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Kingdom Hearts Mystery Dungeon

Team Highwind
von

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Prolog

Der Himmel hier blieb immer finster.

 

Kairi wusste nicht, wie lange sie schon an diesem seltsamen Ort war. Sie hatte sorgfältig im Auge behalten, wie oft sie geschlafen hatte – sechs Mal – und wie oft man ihr etwas zu Essen gebracht hatte – sechzehn Mal –, doch sie hatte längst aufgegeben, diese Zahlen in einen Tagesrhythmus übersetzen zu wollen. Schon nach dem zweiten Mal Schlafen war es passiert, dass man ihr zweimal so kurz hintereinander eine Mahlzeit brachte, dass sie die erste noch nicht einmal aufgegessen hatte. Inzwischen zählte sie nur noch, weil es ihren Kopf beschäftigt hielt. Weil es einfacher war, zu versuchen, irgendeinen Überblick zu behalten.

Ein kleiner, egoistischer Teil von ihr wünschte sich, dass Sora kommen möge, um sie zu retten. Es war der gleiche, egoistische Teil, der nie darüber nachgedacht hatte, wie unfair es war, dass Riku nie Teil ihrer geheimen kleinen Höhlenmalerei geworden war. Der gleiche Teil, der Destiny Islands hatte hinter sich lassen wollen – ohne Riku, nur an Soras Seite.

Der Rest von ihr schämte sich für diesen egoistischen Gedanken. Sie wollte nicht, dass Sora sich in Gefahr brachte. Sie würde die Ewigkeit hier ausharren können, solange nur Sora in Sicherheit blieb.

 

Das Geräusch einer auf- und zuschlagenden Tür riss sie aus ihren Gedanken und ließ sie reflexartig hochfahren, auch wenn sie längst wusste, dass ihr keine ernste Gefahr hier drohte. Solange sie noch so etwas wie einen Nutzen für diese obskuren Gestalten in ihren schwarzen Kutten hatte, war sie sicher genug.

Eben so eine Gestalt in schwarzer Kutte trat in den Raum, ein Tablett auf einer Hand. Die Kapuze, die das Gesicht in tiefe Schatten tauchte, machte es Kairi unmöglich, ihr Gegenüber direkt zu erkennen, doch die ungewohnt lässige Körpersprache ließ sie zumindest fest glauben, dass sie noch nie mit dieser Kuttengestalt interagiert hatte.

„Maaaann~ Seh ich denn aus wie ein Kellner?“

Seine Stimme klang lebhaft, jugendlich. Kairi wollte sich davon nur zu gerne beruhigen lassen. Doch von allem, was sie über die Niemande wusste, war es nicht, als wären die Emotionen, die in ihrem Gebaren mitschwingen mochten, wirklich echt.

Schweigend sah sie zu, wie ihre Zellentür geöffnet wurde, dann trat der fremde Niemand ein,  stellte schwungvoll das Tablett auf einen kargen, kleinen Tisch.

„Voilà! Dein Mittagessen. Oder Abendessen.“ Er kicherte. „Wie auch immer, macht eh keinen Unterschied. Jedenfalls, guten Appetit – würde ich sagen, aber das Zeug kommt aus Narbengesichts Kochtopf, und da wär ich eher vorsichtig~“

Kairi beäugte das Tablett in einem Anflug von Unwohlsein. Der Eintopf in dem schlichten Teller sah besser aus als so manches, das man ihr hier schon aufgetischt hatte. Andererseits… Wenn sie und ihr Gastgeber gerade an das gleiche Narbengesicht dachten, dann war sie wohl wirklich gut daran beraten, es mit Vorsicht zu genießen. Der Mann namens Saïx war ihr bislang nicht positiv in Erinnerung geblieben mit seiner frostigen Haltung.

 

„Nun… danke für das Essen.“

Höflichkeit, keine Ehrlichkeit. Und die leise Hoffnung, dass einer dieser Niemande irgendwann sich auf ein Gespräch einlassen würde, das über solche leeren Floskeln hinausging. Die Einsamkeit dieser Zelle war erträglicher, wenn man ein paar Worte hatte, an denen man sich wärmen konnte, und seien sie noch so kalt.

 

Der Körpersprache des Fremden nach zu urteilen, wollte er etwas erwidern, doch so weit kam es nicht, bis erneut eine andere Stimme durch den Gefängnistrakt schallte.

„Demyx! Beweg deinen faulen Arsch endlich, du sollst schon seit Stunden auf Mission sein!“

Rau, erwachsen. Kairi kannte die Stimme. Ihr Besitzer hatte ihr bereits zwei Mal etwas zu essen gebracht.

„Xiggy! Du weißt genau, dass ich der Gefangenen ihr Essen bringen sollte! Ich kann gar nicht seit Stunden auf Mission sein sollen!“ – „Als ob! Du hättest vor Stunden den Fraß abliefern sollen. Und jetzt setz dich endlich in Bewegung, oder ich sorge dafür, dass Saïx dich bei nächster Gelegenheit in die Wüste schickt!“

Die Drohung, so wenig furchteinflößend Kairi sie auch fand, schien auf Demyx eine unglaubliche Wirkung zu haben; er erstarrte, schluckte.

„I-ich bin schon weg!“

Im nächsten Moment hatte er mit einer hektischen Handbewegung – ein Portal geöffnet. Kairi konnte es nicht fassen.

 

Direkt vor ihrer Nase befand sich ein Portal – wohin auch immer. Fort von diesem Ort. Ein Fluchtweg.

 

Und Demyx schien seinen Fauxpas überhaupt nicht zu bemerken, zeterte noch irgendetwas vor sich hin von wegen „und wenigstens muss ich nicht kämpfen“ und „soll Narbengesicht doch selber Kellner spielen“.

Kairi zögerte nicht.

So schnell sie konnte, schlüpfte sie durch das Portal. Wohin auch immer es sie bringen würde, alles wäre besser als hier zu sitzen und zu warten.

 

Warte auf mich, Sora. Diesmal komme ich und werde dich finden!

 

 

 

Das Portal hatte sich gerade hinter Demyx und seiner unabsichtlichen Begleitung geschlossen, als ein weiterer Niemand um die Ecke trat.

Der Anblick der offenen Zellentür und der leeren Zelle dahinter resultierte darin, dass eine schwarz behandschuhte Hand mit einem in tiefe Schatten getauchten Gesicht kollidierte. Das Klatschen von Handschuh auf Haut hallte von den leeren Wänden wider.

„Ich fasse es nicht… Das wird den Boss sicher richtig begeistern.“

 

Xigbar musste nicht einmal den Weg zu seinem Vorgesetzten antreten, um zu wissen, worin diese ganze Sache enden würde.

 

„Bring sie zurück.“

Nicht, dass der Befehl unerwartet kam.

„Und richte Demyx aus, noch ein Fehltritt und er findet sich als Dämmerling wieder.“

 

Als ob.

 

Dieser Kerl war ein einziger wandelnder Fehltritt, und er erfreute sich immer noch seiner pinselbewehrten Visage.

Bruchlandungen und Rettungsmissionen

„Wak! Wo kommen diese ganzen Herzlosen her?!“  - „Ist doch ganz egal, wo sie herkommen! Viel wichtiger ist: Wie werden wir sie wieder los?!“

„A-hyuck! Passt auf!“

 

Der gesamte Gumi-Jet erbebte unter dem Aufprall eines neuerlichen Angriffs der Herzlosen. Goofy, als einziger seine eigene Warnung beherzigend, hatte gerade rechtzeitig noch Halt gefunden, während der Angriff Sora und Donald einmal quer durch das Cockpit schleuderte.

Die Ente landete mehr auf dem Schnabel als alles andere, Sora kopfüber an einer Wand.

„Wak!“

Noch ein Angriff.

Es hatte plötzlich begonnen, mitten aus dem Nichts. Eine so große Menge Herzloser in aller Form und Größe, dass sie längst von ihrem ursprünglichen Kurs abgekommen waren. Sora fluchte stumm, während er versuchte, sich wieder auf die Beine zu stemmen.

„Wir müssen landen!“ – „Aber wo?“ – „Ganz egal! Hauptsache, wir kommen raus aus dem Kreuzfeuer!“

Goofy war der erste, der das Kontrollpult wieder erreichte. Sich mit aller Kraft daran festklammernd huschte sein Blick über die Monitore, deren künstliches Licht sein Gesicht auf geisterhafte Art beunruhigt aussehen ließ.

„Sora! Donald! Ganz in der Nähe ist eine Welt!“ – „Was für eine?“

„Egal! Los, Goofy! Bring uns runter!“ – „Roger!“

 

Eine sanfte Landung war eindeutig etwas anderes.

 

 

 

Als Sora wieder zu sich kam, lag der Gumi-Jet besorgniserregend qualmend vor ihm auf einer Lichtung im Wald. Auf wackligen Knien rappelte er sich hoch, klopfte sich Dreck und Gras von der Kleidung.

„Donald? Goofy?“

Nichts. Keine Antwort. Sora seufzte schwer.

„Wirklich? Muss ich euch nun auch noch suchen?“

Im nächsten Moment aber grinste er schon wieder.

„Wir finden uns schon wieder. Ne?“

 

Du… Vielleicht bist du der Held, den wir brauchen.

 

„Eh? Wer spricht da? Hallo?“

 

Es bleibt nicht viel Zeit. Die Dunkelheit wird immer stärker. Aber du… bist hell. Du strahlst. Strahle für uns.

 

„Ich verstehe nicht… Was ist hier los? Wer bist du?“

 

Die einzige Antwort, die er bekam, war ein gleißendes Licht, hinter dem alles andere verschwand und bedeutungslos wurde.

 

 

 

„Hey! Wach auf. Ist alles in Ordnung mit dir?“

Sora ächzte. Durch seine geschlossenen Augenlider drang Sonnenlicht, und er kniff die Augen nur noch fester zu, als könne er es damit ganz von sich weisen. Nur vage erinnerte er sich noch, was geschehen war. Da waren Herzlose gewesen. Sie waren gelandet, und dann–

„Donald, Goofy!“

Mit einem Mal war er hellwach, stand wieder auf den Beinen, sah sich hektisch um – doch wohin er sah, er fand nur Grün und Grün und Braun. Er war mitten in einem Wald, natürlich, aber wo war der Gumi-Jet hin?

 

„Hey du! Wie gut, dass du wach bist!“

Erst die fremde Stimme machte ihn darauf aufmerksam, dass hier noch jemand war. Verdutzt blickte er sich um. Vor ihm stand ein seltsames, dunkelgraues Wesen mit Klauen und unterschiedlich großen Ohren, von denen eines obendrein rot war.

Kein Herzloser.

Aber auch kein Mensch oder irgendein Volk, das er sonst so kannte.

„Was bist du denn?“

Das fremde Wesen blinzelte verdutzt.

„Wie, was bin ich? Na du bist ja ein Scherzbold! Ich bin ein Sniebel. Hast du dir etwa den Kopf gestoßen?“ – „Haha… könnte man so sagen. Also, ehm, wo bin ich?“ – „Du bist im Wald nahe des Dorfes. Sag mal, weißt du denn gar nichts mehr? Kennst du wenigstens noch deinen Namen?“

Sora blinzelte irritiert, ein wenig verärgert. Hey! Er war gerade erst abgestürzt, natürlich funktionierte das alles dann nicht so gut!

„Sora.“ – „Sora. So so. Und was für ein Pokémon bist du?“ – „Poké…mon?“

Noch ein Blinzeln. Langsam senkte Sora den Kopf, um an sich hinunter zu sehen. Er erinnerte sich, dass ihm so etwas schon einmal passiert war. Der Fischschwanz in Atlantika. Der Löwenkörper.

Und tatsächlich. Statt einer behandschuhten Hand erblickte er eine pelzige kleine Pfote.

„Woah! Was bin ich?!“

Seine neue Bekanntschaft das Sniebel schüttelte den Kopf.

„Du bist ein Evoli. Das solltest du doch wissen!“

Im nächsten Moment runzelte das Pokémon die Stirn, verschränkte die Arme, und sah sehr besorgt aus.

 

„Sag mal… kann es sein, dass du an Amnesie leidest?“

 

Sora schüttelte den Kopf – er erinnerte sich an alles! Bis der Jet abgestürzt war zumindest. Was danach geschehen war, war ihm schleierhaft bis zu dem Moment, an dem er hier aufwachte. Aber er wusste, dass etwas passiert war. Nur… was?

„Ich weiß es nicht“, murmelte er schließlich in einem Anflug von Resignation.

„Also Amnesie“, beschloss das Sniebel. Es grinste, entblößte dabei scharfe Zähne, doch es sah trotzdem noch ganz freundlich aus.

„Keine Sorge, wir kriegen dich schon wieder auf die Beine. Ich kann dir alles zeigen!“ – „Danke. Aber sag mal, wie heißt du eigentlich?“ – „Wie? Ach so. Sniebel. Ich hab keinen Namen.“ – „Wieso nicht?“

Sniebel zuckte die Schultern.

„Wozu denn? Die wenigsten Pokémon haben einen Namen. Eigentlich haben nur Pokémon einen Namen, die ihn mal von einem Menschen bekommen haben. Aber solche Pokémon gibt es hier selten, wir leben sehr abgeschieden von den Menschen.“ – „Es gibt Menschen in dieser Welt?“ – „Natürlich! Na komm, überanstreng dich nicht. Hier, ich bring dich erstmal ins Dorf zurück, und dann sehen wir weiter. Vielleicht kennt dich ja jemand und wir finden heraus, wo du hingehörst.“

In Ermangelung einer besseren Idee – und zugegeben wirklich verwirrt von den Worten dieses Pokémon –, folgte Sora Sniebel einfach. Ein Dorf war eine gute Idee. Vielleicht fand er dort Donald und Goofy wieder.

 

Das Pokémon-Dorf war eine beeindruckende Erscheinung, und ganz anders, als Sora es sich vorgestellt hätte. Es war richtig hübsch, mit den kleinen und großen Hütten aus Holz und Stein, die so unterschiedlich und bunt aussahen wie ihre Bewohner.

Sora fand es großartig.

„Zuerst bringe ich dich zur Pelipper-Post“, erklärte Sniebel ihm, während sie die ausgetretenen Pfade entlangliefen, „Pelipper weiß eigentlich am Besten, was überall passiert. Es ist immerhin für die Informationsverteilung zuständig.“

 

Die Pelipper-Post war ein recht großes Gebäude, wo permanent, wie es schien, fliegende Pokémon ein- und ausgingen. Sora verfolgte mit großen Augen, wie Pokémon unbeladen hineinflogen und andere Pokémon dafür mit Briefen und Päckchen bepackt wieder hinauskamen.

Im Inneren war es ähnlich geschäftig. Ein großer, weiß-blauer Vogel mit gigantischem Schnabel erteilte den anderen Pokémon Anweisungen, auf die hin sie sich mit irgendetwas beluden und wieder davonflogen. Oder in ganz seltenen Fällen auch einmal einen Brief oder ein Päckchen hier ablegten, ehe sie durch ein Fenster wieder hinausverschwanden.

„Oh, Sniebel. Was führt dich hierher? Hast du endlich einen Partner für dein Retterteam gefunden?“

„Retterteam?“

Sniebel schüttelte den Kopf, „Später, Sora“, und wandte sich dann an das große Vogelwesen.

„Nein. Dieses Evoli habe ich draußen im Wald gefunden. Es hat Amnesie und erinnert sich an nichts mehr.“

Sora öffnete den Mund, um zu protestieren, wurde aber von einer Handbewegung von Sniebel wieder zum Schweigen gebracht.

„Ich habe gehofft, du wüsstest vielleicht etwas, Pelipper.“

Pelipper besah sich Sora sehr ausgiebig, flog sogar ein paar Mal um ihn herum, um ihn von allen Seiten in Augenschein nehmen zu können, doch schließlich schüttelte es den Kopf.

„Nein. Nie gesehen. Nie davon gehört. Aber kürzlich sind viele fremde Pokémon hergekommen. Hast du bestimmt auch schon von gehört, oder?“

Sniebel nickte ernst, während Sora nur verständnislos daneben stand und den Kopf hin- und herwiegte.

„Du meinst, Evoli ist einer der Flüchtlinge?“ – „Gut möglich. Frag bei Knuddeluff nach, es hat freiwillig die Aufgabe übernommen, ein neues Heim für die Flüchtlinge zu finden. Wenn einer von ihnen ein Evoli vermisst, wird Knuddeluff das am Ehesten wissen. Wenn du mich jetzt wieder entschuldigen würdest?“

Pelipper seufzte schwer.

 

„Diese seltsamen neuen Pokémon machen immer mehr Ärger. Inzwischen kriegen wir auch schon Meldungen und Hilferufe rein. Wenn du immer noch ein Retterteam gründen willst… jetzt wäre der richtige Zeitpunkt dafür.“

 

Knuddeluff lebte in einer beschaulichen, kleinen Hütte, die in ihrer altmodischen Lieblichkeit bestimmt jedes Großmütterchen in allen Welten hätte vor Neid erblassen lassen. Das dickliche Pokémon begrüßte Sora und Sniebel voller Herzlichkeit und bot ihnen Platz auf weichen Mooshäufchen, den sie dankend annahmen. Eingekuschelt auf dem weichen Untergrund sah die Welt schon viel schöner aus. Hätte er nicht dem Gespräch folgen müssen, hätte Sora hier sogar einschlafen können.

Aber er musste dem Gespräch folgen; selbst wenn Knuddeluff (wie absehbar) nichts über ihn sagen konnte, vielleicht waren noch mehr Pokémon wie er aufgetaucht. Donald. Goofy. Träge, mit hängenden Ohren lauschte Sora, doch wirklich viel verstand er nicht.

Was er verstand, war, im Wesentlichen, dass dieses dicke rosa Wesen keinerlei Ahnung hatte, wo er herkam – was ihn auch absolut nicht wunderte. Woher hätte Knuddeluff auch wissen sollen, dass er aus einer anderen Welt kam und obendrein eigentlich ein Mensch war?

Sniebel, im Gegensatz zu ihm, schien ganz furchtbar enttäuscht zu sein von dieser Neuigkeit.

Sora war nur enttäuscht darüber, dass Knuddeluff genauso wenig wusste, wo Donald und Goofy waren.

 

„Es tut mir Leid, dass dir niemand helfen kann“, kommentierte Sniebel bekümmert, kaum, dass sie Knuddeluffs Großmütterchenhütte verlassen hatten. Es schüttelte den Kopf.

„Nicht zu fassen, dass du einfach hier auftauchst und niemand weiß, wo du herkommst. Na ja. Knuddeluff hat zwar gesagt, du könntest wie die anderen Flüchtlinge in einer von seinen Notlagern unterkommen, aber wenn du möchtest, nehme ich dich erstmal mit zu mir. Ist vielleicht ein bisschen bequemer und weniger erschreckend für dich. Zu viele Pokémon auf einmal könnten etwas viel für dich sein.“

Sora fand es zwar wirklich nett, wie sehr sich Sniebel um ihn kümmerte, doch er schüttelte trotzdem den Kopf. Je mehr Gesellschaft, desto eher waren seine Freunde womöglich darunter.

„Ach weißt du–“

 

„Hilfe! Oooooh, bitte, irgendjemand…“

 

Völlig selbstverständlich – wenn jemand nach Hilfe rief, dann wurde geholfen – wandte Sora sich der fremden Stimme zu – die einer riesigen Blume auf Beinen gehörte. Nun, warum nicht? Es gab ja allerhand seltsame Wesen in allen Welten!

„Was ist denn passiert?“ – „Ooooh“, machte die wandelnde Blume, hielt sich ein kleines Stummelärmchen vor die Stirn. Hoffentlich fiel die Blume nicht in Ohnmacht, es sah nicht aus, als wäre jemand in der Nähe, der ihr Gewicht stemmen könnte, um sie sicher hinzulegen. „Mein Baby… mein süßes Baby…“ – „Was ist denn mit deinem Baby?“, hakte nun auch Sniebel nach. Die Blume seufzte schwer.

„Entschuldigt bitte, es ist nur… Oooooh, die Tragik… Mein Baby…! Mein Baby Duflor ist draußen im Kleinhain verschwunden… Es wollte einen Sonnenstein finden, und nun… Oooooh, mein Baby… Nicht auszudenken, wenn ihm etwas zustößt! Und die Retterteams sind alle gerade nicht in der Gegend. Es ist so grausam… mein armes Baby…“

 

„Na, dann werden wir helfen!“, beschloss Sora ohne weiteres Nachdenken. Sniebel warf ihm einen verdutzten Blick zu, und auch Duflor Senior – oder wie auch immer die Pflanze hieß, vorgestellt hatte sie sich ja nicht! – sah Sora groß an, voller Dankbarkeit und Unglaube.

„Wirklich? Oooh, das würdet ihr wirklich für mich tun? Ich danke euch…“

Es schniefte gerührt, während Sniebel hinter seinem Rücken den Kopf schüttelte. Ganz überzeugt schien es nicht zu sein, aber für Sora stand fest – er würde dieser Blume helfen. Sie mochte reichlich überziehen mit ihrem Drama, aber nicht auszudenken, wenn ihr Kind wirklich in Gefahr war!

Bereit, sich ins Abenteuer zu stürzen, baute Sora sich zu seiner nicht gerade gewaltigen Größe auf, strahlte selbstbewusst Sniebel und die Blume an.

„Mach dir keine Sorgen, alte Blume! Wir finden dein Baby ratzfatz und bringen es zu dir zurück! Auf zum Kleinhain!“ – „Auf zum Kleinhain!“, echote Sniebel, reckte die Pranke in die Luft. Die dicke Blume klatschte Beifall, und unter ihren Dankesrufen verließen Sora und sein neuer Freund das kleine Pokémon-Dorf.

Ein paar Minuten liefen sie einträchtig nebeneinander her, bis Sniebel die Stille mit einem amüsierten Schnauben durchbar.

„Weißt du? Das alte Giflor ist wirklich eine Dramakönigin. Es begreift einfach nicht, dass sein Kind langsam alt genug ist, eigene Entscheidungen zu treffen. Wahrscheinlich geht es Duflor richtig gut und wir machen uns ganz umsonst auf den Weg.“ – „Aber trotzdem. Vielleicht ist ja doch mal was passiert. Man weiß ja nie.“ – „Da hast du Recht. Und hey, es ist ein Retterauftrag! Davon träume ich schon seit Ewigkeiten.“

 

Was ein Retterteam war, das erfuhr Sora immerhin auch im Zuge ihres Gespräches. Eine Gruppe von mindestens zwei Pokémon, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, anderen Pokémon in Not zu helfen – oder Botengänge zu übernehmen, oder Beeren und andere Gegenstände für sie zu sammeln, oder, oder, oder. Außerdem erfuhr er, dass Sniebel sich schon lange wünschte, Teil eines Teams zu sein, aber bisher niemanden gefunden hatte, der eines mit ihm gründen wollte – oder ein Team, das noch Platz für es hatte.

„Aber irgendwann“, beendete Sniebel seinen Monolog schließlich, „gründe ich mein eigenes Retterteam. Und wir werden allen Pokémon helfen! Und bis dahin werde ich versuchen, allein zu helfen, wo ich nur kann. Es mag nicht viel sein, und ohne ein Retterteam wird man mir kaum größere Aufgaben überreichen, aber…“

Es zuckte die Schultern, verlegen grinsend. Sora grinste nur noch breiter. In Ermangelung einer besseren Geste stieß er Sniebel aufmunternd mit dem Kopf an.

„Kein aber. Es mag gerade nicht viel aussehen, aber viele kleine Schritte machen auch einen großen Weg aus!“ – „Heh. Danke. Dann komm .Machen wir die nächsten kleinen Schritte gemeinsam!“

Sora nickte eifrig.

„Genau! Auf zum Kleinhain!“

 

„…wenn du mir noch verrätst, wo der ist.“

Team Highwind

Wie sich bald herausstellte, hatte Sniebel mit seiner Vermutung sowohl Recht als auch Unrecht. Duflor, als sie es fanden, war tatsächlich nicht in Gefahr. Es erfreute sich bester Gesundheit, meckerte ein bisschen über Mamas Überfürsorge, war sonst aber auch prächtigster Laune. Statt sofort ins Dorf zurückzukehren, bat es allerdings darum, ihm bei der Suche nach einem Sonnenstein zu helfen. Laut Informationen der Kecleon-Handelsgilde sollte es Sonnensteine im Kleinhain geben, und da Duflor nicht die nötigen Tauschgegenstände hatte, um einen bei den Kecleons zu erhandeln, hatte es beschlossen, selbst einen zu finden, egal, wie selten sie sein mochten.

Gebunden an das Versprechen an Giflor, sein Kind heil zurückzubringen, begleiteten Sora und Sniebel das Pokémon auf seiner Suche. Immerhin versprach es eine relativ angenehme Erkundungstour zu werden, denn das Terrain war nicht unwegsam, und es gab kaum wilde Pokémon, die hätten in Territorialverteidigung angreifen können.

Und die wenigen Pokemon, die es gab, die flohen, statt Konfrontation zu suchen.

 

„Es ist ungewöhnlich“, bemerkte Sniebel geistesabwesend, während es beobachtete, wie eine kleine, violette Ratte davonstob bei ihrem Anblick, „Normalerweise sind die Pokémon hier draußen viel erpichter darauf, ihr Heim zu verteidigen. Das letzte Mal habe ich von so einem Verhalten gehört, als ein verwirrtes Rizeros sich in den Stillklamm verirrt hat und dort für Unruhen gesorgt hat. Irgendetwas muss diese Pokémon ganz schön verschüchtert haben.“

Es seufzte, kratzte sich nachdenklich am Kinn.

„Ich frage mich nur, was. Ein großes Pokémon hätte Spuren hinterlassen. Aber so…“

„Vielleicht waren es die neuen Pokémon, von denen alle sprechen“, bot Duflor an, „Ich habe gehört, dass sie keine Spuren hinterlassen, und einfach aus dem Nichts auftauchen und wieder verschwinden. Richtig unheimlich. Alle spekulieren, dass es eine neue Art Geister-Pokémon ist.“

Etwas an der Beschreibung, die Duflor lieferte, ließ Sora mulmig werden. Er kannte Wesen, die einfach aus dem Nichts auftauchten und wieder ins Nichts verschwanden.

Aber das waren ganz sicher keine Pokémon.

„Wir sollten uns das näher ansehen.“

Sniebel stimmte sofort zu, und nachdem auch Duflor nichts dagegen sagte – „Nur, weil meine Mutter überpanisch ist, heißt das nicht, dass ich genauso ein Feigling bin wie sie!“ –, machten sie sich auf den Weg, tiefer hinein in den Kleinhain. Halb nach einem Sonnenstein suchend, und halb nach etwas, das weit finsterer sein würde…

Sora hoffte inständig, dass sie letzteres nicht finden würden.

 

Leider war Hoffnung manchmal nicht genug.

 

Es waren Herzlose.

Wie die Motten um das Licht scharten sich die schwarzen Kreaturen mit den leuchtend gelben Augen um einen Stein, dessen Form und Farbe an eine untergehende Abendsonne erinnerten.

„Der Sonnenstein!“, rief Duflor aufgeregt aus, „Endlich!“

„Und die neuen Pokémon gleich dazu… Na, freundlich sehen die nicht aus.“ – „Sind sie auch nicht“, murmelte Sora düster. Er beschwor sein Schlüsselschwert, schon von seiner Zeit als Löwenjunges daran gewöhnt, auf etwas ungewöhnlichere Art damit zu kämpfen.

„W-woah! Sora, was ist das denn?! Kein Pokémon kämpft so!“ – „Iff fon!“

Und damit stürzte er sich in den Kampf, seinen neuen Kameraden voran. Es dauerte nicht lange, bis auch Sniebel und Duflor mitmischten, mit Krallen, Zähnen, rasiermesserscharfen Blättern und anderen obskuren Mitteln, die Sora niemals eingefallen wären. Magie und solche Sachen waren einfach eher Donalds Ding als seins!

Mit vereinten Kräften waren die Herzlosen bald zurückgeschlagen. Sora seufzte erleichtert, ließ sein Schlüsselschwert wieder verschwinden. Neben ihm sank Sniebel erschöpft zu Boden, und Duflor schüttelte ähnlich erschöpft seine Blütenblätter aus.

„Was war das?“, keuchte Sniebel ungläubig, „Das… das waren keine Pokémon, oder? Aber auch keine Menschen!“

 

Zu erklären, was Herzlose waren, fiel Sora nach wie vor nicht leicht, nachdem er selbst nicht ganz verstand, was diese Kreaturen auszeichnete, außer, dass sie im Grunde nur aus Dunkelheit und Herzen bestanden, aber zumindest, dass sie gefährlich waren, konnte er gut genug übermitteln.

 

„Ich werde sie erledigen. Wenn sie zu lange in dieser Welt bleiben…“

Sora sprach nicht weiter. Er erinnerte sich viel zu gut an all die Welten, die den Herzlosen zum Opfer gefallen waren. Er hatte sie retten können, ja, aber er würde es niemals wieder so weit kommen lassen, wenn er es verhindern konnte!

„Ich helfe dir“, ereiferte sich Sniebel sofort, sprang wieder auf die Füße, „Das hier ist schließlich meine Heimat! Ich kann nicht still sitzen und warten, während diese… diese Monster alles kaputt machen!“ – „Lasst mich auch helfen. Mit dem Sonnenstein kann ich stärker werden, also bin ich euch bestimmt keine Last! Und vielleicht lernt Mama dann endlich, dass ich kein kleines Baby mehr bin.“

Duflor atmete tief durch, sein Blick… hätte vermutlich sehr entschlossen ausgesehen, hätte es nicht dauerhaft einen Ausdruck von leicht benebelter Schläfrigkeit im Gesicht.

„Gründen wir ein Retterteam.“ – „E-ernsthaft?! Mit mir?!“

„Natürlich!“, rief Sora lachend aus, „Du wirst unser Anführer, Sniebel! Oh! Aber wenn wir ein Retterteam zusammen gründen, dann will ich, dass wir richtige Namen für euch finden. Euch immer nur bei eurer Rasse zu nennen ist komisch.“

Ihn rief man doch auch nicht einfach nur Mensch.

Sniebel wirkte im ersten Moment zögerlich, doch nach einigen Überzeugungsversuchen stimmte es schließlich zu. Sora verstand nicht, wieso Pokémon keine Namen hatten und größtenteils auch keine wollten – es war doch schrecklich. Das gehörte doch einfach dazu, zum eigenen Ich.

„Also. Namen. Was für Namen? Sora, wir haben doch keine Ahnung.“

„Das ist gar kein Problem! Ich geb euch eure Namen. Hier. Sniebel, du bist Frosty, wegen deiner Eismagie. Und Duflor… Mh. Flora!“ – „Einverstanden!“, kam es von beiden Pokémon, wobei Frosty eher skeptisch wirkte, Flora jedoch recht begeistert.

„Dann lasst uns zurückkehren. Wir können unser Retterteam gleich anmelden.“ – „Wartet noch. Ich will vorher den Sonnenstein benutzen.“

 

Zu sehen, wie Flora sich so ohne weiteres in ein ganz anderes Wesen verwandelte, beeindruckte Sora ungemein. Wie cool das wäre, wenn jedes Wesen so etwas könnte! Zu wissen, dass man bald ein ganz anderes Gesicht tragen könnte, machte Äußerlichkeiten irgendwie furchtbar belanglos.

Sora mochte das.

Es zählte doch sowieso viel mehr, was im Herzen war.

Auch wenn er sich nicht vorstellen wollte, wie Riku auf einmal sein Gesicht wechselte. Oder Kairi. Nicht, dass sie sich nicht trotzdem alle wiedererkennen würden, aber der Gedanke war trotzdem unheimlich. Er mochte die Beiden genau so, wie sie waren!

Bestimmt war Kairi noch hübscher geworden, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte.

 

Auf dem Rückweg zum Dorf lernte Sora noch, dass Pokémon sich auf ganz unterschiedliche Weise entwickelten, dass es welche gab, die sich gar nicht entwickelten, und welche, die es mehrfach taten. Danach wurde das Gespräch unterbrochen, als sie in Sichtweite des Dorfs kamen, denn beim Anblick des Blubella, das Duflor inzwischen war, kam Mutter Giflor unter Tränen und Tragik angerannt, um seufzend und schluchzend ihre Erleichterung zu bekunden, dass es ihrem süßen kleinen Baby so gut ginge.

Natürlich gefiel es Giflor gar nicht, dass ihr Kind sich einem Retterteam anschließen wollte – „Ooooh, aber das ist so gefährlich!“ –, doch irgendwie schafften sie es mit viel gutem Zureden, netten Worten und einem sehr sturen Kopf seitens Flora, ihre Wünsche durchzusetzen. Vor dem Registrationsgebäude für Retterteams verabschiedete Giflor sich schließlich mit viel Seufzen und viel Sorge, und kaum, dass es außer Hörweite war, seufzte Flora schwer.

„Ich hab sie ja lieb, aber…“

Sora verstand, was Flora meinte – Mütter konnten anstrengend sein, das war einfach so.

„Hinein mit uns“, unterbrach Sniebel alle Überlegungen.

Ein Retterteam anzumelden, war kein Problem. Erst, als das Pichu hinter dem aus einem Baumstumpf bestehenden Tresen nach einem Namen fragte, stellte sich für einen langen Moment unangenehme Stille ein.

„Jemand eine Idee?“

 

„Der Gewinner entscheidet, wie das Floß heißen darf.“

„Aww, verdammt! Verloren.“ – „Das heißt, ich entscheide, Sora.“

„…und wie soll es heißen?“

 

„Es heißt–“

 

 

„Highwind.“ 

Retter in der Not

Retterteam Highwind machte sich schnell einen Namen. Als eines von sehr wenigen Teams, die sich trauten, Aufträge anzunehmen, die mit den neuen Pokémon zu tun hatten, waren sie bald eine beliebte Anlaufstelle für hilfebedürftige Pokémon. Die Möglichkeit, einerseits anderen helfen zu können, andererseits die Herzlosen zu beseitigen, und dabei auch noch so weit herumzukommen, dass er hoffentlich bald Donald, Goofy und den Gumi-Jet zu finden, kam Sora nur gelegen. Außerdem machte es ihm unglaublich viel Spaß, an der Seite seiner neuen Freunde diese neue Welt zu erkunden. Frosty und Flora waren wertvolle Kameraden, die Sora um keinen Preis der Welt wieder missen wollte.

Immer häufiger bekamen sie inzwischen Hilfegesuche, die sie in weiter entfernte Gegenden führten. Je weiter sie sich vom Dorf entfernten, desto höher wurde die Zahl der Herzlosen, an denen sie sich vorbeikämpfen mussten, doch gleichzeitig wurden ihre Abenteuer auch spannender – und Sora war ohnehin niemand, der vor einer Herausforderung zurückschreckte.

Zwar klang Feuerberg nicht wirklich einladend, aber das hinderte Team Highwind nicht daran, mutig besagten feurigen Berg zu erklimmen, vorbei an Lavatümpeln und Bächen.

„Es ist heiß hier“, klagte Frosty bald, und auch Flora sah aus, als hätte es schon bessere Tage gesehen. Sora selbst war es auch viel zu warm – so ein Pelz war unglaublich unpraktisch! Jemand hätte ihn warnen sollen.

„Dann müssen wir uns eben beeilen“, murmelte er kopfschüttelnd, „Damit wir bald wieder raus kommen aus dieser brütenden Hitze.“
 

Es war leichter gesagt als getan. Ihre Aufgabe, ein verirrtes Lunastein zu finden, erwies sich als ungewohnt schwierig, da das gesuchte Pokémon sich einfach nicht an die Gesetze der Schwerkraft hielt und entsprechend die unwegsamsten Wege beschritt. Bald waren Soras Pfoten wundgescheuert von dem Versuch, über das raue Gestein zu klettern, hinauf und hinab, immer auf den Spuren von ihrem Ziel.

Es war anstrengend.

Sora wurde müde. Frosty war längst erschöpft. Flora genauso. Schon seit einer gefühlten Ewigkeit hatten sie kein Wort mehr gewechselt, waren nur noch verbissen weitergeklettert, voran, voran, immer auf der Suche nach der schwebenden Mondsichel, die außer Reichweite blieb, egal wie oft sie ihre trockenen Kehlen zu einem Ruf bemühten.

Lunastein war schüchtern. Und verängstigt. Sora hätte Verständnis dafür haben können, wenn er nicht so unglaublich fertig wäre.

„Wir dürfen nicht aufgeben“, keuchte Frosty, als sie den unendlichsten Aufstieg bewältigten, sich an einer Felskante hinaufzogen und ächzend auf einem Plateau aus angenehm kühlem Gestein liegen blieben. In unmittelbarer Nähe befand sich keine Lava.

 

„Wenn ich ihr wäre, würde ich hier kein Päuschen einlegen“, kam eine kühle Stimme hinter einem Felsbrocken hervor. Elegant erschien ein Pokémon hinter dem Gestein, weiß mit einem schwarzen Gesicht und einer Sichel auf dem Kopf.

„Absol!“

„Hey du! Was willst du damit sagen?!“

Das Pokémon schnaubte, ohne wirklich boshaft dabei zu klingen.

„Was ich damit sagen will, ist, dass dieses Gebiet ausgesprochen gern von den ansässigen Gestein-Pokémon für ein Nickerchen benutzt wird. Sie mögen es nicht, wenn man ihnen ihren Platz streitig macht.“

Es schüttelte den Kopf, wies  dann mit einer anmutigen Kopfbewegung in Richtung eines schmalen Pfads zwischen den Felsen.

„Euer Ziel ist da hinten. Folgt einfach dem Weg, es hat sich erschöpft und wird kaum wieder weglaufen. Und dann solltet ihr hier verschwinden. Hab mir sagen lassen, zu viel Hitze kann zu Kopf steigen.“

 

Und damit verschwand das fremde Pokémon, so lautlos und unerwartet, wie es gekommen war.

 

Es behielt allerdings Recht; sie fanden Lunastein, als sie dem Pfad folgten. Es war unglaublich erschöpft, aber dadurch immerhin nicht mehr fluchtfähig und hörte ihnen endlich einmal zu. Als es begriff, dass sie nur dort waren, um ihm zu helfen, begleitete es sie bereitwillig wieder hinunter vom Berg.

 

Sora war in seinem Leben noch nie so froh gewesen, eine Pfütze zu entdecken wie an diesem Tag.

 

 

 

Innerhalb der nächsten Aufträge wurde es zu einem Ritual.

Immer wieder tauchte Absol auf, um zu helfen. Manchmal, indem es eine schiere Übermacht an Herzlosen zurückzudrängen half – mit einer kühlen Professionalität, die ganz untypisch war für ein Pokémon. Selbst Frosty und Flora gerieten immer noch in schreckbedingtes Zögern –, manchmal, indem es schlicht Tipps und Hilfestellungen gab, doch wenn es wirklich hart auf hart kam, war Absol da und half.

Mehr unbewusst begann Sora, sich darauf zu verlassen, dass das coole Pokémon kommen würde, um ihnen zu helfen, sollte einmal etwas schief gehen.

Vielleicht wurde er deshalb leichtsinnig.

Vielleicht wurden die Herzlosen einfach nur mächtiger.

Vielleicht war es eine Mischung von Beidem.

 

Als Sora allerdings viel zu weit über dem Meeresspiegel mit dem Rücken zu einem Abgrund auf einem Felsplateau stand, umringt von Herzlosen, Frosty und Flora schon erschöpft am Boden, fehlte es ihm an jeder Muße, die Gründe für sein Unheil zu ergründen.

Zwischen Herzlosen und Schlüsselschwertschwingern blieb für Überlegungen allgemein einfach keine Zeit mehr.

Leider half es kaum, einen Herzlosen zu vernichten, wenn gleich zwei weitere seinen Platz einnahmen.

Keine Spur von einem rettenden Absol.

Oder irgendeiner anderen Rettung. Sora hätte gerade auch einen balletttanzenden Leon genommen. Oder einen ariensingenden Cloud.

Oder Tidus und seine große Klappe. Wobei das nun wirklich unwahrscheinlich war.

 

„Hiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiilfe!!!“

 

Und natürlich kam stattdessen das, was er am Allerwenigsten gebrauchen konnte: Ein Hilferuf.

„Ich brauche selbst Hilfe, verdammt!“, rief Sora entrüstet die Steilwand hinauf, doch alle Antwort, die er bekam, war ein weiterer Schrei, und dann erschien über ihm am Himmel plötzlich eine Silhouette, die immer größer wurde.

Da fiel jemand.

Es wurde Sora erst klar, als das seltsame Pokémon mit dem Pinselschwanz mit einem dumpfen Laut neben ihm aufschlug. Es jammerte. Es wimmerte, rieb sich den Hintern, auf dem es gelandet war, und stand mit einer gigantischen Schmollschnute wieder auf.

„Von wegen, du musst nicht kämpfen! Pah! Das nächste Mal kann dieses Narbengesicht seinen Mist selbst machen…! Ich bin absolut nicht für sowas geeigne-eeeeeeeeeeeh?!“

Erst jetzt bemerkte seine neue Gesellschaft Sora – und die Herzlosen. Die Augen des Pokémon wurden immer größer, während es sich panisch umsah.

„Oh-oh… ahaha. Hab ich schon erwähnt, dass da oben noch mehr sind? Nein? Also, da oben sind noch mehr. Haha…“

Bei allen Sorgen fand Sora noch die Zeit, resigniert den Kopf schütteln.

„Tu mir den Gefallen und verlier den Verstand erst, wenn wir hier wieder raus sind, ja?“, murmelte er entnervt, ehe er sein Schlüsselschwert wieder beschwor, das er im vorangegangenen Schreck verloren hatte.

 

„Woah, ist das–?“

 

„Ein riesiger, gigantischer, ziemlich missgelaunt aussehender Teddybär.“

Der einfach so aus dem Himmel gefallen war, und nun Herzlosen über Herzlosen mit seinen Krallen zerriss. Sora lachte, Kampfesmut und Siegeswille längst wieder zurückgekehrt.

„Los, mach sie fertig, großer Brummbär!“, rief er freudig, ehe er sich mit neuen Kraftreserven, von dessen Existenz er nicht einmal gewusst hatte, erneut in den Kampf stürzte.

Sogar das Pinsel-Pokémon schaffte es irgendwann, so etwas wie einen produktiven Beitrag zu leisten. Es schleppte die erschöpften Frosty und Flora aus dem Kampfgetümmel.

 

Als es vorbei war, fanden sie Unterschlupf in einer Höhle, zu der ein vergleichsweise leichter Abstieg führte. Sora war erschöpft, aber zufrieden, Frosty und Flora kamen auch so langsam wieder auf die Beine.

„Ihr solltet euch ausruhen“, brummte der Bär missmutig, während er sich hochstemmte. Mit seiner beachtlichen Größe schien er die ganze Höhle auszufüllen, wenn er stand.

„Ich werde mich nach dem schnellsten Abstieg umsehen. Pinsel! Du kommst mit.“ – „Aber waruuuum~? Ich bin auch müde!“

Der Bär schnaubte nur.

„Als ob. Du faules Stück hast nichts getan. Beweg dich, oder du wirst es bereuen!“

Sora verstand nicht recht, wieso, aber die Drohung zog. Der Pinsel verschwand ganz folgsam aus der Höhle, der Brummbär folgte, und Sora schloss erschöpft die Augen.

Große Helden brauchten ab und zu eben auch ein wenig Schlaf.

Zwiegespräche I

„Ich hoffe ernsthaft für dich, du hast bisher irgendetwas Sinnvolles vorzuweisen, Demyx.“

 

Angesprochener hatte den Anstand, für einen Moment tatsächlich beunruhigt auszusehen, doch dann schlich sich ein träges Grinsen auf sein Gesicht und er winkte lässig ab – so lässig man eben noch abwinken konnte, wenn man eine Witzfigur von einem Pokémon war, das obendrein einen Pinsel als Schwanz hatte.

„Natürlich doch, Xiggy~ Du weißt doch, Informationsbeschaffung kann ich. Nur sobald es ans Kämpfen geht…“

Er zuckte mit den Schultern, grinste noch breiter, selbstzufrieden. Aber darum drück ich mich ja meistens.

„Dann sprich, Faulpelz, und ich überlege, ein halbwegs gutes Wort beim Boss für dich einzulegen. Ist dir eigentlich bewusst, dass deinetwegen die Gefangene entkommen ist? Der Boss lässt schöne Grüße ausrichten – noch ein Fehltritt, und du kannst deinen Tänzern Gesellschaft leisten. Als Dämmerling.“
 

Die Drohung war genug, um Demyx jedes heitere Grinsen vom Gesicht zu wischen, und im Angesicht der Bedrohung seiner ganzen Existenz – wenn man sie denn so nennen konnte – wurde er ungewöhnlich ernst.

„Das hier“, er gestikulierte an seinem eigenen, absolut un-demyx-haften Körper hinunter, „ist der Zauber von einem dieser Pokémon. Ich habe nicht ganz herausbekommen, welches Vieh hier Schuld ist, aber Fakt ist, wir sind in dieser Gestalt gefangen, bis besagtes Vieh den Zauber rückgängig macht.“

Keine Nachricht, die Xigbar erfreute, und Demyx verzog unleidlich das Gesicht, als der Bär das Knurren begann. Zur Sicherheit trat er noch einen Schritt zurück, damit er gar nicht in Reichweite der riesigen Pranken war, und erst, als er sicher war, dass kein unüberlegter Schwinger ihn treffen konnte, wagte er einen beleidigten Blick in Richtung seines Kollegen – hey, er war nicht schuld an diesem blöden Zauber!

„Weiter.“

„Meine Informationen sind nicht vollständig zu bestätigen, aber aufgrund der Dinge, die ich in Erfahrung bringen konnte, sowie Geschichten vergangener Vorkommnisse in dieser Welt, gehe ich davon aus, dass unsere Situation folgendermaßen aussieht: Wenn die Herzlosen vernichtet sind, kriegen wir unsere Körper wieder. Vor einiger Zeit gab es schon einmal eine Situation, bei der ein Mensch in ein Pokémon verwandelt wurde, um eine große Katastrophe abzuwenden. Es ist naheliegend, dass wir von denselben Gedankengängen motiviert in diesem Schlamassel gelandet sind.“

Xigbar seufzte.

„Das bedeutet, wir kommen am Weitesten, wenn wir diesem dummen Gör helfen.“ – „Damit es die Welt rettet. Genau.“

Demyx spuckte die Worte geradezu aus. Weltretten. Pah. So ein kindischer, idealistisch-utopischer Unfug.

„Also gut. Hör zu, Faulpelz. Du gehst zurück an deine Arbeit und erledigst, was der Boss dir aufgetragen hat. Ich kümmer mich um das Gör und seine albernen Hampelmannfreunde. Und wenn ich dir noch einmal deinen bepinselten Arsch retten muss, wirst du dir wünschen, du hättest gar keinen bepinselten Arsch mehr!“

 

„Den wünsch ich mir sowieso nicht, Xiggy.“ – „DEMYX!“

 

„Eeeeeeeeeeek! Ich bin schon weg!“
 

Xigbar hatte nicht gewusst, dass Demyx so schnell laufen konnte.

Neue und alte Freunde

Sora schlief, bis jemand ihn nicht ganz sanft wachrüttelte. Träge gähnend blinzelte er auf, zu dem großen Bären, der tatsächlich wiedergekommen war.

„Hoch mit dir, Pelzball. Ich hab nen Abstieg gefunden. Je eher wir unten sind, desto besser.“

Dem stimmte Sora definitiv zu, und so raffte er sich schnell genug auf, schüttelte sich, um seinen Pelz wieder zu richten. Die plattgelegenen Haare waren unglaublich unbequem! Dann stapfte er zu Flora und Frosty hinüber, um beide anzustupsen und zu wecken.

„Hey ihr zwei! Wacht auf! Wir wollen weiter.“

Zwar waren beide Pokémon nicht besonders schwungvoll, aber sie kamen hoch. Der Bär – ein Ursaring, wie Sora schnell lernte – hatte wirklich gute Arbeit mit ihrem Rückweg geleistet. Sie kamen unerwartet gut wieder den Berg hinunter. Und auch wenn ihr neuer Begleiter eher schweigsam und brummig war, Sora mochte ihn – immerhin hatte er ihnen das Leben gerettet!

 

Und nachdem sie eine Weile schweigend unterwegs waren, taute Ursaring immerhin weit genug auf, um tatsächlich noch von sich aus ein Gespräch zu initiieren:

„Wie lange macht ihr diesen Retterteam-Unsinn schon?“ – „Das ist kein Unsinn!“, ereiferte sich Frosty sofort, dann räusperte es sich gewichtig.

„Nicht so lange, zugegeben. Aber dank Sora sind wir schon richtig beliebt! Wäre er nicht dabei, kämen wir nicht gegen diese Herzlosen-Pokémon an.“

Ursaring brummte verstehend.

„So so. Hat euer Team noch Platz für eine Person?“

„Natürlich.“

Sora lachte fröhlich.

„Aber nur, wenn wir dir einen ordentlichen Namen geben dürfen!“

Für einen Moment sah es so aus, als wollte Ursaring ihn allein für den Vorschlag in zwei Stücke reißen, doch dann nickte das Pokémon schroff, ein gefährliches Grinsen im Mundwinkel.

„Mach mal, Pelzball.“

 

Immerhin musste Sora dieses Mal nicht lange überlegen.
 

„Teddy!“ – „Teddy. Ist das dein Ernst?“

Er grinste zufrieden.

„Klar! Du siehst schon aus wie einer, das passt doch super!“

„Als ob…“

Begeisterung sah anders aus, aber das kümmerte Sora eher wenig. Er fand, es passte perfekt! Sehr zu seiner Freude sparte sich Teddy auch jeden Protest. Über einen Namen zu streiten wäre Sora aber auch zu anstrengend gewesen nach so einem langen Tag.

 

 

 

Zurück im Dorf stellte sich erneut der Alltag ein. Mit Teddy als Unterstützung lösten sie die meisten Aufträge erheblich schneller als zuvor, und Team Highwind wurde immer berühmter, je öfter sie auszogen, um einen Bittsteller glücklich zu machen.

Es war längst nicht mehr nur Post, die sie erreichte: Oft genug kamen die Pokémon schon persönlich vorbei, um sich Hilfe von ihnen zu erbitten. Für Sora war es schon nicht mehr verwunderlich, wenn er von einem Spaziergang oder Erkundungstrip – immerhin suchte er immer noch nach Donald und Goofy! – zurückkam, und vor der Basis ein Pokémon auf ihn wartete.

So wie jetzt.

Das Pokémon war ihm fremd. Ein bisschen menschenähnlich, weiß, mit einer Art von Röckchen, und einem grünen Haarhelm auf dem Kopf – anders wusste Sora es einfach nicht zu bezeichnen. Aber es war hübsch, für ein Pokémon.

„Hallo! Kann ich dir helfen?“, begrüßte er den Fremdling freundlich, als er herangekommen war. Einen Moment lang sah das Pokémon ein wenig erschrocken von der jähen Ansprache aus, dann lächelte es.

Und erstarrte.

Blinzelte.

Blinzelte noch einmal. Geweitete Augen blickten auf Sora hinunter, und zierliche Pokémon-Hände legten sich vor einen inzwischen zu einem erstaunten O geformten Mund.

„Ich glaub es nicht… Sora. Du bist Sora!“

 

Es war nicht mehr ungewöhnlich, dass Pokémon seinen Namen kannten. Sie waren eben berühmt geworden. Aber die Reaktion dieses speziellen Pokémon ließ Sora trotzdem stocken.

Irgendetwas…
 

Es wurde ihm mit der Wucht eines Schlags ins Gesicht klar, was an diesem Pokémon anders war.
 

„Kairi! Was machst du hier?“ – „Dasselbe könnte ich dich fragen! Oh Sora, bin ich froh, dass es dir gut geht.“

Natürlich ging es Sora gut! Er schüttelte den Kopf, stieß Kairi seinen Kopf drängend in den Bauch und bugsierte sie so in Richtung des Eingangs zu der kleinen Hütte, die die Basis von Team Highwind war.

„Komm rein. Erzähl mir alles. Wir haben uns viel zu lange nicht mehr gesehen!“

Kairi lachte. Sora lachte. Kairi lachte noch mehr, und es war wunderschön, und Sora wünschte sich, dass sie niemals damit aufhören würde.

 

Ein paar Stunden später hatten sie ihre Geschichten getauscht – Sora hatte davon erzählt, wie er schlussendlich Riku und den König zu suchen begonnen hatte, nachdem sie die Tür zur Dunkelheit geschlossen hatten, und wie er so schließlich viele neue Abenteuer erlebte und an diesem seltsamen Ort gelandet war. Wie er Frosty und Flora kennengelernt hatte, wie vielen Pokémon er geholfen hatte, wie viele Herzlose besiegt, dass er Donald und Goofy suchte.

Kairi erzählte, wie der Rotschopf in der Kutte versucht hatte, sie zu entführen. Wie sie in Twilight Town neue Freundschaften geschlossen hatte, und dann tatsächlich entführt worden war in eine Welt, in der es niemals Tag war und niemals jemand wirklich lachte. Wie sie entkommen war, wie sie selbst in dieser Welt gelandet war und seitdem durch die Wildnis geirrt, nicht wissend, wohin mit sich und wie sie ihre eigentliche Gestalt zurückerhalten sollte. Erst kürzlich hatte sie von diesem Pokémon-Dorf gehört, und kaum, dass sie es erreicht hatte, hatte sie tatsächlich überlegt, sich an eines der Retterteams zu wenden mit ihrem Kummer – und da schloss sich der Kreis. Das war der Moment, als sie auf Sora getroffen war.

„Ich bin wirklich froh, dich wiederzusehen, Sora“, murmelte Kairi, als sie mit ihrer Geschichte geendet hatte. Sie schmunzelte, als sie ihren alten Kindheitsfreund betrachtete, „Auch wenn es ungewohnt ist, auf dich hinabzusehen. Ich meine, der Größte warst du ja nie, aber…“

„Hey! Wart’s nur ab! Wenn ich meinen Körper wiederhabe, siehst du mal, wie ich dir über den Kopf gewachsen bin! Ich bin jetzt bestimmt größer als Riku!“

Kairi lachte, schüttelte den Kopf.

„Bestimmt.“

Sora war sich sogar sehr sicher, dass er Riku über den Kopf gewachsen war.

Dass Riku selbst gewachsen sein könnte, daran dachte er nicht.

 

„Sag mal, Kairi… was machst du dann jetzt? Wirst du bei uns mitmachen?“

Der Gedanke erfreute Sora, und mehr unabsichtlich zuckten seine Ohren aufgeregt, während er Kairi ungeduldig ansah, eine Antwort erwartend. Sie ließ sich Zeit mit ihrer Antwort, lächelte ihn zuerst einfach nur lange sanft an. So wenig Sora gerade ihr Gesicht sehen konnte – ihr wahres Gesicht –, so sehr hatte er es vor Augen. Die dunkelroten Haare, die es umrahmten, den hübsch geformten Mund, und die großen, strahlenden Augen, die immer so wunderbar hell leuchteten, wenn sie ehrlich lächelte.

„Gerne. Ich möchte deine Freunde kennenlernen, Sora.“

 

 

 

Mit Kairi an ihrer Seite hatte Sora das Gefühl, dass nichts und niemand sie mehr aufhalten konnte – und die kommenden Aufträge verliefen auch hervorragend gut! Sie kamen zwar wiederholt in brenzlige Situationen, doch waren sie immer in der Lage, sich selbst abzufangen.

Das Absol kam nicht wieder.

Sora vermisste es auch nicht. Er hatte alles um sich, was er brauchte: Kairi, Freunde, auf die er sich verlassen konnte, was wollte er mehr? Dass von Donald und Goofy immer noch jede Spur fehlte, betrübte ihn, doch er wusste, sie würden sich immer wiederfinden. Das war schließlich die Art von Freundschaft, die sie verband.

 

Und spätestens, als sich zu den Herzlosen irgendwann auch Wolkenbrüche, Gewitter und Hitzewellen gesellten, sowie kleinere und nicht ganz so kleinere Erdbeben, war Sora ganz froh, dass Donald und Goofy das nicht mitmachen mussten.

 

So sehr Donald immer etwas anderes behauptete, am Ende war er doch einfach nur eine Panikente.

Zwiegespräche II

„Was willst du, Faulpelz?“

Xigbars Funkeln verriet sehr genau, dass er gerade wenig Lust auf unnötige Plaudereien hatte. Wie gut für Demyx, dass er auch gar nicht für unnötige Plaudereien gekommen war. Er grinste vage, machte eine wegwerfende Handbewegung.

„Dachte, die neuen Infos interessieren dich vielleicht, Xiggy~“, singsangte er demonstrativ gut gelaunt, was dem älteren der beiden Niemande nur ein missgelauntes Stirnrunzeln entlockte. Eigentlich war Demyx ja froh, dass sich Xigbar selten zu mehr Zeichen von Unmut provozieren ließ.

 

„Sprich.“

„Aaaaalso…“, begann Demyx langgezogen, immer noch grinsend, doch dann fiel das Grinsen schlagartig in sich zusammen und er sah ernst zu dem Bären auf, der gut doppelt so groß war wie er selbst – zumindest fühlte es sich so an! Demyx passte der neue Größenunterschied nicht wirklich. Er seufzte leise.

„Ich habe herausgefunden, dass die Herzlosen sich besonders um ein paar bestimmte Pokémon sammeln – die legendären Pokémon, wie sie genannt werden. So wie ich das verstehe, sind das Pokémon, die nicht nur superselten sind, sondern obendrein auch supermächtig. Und sie haben Einfluss auf die Umwelt, das Wetter… kurzum: Die ganze Welt. Wenn die Herzlosen es schaffen würden, diese Pokémon zu vernichten, würde diese Welt völlig aus den Fugen geraten. Die Temperaturschwankungen in letzter Zeit, die kleinen Erdbeben, die sind alle darauf zurückzuführen, dass diese legendären Pokémon von den Herzlosen drangsaliert werden.“

Xigbar brummte, alles andere als zufrieden. Demyx ahnte schon, weshalb – Informationen waren schön und gut, wenn man nichts mit ihnen anfangen konnte, weil sie kaum halbvollständig waren. Gerade jemand wie Xigbar, der in der Regel mehr von seinem Gegenüber wusste als sein Gegenüber selbst, konnte mit sowas doch überhaupt nicht.

Und Demyx fand es lustig. Wahrscheinlich hätte er es gewagt, Xigbar noch ein bisschen zappeln zu lassen, wenn nicht vor allem auch sein eigenes Nicht-Leben von diesem ganzen Mist abhängen würde.

 

„Ich weiß, wo die legendären Pokémon sind. Und ich habe entdeckt, dass die Herzlosen so etwas wie einen Anführer haben. Die Pokémon nennen diesen Ort Magmahöhle. Das legendäre Pokémon Groudon haust dort. Es ist schuld an der Hitze und den Erdbeben.“

Dieses Mal wirkte Xigbar schon um einiges zufriedener. Er nickte, bleckte die Zähne in einem angsteinflößenden Grinsen, das Demyx die meiste Zeit aber doch ganz schön kalt ließ – He, er war sowieso ein Niemand, sowas wie Angst hatte ihm eh fremd zu sein.

„Kaum zu glauben, wie nützlich du sein kannst, Faulpelz. Kein Wunder, dass der Boss dich noch nicht abgeschoben hat.“

Demyx wusste nicht, ob es Beleidigung oder Lob sein sollte, aber wo Xigbar ihm da keinerlei Hinweis gab, beschloss er, dass er das ruhig selbst entscheiden konnte, und natürlich entschied er sich für Lob. Er grinste zufrieden.

„Jederzeit wieder~ Zumindest, solange du dafür sorgst, dass Narbengesicht nicht auf die Idee kommt, mich nach Agrabah zu schicken. Noch eine Stunde mehr als nötig in diesem versandeten Drecksloch und ich werde wahnsinnig!“ – „Ich werde sehen, was sich machen lässt. Sei lieber froh, wenn er dich nicht gleich in den nächsten Vulkan schickt.“

 

Das Schlimmste daran war, dass es Saïx zuzutrauen war. Demyx hoffte inständig, dass es einfach keine Welten dort draußen gab, die betretbare Vulkane hatten.

 

(Hätte er gewusst, dass doch, es Welten dort draußen gab, in denen es auch betretbare Vulkane gab, er hätte womöglich seine Kündigung eingereicht.)

 

Ehe Demyx sich nach diesem herzerwärmenden – haha – Gespräch hätte wieder aus dem Staub machen können, hielt Xigbar ihn noch einmal zurück.

„Ich habe eine neue Aufgabe für dich, Faulpelz.“

Demyx hasste neue Aufgaben.

„Xiggy~“, jammerte er kläglich, doch so kläglich er auch jammerte, die nicht existenten Herzen der anderen Niemande hatte er damit noch nie erweichen können. Das funktionierte nicht einmal bei Axel!

Und von Xigbar bekam er für seine Attitüden immer nur unbeeindruckte Blicke zugeworfen. Er seufzte resigniert, kratzte sich am Kopf.

„Jah? Was denn?“ – „Finde die Freunde von diesem Gör.“ – „Welche bitte?“

Xigbars Hand kollidierte mit seiner Stirn, was ausgesprochen interessant aussah bei seinem Bärenkörper, aber leider blieb Demyx aufgrund des folgenden Funkelns doch ein bisschen das Lachen im Halse stecken. Er mochte nicht sterben können – immerhin lebte er auch nicht! –, aber er konnte Schmerzen empfinden, danke auch! Und die wollte er nicht provozieren. Nicht öfter als nötig zumindest.

„Donald und Goofy. Finde sie. Wenn wir die Herzlosen zurückschlagen wollen, brauchen wir jede Verstärkung, die wir bekommen können.“

Demyx seufzte erleichtert.

 

Immerhin musste er nicht kämpfen.

Das Ende einer Reise

Die Erdbeben häuften sich. Es wurde wärmer und wärmer. Die Idee, dass das ganze Dilemma mit der Magmahöhle und ihrem Bewohner zusammenhängen könnte, kam mehrfach auf. Dass sie schlussendlich auch bei Team Highwind landete, verwunderte niemanden. Dass Team Highwind obendrein die einzigen waren, die so lebensmüde waren, tatsächlich eine Exkursion zur Magmahöhle in Erwägung zu ziehen, war ähnlich wenig verwunderlich.

Trotzdem stellte sich am Tag ihrer Abreise ein seltsames Gefühl bei der Gruppe ein. Seit Teddy während ihrer Reiseplanung erwähnt hatte, dass er gehört hatte, ein riesiger Herzloser sei in der Höhle zu finden, hatte sich bei ihnen allen schon der Gedanke breitgemacht, dass dies ihr letztes gemeinsames Abenteuer sein könnte.

 

Sora hatte keine Angst vor dem, was sie an ihrem Ziel erwarten würde. Trotzdem ertappte er sich dabei, wie seine Schritte langsamer wurden, als der zur Höhle gehörige Berg in der Ferne in ihrem Blickfeld auftauchte.

Er war nicht der Einzige. Neben ihm kam Frosty zum Stehen. Dann Flora. Kairi. Auch Teddy blieb stehen, wenn auch er eher missgelaunt als wehmütig aussah – aber eigentlich sah er immer missgelaunt aus, also war Sora sich sicher, dass ihn im Grunde die gleiche Wehmut ergriff wie die restlichen Mitglieder von Team Highwind.

„Was meint ihr… was passiert, wenn wir diesen Herzlosen besiegen?“

Frostys Stimme war ungewohnt leise, es sah geknickt aus. Sora grinste, nicht ganz ehrlich unbekümmert.

„Was dann? Na, dann kommen wir zurück, und feiern unseren Sieg! Und danach… wird man sehen. Ich fürchte wirklich, Kairi und ich müssen dann wieder los, aber wir können euch ja jederzeit besuchen kommen und wieder auf Abenteuerreise gehen!“

Frosty nickte, aber es wirkte nicht ganz überzeugt. Kairi trat neben das Pokémon, berührte es sanft an der Schulter.

„Schau nicht so traurig aus. Lache. Wenn wir uns nachher erst einmal trennen müssen, sollen unsere letzten Erinnerungen aneinander schöne sein, nicht wahr? Damit wir im Gedächtnis halten können, wie wir miteinander gelacht haben, bis wir uns wiedersehen, um erneut gemeinsam zu lachen.“

Wieder nickte Frosty, doch dieses Mal lächelte es sogar schon wieder. Ein bisschen schief noch, aber ehrlich. Auch Sora lächelte – Kairis Art, mit Worten umzugehen, war schon immer beeindruckend gewesen.

„Und natürlich werden wir wieder zusammen lachen!“, fügte Sora grinsend hinzu und hüpfte fröhlich in die Luft, „Und beim nächsten Mal bringen wir noch ein paar mehr Freunde mit!“

 

Es war einfacher. Mit der Zukunftsaussicht auf unendlich viel gemeinsames Gelächter, wann immer sie einander sehen wollten, waren die letzten Schritte bis zum Eingang der Magmahöhle so viel einfacher.

 

Mit dem Einfachsein hörte es allerdings auf, kaum, dass sie die Höhle betreten hatten. Die Herzlosen, die sich außerhalb nur spärlich gezeigt hatten, waren hier in rauen Mengen unterwegs. Während sie sich zwischen Stalagmiten, Stalaktiten und Magmatümpeln hindurchkämpften, wurde schnell klar, dass diese womöglich letzte Mission, die sie sich auferlegt hatten, um einiges schwerer werden würde, als sie bisher angenommen hatten.

Überhaupt ihr Ziel zu erreichen wurde eine Kraftprobe von solcher Intensität, dass Sora sich schlussendlich, als sie keuchend und schwitzend in der Ferne schon das bedrohliche Grollen von Groudon und seinem ungebetenen Gast hören konnten, ernsthaft fragte, wie sie überhaupt so weit hatten kommen können.

Dass er es sich laut gefragt hatte, merkte er erst, als Frosty ihm mit einem atemlosen Lachen antwortete:

„Mit Freundschaft natürlich!“

 

Freundschaft. Natürlich. Sora grinste breit.

„Klar!“

 

„Letzte Chance, ihr Pimpfe. Jeder, der Schiss kriegt, sollte jetzt umkehren, später habt ihr dazu keine Gelegenheit mehr.“

Teddys schroffe Worte zerrissen die heitere Stimmung schnell wieder. Sora verzog unwillig das Gesicht, schüttelte entschlossen den Kopf.

„Ich werde nicht umkehren. Die Pokémon verlassen sich auf uns!“ – „Ganz genau!“, stimmte Frosty zu, „Außerdem sind wir ein Retterteam. Es ist unser Job, das hier zu Ende zu bringen. Das hier ist, wovon ich mein Leben lang geträumt habe! Ich mache keinen Rückzieher.“

„Heh, ich auch nicht. Mama würde mir das ewig vorhalten.“

„Ich bleibe ebenfalls. Ich werde an Soras Seite sein, bis zum Schluss.“

Kairis warme Hand streifte Soras Kopf, schon an der Geste spürte er, dass sie lächelte. Teddy schüttelte den Kopf, zuckte dann aber die Schultern.

„Macht, was ihr wollt, ihr Rotzgören. Aber bewegt euch.“

 

Sora machte den ersten Schritt. Kairi folgte. Frosty. Flora. Hintendrein lief Teddy, die Nachhut. Mit jedem Schritt, den sie taten, wurde das Grollen vor ihnen lauter, bis es irgendwann so ohrenbetäubend laut war wie Donnerkrachen, bis es die Wände um sie herum zum Erbeben brachte.

 

An der Seite seiner Freunde hatte Sora keine Angst.

 

Im Angesicht eines riesigen Schattenborn wankte seine Entschlossenheit keinen Moment. Das Schlüsselschwert fest zwischen den Kiefern trat er mutig voran.

 

Das Gebrüll des riesigen Pokémon, das inmitten eines Magmasees hauste, erschreckte ihn nicht, wo in seinen Ohren noch das Gelächter seiner Freunde nachhallte.

 

Frostys klauenbewehrte Hand klopfte ihm sanft auf den Kopf.

 

„Retten wir die Welt, Freunde! Team Highwind, ausrücken!“

 

Der Kampf begann.

 

Der Schattenborn allein, vielleicht, wäre kein Problem gewesen. Zusammen mit all den kleinen Schattenlurchen, die er immer und immer wieder zur Hilfe rief, zusammen mit dem fremden, völlig außer Kontrolle geratenen Pokémon hingegen…

Sora verlor innerhalb der ersten Minuten aus den Augen, was seine Freunde taten. Er wusste, dass Kairi zusammen mit Flora zu Groudon vorgestürmt waren; mit ihren Pokémon-Magien, die andere Pokémon einschläfern konnten, versuchten sie, Groudon zu beruhigen.

Das Gebrüll, das immer wieder die Höhle zum Erbeben brachte, ließ aber vermuten, dass ihre Bemühungen von wenig Erfolg gekrönt waren.

Teddy war irgendwo zwischen den schwarzen Gestalten der Herzlosen verschwunden.

Frosty war unter einer Flut Schattenlurche begraben worden. Er hatte sich befreit, das hatte Sora an seinem Kampfgebrüll erkannt, doch danach hatte er keine Spur mehr von seinem ersten Pokémon-Freund erblickt.

 

Sora sah nur noch Herzlose. Sah nur noch den Schattenborn vor sich, dessen Vernichtung er sich zur Aufgabe gemacht hatte, nachdem er der einzige von ihnen war, der ein Schlüsselschwert trug.

 

Mitten im Kampf erschien ein weißer Blitz, fuhr durch den Schattenborn wie eine Klinge aus strahlendem Licht und landete dann leichtfüßig neben Sora.

„Absol!“

 

In der Schnauze trug es ein Keyblade. Sora kannte es nicht.

 

„Hn. Du kriegst doch wirklich nichts alleine hin.“ – „H-hey! Wieso bist du überhaupt hier?“

 

„Ich könnte dich niemals alleine lassen. Und jetzt kämpfe, Sora! Plaudern kann man später!“

 

Sora kämpfte.

Absol kämpfte. Sie waren ein gutes Team, ohne dass Sora jemals hätte sagen können, warum es so war.

Es wurde einfacher. Gemeinsam konnten sie den Schattenborn zurückdrängen.

 

„Soraaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!“

 

Die Stimme war vertraut – der Körper nicht. Sora brauchte einen Moment, um in dem dicken, gelben Enten-Pokémon mit dem Magierstab in der kleinen Pfote seinen Freund zu erkennen, brauchte einen Moment, bis er begriff, dass er die seltsame kleine Schildkröte mit dem missraten-deplatziert aussehenden Gesicht kannte.

 

„Donald! Goofy!“

 

Der Schattenborn fiel.
 

Die Schattenlurche fielen. Oder flohen.

 

Groudons Brüllen war verstummt. Sora konnte nicht sagen, wann. Doch als der Lärm des Kampfes in seinen Ohren verklang, war das Pokémon still. Es schlief nicht einmal. Seine uralten Augen blickten schweigend hinab auf die ungleiche Gruppe, die sein Heim vor der Dunkelheit beschützt hatte.

 

„…danke.“

 

Ja… Vielen Dank. Die Dunkelheit ist besiegt. Ich tat gut daran, euch herzuholen.

 

„Hey! Du schon wieder! Was geht hier vor sich?“, rief Sora, fast empört. Es störte ihn nicht, kopfüber in diese Welt gefallen zu sein. Aber diese körperlose Stimme irritierte ihn.

Vor ihm erschien ein gleißender Lichtschein, und als dieses Licht verblasste, schwebte dort ein Pokémon. Es erinnerte Sora an Kairis aktuelle Gestalt, allerdings war es viel größer, anmutiger noch. Es war wunderschön.

 

„Entschuldigt… Es kostet Kraft, mich euch zu zeigen. Kraft, die ich brauchte, euren Zauber aufrecht zu erhalten. Aber nun ist es vorbei. Eure Aufgabe ist erledigt, und ich danke euch. Es wird Zeit, dass ihr zurückkehrt.“

Das fremde Pokémon lächelte sanft.

„Verabschiedet euch von euren Freunden. Dann werde ich euren Zauber lösen.“

 

„Abschied… Sora. Kairi. Werdet ihr fortgehen?“

Soras Grinsen fiel dieses Mal doch etwas schiefer aus, als er gern gewollt hätte. Frostys trauriger Blick war einfach bekümmernd.

„Wir kommen wieder“, versprach er, und nun kam das Grinsen langsam wieder in altem Strahlen zurück, „Wie versprochen! Und dann lachen wir wieder gemeinsam. Und gehen auf große Abenteuer! Also pass gut auf Team Highwind auf, solange wir weg sind.“

„Team Highwind? …heh.“

Es waren die letzten Worte, die Sora von Absol hörte, ehe es einfach aus ihrem Sichtfeld schoss und in der Dunkelheit der Höhle verschwand.

 

Sora hatte das Gefühl, mit Absol war etwas sehr, sehr wichtiges gegangen, das er hätte festhalten müssen.

 

„Wir passen gut auf“, versprach Flora  mit einem aufmunternden Lächeln, „Ich bin sicher, Mama hilft auch, wenn sie erstmal sieht, dass ich immer noch lebe und gesund bin!“ – „Genau! Wir kümmern uns um alles, macht euch keine Sorgen! Wenn ihr wiederkommt, wird das Team  noch viel größer geworden sein!“,  fügte Frosty schließlich hinzu. Es grinste, aber seine Augen waren feucht.

„Auch ohne das Schlüsselschwert haben wir erstmal genug Aufträge! Eesdesesesrd, der Vorsitzende der Kecleon-Handelsgilde, hat uns kürzlich erst einen Langzeitvertragsvorschlag in den Briefkasten geworfen. Solange wir uns bereiterklären, an entlegenen Orten Gegenstände für ihren Handel zu sammeln, werden sie uns regelmäßig mit Aufträgen versorgen.“

Es holte tief Luft, grinste noch breiter.

„Wir kommen klar. Ihr werdet stolz auf uns sein, wenn ihr wieder kommt.“ – „Daran hab ich keinen Zweifel!“

 

Trotzdem war der Abschied schwer. Sora wäre gern geblieben. Aber er hatte noch eine andere Reise vor sich. Andere Orte, an denen er helfen musste. Menschen, die er finden wollte.

Riku. Warte auf mich. Du auch, König Mickey.

 

„Also gut. Wir sind bereit. Zeit, zurückzukehren!“

Epilog

Das Erste, das Sora realisierte, als er aufwachte, war, dass er wieder ein Mensch war. Dass er wieder ganz normale, menschliche, behandschuhte Hände hatte, und ganz normale, menschliche, beschuhte Füße.

„Ich bin wieder ich!“, rief er erfreut aus, sprang auf die Füße. Er war in dem gleichen Waldstück, in dem er nach der Bruchlandung aufgewacht war. In der Ferne sah er sogar die bunten Umrisse des Gumi-Jets, doch viel interessanter war, was sich in seiner direkten Nähe befand.

„Donald! Goofy! Oh, ich bin so froh, dass ich euch wiedergefunden habe!“ – „Sora!“

Donald warf sich ihm geradezu in die Arme, und dann kam auch Goofy heran, und lachend lagen sie einander in den Armen, hielten sich fest, und Sora war einfach nur glücklich, dass er nach all der Suche seine beiden engsten Freunde wieder sicher und gesund bei sich hatte und ihre gemeinsamen Abenteuer also weitergehen konnten.

 

„Du bist wirklich gewachsen, Sora.“

 

Kairis Stimme riss ihn aus seinen Gedanken, riss ihn aus der Umarmung seiner Freunde, denn aus Reflex sprang er auf, sah sie aus großen Augen an – und staunte einfach nur. Kairi hatte sich nicht verändert. Sie lächelte immer noch genau so, wie Sora es in Erinnerung gehabt hatte.

Sie war nur hübscher geworden.

„Kairi!“

Er grinste, Verlegenheit überspielt mit Selbstbewusstsein und stemmte die Hände in die Hüften.

„Siehst du? Ich hab es doch gesagt! Ich bin dir über den Kopf gewachsen!“ – „Das bist du… Oh Sora.“

Und schon lag sie in seinen Armen.

Was hätte Sora anderes tun sollen, als sie fest an sich zu drücken? Am liebsten hätte er sie nie wieder losgelassen. Vielleicht würde er das auch nicht tun. Vielleicht konnte er Kairi… nein. Sie musste zurück nach Hause. Dorthin, wo sie in Sicherheit war. Sora würde schließlich zurückkehren.

Zu ihr. Und Riku. Und ihrer Insel und ihrem Kindheitstraum von den großen, weiten Welten.

 

„Wak! Sora, sieh mal!“

 

Ihm war keine lange Umarmung vergönnt. Donalds Ruf ließ ihn sich von Kairi lösen, seinem Blick folgen. In der Ferne, zwischen den Büschen, waren Pokémon. Ein Blubella und ein Sniebel. Sie sahen verschreckt, misstrauisch aus – warum?

„Hey! Frosty! Flora!”

Sora stürmte sofort auf seine Freunde zu. Frosty fauchte. Irritiert stoppte Sora.

„Hey… Kumpel. Ich bin es doch.” – “Langsam, Sora“, mahnte Kairi ihn mit sanfter Stimme, trat neben ihn, ihre Hand in seiner. Sie lächelte behutsam.

„Habt bitte keine Angst vor uns. Wir mögen anders aussehen, aber wir sind immer noch eure Freunde. …wir sprechen nicht mehr die gleiche Sprache, hm?“

Natürlich. Sora verzog unglücklich das Gesicht, doch dann rang auch er sich ein Grinsen ab. So behutsam er konnte streckte er dem Sniebel die Hand entgegen. Kairi tat es ihm lächelnd gleich.

„Wir mögen nicht mehr die gleiche Sprache sprechen, aber ich bin sicher, unsere Herzen können sich trotzdem noch erreichen, Sora.“

Sora glaubte auch daran.

 

Und manchmal reichte Glauben. Frosty und Flora ergriffen ihre ausgestreckten Hände. Dem Sniebel entkam ein Laut, der mehr schauriges Gegacker als Gelächter war, doch zweifelsohne ein herzliches Lachen.

Sora stimmte mit ein. Flora und Kairi folgten, und dann lachten auch Donald und Goofy, und Sora nahm sich vor, sich dieses Potpourri an Gelächter lange, lange im Gedächtnis, im Herzen und im Ohr zu behalten.

 

 

Die beiden Gestalten in den schwarzen Kutten, die versteckt im Schatten der Bäume lauerten, bemerkte niemand von ihnen mehr.

 

„Holen wir sie zurück.“

 

„Wird gemacht, Teddy~“



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Gilgamesch09
2016-06-26T20:06:14+00:00 26.06.2016 22:06
so das wars also schon
schade hat wirklich Spaß gemacht zu Lessen war mal was anderes.
ich kenne mich zugegeben in Pokemon nicht besonders aus deshalb weis ich nicht welches Pokemon Kairi war und welches Pokemon die Gruppe verwandelt hat.
ansonsten war hat das alles super gepasst und häte ruhig länger sein können aber so wie sei ist ist sie einfach richtig
danke für die schönen Zwei stunden Lessen.
Antwort von:  Puppenspieler
28.06.2016 21:34
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar! :)
Ich freue mich riesig, dass du die FF gelesen hast, und das sogar ohne Pokemon-Wissen!
Das ist wirklich lieb von dir und es ist toll, dass du so viel Freude daran hattest! ♥
Von:  Rara-Chan1109
2016-06-22T19:36:46+00:00 22.06.2016 21:36
Oh man eig lese ich ja nicht gern hetero aber der Titel hat mich so neugierig gemacht, dass ich es einfach lesen musste und ich hab es nicht beruet xD
Die Pokémon sind gut ausgewählt für die Charaktere nur für Demyx hätte ich vlt eher ein Wasserpokémon genommen aber ein Farbeagle ist auch ziemlich passend x3
Ich finde auch die Idee mit den Namen süß und ich bin mir fast zu 100% sicher, dass das Absol Riku war. Allein die Reaktion auf das Wort 'Highwind'
Alles in allem ist es meiner Meining ein richtig süßes Crossover :)
Antwort von:  Puppenspieler
23.06.2016 15:16
Hey, herzlichen Glückwunsch! :D Du hast recht, das Absol war natürlich Riku! ;)

Ein Wasserpokémon für Demyx hätte toll gepasst, aber irgendwie wollte ich unbedingt etwas mit einem Pinsel, weil es mich an seine Frisur erinnert hat!

Ich freue mich sehr, dass du Spaß an der Geschichte hattest!*^* ♥ Tausend Dank für deinen Kommentar!


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