Zum Inhalt der Seite

Paul

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

01.

Halli hallo an diesem wunderschönen, sonnigen Sonntag.

Habt ihr alle die Zeitumstellung schon verarbeitet? Ich muss sagen, mir macht das nicht viel aus. Viele Jammern zwar, aber meiner inneren Uhr ist das ganze Hin und Her ziemlich egal. Die tickt sowieso immer falsch, also was solls xD

Aber jetzt, wo wir wieder die Sommerzeit haben, bedeutet das natürlich, dass auch Ostern nicht mehr weit ist. Und natürlich habe ich auch eine Kleinigkeit für euer Osternest bereitgelegt.

Eigentlich bin ich sogar noch dabei, es zu beenden, was ich normal nie mache, also unfertige Geschichten hochladen, da ich gerne immer mal wieder was umändere, aber diesmal bin ich guter Dinge, dass es so bleibt wie anfangs erdacht. ^^
 

Bis Ostern sind es jetzt noch genau acht Tage, den heutigen Tag mit eingerechnet. Und bis dahin wird es jeden Tag ein Kapitel für euch geben.

Die Story dreht sich nur entfernt um Ostern und ist nur Hintergrundbemalung xD

Zum Titel will ich noch sagen, dass der mir eigentlich am meisten Kopfzerbrechen bereitet hat.

Erst lief sie unter dem Arbeitstitel Bistro xD

Das konnte ich so natürlich nicht lassen. Danach dachte ich an Onkel Pauli. Wenn ihr das erste Kapitel gelesen habt, werdet ihr wissen warum *gg* Aber das hörte sich irgendwie nicht ganz koscher an. Als würde es sich um einen alten Kerl drehen, der gern kleine Jungs betatscht.

Ne, ne. So konnte ich das auch nicht lassen. Aber wie sollte ich sie dann nennen?

Ich entschied mich für Paul. Um ihn dreht es sich schließlich.

Inzwischen gefällt mir der Titel ganz gut. Klar, es gibt bessere, aber jetzt heißt die Geschichte eben so *gg*
 

Ich wünsche euch jedenfalls viel Spaß beim Lesen und eine schöne Osterwoche.

Hoffentlich bleibt das Wetter so. Regen, Schnee und Kälte hatten wir wirklich genug die letzten Wochen über *seufz*
 

Eure Fara
 

P.S.: Der Erzähler ist nicht Paul, wie man jetzt annehmen könnte, sondern Ole ;-)
 


 

Paul
 


 

01.
 

Gelangweilt wische ich über die Tische.

Heute ist echt tote Hose. Muss am Wetter liegen. Statt sonnenreichem Frühling gibt es dieses Jahr nur dicke graue Wolken Regen- und Schneeschauer. Da wagt sich kaum einer aus dem Haus. Und erst recht nicht, um bei mir einen Kaffee zu trinken, oder eins meiner belegten Baugettes. Da können die noch so lecker sein und meine Osterspecials noch so günstig. Bei diesem Mistwetter vergeht einem die Lust auf alles.

Seufzend verschränke ich die Arme vor der Brust und stelle mich an das große Schaufenster meines kleinen Bistros. Es regnet schon wieder. Ein paar einzelne Schneeflocken sind auch darunter. Nachher wird es sicher noch richtig anfangen zu schneien.

Die Türsteher des Clubs, dem Velvet, gegenüber tun mir wirklich leid. Zwar stehen sie unter Dach, aber die Nässe kriecht durch jede Ritze und man fängt noch schneller an zu frieren, als man es sowieso schon tut.

Wenn mich nicht alles täuscht schieben Joe und Aleksej wieder Schicht. Ich schaue mich in meinem Laden um. Es ist fast acht Uhr und es gibt nichts mehr zu tun, also beschließe ich, für heute Feierabend zu machen. Aber vorher brühe ich den beiden armen Pechvögeln da draußen eine heiße Tasse Kaffee.

Ich zücke meinen Schlüsselbund, schließe ab und drehe das Schild von Yes Bitch, we're open auf Sorry Bitch, we're closed. Das Schild hat mir ein Freund zur Eröffnung geschenkt.

Dann noch die Rollläden runter lassen, alles Verderbliche in meine kleine Kühlung geräumt und danach den recht überschaubaren Kassensturz. Wenn das mit dem Wetter so weitergeht, muss ich diesen Monat wieder an mein Erspartes, um alle Kosten zu decken. Wie ich das hasse!
 

Das Wechselgeld und die Mini-Einnahmen trage ich schnell nach oben in meine angrenzende Wohnung und gehe wieder runter, um zwei große Becher Kaffee fertig zu machen. Die bringe ich anschließend hinaus zu Aleks und Joe.

"Hey ihr beiden. Ich seht so durchnässt und verfroren aus, da dachte ich, ich bringe euch mal was zum Aufwärmen." Ich halte ihnen die Becher vor die Nase.

"Oh Mann, Danke!" Joe grapscht gierig danach. "Ah, ist das schön warm an den Händen."

"Danke", schnieft Aleksej.

"Das hört sich aber nicht gut an", finde ich. "Brütest du was aus?"

"Nee. Nur bisschen Schnupfen."

"Du weißt doch, Aleksej ist Russe. Der ist diese Temperaturen gewöhnt", grinst Joe. "Außerdem war er erst letztes Jahr krank. Das reicht fürs erste."

"Na dann will ich dir das mal glauben. Schönen Abend euch beiden noch."

"Danke. Dir auch", erwidern beide synchron und schlürfen ihren Kaffee.
 

Ich bin froh wieder im Warmen und Trockenen zu sein.

Oben in meiner kleinen Wohnung drehe ich zu aller erst die Heizung höher. In der Küche wärme ich mir das Essen von heute Mittag nochmal in der Mikrowelle auf, schnappe mir die Post, die noch ungeöffnet auf dem Küchentisch liegt, und trage alles ins Wohnzimmer, wo ich mich in eine Decke wickle und die Glotze anschalte.

Heute läuft Dr. House. Obwohl ich alle Folgen auswendig kenne, ist es jeden Mittwoch Abend ein muss für mich, einzuschalten. Der Kerl ist einfach genial!
 

Gegessen habe ich schnell. Viel war es nicht mehr, aber es reicht. Man soll ja abends nicht so viel essen.

Ich stelle den Teller auf den Tisch und mache mich dann über meine Post her.

Versicherung, Werbung, eine Postkarte von meinem Vater. Der ist wieder irgendwo unterwegs in … mal gucken … Dubai. Aha. Schön für ihn. Die haben sicher besseres Wetter. 'Bin bis Ostern wieder zuhause. Kommst du vorbei? Vielleicht am Montag? Würde mich riesig freuen', schreibt er mir.

Ich seufze. Ich hasse es, so viel Stress an den Feiertagen zu haben. Meine Mutter will natürlich, dass ich am Sonntag mit ihr zusammen zu Oma und Opa fahre, mein alter Herr natürlich, dass ich danach auch ein wenig Zeit mit ihm verbringe. Stress und Gerenne pur! Und das wird jedes Jahr schlimmer. Mein alter Paps wird mit den Jahren immer rührseliger und wünscht sich seinen Filius öfter bei sich zu haben, wenn er denn mal wieder im Lande ist.

Ich freue mich jetzt schon auf die Rennerei. Mit Frohe Ostern ist da nicht mehr viel, aber sei es drum. Man hat nur eine Familie.
 

Der ganze Haufen geöffneter Briefe wandert zurück auf den Couchtisch. Nur einen Umschlag habe ich noch nicht geöffnet. Von der Hausverwaltung. Oh oh. Sowas ist nie gut.

"Sehr geehrter Herr bla, bla, bla … weisen wir Sie darauf hin, dass aufgrund der Erhöhung des Mietspiegels … Was?! Haben die sie noch alle?"

Wenn ich das auf die Schnelle richtig verstehe, soll ich für meine Wohnung ab übernächsten Monat fast 25% mehr Miete zahlen und für das Bistro sogar um knapp 30%! "Das können die nicht machen!" Vor allem, da mir beim Abschluss des Mietvertrages zugesichert wurde, dass sich die Miete innerhalb von drei Jahren nicht erhöhen wird. Und davon sind gerade mal zwei Jahre rum!

Und selbst wenn, dürfen die nicht mehr als 15% erhöhen, soweit ich weiß. Wegen Ballungsgebiet und so.

"Solche Wichser!" Sauer werfe ich den Wisch auf den Boden. Dem Hausverwalter werde ich morgen aber Beine machen! Das kann ich euch schon mal versprechen!
 

***
 

"Dieser Penner!"

"Jetzt reg dich mal nicht so auf."

"Ich soll mich nicht aufregen?" Und wie ich mich aufrege! "Du hast gut reden, Sarah. Du wohnst ja auch mietfrei bei deiner Angetrauten. Aber weißt du, was das für mich bedeutet? Ich kann mir ja jetzt schon kaum die Miete leisten!" Zumindest, bis es endlich mal ein richtiges Frühjahr gibt, und die Leute abends wieder um die Häuser ziehen können.

"Aber aufregen bringt dir auch nichts, bis auf hässliche Falten", meint sie lapidar und schlürft an ihrem Cappuccino.

Sauer werfe ich den Spüllappen ins Waschbecken. Zum Glück haben wir noch nicht geöffnet und mein unschöner Gefühlsausbruch bleibt unter Sarah, eine meiner Aushilfskräfte, und mir. "Du hättest diesen Affen von Verwalter mal am Telefon hören sollen!", rege ich mich weiter auf. "Als wäre ich der letzte Dorfdepp. Hat mit irgendwelchen Paragraphen um sich gehauen, dass das alles rechtens wäre, aber der wird sich noch wundern! Ich nehme mir einen Anwalt!" Jawohl!

"Und womit willst du den bezahlen?"

"Ich hab 'ne Rechtsschutzversicherung."

"Willst du wirklich gleich solche schweren Geschütze auffahren? Wenn sich der Verwalter quer stellt, rede doch erstmal mit dem Hauseigentümer. Vielleicht zeigt der sich einsichtiger", schlägt sie mir vor.

Ich überlege "Hm. Keine dumme Idee." Sarah lächelt mich, so nach der Art, ich weiß eben mehr als du, frech an. "Ich weiß nur nicht, wer der Hauseigentümer eigentlich ist." Ich hatte immer nur Kontakt zu dem Verwalter. Den eigentlichen Besitzer habe ich noch niemals zu Gesicht bekommen. "Keine Ahnung, ob der überhaupt hier in der Stadt wohnt."

"Das lässt sich doch herausfinden", meint Sarah. "Und irgendwo muss das sicher in deinem Mietvertrag stehen."

"Kann sein. Ich schau gleich mal nach." Ich umrunde die Theke und mache mich auf den Weg nach oben.

"Dann mach ich schon mal das Bistro auf."
 

Wir fanden tatsächlich schnell den Namen des Hausbesitzers. Ein gewisser, oder eine gewisse, P. Lüksch.

Eine Adresse stand auch dabei, aber als Sarah sie ins Handy eingab, kam dabei nicht viel raus. "Ein Bürokomplex", grübelte Sarah. "Sieht irgendwie zwielichtig aus."

Ich patschte ihr leicht mit der Hand gegen die Stirn. "Was soll daran zwielichtig sein?"

"Na schon mal etwas von einer Briefkastenfirma gehört?"

"Hmhm. Mitten in Deutschland. Wenn, dann sind die irgendwo im Ausland, wo man schwer an die rankommt."

"Wenn du meinst … Für mich sieht das alles komisch aus." Sie steckte ihr Handy weg und begrüßte einen gerade eintretenden Gast.

Mich lies die Sache währenddessen nicht mehr los. Ich wollte dem jetzt nachgehen. Briefkastenfirma hin oder her.
 

Ich nahm mir ausnahmsweise mal frei, überließ Sarah mein kleines Bistro, kramte alle Unterlagen zusammen und setzte mich in meinen Wagen.

Der Bürokomplex, in dem der/die rätselhafte/r P. Lüksch sein Unwesen trieb, war keine Stunde Autofahrt von hier entfernt.
 

Und dorthin fahre ich nun. Zu einem Industriegebiet außerhalb der Stadt, und suche das Gebäude.

Dank Navi bin ich nicht komplett auf mich allein gestellt und finde den Bürokomplex recht schnell. Natürlich muss man für den dazugehörigen Parkplatz ein Ticket ziehen, was mich wieder verärgert. Abzocke überall wo man hinschaut!

Notgedrungen, überall sonst ist striktes Halteverbot, ziehe ich mir ein Ticket, warte, bis die Schranke hochgeht, und fahre auf den relativ leeren Parkplatz.

Das Gebäude wirkt beinahe bedrohlich auf mich. Es ist nicht sehr breit, dafür aber hoch, mit einer dunklen Glasfront und kalten, grauen Stahlträgern. Die Eingangstür ist offen, also trete ich einfach ein.

Ein heller Flur mit Treppenhaus, von dem links und rechts ein Dutzend Türen abgehen. Alles Firmen. Genau vor mir, rechts neben dem Treppenaufgang, ragt ein Fahrstuhl auf. Links davon gibt es ein großes Schild, auf dem alle hier befindlichen Firmen aufgelistet sind. "Woll'n doch mal sehen", murmle ich leise und überfliege die Namen und Firmenlogos.

Nach kurzen hin und herschauen finde ich tatsächlich, was ich suche.

P. Lüksch. Heilpraktiker.

"Heilpraktiker?"

Langsam befürchte ich, Sarah hatte recht. Ein Heilpraktiker als skrupelloser Hausbesitzer, der seinen Mietern das Geld aus der Tasche zieht? Dieses Land geht immer mehr vor die Hunde, sollte dieser Kerl tatsächlich mein Vermieter sein.
 

Ich merke mir den Stock, in dem dieser nette Heilpraktiker Heilung praktiziert und steige in den Aufzug.

Mit jeder Sekunde werde ich nervöser. Ich habe wirklich null Plan, was mich gleich erwarten wird.

Bei dem Wort Heilpraktiker muss ich unwillkürlich an einen in die Jahre gekommenen Hippie denken, der mit langen, schütteren Haaren, komischer indisch angehauchten Leinenkleidung und Sandalen durch Räucherstäbchengeschwängerte Räume tanzt, sprich, dem Bild, das ich von meinem Vermieter hatte, mal so überhaupt nicht entspricht.

Den habe ich nämlich immer nur im Anzug hinter einem riesigen Schreibtisch hocken sehen, der geschäftig am Telefon hängt, Dauerkippe raucht, und schon kurz vor seinem dritten Herzinfarkt steht.

Ich bin echt gespannt, was mich gleich auf der anderen Seite des Fahrstuhls erwartet, dessen Tür just in diesem Moment aufspringt.

Wieder stehe ich in einem hellen Flur, wie schon zuvor unten im Eingang.

Langsam gehe ich von einer Tür zur Anderen, bis mir ein Schild neben einer Tür verrät, dass ich vor Herrn Lükschs Praxis stehe.

Mir einen mentalen Arschtritt verpassend, öffne ich die Tür.
 

Weder Räuscherstäbchenschwaden, noch merkwürdige Yogamusik. Die gar nicht so kleine Praxis ist hell und freundlich eingerichtet. Frische Blumen stehen am Empfang. Ganz anders, als ich mir ausgemalt habe.

"Kann ich Ihnen helfen?" Jetzt erst fällt mir die Sprechstundenhilfe auf, die hinter dem Empfang sitzt und mich neugierig, aber freundlich mustert.

"Ich weiß nicht", gebe ich zu. "Ich wollte mit Herrn Lüksch sprechen."

"Haben Sie einen Termin?"

"Nein."

"Ohne Termin sieht es heute schlecht aus für Sie", belehrt sie mich, tippt aber auf ihrer Computertastatur herum.

"Ich brauche keinen Behandlungstermin", kläre ich die junge Frau auf. "Es geht um eine andere Angelegenheit."

"Und um was?"

"Privat", entgegne ich und ernte ein, nicht mehr ganz so freundliches, Stirnrunzeln. Also schön. Gebe ich ihr etwas mehr Infohäppchen. Vielleicht lässt sie mich dann zum ehrenwerten Heilpraktiker. "Ich bin einer seiner Mieter und habe ein Anliegen." Ich wedle mit meinem Ordner vor ihr herum, in dem ich alle Unterlagen abgeheftet habe. Sie glotzt, wie eine Kuh, die man auf einen vereisten See geschoben hat.

"Da muss ich erstmal nachfragen. Ihren Namen bitte?"

"Ole Leinweber."

Sie notiert sich meinen Namen auf einen Block, reißt den Zettel ab und steht auf. "Nehmen Sie doch bitte im Wartezimmer Platz." Mit dem größten Vergnügen.
 

Die inzwischen leicht überforderte Sprechstundenhilfe stürmt auf eine Tür zu, hinter der sich wohl das Behandlungszimmer befindet. Ich mache es mir derweil im Wartezimmer gemütlich. Ein kleiner abgetrennter Raum mit ganzen acht Stühlen. Anstatt den obligatorischen abstrakten Gemälden, die sonst immer in den Praxen herumhängen, gibt es hier große Fotos von Wäldern, Seen und grünen Wiesen. Das gefällt mir. Besonders bei dem tristen Wetter tut es gut, Grün und Sonne zu sehen. Wenn auch nur auf Fotopapier.

Neben mir wartet noch eine ältere Dame. Mit übereinandergeschlagenen Bein blättert sie in einer der Zeitschriften herum, die man hier zur Zeitüberbrückung zerlesen darf.

Die dusselige Tusse trägt nur eine Feinstrumpfhose und dünne, hochhackige Schuhe. Und das bei dem Wetter. Sicher ist sie wegen einer Blasenentzündung hier. Geschähe ihr jedenfalls recht.
 

Ich überlege gerade, mir auch so eine nette Klatsch und Tratsch Zeitschrift zu nehmen, da kommt die Kuh vom Eis … äh die Sprechstundenhilfe aus dem Behandlungszimmer und läuft auf mich zu. "Herr Lüksch bittet Sie auf ihn zu warten. Allerdings könnte das noch etwas dauern." Na toll! Aber wo ich schon mal hier bin …

Mal nachlesen, ob es in England bald mit dem Nachwuchs soweit ist, und wer alles zur baldigen Hochzeit eingeladen ist. Das interessiert mich wirklich brennend! (Achtung, das war Sarkasmus.)
 

Es kommt mir fast wie eine Ewigkeit vor, bis ich endlich aufgerufen werde.

Die Frau mit den Strumpfhosen war über eine Dreiviertelstunde in Behandlung. In Zeitungslesegeschwindigkeit sind das ganze fünf langweilige Zeitschriften.

Keine Ahnung, was die da drinnen miteinander getrieben haben, und ich mag es auch gar nicht wissen.

Als sie wieder rauskommt, und ich endlich an der Reihe bin, spüre ich wieder die Nervosität in mir aufsteigen.
 

Ich bin nicht so der selbstbewusste Konfrontationstyp, obwohl ich gerne mal an die Decke gehe. Ja, ich weiß. Keine guten Eigenschaften für eine Selbstständigkeit, aber ich beiße mich trotzdem überall durch. Genau wie jetzt. Schließlich geht es um meine Existenz. Ich habe alles in mein kleines Bistro gesteckt. Beinahe meine gesamten Ersparnisse sind dafür draufgegangen und anfangs lief es auch gut. Ich konnte meine Geldpolster wieder etwas auffüllen, aber die ersten beiden Monate im Jahr sind immer hart. Genau wie der letzte Monat.

Die Leute gehen nicht viel aus. Erst Weihnachten, dann Silvester. Alles Tage, an denen man viel Geld ausgibt. Allein zur Faschingszeit fällt wieder ein wenig mehr ab vom Kuchen, aber das auch nur, weil mein Kerngeschäft die betrunkenen Partygäste sind, die vom Club gegenüber zu mir herübergeschwankt kommen.

Die morgendlichen Katerfrühstücke gehen auch ganz gut, doch wer will bei diesem Wetter schon lange feiern? Und wenn doch, dann sehen sie danach zu, dass sie wieder nach Hause ins Warme kommen.

Alles in allem bleibt mir gar nichts anderes übrig, als mir mein Recht zu erstreiten, und diese unerhörte Mietpreiserhöhung anzufechten. Ich darf nur nicht unsachlich werden, sondern meinem Vermieter erklären, wie die Sache aussieht. Dann, hoffe ich zumindest, werde ich das Ding schon schaukeln.

Immer positiv denken.
 

Als ich das Behandlungszimmer betrete, bin ich allein. Niemand da. Also setze ich mich auf den Besucherstuhl, den Ordner mit den Unterlagen fest in den Händen auf meinem Schoß gebettet.

Ich bin so scheiße nervös! Hoffentlich schmeißt der Kerl mich nicht hochkant raus. Andererseits möchte er mich sehen. Würde er das nicht wollen, hätte er doch bestimmt seine Sprechstundenhilfe vorgeschickt, um mich los zu werden, oder?
 

"So. Ich bin da", höre ich plötzlich eine tiefe Männerstimme hinter mir. Ich erschrecke mich leicht und zucke zusammen.

Nach der Stimmlage zu urteilen ist Herr Lüksch schon ein älteres Semester, hört sich jedoch nicht unfreundlich an. 'Vielleicht habe ich ja doch Glück!' Falls ja, bekommt Sarah von mir eine nette Überraschung für diese Idee.

"Hallo." Ich räuspere mich, stehe auf, setze mein freundlichstes Lächeln auf und reiche Herrn Lüksch die Hand. Doch der bleibt vor mir stehen und strahlt mich bloß dümmlich an, was mich für einen kleinen Moment aus der Fassung bringt. Hab ich was verpasst?!

"Das gibt's nicht! Du bist es wirklich. Habe ich Recht?"

"Äh was?" Klar bin ich es. Wer soll ich denn sonst sein?

"Du erkennst mich nicht mehr, oder?" Hä? "Na ja. Ist ja auch schon lange her." Hä?!

"Tu… tut mir leid", stottere ich mir zurecht. "Aber ich glaube nicht, dass wir uns schon mal begegnet sind." Ehrlich! Und ich denke, an ihn würde ich mich erinnern.

All meiner vorigen Horrorvorstellungen zum Trotz ist Herr Lüksch kein abgewrackter Hippie oder ungesund lebender, dicker Bürohengst. Er ist ein normal wirkender Mitvierziger, der sich noch verdammt gut gehalten hat, wenn ich das mal so sagen darf.

Sein dunkles Haar und sein gepflegter Bart haben hier und da ein paar graue Stellen, aber das macht ihn nicht unattraktiv. Im Gegenteil …
 

"Ich bin Paul", sagt er zu mir, doch da klingelt immer noch nichts.

"Entschuldigen Sie, aber …" Ich schüttle den Kopf. Ich kann ihn wirklich nirgends hinstecken.

Paul, äh Herr Lüksch lacht leise. Ein sehr angenehmes Lachen hat er. Das muss ich zugeben. "Du warst noch so klein. Bestimmt hast du mich schneller vergessen als mir damals insgeheim lieb war." Was? Ich war noch klein?

Ich krame in den Erinnerungen meiner frühsten Kindheit herum. 'Paul … Paul … Nein. Nicht Paul. Pauli! "Onkel Pauli!"'

Mir fallen sämtliche Züge aus dem Gesicht. "Onkel Pauli?"

"Ah jetzt hast du es!", lacht Paul und klopft mir auf die Schulter, ehe er mich -Oh Gott!- einfach an seine Brust zieht. Äh …
 

"Du hast dich ja prächtig entwickelt", sagt er und lässt mich wieder los. "Unglaublich! Du bist erwachsen!" Na das hoffe ich doch. "Erzähl schon. Was führt dich zu mir? Und wie geht es deiner Mutter? Ist sie immer noch bei Herrmann beschäftigt?"

Moment mal! Langsam!

"Onkel Pauli? Ähm Paul. Du bist … Du bist mein Vermieter?" Bin ich im falschen Film?

"Sieht so aus", meint er grinsend und setzt sich hinter seinen Schreibtisch. Ich muss mich auch erst einmal setzen und alles sacken lassen, während meine Erinnerung langsam zurückkehrt.
 

Onkel Paul. Oder wie ich ihn früher immer genannt habe, Onkel Pauli.

Er ist nicht mein richtiger Onkel, müsst ihr wissen. Meine Mutter war damals mit ihm befreundet. Sie waren Arbeitskollegen und nach kurzer Zeit entwickelte sich eine dicke Freundschaft zwischen ihnen. Er war so oft bei uns, dass ich ihn sozusagen als meinen Onkel adoptierte. Paul fand das ziemlich lustig.

Ich mochte ihn sehr. Immer brachte er tolle Dinge für mich mit oder spielte mit mir mit meinen Legosteinen. Oft gingen wir zu dritt in den Zoo oder auch mal zu McDonalds, was meine Mutter eigentlich nie erlaubte.

Hm … Ich frage mich, ob sie und er damals zusammen gewesen sind. Ich habe meine Mutter das nie gefragt. Ich war schlicht noch zu klein und es erübrigte sich sowieso nach ein paar Jahren. Paul zog weg. Er hatte eine Arbeitsstelle in England angenommen.

Ich war am Boden zerstört gewesen. Wie alt bin ich damals gewesen? Höchstens sechs. Ich glaube, ich war noch nicht in der Schule, oder kurz davor, eingeschult zu werden.

Zu der Zeit verstand ich noch nicht, warum Paul plötzlich weg musste. Wenn er doch neue Arbeit will, dann könnte er sie sich doch auch bei uns suchen. So dachte ich jedenfalls.

Doch er hatte vorhin recht. Ich hatte ihn recht schnell vergessen. Nicht gänzlich, aber mein Unmut über seines Weggangs wurde mit der Zeit geringer. Mama lernte andere Onkel kennen, aber sie waren niemals so wie er.
 

"Also? Was bedrückt dich?", fragt er mich und holt mich ins hier und jetzt zurück.

Ich muss mich einen Moment lang sammeln, bis mir mein eigentliches Anliegen wieder einfällt.

"Die Mietpreiserhöhung für meinen Laden und die Wohnung", erkläre ich und reiche ihm das Schreiben des Verwalters. "Es war ausgemacht, dass die Miete die ersten drei Jahre nicht erhöht wird, und dann flattert mir das in den Briefkasten."

"Verstehe", murmelt er und liest sich das Schreiben durch. Dabei muss er eine Brille tragen, was mich insgeheim grinsen lässt. Ganz schön alt geworden, mein Lieber. Ist aber auch kein Wunder nach - Moment, ich muss rechnen - nach … 25 Jahren!

Gott! Wie die Zeit vergeht!

"Ich habe heute Morgen mit dem Hausverwalter telefoniert, aber der hat mich nur unhöflich abgewimmelt und gemeint, alles wäre rechtens", erläutere ich.

Paul sieht mich über den Rand seiner Brille hinweg ernst an. "Zeig mal deine Mietverträge." Ich gebe ihm den Ordner.

"Gleich vorn. Das ist der von meiner Wohnung. Dahinter der vom Lokal im Erdgeschoss."

"Danke." Es dauert eine Weile bis er alles durchflogen hat. "Das kann gar nicht sein", wundert er sich schließlich. Mir wird ganz flau im Magen.

"Stimmt was nicht?" Oh Mann! Hoffentlich ist mit dem Betrag alles in Ordnung. Nicht, dass er doch viel höher ist. Ich habe mich schon gewundert, denn für die Lage ist der Mietpreis eigentlich recht günstig.

"So habe ich das nicht abgezeichnet. Es ist schon meine Unterschrift auf der letzten Seite, aber ich habe ganz andere Preise für die Kaltmiete angesetzt." Mir rutscht das Herz in die Hose. "Das ist viel zu viel." Wie bitte? "Hundert Euro über dem, was ich verlange."

"Wie kann das sein?" Ich beuge mich vor an den Schreibtisch und mustere meinen Mietvertrag.

"Das wüsste ich auch gerne", knurrt Paul und schlägt den Ordner zu. "Kann ich den behalten?"

Ich nicke. "Natürlich." Bei jedem anderen hätte ich verneint, oder zumindest gebeten, sich von allem eine Kopie zu machen, aber Paul traue ich. Trotz der langen Zeit, die wir uns nicht mehr gesehen haben.

"Gut. Dann kann ich zuhause alles in Ruhe vergleichen und herausfinden, was da falsch gelaufen ist. Aber ich kann dir schon mal versprechen, dass deine Miete auf keinen Fall erhöht werden wird."

"Das ist wirklich nett von dir", bedanke ich mich bei Paul. "Da fällt mir wirklich ein Stein vom Herzen."

Paul sieht mich besorgt an. "Das tut mir leid. Hätte ich gewusst, dass etwas mit den Verträgen nicht stimmt … Ach! Hätte ich auch nur geahnt, dass du Mieter in einem meiner Mietshäuser bist!"

"Heißt das etwa, du weißt nicht, wer in deinen Häusern zur Miete wohnt?", frage ich ihn schmunzelnd. Er ist noch genau so wie früher.

"Merkst du dir jeden Namen deiner Kunden?"

"Vom Großteil kenne ich den", gebe ich an. "In der Community kennt man sich meist."

Paul runzelt leicht die Stirn, sieht erst mich an, dann meine beiden Mietverträge. "Achso", murmelt er. "Du wohnst in meiner Immobilie im Herzog Weg."

"Tue ich. Und das sehr gerne." Ich glaube, mein Lächeln sagt mehr als tausend Worte, denn ich kann förmlich sehen, wie Paul ein Licht aufgeht.

"Du bist schwul?"

"Jepp." Ich nicke und bete, dass er nun keine Abneigungen gegen mich hegt. Andererseits, würde er ein Haus besitzen, dass im Schwulen- und Lesbenviertel unserer kleinen Stadt liegt, wenn er Homophob wäre?

"Weiß das deine Mutter?"

"Natürlich! Meinst du, ich hätte das lange vor ihr geheim halten können?"

"Stimmt", lacht er. "Sie war schon immer eine sehr besondere Frau." Wie wahr!

"Besonders verschroben und laut", ergänze ich, was Paul wieder zum lachen bringt. Er scheint dies sehr oft zu tun. Kleine Lachfällchen haben sich in seine Augenwinkel eingegraben. Nicht tief, und man bemerkt sie erst so wirklich, wenn er lacht. Das lässt ihn noch charmanter aussehen, als sowieso schon.

"Wie geht es ihr?", holt er mich aus meinen Betrachtungen, die aus mir unerfindlichen Gründen nicht nur seine Augenfältchen betreffen. Er hat auch einen schönen Hals …

"Gut", antworte ich ihm und räuspere mich. Schnell suche ich mir etwas anderes, dass ich anstarren kann. Sein Schreibtisch ist auch sehr hübsch.

"Hat sie wieder jemanden an ihrer Seite?"

"Nein." Ich schüttle den Kopf. Warum bereitet es mir so ein fieses Magengrummeln, ihm die Wahrheit gesagt zu haben? "Seit der Trennung von Papa hatte sie zwar hin und wieder eine Beziehung, aber die hielten nie besonders lange." Als würde sie auf jemand ganz speziellen warten …

"Das ist schade. Ich habe ihr immer gegönnt, dass sie wieder mit jemanden glücklich wird."

"Ja", sage ich leise. "Vielleicht findet sie ja bald ihr Glück."

"Das wäre schön." Das wäre es. Solange sie nicht wieder mit einem ihrer Exfreunde zusammen kommt. Das waren alles Idioten. Bis auf Paul. Sofern sie überhaupt zusammen gewesen sind …
 

Soll ich ihn fragen? "Und du?", kommt er mir allerdings zuvor und sieht mich neugierig an. "Hast du dir schon einen netten jungen Mann geangelt?"

"So einige", grinse ich und genieße seinen leicht perplexen Gesichtsausdruck. "Aber ich fürchte, ich bin wie Mama. Es hat nie lange gehalten. Der Richtige war noch nicht dabei."

"Das kann sich ja noch ändern."

"Ich lasse es inzwischen einfach auf mich zukommen", erwidere ich und zucke mit den Schultern. "Single zu sein hat auch seine Vorteile. Besonders, wenn man mitten im Herzen des Fleischmarkts wohnt." Paul schüttelt lachend den Kopf.

Wie es aussieht, hat er nichts gegen meine Orientierung. Das erleichtert mich, denn obwohl wir uns so lange nicht mehr gesehen haben, merke ich gerade, dass er mir immer noch wichtig ist. Auch wenn sich unsere Wege nur für wenige Jahre gekreuzt haben, und ich noch ein Kind war.
 

"Und was ist mit dir? Lebst du nur für deine Praxis?" Ich will mir nicht eingestehen, wie sehr es mich nervös macht, auf eine Antwort von ihm zu warten, denn eigentlich habe ich gar keinen Grund dazu, deswegen nervös zu sein.

"Im Moment ja. Bei mir hat es auch nicht wirklich geklappt mit der Liebe." Wumms! Warum fühle ich mich so erleichtert? "Meine letzte Partnerschaft lief nicht so gut. Seitdem bliebe ich lieber allein. … Erstmal." Er grinst mich an.

"Wir sollten einen Club gründen. Du, Mama und ich", lache ich.

"Ich bin dabei!"

Da fällt mir ein: "Weiß Mama, dass du wieder hier bist?"

"Nein. Ich habe zwar mal vor ihrer alten Wohnung gestanden, aber da lebte sie nicht mehr. Na ja. Und außerdem ist das alles so lange her gewesen … Irgendwie hatte ich das Gefühl, den Anschluss lange verloren zu haben."

"So ein Schwachsinn!", rüge ich ihn. "Mama flippt aus, wenn sie erfährt, dass du wieder in Deutschland bist. Seit wann bist du das eigentlich?"

"Seit knapp drei Jahren", berichtet er.

"Und seit wann bist du als Heilpraktiker tätig? Soweit ich weiß, warst du damals doch in der Werbebranche." Ziemlich großer Schritt von Hektik im Werbebuissnes zu einem Heilpraktiker.

Paul setzt ein bitteres Lächeln auf. "Kurz nachdem ich die Stelle in England angetreten hatte, bekam ich ein Burn Out."

"Oh." Ach du Schande!

"Im Nachhinein betrachtet, bahnte sich das schon viel länger an, doch ich verdrängte meinen schlechten Gemütszustand. Der Stress, den mein neuer Arbeitsplatz mit sich brachte, riss mich dann auf den Boden der Realität. Notgedrungen nahm ich mir eine Auszeit. Mir war relativ schnell klar, dass ich so nicht weitermachen konnte, also überlegte ich, wie mein weiterer Werdegang aussehen könnte. Durch einen Bekannten, der mir während meines Zusammenbruchs sehr geholfen hatte, kam ich dann zur Heilpraktik."

"Cool." So ein Schritt ins Ungewisse ist Bewundernswert. Man hat sich ein Leben aufgebaut, ein relativ sicheres, mit guten Jobaussichten und dann schwenkt man total um. "Nicht viele hätten den Mut dazu gehabt."

"Ich musste", schmunzelt Paul, wird dann jedoch wieder ernst. "Die Arbeit hätte mich umgebracht."
 

Mitleid keimt in mir auf. Der Paul, den ich von früher kannte, war immer so fröhlich und gut gelaunt. Dabei muss er zu diesem Zeitpunkt schon Probleme gehabt haben.

"Geht es dir denn jetzt gut?", möchte ich von ihm wissen.

Er nickt feierlich. "Sehr sogar. Meine Arbeit macht mir Spaß und Menschen zu helfen, wieder Beschwerdefrei zu werden, anstatt ihnen irgendwelchen Firlefanz zu Verkaufen, gefällt mir eindeutig besser."

"Kann ich verstehen", lache ich. "Obwohl ich das als Selbstständiger wohl nicht sagen sollte."

"Du hast ein Bistro, richtig?"

"Ja."

"Dann verkaufst du doch keinen Firlefanz sondern Dinge, die Menschen brauchen."

"Ja. Kaffee und kalorinhaltige Lebensmittel."

"Auch das braucht man gelegentlich", meint Paul grinsend. "Läuft es eigentlich gut? Dein Bistro?"

"Eigentlich schon. Nur das Wetter macht mir momentan einen Strich durch die Rechnung."

"Und da kommt dir auch noch eine Mieterhöhung ins Haus geflattert", seufzt er. "Einer, von der ich nicht mal was weiß."

"Was?" Das hat er mir gar nicht gesagt!

"Keine Sorge", beruhigt er mich. "Ich regle das. Und wärst du so nett, einen anderen der Mieter zu fragen, ob sie ebenfalls so ein Schreiben bekommen haben?"

"Kann ich machen."

"Schön. Gibst du mir deine Telefonnummer? Dann melde ich mich bei dir, sobald ich weiß, was hinter diesem Schreiben steckt." Er deutet auf meine Mietverträge.

"Klar." Ich reiche ihm eine meiner Visitenkarten. Paul steht auf und kommt wieder hinter seinem Schreibtisch hervor. "Danke. Wirklich", bedanke ich mich nochmal bei ihm und stehe ebenfalls auf.

Ich reiche ihm meine Hand, die er auch ergreift, mich jedoch wieder an sich zieht.

Diesmal kommt die Umarmung nicht so überraschend. Für einen klitzekleinen Moment schließe ich die Augen, fühle mich so sehr an damals erinnert, dass mein Herz kurz ins Stolpern gerät. Ein merkwürdiges Gefühl. Jedoch kein unschönes ...
 

******

02.

Hallöchen ^^
 

Weil einige Fragen aufkamen, wegen Pauls und Oles Altersunterschied, habe ich euch mal kurz aufgeschrieben, wie das mit Oles und Pauls Alter aussieht:
 

Oles Mutter Edith bekam ihn sehr früh mit 18 Jahren. Das war 1987. Jetzt ist er 31.

Paul 1969 geboren (wie Edith) ist jetzt 49. Als Paul Oles Mutter und ihn traf war er 23 und Paul 5 (1992)

Ihr Altersunterschied liegt also bei 18 Jahren.
 

Ich hoffe, alle Fragen sind damit geklärt ^^
 

Viel Spaß mit dem zweiten Kapitel

Fara
 


 

02.
 

"Echt jetzt? Dein Vermieter wusste gar nichts von der Mieterhöhung?"

"Nein."

"Sicher, dass er nicht gelogen hat, um dich schnell wieder los zu werden?" Sarah sieht mich skeptisch an

"Ganz sicher", beteuere ich.

"Seit wann bist du so ein vertrauensseliger Menschenfreund?"

"Seit ich meinen Vermieter kenne, als ich noch sooo klein war." Ich mache die entsprechende Armbewegung und ahme meine ungefähre Größe im Alter von 5 Jahren nach.

"Hä?" Sarah sieht mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle.

"Das heißt nicht hä, sondern: Wie bitte, mein lieber Boss? Ich habe Sie nicht verstanden. Würden Sie den letzten Satz noch einmal für mich in aller Deutlichkeit wiederholen", ärgere ich sie.

Leider versteht diese Frau selten Spaß, der auf ihre Kosten geht. Ich bekomme einen ihrer schmerzhaften Armzwicker ab. "Nun sag schon! Wie meintest du das, du kennst ihn schon, seit du soooo klein bist?"

"So, wie ich es gesagt habe", blaffe ich sie an. Für ihre freche Art bestrafe ich sie damit, ihr die wichtigsten Details des gestrigen Tages zu verschweigen. Im Gegenzug bestraft sie mich wiederum mit Nichtbeachtung. Auch gut. So arbeitet sie wenigstens mal für ihr Geld und verwickelt mich nicht ständig in belanglose Gespräche. Etwas, was sie ganz hervorragend kann. Und da heute wieder wenig los ist, gibt es auch kaum Gäste, die ihre Zeit in Anspruch nehmen können. Deshalb bleibt ihr nur eins übrig: Putzen. Gut so.

Und ich kümmere mich mal um die Tische.
 

Wir putzen also still vor uns hin, während die beiden einzigen Gäste aufessen und mein kleines Lokal wieder verlassen.

"Sagst du es mir jetzt?" Sarah hat ihre Sprache wiedergefunden. Dabei war es gerade so schön ruhig …

"Herr Lüksch ist ein alter Bekannter meiner Mutter", kläre ich sie nun doch auf.

"Ach sagt bloß. Und das wusstest du nicht?"

"Nein. Ich war damals noch sehr klein. Fünf, sechs Jahre alt."

"Och wie süß. Gibt es aus dieser Zeit noch Fotos?"

"Nein", blaffe ich sie an. "Alle verbrannt, verschollen und in der Versenkung verschwunden."

"Zicke!", zischt Sarah, grinst allerdings.

"Warum nochmal soll ich dich nicht feuern?"

"Weil du mich liebst", säuselt sie mir zu und legt ihre Arme um meinen Nacken.

"Sag das aber nicht deiner besseren Hälfte, sonst schlägt sie mir noch den Schädel ein." Sarahs Freundin kann ganz schön eifersüchtig werden.

Sarah kichert und lässt mich wieder los. In dem Moment geht die Ladenglocke.

"Hey Ben." Mein Flurnachbar betritt das Lokal.

"Hey. Du wolltest mich sprechen?" Er kommt vor an den Tresen und lehnt sich dagegen.

"Ja", nicke ich. "Hast du auch einen Brief von der Hausverwaltung bekommen?"

"Erinnere mich bloß nicht daran!", regt Ben sich sofort auf. "Ich könnt kotzen!"

"Nur die Ruhe", beschwichtige ich ihn. "Den Wisch kannst du getrost vergessen."

"Wieso?" Man kann die Fragezeichen förmlich in der Luft über Bens Kopf schweben sehen.

"Ole kennt urplötzlich den Hausbesitzer", mischt sich Sarah ein. "Und der weiß nichts von einer Mieterhöhung."

"Was?" Ben schaut zwischen mir und Sarah hin und her.

"So wie es aussieht, hat der Hausverwalter sein eigenes Ding durchgezogen. Mit der ursprünglichen Miete stimmt auch was nicht", erkläre ich meinem Nachbarn.

"Das gibt's doch nicht! Den zeig ich an! Ich schwöre!"

"Besser nicht. Paul regelt das alles."

"Wer ist Paul?"

Wieder kommt Sarah mir zuvor. "Na der, dem das alles hier gehört. Oles Jugendliebe." Bitte?!

"Sarah! Red nicht so einen Schwachsinn! Ich war damals noch nicht mal in der Schule."

"Ja, ja, ja …"

"Ganz sicher nicht!", gifte ich sie an.

"Würde mich mal einer endlich richtig aufklären?" Ben tippt ungeduldig auf den Tresen.
 

Ich erzähle ihm alles haargenau. Diesmal ohne Sarahs Einmischung.

Am Ende verspricht Ben mir, seinen Mietvertrag für mich zu kopieren, damit ich ihn gegebenenfalls an Paul weiterleiten kann.

Er ist jedenfalls richtig froh, dass ihm die angekündigte Erhöhung erspart bleibt, und er wird gleich mal den Flurfunk einschalten. Angefangen bei der lieben kleinen Oma Klara, die schon ewig in diesem Haus wohnt.

Sie bekommt kaum Rente und wir alle helfen ihr wo es geht. Die Arme hat bestimmt schon tiefe Sorgenfalten bekommen bei der Überlegung, wo sie noch was von ihrer Minirente abzwacken kann, das heißt, wenn ihr schon jemand den Brief vorgelesen hat. Die Gute sieht nicht mehr allzu gut. Selbst mit Brille erkennt sie nur das Nötigste.
 

Gegen Abend wird es etwas voller in meinem Lokal. Sarah und ich haben ganz schön was zu tun. Nach der wochenlangen Durststrecke fast ungewohnt, aber es macht mir unheimlich viel Spaß. So bin ich auch ziemlich beschäftigt, als ein neuer Gast eintritt.

Ich stehe am Kaffeeautomaten. Sarah kommt zu mir und stellt sich neben mich. "Ich übernehme. Der Gast an Tisch drei wünscht dich zu sehen."

"Ist gut." Ich mache ihr Platz und wische mir die Hände notdürftig an meiner dunkelroten Schürze ab.

Als ich rüber zu Tisch drei sehe, dann die Überraschung. Paul sitzt dort!

"Na das ging aber schnell", begrüße ich ihn. Er deutet auf den freien Platz vor sich, woraufhin ich mich zu ihm setze. Die anderen Gäste sind alle versorgt und Sarah bekommt das auch erstmal allein in den Griff. Die kleine Auszeit gönne ich mir jetzt einfach. "Und? Bist du aus allem schlau geworden?"

"Kann man so sagen", seufzt er. "Keine schöne Sache."

"Erzähl!" Das will ich unbedingt wissen.

"Zuerst einmal habe ich meine Kopie mit deinem Mietvertrag verglichen. Und wie ich mir anfangs gedacht habe, stimmen die Kaltmieten nicht überein."

"Was bedeutet, der Hausverwalter hat Mist gebaut", mutmaße ich. "Wahrscheinlich mit Absicht."

"Denke ich auch."

"Hast du ihn darauf angesprochen?"

"Noch nicht. Ich will erst mit allen Mietern reden."

"Okay." Das ist wahrscheinlich erst einmal das Vernünftigste.

"Und deshalb bin ich hier. Dazu bräuchte ich etwas von dir."

"Was denn?" Was könnte Paul schon von mir brauchen?

"Dein Bistro. Ich würde es gern für ein Treffen mit allen mieten. Geht das?" Ob das geht? Macht er Witze?

"Natürlich!", willige ich selbstverständlich ein. "Und wann?"

"Kommt drauf an. Wann könntest du dein Lokal entbehren?"

"Wie es dir passt. Momentan ist nicht viel los." Ein Abend bei geschlossener Gesellschaft wird drin sein.

"Wenn das so ist, vielleicht in einer Woche? Am besten Abends. Ich würde noch schnell einen Schrieb aufsetzen und allen schicken, dann …"

"Quatsch! Musst du nicht. Schicks mir per Mail und ich verteile es im Haus. Das geht viel schneller."

"Das macht dir nichts aus?"

"Ach was. Ich bin ja selbst froh, wenn das alles zeitig geklärt wird." Und dieser arrogante Dreckskerl von einem Hausverwalter endlich mal einen vor den Latz bekommt!
 

Paul lächelt mich teils dankbar, teils entschuldigend an, wobei mir nicht einfallen würde, für was er sich bei mir entschuldigen müsste. Ist ja nicht seine Schuld, wenn der Hausverwalter in seine eigene Tasche wirtschaftet, in dem er Mietverträge manipuliert.

"Möchtest du einen Kaffee?", frage ich Paul, weil es vorerst nichts mehr zu besprechen zu geben scheint.

"Gern", erwidert er und behält sein charmantes Lächeln bei.

Es verwirrt mich leicht, das muss ich zugeben. Vielleicht, weil ich es so lange nicht mehr gesehen habe und mein damaliges Ich anspricht, das total in Paul vernarrt gewesen ist.

"Fein. Ich mache dir meine Spezialröstung."

"Hört sich gut an." Lächel, lächel.
 

Ich schüttle das merkwürdige Gefühl ab und stehe wieder auf, um mich an die Arbeit zu machen.

"Magst du auch eine Kleinigkeit essen? Wir haben verschieden belegte Baguettes und leckere Muffins", biete ich Paul an, als ich ihm den Kaffee nach ein paar Minuten bringe.

"Nein, Danke", winkt er ab. "Ich muss gleich wieder los." Wie schade!

"Du bist ein vielbeschäftigter Heilpraktiker, was?", grinse ich und lasse es mir nicht nehmen, mich wieder zu ihm zu setzen.

"So in der Art", lacht er, gibt mir aber keine weitere Auskunft. Das ärgert mich. Obwohl es das gar nicht sollte. Was interessiert es mich, was er heute noch zu tun hat?

Verdammt! Ich will es wissen! Und ich will nicht, dass er deswegen gleich wieder von hier abhaut.

"Wie wäre es mit einem Abendessen", platzt es aus mir heraus, noch bevor ich genauer darüber nachdenken kann.

"Ein Abendessen?" Paul sieht mich überrascht über den Rand der Kaffeetasse hinweg an.

"Als Dankeschön. Dafür, dass du dich so hinter die Sache mit der Miete und so klemmst." Ja. Nur als Dankeschön …

"Du musst dich nicht dafür bedanken." Paul runzelt amüsiert die Stirn, was irgendwie komisch aussieht. Ich wusste gar nicht, dass man amüsiert die Stirn runzeln kann. Doch Paul kann es.

"Möchte ich aber", bestehe ich. "Irgendwann, wenn es dir passt. Ich koche ein hervorragendes Curry. Es ist das Rezept meiner Mutter, wenn du dich noch erinnerst?" In der Küche ist meine Mutter immer noch eine Niete, obwohl sie schon etliche Versuche gestartet hat, dies zu ändern. Aber eins kann sie: Curry.

"Und ob!", freut sich Paul. "Das war wirklich hervorragend. Und du kannst das genauso gut wie sie?"

"Besser", behaupte ich hochnäsig. "Denn ich kann kochen." Das bringt Paul wieder zum lachen und er willig schließlich ein, morgen Abend gegen neunzehn Uhr mein Curry zu probieren. Warum mein Bauch deswegen solche Saltos macht und mein Herz gleich drei Takte schneller schlägt, das will ich gar nicht näher analysieren.
 

"Wer war denn das?" Sarah. Sie hat nur darauf gelauert, das Paul endlich zur Tür hinaus ist.

"Mein Vermieter." Ihre Augen werden groß.

"Das war dein alter Bekannter Paul?"

"Ja." Weshalb macht sie deswegen so ein Fass auf?

"Mann! Der sieht gut aus. Selbst für sein Alter und trotz des kleinen Bläuchleins." Was läuft denn hier für ein Film?

"Seit wann findest du Männer attraktiv?" Für sie sehen alle Kerle gleich aus. Zumindest jeder mit einem Schwanz, der nicht mit ihr befreundet ist.

"Selbst mir fallen gutaussehende Männer auf, Sherlock. Lesbisch hin oder her." Ich werfe ihr einen skeptischen Blick zu und gleich darauf den Spüllappen. "Ey!"

"Da ist ein Haufen dreckiges Geschirr im Waschbecken. An die Arbeit." Während sie noch zetert, gehe ich in Gedanken durch, was ich morgen alles für das Curry brauche und versuche zu vergessen, dass sie Paul attraktiv findet …
 

***
 

Mittwoch Morgen. Nichts los im Supermarkt. Trotzdem kann ich nicht entspannt einkaufen.

Eine nagende Unruhe hat von mir Besitz ergriffen. Schon als ich vorhin wach wurde, konnte ich sie spüren. Nur deshalb tingle ich in aller Frühe im Supermarkt herum, um für heute Abend einzukaufen.

Das wird mich hoffentlich ablenken von diesem Ziehen in meinem Bauch. Hoffentlich werde ich nicht krank. Das würde mir noch fehlen!

Nach und nach füllt sich mein Einkaufswagen. Es steht nicht mehr viel auf meiner Einkaufsliste, als mich plötzlich jemand von hinten antippt. "Hallo schöner fremder Mann. Lust auf ein kleines Frühstück?"

"Mama?" Was macht die denn hier? Um diese Uhrzeit? "Bist du aus dem Bett gefallen?"

"Das Selbe könnte ich dich fragen." Sie linst in meinen Wagen. "Curry?" War ja klar, dass sie sofort erkennt, was ich vorhabe.

"Ja. Ich koche für einen Freund." Das hätte ich nicht sagen sollen. Ich weiß es, kaum dass ich es ausgesprochen habe.

"DEIN Freund?!"

"Nein." Ich rolle mit den Augen. "EIN Freund."

"Wenn du ihm schon unser Curry kochst, muss es aber ein sehr enger Freund sein." Ihr zweideutiges Grinsen gefällt mir nicht. Und weil es mir nicht gefällt, werde ich ihr auch nicht verraten, wer der Freund ist. Zumindest heute nicht.

"Denk doch was du willst", brumme ich und rolle mit meinem Einkaufswagen davon.

"Jetzt sei doch nicht so." Sie setzt zur Verfolgung an. "Also?"

"Was also?"

"Was ist jetzt mit einem Frühstück? Oder magst du nicht mit deiner alten, peinlichen Mutter in der Öffentlichkeit gesehen werden?"

"Du hast es erfasst", foppe ich sie.

"Altes Ekel! Was habe ich nur bei dir falsch gemacht?" Sie verdrückt ein paar unsichtbare Krokodilstränchen. Das bringt mich zum grinsen. Diese alte Spinnerin! Benimmt sich mit ihren 49 Jahren immer noch wie ein Kind.

"Okay. Aber nur, wenn du bezahlst." Einen Vorteil muss es ja haben, wenn man seine Mutter im Supermarkt begegnet.
 

Gemeinsam beenden wir unsere Einkäufe.

Vorn am Eingang des Supermarktes gibt es einen kleinen Bäcker, der auch ein paar Sitzmöglichkeiten hat. Auch hier ist nicht viel los. Wir parken unsere Wagen neben einen der Tische und setzen uns.

"Was möchtest du?", werde ich gefragt.

"Einen Milchkaffee und ein Stück Käsesahne." Meine Mutter verzieht das Gesicht. Süßes am Morgen war noch nie ihr Ding. Wetten, sie kommt mit einem Käse- oder Salamibrötchen an? Und dazu einen bitteren Kräutertee.

Ich behalte Recht. Käse und Kräuter. "Wie kann man sowas morgens essen?", frage ich sie.

"Genau", blafft sie mich an und schiebt mir meinen Käsekuchen hin. "Wir sind uns mal wieder einig, dass wir uns uneinig sind."

"Wie immer." Wir grinsen und an.
 

Eine Zeit lang essen wir ohne einen Ton miteinander zu wechseln. Jedoch nur so lange, bis der gröbste Hunger gestillt ist. "Nun sag schon", frage ich und schiebe ein paar Kuchenkrümel über den Teller. "Warum bist du so früh am Einkaufen?" Und dann noch mitten in der Woche.

"Ich war bis gestern verreist."

"Echt?" Davon wusste ich gar nichts. "Ohne mir davon zu sagen?"

"Seit wann muss ich mich bei meinem Sohn abmelden?" Leicht zickiger Unterton.

"Ich frage ja nur. Sonst erzählst du mir doch auch jeden Mist." Sie sieht mich schnippisch an. "Und wo warst du, wenn ich fragen darf?"

"Frauenangelegenheit", meint sie lapidar und schiebt ihren leeren Teller beiseite. Bitte?!

"Bist du krank?" Warum sagt sie mir denn nichts?

Sie wirft mir einen verdammt bösen Blick zu. "Nein! Denk doch nicht gleich wieder das Schlimmste!"

"Na Entschuldigung das ich mir Sorgen mache." Jetzt bin ich beleidigt.

"Wenn ich dir sage, wo ich war, sagst du mir nur wieder, du hättest das gar nicht wissen wollen", pampt sie mich an und schlürft ihren Tee.

Eh … So ist das. "Gut. Ich will es nicht wissen." Entwaffnend hebe ich die Hände. Momentan ist sie auf ganz merkwürdige Dinge 'scharf'. Selbstfindungsdinge … Auch sexuelle. Das geht mich tatsächlich nichts an.

"Nur, damit du beruhigt bist. Es geht mir gut, alles ist Bestens, ich bin vollauf zufrieden."

"Schön für dich." Es beruhigt mich tatsächlich.

Irgendwie hat sich unser Verhältnis zueinander irgendwann zu drehen begonnen. Früher machte sie sich immer Sorgen um mich, jetzt mache ich mir welche um sie. Vielleicht liegt es daran, dass sie immer noch Single ist und allein lebt. Keine Ahnung. Aber seit ich ausgezogen bin, mache ich mir öfter Gedanken, weil sie alleine in ihrer Bude hockt. Dabei hat sie viele Freunde und steht mitten im Leben. Sie ist teilweise richtig arbeitswütig und ihr Job macht ihr Spaß.

Ich weiß, ich sollte wirklich damit aufhören, mir Gedanken über sie zu machen. Aber ich kann da nicht aus meiner Haut.
 

"Kommst du dieses Wochenende mal wieder nach Hause?" Ihre Frage überrumpelt mich.

"Warum?"

Sie verzieht ärgerlich den Mund. "Warum? Fragt man das seine Mutter, wenn sie ihren Sohn bittet, sie mal wieder zu besuchen?"

"Entschuldige. Ja, ich komme gern zu Besuch Mutter, doch sag, gibt es einen bestimmten Anlass für deinen Wunsch mich am Wochenende zu sehen?"

"Jetzt werde nicht auch noch Sarkastisch. … Nein. Es gibt keinen bestimmten Anlass. Einfach mal so." Einfach mal so? Komisch.

"Willst du etwa wieder eins deiner neuen Rezepte bei mir testen? Falls ja, dann …"

"Sei unbesorgt. Ich habs aufgegeben mit dem Kochen. Nein. Ich dachte, wir könnten mal wieder einen schönen ruhigen Tag miteinander verbringen. Uns austauschen … Mutter Sohn Kram machen … Sowas halt." Sie spielt mit dem Teebeutel in ihrer Tasse.

"Bist du einsam?" Sorry, das musste ich jetzt fragen.

Ihre Augenbrauen ziehen sich zusammen und der Teebeutel bleibt in der Luft hängen. "Bilde dir bloß nichts ein! Ich habe genug zu tun und genug Freunde. Ich dachte einfach, wir beide haben lange nicht mehr Zeit zusammen verbracht. Mehr nicht." Okay. Jetzt ist sie wirklich sauer auf mich.

Ich lächle sie süßlich an und lege ihr den kleinen Keks, den ich zusammen mit meinem Milchkaffee bekommen habe, vor die Nase. "Schön. Ich komme am Sonntag."

"Fein." Immer noch leicht angesäuert knabbert sie an dem Keks. Die einzige Süßigkeit am Morgen, die sie mag.

"Ich freue mich schon."

"Du mich auch." Habe ich nicht eine nette Mutter?
 

Zwei Dates in einer Woche. Bei mir läufts.

Übergeht man, dass das eine mit meiner Mutter ist, und das andere mit einem alten Bekannten, der mir als Kind vor dem Kindergarten die Schuhe zugebunden hat, könnte man glatt meinen, es würde tatsächlich bei mir laufen.

Egal. Ich freue mich auf jeden Fall auf Pauls Besuch und auch auf den Sonntag zuhause.

Mama möchte bestimmt mal wieder in Erinnerungen schwelgen, die alten Fotoalben und VHS Kassetten heraus kramen und mit mir dabei auf dem Sofa herumlümmeln. Eben das, was sie als Mutter Sohn Kram bezeichnet.

Ich könnte ein paar Muffins vom Bistro mitnehmen. Ja, keine schlechte Idee. Aber bevor es soweit ist, kümmere ich mich erstmal um mein heutiges Date. Ein Date, das eigentlich gar keins ist.

Ein Date mit Paul … Grinsend schüttle ich über mich selbst den Kopf.
 

Das Curry habe ich schon heute Morgen gleich nach dem Einkaufen angesetzt. Je länger es zieht, desto besser. Morgen wäre es noch besser, aber sei es drum. Paul wird es schon schmecken.

Während das Curry vor sich hin köchelt, räume ich meine Wohnung noch etwas auf. Er muss nicht unbedingt sehen, dass ich nicht der ordentlichste Mensch auf Erden bin. Mit Ordnung habe ich es nicht so. Denkt jetzt nicht, ich würde im dicksten Dreck leben. Soweit ist es noch lange nicht. Aber hier und da lasse ich gern mal was stehen und liegen. Staubsaugen könnte ich auch mal wieder …

Doch das muss allem Anschein nach warten. Es klingelt.

Ein panischer Blick auf die Uhr. Zehn vor Sieben! Das muss Paul sein!

Ich drücke den Knopf der Gegensprechanlage. "Ja?"

/Paul/, dröhnt es blechern.

"Komm hoch. Zweiter Stock." Es summt, dann hört man unten die Tür aufgehen.

Mein Herz rast. Warum bin ich nur so aufgeregt?!

Ein schneller Blick in den Spiegel. Nochmal schnell die Haare zurechtzupfen, die Kleidung richten. Ist in meiner Bude auch alles weggeräumt? Sieht so aus.

Schritte im Flur. Ich öffne die Wohnungstür und da kommt er auch schon um die Ecke.

"Hey", begrüße ich ihn.

"Hallo. Bin ich zu früh?"

"Was? Ach nein!"

"Sicher? Du siehst so gehetzt aus?" Was soll ich? Habe ich etwa rote Flecken im Gesicht? Die bekomme ich immer, wenn ich nervös bin. Aber Moment! Wer ist denn hier nervös? Ich doch nicht!

"Bestimmt vom Curry. Das dampft ganz schön", schustere ich mir als Ausrede zurecht.

"Man riecht es schon. Duftet richtig gut. Das erinnert mich an früher."

"Das freut mich. Komm rein." Ich lasse Paul den Vortritt.
 

Interessiert sieht er sich in meiner Wohnung um. "Schön hast du es hier."

"Danke."

Langsam läuft er umher. "Gemütlich." Er deutet auf meine große, breite Couch.

"Die musste sein. Nach Feierabend brauche ich Platz zum Beine hochlegen." Es gibt nichts schöneres als sich nach harter Arbeit entspannt vor die Glotze zu hauen und einzudösen.

"Das glaube ich", schmunzelt Paul. "Und wer macht heute dein Bistro? Es hat doch offen, nicht?"

"Ja", nicke ich. "Sarah und Konstantin kümmern sich darum. Heute habe ich mir mal frei genommen." Konstantin springt immer in Notfällen für mich ein. Wie gut, dass er heute Zeit hatte. Das lag vor allem daran, dass ich ihm etwas vom Curry versprochen habe. Apropos. "Komm mit in die Küche und setzt dich ruhig schon mal. Ich decke nur schnell noch den Tisch. Das Essen müsste schon fertig sein."

"Setzen? Red nicht. Ich helfe dir. Wo sind die Teller?"

Ich führe Paul in meine kleine Küche. Viel Platz ist hier nicht. Aber für einen kleinen runden Tisch hat der Platz alle mal gereicht. Neben an der Wand habe ich vier zusammenklappbare Stühle hängen. Die sind prima, wenn mal Besuch eintrudelt.

Zwei von ihnen habe ich schon an den Tisch gestellt. Ich zeige Paul, in welchem Schrank das Geschirr steht und kümmere mich erstmal um das Curry. Sieht gut aus und riecht noch besser.

Der Reis ist auch soweit und bereit, abgeschüttet zu werden. Als das erledigt ist, hat Paul auch schon den Tisch zu Ende gedeckt. "Sieht sehr professionell aus", lobe ich ihn.

"Vielen Dank. Hat mir deine Mutter beigebracht."

"Ahso", lache ich, weil das sicher nur als Scherz gedacht war. So wie meine Mutter kocht, ist auch ihr Dekorationstalent. Tischdecken heißt bei ihr zwei Teller und höchstens noch ein Glas. Das Besteck muss man sich dann immer selbst aus der Küche holen.
 

Wegen des geringen Platzangebotes am Tisch, bedienen wir uns direkt am Herd. Als wir sitzen, klatsche ich mir gegen die Stirn. "Mist! Ich habe vergessen den Rotwein zu holen!" Ich Idiot!

"Nicht schlimm", grinst Paul. "Wasser ist mir sowieso lieber."

"Ich kann ihn noch holen! Er steht unten im Keller und …"

"Nein, wirklich. Wasser reicht. Ich bin nicht so der Alkoholtrinker."

"Ach so. … Na dann." Ich schenke uns beiden Wasser ein und erhebe mein Glas. "Guten Appetit."

"Wohl bekomms!"

Gespannt warte ich auf Pauls ersten Bissen. Zwar mache ich das Curry nach dem selben Rezept wie meine Mutter, aber man weiß ja nie. Meist schmeckt es anders, wenn eine andere Person kocht.

"Und?", frage ich, weil ich einfach zu gespannt auf sein Urteil bin.

"Wirklich sehr lecker. Du hast nicht zu viel versprochen."

"Nicht zu scharf?"

"Überhaupt nicht. Deine Mutter macht das Curry nicht besser." Ein Lob von Paul. Das hat mich früher schon immer um einige Zentimeter wachsen lassen. Und auch heute noch macht es mich stolz. Es freut mich sehr, dass es ihm schmeckt.
 

"Ich habe übrigens das Schreiben für die Mieter fertig", sagt Paul.

"Sehr gut. Dann kann ich sie morgen gleich in die Briefkästen werfen."

"Habe ich schon gemacht. Bevor ich bei dir geklingelt habe."

"Du bist ja schnell."

"Logisch. Je schneller, desto eher kann ich Löffler mit allem konfrontieren." Pauls verärgerter Blick sagt alles.

Löffler, das ist unser 'lieber' Herr Hausverwalter.

"Zeigst du ihn an?"

"Auf jeden Fall!"

"Und das Geld? Meinst du, wir sehen davon jemals etwas wieder?"

"Das weiß ich nicht. Ich werde aber alles dafür unternehmen. Morgen Mittag habe ich ein Treffen mit meinem Anwalt. Der hat mehr Ahnung von solchen Dingen." Sogar einen Anwalt will Paul einschalten. Na ja. Ist auch logisch. Es sind ja auch viele Leute davon betroffen und es geht um eine Menge Geld die sich der Hausverwalter unter den Nagel gerissen hat.

"Ich habe schon überlegt, euch allen die Miete zu kürzen. Als Entschädigung."

"Das ist zwar sehr nobel von dir, aber du kannst doch nichts dafür."

"Nicht direkt, aber ich habe nicht richtig aufgepasst und Löffler zu wenig auf die Finger geschaut. Irgendwie hätte es mir auffallen müssen, dass er krumme Dinger zieht." Armer Paul. Er sieht tatsächlich richtig geknickt aus.

Aus einem Reflex heraus lege ich meine Hand auf seine, die neben seinem Teller liegt. Noch bevor ich reagieren, und sie wieder wegziehen kann, hat er sie mit seiner umschlossen.

Mein Herz jagt davon und ich weiß nicht, wohin ich gucken soll. "Zuerst möchte ich mit allen Mietern darüber sprechen. Das ist erstmal das Wichtigste. Damit sich keiner mehr über den Tisch gezogen fühlt, als ohnehin schon. Danach sehen wir weiter." Sein Lächeln wirkt aufmunternd. Dabei war er es doch, der eben noch so niedergeschlagen aussah.

Meine Hand wird wieder losgelassen. Ich habe Mühe, sie nicht zu schnell von seiner Seite des Tisches zu ziehen.
 

Nachdem wir fertig sind mit Essen, ist die Stimmung auch wieder gelöster. Genau wie das Tischgespräch.

Paul hat mir von seiner Arbeit erzählt. Natürlich keine Patientengeschichten, sondern viel mehr, was er alles tut und wie sehr es sein Leben verändert hat, nicht mehr ständig unter Strom zu stehen, wie er seine Arbeit in der Werbebranche genannt hat.

Ich dagegen habe ihm von den Anfängen meiner Selbstständigkeit berichtet. Wie es war, den Schritt zu wagen, die ersten holprigen Gehversuche und die Angst am Ende doch zu scheitern.

Paul hat ähnliches durchmachen müssen, als er seine Praxis eröffnete. Aber er hat es geschafft und inzwischen einen guten Kundenstamm. So wie ich. Wenn mir nur nicht das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen würde! Doch das wird auch wieder. Es kann ja nicht immer Winter bleiben.
 

"Magst du noch einen Nachtisch?" Wir räumen den Tisch ab.

"Was hast du denn?"

"Eis und Obst. Vanillesoße müsste auch noch da sein", überlege ich.

"Eis? Was denn für eins?" Ich schaue nach.

"Erdbeerhörnchen, Schoko mit Keksen, Vanille und was ist das? … Himbeere."

"Ein Hörnchen reicht", seufzt Paul. "Ich bin zu voll gegessen für mehr."

"Kommt sofort." Ich schnappe mir ebenfalls ein Hörnchen. Ist auch einfacher und geht schneller als das Eis aus den Dosen zu kratzen.

"Das haben wir früher oft gemacht", nuschelt Paul mit vollem Mund, der sich aus versehen mit der roten Erdbeersoße des Eises bekleckert hat. Bei mir sieht es nicht besser aus.

"Was denn? Eine Eissauerei?", frage ich ihn lachend und stehe auf, um uns mit Küchenrolle zu versorgen.

"Das auch", gluckst er. "Ich meine Eis gegessen. Erinnerst du dich? Wir sind immer in die kleine Eisdiele am Stadtpark gelaufen. Du wolltest immer eine Kugel Vanille und eine Kugel Schokolade. Aber nicht im Becher sondern in der Muschel."

"Das weißt du noch?" Ich schaue ihn überrascht an.

"So oft, wie ich das bei dem quirligen Italiener bestellen musste, konnte ich das gar nicht vergessen", lacht Paul. "Bis wir wieder zuhause waren, sahst du selbst aus wie ein geschmolzener Eisbecher. Und ich sehe, heute ist das kaum anders."

"Hm?" Ich schaue an mir runter. Das Eis tröpfelt fröhlich auf meinen Ärmel. "Oh Shit!" Paul reicht mir kichernd ein Stück Küchenpapier. "Hör auf zu lachen", beschwere ich mich und tupfe die Sauerei weg.

Es ist mir peinlich. Nicht, dass ich mich bekleckert habe sondern das Paul in mir immer noch den kleinen Jungen zu sehen scheint. Das wird sich bestimmt auch nie ändern. Für ihn bin und bleibe ich sicher eine Art Ziehsohn. Der kleine Ole, der jetzt zwar erwachsen, aber immer noch ein Jungspund ist.

Das ärgert mich. Ich will nicht, dass Paul mich so sieht. Er soll mich so sehen, wie ich jetzt bin! Ich bin schließlich keine fünf mehr sondern einunddreißig! Ein Kerl, der mitten im Leben steht und sich nur mit Eis bekleckert, wenn er von seinem Gegenüber abgelenkt ist und nicht auf das schmelzende Zeug in seiner Hand achtet!
 

"Hast du noch was vor heute?", frage ich ihn, während sich in meinem Hinterkopf eine Idee zusammenbraut.

Eine vermutlich ziemlich blöde Idee, doch das verdränge ich.

"Nein. Heute Abend habe ich keine Termine mehr."

"Super! Dann gehen wir beide jetzt miteinander aus."
 

******
 

Ich höre euch schon schreien: Ahh bitte kein Cliffhänger!

Sorry, aber damit müsst ihr heute leben. Aber morgen geht es ja weiter, sofern unser Router geht. Der spinnt wieder rum und keiner weiß warum *grrrr*

03.

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

03. (Ohne Adult)

03. (Ohne Adult)
 

"Du willst ausgehen?" Paul macht ein überrascht-belustigtes Gesicht. "Mit mir?"

"Klar. Warum denn nicht? So alt und klapprig bist du doch noch gar nicht." Ich grinse ihn frech an und bete, dass er es als Herausforderung ansieht und nicht als Beleidigung.

Er legt den Kopf schief und verengt seine Augen zu schmalen Schlitzen. "Alt und klapprig bin ich zwar noch nicht gänzlich, aber willst du wirklich mit mir um die Häuser ziehen?"

"Nö. Nur um eins. Und zwar um deines." Ich nicke mit dem Kinn zum Fenster hinter ihm. Von hier aus sieht man das Logo des gegenüberliegenden Clubs Velvet bläulich-lila blinken. Der wummernde Bass verrät, dass es da drüben schon ordentlich zur Sache geht.

Paul dreht sich um, blickt einen Moment lang stumm aus dem Fenster und dreht sich danach wieder zu mir. "Dort willst du mit mir hin?"

"Jepp. Schiss?" Ich kann nicht aufhören zu grinsen.

"Sicher nicht."

"Dann kann es ja los gehen!", freue ich mich und stehe auf. "Ich ziehe mir nur schnell ein sauberes Oberteil an!" Ich warte gar nicht, ob Paul ablehnt oder zustimmt.
 

Eigentlich finde ich die Idee selbst total hirnrissig. Ich will nicht wirklich Paul, einen ehemaligen Freund/eventuellen Expartner meiner Mutter, mit ins schwule Nachtleben schleifen, oder?

'Doch, ich will!', denke ich verbissen und schmeiße mich in meinem Schlafzimmer in Schale. 'Ich will, dass er mich so sieht, wie ich jetzt bin.' Und zwar schwul und verdammt stolz darauf!
 

Zu meiner Überraschung steht Paul schon vor der Wohnungstür, als ich fertig umgezogen das Schlafzimmer verlasse. Nur, ob er tatsächlich mit rüber will?

Als er mich bemerkt und mich ansieht, weiten sich kurz seine Augen. "Das ist aber etwas mehr als bloß ein neues Oberteil", meint er.

"Schlimm?", frage ich ihn und kann es mir nicht nehmen, ein klein wenig vor ihm zu posen, während ich meine Jacke schnappe.

Ich weiß, meine Jeans sind eng und das Oberteil nicht weniger, aber so bin ich eben wenn ich ausgehe. Mann will ja schließlich gesehen und beachtet werden. Dumm nur, wenn Mann sich den falschen zum beachtet werden aussucht ...

Aber was denke ich da? Ich will Paul nicht verführen! Es zu versuchen würde nichts als Ärger bedeuten. Hinterher fliege ich noch aus meiner Wohnung.

Oh Scheiße! Warum habe ich das hier nur angefangen? Ich sollte zurückrudern! Und zwar schnell!
 

"Ganz und gar nicht", meint er und räuspert sich. Verflucht! Es ist ihm peinlich! Er kann nicht damit umgehen.

Ich setze ein leichtes Lächeln auf, dass hoffentlich meine Unsicherheit verbirgt. "Wenn du nicht magst, müssen wir nicht in den Club. War nur ein Vorschlag. Ich kann auch runter und die Flasche Rotwein holen, falls dir das lieber ist."

Pauls Augenbrauen ziehen sich zusammen. "Hatte ich nicht gesagt, das ich keinen Alkohol mag?" Er greift nach meiner Hand und zieht mich leicht zu sich. "Gehen wir, oder willst du noch länger dumm in der Gegend herumstehen?" What?!
 

Unsicheren Schrittes laufe ich neben Paul die Treppe runter. Er lässt meine Hand nicht los, nachdem er mich aus meiner Wohnung gezerrt hat.

"Wie kannst du eigentlich schlafen, wenn die halbe Nacht lang diese Musik dröhnt?", fragt er mich.

"Das geht", antworte ich. "Die Schlafzimmer liegen auf der gegenüberliegenden Seite des Clubs und der Vermieter war so freundlich, für eine gute Schallisolierung zu sorgen."

"Ach hat er das? Das war ihm gar nicht bewusst", schmunzelt Paul und hält mir galant die Haustür auf.

"Ja, hat er ..." Ich starre ihn im Vorbeigehen wie paralysiert an. Sein Lächeln ist so ... Ich kann es nicht beschreiben. Es wirkt hypnotisierend auf mich. Es zieht mich an, verwirrt mich auf eine paradoxe Art und Weise ...

Er scheint meine perplexen Blicke nicht zu bemerken und läuft ruhig neben mir her, während er merkwürdigerweise immer noch meine Hand hält.

Mein Herz pocht schmerzhaft schnell. Ich bin mir fast sicher, dass er an meiner feuchten Handfläche spüren kann, wie mein Puls rast. Wenigstens bleibt das abermals einsetzende Prickeln und Gurgeln in meinem Bauch vor ihm verborgen.

Langsam fange ich mich echt an zu fragen, ob es sein kann, dass ich … "Ah!" Plötzlich ist der Boden unter meinem linken Fuß weg. Ich habe den Bürgersteig verfehlt und bin in den Rinnstein getreten. Ich war so in Gedanken, dass ich das nicht gemerkt habe. Dementsprechend Groß ist der Schreck, als ich ins Nichts trete.

"Hoppla!" Paul fängt mich zum Glück auf und hält mich fest, bevor ich ins Straucheln geraten kann und drückt mich an sich. "Hast du dir weh getan?"

"Nein …" Hilfe!
 

Pauls Nähe ist mir auf einmal total unangenehm. So dicht vor ihm zu stehen, seine Hände, die meine Oberarme umfassen, sein Brustkorb nur Zentimeter von mir entfernt … Der Duft seines Aftershaves …

Meine Brust schnürt sich zu und das Theater in meinem Bauch hat seinen bisherigen Höhepunkt erreicht.

Und endlich beginne ich zu begreifen, was das zu bedeuten hat. Warum es mich so fuchsig gemacht hat, dass Paul mich mit meinem fünfjährigen Ich vergleicht. Weshalb ich das ändern will und ihn deshalb in den hormonüberladenen Moloch gegenüber meiner Wohnung schleife.

Das Echo von damals, die unschuldige Schwärmerei eines fünfjährigen Jungen, ist plötzlich zu etwas ganz anderem geworden. Etwas, das nicht sein darf. Was ich unter gar keinen Umständen weiter nähren darf, sonst ... Keine Ahnung was sonst! Ich will darüber noch nicht mal nachdenken.

"Danke. Es geht schon wieder." Ich räuspere mich und schlüpfe aus Pauls Griff.

Eilig stecke ich meine Hände in die Jackentasche, damit er nicht wieder auf die Idee kommen kann, eine davon zu ergreifen.
 

Wir erreichen ohne weitere Vorkommnisse das Velvet. Wieder schiebt Joe vor dem Club Dienst. Diesmal mit Theo. Sie lächeln mich an, wünschen Paul und mir einen schönen Abend und lassen uns eintreten.

Ich weiß noch, wie es war, als ich das erste Mal durch diese Tür geschritten bin. Voller Aufregung hat es mich fast aus den Socken gehauen, den es übertraf all meine Erwartungen, die ich zuvor hatte.

Bunte Lichter, das satte Wummern der Bässe, die tanzenden Gäste und erst die halbnackten Gogo Boys auf den Podesten. Reizüberflutung pur! Meine Libido war kurz davor zu explodieren. Doch wie muss es für jemanden wie Paul sein, der das erste Mal seinen Fuß in so einen Club setzt?

Nervös schaue ich Paul an, doch ich sehe nichts, was mir Sorgen bereiten müsste. Er sieht sich um, lächelt sogar dabei. ... Oh Gott! Nicht hinsehen!

'Du musst das in den Griff bekommen, Ole! Stell diese Gefühle ab! Je schneller, desto besser.'

"Ist das hier immer so?", fragt mich Paul, wobei er mir wieder verdammt nahe kommt, da er mir bei der lauten Musik fast ins Ohr brüllen muss. Ich nicke nur und versuche wieder etwas Abstand zwischen uns zu bringen. Klappt nicht. "Ich war schon ewig in keinem Club mehr." Wie schön, dass ich dir diese Erfahrung wieder näher bringen konnte.

Wir laufen die Treppe nach unten, die zum Barbereich und zur Tanzfläche führt.

Das Velvet macht dem Begriff Underground-Club sprichwörtlich alle Ehre. Das einstmalige unterkellerte Industriegebäude wurde fast komplett entkernt. Und dort wo früher der Keller war, ist nun der Tanz- und Barbereich. Oben gibt es noch ein großes und ein paar kleinere Büros in dem Anton Hazold, der Besitzer, alles regelt und managt.
 

"Wahnsinn!", ruft Paul. "Ich hätte nie gedacht, dass es hier so ... abgeht!" Wieder sein unwiderstehliches Lachen. Ich ringe nach Fassung, was mir nur schwer gelingt. "Klasse, was Anton hier draus gemacht hat." Anton?

"Du kennst Anton?"

"Klar. Wir sind schließlich Nachbarn."

"Ich wusste gar nicht, dass sich die Hausbesitzer untereinander kennen."

"Das meine ich nicht." Paul schüttelt den Kopf. "Anton wohnt in einem Apartment gegenüber meines Wohnhauses."

"Wirklich?"

"Ja."

"Zufall?"

"Nein. Er hat mir die Wohnung vermittelt, als ich wieder zurück in Deutschland war."

"Das heißt, ihr kanntet euch schon vorher", schlussfolgere ich daraus.

"So ungefähr." Was hat denn das jetzt zu bedeuten?

Ehe ich nachhaken kann, springt mich jemand von hinten an. "Oooooooolleeeeee!" Eindeutig ein betrunkener Mario.

"Hey Mario", begrüße ich meinen Bekannten, der mal wieder viel zu viele bunte Drinks intus hat und wickle seine Arme von meinem Hals.

"Wen hast'n da mitgebracht? Is der zum Spielen gekommen?" Oh Mann.

"Nein", knurre ich und drehe mich zu Mario um. "Das ist Paul. Ein alter Bekannter von mir."

"Uhh. Paul. Pauli-Paul. Paulchen ... Hihihi. Paulchen Panther. Zeigst du mir deinen rosa Panther, süßes Paulchen?" Mario wagt es doch tatsächlich Paul an die Wäsche zu gehen. Ich muss einschreiten!

"Mario? Hey Mario. Paul ist nur zu Besuch. Tu ihm nicht weh, ja?" Ich ziehe seine Finger von Pauls Brust.

"Ochhh", schmollt Mario. "Ich mach doch nix. Nur bisschen gucken."

"Ja, ja. Gucken. So siehst du aus." Ich schiebe mich zwischen die beiden und mahne Mario mit strengem Blick.

Der seufzt auf und verdreht zickig die Augen. "Sag doch, wenn du Paulchen für dich allein haben willst."

"Was? Nein! Ich ..."

"Machts euch noch schön", säuselt Mario, winkt uns mit seinen Fingern zu und trollt sich wieder, um sich ein neues, willigeres Opfer zu suchen.

Ändert nur leider nix an dem, was er gesagt hat.

"Paul. Das war nur ... Mario ist total besoffen und dachte wohl ..."

"Paulchen Panther hat mich noch nie jemand genannt." Pauls Mundwinkel wollen gar nicht mehr runter kommen. Kein Ton über Marios dumme Bemerkung, ich würde Paul für mich wollen. Also erwähne ich es auch nicht mehr weiter.

"Willst du etwas trinken? Es gibt auch alkoholfreie Getränke."

"Erst einmal nicht", winkt Paul ab. "Ich hätte viel mehr Lust darauf, ein wenig zu tanzen." Ich muss bei seiner Bemerkung ziemlich dämlich aus der Wäsche gucken, denn er fängt laut an zu lachen, als er mir ins Gesicht schaut. "Komm!" Abermals liegt meine Hand in seiner.
 

Ich werde herumgewirbelt und auf die Tanzfläche gezogen.

Mein Körper handelt automatisch, folgt ihm, doch mein Hirn sträubt sich vehement dagegen. Doof nur, dass mein Körper davon nichts mitbekommt und weiterhin brav hinter Paul her dackelt.

Irgendwo mitten im tanzenden Menschenmeer bleibt Paul stehen, dreht sich zu mir und packt meine Hüfte.

Hallo?! Weiß er denn nicht, wo wir hier sind? Hat er denn keine Angst, dass ich das missverstehen, und als Einladung ansehen könnte? Oder denkt er, weil er für mich damals der liebe Onkel Pauli war, würde von mir keine Gefahr ausgehen und er könnte ganz arglos ein bisschen feiern?

Ich knirsche mit den Zähnen. So treudoof kann er doch nicht sein! Bemerkt er denn nicht, dass er schon jetzt von einigen Kerlen interessiert gemustert wird? Und dass mir immer schwindeliger wird, je näher ich ihm komme?

Hört er meinen schnellen, aufgeregten Herzschlag denn nicht? Er ist kaum zu überhören. Ich bin mir sicher, er übertönt sogar die laute Musik um uns herum …
 

"Jetzt beweg dich doch mal!", ruft Paul mir zu und versucht mich zum Tanzen zu animieren.

Ich versuche mein Glück. "Besser?", frage ich ihn.

"Etwas." Wieder sein unwiderstehliches Lächeln.

Ich muss das hier abbrechen! Ehrlich! Sonst kann ich für nichts mehr garantiere… Mist!

Ich glaube, da hinten steuert ein Typ auf uns zu. Er hat uns jedenfalls fest im Blick.

Mir wird kurz schlecht. Was, wenn er sich an Paul ranmachen will?

Okay, es hilft nichts. Ich muss gegensteuern, sonst hängt der Kerl uns gleich an der Backe. Und wer weiß, wie Paul darauf reagiert? Eigentlich wäre jede Reaktion von ihm eine Katastrophe für mich. Obwohl ich nicht glaube, dass er auf eine Anmache anspringt. Er ist schließlich nicht schwul. … Oder?

So genau weiß ich das ja gar nicht. Bei ihm versagt mein Radar. Außerdem, hätte er es nicht bereits erwähnt, wenn er es wäre? Sowas in der Art: Du bist schwul? Ey cool! Ich auch!

Wie auch immer. Der Typ kommt immer näher. Zeit, einzuschreiten.
 

Es fällt mir schwer, näher an Paul zu rücken. Obwohl ich nichts mehr will, als das.

Ich schmiege meinen Bauch an Pauls und lege die Arme um seinen Nacken.

Paul sieht mich erst verwundert an, meine Panik wächst, grinst dann jedoch und schiebt seine Arme um meine Taille.

Vor meinen Augen dreht sich alles. Alles bis auf Pauls Gesicht, dass mich aufmerksam mustert.

Der Typ, der auf uns zugekommen ist, ist vergessen. Keine Ahnung wohin er entschwunden ist und es ist mir auch völlig gleich.

Mit leichter Besorgnis fühle ich, wie sich das Prickeln und Gurgeln in meinem Bauch in kleine, aufgeregte Schmetterlinge verwandelt, wie mein Herz stolpernd gegen die Rippenbögen trommelt und auf meiner Haut eine Armee Ameisen umher trappelt.

'Zu spät', denke ich. 'Rückzug ausgeschlossen. Ich bin auf dem besten Weg, mich in Paulchen zu verlieben.' So ein verdammter Mist!
 

***
 

Wie konnte das nur passieren?

Ich meine, wir kennen uns zwar schon lange, aber ich war doch noch ein unschuldiges, kleines Kind!

Und dann sowas? Nach etlichen Jahren und nach nur drei Treffen! Das muss man sich mal vorstellen!

Es ist Donnerstag Morgen. Halb elf. Und ich liege immer noch im Bett.

Dabei ist es gestern Abend gar nicht so spät geworden. Wie lange waren wir im Club? Höchstens zwei Stunden. Getrunken haben wir, bis auf Wasser, auch nichts. Nur getanzt haben wir. Getanzt und getanzt …

Paul kann gut tanzen. Und mit seiner lockeren Art hat er es geschafft, dass ich wieder ein wenig entspannen konnte. Wir blödelten am Schluss sogar miteinander herum.

Mario tauchte wieder auf und wagte einen zweiten Anmachversuch bei Paul. Doch was tat er? Nahm meine Hand und gab mir einen Kuss auf den Handrücken mit den Worten: "Entschuldige. Du bist leider zu spät."

Marios Gesicht war so lustig mitanzusehen, dass die Nervosität wegen des Kusses in mir kaum spürte. Hinterher dann, als wir den Club wieder verließen, klopfte deswegen mein Herz jedoch jedes Mal wie verrückt, wenn ich daran dachte.

Deshalb fiel unsere Verabschiedung auch ziemlich kühl aus. Ich tat so, als wäre ich kurz vorm Erfrieren, obwohl mir verflucht warm war.

Paul umarmte mich, wünschte mir einen schönen Abend und wendete sich zum Gehen. Doch was tat ich Idiot? Rief ihn nochmal zurück, weil ich ihn schon wieder nicht gehen lassen wollte.

Aus Ermangelung einer Erklärung, warum ich ihn noch einmal sprechen wollte, lud ich ihn kurzentschlossen am Sonntag mit zu meiner Mutter ein. Darüber freute er sich riesig.

Doch ich, ich trat mir innerlich in den Hintern.

Erstens, weil ich ihn einfach ungefragt zu meiner Mutter eingeladen hatte, zweitens, weil ich Idiot seitdem Angst habe, es könnte sich was zwischen den beiden entwickeln. Entweder aus einem alten Gefühl heraus (so wie bei mir hahaha) oder, falls sie damals nur Freunde gewesen sind, entwickeln sich ihre Gefühl jetzt erst füreinander.

Egal was passiert, ich habe mir da ein schönes Süppchen eingebrockt!
 

Seufzend drehe ich mich auf die andere Seite und drücke mein Gesicht ins Kissen.

Ich will nicht verliebt sein! Zumindest nicht in Paul. "Warum?", frage ich nuschelnd mein Kopfkissen. Es hat auch keine Antwort darauf.

Paul …

Als kleiner Junge habe ich ihn richtig vergöttert. Die Erinnerungen an ihn werden immer klarer, was vermutlich daran liegt, dass er plötzlich wieder in mein Leben getreten ist.

Nicht nur unsere vielen Besuche in der Eisdiele fallen mir wieder ein. Wir waren auch oft auf dem Spielplatz. Meine Mutter hat zu dieser Zeit sehr viel gearbeitet. Sie war frisch von Papa geschieden und musste irgendwie alles gebacken bekommen. Paul spielte oft den Babysitter für mich. Bei Papa war ich nur am Wochenende. Wenn er denn mal zuhause war. Als freiberuflicher Fotograf düst er noch heute überall in der Weltgeschichte herum.

Vermutlich hat sich Mama deshalb auch von ihm getrennt. Sie hat mir aber nie den wahren Grund genannt. Früher sagte sie nur immer, dass sie sich nicht mehr liebt haben und mit der Zeit hörte ich auf zu fragen.

Außerdem war ja Paul dann da.
 

Er hat sich kaum verändert. Bis auf die kleinen grauen Haarsträhnen und dem kleinen Bauchansatz ist er immer noch wie früher. Genau so attraktiv …

Es zieht leicht in meinem Unterleib. 'Oh nein.'

Ich muss an gestern Abend denken, wir wir zusammen getanzt haben. Sein Geruch und sein Lachen. Die Wärme seiner Berührungen …

Aus dem Ziehen wird ein heftiges Kribbeln.

Ich weiß, ich sollte es nicht tun. Nicht, wenn ich jemals wieder unter Pauls Augen treten möchte, aber ich kann nichts dagegen tun, dass meine Hand Richtung Schoß rutscht, unter meine Boxer schlüpft und an der Leiste entlang runter wandert.
 

Als ich wieder einigermaßen klar denken kann, ist das Hochgefühl meines Höhepunktes verschwunden.

Was bleibt ist das klebrig feuchte Gefühl meines Spermas auf der Bettwäsche. Was habe ich getan? Wie soll ich hiernach jemals wieder in Pauls Gesicht sehen?

Ich strample die Bettdecke von mir, werfe sie auf den Boden und drehe mich wieder auf die andere Seite. "Ich bin sowas von am Arsch!"
 

***
 

Der Sonntag kommt viel zu schnell.

Wie ein aufgeschrecktes Huhn laufe ich am frühen Morgen in meinem Schlafzimmer umher, versuche mich zu entscheiden, was ich heute anziehen soll.

Zwischendurch überlege ich, ob es nicht doch besser ist, alles abzusagen, meine Mutter anzurufen und ihr zu sagen, dass ich krank bin, ich aber eine Vertretung vorbeischicke. Das es Paul ist würde ich ihr nicht verraten.

Bestimmt freut sie sich, ihn wiederzusehen. Sie werden sich so viel zu erzählen haben, dass es gar nicht schlimm wäre, wenn ich nicht da bin.

Dabei möchte ich nichts lieber als dabei zu sein. Paul endlich wiedersehen … Nur um dann vor Scham im Erdboden zu versinken, weil ich ständig solche unanständigen Dinge tue, sobald ich an ihn denke. Und ich denke sehr oft an ihn …

Ich lasse mich auf mein Bett fallen.

Es hat keinen Sinn. Spätestens übermorgen würde ich Paul sowieso wieder über den Weg laufen. Denn da haben wir das Treffen mit allen Mietern des Hauses. Ich kann nicht vor ihm weglaufen und das mag ich auch gar nicht.

Seufzend reibe ich mir über die geschlossenen Augen und stehe wieder auf. Kurzentschlossen schnappe ich mir eine ausgewaschene Jeans, einen dunkelroten Strickpullover und meine zertretenen Boots.

Es ist egal, was ich anziehe. Paul wird es wahrscheinlich sowieso nicht auffallen …
 

Meine Mutter wohnt in einer ruhigen Gegend in einem kleinen Reihenhäuschen. Es hat einen Vor- und Rückgarten, um den sie sich in ihrer Freizeit gerne und viel kümmert. Leider fehlt ihr der grüne Daumen. Trotzdem macht es ihr Spaß in der Erde zu buddeln.

Bei größeren Aktionen muss ich ihr immer helfen. Konrad und Susi, die Eheleute von nebenan, greifen ihr auch oft unter die Arme. Susi war schon oft am Verzweifeln wegen der fehlenden Fachpraxis meiner Mutter in Sachen Blumenpflanzen und der daraus resultierenden Lernresistenz.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass mich schon von weitem ein paar traurig aussehende Büsche erwarten, die im Vorgarten vor sich hin vegetieren. Ich schenke ihnen einen traurigen Blick, wünsche ihnen stumm ein baldiges schönes Weiterleben in der Biotonne und trete vor die Haustür. Da ich keine Lust habe, meinen Schlüssel heraus zu kramen, klinge ich.

Es dauert eine Weile, bis meine Mutter mir öffnet. "Ole? Bist du aber früh."

"Ich sehe es", grinse ich und wische ihr eine verirrte dunkle Strähne aus der Stirn. "Warst du noch im Bett?"

"Ja", krächzt sie und lässt mich eintreten. "Ich war gestern Abend mit ein paar Freundinnen weg. Wurde spät." Sie gähnt.

"Dann mach dich mal hübsch. Ich koche derweil Kaffee."

"Hübsch machen?" Sie folgt mir in die Küche. "Bin ich dir zu hässlich, oder was?"

"Das nicht", entgegne ich. "Aber mein Gast wird bald hier auftauchen und ich weiß nicht, ob du dich ihm so präsentieren möchtest."

"Dein Gast?" Auf Mamas Gesicht bilden sich Denkfalten. "Du lädst einfach jemanden zu mir ein, ohne mich vorher … Oh warte!" Ihre Augen werden groß wie Untertassen. "Einen Freund?! Hast du endlich wieder einen festen Freund?!"

"Nein, Mama. Es ist ein alter Be…"

"Oh, wie schön!" Sie hört mir gar nicht zu. Wie immer. "Ich beeile mich, ja?" Sie flitzt aus der Küche, kommt kurz danach allerdings wieder zurück. "Deckst du den Tisch? Dann frühstücken wir! Nimm aber das gute Geschirr aus dem Wohnzimmerschrank!" Und weg ist sie. Die Badezimmertür schlägt laut zu.

"Mach ich." Ich grinse vor mich hin.

Lassen wir sie mal in dem Glauben, hier würde gleich mein fester Freund antanzen. 'Wenn es nur so wäre …'

"Träum weiter, Ole."
 

******
 

Ich entschuldige mich schon mal für eventuelle Rechtschreib- oder Flüchtigkeitsfehler.

Ich bin total übermüdet. Dann noch der Stress gestern wegen den ständigen Internetabbrüchen, die immer noch nicht behoben sind … Hab gestern fast über eine Stunde insgesamt in der Warteschlange gehängt. Wenn das heute noch mal so geht, suche ich mir einen neuen Anbieter.

Ach egal. Bin zu müde zum Aufregen ^^“
 

Bis morgen

Eure Fara

04.

04.
 

"Jetzt sag schon! Wie heißt dein Freund?"

"Mama", knurre ich. "Nicht mein Freund. Ein Freund. Und du kennst ihn."

"Ach ich kenne ihn? Einer deiner Verflossenen?" Sie gibt einfach nicht auf und denkt immer noch, hier würde gleich mein neuer Stecher antanzen.

Ich stelle seufzend die Kaffeetasse ab. "Warte doch einfach ab. Er müsste gleich hier sein." Und wie aufs Stichwort ertönt genau in diesem Moment die Türklingel.

Meine Mutter, ein überaus neugieriges Wesen, springt vom Stuhl, richtet sich nochmal schnell ihre Kleidung, und flitzt anschließend zur Haustür.

Aufgeregt und nervös, wie sie auf Paul reagieren wird, folge ich ihr. Doch nicht allein ihre Reaktion macht mich nervös. Paul wieder gegenüberzustehen bringt meinen Körper schon jetzt total durcheinander.

Meine Handflächen werden abermals feucht und von meinem Innenleben mag ich erst gar nicht anfangen zu sprechen.

Ich verdränge die leisen Schuldgefühle, wegen den Fantasien, die ich dank ihm die letzten Tage und insbesondere in den Nächten hatte. Trotzdem höre ich mein Blut laut in den Ohren rauschen und fühle, wie meine Wangen heiß werden.
 

Mit etwas Abstand bleibe ich hinter meiner Mutter im schmalen Flur stehen. Sie reißt die Tür auf und … erstarrt. "Ach du … Paul?" Klar erkennt sie ihn sofort. Nicht wie ich, der ewig gebraucht hat, bis der Groschen gefallen ist.

"Hallo Edith." Paul lächelt und lächelt. Und ich schmelze und schmelze.

Ich schlucke hart muss kurz wegschauen.

"Das gibt es ja nicht!", höre ich meine Mutter heiser rufen. "Paul! Wie schön dich wiederzusehen!" Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie die beiden sich fest umarmen und hin und her wiegen.

Kleine, hässliche Stiche treffen meine Brust. Das gibt's nicht! Ich bin tatsächlich eifersüchtig! Auf meine Mutter!

Ich betitle mich selbst als einen übergroßen Volltrottel und kämpfe das unschöne Gefühl nieder. Ich habe keinen Grund eifersüchtig zu sein. Wie könnte ich auch? Zwischen Paul und mir läuft nichts, wird es auch nie und mal ehrlich: Kämen meine Mutter und er zusammen, würde ich mich für die beiden freuen. Sie hätte so einen tollen Mann wie Paul verdient. Definitiv.

Blöd nur, dass ich das für mich selbst auch so sehe …

'Schluss jetzt! Das muss ein Ende haben!'
 

Ich atme tief ein, straffe mich und warte artig, bis die beiden sich wieder voneinander gelöst haben. Mama freut sich so sehr über Pauls Besuch, dass sogar ihre Augenwinkel ein wenig feucht sind. Sie wischt sich eilig darüber und bittet Paul ins Haus.

"Wie schön", wiederholt sie und schließt die Tür.

"Hallo Paul." Jetzt bin ich dran mit begrüßen.

Unsicher erwidere ich seine Umarmung und erlaube mir, für eine Millisekunde die Augen zu schließen und meine Gedanken abschweifen zu lassen.

Großer Fehler!

Mein Herz ist drauf und dran, aus meiner Brust zu schießen. Schnell löse ich mich wieder von Paul, aus Angst, er könnte meinen heftigen Herzschlag merken, und übergebe ihn wieder meine Mutter, die nach dem ersten Schock des Wiedersehens fröhlich auf Paul einredet.

Mit Fragen wie: "Du bist wieder in Deutschland? … Wie lange schon? ... Warum hast du mich nicht schon eher besucht?", wird Paul quasi bombardiert, noch bevor er seine Jacke ausziehen kann.

"Hätte ich gerne, aber wie ich kürzlich erfahren habe, bist du vor einiger Zeit umgezogen. Und im Telefonbuch habe ich dich auch nicht gefunden", antwortet Paul ihr auf die letzte Frage.

Meine Mutter sieht kurz schuldbewusst aus der Wäsche, fängt sich aber wieder. "Schon mal von Facebook gehört?"

"Ich bin nicht auf Facebook." Paul wird mir auf Anhieb noch sympathischer. Falls das überhaupt noch möglich ist.

"Ich weiß", pöbelt meine Mutter. "Ich habe dich schon x-mal dort gesucht. Hättest du dich mal da angemeldet, hätten wir uns auch gefunden."

Paul schmunzelt. "Tut mir leid. So auf den neusten Stand der Dinge bin ich nicht mehr. Diese ganzen Sozialen Medien laufen völlig an mir vorbei."

"Ja aber, wie habt ihr beide euch denn dann gefunden?" Meine verwirrte Mutter blickt uns beide abwechselnd fragend an.

"Wollen wir nicht lieber rüber in die Küche und uns setzen?", frage ich die beiden. "Dort lässt es sich besser reden." Und das tun wir dann auch.
 

Paul und ich berichten ihr, wie wir uns über den Weg gelaufen sind.

Meine Mutter kann es kaum fassen. "Du vermietest eine Wohnung an meinen Sohn und weißt es jahrelang gar nicht?!" Paul wird mit vorwurfsvollen Blicken gestraft.

"Was das angeht", erklärt er "das regelte alles ein Verwalter. Die Verträge bekam ich zwar zur Abzeichnung, aber die Namen der Mieter überflog ich meist. Oles Namen ging mir dabei anscheinend unter."

"Und welche Ausrede hast du?" Jetzt sieht sie mich böse an.

"Kennst du etwa den Namen deines Vermieters?", blaffe ich sie an.

"Ja." Mist!

"Aber ich bis vor einer Woche nicht. Außerdem hatte ich bis jetzt immer nur mit dem Hausverwalter Kontakt. Und auf dem Mietvertrag steht auch nur P. Lüksch als Mieter. Das hätte jeder sein können." Dazu kannte ich Pauls Nachnamen nie. Für mich war er immer Onkel Pauli.

"Männer", faucht meine Mutter und verdreht die Augen. "Aber nun gut. Jetzt erzähl doch mal von dir Paul. Wie ist es dir ergangen?" Paul beginnt zu erzählen.

Von England, seinem Burnout und von seiner beruflichen Neuorientierung.

"Du bist Heilpraktiker?!" Mama ist schier begeistert. "Wie praktisch! Ich brauche unbedingt einen Termin bei dir! Weißt du, ich habe ständig Probleme mit saurem Aufsto…"

"Mama! Nicht beim Essen." Ihgitt! Jetzt habe ich keinen Hunger mehr. Obwohl ich gestehen muss, mein Appetit hält sich heute sowieso in Grenzen. Paul schlägt mir auf den Magen.

Wie soll ich den Tag nur überstehen?
 

Nach dem Frühstück, bei dem viel geredet wurde, hauptsächlich von meiner Mutter, besteht Ma, dass wir uns zusammen ins Wohnzimmer setzen.

"Wenn das mal kein Anlass ist, um die alten Videos herauszukramen!", freut sie sich und klatscht aufgeregt in die Hände.

Ich lächele Paul gequält an, doch der scheint sich über Mamas Vorschlag zu freuen.

Wir werden auf die Couch verfrachtet, während sie in einem der Wohnzimmerschränke nach der Box mit den VHS Kassetten sucht.

Paul so dicht neben mir zu haben, bringt mich fast um den Verstand.

Wie kann man sich so schnell so sehr zu einen anderen Menschen hingezogen fühlen? Klar, wir kannten uns schon vorher, aber das war etwas ganz anderes.

"Du siehst nicht glücklich aus", flüstert Paul mir zu. "Angst, dass die Filme peinlich für dich werden?" Sein Schmunzeln jagt mir heiße Schauer über den Körper.

"Ich sehe mich nicht gern auf Videos oder Fotos." Das ist noch nicht mal gelogen.

"Nicht? Dabei warst du als kleiner Junge so goldig." Eh?!

"Ich WAR goldig?", frage ich ihn bissig, weil ich es nicht verkneifen kann. "Heute bin ich das nicht mehr, oder was?"

Paul mustert mich kritisch. Mir wird abermals heiß und ich habe Mühe, seiner Musterung stand zu halten. "Doch. Schon", meint er. "Aber inzwischen bist du noch viel mehr als das."

"Wie soll ich den das verstehen?", möchte ich nervös von ihm wissen, wobei die Hitze in mir nochmal enorm zunimmt.

Bedauerlicherweise kommt Paul nicht mehr dazu zu antworten. Ma hat den Fernseher angeschaltet und der Ton ist so laut, dass uns beinahe die Ohren davonfliegen.

Hastig schnappt sie sich die Fernbedienung und schaltet den Ton aus. "Sorry", ächzt sie. "Ich hatte gestern Abend Musik laufen. Ist wohl ein klein wenig zu laut gewesen."

"Sag bloß", meckere ich und reibe mir die Ohren. Mein armes Trommelfell!
 

Weil ich nicht weiß, wie ich auf unser Gesprächsthema zurückkehren soll, und Paul auch nichts mehr dazu sagt, bleibe ich schweigend neben ihm sitzen und warte, bis meine Mutter den Videorekorder startklar gemacht hat.

"Es kann losgehen", verkündet sie und setzt sich neben Paul, sodass er nun zwischen uns sitzt.

Das dumme Sprichwort 'zwischen den Stühlen sitzen' kommt mir in den Sinn. Weshalb auch immer, denn Paul sitzt ganz sicher nicht zwischen den Stühlen. Es passt überhaupt nicht in die Situation. Wenn ein Sprichwort hier passen würde, dann das mit dem dritten Rad am Wagen. Und das dritte Rad bin eindeutig ich. So fühle ich jedenfalls. Als würde ich bei Mamas und Pauls Date stören …

Vielleicht tue ich das ja. Ein Gedanke, der mir überhaupt nicht schmeckt. Weder der Gedanke, sie hätten ein Date, noch, dass ich dabei störe.

Es ist irrsinnig sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Nichts davon entspricht der Wahrheit. Dennoch nagt es an mir.
 

Die beiden quatschen wieder angeregt miteinander, richtig vertraut, obwohl so viel Zeit vergangen ist, und ich hocke stumm neben ihnen und verfolge das Geschehen auf dem Bildschirm.

Viel sieht man noch nicht. Irgendjemand hat seine Füße gefilmt. Männerbeine. Mein Vater? Scheint so, als wüsste der Kameraführer nicht, wie man das Teil richtig bedient und bemerkt nicht, dass er schon längst filmt.

Plötzlich fängt Paul an zu lachen. "Ich wusste gar nicht, dass das Ding schon an war."

"Du hast das gefilmt?" Dann war es doch nicht mein Vater.

"Hmhm", nickt Paul. "Das war, als du deinen Schulranzen bekommen hast, oder?" Er sieht meine Mutter an, die ihm seine Vermutung bestätigt.

"Du warst so stolz auf den Ranzen, hast dein Lieblingsspielzeug darin gebunkert und bist den ganzen Tag damit herumgerannt", kichert sie. "So niedlich! Paul wollte das unbedingt filmen."

"Ach so." Daran erinnere ich mich gar nicht mehr. "Hast du den Ton noch aus?" Man hört gar nichts.

"Oh." Wieder schnappt sich meine Mutter die Fernbedienung und stellt den Ton wieder an.

/Ole?/ Pauls Stimme. /Komm doch mal her und zeig deinen neuen Ranzen./

/Nein!/ Das war ich. /Du musst zu mir kommen!/

Paul und Ma lachen. "Welch ein Befehlston."

"Ja, den hatte er gut drauf", macht sich Paul über mein junges Ich lustig. Ich verstecke mein Gesicht hinter einem Kopfkissen, was mir Paul allerdings abnimmt. "Hier wird sich nicht versteckt", grinst er. "Und es ist auch kein Grund rot zu werden." Oh verdammt!

Ich lächle verkniffen und schaue weiter in die Glotze, wo Paul den Ausgang unserer Küche in unserer alten Wohnung filmt.

Ich bin nicht rot, weil mir das Geschehen auf dem Bildschirm peinlich ist, sondern weil Pauls Grinsen mich wieder aus der Fassung bringt. Dazu sitzt er auch noch so verdammt dicht neben mir, dass ich fast schon seine Körperwärme fühlen kann. Das halte ich nicht aus!

"Mag noch jemand etwas zu trinken?", frage ich in die Runde. Kopfschütteln.
 

Ich flüchte regelrecht in die Küche. Dort lehne ich mich gegen die Küchenzeile, kämpfe mein Gefühlschaos nieder und frage mich zum wiederholten mal, wie ich mich nur so schnell und heftig in Paul verknallen konnte. Und zwar so sehr, dass mich ein simples Lächeln von ihm total aus der Bahn werfen kann.

Das ist doch Wahnsinn! So etwas ist mir noch nie passiert! Selbst bei Basti nicht, den ich aus tiefsten Herzen geliebt habe. Bis er meinte, unsere Beziehung führe zu nichts, was ich bis heute nicht begreife.

Aber das ist eine andere Geschichte. Leider eine, die mehr Sinn ergibt, als diese hier, denn ich kann mir immer noch keinen Reim auf meine übersprudelnden Gefühle Paul gegenüber machen. Wenn ich sie doch nur abstellen könnte!
 

"Ole?" Paul! Er hat die Küche betreten. "Willst du nicht wieder rüber kommen?"

"Doch, doch", antworte ich und hole geschäftig drei Gläser aus dem Schrank.

"Geht es dir nicht gut?" Scheiße! Er hat was gemerkt.

"Wie kommst du den darauf?"

"Du wirkst heute so abwesend."

Hilflos schließe ich die Schranktür und überlege nach einer guten Ausrede. "Hab nicht gut geschlafen", ist alles, was mir einfällt.

"Schlafprobleme?"

"Ein wenig." Das stimmt sogar. Die meiste Zeit über geistert mir Nachts ein gewisser Onkel Pauli durch die Gedanken. Ein ziemlich schamloser ...

"Hast du Stress?" Ja! Wegen dir!

"Wird das jetzt ein Patientengespräch?", frage ich ihn eine Spur zu biestig.

"Wenn du magst." Paul bleibt ganz ruhig. Kein Wunder. Als ich noch ein aufmüpfiges Kindergartenkind war, wusste er auch immer mit mir umzugehen. Den Beweis haben wir bestimmt irgendwo auf Video.

"Mir geht es gut", versuche ich das Thema abzuwürgen und drücke ihm eine Flasche Wasser in die Hand. "Kannst du die mit rüber nehmen?"
 

Im Wohnzimmer stelle ich die Gläser auf den Tisch und setze mich wieder.

"Wo wart ihr denn so lange? Ich habe den Film angehalten."

"Fein", murmle ich.

Paul ist auch wieder da, reicht mir die Wasserflasche und setzt sich ebenfalls wieder. Dabei muss er an mir vorbei rutschen und berührt auf diese Weise natürlich meine Knie. Umständlich mache ich ihm mehr Platz und bin froh, als er wieder zwischen Ma und mir Platz genommen hat.

"Kann es weitergehen?" Wir nicken, Ma startet den Film und ich schenke uns Wasser ein.

Meine Kehle ist wie ausgedörrt. Ich leere mein Glas in wenigen Zügen.
 

Auf dem Fernseher spielt nun meine Mutter die Kamerafrau. In ihrem Fokus, ich mit Ranzen auf dem Rücken und Paul, der vor mir kniet und an den Schulterriemen herumzieht. Er scheint nachzuschauen, ob auch alles sitzt. "Das war, glaube ich, einen Monat, bevor ich nach England bin", überlegt Paul.

"Ja, kommt hin", bestätigt meine Mutter. "Ole wollte den Ranzen gar nicht mehr aufsetzen, so sehr hat er wegen dir getrauert."

"Ma!" Muss sie ihm das erzählen?

"Wirklich?" Paul sieht mich erschüttert an.

"Weiß nicht mehr." Ich zucke mit den Schultern. Ich weiß es wirklich nicht mehr. Einzig an das Gefühl, nachdem er weg war, kann ich mich erinnern. Die Leere und die Frage, warum er denn gehen musste. "Ich war einfach nur traurig."

"Oh je", macht Paul und legt plötzlich seinen Arm um mich. Mein Herz bleibt stehen! "Das es so schlimm für dich war wusste ich nicht."

"Ging schon", nuschle ich und strenge mich an, nicht allzu zu verkrampfen. "Habs überlebt."

"Ole hatte sehr an deinem Umzug zu knabbern", mischt sich Mama wieder ein. Kann sie nicht mal ruhig sein?!

Ich kann Pauls mitleidige Blicke regelrecht auf mir spüren, während ich krampfhaft weiter auf den Fernseher starre.

Dort hat Paul meinem sechsjährigen ich den Ranzen endlich angepasst. /Sitzt, wackelt und hat Luft/, sagt er und lächelt sein Paul-Lächeln. Und was tut mein vergangenes Ich? Springt ihm glucksend um den Hals und drückt ihm einen Kuss auf die Wange.
 

Paul lacht laut. Im Fernsehen, wie auch neben mir. "Wie anhänglich du immer warst", kichert er. "Wenn ich da war, wolltest du mich mit niemanden teilen." Das kommt mir irgendwie bekannt vor … "Hast du noch die Aufnahmen von seinem sechsten Geburtstag?", möchte er von meiner Mutter wissen.

"Ja. Die habe ich vorhin in der Hand gehabt." Sie springt auf und durchwühlt abermals die Videokassetten.

"Jedes Mal, wenn ich mich einem deiner kleinen Gäste zugewandt habe, bist du zur Furie geworden." Oh Gott!

"Das weiß ich auch nicht mehr", lüge ich, denn dieses Mal kann ich mich noch ganz gut daran erinnern.

Klar wollte ich Paul damals mit niemanden teilen.

Meine Eltern waren frisch geschieden und mein Papa die meiste Zeit des Jahres unterwegs. Und dann war Paul da, verwöhnte mich mit Zuneigung und wurde für mich zu einer Art Vaterersatz. Ich wollte nicht, dass ihn mir jemand wieder wegnimmt. Schon gar nicht einer meiner Kindergartenfreunde.
 

"Hier ist es!", ruft meine Mutter und hält eine VHS Kassette hoch.

Sie legt das Tape ein und drückt auf Play. Kindermusik ertönt. Wieder unser altes Wohnzimmer. Der Couchtisch ist gegen eine lange Bierzeltgarnitur ausgetauscht. Die Couch ganz dicht an die Heizung unter das Fenster gerückt, damit genug Platz ist.

Die Hälfte meiner Kindergartenfreunde sitzt an dem Tisch, der mit einer blauen Tischdecke abgedeckt, und mit vielen Luftschlangen, Konfetti und bunten Partyhüten dekoriert ist. In der Mitte steht eine große Schokotorte. Darauf mit blauer Zuckerschrift eine dicke 6 und sie obligatorischen sechs Kuchenkerzen.

Hinter der Torte ist Paul zu sehen, der mich festhält, da ich auf der Bank stehe. In meiner rechten Hand halte ich ein Kuchenmesser, das Paul zusätzlich festhält.

Meine Mutter fängt an zu lachen. "Als würdet ihr eine Hochzeitstorte anschneiden!" Puff! Meine Wangen fangen Feuer. Es sieht wirklich so aus wie in den Filmen, wo Braut und Bräutigam die Hochzeitstorte anschneiden.

"Soweit ich mich erinnere ist das auch Oles Wunsch gewesen", amüsiert sich Paul neben mir.

"Was?" Verdattert schaue ich Paul an.

"Erinnerst du dich nicht mehr? Du wolltest mich immer heiraten, wenn du groß bist." Wumm, wumm! Wumm, wumm! Ich bekomme Herzrasen. "'Onkel Pauli! Wenn ich erwachsen bin musst du mich heiraten!', hast du immer zu mir gesagt."

Mama kichert. "Hast du auch artig ja gesagt?", fragt sie Paul amüsiert.

"Natürlich habe ich ja gesagt. Wer konnte diesem süßen Gesicht schon widerstehen?" Wo ist das nächste Erdloch zum verkriechen?

"Soll ich schon mal auf das Standesamt und einen Termin machen? Die Homoehe ist ja endlich durch. Ihr könntet sofort loslegen."

"Ha, ha", mache ich. "Sehr witzig."
 

Paul hat immer noch seinen Arm um mich gelegt und drückt mich kurz an sich. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, oder wie ich überhaupt darauf reagieren soll, also bleibe ich starr sitzen und schaue mir zu, wie ich erst die Kerzen auspuste und dann zusammen mit Paul die Schokotorte anschneide.

Alle klatschen. Das erste Stück geht an Paul. Darauf hat klein Ole lautstark bestanden. Erst danach dürfen meine Gäste auch ein Stück Torte ab haben.

"Ihr zwei wart so süß", fiepst Mama. "Wie er dir immer nach ist. 'Onkel Pauli! Onkel Pauli!'. Das höre ich heute noch."

"Musst du ständig über mich reden? Guck mal lieber wie du herumgelaufen bist. Dauerwellenalarm sage ich nur." Meine Mutter rennt durchs Bild. Diesmal filmt wirklich mein Vater. Einer seiner seltenen Besuche. Ich glaube, bei meinen siebten, achten und neunten Geburtstag war er gar nicht dabei.

"Das war damals modern", sagt Mama achselzuckend. "So sind alle herumgelaufen."

"Und wie dünn du warst", frotzelt Paul. Ich ziehe die Ohren ein, aber es kommt kein Donnerwetter von Mama, so wie man es von ihr eigentlich erwarten könnte. Sie wirkt mit einem mal ziemlich nachdenklich.

"Da habe ich noch Kette geraucht", meint sie. "Und dazu der Stress an der Arbeit. … Es war schwer. Nach unserer Scheidung war Hannes nur noch beruflich unterwegs. Mehr als vorher. Trotzdem hat er immer am Hungertuch geknabbert, weil er immer zu gutmütig war, um für seine Arbeit eine entsprechende Entlohnung zu fordern. Darüber habe ich mich immer am meisten aufgeregt.

Ich wusste nicht, woher noch das Geld kommen sollte. Vor und auch nach der Scheidung. Und dann das schlechte Gewissen, weil ich so viel gearbeitet habe, und so wenig Zeit für Ole hatte … Ich war so froh, dass du für uns da warst, Paul." Sie lehnt sich gegen seine Schulter.

Paul nimmt ihre Hand und drückt sie fest. Mir wächst ein Knoten im Bauch. Schnell wo anders hinschauen. Lief damals doch etwas zwischen den beiden? "Zum Glück konnte ich dann später halbtags von zuhause aus arbeiten, als Ole in die Schule gekommen ist. Dafür bin ich meinem Chef immer noch dankbar. Nicht jeder hätte das mitgemacht."

"Wäre ich bloß nicht nach England gegangen", seufzt Paul.

"Du hättest dir in den Hintern gebissen, hättest du es nicht wenigstens probiert", erwidert meine Mutter.

"Ja, aber ab da lief alles schief. Wir hätten doch unseren Plan verwirklichen sollen."

"Was für einen Plan?" Da ich damals noch so klein war, weiß ich so gut wie überhaupt nichts von irgendwelchen Plänen, ihrer Arbeit oder sonst irgendwelchen Dingen, die nicht mich betroffen haben. Nur das, was ich von Paul und Ma erzählt bekommen habe.

"Wir hatten mit dem Gedanken gespielt, eine eigene Werbeagentur aufziehen", erklärt meine Mutter mir. Davon höre ich tatsächlich das erste Mal. "Aber dann bekam Paul das Angebot aus England und der Plan wurde begraben."

"England hat mir das Genick gebrochen. Wenn ich heute daran denke …" Paul schüttelt sich.

"Aber dann wärst du heute vielleicht kein Heilpraktiker und könntest mich in Zukunft nicht behandeln."

"Das stimmt", lacht Paul.

"Meine Kasse übernimmt übrigens Naturheilverfahren. Nur so am Rande erwähnt."

"Wirklich?" Ma nickt feierlich. Ab hier klinke ich mich aus.

Mich interessiert es nicht, bei welcher Krankenkasse meine Mutter ist, oder sonstiger Firlefanz. Meine Gedanken drehen sich ohnehin um das Gespräch davor.
 

Das meine Mutter wirklich vorgehabt hatte, sich selbstständig zu machen, und das zusammen mit Paul, das stimmt mich nachdenklich.

Also MUSS was zwischen den beiden gelaufen sein. Ansonsten hätten sie doch niemals solche Zukunftspläne geschmiedet, oder?

'Dann war und bin ich für Paul wirklich nur eine Art Ziehsohn …' Der Gedanke schmerzt. Mehr als ich zugeben möchte.

Für einen Moment habe ich das Gefühl, es schnürt mir die Kehle zu. Besonders da immer noch sein Arm um meine Schultern liegt. Sein Daumen reibt sogar hin und wieder über meinen Oberarm. Wahrscheinlich tut er das nur unbewusst, denn er hält ebenfalls noch immer Mamas Hand umschlossen.

Ich beiße mir auf die Unterlippe. So fest, dass es schmerzt.

Wenn die beiden tatsächlich (wieder) zusammen kommen, was dann? 'Dann lächelst du und freust dich für deine Mutter. Aber vorher siehst du zu, dass du die Gefühle für Paul begräbst.'
 

***
 

"Es war so schön, dass du hier warst." Meine Mutter umarmt Paul fest. Ich zwinge mich, nicht wieder wegzuschauen. Daran werde ich mich gewöhnen müssen. Ob ich will oder nicht.

"Das fand ich auch", erwidert er und gibt Mama einen Kuss auf die Wange. "Wir telefonieren?"

"Logisch! Ab heute wirst du mich nicht mehr los. Selbst wenn du wieder nach England gehen solltest." Sie zwinkert Paul zu, was ihm wieder eins seiner hinreißenden Lächler entlockt. Meine Knie werden weich wie Wackelpudding.

"Tschüss Ole. Wir sehen uns spätestens beim Mietertreffen."

"Jepp." Paul zieht mich an sich.

Wieder stellen sich all meine Haare am Körper auf. Besonders, als seine Finger meinen Nacken streifen, dort kurz verweilen und dann abwärts wandern.

"Bis bald", nuschle ich und gehe auf Abstand, was mir unheimlich schwer fällt. Besonders, da Paul mir ein Lächeln schenkt, das verboten gehört.

Als er hinter der Eingangstür verschwunden ist, atme ich innerlich erleichtert auf.

"Willst du auch schon gehen?", fragt mich meine Mutter.

"Nein. Ich helfe dir noch beim Aufräumen."

"Ach, das ist aber nett von dir", kichert sie und kneift mir großmütterlich in die Wange. Dankeschön.
 

Bevor ich ihr in die Küche folge, räume ich noch schnell den Wohnzimmertisch ab und packe die VHS Kassetten wieder in den Schrank, genau wie die Fotoalben, die meine Mutter natürlich ebenfalls herausgekramt hat.

Kurz bleibe ich an einem der alten Fotos hängen. Es zeigt mich, wie soll es auch anders sein, zusammen mit Paul, der mich an der Hand hält. Wir laufen auf einem der vielen Wege im Park entlang, während wir beide ein Eis essen.

Wie jung er da aussah. Auch auf den Filmen. Damals war er jünger als ich jetzt. Nicht älter als vierundzwanzig, wenn ich richtig gerechnet habe.

Laut klappe ich das Fotoalbum zu und stelle es zu den anderen zurück. Keine Zeit, länger in Erinnerungen zu schwelgen, denn eigentlich bleibe ich nicht nur länger, weil ich ihr beim Aufräumen helfen möchte. Ich verfolge noch einen weiteren Plan. Ich muss sie unbedingt etwas fragen, sonst bekomme ich nachher kein Auge zu, weil ich an nichts anderes denken kann.

In der Küche räume ich die Gläser in die Spülmaschine, stelle die Flasche Wasser auf die Küchenzeile und helfe dann weiter den Frühstückstisch abzuräumen und alles an Ort und Stelle zu verstauen.

Ma hat das Radio angestellt. Leise Popmusik trällert durch die Luft, die meine Mutter leise mitsummt.

"Hast du Paul eigentlich auch vermisst?", frage ich sie frei heraus, taste mich so an meine eigentliche Frage heran.

"Am Anfang sehr, ja", nickt sie. "Mit der Zeit wurde es weniger, auch wenn ich sehr oft an ihn gedacht habe. Besonders in den letzten Jahren. Schon lustig, dass du ihn gefunden hast." Sie tätschelt mir im Vorbeigehen den Kopf.

"Seid ihr nicht in Kontakt geblieben?" Weiteres voran tasten.

"Zu Beginn ja, aber du weißt doch, wie sowas ist. Erst telefoniert man viel miteinander, verspricht, sich mal gegenseitig zu besuchen, doch das wird nie was. Die Telefonate werden weniger, bis sie ganz aufhören."

"Stimmt." So ging es mir mit ein paar meiner Grundschulfreunde. Von einigen weiß ich bis heute nicht, wo sie sind und was sie tun. Ein Versuch, alle für ein Ehemaligentreffen aufzuspüren, schlug fehl.

"Als ich damals hier her gezogen bin, ist mir Pauls alte Visitenkarte beim Ausräumen meiner alten Wohnung in die Hände gefallen. Leider war die Nummer nicht mehr vergeben. Ich habe dann in der Firma in Großbritannien angerufen, aber dort arbeitete er ja nicht mehr. Und wie gesagt, auf Facebook war der werte Herr auch nicht." Sie zuckt mit den Schultern. "Möchtest du noch einen Milchkaffee?"

"Gern."

Ich setze mich an den aufgeräumten Küchentisch, während meine Ma zwei Tassen Milchkaffee zubereitet.

In Gedanken überlege ich, wie ich am besten fragen soll. Am Besten, ich tue es einfach gerade heraus. Ohne viel Geplänkel. Eben eine ganz normale Frage, die ein Sohn seiner Mutter stellt.
 

Als sie die beiden Milchkaffee fertig hat, und sich mir gegenüber setzt, gebe ich mir einen Ruck. "Warst du eigentlich damals mit Paul zusammen?" Ich hoffe, mein Tonfall ist so beiläufig rübergekommen, wie ich es beabsichtigt habe.

"Was?" Meine Mutter sieht mich überrascht an. "Du fragst mich, ob wir ein Paar waren?"

"Ja." Ich nicke und setze einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck auf. Sie soll nicht sehen, wie sehr mich die kommende Antwort jetzt schon aufwühlt.

"Machst du Witze?", lacht sie. "Hast du es denn nicht bemerkt?"

"Was bemerkt?" Ich verstehe nicht. Was ist an der Frage so lustig?

"Paul ist schwul." Wie bitte?!
 

******
 

Jaaaa, ich weiß. Schon wieder ein Cliffhänger.

Ich bin aber auch gemein xD

05.

Nach dem fiesen Cliff will ich mal nicht so sein und lade das nächste Kapitel schon heute Morgen hoch.
 

Viel Spaß damit ^^
 


 

05.
 

"Dir war das wirklich nicht bewusst, oder?" Ma wirkt überrascht. Ich schüttle leicht benommen den Kopf. "Ich dachte, ihr habt dafür so eine Art Radar. Erkennt euch untereinander." Sie wedelt mit ihrem Zeigefinger vor meinem Gesicht herum. Ich kann nicht antworten, auch wenn ihre Annahme, WIR erkennen uns untereinander mich etwas kränkt. "Hast du echt geglaubt, Paul und ich wären mal liiert gewesen? Wie lustig!"

"Ich weiß nicht, was daran lustig sein soll. Hätte ja sein können", blaffe ich sie an, doch sie kichert bloß.

"Als ob ich es nicht versucht hätte, aber bei ihm habe ich schnell auf Granit gebissen. Auf schwulen Granit." Ich verziehe das Gesicht. Was redet sie da wieder für einen Unsinn?* "Okay. Willst du die ganze Geschichte hören? Von Anfang an?"

"Falls du sie mir erzählen willst." In Wahrheit brenne ich darauf!

"Gut", nickt sie und trinkt einen Schluck von ihrem Milchkaffee. "Wir lernten uns in der Firma kennen. Das dürftest du ja wissen.

Zwischen deinem Vater und mir kriselte es schon länger. Auch das dürfte kein Geheimnis für dich sein." Und ob. "Zu dieser Zeit bekamen Paul und ich einen gemeinsamen Auftrag für eine Drogeriekette. Man konnte super mit ihm arbeiten, er war immer gut drauf, lustig und so unfassbar charmant. Jeder mochte ihn. Auch ich. Und je mehr Zeit wir miteinander verbrachten, desto näher kamen wir uns. Dachte ich zumindest." Sie schüttelt lachend den Kopf und scheint ganz in der Vergangenheit versunken zu sein. "Ich spielte ernsthaft mit dem Gedanken, deinen Vater mit Paul zu betrügen, sollte sich die Gelegenheit bieten.

Hannes war oft nicht zuhause und die Ehe mit ihm verlief nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich war einfach zu naiv gewesen und viel zu jung. Na ja." Sie zuckt mit den Schultern. "Mir fehlte die Nähe zu einem Mann. Geistig und körperlich. Dann, eines Abends, als Paul und ich über das Werbekonzept grübelten, lagen plötzlich meine Lippen auf seinen. Ich hatte ihn geküsst!" Ich schlucke hart. Diese Info hätte sie ruhig auslassen können. "Doch Paul schob mich von sich und gestand mir, dass er nichts für Frauen empfinden konnte, bis auf Freundschaft.

In der Firma wusste es niemand. Er war noch ungeoutet und ich versprach ihm, es für mich zu behalten. So wurden wir Freunde."

"So war das also", murmle ich und schiebe gedankenverloren meine Tasse hin und her. "Paul ist schwul."

Ändert das jetzt was? In gewisser Weise ja, aber schlussendlich doch nicht. Nicht, wenn Paul immer noch den kleinen Jungen in mir sieht.

"Dich scheint das ja richtig mitzunehmen", meint meine Mutter und mustert mich streng.

"Quatsch!", winke ich ab. "Es kam bloß überraschend für mich. Damit habe ich nicht gerechnet." Obwohl ein nicht gerade geringer Teil in mir es sich gewünscht hat …
 

"Ach deshalb warst du heute so komisch!", japst meine Mutter plötzlich. Hä? "Und ich dachte schon, ich wäre dir vor Paul peinlich."

"Wovon redest du?", frage ich sie, habe aber schon eine leise Ahnung, was sie meint. Und falls das stimmt, wäre das ganz und gar nicht gut.

"Guck nicht so. Du weißt ganz genau, wie ich das meine." Schluck!

"Weiß ich nicht", grante ich sie an.

Sie verzieht den Mund und mustert mich eingehend. "Warum ist mir das vorher nicht aufgefallen?"

"Was soll dir nicht aufgefallen sein?" Langsam bekomme ich Angst. Ahnt sie tatsächlich etwas?

"Im Nachhinein betrachtet, ist es sogar logisch." Oh verflucht! "Wie die Mutter, so der Sohn. So heißt es doch, nicht?"

"Ma! Hör auf damit!" Ich schiebe die Kaffeetasse von mir und stehe auf. "Ich muss los. Das Bistro öffnet gleich."

"Renn doch nicht gleich weg", seufzt sie. "Ist doch okay. Paul ist immer noch ein attraktiver Mann. Und sein charmantes Wesen hat sich kaum verändert. Eigentlich finde ich, ist er sogar noch reifer und anziehender als damals." Ich will das nicht hören!

"Wenn du meinst", brumme ich und verlasse die Küche. Im Flur fummle ich meine Jacke von der Garderobe. Meine Mutter ist mir, welch Überraschung, gefolgt und steht nun mit verschränkten Armen und einem wissenden Lächeln an die Wand gelehnt.

"Vor was läufst du weg?"

"Ich laufe nicht weg!"

"Oh doch, mein Lieber. Das tust du."

"Himmel noch eins!", brülle ich. "Ich kann nicht in Paul verliebt sein, weil er für mich wie ein … wie eine Art Vater-Onkel ist!" So wie ich für ihn nur der kleine Ole bin ...

"Ach so. Na wenn das so ist." Achselzucken. Das freche Grinsen bleibt. "Du bist dumm."

"Danke, Ma. Sehr freundlich von dir." Und weg bin ich.
 

***
 

Ich war noch den gesamten Abend über total aufgewühlt und sauer. So sehr, dass sogar Sarah mir aus dem Weg ging. Und das will schon etwas heißen.

Das Gefühl wurde auch am darauffolgenden Tag nicht besser. Wie auch? Dienstag, also nur einen Tag später, würde ich Paul wiedersehen und ich wusste nicht, wie ich ihm jetzt noch unter die Augen treten kann, nachdem meine Mutter mitbekommen hat, was in mir vorgeht, denn das könnte bedeuten, dass er auch etwas davon mitbekommen könnte. Wenn er das nicht schon längst hat …
 

"Ahh!" Ich wälze mich auf meiner Couch herum.

Heute ist Dienstag. Nur noch ein paar Stunden.

Vorher muss ich noch alles vorbereiten. Die Tische umstellen, Einkaufen und noch ein Schild schreiben, dass wir Abends eine geschlossene Gesellschaft haben.

Am liebsten würde ich mich vor dem Treffen drücken, doch das kann ich natürlich nicht. Ich muss dabei sein. Erstens weil es wichtig ist und zweitens weil ich als Besitzer des Bistros ebenfalls anwesend sein muss.

Außerdem habe ich Paul versprochen ihm beizustehen, falls es zu wütenden Ausbrüchen seitens der Mieter kommt, was ich jedoch nicht glaube.

Seufzend schaue ich auf die Digitalanzeige meines DVD Players. Schon halb drei. Ich sollte mal langsam anfangen alles anzupacken.
 

Zu aller erst fahre ich in den Supermarkt.

Dort sind die Getränke im Angebot und sogar billiger als auf dem Großmarkt. Hier schlage ich zuerst zu. An Lebensmitteln benötige ich nicht viel. Nur etwas Salat und ein paar Tomaten.

Zuhause alles ausgeladen mache ich mich daran, die Tische so zu stellen, dass sie in U-Form in Richtung Theke stehen. Sieht zwar komisch aus mit runden Tischen, aber es wird gehen. Noch die Stühle verteilen, fertig. Jetzt noch das Schild, das ich schnell auf meinem PC schreibe, ausdrucken und gleich an die Tür hängen.

Das war's vorerst.

Schon viertel nach fünf. Nicht mehr lang …

Die restliche Wartezeit vertreibe ich mir in meinem kleinen Büro. Buchhaltung lenkt ab. Bedauerlicherweise muss ich nicht viel machen. Also bleibe ich bald schon bei einem Onlinespiel hängen. Nicht ein sehr aufregendes, aber es lenkt ab. Jedenfalls so lange, bis mein Handy klingelt.

Onkel Pauli steht auf dem Display. Ich sollte das besser mal in Paul umändern ...

Mit einem mulmigen Gefühl gehe ich dran. "Ja?"

/Hallo Ole. Bist du nicht zuhause? Ich klinge und klingle, aber niemand macht auf./ Er ist schon hier?

"Warte! Ich bin unten im Lokal. Ich komme hinter."

/Ist gut/, schmunzelt er und legt auf.

Mit wackeligen Beinen stehe ich auf und eile hinter zum Treppenhaus um Paul einzulassen. "Du bist aber früh", begrüße ich ihn.

"Zu früh?" Hör auf so zu lächeln!

"Nein", murmle ich. "Komm rein." Ich lasse ihn eintreten, doch da taucht noch eine weitere Person auf.

"Darf ich vorstellen? Das ist Herr Brückner. Mein Rechtsanwalt."

"Oh. Hallo. Schön Sie kennenzulernen."

"Ebenfalls." Wir schütteln uns die Hand, dann lasse ich beide an mir vorbei eintreten.

"Zum Bistro geht es hier lang." Ich zeige beiden den Weg und führe sie in mein kleines Lokal.

"Du hast ja schon alles umgestellt", stellt Paul fest.

"Geht das so?" Unsicher knete ich mir die Hände.

"Perfekt!" Paul strahlt mich an. Ich kann nicht anders und lächle zurück. Die Zeit scheint still zu stehen. Bis sich plötzlich jemand räuspert. Herr Brückner.

"Wo kann ich denn meine Tasche abstellen?"

"Ähm am besten hier. Hinter den Tresen." Den Anwalt hatte ich ja total vergessen.
 

***
 

Das Mietertreffen verlief unerwartet gut.

Alle waren bestürzt und wütend, als sie die ganze Geschichte mit dem Hausverwalter erfahren haben, aber Pauls Anwalt konnte die Gemüter wieder beruhigen. Zwar konnte er uns nichts versprechen, von wegen Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete, aber da Paul allen versicherte, dass es weder eine Mieterhöhung geben wird, und die Miete ab nächsten Monat an den richtigen Betrag angepasst wird, waren alle erstmal zufrieden.

"Danke für deine Hilfe." Paul tätschelt mir den Rücken. Ich muss ein zusammenzucken unterdrücken, weil ich davon eine Gänsehaut bekomme.

Die anderen Mieter sind gerade dabei das Lokal zu verlassen und der Anwalt packt auch alles zusammen.

"Kein Ding. Wozu sind Freunde da?" Uh! Ich beiße mir auf die Unterlippe. Was für ein bescheuerter Satz! "Außerdem betrifft mich das ja auch, also ..." Ich zucke hilflos mit den Schultern.

Paul nickt mir lächelnd zu und wendet sich seinem Anwalt zu. Er begleitet ihn nach draußen. Ich bleibe allein zurück.

Jammernd lege ich mich mit dem Oberkörper auf den Tresen. "Ich Vollpfosten!", nuschle ich in meine Armbeuge. "Wozu sind Freunde da? Wie konnte ich nur sowas dämliches sagen?"

Freunde! Ha! Klar sind wir das, aber ich will nicht, dass wir nur Freunde sind. "Was soll ich nur tun?"

"Was willst du denn tun?" Paul!
 

Wie eine Sprungfeder stehe ich in Sekundenschnelle aufrecht und drehe mich halb um. Paul steht keine zwei Meter von mir entfernt. Wie lange steht er schon da?

"Ähm …" Mein Hirn setzt aus und spielt Hirntod.

"Hast du Probleme? Wegen deinem Bistro? Geldsorgen?"

"Äh ... Ja!" Ja, warum denn nicht? "Aber es ist nichts schlimmes. Das wird wieder. Sobald das Wetter besser wird."

Paul runzelt die Stirn und mustert mich. Er glaubt mir nicht. Das sehe ich ihm an. "Du kannst deine Miete auch auf nächsten Monat verschieben, wenn es dir hilft. Kein Problem."

"Ach was! Nein, nein. Geht schon."

"Rede nicht. Komm erstmal wieder richtig auf die Füße. … Hier." Er kramt seine Geldbörse hervor und zieht einen Hunderter heraus. "Ich weiß nicht, ob es reicht, aber für deinen Verdienstausfall heute."

"Spinnst du!" Ich schlage seine Hand weg. "Das brauchst du nicht."

"Doch. Nimm. Wegen dem Treffen hast du heute keinen Cent eingenommen."

"Und? Das Treffen ging mich schließlich auch etwas an."

"Aber du hattest doch Unkosten."

"Quatsch! So viel war das nicht."

"Egal. Nimm." Er versucht mir den Schein in die Hand zu drücken.

So geht das nicht!

"Ich will kein Geld von dir!", sage ich zum wiederholten Male und verstecke meine Hände hinter dem Rücken.

Paul sieht genervt aus. "Schön", brummt er, was mich erleichtert ausatmen lässt. Er gibt auf. "Dann eben anders." Hö?

Paul ist so schnell, dass ich gar nicht dazu komme zu reagieren. Plötzlich steht er dicht vor mir, packt mein Kinn und … Küsst mich!
 

Das Ganze ist so schnell vorbei, wie es begonnen hat. "Nochmal Danke", lächelt mich Paul an und dreht sich von mir weg. "Wir sehen uns. Tschau." Weg ist er.

Und ich? Ich stehe da, klammere mich an die Theke hinter mir, höre meinem rasenden Herzen beim Stolpern zu und fühle immer noch die Wärme von Pauls Lippen auf meinen prickeln.

Paul hat mich geküsst! Er hat mich tatsächlich … geküsst ...
 

***
 

Was soll denn das jetzt? Was klingelt denn da?

"Ja, ja", krächze ich müde und schäle mich aus meiner Bettdecke. Erstmal orientieren und überlegen, was mich aus den Schlaf geklingelt hat.

Nach kurzer Überlegung erkenne ich den Klingelton meines Handys. Aber wo liegt das Teil noch gleich?

Normal habe ich es immer in meiner Hosentasche. Also in der Hose. Wo ist meine Hose?

Auf dem Boden vor dem Fußende meines Bettes werde ich fündig. Noch halb blind versuche ich es aus meiner Hosentasche zu fummeln. Es gelingt mir, aber das Klingeln hat inzwischen aufgehört.

Mit zusammengekniffenen Augen versuche ich den Anrufer zu entziffern. Muttern Handy steht auf dem Display. Was will die denn?

Ich vergesse den Umstand, dass ich eigentlich noch sauer auf sie bin, rufe zurück und lege mich wieder ins Bett. Mit dem Handy am Ohr schließe ich die Augen und warte, bis sie abhebt.

/Ole?/

"Nein. Hier ist Oles Entführer. Wir verlangen 300.000 Euro in Bar sonst rasieren wir ihm die Haare vom Kopf."

/Eine Glatze würde ihm sicher stehen/, kichert sie.

"Sehr nett. Was gibt's?"

/Denkst du noch an Morgen?/

"Morgen?"

/Ja, morgen. Freitag./ Freitag … Freitag … Freitag … Keinen Dunst was sie meint.

"Was ist Freitag?"

/Karfreitag, du Esel. Es gibt grüne Soße und Paul wird auch da sein./ Ich kann richtig hören, wie sie bei diesen Worten vom einen bis zum anderen Ohr grinst.

"Bin nicht da. Tschüss." Ich lege auf und schalte mein Telefon aus.
 

Paul … Musste sie ihn erwähnen?

Bis eben habe ich nicht mehr an ihn denken müssen. Obwohl ich von ihm geträumt habe, ehe ich aus dem Schlaf geklingelt wurde. Einen verstörenden Traum, in dem es um Geld, Küsse und mein Bistro ging. Merkwürdiges Zeug.

Ich seufze und rolle mich zu einer Kugel ein.

Seit Pauls Kuss weiß ich weder ein noch aus. Wenigstens die Frage, warum er das getan hat, hatte sich nach ein paar Minuten von selbst geklärt. Der Idiot hat meine Verwirrung über den Kuss ausgenutzt, nein! Ihn gezielt eingesetzt, um mir den Geldschein in die Hosentasche zu stecken.

Als mir das aufgefallen ist, ist meine Enttäuschung natürlich groß gewesen.

Aber was hatte ich auch anderes erwartet? Dass er mich küsst, weil er ebenfalls in mich …?

Dummer, dummer Ole! Ich bin anscheinend doch noch nicht so erwachsen, wie ich immer gedacht habe. Jedenfalls fühle ich mich seitdem wie ein verlorenes Kleinkind, unfähig, den Weg nach Hause zu finden.

Paul hat mich für Geld geküsst! Na ja. So irgendwie.
 

Das ärgert mich. Genau wie mich meine Reaktion darauf ungemein ärgert.

Ich hätte nicht einfach wie erstarrt dastehen dürfen, sondern ihn packen, gegen die nächstbeste Wand drücken und zurückküssen sollen. Jawohl!

Dann hätte ich jetzt einen Trumpf in der Hand. Oder die Arschkarte, aber egal. Alles wäre besser gewesen, als nur dumm dazustehen und sich das gefallen zu lassen. Ich hätte den Spieß umdrehen müssen. Damit er jetzt derjenige ist, der wach im Bett liegt und darüber nachgrübeln muss.

Aber nein! Ich liege jetzt hier und komme mir vor wie ein an der Nase herumgeführtes Kind. Weil ich Hornochse mir in den ersten Momenten ernsthafte Hoffnungen gemacht habe, dass er vielleicht doch …

"Fuck!" Ich entrolle mich und springe aus dem Bett.

Extrem mies gelaunt schnappe ich mir ein paar frische Klamotten aus dem Schrank und laufe ins Bad rüber.
 

Eine Dusche später stehe ich vor meiner Kaffeemaschine und brühe mir eine Tasse auf.

Paul kommt morgen also zu Mama, hm? Ob ich doch hingehen soll?

Auf der einen Seite möchte ich ihn natürlich gern wiedersehen, aber auf der anderen am liebsten zum Teufel jagen dafür, dass er mich so zum Narren gehalten hat und ich seit zwei Tagen deshalb so schlechte Laune habe, dass Sarah langsam überlegt mich zu einer Therapie zu schicken.

'Ich muss ihm zeigen, dass er das nicht mit mir machen kann', überlege ich. "Aber wie?"

Es klingelt. Schon wieder. Diesmal an der Haustür. "Ja?", brumme ich in die Gegensprechanlage.

/Mach schon auf! Es ist kalt und es regnet wieder!/ Was will meine Mutter denn jetzt hier?!

Ich drücke den Türsummer und öffne meine Wohnungstür. Schon kommt sie angehechtet. "Man! Was für ein scheiß Drecks-Frühling!", schimpft sie. "Womit haben wir das verdient, hm?"

"Das frage ich mich auch gerade", grummle ich. "Was machst du hier?"

"Dir eine Ohrfeige verpassen, weil du mich einfach weggedrückt hast. Undankbares Balg!" Ihre Hand trifft meine Wange. Ganz leicht nur. Sie würde mir niemals eine klatschen.

"Mach die weg! Die ist schweinekalt!" Brrr!

"Hast du schon Kaffee gekocht?"

"Küche." Sie stürmt voran, ich hinterher.
 

"Ah, schön warm." Sie schnuppert an der Tasse, an meiner(!) Tasse und trinkt dann einen großen Schluck. "Das tut gut." Glücklich hockt sie sich an meinen Küchentisch.

Ich ergebe mich der Situation und setze mich ebenfalls, nachdem ich mir eine neue Tasse aus dem Schrank genommen habe. "Was ist jetzt wegen morgen?" Fängt sie schon wieder damit an? "Paul freut sich schon auf dich und ich habe ihm versprochen, dass du auch da sein wirst. Außerdem brauche ich Hilfe bei der grünen Soße."

"Du sollst keine Versprechungen machen, die du nicht halten kannst", erinnere ich sie.

"Aber du wolltest doch kommen. Außerdem machen wir jedes Jahr. Grüne Soße am Karfreitag."

"Ja. Aber nur wir beide. Das Paul kommt war nicht abgesprochen."

"Ich dachte, du magst Paul."

"Paul kann mich mal", schnaube ich.

Ma runzelt besorgt die Stirn. "Ehekrach?"

"Ich gebe dir gleich Ehekrach."

"Brauche ich nicht. Davon hatte ich schon genug in meinem jungen Leben."

"Sehr witzig."

"Das fand ich früher nicht."

"Ma!", jammere ich verzweifelt. "Bitte verschone mich. Ich will Paul nicht sehen und gut is."

"Er will aber dich sehen, du Blindgänger!" Sie gibt ein genervtes Schnauben von sich. Wie soll ich denn das bitteschön verstehen?

"Erklärung", belle ich angespannt.

Ma windet sich. "Ich soll es dir eigentlich nicht sagen …"

"Was sagen?" Ich hasse es, aber es keimt schon wieder ein leiser Hoffnungsschimmer in mir auf.

"Na das Paul dich mag."

"Wie mag?" Das kann ja alles bedeuten!

"Schön", seufzt sie und stellt die Tasse ab. "Er war gestern bei mir."

"Warte mal. Sag mir bitte nicht, du hast ihm erzählt, dass ich …"

"Nein! Wo denkst du hin? Ich verrate doch meinen Sohn nicht." Uff! "Aber es könnte sein, dass ich Andeutungen gemacht habe …"

"WAS?!" Ich springe vom Stuhl auf.

"Beruhige dich und setzt dich bitte wieder!" Zähneknirschend tue ich ihr den Gefallen, bleibe aber weiterhin bis in die Haarspitzen angespannt.
 

Sie trinkt noch einen Schluck Kaffee, was mich fast zum zerplatzen bringt vor Aufregung.

"Er hat mir erzählt, dass er dich geküsst hat." Ich muss schlucken und spüre, wir mir sämtliches Blut in den Kopf schießt. Wieso erzählt er ihr das?

"Hat er auch gesagt warum?"

"Ja. Weil du zu stolz warst, um sein Geld anzunehmen. Stimmt das? Du hast Geldprobleme?" Na super!

"Habe ich nicht. Jedenfalls keine großen. Diesen Monat ist es etwas eng, aber ich knabbere nicht am Hungertuch. Keine Sorge."

"Ach so. Weil Paul sowas gemeint hat."

"Das war ein Missverständnis. Ich dachte, ich wäre allein, brabbelte was vor mich hin und … egal! Was hat er denn jetzt noch gesagt?" Die Spannung bringt mich um! Warum hat Paul ihr von dem Kuss erzählt? War er am Ende doch nicht bloß ein Ablenkungsmanöver, um mir das Geld zuzustecken?

"Dafür, dass Paul dich mal kann, bist du aber ganz schön neugierig", lacht sie.

"Ma!"

"Schon gut, schon gut. Ich erzähle ja schon." Na hoffentlich! "Wie gesagt, Paul kam gestern zu mir und war ganz durcheinander. Er meinte, er hätte Mist gebaut." Es hört sich aber gar nicht gut an, wenn er den Kuss als Mist bezeichnet. "Und dann beichtete er mir regelrecht, dass er dich geküsst hat, es ihm leid täte, aber …"

"Es tut ihm leid?" Wieder hält es mich nicht auf meinem Stuhl. "Super! Darüber freut man sich doch! Der Kuss tut ihm leid! Pff!" Unruhig laufe ich in der Küche auf und ab. "Ich wusste es! Er hält mich immer noch für einen kleinen Jungen, oder? Sein kleiner Ole, der dumme Junge, der seinen Onkel Pauli vergöttert. Wahrscheinlich findet er das total lustig! Genau wie früher!"

"Um Himmels Willen! Hältst du mal den Rand jetzt?", unterbricht Ma mein Gezeter. "Hör doch erstmal zu!" Mamas Gesichtsausdruck duldet keinen Widerspruch. Also gehorche ich, lehne mich aber gegen die Küchenzeile und verschränke die Arme vor der Brust. Das scheint ihr zu reichen, denn sie erzählt weiter, während es in mir drinnen immer noch brodelt.

"Er hat gesagt, es tut ihm leid. Zu mir. Aber nicht, dass ihm der Kuss leid tut."

"Was?" Kann sie mal Klartext sprechen? Ich verstehe nur Bahnhof.

"Er sagte: Es tut mir leid Edith, aber ich bereue den Kuss nicht." Wie? "Verstehst du?" Verstehen? Nein! Ich verstehe gar nichts mehr! "Er hat sich bei mir entschuldigt, dass er dich geküsst hat, aber er bereut es nicht", startet sie einen weiteren Erklärungsversuch. Und der fruchtet langsam.
 

Meine Beine werden weich und ich hangle mich regelrecht zurück auf meinen Stuhl, um nicht meinen Stand zu verlieren.

"Natürlich habe ich ihn dann gefragt, wie er sich das jetzt vorstellt", berichtet meine Mutter weiter. "Er meinte, er fühle sich sehr zu dir hingezogen. Schon seit eurem ersten Treffen in seiner Praxis und das mache ihn ganz schön durcheinander."

"Wie?", fiepse ich ungläubig.

"Auf deutsch: Paul ist geil auf dich." Musste sie das jetzt so plastisch erklären? "Und deswegen plagt ihm jetzt sein schlechtes Gewissen. Weil du für ihn all die Jahre über sein kleiner Ole warst, wie du so schön gesagt hast. Zudem ist euer Altersunterschied auch beträchtlich, was mich allerdings nicht stören würde. Ältere Männer haben sowieso dieses gewisse Etwas. So eine sexy reife und …"

"Stopp jetzt mal!", unterbreche ich Mamas Schwärmerei für ältere Männer. "Und was hast du ihm über mich erzählt?"

"Das ich das Gefühl habe, du würdest ihn auch sehr mögen", sagt sie achselzuckend. "Mehr nicht."

"Gut", erwidere ich angespannt und knete meine Hände.

Plötzlich umfasst meine Mutter sie mit ihren. "Komm morgen. Bitte. Du wirst sehen, alles wird gut."
 

******
 

Der Cliffhänger war nicht geplant. Ich schwöre! Echt jetzt!

Aber um zu erfahren, was morgen passiert, ob Ole am Karfreitag wirklich zu seiner Mutter und Paul fährt, müsst ihr ja nicht mehr lange warten ;-)
 

Dann bis morgen. Und euch schon mal einen schönen Feiertag morgen :-*
 

*Oles Mutter muss mit mir verwandt sein xDDD

06.

Morgen!

Heute kommt das Kapitel ziemlich früh. Keine Ahnung warum, aber ich war schon um halb 5 hellwach.

Das kommt davon, wenn man immer früh aufstehen muss und man mal ausschlafen kann.

Na ja, wenigstens kann ich jetzt in Ruhe am letzten Kapitel schreiben xD

Derweil ich das tue, wünsche ich euch viel Spaß mit diesem Kapitel und einen schönen Kafreitag ^^
 

Eure Fara
 


 

06.
 

Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan. Die Worte meiner Mutter gingen mir nicht mehr aus dem Kopf.

Paul fühlt sich zu mir hingezogen … Ich bekomme jedes Mal Herzrasen, wenn ich daran denke. Und seid gestern denke ich verdammt oft daran.

Wie könnte ich jetzt auch nur noch einen Gedanken daran verschwenden, heute nicht zu meiner Mutter zu fahren? Ich MUSS zu ihr, zu Paul, und dem auf den Grund gehen.

Wie ich das anstellen will? Fragt mich etwas Leichteres. Ich werde schauen, was sich ergibt. Wie auch immer das gehen soll, obwohl ich gestehen muss, schon einen groben Plan zu haben. Einen noch sehr unausgereiften, aber ob ich den auch umsetzen werde? Keine Ahnung, ob ich die Eier dazu habe. Wir werden sehen.
 

Wenigstens in einer Sache bin ich mir sicher: Mein Outfit.

Sehr eng und figurbetont soll es sein. Nicht zu sexy aber auch nicht zu bieder. Ein wenig leger, aber gleichzeitig soll es rufen: Hey! Hier bin ich! Schau mich an!

Nur muss ich das erst einmal in meinem Kleiderschrank finden.

Am Ende wird es eine schwarze Jeans, ein cremefarbenes Shirt mit tiefen V-Ausschnitt und darüber ein rot-schwarz kartiertes Hemd, das ich natürlich offen lasse. Dazu rote Chucks. Fertig.

Ich glaube, so kann ich gehen, ohne zu aufgetakelt zu wirken.
 

Ich schaue auf die Uhr. Um zehn soll ich bei meiner Mutter sein, damit ich ihr bei den Vorbereitungen helfen kann. Es ist kurz nach neun. Am besten, ich mache mich auf den Weg.

Unten im Bistro hole ich noch schnell die Kräuter für die Grüne Soße und ein paar Muffins aus der Kühlung und düse dann los.

Ich werde immer nervöser, je näher ich meinem Ziel komme. Zwar wird Paul noch nicht da sein, trotzdem tobt ein kleiner Sturm in meinem Bauch vor Aufregung. Hoffentlich wird das nachher besser, sonst kann ich meinen kleinen, noch unfertigen Plan gleich in die Tonne kloppen.
 

Unterwegs begegnen mir nur wenige Autos. Deshalb bin ich auch recht zügig unterwegs und dementsprechend schnell bei meiner Mutter. Ich parke am Bordstein, schnappe mir den Korb mit den Lebensmitteln und schlängle mich durch das kleine Gartentor.

Innerlich aufgewühlt warte ich, bis man mir öffnet. "Ole! Du bist aber früh."

"Soll ich wieder gehen?", kontere ich, grinse aber.

"Wenn du Paul immer noch aus dem Weg gehen willst, kannst du das ruhig tun." Sie wartet gar nicht auf eine Antwort sondern schnappt sich meinen Korb und verschwindet wieder nach drinnen.

Ich dackle brav hinterher.
 

Ma hat in der Küche schon ganz schön herumgewerkelt. "Hast du gebacken?" Erstaunt spähe ich in den Ofen. Ein Streuselkuchen.

"Ja. Ich wollte es mal probieren und das Rezept ist super einfach."

"Na da bin ich aber mal gespannt." Mama und backen. Ob das eine gute Kombi ist?

"Ich bin gerade am Kartoffeln schälen. Willst du die Kräuter kleinhacken?"

"Mach ich", erwidere ich und packe die Kräuter aus.

Eine Weile arbeiten wir still nebeneinander her. Nur das Radio berieselt uns mit leisen Tönen.

"Du bist tatsächlich aufgeregt wegen nachher, nicht?" Meine Mutter klopft mir im Vorbeigehen auf die Schulter.

"Wie kommst du darauf?"

"Sonst bist du nie so still." Bin ich nicht? "Am Sonntag warst du auch so."

"Wenn du das meinst", seufze ich und gebe die kleingehackten Kräuter in eine Schüssel.

"Ja. Meine ich. Wenn du fertig bist, mach dich an die Eier. Sie sind schon gekocht und liegen neben der Spüle."

"Oky." Also ist jetzt Eierschälen angesagt.

"Guck mal. Hat Paul mir vorhin geschrieben." Ihr Handy schiebt sich vor meine Nase.

"Paul hat Whats App?"

"Klar. Hast du das noch nicht gemerkt?"

"Habs noch nicht auf meinem neuen Handy." Ich zucke mit den Schultern. Ma verpasst mir einen Klaps auf den Hintern. "Ey!"

"Nix ey. Installiere dir das Programm. Dann kannst du auch mit ihm schreiben. Hast du es gelesen?"

"Wie denn, wenn du so wackelst?" Ich schnappe mir ihr Handgelenk und halte es fest, damit ich lesen kann, was ich ihrer Meinung nach lesen soll.

'Ist Ole schon da? Kann ich schon vorbeikommen oder lieber etwas später? ^_^“'

"Er ist auch aufgeregt", kichert Mal. "Genau wie du."

"Paul verwendet Smilies? So hätte ich ihn gar nicht eingeschätzt." Ich lasse ihre Hand wieder los.

Zugegeben. Irgendwie ist diese Nachricht putzig, aber ist er auch aufgeregt wegen heute? So ganz kann ich mir das nicht vorstellen.

"Das ist das Einzige, das dir auffällt?", werde ich angeblafft.

"Ma", seufze ich. "Meinst du, mir jetzt mit dem zeigen seiner Nachricht geholfen zu haben?" Ich kann jetzt schon kaum noch das Messer zum schneiden der Eier halten. "Hatten wir nicht mal einen Eierschneider? Wo ist der?" Ich lasse alles stehen und liegen und gehe auf die Suche nach dem Eierschneider.

Natürlich bemerkt meine Mutter sofort, dass ich ihr und dem Gespräch damit aus dem Weg gehen will.

"Ole?" Meine Mutter klingt einen Hauch besorgt.

"Können wir bitte über etwas anderes reden?", bitte ich sie und knie auf dem Boden um im unteren Schrank nach dem Eierschneider zu suchen.

"Fein. Wenn du das willst."

"Ja. Will ich."

Ich mag nicht weiter über Paul reden, oder über das, was er meiner Mutter schreibt. Das macht mich nur noch konfuser und das kann ich ganz und gar nicht gebrauchen. Ich brauche einen klaren Kopf. Leider habe ich den schon seit Tagen nicht mehr …
 

Es wundert mich, doch meine Mutter hält tatsächlich ihren Mund und erwähnt Paul mit keiner einzigen Silbe mehr. Vielleicht spürt sie ja, dass es mir ernst damit ist, nicht weiter darüber zu diskutieren.

Wie auch immer, ich kann dem Thema Paul sowieso nicht mehr lange aus dem Weg gehen. Das wird mir spätestens klar, als es um kurz nach halb zwölf an der Tür klingelt.

Ma eilt zur Haustür und wirft mir im Vorbeigehen noch einen merkwürdigen Blick zu. Hat sie gerade gezwinkert?

Ich wische mir die Hände an einem Geschirrhandtuch ab, checke kurz mein Spiegelbild im reflektierenden Ofenfenster und gehe ebenfalls vor in den Flur.

Dort steht Ma auch schon mit Paul im Arm.

"Wie gut das bei euch duftet! Mein Bauch knurrt schon vor Hunger", staunt Paul und hängt seine Jacke auf.

"Das ist gut", lacht Mama. "Wir haben genug für weitere fünf Personen gemacht, nicht wahr Schatz?" Sie sieht mich an. Ich nicke einfach. Keine Ahnung, wie viele Personen wir mit dem satt bekommen könnten, was wir vorbereitet haben.

Als Paul mich sieht, lächelt er. Wie immer. Doch diesmal ist irgendwas anders an seinem Lächeln. Irre ich mich, oder wirkt er unsicher?

"Hey Ole", begrüßt er mich und scheint nicht zu wissen, wie er sich mir gegenüber verhalten soll.

"Hallo Pauli", erwidere ich grinsend und schließe ihn kurzerhand in die Arme. Sonst begrüßen wir uns doch auch immer so.

Nur letztes Mal nicht, fällt mir ein. Bei unserer Verabschiedung. Nach dem Kuss ist Paul regelrecht geflüchtet, obwohl er so locker rüberkam. Das fällt mir erst jetzt richtig auf.

Zögerlich erwidert er die Umarmung. Sagen tut er nichts. Auch nicht, als wir uns wieder loslassen und meiner Mutter in die Küche folgen.
 

"Ole? Deckst du den Tisch?"

"Mach ich Ma." Ich lasse Paul nicht aus den Augen während ich die Teller aus dem Schrank hole. Er steht da, als wüsste er nicht wohin mit sich.

Vielleicht ist es gemein, aber mich beruhigt und erleichtert das irgendwie. Es hilft mir, ein wenig gelassener zu werden, denn seine Unsicherheit bedeutet, dass es ihn genauso geht wie mir.

"Hier." Ich drücke Paul die Teller in die Hand. "Mach dich mal nützlich." Frech grinse ich ihn an und lasse es mir nicht nehmen, ihn bei dieser Gelegenheit über die Finger zu streichen.

Paul scheint zu perplex, um reagieren zu können, murmelt nur ein "Okay" und stellt dann die Teller auf den Tisch. Ich kümmere mich derweil ums Besteck, mit dem ich genauso verfahre, wie mit den Tellern.

Ma beobachtet dies alles amüsiert, sagt aber nichts.

"Toll macht ihr das Jungs", lobt sie uns am Ende, als wir fertig sind. "Könnte einer von euch noch den Kuchen aus den Ofen holen, bevor wir essen?"

"Klar." Paul prescht vor. Als er vor dem offenen Ofen steht, runzelt er die Stirn.

"Suchst du die hier?" Topflappen. Ich halte sie ihm vors Gesicht.

Endlich hat er sein Lächeln wiedergefunden. "Danke." Er greift sie sich, mitsamt meiner Hand. "Vielen, vielen Dank", murmelt er noch einmal und lässt mich dann los. Die Topflappen rutschen mir aus der Hand, genau wie Herz, das flatternd gen Hosenboden trudelt.

Um mich abzulenken helfe ich meiner Mutter die Kartoffeln abzuschütten.

Nachdem endlich alles auf dem Tisch steht, können wir uns setzen.

"Ich wünsche euch einen guten Appetit", sagt meine Mutter zu uns.

"Danke, ebenfalls."
 

***
 

"Edith? Das hat wirklich hervorragend geschmeckt!" Ich pflichte Paul bei.

"Wirklich gut. Selbst der Kuchen." Ohne Flachs! "Du kannst vielleicht nicht sehr gut Kochen, bis auf Curry und Grüne Soße, aber backen kannst du offensichtlich."

"Wenigstens etwas, das ich in der Küche kann", lacht sie und steht auf. "Lassen wir das alles so stehen und gehen rüber ins Wohnzimmer. Dort ist es gemütlicher."

"Wehe, du packst wieder Kindervideos von mir aus!", warne ich sie.

"So etwas würde ich niemals machen!" Lügnerin! Lachend stiefelt sie davon.

Bevor Paul es ihr gleichmachen kann, halte ich ihn schnell auf. "Paul? Warte mal kurz." Jetzt ist die Gelegenheit, sprich, meine Mutter ist nicht mit im Raum.

"Ja?" Paul hat während des Essens seine Verlegenheit weitgehend abgelegt, doch jetzt kommt sie abermals ein wenig durch, was mir zum Glück wieder etwas mehr Sicherheit gibt.

Zeit, meinen Plan umzusetzen.
 

"Hier." Ich halte ihm den hundert Euro Schein hin.

Paul runzelt die Stirn. "Was will ich damit."

"Dein Geld. Ich habe gesagt, ich will es nicht. Und daran hat auch dein Ablenkungsmanöver mit dem Kuss nichts geändert." Paul schluckt und weicht meinem Blick aus. "Nimm!"

"Behalte es."

"Paul!"

"Wirklich Ole. Ich habe dein Bistro gemietet, also muss ich auch dafür bezahlen."

"Falsch", brumme ich ihn an. "Ich habe das Bistro von dir gemietet. Vergessen?"

"Wie könnte ich?", schmunzelt er.

Ich lege den Kopf schief. "Ich sage es nur noch einmal: Nimm das Geld wieder zurück."

"Und ich sage es dir zum letzten Mal: Ich will es nicht." Alter Sturkopf! Aber darauf habe ich gehofft.

"Okay", zische ich. "Du lässt mir keine andere Wahl."

Pauls Augenbrauen ziehen sich zusammen und er möchte anscheinend etwas erwidern, doch ich gebe ihm keine Chance dazu, auch nur noch einen weiteren Ton von sich zu geben.
 

Ich packe ihn am Kragen, strecke mich ein wenig und dann tue ich es.

Als sich unsere Lippen treffen, durchbricht mein Herz die Schallmauer. Meine Knie werden weich wie Watte und mein Bauch scheint sich in seine Bestandteile aufzulösen.

Erst befühle ich Pauls Lippen nur vorsichtig, doch als ich spüre, dass Paul auf meinen Kuss anspringt, werde ich mutiger und fange an, verspielt an seiner Unterlippe zu saugen.

Blind und nur mit größter Anstrengung kann ich noch ein paar meiner Gehirnregionen dazu auffordern, Paul den Geldschein zurück in seine Hosentasche zu stecken. Aber nicht klammheimlich, so wie er es bei mir getan hat. Näh! Ich schiebe ihn den gefalteten Schein in seine Gesäßtasche. Sehr, sehr langsam und so tief es geht, wobei ihn ihn ganz genau spüren lasse, was ich da tue.

Paul gibt ein Knurren von sich, das ich sofort unterbinde, indem ich mit meiner Zunge zwischen seine Lippen fahre. Bereitwillig teilen sie sich für mich.

Seufzend dringe ich in das mir noch fremde Reich ein.

Pauls Zunge begrüßt mich vorsichtig, stupst meine leicht an, lädt sie zum Spielen ein. Ich glaube, der Raum beginnt sich gerade um uns herum zu drehen …

Meine Hand steckt immer noch in seiner Gesäßtasche und ich habe auch nicht vor, sie so schnell wieder dort hervorzuziehen.

"Leute? Wo bleibt ihr de… Oh!" Ma!

Paul zuckt von mir weg, aber ich bleibe gelassen. "Siehst du? SO küsst man jemanden richtig", grinse ich Paul an, lecke mir über die Lippen, während ich seinen Hintern leicht kneife. Erst dann ziehe ich meine Hand wieder aus seiner Hosentasche, drehe mich zu meiner Mutter um und verlasse die Küche. Vergnügt zwinkere ich ihr im Vorbeigehen zu.
 

Mein armes Herz will sich gar nicht mehr beruhigen, aber ich war noch nie so euphorisch wie in diesem Moment.

Immer noch mit weichen Knien lasse ich mich auf die Couch fallen. Meine Gedanken wirbeln im Kopf wild herum und auf meinen Lippen kann ich immer noch Paul schmecken. Was er jetzt tun wird?

Gespannt warte ich darauf, dass Paul und Ma zu mir kommen. Einen kleinen Moment wird das noch dauern, fürchte ich. Ich kann beide leise in der Küche miteinander reden hören, doch ich widerstehe dem Drang, ihnen zu lauschen.

Sollen sie reden. Ich lehne mich derweil zurück und … Was ist das?

Auf dem Wohnzimmertisch ist unser altes Monopoly Spiel aufgebaut. Das haben wir damals immer zusammen gespielt. Paul und ich gegen Ma.

Ich fasse es nicht, dass sie es hervorgeholt hat!

Schmunzelnd fische ich mir das kleine Auto aus der Schachtel. Das hatten Paul und ich immer. Meine Mutter wollte immer den Fingerhut.

Einmal habe ich in einem unbeobachteten Moment eins der Hotels gemopst und auf die Schlossallee gestellt. Ma hat es nicht mitbekommen. Oder nur so getan, als ob. Paul dagegen schon, doch er hat geschwiegen, auch wenn er mir stumm zu verstehen geben hat, dass das nicht richtig war.

Gewonnen haben wir trotzdem nicht. Paul musste mich trösten. Ich war schon immer ein schlechter Verlierer. Deshalb spielen andere auch nicht gern mit mir Karten oder andere Gesellschaftsspiele. Nur meine Mutter hält sich dabei tapfer. Und Paul natürlich. Mit ihm war verlieren immer nur noch halb so schlimm.
 

Als ich Schritte höre, richte ich mich auf und schaue zur Wohnzimmertür.

Ma erscheint als erste. Danach Paul. Sein Blick ist durchdringend und starr auf mich gerichtet.

Ist er etwa sauer wegen des Kusses?

Meiner Mutter ist nichts dergleichen anzusehen. Sie rückt sich den Sessel zurecht und Paul setzt sich neben mich. Genau wie früher. Immer noch hält mich sein Blick gefangen. Langsam wird mir unwohl. Hat meine Mutter etwa was damit zu tun?

Plötzlich ein leiser Schlag. Paul hat mit der geschlossenen Faust mitten aufs Spielbrett geschlagen. Nicht fest, aber deutlich hörbar.

Er öffnet seine Hand. Zum Vorschein kommt der hundert Euro Schein. "Wer gewinnt, bekommt ihn", erklärt er und lässt den Schein dort liegen.

"Okay", sage ich verwundert.

"Und noch was", fügt er an. "Hättest du letztens nicht dagestanden wie eine erstarrte Salzsäule, hätte ich dich auch ordentlich geküsst." Eh … Was?

Noch während ich dabei bin, Pauls Worte zu analysieren, packt er mich im Nacken, zieht mich zu sich und presst seinen Mund auf meinen.

Erst bin ich so überrumpelt, dass ich nur dasitze. Doch dann kommt mein langsam arbeitendes Hirn endlich hinter Pauls Worte.

Er will also nicht, dass ich Salzsäule spiele? Fein! Das kann er haben.
 

Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken und schiebe mich halb auf seinen Schoß. Schräg hinter mir fängt Ma an, komische Quietschlaute von sich zu geben. Sie scheint sogar in die Hände zu klatschen. Höchst irritierend, aber ich kümmere mich nicht weiter darum. Soll sie halt quietschen und klatschen.

Mein oberstes Ziel ist es, bei unserem Kuss die Oberhand zu gewinnen und Paul so zu zeigen, dass er mich nicht mehr so leicht aus der Bahn werfen kann. Das dürfte ab dieser Sekunde vorbei sein. Aber das ist gar nicht so leicht, denn Paul hat überzeugende Mittel auf Lager …

Gut. Ich gebe mich geschlagen. Und wirklich verlieren tue ich ja dabei auch nicht …
 

Wir kippen ein wenig zur Seite, bis wir gegen die Rückenpolster der Couch lehnen. Seufzend lasse ich eine Hand über Pauls Brust wandern, der sich ein Stück auf mich schiebt. Da er ein Hemd mit Knöpfen trägt, kann ich mit meinen Fingern zwischen die seitlichen Öffnungen tauchen, aber bedauerlicherweise fühle ich den Stoff eines Unterhemdes und kann die warme Haut darunter nur erahnen.

Vielleicht weiter unten … Dann könnte ich beide Stoffe einfach nach oben schieben, und …

Unser Kuss endet. Verwirrt öffne ich die Augen und schaue geradewegs in Pauls. Sie sind braun. Wie dunkle Schokolade … "Fang nichts an, was du auch nicht zu Ende bringen kannst", raunt er mir zu und geht plötzlich auf Abstand. Ich soll was nicht?

Jemand räuspert sich. "Soll ich vielleicht für ein paar Stunden von hier verschwinden?" Ma!

Die habe ich ja total vergessen!
 

Ich glaube, meine Hautfarbe nähert sich dem Ton einer vollreifen Tomate, als ich mich wieder aufsetze. "Tschuldigung", murmle ich und wische mir übers Gesicht.

"Dafür nicht, mein Schatz", lacht meine Mutter. "Können wir jetzt anfangen? Die Hundert Euro könnte ich echt gut gebrauchen."
 

***
 

"Es war so schön, dass ihr beide da wart." Ma drückt mir fast die Luft aus den Lungen und wiegt mich hin und her. "Vor allem wegen dem hier." Hinter mir höre ich Papier in der Luft flattern. Der Hunderter. Sie hat mal wieder gewonnen.

"Ja. Es war schön", krächze ich. "Ma! Du schnürst mir die Luft ab!" Meine Mutter lässt mich endlich wieder los. Sie sieht so glücklich und stolz aus. Schon den ganzen Tag lang und ich glaube, ich kenne auch den Grund dafür.

Der Grund steht neben mir und ist nach mir dran, von Ma halb erwürgt zu werden. "Tschüsschen Paul", murmelt sie an dessen Schulter. "Und lass bald mal wieder etwas von dir hören."

"Mache ich auf jeden Fall."

Sie lässt ihn los und sieht uns abwechselnd an. Gleich kommt noch was. Irgendwas peinliches. Ich höre es schon. Gleich … Einen Moment noch … Dauert nicht mehr lang … "Machts gut ihr zwei. Und treibt es heute Abend nicht zu bunt, ja? Es ist schließlich Karfreitag." Innerlich schlage ich die Hände über den Kopf zusammen.

"Tschau, Ma. Auf nimmer Wiedersehen." Ich gehe flüchten.
 

Paul ist vorhin mit dem Taxi gekommen, weshalb ich ihm angeboten habe, ihn nach Hause zu fahren. Meine Mutter ist schier ausgeflippt. Aus Freude. Ich mag gar nicht wissen, was die jetzt denkt.

"Ihr beide wärt ein so süßes Paar! Und scheißt auf den Altersunterschied! Ihr passt perfekt zusammen. Schon immer", frohlockte sie vorhin während des Spiels. Was will man darauf erwidern?

Mal ganz abgesehen davon, dass Paul und ich noch kein einziges Wort über alles verloren haben - wann auch? - ist es noch ein bisschen zu früh, um über irgendwelche Partnerschaften zu mutmaßen.

Ma guckt definitiv zu viele Schnulzenfilme. Das färbt ab.
 

"Wohin?", frage ich Paul, als wir in meinem Auto sitzen.

"Vorn an der Hauptstraße rechts. Dann erstmal immer gerade aus."

"Oki doki." Ich fahre los.

Mein Griff ums Lenkrad ist leicht verkrampft. Jetzt allein mit Paul zu sein, macht mich doch wieder nervös. Will er denn gar nicht mit mir über heute reden?

Ich schiele heimlich zu ihm rüber. Er schaut ungerührt durch die Frontscheibe.

Okay, dann muss ich eben anfangen. "Paul?"

"Hm?"

"Wegen dem Kuss …"

"Welchen?"

"Was?" Wie, welchen? Tut er jetzt so, als wäre das nie passiert?

"Na wegen welchem Kuss. Der, der von dir aus ging, oder meinen?" Er grinst.

Idiot! Er hat mich wieder erwischt! Dennoch fällt mir ein Stein vom Herzen.

"Wegen beiden", murre ich und biege auf die Hauptstraße ab.

"Was ist damit? Waren sie nicht gut?" Leises Lachen. Der stellt Fragen!

"Sie waren ganz passabel", antworte ich grinsend. "Ausbaufähig."

"Ausbaufähig?! Das hat mir noch niemand gesagt."

"Damit meine ich, wir könnten noch mehr Übung gebrauchen." Versteht er den Wink? Falls nicht, sage ich es besser noch ein bisschen deutlicher. "Zu dir immer weiter geradeaus, richtig?"

"Richtig." Keine Ahnung, ob das jetzt verstanden hat. "Üben hört sich nicht schlecht an", greift er das Thema – zum Glück! - wieder auf.

"Ganz meine Rede", freue ich mich, allerdings kommt sonst weiter nichts mehr von ihm aus dieser Richtung.
 

Paul lotst mich bis vor seine Wohnung.

"Schöne Gegend", merke ich an und stelle den Motor aus. "Und hier wohnt Anton?"

"Ja. Da drüben. Ganz oben." Er deutet an mir vorbei aus dem Fahrerseitenfenster.

"Schick." So wohnt der Boss des Velvets also. Eine riesige Terrasse zieht sich ums Haus. Nobel, nobel.

"Also dann …", reißt Paul mich aus meinen Betrachtungen.

"Also dann …", plappere ich ihm nach.

"Der Tag war wirklich schön."

"Fand ich auch."

"Ja …" Paul lehnt sich zu mir rüber. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen.

Der Kuss, der folgt, ist ganz anders, als die paar Male zuvor. Er ist zärtlicher, beinahe schüchtern. Er ruft eindeutig nach mehr. Nach erforschen, fühlen und noch so vielen anderen Dingen die es zu entdecken gibt …

Zu meinem Bedauern beendet Paul den Kuss nach kurzer Zeit wieder. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass wir das gleich weiterführen werden. Vorzugsweise in seiner Wohnung und nicht in meinem Auto.

"Also dann …" Schon wieder? Okay. Ich spiele wieder mit.

"Also dann", grinse ich und beiße mir auf die Unterlippe.

"Schlaf gut. Und fahr vorsichtig." Ähm … Soll das ein Scherz sein?

Anscheinend nicht. Paul streichelt mir sanft über die Wange, lächelt mich an und … steigt aus!
 

Sprachlos schaue ich ihm nach, sehe zu, wie er die kurze Einfahrt hinaufläuft und dann vor der Haustür stehen bleibt, anscheinend um seinen Schlüssel aus der Jacke zu fischen.

Habe ich irgendwas verpasst, oder wieso flüchtet Paul einfach, obwohl doch alles darauf hingedeutet hat, dass wir zusammen …? Oder habe ich was falsch verstanden?

Was zum Teufel ist hier gerade passiert?
 

******
 

Ohje. Schon wieder ein ungeplanter Cliffhänger. I am sooooo sorry.

Aber morgen früh geht es wieder weiter. Versprochen!

07.

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

07. (Ohne Adult)

07.
 

Es dauert keine drei Sekunden, da springe ich auch schon aus dem Auto und spurte die Einfahrt hinauf.

Paul hat die Haustür schon auf geschlossen, ist kurz davor, das Haus zu betreten. "Paul! Warte!"

Überrascht hält er inne und dreht sich zu mir um. "Ole? Ist noch irgendwas?" Ob noch irgendwas ist?! Natürlich, du Dödel! Ich will jetzt bei dir und mit dir zusammen sein! Und nicht von dir zurückgelassen werden. Nicht schon wieder!
 

Paul sieht mich verwundert an. Zugegeben. Womöglich gebe ich einen ziemlich merkwürdigen Anblick ab, so hektisch wie ich auf ihn zurenne, doch das kratzt mich nicht.

"Ole?", wiederholt er, als ich fast bei ihm bin.

Ich bleibe ihn eine Antwort schuldig. Vorerst.

Stattdessen springe ich ihm an den Hals und versiegle seinen Mund.

Etwas klimpert. Sein Schlüssel? Egal! Nach einer kurzen Schrecksekunde schieben sich Pauls Arme um meine Taille. Wir küssen uns, bis wir außer Atem nach Luft schnappen müssen.

"Was …?" Paul lächelt entgeistert.

"Nicht schon wieder", keuche ich. "Hau nicht schon wieder ab."

Pauls Stirn legt sich in Falten. "Ich haue nirgends wo hin ab."

"Dann ist ja gut." Abermals stürme ich seinen Mund, doch Paul schiebt mich sanft aber bestimmt von sich weg.

"Warte." Er räuspert sich. "Wir können hier nicht so stehen bleiben. Komm mit rein. Dann reden wir. Okay?"

"Ist gut." Reden? Ja. Vielleicht wäre das nicht schlecht. Auch wenn mir nach Reden überhaupt nicht der Sinn steht.
 

Ich fühle mich, als hätte ich schon Ewigkeiten hierauf warten müssen. Bekloppt! Nicht wahr? Aber so empfinge ich in diesem Moment. Als würde mein jüngeres Ich aus der Vergangenheit plötzlich wissen, weshalb mir Paul schon immer so sehr am Herzen gelegen hat und noch immer liegt, und will dies nun endlich voll und ganz auskosten, jetzt, wo die Katze aus dem Sack ist.
 

Paul bittet mich ins Haus hinein. "Dritter Stock." Er deutet zur Treppe und lässt mich vor, während er schnell seinen heruntergefallenen Schlüssel wieder aufhebt.

Der Flur ist für ein Mietshaus ziemlich großzügig geschnitten. Er ist hell und eher schlicht gehalten. Gefällt mir.

Oben, vor Pauls Wohnung, warte ich, bis er zu mir aufgeschlossen hat und die Wohnungstür öffnet.

Er führt mich in sein Wohnzimmer. Auch hier ist viel Platz. Schlichte Möbel in weiß und grau. Auch das gefällt mir. Es wirkt edel aber auch gemütlich. "Magst du etwas trinken?", fragt er mich und knetet sich die Finger wund.

Da ist er wieder, der nervöse Paul. Aber wieso ist er das? Ich meine, es liegt doch auf der Hand, dass ich ihn genauso will, wie er mich. Weshalb also, ist er wieder so dermaßen verkrampft?

"Nein", antworte ich und setze mich. Mit der rechten Hand klopfe ich leicht neben mir auf das graue Polster. Paul gehorcht und setzt sich zu mir. Immer noch verknoten sich seine Hände miteinander. So geht das nicht!

Ich lege meine Hände auf seine und halte sie fest. "Warum bist du so nervös?", frage ich ihn gerade heraus. "Dazu gibt es doch keinen Grund."

"Wenn das so einfach wäre", seufzt Paul. Was will er denn damit sagen?
 

Pauls Finger verflechten sich mit meinen, halten dann aber endlich still. "Das mit dir, die Gefühle, die sich in mir in den wenigen Tagen für dich entwickelt haben … Das ist nicht so leicht für mich zu verarbeiten, weißt du?" Er sieht mich an. Beinahe hilflos.

"Du meinst, wegen damals?", rate ich, wobei ich mir eigentlich sehr sicher bin, damit richtig zu liegen. Tatsächlich nickt Paul.

"Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll dir alles zu erklären." Paul scheint überfordert zu sein. Wollte er deshalb, dass ich wieder heim fahre? Weil ihn das alles überfordert?

"Am besten am Anfang", versuche ich ihm zu helfen, drücke seine Hände leicht und lächle ihn aufmunternd an.

"Am Anfang …" Pauls Blick fixiert einen unsichtbaren Punkt vor sich und beginnt zu erzählen.
 

"Als ich deine Mutter kennenlernte, war ich erst zweiundzwanzig. Wie du weißt, waren wir Arbeitskollegen, doch die ersten beiden Jahre hatten wir kaum etwas miteinander zu tun. Bis dieser Auftrag reinkam, an dem wir zusammen arbeiten sollten.

Wir freundeten uns praktisch sofort miteinander an, lagen auf einer Wellenlinie, doch ich merkte recht schnell, dass seine Mutter, nun ja …"

"Scharf auf dich war", grinse ich. "Davon hat sie mir auch schon erzählt."

Paul lächelt schmal. "Sie war noch mit deinem Vater zusammen, und ich wusste noch nicht, dass es in ihrer Ehe kriselte. Deshalb dachte ich, es wäre nicht weiter schlimm. Bloß eine Schwärmerei. Aber dann …"

"Hat sie dir einen Kuss verpasst. Ich weiß, ich weiß." Paul lacht leise. Ich beiße mir auf die Unterlippe. Noch immer hat sein Lachen diese wahnsinnige Wirkung auf mich.

"Dann weißt du bestimmt auch, dass ich zu der Zeit noch ungeoutet war?" Ich nicke. Paul atmet tief ein. "Für mich war das alles nicht einfach. Ich hatte Angst davor, jemanden zu sagen, dass ich auf Männer stehe. Besonders meinen Eltern. Deine Mutter war die erste, der ich es erzählt habe. Notgedrungen." Er lächelt leicht. Das wusste ich noch nicht. "Das war alles andere als leicht für mich, aber deine Mutter hat es wirklich toll aufgenommen. Sie hatte schon immer ein großes Herz, was es mir umso leichter gemacht hat, in ihrer Gegenwart der zu sein, der ich bin. Dabei wäre es so viel einfacher gewesen, mich zu verstecken, vielleicht sogar auf Ediths Avancen einzugehen, aber ich konnte es nicht. Ich wollte sie nicht belügen, also sagte ich ihr die Wahrheit."

"Das war sicher hart für dich." Ich kann mich noch verdammt gut daran erinnern, was für ein riesiges Muffensausen ich bekam, als ich beschlossen hatte, Ma meine Homosexualität zu 'beichten'. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie so gut darauf reagieren würde, wie sie es daraufhin getan hat.

"Am Ende ging es mir leichter über die Lippen, als ich vermutet hatte", meint Paul grinsend. "Bei deiner Mutter ist es mir wesentlich leichter gefallen, als hinterher bei meinen Eltern. Aber das war erst viel später und davon erzähle ich dir ein anderes Mal."

"Okay." Das würde mich zwar auch brennend interessieren, aber es gibt wichtigeres zu klären.
 

"Wie dem auch sei. Trotz des Outings vor deiner Mutter blieb immer das Gefühl, ich könnte es so schön und einfach haben, wäre ich nicht schwul. Zudem warst du noch da, und es war so wundervoll mit dir und Edith, dass ich manchmal wirklich das Gefühl hatte, wir wären eine kleine Familie." Paul lacht auf, schüttelt jedoch den Kopf. "Es war so leicht, sich in diese Fantasie zu flüchten, zu verdrängen, dass es in Wirklichkeit niemals so sein wird."

"Aber irgendwie waren wir das doch. Eine Familie", erwidere ich. "Mein Pa war so gut wie nie da. Du schon. Du warst beinahe eine Art Vaterersatz für mich." Mein Onkel Pauli.

"Siehst du?", sagt Paul und schluckt nervös. "Genau deshalb fühlt sich das mit uns so … so merkwürdig und falsch an."

"Falsch?" Jetzt reicht es aber mal! "Wir haben uns seit fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gesehen! Du warst zwar in den paar Jahren, in denen du bei uns warst, ein sehr wichtiger Teil meines Lebens, aber das bedeutet noch lange nicht, dass wir hier irgendwas unethisches tun." Also bitte! "Wir sind ja nicht blutsverwandt!"

"Ich weiß das doch auch alles", sagt Paul. "Trotzdem kann ich nichts gegen diese Gedanken tun." Mein armer Pauli. Wie kann ich ihm diese Gefühle bloß nehmen?
 

Plötzlich sieht mich Paul an und grinst dabei. "Was?"

"Du bist so unfassbar erwachsen geworden."

"Na das hoffe ich doch!"

Schmunzelnd haucht er mir einen Kuss auf die Stirn und verweilt dort einen Augenblick. "Weißt du", wispert er gegen meine Haut, wovon ich eine Gänsehaut bekomme. "Als Jenny, meine Sprechstundenhilfe, zu mir ins Behandlungszimmer kam, und sagte, ein gewisser Ole Leinweber würde nach mir fragen und mich sehen wollen, ist mir beinahe das Herz stehen geblieben."

Ich muss lachen. "Dein Gesicht hätte ich zu gerne gesehen." Ich fühle, wie Pauls Mundwinkel zucken. Ich schließe die Augen und genieße dieses schöne, warme Gefühl, während Paul weiter erzählt.

"Nachdem ich dich dann endlich empfangen konnte, war ich total überrascht von dir. Du siehst deiner Mutter ziemlich ähnlich."

"Bitte?!" Dahin ist das warme Gefühl. Ist nicht sein Ernst!

"Das meine ich als Kompliment. Deine Mutter ist eine schöne Frau."

"Wenn du das sagst."

Wieder lacht er, küsst mich Paul auf die Stirn und löst sich danach leider wieder von mir. "Sage ich", haucht er mir zu und sieht mir so tief in die Augen, dass mir schwindelig wird. "Du hast mich total aus dem Konzept gebracht." Dito mein Lieber. Und das tust du noch. "Erst dachte ich mir nicht groß etwas dabei, aber dann wurde es immer schlimmer. Mit dir zusammen im Club, das war … verdammt verwirrend."

"Das hat man dir aber nicht angemerkt."

"Ich habe mich auch bemüht mich normal zu verhalten." Mission geglückt. Aber vielleicht habe ich davon auch nicht mitbekommen, weil ich mit mir selbst zu tun hatte.

"Auf der einen Seite bist du noch genauso wie damals", fährt er fort. "Niedlich, besitzergreifend, leidenschaftlich bei dem was du tust und fröhlich. Aber auf der anderen Seite bist du jetzt ein Mann. Ein überaus attraktiver und anziehender Mann, der selbstbewusst durchs Leben geht und der sich nicht scheut, seinen Vermieter wegen einer Mieterhöhung zur Schnecke zu machen."

"So selbstbewusst bin ich gar nicht", gestehe ich. "Ich tue meist so, weil es eben sein muss." Ich zucke mit den Schultern.

"Das glaube ich dir nicht. Wahrscheinlich siehst du es nur selbst nicht, aber du bist selbstbewusst. Vertrau mir. Denn sonst wäre der Tag heute ganz anders verlaufen." Das verstehe ich nicht.

"Wie wäre er denn verlaufen?"

"Anders", sagt Paul bloß.

"Wie, anders?"

"Du würdest zum Beispiel nicht hier sitzen, wärst du mir vorhin nicht nachgelaufen. Und zuvor geküsst hätten wir uns wahrscheinlich auch nicht, denn im Gegensatz zu dir bin ich immer noch ein Feigling, wenn es um tiefere Gefühle geht." Ich lasse mir seine Worte einige Momente lang durch den Kopf gehen. Irgendwo hat er vermutlich recht. Trotzdem hat er etwas sehr wichtiges vergessen.
 

"Sehr feige, mich einfach in meinem Bistro zu küssen", erinnere ich ihn. "Und damit weitere Küsse in der Wohnung meiner Mutter zu riskieren." Ohne diesen Kuss hätte ich ihn heute niemals zurückgeküsst.

"Ich bin nach dem Kuss im Bistro fast gestorben", seufzt er. "Ich dachte, jetzt will er mich nie wiedersehen."

"Ah ja. Und danach bist du zu meiner Mutter, um mit ihr darüber zu reden." Verstörter Blick. "Sie hat es mir erzählt", gestehe ich.

"Natürlich", schnaubt Paul.

"Selbst schuld", grinse ich. "Meine Mutter hat nicht nur ein großes Herz, sondern auch eine noch größere Zunge."

Paul nickt schmunzelnd. "Mit irgendjemanden musste ich aber reden. Und das konnte ich nur mit ihr." Verständlich. "Sie hat mir ganz schön den Kopf gewaschen", lacht er.

"Genutzt hat es aber nicht viel, wie ich sehe."

Paul verzieht den Mund. "Ich kann nichts gegen diese Schuldgefühle machen. Ich muss ständig daran denken, wie es damals war. Ich sehe dich ständig als kleiner Junge, der mir so sehr vertraut hat und bekomme Angst, das jetzt irgendwie auszunutzen. Dann noch der große Altersunterschied zwischen uns ..."

"So ein Unsinn!", tadle ich ihn. "Erstens musst wirklich keine Schuldgefühle haben und zweitens ist mir der Altersunterschied schnurzegal! Und ausnutzen tust du hier auch niemanden", rede ich auf ihn ein. Ich muss es schließlich am besten wissen. "Außerdem ...", schnurre ich und lege mein Kinn auf Pauls Schulter ab. "… finde ich kleine Daddy-Spiele ziemlich heiß."

"Ole!" Mein 'Daddy' verdreht die Augen.

"Nichts Ole!" Ich glaube, ich muss es ihm deutlicher machen. "Ich bin auf dem besten Weg, mich heftigst in dich zu verlieben, Paul. Vielleicht gerade wegen damals. Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal. Diese wunderbaren Gefühle sind da und ich werde einen Teufel tun, und damit weiter hinter den Berg halten." Die paar Tage, in denen ich das gemacht habe, haben mir definitiv gereicht.
 

Ich sehe, wie Pauls Adamsapfel einige Male auf und ab hüpft. Sein Blick versengt mich fast, doch ich halte ihm stand und hoffe, dass ich ihm auf diese Weise irgendwie telepathisch deutlich machen kann, was er für mich bedeutet.

Eine seiner Hände löst sich aus unserem Händekuddelmuddel und legt sich auf meine Wange. So schön warm ... "Ich bin nicht auf dem besten Weg mich in dich zu verlieben. Ich bin es bereits", flüstert er mir kaum hörbar zu.

Mein Herz macht einen Sprung. "Warum reden wir dann noch?", frage ich ihn, ehe sich unsere Lippen finden.
 

Ich lasse Pauls Hand los, greife stattdessen in sein Haar und seinen Nacken, um ihn näher an mich zu ziehen.

Paul kommt meinem stummen Wunsch umgehend nach, schmiegt sich dicht an mich und drückt mich auf diese Weise langsam auf die Couch nieder. Als ich auf ihr und unter Paul zum liegen komme, streife ich mir hastig die Schuhe von den Füßen. Diese Position wird sonst schnell ziemlich unangenehm. Ohne Schuhe kann ich mich viel besser bewegen und muss nicht aufpassen, wo ich hintrete. Hauptsache ich trete Paul nicht …

Apropos Paul.

Der scheint seine Bedenken endlich komplett über Bord geschmissen zu haben. Ganz souverän übernimmt er die Führung, die ich ihm nur zu gern überlasse, fährt mit seiner Rechten über meinen Oberkörper und traut sich sogar ein kleines Stückchen unter mein Oberteil. Genau am V-Ausschnitt meines Shirts, wo er sanft über meine Brust streichelt.

Mir entkommt ein leises Keuchen und ich biege mich seiner tastenden Hand sehnsüchtig entgegen. Meine Hände schicke ich ebenfalls auf die Reise. Knopf um Knopf schiebe ich durch die kleine Öse, öffne auf diese Weise nach und nach Pauls Hemd, das ich ihm anschließend über die Schultern streife. Er fummelt sich eilig aus dem Hemd und gleich darauf auch noch aus dem dünnen Unterhemd darunter.

"Weg damit", lache ich und reiße es ihm aus den Händen, nur um es von mir zu werfen. "Das wollte ich schon vorhin machen."

"Während deine Mutter zugeschaut hätte?", amüsiert sich mein Pauli.

"Hm … Nein. Eher nicht." Verspielt lasse ich meine Fingerspitzen über Pauls Oberkörper gleiten. Sein kleiner Wohlstandsbauch ist nicht nicht unsexy, muss ich zugeben. Seine Brust ist nur spärlich behaart. Nur unten, vom Bauchnabel aus, zieht sich ein dünner Streifen dunkler Haare nach unten. Heiß!
 

Ich lasse meine Hände wieder nach oben gleiten und kreise mit dem Zeigefinger um Pauls linke Brustwarze. Das bringt ihn zum Keuchen und binnen weniger Sekunden verhärtet sich das rosa Knöpfchen. "Diesen Anblick hätte ich ihr nicht gegönnt." Hinterher wallen bei ihr die alten Gefühle wieder auf! Und das wollen wir auf keinen Fall riskieren. Mein Pauli! Jetzt erst recht!

"Immer noch so besitzergreifend … Du änderst dich nie, was?"

"Ungern", grinse ich und frage mich, ob er Gedanken lesen kann. Aber wahrscheinlich sind meine Gedanken auch nicht schwer zu erraten gewesen.

"Damit kann ich leben", schmunzelt mein Paul und raubt mir abermals heiße Küsse.
 

Ich nutze die Chance um Pauls Mundhöhle einer ausgiebigen Untersuchung zu unterziehen. Taste mit meiner Zunge seinen Gaumen ab, fahre erst die obere, dann die untere Zahnreihe entlang. Pauls Zunge folgt mir, als wolle sie mich kontrollieren, oder mich nicht allein auf Erkundungstour schicken. Kichernd stupse ich sie an, was sie anscheinend als Einladung ansieht, sich nun bei mir umzuschauen.

Fein. Soll sie das tun …
 

*
 

Ich setze mich neben Paul, schmiege mich an ihn und kraule über seinen Bauch, der sich immer noch schnell senkt und hebt.

"Ole", haucht er und greift nach meiner Hand. Unsere Finger verschränken sich ineinander.

Eine Weile bleiben wir so sitzen, sagen kein Wort miteinander. Bis es mir eindeutig zu kalt wird.

Mit Paul zusammen nackt auf der Couch zu sitzen ist nur spaßig, wenn man dabei Bewegung hat, wenn ihr versteht.

"Mich friert es", schlottere ich.

"Ich nehme nicht an, dass du jetzt noch nach Hause fahren möchtest?"

"Da fragst du noch?" Natürlich will ich hier bleiben!

"Sicher ist sicher. Du erinnerst dich bestimmt noch an den letzten Versuch, eine Nacht bei mir zu überstehen?" Paul lacht leise und ich beginne mich leise an ein Ereignis zu erinnern, dass mir im Nachhinein total peinlich war.

Mein erster und einziger Übernachtungsbesuch bei Paul endete damit, dass er mich um kurz nach zehn Uhr abends wieder zurück zu meiner Mutter fahren musste, weil ich vor lauter Heimweh heulend auf seinem Gästebett gelegen habe.

"Ich schwöre dir, du musst mich nachher nicht zu Ma fahren", brumme ich.

"Okay", grinst Paul. "Dann mal ab ins Bett mit dir, bevor du dich noch erkältest."

Er nimmt mich an der Hand, steht auf und zieht mich mit sich.

Dabei komme ich nicht umhin, seine Rückseite zu bewundern. Ziemlich knackiger Hintern für einen fast Fünfzigjährigen.

Ich kann nicht anders und betatsche ihn ein wenig. "Frech wie eh und je", meint Paul und zieht mich in sein Schlafzimmer.

"Das passiert, wenn man vor mir nackt durch die Bude hüpft." Bin schließlich auch nur ein Mann.

Paul grinst bloß und krabbelt mit mir zusammen in sein Bett.
 

Ein wirklich großes Bett hat er. Eins dieser Boxspring Dinger.

"Bequem", lautet mein Urteil, nachdem ich liege und testend auf und ab gewippt bin.

"Nicht wahr?" Paul liegt mir seitlich zugewandt, den Kopf auf seine Hand gestützt und sieht mich nachdenklich an.

"Alles okay?", frage ich.

"Könnte besser nicht sein", flüstert er und gibt mir einen kurzen Kuss.

"Kein schlechtes Gewissen oder Vorwürfe mehr?" Kopfschütteln. "Gut!" Ich drehe mich ebenfalls zu ihm und schiebe einen Arm auf um seine Hüfte.

Paul streichelt über Oberarm, hinauf zu meinem Hals, wo er die Hand auf meine Wange legt. So schön warm … "Ich wollte damals nicht gehen", sagt er plötzlich.

"Was meinst du damit?" Er wollte nicht gehen?

"Nach England. Ich wollte absagen, aber …" Paul atmet tief ein und senkt den Blick.

"Was aber?" Was kommt denn jetzt?

"Es war einfach alles so eingefahren zu der Zeit, verstehst du?" Nein! Ich verstehe gar nichts. Deshalb schüttle ich den Kopf. "Kurz um: Ich musste hier weg, obwohl ich es nicht wollte."

"Und weshalb?" Mir geht immer noch kein Licht auf. Wegen des Jobs? Brauchte er das Geld?

"Meine Mutter drängte mich ständig, ich solle doch endlich mal eine Freundin mit nach Hause bringen. Ob ich denn nicht bald mal eine Familie gründen wollen würde." Ach so. Paul war damals noch ungeoutet.

"Aber mit 23 … Da heiratet man doch noch nicht. … Außer meine Eltern, aber daran war ich schuld, sozusagen."

Paul lächelt schmal. "Ich komme aus einem kleinen Dorf. Keine zwanzig Kilometer von hier entfernt. Dort lässt man sich nicht viel Zeit mit dem Familiegründen."

"Pff!", mache ich. "So ein vorsintflutliches Denken!"

"So ist das aber", sagt Paul achselzuckend. "Besonders damals war das so."

"Und deshalb bist du abgehauen?"

"Ja." Ich würde ihn gerne als Idioten betiteln, aber ich weiß von Freunden, wie furchtbar der familiäre Druck sein kann. Geoutet oder nicht. Da ist die Flucht meist das einzige Mittel. "Außerdem war die Versuchung viel zu groß, Edith und dich als meine Alibifamilie zu missbrauchen. Und das wollte ich auf keinen Fall." Alibifamilie … "Ich war kurz davor, mich der Einfachheit halber selbst zu verleugnen. Dann kam das Angebot aus England und ich zog die Reißleine. Auch wenn es mir unglaublich schwer gefallen ist, von hier weg zu gehen."

"Und dann? Du hast dich doch irgendwann vor deinen Eltern geoutet, nicht?" Paul nickt.

"Das war erst viel später. Ich war mitten in meiner Umschulung. Da lernte ich Christian kennen." Paul lächelt verträumt. "Wir verliebten uns ineinander. Er war der erste Mann, mit dem ich mir vorstellen konnte, ein gemeinsames Leben aufzubauen. Und da entschloss ich mich, es meinen Eltern zu sagen."

"Wie reagierten sie?"

"Nicht gut", seufzt Paul. "Es herrschte über ein Jahr Funkstille zwischen uns."

"Das tut mir leid." Ein Jahr! Für mich undenkbar. Ma und ich zanken uns zwar öfter, aber ich will sie nicht missen. Dadurch, dass mein Vater so gut wie nie da war, war unsere Beziehung schon immer sehr eng.

"Ich hatte mit so etwas gerechnet", meint Paul. "Am Ende haben wir es geschafft, wieder halbwegs normal miteinander auszukommen. Nur das Thema Homosexualität blenden sie immer noch geflissentlich aus." Was für furchtbare Eltern! "Aber wenigstens reden sie wieder mit mir." Ich schmiege mich tröstend an Paul. Er umarmt mich und seufzt zufrieden. "Ich habe mich damit arrangiert", flüstert er in mein Haar.

"Ich finde es trotzdem doof von deinen Eltern." Was sie wohl dazu sagen würden, wenn sie erführen, dass Paul und ich … Besser nicht darüber nachdenken. Das deprimiert mich nur.

Eine Sache lässt mich aber noch nicht los.
 

"Und was wurde aus dir und Christian?" Die große Liebe war es ja offensichtlich nicht.

"Das mit Christian und mir hat ziemlich stürmisch begonnen. Leider ist unsere Beziehung nach ein paar glücklichen, gemeinsamen Monaten auch ziemlich schnell wieder abgekühlt. Wir trennten uns. Die Luft war einfach raus."

Ich bekomme ein ungutes Gefühl im Bauch. "Stürmisch?" Besorgt schaue ich zu Paul auf. "Wie bei uns?"

Erst stutzt Paul, lächelt dann jedoch. "Bei uns ist es anders", sagt er und greift unter mein Kinn. "Oder findest du, dass unsere erste Begegnung stürmisch war?"

"Hm … Nein. Nicht wirklich."

"Siehst du? Außerdem kennen wir uns schon länger. Klar, du warst noch klein, aber dein Wesen hat sich kaum verändert."

"Soll das jetzt ein Kompliment sein?", frage ich ihn skeptisch.

"War es für dich keins?"

"Weiß nicht." Paul lacht und rollt sich auf mich. "Ey!"

"Genug geredet", schnurrt er dicht gegen meine Lippen. "Lass uns dort weitermachen, wo wir vorhin im Wohnzimmer aufgehört haben."

"Und das wäre?" Da gäbe es so viele Möglichkeiten zum Weitermachen …

"Das wirst du schon noch sehen", säuselt Paul und versiegelt mir den Mund.
 

******
 

So! Die beiden haben es also geschafft.

Ein Kapitel kommt noch. Aber erst morgen. Ich habs noch nicht ganz fertig. Aber fast. ;-)

08.

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

08. (Ohne Adult)

Hey! ^^
 

Da heute Ostersonntag ist, dachte ich, ich lasse es mal ruhiger angehen. ... Dachte ich. Aber mit dem Denken ist das so eine Sache. Genau wie mit dem Wollen.

Tja. Und was Paul und Ole wollen geht eindeutig in eine andere Richtung als in die von mir geplante xD

Viel Spaß mit dem heutigen Ostersonntagskapitel.
 


 

08. (Ohne Adult)
 

Ein herrlicher Duft holt mich aus dem Schlaf. Eindeutig frisch gebrühter Kaffee. Aber noch etwas anderes micht sich dazwischen. Etwas, das ich kenne, aber mir will nicht einfallen, was genau das ist. Auf jeden Fall duftet es verdammt lecker, sodass ich die Augen öffne und mich umschaue.

Paul ist, wie vermutet, schon aus dem Bett. Warum sonst läge Kaffeeduft in der Luft?

Trotzdem irgendwie schade. Ich hätte gern noch ein wenig mit ihm im Bett herumgelümmelt, mit ihm gekuschelt und vielleicht noch ein bisschen mehr ...

Seufzend drehe ich mich auf die Seite und stecke die Nase in Pauls Kissen. Das duftet auch richtig lecker ...

Aber was ist das nur für ein anderer Geruch? Die Frage lässt mich einfach nicht los, weil mir die Antwort auf der Zunge liegt, doch ums Verderben nicht einfallen will. Außerdem knurrt mein Magen, der dieses Rätsel auch unbedingt lösen möchte.

Es hilft alles nichts. Um den auf den Grund gehen zu können, muss ich Wohl oder Übel aufstehen.
 

Ich schwinge mich aus dem Bett. Hm. Ich bin nackt und meine Kleidung liegt noch im Wohnzimmer. Nachdenklich schaue ich mich um. Dabei fällt mir ein zusammengelegter Stapel Kleidung auf, der am Fußende des Bettes liegt.

Paul hat mir schon frische Klamotten herausgelegt.

Grinsend begutachte ich den Stapel. Ein dünner Pullover, eine Jogginghose sowie eine Boxershorts. Socken liegen auch dabei. Paul ist und bleibt ein hervorragender Onkel, oder?
 

Ich schlüpfe in die herausgelegten Sachen, die mir zwar ein wenig zu groß sind, aber umso kuscheliger, und verlasse das Schlafzimmer.

Der Geruch muss aus der Küche kommen. Nur, wo ist die?

Gegenüber des Schlafzimmers ist das Bad. Das weiß ich schon mal. Da das Wohnzimmer links davon liegt, probiere ich es auf der rechten Seite. Tatsächlich höre ich es aus dieser Richtung klappern und finde daraufhin die Küche.
 

"Morgen", begrüße ich Paul und betrete die Küche.

Paul dreht den Kopf zu mir. "Morgen. Schon wach?"

"Wieso schon? Wie spät ist es denn?"

"Kurz nach zehn", sagt er nach einem kurzen Blick auf seine Armbanduhr.

"Oh." So lange wollte ich gar nicht schlafen.

"Hast du noch etwas vor heute?"

"Nein. Erst später", gähne ich. "Hätte nur nicht gedacht, dass es schon so spät ist." Ich schlurfe rüber zu Paul, der neben dem Herd steht. Ein Gasherd. Nett. "Was hast du da?" Neugierig lehne mich an seinen Rücken und spähe an ihm vorbei um zu sehen, was er da hat. Ein Waffeleisen! "Du machst Waffeln?!" Danach hat es geduftet! Jetzt erinnere ich mich. "Die hast du früher immer gemacht."

"Du warst verrückt danach", schmunzelt Paul. "Ich hoffe, heute ist es noch genauso?"

"Klar! Mit Süßem kriegst du mich immer."

"Ah ja. Gut zu wissen." Paul lacht und lässt frischen Teig auf das Waffeleisen laufen. Gott, sieht das gut aus! "Setz dich ruhig schon mal. Ich bin gleich fertig."

"Okay." Immer noch ein wenig müde setze ich mich an den bereits gedeckten Tisch. Der Kaffee in der Kaffeekanne sieht verführerisch aus. Ich schenke mir etwas davon ein und trinke gierig ein paar Schluck.

Kaum dass ich die Tasse abgestellt habe, serviert mir Paul auch schon einen Turm Waffeln. "Wer soll die denn alle essen?", frage ich ihn.

"Na du."

"Soll ich platzen?"

"Besser nicht", lacht er, tupft mir einen Kuss auf den Hinterkopf und setzt sich dann mir gegenüber an den Tisch. "Wenn du mir ein paar Waffeln davon abgibst, wirst du schon nicht platzen."

"Hm … Dir ein paar von den Waffeln abgeben … Ich weiß ja nicht …" Ich grinse Paul frech an und zupfe mir eins der Waffelherzchen ab, das ich mir daraufhin genüsslich in den Mund stecke. "Hmmmm… Wie früher", schmatze ich. "Sehr lecker." Das weckt Erinnerungen! "Probieren?"

"Wenn du mich lässt." Ein weiteres Waffelherzchen muss dran glauben. Ich halte es Paul vor die Nase, der daraufhin hinein beißt. "Mehr nicht?", fragt er mich, als er es aufgegessen hat.

Gutmütig, wie ich nun mal bin, schiebe ich den Teller voller Waffeln in die Mitte des Tisches, damit Paul sich auch eine nehmen kann.
 

"Du hast also nichts vor heute, richtig?", fragt er mich nach einer Weile gefräßigem Schweigens.

"Fast richtig. Gegen Abend will ich wieder im Bistro sein. Sarah öffnet es nachher, aber wenn das Hauptgeschäft los geht, schafft sie das nicht allein." Unsere Hauptkundschaft kommt meist drüben vom Club. Und der öffnet erst später und ist an Ostern immer gut besucht. "Warum fragst du?" Er will mich doch nicht etwa los haben? Nein! Das kann ich mir nicht vorstellen! … Oder?

"Ich frage nur", antwortet Paul. "Ich habe heute frei. Wir könnten in die Stadt fahren."

"Hört sich gut an." Zeit mit Paul verbringen? Na logo bin ich mit dabei!

"Ich muss noch ein paar Kleinigkeiten für meine Nichten und meinen Neffen zu Ostern besorgen."

"Ach so …" Und ich dachte, er will mit mir etwas unternehmen.

Ich höre, wie Paul leise lacht. "Du brauchst nicht schmollen. Die Besorgungen sind schnell erledigt und den Rest des Tages über gehöre ich dann ganz dir." Woher …? "Wenn du beleidigt bist, ziehst du immer so einen süßen Schmollmund."

"Du bist ein Idiot", brumme ich, was Paul allerdings wieder zum Lachen bringt.

"Ich wusste gar nicht, dass deine beiden Geschwister schon Kinder haben", sage ich zu ihm, nachdem er sich wieder eingekriegt hat.

Paul hat einen kleinen Bruder und eine große Schwester. Das weiß ich noch.

"Nur meine Schwester", erwidert Paul. "Zwei Töchter und einen Sohn." Wow. Da hat sich aber seine Schwester ins Zeug gelegt. Apropos Geschwister.

"Wie haben die beiden eigentlich auf dein Outing reagiert?"

"Relativ gut", antwortet Paul, was mich beruhigt. "Meine Schwester meinte, ihr wäre das schon länger klar gewesen. Nur mein Bruder hatte einige Wochen lang daran zu knabbern. Aber mit ihm verstehe ich mich wieder ganz gut."

"Das freut mich." Ich lächle Paul an, er lächelt zurück. Dabei schlägt mein Herz so schnell, das mir fast schwindelig wird.
 

Ich stelle meine Kaffeetasse ab und schiebe die Hand auf die Tischmitte. Paul versteht sofort und ergreift sie. Umgehend setzt ein warmes Kribbeln in meinem Körper ein und der Hunger auf Waffeln ist wie weggeblasen.

Paul dagegen stibitzt sich eine weitere Waffel vom Stapel und fummelt sie umständlich mit einer Hand auseinander.

"Soll ich dir helfen?", frage ich ihn lachend.

"Geht schon", sagt er und bekommt sie tatsächlich geteilt. Das scheint ihm zu reichen.

Genüsslich beißt er in die halbe Waffel.

Okay. Esse ich auch noch ein wenig. Hinterher ist Paul beleidigt, wenn ich zu wenig esse. Und mal ehrlich. Die Dinger schmecken echt sau lecker!
 

"Verbringst du Ostern mit deiner Mutter?", möchte Paul von mir wissen.

"Ja. Wir fahren morgen früh zu meiner Tante. Dort trifft sich unsere gesamte Familie."

"Schön."

"Eher stressig", lache ich.

"Glaube ich dir. Ist bei uns genauso." Bei wem nicht? "Bist du am Montag dann wieder da?"

"Nicht wirklich", seufze ich. "Ich bin bei Pa."

"Er ist hier?" Ich nicke. Paul sieht nicht begeistert aus.

"Du kannst ihn immer noch nicht leiden", schlussfolgere ich daraus.

"Nein." Darüber hat er noch nie einen Hehl gemacht. "Er hat euch damals im Stich gelassen. Vor allem deine Mutter", sagt er mit einem sehr bissigen Unterton.

Ich könnte ja jetzt behaupten, dass Paul ebenfalls einfach abgehauen ist, aber bei ihm war es was anderes. Er hatte uns gegenüber keinerlei Verpflichtungen. Anders als mein Vater.

"Ich schätze, ihm war damals die Verantwortung viel zu groß. Die Schwangerschaft meiner Mutter ist ein Unfall gewesen. Ein viel zu früher Unfall. Dann die Hochzeit, zu der die beiden sich quasi genötigt gefühlt haben. Es konnte nicht gut gehen. Pa ist davor geflüchtet und meine Mutter musste es ausbaden. Wobei sie es ganz gut geregelt bekommen hat. Sie hat sich durchgekämpft."

"Das stimmt. Sie hat wirklich gekämpft und hat durchgehalten", lächelt Paul. "Trotzdem war es falsch von deinem Vater, seine Familie im Stich zu lassen."

"Er bemüht sich, es wieder gut zu machen", beschwichtige ich ihn. "Ich bin nicht mehr böse auf ihn." Als ich ein Teenager war, war das noch anders. Zu dieser Zeit konnte er mir gestohlen bleiben. Das hat ihn ganz schön mitgenommen, glaube ich. Er konnte lange nicht damit umgehen. Weder damit, einen Sohn zu haben, noch, seine überstürzte Ehe nicht geregelt bekommen zu haben.

"Das freut mich für dich, obwohl er es nicht verdient hat." Paul ist immer noch grantig. Ich wechsle mal lieber das Thema.
 

"Und wie lange bleibst du bei deiner Familie?"

"Ich fahre heute Abend los und bleibe bis Sonntag Abend."

"Dann kann ich heute ja gar nicht bei dir übernachten", schmolle ich traurig.

"Sieht ganz danach aus." Pauls Griff um meine Hand wird fester. "Aber wenn du magst, komme ich Montagabend zu dir. Wenn du wieder von deinem Vater zurück bist."

"Du willst bei mir schlafen?"

"Wenn ich darf."

"Da fragst du noch?"

Glücklich lächle ich meinen Pauli an, was er erwidert, und streichle mit dem Daumen über seinen Handrücken.

Dass wir uns über die Feiertage nicht sehen können, macht mich natürlich traurig, aber die zwei Tage gehen schnell vorbei.

Ich sollte mir nachher wirklich wieder Whats App aufs Handy installieren. So können wir wenigstens ordentlich miteinander texten.
 

Nach dem Frühstück helfe ich Paul noch dabei den Tisch abzuräumen. "Wollen wir dann los?" Paul schaut auf die Uhr. "Hinterher ist so viel los in der Stadt."

"Kann ich noch duschen?", frage ich ihn grinsend.

"Wenn es unbedingt sein muss." Paul zieht mich lächelnd an sich. Ich schmiege mich dicht an ihn und schlinge die Arme um seine Schultern.

"Kommst du mit?" Sanft schmuse ich mit meinen Lippen über seine.

"Soll ich?"

"Wenn du magst …" Aus dem Schmusen wird ein Knutschen.

Das warme Kribbeln kehrt zurück, zusammen mit einem ungeduldigen Ziehen in meinem Unterleib.
 

Eng umschlungen torkeln wir aus der Küche Richtung Bad.

Dort angekommen fummeln wir uns hastig aus den Klamotten, die wir achtlos auf dem Badezimmerboden liegen lassen, bevor wir in die Duschkabine stolpern.

"Achtung", nuschelt Paul gegen meine Lippen. "Kalt." Er schaltet das Wasser ein, das tatsächlich arschkalt ist. Ich versuche dem Wasserstrahl zu entgehen, doch Paul hält mich weiterhin fest, lässt seine Hände über meinen Rücken kreisen und presst sich an mich.

Das kalte Wasser gerät in Vergessenheit und ich klammere mich fester an ihn.

Allmählich wird das Wasser wärmer. Doch nicht nur das …
 

Ich stöhne verlangend und schiebe ein Bein zwischen seine, um ihm noch näher kommen zu können. Doch Paul macht mir einen Strich durch die Rechnung.

Er löst sich von mir und dreht mich um. "Paul?"

"Gib mir mal das Duschgel." Hö? Okay …

Ich reiche es ihm über meine Schulter nach hinten und warte gespannt darauf, was Paul tun wird. Es klickt leise dann spüre ich Pauls Hände auf meinen Rücken, die mich sanft zu massieren beginnen. Das ist schön …

Seine Hände kreisen langsam über meine Schultern, meine Wirbelsäule entlang nach unten über meinen Hintern. Seufzend lehne ich mich seinen Händen entgegen.

Nach einer Weile bittet er mich, mich umzudrehen, was ich auch sofort tue. Nun beginnt die selbe Prozedur vorn, nur mit dem kleinen Unterschied, dass ich mich wieder an Pauls Schultern festhalten kann. Und das ist auch gut so, denn als Pauls Hände tiefer wandern, brauche ich definitiv etwas zum festhalten …
 

Hauchzart streifen Pauls Finger meine Leisten, was mich abermals zum Stöhnen bringt.

Mir fallen die Augen zu und ich lehne die Stirn gegen Pauls Schulter vor mir.

Ich halte es jetzt schon kaum noch aus, will aber noch so viel mehr. Viel, viel mehr …
 

Blind taste ich nach der Armatur und stelle das Wasser ab. Paul stockt und ich hebe den Kopf, um ihn anschauen zu können.

"Nicht gut?", fragt er mich.

"Doch", erwidere ich. "Aber ich will mehr." Pauls Augen mustern mich weiterhin fragend, dann scheint er plötzlich zu verstehen.

Er führt mich aus der Duschkabine und reicht mir ein Handtuch. Wir trocknen uns notdürftig ab, ehe wir rüber ins Schlafzimmer gehen.

Paul hat in der Zeit kein einziges Wort zu mir gesagt. Er wirkt schon wieder angespannt.

"Hey." Ich nehme seine Hände in meine. "Willst du nicht?" Ich bin mir sicher, dass er will, aber vielleicht kann er sich nicht, noch nicht, dazu überwinden? Vielleicht hat er immer noch Gewissensbisse.

"Doch", antwortet er mir. "Und wie ich will ..."

"Aber?" Da kommt doch noch ein aber, oder?

Er überlegt und fängt an zu lächeln. "Kein aber", sagt er schließlich. "Aber wird abgeschafft."

"Ach wirklich?" Paul nickt und dirigiert mich zum Bett rüber wo er mich sachte auf die Matratze schubst. Sofort ist er über mir und legt sich auf mich.

Bedeutet das, er hat endlich keine Zweifel mehr? Scheint so, denn aus den Augenwinkeln kann ich erkennen, dass er Kondom und Gleitgel aus der Schublade seines Nachttisches angelt und neben uns aufs Bett legt.

Aufgeregt und ungeduldig schlinge meine Beine um seinen Hintern und fange seinen Mund ein, während ich das Kommende kaum noch erwarten kann …
 

***
 

Dusche Nummer zwei fiel dieses Mal länger aus. Aber auch ruhiger.

Kein Wunder, wir haben uns im Bett auch schon genug ausgetobt. Für heute zumindest.

Dass wir das noch öfter wiederholen werden, steht außer Frage. Wie könnte man nicht? Bei dem, was Paul mit mir angestellt hat, wäre es reine Verschwendung, es nicht nochmal zu tun. Und nochmal, und nochmal, und nochmal … Sorry, ich schweife ab.

Was ich damit sagen will, es ist wahnsinnig schön mit Paul gewesen. Am liebsten würde ich die gesamten Feiertage mit ihm verbringen. Und zwar nur mit ihm, doch leider geht das nicht.

Eine menge Leute wären enttäuscht, wenn wir uns einfach aus dem Staub machen würden. Ach Mensch! Blöde Feiertage!
 

"Ich bin soweit", informiere ich Paul, dass ich fertig angezogen, und startklar bin.

"Okay. Dann können wir los." Paul gibt mir einen flüchtigen Kuss und schnappt sich anschließend seine Schlüssel. Ich ziehe mir noch schnell meine Jacke über und folge ihm nach unten.

"Wir können mit meinem Auto fahren. Es steht noch vorn an der Straße", sage ich zu ihm und ziehe meinen Autoschlüssel aus der Jackentasche.

Paul bleibt mitten auf der Treppe stehen. "Du hast dein Auto vorn an der Straße stehen lassen?" Er sieht überrascht aus.

"Ja." Wo liegt das Problem?

"Du hast schon gesehen, dass dort absolutes Halteverbot ist?", meint er.

"Äh … Nee." Paul seufzt und sieht mich beinahe tadelnd an. "Und wenn schon", blaffe ich ein wenig unsicher. "Es ist Feiertag. Da wird schon niemand herumfahren und Parksünder suchen." Um Pauls Blick zu entgehen, laufe ich an ihm vorbei und eile nach draußen.

Ich muss erst gar nicht das Gebäude verlassen, um zu sehen, dass mein Wagen nicht mehr dort steht, wo ich ihn gestern Abend abgestellt habe. "Scheiße!" Eigentlich ist es unnötig, aber ich laufe im Eilschritt vor zum Bürgersteig. Verärgert schaue ich mich um. Nichts. Mein Auto bleibt verschwunden.

"Abgeschleppt", erörtert Paul hinter mir überflüssiger weise.

"Toll! Was mache ich denn jetzt?" Ich brauche mein Auto!

"Keine Panik." Paul zückt sein Handy. "Wir rufen bei der Polizei an und fragen nach. Wenn wir Glück haben, steht es nur ein paar Straßen weiter."

Ich atme genervt aus. Hoffentlich steht es nicht im Autoknast. Sonst kann ich gleich blechen.

Während ich mich noch über mich selbst ärgere, hat Paul jemanden von der Polizei an der Leitung. "Dein Autokennzeichen", flüstert er mir nach ein paar Sekunden zu. Ich sage es ihm, er gibt es dem Beamten weiter.

Nervös tripple ich von einem Fuß auf den Anderen und warte, bis Paul auflegt. "Sie haben es auf einem Parkplatz nicht weit von hier abgestellt", sagt er. Mir fällt ein Stein vom Herzen!

"Kannst du mich hinfahren?"

"Nachher." Paul legt seinen Arm um mich und führt mich zurück zum Haus. "Wir fahren mit meinem Wagen in die Stadt, kaufen ein und holen zum Schluss dein Auto ab." Ich denke kurz darüber nach.

"Klingt nach einem Plan."
 

***
 

Mit Paul einzukaufen ist noch genauso wie damals.

Er hält sich nicht lange mit Herumbummeln auf, sondern arbeitet akribisch seine Einkaufsliste ab. Das bedeutet heute, Naschkram für seine Nichten und seinen Neffen organisieren. Selbst dabei geht er strategisch vor und scheint genau zu wissen, was er will.

Ich hätte bei dem ganzen Überangebot an süßen Ostergeschenken die totale Entscheidungsblockade. Lieber das Nest mit dem putzigen Plüschhasen, oder das große Schokoei mit der angeblich super lustigen Osterüberraschung drinnen? Keine Ahnung.

Paul allerdings scheint Ahnung davon zu haben, packt eine bunte Schokoüberraschung nach der anderen in den Einkaufswagen, bis er allem Anschein nach genug davon hat.

"Hattest du nicht gesagt, du hast zwei Nichten und einen Neffen?", frage ich ihn und beäuge die Masse an Schokolade.

"Ja, habe ich. Warum?"

"Willst du sie mit einem Zuckerschock umbringen?"

Paul lacht. "Nein. Die sind nicht alle für die drei. Meine Tante bringt ihre Tochter und dessen Kinder mit. Meine Mutter hat mich gebeten, was für sie mitzubringen."

"Ach so." Hätte er doch gleich sagen können.

Wir marschieren zur Kasse und stellen uns in die lange Schlange. Normalerweise würde ich jetzt von all den Leuten vor uns total genervt sein, aber heute macht es mir kaum etwas aus. Solange Paul neben mir steht, macht sogar Schlangestehen Spaß. Besonders wenn man ihm heimlich mit den Fingern über den Rücken streicheln kann ...

Als wir dann an der Reihe sind, bezahlt Paul und laden danach alles in den Wagen. "So!" Er schlägt die Kofferraumklappe zu. "Wohin jetzt?"

"Hm …" Ich überlege. "Heute ist so schönes Wetter. Lass uns einfach durch die Stadt laufen."

"Okay. Gehen wir."
 

Gemächlich laufen wir los Richtung Innenstadt.

Nicht nur im Supermarkt ist viel los. Auf den Straßen ebenso.

Überall Autos, Gehupe und gehetzt wirkende Menschen, die über die Bürgersteige eilen oder einem mit dem Fahrrad fast über den Haufen fahren. Sie tun mir leid. Rennen sich die Füße platt, nur wegen eines Feiertages. Man kann sich das Leben wirklich sinnlos schwer machen.

Dabei kann man mit seiner Freizeit so viel schöneres anstellen. Zum Beispiel mit einem geliebten Menschen durch die warme Frühlingssonne spazieren, die frische Luft genießen und den Vögeln beim Zwitschern zuhören … Verdammt! Mich hat es ganz schön erwischt, oder?
 

"Ole? Warte mal." Paul bleibt plötzlich stehen.

"Was denn?"

"Wie wäre es mit einem Eis?" Er deutet mit dem Daumen schräg hinter sich, rüber auf die andere Straßenseite. Dort gibt es eine kleine Eisdiele.

"Bin dabei."

Ein paar Meter weiter vorn ist ein Zebrastreifen. Dort überqueren wir sicher die Straße und laufen wieder zurück zur Eisdiele.

Trotz des schönen Wetters ist die Schlage davor nicht groß. "Ich nehme drei Kugeln im Becher", bestelle ich, als wir an der Reihe sind.

"Keine Muschel?", fragt mich Paul grinsend.

"Nein", erwidere ich. "Die macht zu viel Sauerei. Außerdem bin ich keine fünf mehr." Nur, falls ihm das entfallen ist.

"Oh. Ich vergaß." Paul ist manchmal ganz schön frech.

Als wir unser Eis haben, laufen wir gemütlich weiter. Nach einer Weile schnappt sich Paul plötzlich meine Hand. "Komm mit!" Hä?

Er zerrt mich durch die Häuserreihen, hin und her, bis ich komplett die Orientierung verloren habe. "Wohin gehen wir?"

"Lass dich überraschen", amüsiert er sich bloß und lässt mich über unser Ziel im Unklaren.
 

Dann stehen wir auf einmal vor einem hohen, eisernen Tor, das von einer bemoosten Sandsteinmauer eingefasst wird. Dahinter sieht es aus, als wäre dort ein kleiner Park oder ein großer Garten.

"Was wollen wir hier?" Zwar lebe ich schon seit meiner Geburt in dieser Stadt, aber was sich hinter dem Tor verbirgt, weiß ich nicht.

"Wirst du schon sehen." Paul öffnet das Tor.

"Dürfen wir das?" Ich schaue mich unsicher um.

"Natürlich", lacht er und wir betreten das Gelände.

Leise quietschend schließt Paul das Tor wieder hinter uns. "Kannst du mir jetzt endlich mal verraten, wo wir hier sind?"

"Das weißt du wirklich nicht?" Paul wirkt ehrlich überrascht.

"Woher soll ich wissen, was das ist?"

"Du bist in dieser Stadt geboren."

"Und? Das heißt noch lange nicht, dass ich jeden Winkel dieser Stadt auswendig kenne." Paul lacht nur wieder sein Paul-Lachen und schiebt mich neben sich her.

"Das hier war damals ein kleines Kloster", erklärt er mir.

"Ein Kloster? Hier?" Der lügt doch!

"Ja." Er nickt und atmet tief ein. "Ist es nicht herrlich hier? Die Bäume, die Vögel, die frische Luft und die Ruhe." Zugegeben, Es ist wirklich wundervoll hier. Man merkt kaum noch, dass man in einer Stadt ist.

"Und man kann einfach hier rein?"

"Ja."

"Aber ein Kloster ist das hier nicht mehr, oder?"

"Nein", schmunzelt Paul. "Das Kloster ist jetzt Raum für Veranstaltungen. Und der kleine Park ist Tags über für jeden zugänglich. Komm. Ich zeig dir was." Wieder schnappt er sich meine Hand.
 

Meine Handfläche kribbelt.

Wir schlendern durch einen ehemaligen Klostergarten und Paul hält dabei meine Hand.

Mir seiner Homosexualität geht er inzwischen offensichtlich ziemlich offen um. Oder es liegt einfach daran, dass hier keine Menschenseele zu sein scheint. "Viele Leute sind hier aber nicht. Kennt wohl keiner, dein kleines Kloster", überlege ich laut.

"Meist gehen die Menschen unachtsam durch die Straßen. Dabei entgeht ihnen das Schöne, das sie direkt vor der Nase haben."

"So wie mir. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, hier einfach hinein zu spazieren." Paul lacht.

"Ab jetzt hast du ja mich. Ich kenne viele solcher ruhigen und schönen Orte. Das ist gut für die Seele"

"Gut gegen Burnout", ergänze ich.

"Das auch." Paul lächelt mich an. Dabei streichelt sein Daumen über meinen Handrücken.

Ich würde ihn jetzt so gerne küssen, aber ich weiß nicht, ob er damit einverstanden wäre. Deshalb lächle ich nur zurück und drücke seine Hand etwas fester.
 

"Wir sind da", verkündet er. Ich schaue mich um.

Wir stehen auf einer kleinen Anhöhe. Vor uns das Kloster, das aussieht, als hätte es schon ein paar Jährchen auf den Buckel, jedoch all die Zeit über gut gepflegt wurde.

Hohe Bäume säumen es ein und die Sonnenstrahlen tauchen es in ein warmes Licht.

"Das ist echt schön", flüstere ich ehrerbietig.

Normal habe ich es nicht so mit religiösem Kram, aber die Stimmung, das dass Gebäude ausstrahlt, gefällt mir.

"Nicht wahr?" Paul führt mich die Anhöhe hinunter. Wir umrunden das Kloster, bis wir an dessen Rückseite stehen. Von dort aus lotst mich Paul weiter über einen schmalen Pfad, wieder weg vom Kloster.

Die grünen Sträucher und Bäume werden dichter. "Hätte ich gewusst, dass du mit mir in einem Dschungel spazieren gehst, hätte ich meine Machete mitgenommen", brumme ich und schlage mir einen langen, dünnen Ast aus dem Gesicht.

"Du hast eine Machete?" Mehr fällt ihm dazu nicht ein? "Keine Sorge. Wir sind gleich da."

"Wenn du das sagst."
 

Vor uns tut sich eine kleine Lichtung auf. Und was steht dort? Direkt zwischen zwei alten, dicken Bäumen? "Eine Bank?"

Paul führt mich darauf zu und setzt sich. Perplex setze ich mich neben ihn. "Das war es, was du mir zeigen wolltest?"

"Ja." Paul streckt den Kopf gen Himmel. "Ist es nicht schön hier?"

"Doch. Schon." Klar ist es schön hier. Aber irgendwie …

Paul berührt mich am Kinn und zieht mich zu sich. Der folgende Kuss kommt etwas überraschend. "Zudem ist dieses kleine Fleckchen Erde hier fast ein kleines Geheimnis", flüstert er mir gegen die Lippen. "Hier sind wir ungestört." Ah! Daher weht der Wind.

"Alter Lüstling", grinse ich und küsse ihn zurück.
 

***
 

"Hey!" Abgehetzt stolpere ich ins Bistro. "Sorry, dass ich zu spät bin, aber ich war noch unterwegs", schnaufe ich Sarah, die hinter der Theke setzt, zu.

Sie hat alle Hände voll zu tun. Ganz schön was los hier. Shit!

"Es wird aber auch mal Zeit, dass du hier antanzt", ranzt sie mich sauer an. Zu recht.

"Tut mir wirklich leid. Ehrlich." Hektisch binde ich mir meine Schürze um während Sarah durch mein Bistro wirbelt und die Gäste bedient.
 

Paul und ich haben die Zeit total aus den Augen verloren. Der Tag mit ihm ist einfach zu schön gewesen.

Wir waren noch lange in dem Klostergarten. Saßen auf der kleinen Bank, ganz ungestört, unterhielten uns miteinander und tauschten kleine Zärtlichkeiten miteinander aus, ehe wir uns langsam auf den Rückweg machten.

Mein Bauch kribbelt immer noch warm und aufgeregt, wenn ich daran denke. Und noch mehr kribbelt er, wenn ich an Übermorgen denke, wo wir uns endlich wiedersehen.

Es bleibt dabei, dass Paul zu mir kommen will, wenn ich Montag Abend wieder zuhause bin.

Am liebsten hätte ich alle Osterfeierlichkeiten abgesagt. Paul und ich haben ernsthaft darüber nachgedacht, einfach krank zu spielen und uns in seiner Wohnung zu verschanzen, aber das wäre kindisch gewesen. Obwohl … Frisch verliebt kann man es sich ruhig mal leisten, sich kindisch zu verhalten.

Hach, egal. Wir sehen uns ja bald wieder und wie gesagt, wozu gibt es Handys?

Ich bin so glücklich!
 

Ich helfe Sarah die noch wartenden Kunden zu bedienen. Als erstmal jeder von ihnen versorgt ist, genehmige ich mir schnell einen Kaffee, um meine Lebensgeister zu wecken. Durst!

"Wo warst du? An dein Handy bist du auch nicht gegangen." Jetzt ist wohl Zeit für Sarahs Standpauke wegen meines Zuspätkommens.

"Der Akku ist leer", lüge ich. In Wahrheit hatte ich es ausgeschaltet, um mit Paul ungestört den schönen Tag genießen zu können, und dann schlicht vergessen, es wieder anzuschalten.

"Toll!" Sarah ist echt sauer. "Und wo warst du, wenn ich fragen darf? Zuhause ja wohl nicht." Sie stemmt ihre Hände in die Hüfte.

"Weg", antworte ich ihr und wische über die Spüle.

"Weg? Einen ganzen Tag lang?"

"Nein. Zwei Tage." Ich kann nicht verhindern, dass ich dümmlich vor mich hin grinse. Mein Pauli … Bald sehe ich ihn wieder. Ich kann es kaum noch erwarten!

Sarah verengt ihre Augen zu schmalen Schlitzen. "Wie heißt er und wie war er?" Anscheinend hat sie meinen glücklichen Gesichtsausdruck bemerkt.

"Edith. Und sie war wie immer", antworte ich ihr.

"Du hast bei deiner Mutter übernachtet?" Sie mustert mich skeptisch. Egal, was ich ihr jetzt sagen werde, sie wird es mir nicht glauben.

Deshalb: "Nein. Bei ihr war ich gestern. Die Nacht über war ich bei Paul. Wir haben miteinander geschlafen und haben heute den gesamten Tag miteinander verbracht."

Sie stutzt. "Nein", sagt sie gedehnt. "Das hast du nicht. … Oder?"

"Wer weiß." Grinsend zucke ich mit den Schultern und laufe hinter zum Kühlraum, weil vorn die Muffins fast aus sind.

"Ole? Sag jetzt! Stimmt das? … Ole?"

"Sorry Sarah. Aber wenn du mir nicht glaubst, ist das nicht mein Problem."

Ich schnappe mir einen Karton voll mit Muffins und trage sie vorn ins Lokal. Sarah gibt nicht auf.

"Wenn das stimmt, bist du jetzt mit deinem Paul zusammen?"

"Weiß nicht." Und das ist noch nicht mal gelogen.

"Wie kann man sowas nicht wissen?!"

"Weiß nicht." Ich kann gar nicht mehr aufhören zu grinsen. Und je mehr Sarah sich aufregt, desto breiter wird es.

Ist das gemein? Ja, wahrscheinlich. Aber nehmt es mir nicht übel. Ich bin gerade einfach nur unheimlich glücklich.

So unfassbar glücklich …
 

Ende
 


 

Das wars. Ende.

Egal wie viele Geschichten ich schreibe, das Ende macht mich immer traurig. Selbst bei Kurzgeschichten.

Ob wir Paul und Ole nochmal wiedersehen werden? Wer weiß? ;D Das Ende bietet auf alle Fälle noch viel Spielraum für eine kleine Fortsetzung. Außerdem sind sie ja nicht weit weg. Gleich gegenüber des Velvets *lach*

Irgendwann ergibt sich bestimmt mal die Gelegenheit sie wiederzutreffen.

Und dann erfahren wir vielleicht auch, ob und wie sich die Beziehung der beiden entwickelt hat. Eine Garantie gibt es ja nie, selbst wenn der Altersunterschied nicht so groß ist. Wir werden sehen ;-) Aber ich bin ganz zuversichtlich.

Bis es soweit ist, überlasse ich die Zukunft der beiden eurer Fantasie ;-)
 

Ich düse jetzt erst einmal los zu unserem Familientreffen, wo wir uns von meinem lieben Omchen fürstlich bekochen lassen xD

Euch schöne Osterfeiertage und ruhige Tage nach dem Vor-Osterstress ^^
 

Bis zum nächsten Mal, Eure Fara



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (17)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Usaria
2018-04-01T15:43:23+00:00 01.04.2018 17:43
Nein! Nein! Nein! Wir haben noch den OSTERMONTAG!!! Da will ich und bestimmt die anderen Leser noch was von den beiden hören, also bitte, biiiitteeee! *Zuckersüßer Kaninchenblick aufsetzen, dich flehend ansehend*,
Wenigstens haben sich die beiden gefunden. Seufz ich will auch kuscheln, nur mein Mann is leider bei seinen Eltern im Norden! Seufz! Na dann muss Isis her halten.
Diese Ostergeschenk ist wirklich schön gewesen.
Freue mich auf die nächste Geschichte
Von:  Luiako
2018-04-01T13:51:28+00:00 01.04.2018 15:51
Awww die beiden sind so süß. Und das Ole jetzt glücklich wirkt ist toll.
Aber auch Paul scheint nicht mehr zu zweifeln das ist toll.
Auch wenn die Geschichte nun abgeschlossen ist. Hoffe ich doch mal das du noch irgendwann mal etwas über die beiden schreibst, sie sind so ein tolles Paar.
Obwohl ja ... keine Ahnung sie zusammen sind?
Wie schön dieses Ostergeschenk gelesen zu haben.
Gglg und bis zu deinen neuen Geschichten.
Von:  Usaria
2018-03-31T12:58:45+00:00 31.03.2018 14:58
Eins! Ostern ist erst am Ostermontag rum! Also bitte noch 2 Kapitelchen! Das hat ja gedauert. Da hat sich Paul wohl die gleichen Gedanken gemacht wie Ole, nur mit einem größeren schlechten Gewissen! Es ist immer wieder schön, wie du die Spannung aufbaust, obwohl man weiß dass deine Charaktäre zusammen kommen. Hast du jemals eine Geschichte geschrieben in denen die beiden nicht zusammen kommen? Also die was ich bis jetzt gelesen habe, kamms noch nicht vor.
Dann freue ich mich auf morgen!
Von:  Yamasha
2018-03-31T10:23:04+00:00 31.03.2018 12:23
Nur ein Wort : endlich!!! Länger hätte ich die Spannung zwischen den beiden echt nicht ausgehalten! Aber jetzt ist ja hoffentlich alles gut. Den Segen von Oles Mutter haben sie, den bin Pauls Eltern brauchen Sie nicht. Friede, Freude, Eierkuchen :D freu mich aber noch aufs nächste Kapitel :)
Von:  Luiako
2018-03-31T07:50:11+00:00 31.03.2018 09:50
Ach Meno T^T an der schönsten Stelle aufhören ... gemein v.v
Jedoch war es auch schön mehr über Onkel Pauli zu erfahren. Und das Ole natürlich aus dem Auto ausstieg und zu ihm eilte, war ja vorherzusehen. Jedoch sicher war ich mir nicht.
Doch ich fand das Gespräch der beiden ziemlich ulkig ;D
Wie gesagt ich freu mich schon wie ein Schnitzel und bin gespannt was Paul noch so alles geplant hat xD mich hast du auf jedenfall schon mal am Hacken und ich bin schon ziemlich hibbelig und kann es kaum erwarten...
Bis dahin ;-)
Von:  Usaria
2018-03-30T13:42:38+00:00 30.03.2018 15:42
Ich hab schon sehnsüchtig auf dieses Kapitel gewartet. Aber ich erwürge dich. Also da soll einer mitkommen. Zu erst noch Feuer und Flamme und dann? Hää? Armer Ole! Oder ist sich Paul einfach nicht sicher wegen dem Altersunterschied? Ach meno! So viele Fragen? Ich freu mich schon auf´s nächste Kapitel! *Ungeduldig hin und her hobbseln*
Von:  Luiako
2018-03-30T13:29:09+00:00 30.03.2018 15:29
Man 😣😣😣😣 du kannst doch nicht schon wieder so einen chliffhanger mit machen lassen.
😭😭😭😭 wie gemein...
Das Warten wird wieder die Hölle.
Aber trotzdem hat mir das Kapitel wieder gut gefallen 😉😉😉
Von:  Yamasha
2018-03-30T11:43:50+00:00 30.03.2018 13:43
Das mit dem ungeplant glaube ich dir nicht! Du willst uns extra so quälen! Aber das kannst du uns doch nicht antun! (Vom armen Ole und dem armen Paul ganz zu schweigen)
Aber so freue ich mich umso mehr auf morgen und das neue Kapitel! Es sind dann nur noch 2, oder?
Von:  Usaria
2018-03-29T13:06:08+00:00 29.03.2018 15:06
Hey du fleißiges Bienchen! Wann schläfst du? Bei dem Kapitel kam ich aus dem Dauergrinsen nicht mehr raus, vor allen weil es doch etwas Schadenfreude war! Bei so einer Mutter, braucht man keine Feinde mehr! Armer Ole! Bei dem Kuss. War ich ganz entzückt. Hände klatschend vor dem Leptop gesessen. Meine Katze hat mich mit großen Augen angesehen, und sich gedacht: >>So, mein weiblicher Dosenöffner, hat mal wieder seine 5 Minuten!<<, Ich kann`s kaum noch erwarten. Zum Glück gehe ich ja heute ins Kino, Liebesfilm! Oh! Da komme ich wohl aus dem Dauerseufzen nicht mehr raus!
Von:  Luiako
2018-03-29T07:18:27+00:00 29.03.2018 09:18
Ich finde Edith genial xD Jetzt denke ich das es eher anderes herum sein wird und nicht Ole ;D seine Ma mit Paul verkuppeln möchte. Sondern sie beide xD
So kam es mir am Anfang, sowie zum Schluss vor ;D zumindest auch nach dem Kuss ^,~der mich zwar etwas überrascht hatte, aber auch belustigte. Armer kleiner Ole ;D
Doch ich freue mich schon auf Morgen, wenn es weiter geht ^^



Zurück