Zum Inhalt der Seite

The story of happiness

Manchmal muss man sein Glück selbst suchen, um es zu finden.
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben,

vielen Dank, dass ihr zu dieser FanFiction gefunden habt.
Inspiration finden ist eine Sache, eine eigene Geschichte zu formen eine andere. Schon lange versuche ich mögliche Ideen für eine Geschichte zu Digimon in meinem Kopf zu sortieren und zu sammeln. Viele haben sich bereits angesammelt. Durch diverse Geschichten habe ich einfach die Motivation gefunden, wieder zu schreiben und diesmal auch konsequent dahinter zu bleiben. Ich hoffe, dass meine Geschichte euch gefällt.

Liebe Grüße,
Janine Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Abend meine Lieben,

es tut mir leid, dass das Kapitel diesmal so spät kommt. Eine üble Entzündung im Kieferbereich hat mir förmlich den Verstand geraubt und ich brauchte dringend Zeit für mich. In diesem Sinne entschuldige ich mich auch dafür, mich noch nicht für eure lieben Kommentare bedankt zu haben. Nicht jeder hat von mir ein persönliches Dankeschön bekommen. Nach und nach wird das aber folgen.

Ich arbeite gerade an zwei Geschichten gleichzeitig. Die andere Geschichte wird auch von Digimon handeln. In diesem Fall aber weniger mit Digimon und mehr dramatisch. Schauen wir mal, wann ich sie eröffne.

Auf jeden Fall vielen Dank, für eure tollen Feedbacks! Ich hoffe, ihr mögt das neue Kapitel. Es ist mir ziemlich schwer gefallen, die Szenen zu schreiben. Seid also bitte nichts allzu streng mit mit =)

Liebe Grüße
Janine Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Tag meine lieben Leser,

diesmal habe ich mich ein wenig mit dem Kapitel gequält. Ich wollte vieles mit einbringen und weiß nicht, ob ich es geschafft habe auch die gewünschten Emotionen mit einzubringen. Aber ich hoffe es dennoch.
Denn im Moment schreibe ich gemeinsam mit dem guten Linchen-86 eine weitere FF, die meine volle AUfmerksamkeit abverlangt. Natürlich auch, weil ich das möchte ;D

Naja, mehr dazu im Nachwort. Jetzt erstmal viel Spaß zum Kapitel :D
Eure Janine Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Morgen meine Lieben,

es tut mit total leid, dass ihr immer so sehr auf meine neuen Kapitel warten müsst. Das Projekt mit dem guten Linchen nimmt viel zeit in Anspruch. Aber ich werde mit bemühen, hier auch aktiver zu schreiben. Jetzt habe ich nämlich wieder etwas mehr Zeit, da mein Praktikum zuende ist XD
Gott. Jetzt muss ich meine Zula schreiben ~
Mag die vielleicht jemand für mich schreiben? XDDD

Naja~
Wie auch immer!
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen des Kapitels :* Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Morgen meine lieben, treuen Leser,

nach drei Wochen komme ich endlich dazu, ein neues Kapitel hochzuladen.
An dieser Stelle muss ich leider erwähnen, dass ich es in kürzeren Abschnitten nicht schaffen werde. Wenn es mal doch früher klappt, dann ist das sicherlich erfreulich, aber versprechen kann ich nichts.

Ich muss übrigens ankündigen, dass es in diesem Kapitel jetzt nicht so viel Romantik geben wird. Eher im zweiten Teil der Geschichte wird die Nähe der Digiritter in den Fokus gerückt. Wobei, wenn man dieses Kapitel nun aufmerksam liest, wird man bemerken, dass es schon in eine gewisse Richtung gehen wird ;D

Und jetzt genug geredet. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen :* Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Tag ihr Lieben,

entschuldigt bitte vielmals, dass es so lange mit einem neuen Kapitel gedauert hat.
Ich bin die letzten Tage erst mit meiner Zulassungsarbeit fertig geworden und habe anderen Projekten den Vortritt gegeben. Es hat sich wirklich wesentlich länger gezogen, als es ursprünglich mein Plan war. Umso schwerer fiel es mir nun auch, wieder zurück in die Geschichte zu finden. Ich hoffe trotzdem, dass ihr Gefallen daran finden werden. Ich werde nun wieder aktiver schreiben, werde aber keine zeitlichen Abstände mehr vorgeben, da mich das nur unnötig unter Druck setzen würde.

Übrigens möchte ich mich hier herzlichst dafür bedanken, dass ihr bei den Kommentaren die 50 übertroffen habt °^° DANKE DAFÜR. (Und danke für das 50. Kommentar an mein geliebtes Linchen :*)

Und nun wünsche ich euch viel Spaß mit dem Kapitel :D
(Übrigens kommt heute auch ein neues Kapitel von der Partner-FF von Linchen und mir: Find your own way) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Mittag an meine lieben Leser,

ich hatte mir vorgenommen, alle zwei Wochen ein neues Kapitel hochzuladen.
Aber es ird zeitlich immer sehr eng, dass ich immer auf den letzten Drücker fertig werde :D
Trotzdem habe ich das heutige Kapitel fertig gestellt °^°
Und ich mag es sogar, auch wenn es nicht ganz seiner Überschrift entspricht.
Ich bin allerdings auch eine Verfechterin, dass fehler nicht immer offen zu sehen und zu erkennen sind, so dass sich gerade die Tugend der Hochmut in den kleinen Dingen versteckt, die man im Gespräch zwischen Taichi und Yamato meines Erachtens nach gut erkennen kann ;D

Und ja~
Es ist ein EVA-Moment, einfach, weil ich es genauso liebe °^°

Ich wünsche euch noch einen schönen Sonntag ♥
Viel Spaß beim Lesen :D Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Morgen ihr lieben Leser ♥

Mit einem kleinen Cliffhanger geendet, beginnen nun eine Reihe etwas harmloser Kapitel, um den aktiongeladenen Hauptakt einzuleiten. Ich habe versucht, die folgenden Kapitel relativ emotional zu halten, da sie sich inhaltlich auf die Freundschaften zwischen den Charakteren beziehen.

In diesem Sinne möchte ich in diesem Kapitel auch eine erste Widmung aussprechen.
Obwohl du als Letzte zu der FF hinzugestoßen bist, hast du mich für dieses Kapitel ganz besonders geprägt. Danke dafür, liebe phean und ich hoffe, dir gefällt es.

Aber natürlich möchte ich allen anderen viel Spaß wünschen und hoffe, dass es auch ihnen gefallen wird!!!
In diesem Sinne, einen guten Ausklang aus dem Wochenende ♥ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Liebe Leser,

ich danke euch von Herzen, dass ihr meiner Nachricht gefolgt seid.
Entschuldigt bitte, dass es solange gebraucht hat.

Bitte lest das Kapitel in Verbindung diesen Liedes: Heaven's Weakness

Ich wünsche euch viel Spaß.

Alles Liebe
Janine Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Glück

Liebes Leben,

 

es ist gar nicht so einfach, ein glückliches, erfüllendes Leben zu führen, wie es alle anderen versuchen, einen weiß zu machen. Manchmal ist das Leben nicht fair und kämpft sich gewaltsam durch deine Gedanken, Emotionen und Eindrücke. Hinterlässt Spuren und tiefe Narben, Schmerz und Kummer, welche lediglich mit einer plötzlich eintretenden Amnesie geheilt werden könnten.

 

Aber vergessen heißt nicht heilen, nicht? Das Leben schenkt man uns, um es mit all seinen Facetten kennen zu lernen und sich damit auseinander setzen. Wahrscheinlich auch, weil jeder Mensch nur ein Leben hat, nicht?

 

Schmerz, Kummer und Trauer pflasterten meinen Weg. Nun sitze ich hier, im Flieger. Gedankenverloren blicke ich auf meine farbenfrohe Vergangenheit, betrachte die grauen Farben der Gegenwart und sehe auf in eine durchsichtige Zukunft.

 

Kurz vor ihrem Tod bekam ich die Zusage an der Mode Gakuen in Tokyo zu studieren. Eine der renommiertesten und bekanntesten Universitäten Japans in dieser Fachrichtung. Eigentlich ein Grund zum Feiern, ein Grund glücklich zu sein. Aber sobald ich alleine bin, fällt es mir unglaublich schwer, glücklich zu sein.

 

Wie schafft man es, glücklich zu sein, wenn man einmal mehr im Leben einen geliebten Menschen verloren hat?

 

Warum lässt sich die Zeit nicht einfach zurückdrehen?

 

Wieso kann man nichts mehr an den Umständen ändern?

 

Schon vor Monaten habe ich den Kontakt mit den anderen abgebrochen. Eine tiefsinnige Freundschaft wäre eigentlich das gewesen, was ich in der schweren Zeit gebraucht hätte. Aber sie alle haben ihre eigenen Leben, eigene Probleme und Emotionen, mit welchen sie sich auseinandersetzen müssen. Ihnen zusätzlich die Last meiner Probleme aufzuhalsen obliegt mir nicht. Wöchentlich schreiben mir Hikari, Sora und Koushiro und fragen, ob alles in Ordnung bei mir ist. Auch Miyako und die anderen versuchen mich schon länger zu erreichen. Aber ich blocke alles ab. Ich möchte kein Mitleid, keine traurigen Mienen.

 

Wie soll ich denn mein Leben für sie weiter führen, wenn ich mich gänzlich in meiner Trauer vergrabe?

 

Am liebsten würde ich einfach nur die Decke über meinen Kopf ziehen und mich der Dunkelheit hingeben. Aber das hätte sie sich nicht für mich gewünscht.

Den Kampf, den sie bestritt, war langwierig und anstrengend, raubte ihr all die Kraft und das Ende war die Erlösung. Als sie ging, überfluteten mich die Gefühle von Trauer bis hin zur Erleichterung. Sie hatte den Kampf verloren, dafür jedoch endlich ihren Seelenfrieden gefunden.

 

Es wäre ihr nicht fair gegenüber, einfach den Kopf im Sand zu begraben und sich traurig und niedergeschlagen zu verstecken. Außerdem sieht das gar nicht nach mir aus. Schon immer war ich eine Kämpfernatur, die geradeaus zu ihrer eigenen Person stand und ihre Gefühle auf der Zunge trug.

 

Trotzdem fühlt es sich so an, als habe sie ein Teil meiner selbst mit sich genommen.

 

Seit sie weg ist, habe ich nicht mehr gesungen. Nicht, dass ich es verlernt habe. Aber ich habe keine Lust, auch nur eine Strophe der Musik über meine Lippen zu bringen. Früher hat es mich einfach nur erfüllt, heute macht es mich traurig. Ob Yamato wohl noch Musik macht?

Viele Menschen schaffen es schließlich, Trauer und Kummer über die Musik zu kompensieren. Bei mir klappt das irgendwie nicht.

 

Ich muss wieder glücklich werden. Das ist es, was sie sich für mich wünscht.

 

Leider hat sie mir nicht mit auf den Weg gegeben, wie ich das anstellen soll. In Japan wird ihre Beerdigung stattfinden. Die Chance der Familie und den Freunden eine Möglichkeit zu geben, sich zu verabschieden. Eine Veranstaltung, der ich am liebsten nicht beiwohnen würde. Aber ich muss für meinen Vater da sein, stark sein und ihn Halt spenden. Egal, wie schwer es mir fällt.

 

Und dann werde ich ihnen Rede und Antwort stehen müssen. Wahrscheinlich weiß es der Großteil der anderen schon. Schließlich sind auch unserer Eltern mit den Eltern der anderen gut befreundet. Sie alle werden also da sein. Ich werde ihnen gar nicht aus dem Weg gehen können.

 

Ganz gleich, was passiert. Das Leben ist einfach nicht fair.

 

Liebes Leben.

Ich bin kein Fan von dir. Hast du vielleicht auch noch ein Fünkchen Glück für mich übrig?

 

 

Einen Tropfen Mut, all die Herausforderungen meistern zu können?

 

Liebe, die mir Kraft gibt und mich geradeaus sehen lässt?

 

Die kräftige Hand der Freundschaft, die mir nach dem freien Fall wieder aufhilft?

 

Das Wissen, die richtigen Entscheidungen zu treffen?

 

Zuverlässige Unterstützung für jeden Blick nach vorne?

 

Ein wenig Hoffnung, um wieder Freude im Leben zu spüren?

 

Licht am Ende des Tunnels, welches mich in die richtige Richtung leitet?

 

 

Und vielleicht – auch, wenn es womöglich zu viel verlangt sein könnte – die Energie, um mit einem aufrichtigen Lächeln in die Zukunft blicken zu können?
 

 

Eigentlich ist es doch gar nicht viel, was ich mir wünsche. Doch ich weiß, dass es Wünsche sind, die ich mir nur selbst erfüllen kann. Kein anderer kann diesen Weg gehen, kein anderer kann für mich den Kampf bestreiten. Nur ich alleine. Auch wenn ich nicht weiß, wie ich das anstellen soll.

 

Irgendwie wird es mir schon gelingen. Bisher habe ich doch alles „irgendwie“ gemeistert.

 

Mimi Tachikawa, 28.11.2008

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wiedersehen

„Mein aufrichtiges Beileid! Deine Mutter war wirklich ein großartiger Mensch!“, klangen die monotonen Worte an das Ohr ihrer Besitzerin.

 

23

 

Hände schüttelnd, in den Arm nehmend, schluchzend. Wieder wurde sie von einer ihr unbekannten Frau umarmt, die herzlich ihr Beileid bekundete und der Familie alles Glück auf Erden wünschte.

 

24

 

„Ach, Mili-chan! Ich kann es noch gar nicht glauben, dass sie tot ist. Ich werde sie so vermissen!“ fiel ihr eine andere Frau um den Hals. Hatte sie sich gerade verhört? Hatte sie gerade jemand der trauenden Gemeinde „Mili“ anstatt Mimi genannt? War es jetzt schon zu viel verlangt, wenigstens aufrichtig zu heucheln? Das war doch ein schlechter Witz.

 

25

 

In ihr brodelte es, es war stickig, laut und voller unerträglicher, heuchelnder Menschen. „Mein aufrichtiges Beileid!“ hörte sie erneut die Worte, die sie schon zu oft hören musste. Mimis Mimik verfinsterte sich, ihr Blick blieb gesenkt. Sie wollte es nicht mehr hören, nicht mehr die mitleidigen Gesichter sehen. Wie sollte sie vergessen, wenn sie jeder mit diesem Ausdruck betrachtete?

 

26

 

Sechsundzwanzig Sätze, sechsundzwanzig verschiedene Formulierungen, sechsundzwanzig Mal ein und dasselbe. Mindestens zwanzig Mal eine Person, die ihre Mutter nicht kannte, eine Person, die sich nie blicken ließ, eine Person, die nie Teil ihres familiären Lebens war.

 

„Es tut mir wirklich sehr Lei-…“, doch weiter ließ ihn sein Gegenüber nicht kommen. „Was denn? Sie kennen meine Mutter und sind totunglücklich, dass sie weg ist?“, brach es aus der Tachikawa heraus, welche wütend die Hand vor sich wegschlug und sich auf die Unterlippe biss. Verstört und unglücklich sah sie vor sich hin, achtete überhaupt nicht auf den schockierten Blick der angesprochenen Person. Diese Heuchelei war ihr zu viel. „Ich ertrag das nicht mehr!“, erweiterte die junge Frau ihre Worte und hob den Blick. Suchend blickte sich Mimi um und erblickte ihren Vater. Warum hatten sie so viele Leute eingeladen? Menschen, die sich einen Dreck um ihre Mutter geschert hatten, als diese noch am Leben war. War sie jetzt etwas Besonderes, weil sie nicht unter den Lebenden weilte? Hatte ihre Beerdigung besonderes Interesse geweckt und alle aus ihren Löchern gelockt? Wo waren sie vor zwei Wochen, vor vier Wochen, vor zwei Monaten, als sie diese Schreckens-Diagnose erhalten hatten?

 

Traurig erwiderte ihr Vater ihr Mienenspiel. Sie selbst sah ihn nur entschuldigend an, kurz bevor sie sich aus der Masse drängte und das Gebäude verließ. Raus aus diesen stickigen Räumen, befreit von dieser trauernden Gesellschaft. Weg. Einfach nur weg.

 

Draußen angelangt prasselte der Regen unaufhörlich den Himmel herab, verwandelte die Erde in Schlamm und ließ kleine Flüsse in den Rillen der Straßen entstehen. Zarte Tropfen strichen ihr langes Haar entlang, fielen zu Boden und verwandelten sich in eine Vielzahl kleiner Ebenbilder.

 

Die Arme vor der Brust verschränkt schritt Mimi die Straßen entlang, ließ den Regen sein Werk verrichten und starrte mit traurigen Blick vor sich her. Die Tränen waren bereits versickert in der Unendlichkeit und das Leben zog an ihr vorbei wie ein schnelles Auto durch die, vom Regen verwandelten, Pfützen. Schon lang hatte sie die Zeit hinter sich gelassen. So sehr, dass sie keinen Gedanken daran verschwendete.

 

Fast automatisch trugen sie ihre Füße in eine bestimmte Richtung. Verwundert blieb sie stehen, als sie vor dem riesigen Gebäudekomplex verweilte und diesen ansah. Hier hatte damals alles begonnen. Sie hatten sich alle lange nicht daran zurück erinnern können, doch vor mehreren Jahren waren Taichi und Hikari hier in Hikarigaoka einem Digimon begegnet. Mimi konnte sich mittlerweile ganz gut an die vergangenen Ereignisse erinnern, wie sie Taichi angefeuert hatten, während er die Luft aus seinen Lungen presste und dadurch der grelle Ton der Pfeife erklang und Greymon wieder erweckte. Sein Mut war damals schon grenzenlos.

 

„Du wirst dich noch erkälten, wenn du hier draußen im Regen stehst!“ erklang hinter ihr eine ruhige, besonnene Stimme, kurz bevor sie bemerkte, dass die Tropfen des Regens ihren Weg nicht mehr zu ihr nach unten fanden. Verwundert blickte sie zunächst hoch zum Regenschirm, kurz bevor sie sich herumdrehte und in saphirblaue Augen blickte.

 

„Takeru-kun…?“, war die verwunderte Frage der Tachikawa, die diesen unsicher musterte. Schließlich hatte sie ihre Freunde schon seit einigen Jahren nicht mehr gesehen. Demzufolge war sie sich unsicher, ob der gutaussehende, weitaus größere junge Mann wirklich Besitzer des eben genannten Namens war. Doch sein Grinsen sowie die nachfolgenden Worte, entlarvten ihn. „Sieht ganz so aus…“ Augenblicklich wurde es Mimi warm ums Herz, als sie ihn die sanftmütigen und warmen Augen des Jüngeren blickte. Alle ihre Freunde hatte in ihr stets Wärme und Geborgenheit sowie das Gefühl von einem Ort, an den sie jederzeit zurückkehren konnte, gegeben.

„Was machst du hier draußen im Regen? Du bist ja völlig aufgeweicht!“, holten sie seine Worte aus ihren träumerischen und gefühlsduseligen Gedanken. Ein peinlich berührtes Lächeln zierte die Lippen der Brünetten. „Uhm… ein bisschen spazieren gehen?“, stellte sie seiner Frage entgegen und sah verlegen zur Seite. „Sicher. Im Regen. Bei gefühlten drei Grad.“, erwiderte er sarkastisch, musste dennoch grinsen. „Du bist abgehauen, was?“, fragte er mit belustigter Stimme. „Woher…?“ „Bei der Trauerfeier meiner Großmutter bin ich auch abgehauen!“, erklärte er amüsiert. Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. Wenn man es genauer betrachtete, war er förmlich vor den Feierlichkeiten davon gestürmt, so sehr hatte ihn das alles mitgenommen. Es fiel ihn also nicht schwer, sich in die Situation von Mimi hineinzuversetzen.

 

„Was machst du denn eigentlich hier?“, war es nun Mimis Frage, die ihn zurück aus seinen Gedanken holte. Er sah sie kurz an, dann wieder gen Himmel. „Eigentlich wollten wir zu dir…“, gestand er offen. Logisch. Warum hatte sie nicht gleich daran gedacht? Es war zu erwarten gewesen, dass ihr Vater die Familien ihrer Freunde benachrichtigen würde. Wahrscheinlich, damit sich Mimi eine Schulter zum Anlehnen und Ausweinen aussuchte und endlich ihrer Trauer freien Lauf ließ. Das würde ihm so passen. Nicht mit ihr. Sie war stark und würde schon alleine ihr Lächeln wiederfinden.

 

„Ah…zur Trauerfeier, Mhm…?“ flüsterte die Tachikawa und sah zum Boden. Was ein unglaublich unpassender Ort, ein Wiedersehen unter Freunden zu feiern. Doch bevor Takeru überhaupt zu Wort kam, fuhr ihnen bereits ein Wagen entgegen und kam zum Stehen. „Mimi-chan?!!“ hörte sie eine laute, schrille Stimme, die für sie nicht unbedingt unangenehm war, in der Lautstärke dennoch in ihren Ohren wiederhalte. Aus dem Auto herausgestürmt kam ein braunhaariges, aufgewecktes Mädchen, welches ihr nur wenige Sekunden später in den Armen lag und scheinbar nicht vorhatte, sie so schnell wieder loszulassen. „Hikari-chan…“, flüstere Mimi in den Regen hinein. „Mensch! Wir haben uns schon sorgen um dich gemacht, weil du dich nicht mehr gemeldet hast. Es tut mir so leid. Dir muss es grauenhaft gehen!“ sprach die zierliche Person in den Armen der Brünetten aus, die bei diesen Worten sogar schlucken musste. Es waren die ersten aufrichtigen  Worte, die sie heute wirklich an sich herangelassen hatte.

 

Zaghaft strich sie der Kleineren über die Haare und lächelte sanft. Irgendwie war es eine Wohltat ihre Freunde um sich zu haben. Denn auch wenn sie alle gewissermaßen Mitleid mit Mimi hatten, so war dies eine Form dessen, die weitaus einfacher zu ertragen war, als das seltsame Miteinander während der Trauerfeier. Denn sie war rein und aufrichtig. Innerlich begann sie zu bereuen, sich die letzten Monate nicht mit ihren Freundschaften auseinandergesetzt zu haben. Schließlich waren sie stets um ihr Wohl besorgt gewesen und Mimi hatte ihnen den Rücken zugekehrt.

 

„Es tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe.“ Schniefend hob Hikari ihren Kopf und sah in die rehbraunen Augen ihrer Freundin. Sie wirkten traurig, einsam, gewissermaßen sogar sehnsüchtig. Die letzten Monate hatten Spuren an der Älteren hinterlassen, das war nicht zu übersehen. Hikari war unglaublich froh über die Tatsache, sie endlich wieder in ihren Kreisen zu wissen. Auch hier in Japan hatte sich viel verändert, besonders wenn man ihre Freundschaft betrachtete. Auch Mimi würde mit manchen Veränderungen nur schwer umgehen können.

„Du brauchst dich dafür nicht entschuldigen. Wichtig ist nur, dass du wieder da bist!“, erwiderte die jüngere. Takeru hatte währenddessen in seiner Tasche erfolgreich ein Taschentuch gefunden und reichte dieses nun seiner Freundin, die es dankend und mit einem – Mimi staunte darüber nicht schlecht – verliebten Lächeln entgegen nahm.

 

„Na dann können wir uns den Weg ja sparen!“ erklang letztlich eine ihr vertraut klingende Stimme, deren Besitzer die Fahrertüre hinter sich zuschlug und ihnen entgegen kam. Da seine kleine, unbekümmerte Schwester vollkommen ohne Schutz und Sicherheit in den Regen gestürmt war, um ihre alte Freundin zu begrüßen, öffnete der Ältere der Yagami-Geschwister nun auch den Regenschirm über ihnen. Das musste schon witzig aussehen, wenn man sie von weitem so betrachtete.

„Ah, das erklärt, warum du hier stehst…“, flüsterte Mimi dem Blonden zu. Anscheinend hatten sie sich hier verabredet, um später gemeinsam zur Trauerzeremonie zu fahren. „Ja, meine Mutter ist schon früher gefahren und Yamato fährt mit meinem Vater hin, so dass sich Taichi-san dazu bereit erklärt hat, mich abzuholen…“ Mimi nickte und sah Taichi von oben bis unten an. Ihr Herz hüpfte aufgeregt in ihrem Brustkorb umher, während sie den stattlichen Mann vor sich musterte. Er hatte sich die letzten Jahre wirklich weiter entwickelt, ein jedes Mädchen wäre blind, würde sie nicht auf ihm stehen. Doch sie wusste, dass er schon seit Jahren mit einem hübschen, rothaarigen Ding liiert und dementsprechend nicht auf dem Markt war – nicht, dass sie Interesse hatte.

 

„Gefall ich dir?“, waren es die kecken Worte des Braunhaarigen, der sie verborgen unter seiner braunen Wuschelmähne beobachtete. Oh Gott! Wie offensichtlich hatte sie ihn gerade angestarrt, dass er es schon bemerkte? Verächtlich schnaubte sie nur und drehte den Kopf zur Seite. „Wovon träumst du bitte nachts?“ „Von heißen Bräuten und tollen Autos!“

 

Sein Blick ruhte auf der zierlichen Gestalt seines Gegenübers. Die vergangenen Jahre hatten ihn dazu gezwungen, ihre Entwicklungen nicht im Alltag mitverfolgen zu können. Dementsprechend war Taichi sichtlich überrascht, ja fast schon sprachlos, das hübsche Antlitz der jungen Dame genauer in Augenschein nehmen zu können. Ihr Körper war eine Mischung aus Zierlich- und Zerbrechlichkeit, ihr blasser Teint stand in direkten Kontrast zu ihren dunklen, langen, welligen Haaren. Ihre rehbraunen Augen schienen förmlich in den seinen zu versinken und für Sekunden schien sich die Welt ein wenig langsamer zu drehen.

 
 

Die Zeit ist endlich gekommen.

 

„Ich kann das nicht mehr. Er ist mein bester Freund!“ brachte ein blonder, junger Mann wutentbrannt über die Lippen, kurz bevor er die Türe aufschlug und hinaus in den Regen schritt. Jeder Auftritt mit seiner Band fiel ihm schwer, jeder Schritt machte ihn atemlos. Allein die Gedanken an die letzten Wochen, die Berührungen, die sie austauschten, schnürten ihm jegliche Luft aus den Lungen. Wie sollte er seinem besten Freund noch weiter in die Augen sehen? Er betrog ihn. Das schlimmste an der ganzen Sache war noch nicht einmal das, sondern, dass er auch sich selbst belog. Warum hatte er dieses Spiel mit dem Feuer überhaupt begonnen? Wann hatte sein Verstand ausgesetzt und ihn nur noch blind nach seinen Gefühlen handeln lassen? Er war doch sonst nicht ein solcher Gefühlskrüppel.

 

„Bitte warte!“

 

„Vergiss es! Ich werde ihm die Wahrheit sagen! So kann das alles nicht weitergehen!“ brüllte er die junge Frau an, die ihn folgte. Sanft griff sie nach dem Ärmel seines Jacketts und brachte ihn zum Stehen. Ihren Blick auf den Boden gerichtete, knirschte sie leise mit den Zähnen. Ihre Tränen brannten in den Winkeln ihrer Augen und suchten sich ihren Weg zu Boden. Noch in der Luft vermischte sich das Nass ihrer Augen mit der kalten Flüssigkeit des Regens. „Denkst du denn, das alles ist einfach für mich. Ich will ihn nicht verlieren!“ hauchte die junge Frau, deren Augen verdeckt von den nassen Strähnen ihres roten Haares waren. Yamato biss sich auf die Unterlippe. Noch nie hatte er es gemocht, ihr Schluchzen und das stumme Aufprallen ihrer Tränen zu hören. Verzweiflung suchte immer mehr sein Inneres auf und ließ ihn in der Kälte erstarren. Sein Blick in den grauen Himmel gerichtet, die Tropfen, die entlang seines Kinnes wanderten.

 

„Wir können so nicht weiter machen… Niemand von uns wird damit glücklich. Nicht er. Nicht ich. Nicht du, Sora!“

 
 

Endlich sind sie wieder vereint.

 

Verdammt. Warum musste ihm das ausgerechnet heute passieren? Gut, ihm passierten ständig irgendwelche Missgeschicke oder Unfälle, aber konnte er nicht zumindest heute einmal davon verschont bleiben? Es war manchmal wirklich eine Katastrophe mit ihm. Wahrscheinlich war er sogar der einzige Mensch auf Erden, der es schaffte beim Aussteigen seines Autos seinen Laptop zu schrotten. Hinzukommend war er womöglich auch der einzige Mensch auf Erden, der den Laptop auf Fahrerseite verstaute, anstatt diesen wohlbehütet auf den Sitz des Beifahrers zu platzieren.

 

Aber nein. Jou Kido musste mal wieder aus der Reihe tanzen und seinen Laptop gezielt in eine Pfütze auf den harten Asphalt fallen lassen. Als ob sein Leben nicht schon chaotisch genug wäre. Zumal heute bereits ein ganz schrecklicher Tag war, nicht nur aufgrund des schlechten Wetters, sondern auch der Tatsache geschuldet, dass er ursprünglich Koushiro abholen und Mimi Halt auf der Trauerzeremonie spenden wollte. Und wo war er nun gelandet? Er saß inmitten von Akten, Computerteilen und einem Wirrwarr an Papieren in Koushiros Wohnung. Verzweifelt hatte er diesen darum gebeten, die Dateien seines Computers zu retten. Bei seiner Gelassenheit hatte er es natürlich wieder einmal nicht geschafft, die beiden Hausarbeiten und den einen Bericht nochmals auf einer externen Festplatte zu sichern. Dementsprechend hing nicht nur sein Laptop, sondern auch sein eigenes Leben am seidenen Faden. Nur Koushiro würde ihn noch retten können.

 

„Unglaublich, dass du es ausgerechnet heute hinbekommen musst, deinen Laptop runterfallen zu lassen!“ kam es immer wieder murrend und brummend von dem rothaarigen Computernarr. Er wollte im Moment eigentlich ganz woanders sein, stattdessen kümmerte er sich um den Laptop seines Freundes.

 

Nach einer gewissen Zeit, welche Jou wie Stunden vorkam, gelang es dem Izumi endlich, die Festplatte aus dem schützenden Gehäuse des tragbaren Computers zu befreien und diese an seinen Computer anschließen zu können. Jou, der sich hinter ihn lehnte, wurde nicht gänzlich schlau aus den grünlich schimmernden Ziffern, die sich auf schwarzen Hintergrund den beiden entgegenblinkten. „Und? Was siehst du? Sind meine Hausarbeiten noch drauf? Bitte Izzy, sag mir, dass meine Daten noch drauf sind. Ich überlebe es nicht, wenn sie gelöscht sind!“, jammerte der blauhaarige Mann theatralisch und gestikulierte wild umher.

 

Koushiro stattdessen richtete seinen Blick starr auf den Monitor des Bildschirms. Diese Ziffern bedeuteten definitiv nicht, dass Jou seine Dateien zurück erlangen würde. Ihm wurde immer unwohler bei dem Gedanken daran, wann er das letzte Mal ein solches Wirrwarr an Zahlen und Ziffern auf seinem Monitor erblickt hatte.

 

„Koushiroooo!!! Sag doch was!!! Sieht es so schlimm aus?!“ rüttelte Jou den Jüngeren panisch an seinen Schultern und schwenkte ihn umher, um endlich dessen Aufmerksamkeit zurückzuerlangen. Das schaffte er auch. Jedoch nicht unbedingt so, wie er es sich erhofft hatte.

 

„Die Digiwelt…“

 
 

Lasst sie uns in unsere Welt zurückholen.

 

Schlagartig pressten sich die Lippen des Brillenträgers aufeinander. Vergessen war das schlechte Wetter, die Trauerzeremonie oder der Umstand, dass seine Dokumente auf dem Laptop verschwunden waren. Starr blickten seine dunklen Augen den Monitor des Computers an. Allmählich begannen die Ziffern Form zu bekommen. „Was hat das zu bedeuten?“, formulierte er seine unsichere Frage und stellte sie in den Raum. Jou konnte spüren, dass seine Finger begangen zu zittern. Automatisch schwangen seine Gedanken zu Gomamon, seinen besten Freund. Auch die anderen Digimon, die gesamte Welt ihrer digitalen Freunde erschien vor seinem inneren Auge. „Was ist mit ihr?“

 

Aufgebracht schüttelte Koushiro nur den Kopf. Nein. Das konnte nicht sein. Es konnte doch nicht angehen, dass wiederholt die Welt ihrer Digimon in Gefahr war. Er hätte es früher ahnen müssen, früher Nachforschungen stellen müssen. Seit fast einem halben Jahr hatte er nichts mehr von Gennai gehört, seit mehr als einem Jahr waren die Tore der Digiwelt verschlossen. Zuvor hatten es zumindest noch die Jüngeren geschafft, einen Zugang zur Digiwelt zu ermöglichen. Doch auch dieser Lichtblick war für sie verschlossen worden. In der Folgezeit hatten er und Gennai regen E-Mail-Kontakt gehalten. Er versicherte ihm stets, dass es den Digimon und ihrer Welt gut ging. Nun sah er ja, wie gut es ihnen ging. Irgendwas lief gänzlich entgegen der Aussagen von Gennai.

 

Oder es hatte sich was verändert.

 

„Wir müssen die anderen kontaktieren!“ Sofort griff Jou zum Telefon und wählte mit zittrigen Fingern die Telefonnummer von Taichi. Nachdem er es obligatorisch sieben Mal klingen ließ, seufze er resigniert und wählte folglich die Nummer von Yamato. Auch er griff nicht zum Hörer, genauso wie dessen kleiner Bruder. Jou war gerade daran, Soras Nummer in seinem Telefonbuch herauszusuchen, als es Koushiro schaffte, ein klares Bild auf den Monitor zu zaubern. „M-Moment! Das ist ein Digitor!“, sprudelte es aus dem Älteren nur hervor.

 

„Ja, was du nichts sagst. Ruf endlich die anderen an!“, murrte der Rothaarige nur zurück. Doch Jou kam mit dem Heraussuchen der Telefonnummer nicht weiter. Zehn Sekunden später erstrahlte das Zimmer in gleißenden Licht. Zurück blieb lediglich Joes Handy und dessen kaputter Laptop. Mit dem Verblassen des Lichtes, versank auch der Monitor Koushiros wieder in ein tiefes Schwarz…

 
 

__________________________

 

Laut prasselte der Regen gegen den Lack des Wagens, in welchen, in einer Melancholie gefangen, Sora und Yamato saßen. Wutschnaubend drückte Yamato auf seinem Navigationsgerät rum, musste nach einer gewissen Zeit allerdings feststellen, dass er das verdammt „J“ nicht traf und dementsprechend immer wieder die gesuchte Straße mit „H“ schrieb. „Lass mich mal. Das ist ja nicht mehr mit anzusehen!“, war es Soras schnaubende Wortwahl, die ihn mit seiner Hand zurückschrecken ließ, diese dann allerdings auf das Lenkrad platzierte.

 

Wie nichts anderes zu erwarten gelang es Sora bereits beim ersten Versuch, den gewünschten Zielort einzugeben. „Ihre Route wird berechnet.“, erklang die mechanische Stimme und Sora lehnte sich in den Sitz zurück. Bevor Yamato jedoch das Gaspedal durchtrat, suchten seine blauen Augen einmal mehr das hübsche Gesicht der Rothaarigen.

 

„Du weißt auch, dass wir dieses Spiel nicht länger spielen können. Wir verbrennen und damit die Finger…“, flüsterte er. Soras Blick ging nach draußen. Traurig beobachtete sie zwei Tropfen, die sich entlang der Glasscheibe einen Wettstreit lieferten. „Ich möchte ihm nicht wehtun.“ „Umso länger wir warten, umso mehr wird es ihm das Herz brechen!“, legte der Blonde die Fakten knallhart auf den Tisch und fixierte mit seinem durchdringenden Blick die Frontscheibe.

 

Sora stattdessen biss sich verzweifelt auf die Unterlippe. Seit zwei Wochen trieb sie bereits dieses Spiel, ohne Rücksicht auf irgendjemanden zu nehmen. Natürlich liebte sie Taichi. Doch die Form dieser Gefühle hatte sich verändert, beschränkte sich lediglich nur noch auf die freundschaftliche Ebene zwischen ihnen. Eben jene Ebene, die sie nicht verlieren wollte. Schon lange war die Beziehung der beiden nicht mehr das, was sie einst war. Sie hatten sich auseinander gelebt, hatten verschiedene Interessen, verschiedene Meinungen.

 

Doch Yamato hatte Recht mit seinen Worten. Das Spiel mit dem Feuer musste sein Ende finden. Ihre Gefühle hatten sie direkt in die Arme seines besten Freundes gelockt und hatten ihr neue Facetten ihrer eigenen emotionalen Welt gezeigt. Die Last, Taichi zu belügen, wog schwer auf ihren Schultern. Eine Last, derer sie sich entledigen musste, wenn sie wirklich glücklich sein wollte.

 

„Ich werde mit ihm reden…“, flüsterte sie letztlich und spürte den überraschten Blick des Blonden auf sich ruhen. Sanft griff sie dessen Hand und strich mit ihrer über den Handrücken dieser. „Du hast Recht mit dem, was du sagst. Es ist ihm nicht fair gegenüber. Wir haben schon so viel miteinander überstanden. Irgendwie wird es uns gelingen, auch diese Bürde zu schultern…“

Mit einem Lächeln auf den Lippen erwiderte Yamato den sanften Blick der Rothaarigen, eher er sich zu ihr nach unten beugte und ihr einen Kuss auf die samtweichen Lippen drücken wollte. Doch das gleißende Licht, welches sich im Folgemoment den Weg aus dem Navigationsgerät durch den Fond des Wagens bahnte, schloss die beiden ein und zog sie förmlich mit sich.

 

Sie hatten nicht bemerkt, dass sich auf dem Navigationsgerät ein Tor zur Digiwelt geöffnet hatte. Doch mit dem Abklingen des Lichtes, war auch die Navigation in ein dunkles Schwarz getaucht. Zurück blieb nur der prasselnde Regen auf dem Dach des Fahrzeuges.

 
 

__________________________

 

Wahrhaftig drohte Mimi im Augenblick in eine gänzlich andere Welt abzusinken. Je länger sie in die Augen des Yagami blickte, umso weicher fühlten sich ihre Beine an, umso stärker klopfte ihr Herz gegen ihre Brust. Es war eine Art der inneren Stimme, die dagegen ankämpfte, diese aufblühenden Gefühle zuzulassen. Schon einmal hatten sie tiefe Narben auf ihrem Herz hinterlassen. So blieben sie verborgen in dem hintersten Eck ihres Herzens.

 

Liebe?

 

Nicht mit ihr!

Also zwang sich die Tachikawa aus der verworrenen Situation, zwinkerte zwei bis dreimal durch ihre dichten Wimpern hinweg und wich dem eindringlichen Blick ihres brünetten Gegenübers aus. Schnell legte sie wieder eine Mauer um ihr wild schlagendes Herz und zwang sich innerlich dazu, sich zu beruhigen. Nicht noch einmal würde sie sich dieses gewaltsam herausziehen und zerquetschen lassen. Vor allem, da Taichi überhaupt nicht das Recht dazu hatte, sie auf diese Art und Weise zu betrachten. Schließlich hatte er Sora. Nur für diese sollte er einen solchen Blick übrig haben.

 

Unschlüssig stand Hikari zwischen ihrem großen Bruder und ihrer Freundin. Die Blicke, die sie sich ausgetauscht hatten, schienen tiefgründig und verbargen eine unstillbare Sehnsucht. Es wunderte sie, wusste sie doch, dass ihr Bruder mit seiner langjährigen Jugendliebe zusammen war. Doch auch sie war sich darüber in Klaren, wie unglücklich Tai mit der gegenwärtigen Situation doch war. Dass Mimi jedoch etwas damit zu tun haben könnte, kam ihr bisher nicht in den Sinn. Doch die Blicke der beiden hatten einen besonderen Beigeschmack. Diese Gegebenheiten würde sie definitiv noch beobachten. Denn es versprach spannend zu werden.

 

„So! Was machen wir jetzt? Zurück zur Zeremonie?“, fragte nun Takeru, der die angespannte Atmosphäre ein wenig auflockern wollte. Just in diesem Augenblick ließ auch Taichi seinen Blick zu Boden sinken und fixierte einen undefinierten Punkt des Pflastersteins.

Mimi jedoch schüttelte nur schnell den Kopf. „Nein! Da kriegen mich keine zehn Pferde hin! Können wir nicht einfach irgendwo was trinken oder feiern gehen? Ein wenig Abwechslung würde wirklich nicht schaden…“, murmelte die junge Frau und strich sich über ihren Oberarm.

 

„Warum eigentlich nicht? Ich hatte sowieso keine Lust dazu, mich unter trauernde Menschen zu mischen. Das bringt den Verstorbenen auch nicht zurück.“ „Taichi!“ „Ups!“, erwiderte dieser nur die ermahnende Aussage seiner kleinen Schwester, welche fassungslos die Hände in die Hüften gestemmt hatte. Entschuldigend sah Taichi Mimi an. „Mimi, ich…“, setzte er an. Doch kam er nicht weit.

 

Ehe er sich versah, umhüllte die kleine Gruppe ein gleisendes Licht und übrig blieben nur die Regenschirme, die zu Boden prallten. Mit dem Abklingen des Lichtes wurde auch der naheliegende Info-Point in ein tiefes Schwarz gehüllt.

 
 

Lasset die Spiele beginnen.
 

Eine neue Bedrohung

Einst verhüllt in gleisendes Licht, war es nun die Dunkelheit, welche die Überhand gewann. Umgeben von Finsternis, Kälte und Einsamkeit fanden sich die Digiritter wieder, die zuvor von wärmenden Licht umschlossen waren. Seit Anbeginn der Abenteuer in der Digiwelt, waren sie es gewohnt, sich nach einem schleudervollen und durchwachsenen Übergang, in der Digiwelt wiederzufinden. Diesmal war es jedoch anders. Mit dem Abklingen des Lichtes war auch ihr Zielort unbekannt. Das Einzige, was sie umgab war jene Dunkel- und Einsamkeit, die der Wärme gewichen war.

 

Nur schwerfällig gelang es der kleinen Gruppe ihre Augen zu öffnen und das dunkle Nichts vor ihren Augen zu sehen. Prinzipiell machte es keinerlei Unterschied, ob die Augen verschlossen blieben oder sich öffneten. Die Dunkelheit blieb. Die einschüchternde Atmosphäre wanderte bis tief in ihre Knochen und ließ eine Gänsehaut auf ihrer Haut entstehen. Das hier war definitiv nicht die vertraute Digiwelt, die sie kannten. Es gelang auch keinen der Jugendlichen überhaupt zu sagen, wo sie sich befanden, geschweige denn mit wem oder aus welchem Grund. Eine Orientierung schien ihnen nicht möglich. Zumal ihnen irgendetwas verbot, die Lippen auseinander zu bewegen und Fragen zu formulieren. Das Schweigen der Anwesenden vermischte sich mit der Angst aus der Dunkelheit.

 

Doch die blanke Panik blieb aus. Stattdessen umgab sie nach und nach ein neues, weitaus angenehmeres Gefühl. Wärme und Geborgenheit zauberten einen Lichtfilter über die Dunkelheit und schafften es, diese nach und nach zu vertreiben. Mit jeder vergangenen Sekunde wurde der Blick der Auserwählten deutlicher und sie sahen, dass sie nicht allein in dieser Umgebung gefangen waren. Erst jetzt bemerkten die jungen Erwachsenen, dass sie sich definitiv nicht in der Digiwelt befanden. Gefangen in der Zwischenwelt, die sie schon damals immer passiert hatten, erkannten sie bekannte Gesichter und vertraute Gegebenheiten.

 

„Wo sind wir?“, erklangen zum ersten Mal die Worte des rothaarigen Mädchens, welches sich fühlte, als würde sie fliegen. Tatsächlich befanden sie sich nicht auf festen Untergrund, sondern schwebten vielmehr in der Luft. Mit jedem Passieren in die Digiwelt, hatten sie bereits damals eine Art digitalen Tunnel durchquert. Diesmal jedoch erreichten sie das Ziel nicht.

 

Sorge machte sich in ihnen breit. Nicht nur über die gegenwärtige Situation, derer Ausgang ungewisse war, sondern auch um die Digiwelt. Irgendwas hatte versucht sie in diese Welt zu bringen und genauso versuchte nun irgendwas sie daran zu hindern, die Welt ihrer Freunde zu erreichen. Die Frage war nur, ob sie tatsächlich von einer gutartigen oder nicht gar von einer bösartigen Macht in die Digiwelt gezogen waren. Tatsächlich war es im Moment jedoch so, dass sie sich weder in der einen noch in der anderen Welt befanden.

 

„Das ist der Tunnel, den wir bisher immer als Weg in die Digiwelt passiert haben!“, erklärte eine ruhige Stimme, die Sora überrascht stutzen ließ. Bis vor wenigen Minuten war sie noch gemeinsam mit Yamato in dessen Auto gesessen. Nun aber befand sie sich hier und allen Anscheins nach gemeinsam mit Koushiro. „Und was machen wir hier?! Schließlich sind wir bisher noch nie hier gelandet, sondern direkt in der Digiwelt!“, folgte nun auch die Stimme von Takeru. Mit jedem weiteren ausgesprochenen Wort, erschienen neue bekannte Gesichter. Überraschung war aus den Gesichtern der Freunde abzulesen, als sie alle erkannten, dass sie zusammen waren. „Mimi-chan!“, war es die aufgeregte Stimme von Jou, der verzweifelt versuchte, zu der Angesprochenen rüber zu robben und diese in die Arme zu nehmen. Doch seltsamer Weise gelang es ihm nicht, sie zu erreichen. Auch Mimi wirkte verunsichert, zumal sie sich nicht wohl fühlte, ohne Boden in der Luft zu schweben. Würden sie jetzt fallen, wäre es womöglich ein endloser Fall. „Du bist ja auch hier!“, war die abschätzende Bemerkung von Taichi, der ein Hauch von Sarkasmus mitschwang. Mit einem Grinsen erwiderte er den Blick seines blonden Freundes, der sich davon nur wenig beeindrucken ließ. Das alles war kein Spaß, schließlich wusste keiner von ihnen, welche Bedeutung ihr Beisammensein hatte. Seit eh her hatte es eine tiefliegende Begründung, wenn sie von der digitalen Welt berufen wurden. Dass sie diese nun nicht erreichten, musste ebenfalls einen gravierenden Grund haben. Ein Stein fiel Taichi vom Herzen, als er auch seine kleine Schwester erblicken konnte.

 

Somit waren sie also alle zusammen. Scheinbar gefangen in der Irrnis einer Parallelwelt, die sich zwischen ihrer eigenen und der Digiwelt befand. Dieser Tatsache geschuldet schlich sich Unbehagen in die Sinne von Mimi. Sie hatte wirklich genug um die Ohren, ihr war kalt und sie fürchtete sich vor der Ungewissheit in ihrer Zukunft. Nicht nur ihr, sondern auch den anderen war das Unbehagen angesehen. Keiner von ihnen wusste, wie sie nun aus dieser misslichen Lage entkommen sollte. Doch bereits in den folgenden Momenten sollten sie alle Antworten auf ihre Fragen bekommen.

 

„Ich habe es zu verantworten, dass ihr euch hier, anstatt in der Digiwelt befindet.“ Hikari zuckte mit dem Erklingen der Stimme zusammen und sah sich unschlüssig und fragend um. Noch ehe sie ihre eigene Frage formulieren konnte, begann ihr Digivice, welches sie stets in ihrer Tasche mit sich trug, zu leuchten. Das Leuchten weitete sich ebenfalls über die Digivices ihrer Freunde aus uns schloss sich zusammen. Mit dem Abklingen des Lichtes blickte die Brünette in die großen blauen Augen eines katzenähnlichen Wesens. Abgrubt weiteten sich die Augen von dem Mädchen. „Gatomon!“ Mit schimmernden Tränen in den Augen schloss sie ihr Digimon in die Augen. Doch nicht nur sie, sondern auch ihre Kameraden konnten ihr Glück kaum fassen. Liebevoll schlossen sie ihre Digimonpartner in die Arme. Selbst der sonst so verschlossene und unterkühlte Yamato umarmte Gabumon mit einer Inbrunst an Hingabe.

 

„Ich habe‘ dich so vermisst, Mimi-chan!“, erklang die Stimme von Palmon, welches sich an die Brust der Tachikawa schmiegte. Aufgeregt klopfte dieser das Herz gegen die Brust und das Gefühl der Wärme machte sich in dieser breit. Durch ihren Wohnort hatte sie nicht nur ihre Freunde innig vermissen gelernt, sondern auch ihr Digimon. Da nur Daisuke, Ken, Miyako, Cody und die jüngeren Geschwister von Yamato und Taichi die Möglichkeit hatten, ein Tor in die Digiwelt zu öffnen, bestand die Chance dies auch in Amerika zu können bei null. So war es Mimi nur möglich gewesen, sich nach dem Befinden von Palmon zu erkundigen, dieses jedoch nicht besuchen zu können. Ein Umstand, der auch sie mit jedem Schritt nach vorne belastete. Koushiro hatte ihr stets mittels seiner E-Mails von ihrem geliebten Digimon berichtet. Mit der schweren Diagnose über ihre Mutter hatte sich das Leben der Tachikawa jedoch auf den Kopf gestellt und sie vollkommen aus der Bahn geworfen. Es war ein Segen, nicht nur ihre Freunde wieder in die Arme, sondern auch Palmon in diese schließen zu können.

 

„Gennai-san, warum hast du uns gerufen?“, erklang die Frage von Koushiro, die wohl allen auf der Seele brannte. Mittlerweile war auch die Silhouette von den Herren zu erkennen. Doch die genauen Züge seiner Persönlichkeit war nicht zu erkennen. Sehr zur Enttäuschung der Anwesenden. „Ich habe euch nicht in die Digiwelt gerufen. Seit einigen Monaten versuche ich mit euch in Kontakt zu treten. Die Digiwelt wird erneut bedroht. Doch diesmal könnt ihr dieser nicht mehr so helfen, wie ihr es gewohnt seid. Eure bisherigen Gegner hielten sich bevorzugt in der Digiwelt auf. Doch eure jetzigen Gegner haben es nicht auf die Digiwelt abgesehen. Die Tatsache, dass sie nur Lebewesen auf digitaler Basis sein sollen, veranlassten sie, die Tore in die Welt der Menschen zu manipulieren. Es ist nicht mehr möglich aus eurer Welt in die Digiwelt zu gelangen. Außer sie wollen es. Ihr Ziel ist es, eure Welt zu übernehmen.“, erklärte der Mann und ließ die Mimik der Digiritter zu Eis gefrieren. „Ich kann euch nur sagen, dass es sich bei euren Feinden um eine Vereinigung starker Digimon handelt, die einen Weg gefunden haben, in eure Welt zu gelangen. Da sie jedoch wissen, dass ihr euch ihnen entgegenstellen könntet, schienen sie euch in unsere Welt ziehen zu wollen. Schon seit Monaten machen sie Jagd auf eure Digimon. Denn während sie die anderen in Ruhe lassen, können sie eine reelle Gefahr aus euren Partner ausmachen. Ich habe es geschafft, Agumon und die anderen in diese Parallelwelt einzuschließen. Allerdings musste ich warten, bis eure Gegner erneut ein Tor öffnen. Sie versuchen euch in die Digiwelt zu locken, um euch zu besiegen…“ „Gennai-san… geht es dir gut?“ Hikari hatte bemerkt, wie bedeckt die Stimme des Älteren doch klang. Der Klang seiner Worte wirkten geschwächt. „Danke, kleine Kari-san. Es ist alles in Ordnung.“ „Gennai lügt!“ Überrascht sah Taichi zu dessen Agumon, welches sich an die Arme seines Partners klammerte. Die folgenden Worte von Biyomon, welches umher flatterte, brachte die Tamer ins Stocken. „Schon seit Wochen wird Gennai immer wieder Opfer von unbekannten Angegriffen! Scheinbar versuchen sie ihn auszuschalten. Nur ganz knapp ist es ihm gelungen, uns in Sicherheit zu bringen!“

 

Auch wenn die Umstände tatsächlich schlecht waren, sprach Gennai weiter. Es war wichtiger, die jungen Erwachsenen über die Gegebenheiten aufzuklären. Nur sie konnten ihre eigene Welt schützen und vor Unheil bewahren. „Ihr müsst vorsichtig sein. Eure neuen Gegner arbeiten nicht mit bloßer Kraft, sondern mit Verstand.“, erklärte er. Koushiro schluckte. „Sie schaffen es, Lebewesen mit ihren Worten zu beeinflussen und sie gar zu manipulieren. Mögliche Schwäche in euren Herzen werden sie ausnutzen und sie wahrscheinlich gegen euch verwendet. Bleibt stark, meine lieben Digiritter!“

 

Krawumm!!

 

Augenblicklich zuckten die Anwesenden zusammen. Kleine Risse bildeten sich in den unsichtbaren Wänden der Zwischenwelt. Besorgt sag Yamato zu den alten Herren. Ein Lächeln zierte seine Lippen und Sora weitete die Augen. „Nein! Denk nicht mal dran, alter Mann!“, war es die wütende Stimme von Taichi. Aufgebracht biss er die Zähne aufeinander und umfasste wagemutig sein Digivice. Bereit zum Kampf. „Diesmal seid ihr auf euch alleine gestellt. Seht euch vor und vertraut euren eigenen Instinkten und Fähigkeiten. Damals hat Azulongmon euch eine blaue Kugel übergeben. Die vier Souveränen in der Digiwelt haben einen großen Einfluss auf das Geschehen, doch auch sie wussten frühzeitig, dass der Frieden nicht ewig halten wird. Also haben sie Vorkehrungen getroffen. Azulongmon gab euch bereits die blaue, heilige Kugel. Doch auch die anderen der vier Souveränen besaßen diese Kugeln. Um sie jedoch zu schützen, brachten sie diese in eure Welt. Es ist nun eure Aufgabe sie zu finden und neue Kraft zu erlangen. Glaubt mir: Oft ist etwas näher als es scheint!“, waren die letzten Worte des alten Mannes, bevor ein weiteres Krachen ertönte. Erneut entstanden Risse in der Materie und zuvor entstandene wurden großer. Immer mehr wurde die Sache bedrohlicher. Die Digiritter mussten hier weg! Und zwar schnell! Das Bild von Gennai hatte sich in tausend kleiner Pixel aufgelöst, während ein lautes Geräusch dem nächsten folgte. Es war offensichtlich, dass jemand versuchte, die Zwischenwelt zu beschädigen oder diese gar zu zerstören.

 

Mit dem nächsten Knall war alles vorbei. Es schien, als würden die Risse aufgehen und tausend kleine Splitter verteilten sich in dem Raum. Zeitgleich wurden die Digiritter erneut von Strahlenden Lichtern umgeben, diesmal jedoch schienen diese von ihnen selbst auszugehen. In einem gründen Schimmer leuchtete Mimis Digivice auf, genauso wie die Geräte von Sora, Yamato und den anderen. Die Lichter, die sie einst auserwählt hatten, schimmerten in einer hellen Farbenbracht, umschlossen die jungen Auserwählten und schenkten ihnen Wärme, Hoffnung, Liebe und Zuversicht.

 

Mit einem lauten Knall scherbelten die jungen Erwachsenen aus dem Laptop von Izzy und wurde in dessen Wohnung geschleudert. Ihnen folgten ihre Digimon, die ebenfalls Zugang in die reale Welt gewährleistet bekamen. Keuchend und noch immer zitternd vor Schreck versuchten sich alle zu sammeln. Informationen und Geschehnisse mussten zunächst in ihren Gedanken sortiert und auf einen Nenner gebracht werden. Ihre Köpfe dröhnten und immer wieder hallten die fürsorglichen Worte von Gennai in ihren Sinnen. Er war verschwunden. Keiner von ihnen wusste, wohin er verschwunden war. Doch Tatsche war, dass er sich beschützt hatte. Wieder einmal mehr hatte er sie aus einer gefährlichen Lage befreit, ungewiss, was mit ihm selbst geschehen würde. Es schien ihn auch nicht zu interessieren. Stattdessen hatte er selbstlos und im Sinne des Wohlbefindens gehandelt.

 

„Verdammt!“, knurrte Taichi, der es als Erster schaffte, sich wiederaufzurichten. Wütend hatte sich eine Hand zur Faust geballt, deren Ballen den Boden unter ihm berührte. Sein Blick suchte den unsicheren Blick von Koushiro. „Koushiro! Finde einen Weg uns in die Digiwelt zu bringen! Wir können Gennai nicht einfach seinem Schicksal überlassen!“, forderte er den Jüngeren auf. Unschlüssig, aber doch bereit sah dieser auf und ging auf schnellen Sohlen zu seinem Laptop. Doch vor ihm bot sich ein altbekanntes Bild. Erneut sah er ein verschlossenes Digitor. „Hikari, probiert ihr es mit euren Digivices!“, forderte Taichi weiter. Seine Wut machte die anderen unsicher. Nein, sie schüchterte sogar ein wenig ein. Denn sie alle wussten tief in ihrem Inneren, dass die Versuche ins Nichts verlaufen würden. Gennai hatte ihnen klargemacht, dass sie ihre Hintern diesmal nur retten konnten, wenn sie in der realen Welt ihrer selbst treu blieben und den Feind ausmachten. Trotzdem trat die Angesprochene vor und packte ihr Digivice aus. Doch als sie dieses in der Hand hielt, wurde ihr Gesichtsausdruck starr. „Was zum…?“, flüsterte sie nur. In ihrer Hand trug sie nicht ihr übliches 3-D-Digivice, sondern wieder dasselbe Digivice wie auch die anderen einen hatten. Auch Takeru streckte nun seine Hand in seine Hosentasche und holte das Digivice heraus. Mit Entsetzen musste auch er feststellen, dass es nicht mehr das der neuen Generation war.

 

„Verdammt, warum braucht ihr denn so lange?! Wir haben keine Zeit zu verlieren!“, murrte der ältere Yagami und starrte noch immer auf den Bildschirm von Koushiros PC. „Taichi-kun…die Digivices…sie sind wieder die alten…“, flüsterte nun Mimi, die neben die beiden Jüngeren getreten war. „W-Was?“, erwiderte der Braunhaarige nur und drehte sich schlussendlich auch um. Nun musste auch er dieser Tatsache ins Auge blicken. Missmutig standen sie alle im Raum. Das Tor reagierte nicht auf die alten Geräte.

 

„Wir sollten einen kühlen Kopf bewahren.“ Die ruhige und besonne Stimme von Yamato durchdrang den Raum. Ernst blickte er seine Freunde an, bis sein Blick bei ihrem Anführer hängen blieb. Wenn es nach ihm ginge, würden sie womöglich einmal mehr mit dem Kopf durch die Wand rennen. Etwas, was sie sich im Anbetracht der aktuellen Lage wirklich nicht leisten konnten. „Gennai hat und erzählt, dass wir es mit einem Feind zu tun haben werde, der versuchen wird in unser Leben einzudringen. Es ist also ziemlich wahrscheinlich, dass wir mit diesem erst konfrontiert werden, wenn wir gar nicht damit rechnen.“, erklärte er ruhig. Jou gefiel das alles nicht. Sie hatten die letzten Jahre alle hart kämpfen müssen und waren dem Tod jeweils knapp von der Schippe gesprungen. Jetzt wusste sie nicht einmal mit welcher Art von Gegnern sie es zu tun hatten. Er seufze. „Ich werde schon auf dich aufpassen, Jou!“ Der Angesprochene lächelte seinem Partner liebevoll zu, kurz bevor er sich wieder Yamato zuwendete. Sora hatte sich mittlerweile zu Taichi gesellt und seine Hand gegriffen. Auch wenn es komisch war, auch wenn sie im Moment ziemlich viel Mist verzapfte. Für ihn wollte sie stets da sein. Mimi gefiel der Anblick nicht, aber es war in Ordnung. Schließlich waren die beiden ein Paar und in einer Beziehung gehörte sich schließlich dieser Zusammenhalt.

 

„Im Moment können wir zwei Dinge machen. Erstens, wir rufen die anderen an und hoffen, dass sie ihre Digivices nutzen können und zweitens sollten wir weiterleben wie bisher!“, erklärte Koushiro sachlich. Verwundert sahen ihn die anderen an. „Wie sollen wie weitermachen, wie bisher?“ Hatte er noch alle Tassen im Schrank? Auf sie lauerte der Feind, jemand der sie Tod sehen wollte und sie sollten einfach weiter ihren Alltag bestreiten? „Naja, wie es sich angehört hat, werden die Digimon auftreten, egal, was wir machen. Wenn wir keinen Zugang in die Digiwelt finden, müssen wir uns damit abfinden, abzuwarten…“ Mimi schnaubte nur. „Was ist mit unseren Wappen? Sind sie noch aktiv?“, fragte Takeru in die Runde. Eine Frage, die wohl alle interessierte.

 

Mimi fiel auf, wie sich ihre beste Freundin auf die Unterlippe bis. Sie hob die Augenbrauen. Die Tachikawa kannte diesen Gesichtsausdruck. Unsicherheit und ein schlechtes Gewissen war darauf zu sehen. Gerade sie und Yamato hatten bedeutende Wappen, die große Verantwortung mit sich trugen. Besonders in der Freundschaft und in der Liebe war es leicht, Fehler zu machen. Aber über was dachte sie hier überhaupt nach? Sora würde niemals etwas tun, dass einen ihrer Freunde verletzt. Eher würde sie sich selbst all den Kummer und Schmerz auflasten, als dass sie jemanden anderes etwas dergleichen antat. Trotzdem hatte Mimi ein ungutes Gefühl.

 

„Gute Frage…“, antwortete nun Koushiro. „Ich muss gestehen, dass ich es nicht weiß. Als wir 2000 unsere Kraft der Wappen opferten, um Azulongmon zu befreien konnten unsere Digimon nicht mehr auf das Ultra-Level digitieren. Trotzdem möchte ich nicht glauben, dass uns diese Kraft gänzlich abgekommen ist. Schließlich repräsentieren sie noch immer die stärkste Eigenschaft unserer Herzen und das kann ja nicht einfach so verschwinden.“

 

„Vielleicht finden wir mehr raus, wenn wir versuchen die Kugeln zu finden. Wahrscheinlich werden unsere Gegner versuchen und daran zu hindern, sie zu finden!“ „Na toll, und wo sollen wir bitte schön die Kugeln suchen?! Die können überall auf der Welt sein!“, erwiderte Taichi Soras Argument. Diese seufze. „Naja, ich glaube, dass Japan schon logisch wäre, schließlich hat hier alles begonnen…“, erwiderte nun auch Mimi und sah nachdenklich aus dem Fenster. Der Regen hatte sein Ende gefunden, doch noch immer war der Himmel bedeckt von einer grauen Wolkendecke.

 

„Vielleicht wäre das der erste Anhaltspunkt!“, schoss es nun aus Kari heraus, die den Blick der anderen sofort einfing. „Der Ort wo alles begonnen hat. Da, wo ihr das erste Mal in die Digiwelt gereist seid! Vielleicht finden wir dort einen Anhaltspunkt, welcher uns zu den Kugeln führt!“, schlug Kari vor. Die erste sinnvolle Aussage, wie Taichi fand. Auch Takeru schmunzelte verzückt über die schlagkräftige Argumentation von seiner Freundin. „Das ist eine gute Idee!“, stimmten auch Jou und Koushiro mit ein. Ebenso Yamato und Sora. „Naja, dann ist es wohl beschlossen! Gehen wir ins Sommercamp!“ Verwundert sahen sieben Augenpaare zu Mimi. „Was denn?“ „Musst du nicht zurück in die Staaten?“, fragte nun Sora verwundert. Mimi lächelte traurig. „Nein… mein Vater geht auf Weltreise, um meiner Mutter ihren letzten Wunsch zu erfüllen. Und ich werde an der Mode Gakuen studieren.“ „An der Mode Gakuen??! Ahhhhh! Mimi!!! Das ist ja großartig!“, schrie Sora aufgeregt und fiel ihrer lang vermissten Freundin in die Arme. „Dann sind wir ja zusammen an der Schule. Ich werde dir alles zeigen!“, kam es motiviert von der Älteren. Mimi lächelte nur schwach. Ein neues Abenteuer erwartete sie. Und vielleicht auch die Gelegenheit, endlich ein wenig Abstand von den Geschehnissen zu bekommen…

Katastrophen

Eine Atmosphäre vermischt aus Einsamkeit, Kälte und der Dunkelheit beherrschte die Umgebung. Von den Wänden tropfte das Wasser und fiel gebündelt in Tropfen zu Boden. Immer wieder wiederholte sich der Klang des Echos und es hallte durch die Gänge. Das sanfte Flackern der Flamen erweckte einen gespenstigen Eindruck und ließ die Gemäuer unheimlicher wirken. Je tiefer man hervor drang, umso mehr verschluckte die Dunkelheit alles Helle, tauschte die Einsamkeit die Hoffnung in ein tiefes Nichts und die Kälte ließ alle Wärme entweichen.

 

Doch mit jedem Schritt in die Finsternis wurde es lauter, verworrener, gespenstiger Gestalten spielten ein Schattenspiel mit dem Leuchten der Fackeln. Ein angeregtes Miteinander grusliger Stimmen und Klänge. Ein Kampf um Leben und Tod.

 

„Sie sind schwach und können sich nicht wehren. Wir sollten sie direkt angreifen!“, erklang eine jugendlich klingende Stimme, die einen angsteinbringenden Unterton mit sich brachte. „Warum die Sache überstürzt angehen? Ein wenig mit den Kindern spielen wird uns nicht umbringen. Ich hatte schon solange keine Spielgefährden mehr.“ „Wir gehen nur das Risiko ein, von ihnen vernichtet zu werden. Wie einst Devimon und die Meister der Dunkelheit!“ „Khihi… du wirst uns doch nicht mit diesen Schwächlichen vergleichen wollen?“, erwiderte eine bedrohlich wirkende Kinderstimme. „Nein. Doch wir sollten auch nicht leichtsinnig an die Sache herangehen… Das taten unsere Vorgänger ebenfalls.“ „Nun… da magst du Recht haben… aber wir sind nicht unsere Vorgänger…“, hauchte es durch die Gänge der Finsternis. Schmollend erklang die folgende, kindliche, fast schon liebreizende Stimme: „Sie sind hier, damit wir uns ein wenig amüsieren… Also lass uns doch einfach den Spaß.“ Ein verächtliches Schnauben, das Rucken eines Stuhls war zu hören. „Macht doch was ihr wollt.“ „Hihi, du wirst doch nicht etwa Angst vor ein Paar kleinen Kindern haben?“ „Nein, doch sie haben bisher immer von irgendjemanden Unterstützung bekommen…“ „Du sprichst von dieser Bazille...“ „Wie war noch sein Name?“, hallte es nun eine Frauenstimme wieder. „Gennai…“ „Ah… wie wäre es, wenn wir die Digiritter mit einem ganz besonderen Begrüßungsgeschenk konfrontieren?“, schlug die weiblich klingende Stimme vor. „Wie gedenkst du ihn zu finden? Seit Jahren liegt sein Versteck verborgen…“

 

Ein Kichern hallte durch die Räume. „Nun, ich schätze, das hat sich gerade geändert…“

 
 

____________________

 

Ein Reinfall. Ein absoluter Reinfall. Es hatte absolut nichts gebracht, dass ehemalige Sommercamp zu besuchen. Gemeinsam hatten sie beschlossen, sich zu treffen und nach Hinweisen zu suchen. Mittlerweile hatte sich das einst so blühende Sommercamp in eine Ruine verwandelt. Die Gebäude waren in sich eingefallen und die Flora machte sich die Mauerung zu Eigen. Hier herrschte die Erinnerung, die Melancholie. Doch keine Spur von irgendwelchen Hinweisen. Zumal auch die Stimmung zwischen den Digirittern ziemlich angespannt war. Sie hatten keinerlei Nachrichten von Gennai bekommen und auch die jüngere Generation war nicht zu erreichen. Von den Eltern hieß es, sie seien gemeinsam auf einem Ausflug. Doch Anrufe, Nachrichten, egal was, nichts erreichte sie. Ein besorgniserregender Zustand. Hinzu kamen die zwischenmenschlichen Dinge. Irgendwas stimmte nicht. Die einst so engbeieinanderliegende Gemeinschaft schien zu zerbröckeln. Alle schienen sich mit anderen Dingen herumschlagen zu müssen. Nicht nur körperlich, sondern auch emotional.

 

Mimi bemerkte, wie angespannt ihre Freunde wirkten. Auch Sora schien sich sichtlich unwohl zu fühlen. Besonders als diese zwischen Taichi – ihrem Freund – und Yamato stand. Die verstohlenen Blicke, die sie dem Blonden zugeworfen hatte, waren ihr direkt aufgefallen. Taichi jedoch nicht. Der schien mal wieder für nichts empfänglich zu sein. Stattdessen wirkte er wahnsinnig nervös und wollte endlich Lösungen für die Probleme der Digiwelt. Jou schien frustriert, hatte es Koushiro doch wirklich nicht geschafft, seine Dokumente zu retten. So schien er nur noch zwei Wochen bis zur Abgabe Zeit zu haben. Eine geeignete Ausrede hatte er auch nicht. Die einzigen, die halbwegs optimistisch ans Leben herantraten schienen Takeru und Hikari zu sein. Liebevoll und einfühlsam gingen sie miteinander um. Eben ein Herz und eine Seele. Aber das waren sie ja schon immer.

 

Sie hatten nach einem halben Tag beschlossen die Suche abzubrechen und ihr Leben zu leben. So wie es Gennai sagte, würden sie einen Angriff der feindlich gesinnten Digimon abwarten müssen. Ihnen blieb überhaupt keine andere Wahl. Sie alle hatten ebenfalls Verpflichtungen in ihrem alltäglichen Leben zu erfüllen. So lebten sie ihr Leben einfach weiter, jedoch mit einer gewissen Spur mehr Aufmerksamkeit.

 

Es war alles gänzlich anders, als sie sich das vorgestellt hatte. Nach dem Treffen im Sommercamp hatte sie außer Sora keinen der anderen wiedergesehen. Erst gestern hatte sie ihren Vater verabschiedet und ihm eine gute Reise gewünscht. Wie oft er sie gefragt hatte, ob sie wirklich allein klarkäme. Natürlich kam sie klar. Irgendwie. Musste sie ja. Oder? Sie konnte sich ja schlecht von der nächsten Klippe stürzen. Das Leben ging weiter, auch wenn sie am liebsten die Zeit zurückgedrehten würde. Es ging nicht.

 

Daher stürzte sich die Tachikawa förmlich in die Arbeit. Ihr Studium verlangte nicht viel, trotzdem schrieb sie sich in einer Überzahl von Seminaren an. Palmon begleitete sie meist bis in die Uni, versteckte sich allerdings in einem Baum, der vor dem Gebäude stand. Ähnlich wie Biyomon. Schließlich studierte Sora an der gleichen Schule und war dementsprechend mit ihrem Digimon hier. Diese zeigte der Tachikawa natürlich auch alles. Hilfsbereit und lieb, wie sie Mimi eben kannte und mochte. Trotzdem bemerkte diese mit jedem Schritt, das irgendwas nicht stimmte. Doch jede folgende Frage verlief ins Leere. Sora wollte einfach nicht mit der Sprache rausrücken. Stattdessen lenkte sie meistens das Thema zu Mimi und löcherte diese mit Fragen. Sie war einfach froh, dass nie eine Frage nach dem Tod ihrer Mutter kam. Um darüber sprechen zu können, benötigte es noch seine Zeit. Auch wenn es ihr womöglich helfen würde.

 

„Und? Erzähl mal. Wie läuft es mit Taichi!“, fragte Mimi munter in der Mittagspause, während sie in ihrem Salat herumstocherte. Sora seufze nur und sah missmutig vor sich hin. Ihr Mittagsessen war ihr soeben vergangen. Das fiel auch Mimi auf, die nur verwundert eine Augenbraue in die Höhe hob. „Was hast du denn?“ „Naja, es ist komisch geworden. Ich mag Taichi, gewisser Weise liebe ich ihn sogar. Aber es hat sich alles verändert. Wir kommen irgendwie nicht mehr auf einen gemeinsamen Nenner…“, flüsterte die Rothaarige und wand ihren Blick ab. Mimi wäre beinahe die Gabel aus der Hand gefallen, während Sora ihre Gefühlsebene erläuterte.

 

„W-Was? Aber ich wart doch das absolute Traumpaar?“, stammelte Mimi. Sora seufze. „Ja, das dachte ich auch… aber seit gut einem Jahr hat sich das alles verändert. Wir bewegen uns in vollkommen andere Richtungen…“, flüsterte die Rothaarige traurig. „Hast du schon mit ihm darüber geredet?“ Sora schüttelte den Kopf. „Warum nicht? Es macht doch keinen von euch beiden glücklich, wenn du so denkst. Taichi denkt vielleicht noch, dass alles in Ordnung ist. Vielleicht ändern sich die Gegebenheiten ja, wenn ihr miteinander sprecht.“ Traurig erwiderte Sora die braunen Augen der Tachikawa. „Ich habe so Angst, dass er dann nicht mehr mit mir befreundet sein will.“ „Naja, wenn du noch lange wartest, dann birgt das nur umso mehr Risiken. Ihr war doch schon immer beste Freunde. Er wird sicher Verständnis haben, wenn du mit ihm ehrlich und aufrichtig sprichst!“, sprach Mimi aufmunternd aus. Doch der Blick ihrer Freundin wirkte nach wie vor traurig. Stattdessen begann diese sogar, an ihrer Unterlippe zu knappern. Nervös und unsicher.

 

Vorsichtig legte Mimi ihre Hand auf die von Sora und lächelte diese aufmunternd an. „Hör mal. Du hast das Wappen der Liebe. Davon gibt es viele Formen. Taichi ist dir von heute auf morgen ja nicht egal geworden. Manchmal verändern sich Gefühle eben. Du solltest einfach dazu und zu dir selbst stehen. Ich glaube genau diese Seite ist es, die Taichi so an dir schätzt. Eine Trennung tut immer weh. Aber das muss ja nicht unbedingt die Folge sein. Vielleicht schafft ihr es, aneinander zu arbeiten und eure Liebe erneut aufflammen zu lassen. Selbst wenn nicht… Taichi wird schon nicht daran zerbrechen!“

 

Die Jüngere ahnte ja nicht, was das Ganze wirklich zu bedeuten hatte. Niemals glaubte sie daran, dass Sora Taichi auf irgendeine Art und Weise betrügen würde. Dafür war sie zu gut, zu lieb, zu aufopferungsvoll. Trotzdem fragte sie sich insgeheim, ob es wirklich alles war, was die Rothaarige bedrückte. Zwar schienen Mimis Worte ein wenig bewirkt zu haben, doch noch immer schien etwas im Inneren der Takenouchi Unruhe zu stiften. Klar belastete es sie alle, dass eine Gefahr aus der Digiwelt drohte anzugreifen. Doch da war noch etwas, wovon Mimi nichts ahnte. Sie wollte ihre Freundin auch nicht bedrängen. Sora würde schon den richtigen Zeitpunkt abpassen und mit Taichi reden.

 
 

____________________

 

„Ich mach mir wirklich Sorgen um Daisuke und die anderen…“, flüsterte ein braunhaariges Mädchen, welches unsicher auf ihr Handy sah. Bereits zum fünften Mal hatte sie versucht, ihre beste Freundin, Daisuke, Ken oder Cody zu erreichen. Immer wieder erklang das Besetzzeichen an ihr Ohr. Das war absolut untypisch für ihre Freunde. Besonders da es um die Digimon und um die Digiwelt ging. Kari belastete es, nichts von ihren gleichaltrigen Freunden zu hören. Sie waren schließlich auch Digiritter und hatten ein Recht dazu, zu erfahren, was mit der Digiwelt war. Komischerweise hatte auch Gennai nichts zu den anderen erwähnt, geschweige denn die Digimon der Jüngeren mit einbezogen. Irgendetwas stank da doch gewaltig.

 

Sanft schlang sich ein Arm um ihre Hüfte, rosige Lippen küssten ihre Schläfe. Hikari hob den Kopf und sah in die klaren Augen ihres Freundes. Ein Lächeln zierte ihre Lippen. „Da bist du ja endlich!“, flüsterte sie und hauchte dem Größeren einen Kuss auf die Lippen. Dieser lächelte verlegen und kratzte sich am Hinterkopf. „Ja, die Studienberatung hat ein wenig länger gedauert…“ „Du hast dich noch immer nicht entschieden, was?“ „Wie soll ich mich für irgendwas entscheiden, wenn ich weiß, dass die Digiwelt in Gefahr ist und hinter jeder Hecke ein neuer Feind auftauchen könnte!“, murrte er aufgebracht und verzog das Gesicht zu seiner Grimasse. „Ne…hast du jemanden von den anderen erreicht?“ Hikari schüttelte nur den Kopf. „Nein. Immer wieder bekomm ich nur dieses blöde Besetzzeichen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass alle vier zur selben Zeit das Handy aushaben!“ „Naja, Bei Daisuke kann ich es mir schon vorstellen… Aber Ken oder Cody sind eigentlich ziemlich gewissenhaft. Wäre seltsam, wenn selbst sie es einfach so ausmachen…“ „Was ist, wenn ihnen was passiert ist? Wir können noch nicht mal irgendwas machen!“ Verzweiflung machte sich in Hikari breit, während sie den Blick gesenkt ließ. Sie ertrug diese Ungewissheit nicht. „Mach dich nicht verrückt… es bringt keinen was…“, murmelte Takeru, doch auch er fühlte ähnlich wie seine Freundin.

 

„Hast du Lust auf ein Eis?“, fragte dann der Blonde. Verwundert hob Hikari den Blick. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah sie ihn an. „Wie kannst du jetzt ans Essen denken?“ „Ich denke nicht ans Essen, sondern an dich!“, erwiderte er. Hikari wirkte gar noch etwas verwirrter. „Was hat den Eis mit mir zu tun?“ Takeru grinste nur und wuschelte seiner Freundin durch die kurzen, braunen Haare. „Hey, meine Frisur!“, nörgelte sie und versuchte sich diese wieder zu richten. „Eis kühlt erhitze Gemüter. Abgesehen davon macht Schokoladeneis glücklich! Also komm schon!“, lachte Takeru und ging bereits ein paar Schritte vor. Hikari schüttelte nur verständnislos den Kopf, musste dann doch ein wenig schmunzeln. Danach folgte sie ihm.

 

„Unfair, ich will auch ein Eis!“, jammerte Patamon, welches sich in einem Gebüsch versteckt hielt. „Komm, lass uns mitgehen!“ „Nein, Patamon! Wir müssen uns versteckt halten und auf die beiden aufpassen!“, erwiderte Gatomon gereizt. Patamon flatterte nur aufgeregt mit dessen Flügeln und sah den beiden nach, während Gatomon schon von Baum zu Baum sprang. „Manchmal kannst du eine ganz schöne Spielverderberin sein!“, schmollte das orange Digimon. Gatomon erwiderte den Blick nur tiefgründig. „Gar nicht wahr! Ich bin mir sicher, dass Hikari-chan mir Erdbeereis mitbringt.“, kicherte das angesprochene Digimon und freute sich innerlich schon auf den süßen Geschmack des Eises. „Oh!! Ich will auch!“

 
 

____________________

 

Immer und immer wieder knallte der Ball gegen die Mauer, immer wieder schoss er drauf los und ließ seinem Frust freie Bahn. Wie sehr ihn das alles hier ankotzte. Sein Studium nervte. Die Beziehung zu Sora nervte. Die neue Bedrohung aus der Digiwelt nervte. Einfach alles frustrierte ihn. Sein Studium verlangte alles von ihm ab. Seminare, Hausarbeiten, Referate und die Vorbereitung zum Examen. Nächstes Jahr um diese Zeit wollte er fertig sein. Doch nun stürzte alles auf ihn herein. Wie sollte er sich auf sein Studium konzentrieren, wenn die Digiwelt in Gefahr war? Das war unmöglich. Und dann war da noch die Sache mit Sora. Irgendwas verheimlichte sie ihn. In, ihren Freund und Partner. Schon lange hatte er bemerkt, dass sich zwischen ihnen was verändert hatte. Zwar war ihm Sora noch immer wichtig, aber die Gefühle zu ihr hatten sich verändert. Auch sie vermittelte ihm eine Veränderung. Aber was ihn mehr an der ganzen Sache traf, war die Tatsache, dass sie ein Geheimnis vor ihm hatte. Ein Geheimnis vor ihm! Ihren besten Freund. Oder hatte sich dies im Verlauf der Beziehung verändert?!

 

Nein!

 

Wieder knallte der Ball gegen die Wand.

 

„Das ist vollkommener Schwachsinn!“, schrie der Braunhaarige, nachdem er einen weiteren Schuss gegen die Wand vollbrachte. „Oh Man, Taichi…du machst noch die Wand kaputt! Und ich habe Hunger!!“, murrte Agumon, welches auf der Bank saß und die Handlungen des Yagami beobachtete. „Vielleicht steckt dahinter die Intension des Frustabbaus!“ Verwundert hob Agumon den Kopf. Neben ihm flatterte Tentomon. „Oh, was macht ihr denn hier?“ Koushiro hob die Augenbrauen und beschränkte danach genervt die Arme vor der Brust. „War ja klar, dass ich dich hier finde…“ „Oh Koushiro-kun…“ Taichi entglitten sämtliche Gesichtszüge, als ihm wieder einfiel, dass die beiden ja verabredet waren. „Ähm…“, verlegen kratzte der Ältere sich am Hinterkopf. „Wirklich toll, wenn man vergessen wird. Ein schöner Freund bist du mir!“, murrte der Rothaarige. Schweigend beobachtete er den rollenden Ball, der vor seinen Füßen landete und hob ihn auf. „Was geht dir wieder durch den Kopf? Sora? Dein Studium? Die Digiwelt?“, fragte der Rothaarige wissend. In den letzten Wochen hatten sich die beiden vermehrt getroffen und viel miteinander gequatscht. Der Tatsache geschuldet, dass Yamato viel mit seiner Band und dem Studium zu tun hatte, hatten sich die beiden wieder angenähert und verstanden sich, wie schon früher, ausgezeichnet. Gerade, weil sie so gegensätzlich waren, schienen sie sich perfekt ergänzen zu können.

„Alles…?“, murrte Taichi nur.

„Du solltest dich nicht so verrückt machen. Das bringt überhaupt nichts. Und was Sora angeht: Schon mal drüber nachgedacht, mit ihr zu sprechen?“

„Toll… und dann ist nichts und ich bin wieder der Arsch. Sie fährt so schon wegen jeder Kleinigkeit aus der Haut.“

„Mensch. Wann ist es so weit gekommen, dass ihr nicht mehr miteinander sprechen könnt?“ Taichi zuckte nur mit den Achseln. Er selbst wusste es nicht einmal.

 

Resigniert seufzend sah Koushiro auf seine Armbanduhr und musste schlucken. „Uhm… da der Herr keine Verabredungen einhalten kann, muss ich jetzt schon wieder los!“ Taichi hob die Augenbrauen. „Wie jetzt? Du bist doch gerade erst gekommen!“

„Ja und? Wir waren vor einer Stunde verabredet? Ich bin noch mit Mimi-chan verabredet!“

Taichi hob die Augenbrauen. „Ach echt? Warum denn das?“

Koushiro seufze: „Sie hat sich wohl einen Virus eingefangen und ich soll ihn von ihrem PC machen.“

„Ahhh… also ein Date?“, fragte Taichi mit einem schelmischen Grinsen.

Schlagartig wurden die Wangen des Angesprochenen rot. „Nein! Nur ein Treffen unter Freunden!“

 

„Izzy benimmt sich merkwürdig. Bestimmt hat er Hunger…!“, kam es von Agumon, dessen Magen sich gleich darauf auch meldete und knurrte. „Du solltest vielleicht nicht von dir, auf andere schließen, Agumon.“ Ein Brummen erwiderte die Aussage des Insekten-Digimon.

 

„Mhm… unter Freunden, also?“, fragte Taichi in Gedanken und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ja, Ja! Nur ein Treffen unter Freunden!“, versuchte Koushiro noch immer abzuwehren, indem er wild gestikulierte. Seine roten Wangen konnte er jedoch nicht verbergen. Das alles war ihm ziemlich unangenehm. „Na dann macht es dir sicher nichts aus, wenn ich dich begleite. Ein wenig Ablenkung würde sicher nicht schaden…“, lud sich Taichi spontan selbst zu der Verabredung der beiden ein. „Komm schon, Agumon!“, kam es grinsend von Taichi, der bereit vorgegangen und an Koushiro vorbeigelaufen war. „W-Warte…Was?!“, realisierte jetzt auch Koushiro die Gegebenheiten. Das konnte doch nicht sein Ernst sein!

Diese Veränderung der Lage gefiel ihm gar nicht. Er mochte Mimi und wollte ihr näherkommen. Doch er war nicht blind. Er hatte damals schon vor Mimis Abreise bemerkt, dass zwischen den Beiden eine gewisse Spannung herrschte. Aber wollte er seinem Freund auch nichts unterstellen. Schließlich war er mit Sora zusammen.

 

„Mach schon! Ich will jetzt was essen!!“, rief nun Agumon, welches sich zu dem Rothaarigen gedreht hatte. Taichi hatte schon einen großen Vorsprung gesammelt und wartete nun auf seinen Freund. Koushiro schüttelte schnell den Kopf und war damit seine negativen Gedanken ab. „Warte doch!“, rief er noch, kurz bevor er dem Brünetten folgte.

 
 

____________________

 

„Erstaunlich, dass sich Koushiro-kun verspätet…“, flüsterte Mimi gedankenverloren, während sie auf dem Bildschirm ihres Handys die Uhrzeit checkte. Sie lehnte an der Außenmauer des Schulgebäudes, während Palmon neben ihr noch immer als Pflanze fungierte. „Er kommt bestimmt gleich. Sei doch nicht so ungeduldig!“, kam es einfühlsam von Palmon. Mimi nickte zustimmend. „Du hast Recht… Es wird sicher einen Grund haben, warum er ausgerechnet mich warten lässt!“

 

„Bitte! Es reicht jetzt! Hör auf, mich so unter Druck zu setzen!“

 

Mimi zuckte zusammen, als sie die laute Stimme hörte. Sie wollte gar nicht lauschen, doch erkannte sie anhand der Stimmlage, dass es sich dabei um Sora handeln musste. Augenblicklich war die Tachikawa besorgt. Schließlich konnte es auch möglich sein, dass sie von jemanden bedrängt wurde. Aus diesem Grund stemmte sie sich auch von der Wand ab und folgte den immer lauter werdenden Worten. Doch verharrte sie in ihrer Bewegung, als sie Yamato erkannte. „Was macht den Yamato-kun hier?!“, fragte Palmon, welche Mimis Gedanken förmlich aussprach. Diese schüttelte nur verständnislos den Kopf. „I-Ich weiß nicht…“ Verwirrt blieb Mimi hinter der Mauer stehen. Irgendwie traute sie sich nicht, sich einzumischen oder gar entdeckt zu werden.

 

„Du wolltest gestern schon mit ihm sprechen. Und jetzt stehen wir wieder am Anfang!“, knurrte Yamato wütend und drängte Sora gar ein wenig zurück. Man sah ihm an, dass ihn etwas belastete. „I-Ich weiß… Aber nach der Digiwelt… und den Geschehnissen bin ich nicht mehr dazu gekommen. Außerdem war Taichi aufgebracht… Ich wollte nicht unnötig Streit vom Zaun brechen!“, erwiderte Sora unschlüssig die Worte von Yamato. Dieser seufze nur resigniert und fuhr sich gestresst über den Nasenrücken. „Mich belastet das alles, Sora… Ganz ehrlich…? Ich will mit dir zusammen sein… Ich möchte nicht mit meinem besten Freund streiten. Aber ich will meine Gefühle nicht mehr verstecken müssen!“, erklärte er ruhig und sachlich, jedoch gut genug, um Mimi das Herz gefrieren zu lassen. Sora presste die Lippen aufeinander. „I-ich…“ Unsicher strich sie sich über den Oberarm. Danach überwand sie den Abstand zwischen ihr und Yamato und strich ihm sanft über die Wange. Mimi kannte diesen Blick. Diese Liebe war nicht zu übersehen. Trotzdem war sie sprachlos, als sich die Ältere auf Zehenspitzen stellte und einen Kuss auf die Lippen des Musikers drückte.

 

Ein Fehler.

 

Denn als sie sich lösten, weiteten sich die Augen der Tachikawa. „Ich werde mit ihm reden…“, flüsterte Sora, die noch immer ihre Hände an der Brust von Yamato gebettet hatte. Mimi presste die Lippen aufeinander, als sie an den beiden vorbei blickte und geradewegs in die geschockten Gesichter von Koushiro und… - schlimmer ging es gar nicht mehr - … Taichi blickte. Es dauerte nur wenige Sekunden, als auch Sora und Yamato die beiden bemerkten.

 

Die Katastrophe schien perfekt…

- zorɴ -

 
 

Jedermann kann zornig werden. Das geht leicht. Aber der richtigen Person gegenüber zornig werden, im richtigen Maß, zur rechten Zeit, zum rechten Zweck und auf die richtige Weise – das liegt nicht in der Macht des einzelnen.

Aristoteles

(384 - 322 v. Chr.), griechischer Philosoph, Schüler Platos, Lehrer Alexanders des Großen von Makedonien

 
 

____________________

 

„Sora-chan, Hawaii war großartig! Das nächste Mal musst du unbedingt mitkommen!“, trällerte eine gutgelaunte, 12-Jährige Mimi, die gerade ihre beste Freundin in Empfang nahm. „Meinst du denn unsere Eltern würden das erlauben?“, erwiderte Sora unsicher, die nervös an ihren Haaren spielte. Mimi hob verwundert die Augenbrauen. „Warum nicht? Wenn meine Eltern dabei sind, kannst du sicherlich mitkommen!“ Ein Grinsen zeigte sich auf den Lippen der Tachikawa, groß, breit und aufrichtig. Die Vorstellung, mit ihrer besten Freundin am Strand zu liegen und zu entspannen war einfach wunderbar.

 

„Sag Mal. Du hast aber eine schöne Haarspange! Wo hast du die denn her?“ Neugierig begutachtete die Tachikawa das kleine, goldene Spängchen in den Haaren der Rothaarigen. Die grünen Applikationen passten perfekt zu dem Farbton ihrer kurzen Haare. Augenblick färbten sich die Wangen der Takenouchi in ein glühendes Rot und ihr Blick ging gen Boden. Schüchtern sah sie hoch zu ihrer Freundin. „Die hat mir Tai zum Geburtstag geschenkt…“ „Taichi-kun? Der Tai?“ Unglaubwürdig starrte Mimi ihre Freundin an. Dann allerdings spürte sie den stechenden Schmerz in ihrer Brust. Seit der Digiwelt hatte sie ein Auge auf den Älteren geworfen. Die Tatsache, dass er als Einziger verbal gegen sie ankam, hatte ihr stets imponiert. Außerdem war es sein Mut, der sie schon immer beeindruckt hatte. Doch je länger sie die Haarspange musterte, umso schmerzlicher wurde ihr klar, dass er sich um dieses Geschenk richtige Gedanken gemacht haben musste. Dass er Sora mochte war schließlich kein Geheimnis. Aber irgendwie spürte sie, dass da mehr zwischen den beiden war. Allein Soras Verhalten war ein eindeutiges Indiz dafür.

 

„Wow, wirklich schön…“, meinte Mimi dann mit einer aufgesetzten, lächelnden Miene. „Uhm…ja, ich habe mich auch sehr darüber gefreut… auch wenn ich Taichi erstmal zur Sau gemacht habe…“ Mimi hob verwundert die Augenbrauen. „Warum zur Sau gemacht?“ „Naja… Ich habe erstmal angenommen, dass er mir die Haarspange nur geschenkt hat, weil ihm meine Frisur oder mein Hut nicht gefällt. Und dann haben wir uns gestritten…“, murmelte sie. Mimi verdrehte nur die Augen. „Oh Man, du bist manchmal noch sensibler als ich. Das soll schon was heißen…“ Sora lächelte selig vor sich her. „Aber er hat mit eine E-Mail geschrieben… wo er sich entschuldigt hat… und naja…i-ich…“

 

Nein…Sag es nicht…Sag es bitte nicht!

 

Die Gedanken der Tachikawa überschlugen sich förmlich. Panik, Angst, Mutlosigkeit machten sich in ihr breit. Doch sie sprach es aus: „Ich…glaub ich habe mich verliebt…“

 
 

____________________

 

Eine bedrückende Stille machte sich unter ihnen breit. Es schien, als wären sie in einer Schockstarre gefangen, nicht fähig auch nur einen Schritt nach vorn zu machen. Sora und Yamato blickten schockiert zu Taichi, dem sämtliche Gesichtszüge entglitten waren. Koushiro stand unsicher dazwischen, wusste nicht, was er machen sollte. Mimi blieb versteckt. Warum eigentlich? Diese Atmosphäre war einfach grauenhaft. Wut, Trauer, Schmerz… das alles war zu spüren. Doch am meisten spürte man die Präsenz des Zornes.

 

In einem Bruchteil einer Sekunde begann die Zeit wieder zu laufen. Aus Taichis Mund vernahm man ein wütendes Knurren, dicht gefolgt von einem direkten Schlag in die Visage des blonden Sängers. „TAICHI! NICHT!!!“, erklang das hilflose Schreien von Sora, die direkt neben Yamato in die Knie ging, um ihn zu stützen. Blut lief ihm den Mundwinkel herab. „Okay…das habe ich wohl verdient…“, kam es trocken über die Lippen von Yamato, der sich das Blut am Ärmel seiner Jacke abwischte. Über ihn stand Taichi, der rasend vor Zorn war. Koushiro handelte sofort, indem er seinen brünetten Freund packte und zurückzog. Agumon versuchte ihm zu helfen, doch riss sich die Ältere los. „Erklärt es mir!“, brachte er zähneknirschend über die Lippen und sah hasserfüllt zu seinen ehemaligen besten Freunden herunter. „Und kommt mir ja nicht damit: Es sei nicht so, wie es aussieht!“, fügte er hinzu.

 

Man sah die Unsicherheit den beiden Angesprochenen an. Die Digimon hielten sich zurück, schienen gar ein wenig verängstigt. Auch Koushiro hielt es für besser, sich in das Ganze nicht einzumischen. Doch auch ihm stand der Schock ins Gesicht geschrieben. Niemals hätte er angenommen, dass die beiden Taichi betrügen würden. Wenn man merkte, dass man einander nicht mehr so liebte, wie es einst war, dann war das eine Sache. Hinter dem Rücken des Leidenden aber ein falsches Spiel zu spielen, eine ganz andere.

 

Sora half Yamato wieder auf die Beine und sah ihren Freund schuldbewusst an. „W-Wir…wir wollten mit dir reden… Aber es ergab sich nie die richtige Gelegenheit…E-Es tut mir so leid, Taichi…“ „Für sowas gibt es nie die richtige Gelegenheit. Aber du hättest mit mir sprechen und mir sagen können, dass du neuerdings auf blonde Möchtegernmusiker stehst!“, erwiderte er. „Schnauz Sora nicht so an. Für dich war die Beziehung doch auch am Rande des Abgrundes!“ Taichi sah wütend zu Yamato und packte ihm am Kragen. „Ja, aber ich habe nicht hinter ihrem Rücken was mit ihrer besten Freundin angefangen!“ Der Braunhaarige war drauf und dran erneut zum Schlag auszuholen.

 

Schon damals hatten sich die beiden geprügelt. Doch waren die Gründe dafür Meinungsverschiedenheiten, Konflikte, die man auch anderes hätte lösen können. Taichi so rasend vor Wut zu sehen, machte selbst Mimi Angst. Noch nie war sie ein Fan davon gewesen, dabei zusehen zu müssen, wie sich Freunde schlugen. Aber im Moment konnte sie es Taichi nicht einmal verdenken. Nicht nur, dass Sora seine feste Freundin war, so war sie auch stets seine beste Freundin gewesen. Mit ihrer Aktion hatte sie dieser Freundschaft in ihren Grundzügen erschüttert. Mimi verstand die Welt nicht mehr. Die junge Frau ertrug es nicht, mit ansehen zu müssen, wie man sich gegenseitig emotional vernichtete. Hass, Gewalt und Zorn lagen in der Luft.

 

Nein!

Das alles war nicht richtig und sicher nicht die Lösung für das Problem. Also beschloss die junge Frau, aus ihrem Versteck zu schreiten und einzugreifen.

 

„Hör auf damit!!!“

 

Entschlossen drängte sich die junge Frau zwischen die beiden jungen Männer. Kurz vor ihrem Gesicht stoppte Taichi in seiner Bewegung und hatte den Griff um Yamatos Kragen gelöst. Einen Teufel würde er tun, diese zierliche Persönlichkeit zwischen ihnen irgendwie zu verletzen. Trotzdem brodelte der Zorn in den Tiefen des Yagami. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, sein Blick ging gen Boden. Mimi war erleichtert darüber, ihn von einer weiteren unüberlegten Tat abgehalten zu haben. Trotzdem hatte sie ein ungutes Gefühl. Die Atmosphäre um sie herum wurde immer düsterer und kälter. Auch Palmon, Agumon un die anderen Digimon bemerkten dies und zitterten am ganzen Leib. Tentomon klammerte sich zitternd am Rücken von Koushiro fest. „Tentomon, was hast du denn?“, fragte dieser. Auch Biyomon flatterte nervös umher und zog sich mehr und mehr zurück. Gabumon stand bereit zum Kampf neben Yamato. „Es ist das gleiche Gefühl…“, hauchte das wolfsähnliche Digimon neben dem Blonden. Sora sah verunsichert und verwirrt zwischen Gabumon, den anderen Digimon und Taichi hin und her. Nicht nur sie, sondern auch die anderen bemerkten, dass Taichi der Jenige war, von welchem diese kalte und angsteinflössende Atmosphäre ausging.

 

„Was starrt ihr mich alle so an?!“, murrte der Brünette und verschränkte genervt die Arme vor der Brust. Er schien die Veränderung der Umgebung gar nicht zu bemerken. Palmon selbst klammerten sich an den Saum von Mimis Rockes und sah zu dieser auf. „Es ist wie in der Digiwelt…“, flüsterte das Digimon. Mimis Blick suchte die braunen Augen von Taichi. Man sah ganz deutlich, dass sich eine dunkle Aura um ihn herum manifestierte. Eine erdrückende und luftraubende Aura. Dieselbe Aura, die sie auch in der Digiwelt kennen lernen durften, als sie mit der Macht der Dunkelheit konfrontiert worden waren.

 

„Taichi! Du musst dich beruhigen!“, rief dann Koushiro, der bereits ahnte, was das alles zu bedeuten hatte. Mimi sah ihren besten Freund unsicher an, dann ging ihr Blick wieder zu dem Angesprochenen. Sie ging einen Schritt auf Taichi zu. Noch immer schien er wütend und enttäuscht. Aber auch die verletzenden Augen zeigten das Gefühlschaos in seinem Inneren. Wie leid es ihr doch tat. Sie wusste, wie sehr es schmerzte, von jemanden betrogen zu werden. „Bitte, du musst dich beruhigen…“, hauchte die Tachikawa einfühlsam. Taichi wirkte trotzig, ließ sich von ihrer Stimme jedoch ein wenig besänftigen. „Ich ertrag das hier nicht mehr…Lasst uns verschwinden!“, flüsterte er daher nur bitter. Mimi nickte zaghaft und sah unsicher zu ihrer besten Freundin und Yamato zurück.

 

Die Augen von Sora weiteten sich, Tränen bildeten sich in den Winkeln dieser. „T-Taichi…n-nein… Ich…ich will dich doch nicht verlieren. Wir haben doch so viel miteinander erlebt! Lass uns nochmal darüber reden!“, schluchzend sah Sora ihren besten Freund an, doch Taichi erwiderte den Blick nur voller Zorn. „Es gibt nichts mehr zu reden!“ Ihre Worte weckten erneut die Wut und den Schmerz in seinem Inneren. Er bemerkte gar nicht, wie er Dunkelheit ausströmte. Dafür bemerkten es Koushiro und Mimi. „D-Das ist die gleiche Aura, wie sie in der Digiwelt ist…“, hauchte Palmon ehrfürchtig. Verwundert sah Mimi zwischen ihrem Digimon und Taichi hin und her. „Wir müssen was unternehmen!“, ergänzte auch Tentomon. Koushiro nickte und ging direkt zu Taichi hin. „Wir sollten wirklich gehen und runterfahren…“, versuchte er so ruhig wie möglich auf seinen Freund einzureden. Dieser sah Koushiro nur wütend an. Folglich stieß er den Rothaarigen nur zurück. „Lass mich! Das geht dich alles gar nichts an!“, erklärte er wütend

 

Immer deutlicher materialisierte sich hinter dem jungen Mann die Dunkelheit, immer schwerer wurde die Luft zum Atmen. Die Digimon wichen fast zeitgleich einige Schritte zurück. Nun bemerkte auch Taichi, das irgendwas nicht stimmte. Er wand seinen Körper um und sah direkt in die dunkle Ödnis, die sich hinter ihm gebildet hatte. „W-Was ist das?“

 

Nur wenige Sekunden später begann sich die dunkle Materie zu bewegen, formte Rundungen und Kurven, bis letztlich ein Wesen erschien. Die fünf Digiritter wichen ehrfürchtig zurück, als sich die Dunkelheit in Demon verwandelte. Einem gefährlichen Digimon, welches einst versuchte, sich die Saat der Finsternis zu eigen zu machen. „Demon…a-aber…wie kann das sein?“, flüsterte Sora. Auch Mimi war schockiert. Yamato stattdessen trat nach vorne. „Du!! Verschwinde aus unserer Welt!“, rief dieser aus und packte sein Digivice in seine Hand. Demon lachte trocken. „Das ist aber nicht nett. Schließlich war es dein Freund, der mich gerufen hat…“ „Bitte was?“ Nun war es Taichi, der schockiert zu dem feindlichen Digimon sah. „Was meinst du damit?“, entwich Mimi die Frage. Demon lachte nur.

 

Dessen Blick ging zu Taichi, welcher merklich zusammenzuckte. Ein schlechtes Gewissen war aus seiner Mimik herauszulesen. „Dein Zorn…“, erwiderte das Digimon trocken und sah amüsiert in die Runde. „Dein Zorn hat mir den Weg in eure Welt geführt. Und ich danke euch dafür. Ich hätte nicht angenommen, dass es so leicht werden würde, nachdem wir diese Ratte von Gennai aus dem Weg geräumt haben…“

 

Schockiert wurden die Augen der fünf Jugendlichen größer. „Gennai?! Was meinst du damit?“, fragte Koushiro unsicher. Auch die anderen wirkten verängstigt. Noch gut konnten sie sich daran erinnern, wie sie aus der Zwischenwelt entkommen waren. Sie hatten Gennai zurücklassen müssen, ohne zu wissen, ob er dies überlebte. „Nun…er hat sich zu sehr eingemischt…also haben wir ihn ausgelöscht…!“ Mimi presste ihre Hände gegen ihre Lippen, Sora schrie kurz auf. Das Knirschen von Yamato war zu hören, Taichi biss sich auf die Unterlippen und Koushiro war zu keiner Handlung fähig. Gennai sollte ausgelöscht sein? Sprich tot? Nein! Das konnte nicht wahr sein. „Du lügst doch!“, kam es von Taichi, der in seiner Hand sein Digivice fest umklammerte. „Warum sollte ich euch belügen…?“ „Um uns zu schwächen und daran zu hindern, dir in den Arsch zu treten!!“, rief nun Mimi wütend aus. Sie wollte sich nicht verunsichern lassen. Auch, wenn sie den Kampf hasste, dieses Digimon durfte nicht in ihre Welt. „Sie hat Recht! Wir glauben dir kein Wort!“, stand Koushiro ihr bei. Beide hatten ihre Digivice in den Händen. Palmon und Tentomon traten neben die beiden. Bereit zum Kampf. Auch Taichi war drauf und dran, seinen Fehler wett zu machen. „Egal, was du vorhast! Wir werden es verhindern!“, erklärte der Anführer der Digiritter.

 

„Palmon digitiert zuuu… Togemon…“

„Tentomon digitiert zu…Kabuterimon…“

„Agumon digitiert zuuu Greymon…!“

 

Schnell waren die Digiritter weitere Schritte nach hinten zurückgewichen, während ihre Digimon versuchten, dem Feind standzuhalten. Auch Sora und Yamato waren bereit zum Kampf. Sie holten beide ihre Digivices heraus und hielten sie fest umschlungen in ihren Händen. Die Rothaarige sah ihrem gegenüber in die Augen und nickte. Allein dies zu sehen, brach Taichi förmlich das Herz. Es war nicht so, dass er eifersüchtig war. Doch Sora war drei Jahre seine Freundin gewesen. Gemeinsam hatten sie viel durchgemacht und einander lieben und schätzen gelernt. Sie hatte ihn hintergangen. Mit seinem besten Freund. Einfach so. Ohne Rücksicht auf seine Gefühle zu nehmen.

 

Sie beide verbanden Eigenschaften, die für sein Leben essentiell waren.

 

Freundschaft und Liebe

 

Und beides hatten sie ihm entrissen…

 

Licht klang aus den Digivices der beiden heraus, hüllte ihre Digimon ein. Doch es dauerte nur einen Augenaufschlag, als die Digivices der beiden jungen Erwachsenen ihren in tausend kleine Teile zerbrachen. Schockiert richteten Mimi, Koushiro und Taichi den Blick auf Sora und Yamato. Noch schockierter sahen Yamato und Sora auf die Überreste ihrer Digivices in ihren Händen. Das Licht klang ab und Biyomon und Gabumon blieben in ihrer ursprünglichen Gestalt.

 

„W-Was…?“ Vergleichbar mit einer blassen Kalk-Wand blickte Sora auf ihr Digivice. Sie verstand das alles nicht. Der Schock der beiden Digiritter war nicht in Worte zu fassen. Auch die Fassungslosigkeit von den anderen nicht. Gabumon und Biyomon waren sprachlos. „A-Aber…Aber warum…?“ Die Digivices der beiden waren weg, hatten sich in tausend kleine Teile verwandelt und lagen nun glitzernd am Boden.

 

Ein lautes Krachen riss die anderen aus ihrer Schockstarre. Togemon und Greymon wurden mit einem Fingerschnipsen gegen die Wand der Mode Gakuen geschleudert. Lautes Schreien von Menschen war zu hören, als Greymon zu Agumon und Togemon zu Palmon zurück digitierten. In der Zwischenzeit wand sich Demon Kabuterimon zu, packte das Digimon und schleuderte es in ein Gebäude, nahe des Cocoon Towers. Auch dieses Digimon digitierte zurück auf sein Rookie-Level. „Tentomon!!!“, rief Koushiro, der kurz darauf seinen Körper in Bewegung setzte und zu seinem Digimon hinlief.

Auf den Straßen rund des Cocoon Towers entstand eine Massen-Hysterie. Panisch und aufgeregt rannten die Menschen über die Straßen und versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Von der Wand des Cocoon Towers perlten Einzelteile herunter und es entstanden Rauchschwaden. Das Gebäude, welches Kabuterimons Fall zum Opfer geworden war, lag in Trümmern.

 

Die Geschehnisse überschlugen sich. Mimi wie auch Taichi rannten zu ihren Digimon. Yamato und Sora starrten noch immer schockiert auf die Überreste ihrer Digivices. Gabumon und Biyomon versuchten auf sie einzureden, doch man erkannte, dass auch diese überfragt waren. Aber vor allem lag die Verzweiflung in der Luft. Demon war sichtlich zufrieden. Den schwächlichen Anblick der Digiritter zu sehen, schien ihn förmlich zu beflügeln. „Ich bin begeistert. Zwei von euch sind kampfunfähig und der Rest ist zu schwach, um mich zu besiegen. Geradezu langweilig, gegen euch zu kämpfen…!“, lachte das Digimon.

„Ich werde dich beschützen, Mimi-chan!“ Die gebrochene Stimme von Palmon ließ Mimis Herz laut aufschlagen. Tränen bildeten sich in den Augen der Tachikawa. In der Zwischenzeit war Sora in die Knie gesunken. Yamato kniete sich neben sie. „Wir…wir sind vollkommen handlungsunfähig…wir sind verloren…“, flüsterte die Rothaarige immer und immer wieder. Yamato legte seine Hand auf ihre Schulter und sah zu Boden. Was war nur passiert? Sie waren stets ein Team gewesen und hatten einen Weg gefunden ihre Feinde zu bezwingen. Nun standen sie kurz vor dem Abgrund.

 

„Ihr seid es nicht wert, dass ich mich mit weiterhin mit euch beschäftige!“, erklang der schallende Ruf des Feindes, kurz bevor das Digimon ein weiteres Wesen entstehen ließ. Schockiert erkannte Taichi das bereits besiegte Devimon. Mit einem widerlichen Lachen verschwand Demon und überließ die jungen Erwachsenen ihrem Schicksal.

 

Mit einem solchen Ausgang der Situation hatten sie alle nicht gerechnet. Auch nicht, dass sich Taichi in seinem Zorn in den Strängen der Finsternis verfangen würde. Durch seine ausgelassene Emotionalität hatte er den Feind direkt zu ihnen geführt. Einen Feind, der nun die Lust verloren hatte, sich mit ihnen zu beschäftigen.

„Devimon…“, hallte Taichis Stimme tief in seinem Rachen wieder. Agumon richtete sich auf und baute sich vor dem Yagami auf. Sichtlich geschwächt versuche sich das Digimon auf den Beinen zu halten und seinen Partner zu beschützen. Ebenso wie Palmon.

 

„Hah! Lächerlich! Noch einmal werdet ihr mich nicht besiegen. Ihr habt mich gedemütigt und erniedrigt. Nun werde ich eurem unnützen Leben ein Ende bereiten!“, hörte man die dunkle Stimme des Digimons, welches seine Flügel ausbreitete. Doch anderes als erwartet, schien es nicht Taichi und Mimi, sondern Sora und Yamato angreifen zu wollen. Schockiert sah Mimi zu dem Digimon. Sein bösartiges Grinsen verwandelte sich in eine bedrohliche Fratze. Sora und Yamato schienen im Moment nicht einmal mitzubekommen, was um sie herum geschah.

Auch Taichi bemerkte, in welche Richtung der Angriff erfolgen würde. Beide – er und Mimi – handelten schnell, setzten sich in Bewegung und rannten zu ihren Freunden rüber. Zeitgleich folgte auch der Angriff von Devimon: „Dunkle Flügel!“, rief es seine Attacke aus und feuerte mittels seiner Flügel dunkle Schwingen ab. Mimi und Taichi schafften es knapp, Sora wie auch Yamato zu Boden zu reißen und somit dem Angriff auszuweichen. Wütend sah Taichi seinen besten Freund an. „Was soll der Scheiß! Wir werden hier sicherlich nicht aufgeben!“, brüllte er den blonden Mann an. Dieser schnaubte nur verächtlich. „Was sollen wir denn tun? Unsere Digimon können nicht digitieren!“

 

„Wir können überhaupt nichts machen!“, flüsterte Sora weiter. Ihr Ausdruck wirkte niedergeschlagen, deprimiert und verzweifelt. Zumal man auch ganz deutlich die Trauer in ihren Zügen erkennen konnte, die noch immer von der Auseinandersetzung mit Taichi herrührten. Mimi selbst seufze. Sora hatte wirklich Mist gebaut, aber das war noch lange kein Grund, aufzugeben. „Na und?! Aufgeben ist trotzdem keine Lösung. Stell dich deinen Problemen, anstatt einfach den Schwanz einzuziehen!“

„Biyomon, Gabumon…! Bringt die beiden in Sicherheit!“ Taichi sah die beiden Digimon eindringlich an, diese nickten jedoch. Auch sie waren niedergeschlagen. Doch genauso wenig wie Taichi und Mimi wollten sie aufgeben. Es musste einen Grund geben, warum die Digivices der beiden zerstört worden waren.

 

Das war es wieder… Ein Funken „Hoffnung“, der in jedem von ihnen lebte. Hoffnung, die den Weg ins Licht führen sollte. Weder Mimi, noch Taichi wollten sich der Hoffnungslosigkeit hingeben. Es würde auch keine Lösung daraus resultieren. Denn ihre Aufgabe war es, nicht nur die Digiwelt, sondern auch ihre eigene Welt zu beschützen. Allein zu sehen, welche schwerwiegende Folgen aus dem Kampf der Digimon entstanden waren, zeigte ihnen deutlich, dass sie weder Devimon, noch Demon einfach so in ihrer Welt wüten lassen durften.

Auch wenn Takeru und Hikari nicht da waren. Hoffnung und Licht waren zwei Eigenschaften, die im Herzen eines Jeden zu finden waren. Es war für niemanden gut, sich der Dunkelheit oder der Hoffnungslosigkeit hinzugeben.

 

Mimi wollte nicht aufgeben. Sie hatte Angst, wahnsinnige Angst. Aber anders als früher würde sie sich diesmal nicht so einfach aus dem Staub machen. Manchmal hatte man keine andere Wahl, als zu kämpfen. Besonders wenn es um Dinge ging, die einem im Leben wichtig waren. Würden sie nicht handeln, war ihre Welt dem Untergang geweiht. Nicht nur ihre, sondern auch das digitale Ebenbild würde im Sumpf der Dunkelheit versinken.

 

Gott. Taichi war so froh, dass seine Schwester im Moment nicht da war. Überall an seinem Körper spürte er die Spuren der Finsternis. Besonders, weil er wusste, dass er dies zu verschulden hatte. In seinem Schmerz hatte er dem Zorn in seinem Herzen Platz gemacht und Demon den Weg in die Welt der Menschen gezeigt. Er war schuld an dieser ganzen Misere. Denn er hatte seine eigenen Gefühle nicht unter Kontrolle gehabt. Nun standen sie hier. Einem Feind gegenüber, der ihnen haushoch überlegen war.

 

Mimi und er. Eine seltsame Konstellation.

 

Yamato und Sora waren am Rand des Nervenzusammenbruchs, während Koushiro womöglich noch immer nach seinem Digimonpartner suchte. Ihre Chancen standen schlecht. Richtig schlecht. Trotzdem weigerten sich Mimi und Taichi dagegen, ihre Hoffnung aufzugeben. All die Dunkelheit beherbergte auch einen Funken des Lichts. Diesen musste man einfach nur finden. Sie Beide waren nicht die Typen dafür, aufzugeben, ohne es überhaupt probiert zu haben.

Trotzdem fürchtete sich Mimi. Seit jeher war es Yamato, der gemeinsam mit Taichi an der Front stand und sich in den Kampf stürzte. Mimi selbst war dafür nicht geschaffen. Noch nie hatte sie es gemocht zu kämpfen. Doch auch sie sah das Ausmaß. Es würde sich ausweiten, wenn sie nicht handelten. Devimon würde Unschuldige verletzen, vielleicht sogar töten… schnell schüttelte sie den Kopf. Nein! Das wollte sie sich nicht einmal vorstellen. Das Zittern ihres Körpers konnte sie trotzdem nicht verbergen. Das Schlimme dabei war viel mehr, dass es auch Devimon bemerkte.

 

„Haha…! Erbärmliche kleine Menschen! Wie wollt ihr mich mit euren mickrigen Digimon besiegen?! Die Eine von euch zittert ja bereits wie Espenlaub!“, lachte das Digimon. Es schien sich sichtlich daran zu ergötzen, die Jugendlichen so zu sehen.

Taichi folgte dem Blick der dunklen Bestie und musterte Mimi. Er verstand augenblicklich. Noch gut konnte er sich an bestimmte Situationen in der Digiwelt erinnern. Die Tachikawa hatte sich förmlich dagegen verweigert, gegen die Meister der Dunkelheit zu kämpfen und hatte einen anderen Weg gefunden, ihren Freunden zur Seite zu stehen. Damals hatte er ihr Denken nicht nachvollziehen können. Heute tat er es. Die Konsequenzen aus Kampf und Gewalt waren verheerend. Noch immer fiel der Schutt von den Gebäuden und Menschen suchten nach ihren Freunden oder Verwandten.

 

„Mimi…“, flüsterte der junge Mann. Die Angesprochene erwiderte zaghaft seinen Blick, doch ihre Angst verschwand nicht aus ihrer Mimik. Taichi lächelte sie leicht an und griff nach der Hand der Tachikawa. Diese sah verwundert zu Taichi. Die Wärme und Geborgenheit – das Gefühl, beschützt zu werden – durchströmten ihren Körper. Allein diese kleine Geste machte ihr Mut. Sie lächelte leicht.

 

„Jetzt beenden wir diese Phrase! Wenn ich euch vernichtet habe, hole ich mir den kleinen Takeru!“

 

Das Schreien des Digimons hallte durch die Gassen. Agumon und Palmon bauten sich geschwächt vor Mimi und Taichi auf. Just in diesem Moment wurden auch Sora und Yamato von der Wirklichkeit ergriffen. Liebe und Freundschaft. Gebrechliche Konstrukte, die leicht zu beschädigen waren. Emotionen, Eigenschaften, die in einem jedem lebten. Verwundert sahen der Blonde und die Rothaarige zu den Einzelteilen ihrer zerstörten Digivices. Nach und nach zogen sich kleine Teile gegenseitig an und formten sich zu zwei kleinen Kugeln. Verwundert betrachtete Sora die Konstruktion dieser…dieser Perlen…

 

Diese bewegten sich in die Richtung von Mimi und Taichi, hoben sich bei ihnen angelangt in die Luft und erreichten ihre Blickrichtung. Diese Perlen strahlten Macht aus. Eine Macht, die sich im nächsten Augenblick mit ihren Digivices verbündete. Taichi spürte ein Glühen an seiner Handfläche, kurz bevor ihn ein euphorisches Gefühl übermahnte. Auch Mimi sah verwundert zu ihrem Digivice, welches eine ungewöhnliche Hitze ausstrahlte. Ihre andere Hand hielt noch immer die von Taichi, der sie mit einem Lächeln auf den Lippen ansah. Ein Nicken folgte. Dicht gefolgt von dem Nicken der Tachikawa und einem ehrlichen Grinsen.

 

Daraufhin erstrahlten die Digivices der beiden in helles Licht und umhüllten ihre Digimonpartner.
 

____________________

 

 

Der Zorn und Kummer, den wir durch die Handlungen der Menschen empfinden, sind härter für uns als diese Handlungen selbst, über die wir uns erzürnen und betrüben.

Marc Aurel

(121 - 180), römischer Kaiser und Philosoph

 

─ ωσʟʟυsт ─

 

 

 

 
 

Die Begierden sind in Wahrheit blind und hätten keinen Nutzen, wenn die Menschen leicht dahin gebracht werden könnten, bloß nach den Geboten der Vernunft zu leben, d.h. das zu tun, was aus der Notwendigkeit unserer Natur an sich folgt.

Baruch de Spinoza

(1632 - 1677), eigentlich Benedictus d'Espinoza, holländischer Philosoph

 

 

 

______________________
 

 

Das Glühen in ihren Händen prickelte bis hin in ihre Fingerspitzen. Ihre Digivices vibrierten. Licht umhüllte ihre Digimon und ein Sturm von Energie flutete ihre Gemüter. Hoffnung, Mut, Licht… Dass alles durchströmte Mimi, gab ihr Kraft, nach vorne zu sehen und positiv die Welt zu betrachten. Devimon wich zurück, als das helle Licht die Digimon, die Digiritter, fast schon die ganze Umgebung verschluckte. Und dann waren da die Stimmen von Agumon und Palmon.

 

„Palmon digitiert zu… Sunflowmon!“

„Agumon digitiert zu…GeoGreymon!“

 

Zwei Augenaufschläge benötigte es, um durch das gleißende Licht, die entstandenen Digimon betrachten zu können. An den Formulierungen hatten Mimi und Taichi bereits herausgehört, dass ihre Digimon eine andere Digitation vollbracht hatten, als bisher. Ihr Blick bestätigte nun die ausgesprochenen Worte. Wie zuvor präsentierte sich Agumon nun in der Gestalt eines majestätischen Dinosauriers. Anders als zuvor, wirkte dieses Wesen aber weitaus bedrohlicher. Eine hervorstechende Körpermusterung, der massive Muskelbau und die vielen Hörner am Körper des Digimons, ließen es bedrohlicher sowie gefährlicher wirken. Doch die warmen Augen von dem kleinem Agumon strahlten nach wie vor Wärme und Sicherheit aus.

Palmons Digitation hatte sich dafür weitaus intensiver verändert. Hervor kam nicht mehr ein kaktusähnliches Wesen, sondern eines, das stark an eine Sonnenblume erinnerte. Hier war wohl der Name Programm. Allen in Allem wirkte das Digimon von Mimi noch immer nicht sonderlich gefährlich. Auch Togemon hatte eine harmlos wirkende Erscheinung. Mimi war sich jedoch absolut sicher, dass es genauso kraftgeladen war.

 

Beeindruckt sahen auch Sora und Yamato zu den neuen Formen der Digimon. Zwischenzeitlich war auch Koushiro zurückgekommen, der das geschwächte Tentomon in den Armen hielt. Verwirrt blickte dieser auf zu den neuen Digimon, sah aber auch die geschockten Gesichter von Sora und Yamato. „W-Was ist denn passiert?“, erklang die Frage aus Koushiros Mund und weckte somit die Aufmerksamkeit von Sora. Diese sah traurig zu dem, was noch übrig von ihren Digivice war. „Aus den…den Splittern unserer Digivices sind kleine Perlen entstanden…die haben sich irgendwie mit den Digivices von Taichi und Mimi verbunden… und so sind sie neu digitiert…“, flüsterte sie. Koushiro sah zu Mimi und Taichi, musterte ihre Haltung, erkannte ihre Hände. Schmerzlich biss er sich auf die Unterlippe, um einen abfälligen Unterton zu vermeiden. Dafür war nicht der richtige Augenblick. Erst jetzt kamen die Worte von Sora direkt in seinen Kopf. „Perlen?“ Sora nickte. „Ja…“ „Vielleicht sind das die Kugeln, von denen Gennai gesprochen hat?“ „Sind Kugeln nicht größer?“, erwiderte Yamato Koushiros Überlegungen misstrauisch. Der Angesprochene zuckte mit den Schultern. „Ich wüsste nicht, dass es dafür einen vorgeschriebenen Maßstab gibt…“ Yamato atmete laut aus. Man merkte ihm an, wie frustriert er doch war. Die gesamte Zeit vermied es der Ältere, darüber nachzudenken, warum ausgerechnet sein Digivice in seine Einzelteile zerfallen war. Jetzt konnte er nicht mehr anders. Mit gesenkten Blick formulierte er die folgenden Worte: „Warum…? Hast du eine Ahnung, warum unsere Digivices-“ „Ist das nicht offensichtlich?“ Koushiro wusste genau, worauf der Musiker hinauswollte. Dieser hob verwundert den Blick, ebenso wie die Rothaarige. Diese schwieg jedoch. Sie ahnte bereits, wohin das führte und irgendwie wollte sie es nicht auch in Worten hören. Insgeheim kannte Yamato auch die Antwort. Trotzdem sprach Koushiro weiter: „Ihr habt beide essenzielle Wappen. Das Wappen der Liebe und Freundschaft. Ihr habt nicht nur Taichi, sondern auch euch selbst betrogen.“ Der Rothaarige ließ seine Hände in seinen Hosentaschen verschwinden. Irgendwie machte ihn diese ganze Situation wütend. Nichts, was vor ihnen lag, würde einfach werden…

 

Sunflowmon und GeoGreymon stellten sich selbstbewusst ihrem Gegner. Mimi und Taichi standen hinter ihnen, unterstützend und voller Hoffnung. Devimon wirkte im ersten Moment verunsichert, doch schon wenige Augenblicke später gewann sein Hochmut erneut an Kraft. „Ihr lächerlichen Wesen! Ich werde euch vernichten. Als ob ihr mir auch nur entfernt das Wasser reichen könntet. Nur weil ich anders aussieht, heißt das nicht, dass ihr nun stärker seid!“ Arrogant lachte das Digimon, während dessen Gegner unbeeindruckt blieben. Mimis Griff um Taichis Hand verstärkte sich. Er gab ihr Kraft und Mut. Sie würden sich nicht von diesem widerwärtigen Digimon unterkriegen lassen.

 

„Das werden wir ja sehen!“, erklang das Knurren von GeoGreymon. Der Kampf entbrannte erneut. „Todeskralle!“, hörten sie alle die bekannte Attacke des dunklen Digimons. Doch Sunflowmon und GeoGreymon waren wahnsinnig schnell und wichen der Attacke gekonnt aus. Devimon wirkte verwirrt, waren seine Gegner plötzlich weitaus schneller, als im vorherigen Kampf. Die Digimon von Taichi und Mimi arbeiten perfekt im Team. GeoGreymon stellte sich Devimon gegenüber, während Sunflowmon dessen Rücken abschirmte. „Du wirst keinen unserer Freunde erneut verletzen!“, erklang die Stimme von Sunflowmon. „Ach! Und was wollt ihr dagegen tun?!“, lachte Devimon erneut und viel zu überheblich. „Dir wird dein Lachen schon vergehen!“, rief nun Taichi laut auf und ballte die Hand zur Faust. Mimi sah ihn mit einem Lächeln an, wand ihren Blick dann aber wieder zu den kämpfenden Digimon.

 

GeoGreymon und Sunflowmon verharrten in ihrer Position. Kraft durchströmte ihre Körper sowie das dazu passende Selbstbewusstsein. „Sonnenstrahl!“, erklang die Attacke von Sunflowmon, dicht gefolgt von einem hell leuchtenden Strahl, der aus dem Maul des Digimons kam. Vom Licht geblendet fiel es dem Gegner schwer, dem Angriff auszuweichen. Auch wenn Sunflowmon kein „Engeldigimon“ war, so war dessen Attacke verhüllt von gleißendem Licht. Eine Macht, welche selbst Devimon fürchtete.

Knapp, aber gekonnt war es der Attacke ausgewichen. Doch es machte die Rechnung ohne GeoGreymon. Denn dieses befand sich mit seinem geöffneten Maul nun direkt vor Devimon. Schockiert riss dieses die Augen auf. Doch der folgenden Attacke konnte Devimon kein Einhalt gebieten. Stattdessen traf GeoGreymons Mega-Explosion das Digimon direkt. Eine extrem heiße Feuerladung schoss sich aus seinem Maul direkt auf das Digimon, welches folglich schmerzverzerrt aufschrie. „Ich werde mich nicht von euch besiegen lassen!“, rief es erneut. Doch im nächsten Moment war es umzingelt von den Digimon. „Hornstoß!“, rief Taichis Digimon aus und stieß Devimon gewaltig zurück. Direkt vor Sunflowmon. „Sonnenstrahl!“, erklang erneut die Attacke von Sunflowmon. Diesmal hielt GeoGreymon Devimon fest, so dass es nicht ausweichen konnte. Bevor die Attacke traf, verschwand der Dinosaurier aus dem Schussfeld. Da ein Ausweichen unmöglich war, wurde Devimon direkt von dem Angriff erfasst.

 

„Was?!! Das ist unmöglich!“, schrie das Digimon auf. Ähnlich wie in der Vergangenheit, begann sich seine Materie in kleine Pixel aufzulösen. Es dauerte nur wenige Augenaufschläge, bis das Digimon verschwand. Übrig blieben verletzte Passanten, unschuldige Opfer, zerstörte Gebäude und verzweifelte Digiritter. Es war ein Sieg. Aber nur ein kleiner Sieg, wenn man die verheerenden Ausmaße und Problematiken betrachtete, die nun vor ihnen lagen.

 

„Oh Gott! Ich hatte solche Angst!“, brach es nun aus Mimi heraus, die in die Knie sank und ihre Hand auf ihr klopfendes Herz legte. Taichi schien auch erleichtert, doch nicht nur der Kampf, sondern auch die Ursache dafür lag ihm schwer im Magen. Sanft legte er seine Hand auf die Schulter von Mimi und lächelte sie einfühlsam an. „Dafür warst du wirklich mutig!“ Auf den Wangen von der Angesprochenen bildete sich ein rötlicher Filter. Sie senkte den Blick und nuschelte nur zurückhaltend: „D-Danke…“

Daraufhin empfing Taichi sein Digimon, welches er nah an sich drückte. „Du warst großartig!“ Stolz wie Oskar grinste das Digimon, welches nun wieder zu Agumon geworden war. Auch Palmon schritt auf Mimi zu und drückte sich an deren Brust. Diese lächelte sanft. „Du warst toll. Und richtig hübsch!“, zwitscherte Mimi liebreizend und schmuste herzlich mit ihrem Digimon.

 

Trotzdem fiel es schwer, sich wirklich zu freuen. Dieser Kampf, nein, sogar dieser Tag, hatte an ihren Nerven gezerrt. Taichi hatte schmerzlich entdecken müssen, dass er von seinen besten Freunden betrogen wurde. Koushiro erkannte sehr deutlich, dass zwischen dem Yagami und seiner großen Liebe irgendetwas war. Sora und Yamato hatten ihre Digivices verloren sowie die Fähigkeit, ihren Digimon zu neuer Stärke zu verhelfen. Tja, und übrig blieb nur noch Mimi. Realistisch betrachtet konnte man bei ihr nur sagen, dass sie hoffnungslos überfordert war. Klar, war sie froh darüber, gekämpft bzw. auch gewonnen zu haben. Das erste Mal war sie wirklich zu was zu gebrauchen. Schlussendlich hatte sie sich damals in der Digiwelt immer vor der Verantwortung gedrückt. Trotzdem gefiel ihr der Umstand nicht, nun in diese Rolle gedrängt geworden zu sein. Sie erkannte schließlich, welche Auswirkungen dieser Kampf auf ihre Umgebung hatte. Laute Sirenen klangen von überall her an ihr Ohr und Mimi wollte gar nicht darüber nachdenken, wie sich Taichi fühlen musste. Nicht nur, dass er betrogen worden war. Nein, seine negative Energie war es, die Deemon in ihre Welt geführt hatte.

 

Dementsprechend wirkte auch der Ausdruck des Brünetten. Schweigend ließ er seinen Blick zu Sora und Yamato schweifen. Sora hatte die Einzelteile ihrer Digivices zusammengesucht und überreichte diese nun Koushiro. Taichi verschränkte die Arme vor der Brust. Es tat ihm leid für die beiden, doch irgendwas sagte ihm, dass sie das selbst zu verantworten hatten. Koushiro bat ihnen zwar an, ihnen neue Digivices herzustellen, doch ob ihm das auch gelingen würde, stand auf einem ganz anderen Blatt Papier geschrieben. Sie hatten ihre Herzen verdunkelt und ihre wichtigsten Eigenschaften hintergangen.

 

Der Blick der Rothaarigen ging zu Taichi. Sie wirkte traurig, trotzdem ging sie auf ihm zu. Für sie war es erschreckend, in die kalten und abweisenden Worte von Taichi zu blicken. Sein sonst so warmer Ausdruck war verschwunden. Doch wer konnte ihm das schon verübeln? Vor ihm blieb sie stehen, rieb sich den Oberarm. „Es tut mir leid…“, flüsterte sie traurig. Taichi knirschte leicht mit den Zähnen, doch seine Wut blieb verborgen. „Hab ich dich in seine Arme gedrängt…?“, fragte nun Taichi offen heraus. Verwundert hob Sora den Blick. „I-Ich…ich…nein…ich glaube nicht… Taichi. Die Zeit mit dir war unglaublich schön und ich bereue nichts. Wir bewegen uns aber in andere Richtungen…wir haben andere Abzweigungen genommen… Du hast dich verändert. Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll.“ „Dann lass es einfach…“, flüsterte Taichi mit gesenktem Blick. „Ich kann das noch nicht…Gib mir einfach Zeit, ja?“, erklärte der Yagami. Tränen liefen der Takenouchi über die Wangen, doch sie nickte nur stumm. Taichi ließ seine Hände in seinen Hosentaschen verschwinden und atmete einmal tief durch. „Wir sollten besser verschwinden. Ich will der Polizei nicht unbedingt Rede und Antwort stehen…“, gab er von sich. Sie alle stimmten mit ein und verschwanden vom Ort des Geschehens.

Yamato und Sora schritten gemeinsam davon. Taichi brauchte Zeit, über die Geschehnisse hinweg zu kommen. Im Normalfall wäre Yamato derjenige gewesen, der mit ihm nochmal gesprochen hätte. Doch wenn er sich auch nur ansatzweise in die Lage seines besten Freundes versetzte, dann wusste er, dass jedes ausgesprochene Wort zu viel sein würde. Also beschloss auch er zunächst zu schweigen.

 

„Tja, das mit deinem Laptop sollten wir wohl verschieben…“, flüsterte Koushiro. Mimi sah zum Schulgebäude. Sie seufze. „Ich glaube auch nicht, dass ich ihn in nächster Zeit brauchen werden… wir sollten mit den anderen reden. Und das alles irgendwie verarbeiten…“, flüsterte die junge Frau ebenfalls. Koushiro sah auf den Rücken von Taichi, der sich immer mehr von ihnen entfernte. „Ich weiß nicht, ob es so gut ist, wenn wir ihn alleine lassen.“ Mimi rieb sich die Oberarme. Trotz der warmen Jahreszeit zog sich eine Gänsehaut über ihre Arme. Sie seufze. Wie recht Koushiro doch hatte. Es war nicht gut, wenn auch nur einer von ihnen nun Zeit alleine verbringen würde. Taichi war verletzt und wurde von seinem schlechten Gewissen geplagt. Der Blick der Tachikawa ging in die entgegengesetzte Richtung. Auch Yamato und Sora schienen jeweils in eine andere Richtung zu laufen. Das wunderte Mimi, schließlich hätten sie füreinander da sein sollen. Doch sie verstand auch, dass sie beide nun Zeit für sich brauchten, um die Geschehnisse zu verarbeiten. Wieder sah sie zu Koushiro. „Du wirst bei dir wahrscheinlich direkt Nachforschungen anstellen, nicht wahr?“, fragte sie neugierig. Der Angesprochene nickte und sah in das Taschentuch, welches er kurzerhand in einen Beutel umfunktioniert hatte, um die Reste der Digivices zu transportieren. „Ja, wir sollten keine Zeit verlieren.“ „Und wenn Taichi und ich einfach mitkommen? Wir könnten uns ja unterwegs was zu essen holen und dich seelisch und moralisch unterstützen… Vielleicht ist es sogar sinnvoll, wenn du unsere Digivices begutachtest…“ „Ja, ich wüsste nämlich auch gern, warum ich diesmal nicht zu Togemon digitiert bin!“, wand auch Palmon ein. „Hoffentlich haben ich und Agumon keinen Virus oder so!“, fügte es hinzu. „Mach dir darüber mal keine Sorgen, Palmon.“, grinste Koushiro. „Genau! Bei einem Virus hättest du vielleicht seltsame Hörner oder so bekommen!“, wand nun auch Tentomon ein. Mimi verdrehte die Augen. „Was sagst du denn zu meinem Vorschlag?“ Koushiro zuckte mit den Schultern. Viel lieber wäre er mit Mimi alleine gewesen. Doch sein Freund brauchte ihn und er würde ihn aufgrund seiner Emotionen sicherlich nicht im Stich lassen. „Das hört sich nach einer guten Idee an…“, antwortete er schlussendlich.

 

Mimi lächelte zufrieden. „Du bist großartig“, säuselte sie und gab ihn einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Sie bemerkte gar nicht, dass sich Koushiros Gesichtsfarbe im nächsten Moment veränderte. Stattdessen rannte sie vor und holte Taichi schnell ein, um ihn von ihrer Idee zu berichten. Koushiro blieb nur zurück und fuhr sich gestresst über den Nasenrücken. „Ich muss wirklich masochistisch veranlagt sein…“, murmelte er. Tentomon flatterte nach oben. „Masochistisch? Kann man das essen? Wenn ja, ich hab‘ wirklich Hunger!“ „Oh ja! Ich auch!“, bestätigte Palmon die Aussage des Insektendigimons.

 
 

______________________

 

 

In der Zwischenzeit hatten Takeru und Hikari ihr Ziel bei Hikari zuhause gefunden. Taichi war bereits am Anfangs seines Studiums in eine eigene Wohnung gezogen, so dass sie ihr Zimmer für sich alleine hatte. Nicht, dass das Hikaris primäres Ziel war. Schließlich waren sie und Takeru noch nicht besonders lang zusammen und waren dementsprechend noch nicht den nächsten Schritt gegangen. Natürlich hatte Takeru bereits Anstalten gemacht, diesen bereits mit ihr einzugehen. Doch zu Hikaris Schande würgte sie eine Versuche immer und immer wieder ab. Es war daher immer schwierig, mit ihm allein zu sein. Ihn abzulehnen, fiel ihr selbst schwer. Doch es fühlte sich einfach nicht richtig an.

 

Zu ihrem Glück – Gott, es war einfach ungerecht, es so zu formulieren – war ihre Mutter zuhause bereits eifrig dabei, ein neues Rezept auszuprobieren. Allein der Geruch, der sich in der Wohnung ausbereitet hatte, sprach eindeutig dafür, dass ihre Mutter wieder herumexperimentierte. Sehr zum Leidwesen der jüngsten Yagami. Denn mit Sicherheit würde sie wieder einmal als Versuchskaninchen herhalten müssen.
 

„Ich bin wieder zu Hause!“, rief Hikari durch die Wohnung. Auch Takeru verzog etwas das Gesicht. „Uhm, deine Mutter probiert anscheinend ein neues Rezept, kann das sein?“, grinste Takeru neckisch. Die Angesprochene verdrehte nur das Gesicht, dann jedoch grinste sie fies. „Ja, aber diesmal muss ich da nicht allein durch!“, lachte sie. „Hey…“, murrte Takeru. „Das ist wirklich nicht fair.“ „Wie jetzt? Du bist mein Freund. Da musst du mich unterstützen und mir beiseite stehen.“ Ja, das stimmte wohl. Er war ihr Freund. Doch irgendwie schien es eher so, als sei er „nur“ ihr Freund, wenn es um bestimmte ging. Es war wirklich nicht so, dass er sie bedrängen wollte. Doch er liebte die junge Frau. Mit all ihren Facetten. Deshalb wünschte er sich auch alles von ihr zu haben. Für den nächsten Schritt war er schon längst bereit. Sie würde seine Erste sein. Aber bisher hatte sie ihn immer und immer wieder abgelehnt. Auch wenn er in vielen Bereichen des Lebens geduldig war. Auch bei ihm stieß die Geduld an seine Grenzen.

 

„Oh Hikari-chan! Gut, dass du da bist!“, hallte die Stimme der Mutter seiner Freundin wieder. Es riss ihn aus seinen deprimierenden Gedanken, was ihn sogar glücklich machte. Dementsprechend folgte er seiner Freundin in die Küche. Yuuko begrüßte ihn mit einem warmen Lächeln. „Oh, Takeru-kun! Freut mich, dich zu sehen!“ Takeru erwiderte das Lächeln lieb. „Dann könnt ihr ja meine neue Kreation ausprobieren!“ Stolz präsentierte sie ihren Kuchen. Hikari verzog das Gesicht. Allein die Farbe wirkte schon seltsam. Denn ungewöhnlich für einen Kuchen, besaß dieser einer Farbton, der leicht gelblich, vermischt mit etwas Violetten, erschien. „Was ist das denn?“, fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen. „Ein ganz neues Rezept. Ein Heidelbeer-Maracuja-Auberginen-Kuchen!“, erzählte sie stolz. „Wir bist du denn darauf gekommen?“ „Ach, ich wollte mal einen Früchtekuchen ausprobieren und hab gedacht, dass man die die alten Auberginen im Kühlschrank noch verarbeiten könnte!“, erzählte sie mit einem Grinsen. „Hast du die Schalen der Aubergine dran gelassen oder warum ist der so violett?“ Verwundert sah ihre Mutter Hikari an. „Warum denn nicht? In den Schalen von Früchten sind viele Vitamine drin. Wäre doch schade drum!“, erwiderte sie unbekümmert. „Ihr möchtet doch sicher ein Stück probieren, oder?“ Noch bevor die beiden Jugendlichen überhaupt antworten konnten, hatten sie bereits einen Teller, bestückt mit einem großzügigen Stück Kuchen, in den Händen. „Ähm…Danke, Yagami-san…“, sagte Takeru mit einem aufgesetzten Grinsen. „Oh wow, der sieht wirklich lecker aus!“, kam es von Patamon. Anders als die beiden Menschen, schienen deren Digimon wirklich angetan von den Kuchen zu sein. Auch Gatomon betrachtete diesen mit glänzenden Augen. „Oh ja, ich möchte auch ein Stück!“, kam es freudig von dem katzenähnlichem Digimon. Hikari lächelte nur matt. „Wir essen in meinem Zimmer, ist das in Ordnung?“ Yuuko lächelte munter. „Natürlich. Lasst es euch schmecken!“, begann sie. „Ich könnte noch einen neuen Drink machen…“, überlegte sie weiter, kurz bevor Hikari und Takeru davonschlichen. Man konnte noch durch die verschlossene Türe hören, wie die beiden Digimon voller Elan und Motivation sich gemeinsam mit Yuuko neue, abgedrehte Kombinationen überlegten.

 

Dort angekommen wurden sie bereits von Miezi begrüßt, die miauend um die Beine der jüngeren Yagami herumschlich. Hikari ging neben ihr in die Knie und stellte ihren Teller auf den Boden. Allerdings reagierte die Katze sichtlich beleidigt. Erst schnupperte Miezi neugierig an dem Kuchen, dann stellten sich die Haare auf, dicht gefolgt von einem Fauchen, kurz bevor die Katze auf dem oberen Stockbett des Hochbettes verschwunden war. Hikari verzog das Gesicht leicht zu einer Grimasse. „Scheint, als würde nicht mal Miezi das Essen deiner Mutter mögen.“, lachte Takeru und stellte den Teller mit dem Kuchen auf Hikaris Schreibtisch. Die Angesprochene lächelte schwach. „Ja, scheint wohl so…“ Sie sah hoch zu ihrem Bett. Miezi würdigte der Yagami keines Blickes. Ohje, Katzen konnten wirklich nachtragend sein.

„Wie weit bist du denn mit dem Bearbeiten der Bilder gekommen?“, fragte Takeru interessiert. Gemeinsam besuchten sie die Schülerzeitungs-AG in ihrer Schule und arbeiteten dort als das perfekte Team. Takeru schrieb die Berichte, Hikari machte immer die beeindruckenden Fotos dazu. Diese schmunzelte, ging zu ihm rüber und stellte ihren Teller neben seinem. Danach setzte sie sich auf ihren Schreibtischstuhl und schlug ihren Laptop auf. Stolz präsentierte sie ihre Auswahl der gemachten Bilder und die Ergebnisse ihrer Bearbeitung. Takeru stand dabei hinter ihr.

 

„Wow, die sind wirklich gelungen…!“, kam es beeindruckt von Takeru. Hikari fixierte ihre Werke. Daher bemerkte sie auch nicht, dass Takeru seinen Blick mehr auf ihren Nacken, anstatt ihre Arbeiten gerichtet hatten. Im nächsten Moment zuckte sie merklich zusammen. Takerus Lippen hefteten sich an ihren Hals, liebkosten die zarte Haut der jungen Frau und umspielte einige Passagen mit seiner Zunge. Hikari war im ersten Moment so schockiert, dass sie sich gar nicht rühren konnte. Die Empfindungen, welche Takeru in ihr auslöste, kamen ihr seltsam vor, verunsicherten sie und machten ihr fast schon Angst. Zumal sie genau wusste, in welche Richtung das hier hinauslaufen würde.

 

Die folgenden Geschehnisse überschlugen sich förmlich. Schlagartig drehte sich Hikari mit ihrem Schreibtischstuhl und schupste folglich Takeru zurück, der nach hinten zurücktaumelte. Sein Gesichtsausdruck wirkte verletzt, was wiederrum bei Hikari Reue auslöste. „Was soll das?! Ich hab‘ dir doch gesagt, dass ich noch nicht soweit bin!“, schrie sie ihn an. Takeru wich einen Schritt zurück. „Aber…aber warum? Vertraust du mir nicht???“, entgegnete er ihr mit zusammengekniffene Augen. Man sah ihm sehr deutlich an, wie sehr ihn das alles wurmte. Wollte sie ihn denn nicht genauso sehr, wie er sie? Ekelte sie sich vor ihm? Liebte sie ihn überhaupt? So oft hatte er schon von ihr geträumt. Geträumt, mit ihr den nächsten Schritt zu gehen. Jedes Mal, wenn er hoffte, sein Traum würde in Erfüllung gehen, wies sie ihn ab. Es wurde allmählich frustrierend. Außerdem machte es ihn auch irgendwie wütend. „Natürlich vertraue ich dir! A-Aber…aber es fühlt sich einfach nicht richtig an!“ „Na toll. Du bist mit mir zusammen und mir näher zu kommen, fühlt sich also falsch an?!“, entgegneter er wütend. „T-Takeru…lass mir doch einfach Zeit…“ „Wie lang soll das sein? Wie lang soll das gehen! Ich habe auch Bedürfnisse!“, sprach er aus, ohne wirklich darüber nachzudenken, wie diese Formulierung bei seinem gegenüber ankommen würde.

 

Denn bei Hikari kam es genauso an: War er tatsächlich nur darauf aus, mit ihr zu schlafen? Sie wusste, dass es zu einer Beziehung dazu gehörte, aber warum verstand er sie nicht? Es war für sie schließlich das erste Mal. Etwas, wovor sie sich fürchtete. Natürlich vertraute sie Takeru, aber trotzdem hatte sie Angst. Eine Emotion, die man nicht mal eben so in Worte ausformulieren konnte. „Du vertraust mir nicht!“ Frustriert ballte Takeru die Hände zu Fäusten und sah zur Seite. Dabei bemerkte er nicht, wie sich ein dunkler Schatten hinter ihm bildete. Hikari dafür weitete die Augen und stand auf.

„Takeru-kun…nicht…Ich vertraue dir. Aber… Aber es ist mein erstes Mal…“ „Willst du mich denn nicht?“ „D-Doch…sicher…ich will jeden Schritt mit dir gehen. Aber wir haben doch Zeit…“, flüsterte sie. Doch die Frustration, der Groll. klammen nicht ab. Stattdessen begann sich die dunkle Materie hinter Takeru zu manifestieren. „Bitte…beruhige dich… Lass uns in Ruhe darüber reden…“ „Ich will alles von dir. Dich spüren, dich küssen, dich mit meinem Leben beschützen…Aber ständig lehnst du mich nur ab! Ich habe darauf wirklich keine Lust. Dabei komme ich mir vor, wie der letzte Trottel!“, sprach er aufrichtig, jedoch verbittert aus. Hikaris Blick wurde traurig.

 

Doch es gab keine Zeit, sich dieser Emotion hinzugeben. Stattdessen bemerkte die Yagami, wie sich die dunkle Masse hinter Takeru in etwas verwandelte. Schnell nahm sie die Hand ihres Freundes und zog ihn zu sich. Wütend sah er sie an. „Was soll das?!“ Doch die Angesprochene deutete mit ihrem Finger nur auf die schwarze Fläche. Schockiert weiteten sich die Augen von Takeru, als er erkannte, dass sich ausgerechnet hinter ihm Dunkelheit angesammelt hatte. „W-Was? Was ist das?!“, fragte er entrüstet. „Ist das…das wegen mir?!“ Sein Herz setzte eine Sekunde aus. War er dafür verantwortlich, dass sich Dunkelheit in ihrer Umgebung gebildet hatte? Dunkelheit. Durch ihn? Ein stechender Schmerz durchfuhr seinen Körper.

 

Allerdings war es bereits zu spät. Vor ihn materialisierte sich ein Digimon, welches stark an eine Frau erinnerte. Das weiblich wirkende Digimon trug dunkle Gewänder und sah erstaunlicherweise trotzdem sehr schön aus. Ein widerliches Grinsen zeigte sich auf den Lippen des Digimons wieder. Der Blick richtete sich auf die beiden Jugendliche. Takeru stellte sich vor seine Freundin, um sie im Notfall zu beschützen. „Erstaunlich, dass mich ausgerechnet die Wollust des Hoffnungsträgers der Digiritter hierhergeführt hat.“, lachte das Digimon gehässig. Etwas verängstigt wich Hikari zurück. „Wer…wer bist du?!“, flüsterte sie ehrfürchtige. Respektvoll verbeugte sich das Digimon: „Ich bin Lilithmon. Repräsentantin der Wollust. Ich danke euch, dass ihr mir den Weg in eure Welt gezeigt habt.“

 

 

 

 
 

Der Sieg über die eigene Begierde ist das Kennzeichen wahren Glaubens.

Eljâs ebn-e Jussef Nizâmî

(1140/41 - 1209), hoch gebildeter persischer Epiker, Erzähler und Novellist

 

 

- ɴeιd -


 

Der Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung.

Wilhelm Busch

(1832 - 1908), deutscher Zeichner, Maler und Schriftsteller

 
 

_______________________

 

Es schien, als würde die Welt für einige Sekunden die Luft anhalten. Noch immer schockiert und fassungslos standen Takeru und Hikari dem bedrohlichen Digimon gegenüber. Innerlich konnte es der Blonde noch immer nicht fassen, dass sie dieses Digimon auf Grund seiner bedingungslosen Gefühle seiner Freundin gegenüber gerufen hatte. Nach wie vor bereute er sein Handeln, doch Lilithmon löste bei ihm umso intensiver werden Reue aus. Innerlich machte es ihn wütend, dass er die Dunkelheit, die er so sehr verachtete, in sein Herz gelassen hatte. Jeder, der den jungen Takaishi kannte, wusste, wie sehr er doch die Dunkelheit eines jeden verachtete. Doch auch er hatte in jungen Jahren lernen müssen, dass überall, wo Schatten herrschte, auch das Licht zu finden war. Bedauerlicherweise stellte sich diesen Fakt auch in der entgegengesetzten Richtung dar.

 

„Oh, ihr Digiritter seid wirklich herzergreifend. Nun, das wärt ihr sicher, wenn ich sowas wie ein Herz besitzen würde…“, sprach das Digimon den Witz aus, der in keinem der Anwesenden das Bedürfnis auslöste, zu lachen. Warum auch? Im Moment saßen sie glimpflich in der Klemme. Zwar konnten die beiden jungen Digiritter hören, dass Gatomon wie auch Patamon die Gefahr verspürt hatten, jedoch keinen Zugang ins Zimmer fanden. Wenn man die Sachlage mal realistisch betrachtete, dann hatte ihr letztes Stündlein geschlagen.

 

Hikari konnte sich nur schwer damit abfinden, dass es nun so weit sein sollte. Vor allem aber auch, weil sie Takeru dafür nicht verantwortlich machen wollte. Er war tatsächlich einen Schritt zu weit gegangen, aber auf der anderen Seite konnte ihn Hikari sogar verstehen. Sie waren zwar noch nicht besonders lange ein Paar, aber für den nächsten Schritt hegten sie wirklich ausreichend Vertrauen in den anderen. Trotzdem war es für sie eine Herausforderung, den Schritt auch in die Tat umsetzen zu wollen. Aber die junge Frau wollte einfach nicht, dass sich ihr Freund mit einem schlechten Gewissen herumschlug. Tatsache war nun einmal, dass er einen Fehler begangen hatte. Doch Fehler begegneten einen Menschen fast täglich und es war die Kunst, mit diesen auch umgehen zu können. Vor allem aber war es einfach nur wichtig, aus ihnen zu lernen und beim nächsten Schritt zu beachten.

 

„Es tut mir so leid…“, hörte sie die flüsternden Worte ihres Freundes. Ihm war nicht nur die Sorge um das weitere Vorgehen anzusehen, sondern auch die tiefsitzende Reue, dich sich tief durch sein Gemüt schlang. Die Angesprochene konnte ein kleines Schmunzeln nicht vermeiden. Stattdessen nahm sie seine Hand und drückte einmal fest zu. Irgendwie glühte in ihr noch immer der Hoffnungsschimmer, dass sie eine Chance hatten, zu entkommen. Genau dieser kleine Funken der Hoffnung war es, der Takeru ein wenig lächeln ließ und ihr nickend zustimmte.

 

Ohje. Ihre Karten standen gänzlich schlecht. Doch genauso wie Mimi und Taichi am Mittag, weigerten sie sich dagegen, den Kampf aufgeben zu wollen. Einen Kampf, der noch nicht einmal begonnen hatte. Lilithmon verzog nur angewidert die Augen und verschränkte die verschleierten Arme vor der Brust. „Es ist beeindruckend, welche hoffnungsvolle Ausstrahlung ihr beiden habt, obwohl eure Karten gänzlich schlecht stehen.“ Das Digimon lachte amüsiert. Diesem schien es sichtlich zu gefallen, die beiden am Hagen hängen zu haben. „Du machst uns keine Angst!“, murrte Takeru und drückte einmal mehr die Hand seiner Freundin. „Oh, das war auch nicht meine Intension.“

 

Verwundert hob der Blonde seine Augenbrauen. Auch auf dem Gesicht von Hikari zeichnete sich die Überraschung ab. „W-Was...?“, flüsterte diese verunsichert und musterte das Digimon misstrauisch. Dieses sah die Digiritter mit einem abwertenden Blick an. „Ich bin ein Digimon mit Stolz und Macht. Mich befriedigt es nicht, solch lächerliche Wesen wie euch zu besiegen.“ Ein Grinsen zeichnete die Lippen ihres Gegenübers. „Ihr habt mir den Weg in eure Welt gewiesen. Doch wir Digimon sind nicht nur hier, um euch aus den Weg zu räumen. Wir haben einen Plan und ihr werdet – auch wenn ihr noch nicht wisst, auf welche Art und Weise – und sehr effektiv dabei helfen, diesen auch in die Tat umzusetzen. Dafür muss ich mir meine Finger nicht an euch Kanalratten schmutzig machen!“, lachte das Digimon arrogant. Hikari wurde es fast schlecht, den Ausführungen des Digimon zu folgen. In ihr machte sich das ungute Gefühl breit, dass sie einem wirklich mächtigen Wesen den Weg in ihre Welt gezeigt hatten. Es würde keine positiven Konsequenzen mit sich tragen.

 

Mit diesen Worten verteilte sich noch einmal die Dunkelheit um die beiden Digiritter, kurz bevor mit einem lauten Lachen das Digimon im Rauch der Finsternis verschwand. Keuchend sackte Takeru in die Knie, wo er seine Faust gegen den Boden rammte und wütend aufschrie. „Takeru-kun…“, flüsterte Hikari leise und ging neben ihn zu Boden. „Das ist alles meine Schuld…!“, flüsterte der Träger der Hoffnung verzweifelt. Sanft strich Hikari seine blonde Mähne aus seinem Gesicht und zwang ihn dabei, sie anzusehen. Mit einem schwachen Lächeln blickte sie in die kristallblauen Augen ihres Freundes. „Es tut mir so leid, Hikari-chan… ich wollte dich nicht bedrängen…Oh mein Gott… Nur weil ich so…so…ach…keine Ahnung…nur, weil ich so ein Arsch war…“, flüsterte er wirklich verzweifelt. Hikari seufze leise.

 

„Hör auf damit…“, hauchte sie einmal mehr. „Ja, du hast einen Fehler gemacht. Aber das macht dich menschlich. Keru-kun…ich liebe dich. Das werde ich immer tun. Doch für manche Schritte brauche ich ein bisschen mehr Zeit. Das hat übrigens nichts damit zu tun, dass ich dir nicht vertrauen würde oder ich dich weniger liebe…“ Takeru legte seine Finger an die Lippen seiner Freundin. Sofort verstummte sie. Mit gesenktem Blick begann der blonde Takaishi zu sprechen. „Ich weiß das alles. Irgendwie war ich einfach nur frustriert und habe mir seltsame Dinge ausgemalt. Ich liebe dich auch.“ Er hob den Blick an und sah er jungen Frau einfach nur die Augen. „Und ab jetzt werde ich geduldiger sein…“, hauchte er einfühlsam. Ein Kichern stiehl sich über die Lippen von Hikari. „Hihi…weiß ich doch!“

Ihre Lippen kamen sich näher, bis Takeru seine Hand in das braune Haar seiner Freundin vergrub. Doch er kam nicht dazu, ihre Lippen auch in Beschlag zu nehmen. Denn nur wenige Sekunden später wurde die Türe aufgeregt aufgeschlagen und Gatomon sowie Patamon traten ins Zimmer. „Was ist passiert?!“ Aufgeregt flatterte Patamon zu seinem Partner und musterte diesen kritisch. Auch Gatomon schritt zu Hikari, um die Pfote auf ihren Oberschenkel zu legen. „Ist bei dir alles in Ordnung? Wir haben eine dunkle Aura gespürt…?“ Hikari lächelte schwach. „Ja…Lilithmon ist uns begegnet…“, flüsterte die Braunhaarige. Patamon schwirrte verwirrt umher. „Lilithmon? Wer ist das?“ Wissend hatten sich die Augen von Gatomon geweitet. „Gatomon…weißt du mehr?“, fragte Takeru unsicher. Gatomon nickte stumm. „Lilithmon ist ein Digimon, welches zu der Vereinigung der Dämonen Lords gehört… Diese Digimon waren seit jeher in einer dunklen Welt eingesperrt… Sie nähren sich an bestimmten Empfindungen und gewinnen somit an Stärke. Wir müssen dringend die anderen warnen!“, sprach das Digimon dringlich aus.

 

Hikari und Takeru nickten synchron.

 

Sie hatten ja keine Ahnung, dass das Unglück geradewegs seinen Lauf nahm.

 
 

_______________________

 

„Ich kann es noch immer nicht fassen. Wie bekloppt oder blind kann man eigentlich sein? Warum habe ich es nicht vorher bemerkt!“, brodelte es aus dem Yagami wütend heraus, während er einen Stein vor sich her kickte. Agumon, welches ihm nur schwerlich folgen konnte, versuchte seinem Partner einzuholen. Das Digimon verstand nicht recht, warum Taichi so wütend war, doch es wusste, dass es an der Zeit war, für seinen Freund da zu sein. Die Geschehnisse des heutigen Tages waren viel, vor allem aber durcheinanderbringend gewesen. Zumal Agumon irgendwie das Gefühl beschlich, sein bester Freundin könnte aus irgendeinen Grund traurig sein. Als Digimon verstand es schließlich nicht, was Liebe zwischen Menschen bedeutete.

 

„Taichi-kun…jetzt warte doch mal. Ich komm ja gar nicht hinterher!“, murrte das Digimon verzweifelt und schien langsam aus der Puste zu kommen. Taichi verharrte in seiner Position. Ein Fehler, wie sich kurz darauf herausstellte. Denn es war nicht nur Agumon, welches ihn versucht hatte zu verfolgen. Nein, auch Mimi war dem Yagami auf schnellen Schritten hinterhergeilt, um ihn noch einholen zu können. Doch bereits im nächsten Moment musste genau diese junge Dame feststellen, dass es zu spät war, um auf die Bremse zu treten. Sie stürmte an dem orangen Digimon vorbei und direkt in Taichi, der sich geradezu Agumon hatte drehen wollen. „Aaaachhtung!!!“, rief sie noch aus, bevor sie ihm förmlich in die Arme rannte und ihn mit voller Wucht umhaute. Mit einem lauten Plumpsen landete die beiden auf dem Boden. Wobei es Taichi noch schaffte, den Sturz von Mimi abzufedern und sich nicht selbst alle Knochen zu brechen.

 

„Bist du wahnsinnig?“, knurrte Taichi, der sich mühselig aufrichtete, allerdings auf seinem Hintern sitzen blieb. Unschuldig wirkend blieb auch Mimi vor ihm sitzen und sah ihn mit ihren goldbraunen Augen an. „Du darfst nicht einfach so alleine weggehen!“, sprach sie direkt aus, ohne auf seine zuvor ausgesprochenen Worte einzugehen. Taichi fuhr sich durch die Haare, kurz bevor er die junge Frau, welche zwischen seinen Beinen saß, ansah. „Sei mir nicht böse, aber ich will jetzt mit niemanden darüber reden…“, flüsterte er ruhig. Mimi legte den Kopf schief. „Ich weiß. Kann ich auch verstehen. Trotzdem werd‘ ich dich nicht alleine lassen.“, erwiderte sie zaghaft. Oh Gott. Dieses Mädchen machte ihn wahnsinnig. Vor wenigen Minuten hatte er sich von Sora getrennt und hatte wirklich nicht vor, weiter darüber nachzudenken. Dann kam die junge Tachikawa, warf ihm förmlich um und brachte sein eigenes Herz laut zu schlagen. Wie machte sie das nur?

 

Mimi rieb sich schüchtern die Oberarme und sah zur Seite. „Es ist doch so: Wenn man verletzt ist, dann denkt man oft, dass man alleine über die ganzen Dinge nachdenken möchte. Aber Nachdenken löst die Probleme nicht, sondern macht sie meistens schlimmer. Außerdem will keiner alleine sein. Man wird nur traurig und versinkt in Selbstmitleid. Wenn man alleine ist, gibt es niemand, der einem die Hand reicht, um ihn aus dem Sumpf der Trauer zu ziehen…“, sprach die junge Frau aus. Mimi sprach aus Erfahrung. Es gab tatsächlich keinen Ort, an dem sie lieber sein wollte. Erst vor einigen Tagen hatte sie ihre Mutter beerdigt, die sie nicht mehr vermissen konnte, als sie es ohnehin schon tat. Ihr Vater hatte sich dazu entschlossen, den gemeinsamen Traum ihrer Mutter zu erfüllen und war ebenfalls auf die Reise gegangen. Zurück blieb sie. Alleine. Doch an für sich war sie gar nicht alleine. Sie hatte endlich wieder ihre Freunde in ihrem Umfeld. Eine wärmegebende, einfühlsame Umgebung, die förmlich im Chaos versank.

 

„Egal, was uns passiert ist, wir müssen irgendwie zusammenhalten…“, flüsterte sie. „Du kannst doch nicht von mir erwarten, dass ich mich mit den beiden an einen Tisch setze und Small Talk halte!“, fuhr Taichi sie an, so dass Mimi verletzt zurückwich. Taichi bemerkte dies sofort und fuhr sich gestresst über das Gesicht. „Entschuldige. Ich bin einfach durch den Wind…Ich wollte dich nicht so anfahren…“, erklärte er reumütig. Mimi schüttelte nur leicht den Kopf. „Ist schon okay…“

 

Danach richtete sich die junge Frau auf und klopfte sich den Staub von den Klamotten. Auch Koushiro gesellte sich zu den beiden anderen und sah zwischen ihnen hin und her. Er seufze, als er zu seinem Freund nach unten sah. „Ist bei euch alles okay?“, fragte der Rothaarige. Beide nickten. Mimi lächelte kurz Koushiro an, kurz bevor sie dieses wieder auf Taichi richtete. Ihre Hand streckte sich dem Rothaarigen entgegen. „Lass uns gemeinsam Eis essen gehen!“, lächelte sie ihn munter an. Argwöhnisch hob er seine Augenbrauen, bevor er seine große Hand in die zierliche Hand der Tachikawa legte. „Wie kannst du jetzt bitte an Eis denken?“, fragte er ungewöhnlich streng und ließ sich von ihr auf die Beine ziehen. Mimi zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht. Ich habe Hunger und Lust auf Eis. Ist das verboten?“ „Wir haben gerade die halbe Stadt verwüstet und du willst Eis essen?“, fragte nun auch Koushiro unglaubwürdig. Die Angesprochene verdrehte nur die Augen.

 

„Und? Was willst du jetzt machen?“, fragte sie ganz direkt. „Nach Hause gehen und versuchen, Gennai zu erreichen und nach einer Lösung für unser Problem suchen!“, entgegnete er ganz streng. „Zumal ich wirklich nicht in der Stimmung bin, mir jetzt ein Eis reinzuziehen.“, kommentierte auch Taichi das Thema. „Ich aber. Können wir nicht einfach bei einer Eisdiele vorbeigehen und Eis holen?“ „Wie kannst du jetzt an sowas denken, nachdem das alles passt ist?“, knurrte nun auch Koushiro ungeduldig. Die beiden jungen Männer konnten die Argumentationslinie der Tachikawa nicht mehr recht verstehen. Sie hatten Menschen verletzt, Gebäude waren in sich zusammengestürzt und womöglich war der ein oder andere weitaus schwerer verletzt, als sie sich das überhaupt vorstellen konnten. Taichi war von seinen besten Freunden betrogen worden und hatte durch seinen ungewollten Gefühlsausbruch Deemon ihre Welt geholt. Und alles, an das Mimi dachte, war, dass sie Lust auf ein Eis hatte. Dieses Mädchen hatte doch vollkommen den Verstand verloren.

 

„Man, ich versteh dich wirklich nicht… Du hast dich kein bisschen verändert…“, sprach Koushiro ruhig aus. Dieses Mädchen konnte noch immer aus all den schlimmen Dingen etwas Positives draus ziehen. Meistens war das eine Seite, die er an ihr stets schätze. Doch heute war sie gänzlich unangebracht. Allerdings weiteten sich seine Augen leicht, als er in die traurigen der Tachikawa blickte. Sie wich seinem Blick wieder aus und verschränkte ihre Hände hinter dem Rücken. „Weißt du. Ich habe mich wohl verändert.“, erklang ihre Stimme. „Ich weiß, dass Schreckliches passiert ist und genauso weiß ich auch, dass ich nichts an dem Geschehenen ungeschehen machen kann.“

 

„Was bringt es mir also, die ganze Zeit zurückzublicken? Auf Dinge, die längst geschehen sind? Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen und ich kann die Vergangenheit nicht verändern. Das Einzige, was ich machen kann, ist geradeaus zu blicken und mein Leben weiter zu leben. Meine Aufgabe ist es zu handeln und nicht in der Vergangenheit stehen zu bleiben. Deshalb möchte ich ein Eis. Unsere Gemüter müssen abkühlen, damit wir klare Gedanken fassen und rational handeln können. Und nach dem Eis möchte ich mich darum kümmern, mich um meine Freunde, die Digiwelt und unsere Welt zu kümmern.“

 

„Manchmal sind es die Fehler, die wir im Leben machen, die uns den rechten Weg weisen und nicht immer ist alles logisch, was logisch erscheint. Manchmal müssen wir einfach auf die Schnauze fallen, um eine Sache aus einen anderen Blickwinkel betrachten zu können.“

 

Nach ihren Worten setzte sich Mimi einfach in Bewegung und ließ die beiden jungen Männer für einen Moment zurück. In den letzten Monaten hatte Mimi viel nachgedacht und sich viel damit beschäftigt, was das Wort „wenn“ bedeutete. Immer wieder hatte sie vergebens nach Gründen gesucht, warum es ausgerechnet ihre Mutter hatte treffen müssen. Warum sie ausgerechnet so leiden musste und aus welchem Grund Mimi so einsam ihrer Mutter dabei zusehen musste, wie sie förmlich dahinvegetierte. Sie fragte sich auch oft selbst, warum sie nie mit ihren Freunden über die Geschehnisse gesprochen hätte. „Wenn“ sie das getan hätte – das wusste sie – dann wären sie an ihrer Seite und für sie da gewesen. Doch sie hatte eine Entscheidung getroffen und diese alleine tragen müssen. So war es schließlich mit allen Entscheidungen, die sie im Leben fielen. Eine Sache rational oder emotional zu betrachten gehörte auch zu der Vielzahl an Entscheidungen, die man im Leben fällte. Taichi hatte sich seinem Zorn und der Enttäuschung hingeben. Die Konsequenz daraus war Deemon und eine Menge Bauschutt sowie verletzte Menschen. Aber es brachte keinen von ihnen was, sich da jetzt reinzusteigen und den Kopf in den Sand zu stecken. Gemeinsam mussten sie eine Lösung finden. Sie müssten Hand in Hand gegen ihren neuen Feind angehen. So einfach war das.

 

„Warte Mimi-chan!“, erklang die Stimme von Palmon und Mimi verharrte in ihrer Bewegung. Ein Lächeln zierte ihre Lippen, als sie auch Taichi und Koushiro hinterher trotten sah.

 

Tatsächlich hatten sich die drei unterwegs ein Eis gegönnt und waren ausgelassen miteinander umgegangen. Sicher wurmte es den jungen Yagami noch immer, dass man ihn betrogen hatte. Doch auch er musste einsehen, dass Mimi mit ihren Worten recht hatte. Er musste nach vorne blicken und gemeinsam mussten sie nach einer Lösung suchen. Es war irgendwie fast wie damals. Dieses Mädchen verzauberte ihn mit ihrem Lächeln, mit ihren Worten und die ganzen negativen Gedanken waren wie weggeblasen. Manchmal war sie wirklich beeindruckend und er war wirklich froh, dass sie wieder in ihren Kreisen war. Ja, er hatte Mimi wirklich vermisst. Auch wenn es der junge Yagami nicht gerne zugab.

 
 

*.:*゚・..:**.:*゚・..:*

 

Zwei Wochen später….

 

*.:*゚・..:**.:*゚・..:*  

 

In den folgenden Tagen folgte eine ernüchternde Nachricht der anderen. Von Hikari und Takeru erfuhren sie, dass auch Lilithmon den Weg in die reale Welt gefunden hatte. Dabei ließen sie aus, welche Emotion dies verursacht hatte, würde Taichi Takeru folgendermaßen nur im schlimmsten Fall eines überbraten. Gatomon berichtete ihnen von einer dunklen Vereinigung mächtiger Digimon, welche seit jeher in der schwarzen Zone der Digiwelt versiegelt waren. Sie hatten es auf eine unerklärliche Weise geschafft, aus ihrem Gefängnis zu fliehen und terrorisierten nun nicht nur die Digiwelt, sondern bedrohten auch die Welt der Menschen.

 

Seit den Ereignissen war es zu keinen auffälligen Zwischenfällen mehr gekommen. Weder Deemon, noch Lilithmon schienen sich zu rühren oder gegen die Digimon zu agieren. Erleichternd ereilte sie auch die Meldung, dass bei ihrem letzten Kampf keine Todesopfer hervorgegangen waren. Zwar minderte das Taichis schlechtes Gewissen nicht gänzlich, konnte aber doch eine gewisse Last diesem abnehmen. Die Acht trafen sich nun regelmäßig, um sich über mögliche Veränderungen untereinander zu erkundigen. Noch immer war die Stimmung zwischen den Digirittern angespannt. Nicht nur zwischen Sora, Yamato und Taichi, sondern auch beim Rest der Gruppe. Koushiro hatte bisher auch noch keine neuen Erkenntnisse bringen können. Mit seinem Laptop konnte er keine Verbindung zur Digiwelt, geschweige denn zu Gennai aufstellen. Ganz zu schweigen von der Problematik, dass von Daisuke und den anderen noch immer jede Spur fehlte und sie sich alle wirklich Sorgen machten.

 

Doch nahmen sich die jungen Erwachsenen die Worte von Mimi zu Herzen. Es brachte tatsächlich nichts, sich nur mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Also mussten sie nach vorne blicken. Mehr oder wieder standen sie erneut am Anfang. Sie konnten einfach nur abwarten und schauen, was geschah… etwas Anderes blieb ihnen gar nicht übrig.

 

Daher beschlossen sie auch, am folgenden Freitagabend wegzugehen. Hikari und Takeru hatten sich ausgeklinkt, weil sie den Abend gemeinsam genießen wollten, während Sora und Yamato noch immer nicht wirklich miteinander redeten und verzweifelt versuchten, wieder zu sich selbst zu finden. Wie immer war es auch Jou, der seiner Lerneinheit Vortritt gab, anstatt mit den anderen wegzugehen. Schlussendlich blieben nur Taichi, Koushiro und Mimi übrig. Natürlich wurden sie von den Digimon begleitet, welche vor dem Club Wache und sich versteckt halten würden, während sich die drei Menschen einen gemütlichen Abend gönnten.

 

„Ich war wirklich lange nicht mehr aus!“, flötete es fröhlich aus Mimi, die motiviert in den Club schritt und sich begeistert umsah. Die beiden jungen Männer folgten der Jüngeren. Wobei Koushiro sich sichtlich unwohl fühlte. Er war eben nicht der Typ Mensch, der gerne ausging und sich zwischen Menschenmassen hindurchdrängte.

 

Doch der Abend, der schnell zur Nacht wurde, entwickelte sich blendend. Zwar tranken sie nicht so ausgelassen, wie man es normalerweise tat, dafür jedoch amüsierten sie sich prächtig. Selbst Koushiro hatte es irgendwann geschafft, sich der Musik hinzugeben und einfach nur ein wenig Spaß zu haben. Es fiel der Tachikawa auch wirklich nicht schwer, ihre Begleiter gute Laune zu ermöglichen. Gemeinsam standen sie sogar auf der Tanzfläche, auf welcher sie sich der Musik hingaben.

 

Irgendwann war es Mimi, welche auf die Toilette musste und sich durch die Massen herausdrängte. Es war glücklicher Weise nicht besonders viel auf der Toilette, so dass sie recht flink aus der Räumlichkeit kam.

Auf dem Weg zur Tanzfläche, verharrte sie jedoch einen Moment, als sie eine Männerstimme hinter sich vernahm. In ihr drehte sich alles. „Hey Süße, suchst du jemanden?“, fragte der junge Mann und Mimi drehte sich um. Ein musternder Blick ging über seinen Körper. Er sah nicht schlecht aus, doch seine Augen verrieten ihr eindeutig, dass er mehr als sie nur kennen lernen wollte. „Tut mir leid, aber ich hab’s eilig!“, erwiderte sie daher nur forsch. Doch besonders weit kam sie nicht. Denn er griff nach ihrem Handgelenk und zog sie zu sich zurück, um sie leicht an die Wand zu drücken. Tief sah er ihr in die Augen. „Du bist wirklich hübsch.“, sagte er mit einem schelmischen Grinsen. Mimi hob die Augenbraue. „Danke… aber ich muss wirklich weiter…“ gab sie mit einem gequälten Lächeln von sich. „Mensch, sei doch nicht so gemein zu mir. Wir könnten eine Menge Spaß miteinander haben!“, sprach er weiter und dachte gar nicht daran, sie loszulassen. Als er ihr auch noch über ihre Seiten strich, wurde sie wütend. „Jetzt reicht es aber. Das-!“ Doch sie stoppte in ihrer Aussage und erblickte Taichi. //Okay, das muss jetzt einfach klappen! // ermutigte sie sich innerlich. „Das sieht mein Freund gar nicht gerne!“ konterte sie nun. Nun wich auch der junge Mann ein Stück von ihr weg und sah sie unschlüssig an. „Dein Freund?“

 

Taichi hatte sich auf die Suche nach der jungen Frau begeben, nachdem Koushiro und er einen Moment zu lange auf sie hatten warten lassen. Da war es klar, dass sich auch die Sorge unterschlich und kurzerhand war der Brünette aufgesprungen, um schnell nach ihr zu sehen. Bei einem jungen hübschen Mädchen konnte man schließlich nie wissen. Außerdem musste man besonderes bei Mimi stets ein Auge auf sie haben und auf sie aufpassen.

 

Als er die junge Frau hörte, hob er einen Moment die Augenbrauen. Hatte sie ihn gerade tatsächlich als ihren Freund betitelt? Moment. Er musste sich verhört haben. Doch als er ihre Position genauer musterte, wurde ihm klar, was damit auf sich hatte. Seine Augen verengten sich ein wenig, kurz bevor er auf die beiden zuging. Bedrohlich wand er seinen Blick an den anderen Mann, der seine „Freundin“ an die Wand heftete. „Würdest du gefälligst deine Finger von meiner Freundin lassen?“, klang es wirklich ernst aus dem Mund des Yagami. Denn prinzipiell meinte er es auch so, wie er es sagte. Es widerte ihn wahrhaftig an, diese schleimigen Finger an der Tachikawa zu sehen. Weitaus mehr, als er sich eigentlich eingestehen wollte.

 

Doch zu seinem Glück, reagierte der Fremde sofort und schnell schlüpfte Mimi zu Taichi rüber, wo sich diese an Taichi klammerte. „Vielen Dank…“, flüsterte sie. „Gerne doch, Liebste.“, spielte er mit. Doch mit Folgenden rechnete auch sie nicht. Tatsächlich schien der Yagami einige Sekunden zu lang in die goldbraunen Augen der Tachikawa zu versinken und wenn sie gerade dabei waren? Warum auch nicht? Also legte er kurzerhand seine Lippen auf die von Mimi und verschloss diese zu einem Innigen Kuss. Augenblicklich weiteten sich die Augen der jungen Frau. Schmetterlinge flatterten in ihrem Inneren auf und ihr Herz klopfte intensiv gegen ihre Brust. Ihre Augenlider wurden immer schwer, bis sie gänzlich alles um sich herum ausblendete und sich dem Kuss hingab…

 

Okay. Das hier war definitiv alles, nur keine Schauspielerei. Oder er schauspielerte einfach wahnsinnig gut. Mimi spürte in ihrem ganz deutlich, dass das, was sie fühle und womöglich sogar ausstrahlte kein Spiel war. Das waren ihre wahren Gefühle. Verständlich, wenn man bedachte, dass ihr Herz schon immer für den Träger des Mutes schlug. Eine Tatsche, die sie noch nie jemanden erzählt hatte. Aber was war schon dabei? Womöglich würde sie nie wieder die Gelegenheit bekommen, diese unglaublichen Lippen auf den ihren zu spüren… Also wollte sie diesen Augenblick einfach leben, spüren und am besten nie wieder vergessen.

 

Was keiner von beiden merkte, war, dass sie beobachtet wurden. Kein Geringerer, als Koushiro stand nun auch im Gang und konnte dem Szenario folgen. In ihm brach eine Welt zusammen. Trauer, Schmerz und Kummer machten sich in seiner Brust breit. Wütend sah er Mimi an, - wie konnte sie ihm das nur antun? - bis sein Blick an Taichi hängen blieb. Warum er? Was hatte er, was er nicht hatte? Die ganze Zeit war es Koushiro, der für Mimi immer der beste Freund war. Immer war er für sie da gewesen, hatte ihr zugehört und ihr Ratschläge gegeben, wenn sie nicht mehr weiterwusste. Mit jedem Wimpernschlag versank er in ihren Augen und wollte nie wiederauftauchen. Und dann stand sie knutschend mit Taichi in einer komischen Bar, die er nur ihr zuliebe besuchte?

 

In ihm zog sich alles zusammen. Der Neid, den er auf Taichi verspürte, zog sich ins Unermessliche, bis er für einen Moment nur noch rotsah. So steuerte er geradewegs auf die Beiden zu und packte Taichi am Kragen, kurz bevor er ihn von Mimi zurückstieß. „H-Hey! Alter! Was soll das?“, wurde der Rothaarige von Taichi angefahren. Auch Mimi war schockiert. „K-Koushiro-kun?“, fragte sie verunsichert. „D-Du Mistkerl!“, rief Koushiro aufgebracht.

 

Er wollte gerade zu einem weiteren Schlag ausholen, als Mimi dazwischen ging. „Koushiro!!! Hör auf damit!“, bat sie den Rothaarigen. Doch ihre Augen weiteten sich, als sich hinter dem Rothaarigen eine schwarze Rauchwarte entstand. „Oh nein!! Nicht schon wieder…“, hauchte sie atemlos, kurz bevor Taichi sie am Handgelenk packte und zurückzog. „Was soll das? Glaubst du tatsächlich, ich würde ihr irgendwas tun?“, murrte nun Koushiro wütend. Erst jetzt bemerkte er die schockierten Gesichter, die sich nicht nur auf den Ausdrücken von Taichi und Mimi zeigten, sondern auch bei den restlichen Leuten. „Oh nein…“, flüsterte er selbst. Ohne hinsehen zu müssen, wusste er, dass nun er der Jenige war, der das Übel ins Haus geholt hatte. Dementsprechend war das folgende Grölen nicht unbedingt überraschend. Als er sich umdrehte, bestätigte sich sein Verdacht. Vor ihm hatte sich ein rotes, drachenähnliches Digimon manifestiert, welches die drei bedrohlich anstarrte.

 
 

_______________________

 
 

Der Neidische ist sein eigener Quälgeist. Er hat zu seinem eigenen Leid und Unglück noch den Kummer zu tragen, daß er Erfolg und Glück des anderen mit ansehen muß.

Charles Haddon Spurgeon

(1834 - 1892), englischer Theologe, Baptistenprediger
 

- νöʟʟᴇʀᴇı -


 

Fühllerei: die Völlerei des Herzens.

Peter Rudl

(*1966), deutscher Aphoristiker

 

 

Nicht nur vor ihnen, sondern auch vor den Augen aller Anwesenden manifestierte sich ein drachenähnliches Wesen. Der schuppenbesetzte Körper strahlte in einem flammenden Rot und ein bedrohliches Knurren fuhr aus der Schnauze des Digimons. Schreiend und aufgebracht – nein – vollkommen in Panik, rannten die Gäste durch die Räumlichkeiten der Diskothek, um vor der Gefahr fliehen zu können. Schützend standen Koushiro und Taichi vor Mimi. Koushiro biss sich verzweifelt auf die Innenseite seiner Wange. Es war seine Schuld. Er hatte es zu verantworten, dass nun erneut ein solches Wesen in ihre Welt gefunden hatte. Wut machte sich in jeder Pore seines Körpers breit, während er mit geballten Händen dem Digimon gegenüberstand.

 

„Welch ein Spektakel. Danke Digiritter des Wissens, dass du mir einen Weg in eure Welt gezeigt hast!“, lachte das Digimon amüsierte und peitschte vergnügt mit seinen zwei Schwänzen umher. Tatsächlich ähnelte das Wesen einem Krokodil, hatte eine rote, schuppenbesetzte Haut und war zudem weitaus größer. Von der Bedrohlichkeit mal abgesehen. Unsicher blickte Mimi an Taichi vorbei und sah dem Wesen ins Gesicht. Ihr schlug das Herz bis zum Halse. Was hatte das alles nur zu bedeuten? Die junge Frau fürchtete sich davor, die Konsequenzen der Geschehnisse abzuwägen. Vor allem aber begann sie zu verstehen, wie diese Digimon in ihre Welt fanden. Es musste mit negativen Gefühlen in einem Zusammenhang stehen. Taichi war wütend gewesen, Koushiro eifersüchtig. Das bedeutete zwangsweise, dass auch bei Takeru ein negativer Gefühlsausbruch das dunkle Wesen herbeibeschworen hatte.

 

„Das habe ich mit Sicherheit nicht freiwillig gemacht!“, kam es wütend vom Träger des Wissens, der seine Hände weiterhin zu Fäusten geballt hatte. Zornig knurrte er. Doch das schien dem Digimon ihnen gegenüber nichts auszumachen. „Lächerlich. Schwächliche kleine Menschenkinder. Was wollt ihr gegen mich schon ausrichten?“, fragte das Digimon höhnend und fixierte die Jugendlichen mit einem verachtenden Blick. „Wir werden dir dein Grinsen schon aus dem Gesicht waschen!“, mischte sich nun auch Taichi ein. „Und wir beschützen euch!“, erklangen nun auch die Stimmen von Agumon und Tentomon, die sich zu Koushiro und Taichi stellten. Auch Palmon erschien an Mimis Seite. Sie waren alle drei bereit zum Kampf und würden sicherlich nicht ohne Weiteres aufgeben. „Agumon“ Das Digimon nickte. „Tentomon? Bist du bereit?“, wand sich auch Koushiro an sein Digimon. „Sicherlich! Wenn du bereit bist?!“, erwiderte das Digimon. Der Rothaarige nickte.

 

Leviamon richtete sich in Angriffsposition, während seine Gegner nach ihren Digivices griffen und alles daran setzten würden, ihre Welt zu beschützen. Doch soweit sollte es nicht kommen. Stattdessen erschien hinter dem krokodilähnlichen Digimon ein weiteres Wesen. Taichi weitete die Augen, als er besagtes Digimon als Demon identifizieren konnte. „Demon!!“, schrie er aufgebracht. Er sah zu Agumon. Das Digimon nickte, Taichi auch. „Nein!!“, schrie nun Mimi, kurz bevor Agumon digitierte. Verwirrt sah Taichi zu der Brünetten. „Seid ihr verrückt. Wir können sie hier nicht digitieren lassen!“, kam es aufgebracht von der Tachikawa. Koushiro wurde als erstes klar, was sie damit meinte. Logisch. Sie befanden sich in einem geschlossenen Raum. Digitierten ihre Digimon, würden sie nicht nur das Gebäude zerstören, sondern auch viele Menschen in Lebensgefahr bringen. Nun standen sie jedoch einer Zwickmühle gegenüber. Kampflos konnten sie nicht einfach aufgeben. Zumal das womöglich dieselben Konsequenzen hatte, als wenn sie digitierten. Aber vielleicht gab es eine Möglichkeit, ihre Feinde nach draußen zu locken. „Leviamon. Es wird heute keinen Kampf geben!“, kam es bestimmend von Demon. Verwirrt sahen die Digiritter die Digimon an. „Soll das ein Scherz sein?! Diese Wesen haben es nicht verdient zu leben!“, knurrte das angesprochene Digimon. Demon blieb unbeeindruckt. „Richtig. Aber wir haben andere Mittel und Wege. Vor allem aber Pläne…“, erklärte Demon mit einem Grinsen. Wütend umgriff Taichi sein Digivice. „Was glaubt ihr, wer ihr seid?! Wir werden euch nicht einfach in unserer Welt handeln lassen, wie es euch beliebt!“, sprudelte es aus ihm heraus. „Huh? Warst es nicht deine Person, die mich in diese Welt eingeladen hat?“, fragte es spöttisch. Taichi gab einen zischenden Ton von sich. „Tzz… mit deiner Emotionalität wirst du es nicht schaffen, uns zu besiegen. Weder heute, noch irgendwann. Verschwinden wir Leviamon!“, forderte Demon das Drachendigimon auf. „Nie darf man Spaß haben…“ Die Antwort des Digimons kam abschätzend und wütend. Trotzdem begann sich dieses nach nur wenigen Augenblicken in der Dunkelheit aufzulösen und ließ die schockierten Digiritter zurück. Mimi selbst sackte in sich zusammen, während Koushiro wie auch Taichi wütend zu der Stelle blickten, die bis eben noch von den mächtigen Persönlichkeiten besetzt worden war. „Oh Gott…wo soll das noch alles hinführen?!“, flüsterte Mimi verzweifelt. Sie war überfordert. Die junge Frau wollte sich nicht erneut mit einem Kampf konfrontieren müssen. Schon damals hatte sie es gehasst, kämpfen zu müssen und ihre Freunde in Gefahr zu sehen. Außerdem hatte sie damals vielen Digimon „Lebwohl“ sagen müssen. Klar, dass sie nun Sorge hatte, dass auch bei ihren Freunden machen zu müssen. Tod und Leben hingen so nah beieinander, besonderes, wenn man bedachte, dass drei mächtige Digimon das Leben aller gefährdete.

 
 

_______________________

 

„Koushiro! Was sollte das bitte?!“, kam die Frage wütend aus dem Mund von Taichi, der seinen Freund fragend ansah. Die drei hatten es gerade noch geschafft aus der Diskothek zu fliehen, bevor sie von Polizisten oder anderen befragt werden konnten. Mimi schwieg zu dem Ganzen, während sie Koushiros Rücken musterte. Irgendwie ahnte sie bereits, welche Begründung hinter seinem Verhalten lag. Ein schlechtes Gewissen folgte dementsprechend. Die junge Frau ließ nur den Blick sinken. Nie war ihre Intension gewesen, ihren besten Freund zu verletzen. Doch da war auch schon die Begründung. Koushiro war ihr bester Freund. Nicht mehr oder weniger.

„Ist die Frage ernst gemeint?!“, erwiderte Koushiro mit einem frustrierten Unterton. „Verdammt! Ich habe Mimi nur geküsst, um diesen Typen von ihr fernzuhalten!“ Überrascht sah Koushiro zu dem Älteren. „Welcher Typ?“ „Da war ein Typ. Der hat sie angebaggert. Wir wollten ihm vorspielen, ein Paar zu sein, damit er seine schmierigen Finger von ihr lässt!“, erwiderte er wütend. Koushiro biss sich auf die Unterlippe. „Und dafür muss man sich ausgerechnet küssen, oder was? Wäre das auch nicht anderes gegangen?“ Taichi zuckte mit den Schultern. „Was denn? Das ist doch nur ein Kuss. Ich weiß echt nicht, was du hast. Das hat doch keine Bedeutung!“, sprach er unüberlegt aus und traf sie, mitten ins Herz.

 

Schockiert weiteten sich die Augen von Mimi, deren Blick sich auf den Boden heftete. Keine Bedeutung? Nur ein Kuss? Nur? Die junge Frau spürte, wie ihr Mund trocken wurde. Die Gefühle, welche auf sie hereingeprasselt waren, als sie die Lippen des Yagami berührt hatte, hatte sie sich definitiv nicht eingebildet. Sie hatte sich wahnsinnig gut angefühlt. Ihn so nah zu sein war für sie weitaus mehr, als nur eine Ablenkung. Deshalb traf es sie auch mitten in die Magengrube, als er das, was sie gemeinsam hatten, als so nichtig betitelte. Das war es doch nicht wirklich. Oder?

 

Unsicher hob sie ihren Blick und sah zu den beiden jungen Männern. Noch immer diskutierten sie miteinander, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. Hörten sie sich eigentlich gegenseitig zu? Taichi hatte sie geküsst. Gerade eben hatte er zudem gesagt, dass dieser Kuss keine Bedeutung hatte. Dass es eben nur ein Kuss war. Nur ein Kuss. Ohne Bedeutung. Mimi bemerkte gar nicht, wie sehr sie diese Aussage doch traf. Sie hatte zu viel in das alles hineininterpretiert. Auch wenn sie immer angenommen hatte, dass zwischen ihnen war…. Nun wurde sie eines Besseren belehrt. Da war nichts. Absolut nichts. Ihre Gefühle waren auf absolut einseitiger Basis. Was hatte sie sich auch gedacht? Er war seit gerade Mal zwei Wochen von Sora getrennt, war von dieser mit seinen besten Freund betrogen worden. Dass er nicht an neuen Gefühlen oder anderem interessiert war, sollte für sie nicht verwunderlich sein. Womöglich wollte er jetzt erstmal sein Leben genießen. Verständlich. Trotzdem traf es sie unerwartet hart, dass er eine solche Aussage tätigte.

 

„Mimi-chan?“, bereits zum dritten Mal versuchte Koushiro sie anzusprechen. Erst jetzt registrierte sie, dass er sie mit einem Blick fokussierte, genauso wie die braunen Augen von Taichi auf ihr lasteten. „W-Was?!“ Verwirrt sah sie die beiden Männer an. „Stimmt das?“, fragte er erneut. „Stimmt was?“ „Na, dass er dich nur geküsst hat, weil er dich vor dem Typen beschützen wollte. „Ähm…“ Unschlüssig sah die junge Frau zu dem Yagami. Tatsache. Abgesprochen hatten sie die ganze Aktion definitiv nicht. Taichi hatte im Alleingang gehandelt und die Jüngere mit seiner Aktion ziemlich überrumpelt. Trotzdem hatte sie keine Anstalten unternommen, ihn von sich zu stoßen. Im Gegenteilt. Sie hatte den Kuss sogar erwidert und das sogar genossen. „Kann…kann man wohl so sagen…“, flüsterte sie daher nur unsicher ihre Antwort und sah zur Seite.

Taichi war nicht blind. Er bemerkte den verletzten Ausdruck in den Augen der Jüngeren. Er mochte diesen nicht. Aber er hatte keine andere Wahl, als diesen hinzunehmen. Außerdem wollte er seinen besten Freund wirklich nicht verletzten. Das hatte er nun wirklich nicht verdient. Vor allem, da Koushiro immer für seine Freunde da war und bisher nie seine große Liebe gefunden hatte. Innerlich schmerzte es ihn ein wenig, einsehen zu müssen, dass genau diese womöglich Mimi war. Aber im Moment wollte er sowieso nichts Ernstes. Und selbst wenn: Mimi war nicht die Richtige.

 

„Siehst du?! Verdammt, Koushiro! Mimi und ich! Das würde doch nie gut gehen!“, lachte Taichi dann einfach los und legte den Arm um die Schulter des Computerfreaks. Noch immer lag auf dessen Zügen das schlechte Gewissen. Man sah ihm an, dass er sich schwere Vorwürfe machte, diesem Digimon den Weg in ihre Welt zu zeigen. Sie alle wussten nicht, welche Folgen sie zu erwarten hatten. Doch dass es sicherlich nicht wenig zur Folgen haben würde, wussten sie alle. „Wie Recht du doch hast!“, erwiderte nun auch Koushiro und zwang sich zu einem leichten Grinsen. Mimi schweig dazu nur. Erneut richtete sich ihr Blick auf den Boden, während Palmon ihre Partnerin kritisch musterte. „Mimi-chan… geht es dir gut?“, fragte das Digimon und sah zu der Größeren hoch. Mimi wirkte traurig, lächelte aber trotzdem dem Digimon zu. „Ja, natürlich…“, erwiderte sie aufgeschlossen. Doch Palmon glaubte ihr nicht. Stattdessen griff die Hand des Digimons einfach zu der seiner Partnerin und drückte diese ganz fest. „Du musst nicht mit mir darüber sprechen. Aber ich bin immer für dich da~“, sprach das pflanzliche Wesen einfühlsam. Die Angesprochene lächelte liebevoll. „Danke, Palmon…“, hauchte sie folglich nur, beugte sich zu dem Digimon herunter und hauchte diesem einen Kuss auf die Blüte, die sich der Sonne empor regte.

 
 

_______________________

 

„Ich wüsste wirklich gerne, was diese verdammten Digimon mit der Welt der Menschen anfangen wollen. Jetzt sind es schon drei, die ungefragt hier eingedrungen sind. Und wir können nichts gegen sie ausrichten!“, brodelte es aus einer rothaarigen, jungen Frau heraus, die sich gemeinsam mit ihren beiden Freundinnen einen gemütlichen Platz in einem Café gesucht hatte. Es waren nunmehr drei Tage seit dem letzten Vorfall vergangen und noch immer fehlten Anhaltspunkt, die besagten Digimon zu finden. Genauso wenig fand Koushiro Informationen im Netz, geschweige denn eine Möglichkeit, die Digivices von Sora oder Yamato zu reparieren. Hikari kämpfte nach wie vor darum, Takeru von seinem schlechten Gewissen abzubringen und Yamato versank in seiner musikalischen Arbeit. Sora selbst hatte schon mehr als einmal versucht, mit Taichi zu sprechen, doch der blockte immer wieder ab. Seit ihrer schmerzlichen Trennung, die gänzlich anderes hätte verlaufen sollen, ging er seiner Exfreundin vollkommen aus dem Weg. Nach wie vor hatten sie auch nicht herausgefunden, was mit der jüngeren Generation war. Es war momentan wirklich frustrierend. Ihnen waren die Hände verbunden.

 

„Ich erreiche noch immer weder Miyako-chan noch Daisuke oder die anderen. Die Eltern wissen auch nichts und machen sich anscheinend auch Sorgen…“, murmelte Hikari. Mimi schwieg zu dem Ganzen. Stattdessen futterte sie bereits das zweite Stuck Schokoladentorte und schien eifrig unbekümmert. Sora sah nur missmutig zu ihrer besten Freundin. „Wie kannst du so eine Kalorienbombe verputzen und trotzdem so schlank sein?“, fragte sie vorwurfsvoll. Mimi hob den Blick. „Gute Gene!“ kicherte sie nur, wobei die Rothaarige nur die Augen verdrehte. „Hast du nichts zu diesem Thema zu sagen?“, fragte sie dann ganz direkt. Ihr fiel schon die gesamte Zeit auf, dass sich Mimi aus der ganzen Sache heraushielt. „Weiß nicht. Eigentlich nicht… obwohl doch! Irgendwelche Gefühle sind ausschlaggebend dafür, dass die Digimon hier auftauchen!“, sprudelte es aus ihr heraus. „Gefühle?“ Hikari sah auf. „Stimmt…! Taichi war wütend“, damit schaffte sie es, dass Sora den Blick senkte…, „und Koushiro eifersüchtig“, nun war es Mimi, die den Blick senkte. „Und Takeru-kun war…“ Hikari stockte. „Ja?! Was war er denn?“ Die Jüngste am Tisch wirkte unsicher. „I-Ich…ich…wie soll ich sagen…i-ich…“ Unsicher blickte sie zu ihren beiden Freundinnen. Mimi unterbrach sogar die Bearbeitung ihres Kuchens, während sie die Jüngere musterte. Doch irgendwie ahnte sie bereits, um was es ging. Die roten Wangen, der verlegene Blick. Hikari war keine zwölf mehr. Irgendwann kam der Punkt für den nächsten Schritt. Genau dieser musste an diesem Tag gekommen sein. „Wollte er den nächsten Schritt gehen?“, fragte sie daher – kurzerhand – ganz unverblümt die Schwester ihres Schwarms.

 

Der Angesprochenen wurde kalt und heiß gleichzeitig. Unsicher sah sie auf die Tischkante, während sich ihre kleinen, zierlichen Finger im Saum ihres Rockes vergruben. Sie nickte. „Er hat dich aber nicht gezwungen, oder?!“ Prompt kassierte Sora einen Tritt gegen das Schienbein. „Aua! Was soll das denn?!“, rief sie laut aus und zog die Aufmerksamkeit einzelner Gäste auf sich. „Wo denkst du hin? Takeru-kun würde Hikari-chan niemals zu was zwingen!“ Sie sah zu der Braunhaarigen. „Stimmt doch, oder?“ „N-Natürlich!!!“, antwortete sie sofort. „Nur…nur… ich habe Angst davor…und bin…bin einfach noch nicht so weit…“, gestand sie dann aber. Mimi musste lächeln. Sie kannte dieses Gefühl zu gut. Sanft legte sie ihre Hand auf die der Jüngeren. „Ist doch egal. Mach dir keinen Druck. Du wirst spüren, wenn du dazu bereit bist. Irgendwann…und irgendwie. Ganz sicher.“ Mimi selbst konnte nichts Gutes von dieser Art Erfahrungen berichten. Aber auch nichts Schlechtes. Man sah es ihr nicht an und womöglich glaubte man es ihr auch nicht. Doch Mimi war noch Jungfrau. Und das würde sie womöglich immer sein. Denn was man nicht hatte, konnte man nicht vermissen. Das redete sie sich zumindest immer ein. Selbst wenn sie sich danach sehnte, irgendwann geliebt zu werden…

 

„Ich hätte gern noch ein Stück von der Maracuja-Sahne-Torte!“, trällerte die Tachikawa munter, als erneut die Kellnerin ihren Tisch besuchte. Diese betrachtete die Tachikawa bereits argwöhnisch, nickte dann aber freundlich. Auch wenn sie ebenso von ihren Freundinnen seltsam begutachtet wurde, Mimi ignorierte es. Sie ignorierte auch den unabdingbaren Druck ihres Magens, der ihr die gesamte Zeit versuchte zu vermitteln, dass sie bereits nach dem ersten Stuck Kuchen genug hatte. Aber sie schaffte es nicht, auf diesen zu hören. Denn im Moment… ging es ihr nicht gut. Überhaupt nicht. Sie war unglücklich. Erst gestern hatte sie ihren Vater verabschiedet. Er hatte sich aufgemacht, um den gemeinsamen Traum seiner Frau und ihn in die Tat umzusetzen. Dafür hatte er noch gemeinsam mit Satoe eine Weltreise gebucht. Diese war er nun dabei anzutreten. Mimi gab sich stark bei der Verabschiedung. Am Abend darauf brach sie jedoch zusammen. Sie aß einfach nur. Es begann mit einer Packung Eis, danach folgten weitere Fressattacken. Folglich ereilte sie das schlechte Gewissen und danach ging es rückwärts auf der Toilette weiter. Essen, heulen, kotzen. Sie ging es fast den gesamten Abend. Alternativ hätte sie auch mit ihren Freundinnen reden können. Oder mit Koushiro. Ihren besten Freund. Lachhaft. Koushiro war in sie verliebt. Sie konnte diese Gefühle aber nicht erwidern. Denn sie war in Taichi verliebt. Der wiederum war frisch von Sora getrennt und wollte niemanden an sich lassen, geschweigenden sich verlieben. Spaß haben, das war es, was er wollte. Sie aber nicht. Und mit Hikari konnte sie darüber nicht sprechen, da sie im Endeffekt mit Taichi verwand war und ihn womöglich in Schutz nahm. Sie war einfach voreingenommen. Also auch keine so gute Wahl. Und von Yamato und Joe wollte sie gar nicht erst anfangen. Ihr blieb also gar nichts anderes übrig, als das alles irgendwie alleine mit sich auszumachen. Das Essen verschaffte ihr zumindest für einen kurzen Augenblick Entspannung und forderte, dass sie über das alles nicht mehr so viel nachdenken musste.

 

„Die Torten müssen wirklich gut sein“, kicherte Sora und musterte ihre beste Freundin. „Klar. Sonst würde ich sie schließlich nicht essen!“, erwiderte auch Mimi und schmunzelte leicht ihrer Freundin zu. Diese seufze nur und sah wieder zu der kleinen Schwester ihres Exfreundes. „Wo waren wir gerade?“ „Wir waren dabei zu überlegen, in welchem Zusammenhang das alles steht.“ „Mhm…Wut, Eifersucht und…wie soll ich das denn bitte nennen?“ „Gott stellst du dich an, Sora…Wie wäre es mit Verlangen oder Lust?“, erwiderte nun Mimi fragend, die freudig das neue Stück Kuchen entgegennahm. „Ich glaube nicht, dass diese Gefühle in irgendeinen Zusammenhang stehen…“, dachte Sora laut. Hikari nickte stumm. Mimi konnte dem nur beipflichten. Alle drei seufzten im Einklang. „Aber wir können ja trotzdem Mal im Internet googeln…“, schlug nun die junge Yagami vor. Die Tachikawa nickte. „Ein Versuch wäre es wert.“ Allmählich schlich sich das schlechte Gewissen zwischen die Bisse der jungen Studentin. Unsicher legte sie die Gabel beiseite und sah missmutig das Stück Kuchen an. Ihr wurde schlecht bei dem Gedanken, was sie alles in sich gestopft hatte. „Ihr könnt ja schauen. Ich geh schnell auf Toilette“, informierte sie ihre Freundinnen. Diese nickten nur stumm, während Sora die drei Gefühle in das altbekannte Google-Fenster tippte.

 

„Seit wann isst Mimi-chan eigentlich so viel?“, fragte plötzlich Hikari, die den Blick auf das übriggeblieben Stück Kuchen richtete. Sora folgte dem Blick. „Ich weiß nicht genau…“ „Irgendwie wirkt das alles seltsam. Sie kommt aus Amerika wieder und ist wie immer. Und das, obwohl ihre Mutter vor drei Wochen gestorben ist…“, flüsterte Hikari besorgt. Sora nickte. „Ja… gestern Abend ist wohl auch ihr Vater abgereist.“ Schockiert sah Hikari die Ältere an. „Wie abgereist?“ „Satoe-sans letzter Wunsch war es wohl, eine Reise um die Welt zu machen. Da sie das nicht mehr geschafft hat, macht es wohl jetzt Mimis Vater“, erklärte sie nachdenklich. „Gott, dann ist Mimi ja ganz allein damit! Ihr muss es schrecklich gehen!“, sprach die Jüngere ihre Gedanken direkt aus. Nachdenklich betrachtete Sora das letzte Stückchen Kuchen ihrer besten Freundin. Es war gar nicht ihr Recht, Mimi nach wie vor als beste Freundin zu betiteln. Denn in den letzten Wochen beschäftigte Sora sich nur mit ihren eigenen Problemen und kümmerte sich kaum um die Jüngere oder ihre Belange. Allmählich wurde ihr immer unwohler bei der Sache. Je länger sie das Stück Kuchen betrachtete. Mimi war schon immer das typische Mädchen gewesen, welches auf ihre Figur achtete und immer auf ihre Erscheinung Wert lag. Zwar war Zweites noch immer der Fall, dass sie sich aber förmlich ein Stück Kuchen nach den anderen in den Mund stopfte, wirkte nicht nur unnatürlich, sondern auch untypisch für Mimi. „Das grenzt ja schon an Völlerei…“, murmelte sie daher geistesabwesend.

 

Es riss sie völlig aus den Gedanken, als Hikari im folgenden Moment auf den Tisch schlug. „Das ist es!“, rief sie aus. Wieder einmal lag die komplette Aufmerksamkeit der Gäste auf den Jugendlichen. „Das ist was?“, fragte Sora und sah auf ihr Handy. Tatsächlich ergaben die Worte einige tausend Treffer. „Die sieben Todsünden?“, fragte sie ungläubig nach und fixierte die warmen Augen ihres Gegenübers. „Klar! Bei Taichi war es der Zorn, Koushiro spiegelte die Eifersucht wieder und…“ „…und Takeru die Wollust!“, beendete Sora den angefangenen Satz der Yagami. Diese nickte.

 

Zeitgleich weiteten sich die Augen der beiden Digiritterinnen. „Oh Gott! Mimi!“, schrie Sora auf und sprang von ihrem Stuhl auf. Mit einem klirrenden Geräusch fiel ihr Stuhl zu Boden und einige Leute schreckten auf. Hikari verstand sofort. Das Handeln von Mimi, ihre ungewöhnliche Art zu Essen. Das grenzte an Völlerei. Einer weiteren der sieben Todsünden.

 

Doch noch bevor sich ein Gast darüber beschweren konnte, erklang ein ohrenbetäubender Knall aus der Damen-Toilette. „MIMI-CHAN!“, schrie Sora aufgebracht, während sie aufgebracht und besorgt zu den sanitären Räumlichkeiten rannte. Als sie die Türe aufschlug, kam ihr ein Schwall Rauch entgegen und die beiden Frauen mussten laut husten. Panik brach erneut in dem Gebäude aus und stürmig verließen die anwesenden Gäste den Laden. „MIMI!“, rief Sora in den Raum, konnte aufgrund der Rauchschwaden aber nichts erkennen.

„Sora! Hikari-chan! Seid vorsichtig!“, erklang die Stimme von Mimi. Gott sei Dank. Es ging ihr gut. Das war der erste Gedanke, der der Takenouchi durch den Sinn ging. Um den nächsten Gedanken zu verfassen, fiel ihr schlicht und ergreifend die Zeit. „Ah~ Noch mehr von euch kleinen, nervigen Digirittern!“, hörten sie eine bedrohliche Stimme. Die Augen der beiden weiteten sich, als sie das Aufblitzen eines Strahls erkannten. Ähnlich kündigten sich auch die flammenden Angriffe von Greymon oder Garurumon an. „Pass auf Sora-chan!“ Noch ehe Sora selbst agieren konnte, spürte sie die Krallen von Biyomon, welche sie zur Seite schleuderten. Auch Gatomon stieß ihre Partnerin aus der Schusslinie. Keine Sekunde zu spät. Denn mit einem lauten, scherbelnden Knall erstreckte sich die folgende Attacke des Digimon vor ihren Augen und löste die Einrichtung des Cafés förmlich in Luft auf.

 

„Da habt ihr aber nochmal Glück gehabt!“, lachte das Digimon amüsiert, welches aus der Rauchschwade heraustrat und sich präsentierte. Schockierend als die Sache an sich, war es dann aber doch, dass das Digimon seine Griffel in die Haare der Tachikawa gekrallt hatte und sie somit hinter sich her schliff. Verzweifelt versuchte sie Brünette sich aus dem Griff des Digimons befreien. „Lass Mimi-chan los!!!“, rief nun die Stimme von Palmon wütend, doch es kam nicht weit, um seiner Partnerin zu helfen. Stattdessen brauchte das feindlich gesinnte Digimon nur ein Fingerschnipsen, um Palmon zurückzustoßen. „Palmon!“, rief Mimi aufgebracht, versuchte sich dabei aber noch immer aus dem schmerzlichen Griff des Digimons zu befreien. Dieses hatte gar menschliche Züge, ähnlich wie Angewomon, Angemon oder Lilymon. Es hatte das Auftreten eines Bikers, nur in Form eines Digimons. Unsanft beförderte dieses Mimi auf den Boden.

 

„Danke meine Liebe. Durch dich habe ich einen Weg in eure Welt gefunden!“, grinste das Digimon bedrohlich und hob das Kinn der Schwächeren an. Die Aufmerksamkeit des Digimons wurde jedoch abgelenkt, als das Licht von Hikaris Digivice erstrahlte. Gatomon vollzog die Ultradigitation zu Angewomon und schaffte durch ihr strahlendes Licht, Beelzemon einen Moment in Patrouille zu bringen. „Uwahhhh~ Wie widerlich! Dieses grelle Licht!!“, schrie das Digimon auf. Seine Waffen richteten sich auf das Engelsdigimon. „Nimm das!!!“, schrie Beelzemon, doch Angewomon schaffte es, den Patronentorbedos auszuweichen. „Beelzemon! Das reicht!“, erklang eine Stimme, welche Hikari nicht unbekannt war. Mit geweiteten Augen sah sie zu Lilithmon, die sich hinter dem feindlich gesinnten Digimon manifestierte. „Lilithmon! Du schon wieder!“, sprach Hikari ehrfürchtig aus. „Wir sind nicht hier, um zu spielen!“ Hikari ignorierend wand sich das weiblich wirkende Digimon an Beelzemon. „Wir werden dich nicht einfach ziehen lassen!“, kam es wütend von Mimi, die sich mittlerweile wieder gesammelt und aufgerichtet hatte. Verzweifelt sah Sora zwischen den Digimon hin und her. Tränen trieben an ihren Augen. Sie wollte kämpfen und ihren Freunden helfen. Doch ihr fehlte die Möglichkeit dazu. Noch immer lag ihr Digivice in Trümmern.

 

Erneut erstrahlte das Licht der Digitation, diesmal jedoch aus dem Digivice der Tachikawa. Palmon wurde von dem Licht und der Energie umhüllt und digitierte zu Sunflowmon, nur um sich neben Angewomon dem Feind stellen zu können.

„Wir haben keine Zeit für euch!!“, drohte das weibliche Digimon. „Ladydevimon!“, sprach es auffordernd auf. Umgeben von Digimon der Finsternis fanden sich die jungen Frauen wieder. Angewomon war bereits in der Vergangenheit mit Ladydevimon aneinandergeraten. Diesmal standen sie jedoch ganzen fünf Digimon dieser Art entgegen. Während Lilithmon wie auch Beelzemon in schwarzen Rauch verschwanden, setzten die übriggebliebenen Digimon der Dunkelheit zu Angriff an.

 
 

Mit der Liebe ist gut kochen.

Mit der Freundschaft gut essen.

Allein verdaut sich's am besten.

Emil Baschnonga

(*1941), Schweizer Schriftsteller und Aphoristiker
 

─ тʀäɢнᴇıт ─


 

Die Trägheit ist die stärkste Kraft in der Natur, und am Menschen weit schwerer zu überwinden, als die Lebhaftigkeit.

Ernst Freiherr von Feuchtersleben

(1806 - 1849), österreichischer Popularphilosoph, Arzt, Lyriker und Essayist

 
 

_______________________

 

„Sunflowmon!“, rief die grelle Stimme von Mimi, die zu ihrem Digimon rannte. Eines der drei Ladydevimon hatte das Digimon, welches einer Sonnenblume glich, hart getroffen, so dass es gegen eine der Fensterfronten des kleinen Cafés geschleudert wurde. Die drei jungen Frauen wichen den erbarmungslosen Angriffen der Digimon aus, wobei Sora sich mehr im Hintergrund aufhielt. Biyomon wich nicht von ihrer Seite, wirkte aber mindestens genauso verzweifelt, wie die Rothaarige selbst. Nicht digitieren und helfen zu können belastete nicht nur Sora, sondern auch ihre Partnerin. Die Takenouchi hatte mittlerweile auch ihr Handy hervorgeholt und schrieb einen Hilferuf an ihre Freunde. Da die Digiritter einen Gruppenchat eröffnet hatten, erhielt sie prompt die Antworten von Taichi und den anderen. Alle, selbst Joe, eröffneten ihnen, auf den Weg zu sein. Doch sie alle waren nicht gerade in der Nähe und so würde die Hilfe eine geschlagene Zeit benötigen. Zeit, die sie vielleicht nicht mehr besaßen.

 

Sunflowmon tat sich schwer, sich erneut aufzurichten und sich gegen die Digimon der Dunkelheit zu stellen. Angewomon schaffte es mit den Lichtattacken die beiden anderen Digimon in Schach zu halten, doch auch das Engeldigimon war im Begriff an seine Grenzen zu kommen. Der Kampf gestaltete sich zu einem Katz- und Mausspiel, wobei offensichtlich war, dass die Ladydevimon die Katze und Angewomon sowie Sunflowmon die Mäuse spielten. Alle drei Gegner waren auf dem Ultralevel, während Sunflowmon sich noch immer auf dem Championlevel befand. Auch in der Macht von Angewomon stand es nicht, drei Digimon dieser Art zu besiegen.

 

„Ihr mickrigen kleinen Menschen und Digimon! Glaubt ihr wirklich, wir würden es so einfach machen, uns zu besiegen?!“, erklang das höhnische Lachen der Feinde, die sich gemeinsam bündelten und zu einer erneuten Attacke ansetzten. Sie visierten dabei die kleine Schwester von Taichi an. „Hikari-chan!!“, schrie Mimi nur verängstigt und sah hilfesuchend zu ihrem Digimon. Noch ehe sie sich versah, setzte dieses erneut zur Attacke an. „Sunflowstrahl!!!“, rief es aus. Doch die Digimon nahmen die Partnerin von MImi gar nicht wahr. Stattdessen wichen sie der Attacke gekonnt aus und legten ihr Hauptaugenmerk erneut auf die junge Trägerin des Lichtwappens. Diese wurde jedoch direkt von ihrem Digimon beschützt, welches sich vor die junge Frau aufbaute. „Ihr werdet ihr kein Haar krümmen! Nicht solange ich hier bin!“, rief das Digimon in Frauengestalt auf und formatierte sich in Kampfesposition. In Hikari baute sich das Gefühl der Besorgnis auf. Wie bitte sollte Angewomon allein gegen drei Digimon der Finsternis ankommen, die zudem noch auf dem Ultralevel waren?

 

„Das lass ich nicht zu!“, war es erneut die Stimme von Sunflowmon. Noch bevor die feindlich gesinnten Digimon angreifen konnte, stürmte das Digimon auf die drei Feinde zu, überrumpelte diese förmlich und schaffte es sogar, die Digimon zur Seite zu stoßen. Mittlerweile stand das Café vollkommen in Trümmern, so dass es die Mädchen nur mit Müh und Not schafften, herabfallenden Steinen und Gebäudeteilen auszuweichen. Das grelle Lachen der feindlichen Digimon hallte überall wieder. Außerhalb des Kampfesgeschehen wurde bereits die Umgebung geräumt und Feuerwehrleute, Sanitäter sowie Polizisten waren vor Ort und verhindern, dass Passanten und Schaulustige zum Ort des Geschehens durchkamen. Prinzipiell empfand es Mimi als eine Erleichterung, hatte sie jedoch Sorge, dass Taichi und die Anderen auf diesen Weg nur schwerlich zu ihnen finden würden. Doch die Mädchen mussten sich nun anderen Sorgen stellen. Die feindlich gesinnten Digimon waren erbarmungslos. Ein Angriff folgte dem Anderen, bis auch Angewomon hart getroffen wurde. Das Digimon mit den Engelsschwingen wurde aus dem Gebäude geschleudert, inmitten der Passanten-Masse. Es war das Glück der Digitation, dass die Menschen nicht verletzt wurden. Denn das mächtige Angewomon digitierte mit dem Aufschlag des feindlichen Angriffs zurück zu Salamon, welches sich nur schwerfällig wiederaufrichtete.

 

„Salamon!“, rief Hikari besorgt und schritt nach draußen. Das Digimon kam ihr auf schweren Schritten entgegen. Nur mit Mühe schaffte es dieses, nicht in sich zusammenzuklappen. Vorsichtig nahm die Braunhaarige das Digimon hoch in ihre Arme. Tränen schimmerten in ihren Augen wieder. „Es tut mir so leid, Hikari-chan. Ich bin nicht stark genug!“, hauchte das Digimon erschöpft. Die Angesprochene drückte es gar ein wenig näher an sich. „Aber nein, du warst großartig!“, erwiderte Hikari, schreckte aber zusammen, als sie plötzlich die Ladydevimon vor sich stehen sah. „Tja, kleine Trägerin des Lichtes. Nun scheinst du die Erste sein, die das Vergnügen mit dem Tod machen wird!“, lachten die drei Digimon. Mimi versuchte mit Worten ihr Digimon dazu zu bringen, wieder aufzustehen, doch auch Sunflowmon schien am Ende seiner Kräfte zu sein. Doch je länger Mimi sah, dass sich Hikari in unglaublicher Gefahr befand, umso panischer wurde sie. Die kleine Schwester von Taichi bedeutete nicht nur ihrem Bruder, sondern auch der Tachikawa und den anderen wahnsinnig viel. Sie wollte nicht Zeuge davon werden, wie einer ihrer Freunde zu Schaden kam. „Sunflowmon! Komm schon!“, sprach Mimi verzweifelt aus. „Es tut mir leid, Mimi-chan, aber ich kann nicht…“, flüsterte das Digimon. Panik und Adrenalin vermischten sich in dem Blut der Tachikawa, als sie zwischen ihrem Digimon und Hikari hin und her sah. Hikari schien sich vor Schock nicht rühren zu können, während Mimi aus dem Augenwinkel heraus erkannte, dass Sora nur schockiert der Szenerie folgte.

 

„Das lasse ich nicht zu!!“, rief Mimi aus, bevor sie sich vom Boden drückte. Sie rannte zu Hikari und den drei Digimon, die erneut zu einem Angriff ansetzten. Panisch stürmten die Menschen der Traube durcheinander vom Ort des Geschehens weg. Mit geweiteten Augen sah Hikari die Digimon an und schritt zurück, Salamon dicht an ihren Körper gepresst. „HIKARI-CHAN!!!!“, hörte die Jüngere nur noch die Stimme ihres Bruders, kurz bevor die bedrohliche Stimme von Ladydevimon erklang.

 

„Poison!“

„Peitschen-Verblüffung“

 

Die Braunhaarige kniff die Augen fest zusammen und drückte ihr Digimon nah an ihren Körper. Die flammenden Strahlen, die aus den Augen von einem der Drei feindlichen Digimon schossen, verfehlten die Jüngste nur knapp, wirbelten aber den gesamten Staub um sie herum auf. Folglich umgab sie eine Wolke aus Dunkelheit. „Nicht einatmen!“, hörte sie plötzlich die Stimme von Mimi, die sich über die kniende Hikari gebeugt hatte. Diese drückte der Jüngeren ein Taschentuch an die Lippen und über die Nase. Die Trägerin des Lichtes hörte Mimi nur leise husten und nach Luft ringen, doch trotzdem hielt sie ihren Körper weiterhin geschützt über dem von Taichis Schwester. Diese drückte nach wie vor Salamon an ihren Körper und verhinderte auf diese Art, dass das Digimon etwas von dem Rauch einatmete.

 

„Mimi-chan!!!“, rief Sora nun auch, sie sich bis Dato versteckt gehalten hatte. Erleichtert konnte sie feststellen, dass nun auch die anderen eingetroffen waren. Unsicher sah sie zu Taichi und Yamato, während Takeru die Panik ergriff. Nach wie vor waren Hikari und Mimi in einer schwarzen Wolke gefangen. Als das feindliche Digimon begann zu lachen, war die ganze Aufmerksamkeit auf diesem gerechnet. „Kommt schon Digiritter! Rettet eure Freundinnen!“, lachten die Wesen und fixierten nun Taichi und die anderen Jungs. Der Träger des Mutes ballte seine Hände zu Fäusten. „Das werdet ihr büßen!“, sagte er bedrohlich, als sein Digivice begann zu Leuchten. Überrascht sah er zu seiner Tasche, war Agumon schließlich bereits zu GeoGreymon digitiert. „Was zum?“, fragte er sich und holte besagtes Digivice aus seiner Tasche. Überrascht erkannte er, dass das Licht nicht auf sein Digimon, sondern geradewegs auf das Digimon von Mimi zeigte. „Das ist das Wappen des Mutes!“, sprach Koushiro aus, als er erkannte, wie sich das Licht über Sunflowmon formierte und das sonnenförmliche Wappen zeigte. „Seht mal… Die dunkle Wolke löst sich auf…“, kam es von Joe, der mit jeder weiteren verstrichenen Sekunde die Beiden Mädchen besser erkennen konnte. „Hika-chan!!!“, schrie Takeru, den nun nichts mehr halten konnte, als direkt zwischen die Wolkenfetzen zu rennen. „W-Was…Was ist hier los?!“, fragten die Digimon verunsichert. „Takeru!!!“, mahnte Yamato und wollte ihm folgen, doch stoppte er in seiner Bewegung, als ein weiterer Lichtstrahl aus dem Digivice von Mimi schoss. „D-Das Wappen der Aufrichtigkeit…“, flüsterte Sora, welches sich neben dem Wappen des Mutes manifestierte. Schockiert und mit brennenden Augen sah nun auch Mimi auf, die sich selbst kaum auf den Beinen halten konnte. „Hikari-chan…“, hörte sie hallend in Ohren wieder und spürte, wie sie aus ihren Armen gezogen wurde. Ein Brennen an ihrer Hand war zu fühlen, während sie bemerkte, dass ihr Digivice förmlich glühte. „Sunflowmon…“, flüsterte die Tachikawa nur und landete mit erneuten Husten auf ihrem Hintern. „Mimi-chan… Geht’s dir gut?!“, anstatt sich groß auf Takeru zu konzentrieren, wand sich Hikari direkt zu der Angesprochenen um. Diese fixierte jedoch wie in Trance nur ihren Digimonpartner. Sie wollte kämpfen, wollte ihre Freunde beschützen… sie wollte mutig sein…

 

„SUNFLOWMOOOOON!!!!“, schrie sie mit letzter Kraft aus.

 

Im folgenden Moment verbanden sich die beiden Wappen der Aufrichtigkeit und des Mutes und formten eines Neues. Das grüne Leuchten von Mimis Wappenfarbe umgab das neue Wappen und umhüllte im folgenden Moment Mimis Digimon. Mit überraschten Ausdruck sahen die Jugendlichen, wie auch die Digimon zu Sunflowmon, welches umgeben vom Licht der Digitation wurde. Aus den sonnenblumenähnlichen Digimon verwandelte sich eine elfenartige Gestalt, die eineR rosanen Lilie glich.

 

„Sunflowmon Ultra-Digitation zu Lilamon!“

 

„Mimi!“, drang nun endlich die Stimme von Taichi an ihr Ohr, der sich neben sie gekniet hatte. Ihr Gesicht wirkte blass und sogar etwas grünlich. „Sie muss zu viel von dem giftigen Rauch eingeatmet haben…“, flüsterte nun auch Koushiro besorgt an seinen Freund gewandt. Mimi richtete ihren Blick jedoch zu ihrem Digimon und lächelte. „Unsere Wappen haben sich verbunden…“, hauchte sie. Taichi nickte. Danach wand er seinen Blick zu seiner kleinen Schwester. Der einzige Grund, warum er nicht direkt zu dieser gelaufen war, war der blonde Takaishi neben ihr. Zumal Mimi den Großteil der Attacke abgefangen zu haben schien. „Alles okay?“, fragte der Yagami an Hikari gerichtet. Diese nickte. „Ja, aber was ist mit Mimi-chan?“, fragte sie besorgt. Diese lehnte erschöpft an der Brust des Yagami. „I-ich…weiß… nicht…“, stammelte der Ältere. Sorge machte sich in seinem Inneren breit, während er die Trägerin der Aufrichtigkeit musterte. Sie wirkte wirklich gar nicht gut. Wütend biss er sich auf die Unterlippe. Wäre er doch nur früher dagewesen.

 

„Ihr kleinen Mist-Gören, glaubt ihr wirklich, ihr könnt uns mit dieser mickrigen Digitation etwas entgegensetzen?!“, erklang das Fluchen der feindlichen Digimon. Diesmal war es Takeru, der wütend aufsah. Nicht nur, dass die Digimon seine Freundin verletzt hatten, nein, sie bedrohten auch weiterhin ihr Leben. „Angemon!“, rief er seinem Digimon zu. „Vergesst es!!!“, schrien die Ladydevimon im Chor, bevor Angemon digitieren konnte, hatten sie dieses bereits mit der Attacke der Dunkelheit angegriffen. „Angemon!!!!“, rief Takeru, als sein Digimon nach hinten geschleudert wurde. Schockiert musste er feststellen, wie sich das Digimon zurück zu Patamon entwickelte.

 

„Blütenduft!“

 

Schleudernd und voller Energie griff nun auch Lilamon die Feinde an. Mit Schwingen wurden die drei Digimon von der Attacke gegriffen, während sich sein angenehmer Duft in der Gegend verbreitete. „Wow… Das riecht toll…“, flüsterte Sora, die nur traurig die Geschehnisse beobachten konnte. Yamato war unterdessen zu der Rothaarigen geschritten, als auch Joe sich in Bewegung setzte und sich zu Mimi herunterkniete. Diese schaffte es sogar, sich aufzurichten, hustete dabei aber noch immer. Ihr Brustkorb schmerzte, doch je mehr sie von dem angenehmen Blütenduft einatmete, umso besser ging es ihr. „Mimi-chan…geht’s?“, fragte nun auch der rothaarige Computerfreak seine beste Freundin, während Taichi das Ganze nur misstrauisch begutachtete. Innerlich plagten ihn Gewissensbisse, die ihm die gesamte Zeit vorwarfen, nicht ausreichend auf die Tachikawa aufgepasst zu haben. Von seiner Schwester wollte er gedanklich gar nicht erst angefangen. „Es scheint, als würde der Blütenduft das Gift neutralisieren…“, flüsterte Joe, der Mimi fürsorglich auf den Rücken klopfte, damit sie die gesamte Zeit husten und damit das Gift verschwinden lassen konnte. Erleichtert konnte auch diese feststellen, dass es ihr sekündlich besserging. „Als ob wir uns von dir besiegen lassen!“, erklangen die Stimmen der feindlichen Digimon. „Mega-Explosion!!!“ GeoGreymon nutzte einen der unachtsamen Momente, indem es seine Attacke aus dem Hintergrund abfeuerte und dabei direkt eines der schwarzen Engeldigimon traf. Besagtes Digimon löste sich in den folgenden Sekunden auch in seinen Pixel auf.

 

Da waren es nur noch zwei…

 

„Los! Zusammen!!!“, schrie nun Taichi aus, der sich aufgerichtet hatte. Er wusste, dass Mimi auch in den Armen von Koushiro gut aufgehoben sein würde. „Kabuterimon!!!“ Auch Koushiro sah zu verlangend zu seinem Digimon. „Ikakkumon!“, folgte auch die Stimme des blauhaarigen Brillenträgers. Das angesprochene Digimon nickte. „Wir werden uns doch nicht von ein so paar Gören vernichten lassen!“

 

„Mega-Explosion!“

„Stromschlag!“

„Harpune!“

 

Die geballte Energie der Attacken der Championdigimon trafen ein weiteres Ladydevimon hart, so dass sich auch der nächste Feind in seine Einzelteile auflöste und nach nur wenigen Augenblicken nur noch zerstörte Dateien darstellte. „Ja! Nur noch Eines!“, kam es erleichtert von Takeru. Patamon war unterdessen wieder auf dem Kopf seines Partners gelandet. Ein erleichtertes Lächeln zeigte sich auf den Lippen von Hikari, die den Kampf gespannt verfolgte. Auch der erneute forschende und besorgte Blick zu Mimi verriet ihr, dass es dieser wieder besserging. Tatsächlich spürte die Tachikawa kaum mehr den stechenden Schmerz in ihrem Brustkorb. Stattdessen richtete sie sich mit der Hilfe von Koushiro auf und stellte sich auch den tobenden Kampf. „Lilamon!!!“, rief sie motiviert ihrem anmutigen Digimon zu. Dieses erwiderte den Blick mit einem Lächeln und richtete die Aufmerksamkeit wieder auf den Feind. Diesmal würden sie sich keine Zeit lassen, den Kampf zu beenden. „Du hast genug gespielt, Ladydevimon!“, sagte Lilamon bedrohlich an das dunkle Digimon gewandt. Dieses lachte nur amüsiert. „Tzz…Das werden wir ja noch sehen…“ Doch während sich der Gegner noch immer vergnügte, setzte Lilamon mit rasanter Geschwindigkeit zum Angriff an. Eine Klinge tauchte in einer der beiden Blütenhände auf und bereits im folgenden Moment durchbohrte besagte Waffe den Körper des Gegners. Ladydevimon sah nur mit geweiteten Augen dem Digimon in die Augen, kurz bevor sich auch der letzte Feind in seine Pixel auflöste.

 

Erleichterung brannte sich in die Gemüter der Freunde ein, als Sora mit wackligen Knien zu Boden ging. „Oh Gott… Wir haben es geschafft…“, hauchte sie erleichtert, wobei ihr noch immer Schock und Angst in den Knochen saßen. Auch Hikari und Takeru atmeten erleichtert aus, ehe sich Jüngere von beiden zu Mimi wandte. Diese empfang herzlich Palmon, welches sich zurückverwandelt hatte. „Du warst großartig, Palmon!“, flötete Mimi glücklich, als auch die anderen Digimon zu Taichi, Koushiro und Joe schritten. Sora, wie auch Yamato schritten zu ihren Freunden. „Das war ganz schön knapp…“ „Mimi-chan… Danke…“ Hikari hatte sie sich an ihren Bruder vorbeigedrängt und sah nun mit großen Augen zu der Tachikawa. „Für was denn Danke?“, fragte diese verwirrt, war das Beschützen von der Yagami doch selbstverständlich für Mimi. „Du…Du hast mich gerettet und dich dabei selbst gefährdet…“ Mimi winkte mit einer Handbewegung ab. „Ach, das war doch selbstverständlich!“, erwiderte sie mit einem Grinsen. „Das war vor allem verantwortungslos!“ „Und unachtsam!“, folgten gleich darauf die Argumente von Joe und Koushiro. „Hey! Immerhin hat sie damit Hikaris Leben gerettet!“, wand nun Taichi für Mimi ein. „War ja klar, dass es ihm gefallen würde…“ „Sicher doch…“ Mit fiesen Grinsen auf den Lippen tauschten sich nun Takeru und Yamato aus. Verunsichert sah Taichi zwischen seinen Freunden hin und her. „Was wollt ihr denn jetzt eigentlich von mir?!“, murrte der Braunhaarige aufgeregt. „Naja. Mimi-chan hat genauso gehandelt, wie du es getan hättest…“ Zurückhaltend sah Sora zu ihrem Exfreund. „Genau… Ohne groß drüber nachzudenken, was es für Konsequenzen haben könnte…“, stimmte der Brillenträger mit einem Kopfnicken ein.

 

„…und mit Mut im Herzen…“, beendete die zaghafte Stimme von Hikari die Konversation…

 
 

_______________________

 

Nervös tippte Koushiro einige Dinge in seinen Computer ein, während sein anderer PC das Digivice von Mimi scannte, um Informationen über die letzte Digitation ihres Palmons erforschen zu können. Es waren weitere eineinhalb Wochen vergangen, seit sie aus dem Kampf mit Glück entkommen waren. Gedankenverloren sah Mimi aus dem Fenster von Koushiros Wohnzimmer und lauschte nebenbei den Nachrichten. Sie berichteten schon seit den Vorkommnissen unaufhörlich von den angsteinflößenden Wesen, die ein komplettes Café zerlegt hatten. Die jungen Erwachsenen wussten nicht, wie sie es so schnell geschafft hatten, vom Ort des Geschehens zu fliehen, doch ihnen war es irgendwie gelungen. Mimi selbst konnte sich nur an wenig Einzelheiten erinnern, war sie nach dem Kampf letztlich doch zusammengebrochen und wenig später wieder in ihrem Bett aufgewacht. Sora und Hikari waren nicht von ihrer Seite gewichen und hatten ihr alles erzählt, was im Nachhinein passiert war. Scheinbar waren es die Eltern von Takeru und Yamato, die die Jugendlichen dort wegebracht hatten, bevor sie auch nur aufgenommen oder gar befragt werden konnten.

 

„Ihr seid also der Meinung, dass es die sieben Todsünden sind, die den Digimon den Weg in unsere Welt zeigen?“, fragte Koushiro in den Raum hinein und riss die Jüngere somit aus den Gedanken. Zaghaft nickte sie. „Also war es bei Taichi Zorn, bei mir wohl der Neid und bei Takeru-kun… Gott… ich kann das noch immer nicht glauben… aber bei ihm war es Wollust, richtig?“, hinterfragte er die Tatsachen nun schon zum dritten Mal. Mimi nickte nur. „Und du…?“ „Hast du was rausgefunden? Ich habe keine Lust bei dem Wetter in der Bude zu vergammeln!“, unterbrach sie seine Frage nach ihrer Todsünde. Sie wollte nicht darüber sprechen, wollte nicht sagen, auf welche Art sie versuchte, das alles zu verarbeiten… „Mimi-chan…du solltest wirklich nicht versuchen, dass…“ Doch das schrille Klingeln seiner Wohnungstüre ließ ihn zusammenzucken und Mimi selbst erleichtert durchatmen. Dass der Rothaarige auch jedes Mal versuchen musste, in ihre Seele zu blicken. Dabei wollte sie gar nicht, dass man sie durchschaute. Sie wollte einfach nur leben. Egal wie…

 

„Was willst du denn hier?“, überrascht sah Koushiro in das muntere Gesicht seines Freundes, den Medizinstudenten, Joe. Normalerweise würde dieser sich doch jetzt in der Bibliothek befinden und eifrig am Lernen sein. „Ich hatte Lust, einfach mal mit meinen Freunden was zu unternehmen!“, meinte der Ältere locker und schritt in die Wohnung von dem Izumi. „Oh! Hallo Mimi-chan!“, meinte er freundlich. Mimi erwiderte das Lächeln. „Sag Mal… Musst du nicht lernen? Hast du nicht gemeint, dass du morgen eine wichtige Klausur schreibst?“, fragte Koushiro verwundert. „Och… Ich hab beschlossen, dass ich die Klausur mal auslasse…“, erwiderte der Blauhaarige trocken. Mimi selbst zog die Augenbrauen in die Höhe. „Aber, wenn die Klausur so wichtig ist, kannst du sie doch nicht einfach auslassen…“ Unsicherheit lag in den goldbraunen Augen der Tachikawa. Seit wann ging Joe denn so gleichgültig an ein solches Thema heran? Dabei war er doch stets der Fleiß und Verantwortlichkeit in Person. „Ganz ehrlich Leute. Ich mach mir seit vier Semestern nur Druck und Stress. Ich will auch einfachmal ausspannen… Ist das so schwer zu verstehen?“ „Hast du irgendwas genommen?“ Misstrauisch begutachtete Koushiro seinen Freund, bevor er sich selbst wieder an seinen Schreibtischstuhl setzte, um zu schauen, ob das Scannen von Mimis Digivice irgendwelche Ergebnisse lieferte.

 

„Warum glaubt eigentlich jeder, dass ich was genommen habe, nur, weil ich mir mal eine Pause von der ganzen Lernerrei gönne?“ „Weil du sonst nicht so bist? Du bist doch sonst immer so gewissenhaft bei der Sache…“, erklärte nun auch Gomamon. „Ich hab nun mal keine Lust, wegen dem ganzen Lernen das Leben nebenher zu verpassen…“, murrte der Brillenträger und verschränkte schmollend seine Arme vor der Brust. Er ließ sich auf dem Sofa seines Freundes nieder. „War bisher nicht immer dein Lebensinhalt das Studium der Medizin…?“, fragte Mimi unsicher. „Ich hab aber keinen Bock, verdammt nochmal. Ständig der Druck von meinen Eltern, meinen Brüdern…vom Studium. Ich habe echt die Schnauze voll und will jetzt einfach mal ein wenig entspannen und die Füße hochlegen…“ Gesagt getan, prompt hatte er seine Füße auf den Couchtisch von Koushiro gelegt, was Mimi doch sehr wunderte. Hätte das Taichi gemacht, wäre sie nicht vom beinahe vom Glauben abgefallen, aber dass Joe ein solches Verhalten an den Tag legte, verwirrte sie dann doch.

 

„Sag mal… Kann es sein, dass du mal wieder eine Abfuhr von irgendeinem Weib bekommen hast?“ Nüchtern sah Koushiro seinen guten Freund an, der mit dessen Aussage augenblicklich zusammenfuhr. „Sie hat ihm sogar gesagt, dass er langweilig ist, weil er immer so viel lernt und nichts mit sich anfängt!“, kicherte Gomamon. „Das ist aber nicht besonders nett…“, wandte Palmon einfach mit ein. Mimi seufze nur. „Joe-kun… Wenn ein Mädchen dich langweilig findet, dann ist sie nicht die Richtige. Alles hinzuschmeißen ist nun wirklich nicht der richtige Weg. Dieser Weg führt dich nur in eine Sackgasse…“, murmelte Mimi vorsichtig und drückte sich vom Fensterbrett weg. „Aber sie hat doch recht. Ich bin langweilig. Ich laufe förmlich mit Schallklappen durchs Leben und bekomme neben meinem Studium nichts mit. Man… Ich habe es so satt, mir den Arsch aufreißen zu müssen und es allen Recht zu machen. Am meisten reizt es mich sogar, das Studium einfach hinzuschmeißen! Dann habe ich endlich meine Ruhe…“ „Ja, und bist irgendwann obdachlos…“ Tentomon flatterte zu Mimi, die von dem Digimon ihr Digivice in die Hand gedrückt bekam. „Ich finde nichts. Wahrscheinlich liegt es daran, dass irgendein Code den Zugang zu deinem Digivice verhindert…“, murrte der Izumi frustriert. „Okay? Das heißt, wir finden nicht heraus, warum Palmon diese neuen Digitationen vollbringt?“, fragte sie unsicher. Der Angesprochene zuckte nur mit den Schultern. „Hab Taichi gefragt, ob er später noch vorbeikommt. Dann könnten wir sein Digivice noch scannen. Aber ich erwarte prinzipiell das gleiche Ergebnis wie bei dir…“

 

„Mhm… Komisch. Hast du schon was wegen Soras oder Yamatos Digivices herausgefunden?“ Koushiro schüttelte den Kopf. „Nein. Ich geh davon aus, dass die Digivices zerstört worden sind, weil sie ihren Wappen untreu geworden sind…“ Dabei sah er zu seinem blauhaarigen Freund. „Ich bin nicht unzuverlässig, nur, weil ich mal nicht lernen will. Mein Digivice wird schon nicht zerstört werden!“, murrte er. „Ihr solltet echt mal entspannter an die Sache herangehen…“, meinte nun auch Joe in die Runde. „Ich hau ihm gleich eine runter bei seiner Entspanntheit… Dann ist er ganz schnell unentspannt!“, knurrte Mimi, die diese Teilnahmslosigkeit echt nervig fand.

 

„Verdammt!“, fluchend drehte sich Koushiro auf seinem Schreibtischstuhl um und fixierte mit seinem Blick den Brillenträger. Dieser erwiderte besagten Ausdruck, als er in die dunklen Augen von dem Rothaarigen sah. „Was ist?“ „Trägheit!“, antwortete Koushiro direkt. Bereits in dieser Sekunde begann sich neben Joe ein kleiner, schwarzer Fleck zu bilden. Es war wie ein schwarzer Schatten, der sich ausbreitete. Erschrocken sprang Joe nur von der Garnitur, während er das Gebilde begutachtete. „W-Was ist das?!“, fragte er unsicher. „Das war bei mir auch so…als…als…“, stammelte Mimi. Koushiro spitzte die Ohren. Doch bevor sie ihren Satz beenden konnte, hatte sich ein kleines Wesen auf dem Sofa entwickelt. Das kleine, dunkle, fast schon niedliche Digimon lag in Ketten, schien aber von seiner Umgebung nicht viel zu registrieren. Stattdessen wirkte das Wesen so, als würde es schlafen. „Oh Gott… wie süß es aussieht!“, meinte Mimi entzückt und ging ein paar Schritte auf das Digimon zu. Grob packte sie Koushiro und zog sie zurück. „Bist du verrückt?! Das ist genau auf die gleiche Art zu uns gekommen wie die anderen Digimon. Das ist mit Sicherheit nicht niedlich!“, erklärte er der Jüngeren streng. Diese sah ihn nur verunsichert an. „Das ist Belphemon… ein göttliches Dämonendigimon… Es schläft meistens, doch wenn es wach wird, ist es wahnsinnig stark…“, erklärte Tentomon. Mimi sah noch immer verwirrt zu dem kleinen Wesen. Wie sollte ein solches Geschöpf, welches so niedlich war, jemanden anderen Schaden zufügen? Joe stand der Schock ebenfalls ins Gesicht geschrieben. Mehr noch aber aus dem Grund heraus, dass er es zu verantworten hatte, dass das Digimon in ihre Welt gefunden hatte…

 
 

_______________________

 
 

Die meisten Menschen überwinden ihre Trägheit nur, indem sie fallen.

Prof. Querulix

(*1946), deutscher Aphoristiker und Satiriker
 

- ɢıεя -


 

Frei bist du nur in der Liebe. Absolute Freiheit ist die Freiheit des Stärksten, des Dschungels. Nicht die Freiheit, sondern die Liebe ist der höchste menschliche Wert. Frei bist du, wenn du nicht mehr von deinem Ich, deiner Gier nach dem Ich gefesselt wirst. Frei bist du nur in Liebe. Freiheit kann einzig und allein fließen im Strombett der Liebe

Phil Bosmans

(1922 - 2012), belgischer Ordenspriester, Telefonseelsorger und Schriftsteller, ›der moderne Franziskus‹

 

Verunsicherung, gewissermaßen auch Angst, lagen in der Luft. Eine düstere Atmosphäre hatte sich in den Räumlichkeiten des Izumis verbreitet. Die drei Freunde sahen unsicher und unschlüssig zu dem schlafenden Wesen, die Digimon hatten sich vor ihren Partnern positioniert, allzeit bereit zum Kampf. Es war schwer sich vorzustellen, dass das niedlich wirkende Digimon ein solch bedrohlicher Feind sein sollte, doch sie alle vertrauten auf die Worte ihrer Digimon. Das Scannen des Wesens schien nicht zu funktionieren, was besonders Koushiro zum Fluchen brachte. Joe konnte noch immer nicht fassen, dass er das Auftauchen des Feindes zu verantworten hatte. Es war ungerecht, wenn man bedachte, dass er letztlich nur einen Moment zum Durchatmen suchte und nun ein feindlich gesinntes Digimon fand. Es war schließlich kein Geheimnis, dass sein Studium ihm alles abverlangte. Jeder hatte es doch mal verdient, eine Pause zu bekommen…

 

Oder er etwa nicht?

 

„Was sollen wir denn jetzt tun?“, fragte Mimi verunsichert und wand den Blick zwischen ihren Freunden hin und her. Diese wirkten etwas überfordert. Das Digimon wirkte nicht bedrohlich, es schien zu schlafen. Da war es moralisch doch gar nicht vertretbar, es anzugreifen, wenn es sich nicht wehren konnte. Oder? „Wir müssen es angreifen!“, kam es von Gomamon, welches seinen Partner mit einem strengen Blick fixierte. Joe rückte seine Brille zurecht. „Angreifen? Das Digimon tut uns doch gar nichts! Es kann sich ja noch nicht mal wehren! Was, wenn es uns gar nichts Böses will? In der Vergangenheit haben wir oft Freunde gefunden, die uns zu Beginn noch als Feinde gegenüberstanden!“, versuchte Mimi zu argumentieren. Sie wollte niemanden verletzten, ohne sicher zu sein, dass es nicht wirklich auch richtig war. Sinnloses töten würde sie keinen Schritt voraus bringen. Es würde sie später nur belasten. Allein der Gedanke daran belastete sie jetzt schon. Koushiro und Joe waren auch keine Typen, die fürs Kämpfen zu haben waren. Mimi wusste, dass Koushiros rationales Denken ihn jedoch dazu führen würde, nach dem Sinnvollsten und somit auch dem Sichersten zu handeln. „In der Vergangenheit haben auch die Digimon nie so reagiert!“, erwiderte der Rothaarige streng und deutete auf ihre Partner. Mimi sah zu Palmon, welche ihren Blick erwiderte. Sie presste die Lippen aufeinander. „Mimi-chan… Ich weiß, du möchtest keine Unschuldigen verletzten“ „Falsch, ich will gar niemanden verletzten! Ich will gar nicht kämpfen!!“, erwiderte sie mit einem Hauch von Verzweiflung in der Stimme. Die junge Frau rammte sich die Schneidezähne in die Unterlippe und bewegte sie hin und her. „Mimi! Wir sollten nicht groß diskutieren, sondern handeln!“ „Aber unnötiges Blutvergießen hat noch keinem geholfen!“, erwiderte nun auch Joe. Der Rothaarige schnaubte. „Tentomon!“, forderte er nun sein Digimon auf, auch die Anderen stellten sich zum Angriff ein. „Nein!!!“, war es Mimis Stimme, die dazwischen ging. Die junge Frau stellte sich vor das Digimon und somit gegen ihre Freunde. Koushiro konnte es nicht fassen. War die Frau von allen guten Geistern verlassen?!

 

„Mimi! Was soll das?! Das ist der Feind!“, brüllte Koushiro sie wütend an. Joe stand nur unschlüssig daneben. „Das weißt du nicht!“, erwiderte Mimi ebenso wütend. „Vertraust du etwa nicht auf dein Digimon!?“ „Natürlich tu ich das! Aber ich überzeuge mich gerne selbst von den Gegebenheiten! Wir können es wecken und dann immer noch entscheiden…“, erwiderte sie. Mimi wollte sich nicht gegen ihre Freunde stellen und schon gar nicht mit Koushiro darüber streiten. Aber sie konnte auch nicht einfach zusehen, wie ein scheinbar wehrloses Wesen angegriffen wurde. „Verdammt Mimi! Trete zur Seite und hör auf so naiv zu sein! Nicht alles ist so wie es scheint!“, argumentierte Koushiro weiter und versuchte seine beste Freundin zur Besinnung zu berufen. Das war das Problem, was ihn seit Jahren verfolgte, wenn er an die Brünette dachte. Ihr irrationales Handeln würde sie alle nochmal unter die Erde bringen. Dabei war es offensichtlich, dass das Digimon eine bedrohliche Aura ausstrahlte. Zudem wollte Koushiro nicht, dass sie dem Wesen so nah kam, denn es wirkte trotz seiner Niedlichkeit gefährlich. „Mimi! Geh da weg!!!“, rief nun auch Joe aus, was die beiden Streithähne ins Stocken brachte. Verwirrt sah Mimi nur zu ihrem Freund, während nun auch Koushiro einen Schritt zurückging und seine Augen schockgeweitet zu dem Mädchen sahen. „Mimi…“, stammelte er, doch da bemerkte es auch Mimi und sie zuckte zusammen.

 

Hinter der jungen Frau hatte sich erneut eine schwarze Wolke gebildet. Mit einem Grinsen auf dem Gesicht stand hinter dem Mädchen Lilithmon, welches den Älteren nur vom Name und der Beschreibung ein Begriff sein dürfte. „Nana~ Wer wird denn hier streiten?“, kam es säuselnd von dem Digimon, welches die Arme um die Schultern von Mimi schlang und sie an sich drückte. Koushiros Körper bebte vor Wut, während sich Mimi wie schockgefroren fühlte. „Lass Mimi los!“, brüllte ihr Digimon. Lilithmon schien amüsiert von dem kleinen Wesen zu sein. Nah an ihrem Ohr hörte Mimi das Kichern des Digimons. „Ach… Und was willst du dagegen tun? Vielleicht digitieren und zahlreichen Menschen mit deiner monströsen Erscheinung das Leben nehmen?“, kicherte das Digimon amüsiert. Aus den Augenwinkeln erkannte Mimi das Gesicht des feindlich gesinnten Digimons. Die Hände von Lilithmon fuhren über den Körper der jungen Frau. „Du bist wirklich hübsch…“, flüsterte das Digimon. Koushiro ballte die Hände zu Fäusten, während Joe schockiert dabei zusah, wie sich das Digimon am Anblick der verängstigten Mimi ergötzte. „Ich könnte mir vorstellen, dich als menschliche Sklavin bei mir zu halten…“, flüsterte das Digimon in ihr Ohr. „Vor allem, da sich in deinem Herz viel Dunkelheit verbirgt…“, sprach das Digimon weiter und Mimi erschauderte mit der Information. „Den Schmerz in deiner Seele könnte ich verschwinden lassen…nur würdest du dann gar nichts mehr fühlen…eine einfache Marionette, die nach meinem Fadenspiel handelt…Was ein Spaß das werden würde…“, kicherte Lilithmon und fuhr mit ihrem Nagel über die weiche Haut der Tachikawa. „Und wie empfindlich deine Haut ist…köstlich…“ Mimi spürte einen kleinen Schmerz in der Wange, das warme Blut ihr Kinn hinunterfließen. Mit ihrem Finger fing Lilithmon den Bluttropfen der jungen Frau auf und legte den Finger an die Lippen. „Wirklich appetitlich…“, flüsterte das Digimon weiter, als es über den Tropfen Blut leckte. Mimi wusste nicht, wo ihr der Kopf stand, ihre Beine fühlten sich schwach an, sie drohte, in sich zusammenzusacken. Sie war wie benommen. „Tentomon!!!“, rief nun die wütende Stimme von Koushiro aus. Ihm war es gleich, ob er mit einer Digitation riesen Schaden anrichten würde, nur wollte er Mimi nicht in den Fängen dieses abscheulichen Digimons wissen.

 

Erneut spürte sie ein Hauchen an ihren Nacken, als sie kalte Lippen auf ihrer Haut spürte. „Du wirst mir gehören, Mimi-chan…und du wirst freiwillig zu mir kommen…“, flüsterte das Digimon. Mimi war sich nicht sicher, es war, als würden die Worte sich in ihre Haut brennen, als das Digimon sie mit ihren Lippen berührte. Die beiden anwesenden jungen Männer zogen die Luft scharf ein, schienen aber nicht zu hören, welche Worte das Digimon aussprach. Mimi selbst verinnerlichte diese Worte, konnte sich nicht vorstellen, dass das Digimon irgendeine Wirkung auf sie haben würde. Gleichzeitig jedoch wanderte eine nie dagewesene Kälte durch ihren Körper. Doch vermischt mit diesem eisigkalten Gefühl, machte sich auch Erleichterung in ihr breit, sie schaltete eine Sekunde komplett ab, fand sich einer außerordentlichen Leere konfrontiert, die sich verdammt gut und befreiend anfühlte. Für diese wenigen Sekunden wurde ihr Blick trüb und leer, tatsächlich wirkte Mimi wie eine Marionette für Außenstehende. Doch hielt dieser Zustand nicht lange an.

 

„Mimi-chan!!!“, drang die Stimme von Koushiro an ihr Ohr. Lilithmon löste sich von der Digiritterin und beugte sich zu dem kleinen, feindlich gesinnten Digimon. Sie nahm es auf die Arme und wand sich erneut zu den Menschen. Das Digimon bedachte diese mit einem Grinsen. „Nicht mehr lange und wir werden uns wiedersehen, Digiritter. Ich freue mich schon darauf!“, hauchte Lilithmon, bevor es erneut von einer dunklen Wolkenmasse umhüllt wurde und in dieser verschwand. Mit dem Digimon verschwand auch das befreiende Gefühl. „Mimi!!“, war es erneut die Stimme ihres besten Freundes, jedoch nah an ihrem Ohr. Sie sah den Rothaarigen verwirrt an, als er seine Hände an ihre Oberarme legte und sie leicht durchschüttelte. „Mimi-chan! Kannst du mich hören?“ Sie brauchte einen Moment, um wieder zur Besinnung zu kommen, um wieder einen klaren Blick zu bekommen. Die junge Frau erwiderte den besorgten Blick ihres besten Freundes. „I-Ich...Ich kann dich hören…warum brüllst du mich überhaupt so an?“, fragte sie ihn dann vorwurfsvoll. Sie fand zurück zur Besinnung und in die Realität. Der Schmerz kehrte zurück. „Ist alles okay…?“, fragte Koushiro erneut und nun gesellte sich auch Joe zu seinen Freunden. „Mimi-chan…geht es dir gut?“, erklangen die Stimmen ihrer Freunde mehrere Male, wobei Mimi immer wieder bejahte. Doch innerlich war sie sich dessen nicht so sicher… Dieses Gefühl…dieses Gefühl, einfach nichts zu fühlen, es…

 

Es…es hatte ihr gefallen.

 

„Es geht mir gut…wirklich… Ich hatte einfach nur Angst. Hört auf, euch solche Sorgen zu machen!“, erwiderte Mimi direkt und versuchte ihre Freunde zu beschwichtigen. Es dauerte einen Moment, bis sie sich wieder beruhigten, doch als es an der Türe klingelte, lenkte dies von der Tachikawa ab. Sie selbst ließ sich auf dem Sofa nieder, während Koushiro dem brünetten Wuschelkopf die Türe öffnete. Der Schmerz kehrte erneut in ihr Herz, als sie zu Taichi sah und dieser so tat, als wäre nichts zwischen ihnen gewesen. Tatsächlich war dem ja auch so. Zumindest für ihn. Das jedoch machte es nicht einfacher, es schmerzte nur noch mehr. Doch sie versuchte ihr Innerstes nicht nach außen zu kehren. Stattdessen gab sie sich wie immer, beobachtete die drei Jungs, bemerkte, wie gut sie sich verstanden und wie sehr sie sich miteinander austauschten. Ob sie wohl bemerken würden, wenn sie einfach verschwand? Aus der Wohnung, aus ihrem Leben… aus ihren Gedanken? Die junge Frau schluckte. Seit wann dachte sie so pessimistisch.

 

„Hey, Mimi?! Hast du zugehört?“ „W-Was?“, verwirrt hob sie den Kopf an und sah direkt in die dunkelbraunen Augen des Yagamis. Sie erschreckte so, dass sie einen Schritt zurückwich. „Man…In welchem Paralleluniversum bist du denn gefangen?!“, fragte er sie vorwurfsvoll, konnte dabei aber sein typisches Grinsen nicht unterdrücken. „Um was ging es denn?“, fragte sie. „Taichi hat gefragt, ob wir mit zum Konzert von Yamato gehen wollen…“, murrte Joe und wirkte wenig begeistert. Nach dem Zwischenfall mit dem Digimon kein Wunder. Wahrscheinlich wollte er so schnell wie möglich wieder an seine Bücher und zu seinem alten Wesen zurückfinden. Mimi stattdessen war nur überrascht. „Zu einem Konzert von Yamato-kun? Dem hast du letztens noch die Nase eingeschlagen!“ Taichi kratzte sich am Hinterkopf. „Darum geht es nicht…“, versuchte er zu erklären, doch Koushiro kam ihm zuvor. „Taichi meint, dass Yamato oder Sora die Nächsten auf der Liste der Todsünden sein könnten. Besonders Hochmut erscheint ihm bei Yamato nicht unwahrscheinlich…“, erklärte sein rothaariger Freund. Dabei schnaubte er, als er feststellen musste, dass selbst die Untersuchung von Taichis Digivice keine Ergebnisse lieferte. Seine Konzentration war jedoch an ihre Grenzen gelangt, schweiften seine Gedanken doch immer wieder zu seiner besten Freundin. Irgendwas stimmte nicht mit ihr. Ihr ging es nicht gut, das wusste er. Doch Mimi war kein Mädchen großer Worte, wenn es um ihren innerlichen Schmerz ging und gerade das war umso besorgniserregender.

 

„Das klingt doch nach einem vernünftigen Vorschlag. Aber dann würden für die Gier ja nur noch Sora-chan und Hikari-chan in Frage kommen…?“, fragte Mimi, die sich nicht vorstellen konnte, dass eines der Mädchen diese Eigenschaft verinnerlichte. Das Problem jedoch war, dass sich ihre Freunde verändert hatten. Sie hätte Takeru auch nie zugetraut, dass er seine Freundin bedrängen könnte. Oder ihrer besten Freundin, dass sie Taichi betrog. Allein bei dem Gedanken wurde ihr schwer ums Herz, konnte sie sich doch gut erinnern, wie sie den Älteren aufgegeben hatte, als sie damals nach Amerika gezogen war. Die Entfernung und die offensichtlichen Gefühle zwischen den Beiden waren ausschlaggebend für ihr Aufgeben und nun bereute es Mimi. Jedes Mal, wenn sie zu Taichi sah, spürte sie den schnellen Herzschlag in ihrer Brust, die intensiven Gefühle in ihrem Inneren und tausend Schmetterlinge in ihrem Bauch. Doch auch jetzt, wo er Single war, malte sie sich keine Chancen aus Denn es hatte keine Bedeutung… „Ich glaube nicht, dass meine kleine Schwester gierig sein könnte!“, verteidigte Taichi direkt seine kleine Schwester. „Wir sollten alle Möglichkeiten in Betracht ziehen…“, mischte sich nun auch Joe ein. „Ja, denn ich hätte auch niemals gedacht, dass ausgerechnet Joe der Trägheit zum Opfer fällt“, nickte Koushiro zustimmend. „Trägheit… Man… Ich kann das immer noch nicht glauben. Ich finde es ja wirklich gut, wenn man sich zwischenzeitlich mal eine Pause gönnt, aber Joe, das passt einfach nicht zu dir!“, lachte nun auch Taichi. „Genauso wenig, wie Gier zu Sora passen würde!“, mischte sich nun Mimi wieder ein. Taichi jedoch lehnte sich nur mit den Armen vor der Brust verschränkt zurück. „Warum denn nicht? Ihr Mädchen geht doch gerne shoppen und habt da auch keine Grenzen. Das ist doch fast noch schlimmer als bloße Gier!“, grinste der Yagami, wobei die Jüngere nur die Augen verdrehte. „Nicht wirklich…Wie kommst du überhaupt auf sowas?!“ „Na ihr könnte doch nie genug haben!“ „Wir geben ja auch Geld dafür aus. Das ist im Endeffekt ein Nehmen und Geben und hat überhaupt nichts mit Gier zu tun!“ „Doch! Denn im Endeffekt sind es wir armen Männer, die dann die ganzen Tüten schleppen müssen!“, beteuerte der Ältere. „Boah… Deine Argumente sind echt schlecht!“, schnaubte Mimi verachtend. „Finde ich gar nicht! Im Endeffekt sind wir die gearschten, egal was wir machen…“ „Na aber sicher… Genauso, wenn wir dir beim Fußball zugucken müssen und dich anfeuern dürfen!“ Taichi hob verwundert die Augenbrauen. „Das macht ihr Mädels doch nur, weil ihr mit toll findet!“ „Wow… Dein Ego ist echt nicht mehr zu überbieten! Später bist du noch Träger der Hochmut!“, wand nun auch Koushiro seinen Beitrag hinzu. Mimi grinste bei seinem Argument. So abwegig fand sie die Sache gar nicht. „Yamato hat noch ein weitaus größeres Ego als ich!“, stellte der Yagami schmollend klar. Mimi verdrehte erneut die Augen. „Wir haben dich übrigens angefeuert, weil wir deine Freunde sind, nicht, weil du so toll spielst!“, fügte Mimi dann noch hinzu. „Sicher… Weil du ja auch keine Ahnung von dem Spiel hast!“, grinste Taichi nur. „Doch… Ich weiß eines ganz sicher…“, begann sie. „Und das wäre?“

 

„Für das Spiel muss man nicht intelligent sein. Zweiundzwanzig Idioten, die bei Wind und Wetter dem Ball hinterherrennen, bekloppter geht es nicht!“, grinste sie überlegen. Taichi verzog seine Augen zu Schlitzen. „Du kleine Zicke! Natürlich muss man einiges draufhaben!!!“ „Und das wäre? Einem Ball im Auge behalten? Sich fallen lassen und so tun, als wäre man ernsthaft verletzt?“, piesackte sie ihn weiter. Joe fuhr sich gestresst über den Nasenrücken, Koushiro konnte nur den Kopf schütteln. Es war wie damals, als sie alle noch jung waren. Da hatten es die Beiden auch nie lassen können, sich gegenseitig aufzuziehen. Sehr zum Leidwesen der anderen Freunde. „Könnt ihr mal bitte aufhören?! Die Digiwelt ist in Gefahr und eure Welt auch! Wie könnt ihr über sie unwichtige Lappalien streiten?!“, fragte nun Gomamon in die Runde und brachte Mimis folgenden Ausspruch zum Schweigen. „Die Digimon haben Recht. Wir sollten uns wirklich auf Wichtigeres konzentrieren und eure Diskussion macht es auch nicht besser!“, stimmte auch Tentomon ein. „Außerdem hat Mimi-chan sowieso recht!“ „Gar nicht! Taichi-kun hat viel rechter!!!“, mischten sich nun auch Palmon und Agumon ein, die prompt ihre Partner verteidigten. Mimi konnte nur kichern, während die beiden Digimon miteinander diskutierten.

 

„Ruhe jetzt!“, rief Joe nun aus und ballte dabei die Hände zu Fäusten. Aus der Überraschung heraus sahen Taichi und Mimi, wie auch Koushiro zu Joe. „So kann man sich ja überhaupt nicht konzentrieren, um sich einen Plan zu überlegen!“, murrte der Brillenträger. „Uns sind doch noch immer die Hände gebunden. Wir wissen ja nicht einmal, wo sich die Digimon aufhalten, bis auf Palmon kann kein Digimon auf das Ultralevel digitieren, Soras und Yamatos Digivice sind kaputt und Koushiro findet nichts raus… Mehr Kacke am Dampfen hatten wir noch nie!“, zählte nun Taichi frustriert auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Man sah dem Braunhaarigen an, wie sehr ihm diese Umstände nervten. „Also gehen wir einfach feiern?“ Mit schief gelegten Kopf sah Mimi ihre Freunde an. „Wir gehen nicht feiern…Warum sollte ich freiwillig auf ein Konzert gehen, wo mein bester Freund, der mir meine Freundin ausgespannt hat, auftritt?“ „Die Luft war doch eh schon raus…“, mischte sich Koushiro mit einem trockenen Unterton ein. „Was?“, verwirrt sah Mimi zwischen den beiden hin und her. „Was meint er damit, dass die Luft raus war?“, fragte sie und bemerkte ihr eigenes, aufgeregtes Herz schlagen. Taichi streckte sich einen Moment, verschränkte dann aber die Arme hinter den Kopf. „Kann schon sein… Sora und ich haben uns ziemlich auseinandergelebt. Aber das berechtigt sie noch nicht dazu, mit meinem besten Freund in die Kiste zu springen…“, murmelte er mit wütenden Unterton. Mimi presste die Lippen aufeinander. „Ich frage mich, ob die beiden ihres Digivices wieder zurückbekommen. Auch Biyomon und Gabumon scheinen darunter zu leiden, handlungsunfähig zu sein…“, murmelte Palmon traurig. „Ah! Sagt mal…Habt ihr was von Veemon und den anderen gehört?“, fragte Koushiro nun interessiert an die Digimon gewandt. Tentomon flatterte neben dem Kopf seines Partners, Palmon kuschelte sich auf den Schoss von Mimi, Gomamon seufze. „Nein… Wir wissen nicht, was mit ihnen ist“, erklärte das Digimon. „Genau wie bei den Anderen…“, murmelte Joe enttäuscht. Dabei ließ er seinen Kopf sinken und seine Brille rutschte etwas runter. „Aber Veemon wird die Anderen sicher beschützen!“ „Nur kann es gegen die Dämonenkönige nur wenig ausrichten.“, erwiderte Tentomon Agumons Worte. Agumon schnaubte und verschränkte die Arme vor der Brust. „Bisher haben wir alles gemeinsam überstanden. Ich bin mir sicher, dass wir die Anderen schon finden und im Notfall auch retten werden!“, murrte das Dinosaurier-Digimon. „Hoffentlich geht es Miyako-chan und den anderen gut…“, flüsterte Mimi. Dies anderen konnten dem nur zustimmen.

 
 

*.:。*゚・..:**.:*゚・..:*

Zweieinhalb Stunden später…

*.:*゚・..:**.:*゚・.。.:*

 

Würgegeräusche drangen ans Ohr, betrat man die Wohnung von Mimi Tachikawa. In der Küche herrschte Chaos, überall lagen aufgerissene Süßigkeiten-Packungen, verteilt einzelne Chips oder Gummibärchen, alles durcheinander und ein verzweifeltes Digimon, welches vor der Türe des Badezimmers saß und darum bettelte, reinzukommen. Diesmal hatte sie es übertrieben, diesmal war alles auf einmal auf sie eingeprasselt. Zu Beginn schlemmten Palmon und sie noch zusammen, genossen den Ausklang des Tages und quatschten munter miteinander, doch schon bald verfiel Mimi einem Rausch, öffnete immer wieder neue Verpackungen und schob sich alles in dem Mund, was sie finden konnte. Palmon war ja schon verfressen, doch Mimis Art und Weise war schon krankhaft. Das Digimon konnte gar nicht so schnell reagieren, da war Mimi schon im Badezimmer verschwunden war und seither erklangen immer wieder Würgegeräusche aus besagten Raum, bis sie endlich die Spülung betätigte.

 

Als Mimi aus dem Bad kam, hatte sie die Zahnbürste im Mund und putzte sich angestrengt die Zähne, wobei sie nur erschöpft im Türrahmen lehnte. Mit großen Augen sah Palmon zu ihr auf, klammerte sich an sie. „Mimi-chan… Geht’s dir nicht gut?“, fragte das Digimon besorgt. Mimi seufze innerlich. Wie sollte sie das ihrem Digimon plausibel erklären? Es war Glück im Unglück, dass es das erste Mal, dass es in Beisein von Palmon geschah. So würde sie möglicherweise noch Ausreden finden, um es zum Schweigen zu bringen. So wand sich die junge Frau zum Waschbecken und spülte sich den Mund aus. Danach trocknete sie sich ab und kniete sich nach unten, um auf Augenhöhe mit ihrem Digimon zu sein. „Es tut mir leid, dass du dir Sorgen machen musstest… Ich habe einfach zu viel durcheinandergegessen und dann ist mir schlecht geworden…“, erklärte Mimi wahrheitsgemäß. Dass sich diese Zwischenfälle in letzter Zeit häuften, erwähnte sie natürlich nicht. Trotzdem schien Palmon noch nicht komplett überzeugt zu sein. Mit einem strengen Blick bedachte es seine Partnerin. „Aber dir geht es in letzter Zeit wirklich nicht gut… Das sehe ich doch… Warum sprichst du nicht mit Deinen Freunden darüber…?“, fragte das Digimon traurig. Mimi senkte auch den Blick. Ja, warum eigentlich? Vielleicht, weil ihre Freunde genügend andere Probleme hatten. Sie wollte sie nicht noch zusätzlich mit ihren Belangen belasten. Auch wenn es sicher befreiend wäre, mit ihnen darüber zu sprechen, letzten Endes würde sie nur eine Bürde nach der anderen verteilen, die sie selbst auch gut schulterte. Das zumindest redete sich Mimi ein.

 

„Die anderen haben doch genug anders um die Ohren. Außerdem sollten wir uns aktuell auf die bedrohliche Gefahr kümmern… Danach kann ich ja noch immer mit den Anderen reden, ja?“; schlug Mimi vor und lächelte ihr Digimon aufmunternd an. Palmon war noch nicht recht überzeugt, beließ es für den Moment jedoch dabei. „Na gut… Aber du kannst auch immer mit mir sprechen, ja?“, fragte das Digimon. Mimi wurde warm ums Herz. Manchmal blendete sie vollkommen aus, dass auch ihr Digimon jederzeit für sie da war. Sie nickte und drückte Palmon einige Sekunden lang. „Danke…“

 

Noch während sich Mimi umzog, erklang der schrille Ton ihrer Klingel. Palmon übernahm es die Türe zu öffnen und Taichi, Koushiro sowie Joe herein zu lassen. Mimi wurde mit deren Eintreten in die Wohnung auch fertig und trat zu den jungen Männern ins Wohnzimmer. „Dass wir auch immer auf dich warten müssen…“, stichelte Taichi. Mimi fehlte schlicht und ergreifend die Kraft, sich ihm entgegenzusetzen. „Du mich auch…“, murmelte sie daher nur unbeeindruckt und griff bei der Garderobe nach ihrer Jacke. Verwirrt tauschte der Yagami mit seinen Begleitern einige Blicke aus, Koushiros Blick blieb an der Jüngeren hängen. „Wenn du möchtest, kannst du auch zu Hause bleiben…“, schlug der Rothaarige vor. „Mhm? Warum?“ Mimi zog sich ihre Jeansjacke an und sah zu ihrem besten Freund. „Du siehst müde aus… Vielleicht solltest du dich ausruhen…“ Selbst Taichi fiel der erschöpfte Ausdruck in den goldbraunen Augen der Tachikawa auf. Das Leben, welches sich darin immer spiegelte, war ihrem Blick entwichen. Anders als Koushiro gefiel ihm der Gedanke jedoch nicht, sie alleine zu lassen. Was niemand bedachte, war, dass sie ihre Mutter verloren hatte und ihr Vater nun auch nicht mehr um sie herum war. Taichi und Mimi waren sich ähnlich, inneren Schmerz fraßen sie in sich hinein, sie sprachen nicht darüber, verhüllten sich in Schweigen und zerstörten sich damit selbst. Mimi hatte genau diese Seite auch an sich. Niemanden mit den eigenen Emotionen belasten, keinen damit etwas aufbürden. „Ich halte es für besser, wenn sie mitkommt…“, sprach er daher aus. „Du siehst doch, dass es ihr nicht gut geht und dann willst sie noch zusätzlich in Gefahr bringen?“ Vorwurfsvoll sah Koushiro den Älteren an. „Jetzt geht das schon wieder los… Geht es auch mal ohne streiten?!“, fragte nun auch Joe. „Sie ist ja nicht in Gefahr. Schließlich bin ich bei ihr und passe auf!“, ging Taichi gar nicht direkt auf Koushiros Worte ein, sondern grinste ihn nur frech an. Dieser knirschte mit den Zähnen. Ihm gefiel es nicht, dass Mimi mitkam, würde sie sich doch nur noch mehr verausgaben. „Ich möchte übrigens mitgehen, falls ich noch gefragt werde…“, eröffnete die junge Frau dann auch. Sie diskutierten darüber, was Mimi zu tun und zu lassen hatte, während sie sich genau an Ort und Stelle befand. Sie wollte gar nicht zu Hause bleiben. Später hing sie dann doch nur über der Kloschüssel. „Dann sollten wir losgehen… Das Konzert beginnt gleich…“, mischte sich Joe wieder ein. Auch ihm fiel auf, dass es Mimi nicht besonders gut ging, aber er kannte die junge Frau auch gut genug, um zu wissen, dass sie sich auf keine Diskussion einlassen würde.

 

So machte sich die kleine Gruppe auf den Weg. Vor den Club trafen sie auf Hikari und Takeru, die sie freundschaftlich empfingen. In Hikari herrschte noch immer die Dankbarkeit der Tachikawa entgegen. Mimi benahm sich normal. Sie zwang sich förmlich zur Normalität, denn es reichte schon aus, dass die drei Jungs bemerkten, dass es ihr nicht gut ging. Als sie jedoch den Club betraten, weiteten sich die Augen der Digiritter. Sofort sahen sie sich einer nachtschwarzen Atmosphäre konfrontiert, wobei es still war, beängstigend still. Ein dunkler Nebel lag über den Räumlichkeiten des Clubs, die Menschen lagen am Boden, ihre Augen geöffnet, jedoch leer geradeaus starrend, ohne sich zu rühren. Mimi presste schockiert die Hände an ihre Lippen, Taichi fehlten die Worte und Takeru ergriff die Panik. „Wo ist mein Bruder?“, rief er aus und sah sich schockiert um. Auch Taichi packte die Sorge um seine Freunde, die auch später die anderen übermannte. Schnell rannten sie durch und über die leblosen Körper der Clubgäste, gezielt zum Bandraum, wo sie direkt die Türe aufschleuderten. Erleichterung und Schock vermischten sich in ihren Gemütern, als sie Sora und Yamato erblickten, kniend auf den Fußboden. Die Atmosphäre der Dunkelheit verdichtete sich in diesem Raum, das Atmen wurde schwerer. Joe und Koushiro klammerten sich an den Türrahmen, Hikari sackte sofort in die Knie, als sie sich mit der Dunkelheit konfrontiert sah. „Hikari-chan!“ Takeru und Gatomon sprachen gleichzeitig den Namen der Jüngsten aus, auch Mimi kniete sich zu ihr runter, wobei es auch ihr zunehmend schwerfiel, sich gegen die Dunkelheit zu behaupten.

 

Mit dem Rücken zu ihnen gewandt stand ihnen ein Digimon gegenüber. Es war umgeben von Dunkelheit, von Lebensenergie der Gäste. Mit einem Grinsen drehte es sich zu den anderen Digirittern um. „Herzlich Willkommen in meinem Puppenkabinett!“, lachte das Digimon und breitete die Arme aus. Ein Schluchzen von Sora erklang, die sich an Yamato klammerte. „Es tut mir so leid…“, flüsterte sie verzweifelt. Verwirrt sahen ihre Freunde zu der Rothaarigen. „Sora… Du kannst nichts dafür…“, redete Yamato beruhigend auf sie ein. Das Digimon jedoch lachte nur bösartig. „Nein… Doch ihre Gier war es, die mir den Weg in eure Welt gewiesen hat und dafür muss ich dankbar sein!“ Das Digimon verbeugte sich mit seinen Worten vor den anderen. Mimi sah nur schockiert zu ihrer besten Freundin. Sora war dafür verantwortlich, dass das Digimon den Weg in die Welt gefunden hatte? Gier und Sora passten nun wirklich nicht zusammen. Was hatte das zu bedeuten? „W-Warum Sora…?“, flüsterte Taichi aus zusammengepressten Lippen. Sora schluchze erneut und vergrub sich mit dem Gesicht im Oberteil von Yamato. Dieser sah wütend zu seinem ehemals besten Freund. „Das ist jetzt wirklich nicht der richtige Moment, um darüber zu sprechen!!!“, schrie er rüber. Taichi nickte nur, genau wie die anderen. „Wir werden dich jetzt an Ort und Stelle auslöschen!“, brummte Taichi. „Und dann werden wir den anderen Gästen helfen! Gib‘ ihnen ihre Lebensenergie zurück!“, sprach der kleine Bruder Yamatos nun auch aus. Barbamon jedoch grinste nur unbeeindruckt. „Heute nicht, meine Freunde. Doch schon bald werden wir uns wieder sehen… Schon bald sind wir wieder komplett!“, erklärte das Digimon mit einem grausamen Lachen und verschwand in dunklen Fäden.

 

„Fuck!!!“, schrie Taichi auf und trat in die Luft. Erleichterung kehrte jedoch ein, als sich der Nebel der Dunkelheit lichtete. Hikari hustete verzweifelt, doch auch sie fand sich im Licht wieder, genau wie die Anderen. Taichi rannte schnell zu seinen beiden besten Freunden zurück. Besorgt musterte er Sora, die sich vor Scham nicht traute, den Kopf zu heben. „Was ist passiert, dass ausgerechnet Sora...?“, begann er zu fragen. Irgendwas sträubte sich im Inneren des Yagami dagegen, die Frage auszusprechen und herauszufinden, was das alles zu bedeuten hatte. Yamato sah zur Seite, als auch die anderen zu ihnen eilten. „Sora-chan…“, flüsterte Mimi und sah zu ihrer besten Freundin, die sich verzweifelt an Yamato klammerte. „Es tut mir alles so leid… Ich…Ich war egoistisch…“, flüsterte sie mit gesenkten Blick. Yamato sah weiterhin zur Seite und presste die Lippen aufeinander. „Ich…Ich…wollte ihn für mich haben…habe…habe verlangt, dass er bei mir bleibt, dass er aufhört zu spielen…seinen Traum aufgibt, um bei mir zu sein…Allein für mich…einzig und alleine…A-Aber…das ist falsch und so dumm…u-und…“ „…gierig…jetzt mal von dem übertriebenen Egoismus abgesehen…“, beendete Koushiro den Satz. Sora fuhr sich übers Gesicht, Hikari sah sie wehleidig an. Jeder Mensch hatte seine Fehler, egal wie perfekt er doch schien. Und nun wurde eines ganz klar offensichtlich: Das mit Yamato war nicht einfach ein Ausrutscher… es war ein intensives Gefühl… Das Gefühl der Liebe…und den Wunsch, ihn gänzlich für sich allein zu haben…

 

Das erkannte nun auch Taichi…

 
 

Wer Gier mit Liebe verwechselt, bekommt stets schlechte Ware für viel Lehrgeld.

Clemens Scharf

(*1961), Hispanist, Übersetzer,

Philosoph und

unfrei(zeitig)er Schriftsteller
 

- нσcнмυт -


 

Der Hochmut ist bei allen Menschen gleich.

Nur die Art, ihn zu äußern, ist verschieden.

François VI. Duc de La Rochefoucauld

(1613 - 1680), franz. Offizier, Diplomat und Schriftsteller

 

Die Sonne neigte sich dem Horizont entgegen und verschwand mit ihren letzten Strahlen hinter der Skyline Tokyos. Seufzend entwich der Rauch seiner Zigarette seiner Lunge und er schloss einen Moment seine kristallblauen Augen. Wieder einmal waren sie nur knapp einer Katastrophe entgangen. Doch den Menschen im Club war nicht zu helfen. Laut der Medien lagen sie alle im Koma. 142 unschuldige Menschen waren der Gier zum Opfer gefallen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Seine blassen Finger verkrampften sich am Geländer des Balkons. Auch wenn es ihn stolz machte, dass Sora mit solch einer Emotionalität um ihn kämpfte, waren die Konsequenzen verheerend. Yamato biss sich auf die Innenseite seiner Wange. Nichts. Nichts hatte er gegen das Digimon unternehmen können. Hätte es sie direkt töten wollen, wären sie vermutlich jetzt auch tot. Damals noch an der Seite von Taichi, war er nun nur noch ein Klotz am Bein und seinen Freunden keine Hilfe. Lag das wirklich nur daran, dass er sich in die Freundin seines besten Freundes verliebt hatte? Sollte er nun Buße für seine Gefühle tun?

 

Das damalige Team hatte sich zur Krisensitzung in Joes Wohnung versammelt, da diese am Nächsten lag. Er selbst stand aktuell in der Küche und bereitete der Gruppe Tee zu. Besagte Gruppe versammelte sich bis auf ihm im Wohnzimmer, wobei Sora noch immer völlig aufgelöst schien. Wie gern hätte er sie doch in den Arm genommen, doch es war wie eine unsichtbare Macht, die ihn davon abhielt, so dass diese Aufgabe ihre beste Freundin übernahm. Er selbst sah nur melancholisch vom Balkon hinab und zündete sich eine weitere Zigarette an. Natürlich konnte er nicht bestreiten, dass Sora sein Herz gestohlen hatte, aber wie schon zuvor wusste er nicht, ob er bereit dazu war, sein musikalisches Leben dafür zu opfern. Er war drauf und dran seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Zudem hatten sie aktuell wirklich andere Probleme. Noch nicht mal mit Taichi hatte er sich aussprechen können. Dabei war es stets Yamato gewesen, der seinem besten Freund die Stirn bot. Nun zog er den Schwanz ein, hüllte sich in Schweigen und ließ den Dingen ihren Lauf. Er hatte Scheiße gebaut, hatte seinem besten Freund die Freundin ausgespannt. Anders gesagt: Yamato hatte es nicht anders verdient. Selbst wenn die Luft aus der Beziehung zwischen Sora und Taichi raus war, hätte er sich nie auf dieses Spiel mit dem Feuer einlassen sollen. Schließlich hatte er damit seinen besten Freund rücklings betrogen.

 

„Kann ich auch eine haben?“ Die Augenbrauen des Ishidas bewegten sich nach oben, als die Stimme seines besten Freundes an sein Ohr klang. „Seit wann rauchst du?“ „Ich rauche nicht… Ich habe nur gefragt, ob ich eine haben kann… Manchmal kann man auch mal eine Ausnahme machen!“, gab Taichi nur trocken wieder und schloss die Balkontüre hinter sich. Der Musiker streckte dem Älteren die Schachtel hin und dieser zog sich eine heraus. Der Braunhaarige führte sich die Zigarette an den Mund und griff nach dem Feuerzeug, welches auf dem kleinen Tisch lag. Er zog an der Zigarette und brachte somit die Glut zum Glühen. Kaum kam der Rauch an seine Lungen, begann er zu husten. Yamato schmunzelte nur. „Du solltest wirklich nicht rauchen…“, gab er kühl wieder. Der Angesprochene beruhigte sich wieder und sah missgünstig zu dem Zigarettenhalm. „Ich wollte mich einfach mal in dich hineinfühlen…Bah…Schmeckt ja echt widerlich!“, murrte er und drückte den Glimmhalm im Aschenbecher aus.

 

„Was willst du?“

 

„Ich wollte mit dir reden…“, erwiderte Taichi die Frage des Blonden und lehnte sich auf das Geländer um gen Horizont zu schauen. Yamato verfolgte seinen Blick und seufze. „Dann sprich…“ „Wäre es nicht deine Aufgabe, das Gespräch zu beginnen?“, schulterzuckend sah Taichi seinen besten Freund an. Für ihn würde sich in dieser Freundschaft nie was ändern. Denn Yamato war ihm wichtig, egal was er tat. Er hatte ihn zutiefst verletzt und betrogen, doch nichts auf der Welt würde die überwunden Herausforderungen, die sie gemeinsam gemeistert hatten, einfach in Vergessenheit geraten lassen. Wirklich nichts. „Hasst du mich?“, fragte Yamato dann einfach und schloss einen Moment die Augen. „Nein… Du bist mein bester Freund, ich könnte dich nie hassen…“ Überrascht hob der Blonde seinen Kopf an und sah den Wuschelkopf neben sich an. „Aber du hast mir wehgetan… Das klingt vielleicht schwul, aber du bist mein bester Freund. Wenn du dich in meine Freundin verliebst, ist das eine Sache. Mit mir darüber aber nichts zu sprechen eine ganz andere Sache. Ihr habt mich bewusst hintergangen. Ihr habt nicht einfach miteinandergeschlafen und danach bemerkt, dass es ein Fehler war. Nein, ihr habt eine Affäre begonnen und ein falsches Spiel mit mir getrieben!“, legte der Braunhaarige die Karten offen auf den Tisch und damit auch seine aktuellen Empfindungen. Der Blonde wusste nicht, was er erwidern sollte, legte Taichi doch klar die Tatsachen in den Vordergrund. „Und du hasst mich nicht dafür?“ Wieder schüttelte Taichi den Kopf. „Hass ist so ein mächtiges Wort. Ich glaube, dass die Beziehung von Sora und mir von Beginn an zum Scheitern verurteilt war. Sora hat sich weiterentwickelt. Ich hab mich weiterentwickelt. Doch wir beide haben uns nicht in die gleiche Richtung gewandelt. Wir haben uns immer mehr auseinandergelebt. Wahrscheinlich war es nur eine Frage der Zeit, bis die Beziehung auch so in die Brüche gegangen wäre…“, erklärte der Yagami.

 

„Aber ihr habt mich beide ziemlich enttäuscht. Ich meine… Sora war nicht nur meine Partnerin. Schon seit unserer Kindheit sind wir auch beste Freunde. Sie hätte wissen müssen, dass sie ehrlich zu mir sein soll… Genau wie du…“ „Du kannst mit deiner aufbrausenden Art aber auch sehr angsteinflößend sein…“, murmelte Yamato. Taichi lachte schwach. „Ja…Kann sein. Und dich verprügelt hätte ich trotzdem!“, erwiderte er nur. „Im Prinzip auch zurecht… Ich hätte mich lieber von dir verprügeln lassen, als dass ich nun hier stehe, konfrontiert mit einer neuen Gefahr aus der Digiwelt und nicht handeln zu können!“, zischend entwich seiner Kehle der Zigarettenqualm. „Du glaubst, dass eure Digivices deswegen zerstört worden sind?“, fragte Taichi nun ganz offen, wobei nicht nur er, sondern auch die anderen glaubten, dass diese Vermutung dem nahelag. „Ja. Was denn sonst? Ich habe dich betrogen. Meinen besten Freund. Das ist in einer Freundschaft nun wirklich kein Kavaliersdelikt. Und Sora ist ihrem Wappen auch nicht treugeblieben. Sie liebt dich… Vielleicht nicht mehr auf der Ebene wie zuvor, aber du wirst immer ihr bester Freund sein.

 

Taichi nickte mit einem matten Lächeln. „Mhm…Kann sein…“ „Sie macht sich große Vorwürfe, dass sie dir gegenüber untreu geworden ist…“, führte der Ishida weiter aus. „Gut.“ „Wie gut?“ „Ja – gut eben! Sie soll sich auch Vorwürfe machen. Genauso wie du! Ihr habt echt Mist gebaut und war richtig mies zu mir! Am liebsten würde ich dir noch eine verpassen, aber denn haben deine Groupies nichts mehr zum Anhimmeln!“ Der Blonde verdrehte nur die Augen.

 

„Liebst du sie?“

 

Das schwache Nicken seines besten Freundes war ihm Bestätigung genug. Wieder sah Taichi den Balkon hinab und beobachtete die kleinen Menschen, die sich auf der Straße tummelten. „Tu‘ ihr nicht weh. Sonst bekommst du Ärger!“, sprach es ruhig aus dem Yagami. Diesmal war es Yamato, der sich am Zigarettenqualm verschluckte und begann zu husten. Dabei fiel ihm auch die Zigarette aus der Hand, die hinabfiel. „Und du solltest mit dem Rauchen aufhören. Kann mir nicht vorstellen, dass das beim Küssen gut schmeckt!“, lachte Taichi und sah den Blonden an. Dieser wusste gar nicht, was er sagen sollte. Er fixierte den Yagami mit einem verständnislosen Blick. „Hat dir der Zigarettenqualm jetzt auch die Sprache verschlagen?“, fragte Taichi einmal mehr. „Du lässt es einfach zu, dass ich mit Sora zusammenkomme, obwohl wir dich betrogen haben?!“

 

In Yamatos Kopf drehte sich alles. „Du bist ein Idiot. Ich gebe euch meinen Segen. Das heißt nicht, dass ich euer Vergehen verziehen habe“, meinte Taichi nur und verschränkte die Arme vor der Brust. Aus den Augenwinkeln heraus sah er zurück in die Wohnung. Seine dunkelbraunen Augen fixierten seine Exfreundin. Schon damals, in ihrer Freundschaft, später in ihrer gemeinsamen Beziehung, hasste er es, sie unglücklich zu sehen. Es war nicht nur so, dass sie unter der Tatsache litt, einem Digimon den Weg in ihre Welt zu zeigen. Sie litt auch unter ihrem eigenen Fehler. Er selbst ertrug es nicht, sie so fertig zu sehen. Denn wenn er ehrlich war, hatte er mit der Beziehung schon abgeschlossen, noch bevor sie überhaupt mit einem großen Knall geendet war.

 

„Tzz… Jetzt mal ehrlich… Unser Betrug an dir kam dir doch gerade Recht. So konntest du es vermeiden, dich von ihr trennen zu müssen…!“, kam es dann aus Yamato heraus, was das Weiten der braunen Augen Taichis hervorrief. „Pass auf, was du sagst, Ishida. Sonst verpass ich dir gleich noch Eine!“ Aber innerlich musste er dem Jüngeren Recht geben. Ihm war es ganz recht so. Es hätte anders laufen sollen, humaner, ohne sich gegenseitig zu verletzen. Einfache Kommunikation. Aber er selbst war mindestens genauso feige wie seine Exfreundin. Sie brachten es einfach nicht auf die Reihe, sich gegenseitig die Wahrheit zu sagen. Taichis Hände ballten sich zu Fäusten. Alles in seinem Inneren sträubte sich dagegen, dem Ishida Recht zu geben. Aber der Blonde schien ganz genau zu wissen, dass er recht hatte. Der Brünette konnte ein leises Seufzen nicht verhindern. „Du erwartest jetzt aber hoffentlich kein ‚Danke‘ von mir, oder?“, fragte er dann und sah seinen Freund aus dem Augenwinkel an. Dieser gab nur einen lachenden Laut von sich. „Das hab‘ ich nun wirklich nicht nötig… Ich weiß auch so, dass ich Recht habe. Kennen tu ich dich schließlich schon ein paar Tage!“, erwiderte er trocken und war drauf und dran sich erneut eine Zigarette anzustecken.

 

„Lass es Yamato. Später erkennt Sora-chan noch, dass ich viel besser küsse als du. Schmecken tut es bei mir auf alle Fälle besser!“, lachte Taichi nun, während Yamato nur missgünstig seine Zigarette begutachtete. Er ließ sie zurück in die Schachtel verschwinden. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass du besser küsst als ich?!“, fragte Yamato mit hochgezogenen Augenbrauen. Taichi erwiderte den Blick gleichermaßen. „Natürlich tu‘ ich das!“ „Du hast in deinem Leben doch nur Sora geküsst! Du hast doch gar keine Erfahrungen!“, lachte nun auch Yamato. „Was soll das denn heißen?! Nur weil ich nicht wie du mit abertausend Groupies rumgemacht habe, heißt das noch lange nicht, dass ich keine Erfahrung habe!“, rechtfertigte sich der Yagami. „Haha! Lächerlich! Du weißt gar nicht wie ausgereift meine Zungenfertigkeiten sind. Ich werde Sora um den Verstand bringen. Wesentlich besser als du es kannst!“, provozierte der Ishida amüsiert weiter. Taichi verschränkte nur die Arme hinterm Kopf. „Du bist ein Vollhorst! Dir ist schon klar, dass dein Job jetzt ist, Sora glücklich zu machen und nicht weiter deine Zungenfertigkeiten auszuproben, oder?“ „Mhm…“ „Komisches Gefühl, was?“, neckte nun auch Taichi und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Ich werde sie schon glücklich machen…“ „Wirst du dafür deine Musikkarriere aufgeben…?“, fragte er dann ganz direkt den blonden Musiker. Yamato biss sich leicht auf die Unterlippe. Er liebte die Musik. Ähnlich wie mit Sora, konnte er ohne diese Leidenschaft nicht mehr leben. Sie war ein Teil von ihm und das musste auch die Takenouchi akzeptieren. „Sie hat sich in den Musiker verliebt. Wir werden sicherlich einen Weg finden, um das nicht auf die Beziehung auswirken zu lassen. Ich möchte meinen Traum nicht aufgeben und das wusste sie schon vorher. Aus diesem Grund müssen wir eben zusammen daran arbeiten, dass das alles funktioniert…“, meinte er matt. Taichi nickte zufrieden. Genau das wollte er hören. „Ich küsse trotzdem besser als du!“, lachte der Yagami dann wieder und lenkte das Gespräch in eine humorvolle Konversation.

 

„Es tut mir leid, Taichi…“, hauchte der Blonde nun und sah wieder über die Dächer Tokyos. „Ich hätte niemals hinter deinem Rücken etwas mit Sora anfangen sollen…“, flüsterte der Ishida weiter. Taichi beugte sich etwas vor und lehnte sich mit den Unterarmen an das Geländer. „Ist schon gut…“, meinte dieser dann. Normalerweise war er sein aufbrausender und nachtragender Charakter. Taichi verzieh nicht schnell und vergessen tat er schon gar nicht. Aber hier ging es nicht um etwas Belangloses, sondern um seine beiden besten Freunde. Im schlimmsten Fall hatte er Sora mit seiner Kommunikationsschwäche direkt in die Arme seines besten Freundes getrieben. Ein Umstand, der ihm nun klar vor Augen gehalten wurde. Er selbst konnte die Rothaarige nicht mehr glücklich machen, er konnte ja noch nicht mal sich selbst glücklich machen. Taichi liebte Sora und auch seinen besten Freund. Sie waren beide die mit die Wichtigsten Menschen in seinem Leben. Natürlich könnte er sauer, wütend, verletzt, enttäuscht und nachtragend sein. Aber was brachte das schon? Letztlich wäre er selbst auch nur unglücklich und das war nun wirklich nicht das, was er sich vom Leben erhoffte. Zumal sie nun wirklich andere Probleme hatten.

 

„Hey ihr zwei Turteltäubchen! Seid ihr bald mal fertig?! Wir wollten was zu essen bestellen!“ Die beiden Angesprochenen zuckten zusammen, als Hikari einfach die Balkontüre öffnete und die beiden ansprach. Sie waren so in ihrem Gespräch vertieft, dass sie die Zeit vollkommen außer Acht gelassen hatten. Mittlerweile hatte sich auch Sora wieder beruhigt, welche neben Mimi auf dem Sofa saß und die Karte zum Bestellen recherchierte. Unschlüssig hob sie den Kopf und richtete ihren Blick auf den Blonden. Dieser lächelte ihr aufmunternd zu, während sie besagtes Lächeln sanft erwiderte. „Lass uns zusammen das nehmen!“, schlug Mimi dann vor und deutete auf eine Pizza. Sora schenkte ihrer Freundin wieder die volle Aufmerksamkeit. Ein Stoß in die Rippen veranlasste den Ishida wieder seinem besten Freund die Aufmerksamkeit zu schenken. „Du hast Konkurrenz!“, lachte der Ältere und deutete dabei auf die Tachikawa. Yamato ließ seine Hände in die Hosentaschen gleiten. „Du bist mein bester Freund. Also kümmere dich darum!“, erwidere der Blonde nur trocken und schritt nun in die Wohnung. Taichi folgte ihm lachend, sah beiläufig aber doch zu der Braunhaarigen.

 

Von wegen noch keinerlei Erfahrungen mit anderen Frauen…

Besonders seine erste Erfahrung würde wohl niemals in Vergessenheit geraten…

 

Mit diesem Gedanken schloss er die Balkontüre hinter sich und schloss sich seinen Freunden an. Zurückblieb die Schachtel Zigaretten und ein schwarzer Schatten, der sich auf dem Geländer nun in ein zierliches Persönchen verwandelte. Die blassen Füße ließ das kindlich wirkende Wesen baumeln, während es leise vor sich her kicherte. „Tja…Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall…“, erklang die kindliche Stimme, bevor es sich vom Geländer drückte und zu Boden glitt. Im freien Fall öffneten sich die Schwingen des Wesens und galant landete es auf dem kalten Pflaster.

 

„Du hast wirklich lang auf die warten lassen!“, erklang hinter dem Wesen die Stimme von Demon. Unbeeindruckt hob die engelhafte Kreatur den Blick und sah in die Augen des anderen Digimons. „Dabei ist jeder Mensch ein Stück weit hochmütig…“, hauchte eine weitere Stimme, die sich neben Demon zeigte. Lilithmon schien belustigt zu sein, konnte sie doch ganz deutlich die aufkeimende Dunkelheit in der Wohnung ihrer empor spüren. Doch alles zu seiner Zeit. „Es reicht schon ein Funken um mich zu erwecken. In jedem Herzen herrschen die Todsünden, ohne sich dieser bewusst zu sein. Diese Menschen sind wirklich interessant. Es wird ein Spaß werden, sich mit ihnen zu amüsieren!“, kicherte das Digimon, welches die Gruppierung komplettierte. „Lasst uns gehen…Wir haben einiges zu besprechen!“, erklärte Demon bestimmend und verschwand erneut in einem schwarzen Schatten. Seine Begleiter taten es ihm gleich.

 

Umringt von ihren Verbündeten tauchten die Digimon in einem Waldstück wieder auf. Bäume umgaben den Platz und eine düsterte Atmosphäre verpestete die Luft zum Atmen. Bewusst hatten sich die Wesen diese Umgebung ausgesucht, besaß sie in Japan doch einen verheerenden Ruf. Ausgesucht hatten sie den berühmten Ort Aokigahara, ein Waldstück am Fuß des Fuji, einem Vulkan und Japans höchstem Berg. Umgeben von einer wildromantischen Landschaft, nannte man Aokigahara auch poetisch „das Meer aus Bäumen“. Doch verbunden mit einem düsteren Beigeschmack. Unübersichtlich und dicht aneinanderreihend, ein Labyrinth aus Bäumen, das Stoff für zahlreiche Spukgeschichten und moderne Sagen lieferte, manifestierte sich hier ein Schauraum des Grusels. Auch als „Selbstmord-Wald“ bezeichnet, gewann besagtes Gehölz an Berühmtheit unter Suizidgefährdeten. Abertausend verlorene Seelen versammelten sich im Wald und ließen die Dunkelheit auf die gesamte Umgebung auswirken. Ein Nähr- und Angelpunkt für Wesen der Dunkelheit und damit perfekt für die Vereinigung der schwarzen Digimon.

 

„Einen wirklich interessanten Ort habt ihr ausgewählt…“, kam es kichernd von dem neuen Mitglied der Gruppe. Belphemon hatte sich auf einem der breiten Stämme eines Baumes bequemte. „Oho…Luzifer persönlich gibt sich die Ehre!“, kam es zynisch aus dem Digimon im Biker-Outfit. Lucemon gab sich unbeeindruckt. „Endlich sind wir komplett…“, hauchte es verängstigend aus dem Mund von Barbamon. Lilithmon setzte sich das noch immer schlafende Belphemon auf den Schoß, während es belustig dabei zusah, wie sich die Höheren ihrer Gruppierung untereinander austauschten. Dabei spann das Digimon weiterhin Fäden im Hintergrund, um ihr eigenes Ziel zu erreichen. Niemand sollte sich was vormachen. Sie alle waren hinterlistige und niederträchtige Wesen, die sich nur für das Mittel zum Zweck gruppierten, jedoch ähnliche Ziele hegten.

 

„Lasst uns das weitere Vorgehen besprechen. Wir benötigen Mittel und Wege, die Dunkelheit in der Welt der Menschen zu verteilen. Die Schwärze in einer jeden Seele ist notwendig, um uns die notwendige Macht zu verschaffen ihn zu erwecken“, erklärte Demon, welches kurzerhand die Führungsrolle von der Gruppe übernommen hatte. Das Digimon schloss die Augen. „Im Prinzip ist es gleich, auf welchen Weg ihr agiert. In einem jedem Herzen herrscht die Dunkelheit, die es zu erwecken gilt. Doch solange wie das Licht noch repräsentativ ist, wird sich dieses unseren Machenschaften entgegenstellen…“, schlussfolgerte das Digimon. Lucemon kicherte, was die Aufmerksamkeit der anderen Digimon auf das schwächlich wirkende Wesen richtete. „Dann ist es doch ganz einfach…“, erklärte es mit einem niederträchtigen Blick in die Gruppe, „Wir vernichten das Licht…“ „Und wie sollen wir das anstellen? Mal kurzerhand die Sonne ausknipsen?!“, fragte Belphemon in seiner aufbrausenden Art. „Schweig Belphemon! Noch immer bist du so dumm und hast nichts dazugelernt! Willst du dich erneut mit mir anlegen?!“, kam es bedrohlich über die Lippen der kleinen Kreatur. Um der Drohung etwas Nachdruck zu verleihen, breiteten sich die Engelsschwingen etwas mehr aus und Belphemon lag im Fokus. Das Digimon gab nur einen zischenden Laut von sich und verschränkte missmutig die Arme vor der Brust. Lilithmon kicherte amüsiert, während Leviamon sich hingelegt und zu schlafen schien. Das Digimon hatte sich noch nie darum gekümmert, welche Probleme die anderen der Vereinigungen hatte, herrschte es doch über die Dunkelheit des Schwarzen Meeres. Doch lauschte es den Ausführungen seiner momentanen Partner.

 

Unbeeindruckt wand sich Demon an Lucemon, welches noch immer gereizt Belphemon fixierte. „Was ist dein Plan?“ „Das Licht vernichten – sagte ich doch schon…“ „Es wäre vielleicht ein Vorteil, uns auch mitzuteilen, wie ihr gedenkt, dies zu tun…“, erwiderte nun auch Barbamon die Worte von Demon – jedoch in einem respektvollen Ton. Lucemon kicherte nur. „Wie kann man nur so einfältig sein und das Offensichtliche nicht erkennen?“, fragte das Digimon und brachte erneut einen genervten Laut Belphemons mit sich. Diesmal jedoch schwieg das Digimon mit den Engelsschwingen zu dem respektlosen Verhalten und wand sich wieder zu den anderen beiden, letztlich dann aber zur Gruppe.

 

„Wir töten Hikari Yagami.“

 
 

Sei es Übereifer, Hochmut, Habsucht, sei es, was immer – in jedes Menschen Charakter gibt es zu jeder Zeit Umstände, die ihn zu Fehlern verleiten, und wenn sie ohne Folgen bleiben, hat er es nur seinem Schicksal zu danken.

Luc de Clapiers, Marquis de Vauvenargues

(1715 - 1747), französischer Philosoph, Moralist und Schriftsteller


 

Mit dir an meiner Seite

Immer und immer wieder tippte er auf die Tasten seines Laptops und versuchte eine Verbindung zur Digiwelt aufzubauen. Mit jeder Sekunde, die verstrich, musste er resignierend seinem eigenen Scheitern entgegenblicken. Er versuchte alles – doch nichts klappte. Die gesamte Nacht saß er daran, eine Möglichkeit zu finden, Kontakt zu Gennai oder zu anderen in der Digiwelt zu bekommen. Doch es schien, als sei die Digiwelt gar nicht mehr existent, ein Traum, aus dem sie zu erwachen drohten. Allerdings widerlegte sein Blick zu Tentomon seine abdrusen Gedanken. „Das ist doch wirklich nicht zu fassen…“, murmelte er miesmutig. Sein Blick richtete sich auf seinen Monitor, während seine Pupillen den Mauszeiger verfolgten. Die Nacht hatte er durchgemacht, um eine Lösung für das Problem zu finden. Doch er kam nicht durch. Es tat ihn leid für Tentomon und die anderen Digimon, noch nicht mal eine Kontaktaufnahme ermöglichen zu können. Auch die Digivices oder die D-Terminals der jüngeren Generation konnte er erreichen. Es war wirklich zum Haare raufen.

 

Seufzend lehnte er mit der Stirn auf der Tischplatte. Er wand seinen Kopf zur Seite und sah zu einer kleinen Dose, welche die kleinen Kugeln beherbergte. Es waren jene Kugeln, die aus den Digivices von Sora und Yamato gesprungen waren. Ob das die Essenz der Digivices war? Koushiros Hand wanderte in seine Hosentasche, wo er sein Digivice herausholte. Nachdenklich starrte er es an. Palmon hatte eine komplett neue Digitation vollbracht. Konnten das auch die anderen Digimon? Seit Jahren blieb es ihnen verwehrt, ihren Digimon auf das Ultralevel zu verhelfen. Einfach, weil sie die Kraft der Wappen in der Vergangenheit geopfert hatten, um ein Digimon der vier heiligen Souveränen zu beschwören. Nun hatte sich das Wappen der Aufrichtigkeit mit dem Wappen des Mutes verbunden. Leise knurrte Koushiro. Es gefiel ihm nicht, dass Taichi eine solche Verbindung zu seiner besten Freundin hatte. Er schloss die Augen und dachte über die Vergangenheit nach.

 

„Wie? Du bist verliebt?“, erschrocken sah Koushiro zu der Jüngeren. Ihre Wangen waren gerötet und ihr Blick ging verlegen zur Seite. Sie nickte. Sein eigenes Herz schlug ihm bis zum Hals. Seit Jahren war er in sie verliebt – hatte sein Herz an sie verloren. Doch bis dato hatte er sich nicht getraut, ihr die Wahrheit zu sagen. Die Angst war zu groß, sie als seine beste Freundin zu verlieren. Doch wenn er daran dachte, dass sie in einen anderen verliebt war, wurde der Schmerz in seiner Brust immer präsenter. „In wen?“, bekam er daher nur atemlos über die Lippen.

 

Wie immer, wenn sie nervös war, spielte Mimi mit einer ihrer Locken und zwirbelte damit herum. Sie konnte seinem Blick kaum standhalten, sah immer wieder unschlüssig in sein Gesicht, nur um wenige Augenblicke später wieder wegzuschauen. „T-Taichi…“, flüsterte sie schüchtern. Koushiros Augen weiteten sich. „Taichi?“, rief es aus ihm raus und Mimi zuckte zusammen. „Yagami, Taichi?!“, fragte er fassungslos und wirkte dabei verärgert. Mimi sah ihn wieder verunsichert an. „I-Ist das schlimm?“, fragte sie unschuldig. Der Rothaarige besann sich zur Ruhe. Natürlich war das schlimm! Warum Taichi und nicht er? Was war so besonders an Taichi? Er war einer von zweiundzwanzig Idioten, die einem Ball hinterherjagten, immer blind durch die Wand stürmte und keine Rücksicht auf Verluste nahm. Er dachte nicht nach, bevor er sprach oder handelte, sondern stürmte immer vor, ohne die Konsequenzen zu bedenken. Dabei war er auch noch unsensibel und neckte Mimi jedes Mal. „W-Warum…? Ich meine…wie…wie kommt das?“, fragte der Rothaarige überfordert. „Ich…Ich weiß nicht…Es ist einfach so passiert? Meinst du, ich hätte Chancen?!“, fragte sie euphorisch. Koushiros Augen weiteten sich immer mehr. Bemerkte sie denn nicht, wie sehr ihn diese Information aus der Bahn warf? Innerlich schüttelte er den Kopf. Natürlich bemerkte sie es nicht. Sie war zu naiv und zu sehr von ihren eigenen Gefühlen übermannt, als dass sie es bemerkte. Schmerzlich biss er sich auf die Innenseite seiner Wange. „Aber Taichi und du… ihr streitet doch immer…“, murmelte er und ballte seine Hände zu Fäusten. Mimi kratzte sich die Wange. „Ja… Und er ist ein ziemlicher Idiot… Aber irgendwie…naja… ich kann es dir nicht erklären…“, wieder sah sie ihn an, mit diesen strahlenden, goldbraunen Augen, „kennst du das, wenn du jemanden siehst und dir das Herz bis zum Anschlag klopft? In letzter Zeit bekomm ich kaum ein Wort mehr raus, wenn ich mit ihm unterwegs bin…“ In Koushiros Innerem schrie alles. Natürlich kannte er dieses Gefühl. Das Gefühl, welches ihm nachts den Schlaf raubte und ihn nicht mehr klar denken ließ. Warum bemerkte sie denn nicht, dass es er war, der hier saß und für sie da war?

 

„Glaubst du, er könnte genauso empfinden?“, fragte sie dann unsicher und kam zurück zum Spielen mit ihrer Haarsträhne. Koushiro besann sich wieder einmal mehr innerlich zur Ruhe. Sie war ihm zu wichtig, als dass er seinen Gefühlen gestatten würde, auszubrechen und ihr zu offenbaren, was er empfand. „Ich weiß es nicht. Aber du bist sonst doch auch immer offen mit deinen Gefühlen und stehst dazu. Geh‘ zu ihm und gesteh‘ ihm deine Gefühle. Mehr als ‚nein‘ sagen kann er nicht!“ Mimi stemmte ihre Hände in die Hüften. „Das klingt, als wäre es nichts, abgewiesen zu werden! Ich will nicht, dass er mir eine Abfuhr gibt!“, erwiderte sie aufgebracht. Ihr Blick wandelte sich in einen Flehenden. „Kannst du nicht mit ihm sprechen? So aushorchen, ob es da ein Mädchen gibt, dass ihm gefällt?“, fragte sie unsicher. „Hast du schon mit Sora-chan darüber gesprochen?“, fragte der Ältere, anstatt ihr eine Antwort auf ihre Frage zu geben. „Nein… Nach meinem Urlaub in Hawaii hab‘ ich sie noch gar nicht gesehen. Aber stimmt… Ich könnte sie fragen…“, erwiderte Mimi und sah nachdenklich nach oben.

 

Noch gut konnte sich der Rothaarige daran erinnern, wie ihn das Gespräch mitgenommen hatte. Bis heute hatte sich an seinen Gefühlen nichts verändert. Trotz der Entfernung, welche die gesamte Zeit zwischen ihnen gelegen war. Auch ihn hatte es aus heiterem Himmel getroffen, dass ihre Mutter plötzlich verstarb. Wie gern wäre er zu dieser Seite an Mimis Seite gestanden und für sie dagewesen. Doch sie entschloss selbst, diesen Kampf allein zu bestreiten.

 

Autoamtsich wanderten seine Finger zu den kleinen Kugeln und strichen über die glatte Oberfläche. Erneut wurden sie von starken Feinden bedroht. Er bekam ihren apathischen Blick nicht aus dem Kopf. Lilithmon hatte ihr etwas eingeflüstert und Mimi schien darauf anzuspringen. Noch immer konnte er es nicht glauben. Dabei war die Tachikawa einer der stärksten Menschen, den er kannte. Doch sie wirkte mittlerweile weitaus zerbrechlicher als je zuvor. Und er wusste nicht, wie er ihr helfen sollte, blockte sie doch alles ab. Erst heute früh hatte er ihr eine Nachricht geschrieben, ob sie mit ihm Eis essen gehen wollte. Doch bis dato hatte er noch keine Antwort. Irgendwie zweifelte er auch an, dass er eine bekommen würde. Etwas stimmte nicht, das war ihm klar. Aber wie konnte er ihr nur helfen?

 

Innerlich hatte er gehofft, wenigstens ein bisschen zu helfen, indem er eine Verbindung zur Digiwelt herstellte. Doch nicht mal das gelang dem Computergenie. Tzz…. Computergenie. Ein zynisches Lächeln schlich sich über seine Lippen. Er war zu gar nichts zu gebrauchen. Schließlich war er nicht Taichi, der sich mit vollem Elan in den Kampf stürzte und unüberlegt alles tat, um seine Freunde und Lieben zu beschützen. Aber er würde alles tun, um Mimi zu schützen. Auch wenn er nicht Taichi war, gab es noch andere Möglichkeiten, um ihr zu helfen. Er wollte für sie da sein und sich nicht weiter abblocken lassen. Wieder seinen Kopf anhebend fixierte er die beiden kleinen Kugeln. Der Izumi war sich sicher, dass sie eine Bedeutung hatten. Er schob seinen Schreibtischstuhl nach hinten und stand auf. Einige Schritte ging er zu seinem Regal neben dem Schreibtisch und sah, in zwei Döschen, die Überreste der Digivices an. „Liebe und Freundschaft…“, flüsterte er.

 

Während er die Überreste der Digivice betrachtete, bemerkte er gar nicht, dass sein Handy klingelte. Stattdessen übernahm das Drangehen sein Digimon, welches mit seinen Klauen nur schwerlich den Hörer betätigen konnte. „Ja, hallo?“, fragte das Digimon in den Hörer. „Tentomon! Hier ist Palmon! Ist Izzy zu Hause?!“, panisch klang die Stimme von Mimis Digimonpartner aus dem Hörer. „Körperlich ja. Aber ich glaube, sein Geist befindet sich in seiner anderen Hemisphäre!“, antwortete Tentomon, ohne groß darüber nachzudenken. „Bitte Tentomon“, flehend wirkte die Stimme des Pflanzendigimon, „Mimi geht es total schlecht und ich weiß nicht, wie ich ihr helfen kann! Könnt ihr bitte vorbeikommen?!“ Ohne große Umschweife sah Tentomon zu seinem Partner. „Koushiro-kun! Mimi geht es nicht gut! Wir müssen zu ihr!“, sagte das Digimon und flatterte zu seinem Partner. Koushiro schreckte augenblicklich hoch und sah verwirrt zu Tentomon. „Wie, Mimi geht es nicht gut?“, verständnislos blickte er zu dem Insektendigimon, dann jedoch zu seinem Handy. Sofort nahm er sich dieses und legte es an sein Ohr. „Mimi?!“, fragte er besorgt, doch er hörte nur das Schluchzen von Palmon. „Mimi-chan hat sich im Badezimmer eingeschlossen und kommt seit fast einer Stunde nicht mehr raus. Sie reagiert nicht auf mich. Bitte kommt schnell!“, jammerte das Digimon verzweifelt. Koushiro ergriff die Panik. „Wir sind gleich da!“

 

Es dauerte keine drei Minuten, da hatte sich Koushiro ein frisches Hemd und seine Schuhe angezogen, sein Digivice gepackt und war aus der Wohnung gerannt. Ohne große Umschweife schlug er die Richtung zu Mimi ein, während Tentomon ihm folgte. Mimi hatte sich im Badezimmer eingeschlossen? Verbunden mit der Tatsache, dass sie diejenige war, die das Digimon der Völlerei gerufen hatte, konnte das nur Eines bedeuten. Aber er hoffte, hoffte darauf, dass dem nicht so war. Innerlich schaltete sich jedoch wieder sein rationales Denken ein. Was sollte es denn sonst sein? Warum sollte sie sich sonst im Badezimmer einschließen. Warum sollte sie sonst so stark die letzten Wochen abgenommen haben? Wie hatte er nur so dumm sein können? Die Zeichen ignorierend, hatte er die gesamte Zeit gehofft, dass es ihr gut ging. Aber es war ein Trugschluss. Niemanden ging es gut, wenn ein geliebter Mensch ging. Er kannte sie doch! Er wusste doch, dass sie sich mit ihrer Mutter verbunden gefühlt hatte, dass sie diese abgöttisch liebte. Nun war ihr Vater auch weg! Wie konnte er nur eine Sekunde glauben, dass sie das schon alleine schaffen würde?!

 

Während er rannte, wurde er wütend und Verzweiflung machte sich mehr in ihr breit. Er war so egoistisch. Dabei hatte er beschlossen, immer für sie da zu sein. Alles was er tat, war sich auf die Hoffnung zu konzentrieren, die Digiwelt zu erreichen. Dabei hatte er vollkommen außer Acht gelassen, was mit seiner besten Freundin war!

 

Keuchend kam er bei der Jüngeren an und betätigte die Klingel. Gleich darauf öffnete Palmon die Türe. Anstatt den Fahrstuhl zu nehmen, stürmte der Rothaarige die Treppen nach oben und kam nach nur wenigen Sekunden bei Mimis Wohnung an. Palmon sah ihn mit Tränen in den Augen an. „Endlich bist du da…“, schluchze das Digimon und führte den Rothaarigen durch die Wohnung. Seine Augen weiteten sich, als er die ganzen aufgerissenen Packungen Brot, Chips und anderer Süßigkeiten erkannte. War er dafür überhaupt gewappnet?

 

Bei der Toilette angekommen, schluckte er zweimal hart. „Mimi?!“, rief er und klopfte dabei an die Türe. Ein Klackern war aus dem Badezimmer zu hören. Sie betätigte die Spülung und schien etwas am Waschbecken zu machen. Wieder klopfte der Ältere an die Türe. „Mach bitte die Türe auf!“, mahnte er. „G-Gleich!“, rief sie. Am Klang ihrer Stimme hörte er, dass sie sich wohl die Zähne putzte. Als sich wenige Minuten später die Türe öffnete, sah sie ihn auf zittrigen Knien an. „Koushiro-kun…W-Was machst du hier?“, fragte sie verunsichert und klammerte sich an den Türrahmen. In ihren Augen standen noch immer die Tränen und ihre Wimperntusche war verschmiert. Schluchzend warf sich Palmon an die Tachikawa. Etwas, womit die Braunhaarige wohl nicht rechnete. Denn sie drohte nach hinten zu stürzen. Koushiro reagierte direkt, streckte seinen Arm nach ihrem Handgelenk aus und bekam sie zu packen. Er zog sie direkt an seine Brust und schlang seine Arme um ihren zierlichen Körper. Nun spürte er noch deutlicher, wie sehr sie zitterte. „Was machst du nur?“, fragte er sie ruhig und legte eine Hand auf ihren Hinterkopf. Die anfänglichen Versuche, sich wieder von ihm zu lösen, scheiterten und gaben nach nur wenigen Sekunden auf. Mimis Beine knickten ein und zusammen mit ihrem besten Freund sank sie zu Boden.

 

„Was machst du hier?“, flüsterte sie an seine Brust. An dieser bemerkte er, wie sich ihre Finger in seinem Shirt verhakten. „Palmon hat mich angerufen…“, erwiderte er ruhig, „warum machst du das?“, fragte er und sah durch die geöffnete Türe ins Badezimmer. „Ich mache nichts…“, log sie – und das noch ziemlich schlecht. „Hör auf mich anzulügen!“, erwiderte er streng. Die junge Frau drückte sich mehr an ihn. „Es…Es überkommt mich einfach…“, flüsterte sie. Tentomon führte Palmon ins Wohnzimmer, um die beiden jungen Leute alleine zu lassen. „Immer…immer, wenn ich traurig bin oder mich einsam fühle…“, flüsterte sie. Es brach dem Izumi das Herz, sie so zu hören oder zu sehen. Die Verzweiflung in ihrer Stimme. Das Beben ihres Körpers. Das deutliche Herausfühlen ihrer Wirbelsäule. Sie hatte mehr abgenommen als zuvor gesehen. „Warum hast du mich nicht einfach angerufen?“, fragte er. Auch ihm stiegen Tränen in die Augen, als er diese Frage stellte. „Ich wollte nicht…ich wollte dich damit nicht belasten… Du hast doch so viel wegen den Digivices und wegen der Digiwelt um die Ohren…“ Ein Schluchzen entrann ihrer Kehle. Koushiro biss sich auf die rechte Seite seiner Unterlippe. „Und was ist mit Sora-chan?“, hörte er sich fragen. Ein zynisch klingendes Lachen war zu hören. „Tzz… Sora-chan ist doch rund um die Uhr mit Yamato beschäftigt. Außerdem gibt es Wichtigeres…“, hauchte sie heißer. Koushiro streichelte über ihren Hinterkopf, bevor er ihre Haare zu greifen bekam. Prompt überkam ihn Wut und er löste die Umarmung. Seine Hände drückten sich an ihren Oberkörper. Durch den Schreck schrie Mimi einen Moment auf, konnte aber nicht so schnell reagieren, so dass sie sich nur wenige Augenblicke später auf den Fußboden gedrückt fühlte und in die schmerzerfüllten Augen von Koushiro blickte. Ihre eigenen Augen weiteten sich bei diesem Ausdruck in seinem Blick. „Hör auf damit…“, flüsterte er. Sie erkannte, wie eine Träne sich den Weg durch seine Augen in ihr eigenes Gesicht suchte. „Hör auf, mich aus deinem Leben auszuschließen. Bin ich nicht mehr dein bester Freund?“, fragte er sie vorwurfsvoll. Einen Moment setzte ihr Herzschlag aus und ihr Magen kribbelte nervös. Nun trieben sich auch Tränen in ihre Augen. „Natürlich bist du mein bester Freund!“, erwiderte sie traurig, „Aber…“ „Nichts aber!“, unterbrach er sie, „als dein bester Freund, bin ich immer für dich da. Für dich würde ich alles stehen und liegen lassen. Das, was du hier machst, macht es nicht besser. Wenn du schweigst, bemerken wir deine Veränderung vielleicht nicht direkt, aber irgendwann wirst du dich selbst so zu Grunde richten, dass du dich selbst nicht wiedererkennst und wir dich schon dreimal nicht! Hör auf damit, dir selbst Leid zuzufügen und rede mit mir! Ich bin dein bester Freund und will dir helfen!“

 

Mit jedem seiner Worte tropften ihm mehr Tränen über die Wangen. Mimi sah ihn nur schockiert an. In ihr brach etwas zusammen. Tränen sammelten sich in ihren Augen und flossen nun auch ihre Schläfen hinab. „E-Es… Es tut mir leid…“, flüsterte sie verzweifelt. Noch immer über sie gebeugt ließ er seine linke Hand über ihre Wange wandern. „Hör auf damit, dir den Finger in den Hals zu stecken…“, sprach er direkt, mit gebrochener Stimme, aus. „Woher…?“ „Ich kann eins und eins zusammenzählen! Wenn du das nächste Mal das Gefühl hast, dass dir alles über den Kopf wächst, dann ruf mich bitte an!“, flehte er sie an, „ich ertrag es nicht, dich so zu sehen…“, flüsterte er und verkrampfte leicht in seiner Haltung. „Koushiro-kun…“, flüsterte Mimi. Leise schluchze sie, „es tut mir leid…“, hauchte die junge Frau. Sie hob ihre Hände und legte sie in seinen Nacken. Daraufhin übte sie Druck auf ihn aus und drückte seinen Körper an ihren. Noch immer zitterte sie am ganzen Leib. Noch immer wusste sie nicht, wohin mit dem Schmerz und dem schwarzen Loch in ihrem Inneren. Das einzige, was sie wusste, war, dass sie nicht alleine war. Koushiro sorgte sich um sie und an für sich wollte sie das nicht. Dabei war es wie damals. Er war ihr bester Freund und hatte sich immer um sie gesorgt. Sie schloss die Augen, als sie an die damalige Zeit zurückdachte. Ja… Er war wirklich immer für sie da…

 

Ein Schluchzen nach dem anderen klang an sein Ohr, während er an einer Türe gelehnt saß. Schon seit einer halben Stunde klangen die Geräusche aus dem Zimmer der Tachikawa. Noch immer hatte sie es nicht geschafft, ihm zu sagen, was überhaupt passiert war. Ihr Weinen war unerträglich für den Rothaarigen. Er liebte ihr Lachen, ihre Lebensfreude und ihr Strahlen in den Augen. Deshalb war es einfach unerträglich. „Mimi-chan… Hör doch endlich auf zu weinen!“, flehte er. Mimi lehnte an der anderen Seite der Türe und umarmte sich selbst. Ihr Kopf bettete sich auf ihren Knien, während sie weiter Tränen vergoss. „Sag mir, was passiert ist!“, forderte er sie einmal mehr auf. Mimi holte tief Luft.

 

„Ich habe verloren! Gegen meine beste Freundin!“ Jammernd klang ihre Stimme an sein Ohr. Er runzelte die Stirn. „Was meinst du mit verloren?“, fragte er. „Ich habe Taichi-kun verloren!“, weinte sie immer mehr. In ihm zog sich etwas zusammen, als er diesen Namen hörte. Wie er ihn doch hasste, seit sie ihm das Geständnis ausgesprochen hatte. Glücklicherweise wusste sie nichts von seinen Gefühlen. „Warum hast du ihn verloren? Und was hat Sora damit zu tun?“; fragte er weiter. Auch wenn er in manchen Dingen nur halb so hartnäckig wie manch andere war, ging es um Mimi, konnte er tatsächlich zu einem hartnäckigen Charakter mutieren. „Sora-chan ist auch in Taichi verliebt! Wie soll ich denn da um ihn kämpfen!? Sie ist meine beste Freundin! Ich kann doch nicht einfach gegen sie kämpfen!!“, schrie die Jüngere verzweifelt.

 

In diesem einem Augenblick hasste sich Koushiro für seine Gedanken. Tatsächlich war er froh darüber, diese Neuigkeiten zu hören. Sie würde nicht um den Yagami kämpfen, sondern bei ihm blieben. Er war froh darüber, auch wenn sie hinter ihm, hinter der Türe, saß und weinte. Deshalb verachtete er sich für seine Gedanken. Gleichzeitig malte er sich auch Chancen aus, die Jüngere für sich zu gewinnen.

 

„Bitte lass dich davon nicht runterziehen. Ich weiß nicht, wie sehr es dich schmerzt. Aber ich bin für dich da. Jederzeit. Verschließ dich nicht vor mir. Wir sind doch beste Freunde!“, sagte er gegen die geschlossene Türe. Mittlerweile hatte sich zu dieser umgedreht und war aufgestanden. „Lass mich endlich zu dir rein, damit ich dich ‚richtig‘ trösten kann!“, meinte er flehend. Obwohl er nicht glaubte, dass sie seiner Bitte nachgehen würde, öffnete sich wenig später tatsächlich die Türe. Mimi sah sie aus tränenverschmierten Augen an. Bevor sie was sagen konnte, zog er sie in seine Arme und drückte sie an sich. Auch wenn er sie nicht an der Seite von einem anderen Mann sehen wollte, war es ihr wichtiger, sie glücklich zu sehen. Selbst wenn das bedeutete, dass sie jemanden anderen liebte. Aktuell weinte sie schließlich auch wegen einem anderen, was ihm das Herz zerbrach. Sanft streichelte er über ihre Haare und drückte sie an sich.

 

„Ich werde immer für dich da sein…

 

„…egal, was es an Kraft kostet…“

Ein neuer Schritt

Tief in den Wäldern des Aokigahara hatte sich eine tiefschwarze Masse gebildet, die Eindringlinge vom Mittelpunkt des Waldes fernhalten sollte. Durch die finsteren und trübseligen Gedanken der Menschen, welche diesen Wald aufsuchten, war dieser Ort der perfekte Stützpunkt für die dunklen Wesen. Dunkle Wurzeln hatten inmitten der finsteren Wolke einen riesigen Gebäudekomplex erbaut, welcher den Digimon Schutz vor Witterung und anderem zu gewähren konnte. Fast täglich gaben Menschen mit depressiven Selbstmordgedanken in den Wald und gaben die notwendige Energie, um den Stützpunkt aufrecht zu halten. Doch genug war es noch nicht. Ziel war es, die Finsternis auf dem Erdball zu verteilen, Digimon den Weg auf diesen Planeten zu zeigen, die nur durch die Finsternis den Weg von Welt zur Welt fanden. Dafür war es notwendig, die Wurzeln der dunklen Energie zu verteilen und verschiedene Punkte der Erde zu infizieren. Das Problem dahinter war der größte Feind der Dunkelheit: Das Licht. Dafür versammelten sich die Feinde der Digiritter und fanden nochmals in einer Runde zusammen, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen.

 

„Wie gedenkt ihr die Digiritterin aus dem Weg zu räumen. Der Hüter der Hoffnung scheint stets in ihrer Nähe zu sein. Außerdem ist der Ritter des Mutes der große Bruder des Mädchens“, erläuterte Barbamon, das Digimon, welches sich der Informationsbeschaffung verpflichtet und wichtige Informationen der Digiritter zusammengetragen hatte. Daemon nickte bei den Ausführungen, schließlich kannte das Digimon bereits die Digiritter. „Nun, es wird womöglich kein leichtes Unterfangen. Auch der Hüter der Hoffnung trägt ein starkes Licht in seinem Herzen. Zudem hat er eine starke Verbindung zu dem Mädchen, womit es womöglich seine Kraft verstärkt…“, stimmte das Digimon zu. Nur ein verächtliches Schnauben bekamen die Ausführungen jedoch von Beelzemon. „Wir sind alle auf dem Mega-Level, während die Digiritter noch nicht mal auf das Ultra-Level digitieren können, da ihre Wappen doch gar nicht mehr funktionieren!“, mischte sich das Digimon in der Motorradkluft ein. „Das mag sein, Beelzemon. Doch nicht nur einmal kam es vor, dass die Digiritter die Kräfte der Wappen auch ohne das Amulett nutzen konnten. Zwar opferten sie die Macht vor einigen Jahren, doch das ändert nichts daran, dass sie diese Macht bei starken, emotionalen Schwankungen noch aktivieren könnten und das würde uns nicht gerade in die Karten spielen…!“, wand nun wieder Barbamon ein. „So ein Schwachsinn. Selbst wenn, wirklich gefährlich können uns nur die Lichtträger werden. Wir sind auf dem Mega-Level… Wir können die Bälger leicht auslöschen!“ Motiviert hob das Digimon die Faust in die Luft, um seinen Ehrgeiz Ausdruck zu verleihen. „Du bist noch immer so naiv wie damals, mein Freund… Die Digimon der Digiritter waren schon häufiger mächtiger als es das Level aussagt. Wir müssen vorsichtig sein und mit Bedacht an die Sache herangehen…“ Nachdenklich beobachtete Daemon die Diskussion zwischen seinen Kameraden. Leviamon sowie Belphemon hielten sich aus der Konversation heraus, waren sie doch nicht die Digimon, die die Entscheidungen trafen. Zumal sich Belphemon noch immer im Sleep-Modus befand.

 

„Es wäre doch wesentlich einfacher, jemanden anderen für uns arbeiten zu lassen… Warum sich selbst die Finger schmutzig machen?“, fragte nun Lucemon, welches sich bisher zurückgehalten hatte. Argwöhnisch blickte Daemon zu dem Digimon. Auch unter ihnen herrschte eine gewisse Anspannung, besonders zwischen Lucemon und Daemon, beides mächtige Wesen, die gerne an der Spitze standen. „Was schwebt dir vor?“, fragte Daemon. Lucemon jedoch schüttelte nur den Kopf und deutete auf Lilithmon, welches sich dezent aus der Diskussion herausgehalten hatte. „Nun… Die Digiritter vertrauen einander, doch sie sind auch geschwächt. Zwei der Ritter haben ihre Digivices verloren, da sie sich entgegen ihrer Wappen verhalten haben. Leichte Beute für uns“, informierte erneut Barbamon seine Kameraden. „Und sie haben einen Schatten in der Gruppe…“, kicherte Lilithmon. Nachdenklich sah Lucemon zu Lilithmon. „Du meinst die Trägerin der Reinheit?“, fragte das Digimon. Lilithmon nickte. „Lasst mich einen Vorschlag machen. Die Wurzeln der Finsternis lassen sich einfacher verteilen, wenn es aus dem Kern der Gruppe kommt. Wenn das Mädchen ihre Freunde angreift, dann wird das Misstrauen schüren und die Kinder auseinandertreiben.“ Knurrend sah Beelzemon zu Lilithmon. „Was für eine naive Idee. Als ob die Kinder sich gegenseitig angreifen würden! Selbst, wenn sich Dunkelheit in ihrem Herzen befindet, würden sie niemals freiwillig einander verletzen!“ Wieder kicherte das weiblich wirkende Digimon. „Niemand hat etwas von freiwillig gesprochen. Aber Schmerz und Kummer machen Menschen angreifbar und leicht zu manipulieren… Ich brauch‘ noch ein wenig Zeit, um meine Fäden gänzlich zu spinnen, doch sind sie reif, werden sie jedes Wesen verschlingen…“, erklärte das Digimon. „Ich bin dagegen! Das wird uns noch ins Verderben stürzen!“, erwiderte Beelzemon erneut wütend. Daemon sah zu Lilithmon, auch Lucemon schien dem Vorschlag wohlgesonnen zu sein. Eine Diskussion mit den Digimon wollte sich Daemon nicht antun, zumal es selbst davon überzeugt war, dass ein solcher Plan durchaus funktionieren könnte. „Probieren wird unseren Plänen nicht im Weg stehen. Wir überlassen es zunächst Lilithmon, einen Keil zwischen die Digiritter zu treiben. Währenddessen verteilen sich die anderen auf dem Planeten. Diese Welt besteht nicht nur aus diesem Ort, sondern auch aus anderen Teilen der Länder. Lichtschimmer, die die Finsternis zurückhalten, sammeln sich in den Herzen auserwählter Kinder. Sie sind nicht so stark wie die hiesigen Digiritter, doch sie schützen ihre Heimat. Bringt sie her!“, forderte Daemon seine Partner streng auf. Man konnte Beelzemon deutlich ansehen, wie sehr es ihm gegen den Strich ging, Befehle andere auszuführen. Doch er war es selbst, der sich als erstes in einer finsteren Wolke auflöste, gefolgt von Barbamon wie auch Leviamon. Lucemon nahm das noch schlafende Belphemon aus den Arm. „Wir Zeit, dass du langsam wach wirst…“, hauchte das Digimon kichernd, bevor auch Lucemon sich buchstäblich in Luft auflöste. Lilithmon zog sich ebenfalls zurück.

 

Daemon blieb jedoch zurück und betrachtete das mächtige Bauwerk, den Stützpunkt der Digimon. Sie alle hassten es, ihr Leben in Finsternis und Einsamkeit zu verbringen. Die Digimon wünschten sich Freiheit, die sie sich jedoch nur selbst erkämpfen konnten. Ihr Wesen war finster und gefährlich, doch sie hatten ebenso das Recht auf ein Leben wie jedes andere digitale Wesen. Daher würden sie sich nicht von den Wesen des Lichts vertreiben lassen. Sie würden ihren Weg zurück in die Digiwelt finden und eine neue Welt für sich gewinnen. Das waren sie den Digirittern schuldig geblieben.

 

Mit diesen finsteren Gedanken verschwand auch Daemon in der Finsternis. Zurück blieben die dunklen Striemen, die sich zitternd um die Bäume schlängelten. Alles was sie berührten, erstarrte zu Eis, wirkte leblos, verwelkt, letztlich sogar tot. Doch es waren nicht nur die leblosen Pflanzen, die den Wald behausten. Mittlerweile tummelten sich Lichter, die ihren Glanz verloren hatten. Lichter, die einst zu den mächtigsten Herzenswesen dieser Welt gehört hatten, doch in ihrer drohenden Gefahr den leuchtenden Schimmer verloren hatten. Es waren die Lichter von Freunden…

 
 

_____________________

 

„Möchtest du einen Tee?“

 

Noch immer vollkommen aufgewühlt hatte Koushiro sich seine beste Freundin geschnappt und sie, wie auch Palmon, mit zu sich genommen. Er konnte nicht fassen, dass sie zu solchen Mitteln Griff, um Herr über ihre Gefühle zu werden. Das erklärte auch, warum sie in einer doch recht kurzen Zeit so viel hatte abnehmen können und warum sie die gesamte Zeit so blass wirkte. Koushiro machte sich Vorwürfe, wenn er bedachte, dass er sich die ganze Zeit nur um die Probleme der Digiwelt und das Wiederherstellen der Digivices von zwei anderen Freunden gekümmert hatte. Er wusste, dass Mimi einen starken Charakter hatte, doch im Moment war es einfach zu viel, um es allein bewältigen zu können. Der Izumi machte sich Vorwürfe, während Mimi nur zaghaft auf seine Frage hin nickte.

 

Mimi selbst fühlte sich ertappt und schämte sich. Die gesamte Zeit hatte sie gute Miene zum bösen Spiel gemacht und nun war sie aufgeflogen. Natürlich konnte sie Palmon deswegen nicht böse sein. Schließlich wusste sie und konnte sich auch vorstellen, wie verzweifelt das Digimon gewesen sein musste. Koushiro wusste nun, dass sie regelmäßig von Fressattacken heimgesucht wurde und sich daraufhin übergab. Dass ihr dieser Umstand unangenehm war, war wohl die Untertreibung schlechthin. Die junge Frau folgte ihrem Freund in die Küche und rieb sich dabei den Oberarm. Palmon schwieg die gesamte Zeit und wirkte dabei sehr traurig. Womöglich glaubte das Digimon, versagt in der Aufgabe zu haben, Mimi richtig zu beschützen. Doch wie sollte sie den Schmerz im Herzen der Tachikawa auch verringern und zum Schweigen bringen? Innerlich lag sie in tausend Splittern und wusste weder ein noch aus. Sie wusste nicht, wo sie mit dem Schmerz hinsollte. Koushiro war für sie da und sie wusste, dass ihr das gewissermaßen Halt geben würde, doch den Schmerz konnte er nicht lindern. Die junge Frau wusste nicht, ob sie über den Tod ihrer Mutter hinwegkommen würde. Sie und Satoe waren immer ein Team gewesen. Nun war Satoe weg und würde nie wieder zu ihr zurückkommen. Diese Gedanken spielten sich immer und immer wieder in ihrem Kopf ab. Sie hatte keine Mutter mehr und gewissermaßen hatte sie auch ihren Vater verloren. Er lebte für sie beide weiter. Für Satoe und ihn. Mimi akzeptierte und respektierte diese Entscheidung, schließlich tat er dies für ihre Mutter und auch für sich selbst, um nicht gänzlich den Verstand zu verlieren. Doch für Mimi starben mit dieser Entscheidung beide Elternteile. Sie verlor sie gemeinsam.

 

Koushiro schob der Jüngeren den Tee hin und sah sie vielsagend an. Man sah dem Älteren an, dass er um Worte rang und genauso überfordert wie sie selbst war. „Mimi-chan… du weißt, dass du damit immer zu mir kommen kannst. Das, was du tust, ist gefährlich…“, flüsterte er und verbrannte sich dabei glatt an seinem Tee. Etwas hektisch stellte er die Tasse zurück auf ihren Platz und nahm sich ein Glas Wasser, ihr Blick blieb jedoch an der Tasse hängen. Nach den vergangenen Geschehnissen traute sie sich nicht, ihm in die Augen zu sehen. „Ich weiß doch, dass du andere Sorgen hast…“, erwiderte sie monoton. „Und du weißt, dass ich deswegen trotzdem immer für dich da bin!“, konterte er und wirkte dabei gar ein wenig wütend. Daher zuckte die Braunhaarige auch zusammen und wich etwas zurück. Ihre Augen wirkten noch immer traurig, leer und emotionslos. Sie schien ihren Kummer wirklich nur auf diese Art loszuwerden. Doch das ständige Übergeben und Essen würde sie nur krankmachen – wenn sie es nicht schon war. Daher ging Koushiro auf sie zu und nahm ihre Hand. „Ich weiß, dass du es im Moment nicht leicht hast und es tut mir leid, dass ich dich die gesamte Zeit alleine gelassen habe. Du hast Recht, ich hatte wirklich wenig Zeit und mein Fokus lag definitiv an falscher Stelle. Mimi! Du bist meine beste Freundin und ich mach mir Sorgen um dich.“ Koushiro klang wahnsinnig verzweifelt, doch was sollte sie ihm sagen? Dass sie es nicht mehr machen würde? Es war ja nicht so, dass sie es gerne tat. Aber sie kam auch nicht gegen den innerlichen Drang an. Es verschaffte ihr Befriedigung und das war alles, was sie wollte. Sie wollte sich wohl und lebendig fühlen. Doch nach jedem Übergeben fühlte sie sich wieder leer und alles verschwamm. „Wenn du dich wieder so fühlst, dann ruf‘ mich an, anstatt dir den Finger in den Hals zu stecken!“, forderte er sie auf und drückte ihre Hände fest. Sie selbst sah ihn mitleidig an und hatte ein schlechtes Gewissen. Koushiro hätte niemals herausfinden sollen, dass sie zu solchen Taten griff.

 

„A-Aber… du hast zu viel zu tun… wir haben im Moment doch ganz andere Sorgen. Wir müssen Gennai und der Digiwelt helfen. Da sind meine Probleme nichts dagegen. Es gibt wirklich Wichtigeres. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass Sora und Yamato ihre Digivices nicht mehr zurückbekommen oder dass der Welt von Palmon irgendetwas Schlimmeres geschieht. Du solltest andere Prioritäten haben!“, stammelte die Tachikawa und spürte dabei, wie ihr erneut die Tränen kamen. Es zerriss Koushiro das Herz, sie so zu sehen. Seit Jahren war er verliebt in sie und hatte sich nie getraut, ihr die Wahrheit zu sagen. Genau das war auch der Grund, warum er so dringend wollte, dass sie mit ihm sprach. Ihm war nichts wichtiger als ihr Wohlergehen. Doch genau das schien er in dieser Zeit gravierend vernachlässigt zu haben.

 

Rasch nahm er ihr Handgelenk und zog Mimi an seine Brust. Seine Hand legte sich an ihren Hinterkopf. Er bemerkte, dass sie zu Beginn zögerte, doch schnell gab dies nach und ihr Körper bebte. Nach nur wenigen Augenblicken begann sie zu schluchzen und krallte sich in sein Oberteil. Es war eine Wohltat, dass sie alles raus ließ und ihn somit in ihr Herz ließ. Auch ihm brannten die Tränen in den Augen, denn er wollte sich nicht ausmalen, was sie gerade durchmachte. Mimi hatte ihre Mutter verloren, was auch ihn unsagbar traurig machte. Er konnte ihr diese nicht zurückgeben, Satoe würde nie wieder zu ihrer Tochter zurückkehren. Es schmerzte ihn selbst, war Mimis Mutter doch auch immer für ihn dagewesen. Aber die Zeit war nicht zurückzudrehen. Ihnen blieb keine Wahl, als sich damit abzufinden. Selbstverständlich war es keine Überraschung, dass Mimi allein mit dem Umstand überfordert war. Deshalb würde er sie auch nicht mehr alleine lassen. Ihm war bewusst, dass die Gefühle von ihm wohl immer unerwidert bleiben würden, doch das bedeutete nicht, dass er sie nicht beschützen würde. Mimi war seine beste Freundin, er hatte sie die gesamte Zeit vermisst und nun würde er ihr helfen, mit den Gegebenheiten zurecht zu kommen. „Ich bin für dich da Mimi-chan… Wir werden das meistern. Gemeinsam… Du bist nicht alleine!“, sagte er, zweifelnd, ob sie seine Worte wirklich wahrnahm. Mimi nickte einfach nur stumm und gab sich nochmal ganz ihren Tränen hin. Vielleicht war es besser, endlich alles rauszulassen. Schon immer war er ihr Fels in der Brandung gewesen und diesmal war es genau das, was sie benötigte.

 

Irgendwann hatten es die beiden Freunde geschafft, sich hinzusetzen und ein wenig von dem Tee zu trinken. Koushiro gab der Tachikawa weiter, dass es ihm gelungen war, die Digivices von Sora und Yamato zu reparieren. Jedoch wusste er nicht, ob diese auch funktionierten. Die Mechanik der kleinen Gerätschaften war äußerst kompliziert und schon der kleinste Fehler konnte die gesamte Konstruktion zu Nichte machen. Ursprünglich hatte sich Mimi vorgenommen, vor der Ankunft der beiden die Wohnung des Izumis zu verlassen, doch ihre Erschöpfung machte ihr einen deutlichen Strich durch die Rechnung. Als Koushiro bemerkte, dass Mimi eingeschlafen war, nahm er sie vorsichtig auf die Arme und trug sie in sein Zimmer, wo er sie in sein Bett legte und zudeckte. Leise griff er nach seinem Laptop wie auch nach den Digivices seiner Freunde und ging aus dem Zimmer. Es gab ihm ein gutes Gefühl, zu wissen, dass Mimi in seinem Zimmer schlief und wieder neue Energie auftankte.

 

Leise ließ er die Türe ins Schloss fallen, bevor er sich auf den Küchentisch seiner kleinen Wohnung ausbreitete. Seine Gedanken hingen noch lang an der Problematik der Tachikawa, so dass er das erste Mal seit Langem an etwas andere dachte, als die Probleme der Digiwelt. Die Klingel riss ihn aus den Gedanken und erschrocken hob der Rothaarige seinen Blick. Palmon war unterdessen ebenfalls eingeschlafen und lag eingerollt auf der Couch. Koushiro fuhr sich selbst über die Stirn, bevor er den beiden anderen die Türe öffnete. „Hey Koushiro!“, schlug Yamato ein, dicht gefolgt von einer Umarmung Soras. Sie wirkten beide erschöpft und ausgelaugt, was Koushiro jedoch nicht wunderte. „Wie geht’s euch?“, fragte Koushiro in die Runde. „Wie solls uns schon gehen?“, zynisch beantworte Yamato die Frage, Sora seufze nur. Ihr Blick ging zum Boden, wo ihr direkt die Schuhe ihrer besten Freundin auffielen. „Mimi-chan ist hier?“, fragte sie überrascht und sah zurück zu dem Izumi. Er nickte verunsichert. „Ja…“ Soras Augen wurden ein wenig größer. Aktuell hatte sie so viel um die Ohren, dass ihr die Gelegenheit entgangen war, sich um ihre beste Freundin zu kümmern. Die Situation rund um Taichi und Yamato, die Digiwelt, das alles stand im Vordergrund und hatte die Situation zu Mimi in den Hintergrund gerückt. Daher sah sie neugierig zu Koushiro. „Wie geht es ihr?“

 

„I-Ich…“ Tja, was sollte er nun sagen? Die Wahrheit konnte er den beiden nicht einfach reindrücken, würde das doch viel zu tief in die Persönlichkeit der Tachikawa dringen. Er konnte sich vorstellen, dass sie sicherlich nicht wollte, dass man ihre Probleme nach außen trug. Doch Koushiro war auch kein besonders guter Lügner. „Ihr ging es nicht gut…“, gestand der Jüngere. In Soras Augen blitzte das schlechte Gewissen auf. Dass es Mimi schlecht ging, war keine Überraschung, wenn man ihre aktuelle Situation betrachtete. Sie fühlte sich augenblicklich schlecht, nicht für ihre Freundin dagewesen zu sein. Scheinbar hatte die Verzweiflung Mimi eher zu Koushiro getrieben, als sie zu Sora zu führen. Daher sah sie nur zu Boden und betrachtete die Schuhe der Jüngeren. „Mach‘ dir keine Vorwürfe. Wir haben im Moment alle viel um die Ohren…“, erklärte Yamato und strich der Rothaarigen über die Schulter. Koushiro verzog leicht das Gesicht. Ähnlich ging es auch ihm. „Ist sie im Wohnzimmer oder in der Küche?“ Koushiro schüttelte auf die Frage hin nur den Kopf: „Weder noch. Sie ist vorhin auf der Couch eingeschlafen und ich hab‘ sie in mein Bett gelegt…“, erörterte der Angesprochene. „In deinem Bett?“, fragte Yamato gleich, jedoch zuckte Koushiro nur mit den Schultern. „Sie wirkte nicht so, als habe sie besonders viel geschlafen… Daher dachte ich, dass es erholsamer wäre, sie in mein Bett zu bringen. Wir sollten allgemein leise sein, Palmon ist auf dem Sofa kurz darauf auch eingeschlafen…“ Besorgt sah Sora auf Koushiros Rücken. Sie bereute, sich die gesamte Zeit nur auf sich konzentriert zu haben. „Hoffentlich kann sie sich erholen…“, murmelte sie daher nur. „Mach dir nicht so viele Sorgen. Du weißt doch, wie stark Mimi-chan ist“, versuchte Yamato sie aufzumuntern. Ein schwaches Lächeln schlich sich über die Lippen der Takenouchi, doch nur ein Schweigen folgte.

 

Koushiro führte die Freunde in seine spärlich eingerichtete Küche. „Ich habe es geschafft, eure Digivices wieder zusammenzusetzen, allerding weiß ich nicht, ob sie auch funktionieren…“, erklärte er gleich und reichte den beiden den jeweiligen kleinen Gegenstand. „Das werden wir wohl rausfinden müssen…“, flüsterte Yamato. Er bewegte das Digivice in seiner Hand, während er es betrachtete. Unsicherheit stand ihm ins Gesicht geschrieben. Auch er machte sich seine Gedanken, trotz der Aussprache mit seinem besten Freund. Seine Handlungen sprachen für sich. Er betrog den besten Freund mit dessen Freundin. Nichts, was dem Wappen der Freundschaft entsprach. Etwas, dass nicht der inneren Eigenschaft von Sora entsprach. Sie hatten nur nach ihren Gefühlen agiert, ohne die Konsequenzen zu bedenken. Die Quittung folgte schnell, viel zu schnell und erschreckend. „Vielen Dank, Koushiro-kun!“, sagte Sora schnell und verbeugte sich. „Können wir jetzt wieder digitieren?“, fragte Biyomon gleich. „Das müssen wir herausfinden…“, murmelte Gabumon und sah zu seinem Freund empor. Das Digimon konnte noch immer nicht glauben, dass ausgerechnet Yamato sowas heraufbeschworen hatte. Schließlich bewunderte das Digimon seinen Partner sehr. Doch sie beide waren nur Menschen und genau wie Digimon, machten sie Fehler, deren Konsequenzen sie tragen mussten. Gabumon hoffte nur, dass sie die Konsequenzen nicht weiterhin tragen mussten.

 
 

_____________________

 

Emotionslos starrte Mimi an die Decke, fixierte willkürlich irgendeinen Punkt und dachte an den heutigen Tag zurück. Kurz nachdem Koushiro von ihr abgelassen hatte und die Türe ins Schloss gefallen war, erhoben sich ihre Lider. Sie war nur kurz weggedöst, doch viel zu oberflächlich, um dies wirklich schlafen nennen zu können. Zwar war sie müde und ausgelaugt, doch sie wollte nicht schlafen. So würde sie nicht immer und immer wieder mit den Bildern ihrer sterbenden Mutter konfrontiert zu werden. Es war schließlich nicht so, als wären das die einzigen Ereignisse, die sie in ihren Gedanken heimsuchten. Da waren die Erinnerungen an Taichi, Sora und den ganzen Rest. Die Gründe, warum sie sich wirklich nicht regelmäßig bei Sora gemeldet hatte.

 

Mimi schloss traurig die Augen, als sie an die Vergangenheit zurückdachte. Ob es anders gekommen wäre, wenn sie nicht nach Amerika gegangen wäre? Nicht, dass sie eine andere Wahl gehabt hatte. Denn zu dieser Zeit waren Sora und Taichi bereits ein Paar gewesen. Doch mit ehrlicher, reiner Liebe, hatte das nur wenig zu tun.

 

„Du kannst nicht einfach wieder verschwinden!“, forderte sie Taichi auf, der sie am Handgelenk packte. Wütend sah Mimi ihn an. „Lass mich los, Taichi! Das hier kann nicht funktionieren. Du bist mit Sora-chan zusammen! Was soll das überhaupt?!“ Wütend versuchte sich Mimi aus seinem Griff zu befreien. Noch immer konnte sie nicht fassen, was gerade zwischen ihnen geschehen war. Sie hatte sich hinreißen lassen, obwohl sie das gar nicht durfte. „Du weißt ganz genau, dass Sora und ich gerade eine Pause machen!“, konterte er. „Na und?! Bin ich jetzt die Lückenbüßerin oder was?!“, bissig wand sich Mimi von dem Braunhaarigen ab. Wie jedes Jahr war sie zum ersten August nach Japan gegangen. Nach einem ausgiebigen Picknick gemeinsam mit den Digimon, waren die Älteren noch in eine Diskothek gegangen, um den Abend gemeinsam ausklinken zu lassen. Mimi wusste, dass Taichi und Sora gerade ihre Beziehung pausierte, da sie viel Arbeit mit den Abschlussprüfungen hatten und ihnen einfach die Zeit fehlte. Ein Umstand, der ihres Erachtens keine Pause rechtfertigte. Schließlich besuchten sie beide die gleiche Schule und konnten daher auch ihre Beziehung aufrecht halten. Da sie jedoch den Abend mit ihren Freunden genießen wollte, hatte Mimi beschlossen, dies auch umzusetzen. Auch Taichi schien sehr ausgelassen zu feiern, während Sora und Yamato eher zurückhaltend wirkten. Nach einigen Stunden waren es der Alkohol und sie, die Joe einerseits zum Schlafen brachten und Koushiro andererseits auf die Tanzfläche lockten. Taichi amüsierte sich dabei mit anderen Frauen, tanzte ausgelassen mit ihnen oder stieß mit seinem besten Freund an. Es machte Mimi wütend, Taichi mit anderen Frauen zu sehen, während Sora eher unbeteiligt danebenstand.

 

„Natürlich bist du keine Lückenbüßerin!“, konterte Taichi. Mimi war aufgrund der Wärme aus der Diskothek geschritten, um frische Luft zu schnappen, da war Taichi ihr gefolgt. Sie hatten sich gut unterhalten und noch immer bemerkte sie, dass die Gefühle zu ihm nicht vergessen waren. Wie hypnotisiert war sie von seinen braunen Augen, von seiner Ausstrahlung und seinem Wesen, so dass sie gegen das aufkommende Verlangen nichts hatte unternehmen können. Ihre Lippen trafen sich und Schmerz durchströmte ihren Körper, als sie ihn wieder wegdrückte.

 

„Was bin ich dann?! Warum küsst du mich einfach? Schon mal darüber nachgedacht, weniger Alkohol zu trinken?! Du hast sie doch nicht mehr alle!“, schrie sie ihn hysterisch an. Taichi schien nicht zu verstehen, wo das Problem lag. Schließlich waren sie beide Single und die innerliche Anspannung herrschte zwischen ihnen beiden. Nun jedoch zweifelte er daran, dass es auch der Jüngeren so ging. Vielleicht waren seine Gefühle auch einseitig. „M-Mimi… Du bist keine Lückenbüßerin… Es ist einfach über mich gekommen…“, gab er schuldbewusst von sich. Die Jüngere jedoch musste sich zunächst sammeln, fuhr sich durch das lockige Haar und kämpfte mit den aufkommenden Tränen. Verdammt. Sie durfte nicht zeigen, dass sie noch immer ein pochendes Herz hatte, wenn sie den Yagami sah. Dass er sie küsste, brachte sie vollkommen aus dem Konzept. Dabei hatte sie sich so angestrengt, nichts zu zeigen. „Warum…? Sowas kann doch nicht einfach so… Du…und Sora… ihr…“ Taichi schnaubte und ging auf die Jüngere zu. „Kannst du Sora nicht einfach mal aus dem Spiel lassen?“ Wie sollte sie? Sora war ihre beste Freundin, eigentlich befand er sich in einer Beziehung zu ihr. Alles, was weitergehen würde, würde einem Betrug gleichgehen. „Das geht nicht…“

 

Taichi kam Mimi immer näher, während sie weiterhin zurückwich. „Was geht nicht?“ Mimi schluckte und spürte die kalte Wand im Rücken. „Dass du mich einfach küsst. Du hast doch Sora-chan…“, flüsterte sie. Er hatte sicherlich nicht dieses Herzschlagen wie sie, das sich anfühlte, als würde ihr Herz gleich aus der Brust springen. „Im Moment will ich Sora aber nicht, deshalb auch die Pause… um herauszufinden, was ich will! Mimi… sieh‘ mich endlich an!“, forderte sie auf. Mimi spürte seine Präsenz nah an ihrer. Seine Finger spielten mit einer ihrer Haarsträhnen. Wie hypnotisiert hob sie den Blick und sah in seine Augen. „Das… Taichi… das dürfen wir nicht…“ Immer mehr beugte er sich zu ihr runter. „Du bist etwas Besonderes, Mimi-chan…“, hauchte er. Mimi wusste nicht, was sie tun sollte. Ihr Herz ging ihr auf Grundeis und ihre Beine wurden weich. Nur einmal. Spüren, was es bedeutete, nur ihm zu gehören.

 

Nur ein einziges Mal.

 

„Lass mich herausfinden, was ich wirklich will…“

 

Dann verschloss er seine Lippen mit den Ihren…

 

Wieder öffnete Mimi ihre Augen und sah gen Decke. In dieser Nacht erlebte sie ihr erstes Mal, was schöner nicht hätte sein konnte. Taichi und sie küssten sich noch lang in der kleinen Gasse, bevor er sie in seine WG entführte. Damals war er erst frisch ausgezogen, um möglichst vor seinem Abschluss und seinen Prüfungen Ruhe zum Lernen zu haben. Als Mimi am nächsten Morgen aufgewacht war, schlug das schlechte Gewissen ein wie eine Bombe. Doch sie verschwand nicht einfach. Beide hatten sie Alkohol am Abend zuvor getrunken und nicht Herr ihrer Sinne gewesen. Sie beide beschlossen, dass dieses Ereignis eine absolute Ausnahme war und nie wieder geschehen würde. Auch Taichi entschuldigte sich bei ihr und gab an, er wollte Sora aufgrund dessen nicht verlieren. Damals brach es ihr das Herz und auch heute daran zu denken, trug nicht zu ihrer innerlichen Genesung bei. Auch, wenn Taichi nun wirklich getrennt war, würde sie ihm womöglich nie wieder vertrauen können. Automatisch glitten ihre Finger zu ihren Lippen. Trotz der Geschehnisse zwischen ihnen, hatte er sie geküsst, ohne groß darüber nachzudenken. Taichi hatte sie nicht nur geküsst, ohne sie zu fragen, was dies in ihr auslöste, sondern Koushiro auch erklärt, es sei nichts Besonderes. War auch ihre gemeinsame Nacht nichts Besonderes? Schließlich erfuhr sie nur wenige Wochen danach von Koushiro, dass es Sora und er wieder versuchten. Der Schmerz fuhr ihr durch den Körper. Sie würde für ihn wohl nie etwas derart besonderes wie Sora sein. Niemals.

 

Willkürlich tropften erneut Tränen über ihre Wangen. Der Schmerz brannte in ihrer Seele und schien nicht verebben zu wollen. Sie wollte, dass es aufhörte. Mimi war an den Punkt gelangt, einfach nichts mehr fühlen zu wollen. Es sollte einfach still werden. Lieber war da eine Leere, als der stetig währende Schmerz.

 

>Soll ich dafür sorgen, dass der Schmerz aufhört?<

 

Erschrocken fuhr Mimi hoch, doch sie wich augenblicklich zurück, als ihr Lilithmon genau gegenübersaß. Eine grinsende Fratze sah ihr entgegen.

 

>Ich kann dir den Schmerz nehmen…<

Die Schwäche des Himmels

Die Schwäche des Himmels

 

Es fühlte sich an wie das Kribbeln im Bauch, wenn man sich im freien Fall befand. Sie sank hinein in dieses Gefühl und war wie verloren. Dunkelheit umgab ihr Innerstes, es war kalt und einsam. Gefühle, die sie lange unterdrückt und verschlungen hatte. Die strahlende Sonne, die sie stets gewesen war, fühlte sich auf einmal so einsam und kühl an. Es war wie ein ausgebrannter Planet, der von der Bildoberfläche verschwand. Sie fiel und fiel. Natürlich sah sie helfende Hände, die nach ihr griffen. Doch dieses Greifen verlief sich ins Leere. Sie fiel und fiel und die Dunkelheit wurde intensiver.

 

„Du bist etwas Besonderes, Mimi-chan…“

 

Sie spürte seine Lippen auf den Ihren und schloss fast automatisch ihre Augen. Dieses Gefühl verursachte ein warmes Gefühl in ihrer Brust. Es war, als könnte sie sich fallen lassen und er würde sie immer wieder auffangen. Automatisch hob sie ihre Hände und griff in sein Oberteil. Sie drückte sich an ihn und spürte das Verlangen, mehr von ihm zu bekommen. Auch ihrem Gegenüber schien es nicht anders zu gehen. Er griff nach ihrem zierlichen Körper und drückte sie nah an sich. Der Kuss intensivierte sich und sie beide spürten eine Leidenschaft, die sie zuvor nie verspürt hatten. Mimi versank in diesem Gefühl und ließ es zu. Auch wenn es falsch war. Auch wenn er sie nicht liebte.

 

Vielleicht reichte ihre Liebe ja für sie beide aus.

 

Ein stechender Schmerz machte sich in der Brust der jungen Frau breit. Tränen sammelten sich in ihren Augen und verloren sich in der Dunkelheit. Tropfen, die mit dem Wind spielten und in dir Finsternis übergingen. Noch immer fiel sie, doch die Erinnerung trieb ihr nicht nur Angst in die Glieder, sondern verursachte einen stechenden Schmerz, den sie nicht spüren wollte. Sie kniff die Augen zusammen und drückte ihre Faust an ihre Brust.

 

„Mach, dass es aufhört…“, flehte sie in die Finsternis hinein.

Doch sie fiel weiter.

 

Es war ein sanften Kitzeln an ihrer Nase, dass sie am nächsten Morgen weckte. Zaghaft öffnete sie ihre Augen und blinzelte leicht der Sonne entgegen. Sie benötigte keine Zeit, um sich zu orientieren. Sie wusste ganz genau, wessen starke Arme sich um ihren Körper geschlungen hatten und wem der ruhige Atem an ihrem Nacken gehörte. Es war warm. Lange hatte sie sich nicht mehr so geborgen gefühlt. Schon oft hatte sie sich diesen Moment erträumt, aber nicht gewagt zu hoffen.

 

Vorsichtig richtete sich die junge Frau auf. Dabei legte sie ganz zart die Arme von Taichi beiseite. Dieser ließ nur ein witzig klingendes Grunzen von sich und drehte sich um. Leichte Striemen zeichneten sich auf seinem Rücken ab. Mimi errötete etwas, lächelte dann aber leicht.

 

Ganz leise stand sie auf, nahm sich das T-Shirt des Yagamis und ihren Slip und zog sich beides an. Sie schritt durch sein Schlafzimmer und ging leise in die Küche. Mit einem Dauergrinsen im Gesicht bereitete sie Tee vor und untersuchte den Kühlschrank des jungen Mannes. „Mensch, von was ernährt der sich denn?“, fragte sie sich leise und begutachtete den nicht vorhandenen Inhalt des Kühlschranks. Mimi schnaubte leicht und beschloss kurzerhand, etwas fürs Frühstück einzukaufen.

 

Aus diesem Grund schlich sie nochmal ins Schlafzimmer und suchte ihre Sachen zusammen. Nachdem sie sich angezogen hatte, krabbelte sie nochmal ins Bett des Yagamis zurück. Auch ihn schien die Sonne an der Nase zu kitzeln. „Ich komme gleich wieder…!“, hauchte sie an sein Ohr und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Taichi bemerkte ihre Locken, die über seine Haut striffen. Bevor sie gehen konnte, griff er nach ihrem Handgelenk und zog sie so nah an sich, dass sie ihm in die dunkelbraunen Augen blicken konnte. „Bleib nicht zu lange weg…!“, hauchte er und küsste sie auf die Stirn.

 

Das warme Gefühl schwand aus ihrem Leib und wieder war da nur Dunkelheit und Einsamkeit. Sie fiel immer weiter und bekam keinen Halt. Sie hatte Freunde, die für sie da waren – das wusste sie. Doch diese Freunde hatten ihre eigenen Probleme und Schwierigkeiten. Es war schließlich nur das Gefühl, was sie belastete. Einsamkeit, Trauer und Schmerz. Sie hörten nicht auf, ihr Herz in tausend Stücke zu zerreißen. So stark war sie nicht. Es reichte nicht aus, Koushiro und Palmon an ihrer Seite zu haben. Wo war ihre beste Freundin, wenn sie diese gerade so dringend brauchte? Wo war ihre große Liebe, die sie in Stich gelassen hatte?

Wo waren sie alle?

 

Sie wollte nicht allein sein. Dieses Gefühl sollte endlich weggehen. Sie ertrug es nicht. Wo war sie hin? Wo war das strahlende Mädchen von damals hin verschwunden?

 

„So, Fleisch, Gemüse, ein bisschen Süßes… Ich müsste alles haben…“, zufrieden sah Mimi zu ihren Einkäufen und schritt zum Fahrstuhl des Hochhauses, in dem Taichi lebte. Sie freute sich schon auf sein Gesicht, wenn sie ihm das ‚Omelette alá Mimi‘ servierte. So ging sie fröhlich summend aus dem Fahrstuhl heraus und wollte gerade in den Gang abbiegen, wo sich Taichis Wohnung befand. Doch sie stoppte in ihrer Bewegung, als sie Stimmen vernahm. Stimmen, die ihr das Herz zerrissen.

 

„Sora, es tut mir leid… i-ich… ich weiß auch nicht…“, hörte sie das Stammeln von Taichi. Das Schluchzen ihrer besten Freundin drang an das Ohr der Tachikawa. Es tat weh, sie so zu hören. „Ich ertrage das nicht, Taichi! Ich weiß, dass wir uns auseinandergelebt haben, aber ich liebe dich und ich möchte unsere Beziehung nicht beenden!“, waren die verzweifelten Worte der Rothaarigen. Mimi lehnte sich an die Wand, sodass sie niemand sehen konnte. Ihr Blick verfestigte sich. „Sora… wie…“ „Ich habe viel in den letzten Wochen nachgedacht. Diese Pause war gut. Sie hat mir gezeigt, dass ich dich brauche. Du bist mein bester Freund, mein Seelenverwandter… Ich will um unsere Beziehung kämpfen!“, flehte die Takenouchi. In Mimis Augen bildeten sich Tränen. Taichis Gesicht konnte sie nicht sehen, doch er musste sich schrecklich fühlen.

 

„Sag‘ mir, dass du auch kämpfen willst!“

 

Sag es nicht!

 

„Sora… ich…“

 

Bitte, sag es nicht…

 

Soras Schluchzen drang an Mimis Ohren heran. Das konnte sie nicht tun: Sora so zu verletzen. Das hatte sie nicht verdient. Dabei war sie doch immer für sie dagewesen. Mimi hatte ihr nie gesagt, was sie für Taichi empfand. Denn sie wusste um die besondere Verbindung der Beiden. Doch Freundschaft und Liebe waren verschiedene Dinge. Nicht jede Freundschaft wurde zu dem Gefühl der Liebe. Allerdings galt das vielleicht nicht für die beiden. Vielleicht waren die beiden ja füreinander bestimmt?

 

„Sora… i-ich… vielleicht…“, hörte Mimi Taichis Stammeln. Ein stumpfes Geräusch ließ sie aufschrecken und sie sah nun doch um die Ecke. Ihre Augen weiteten sich und die Tränen flossen ihre Wangen hinab. Mimi legte ihre Hand an ihre Lippen, um ein aufkommendes Schluchzen zu verbergen.

 

Unter Tränen kniete Sora nun vor Taichi und wirkte verzweifelter denn je. „Bitte Taichi, verlass mich nicht!“, flehte sie. Mimis Blick ging zu Taichi und wieder wurden ihre Augen größer. Auch ihm stand das Wasser in den Augen. Und in diesem Augenblick wurde ihr klar, dass sie keine Chance hatte. Sie drehte sich zurück und bekam einen schweren Atem. Sie wusste, welche Worte gleich folgen würden, doch sie hatte nicht den Mut, einfach wegzurennen.

 

Bitte sag es nicht…

 

„Na gut… lass es uns nochmal versuchen…“

 

Und Mimis Herz zerbrach in tausend Teile. Wieder befand sie sich im Abgrund, den sie hinab stürzte. Sie sah ihre Liebe in tausend Stücke zersplittern. Noch einmal hatte sie gegen ihre beste Freundin verloren. Es tat so weh, dass es ihr die Luft abschnürte.

 

„Ich will das nicht spüren… Ich will das nicht sehen!“

 

Mimi schrie innerlich, doch kein Wort verließ ihre Lippen. Kälte machte sich in ihrem Inneren breit und ihre Haut überzog sich mit einer Gänsehaut. Mimi umarmte sich selbst. Als ob sie versuchte, sich vor der grauenhaften Dunkelheit zu schützen. Doch die Dunkelheit schlich sich in jedes ihrer Glieder. Doch allmählich war das Gefühl gar nicht mehr so schlimm. Es fühlte sich nicht nur vertraut an, sondern schien auch ihre Gefühle zu betäuben.

 

Sie hatte sich nicht mehr bei Taichi gemeldet. Nach seinem Ausspruch war Mimi weggerannt und hatte ihren Einkauf stehen und liegen gelassen. Tränenerfüllt war sie auf die Straßen gerannt und hatte sich den Weg durch die Menschenmasse gebahnt. Ihre Tränen waren nicht aufzuhalten. Erst im Hotel angekommen, schaffte sie es, sich zu beruhigen. Morgen würde sie den nächsten Flug nehmen und zurück in die Heimat reisen. Dort hatte sie Freunde, dort würde sie sich ablenken können und von dem Ganzen Abstand bekommen. Das sagte sie sich immer und immer wieder. Nicht ahnend, dass die nächste Katastrophe noch folgen würde.

 

Nach eine wohltuenden Duschen schritt sie zu ihrem Bett. Einfach nur, um sich auszuruhen. Das erste Mal des Tages nahm sie ihr Handy zur Hand und sah, dass sie mehrere verpasste Anrufe ihres Vaters hatte. Ihre Augen wurden größer und augenblicklich hatte sie ein schlechtes Gefühl. So wählte sie mit Unwohlsein die Nummer ihres Vaters. Er brauchte nicht lange, bis er ans Telefon ging. „Mimi! Endlich!“ „Was ist denn los?!“, fragte die Jüngere besorgt. „Deiner Mutter geht es nicht gut. Du musst sofort nach Hause kommen!“, schrie er schon fast. „Was ist mit ihr?!“ „Das sage ich dir, wenn du wieder da bist. Am besten, du nimmst den nächsten Flieger!“, antwortete er hektisch und legte auf. Mimi starrte verwirrt auf ihr Handy. Dann legte sie es zur Seite und schmiss ihre Klamotten in den Koffer.

 

Nachdem sich die junge Frau ein Taxi bestellt hatte, buchte sie ein Ticket. Dabei war der Preis vollkommen egal. Bei ihrer Angst um Satoe verging der Flug wahnsinnig schnell. Am Flughafen angekommen erwartete sie bereits das nächste Taxi. Dieses brachte sie direkt in das Bethany Medical Center.

 

„Dad!“, rief sie in den Flur hinein, als sie die Station ihrer Mutter betrat. „Mimi!“ Ihr Vater sah schrecklich aus. Während ihres Fluges war er womöglich die ganze Nacht hiergesessen und hatte gewartet. Mimi kniete sich zu ihm und legte eine Hand auf seinen Oberschenkel. „Dad, was ist mit Mama?!“, fragte Mimi besorgt und sah sich im Gang nach Ärzten um. „I-ich weiß es nicht… Es ging ihr gut… Wir waren shoppen, als sie plötzlich zusammenbrach. Ich habe deine Mutter noch nie gesehen… Mimi! Sie blutete aus den Ohren, aus der Nase und hustete stark. Es…Es war schrecklich… Sie wird gerade operiert. Mir konnte noch niemand sagen, was los ist!“, meinte er verzweifelt. Mimis Augen füllten sich mit Tränen, doch sie versuchte, diese runterzuschlucken. Ihr Vater war so aufgelöst, sie konnte unmöglich anfangen zu weinen.

 

„Gibt es hier niemanden, der uns sagen kann, was los ist?!“, fragte Mimi wütend und richtete sich auf. Sie sah sich im Gang um, doch leider war niemand zu sehen. Gerade als sie loslaufen wollte, öffneten sich die Tore des Operationssaales und ihre Mutter wurde von mehreren Ärzten und Schwestern herausgeschoben. „Mum!“ „Satoe!“, riefen sie und ihr Vater gleichzeitig aus. „Nicht! Sie brauch nun Ruhe!“, wurden sie von einem Arzt aufgehalten. Mimi sah den älteren Mann an. „Was ist mit ihr?“, fragte Mimi aufgeregt. „Das würde ich gerne in meinem Büro mit ihnen besprechen.“

 

In Mimi zog sich alles zusammen…

 

„Nein!!!“ Mimi schrie, doch es schien sie niemand zu hören. Sie flehte innerlich, dass nicht nochmal durchleben zu müssen. Sie hielt sich die Augen zu, kniff die Augen zusammen, während sie noch immer in die Tiefe der Dunkelheit fiel.

Nicht schon wieder. Nicht wieder dieser Schmerz und diese Trauer. Sie hatte doch solange versucht, den Schmerz zu verstecken, ihn zur vergraben und nicht wieder rauszulassen. Mimi wollte stark sein. Denn sie war nicht mehr das schwache Mädchen von damals. Ihre Mutter war tot, damit musste sie sich abfinden. Es war keine leichte Zeit und sie hatte sich schrecklich allein gefühlt, doch jetzt war sie ja nicht mehr allein. Palmon war da. Koushiro auch. Sie alle, würden für sie da sein.

 

Doch das verminderte nicht die Last der Trauer und Einsamkeit. Das Jahr war nicht einfach wegzustreichen. Ein Jahr voller Schmerz, Trauer und Angst. Ein Jahr, in dem sie keine Tränen zulassen durfte. Denn sie musste stark sein. Sie musste für ihren Vater da sein.

 

Ihre Tränen versickerten. Mimi hörte auf zu weinen. Noch immer fiel sie. Noch immer war es kalt und dunkel. Doch es fühlte sich nicht mehr falsch an. Im Gegenteil. Es war ein angenehmes Gefühl. Ein Gefühl der Erleichterung. Als ob sie einfach loslassen könnte und dann einfach frei sei. Was hatte die Stimme nochmal gesagt? Sie hatte ihr gesagt, dass sie dafür sorgen könne, dass es aufhörte. Das der Schmerz, die Trauer, die Einsamkeit aufhörte… Dass Gefühle einfach verschwanden…

 

Vielleicht würde es dann ganz leicht werden…

 

„Setzen sie sich doch.“ Doktor Williams, eine Koryphäe auf seinem Spezialgebiet. Die Bilder an seinen Wänden zeigten, dass er sich mit Krebs auseinandersetzte. Ihm wurde nachgesagt, schon viele Menschen vom Krebs befreit zu haben. Viele Zertifikate hingen an der Wand, doch Mimi bekam das Gefühl nicht los, dass es diesmal nichts nützen würden. „Mister Tachikawa, Miss Tachikawa…“, bat er nun auch Mimi, die sich bisher nicht zum Sitzen bewegt hatte. Ihr Vater gestikulierte ihr, dass sie sich setzen sollte und Mimi tat dies zögerlich.

 

Als der Doktor seine Brille abnahm und erschöpft zu den beiden sah, klopfte Mimis Herz ihr bis zum Hals. Sie ahnte Schlimmes. Sie hatte ihre Mutter gesehen. Blutreste hingen ihr im Gesicht, sie hatte einen Verband um ihren Kopf und war blasser als die nächste Wand.

 

„Miss Tachikawa hat ein sogenanntes Glioblastom, ein inoperabler Hirntumor…“, erklärte der Mediziner. Mimis Hände wurden taub und ihr Vater schluchze. „Solche Arten von Tumoren… wissen sie…“ „… sind tödlich, oder?“, antwortete Mimi für den Arzt und ihr Vater sah schockiert nach oben. Ihr Gegenüber nickte traurig. „Mit Strahlentherapien und Chemo geben wir ihrer Mutter noch etwas mehr als ein Jahr…“, erklärte der Arzt. „Das kann doch nicht sein! Ihr ging es doch so gut!“, sprach Mimis Vater verzweifelt aus.

 

„Wir werden alles tun, um es ihr so angenehm wie möglich zu machen…“

 

Das Jahr was alles andere als angenehm. Mimi war zur Routine übergangen. Sie hatte alles übernommen, was zu tun war. Sie kümmerte sich um ihre Mutter, war bei Chemotherapien dabei und hielt ihr bei schwierigen Untersuchungen die Hand. Ihr Vater tat sich schwer dabei, musste stets die Tränen unterdrücken. Es war, als müsste Mimi auch für ihn da sein. Doch sie leistete es, kümmerte sich um alles und begleitete letztlich ihre Mutter. Dabei bereitete sie sich auch selbst auf das Ableben dieser vor. Sie recherchierte viel, informierte sich über Grundlegendes und hielt Rücksprache mit den Ärzten. Da sie nicht allein zurecht kam und auf die medizinische Verpflegung angewiesen war, war Satoe im Krankenhaus. Mimi war jeden Tag da.

 

In diese Zeit brach sie den Kontakt zu den anderen Digirittern vollkommen ab. Sie hatte keine Zeit, sich um sie zu kümmern. Nachdem sie von der Diagnose erfahren hatten, waren Mimi und ihr Vater nochmal nach Hause gefahren. Das war der Tag, an dem sie das letzte Mal ihr Handy in ihre Hand genommen hatte. Taichi hatte ihr geschrieben und sich entschuldigt. Per SMS. Noch während er weiter schrieb, hatte sie das Handy gegen die nächste Wand geschmissen.

 

Sie wollte keine Entschuldigungen. Sie wollte nichts.

Nur, dass ihre Mutter wieder gesund wurde.

 

Doch ihr Herz lag in Scherben… Sie wusste was passierte…

Genau wie ihr Handy…

 

„Mimi… danke…“, flüsterte Satoe. Mimi saß an ihrem Bett. Ihr Vater stand am Rand und weinte. Satoe griff nach der Hand ihres Mannes. Schwach lächelte die Japanerin. „Auch…auch, wenn ich nicht mehr da bin… Versprich‘ mir etwas, Keisuke…“, hauchte sie leise. Keisuke setzte sich zu ihr hin. „Was soll ich versprechen?!“, fragte er verzweifelt. Satoe hustete. Mimi sah zu der Herz-Lungen-Maschine. Satoes Herzschlag wurde immer langsamer… Es war an der Zeit.

 

„Reise um die Welt. Für uns beide. Versprichst du mir das?!“, fragte die Orangehaarige. Mimi spürte wie Tränen in ihren Augen aufkeimten. „N-Na-Natürlich…“, schluchze ihr Vater. Satoe lächelte ihm zu und streichelte seine Hand. Ihr Blick ging schwerfällig zu Mimi.

 

„Mimi-chan…“, hauchte sie ruhig. Mimi schluckte und versuchte nicht in Tränen aufzugehen. „Kannst du mir einen Gefallen tun?“, fragte sie ihre Tochter. „Alles…Alles…!“, erwiderte Mimi. „Sing für mich!“, forderte sie ihre Mutter auf. Mimi sah sie mit Tränen in den Augen an. Wie sollte sie in einem solchen Moment nur singen?! Doch den Blick in den Augen ihrer Mutter konnte sie kein ‚Nein‘ entgegen. Also schluckte sie wieder einmal ihre Tränen herunter und sah mit schmerzerfüllten ihre Mutter an. „Na gut…“, hauchte sie und sang:

 

Heaven's Weakness

 

Let me tell you something I've been thinking about for a long time.

If we can go back to being friends, then I will ask for nothing more.

As long as you're okay with it, I really don't mind.

I, a liar, sang a love song with words contrary to my thoughts.

 

Today's weather in the area is a clear sunny sky with a downpour.

Yesterday I was making the best use of my time being idle and free.

It's not like I'm thinking about you or anything.

Fine, maybe I was thinking about you just a little against my will.

 

The inside of my head is spinning

just like a merry-go-round.

 

Since it's on the verge of spilling from my hands,

where should I throw away this love you gave me?

I have no need for things

that diminish the more I use.

 

Let me tell you something I've been thinking about for a long time.

You can't see its shape, but you can see the words.

I feel frustrated by the fact that there're things I don't know of.

Are my dangling emotions beautiful or dirty?

I have no idea, and I don't have a place to discard them to.

 

I'll wait until I get to bottom of the meaning of those words.

Waiting doesn't sound like a bad idea at all.

 

Since you're still moving ahead while I've already stopped completely,

what should I use to fill up the elongating distance between us?

I, an innate coward,

still can't use my words honestly.

 

Since it's on the verge of spilling from my hands,

instead of you, to whom else should I give this love to?

I don't think that someone else can be found so easily.

Guess I'll keep waiting.

 

Is this good?“

 

Satoe lächelte sanft, als Mimi ihr Lied beendete. Sie selbst wusste gar nicht mehr, von was sie sang. Sie spürte nur die warmen Tränen ihre Wangen hinabtropfen. „Ich werde immer bei dir sein…“, hauchte ihre Mutter schwach. Mimis Schluchzen wurde lauter. „Bitte geh nicht…“, flehte sie. „Du wirst dein Glück finden…“, erwiderte Satoe und strich ihrer Tochter ein letztes Mal über die Wange. Danach schloss sie für immer die Augen und ihr Hand sank hinab.

 

„Neiiiiiiiiiiin!“

 

Mimis Schrei hallte durch die Dunkelheit. Sie kniff die Augen zu und hielt ihre Ohren zu. „Es soll aufhören. Macht, dass es aufhört!!!“, flehte sie in die Dunkelheit hinein. „Ich will nicht mehr. Ich will das nicht mehr fühlen! Es soll aufhören!“, schrie sie verzweifelt.

 

In diesem Augenblick hielt der freie Fall an und Mimi landete sanft am Boden. Ihr Schmerz quoll über, ihre Tränen versagten und nur noch ihre Verzweiflung durchzog ihren Körper. Sie wollte das nicht mehr spüren. Am besten spürte sie gar nichts mehr. Keine Enttäuschungen mehr, keine Verletzungen mehr. Nichts würde sie mehr spüren. Es sollte einfach aufhören. Nichts davon wollte sie mehr spüren.

 

„Soll ihr dir helfen…?“, hörte sie wieder die Stimme.

 

Mimi hob den Blick und sah auf. Vor ihr stand eine Frau, die ein gefährliches Lächeln auf den Lippen trug. Innerlich wusste Mimi, dass diese Person gefährlich war. Doch sie konnte nicht mehr. Es tat zu weh. Sie wollte das nicht mehr spüren. Nichts davon wollte sie spüren.

 

„Kannst du das denn?“, hauchte die junge Frau.

 

Ihr Gegenüber kicherte. „Dich von deinen Gefühlen befreien? Nichts leichter als das. Gefühle sind reine Zeitverschwendung und halten uns davon ab, das zu tun, was wir wirklich tun wollen. Sie halten uns davon ab, stark zu sein. Und das ist es doch, was du sein möchtest, nicht Mimi-chan?“, flüsterte die Stimme und kniete sich zu Mimi herunter.

„Du müsstest nie wieder Tränen vergießen und der Schmerz würde einfach verschwenden…“, hauchte sie. Mimi sah zu dem Wesen empor. Es war Lilithmon, das konnte sie erkennen. Doch im Moment wurde sie von ihren Gefühlen überwältigt. Sie wollte das nicht mehr spüren. Keine Einsamkeit, keine Trauer… keinen Liebeskummer wegen Taichi. Es sollte einfach alles verschwinden!

 

„Hilf mir…“, flehte Mimi.

 

Lilithmon kicherte. Sie leckte sich über ihre Lippen. „Mit Vergnügen…“, flüsterte sie. Sie legte ihre Hand auf die Wange von Mimi und krallte sich in die braunen Haare der Tachikawa. Mit leichten Druck drückte sie das Mädchen an sich heran und verschloss ihre Lippen mit den ihren. Mimis Augen weiteten sich im ersten Moment, doch dann spürte sie etwas, was sie nie zuvor gespürt hatte. Es wurde alles immer leichter, die Bilder ihrer Vergangenheit verschwammen vor ihren Augen und es wurde alles klar. Es fühlte sich alles so leicht und einfach an. Ihr Kopf war befreit von den Gedanken und ihre Brust vom Schmerz.

 

Es fühlte sich gut an…

 

Mit einem Grinsen betrachtete Lilithmon das Mädchen, was in ihren Armen zusammengebrochen war. Wenn sie wieder aufwachte, würde sie sich an nichts mehr erinnern können und ihre Marionette sein. Eine Marionette aus den eigenen Reihen. Eine Marionette ohne Gefühle.

Das würde ein Spaß geben.

 

Sie befanden sich nach wie vor im Schlafzimmer von Koushiro. Lilithmon hatte mit ihren Fähigkeiten Mimis Vergangenheit wieder aufgerüttelt und sie nochmal den ganzen Schmerz spüren lassen. Es war kein Wunder, dass dieses Mädchen nicht die Kraft besaß, sich dagegen zu wehren.

 

Ein lautes Krachen forderte Lilithmons Aufmerksamkeit. Die Türe zum Schlafzimmer sprang auf und drei Digiritter standen in der Türe. Die Wut stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Ein wunderbarer Ausdruck, der sie belustigte.

 

„Lilithmon!!“, hörte man das Schreien von Koushiro, der nach Mimi sehen wollte. Das Digimon richtete sich lachend auf und hielt dabei noch immer Mimi im Arm. „Lass Mimi los!!“, schrie nun auch Sora. Yamato war bereit zum Kampf, doch er wusste, dass sie vorsichtig sein mussten. „Tentomon!“, forderte Koushiro seinen Partner auf und griff zu seinem Digivice. Tentomon war bereit, Koushiro außer sich. Schließlich befand sich seine beste Freundin in akuter Gefahr.

 

„Tz…tz…tz…“, zischte das Digimon. „Du wirst doch nicht etwa kämpfen wollen…? Was würden die Nachbarn sagen?“, fragte das Digimon mit einem gemeinen Grinsen auf den Lippen. Lilithmon hatte Recht, wenn Tentomon in dem Haus digitieren würde, würden viele Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden. Wütend umklammerte der Izumi sein Digivice und knirschte mit den Zähnen. „Mimi!!“, flüstere auch Sora.

 

„Keine Sorge, Kinder… Ihr werdet eure Freundin wiedersehen…“, kicherte das Digimon.

 

Mit einem Schnipsen war sie jedoch verschwunden. Genau wie Mimi und Palmon aus dem Wohnzimmer. Koushiro versuchte noch, nach Mimi zu greifen. Es geschah alles wie in Zeitlupe. Doch griff er nur den Rauch, der von ihrem Feind aufgewirbelt wurde. Koushiro sah mit geweitete Augen zu seinem Bett, in welchem Mimi zuvor friedlich geschlafen hatte. In Soras Augen sammelten sich Tränen. „Verdammt!“, knurrte Yamato wütend und schlug gegen den Türrahmen.

 

„MIMIIIIII!“

Vertrauter Feind aus der Dunkelheit

„Das ist doch nicht euer Ernst!“, schrie es aus einem offen stehenden Fenster heraus. Wütend schlug die Faust eines groß gewachsenen jungen Mannes gegen die Wand. Das abstehende, braune Haar war sein markantestes Merkmal. Neben der aufbrausenden Art und dem hitzigen Gemüt. „Taichi!“, forderte ihn seine Exfreundin auf, die besorgt um mögliche Verletzungen des Yagamis war. „Nichts Taichi! Wie kann es sein, dass Mimi entführt wird, während ihr euch im Zimmer nebenan aufhaltet?!“, fragte der Yagami wütend und fixierte dabei den Rothaarigen, der sich selbst keine Erklärung bilden konnte. Dieser knirschte nur mit den Zähnen und hatte seine Hände zu Fäuste geballt. „Es bringt jetzt niemanden was, wenn wir uns streiten!“, versuchte Yamato die Situation zu klären. Es war jedoch ein Fehler, dass ausgerechnet er eine Hand auf die Schulter von Taichi legte. Denn Taichi war wütend. Mehr als das. Wenn sich Schmerz und Zorn vermischten, entwickelte sich schnell eine hochexplosive Formel.

 

„Hast du dich wieder beruhigt?!“, fragte Taichi mit ruhiger Stimme und hielt das Glas von Sora in der Hand. Diese nickte und wischte sich nochmal vereinzelnde Tränen weg. „Tut mir leid. Ich wollte nicht so einen Aufstand machen…“, flüsterte sie leise und traurig. Taichi hasste es, die junge Frau so zu sehen. Trotzdem war er nervös und befand sich in einer Zwickmühle. Hinter ihm lag eine atemberaubende Nacht, eine wundervolle Zeit mit einem ganz besonderen Menschen.  „Sora… ich…“ Die Angesprochene sah leicht zum Schlafzimmer des Yagamis. Sie wusste, dass er nicht allein gewesen war. Seine Klamotten verteilten sich im Raum und er selbst trug nur seine Sporthose. Zudem roch es verdächtig nach einem Frauenparfüm. Sie zuckte mit den Schultern. „Du warst letzte Nacht nicht alleine, oder?“, fragte sie daher gerad heraus. Im ersten Moment war Taichi zu perplex eine Antwort zu geben. „I-Ich… Sora also…“, versuchte er sich zu erklären.

 

„Es ist nicht schlimm… Manchmal braucht es solche Erfahrungen, um zu erkennen, was richtig ist…“, unterbrach sie ihn mit einem schwachen Lächeln. „Und… und du hast doch erkannt, was wichtig ist?“, fragte sie interessiert. „I-Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, Sora…“

 

Taichi erinnerte sich an die Nacht mit Mimi zurück. War es vielleicht doch nur ein Traum gewesen? Oder war es echt gewesen? Es hatte sich so verdammt gut angefühlt. Ihre weiche Haut, deren Farbe ihn an eine zierliche Porzellan-Puppe erinnerte, ihr zerbrechliches Wesen und ihre sanften Küsse auf seiner Haut. Alles hatte sich so gut angefühlt. Sora war ganz anders. Sie war ein starkes Mädchen, dass keinen Schutz benötigte. Sie wusste, wo sie stand und was sie wollte. Ehrgeizig und zielstrebig – das waren Charaktereigenschaften, die er an der Rothaarigen liebte. Aber war es die richtige Form von Liebe?

 

„Dieses Parfüm…“, murmelte Sora und stand nachdenklich auf. Taichi hob erschrocken den Blick. Die Ältere schritt wie hypnotisiert ins Schlafzimmer und sah sich nachdenklich um. „Du… Mimi war hier?!“, fragte sie nun fast schon wütend. Taichi sah sie zweifelnd an. Sora war Mimis beste Freundin. „Ist das dein Ernst? Mimi?!“, fragte sie ihn aufgebracht. „Wo ist das Problem?“, erwiderte er. „Sie ist meine beste Freundin! Hättest du nicht in fremdes Mädchen ficken können?!“, schrie sie ihn an. Der Yagami bekam ein schlechtes Gewissen, gleichzeitig wurde er aber auch wütend. Als ob er Mimi einfach nur ‚gefickt‘ hätte. Gerade wollte er sich erklären und Fakten um sich schmeißen, als ihre nächste Frage ihn völlig aus dem Konzept brachte. „Hast du mal an ihre Gefühle gedacht?!“, fragte Sora wiederholt und riss ihn damit aus den Gedanken. „Ihre Gefühle?“, fragte er.

 

Waren diese nicht offensichtlich gewesen?

 

„Was meinst du?!“ Ein verächtliches Schnauben. Eine Hand stemmte die Rothaarige in die Seite, bevor sie eine belehrende Miene aufsetzte. „Mimi verliebt sich wahnsinnig schnell. Weißt du von wie vielen Männern sie mir erzählt hat? Michael, Ben, Jones… Ich bekomme sie gar nicht alle beisammen. Sie alle haben sich nach Strich und Faden verarscht und nun kommst du?! Schon Mal drüber nachgedacht, dass sie morgen wieder fliegt?!“, bluffte sie ihn an. „A-Außerdem… was ist mit uns!?“ Taichi war gerade viel zu überfordert, um diese Frage beantworten zu können. Stattdessen schwirrten ihn tausend Fragen im Kopf umher. Michael, Ben… Jones… War er nur einer von vielen?

 

„Wir haben beide getrunken und waren einsam…“, huschte es über seine Lippen. „Willst du was von ihr?“, fragte Sora ganz direkt und ging auf ihn zu. Sie blieb vor ihm stehen und sah ihn tief in die Augen. Wieder lagen darin Tränen. Dieser schmerzliche Eindruck. Damit konnte er einfach nicht umgehen. Bei niemanden. Vor allem nicht bei Sora. „Was?“ „Ob du was von ihr willst?!“, fragte sie nochmal. Taichi lachte laut los. Noch nie hatte sich sein Lachen so falsch angefühlt. „Ha, ha, ha! Ich und Mimi. Ich und das Prinzesschen… Mach‘ dich nicht lächerlich Sora.“, lachte er.

 

Schon wieder war da dieser Zorn. Gemischt mit Schmerz. Wütend biss sich der Yagami auf die Unterlippe, während er starr auf die Wand gegenüber starrte. „Lass das, Yamato!“, knurrte der Braunhaarige und legte behutsam seine Hand auf die seines besten Freundes. Er schob diese beiseite und entfernte sich. Wenn er jetzt unüberlegt handelte, war niemanden geholfen. Vor allem nicht der Tachikawa. Besorgt sah Yamato zu dem Yagami. Seufzend wand sich der Ishida ab. Vielleicht war es besser, dem Yagami vorerst aus dem Weg zu gehen. Auch, wenn es nicht leicht war. Daher erzog er sich auf den Balkon und sah nach draußen, mit einer Zigarette im Mund und seufze.

Innerlich besann Taichi sich immer und immer wieder zur Ruhe, außer Stande, auch nur eine Sekunde lang klar zu denken. Noch immer konnte er es nicht fassen. Wie konnten sie einfach zulassen, dass Mimi von einem Digimon entführt worden war? Ein Digimon, welches förmlich vor Dunkelheit sprießte. „Verdammt!!“, schrie er aus und schlug einmal mehr gegen die Wand.

 

„Taichi…“, flüsterte Sora besorgt und legte eine Hand auf ihre Brust. Doch dabei bemerkten sie alle nicht, wie es im Inneren eines anderen Digiritters brodelte. Koushiro saß schon die gesamte Zeit am Computer, als in ihm die Bombe platzte. Wütend schob er den Stuhl nach hinten, der durch den Schwung beinahe nach hinten gefallen wäre und kam zur Gruppe. „Könntest du das bitte lassen?!“, fragte er wütend Taichi. Dieser fixierte den Rothaarigen gefährlich. „Was?! Ist es dir lieber, dass ich dir eine verpasse?!“, erwiderte er und griff gezielt den Kragen des Izumis, um ihn näher an sich zu ziehen. Doch blieb Koushiro ruhig. „Und was dann?! Geht es dir dann besser?! Du warst es doch, der sie alleine gelassen hast und nicht den Mut hatte, zu ihr ehrlich zu sein!“, kam es ebenso wütend von Koushiro zurück. Die Augen von Taichi weiteten sich. Sora sah schockiert zu dem Informatiker. „Was willst du damit sagen?!“, fragte der Yagami aufgebracht und spürte, wie seine Faust zu zittern begann. Keine Sekunde wich der Informatiker den stechenden Blick des Yagamis aus. „Was meinst du, wo Mimi war, nachdem du dich für Sora entschieden hast?!“, fragte er ihn provokant.

 

„Ich bin so dumm, Kou…“, weinte die verzweifelte Mimi und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Wie ein Häufchen Elend saß sie auf seinem Bett und weinte bittere Tränen. Koushiro hatte ihr ein Glas Wasser geholt und es ihr geben wollen, doch das stand unberührt auf dem Tisch. „Wie konnte ich glauben, dass ich mehr bin?! Dass ich mehr als sie sein könnte?!“, fragte sie immer und immer wieder. Ein Stechen ging durch sein Herz. Es schmerzte, doch versuchte er sich davon nichts anmerken zu lassen. In dieser Sekunde musste er stark sein. Seiner besten Freundin ging es nicht gut. Er musste für sie da sein, auch, wenn ihre Trauer ihn mehr traf, als sie eigentlich sollte. „Mimi, beruhige dich…“, flüstere er einfühlsam und hatte eine Hand auf ihre Schulter gelegt. Sanft zog er die Braunhaarige in seine Arme. Dabei konnte er spüren, wie sich ihre kleinen Finger in sein Hemd krallten. „Warum?! Warum bin ich nur so dumm und naiv…“, hauchte sie. „Aber das bist du doch gar nicht!“, kam es schnell von Koushiro, der sie etwas von sich wegdrückte, um ihr in die hellbraunen Augen sehen zu können. Sanft strich er ihr eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht.

 

„Taichi ist ein Idiot! Dass er nicht merkt, dass du ein absolut besonderer Mensch bist!“, versuchte er sie mit seinen Worten zu beruhigen. Mimi erwiderte nur zögerlich seinen Blick. „Ach, das sagst du doch nur so…“, murrte die Jüngere und wich seinem Blick aus. „Ganz bestimmt nicht!“, schnellte es aus Koushiro heraus. Dabei erhob sich seine Stimme sogar etwas deutlicher, so dass Mimi leicht zusammenzuckte. Erschrocken sah sie zu ihm auf. Sein Gesicht hatte etwas Warmes und Fürsorgliches. Auch mit Tränen in den Augen war sie für Koushiro das hübscheste Mädchen auf der Welt. Sie war für ihn das Wichtigste. Schmerz lag in ihrem Blick, doch der konnte nicht anders. „Mimi… i-ich… Taichi ist nicht gut genug für dich…“, sprach er, als sei er in einer Seifenblase gefangen. „K-Kou…“ Es war nur ein Hauchen, welches über ihre Lippen glitt, bevor sich ‚ihr bester Freund‘ vorbeugte und seine Lippen auf ihre legte.

 

Schockiert weiteten sich die Augen der Tachikawa, außer Stande irgendwie zu Handeln. Ihr Bauch fuhr Achterbahn und ihr Herz geriet ins Stocken. Was passierte hier? Lagen gerade tatsächlich die Lippen ihres besten Freundes auf ihren?! Wie ein Schlag wurde ihr bewusst, was er hier tat. Es tat weh. Es war wie eine Dorne, die sich unscheinbar an einer Rose versteckt hielt. Nein! Das ging nicht. Koushiro war ihr bester Freund. Das machte doch alles kaputt! „Nein!!“, rief sie aus und schupste Koushiro mit Schwung von sich und sah ihn mit Tränen in den Augen an. Der Schmerz der Zurückweisung lag in seinen Augen. Ein Schmerz, der sie auch mit voller Wucht traf. Schockiert sah sie ihn an. „Koushiro-kun, d-das… das geht nicht…“, stammelte sie. Seine Augen bewegten sich traurig zur Seite. „E-Es tut mir leid…“, hauchte er. Sichtlich überfordert sah die Tachikawa ihren vermeidlich besten Freund an. Das Letzte was in seinen Ohren klingelte war die Türe, die wenige Augenblicke später ins Schloss fiel. Damit hatte er wohl verloren!

 

„Nein!!!“, durchbrach der schrille Schrei Soras die Stille. Die Gefühle überschlugen sich und in seiner Wut hatte Taichi seine Faust im Gesicht seines langjährigen Freundes versenkt. Er fiel mit einem lauten Rumps zu Boden und rieb sich die blutende Nase. Vielleicht hatte er das sogar verdient. „Du kleiner Drecksack! Du bist doch ihr bester Freund! Hättest du nicht bei ihr sein müssen!?“, fragte ihn der Ältere aufgebracht. „Jetzt beruhige dich, Taichi!“, forderte ihn plötzlich Joe auf. „Warum sollte ich?! Er war genauso wenig für sie da, als ihre Mutter starb! Warum muss ich mir jetzt Vorwürfe anhören?!“, fragte der Yagami wütend und wollte sich erneut auf ihn stürzen. „Verdammt!“, schrie Koushiro. Sora sah ihn schockiert an. Tränen spiegelten sich in seinen Augen wider. Seine freie Hand hatte er zur Faust geballt. „Weil nicht ich es bin, den sie liebt, Taichi!!!“, warf er ihm entgegen. Die Augen von allen waren geweitet. Taichis Herz drohte aus seiner Brust zu springen. Nun presste Sora noch fester die flache Hand an ihre Lippen. Tränen rannen die Wangen des Izumis hinab. Die Hand des Yagamis senkte sich und sein Körper verlor an Anspannung. Koushiros Hand hämmerte auf den Boden. Verzweiflung lag in seinen dunklen Augen, die dunklen Onyxen glichen. „Ich bin nicht der, den sie liebt… zumindest nicht so…nicht, wie ich es mir wünschen würde…“, sprach er gebrochen. Sora kniete sich neben den Jüngeren und nahm ihn einfühlsam in den Arm. „Ich werde immer nur ihr bester Freund sein…“, gestand er sich letztlich selbst ein. So schmerzhaft es war – es ging nicht anders. Nicht er war es, den Mimi an ihrer Seite brauchte. Es war dieser Sturkopf von Taichi, der den Wald vor lauter Bäumen nicht sah. Doch scheinbar wurde ihm in dieser Sekunde bewusst, was er eigentlich getan hatte. Was sie alle getan hatten. Oder besser: Was sie verbockt hatten.

 

_____________________

 

Leere.

 

Einfach nur vollkommene Leer. Kein Schmerz, keine Trauer, keine Sehnsucht. Nichts.

 

„Nicht schlecht, Lilithmon…“ Anerkennend klatschte Lucemon in die Hände, als es das Mädchen betrachtete. Die braunen Haare der Tachikawa lagen matt auf ihren Schultern. Ihre sonst so rosige Haut glich einer Kalkwand und ihre Augen trugen einen schwarzen Schatten mit sich, waren nur halb geöffnet und im Ausdruck eher leer. In ihren Armen trug sie ihr Digimon. Mit der Hingabe absoluter Finsternis war auch das Digivice der Tachikawa in die Dunkelheit getaucht und ebenso ihr Digimon. Palmon starrte einfach nur vor sich her. Genau wie seine Partnerin. Ein hässliches Grinsen zeigte sich auf den Lippen Lilithmons. „Bring Palmon dahin…“ Das Digimon auf dem Megalevel deutete auf einen Punkt, an welchen Wurzeln und Äste des Aokigahara-Waldes zusammenkamen. Es war wie ein kleiner Sitz, in welchen Mimi ihr Digimon setzte. Sofort verbanden sich die Wurzeln der Äste mit dem Digimon. Es war wirklich so, als würden sie in das Digimon eindringen. Doch Palmon rührte sich nicht. Es gab den Wurzeln Macht. Dunkelheit floss durch Mimis Digimon und stärkte die Wurzeln.

 

Ausdruckslos betrachtete Mimi das Schauspiel. In ihrem schwarzen Kleid glich sie der Mimi auf dem Friedhof. Der Mimi, die ihre Mutter verabschiedet hatte. Voller Schmerz und Hoffnungslosigkeit.

 

Neue Ranken bildeten sich, der Wald wuchs und breitete sich aus. Mit der neuen Energie brach er förmlich heraus. Wurzen schossen aus den Böden der naheliegenden Ortschaften und beschädigten Straßen, Häuser und andere Einrichtungen. Sie verteilten sich und erreichten bald schon Tokyo. Sie schossen durch den Asphalt hindurch und schlangen sich um verschiedene Gebäude. Der Tokyo-Tower wurde umschlungen, wie andere besondere Sehenswürdigkeiten. Mit dem Auftauchen der Ranken veränderte sich auch das Wetter. Eine dichte Wolkendecke vergraulte die Sonne und lautes Donnergrölen war zu hören. Regen prasselte auf Tokyo nieder. Ein Regen, der eine dunkle Atmosphäre begünstigte. Aber nicht nur das. Auf den Ranken wuchsen Knospen, die zu Blüten heranreiften. Blüten, die ganz genau wie die Blüte auf Palmons Kopf aussahen.

 

_____________________

 

Ein schrilles Piepen drang an die Ohren der Digiritter. Erschrocken fuhr Koushiro zusammen, der sich nach einer Weile wieder beruhigt hatte. Noch alle waren sie sprachlos, würden aber auch nicht die Zeit bekommen, weiter zu streiten. Stattdessen eilte Yamato vom Balkon zu ihnen – die Zigarette war ihm aus dem Mund gefallen. „Leute!! Das müsst ihr euch ansehen!“, kam es aufgeregt von ihm, was man von dem sonst so ruhigen Digiritter eher weniger gewöhnt war. Bis auf Koushiro eilten sie dem Blonden auf den Balkon nach und konnten ihren Augen kaum glauben. „Was ist das?!“, fragte Sora schockiert. Joe rieb sich im ersten Moment die Augen. Er konnte nicht glauben, was er da sah. Überall schlängelten sich Ranken um die Häuser, schossen aus den Boden und verteilten sich schnell in der Stadt. „Ist das…?“ Taichi fiel es zuerst auf. Dann folgte Sora. „Das sind… Es sieht aus wie die Blume von Palmon…“, flüsterte sie schockiert.

 

Taichis Haltung verkrampfte sich. Er spürte ziemlich deutlich, wie ein schmerzendes Brennen durch seine Glieder schlich. Vielleicht hatte Koushiro Recht. Er war ein verdammter Feigling, der Mimi nicht helfen konnte. Jetzt nicht mehr. Vielleicht hätte er das alles verhindern können, wenn er damals seinem Wappen treu gewesen wäre. Um einen ihm wichtigen Menschen nicht zu verletzen hatte er einen anderen verletzt, ohne zu merken, wie es ihn in die Dunkelheit stieß. Damals hatte er Sora nicht verletzen wollen, nichts ahnend, dass Mimi alles live mitbekam. Er war so dumm. Und nun erkannten sie die eigentlich Tragödie dahinter. „Leute!!!“, rief es aus der Wohnung. Sofort sahen sie zurück. Durch das Balkonfenster war der Blick auf Koushiro gut möglich. „Es tauchen überall Digimon auf… Überall öffnen sich Digitore!“, meinte er fast schon panisch. Taichis Blick weitete sich, Yamato verging die Lust am Rauchen, Sora schluckte bitter und Joe sah nochmal zurück. Zurück zu den Ranken. Zurück zu den Blüten. Er dachte an Mimi und Palmon. Sie war immer ein aufrichtiges und liebes Mädchen. Doch nicht nur der Tod ihrer Mutter schupste sie in ein dunklen Loch. Sondern auch die Liebe zu zwei besonderen Menschen. Joe seufze. Auch ihm waren die Digiritter wichtig. Er hatte Angst. Angst um Mimi, Angst um die anderen. Sie mussten dem ein Ende setzen!

 

„Was sollen wir tun?!“, war es Yamato, der als Erstes die Stimme erhob und zu den anderen sah. Sie konnten nicht digitieren, aber handeln mussten sie trotzdem. „Wir müssen Mimi finden und herausfinden, ob sie etwas damit zu tun hat!“, sagte Sora gleich. Koushiro hob verwirrt den Blick. „Warum denkst du, dass Mimi etwas damit zu tun haben könnte?“ Schließlich war Koushiro nicht mir nach draußen gekommen. Sora griff nach seiner Hand und zog ihn auf die Beine. „Verdammt Sora, das ist jetzt nicht der richt…“ Doch er sprach nicht weiter. Als ihn Sora auf den Balkon zog, verstand er. Seine Augen weiteten sich und er stockte. Nein! Das konnte nicht sein. Nicht Mimi! Nicht seine beste Freundin. Dabei war sie immer so stark, rein und mutig… Warum musste das ihr passieren? „Nein… wie…“, flüsterte er verzweifelt. Schmerz spiegelte sich in seinen Augen wider. Aber auch Schuld. „Das ist meine…“, flüsterte er. „Nicht Koushiro… Wenn, dann sind wir alle daran schuld! Deswegen müssen wir auch alle was machen!“, erwiderte Sora. „Kommt ihr jetzt endlich Mal!?“, rief Taichi aufgebracht, der voller Tatendrang vor der Wohnungstüre stand. Die beiden folgten und sahen den Yagami verwirrt an. „Was hast du vor?!“, fragte der Jüngere. Taichi schnaubte. „Was wohl?! Wir bekämpfen die Digimon und holen Mimi da raus!!“ Wie nur sollten sie das anstellen? Wie immer ging Taichi völlig planlos vor. Aber was anderes waren sie nicht gewöhnt von ihm. Koushiro schmunzelte leicht. „Okay, dann lasst und gehen! Am Odaiba-Bahnhof ist das Signal besonders stark! Und er ist ganz nah von hier!“ „Wir sollten Hikari-chan und Takeru-kun noch Bescheid geben!“, bemerkte Sora. Yamato nickte und wählte die Nummer seines Bruders, bevor sie sich auf den Weg machten.

 

_____________________

 

„Angemon!!“, rief Takeru aufgebracht und rannte zu seinem Digimon, welches von Kimeramon zurückgeschleudert wurde. Schwerfällig richtete sich das Digimon auf, während Gatomon erneut zum Angriff ansetzte. „Verdammt! Warum ist das Digimon so stark!!“, fluchte das Digimon von Hikari. Diese stand hinter ihrem Partner und feuerte es an. In der Vergangenheit hatten sie schon Mal mit Kimeramon zu tun gehabt, hatten es aber besiegen können. Dass sie nun in einen Kampf mit dem Digimon verwickelt wurden, kam ziemlich überraschend. Dabei hatten sie nur ein Eis essen wollen, als die Wurzen aus den Boden schnellten und sich Blüten bildete. Schockiert hatten sie dabei feststellen müssen, dass die Blüten der von Palmon glichen. Dann kam Yamatos Anruf, der ihnen erklärte, was sie sie verpasst hatten. Takeru stand vor ihr und hob einen Arm vor sie. „Bleib zurück, Hikari!“, sagte er ernst. Kimeramon war auf dem Ultra-Level, was ein Problem darstellte. Damals hatten sie ihre Wappen aufgegeben, um die Digiwelt zu retten. Nun brauchten sie diese dringender denn je. Aber sie konnten dieses gefährliche Wesen nicht einfach frei rumlaufen lassen. Sie mussten etwas tun. „Ich beschütze dich, Hikari-chan!“, hörte die Angesprochene ihr Digimon. Gleich darauf stellten sie sich erneut den Kampf, doch sie waren dem Digimon hoffnungslos unterlegen.

 

„Hikari!!“, rief Taichi. „Nii-san!“, erwiderte die Jüngere, als Taichi und die anderen zum Bahnhof kamen. Schockiert sahen sie Kimeramon, welches lautstark durch die Gegend schrie und sich den Digirittern entgegenstellte. Yamato ging auf seinen Bruder zu. „Alles in Ordnung bei euch?!“, fragte er diesen. Der Angesprochene nickte, sah dabei aber immer wieder zu seinem Digimon, welches den Angriffen von Kimeramon auswich. „Alles okay?!“, fragte auch Taichi seine kleine Schwester. Diese nickte. Suchend sah sie sich um. „Wo ist Mimi?!“, fragte sie und sah erschüttert zu ihrem großen Bruder. „Nein Taichi… sag, dass das nicht wahr ist!“, hauchte sie atemlos und sah schockiert zu der Blüte, aus welcher Kimeramon gekommen war. „Oh Gott, Mimi…“, flüsterte sie. „Wir haben dafür jetzt keine Zeit! Gomamon!!“, rief Joe, der sich mit seinem Digimon dem Feind entgegenstellte. Sie nickten alle einander zu, als die Digivices der jungen Erwachsenen erstrahlten.

 

„Gomamon digitiert zuuuuu… Ikakkumon!“

„Tentomon digitiert zuuuuu… Kabuterimon!“

„Agumon digitiert zuuuu… GeoGreymon!!“

 

Mit einem Mal stand es Fünf gegen einen. Kimeramon wich den Angriffen der Digimon gekonnt aus und schleuderte stattdessen Angriffe zurück, die ins Schwarze trafen. Die Attacken waren ziemlich stark, so dass die Digimon mehr ausweichen konnten als eigene Angriffe zu starten. „Scherenkralle!“, rief das feindliche Digimon und schoss einen Energiestrahl auf die anderen. Staub wurde aufgewirbelt, Gebäudeteile fielen zu Boden und vereinzelnd war das Husten der Digiritter zu hören. Sie alle konnten für einen Moment nichts sehen, denn der Staub war wie eine Steinmauer. „Hikari!! Hikari!!“, schrie Taichi. „Hust… Ich bin… Mir geht’s gut!“ Auch die anderen versicherten sich, ob es ihnen einander gut ging. Leider sah das bei ihren Digimon anders aus.  

 

Allmählich verschwand der Staub um die Auserwählten herum. Mit Erschrecken mussten sie feststellen, dass ihre Digimon getroffen und zurückgeschleudert wurden. „Gatomon!“, hörte Taichi seine Schwester, die sofort zu ihrem Digimon eilte. „Tut mir leid, Hikari-chan…“, hauchte das katzenähnliche Digimon. Hikari biss sich auf die Unterlippe. „Tentomon!“ „Gomamon!“ Die Stimmen von Joe und Koushiro klangen verzweifelt an sein Ohr. Nur GeoGreymon schien sich aufrichten zu können. Auch Angemon hatte sich zu Patamon zurückverwandelt. Schwerfällig richtete sich Taichis Digimon auf. Schon immer waren die Digimon von ihm und Yamato am Hartnäckigsten gewesen. Doch diesmal stand er dem Feind alleine gegenüber. Er ballte die Hand zur Faust und sah dem Digimon mutig entgegen. Ein deutliches Knurren war dem digitalen Monster zu hören. Doch er würde nicht aufgeben. Wenn er das Digimon hier besiegen musste, um zu Mimi zu gelangen, dann würde er das schaffen! Darin bestand keinerlei Zweifel. „Verdammt!“, knurrte Yamato hinter ihm, der sein zusammengesetztes Digivice in der Hand hielt. Er konnte seinem besten Freund nicht zur Seite stehen, obwohl er ihn gerade am Dringendsten brauchten. Warum!? Warum waren sie diesen Weg gegangen?!

 

In seinem Selbsthass passte er einen Moment nicht auf. Er spürte das Zittern seiner Kameradin, die neben ihn kniete. „Sora, was…?!“, flüsterte er. Tränen schimmerten in ihren Augen auf. Yamato verstand nicht ganz, als er ihren Blick folgte. Augenblicklich sah er zu seinem besten Freund, der seine ganze Haltung verkrampfte. Koushiro war es, der es über die Lippen brachte. Voller Schmerz, voller Hass… Hass darüber, dass er es nicht geschafft hatte, sie zu beschützen und ihr zur Seite zu stehen. Genau der gleiche Hass, der auch bei Sora für die Tränen in ihren Augen sorgte. Die Verzweiflung darüber, nur auf sich geschaut zu haben, ohne die Gefühle anderer berücksichtigt zu haben. Wie gut Yamato dieses Gefühl doch kannte.

 

Seine blauen Augen gingen zu der jungen Frau, die neben Kimeramon aufgetaucht war. Auch, wenn sie nicht wirklich so aussah, erkannten sie alle Mimi in der Gestalt. Ihre Haare lagen glatt über ihren Schultern, ihr Blick war trüb und ihre Kleidung schwarz. Es wirkte fast so, als wolle sie zur nächsten Beerdigung gehen. Etwas, was sie in den letzten Wochen bereits durchgemacht hatte. Etwas, worauf sie sich monatelang vorbereitet hatte.

 

Ihre Augen waren leer. Keinerlei Reaktion. Es war mehr, als würde sie durch ihre Freunde hindurch blicken. „Mimi!!“, rief Koushiro, der sich aufrappelte und zu seiner besten Freundin rennen wollte. Doch das Grölen von Kimeramon brachte ihn zum Stehen. Schockiert sah der Rothaarige zu der Tachikawa. Ausdruckslos erwiderte sie seinen Blick. Doch sie sah durch ihn hindurch. Noch nie hatte er sie so gesehen. Ihm blieb das Herz stehen. Ameisen bahnten sich ihren Weg durch seinen Bauch, seine Haut zeigte eine Gänsehaut. „Mimi…“, flüsterte er. Nicht nur er, sondern sie alle waren sprachlos. Das war nicht Mimi! Nicht die Mimi, die sie kannten. Es war ein Geist von Mimi. Ihre Haut glich der einer Porzellanpuppe. Und genau so handelte sie. Ihre Augen gingen zu Taichi und GeoGreymon. Dem letzten Feind. Taichi konnte seinen Augen nicht trauen. „Das ist doch nicht dein Ernst… Das kann nur ein Alptraum sein…“ Doch das war es nicht. Es war kein Alptraum, sondern bittere Realität, die ihnen allen schmerzlich klar wurde, als Mimi den Arm hob…

 

„Vernichte sie…“

 

… und Kimeramon zum nächsten Schlag ausholte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallihallo~
Tja, wie es einige schon geahnt haben, ist es diesmal Koushiro, der den nächsten Gegner auf den Plan ruft. Mal sehen wie es wohl weiter geht.
Im Zuge dessen möchte ich auch gerne erwähnen, dass die folgenden Kapitel nun im 2-Wochen-Rythmus folgen werden. Ich habe einiges an Universitätskram zu tun. Zumal ich, wie bereits oben erwähnt, auch noch an einem anderen Herzensorjekt arbeite. Dieses möchte ich euch gleich auch mal zu Gute führen. Heute kommt auch dort das erste Kapite raus und innerhalb einer Woche haben wir gut sieben Kapitel fabriziert. Denn wir sind voller Elan und Motivation. Daher würde ich mich freuen, wenn ihr auch dieser Arbeit eurer Interesse schenken würdet.

Find your own way

Diese FF haben wir in Gemeinschaftsarbeit fabriziert und ein wahres Herzensprojekt. Daher würde uns natürlich auch ein Feedback von jedermann interessieren. Denn wir sind wirklich stolz auf unser Werk.

Wir schreiben uns im nächsten Kapitel oder auch in der anderen FF XD Wie auch immer. Ihr seid alle toll!!!

Alles Liebe ♥ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So ~
Das wars dann auch schon wieder.
Mal wieder ist viel in dem Kapitel passiert =)
Aber ich sehe es auch nicht ein, meine Kapitel zu kürzen. So wie es kommt, ist es meist am Besten.
Wie bereits gesagt, ich werde nun wieder schneller und regelmäßiger hochladen. Ich hoffe nun auch, dass ich einige Kapitel vorschreiben kann. Denn neben den ganzen Verpflichtungen ist das die einzige Entspannung, die man bekommt =) Ich liebe das Schreiben einfach.

Es ist übrigens gar nicht so einfach, die sieben Todsünden zu verpacken >.<
Da stelle ich mich echt einer Herausforderung. Aber es macht Spaß, sich darüber auszutauschen und darüber nachzudenken. Solltet ihr irgendwelche Ideen haben, immer her damit °^°

Alles Liebe euch allen ♥ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Man~
Dieses Kapitel ist mir wirklich wahnsinnig schwer gefallen.
Ich hoffe trotzdem, dass es euch gefallen wird~
Freue mich schon, Feedback von euch zu bekommen ^^

Ich werde jetzt Mal arbeiten gehen.
Einen schönen Sonntag euch allen :* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Text Referenz: https://www.animelyrics.com/doujin/vocaloid/amanojaku.htm

Danke fürs Lesen.
Solltet ihr Kommentare hinterlassen, würde ich mich sehr freuen.

Keine Ahnung, wann ich wieder schreiben werde. Aber diesmal wird es auf jeden Fall schneller gehen, als zuvor.
Ich danke euch für eure Geduld. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Liebe Leserinnen und Leser,

es hat wieder Einiges an Zeit beansprucht, um das neue Kapitel zu schreiben und hochzuladen.
Doch ich freue mich wie immer über Feedback.
Zeitlich schaffe ich es leider nicht mehr, jedes Kommentar einzeln zu beantworten.
Aber ich danke Euch von Herzen für eure lieben Worte!!

Habt eine gute Zeit und bleibt bitte alle gesund!
Ich denke an Euch ♥

Alles Liebe
Janine Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (103)
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9]
/ 9

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  dattelpalme11
2021-01-03T09:47:13+00:00 03.01.2021 10:47
Hallo meine Liebe,
wie in meiner ENS angekündigt, wollte ich ja noch dein neues Kapitel lesen. Mir ist dann aufgefallen, dass ich das davor auch noch nicht gelesen hatte, weshalb ich auf beide versuche etwas einzugehen.

Mimi hat jedenfalls sehr viel durchgemacht und ich denke, wenn man viel Schlimmes hintereinander erlebt, man auch anfälliger für dunkele Gedanken ist.
Erst schläft sie mit Tai und dann bekommt sie das Gespräch zwischen ihm und Sora mit, was ihr das Herz gebrochen hat. An ihrer Stelle wäre ich auch nicht mehr zurückgegangen.
Aber dann kam auch noch das mit ihrer Mutter, was natürlich für einen jungen Menschen sehr viel sein kann, da spreche ich leider aus Erfahrung. Man möchte niemanden leiden sehen, den man liebt.
Aber Krebs bedeutet leider oftmals auch ein langer Leidensweg und viele Schmerzen...
Und diese Schmerzen verlagern sich meist auf die ganze Familie. Und ich denke, anfangs versucht man einfach weiter zu machen, aber man wird schnell wieder vom Verlust eingeholt. Dass Mimi diesen Schmerz nicht mehr fühlen will ist verständlich, allerdings wird sie auch so nie darüber hinweg kommen :(

Tai ist irgendwie generell sehr inkonsequent. Ich glaube, man hält gerne an dem Gewohnten fest, allerdings ist es schon sehr arschig mit der besten Freundin der vermeintlichen Ex zu schlafen, selbst wenn man Gefühle für sie hat. Aber dann wieder zur Ex zurückzugehen, ist irgendwie das Gegenteil von Mut o.O

Das Izzy Mimi getröstet und geküsst hat, fand ich sehr süß, auch wenn mir Tri Koumi ein bisschen versaut hat xD
Ich kann aber Mimi auch verstehen, dass sie den Kuss unterbunden hat. Gefühle kann man sich nicht aussuchen, aber Izzy zeigt hier wirklich wie sehr er hinter Mimi steht, obwohl sie ihn abgewiesen hat.
Ich hoffe Tai wird jetzt endlich mal wach.

Mimi scheint ja jetzt von der Dunkelheit besessen zu sein. Da bekommt man wirklich einen leichten Black Lady Vibe aus Sailor Moon :D
Aber so wie es aussieht wird jetzt der finale Kampf eingeleutet. Ich denke auch, dass nur die Liebe Mimi noch retten kann. Sie in diesem Zustand zu erreichen wird allerdings sehr schwierig :/

Ich bin jedenfalls gespannt, wie du das Ganze weitergeplant hast :) Ich weiß nicht, ob du aktuell an deiner Story arbeitest, aber ich freue mich jedenfalls auf mehr ;)
Wird deine andere Story auch noch fortgesetzt?

Liebe Grüße und einen guten Start ins neue Jahr :)
Tamara
Von:  Kirschbluetentiger
2020-07-25T22:32:21+00:00 26.07.2020 00:32
Huhu,
Lang ist es her und trotzdem war ich wieder sofort in der Geschichte drinn. Sehr schön geschrieben. Taichi hat sich mal wieder ein großes Eigentor geschossen.
Es bleibt auf jeden Fall spannend. Ich bin gespannt wie Taichi versuchen wird die Dunkeheit von Mimi zu vertreiben.
Liebe Grüße
Tigerchen
Von:  Linchen-86
2020-06-28T18:36:56+00:00 28.06.2020 20:36
Hallöchen mein liebes :*

Endlich Zeit zum Lesen und ich muss gestehen ich wusste gar nicht mehr wie es zuvor aufgehört hatte, aber es hatte mich schon ab dem zweiten Abschnitt gar nicht mehr interessiert.
Mimis Leid zu lesen hat mich gleich abgeholt. Teilweise klingt es ja gut, aber dann spürt man beim Lesen, nein so bleibt es nicht.

Es brach auch mir das Herz wie Mimi mit anhören muss wie Sora vor Tai steht und ihn anfleht, sie zurückzunehmen...
Oh man, abgesehen davon dass das sowas von arm ist bringt dies auf Dauer nichts. Denn Tai ist aus falschen Gründen bei Sora und eines Tages wird es doch wieder zum Bruch kommen.

Satoe. Oh Mensch. Wie schrecklich das für sie als Familie war und diesen ganzen Prozess so mitzubekommen war sicher für alle ein Schlag ins Gesicht.
So viel Kummer und Leid.
Das Lied kannte ich nicht. Ich muss es mir nachher mal bei Youtube anhören, aber des Text gefiel mir :)

Lilithmon. Tja, sie hatte leichtes Spiel. Mimi war die perfekte Kandidatin für ihre Intrigen. Sie hatte soviel Schmerz und wollte es einfach nur loswerden... :(
Oh weiß, da bin ich mal sehr gespannt wie es weiter gehen wird.

Hoffe es bald auch lesen zu können ;)

Und sooo unfassbar toll geschrieben. Ich liebe deinen Schreibstil nach wie vor und fühle mich direkt mitgenommen. Großartig:*

Ich wünsche dir noch einen schönen Abend mein 💘

Küsschen
Von:  Ruby_Photography
2020-06-03T19:44:30+00:00 03.06.2020 21:44
Hallöchen :=

Schön das ein neues Kapitel erschienen ist, hab schon richtig drauf gefiebert ^^
und wurde auch nicht enttäuscht, mega spannend und super geschrieben :D
Freue mich schon auf das nächste, mach weiter so <3

Liebe Grüße, Ruby~
Von:  Hallostern2014
2019-12-19T20:12:36+00:00 19.12.2019 21:12
Huhu.

Es freut mich, das du ein neues Kapitel geschrieben hast und egal wie lange das nächste dauert. Ich werde weiterhin drann bleiben. Und mach dir mal keinen Stress. Ich glaube alle können dich verstehen.

Das Kapitel ist toll geworden. Ich habe mit Mimi mit gelitten. Die arme, musste so viel durch machen.

Ich fand die Stelle mit Michi am besten. Auch wenn die wegen Sora und wieder mal dazwischen funken musste. Aber Tai kann wohl keine Mädchen weinen sehen. Deswegen hat er nachgegeben. Ich glaube er wollte Sora die ganze Zeit sagen das es endgültig ist. Man hat es gemerkt, das er es erst meinte was er zu Mimi gesagt hat.

Und dann kommt sie schreckliche Krankheit ihrer Mutter dazu.

Kein Wunder, dass sie so schnell beeinflussbar war. Ich hoffe die anderen können Mimi retten. Vorallem das Tai der jeninge ist, der ihr wieder die Hoffnung gibt nicht auf zugeben und zu Kämpfen und das sie wieder an sich glaubt.

Ich bleibe wie gesagt jedenfalls dabei. Und freue mich schon aufs nächste Kapitel.

Wünsche dir ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Glg
Von:  Sakuran
2019-12-15T19:28:21+00:00 15.12.2019 20:28
Oh, bin ich die Erste?! Also ersteinmal zu deiner ENS und dem Inhalt. Mir geht es genauso. Ich komme kaum noch zum schreiben weil das Leben mit Job, Kind und Familie einfach so viel Kraft frisst, dass mir keine Kreativität mehr übrig bleibt. Ich habe viele Ideen und würde mich abends so gerne hinsetzen und schreiben, aber ich bin dann so müde, dass nur Blödsinn dabei raus kommt. Wenn ich dann etwas schreibe, dann ist es auf keinen Fall die Qualität, die ich vorher hatte. Ich bin sehr unzufrieden und lasse es dann sein. Deshalb Hut ab von mir! Respekt, dass du es geschafft hast, wieder etwas Neues zu schreiben! Und ich habe es genossen zu lesen.

Mir gefällt die Emotion und ich hätte so gerne noch mehr von Tai und Mimi gelesen. Als du Sora vor die Tür gestellt hast, musste ich fast kotzen! Da fällt sie noch auf die Knie?! Ach Gott, Sora ist einfach nicht mein lieblings Charakter XD und dann die schwere und tödliche Erkrankung von Satoe. Das haut ein junges Mädel natürlich völlig aus der Bahn. Ach so ein scheiß auch wieder! Alles auf einmal für Mimi! Was nun? Na logisch, dass man in ein tiefes Loch stürzt und keine Lust mehr hat. Keine Hoffnung, keine Motivation..... Nichts! Es wird also spannend, wer dabei hilft Mimi aus dieser Talfahrt herraus zu holen.

Ich verstehe, dass du nicht sagen kannst, wann etwas neues kommt. Mir geht es auch so. Aber trotzdem bleibe ich dran denn mir tut es auch gut, etwas schönes zu lesen. Da schöpft man wieder Kreativität und Motivation. Vielen Dank!!
Von:  Hallostern2014
2017-10-07T09:50:06+00:00 07.10.2017 11:50
Huhu, ich kam heute auf deiner FF und finde die echt Klasse, ich hoffe du schreibst bald weiter.

So nun zu der FF, ich war echt geschockt als herraus kam, dass Matt und Sora Tai betrügen und du hast es gut rüber gebracht, dass deswegen durch den Betrug der Freundschaft und der Liebe ihre Digivices Kaputt gegangen sind. Die wohl erst wieder Funktionieren wenn sie zeigen das beide es verdient haben sich Träger der Freundschaft und Liebe zu sein...dazu zählt auch das beide sich ihre Taten selber verzeihen.

Und, dasa Tai deswegen so ausrastet ist aehr verständlich, denn es waren sein Bester Freund der seine Freundin ausgespannt hatte. Auch wenn es zwischen ihn und Sora nicht gut lief, es sowieso schon fast aus war, dass es nur eine hätte aussprechen müssen, dennoch war es der Verrat, der ihn so handeln gelassen hat.

Ich glaube aber das er für Mimi doch was empfindet und er es nur wegen Izzy nichts sagt was du ja schon geschrieben hast. Auch das er von kurzen erst getrennt ist macht es schon schwierigerm..dennoch sollte er sich darüber mal mit Izzy unterhalten und ihn ehrlich gegen über sein. Das der Kuss ihn nichts bedeutet hat zweifel ich sehr deswegen. Und das beide Wappen sich zusammen getan haben sagt ja auch schon alles.

Und Mimi ? Sie sollte sich wirklich hilfe holen. Izzy hat recht sie hätte zu ihre Freunde kommen sollen. Sie ist nicht alleine. Und ich habe die Befürchtung, dass sie auf das Angebot eingeht. Und die sie benutzen um an Kari ranzu kommen um sie töten. Hoffentlich kommt es nicht so weit. Und die anderen Helfen Mimi wieder zu sich zu kommen. Wobei ich denke das es wohl Tai sein könnte die sie zurück bringt und mit ihr den zusammen den kampf gegen die Lilithmon kämpft.


Ich hoffe wirklich sas es bald weiter geht es ist so Spannend.

Ganz liebe grüße

Von:  dattelpalme94
2017-01-16T19:49:45+00:00 16.01.2017 20:49
Hallo meine Liebe :)

Jetzt komm ich auch endlich mal dazu, dir hier ein Kommentar zu hinterlassen :)

Trotz der längeren Pause zwischen dem letzten und dem aktuellen Kapitel fand ich es gar nicht schwer, wieder in die Geschichte reinzufinden :)
Und wie immer schaffst du es, die Atmosphäre ganz toll zu beschreiben – sei es in dem Gruselwald oder bei Izzy in der Wohnung! :) großes Kompliment dafür :)

Ich glaube, ich hatte dir erzählt, dass so Grusel- und Horrorzeug nicht meins ist, deshalb find ich den Wald, in dem sich die bösen Digimon aufhalten, mega gruselig und kann nicht verstehen, wieso Menschen da freiwillig reingehen :D aber es scheinen ja genug Menschen mit - wie du es so nett formuliert hast – depressiven Selbstmordgedanken hinzugehen.
Der Plan, den sie haben, klingt ja wirklich böse! Aber Freunde gegeneinander ausspielen/aufhetzen ist ein häufig vorkommendes Motiv, wenn die Bösen die Guten besiegen wollen. Ich bin wirklich gespannt, ob sie das schaffen und ob Lilithmon es schafft, Mimi auf ihre Seite zu ziehen.. ich hab leider das Gefühl, dass sie es bei Mimis derzeitigem Zustand tatsächlich schaffen könnte :(

Zumindest weiß Koushiro jetzt über Mimis Bulimie Bescheid. Und es ist schön zu sehen, dass er, trotz all der anderen Probleme, sich die Zeit nimmt und sich um Mimi kümmert. Wobei das zu einer Freundschaft gehört, meiner Meinung nach. Und ich glaube, er hätte schon viel früher eingegriffen, wenn Mimi sich nur an ihn gewandt hätte.. hach, aber ich verstehe sie auch.. manchmal hat man das Gefühl, dass die eigenen Probleme im Vergleich zu dem großen Ganzen total klein und banal sind und man sie deshalb lieber verschweigt um andere nicht damit zu belasten.. aber das ist bei Mimi der falsche Weg.. sie braucht gerade mehr Unterstützung denn je.. nicht nur wegen ihres Essproblems, sondern auch um den Verlust ihrer Mutter und den Fortgang ihres Vaters zu verarbeiten. . du bist ganz schön gemein zu der armen Mimi ;(
Ich fand es schön, dass du gezeigt hast, dass Sora ein schlechtes Gewissen hat, weil sie nicht für Mimi da war ;) aber ich persönlich finde, dass du das noch stärker hättest zeigen können.. aber vielleicht kommt das ja noch :)

Eine Rückblende *-*
Tai war damals ein richtiger Idiot! Beziehungspause hin oder her, er hätte Mimi nicht einfach dazu benutzen dürfen, um herauszufinden, was er wirklich will! Erstens finde ich, dass das dennoch Betrug ist, obwohl er und Sora eine Pause eingelegt hatten und dann sagt er, dass er Sora nicht verlieren will. Ahja, fällt ihm aber früh ein.. und Mimi als Lückenbüßer benutzen ist echt gemein!

Bei all dem, was Mimi gerade durchmacht, ist es nicht verwunderlich, dass Lilithmon sich Mimi als Schwachpunkt herausgesucht hat..und wie ich schon sagte, ich vermute fast, dass sie es annehmen wird :/

Bis zum nächsten Kapitel :) hau in die Tasten! ;)
Liebe Grüße :*
Von:  Tasha88
2017-01-07T12:58:54+00:00 07.01.2017 13:58
Hallo Sternchen,

endlich komme ich zum kommentieren, immerhin habe ich lol fertig ;)
Zeit für anderes :D
nicht wirklich XD

ich finde den Start wieder super - du hast die Stimmung wieder perfekt eingefangen - der Grusel/Selbstmörder Wald...
und ich bekomme echt Angst um Kari... und um Keru... gibt es hier noch Tote??? Ich kann es mir ja vorstellen... du Dramaqueen... aber ich muss dir leider sagen, dass ich bei Toten dann immer raus bin -.- ich mag es nicht, wenn Personen sterben - also lass niemanden sterben

und dann die Szene mit Koumi...
irgendwie war es klar, dass Koushiro in Mimi verliebt ist.. ich wünsche mir, dass er mal glücklich wird - er hat es verdient...
wobei ich mir auch vorstellen könnte, dass die beiden zusammen kommen.
weil wer weiß, ob sie irgendwann mit Tai zusammen kommt...

auch die Stelle mit Sora und Yamato - die beiden tun mir ebenfalls wirklich leid...
aber sie haben Mist gebaut, gewaltigen!!! und daher ist es fair, dass sie jetzt erstmal leiden müssen... und das aus meinem Munde ;)

dann die Rückblende von Mimi.
Tai ist ein Arsch... tut mir leid, aber das geht gar nicht, was er da getan hat
der Idiot soll einmal seinen Kopf einschalten.
du machst es mir schwer, ihn hier zu mögen...

und Mimi als Schwachpunkt ergibt Sinn. Es geht ihr sowieso schlecht, sie ist angreifbar... also wird sie das auch weiterhin sein
ich hoffe nur, dass die Freunde es schaffen, zusammen zu halten denn nur gemeinsam sind sie stark genug

ich bin gespannt, wie es weiter geht.

♥♥♥♥ :*****
Von:  dattelpalme11
2017-01-06T19:31:40+00:00 06.01.2017 20:31
Hallo meine Liebe :)
Bevor ich mich wieder meiner Abschlussarbeit widme und wortwörtlich in Literatur versinke, wollte ich hier noch ein Kommentar hinterlassen :> Vllt schaffe ich deine andere Geschichte im Anschluss auch noch ;)

Ich muss gestehen, dass ich nicht mehr wirklich wusste, was in dem letzten Kapitel passiert war, was aber mehr daran liegt, dass mein Kopf zurzeit ein Sieb ist xD
Ich finde es gut, dass du uns auch an der Sicht der Bösen teilhaben lässt und man sozusagen einen Einblick bekommt, was sie planen. Interessant finde ich auch, dass sie sich im Selbstmordwald verstecken...ich denke mal, dass sie dort viel negative Energie erhalten, um sich zu "ernähren".
Die Thematik rund um die sieben Todsünden fand ich generell sehr spannend und seit Fullmetal Alchemist bin ich sogar ein bisschen dem Hype verfallen und bin echt gespannt, was du daraus noch machen wirst ^^
Und ihr Plan ist wirklich bitterböse o.o Jetzt wollen sie Mimi ausnutzen, um ihren Plan zu verwirklichen?
Ich hoffe wirklich, dass sie es nicht schaffen, obwohl Mimi wohl sehr leicht angreifbar ist...

Mimi hat ihre Mutter und auch in gewisser Weise ihren Vater verloren und dann das noch mit dem Übergeben...irgendwie bin ich ganz froh, dass Izzy mitbekommen hat, wie schlecht es ihr geht o.o
Und ich finde es gut, dass Mimi es bei ihm mal rauslassen kann und er ihr das Gefühl gibt, für sie da zu sein :) Ich glaube, dass braucht sie auch jetzt!
Und irgendwie machen sich auch alle irgendwie Sorgen um Mimi, obwohl gerade bei Sora und Yamato noch eigene Probleme hinzu kommen. Genau genommen, haben sie ihre wichtigsten Eigenschaften verloren und sind zurzeit hilflos. Denn ich glaube nicht, dass ihre Digivices funktionieren werden...irgendwie haben die beiden sich selbst verloren :(

Und dann kommt die Rückblende, von der ich noch nicht wirklich weiß, was ich davon halten soll. Irgendwie kann man verstehen, dass dieses Geheimnis Mimi sehr belastet.
Und Taichi hat sich ganz sicher nicht mit Ruhm besudelt...es kommt wirklich so rüber, als hätte er Mimi für eine Nacht einfach ausgenutzt...Beziehungspause hin oder her -.-
Und dann sagt er am nächsten Morgen, dass er Sora nicht verlieren will, obwohl er vorher sagt, dass er herausfinden will, was er wirklich will? Irgendwie hat der Gute so ein bisschen seine Sympathie verspielt xD
So ein Verhalten geht echt gar nicht o.o Bin mal gespannt, wie es da noch weitergehen wird.
Und dann taucht am Ende noch Lilithmon auf, um ihr ihren Schmerz zu nehmen und mein dumpfes Gefühl sagt mir, dass sie das Angebot annehmen wird. Vielleicht nicht im nächsten Kapitel aber in naher Zukunft :O

Soo, ich hoffe, dass ich jetzt nicht vergessen habe o.o
Bin gespannt, wie es weitergeht und ich schaue mal, ob ich gleich noch das andere Kapitel schaffe :D

Liebe Grüße <3


Zurück