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My little Pony-venture!

von
Koautor:  Erenya

Vorwort zu diesem Kapitel:
Kommen wir nun ans angemachte.

Es gibt Tage, da kann man Freunden echt gar nichts abschlagen. So geht es auch dir, als einer deiner Freunde dich ins Museum einlädt. Eine großartige Ausstellung soll es dort geben. Unglaublich interessant und für dich eigentlich total absurd. Dennoch, gute Freunde erweisen sich Gefallen und auch dieser hat dir schon den ein oder anderen absurden Gefallen erwiesen.
Im Museum darfst du also diese überaus... spezielle Ausstellung besuchen und wirst plötzlich auf einen Raum aufmerksam, in dem du einen Spiegel siehst.
Er erinnert dich an etwas. Richtig, der Spiegel aus dem ersten EG Movie. Du nutzt einen Moment der Unachtsamkeit deiner Begleitung und betrittst das Zimmer. Du näherst dich dem Spiegel siehst in diesen und hängst deinen schönsten „Was wäre wenn...“ Gedanken nach, als du plötzlich siehst wie dein Spiegelbild verschwimmt.
Du siehst dich, als Alicorn, doch du bist nicht alleine zu sehen. Etwas dunkles wabbt hinter dir auf. Etwas das rote Augen hat und plötzlich zieht dich etwas durch den Spiegel.

Als du wieder zu dir kommst, befindest du dich in einer Kristallhöhle. Unter dir liegen Scherben eines Kristalls, der scheinbar das andere Ende war, durch dass du gepoltert bist. Du siehst dich um und erkennst du ein Pony, welches in eine Kutte gehüllt ist. Außerdem, bist du kein Mensch mehr.


Dein Aufgaben für Kapitel 1:

1. Das Pony welches dich begrüßt heißt dich bei den Kindern der Nacht willkommen. Erfinde einen Namen für dich, der zu Ponywelt passt, deiner wird kaum passend sein.
2. Das Pony dass dich trifft heißt Midnight Flower, sie hat dunkelviolettes Feel, fliederfarbenes Haar und pinkte Haarsträhnen. Ein wenig wie Twilight, richtig? Frage sie wo du dich befindest
3. Midnight wird dir erklären das du bei Lunas Kindern an einem geheimen Ort bist. Sie bringt dich zu den anderen Kindern der Nacht die dich neugierig begutachten und ausfragen.
Wo kommst du her?
Wer bist du?
Kennst du Mama Luna?
Wie lange bleibst du?
Wie hast du sie gefunden usw.
(Er)Finde Antworten auf alle Fragen.
4. Du wirst schnell merken, dass du mit diesem Ponykörper etwas Probleme hast. Noch dazu hast du Flügel und ein Horn. Das wird dir aber erst bewusst, als eines der jüngeren Ponys dich fragt, ob du wie Mama Luna eine Prinzessin bist. Finde jemanden der dir vielleicht hilft, etwas mit den Flügeln und den anderen Dingen klar zu kommen.
5. Überzeuge die Kinder der Nacht dir zu Helfen nach Equestria zu kommen und dich zu begleiten. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Liebe Kira, du bist nun ein Pony, gratuliere. Und scheinbar hast du ein paar Freunde gefunden, die dich sofort ins Herz geschlossen haben. Aber viel Zeit wird dir nicht bleiben.

1. Nachdem die Fillys dich in Richtung des Ausganges der Höhlen führen, unter freudigen, glücklichen Gelächter und Geplapper, bei dem auch die ein oder andere Frage dabei ist, werdet ihr aufgehalten, von einem Fohlen, dass du vielleicht aus „Children of the night“ kennst. Die anderen scheinen sie auch zu erkennen. Midnight wird auch ihren Namen nennen, Gari. Sie ist ein Unicorn. Gari wird nicht erfreut sein, dass sie mit dir gehen wollen, immerhin könnte Mutter Luna jederzeit wiederkommen. Versuche irgendwie zu vermitteln.
2. Ihr werdet euch einigen, dass es erst einmal besser ist zu warten. Gari hat ein paar gute Argumente vorgebracht, dass jemand mit Amnesie erst einmal untersucht werden sollte, um herauszufinden, wodurch es verursacht wurde. Gari wird anbieten dies zu übernehmen, da sie die gebildeste von Lunas Kindern der Nacht ist. Die anderen scheinen sie auch zu respektieren, wie eine Anführerin. Frage sie, warum die anderen aber nicht an sich dachten, dass sie vielleicht die Antwort auf dein Problem finden könnten.
3. Gari wird dir während ihrer oberflächlichen Untersuchung die Geschichte der Kinder der Nacht erzählen. Sie wird dir auch erzählen, dass sie sich immer noch im dunkeln halten, auch wenn sie ungefähr wissen was in Equestria vor sich geht. Versuche dir anhand ihres Wissens noch ein weiteres Bild zu machen, um herauszufinden wo du zeitlich gelandet bist.
4. Gari wird erzählen, dass Prinzessin Twilight scheinbar durch die Lande reist um eine ihr unbekannte Mission zu erfüllen. Sie wird dir daraufhin anbieten, erst mal in den Höhlen leben zu können, denn sie kann sich vorstellen, dass du vielleicht auch früher oder später von der Prinzessin aufgesucht wirst. Sie schlägt dir das allerdings nur vor, um die Fohlen daran zu hindern die sicheren Höhlen hinter sich zu lassen. Sie erklärt, dass sie die Welt da draußen nicht kennen und damit wohl mehr Probleme bereiten würden statt zu helfen.
5. Entscheide ob du bleibst und wartest, oder ob du auf Reisen gehen wirst und teile es Gari mit.
Entscheidest du zu bleiben, wirst du in Midnights Unterkunft untergebracht.
Entscheidest du zu gehen, wird Gari dir eine alte Karte des Nachbarkontinentes geben und eine von Equestria. Allerdings sind diese eventuell nicht sehr genau. Wenn Midnight deine Entscheidung mitbekommt, wird sie dich begleiten wollen.

Gari wird dir folgende Argumente geben um dich zu überzeugen zu bleiben:

1. Du scheinst nicht sehr vertraut mit deinem Körper zu sein, du könntest die Höhlenzeit nutzen um zu üben.
2. Das Nachbarland ist nicht gerade ungefährlich und ohne magische Fähigkeiten wirst du wohl nicht lange überstehen
3. Die Untersuchung stellte heraus, dass du eine Kopfwunde hast, die vermutlich deine Amnesie verursachte. Außerdem sind da noch diese Kopfschmerzen
4. Du beherrschst keine Magie kannst aber von ihr und anderen Pegasi etwas darüber lernen um dich vorzubereiten
5. Sie kann eine Botschaft schicken, nach Equestria, in der Hoffnung das jemand sie bekommt und dich abholt. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Liebe Kira,
du bist nun also sicher in einer Unterkunft. Bei Midnight. Du wirst also ein Ponymäßiges Sleepover haben. Juhu.

1. Midnight wird dich und Gari sehr erfreut aufnehmen und euch beide zum Essen einladen. Gari wird ablehnen, aber schließlich doch kleinbei geben weil Midnight nicht locker lässt. Während des Essens wird Gari dich noch fragen woran du dich genau erinnerst was deine person angeht, immerhin kennst du auch ein paar Ereignisse wie Nightmare Moon. Überlege was du ihr erzählen magst und was vielleicht nicht. Bedenke, es sollte nicht zu viel sein, immerhin hast du da diese Amnesie Ausrede.
2. Als sie sich verabschiedet wird Gari dir noch einmal versichern, dass sie eine Information nach Equestria schicken wird. Midnight wird daraufhin ganz aufgeragt fragen, ob es via dem Buch sein wird, welches Gari Luna bekommen hat. Gari wird deutlich nicht erfreut sein, dass Midnight das ausgeplaudert hat. Aber sie wird es bestätigen. Midnight scheint nicht gemerkt zu haben, dass sie das nicht hätte sagen soll, erkläre es daher Midnight, sobald Gari weg ist.
3. Hier ist deine Chance. Versuche soviel wie möglich über die Welt da draußen zu erfahren. Midnight wird dir nicht viel erzählen können, aber sie kann dir erzählen, dass der Mondstein wichtig für die Kinder der Nacht war und das sein zerbrechen ein schlechtes Omen bedeuten kann. Zumindest habe sie persönlich mal eine Geschichte von Luna gehört, die verriet, dass eine Macht in den Mondstein versiegelt war. Von ihr persönlich. Eine Macht, Erebos.
4. Versuche mehr über Erebos herauszufinden. Leider wird Midnight dir nicht viel erzählen können. Da es meist eine Gute-Nacht-Geschichte war, ist sie hin und wieder eingeschlafen, so dass sie sich kaum alles noch zusammenreimen kann. Sie empfiehlt dir aber am nächsten Tag einfach Gari zu fragen.
Für heute solltet ihr ins Bett gehen und schlafen.
5. Am nächsten Tag wachst du irgendwann auf. Midnight ist nicht bei sich in der Unterkunft. Scheinbar ist sie gerade weg. Auch hier gibt es wieder eine Entscheidung für dich. Wirst du sie suchen gehen und die Unterkunft verlassen, oder bleibst du und wartest auf sie?

5.1. Wenn du sie suchen gehst, werden dich die kleinen Fohlen schnell entdecken und mit dir spielen wollen. Als Spiel schlagen sie ein Abenteuer von Daring Doo vor. Scheinbar spielen sie ihre Abenteuer häufiger nach. Auf die Frage woher sie Daring kennen, werden sie erklären, dass Mama Luna hin und wieder Bücher mitbringt und vorliest, darunter auch Daring Doo. Auch wenn du nicht viel Ahnung hast, wie das Spiel geht, werden sie aus dir einfach eine Prinzessin machen, die Daring beschützen will. Doch es bricht ein kleiner Streit darüber aus, wer von ihnen heute Daring ist. Versuche ihn zu schlichten. Es wird dir aber leider nicht gelingen. Doch Rettung naht in Form eines Regenbogens der plötzlich um alle herum kreist zusammen mit den Worten „Stopp“, von einer dir vielleicht bekannten Stimme.
5.2. Wenn du bei Midnight wartest, kannst du dich ein wenig bei ihr umsehen und ein paar Bücher entdecken. Sie scheinen neu zu sein, doch viel wichtiger es sind ein paar wissenschaftliche und auch ein paar Daring Doo Romane dabei. Wenn Midnight wiederkommt, kannst du sie darauf ansprechen. Sie wird erklären, dass Luna immer wieder mit Büchern kommt. Geschichten für die kleinen, Fachliteratur für die großen. Die Fachliteratur versteht sie eher weniger, Gari verschlingt sie dafür umso mehr und versucht Midnight regelmäßig diese auch nahe zu legen, weswegen sie im Regal stehen. Midnight wird aber plötzlich einfallen, das sie Besucher bekommen haben und du dich sicher sehr für sie interessieren wirst. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Liebe Kira, es gibt hohen Besuch. Tschaka, auf sie mit Gebrüll.

1. Midnight nimmt dich mit auf den Platz, wo einige Fohlen sich bereits um drei Ponys Scharren. Midnight schiebt dich liebevoll durch die Menge und schließlich erkennst du: Starlight Glimmer, Rainbow Dash und Rarity. Rainbow wird den Kiddies erzählen, dass sie die echte Daring kennt und natürlich wird ein Großteil an ihren Lippen hängen. Rarity und Starlight hingegen werden dich und Midnight bemerken und sofort ansprechen, kein Wunder du bist ein Alicorn. Wahrscheinlich halten sie dich deswegen für Gari. Stelle das richtig.

2. Wenn du das nicht alleine schaffst, wird Midnight dir helfen und erklären, dass du selbst nur ein Gast bist. Sie wird fragen, woher sie von Gari wissen. Starlight wird erklären, dass Prinzessin Twilight eine Nachricht von Luna bekam, die besorgnis erregend sei. Twilight selbst hatte leider keine Zeit, weil seltsame Dinge in ganz Equestria und anderorts passieren. Die Main 7 müssen sich daher aufteilen, um genaue Nachforschungen anzustellen. Ihr Forschungsgebiet ist nun eben die Heimat von Lunas Kindern.

3. Ihr werdet Starlight und Rarity zu Gari bringen. Die nicht erfreut ist, weil sie doch eher Luna erhofft hat. Dennoch gibt sie sich mit diesen Besuchern zufrieden, wird aber deutlich machen, dass sie Starlight nicht traut, deren Ruf ihr ja scheinbar voraus eilte. Verteidigst du Starlight, wird diese sich natürlich freuen, aber bei Gari Misstrauen erwecken. Schweigst du hingegen, wird das später ggf. Konsequenzen haben.

4. Midnight und Gari bringen die beiden, zusammen mit dir zum zerbrochenen Mondstein. Bei genauerer Untersuchung und dem Versuch ihn etwas zusammen zu setzen, wird Rarity etwas auffallen. Ein kleines Zeichen in Form eines Mondes. Sie wird anmerken, dass ihr das seltsam erscheint. Schließlich kommt sie drauf, dass es auch in Canterlot einen Stein gibt, der allerdings eine Sonne hat. Auch dieser Stein soll zerbrochen sein. Allerdings fand niemand das bedenklich. Midnight hingegen wird sofort wieder die Geschichte von Erebos auspacken, was Gari mit einem „SHT“ quittieren wird.

5. a) Hast du Starlight gegen Gari geholfen, wird diese dich nach der Rückkehr zu den anderen Fohlen, zur Seite nehmen. Sie hat ein paar Fragen an dich, die nicht dein Wesen als Alicorn betreffen, sondern eher in Richtung „Warum vertraust du mir, nach allem was Gari von mir erzählt hat“. Erkläre es ihr logisch ohne die Geschichte auszupacken, dass sie die Figur einer Serie ist.
b) Hast du nichts gesagt, wird Gari dich in der Stadt zur Seite nehmen und fragen inwieweit du mit Erebos unter einer Decke steckst. Sie wird andeuten, dass sie glaubt, dass du sowohl Celestias als auch Lunas Stein zerborsten hast. Gleichzeitig wird sie dich mahnen dies zu lassen, da du mit Kräften spielst, die du nicht kontrollieren oder verstehen kannst. Versuche ihr so viele Infos wie möglich zu Erebos aus der Nase zu ziehen.

6. Egal was für eine Variante du bekommst, es wird draußen hektisch. Geh zu den Fohlen und entdeckte Rainbow, die gerade die Magie ihres Elements benutzt um ein paar seltsame Schattenwesen zurück zu schlagen. Es gelingt ihr irgendwie, doch die Schatten der besiegten Wesen wabbern unaufhörlich in der Höhle und plötzlich erklingt eine Stimme. Eine, die dir bekannt vor kommt. Aus den Schatten tritt Adagio. Komplett anzeigen

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Neugier verleiht dir Flügel

Ich war gerade dabei, mal wieder vor meinen eigenen Augen in dem Videospiel „Red Dead Redemption“ in Schimpf und Schande zu sterben, als ein wohlbekanntes Klingeln aus der Richtung meines Schreibtischs ertönte. Während John Marston unter kurzen, gequälten Todeslauten dahinschied, drückte ich meinem Freund den Controller in die Hand und kletterte über das Sofa hinweg. Genauer gesagt robbte ich von der Ottomane herunter, nahm mein Smartphone und sah nach, wer mich an einem Sonntagnachmittag anrufen würde. Viele Personen kamen dafür nicht in Frage. Ich vermutete, dass es wieder meine Mutter war, die mich zum 1000. Mal fragen würde, ob ich genug Geld fürs Taxi hätte. Doch ich irrte mich, Merinas Bild wurde mir auf dem Display angezeigt. Neugierig, was sie mir zu erzählen hätte, hob ich ab.

„Hey, Kira, hast du nächste Woche Zeit und Lust, mit mir ins deutsche Museum zu gehen?“

Merina erzählte aufgeregt, was sie neulich im Internet entdeckt hatte und lud mich dazu ein, dass wir uns die Ausstellung gemeinsam ansehen könnten.

„Dann kann ich mir auch noch gleich ein wenig Inspiration für dein Kleid holen … Sapphire, richtig?“

Ich nickte, doch da sie nicht in der Lage war, das zu sehen, fügte ich noch ein schnelles Ja hinzu.

Mal sehen, nächste Woche habe ich sowieso Ferien, das heißt, ich muss nicht zum Vorkurs gehen … ja, warum eigentlich nicht? Ich schleppe sie auch zu so vielen Cons, da kann ich auch mal mit ihr mitgehen.

So nahm ich ihre Einladung an, besprach mit ihr noch die Details wie Uhrzeit und Treffpunkt. Unter gegenseitigen Wünschen eines angenehmen Restsonntags legten wir fast gleichzeitig auf. Sofort erzählte ich meinem Freund von Merinas Plänen, woraufhin er ein wenig lächelte.

„Ah, ok, dann geht ihr euch das ansehen. Alte Kleider, Nähtechniken und sowas. Das passt echt gut zu ihr. Würde mich nicht wundern, wenn sie das eine oder andere für ihr Larp-Outfit mitnimmt.“

Es wurmte ihn nicht, dass er nicht mitkommen konnte, wie immer musste er in den Ferien ein wenig arbeiten. Doch da ich selbst nur vom Vorkurs, nicht aber von der Arbeit befreit war, war es in unseren beiden Augen sinnfrei, bei mir zu sein, wenn er die meiste Zeit alleine verbringen würde. Doch der Dienstag lag noch in der fernen Zukunft, weswegen ich auf die Couch zurückkehrte und die letzten, wenigen Stunden vor meiner Abfahrt mit meinem Freund verbringen wollte. Ihm zuzusehen, wie er sich wie immer weit aus geschickter und besser anstellte als ich, machte mich stolz, aber auch ein wenig verlegen.

Gut, dafür kann ich aber wilde Pferde zähmen … das ist ja auch was.

Mit diesem Gedanken verschränkte ich die Arme am Hinterkopf und sah ihm weiter zu, wie er die Banditen, einem nach dem anderen, vom Pferd schoss.

 

„Das macht dann 15,00 Euro, zahlts ihr des zusammen oder getrennt?“

Wenige Augenblicke, nachdem wir beide unsere Geldbeutel gezückt und die kleinen, bunten Eintrittskarten bezahlt hatten, machen wir uns auf den Weg zur ersten Halle, bereit die ersten Ausstellungsstücke zu sehen. Auf dem Weg dorthin konnten wir das eine oder andere „Kamera-verboten-Schild“ sehen, ich konnte es mir schon vorstellen, wie viele Leute dieses Schild übersehen werden, ob nun wissentlich oder nicht. Vor meinem inneren Auge stellte ich mir Teenager vor, wie sie hämisch grinsend die uralten Barock-Kleider fotografierten oder sie als Hintergrund für irgendeinen „lustigen“ Selfie benutzten. Oder aber, wie ein Profifotograf zig Fotos machte, ohne dabei den Blitz abzustellen, bis es den Museumsmitarbeitern zu bunt werden würde.

Eine kurze Taschenkontrolle vor dem Eingang sorgte dafür, dass sich eine kleine Schlange gebildet hatte, doch da die Mitarbeiter zügig vorankamen, mussten wir nicht lange warten. Sowohl in meinen Rucksack, als auch in Merinas Tasche warfen sie einen kurzen Blick. Merina hatte, neben ihren üblichen Gegenständen, einen großen Block und viele Bleistifte mitgenommen; ich dagegen hatte nur meine leere Hundelunchbox, ein Buch mit Lesezeichen, mein Handy, meine Arbeitskarte und andere Kleinigkeiten in meinem Hunderucksack. Da ich selbst geradewegs von der Arbeit zum Museum gefahren war, hatte ich keine Zeit, mir noch etwas einzupacken. Auf der anderen Seite hätte ich allerdings nicht gewusst, was ich noch hätte einpacken können, zumal ich mehr die Begleitung, ein passiver Besucher war.

 

Mit dem Bewusstsein, dass ich das Meiste, was ich nun zu sehen bekam, wieder vergessen würde, schulterte ich erneut meinen kleinen Rucksack und wir betraten die Halle.

Sie war, trotz der vielen Ausstellungsstücke, groß genug, dass man nebeneinander herlaufen konnte, ohne sich gegenseitig über die Füße zu fahren. Oder sich überhaupt an der Ausstellung zu behindern.

Neugierig sah ich mich um, wie erwartet sprach mich das meiste davon nicht an, aber es gab doch hier und da ein paar interessante Stoffe und Kleidungen zu sehen. Aufwendige Stickereien und Muster zierten die vielen Kleider und selbst ich konnte die Mühe, die die damaligen Menschen darin gesteckt hatten, erkennen.

Schon irgendwie seltsam … da haben die Leute ihr Herzblut hineingesteckt und nun sehen wir uns das Ergebnis an. Ob ihnen das wohl gefallen würde, dass ihre Sachen in einer Ausstellung gelandet sind? Ob sie wohl stolz darauf wären? Ich wäre es auf jeden Fall … es ist ein seltsamer Gedanke, dass du etwas machst und es landet dann mehrere 100 Jahre später in einem Museum. Der Gedanke daran ist so seltsam, so fremd und unrealistisch … aber ich mach ja keine Kleider, ich will ja mal Bücher schreiben … gut, der Gedanke ist auch irgendwie abwegig. Wäre wohl ein lustiges Gefühl, auf der Straße zu stehen und zu sehen, wie jemand ein Buch von mir liest. Was die Leute wohl denken würden? Würde es ihnen gefallen? Oder wird es zerrissen? Irgendwie unheimlich, sich das vorzustellen …

Ich merkte, wie ich wieder in eine Gedankenkette abdriftete, doch da ich mich voll und ganz auf die Ausstellung konzentrieren wollte, versuchte ich diese Kette zu ignorieren.

Merina war dagegen total in ihrem Element, hier und da machte sie sich Notizen oder kleine Zeichnungen auf ihrem Block. Auch erklärte sie mir das eine oder andere zu den Stoffen, doch leider blieb davon nur das wenigste haften. Vermutlich war ich als Stoffanfänger einfach zu überfordert mit dieser Art von Information. Was mich nicht daran hinderte, ihr die eine oder andere Frage zu stellen oder laut Farben, Motive oder ganze Kleider positiv zu kommentieren. Kleidungen, die mir nicht so gut gefielen, kommentierte ich meist mit Schweigen oder Ignoranz.

 

Genauso spielte es sich in den anderen Räumen ab, zu meiner Überraschung wurde noch kein Gast gebeten, seine verbotene Kamera wieder in der Tasche verschwinden zu lassen. Vermutlich hatten sie alle Kamerabesitzer bei der Taschenkontrolle darauf hingewiesen. Oder sie hielten sich doch alle daran. Ich beschloss, für diese unwichtige Sache keine weiteren Gedanken zu verlieren und versuchte, den Anschluss an meine Freundin nicht zu verlieren. Diese war bereits einen Raum weitergegangen, während ich mich über das Kleid eines kleinen, adeligen Mädchens gebeugt hatte.

„So in der Art werden deine Puffärmel für Sapphire auch aussehen“, hatte sie gesagt und seitdem hatte ich versucht, mir vorzustellen, wie die kleine Sapphire in dem Kleid aussehen würde. Da es allerdings eine purpurrote Farbe hatte, fiel mir die Vorstellung dementsprechend schwer und Teile meiner Vorstellungskraft versuchten dagegen, die arme Ruby hineinzustopfen. Schließlich hatte ich es aufgegeben.

„Kira, ich bin nur mal kurz da drüben, für kleine Mädchen!“, dabei deutete sie auf die spärlich beleuchtete Toilette.

Schon irgendwie billig, überall haben sie zehntausend Lampen herumstehen und dann haben sie so ‚ne billige Horrorglühbirne da … wie in so ner Ecke, in der man Drogen handelt …

„Alles klar, lass dir Zeit“, sagte ich, da war sie auch schon in dem kleinen Gang verschwunden. Unsicher sah ich mich um, ich hatte Merina noch anbieten wollen, ihre Tasche zu nehmen. Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr hatte ich das Gefühl, dass sie diese gerade benötigen würde …

Nun gut, dann gucke ich mich mal ein wenig weiter um … muss ja dafür nicht weit gehen …

Ich wusste, wie oft ich mir Ärger einhandelte, nur, weil ich immer meine Alleingänge machte. Dass es mir sogar einen Schulverweis beschert hatte, interessierte meine Beine und meinen Bewegungsdrang kein Stück. Überhaupt war das einer der Momente, in denen ich mich über mich selbst wunderte. Entweder war ich fauler als ein Sack Kartoffeln; oder ich war aktiv und konnte gar nicht genug Bewegung bekommen, war ich einmal ins Rollen gekommen. Zu gleichen Teilen wunderte ich mich darüber, wie ich mich auch längst daran gewöhnt hatte, dass es so war.

Ich widerstand dem Drang, die Ausstellung ohne meine Freundin fortzusetzen, ich wusste, es wäre ihr gegenüber nicht fair, zumindest würde es sich nicht fair anfühlen. Dass ich überhaupt schon ein paar Blicke in die nächste Halle geworfen, mich quasi gespoilert hatte, fühlte sich wie immer ein wenig schlecht an. Andererseits, es ist meine Neugierde und es kann ja nicht so schlimm sein … verwirrt wandte ich meinen Blick ab, wollte nicht noch mehr „spoilern“ als ich es ohnehin schon getan hatte.

Ich ging die wenigen Schritte, die ich mich vom Toilettengang entfernt hatte und sah mich in der näheren Umgebung um. Dank der spärlichen Beleuchtung konnte ich nicht viel erkennen, nicht, dass dieser Teil des Gebäudes oder der Ausstellung viel zu bieten hatte. Die Wände waren in einer burgunderroten Farbe gestrichen worden, zumindest vermutete ich, dass es diese Farbe war. Normal teilte ich die Farben nicht in zig verschiedene Namen auf, Burgunderrot war jedoch eine der wenigen Ausnahmen. Allerdings vermutete ich, dass die Tatsache, dass die Hälfte des Gangs im Dunkeln lag, das übrige Licht die Wand dunkler wirken lies.

Bestimmt machen sie das nur, damit die Ausstellung heller aussieht und die Leute die Sachen besser beachten.

 

Noch immer wartete ich vor der Toilettentüre auf meine Freundin, vermutlich musste sie noch eine Weile dort verbringen. Auf Frauentoiletten ist immer sehr viel los, nicht nur einmal hatte ich mir bereits überlegt, wieder aufs Jungenklo aufzuweichen, wie damals in der Berufsschule. Auch waren die Jungsklos immer etwas sauberer als die der Mädchen.

Während ich so auf Merina wartete, sah ich mich noch weiter um. Schließlich entdeckte ich einen offenen Türbogen, welcher in einen kleinen Raum führte. Im Gegensatz zur Ausstellung wirkte der Raum leer und verlassen. Aber er sah auch nicht so aus, als wäre es ein Personalraum – sonst wäre eine Tür mit entsprechendem „Nur für Personal“-Schild dort vorhanden.

Neugierig sah ich noch einmal auf die Toilettentüre, doch da Merina sich noch nicht blicken ließ, entfernte ich mich von der Wand und betrat den kleinen, sonderbaren Raum. Er war spartanisch eingerichtet und ebenso auch simpel beleuchtet. Von außen sah er leer aus, doch als ich den Raum betrat, sah ich, dass er einen Spiegel enthielt.

Cool, das ist ja genauso wie in Harry Potter. Nur, dass der Raum und auch der Spiegel anders aussehen, ich mich nicht vor dem Hausmeister verstecke und ich auch keine Hexe bin … hm, wäre aber echt cool.

 

Ich wartete ein paar wenige Sekunden, wartete darauf, dass Merina oder jemand vom Personal mich aus dem Raum rausbringen würden. Doch es kam niemand. Einen kurzen Blick über die Schulter werfend, näherte ich mich dem Spiegel und warf einen ersten Blick hinein. Da sich die Lampe genau über dem Spiegel befand, konnte ich mein Spiegelbild genau erkennen.

Wenigstens ist es ein gutes Licht und nicht so ein mieses wie das bei C&A, das einen total fett aussehen lässt …

Ich sah mein Gesicht, meine Augen und meine kleine Stubsnase. Meinen Körper, der alles andere als schlank war. Ich sah mein T-Shirt, eines meiner vielen Lieblingsmotive und die lange Jeans, die ich seit heute Morgen trug.

Schade, dass es nur ein Spiegel ist. Ein ganz normaler Spiegel und nicht Nerhegeb. Ob ich darin wohl meinen Vater sehen könnte? Bestimmt.

Nun betrachtete ich den Spiegel genau und für einen kurzen Moment kratzte es in meinem Hinterkopf. Als würde mir dieser Spiegel etwas sagen oder als hätte ich ihn schon einmal gesehen. Gleichzeitig wunderte ich mich darüber, dass der Spiegel hier in diesem kleinen Raum stand.

Ob sie ihn wohl vergessen haben, bei der Aufstellung aufzubauen? Und was soll dieses seltsame Hufeisensymbol überhaupt? Seltsamer Spiegel, ist bestimmt irre teuer.

Selbst wenn ich das Bedürfnis gehabt hätte, den Spiegel berühren zu wollen, so war es nun vollkommen erloschen. Doch es hinderte mich nicht daran, mich wieder in meinen Gedanken zu verlieren. Wie schon das ganze letzte Jahr über dachte ich an meinen aktuellen Flash nach, über Steven Universe. Dabei dachte ich an die letzten Episoden, was alles passiert war und was passieren würde.

Was wäre wohl, wenn sich die Famethysts den Crystal Gems anschließen würden? Was wäre, wenn die Diamonds wirklich auf die Erde kommen, um noch mehr Menschen einzusammeln? Das wäre echt schrecklich, aber auch interessant zu sehen.

Noch immer betrachte ich den Spiegel und mein Bild darin, während Jasper, die Crystal Gems und die Episoden aus der letzten Steven Bomb in meinem Kopf herumschwirrten.

„That will be all“, sagte Yellow Diamond in meinen Gedanken. Gleichzeitig weinte Steven um seinen Vater und Amethyst hatte Spaß mit ihren Schwestern.

Ob an dem Spiegel hier auch ein Lapis Lazuli befestigt wurde?

Ein kurzer Blick auf die Rückseite beantwortete meine geistige Frage mit einem Nein. Soweit ich es auf der dunklen Rückseite erkennen konnte.

 

Als ich wieder an die Vorderseite herantrat, jagte mir sprichwörtlich ein Schauer über den Rücken. Es fühlte sich ein weiteres Mal so an, als hätte ich die Erleuchtung erhalten. Ich würde mich an dieses Gefühl nie gewöhnen können. Nun wusste ich, wo ich den Spiegel bereits einmal gesehen hatte und ich schämte mich fast schon dafür, dass ich ihn nicht erkannt hatte. Verwirrt berührte ich den Rahmen, als müsste ich sichergehen, dass es keine Halluzination war. Doch der Spiegel war real, der Rahmen fühlte sich kalt und glatt an. In meinem Augenwinkel sah ich den „Inhalt“, doch etwas war merkwürdig daran.

Wellen zogen über das glatte Spiegelglas, wie bei einem See, in welchen gerade ein Stein geworfen worden war. Mein Spiegelbild verschwamm und an meiner Stelle tauchte ein Pony auf. Ein Pony, hell und bunt, wie Twilight und ihre Freunde. Verwundert schob ich meine Finger unter meine Brille und rieb diese vorsichtig.

Das bilde ich mir doch nicht etwa ein, oder?

Langsam, ohne das seltsame Spiel aus den Augen zu lassen, tastete ich nach meinem Handy in der Hosentasche, wo ich es nicht fand. Da fiel mir ein, dass ich es in der Arbeit in den Rucksack geworfen und nicht wieder herausgeholt hatte.

Mist … das glaubt mir doch sonst keiner.

In diesem Augenblick sah ich, dass sich rechts neben meinem Ponyabbild (welches auch mir ein wenig ähnlich sah, zumindest die Augen und die Frisur) etwas … bildete. Etwas dunkles, welches sich sowohl neben, als auch hinter mir befand.

Oh shit, ich glaub, ich bin eben in einer Fancreepypasta gelandet. Oder ich träume, dass ich in einer Creepypasta gelandet bin. Mann, als ich mir mal scherzhaft überlegt hatte, wie es wohl ist, ein Teil einer Creepypasta zu sein, hatte ich das nun wirklich nicht ernst gemeint. Ob ich mich umdrehen soll? Nein, lieber nicht. In sämtlichen Filmen und Serien ist das immer der Fehler, den die Leute machen. Sich umdrehen, damit ihnen dann der Verfolger, der hinter einem steht, eine überbraten kann. Derweil sucht Merina nach mir und findet mich nicht mehr, weil ich verschleppt und umgebracht wurde. Oh Mann, allein schon die Tatsache, dass ich hier alleine rein bin, ist auch so ein Horrorfilmfehler. Uff, ich werde einfach den Spiegel ansehen und dann sehen, was passieren wird. Damit wird das Monster oder was auch immer es ist, nicht rechnen.

Wenn es überhaupt real ist.

Is this the Real life? Or is this just fantasy?

Oh Mann, der Ohrwurm schon wieder!

Finster funkelten mich die roten Augen des Wesens an, in einem reinen, bösen Rot, das mich dennoch erfreute zu sehen. Gehörte es zu meiner Lieblingsfarbe. Wie gebannt starrte ich die roten Augen an, als würden sie mir ein Geheimnis verraten. Dadurch merkte ich erst zu spät, wie mich etwas packte und durch den Spiegel zog.

Oh shit, nein, jemand muss Merina Bescheid geben, sie weiß doch gar nicht, was hier gerade mit mir passiert. Und er nicht!

Mein letzter Gedanke galt meinem Freund, da war ich auch schon durch den Spiegel in eine Dunkelheit gezogen worden. Ohne es wirklich zu realisieren, verlor ich das Bewusstsein und fiel in einen traumlosen Schlaf.

 

Mit leichten Schmerzen im Kopf kam ich wieder zu mir. Erst jetzt kapierte ich, dass ich für einen kurzen Moment weggetreten war.

Wow, was ist das denn für ein schräger Traum? Ich kann echt nicht glauben, dass ich vorm Klo eingepennt bin … Moment mal! Wie klischeehaft ist das denn? Bestimmt ist es kein Traum und ich denke das nur, weil ich das so oft im Fernsehen gesehen habe. Oder ist es mein Traum, der mich denken lässt, dass das hier kein Traum ist, obwohl es dann am Ende doch einer ist? Wow, ist das verwirrend.

Was sind das überhaupt für Schmerzen? Es sind keine Hunger-Kopfschmerzen- oder welche, die ich sonst habe, sei es nun aus Müdigkeit oder generell …

Vorsichtig greife ich mit der Hand an die Stirn, um sie vorsichtig zu reiben … nur, dass ich keine Finger spürte. Meine Stirn war flauschig-weich, viel weicher als gewohnt … verwirrt sah ich meine Hand an, doch alles, was ich wirklich sehen konnte, war ein Huf. Wie auch meine andere Hand sich in einen Huf verwandelt hatte. Lediglich meine Armbanduhr befand sich noch daran.

Wow, das ist ja mal echt ein cooler Traum … obwohl …

Mir kamen Zweifel auf.

Normal durchschaue ich es doch nicht, dass es ein Traum ist … aber ich habe jetzt auf einmal Hufe. Das bedeutet wohl …?

Ich begann, den Rest meines Körpers zu berühren, zu erkunden. An vielen anderen Stellen spürte ich Fell, kurzes weiches Fell.

Ich habe mich doch nicht ernsthaft in ein Pony verwandelt? Aber ein Traum kann es nicht sein, im Traum würde ich es nicht spüren und mein Ponyfell fühlt sich eindeutig weich an. In einem Traum kann ich nichts spüren, auch wenn mir mein Hirn da was anderes einredet. Es sagt mir normalerweise, wie sich etwas anfühlt, aber meine Hände spüren es selbst nicht. Nur, was ist es dann? Die Realität … hm, ich beobachte das Ganze einfach mal. Ich, ein Pony … wow, das passiert doch, oder?

 Ich wusste, dass mir niemand eine Antwort geben konnte; erst jetzt fiel mir auf, dass ich mich auch nicht mehr im Deutschen Museum befand. Stattdessen war ich in einer Art Höhle, welche doch recht gut beleuchtet war durch Fackeln.

Zumindest bin ich nicht in Minecraft, denn dann wären die Fackeln eckig. Und meine Beine auch. Aber gibt es in Minecraft überhaupt Pferde oder Ponys? Ich glaube nicht … muss ich mal meinen Freund fragen, sobald ich hier herausgefunden habe.

 

Vorsichtig sah ich mich um. Unter mir befanden sich diverse Splitter unterschiedlicher Größe. Manche waren kleiner als mein Daumennagel, andere waren so groß wie meine zwei Fäuste zusammen. Ich erkannte, dass es kein Glas war und war auch recht froh darum. Bei meinem Glück hätte ich sonst überall Schnittwunden und würde schon längst den Boden vollbluten.

Was das wohl für ein Kristall ist bzw. war? Muss ja einer sein, ich mein, ich bin ja in ner Höhle. Moment, wem gegenüber rechtfertige ich mich da? Ich muss das echt mal abstellen.

Ob das wohl ein Bergkristall war? Oder ein Rauchquarz? Das kann man hier nicht so gut erkennen, dazu ist es dann doch zu dunkel. Aber offenbar bin ich nicht in der Welt von Steven, denn wenn die jetzt alle zum Leben erwachen würden, das wäre schon echt gruselig. Vor allem, da ich überhaupt nicht kämpfen kann und absolut keine Ausdauer besitze.

Ich dachte über die ganze Situation nach und sah mich noch mehr um. Hinter mir befand sich ein großer Kristallturm – oder was davon noch übrig war. Er schimmerte hell und durchsichtig, milchig, aber auch dunkler als Milch.

Vermutlich hat die Welt von MLP auch ein paar Fantasie-Edelsteine. Aber gut, wer kann denn schon sagen, was das alles für Steine sind, die Rarity für ihre Kleider verwendet.

Dass ich mich in der Welt von MLP befand, dafür bestand für mich absolut kein Zweifel mehr. Doch wo genau? Die Höhle sagte mir nichts.

Ob ich wohl in der Nähe von Ponyville bin? Oder im Everfree Forest? Bin ich überhaupt in Equestria? Das muss ich wohl herausfinden – und auch einen Weg zurück. Ist zwar nett hier, aber wenn, dann möchte ich so eine Reise nur mit Rückfahrgarantie. Sonst würde ich Fierce eines Tages zu sehr vermissen und mir einen Ponyfreund suchen will ich erst recht nicht. Immerhin habe ich ja schon einen Freund!

 

Meine Pläne, mich umzusehen, wurden von einem hellen Licht durchkreuzt, welches um eine Ecke gebogen kam. Ich hob einen meiner Hufe, um meine Augen abzuschirmen, als ich ein Pony sah. Es trug eine Kutte, seine Augen sahen mich voller Neugierde an. Sie musterten mich, dann weiteten sich die Pupillen und es schien sich über meinen Anblick zu freuen. Ich selbst konnte das nicht einordnen, vermutete aber, dass sich das Pony verlaufen hatte und sich nun über einen Mitstreiter freute.

Ich wollte etwas sagen, doch die Kutte winkte mir nur zu und ging wieder den Weg zurück, den sie soeben gelaufen war. Trotz dass ich misstrauisch war, folge ich dem Pony. Zumal ich an dem Ende einer Sackgasse gelandet war und es keinen weiteren Ausweg gab.

 

„Willkommen in unseren bescheidenen Höhle. Wir, die Kinder der Nacht, freuen uns dich in unserer Mitte begrüßen zu dürfen.“

Mittlerweile hatte der Gang genug Platz, dass wir nebeneinander herlaufen konnten. Als wir eine Art Raum betraten, waren wir immer noch alleine.

Ob die anderen Mitglieder dieser Vereinigung wohl gerade woanders waren? Oder war das hier eine Falle? Was sind die Kinder der Nacht überhaupt? Klingt schon etwas verdächtig … naja, mal abwarten. Zur Not werde ich mich schon irgendwie verteidigen – hoffe ich.

Das Pony sah mich nach wie vor neugierig an und schien mich kein bisschen verdächtig zu finden.

„Wie ist denn dein Name, wenn ich fragen darf?“

Wow, die ist aber ziemlich direkt … hm, denk nach, Mädchen. Deinen echten Namen kannst du hier nicht verwenden, genauso wenig deine zwei Internetnamen. Es muss etwas mit deinem Hobby zu tun haben, mit einen von ihnen. Ja, dann sollte ich am wenigsten auffallen.

„Mein Name ist … Mystery Pen“, sagte ich zaghaft. Die Stirn wurde ein wenig nass und erst jetzt, wo sie mir den kompletten Nasenflügel herunterrutschte, bemerkte ich die Brille.

Offenbar sind auch Ponygehirne in der Lage, von Zeit zu Zeit die Brille aus der Sicht der Augen herauszufiltern.

Kutte begann zu kichern, offenbar gefiel ihr mein Name. Ich selbst ermahnte mich dazu, ihn mir zu merken, hatte ich doch ein echt stark bescheidenes Namensgedächtnis.

„Mystery Pen also … ist es dir recht, wenn ich dich nur Mystery nenne?“.

Ich nickte ihr als Antwort zu.

„Gut, Mystery, noch einmal möchte ich dich in unserer Heimathöhle willkommen heißen. Mein Name ist Midnight Flower. Verzeih mein seltsames Aussehen, aber ich komme gerade von einer Kontrollrunde zurück und wir alle tragen eine Kutte, wenn wir die Höhle verlassen.“

Sie zog die Kapuze herunter und ich konnte im Schein der hellen Fackeln ihr Gesicht nun viel besser erkennen als vorher. Ihr Fell schien dunkelviolett zu sein, dazu hatte sie eine fliederfarbene Mähne, verziert mit pinken Haarsträhnen. Ich selbst hatte ein hellrotes, fast schon himbeerfarbenes Fell. Als ich die Spitzen meiner Mähne kurz überprüfte, waren sie goldgelb. Wenigstens hier schien ich eine schönere Haarfarbe zu haben. Es erschien mir doch als wahrscheinlicher, dass sich Straßenköterblond niemals unter den Pastellfarben befinden wird.

„Wo genau bin ich hier?“, fragte ich Midnight und hoffte, sie würde mir eine Antwort geben, die ich hören wollte. Doch diese bekam ich leider nicht.

 

„Du befindest dich in unserer Haupthöhle, sozusagen dem Hauptquartier der Kinder der Nacht. Du siehst vertrauenswürdig aus, also werde ich dir auch meine Freunde zeigen können. Aber du darfst nicht darüber sprechen, verstehst du mich?“

Unsicher sah ich auf den Boden.

Ohje, wo bin ich denn da wieder reingerutscht? Naja, vielleicht ist es auch nur eine Spielerei … andererseits, für solche Art von kindischen Rollenspielen scheint sie doch etwas zu alt zu sein. Obwohl, so alt sieht sie nun auch nicht aus. Sehen so ältere Fillies aus?

Erneut winkte sie mit ihrem Huf, erneut folgte ich ihrer Einladung, nicht ohne jedoch auf meine Schritte zu achten. Als wir unser Ziel erreicht hatten, sahen mich noch mehr Ponys in Kutten an. Sie alle hatten verschiedene Größen und Staturen. Doch noch immer hatte ich keine Ahnung, was hier nun genau geschah. Ich wusste nur, dass mich die anderen Fohlen mit Kulleraugen ansahen.

Ich begrüßte sie mit einem zurückhaltenden „Hallo?“, als mich ein Schwall an Fragen überfiel. Überfordert trat ich ein paar Schritte zurück, da brachte sie Midnight Flower auch schon zum Schweigen. Mit ein paar kurzen Worten stellte sie mich und meinen Namen vor, welcher sich immer noch wie ein Fremdkörper anfühlte. Ich spürte ein seltsames Gefühl der Unaufrichtigkeit in mir aufsteigen, als Midnight Flower meinen falschen Namen erwähnte.

Vielleicht hätte ich auch einfach nur Kira sagen sollen“.

Doch dafür war es nun viel zu spät.

 

„Freunde, wenn ihr sie etwas fragen wollt, dann müsst ihr es schon nach der Reihe machen. Seht ihr denn nicht, dass ihr unseren Gast vollkommen überfordert? Ihr wollt sie doch nicht schon vergraulen, kaum, dass sie zu uns gestoßen ist, oder?“

Gemeinschaftlich verneinten sie Midnights Frage, welche zufrieden in die Runde lächelte.

„Gut, dann stellt ihr eure Fragen, ich kann mir vorstellen, dass ihr neugierig auf sie seid!“

Immer mehr kam mir das Ganze seltsam vor. Nicht auf die gruselige Art, nein, viel mehr auf eine seltsame Art. Es war so, als würden sie mich kennen. Warum sonst würden sie mich mit Fragen überhäufen…

Oh, fiel es mir ein, natürlich, das sind junge Ponys. Wie auch Menschenkinder müssen sie vor Neugierde fast platzen. Gut, dann beantworte ich ihre Fragen, ich muss ihnen ja nicht die Wahrheit sagen. Kann ich auch gar nicht.

„Ähja, natürlich, fragt mich ruhig, was ihr wissen wollt, meine kleinen Fillies.“

Das Leuchten der Fillyaugen wurde immer größer und es kamen auch schon die ersten Fragen.

„Wo kommst du her?“

„Wer bist du?“

Ich dachte scharf darüber nach, was ich ihnen sagen sollte. Die Wahrheit auf jeden Fall nicht. Zum Glück konnte ich mir doch den Namen besser merken, als ich es vermutet hatte.

„Mein Name ist Mystery Pen; aber woher ich komme, kann ich euch leider nicht beantworten. Ich hatte vorhin … einen kleinen Unfall und dabei leider ein paar Dinge vergessen. Wie z.B. woher ich komme und was ich in dieser Höhle wollte.“

Das schien den Fohlen wohl erstmal als Antwort genügen, als auch schon der nächste Huf in die Höhe ging.

„Midnight, wo hast du sie denn gefunden?“, wollte ein drittes Fohlen wissen.

„Ich fand sie in der Kristallecke, dort, wo der ganz große Mondstein steht. Leider wurde er beschädigt … keine Angst, ich kann mir nicht vorstellen, dass du es … oh, ist es dir eigentlich recht, wenn wir dich dutzen?“

 

Verwundert sah ich die Ponys an.

„Warum sollte es mir nicht recht sein?“

„Naja, ganz einfach“, sagte sie, „denn du hast ein Horn und Flügel. Daher ging ich davon aus, dass du eine Prinzessin bist. Aber du hast so locker und ganz und gar unroyal auf mich reagiert, dass ich automatisch gedutzt habe.“

Ein weiteres Fohlen mischte sich ein: „Außerdem dürfen wir Mama Luna auch immer dutzen, sie ist immer ganz ganz böse, wenn wir sie zu ihr sagen.“

Ah, ich bin offenbar in einem Fanclub von Luna gelandet. Ich hoffe doch, dass es ein Fanclub ist und nicht dieser Solar Empire/Lunar Republic Unsinn ist … reicht schon, dass die Bronys einen ein ganzes Jahr oder länger damit genervt hatten.

„Kennst du Mama Luna?“, riss mich ein kleines Fohlen, das grad mal halb so hoch war wie die anderen, aus meinen Gedanken.

„Nein, ich kenne sie leider nicht“, schoss es aus meinem Mund heraus. Ich hielt es für das Beste, einfach eine komplett Fremde in dieser Welt zu sein. Was ich auch wirklich war.

„Sag mal, wie lange wirst du eigentlich bei uns bleiben?“

Auf diese Frage hatte ich keine Antwort, wusste das kleine Fohlen, das nun vor mir stand, etwas?

„Oder wirst du wieder gehen und jemand anderes besuchen?“

„Nein, ich werde niemand anderes besuchen, erstmal“, sagte ich und suchte meinen Kopf nach einem Horn ab. Tatsache, das hatte ich auf dem Kopf. Zaghaft versuchte ich, meine Flügel zu bewegen – auch das funktionierte tadellos.

„Und ich bin auch keine Prinzessin, zumindest war ich heute Morgen, als ich aufgestanden bin, noch keine.“

Nun waren es die kleinen Ponys, die mich verwirrt ansahen. Dann brachen sie erneut in einer Triade aus Fragen aus, die nur durch einen beherzten Eingriff von Midnight gestoppt werden konnten.

„Sag mal, was hast du jetzt vor? Ich kann mir vorstellen, dass du erstmal versuchen wirst, deine Erinnerungen wieder zu finden. Oder hast du etwas anderes geplant?“

Ich schüttelte den Kopf, was meine Kopfschmerzen wieder verstärkte.

Toll, und ich hatte sie schon fast vergessen.

„Nein, nicht wirklich. Aber ich glaube, es wäre echt toll, wenn wir jemanden finden könnten, der uns helfen könnte.“

„Nun, Mama Luna kann uns im Moment nicht helfen, sonst wäre sie hier. Du könntest es bei Prinzessin Twilight versuchen, sie ist echt gut, was Magie betrifft. Sie kann dir bestimmt mit Magie helfen, deine Erinnerungen wiederzufinden.“

So gut es ging versuchte ich eine ahnungslose Miene aufzusetzen, etwas, was sie mir zum Glück abkauften.

 

„Ohja, das klingt nach einer guten Idee, da sollte ich mich lieber auf den Weg machen …“

Wie eine Betrunkene kam ich mir vor, als ich versuchte, mit meinen Flügeln ein wenig zu fliegen. Wie auch bereits vorhin fiel es mir schwer, auf meinen vier Beinen zu laufen. Doch das war von der Schwierigkeit her nichts gegenüber den Flügeln. Die Beine waren schwer, die Flügel allerdings eher „Dante must die“. Ich begann zu seufzen.

„Schätze mal, dass ich mir wohl mehr angestoßen habe als meine Erinnerungen, das Gehen und Fliegen fällt mir echt sehr schwer. Vermutlich bin ich noch nicht lange ein Pony mit Flügeln, vermutlich kann ich es deswegen noch nicht.“

Peinlich berührt sah ich mich um, die erwarteten sicherlich sonst was von mir, wenn sie mich schon für eine Prinzessin hielten. Meine Wangen brannten und glühten.

„Sagt mal, könnt ihr mir vielleicht helfen, zu dem Ort zu gelangen, an dem sich diese Prinzessin Twilight befindet?“

Die Fohlen sahen sich nachdenklich an, dann nickten sie.

„Prinzessin Twilight befindet sich in Ponyville, und das liegt in Equestria, einem Nachbarkontinent.“

Nachbarkontinent? Das kann ja nun wirklich heiter werden.

„Keine Angst, wir werden dich begleiten. Als jemand, der genauso freundlich zu sein scheint wie Mama Luna ist es sogar unsere Pflicht, einem Pony in Not zu helfen. Ob sie nun eine Prinzessin ist oder nicht!“

Immer noch mit heißen Wangen, bedankte ich mich bei ihnen. Sie lächelten mich nur an, als wäre es eine Selbstverständlichkeit für sie.

„Außerdem werden wir eine sichere Route nehmen. Nicht alle von uns sind Pegasi und Lunas Zauber wird leider nicht ewig halten. Aber dafür werden wir eine Menge Spaß auf unserer Reise haben, nicht wahr, Freunde?“

„JAAAAAA“, ertönte es laut und mir klingelten die Ohren. Dennoch war ich froh, dass ich auf die kleinen Fohlen gestoßen war.

Was Melina jetzt wohl macht? Sucht sie mich? Versucht sie mich anzurufen? Wo sind überhaupt meine Sachen? Werde ich sie je wiedersehen? Und meinen Freund erst?

Ich versuchte, die negativen Gefühle herunterzuschlucken und das Lächeln der Fohlen zu erwidern.

„Also gut, dann lasst uns losgehen!“, schlug ich vor und folgte ihnen zu dem Höhlenausgang.

Stabile Argumente

Die Höhle war viel länger und größer, als ich sie mir bisher vorgestellt hatte. Zu meiner Überraschung wurde sie gut beleuchtet, obwohl hier und da an den Felswänden nur kleine Fackeln befestigt waren.

Ob das auch an Lunas Magie liegt? Damit die kleinen Fillies keine Angst im Dunklen bekommen oder nicht über ihre kleinen Hufe stolpern? Nicht so wie ich die ganze Zeit …

Bisher konnte ich es mir nicht so richtig vorstellen, wie es sich anfühlt, wie ein Pony herumzulaufen. Zwar hatte ich die vielen Staffeln von MLP geguckt, ebenso die vier Equestria Girl Filme, aber auf ein Pony-Dasein können einen diese vielen Episoden und Filme nicht vorbereiten. Ich dachte immer, es wäre eine Art von Krabbeln, nur eben nicht auf den Knien. Dann hätte ich versucht, meine Erinnerung aus der Kleinkindheit hochzuholen, als ich mit zu vielen Murmeln und Spielzeugautos im Wohnzimmer meiner Großmutter gespielt hatte. Auf diese Erinnerung hätte ich eventuell bauen können.

Doch das hier … das war etwas vollkommen anderes. Als Kind konnte man sich wenigstens auf seine kleinen Händchen und seine kompletten Unterschenkel abstützen. Nur hier, als Pony stand man nur auf seinen dünnen Beinchen und den Hufen. Selbst an die Geräusche musste ich mich noch gewöhnen. Klack, klack … als würde ich High Heels tragen. Eine seltsame Art von High Heels. In diesem Moment konnte ich nur hoffen, dass ich mich daran gewöhnen könnte.

Naja, wenn es Twilight und Sunset in die andere Richtung geschafft haben, dann wird mir das auch möglich sein. Wenigstens habe ich ein Horn, ich kann mir echt nicht vorstellen, wie man mit den Hufen etwas aufheben oder halten kann. So wie in den ganzen Fananimationen, die ich hier und da auf YouTube gesehen habe. Ob es wirklich so schwer ist, wie es da immer dargestellt wurde? Oder ob es eigentlich total einfach ist? Hm, das jetzt zu fragen … ne, das kann ich nicht. Die würden mich doch einfach nur ansehen. Bestimmt würden sie mich auch fragen, warum ich nicht mein Horn benutze. Ob ich das auch auf den Unfall und den Gedächtnisverlust schieben kann? Das wäre ziemlich klischeehaft, ist aber jetzt auch nicht so, als hätte ich eine andere Wahl. Naja, sie sind die Einzigen, die mir jetzt helfen können … dennoch, sie anzulügen ist ja auch nicht so richtig.

Uff, Kira, hör auf so viel zu denken, ich sehe dahinten schon … Mondlicht? Und ich glaube, es würde bestimmt auffallen, dass ich geistig gerade nicht anwesend bin.

 

Erst jetzt nahm ich das fröhliche Geplapper der kleinen Ponys um mich herum wahr. Sie liefen vor, hinter und auch neben mir, so viel Platz war in diesen Gängen vorhanden. Als ich die ganzen Abzweigungen sah, war ich ganz froh, dass die Kleinen mir zum Ausgang halfen. Ich würde mich nur in irgendeiner dieser Miniwege verirren und Stunden brauchen, bis ich wieder aus der kompletten Höhle rausgefunden hätte. Bei meiner Neugierde, gepaart mit dem schlechten Orientierungssinn, hätte ich mich in Nullkommanix verlaufen. Und das würde mir in meiner Situation nun wirklich nicht weiterhelfen, besonders, da ich immer noch wackelig auf den Beinen bin.

Ob ich als Kind genauso hilflos war?

Meine Mutter hatte mir oft genug erzählt, dass ich als Kind Gleichgewichtsstörungen und deswegen spezielle Schuhe benötigt hatte. Diese haben mir das zwar korrigiert, aber im Moment brachte es mir herzlich wenig. Zum Glück zeigten die kleinen Fohlen um mich herum Verständnis und stützten mich, wenn ich immer das Gleichgewicht verlor. So gut es ihnen möglich war.

Die restlichen Ponys redeten wild durcheinander, auch war hier und da eine Frage dabei. Allerdings war ich zum größten Teil damit beschäftigt, mich aufs unfallfreie Gehen zu konzentrieren, außerdem fielen so viele Fragen, dass sie die Antwort nicht mitbekommen hätten.

Immer mehr kann ich das Mondlicht sehen, wie es in den Höhlengang hineinleuchtet, gleichzeitig ließ auch das Licht der Fackeln nach.

Bis sich uns plötzlich jemand in den Weg stellt. Wer auch immer es ist, er oder sie hatte es sogar geschafft, die kleinen Fillies von einer Sekunde auf die andere zum Schweigen zu bringen. Gebannt, aber auch erfreut sahen sie alle das fremde Pony am Eingang an. Auch ich konnte das Fohlen sehen, allerdings nicht erkennen.

Ob sie wohl so eine Art Anführerin ist? Auf jeden Fall hat sie die kleine Gruppe hier ziemlich gut unter Kontrolle …

 

Ich überlegte mir, ob ich eines der Fohlen neben mir vorsichtig fragen soll, wer gerade angekommen ist, als Midnight es mir schon abnimmt.

Kann sie etwa Gedanken lesen? Oder war das nur Zufall?

„Gari! Schön, dass du wieder hier bist! Hattest du mit deiner Mission Erfolg?“, fragte Midnight freundlich die Fremde.

Hm, also offenbar ist es eine freundliche Anführerin, so wie sich Midnight anhört…

„Ja, danke der Nachfrage, es ist alles gelaufen, wie es sollte …“

Misstrauisch brach sie ihren Bericht ab und starrte in meine Richtung. Die Augen zu Schlitzen geformt, betrachtete sie abwechselnd mich und die kleinen Fohlen um mich. Erst, als sie erkannte, dass von mir keine Gefahr ausging, lockerte sich ihre Haltung.

„Fremdes Einhorn! Nenne mir deinen Namen und deine Absichten!“, versuchte sie so ernst zu klingen wie es ihr möglich war. Mit einem Mal hatte sie ihre Laune von einer „freundlichen Anführerin“ zu einer „ernsthaften Herrscherin“ gewechselt. Sie war kleiner und jünger als ich, dennoch hatte ich das Gefühl, dass ihr ihr bereits nach wenigen Sekunden Rechenschaft schuldig wäre. Die Wahrheit konnte ich auch ihr nicht sagen, also musste ich mein Spiel weiterspielen. Schnell suchte ich mein Gedächtnis nach meinem neuen Namen ab und wurde zu meinem Glück fündig.

„Mein Name ist … Mystery Pen, aber du kannst auch einfach Mystery sagen …“

„Sie war gaaaaaanz weit hinten in der Höhle, da, wo die wunderschönen Kristalle wachsen. Midnight hat sie gefunden, wie sie gerade am rausgehen war … oder, Midnight?“, unterbrach mich eins der jüngsten Fohlen. Was mir am Ende sogar ganz recht ist, mein Hirn ging im Normalfall immer in den Blockadenmodus und andere Personen fiel es im Gegensatz zu mir viel leichter, die aktuelle Situation verständlich nahezubringen. Mein Mund fährt dagegen zusammen mit meinem Hirn Achterbahn, da ich es nicht schaffe, den Kontext in der richtigen Menge und Reihenfolge zu setzen.

Nicht nur einmal hatte eine Kollegin bei der anderen rückfragen müssen, da ich nicht rüberbringen konnte, was ich gerade von ihr wollte.

Midnight nickte nur leicht den Kopf.

„Ja, das stimmt, ich habe sie am Ende der Höhle gefunden, genauer gesagt in der Kristallecke. Allerdings konnte sie mir nicht sagen, was sie dort gemacht hat oder wie sie dort hingekommen ist, aber sie hat wohl das Gedächtnis verloren. Das Einzige, an das sie sich erinnern kann, ist ihr Name. Sogar beim Laufen hat sie Schwierigkeiten …“

Für ein paar Sekunden, welche mir wie eine dunkle Ewigkeit vorkamen, schwieg das junge Fohlen. Vermutlich war sie sehr belesen, jedenfalls klang Gari, wie sie Midnight genannt hatte, deutlich erwachsener als sie wohl in Wirklichkeit war. Überhaupt waren alle Fohlen etwas größer als ich es erwartet hatte.

Naja, in meiner Welt bin ich ja auch ein Zwerg, da würde es mich nicht wundern, wenn ich es hier auch wäre. Oder ich habe mir die Proportionen bisher ganz falsch vorgestellt …

„Ich kann noch nicht genau sagen, wie das alles zusammenhängt“, fuhr Midnight fort.

„Aber als ich sie gefunden habe, konnte ich genau sehen, dass der große Mondstein zerstört war. Bestimmt war es nur ein Unfall,…“

„Aus unserem Gast werden wir das wohl nicht herausbekommen“, unterbrach Gari sie und musterte mich nun noch deutlicher. Dass das nicht gerade meinen Mut wachsen ließ, war ihr genauso klar wie mir selbst.

„Das Gedächtnis verloren … verstehe. Wie ungemein praktisch.“

Praktisch? Was genau meint sie damit?

 

Während ich darüber nachdachte, was genau sie mit „praktisch“ gemeint haben könnte, wandte sie sich wieder an Midnight und sah sie verwundert an.

„Was genau ist nun der Grund, weshalb ihr die Höhle verlassen wollt? Vor allem die ganze Gruppe?“

„Nun, das ist ganz einfach, Gari“, antwortete Midnight.

„Zumindest ist der Grund sehr schnell erklärt. Mystery hat Probleme mit dem Gleichgewicht und da sie sehr freundlich zu sein scheint, wollen wir sie begleiten. Erst waren es nur ein paar, aber am Ende sind dann doch alle mitgegangen. Ich hoffe, das kannst du verstehen. Wir dachten, da Mutter Luna nicht hier ist, dass wir sie einfach zu Prinzessin Twilight bringen könnten.“

Noch immer betrachtete Gari mich, als wäre ich eine Art Spionin oder Verräterin. Ich hatte absolut keine Ahnung, ob und was ich sagen sollte, also beschloss ich zu schweigen. Zumal ich schlecht sagen konnte, woran es genau lag, weshalb wie ich wie auf rohen Eiern herumlief. Dass ich vor kurzem noch ein Mensch war, ein Wesen, das in dieser Welt oder diesem Universum gar nicht existierte, konnte ich unmöglich sagen. Twilight, die würde das verstehen. Aber sonst niemand.

 

Gari seufzte und versuchte, so freundlich wie möglich zu gucken. Möglicherweise hatte ich ihren „Test“ bestanden. Oder aber sie versuchte nur die „Gute-Miene-zum-bösen-Spiel“-Nummer.

„Es ist zwar nobel, dass ihr diesem fremden Pony helfen wollt, allerdings muss ich sagen, dass mir das alles hier nicht so gefällt. Besonders, dass ihr sie alle zusammen begleiten wollt. Was, wenn Mutter Luna zurückkommt und hier niemand ist? Was soll sie dann von uns denken? Was, wenn es sie sogar traurig macht? Habt ihr schon einmal daran gedacht?“

Betroffen senkten sich sämtliche Ponyköpfe, was die ganze Situation noch unangenehmer für mich machte. Es war schon immer kein gutes Gefühl für mich, wenn jemand anderes wegen mir in Schwierigkeiten geriet.

Ich muss auf jeden Fall was sagen. Aber was? Nicht, dass ich damit noch alles verschlimmere … nein, ich muss es einfach versuchen. Schlimmer kann es ja nicht werden, oder zumindest eskalieren. Nein, einen Versuch ist es wert. Wenn es scheitert, dann ist sie wenigstens auf mich wütend und nicht auf die Kleinen.

Mein nervöses Gefühl sagte mir, dass es keine gute Idee war, da überhaupt einzugreifen. Auf der anderen Seite wollte ich nicht untätig herumstehen. Hatte sogar gleichzeitig das Gefühl, dass ich etwas sagen müsste. Eine „Eigenschaft“, die mich schon lange an mir nicht mochte. Ich dachte über beide Seiten der Medaille nach, aber so intensiv und lange, dass ich nicht weiß, was ich wirklich möchte. Und oft mache ich am Ende entweder gar nichts oder das Falsche. Zwar ab und zu auch das Richtige, aber ich wünschte, ich würde in meinen Gedanken nur eine klare Position vertreten und nicht immer nur „Ja, aber die andere Seite“ mit reinziehen. Entscheidungen waren schon immer etwas, mit dem ich mich schwer tat, egal, wie klein oder harmlos sie waren.

„Stimmt, das war nicht gerade eine gute Idee. Es ist dunkel draußen und nicht alle von uns haben ein helles Fell. Uns dann zu suchen könnte selbst mit einer Nachricht bestimmt nicht so einfach sein … aber die Kleinen haben es nur gut gemeint. Passiert mir auch, ich möchte etwas aus einem guten Grund machen, denke es aber nicht bis zum Ende durch. Wir sind aber noch nicht weit gekommen, also ist auch noch nichts passiert.

Ich hatte noch nie eine Amnesie, daher weiß ich leider nicht, wie man sich da richtig verhält. Jedenfalls vermute mal, dass es meine erste Amnesie ist. Es würde ja auch reichen, wenn nur ein paar wenige Ponys mitkommen würden …“

„Nein, nichts da! Wenn wir auf Mutter Luna warten, dann wir alle zusammen oder gar nicht“, sagte Gari ein wenig zu schroff, was uns alle inklusive mir selbst zusammenzucken ließ. Was ihr natürlich nicht entging. Dennoch wich sie nicht von ihrer Position ab.

„Was ich damit sagen möchte, ist, dass es für uns alle besser wäre, wenn wir hier auf Mutter Luna warten würden. Da draußen ist es sehr gefährlich, besonders für die jüngsten unter uns. Außerdem könnte uns Mutter Luna mit deinem Problem mit Sicherheit helfen, viel besser als wir es könnten. Zumal jemand, der an einer Amnesie leidet, erst einmal untersucht werden sollte, auf eventuelle Verletzungen. Dann hätten wir schon einen ersten Hinweis, der uns auf die Ursache des Gedächtnisschwunds hinführen könnte. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich das gerne übernehmen.“

Da mir selbst kein Gegenargument einfiel, nickte ich nur.

„Ja, das wäre keine schlechte Idee, zumal ich im Dunkeln nur schlecht sehen und mein Horn noch nicht so richtig benutzen kann. Vermutlich habe ich das wohl auch vergessen… und eine Untersuchung wäre in der Tat hilfreich, da ich ja auch nicht alle Stellen meines Körpers sehen kann.“

Ein letztes Mal beäugte mich Gari, als hätte ich mit meinen letzten Bemerkungen nun endgültig über die Strenge der Glaubwürdigkeit geschlagen. Doch sie sagte nichts und so atmete ich auf.

„Gut, da wir das hier geklärt haben – lasst uns alle in die Haupthalle zurückgehen. Außer dir, Mystery, ich möchte mir wie gesagt deine Verletzungen ansehen. Zwar bin ich keine Krankenschwester, aber ein bisschen kann ich erste Hilfe leisten.“

Die einzige Verletzung, die ich spürte, war mein drückender und schmerzender Kopf, doch bei mir konnte man sich da nie sicher sein. Bestimmt hatte ich wieder irgendwo an meinem Körper eine Schnittwunde und spürte sie mal wieder nicht.

 

Während die anderen in die Richtung eines großen, hellbeleuchteten Höhlengangs verschwanden, nahmen Gari und ich einen anderen Weg. Dieser führte zu einem nicht weniger beleuchteten, aber kleineren Raum mit einem Bett, einem kleinen Schrank und einem winzigen Waschzuber. Das Wasser darin sah klar aus, vermutlich würde es jeden Tag gewechselt werden.

Klar, die werden ja jetzt hier in der Höhle auch keine Wasserleitungen legen, wenn sie schon Fackeln statt Strom benutzen. Wobei manche von denen aber schon echt hell brennen … das muss doch ein Zauber sein!

„Leg dich bitte mal da drauf.“

Mit dem Huf deutete Gari auf das kleine Bett, welches recht nah am Boden lag. Kaum hatte ich es mir darauf gemütlich gemacht, spürte ich schon, wie sie meinen Kopf so genau es ihr möglich war unter die Lupe nahm. Diese Berührungen fühlten sich seltsam, aber nicht unangenehm an. Nur sehr, sehr ungewohnt. Sie versuchte so vorsichtig wie möglich zu sein und ich hätte nie gedacht, dass das mit Ponyhufen überhaupt möglich wäre. Als sie schließlich meinen restlichen Körper erreichte, erstarrte sie. In meinem Hirn spielten sich diverse Szenarien ab, welche schlimmen Verletzungen ich haben könnte, dass sie so neben der Spur war, aber ich irrte mich. Stattdessen starrten mich ihre übergroßen Pupillen an und ich hatte das Gefühl, als hätte sie ein Mordsgeheimnis aufgedeckt.

 

„Du … du hast Flügel! Bist d… du etwa eine Prinzessin?!“

In ihrer Stimme lag Verwirrung, aber auch etwas wie Ehrfurcht konnte ich daraus hören. Ich schüttelte den Kopf – kein Wunder, dass Gari so verwirrt war. Vorhin im Gang waren die kleinen Ponys dicht an mich gedrängt gewesen, außerdem war auch das Licht an dieser Stelle, nahe des Ausgangs, im Gegensatz zur restlichen Höhle nicht das Beste. Dass Gari überhaupt irgendwas auch nur halbwegs erkennen konnte, wird für mich ein Rätsel bleiben.

„Nein, ich habe zwar Flügel, aber ich bin keine Prinzessin. Zumindest wüsste ich doch davon, oder?“

Wieder dieser prüfende Blick. Als wären bei Gari nur ein paar wenige Gesichtsausdrücke vorhanden.

„Wie dem auch sei, auf jeden Fall kann ich erst einmal nichts erkennen. Es ist möglich, dass du eine innere Verletzung hast, aber die kann ich leider nicht erkennen. Dazu habe ich leider nicht die Möglichkeiten … auf jeden Fall sind wir schon mal ein wenig schlauer. Bleib noch einen Moment liegen, ich will nur sicher gehen, dass ich nichts bei deiner Untersuchung übersehen werde.“

Während Gari weiterhin sämtliche Körperstellen untersuchte, kam ich wieder ins Grübeln.

„Aha, ich wusste doch, ich habe hier etwas übersehen! Tut mir leid, dass mir das nicht gleich aufgefallen ist, aber offenbar hast du hier an der Seite eine leichte Verletzung. Dadurch, dass dein Fell so hellrot ist, ist es mir nicht gleich aufgefallen. Aber hier ist Blut und es ist noch nicht alt. Vermutlich kommt deine Amnesie daher. Wie fühlst du dich?“

Sie wischte behutsam die Stelle, an der sich offenbar das Blut befand, mit einem Lappen ab. Was nicht verhinderte, dass ich vor Schmerzen zurückzuckte.

„Mein Kopf tut ziemlich weh, aber es ist keine Art von Schmerz, die ich bisher hatte. Vermutlich kommt das von der Wunde. Aber sonst fühle ich mich ganz in Ordnung, nur ein wenig erschöpft.“

Dies genügte ihr als Antwort, mit weiteren Details hätte sie wohl auch nicht mehr anfangen können.

 

Mir fiel auf, dass sie von niemanden erwähnt wurde, als ich die kleinen Fillys getroffen habe. Auch, als wir die Höhle verlassen hatten, wurde ihr Name kein einziges Mal erwähnt.

„Gari, kann ich dich mal was fragen?“

Diese sah kurz von meiner Kopfverletzung auf, dann drückte sie weiter auf ihm herum.

„Natürlich kannst du das. Was möchtest du denn gerne wissen?“

Nervös schob ich den Speichel in meinem Mund umher, in Richtung Hals.

Na toll, mein Pony-Ich hat also das gleiche Problem …

„Als wir vorhin die Höhle verlassen wollten, hat keiner erwähnt, dass es dich noch gibt. Ohne das jetzt irgendwie unhöflich zu meinen. Aber ich hab grad das Gefühl, dass sie dich vergessen hätten. Dabei bist du wohl so eine Art Anführerin, oder? Warum waren sie also so überrascht, dich zu sehen? Oder haben dich in Betracht gezogen?“

Kurz zuckte ich zusammen, als erneut etwas kaltes mein Fell berührte. Ein kurzer Blick auf meine untere Körperhälfte verriet mir, dass Gari sich daran gesetzt hatte, eine Stelle meines hinteren Beins zu kühlen. Offenbar hatte sie eine neue Stelle zum Versorgen gefunden.

„Hier hast du dir einen blauen Fleck geholt … ich dachte zuerst, es wäre eine natürliche Farbstelle, aber das ist wohl nicht der Fall“, war ihr einziger Kommentar dazu. Dann setzte sie ihre Untersuchung fort.

 

„Nun, deine Frage kann ich ganz leicht beantworten. Ich war … unterwegs, auf einer Mission für Mutter Luna. Nichts besonders, ich konnte nur den anderen nicht genau sagen, wann ich wieder zurückkommen werde. Da ich es selbst nicht wusste. Die anderen haben wohl noch nicht mit meiner Rückkehr gerechnet und mich deshalb vergessen.

Besonders die jüngeren Fohlen handeln recht kopflos, daher wundert es mich nicht. Sie meinen es nicht böse, aber sie haben ihren Kopf noch viel zu tief in den Wolken, um an die wirklich wichtigen Dinge zu denken. Wie deine Untersuchung.“

„Verstehe.“

Ja, das ergibt schon Sinn. Denn dann hätten die Kleinen bestimmt gesagt, dass wir auf … Gari warten sollen. Oder? Wären sie trotzdem rausgelaufen? Ich frage mich, wie sehr man kleine Fohlen mit Kleinkindern vergleichen kann. Ob sie viel miteinander teilen?

„Du wirst uns vermutlich nicht kennen … zumindest kann ich keine feindlichen Absichten erkennen. Wenn du sie nicht gerade sehr gut versteckst. Wenn das mit der Amnesie nicht nur eine Lüge war.“

Erneut stieg die Nervosität in mir. Wie schaffte das kleine Fohlen das nur? Doch sie begann nur zu kichern.

„Keine Angst, ich möchte dir nichts unterstellen. Für den Moment jedenfalls nicht. Es ist nur so, da ich die Älteste und Klügste hier bin, gehört es zu meinen Aufgaben, auf die anderen Acht zu geben, wenn Mutter Luna nicht hier ist. Hast du zumindest schon einmal von uns gehört, uns, den Kindern der Nacht?“

Ich hatte zwar eine rege Ahnung, aber so richtig konnte ich mich nicht erinnern.

War da nicht irgendwas mit ‘nem Video auf YouTube? Gut, das kann ich ja schlecht sagen.

Also beschloss ich stumm den Kopf zu schütteln.

„Das ist auch kein Wunder, die allerwenigsten können etwas mit diesem Namen anfangen. Ich werde dir die Kurzfassung erzählen, damit du dich nicht ganz so verloren fühlst. Wir sind die Kinder der Nacht, genau genommen eine Nachfolgegeneration der ersten Kinder. Kannst du dich noch an die Geschichte von Nightmare Moon erinnern?“

Das konnte ich natürlich, verfolgte ich die Serie doch schon seit einer gefühlten Ewigkeit. Ich wog ab und entschied mich dann, dass ich wenigstens irgendeine Erinnerung haben sollte. Irgendwie. Wenn ich jetzt nein sagen würde, das wäre selbst für mich zu unglaubwürdig.

„Ein wenig“, flunkerte ich.

„Ich glaube, die beiden Schwestern waren im Streit und Prinzessin Luna hatte sich in Nightmare Moon verwandelt. Daraufhin wurde sie von ihrer Schwester in den Mond verbannt oder so … aber den Rest weiß ich leider nicht mehr.“

„Zurückliegende Erinnerungen scheinen also noch vorhanden zu sein. Gut, das grenzt die Lücke deiner Erinnerungen ein wenig mehr ein. Um die Geschichte zu beenden, Nightmare Moon konnte nach 1000 Jahren aus dem Mond entkommen. Prinzessin Twilight und ihre Freunde waren in der Lage, die Finsternis aus Mutter Luna zu vertreiben. Weißt du auch noch, warum die beiden Schwestern überhaupt erst ihren Streit begonnen hatten?“

Angestrengt begann ich nachzudenken, doch dieses Mal tat ich ahnungslos.

„Mutter Luna war traurig über die Tatsache, dass fast alle Ponys nur den Tag erlebten und die Nacht im Bett verbrachten. Sie hatte sogar vorgeschlagen, dass es für die wenigen Ponys, die die Nacht lieber mochten, in einer eigenen Kolonie leben können. Dabei wollte sie nur nicht mehr einsam sein. Kurze Zeit später hatte sie sich leider verwandelt … aber die wenigen Ponys, die sich als die Kinder der Nacht bezeichnet hatten, sind noch immer auf ihrer Seite und lieben die Nacht nach wie vor. Bitte verstehe mich nicht falsch, natürlich achten und lieben wir auch den Tag oder die anderen Prinzessinnen. Aber unsere unendliche Liebe und Treue gehört allein Mutter Luna. Hier treffen wir uns oft mit ihr. Leider kann sie uns nicht jede Nacht besuchen, denn sie wacht auch über die Träume der Schlafenden.

Noch immer halten wir uns im Dunklen, allerdings in anderen Höhlen als in dieser auf und ich hoffe, du hast Verständnis dafür, dass ich hier nicht weiter erzählen werde.“

Ich schwieg, hatte viel zu gebannt Garis Erzählung gelauscht. Diese verstand es als eine wortlose Zustimmung und fuhr fort.

„Wir befinden uns zwar auf einem anderen Kontinent, aber bekommen doch ein paar Informationen, was in Equestria gerade vor sich geht. Zumindest, was die wirklich wichtigen Dinge, wie Prinzessins Twilights Krönung oder die Heirat zwischen Prinzessin Mi Amore Cadenza und Shining Armor betrifft. Daher haben wir eine ungefähre Ahnung davon, was sich auf dem ehemaligen Heimatkontinent so alles abspielt. Vermutlich kommst du von einem der anderen Kontinente, die wir nicht auf dem Schirm haben. Zumindest ist mir nichts von einem fünften Alicorn bisher bekannt. Du bist mir bisher noch nicht bekannt.“

 

Die restliche Untersuchung  lang ging jede von uns beiden ihren eigenen Gedanken nach. Woran Gari dachte, konnte ich beim besten Willen nicht sagen, was aber auch daran lag, dass ich ihr Gesicht nur sehr selten sah. Nicht, dass es mir viel über ihre Gedankengänge gesagt hätte. Also ließ ich mich in meine eigenen fallen.

Dann fasse ich mal zusammen, was ich alles weiß. Twilight ist eine Prinzessin, also bin ich in Staffel vier oder später. Die Hochzeit war definitiv davor. Leider hat sie nichts von Tirek, Starlight Glimmer oder anderen Ereignissen erzählt. Gut, ich weiß jetzt nicht, wie stark die Ereignisse rund um Starlight bekannt gegeben wurden. Wenn ich Glück habe, bin ich soweit in der Timeline von MLP, dass Discord vollständig reformiert wurde. Dann könnte er mir zurück in meine Dimension helfen. Immerhin kann er sie ja ganz einfach aufmachen. Aber so schnell wird es nichts. Erstmal muss ich es rüber nach Equestria schaffen. Und dann sehe ich weiter. Obwohl es schon echt cool wäre, Fluttershy und Pinkie Pie zu treffen. Oder all die Main Six. Je nachdem, wie weit die Timeline ist, treffe ich bestimmt auch Starlight Glimmer.

Erstmal eins nach dem anderen. Nur nicht auffallen oder verdächtiges tun. Gari vertraut mir, aber wer weiß, wie lange und wie sehr? Hilfe, ich klinge ja fast schon wie eine Verbrecherin!

 

„Mystery, ihr hattet vorhin ziemlich viel Glück, dass ihr euch noch nicht auf den Weg gemacht habt. Die Gegend hier ist sehr gefährlich, besonders nachts. Ich möchte nur nicht, dass sich meine Freunde unnötig in Gefahr begeben. Es wäre sehr schwer für euch geworden, nach Equestria zu kommen. Du hast offensichtlich die Kontrolle über dein Gleichgewicht verloren, bei deinem Unfall wurde bestimmt in deinem Gehörgang etwas beschädigt. Da wirst du deine Flügel erst recht noch nicht beherrschen können. Zumal Prinzessin Twilight sich im Moment nicht im Schloss befindet.“

Hier wurde ich hellhörig.

„Wie meinst du das, dass Prinzessin Twilight nicht im Schloss ist? Ist sie denn überhaupt in Ponyville oder woanders?“

Ob sie wohl wieder einem Freundschaftsproblem nachgeht?

„Ich weiß nichts Näheres, aber laut Mutter Luna reist Prinzessin Twilight in Equestria umher, wegen  einer Mission. Welche, wollte mir Mutter Luna leider nicht verraten. Eine Entscheidung, die ich natürlich akzeptiere. Vermutlich ist es eine geheime Mission, immerhin ist eine Prinzessin darin involviert. Ob sie nun von ihrer Aufgabe bereits zurückgekehrt ist oder wo sie sich im Moment befindet, kann ich also leider nicht sagen.“

Seufzend ließ ich meinen Kopf zurück auf das Bett sinken. Die ganze Zeit über hatte ich mir schon gedacht, dass es nicht einfach werden würde. Doch wie immer war es nicht gerade schön, mit der Realität konfrontiert zu werden. Mit der Tatsache, dass man mit seiner Vermutung am Ende richtig lag.

„Wenn du möchtest, kannst du in dieser Zeit unser Gast sein, ich würde dich gerne einladen. Jemand muss sich um deine Verwundung und auch um dein verschwundenes Gedächtnis kümmern. Selbst wenn du es nicht verloren hättest, diese Gegend hier nicht gerade sicher. Für ein fremdes Pony ist das hier alles kein Zuckerschlecken, auch haben wir mit dem nicht gerade unproblematischen Nachbarland zu kämpfen. Ohne Magie bist du da verloren oder hast es noch schwerer als wir es bereits haben.

Wir könnten dir helfen, deine Erinnerungen wiederzufinden und auch ein wenig Magie beibringen. Vielleicht hilft ja das eine bei dem anderen Problem. Und die Kleinen scheinen dich schon in ihr Herz geschlossen zu haben … es würde sie freuen, wenn du noch ein wenig bleiben würdest. In der Zwischenzeit kann ich ja eine Nachricht nach Equestria verfassen, möglicherweise kann sich jemand an dich erinnern und kann dich dann nach Hause zurückbringen. Es ist natürlich dir überlassen, denn trotz deiner Größe bist du wohl schon ein ausgewachsenes Alicorn. Ich will nur, dass du weißt, dass du, solange du hier bist, unsere Gastfreundschaft genießen kannst.

Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich betrachte dich nicht als Freundin oder derartiges. Ich will nur nicht, dass die Kleinen da draußen herumrennen. Sie würden viel mehr Schwierigkeiten machen, als dass sie eine Hilfe wären und sie wären nicht viel mehr als Lebendfutter. Die Welt außerhalb unserer Höhlen, sie kennen sie nicht und so schnell wird es sich auch nicht ändern. Zumindest nicht, bis sie alt genug dafür sind. Bis wir sie dafür vorbereitet haben.“

Wieder schwieg sie für ein paar Sekunden, als müsste sie sich ihre nächsten Worte erst genau überlegen.

„Mutter Luna würde es sicherlich nicht gerne sehen, dass wir einen verletzten Gast einfach hinauswerfen. Das ist alles und mehr musst du auch nicht wissen.“

 

Verwirrt darüber, ob sie mich nun mochte, hasste oder mir einfach nur misstraute, weil ich von außerhalb war, dachte ich über ihre Worte nach. Meine Ungeduld sagte, ich sollte spätestens bei Tagesanbruch hinausgehen, die Welt entdecken und meinen Weg nach Equestria finden. Zwar war mein Orientierungssinn nicht der Beste, aber ich würde schon zurechtfinden. Immerhin konnte ich das ja auch vor dem Zeitalter der Smartphones und es gibt immer irgendwen, den man fragen konnte. Erst jetzt fiel mir auf, dass mein Rucksack nicht mit mir gekommen war.

Wow, das sieht jetzt bestimmt noch mehr wie ein Verbrechen aus, nur mein Rucksack, der da vor dem merkwürdigen Spiegel liegt. Wie lange es wohl dauert, bis man nach mir sucht? Wie lange werden sie wohl brauchen, bis sie meinen Rucksack finden? Welche Schlussfolgerungen werden sie wohl ziehen? Arme Mama, ihre Nerven werden das wohl nicht mitmachen …

Aufkommende Tränen unterdrückend, versuchte ich mich wieder mehr auf mich und meine aktuelle Situation zu konzentrieren.

Vermutlich wäre es wirklich vernünftiger, wenn ich hier bleiben würde, auch wenn ich am Ende nur geduldet bin. Und Magietraining könnte mir tatsächlich nicht schaden. Bestimmt wollen sie mir dann auch das Fliegen beibringen … oi, das kann ja was werden. Viel lieber würde ich mich bis morgen ausruhen und dann gehen. Aber das andere ist vernünftiger … argh, die Kopfschmerzen machen es mir nicht gerade einfach. Wieso fühlen sich vernünftige Entscheidungen immer so doof an? Es hilft nichts, auch wenn es mir nicht wirklich gefällt.

 

Eine Antwort abwartend, sah Gari mich an, was mir erst jetzt so richtig auffiel. Ich versuchte mich aufzurichten, was mir zum Glück problemlos gelang.

„Danke für dein Angebot und keine Angst, ich habe es schon richtig verstanden. Du hast einfach nur Angst um deine Freunde, mir würde es genauso gehen, wenn ich an deiner Stelle wäre … jedenfalls nehme ich es an, will aber nicht zu lange bleiben. Nur, bis es mir besser geht oder jemand aus Equestria kommt und mich abholt. Das klingt doch gut, oder nicht?“

Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich wohl nur rund zwei oder höchstens drei Wochen hier verbringen werde, stimmte ich dem Angebot zu.

Vernünftig zu handeln fühlt sich echt nicht immer gut an.

Ein Lächeln stahl sich auf Garis Gesicht, aber ich konnte nicht wirklich deuten, ob es nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Aus einer Schublade zog sie einen Verband und wickelte ihn um meine Augen.

„Gut, dann ist es entschieden. Allerdings kann ich dich hier nicht lassen, nein. Ich werde dich in Midnights Unterkunft führen. Für den Moment brauchst du nicht zu wissen, wo das liegt. Das wirst du noch früh genug erfahren, aber jetzt noch nicht. Nimm meinen Huf, ich werde auf dich aufpassen, keine Angst. Ich werde dich nicht stolpern oder gegen irgendein Hindernis laufen lassen.“

Teilweise beruhigt, versuchte ich ihren Huf zu finden, was mit verbundenen Augen nicht so einfach war. Schließlich verließen wir das kleine Krankenzimmer wieder und ich hatte keine Vorstellung davon, was mich erwarten würde. Ich konnte nur hoffen, dass mein Aufenthalt hier so angenehm wie möglich werden würde. 

Ponymäßiges Sleepover

Langsam folgte ich Gari durch die verwinkelten Gänge, auch wenn sie gut beleuchtet waren und ich sie kaum aus den Augen ließ, kam ich mir ein wenig verloren vor. Wie immer, wenn ich in einer fremden Situation war. Wie immer wünschte ich mir, ich könnte das Ganze nochmal starten, es fühlte sich einfach nicht richtig an.

Doch im echten Leben, sei es nun in meiner Welt oder auch in der Welt der Ponys, gibt es keine Speicherfunktion, keinen Soft-Reset oder derartiges. Ich habe auch nicht mehrere Leben. Trotzdem bekam ich das Bedürfnis, auf die Pausetaste zu drücken. Als wäre ich ein Schauspieler, der mal eben eine Drehpause benötigt, um nochmal kurz den Text zu überfliegen. Auch wollte ich wissen, ob die Entscheidung, die ich getroffen habe, richtig war.

Vieles ist am Ende harmloser und ruhiger, als ich es am Anfang vermutete. Sei es nun in der Jobsuche, im Gespräch mit anderen Leuten oder auch die unregelmäßigen Raids, an denen ich teilgenommen hatte. Zuhause, in meiner eigenen Welt.

Wie viel Zeit wohl bereits vergangen ist? Ob die Zeit schneller oder langsamer läuft als hier? Ich hoffe doch, es ist wie in vielen Filmen und die Zeit verläuft gar nicht oder langsamer. Ich will nicht jünger als er sein … nicht deutlich jünger.

Schnell schüttelte ich meinen Kopf, versuchte mich auf die Situation hier zu konzentrieren, doch wie immer fiel es mir nicht gerade leicht. Ich wusste, dass ich ihn noch nicht komplett vermisste, aber früher oder später würde das Gefühl kommen. Und genau davor fürchtete ich mich. Ich versuchte mit aller Kraft, mich auf etwas anderes zu konzentrieren, aber mein Kopf blieb stur. Oder mein Herz, ich konnte nicht genau sagen, wer hier gerade wieder mal mehr das Sagen hatte. Erst als wir unser Ziel erreicht hatten, gelang es meinen Gedanken in andere Wege zu driften.

Mittlerweile hatten wir Garis Schlafzimmer erreicht, wobei man das eher als Wohnbereich bezeichnen konnte. Eine kleine Höhle, mit mehreren offenen Türen und einer gemütlichen Atmosphäre. Selbst hier war das Licht sehr hell für die Höhlenbedürfnisse, ich wurde das Gefühl nicht los, dass besonders in den Wohngebieten der Ponys stark mit Magie nachgeholfen wurde.

Was sie wohl in der Nacht machen? Die können die kleinen Flammen ja schlecht ausmachen … oder? Naja, das wird mir Midnight wohl erklären. Sie hat bestimmt nichts dagegen, wenn sie ein wenig befrage.

 

Während ich mich noch staunend umsah und immer mehr das Gefühl hatte, in einer fremden Ponywohnung zu stehen, kam Midnight mit einem großen Grinsen und einer Teekanne auf dem Huf auf uns zu. Sie hatte sich wohl gerade einen frischen Tee zubereitet, neugierig hielt ich meine Nüstern hoch und schnupperte. Genauer gesagt versuchte ich es, denn auch hier in diesem Ponykörper war meine Nase nicht gerade der aktivste Riechkolben unter der Sonne. Frustriert schob ich meinen Kopf in den Nacken und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf meine Gastgeber. In der Hoffnung, dass ich in den wenigen Sekunden nichts verpasst hatte.

„… ja, ich denke, sie dürfte mittlerweile stabil sein. Es wäre trotzdem gut, wenn du noch das eine oder andere Auge auf sie werfen könntest. Und wenn etwas in der Nacht sein sollte, wenn sie Schmerzen habt oder sich wieder an irgendwas erinnern kann, dann möchte ich umgehend darüber unterrichtet werden.“

Erleichtert atmete ich auf, sie haben also nur über meinen Gesundheitszustand geredet. Dass sie sich so um mich sorgen, machte mich ein wenig verlegen. Gleichzeitig kam ich mir vor, als wäre ich wieder fünf Jahre alt und sie würden über mich reden, als würde ich mit 39 Grad Fieber im Bett liegen. Unwohl rieb ich mir am Hinterkopf, wie immer fühlte ich mich ein wenig schuldig, auch wenn ich normalerweise wusste, dass ich das nicht müsste. Doch dieses Mal war es anders. Ich hatte eine Amnesie vorgetäuscht und auch wenn ich um die medizinische Versorgung dankbar bin, so bereute ich es nun langsam, dass ich ihnen diese Lüge aufgetischt hatte. Auf der anderen Seite hatte ich nicht gerade viel Handlungsspielraum. Und je mehr ich mich wieder erinnern würde, desto weniger müsste ich dieses Theater mitspielen. Mir musste so schnell wie möglich etwas einfallen – auch, wenn es mir im Moment sehr schwer fiel.

 

Während ich meinen sorgenvollen Gedanken nachgehangen war, hat Gari zusammen mit Midnight die Situation besprochen. Wie von Gari erwartet war Midnight von der Idee, dass ich ihre Mitbewohnerin werden würde, richtig begeistert. Dass ich nur eine Mitbewohnerin auf Zeit und nicht permanent hierbleiben würde, diesen Fakt übersah sie dagegen großzügig. Dennoch sagte ich nichts, zum einen, weil ich sie nicht verletzen wollte. Zum anderen war ich dankbar für einen Ort zum Schlafen und Zurückziehen. Dass ich dann allerdings nicht wusste, was ich in der Zeit machen sollte, wurde mir erst jetzt so richtig bewusst. Zwar hatte ich ein Buch dabei, allerdings wäre auch das irgendwann ausgelesen.

Ob ich es gegen ein Buch von hier tauschen könnte? Ob sie hier überhaupt Bücher haben?

Doch ich konnte mich nicht umsehen, da bereits Midnight mit einem großen, wenn auch freundlichen Lächeln auf mich zukam.

„Sag mal, Mystery, hast du heute schon etwas gegessen?“

Ich überlegte kurz, meine letzte Mahlzeit war tatsächlich länger her. Welche aus zwei Wurstbroten zur Mittagszeit bestanden hatte, zusammen mit frisch abgekühltem Tee und einem kleinen Apfel aus der Kantine. Das meiste davon erzählte ich ihr auch und das Lächeln auf ihren Lippen vergrößerte sich.

„Dann wird es dich freuen, dass ich dich und Gari zum Essen einladen möchte. Um ehrlich zu sein, habe ich bereits mit den meisten Vorbereitungen angefangen, während Gari dich untersucht hat.“

Mit rot schimmernden Wangen sah sie kurz zur Seite, bevor sie sich wieder mir zuwandte.

„Ich bin zwar noch klein, aber ich kann bereits ziemlich gut kochen. Das können dir die anderen bestätigen!“

Zwar fragte ich mich, was genau dieses Pony mir auftischen würde, wollte aber weder unhöflich noch ablehnend sein und so nahm ich die Einladung des kleinen Ponys an. Abwartend wandte sich Midnight nun Gari zu, die abwechselnd zu uns beiden herübersah. Ganz so, als würde sie sich in diesem Moment ihre Worte zurecht legen wollen.

„Nun, Midnight, ich finde deine Einladung ziemlich nett von dir, aber auf mich warten noch ein paar Aufgaben, die ich machen muss, bevor Mutter Luna zu uns kommt …“

Ihre Worte begannen zu stocken, kaum sah sie das jüngere Pony mit glitzernden Augen an. Es fiel Gari nicht besonders leicht, ihren Blick wieder davon abzuwenden.

„Bitte, Gari, Mama Luna wird es bestimmt verstehen, wenn du erst hier was isst und dann die Papiersachen machst. Du warst heute sehr lange unterwegs und hast bestimmt auch Hunger. Du musst doch auch was essen, nicht nur die Getreideriegel, die du immer mitnimmst, wenn du unsere Höhle verlässt.“

Gari errötete leicht, sie wusste, die Kleine hatte sie ertappt. In der Tat hatte sie während ihres gesamter Zeit außerhalb der Höhle nur zweieinhalb Getreideriegel gegessen und den Hunger für die meiste Zeit ignoriert. Noch immer wog sie zwischen den beiden Möglichkeit ab, dann begann sie zu seufzen.

„Alles klar, du hast gewonnen – ich bleibe zum Essen. Danach werde ich aber sofort gehen müssen, die Papierarbeit wird deswegen nicht weniger und ich möchte mich auch nicht allzu spät ins Bett legen.“

 

Midnights Augen begannen zu leuchten, so sehr freute sie sich über unsere Gesellschaft beim Essen.

Ob sie wohl sonst alleine isst? 

Plötzlich musste ich an unsere Essensgewohnheiten denken und auch, wie viele wir damals einfach aufgegeben hatten. Ein gemeinsames, regelmäßiges Mittagessen habe ich nie gekannt und daher auch nie vermisst. Es gab zwar mal Abende, an denen wir zusammen Brotzeit gemacht haben, aber die Zeiten sind auch schon seit über zehn Jahren vorbei. Doch wenn ich so darüber nachdachte, fehlte es mir nicht wirklich. Viel lieber esse ich alleine oder mit anderen vor dem Bildschirm. Oder ich unterhalte mich mit ihnen. Ansonsten kann ich es nicht leiden, beim Essen zu sprechen – zumindest, wenn ich die Leute nicht kannte. Auch wenn die meisten Personen, mit denen ich bisher essen waren, extrovertiert waren, musste ich mir wenigstens keine typischen Sprüche à la, ‚Jetzt sag doch auch mal was! ‘ anhören, wofür ich dankbar war.

Doch hier, hier würden sie mich befragen. Würden von mir Fragen und Antworten verlangen, die ich ihnen geben musste. Schon jetzt wusste ich, dass es mir schwerfallen würde, aber da musste ich wohl durch. Ob ich es wollte oder nicht.

 

Nachdem wir ihr geholfen hatten, den Tisch zu decken und für jeden Getränke (Frisch gebrühten Früchtetee) zur Verfügung zu stellen, begann Midnight aufzutischen. Eine Schüssel, gefüllt mit Salat und sämtlichen Gemüsesorten blickte mir entgegen. Und da es etwas war, was ich auch in meiner eigenen Welt gerne aß, war ich darauf ziemlich neugierig. Zu meiner Überraschung hatte sie sich zu einer leichten Kost entschieden. Wenn sie wüsste, womit ich bei meinem ersten Essen als Pony gerechnet hatte, würde sie meine Erleichterung anders interpretieren.

Erneut errötete sie.

„Natürlich ist das kein Meisterwerk, aber den anderen schmeckt es auch bisher immer recht gut, wenn ich für sie koche.“

Gari begann den Kopf zu schütteln.

„Und ich sage dir immer, du sollst aufhören, dein Licht unter den Scheffel zu stellen. Du kochst fantastisch, sogar besser als ich. Ich bin mir sicher, wenn du fleißig weiter übst, wirst du eines Tages viel erreichen. Sogar Mutter Luna lobt dich und deine Kochkunst.  Vielleicht bekommst du sogar ein Koch-Cutie Mark, wer weiß? Lass dich doch einfach auf dein Talent ein, selbst, wenn es später ein anderes sein wird. Schämen musst du dich für dein Können trotzdem nicht.“

Sie sah zuerst zu ihrem eigenen Cutie Mark, eine altmodische Kerze mit einer kleinen Flamme, zusammen mit einer Lupe. Meine Flanke dagegen zierte ein aufgeschlagenes Buch mit einem kleinen, roten Stern auf einer der Seiten.

 

„Wow, dein Cutie Mark sieht wirklich wunderschön aus“, begann Midnight zu schwärmen, bevor sie an einem übergroßen Salatblatt herumknabberte. Gari dagegen hielt sich zurückhaltend, biss nur hier und da in ein Stückchen Paprika oder Gurke. Und ich? Ich genoss das leckere Abendessen, es schmeckte weitaus weniger lasch, als ich es vermutet hatte. Irgendwie hatte es Midnight geschafft, dem Salat mit ein paar wenigen Kräutern einen fantastischen Geschmack zu verpassen.

Ich blickte noch einmal auf mein eigenes Cutie Mark und brachte nur ein schüchternes „Danke“ heraus.

Doch damit war es für Midnight nicht getan. Mit großen Augen sah sie mich an und ich konnte ihr von den Lippen ablesen, wie viele Fragen ihr auf der Zunge lagen. Schließlich hielt es die Kleine nicht mehr aus und begann, mich mit ihrer Neugierde zu überschütten.

„Duhu, Mystery, kannst du dich noch daran erinnern, wofür du dieses Cutie Mark bekommen hast? Oder kannst du dich mittlerweile an etwas anderes erinnern? Sag schon, sag schon, geht es dir und deinem Gedächtnis nun besser?“

Gerührt strich Gari dem jungen Pony über den Kopf.

„Nun aber mal langsam mit den jungen Ponys, Midnight. So eine Verletzung heilt nicht innerhalb weniger Stunden und bis man sein verlorenes Gedächtnis findet, nun, das dauert seine Zeit. Mystery braucht diese Zeit, gib sie ihr. Sie wird sich vermutlich nicht sofort erinnern, das kommt wohl eher Stück für Stück.“, sagte sie, blickte aber nicht weniger neugierig in meine Richtung. Doch auch etwas anderes lag in ihren Augen und gab mir das Gefühl, als wüsste sie, dass das alles nur eine große Lüge war.

Weiß sie es etwa? Kann man es mir im Gesicht ablesen? Wird sie mich irgendwann an die Wand stellen? Ich hoffe nicht, denn dann wüsste ich nicht, was ich sagen soll. Die Wahrheit würde mir doch niemand glauben. Naja, vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, dass sie etwas ahnen könnte. Sie ist nicht Pinkie Pie, die würde auf solche Ideen kommen. War ja beim ersten Equestria Girl Film genau das Gleiche, da hat sie auch gewusst oder erraten, dass Twilight eigentlich eine Ponyprinzessin aus einer anderen Welt ist … oi, wenn ich sie treffe, dann muss ich wohl echt gut aufpassen. Auf der anderen Seite komme ich dann aber wohl leichter nach Hause …

Vorsichtig überlegte ich, was ich ihnen sagen könnte und was nicht. Dass ich mir dafür ein paar Minuten Zeit ließ, wurde dagegen nicht negativ von ihnen bewertet.  Oft genug guckten mich die Leute an und ihre Blicke wirkten immer aufdringlicher, je länger ich schwieg. Etwas, was ich noch nie aushalten konnte. Besonders dann werde ich noch nervöser und rede auch genauso. Doch hier spürte ich, dass sie Verständnis für meine Situation hatten, auch wenn es die falsche war.

 

„Nun ja, ich lese gerne Geschichten, seit ich ein kleines Fohlen bin. Deswegen habe ich in meinem Rucksack auch ein Buch dabei, ohne gehe ich gar nicht aus dem Haus“, dabei deutete ich auf den kleinen Rucksack neben mir.

„Und ich kann mich erinnern, dass ich auch selbst gerne Geschichten schreibe. Vermutlich hängt es mit einem von beiden Dingen zusammen. Vielleicht kommt es ja auch von beidem. Immerhin ist es ein Buch, also muss es ja mindestens eines von beidem sein, nehme ich an. Oder?“, sagte ich fragend in die Runde, doch auch die beiden wussten keine andere Alternative.

„Alles, an das ich mich noch erinnern kann, ist die angebliche Rückkehr von Nightmare Moon und dass sie von einer Gruppe von Ponys gestoppt wurde. Es war überall dunkel und irgendwer sagte mir panisch, dass es jetzt für immer Nacht sein würde. Aber nach ein paar Stunden war es dann wieder ganz normal, nur, dass die Sonne viel später aufging als sonst. Mehr weiß ich leider nicht“, sagte ich und rieb mir ein wenig die Stirn. Da ich die erste Staffel vor ein paar Jahren erst vor ein paar Jahren, auf einer DVD-Box aus den USA gesehen hatte, waren meine Erinnerungen nicht mehr ganz so frisch, was mir ein tatsächliches Zwicken in der Stirn verursachte.

Wenigstens fasse ich mir mal nicht grundlos an die Stirn. Nur, dass ich keine Finger habe, daran werde ich mich noch gewöhnen müssen.

„Das ist schon in Ordnung. Verlang nicht zu viel von dir, wer weiß, welchen bleibenden Schaden du sonst davonträgst. Am Ende versuchst du zu viel und kannst dich dann an gar nichts mehr erinnern. Ich kann dir nur den gleichen Rat geben wie Midnight: Warte. Die Zeit wird dir die Erinnerung zurückbringen, du musst nur geduldig sein.“

Gari verschlang die letzten Salatblätter auf ihrem Teller, wischte sich höflich ihren Mund ab und entfernte sich in die Richtung des Ausgangs.

„Keine Angst, ich werde jemanden in Equestria über dich und die Gesamtsituation informieren, es wird also alles wieder gut werden.“

„Gari, Gari! Wird es wieder mit DEM Buch sein? Sag schon?“, fragte Midnight aufgeregt und ich konnte Gari für einen kurzen Augenblick ansehen, dass sie nicht gerade glücklich über Midnights Frage war. So, als hätte sie gerade Firmeninterna angesprochen. Oder eine Überraschung ausgeplaudert. Gari seufzte.

„Ja, Midnight, es wird mit DEM Buch passieren.“

Sie lächelte uns für einen kurzen Moment an, bevor sie sich umdrehte und in den Höhlengang verschwand. Unsicher überlegte ich mir, wie ich ihr Lächeln deuten sollte, ob es wirklich ein freundliches war oder eins von der wissenden Sorte.

 

„Hach, das ist so aufregend. Natürlich benutzt sie DAS Buch, alles andere wäre ja viel zu langsam!“, sagte Midnight und sprang aufgeregt im Zimmer herum. Unwohl beobachtete ich das kleine Pony dabei, wie es den „Insider“ immer wieder und wieder vor mir erwähnte. Ich räusperte mich ein wenig.

„Midnight … ich denke, Gari wäre es lieber, wenn du eure Geheimnisse nicht gleich jedem erzählen würdest. Sie sah nicht gerade sehr glücklich aus, als du dieses Buch erwähnt hast, welches das auch immer ist. Keine Angst, ich werde auch keine Fragen dazu stellen.“

Vermutlich ist es das gleiche Buch, mit dem Twilight und Sunset miteinander kommunizieren … naja, das werde ich bestimmt noch herausfinden. Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm.

„Aber warum denn, das verstehe ich nicht!“, sagte Midnight verwirrt. Sie tat mir leid, wie sie da so vor mir saß und mich mit großen Augen ansah.

„Nun ja…“, begann ich zu erklären. „Ich bin immer noch eine Fremde und jede Gruppe hat irgendwelche Geheimnisse, die man nicht jedem sofort erzählen darf. Immerhin weiß man nicht, welche Absicht fremde Ponys haben und am Ende könnte es sogar sehr gefährlich sein.“

„Ach was“, sagte Midnight und holte sich eine weitere Portion auf ihren Teller. „Du bist doch überhaupt nicht gefährlich, du bist ganz ganz lieb.“

Ich errötete: „Danke, das … ist nett von dir.“

Mag sein, dass ich lieb bin, aber unehrlich bin ich trotzdem zu allen von euch. So lieb bin ich am Ende dann wohl doch nicht. Aber die Wahrheit kann ich ihnen ja schlecht sagen. Hey, ich bin eigentlich ein Mensch aus einer anderen Welt … haha, als ob ich das einfach so bringen könnte.

Ich versuchte, Midnight mit einem liebevollen Blick anzusehen, um ihr zu signalisieren, dass ich nicht böse auf sie wäre. Zwar wusste ich nicht, ob mir das gelang, aber Midnight sah schon wieder etwas fröhlicher aus. Auf eine kurze Nachfrage hin gab sie mir ebenfalls eine weitere Portion, wofür ich ihr dankbar war.

„Sag mal“, versuchte ich das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken, da ich ja nun wusste, dass Midnight wohl gerne plauderte.

„Wie ist eigentlich die Welt außerhalb dieser Höhle? Ich habe noch nie davon gehört und auch die Gegend, die ich bisher so sehen konnte vom Eingang aus, sagt mir nichts. Entweder habe ich sie noch nie gesehen oder ich kann mich nicht mehr daran erinnern.“

Midnight sah mich blinzelnderweise an, dann vergrößerte sich ihr Grinsen, nur um Sekunden später wieder kleiner zu werden. Ich konnte ihr ansehen, dass die Wörter aus ihr heraussprudeln wollten, doch irgendetwas hielt sie wohl zurück.

„Leider weiß ich nicht sehr viel über die Welt dort draußen. Die meiste Zeit habe ich hier drinnen verbracht. Weißt du, ich war als kleines Fohlen sehr oft krank und bin sehr oft im Bett gelegen. Daher kann ich dir nicht viel erzählen …“

Sie überlegte hin und her, genauso, wie sie ihren Kopf von der einen Schulter zu der anderen warf. Vermutlich sortierte sie in Gedanken ihre Worte in „Kann ihr ihr erzählen“ und „Muss ein Geheimnis bleiben“ ein. Während ich noch weiterhin meinen Salat aß, beobachtete ich ihr kleines Schauspiel. Bis ihr dann sprichwörtlich eine Glühbirne über dem Kopf aufging.

„Sag mal, kannst du dich erinnern, was mit dem Mondstein passiert ist, als du dich in unsere Höhle verirrt hast?“

„Dem Mondstein?“, fragte ich und versuchte mich zu erinnern. Ich wusste nur noch, dass neben mir, kaum war ich in dieser Welt gelandet, eine Menge Splitter um mich herum lagen und dass diese recht milchig aussahen.

„Nein, leider kann ich mich nicht mehr erinnern, tut mir leid. Der Stein sah bestimmt sehr schön aus.“

Midnight nickte aufgeregt.

„Ja, er war wirklich sehr schön. Aber er war auch so sehr wichtig für uns alle. Mama Luna hat uns mal erzählt, dass da drin eine böse Macht versiegelt ist und dass es ein böses … Omon wäre, wenn der Stein zerbrechen würde.“

„Oh, du meinst wohl Omen, oder?“, sagte ich und spürte einen kleinen Kloß im Hals.

Jetzt kann ich nur hoffen, dass nichts an der Geschichte dran ist. Schlimm genug, dass ich so einen hübschen Stein irgendwie zerstört habe, jetzt habe ich anscheinend auch noch irgendwas oder irgendwen auf die Welt hier losgelassen. Na ganz klasse.

„Ja, genau das meinte ich. Mama Luna, sie hat da eine Macht namens Erebos eingesperrt und gemeint, dass die wohl ganz böse wäre.“

Ja ganz klasse, das hab ich ja echt gut hinbekommen. Obwohl, es war ja keine Absicht, also kann man mir das nicht wirklich anrechnen, oder? Immerhin habe ich das ja nicht mit Absicht gemacht … vielleicht ist es ja noch nicht zu spät und es ist noch nichts entwichen oder so.

„Und was ist dieses Erebos genau?“, frage ich vorsichtig nach, kaum hatten wir unser Mahl beendet und das Geschirr abgespült. Müde rieb sich Midnight die kleinen Äuglein.

„Tut mir leid, das weiß ich nicht mehr. Irgendwas mit Dunkelheit und Gefahr und Mama Luna, aber mehr weiß ich leider nicht mehr. Gari hat es mir meistens als Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen, als ich kleiner war, daher kann ich mich nicht mehr erinnern. Gari kann gut vorlesen, da bin ich immer schnell eingeschlafen.“

Glaub, das könnte ich jetzt auch gebrauchen.

„Aber wenn du willst, können wir Gari morgen fragen, sie wird es dir bestimmt sagen können“, sagte sie und gähnte so herzhaft, dass ich mich gleich ansteckte.

„Wir sollten ins Bett gehen, bevor wir hier noch im Sitzen einschlafen und das ist bestimmt nicht bequem“, sagte ich mit einem Zwinkern, während ich mich umsah. Während ich noch überlegte, ob ich zurück zu der Liege gehen sollte, hatte Midnight bereits eine aufblasbare Matratze aus dem Schrank gezaubert. Diese benötigte lediglich einen kleinen Knopfdruck und schon war ein respektables Ersatzbett für mich vorhanden.

„Früher, wenn ich krank war, hat Gari auf dieser Matratze geschlafen. Mama Luna hat sie verzaubert, so dass man nur den Knopf drücken muss und schon pustet sie sich auf.“

Genauso flink hatte sie ein Kopfkissen wie auch eine Decke bereit, die sie mir ebenfalls anbot. Dann legte sie sich in ihr eigenes Bett hinein.

„Gute Nacht, Mystery, schlaf gut …“, murmelte Midnight, löschte die Lichter mit einem Hufklatschen und war bereits ins Land der Träume getriftet. Ich dagegen lag auf der Matratze und auch wenn sie sehr angenehm und bequem war, drehte ich mich mehrmals hin und her. Da ich schon immer ein Seitenschläfer war, störten mich auch die Flügel nicht sonderlich.

War ja klar, dass mich meine Probleme auch in diese Welt hier verfolgen.

Ein fremder Ort, eine fremde Situation und schon konnte ich wieder schlechter einschlafen als sonst. Da ich aber keine Kopfhörer bei mir hatte, wie auch keinen Internetempfang, musste ich notgedrungen auf die ASMR-Videos verzichten. Was meiner Laune nicht gerade half. Erst nach einer schier unendlichen Zeit fielen mir erschöpft und genervt die Augen zu.

 

Wie lange ich am Ende wach herumgelegen und hinterher geschlafen hatte, konnte ich nicht sagen. Noch leicht müde streckte ich mich in alle Richtungen und drehte mich zu Midnight hinüber, nur um festzustellen, dass diese ihr Bett bereits verlassen hatte. Auch jetzt fiel mir das dezente Licht auf, das in diesem Raum leuchtete. Zumindest war der Raum hell genug, dass man ihn verlassen konnte, ohne über seine eigenen Beine zu stolpern. Neugierig klatschte ich meine Hufe zusammen, so, wie es Midnight getan hatte. Das Nachtlicht verschwand und die normalen Lichter aktivierten sich. Rasch verließ ich meine Matratze und suchte die nächstbeste Toilette auf. Nachdem ich das erledigt hatte, legte ich die Schlafsachen zusammen, drückte den Knopf und schon war meine Schlafunterlage wieder ein kleines, stramm gefaltetes Viereck.

Schon erstaunlich, wozu Alihorn-Magie in der Lage ist …

Noch immer blieb Midnight verschwunden und da ich nicht wusste, ob und wohin ich gehen könnte, beschloss ich mich, auf einen ihrer Stühle zu setzen und zu warten. Ein wenig knurrte mir der Magen, doch meine guten Manieren wie auch meine gute Erziehung sagten mir, dass ich mich nicht einfach an ihrem Kühlschrank bedienen, sondern auf sie warten sollte. Stattdessen sah ich mich um und nahm ihre Inneneinrichtung zum ersten Mal so richtig war.

Neben ihrem Bett, dem Bad und der Kücheneinrichtung verzierten ein paar Blätter mit Kinderzeichnungen ihre Wand, die meisten davon bildeten Prinzessin Luna ab. Aber auch Midnight selbst, Gari und ein paar der anderen Ponys konnte ich auf den Zeichnungen entdecken.

Das sieht echt süß aus … vielleicht bekommt sie ja ein Künstler Cutiemark? Naja, aber das sage ich ihr lieber nicht, sonst setzt sie sich nur unnötig unter Druck. Wäre aber trotzdem interessant zu sehen, wie sie es bekommt. Hoffentlich ein süßes, das hätte sie echt verdient.

Schließlich fiel mein Blick auf ein dünnes, älter aussehendes Regal gefüllt mit Büchern. Die Buchrücken erzählen mir direkt etwas über die Art des Inhalts:  Ein paar wissenschaftliche Bücher, bei denen ich doch arg bezweifelte, dass Midnight sie bereits lesen konnte. Ein paar Bilderbücher und auch mehrere Romane, darunter mehrere Bände von Daring Doo.

Cool, ich hab ja auch ein paar daheim. Schade nur, dass ich mich nicht erinnern kann, welche es sind … ich muss die echt mal lesen, wenn ich wieder zuhause bin. Uff, so viele Bücher daheim, die darauf warten, von mir gelesen zu werden …

„Oh, du bist bereits wach? Ich habe dich aber nicht geweckt, oder?“, sagte eine zaghafte Stimme hinter mir und ich drehte mich zu ihr um. Midnight sah mich besorgt an.

„Nein, nein, ich bin gerade erst wach geworden, ich hab gar nicht mitbekommen, dass du gegangen bist. Musst dir also keine Sorgen machen“, erwiderte ich und Midnight sah bereits wieder viel fröhlicher aus.

„Auf jeden Fall hast du viele interessante Bücher, auch von Daring Doo. Ich mein, ich kann mich erinnern, auch welche zu haben, aber ich weiß nicht mehr, welche das ware.“

Was ja nicht mal gelogen ist, die Kiste mit den Büchern hab ich ja schon wieder seit Monaten nicht mehr angefasst. Und in meiner Datenbank sind sie auch noch nicht erfasst, da ich sie noch nicht gelesen habe. Naja, selbst wenn sie drin stehen würden, ich hätte von hier aus sowieso keinen Zugriff darauf.

„Die Bücher hat uns alle Mama Luna mitgebracht“, erklärte Midnight, während sie selbst auf das Regal sah.

„Die Geschichten und Bilderbücher sind für uns Kleinen, die anderen, schweren Bücher sind für Gari und die anderen Älteren. Jeder von uns hat Bücher in seinem Zimmer stehen und wir lesen sie überall, daher stehen sie jedes Mal woanders, sobald sich jemand eins genommen hat.

Das erklärt auch, warum hier so altersunübliche Bücher herumstehen. Bedeutet dass, dass ich Gari oder jemand anderes in ihrem Alter gerne bei Midnight aufhält? Vielleicht ein Bruder oder eine Schwester oder jemand anderes aus ihrer Verwandtschaft? Vielleicht gehören die aber auch Gari selbst und sie hat sie gelesen, während sie auf Midnight aufgepasst hat.

„Die schweren Bücher verstehe ich noch nicht, aber ich liebe die Daring Doo Bücher. Hast du sie auch schon gelesen?“

Als ich dann zur Antwort nur den Kopf schüttelte, sah sie mich leicht entsetzt an.

„Dann musst du sie auf jeden Fall lesen! Die sind echt super-duper toll!“

Doch statt einem Daring Doo Band zog Midnight eins über das Weltall und seine Wunder heraus.

„Gari will immer, dass ich die hier lese, aber das ist noch viel zu schwer für mich. Ich verstehe überhaupt nicht, was da drin steht, obwohl ganz viele Bilder drin sind. Deswegen hat sie immer mehr von denen reingestellt, auch wenn ich ihr bereits gesagt habe, dass ich das gar nicht möchte.“

Oh, verstehe, deswegen stehen die hier. Sind ja auch ein bisschen viel, um zufällig hier ablegt worden zu sein.

„Achja!“, entfuhr es Midnight und sie sah so aus, als wäre ihr die ganze Zeit etwas entfallen.

„Mystery, du musst sofort mit mir mitkommen! Lesen kannst du später“, sagte sie und begann an mir zu ziehen.

„Was ist denn los?“, versuchte ich aus dem kleinen Pony herauszubekommen, doch sie gab mir keine Antwort darauf. Zumindest keine, mit der ich etwas anfangen konnte.

„Wir haben Besucher bekommen. Du willst sie bestimmt auch ganz dolle sehen, oder?“, sagte sie und zog weiterhin an mir herum.

Besucher?, fragte ich mich in Gedanken, während ich Midnight aus ihrer Unterkunft folgte.

Ob das das Pony ist, das Gari mit ihrem Buch angeschrieben hat? Oder jemand anderes? Ist es jemand, den ich kenne? Vielleicht ist es ja Twilight … oder Luna? Oder nur jemand aus der Gegend, der ihnen Obst verkauft? Naja, das werde ich ja gleich sehen, dachte ich mir und trottete hinter Midnight durch die verwinkelten Gänge.

Nicht-adeliger Besuch

Nachdem ich mich vor dem Einschlafen eine gefühlte Ewigkeit hin und her gewälzt hatte, hatte ich dann schließlich doch noch meinen Weg ins Reich der Träume gefunden. Ein seltsamer Traum spielte sich in meinem Kopfkino ab, doch kaum wachte ich auf, hatte ich das meiste davon bereits wieder vergessen. Lediglich die Armee von Pinkie Pies und eine überforderte Twilight sind mir noch im Gedächtnis geblieben, auch wenn ich den Zusammenhang oder den Kontext davon nicht mehr wusste. Mit einem Gefühl, irgendwo zwischen müde und ausgeruht, rieb ich mir den Schlaf aus den Augen. Bereits der Huf, der mein Gesicht berührte, verriet mir, dass ich immer noch ein Pony war.

“Guten Morgen, meine Liebe”, konnte ich eine Stimme neben meinem Bett hören. Überrascht, da ich angenommen hatte, allein im Raum zu sein, öffnete ich meine Augen und blickte Midnight in die leuchtenden Äuglein.

“Schön, dass du wach bist,” begrüßte sie mich und sah dabei so niedlich aus, dass ich es mit einem Lächeln erwiderte.

“Ich wünsche dir auch einen guten Morgen, Midnight”, sagte ich und hoffte, dass ich mir ihren Namen richtig gemerkt hatte. Da es keine Korrektur ihrerseits gab, lag ich wohl richtig damit. Ihre kleinen Hufe suchten den Weg unter meine Bettdecke und zogen an einem meiner eigenen Hufe.

“Du musst aufstehen, du musst mit mir mitkommen, ich muss dir unbedingt was ganz, ganz tolles zeigen!”, sagte sie total aufgeregt.

“Oh, ok, klar, warum nicht, aber lass mich doch bitte erst mal in Ruhe aufstehen. Dann folge ich dir und dann kannst du mir zeigen, was auch immer du mir zeigen möchtest.”

Sie nickte mir eifrig zu und ließ meinen Huf wieder los. Kaum hatte ich das Bett verlassen, stand Midnight bereits ungeduldig zwischen Tür und Angel, was auch immer sie mir zeigen wollte, es bedeutete ihr sehr viel. So musste ich mich auch beeilen, als ich ihr durch die Gänge hinaus folgte, bis wir schließlich die Höhle verließen und eine Art Platz erreichten.

Felsbrocken waren zu einem großen Kreis angeordnet, nur hier und da war eine Lücke, durch welche man die Platzfläche erreichen konnte. Pflanzen gab es kaum zu sehen, was an der allgemein bergig gehaltenen Landschaft lag. Im Platz selbst konnte ich eine große Menge an großen und kleinen Fohlen sehen, welche sich dicht gedrängt um drei ausgewachsene Ponys positioniert haben. So richtig erkennen konnte ich sie allerdings nicht, da sich die kleinen Ponys ständig in Bewegung befanden und herum hüpften, um einen Blick auf die großen Ponys zu bekommen.

„Was ist denn hier los?“, fragte ich Midnight, doch als Antwort schob sie mich nur sachte durch die Menge hindurch. Ob es nun an meiner Größe lag oder daran, dass es Midnight tat, ich kam durch die kleine Wand an Ponys hindurch wie durch einen Block aus weicher Butter. Kaum war ich im Innersten des Kreises angekommen, konnte ich auch endlich erkennen, welche Ponys hier so heiß begehrt waren: Starlight Glimmer, Rainbow Dash und Rarity.

Ungläubig begann ich die drei anzustarren, immerhin war es etwas anderes, sie auf dem Fernseher oder Computerbildschirm zu sehen, oder direkt hier live, nur wenige Meter von einem entfernt. Schließlich bekam ich das Gefühl, dass ich unangenehm auffallen würde und versuchte, meinen Blick wieder zu normalisieren. Ob es mir gelang, konnte ich zwar nicht sagen, aber da es keiner ansprach, ging ich für meinen eigenen Seelenfrieden davon aus.

„Natürlich kenne ich die echte Daring Do, was denkt ihr denn? So eine fantastische Fliegerin wie ich kennt alle großartigen Ponys, das ist doch selbstverständlich!“, sagte sie und brachte damit einen Großteil ihrer Zuhörerschaft zum Staunen. Bewundernd hingen sie an ihren Lippen, ihre Augen glänzten und leuchteten.

„Wow, Darling, sieh dir nur mal diese schöne Mähnenfarbe an! Aber an der Frisur könnte man auf jeden Fall noch etwas ändern, mehr Volumen müsste dort hinein. Schätzchen, ohne jetzt böse klingen zu wollen, aber deine Frisur muss mehr Leben bekommen!“, konnte ich eine mir wohlbekannte Stimme hören und wandte mich dieser zu. Rarity war zu mir herangetreten und betrachtete meine Mähne ganz genau, vermutlich plante sie bereits das Make-over, welches sie mir unterziehen wollen würde, vermutlich am liebsten hier auf der Stelle.

„Danke schön“, brachte ich schüchtern heraus.

„Ja, meine … Mähne hat leider nicht viel Volumen, da lässt sich leider auch nicht so viel damit machen.“

Rarity begann vergnügt zu schnauben.

„Ach, Darling, glaub mir, man kann mit allen Mähnen arbeiten und etwas aus ihnen machen, das kannst du mir glauben. Vor dir steht eine Expertin und Künstlerin, die ganz genau weiß, von was sie spricht. Sobald sich die Gelegenheit ergibt, komm zu mir in mein Haus, ich werde dich dann ganz schön machen, passend zu deiner Persönlichkeit.“

Also doch, ich wusste es. Naja, es wäre ja auch nicht Rarity, wenn sie auf solche Dinge keinen Wert legen würde.

Doch nicht nur Rarity nahm mich genau unter die Lupe, Starlight tat es ebenfalls. Sie sah mich verwundert an und ich folgte ihrem Blick. Er fiel erst auf mein Horn, dann auf meine Flügel und ich konnte es ihr nicht verdenken. Es gab nicht viele Alicorns in Equestria, eigentlich nur vier Stück und ich war keine davon. Schließlich fiel Starlights Blick auf das Fohlen neben mir.

„Hallo, meine Kleine, wie heißt du denn?“, fragte sie das Fohlen höflich.

„Mein Name ist Midnight!“, antwortete die Kleine, von Angst oder Schüchternheit keine Spur.

„Und du musst dann Gari sein, nicht wahr?“, fragte Starlight nun mich und ich brachte nur ein „Nein, da liegt ein Missverständnis vor“ heraus, so leise, als wäre ich ein Fluttershy Klon. Besonders Starlights skeptischer Blick machte mich mehr als nervös. Diese wirkte nun überrascht, Rarity ebenfalls.

„Oh, wir dachten nur, weil es hieß, dass Gari die Anführerin der Gruppe hier ist und du bist ein Alicorn … verzeih für das Missverständnis. Dann erlaube uns, uns kurz vorzustellen, das hier sind zwei meiner engsten Freunde, Rainbow Dash und Rarity, du hast sicherlich von den beiden gehört. Und mein Name ist Starlight Glimmer, freut mich, dich kennenzulernen. Wenn du nicht Gari bist, mit wem habe ich denn das Vergnügen?“

Ihre Stimme klang aufrichtig neugierig, ich konnte keinen bösartigen Argwohn heraushören, was mich ein wenig beruhigte.

„Mein Name ist Mystery Pen, es freut mich ebenfalls, euch kennenzulernen. Und danke für das Kompliment, ähm ...“

„Ich bin Rarity, gerne doch, man muss den schönen Dingen im Leben immer Raum geben und Komplimente schaden nie, sage ich.“

Sie sah mich freundlich an und ich wusste, dass sie es so meinte, wie sie es sagte.

„Und welche Rolle spielst du bei der kleinen Gruppe hier?“, wollte Starlight wissen.

„Gar keine“, antwortete Midnight für mich. „Sie ist nicht in unserer Gruppe mit dabei, sie ist nur ein lieber Gast von uns, die uns besucht. Nicht wahr, Mystery?“, dabei sah sie kurz zu mir rüber.

„Ja, genau, ich bin nur ein Gast“, erwiderte ich.

Da sah Midnight nun zurück zu den beiden Ponys.

„Woher kennt ihr Gari, seid ihr Freunde oder so? Sie hat euch noch nie erwähnt, zumindest glaube ich das.“

Dabei hob sie fragend ihren kleinen Huf an ihr Gesicht.

„Nun, nein, Freunde sind wir nicht, jedenfalls noch nicht“, antwortete Starlight offen.

„Wir sind im Auftrag von Prinzessin Twilight hier. Sie hat von Prinzessin Luna eine Nachricht erhalten, die besorgniserregend sei. Leider hatte Twilight keine Zeit, sonst wäre sie nur zu gerne selbst hierhergekommen. Aber ihre Pflichten halten sie leider davon ab. Daher wurden wir, ihre Freundinnen aufgeteilt und darum gebeten, an ein paar bestimmten Hotspots Nachforschungen anzustellen und herauszufinden, was nun genau passiert ist. Ob sich die Befürchtungen von Prinzessin Luna bewahrheiten oder nicht. Was wir natürlich nicht hoffen. Und unser Forschungsgebiet, in welchen wir nach dem Rechen sehen sollen, ist eben euer Zuhause, mein kleines Fohlen.“

Dabei sah sie Midnight mehr als freundlich an.

 

Nachdem Starlight uns den Grund für den Besuch der drei Ponys erklärt hatte, beschloss Midnight, sie und Rarity zu ihr zu bringen. Rainbow Dash genoss dagegen immer noch das Bad in der begeisterten Menge und wir wollten sie dabei auch nicht stören. Da ich nicht wusste, was ich machen sollte, beziehungsweise, was die bessere Option wäre, begleitete ich die drei zurück in die Höhle. Aber auch wollte ich wissen, was Luna und Twilight so in Aufruhr gebracht hatte.

Wie im Gänsemarsch liefen wir durch die Gänge, bis wir Garis Zimmer erreicht hatten. Diese grüßte ihre Gäste höflich, jedoch etwas zurückgehalten.

„Um ehrlich zu sein, hatte ich mit der Anwesenheit von Prinzessin Luna selbst gerechnet, immerhin ist die ganze Angelegenheit von größter Wichtigkeit und über Ecken zu reden ist mir da nicht so recht.“

Sie warf Starlight einen Blick zu, den sogar ich recht gut deuten konnte. Er sagte: „Ich traue dir nicht.“

Was sie dann schließlich nicht nur ihre Augen sagen ließ, sondern auch ihren Mund.

„Ich traue dir nicht. Immerhin habe ich von deiner Vergangenheit gehört und wer weiß, ob du nicht rückfällig wirst. Wer weiß, ob du überhaupt vertrauenswürdig bist, um eine solch wichtige Aufgabe zu erledigen. Immerhin hast du ein komplettes Dorf unter deine diktatorische Herrschaft geworfen und all den Ponys ihre Cutie Marks, Talente, Persönlichkeit und Individualität genommen. Das ist ein sehr schweres Verbrechen, das du da getan hast!“

Mitleidig sah ich zu Starlight hinüber, die Vorwürfe, wie auch die Gedanken an der Vergangenheit schienen an ihr zu nagen. Ihr Blick suchte den Boden und wenn ich es nicht besser wüsste, kamen mir ihre Augen auch ein wenig feucht vor. Das Mitleid in mir stieg auf ein höheres Level und bevor ich mich versah, trat ich ein paar Schritte auf Gari zu.

„Naja, ich kann verstehen, dass die Vergangenheit von ihr jetzt nicht die reinste Weste ist, aber ist es nicht ein Zeichen von Freundschaft und Stärke, wenn man jemanden eine neue Chance gibt? Außerdem hat sie sich sicherlich gebessert, sonst würden ihr nicht zwei Prinzessinnen vertrauen und ihr eine so wichtige Aufgabe geben. Dann wären Rarity und Rainbow Dash alleine gekommen. Wenn sie immer noch böse wäre, die Prinzessinnen würden das mit Sicherheit wissen.“

Starlight sah mich dankbar an, auch konnte ich wieder ein schwaches Lächeln auf ihrem Gesicht sehen. Kaum sah ich zu Gari zurück, blickte sie nun auch mich mit diesem misstrauischen Blick an.

Uff, dieses Pony ist wirklich anstrengend, das ist ja schon fast paranoid … aber ich sollte lieber nichts sagen. Das wird nicht so gut ankommen, denke ich.

Gari sah abwechselnd zwischen uns hin und her, dann seufzte sie.

„Nun gut, ich muss mich dem arbeiten, was ich habe, auch wenn es nicht das ist, was ich möchte. Folgt mir. Ja, Midnight, du darfst auch mitkommen.“

 

Wenig begeistert führte sie uns durch weitere Gänge, bis wir an dem Ort gelangten, an welchem ich diese Welt betreten hatte: Die Stelle mit dem zerbrochenen Mondstein. Dabei erzählte sie, was mit dem Mondstein passiert ist, was jedoch keiner kommentierte. Vermutlich wollte sich Starlight ein genaueres Bild von der Situation machen. Rarity machte dagegen einen komplett anderen Eindruck.

„Oh, was für ein Verlust, so ein schöner Stein, das muss ich gleich wieder reparieren!“, polterte es aus Rarity heraus und sie stürzte sich auch sofort an die Arbeit. Stück für Stück setzte sie den Stein mit ihrer Magie zusammen, und da sie keiner aufhalten wollte, dazu hatte sie zu bestimmt geklungen, sahen wir ihr bei der Arbeit zu.

Kaum hatte sie ihn fertig zusammengesetzt, fiel Rarity etwas auf und deutete mit ihrem Huf darauf.

„Seht doch mal, dieser Fleck hier, das sieht doch aus wie ein wunderschöner Halbmond, oder etwa nicht?“

Wir alle nahmen einen genaueren Blick auf den verdächtigen Fleck, kollektives Nicken in der Runde bestätigte Raritys Verdacht.

„Das ist ein wenig seltsam“, sagte sie schließlich.

„Was ist seltsam?“, rutschte es aus mir heraus.

„Nun, das liegt daran, dass ich so einen ähnlichen Stein bereits gesehen habe. Damals, in Canterlot, nur hatte der einen Fleck in der Form der Sonne, nicht wie hier einen Mond. Der Stein war auch zerbrochen, allerdings weiß bei diesem Stein niemand, wie er beschädigt wurde. Anscheinend ist es über Nacht passiert und die Wachen sind sich bis heute nicht sicher, ob es nur ein Unfall war oder Absicht. Zumindest laut dem einen Wachpony, mit dem ich mich so gut verstehe und der mir alles erzählt, was ich von ihm wissen will,“, sagte sie und spielte mit ihrer Mähne. Ich wusste sofort, was sie damit meinte. Raritys Charme war schon immer eine starke Waffe von ihr, die sie gut einzusetzen wusste.

„Was ich auch merkwürdig finde, dass der Sonnenstein, ich nenne ihn mal so, zerbrochen ist, das fand dagegen niemand bedenklich. Aber dass der Mondstein nun zerstört wurde, das scheint den Prinzessinnen gar nicht zu gefallen. Merkwürdig ...“

Midnight sah darin ihre Chance, mit ihrem Wissen zu glänzen.

„Das wird bestimmt an Erebos und seiner dunklen Bedrohung liegen!“, sagte sie, bevor sie von Gari mit einem lauten „SHT!“ unterbrochen wurde. Dies schienen sowohl Rarity, als auch Starlight zu respektieren. Stattdessen sahen sie sich den Stein noch einmal an, Starlight machte sich diverse Notizen, bevor sie Feder, Tinte und Pergament wieder in ihrer Satteltasche verschwinden ließ, welche sie die ganze Zeit bei sich trug. Ein wenig neidisch starrte ich die Satteltasche an, bevor ich meinen Blick in eine andere Richtung zwang. Kaum hatten die beiden ihre Untersuchungen am Stein und der näheren Umgebung beendet, verließen wir die Höhle.

 

Während sich Gari, Rarity und Midnight zu den anderen stellten und nach Rainbow Dash fragten, die sich nicht mehr bei den Fohlen befand, zog mich Starlight mit sich zur Seite. Verwundert sah ich sie an, ließ es aber mit mir geschehen. Meine Vorahnung aber sagte mir, dass sie mir garantiert Fragen stellen wird, auf die ich keine Antwort geben kann. Oder geben wollte. Oder beides.

Als wir dann schließlich für uns alleine waren, sah sie mich fragend an. Mein Herz rutschte in die nicht vorhandene Hose.

„Keine Angst, das hier wird kein Verhör oder so, aber ich bin … einfach nur neugierig“, meinte sie und wirkte fast so nervös wie ich.

„Nun, ich denke mal, du wirst auch von meiner Vergangenheit gehört haben, spätestens heute. Und ja, es ist wahr, was Gari über mich gesagt hat. Da würde mich nun interessieren, warum du mir trotzdem vertraust. Nach allem, was du von ihr über mich gehört hast. Und wir kennen uns doch kaum“, sagte sie und spielte nervös mit ihrer Strähne, die ihr übers Gesicht hing. Ich dagegen versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass mich ihre Frage nicht störte, sondern eher im Gegenteil, ruhigstellte.

„Nun ja, ich habe es ja gesagt, wenn du nicht eine zweite Chance durch die Prinzessinnen verdient hättest, dann wärst ja nicht hier. Klar, das klingt jetzt nicht so gut, was du früher gemacht hast, aber eine zweite Chance hat jeder verdient. Dass du hier bist, ist doch ein ziemlich starker Vertrauensbeweis. Außerdem machst du einen sehr freundlichen Eindruck und mein Gefühl sagt mir, dass du nett bist. Deswegen dachte ich, ich helfe dir. In solchen Situationen sollte es immer jemanden geben, der für einen aufsteht und einem hilft.“

Sowas hätte ich früher auch brauchen können, aber für mich war niemand da.

„Und es klang auch ziemlich gemein, das fand ich nicht sehr fair dir gegenüber.“

Dabei bemühte ich mich, ihr immer wieder in die Augen zu sehen. Denn obwohl all meine Worte ernst gemeint waren, ließ mich mein übliches Problem mit dem Halten von Augenkontakt nicht in Ruhe. Wohlwissend, dass das Vermeiden von Augenkontakt als Lügen interpretiert wird, gab ich mir mehr Mühe als sonst in einem persönlichen Gespräch.

Doch es schien zu funktionieren, ihre Miene hellte sich auf und ein erheitertes Seufzen verließ ihre Lippen.

„Danke, dass du mir geholfen hast. Das war wirklich sehr nett von dir, danke“, sagte sie und lächelte mich freundlich an. So freundlich und warm, dass ich nicht anders konnte als ihr Lächeln zu erwidern.

„Gut, dann lass uns zu den anderen zurückgehen.“

 

Kaum hatten wir die anderen eingeholt, bemerkten wir die hektische Aura, die überall in der Luft herum lag. Mit trabenden Schritten liefen wir zu den aufgebrachten Fohlen, welche hektisch in eine Richtung deuteten, weg von ihnen und in eine andere als die, aus der wir kamen.

Kaum folgten wir mit unseren Blick der Richtung, in welche sie deuteten, sahen wir Rainbow Dash, welche mit ihrem Element der Harmonie versuchte, ein paar seltsam aussehende Schattenwesen zurück zu drängen. Zu meiner Verwunderung überkam mich der Wunsch, sie dabei zu unterstützen, dabei hatte ich keine Ahnung, ob und welche Kräfte ich besaß, die ihr dabei hätten helfen können.

Es dauerte ein paar Sekunden, doch schließlich gelang es Rainbow, die Wesen wieder in den Höhleneingang zurückzudrängen, als welchem sie gekrochen waren. Sie hatte sie geschlagen, zumindest nahm ich es an. Man konnte sie zwar noch am Eingang wabern sehen, was genauso unheimlich aussah wie das, was wir gerade eben zu sehen bekommen hatten, aber sie kamen nicht mehr heraus.

„Sieh mal einer an und ich dachte, hier würde ich es einfach haben. Aber nein, natürlich müsst ihr mir hier auch dazwischenfunken. Nun gut, aber hier wird meine Magie stärker sein“, konnte ich, konnten wir alle eine laute Stimme vernehmen. Die Stimme kam mir bekannt vor, wie eine Stimme, die ich vor Jahren einmal gehört und danach wieder vergessen habe. Schnell überlegte ich mir, wer es sein könnte, ging sämtliche Staffeln der Serie in meinem Kopf durch und versuchte, sie einem der vielen Gegner zuzuordnen, wurde jedoch in meinem Gedächtnispalast auf die Schnelle nicht fündig.

Schließlich kam eine Gestalt aus dem Schatten heraus und kaum sah ich sie, wurde es mir auch schlagartig klar, wem die Stimme gehörte: Adiago.

In diesem Moment wurde mir bewusst, dass sich Ärger anbahnte und ich hoffte, dass die drei Ponys trotzdem eine Chance haben würden, um sie zumindest auch irgendwie in die Flucht schlagen zu können. Gebannt sah ich auf Adiagos Gestalt und fragte mich, was sie wohl als nächstes Vorhaben wird.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hui, ich hab echt ewig dafür gebraucht. Nicht, weil die Aufgaben schwer waren. Aber dank Arbeit und Abendschule hatte ich echt sehr wenig Freizeit in den letzten Monaten, dass ich selbst zu viel weniger kam, als ich eigentlich wollte. Vor allem nicht zum Schreiben. In den wenigen Stunden hatte ich kaum den Nerv dazu und wenn ich mal mehr Freizeit hatte, wollte ich lieber andere Dinge tun. Nun habe ich mir die Zeit und Lust genommen, da mir das Schreiben doch sehr fehlt ...

Zur Geschichte selbst, ich bin echt gespannt, was ich alles an aufregenden Dingen erleben werde und ob es auch viele traurige Momente geben wird. Das mit dem Fliegen wird mit meiner Höhenangst auch noch richtig lustig. Denn je weniger festen Boden ich in hohen Höhen habe, desto größer ist meine Angst. Und beim Fliegen hat man für gewöhnlich keinen Boden unter den Hufen XD
Auf jeden Fall will ich versuchen, schneller zu schreiben. Ein Glück, dass die Abendschule nur noch zwei Monate geht und ich danach dann auch wieder mehr Zeit an sich habe. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Mal bin ich deutlich schneller zum Schreiben des Kapitels gekommen XD
Auf jeden Fall bin ich mal gespannt, wie das Leben in der Höhle mit den ganzen kleinen Ponys ist und auch mit Gari. Ob wir uns wohl verstehen werden? Freue mich schon auf den Magieunterricht, hoffe nur, ich bekomme das auch hin. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Bei diesem Kapitel habe ich mir sehr, sehr viel Zeit gelassen OTL
Eigentlich war es recht einfach für mich, aber irgendwie hatte ich erst keine Lust und dann habe ich es schlicht vergessen. Und wenn ich gerade daran gedacht habe, dann war ich immer mittendrin in irgendeinem anderen Projekt. Naja, jetzt möchte eben endlich die offenen MSP-Kapitel zuende bringen und endlich mal hochladen, damit es hier mal weitergeht.

Zur Story, ich habe absolut keine Ahnung, wer der Besuch sein könnte. Es gibt genau zwei oder drei Ponys, die ich im Verdacht habe. Bisher hat meine Göttin mir nichts gesagt, aber mit den nächsten Aufgaben werde ich es wohl herausfinden. Mal sehen, mit welcher Vermutung ich wohl richtig liegen werde :-)
Ansonsten mag ich Midnight recht gerne, sie ist irgendwie niedlich. Es tut mir nur Leid, dass ich sie so anlügen muss ... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ohje, ich hoffe, ich muss nicht kämpfen 😅 Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Lunaria-the-Hedgehog
2019-01-01T19:18:49+00:00 01.01.2019 20:18
Hey

Deine story ist voll der Hammer
Antwort von:  KiraNear
01.01.2019 21:31
Danke schön, das freut mich wirklich :3


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