rücken zuwandte, nutzte dieser die Chance, um die Entfernung schneller zu überbrücken. Noch bevor Aidan sich wieder zu ihm umdrehte, schlang er die Arme von hinten um ihn und zog ihn so an seine Brust. Mit einem tiefen seufzen nahm der Jüngere dies hin.
 

„Warum hast du nicht mit mir darüber gesprochen?“, wollte der Ältere wissen.

„Killian…“

„Weil du keine Zukunft für uns siehst“, unterbricht er Aidan schnell, bevor dieser es erneut aussprechen konnte. Wieder folgte ein Seufzen, welches Killian dazu brachte seine Nase über das Haar seines Liebsten streichen zu lassen.

„Mir bedeuten diese kleinen Gesten nichts. Sie waren nur eine Art Beistand in einer ungewohnten Situation“, erklärte er seine Gedanken, die er über eben diese Nähe zu seiner Gemahlen hatte.

„Sieht sie das genauso?“, fragte Aidan und versuchte sich ein wenig in der Umarmung zu drehen, um Killian ins Gesicht sehen zu können.

„Da habe ich mir bis eben nie Gedanken darüber gemacht“, gestand der Ältere ehrlich und bereute dies auch inzwischen. Er hätte nicht nur darüber nachdenken sollen, wie es für ihn war, immerhin waren noch andere an den Situationen beteiligt. „Es tut mir leid“, flüsterte Killian und meinte seine Worte auch so.
 

Zielstrebig überwand er nun den kleinen Abstand zu seinem liebsten und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, noch bevor dieser richtig darauf reagieren konnte. Doch das tat Aidan ohnehin nicht. „Mit genau so etwas schwächste du meine Selbstbeherrschung“, sagte er stattdessen nur leise.

„Ich weiß“, gestand Killian und er war froh um dieses Wissen. Er selbst konnte nicht auf die Nähe des Jüngeren verzichten, dafür liebte er ihn zu sehr. Somit blieb ihm nur, Aidan auf eine Art und Weise zu überzeugen, bei der seine über Jahre hinweg um sich errichtet Mauer umgangen werden konnte. Er hatte schlicht die Stärke nicht, die er brauchen würde, um sich von Aidan abzuwenden.
 

Ende Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 23
 

Ein lautes klirrendes Geräusch ließ Killian mit stark klopfendem Herzen aus dem Schlaf hochschrecken und sich abrupt aufsetzten. Alarmiert schaute er sich in seinem Schlafgemach um und suchte nach dem Ursprung des Geräusches. Schließlich sah er im Augenwinkel die Bewegung seiner Gardine, die das Licht des anbrechenden Tages kaum abschirmte. Er war sich sicher, das Fenster am Abend zuvor geschlossen zu haben und Liam betrat in der Nacht nie seine Räumlichkeiten, es sei denn es hatte den Zweck ihn zu wecken, weshalb sein Blick wieder zurück in den Raum huschte und er letztendlich etwas weiter vom Fenster entfernt einen größeren Stein am Boden liegen sah.

Noch bevor er weiter handeln konnte öffnete sich auch schon ruckartig die Tür und Liam betrat den Raum.
 

„Ist alles in Ordnung?“, fragte dieser direkt besorgt und folgte dem Blick seines Königs, nachdem Killian wieder in Richtung des Steines sah, als er erkannte, wer soeben sein Schlafgemach betreten hatte.

Auch Liam sah nun den Stein und ging sofort auf das Fenster zu, um hinauszusehen und womöglich noch jemanden zu entdecken, der den Stein möglicherweise durch das Fenster geworfen hatte.

Killian war währenddessen mehr als froh, dass Aidan noch in der Nacht seine Räumlichkeiten wieder verlassen hatte, auch wenn er es vor wenigen Stunden noch nicht so empfunden hatte und eher protestieren wollte. Doch zumindest wurde er an diesem Morgen nicht auf eine solche Art und Weise geweckt und war sicher in seinen eigenen Räumlichkeiten.
 

Der junge König stand nun vom Bett auf und trat barfuß auf den Stein zu, darauf bedacht, die Seite des Bettes zu meiden, welche dem Fenster zugewandt war, um nicht in die Scherben zu treten, welche sich bei genauerem Hinsehen dort auf dem Boden verteilt hatten.

Erst bei genauerer Betrachtung stellte er fest, dass mit einem dünnen Band ein Stück Papier auf der einen Seite des Steines befestigt worden war, weshalb er ihn aufhob und den Zettel vorsichtig darunter herauslöste, darauf bedacht, ihn nicht zu zerreißen.

Am Rande bemerkte er, dass Liam wieder vom Fenster zurückgetreten war und stattdessen den Weg zurück zur Tür eingeschlagen hatte. Er rief nach der Wache und fluchte, warum eine auf dem Flur zum Schutz des Königspaars postiert wurde, jedoch offenbar derart unaufmerksam war, dass sie so etwas nicht hörte und dementsprechend nicht handeln konnte.
 

Jetzt jedoch war die Wache schnell im Raum und schien zumindest die Situation zu erkennen, denn wie der Kammerdiener zuvor, ging auch sie zum Fenster um hinauszusehen. Doch auch er schien dort nichts Außergewöhnliches zu erkennen und trat stattdessen an Killian heran.

„Mein König, geht es euch gut?“, fragte der Mann, was Killian nur durch ein Nicken bestätigte. Dies schien dem Mann zu reichen, denn er wandte sich ab, um weitere Wachen zu alarmieren.
 

Kaum, dass die Wache den Raum verlassen hatte, senkte der junge König erneut seinen Blick, las sich die geschriebenen Worte ein weiteres Mal durch, welche er auf dem Zettel erkennen konnte.

„Was ist das?“, fragte Liam ihn stirnrunzelnd, während er auf ihn zukam.

Kurzerhand reichte Killian ihm das Schriftstück und beobachtete kurz, wie die Augen seines Kammerdieners über die zwei Zeilen huschten.

„Das königliche Blut muss verschwinden“, las der junge Mann murmelnd vor und sein stirnrunzelnd vertiefte sich besorgt.
 

Nun setzte auch Killian sich in Bewegung und verließ, wie zuvor die Wache, sein Schlafgemach, auf dem Weg zu Amalia. Diese kam ebenfalls gerade aus ihrem Raum, weshalb sie sich somit auf dem Flur trafen.

„Amalia, ist alles in Ordnung bei dir?“, fragte er sie besorgt und griff leicht nach ihrem Oberarm, wie um zu überprüfen, dass es ihr gut ging.

„Ja, bei mir ist alles in Ordnung“, gab sie schnell zur Antwort und bekräftigte ihre Worte durch ein Nicken. „Doch was ist mit dir? Ich hörte ein Klirren.“

„In meinem Schlafgemach ist ein Fenster eingeworfen worden“, erklärte Killian kurz, während er sich auf dem Flur aufmerksam umsah. Zwar ging er nicht direkt davon aus, dass sich hier jemand Unerwünschtes befand, doch ein wenig Vorsicht konnte gerade nicht schaden.

„Bitte halte dich zunächst von den Fenstern fern und bleib am besten hier im Vorflur, bis die Wachen Entwarnung geben.“
 

Als Amalia dies hörte, wollte sie bereits dagegen protestieren, doch ging Killian bereits weiter zum Hauptflur, um einen Blick darauf zu werfen und verwehrte seiner Gemahlin somit die Chance auf seine Anordnung zu reagieren. Er hatte gehofft hier draußen Wachen zu sehen, doch dem war nicht so. Aus diesem Grund ließ er Amalia auf dem Vorflur zurück und ging selbst wieder in sein Schlafgemach zu einem der heilen Fenster. Draußen im Palastgarten konnte er nun unter seinen Fenstern ein paar wenige Wachen sehen, die die Wege nach Unbefugten absuchten.
 

„Vielleicht solltest du dich für den Tag ankleiden“, hörte er Liam nach ein paar Minuten hinter sich sagen.

Der junge König ließ nun langsam seinen Blick an sich heruntergleiten und besah sich die bequeme weite Hose und das leichte Hemd, welche er trug. Leise seufzend fiel sein Blick auf den Stapel förmlicherer Kleidungsstücke, die Liam für ihn in den Händen hielt.

„Lass die Wachen ihre Arbeit verrichten. Solange kannst du ohnehin nur wenig tun“, ermutigte sein Kammerdiener ihn von dem Fenster zurückzutreten.

Auch, wenn er sich gewiss nun gerne mit anderen Dingen beschäftigt hätte setzte er den Vorschlag seines Freundes um. Er hatte tatsächlich im Moment nichts anderes zu tun, als auf die Wachen herunterzuschauen, so konnte er die Zeit auch ein klein wenig Sinnvoller nutzen.
 

Als er gerade seinen Gürtel zuzog, klopfte es an seiner Zimmertür und nach einer knappen Aufforderung betrat Travis den Raum. Killian bemerkte sofort eine regelrechte Gelassenheit an dem ehemaligen Stellvertreter des Königs und unterdrückte seine Unzufriedenheit darüber. Womöglich schätzte er den Älteren falsch ein und dies war nur seine Art der Selbstbeherrschung.
 

Nach der morgendlichen Begrüßung sah Travis sich in dem Raum kurz um, um die Situation genauer zu erfassen. „Ein Stein mit einer Botschaft?“, fragte er schließlich und nickt in Richtung der Kommode, auf dem Liam scheinbar beides zuvor abgelegt hatte.

„Richtig“, bestätigte Killian die Aussage. „Das königliche Blut soll verschwinden.“

„Eine beinahe tägliche Botschaft zu Zeiten des alten Königs“, meinte der Berater und klang fast schon ein wenig gelangweilt.
 

Der junge König sog nun beherrscht die Luft durch die Nase ein. Entweder hatte Travis in solchen Fällen bereits eine gewisse Routine entwickelt, die ihn zu langweilen schien oder es interessierte ihn nur wenig. Killian neigte inzwischen dazu, immer von dem negativen Gedanken auszugehen, wenn es um Travis ging, trotzdem hoffte er, dass es einfach bereits eine gewisse Routine gab. Er fragte jedoch nicht weiter nach. Das konnte er später noch immer tun.

„Ich möchte, dass die Berater sich versammeln“, entschied er kurzerhand. Er wollte wissen, wie weit man damit war, herauszufinden, wer dahintersteckte und was die Motive waren, denn offensichtlich war nicht alleine der alte König der Auslöser dahinter, denn sonst würden wohl kaum jetzt noch solche Dinge passieren.
 

- - - - -
 

Es dauerte nicht lange und alle Berater hatten sich, wie von Killian zuvor angeordnet, versammelt. Natürlich wussten inzwischen auch alle über den Vorfall Bescheid und während die neuen Anwärter besorgt darüber aussahen und eher schweigsam darüber nachdachten, so schien es für die alten Berater kein besonderer Anlass zu sein. Viel mehr unterhielten sie sich über banale Dinge, wie an jedem anderen Morgen auch, wenn sie sich zu einer Besprechung eingefunden hatten.
 

Nachdem der junge König sich das Ganze eine Weile lang angesehen hatte, schob er seinen Stuhl zurück um aufzustehen. Die Hände stützte er auf der Tischplatte vor sich ab, während er seine Aufmerksamkeit am meisten auf die älteren Berater legte, alleine schon wegen ihres Verhaltens.

„Was hat es mit dieser Gelassenheit auf sich, mit der dieser Vorfall gehändelt wird?“, versucht er nun herauszufinden und versuchte dabei noch nicht allzu streng zu klingen.

Einer der Angesprochenen sah ihn leicht erstaunt über die Frage an. „Der König erhielt oft solche Botschaften.“

„Das ist mir nicht neu!“, sagte Killian nun etwas lauter, da er seine ansteigende Wut über dieses Verhalten langsam nicht mehr unterdrücken konnte.
 

Es war ihm nicht möglich zu verstehen warum sie so ruhig blieben, wenn Drohungen gegen das Königshaus ausgesprochen wurden. Vor allem fragte er sich, wie es überhaupt zu dieser Haltung gekommen war, auch wenn der alte König oft Drohungen erhalten hatte. Immerhin sah man nun, dass dies womöglich zu dem Tod des Mannes geführt hatte. Selbst bei Antipathie würde es das in seinen Augen nicht erklären. Des Weiteren wurde bei diesen Drohungen von königlichem Blut gesprochen. Dies beinhaltet mehr Menschen als nur den König selbst. „Ich möchte etwas Neues hören!“, präzisierte Killian gereizt seine Aufforderung zur Erklärung.
 

„Nun, ich gehe davon aus, dass sich diese Nachricht auch auf den alten König zurückführen lässt“, sprach nun ein anderer.

„Das wage ich doch zu bezweifeln“, merkte Killian gereizt an. „Er ist nun schon seit einer ganzen Weile verstorben. Inzwischen dürfte diese Nachricht selbst in den abgelegensten Orten angekommen sein und selbst wenn nicht und die heutige Botschaft bezöge sich auf den ehemaligen König, muss ich dann um mein Leben besorgt sein, weil man mich schließlich mit ihm verwechseln könnte?“

„Mit Verlaub, mein König, Euch war ursprünglich ein anderes Schlafgemach zugedacht“, fügte der Berater ergänzend hinzu.
 

Killian glaubte sich verhört zu haben und als eine erneute Welle der Wut in ihm aufstieg, schwieg er zunächst und massierte sich kurz die Nasenwurzel zur Beruhigung. „Ich nehme an, dass es ein Versehen von Euch war, somit den eventuellen Tod Eurer Königin zu riskieren“, sprach er leise und drohend, während er dem Mann in die Augen sah. Dieser wurde bei den gehörten Worten scheinbar kleiner auf seinem Stuhl. Zumindest zog er sich ein wenig zurück und schien dazu nichts mehr sagen zu wollen. Wohl um die Situation nicht noch weiter zu verschlimmern.
 

Stattdessen mischte sich nun Travis ein. „Ich denke nicht, dass hier irgendjemand besorgt sein muss.“

„Dann weiß man also inzwischen wer genau hinter all dem steckt und hat vergessen mich davon zu unterrichten?“, fragte der König direkt an den älteren Mann gerichtet und klang dabei alles andere als freundlich.

„Nein, es gibt keine neuen Erkenntnisse. Von diesen würdet ihr selbstverständlich wissen“, verteidigte Travis sich sofort, was jedoch auch nicht zu einer besseren Laune Killians führte.
 

„Warum denkt ihr dann, dass kein Grund zur Sorge bestehe?“ Inzwischen galt Killians Aufmerksamkeit ausschließlich dem ehemaligen Stellvertreter des Königs.

„Im Gegensatz zu Eurem Vorgänger habt Ihr Wachen vor Euren Räumlichkeiten. Der alte König gestattete dies nicht“, erklärte Travis. Noch immer hinterließ er bei Killian den Eindruck, er würde die Thematik nicht wirklich ernst nehmen.

„Diese hat bereits am heutigen Morgen versagt. Mein Kammerdiener durfte ihn darauf aufmerksam machen. Des Weiteren dürfte Euch bewusst sein, dass in diesem Palast noch mehr Leute mit königlichem Blut sind und auch außerhalb.“ Killian fiel es zunehmend schwerer ruhig zu bleiben. Wie konnten die Berater so desinteressiert sein? Er glaubte kaum, dass er selbst zu besorgt war.

„Es ging bei diesen Drohungen immer nur um den König. Sämtliche Familienangehörige dürften somit in Sicherheit sein.“
 

Bevor der junge König sich erneut über eine Aussage von Travis aufregen konnte, mischte sich nun Toran in das Gespräch mit ein. „Eure Aussage beruhigt mich persönlich in keinster Weise. Aber Eure Einstellung zu dem Thema erklärt zumindest warum es bisher noch keine Ergebnisse bei der Ermittlung vorzuweisen gibt“, sagte er und man konnte an seiner Stimme hören, dass auch er alles andere als erfreut über die zuvor gehörten Aussagen war. Auch er war inzwischen gereizt.

„Es wird nach wie vor daran gearbeitet Ergebnisse vorweisen zu können“, merkte Travis schlicht an und schien nun nicht länger desinteressiert zu sein. Vielmehr wurde sein Tonfall nun schnippisch.
 

Killian schüttelte seinen Kopf. Vielleicht wäre es gut, wenn sie dieses Thema kurz ruhen lassen würden, bevor sie gar keine Antworten mehr erhielt, weil der alte Berater sich angegriffen fühlte.

„Wie ist es möglich, dass jemand unbemerkt in den Palastgarten eindringen kann?“, fragte er stattdessen.

„Das liegt an den Wachen“, gab Luan sofort zur Antwort. „Es sind zu wenige.“

„Woran liegt das? Warum werden nicht mehr Wachen eingestellt?“, wollte Killian wissen und auch, wenn ihm Luans Antwort nicht gefiel, so war es eine willkommene Abwechslung eine direkte Antwort zu erhalten, ohne, dass der Verantwortliche auswich oder etwas zu verharmlosen versuchte. „Wie sieht die Gesamtsituation in der Stadt aus?“

„Auch innerhalb der Stadt haben wir zu wenige. Leider würde auch eine Umverteilung derzeit nicht helfen, da wir nirgends Wachen abziehen können“, erklärte Luan und wirkte dabei leicht verbittert. Vermutlich gefiel es ihm nicht, dass er in seinem Bereich nicht viel ausrichten konnte. Immerhin hat er sich bereits in der Ausbildung durch gute Leistung hervortun wollen.
 

„Der Grund für die fehlenden Wachen liegt an den fehlenden finanziellen Mitteln.“
 

Die Stimme, die zu ihnen Sprach ließ Killian aufhorchen und sich aufrichten. Eine Frau hatte den Raum betreten und sprach zu ihnen. Bei genauerem Hinsehen erkannte der junge König Lana, eine der ehemaligen Anwärterinnen.
 

„Ihr habt hier nichts zu suchen!“, empörte sich sofort einer der alten Berater. „Dies ist eine Versammlung der Berater und das schließt die Öffentlichkeit aus!“

Die junge Frau ließ sich davon jedoch nicht abschrecken. Viel mehr trat sie sogar einen Schritt vor und neigte ihren Kopf vor dem König. „Ich bin die neue Finanzberaterin.“

Während die Empörung unter den Beratern nicht abebbte ignorierte sie dies gezielt und konzentrierte sich ausschließlich auf Killian, während sie fortfuhr. „Euer Vorgänger hat laut den Büchern überaus verschwenderisch gelebt. Dies hat nun zur Folge, dass das Geld an allen Enden fehlt.“
 

Der König war verwirrt. Zum einen wurden Frauen keine Beraterinnen, zum anderen war er zuvor nicht dazu befragt worden, ob er sie überhaupt in den Reihen der Berater aufnehmen wollte. Zudem fragte er sich, woher sie ihr wissen bezog. Dies dürfte von niemand ohne Befugnis zugänglich sein. Zeitgleich interessierte er sich jedoch auch für das, was sie ihm gerade sagt. Es war neu für ihn und würde so einige Fragen beantworten, die er hatte. Nun musste er nur noch herausfinden, ob sie nur Gerüchte wiedergab oder ob es den Fakten entsprach.
 

„Ihr seid keine Beraterin. Ihr seid eine Frau und habt hier nichts zu suchen“, gab einer der alten Berater von sich und hat sich bereits erhoben, scheinbar um sie wieder vor die Tür zu bringen.

„Ihr nehmt Euch ganz schön viel heraus“, merkte ein anderer an und machte seinem Unmut Luft.

Lana hingegen schien dies alles zu ignorieren und konzentrierte sich nach wie vor nur auf ihren König. Auch zu den beiden Ausbildern, die ihr ein wenig verspätet durch die Tür gefolgt waren, drehte sie sich nicht um. Es handelte sich dabei einmal um eine der Ausbilderinnen der Anwärterinnen. Killian erinnerte sich an sie aus der Zeit, als die Frauen bei ihnen zu Besuch waren. Der Zweite hingegen war einer ihrer Ausbilder gewesen. Er hatte sich um das mathematische Verständnis gekümmert.
 

„Mein König, bitte entschuldigt unsere Störung“, richtet der Ausbilder das Wort an Killian. „Doch wir sind gekommen, um Euch von der Tauglichkeit von Lana zu berichten.“

Durch eine Handbewegung zeigte der junge König seine Bereitschaft sie anzuhören.

„Lana ist eine überaus intelligente Frau und ist dadurch in der Ausbildung mehrfach aufgefallen. Sie hatte immer Spaß daran neues zu lernen“, erklärte die Ausbilderin. „Als wir davon hörten, dass es womöglich zu einem Mangel an Beratern kommen könnte, haben wir entschieden Lana besonders zu fördern.“

„Das habe ich übernommen“, ergänzte nun der Ausbilder. „Sie hat ein großes Talent für Zahlen. In den letzten Wochen habe ich sie darin geschult, weshalb wir auch erst jetzt dazu kommen, die als Beraterin vorzuschlagen.“
 

Killian hört den beiden die ganze Zeit über aufmerksam zu.

Eine Frau als Beraterin? Würde das funktionieren? Grundsätzlich vertraute er auf das Urteil seines ehemaligen Ausbilders, er war einer der wenigen, die er als äußerst Kompetent angesehen hatte, doch das änderte nichts daran, dass sie eine Frau war und soweit er wusste, hat es noch nie eine in dieser Art von Position gegeben.
 

„Das ist doch Blödsinn!“, sprach nun wiederum einer der alten Berater, was Killian aus seinen Gedanken riss. Zielstrebig wandte er sich nun direkt an den Finanzberater, der einer der Ältesten am Tisch war.

„Habt ihr die Finanzen des Landes im Griff?“

Der Angesprochene nickte eine wenig Hilflos. Er schien nicht ganz zu wissen, worauf genau sein König hinaus wollte.

„Nun, offenbar ist dem nicht so“, meinte Killian etwas säuerlich. „Ich denke, dass es nicht verkehrt sein wird, wenn Lana Euch fürs Erste unterstützen wird.“
 

Ende Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 24
 

Noch während die beiden Ausbilder sich von ihrem König verabschiedeten und den Raum wieder verließen, protestierten die alten Berater gegen Killians Entscheidung Lana fürs Erste als Beraterin zu akzeptieren. Er schenkte dem gesagten jedoch kaum Beachtung, sondern wartete darauf, dass die beiden den Raum verließen. Einen Blick danach zu seiner neuen Beraterin zeigte ihm, dass auch sie sich wohl weitestgehend nicht auf die Kritik konzentrierte. Sie hatte ihren Fokus nach wie vor auf ihn gerichtet.

Zwischendurch hörte der junge König noch die Stimme Torans, doch er ging davon aus, dass dieser sich an die ältere Generation richtete, denn auch, wenn er etwas gegen einen weiblichen Berater haben sollte, so war er sich der problematischen Situation im Allgemeinen mit den Beratern bewusst. Killian hatte schließlich auch nicht endgültig entschieden sie dauerhaft hier zu behalten. Zunächst einmal sollte sie unterstützen. Wenn sie klug war, wovon er jedoch ausging, dann würde sie diese Chance nutzen und zumindest ihn versuchen von ihrem Nutzen zu überzeugen, so, dass sie dauerhaft als Beraterin bleiben konnte.
 

„Meine Herren, ich würde Euch bitten nun zu gehen“, sprach der junge König schließlich, merkte jedoch auch schnell, dass ihm kaum einer Beachtung schenkte, da sie alle miteinander diskutierten. Aidans Blick ging jedoch zu ihm und er war im Begriff seinen Stuhl zurückzuschieben, als er bemerkte, dass er wohl der Einzige mit diesem Vorhaben war. Er blickte in die Runde, doch auch das bekam keiner mit. Wie auch, sie waren schließlich alle mit jemand anderem beschäftigt. Als sein Blick also wieder zu seinem König ging, deutete dieser ihm bloß, den Raum zu verlassen.

Kurzerhand machte der Jüngere Toran, der neben ihm saß, auf sich aufmerksam und schien ihm mitzuteilen, dass sie gehen sollten. Beide standen daraufhin von ihren Plätzen auf, verneigten sich respektvoll vor ihrem König und wandten sich zum Gehen. Luan sah nun zu ihnen auf, weshalb sie ihm deuteten ihnen zu folgen. Somit folgte er ihnen mit gleicher Geste. Spätestens beim Letzten bemerkten nun auch die anderen Berater, dass sich etwas in ihrer Runde tat, wodurch es nun doch allmählich ein wenig ruhiger wurde.
 

„Ich bat Euch hinaus“, forderte Killian sie erneut auf mit einer ruhigen Stimme. Nicht alle dürften ihn aufgrund der noch herrschenden Unruhe verstanden haben, doch für diejenigen, die am nächsten an ihm dran saßen sollte es gereicht haben.

„Aber mein König! Wir…“, setzte einer der Berater an, doch interessierte es ihn gerade nicht, was der Mann zu sagen hatte. Auch seine Geduld hatte ein Ende und dieses schienen die Anwesenden mit ihrer heutigen Respektlosigkeit erreichen zu wollen.

„Hinaus. Sofort.“ Auch jetzt hielt Killian seine Stimme ruhig. Sein wütender Blick sollte hoffentlich ausreichen, die verbliebenen Anwesenden dazu zu bewegen, seiner Aufforderung nachzukommen.
 

Wenn auch unzufrieden damit, so kam nun doch Bewegung in die Männer. Die meisten erhoben sich von ihren Plätzen und verließen murmelnd den Raum. Mit Sicherheit drückten sie ihre Unzufriedenheit darüber aus, den Raum verlassen zu müssen, obwohl es noch Dinge zu besprechen gab. Zumindest hoffte Killian dies, denn die Aussicht auf Kritik, die man ihm unterschwellig in den nächsten Tagen mitteilte, erfreute ihn gewiss nicht.
 

Am längsten blieb Travis im Raum. Der junge König hatte das Gefühl, dass dieser ihn für eine gewisse Zeit gemustert hatte, doch das mochte auch Einbildung gewesen sein. Er rebellierte ja ohnehin ein wenig gegen den neuen Führungsstil, da konnte Killian es schon zu einem gewissen Grad nachvollziehen, wenn er sich ein wenig sträubte. Womöglich war er vom vorherigen König auch völlig anders behandelt worden, immerhin waren sie Brüder gewesen. Hinzu kam, dass er nun im Grunde heruntergestuft worden war vom stellvertretenden König zu einem einfachen Berater. So mancher Mann hätte wohl zu Beginn Probleme damit, dies zu akzeptieren.
 

Schließlich waren nur noch Killian und Lana im Raum. Letztere ließ nun langsam ihren Blick über die Möbel wandern. Scheinbar sah sie sich hier zum ersten Mal richtig um. Daher gab er ihr ein wenig Zeit dafür, bevor er sie ansprach und somit ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich lenkte. „Ich bin ein wenig unruhig und würde mich gerne bewegen. Wir könnten ein wenig im Palast spazieren gehen und uns dabei unterhalten“, schlug er vor und setzte ein Lächeln auf. Noch war dem jungen König nicht richtig nach einem echten Lächeln zumute. Er musste sich wohl erst einmal von seiner Wut auf die Berater erholen.
 

So gingen sie in einem eher langsamen Tempo durch die Gänge des Palastes und schwiegen sich zunächst an. Killian wusste nicht genau, wie er das Gespräch beginnen sollte und Lana ließ ihm scheinbar schlicht den Vortritt. Genaugenommen entsprach dies ja auch ihren Positionen.

„Wie bist du dazu gekommen, als Beraterin vorgeschlagen zu werden?“, fragte er letztendlich ein wenig hilflos, denn das Schweigen begann ein wenig unangenehm zu werden.

„Wie seid Ihr dazu gekommen, als König vorgeschlagen zu werden, mein König?“, fragte sie schlicht.
 

Auch wenn man ihre Aussage wohl als frech deuten konnte, so verstand Killian, was sie meinte. Natürlich war sie durch ihre Ausbildung dazu gekommen. Was ihn jedoch daran störte, war, dass sie die förmliche Ansprache beibehielt.

„Bitte sei nicht so förmlich, wenn wir unter uns sind“, bat er also direkt und hoffte, dass sie dies so annahm, denn immerhin waren sie so etwas wie Leidensgenossen gewesen und auch wenn er nun über ihr stand, so würde er sich damit wohler fühlen, genauso wie er es auch bei den anderen tat.

„Gerne“, stimmte sie sogleich lächelnd zu.
 

„Ich möchte, dass du weißt, dass ich nichts gegen deine Position als Beraterin habe, insofern du dich als geeignet erweist. Mir ist es nicht wichtig, ob du eine Frau bist oder nicht. Das Land hat weitaus größere Probleme“, erklärte Killian nun wahrheitsgemäß, denn er hatte zwischendurch den Eindruck gehabt, dass sie auch ihm gegenüber skeptisch war, bezüglich seiner Akzeptanz der gegebenen Situation.

„Es wäre nicht das erste Mal, dass man mir sagen würde, dass ich als Frau nicht als Beraterin geeignet wäre“, sagte sie und schien sich bis zu einem gewissen Maß an solche Gedanken gewöhnt zu haben.

„Ich denke, wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir uns so etwas nicht mehr leisten können. Wir haben zu wenige Berater und zu viele Probleme. Alle sollten wohl entsprechend ihrer Fähigkeiten besser geschult werden“, erklärte Killian hingegen seine Gedanken zu dem Thema. „Ich denke, wir können dich sehr gut gebrauchen. Doch ich muss zugeben, dass ich dich nicht so eingeschätzt hatte, allen Beratern zugleich die Stirn zu bieten. Du hast eher ruhig und desinteressiert gewirkt, als ihr uns die Woche besucht habt.“
 

Kurz seufzte sie, als sie die Worte hörte. „Ich möchte mich für mein damaliges Verhalten entschuldigen. Ich wollte keinem von euch vor den Kopf stoßen, doch ich habe einfach mit dem Gedanken gekämpft womöglich einen von euch heiraten zu müssen.“

Killian konnte nicht anders, als über die letzte Aussage kurz lachen zu müssen. „Ich denke, dass wir alle den Gedanken als schwierig empfunden haben“, erklärte er auch kurz das Unbehagen aller. „Toran hatte sich aus eben diesem Grund auch anders verhalten.“

„Ich bin dabei jedoch nicht unhöflich geworden“, sagte Lana sofort, da sie sich wohl von seinem Verhalten distanzieren wollte.

„Da hast du recht“, stimmt Killian ihr sofort zu. „Aber nehme ihm das bitte nicht mehr allzu übel. Er ist wirklich ein netter Kerl.“
 

Danach kehrt wieder eine Weile schweigen zwischen den beiden ein. Weiterhin gingen sie durch die Gänge des Palastes, während Bedienstete immer mal wieder ihren Weg kreuzten, welche ihren täglichen Arbeiten nachgingen.

Als sie in einer eher ruhigen Ecke des Palastes ankamen, ergriff Killian erneut das Wort.

„Haben wir wirklich so große Probleme?“, fragte er und ließ bewusst das Wort Finanzen aus. Schließlich befanden sie sich noch immer auf den Gängen und nicht in der privaten Abgeschiedenheit eines Raumes. Solche Worte vom König zu hören währe wohl schon besorgniserregend genug auch, ohne zu wissen worum es ging. Doch er ging davon aus, dass Lana auch ohne eine konkrete Bezeichnung wusste, worum es ihm ging.

„Ich habe nicht den kompletten Überblick“, sagte sie und es beruhige Killian ein wenig. Immerhin hätte sie gar keinen Zugang zu den Büchern haben dürfen, ohne die Erlaubnis seines Finanzberaters oder von ihm selbst. Wie sie also daran gekommen war, war auch noch ein Problem, mit dem er sich wohl befassen musste. Schnellstmöglich. Wer wusste schon, wer sich sonst noch Zugang zu den Büchern verschaffen konnte.

„Das, was ich jedoch gesehen habe, machte alles andere als einen guten Eindruck“, fügte sie noch hinzu.

„Ich würde mich freuen, wenn du dir über alles einen Überblick verschaffst und mich dann darüber unterrichtest, da der alte Finanzberater dies offensichtlich nicht tut. Stelle dich am besten gut mit ihm, umso schneller kommst du an die übrigen Unterlagen“, erklärte Killian schließlich.

„Ich werde mein Bestes geben, doch leider habe ich bisher den Eindruck, dass man mir gegenüber nicht besonders positiv gestimmt ist“, meinte sie und klang dabei ein wenig sarkastisch und verstimmt.
 

Der junge König wusste natürlich, was sie meinte, doch wollte er nun auch nicht für sie die Unterlagen fordern. Wenn sie als Beraterin Erfolg haben wollte, so musste sie sich den Respekt der anderen selbst verschaffen. Man würde sie auf lange Sicht nicht ernst nehmen, wenn Killian ihr zu allem verhalf. Sollte man jedoch grundsätzlich gegen Lana arbeiten, dann würde er sich darum kümmern, denn schließlich war es auch nicht nur ihr gegenüber Respektlos, sondern auch gegenüber seiner Entscheidung.
 

Am Ende des Flures, auf dem sie sich befanden, kam ihnen nun Toran entgegen, welcher mit einiger Entfernung stehen blieb und zu warten schien.

„Lana“, wandte er sich wieder an die junge Frau neben sich. „Bitte gebe mir Bescheid, wenn die Berater dir zu große Probleme bereiten sollten. Ich bedanke mich für das Gespräch, doch nun scheint mein Stellvertreter meiner Aufmerksamkeit zu erbitten.“

„Natürlich, ich versuche schnellstmöglich alle nötigen Informationen zu bekommen“, versicherte sie ihm sofort lächelnd.

„Ich freue mich über deine Anwesenheit hier“, sagte Killian noch abschließend, bevor er einen Schritt von ihr zurücktrat und ihr zum Abschied kurz zunickte.

„Vielen Dank“, erwiderte sie zum Schluss und verabschiedete sich mit einem Knicks.
 

Killian ging dann direkt auf Toran zu, welcher ihn mit einem Lächeln begrüßte.

„Was kann ich für dich tun?“, fragt Killian ihn direkt und sah ihn erwartungsvoll und auffordernd an.

„Ich würde gerne etwas mit dir besprechen. Privat“, erklärte Toran nun ernst geworden seine Anwesenheit und verwirrte Killian ein wenig. Auch stieg eine gewisse Besorgnis in ihm auf.

„Natürlich. Wir können in meine privaten Gemächer gehen. Dort sollte uns niemand stören.“
 

- - - - -
 

Gemeinsam saßen sie nun im Wohnraum von Killians Gemächern. Liam war gerade dabei ihnen Wein in bereitgestellten Weinbechern einzuschenken, bevor er sich wieder zurückzog und ihnen somit die Ruhe verschaffte, die sie für dieses Gespräch wohl brauchten. Toran hatte die ganze Zeit über geschwiegen und mit keinem Wort angedeutet, worum genau es ging. Dies besorgte den jungen König umso mehr.
 

„Sag Toran, worum geht es. Dein Schweigen lässt mich nichts Gutes erahnen“, forderte er seinen Freund auf, während er langsam seinen Becher hob und so die Wartezeit verkürzen wollte.

Der Angesprochene suchte scheinbar nach den richtigen Worten. Er setzte zum Sprechen an, doch bevor ein Wort seinen Mund verlassen konnte, da schloss er ihn auch bereits wieder. Dies war ein Verhalten, das Killian nur selten an ihm gesehen hatte. Er war zwar schon immer etwas ernster und durchaus schon mal wortkarg, da er sich in schwierigen Situationen seine Worte genauestens im Kopf zurechtlegte, bevor er sie aussprach, doch wirkliche Wortfindungsschwierigkeiten hatte er nur selten.

Schließlich brachte Toran doch einen Satz hervor. „Es geht um Melissa und mich.“
 

„Ist alles in Ordnung bei euch“, fragte der junge König sofort noch immer besorgt und lehnte sich ein wenig vor um seinem Freund zu zeigen, dass er seine volle Aufmerksamkeit hatte.

„Wir haben uns verlobt“, sprach dieser nun etwas leise.

Das gehörte ließ Killian kurz stutzen. Das waren doch wunderbare Nachrichten! Warum also fiel es dem Älteren so schwer ihm davon zu berichten? „Ich gratuliere euch beiden!“, sagte er trotzdem und freute sich ehrlich über die Neuigkeiten. „Aber warum bist du so verunsichert?“

„Ich wollte dich oder Aidan damit nicht überfallen. Ihr habt mit eurer eigenen Beziehung schon so stark zu kämpfen. Doch noch länger wollte ich es nun auch nicht mehr verheimlichen.“

„Noch länger? Wie lange seid ihr bereits verlobt?“, fragte Killian ihn, als er die Formulierung bemerkte. Er nahm es seinem Freund nicht übel, es nicht sofort verkündet zu haben. Seine Absichten dahinter waren wohl nur gute. Er wollte Aidan und ihm nicht zeigen, dass er seine Liebste haben durfte, im Gegensatz zu ihnen.

„Seit der Verkündung“, gestand der Ältere. „Ich habe sie noch am selben Tag gefragt.“
 

Killian musste zugeben, dass es ihn überraschte. Er hatte nichts davon bemerkt und sie waren beide mit Sicherheit überglücklich gewesen. „Ach Toran, du hättest uns ruhig an deinem Glück teilhaben lassen können. Ich bin sicher, dass auch Aidan sich für euch freut. Ich für meinen Teil tue das zumindest.“

„Ich wollte euch nicht noch deutlicher zeigen, was wir haben können, ihr jedoch nicht“, erkälte der Ältere nun seine Entscheidung die ganze Zeit darüber zu schweigen.

„Du brauchst dir darum keine Sorgen zu machen“, sagte der Jüngere sofort und sah seinen Gegenüber lächelnd an. „Wir wären damit schon zu recht gekommen. Immerhin hätten wir etwas zu feiern gehabt“, scherzte er, war sich Gleichzeitig aber nicht ganz sicher, ob er es in dem Moment wirklich so locker gesehen hätte. Denn im Grunde hatte er ja recht. So sehr er es den beiden auch gönnte, so hätte es trotzdem verletzend sein können. „Ich freue mich wirklich für dich. Nur weil wir dieses Glück nicht hatten, soll es dir und Melissa nicht vorenthalten bleiben.“
 

Toran bedankte sich bei ihm und gemeinsam stießen sie nun auf die Neuigkeit an.

„Wann gedenkt ihr beide zu heiraten?“, wollte Killian gespannt wissen.

„Darüber haben wir noch nicht direkt gesprochen.“ Ein schiefes Lächeln konnte der Ältere sich dabei nicht verkneifen. „Der Zeitpunkt dir und auch Aidan davon zu erzählen schien uns zunächst einmal wichtiger.“

„Es ist natürlich eure Entscheidung, jedoch würde ich mir nicht allzu viel Zeit lassen“, gab der junge König zu bedenken. „Womöglich findet noch jemand Argumente etwas dagegen zu sagen.“ Es würde ihn zumindest nicht wundern. Langsam hatte er das Gefühl, dass sämtliche Neuerungen bei den alten Beratern grundsätzlich schlecht ankamen. Nachher wollten sie noch entscheiden, welche Frauen die neuen Berater heiraten würden.

„Ich werde mit Melissa darüber sprechen“, stimmte sein Stellvertreter nickend zu.
 

Erneut forderte Killian seinen Freund dazu auf, mit ihm anzustoßen. Er freute sich wirklich für ihn und seine Liebste. Zumindest die beiden sollten eine glückliche Beziehung führen können. Im Zweifelsfall würde er sich auch offen dafür einsetzen, wenn er denn musste.
 

Ende Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 25
 

Killian zog an den Zügeln seines Pferdes und ließ es auf diese Weise zum Stehen kommen. Er legte den Kopf ein wenig in den Nacken, um bis zum Dachfirst des Anwesens blicken zu können. Er hatte über so viele Jahre hier gelebt, doch nun kam es ihm fast schon fremd vor, so viel war in den vergangenen Wochen geschehen. Dabei hatte sich das Erscheinungsbild des Anwesens der Anwärter im Grunde nicht verändert, nur die Pflanzen drum herum waren nun entsprechend der Jahreszeit kahl geworden.
 

Gemächlich stieg er nun von dem Rücken seines Pferdes ab und auch seine Leibwache tat es ihm gleich. Eilige Schritte kamen auf sie zu und der junge König erwartete bereits einen der Bediensteten vor sich zu sehen, doch stattdessen war es der Ausbildungsleiter. Hinter diesem eilte jedoch auch ein Stallbursche herbei, welchem er sogleich die Zügel überreichen konnte.

Als er nun seinen Blick dem Ausbildungsleiter wieder zuwandte, stellte er fest, dass dieser ihn bereits, mehr als üblich respektvoll, begrüßte. Seine Verbeugung war zu tief, seine Stimme zu kontrolliert, die Worte genau gewählt.

Auch wenn Killian immer mit ausreichendem Respekt behandelt worden war, so überraschte ihn diese Wandlung nun doch ein wenig. Gleichzeitig konnte er auch den Gedanken, dass man früher oder später wohl mit einer Bitte an ihn herantreten würde, nicht unterdrücken. Er hätte wohl schon zuvor diesen Gedanken haben sollen, schließlich war dies nun die Reaktion, die seine neue Position hervorrief, doch die Gewöhnung würde bei ihm wohl erst zu einem späteren Zeitpunkt richtig ankommen.
 

Da er dem Mann vor sich nur bedingt glaubte, seine Begrüßung im Gesamten ernst zu meinen, hörte er auch nur mit halbem Ohr zu und war froh, als der Ältere seinen Satz beendet hatte. Er setzte jedoch mit der Frage, womit sie die Ehre seines Besuches hatten, fort.

„Ich wollte mich über die Anwärter und ihre Fortschritte informieren. Ebenso über womöglich aufgetretene Probleme.“ Diese Antwort war nicht gelogen, jedoch war der tatsächliche Grund für seinen Besuch der, dass er sich vorrangig für Peers Entwicklung interessierte. Er würde ihn gerne unter seinen Beratern sehen. Zum einen, weil die alten Berater ihm zunehmend den Eindruck verschafften, dass die Regierung sich nicht weiterentwickeln sollte und zum anderen, weil er gerne mehr Leute um sich haben wollte, denen er vertraute. Doch direkt mit der Tür ins Haus fallen wollte er nun auch nicht, schließlich war Peers letzte Bewertung nicht gut ausgefallen und ein ungeduldiger König würde diese nicht auf Anhieb verbessern, zumindest nicht, wenn er sich eine ehrliche Antwort erhoffte.

„Selbstverständlich, mein König. Bitte folgt mir hinein und ich werde Euch alle Eure Fragen beantworten“, meinte der Ausbildungsleiter und machte eine einladende Geste, welcher Killian folgte. Seinen Wachen gab er zu verstehen, dass diese auf dem Hof auf ihn warten konnten und ihm nicht folgen mussten. Er vertraute schlicht darauf, dass innerhalb des Gebäudes nichts passieren würde.
 

Zunächst gingen sie schweigsam die Korridore des Gebäudes entlang, bis der Ausbildungsleiter wieder das Wort ergriff. „Es hat sich hier im Grunde nichts, bis auf die Anwärter natürlich, verändert.“ Es war offensichtlich, dass er dies als etwas Positives sah. Wohl als eine Art Erhalt der ursprünglichen Ausbildungsqualität. Nur hatte der junge König bereits während der Ausbildung einige Dinge zu bemängeln gehabt, welche sich bis heute gehäuft haben.

„Das überrascht mich nicht“, sagte er daher mit möglichst neutraler Stimme. Er hätte nur zu gerne bereits Kritik geäußert und zu Änderungen angeregt, doch leider hatte dies im Gegensatz zu anderen Dingen eine geringere Priorität und somit würde er sich dem erst zu einem späteren Zeitpunkt wirklich widmen können. Schließlich würden die Änderungen einiges an Zeit in Anspruch nehmen, bis alles einen reibungslosen Ablauf hätte.
 

Obwohl Killian versucht hatte mit seiner Aussage nicht das Interesse des Anderen zu wecken, sah dieser ihn fragend an, weshalb er sich gezwungen sah, schnell davon abzulenken.

„Wie verlaufen die Unterrichtseinheiten mit dem neuen Kampflehrer?“, fragte er daher und war auch wirklich daran interessiert. Er erinnerte sich nur zu gut, wie schlecht der alte Ausbilder Aidan zum Schluss behandelt hatte. Nun hoffte Killian natürlich, dass sich dies mit dem neuen Ausbilder nicht wiederholen würde.

„Sehr gut!“, kam sofort die begeisterte Antwort. „Er hat meiner Ansicht nach seine Aufgabe gut angenommen. Von den vorherigen Problemen sollten nun keine mehr vorhanden sein.“

„Das freut mich zu hören“, gab der junge König ehrlich zu. Er hatte zwar nicht damit gerechnet, dass dieser die Methoden des vorherigen Kampflehrers übernehmen würde, inklusive eines neuen Opfers, doch er wollte sich dessen trotzdem vergewissern. Neue Anwärter konnten schließlich auch neue Emotionen hervorrufen, auch wenn dies bei einer Lehrkraft nicht der Fall sein sollte.

„Gibt es bereits neue Anwärter, die die Ausbildung angefangen haben?“, wollte er weiter interessiert wissen. Er ging bisher zwar davon aus, dass es Neue gab, doch genau wissen tat er dies nicht.

„Tatsächlich haben wir inzwischen Neue. Mit Peer zusammen haben wir nun drei Anwärter.“

Im Anschluss an diesen Worten hatten sie das Arbeitszimmer des Ausbildungsleiters erreicht und Killian wurde dazu eingeladen sich vor dessen Schreibtisch auf einem Stuhl niederzulassen, während der Ältere scheinbar nach etwas, zwischen den Unterlagen, die sich auf besagtem Möbelstück befanden, suchte. Kurz darauf wurden ihm zwei Steckbriefe überreicht, die von jedem Anwärter nach ihrem Antritt angefertigt wurden.
 

Auch wenn Killian noch während der Ausbildung immer mal wieder den Eindruck gewonnen hatte, dass Peer sehr jung war, was er mit seinen inzwischen 17 Jahren schließlich auch war, so war er nun der Älteste. Der jüngste der drei Anwärter hieß Levi und dem Steckbrief nach zu urteilen war er gerade 13 Jahre alt geworden. Er gehörte einer kleineren Adelsfamilie an, die ihren Familiensitz weit außerhalb hatte. Der junge König hatte bisher nur wenige Worte mit ihnen gewechselt, was dem Grund geschuldet war, das sie lediglich zu Hochzeit und zur Krönung ein paar wenige Familienmitglieder geschickt hatten. Aus reiner Höflichkeit, denn ansonsten schienen sie den Kontakt eher weniger zu suchen. Zum einen hatten sie somit zwar auch noch keine Bitten an ihn gerichtet, jedoch konnte er selbst noch nicht einschätzen, was genau ihre Intentionen waren und musste sich somit auf die Aussagen der alten Berater verlassen. Eine Tatsache, die ihm nur in Maßen gefiel. Womöglich könnte er jedoch auch Amalia oder Aidan beizeiten nach der Familie fragen. Als Mitglieder der vorherigen Königsfamilie wussten sie womöglich ein wenig mehr als er selbst.
 

Der zweite Anwärter hieß Edward und war nur ein Jahr älter als der Jüngste. Jedoch war bei ihm keine Familie vermerkt, sondern nur eine Empfehlung von Levis Familie. „Edward ist Waise?“, fragte Killian daher den Ausbildungsleiter, während er sich noch ein paar Bemerkungen ansah, die sich auf die Stärken der beiden Neuzugänge bezogen.

„Nun, dass kann ich leider nicht beantworten. Wir wissen nichts zu seiner Familie. Zunächst waren wir auch sehr skeptisch und wollten den Jungen eigentlich ablehnen, doch da sich eine Adelsfamilie für ihn verbürgt, haben wir entschieden ihn in der Ausbildung aufzunehmen“, erklärte der Ältere und schien dabei doch ein wenig nervös zu sein. Der junge König überging dies jedoch und entschied einfach nur, sich in nächster Zeit mehr über diese Familie zu erkundigen.
 

Nachdem er auch die letzten Bemerkungen überflogen hatte, gab er die Unterlagen zurück an den Ausbildungsleiter. „Worin werden sie gerade unterrichtet?“, fragte er zusätzlich.

„Im Kampf. Möchtet Ihr vielleicht bei den Übungen kurz zusehen? Dann könnt Ihr Euch selbst von den neuen Anwärtern ein Bild machen?“, fragte der Ausbildungsleiter und sah ihn auf einer Antwort wartend, an.

„Sehr gerne“, stimmte Killian zu. „Ich möchte jedoch nicht, dass ich angekündigt werde. Die Anwärter sollen durch meine Anwesenheit nicht beeinflusst werden.“ Darüber hinaus wollte er sowieso Peer mit seinem Besuch überraschen, da sie sich mit Ausnahme der offiziellen Anlässe nicht mehr gesehen hatten. Er freute sich bereits darauf den Jüngeren wiederzusehen und ihm einfach als Freund gegenüberzustehen, ohne sich in einer gezwungen höflichen Atmosphäre zu befinden.
 

Auf Killians bitte, schickte der Ausbildungsleiter einen der anderen Ausbilder los, um dem Kampflehrer davon in Kenntnis zu setzen. Würden sie dies nicht tun, so würde dieser aufgrund der Zuschauer wohl eine kurze Unterbrechung ankündigen, falls jemand das Gespräch mit ihm suchen wollen würde.

Kurz bevor sie an dem Übungsplatz ankamen, zog Killian die Kapuze seines Umhanges wieder über den Kopf und tief in sein Gesicht.
 

An der Seite des Übungsplatzes setzten sich die beiden Neuankömmlinge auf eine Bank und sahen den Übungen schweigend zu. Killian erkannte sofort, dass die beiden neuen Anwärter bei weitem nicht so gut waren, wie Peer es war, doch würde es auch sicherlich nicht allzu lange dauern, bis sie aufgeholt hatten, denn Talent hatten sie definitiv. Nach kurzer Zeit des Zusehens kam ein Bote aus der Richtung des Anwesens auf sie zu, um dem Ausbildungsleiter eine Botschaft zukommen zu lassen, welche ihn dazu veranlasste den Platz zu verlassen. Er entschuldigte sich kurz, verschwand wieder in dem Gebäude und ließ den jungen König somit alleine zurück.

Somit beobachtete Killian alleine weiter und langsam kam die Erkenntnis, dass Peer sich sogar verbessert hatte, als noch zu der Zeit, in der sie gemeinsam geübt hatten. Allerdings waren seine Bewegungen auch um einiges Aggressiver, auch wenn er sich bei direkten Übungen mit den jüngeren Anwärtern zurückhielt.
 

Es dauerte nicht mehr allzu lange, da beendete der Kampflehrer die Unterrichtseinheit und machte im Zuge dessen auf Killian aufmerksam, der nun auch die Kapuze von seinem Kopf zog und sich somit zu erkennen gab. Auf Peers Gesicht zeichnete sich ein leichtes Lächeln ab, während die beiden Jüngeren sofort ein wenig nervös aussahen. Geschlossen begrüßten sie ihren König mit einer Verbeugung. Nachdem sie alle wieder aufsahen wandte Killian sich zunächst an den Lehrer. „Mir gefällt Eure Art zu lehren. Bitte behaltet diese bei“, versuchte er den Älteren in seiner Art zu bestärken. Natürlich hatte sich nicht wirklich etwas an seiner Art geändert, die er bereits an den Tag gelegt hatte, als er noch Killian unterrichtet hatte, doch hoffte er durch seine Worte, den positiven Willen und die Freude am Unterrichten zu bestärken, damit sich dies eben nicht änderte.
 

Freundlich lächelnd bedankte der Lehrer sich für die Worte seines Königs. Dies brachte Killian dazu, sich den Anwärtern zuzuwenden. Zu seiner Verwunderung verhielt Peer sich ungewöhnlich ruhig. Allgemein wirkte er auch während des Unterrichts bereits ernster und konzentrierter. Die beiden Jüngeren jedoch schienen nach wie vor nervös zu sein. Er konnte das durchaus verstehen. Als er das erste Mal vor dem damaligen König gestanden hatte, da war er auch sehr nervös gewesen und das, obwohl es ihm normalerweise egal gewesen war, was andere von ihm hielten. Doch sowohl die Situation, als auch die Tatsache, dass es der König gewesen war, hatte ihm damals schon Respekt eingeflößt.
 

Er fragte sie also nur nach ihren Namen, ihrem Alter und wie lange sie nun schon in der Ausbildung waren. Zwar wusste er all die Antworten bereits aus den zuvor eingesehenen Unterlagen, doch wollte er ihnen die Nervosität nehmen, indem er einfache Fragen stellte und somit gleichzeitig Interesse an ihrer Person zeigte.

Nachdem sie eher kurz geantwortet hatten, drückte Killian ihnen gegenüber noch seine Freude aus, dass sie sich ausbilden ließen und wünschte ihnen viel Erfolg dabei. Dann verkündete er, dass er mit Peer alleine sprechen wolle, weshalb die anderen drei Anwesenden sich zurückzogen und die beiden somit alleine ließen.
 

„Ich stelle fest, dass du ruhiger geworden bist“, sagte Killian zu dem Jüngeren mit einem freundschaftlichen Lächeln auf den Lippen, welches Peer erwiderte.

„Es hat sich so manches verändert, seit ihr nicht mehr in der Ausbildung seid“, erwiderte er. „Die Ausbilder scheinen nun nur noch an meinen Fehlern interessiert zu sein und bemängeln alles, was ich tue.“

„Kannst du damit umgehen?“, fragte der Ältere und war nicht sonderlich erfreut über das Gehörte.

„Ja, das kann ich. Ich möchte aber schnellstmöglich ins Schloss nachkommen und gebe mir entsprechend Mühe.“

„Ich würde mich freuen, dich bei uns begrüßen zu können. Es ist einfach etwas anderes ohne dich“, sagte Killian und lächelte seinem Freund aufmunternd zu. Es war nicht schön zu hören, was Peer berichten konnte und er hatte sich besseres erhofft. Sein Ziel war es gewesen, hierherzukommen und mit der Botschaft, dass Peer bald nachkommen würde zum Schloss zurückzukehren. Bereits im Arbeitszimmer des Ausbildungsleiters schien dieser ihm nur die neuen Anwärter präsentieren und Peer unter den Tisch fallen lassen zu wollen. Zusammen mit Peers Worten musste er nun befürchten, dass man den Jüngeren wohl nicht beabsichtigte zu empfehlen und eher darauf hoffte, dass er anderen Interessen folgen würde. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie ihn nur so kritisch gegenüberstanden, weil man ihn zu Bestleistungen antreiben wollte.
 

„Ich gebe wirklich mein Bestes!“, sagte Peer mit Nachdruck, schien aber im Inneren selbst zu vermuten, dass das nichts bringen würde. „Ich arbeite die Unterrichtsinhalte am Abend nach, lese Bücher zu den Themen, die mir schwerfallen und helfe Edward und Levi. Doch ich habe nicht den Eindruck, dass es den Ausbildern ausreicht.“

„Tut mir leid das sagen zu müssen, doch es fällt mir schwer, dich mir so vorzustellen“, meinte Killian grinsend und hoffte so, die Stimmung etwas zu lockern. Doch grundsätzlich stimmte es. Er kannte den Jüngeren völlig anders. Er wäre also eher davon ausgegangen, dass er nach wie vor viel Blödsinn im Kopf hatte und dass man ihn daher im Schloss ein wenig im Auge behalten müsste, bis sich dies legte. Doch er glaubte ihm und freut sich auch das zu hören, denn somit wurde das Bild von Peer als Berater tatsächlich ein wenig realistischer.

„Das glaube ich dir“, sagte Peer und lachte sogar ein wenig. „Aber ich gebe mir wirklich Mühe. Ich fürchte nur, dass ich damit in nächster Zeit keinen Erfolg haben werde.“

„Ich nehme an, dass du für den Geschmack der Ausbilder in der Vergangenheit zu frech gewesen bist“, sagte der junge König mit getrübter Stimmung. Er hätte aber auch nicht erwartet, dass die Ausbilder womöglich so empfindlich darauf reagierten.
 

Eine Weile standen sie nun stumm voreinander, jedoch jeweils den eigenen Gedanken nachgehend. Schließlich war es Killian der die Stille wieder durchbrach.

„Ich brauche schnellstmöglich neue Berater“, gab er zu und offenbarte damit auch, weshalb er hierhergekommen war. „Die alten Berater werden in nicht allzu weiter Ferne zu alt werden und viele Bereiche sind dann nicht abgedeckt.“ Die Komplikationen mit den alten Beratern erwähnte er absichtlich nicht. Auch mit den neuen Anwärtern war ihm klar, dass er in Kürze nicht alle ersetzen könnte. Des Weiteren war er sich ohnehin nicht sicher, ob das wirklich der richtige Weg war. Sie hatten Erfahrungen, die neue Berater nicht hatten. Er würde einen zusätzlichen Weg finden müssen, mit den Beratern umgehen zu können, auch wenn es frustrierend war. „Worin bist du deiner Ansicht nach am besten?“

„Im Kampf“, sagte Peer direkt, ohne lange nachzudenken. „Ich stecke dort sehr viel Energie hinein.“
 

„Den Bereich deckt Luan bereits ab...“, gab Killian zu bedenken und bisher hatte er auch nicht den Eindruck gehabt, dass dieser in einer falschen Position sei.

„In den theoretischen Bereichen habe ich kaum eine Chance. Die Ausbilder lassen mich nicht“, sagte Peer und überraschte Killian nach dem vorangegangenen Gespräch kaum damit.

„Ich werde mich nochmal direkt über dich bei dem Ausbildungsleiter informieren. Vielleicht lässt sich ja doch etwas Passendes finden“, entschied Killian. Die Ausbilder mussten den Jüngeren nicht mögen, doch womöglich konnte er sie ja mit der Aussicht locken, dass sie in bald los sein könnten, wenn er nur richtig gefördert werden würde. „Strenge dich so lange in allem an. Vielleicht ändern sie ja noch ihre Meinung.“
 

Peer bedankte sich und versprach sein Bestes zu geben, doch man hörte an seiner Stimme, dass er nur wenig zuversichtlich war.

„Genug der ernsten Themen!“, entschied Killian daher und versuchte auch sogleich eine bessere Stimmung an den Tag zu legen. „Erzähl mir von den positiven Dingen deines Alltags. Wie sind die beiden Neuen so?“
 

Ende Kapitel 25


Nachwort zu diesem Kapitel:
Herzlich willkommen bei Königsbürde. Ich freue mich über alle Leser, die durch Königsanwärter, sowie auch über alle, die neu hierher gefunden haben.
Ich hoffe euch gefällt der zweite Teil meiner Königstrilogie! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das war ja dieses Mal ein Gefühlschaos! Aber es war ein harter Tag für die Beiden und es sei ihnen gegönnt.

In diesem Kapitel habe ich verstärkt darauf geachtet mehr auf die Gefühle einzugehen, weil ich finde, dass dies in der Vergangenheit ein wenig zu kurz gekommen ist. Ich hoffe natürlich, dass ich es jetzt nicht übertrieben habe ^^‘‘

Dann bis zum nächsten Kapitel! ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Zu diesem Kapitel muss ich zwei Dinge sagen:
1. Es hat sich völlig verselbstständigt. Es war gar nicht geplant, dass Aidan plötzlich so wütend wurde. Eigentlich sollten die Beiden nur ein wenig kuscheln und dann sollte es mit dem Inhalt des nächsten Kapitels weiter gehen, was durch die lange Badeszenen nun eben im nächsten Kapitel gelandet ist. Doch wie man es eben kennt, machen sich die Charaktere gerne mal selbstständig.
2. Leider bin ich mit den Gefühlsbeschreibungen dieses Mal weniger zufrieden. (bezogen auf das Bad). Irgendwie habe ich das Gefühl, dass dort etwas (oder etwas mehr) fehlt, doch aktuell finde ich das Problem nicht.
Sollte es euch ähnlich gehen, dann entschuldige ich mich dafür!

Ansonsten freue ich mich natürlich wie immer, dass ihr bis hierhin gelesen habt und ich hoffe euch auch im nächsten Kapitel wieder dabei haben zu dürfen ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank an all diejenigen, die sich bisher zu der Idee mit den One Shots geäußert haben!
Insgesamt kommt die Idee gut an, weshalb ich das wohl in Angriff nehmen werde und wenn alles so läuft wie ich es mir wünsche, dann könnte es im September losgehen. Was ich auch bereits sagen kann, ist, dass auch die Vorgeschichte von Aidan und Killian kommen wird, nur weiß ich noch nicht ganz in welcher Form, aber es wird definitiv auch mal mehr Einblicke in Aidans Gefühlswelt geben. Freut euch drauf! ^^

Selbstverständlich können mir auch jederzeit weitere Ideen und Meinungen dazu, mitgeteilt werden! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So meine Lieben, das wird wahrscheinlich erst mal das letzte Kapitel gewesen sein, dass ich regelmäßig hochgeladen habe, denn ab der nächsten Woche beginnt bei mir die Prüfungsphase. Vermutlich wird zwischendurch das eine oder andere Kapitel kommen, nur eben leider nicht regelmäßig, sondern dann, wenn ich einfach mal eine kleine Auszeit brauche.

Vielleicht kommt am Montag noch wie gewohnt ein Kapitel, aber das kann ich noch nicht sagen. Ansonsten wird es spätestens Mitte August wieder ganz normal weitergehen und dann werde ich auch mitteilen, wie es genau rund um die Königstrilogie weitergehen wird und wenn alles so läuft wie ich es mir Wünsche, dann werde ich auch mit einer weiteren Story zurück kommen :D

Vielen Dank fürs Lesen und bis zum nächsten Kapitel, in dem ich euch hoffentlich wieder begrüßen darf! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Leider haben meine Prüfungen nochmal so richtig zugeschlagen gehabt, weshalb ich das mit den regelmäßigen Updates doch nochmal verschieben musste. Das tut mir leid, aber morgen gebe ich nun endgültig meine letzte Prüfung für das letzte Semester ab. Es kann zwar hier und da noch mal zu kleineren Verspätungen kommen, weil die Vorlesungen nun auch schon wieder seit einer Woche laufen, aber die langen Pausen sollten nun wirklich beendet sein :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Leider ist dies nur ein recht kurzes Filler-Kapitel geworden, welches ich aber durchaus wichtig fand. Zum einen wollte ich die Anwärterinnen und ihre allgemeine Position ein wenig mehr beleuchten, aber eben auch die Entwicklung zwischen Amalia und Killian, ohne jedoch den Fokus zu sehr darauf zu lenken. Die Zeit zwischen Hochzeit und Krönung bot sich da gerade an :D

Ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen!
Bis zum nächsten Kapitel! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Da das Kapitel in der letzten Woche schon wieder ausgefallen war, gab es heute eines, dass fast doppelt so lang war, wie die anderen :D

Außerdem würde ich mich heute gerne zu der weiteren Entwicklung der Story äußern. Ich hatte ja eigentlich angekündigt, dass bereits Mitte September zu tun.
Es werden definitiv Erweiterungen der Story in Form von One/Two Shots kommen! Ein paar sind auch bereits geplant, wie zum Beispiel die Markplatzbesuche von Toran, sowie Aidan und Luan aus Königsanwärter oder auch was zwischen Amalia und Aidan nach der Hochzeitsnacht vorgefallen ist. Außerdem würde ich gerne noch schreiben, wie die einzelnen Anwärter zu Anwärtern wurden. Womit wir dann auch schon dabei wären, ob es noch eine Vorgeschichte geben wird. Dafür habe ich Ideen, weiß aber nach wie vor nicht, ob es für eine eigenständige Story reichen würde. Sollte es nicht reichen, dann kommen noch ein paar Ideen davon als One Shots.
Ich hoffe, dass der erste One Shot gegen Weihnachten kommen wird, aber aktuell sind meine Gegner die fehlende Zeit und vor allem der fehlende Titel. Ich zerbreche mir jetzt seit einem Vierteljahr den Kopf über passende Titel und komme zu keinem Ergebnis xD

Aber so viel erst mal dazu. Ich hoffe ich kann damit dem einen oder anderen einen kleine Freude machen ^^ Nach wie vor gilt: Wenn jemand einen Wunsch hat, was man neben der Hauptstory noch gerne lesen möchte, dann immer her damit. Vielleicht fällt mir dazu etwas ein ^^
Ansonsten hoffentlich bis zum nächsten Mal! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Welcome back, Lana! Zur Erinnerung: Sie war diejenige, die von Toran die kalte Schulter gezeigt bekommen hatte und selbst eher ein wenig kühl gewesen ist.

Ansonsten möchte ich mich ganz herzlich bei euch bedanken! Ich hätte niemals damit gerechnet, dass nach dieser langen Pause plötzlich so viele Rückmeldungen zum neuen Update auf sämtlichen Seiten kommen würden. Vielen, vielen, Dank! Ich habe mich riesig darüber gefreut <3

Ich hoffe natürlich, dass euch das Kapitel gefallen hat und das ihr auch im nächsten wieder vorbeischauen werdet :D Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (10)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Fle
2019-07-14T10:35:46+00:00 14.07.2019 12:35
Oh sie haben wirklich geheiratet :o
Ahhh ich werd verrückt :/
Antwort von:  Cheytuna
14.07.2019 12:54
Nicht verrückt werden... das wird schon... irgendwie... vielleicht... xD
Die sind halt alle viel zu Pflichtbewusst :/
Vielen Dank für deinen Kommi!

LG Chey
Von:  Fle
2019-07-14T10:17:14+00:00 14.07.2019 12:17
Im nächsten Kapitel wird ja wohl.die Hochzeit stattfinden und ich hoffe die ganze zeit einfach, dass killian sie doch noch platzen lässt und mit Aidan durchbrennt :D
Antwort von:  Cheytuna
14.07.2019 12:52
Hoffen darf man immer :D
Vielen Dank für deinen Kommi!
Von:  Fle
2019-07-12T20:39:49+00:00 12.07.2019 22:39
Ohhh man wie fies ist das denn :/ ausgerechnet die Schwester...
Ich hoffe so, dass Kilian und Aidan doch noch zusammen sein können :o
Antwort von:  Cheytuna
13.07.2019 21:07
Das war tatsächlich eine der Grundideen, aus der die Königstrilogie entstanden ist xD
Und deine Hoffnung war somit die Frage, an der ich sehr viel gebastelt habe :)
Vielen Dank für deinen Kommi!

LG Chey
Von:  Fle
2019-07-10T08:01:00+00:00 10.07.2019 10:01
Hi deine FF hab ich leider erst jetzt entdeckt :o
Da schon ein paar Kapitel draußen sind dachte ich, ich kommentiere trotzdem schon mal, dass ich jetzt auch fleißig am lesen bin :D
Und wenn ich mit dem zweiten Teil durch bin, dann lese ich den ersten Teil 🙈
Antwort von:  Cheytuna
10.07.2019 23:00
Dann bist du nach etwas mehr als die Hälfte der Trilogie dazugestoßen ;)
Aber es freut mich, dass du beide Teile lesen möchtest und ich wünsche viel Spaß dabei (auch wenn die Reihenfolge interessant ist xD Aber das sollte kein allzu großes Problem sein ^^)
Vielen Dank und bei Fragen oder Kritik stehe ich natürlich zur Verfügung!

LG Chey
Antwort von:  Fle
11.07.2019 13:44
Ich will nur gerne so schnell.es geht bei den aktuellen Kapiteln ankommen, damit ich dir auch immer aktuelle Kommentare schreiben kann 😂
Antwort von:  Cheytuna
11.07.2019 17:12
Danke, das ist lieb von dir <3
Ich weiß ja nicht, wie schnell du mit dem Lesen bist, aber so schnell wie andere schreibe ich nicht. Bei mir kommt max. einmal die Woche ein Kapitel (aktuell Montags). Von daher geht es nicht allzu schnell voran ;)
Von:  animefan16
2019-07-09T08:03:21+00:00 09.07.2019 10:03
Aiaiai das kann was werden. Lana in dem beraterkreis. Die Frau muss starke nerven haben

Wieder mal ein tolles kapitel🤗
Antwort von:  Cheytuna
09.07.2019 14:09
Die Nerven wird sie hoffentlich dazu haben xD
Danke schön <3
Vielen Dank für deinen Kommi!

LG Chey
Von:  animefan16
2019-07-05T09:01:23+00:00 05.07.2019 11:01
Alles auf einmal verschlungen 😍

Mir gefällt die Art wie du schreibst. Aidan und Killian sind schon süß zusammen wenn auch einige felsbrocken im Weg liegen.

Ich freue mich wenn es weiter geht 🤗

Lg animefan16
Antwort von:  Cheytuna
05.07.2019 20:15
Wirklich? Das freut mich riesig! Vielen Dank :D
Wenn sie sich nicht nur auch noch selbst Felsbrocken in den Weg legen würden ^^''
Vielen Dank für deinen Kommentar!

LG Chey
Von:  Serafina2104
2018-09-17T22:02:50+00:00 18.09.2018 00:02
Wow...ich musste einiges aufholen. Aber jetzt bin ich wieder up to date. Und bin total geflasht.
Die beiden tun mir so leid. Und trotzdem finde ich es wunderbar wie sie um ihre Liebe 💕 kämpfen.
Bin schon gespannt wie es weitergeht
Antwort von:  Cheytuna
23.09.2018 23:35
Dann mal willkommen zurück! :D <3
Ja, mal sehen, was die Zukunft ihnen noch so bringt...
Vielen Dank für deinen Kommi ^^

LG Chey
Von:  Serafina2104
2018-04-10T18:23:20+00:00 10.04.2018 20:23
Auf keinen Fall übertrieben. Ganz toll geschrieben
Antwort von:  Cheytuna
10.04.2018 22:27
Das freut mich zu hören! Vielen Dank ^^

LG Chey
Von:  Serafina2104
2018-04-02T21:39:35+00:00 02.04.2018 23:39
Phu ich dachte schon kurz beim lesen des letzten Kapitels von Königsanwärter "OMG so kann sie das doch nicht enden lassen" aber jetzt bin ich beruhigt und freue mich das es weitergeht
Antwort von:  Cheytuna
03.04.2018 15:16
Oje xD
Hab ich hier auf Animexx nie erwähnt, dass es eine Trilogie werden soll? Auf anderen Seiten wird schon angefangen leicht zu spekulieren, was noch kommt xD
Durch den Titel war ich aber irgendwie gezwungen mind. einen zweiten Teil zu schreiben, weil sie ja nun keine Anwärter mehr sind. Daher bekommt der König nun seine Bürde ^^
Der dritte Teil wird übrigens "Königspaar" heißen (falls du auch spekulieren möchtest ;) )
Vielen Dank für deinen Kommi!

Gruß Chey


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