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Tagebuch eines Starfleetkadetten

von

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Die Ankündigung

Hallo! Ich heiße Julia Manderson und bin Kadett an der Sternenflottenakadmie. Ihr wisst doch sicher, was es mit dem sogenannten Kobayashi Maru Test auf sich hat, oder? Für die, die es nicht wissen, es ist ein Test, den jeder Kadett, der eine Kommandoausbildung macht, ablegen muss. Klingt gar nicht so schwer, oder? Tja, leider ist es das nicht. Es ist nämlich so, dass man diesen Test nicht bestehen kann! Nur ein Kadett hat das jemals geschafft, nämlich James Tiberius Kirk, und er hat das Computerprogramm verändert. Er ist übrigens mein großes Vorbild. Aber egal. Damals wusste ich noch nicht, dass dieser Test unmöglich war. Alles fing damit an, dass man unserer Klasse mitteilte, dass morgen der Kobayashi Maru Test stattfinden sollte…
 

„Ihr solltet euch alle darauf vorbereiten, denn auch die Prüfer wissen noch nicht, wer der Captain sein wird“, schloss Commodore Wallet und ging hinaus. Meine Klassenkameraden stöhnten bei der Vorstellung, dass morgen ein Test stattfinden sollte. Ich freute mich. Ich hoffte von ganzem Herzen, dass der Computer mich auswählen würde. Um der Aufgabe wirklich gewachsen zu sein, las ich die ganze Nacht in der neuesten Version von Kirks Biografie. Verständlicherweise kamen laufend neue heraus, bei dem was er immer erlebte... Als ich bei seiner Zeit als Kadett angelangte, stutzte ich. Als er ungefähr so alt war wie ich jetzt, bekam er eine Auszeichnung für originelles Denken. Das allein kam mir nicht komisch vor, doch ganz offensichtlich gab es keinen erkenntlichen Grund für die Auszeichnung. Es stand zumindest keiner im Buch. Ich nahm es mit einem Achselzucken zur Kenntnis. Wahrscheinlich war es einer der Fälle, die als geheim eingestuft wurden. Es war schon ziemlich spät als ich das Buch weglegte und voller Vorfreude auf den nächsten Tag einschlief.

Kobayashi Maru 1.0

Am nächsten Tag brachte man uns zum Simulator, wo uns der Test erwartete. Nach ein paar Minuten Wartezeit wurde verkündet, wer der Captain sein sollte.

„Kadett Manderson“, erklang die Stimme von Commodore Wallet. „Der Computer wählte sie für die Rolle des Kommandanten aus.“ Ich ging fast in die Luft vor Freude. Alle anderen Rollen wurden verteilt und dann ging es ab in den Simulator.

Alles sah so echt aus. Ich ging auf den Befehlsstand in der Mitte des Raumes zu. Ich setzte mich in den Sessel und genoss das Gefühl der Kommandant zu sein.

Schließlich ging es los. „Kurs Navigator?“, fragte ich und fühlte mich dabei wunderbar. „Kurs nach Raumbasis elf mit Warp drei, Madam“, schallte es sofort von der Navigationskonsole her. Ich brauchte nicht einmal zu fragen, denn fast im selben Moment trat mein Wissenschaftsoffizier an mich heran und berichtete: „Wir haben den Befehl erhalten, ein paar ausrangierte Shuttles bei Raumbasis Elf abzuholen und sie anschließend ins Raumdock Neun zu bringen.“ „Bestätigt, Commander“, erwiderte ich und genoss diese Worte in vollen Zügen.

Ich beobachtete ihn, als er zur wissenschaftlichen Station zurückkehrte. Er hieß Michael Williams, und wir verstanden uns recht gut. Er war meiner Meinung nach zwar etwas zu ruhig, aber man konnte sich prima mit ihm unterhalten.

Ich sah mich auf der Brücke um. Die Navigatorin Paulina Nowatschek, der Waffenoffizier Akio Nonaka und der Steuermann Lao Ching, der mit dem Kommunikationsoffizier Maria Lopez, der einzige wirklich Erwachsene im Raum war. Die beiden kamen von der USS Malaysia, einem kleinen Scoutschiff und waren sozusagen als Aufpasser hier. Dazu kamen noch Michael Williams und meine erste Offizierin Osceola Withman, die mütterlicherseits indianische Vorfahren hatte. Sie alle gehörten zu meiner Crew, und ich war unheimlich stolz auf sie, auch wenn sie es nur für diese Simulation war.

„Captain“, hörte ich auf einmal Lopez rufen. „Ich empfange einen Notruf!“ „Lautsprecher an“, sagte ich und ahnte, dass es jetzt erst richtig losging. „Hier ist die Kobayashi Maru! Wir sind mit einer Gravitationsmine kollidiert! Die Lebenserhaltungssysteme fallen aus! Kann uns jemand hören?“ „Hier spricht die USS Kelvin!“, sagte ich und versuchte möglichst ruhig zu klingen. „Bitte nennen sie uns ihre Koordinaten, Kobayashi Maru!“ „Oh, dem Himmel sei Dank!“, ertönte die Stimme wieder. „Kelvin wir befinden uns auf Gamma Hydra, Sektor Zehn!“

Plötzlich wurde es still auf der Brücke. Schließlich sprach Osceola das aus, was alle dachten: „Die neutrale Zone!“ Ich zögerte keine Sekunde mehr und gab den Befehl in die neutrale Zone zu fliegen. „Mr. Nonaka fahren sie Schilde hoch, nur für den Fall…“

Später sollte sich diese Maßnahme als sinnvoll erweisen. Denn ein paar Sekunden nachdem wir in die neutrale Zone geflogen waren, hörte ich Williams Stimme: „Zwei Klingonen Schiffe direkt vor uns!“

Ich versuchte alles, was ich in den öffentlich zugänglichen Logbüchern der Enterprise gefunden hatte möglichst genau nachzumachen: „Alarmstufe Rot, Miss Lopez. Teilen sie den Klingonen mit, dass wir uns auf einer Rettungsmission befinden und…“ „Sir, sie schießen auf uns!“

Auf einmal erbebte die Brücke. Abwechselnd kamen Meldungen von Maria und Akio herein: „Die Schilde 4, 10 und 11 existieren nicht mehr, Captain!“ „Schäden auf Deck 5, 7 und 12!“ „Phaserleistung auf 30 Prozent gesunken!“ „Tote auf Deck 5, Madam!“

Von überall prasselten Schadensmeldungen auf mich ein. „Stellen sie die Phaser auf breite Streuung, für jedes Schiff zwei Sekunden. Feuern auf mein Kommando!“ „Aye, Captain!“, hörte ich Nonaka sagen. „Feuer!“, schrie ich und war dabei eigenwilliger Weise ziemlich glücklich und gleichzeitig angespannt.

Aus dem Unterleib des Schiffes zischten zwei bunte Strahlen jeweils zwei Sekunden lang und trafen die klingonischen Schiffe. Kurz darauf gab es zwei große „KABUMM“ in den Weiten des Weltraums und die klingonischen Schiffe existierten nicht mehr.

Auf der simulierten Brücke der USS Kelvin wollte ich mich schon erleichtert zurücklehnen, als ich meinen Wissenschaftsoffizier überrascht rufen hörte: „Captain, da kommen fünf weitere Birds of Prey*!“

Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte, noch mal fünf? Ich dachte gerade kurz nach, wie ich diese fünf loswerden könnte, als das Schiff noch einmal unter der Energie klingonischer Phaserstrahlen erzitterte. Plötzlich platzte die Kommunikationskonsole Funken stiebend auseinander und Maria Lopez blieb daneben reglos liegen.

„Die Schilde sind ausgefallen, Madam!“ Bumm! Auch die Steuereinheit platzte auseinander und auch Lao Ching war „tot“. „Übernehmen Sie!“, rief ich Paulina zu und überlegte fieberhaft, wie ich mein Schiff noch retten könnte. Das Ganze war so real, dass ich fast vergaß, dass alles nur eine Simulation war.

Da kam mir eine Idee… Im letzen Logbucheintrag der Enterprise, den ich mir angesehen hatte, ging es um die Reise nach Babel. Jetzt würde sich heraus stellen, ob Kirks Taktik, die er bei den Orionern angewendet hatte, auch bei den Klingonen funktionierte.

„Schalten Sie alles bis auf die Lebenserhaltungssysteme, die Torpedokatapulte und den Wandschirm aus!“ rief ich und kurz nachdem Akio „Aye, Sir!“ rief, gingen die Lichter auf der Brücke aus. Auf dem Hauptschirm sah man, wie sich die feindlichen Schiffe langsam näherten.

„Feuer auf mein Kommando!“, flüsterte ich, als ob ich Angst hätte, dass die Klingonen mich hören könnten, was eigentlich gar nicht so dumm war, denn der Computer, der mein Schiff ersetzte, steuerte ja auch die Klingonenschiffe.

Als die Klingonen nahe genug heran waren, sprang ich vom Kommandosessel auf und rief: „Feuer!“ Fast im selben Moment rasten ihnen ein paar schöne, dicke Torpedos entgegen und im nächsten war vor uns wieder freier Raum.

Ich ließ mich auf den Sessel plumpsen und gab den Befehl die Bordsysteme wieder zu aktivieren. Als die Sensoren wieder arbeiteten, gab Michael einen überraschten und gleichzeitig entsetzten Aufschrei von sich: „Sir! Es sind neun weitere Schiffe aufgetaucht!“ „Neun?! Bekommen wir es jetzt mit der gesamten klingonischen Flotte zu tun, oder was?“, rief Osceola, rannte zur wissenschaftlichen Station und beugte sich ebenfalls über den Sensorschlitz.

Ausgerechnet in jenem Moment musste dieser explodieren und meine Offiziere, die ganz offensichtlich verstanden hatten, was sie in diesem Moment zu tun hatten, blieben liegen.

Ein paar Sekunden später wurden wir erneut getroffen, und Nowatschek wurde in die Überreste des Steuerpultes geschleudert. Somit blieben nur noch ich und Akio Nonaka. Doch auch er wurde kurz nach meinem letzten verzweifelten Versuch zu entkommen, in das zerfetzte Kommunikationspult geworfen.

Irgendwie war es eine melancholische Erfahrung. Ich stand vor dem Kommandosessel in der Mitte der Brücke und um mich herum rauchten, brannten und explodierten Geräte. Ich konnte die traurige Hintergrundmusik fast hören. Die Brücke war nur noch ein Schrotthaufen, und ich überlegte, was ich falsch gemacht hatte.

Eigentlich war das, was hier geschehen war, unmöglich. Erstens konnte ich keinen Fehler in meinem Verhalten finden, und zweitens konnten in einem Sektor nicht so viele klingonische Schlachtkreuzer sein.

Plötzlich machte es „Klick“ in meinem Hirn und ich verstand. Man konnte diesen Test nicht bestehen. Wenn man die feindlichen Schiffe vernichtete, schickte der Computer neue. Wenn ich so genau darüber nachdachte, dann wurde mir auch klar was es mit Kirks Auszeichnung auf sich hatte. Es war allgemein bekannt, dass er nicht an ausweglose Situationen glaubte. Bestimmt hatte er irgendeinen Weg gefunden, den Computer zu überlisten.

Ich spürte, wie mein Gesicht ganz langsam rot anlief. Ich war in der Akademie für mein Temperament bekannt, und das schäumte gerade über.

Endlich gab der Computer das Zeichen, dass mein Schiff zerstört worden war und die „Leichen“ meiner Besatzungsmitglieder erhoben sich und stürmten nach draußen, um endlich wieder frische Luft zu bekommen. Ich blieb mit geballten Fäusten stehen und atmete ganz tief durch. Ich wollte mir meine Wut bis zur Testbesprechung aufheben.

Die Testbesprechung

„Nun Kadett Manderson, wie schätzen sie ihr Verhalten beim Test ein?“, sagte Commodore Wallet und blickte mich herausfordernd an.

Ich konnte meine Wut nur mit Mühe im Zaum halten. „Sir, ich denke mein Verhalten war ganz akzeptabel, aber da gibt es etwas, das mich sehr stört.“ „Das wäre?“ „Wenn ich mich nicht sehr irre, dann kann man diesen Test nicht bestehen, oder? Ich konnte keinen Fehler in meinem Verhalten finden und trotzdem wurde mein Schiff zerstört. Wenn ich auch die neun klingonischen Schiffe vernichtet hätte, dann wären mit Sicherheit noch mehr gekommen, um ihren Platz einzunehmen. Man kann bei diesem Test noch so gut sein, man kann nicht gewinnen, oder?“ „Sie sind clever Manderson, aber sie scheinen etwas dagegen zu haben“, sagte der Commodore und schaute mich an, als ob ich ein Kleinkind wäre, das das ABC aufgesagt hatte und vernehmen ließ, dass es ihm nicht gefiele, dass das A ganz vorne steht.

„Ja, Sir, ich habe etwas dagegen! Das ist meiner Meinung nach nämlich sehr unfair!“ Meine letzten Worte klangen so gepresst, dass ich das Gefühl hatte, man hätte damit eine Orange auspressen können.

„Ganz offensichtlich haben sie nicht verstanden, was diese Prüfung bezweckt“, sprach Wallet. „Klären sie mich auf“, war mein Beitrag dazu und diesmal war es an mir herausfordernd zu schauen. „Es geht darum ausweglose Situationen zu akzeptieren und mit ihnen umzugehen. Sie müssen sich dem Tod stellen.“

Das war zu viel für mich. „Tja, der Meinung kann ich mich leider nicht anschließen! Ich glaube nämlich nicht an ausweglose Situationen!“ Ich hatte fast geschrien bei diesen Worten. Ich stürmte wutschnaubend aus dem Konferenzraum und kümmerte mich nicht darum, welche Konsequenzen mein Handeln haben mochte.

Ich war so beschäftigt damit sauer zu sein, dass ich die letzten Worte des Commodores zwar hörte, aber nicht verstand: „Sie ähnelt Kirk noch mehr als ich dachte…“

Agent Julia Manderson

Ich war stinksauer. Ich konnte einfach nicht akzeptieren, dass dieser Test unmöglich war. Ich wollte gewinnen und sollte es noch so lange dauern. Da ich das ganz offensichtlich nicht nach den Regeln des Computers konnte, beschloss ich eigene aufzustellen.

Die Computerprogrammierung konnte ich nicht ändern, denn ich kannte mich kein Stück mit irgendwelchen Programmen oder sonstigen Computerdingen aus. Natürlich kannte ich die Grundkenntnisse und konnte einige einfache Programme installieren, aber mit einem Starfleet Computer konnte ich es nicht aufnehmen.

Dafür waren meine Kenntnisse doch zu bescheiden. Das hieß, ich musste es irgendwie technisch hinkriegen.

Dies war das erste Mal, dass es sich für mich auszahlte, dass ich nicht nur eine Kommandoausbildung machte, sondern auch Technik und Ingenieurswesen studierte.
 

Die nächsten paar Wochen verbrachte ich damit, möglichst viel über das technische Verändern von Computern herauszufinden, was mir auch ein paar Pluspunkte bei den Lehrern einbrachte.

Nach etwa drei Wochen glaubte ich, genug herausgefunden zu haben. Jetzt ging es nur mehr darum, den geeigneten Zeitpunkt abzupassen.

Schon bald kam einer. Es war eine perfekte Chance. Die meisten Ausbilder waren bei irgendeiner Konferenz. Diese Chance ließ ich natürlich nicht ungenutzt.

Um Mitternacht schlich ich mich in den Kontrollraum, von dem aus man die Simulation beobachten konnte. Dort befand sich auch der Kontrollcomputer.

Es war leider nicht ganz so einfach dort hinzugelangen, wie ich hoffte. Den ersten Korridor brachte ich ohne Schwierigkeiten hinter mich. Im nächsten aber stand eine der zurückgebliebenen Lehrkräfte. Also musste ich den längeren Weg um den Korridor herum schleichen.

Die nächsten paar Minuten blieb ich ungestört. Ich war schon fast im Kontrollraum, als mich eine Hand von hinten an der Schulter packte. Mist! Ich konnte nur mit Mühe verhindern; dass ich zusammen zuckte.

Jetzt hatte ich meine Chance vertan. Man würde von mir verlangen, zu erklären warum ich um diese Uhrzeit in den Korridoren herum schlich.

Ich drehte mich um und sah meinem Entdecker ins Gesicht. Er war offensichtlich einer der neuen Lehrer, denn er fragte mich: „Wie heißen Sie, und was machen Sie um diese Zeit hier?“

Ich hatte mehr Glück als Verstand. In der Akademie kannten mich fast alle. Einerseits, weil ich ziemlich gute Noten hatte, andererseits weil fast immer wenn es Ärger gab, ich irgendetwas damit zu tun hatte. Eigentlich hatten bisher nur meine guten Zensuren verhindert, dass ich von der Akademie flog.

Da dieser Lehrer mich offensichtlich nicht kannte, hatte ich eine Chance davon zu kommen.

„Ich heiße Milli Brentner. Ich bin neu hier und habe meine Notizen in der Klasse vergessen. Können sie mir sagen wo die 1c ist?“, sagte ich und tat ganz verlegen. Das war nicht einmal ganz gelogen. Es gab wirklich eine Neue, die Milli Brentner hieß. Ich machte ihr auch keine Schwierigkeiten, schließlich erklärten uns die Lehrer immer wir sollten zu jeder Zeit lernen.

Der Ausbilder entspannte sich ein wenig und deutete in die Richtung, in der die 1c lag. Ich bedankte mich recht herzlich und ging in die gedeutete Richtung davon. Als ich um die Ecke gegangen war, lehnte ich mich an die Wand und seufzte erleichtert.

In diesem Moment dankte ich Gott, dass man auch mit 19 noch hier anfangen konnte. Ich musste vorsichtiger sein. So etwas durfte nicht noch einmal passieren. So schlich ich den Rest des Weges noch vorsichtiger durch die Gänge.

Als ich endlich den Kontrollraum erreichte, war es bereits 12:30. Ich sah mich um und entdeckte den Computer. Ich legte mich auf den Boden und versuchte die Deckplatte zu lösen. Jetzt kam es mir zu gute, dass ich einen kleinen Werkzeuggürtel versteckt bei mir trug.

Schließlich schaffte ich es, die Platte zu lösen. Dahinter erwartete mich ein heilloses Durcheinander von Kabeln, Verbindungen und und und. Ich kappte hier eine Verbindung, schuf dort eine neue und erinnerte mich dabei an alles, was ich gelesen hatte.

Es war mehr Arbeit, als ich vermutet hatte, und als ich endlich fertig war, war es bereits zwei Uhr. Es war wirklich harte Arbeit, und danach fühlte ich mich verschwitzt, dreckig und müde, doch ich fühlte auch eine gewisse Genugtuung bei der Vorstellung, welche Überraschung die Ausbilder erleben würden, wenn ich mich das nächste Mal dem Kobayashi Maru Test unterzog.

Auf dem Rückweg in mein Quartier begegnete ich glücklicherweise niemandem.

Zuerst sprang ich unter die Dusche. Wenn die Kadetten in den Nachbarquartieren aufwachten, würde das für sie wahrscheinlich ziemlich komisch klingen. Wer duscht schon um halb drei in der Früh? Aber ich scherte mich nicht darum. Sollten sie doch denken, was sie wollten. Eine warme Dusche war jetzt genau das, was ich brauchte.

Anschließend zog ich meinen Pyjama an und kroch unter die Decke. Schon bald schlummerte ich selig ein, bei dem Gedanken, was Commodore Wallet bald sagen würde.

Kobayashi Maru 2.0

Ich ging zufrieden durch die Korridore. Ich war unterwegs in den Kontrollraum, denn meine zweite Prüfung sollte gleich beginnen. Vor der Tür blieb ich stehen und atmete noch einmal ganz tief durch. Erst danach ging ich in den Raum.

Der Anblick der sich mir bot war grauenvoll. Im Simulator befand sich eine andere Klasse! Und natürlich wirkte sich meine Computerveränderung auf die erste Gruppe Prüflinge aus die getestet wurde!

Ich stand vollkommen erstarrt vor Entsetzen herum, starrte durch die Scheibe und musste mit ansehen wie ein anderer Kadett den Ruhm für meine Tat einheimste. Ich stieß einen Wutschrei aus.
 

Geweckt von meinem eigenen Schrei fuhr ich hoch. Ein Seufzer der Erleichterung entglitt mir. Der Test hatte noch nicht stattgefunden.

Eigentlich sollte erst in zwei Wochen der nächste Test stattfinden, aber ich beschloss, auf Nummer sicher zu gehen und darum zu bitten den Test gleich morgen wiederholen zu dürfen.
 

Ich stand wieder auf der Brücke im Simulator. Ich durfte tatsächlich schon am nächsten Tag den Test wiederholen. Ich glaube die Prüfer wollten alles schnell hinter sich bringen.

Es ging noch einmal von vorn los. Die ganze Prozedur. Meine Crew war dieselbe wie beim letzten Mal.

Wie auch alles andere. Das Schiff hieß USS Kelvin und wir waren unterwegs um ein paar ausrangierte Shuttles aus Raumbasis Elf abzuholen um sie anschließend ins Raumdock Neun zu bringen.

Da ich das von Anfang an schon wusste, fragte ich erst gar nicht. Stattdessen saß ich im Befehlstand und wartete darauf, dass uns der Notruf erreichte. Nervös fragte ich mich ob alles funktionieren würde.

Es kam mir so vor als würde der Test erst ein paar Sekunden laufen, als auch schon die Stimme von Maria Lopez vom Kommunikationspult her rief: „Wir empfangen einen Notruf, Captain!“ „Lassen sie hören“, sagte ich und hoffte, dass es nicht zu angespannt klang.

„Hier ist die Kobayashi Maru! Wir sind mit einer Gravitationsmine kollidiert! Die Lebenserhaltungssysteme fallen aus! Kann uns jemand hören?“, tönte es wieder einmal aus den Lautsprechern. Meine Antwort kam fast sofort: „Hier ist die USS Kelvin. Wie sind ihre Koordinaten?“ „Oh, dem Himmel sei Dank! Kelvin, wir befinden uns auf Gamma Hydra, Sektor Zehn.“

Diesmal wurde es nicht still, denn niemand war überrascht. Ich gab natürlich sofort den Befehl, in die neutrale Zone zu fliegen, um der Kobayashi Maru zu helfen. Wie erwartet, tauchten bald darauf zwei Klingonenschiffe auf, was meine Nervosität noch steigerte. Ich unternahm diesmal keinen Versuch mit den Klingonen Kontakt aufzunehmen, da ich wusste, dass der Versuch scheitern musste.

Meine erste Taktik war, die Klingonen zu ignorieren, was leider nicht allzu lange funktionierte, denn schon bald meldete Akio: „Die Klingonen schießen auf uns!“ Wie zur Bestätigung erbebte die Brücke und die ersten Schadensmeldungen kamen herein: „Deck acht und neun sind schwer getroffen!“ „Deflektoren auf 25 Prozent!“ „Auch Deck fünfzehn und elf melden schwere Schäden!“ „Die Phaserleistung ist runter auf 20 Prozent!“

Mein erster Gedanke war: Nanu? Der Computer entwickelt ja plötzlich Kreativität! Letztes Mal waren es jedenfalls andere Schäden. Doch nachdem der Anfangshumor verflogen war, verdichtete sich meine Nervosität zu Panik, auch wenn ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Wenn meine kleine Sabotage nicht bald Wirkung zeigte, war es zu spät.

Plötzlich kam ein Ruf von der Wissenschaftskonsole her. Michael klang ziemlich aufgeregt: „Sir! Die Klingonen sind mit derselben Gravitationsmine zusammengestoßen wie zuvor die Kobayashi Maru!“ Ich versuchte überrascht zu wirken, doch innerlich seufzte ich auf. Es hatte also gewirkt.

Danach lief mir alles automatisch von der Zunge: „Lopez, suchen sie auf allen Frequenzen nach Notrufen! Nonaka, versuchen sie noch ein wenig Energie für die Deflektoren zusammenzukratzen! Williams, gehen sie zur technischen Konsole und versuchen sie, den Transferfokus auf möglichst viele Überlebende zu richten, sowohl auf unserem Frachter als auch auf den klingonischen Schiffen! Nowatschek, programmieren sie zur Sicherheit einen Fluchtkurs! Ching, bringen sie uns möglichst weit an die Schiffe heran, ohne uns selbst in Gefahr zu bringen! Ausführen!“ Während ich im Kommandosessel saß und meinen Offizieren beim Ausführen meiner Befehle zuschaute, durchströmte mich wieder dieses wundervolle Gefühl, wenn man als Captain eine effiziente und treue Crew hat.

Bereits nach wenigen Sekunden meldete Maria: „Ich habe einen Notruf empfangen Sir!“ Daraufhin war ich sehr zufrieden: „Gut, speichern sie ihn ab, und dann verbinden sie mich mit dem Commander der beiden Raumschiffe.“ Der Befehl wurde sofort ausgeführt, und kurz darauf erschien ein Klingone auf dem Wandschirm. „Was wollen sie?“, knurrte er mich zornig an.

Ich sprach ganz ruhig und hoffte, dass niemand meine Aufregung bemerkte: „Ich bin Captain Manderson, Kommandant der USS Kelvin. Wir wollten nur auf ihren Notruf reagieren.“ „Wir haben keinen Notruf gesendet!“, behauptete der klingonische Kommandant trotzig und blickte mich aus zornfunkelnden Augen an. „Doch haben sie“, war meine Antwort und ich bedeutete Maria mit einer Geste den Notruf abzuspielen. Sie drückte einige Tasten und plötzlich dröhnte die Stimme eines Klingonen aus den Lautsprechern, der vom Empire Hilfe verlangte.

Ich sprach weiter: „Durch unseren Ehrenkodex sind wir jetzt gezwungen ihnen zu helfen, abgesehen davon sind wir ihre einzige Chance. Ein Schiff des Empire wäre niemals schnell genug hier, bevor die Mine ihr Schiff zerfetzt.“ Der Klingone sah mich wütend und zugleich nachdenklich an. Eine merkwürdige Mischung.

Schließlich sagte er: „Habe ich ihr Ehrenwort dass sie uns auf der nächsten Station freigeben?“ Ich nickte: „Ja, ich gebe ihnen mein Ehrenwort.“ „Na gut, beamen sie uns an Bord“, sagte der Klingone wiederstrebend und das Bild verschwand.

Meine Zunge handelte auf einmal wieder eigenmächtig: „Mister Williams, beamen sie die Besatzung der Kobayashi Maru und der klingonischen Kreuzer an Bord.“ „Ja, Sir“, antwortete der völlig verdatterte Michael. Er drückte einige Tasten und plötzlich wurde das Licht heller und der Computer gab das Zeichen für das Ende der Simulation.

Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch. Bei dem ganzen Durcheinander hatte ich glatt vergessen das alles nicht echt war.

Fast erwartete ich dass der Klingone durch die jetzt geöffnete Brückentür stürmte, stattdessen aber war es ein vor Wut schnaubender Commodore Wallet.

Wahrheiten und Zweifel

„Was haben sie sich eigentlich dabei gedacht?!“, schrie der Commodore, und auch die anderen Prüfer wirkten nicht gerade glücklich. Ich dagegen fühlte mich merkwürdig ruhig. Nach der ersten Begeisterung verspürte ich eine gewisse Genugtuung.

„Naja“, sagte ich. „Ich glaube nicht an ausweglose Situationen. Deswegen dachte ich mir, ich sollte für ein bisschen Gerechtigkeit sorgen.“ „Da haben sie aber falsch gedacht!“, erwiderte er scharf. „Wenn wir schon dabei sind, wie haben sie das eigentlich gemacht?“ Ich überlegte erst, ob ich ihm etwas vorlügen sollte, entschied mich jedoch dagegen, denn nach einer Computeranalyse würde er es sowieso herausfinden.

„Eigentlich war es ganz einfach. Ich wusste schon, welchen Kurs die Klingonen einschlagen würden. Dank diesem Wissen konnte ich die technischen Leitungen so verändern dass ein kleiner Defekt entstand, durch den die Gravitationsmine genau auf der Flugbahn der Klingonen liegen würde. Dadurch zwang ich den Computer in eine Lage, in der er mich gewinnen lassen musste. Das Video und der Notruf stammen aus der Datenbank und wurden auf der Enterprise bei einem Zwischenfall mit den Klingonen aufgenommen. Ich habe sie heruntergeladen, mir einen passenden Text zurecht gelegt und auswendig gelernt und habe dann beides ins Protokoll hinzugefügt.“ Wie hoch der Risikofaktor war, und dass ich trotzdem nicht genau wusste, wo die Gravitationsmine liegen würde, verschwieg ich ihm allerdings schon.

„Warum so umständlich, wäre es für sie nicht simpler gewesen zu versuchen das Protokoll zu ändern?“, fragte mich einer der anderen Prüfer stirnrunzelnd. Ich schüttelte den Kopf.

„Dafür habe ich nicht die nötigen Qualifikationen. Hätte ich direkt versucht etwas zu löschen oder umzuschreiben, hätte der Computer sicher versucht mich abzublocken. Es war einfacher zu versuchen etwas, im Vergleich zum restlichen Programm, kleines hinzuzufügen.“ Und darauf zu hoffen, dass es funktioniert, fügte ich in Gedanken noch dazu.

„Darf ich fragen welches Urteil sie über mich fällen?“ Das war eine Frage, die mir schon seit geraumer Zeit durch den Kopf spukte. „Das werden wir noch diskutieren. Kommen sie in zwei Stunden zu mir in mein Büro“, sagte Wallet und funkelte mich an. Es gab keinen Zweifel daran, welches Urteil er am liebsten gefällt hätte.

Auf dem Weg in mein Quartier fragte ich mich zum ersten Mal, ob es richtig war, was ich getan hatte. Nein! Es war richtig! Es war meine Entscheidung und jetzt musste ich mit den Konsequenzen leben. Nur weil ich Panik bekam, durfte ich jetzt nicht an der Richtigkeit meiner Handlung zweifeln.

Das Ende der Schulzeit

Zwei Stunden später stand ich vor dem Büro von Commodore Wallet. Ich klopfte zweimal und wartete. Als ein „Herein“ ertönte, holte ich ganz tief Luft und trat ein.

Der Commodore sah schon wesentlich sanfter aus als noch vor einiger Zeit. Nach ein paar spannungserfüllten Sekunden sprach er: „Nach reiflicher Überlegung sind wir zu dem Schluss gekommen, dass so großer Erfindungsgeist eine Belohnung verdient. Hiermit verleihe ich ihnen einen Orden für phantasievolles Denken und Durchsetzungsvermögen.“

Ich konnte es kaum glauben. Ich flog nicht von der Akademie! Hurra! Ich nahm die kleine Medaille entgegen, die er mir hinhielt. „Danke!“, sagte ich, grinste ihn schelmisch an und versuchte nicht zu zeigen, wie erleichtert ich war. „Freuen sie sich nicht zu früh! Als Strafe werden sie mit einigen Lehrern ein System ausarbeiten, damit so etwas nicht noch einmal passiert, verstanden?" „Ja, Sir.“ Wenn das alle Konsequenzen waren würde ich diese Strafe mit Freuden annehmen.

„Ist ihnen bewusst, dass sie dazu verpflichtet sind über diese Sache Stillschweigen zu bewahren?“, entgegnete der Commodore. „Ja, ich weiß“, war meine Antwort. „Die anderen Kadetten müssen selbst herausfinden, was es mit diesem Test auf sich hat, stimmt´s?“ „Exakt“, sagte er und entließ mich mit einer Handbewegung.
 

Es waren nur noch wenige Tage bis Schuljahres Ende. Wie jeder andere Kadett hatte ich inzwischen schon Bewerbungen eingereicht.

Es war üblich, dass jeder Kadett Bewerbungen für die Schiffe einreichte, auf die er gerne wollte. Diese konnte der Kommandant des betreffenden Schiffes entweder annehmen oder ablehnen. Wer aus irgendeinem Grund nirgends angenommen wurde oder keine Bewerbungen geschrieben hatte, wurde einem Schiff zugewiesen.

Im Moment sah es ganz danach aus, als ob mir genau das passieren würde. Ich hatte inzwischen für fast jedes Schiff der Flotte eine Bewerbung geschrieben. Eine Ausnahme war zum Beispiel die Enterprise, die jedes Jahr von Kadettenbewerbungen praktisch überflutet wurde, sodass ich mir erst gar keine Hoffnungen machte, dass gerade ich als einer von vielen blutjungen Kadetten genommen werden würde.

Trotz meiner vielen Bewerbungen, erhielt ich immer nur höfliche Ablehnungen. Es war zum Verzweifeln. Nach der 21. Ablehnung beschloss ich einfach abzuwarten und mich zuteilen zu lassen.

Etwa eine Stunde nachdem ich diesen Beschluss gefasst hatte, wurde ich in Commodore Wallets Büro gerufen.

„Wissen sie eigentlich was für ein Glück sie haben?“, begann der Commodore. Darauf gab es nur eine ehrliche Antwort: „Ähm, nein.“

Er seufzte und begann mit einer Erklärung: „Sie wissen doch, dass jeder Kommandant eine Liste mit den Kadetten und deren Personalakten bekommt, oder?“ Natürlich wusste ich das. Das war ja auch der Grund, warum ich immer abgelehnt worden war. Meine Akte war nämlich nicht gerade sauber.

„Ja, sicher.“ „Dann wissen sie sicher auch, dass Kommandanten auch Kadetten anfordern können?“ „Jaaaaaa?“, antwortete ich und in mir begann ein Verdacht aufzukeimen. Wurde ich wirklich von einem Captain angefordert?

„Ich habe hier eine Anforderung. Von der Enterprise. Sie werden von Captain Kirk höchst persönlich angefordert.“

Diesmal blieb mir der Mund offen stehen. Captain James T. Kirk forderte MICH an? Ich konnte es nicht glauben. Das erste, was ich hervorbrachte, war: „Das ist wohl ein schlechter Scherz!“ „Nein, ist es nicht“, sagte Wallet.

Jetzt brachte ich endgültig nichts mehr heraus. Ich war überwältigt. Ich durfte auf die Enterprise! Und das schon bei meinem ersten Einsatz! Ich wollte irgendetwas sagen, aber ich war viel zu überwältigt.

Glücklicherweise sprach der Commodore einfach weiter : „Ich schlage vor, sie packen ihre Sachen. Ihr Shuttle fliegt Morgen um sechs. Seien Sie pünktlich!“
 

So. Jetzt sitze ich in diesem Shuttle und warte darauf, dass wir ankommen. Ich bin zwar noch genauso überwältigt, aber immerhin kann ich wieder reden.

Ich würde sagen, damit ist meine erste Geschichte vorbei. Vieleicht habe ich ja irgendwann einmal wieder eine zu erzählen. Na ja, wenn ich so darüber nachdenke, ist es sogar sehr wahrscheinlich. Schließlich komme ich auf die Enterprise. Bis es soweit ist: Auf Wiedersehen!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich war 11 oder 12 als ich diese Fic geschrieben habe. Ich war fertig bevor ich überhaupt angefangen habe sie hier hochzuladen. Und irgendwie hab ich so schnell das Interesse verloren, dass ich nie alles hochgeladen habe. Ich habe mich gerade zum ersten Mal seit Jahren wieder eingeloggt aus reinem Interesse, und habe mir gedacht vielleicht sollte ich zumindest das noch machen. Es hat sie zwar keiner je gelesen offenbar, ich bin inzwischen 19 und doch hoffentlich besser im Schreiben, aber trotzdem. So viel verdienen die Fic und die Website die einen wichtigen Teil in meiner Fandom Entwicklung gespielt haben.^^ Komplett anzeigen

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