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Der Elysianer

von

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Prolog

Manchmal fragte er sich, ob es irgendwo im Universum wohl einen hässlicheren Planeten gab.

[JUSTIFY]Unter ihm drehte sich träge eine matschig grüne Kugel, verziert von bleigrauen Schleiern, wahrscheinlich giftiger Gase.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nirgends konnte er das strahlende Blau sauberer Ozeane, das satte Grün lebendiger Vegetation oder das reiche Braun von fruchtbarer Erde entdecken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kurzum, es gab hier einfach kein Zeichen von Leben. Und doch wusste er, dass es noch immer Tausende, vielleicht sogar Millionen gab, die dort unten ihr Dasein fristeten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die sich wie Ratten durch den Müll wühlten, immer auf der Suche nach dem Nötigsten, um sich durch den nächsten Tag zu quälen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nein, kein Zweifel, Deponia war wohl der erbärmlichste Planet des Universums.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kontrollrat Ulysses verzog angewidert das Gesicht, als das Hochboot ihn näher an die Oberfläche herantrug und er begann, in dem Durcheinander aus Müll und Dreck, Landmassen und umgekippte Ozeane zu erkennen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie sehr er sich danach sehnte, eines Tages keinen Fuß mehr auf dieses traurige Hinterbleibsel ihrer Vergangenheit setzen zu müssen. Doch das würde nicht ohne Opfer möglich sein, das war ihm mehr als bewusst.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte sich freiwillig für diese Rolle gemeldet, da kein anderer Bewohner Elysiums bereit gewesen war, seine Zuflucht zu verlassen und auf seinen früheren Heimatplaneten zurückzukehren. Im Grunde war das kein Wunder, waren die Elysianer doch als ehemalige Oberschicht Deponias an einen gehobeneren Lebensstandard gewohnt. Wer war da schon wild drauf die Raumstation, die wie eine weiße Stadt im Orbit Deponias schwebte, zu verlassen und in Atemmaske und Schutzkleidung zwischen den riesigen Müllbergen umherzulaufen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch wurde ein Bindeglied zwischen Deponia und Elysium gebraucht, jemand der die Arbeiten auf dem Planeten überwachte, der die schwierigen Entscheidungen traf, die nötig waren, um Elysium zu retten. Und dafür war er auch bereit, sich in den Dreck zu begeben so oft es denn nötig war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn er nur wüsste was genau es war, wofür Hermes ihn herbestellt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem letzten flüchtigen Blick aus dem Sichtfenster wandte sich Ulysses ab und kehrte an die Steuerkontrollen zurück. Sein Adjutant Martus schien erleichtert, als er abgelöst wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er war mit seinen ungefähr sechzig Jahren etwa doppelt so alt wie Ulysses selbst und alles andere als erfreut darüber, dass ihn der Ältestenrat an die Seite des frischgebackenen Kontrollrats gestellt hatte. Vermutlich hatte sich Martus bereits auf seinen Ruhestand eingestellt, doch seine Vergangenheit beim Militär ließ ihn nicht so einfach los.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses sparte sich tröstende Worte. Immerhin würde Martus, im Gegensatz zu ihm, nicht einmal das Hochboot verlassen müssen, wenn sie in den Ruinen des einst so stolzen Porta Fisco eintrafen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Im Grunde war das Hochboot viel zu überdimensioniert um lediglich zwei Personen zu transportieren, war es doch gebaut worden um bei der Evakuierung der Oberschicht nach Elysium so viele Menschen wie möglich aufzunehmen. Von kräftigen Propellern in Waage gehalten, konnte es sich ausschließlich an dem Hauptkabel, das Elysium mit Deponia verband, wie eine überdimensionierte Seilbahn auf und ab bewegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das galt allerdings auch für die kleineren Notboote, die durch schmalere Kabel mit besonderen Gebäuden auf dem Planeten, den Aufstiegsstationen, wo sich während der Evakuierung die Flüchtenden gesammelt hatten, verbunden waren. Nur das Hochboot steuerte das größte dieser Gebäude, die sogenannte Obere Aufstiegsstation, in Porta Fisco an. Und da Hermes' Klonanlage in der Nähe dieser einstigen Metropole lag, war das Hochboot, trotz seiner Ausmaße, die beste Wahl für seine Reise.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwar gab es Pläne für Einschienenbahntrassen, die Hermes' Klone bauen sollten, damit Reisen auf dem Planeten über die Müllberge hinweg möglich würde, doch noch war all dies Zukunftsmusik.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er kehrte ins Hier und Jetzt zurück und konzentrierte sich einzig auf die Steuerung bis Martus jäh ankündigte, dass sie das Ziel erreicht hatten und sie gemeinsam den Andockvorgang einleiteten.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Das Schott des Hochboots glitt hinter Ulysses zu und löste das seltsame Gefühl aus, nun vollends von Elysiums Pracht abgeschnitten zu sein. Im Gegensatz zum Hochboot, war die Obere Aufstiegsstation von kühler, schnörkelloser Funktionalität. Hoch ragte sie über die anderen verfallenen Gebäude Porta Fiscos hinaus und an der Spitze, wo das Hauptkabel befestigt war, lag nun das Hochboot vor Anker.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er trat aus den Schleusen auf die Andockebene hinaus, einem weiten, offenen Platz oben auf der Station, der sonst zur Lagerung und Verladung von Waren aller Art diente, nun aber leer war. Dafür konnte man von hier bis zum Horizont blicken, doch Ulysses vermied es, seinen Blick allzu sehr über die Häuserschluchten von Porta Fisco schweifen zu lassen. Er hasste es, zufällig noch Lebende zu entdecken, deren Schicksal doch bereits besiegelt war, als man sie hier zum Sterben zurückgelassen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Glücklicherweise war die Aufstiegsstation selbst gegenüber der Stadt abgeriegelt und einige von Hermes Klonen bewachten seit der Evakuierung alle Zugänge. Das Projekt "Organon" hatte der alte Kauz sie genannt und sie waren genau die, nach denen Ulysses nun suchte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Für den Notfall konnte er mit dem Interface seines Helms Kontakt zu Martus aufnehmen, doch soweit er Hermes Nachricht verstanden hatte, würde das nicht nötig sein. Der Organon würde für seine Sicherheit Sorgen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Etwa einen Meter neben seinem Fuß schlug ein Schuss aus einem Plasmagewehr in den Boden. Er wirbelte herum und sah zwei Männer mit Helmen, ähnlich dem seinen, am Tor zu den Aufzügen stehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ihr verdammten Idioten! Was sollte das denn?" herrschte er sie wütend an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die beiden wechselten einen Blick, machten aber keine Anstalten die Gewehre zu senken. "Niemand darf in die Station eindringen", erklärte ihm einer der beiden hilfsbereit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber das gilt doch nicht für mich, ihr Trottel! Ich bin Kontrollrat Ulysses von Elysium und auf Bitten von Hermes hier."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh", machte jetzt der andere.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses ballte die Fäuste und widerstand dem Drang seine eigene Waffe zu ziehen und die beiden kurzerhand außer Dienst zu stellen. Immerhin müsste er sich dann auf eigene Faust einen Weg durch die Stadt bahnen, obwohl er noch nicht sicher war, ob das nicht doch die bessere Alternative war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was ist jetzt? Werdet ihr endlich die Waffen herunternehmen und mich zu Hermes bringen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Jetzt gleich?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wir können auch gerne noch ein Kaffeekränzchen abhalten", schnappte er zurück, bevor ihm bewusst wurde, dass die beiden wahrscheinlich nichts mit Sarkasmus anfangen konnten. "Natürlich jetzt gleich, ihr Hohlbirnen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zu seinem Ärger wechselten die Organon-Soldaten noch einen langen Blick, bevor sie endlich die Gewehre schulterten und ihm bedeuteten ihnen zu folgen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als er hinter ihnen den Aufzug betrat wurde Ulysses erst richtig bewusst, wie wenig imposant dieses Duo war. Sie waren mehr als einen Kopf kleiner als er und von weitaus schmalerer Gestalt. Abgesehen von den Helmen, trugen sie die auf Deponia typischen abgenutzten Fetzen, die hier als Kleidung durchgingen. Er würde wirklich mit Hermes über die erbärmliche Qualität seiner Truppen reden müssen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zumindest schafften sie es ihn in einem klapprigen alten Gefährt bis an den Stadtrand zu bringen, wo sich im Schatten der größeren Gebäude eine alte Müllverwertungsanlage erhob. An den Toren warteten noch mehr behelmte, abgerissene Gesellen auf ihre Chance, Ulysses Anwesenheit falsch zu verstehen und seinen Zorn auf sich zu ziehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Glücklicherweise war Hermes selbst nicht weit und konnte Schlimmeres verhindern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit ein paar fuchtelnden Gesten scheuchte er die Organons fort und wandte sich dann strahlend an Ulysses. "Herr Kontrollrat, endlich. Ich hatte schon vor Wochen mit Ihnen gerechnet. Um genau zu sein sogar schon vor Monaten. Aber was soll's. Jetzt sind Sie ja endlich da."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses war dankbar, dass der Helm seinen Ekel etwas kaschierte und konnte mit Mühe verhindern, dass er zurückwich als Hermes ihm die Hand auf die Schulter legte und ihn enthusiastisch in die Anlage führte. Zwar war er von ähnlich privilegierter Geburt wie Ulysses selbst und hatte die Pläne zum Bau Elysiums und der weiteren Verwendung Deponias erdacht, doch als es soweit war, hatte er sich dazu entschieden zurück zu bleiben. Ulysses wollte nicht undankbar sein, aber das Leben auf Deponia hatte an dem älteren Mann seine Spuren hinterlassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Haar war noch immer von sattem Schwarz ohne einen Hauch von Grau oder Weiß, doch bei der Menge hatte sich der Verfall trotzdem bemerkbar gemacht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auch seine Haut hatte einen ungesunden gelblichen Farbton angenommen und bei den Zähnen sah Ulysses lieber nicht so genau hin.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes schien den Eindruck, den er auf andere machte, hingegen überhaupt nicht wahrzunehmen. Freudig zeigte er seinem Gast seine schäbige Küche und einen heruntergekommenen Wohnraum. Dann räumte Hermes ein paar Kisten zur Seite, sodass sie ein kleines Arbeitszimmer betreten konnten, in dem sich Stapel mit Notizpapier und Kartons mit 'Datasetten' den Platz auf Tisch und Boden teilten. Ulysses fischte sich einen Stuhl aus dem Durcheinander, von dem er hoffte, dass er sein Gewicht tragen konnte und ließ sich vorsichtig nieder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes ging leer aus, was Sitzgelegenheiten anging, wirkte aber keineswegs böse darüber.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie geht es Argus?", fragte er unvermittelt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses runzelte die Stirn. "Er macht sich gut, würde ich sagen. Er ist ein zäher, kleiner Bursche und recht clever."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes strahlte. "Er lebt auf Elysium bei Ihnen, ja?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Falte auf Ulysses Stirn wurde tiefer. Er wusste nicht worauf Hermes hinaus wollte, aber es machte ihm jetzt schon Bauchschmerzen. "Zur Zeit noch, aber ich überlege eine bessere Möglichkeit zu finden. Immerhin habe ich auch an meinen Ruf zu denken und es gibt genug Personen, die sich jetzt schon das Maul darüber zerreißen, woher der Junge stammt. Meine Verlobte Una ist mit der Situation auch nicht glücklich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes Lächeln verblasste, doch Ulysses war noch nicht fertig: "Aber was mir wirklich nicht in den Kopf will, ist die mangelnde Qualität ihrer Organons. Sie sagten doch, dass Argus ein Prototyp sei, bevor sie in Massenproduktion gehen wollen. Aber diese Totalausfälle, die mich auf der Aufstiegsstation in Empfang genommen haben, können doch wohl kaum ausgereifte Versionen von ihm sein. Er ist vielleicht erst drei, aber er könnte wahrscheinlich schon jetzt mit ihren Trotteln fertig werden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nun, äh..." Hermes lachte verlegen. "Offen gesagt, sind sie tatsächlich noch nicht ausgereift. Sehen Sie, die Aufgaben, die der Organon erledigen soll, verlangen eine ganze Bandbreite von fein abgestimmten Fähigkeiten. Und dabei sollen sie noch gehorsam sein und ohne zu zögern ihr Leben im Dienst Elysiums lassen. So etwas beim ersten Versuch zu erfinden ist ein Ding der Unmöglichkeit. Meine erste Priorität war es, sie so widerstandsfähig zu machen, dass sie auf Deponia überleben. Um nicht ganz bei Null anfangen zu müssen, modifizierte ich die Klonbediensteten, die in Notfällen, für Roboter einspringen. Die sind zwar weder sonderlich groß oder muskulös, aber schon recht zäh und drahtig. Außerdem nahm ich ihnen den Respekt vor dem Leben, damit sie nicht zögern ihre Bestimmung zu erfüllen." Er hielt einen Moment inne und fingerte nervös an seinen Ärmeln herum. "Zumindest hoffe ich, dass das so funktioniert hat. Argus war in vieler Hinsicht dem recht nahe, was ich mir vorgestellt habe, aber als ich meine Daten noch einmal durchgesehen habe, wurde mir klar, dass er mehr Anführer als einfacher Soldat war. Und sein Selbsterhaltungstrieb ist noch recht hoch. Also begann ich das genetische Profil zu variieren und es wieder und wieder zu versuchen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses sprang unwillkürlich auf. "Sie haben noch mehr Prototypen geschaffen?!", rief er fassungslos.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes wirkte halb verlegen und halb ärgerlich. "Ich sagte doch, dass das notwendig war. Die jetzigen Klone sind nicht stabil genug und in ihren Fähigkeiten bei weitem nicht so weit entwickelt, dass sie ihre Bestimmung erfüllen können. Ich habe, immer wenn ich mit den Prototypen Fortschritte gemacht habe, versucht, auch die erwachsenen Klone auf den neuesten Stand zu bringen. Aber ohne einen Prototypen, dessen Gehirn durch eine Kindheit und das natürliche Heranwachsen gereift ist, habe ich einfach nicht die Daten um erwachsene Klone herzustellen, die unseren Vorstellungen entsprechen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nur damit ich Sie richtig verstehe: Sie schaffen alle ihre Prototypen im Kindesalter und haben vor, mit der Massenproduktion des Organon zu warten, bis einer der Prototypen Ihren Anforderungen genügt und zum Erwachsenen herangewachsen ist? Wie um alles in der Welt, wollen Sie denn so den Zeitplan einhalten? Sie wissen doch, dass Elysium nicht ewig Zeit hat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das ist mir durchaus bewusst. Natürlich ersetze ich die derzeitigen Klone bei jedem Fortschritt mit aktualisierten Versionen, aber auch so können sie bereits jetzt einfache Arbeiten erledigen, solange man ihnen sehr genaue Anweisungen gibt, was sie zu tun haben. Sobald ich in meiner Arbeit hier ein wenig Luft habe, können die ersten Arbeiten an Sprengtürmen und Kreuzertrassen beginnen. Glauben Sie mir, ich habe alles durchgerechnet und bin zuversichtlich, dass wir in 20 bis 25 Jahren bereit sein werden. Solange werden Elysiums Vorräte sicher ausreichen, wenn Sie meine Vorschläge zu Wiederverwertung beherzigen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses seufzte und sank wieder auf seinen Stuhl. "Das wird auf jeden Fall knapp. Aber ich vertraue Ihnen, Hermes. Immerhin war auch das Projekt Elysium ein ziemliches Wagnis und sie haben es doch geschafft es bauen zu lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Danke, Herr Kontrollrat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber das erinnert mich daran: Warum haben Sie mich nun überhaupt hergebeten?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes räusperte sich. "Nun, wie Sie sich vielleicht denken können, wird es hier unten langsam ein wenig eng und ich habe nicht die Mittel, die Anlage kindgerecht auszustatten.."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie haben die ganzen Prototypen noch hier?", fiel ihm Ulysses ins Wort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wo sollte ich sie denn sonst haben?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum haben Sie denn die Fehlschläge nicht einfach wieder entsorgt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes starrte ihn entgeistert an. "Es sind Kinder! Ich ging davon aus, dass wir für sie eine angemessene Position finden, die ihren jeweiligen unterschiedlichen Stärken und Ausprägungen entspricht. So wie es auch für Argus geplant war."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und sie dachten, ich bringe jetzt zusätzlich zu Argus noch einen Haufen weitere Bälger unter? Womöglich auf Elysium? Sind Sie wahnsinnig?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber hier ist es gefährlich. Es gab schon mehrere Unfälle. Prototyp B und F sind... Ich kam zu spät, um sie zu retten..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Natürliche Auslese, also", gab Ulysses kühl zurück. Er würde sich von ganz sicher nicht von Hermes Sentimentalitäten weich machen lassen. "Sie sind ohnehin dafür bestimmt, bei der Erfüllung ihres Schicksal ihr Leben zu lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes schluckte. Eine Weile stand er nur stumm da und überlegte, dann sagte er leise: "Erlauben Sie mir sie Ihnen zu zeigen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses verzog das Gesicht. Eigentlich war er versucht Hermes mit seinem ganzen wahnwitzigen Plan zu verwünschen, aber ihm war auch bewusst, dass er den komischen Kauz brauchte. Vielleicht fand sich noch eine Lösung, die ihn zufriedenstellen könnte. "Nun gut, wenn es nicht zu lange dauert."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes nickte nur und bedeutete ihm wieder ihm zu folgen, wenn auch seine Bewegungen weit weniger energiegeladen waren, als bei seinem Eintreffen. Der Raum, zu dem gingen, lag ein wenig versteckt unterirdisch und war durch mehrere Schlösser gesichert. Hermes lächelte entschuldigend als er ihn aufschloss. "Ich muss immer auf Nummer Sicher gehen. Einige sind schon recht geschickt, wenn es ums Ausbrechen geht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses folgte ihm hinein und fand sich sofort von einer Schar lärmender Jungen umringt. Die Ältesten mochten knapp drei Jahre alt sein, die Jüngsten konnten noch nicht einmal krabbeln. Ihre Gesichter waren völlig gleich, doch ihre Haare waren in allen möglichen Farben eingefärbt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes lächelte stolz. "Ich fand die Haare eine recht gute Idee, um sie auseinander zu halten. Ich habe ihnen Kennungen gegeben nach der Reihenfolge, in der ich sie entworfen habe. Aber ich habe nicht jedes Design gleich umgesetzt. Die Pläne für C dort drüben," er deutete auf einen Knirps mit grünem Haar, "habe ich entwickelt nachdem B sich als allzu risikobereit erwiesen hat. Aber mir kamen noch allerlei andere Ideen, deshalb habe ich seine Produktion erst einmal zurückgestellt. Leider zurecht, wie sich erwiesen hat. Er ist zwar weit zurückhaltender und analysiert bevor er handelt, aber das macht ihn auch als Soldaten eher ungeeignet. Er ist einfach zu antriebslos. Bei G habe ich..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Faszinierend", unterbrach ihn Ulysses wieder in einem Tonfall, der das Gegenteil besagte. Er schob ein paar der Kinder zur Seite. "Ich mache Ihnen ein Angebot. Ich bin bereit noch einen von denen mitzunehmen. Mehr kann ich auf Elysium einfach nicht unterbringen. Außerdem bin ich mir nicht sicher ob es nicht ein Sicherheitsrisiko wäre, diese Bande in der Weißen Stadt loszulassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes sah ihn unglücklich an. "Und Sie können wirklich nicht..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Einen oder keinen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gut, wie sie meinen. D macht mir zur Zeit am meisten Kopfzerbrechen. Wenn Sie.."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich nehme den da." Er deutete auf den grünhaarigen Jungen, den Hermes ihm zuvor gezeigt hatte. Er konnte noch kein ganzes Jahr alt sein und hatte die ganze Zeit nur stumm dagesessen und sie beide angestarrt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Cletus? Ich meine 'Prototyp C'? Aber er ist der ruhigste der ganzen Bande!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was ihn zum besten Kandidaten macht um ihn auf Elysium loszulassen, meinen Sie nicht?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber das hilft mir bei meinem Problem nicht weiter."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich habe Ihnen meine Bedingung genannt und Sie waren einverstanden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hermes sah ihn eine Weile wütend an, dann wandte er sich ab, ging zu Prototyp C hinüber, hob ihn hoch und trug ihn zu Ulysses. Er tätschelte dem Jungen den Kopf als er ihn überreichte und Ulysses war sich nicht sicher ob er in Hermes Augen Tränen gesehen hatte. Nun der alte Narr hatte schon immer einen Hang zum Sentimentalen gehabt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie sagten eben einen Namen." sagte er fragend.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, ich habe ihnen Namen gegeben, nach den Buchstaben ihrer Kennung. Das hier ist Cletus, das da drüben..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"In Ordnung. Ich werde sehen, wo ich ihn unterbringen kann." Ulysses beeilte sich den Raum zu verlassen, bevor Hermes zu einem weiteren Versuch ansetzen konnte, ihn zu überreden, doch zu seiner Erleichterung folgte ihm der ältere Mann nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er fand den Weg hinaus auf Anhieb und auch die Organons bereiteten ihm keine Schwierigkeiten und eskortierten ihn zurück zur Aufstiegsstation. Es schien sie überhaupt nicht zu kümmern, dass er nicht mehr allein war. Ulysses seufzte innerlich. Er konnte nur hoffen, dass Hermes bald die richtige Mischung für seine Prototypen fand. Aber selbst dann war es nicht ohne die Unterstützung Elysiums getan. Er musste sich noch um Uniformen, nein, besser Rüstungen für die Klone kümmern. Außerdem brauchten sie einen Anführer, der ihnen genau sagte, was sie zu tun hatten. Und bis Argus alt genug war, um ihm etwas Arbeit abzunehmen, würde diese Aufgabe wohl an Ulysses hängen bleiben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er seufzte und warf dem grünhaarigen Knirps auf seinem Arm einen Blick zu. Der Junge hatte angefangen leise zu quengeln, kaum dass sie die Anlage verlassen hatte. Dies konnte wirklich noch ein langer Tag werden.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"Kannst du ihn nicht dazu bringen, mit dem Schreien aufzuhören?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses warf seiner Verlobten einen verzweifelten Blick zu. "Wenn ich wüsste wie, hätte ich es schon längst getan." Er stellte seinen Helm auf einem Schränkchen ab und massierte die Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger. "Er hat den ganzen Weg hierher so ein Theater gemacht. Ich hatte gedacht, er wäre froh, aus dem Dreck raus zu kommen, aber er scheint einfach nicht zufrieden zu stellen zu sein. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Argus jemals so schlimm war."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Una strich sich das lange rotblonde Haar aus dem Gesicht und betrachtete das jammernde Kind, das auf ihrem Wohnzimmerteppich saß. "Vielleicht hat er Hunger?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich habe schon versucht, ihm etwas zu geben, aber er hat mich ignoriert. Eine Zeit lang hat er sich mit meinem Helm beschäftigt, aber als ich ihm den wegnehmen musste, ging es wieder los."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das brachte Una auf eine Idee. Sie eilte in ihr Schlafzimmer und kam kurze Zeit später mit einer Handvoll Kämmen, Spangen und einem kleinen Handspiegel zurück. Ulysses sah ihr entgeistert zu, doch kaum dass sie die Sachen vor Cletus platzierte, hörte er auf klagende Schreie auszustoßen. Besonders der Spiegel schien es ihm angetan zu haben. Während er sich betrachtete, entdeckte Ulysses zum ersten Mal ein Lächeln in dem kleinen Gesicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Una ließ sich in einen Sessel fallen und lächelte triumphierend, wenn auch nicht wirklich vergnügt. "So, nun da das geklärt ist: Was hast du dir nur dabei gedacht ihn hierher mitzubringen? Erst Argus und jetzt noch einer? Ich dachte, dir wäre das mit uns wirklich ernst, und trotzdem schleppst du hier Kinder an, ohne auch nur mit mir vorher darüber zu reden. Ich dachte, wir wollten eines Tages mal eigene Kinder haben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses seufzte. "Glaub mir, ich hatte das wirklich nicht so geplant. Und ich habe auch nicht vor ihn hier zu behalten. Sobald ich mich etwas frischgemacht und den Gestank Deponias wieder abgewaschen habe, werde ich mich auf den Weg machen. Ich habe eine ganze Reihe Freunde, die mir noch einen Gefallen schulden, oder die sich vielleicht überreden lassen, ihn aufzunehmen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie verzog misstrauisch das Gesicht. "Lass mich raten. Du willst zu Denesha gehen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er unterdrückte den Drang mit den Augen zu rollen. "Du hast keinen Grund eifersüchtig zu sein. Denesha ist nichts als eine alte gute Freundin. Die nebenbei inzwischen selbst verheiratet ist. Aber wenn du dich dann wohler fühlst, ruf du sie doch an und bitte sie hierher zu kommen, während ich unter der Dusche bin. Dann bist du auch dabei, wenn wir alles besprechen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Una presste einen Moment lang die Lippen zusammen. "Gut, von mir aus. Dann beeil dich aber auch und bleib nicht wieder eine Ewigkeit im Bad. Mir ist wohler dabei wenn wir das ganze klären, bevor Argus zurück ist. Der Hausbote hat ihn in die 'Fun Zone' begleitet, damit er sich dort richtig austoben kann und nicht seine ganze überschüssige Energie an den Möbeln auslässt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses hatte etwas in der Art erwartet. Der Junge hatte einen ausgeprägten Bewegungsdrang und eine ausgezeichnete Kondition. Er bezweifelte, dass der jüngere Prototyp da jemals mithalten können würde. Aber das sollte nicht sein Problem sein. Mit einem Nicken erhob er sich und eilte ins Badezimmer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war wunderbar den Dreck loszuwerden, der sich auf dem Planeten auf alles legte, in Ritzen drang und ihn zu ersticken drohte. Er hatte Unas Bitte sich zu beeilen nicht vergessen, doch nun da das wohltemperierte Wasser über ihn strömte konnte er sich nur mit Mühe losreißen. Wahrscheinlich hatte er eine ganze Weile länger gebraucht als geplant, denn als er in einen sauberen Bademantel gehüllt ins Wohnzimmer zurückkehrte, saß Denesha bereits auf dem Sofa und plauderte mit Una.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zu seiner Erleichterung sah er, dass sie Cletus auf dem Schoss hatte und ihm die grünen Haare aus dem Gesicht kämmte, was er sichtlich genoss. "Wer gibt nur so ein hübsches Kerlchen auf?", hörte er sie gerade sagen und wusste, dass er schon so gut wie gewonnen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das darf ich dir leider nicht erzählen", klinkte er sich in die Unterhaltung ein. Beide Frauen sahen auf, Una mit ungehaltenem Blick, Denesha mit einem Lächeln. Cletus merkte sofort, dass er nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit stand und begann an Deneshas Kragen zu ziehen, worauf sie abwesend wieder über seine Haare strich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses erwiderte ihr Lächeln und setzte sich auf einen freien Sessel. "Schön, dass du kommen konntest, Denesha. Ich nehme an, Una hat dir bereits mitgeteilt, dass wir ein Zuhause für den kleinen Cletus hier suchen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das hat sie, aber sie war offen gesagt sehr vage, woher der Junge stammt und warum er dort nicht bleiben konnte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie gesagt, kann ich dir auch nicht mehr dazu erzählen. Ich habe den Kleinen auf einer Mission aufgelesen. Ihn zurückzubringen wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Aber er hat es verdient ein liebevolles Zuhause zu finden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie aufs Stichwort legte Cletus seine kleine, blasse Hand auf die viel größere, dunkle Hand Deneshas. Er hatte zumindest ein wenig Talent sich einzuschmeicheln, das musste Ulysses ihm lassen. Denesha seufzte und legte einen Arm um den Jungen. "Ich sollte vielleicht erst mit Divius darüber... Ach, was soll's. Wir haben reichlich Platz und Divius wird schon nichts dagegen haben. Aber er wird Papiere brauchen..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Darum werde ich mich schon kümmern", fiel ihr Ulysses ins Wort, der sein Glück kaum fassen konnte, so einfach eine Lösung gefunden zu haben. "Glaub mir, er ist ein guter Junge. Du wirst das nicht bereuen."[/JUSTIFY]

 

 

 


 

Kapitel 1

 

[JUSTIFY]9 Jahre später[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Jetzt komm schon, Cletus. Oder hast du Angst?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das hat nichts mit Angst zu tun. Ich bin nur nicht komplett dämlich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwei Jungen hockten hinter den Blumenkübeln der unteren Promenade. Der Jüngere der beiden, ein Kind von etwa acht Jahren, kniff die großen, dunkelbraunen Augen zusammen und verzog empört das Gesicht. "Ich bin auch nicht dämlich. Nur, weil man etwas mit eigenen Augen sehen will und sich nicht immer nur auf die Erwachsenen verlassen möchte, ist man doch nicht dämlich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Ältere strich sich unnötigerweise die grünen Haare glatt und schnaubte. "Mensch, Arron, du riskierst dein Leben, nur um so etwas ekliges wie Deponia sehen zu können. Das ist doch nicht gerade ein Zeichen von Intelligenz."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Deshalb sollst du mir doch helfen. Damit mir nichts passiert." Arron rutschte näher an ihn heran und lächelte verschwörerisch. "Komm schon, großer Bruder."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verzog sein Gesicht nur noch mehr. Arron war zwei Jahre jünger als er und hatte früher auch meist auf das gehört, was er ihm sagte. Doch seit ein paar Wochen hatte er ihn in Bezug auf Körpergröße nicht nur eingeholt, sondern war sogar ein paar Zentimeter größer als Cletus selbst. Seitdem hätte er schwören können, dass da ein spöttischer Unterton war, wann immer ihn Arron "großer Bruder" nannte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wenn ich gewusst hätte, was du für blöde Ideen entwickelst, dann wäre ich nie mit hierher gekommen. Ich habe wirklich besseres zu tun, als mich in deine Pläne verwickeln zu lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und was? Vor dem Spiegel sitzen und dir die Haare kämmen?" Arron verdrehte die Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus war empört. "Mama mag meine Haare!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Mama will auch immer, dass wir mehr Zeit miteinander verbringen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie hat damit bestimmt nicht gemeint, dass ich dir dabei helfen soll, dich umzubringen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich hab doch schon gesagt-", begann Arron, brach aber mitten im Satz ab, richtete sich ärgerlich auf und wandte sich zum Gehen. "Ach vergiss es. Du bist so ein Miesepeter, Cletus. Manchmal kann ich wirklich kaum glauben, dass wir verwandt sein sollen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte. Auch wenn er es nicht wagte es auszusprechen, es ging ihm ähnlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seit er alt genug war, sich über Vererbung Gedanken zu machen, fragte er sich wie es sein konnte, dass Mamas Haut von einem tiefen Dunkelbraun, er selbst aber kreidebleich war. Arron stand Mama in nicht viel nach, nur Divius hatte zumindest eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm. Leider war Divius aber auch der einzige, mit dem er wirklich nicht verwandt sein wollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wider besseren Wissens erhob er sich und lief Arron hinterher. "Jetzt warte mal. Vielleicht finden wir ja doch noch eine Lösung, wenn du den Planeten nun unbedingt sehen willst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sofort kehrte das Lächeln in das Gesicht seines Bruders zurück. "Ich hab schon verschiedene Stellen ausprobiert. Oben in der Habitatebene kann man zwar weit gucken, aber die Ebenen darunter sind so breit, dass man Deponia nur als Schemen am Rand sieht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das liegt daran, dass Elysium die Form eines Diamanten hat. Das sagt jedenfalls Fräulein Melli in der Schule", erklärte Cletus wichtig. "Die oberen Ebenen laufen spitz zu, die Chill-Out-Zone und darunter die Fun-Zone sind breiter und darunter werden die Bereiche wieder ganz schmal. An der unteren Spitze sind dann die Schleusen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Da könnte man bestimmt am besten nach unten sehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Klar.“ Cletus verdrehte die Augen. „Wir können ja in den Computerkern einbrechen und die Sicherheitsprotokolle löschen, damit uns der Aufzug bis ganz nach da unten fährt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und was für tolle Ideen hast du? Oder kannst du nur andere schlecht machen?", gab Arron zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob eine Augenbraue. "Hast du schon mal geguckt, ob es am Rand der Fun-Zone vielleicht einen Bereich gibt, wo die Außenmauern nicht so hoch sind? Oder vielleicht ein Sichtfenster?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron seufzte. "Bei den Zwischenebenen gibt es nicht viele Mauern, aber da ist auch immer noch eine Ebene darunter. Dafür ist Abgrenzung ganz am Außenrand überall geschlossen. Ich weiß gar nicht was das soll. Da muss doch auch noch das Kraftfeld hinter sein, dass die Atemluft in der Stadt hält."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wahrscheinlich fanden die Erbauer Elysiums, dass der Anblick Deponias niemandem zugemutet werden sollte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Es gibt zwar ein paar Stellen, wo ich bestimmt auf die Mauer klettern könnte, aber da tauchen dann viel zu schnell Sicherheitsbots auf und dann gibt es immer Ärger", fuhr Arron fort, ohne auf Cletus Kommentar einzugehen. "Aber wenn du vielleicht Ronny ablenken könntest und mir dann schnell hoch hilfst, reicht das bestimmt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ronny ablenken?" Cletus war wenig begeistert von der Aussicht auch nur mit der Figur, die die Künstliche Intelligenz Elysiums verkörperte, sprechen zu müssen. "Du weißt schon, dass er nur ein Programm ist? Und dass er seine Sensoren an mehreren Orten gleichzeitig hat?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja schon. Aber wenn du ihm von einem Notfall erzählst und er da seine Bots hinschickt, werden die zumindest einen Moment brauchen bis sie wieder da sind."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus stöhnte. "Du schuldest mir was, weißt du das?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dann machst du's?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich werde ja sonst keine Ruhe kriegen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron strahlte, dann packte er seinen Bruder am Handgelenk und zog ihn tiefer in die Fun-Zone hinein. Zielstrebig steuerten sie am Minigolf vorbei und bogen an der Fitness-Arena links in einen Gang ab. Dort tat Arron so als habe er etwas faszinierendes auf dem Boden gefunden. Er winkte Cletus zu sich und begann hastig zu flüstern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gegenüber der Fitness-Arena ist eins von Ronnys Terminals. Sag ihm einfach, dass wir in der Sporthalle gespielt haben und uns ein paar größere Jungs schikaniert und gedroht haben uns zu verprügeln. Das ist nicht mal richtig gelogen. Es ist ja nur, dass es nicht heute passiert ist. Wenn er seine Bots dann da rein schickt, wird es eine Weile dauern bis sie wieder da sind. In der Zeit rennen wir zum Rand und du hilfst mir hoch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus war gegen seinen Willen beeindruckt. Anscheinend hatte Arron wirklich lange überlegt wie er sein Ziel am besten erreichen konnte. Wenn er sich nur nicht so ein bescheuertes Ziel ausgesucht hätte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Widerstrebend machte er sich auf den Weg. Er war nicht sonderlich gut darin anderen etwas vorzumachen. Aber wie Arron gesagt hatte, war es nicht so, dass die Situation, die er vortäuschen sollte, nie stattgefunden hatte. Er musste sich nur in den Ärger und Frust zurückversetzen, den er gefühlt hatte, als er wirklich beim Training gehänselt worden war. Er schluckte noch einmal und näherte sich dann dem Terminal.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Bewegungssensoren reagierten sofort und aus einem kreisförmigen Schacht tauchte ein Avatar der Künstlichen Intelligenz Elysiums auf. "Rrrroonnnyy!" verkündete eine Topfpflanze mit Sonnenbrille und Ukulele seine Anwesenheit. Nicht zum ersten Mal fragte sich Cletus was die Konstrukteure Elysiums wohl geritten hatte, als sie diese KI programmierten und entwarfen. Sie hatten wahrscheinlich versucht ihn fröhlich und aufmunternd zu machen, und hatten dabei die Subroutinen für nervtötend erwischt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ronny!" keuchte er und versuchte atemlos und verstört zu klingen. "Du musst mir helfen. In der Fitness-Arena randalieren ein paar Idioten!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh, du Armer", quietschte die Blume zurück. "Ein Glück, dass du da jetzt raus bist. Sonst wärst du ja immer noch in Gefahr."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, ja. Aber mein Bruder ist immer noch da drin. Und sie haben gedroht ihn zu verprügeln."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie unspaßig! Das macht ja die ganze Fun-Zone kaputt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Eben. Könntest du dich dann endlich darum kümmern?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber klar", die Blume kicherte und Cletus kämpfte gegen den Drang das Ding aus der Verankerung zu reißen. "Der Sicherheitsdienst ist längst unterwegs."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gut, dann sehe ich jetzt auch nach meinem Bruder."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber nein, das wäre doch viel zu riskant. Du bist doch gerade erst tapfer der Gefahr entronnen. Besser du bleibst hier, wo dir nichts passieren kann."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus fluchte innerlich. Daran hatte Arron natürlich nicht gedacht. "Ich, äh, bin aber schon so spät dran. Ich muss nach Hause zum Abendessen. Also ich meine, um das Essen vorzubereiten. Ich meine dem Hausbot dabei zu helfen... Und ich muss meinen Eltern erzählen was passiert ist. Mit meinem Bruder. Also, dass du ihn gerettet hast. Muss ich erzählen. Jetzt gleich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wartete keine Antwort ab, wirbelte herum und rannte los. Dummerweise war es die falsche Richtung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Einen kleinen Umweg später erreichte er doch noch die Außenmauer der Fun-Zone und rannte daran entlang bis er endlich Arron hinter einem kleinen Mauervorsprung entdeckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das hat aber echt lange gedauert."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus war zu sehr außer Atem um mehr als "Idiot" herauszubringen. Er lehnte sich an die Mauer und verschränkte die Hände, so dass Arron an ihm hochklettern konnte. Er war nicht begeistert darüber die Schuhsohlen seines Bruders in die Hände gedrückt zu bekommen, aber er wollte das ganze einfach nur noch hinter sich bringen. Wenigstens waren Arrons Schuhe sauber.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Einen Moment später lag Arron dann bäuchlings auf der einen halben Meter breiten weißen Mauer und schob sich noch immer weiter nach vorne.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Kannst du es immer noch nicht sehen?" zischte Cletus ihm zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Es ist so verschwommen. Vielleicht liegt es an dem Kraftfeld. Ich versuche mich noch ein bisschen weiter zu schieben. Halt mal meine Beine fest."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wahrscheinlich ist das eher der ganze Smog da unten", gab Cletus nervös zurück, griff aber dennoch nach Arrons Knöcheln. "Lass es doch endlich gut sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte es kaum ausgesprochen, als Arron den Halt mit den Händen verlor und zur anderen Seite kippte. Erschrocken klammerte sich Cletus an sein Hosenbein, doch das Gewicht seines Bruders machte ihm schwer zu schaffen. In Panik begann er um Hilfe zu schreien. Was würde Mama nur sagen, wenn er Arron verlor? Sein Zimmer würde er bestimmt nicht kriegen. Eher würde er selbst in ein Kleineres gesteckt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er spürte, wie ihm der Stoff zu entgleiten begann und gab sein letztes bisschen Zurückhaltung auf. "RONNY!!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein metallener Arm griff über ihn hinweg und bekam Arrons Oberarm zu fassen. Cletus plumpste zusammen mit seinem Bruder neben dem Sicherheitsbot zu Boden. Arron heulte was das Zeug hielt, aber er selbst wagte nicht aufzusehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]So ein Mist![/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Er hatte mit Ärger gerechnet, doch als nach einer Stunde in der Sicherheitsverwahrung noch immer weder Mama noch Divius auftauchten um sie nach Hause zu holen, wusste er, dass er viel zu optimistisch gewesen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Anfangs hatte er noch versucht mit Arron zu reden. Doch egal wie deutlich er versuchte ihm zu erklären, dass die ganze Misere seine Schuld war, er war einfach nicht einsichtig und heulte nur noch lauter. Wahrscheinlich war er doch noch zu jung und doof.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Also verbrachte Cletus seine Zeit damit, sich die richtigen Worte zurecht zu legen, um zumindest Mama zu überzeugen, dass er nichts falsch gemacht hatte und eigentlich dafür belohnt werden sollte, dass er Arron das Leben gerettet hatte. Er war gerade bei Version 22, als sich die Tür öffnete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie sahen beide auf und Arron hörte für den Moment auf zu weinen. Aber es war nicht Mama. Es war auch nicht Divius. Statt dessen kam Auria, Divius Mutter herein und fiel sofort Arron um den Hals. "Oma?", flüsterte der verblüfft. Es war nicht so, dass Auria ihrem Enkel nie ihre Zuneigung zeigte, im Gegenteil, doch für gewöhnlich sagte sie erst einmal Hallo.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh, du armer Junge", hauchte Auria, ohne Cletus eines Blickes zu würdigen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oma, bringst du uns nach Hause?", fragte Arron und hickste vom vielen Weinen. "Warum ist nicht Mama oder Papa gekommen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie ließ ihn immer noch nicht los, wohl auch, damit sie ihm nicht in die Augen sehen musste, doch jetzt musterte sie Cletus über Arrons Schulter hinweg. Er wusste, dass sie wohl ähnlich über ihn dachte wie ihr Sohn Divius, doch nach einem Moment der Überwindung winkte sie ihn heran und legte ihm ebenfalls einen Arm um die Schultern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ihr beide müsst jetzt ganz tapfer sein. Es gab einen schlimmen Unfall, eure Mutter..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schreckte auf und machte einen Schritt zurück außerhalb ihrer Reichweite. "Ist Mama in der Krankenstation?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Es tut mir leid. Sie konnten ihr nicht mehr helfen."[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]An manche Details konnte er sich ausgezeichnet erinnern: Wie er nach Haus gekommen war, wo Freunde und Bekannte der Familie, hauptsächlich Kollegen von Divius, in ihrem Wohnzimmer herumstanden und saßen. Divius, der so erschüttert wirkte wie ihn Cletus noch nie gesehen hatte. Der Hausbot, der herumhuschte und Erfrischungen anbot, als wäre es eine Dinnerparty.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber er wusste nicht mehr, wer ihn schließlich auf sein Zimmer geschickt hatte. Ob er an diesem Abend etwas gegessen hatte. Ob er sich die Haare gebürstet hatte, bevor er ins Bett ging, wie er es jeden Tag getan hatte, seitdem er entschieden hatte, dass er zu alt war, um sich noch von seiner Mutter kämmen zu lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als er am nächsten Morgen erwachte brauchte er einen Moment um sich darüber klar zu werden, dass der gestrige Tag kein bloßer Traum gewesen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann ging er fast wie von selbst durch seine gewöhnliche Routine. Sollte Arron sich ausheulen, er selbst war immerhin schon zehn und kein Baby mehr.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mama hatte immer darauf Wert gelegt, dass alles seine Ordnung hatte, und genau das würde er beibehalten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als er aus seinem persönlichen Waschbereich, der sich an sein Zimmer anschloss, zurückkam und in Gedanken durchging, welchen seiner Anzüge er wohl heute anziehen sollte, stutzte er jedoch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In seinem Zimmer stand ein fremder Mann.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war keiner von Divius Geschäftsfreunden, da war sich Cletus recht sicher.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dieser Mann hier, hatte kurze braune Haare, ein schmales Gesicht mit einer langen, geraden Nase und war nicht allzu groß. Aber was ihn an einem Ort wie Elysium besonders herausstechen ließ war, dass er nicht wie es Mode war, einen eng geschnittenen, weißen Anzug trug, sondern einen weiten rostbraunen Overall.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wer sind Sie?", fragte er forsch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Mann lächelte freundlich. "Ich bin für den Moment Ihre Serviceeinheit. Aufgrund der tragischen Ereignisse des gestrigen Tages, hat der Ältestenrat entschieden, sämtliche Roboter einer Überprüfung zu unterziehen. Dies ist natürlich eine reine Vorsichtsmaßnahme."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh." Natürlich wusste er, dass es für den Fall, dass die Bots ausfielen, mehrere Klonanlagen auf Elysium gab. In diesen Klonanlagen konnte Ronny Dienstkräfte aus Fleisch und Blut schaffen. Doch dies war das erste Mal, dass er miterlebte, dass so etwas nötig wurde. Er sah dem Mann zu wie er sich daran machte, sein Bett zu machen und runzelte die Stirn. "Können Sie das nicht erledigen, wenn ich in der Schule bin?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Dienstklon hielt inne und lächelte wieder sein höfliches, leeres Lächeln. "Wie man mir sagte, sind Sie und Ihr Bruder für die Tage bis zur Rückführung Ihrer Mutter vom Besuch der Schule befreit, junger Herr."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh", machte Cletus erneut. "Wann wird denn... Ich meine, für wann ist die Rückführung angesetzt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich fürchte, das wird noch ein bis zwei Tage dauern. Da zur Zeit die Systeme hauptsächlich damit beschäftigt sind, die Sicherheitsroutinen zu überprüfen, würde die Zeremonie nicht angemessen genug durchführbar sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus blickte zur Seite. Er wusste nicht recht, was er denken sollte. Er war bisher einmal bei einer Rückführung dabei gewesen. Das war, als einer von Mamas Onkeln an Altersschwäche gestorben war. Er erinnerte sich an viele eintönige und wahrscheinlich geschönte Reden über den Verstorbenen, bevor sein Körper an die Zentralanlage übergeben wurde, wo er in seine Bestandteile zerlegt und in den erneuten Kreislauf des Lebens einkehrte. Oder so. Er hatte einige Male sehr demonstrativ gegähnt, aber Mama hatte so geweint wie er sie noch nie gesehen hatte. Anscheinend war ihr das Ganze doch irgendwie wichtig gewesen. Er entschied, dass er sich große Mühe geben würde, bei Mamas Rückführung tadellos auszusehen und das Ganze möglichst würdevoll über sich ergehen zu lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Möchten Sie nicht erst einmal Ihr Frühstück zu sich nehmen, junger Herr?", unterbrach der Klon seine Gedanken und deutete auf ein Tablett, das er auf Cletus' Schreibtisch abgestellt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wieso soll ich denn in meinem Zimmer frühstücken?", fragte Cletus perplex. "Stimmt jetzt auch noch mit dem Esszimmer etwas nicht?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ihr Bruder zog es vor, der Gemeinschaft aus dem Weg zu gehen. Daher wurde mir aufgetragen, Ihnen auszurichten, dass Sie vorerst auf Ihrem Zimmer zu bleiben haben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was?" Cletus' erster Instinkt war, dem Klon zu sagen, wohin er seine Anweisungen stecken sollte. Doch war er bei näherem Nachdenken nicht wild darauf, auf seinem Willen zu bestehen und dabei Divius in die Arme zu laufen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Klon betrachtete ihn mit hochgezogener Augenbraue. "Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten: Ihr Bruder geht mit dem Verlust entschieden anders um als Sie, junger Herr. Er war heute morgen kaum ansprechbar und machte auch keine Anstalten sich zur Schule fertig zu machen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was soll denn das jetzt heißen?" Cletus presste die Lippen verärgert zusammen und funkelte den Klon an. Wollte der ihm etwa Arron als Vorbild für richtiges Verhalten aufdrücken? Natürlich trauerte er selbst auch, aber... Er spürte wieder Unsicherheit in sich aufsteigen und schob den Gedanken rasch von sich. "Was wissen Sie schon? Sie sind nur ein Klon! Sie haben ja nicht einmal eine Mutter!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Diesmal lächelte der Dienstklon nicht. Er nickte nur und machte sich wieder an die Arbeit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus sah ihm eine Weile zu. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch und begann zu frühstücken. Er hörte den Mann noch eine Zeit lang vor sich hin rumoren, doch er brachte es nicht mehr über sich, ihn anzusehen. Was verdiente er auch für Aufmerksamkeit. Schließlich war es nur ein Klon.[/JUSTIFY]


 

Kapitel 2

 

[JUSTIFY]Cletus warf noch einen prüfenden Blick in den Spiegel und strich sich die Augenbrauen glatt. Er war heute morgen noch früher als sonst aufgestanden, um genug Zeit zu haben, sich wirklich angemessen zurecht zu machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte sich die Haare gewaschen und sie dann mit Gel in Form gebracht, wie es die neueste Mode war, aber kaum war er fertig gewesen, hatte er es sich anders überlegt. Er wusch das Gel wieder aus und frisierte sich noch einmal neu. Dieses Mal kämmte er den grünen Haarschopf mehr aus dem Gesicht, wie es Mama am liebsten gehabt hatte. Immerhin war dieser Tag für Mama.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Heute würden ihre sterblichen Überreste wieder in den Lebenskreislauf Elysiums gegeben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte Arron den ganzen Morgen immer wieder weinen gehört, wenn er an der Tür lauschte, aber was sollte man machen? Er hatte sich eben noch nicht so weit unter Kontrolle, dass er daran dachte wie verquollen die Augen von dem ganzen Weinen wurden, von dem ganzen Rotz unter der Nase noch zu schweigen. Cletus war sich jedenfalls sicher, dass Mama, die immer viel Wert auf Sauberkeit und ein hübsches Aussehen gelegt hatte, sich gefreut hätte zu sehen wie viel besser er mit der Situation umging.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er cremte sich gerade noch die Wangen ein, als hinter ihm plötzlich die Tür aufging und Divius in sein Zimmer trat. Cletus presste verärgert die Lippen zusammen, hielt sich aber noch davon zurück laut zu sagen, was er von Leuten hielt, die nicht einmal anklopften. Divius sah ohnehin noch schlechter gelaunt aus als sonst. Vielleicht hatte er ebenso wenig Lust auf die Zeremonie wie Cletus und war nur weniger gut darin, das zu verstecken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nicht zum ersten Mal fragte er sich, was Mama sich nur dabei gedacht hatte, diesen Typen zu heiraten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah ja nicht mal gut aus, wenn man von der durchtrainierten Figur, den seidig glänzenden Haaren und dem markanten Gesicht absah. Und außer einer Menge Geld und Einfluss brachte er auch nur ein bisschen Charme mit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Divius sah ihn eine Weile missbilligend an, als überlege er sich die richtigen Worte, dann sagte er unvermittelt: "Cletus, du kommst nicht mit."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Na toll, jetzt redete der auch noch wirres Zeug.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was soll das heißen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Die Rückführung", erklärte Divius kühl. "Ich möchte nicht, dass du da mit hingehst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus starrte ihn einen Moment mit offenem Mund an, aber als er gerade zu einem Protest ansetzen wollte, fiel Divius ihm sofort ins Wort. "Wir haben uns doch alle lange genug etwas vorgemacht. Du gehörst nicht in diese Familie. Sieh dich nur an. Du hast keine Träne um Denesha vergossen. Stattdessen sitzt du hier und himmelst dein Spiegelbild an."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte. "Aber Mama hat...", begann er, doch Divius packte ihn plötzlich am Kragen und zog ihn herum, sodass er wieder sein eigenes blasses Gesicht im Spiegel sah.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nenn' sie nicht deine Mutter. Ich weiß nicht woher du kaltherziges, kleines Monstrum stammst, aber du bist ganz bestimmt nicht Deneshas Kind. Arron hat mir erzählt was du getan hast. Wie du die Sicherheitsbots abgelenkt hast. Ich weiß nicht wie du das Ganze geplant hattest, aber es ist mir auch egal. Du hast die Sicherheit vieler aufs Spiel gesetzt und dabei ausgerechnet den einzigen Menschen getroffen, der dich vielleicht sogar mochte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Divius ließ ihn los und richtete sich wieder auf. "Ich mache dir ein Angebot. Du kannst hier bleiben, behältst dein Zimmer, dein Taschengeld und was du sonst noch so brauchst. Im Gegenzug hältst du dich von Arron fern. Und du nennst Denesha nie wieder deine Mutter. Das ist ein besseres Angebot als du verdienst, aber ich muss auch an meinen Ruf denken. Es wird wahrscheinlich nicht gut aussehen ein Kind wie dich vor die Tür zu setzen. Aber du kannst dir sicher sein, dass ich riskieren werde, dass man über mich tratscht, wenn du noch einmal meiner Familie zu nahe kommst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus sah nicht zu ihm auf. Seine Hände krallten sich in den engen Stoff seiner Hose, als er versuchte sich die aufkeimende Panik nicht anmerken zu lassen. Was, wenn Divius ihn wirklich hinauswarf? Würde er ihn vielleicht sogar von Elysium werfen? Noch gestern hätte er darüber gelacht, doch nun war er sich über nichts mehr sicher. Er konnte das nicht riskieren! Egal was Divius von ihm verlangte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nun, was sagst du? Haben wir eine Vereinbarung?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus versuchte gar nicht erst einen Ton heraus zu bekommen und nickte nur stumm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er saß noch eine Weile reglos da und starrte auf seine Hände, bevor er sich sicher war, dass Divius gegangen war.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Cletus sah noch immer nicht auf, als er sich seinen Weg durch die Straßen Elysiums bahnte. Es gab ohnehin nicht viel zu sehen. Es war viel später als die normale Zeit, zu der er sich sonst auf den Weg zur Schule machte, und die meisten Elysianer waren bereits mit dem beschäftigt, was sie am liebsten taten. Was für einige tatsächlich in Arbeit bestand, für den Großteil aber eher ein ausgedehnter Besuch in der Fun-Zone oder der Chill-Out-Zone war. Unterwegs waren nur noch ein paar wenige Nachzügler, die es nicht eher aus dem Bett geschafft hatten und Cletus nicht weiter beachteten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Trotzdem hatte er das Gefühl, dass er von allen angestarrt wurde. Dass alle wussten, wie fehl am Platz er war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er bemühte sich den Gedanken hinunterzuschlucken, als er endlich an einem der Aufzüge angelangt war, die die Ebenen Elysiums miteinander verbanden. Meist traf er hier auf mehrere andere Kinder, die sich in den engen Raum drängten. Doch so sehr er dieses Gedränge und Geschubse verabscheute, so war die Stille und Leere an diesem Tag beinahe noch schlimmer. Er atmete tief ein und trat dann durch die aufgleitenden Türen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Normalerweise war es morgens gar nicht nötig dem Aufzug mitzuteilen wohin er wollte, da Ronnys Programmierer zumindest so schlau gewesen waren, dass er erkannte, dass ein Haufen Schulkinder mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Schulebene unter den Habitatebenen wollten. Doch nun, da er allein war, stand er einen Moment zögernd vor den Kontrollen, dann entschied er sich gegen die manuellen Einstellungen und drückte statt dessen auf den Knopf, der die Verkörperung von Elysiums Künstlicher Intelligenz auf den Plan rief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Rrrronnnyyy!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verdrehte die Augen und seufzte. "Hallo Ronny."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hallo, junger Mann. Na, sind wir nicht ein bisschen spät dran für die Schule? Ich hoffe, du bist gesund und munter!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hmm, ja. Du, Ronny, bevor du mich zur Schulebene bringst, wollte ich dich noch etwas fragen. Vor ein paar Tagen gab es doch einen schlimmen Unfall."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh jaaa! Die Techniker haben tagelang meine Sicherheitsroutinen durchgecheckt. Dabei war das völlig überflüssig. Aber wenn es den guten Leuten dann bessergeht, bin ich natürlich gerne bereit, das über mich ergehen zu lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was meinst du mit 'überflüssig'?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh, ich will dich nicht mit so düsteren Themen beunruhigen. Fahren wir einfach los und du kannst den Rest des Tages mit deinen Klassenkameraden spielen und deine Sorgen vergessen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus lehnte sich vor. "Nein, bitte, Ronny. Ich muss das wissen. Was ist passiert?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nun, ein Geländer war defekt und als sich eine Frau dagegen lehnte, gab es nach und sie stürzte auf die Ebene darunter. Ich habe natürlich sofort meine Sanibots hingeschickt, aber es kam jede Hilfe zu spät."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und die Bots waren nicht irgendwo anders eingesetzt und kamen deshalb so spät?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ronny machte eine Bewegung mit einem seiner Blätter, die wie eine wegwerfende Geste aussah, wenn er Hände gehabt hätte. "Ach, das meinst du? Natürlich erinnere ich mich daran, dass du auch meine Bots angefordert hattest, aber ich habe nun wirklich mehr als nur ein paar, die ich losschicken kann. Nein, nein, das eigentliche Problem lag nicht an den Bots, sondern mehr an Mängeln in der Bausubstanz, die stellenweise mit billigerem Material gestreckt wurde, aber das will natürlich kein Inspektor hören. Dann müssten sie ja Zeit und Material investieren und wer hat das schon?" Die Blume kicherte, aber in Cletus' Ohren klang es düsterer als sonst. "Aber mach dir keine Sorgen. Sie haben das Geländer repariert und es wird bestimmt nicht so bald wieder kaputt gehen. Zumindest nicht an der Stelle."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Junge richtete sich wieder auf. Er atmete tief durch und nickte ,als habe er eine tiefgründige Wahrheit verstanden. "Wenn ich Inspektor wäre, würde ich mich nicht mit solchen halben Sachen zufrieden geben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ronny gluckste wieder. "Na, dann sieh mal zu, dass du in die Schule kommst und genug lernst, um das auch durchzusetzen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]
 

* * *

 

[JUSTIFY]Die Schule war ein ziemlich großer Komplex, gerade wenn man bedachte, dass die Anzahl der Menschen auf Elysium keine Zehntausend erreichte. Allerdings war es den Elysianern wichtig die Klassen recht klein zu halten oder im Falle der besonders Einflussreichen ihren Kindern sogar Einzelunterricht zu bieten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In vielen Bereichen sorgten Bots oder auch interaktive Lerncomputer für die Wissensvermittlung, doch gab es auch ein paar Menschen, die es als ihre Berufung ansahen, dem Elysianischen Nachwuchs die nötige Kultur zu vermitteln. Ein Paradebeispiel für letztere Gruppe war Fräulein Melli. Ihr eigentlicher Name war Melusine, doch sie schien der Ansicht, dass das für Kinder viel zu kompliziert war. Anfangs hatte Cletus versucht, ihr das Gegenteil zu beweisen, indem er stets ihren richtigen Namen gebrauchte, doch das hatte dazu geführt, dass sie überhaupt nicht mehr auf ihn reagierte. Schließlich hatte er entnervt aufgegeben und sie war entzückt gewesen, in ihrer Meinung bestärkt worden zu sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus legte das Ohr an die Tür seines Klassenzimmers und seufzte. Kein Zweifel, Fräulein Melli war da und sie sang mit den anderen ein fröhliches Lied über die Gärten Elysiums. Eigentlich mochte er sowohl das Singen - obwohl er es vorzog, sich Lieder über das, was er gerade tat auszudenken - als auch seine Lehrerin, doch gerade heute hatte er auf einen etwas nüchterneren Bot gehofft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er holte tief Luft und trat dann ein. Wie erwartet brach Fräulein Melli sofort das Lied ab, kaum, dass sie ihn sah und alle fünf seiner Klassenkameraden drehten sich zu ihm um. Nun gut. Er hatte den ganzen Weg geübt möglichst gleichgültig dreinzuschauen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Cletus?" Fräulein Melli rückte ihre schmale Brille zurecht, als könne es ein Defekt ihrer Sehhilfe sein, dass er plötzlich in ihrem Klassenzimmer aufgetaucht war. "Was machst du denn hier? Ich dachte heute wäre die Rückführung deiner Mutter?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Glücklicherweise saßen die anderen, was es ein bisschen leichter machte, ihnen einen abschätzigen Blick von oben herab zu zu werfen. "Tja, was soll ich sagen? Ich wollte nicht riskieren, auf das Niveau der anderen abzurutschen, wenn ich noch mehr Zeit verschwendet und Stoff verpasst hätte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er war stolz, dass er den einstudierten Text herausbekommen hatte, ohne dass seine Stimme zitterte. Der Effekt war ebenfalls der gewünschte. Fräulein Mellis Kinnlade klappte herunter und sie sah aus als könne sie sich nur mit Mühe davon zurückhalten, ihn vor die Tür zu setzen. "Dann nimm Platz. Wir wollen weitermachen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Blicke seiner Klassenkameraden, die ihm folgten als er sich an seinem Tisch in der ersten Reihe niederließ, waren so giftig, dass sie wahrscheinlich mit deponianischem Grundwasser mithalten konnten. Wegen seiner Mut-... wegen Denesha würde ihm jedenfalls keiner mehr sein Beileid aussprechen. Das würde es erheblich leichter machen, dem Thema aus dem Weg zu gehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fräulein Melli hatte ihre Fassung wiedererlangt und griff nach den Kontrollen an ihrem Pult. "Nun, nachdem wir 'Strahlendes Elysium' gesungen haben - oder zumindest fast gesungen haben", sie warf Cletus einen weiteren säuerlichen Blick zu, "kommen wir zu einem anderen wundervollen Thema: Utopia. Vielleicht haben eure Eltern schon einmal mit euch darüber gesprochen, was es damit auf sich hat. Ja, Lucia?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Mädchen mit langem schwarzen Haar, das links von Cletus saß, nahm den Arm wieder herunter und antwortete: "Meine Eltern haben gesagt, dass wir in ein paar Jahren nach Utopia reisen. Und, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird bis es da dann so aussieht wie auf Deponia, wenn wir da nicht anders herangehen als unsere Vorfahren."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fräulein Mellis Lippen kräuselten sich. "Nun, Schatz, ich bin mir sicher, dass deine Eltern das nicht so düster gemeint haben, wie es vielleicht für dich geklungen hat. Immerhin werden wir auf Utopia die Chance haben, noch einmal ganz von vorn anzufangen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Stimmt es, dass wir Deponia sprengen und dann auf der Detonationswelle durchs All bis Utopia reisen? Das ist soo cool!", kam es von hinter Cletus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, Ennio, das ist richtig. Allerdings ist es ein gewaltiges Projekt und die Vorbereitungen werden noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia meldete sich wieder, wartete aber dieses Mal nicht ab bis sie aufgerufen wurde. "Was ist denn mit den Deponianern?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich fürchte, die Zustände auf unserem Heimatplaneten sind inzwischen so lebensfeindlich, dass es dort niemanden mehr gibt", antwortete Fräulein Melli mit betont bekümmertem Gesicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verschränkte die Arme. "Ansonsten haben sie ja noch ein paar Jahre zum Verrecken."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das brachte ihm einen erneuten giftigen Blick seiner Lehrerin und einen erschrockenen von Lucia ein. Er rollte die Augen. "Was denn? So widerlich wie das da unten ist, sind solche Überlebenden wahrscheinlich eher froh, wenn die Sprengung kommt. Ein schnelles Ende ist ja wohl besser als jahrelanges Siechtum."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fräulein Melli räusperte sich. "Nun, wie dem auch sei, unser eigentliches Thema war ja doch eher Utopia. Ich habe hier ein paar Bilder davon wie sich ein Künstler das Leben dort vorgestellt hat." Sie drückte einen Knopf und an die Wand hinter ihr wurde von einem Projektor das Bild einer wunderschönen, blühenden Landschaft geworfen. "Außerdem möchte ich mit euch das Lied 'Wo die Wiesen sind grün' einstudieren. Ich lade es euch auf die Minidatasetten und dann singe ich es euch vor, während ihr die Bilder auf euch wirken lasst. Ich erwarte, dass ihr den Text bis nächste Woche könnt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie hüstelte ein wenig, dann startete ein weiterer Knopfdruck ihre Begleitmusik und sie begann zu singen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]
 

Wo die Wiesen sind grün

ja, da zieht es uns hin

nach Utopia, nach Utooopiiiaaa

 

[JUSTIFY]Cletus stützte das Kinn auf die Hand und betrachtete das Landschaftsbild. Er war nicht allzu beeindruckt. Zwar gab es auf Elysium mehrere Gärten, doch es hatte ihn nie sonderlich dorthin gezogen. Er konnte sich interessantere Dinge für seine Freizeit vorstellen.[/JUSTIFY]
 

 

Dort sind Himmel noch blau

ja, ich weiß es genau

in Utopia, in Utooopiiiaaa

 

[JUSTIFY]Das Bild wechselte zu einer Gruppe junger Leute in sehr knappen Outfits, die im Schatten einiger Bäume auf Liegen herumgammelten und Cocktails tranken. Cletus fragte sich, ob sich Fräulein Melli wirklich alle Bilder vorher angesehen hatte und ob die Vorführung überhaupt für Zehnjährige gedacht war.[/JUSTIFY]
 

 

Rote Blumen sind dort

ja, genau, an dem Ort

auf Utopia, auf Utooopiiiaaa

 

[JUSTIFY]Nun war eben diese Gruppe zu sehen wie sie mit Frisbees spielten und verzweifelt so aussahen, als hätten sie wahnsinnig viel Spaß. Cletus fragte sich ob dem Künstler wohl bewusst war, dass man all diese Sachen genauso gut schon jetzt auf Elysium machen konnte. Seine Vorfreude steigerte das Ganze jedenfalls nicht sonderlich.[/JUSTIFY]
 

 

Und so finden wir Glück

wollen nie mehr zurück

 

Wenn wir endlich sind da

denn die Zeit ist so nah

 

[JUSTIFY]Fräulein Melli schien mit jeder Strophe enthusiastischer zu werden. Auch seine Klassenkameraden ließen sich langsam von der Stimmung anstecken und Cletus entschloss sich, die Mühe wenigstens mit einem Lächeln zu quittieren. Innerlich fragte er sich jedoch, ob das wirklich alles war, was er in seinem Leben als großen Höhepunkt erwarten konnte.[/JUSTIFY]
 

 

Utopia, Utopia, Utooopiiiaaa

 

[JUSTIFY]Er hatte sich noch nie so leer gefühlt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"Ich weiß schon was ich schreibe", tönte Ennio, als sie nach Schulschluss zu den Aufzügen zurückschlenderten. Fräulein Melli hatte ihnen aufgetragen, über ihr zukünftiges Leben auf Utopia und ihre Pläne was sie dort alles machen wollten, zu schreiben. "Ich werde ein richtig großes Haus haben, viel größer als unser Apartment hier. Und für jeden Raum will ich einen eigenen Hausbot."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus warf ihm einen Blick zu und hob eine Augenbraue. "Wenn du dafür überhaupt die Ressourcen hast."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Na, so ein bisschen Standard muss ja wohl sein. Zur Not gehen ja auch Klone, aber ich bin doch eher froh, dass die jetzt wieder weg sind. Die Hausbots reden nicht ungefragt mit einem."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia drückte ihre Tasche eng an sich und sah schon wieder erschrocken aus. "Das habe ich ja heute morgen gar nicht gemerkt: Die Klone sind alle wieder weg und die Hausbots wieder im Dienst. Ich wollte den Dienstbotenklon, der bei uns im Haus war eigentlich noch danach fragen, bis wann er denn bleibt und wo er dann hingeht, wenn die Überprüfung abgeschlossen ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie waren an den Aufzügen angelangt und teilten sich auf, je nachdem in welchem Bereich der Habitatebenen ihre Wohnungen lagen. Cletus wohnte nicht weit weg von Ennio und Lucia, sodass sich die drei einen Aufzug mit zwei weiteren, älteren Kindern teilten. Er hätte es vorgezogen seine Ruhe zu haben, doch Ennio sah anscheinend keinen Grund ihre Unterhaltung zu unterbrechen oder gar zu verschieben. "Ach, Lucia, die Klone gehen nirgendwohin. Das wäre doch totale Verschwendung, wenn sie gerade gar nicht gebraucht werden. Die werden wieder in ihre Bestandteile zerlegt, damit man beim nächsten Mal alle Komponenten gleich da hat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia wurde blass. "Du meinst, die kriegen eine Rückführung?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nein, keine Zeremonie. Aber sonst ist es schon so ähnlich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nur, dass die Klone noch gelebt haben, dachte Cletus bei sich. Er behielt den Gedanken für sich, doch als sie an ihrem Ziel den Aufzug verließen, sah er in Lucias Augen Tränen stehen und vermutete, dass sie von sich aus auf dasselbe Ergebnis gekommen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ennio verabschiedete sich und Cletus ging ein Stück des Weges mit Lucia zusammen. Es war zu ärgerlich, dass sie nun doch wieder auf das Thema Rückführung gekommen waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was, wenn sie etwas sagte? Wie sollte er reagieren?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da. Sie waren angekommen. Jetzt musste er sich nur noch schnell verabschieden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du, Cletus, ich wollte dir nur sagen..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verdammt![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Mann, Lucia, mach nicht so ein Drama draus", schnappte er hastig. "Es sind halt nur Klone, keine richtigen Menschen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie sah perplex aus und er war sich recht sicher, dass dies nicht war, was sie gemeint hatte. Aber hoffentlich hatte es ihm genug Zeit verschafft, um sich aus dem Staub zu machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Allerdings fing sie sich schneller als er erwartet hatte. Sie machte einen raschen Schritt auf ihn zu, schlang die Arme um seine schmalen Schultern und drückte ihn kurz fest an sich. Dann hauchte sie ein "Es tut mir so leid." in sein Ohr, ließ ihn los und eilte davon, ohne ihn noch einmal anzusehen.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Dunkelheit hatte sich über Elysium gesenkt. Deponia hatte sich gedreht und Elysium an dem Hauptkabel mit sich gezogen, bis der Planet wie ein riesiger, schmutziger Schild zwischen der Raumstation und der wärmenden Sonne stand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus saß auf seinem Bett und betrachtete sein Reich. Von dem weichen Teppich, über die verschnörkelten Möbel und das Regal mit seiner Sammlung von Lexika bis zu den gut sortierten Kisten mit Spielzeug, war alles so, wie er es mochte. Er gehörte hier einfach hin und der Gedanke irgendetwas davon aufgeben zu müssen, tat ihm beinahe körperlich weh.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch immer waren Divius und Arron nicht zurück, doch wenn es nach ihm ging, konnte das auch noch eine Weile so bleiben. Er kam recht gut allein zurecht, vor allem da der Hausbot sich um Essen und Aufräumen gekümmert hatte. Nur eines vermisste er... Abwesend strich er sich über die Haare.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In diesem Moment hörte er gedämpftes Geklapper aus dem Eingangsbereich und wusste, dass seine Galgenfrist vorüber war. Er seufzte und löschte das Licht, doch bevor er sich hinlegen konnte, glitt die Tür zu seinem Zimmer auf. Der Lichtkegel, der vom Flur hereinströmte, fiel auf seinen Rücken, doch er machte keine Anstalten sich zu seinem Besucher umzudrehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er spürte wie eine kleine Gestalt neben ihm aufs Bett krabbelte und hoffte, dass sich Arron wenigstens vorher die Schuhe ausgezogen hatte und er später keine Krümel auf den Laken fand. Arron legte ihm die Hand auf die Schulter, aber noch immer konnte er es nicht über sich bringen, ihn anzusehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du hast mir gefehlt, Cletus." Arron schniefte und brauchte einen Moment, bevor er weitersprechen konnte. "Es war... Mama hätte gewollt... Es war blöd ohne dich. Papa hat gesagt, dass du nicht mitkommen wolltest, aber ich weiß nicht warum. Du hattest sie doch auch lieb."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus fühlte sich als ob ihm etwas den Hals zuschnürte. War das ein Test? Er versuchte sich auf sein Zimmer zu konzentrieren, an all die Dinge, die ihm so viel bedeuteten, doch er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme ein bisschen zitterte, als er antwortete: "Sie war deine Mutter, nicht meine."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wagte es nicht den Kopf zu drehen, wollte Arrons Gesichtsausdruck auch gar nicht sehen. Er spürte nur, wie die warme Hand von seinem Arm glitt, wie das Gewicht von seinem Bett verschwand und hörte Arrons Schritte als dieser wortlos das Zimmer verließ. Als die Tür mit leisem Zischen zu glitt, war ihm, als höre er Divius flüstern: "Gut so." Aber er war sich nicht sicher, ob er sich das nur eingebildet hatte.[/JUSTIFY]


 

Kapitel 3

 

[JUSTIFY]"Das kann doch nicht dein Ernst sein!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hielt mit dem Löffel voller Frühstücksmüsli auf halbem Weg zum Mund inne. Normalerweise war es kein gutes Zeichen, wenn Divius so aufgebracht klang. Doch heute war allem Anschein nach nicht Cletus derjenige, der seinen Zorn erregt hatte, denn in der Küche war noch nichts von seinem Adoptivvater zu sehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Außerdem hatte Cletus entschieden, sich nicht mehr so einschüchtern zu lassen. Immerhin war er inzwischen 16 Jahre alt und würde zur Not auch zurechtkommen, falls Divius wirklich eines Tages seine Drohung wahrmachte und ihn hinauswarf. Aber das würde er ja hoffentlich nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schob den Löffel in den Mund und versuchte möglichst selbstbewusst auszusehen, was beim Kauen bedeutend schwieriger war, als er sich gedacht hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun drang auch Arrons Stimme aus dem Wohnzimmer zu ihm herüber. "Ich verstehe wirklich nicht, warum das so ein Problem ist. Ich wollte doch noch nie auf diese furchtbaren Empfänge mit."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber das ist etwas besonderes!", kam Divius Antwort. Cletus stützte das Kinn auf seine Hand und lauschte noch aufmerksamer. "Immerhin wird man nicht alle Tage von Oberkontrollrat Ulysses höchstpersönlich eingeladen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob die Augenbrauen. Das waren ja ganz neue Töne. Sonst war Divius bei der bloßen Erwähnung dieses Mannes unwirsch geworden und hatte Cletus finstere Blicke zugeworfen, als gäbe er ihm die Schuld an Ulysses Existenz. Und nun wollte er sogar einer Einladung von ihm folgen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Mann, Papa, du weißt doch, dass ich mit dem Typ überhaupt nichts anfangen kann. Dieser ganze Militarismus ist mir einfach unsympathisch. Wie er immer betont, dass ihm der Organon untersteht und dass er alles dafür tut, dass der Zeitplan bis zur Sprengung Deponias eingehalten wird. Als könnte er es gar nicht abwarten." Arron begann ungewohnt genervt zu klingen. Dabei brachte ihn doch sonst nicht viel aus der Ruhe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Es geht doch nicht um Sympathie. Es geht um Verbindungen, darum, Kontakte zu knüpfen, die dir später einmal helfen können."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Damit der Ältestenrat sich irgendwann auch mal einen ganz neuen Titel für mich ausdenkt? Na, vielen Dank. Oder gab es vor Ulysses schon mal einen 'Oberkontrollrat'?", hörte er Arron erwidern. Cletus verdrehte die Augen. Arron hatte einfach keinen Sinn für Klasse. Nicht, dass er selbst ein großer Freund des höchstrangigsten militärischen Befehlshabers Elysiums war. Er hatte, soweit er sich zurückerinnern konnte, noch nie etwas mit ihm zu tun gehabt, aber nicht einmal ein bisschen Respekt vor der Stellung Ulysses aufzubringen, erschien ihm als eine große Dummheit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und du meinst deine Zeit in der Fun Zone zu verplempern ist eine bessere Idee? Arron, du bist doch nicht dumm. Du bist ein hervorragender Schüler und du könntest sogar noch besser sein, wenn du nur ein bisschen mehr Ehrgeiz hättest."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verflixt, Cletus hasste es, wenn er einer Meinung mit Divius war. Naja, auch der musste wohl ab und zu mal ins Schwarze treffen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Außerdem", fuhr Divius fort, "wärst du auch gar nicht das einzige Kind dort. Der Oberkontrollrat hat doch eine Tochter in deinem Alter."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, ich weiß. Goal. Mann, sogar ihr Name zeigt, wie besessen ihr Vater ist. Er hat sie nämlich danach benannt, dass wir unbedingt das Ziel erreichen müssen. Er hätte sie wahrscheinlich Utopia genannt, aber auf dem Namen liegt bestimmt ein Copyright."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Woher willst du das wissen?", kam Divius Stimme.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach, Papa, wir gehen in die gleiche Schule. Zwar nicht in dieselbe Klasse, weil ihr Vater will, dass sie Einzelunterricht bekommt, aber ihre beste Freundin Tallis ist in meiner Klasse. Und in der Pause hocken die beiden ständig zusammen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dann kennt ihr euch doch schon. Großartig. Ihr habt ja auch eine Menge gemeinsam. Goal hat auch ihre Mutter verloren und wird bestimmt gut verstehen können wie du dich fühlst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron machte ein Geräusch, das wie ein Schnauben klang. "Ihre Mutter ist schon bei ihrer Geburt gestorben. Dabei ging wohl irgendwas schief und Goal hätte es beinahe auch erwischt. Seitdem hat sie auch ein Hirnimplantat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hielt einen Moment inne. Er kannte das Mädchen vom Sehen, hatte aber noch nie näher über sie nachgedacht, außer dass es dem Oberkontrollrat wahrscheinlich peinlich war, so einen Wildfang als Tochter zu haben. Außerdem war sie schrecklich lang und dünn, womit sie bestimmt zu Arron, dieser Bohnenstange, passte. Aber interessant war es trotzdem sich über die Elite Elysiums zu informieren. Wenn er nur an Arrons Stelle wäre, er würde diese Einladung ganz sicher mehr zu schätzen wissen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich wette ihr würdet euch gut verstehen", versuchte Divius es wieder. "Wenn du dir nur ein bisschen Mühe gibst, kannst du sie bestimmt..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Jetzt hör schon auf!", unterbrach Arron ihn gereizt. "Dir geht es doch nur um dein eigenes Ansehen, das darunter leidet wenn ich nicht der Vorzeigesohn bin, den du dir vorgestellt hast. Ich sehe einfach keinen Sinn darin, bei diesem Geschacher um Stellung und was weiß ich mitzumachen. Wir haben doch eigentlich genug. Mehr als das sogar. Aber dir reicht es nie."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hörte, wie sich wütende Schritte der Küche näherten, dann stand Arron auch schon in der Tür. Meist achtete Cletus darauf, seinem Blick auszuweichen, aber heute würde Arron ohnehin nicht in der Stimmung sein, ein freundliches Gespräch anzufangen. Also versuchte er erst gar nicht zu verbergen, dass er das ganze Gespräch mitangehört hatte und grinste seinen Adoptivbruder halb herausfordernd an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der verdrehte nur die Augen und meinte dann an Divius gerichtet, der ihm gefolgt war: "Nimm doch Cletus mit. Dem macht das Getue bestimmt Spaß."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Divius warf ihm einen finsteren Blick zu. "Du bist noch hier?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als wüsste er nicht, dass Cletus immer um diese Zeit frühstückte. Auch wenn er sich bemühte früher als Arron aus dem Haus zu kommen, um nicht zusammen mit ihm zur Schule zu gehen, konnte Divius ja wohl nicht erwarten, dass er nie auf ihn traf. Wahrscheinlich hatte er über den Streit mit seinem Sohn einfach nicht mehr an Cletus gedacht. Aber das war nun wirklich nicht seine Schuld.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schob die Unterlippe vor und murmelte: "Als ob ich nicht immer pünktlich in der Schule wäre."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Divius ließ sich auf einem der, mit Verschnörkelungen verzierten, Stühle nieder. Er betrachtete Cletus so durchdringend, dass der nicht wagte, sein Frühstück weiter anzurühren. "Du meinst wohl auch, ich sollte dich mitnehmen.", sagte er schließlich in abfälligem Tonfall. "Pah. So wie du rumläufst, müsste ich verrückt sein, mich mit dir blicken zu lassen. Du kannst dich ja nicht einmal dazu durchringen, dir einen ordentlichen Haarschnitt machen zu lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bevor er sich bremsen konnte, wanderte Cletus Hand ertappt zu dem Zopf, der ihm über die Schulter hing. Es war im Grunde so gar nicht seine Art, sich entgegen der neuesten Mode zu stylen, aber...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Elend hatte vor etwa drei Jahren schleichend begonnen. Er hatte es nicht sofort bemerkt, aber mit Einsetzen der Pubertät, war das satte Grün seiner Haare nach und nach einem schlichten Braun gewichen. Am Anfang hatte er das ganze noch auf schlechtes Licht oder die falschen Pflegeprodukte geschoben, doch nach einer Weile konnte er den Farbwechsel nicht mehr ignorieren. Aber sich damit abzufinden und die grünen Haarspitzen einfach abzuschneiden, hatte er nicht über sich bringen können. Immerhin waren seine Haare die letzte Verbindung zu seiner M--[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schob den Gedanken im letzten Moment von sich, aber er fühlte sich, als habe Divius ihn sofort durchschaut. Betreten senkte er den Blick, auch wenn er im Grunde wütend darauf war, wie leicht seine inzwischen geübte gleichgültige Fassade wieder Risse bekommen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Divius erhob sich mit einem Schnauben. Cletus sah ihm nicht nach. Was hatte er auch erwartet? Immerhin hatte er bis jetzt noch jedes Mal sein Fett weg bekommen, wenn Divius ärgerlich war.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"Cletus! Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er blinzelte und bemerkte wie Lucia ihn wütend anstarrte. "Natürlich höre ich zu. Ich dachte nur, du hättest noch nicht fertig gesprochen und ich wollte dir auf keinen Fall ins Wort fallen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das war natürlich gelogen. Er fiel anderen wirklich gern ins Wort, schon, weil die meistens nichts sonderlich Interessantes von sich gaben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zugehört hatte er ihr auch nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia zog die Nase kraus, aber so ungehalten sah sie nun nicht mehr aus. Mit einem Seufzen lehnte sie sich auf ihrem Stuhl zurück und griff wieder nach ihrem Becher Soyoccino. Sie nippte an dem Getränk aus hauptsächlich Soya, das trotz des Mangels an Kaffee ganz passabel schmeckte, und starrte ihn nachdenklich über den Rand hinweg an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus mochte es wie ihre dunklen Augen glitzerten wenn sie ihn so ansah. Es war jetzt fast zwei Jahre her, dass aus seiner Schulkollegin seine Freundin geworden war. Sie hatte es mit ihm natürlich sehr gut getroffen, aber er musste auch zugeben, dass Lucia ebenfalls ihre Vorzüge hatte. Ihre schwarzen Haare waren zu einem dicken Zopf geflochten, was ihr recht gut stand, auch wenn er es vorzog, wenn sie die Haare offen trug. Wenn sie nur nicht so viel von Dingen reden würde, die ihm nichts bedeuteten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich mache mir nur solche Sorgen. Es ging meiner Oma heute morgen wieder schlechter und..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Oh nein, sie fing schon wieder an. Was interessierte es ihn, was mit jemandem passierte, den er gar nicht kannte? Mehr als einmal flüchtig hatte er die alte Dame nicht gesehen, aber so unaufhörlich wie Lucia ihn über die mangelnde Gesundheit ihrer Großmutter zu unterrichten versuchte, schien sie zu glauben, dass ihn das ganze irgendwie kümmern musste. Er überlegte fieberhaft wie er das Gespräch wieder in andere Bahnen lenken konnte, ohne dass sie erneut wütend auf ihn wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Komm, ich kaufe dir noch einen Soyoccino."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie seufzte tief, doch jetzt lag wieder der Hauch eines Lächelns auf ihren Lippen. "Ach Cletus, das ist süß von dir. Aber eigentlich sind wir doch wegen unseres Schulprojekts hier. Da können wir ja nicht den ganzen Nachmittag im Café sitzen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er grinste schief. "Es gibt genug in unserer Klasse, die das so machen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, aber du kannst mir nicht erzählen, dass du dich zufrieden damit geben würdest. Du kannst es doch nicht ertragen, der Zweitbeste zu sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter. Sie kannte ihn wirklich gut. "Ich habe eben vor, in meinem Leben noch was zu erreichen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie trank den letzten Schluck und setzte den Becher wieder ab. Glücklicherweise hatte dieses Café wie die meisten auf Elysium eine Zahlautomatik in den Tischen, die die Gäste erfasste und das Geld für Speisen und Getränke von ihrem Konto abzog, sodass er nicht erst auf eine Bedienung warten musste, um zu zahlen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie erhoben sich und schlenderten zum Streichelzoo, wo es sich mehrere Elysianer verschiedensten Alters gemütlich gemacht hatten und ein - meist pelziges - Tier ihrer Wahl liebkosten. Cletus kämpfte gegen den Drang die Augen zu verdrehen und spielte gedankenverloren mit seinem Pferdeschwanz. "Warum musstest du eigentlich ausgerechnet, dieses Thema für uns aussuchen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia hatte bereits einen Platz an der Theke angesteuert, wo man das Tier, das man gern streicheln würde, bestellen konnte. Doch statt die Kontrollen zu bedienen, holte sie ihr Schreibzeug hervor und klopfte auffordernd auf den leeren Platz neben ihr. "Du hast gesagt, es wäre dir egal und du würdest mit jedem Thema zurechtkommen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seufzend setzte sich Cletus zu ihr und bereitete seine eigenen Unterlagen vor. "Und deshalb nimmst du das Thema, das dir am meisten liegt? Ich dachte, du überlegst dir etwas, das uns beide interessiert."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Mir war nicht klar, dass du ein Problem damit hast, dass Elysium eine Datenbank mit den genetischen Profilen bedrohter Tierarten hat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Bedroht? Ausgestorbene Tierarten meinst du wohl. Und mein Problem ist weniger die Datenbank, als dass sowieso nur die ach-so-niedlichen-Tiere aufgerufen werden und möglichst zahm geklont werden um für die ganzen Weicheier hier ein bisschen Unterhaltung zu haben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hast du Angst, dass dein Image als ganzer Kerl darunter leidet, wenn dich jemand mit einem kuscheligen Tier sieht?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hob eine Augenbraue. "Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht wie sehr ich die Farbe pink mag und du denkst, dass ich mir Sorgen um mein Image mache?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia schnaubte. "Du machst dir immer Sorgen um dein Image. Ich habe dich auch noch nie mit etwas pinkem gesehen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Vielleicht trage ich es nicht offen - Es passt nicht so recht zur neuesten Mode. - Aber wenn du wüsstest, was ich hier drunter anhabe..." Er wackelte vielsagend mit den Augenbrauen, doch Lucia schien zu sehr mit den Anzeigen beschäftigt, um darauf zu reagieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was für ein Tier würdest du dir denn aussuchen, das nichts für 'die ganzen Weicheier hier' wäre? Einen Drachen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er war sich nicht sicher ob sie sarkastisch gewesen war, aber er beschloss den Vorschlag ruhig erst einmal ernst zu nehmen. "Mal von dem Platzproblem abgesehen, wäre das zumindest mal was anderes. Wenn man die genetischen Daten von mehreren Spezies kombiniert, wäre es bestimmt auch im Bereich des möglichen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia hob eine Augenbraue. "Das ist doch wohl nicht dein Ernst, oder?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus machte eine wegwerfende Handbewegung. "Wie gesagt, wäre es wohl schon vom Platz her etwas ungünstig. Aber es gibt ja auch kleinere Tiere, die dem vielleicht nahe kommen. Ein Waran zum Beispiel. Da gibt es wirklich gefährliche Exemplare, die würden schon was hermachen. Die würden hier zwischen den kleinen, nutzlosen Fellknäueln richtig aufräumen. Mit messerscharfen Zähnen und giftigen..." Er bemerkte Lucias entsetztes Gesicht und verstummte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als habe er etwas interessantes in der Liste der Tiere, die der Streichelzoo zum kombinieren und klonen anbot, entdeckt, begann er hastig ein paar Notizen aufzuschreiben. Einen Moment später erwischte er sich dabei, dass er in der Hektik die linke Hand benutzt hatte, anstatt wie Fräulein Melli es ihm eingeschärft hatte "die gute Hand". Er wechselte den Stift in die rechte Hand, als Lucia ihm plötzlich die ihre warm auf den Arm legte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Weißt du, Cletus, ich kann dich wirklich gut leiden. Aber manchmal verstehe ich einfach nicht, was da in dir vor sich geht. Und das tut mir leid, aber manchmal machst du mir Angst." Sie seufzte. "Ich glaube nicht, dass du das mit Absicht machst und ich denke, wenn wir uns einfach noch ein bisschen besser kennen würden, würde mir das vielleicht nicht mehr passieren. Aber du ziehst dich immer wieder vor mir zurück und willst auch nicht zu mir nach Hause kommen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schob die Unterlippe vor. "Ich glaube nicht, dass deine Eltern besonders wild darauf wären, mich öfter zu sehen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gut, beim letzten Mal lief es nicht so richtig zwischen euch. Warum musstest du auch so loslachen, als mein Vater einen Toast auf die armen Deponianer ausgesprochen hat?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich kann so was einfach nicht ernst nehmen. Wenn ihnen diese Schrottplatzbewohner so am Herzen liegen, warum sind sie nicht auf dem Planeten geblieben und haben ihre Plätze auf Elysium an zwei Deponianer abgetreten? Es ist ja nicht so, als ob sie auf Elysium geboren wären wie wir."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia machte ein genervtes Geräusch. "Sie waren doch selbst noch halbe Kinder als sie evakuiert wurden." Sie rutschte näher an ihn heran und fügte mit einem schiefen Lächeln hinzu: "Außerdem hättest du keine Freundin, wenn sie das getan hätten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er erwiderte ihr Grinsen und legte ihr den Arm um die Taille. "Das ist doch mal ein gutes Argument.", sagte er und küsste sie.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch schon nach einem Moment schob sie ihn zurück und flüsterte aufgeregt in sein Ohr: "Hast du den Ältesten gesehen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er versuchte sich nicht all zu offensichtlich umzudrehen, doch als er ihn nicht schnell genug entdeckte, hatte seine Neugier bald die Oberhand. Dann erspähte er etwas abseits einen rundlichen, älteren Mann mit tiefschwarzer Haut und einem weißen Bart. "Ist das Ältester Deux?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia nickte und lächelte. "Er ist mit meinen Eltern befreundet und sehr nett. Aber du klingst als würdest du ihn gar nicht kennen. Ich dachte er wäre entfernte Verwandtschaft von deiner Mutter."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus presste die Lippen ärgerlich zusammen. Er wusste, dass Deux ein Großonkel Deneshas gewesen war, aber sehr zum Leidwesen von Divius hatte sie sich nie etwas aus Politik gemacht und kaum Kontakt zu ihrem berühmten Verwandten gehabt. Er hatte gehört, dass der Älteste auf Deneshas Rückführung anwesend gewesen war, aber... Nun ja.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich kenne ihn flüchtig.", sagte er ausweichend.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Er hat erzählt, dass er seit dem Tod deiner Mutter beinahe einmal im Monat mit deinem Vater essen geht. Nimmt er dich und deinen Bruder da nie mit?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Warum musste sie nur immer wieder auf seine Familie zu sprechen kommen? Er war dem Thema bis jetzt meist erfolgreich aus dem Weg gegangen, aber langsam gingen ihm die Ausreden aus. Und er wäre lieber gestorben als sich bei Lucia auszuheulen. So verzweifelt war er nun doch noch nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Er meint, solange ich so rumlaufe, würde er mich nie zu offiziellen Anlässen mitnehmen.", antwortete er schließlich mit einer Geste zu seinem Zopf hin, stolz, dass ihm doch noch etwas eingefallen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia runzelte die Stirn. "Ich habe mich ehrlich gesagt, auch schon gefragt, warum du dir nicht endlich die Haare schneiden lässt. Du bist doch sonst so modebewusst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und die nächste unangenehme Frage. Langsam wünschte er sich sie würde wieder von ihrer im Sterben liegenden Großmutter erzählen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nostalgie?", schlug er vor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie sah ihn lange mit ihren durchdringenden, dunklen Augen an. "Ist es weil du noch grüne Haare hattest als deine Mutter gestorben ist? Und es dich an sie erinnert?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wich ihrem Blick aus. Wer weiß, vielleicht konnte sie Gedanken lesen. "Kann sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Möchtest du darüber reden?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schüttelte schon den Kopf bevor sie die Frage auch nur vollendet hatte. "Ach, Lucia, das ist doch albern. Es sind ja nur Haare."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Würde es dir helfen, wenn ich mit zum Friseur komme?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wollte sie gleichzeitig an sich drücken und wegstoßen. Musste sie ihn immer so durcheinander bringen? Er strengte sich an, dass sein Gesicht einen wohlgeübten Ausdruck gelangweilter Gleichgültigkeit zeigte, bevor er sich an eine Antwort traute. "Wenn du dann unbedingt meine neue Frisur bewundern willst, komm von mir aus mit."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie grinste wieder. "Na dann los."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Beinahe wären ihm seine Züge wieder entglitten. "Was denn? Jetzt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Na klar. Dann hast du es hinter dir."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da hatte er nun den Salat.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"Ich finde, es sieht gar nicht so schlecht aus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus warf Lucia einen Seitenblick zu. Natürlich sah es nicht schlecht aus. Immerhin war sein Gesicht darunter. Aber... "Es ist einfach ein bisschen ungewohnt.", antwortete er schließlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Friseur, ein Elysianer, der sich die eigenen Haare dunkelblau und silbern gefärbt hatte, und sichtlich enttäuscht war, als Cletus all seine extravaganteren Vorschläge ablehnte, betrachtete ihn immer noch eingehend. Anscheinend hatte er den Drang noch nicht aufgegeben, seine künstlerischen Ambitionen etwas mehr zu befriedigen, aber Cletus fand, dass das dem Gedanken eines unauffälligeren Haarschnittes zuwider lief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vorn hatte ihm der Mann einen Pony geschnitten und die Haare dann etwas eingedreht, so dass sie nicht fransig in seine Stirn fielen sondern sein Gesicht eher wie Wellen einrahmten. Hinten waren seine Haare allerdings noch mindestens kinnlang und er war sich nicht sicher ob das viele Haarspray und Pomade ausreichen würden, sie an Ort und Stelle zu halten. Zwar gab es auf Elysium keinen Wind, aber er war auch nicht wild darauf bei jeder heftigeren Kopfbewegung darauf achten zu müssen, ob seine Frisur noch saß.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als habe er seine Gedanken erraten griff der Friseur noch einmal in eine Kiste und zog ein breites Haarband in dem auf Elysium so populären mintgrün hervor. Cletus' Augen weiteten sich. Mit so einem Band hatte auch Denesha ihre Lockenpracht aus dem Gesicht gehalten, aber die Dinger waren bei Elysianern aller Geschlechter weit genug verbreitet, um nicht besonders aufzufallen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ohne um Erlaubnis zu bitten, befestigte der Friseur das Band mittels eines Clips unter den Haaren hinter Cletus' rechtem Ohr und zog es dann über seinen Hinterkopf, um das andere Ende hinter dem linken Ohr festzustecken. Dann nickte er, zufrieden mit sich selbst und mit einer Miene, die keinen Widerspruch duldete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus lächelte. als er den grünen Akzent in seinen braunen Haaren betrachtete. "Ja, ich denke, so kann es bleiben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er erhob sich und betätigte einen Knopf an der Empfangstheke des Salons, womit er seine Identität bestätigte und die Abbuchung von seinem Konto autorisierte. Er nickte dem Friseur zu, der sich jedoch bereits auf einen neuen Kunden gestürzt hatte und sein nächstes Projekt plante. Also legte er den Arm um Lucias Schultern und wandte sich zum Gehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Seit wann habt ihr denn Klone hier im Salon?", ertönte eine, ihm bekannt vorkommende Stimme von hinten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus drehte sich verwundert um und erkannte Ennio, einen weiteren Klassenkameraden. "Ennio? Wovon redest du?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der andere junge Mann kam näher, sein Gesicht ebenso verwirrt wie Cletus', und starrte ihn prüfend an. "Cletus? Mann, dich habe ich ja kaum erkannt. Ich dachte für einen Moment, du wärst ein Klon, sorry. Was hast du mit deinen Haaren gemacht?", brach es aus ihm hervor und er lachte verlegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verdrehte genervt die Augen. "Du brauchst wohl echt neue Augen. Oder mit dem Körperteil hinter deinen Augen stimmt was nicht. Außerdem sind meine Haare schon eine ganze Weile braun, sie sind jetzt nur kürzer."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ennio lachte unbeirrt weiter. "Ach, Mann, versteh mich nicht falsch, aber ich guck dich sonst nicht allzu gründlich an. Bei Lucia wär' das ja was anderes." Er grinste vielsagend und stieß Cletus in die Seite.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia sah wie sich sein Gesicht weiter verfinsterte und hakte sich kurzerhand bei ihm unter. "Also dann, wollen wir, Cletus? Bis Morgen, Ennio, war nett dich zu treffen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er ließ sich von Lucia aus dem Salon bugsieren und schlenderte mit ihr nach Hause.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Je näher sie ihrem eigenen Apartment kam, desto stiller und in sich gekehrter wurde Lucia. Cletus war das ganz recht, da ihm ohnehin nicht nach Smalltalk war. Er verabschiedete sich mit einem Kuss auf ihre Wange und machte sich weiter auf den Weg. Doch als er ein gutes Stück weitergegangen war, bemerkte er, dass sie noch immer nicht hineingegangen war, und etwas verloren auf der Straße stand. Er entschied, dass das ihre Sache war und vermied es noch einmal zurück zu sehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Glücklicherweise waren weder Arron noch Divius zu sehen, als er in die Wohnung huschte und den Hausbot anwies ihm das Abendessen ins Zimmer zu bringen. Er musste erst selbst mit seinem neuen Aussehen warm werden, bevor er Divius damit unter die Augen treten konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In seinem Zimmer packte er alle Notizen und Unterlagen für das Schulprojekt auf seinen Schreibtisch und setzte sich dann an seinen Frisierspiegel. Er betrachtete sein Gesicht, die schmalen, bleichen Züge von denen das Weiche seiner Kindheit größtenteils gewichen war, die lange gerade Nase, die dichten, dunklen Augenbrauen, die vom gleichen Braun waren wie seine Haare. Und er versuchte sich daran zu erinnern wie der Klon ausgesehen hatte, den er vor Jahren in seinem Zimmer getroffen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem Schnauben schob er den Gedanken wieder von sich. Ennio war ein Idiot, das war alles. Und eines Tages würde er, Cletus, sich so einen Namen machen, dass ihn niemand je wieder unterschätzen würde.[/JUSTIFY]

Kapitel 4

 
 

Cletus starrte auf seine Schuhe. Sie waren von strahlendem Weiß, ohne einen Kratzer oder gar Schmutz. Und aus dieser Perspektive konnte man auch kaum sehen wie dick seine Sohlen waren, um seiner Größe wenigstens ein paar Zentimeter hinzu zu mogeln.

Aber letztlich waren seine Schuhe einfach nicht interessant genug um seine Aufmerksamkeit für mehr als ein paar Minuten zu rechtfertigen. Er war sich nicht sicher wie lange er nun in Sichtweite der Tür zu dem Apartment, in dem Lucia mit ihrer Familie lebte, gestanden hatte, aber ihm gingen inzwischen die Alternativen aus, zu ihrem Fenster hochzusehen.

Sie war heute nicht in der Schule gewesen.

Sie hatten gerade bei einem der Infobots eine Wiederholung des Stoffs über Programmierung durchgenommen, als Fräulein Melli hereinkam und mit tränenerstickter Stimme erzählt hatte, dass Lucias Großmutter verstorben war. Gestern. Während Lucia mit ihm in der Chill-Out-Zone war.

Cletus fingerte an den weißen Handschuhen herum, die er seit ein paar Monaten trug, aber natürlich saßen sie bereits perfekt.

Es war so typisch. Hätte die alte Hexe nicht noch etwas mit dem Sterben warten können? Wenigstens bis Lucia und er ihre Präsentation in der Schule gehabt hatten? Jetzt stand er natürlich erst einmal allein da. Und noch schlimmer, alle erwarteten, dass er Lucia tröstete.

Er seufzte. Wahrscheinlich hatte sie die ganze Nacht geheult, emotional wie sie war. Die Vorstellung ließ ihn schaudern.

Wenn das die anerkannte Reaktion auf so eine Situation sein wollte, warum wurde es dann nicht auch allgemein erwartet, dass man andere nicht damit behelligte?

Wirklich, je länger er darüber nachdachte, desto mehr wurde er sich darüber im Klaren, dass dies einfach nicht seine Aufgabe sein konnte. Lucia würde bestimmt allein darüber hinwegkommen und er würde abwarten, bis sich wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte und vor allen Dingen, wieder präsentabel aussah.

Er wandte sich gerade zum Gehen als die Stimme eines Mannes in seine Gedanken drang. "Cletus!"

Erschrocken drehte er sich um und sah Lucias Vater Narcius in der Tür ihres Apartments stehen. Er würde doch wohl hoffentlich hier keine Szene machen! Besorgt sah er ihn näherkommen und machte sich für ein Donnerwetter bereit.

Lucias Vater betrachtete ihn einen Moment lang ernst, dann streckte er ihm die Hand entgegen. Cletus sah ihn verwirrt an und erinnerte sich erst mit Verspätung daran, dass von ihm eine Reaktion erwartet wurde.

Narcius sah beinahe feierlich aus, als sie die Hände schüttelten. "Ich muss zugeben, dass ich wirklich nicht erwartet hätte, dich heute hier zu sehen, Cletus. Bitte, komm ruhig herein. Es wird Lucia bestimmt ein großer Trost sein, dich zu sehen. Sie hat so sehr darauf gehofft, dass du kommst."

Das war ja noch schlimmer als er gefürchtet hatte! Cletus wand sich innerlich und verfluchte sich dafür, dass er nicht schon früher gegangen war, doch nun konnte er schlecht einfach die Flucht ergreifen. Noch dazu legte ihm Narcius die Hand auf den Oberarm und schob ihn in Richtung Tür. Schicksalsergeben schlurfte er hinein und sah sich verstohlen um.

Wie bei den meisten Appartements öffnete sich nach einem kurzen Flur der Raum zu einem größeren Wohnzimmer. Doch im Vergleich zu Divius Wohnung beschränkte sich diese anscheinend auf eine Etage und war etwas einfacher eingerichtet.

Er hatte mit einer Reihe Trauergästen gerechnet, wie sie sich nach Deneshas Tod bei ihnen zu Hause die Klinke in die Hand gegeben hatten, doch nirgends regte sich etwas.

Narcius schien sein Blick aufgefallen zu sein, denn er hüstelte verlegen. "Ich fürchte meine Frau hat sich etwas zurückgezogen. Die Rückführungszeremonie heute morgen war sehr anstrengend für sie. Immerhin war es ihre Mutter, die sie verloren hat. Lucia ist noch in ihrem Zimmer, aber ich werde ihr gleich Bescheid sagen. Ich wollte nur den Moment nutzen und ein paar Worte mit dir zu wechseln."

"Oh." Cletus war wenig begeistert, nahm aber auf dem Sofa Platz als ihn Narcius mit einer Geste einlud. Solange der Mann nicht wieder mit seinen erbärmlichen Deponianern anfing, sollte er das Gespräch ja wohl überstehen.

Eine Weile saßen sie schweigend da und Cletus schwankte zwischen Ärger darüber, dass man seine Zeit verschwendete und Erleichterung, dass ihm bis jetzt unangenehme Themen erspart geblieben waren.

"Ich kannte deine Mutter nicht sehr gut, aber von dem was ich von ihr gehört habe, scheint sie eine sehr warmherzige Frau gewesen zu sein.", begann Narcius unvermittelt.

Cletus versteifte sich unwillkürlich. Er war sich nicht sicher wie gut sich Lucias Vater und Divius kannten und ob alles was er hier sagte, seinen Weg zu seinem Ziehvater finden würde. Er machte ein neutrales Geräusch, das unter Umständen als Zustimmung gedeutet werden konnte und überlegte fieberhaft wie er auf ein anderes Thema überleiten konnte.

Narcius schien seine Unsicherheit gar nicht zu bemerken und fuhr unbeirrt fort: "Es ist jetzt schon sechs Jahre her, aber ich erinnere mich noch gut daran, wie Lucia damals immer mehr von dir erzählt hat. Es ging ihr sehr nahe, wie wenig Hilfe du hattest und es lag ihr schon damals viel daran, dass es dir besser gehen sollte." Er warf Cletus einen durchdringenden Blick zu. "Sie ist ein großartiger Mensch und hat es verdient, dass man ihre Freundlichkeit erwidert. Aber als sie gestern nach Hause kam und hörte, dass ihre Großmutter starb, während sie unterwegs war, hat sie das schrecklich mitgenommen. Sie macht sich Vorwürfe, dass sie nicht da war."

Cletus spürte Ärger in sich aufsteigen. "Wollen Sie andeuten, dass das meine Schuld war?"

"Nein, natürlich nicht. Ich fand nur, dass du das wissen solltest, bevor du mit ihr sprichst." Narcius räusperte sich. "Versteh' das bitte nicht falsch, mein Junge, aber du machst auf mich den Eindruck, dass es dir schwerfällt solche Hintergründe von dir aus einzuschätzen. Und ich will nicht, dass jemand Lucia wehtut."

Er verschränkte die Arme und schob die Unterlippe vor. "Sie sind immer noch sauer, dass ich über ihren Trinkspruch über die ach so armen Deponianer gelacht habe, nicht wahr?"

Narcius seufzte genervt auf und schüttelte den Kopf. "Ich wollte doch nur-"

"Cletus!"

Beide fuhren herum und sahen Lucia in der Wohnzimmertür stehen. Ihre Augen waren rot und verschwollen, ihre Haare ungekämmt und struppig und ihre Nase wirkte selbst aus einigen Metern Entfernung feucht auf ihn. Doch mittlerweile hatte er Narcius' Gesellschaft so satt, dass er sich sogar ein wenig freute sie zu sehen.

Obwohl er kein Wort gesagt hatte, löste sie sich plötzlich aus ihrer Starre, lief auf ihn zu und fiel ihm in die Arme. Er erwiderte die Umarmung zaghaft, konnte aber nur daran denken, dass sich ihre Schniefnase auf der Höhe seines neuen Haarbands befand. Vorsichtig schob er sie ein wenig von sich und hoffte, dass sie deshalb nicht gleich durchdrehen würde.

"Ich wusste, dass du kommen würdest.", flüsterte sie heiser. "Jedenfalls habe ich es ganz fest gehofft." Sie verstummte, ließ ihn los und zog ein Taschentuch hervor, mit dem sie sich ausgiebig die Nase putzte.

Jetzt musste er nur noch einen Weg hier raus finden. "Willst du vielleicht in die Chill-Out-Zone?", platzte es aus ihm mit einem beinahe herausfordernden Seitenblick auf Narcius heraus.

Sie sah ihn entgeistert an. "Was? Jetzt?"

"Es, äh, würde dich möglicherweise auf andere Gedanken bringen."

Sie schniefte wieder und rieb ihre ohnehin schon geröteten Augen. "Ich glaube nicht, dass ich heute in der Stimmung für Spaß bin, aber..."

"Ich habe ja auch nicht die Fun-Zone vorgeschlagen", warf er ein, stolz über so viel Verständnis mit seiner hysterischen Freundin. "Aber ein bisschen Ruhe und Abstand von allem würden dir bestimmt gut tun."

"Vielleicht hast du recht", antwortete sie zögernd und nun konnte er sich den triumphierenden Blick zu Narcius hin nicht mehr verkneifen.

Möglicherweise konnte dieser Tag doch noch etwas werden. Wenn er sie genug ablenken konnte, würde sie vielleicht wirklich dankbar sein. Vielleicht sogar so dankbar, dass er noch zu ein bisschen Knutschen kommen würde. Jedenfalls in dem Fall, dass sie auch die Schniefnase unter Kontrolle brachte.

Lucia warf ihrem Vater noch einen unsicheren Blick zu, doch zu Cletus Überraschung reagierte der mit einem sanften Lächeln. "Wenn du magst, ist es vielleicht wirklich eine gute Idee etwas frische Luft zu schnappen. Geht ruhig und ich sage Mama Bescheid. Versuch auf ein paar andere Gedanken zu kommen." Er küsste Lucia auf die Stirn. "Und fühl' dich bitte nicht schuldig, wenn du dich besser fühlst."

Sie umarmte Narcius und hauchte ihm ein "Hab dich lieb" ins Ohr. Dann hakte sie sich bei Cletus unter, der noch immer darauf wartete, dass der ältere Mann ihm irgendetwas Gehässiges sagte. Doch als nichts geschah, beschloss er, sein Glück nicht weiter zu strapazieren und eilte mit Lucia hinaus.

 

 
 

* * *

 

 

Die Sonne schien. Gut, das tat sie eigentlich immer und da Elysium weit über den Wolken schwebte, gab es auch nichts, das sie davon abhielt die Weiße Stadt zum Strahlen zu bringen. Vielleicht bot das Kraftfeld, das den Sauerstoff in der Station hielt, ein wenig Schutz vor UV-Strahlung, aber sicher war sich Cletus da nicht.

Es hatte schon seinen Grund, warum er so ungern in eine der Parkanlagen ging, die den Elysianern einen Hauch von Natur nahe bringen sollten. Natur war ihm schon immer eher suspekt gewesen. Das fing damit an, dass Pflanzen Erde, also gewissermaßen Dreck, brauchten um zu gedeihen. Dann zog dieses ganze Naturgedöns immer eine Reihe Krabbeltiere und Ungeziefer an, das Gras hinterließ Flecken auf seiner Hose und die Sonne ruinierte seine vornehme Blässe.

Aber Lucia jammerte ja schon genug, da hatte er keine Lust gehabt mit ihr zu diskutieren als sie vorschlug in die Drehenden Gärten zu gehen. Auch wenn das bedeutet hatte, ein Ticket zu einem der drei kleineren Trabanten zu kaufen, die wie Miniaturausgaben der Hauptstation an dicken Stahlkabeln um Elysium herum schwebten.

Und so saß er nun steif neben seiner Freundin im Schatten einer... eines... nun... eines Baumes halt. Oder Strauch. Es war ja auch egal. Wenn er wollte, konnte er nachher noch zu Hause nachschlagen, aber im Grunde gehörte dies zu den Themen, für die in seinem Gedächtnis kein Platz war.

Etwas berührte seinen Kopf und rutschte kühl in seinen Kragen. Cletus fuhr zusammen und fischte sich ein glattes, aber fleckiges Blatt aus den Sachen. Angewidert sprang er auf und schüttelte sich. "Das ist doch wirklich das Letzte! Warum konnten wir nicht einfach in der Chill-Out-Zone ins Café gehen?"

Sofort schimmerten in Lucias Augen wieder Tränen. "Ich mache doch sonst auch immer mit, was du vorschlägst. Aber ich dachte, heute würde es mal darum gehen, etwas zu tun was mir gut tut."

Er schnaubte. "Denken ist halt nicht jedermanns Sache."

Nun sprang auch Lucia auf, die Hände zu Fäusten geballt und alle Tränen vergessen. "Was ist bloß los mit dir? Du tust so, als wolltest du mich trösten und dann kommt sowas?"

"Was mit mir los ist?", gab er wütend zurück. "Ich verbringe meine Zeit damit dir beim Heulen zu zu sehen und kriege nichts dafür zurück. Wenn ich daran denke, was ich schon für Geld für dich ausgegeben habe und dann hast du doch wieder keine Lust auf Knutschen. Wozu mache ich das denn hier eigentlich?"

Sie sah so fassungslos aus, dass er sich fragte, ob sie vielleicht nicht verstanden hatte, was er gesagt hatte. Doch zu seiner Überraschung schüttelte sie nur den Kopf und lachte humorlos.

"Weißt du, was dein Problem ist?"

Er verschränkte ärgerlich die Arme. "Eine hysterische Freundin?"

Sie reagierte nicht auf die Beleidigung und ihre Wut schien mit einem Mal völlig verraucht. Stattdessen sah sie ihn beinahe mitleidig an. "Du denkst immer nur an dich und das wird dich irgendwann sehr unglücklich machen. Ich hatte gedacht, ich könnte dir helfen. Du warst immer so allein und ich hatte gehofft, dass du dich ändern würdest, wenn dir nur jemand einmal Freundlichkeit zeigt. Aber du willst dich gar nicht ändern. Du denkst, dass all deine Probleme von anderen verursacht werden. Dass an dir alles stimmt und es völlig in Ordnung ist, auf andere herabzusehen. Und du wirst genauso weiter machen, auch wenn das dazu führt, dass irgendwann niemand mehr etwas mit dir zu tun haben will. Ich hoffe, dass du das vielleicht selbst merkst bevor es ganz zu spät ist. Aber ich werde nicht mehr darauf warten, dass du irgendwann zu dieser Erkenntnis kommst. Wenn du dich unbedingt wie ein Arschloch verhalten willst, kannst du das allein tun."

Damit drehte sie sich um und stapfte davon, ohne ihn noch eines letzten Blickes zu würdigen.

Cletus sah ihr mit offenem Mund nach. Aus den Augenwinkeln sah er wie eine ganze Reihe anderer Elysianer, die den Streit mitangehört hatten, mehr oder weniger offen zu ihm hinüber starrten, aber es war ihm im Moment gleichgültig. Hatte sie Recht? Stimmte etwas mit ihm nicht? Trieb er alle anderen in seinem Umfeld von sich weg? Würde er eines Tages deswegen allein und unglücklich dastehen?

"Frauen, was?" Cletus wirbelte zu einem älteren Mann herum, der zu ihm heran geschlendert kam und Lucia einen vielsagenden Blick hinterher warf. "Die machen aber auch immer gleich eine Szene. Wahrscheinlich hat sie ihre Tage."

Cletus blinzelte. Der Mann wirkte nicht sehr gepflegt, weshalb er sich nicht geneigt fühlte nun mit ihm Bruderschaft zu schließen. Aber immerhin hatte er seine Sorgen recht gut vertrieben. Es lag also gar nicht an ihm selbst. Lucia war nur heute besonders unzurechnungsfähig. Er grinste und nickte dem anderen zu. "Ja, ja, das waren bestimmt die Hormone."

Der Mann erwiderte das Grinsen, doch als er noch näher kommen wollte, verabschiedete sich Cletus hastig und machte sich auf den Weg zu den Pendelmodulen, die ihn an dem Verbindungskabel zur Hauptstation zurückbringen würden. Er fürchtete halb, dort Lucia noch einmal zu sehen, doch anscheinend war sie bereits fort.

Stattdessen musste er sich das Modul mit einem älteren Pärchen teilen, das während des ganzen Wegs herumturtelte und sich nicht davon stören ließ, dass er die Augen verdrehte.

Sollten sie sich doch zum Schrott scheren mit ihrer Liebe und Zweisamkeit. Er war allein sowieso besser dran. Wenigstens mäkelte nun niemand mehr an ihm herum und er konnte all die Sachen machen, von denen Lucia ihn immer abgehalten hatte.

Wenn ihm nur irgendetwas einfallen würde!

Auf der Hauptstation angekommen entschied er sich jedenfalls dagegen nach Hause zu gehen und Trübsal zu blasen. Er würde sich schon zu amüsieren wissen, dachte er sich und nahm Kurs auf die Chill-Out-Zone. Erst trank er einen Soyoccino, dann schlenderte er weiter und versuchte der wachsenden Langeweile Herr zu werden. Es war wirklich ärgerlich, niemanden zu haben, der ihm zuhörte und ihn unterhielt.

Doch als er am Streichelzoo vorbeikam, schlich sich ein neuer Gedanke ein. Er setzte sich an die Theke und ging die Datenbank der gespeicherten Tiere durch. Es dauerte wirklich lange bis er weit unten auf der Liste fand, was er gesucht hatte.

"Ein Pestspeichelwaran?" kam Ronnys Stimme aus dem Interface. Cletus hatte die künstliche Intelligenz noch nie so skeptisch klingen hören. Er hätte wetten können, dass Ronny eine Augenbraue gehoben hätte, wenn er denn welche gehabt hätte. "Die sind giftig und gefährlich. Wie soll man den ein Tier streicheln, dass einen beißen könnte?"

Cletus stöhnte entnervt. "Das ist ja wohl meine Sache. Besorg' mir einfach, was ich haben will." Er überlegte einen Augenblick und fügte dann hinzu: "Und, äh, bring mir für alle Fälle auch das Gegengift für den Pestspeichel, ja?"

"Wie du willst", antwortete Ronny zögerlich. "Du weißt aber, dass das extra kostet, nicht wahr?"

Zwar ging ein Großteil seines Taschengelds für Pflegeprodukte drauf, aber Cletus hatte seine Finanzen penibel dokumentiert und wusste genau, dass er sich in den letzten Jahren einen bequemen Puffer angespart hatte. Er bedeutete Ronny mit einer wegwerfenden Geste einfach fortzufahren.

Einen Moment später fand er sich Auge in Auge mit einer etwa katzengroßen Echse, die aus einer kleinen Klonkammer über ein Förderband direkt zu seinem Sitzplatz transportiert wurde. Er streckte die Hand vorsichtig aus, zuckte aber sofort wieder zurück als der Waran züngelte.

Cletus schluckte. Noch hatte sich das Tier nicht von seinem Platz bewegt, aber er war sich nicht sicher, ob er es aufhalten konnte, falls es auf ihn losging.

"Hier ist das Gegengift, das Sie verlangt haben", unterbrach ihn ein Servicebot und stellte eine kleine Tablettendose auf die Theke.

Dankbar für die Ablenkung, griff Cletus nach der Dose und warf einen Blick auf die Warnhinweise. Anscheinend wirkte das Gegenmittel schnell und sicher, aber dafür sorgte es auch für erhebliche Gasbildung im Magen-Darm-Trakt.

Gut, das machte es vielleicht doch zu keiner so optimalen Idee, in der Öffentlichkeit auszutesten, ob das Waran ihn beißen würde. Zwar wäre es schon interessant zu sehen, wie sein kleiner Drache die anderen Tiere aufmischte, aber wenn er selbst das Gift des Pestspeichels abbekam, würde er auch ein großes Publikum für die Nebenwirkungen des Gegengifts haben.

Er betrachtete den Waran nachdenklich. Wenn er ihn jetzt zurückschickte, würde er über das Förderband in eine kleine Kammer transportiert, wo er dunkel einen großen Druckhammer und verschieden große Öffnungen erkennen konnte. Blutspritzer waren keine zu entdecken, aber er wusste, dass die Anlage sehr gründlich dabei war, auch wirklich sämtliche Bestandteile aufzunehmen. Biomasse durfte nicht verschwendet werden.

Er schob die Unterlippe vor und rechnete einen Moment vor sich hin, dann winkte er nach dem Servicebot. "Ich brauche einen tragbaren Käfig. Besorg' mir so einen und setz' den Pestspeichelwaran da rein. Für die Kosten werde ich schon aufkommen."

Der Bot war einen Moment reglos als er sich mit dem Hauptrechner abstimmte und auf Cletus Konto zugriff. Da gingen seine Ersparnisse hin. Aber das war ihm im Moment gleich.

"Sehr wohl, mein Herr", bestätigte der Servicebot einen Augenblick später und setzte sich in Bewegung um den Auftrag auszuführen.

Cletus warf dem Waran einen triumphierenden Blick zu. Das Tier erwiderte ihn und nutzte die Gelegenheit um sich auf der Theke zu erleichtern.

 
 

 

* * *
 

Cletus keuchte etwas als er den Käfig kurz abstellte, die Tür öffnete und möglichst geräuschlos hineinschlich. Wenn er nur vorsichtig genug war, konnte er seinen kleinen "Poisounous", wie er den Waran kurzerhand getauft hatte, wahrscheinlich eine ganze Weile vor Divius verstecken. Und bis er gezwungen war, mit der Wahrheit rauszurücken fiel ihm bestimmt noch etwas cleveres ein.

"Arron?" Divius trat aus der Tür zum Wohnzimmer als habe er dahinter gewartet und erstarrte als er Cletus sah. Dem ging es nicht anders, außer dass er vor Schreck noch eine Spur blasser wurde als sonst.

"Ähm, ich bin es nur", murmelte er.

Divius verzog den Mund und wandte sich halb wieder zum Wohnzimmer um. "Es ist nur Cletus!", rief er wem auch immer zu, dann betrachtete er seinen Adoptivsohn noch einmal mit kritischem Blick. "Du hast dir deine Haare endlich abschneiden lassen? Na, wenigstens etwas. Aber was hast du denn da dabei?"

"Ein Haustier", hauchte Cletus und ging in Gedanken bereits all die Leute durch, bei denen er unterkommen konnte, wenn Divius ihn hinauswarf. Jetzt wäre es doch nützlich gewesen, wenn er noch mit Lucia zusammen wäre.

"Bring ihn rein. Mit ihm wollte ich ohnehin auch noch sprechen", kam jetzt eine Frauenstimme aus dem Wohnzimmer.

Divius hob eine Augenbraue, trat dann aber zur Seite und wies ihm mit einer einladenden Geste den Weg. Cletus huschte an ihm vorbei und platzierte den Käfig neben der Tür, so dass niemand darüber stolpern konnte, bevor er gehorsam zum Sofa ging.

Dort saß Auria, Divius Mutter, mit einer Tasse echtem Kaffee in der Hand. Sie hatte die goldenen Haare, die sie, wie Cletus recht sicher war, seit Jahren färbte, zu einem eleganten Dutt hochgesteckt und wirkte weit jünger als ihre siebzig Jahre.

Sie nickte ihm freundlich zu und bedeutete ihm sich zu setzen, doch Cletus machte sich keine Illusionen, dass sie ihn mehr mögen könnte als ihr Sohn. Aber sie war unübertroffen darin, einen schönen Anschein zu wahren, und so lächelte auch er und ließ sich auf einem kleineren Sessel ihr gegenüber nieder. Auch Divius fand sich in der Runde ein, doch ersparte er sich die Mühe ein höfliches Gesicht zu machen.

"Nun, mein Junge", begann Auria, "du bist jetzt sechzehn Jahre alt, nicht wahr? Du siehst besser aus, als ich erwartet hatte." Sie warf Divius einen Blick zu, doch als der protestieren wollte, winkte sie sofort ab. "Nun, wir haben uns in den letzten Jahren wenig gesehen, aber wie ich finde, ist es an der Zeit das zu ändern."

Dieses Mal ließ sich Divius nicht durch eine einfache Geste bremsen. "Aber Mutter! Du willst doch nicht etwa ihn an Stelle von Arron..."

"Natürlich nicht", unterbrach sie ihn. "Aber ich finde, dass er ruhig seinen Teil zum Vorankommen der Familie beitragen kann. Besonders solange Arron noch kein Interesse daran hat, in der Politik mitzumischen. Zumindest ist es an der Zeit den Schaden zu begrenzen, den er anrichten könnte. Oder hältst du es für vorteilhaft, wenn er den Familiennamen in den Schmutz zieht? Schon dieses Mädchen, mit dem er sich immer abgibt. Ihre ganze Familie macht immer wieder mit ihrer unorthodoxen Haltung von sich reden. Zwar haben sie Kontakte zu einem der Ältesten, aber ich rechne jeden Tag damit, dass es zum großen Knall kommt, und sie sich ganz gegen den Rat stellen. Sicher nicht der Umgang, den ich mir für einen meiner Enkel wünsche."

Cletus sah Divius nicken und fühlte sich darin bestärkt sich zu Wort zu melden. "Ich habe heute mit ihr Schluss gemacht. Wir passen einfach nicht zusammen." Aurias Gesicht erhellte sich und Cletus war sehr zufrieden mit sich.

"Ich bin wirklich angenehm überrascht, mein Junge." Sie lächelte eine Spur aufrichtiger.

"Ich nicht", brummte Divius dazwischen. "So ein schlechter Umgang wie das Mädchen war, der Junge hat einfach nicht den Hauch von Loyalität in sich. Was sagt uns, dass er die Familie nicht genauso fallen lässt, wenn es ihm in den Kram passt?"

Auria lachte nur. "Dann sollten wir wohl dafür sorgen, dass Loyalität in seinem besten Interesse ist. Seinen Ehrgeiz werden wir wohl kaum bremsen, wenn wir ihn weiter außen vor lassen." Sie lehnte sich zurück und nahm einen Schluck Kaffee. "Was sagst du dazu, Cletus: Ich werde dich unter meine Fittiche nehmen, dir Benimmregeln und die Gepflogenheiten der gehobenen Kreise beibringen und wenn du dich gut anstellst, sorge ich dafür, dass dir der Zugang zu den Empfängen und Dinnerparties der Elite nicht länger verwehrt bleibt."

Er spürte wie sein Herz schneller schlug. "Ich werde dich nicht enttäuschen."

"Ja, das solltest du besser nicht. Aber jetzt geh auf dein Zimmer, bevor Arron nach Hause kommt und uns zusammen sieht."

"Nimm dein Haustier mit", fügte Divius noch hinzu, als Cletus sich erhob. "Und sorge dafür, dass es mir nicht vor die Füße läuft."

 

 
 

* * *

 

 

Er lächelte immer noch, als er sich in seinem Zimmer aufs Bett fallen ließ. Er konnte sein Glück kaum fassen, dass er endlich seine Chance bekommen würde. Er würde alles tun, um nur endlich an die Spitze zu kommen.

Poisounous kratzte an seinem Käfiggitter und Cletus flippte den Verschluss kurzerhand auf. Sollte sich der Waran ruhig mit ihm freuen.

Die Zunge des Pestspeichelwarans traf ihn oberhalb der ellbogenhohen Handschuhe an seinem nackten Arm. Cletus biss sich heftig auf die Lippe um nicht zu schreien, aber beinahe wäre er in Ohnmacht gefallen. Verdammt, tat das weh. Noch dazu legte sich ein Schleier über seine Sinne und er konnte kaum noch sehen. Er griff nach seinen Augen, aber seine Finger fühlten sich geschwollen und ungelenk an. Etwas grünliches blieb an seinen Handschuhen kleben und er wurde sich mit Entsetzen bewusst, dass das Eiter sein musste.

Panisch begann er nach dem Gegengift zu suchen. Wo hatte er es nur hin gepackt? Endlich entdeckte er das Döschen auf seinem Nachtschrank und schaffte es gerade noch sich eine Tablette in den Mund zu schieben und zu schlucken. Dann legte er sich zurück auf das Bett und schloss die Augen. Er konnte mit jeder Sekunde spüren wie der Effekt des Giftes nachließ. Dafür war da ein entsetzlicher Druck in seinen Eingeweiden. Er stöhnte und ließ geräuschvoll jede Menge Luft entweichen.

Einen Moment später sah er einen schuppigen Kopf über der Bettkante auftauchen, aber er fühlte sich zu erschöpft um panisch zu reagieren. Poisounous kletterte kurzerhand zu ihm hinauf und rollte sich dann neben ihm, der größten Wärmequelle in der Umgebung, zusammen. Cletus legte dem Tier zaghaft die Hand auf den Kopf und der Waran schien sich an der Wärme zu erfreuen.

Gut, im Vergleich zu einer Freundin, war es ein wesentlich stachligeres und kühleres Gefühl. Aber man konnte eben nicht alles haben.


 

Kapitel 5

 

[JUSTIFY]Die Türklingel war draußen auf der Straße nicht sehr laut zu hören, aber Cletus zog es ohnehin vor, wenn nicht gleich die ganze Nachbarschaft von seiner Anwesenheit wusste. Er stellte sich aufrecht hin und zupfte an seinem Kragen herum. Seit kurzem waren weite Kragen ziemlich angesagt und auch wenn er sich lieber die Zunge abgebissen hätte als das zuzugeben, war das modischste Outfit nicht unbedingt das praktischste.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch bevor er ungeduldig werden konnte, öffnete sich auch schon die Tür und der Hausbot bat ihn höflich herein. Cletus kannte den Weg, war er doch in den letzten drei Jahren häufig zu Besuch gewesen, aber um den Regeln der Etikette genüge zu tun, folgte er fügsam dem Bot, der ihn ins Wohnzimmer führte, wo bereits ein kleiner Kaffeetisch gedeckt war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auria lächelte, als sie ihn sah und auch er hob beflissentlich die Mundwinkel, als er sie begrüßte und sich setzte, auch wenn er am liebsten breit gegrinst hätte. Aber das würde sie bestimmt als vulgär betrachten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Hausbot brauchte ungewohnt lange, ihnen den Kaffee einzuschenken und es wurde schwerer und schwerer sein Gesicht gelangweilt und gleichgültig aussehen zu lassen. Endlich lehnte sich Auria zurück und begann das Gespräch, womit er, als der jüngere, auch die Erlaubnis hatte sich mitzuteilen. "Wie ich höre, kann man dir gratulieren."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus gab seine Selbstbeherrschung auf und grinste breit. "Das kann man so sagen. Ich habe zwar noch nicht den offiziellen Titel eines Inspektors, aber vor zwei Tagen hat man mir zugesagt, dass ich ein eigenes Apartment zugewiesen bekomme."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was wahrscheinlich nicht sehr groß sein wird. Aber immerhin bedeutet das, dass du nicht länger meinem Sohn auf der Tasche liegen wirst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er ließ sich nicht in seiner guten Laune bremsen. Ja, er würde vielleicht weniger Platz haben und für sein Geld arbeiten, statt Taschengeld von Divius einzustecken, aber zumindest würde er endlich frei sein. "Veränderung ist unumgänglich auf dem Weg nach oben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie lächelte schmal. "Wie wahr. Ich hoffe nur, dass du nicht herumerzählst, dass du arbeiten musst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nein, nein. Jeder weiß, dass es meine Berufung ist, anderen auf die Finger zu schauen. Ich werde doch nicht so dumm sein und auch nur andeuten, dass ich das des Geldes wegen mache."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auria lachte. "Das glaube ich gerne. So enthusiastisch wie du andere verbesserst, wird dir jeder abnehmen, dass du die Arbeit zum Vergnügen leistest." Sie nippte an ihrem Kaffee und betrachtete ihn aufmerksam. "Und natürlich des Einflusses wegen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus lehnte sich zurück und erwiderte ihren Blick. "Ich bin dem Ältesten Un unterstellt. Nicht direkt natürlich, aber es ist seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Technik Elysiums funktioniert. Und alle Inspektoren statten ihm Bericht ab."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie nickte. "Wie lange wird es dauern, bis du zum Inspektor ernannt wirst?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich bin gerade erst neunzehn und noch nicht lange aus der Schule heraus", antwortete er defensiv. Doch als Auria ihn unbeirrt weiter anstarrte, lächelte er schief. "Die eigentliche Ausbildungszeit beträgt zwei Jahre. Aber ich bin mir sicher, dass ich das auch schneller schaffe. Wenn ich mir nur ansehe, was für Idioten die anderen sind, die sich für den Posten interessieren, ist es kein Wunder, dass die Ausbildungszeit so lang ist. Aber bei jemandem mit meiner Intelligenz, wird das sicher schneller gehen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du solltest vorsichtig sein, von wem du auf diese Weise sprichst. Selbst wenn du Recht haben solltest-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich weiß, ich weiß", wiegelte er ab. Er wollte nicht schon wieder gerade diesen Vortrag hören. "Ich muss immer erst sichergehen, ob mein Gegenüber nicht eine höhere Position hat, bevor ich meine Meinung sage. Nur bei denen, die mir unterstehen, muss ich mir nicht die Mühe machen, höflich zu sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auria nickte, zufrieden, dass er diese Lektion anscheinend verinnerlicht hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus seufzte. "Aber ich dachte, dass wir hier ohnehin unter uns sind. Und dass ich hier auch offen sagen kann, was ich denke."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie schürzte die Lippen. "Nein, du musst immer auf der Hut sein. Egal mit wem du redest, fühl dich nie zu sicher, Cletus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er konnte sich nur mit Mühe davon zurückhalten die Augen zu verdrehen. Aurias Angst, er würde jemanden in höherer Position verärgern, grenzte manchmal an Paranoia. Als habe er wirklich den Drang alles und jeden zu beleidigen. Was für eine dumme Kuh![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Bis zum nächsten Mal möchte ich eine Liste der anderen Inspektorenanwärter. Dann werde ich dir zu jedem sagen können, aus welcher Familie er stammt und wie du zu ihnen stehen solltest."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Natürlich." Na großartig. Als hätte er noch nicht genug Stammbäume auswendig gelernt. Dass der alte Brauch Familiennamen zu benutzen, beinahe vollständig in Vergessenheit geraten war, machte es auch nicht leichter zu wissen, wer zu welcher Familie gehörte. Aber egal, er würde das schon schaffen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Außerdem", fuhr Auria fort, "musst du wissen auf welcher Seite sie stehen, falls der Konflikt zwischen dem Ältestenrat und Oberkontrollrat Ulysses eskalieren sollte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus beugte sich vor. "Du hast schon einmal davon gesprochen, aber ich hatte bis jetzt nicht den Eindruck, dass es zwischen ihnen Streit gibt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie bewahren meist den Anschein guter Zusammenarbeit, das ist wahr, aber..." Auria seufzte. "Wo soll ich anfangen? Es besteht schon lange tiefes Misstrauen zwischen den Fraktionen. Ulysses hat de facto die alleinige Kontrolle über den Planeten. Alles was die Ältesten über die Situation dort unten wissen wollen, können sie nur von ihm erfahren. Noch dazu hat er auf Deponia eine gewaltige Armee an Klonen, deren Zahl die der Bewohner Elysiums um einiges übersteigt. Die Ältesten sind sich ihrer prekären Situation natürlich bewusst und versuchen ihn bei Laune zu halten, ohne noch mehr Macht an ihn zu verlieren."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Vielleicht hat der Oberkontrollrat gar kein Interesse an der zivilen Verwaltung Elysiums."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auria lächelte schmal. "Nun, das ist so eine Sache mit der Macht. Wenn man erst mal auf den Geschmack gekommen ist, ist es schwer davon genug zu haben. Aber bis jetzt hast du Recht. Wann immer es Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Ältestenrat und Ulysses gekommen ist, ging es immer um den Planeten und nicht um Elysium. Besonders da diese Gerüchte nicht abreißen wollen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gerüchte?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Laut dem Oberkontrollrat sind seit zwei Jahren keine Menschen mehr am leben. Doch von Zeit zu Zeit kann man auf dem Planeten noch immer Veränderungen entdecken und in der Nacht brennen überall Lichter. Ulysses besteht darauf, dass sein Organon die Ursache ist, aber Zweifel flackern immer wieder auf."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus kratzte sich am Kopf. "Besteht der Organon nicht aus Menschen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auria hob eine Augenbraue. "Biologisch gesehen vielleicht. Aber von ihrem ganze Wesen und Sein sind die Klone doch sehr weit weg von dem was richtige Menschen ausmacht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er zuckte die Achseln. "Na egal. Aber macht es denn überhaupt einen Unterschied, wer da unten noch lebt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Natürlich. Der Ältestenrat würde wahrscheinlich das Projekt Utopia noch einmal verschieben, bis es keine Deponianer mehr auf dem Planeten gäbe. Sie können Deponia ja schlecht sprengen, solange es noch bevölkert ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus runzelte die Stirn. "Sie haben die Deponianer doch ohnehin zum Sterben zurückgelassen. Welchen Unterschied macht das denn jetzt noch?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Da hast du im Grunde recht. Aber ich habe meine Zweifel, ob der Ältestenrat das auch so sehen wird. Besonders Ältester Quatre ist doch sehr idealistisch und als jüngster der vier war er auch noch nicht aktiv in die Entscheidung verwickelt Elysium zu bauen und Deponia zu verlassen. Un dagegen ist eher praktisch veranlagt. Er könnte an dem Entschluss den Planeten zu sprengen festhalten, aber er wird sich wahrscheinlich eher den anderen anschließen, wenn sie sich dagegen entscheiden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ungebeten tauchte eine Erinnerung an Lucia in Cletus' Gedanken auf. Sie hatte erzählt, dass sie den Ältesten Deux näher kannte und mochte, aber er hatte nie näher nachgefragt, was für eine Politik er wohl vertrat. "Ich habe gehört, dass Deux sehr nett und warmherzig ist. Vermutlich würde er auch weich werden, wenn sich herausstellt, dass der Planet noch bevölkert ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Möglich. Allerdings ist er auch derjenige, dem die Klonanlagen unterstehen und er hat noch nie ein Problem damit gehabt, dass der Organon bei der Erfüllung seiner Pflicht sein Leben verliert."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus rutschte auf seinem Sessel herum, zog es aber vor, nicht näher über die Klonanlagen nachzudenken. "Dann bleibt noch Ältester Trois. Ich weiß, dass er der älteste der vier ist. Aber ich hatte selbst noch nicht viel mit ihm zu tun. Was glaubst du, wie er entscheiden würde?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du kennst seine Ansprachen und du hast ihn bestimmt schon einmal in der Chill-Out-Zone erlebt, wenn er sich als Mann des Volkes gibt. Sag du mir, wie du ihn einschätzt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er zögerte einen Moment, dann riskierte er ein Lächeln. "Er ist ein Schwätzer ohne eigene Ideen, der sich hinter anderen versteckt. Wie er sich verhält, hängt grundsätzlich von der öffentlichen Meinung ab. Wenn die Elysianer für eine Sprengung wären, egal wie es auf dem Planeten aussieht, wäre er es auch. Wenn nicht, würde er bestimmt auch dagegen stimmen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auria lehnte sich zurück und nickte zufrieden. "Du machst Fortschritte. Ich glaube, wir können es inzwischen riskieren, dich zu einem öffentlichen Anlass mitzunehmen. In zwei Monaten hält Oberkontrollrat Ulysses einen Empfang ab und ich möchte, dass du mich begleitest." Sie verzog das Gesicht, als Cletus aufgeregt aufsprang und dabei beinahe seinen Kaffee auf den teuren Möbeln verteilte. "Jedenfalls wenn du bis dahin lernst, dich nicht öffentlich zum Gespött der Leute zu machen."[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Es war verblüffend wie langsam die Zeit verging, als er die nächsten Wochen auf das große Ereignis wartete, nur um sich dann plötzlich rasant zu beschleunigen als nur noch ein paar Stunden Zeit waren, sich angemessen in Schale zu werfen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber Cletus war recht zuversichtlich, dass sich das Ergebnis sehen ließ. Er war frisch rasiert und frisiert und trug zudem noch einen neuen ärmellosen Anzug, weiß und sehr eng geschnitten, dazu Handschuhe und kniehohe Stiefel, die furchtbar unbequem waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Damit passte er recht gut in die versammelte Menge, die sich in einer Halle in der Chill-Out-Zone eingefunden hatte. Es war beeindruckend zu sehen wie viele Mitglieder der Oberschicht der Einladung des Oberkontrollrats gefolgt waren. So weit Cletus wusste, sollte die Fertigstellung des zwanzigsten, vielleicht auch dreißigsten, Sprengturms auf Deponia gefeiert werden. Ganz genau hatte er nicht zugehört als Auria es ihm erklärte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Anfangs hatte ihn selbige nicht aus den Augen gelassen und ihm hin und wieder zugeraunt, wer der eine oder andere Gast war und worauf er achten sollte. Doch dann war sie mit einigen anderen älteren Damen ins Gespräch gekommen und als diese ihr etwas zeigen wollten, hatte sie ihn allein in der Menge stehen gelassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nicht, dass ihm das viel ausmachte. Er hatte im Grunde nichts dagegen, nicht ständig unter ihrer Kontrolle zu stehen. Er war nur etwas unschlüssig, ob er sich als nächstes eher jemanden zum Smalltalk machen suchen sollte oder lieber etwas abseits stehen und beobachten, wie er es mit Auria getan hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da entdeckte er das Buffet und entschied, sich erst einmal dort umzusehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auf einer langen, geschmackvoll dekorierten Tafel war von Appetithappen, über Fisch- und Fleischgerichte bis zu Süßspeisen alles zu finden, was das Herz begehrte und dazu noch vieles, das er noch nicht einmal kannte. Er schnappte sich einen Teller und ging dann an der Tafel auf und ab, unfähig sich zu entscheiden, womit er bloß beginnen sollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich würde die Lachscreme mit Zitronenschaum probieren", kam eine weibliche Stimme von hinter ihm. "Aber auch die Spargelhappen sind sehr zu empfehlen. Als Dessert musst du die Champagnerkugeln probieren, die sind exquisit."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus fuhr herum und konnte kaum verhindern, dass ihm die Kinnlade herunterfiel. Vor ihm stand eine junge Frau in einem zartblauen Kleid, das wunderbar ihre Augen zum Leuchten brachte. An ihrer linken Schläfe glänzte silbern ein metallischer Schlitz, aber das lenkte kaum von ihrem hübschem Gesicht ab. Sie war schlank und überragte ihn beinahe um Haupteslänge, doch bewegte sie sich keinesfalls ungelenk als sie den Kopf, der von rotgoldenem, hochgestecktem Haar gekrönt wurde, zur Seite neigte und ihn anlächelte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich hab dich schon mal in der Schule gesehen.", fuhr sie unbeirrt fort. "Meine beste Freundin Tallis nennt dich immer den Kurzen." Sie lachte. "Es freut mich, hier mal ein neues Gesicht zu sehen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Kurze? Er war versucht, ihr zu sagen, was er von einer Bohnenstange wie ihr hielt, aber zum einen war ihr Lächeln wirklich hübsch und zum anderen hatte Auria ihn gut genug gedrillt, dass er erst darüber nachdachte mit welcher Familie er sich da anlegen würde. Denn er erkannte sie jetzt als Goal, die einzige Tochter von Oberkontrollrat Ulysses.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Äh, ja, natürlich", stammelte er und lachte nervös. "Nicht, dass das mein erster Empfang ist. Eigentlich bin ich sehr oft auf Empfängen. Also, anderen Empfängen..." Er verstummte, entsetzt, dass er seinen ersten Auftritt so versiebt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch Goal lachte nur. "Natürlich", sagte sie gutmütig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Goal!" Ein junger Mann mit kurzen, blonden Haaren joggte zu den beiden heran, doch würdigte er Cletus keines Blickes. Er war sogar noch größer als Goal und hatte eine ziemlich spitze Nase, entlang der er gut auf andere herabblicken konnte. "Hier steckst du also. Ich habe dir doch gesagt, du sollst in meiner Nähe bleiben!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie verdrehte die Augen. "Du hast dich eine halbe Stunde über Golf unterhalten und ich habe versucht, dir Zeichen zu geben, dass ich auch mal einen Happen essen möchte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er verschränkte die muskulösen nackten Arme und sah aus als überlegte er, wie er ihr am besten klarmachen konnte, dass sie im Unrecht war. Doch dann warf er Cletus doch noch einen längeren Blick zu und seine Miene hellte sich etwas auf. "Ach so, du wolltest, was zu trinken bestellen, ne? Ich dachte schon, du flirtest." Er lachte, als habe er etwas wahnsinnig lustiges gesagt und fuhr dann in Cletus' Richtung, der immer perplexer wurde, fort: "Na dann, bringen Sie mir auch mal einen Champagner. Aber ein bisschen plötzlich!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In Cletus' Magen schien sich ein Eisklumpen zu bilden. Goal löste sich schneller aus der Starre und versuchte dem jungen Mann etwas zu sagen: "Hawk, das ist nicht-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nun, stehen Sie nicht so blöd rum und machen Sie endlich!", fiel ihr Hawk ins Wort. "Werden denn die Klone immer dämlicher oder sind Sie eine besonders fehlerhafte Montagsproduktion? Das einzige, was bei Ihnen zu funktionieren scheint, ist anscheinend das dumme Gesicht!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus spürte wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Er suchte nach einer passenden Erwiderung, aber er hatte immer noch Aurias Ermahnungen im Ohr und außerdem konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern, zu welcher Familie dieser Typ nun gehören mochte. Er ballte die Fäuste in hilfloser Wut und brachte doch nichts über die Lippen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hawk, hör auf!" Goal hatte ihn an der Schulter gepackt und schob ihn zurück. Hawk hielt verblüfft inne und betrachtete seine Freundin, die sich mit den Händen an den Hüften vor ihm aufgebaut hatte. "Das ist kein Dienstklon!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was-", begann er, doch dieses Mal schien Goal keine Lust zu haben, ihn ausreden zu lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Er ist hier Gast. Sieh dir doch an, wie er angezogen ist. Laufen so die Dienstklone herum? Außerdem war er bei uns auf der Schule. Einen oder zwei Jahrgänge unter dir, glaube ich. Also hör auf dich hier so aufzuführen, Hawk, das ist ja peinlich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach ja? Ich bin peinlich? Du verschwindest einfach um dich hier mit so einem Wurzelzwerg zu unterhalten. Hör mal, Schätzchen, meiner Familie gehört so ziemlich der gesamte Südwestquadrant, da kann ich ja wohl mit ein bisschen Respekt rechnen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gab der Typ wirklich mit Grundbesitz auf einem Müllplaneten an? Cletus konnte es nicht mehr aushalten. "Wie ich höre sind die Grundstückswerte auf Deponia bedauerlicherweise nicht mehr das, was sie einmal waren", warf er trocken ein und war sehr zufrieden als er sah, wie Hawk vor Zorn blass wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal gluckste und zog damit einen weiteren wütenden Blick auf sich. Aber das schien sie nicht einmal nervös zu machen. "Tja, du kannst dich ja gerne bei meinem Vater über meine Respektlosigkeit beschweren. Wenn du willst, such ich ihn dir gleich. Mir ist ohnehin der Appetit vergangen." Damit drehte sie sich um und ging mit federnden Schritten über die Tanzfläche davon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hawk sah zwischen ihr und Cletus hin und her, als überlege er, ob er noch genug Zeit haben würde, ihn zusammenzuschlagen, bevor er Goal folgte. Schließlich entschied er sich offensichtlich dagegen, denn er zischte Cletus nur zu: "Wenn du dich noch einmal an meine Freundin ranmachst, sorge ich dafür, dass du dabei bist wenn sie mal wieder eine Ladung Klone außer Dienst stellen." Dann eilte er Goal hinterher und ließ Cletus mit seinem Teller in der Hand einfach stehen.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Es war kühl geworden. Die Sonne war schon längst hinter Deponia verschwunden und auch wenn gedämpftes Lampenlicht den Park hinter der Halle erleuchtete, sorgte es doch für wenig Wärme.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hatte sich auf einer der Parkbänke niedergelassen und in einem ungewohnte Anflug von Rebellion einen Fuß auf die Sitzfläche gestellt, sodass er sein Kinn auf dem Knie abstützen konnte. Es war alles nicht ganz so gelaufen wie er sich den Tag ausgemalt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dass Auria zu anderweitig beschäftigt war, um sich damit zu befassen wie er nach Hause kam, war wenig überraschend gewesen, aber dass er Hawk mit einigen seiner Kumpel vor der Halle entdeckt hatte, war dann doch ein Problem. Zum Glück war noch immer ein Teil der anderen Empfangsgäste hier, so dass sich Cletus leicht wieder in die Halle schleichen und durch einen Hintereingang zu den Parkanlagen dahinter schlendern konnte. Hier leisteten ihm vor allem Pärchen Gesellschaft, die die romantische Stimmung des Dämmerlichtes genossen, doch nach einigem Suchen hatte er endlich eine unbenutzte Bank gefunden, wo er sich etwas ausruhen und sein weiteres Vorgehen planen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nicht, dass er Angst vor Hawk hatte. Aber es würde bestimmt nicht gut aussehen, wenn er seinen ersten Empfang beendete, indem er vor der Halle den Freund der Tochter des Gastgebers verprügelte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ob ihn Auria wohl jemals wieder zu so einem Anlass mitnahm? Für einen Moment fragte er sich, ob er das überhaupt wollte und hasste sich selbst dafür, das auch nur gedacht zu haben. Natürlich wollte er. Er wollte dazu gehören, mehr als alles andere. Und er würde alles tun, was nötig wäre um das zu schaffen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hallo Kurzer."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er zuckte zusammen und sprang auf, dann erkannte er jedoch Goal und versuchte seine Reaktion als Gentleman-Geste zu tarnen, indem er ihr überschwänglich einen Platz auf der Bank anbot.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie lächelte und als sie sich setzte, sah er wieder an ihrer Schläfe das schmale Bedienfeld ihres Gehirnimplantats aufblitzen. Er dachte daran, was Arron einmal über sie erzählte hatte. Dass sie ihre Mutter bei ihrer Geburt verloren und beinahe selbst nicht überlebt hätte, wenn ihr Vater ihr nicht dieses Implantat installieren lassen hätte. Er wusste nicht, wie er sie sich vorgestellt hatte, aber sie wirkte trotz der Elektronik in ihrem Kopf doch recht normal. Wenn auch nicht immer höflich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Mein Name ist übrigens Cletus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was hat du denn gegen 'Kurzer'?" Sie lachte und hob beschwichtigend die Hände als sie sein Gesicht sah. "Schon gut. Ich werde es mir merken." Sie wurde wieder ernster. "Die Sache mit Hawk tut mir leid. Er ist echt ein Idiot. Ich dachte, ich hätte in ihm endlich jemanden gefunden, der nicht gleich vor Ehrfurcht vor meinem Vater im Boden versinkt, aber dafür hat er halt vor gar nichts Respekt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus zuckte mit den Schultern. "Er ist nicht der erste Idiot, der mir über den Weg gelaufen ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber es war dein erster Empfang und da ist es schade, dass der so gelaufen ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er zog in Betracht, noch einmal darauf zu bestehen, dass er in Wirklichkeit ein alter Hase war, was Empfänge anging, aber da eine Diskussion die Situation womöglich noch peinlicher machen konnte, grinste er nur. "Wenigstens war das Essen ausgezeichnet. Die Champagnerkugeln muss ich mir wirklich merken. Die waren sogar noch besser als ich erwartet hatte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das freut mich zu hören. Hör mal, ich werde in drei Monaten 18 und mein Vater gibt eine große Party. Wenn du magst, würde ich mich freuen, wenn du kommst. Das Essen wird wieder großartig sein, dafür werde ich schon sorgen. Ich weiß genau bei wem man die besten Champagnerkugeln kriegt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus starrte sie mit offenem Mund an. "Wirklich? Ich meine, klar würde ich kommen. Aber, äh, dein Freund, äh..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal machte eine wegwerfende Bewegung. "Ich habe Schluss mit ihm gemacht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du hast-? Wegen... Wegen mir?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie seufzte wehmütig. "Nicht nur wegen dir. Eigentlich hauptsächlich aus anderen Gründen. Wir haben uns in letzter Zeit sehr oft gestritten und am schlimmsten von allem war, dass mein Vater ihn auch noch mochte. Das konnte ja nichts werden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh." Er wusste nicht was er dazu sagen sollte. "Nun, äh, dann komme ich natürlich zu deiner Party."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Prima.", sagte sie und lächelte wieder. "Ich habe übrigens den Sicherheitsbots den Tip gegeben, Hawk mal genauer im Auge zu behalten. Sie haben ihn vor ein paar Minuten darum gebeten, nicht länger herumzulungern und er ist eingeschnappt abgezogen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Danke. Natürlich wäre ich auch allein mit ihm fertig geworden, aber so hässliche Szenen müssen ja nicht sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Natürlich. Dann sehen wir uns bald wieder, Cletus?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er grinste und verabschiedete sich mit einer Verbeugung. Dann ließ er sich wieder auf die Bank fallen, zu aufgeregt um jetzt nach Hause in seine leere Wohnung zu gehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Tochter des Oberkontrollrats hatte ihn eingeladen. Hatte sich mit ihm unterhalten und ganz offensichtlich Gefallen an ihm gefunden. Was sollte ihn jetzt noch aufhalten?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Heute sollt ihr Neuen auch einmal zu einem Einsatz mitkommen. Aber um zu entscheiden, wer zur Inspektion des Freibads in der Fun-Zone darf, habe ich mir ein paar Fragen ausgedacht: Wer kann mir sagen, wie groß Elysium ist?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus unterdrückte ein Stöhnen und warf Elgon einen langen Blick zu. Er konnte kaum glauben, dass es so jemanden gab, aber in seinem Ausbilder hatte er tatsächlich jemanden gefunden, der alles an besserwisserischer Langeweile übertraf, dem er jemals begegnet war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Blick in die Runde seiner Mitauszubildenden verriet ihm, dass diese seinen Mangel an Enthusiasmus über die Frage teilten. Verlet hatte nicht einmal aufgesehen und schien mit irgendeinem elektronischen Spielzeug beschäftigt; Milo sah aus als bereute er es heute seit Wochen einmal wieder aufgekreuzt zu sein. Einzig Frau Kinkel hatte zumindest die Frage mitbekommen, auch wenn sie ein wenig unsicher wirkte. Allerdings konnte man bei Frau Kinkel nie wissen, was sie gerade dachte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun, dann würde es wohl an ihm sein, sich ein paar Extrapunkte zu sichern. "Meinen Sie wie viele Menschen auf Elysium leben oder wie die äußeren Maße der Station sind?", fragte er noch einmal nach.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Für einen Moment wirkte Elgon etwas perplex, aber dann lächelte er wieder selbstgefällig. "Vielleicht können Sie mir beides nennen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er war sich nicht sicher, warum ein Inspektor so etwas wissen musste, aber gut. "Es sind etwa 6000 Menschen auf Elysium und der Durchmesser der größten Plattform, auf der die Fun-Zone liegt, ist etwa 1200 Meter-", begann er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Um genau zu sein, sind es 1233 Meter", unterbrach ihn Frau Kinkel. "Die Höhe vom Dach der Kammer des Ältestenrats bis zu den unteren Schleusen beträgt 4185 Meter und der Durchmesser der Habitatebene 980 Meter. Bei einer Bevölkerung von 5892 Personen ergibt das eine Fläche von 128,02 Quadratmeter Wohnfläche pro Person."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus konnte nicht verhindert, dass ihm die Kinnlade herunterfiel. Er überschlug die Zahlen kurz im Kopf, aber er war recht sicher, dass Frau Kinkel richtig gerechnet hatte. Es war einfach so unfair. Wie sollte man auch mit jemandem mithalten, der ein Gehirnimplantat hatte, und sich so ein Wissen nicht mühsam einprägen musste, sondern einfach in den Speicher hineinlud?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er warf ihr einen wütenden Blick zu, doch sie beachtete ihn gar nicht und hielt die Augen auf Elgon gerichtet, der verklärt lächelte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Offensichtlich haben wir einen Gewinner. Nun, Frau Kinkel, dann suchen Sie mal Ihre Unterlagen zusammen und treffen Sie mich in zwanzig Minuten an den Aufzügen. Cletus, Sie begleiten Inspektor Jennick zum Computerkern. Äh, die anderen können natürlich auch mitkommen." Damit ging Elgon hinaus und ließ die angehenden Inspektoren mit Jennick, einer dünnen Frau mit blassblondem Haar, allein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch immer zeigte Frau Kinkel keinerlei Anzeichen eines Triumphs, was Cletus nur noch mehr aufregte. Statt irgend etwas zusammen zu packen, setzte sie sich bequemer hin und zog ein Buch hervor, in dem sie zu schmökern begann. Cletus verstand sie einfach nicht. So ziemlich das einzige, bei dem er sich in Bezug auf sie sicher war, war dass sie wie er diese Arbeit des Geldes wegen verrichtete. Doch im Gegensatz zu ihm, versuchte sie nicht einmal ansatzweise das zu verstecken. Sie zeigte kein großes Interesse an irgendetwas, keinen Ehrgeiz, einzig ihr Drang andere, besonders Cletus, zu verbessern, passte zu ihrer Berufswahl.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie hatte keine einflussreichen Freunde und kaum Familie. Noch dazu kannte hier niemand ihren Vornamen, obwohl im allgemeinen Familiennamen aus der Mode geraten waren. Alles an ihr war wenig bemerkenswert, von der eher durchschnittlichen Figur bis zu den den mausbraunen Haaren. Nur das Implantat, das silbrig an ihrer Schläfe glänzte, hob sie ein wenig aus der Masse hervor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vielleicht hatte sie sich in Schulden gestürzt um sich das verdammte Ding installieren zu lassen? Egal, es war auf jeden Fall unfair wie sie sich mit ihrem künstlichen Gedächtnis einen Vorteil erschlichen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das mit der Wohnfläche pro Person war ja wohl ziemlicher Blödsinn", blaffte er sie an, da ihm kein besser Angriff einfallen wollte. "An der senkrechten Achse entlang führen doch die ganzen Kabel und Versorgungsschächte. Die können Sie doch nicht in die Wohnfläche mit einrechnen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Frau Kinkel starrte ihn an und blinzelte langsam. "Da haben Sie recht", sagte sie nachdenklich, dann kehrte sie mit ihrer Aufmerksamkeit zu ihrer Lektüre zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schnaubte, dann bemerkte er, dass Verlet ihn angrinste. "Was ist denn so lustig?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach Mann, es ist einfach faszinierend wie ernst du das Ganze hier nimmst. Da ist es doch gut, dass du derjenige bist, der zum Computerkern geht, wo die wichtige Arbeit wartet. Mit dem Freibad könntest du wahrscheinlich eh nichts anfangen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verschränkte irritiert die Arme, aber er hörte auch Aurias warnende Stimme im Hinterkopf. Verlet kam aus einer angesehenen Familie und war wohl nur hier, weil es ihn amüsierte, anderen dabei zu zu sehen, wie sie sich anstrengten. Was auch für Milo galt. "Naja, es ist ja nun nicht so, als wüsste ich gar nicht wie man Spaß hat", sagte er mit leicht pikierter Stimme, wenn auch weniger aggressiv als sein erster Impuls gewesen war. "Andernfalls hätte mich Goal, die Tochter des Oberkontrollrats höchstpersönlich wohl kaum zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun hob auch Milo den Kopf. "Wie oft willst du da eigentlich noch drauf herumreiten? Wir haben das schon bei den ersten fünfzehn Mal, die du das erzählt hast, mitbekommen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Milo hatte tatsächlich mitgezählt, wie oft er die Party erwähnt hatte. Cletus war gegen seinen Willen ein wenig beeindruckt. "Ist ja auch egal. Fakt ist, dass ich durchaus beliebt-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hatten Sie nicht gestern selbst Geburtstag?", fiel ihm Frau Kinkel ins Wort, als sei ihr das in just diesem Moment eingefallen. Wobei, vielleicht hatte sie wirklich die Personalakten in ihren Speicher geladen, um im unpassendsten Augenblick mit solchen Einwürfen aufwarten zu können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, doch", erwiderte er unsicher. Er hatte seinen Geburtstag um ehrlich zu sein ganz vergessen. In Divius' Wohnung war es nie ein besonderer Anlass gewesen, mit dem Argument, dass niemand sicher sein konnte, dass das Datum in seinen Papieren auch stimmte. Und nun da er allein wohnte, war er einfach noch nicht gewohnt, darauf zu achten. Na gut, war er halt 20 geworden. Da musste man ja keinen Aufstand draus machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum hast du eigentlich keinen von uns dazu eingeladen?", fragte Verlet forsch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schob die Unterlippe vor und versuchte überheblich auszusehen. "Das sollte doch wohl jedem klar sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verlet war es offensichtlich nicht klar, aber er verdrehte nur die Augen und bohrte nicht weiter. "Na, dann viel Spaß im Computerkern. Ich werde mich Frau Kinkel im Freibad anschließen. Kommst du auch, Milo?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nein, ich geh wieder nach Haus. Das war genug Arbeit für heute." Milo gähnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie Sie wollen", mischte sich nun auch Inspektor Jennick ein, die sich die Unterhaltung teilnahmslos angehört hatte. "Kommen Sie, Cletus. Sehen wir uns an, wie gepflegt Ronnys Kabelschächte wirklich sind."[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"RRRONNNYYY!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus wollte gerade stöhnen und die Augen verdrehen, als er bemerkte, dass Inspektor Jennick die Personifizierung der Künstlichen Intelligenz Elysiums mit einem freundlichen Lächeln bedachte. "Guten Tag, Ronny," sagte sie beinahe vergnügt. "Bereit für eine Überprüfung deiner Kabelschächte?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Avatar gluckste fröhlich. "Aber natürlich, Frau Inspektor! Es ist mir wie immer ein Genuss, mit Ihnen zusammenzuarbeiten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus sah verwirrt von einem zum anderen. Konnte es wirklich jemanden geben, dem Ronnys übertriebene gute Laune nicht auf die Nerven ging?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jennick bemerkte seinen Blick, schwieg aber als sie mittels einer Stange einen kleinen Riegel an einem Deckenpaneel löste und so eine Klappe öffnete, aus der sich eine Leiter nach unten ziehen ließ. Mit einer einladenden Geste bedeutete sie Cletus schon einmal nach oben zu klettern und folgte dann als er sich durch die Luke in den Kabelschacht zog.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war recht eng hier drin und weit weniger blank geputzt im Vergleich zum Rest Elysiums, doch war der Schacht noch immer recht gut gepflegt. An einer Wand waren Sprossen angebracht, so dass man bis zu einer Plattform ein gutes Stück über ihnen klettern konnte, darüber hinaus konnte er nicht sehen wie hoch der Schacht reichte. Doch er wusste, dass sich die Kabel die gesamte Senkrechtachse entlang erstreckten, so dass Ronny auf alle Bereiche Elysiums zugreifen konnte. Im Grunde ähnelte der Schacht der Wirbelsäule eines Menschen, der ebenso die Nervenstränge schützte, die Signale vom Gehirn an alle anderen Körperteile transportierten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er kletterte ein wenig höher um Jennick Platz zu machen, die sich geübt durch die Öffnung schwang und es schaffte sich so an die Wand zu lehnen, dass sie keine der LEDs verdeckte, die den Schacht erhellten. Cletus hakte den rechten Arm hinter die Sprossen und zog mit der anderen Hand ein Messgerät mit integriertem Scanner hervor, doch noch während er überlegte, wie er es nun einschalten sollte, machte sich das Mistding selbstständig und glitt ihm zwischen den Finger weg.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jennick, die ihn nicht aus den Augen gelassen hatte, griff blitzschnell zu und fing es auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Verdammte-", begann Cletus zu schimpfen, doch Jennick ließ ihn nicht ausreden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Halten Sie mal die Luft an."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus blinzelte. "Was?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jennick seufzte. "Cletus, Sie sind ein guter Inspektoren-Anwärter. Einer der besten seit langem. Aber sie sind so unglaublich verbissen, dass sie sich damit das Leben selbst schwer machen. Sie wollen alles sofort und natürlich besser als alle anderen machen, anstatt einfach mal abzuwarten, was ich Ihnen sagen könnte. Sie fragen nie um Rat, sondern versuchen alles alleine hinzubekommen. Warum?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum?", wiederholte er und konnte nicht verhindern, genervt zu klingen. "Was soll das? Wollen Sie etwa meine ganze Lebensgeschichte hören?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Um Himmels willen, nein. Das war eine rhetorische Frage. Ich wollte nur, dass Sie einmal einen Schritt zurückgehen und sich selbst überlegen, was Sie eigentlich erreichen wollen. Und ob die Art wie Sie das tun, dafür wirklich das beste ist. Ich habe gesehen, wie sehr Sie sich über ihre Kollegen ärgern. Wie Sie selbst Ronny eher als Hindernis statt als Partner betrachten. Und ich glaube, dass Sie so niemals ihr Ziel erreichen werden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber die anderen-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Die anderen werden niemals so an diese Arbeit herangehen wie Sie", fiel ihm Jennick wieder ins Wort. "Je eher Sie sich mit diesem Gedanken anfreunden, desto besser. Ich habe schon viele Inspektoren wie Verlet oder Milo gesehen. Die beiden wollen den Titel, aber nicht die Arbeit, die damit verbunden ist. Und warum auch nicht? Auf Elysium ist Platz genug für ein paar Inspektoren, die nicht mithelfen, aber auch nicht im Weg stehen. Finden Sie sich damit ab, denn ändern werden Sie das System nicht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und wenn die beiden einmal etwas inspizieren sollen und aus Faulheit heraus, das Ganze abhaken und durchwinken, obwohl eine Reparatur dringend nötig wäre?" Ein Ebenengeländer, zum Beispiel, das nachgab sobald sich jemand dagegen lehnte. Besonders jemand, der ihm etwas bedeutete. Der Gedanke ließ Wut in ihm aufsteigen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jennick seufzte. "Dann müssen Sie hoffen, dass einer von uns zur nächsten Inspektion eingeteilt wird, bevor etwas passiert. Ich weiß, dass das nicht der beste Weg ist, aber wenn Sie glauben, dass es irgendjemand hilft, wenn Sie sich mit der Oberschicht anlegen, zerstören Sie nur Ihre eigene Karriere."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich dachte, auf Elysium gehören wir alle zur Oberschicht", erwiderte er bitter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie seufzte wieder, dieses Mal allerdings mit einem genervten Unterton. "Ich wollte Ihnen nur einen guten Rat geben. Auch wenn Sie Ihr möglichstes tun, sich unbeliebt zu machen, habe ich doch lieber einen unsympathischen, aber fähigen Kollegen als einen der wegen seiner Unfähigkeit sich an das System anzupassen seine Fähigkeiten gar nicht erst zum Einsatz bringen kann.”[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schob die Unterlippe vor und sah auf Jennick herab, was zur Abwechslung dank seiner Position auf der Leiter recht gut möglich war. "Ich brauche Ihren-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wenn Sie Ihren rechten Fuß auf diesen Vorsprung dort setzen, werden sie um einiges mehr Halt haben. Der Multiscanner hat einen Clip, mit dem Sie ihn am Gürtel befestigen können. Dann können Sie ihn auch mit einer Hand einschalten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"...Rat nicht," beendete er den Satz kaum hörbar. Etwas widerwillig setzte er seinen Fuß um und musste zu seinem Ärger feststellen, dass sie wusste wovon sie sprach. Also verkniff er sich jeden weiteren Kommentar als sie ihm den Multiscanner wieder nach oben reichte und folgte ihren Anweisungen um zu überprüfen ob die Kabelummantlungen intakt waren, ob die Spannung und Stromstärke den Richtwerten entsprach. Dann kletterte er noch mehrere Ebenen nach oben und wieder hinunter und besah sich den Zustand des Schachts und seiner Beleuchtung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jennick zeigte ihm wie er seine Ergebnisse in die dafür vorgesehenen Beurteilungsbögen eintragen sollte und fragte ihn schließlich, ob er noch Fragen habe oder ob sie die Arbeit abschließen konnten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verschränkte die Arme. "Ist das ein Test? Sie wissen doch so gut wie ich, dass der Schacht nicht den Bestimmungen gerecht wird. Nach dem Handbuch sollten die Hauptleitung und die Backups nicht durch den gleichen Schacht führen. Aber sie sind nicht einmal richtig von einander getrennt. Wenn es im Schacht jemals zu einem Unfall kommt, sind beide Leitungen hin. Was denn Sinn eines Backups dann völlig zunichte macht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jennick presste einen Moment die Lippen so fest zusammen, dass sie weiß wurden. "Da haben Sie recht," erwiderte sie langsam. "Ich erinnere mich noch gut daran wie ich diesen Missstand das erste Mal berichtete. Man sagte mir, dass zwei Schächte beim Bau zu viel Platz verschlungen hätte und eine Änderung jetzt praktisch nicht durchführbar wäre. Ich fand das absurd, wandte mich an verschiedene Vorgesetzte und ging sogar zu den Ältesten. Daraufhin bekam ich eine Weile gar keine Aufträge mehr. Schließlich wurde Inspektor Elgon, der mit mir gelernt und weit schlechter abgeschnitten hatte als ich zu meinem Vorgesetzten befördert."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber..." begann er, suchte eine Weile nach den richtigen Worten und gab dann auf. "Und was tun Sie nun deswegen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie schnaubte. "Nichts. Ich erwähne es nicht mehr in meinen Berichten. Warum sollte ich auch?" Sie schulterte eine Tasche mit ihren eigenen Unterlagen und Werkzeugen. "Schönen Feierabend, Cletus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah einen Moment hinterher bevor er sich selbst in Bewegung setzte. Sie machte es sich ganz schön leicht, fand er. Er würde ganz sicher niemals so nachlässig werden, auch wenn es einmal etwas schwieriger würde. Aber die Ältesten würden sich auf ihn verlassen können, komme was da wolle.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Die Wochen waren wie im Flug vergangen. Also, im Flug eines Vampirschnabeltiers, wie es sie auf Deponia noch immer gab. Wenn besagtes Schnabeltier an zu viel Knoblauch geknabbert hatte. Und sich dann mit letzter Kraft in die Lüfte geschwungen hatte, nur um von seinen angeekelten Artgenossen zu Fall gebracht zu werden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die letzten Wochen waren also erbärmlich gewesen. So erbärmlich, dass ihm nur noch überladene Metaphern einfallen wollten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber egal, die Zeit war endlich vorbei und heute war der Tag von Goals großer Party.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dies würde der beste Tag seines Lebens bis jetzt werden, da war er sich ganz sicher. Wenn die Tochter des Oberkontrollrats höchstpersönlich auf ihn stand, was sollte ihm da noch im Weg stehen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus grinste selbstsicher. Er hatte Stunden gebraucht sich herauszuputzen, seine Frisur saß perfekt, und in der engen Hose, die er trug, kam sein Hintern besonders gut zur Geltung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schlenderte zum Eingang der Halle aus der bereits laute Musik und Gelächter schallte und zeigte, dass die Party in vollem Gange war. Er klemmte sich das Geschenk für Goal unter den Arm und versuchte besonders lässig zu wirken als er dem Türsteher, einem massigen Sicherheitsbot, seinen Namen nannte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie war das? Cletus? Es tut mir Leid, Sir, aber Ihr Name steht nicht auf meiner Liste."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus Grinsen verblasste und auch wenn er versuchte das mit einem abfälligen Lachen zu überspielen, konnte er sich doch gegen ein sehr mulmiges Gefühl in der Magengegend nicht wehren. "Das muss ein Fehler sein. Ich wurde von Fräulein Goal persönlich eingeladen. Wahrscheinlich stimmt etwas mit Ihrer Datenbank nicht." Ein Verdacht stieg in ihm auf und nachdem er einen hastigen Blick riskierte ob auch niemand nah genug war ihn zu hören, beugte er sich vor und flüsterte: "Vielleicht finden Sie mich unter dem Eintrag 'Kurzer'?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sir, ich muss Sie bitten zu gehen. Ihr Name befindet sich nicht auf der Gästeliste, aber wie eine Überprüfung meines Speichers gerade ergeben hat, sind Sie unter den unerwünschten Personen aufgeführt, die abzuweisen man mich ausdrücklich beauftragt hat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus spürte wie sich alles Blut aus seinem Kopf zurückzog und ihn kreidebleich zurückließ. Warum? Was hatte er nur falsch gemacht? Das konnte doch einfach nicht sein![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Geht das denn hier bald mal weiter?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er kannte die Stimme irgendwoher, doch konnte er sie nicht sofort zuordnen. Sonst hätte er nie getan, was er nun aus einem Reflex heraus machte: Er drehte sich um.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hawk starrte ihn an und beider Augen weiteten sich. Cletus machte einen hastigen Schritt zurück, doch Hawks Hand war bereits hervorgeschossen und hatte ihn am Kragen gepackt. Hinter Goals Exfreund standen zwei weitere junge Männer, die sie verblüfft ansahen, aber keine Anstalten machten, ihm zu Hilfe zu kommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus' Gedanken rasten. Er war sich so sicher gewesen, dass Goal den Kontakt zu Hawk abgebrochen und er auf keinen Fall hier aufkreuzen würde. Er brauchte einen Plan B und zwar schnell. Vielleicht war Hawk auf gut Glück gekommen, eingeladen konnte er ja kaum sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Rufen Sie die Sicherheit!" rief er dem Türsteher zu, doch Hawk reagierte nicht wie erwartet, sondern grinste nur selbstsicher.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das wird nicht nötig sein," sagte Hawk ebenfalls an den Bot gewandt. "Ich werde mich darum kümmern, dass dieser Herumtreiber Sie nicht länger belästigt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ah, Herr Hawk. Herzlich Willkommen und vielen Dank, Sir. Sie müssen sich wirklich keine Umstände machen. Ich werde ein paar Sicherheitsbots anfordern und Sie können sich derweil auf der Party amüsieren."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hawk lächelte breit. "Nein, nein, ich bestehe darauf. Ich werde den Störenfried los und komme dann gleich zurück."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Türsteherbot wirkte ein wenig verlegen, lenkte aber zu Cletus Panik trotzdem ein. "Nun gut. Wie Sie meinen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hawk wandte sich Cletus zu und sein Lächeln war noch genauso breit wie zuvor. "Machen wir einen kleinen Spaziergang, Auslaufmodel?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus machte einen letzten Versuch sich aus dem Griff zu befreien, doch nun kamen auch noch Hawks zwei Kumpel dazu und packten ihn an den Armen. Halb gestoßen und halb gezerrt beförderten sie ihn durch die Fun-Zone zum äußeren Rand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus kannte die Stelle. Hier hatte er vor zehn Jahren versucht Arron zu helfen, einen Blick auf Deponia zu erhaschen. "Nein!" keuchte er panisch. "Das können Sie nicht tun! Ich bin Elysianer!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hawk stieß ihn so heftig gegen die Mauer, dass ihm ein scharfer Schmerz durch den Rücken fuhr. Wäre sein ausladender Kragen nicht nach oben geklappt, wäre auch sein Hinterkopf noch stärker in Mitleidenschaft gezogen worden. Doch auch so schmeckte er Blut. Wahrscheinlich hatte er sich auf die Zunge gebissen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]“Elysianer? Du?”, zischte Hawk. “Das soll wohl ein Witz sein. Du bist vielleicht ein Betriebsunfall aus den Klonanlagen, aber ganz sicher kein Elysianer. Sieh dich doch an! Glaubst du, nur weil du dich so herausgeputzt hast, würde dich irgend jemand für einen von uns halten?”[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Für einen Moment verdrängte Wut alle Angst. Leider verdrängte sie auch alle Intelligenz und seinen Selbsterhaltungstrieb. “Für einen von euch? Einen inzuchtgeplagten Vollidioten?” Ihm wurde im selben Moment wie Hawk klar was er da gerade gesagt hatte. “Warte! Ich meinte-“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hawks Faust traf ihn in die Magengrube und er klappte zusammen wie ein Taschenmesser. Was Hawk offensichtlich nicht reichte, denn er griff kurzerhand in Cletus’ Haarschopf, um ihn wieder aufzurichten. Einen Augenblick später ließ er ihn allerdings wieder los und wischte sich das überschüssige Haargel angeekelt an der Hose ab. Die beiden Elysianer, die Hawk begleitet hatten, kamen ihm zu Hilfe und zogen Cletus an den Oberarmen in die Höhe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann schlug Hawk wieder zu. Und wieder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Von den nächsten Minuten konnte Cletus später nicht recht sagen, was genau passierte. Er war nur erstaunt, dass weder seine Rippen noch sein Kiefer gebrochen waren. Nicht einmal das Bewusstsein verlor er, was Hawk besonders zu ärgern schien.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]“Na, ist dir immer noch nach schlauen Sprüchen?”, schrie er ihn an. “Du meintest doch, dass die Grundstückspreise auf Deponia so stark nachgelassen hatten. Vielleicht schicke ich dich einmal vor Ort nachsehen!”[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er machte Anstalten Cletus auf die Mauer zu hieven, doch einer seiner Kumpane legte ihm die Hand auf den Arm. “Mensch, Hawk. Meinst du nicht, er hat genug? Der wird dir bestimmt nicht mehr frech kommen. Und wenn uns doch ein Sicherheitsbot erwischt, haben wir mehr Ärger am Hals als er wert ist.”[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hawk grunzte unwirsch und ließ Cletus los, der sofort zusammensackte und sich nur mühsam auf allen vieren hielt. "Ich hoffe nur, er hat seine Lektion gelernt. Sonst muss ich wirklich noch ärgerlich werden." Er trat noch einmal zu und erwischte Cletus in der Seite, dann wandte er sich ab und ging mit den beiden anderen davon. Aus der Entfernung kamen noch eine Weile die Stimmen und Gelächter der drei, dann wurde es still.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schaffte es, sich an der Mauer hochzuziehen, dann machte er sich humpelnd auf den Heimweg. Feierabend.[/JUSTIFY]


 

Kapitel 7

 

[JUSTIFY]"Cletus? ...Cletus!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hörte dumpf jemanden seinen Namen rufen, aber sein Kopf fühlte sich wie in Watte gepackt an. Unwillig verzog er das Gesicht und kniff die Augen nur noch fester zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jemand packte seine Schultern und rüttelte an ihm. Cletus stöhnte und versuchte die Hände wegzuschieben, doch nun kam auch wieder die Stimme dazu. Schließlich gab er auf und blinzelte vorsichtig nach oben. Das Licht war grell und tat ihm in den Augen weh, doch einen Moment später erkannte er seinen Besucher.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Arron?" Cletus' Stimme klang so dumpf wie sich sein Kopf anfühlte. "Was machst... Wie bist du hier rein gekommen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron setzte sich neben ihn auf die Bettkante. "Der Hausbot hat mir die Tür geöffnet. Aber als er mich nicht reinlassen wollte, musste ich ihn... äh... ausschalten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du hast meinen Hausbot kaputt gemacht?" Cletus schnaufte ärgerlich. "Geh weg, Arron. Lass mich in Ruhe."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das werde ich ganz sicher nicht tun. Jedenfalls nicht, ehe du mir sagst was mit dir los ist." Arron verzog das Gesicht. "Ich hätte nicht gedacht, dass das überhaupt möglich wäre, aber du stinkst, Cletus. Ich wage es kaum zu fragen, aber wie lange hast du dich nicht gewaschen? Du siehst furchtbar aus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unwirsch dreht sich Cletus zur Wand. "Was spielt das überhaupt für eine Rolle? Es macht ohnehin keinen Unterschied was ich tue."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron war einen Moment völlig still, dann sagte er leise: "Du fängst an, mir Angst zu machen. Was ist bloß passiert?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus ignorierte ihn und schloss die Augen wieder. Arron das Herz auszuschütten war nun wirklich das letzte was er tun wollte. Aber er hatte ja Übung darin Arron los zu werden. Er musste ihn nur noch ein bisschen länger ignorieren, ihn zur Not beleidigen, falls er hartnäckig blieb und dann würde er bestimmt-[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hey!" quietschte Cletus als Arron ihm die Decke wegzog, ihn kurzerhand um die Taille fasste und ihn sich über die Schulter warf. Wie konnte er nur?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gut, er war mehr als einen Kopf größer als Cletus und letzterer war nicht sonderlich schwer. Aber hatte Arron denn auf einmal seinen Geruchssinn verloren? Was nutzte es, dass sich Cletus so gehen lassen hatte, wenn er damit doch niemanden fernhalten konnte?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron setzte sich in Bewegung, aber während Cletus noch überlegte, was er vorhaben mochte und was er dagegen tun konnte, betrat Arron schon das Badezimmer und setzte Cletus mehr oder weniger unsanft in der Dusche ab. Zwar trug letzterer nur einen Bademantel, doch den hielt er nun um so fester geschlossen. "Vergiss es Arron, ich werde ganz sicher nicht-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus Blick fiel auf den mannshohen Spiegel, den er selbst gegenüber der Dusche angebracht hatte, um sich angemessen bewundern zu können. Leider war das mit dem Bewundern zur Zeit etwas schwieriger. Unter seinen Augen lagen dunkle Ringe, seine Wangen waren eingefallen und von dunkelbraunem Bart überwuchert. Er warf Arron einen verwirrten Blick zu, sah dann wieder in den Spiegel und zurück zu Arron. "Ich... Wie lange bin ich...?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron seufzte. "Du bist seit über fünf Wochen nicht mehr zur Arbeit gekommen. Oma Auria schwankt schon eine Weile zwischen Sorge, dass du etwas verbockt haben könntest, Hoffnung, dass du die Arbeit gar nicht mehr nötig hast, und Wut, dass du nicht von dir hören lässt, hin und her. Hast du denn gar nichts mehr mitbekommen?" Er rümpfte die Nase. "Hast du vielleicht getrunken, Cletus?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das hatte er. Nahm er an. Die letzten Wochen waren ein langer verschwommener Zeitraum in seinem Gedächtnis. Er hatte die meiste Zeit geschlafen, hatte gegessen was der Hausbot gekocht hatte und sich gelegentlich hochgekämpft um sich zu erleichtern. Zwischendurch erinnerte er sich auch dunkel an leere Flaschen neben seinem Bett und furchtbare Kopfschmerzen, aber er konnte nicht mehr sagen, wie viel und was genau er da getrunken hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Lass mich in Ruhe, Arron. Es geht dich gar nichts an, was ich mache. Und Auria mit ihrer gehobenen Gesellschaft kann mich auch mal gerne haben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Jetzt bin ich mir sicher, dass du krank bist", gab Arron kopfschüttelnd zurück. "Oder dass du einen Schlag auf den Kopf bekommen hast."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus konnte nicht verhindern, dass er zusammenzuckte. Er sah wie Arron sich nach vorn lehnte und wusste, dass ihm die Reaktion auch nicht entgangen war. Was nun? Er konnte Arron nicht von Hawk erzählen, ohne von seiner Demütigung beim Türsteher zu reden. Ein entnervtes Stöhnen entfuhr ihm. "Sagt dir eigentlich seit ich ausgezogen bin niemand mehr wie penetrant du bist? Was muss ich denn tun, um dich wieder loszuwerden?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron verschränkte die Arme. "Ich werde dich auf keinen Fall in diesem Zustand alleine lassen. Aber ich mache dir einen Vorschlag: Du machst dich sauber und in der Zeit mache ich dir was zu essen. Wenn du das gegessen hast und wieder etwas stabiler wirkst, kannst du entscheiden ob du mir erzählen willst, was passiert ist. Falls nicht lasse ich dich wieder in Ruhe."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Na schön", gab Cletus zurück. "Dann sieh zu, dass du aus dem Badezimmer verschwindest, damit ich duschen kann."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das selbstzufriedene Grinsen in Arrons Gesicht störte ihn zwar schon, aber Cletus wollte nicht riskieren, dass sein Adoptivbruder noch länger blieb, wenn er ihn darauf ansprach. Also sah er Arron nur schweigend hinterher und zog vorsichtig den Bademantel aus, nachdem er hörte er, dass sich die Tür hinter ihm wieder geschlossen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte mit Überbleibseln seiner Blessuren gerechnet, doch als er an sich heruntersah, konnte er keine Spuren seiner Prellungen mehr sehen. Anscheinend hatte er die Prügel besser verkraftet als er gedacht hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus lehnte sich zurück und schaltete das Wasser ein. Er schloss die Augen. Wie hatte er nur so lange ohne das auskommen können? Es tat so gut, wie das warme Wasser seinen Rücken hinabfloss. Seine Muskeln entspannten sich und er seufzte zufrieden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er griff nach dem Duschgel und seifte sich von Kopf bis Fuß ein. Dann spülte er alles ab und begann wieder von vorn. Mit jedem Mal, bei dem er zusah wie das Wasser mit seinem Dreck im Abfluss verschwand, fühlte er sich mehr wie er selbst. Doch als er wieder einen prüfenden Blick in den Spiegel warf, ließ ihn sein Bart erneut stutzen. Entschlossen stieg er aus der Dusche und griff zum Rasierer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eine Weile später waren seine Wangen wieder makellos und glatt. Einzig unter der Nase und am Kinn hatte er noch Arbeit vor sich. Aber während er noch penibel alle Härchen von seiner Oberlippe entfernte kam ihm ein Gedanke. Im Grunde mochte er den Kontrast zwischen dem dunklen Haar und seiner hellen Haut. Dazu kam, dass der kleine Haarbüschel an seinem Kinn sein Gesicht streckte und ihn ein wenig älter und reifer wirken ließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er gab sich Mühe das Bärtchen in Form zu bringen und betrachtete sein Werk. Es war ein wenig ungewohnt, aber ihm gefiel sehr was er da sah.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Beinahe summte er selbstzufrieden als er einen sauberen Bademantel aus dem Schrank holte und anzog, bevor er zurück ins Wohnzimmer marschierte und nach Arron Ausschau hielt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Hausbot stand noch immer stumm und außer Betrieb nahe der Tür. Cletus hoffte sehr, dass er ihn bald wieder zum Laufen bekommen würde. Aber da Geräusche aus der Küche drangen und es nicht der Hausbot sein konnte, steckte er einen Moment später seinen Kopf durch die Tür und betrachtete Arrons Versuche ein leicht verbranntes Spiegelei auf einen Teller zu bugsieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich hoffe, du hast andere Talente als Kochen", kommentierte Cletus trocken und ließ sich auf einem der Küchenstühle nieder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron sah zu ihm auf und grinste. "Ich kriege zum Beispiel schlaffe Patienten dazu, wieder auf die Beine zu kommen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Patienten?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arrons Grinsen wurde noch breiter. Er griff nach einem zweiten Stuhl und setzte sich ihm gegenüber. "Ja, noch ein paar Jahre und du darfst mich 'Herr Doktor' nennen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob die Augenbrauen. Er hatte in den letzten Jahren so wenig Zeit mit ihm verbracht, dass er das Gefühl hatte, Arron kaum zu kennen. "Du willst Arzt werden? Was sagt denn dein Vater dazu?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron seufzte, schien aber in seinem Enthusiasmus kaum gebremst. "Er meint, dass anderswo mehr zu holen wäre, aber im Großen und Ganzen ist er zufrieden. Ich soll mich nur bald spezialisieren, aber das hatte ich ohnehin vor."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auch wenn er nun wirklich nicht zum Neid neigte, war es einfach nur unfair, wie Arron alles bekam, was Cletus gerne hätte. Er grollte etwas in seinen nagelneuen Bart, doch Arron beachtete ihn nicht weiter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich habe beim Studium eine alte Freundin von dir kennengelernt", fuhr Arron unbeirrt fort. "Lucia. Ihr wart doch mal zusammen, oder? Naja, sie forscht eher in Richtung Genetik, will ausgestorbene Tierarten zurückbringen und so. Und ich konzentriere mich mehr auf Menschen, aber auch Technik. Besonders Hirnforschung interessiert mich. Ich will mal Neurochirurg werden und-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du willst was?!" Cletus schnaubte. "Erst vergeudest du deine Zeit in der Fun-Zone und jetzt bildest du dir ein, du könntest anderen am Bewusstsein herumpfuschen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron schüttelte den Kopf. "Cletus, da war ich vierzehn. Und jetzt gehe ich noch eine ganze Weile studieren-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Pah", unterbrach ihn Cletus wieder. "Du meinst wohl du könntest alles schaffen, was? Wahrscheinlich willst du die Tochter des Oberkontrollrats beeindrucken. 'Seht her, ich kann Gehirnimplantate einsetzen. Darf ich Ihres mal sehen, junge Frau?'", äffte er Arron nach.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Versuchst du gerade zu klingen wie ich?" Arron schien mehr amüsiert als beleidigt zu sein. "Falls du dir deswegen Sorgen machst: Ich habe nicht das geringste Interesse an Goal. Ich bin gerade dabei, mich von meinem kontrollierenden Vater abzunabeln, da habe ich bestimmt nicht vor mich mit der Familie eines Oberkontrollrats einzulassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das macht mir natürlich keine Sorgen", gab Cletus schon aus Prinzip zurück, auch wenn er sich schon viel beruhigter fühlte. "Du hättest eh keine Chance bei ihr. So unbeständig wie die ist. Die würde mit dir nur aus einer Laune heraus flirten und dich gleich darauf wieder fallen lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das ließ Arron aufhorchen. "Sag mal, hat es irgendwas mit Goal zu tun, dass du... Ich meine, es ist auch glaube ich ungefähr fünf Wochen her, dass es so eine Aufruhr auf ihrer Party gab. Hast du-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aufruhr?", unterbrach ihn Cletus. Hatte Arron etwa doch von seiner unglücklichen Begegnung mit Hawk gehört?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron zuckte mit den Achseln. "Ich war selbst nicht dabei, aber es war eine Weile das Stadtgespräch, dass Goal irgendeinem Exfreund eine Szene gemacht hat. Ich habe sogar gehört, sie sei handgreiflich geworden und dass sie sowohl ihren Vater als auch diesen Typ vor versammelter Menge angeschrien hat. Hast du wirklich nichts davon mitbekommen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus starrte ihn mit offenem Mund an. "Sie... sie hat..." Er verstummte und sah auf seine Hände herab. Er konnte sich einfach keinen Reim auf das Ganze machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hör mal, Cletus, vielleicht würde es dir guttun, darüber zu sprechen, was passiert ist", versuchte es Arron noch einmal, doch Cletus schüttelte nur den Kopf. "Okay, dann bleib halt stur. Versprich mir wenigstens, dass du dich nicht noch länger hier verkriechst." Er grinste schief. "Brich Oma Auria nicht das Herz."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dieses Mal erwiderte Cletus das Grinsen. "Dann hat sie dich wirklich geschickt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nicht ausdrücklich. Aber es hat irgendwann schon genervt, wenn sie wieder angefangen hat von dir und ihren enttäuschten Erwartungen zu sprechen. Außerdem... hat es mich irgendwie gewurmt, dass ich nicht weiß, was mit dir ist. Wir haben uns doch mal besser verstanden und jetzt sind wir uns so fremd geworden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus weigerte sich zu zu geben, dass ihm der selbe Gedanke gekommen war. Er seufzte. "Dann sag Auria, dass ich einen Unfall hatte. Aber es geht mir wieder besser und ich werde morgen wieder zur Arbeit gehen." Er runzelte die Stirn. "Und um Poisonous muss ich mich auch mal wieder kümmern."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Poisonous?", wiederholte Arron. "Dein seltsames Haustier? Dein Hausbot hat ihn wohl gefüttert, aber als ich ihm vorhin etwas geben wollte, hat er nach mir geschnappt und versucht mich mit seiner Zunge zu treffen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dann ist er also völlig normal."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron schnaubte. "Er passt zu dir. Ihr seid beide schlechtgelaunte Miesepeter." Damit erhob er sich und tippte sich wie zu einem spöttischen Gruß an die Stirn. "Aber Lucia meinte auch, dass man bei dir vielleicht noch mal was retten kann."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auch Cletus stand auf und verschränkte die Arme. "Ihr habt über mich gesprochen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich werde nie verstehen, warum du mit ihr Schluss gemacht hast."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich mit ihr? Sie hat doch mit mir Schluss gemacht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron stutzte. "Ich habe sie nicht danach gefragt. Aber hattest du nicht Papa erzählt, dass du..." Er unterbrach sich selbst und lächelte seltsam. "Ist nicht so wichtig. Papa muss ja auch nicht alles wissen, nicht wahr? Es war auf jeden Fall nett mal wieder mit dir zu reden. Fast wie damals als wir noch... Du weißt schon."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ja, wusste er. Und nun da die Angst vor Divius sein Leben nicht mehr bestimmte, war er sich nicht mehr sicher, wie er Arron sehen sollte. Natürlich war er ein nervtötender Idiot, aber ohne ihn wäre er wohl noch immer...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich muss dann langsam mal wieder los", mischte sich Arrons Stimme in seine Gedanken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus atmete tief durch. "Ja, natürlich. Aber bevor du gehst, muss ich dir noch etwas sagen, Arron." Er lehnte sich vor und legte seinem Adoptivbruder die Hand auf den Arm. "Wenn du je wieder meinen Hausbot kaputt machst, dann kriegst du so richtig Ärger."[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Cletus zupfte seine Haare zurecht und warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel. Sein Kinnbart wuchs und gedieh so gut, dass er ihn schon ein paar Mal stutzen musste. Auch seine Wangen wirkten nicht mehr eingefallen und ausgemergelt. Die letzten Monate hatten ihm gut getan.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er lächelte sein Spiegelbild an. "Hallo, schöner Mann."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Flirtest du dich schon wieder selbst an?", kam Arrons Stimme aus dem Flur. "Kein Wunder, dass du immer ewig brauchst um fertig zu werden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus warf ihm einen Blick über die Schulter zu. "Hatte ich nicht gesagt, du sollst im Wohnzimmer warten?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hattest du. Vor über einer Stunde. Aber wenn dich nicht jemand antreibt, wirst du nie rechtzeitig zu deinem Training fertig. Warum putzt du dich überhaupt so heraus? Wenn du dich richtig bewegst, kommt deine Frisur sowieso wieder durcheinander."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und da wunderst du dich, warum ich keinen Sinn in diesem Training sehe." Cletus verdrehte die Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hey, du hast mich gefragt, ob es nicht einen Selbstverteidigungskurs gibt, der zu dir passt. Dann nehme ich dich mit zum Shai-Hulu-Unterricht und alles, was du tust, ist jammern und das Training ausfallen lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus antwortete nicht. Ja, es war ihm wichtig gewesen, sich verteidigen zu können, falls er jemals wieder Hawk in die Hände fiel oder in einer ähnlichen Situation landete. Doch als die Monate vergingen, ohne dass etwas Schlimmes passierte, hatte sich das Verhältnis von Aufwand zu Nutzen für diese ganze Shai-Hulu Sache umgekehrt. Im Grunde reichte es ihm, dass er die Grundstellungen kannte, wusste wie man drohend dreinsah und seinem Gegner damit imponieren konnte, welchen Askaten er erreicht hatte. Zur Not konnte man das ganze auch noch mit einer Lüge etwas aufpeppen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und du willst wirklich nach dem Training noch Lucia treffen?", wechselte er das Thema. "Verschwitzt und stinkend wie du dann immer bist?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron lächelte verlegen. "Ich dusche doch immer noch mal. Außerdem ist Lucia nicht der Typ, dem das etwas ausmachen würde." Er zögerte einen Moment. "Ich habe nur... Ich meine, würde es dir etwas ausmachen, wenn... also..." Er wand sich und suchte nach Worten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus ließ ihn noch ein wenig zappeln, dann sagte er gönnerhaft: "Da du wahrscheinlich nehmen musst, was du kriegen kannst, will ich dir bei Lucia nicht im Weg stehen. Aber komm nicht zu mir jammern, wenn sie alles schlecht redet, was dir etwas bedeutet."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron schnaubte. "Zu großzügig."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das war es wirklich, aber Cletus hatte ohnehin keine Lust mit Arron wegen einer Frau zu konkurrieren. Das ganze Drama um Goal hatte ihm wieder einmal gezeigt, dass es die Mühe nicht wert war und er hatte nicht vor, sich noch einmal solche Hoffnungen zu machen, nur um sie wieder zu verlieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte sein Leben zurück. So wie es vor diesem Empfang gewesen war, auf dem er der Tochter des Oberkontrollrats über den Weg gelaufen war. Zumindest fast. Seine Arbeitskollegen hatten noch eine ganze Weile abfällige Kommentare über seine "angebliche" Einladung zu Goals Party gemacht, als er wieder begonnen hatte zur Arbeit zu gehen. Aber er war inzwischen zum Inspektor ernannt worden, nur zwei Wochen nach Frau Kinkel.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwar wurde er ein wenig oft für seinen Geschmack als Assistent von Inspektor Elgon eingeteilt. Aber da Elgon kurz davor stand zum Oberinspektor ernannt zu werden, war ihm die Chance vielleicht noch ein paar Beziehungen zu knüpfen auch ganz recht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Bist du denn jetzt endlich fertig?", unterbrach Arron seine Gedanken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, fast", antwortete Cletus. Im Grunde fiel ihm nichts mehr ein, was er noch tun müsste, aber er war einfach unmotiviert, sich wieder zu diesem Gehopse schleifen zu lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron verdrehte die Augen. "Weißt du was, ich habe es satt zu warten. Ich werde mich schon auf den Weg machen und wenn du es endlich geschafft hast deine Haare fertig zu drapieren und du dir den Bart ausreichend gezwirbelt hast, kannst du ja nachkommen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus machte sich gar nicht erst die Mühe zerknirscht dreinzusehen. "Natürlich", erwiderte er, ohne auch nur in Betracht zu ziehen, wirklich noch nachzukommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Enttäuschung war Arron so deutlich anzusehen, dass nicht einmal Cletus es übersehen konnte, aber er entschied sich, das zu ignorieren. Was konnte er dafür, dass sich Arron immer wieder unrealistische Hoffnungen machte?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kaum war die Tür hinter seinem Adoptivbruder ins Schloss gefallen, ließ Cletus sich auf dem Sofa nieder und legte die Füße hoch. Vielleicht hatte er noch ein paar Champagnerkugeln im Kühlschrank mit denen er den Nachmittag ausklingen lassen konnte, bevor es Zeit zum Abendessen wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Türklingel ließ ihn wieder aufschrecken. Hatte Arron noch etwas vergessen? Er winkte dem Hausbot ab und ging selbst zur Tür. Am besten er wimmelte ihn selbst ab, bevor er überhaupt noch einmal hereinkam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was ist denn jetzt no-", begann er, doch dann blieb ihm der Rest des Satzes im Hals stecken. "Goal?!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie trug ihre rotgoldenen Haare offen, nur zurückgehalten durch ein blassgrünes Haarband, ähnlich dem seinen. Statt eines Kleides war sie nun in einen weißen Bodysuit gekleidet und anstelle der hochhackigen Schuhe steckten ihre Füße in sportlichen Stiefeln, was sie ihn nicht mehr ganz so viel überragen ließ. Aber ansonsten sah sie noch genau so unverwechselbar atemberaubend aus wie an dem Tag, an dem sie einander zum ersten Mal richtig begegnet waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Willst du mich nicht hereinbitten?", fragte sie vorwurfsvoll.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch bevor er richtig darüber nachdenken konnte, übernahmen die von Auria sorgsam gedrillten Instinkte in Sachen Etikette und er trat gehorsam zur Seite. Goal rauschte an ihm vorbei und Cletus schloss noch immer verdattert dreinsehend die Tür. Dann folgte er ihr ins Wohnzimmer, wo sie vor dem Couchtisch erregt auf und ab lief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sag mal, Cletus, wie alt bin ich?", fragte sie plötzlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er überlegte einen Moment zu welchem Geburtstag sie ihn vor Monaten eingeladen hatte, doch als er den Mund öffnete redete sie schon selbst weiter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich werde in vier Monaten neunzehn und er behandelt mich wie ein kleines Kind!", rief sie wütend. "Jetzt wollte ich mit den Planungen früh genug anfangen, damit es dieses Jahr besser läuft als letztes und da erfahre ich, dass er mir schon letztes Jahr in der Gästeliste herumgepfuscht hat. Und dann sagt er mir auch noch, dass er das besser beurteilen kann. Ich bin doch keine Zwölf mehr!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wer-?", versuchte Cletus zu fragen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Mein Vater natürlich. Er hat dich von der Gästeliste genommen und Hawk drauf gesetzt. Kannst du dir das vorstellen? Weil es immer nur um ihn und seine Vorlieben geht! Was ich will, nimmt er überhaupt nicht wahr!" Goal hatte sich nur noch mehr in Rage geredet. "So kann er nicht mit mir umgehen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie schimpfte noch eine Weile weiter, doch Cletus nahm kaum noch wahr, was sie da sagte. Sie hatte ihn also doch nicht absichtlich auflaufen lassen. Sie stand auf ihn, da war er sich sicher. Dass es mit dem Oberkontrollrat noch ein paar Probleme gab, war nicht schön, aber er würde es schon schaffen, auch ihn für sich einzunehmen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und? Was ist nun?", fragte Goal gerade unwirsch und er wurde sich bewusst, dass er die eigentliche Frage verpasst hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, natürlich", erwiderte er hastig in der Hoffnung, dass das die richtige Antwort war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Schön", sagte Goal schon etwas ruhiger. "Ich weiß, das war etwas unkonventionell, aber du kannst mich ja bei unserem nächsten Date offiziell einladen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Date? Hatte sie gerade Date gesagt? Cletus klappte die Kinnlade herunter, doch Goal nahm ihn kurzerhand am Arm und marschierte in Richtung Tür. "Du kannst mich zu einem Soyoccino einladen. Ich kenne ein Café in den drehenden Gärten, wo sie den besten Soyoccino in ganz Elysium machen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus ließ sich mitziehen und tat sein bestes nicht dümmlich zu grinsen. Wie gut, dass er Wert darauf gelegt hatte, sich ordentlich zurecht zu machen.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"Und dann sagte Inspektor Elgon zu mir: 'Wenn nur alle Inspektore so einen Arbeitsethos hätten wie Sie, Cletus, würde unsere schöne Station wohl ewig halten.'" Cletus hielt einen Moment inne um Goal angemessene Gelegenheit zu geben, ihre Anerkennung zu zeigen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch sie hob nur die Brauen und fragte: "Du redest wirklich gern über dich, was?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus war verwirrt. Was war denn das für eine Frage? Natürlich tat er das. "Ich rede gerne über interessante Themen", erwiderte er "Und das überschneidet sich eben meist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal seufzte und Cletus beschlich ein leichtes Gefühl der Nervosität. Was hatte sie nur?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich hatte nur mit etwas ungewöhnlicherem gerechnet", sagte Goal. "Zumindest arbeitest du und verbringst nicht den ganzen Tag in der Fun-Zone oder der Chill-Out-Zone. Aber..." Sie seufzte wieder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus suchte fieberhaft nach etwas, das ihn sonst noch von der Masse abhob. "Ich habe ein Haustier!", platzte es schließlich aus ihm heraus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das erregte ihre Aufmerksamkeit. "Wirklich? Paps hält nichts davon. Er meint, es wäre eine Verschwendung von Ressourcen. Aber ich wollte auch schon immer ein Tier haben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er lehnte sich zurück und lächelte sebstgefällig. "Es ist auch nicht ganz billig, jeden Monat für so ein Tierchen aufzukommen, aber ich finde, das ist es wert."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum gehst du nicht in den Streichelzoo, wenn du so tierlieb bist? Das wäre bestimmt billiger."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus seufzte übertrieben. "Das mag schon sein. Aber ich konnte es einfach nicht über mich bringen, ihn dort zurück zu lassen. Immerhin ist er so unkonventionell, dass wohl niemand außer mir etwas mit ihm anfangen kann."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jetzt war sie erst recht neugierig. "Was ist er denn?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er winkte ab. "Ach, ich will dir keine Angst machen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie grinste schief. "Ich werde mir schon nicht bei der bloßen Erwähnung in die Hose machen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus beugte sich vor und flüsterte verschwörerisch: "Er ist ein Pestspeichelwaran und sein Name ist Poisonous."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zu seiner Überraschung reagierte Goal kein bisschen schockiert, sondern lachte sogar hell auf. "Oh, wie süß. Den musst du mir beim nächsten Mal unbedingt zeigen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Süß? Hatte sie wirklich "süß" gesagt? Aber gut, solange sie auch von einem "nächsten Mal" sprach, sollte sie doch mit ihrer Fehleinschätzung glücklich werden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber", fuhr Goal fort, "für heute hatte ich genug. Du darfst mich gerne noch nach Hause bringen, wenn du willst?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wenn ich will?", wiederholte er ohne darüber nachzudenken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wenn du ein Gentlemen bist", stellte sie klar.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Natürlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal lebte mit ihrem Vater in der obersten Habitatebene, wo der Durchmesser der Station nur noch einen Bruchteil der Ausmaße hatte, die in der Fun-Zone, der breitesten Plattform Elysiums, herrschten. Hinter den gediegenen Häusern ragte die Zentrale Senkrechtachse Elysiums empor, in der sich die Verwaltungsebenen und darüber an der höchsten Stelle die Kammer, in der der Ältestenrat tagte, befanden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus tat sein bestes nicht zu beeindruckt auszusehen, doch das war leichter gesagt als getan. Was er nicht dafür geben würde eines Tages hier leben zu können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal hatte ihn schon am Fahrstuhl an der Hand genommen und ging zielstrebig auf einen Prunkbau ganz in der Nähe zu. Cletus konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sie beobachtet wurden. Hatte der Oberkontrollrat vielleicht hier draußen Kameras installiert?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal blieb stehen und drehte sich zu ihm um. Sie lächelte beinahe triumphierend und legte ihm eine Hand auf die Wange. "Danke, dass du so spontan Zeit hattest, Cletus. Es war wirklich nett mit dir."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus' Herz machte bei der Berührung einen Hüpfer und begann dann wie wild zu klopfen als ihre Finger zu seinem Kinn herabglitten und mit seinem Bärtchen spielten. Ihre Augen glitzerten als sie fester zufasste und ihn zu sich heranzog. Er reckte sich unwillkürlich hoch und dann spürte er ihre Lippen auf den seinen. Er schloss die Augen und erwiderte den Kuss als habe er sein ganzes Leben auf diesen Moment gewartet.[/JUSTIFY]


 

Kapitel 8

 

[JUSTIFY]"Du hast was?" Cletus starrte Goal mit offenem Mund an. Er hatte sich ja allmählich daran gewöhnt, dass sie mitunter spontan seltsame Entscheidungen traf, aber das hier war geradezu absurd.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Entspann dich, er wird süß darin aussehen", antwortete Goal fröhlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du kaufst einem Pestspeichelwaran einen Freizeitdress?" Cletus war noch immer fassungslos.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und einen Badeanzug." Goal dachte anscheinend gar nicht daran, sich in ihrem Enthusiasmus bremsen zu lassen.,[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verbarg das Gesicht in den Händen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seine Freundin marschierte unterdessen unbeirrt zu Poisonous' Käfig und ließ den Waran heraus. Bei den ersten Malen als sie das getan hatte, hatte er noch erschrockene Warnungen gerufen. Aber aus irgend einer Laune heraus hatte Poisonous Goal noch nie auch nur angezischt, geschweige denn gebissen. Ganz im Gegensatz zu ihm selbst natürlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Irgendwann würde er das Drecksvieh ausstopfen lassen![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem Seufzen erhob er sich und folgte Goal. Die hatte es inzwischen tatsächlich fertiggebracht, Poisonous in den Badeanzug zu zwängen und kraulte ihm den schuppigen Bauch. "Na, Precious, das gefällt dir, nicht wahr?", gurrte sie ohne aufzublicken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sein Name ist Poi-", versuchte Cletus einzuwerfen, doch Goal ließ ihn nicht ausreden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sieht das nicht toll aus? Ich wette beim Campen werden uns alle um ihn beneiden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du willst ihn doch wohl nicht mitnehmen? Goal, wir sind nur eine Nacht weg. Da wird er schon mit dem Hausbot auskommen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie war sichtlich enttäuscht, aber er war sicher, dass sie schon darüber hinwegkommen würde. Interessanter war für ihn, mit welcher Selbstverständlichkeit sie den Ausflug plante, obwohl er sie noch nicht offiziell eingeladen hatte. Er hatte lediglich erwähnt, dass Arron diesen Trip mit Lucia plante und gefragt hatte ob sie nicht mitkommen wollten. Bedeutete das... "Du, Goal? Du hast dich ja jetzt schon entschieden. Da muss ich doch bestimmt nicht wieder eine schriftliche Einladung bei dir zu Hause abliefern, oder?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal blickte zu ihm auf und auf ihrer Stirn bildete sich eine steile Falte. "Ist das dein Ernst? Du weißt doch, dass ich Wert darauf lege, einen gewissen Standard zu halten. Außerdem soll sich mein Vater doch an dich gewöhnen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus unterdrückte ein Seufzen. Auf der einen Seite schätzte er die Gelegenheiten, sich in Goals Nachbarschaft blicken zu lassen und sich an den gehobenen Stil dort zu gewöhnen. Aber andererseits schien der Hausbot ihn jedesmal unhöflicher zu behandeln, ließ ihn immer länger vor der Tür warten und fertigte ihn immer ruppiger ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und dann war da auch noch Ulysses selbst. Oder besser gesagt, dann war Ulysses eben nicht da. Denn aus irgendeinem Grund hatte er außerordentliches Pech, wenn es darum ging Goals Vater unter vier Augen zu treffen. Auch auf der Party vor zwei Wochen als Goal 19 Jahre alt wurde, hatte der Oberkontrollrat einen dringenden Termin auf dem Planeten. Goal hatte behauptet sich darüber zu freuen, da ihr nun niemand in die Planung funkte, doch war sie eine ganze Weile äußerst gereizt und einsilbig zu Cletus, als wäre es seine Schuld.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal unterbrach ihr Spiel mit Poisonous erneut und warf Cletus einen nachdenklichen Blick zu. "Da fällt mir ein: Mein Vater kommt morgen von einem seiner Trips nach Deponia zurück. Wenn du also übermorgen die Einladung vorbeibringst, erwischst du ihn vielleicht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er spürte wie sein Herz nervös schneller schlug und verschränkte schnell die Arme darüber. "Na meinetwegen. Wenn es dann nicht mit dem Wochenende zu knapp wird."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal grinste. "Das werde ich schon vorher mit ihm abklären. Wenn du dann mit den Formalitäten ankommst, wird er schon nicht Nein sagen."[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Cletus versuchte ein Seufzen zu unterdrücken, doch dieses Mal gelang es ihm nicht. Er wartete jetzt seit über fünf Minuten vor Goals Haustür und zweimal waren bereits Nachbarn betont dicht an ihm vorbeigekommen und hatten ihn angestarrt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vielleicht sollte er noch einmal klingeln? Er wollte vor dem Oberkontrollrat nicht noch unangenehm auffallen, aber er war sich nicht mehr sicher, ob er die Klingel überhaupt fest genug gedrückt hatte. Er überlegte noch einen Moment hin und her, dann fasste er sich ein Herz und drückte nochmals den reich verzierten Knopf. Im selben Augenblick öffnete sich die Tür und er fand sich Auge in Auge mit einem hochgewachsenen, breitschultrigem Mann, der finster auf ihn herabstarrte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Herr Oberkontrollrat!", quietschte Cletus erschrocken. "Ich wollte gerade... ich dachte, die Klingel-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie dachten, es sei eine gute Idee mich zu stören?", unterbrach ihn Ulysses. Seine eisblauen Augen blitzten zornig unter buschigen Augenbrauen hervor, doch die hellbraune Lockenmähne und der Vollbart erinnerten Cletus eher an einen wütenden Bären und verunsicherten ihn noch mehr. "Wer zum Teufel denken Sie, wer Sie sind?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich, äh... ich wollte... ich habe eine Einladung für Goal", stammelte Cletus und fügte erklärend hinzu: "Ihre Tochter meine ich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses' Augen wurden immer schmaler.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber natürlich wissen Sie, dass Goal Ihre Tochter ist", versuchte Cletus es noch zu retten. "Allerdings hatten wir noch nicht das Vergnügen, einander vorgestellt zu werden. Zwar wird Ihnen Ihre Tochter von mir erzählt haben, aber..." Er suchte verzweifelt nach den richtigen Worten, doch Ulysses' Blick lähmte seine Gedanken. "Nun, äh, mein Name ist Cletus", schloss er lahm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich kenne Ihren Namen sehr gut", antwortete Ulysses leise und drohend. "Denken Sie nicht, dass Ihre Versuche sich bei meiner Tochter einzuschmeicheln mir entgangen wären. Ich habe Goal bereits deutlich gemacht wie wenig ich von dem Umgang mit Ihnen halte, aber da dies anscheinend noch nicht bis zu Ihnen durchgedrungen ist, sage ich es Ihnen noch einmal persönlich: Halten Sie sich von Goal fern!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Damit pflückte Ulysses den Umschlag mit der Einladung aus Cletus' Händen und riss ihn mehrere Male durch. Cletus starrte noch immer entsetzt auf die zu Boden rieselnden Papierfetzen, da hatte sich Ulysses auch schon umgedreht und war wieder hineingegangen. Die Tür glitt hinter ihm zu und ließ Cletus mit offenem Mund draußen zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das konnte einfach nicht wahr sein! Goal hatte doch mit ihm sprechen wollen. War dies ihre Vorstellung von einem Scherz? Oder hatte sie ihn in eine Falle gelockt, um sich über ihn zu amüsieren?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es wäre wohl das Beste zu verschwinden, bevor noch mehr Schaulustige auftauchten und das Ganze noch demütigender machten, doch er konnte sich einfach nicht aus seiner Erstarrung lösen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du hast ihn einfach weggeschickt?", drang eine aufgebrachte weibliche Stimme durch die geschlossene Tür. "Dad, was denkst du dir denn dabei?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verblüfft lehnte sich Cletus näher an die Tür. Das hatte nach Goal geklungen. Aber wie konnte er durch die schalldichten... Sein Blick fiel auf die Stelle, wo die Schiebetür normalerweise nahtlos mit dem Türrahmen abschloss und er bemerkte die zusammengedrückten Fetzen seiner Einladung, die verhindert hatten, dass sich die Tür vollständig schloss.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nicht in diesem Ton, junge Dame!", hörte er Ulysses drinnen zurückpoltern. "Noch bin ich hier der Herr im Haus und ich werde auf keinen Fall einfach zusehen wie du dich mit jemand so ungeeignetem einlässt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dad, ich bin kein Kind mehr. Ich kann gut allein entscheiden, mit wem ich meine Zeit verbringen will. Und nur weil du Cletus nicht standesgemäß findest-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Darum geht es doch gar nicht", unterbrach Ulysses sie. "Oder zumindest nur am Rande. Goal, ich kenne ihn. Ich weiß, was er ist. Ich weiß, dass er dir weh tun wird."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte verwirrt. Wovon redete der Oberkontrollrat nur?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal klang ebenso verblüfft wie er als sie antwortete: "Ich habe keine Ahnung, worauf du da anspielst. Du hast dich noch nicht einmal mit ihm unterhalten. Woher willst du wissen, dass er mir wehtun würde?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich kann dir das nicht erklären, aber ich weiß mehr über diesen Cletus als du denkst. Ich weiß, dass Mitgefühl nicht Teil seines Designs ist. Er ist nichts für dich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus fühlte sich wie betäubt. Mitgefühl war nicht Teil seines Designs? Was sollte das heißen? War das Ganze irgendein großes Missverständnis? Verwechselte ihn Ulysses vielleicht mit jemand anderem? Er hörte Goal drinnen etwas antworten, aber er registrierte die Worte nicht richtig, weil seine Gedanken nicht aufhören wollten um Ulysses' Worte zu kreisen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem Mal öffnete sich die Tür wieder und dieses Mal stand Goal vor ihm. "Cletus! Du bist noch hier!", rief sie und fiel ihm geradezu um den Hals. "Ich hatte schon Angst, Dad hätte dich wirklich in die Flucht geschlagen." Sie lachte. "Aber da kann er lange stänkern. Ich lasse mir schon lange nichts mehr vorschreiben und du scheinst dich auch gegen ihn behaupten zu können." Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange. "Du glaubst gar nicht, wie mich das erleichtert."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus brachte ein gequältes Lächeln zustande und ließ sich von Goal von der Tür fortziehen. Er wusste nicht, was den Oberkontrollrat dazu gebracht hatte eine so schlechte Meinung von ihm zu haben, aber er würde nicht aufgeben, Ulysses zu zeigen, dass er sich in ihm irrte. Er würde Goal niemals weh tun. Das Risiko war viel zu groß dafür.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

[JUSTIFY]Cletus hasste Campen. Er wusste wirklich nicht, warum irgendjemand seine Wohnung mit einem bequemen Bett gegen ein Zelt mit Luftmatratze tauschen sollte. Auch wenn das Zelt, das er mit Goal teilen sollte, recht komfortabel ausgestattet war und sich selbst aufgestellt hatte, war das ja nun auch das mindeste, was man erwarten konnte. Immerhin waren sie ja keine Wilden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Allerdings herrschte auf den Drehenden Gärten für seinen Geschmack noch immer zu viel Natur und zu wenig Zivilisation. Er war sich fast sicher, irgendwo im Gras einen Käfer entdeckt zu haben und zog sich angeekelt in den Eingangsbereich ihres Zelts zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber das war noch nicht das schlimmste gewesen. Nein, zu all dieser Wildnis kam auch noch, dass sich Goal anscheinend blendend mit Lucia verstand. Er hatte auf ein wenig Eifersucht gehofft, darauf dass Goal ein wenig Angst bekam ihn zu verlieren und etwas dichter an ihn heranrücken würde. Stattdessen saß sie auf einem Klappstuhl neben Lucia am Elektrofeuer und kicherte über ihre Anekdoten aus der Schule, dem Studium und ihren Beziehungen. Arron, der sich gegenüber der beiden zu Cletus' Linken niedergelassen hatte, schien das nichts auszumachen, so entspannt wie er mitlachte und sogar miterzählte. Cletus aber war sich sicher, dass dies das schrecklichste Wochenende seines Lebens werden würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die neueste Runde Gelächter ließ ihn aufblicken. Ja, jetzt war er auch Thema geworden. Natürlich. Er versuchte betont gleichgültig dreinzublicken, aber sein Erfolg war eher mittelprächtig, besonders als Goal dichter zu ihm heranrutschte und ihm in die Rippen stieß. "Du hast wirklich Spitzenunterwäsche getragen?", fragte sie für seinen Geschmack viel zu amüsiert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus warf Lucia einen düsteren Blick zu und verschränkte die Arme. "Ich wüsste nicht, was das Problem daran sein soll. Ich sehe fantastisch darin aus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia lachte nur. Sie sah noch hübscher aus als er es in Erinnerung hatte, wenn sie so lachte. Verdammt. "Ach Cletus", sagte sie. "Das war doch nicht böse gemeint. Ich fand das immer ganz niedlich an dir." Er war ein bisschen besänftigt, entschied sich aber weiter finster drein zu sehen. "Weißt du, als Arron die Idee mit diesem Ausflug hatte, war ich sofort einverstanden, obwohl wir uns nicht gerade im Guten getrennt haben. Aber ich dachte, vielleicht hat dir die Zeit gut getan. Immerhin scheinst du ja auch jemand Nettes gefunden zu haben, die besser zu dir passt. Da wäre es doch schade, wenn du den ganzen Abend da sitzt und griesgrämig guckst. Erzähl doch auch eine lustige Geschichte von früher."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus presste die Lippen zusammen. Lustige Geschichte? Er kannte keine lustigen Geschichten. Das war doch etwas für Idioten. "Ja, das waren schon lustige Zeiten damals", sagte er abfällig. "Als deine Eltern so gut mit einem der Ältesten befreundet waren, dass ihr euch keine Sorgen machen musstet. Wie ist das denn eigentlich ausgegangen, Lucia?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das wischte das Lachen von ihrem Gesicht. "Ältester Deux spricht nicht mehr mit uns. Wie du wahrscheinlich selbst gehört hast, wenn du so schon so direkt fragst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er zuckte mit den Schultern. "Ich habe Gerüchte gehört, aber..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gerüchte. So, so. Ich muss mich jedenfalls korrigieren: Du hast dich weit weniger geändert als ich gehofft hatte. Aber wenn du es wirklich wissen willst: Ältester Deux war bei uns zu Besuch. Wir sind auf das Thema Utopia gekommen und meine Eltern haben von ihren Sorgen gesprochen, dass der Planet so enden könnte wie Deponia. Dann hat meine Mutter erwähnt, dass es vielleicht eine gute Idee wäre, zu einem demokratischen System zurückzukehren, sobald die Krise vorbei ist. Der Älteste hat uns danach nie wieder besucht. Und drei Wochen später hat man meinen Vater von seiner leitenden Position zurückgestuft und mir die Förderung für mein Projekt zur besseren Katalogisierung der Gencodes ausgestorbener Tierarten gestrichen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schnaubte. "Na, was haben deine Eltern auch erwartet? Hat bei euch niemand in der Schule aufgepasst? Demokratie! Ha! Es war doch die Demokratie, die dazu geführt hat, dass man der Umweltkatastrophe auf Deponia nicht Herr geworden ist, weil sich niemand einigen konnte. Wenn der Richtige damals schon gesagt hätte wo es langgeht, hätte das Schlimmste vielleicht abgewendet werden können."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia schien nur mit Mühe sitzen zu bleiben. "Pah! Natürlich erzählen sie uns das in der Schule, aber-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron räusperte sich lautstark und legte Lucia eine Hand auf den Arm. "Vielleicht ist das hier nicht der richtige Ort für diese Diskussion."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie atmete tief durch und nickte. "Ja, du hast recht. Ich weiß nur zu gut, dass es böse Konsequenzen hat, wenn man sagt was man denkt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal sah nervös von dem einen zum anderen und schien sich mit einem Mal gar nicht mehr so zu amüsieren. Cletus konnte nicht sagen, dass ihn das störte. Warum sollte er auch der Einzige sein, der sich auf diesem Ausflug unwohl fühlte. Nicht einmal um sein Verhältnis zu Ulysses zu verbessern, taugte der Trip, denn Goal hatte ihm gebeichtet, dass sie ihrem Vater nicht gesagt hatte, dass sie mit Cletus hier war, sondern dass sie mit ihren Freundinnen campen gehen würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kein Wunder, dass seine Laune auf dem Tiefpunkt war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron warf ihm einen giftigen Blick zu, als wäre es Cletus' Schuld, dass die fröhliche Stimmung dahin war, dann versuchte er es mit einem Themenwechsel. "Wollen wir vielleicht ein bisschen Musik hören?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal zuckte ertappt zusammen. "Oh nein, das habe ich ja ganz vergessen. Ich sollte ja einen Musikspieler mitbringen. Es gab nur letzte Woche Ärger mit meinem Vater und da hatte ich soviel anderes im Kopf."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob eine Augenbraue. "A propos 'im Kopf': Du hast doch ein Gehirnimplantat. Wie kannst du da so etwas vergessen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie verzog ärgerlich das Gesicht. "Du warst doch dabei und weißt, was die Woche los war. Ich kann so teure Technik nicht einfach mit hier rausnehmen. Und glaubst du nach dem Theater war ich noch wild darauf, zu erklären was ich alles mitnehmen will?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Also hast du es nicht vergessen, du hattest nur keine Lust, es mit deinem Vater auszudiskutieren", stellte er fest.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Falte zwischen Goals Augen wurde noch etwas steiler. "Du bist wirklich wild entschlossen, hier die Stimmung zu ruinieren, was Cletus?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gut, vielleicht war er doch ein bisschen zu weit gegangen. Wenn auch Goal auf ihn sauer war, war das nicht in seinem Interesse. Aber er konnte es einfach nicht über sich bringen so zu tun, als würde er diesen verfluchten Campingtrip mögen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron machte einen erneuten Anlauf. "Vielleicht möchte ja jemand etwas singen?" Er hob abwehrend die Hände als er Cletus' Gesicht sah. "Bevor du mich in der Luft zerreißt, möchte ich dich nur daran erinnern, dass du selbst unter der Dusche singst, Cletus. Und nicht nur da."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das ist etwas anderes."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie wäre es denn mit den Parkwächtern?", warf Goal ein. "Vielleicht kann man die umprogrammieren?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Singende Parkwächter?", gluckste Lucia. "Das wäre genial."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus war wenig überrascht, dass seine Ex-Freundin sofort auf den ein wenig aufrührerischen Plan ansprang. Öffentliches Eigentum zu beschädigen war also eine geniale Idee. Natürlich. Aber um Goal nicht noch weiter gegen sich aufzubringen, versuchte er, sich dieses Mal mit abfälligen Bemerkungen zurückzuhalten. "Wie stellt ihr euch das vor? Die Parkwächter haben zwar einen Datasetten-Schlitz, aber selbst wenn man eine Musik-Datasette einlegen würde, wäre da doch keine Software vorhanden um sie abzuspielen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia legte den Kopf schief und sah ihn nachdenklich an. "Du warst doch immer schon gut im Programmieren. Kannst du nicht einen Code schreiben, der sie dazu bringt Musik abzuspielen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er verschränkte wieder die Arme. "Ja, vielleicht. Aber womit soll ich das machen? Und wo drauf soll ich das speichern?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron sprang auch auf den Zug auf. "Hast du nicht deine Inspektorenausrüstung mit? Ich habe doch vorhin gesehen, dass du die Zelte ausgemessen hast?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verflixt, er hatte wirklich aufgepasst. "Ja, gut. Ich hab mein Multitool dabei und damit kann ich auch Codes schreiben. Aber eine Datasette habe ich nun wirklich nicht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach Menno." Goal schob die Unterlippe vor. "Jetzt wurde es gerade interessant."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia schnippte als wäre ihr plötzlich etwas eingefallen. "Hey Goal, was ist denn mit deinem Hirnimplantat? Das ist doch eine Datasette, oder? Könnte er das nicht darauf schreiben, es auf die Parkwächter überspielen und wieder löschen? Dann kriegst du es wieder und wir können uns alle anhören, was er fabriziert hat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal versteifte sich so deutlich, dass Cletus es nicht übersehen konnte. Er wusste nicht ob er verletzt sein sollte, dass sie bei dem Gedanken an ihr Implantat in seinen Händen mit so einer Unruhe reagierte, oder ob er erleichtert sein sollte, dass ihm das Ganze womöglich doch erspart blieb.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia war Goals Reaktion jedenfalls auch nicht entgangen. "Hör mal, ich wollte dich da nicht unter Druck setzen. Es war nur eine spontane Idee. Wenn du dich dabei nicht wohl fühlst, lassen wir das einfach."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein verlegenes Lächeln glitt über Goals Gesicht. "Oh, keine Sorge. Die Idee war doch völlig in Ordnung. Ich war mir nur nicht so sicher, ob..." Sie verstummte und warf Cletus einen schnellen Blick zu, den dieser aber nicht richtig deuten konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia erwiderte das Lächeln. "Ach so, du machst dir Sorgen, dass Cletus Mist bauen könnte. Das kann ich gut verstehen, obwohl ich schon glaube, dass er gut mit Computern umgehen kann. Aber zur Not sind Arron und ich auch noch da und sehen ihm über die Schulter."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hey!" Cletus warf Lucia noch einen wütenden Blick zu. "Natürlich kriege ich das hin." Hatte er das gerade laut gesagt? Er wollte doch eigentlich gar nicht- ach egal. "Aber ist es nicht gefährlich, dass Implantat aus dem Kopf zu nehmen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Im Grunde nicht", schaltete sich Arron ein. "Die Grundfunktionen des Gehirns, die dafür zuständig sind Atmung, Herzschlag und Organfunktionen aufrechtzuerhalten, befinden sich nicht auf der Datasette sondern auf einem extra Chip, der immer im Kopf verbleibt. Nur die höheren Hirnfunktionen würden vorübergehend ausgeschaltet. Aber das werden sie auch immer wenn Goal schläft und der Körper würde das Herausnehmen des Implantats dann auch wie Schlaf empfinden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus konnte nicht anders als völlig fasziniert zu sein. Es kribbelte ihn in den Fingern, einen Blick auf diese Datasette werfen zu können. Auch wenn er die Idee mit den Parkwächtern als unnötig und albern empfand, würde er für diese Chance doch mitmachen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Also lag es nur an Goal. Sie sah immer noch eher unsicher aus und starrte auf ihre verschränkten Hände. Cletus beugte sich zu ihr hinüber und legte ihr eine Hand auf den Arm. Sie blickte verblüfft zu ihm auf und er versuchte selbstsicher zu wirken. "Ich kriege das hin", wiederholte er. "Vertraust du mir?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie starrte ihm eine Weile geradewegs in die Augen, doch gerade, als er begann sich unwohl zu fühlen, nickte sie endlich. Er lächelte und tat sein bestes nicht allzu eifrig zu wirken als seine Finger über ihre Wange nach oben zu ihrer Schläfe strichen. Er fand den Eject-Knopf ziemlich schnell, war dann aber überrascht wie plötzlich Goal in sich zusammensackte, kaum dass das Implantat aus dem Datasettenschlitz hervorkam. Er bekam sie gerade noch zu fassen, bevor sie von ihrem Stuhl purzelte und dann waren auch Arron und Lucia da und halfen ihm Goal vorerst auf den Boden zu legen. Sie atmete tief und ruhig als sei sie fest eingeschlafen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus' Herz klopfte wie wild. Beinahe wäre ihm die Datasette aus den Fingern geglitten als er sie an sein Multitool steckte. Dann tauchten auf dem kleinen Monitor des Tools die Datenreihen auf und es verschlug ihm beinahe den Atem. Es war wunderschön. Komplexer als selbst Ronnys Programmierung, aber doch geordnet und von logischer Gradlinigkeit erstreckte sich Goals ganzer Geist vor seinen Augen. All ihre Erinnerungen, ihre Persönlichkeit, alles was sie war, war in diesem Ding gespeichert und jetzt hatte er es in den Händen. Die Möglichkeiten waren beinahe endlos, wenn er nur wagte, sie zu nutzen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich weiß, dass er dir wehtun wird.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ungebeten tauchten Ulysses' Worte in seinen Gedanken auf. Cletus zögerte. Lucia und Arron kümmerten sich noch immer um Goal und bekamen im Moment gar nicht mit, was er da tat. Goal würde es auch nicht wissen, wenn er ausprobierte, ob er ihre Erinnerungen oder Gefühle manipulieren konnte. Aber...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mitgefühl ist nicht Teil seines Designs.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ach verflixt! Er wollte einfach nicht, dass Ulysses Recht behielt was das anging. Mit einem kleinen Seufzer riss er sich von der Datenübersicht los, trennte einen winzigen Speicherblock ab und begann den Überbrückungscode für den Parkwächter zu schreiben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich bin so gut", summte er zu einer improvisierten Melodie. "Ich krieg das hin. Schubidu, das ist ein Klacks..." Er blickte auf und sah Arron und Lucia grinsen. Ach was soll's, die waren halt neidisch. Es konnte ja nicht jeder sein musikalisches Talent haben. Zumindest würden die Parkwächter bald ein wenig davon abbekommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum hattest du dich doch gleich so dagegen gewehrt, selber zu singen?", fragte Arron amüsiert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus antwortete nur mit einem Augenrollen, dann zog er die Datasette triumphierend aus seinem Multitool. "Geschafft. Jetzt müssen wir sie nur noch in einen Parkwächter einlegen. Aber das kann ja nun jemand von euch machen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron zögerte einen Moment, dann griff er zu. "Sag mir nur was ich machen muss. Wie aktiviert man das Ding? Und wie kriege ich es hinterher wieder raus?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Die Parkwächter habe einen Datasettenschlitz rechts vom visuellen Interface." Auf Arrons fragenden Blick hin fügte er hinzu: "An ihrem 'Kopf' neben den 'Augen'. Der Code führt sich selbst aus sobald er eine Systemverbindung erkennt und löscht sich hinterher. Ich will ja nicht, dass Goal anfängt zu singen, wenn sie das Ding zurückbekommt. Ach, und wie man es wieder raus bekommt - Schon mal was von einem Eject-Knopf gehört?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron seufzte nur und machte sich dann auf den Weg. Einer der Parkwächter befand sich nicht all zu weit entfernt, wenn auch grlücklicherweise nicht so nah, dass er ihre Pläne mitbekommen hatte. Er hatte sie bei ihrer Ankunft begrüßt, ihnen gesagt wo sie ihre Zelte aufschlagen konnten und ihnen die Parkregeln aufgesagt, wobei ihm aber eigentlich nur Cletus zugehört hatte. Jetzt begrüßte er Arron erneut und klang dabei so unenthusiastisch, dass Cletus recht sicher war, dass diese Bots nicht von Ronny gesteuert wurden und eine seperate Programmierung hatten. Umso besser, er wollte schließlich nicht die ganze KI Elysiums durcheinanderbringen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus konnte nicht verstehen was Arron dem Parkwächter sagte, er sah ihn nur zwischen die Bäume deuten und als der Bot sich in die Richtung drehte, hatte Arron die Datasette auch schon in den dafür vorgesehenen Schlitz gesteckt. Einen Augenblick war der Parkwächter reglos. Dann breitete er die Arme aus und begann in einer Lautstärke, dass es durch die ganzen Drehenden Gärten hallte, zu trällern: "Wenn ich denk an den Tag, an dem du mich gefragt, ob du liiiieeebst miiiich nooooch..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron fuhr zusammen, war aber immerhin geistesgegenwärtig genug, sich die Datasette zurückzuholen, bevor er zu den anderen zurücksprintete. Der Parkwächter folgte ihm und sang unentwegt weiter: "Geh nicht fort, oh mein Schatz, denn ich liiieeeb diiich noooch..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia lachte und hielt sich die Ohren zu. "Das ist jedenfalls kaum zu überhören", rief sie vergnügt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hielt die Hand nach der Datasette auf, doch Arron hatte sich schon neben Goal gekniet und legte ihr Bewusstsein wieder ein. Sofort öffnete sie die Augen, sah sich einen Moment verwirrt um, bevor sie registrierte, dass der Plan bereits erfolgreich ausgeführt worden war. Sie sprang auf die Füße, erwiderte Lucias Grinsen und schloss dann Cletus in eine spontane Umarmung. "Es hat funktioniert!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Natürlich hat es das", brummte Cletus, doch ohne sich gegen Goals Nähe zu wehren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Es ist nur ein bisschen laut", versuchte Arron den Gesang zu übertönen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das nächste Mal kannst du ja programmieren", erwiderte Cletus beleidigt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal lachte nur. "Ich finde es super."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus lächelte über die Bestätigung und legte Goal einen Arm um die Taille. "Alles nur für dich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Brichst mir das Heeerz", gröhlte der Parkwächter dazwischen. "Neeein, welch ein Schmeeerz."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia grinste immer noch, doch jetzt seufzte sie auch ein wenig wehmütig. "Die Frage ist nur wie wir jetzt schlafen sollen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oder uns unterhalten", fügte Arron hinzu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hatte auf beides keine Antwort, aber er warf ihnen trotzdem einen wütenden Blick zu. "Ihr wisst auch nicht was ihr wollt. Dann brechen wir den Campingtrip halt ab. Man kann es euch ja ohnehin nicht recht machen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal ließ ihn los. "Tja, ich glaube, das wäre wirklich das Beste. Ich glaube nicht, dass der Bot so schnell müde wird. Jedenfalls nicht vor uns. Außerdem hatten wir ja trotzdem einen lustigen Abend."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch vor einer halben Stunde wäre es Musik in seinen Ohren gewesen, dass sie den Ausflug vorzeitig beenden würden. Aber jetzt war er doch ein wenig ungehalten, dass der Abend nun trotz seiner Mühen so ausgehen sollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun, es half alles nichts. Von weiter weg drangen Stimmen zu ihnen, da auch andere elysianische Ausflügler auf die musikalische Untermalung aufmerksam geworden waren. In Windeseile bauten die vier ihre Zelte ab, bevor noch jemand auf die Idee kam, nachzusehen, wo der Krach herkam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann huschten sie zu den Pendelmodulen, die glücklicherweise auch nach Einbruch der Dämmerung noch ihren Dienst taten und die verhinderten Ausflügler wieder zur Hauptstation zurückbrachten. Arron und Lucia verabschiedeten sich halbwegs gut gelaunt und betonten, dass sie ihren Spaß gehabt hatten und man das doch unbedingt einmal wiederholen müsse. Cletus war sich alles andere als sicher, dass es dazu kommen würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Soll ich dich nach Hause bringen?" Cletus wusste, dass dies etwas war, auf das Goal immer großen Wert gelegt hatte, doch nach der Szene mit Ulysses war er sich unsicherer denn je, ob dies eine gute Idee wäre.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal zuckte mit den Achseln. "Mein Vater erwartet mich eigentlich noch nicht zu Hause und ich habe auch eigentlich keine Lust ihm zu erklären, warum ich früher zurückgekommen bin. Kann ich nicht bei dir übernachten?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus unterdrückte ein Stöhnen. Auch das noch. Wahrscheinlich ging sie davon aus, dass er ihr das Bett überlassen würde und auf dem Sofa schlief. Aber ihm war nicht nach streiten, jetzt, da sie gerade einmal besser auf ihn zu sprechen war. "Na schön", sagte er und ließ sie sich unterhaken als sie sich auf den Weg zu seinem Appartment machten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Hausbot hatte sich bereits in den Ruhemodus versetzt als sie eintrafen, doch da sie bereits zu Abend gegessen hatten, bestand keine Notwendigkeit ihn wieder zu aktivieren. Goal bestand lediglich darauf noch einmal nach Poisonous zu sehen und wieder gab Cletus mit einem Seufzen nach. Er folgte ihr in sein Zimmer, wo sie "Precious" noch ein wenig zugurrte was für ein feiner Waran doch sei, dann deckte sie den Käfig mit einer Decke ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob verwirrt die Augenbrauen. "Was-?", begann er, doch Goal ließ ihn nicht ausreden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was für ein Abend! Er passt zu dir, Cletus. Manchmal furchtbar und dann doch wieder was ganz besonderes. Du hast wirklich so deine Macken, aber manchmal bist du einfach großartig. Ich war mir so unsicher, was passiert wenn jemand mein Implantat in die Finger bekommt, aber du hast bewiesen, dass man dir vertrauen kann." Sie zog ihn an sich heran und küsste ihn. "Ich wusste, dass ich dich besser kenne als mein Vater. Soll er doch schwarz sehen so viel er will. Ich weiß was ich an dir habe."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie küsste ihn wieder und dieses Mal wanderten ihre Hände über seine Brust und hinab bis zu seinem Hintern. Sie presste ihn an sich, dann griff sie nach seinem Kragen und nestelte an dem Verschluss seines Vinylanzugs. Endlich wusste Cletus was sie vorhatte und begann seinerseits ihre Rundungen mit den Händen zu erkunden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und als sie ihn in Richtung des Bettes schob, wusste er, dass er falsch gelegen hatte. Dies war einer der besten Tage seines Lebens.[/JUSTIFY]


 

Kapitel 9

 

[JUSTIFY]Cletus erwachte mit schmerzendem Kreuz und Haaren im Gesicht. Fremden Haaren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wischte die rotgoldenen Strähnen zur Seite und zog sich noch ein paar Haare aus dem Mund, wohin sie sich wohl versehentlich verirrt hatten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es halb neun und damit nach elysianischen Maßstäben noch recht früh war, aber er bezweifelte, dass er jetzt noch einmal einschlafen konnte. Langsam ließen auch die programmierten Jalousien mehr Licht herein, um einen möglichst gemächlichen Start in den Tag zu ermöglichen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Neben ihm räkelte sich Goal, ließ aber die Augen noch geschlossen. Ein Grinsen stahl sich auf Cletus' Gesicht. Er hatte es geschafft! Nach der letzten Nacht würde Goal bestimmt nicht so schnell mit ihm Schluss machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwar war es alles andere als bequem gewesen, sich mit ihr ein Bett zu teilen, aber sie hatte recht verständnislos auf seine Frage, ob sie auf der Couch schlafen wollte, reagiert. Zumindest hatte er sich als er seine Wohnung einrichtete, ein etwas größeres Bett gekauft, da auch Poisonous mitunter gern in seiner Nähe schlief. Und Goal war zwar größer, aber auch weitaus weniger stachelig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schwang sich aus dem Bett und machte sich auf den Weg ins Badezimmer. Er konnte nicht sagen, ob es wirklich an der letzten Nacht lag, aber die Dusche fühlte sich heute besonders gut an. Er summte vor sich hin, während er sich rasierte und zurechtmachte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als er endlich nach einer ganzen Weile zu Goal zurückkehrte, saß sie wach in seinem Bett und lächelte als sie ihn sah. "Guten Morgen. Ich hoffe, du hast gut geschlafen." Sie hob abwehrend die Hand als er den Mund öffnete. "Nein, sag es mir nicht. Ich weiß, du teilst dein Bett nicht gern. Aber wie ist es eigentlich mit deinen anderen Sachen? Ich fand deinen Slip wirklich süß. Würdest du-?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Er würde dir wahrscheinlich nicht halb so gut stehen wie mir", unterbrach sie Cletus. "Außerdem hast du mich schon dazu überredet dir einen Pyjama zu leihen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du wolltest ja mein Gepäck nicht schleppen und hast es gestern Abend bei der Transferstation einlagern lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Schon gut." Im Grunde stand ihr sein Seidenpyjama recht gut. Besonders an Brust und Po saß er aufregend eng, was besonders zur Geltung kam, als sie sich nun erhob und zu ihm hinüber schlenderte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du hast mir nie erzählt, dass du ein Muttermal hast", sagte sie als wäre es etwas völlig ungewöhnliches, wenn auf einer Pobacke ein hübscher, brauner Fleck prangte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus stimmte ihr da allerdings zu. Wo käme man denn sonst hin, wenn man nicht einmal mehr auf ein Muttermal stolz sein konnte? "Findest du nicht auch, dass es irgendwie wie eine Krone aussieht?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal gluckste amüsiert. "Ich finde eher, dass es an ein Wombat erinnert."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er bemühte sich, nicht allzu beleidigt drein zu sehen, aber im Grunde war er versucht sie hochkant hinauszuwerfen. Was hatte er nur in ihr gesehen? Ganz offensichtlich wusste sie nicht im geringsten wovon sie sprach. Ein Wombat! Also wirklich![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie lachte wieder, legte ihm die Arme um die Schultern und berührte mit den Lippen sein Ohr. "Ich mag Wombats", hauchte sie.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was für eine Frau! Cletus spürte Hitze in seinem Gesicht aufsteigen und sein Herz schneller klopfen. Sie war perfekt und eines Tages würde er sie heiraten![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah zu ihr auf und ihre Lippen näherten sich einander als ihn ihr Morgenatem traf. Er schaffte es gerade noch nicht völlig angeekelt auszusehen und gequält zu lächeln als er seinen Kopf zurückzog. "Goal, Schatz, putz dir doch erst mal die Zähne."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie verdrehte die Augen. "Du Romantiker", sagte sie sarkastisch, machte sich aber dann doch auf den Weg ins Badezimmer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da fiel Cletus noch etwas höchst wichtiges ein und er eilte ihr nach und rief panisch: "Aber nimm bloß nicht meine Zahnbürste!"[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"Du musst arbeiten? Heute? Das kann doch nicht dein Ernst sein, Cletus!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus unterdrückte ein Gähnen. Er hatte Goal schon wütender erlebt und nahm ihre Launen inzwischen weit weniger ernst. "Nun mach doch nicht schon wieder so eine Szene daraus. Wenn man beruflich vorankommen will, muss man eben auch mehr Einsatz zeigen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal schnaubte. "Du klingst schon wie mein Vater."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich nehme das mal als Kompliment."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"So war es aber nicht gemeint", gab Goal gereizt zurück. "In den letzten Monaten habe ich kaum etwas von dir gesehen. Du bist wie besessen von deiner Arbeit. Und wenn du gerade mal nicht im Einsatz bist, hast du keine Lust etwas mit mir zu unternehmen. Du warst ja noch nie sonderlich unternehmungslustig, aber inzwischen komme ich bald um vor Langeweile. Man kann auf Elysium ja ohnehin kaum etwas erleben. Und jetzt-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wir gehen doch alle paar Tage Essen!", fiel ihr Cletus ins Wort. "Glaubst du, dass mir das Geld dafür einfach in den Schoß fällt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh, bitte. Du gibst mehr Geld für Kosmetik und Unterwäsche aus als ich. Dafür scheint es ja auch zu reichen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus biss sich auf die Lippe. Da hatte sie dummerweise auch wieder Recht. Im Grunde verdiente er bereits genug um alle seine laufenden Kosten zu decken und sich mit ihr eine schöne Zeit zu machen. Aber er hatte auch Pläne, die darüber hinausgingen. Irgendwann wollte er ihr einen Antrag machen und wenn er damit den Hauch einer Chance haben wollte, müsste er ihr weit mehr bieten können. Schon um ein größeres Apartment zu bekommen, reichte sein bisheriges Einkommen nicht aus, geschweige denn um den sonstigen Ansprüchen der Tochter des Oberkontrollrats genüge zu tun.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber das konnte er ihr nicht einfach erzählen. Noch nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was genau willst du denn so Tolles erleben?", versuchte er das Thema zu wechseln.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie seufzte. "Das willst du doch eh nicht wirklich wissen. Ich habe schon einmal versucht mit dir über meine Träume zu sprechen, aber mehr als abfällige Bemerkungen habe ich nicht zu hören bekommen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er stutzte. "Du meinst doch wohl nicht deine absurden Ideen Deponia zu erkunden. Sag mir nicht, dass das ernst gemeint war."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie stemmte wütend die Fäuste in die Hüften. "Du fängst schon wieder so herablassend an. Aber egal, heute hatte ich eh nur einen Ausflug ins Theater oder auf die Drehenden Gärten geplant. Aber nicht einmal dafür hast du Zeit!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das können wir doch ein anderes Mal nachholen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal starrte ihn eine Weile so durchdringend an, dass er begann sich sehr unwohl zu fühlen. "Du hast es also wirklich vergessen. Und ich dachte es würde dir etwas bedeuten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gerade als er sich fragte, ob es wohl alles noch schlimmer machen würde, wenn er sie fragte wovon sie redete, marschierte sie auch schon ins Nachbarzimmer und kam kurz darauf mit einem hübsch verpackten Paket zurück. Cletus runzelte die Stirn, wusste aber noch immer nichts damit anzufangen, als ihm Goal das Paket in die Hände drückte und mit bitterer Stimme sagte: "Alles Gute zum Jahrestag, Cletus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verdammt. War das wirklich schon ein Jahr her, dass sie in seine Wohnung hereingeschneit kam und ihn kurzerhand zu einem Date aufgefordert hatte? Er rechnete es im Kopf nach, aber aller Wahrscheinlichkeit nach hatte sie sich nicht vertan. "Oh. Das... ich... Danke."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Pack es aus!", verlangte sie nur.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gehorsam trennte er das Geschenkpapier auf und legte es ordentlich zusammen bevor er die Schachtel öffnete. Drinnen lagen ein Paar Schuhe. Weiß, mit dicker Sohle und einem eleganten Design, ganz wie er sie mochte. Er konnte sich vorstellen, dass sich wirklich Mühe gemacht hatte, etwas zu finden, das ihm gefiel. "Goal, du... Die sind großartig. Danke..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Bitte, du Idiot." Sie wirkte angesichts seiner Verlegenheit sehr viel zufriedener. "Ich dachte ja, du hättest ein besseres Gedächtnis, aber wahrscheinlich ist das etwas, das Männer einfach nicht hinbekommen. Naja. Auf jeden Fall siehst du ja wohl jetzt ein, dass du heute nicht arbeiten kannst, nicht wahr?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er überlegte ob ihm ein 'Wieso?' mehr Ärger einbringen würde als ein 'Ich sehe überhaupt nichts ein.', doch anscheinend war sein Gesichtsausdruck und sein Zögern bereits Antwort genug für Goal.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Schön", zischte sie wütend. "Wie ich sehe bist du bereits mit deiner Arbeit verheiratet. Dann brauchst du mich ja nicht mehr. Manchmal denke ich wirklich, der einzige Grund aus dem ich noch mit dir zusammen bin, ist damit mein Vater nicht denkt, er hätte Recht behalten." Damit marschierte sie hinaus und hätte wohl die Tür hinter sich zugeschlagen, wenn diese nicht automatisch zu geglitten wäre.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus spielte mit dem Gedanken ihr nachzulaufen, doch bei ihrer Laune konnte er es damit auch noch schlimmer machen. Er konnte sich nur damit trösten, dass sie eines Tages merken würde, dass sie falsch gelegen hatte.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Das "White Star" hatte einen gewissen Ruf in der Elysianischen Oberschicht. Es war mehr als exklusiv, die Einrichtung edel und elegant, das Essen exquisit und unglaublich teuer. Außerdem konnte es sich dieses Clubhaus leisten menschliche Bedienungen - und zwar keine Klone - anzustellen statt der sonst üblichen Servicebots.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hatte es noch nie von innen gesehen. Goal war natürlich schon des öfteren hier Essen gewesen, aber sie hatte nie von ihm verlangt, sie hierher auszuführen. Zwar wusste sie nicht genau wie es um seine Finanzen gestellt war, doch sie hatte sich wohl denken können, dass man ihn hier gar nicht erst hereinlassen würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dass ihn nun die Arbeit hergeführt hatte, an einem Tag an dem Goal erwartet hatte, er würde mit ihr ausgehen, entbehrte nicht einer gewissen Ironie.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus bemühte sich sehr, sich das Staunen nicht all zu sehr ansehen zu lassen. Aber er konnte kaum verhindern, dass sein Herz schneller schlug. Wenn er doch nur auch zu diesen Leuten gehören würde. Wenn Goal nur nicht so herumzicken würde. Mit der Tochter des Oberkontrollrats zur Frau würde er bestimmt auch hier einen Fuß in der Tür haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Cletus?", ließ ihn eine vertraute Stimme aufschrecken. "Was machst du denn hier?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Lucia!", gab er mit ebenso großem Erstaunen zurück. Er hatte sie seit dem etwas missglückten Campingausflug nicht mehr gesehen. Arron hatte zwar anfangs des öfteren versucht mit ihm in Kontakt zu kommen, aber er war ja selbst für Goal meist zu beschäftigt gewesen. Hatte Lucia es geschafft wieder in die Gunst der Ältesten zurück zu kommen? Doch im selben Moment, in dem er sich die Frage stellte, bemerkte er auch schon ihr Outfit. Offensichtlich war sie ebenso wie er zum Arbeiten hier. Aber wenigstens brachte sein Job ein gewisses Prestige mit sich, was man von einer Kellnerin, wenn auch der gehobenen Art, nicht behaupten konnte. "Besserst du dein Forschungsbudget auf?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie strich sich eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht und stemmte eine Hand in die Hüfte. "Ja, so kann man das wohl nennen. Und du? Bei wem hast du dich eingeschmeichelt um hier reinzukommen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er verzog das Gesicht und hielt ihr wortlos das Klemmbrett, auf dem er seine Ergebnisse festhalten sollte, unter die Nase.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach so", sagte sie und lächelte freudlos. "Tja, dann sitzen wir wohl im selben Boot, was dich noch mehr wurmen wird als mich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schnaubte. "Erzähl mir nicht, dass es dich nicht frustriert, dass du nicht mehr dazu gehörst. Du warst doch so stolz auf deine Verbindung zum Ältestenrat. Und jetzt schau dich an. Es hat dich ja nicht sehr weit gebracht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lucia schüttelte den Kopf. "Was mich frustriert ist eher wie wenig meine wissenschaftliche Arbeit geschätzt wurde. Aber ich glaube, das wirst du ohnehin nie verstehen. Ebenso wenig wie die Bereitschaft für seine Ideale einzustehen." Sie wandte sich zum Gehen. "Ich habe zu tun. Und du wohl auch. Bis später, Cletus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah ihr ärgerlich nach. Selbstgerechtes Getue war wirklich das Letzte, was er im Moment noch gebrauchen konnte. Dann riss er sich zusammen und begann seine Liste abzuarbeiten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das meiste, was er zu kontrollieren hatte, waren Routinearbeiten und bald blendete er seine Umgebung völlig aus und konzentrierte sich nur noch auf Rohrbeschaffenheiten, Elektroinstallationen und hakte das Vorhandensein von Hinweisschildern für den Notfall ab. Schließlich blieb ihm nur noch die elektrischen Leitungen zu kontrollieren, was er mit dem Scanner seines Multitools meist im Vorbeigehen erledigen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]An einem Tisch stutzte er jedoch. Dort wo die Leitung den Boden verließ und durch ein Tischbein nach oben verlief, um die Bestellkontrollen mit Strom zu versorgen, maß er erhöhte Stromdichten. Er runzelte die Stirn und kam näher, den Blick fest auf sein Multitool gerichtet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wen haben wir denn da? Das Auslaufmodell!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hätte vor Schreck fast sein Multitool fallen gelassen. Er hatte es so lange geschafft, Hawk aus dem Weg zu gehen, dass er ihn schon beinahe vergessen hätte. Aber als er jetzt wie aus dem Boden gewachsen vor ihm stand, konnte nicht einmal der blonde Vollbart, den er sich in der Zwischenzeit wachsen lassen hatte, verbergen um wen es sich handelte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus machte vorsichtshalber einen Schritt zurück und stieß mit einem Kellner zusammen, der zum Glück gerade kein volles Tablett trug und sich mit einem Ausfallschritt auf den Beinen hielt. Doch Hawk machte keine Anstalten ihn anzugreifen und grinste nur als er Cletus' Angst sah.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Verzeihung, Sir", sagte Cletus automatisch den Text, den ihm Inspektorin Jennick eingebläut hatte, falls man ihn bei der Arbeit störte, und verfluchte sich innerlich dafür wie hoch und angespannt seine Stimme klang. "Ich habe hier zu arbeiten. Wenn Ihnen an einem reibungslosen Ablauf liegt, lassen Sie mich einfach durch und Sie können bald wieder Ihren Abend genießen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hawk lachte und machte den Weg zum Tisch frei. Cletus hoffte, dass er sich durch seine unterwürfige Art genug in seiner Stellung bestätigt fühlte und ihm keinen Ärger machen würde. Doch als er an den Tisch herangetreten war und gerade Anstalten machte sich hinzuknien um die Verbindungsstelle zu prüfen, trat Hawk hinter ihn und presste sich so dicht an ihn, dass er zwischen dem größeren Mann und dem Tisch gefangen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du fühlst dich bestimmt sicher, jetzt wo du dich als Goals Schoßhündchen etabliert hast. Gut, das war cleverer als ich dir zugetraut hatte. Aber sie wird dich nicht ewig beschützen. Erst in den letzten Wochen habe ich sie ein paar Mal mit ihren Freundinnen hier im Star gesehen. Aber du warst nicht dabei. Glaub mir, Kleiner, sie wird dich bald leid sein. Und dann wird sie dich zurück in das Nichts stoßen, aus dem du gekommen bist. Ich werde darauf warten." Damit ließ Hawk ihn los und setzte sich auf einen der weich gepolsterten Stühle am Tisch. "Dann sieh mal zu, dass du deine Arbeit erledigst. Immerhin ist das hier mein Stammtisch. Also mach es ordentlich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus klammerte sich mit einer Hand an der Tischkante fest als er sich hinkniete. Seine Beine zitterten so sehr, dass er fürchtete er würde sonst zu schnell das Gleichgewicht verlieren und eine noch schlechtere Figur machen. Er krabbelte ein kleines Stück nach vorn und schaltete das Licht an seinem Multitool ein. Zumindest war er hier unten allein mit dem Tischbein... und Hawks Füßen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er versuchte sein wild klopfendes Herz wieder zu beruhigen. Goal würde ihn nicht fallenlassen. Oder? Sie war heute ziemlich mieser Stimmung gewesen. Aber selbst wenn, er konnte sich doch inzwischen besser verteidigen, dank all dieser Stunden Shai-Hulu Training, zu denen er angemeldet, aber nie erschienen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das kleine Display an seinem Multitool leuchtete rot auf und holte ihn in die Gegenwart zurück. Offensichtlich hatte man entweder beim Verlegen der Kabel nicht richtig aufgepasst oder ein Idiot wie Hawk hatte des öfteren an die falsche Stelle getreten. Auf jeden Fall war der Draht im Inneren so beschädigt, dass er bald brechen würde. Das war höchst gefährlich, weil bei Kontaktunterbrechungen Störlichtbögen entstehen konnten, die so heiß wurden, dass sie durch die Ummantlung fraßen. Und er bezweifelte, dass der Tisch oder der Teppich feuerfest waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zumindest würde es ihm die Genugtuung geben, dass das Restaurant zwischenzeitlich schließen musste, damit der Schaden repariert werden konnte. Dann würde Hawk eine Weile nicht an seinen geliebten Stammtisch kommen und-[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Moment. Cletus warf Hawks Füßen einen finsteren Blick zu und dachte nach.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was wenn er den Schaden nicht gefunden hätte? Wenn die Dinge einfach ihren Lauf nahmen und unverhofft der Boden unter Hawks Füßen zu brennen begann? Wäre das nicht "tragisch"?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Allerdings konnte es noch eine ganze Weile dauern, bis es so weit war. Cletus runzelte die Stirn, dann setzte er seinen Schraubenzieher am Kabel an, hebelte darunter und gab noch einen kleinen Ruck. Da. Der Draht war gebrochen. Er schob das Kabel wieder zurecht, sodass die Drahtenden zumindest so dicht beieinander lagen, dass der Strom vorerst weiter floss.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann zögerte er wieder. Er hatte sich selbst geschworen, bei seiner Arbeit stets exakt und gewissenhaft zu sein. Elysium sicherer zu machen und sich einen Namen mit seinen Fähigkeiten zu machen. Auf der anderen Seite hasste er Hawk mehr als alles andere.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schließlich entschied er sich, schaltete das Multitool aus und kroch unter dem Tisch hervor. Er bemühte sich schnell auf die Beine zu kommen, hörte dass Hawk noch irgendeine spöttische Bemerkung machte, aber das Blut rauschte zu sehr in seinen Ohren um ihn wirklich zu verstehen, dann beeilte er sich zu dem Verwaltungsbot zu kommen, der an diesem Abend die Aufsicht über den Club hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Es ist alles in Ordnung", hörte er sich selbst sagen. "Ich schicke Ihnen später noch einen ausführlicheren Bericht." Dann war er auch schon zur Tür hinaus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"Herr Cletus! Wachen Sie auf!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem unwilligen Stöhnen öffnete Cletus die Augen und sah zu seinem Hausbot auf. War die Programmierung im Eimer, dass ihn die blöde Blechkiste aus dem Schlaf riss? "Was? Ist? Denn?!", fragte er genervt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Herr Cletus! Man hat nach Ihnen geschickt. Ein Untersuchungsausschuss will Sie anhören. Heute Morgen noch." Cletus hatte den Roboter noch nie so nervös klingen hören. Das war wohl auch der einzige Grund, warum er sich überhaupt aufsetzte und den Bot nicht losschickte um sich auf eine Fehlfunktion überprüfen zu lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ein Untersuchungsausschuss?" Cletus rieb sich die Augen und gähnte. "Wovon redest du? Was zum Geier ist hier los?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ein Feuer!" Der Hausbot wurde immer panischer. "Heute Nacht! Es gab einen schrecklichen Brand im 'White Star'"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh", machte Cletus nur und versuchte halbherzig sein Lächeln zu unterdrücken. "Gab es auch Opfer?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, es gab mehrere zum Teil schwer Verletzte. Glücklicherweise kam niemand ums Leben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ach, Verdammt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber der Sachschaden geht ins Unermessliche", fuhr der Hausbot fort. "Das Feuer hätte beinahe auf andere Bereiche übergegriffen und ganz Elysium hätte zerstört werden können. Deshalb haben die Ältesten einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Und da Sie gestern erst das 'White Star' inspiziert haben, wurden Sie dringend zu einer Anhörung geladen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Oh, Kacke![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus spürte wie sich sein Magen zusammenschnürte. Das durfte doch nicht wahr sein! Warum war ihm diese Möglichkeit gestern nicht bewusst geworden? Wenn es wenigstens Hawk erwischt hätte! Jetzt verlor er womöglich seine Karriere, seine Chancen bei Goal und alles, was ihm jemals etwas bedeutet hatte für nichts und wider nichts.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er zitterte als er sich fertig machte und brachte keinen Bissen von dem Frühstück, das ihm der Hausbot noch bereit gestellt hatte, herunter. Seine Gedanken drehten sich so unaufhörlich um die Katastrophe, die da unverhofft über ihn hereingebrochen war, das er sich beinahe auf dem Weg zu den zentralen Büros der Inspektoren in einem Verwaltungskomplex unterhalb der Kammer des Ältestenrats verlaufen hätte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch dann war er auch schon da und wurde in ein Besprechungszimmer geschoben. Er erkannte Oberinspektor Elgon, Inspektorin Jennick und neben ein paar anderen hochrangigen Inspektoren zu seinem Entsetzen auch noch den Ältesten Un.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kalter Schweiß sammelte sich in seinem Nacken. Sollte er zur Begrüßung lächeln? Sollte er Sorge um die Verletzten heucheln? Oder würde das eher gegen ihn verwendet werden? Letztendlich entschied er sich für einen wie er hoffte neutralen Gesichtsausdruck und setzte sich auf den leeren Platz an einem Einzeltisch, der den anderen gegenüber aufgebaut war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Inspektor Cletus", begann Elgon, "ich nehme an, dass Sie über den Anlass dieser Anhörung unterrichtet wurden? Über den Brand im 'White Star'?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nun ja, ähm, mein Hausbot hat mir heute morgen davon erzählt. Und dann bin ich so schnell wie möglich gekommen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elgon warf Jennick einen ärgerlichen Blick zu. "Sollte nicht Inspektor Verlet ihn heute Nacht alarmieren?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jennick seufzte nur. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und es war offensichtlich, dass sie bereits in der Nacht informiert worden war. Vielleicht hatte sie sogar geholfen die Löscharbeiten zu koordinieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Oberinspektor Elgon verzog unzufrieden den Mund, dann schien er sich aber dazu zu entschließen das Thema fallen zu lassen. "Nun, wie dem auch sei. Auf jeden Fall gab es heute Nacht die schlimmste Brandkatastrophe in der Geschichte Elysiums und unsere geschätzten Mitbürger erwarten von uns, dass wir die Ursachen schnellstmöglich herausfinden und verhindern, dass so etwas noch einmal geschieht. Sie waren gestern erst vor Ort, Cletus. Ich weiß, dass ihr Bericht noch nicht fertig gestellt ist, aber wie uns der Verwaltungsbot sagte, haben Sie keine Probleme bemängelt. Haben Sie eine Erklärung für den Vorfall?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie wussten die Ursache noch nicht! Das ließ Cletus wieder ein wenig Mut schöpfen. "Nein, Sir, ich kann mir nicht erklären, was dort vorgefallen sein könnte", versuchte er es mit Unwissenheit. "Als ich gestern die Lokalität überprüft habe, war alles in bester Ordnung."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn sie nur nicht all zu genau die Ruine des 'White Star' untersuchten, konnte der Fall vielleicht ungelöst zu den Akten gelegt werden. Leider sah Elgon so aus als sei er dieses Mal entschlossen nicht die sonst übliche Gleichgültigkeit an den Tag zu legen. "Das sieht Ihnen gar nicht ähnlich, Cletus. Und Inspektorin Jennick hat mir versichert, dass es sonst nicht Ihre Art ist so schlampig zu arbeiten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich arbeite auch nicht schlampig", brach es empört aus Cletus hervor, bevor er sich bremsen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dann erwarte ich eine bessere Erklärung", gab Elgon eisig zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus starrte auf seine weißen Handschuhe herab. Wenn er doch nur den Abend mit Goal verbracht hätte! Aber jetzt war es nicht mehr zu ändern und er konnte nur hoffen... Eine Idee durchfuhr ihn und er ballte unwillkürlich die Fäuste. Das konnte seine Rettung sein![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nun, wenn Sie mich so fragen", begann er mit gespieltem Zögern. "Es ist mir schon etwas aufgefallen, aber... Ich will auf keinen Fall irgendwelche falschen Gedanken wecken. Allerdings habe ich gestern im 'White Star' eine alte Schulkollegin getroffen, von der ich weiß, dass sie sich mit... nun ja... Ideologien beschäftigt, die gegen die noble Einrichtung des Ältestenrats gerichtet sind. Ihr Name ist Lucia, die Tochter von Narcius."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unter einigen seiner Zuhörer brach Gemurmel aus und er sah wie sich Ältester Un zu Elgon hinüber lehnte und aufgeregt mit ihm flüsterte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schließlich richtete Elgon wieder das Wort an ihn. "Inspektor Cletus. Wollen Sie andeuten, dass diese Lucia den Brand gelegt haben könnte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob abwehrend die Hände. "Ich will überhaupt nichts andeuten. Ich sage lediglich, dass eine Person zugegen war, die des öfteren ihre Abneigung gegen die Oberschicht demonstriert hat. Und dass kurze Zeit später ein einwandfreies Gebäude in Flammen aufging."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder schwoll das Gemurmel an und Elgon rief hektisch zwei seiner Adjutanten zu sich und schickte sie mit Anweisungen wieder fort. Cletus faltete die Hände und versteckte ein Lächeln dahinter. Er war sich fast sicher, dass er es noch einmal geschafft hatte sich aus der Affäre zu manövrieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als Elgon ihn endlich aus dem Zeugenstand entließ, musste er sich bemühen nicht zu enthusiastisch aufzuspringen. Er hatte schon den halben Weg zur Tür zurückgelegt als ihn eine andere Stimme bat noch zu warten. Zu seiner Überraschung war Ältester Un aufgestanden und ging auf ihn zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Herr Inspektor", sagte der Älteste. "Ich muss sagen, ich bin sehr angetan von Ihrem Mut und Ihrer Wahrheitsliebe. Es muss Ihnen schwergefallen sein, uns dies zu enthüllen und doch haben Sie deutlich Ihre Charakterstärke gezeigt. Meine Kollegen und ich sind seit einer Weile auf der Suche nach jemandem, dem wir eine besondere Mission anvertrauen können. Und ich glaube, wir haben in Ihnen endlich den Richtigen gefunden."[/JUSTIFY]


 

Kapitel 10

 

[JUSTIFY]Cletus gab sein Bestes so gerade und aufrecht zu stehen wie er konnte, als er sich zu Ältester Un in den Fahrstuhl stellte. Er war noch nie über die Verwaltungsebene hinaus gekommen und der Gedanke, dass er in einem Moment vor den Ältestenrat persönlich treten würde, verursachte bei ihm sowohl unbeschreibliche Genugtuung als auch ein nervöses Ziehen in der Magengegend.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Grollen drang aus seinem Bauch. Gut, vielleicht war es auch nur Hunger.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Un warf ihm einen verständnisvollen Blick zu und klopfte sich auf den eigenen Bauch, der sich im Gegensatz zu Cletus' schmaler Figur über den Hosenbund wölbte und von einer weiten Robe nur leidlich kaschiert wurde. "Keine Sorge, Inspektor, es ist zwar etwas früher als wir es bei unseren Sitzungen gewohnt sind, aber ich bin sicher, dass Ältester Quatre mit Gebäck zur Stelle sein wird. Er hat da seine Lieblingsbäckerei und wird es sich bestimmt nicht nehmen lassen, sich um unser leibliches Wohl zu kümmern."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus grinste gezwungen. "Das... äh... freut mich." So sehr ihm auch sein Frühstück fehlte, konnte er sich doch nur mit Mühe davon zurückhalten, die Augen zu verdrehen. Kuchen war im Augenblick nicht seine Hauptsorge. Er wusste noch immer nicht, was die Ältesten bloß von ihm wollten. Auch wenn allein die Anerkennung schon guttat, hatte er doch nach all seinen Erfahrungen Grund immer ein wenig skeptisch zu sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nachdem Un ihn zurückgerufen und eine "besondere Mission" in Aussicht gestellt hatte, hatte Cletus noch eine ganze Weile in dem Besprechungszimmer warten müssen, während Un seine Mitältesten kontaktierte und zu einer Sitzung überredete. Hätte er gewusst wie lange das Ganze dauern würde, hätte er vermutlich versucht sich zu entschuldigen, um zu Hause sein Frühstück nachzuholen. Aber Un hatte ihn immer wieder vertröstet und er hatte ihm leider geglaubt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Un hatte darauf bestanden, dass sie nicht in der Kammer des Ältestenrats auf die drei anderen Ältesten warteten. Wahrscheinlich hoffte er auf einen besseren Auftritt, wenn er etwas später dort in Begleitung der Person, nach der sie anscheinend schon so lange gesucht hatten, aufkreuzte. Vielleicht hatte er den Drang sich gegenüber Deux und Trois, die beide ein gutes bisschen älter als er waren, zu profilieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Letztlich war es Cletus gleich, so lange er es nun endlich hinter sich bringen konnte, weshalb er sofort zur Stelle war, als ihn Un zum Aufzug gerufen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Un strich sich über seinen braunen Schnauzbart und räusperte sich. Dann kam der Fahrstuhl auch schon zum Stehen und die Türen öffneten sich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vor Cletus öffnete sich ein hoher, weiträumiger Raum, den er schon beinahe einen Saal nennen würde. Auf einer Seite entdeckte er eine Cocktailbar, in der Mitte einen Bereich mit Kunstrasen und vermutlich künstlichen Palmen, zwischen denen eine Hängematte verwaist hin und her schwang. Zu seiner Rechten befand sich ein weitläufiges Bällebad, das wirkte als würde es recht oft benutzt, wenn man nach der Anzahl der Bälle ging, die sich außerhalb des Beckens befanden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch ihm gegenüber auf der anderen Seite der Kammer erhoben sich mehrere verzierte Sessel auf einem Podest. Drei davon waren besetzt und während Cletus noch seinen Blick staunend schweifen ließ, ging Un auch schon an ihm vorbei und nahm auf einem der Sessel Platz.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ganz links saß Ältester Deux, dessen schneeweißes Haar einen beeindruckenden Kontrast zu seiner schwarzen Haut bildete, und hatte die Hände über einem kugelrunden Bauch, der Uns in nichts nachstand, gefaltet. Neben ihm schlürfte Ältester Trois einen Cocktail, was in seinem Alter und zu dieser Uhrzeit wohl zu erhobenen Augenbrauen geführt hätte, doch als Ältester genoss man eben einige Privilegien. Dann folgte Un, der sehr zufrieden mit sich aussah. Der jüngste der vier, Ältester Quatre, strahlte Cletus freundlich an. Sein rotes Haar war zu einer extravaganten Frisur aufgetürmt und der Kuchenkonsum hatte auch bei ihm schon seine Spuren hinterlassen, wenn auch noch nicht in gleichem Maß wie bei seinen älteren Kollegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte und kam langsam näher.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Un räusperte sich. "Nun, wie ich schon vorhin andeutete als ich euch zusammenrief, ist dies möglicherweise die Lösung für unser kleines Problem. Dies ist Inspektor Cletus. Er ist noch recht jung, aber auch körperlich fit genug für unsere Bedürfnisse. Zudem ist er mutig und loyal, bereit die Wahrheit zu sagen, auch wenn es für ihn persönlich schwierig wird."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus biss sich auf die Zunge und verbeugte sich steif. Was konnten die denn nur mit ihm vorhaben?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie schön!", rief Ältester Quatre dazwischen. "Inspektor, Sie müssen unbedingt unbedingt den Marmorkuchen versuchen. Der ist ein Gedicht. Haben Sie eine Gabel dabei? Ach, macht auch nichts. Aber mit vollem Magen redet es sich doch viel besser." Er lächelte noch breiter und winkte einem Servicebot zu, der sich sofort daran machte, die Ältesten wie auch Cletus selbst mit gefüllten Tellern zu versorgen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Trois zog es vor bei seinem Cocktail zu bleiben und stellte den Teller auf ein kleines Tischchen in der Nähe. Doch die anderen Ältesten reagierten kaum auf die Unterbrechung. Ganz offensichtlich war dies die Art wie jedes ihrer Treffen ablief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hielt sich an seinem Teller fest und bemühte sich verzweifelt seine Ungeduld nicht offen zu zeigen, aber inzwischen war er mit den Nerven fast am Ende. "Um was für eine Mission handelt es sich denn?", wagte er zu fragen, dann steckte er schnell ein Stück Kuchen in den Mund, damit nichts herausschlüpfte was nach "ihr müder Haufen" oder "wird hier eigentlich jemals etwas erledigt?" klang. Verflixt, der schmeckte wirklich ausgezeichnet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ältester Trois lehnte sich zurück und betrachtete ihn einen Moment. "Nun, da muss ich ein wenig ausholen. Sie sind sich natürlich der Pläne zur Sprengung unseres ehemaligen Heimatplaneten bewusst, nehme ich an?" Als Cletus kauend nickte, fuhr der Älteste fort: "Es ist nun Jahrzehnte her, dass die Situation auf Deponia so lebensbedrohlich wurde, dass es unumgänglich wurde, den Planeten zu verlassen. Allem Anschein nach sind in der Zwischenzeit die Bedauernswerten, die aus Platzmangel zurückgelassen wurden, ums Leben gekommen. Doch andererseits gibt es noch immer hartnäckige Gerüchte, dass es auf Deponia Menschen gibt, die trotz aller Widrigkeiten überleben konnten. Natürlich haben wir das Wort unseres geschätzten Oberkontrollrats, der uns versichert, dass an diesen Gerüchten kein Wort wahr ist. Dennoch ist der Ältestenrat zu dem Schluss gekommen, dass es besser wäre, ein oder mehrere Unabhängige würden die Situation überprüfen, bevor wir das Signal zur Sprengung Deponias geben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob eine Augenbraue. Er hatte von Auria schon von diesem Konflikt gehört und auch Goal gehörte zu denen, die nicht müde wurden sich eine abenteuerliche Geschichte über solche überlebende Deponianer zurecht zu spinnen. "Ja, ja, ich kenne die Problematik. Aber was hat das mit mir zu tun?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ältester Un schmunzelte selbstgefällig. "Liegt das nicht auf der Hand? Sie sollen auf Deponia überprüfen, ob es noch Menschen dort gibt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verschluckte sich an einem Kuchenkrümel und wäre beinahe erstickt. Das brachte ihm zwar eine Nahtoderfahrung mehr ein, verschaffte ihm aber auch einen Moment, um sich zwischen "Nein!", "Um Himmels Willen, nein!", "Auf gar keinen Fall!" und "Ums Verrecken nicht!" zu entscheiden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ältester Deux beeilte sich noch ein paar Worte einzuwerfen, bevor Cletus wieder zu Atem kam: "Natürlich würden wir einen derartigen Auftrag großzügig vergüten. Sie müssten sich nie wieder Sorgen um irgendetwas machen und..." er warf seinen Mitältesten einen hastigen Blick zu und fuhr auf ein Nicken von Trois hin fort "wir würden dafür sorgen, dass Ihnen ein größeres Apartment zugeteilt wird, das... ähm... ihrem Status angemessen ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das klang schon ein wenig verlockender, doch die Aussicht auf einen völlig verdreckten und verseuchten Planeten zu müssen war schlichtweg das Gegenteil von allem, was er jemals gewollt hatte. Er konnte nicht anders als das Gesicht angeekelt zu verziehen und sah wie die Ältesten unruhig tuschelten. "Was... was meinen Sie mit 'Status'?", fragte er schließlich schwach.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Trois räusperte sich. "Sie wären ja sozusagen unser Repräsentant auf einem anderen Planeten. Deshalb würden wir Sie offiziell zum Botschafter Elysiums erklären."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Botschafter! Cletus klappte die Kinnlade herunter. Das war ja fast auf Augenhöhe mit einem Oberkontrollrat. Vielleicht sogar noch besser! Er würde ganz sicher endlich Goal einen Antrag machen können und dann würde er endlich dazu gehören. Alle seine Träume würden sich erfüllen und alles was er dafür tun musste, war ein paar Tage oder Wochen im Dreck auszuhalten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er stemmte die Hände in die Hüften. "Gut, meine Herren, zu diesen Konditionen wäre ich bereit zu arbeiten. Von welchem Zeitfenster sprechen wir hier?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein unübersehbarer Erleichterungsseufzer ging durch die Ältesten. "Da die Vorbereitungen zur Sprengung so gut wie abgeschlossen sind", erklärte Ältester Un, "sollten Sie so bald wie möglich aufbrechen. Wählen Sie sich einen Assistenten oder eine Assistentin und besprechen Sie die Einzelheiten Ihrer Reise mit Oberkontrollrat Ulysses. Er verfügt über die Kontrolle über Deponias Infrastruktur und wird Ihren Transport und Ihre Eskorte organisieren. Wir haben bereits entsprechende Absprachen mit ihm getroffen und werden ihn schnellstmöglich über die Identität unseres Botschafters in Kenntnis setzen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus nickte gewichtig auch wenn ihm das Herz bis zum Hals schlug. Er war nun Botschafter Cletus, Repräsentant des Ältestenrats und würde noch heute auf Ulysses treffen. Jetzt würde er ihn nicht mehr so einfach wegschicken können. Jetzt konnte ihn niemand mehr ignorieren.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Er fühlte sich noch immer wie betäubt als er den Aufzug nach unten nahm und vor dem Verwaltungskomplex auf die Straße trat. Es war geradezu unwirklich wie großartig alles gelaufen war. Er war nun Botschafter Elysiums! Er hatte es geschafft! Er war ganz oben angekommen und nie wieder würde jemand auf ihn herabsehen![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Cletus!" Verwundert sah er auf und erkannte Arron, der auf ihn zu lief. "Da bist du ja endlich! Ich habe dich schon so verzweifelt gesucht!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus räusperte sich und versuchte sich ein bisschen größer zu machen. "Ich bin noch vor den Ältestenrat gerufen worden. Du wirst es nicht glauben, aber ich habe eine wichtige Mission übertragen bekommen: Ich werde nach Deponia gehen und den Planeten inspizieren, um zu sehen ob es noch Menschen dort gibt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arron wirkte nicht so als habe er überhaupt richtig zugehört. "Das... das ist toll für dich. Nicht was ich erwartet hätte, aber das ist jetzt auch egal." Er packte Cletus an den Schultern und starrte ernst auf ihn herab. "Lucia wurde verhaftet! Sie war gerade auf dem Weg nach Hause als das Feuer im 'White Star' ausgebrochen ist, aber aus irgend einem Grund denken die sie hätte was damit zu tun. Dabei war sie völlig mit den Nerven am Ende als sie von dem Brand gehört hat und den vielen Verletzten. Sie wollte am liebsten zurück und beim Löschen helfen. Ich musste sie zurückhalten und daran erinnern, dass die Fachleute da das besser können."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Arrons Augen füllten sich mit Tränen und Cletus hätte sich am liebsten losgemacht. "Hör mal, Arron...", begann er stockend.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie ist ein wirklich guter Mensch", flüsterte Arron und wischte energisch mit dem Handrücken über die Augen. "Sie hat das nicht verdient. Cletus, ich weiß, dass du auch gestern im 'White Star' warst. Du musst für sie aussagen. Du weißt, dass sie niemals etwas tun würde um anderen zu schaden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hüstelte und machte einen kleinen Schritt zurück. "Naja, weißt du, so ganz sicher wäre ich mir da gar nicht. Sie kann schon recht energisch werden, wenn ihr etwas nicht gefällt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das kann nicht dein Ernst sein! Ich weiß, dass ihr ein paar Differenzen hattet. Aber letztlich hat sie nie aufgehört zu hoffen, dass du auch deinen Weg findest und glücklich wirst. Sie hat dir nie etwas nachgetragen. Und auch anderen nicht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verschränkte die Arme. "Das hat sie dir jedenfalls erzählt. Aber wer weiß schon, was im Kopf von so Jemandem vorgeht. Da werde ich doch nicht meine Karriere auf's Spiel setzen, um eine potentielle Terroristin zu schützen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zumindest waren Arrons Tränen nun verschwunden. Allerdings war an ihrer Stelle nun etwas anderes, das Cletus riet den Sicherheitsabstand noch etwas zu vergrößern. "Jetzt verstehe ich", knurrte Arron. "Deine Karriere. Das ist dir wichtig, nicht wahr? Dafür opferst du alles andere und jeden anderen. Und es ist dir egal, was jemand schon für dich getan hat. Lucia ist dir egal. Ich bin dir egal. Und wahrscheinlich ist Goal es auch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das ist überhaupt nicht w-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Doch, das ist wahr! Es würde dich doch nichts kosten für Lucia auszusagen. Es sei denn..." Arron erstarrte und seine Augen wurden schmal. "Du hast einen Fehler gemacht und es Lucia in die Schuhe geschoben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Pah, ich habe ihr gar nichts in die Schuhe geschoben. Ich habe den Ausschuss lediglich darauf hingewiesen, dass Lucia im 'White Star' arbeitet-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus fand sich auf dem Hosenboden wieder und sein Kiefer schmerzte fürchterlich. Arron stand über ihm, die Faust noch immer geballt. "Du Ratte! Du hast sie auf Lucia gebracht! Leugne es nicht! Wie konntest du nur?!" Cletus hob abwehrend die Hände doch Arron schlug nicht wieder zu. "Ich will dich nie wieder sehen!", zischte er. "Geh nur runter in den Dreck. Das ist es auch wo eine Ratte wie du hingehört. Und ich hoffe, du kommst nie wieder zurück!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Damit fuhr Arron auf der Stelle herum und ging mit schweren Schritten davon. Cletus sah sich unsicher um und prüfte, wie viele Elysianer die Auseinandersetzung wohl mitbekommen hatten. Glücklicherweise war nicht viel auf der Straße los und die wenigen Gaffer, die ihnen zugesehen hatten, erkannten dass die Show vorbei war und wandten sich wieder ihren eigenen Angelegenheiten zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus erhob sich, klopfte sich den vermeintlichen Staub von der Hose und massierte seinen Kiefer. Anscheinend hatte er außer einem Schreck nicht allzu viel Schaden genommen. Aber seine gute Stimmung hatte Arron nun gründlich ruiniert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er presste die Lippen zusammen. Wollte Arron ihn wirklich tot sehen? Aber warum kümmerte ihn das überhaupt noch? So nahe hatten sie sich nun auch nicht gestanden, selbst nachdem Arron ihm geholfen... Er wischte den Gedanken beiseite.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sollte Arron doch von ihm halten, was er wollte. Alle bedeutenden Persönlichkeiten riefen früher oder später Neider auf den Plan. Vielleicht war es das: Arron hatte doch als Kind selbst von Abenteuern auf Deponia geträumt. Bestimmt war es einfach nur Eifersucht auf Cletus, der nun all das erreichte, was Arron selbst einmal wollte, die seine Reaktion hervorgerufen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber mit dem Neid der kleinen Leute konnte er leben, sagte Cletus sich und setzte sein selbstsicherstes Gesicht auf, während er sich auf den Weg zu Ulysses machte.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Es war kein weiter Weg bis zu den Büros des Oberkontrollrats, aber Cletus zögerte immer wieder. Er ging in Gedanken alles durch, was er sagen wollte und zerbrach sich den Kopf über Einwände, die Ulysses gegen ihn als Schwiegersohn haben mochte und wie er diese entkräften könnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vor der Tür atmete er noch einmal tief durch, dann betätigte er die Klingel und nahm Haltung an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Tür glitt auf und er fand sich Angesicht zu Helmfront mit einem seltsamen Mann wider. Er war von ähnlicher Statur wie Cletus selbst, trug aber eine graugrüne Uniform, die an Brust und Schultern von einem Metallpanzer verstärkt war, sowie weinrote Handschuhe und einen Umhang in derselben Farbe. Aber was an ihm am meisten auffiel, war sein Helm, der das meiste seines Gesichts verbarg, aber durch eine getönte Scheibe zumindest einen Blick auf seine Augen und den langen, geraden Nasenrücken zuließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus zögerte einen Moment, doch noch bevor er etwas herausbrachte, trat der andere Mann einen Schritt zurück und winkte ihn mit einer einladenden Geste herein. "Inspektor Cletus, nehme ich an. Mein Name ist Argus. Amtmann Argus. Ich bin hier, um Sie zum Oberkontrollrat zu bringen", kam seine von Statik verzerrte Stimme aus dem Helminterface.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus trat in einen langen Flur und wartete darauf, dass ihm Argus den Weg zeigen würde, doch der hatte die Arme verschränkt und musterte ihn unverholen. Gerade als der Blick begann wirklich unangenehm zu werden, zuckte der Amtmann die Achseln und bemerkte abfällig: "Sie haben sich nicht sonderlich in Form gehalten. Aber egal, jemanden geeigneteren werden wir wohl nicht kriegen." Damit wandte er sich ab und schritt den Flur hinab, wobei er den Umhang demonstrativ hin und her schwingen ließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus beeilte sich Schritt zu halten, auch wenn er innerlich schäumte. Was erlaubte sich dieser Fatzke bloß? Hielt der sich für etwas besseres? Wahrscheinlich war er grottenhässlich wenn er die ganze Zeit mit einem Helm herumlaufen musste.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Beinahe wäre er in Argus hineingelaufen als dieser abrupt stehen blieb und eine nicht sonderlich gekennzeichnete Tür auf der linken Seite des Ganges öffnete. Drinnen befand sich ein großzügig eingerichtetes Büro mit einem massiv wirkenden Schreibtisch hinter dem ein Mann in einem breiten Sessel saß als sei er ein König und empfange gerade seinen Hofstaat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte. Er hatte Ulysses seit dem Tag, an dem er Goal zum Campen hatte einladen wollen, nicht mehr gesehen, aber er wirkte keine Spur weniger einschüchternd. Eher im Gegenteil, da er eine ähnliche, panzerverstärkte Uniform wie Amtmann Argus trug, in der seine Gestalt noch etwas massiger wirkte. Einzig der Helm saß nicht auf seinem Kopf wie bei Argus, sondern thronte auf seinem Schreibtisch und schien Cletus durch das leere Visier anzufunkeln.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schlagartig fielen ihm all die Scham und Hilflosigkeit wieder ein, die Ulysses ihn spüren lassen hatte, als er ihm verbot Goal wieder zu treffen. Gleichzeitig zierten sich all die schönen Argumente, die er sich zurechtgelegt hatte, davor, ihm nun in den Sinn zu kommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Herr Oberkontrollrat", begann er zögernd, doch Ulysses unterbrach ihn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Inspektor Cletus", sagte er und lächelte so breit, dass die Masse an Zähnen, die er zeigte, ihn nur noch bedrohlicher wirken ließ. "Oder sollte ich sagen: Herr Botschafter? Ich freue mich sehr, endlich wieder Gelegenheit zu haben mit Ihnen zu reden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wirklich?", rutschte Cletus heraus bevor er sich bremsen konnte. "Ich meine, äh, die Freude ist ganz meinerseits. Es war mir schon lange ein Bedürfnis, mich mit Ihnen eingehender zu unterhalten." Er versuchte das Lächeln zu erwidern und hoffte, dass Ulysses nicht merkte, dass er schwitzte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"So?" Ulysses verschränkte die Finger. "Ich nehme an, es geht Ihnen dabei um meine Tochter? Wie ich hörte stehen Sie sich noch immer recht nahe."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus warf Argus einen Blick zu und nahm ärgerlich zur Kenntnis, dass der andere Mann keine Anstalten machte zu gehen und ihnen etwas Privatsphäre zu verschaffen. Nein, er hatte die Arme verschränkt und lehnte an der Tür ohne Cletus aus den Augen zu lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Im Grunde hatte Cletus vorgehabt, diese Missionsbesprechung dazu zu nutzen über Goal zu sprechen und wenn es gut lief, um ihre Hand anzuhalten. Aber bei diesem Publikum war er sich seiner Sache nun so gar nicht mehr sicher. "Nun..." Er hustete. "Wir... äh... ich..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses Lächeln war verschwunden, auch wenn er nicht unbedingt wütend wirkte. Aber sein Gesicht war plötzlich recht ernst und er lehnte sich nach vorn als wolle er keine Gefühlsregung, die Cletus zeigen mochte, verpassen. "Goals Glück ist mir sehr wichtig. Deshalb muss ich natürlich sicher gehen, dass ihr nichts geschieht. Ihnen liegt doch sehr viel an ihr, nicht wahr?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh ja, natürlich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses nickte langsam. "Natürlich", wiederholte er. "Ich bin wirklich erleichtert, das zu hören. Denn, sehen Sie, es gibt da ein Problem, dass Goals gesamtes Glück zunichte machen kann."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh nein!", rief Cletus eine Spur zu theatralisch, doch etwas besseres fiel ihm ohnehin nicht ein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unter seinem dichten Bart zuckten Ulysses' Mundwinkel amüsiert, dann wurde er wieder ernst. "Sehen Sie, Cletus, als damals die Entscheidung fiel Elysium zu bauen, ging man davon aus, dass innerhalb der nächsten Jahre die Oberfläche Deponias unbewohnbar wäre."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus runzelte die Stirn. Warum erzählte ihm Ulysses jetzt von Deponia? Ging es nicht eigentlich um Goal? Er überlegte, was der Oberkontrollrat wohl von ihm hören wollte, doch noch bevor er etwas sagen konnte, redete dieser weiter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Über die nächsten Jahre ging auch wie erwartet die Bevöllkerungszahl kontinuierlich zurück. Allerdings..." Ulysses verstummte und gab Argus ein Zeichen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie wollen einfach nicht sterben", übernahm der Amtmann die Erzählung. "Ob es daran liegt, dass die Oberfläche weit weniger toxisch ist als erst angenommen oder ob sich die Deponianer an die Umstände angepasst haben, spielt letztlich keine Rolle. Fakt ist, dass nachdem sie einen Tiefpunkt erreicht hat, die Bevölkerungsdichte in den letzten gut zehn Jahren wieder gestiegen ist." Er lachte kurz auf, was durch den Lautsprecher seines Helms wie ein Schnarren klang. "Meine Männer haben hin und wieder diese Zahl ein wenig dezimiert, aber es gehört nicht zu unseren Aufgaben Deponianer auszurotten. Vorerst jedenfalls. Wir haben zur Zeit wirklich anderes zu tun."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie meinen...", stammelte Cletus, "die Gerüchte sind wirklich wahr? Es gibt noch Menschen auf Deponia? Aber... aber... warum haben Sie dem Ältestenrat... ich meine... meine Mission?" Mit einem Schaudern wurde ihm bewusst wie sich gerade all seine Pläne in Luft aufzulösen drohten. Würden sie ihm auch seinen Status als Botschafter wieder wegnehmen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses seufzte. "Ja, Ihre Mission wäre damit im Grunde überflüssig, Herr Botschafter." Cletus hatte das dumpfe Gefühl, dass der Oberkontrollrat seine Gedanken lesen konnte, aber er war noch immer zu verstört um ihm zu antworten. "Aber was noch gravierender ist: Wenn der Ältestenrat von den Deponianern erfährt, besteht die nicht zu verachtende Wahrscheinlichkeit, dass er die Sprengung abbläst und unsere Reise nach Utopia gestrichen wird. Können Sie sich vorstellen, was dann aus Elysium wird?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus wurde noch eine Spur blasser. "Über kurz oder lang werden unsere Ressourcen erschöpft sein, besonders unsere Energie. Die Sonnenkollektoren allein haben nicht die Kraft Elysium auf Dauer in dieser Höhe zu halten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Womit Elysium dann einen weiteren Schrotthaufen auf diesem Drecksloch von Planeten bilden würde", warf Argus ein. "Und auch wenn die Athmosphäre nicht giftig ist, sie stinkt bestialisch. Auch wenn das Essen einen am Leben erhält, es ist widerlich. Und klares Wasser ist auf Deponia so selten, dass nicht Wenige es für eine Legende halten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus spürte wie sich ihm der Magen umdrehte. Das klang so furchtbar, dass man es kaum Leben nennen konnte. Allein die Vorstellung, dass er in so einem Dreck enden könnte...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie verstehen nun hoffentlich, dass dies kein Leben für Goal ist", sagte Ulysses ernst.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dass er und Goal in so einem Dreck enden könnten, meinte er natürlich. "Das ist wirklich furchtbar! Was sollen wir nur... ich..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nun, das ganze Problem würde sich in Luft auflösen, wenn der Ältestenrat nichts von den Deponianern erfahren würde nicht wahr?" sagte Ulysses langsam und lächelte dünn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus starrte ihn an. "Sie wollen... Sie wollen, dass ich den Mund halte? Meinen Bericht fälsche?" Er spürte wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Elysiums Rechtssystem machte große Unterschiede je nach Status, Geld und Ruf, aber er zweifelte, dass ihn sein neuer Titel als Botschafter schützen würde, falls alles herauskam und man ihn des Hochverrats anklagte. Andererseits hätte er in dem Fall den Oberkontrollrat persönlich an seiner Seite und die Konsequenzen wenn er die Wahrheit sagte, waren zu entsetzlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses lächelte noch immer. "'Fälschen' ist so ein hartes Wort. Sie würden Goal beschützen. Haben Sie mir nicht gerade versichert wie sehr sie Ihnen am Herzen liegt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das stimmte. Im Grunde war es völlig selbstlos von ihm, denn immerhin würde er es ja für Goal tun. Bestimmt würde das auch der Ältestenrat einsehen, falls man ihn erwischte. Aber geschickt wie er war, würde es gar nicht erst so weit kommen. "Ja", sagte er, "Für Goal würde ich alles tun. Wenn sie nur meine Frau würde, wäre ich zu allem bereit."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses' Lächeln verblasste. Er warf Argus, der überrascht die Augenbrauen gehoben hatte, einen kurzen Blick zu. Dann erhob er sich und baute sich vor Cletus auf. Als müsse er sich überwinden, streckte er schließlich steif die Hand aus. "Einverstanden. Sie werden dafür sorgen, dass der Ältestenrat niemals erfährt, dass Deponia noch bewohnt ist, und im Gegenzug stimme ich einer Hochzeit mit meiner Tochter zu."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus' Herz klopfte heftig als er ebenfalls aufstand und einschlug. Was war das doch für ein geschickter Schachzug gewesen. Jetzt hatte er nicht nur die Stellung als Botschafter in der Tasche, sondern auch noch grünes Licht für eine Heirat mit Goal. Das sollte ihm erst einmal jemand nachmachen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwar machte Ulysses ein Gesicht als habe er gerade in eine Zitrone gebissen, doch nickte er Cletus bestätigend zu und winkte Argus zu ihnen herüber. "Jetzt, da das geklärt ist, hoffe ich Sie können baldmöglichst aufbrechen, Cletus. Oder gibt es noch etwas wichtiges zu erledigen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus räusperte sich. "Nun, äh, der Ältestenrat hat verfügt, dass ich mir einen Assistenten auswähle, der mich begleiten soll. Aber ich habe da schon jemandem im Auge: Eine Kollegin von mir mit einem Gehirnimplantat. Sie hat nämlich Geldsorgen, wissen Sie-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Verschonen Sie mich. Das einzige was mich interessiert ist, ob uns diese Assistentin in die Quere kommen könnte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus' Lippen kräuselten sich säuerlich. "Darauf wollte ich gerade hinaus. Für genug Geld wird sie bestimmt den Mund halten. Sie ist nicht sehr neugierig, aber immer auf der Suche nach einem kleinen Nebenverdienst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses nickte wieder. "Gut, gut, Sie denken mit. Dann besprechen Sie alles weitere mit Argus, sichern Sie sich die Verschwiegenheit Ihrer Assistentin und bereiten sich auf Ihre Reise vor. In spätestens drei Tagen sollten Sie startklar sein. Argus, sorgen Sie dafür, dass beim Ältestenrat eine Kopie der Aufstiegscodes beantragt wird. Sie kennen ja den Papierkram."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aufstiegscodes?" erkundigte sich Cletus vorsichtig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus lachte wieder schnarrend. "Na, Sie wollen doch nicht, dass sich jeder x-beliebige Zugang zu den Aufstiegsstationen verschaffen und eines der Notboote kapern kann, um sich auf Elysium breit zu machen. Sämtliche Boote sind natürlich gesichert mit einem hochkomplexen Code, der das Gesindel fern halten soll."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Natürlich", echote Cletus. "Ich werde mir den Code gut einprägen und-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nein, das werden Sie nicht", fiel ihm Argus ins Wort. "Der Code ist viel zu komplex um ihn sich auch nur aufzuschreiben. Wir werden ihn auf einer Datasette speichern, die Sie dann hüten sollten wie Ihren Augapfel."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sagten Sie nicht, Ihre Assistentin habe ein Gehirnimplantat, Cletus?", mischte sich Ulysses wieder ein. "Speichern Sie die Aufstiegscodes doch darauf, Argus. Wie sollten sie dann noch verloren gehen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus nickte zustimmend und atmete tief durch. Alles wurde besser und besser und kein Hindernis konnte ihn wirklich aufhalten.[/JUSTIFY]


 

Kapitel 11

 

[JUSTIFY]"Sie hören mir nicht richtig zu!", drang Argus' elektrisch verzerrte Stimme tadelnd in seine Gedanken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das mochte wohl sein. Immerhin hatte er auch einiges zu verdauen und es fiel ihm schwer, nicht innerlich bereits den Antrag zu planen, den er Goal machen wollte. Wenn Argus ihn nach dem Gespräch mit Ulysses nicht noch dringend darum gebeten hätte, die Details ihrer Reise sofort zu besprechen, wäre er auch bereits unterwegs zu Goal.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was spielt das hier auch für eine Rolle? Der Bericht wird doch ohnehin nicht den Tatsachen entsprechen. Ist es da nicht gleichgültig in welche Ecke von Deponia sie mich kutschieren wollen?", gab Cletus gereizt zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus, der eben noch gebückt über einer Karte Deponias verharrt hatte, richtete sich auf und verschränkte die Arme. "Ich hatte bis jetzt den Eindruck, dass Sie bei allen physischen Defiziten zumindest einen einigermaßen wachen Verstand hätten, Inspektor Cletus. Wie enttäuschend, dass Sie allem Anschein nach kein Interesse daran haben, sich so gut vorzubereiten, dass Sie für alle Eventualitäten und Rückfragen, die der Ältestenrat haben könnte, gewappnet sind."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus starrte ihn finster an. "Der Ältestenrat ist ja schon damit überfordert, sich auf Elysium richtig zurecht zu finden. Da bezweifle ich, dass sie sich gut genug mit Deponia auskennen, um Rückfragen zu stellen. Aber wenn Sie sich dann besser fühlen, gehen wir das Ganze eben noch einmal durch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er beugte sich selbst über die Karte und deutete auf einen der wenigen Punkte, die ihm etwas sagten. "Wir landen also in Porta Fisco, der alten Metropole mitten im Scherbenmeer. Und dann fahren wir mit einem Kreuzer, der sich auf Einschienenbahntrassen über ganz Deponia bewegen kann, zum Metropol-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Eben nicht", unterbrach ihn Argus. "Der Metropol ist viel zu gefährlich. Es ist im Grunde der einzige Ort auf Deponia, der wirklich menschenleer ist, weil dort eine künstliche Schwarmintelligenz Amok gelaufen ist. Es war schwer genug dort Sprengtürme zu errichten. Da brauche ich wirklich nicht noch Zivilisten, die ich heil da durchschleusen muss."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das meinte ich ja", erwiderte Cletus und räusperte sich. Er mochte es nicht korrigiert zu werden, aber zuzugeben, dass sich Argus auf Deponia besser auskannte, war beinahe noch schlimmer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Amtmann schnaubte abfällig. "Natürlich meinten Sie das. Wie ich Ihnen vorhin erklären wollte, werden wir uns bei unserer Rundreise auf einen Kontinent beschränken." Er deutete auf die Landmasse links von Porta Fisco. "Aporimata. Wir bewegen uns erst an der nördlichen Küste entlang bis nach Parks im Westen des Kontinents. Dann nach Süden durch Miserior an die Schrapnellküste. Und von dort aus wieder Richtung Nordosten zum Südwestquadranten, vor dessen Küste Porta Fisco liegt." Argus richtete sich wieder auf und stemmte die Fäuste in die Seite. "Allein dieser Trip wird mehr als zwei Wochen dauern, also kann sich der Ältestenrat bestimmt damit zufriedengeben, auch wenn wir Dysropa und Haldika außen vorlassen. Immerhin dürfte es auch in deren Interesse sein, die Sprengung nicht länger als nötig hinauszuschieben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus nickte. Er war selbst alles andere als wild darauf, diesen Drecksplaneten zu bereisen, da kam es ihm gelegen, wenn nicht von ihm erwartet wurde jeden Winkel zu untersuchen. "Wenn das dann alles wäre..." versuchte er einen Abschied einzuleiten, doch Argus sah ihn gar nicht richtig an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und in meinen Zeitplan passt es auch", sagte er leise. Dann umrundete er den Tisch, auf dem die Karte lag und baute sich vor Cletus auf, der instinktiv ein wenig zurückwich. "Zwei Wochen können eine lange Zeit sein. Eine Zeit, in der Sie sich in einer unbekannten Umgebung befinden werden, die alles andere alles lebensfreundlich ist. Welch ein Glück, dass ich und meine Männer da sind und für Ihren Schutz sorgen werden. Schließlich wäre es ein Jammer, wenn Ihnen etwas zustoßen würde."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus runzelte die Stirn. Was sollte das? Wollte Argus, dass er sich bei ihm bedankte?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Amtmann beugte sich vor und flüsterte mit seiner statikverzerrten Stimme: "Ulysses wollte Sie nebenbei gesagt tot sehen, falls Sie seinem Plan nicht zustimmen. Ich sollte für einen kleinen Unfall sorgen und dann ihre Aufzeichnungen so abändern, dass sie in unserem Sinne wären. Es war sehr klug von Ihnen, dass Sie ihm nun keinen Anlass geben, Sie beseitigen zu müssen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus erstarrte. Durch das Panzerglas im Visier konnte er Argus' Augen glitzern sehen. "Ulysses würde doch nicht... Ich meine, er hat zugestimmt, dass ich seine Tochter heirate... Er würde doch..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus wich keinen Millimeter zurück. "Glauben Sie, was sie wollen. An Ihrer Stelle würde ich allerdings darüber nachdenken, wen ich im Notfall als Verbündeten an meiner Seite hätte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was wollen Sie?", flüsterte Cletus heiser.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er konnte Argus' Mund nicht sehen, aber er spürte das Lächeln des anderen als dieser antwortete: "Ich will die Aufstiegscodes. Ich will nicht länger abhängig von den Launen des Oberkontrollrats sein in dem wohin ich gehen kann."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber Sie werden Sie doch ohnehin auf Frau Kinkels Gehirnimplantat kopieren. Warum besorgen Sie sich nicht dann eine eigene Kopie?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus schnaubte. "Die Computeranlagen Elysiums werden überwacht. Wenn ich mir eine Kopie anfertigen will, muss ich das auf dem Planeten tun."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus presste einen Moment die Lippen zusammen. So hoch schien ihm Argus' Forderung nicht zu sein, auch wenn es ihm noch immer nicht in den Kopf wollte, dass Ulysses wirklich etwas gegen ihn zu haben schien. Letztlich nickte er. "Also gut, ich werde dafür sorgen, dass Sie die Codes bekommen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und ich werde mich darum kümmern, dass Sie es lebendig nach Elysium zurück schaffen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus streckte die Hand aus und ging beinahe in die Knie als Argus einschlug und seine Finger so fest zusammenpresste, dass er jeden einzelnen Knochen spürte. "Dann auf gute Zusammenarbeit", presste er zwischen den Zähnen hervor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus lachte nur.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

[JUSTIFY]Cletus konnte sich nicht daran erinnern, wann er sich zuletzt so müde und gleichzeitig so aufgeregt gefühlt hatte. Was war das nur für ein Tag gewesen! Heute morgen hatte er noch geglaubt, seine Karriere, seine Ziele und vielleicht sogar sein Leben seien verwirkt. Und dann hatte er durch sein geschicktes Taktieren mehr gewonnen als er zu träumen gewagt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Obwohl es seinen Träumen schon recht nahekam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nach dem Gespräch mit Argus war er sofort nach Hause geeilt, hatte erfahren, dass Goal bereits nach ihm gefragt hatte, hatte ihr eine Einladung zum Abendessen geschrieben und diese ausnahmsweise von seinem Hausbot überbringen lassen. Den Rest des Tages hatte er genutzt sich endlich richtig in Schale zu schmeißen. Die paar Stunden hatten kaum für alles gereicht, doch jetzt, endlich saß er im Kendras, einem sehr schicken Restaurant mit Blick auf die Drehenden Gärten. Es kam vielleicht nicht an das White Star heran, aber daran wollte er im Moment lieber nicht denken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Essen war jedenfalls exquisit und teuer genug, dass er Goal auf später vertrösten konnte, als diese ihn mit Fragen geradezu überhäufte. Zwar wirkte sie nicht sehr erfreut über den Mangel an Informationen, aber er hatte nicht vor ihr mit vollem Mund einen Antrag zu machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Endlich tupfte er sich den Mund mit der Stoffserviette ab und schob den Teller von sich. Goal hatte in ihrer Portion mehr herumgestochert und schon vor einigen Minuten dem Servicebot signalisiert, dass er ihren Rest abräumen konnte. Nun trommelte sie mit den Fingern auf dem Tischtuch herum und warf ihm finstere Blicke zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dürfte ich nun endlich erfahren, wo du heute morgen warst und warum du dich erst so spät gemeldet hast?", begann sie gereizt. "Nach dem, was heute Nacht los war, habe ich mir Sorgen gemacht. Und dann kommt keine Erklärung, sondern nur eine Einladung zum Essen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob die Augenbrauen. "Hat es dir etwa nicht geschmeckt? Ich kann den Küchenchef-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nein! Ich meine... doch, ja, es hat geschmeckt. Ich will einfach nur wissen... Nachdem wir uns gestern so gestritten haben, dachte ich wir würden uns heute mal richtig aussprechen. Aber alles was du tust, ist ablenken und das Thema wechseln."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]War es wirklich erst gestern, dass sie sich gestritten hatten? Es kam ihm vor wie eine halbe Ewigkeit. "Nun", sagte er und räusperte sich theatralisch, "du musst dir wirklich keine Sorgen um mich machen. Ich wurde heute Morgen zum Ältestenrat gerufen und nachdem ich entscheidend zur Aufklärung der Ursachen des Brandes im White Star beitragen konnte, wurde ich befördert." Er winkte der Bedienung und der Bot huschte wie vorher vereinbart mit einer Flasche Champagner an ihren Tisch. "Ich bin jetzt sowohl Inspektor als auch Botschafter Elysiums!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Bedienungsbot öffnete den Champagner mit dezentem Knall und schenkte ihnen beiden ein. Goal sah leider mehr verblüfft als beeindruckt aus, aber sie nahm das Glas trotzdem entgegen. "Ähm, dann Herzlichen Glückwunsch, Cletus. Das ist etwas unerwartet, aber doch eine schöne Nachricht. Auch wenn mir nicht ganz klar ist, wieso sie dich dafür zum Botschafter ernennen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus lächelte und stieß mit ihr an. "Nun, da gibt es noch eine Mission, auf die ich mich erst einmal begeben muss, aber dazu später mehr." Er nahm einen großen Schluck, dann erhob er sich und ging um den Tisch herum. "Zuerst einmal kann ich dir versichern, dass ich die Dinge zwischen deinem Vater und mir regeln konnte. Und ich mich endlich bereit fühle dies zu tun."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sank vor ihr auf ein Knie und griff nach ihrer Hand. "Goal, willst du mich heiraten?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ihre Hand zuckte als wolle sie sie wegziehen und ihre Kinnlade klappte herunter. "Was?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er war versucht mit den Augen zu rollen. "Ich fragte, ob du mich heiraten willst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie lachte nervös, packte ihn an den Armen und zog ihn mit sich. "Lass uns ein paar Schritte laufen, ja?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus war gelinde gesagt verblüfft und ein wenig verärgert, dass sie anscheinend nicht die richtige Antwort auf diese Frage kannte, aber er wollte hier keine Szene machen und da er sich bereits vorher bei dem Restaurant registriert und die Zahlung genehmigt hatte, sprach wohl nichts dagegen, ihrem Wunsch zu entsprechen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lediglich um den angefangenen Champagner tat es ihm leid.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Sonne war bereits hinter Deponia verschwunden und goldene Lämpchen tauchten die Chill-Out-Zone in gedämpftes Licht. Goal führte ihn zu einer Balustrade, die nahezu menschenleer war und lehnte sich an das Geländer. Die Sterne glitzerten majestätisch auch wenn die Lichter Elysiums hinter ihnen den Kontrast dämpften.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch Goal schien ohnehin keine Augen für den Sternenhimmel zu haben. Sie knetete ihre Finger und wich seinem Blick beharrlich aus. Endlich begann sie zu sprechen. "Cletus, ich fühle mich wirklich geschmeichelt, dass du mich heiraten willst. Ich bin mir nur nicht so sicher, ob wir wirklich... naja... zueinander passen und..." Sie stockte immer mehr.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus fröstelte. "Doch, Goal, natürlich passen wir zusammen. Ich sagte doch, ich bin jetzt Botschafter. Ich verdiene in Zukunft um einiges mehr und werde mir ein großes Apartment leisten können, ganz standesgemäß. Und dein Vater hat auch zugestimmt als ich bei ihm um deine Hand angehalten habe."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aus irgendeinem Grund machte sie das wütend. "Mein Vater findet dich jetzt also auch ganz toll, ja? Bist du ihm endlich tief genug in den Hintern gekrochen? Und dann fragst du ihn auch noch, bevor du zu mir kommst!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber... aber Goal, ich habe das doch alles für dich gemacht. Ich wollte, dass alles perfekt für uns wird. Und jetzt muss ich nur noch diese Mission auf Deponia hinter mich bringen und dann haben wir es geschafft."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Deponia?" Das hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. "Du gehst auf eine Mission nach Deponia?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hatte sie jetzt Angst um ihn? Es war ihm beinahe gleich, solange sie ihn nicht mehr so wütend anstarrte. "Jaja!", beeilte er sich zu antworten. "Eine wichtige Mission, direkt vom Ältestenrat. Ich soll Deponia inspizieren und feststellen ob an den Gerüchten über Menschen etwas dran ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie sah ihn so fassungslos an als habe er ihr gerade eröffnet, dass er in Wirklichkeit ein Wombat in Verkleidung sei. Dann packte sie ihn so fest an den Schultern, dass er sich anstrengen musste, nicht zusammen zu zucken. "Wirklich? Sie lassen dich wirklich nach Deponia gehen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hob eine Augenbraue. "Das habe ich doch gerade gesagt. Aber du musst keine Angst um mich haben. So gefährlich es auch auf dem Planeten ist, für dich werde ich alles auf mich nehmen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh, Cletus", hauchte sie und er grinste selbstzufrieden. Na endlich wusste sie ihn zu schätzen. "Nimm mich mit! Bitte!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was?!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nimm mich mit nach Deponia."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Von seinem Grinsen war nicht viel übrig geblieben. "Goal, ich kann dich nicht mitnehmen. Das wäre viel zu gefährlich. Weißt du überhaupt was für Zustände auf Deponia herrschen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Eben hast du noch gesagt, ich müsste keine Angst um dich haben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verflucht! "Naja, ich komme mit der Gefahr schon zurecht. Aber ich mache das alles doch überhaupt nur für dich. Da wäre es doch absurd dich mitzunehmen und zu riskieren, dass dir etwas zustößt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du gehst doch aber nicht alleine, oder?", bohrte Goal weiter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich werde eine Organoneskorte haben. Aber dann ist da noch Frau Kinkel. Es soll mich nämlich noch ein Inspektor begleiten. Und da werde ich schon alle Hände voll zu tun haben, mich um ihre Sicherheit zu kümmern."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal presste die Lippen zusammen und starrte ihn eingehend an. Schließlich ließ sie ihn los und wandte sich ab. "Nun, wenn du lieber Frau Kinkel dabei hast..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach, Goal, du weißt doch, dass ich kein Interesse an der schrulligen, alten Kuh habe. Ich muss halt noch einen Inspektor mitnehmen und ich dachte ihr Hirnimplantat könnte nützlich sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal hob die linke Augenbraue und das Implantat, das darüber daß, blitzte im Dämmerlicht silbern auf. Cletus hätte sich am liebsten in den Hintern gebissen. "Goal...", begann er noch einmal in bittendem Tonfall, doch sie winkte ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"In Ordnung. Ich bin nicht eifersüchtig. Aber ich brauche erst mal etwas Zeit um über alles nachzudenken."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das gefiel ihm überhaupt nicht. "Zeit? Goal, ich breche in drei Tagen auf." Er seufzte theatralisch. "Na schön, dann denk halt noch nach, aber wenn wir erst einmal verheiratet sind..." Er bemerkte ihr Gesicht und verstummte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gute Nacht, Cletus." Sie machte keine Anstalten ihn zum Abschied zu küssen, aber zumindest sah sie lediglich ernst und nicht mehr wütend aus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er winkte ihr nach und schlenderte dann zum Restaurant zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Leider hatten sie den Champagner bereits abgeräumt. Verdammt![/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

[JUSTIFY]Cletus war noch nicht mit seiner Morgentoilette fertig, als der Hausbot ihm von Besuchern berichtete. Er hatte gleich nach dem Aufstehen Frau Kinkel eine Nachricht geschickt und sie gebeten heute zu ihm zu kommen, aber er hatte nicht damit rechnen können, dass sie zu den Leuten gehörte, die sich schon vormittags blicken ließen. Andererseits deutete ihr Äußeres nicht darauf hin, dass sie sich besonders viel Mühe gab, sich zurecht zu machen, also brauchte sie wohl einfach nicht so lange.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem Seufzen wies Cletus den Bot an, sie im Wohnzimmer Platz nehmen zu lassen und Erfrischungen anzubieten. Er hasste es, wenn er hetzen musste, aber andererseits wollte er das Gespräch auch möglichst bald hinter sich bringen. Also beließ er es bei etwas Concealer und Haargel, bevor er sich auf den Weg zu Frau Kinkel machte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber in seinem Wohnzimmer saß nicht Frau Kinkel, sondern ein eleganter Elysianer mittleren Alters mit schwarzem Haar und sorgsam gestutztem Bart. Neben ihm hatte eine etwas ältere Frau mit goldblond gefärbten Haaren Platz genommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hallo, Cletus," sagte Divius ruhig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus spürte Adrenalin in sich aufwallen. Und Wut. Vor allem Wut. Beinahe hätte er Divius mit einem knappen "Vater." begrüßt, aber er biss sich gerade noch auf die Zunge, so dass nur ein "Vvvvv" herauskam. Was man unter Umständen als drohendes Geräusch einordnen konnte. Mit etwas gutem Willen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auria erhob sich und trat lächelnd auf ihn zu. "Cletus! Wie ich hörte, kann man dir gratulieren."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er brachte noch immer kein Wort hervor. Seit dem Zwischenfall mit Hawk, nach dem er nicht mehr zur Arbeit gegangen war, hatte Auria einen Bogen um ihn gemacht. Trotzdem fand er es kaum überraschend, dass sie nun, da anscheinend bekannt geworden war, dass er als Botschafter nach Deponia gehen würde, wieder auftauchte. Sie hatte ja schon immer ihre Prioritäten gehabt. Aber dass sie auch Divius mitgebracht hatte, konnte er einfach nicht fassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie lächelte noch immer beharrlich und griff nach seiner Hand. "Eine Beförderung und nun auch noch eine Verlobung mit der Tochter des Oberkontrollrats. Ich bin wirklich beeindruckt wie zielsicher du deinen Weg gehst, mein Junge."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus blinzelte. Verlobung? Goal hatte doch noch gar nicht auf seinen Antrag geantwortet. "Woher...?", stammelte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auria lachte ein wenig gekünstelt. "Nun, Oberkontrollrat Ulysses hat heute morgen verlautbaren lassen, dass seine Tochter und Botschafter Cletus heiraten werden, sobald dieser von seiner Mission auf den Planeten zurückkehrt. Und in den richtigen Kreisen verbreiten sich solche Neuigkeiten schnell."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus machte den Mund auf und nach einem Moment wieder zu. Allem Anschein nach hatte Ulysses die Sache in die Hand genommen. Was im Grunde eine gute Sache war, aber so wie er Goal inzwischen kannte, schwante ihm, dass in der Angelegenheit noch nicht das letzte Wort gesprochen war. Aber darum würde er sich später kümmern, wenn es nötig war. Im Moment hatte er wirklich anderes im Kopf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er zog seine Hand aus Aurias Griff und verschränkte die Arme. "Ihr seid also hergekommen, um mir zu gratulieren? Dass ich nicht lache! Ich bin seit über einem Jahr mit Goal zusammen, aber das war nicht genug, oder? Ihr wolltet nicht das Risiko eingehen, dass mein Ruf noch einmal leidet, falls sie mich fallen ließe."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Divius' Gesicht verdüsterte sich, doch Auria versuchte noch immer die freundliche Fassade aufrecht zu erhalten. "Mein Junge, du musst das verstehen. Wir hatten viel in dich investiert und-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ihr habt mich fallen gelassen!", rief Cletus erbost. "Als ihr dachtet ich brächte euch nichts ein, habt ihr nicht einmal versucht mir zu helfen und jetzt wagt ihr es hier aufzukreuzen?" Er machte einen Schritt auf Divius zu. "Gerade du! Du hast mich mein Leben lang spüren lassen wie unerwünscht ich war. Egal wie sehr ich mich angestrengt habe, dir war es nie genug. Ich war besser als meine Klassenkameraden! Ich habe keinen Ärger gemacht! Ich bin sogar Arron aus dem Weg gegangen als du es wolltest, obwohl er außer Mama der einzige war, der mich je wollte-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie kannst du es wagen?!" Divius war aufgesprungen und ignorierte Auria, die versuchte ihn mit beschwichtigenden Gesten zu bremsen. "Ich habe dir verboten, sie deine Mutter zu nennen! Nach all dem Unglück, das du über unsere Familie gebracht hast, bist du jetzt noch so dreist, mir Vorwürfe zu machen? 'Keinen Ärger gemacht'. Ha! Du warst es doch, der dieses Mädchen angeschleppt hat, wegen der Arron auf die schiefe Bahn geraten ist. Ich hätte Denesha nie erlauben dürfen, dich bei uns einzuschleppen. Hätte Ulysses sich halt jemand anderes suchen müssen, der so ein kleines Monster, das er Schrott weiß wo aufgelesen hat, in sein Haus aufnimmt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus war sich kaum bewusst, dass er die Fäuste geballt hatte. Am liebsten hätte er sich auf Divius gestürzt, aber etwas ließ ihn zögern. Was hatte Ulysses mit ihm zu tun gehabt? Von Divius konnte er keine Antworten erwarten, aber allein dieses bisschen zu erfahren, brachte Cletus völlig aus dem Konzept.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auria schob sich zwischen die beiden Männer und legte Divius eine Hand auf den Arm. Dann wandte sie sich wieder an Cletus. "Bitte, Junge, mach es nicht noch schwerer. Du hast doch gerade gesagt, dass Arron immer etwas an dir lag und dir bestimmt auch an ihm. Er macht gerade eine wirklich schwere Zeit durch, will uns aber nicht sehen. Auch deshalb haben wir uns dazu entschieden, mit dir zu reden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schnaubte. "Das wird euch nicht helfen. Er will mit mir auch nicht mehr reden." Die Erinnerung an Arrons letzte Worte an ihn schmerzte mehr als er erwartet hatte, aber er wischte sie beiseite. Er durfte jetzt nicht schwach werden, wo er doch so weit gekommen war. "Wisst ihr was: Es ist nicht mein Problem. Er war immer euer Goldjunge. Also kümmert euch selbst darum."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du undankbarer-" begann Divius, doch Cletus ließ ihn nicht ausreden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und jetzt geht ihr endlich und kommt nie wieder zurück. Ihr habt mich nie gewollt und jetzt brauche ich euch auch nicht mehr."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auria sah ihn verletzt an, doch sie schwieg als sie an ihm vorbeihuschte. Divius starrte ihn noch einen Moment länger wütend an, dann zischte er ein paar sehr unfeine Dinge und folgte seiner Mutter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus ging ihnen bis zur Tür hinterher als müsse er sich davon überzeugen, dass sie wirklich weg waren. Gerade als sie um eine Ecke bogen, sah er aus einem der Aufzüge Frau Kinkel treten. Sie hatte die Nase in einem Buch und sah kaum auf als sich auf den Weg zu ihm machte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus versuchte selbstsicher zu lächeln, doch seine Hände zitterten noch immer. Nun gut, für Frau Kinkel würde es reichen.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

[JUSTIFY]Die letzten Tage waren furchtbar schnell vergangen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal ging ihm konsequent aus dem Weg, aber sie hatte ihm zumindest eine Nachricht geschickt, dass sie am Tag seiner Abreise da sein und ihn zu den Schleusen begleiten würde. Er war ein wenig nervös, dass sie ihm dort eine Szene machen würde, aber er hoffte sehr darauf, dass Ulysses sie zu Verstand bringen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Oberkontrollrat hatte ihn heute noch einmal besucht und sich versichern lassen, dass alles geregelt war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte mit Frau Kinkel vereinbart, ihr mehr als die Hälfte der Vergütung für diese Mission zukommen zu lassen, wenn sie sich damit zufrieden gab die Reise über in ihrer Kabine zu bleiben. Das kam ihrer eigenen Vorstellung von einem idealen Job offensichtlich sehr entgegen, denn sie sagte sofort zu und kündigte lediglich an, sich noch ein paar mehr Romane anschaffen zu wollen, die sie in dieser Zeit lesen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus war erleichtert gewesen, dass es zumindest bei seiner Begleitung keine Probleme geben würde. Das ließ ihm mehr Zeit sich dem Packen zu widmen.[/JUSTIFY]

Neben Kleidung brauchte er auch seine Unterlagen und Inspektorenausrüstung. Zur Sicherheit nahm er noch einen Bolzenschneider mit, falls er irgendwo ein Gitter aufschneiden musste. Er ging davon aus, dass sich der Organon um seine Verpflegung kümmern würde, auch wenn er lieber nicht darüber nachdachte, wie die aussehen würde, aber für alle Fälle packte er noch ein paar Notrationen ein. Und seine Champagnerkugeln. Das war ja auch das mindeste.

[JUSTIFY]Er besorgte einen Reisekäfig für Poisonous, den er lieber an seiner Seite wusste als ihn dem Hausbot zu überlassen. Er hätte vielleicht auch Goal darum gebeten sich um den Waran zu kümmern, aber da sie zurzeit nicht mit ihm redete, war es ihm zu riskant diese Entscheidung bis zum Tag seiner Abreise hinauszuschieben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Außerdem hob er einiges an Bargeld ab. Er war sich nicht ganz sicher ob die Überlebenden noch immer Zlottis als Währung benutzten, aber er ging davon aus, dass ein Geldbündel bestimmt Eindruck machen würde, falls er tatsächlich mit einem der Müllhaldenbewohner in Kontakt treten musste. Nur um ganz sicher zu gehen besorgte er sich noch billige Porzellanfiguren und Kristallglas. Das war nicht zu teuer, funkelte aber schön und er würde damit im Notfall bei den Primitivlingen sicher auch weiterkommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und dann waren die Tage auch schon vorbei und sein vorerst letzter Abend auf Elysium neigte sich dem Ende zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch immer ging ihm nicht aus dem Kopf was Divius über Ulysses gesagt hatte. Und auch Ulysses eigene Worte, dass er Cletus kenne und wisse, dass er Goal weh tun würde, tauchten immer wieder ungebeten in seinen Gedanken auf. Er konnte sich einfach keinen Reim auf all das machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schließlich schob er die Zweifel fort und legte sich schlafen. Er würde morgen ausgeruht sein müssen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Morgen würde es soweit sein. Morgen brach er auf nach Deponia.[/JUSTIFY]


 

Kapitel 12

 

[JUSTIFY]Wie sie ihm in einer Nachricht versprochen hatte, war Goal recht früh am Morgen seiner Abreise in seiner Wohnung aufgetaucht und hatte ihn bereuen lassen, dass er ihr schon vor Monaten uneingeschränkten Zugang gewährt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Frauen! Er verstand sie einfach nicht. Äußerlich wirkte Goal geradezu gut gelaunt, strahlte und spielte mit Poisonous. Aber alle paar Minuten kam ein herablassender Kommentar von ihr, als wären sie mitten in einem Streit. Cletus wusste nicht, worüber sie sich ärgern mochte. Vielleicht wusste sie es selbst nicht. Frauen halt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Poisonous ist heute morgen schon ganz unruhig", sagte er als er den Pestspeichelwaran in den Reisekäfig bugsierte. "Wahrscheinlich spürt er, dass etwas Besonderes geschieht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oder er hat zu viele von deinen selbstverliebten Monologen gehört."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da! Sie tat es schon wieder. Er warf Goal einen finsteren Blick zu, doch sie lächelte nur zuckersüß. "Er weiß mich hoffentlich mehr zu schätzen als das", gab er pikiert zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal zuckte nur die Schultern, als die Türglocke weitere Neuankömmlinge ankündigte. "Das müssen die Bots für das Gepäck sein, die ich bei Ronny bestellt habe", sagte Cletus hoffnungsvoll, erleichtert das Thema wechseln zu können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er behielt recht und binnen Kurzem hatten die Bots alle Koffer und Taschen eingesammelt. Cletus gab noch einige Anweisungen, welche Gepäckstücke mit besonderer Vorsicht behandelt werden mussten, dann war er auch schon wieder allein mit Goal.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er marschierte noch einmal durch alle Zimmer, als müsse er sich von jedem blitzsauberen, gepflegten Raum einzeln verabschieden. Dann hing er ein letztes Mal an dem mannshohen Spiegel im Eingangsflur fest, einem Gegenstück zu dem ebenso großen Exemplar, das er im Badezimmer hängen hatte. Wie oft hatte er hier gestanden und seiner Erscheinung den letzten Schliff gegeben?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus seufzte. Zumindest war es ja kein Abschied für immer und das, was er gewinnen konnte, war im Grund alles wert. Zudem war das Risiko bei seinem Geschick doch sehr klein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Spiegelbild schenkte ihm ein selbstsicheres Grinsen und er ließ Goal sich bei ihm unterhaken als er sich auf den Weg zum Fahrstuhl machte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie ließ sich ziehen. Cletus rollte mit den Augen. Allem Anschein nach legte sie es darauf an, dass er den Spiegel mehr vermissen würde als sie. Doch als der Fahrstuhl endlich zu den Schleusen unterwegs war, ertappte er sich dabei wie er Goal sehnsüchtig musterte. Sie trug einen eng anliegenden Anzug aus weißem Vinyl und hochhackige Schuhe, die ihre Kurven noch mehr zur Geltung kommen ließen. Was allerdings auch für den Größenunterschied zwischen ihnen galt und Cletus das Gefühl gab, dass sie die Schuhe extra ausgewählt hatte, um auf ihn herabzusehen. Dennoch war sie einfach hinreißend, wie sie mit einer Haarsträhne spielte und noch immer versonnen lächelte. Als sie seinen Blick bemerkte, lehnte sie sich zurück und erwiderte sein Starren ganz unverhohlen. "Du konntest dich wohl nicht einmal heute dazu durchringen, dir etwas Praktisches anzuziehen, was?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er griff unwillkürlich nach seinem Kragen, der, ganz wie es der neuesten Mode entsprach, ausladend bis beinahe zu seinen Schultern war und sich an den Seiten und hinten nach oben wölbte wie eine Schüssel. Große Kragen waren schon lange Teil der elysianischen Herrenmode und da jede Saison versuchte die vorige zu übertreffen, war die Praktikabilität vor einer ganzen Weile auf der Strecke geblieben. Andererseits waren auch hautenge, ärmellose Oberteile und weiße Schlaghosen, die am Gesäß möglichst knackig saßen, in Mode und er konnte nicht sagen, dass ihn das störte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum sollte ich mich auch nicht schick machen?" gab er zurück und konnte einen mürrischen Unterton nicht ganz aus seiner Stimme heraushalten. "Ich bin Botschafter und habe nicht vor, mich meinem unsäglichen Reiseziel bereits vor Aufbruch modisch anzupassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie zuckte die Schultern. "Du und deine Prioritäten..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem dezenten Klingeln öffnete sich die Tür des Aufzugs und Cletus musste sich halb an Goal vorbeischieben, die zwar näher am Ausgang stand, aber keine Anstalten machte, sich zu bewegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Trödel nicht so", murrte er als er die Schleusenebene betrat. "Wenn wir erst einmal verheiratet sind..." Er verstummte. Abgesehen von einem Haufen an Koffern und Taschen, bei denen er sich bei gut der Hälfte nicht daran erinnern konnte sie gepackt zu haben, war die Plattform bis zur breiten Schleusentür gegenüber des Aufzugs leer. Auch auf den metallenen Rampen, die nach unten zu den Andockklammern führten, regte sich nichts. Cletus runzelte die Stirn. "Moment... Wo ist Frau Kinkel? Und was ist das für Gepäck?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun wagte sich auch Goal aus dem Aufzug heraus und lächelte ihn breit an. "Tja... Überraschung!" Sie breitete die Arme aus als warte sie auf einen Tusch. "Ich habe Frau Kinkel überredet, dass ich dich an ihrer statt nach Deponia begleite."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus brauchte einen Moment bis ihm klar wurde, was sie da gerade gesagt hatte. "WAS? Bist du von Sinnen? Dein Vater wird das nie zulassen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal lächelte unbeeindruckt weiter. "Mein Vater muss davon nichts erfahren. Also? Was sagst du?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie war ganz offensichtlich wahnsinnig geworden. Wie stellte sie es sich vor, dies vor ihrem Vater zu verbergen? Und was glaubte sie, würde mit Cletus passieren, wenn Ulysses es doch herausfand? "Ich sage: Niemals!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun lächelte sie nicht mehr. "Ach nein? Es mag ja sein, dass du Paps um den Finger wickeln konntest. Aber nur weil er einer Verlobung zustimmt, heißt das noch lange nicht, dass ich einwilligen muss."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er starrte sie mit offenem Mund an. Wie konnte sie ihn so auflaufen lassen?! "Das sind die Waffen der Frau. Das ist Erpressung!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie betrachtete ihn unbeeindruckt. "Nenn‘ es wie du willst. Aber wenn du mich nicht mitnimmst, kannst du um meine Hand anhalten bis du schwarz wirst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Unmöglich! Diese Reise nach Deponia ist kein Badeausflug! Ich habe einen wichtigen Inspektionsauftrag!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal sah mit einem Mal doch noch besorgt aus, doch dann rief sie: "Hach! Ich habe Precious' Badeanzug vergessen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus funkelte sie an. "Ich sagte kein Badeausflug! Außerdem habe ich dir schon tausendmal gesagt, dass du diese niedrige Lebensform nicht Precious nennen sollst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie denn dann? Princess? Mindy?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie machte sich über ihn lustig. Ganz eindeutig. Aber er würde sich nicht auf diese Spielchen einlassen. "Nichts von alledem. Er heißt Poisonous. Immerhin ist er ein hochgiftiger Pestspeichelwaran!" Goal hatte die Gefahr, die von seinem Haustier ausging, noch nie ernst genommen. Aber er konnte sich trotzdem nicht verkneifen noch einmal in seinem dramatischsten Tonfall darauf hinzuweisen. "Ein Schlag mit dieser genoppten, glitschigen Zunge und - Zack! Könnte glatt 'nen Elefanten umhauen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und trotzdem nimmst du ihn mit nach Deponia und nicht mich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus stemmte die Hände in die Seiten. "Glaub mir, da unten gibt es weitaus gefährlichere Dinge. Bazillen. Strahlung. Tetanus. Und kein Gegengift Elysiums hilft gegen eine Deponianische Wundbrandentzündung. Apropos... habe ich überhaupt das Gegengift für Poisonous' Pestspeichel eingepackt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Tadaa!", rief Goal und holte ein Fläschchen mit Tabletten hervor, das sie vor Cletus auf einen Koffer stellte. "Siehst du? Ich kann da unten sehr nützlich werden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Indem du ungefragt meine Sachen mit dir rumschleppst?", gab Cletus unwillig zurück. "Für eine Reise nach Deponia muss alles sicher verstaut sein. Die Wege da unten sind mit Gefahren gepflastert. Schrottlawinen. Schrapnellstürme. Säuretümpel. Fallout..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aufständische Deponianer", warf Goal ein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hör endlich mit deinen dödeligen Deponianern auf. Diese Geschichten sind nichts weiter als Cocktailparty-Geschwätz. Und meine Inspektion wird genau das beweisen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber was ist mit den Lichtern, die man nachts sieht?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verdrehte die Augen. Das Argument schon wieder. Immerhin hatte er sich seine Antwort auch schon gut zurechtgelegt. "Die stammen vom Organon. Sollen Ulysses' Mannen die Sprengung des Planeten etwa im Dunkeln vorbereiten? Die fallen doch über ihre eigenen Füße."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich bin trotzdem skeptisch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Natürlich war sie das. Dummerweise zurecht, aber das konnte er ja schlecht zugeben. "Mein Reisebericht wird dich schon überzeugen. Dich. Den Ältestenrat. Und alle anderen. Diese Gerüchte sind nur Auswüchse allgemeiner Beunruhigung. Ich meine... wir sprengen unseren Heimatplaneten, um Elysium quer durch den Kosmos nach Utopia zu schleudern. Wer wäre da nicht ein bisschen nervös?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zum ersten Mal schlich sich eine kleine Unsicherheit in Goals Gesicht. "Hm. Mag sein, aber..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Genug geabert", unterbrach Cletus sie in der Hoffnung, nun das Thema wechseln zu können. Er griff nach dem Tabellenfläschchen und warf es ihr zu. "Fang! Und pack das weg."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ihre Reflexe funktionierten einwandfrei, doch zu seinem Ärger, ließ sie die Flasche, kaum dass sie sie gefangen hatte, einfach in die nächstbeste Tasche fallen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das heißt also, ich komme mit?", fragte sie mit hoffnungsvollem Blick. "Sag schon, Cletus!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Damit du noch mehr Chaos hervorrufen kannst?", versuchte er noch einmal, sie von ihrem Plan abzubringen. "Schau nur wie du das Gegengift da reingestopft hast! Welche Tasche ist das überhaupt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Die mit den Rattenfallen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Rattenfallen?" Cletus verdrehte die Augen. "Urgh, Frauen! Da unten lebt nichts mehr!!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nicht mal eine Ratte? Aber Mäuse doch wohl. Oder Wombats. Und Schnabeltiere."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nein, auch nicht", beharrte Cletus, der sich inzwischen gar nicht mehr sicher war, ob das eine gute Idee war. Immerhin sollte er nur bestätigen, dass es keine Menschen da unten gab. Aber nachgeben wollte er auch um keinen Preis. "Hör auf abzulenken. Das Gegengift gehört natürlich in den Apothekenbeutel. Schon allein deshalb, weil es diese heftigen Flatulenzen erzeugt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal hob lediglich eine Augenbraue und selbst Cletus musste zugeben, dass dies nicht der überzeugendste Protest war. Aber so langsam gingen ihm die Argumente aus, besonders die, die Goal nicht einfach ignorieren würde. Er seufzte. Solange sie der Hochzeit nicht zugestimmt hatte, saß Goal wohl leider am längeren Hebel. "Ach, ist ja egal. Und wenn du mitkommen willst, zieh dir festere Schuhe an."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie strahlte wieder. "Das heißt, du nimmst mich also doch mit? Oh, Cletus! Vielleicht bist du ja doch nicht das selbstverliebte Scheusal, für das dich jeder hält."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und wieder fiel sie ihm mit so einem Kommentar in den Rücken! Dabei hatte er gerade zugestimmt. Cletus presste die Lippen zusammen, weigerte sich aber, auf die Provokation zu reagieren. "Tja, diese niederen Chargen haben einfach keinen Sinn für Perfektion", sagte er betont gelangweilt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal lachte nur. "Ich bin gleich wieder da."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Damit stieg sie wieder in den Aufzug und ließ Cletus allein beim Gepäck zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das werde ich noch bereuen", murmelte er leise. Wenn Goal nur nicht so heiß wäre. Und dann auch noch die Tochter des Oberkontrollrats. Das war doch eigentlich jedes Risiko wert.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

[JUSTIFY]Goal ließ sich Zeit damit zurück zu kommen. Cletus hatte eine ganze Weile vor dem Aufzug gestanden und sich bemüht seine Situation in Ruhe zu überdenken. Dann war er auf und ab gegangen, hatte sich vor Poisonous' Käfig gehockt und beruhigend auf den Waran eingeredet, war angezischt worden und hatte begonnen wieder nervös auf und ab zu laufen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bald würde das Hochboot vom Planeten ankommen. Ulysses hatte angekündigt, noch einmal selbst auf Deponia nach dem Rechten zu sehen, aber er würde dann vorerst nach Elysium zurückkehren und Cletus nicht begleiten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn nun Goal gerade im selben Moment zurückkehrte, in dem Ulysses hier auftauchte... Er konnte natürlich so tun als sei sie nur hier um sich von ihm zu verabschieden, aber bei ihrer Laune fürchtete er, dass sie diese Fassade platzen lassen konnte, nur um ihm Ärger zu machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Andererseits war sie clever genug zu wissen, dass sie nur mitkommen konnte, wenn Ulysses keinen Wind davon bekam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein knarrender Signalton ließ ihn zusammenzucken. Das Hochboot kündigte sich an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Andockmanöver ging schnell und nahezu automatisch vor sich. Cletus war noch einmal zu Poisonous gehuscht, der von dem Lärm unruhig in seinem Käfig herumflitzte. "Ganz ruhig Poisy-Possy," flüsterte er. "Papa wird schon auf dich aufpassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die von Pestspeichel getränkte Zunge schoss zwischen den Gittern hervor und verfehlte seinen Arm nur knapp. Cletus wich hastig zurück, verlor das Gleichgewicht und landete auf seinem Hinterteil. "Verfluchte Kröte!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Stillgestanden! Oberkontrollrat an Deck!" dröhnte Argus‘ Stimme hinter ihm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus beeilte sich wieder auf die Füße zu kommen und verfluchte sich dafür, sich ausgerechnet im entscheidenden Moment ablenken lassen zu haben. Oberkontrollrat Ulysses stand unweit der Luftschleuse, die Arme verschränkt und einen Teil seines Gesichtes durch seinen Helm verborgen. Doch das, was Cletus durch die getönte Scheibe seines Visiers sehen konnte, zeigte ohnehin genug Missbilligung. Hinter ihm stand Amtmann Argus in beinahe der gleichen Pose wie eine deutlich schlankere und fast einen Kopf kleinere Ausgabe des Oberkontrollrats.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Lassen Sie gut sein, Argus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ulysses!", begrüßte Cletus ihn und konnte nicht ganz die Nervosität in seiner Stimme verbergen. Er klopfte sich halbwegs diskret den Staub von seinem Gesäß und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses hob eine Augenbraue. "Herr Inspektor. Darf ich erfahren, was Sie da machen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Äh, tja... nun..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Lassen Sie das Gestammel und machen Sie sich gerade. Ich dachte, wir hätten besprochen, dass alles bereit ist, sobald ich ankomme."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus riss sich zusammen und bekam zumindest seine Stimme wieder unter Kontrolle. "Das ist es auch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Leider war es nicht genug Ulysses' Skepsis zu vertreiben. "Bislang hatte ich den Eindruck, Sie seien ein zuverlässiger Mann, Cletus. Tun Sie sich einen Gefallen und zerstören Sie diesen Eindruck nicht. Sie wissen: Die Hand meiner Tochter ist an Bedingungen geknüpft. Der Ältestenrat darf nie erfahren, dass Deponia bewohnt ist." Er warf einen Blick in die Runde und fuhr dann fort: "Wo ist zum Beispiel Ihre Begleitung? Sie wollten sie mir noch vorstellen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte wieder. Soviel zum Thema ruhiger werden. "Ach... meine Assistentin... Sie hatte noch was vergessen. Sie wissen ja, wie Frauen sind."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ulysses machte noch einen Schritt auf ihn zu. "Vergessen? Himmel, Cletus! Ich dachte, sie hat ein Gehirnimplantat. Sie haben für sie gebürgt! Aber eingeweiht ist sie doch bereits, oder?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh... ja. Selbstverständlich. Komplett instruiert. Alles Paletti. Kein Grund zur Veranlassung."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hoffentlich." Der Oberkontrollrat klang alles andere als zufrieden, winkte aber seinen Amtmann heran. "Argus? Sorgen Sie dafür, dass die Assistentin die Aufstiegscodes ins Implantat geladen bekommt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sehr wohl, Herr Oberkontrollrat", erwiderte Argus mit einem Seitenblick auf Cletus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und haben Sie ein Auge auf die Zivilisten. Ich gehe nun duschen." Ulysses schüttelte sich vor Ekel. "Es wird wirklich Zeit, dass dieser Drecksplanet endlich gesprengt wird." Er betätigte den Knopf am Aufzug und die Türen öffneten sich augenblicklich, als wagten sie nicht einen Oberkontrollrat warten zu lassen. "Rühren!", befahl er noch in Argus' Richtung dann war er verschwunden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hätte gerne aufgeatmet, aber er ahnte, dass das verfrüht wäre.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was ist los, Cletus? Sie wirken nervös", kam Argus' statikverzerrte Stimme von hinter ihm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er unterdrückte ein Seufzen und drehte sich um. "Nervös ist gar kein Ausdruck. Goal stimmt der Verlobung nur zu, wenn sie mich begleiten darf."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus lachte schallend. "Nicht mal verlobt und schon unter dem Pantoffel."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verschränkte die Arme und funkelte ihn an. "Ach, und das finden Sie lustig?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum nicht? Sie werden es ihr ja wohl hoffentlich wieder austreiben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie kennen sie nicht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das ließ Argus mit einem Schlag wieder ernst werden. "Herrschaftszeiten, Cletus! Ulysses wird uns beiden-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ulysses darf davon nichts erfahren," fiel ihm Cletus ins Wort. Er senkte verschwörerisch die Stimme. "Goal muss nur in ihrer Kabine bleiben. Solange sie keinen Deponianer zu Gesicht bekommt, ist alles in Ordnung."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus betrachtete ihn prüfend und schüttelte den Kopf. "Es gefällt mir trotzdem nicht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus gefiel das Ganze ebenso wenig, aber er hatte einfach keine Alternative dazu Goal mitzunehmen. Besonders jetzt wo er bereits zugestimmt hatte, würde sie es ihm nie verzeihen, wenn er einen Rückzieher machte. Und dank ihres Gehirnimplantats würde sie es erst recht nicht vergessen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Moment mal... Das Gehirnimplantat. Das konnte die Lösung sein! "Und wenn Sie beim Überspielen der Aufstiegscodes ein Back-up Ihrer Erinnerungen machen?", schlug er Argus vor. "So könnten wir ihre Erinnerung bei Bedarf einfach wieder zurücksetzen. Später."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Amtmann schien darüber nachzudenken. "Ein Back-up von ihrer Bewusstseinsdatasette?", wiederholte er. "Ja. Das könnte funktionieren."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus lächelte. In seiner Magengrube hatte sich etwas unangenehm zusammengezogen, doch er war entschlossen das Gefühl zu ignorieren. Wieder einmal schoss ihm durch den Kopf, was er einmal bei Ulysses gehört hatte. Er wird dir wehtun, Goal. Mitgefühl ist nicht Teil seines Designs. Aber dieses Mal ließ er sich nicht aufhalten. Goal hatte ihn in diese Ecke gedrängt, ihm keine Wahl mehr gelassen als sie ihn erpresste. Es war nicht seine Schuld, dass dies der einzige Weg war wie sie zusammen sein konnten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und als sie schließlich zurückkehrte und so wild entschlossen und enthusiastisch war, selbst als er ihr erklärte, dass Argus kurz ihre Bewusstseinsdatasette entnehmen musst um die Aufstiegscodes darauf zu speichern, da spürte er sein schlechtes Gewissen schon gar nicht mehr. Nicht einmal als sie bewusstlos in seinen Armen lag und er Argus die Datasette reichte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schließlich war es letztlich zu ihrem eigenen Nutzen.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

[JUSTIFY]Goal sah wütend aus. Ihre Augen waren schmal, die Lippen zusammengepresst und die Arme verschränkt. Für gewöhnlich war das ein Zeichen für Cletus in Deckung zu gehen, aber da man sie zusammen in eine Kabine gesteckt hatte, war der Raum dafür leider begrenzt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du hättest wenigstens etwas sagen können," knurrte sie ihn an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Es war Argus' Entscheidung uns nicht auf der Brücke zu erlauben," gab Cletus zurück. "Wenn du wütend sein willst, dann auf ihn, nicht auf mich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie machte ein Geräusch, das wie eine Mischung aus einem Seufzer und einem Grollen klang. "Mein Leben lang träume ich von diesem Moment. Und jetzt ist es als würde ich ihn verpassen! Ich wollte Deponia näherkommen sehen. Endlich wissen ob das, was ich darüber gelesen habe, stimmt. Über die Kontinente, die verseuchten Meere, die alten Städte. Aber stattdessen fühlt es sich an wie Einzelhaft."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Einzel?", wiederholte er pikiert. "Du tust als wäre ich gar nicht hier."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das meine ich doch gar nicht. Dich hat Deponia nur ohnehin nie sonderlich interessiert."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schnaubte. "Ohne mich wärst du jetzt trotzdem nicht hier."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie ignorierte ihn und wanderte zwischen der Tür und einem kleinen Schreibtisch auf und ab. Gerade als sie sich erneut zu ihm umwandte ging ein Ruck durch das Hochboot. "Das Andockmanöver", hauchte Goal. "Cletus, wir sind da."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie erfreulich", antwortete er trocken. Doch auch sein Herz klopfte etwas schneller, wenn auch weniger in hoffnungsvoller Erwartung und mehr in nervöser Furcht, Goal würde schon jetzt die Wahrheit herausfinden. Je länger sie ahnungslos blieb desto besser. Schließlich konnte er sie nicht über zwei Wochen ohne Bewusstseinsimplantat herumliegen lassen. Und ihr immer wieder das Gedächtnis zu löschen, konnte ihr unter Umständen auch schlecht bekommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah ihr beim auf- und abtigern zu und lauschte auf die Geräusche von Metall auf Metall als das Hochboot an seinem Platz zur Ruhe kam. Endlich öffnete sich die Tür und Argus trat mit einem seiner Männer herein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zu Hause auf Elysium hatte er noch nie einen der Organon-Soldaten zu Gesicht bekommen, was es nun um so befremdlicher machte, an einem Ort zu sein, an dem es von ihnen nur so wimmelte. Der Soldat trug eine panzerverstärkte Uniform ähnlich der von Argus, doch ohne ein Cape und mit dunkelgrauen Handschuhe anstelle von weinroten. Aber was Cletus am meisten verunsicherte, war, dass er die Augen des Mannes nicht sehen konnte. Argus' getöntes Visier erlaubte immerhin so viel von seinem Gesicht zu sehen, dass er dessen Mimik erahnen konnte. Doch bei den Fußsoldaten war das Visier über den Augen schwarz gefärbt, auch wenn er vermutete, dass der Organon ihn seinerseits recht gut sehen konnte. Nur ein schmaler Streifen des Visiers war von außen durchsichtig und zeigte einen langen, gerade Nasenrücken, der lediglich anzeigte, dass der Helmträger keine Maschine, sondern im weitesten Sinne ein Mensch war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während Cletus noch die beiden musterte, baute sich Goal vor ihnen auf und verschränkte die Arme. "Na endlich! Ich muss sagen, ich bin eine derartige Behandlung nicht gewöhnt, Amtmann. Und dann lassen Sie mich noch dermaßen lange warten!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus betrachtete sie einen Moment stumm, doch Cletus war sich nicht sicher ob sein Blick eher amüsiert oder kühl wirkte. "Sie können sich gerne offiziell beschweren sobald wir zurück sind, Fräulein Goal."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was sie natürlich nicht machen würde, damit ihr Vater nicht erfuhr, dass sie gegen seinen Willen auf Abenteuerjagd gegangen war. Hoffte Cletus zumindest.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie dem auch sei", mischte er sich ein. "Da wir nun in einem Stück auf dem Planeten gelandet sind, sollten wir vielleicht-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Deshalb bin ich hier", fiel ihm Argus ins Wort und ignorierte Cletus' wütenden Blick. "Wir sind nun in Porta Fisco. Wenn sich die Herrschaften aufraffen können, sollten wir jetzt in unseren Kreuzer umsteigen, so dass wir unseren Fahrplan einhalten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das ließ Goals Zorn zumindest größtenteils verrauchen. "Heißt das wir werden etwas von der Stadt sehen? Ja?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus sah zwischen ihnen hin und her. "Nun ja, wir werden das Hochboot verlassen und auf der Oberen Aufstiegsstation kurz ins Freie gelangen, bevor wir den Hangar des Kreuzers erreichen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus spürte kalten Schweiß seinen Rücken hinabrinnen. War es möglich dort Spuren von Deponianern zu sehen? Er wünschte er hätte die Situation vorher mit Argus durchgesprochen, doch jetzt wo Goal dabei war, war das leider nicht mehr möglich. "Ins Freie?" wiederholte er. "Ist das nicht sehr gefährlich? Wegen, äh, der giftigen Atmosphäre und... und der Strahlung... und so?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus starrte ihn an als habe er den Verstand verloren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte seinen Ärger herunter und versuchte es noch einmal: "Ich meine, Sie haben doch bestimmt Schutzvorkehrungen für uns gegen die schrecklichen Gefahren, die auf Deponia auf uns lauern."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Augen des Amtmanns wurden schmal, doch endlich gab er ihm die Antwort, die er hören wollte. "Es wird sich bestimmt noch ein Helm finden. Mit einem Luftfilter. Und natürlich Schutzkleidung." Er räusperte sich, doch das Knacken in seiner elektronisch verzerrten Stimme erinnerte Cletus an ein spöttisches Lachen. "Es wird Ihnen bestimmt passen, Herr Inspektor. Damit sie vor den schrecklichen Gefahren etwas sicherer sind. Und für das werte Fräulein wird sich wohl auch etwas finden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal war nicht gerade davon angetan, noch länger warten zu müssen als Argus und der Soldat wieder verschwanden, doch wirkte sie inzwischen nicht mehr wütend, sondern schrecklich aufgeregt. Cletus fand es absurd sich so auf den Anblick von Müll zu freuen, aber er nahm es hin.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Glücklicherweise dauerte es dieses Mal nicht lange bis wieder jemand auftauchte. Argus selbst war nicht erschienen, doch drei seiner Soldaten standen mit Organon-Ausrüstung vor ihrer Tür. Cletus konnte nicht sagen, ob derjenige, der den Amtmann zuvor begleitet hatte, darunter war, aber sie waren ausreichend instruiert worden, so dass er nicht noch einmal erklären musste, was sie brauchten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Organon half Cletus beim Anlegen der Uniform und die beiden anderen kümmerten sich um Goal. Allerdings hätte er es wohl auch ohne Hilfe geschafft. Der Helm saß wie angegossen und für die gepanzerte Uniform musste er zwar seinen weißen Vinylanzug ablegen, da der Kragen unmöglich unter dem Schulterpanzer Platz fand, doch hätte er sich die Reaktion des Organons über seine Unterwäsche gern gespart. Zwar konnte er das Grinsen nicht sehen, aber er war sich trotzdem sicher, dass es da war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit seiner Vermutung, dass der Teil des Helms, der von außen schwarz wirkte, von innen durchsichtig war, hatte er natürlich auch recht gehabt. Allerdings schärfte ihm der Organon ein, sich nicht in ihr Funknetz einzuwählen, doch da man dieses im Helm per Schalter mit der Zunge aktivierte, konnte Cletus auch gut darauf verzichten. Zwar waren die Sachen für deponianische Verhältnisse geradezu atemberaubend sauber und das Innere des Helms roch nach Desinfektionsmittel, doch schon die Vorstellung, dass jemandes Spucke einmal an diesem Schalter geklebt hatte, ließ ihn das Gesicht verziehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bei Goal war das Anlegen der Uniform etwas problematischer. Zwar hatte sie nicht seinen ausladenden Kragen und eine schmalere Statur, so dass sie ihren Anzug anlassen konnte, dafür war sie aber auch ein gutes Stück größer als Cletus und die Organon-Soldaten. Der Helm saß auch eher leidlich und bei Hosen und Stiefeln bestand sie darauf bei ihren eigenen zu bleiben. Die Organons bestanden darauf, die freien Stellen mit Stoff zu umwickeln, bis sich Goal kaum noch richtig bewegen konnte. Cletus war erstaunt wie ruhig sie dabei blieb, besonders da die beiden ständig anfingen zu kichern, wann immer sie wiederholten, dass das Ganze für ihre eigene Sicherheit notwendig war. Aber wahrscheinlich war Goal inzwischen zu allem bereit, wenn sie nur den Planeten endlich sehen durfte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und dann hatten sie es endlich geschafft. Begleitet von ihrer kleinen Eskorte nahmen sie einen Fahrstuhl zu den Schleusen des Hochboots. Dann öffneten sich die schweren Sicherheitstüren und sie standen auf einer Plattform hoch oben auf der Oberen Aufstiegsstation.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vor ihnen erstreckte sich Porta Fisco. Cletus war gegen seinen Willen beeindruckt. Die Stadt war größer als Elysium, so viel stand fest. Wie ein Säulenwald ragten die Wolkenkratzer in den Himmel, auch wenn keiner so groß war wie die Aufstiegsstation. Einige waren eingestürzt oder bestanden aus nichts als einem Stahlgerippe, doch selbst das machte den Anblick nicht weniger eindrucksvoll. Einst hatte der Ältestenrat in dieser Stadt seinen Sitz gehabt und für viele galt sie als Hauptstadt Deponias.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Himmel wirkte weit blauer als er erwartet hatte, auch wenn der Horizont zwischen den Häusern ungesund grünlich schimmerte. Er konnte das Meer jenseits der Stadt nicht sehen, aber der Wind trieb seltsame Gerüche von Moder und feuchter Verwesung zu ihnen, die es mühelos auch ins Innere des Helmes schafften.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Neben ihm war Goal völlig verzückt in den Anblick versunken, doch auf einmal bemerkte er Argus auf sie zukommen. Der Amtmann baute sich vor ihnen auf und deutete in die Richtung, aus der er gekommen war. "Wenn Sie die Architektur genug bewundert haben, können wir vielleicht endlich aufbrechen. Der Kreuzer fährt in vier Minuten los, ob Sie an Bord sind oder nicht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus griff nach Goals Arm und war erleichtert als sie sich ohne Gegenwehr mitziehen ließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie mussten erst noch ein gutes Stück weiter abwärts in der Station fahren bis sie die Höhe der Schienentrassen erreichten. Argus wurde mit jedem Moment ungeduldiger und ließ sie den Kreuzer kaum von außen betrachten als sie endlich den Zugang erreichten. Alles was Cletus auffiel war, dass es ein metallenes Ungetüm war, das kaum breiter war als die Schiene, die allerdings auch schon mehrere Meter durchmaß. Dafür ragte das Ding aber weit in die Höhe und ging oben sogar noch ein Stück auseinander. Aerodynamisch war es schon einmal nicht. Und furchtbar hässlich noch dazu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun ja, wenn er drinnen war, musste er es ja nicht mehr ansehen.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

[JUSTIFY]Cletus ließ sich der Länge nach auf's Bett fallen und seufzte zufrieden. Er wagte es kaum zu glauben, aber er hatte den Tag wirklich überstanden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie hatten die geliehene Schutzkleidung zurückgegeben, damit sie "gereinigt und desinfiziert" werden konnte, was Cletus zwar guthieß, aber auch als einen willkommenen Vorwand erkannte, sie davon abzuhalten sich all zu frei zu bewegen. In Goals Fall war das auch dringend nötig und was ihn selbst anging... Nun, seine Neugier hielt sich ohnehin in Grenzen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Zimmer, das man ihnen zugewiesen hatte, war noch kleiner als die Kabine im Hochboot, verfügte aber über alles Nötige um darin einige Wochen zu überleben: ein ausklappbares Doppelbett, ein in der Wand eingelassener Schrank und eine große Schublade, sowie ein kleiner Arbeitsbereich mit Stuhl und Schreibtisch hinter einer Zwischenwand. Zwar wäre eine Couch und ein Esstisch schön gewesen, aber zumindest würde ihm sein Appartment zu Hause auf Elysium nie wieder klein vorkommen. Und wenn er dann noch nach vollbrachter Mission in ein größeres umzog... Cletus grinste selbstzufrieden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal setzte sich neben ihm auf das Bett und betrachtete ihn mit einem Grinsen, das seinem in nichts nachstand. "Wir sind wirklich hier", flüsterte sie.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er verschränkte die Arme hinterm Kopf und warf ihr einen Seitenblick zu. "Ja, mitten im Müll. Herzlichen Glückwunsch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie lachte leise und streckte sich neben ihm aus. "Mitten im Abenteuer", verbesserte sie ihn. Cletus schnaubte nur.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eine Weile lagen sie stumm da, dann begann Goal sacht mit einer seiner Haarsträhnen zu spielen. "Danke, dass du mich mitgenommen hast."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah sie nicht an, schob ihre Hand aber auch nicht fort. "Es ist nicht so als hättest du mir eine große Wahl gelassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie gluckste, lehnte sich zu ihm hinüber und küsste ihn. "Aber wenn du Frau Kinkel mitgenommen hättest, dann hättest du heute Abend weit weniger Spaß."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun erwiderte er ihren Blick. Er konnte sich nicht daran erinnern, sie schon einmal so glücklich gesehen zu haben. So energiegeladen und voller Vorfreude. Er legte eine Hand auf ihre Wange und erwiderte den Kuss, stärker und drängender, als er sich auf sie rollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und während sie eng verschlungen ihre Verlobung feierten, kam ihm der Gedanke was für eine Schande es wäre, wenn sie alles herausfände und er die Erinnerung an diesen Abend auslöschen musste.[/JUSTIFY]


 

Kapitel 13

 

[JUSTIFY]"Was soll das heißen: Ich kann nicht mitkommen?" Goal starrte den Organonsoldaten so fassungslos an, dass Cletus in Erwartung eines Donnerwetters die Luft anhielt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich habe es Ihnen doch schon gesagt", antwortete der Organon mit metallisch schnarrender Stimme. "Der Helm, der für Sie vorgesehen war, ist versehentlich beschädigt worden und der Amtmann hat zu Ihrer eigenen Sicherheit bestimmt, dass sie ihn heute nicht benutzen können. Bis morgen oder übermorgen wird sich aber bestimmt ein Ersatz finden lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goals Kinnlade klappte herunter. "Sie machen den Helm kaputt und deswegen kann ich nicht mit?" So langsam machte sich Cletus Sorgen sie könnte handgreiflich werden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich bin sicher es war nur ein Unfall", beeilte er sich einzuwerfen, doch der Organon-Beamte wirkte so unbesorgt und beinahe schadenfroh, dass er sich nicht sicher war, ob das überhaupt stimmte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal warf ihm einen finsteren Blick zu, aber zu Cletus' Überraschung beließ sie es dabei. Mit einem Grollen kehrte sie ihm den Rücken und verschwand hinter der kleinen Trennwand. Vielleicht kehrte ja langsam die Vernunft bei ihr ein. Immerhin waren sie jetzt schon seit vier Tagen unterwegs und wann immer sie die Prozedur über sich ergehen lassen hatten, sich in Sicherheitskleidung zu hüllen, die Goal noch immer genauso wenig passte wie am ersten Tag, waren sie dafür lediglich mit dem Anblick einer grauen, steinigen Küste, Flecken von dreckigem Schnee und dunklem Meer belohnt worden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er selbst hätte gar nichts dagegen, wenn es heute seinen Helm erwischt hätte, aber er bezweifelte, dass es Amtmann Argus gefallen würde, wenn er seinen Helm an Goal abtrat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem Seufzen schickte er den Organon wieder hinaus und zog sich um. Mit Goal und ihrer schlechten Laune konnte er sich auch später noch beschäftigen, wenn sie etwas Zeit gehabt hatte, sich abzureagieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kurz danach trat er auch schon auf den Flur hinaus und folgte dem Soldaten auf die Brücke des Kreuzers. Gelangweilt sah er sich nach Argus um und trat näher an die großen Fenster heran. Irgendetwas war anders, aber... Er schluckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da draußen war eine Stadt. Gut, sie war bei weitem nicht so groß wie Porta Fisco und sah nicht so sehr nach ehemalig eleganter Metropole aus. Aber nach all den kargen Felsen, Steppen und trostlosen Küsten hatten die wuchtigen stählernen Gebäude etwas beeindruckendes an sich. Besonders die Außenmauer, die sich ringförmig um die Stadt legte, schien nicht aus Stein sondern aus Metall zu sein und ragte über 100 Meter in die Höhe. Wie breit sie war, konnte er von hier aus nicht feststellen, doch sie wirkte ungeheuer massiv auf ihn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zudem war er hier weit dichter am Geschehen als von dem Aussichtspunkt auf der Oberen Aufstiegstation und dadurch war es im Gegensatz zu Porta Fisco unverkennbar, dass dieser Ort noch immer bewohnt war. Unter den Gestalten, die sich dort draußen regten, trugen mehr als die Hälfte nicht die graugrünen Uniformen des Organon, sondern waren zum Schutz vor Kälte in mehr oder weniger elegante Mäntel gehüllt. Einige schienen mit dem Transport von Lasten beschäftigt zu sein, bei den meisten anderen konnte er aber nicht erkennen, was sie gerade taten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus zog den Helm vom Kopf und atmete tief durch. Kein Wunder, dass Goal heute eine Zwangspause machen musste.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Willkommen in Morasq, Inspektor."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Amtmann," erwiderte Cletus mit einem knappen Nicken, dann starrte er wieder aus dem Fenster.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus trat neben ihn und betrachtete ihn von der Seite. "Hätten Sie sich etwas mehr mit unserer Route beschäftigt, wie ich es Ihnen geraten hatte, wären Sie wohl nicht so überrascht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich habe mich damit beschäftigt", erwiderte Cletus, was allerdings nur bedingt der Wahrheit entsprach. "Ich hätte nur nicht erwartet, die Stadt in so einem Zustand zu sehen. Es liegt kaum Müll auf den Straßen und die Häuser befinden sich nicht einmal in einem desolaten Zustand. Statt dessen scheint es sogar Beleuchtung zu geben, die funktional ist und über die nötige Energiequelle verfügt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Amtmann verschränkte die Arme und wirkte ziemlich zufrieden mit sich selbst. "Das sollte Sie eigentlich nicht verwundern. Ganz Rußland ist fest in unserer Hand und Morasq steht unter besonderem Schutz des Organon. Handel, Infrastruktur und Energie - keine Entscheidung wird hier ohne Zustimmung des Organon getroffen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus warf ihm einen Blick zu und schnaubte. "Es ist Ihnen wohl schon ganz ans Herz gewachsen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Es ist notwendig", erwiderte Argus kühl. "Die Kraftwerke in Haccinobyl versorgen nicht nur Rußland, es ist unsere Hauptenergiequelle überhaupt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Haccinobyl? Sie konnten die Kraftwerke wieder in Betrieb nehmen? Soweit ich gehört habe, sind die doch seit der Katastrophe Jahre vor dem Aufbruch nach Elysium völlig verstrahlt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus lachte. "Ja, das hat es etwas komplizierter gemacht. Allein die Freiwilligen, die wir gebraucht haben, um allles wieder aufzubauen... Und diejenigen, die die Kraftwerke nun betreiben halten auch nicht sonderlich lange durch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob eine Augenbraue. "Freiwillige?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Meine Männer treiben sie in den Dörfern zusammen. Nicht in Morasq selbst, natürlich, das würde zuviel Unruhe unter der Zivilbevölkerung auslösen. Ich fürchte mit der Zeit werden uns die Erwachsenen ausgehen. Aber wenn sie Ihre Aufgabe erfüllen, Inspektor, müssen wir ohnehin nur noch ein paar Wochen überbrücken."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zu seiner eigenen Überraschung spürte Cletus einen kalten Schauer über seinen Rücken laufen. Argus schien sein seine Reaktion ebenso bemerkt zu haben. "Was ist los, Herr Inspektor? Entdecken Sie gerade Ihr Gewissen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schüttelte den Kopf. "Reden Sie keinen Unsinn! Es sind lediglich die erbärmlichen Zustände auf diesem Drecksplaneten, die mir auf den Magen schlagen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus musterte ihn von oben bis unten. "Vielleicht hören Sie dann endlich auf, dies als Ihre persönliche kleine Urlaubsreise zu behandeln. Schon wie sie sich mit Ihrer Verlobten vergnügen... Einfach erbärmlich." Er schnaubte. "Und ihre Fitness ist sogar noch beklagenswerter als ich vermutet hatte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was soll das heißen? Wovon reden Sie?!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Amtmann lachte leise. "Dann ist Ihnen die Überwachungskamera in Ihrem Quartier gar nicht aufgefallen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus wurde noch blasser als sonst. "Sie haben..." Er schnappte nach Luft. "Wie können Sie es wagen?! Sie widerlicher, voyeuristischer Bastard!" Er ballte die Fäuste und wollte sich auf Argus stürzen, doch der trat nur einen Schritt beiseite und hob eine Hand woraufhin mehrere seiner Männer ihre Waffen zückten und sich näherten. Cletus erstarrte und ließ die Fäuste wieder sinken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber, aber, Herr Inspektor. Sie sollten Ihre Position nicht vergessen. Sie brauchen mich. Und ich brauche Sie. Solange Sie sich auf den Ernst dieser Mission besinnen und sich mit Ihrer Verlobten etwas... angemessener verhalten, wird unsere Zusammenarbeit ganz bestimmt von Erfolg gekrönt sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus atmete schwer. Ein Teil von ihm brannte vor Wut auf Argus. Wie konnte er sie nur in ihren intimsten Momenten bespitzeln und sich dann auch noch so abfällig äußern?! Nicht dass er sich seines Körpers wirklich schämte, aber er zog es vor, selbst zu entscheiden, wer ihn so sah. Doch auf der anderen Seite wusste er, dass Argus recht hatte. Sie brauchten einander. Noch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schließlich nickte er.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"Was ist bloß los mit dir, Cletus? Seit du gestern zurückgekommen bist, redest du kaum noch mit mir und hältst Abstand. Jetzt sag mir doch endlich was passiert ist, ja?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus unterdrückte ein Seufzen. Natürlich musste Goal gerade jetzt ihre sanfte Seite entdecken, wo er sich eigentlich von ihr fernhalten wollte. Er hatte den halben Abend überlegt ob und wie er ihr beibringen sollte, was ihm Argus über die Überwachungskameras gesagt hatte, aber letztlich hatte er doch geschwiegen und lediglich große Müdigkeit vorgetäuscht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als er nicht antwortete legte sie ihm einen Arm um die Schultern und zog ihn zu sich. Cletus' Lippen kräuselten sich. "Goal, bitte. Nicht jetzt!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"War da irgendwas besonderes, das du gesehen hast?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nein, nur Steine, Meer und Dreck. Wie immer."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie hob eine Augenbraue. "Komisch. Dabei sollten wir doch langsam in der Region von Morasq sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, kann sein", grummelte er. "Ein paar Ruinen waren vielleicht auch da."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie ließ ihn los und verschränkte die Arme. "Cletus, erzähl mir jetzt endlich was los ist!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wich ihrem Blick aus. "Es wird dir nicht gefallen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und es wird nicht besser, wenn du es nicht endlich aussprichst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus seufzte, dann gestikulierte er vage gen Zimmerdecke. "Sie haben Überwachungskameras in den Kabinen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal starrte ihn an. Dann zur Zimmerdecke, dann wieder zu ihm. Sie atmete tief durch und setzte sich auf's Bett. "Ach so", sagte sie in beinahe gleichgültigem Tonfall. "Natürlich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus blinzelte. "Du nimmst das besser auf als ich erwartet hatte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich hätte mir so etwas denken sollen. Immerhin untersteht der Organon einem echten Kontrollfreak. Aber das ändert nichts daran, dass ich Argus umbringen werde, sobald wir wieder zu Hause sind."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er war sich alles andere als sicher, dass sie scherzte. "Goal, vielleicht sollten wir über solche Angelegenheiten... später reden." Er lehnte sich zu ihr hinüber und flüsterte: "Wenn wir nicht mehr überwacht werden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie dachte einen Moment nach und nickte dann. "Ach, Cletus, wenigstens kann ich mich auf dich verlassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er lächelte angestrengt und wich ihrem Blick aus. Wenn diese verfluchte Reise doch nur schon vorüber wäre![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie verbrachten die Zeit schweigend bis endlich einige Organons mit ihrer Ausrüstung auftauchten. Dieses Mal war wieder für sie beide etwas dabei und Goal war geradezu unheimlich höflich als sie den Soldaten dankte und sich in ihr unbequemes Outfit helfen ließ. Es machte ihm beinahe noch mehr Angst als wenn sie ihre Wut offen gezeigt hätte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie waren alle inzwischen etwas routinierter darin, die Rüstungen und Helme anzulegen, aber die Organons fanden jedes Mal Wege, die Prozedur trotzdem in die Länge zu ziehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schließlich trafen sie dennoch auf der Brücke ein und Cletus warf sofort einen nervösen Blick aus dem Fenster. Doch sie hatten Morasq inzwischen weit hinter sich gelassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch immer führte ihre Route an der Küste entlang; manchmal standen die Stützpfeiler der Einschienentrassen an Land, doch teilweise waren sie auch ins Meer eingelassen und erlaubten lediglich einen Blick auf die gischtumspülten Felsen der Küste. Doch allmählich schien sich die Landschaft zu ändern. Nach all dem Grau Rußlands konnte Cletus es kaum glauben, doch es gab auch auf Deponia anscheinend doch noch so etwas wie Vegetation.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ist das ein Wald?" fragte Goal, deren Stimme sich durch den Helm seltsam dumpf anhörte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus trat zu ihnen und falls er über den Mangel an einer Begrüßung erzürnt war, so zeigte er es nicht. "Man könnte es eine Art Wald nennen. Diese Region trägt den 'idyllischen' Namen 'Parks', aber zu diesem grünen Etwas da draußen sagen - ich meine natürlich sagten - die Einwohner 'der Kompost'."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Kompost?" wiederholte Cletus und verzog angeekelt das Gesicht. "Ist das auch der Grund warum es hier so stinkt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja", antwortete Argus, der für Cletus' Geschmack eine Spur zu amüsiert klang. "In diesem Gebiet wurden früher sämtliche Arten von Biomüll abgeladen. Und aus diesem Gemisch aus Bananenschalen, ranzigem Käse und gebrauchten Teebeuteln ist etwas gewachsen, hat weiter und weiter um sich gewuchert, bis es dieses Ding wurde. Es mag sein, dass ein paar mutierte Samen in dem ganzen Durcheinander gelandet sind und vielleicht hat der Wald auch einige neugierige Botaniker geschluckt als es noch welche gab. Aber wenn man auf Deponia einen Ort mit Stränden und malerischem Grün sucht, dann hat man ihn hier gefunden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Es... es riecht wirklich... fürchterlich", sagte Goal und klang als ob sie ein Würgen unterdrückte. "Ich dachte wir würden diese Dinger hier tragen, weil darin Luftfilter sind."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Richtig. Aber glauben Sie mir: Ihre hochwohlgeborenen Nasen würden es vermutlich nicht überstehen, wenn sie nicht wenigstens diese Filter hätten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus fühlte seinen Magen einen kleinen Hüpfer machen als der Kreuzer sich der Küste und damit dem "Kompost" weiter näherte. "Wie... groß ist dieses Ding?", fragte er zögernd.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus gluckste. "Es überzieht beinahe den ganzen Nordwesten des Kontinents. Aber keine Sorge, Herr Inspektor, Sie werden ihn noch ausgiebig zu Gesicht bekommen. Der Kompost ist zwar nahezu undurchdringlich, aber in vier Tagen kommen wir an eine Stelle, an der wir es geschafft haben das Gleis über den Wald zu bauen. Dann können Sie diese Laune der Natur noch einmal von nahem bewundern."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus biss die Zähne zusammen und schluckte angestrengt. "Wie faszinierend", brachte er heraus. "Ich werde einen detaillierten Bericht darüber verfassen. Von meiner Kabine aus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Natürlich. Ich hatte auch nichts anderes von einem Mann mit ihrem Arbeitsethos erwartet."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus griff nach Goals Arm und war erleichtert als sie ihm sofort folgte. Sie schwieg, doch er konnte spüren wie angespannt sie war. Kaum dass die Tür zur Brücke hinter ihnen zuglitt, konnten sie hören wie mehrere der Organons in Gelächter ausbrachen, aber es war ihm gleich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er konnte sich nicht daran erinnern jemals etwas so widerlich gefunden zu haben wie diesen Planeten und er konnte Ulysses' Eifer den Dreck hinter sich zu lassen besser verstehen als je zuvor. Vielleicht würde Goal das irgendwann auch endlich einsehen.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Er hatte es alles so satt. Nicht wortwörtlich, denn seit sie in Parks waren, konnte Cletus kaum noch einen Bissen herunterbringen. Der Geruch war nach und nach in den gesamten Kreuzer eingedrungen und er fragte sich ob er ihn jemals wieder los werden würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dazu kam noch, dass dieser Urwald Chemikalien absonderte, die sich allem Anschein nach auf das Bewusstsein auswirkten. Er hatte noch nie derartige Träume gehabt wie er zur Zeit im wachen Zustand erlebte. Wenn es wenigstens gute Träume wären...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal machte es sich leicht. Sie lag die meiste Zeit im Bett und hatte darauf verzichtet noch einmal mit auf die Brücke zu kommen. Dadurch hatte er zwar die Gelegenheit sich offen mit Argus zu unterhalten, aber er war sich nicht sicher ob er das nun ausgerechnet als Vorteil zählen sollte. Bei dem meisten, was der Amtmann über die Region zu sagen hatte, lief es Cletus kalt über den Rücken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wollte nicht wissen, dass die Hippies, die sich am Rande des und manchmal auch im Kompost herumtrieben, kleinere Patrouillen des Organon hin und wieder angriffen und keine Überlebenden hinterließen. Oder dass es im Süden eine Klonanlage gab, deren Rohstoffe größtenteils aus gefangen Hippies bestand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte ja damit gerechnet, dass diese Inspektion kein Zuckerschlecken werden würde, aber er hatte erwartet, dass zumindest der Organon durch seine Beziehungen zu Elysium ein wenig mehr Zivilisiertheit abbekommen hätte. Er hätte genausogut darauf hoffen können, einen Sternekoch und eine Cocktailbar zur Verfügung zu haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie reisten mehrere Tage Richtung Süden und als Cletus begann zu befürchten, dass sie bei der Klonanlage Halt machen würden, von der Argus gesprochen hatte, trafen sie auf eine andere Kreuzertrasse, die in Ost-West-Richtung verlief. Zu seiner Erleichterung schlugen sie den Weg Richtung Osten ein und binnen eines Tages wich der Urwald einem Gebirge, das er schon seit einigen Tagen von weitem gesehen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Spiky Mountains waren berühmt für ihre unberechenbaren Magnetfelder, doch der Organon hatte sich mit brachialer Gewalt und mehreren Plasmapulskanonen Wege gebahnt, auf denen ihre Kreuzer sicher hindurch kamen. Endlich hatten sie Parks hinter sich gelassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Leider hatten sie damit erst ungefähr die Hälfte ihrer Reise, vielleicht auch etwas mehr, hinter sich. Vor ihnen erstreckte sich Miserior, ein Land, das sich vor allem dadurch auszeichnete, dass es hier nichts gab. Gut, es gab Insekten. Und Müll. Und Steine. Und sehr viel Langeweile.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Inzwischen bedauerte Cletus zutiefst, dass er nicht wie Frau Kinkel das geplant hatte, einen Haufen Bücher mitgenommen hatte. Also verbrachte er seine Zeit damit, an seinem Bericht zu feilen, während Goal ihm über die Schulter sah und die Tage zählte, die sie noch hinter sich bringen mussten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zumindest war sie nun von ihrer Abenteuersehnsucht geheilt, da war sich Cletus ziemlich sicher. Wenn sie nur nicht immer gleich so müde wirken würde, wann immer er versuchte ihre Hochzeit zu planen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Zum Dinner sollten wir auf jeden Fall auch eisgekühlten Kaviar servieren", versuchte er es gerade mal wieder. "Und dann noch-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du magst doch nicht mal Kaviar", murmelte Goal, die bis dahin schweigend auf dem Bett gelegen und Löcher in die Luft gestarrt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das ist doch irrelevant. Es gehört einfach zu einem gewissen Standard dazu."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum? Weil es furchtbar teuer ist?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Manchmal schien Goal selbst zu vergessen, dass sie eine Lady war. Cletus verdrehte die Augen. "Darüber müssen wir uns nach unserer Rückkehr doch keine Gedanken mehr machen. Vergiss nicht, ich bin befördert worden." Er grinste selbstgefällig. "Außerdem ist es soweit ich weiß Brauch, dass der Vater der Braut die Hochzeit ausrichtet."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal machte ein genervtes Geräusch. "Ach daher weht der Wind. Du witterst eine Gelegenheit mit fremdem Geld anzugeben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Goal..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Da fällt mir ein", fuhr sie unbeirrt fort. "Wie hast du es eigentlich geschafft, meinen Vater umzustimmen? Selbst kurz vor deinem Antrag war er noch schrecklich schlecht auf dich zu sprechen. Und dann ändert er seine Meinung plötzlich um 180 Grad. Da frag ich mich natürlich wieso."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte. Die Unterhaltung entwickelte sich so gar nicht in die richtige Richtung. "Nun, ahem, er, äh, hat sein Bild von mir wohl noch einmal überdacht. Weil... weil ich zum Botschafter ernannt wurde. Ja. Genau. Ich bin ja jetzt Botschafter Elysiums und das hat sein Vertrauen darin, dass ich gut für dich sorgen könnte, bestimmt gestärkt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hmm, das mag sein. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass hier irgendetwas faul ist. Dass er etwas vor hat und Argus davon weiß. Deshalb benimmt der sich auch so komisch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das war gar nicht gut. "Goal, ich bitte dich. Der Amtmann benimmt sich doch nicht komisch." Er beugte sich zu ihr und zischte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: "Nicht jetzt, Goal. Du weißt doch! Die Kameras!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie warf ihm einen seltsamen Blick zu und nickte, doch das ungute Gefühl in Cletus' Magengegend wollte nicht verschwinden. Was für ein Glück, dass sie es fast durch Miseria hindurch geschafft hatten. Morgen würden sie die Schrapnellküste erreichen und nach drei weiteren Tagen waren sie zurück in den Dreiviertellanden und damit nicht mehr weit von der Ostküste und Porta Fisco entfernt. Mit etwas Glück war er in sechs oder sieben Tagen zurück im Hochboot und auf dem Heimweg nach Elysium, zurück in das bessere Leben, das er verdient hatte.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Die Schrapnellküste hatte ihn seinen letzten Nerv gekostet. Das Land war vollgestopft mit Kriegsgerät, sowohl total schrottreifem als auch noch einigermaßen funktionalem. Außerdem lebte hier ein Menschenschlag von - laut Argus - "kompletten Vollidioten".[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Organon hatte es aufgegeben zu versuchen, Ordnung in diesen Haufen zu kriegen. Die Bewohner der Schrapnelküste waren ständig auf der Hut vor den Leuten aus anderen Ländern, die wahrscheinlich bald einen Krieg mit ihnen starten konnten. Bis es soweit war, führten sie eben Krieg untereinander.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bei den ersten Explosionen, die sie von fern gehört hatten, war Cletus noch jedes Mal ganz furchtbar zusammengezuckt. Aber er hatte Goal das Ganze als Selbstentzündungen der Mengen an Schießpulver und Sprengstoff, der hier lagerte, verkaufen können. Immerhin war die Sonneneinstrahlung hier ganz enorm und das Klima sehr trocken. Davon konnte sich Goal an dem einzigen Tag, an dem Argus sie auf die Brücke ließ, auch selbst überzeugen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Amtmann machte sich inzwischen nicht mehr die Mühe, sich Ausreden auszudenken, warum er Goal nicht aus ihrer Kabine ließ. Cletus wartete auf den Moment, da sie explodieren würde und hoffte inständig sie würde noch bis zu ihrer Rückfahrt damit warten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Immer öfter zog er das Backup von Goals Erinnerungsspeicher aus der Reisetasche um sich davon zu überzeugen, dass es noch da war. Schließlich steckte er es sich ganz in die Hosentasche um es stets an der Hand zu haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als sie endlich die Grenze erreichten und wie zum Abschied hinter ihnen eine letzte Detonation grollte, war er sich sicher, dass sie das schlimmste hinter sich haben mussten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Dreiviertellande waren vom Organon in drei Quadranten eingeteilt worden: Den Nordquadranten, den Südqudranten und den Südwestquadranten. Cletus fragte sich beiläufig ob der Organon wusste, was das Wort "Quadrant" implizierte, aber er hatte keine Lust sich darüber auf eine Diskussion mit Argus einzulassen. Hauptsache er war bald hier weg.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Anderthalb Tage später betrachtete Cletus ein weiteres Mal gelangweilt die vorbeiziehende Szenerie von der Brücke des Kreuzers aus. Die Landschaft hier war ebenso trocken und karg wie an der Schrapnellküste mit nicht viel Vegetation außer Kakteen; lediglich der Schrott, der alle Wege säumte, war weniger martialischer Natur.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In gewissen Abständen waren immer wieder Dörfer vom Kreuzer aus zu sehen, teilweise weit entfernt, aber manche auch so nah, dass man ohne sich anzustrengen Details entdecken konnte. Und Menschen natürlich. Es war daher kein Wunder, dass Argus sich auch heute nicht die Mühe gemacht hatte, für Schutzkleidung für Goal zu sorgen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goals Abwesenheit bedeutete auch, dass Cletus keinen Helm tragen musste um den Anschein einer giftigen Atmosphäre aufrecht zu erhalten und zumindest das verbuchte er als Pluspunkt. Er war das Versteckspiel einfach nur Leid.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ihre Verlobte wird immer ungehaltener", knurrte Argus neben ihm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus warf ihm einen Blick zu, doch die Augen hinter dem getönten Visier verrieten nicht viel. Er schnaubte. "Was auch kein Wunder ist, so wenig Sie sich Mühe geben, uns nicht zu verraten. Sie lassen sie kaum noch aus unserer Kabine heraus, da ist es nicht überraschend, dass sie Misstrauen entwickelt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wenn Sie nicht so ein Schlappschwanz gewesen wären, der ausgerechnet seine Verlobte mitnehmen musste, dann müsste ich mich darum auch gar nicht kümmern. Es war ausgemacht gewesen, dass Ihre Begleiterin die Reise über in ihrer Kabine bleibt ohne aufzumucken. Aber nein, daran konnten Sie sich ja nicht halten!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Es war doch nicht meine Idee, Goal mitzunehmen!" gab Cletus zurück. "Ich habe lediglich aus einer verzwickten Lage das Beste gemacht, während Sie all meine Anstrengungen zu boykottieren versuchen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Alles was ich sehe ist wie sie Ihre ohnehin begrenzten Fähigkeiten verschwenden um den Hanswurst für ein verzogenes Prinzesschen zu spielen. Sie sind von Zeit zu Zeit recht clever, Cletus, aber wenn es um diese Frau geht, führen Sie sich auf als würde Ihre zu eng geschnittene Hose jeglichen Verstand abklemmen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Was für eine Frechheit anzudeuten, er würde nicht mit Goal fertig! Als würde sich jemand wie er auf der Nase herumtanzen lassen![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte zu ihrer Kabine zurück. Sollte dieser dämliche Fatzke doch denken was er wollte. Wahrscheinlich war er ohnehin nur neidisch, weil er in seinem ganzen Leben noch nie die Aufmerksamkeit einer Frau genossen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er dachte gerade noch daran, den Helm wieder aufzusetzen, bevor er die Kabine betrat, nur um ihn sich wieder vom Kopf zu reißen, kaum dass er drinnen war. Goal saß auf dem Bett und sah überrascht auf als er hereinkam. "Ich habe dich noch gar nicht wieder erwartet, Cletus. Was ist los?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schnaubte und ließ den Helm auf das Bett fallen. Im selben Moment schoss eine Echse von etwa der Größe einer Katze getroffen aus ihrem Nest in der Bettdecke und war zischend um eine Ecke herum verschwunden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Poisy!" rief Cletus erschrocken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auch Goal war aufgesprungen. "Es tut mir leid, Cletus. Ich habe ihn aus seinem Käfig geholt und wollte nur etwas mit ihm spielen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das auch noch! Er sank in die Hocke und versuchte den Pestspeichelwaran zu entdecken. Dieser raste immer noch aufgebracht in der Kabine hin und her. Er schien ein passendes Versteck zu suchen, doch als Cletus ihn in einer dunklen Ecke stellte, flitzte der Waran zwischen seinen Beinen hindurch und zur Tür. Das wäre noch kein so großes Problem gewesen, wenn sich diese nicht in eben diesem Moment geöffnet hätte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Organon streckte den Kopf hinein und begann mit: "Der Amtmann schickt mich. Ich soll Ihre Schutzausrüstung-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Weiter kam er nicht, denn Poisonous entdeckte die neue Fluchtmöglichkeit sofort und raste hinaus in den Korridor. Cletus fluchte und nahm die Verfolgung auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auf dem Gang sah er hektisch hin und her, dann entdeckte er einen gelblichen, schuppigen Schwanz, der gerade hinter einer der Stützen verschwand, die in regelmäßigen Abständen in das Geländer eingelassen waren. Er stürzte an das Geländer und sah in die Tiefe. Poisonous hatte das offene Treppenhaus genutzt und war auf einer niedrigere Ebene gesprungen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus entdeckte einen Fahrstuhl in der Nähe und hämmerte ungeduldig auf den Knopf neben der Tür. In diesem Moment hatte der Organon ihn eingeholt. "Sie dürfen Ihr Haustier nicht einfach hier frei herumlaufen-!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wegen Ihnen ist er doch überhaupt erst entkommen!", unterbrach ihn Cletus. "Wenn Sie nicht so dämlich in der Tür gestanden hätten, dann hätte ich ihn längst wieder eingefangen. Na los, helfen Sie mir!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Organon starrte ihn einen Moment nur an, dann zog er einen Handblaster und sah sich um. "Wo ist Ihr Tier denn?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus griff genervt nach dem Blaster. "Sie werden doch wohl nicht auf ihn schießen! Er ist mein Haustier!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das ist mir doch egal. Ich muss für Ordnung sorgen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]So kam er also nicht weiter. "Hören Sie: Es wäre Wahnsinn, hier drin um sich zu schießen. Denken Sie nur daran, was Sie an Einrichtung zerstören könnten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oh. Da haben Sie schon recht. Das sagt der Amtmann auch immer." Der Organon gab seinen Widerstand auf und ließ sogar den Blaster los. Cletus nutzte die Gelegenheit und steckte den Blaster sicherheitshalber ein. Da er immer noch seine geliehene Uniform trug, wenn auch ohne den Helm, hatte er sogar ein leeres Holster dafür.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann öffnete sich der Fahrstuhl und die beiden taumelten hinein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Verdammt!", schimpfte Cletus. "Jetzt habe ich nicht gesehen, welche Richtung Poisonous eingeschlagen hat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er drückte einen Knopf um abwärts zu fahren und presste das Gesicht an eine kleine Scheibe, die in der Fahrstuhltür eingelassen war. Endlich entdeckte er weit unten eine Bewegung, dort wo er den Maschinenraum und die Antriebsräder des Kreuzers vermutete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Organon neben ihm verschränkte die Arme. "Warum wollen Sie das Viech überhaupt wieder haben? Anscheinend findet der den Ausgang schon allein und dann sind sie das Ding endlich los."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus warf ihm einen vernichtenden Blick zu. "Er gehört mir! Sie mögen das nicht begreifen, aber... aber es geht Sie auch gar nichts an!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er fühlte sich seltsam leer bei dem Gedanken, Poisonous verlieren zu können. Er war doch schon so lange da gewesen. Seit Cletus entschieden hatte ihn zu behalten anstatt ihn einstampfen zu lassen, war der Waran sein Gefährte gewesen. Und jetzt... Er schluckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Endlich waren sie im untersten Stockwerk angekommen. Cletus ignorierte den Organon und sah sich sofort um. "Poisy? Wo bist du? Komm, Kleiner! Papa wartet!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er lief rufend durch einen Korridor an zwei anderen verdutzt wirkenden Organons vorbei und gelangte dann durch einen Durchgang zu einer Plattform, von der aus man einen direkten Blick auf die Schiene hatte. Zwei gewaltige Räder, die durch eine Achse verbunden waren, trieben den Kreuzer an und hielten ihn auf der Spur. Jenseits der Schiene konnte er freien Himmel erkennen und mehrere Meter unter sich den Boden, wie er unter dem Kreuzer dahin huschte. Deponianischer Boden. Staub, Dreck und Müll.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch da, zwischen einem Autoreifen und einem kaputten Kühlschrank, sah er ein blassgelbes Tier sitzen. Dann rauschte der Kreuzer weiter und er konnte ihn nicht mehr sehen. "Poisy!!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hatte die Sicherheitsreeling gepackt. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Das durfte nicht sein! Vielleicht hatte er sich vertan.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber eigentlich wusste er, dass er Poisonous nicht wiedersehen würde. Er blieb noch eine Weile dort stehen und starrte in die Deponianische Einöde hinaus, dann machte er sich mit hängendem Kopf auf den Rückweg. Er ignorierte die Organons, die versuchten ihn anzusprechen. Er konnte nur daran denken, wie er Goal das Ganze beibringen sollte und was er tun würde, falls sie verlangte, zurück zu fahren und Poisonous zu suchen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er seufzte. Das war natürlich absurd. Aber Goal war weit emotionaler als er und würde sich den Verlust sicher zu Herzen nehmen. Er spürte einen Kloß im Hals und räusperte sich. Gut, dass er nicht so weich war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Rückfahrt nach oben schien viel schneller von statten zu gehen als der Weg hinunter und er hatte sich immer noch keine gute Erklärung zurecht gelegt. Ach, sei's drum. Er würde eben improvisieren müssen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Tür zu ihrer Kabine glitt auf und er setzte eben dazu an, ihr alles zu erzählen, doch als er sich umsah, stutzte er. Er warf einen Blick hinter die kleine Trennwand, doch es blieb dabei.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal war fort.[/JUSTIFY]


 

Kapitel 14

 

[JUSTIFY]"Goal? Goal!" Cletus sah sich hektisch in seiner Kabine um, ließ sich auf ein Knie fallen um unter dem Bett nachzusehen und riss den Kleiderschrank auf. Doch Goal blieb verschwunden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Herr Inspektor! Da sind Sie ja endlich!" Eine elektronisch verzerrte Stimme von der Tür her ließ ihn zusammenfahren. Ein Organon trat herein und griff nach seinem Arm. "Der Amtmann will Sie sehen. Jetzt!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erbost machte Cletus sich los. "Was erlauben Sie sich? So können Sie mit mir doch nicht umgehen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Amtmann Argus hat mich beauftragt, Sie auf die Brücke zu schaffen. Wie ich das tue, ist ihm gleich. Wenn Sie freiwillig mitkommen, werden Sie uns beiden eine Menge Ärger ersparen... Oder zumindest mir."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schnaubte. "Was soll das? Ich bin doch nicht Argus' Gefangener. Aber egal, ich wollte sowieso mit ihm sprechen. Warten Sie einen Moment, dann kann ich mir noch diese Uniform ausziehen und-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nein. Sie kommen jetzt mit."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob irritiert eine Augenbraue, aber er hatte jetzt wichtigeres zu tun als sich mit einem Organonbeamten zu streiten. "Na schön!" zischte er und folgte dem anderen zur Brücke.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Bild, das sich ihm auf der Brücke bot, unterschied sich kaum von dem der letzten Tage. Argus stand mit einigen seiner Männer zusammen und gab Anweisungen, während draußen die karge Landschaft vorbeirauschte. Doch noch bevor Cletus das Wort ergreifen konnte, hatte Argus ihn entdeckt und marschierte auf ihn zu. "Sie dämlicher Vollidiot! Hatte ich Ihnen nicht gerade erst gesagt, dass Sie sich um Ihre verfluchte Verlobte kümmern sollten? Wie konnten Sie sie aus Ihrer Kabine lassen?!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich muss doch sehr bitten! Der ganze Schlamassel ist doch erst entstanden als Ihr Untergebener ohne Vorankündigung in meine Kabine marschiert ist und mein Haustier hinausgelassen hat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ihr Haustier?" Argus kam noch einen Schritt näher und Cletus wurde sich bewusst, dass er die Fäuste geballt hatte. "Sind Sie deshalb ohne Helm losgelaufen und haben Goal damit die falschen Ideen gegeben?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus spürte Hitze in seinen Wangen aufsteigen und wich sicherheitshalber ein Stück zurück. "Nun regen Sie sich doch nicht so auf. Für eben diesen Fall haben wir doch das Backup und auch wenn ich es lieber vermieden hätte, ist es doch keine Katastrophe, dass wir es nun doch benutzen müssen. Sagen Sie mir nur wo Sie Goal festhalten und ich beruhige sie und besorge Ihnen ihr Implantat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus lachte verächtlich. "Wo sie ist? Das sollten besser Sie herausfinden, Herr Inspektor. Sie befindet sich nämlich nicht mehr auf diesem Kreuzer."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was soll das heißen? Reden Sie keinen Irrsinn, Argus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nachdem Sie mit Ihrem Haustier Verstecken spielen gegangen sind, hat Ihre Verlobte die Kabine verlassen und ist den Müllschächten nach unten gefolgt. Dort habe ich sie dann gestellt, nachdem sie einen Blick auf das nächste Dorf werfen konnte. Ich hätte sie noch zurückbringen und den Schaden eindämmen können, aber es hatte sich ein Deponianer auf den Kreuzer geschlichen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ein Deponianer?", wiederholte Cletus fassungslos. "Wer? Und wie ist er an Bord gekommen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das tut jetzt nichts zur Sache", gab Argus unwirsch zurück. Er warf Cletus einen seltsamen Blick zu. "Er war einer von... nun, er war ein Idiot. Er versuchte sich einzumischen, erreichte aber nur, dass der Müllschacht unter dem Goal stand sich im unpassendsten Moment öffnete und sie von all dem Dreck mitgerissen wurde."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus sog erschrocken Luft ein. Was wenn Goal ernsthaft verletzt war? Ihr Vater würde ihn massakrieren! Ganz zu schweigen davon, dass er ohne die Aufstiegscodes gar nicht erst wieder nach Elysium gelangen konnte. "Wo war das? Was hat der Deponianer gesagt? Und warum haben Sie den beschissenen Kreuzer noch nicht gewendet?!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus warf ihm einen kühlen Blick zu. "Wir haben den Deponianer über Bord geworfen. Er hätte uns ohnehin nicht viel weiterhelfen können. Was mir viel mehr Sorgen macht, ist dass Sie anscheinend glauben, Sie könnten mich herumkommandieren. Dieser Kreuzer folgt einem ganz bestimmten Zeitplan. Alle meine Kreuzer tun das. Wir sind so pünktlich, dass sie in den deponianischen Käffern ihre Rathausuhren nach uns stellen. Ich werde nicht riskieren, dass sich diese Disziplin in Chaos auflöst und es vielleicht noch zu Unfällen kommt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber-" begann Cletus, doch Argus fuhr unbeirrt fort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wir werden bis zum nächsten Sprengturm weiterfahren. Von dort kann ich einen Suchtrupp losschicken und ein anderer Kreuzer kann unsere Route übernehmen bis wir in der Lage sind weiterzufahren. Und Sie werden mir nicht mehr in die Quere kommen. Nutzen Sie die Zeit und versuchen Sie den genauen Aufenthaltsort von Fräulein Goal zu erfahren. Um den Rest werden wir uns kümmern."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schnaufte. "Wie denn? Ich kann ja wohl schlecht zu Fuß losziehen." Einen schrecklichen Moment lang dachte er Argus würde ihn vielleicht auch kurzerhand einfach vom Kreuzer werfen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch der Amtmann lächelte, was unter dem Helm beinahe unsichtbar blieb. "Herr Inspektor, haben Sie schon einmal ein Funkgerät bedient?"[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"An alle Bewohner Deponias: Mein Name ist Cletus. Ich suche meine Verlobte. Sie ist möglicherweise aus großer Höhe gestürzt und benötigt ärztliche Versorgung."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus sprach jedes Wort sehr langsam und deutlich aus. Wer wusste schon wie zurückgeblieben diese Deponianer waren. Eine Antwort hatte er auf seinen Funkspruch jedenfalls noch nicht erhalten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er seufzte. Nachdem Argus ihm die schrecklichen Neuigkeiten eröffnet hatte, war er zuerst kurz in seiner Kabine gewesen um sich endlich umzuziehen. Doch bevor er die Uniform zurückgab, hatte er den Handblaster aus dem Holster genommen und in seiner Reisetasche versteckt. Er hoffte zwar, dass er ihn nicht brauchen würde, aber die Reise hatte bereits einige unerwartete Überraschungen parat gehabt und er war das Gefühl der Hilflosigkeit leid.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"An alle Bewohner Deponias..." begann er wieder, nachdem er eine neue Frequenz eingestellt hatte. Die Funkausrüstung war recht gut in Schuss und verfügte sogar über eine Kamera und einen Sichtschirm, sodass auch Videogespräche möglich waren. Zumindest theoretisch. Wenn sich nur einer der Schrottbewohner mal bequemen würde zu antworten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenigstens hatte Argus ihm eine Karte der Dreiviertellande gegeben und die ungefähre Region, wo Goal wahrscheinlich abgestürzt war, markiert. Allerdings wusste er nicht welche Frequenzen mit welchem der kleinen Käffer korrespondierten. Doch so wie er Deponia einschätzte, gab es da vermutlich ohnehin kein System und es funkte jeder auf der Frequenz, die ihm beliebte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wiederholte die Nachricht wieder und wieder und hatte inzwischen aufgehört mitzuzählen als das Funkgerät auf einmal knisternd zum Leben erwachte. "Gehen Sie endlich aus der Leitung!", knarzte eine Frauenstimme aus den Lautsprechern, doch der Sichtschirm blieb leer. "Und hören Sie auf die Horchposten vollzulabern. Die sind für Notfälle!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Na, hören Sie mal! Das hier ist doch ein Notfall!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ha! Ihre Verlobte ist irgendwo heruntergestürzt und Sie wissen nicht einmal wo sie ist? Für mich klingt das so als wäre sie durchgebrannt und Sie schieben jetzt hier das große Drama und machen auf ganz Deponia die Pferde scheu."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus funkelte das Funkgerät erbost an. "Was erlauben Sie sich? Meine Verlobte ist doch nicht durchgebrannt! Es gab einen... einen Unfall und ich habe erst später davon erfahren. Leider ohne den genauen Ort des Unglücks in Erfahrung bringen zu können. In welcher Ecke Deponias stecken Sie eigentlich?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die deponianische Frau stöhnte. "Funken Sie echt aufs Geratewohl in der Gegend rum? Ich bin in Buusa-Westvoq, im Südwestquadranten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Südwestquadrant klingt schon mal ganz gut. Sie haben nicht zufällig eine Organon Kreuzerstrecke in der Nähe?" Er schielte auf seine Karte, doch auf die Schnelle war es gar nicht so einfach auch kleinere Käffer mit seltsamen Namen zu finden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Glücklicherweise nicht." Die Frau hustete angewidert. "Unser Nachbardorf Kuvaq ist ziemlich dicht an einer dran. Aber bei denen werden Sie erst recht keinen Erfolg haben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum nicht?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie lachte verächtlich. "Zum einen, weil dort fast ausschließlich Vollidioten leben. Besonders der Sohn des ehemaligen Bürgermeisters soll nach allem was man hört eine echte Landplage sein. Und zum anderen hat der Horchposten da noch nicht mal ein Mikrofon, mit dem er Ihnen antworten könnte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Na wunderbar," knurrte Cletus grollend. "Vielen Dank für gar nichts."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was denn? Geben Sie mir jetzt die Schuld an Ihren Problemen? Hör'n Sie mal. Sie betteln hier um Hilfe, ohne die geringste Gegenleistung anzubieten, und jetzt werden Sie so pampig? Ich denke langsam, wo auch immer sie ist, Ihre Verlobte dürfte ohne Sie besser dran sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus griff nach vorn und schaltete eine Frequenz weiter. Sollte diese blöde Kuh doch denken was sie wollte. Nur in einem Punkt hatte sie vielleicht recht. Cletus strich sich über sein Bärtchen, dann begann er auf der nächsten Frequenz seinen Text aufs Neue herunterzuleiern. Allerdings mit einem kleinen Zusatz am Ende.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"An alle Bewohner Deponias: Mein Name ist Cletus. Ich suche meine Verlobte. Sie ist möglicherweise aus großer Höhe gestürzt und benötigt ärztliche Versorgung. Jede Hilfe wird großzügig vergütet werden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wiederholte die Durchsage wieder und wieder, jedes Mal auf einer neuen Frequenz, stieß auf einen Radiosender, der irgendwelche belanglose Musik dudelte, wurde drei weitere Male angemault, er solle aus der Leitung gehen und dann hatte er alle Frequenzen durch und begann wieder von vorn. Die Kanäle, auf denen man ihm dumm gekommen war, ließ er zwar aus, doch waren es noch immer genug für seinen Geschmack.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann endlich beim vierten Durchgang erhielt er wieder einmal eine Antwort. Mit einem Knarzen erwachte der Sichtschirm zum Leben und zeigte einen breitschultrigen Mann in einem schäbigen, abgewetzten Anzug. Über dem Kopf jedoch trug er eine Skimaske, die ihrem Besitzer die Sicht lediglich durch ein Loch über dem linken Auge erlaubte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was heißt 'großzügig vergütet'?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus konnte sich gerade noch davon zurückhalten die Augen allzu deutlich zu verdrehen. Der Typ wirkte nicht so als wäre er mit sonderlich viel Intelligenz gesegnet, allerdings konnte er dafür wahrscheinlich um so fester zuschlagen. "Nun, es bedeutet, dass ich Ihnen eine Menge Geld zahle, wenn Sie mir meine Verlobte bringen können."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hmm, dann könnten wir vielleicht ins Geschäft kommen. Ich werde der Donna von ihrem Angebot erzählen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warten Sie!", rief Cletus verwirrt. "Wer sind Sie überhaupt? Und wer ist die Donna? Und wo auf Deponia befinden Sie sich?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er grunzte irgendetwas unverständliches, doch dann bequemte sich der Typ doch noch zu einer Antwort. "Wir sind das Unorganisierte Verbrechen. Wer sich mit uns anlegt, wird es bitter bereuen. Mein Name ist Wink. Wo wir uns gerade befinden, geht Sie nichts an. Aber wir haben ein Tauchboot und können an der gesamten Küste operieren."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob eine Augenbraue. Der Mann war ein Idiot, aber er könnte womöglich nützlich werden. Doch solange er nicht richtig wusste, wo Goal überhaupt gestürzt war, kam er hier wohl auch nicht weiter. "Ich habe nicht vor mich mit Ihnen anzulegen", sagte er beschwichtigend. "Richten Sie Ihrer 'Donna' meinen Gruß aus. Ich werde mich mit weiteren Details bei Ihnen melden sobald es mir möglich ist. Cletus Over and out."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Sichtschirm erlosch wieder und Cletus beeilte sich, die Frequenz zu notieren, unter der er das "Unorganisierte Verbrechen" erreichen konnte. Für den Moment jedoch nur, um diese nicht noch einmal zu wählen, solange er nach grundlegenden Informationen über Goals Verbleib suchte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem Seufzen stellte er die nächste Frequenz ein und begann seinen Text wieder aufzusagen. Er konnte nur hoffen, dass Argus zurückkam, bevor ihm die Zunge abfiel.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Er war müde. Cletus nahm einen kleinen Schluck Kaffee aus einem Becher, den er während einer Toilettenpause aus seiner Kabine geholt hatte, aber auch das half nicht viel. Er hatte das Gefühl hier schon seit Stunden zu sitzen, doch ein Blick zu einer kleinen Uhr verriet ihm, dass dies nicht der Fall und es immer noch früher Nachmittag war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn nur Argus endlich zurückkäme. Und wenn Goal doch nur in ihrer Kabine geblieben wäre! Warum musste sie ihm nur das Leben so schwer machen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er unterdrückte ein Seufzen und wiederholte seine Durchsage zum gefühlt hundertsten Mal. Nur mit größter Willenskraft konnte er sich dazu bringen, nach wie vor jedes Wort ruhig und sorgsam betont auszusprechen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich suche meine Verlobte." Nein, Moment, er hatte die erste Hälfte vergessen. "An alle Bewohner Deponias", begann er von neuem als das Funkgerät knackte. "Mein Name ist Cletus. Ich suche meine Verlobte. Sie ist möglicherweise..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Cletus?" kam eine Stimme aus dem Funkgerät. "Cletus! Sind Sie das? Hier ist Rufus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er zog die Augenbrauen hoch. "Hallo? Rufus? Sind Sie auf Deponia?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Klar bin ich auf Deponia. Ich habe Ihre Verlobte gefunden!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte. Konnte er es wirklich geschafft haben? "Sind Sie sicher?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Natürlich bin ich sicher", antwortete der Typ in beinahe empörtem Tonfall.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber Cletus war noch nicht bereit das einfach so zu glauben. "Groß?", fragte er nach. "Lange Haare?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"...Hirnimplantat, fiel von einem vorbeifahrenden Organon-Kreuzer...", zählte dieser Rufus auf. "Fragte nach Ihnen. Glauben Sie mir ruhig. Es ist Ihre Verlobte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus erlaubte sich ein Lächeln. Endlich. Jetzt durfte er nur keine Schwäche zeigen. "Was verlangen Sie?", fragte er und bemühte sich so unemotional und distinguiert wie möglich zu klingen. Sein Gesicht konnte der andere sowieso nicht sehen - vermutlich hatte er keinen Sichtschirm und keine Kamera - aber wenn Cletus zu verzweifelt klang, würde Rufus vielleicht auf einer höheren Belohnung bestehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Erst einmal ein paar Antworten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Na großartig! Warum konnte der nicht sofort zum wesentlichen kommen? Er würde ihm ja doch nichts Konkretes sagen können. "Antworten?", wiederholte er gepresst. "Mal sehen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Kommen Sie wirklich aus Elysium?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]War er ein Idiot oder ein Bewunderer? In beiden Fällen hatte Cletus keine große Lust seine Herkunft mit so einer dahergelaufenen Gossenratte zu diskutieren. "Ja. Natürlich. Aber ich verstehe nicht, was Sie das zu interessieren hat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie ist es auf Elysium?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Auf jeden Fall nicht so dreckig und unzivilisiert wie hier. Und die Menschen sind auch weniger penetrant." Deutlicher konnte er wohl kaum machen, dass er an dieser Unterhaltung nicht interessiert war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Astrein", kam es enthusiastisch von Rufus zurück. "Das klingt nach genau dem richtigen Ort für mich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ah, es war ein Idiot.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was hatte Ihre Verlobte an Bord des Organon-Kreuzers verloren?" fragte er als nächstes.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das geht Sie nichts an."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber es ist doch seltsam, dass eine Frau aus Elysium..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Denken Sie nicht so viel über Dinge nach, die Ihren Horizont überschreiten", unterbrach Cletus ihn. "Kommen Sie lieber zur Sache."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Planen die Organons etwas?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus biss die Zähne zusammen. Auch wenn Rufus ein geistiger Tiefflieger war, schien selbst er irgendetwas zu ahnen. "Warum wollen Sie das wissen? Hören Sie: Mischen Sie sich nicht in die Angelegenheiten der höheren Sphären ein. Sie werden die Vorgänge über Ihren Köpfen niemals verstehen. Und schon gar nicht beeinflussen. Versuchen Sie es gar nicht erst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aus dem Funkgerät kam ein unzufriedenes Grunzen. "War Ihre Verlobte schon immer etwas seltsam?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus wusste nicht ob er erleichtert sein sollte, dass Rufus anscheinend ihr voriges Thema aufgegeben hatte, oder genervt, dass er nicht endlich zur Sache kam. "Was? Wovon reden Sie?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach nichts", kam die zögerliche Antwort. "Mal angenommen, Ihre Verlobte hätte eine Art... Gehirnerschütterung erlitten..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Eine Gehirnerschütterung?" Oh, nein, es war doch wohl nicht das Implantat mit den Aufstiegscodes beschädigt worden![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Rein hypothetisch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus glaubte ihm kein Wort. Von wegen hypothetisch. Der Trottel verheimlichte ihm etwas. "Dann sollten Sie keine Zeit verschwenden und sie umso schneller zu mir bringen. Und wehe, wenn Sie ihr etwas angetan haben. Ich brauche ihr Hirn intakt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie haben sie richtig gern, nicht wahr?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blödmann! Er hatte halt mal laut gedacht. Natürlich lag ihm auch Goal am Herzen, aber wenn sie hier beide auf Deponia umkamen, weil die Aufstiegscodes verloren waren, wäre auch niemandem gedient. Aber das ging diesen Vollidioten ja nichts an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und sie beide sind wirklich verlobt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]So langsam wurde es wirklich schwer ruhig zu bleiben. Wie schade, dass er nicht durch das Funkgerät greifen und den neugierigen Kerl erwürgen konnte. "Was soll die Frage?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach, nichts. Smalltalk." Nach einem kurzen Moment fügte er noch hinzu: "Hat Ihre Verlobte zufällig noch eine Schwester?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus biss die Zähne zusammen. "Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen", log er. Dies war wirklich das letzte, über das er gerade mit diesem Trottel sprechen wollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"War auch nur so ein Gedanke."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie sollten weniger denken. Ihr Kopf scheint mir dafür nicht gemacht zu sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus blieb einen Augenblick still, dann sagte er endlich: "Keine weiteren Fragen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dass er das noch erleben durfte! "Sehr gut. Können wir dann jetzt endlich zurück zum Thema kommen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Natürlich. Wo waren wir denn gerade?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idiot! "Sie wollten mir Ihre Bedingungen nennen. Was wollen Sie im Austausch gegen meine Verlobte?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich will mit nach Elysium", kam es prompt zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Unmöglich." Cletus verdrehte die Augen. Warum hatten in letzter Zeit alle möglichen Leute den Drang zu versuchen seine Pläne zu ruinieren? Erst bestand Goal darauf mit nach Deponia zu kommen und jetzt wollte dieser Schrottplatztrottel nach Elysium.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das ist aber meine Bedingung. Entweder ich komme mit nach Elysium oder..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hören Sie, ich kann Sie nicht nach Elysium mitnehmen. Es muss etwas anderes geben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Eine Passage nach Elysium oder gar nichts."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus warf seinem Mikrofon einen wütenden Blick zu, aber leider konnte Rufus das nicht sehen. Er schnaubte abfällig. "Dann eben gar nichts."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gut. Dann könne Sie ja schon mal die Hochzeit absagen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was für eine dreckige Ratte! Er wagte es doch tatsächlich Goal als Druckmittel gegen ihn einzusetzen. Cletus wand sich innerlich für einen Moment, aber es half alles nichts. "Warten Sie noch. Vielleicht gibt es doch eine Möglichkeit." Eine Möglichkeit an Goal zu kommen und Rufus dann dem Organon zu überlassen. Argus hatte bestimmt eine Verwendung für ihn und wenn es als Zielübung war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wusste ich es doch!" Wie konnte die Kakerlake nur so selbstgefällig klingen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus lächelte schief und warf einen Blick auf seine Karte. Zu einem Organonsprengturm oder Stützpunkt konnte er Rufus schlecht einladen. Da würde sogar dieser Höhlenmensch den Braten riechen. Aber an der Küste der Dreiviertellande fiel ihm ein Ort ins Auge, der wahrscheinlich verlassen und ungestört war. "Bringen Sie Goal bis morgen Abend zur Unteren Aufstiegsstation am Ufer des Rostroten Meeres. Wir treffen uns ganz oben auf der Plattform. Schaffen Sie das?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zum ersten Mal schlich sich ein Zögern in Rufus' Stimme. "Morgen Abend? Ich weiß nicht genau, ob..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Jetzt machen Sie mal keinen Rückzieher." Das letzte was Cletus gebrauchen konnte, war Rufus mehr Zeit zu geben das Treffen zu seinen Bedingungen zu planen. Es reichte schon, dass er Cletus dazu gebracht hatte, zuzustimmen ihn nach Elysium mitzunehmen - mal unabhängig davon ob er sich an die Vereinbarung hielt oder nicht. Er durfte Rufus nicht erlauben, noch mehr die Kontrolle zu erlangen. "Oder haben Sie Goal am Ende gar nicht gefunden?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Doch, doch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dann haben wir einen Deal. Ich erwarte Sie nach Sonnenuntergang. Cletus Ende."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Moment noch. Ich...", rief Rufus, doch Cletus griff nach vorn und schaltete den Empfänger ab. Das hatte der Primitivling davon, dass er geglaubt hatte, Cletus erpressen zu können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus würde schon einen Weg finden pünktlich zum Treffpunkt zu kommen. So beharrlich wie der nach Elysium wollte, würde er bestimmt alles in Bewegung setzen. Und dann konnte sich der Organon darum kümmern, die kleine Ratte zu beseitigen.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Trotz all seiner vielfältigen Begabungen, war Cletus im Lesen von Emotionen zwar nicht schlecht, aber vielleicht nicht ganz so profiliert wie in anderen Dingen. Aber auch er erkannte nur zu deutlich, dass Argus stinkwütend war, als er Stunden später auf die Brücke gestampft kam, wo Cletus auf ihn gewartet hatte. Der Amtmann stieß einen seiner Leute zur Seite und warf Cletus einen finsteren Blick zu. "Bericht!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oberkontrollrat Ulysses hat uns informiert, dass er zurück auf dem Planeten ist und uns angewiesen, seine Drohne zu aktivieren. Wir sind dabei, dies in die Wege zu leiten", erwiderte ein Soldat zackig. "Ansonsten ist alles ruhig geblieben, Herr Amtmann. Keine Spur von der Vermissten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus grinste. "Na, haben Sie nichts gefunden? Tja, ich war da erfolgreicher."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach?" Argus' Stimme klang noch eisiger als sonst. "Sie haben Ihre Verlobte also wieder? Wo ist sie? Ich sehe nichts von ihr."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich habe sie noch nicht hier." Cletus war entschlossen, sich jetzt nicht seinen Triumph ruinieren zu lassen. "Aber ich habe jemanden gefunden, der weiß wo sie ist und der sie zu mir bringen wird." Er grinste breiter. "Wahrscheinlich sind sie schon auf dem Weg."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah die Faust im letzten Moment kommen, aber es war zu spät um auszuweichen. Cletus ging zu Boden, konnte sich aber noch halbwegs aufrecht halten. Er schmeckte Blut und als er zaghaft nach seiner Lippe tastete waren die Fingerspitzen seiner weißen Handschuhe rot gefärbt. Fassungslos starrte er zu Argus hinauf und blinzelte. "Was...?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie dämlicher, kleiner Wurm! Sie haben den Idioten angestachelt mit Ihrer Verlobten zu fliehen. Ich hatte sie schon so gut wie in meiner Gewalt, doch dank Ihnen musste ich unverrichteter Dinge wieder abziehen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus machte den Mund auf und zu wie ein Fisch auf dem Trocknen. "A-aber Sie haben mir doch gesagt, dass ich per Funk nach ihr suchen soll."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wollen Sie mir etwa widersprechen? Sie hätten den Deponianer doch anweisen können, Ihre Verlobte dem Organon auszuhändigen. Immerhin wussten Sie, dass ich dorthin unterwegs war."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Darauf hätte er sich nie eingelassen", entgegnete Cletus und erhob sich vorsichtig. Glücklicherweise schien lediglich seine Lippe in Mitleidenschaft gezogen, Zähne waren keine locker. Nichtsdestotrotz würde er diese Aggression nicht so schnell vergessen. Aber zurückzuschlagen schien ihm eine ebenso schlechte Idee. "Ihre Leute haben hier nicht den besten Ruf, Amtmann."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus schnaubte. "Sagten Sie nicht, dieser jemand..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Er heißt Rufus."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"... dieser Rufus würde Ihre Verlobte zu Ihnen bringen? Wohin haben Sie ihn denn bestellt, wenn nicht zu unserer Basis?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Am Ufer des Rostroten Meeres gibt es doch noch eine verlassene Aufstiegsstation. Dort soll er Goal hinbringen. Ich habe ihm dafür versprochen ihn nach Elysium mitzunehmen." Er sah wie Argus' Augen schmal wurden und hob beschwichtigend die Hände. "Ich habe natürlich nicht vor, das zu tun. Aber wenn wir Goal erst einmal wiederhaben, sollte es ein Leichtes sein, mit diesem Rufus fertig zu werden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus verschränkte die Arme und schien darüber nachzudenken. Schließlich nickte er. "Vielleicht ist das ohnehin die bessere Route."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was meinen Sie damit?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie Sie auch gerade gehört haben, ist der Oberkontrollrat wieder auf Deponia gelandet. Er ist in seinem Büro in Porta Fisco wird mit dem letzten Hochboot den Planeten verlassen. Zusammen mit Ihnen und Ihrer Begleitung. Zumindest war das der Plan. Allerdings liegt auch bei der Unteren Aufstiegstation ein Notboot vor Anker. Wenn Sie und Fräulein Goal auf diesem Wege nach Elysium zurückkehren, brauchen Sie das nicht zusammen mit Ulysses zu tun, was angesichts der Identität Ihrer Begleiterin ratsam wäre. Die Aufstiegscodes könnten Sie mir auch dort aushändigen, nachdem Sie sie selbst eingegeben haben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob eine Augenbraue. "Würde es dem Oberkontrollrat nicht auffallen, wenn ich nicht die geplante Route über Porta Fisco nehme?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich bin sicher, dass Sie ihm glaubhaft machen können, wie sehr Sie sich eine Rückkehr nach Elysium wünschen. Und ich bezweifle, dass er Sie vermissen wird, wenn Sie ein paar Tage früher den Planeten verlassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nun gut. Wie soll ich den Oberkontrollrat kontaktieren? Soll ich wieder in den Funkraum...?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das wird nicht nötig sein. Wenn er sich auf dem Planeten befindet, benutzt der Oberkontrollrat für gewöhnlich eine Drohne, um sich mit uns abzustimmen, die bald einsatzbereit sein sollte. Er wird also in der Unteren Aufstiegsstation ebenfalls vor Ort sein, wenn auch natürlich in begrenzter Weise. Aber im Notboot selbst sollten Sie und Ihre Verlobte ganz für sich sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gut, gut." Cletus strich sich nachdenklich über sein Bärtchen. "Ich habe mit Rufus verabredet, dass wir uns nach Sonnenuntergang treffen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dann sollten wir nicht zu früh aufbrechen", sagte Argus und lachte leise. "Immerhin wollen wir ja nicht, dass Rufus den Kreuzer sieht und kalte Füße bekommt, bevor wir ihn in der Falle haben."[/JUSTIFY]

 
 

 


 

Kapitel 15

 

[JUSTIFY]Nicht zum ersten Mal wünschte sich Cletus er wäre in seiner Kabine geblieben. Auch wenn es dort ohne Goal sehr still war, machte ihm das im Grunde nichts aus. In jedem Fall war ihm die Einsamkeit lieber als die Gesellschaft, die er jetzt hatte. Doch leider war das keine Option gewesen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seit der Organon am Vorabend eine Drohne aktiviert hatte, an der sich ein Monitor befand und die sich mittels eines kleinen Rotors bewegen konnte, schaltete sich Oberkontrollrat Ulysses immer wieder ein. Und er war gar nicht erfreut gewesen als er hörte, dass Cletus' Begleiterin bei einem Unfall ins deponianische Niemandsland gestürzt war. Zwar schien es ihm offensichtlich gleich, wer da nun verloren gegangen war und ob sie überhaupt noch am Leben war, doch der Gedanke, dass die Aufstiegscodes derzeit in den Händen von Deponianern waren, machte ihn sichtlich unruhig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hatte ihm von seiner Vereinbarung mit Rufus erzählt, was Ulysses etwas beruhigt hatte. Doch konnte es ihn nicht davon abbringen, Cletus herumzukommandieren. Auch wenn seine Anweisungen höflich klangen, war es doch nicht ratsam, sich ihnen zu widersetzen. Er hatte lediglich das notwendige Gepäck für seine Rückkehr aus seiner Kabine holen dürfen. Der Rest würde vom Organon ins Hochboot gebracht und ihm auf Elysium wieder ausgehändigt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hatte sich gegen seine Aktentasche mit dem meisten seines Geldes und den Kristallgläsern entschieden. Rufus hatte deutlich genug gemacht, dass er sich nicht mit Geld und Glitzersteinen zufrieden geben würde, und Cletus vertraute genug auf die Ordnungsliebe des Organon um sich darauf zu verlassen, dass er alles zurückbekommen würde. Statt der Aktentasche nahm er eine größere Reisetasche mit Kleidung zum Wechseln und seinen übrigen Notrationen mit. Und natürlich den Handblaster, den er sich angeeignet hatte, versteckt unter seiner Unterwäsche, wo höchstwahrscheinlich niemand suchen würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]So ausgerüstet stand er nun neben Argus auf der Brücke des Kreuzers, der sich nach Einbruch der Dunkelheit an der Küste entlang zur Unteren Aufstiegsstation bewegte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In der Düsternis wirkte das Meer beinahe schwarz, nur das Mondlicht legte einen bläulichen Schimmer auf den Nebel, der über die felsigen Klippen trieb. Die Kreuzerstrecke selbst war nicht beleuchtet, doch das Gebäude, das in einiger Entfernung vor ihnen aufragte, schien über Elektrizität zu verfügen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus war bemüht sich keinerlei Gefühlsregung anmerken zu lassen, doch er konnte nicht verhindern das sein Herz schneller schlug. Nicht nur, dass die Aufstiegsstation zwar nicht die Höhe derjenigen in Porta Fisco hatte, aber mangels anderer Wolkenkratzer um sie herum sehr markant aus der Landschaft herausstach und die Kreuzertrasse um ein vielfaches überragte. Er konnte auch an nichts anderes denken, als dass er hier Goal zurückbekommen würde und vor allem, dass dies sein Weg nach Hause war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie näherten sich mit einiger Geschwindigkeit, auch wenn Argus den Antrieb hatte drosseln lassen, um nicht ganz so deutlich auf sich aufmerksam zu machen, was aber nur mäßigen Erfolg hatte. Mit jedem Meter konnte er den Turm deutlicher sehen, von einigen flackernden Neonschildern im Erdgeschoss an der wuchtigen Empfangshalle über mehrere erleuchtete Fenster an der Seite des Aufbaus bis zu der Spitze, an der ein Stahlkabel befestigt sein musste, an dem das Notboot nach Elysium gelangen konnte, das er aber aus dieser Entfernung nicht ausmachen konnte. Über der Station konnte er vor dem Mond in feenhaftem Weiß Elysium erkennen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch noch war er nicht dort. Noch war er hier unten im Schrott, der sich auf dem Festland auftürmte und mit den Felsen eine hügelige Landschaft formte. Wo überall im Wasser scharfkantiger Müll lauern konnte und von seinen nach Elysium aufgebrochenen Vorfahren nur noch Trümmer an vergangene Zeiten erinnerte. Da, am Fuße der Unteren Aufstiegsstation ragte ein stählernes Gerippe aus dem Meer, das ihn vage an die Konstruktion eines Hochboots erinnerte, doch sicher konnte er sich nicht sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wir werden gleich da sein", kam die elektronisch verzerrte Stimme von Ulysses aus dem Lautsprecher seiner Drohne. Wie die Organons trug auch er seinen Helm, nun da er wieder auf dem Planeten war, auch wenn es sich eigentlich um sein wahrscheinlich komfortables Büro in Porta Fisco handelte. "Argus, bereiten Sie das Andockmanöver vor."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus, der als einziger keinen Helm trug, warf Argus einen versteckten Blick zu. Im Grunde war der Amtmann mit den Abläufen wohl noch vertrauter als Ulysses und kümmerte sich selbstständig um all dies, wann immer der Oberkontrollrat nicht vor Ort war. Doch falls er sich über die Anweisung ärgerte, zeigte Argus es nicht. Er bestätigte mit einem knappen "Jawohl, Herr Oberkontrollrat", und ging daran den Befehl an seine Mannschaft weiterzugeben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kurze Zeit später setzten sie Fuß in die Station. Der Zugang, an dem der Kreuzer fest gemacht hatte, mündete in einem dunklen Gang und Cletus musste sich überwinden, den Kreuzer hinter sich zu lassen. Bei Ulysses' Drohne vorerst im Kreuzer zu bleiben, war allerdings auch nicht nach seinem Geschmack. Im Gegenteil, er hatte vor, dem Oberkontrollrat so weit es möglich war, aus dem Weg zu gehen, damit dieser nicht doch noch von Goal erfuhr.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus glaubte weiter hinten Licht zu sehen und tastete mit der linken Hand vorsichtig nach den Wänden als er die ersten zaghaften Schritte in die Dunkelheit machte, während er mit der anderen Hand seine Reisetasche fester packte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Organons zeigten weniger Zurückhaltung und marschierten in zweier Paaren an ihm vorbei. Cletus vermutete, dass die Organonhelme mit Restlichtverstärkern ausgestattet waren, die es möglich machten in diesem Dämmerlicht zu sehen. Aber er sparte sich die Frage danach, auch wenn Argus noch immer an seiner Seite war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich hoffe, das Gepolter Ihrer Männer wird nicht gleich all unsere Pläne zunichte machen", zischte er dem Amtmann zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus schnaubte verächtlich. "Ihren Plan meinen Sie wohl. Und nein, meine Männer wissen, was sie zu tun haben. Sie werden diesen Deponianer schon nicht gleich erschießen. Sie riegeln lediglich das Gelände ab, damit sich niemand davonschleicht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als ob die überhaupt wüssten was Schleichen bedeutet. Cletus verdrehte die Augen und machte einen Moment später einen erschrockenen Hüpfer zur Seite als sich vor ihnen ein dunkler Schatten bewegte. Doch nach dem ersten Schreck wurde ihm bewusst, dass der Wind, der durch zerbrochene Fenster hereinwehte, Müll durch den Gang trieb. Eine leere Tüte tanzte vor einer Glühbirne, die unter einem kahlen Lampenschirm stak, und warf weit größere Schatten als er erwartet hätte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus lachte. "Sind wir etwa schreckhaft? Keine Sorge, Herr Inspektor, sie werden schon nicht von Pappschachteln und Taschentüchern erschlagen werden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus warf ihm einen wütenden Blick zu. "Zumindest war bereits jemand hier und hat die Lichter eingeschaltet, soweit sie noch funktionieren. Da ist es doch vernünftig ein wenig vorsichtiger zu sein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das bezweifle ich. Hier brannte schon immer Licht, so weit ich mich zurückerinnern kann. Es hat nur nie jemand für nötig gehalten es auszuschalten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und das ist für Sie keine Energieverschwendung? Gerade wenn man bedenkt welche Schwierigkeiten Sie in Rußland bei der Stromerzeugung haben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus verdrehte die Augen. "Seien Sie lieber froh, dass Sie nun hier zumindest ein paar funktionierende Lichtquellen haben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verzichtete auf eine Antwort und ging weiter. Die Schicht aus Staub und Schmiere auf dem Boden dämpfte seine Schritte, doch nachdem die Organons bereits durchgetrampelt waren, konnte man nicht erkennen, ob zuvor schon eine Person hier entlang gegangen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unter der Lampe blieb er stehen. Sie hing gegenüber einem Durchgang, den sie leidlich beleuchtete, doch Cletus konnte erkennen, dass es sich um einen Parallelgang handelte, der rechts tiefer in das Gebäude hinein zu den Empfangshallen führte. In der anderen Richtung konnte er Licht sehen und vermutete dort den Aufgang zur Oberen Plattform.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus bemerkte seinen nachdenklichen Blick. "Und Sie sind sicher, dass dieser Rufus naiv genug ist, Ihre Verlobte hierher zu bringen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus stellte seine Tasche ab und lächelte selbstgefällig. "Absolut. Er ist eine egoistische, raffgierige Ratte. Der Ausblick nach Elysium zu kommen wird ihn herlocken."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gut. Aber so viel Aufwand wegen einer Person..." Argus schnaubte. "Ich verstehe gar nicht, warum Ihnen diese Frau so wichtig ist, Cletus. So wie ich das sehe, ist sie nur ein unkalkulierbarer Risikofaktor für unser gemeinsames Unternehmen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das nun wieder. "Glauben Sie mir: Nach all dem, was sie sich geleistet hat, würde ich sie am liebsten auch auf Deponia zurücklassen", versicherte ihm Cletus. Das war zumindest die halbe Wahrheit. Es wurmte ihn doch sehr, wie viel Ärger Goal ihm auf dieser Mission gemacht hatte. Trotzdem war der Gedanke sie wirklich zurückzulassen absurd. Immerhin war die Chance Goal heiraten zu können der Grund gewesen, warum er dem Auftrag überhaupt zugestimmt hatte. Aber so genau wollte er seine Gefühle und Absichten mit Argus nicht diskutieren. Es reichte wohl, wenn er ihn an einen Grund erinnerte, den der Amtmann nachvollziehen konnte. "Aber um nach Elysium zurückzukehren, brauche ich nun einmal die Aufstiegscodes. Und die sind leider in ihrem Gehirnimplantat gespeichert. Ohne Goal keine Aufstiegscodes. Und ohne Aufstiegscodes kein Unternehmen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das gefallt mir nicht", beharrte Argus leise. "Ulysses wird uns beide exekutieren wenn er herausfindet, dass es sich bei ihrer Begleitung um..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Scht!", zischte Cletus ihm zu. "Da kommt er."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und wirklich war aus dem Gang das Geräusch der Rotoren von Ulysses' Drohne zu hören und ein paar Sekunden später tauchte der gesamte fliegende Monitor im Lichtkegel der Lampe auf. Ulysses trug wieder seinen Helm, was seine Stimme noch mehr knarren ließ als es die Lautsprecher der Drohne ohnehin tun würde. "Rühren, Amtmann. Machen Sie Meldung."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus verschränkte die Arme hinter dem Rücken. "Noch keine Spur von dem Deponianer, Herr Oberkontrollrat."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Worauf warten Sie dann noch?" bellte Ulysses zurück. "Suchen Sie weiter. Selbst über diese Drohne ist der Gestank kaum aushaltbar. Es wird Zeit, dass wir unseren Plan in die Tat umsetzen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus war bemüht möglichst unbeeindruckt auszusehen, aber Ulysses machte es ihm nicht gerade leicht. Was dachte der Mann denn wie der Gestank bei ihnen, vor Ort, war? Ja wohl kaum besser als im Büro des Oberkontrollrats auf Porta Fisco.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus schien seinen Ärger nicht zu teilen. Oder zumindest konnte er ihn ebenso gut wie Cletus hinter einer Fassade der Dienstbeflissenheit verbergen. "Sehr wohl, Herr Oberkontrollrat", antwortete er knapp und zu Cletus' Erleichterung verschwand Ulysses wieder in der Dunkelheit, wahrscheinlich um seinerseits die Soldaten dazu anzuhalten ihre Pflichten nicht zu vernachlässigen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kaum dass sie wieder allein waren, wandte sich Argus erneut an Cletus und raunte: "Machen wir uns an die Arbeit. Je schneller wir das Ganze hinter uns haben, desto besser."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus nickte. Er war nicht oft der selben Ansicht wie Argus, doch in diesem Fall hätte er es nicht besser sagen können. "Ganz meine Meinung. Ich werde mal auf der Plattform nachschauen, ob dieser Rufus schon da ist. Also halten Sie sich im Hintergrund. Wir dürfen nicht riskieren, dass diese Ratte ihren Schwanz einkneift, bevor wir die Aufstiegscodes in den Händen halten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wartete nicht auf Argus' Antwort, griff sich wieder seine Tasche und marschierte los, erst in den Parallelgang und dort nach links durch die Dunkelheit zum nächsten erleuchteten Bereich. Er hatte richtig geraten als er hier den Aufgang zur oberen Plattform erwartete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vor ihm öffnete sich der Gang zu einer Halle, in deren Mitte sich ein kuppelartiger Bau befand, aus dessen Dach der Aufzugsschacht zur Plattform ragte und aus dessen Fenstern goldenes Licht strömte. Es reichte nicht ganz aus, alle Ecken zu erleuchten, doch konnte Cletus hier deutlich die Echos Elysianischer Architektur erkennen. Zwar war der Großteil der Halle und die Rampe, die zu dem Kuppelbau führte in dunklem blaugrau gehalten, doch die Schnörkel und Verzierungen an Geländern und Torbögen fühlten sich sehr vertraut an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vorbei an abgestürzten Bauteilen aus der Deckenkonstruktion, modrigen Brettern und Glassplittern machte er sich auf den Weg die Rampe hinauf. Über dem Torbogen an dem kleinen Kuppelbau befand sich eine verschnörkelte Uhr, deren goldene Zeiger stehen geblieben waren, vor wie langer Zeit wusste er nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Innerhalb des Bogens war ein Bedienfeld angebracht, an dem man einen Code eingeben konnte. Doch hier konnte er im Dreck auf dem Boden Fußspuren erkennen, die von der Bedientafel weiter zur Tür führten und augenscheinlich durch sie hindurch. Hatte Rufus bereits den richtigen Code herausgefunden und damit den Fahrstuhl, der sich hinter der Tür befinden musste, zum Laufen gebracht? Cletus entschied, es darauf ankommen zu lassen und ging weiter auf die Tür zu, die bei seinem Näherkommen tatsächlich mit leisem Zischen aufglitt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war angenehm zur Abwechlung mal wieder in einem gut ausgeleuchteten Raum zu sein, auch wenn er durch die goldgelb gefärbten Fenster des Aufzugs kaum etwas draußen erkennen konnte, als er sich in Bewegung setzte. Aber Cletus konzentrierte sich auf die wenigen positiven Eindrücke um gar nicht erst darüber nachzudenken in welchem Zustand die Halteseile sein mochten. Und dann kam der Aufzug auch schon mit einem erstaunlich sanften Ruck zum Stehen und die Türen öffneten sich wieder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus trat hinaus und sah sich um, doch er konnte von Rufus hier oben keine Spur entdecken. Der Wind zauste seine Haare als er an die hüfthohe Brüstung herantrat. Der Blick unterschied sich nicht viel von dem, den er vom Kreuzer aus gehabt hatte, auch wenn er sich noch ein gutes Stück höher befand. Er konnte die Schienen der Kreuzertrasse besser erkennen als erwartet, doch ansonsten war alles um den Turm herum dunkel und stumm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Links von ihm führte die Rampe am Rand des Gebäudes weiter in die Höhe bis zur eigentlichen Plattform. Cletus machte sich auf den Weg bis er endlich vor dem Notboot stand. Wie die Plattform selbst, war auch das Notboot im Vergleich mit der Oberen Aufstiegsstaion und seinem Hochboot winzig. Die Plattform maß kaum zehn Meter im Durchmesser und das Notboot war zwar wie sein größeres Pendant eine Gondel, doch damit endeten die Ähnlichkeiten auch schon. Es hatte die Form einer Kugel, die wie eine Perle auf dem Stahlseil nach Elysium aufgereiht war, und wirkte schon von außen so beengt, dass Cletus beinahe seiner Kabine an Bord des Organon Kreuzers hinterhertrauerte. An der Seite war eine gewölbte Tür eingelassen, doch diese regte sich nicht. Nach kurzem Suchen entdeckte Cletus eine aufschiebbare Klappe, hinter der sich ein Datasettenschlitz und ein Eingabefeld verbargen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch ohne die Aufstiegscodes würde die Tür sich nie öffnen. Cletus stellte seine Tasche nicht unweit des Notboots ab und machte sich gerade. Nun hieß es warten bis Rufus hier auftauchte und mit ihm Cletus' Weg zurück nach Haus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch es vergingen gerade einmal ein paar Sekunden bis er hörte wie der Aufzug sich erneut in Bewegung setzte. Dann öffneten sich die Türen und eine Gestalt trat hervor und machte sich auf den Weg die Rampe hinauf. Cletus reckte den Hals um besser sehen zu können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann erstarrte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY] [/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Rufus war sein Ebenbild und doch völlig anders.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auf der Rampe, nur ein paar Schritte unterhalb von Cletus stand ein junger Mann, der wohl in den zwanzigern sein mochte. Gekleidet war er in ein Sammelsurium von einer weiten, hellen Hose, klobigen, braunen Stiefeln und einer orangenen Warnweste unter einem zu großen Mantel, der vielleicht einmal rotbraun gewesen war. Und auf dem Kopf trug er eine schlabbrige Pilotenkappe an der eine alte Schutzbrille befestigt war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber dann war da noch sein Gesicht. Ja, sein Teint war weit weniger vornehm blass, sein Kinn stoppelig und ungepflegt und die braunen Haare zu einer albernen Tolle frisiert. Aber seine gerade, markante Nase, die Augen unter den dichten Brauen und seine schmalen Wangen waren Cletus nur zu vertraut.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie konnte das sein? Wie konnte ein abgerissener Schrottplatzbewohner ihm nur so ähnlich sehen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus zwang sich dazu, weiter zu atmen und nur die alte, einstudierte Gleichgültigkeit zu zeigen. Es gab nun mal seltsame Zufälle. Wahrscheinlich hatte Rufus einfach nur Glück, dass er mit einer gewissen Ähnlichkeit zu Cletus gesegnet war. Ja, das musste es sein. Ein merkwürdiger Zufall, sicher, aber...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus setzte sich plötzlich wieder in Bewegung und schloss die letzten paar Schritte zu ihm auf. Dabei brachte er eine Wolke von Gerüchen mit sich, die auch nur in Gedanken zu bennenen Cletus sich weigerte. Sonst würde ihn der Ekel davon abhalten in Rufus‘ Richtung zu atmen und das wäre einer Unterhaltung sehr abträglich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Cletus!" knurrte der Flohsack in einem Tonfall, der wie eine Mischung aus Begrüßung und Beleidigung klang.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Rufus!" erwiderte Cletus im gleichen Ton.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Endlich stehe ich dir gegenüber."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verschränkte die Arme. Er konnte nicht einmal genau sagen, warum, doch Rufus' bloße Existenz irritierte ihn so sehr, dass er sich am liebsten auf diesen billigen Abklatsch seiner selbst gestürzt hätte. Zumindest aber konnte er nicht anders als zu widersprechen. "Irrtum. Ich stehe dir gegenüber."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Von wegen", gab Rufus zurück. "Ich stehe dir mindestens drei Schritte mehr gegenüber."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Glaub das ruhig, Bürschchen. Aber genug der Unhöflichkeiten. Wo ist Goal?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"An einem sicheren Ort."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verdammt! Wieso hatte er sie nicht einfach mitbringen können? "Na das ist ja perfekt, du Genie."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du bist das Genie", erwiderte Rufus wie ein trotziger Schuljunge.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wir hatten einen Deal", erinnerte ihn Cletus. "Du bringst mir Goal und ich nehme dich mit nach Elysium. Ohne Goal kein Deal. Also, was ist jetzt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Der Deal steht also nocht?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nur wenn du deinen Teil der Abmachung einhältst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Oder du deinen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ladies first", sagte Cletus spöttisch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus knurrte nur. Doch dann schlich sich eine Spur Unsicherheit in seine Züge. "Warum siehst du mir so ähnlich?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das hätte Cletus auch gerne gewusst. Obwohl, nein, Moment, er wollte es nicht wirklich wissen. "Irrtum", sagte er um der Frage auszuweichen. "Du siehst mir ähnlich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gar nicht. Du siehst mir viel ähnlicher als ich dir."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schnaubte. "Nur dass ich nicht so hässlich bin."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du bist sogar noch viel hässlicher."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach ja? Hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel geschaut?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das brachte Rufus doch tatsächlich zum Grinsen. "Das ist sogar meine Lieblingsbeschäftigung."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus stutzte, doch fiel ihm keine passende Entgegnung ein. Ein gutaussehendes Gesicht war nun einmal schön anzusehen. "Wie bei mir", gab er halblaut zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus nickte nur, dann sah er noch einmal zurück zum Aufzug und stemmte eine Hand in die Hüften als falle ihm dieses Thema erst jetzt wieder ein. "Was für eine Vereinbarung ist das zwischen dir und dem Organon?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hatte er ihn und Argus belauscht? Cletus hob die Augenbrauen. Das konnte Ärger bedeuten, falls Rufus' Begierde nach Elysium zu kommen nicht stärker als seine Vorsicht gegenüber dem Organon war. Vielleicht musste er Rufus noch ein bisschen motivieren, damit der wirklich um jeden Preis den Planeten verlassen wollte. Und was war dazu besser geeignet als die Wahrheit? Cletus lehnte sich zurück und grinste selbstsicher. "Tja. Warum sollte ich es dir eigentlich nicht erzählen?" Er beugte sich etwas vor und raunte verschwörerisch: "Deponia wird gesprengt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schon Rufus' Gesicht war es wert gewesen. "Was?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verdrehte die Augen. "Ach ja. Ich hatte vergessen, dass ich es mit einem Höhlenmenschen zu tun habe." Er sprach ganz langsam und betont. "Deponia - boom!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus' Augen wurden immer größer. "Boom?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja. Boom. Der ganze stinkende Misthaufen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und... und Elysium weiß davon?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Von der Sprengung? Na klar! Wir haben sie bereits vor Jahrzehnten in Auftrag gegeben. Was dachtest du denn was die Organons den ganzen Tag so treiben? Ihre mechanischen Bärte entfusseln?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus' ganzes selbstherrliches Auftreten war verschwunden. Ein Zittern lag in seiner Stimme als er fragte: "Und... und was wird aus den Deponianern?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus lächelte und kostete den Moment so sehr aus wie er nur konnte. Nach all dem, was ihm in den letzten Wochen widerfahren war, war es einfach zu schön endlich die Oberhand zu haben. "Physikalisch betrachtet wohl hauptsächlich Energie", sagte er süffisant. "Theologisch gesehen... Sagen wir einfach, für einen Stern am Abendhimmel wird's wohl kaum reichen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus schluckte. "Wow. Das ist echt starker Tobak."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Um ehrlich zu sein, gingen wir davon aus, dass Deponia unbewohnt ist", erklärte Cletus ihm geduldig. "Immerhin wurde die Oberfläche damals für unbewohnbar erklärt. Aber ausgerechnet jetzt, wo die Sprengung unmittelbar bevorsteht, kamen Gerüchte auf. Auf Deponia soll es noch Menschen geben, hieß es da. Darum haben die Ältesten einen Inspektor ernannt, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen." Er grinste wieder. "Und jetzt rate mal, wer dieser Inspektor ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ähh..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich bin es, du Troglodyt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus blinzelte langsam als versuche er in seinem Spatzenhirn eins und eins zusammenzuzählen. "Verstehe. Was ich hingegen nicht verstehe ... mal abgesehen von der Bedeutung des Wortes Troglodyt ... warum hat der Organon nichts von der deponianischen Bevölkerung erzählt? Ulysses' Leute müssen doch wissen, dass wir hier leben. Immerhin terrorisiert uns der Organon seit Jahren! Sie erheben Zölle. Sie blockieren Handelsrouten. Und sie klauen Babys im Nordquadranten. Was allerdings auch nur ein Gerücht sein könnte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus unterdrückte ein Seufzen. "Ulysses hatte seine Gründe uns im Unklaren zu lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber nun kennst du die Wahrheit."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja, ich weiß alles."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Okay", sagte Rufus vorsichtig. "Das heißt dann ja, dass Deponia nicht gesprengt wird, richtig?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus grinste. Was für ein naives Bübchen. "Hmm ... nein. Falsch." Er wurde wieder ernst. "Ulysses hat mir alles erklärt. Und wir haben eine Vereinbarung getroffen. In meinem Bericht an die Ältesten wird stehen, dass der Planet nach wie vor unbewohnt ist. Deponia wird also trotzdem gesprengt." Er sah wie Rufus erschrocken Luft einsog und kniff die Augen prüfend zusammen. "Hast du etwa Probleme damit? Ich meine ... Was interessiert es dich? Immerhin wirst du sicher auf Elysium sein, wenn es passiert. Du willst doch noch nach Elysium, oder?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja schon ... aber ... Deponia sprengen? Das scheint mir etwas übertrieben zu sein. Ich meine ... okay. Es stinkt. Es ist keine Augenweide. Sicher kein Ort für jemanden wie mich. Aber ich kenne einige Leute, die hängen irgendwie an diesem Haufen Schrott. Was vielleicht auch daran liegt, dass sie ... weiß nicht ... darauf leben und so. Schön ... das sind alles Idioten. Die einen Helden nicht einmal dann erkennen würden, wenn er ihnen den Kohlgarten in Brand steckt ... Aber sprengen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus betrachtete ihn verwirrt. Was hatte dieser Schmutzfink nur? Wenn er doch nichts mit seinen Mitdeponianern anfangen konnte - was Cletus nach allem, was er von ihnen bisher zu sehen und hören bekommen hatte sogar ausnahmsweise nachvollziehen konnte - warum zögerte er dann? Hatte er etwa noch nicht verstanden, was auf dem Spiel stand? "Ja. Sprengen", wiederholte Cletus noch einmal betont. "Abreißen. Einäschern. Vaporisieren. Eliminieren. Ausradieren. Alles weg. Ratzfatz."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Pfuh", machte Rufus und blickte zur Seite als wäge er das für und wider ab. Cletus konnte sich vorstellen, dass er dafür alles an Hirnkapazität brauchte, das er aufbringen konnte. "Ne. Super", sagte er schließlich. "Ich hasse Deponia wie kaum einer sonst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verschränkte die Arme. Etwas an Rufus' Tonfall überzeugte ihn überhaupt nicht. "Ach ja? Wie sehr denn?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Es stinkt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Na und? Das tut dein Deo auch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Mein was?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verdrehte nur die Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hier leben nur Idioten", erklärte Rufus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und du bist der lebende Beweis dafür."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus starrte ihn wütend an. "Sagen wir einfach, ich hasse diesen Ort."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich weiß nicht", sagte Cletus beinahe amüsiert. "Er scheint zu dir zu passen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Bitte was?", gab Rufus zurück und begann sich in Rage zu reden. "Weißt du eigentlich wie das ist, jeden Morgen im Müll aufzuwachen? Zwischen Essensresten und Schmutzwäsche? Die Spüle leckt, das Klo läuft über, der Kühlschrank ist leer ... und das Wasser riecht, als hätte es sich seit Monaten nicht gewaschen. Und dann dieses ewige 'Rufus! Mach den Abwasch! Geh arbeiten! Räum mal auf! Checkt mal was! Der ganze Planet besteht aus Müll! Wir laufen auf - Müll! Wir essen - Müll! Ihr wollt, dass ich den Arsch hochbekomme? Ihr könnt meinen Arsch von hinten bewundern! Ich gehe dahin, wo Potential kein Düngemittel ist, das man auf Kohlbeeten verteilt! Was kann man in eurem Müll denn bestenfalls erreichen? Scheiß Bürgermeister von Scheißhausen werden? Der Job, für den sich selbst der feine Herr Drückeberger zu schade war? Ohne mich! Hörst du, Paps? Ohne mich! Und weißt du noch was: Ich hoffe, du bist über einer Jauchegrube abgestürzt! Ich wink dir zu, wenn ich dich auf dem Weg nach Elysium überhole! Guck mal! Wer ist denn jetzt der kleine Dreckspatz? Hm? Wer ist denn jetzt der Dreckspatz?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die letzten Worte hatte er beinahe geschrien. Cletus war schnell klar gewesen, dass er nicht das eigentliche Ziel von Rufus' Tirade war. Doch es befremdete ihn, dass dieser seine ganze Wut und seinen angestauten Frust auf diese Weise herausließ. Wie unzivilisiert! Aber was hatte er von einer Kakerlake auch erwartet?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Donnerwetter", sagte er nach einem Moment peinlichen Schweigens. "Du scheinst Deponia tatsächlich zu hassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus atmete noch immer schwer und machte lediglich ein zustimmendes Geräusch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dann holst du jetzt endlich Goal, damit wir mit unserem Deal fortfahren können?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus nickte. "Aber gefallen wird ihr das nicht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Tja. Da hast du nicht ganz unrecht", stimmte ihm Cletus zu. "Goal hat sich als unberechenbarer Risikofaktor erwiesen. Aber dafür ist vorgesorgt." Er zog das Backup hervor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was ist das?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das ist eine Bewusstseins-Datasette. Genauer gesagt: Ein Backup von Goals Bewusstseinsspeicher."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das wusste ich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lügner! "Goals gesamter Charakter ist darauf gespeichert. Inklusive aller Erinnerungen. Und zwar vor dem Punkt, an dem sie einen Blick auf Deponia und seine Bewohner warf. Sie wird nie erfahren, was hier auf Deponia vorgefallen ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus' Augen wurden groß. "Darf ich auch mal?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Finger weg!", knurrte Cletus und hielt die Datasette vorsichtshalber außer Reichweite. "Das ist kein Spielzeug."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber es funkelt." Cletus hob fassungslos eine Augenbraue, doch Rufus schien es nicht einmal zu bemerken. "Außerdem brauche ich sie."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schnaubte. "Da muss ich dich enttäuschen. Die hilft nicht gegen mangelnde Hirnkapazität."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich brauche sie trotzdem."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Und wozu, wenn ich fragen darf?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus wand sich einen Moment. "Goal ist bewusstlos."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was hast du getan? Ist ihr Implantat beschädigt?" Cletus spürte Panik in sich aufsteigen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Keine Sorge. Es geht ihr gut."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das war doch nicht der Punkt! "Ja, okay. Super. Aber das Implantat? Ist das Implantat noch intakt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich glaub' schon."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was heißt du glaubst?" Cletus hätte am liebsten Rufus' Mantel gepackt und ihn geschüttelt, wenn ihn nicht der Geruch davor gewarnt hätte, ihn anzufassen. "Ohne Goals Implantat werde ich Deponia nie verlassen können!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dann gib mir diese verdammte Datasette, damit ich sie endlich aufwecken kann."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja. Okay. Fein." Er zog das Backup hervor und hielt es Rufus hin, der sofort danach griff. "Aber wenn Goal wach ist, bringst du sie unverzüglich hierher. Und gnade dir Gott, wenn das Implantat beschädigt ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus verzog spöttisch den Mund. "Du liebst sie wirklich, oder?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus ballte die Fäuste, doch noch bevor ihm eine Erwiderung einfiel, steckte Rufus die Datasette in seine Manteltasche, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte ohne ein weiteres Wort zum Aufzug zurück.[/JUSTIFY]


 

Kapitel 16

 

[JUSTIFY]Wo blieb er nur?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus ertappte sich dabei, dass er zum wiederholten Mal einen Blick auf sein Handgelenk warf, nur um daran erinnert zu werden, dass er ohnehin keine Uhr trug. Der Mond war ein Stück weiter gewandert, doch ansonsten schien die Zeit still zu stehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hockte sich neben seiner Tasche hin und zog den Handblaster hervor. Jetzt, da er wirklich allein und unbeobachtet war, hatte er zumindest die Gelegenheit sich die Waffe näher anzusehen. Er übte das Zielen und Entsichern auch wenn er hoffte, dass das Theater ohne seine Schießkünste über die Bühne gehen würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann versteckte er den Blaster wieder und richtete sich auf. Er war versucht, in der Nase zu bohren, nun da es niemand mitbekam, aber die Regeln der Moral und Ethik ließen ihn manche Grenzen einfach nicht überschreiten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Langsam ging er die Rampe wieder ein Stück hinunter und trat an die Brüstung. Zu seiner Linken war ein alter Flaggenmast nahe des Geländers montiert, doch die Flagge war fort, vielleicht schon seit Jahren. Lediglich der Haltemechanismus baumelte einsam an einem Draht im Wind. Um ihn herum regte sich nichts, nicht einmal vom Kreuzer weit unter ihm hörte er noch ein Lebenszeichen. Die Lichter der Station reichten nicht weit auf das Meer und die Schrottberge hinaus, aber selbst dieser begrenzte Lichtkegel ließ das Land so verlassen wirken, dass er sich beinahe wider besseren Wissens selbst eingeredet hätte, Deponia sei wirklich unbewohnt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er legte den Kopf in den Nacken und betrachtete Elysium hoch über ihm. Zuhause. Wäre er nur nie fortgegangen. Der Gedanke, dass einige Elysianer ihr Paradies nicht zu schätzen wussten und von Abenteuern hier unten im Dreck träumten, war in seinen Augen schlichtweg bizarr. Und doch wusste er, dass Goal nicht die einzige gewesen war, die solche Ideen gehabt hatte. Auch von Arron konnte er sich vorstellen, dass er gern die Plätze mit ihm getauscht hätte. Inzwischen wünschte er das wäre möglich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ob Arron wohl auch an ihn dachte, von Zeit zu Zeit? Wahrscheinlich nicht, und wenn doch, dann eher um ihn zu verwünschen, wegen all dem, was mit Lucia geschehen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus seufzte. Je länger das ganze her war und je mehr sich seine Lage verschlechterte, desto mehr wünschte auch er sich, dass das Ganze anders gelaufen wäre. Schon damit er nicht hier gelandet wäre. Aber wenn er heute Nacht seine Trümpfe richtig ausspielte, würde er es bestimmt bis morgen um diese Zeit nach Hause schaffen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie auf's Stichwort erwachte der Fahrstuhl wieder zum Leben. Cletus nahm Haltung an, blieb aber an der Brüstung und damit ein gutes Stück von seiner Tasche entfernt stehen. Er legte sich eine passende Begrüßung für Rufus zurecht, besonders falls er noch einmal ohne Goal auftauchen sollte. Vielleicht etwas wie "Na, musstest du dir noch eine passende Kloake zum Wälzen suchen oder warum hat das so lange gedauert?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er holte gerade Luft, da trat Goal aus dem Fahrstuhl. Und nur Goal.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus atmete wieder aus und starrte sie einen Moment lang an, bevor er sich daran erinnerte, den Mund wieder zu schließen. Man sah ihr an, dass sie einmal durch den Schrott geschleift worden war. Ihr weißer Anzug hatte Flecken und war an einem Knie eingerissen, den rechten Oberarm zierte eine Schmarre und ihre Haare waren zerzaust. Und doch war es seine Goal. Ihre Augen glitzerten noch immer so königlich wie er es in Erinnerung hatte und ihre Haare glänzten im schwachen Licht rotgolden wie ein Sonnenuntergang.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Goal!", hauchte er und breitete die Arme aus, damit sie sich hineinwerfen konnte. Sie lief auf ihn zu und er lächelte breit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal baute sich in Armeslänge Entfernung vor ihm auf und verschränkte die Arme. "Cletus! Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Lächeln klappte in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Richtig. Da war ja noch was. "Ich weiß nicht was du mei..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Blödsinn!" Goals Augen wurden gefährlich schmal. "Hast du wirklich gedacht, du würdest mit dieser Nummer durchkommen? Es kam mir doch gleich seltsam vor, wie gut du dich auf einmal mit meinem Vater verstanden hast. Ich will jetzt endlich wissen, was ihr da ausgeklüngelt habt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte und versuchte verzweifelt nicht die Nerven zu verlieren. So war das nun wirklich nicht gedacht gewesen. Rufus hatte sie anscheinend doch mit ihrer normalen Datasette aufwecken können. Aber was hatte ihr die Ratte dann nur erzählt? Hatte er ihr wirklich alles gesagt, was Cletus ihm anvertraut hatte? Auch auf das Risiko hin, nicht mitgenommen zu werden? Verdammt! Aber er musste ruhig bleiben. Vielleicht war noch etwas zu retten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Der Herr Oberkontrollrat", begann er, doch Goal lachte abfällig über seine Unterwürfigkeit. "Ulysses", versuchte er es noch einmal, "hat mich daran erinnert, wieviel von Projekt Utopia abhängt. Und dass ich es dir nicht antun könnte, das scheitern zu lassen. Oder willst du allen ernstes, dass Elysium hier landet? Hier im Müll?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein, aber...“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dann müssen wir handeln!“, fiel er ihr ins Wort. „Egal was es kostet, wir können nicht riskieren Elysium zu verlieren.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das kann doch nicht dein Ernst sein!", gab Goal zurück, doch noch während sie redete, konnte Cletus hören, dass sich hinter ihr die Fahrstuhltür öffnete. Er konnte sich denken, wer da wieder auftauchte noch bevor er den abgerissenem, braunroten Mantel entdeckte. Doch Goal, stand mit dem Rücken zur Rampe und schien noch nichts bemerkt zu haben. Vielleicht hatte sie sich auch schon zu sehr in Fahrt geredet. "Hier leben Menschen, Cletus! Ich habe sie selbst gesehen!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus versuchte sich von dem Neuankömmling nicht aus dem Takt bringen zu lassen und konzentrierte sich weiter auf Goal. "Ich hab's dir doch erklärt. Ulysses hat Recht. Wir können nicht..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Stör ich?" Der Schmutzfink war bei ihnen angekommen und Goal fuhr sofort mit einem Gesichtsausdruck, der Cletus bei weitem zu enthusiastisch war, zu ihm herum.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Rufus! Na endlich! Ich war schon drauf und dran, diesen uneinsichtigen Idioten vom Turm zu werfen. Frag mich bitte nicht, was ich jemals an dem gefunden habe."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus fletschte unbewusst die Zähne. Er hatte Goal ja schon oft genug wütend erlebt, aber diese Reaktion musste Rufus' Schuld sein. Was hatten die zwei bloß getrieben? Was hatte Rufus mit ihr gemacht? Was ihr versprochen, dass sie all das, was sie mit Cletus verbunden hatte, vergessen ließ? "Was soll das, Rufus?", knurrte er. "Ich dachte, wir hatten eine Abmachung?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Kakerlake hatte die Frechheit zu grinsen. "Falsch gedacht, Cletus. Ich werde mit Goal nach Elysium gehen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das ist ein Witz, oder?", stieß Cletus ungläubig hervor. "Bitte, Goal, sag mir, dass das ein Witz ist."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das ist kein Witz." Goal lächelte, doch es wirkte eher bitter und wütend auf ihn als fröhlich. "Rufus wird mich nach Elysium begleiten. Er wird mir helfen, die Wahrheit über Deponia ans Licht zu bringen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus lachte. "Und du glaubst wirklich, die lassen so jemanden in die weiße Stadt?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum nicht? Jeder wird ihn für dich halten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Den? Dass ich nicht lache", gab Cletus zurück und versuchte nicht all zu defensiv zu wirken. Das konnte doch wohl nicht wirklich passieren! Der Typ mochte ihm ähnlich sehen, aber jeder, der ihn auch nur ein bisschen kannte, würde das sofort durchschauen. Wie konnte Goal nur bei dieser Absurdität zustimmen? "Schau doch nur wie er herumläuft. Widerlich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus versuchte sich zu strecken, um ein bisschen beeindruckender zu wirken, doch das Ergebnis sah alles andere als bedrohlich aus. "Gib auf, Cletus!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sonst was? Scheuchst du deine Läuse auf mich? Dass ich nicht lache!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der kleine Schmutzfink plusterte sich noch ein wenig mehr auf. "Muss ich erst sauer werden?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schnaubte. "Willst du mir etwa drohen? Hör mal, Kleiner, ich habe den dritten Askaten im Shai-Hulu." Er überlegte wie doch gleich die Grundstellung für diesen Kampfsport ausgesehen hatte und ging in Pose. Moment, wurde das linke oder rechte Bein nach vorn gestellt? Wenn die Stunde nur noch nicht schon Jahre her gewesen wäre... Egal, Rufus wusste es ja wohl kaum besser.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Trotzdem ahmte Rufus die Pose sofort nach. "So wie ich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach ja?" Cletus lachte abfällig. "Was ist dein Duju?", fragte er nach der Ausrichtung der verschiedenen Stile des Shai-Hulu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Äh, fünf."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Deutlicher konnte er wohl kaum machen, dass er nicht wusste wovon er sprach. "Fünf?", wiederholte Cletus beinahe amüsiert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich meine gelb", riet Rufus weiter. "Feuer? Steinbock? Ozelot?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schwieg und hob lediglich eine Augenbraue, was Rufus dazu brachte vor sich hin zu fluchen und die Kampfpose aufzugeben. Gut so. Anscheinend hatte er nicht das Selbstvertrauen Cletus wirklich anzugreifen. Er war halt nur ein Großmaul, doch hinter seiner Fassade war nichts als heiße Luft. Jetzt musste nur noch Goal das erkennen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah wie Rufus trotzig die Unterlippe vorschob. "Macht das unter euch aus", sagte er und trat einen Schritt zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal starrte ihn entgeistert an. "Aber ... Rufus!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schachmatt! Cletus stemmte eine Faust in die Taille und lächelte selbstgefällig. "Und mit so einem Schlappschwanz willst du allen Ernstes nach Elysium durchbrennen? Na, Mahlzeit. Dass ich nicht lache."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal funkelte ihn an. "Du kannst doch Rufus nicht das Wasser reichen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus verdrehte die Augen. "Dem Geruch nach zu urteilen, kann das niemand."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie wirkte wütend, doch er konnte sich nicht vorstellen, dass sie einen wandelnden Flohzirkus allen ernstes für besser als ihn hielt. Gut sie hatte sich über Cletus geärgert, aber sie würde schon noch zur Vernunft kommen. Er durfte nur nicht nachlassen, dann würde sie schon erkennen, wer hier die bessere Partie war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Rufus weiß wenigstens wie man eine Frau behandelt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du meinst nachdem er ihr eine Keule über den Schädel gezogen hat?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goals Augen wurden noch eine Spur schmaler. "Rufus hat immer noch mehr im Kopf als du."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jetzt wurde sie aber albern. "Ja", spottete Cletus. "Und bestimmt würden drei Pferde davon satt werden."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wo war der Idiot überhaupt? Cletus hatte sich so auf Goal konzentriert, dass er auf den Deponianer nicht mehr geachtet hatte. Er sah sich hektisch um und entdeckte dann eine Gestalt neben seiner Reisetasche. Rufus richtete sich gerade wieder auf und ... Cletus ballte die Fäuste. Diese Ratte hatte sich doch tatsächlich an seiner Tasche bedient und den Anzug aus weißem Vinyl, den Cletus zum wechseln für unterwegs eingepackt hatte, angezogen. Na großartig, den konnte er jetzt verbrennen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus befestigte eines von Cletus' Haarbändern an seiner nach Schmierfett riechenden Mähne und sah zu ihnen hinüber.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus versteifte sich. Aus der unangenehmen Ähnlichkeit, die ihn bis jetzt zwar gestört hatte, die man aber auch mit ein bisschen Mühe wegerklären konnte, war etwas geworden, das Erinnerungen übelster Art weckte. Erinnerungen an all die Abfälligkeit, in Hawks Fall sogar offenen Hass, mit dem man ihm begegnet war. Und all das weil sein Gesicht nicht einzigartig genug ...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nein![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nein, Rufus sah nicht aus wie er. Er war nichts als eine Ratte, die versuchte, sich hinter einer Maske zu verstecken. Und die versuchte, Cletus das Leben zu stehlen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem selbstgerechten Grinsen schlenderte Rufus wieder die Rampe herunter, vorbei an einem kleinen Haufen Müll, gekrönt von einem abgewetzten, dreckigen Mantel. Oh, Moment, das waren Rufus' Kleidungsstücke und das Zeug, das er dabei gehabt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"So, das reicht", sagte der Deponianer und baute sich so dicht bei ihnen auf, dass Cletus instinktiv flacher atmete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er durfte jetzt nur keine Schwäche zeigen! Er hatte so viele Jahre daran trainiert alle Emotionen hinter blasierter Gleichgültigkeit zu verstecken, dass es doch absurd wäre, wenn ihn diese Fähigkeit gerade nun verließe. "Ha! Dieses Weichei soll mich also ersetzen? Dass ich nicht lache."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus verzog affektiert das Gesicht. "Dass ich nicht lache", echote er in übertriebenem Tonfall.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"He!", knurrte Cletus empört. "Ich hab dir schon mal gesagt, du sollst mich nicht nachäffen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich hab dir schon mal gesagt, du sollst mich nicht nachäffen." Rufus trieb Cletus' vornehme Sprechweise mit seinem nasalen Getue ad absurdum. Was für ein Kindskopf![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Außerdem klingt das überhaupt nicht nach mir."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich finde, er macht das ganz gut", schaltete Goal sich ein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Pah! Und wenn schon!", schnaubte Cletus und schluckte an seinem verletzten Stolz. Wie konnte Goal nur? Wie konnte sie Partei für diese Kakerlake ergreifen? Wie konnte sie so tun, als ob eine ausstaffierte Ratte wirklich für einen Mann seines Formats gehalten würde? Es war einfach nur lächerlich! "Dieser Einmann-Flohzirkus wird niemals als ich durchgehen! Da kann er tausendmal meine Klamotten auftragen und sie mit Ungeziefer infizieren. Es gibt immer noch eine Sache, die mich vollkommen von ihm unterscheidet", sagte er hitzig und bevor er auch nur richtig darüber nachgedacht hatte, war er auch schon herumgewirbelt, hatte nach seinem Hosenbund gegriffen und sie mitsamt der Unterhose so weit heruntergezogen, dass er den beiden einen guten Blick auf sein Hinterteil gewährte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Für einen Moment herrschte Schweigen und Cletus lächelte triumphierend. Daran hatten die beiden wohl nicht gedacht. Aber jetzt würden sie ihren Fehler einsehen, da sie sahen wie einzigartig sein ...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dein Hängearsch?", riet Rufus und Goal wagte es auch noch zu lachen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Mein Muttermal, du Dämlack", keifte Cletus ihn an und ging in Gedanken bereits durch wie er mit dem Idioten abrechnen würde. Er musste nur zu seiner Tasche gehen und die versteckte Waffe ...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Weiter kam er mit seinem Plan nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus hatte ihn am Kragen gepackt und presste mit einer Hand seinen Oberkörper weiter nach vorn, während er mit der anderen Cletus' Unterhose nach oben zog bis es in seinen Intimbereich heftig schmerzte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was tust du? Lass das! Autsch!", schrie Cletus auf, doch der Deponianer war offensichtlich noch nicht fertig mit ihm. Er zerrte ihn rückwärts und er hatte keine Wahl als schnellstmöglich mitzustolpern, um den schlimmsten Schmerz zu vermeiden. Doch nach drei Schritten ließ Rufus ihn plötzlich los und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Cletus, dass er nun zum Gegenangriff übergehen konnte. Dann explodierte das Ziehen zu solcher Pein, dass er nur noch nach Luft schnappen konnte. Etwas riss ihn an der Hüfte in die Höhe und er klappte zusammen wie ein Taschenmesser.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unter sich konnte er Rufus lachen hören, aber es dauerte einen Moment, bevor Cletus klar wurde, was geschehen war. Der Deponianer hatte seine Unterhose an dem Fahnenmast eingehakt und dann den Mechanismus ausgelöst, der die Flagge in die Höhe zog.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah sich hektisch um und hielt dann wieder erschrocken still als die Bewegung ihn heftig schaukeln ließ. Nicht nur, dass dies neue Wellen des Schmerzes durch seinen Unterleib jagte, ihm wurde auch unangenehm bewusst, wie nah am Abgrund er baumelte. Der Flaggenmast befand sich in unmittelbarer Nähe der Brüstung und falls seine Unterhose in einem ungünstigen Moment nachgab, würde er einen sehr tiefen Fall auf die Klippen aus rostigem Schrott unterhalb der Aufstiegsstation vor sich haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Für einen Augenblick sah er sich bereits zerschmettert irgendwo da unten im Müll liegen und er musste gegen die Panik ankämpfen, die in ihm aufstieg und drohte, seine Gedanken in Chaos versinken zu lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war Rufus' Stimme, die ihn wieder zurückbrachte. Die Kakerlake hüpfte dort unten in Cletus‘ Outfit von einem Bein auf's andere und feierte sich selbst. "Wir haben es geschafft! Wir haben es wirklich geschafft! Auf nach Elysium!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus starrte ihn hasserfüllt an, ohnmächtig in seiner Wut, doch unfähig ihn jetzt noch aufzuhalten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch dann schaltete Goal sich ein. "Nicht so schnell, Freundchen", sagte sie als sie Rufus zögernd zum Notboot folgte. "Cletus sagte irgendwas von einer Abmachung ..." Es klang beinahe wie eine Frage.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jedenfalls reichte es um Rufus zumindest ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen. "Was? Ach das. Vergiss es. Schnee von gestern", sagte er defensiv. "Lass uns los. Nach Elysium."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warte mal ...", beharrte Goal und Cletus wagte kaum wieder Mut zu schöpfen, obwohl er ihr mit angehaltenem Atem zuhörte. "Das ist es, oder? Dir geht es gar nicht darum Deponia zu retten. Du willst einfach nur nach Elysium. Um jeden Preis."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus wand sich. "Ich? Nein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ja! Das war zwar ein später Zeitpunkt für Goal um ihr Urteilsvermögen wieder zu entdecken, aber Cletus war entschlossen die Chance nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. "Also mir hat er was Anderes erzählt", rief er mit gepresster Stimme zu den beiden hinunter und zählte auf, was Rufus so von sich gegeben hatte: "Deponia stinkt. Hier leben nur Idioten ... Meinetwegen kann der ganze Laden in die Luft fliegen. Bla, bla, bla, bla, bla."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus wirbelte herum und starrte wütend zu ihm hoch, doch Cletus konnte auch eine Spur von Angst in seiner Stimme hören. "Halt du dich da raus!" Er trat auf Goal zu und streckte die Arme aus, als wolle er sie bei den Schultern packen, doch dann wagte er doch nicht die Geste zu vollenden. "Goal, glaub ihm kein Wort. Er will nur einen Keil zwischen uns treiben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber woher weiß ich, dass ich dir trauen kann?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Dieser Ratte trauen?", stieß Cletus verächtlich hervor. "Dass ich nicht lache. Goal, er hasst Deponia. Er ist ein Egoist, ein Dieb und ein Betrüger." Eine Idee, die ihn seine Schmerzen für einen Moment vergessen ließ, zauberte ein wildes Grinsen auf seine Lippen. "Schau doch mal bei seinen Sachen nach. Ich bin mir sicher, du findest dort eine Backup-Datasette. Nur für den Fall, dass du ihm auf die Schliche kommst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus zuckte zusammen, doch Goal sah zwischen ihnen beiden unschlüssig hin und her. "Das ... würde er nicht tun."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Na los!", rief Cletus energisch. "Sieh nach!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Goal ... nicht!" Dieses Mal griff Rufus nun doch nach ihrem Arm, doch sie schüttelte ihn ab, ging unbeirrt zu dem Haufen Dreck, den er auf der Platform zusammen mit seiner Kleidung deponiert hatte. Einen Moment später richtete sie sich wortlos wieder auf, in der Hand eine Datasette, doch sah sie weder zu Cletus noch zu Rufus hin. Ihre Schultern hingen herab, doch das was Cletus von ihrem Gesicht erkennen konnte, wirkte gefasst und regungslos.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Goal ... ich kann das erklären", versuchte es Rufus, doch sie ließ ihn nicht weiterreden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das kannst du nicht." Endlich drehte sie sich zu Rufus um, aber zu Cletus' Überraschung klang sie überhaupt nicht wütend. Nur sehr erschöpft. "Weißt du was, Rufus ... ich dachte wirklich, du seist etwas Besonderes."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber ich bin etwas Besonderes."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich weiß, dass du das glaubst. Aber du bist einfach nur ein verdammter Egomane. Du ähnelst Cletus nicht nur äußerlich. Komm her. Ich möchte mir dein Gesicht einprägen, bevor ich alleine nach Elysium zurückgehe. Damit ich weiß, worauf ich kein drittes Mal reinfallen werde."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus erstarrte. Was meinte sie mit "allein nach Elysium zurückgehen"? Jetzt erkannte sie endlich, was für einen erbärmlichen Verlierer sie sich da angelacht hatte, und wollte trotzdem nicht zu Cletus zurück? Schlimmer noch, sie meinte noch immer, dass sie beide sich ähnlich seien.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus starrte sie perplex an, doch Goal hatte nur Augen für Rufus, der wie befohlen vor ihr stehen blieb. Allerdings schien er ihr kaum in die Augen sehen zu können. Sie griff energisch nach seinem Kinn und ließ ihn nicht wegsehen. Da erhob auch Rufus die Hand und strich ihr über die Wange. Dann, schneller als Cletus reagieren und eine Warnung rufen konnte, fanden seine Finger die Kontrollen ihres Implantats.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er konnte das Klicken des Datasettenauswurfs von seiner Position am Flaggenmast aus nicht hören, aber er vernahm Rufus' leise Stimme, als Goals Augen nach hinten rollten und sie in Rufus' Armen zusammensackte. "Oh, Goal. Es ... es tut mir leid."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Diese Ratte! Wie konnte er es wagen, Goal so zu hintergehen? Erst spielte er sich als großer Held auf und jetzt so etwas? Und am allerschlimmsten: Was würde jetzt aus Cletus? Von Rufus verraten und zum Sterben zurückgelassen ... so durfte das doch einfach nicht enden![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schluckte. Aber ihm wollte nichts einfallen, das Rufus jetzt noch aufhalten konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da meldete ein leises Klingeln, dass der Fahrstuhl wieder einmal eingetroffen war. Die Türen glitten auf und mit einem Mal stand Argus auf der Plattform.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus blinzelte, unsicher ob ihm seine Augen einen Streich spielten, doch der Amtmann verschwand nicht. Mit ruhigen bedachten Schritten und wehendem, dunkelroten Umhang ging er die Rampe hinauf, wo Rufus gerade Goal hastig auf den Boden legte. Dort blieb er stehen, lachte und klatschte spöttisch Beifall. "Bravo."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus stöhnte. "Auch das noch."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Argus!" Der Hauch eines Grinsen drohte sich auf Cletus' Lippen zu stehlen, aber er durfte dem Organon auf keinen Fall zeigen, wie unglaublich dankbar er war, ihn zu sehen. "Endlich! Holen Sie mich hier runter."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum sollte ich? Sie waren von Anfang an ein Unsicherheitsfaktor für unser Unternehmen, Cletus. Aber Rufus hier ..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das kann doch nicht ihr Ernst sein!" Verrat! Er wurde von allen Seiten verraten! Erst wandte sich Goal von ihm ab und jetzt wollte Argus tatsächlich Rufus ihm vorziehen. Cletus zitterte. "Sie werden doch nicht etwa dieser verlogenen Ratte da mehr trauen als mir?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Warum nicht?" Argus verschränkte die Arme und sah amüsiert zwischen ihnen beiden hin und her. "Zugegeben: Er ist eine verlogene Ratte."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ey!", rief Rufus dazwischen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus ignorierte ihn und fuhr fort Cletus seine Gedanken über Rufus mitzuteilen als stünde der Deponianer nicht gerade neben ihm. "Aber gerade das macht ihn ja so perfekt für den Job. Er wird als Held nach Elysium reisen. Und er bekommt die Frau. All das, was er sich erträumt hat, wird in Erfüllung gehen. Glauben Sie wirklich, dass er das aufs Spiel setzen wird, um seine verhasste Heimat zu retten? Dafür hat er einfach nicht das Format. Denn sobald Goal seine Fassade durchschaut, macht er all das zunichte, wofür er jemals gekämpft hat. Das wird er nie im Leben riskieren." Endlich drehte er sich wieder zu Rufus und sprach den Deponianer direkt an. "Gratulation, Rufus. Du hast es geschafft. Leg einfach die Backup-Datasette ein und du kannst gehen. Elysium erwartet dich."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus starrte Argus an, den Mund geöffnet als wolle er etwas sagen. Protestieren, dass er völlig anders sei als der Organon behauptete. Und doch blieb er stumm und spiegelte damit Cletus' eigene hilflose Sprachlosigkeit so vollkommen wider, dass er nun endlich ein völlig überzeugender Doppelgänger war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war alles vorbei. Alles, was Cletus sich jemals erhofft hatte, war zunichte gemacht, nun da ihn auch sein letzter Verbündeter verlassen hatte. Er würde allein auf diesem Planeten zurückbleiben, während Rufus sich mit seinem Leben davonmachte. Vielleicht würde er noch bis zur Apokalypse überleben. Aber vielleicht starb er auch schon hier, wenn er hier abstürzte und zwischen den Müllklippen am Fuß der Aufstiegsstation zerschellte. Wahrscheinlich war das ohnehin die bessere Variante als seine letzten Tage im Dreck und Elend zu verbringen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schwieg als er zusah wie Argus Rufus dabei half, die Aufstiegscodes aus Goals Datasette bei der Tür des Notboots einlesen zu lassen und ihre bewusstlose Gestalt hinein zu hieven. Natürlich, sie konnten schlecht riskieren, dass Goal Cletus entdeckte, wenn sie hier draußen ihr Bewusstsein zurückerlangte. Dann kam Rufus noch einmal heraus, hob die Backup-Datasette auf, die Goal fallen gelassen hatte, als Rufus ihr Bewusstsein auskoppelte, und wollte wieder in das Notboot klettern, doch Argus packte ihn am Unterarm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nicht so schnell, mein Freund. Du wirst die Aufstiegscodes jetzt nicht mehr brauchen. Gib mir Goals Originaldatasette. Jetzt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Für einen Moment sah Rufus aus, als wolle er sich wehren, doch dann griff er wortlos in seine Tasche und hielt Argus die gewünschte Datasette hin. Der Amtmann ließ ihn los und riss ihm die Datasette geradezu aus der Hand. Rufus wandte sich ab und setzte einen Fuß in das Notboot, bevor er ein letztes Mal innehielt und den Blick schweifen ließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Deponia und sein wenig malerischer Horizont war langsam in der Dunkelheit der Nacht verschwunden und so war außer der Plattform nur noch wenig zu sehen. Vielleicht sah Rufus deshalb Cletus noch einmal in die Augen. Vielleicht wollte er sich sogar so dafür entschuldigen, was er ihm antat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch letztlich änderte Rufus' kurzer schweigsamer Blick nichts an Cletus' Untergang. Der Deponianer verschwand wortlos hinter der Tür und wenig später setzte sich das Notboot wie eine kleine Gondel am Kabel nach Elysium in Bewegung. Ebenso wie Argus, der noch einmal spöttisch in Cletus' Richtung winkte und sich dann im Aufzug auf den Weg nach unten machte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und Cletus allein in der Nacht zurückließ.[/JUSTIFY]


 

Kapitel 17

 

[JUSTIFY]Seltsam wie langsam die Zeit verging, wenn man an der Unterhose an einem Flaggenmast über einem Haufen übelriechenden Mülls hing und darauf wartete, dass man endlich zu Tode stürzte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das war doch kein Ende für einen Mann wie ihn! Cletus fühlte sich peinlich berührt, dass er nicht einmal in Gedanken vermochte sich die Situation wenigstens schön zu reden. Statt dessen blinzelte er gegen das bleierne Gefühl in seinen Gliedern an, doch es fiel ihm schwer sich auf das hier und jetzt zu konzentrieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zumindest hatte der Schmerz nachgelassen und war einem Gefühl der Taubheit in seinen Beinen gewichen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ob sie in Elysium wohl jemals herausfinden würden, was mit ihm geschehen war? Würde Arron es erfahren? Wahrscheinlich nicht. Er war sich nicht sicher ob er den Gedanken schmerzhaft oder tröstlich fand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er konnte das Notboot nur noch schwer ausmachen wie es dunkel zwischen den Sternen an seinem Kabel hing. Es bewegte sich quälend langsam und war doch schon lange unerreichbar weit entfernt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zumindest würde Rufus sich unterwegs nicht über ihn lustig machen können. Nein, er konnte ja nicht riskieren, Cletus überhaupt zu erwähnen. Goal zu sagen, dass es einen echten Cletus gab. Dass er nichts als ein Schwindler und eine billige Kopie war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Gedanke machte ihn wütend. Er hätte Rufus erschießen sollen als der mit Goal wieder auftauchte. Aber hätte ihm Goal dann noch die Gelegenheit gegeben, an ihr Bewusstseinsimplantat zu kommen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Frustriert trat er an den Fahnenmast soweit es seine unglückliche Position zuließ. Dummerweise versetzte ihn das in Schwingungen, die erneut Wellen des Schmerzes durch seinen Unterkörper sandten. Dann hörte er ein Geräusch, das er im ersten Moment nicht richtig einordnen konnte. Es erinnerte ihn an ... an ... das Zerreißen von Stoff ... Erschrocken biss er die Zähne zusammen und hielt wieder still.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie lange hielt wohl zarte Spitze sein Gewicht. Der Stoff war zwar gewickelt und damit etwas widerstandsfähiger, aber er wollte das Schicksal nicht herausfordern, das Grauen dieses Tages noch zu steigern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er versuchte trotzdem zu berechnen welche Zugkraft wohl auf den Stoff einwirkte, doch sein brillanter Verstand wollte einfach nicht so klar sein wie gewöhnlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nach einer Weile schreckte er hoch und musste sich eingestehen, dass er wohl das Bewusstsein verloren hatte. Oder eingenickt war. Er blinzelte wieder und wäre beinahe zusammengefahren. Das Notboot war zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es baumelte nicht weit von ihm entfernt über seinem Ankerplatz und war drauf und dran wieder anzulegen. Was war geschehen? Hatte Rufus sich verplappert? War Goal umgekehrt um Cletus doch noch zu retten?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das musste es sein! Bestimmt hatte sie endlich gemerkt, mit was für einem stinkenden Hallodri sie sich da auf den Weg gemacht hatte. Und nun war sie hier um ihn aus seiner misslichen Lage zu befreien und sich tränenreich bei ihm zu entschuldigen. Aber er durfte ihr auf keinen Fall seine Erleichterung zeigen! Er musste sie zappeln lassen, damit sie auch merkte wie falsch sie gelegen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Was redest du denn da für einen Mist?", hörte er Goals wütende Stimme just als sich die Tür des Notboots öffnete. "Jetzt raus hier!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus, der noch immer den von Cletus gestohlenen Anzug trug, stolperte halb rückwarts hinaus, dicht gefolgt von Goal, deren Augen zornig blitzten. "Jetzt beruhige dich doch!", flehte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Mich beruhigen?", zischte sie in einem Tonfall zurück, den Cletus höchst angemessen fand. "Irgendein Hochstapler löscht mir das Gedächtnis, gibt sich als mein Verlobter aus und stiftet mich beinahe zu einem Genozid an ... und ich soll mich beruhigen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hätte am liebsten Beifall geklatscht als ihm bewusst wurde, dass Goal ihn keines Blickes gewürdigt hatte. Er zog in Betracht zu winken oder zu rufen, aber womöglich war es besser abzuwarten bis ihr gröbster Zorn verraucht war um nicht selbst in Mitleidenschaft gezogen zu werden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Immerhin habe ich's dir noch erzählt, oder?", verteidigte sich Rufus gerade und bestätigte so Cletus' Vermutung, dass er sich verraten hatte. Er schien seinen Plan zumindest für den Moment soweit aufgegeben zu haben, dass er Cletus' Vinylanzug wieder ablegte und in seine abgewetzten Lumpen schlüpfte. "Ich bin der Gute!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ha! Der Gute? Eine selbstsüchtige Ratte war das, die sein Leben stehlen wollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du bist gleich der Tote, wenn du mir nicht sofot meine alten Erinnerungen wiederbeschaffst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber ... das ist doch der reinste Selbstmord!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus grinste. Goals ursprünliche Datasette hatte Argus mitgenommen und so sehr ihm dieser verräterische Angeber auch auf die Nerven ging, würde er doch mit Rufus kurzen Prozess machen, wenn der versuchte sie zurück zu stehlen. Cletus wünschte er könnte es sehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Oder besser noch, er könnte Rufus selbst umbringen. Er hasste ihn, hasste es wie ihn dieser niedrige Abschaum kurz vor seinem großen Moment so gedemütigt hatte. Und wie er es dabei noch wagen konnte mit Cletus' Gesicht herumzulaufen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zum Glück ließ auch Goal ihn nicht so leicht vom Haken. "Glaub mir, Freundchen: Es nicht zu tun, wäre Selbstmord."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Okay. Okay."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Jetzt nimm mir endlich dieses lückenhafte Pseudobewusstsein aus dem Kopf. Und komm ja nicht auf die Idee, sie wieder einzulegen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Moment, was? Er wollte doch noch mit Goal ...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Bin ja schon dabei", sagte Rufus und ließ sie mit einem Knopfdruck bewusstlos zusammensacken noch bevor Cletus etwas sagen konnte. "Undankbare Suse. Gott sei dank ist die Goal auf der anderen Datasette besser auf mich zu sprechen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus knirschte mit den Zähnen. Dieser degenerierte, egoistische Abschaum! Wie sollte ihn Goal denn jetzt noch aus dieser entsetzlichen Lage befreien?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber daran dachte der Flohsack natürlich nicht. Er machte sich mit einem Seufzer auf den Weg zum Aufzug zurück und warf Cletus lediglich einen kurzen Blick zu, bevor er verschwand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus fluchte ausgiebig, starrte zwischen Goals regloser Gestalt vor dem Notboot und der Tür des Aufzugs hin und her und traf schließlich eine Entscheidung. Er konnte nicht auf Goal hoffen und Argus hatte ihn bereits einmal fallengelassen. Der einzige, auf den er sich verlassen konnte, war er selbst und er hatte nur diese eine Chance.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er biss die Zähne zusammen und trat so fest er konnte an den Flaggenmast. Und noch einmal. Und wieder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Schmerzen in seinem Unterleib verursachten Übelkeit, aber das musste es ihm wert sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Für sein Überleben. Für seine Rache.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]An seiner linken Hüfte biss der Stoff besonders in seine Haut und er hoffte, dass er dort am meisten unter Spannung stand. Mit einem Wimmern griff er dort nach der Spitzenkante und zerrte, dann legte er sein ganzes Gewicht so gut es ging nach links.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch ein Schaukeln, dann noch eins und dann gab der Stoff endlich nach.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hatte eigentlich vorgehabt, sich am Flaggenmast festzuhalten, doch sein Körper fühlte sich zu taub und mitgenommen für solche Manöver an. Er krachte schwer in das Geländer und rutschte auf der richtigen Seite zu Boden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun, wenigstens etwas.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mühsam rollte er auf die Knie, doch als er sich erheben wollte, protestierte seine Hüfte schmerzhaft. Er fluchte wieder, halbwegs froh, dass Goal nicht bei Bewusstsein war und ihn so erleben konnte, dann zog er zumindest seine Hose so gut es ging zurecht und humpelte zu seiner Tasche hinüber.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Herz klopfte so heftig, dass er es in seinen Fingern spürte, doch zugleich fühlte er sich seltsam ruhig und eiskalt. Er fand den Blaster schnell genug wo er ihn zwischen der Unterwäsche, die Rufus nicht angerührt hatte, versteckt hatte und prüfte ob er geladen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn er nur jemals Schießtraining gehabt hätte ... Aber egal, um mit einer Ratte fertig zu werden, würde es schon reichen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er warf Goal einen kurzen Blick zu und sah sie gleichmäßg atmen, dann machte er sich auf den Weg zum Aufzug. Noch immer war eines seiner Beine etwas taub und jeder Schritt sandte Schmerzwellen durch seinen Unterleib, doch er konnte bereits merken wie er sich erholte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dennoch hielt er sich lieber mit einer Hand an der Wand fest als sich der Aufzug in Bewegung setzte und hielt den Blaster in der linken Hand bereit. Auf dem Weg nach unten versuchte er sich darüber klar zu werden, was er tun würde, wenn er Rufus fand. Ihn auf der Stelle erschießen? Das war vermutlich zu gut für ihn und zudem ein höchstwahrscheinlich unerfreulicher Anblick. Vielleicht konnte er ihn zwingen-[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Tür glitt auf und Rufus stand vor ihm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus löste sich zuerst aus seiner Überaschung, Mit dem Blaster in Brusthöhe beugte er sich leicht vor und grinste. "Hallo."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus machte einen erschrockenen Schritt zurück, stieß aber mit den Beinen an das hüfthohe Geländer, das den Weg zum Aufzug säumte. Sein entsetztes Gesicht war einfach großartig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Gefühl von Macht und Überlegenheit, das Cletus durchströmte war lange, lange überfällig. Ein Teil von ihm wollte trotz des stets gegenwärtigen Ekels, dass dieser Moment niemals endete. "Na? Überrascht? Du dachtest wohl schon, du hättest es geschafft, hm? Das Glück ist mit den Gerechten und so, hm?" Er gluckste selbstzufrieden. "Tja. Falsch gedacht, mein Freund. Es ist fast schon tragisch. Einmal im Leben entscheidest du dich, das Richtige zu tun. Und schon kostet es dich alles. Deinen großen Traum. Die Liebe deines Lebens. Deinen Heimatplaneten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Dreckbeutel starrte ihn an als überlege er, sich auf ihn zu stürzen, aber letztlich war nicht einmal er so dumm, einen Blaster zu unterschätzen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus war entschlossen zu schießen, falls Rufus sich doch als zu lebensmüde erwies, aber im Moment hoffte er, dass es nicht dazu kam. Zum einen war dies eine so unzivilisierte Angelegenheit, die dazu führen konnte, dass sein Outfit von Rufus' Überbleibseln beschmutzt wurde, zum anderen genoss er die Situaton zu sehr als, dass er sich ein schnelles Ende dafür wünschte. Jedenfalls solange er noch ein wenig mehr Salz in die Wunde streuen konnte, so dass Rufus zumindest einen Teil des Schmerz zu fühlen bekam, den er Cletus zugemutet hatte. "Tja. Ich würde dich ja jetzt gerne bedauern, aber das Hochboot ist in Betrieb, die Aufstiegscodes sind eingegeben ... Ich will Elysium einfach nicht länger warten lassen. Immerhin erwarten die einen Bericht von mir." Er grinste böse.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus ballte die Fäuste und Cletus hob vorsichtshalber seine Waffe eine Spur an. Er war hier noch nicht fertig. "Ich hätte auch bereits aufbrechen können. Aber ... was soll ich sagen? Mein schlimmer Rücken. Ich will einfach nicht alleine rudern", erklärte er in beinahe vergnügtem Tonfall. Es war auch im Grunde die Wahrheit. Natürlich wollte er nicht ohne Goal nach Elysium zurückkehren. Immerhin war sie ein Hauptgrund gewesen, dass er sich überhaupt auf dieses ganze Wagnis eingelassen hatte. Aber er war sich auch bewusst, mit welch primitiver Technik diese Notboote gebaut worden waren - für echte Notfälle und nicht für den Bedarf hochgeborener Elysianer wie es angemessen gewesen wäre - so dass man sie mit Muskelkraft und einem Rudersystem an ihrem Kabel bewegte. Nichts für seine ohnehin strapazierten Bandscheiben. "Also: Gib mir die Backup-Datasette. Goals Erinnerungen an euren 'Fehlstart' dürften noch im Kurzzeitspeicher liegen. Die sind schnell gelöscht. Gib sie mir!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ha! Das könnte dir so passen!" Dieses Mal machte Rufus tatsächlich einen Schritt, allerdings nicht auf Cletus zu sondern die Rampe hinab. Doch weit kam er nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus stand am Fuß der Rampe zum Aufzug als habe er sich plötzlich aus der Dunkelheit der Halle gebildet. "Was ist hier los?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rufus blieb wie erstarrt stehen und Cletus' Grinsen wuchs in die Breite. "Ah, der Organon! Immer pünktlich. Immer zuverlässig." Zumindest wenn es ihnen nicht in den Sinn kam, ihre Verbündeten im schlimmstmöglichen Zeitpunkt fallen zu lassen. Aber jetzt musste Argus seinen Fehler ja wohl einsehen. "Ich glaube, hier ist eine kleine Entschuldigung fällig. Sieht so aus als ob die Ratte ihren Käse nicht geschluckt hätte, Amtmann." Argus regte sich nicht und Cletus entschied, nicht auf die Entschuldigung zu warten und sich vielleicht sogar lächerlich zu machen. Er musste eine Position der Stärke behalten. "Aber ich bin nicht nachtragend. Wenn mir Rufus die Backup-Datasette aushändigt, werde ich unseren Plan wie besprochen durchführen. Jetzt mehr denn je."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Du hast den Mann gehört, Rufus. Gib ihm die Datasette."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gut. Zumindest hatte er Argus wieder auf seiner Seite.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Drecksack allerdings starrte zwischen Cletus und Argus hin und her. Er schien so verzweifelt, dass Cletus befürchtete, er könnte etwas Dummes tun, das zu einer Menge unappetitlicher Umstände führen konnte. Und er war nicht wild darauf Blutflecken von der Datasette zu reinigen bevor er sie wieder in Goals Laufwerk schob. "Komm schon, Rufus", sagte er beschwichtigend. "Sei vernünftig. Ich werde ohnehin nach Elysium gehen. Du kannst daran nichts mehr ändern. Wenn du mir die Daten jetzt gibst, kannst du wenigstens noch Goal retten. Also, haben wir eine ... Abmachung?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Niemals!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Antwort kam so schnell, dass Cletus sich sicher war, dass Rufus sie gar nicht richtig durchdacht haben konnte. Innerlich verdrehte er die Augen. Musste er der kleinen Ratte wirklich erklären, warum das eine schlechte Entscheidung war? "Tja. Dann muss ich wohl selbst rudern", sagte er mit gespielter Enttäuschung. "Schade. Schade. Schade. Aber ich hätte mir eigentlich denken können, dass dir dein Stolz wichtiger ist als Goals Leben. Ich wette, du hast schon eine tolle Lügengeschichte parat, wenn sie aufwacht und merkt, dass du ihr ein Erste-Reihe-Ticket für den Weltuntergang besorg hast."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das wirkte. "Ähm ... warte noch!"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Verschwende nicht meine Zeit. Gib mir die Datasette oder lass es bleiben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dass Rufus ganz offensichtlich mit nur sehr beschränkter Intelligenz gesegnet war, war noch nie offensichtlicher als in diesem Moment. Sein Minenspiel glitt von Verzweiflung über Ratlosigkeit bis hin zu Resignation. Er war völlig unfähig etwas vor ihm zu verbergen. Er hätte sich nie mit jemandem von Cletus' Kaliber anlegen dürfen. "Du hast gewonnen", murmelte er und senkte den Blick. "Hier ist die Datasette."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus griff gierig nach dem Bewusstseinsimplantat, das ihm Rufus hinhielt und lachte schallend. Er hatte es tatsächlich geschafft. "Wie ungewohnt einsichtig von dir. Und ich wette, Goal wäre dir auch sehr dankbar." Triumph durchfloss ihn wie exquisiter Champagner. Und Rache. Rache für die Demütigung, die er erlitten hatte. "Leider wird sie nie erfahren, dass du überhaupt existiert hast. Hach. Deponia wird so ein schönes Feuerwerk für unsere Hochzeit abgeben." Er lachte wieder, erst verhalten, doch dann ließ er seinen Gefühlen ganz freien Lauf, kostete diesen Sieg bis ins letzte aus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Beinahe hörte er über sein Lachen Rufus nicht, der ihm zuflüsterte: "Ich hasse dich."[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]"Und Sie können damit wirklich umgehen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus hob den Kopf und warf Argus einen wütenden Blick zu, dann wandte er sich wieder Goals Datasette zu. Er musste dies schnell über die Bühne bringen, bevor der Amtmann wieder auf dumme Ideen kam und versuchte ihn irgendwie zu ersetzen. "Unter diesen suboptimalen Bedingungen leiste ich hervorragende Arbeit, das kann ich Ihnen versichern," knurrte er zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sie sollen ihr lediglich das Kurzzeitgedächtnis löschen und keine anderen Erinnerungen erzeugen", sagte Argus als wäre das Herumspielen an menschlichen Erinnerungen eine Kleinigkeit, die man im Vorbeigehen erledigen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich möchte ungern, dass meine zukünftige Ehefrau nur noch irgendwelchen Nonsens brabbelt. Das würde sich in gehobenen Kreisen nicht gut machen, ganz davon zu schweigen, dass es womöglich unbequeme Nachfragen auf den Plan ruft."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus schnaubte, was der Modulator seines Helms zu einem sehr unangenehmen Ton umwandelte. "Was immer Sie tun, tun Sie es schneller. Der Oberkontrollrat ist bereit zum Aufbruch und wird sehr bald misstrauisch werden, wenn er nicht bald wieder von mir hört."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus fand das Verzeichnis, nach dem er gesucht hatte und begann kurzerhand die Daten mit dem jüngsten Zeitindex zu löschen. Er war sich nicht sicher wie spät es war, doch wenn er die letzte halbe Stunde auslöschte, sollte er doch auf der sicheren Seite sein. Oder vielleicht doch die ganze letzte Stunde, nur um ganz sicher zu gehen. "Haben Sie Ulysses bereits davon berichtet, dass sie Rufus in Gewahrsam genommen haben?", fragte er und warf einen Blick zum Aufzug hinüber, vor dessen Tür Rufus von zwei Organonsoldaten festgehalten wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Argus nickte. "Ich habe ihn informiert, dass die Aufstiegscodes wieder in unserer Hand sind, beziehungsweise in Ihrer," er gestikulierte in Cletus' Richtung. "Und dass wir den deponianischen Dieb gestellt haben und verhören. Allerdings dauern solche Verhöre meist nicht sonderlich lange, bevor wir zur Exekution kommen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus zog die Datasette wieder aus seinem Multitool und lächelte zufrieden. "Nun, dann soll er jetzt nicht mehr lange warten. Ich habe Goals Erinnerungen überarbeitet. Glauben Sie mir, ich brauche mir nur eine Ausrede einfallen zu lassen und sie wird keinen Verdacht schöpfen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Gut, dann wecken Sie Ihre Verlobte und sehen Sie zu, dass sie hier wegkommen. Sobald Sie abgelegt haben, werden wir uns die andere Datasette von Rufus holen und ihn dann zum Schweigen bringen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Meinen Sie wirklich das ist nötig?", fragte Cletus und warf einen weiteren hasserfüllten Blick Richtung Aufzug. "Wäre es nicht poetischer, wenn Sie ihn leben lassen bis das Ende kommt? Er ist ohnehin machtlos es aufzuhalten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder schnaubte Argus. "Sagen Sie mir nicht, wie ich meine Arbeit zu machen habe. Dank Ihrer albernen Kapriolen ist nun wirklich schon genug schief gelaufen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus zuckte die Achseln und machte sich mit der Datasette auf den Weg. Er sah noch einmal zurück wie die Organons Rufus ausßer Sicht zerrte und winkte ihm zum Abschied zu, dann kniete er neben Goals regloser Gestalt vor dem Notboot nieder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seine Goal.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er strich ihr eine rotgoldene Strähne aus dem Gesicht, dann legte er die Datasette wieder ein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem Seufzer öffnete sie die Augen und sah sich um. Sie sah unglaublich verwirrt aus, aber auch hilfesuchend und verloren. Dann entdeckte sie ihn und zu seiner Befriedigung wurde ihr Atem sofort etwas ruhiger. "Cletus? Was ... was ist passiert?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ihm war wieder nach Lachen zumute, doch er durfte sich jetzt nicht verraten. Gut, dass er so ein schauspielerisches Talent hatte. "Eine Menge," antwortete er gleichmütig. "Kannst du dich etwa nicht mehr erinnern?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Natürlich kann ich mich erinnern!", sagte sie sofort und legte die Stirn in Falten. "Ich ... ich ... ähm ... ich war mit dir auf einem Organon-Kreuzer. Wir wollten Deponia inspizieren. Richtig?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gut, gut. Das sollte sie auch noch wissen. "Wir sind auf Deponia", erklärte er in geduldigem Tonfall. "Aber unsere Mission ist beendet."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie sah unsicher zur Seite. "Habe ich geschlafen?" fragte sie und klang beinahe schuldbewusst.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Du hättest beinahe all meine Pläne ruiniert, dachte er, aber er schaffte es nicht allzu vorwurfsvoll zu klingen als er ihr antwortete. "Es gab einen Unfall. Du bist vom Kreuzer gefallen. Darum kannst du dich auch an nichts erinnern. Aber schau dich um! Deponia ist verlassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie erhob sich vorsichtig und begann die Rampe hinabzugehen, doch Cletus beeilte sich einen Arm um sie zu legen, in der Hoffnung, dass sie ihm zu dankbar war, um sich loszu machen. Sie blieb tatsächlich stehen und starrte über das Rostrote Meer, das die Nacht in tiefes Schwarz getaucht hatte. Kein Licht konnte man hier in der Ferne ausmachen, lediglich die eigene Beleuchtung der Aufstiegsstation ließ die scharfkantigen Müllberge der Küste erahnen. Doch da die Station quasi zu Elysiums eigener Ausstattung gehörte als Gegenstück zum anderen Ende des Kabels hoch oben über ihnen, würde er auch dieses Licht einfach wegerklären können, sollte sie danach fragen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Glücklicherweise kam sie nicht einmal auf diese Idee. "Unfassbar", hauchte sie leise. "Nichts als Schrott."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja. Nichts." Cletus wiederstand nur mühsam dem Drang, sie in Richtung des Notboots zu zerren. "Komm. Lass uns zurück nach Elysium. Wir müssen unsere Hochzeit vorbereiten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja." Sie lächelte, aber er war sich nicht sicher, ob es echt war. Im Grunde war es auch egal. "Lass uns gehen."[/JUSTIFY]


 

Kapitel 18

 

[JUSTIFY]Cletus‘ Rücken schmerzte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nicht unbedingt von irgendwelcher Anstrengung, aber schon Goal zuzusehen, wie sie sich mit den Rudern abmühte, brachte ihn dazu, sich vorzustellen, er müsste an ihrer Stelle das Notboot antreiben. Also zog er es vor, aus dem kleinen Bullauge in der Tür zu sehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lediglich das Quietschen der Ruder erinnerte ihn mit vorwurfsvollem Kwiitüüt daran, was hinter ihm vor sich ging.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wusste nicht ob derjenige, der beim Entwurf des Notboots die Idee gehabt hatte, nicht nur keinen elektrischen Antrieb einzubauen, sondern die Seilwinde manuell über ein paar Ruder zu betreiben, ein Sadist gewesen war oder einfach nur ein Vollidiot. Vielleicht auch beides.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kwiitüüt machten die Ruder entschuldigend.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unter ihnen konnte man keine Details mehr in der Dunkelheit erkennen, nur vereinzelt flackerten Lichter an Deponias Küsten. Glücklicherweise konnte Cletus nun auf die verlassene Aufstiegsstation verweisen, die auch nach Jahren mit Festbeleuchtung von weitem zu sehen war, sollte Goal doch noch einmal auf die Idee kommen, die Lichter als Hinweis auf Leben zu deuten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber im Moment war sie ja ohnehin zu sehr mit Rudern beschäftigt um auf solche Gedanken zu kommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kwiitüüt kam es als Bestätigung von hinter ihm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus' Augenbraue zuckte. Es würde noch Stunden dauern bis sie Elysium endlich erreichten vorausgesetzt Goal hielt ihr Tempo durch. Ob er jedoch dieses furchtbare Geräusch so lange ertragen konnte? Auf jeden Fall konnte die Belohnung, die er verdiente gar nicht groß genug sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Cletus?", kam Goals Stimme unterstrichen von einem sanften Kwiitüüt. "Ist alles in Ordnung? Du bist so still und düster seit wir aufgebrochen sind. Freust du dich denn gar nicht nach Elysium zurückzukehren?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er weigerte sich noch immer sich zu ihr umzudrehen. Er war sich nicht sicher ob ihn seine Augen verraten würden und was sollte er ihr auch sagen? Natürlich freute er sich nach Elysium zurückzukehren. Er verspürte einen wilden Triumph, wann immer er daran dachte. Doch einher mit diesem Gedanken kam stets die Erinnerung an Goals Verrat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie war bereit gewesen, ihn auf Deponia zurückzulassen und an seine Stelle einen dahergelaufenen Strauchdieb zu setzen. Vielleicht hätte es sie nicht einmal gestört, wenn er dort unten umgekommen wäre. Keinen Finger hatte sie gerührt als er unter Schmerzen am Flaggenmast hing...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Cletus?" Er spürte ihre weiche Hand auf seiner Schulter und wurde sich erst jetzt bewusst, dass das Kwiitüüt verstummt war. "Ist etwas passiert? Bist du wütend auf mich, weil ich diesen Unfall hatte?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch immer sah er sie nicht an, doch er schüttelte auch ihre Hand nicht ab. "Es war wirklich höchst unvorteilhaft, dass dir das passiert ist", murmelte er schließlich. Er konnte ihr schlecht die Wahrheit sagen und so war dies die nächstbeste Möglichkeit seinem Ärger Luft zu machen. "Erst veranstaltest du so ein Theater, bestichst Fräulein Kinkel und erpresst mich und dann sowas. Schlafen hättest du auch auf Elysium können."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie seufzte tief und er fürchtete sie könnte in Tränen ausbrechen. Für einen Moment wünschte er sich das Kwiitüüt zurück, doch dann legte sie die Arme um ihn und er hielt die Luft an. "Oh, Cletus. Das ist so süß von dir. Du weißt wie wichtig mir diese Reise war und bist für mich traurig. Aber es ist schon gut. Ich war da. Ich habe den Planeten gesehen mit seinen Einöden voll Schrott. Gut, es war nicht das Abenteuer, das ich wollte, aber du hast dein Wort gehalten. Du hast mich wirklich mitgenommen und das werde ich dir nie vergessen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Endlich wandte er sich um, was in ihren Armen gar nicht so einfach war, und sah zu ihr auf. Das Licht vom Inneren des Notboots war in ihrem Rücken und ließ ihre Haare rotgolden aufglühen, doch ihr Gesicht lag im Schatten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er war sich nicht sicher, aber bestimmt erwiderte sie seinen Blick und sah nicht länger sehnsüchtig durch das Bullauge auf den Planeten hinab. Ganz bestimmt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun, es spielte auch keine Rolle. Er hatte gewonnen und sie war noch immer seine Goal. Es war Rufus, der in seiner widerwärtigen Impertinenz ihren Geist vergiftet hatte. Jetzt da sie wieder vereint waren, würde nichts mehr zwischen sie kommen. Und ihrem unsäglichen Abenteuerdrang würde sie hoffentlich auch bald entwachsen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ach Goal", flüsterte er und lehnte die Stirn an ihre Schulter. "Wenn du in dieser Geschwindigkeit weiterruderst, werden wir noch eine Ewigkeit brauchen bis wir Elysium erreichen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie ließ ihn los, etwas abrupt für seinen Geschmack, aber er war dennoch zuversichtlich, dass sie ihren Fehler einsah. Wenn sie ihn nur nicht so seltsam ansehen würde. "Du willst doch auch so schnell wie möglich zurück nach Elysium oder nicht?" fügte er noch sicherheitshalber hinzu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ja. Doch. Schon." Sie seufzte und setzte sich wieder auf die Ruderbank, griff aber immer noch nicht zu. "Ich weiß ja wie du es meinst. Ich bin nur so müde und habe niemanden, der mich ablösen könntest. Wenn du nur etwas Rückgrat hättest ... ich meine eins, das nicht gleich schmerzt ..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus starrte sie eine Weile an, fand aber keine passende Antwort. Goal war ganz offensichtlich nicht in Topform, so abgerissen und dreckig wie sie war. An ihrer statt zu rudern kam allerdings ebensowenig in Frage. "Na schön. Es hat bis jetzt schon so lange gedauert, da kommt es auf ein paar Stunden mehr nun auch nicht mehr an. Außerdem war ich geistesgegenwärtig genug Proviant einzupacken." Er nickte in Richtung seiner Reisetasche. "Also machen wir erst einmal Rast und erholen uns etwas."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal strahlte und sprang sofort auf, was Cletus veranlasste eine Augenbraue hochzuziehen. Aber egal, er war das diskutieren leid und vielleicht würde ihm selbst die Ruhe auch gut tun.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In einer Kiste neben der Tür fanden sich einige Decken und nach einem für elysianische Maßstäbe sehr dürftigen Abendessen machten sie es sich beide auf dem Boden des Notboots so bequem wie es eben ging. Bald schlief Goal tief und fest, doch Cletus hatte Schwierigkeiten zur Ruhe zu kommen. Er wusste nicht wie er darauf kam, doch er wurde das Gefühl nicht los, dass die nächste Katastrophe nur auf einen Startschuss wartete.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Sonnenstrahlen weckten ihn rüde am nächsten Morgen. Vielleicht auch am Mittag, aber nach elysianischen Maßstäben war das ohnehin kein großer Unterschied.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er fühlte sich furchtbar. Sein Rücken schmerzte als habe er nun doch die ganze Nacht gerudert und sein Nacken war vom Schlafen auf der dünnen Unterlage ganz steif geworden. Trotzdem hätte er am liebsten weiter geschlafen, denn das Erwachen brachte auch die Erinnerungen des Vortages mit sich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Verrat, die Schmerzen, die Todesangst. Die Demütigung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein einziger Trost war, dass Rufus wahrscheinlich inzwischen von den Organon liquidiert worden war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Cletus?" Goal beugte sich über ihn. "Hast du ... hast du gut geschlafen?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie lächelte, doch ihre Stirn legte sich immer wieder in Falten als denke sie angestrengt über etwas nach. Na, so wichtig wie seine eigenen Sorgen konnte es schon nicht sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus setzte sich auf und sah sich missmutig um. "Unter diesen Umständen kann man wohl kaum guten Schlaf erwarten. Aber sei's drum. Hauptsache wir sind bald wieder zu Hause. Wir sollten schnell etwas frühstücken und uns dann auf den Weg machen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal nickte abwesend und reagierte auch nicht als Cletus ein paar Rationspäckchen mit trockenen Bageln und Instantkaffee hervorholte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Von einer Lady ihres Formats hatte Cletus eigentlich etwas mehr Protest erwartet, doch seltsamerweise sah sie ihn kaum an und starrte stattdessen ins Leere, was ja nun kaum ein besserer Anblick war als er. Hoffentlich hatte Rufus nicht doch noch mehr Schaden an ihrem Hirnimplantat verursacht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Den Kaffee hatte er von Argus bekommen, da er leider die Kaffeemaschine aus ihrer Kabine nicht mitnehmen konnte. Zwar servierte sie den Kaffee nur in Plastikbechern, aber wenigstens war das Zeug einigermaßen trinkbar. Cletus war wenig zuversichtlich, dass der Instantkaffee da mithalten konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zumindest steckte in den Bechern genug Organontechnologie, damit diese ihren Inhalt selbst erhitzten, aber da endete sein Glück auch schon. Cletus nahm einen Schluck und allein seine gute Erziehung hielt ihn davon ab, ihn im hohen Bogen auszuspucken. Warum war das nur so dickflüssig und voller Bröckchen? War der Nachgeschmack eher Erde oder Schimmel? Und wie sollte er damit nur einen Sesambagel herunterkriegen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jetzt hatte auch Goal ihren Kaffee probiert und er machte sich bereit ihr enthusiastisch zuzustimmen, wenn sie das widerliche Gebräu niedermachte. Es würde wie in alten Zeiten sein als sie zusammen im Cafe gesessen und genüsslich über ihre unfähigen Arbeitskollegen und sonstigen Bekanntschaften gelästert hatten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch Goal starrte nur weiter vor sich hin.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Enttäuscht biss Cletus wieder in seinen Bagel und überlegte ob ein Schluck Kaffee wohl helfen würde das staubtrockene Gebäck hinunterzuspülen oder sich zu einer Kakophonie des Ekels verbinden und ...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Sag mal, Cletus, hast du Rufus eigentlich dafür belohnt, dass er mich zur Aufstiegsstation gebracht hat?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er würde sterben. Der Kaffeebecher war seinen Fingern entglitten und ergoss seinen Inhalt über seinen Schoß. Gleichzeitig wuchs der Bagelklumpen in seinem Hals zu einem unverdaulichen Klumpen und schnürte ihm die Luft ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sprang auf, versuchte hastig die heiße Hose von seinen edelsten Körperteilen fern zu halten und würgte dabei an an dem Bagel. Ein Schnabeltierfan hätte wahrscheinlich seine helle Freude an dem watschelnden Tanz und den quäkenden Impressionen gehabt, aber so war seine Darbietung leider verschwendet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein paar gurgelnde Töne später, hatte er endlich das Schlucken unter erschwerten Bedingungen gemeistert und sog wieder herrliche, süße Luft in seine Lungen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unglücklicherweise war seine Erleichterung nur von kurzer Dauer. Goal machte einen langen Schritt zu ihm hinüber, packte ihn am Kragen und er spürte wie die erschrockene Hitze in seinen Wangen einer panischen Eiseskälte wich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Goal", quietschte er verzweifelt. "Ich weiß gar nicht wovon du redest."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Erspar‘ mir das! Du weist ganz genau was du getan hast. Hast du wirklich gedacht, du kommst damit durch?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch. Schon. Aber das sagte er lieber nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Wie konntest du nur? Du hast meine Erinnerungen manipuliert, nicht wahr? Ich wusste gleich, dass mit meiner Gedächtnislücke etwas nicht stimmt, aber ich konnte mir noch keinen Reim darauf machen, ob ich das mit Rufus vielleicht geträumt hatte. Aber jetzt weiß ich, dass es wirklich passiert ist. Da unten leben Menschen, Cletus, und du wolltest nicht, dass ich das weiß." Sie schnaubte. "Denkst du wirklich ich wollte so einen manipulierenden Lügner heiraten?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was war nur schief gelaufen? Wieso konnte sie sich an die Ratte erinnern? Er hatte definitiv ihr Kurzzeitgedächtnis gelöscht und in ihrem Backup sollten doch keine älteren Erinnerungen an Rufus ... Moment. Hatte Rufus ihm vielleicht doch nicht das Backup sondern Goals reguläres Implantat untergejubelt? Dann wäre es möglich, dass sie nach ihrem Sturz vom Kreuzer zwischendurch das Bewusstsein wiedererlangt und ein paar Erinnerungen an Rufus und vielleicht sogar andere Deponianer gesammelt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber wieviel wusste sie? Cletus' Gedanken rasten. Er durfte nicht zu viel zugeben, aber sie hatte schon das meiste erraten, was es beinahe unmöglich machte, sich völlig aus dieser Nummer zu retten. "Goal", versuchte er es zaghaft. "Es ... es tut mir leid. Ich verspreche dir, ich habe das alles nur für dich getan."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie schnaubte wieder. "Du hast mich angelogen und mir das Gedächtnis gelöscht, damit ich dich nicht davon abhalte Massenmord zu begehen. Und jetzt willst du mir weismachen, dass du mir damit einen Gefallen tun wolltest?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich wollte nur ... Goal, dein Vater hätte mir nie erlaubt auch nur um deine Hand anzuhalten, wenn er mich nicht für diese Mission nach Deponia gebraucht hätte." Es schmerzte, das zuzugeben, aber darauf konnte er sich im Moment nicht konzentrieren. "Ich weiß nicht warum, aber aus irgend einem Grund hat er etwas gegen mich. Ich wollte ihm zeigen, dass er mich falsch einschätzt und er sich auf mich verlassen kann. Da verlangte er, dass ich Stillschweigen über die Existenz der Deponianer bewahre, auch dir gegenüber. Und um dich heiraten zu dürfen, war ich zu allem bereit."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie schüttelte stumm den Kopf, doch zumindest ließ sie seinen Kragen los. "Aber ob ich damit glücklich wäre, jemanden zu heiraten, der für mich zum Mörder geworden ist, hast du dich nicht gefragt, oder?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wich ihrem Blick aus. "Wenn man es denn Mord nennen will, solch erbärmlichen Existenzen ein Ende zu setzen", murmelte er. Rufus zum Beispiel zu beseitigen war in seinen Augen alles andere als ein Verlust und auch wenn er keinem anderen Deponianer Auge in Auge gegenübergestanden hatte, konnte er sich doch kaum vorstellen, dass es bei ihnen anders sein würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goals Antwort war jedoch ein schallende Ohrfeige. "Du dreckiger, egoistischer ..."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Also willst du gar nicht nach Utopia?", unterbrach er sie. "Es macht dir überhaupt nichts aus, wenn Elysium zurück auf den Planeten fällt? Du willst wirklich da unten im Müll leben?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Nun, nein ..." sagte sie stockend. "Aber ... aber ... ich kann nicht ... wir können nicht ... wir können sie nicht einfach alle umbringen, nur damit wir ein besseres Leben haben."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Aber es ist in Ordnung, wenn Ulysses mich umbringt, weil ich bei seinem Plan nicht mitmache, ja?", gab er ungewohnt hitzig zurück. Zwar wusste er, dass trotz der unerklärlichen Schwierigkeiten, die seine Beziehung zum Oberkontrollrat beherrschten, Ulysses niemals so weit gehen würde, ihm etwas anzutun, aber ... oder würde er? Nein, wie absurd, Ulysses mochte bereit sein, über Leichen zu gehen, aber das beschränkte sich doch wohl auf die Leichen der Deponianer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er ignorierte das flaue Gefühl in seiner Magengegend. In Wirklichkeit hatte er keine Angst vor Ulysses, es machte ihn nur wahnsinnig wie entschlossen Goal eher Mitgefühl mit den Deponianern zum Ausdruck brachte als mit ihm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Genau.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und dass Argus ihm gesagt hatte, dass Ulysses sie beide exekutieren würde, wenn er herausfände, dass sie Goal mitgenommen hatten, war auch nur zu dick aufgetragen gewesen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er war so sehr damit beschäftigt, sich zu beruhigen, dass er kaum mitbekam, wie sich Goals Gesichtsausdruck geändert hatte. Die Zornesfalte zwischen ihren Augen hatte sich etwas geglättet und verlieh ihren Zügen eine seltsame Mischung aus Mitleid und genervter Verärgerung. "Ich will, dass überhaupt niemand getötet wird. Wir sollten eine Lösung suchen, mit der alle leben können."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er verzog das Gesicht. "Das ist fürchterlich naiv und das weißt du. Entweder Deponia wird zerstört oder wir opfern alles was Elysium ausmacht."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie schob trotzig das Kinn vor. "Es ist aber nicht deine Sache, diese Entscheidung für alle anderen zu treffen. Und es ist auch nicht Sache meines Vaters. Du bist auf eine Mission geschickt worden, die Wahrheit festzustellen, Cletus. Du warst einmal so stolz auf deine Arbeit und jetzt verrätst du alle deine Prinzipien."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das schmerzte mehr als die Ohrfeige. Er sah zur Seite und schwieg. Sie hatte recht, aber er wusste nicht was er darauf erwidern konnte. Schließlich nickt er stockend. "Also gut, ich mache dir einen Vorschlag: Wenn du mir noch eine Chance gibst und mir deinen Vater vom Leib hältst, bin ich bereit, den Ältesten alles zu berichten und sie eine Lösung für dieses Dilemma finden zu lassen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nicht, dass er glaubte, dass eine Lösung existierte, die nicht die Zerstörung des Planeten mit einschloss, aber das wäre ja dann nicht mehr sein Problem.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aus irgendeinem Grund zögerte sie seinen sehr vernünftigen Bedingungen zuzustimmen, doch zumindest schien sie nicht mehr so wütend zu sein. Er versuchte es mit einem Lächeln und griff nach ihrer Hand. "Sobald wir zurück auf Elysium sind, können wir doch über alles reden. Ich lade dich auf einen Soyocchino ein ..." Ihr Gesicht wurde wieder finsterer. "Ich meine natürlich, ich lade dich zum Abendessen ein."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem Seufzen wandte sie sich ab. "Ach, Cletus. Denkst du wirklich, dass du nur ein bisschen mit Geld werfen musst und schon ist das Problem aus der Welt? Du hast mich angelogen und meine Erinnerungen manipuliert. Das lässt sich nicht einfach mit einem Abendessen ungeschehen machen." Sie verschränkte die Arme und sah ihn ernst an. "Das heißt nicht, dass du mich nicht einladen sollst, aber ich erwarte, dass du um einiges mehr Arbeit in diese Beziehung stecken musst."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"In Ord-"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ich war noch nicht fertig. Ich bin bereit, dir noch eine Chance zu geben. Aber solltest du mich je wieder so hintergehen, dann sorge ich dafür, dass du wieder zum Planeten zurückkehrst. Auf dem ganz schnellen Direktweg. Haben wir uns verstanden?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus schluckte. Sie würde ihn doch wohl nicht wirklich von Elysium werfen lassen, oder? Gut, sie hatte auch eine ziemlich kaltblütige, rücksichtslose Ader, aber ... Er schluckte wieder. Besser er probierte es nicht aus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem stummen Nicken, stimmte er ihren Bedingungen zu, dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf das nächste große Problem. Sein Aufzug war völlig ruiniert. Ein riesiger Kaffeefleck prangte auf seiner Hose und dem engen Shirt. Wie sollte er das nur wieder herausbekommen? Schlimmer noch, die meisten seiner Ersatzanzüge hingen noch in seinem Schrank an Bord von Argus' Kreuzer. Und den einzigen, den er mitgenommen hatte, hatte Rufus gewagt anzufassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit spitzen Fingern klaubte er das schimmernd weiße Latex aus seiner Reisetasche und roch vorsichtig daran. Pfui, es hatte wirklich zumindest einen Teil von Rufus' Körpergeruch angenommen. Unter normalen Umständen hätte er es wahrscheinlich nie wieder angefasst, andererseits war der Schaden wenigstens nicht sichtbar wie bei dem Kaffeefleck.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er biss die Zähne zusammen, unterdrückte den Ekel und Widerwillen und zog sich um. Das würde Rufus ihm büßen! Das heißt, wahrscheinlich hatte Argus dafür ja schon gesorgt. Der Gedanke gab ihm zumindest eine kleine Befriedigung, besonders als er seine von dem Ausflug auf den Flaggenmast zerrissene Unterwäsche gegen heile austauschte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Goal sah ihm beim Umziehen zu, was ihn unter anderen Umständen nicht gestört hätte, ihm aber in Anbetracht des Zustands seines Outfits doch ein wenig unangenehm war. Zumindest beließ sie es bei einem fragenden Blick und er hoffte, dass es ihm auch in Zukunft erspart bleiben würde zu erklären, was dazu geführt hatte, dass seine heißgeliebte Spitzenunterwäsche so ruiniert war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als er fertig war und sich gerade wieder auf seinem Sitz oberhalb der Ruderbank, mit der das Notboot am Kabel entlang bewegt wurde, niederlassen wollte, stockte er. Der Platz war besetzt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verwirrt sah er von Goal zu der Ruderbank und wieder zurück. Das konnte doch nicht ihr Ernst sein. "Komm schon, Goal. Du kannst doch nicht erwarten, dass ich rudere. Du weißt wie mich mein schlimmer Rücken plagt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie lächelte kühl. "Ach, und ich dachte, du hättest es so eilig nach Elysium zurück zu kehren. Mein Fehler. Dann bleiben wir eben noch etwas hier und warten."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Goal, bitte!", stöhnte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ihr Lächeln flackerte nicht einmal. "Weißt du, Cletus, nach allem was passiert ist, hast du dir ein bisschen Rückenschmerzen redlich verdient."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem halbunterdrückten Wimmern nahm er auf der Ruderbank Platz und griff nach den beiden in die Wand eingelassenen Hebeln. Er zog sie zurück und mit ekelerregendem Kwiitüüt begannen sich in der Mechanik des Notboots Zahnräder zu drehen. Die Gondel bewegte sich etwa drei Zentimeter vorwärts, dann blieb sie wieder stehen. Cletus brachte die Ruder wieder in Ausgangsposition und zog erneut.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kwiitüüt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Rücken meldete bereits ersten Protest an und darüber wie lange es dauern würde auf diesem Weg Elysium zu erreichen, dachte er lieber gar nicht erst nach.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nie wieder Goal hintergehen, sagte er sich mit jeder Bewegung. Nie wieder Goal hintergehen.[/JUSTIFY]
 

 

* * *

 

 

[JUSTIFY]Er ruderte seit Stunden. Wahrscheinlich. Er hatte so gründlich jedes Zeitgefühl verloren, dass es ihn auch nicht überrascht hätte, wenn man ihm gesagt hätte, dass es Tage oder auch nur zwanzig Minuten gewesen waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Rücken schmerzte bei jeder Bewegung, doch anzuhalten und die Rückkehr nach Elysium weiter hinauszuzögern erschien ihm als die größere Katastrophe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vielleicht konnte er ja doch Goal davon überzeugen ihn abzulösen, jetzt da er seinen guten Willen gezeigt hatte. Aber wahrscheinlich würde sie ihn nur verspotten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch einmal zog er an den Hebeln, dann gab er nach und ließ die Arme sinken. Er schloss die Augen und lehnte sich an eine der Wände. Um ihn herum knarrte das Metal der Gondel an den zusammengeschweißten Nähten und er konnte den Wind im Kabel singen hören. Deponia lag eigentlich zu tief unter ihnen als dass es Geräusche bis hier oben schafften, doch er bildete sich ein auch das Meer weit weg rauschen zu hören. Vielleicht war es nur das Blut in seinen Ohren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Brauchst du schon wieder eine Pause? Wenn du weiter alle fünf Minuten so eine theatralische Show abziehst, werden wir noch eine Woche bis Elysium brauchen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cletus reagierte kaum. Sollte sie doch reden. Wenn es ihr genug auf die Nerven ging, übernahm sie vielleicht doch das Rudern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er runzelte die Stirn. Da draußen war noch ein Geräusch. Ein hohes Sirren und etwas, das wie ein Schrei klang, der sekundenschnell lauter wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was zum -[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch bevor Cletus auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte, erbebte das Notboot unter einem Aufschlag und ein ohrenbetäubendes Kreischen ertönte als sich etwas in die Bordwand bohrte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Metallsplitter sirrten durch die Luft und Cletus warf sich instinktiv zu Boden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann gab es einen heftigen Schlag und um ihn herum wurde es dunkel.[/JUSTIFY]


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe eine Betaleserin gefunden, die unglaublich nette Thousands of lights, die mir geholfen hat, die ersten Kapitel noch mal etwas aufzupolieren und die auch dieses Kapitel noch einmal korrekturgelesen hat, wofür ich ihr irre dankbar bin.

Tallis, die hier einmal kurz erwähnt wird, gehört natürlich meiner Freundin tasshina Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wenn du bis hierher gelesen hast, würde ich mich unglaublich freuen zu hören, ob dir die Geschichte so weit gefällt oder nicht. Du musst auch keine Romane schreiben (auch wenn ich mich über lange Kommentare natürlich besonders freue), eine ganz kurze Rückmeldung reicht mir schon. Vielen Dank! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich bleibe von den Dialogen her recht dicht beim Spiel. Ich hoffe das drumherum macht es trotzdem interessant. Ich würde mich jedenfalls sehr freuen von euch zu hören. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Elnaro
2018-03-16T14:27:18+00:00 16.03.2018 15:27
Ich habe den Prolog zunächst im Bus überflogen, aber er war so gut, dass ich ihn am Abend meinem Mann vorlas, der (wie ich) ein Deponia Fan ist.
Du legst den Charakteren herrlich passende Worte in den Mund, die eins zu eins aus dem Spiel stammen könnten. Vor allem Ulysses ist wunderbar getroffen. Er nimmt den Jungen zwar mit, aber trotzdem bleibt er vollkommen beherrscht und kühl.
Ich freue mich schon auf den heranwachsenden Cletus. Herrlich wie er als Kleinkind schon versucht die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Antwort von:  ZMistress
16.03.2018 17:29
Du glaubst gar nicht wie ich mich über deinen Kommentar gefreut habe. Vielen, lieben Dank!
Ich habe mich sehr bemüht, die Charaktere zu treffen, deshalb macht es mich besonders glücklich, dass du sie in meiner Fic widererkennen kannst. Danke nochmal!!
Von:  Julchen-Beilschmidt
2016-11-20T12:30:47+00:00 20.11.2016 13:30
Mir gefällt die Idee über Cletus Vergangenheit. Ich werde auf jeden Fall deine FF weiter verfolgen :)
Antwort von:  ZMistress
20.11.2016 19:07
Danke schön, das freut mich sehr.


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