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[Brother]hood

von

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Subjekt 1913

Hallo ^^

 

Eigentlich brauche ich hierzu nicht wirklich viel zu sagen - das Wichtigste steht in der Kurzbeschreibung.

Da meine Zeit zum Schreiben noch immer eingeschränkt ist und ich viel zu tun habe, werden Updates (teils) dauern können. Auf FF.de habe ich meine FFs komplett pausiert deswegen und hier auf Animexx habe ich Danger auf pausiert gestellt. Ich werde erst in 5-6 Wochen wieder richtig Zeit zum Schreiben habe - deswegen.

 

Ich lade [Brother]hood hier auf Animexx auch nur jetzt hoch, weil ich 1. Prolog und die ersten beiden Kapitel bereits fertig habe, 2. um zu sehen, ob die FF überhaupt gelesen wird und weil ich 3. gestern Langeweile hatte und ein Cover und Profilbilder rausgesucht und die Steckbriefe vorgeschrieben habe ^^°

Aber wie gesagt: Zumindest in den nächsten 5-6 Wochen folgen keine regelmäßigen Updates! Erst im Juli irgendwann, werde ich wieder Zeit haben, um an meinen FFs weiterzuschreiben. Ich entschuldige mich dafür im Voraus. Aber teilt mir doch mit, was ihr von der Idee von [Brother]hood haltet, damit ich weiß, wie ich meine Prioritäten bzgl meiner FFs setzen "muss" ;)

 

 

 

 

 

[Brother]hood

Prolog – Subjekt 1913

Teil: 1/?

 

Warning: Mutant!AU, Violence, mentions of Sexual Abuse, Mental Deseases and Addictions (regarding Minors), Death

Rating: P18 (just to be safe; later maybe Slash and/or AVL)

 

Personen: Kim Namjoon & Min Yoongi (both mentioned)

Pairings: Keine geplant, OT7!friendship

Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Musiker gehört mir und ich verdiene kein Geld hiermit; Doktor Park ist hingegen meiner Fantasie entsprungen, ebenso wie das Department for Mutant Supervision and Surveillance, die CellTrax Facility und sämtliche ihrer Angestellten

 

Viel Spaß beim Lesen!

Maya

 

 

Der Mann Mitte vierzig schloss seine Bürotür und lockerte die Krawatte, die in den letzten Stunden scheinbar immer enger geworden war. Es war wie immer ein langer Tag gewesen und auch wenn er sich jetzt nach Ruhe und Entspannung sehnte, war seine Arbeit für heute noch nicht ganz beendet.

 

Als er sich hinter seinem Schreibtisch niederließ, lag dort schon die braune Akte mit dem ersten offiziellen Bericht ihres neuesten Subjekts. Er ließ seine Hand über den lederartigen Umschlag gleiten, bevor er seinen Blick abwendete, die Schublade aufzog und seine Zigarrenkiste hervorholte. Feierabend oder nicht, aber er brauchte jetzt eine Zigarre. Beinahe liebevoll nahm er eine aus dem schmalen Holzkästchen, führte sie an seine Nase und inhalierte den herben Duft der gerollten Tabakblätter, ehe er den Zigarrenschneider benutzte, das Ende entzündete und den ersten tiefen Zug nahm.

 

Er schloss für einen Moment die Augen und entließ den Rauch durch die Nasenlöcher, genoss das behagliche Gefühl, ehe er sich die Parejo zwischen die Zähne klemmte und die Akte auf seinem Tisch aufschlug.

 

 

File: Subject 1913; Official Record

 

1.1

Identification Number (ID): 21-552-23-1913

Full Name: Kim Namjoon

Sex: male

Date of Birth (DoB): 12. September 2007 (Age: 16)

Age of Empowerment: 14

 

 

Doktor Park seufzte tief. Warum führten sie noch immer die Namen der Subjekte in den Akten auf? Er war von Anfang an dafür gewesen, die Insassen seiner Einrichtung nur bei ihrer persönlichen ID zu rufen und sämtliche Informationen, die irrelevant waren, aus den Dokumenten zu tilgen. Namen vermittelten den Eindruck, dass es sich bei diesen... „Abarten“ um Menschen handelte. Aber das waren sie nicht. Nicht in seinen Augen und auch nicht in denen der Gesellschaft. Er würde dies bei der nächsten Sitzung erneut zur Sprache bringen.

 

 

1.2

Registered: Yes

Age of Registration: 16

Branded: No

 

 

Es war eine Schande, dass es zwei Jahre gebraucht hat, bis das Subjekt vom Staat registriert und in seine Einrichtung überstellt worden war. Was in diesen Jahren alles hätte passieren können – er mochte es sich gar nicht vorstellen. Seiner Meinung nach, handelten die meisten Eltern absolut verantwortungslos.

 

Er nahm einen weiteren tiefen Zug seiner Zigarre, der Qualm stieg in hellem Dunst zur Decke empor, ehe er sich auflöste. Man sollte davon ausgehen, dass die Gesellschaft nach dem Vorfall vor zehn Jahren eines Besseren belehrt worden war. Das Lehrpersonal an Schulen wurde in regelmäßigen Abständen unterwiesen, wie man die betreffenden Kinder am besten erkannte und wie mit ihnen zu verfahren war. Bestand auch nur ein leiser Verdacht, war sofort die Schulleitung und das Department for Mutant Supervision and Surveillance zu verständigen.

 

Wurde bei einer näheren Untersuchung der Verdacht bestätigt, war das Subjekt unverzüglich in eine der CellTrax Facilities zur Beurteilung und Klassifizierung zu bringen. Diese Klassifizierung richtete sich vor allem nach zwei Kriterien: der potentiellen Gefahr, die von dem Subjekt ausging und dem potentiellen (positiven) Nutzen, den es für die Forschung darstellte. Die Beurteilung der Ärzte und Wissenschaftler entschied darüber, ob das Subjekt weiterhin frei herumlaufen durfte oder ob es unter staatliche Aufsicht gestellt wurde. Himmel, sie hatten hier schon sogenannte „Kinder“ untersucht, die die Fähigkeiten besaßen, Menschen zu töten oder ganze Städte zu vernichten. Sie waren eine Gefahr für die Menschheit und mussten auch so behandelt werden.

 

Doktor Park schnaubte und seine Augen suchten unbewusst nach den ausgeschnittenen und gerahmten Zeitungsartikeln, die an der Wand seines Büros hingen, ehe er sich wieder der Akte widmete und las, zu was Subjekt 1913 imstande war.

 

 

2.1

Mutation: Physics Manipulation → Fundamental Forces → Biological Manipulation → Body Manipulation

Details: Das Subjekt hat die Fähigkeit, die eigene Anatomie und seine Körperfunktionen zu manipulieren. Das ermöglicht ihm die Kontrolle über sämtliche Körperteile und ihre Komponenten wie z.B. Haut, Muskeln, Blut, Gewebe, Nerven usw. Besonders hervorzuheben sind die regenerativen Fähigkeiten des Subjekts. [s. Punkt 2.2.2/3 und Anhang 3.1 bis 4.9]

 

2.2.1

Potential Risk: 10/10

Details: Obwohl das Subjekt bislang nur unter Laborbedingungen seine Kräfte nicht auf sich selbst, sondern einen anderen Menschen angewandt hat, sind die Auswirkungen verheerend gewesen. Bislang wurden folgende Beobachtungen gemacht:

- Freisetzung körpereigener chemischer Substanzen im Ziel (positiv nachgewiesen: Bradykinin, PGE2 und Serotonin) an Nozizeptoren mit A-d-Fasern, was zu starken Schmerzen führte [s. Anhang 5.3.1]

- Paraparese der Beine des Ziels aufgrund der Unterbrechung der Erregungsübertragung zwischen Nerv und Muskel an den neuromuskulären Endplatten (Acetylcholin-Hemmung) [s. Anhang 5.3.3]

- Das Subjekt sonderte über die Haut einen unbekannten chemischen Stoff ab, der ähnlich einer Säure zu starken Verätzungen mit anschließendem hypovolämischen Schock führte [s. Anhang 5.3.5]

Aus den Beobachtungen geht hervor, dass das Subjekt dazu in der Lage ist, auch die Körperfunktionen anderer Menschen zu manipulieren. Es ist somit nicht auszuschließen, dass das Subjekt seine Fähigkeiten dazu benutzen könnte, das Ziel seiner Wahl zu töten (Herzlähmung, Hitzedenaturierung, Intoxikation [s. Anhang 5.3.7])

 

2.2.2

Potential Use: 5/10

Details: Auch wenn die Tests noch nicht angelaufen sind, gehen wir aktuell davon aus, dass das Subjekt in medizinischer Hinsicht von Nutzen sein kann. Das Subjekt verfügt über regenerative Fähigkeiten, die vielleicht auf einen anderen Menschen übertragen werden könnten. Weitere Forschung in dieser Richtung wird dringend empfohlen.

 

2.2.3

Personal Risk: 0/10

Details: Das Subjekt klagt über (starke) Schmerzen während der Anwendung seiner Kraft. Unbedeutend.

Personal Use: 10/10

Details: Das Subjekt verfügt über regenerative Fähigkeiten und kann seine eigenen Körperfunktionen in beträchtlichem Maße beeinflussen. In bisherigen Tests wurden folgende Beobachtungen gemacht:

- Heilen tiefer Fleischwunden [s. Anhang 5.1.2]

- Regeneration mehrerer Finger [s. Anhang 5.1.3]

- Regeneration einer Niere [s. Anhang 5.1.3]

- Verstärken neuronaler Impulse im Gehirn [s. Anhang 4.1.2]

- Übermenschliche Stärke [s. Anhang 3.1.1]

Bislang ist nicht klar, ob das Subjekt sämtliche Verletzungen heilen kann und somit auch potentiell tödliche Wunden. Die Zeit, die das Subjekt zum Nachwachsen der Niere benötigte, lag bei ca. 24-36h, aber es ist unbekannt, ob dieser Prozess beschleunigt werden kann. Das Subjekt leidet außerdem seit seinem 5. Lebensjahr an einer degenerativen Erkrankung, die dazu führte, dass das Subjekt seit Beginn des 12. Lebensjahres auf den Rollstuhl angewiesen war. Mit dem Auftreten der regenerativen Fähigkeiten hat sich der Gesundheitszustand des Subjekts wieder normalisiert und ermöglicht es ihm zu gehen. Weitere Forschung in dieser Richtung ist unerlässlich. [s. Reference]

 

 

Subjekt 1913 verfügte also über regenerative Fähigkeiten, interessant. Sollten weitere Tests ergeben, dass man diese auf Ziele ihrer Wahl übertragen konnte, dann würde einiges einfacher werden. Menschen konnten in den Spitälern viel schneller und effizienter behandelt werden und verursachten somit weniger Kosten, Aufwand und Ausfall auf dem Arbeitsmarkt. Und noch besser: er hatte einen Grund, diese Freaks mit heilenden Fähigkeiten aus dem Verkehr zu ziehen...

 

 

2.3

Intelligence: 7/10

Details: Bei der letzten Messung verfügte das Subjekt über einen IQ von 152. Das Ergebnis scheint nicht vom Subjekt beeinflusst worden zu sein und stimmt in etwa mit den Messungen vor dem Eintritt der Mutation überein. [s. Anhang 4.1.1]

Strength: 8/10

Details: Das Subjekt verfügt über überdurchschnittliche körperliche Kraft. In bisherigen Tests war es dazu in der Lage, ein Gewicht von 550kg zu heben. (mit großer Wahrscheinlichkeit noch nicht das Limit)

Speed: 3/10

Details: Das Subjekt ist durchschnittlich schnell. Die Tests haben ergeben, dass es seine Muskulatur manipulieren kann – es ist unklar, warum es das nicht tut. [Sabotage?]

Durability: 5/10

Details: Aufgrund der regenerativen Fähigkeit, scheint das Subjekt langlebiger zu sein als der Durchschnitt. Die Tests haben gezeigt, dass es Organe und Gliedmaßen nachwachsen lassen kann. Eine Langzeitstudie wird Aufschluss darüber geben, ob auch der Alterungsprozess, die Lebensspanne und die Regeneration potentiell tödlicher Wunden im Rahmen des Möglichen liegen. Die Widerstandskraft ist unauffällig, das Subjekt ist verwundbar.

Defense: 2/10

Details: Das Subjekt verfügt unseres Wissens über keinerlei außergewöhnlichen Verteidigungsmechanismen.

Offense: 7/10

Details: Das Subjekt verfügt über übermenschliche körperliche (Angriffs-)Kraft, wenn auch keine Kampferfahrung und die Manipulationen eines Ziels sind potentiell tödlich [s. Details Punkt 2.2.1]

Temper: 2/10

Details: Das Subjekt verfügt über ein eher ruhiges Gemüt und zeigte in bisherigen Tests unter gesicherten Laborbedingungen kaum Aggressionen.

 

 

Overall Power-Level: 64.9%

Classification: Typ I, Class B, Level 3

 

 

Intelligent und kooperativ? Das kam Doktor Park doch etwas verdächtig vor. Dem Bericht zufolge hatte man dem Subjekt mehrere Finger abgetrennt und zu Testzwecken eine Niere entfernt – und kein Akt der Rebellion oder Ausbruch von Gewalt? Er klemmte sich die Zigarre zwischen die Zähne und kratzte sich nachdenklich am Kinn. Das Wort 'Sabotage' sprang ihm in die Augen, bevor er die abschließende Empfehlung las.

 

 

Reference:

Es wird dringend empfohlen, weitere Tests im Bezug auf die regenerativen Fähigkeiten durchzuführen. Hierbei sollte die Fragestellung im Vordergrund stehen, ob diese vom Subjekt auch auf Ziele übertragen werden können.

Es ist außerdem noch unklar, ob das Subjekt a) bereits im vollen Umfang über seine Fähigkeiten verfügt oder ob diese noch steigerungsfähig sind und b) in den Tests einige Ergebnisse absichtlich verfälscht hat, um seine Kraft zu verbergen.

Das Subjekt ist unter permanente Beobachtung zu stellen

Abnahmen von Blut- und Gewebeproben und Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit sind unerlässlich – die Anweisung lautet, diese Proben dem HC-Forschungsinstitut zur weiteren Untersuchung zu überstellen

 

 

Doktor Park schlug die Akte zu, zog abwesend an seiner Zigarre und ließ den Bericht von Subjekt 1913 sacken. Zehn von zehn Punkten auf der Gefahren-Skala und noch dazu intelligent und überraschend fügsam. Er würde auf jeden Fall der Empfehlung folgen und das Subjekt in Abteilung 9 verlegen lassen, das zweite Bett in der Zelle von Subjekt 1738 – Min Yoongi, wie er leider nur zu gut wusste – war aktuell wieder unbelegt.

 

Mit einem müden Stöhnen lehnte er sich nach hinten und starrte mit finsterem Blick an die Decke. Subjekt 1913... Wenn es wollte, könnte es das Herz eines Menschen zum Stillstand bringen. Einfach so, nur weil ihm danach war. Diese Freaks bereiteten ihm Kopfschmerzen.

 

Sobald die erste Unterredung mit den „liebevollen und besorgten“ Eltern vorüber war, würde Subjekt 1913 einen Unterbrecher verpasst bekommen und weggesperrt werden. Zum Wohle der Gesellschaft. Was kümmerte es ihn, ob sich diese Kreatur für den Rest seines Lebens eine Zelle mit Subjekt 1738 teilen musste. Solange diese Abarten von den Straßen seiner geliebten Stadt verschwanden, war ihm der weitere Verbleib egal. Sollten sie doch alle zum Teufel gehen... Zurück in die Hölle, die sie ausgespuckt hatte.

Beurteilung

Hallo ^^

Wie angekündigt, kommt heute das erste Kapitel der FF. Ansonsten lässt sich zu diesem Kapitel speziell nichts sagen - bitte weiterhin auf die Warnings achten ;)

 

 

 

 

 

 

[Brother]hood

Kapitel 01 – Beurteilung

Teil: 2/?

 

Warning: Mutant!AU, Violence, mentions of Sexual Abuse, Mental Deseases and Addictions (regarding Minors), Death

Rating: P18 (just to be safe; later maybe Slash and/or AVL)

 

Personen: Kim Namjoon

Pairings: Keine geplant, OT7!friendship

Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Musiker gehört mir und ich verdiene kein Geld hiermit; Doktor Park ist hingegen meiner Fantasie entsprungen, ebenso wie das Department for Mutant Supervision and Surveillance, die CellTrax Facility und sämtliche ihrer Angestellten

 

Viel Spaß beim Lesen!

Maya

 

 

Namjoon hatte Gerüchte über den Umgang mit Mutanten in den hiesigen Einrichtungen gehört. Und er war gescheit genug, um zu wissen, dass hinter den meisten Gerüchten ein Funken Wahrheit steckte. Doch als man ihm ohne mit der Wimper zu zucken die Finger abgeschnitten und operativ eine Niere entfernt hatte, nur um zu sehen, ob diese nachwuchsen, war ihm bewusst geworden, dass die Gerüchte der Realität nicht gerecht wurden.

 

Er war unvorsichtig gewesen. Lange Zeit hatte er seine Fähigkeiten vor seinen Mitschülern und Lehrern verbergen können – doch ein Moment der Nachlässigkeit sollte alles verändern.

 

 
 

-

 

 

„Namjoon.“ Seine Sitznachbarin stieß ihn mit dem Ellbogen an, doch er sah nicht auf und löste weiter seine Aufgaben. „Namjoon“, versuchte sie es noch einmal und er runzelte die Stirn. „Was denn?“ „Was ist mit deinem Arm passiert?“ Er hörte auf zu schreiben und blinzelte in Richtung seines Unterarms. Er sah völlig normal aus. „Was sollte mit ihm sein?“ Als er in das verstörte Gesicht seiner Mitschülerin blickte, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Erst vor zwei Tagen hatte er sich im Werkunterricht verletzt und eine fiese Schnittwunde davongetragen – heute war davon nichts mehr zu sehen. Und er hatte vergessen, den Verband am Morgen wieder um den Arm zu wickeln, um den Schein zu wahren. „Oh“, meinte er und versuchte in den Bruchteilen einer Sekunde mit einer guten Erklärung aufzuwarten. „Weißt du, meine Mom hat diese Wund- und Heilsalbe – schweineteuer der Kram, aber scheint zu wirken!“ Er lächelte, als wäre alles in Ordnung und widmete sich wieder seinem Englischbuch.

 

Es hätte ihm klar sein sollen, dass kein Mensch glauben würde, dass eine schnöde Wund- und Heilsalbe einen solchen Schnitt nach zwei Tagen völlig verschwinden ließ. Kaum hatte er am nächsten Tag den Schulhof betreten, war er ins Büro des Rektors zitiert worden, wo bereits zwei Männer von der berüchtigten CellTrax Facility 21 auf ihn gewartet hatten. Man hatte ihn sofort mitgenommen.

 

Auf der Fahrt zu der Einrichtung, die am Rande der Stadt lag, hatte man kein Wort mit ihm gesprochen und Namjoon hatte ebenfalls geschwiegen, nachdem er im Kopf sämtliche Szenarien durchgegangen war. Keine Fragen stellen, kooperativ zeigen und so harmlos wie möglich aussehen – das war der Plan.

 

Namjoon hatte Bilder der Einrichtungen von CellTrax Corporation gesehen, in der Zeitung und in den Nachrichten, hatte aber niemals damit gerechnet, dass er mal selbst in einer landen würde. Das gesamte Gelände war von einer hohen Mauer umgeben und der Wagen musste ein großes Tor passieren, welches sich nur nach einer positiven Identifizierung öffnete und sofort wieder hinter ihnen schloss. Namjoon brauchte nur einen kurzen Blick auf die Architektur, die Anordnung der einzelnen Gebäudetrakte und den isolierten Innenhof zu werfen, um genau zu wissen, was hier vor sich ging.

 

CellTrax Facility 21 war ein verdammtes Gefängnis.

 

Seine Schritte hallten von den kahlen Wänden wider, als man ihn durch die Eingangshalle führte. Es roch nach kaltem Stein und alter Farbe, das Licht schien weiß durch die weit oben gelegenen Fenster, vorbei an einem pensionierten Kronleuchter, der schon bessere Tage gesehen hatte. Sie passierten den Empfangsbereich und betraten einen schmalen Gang, in dem es merklich wärmer war und der bei empfindsamen Menschen sicher klaustrophobische Anfälle auslösen konnte.

 

1. 35

Park Daejong

Geschäftsführer

 

1. 41

Lee Kwang

Personalabteilungsleiter

 

1. 47

Jung Kyubok

Ärtzlicher Direktor

 

An den Türschildern erkannte Namjoon, dass sie sich im Verwaltungsbereich der Einrichtung befanden. Er konnte eine kleine Überwachungskamera am Ende des Ganges erkennen, ansonsten befand sich hier nur ein einsamer Blumentopf mit einem kümmerlichen Feigenbaum darin.

 

1. 53

Son Hwancheol

Verwaltungsdirektor

 

Vor dieser Tür blieben sie schließlich stehen und einer seiner Begleiter klopfte an. „Ja, bitte?“ Der Mann öffnete die Tür einen Spalt breit und beugte sich ins Zimmer. „Sir? Wir haben den Jungen abgeholt.“ „Ah, ausgezeichnet! Lasst ihn herein.“ Und im nächsten Moment wurde Namjoon in das Büro des Verwaltungsdirektors geschoben und hinter ihm die Tür geschlossen. Er erstarrte, als hätte man ihn ins Rampenlicht einer Bühne geschubst und blieb wie angewurzelt mitten im Zimmer stehen.

 

Son Hwancheol grinste breit und deutete schließlich auf den Sessel vor seinem Schreibtisch. „Bitte, setz dich doch.“ Namjoon gab sich einen Ruck und nahm vor dem älteren Mann Platz. Der Raum war kleiner als er erwartet hatte, die Regale zu beiden Seiten bogen sich unter der Last von Büchern und Aktenordnern und an den Wänden hingen Bilder von Frauen und Männern, die ihm nicht bekannt vorkamen. Die kleinen Plaketten am unteren Rand der Rahmen waren mit Namen und Daten graviert, doch er konnte sich auf die Schnelle keinen Reim daraus machen.

 

„So“, riss ihn die Stimme des Direktors aus seinen Gedanken und er sah ihn zum ersten Mal wirklich ins Gesicht. Der Mann war vielleicht Ende fünfzig oder Anfang sechzig und hatte graue Haare, die langsam Platz für eine Glatze schafften. Das runde Gesicht, der Bart und Schnäuzer erweckten den trügerischen Eindruck eines freundlichen Weihnachtsmannes und Namjoon wappnete sich mit einer gesunden Portion Misstrauen. „Du weißt, warum du hier bist, Junge?“ ' Kooperativ zeigen und so harmlos wie möglich aussehen', rief er sich in Erinnerung und beschloss, zu nicken. „Ja, Sir.“ Sein Gegenüber nickte und machte einen zufriedenen Eindruck. „Gut, dann fülle doch bitte dieses Aufnahmeformular hier aus“, er reichte ihm einige Papiere und einen Stift, „während ich dem Personal Bescheid gebe, dass du eingetroffen bist.“ Der Verwaltungsdirektor griff nach dem Telefonhörer und wählte. Namjoon überflog das Formular und sagte dann: „Einige dieser Fragen können nur meine Eltern beantworten – und Sie brauchen ihre Unterschrift.“ Son Hwancheol lächelte, während er am anderen Ende der Leitung auf seinen Gesprächspartner wartete. „Füll einfach aus, was du kannst. Ich bin sicher, deine Eltern sind bereits unterwegs.“

 

Bis dahin wurde er in ein Untersuchungszimmer in der Aufnahme im Erdgeschoss gebracht, wo er sich bis auf die Unterwäsche ausziehen musste. Ein Arzt untersuchte ihn auf körperliche Auffälligkeiten, maß seine Körpergröße, ließ ihn auf die Waage steigen, horchte ihn ab, maß seine Körpertemperatur und den Blutdruck, testete sämtliche Reflexe und klopfte den Thorax ab. Namjoon zeigte sich weiterhin bereitwillig und versuchte seinen Unmut zu verbergen. Eine Schwester notierte alles auf einem Klemmbrett.

 

Als seine Eltern endlich eintrafen, war er bereits wieder angezogen und allein im Zimmer. „Wo ist mein Sohn?“, hallte die Stimme seiner Mutter durch den Gang, sie klang beinahe hysterisch, aber auch fordernd. Nur Sekunden später wurde die Tür aufgerissen und sie stand im Zimmer. Sie war blass vor Schreck, doch ihre Wangen und Augen glühten. Offenbar hatte sie nicht lang gefackelt und war nur schnell in Straßenschuhe geschlüpft, ehe sie sich ihre Jacke übergeworfen hatte und losgefahren war – sie trug noch immer ihren Hausanzug und ihre Haare steckten in einem unordentlichen Zopf. Ehe er sich versah, hatte sie ihn an sich gepresst und begann zu schluchzen.

 

Die folgende halbe Stunde war ein Albtraum. Während seine Mutter beharrlich auf das Personal einredete, heulte und flehte und immer wieder fragte, wann sie ihn wieder mit nach Hause nehmen könne, stand sein Vater schweigend daneben und blickte ihn nicht einmal an.

 

Namjoon fühlte sich schrecklich.

 

Seit er denken konnte, war seine Mutter immer eine starke und fröhliche Frau gewesen, die höchstens vor Freude Tränen vergoss. Zum Beispiel als Namjoon seine Kräfte erhalten hatte – und aus dem Rollstuhl aufstehen konnte. Vor einigen Wochen hatte sie geweint, als er beim SAT-Test die volle Punktzahl erreicht hatte. Doch das jetzt war anders. Tränen strömten über ihr Gesicht und tropften zu Boden, Schnodder lief ihr aus der Nase und ihre Augen quollen zu.

 

„Bitte beruhigen Sie sich doch, Mrs. Kim. Wir werden Ihren Sohn nur für ein paar Tage zur Beobachtung hier behalten und einige harmlose Untersuchungen durchführen.“ Das medizinische Personal versuchte ihr Bestes und schließlich musste sich seine Mutter geschlagen geben. Im Endeffekt blieb ihr auch nichts anderes übrig. Dem Gesetz nach durften sie Namjoon so lange unter Beobachtung stellen, bis ein Bericht erstellt worden war, der Aufschluss darüber geben sollte, welche potentielle Gefahr von ihm ausging. Und obwohl es ihm das Herz brach, schätzte er doch den vollen Einsatz seiner Mutter und musste sich beim Abschied selbst die Tränen verkneifen.

 

Kurz darauf wurde er auf eine offene Station verlegt, auf ein Einzelzimmer, und anschließend wurde ihm Blut abgenommen und er musste eine Urinprobe abgeben. In den nächsten Tagen folgten weitere Untersuchungen wie verschiedene EKG-Verfahren, Ultraschall, Röntgen, CT und MRT. Man ließ ihn Gewichte heben, führte einen IQ-Test durch und testete seine Ausdauer. Alles harmlos.

 

Namjoon wusste nicht, ob die Ärzte etwas Außergewöhnliches gefunden hatten, denn sie sprachen nicht mit ihm über die Ergebnisse. Doch er wusste, dass die Situation ernst wurde, als eines Tages ein neuer Arzt im medizinischen Team auftauchte und... andere Tests anordnete.

 

Er wurde auf Station C verlegt und das Personal hier war weit weniger zimperlich. Die Atmosphäre auf dieser Station war düster, regelrecht erdrückend und Namjoon rechnete jede Minute mit dem Schlimmsten. Der erste Schnitt in den Arm war noch nicht allzu tief gewesen und heilte schnell. Aber der neue Arzt – ein Mann mit dem Namen Woo Youngho – gab sich mit diesem einen Test allein nicht zufrieden. So wurde tiefer geschnitten. Man verbrannte ihm die Haut mit glühendem Metall und brach ihm die Knochen. Und alles wurde akribisch dokumentiert.

 

Namjoons Körper stand in Flammen. Jede Faser in ihm schmerzte beinahe 24 Stunden am Tag und protestierte gegen diese Folter. Sie schnitten ihm den kleinen Finger ab und er verbrachte eine qualvolle, schlaflose Nacht, während sein Körper damit beschäftigt war, das fehlende Körperteil wieder nachwachsen zu lassen. Am nächsten Tag mussten Ring- und Mittelfinger herhalten. … Wer, der bei Verstand war, schnitt einem Sechzehnjährigen einfach so die Finger ab? Er hatte geglaubt, dass man dies nicht mehr toppen konnte, doch als man ihn in einen Operationssaal schob und eine Niere entfernte, wurde er eines Besseren belehrt. Zwei Tage später war sie vollständig nachgewachsen.

 

Erschöpft und ängstlich lag er erneut eine Nacht wach und starrte in die Dunkelheit.

 

Er war noch immer in einem Einzelzimmer und langsam verlor er den Verstand. Bei jedem noch so kleinen Geräusch zuckte er zusammen und befürchtete die nächsten Schmerzen, sein Körper stand in ständiger Alarmbereitschaft und erlaubte ihm nicht, zu schlafen. Bis auf das medizinische Personal oder die Wachposten in ihren schwarzen, militärähnlichen Aufzügen sah er keine Menschenseele. Namjoon stellte fest, dass er es vermisste, sich mit jemandem zu unterhalten. Er vermisste die Schule, seine Bücher, Musik. Und er vermisste seine Eltern. … Was sie wohl gerade machten? Ob seine Mutter schlafen konnte?

 

Die Nächte in der CellTrax Facility 21 schienen sich unendlich in die Länge zu ziehen. Tagsüber fanden die Untersuchungen statt und das medizinische Personal hielt ihn auf Trab, doch nachts war er ganz allein mit sich, seinen immer wirrer werdenden Gedanken, den Schmerzen und seinem Heimweh. Er war reizbar und unkonzentriert.

 

Nach seiner dritten Nacht ohne Schlaf, stellte Namjoon beim Aufstehen am Morgen fest, dass sein Gleichgewichtssinn gestört war. Seine Muskeln zitterten und sein Nacken und Kopf schmerzten. Als er versuchte, sich an den gestrigen Tag zu erinnern, waren die Ereignisse undeutlich und lückenhaft. Und er war furchtbar müde. Er wollte einfach nur schlafen, endlich schlafen...

 

Er setzte sich wieder aufs Bett – er war einfach zu erschöpft, um lange zu stehen – doch keine zwei Sekunden später öffnete sich die Zimmertür und er schnellte zurück auf die Beine. Ein Arzt im Kittel, eine Schwester und ein Mann vom Wachpersonal betraten den Raum, was an für sich nichts Ungewöhnliches war, doch als Namjoon sie ansah, waren ihre Gesichter auf einmal maskenhafte Fratzen. Erschrocken stolperte er rückwärts und schüttelte den Kopf, blinzelte hektisch, um seine Sicht zu klären. Der Boden unter seinen Füßen schwankte, die Decke senkte sich hinab und die drei Gestalten kamen näher, bedrohlich und entstellt, die Instrumente in ihren Händen wurden mit jedem Schritt größer.

 

Namjoons Kopf schien zu explodieren, ihm wurde heiß, sein Magen rebellierte und er befürchtete, sich jeden Moment übergeben zu müssen. Die Monster vor ihm öffneten ihre grotesken Münder, entblößten ihre scharfen Reißzähne, und sagten etwas zu ihm, doch er verstand kein Wort. Panik flutete sein Nervensystem und Adrenalin seine Adern. Sein Herz begann wie wild zu schlagen und er spürte einen unglaublichen Druck auf den Ohren.

 

Er schrie auf, als die Gestalt in Schwarz plötzlich vorwärts preschte – und dann ebenfalls aufschrie. Ängstlich und verwirrt starrte Namjoon auf den verschwommenen Fleck, der zu Boden sackte und sich krümmte, als hätte er heftige Schmerzen. Je länger er zusah, desto größer wurde der Horror und das Monster brüllte, schlug um sich und zuckte, machte Namjoon nur noch panischer. Was passierte hier? Das Stechen in seinem Kopf wurde von Sekunde zu Sekunde schlimmer. Er wich so weit von der sich windenden Gestalt zurück wie möglich, stieß gegen die Wand auf der anderen Seite des Zimmers, doch der Schmerz ließ nicht nach. Die Schreie schienen durch seinen ganzen Körper zu dringen, erschütterten ihn bis aufs Mark und trotzdem konnte er seinen Blick nicht von der Szene abwenden.

 

Er sah erst weg, als eine Bewegung in seinen Augenwinkeln ihn ablenkte. In dem Moment, in dem er die beiden weißen Flecken fixierte, die immer näher kamen, hörte das Geschrei abrupt auf. Die schmalere Kreatur in Weiß gab einen erschrockenen Laut von sich, als die Beine mit einem Mal unter ihr weg sackten und sie der Länge nach hinschlug. Sie schrie nicht, sie zuckte nicht – endlich war es still.

 

Namjoon schloss die Augen und hielt sich den Kopf. Der stechende Schmerz war zu einem dumpfen Pochen abgeklungen und er war erleichtert über die eintretende Ruhe im Raum.

 

Allerdings holte ihn ein plötzlicher Stich zurück in die Realität und als er aufsah, stand das dritte Monster mit dem zur Fratze verzerrten Gesicht direkt neben ihm. Panisch machte er einen Satz, doch die Kreatur hielt ihn am Arm. Seine Klauen umklammerten ihn, bohrten sich in seine Haut und er versuchte, sich ihm zu entreißen, wand sich heftig in seinem eisernen Griff. Die Spritze fiel mit einem Klirren zu Boden. Eine weitere Hitzewelle überkam ihn und er spürte, wie er begann zu schwitzen. Seine Haut prickelte und fühlte sich so an, als löste sie sich auf wie eine Brausetablette in Mineralwasser – etwas stimmte nicht. Die Gestalt schrie auf und der Geruch von versengtem Fleisch erfüllte den Raum.

 

Die Klauen ließen locker und endlich konnte Namjoon sich losreißen. Er stolperte über seine eigenen Füße und stürzte. Er wollte sich hoch stemmen, doch sein letztes bisschen Kraft hatte ihn verlassen und er blieb reglos liegen.

 

Der Stich am Oberarm brannte penetrant und ein Schleier von Dunkelheit umnebelte sein müdes Gehirn. Seine angespannten Glieder erschlafften, trotz seines rasenden Herzens und ihm schoss noch ein 'Bitte lasst mich schlafen' durch den Kopf, ehe endlich Ruhe in seinem Kopf einkehrte und ihm binnen von Sekunden die Augen zufielen.

 

 
 

-

 

 

Nach diesem Fauxpas hatten die Ärzte ihren Bericht geschrieben. „Soll Doktor Park entscheiden, wie wir weiter mit dir verfahren.“ Und Namjoon wusste, dass das nichts Gutes verheißen konnte. Er hatte keine Ahnung, was genau in seinem Bericht stand, doch er konnte es sich in etwa denken. … Er stellte sich auf einen langen, langen Aufenthalt ein.

 

Vor allem aber war er verwirrt.

 

Noch immer versuchte er, das Geschehen des Vortages zu rekonstruieren und zu begreifen, was er getan hatte. In den Jahren, in denen er sich nun seiner Fähigkeiten bewusst war, hatte er diese lediglich passiv verwendet. Hauptsächlich zur Selbstheilung. Auch wenn er es nicht gerne zugab, so war er doch ziemlich unfallanfällig, schnitt, stauchte oder prellte sich was und nahm dabei seine Zimmereinrichtung auseinander – erst vor kurzem hatte die Badezimmertür dran glauben müssen. Hin und wieder hatte er seine Stärke nicht unter Kontrolle und er war ungeschickt und ein wenig tollpatschig. Doch noch nie hatte er jemanden verletzt.

 

So viel zu 'kooperativ und harmlos'. Nachdem er endlich wieder geschlafen hatte und sein Geist wach und ausgeruht war, wurde ihm klar, dass der Schlafentzug bei ihm zu Halluzinationen geführt hatte – und er war zu erschöpft und unkonzentriert gewesen, um zu kontrollieren, was um ihn herum geschehen war.

 

Wenn er seine Augen schloss, sah er den Mann am Boden liegen, zuckend und sich windend, seine Schreie geisterten durch seinen Kopf und ließen ihn erschaudern. Wie er wusste, lebte der Mann und hatte keinen bleibenden Schaden erlitten. Der Schwester ging es ebenfalls gut. Einzig der Arzt, der ihm die Spritze mit dem Sedativum verabreicht hatte, war wirklich in Lebensgefahr gewesen. Er hatte schwere Verätzungen davongetragen und beinahe die Hand verloren und der anschließende Schock hätte ihn umbringen können, wenn das Personal nicht sofort eingegriffen hätte. Namjoon strich sich unbehaglich über den Unterarm, dort wo man ihn gepackt hatte, und bildete sich ein, die Finger des Mannes noch auf seiner Haut zu spüren. Was, wenn der Mann gestorben wäre? Er mochte gar nicht dran denken...

 

Ihm blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten, was sie nun mit ihm vorhatten. Aber er war sich ziemlich sicher, dass seit dem gestrigen Vorfall seine Chancen auf Entlassung auf Null gesunken waren.

 

Seine Bedenken behielt er allerdings für sich, als gegen Mittag seine Eltern zu Besuch kamen. Es war das erste Mal seit seiner Aufnahme, dass er sie wiedersah. Seine Mutter sah aus, als hätte sie in der ganzen Zeit kaum geschlafen und ununterbrochen geweint, ihre Augen waren stark gerötet und einige der kleinen Adern schienen geplatzt zu sein, was sie seltsam fleckig wirken ließ. Sie schloss ihn in ihre Arme und schien ihn nicht mehr loslassen zu wollen. „Ich bin da, mein Sohn, alles wird gut, alles wird gut...“, flüsterte sie aufgeregt und wiegte ihn sanft hin und her. Sein Vater stand schweigend in einiger Entfernung mitten im Raum und starrte an ihm vorbei an die Wand. Namjoon überrollte eine Welle von Scham und Schuldgefühlen, während er seiner Mutter den Rücken tätschelte.

 

„Mir geht’s gut“, sagte er und versuchte zu lächeln, „Du wirst sehen, in ein paar Tagen bin ich wieder Zuhause und alles wird so sein, als wäre nichts geschehen.“ Ob sie wusste, was er getan hatte? Würde sie es erfahren?

 

Seine Mutter schluchzte. „In ein paar Tagen? Du bist bereits seit fast drei Wochen von Zuhause fort! Ich halte das keinen Tag länger aus! Geht es dir wirklich gut? Haben sie dir wehgetan? Du bist so schrecklich blass! Und kein Mensch sagt uns was!“

 

Namjoon war einen Moment lang sprachlos. Es waren schon fast drei Wochen vergangen? Jetzt wunderte es ihn nicht mehr, dass er durchgedreht war und glaubte seinen Verstand zu verlieren. Sein Zeitempfinden hatte sich mittlerweile verabschiedet, alles wechselte zwischen den Untersuchungen und der Hektik am Tag und den qualvollen und unendlich erscheinenden Nächten. Datum oder Uhrzeit gab es für ihn gar nicht mehr. Nur Tag oder Nacht. Schmerz und Einsamkeit.

 

„Mach dir keine Sorgen“, fasste er sich wieder und streichelte seiner Mutter beruhigend über den Rücken, „Ich bin sicher, der Bericht zeigt, dass ich keine Gefahr bin und wieder entlassen werden kann.“ Seine Mutter löste sich von ihm und wischte sich mit einem Stofftaschentuch die Augen trocken. Sie nickte. „Ganz bestimmt. Wir haben gleich ein Gespräch mit Doktor Park, dem leitenden Facharzt – oder was auch immer. Er hat uns vorhin angerufen und herbestellt, um uns das Ergebnis deines Berichts mitzuteilen. Er ist bestimmt gut ausgefallen – Himmel, du kannst dich heilen, das ist doch nichts Schlimmes! Wir dürfen dich ganz bestimmt wieder mit nach Hause nehmen. Ganz bestimmt. Ganz bestimmt.“ Sie strich ihm zerstreut durchs Haar, über den Arm, seine Hand... und Namjoon wusste, dass sie Angst hatte.

 

„Mom“, sagte er und versuchte seine Stimme fest und überzeugend klingen zu lassen. Seine Augen suchten die seiner Mutter. „Egal was euch Doktor Park gleich erzählt – es wird alles gut. Du weißt, ich komm klar.“

 

Die Augen seiner Mutter füllten sich erneut mit Tränen, doch noch ehe sie etwas erwidern konnte, öffnete sich die Tür zu Namjoons Zimmer und ein Mitarbeiter informierte seine Eltern darüber, dass Doktor Park sie nun empfangen würde. Sein Vater stakste wortlos zur Tür und seine Mutter umarmte ihn ein letztes Mal, ehe sie ihm folgte. Bevor der Angestellte die Tür wieder schloss, drehte sie sich noch einmal zu ihm um und lächelte. „Es wird alles gut“, hauchte sie. Dann war sie fort.

 

Das war das letzte Mal, dass er seine Eltern sehen würde.

 

Nur wenige Minuten später brachte man Namjoon erneut in den Operationssaal, indem er bereits eine Niere hatte lassen müssen. „Was haben Sie vor?“, wagte er es zu fragen, während einer der anwesenden Ärzte ein Formular unterschrieb und es einer Schwester aushändigte, die damit den Raum verließ. „Doktor Park hat angeordnet, dass du einen Unterbrecher bekommst und in Abteilung 9 verlegt wirst.“ Der Mann, der ihm antwortete, war ebenfalls ein Arzt und schloss ihn an die Geräte an. Sein Herz pochte wie wild. Sollte er versuchen zu fliehen? Sollte er seine Fähigkeiten einsetzen? Er kniff die Augen zu, als ihm die Schreie erneut in den Ohren klangen. Er wusste nicht einmal, wie er es angestellt hatte und er wollte ja auch – eigentlich – niemanden verletzen. Waren seine Eltern noch bei Doktor Park? Wussten sie, was hier vor sich ging?

 

Er spürte, wie man ihm einen Zugang legte, doch er wagte es nicht, hinzusehen. Er starrte an die Decke, geblendet von dem grellen Licht der Lampe an dem beweglichen Arm, der über ihn geschwenkt wurde. Es folgte die Beatmungsmaske und eine Weile atmete er den reinen Sauerstoff ein, was ihn etwas ruhiger werden ließ, während die Vorbereitungen zur Narkoseeinleitung liefen.

 

Als ihm wenig später die Augen zufielen, hatte er nicht einmal mehr Zeit, in Gedanken den Satz zu beenden, dass er hoffentlich mit allen Körperteilen wach werden würde.
 

 
 

-
 

 

Noch leicht benebelt und schwach auf den Beinen, wurde er schließlich verlegt. Seit er aus der Narkose wieder aufgewacht war, fühlte er sich seltsam. Etwas war anders. Von dem Offensichtlichen abgesehen – einem seltsamen Aufsatz in seinem Nacken, der aus einer Art Metalllegierung bestand. Da man ihn operativ angebracht hatte, vermutete Namjoon, dass irgendetwas in seinem Hals steckte, der sich rau und wund anfühlte. Man hatte ihm nicht gesagt, was sie genau gemacht hatten, nur dass es sich um ein Gerät handelte, welches seine Fähigkeiten blockieren würde.

 

Auch deswegen fühlte er sich schwach, sein Körper heilte nicht schneller von der OP als der jedes anderen Menschen. Das erste Mal seit drei Jahren fühlte er sich eigenartig verletzlich – in diesem Augenblick war ihm das volle Ausmaß des Unterbrechers jedoch noch nicht bewusst.

 

Man hatte ihm eine Art Gefängnistracht gegeben; grauer Kasack, graue Hose, graue Schuhe. Links auf dem Kasack prangte ein aufgenähtes Stoffschild mit einer Nummer: 1913. „Ab heute hast du keinen Namen mehr, Freak“, hatte einer der Wachleute gesagt. „Du bist jetzt nur noch eine Nummer. Eine von vielen. Gewöhn dich dran.“

 

Bevor er und seine Begleiter Abteilung 9 betreten konnten, mussten sie an einem Posten vorbei, der mit einem Knopfdruck die Gittertür zur Seite fahren ließ. Namjoon kam sich vor wie in einem Hochsicherheitsgefängnis. Aber wahrscheinlich war Abteilung 9 auch genau das.

 

Sie passierten eine Halle und Namjoon schluckte. Die Decke reichte bis weit nach oben und ähnelte einer Kuppel, in der in regelmäßigen Abständen Fenster eingelassen worden waren. Das Licht schien weiß auf den Mittelteil der Halle hinab und beleuchtete auch die stählerne Treppe, auf die sie zugingen und die in die beiden oberen Stockwerke führte. Und da sah er sie. Die Zellen. Von der Halle aus konnte man jede einzelne sehen, links und rechts, ordentlich aufgereiht.

 

Namjoon stieg mit wackeligen Knien die Treppe hinauf und wurde vom Wachpersonal auf der ersten Etage nach links bugsiert. Er kam sich vor, als würde man ihm zu Schafott geleiten. Seine Kehle hatte sich zugeschnürt, bei dem Gedanken, in eine Zelle gesperrt zu werden. Für wie lange? Für immer? Würde man ihn auf ewig wegsperren?

 

Als er an den Zellen vorbeiging, versuchte er den Blick nach vorne zu richten, doch aus den Augenwinkeln sah er einige seiner Mitgefangenen. Die Türen waren im oberen Teil vergittert, sodass jeder hineinsehen konnte und den Insassen kaum Privatsphäre ließ.

 

Vor der Zelle mit der Nummer 7911 blieben sie stehen. Einer der beiden Wachleute hielt ihn am Arm, während der andere mit der Faust gegen den unteren Teil der Tür bollerte. „Neuzugang!“, kündigte er an und schloss dann die Tür auf. Mit einem metallenen Scheppern rollte sie zur Seite und wieder zurück, sobald Namjoon hineingeschoben worden war. Er drehte sich herum und trat an die Eisenstangen, sah noch wie die Wachen wieder abschlossen und ihn ein letztes Mal angrinsten, ehe sie pfeifend davon schlenderten. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in ihm breit...

 

Ein Schnauben hinter ihm schreckte ihn auf. „Willkommen im siebten Kreis der Hölle.“



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