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Pirates ahead!

Leinen los, ihr Leichtmatrosen
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Mich hat seit langer Zeit einmal wieder die Lust gepackt, literarisch ein wenig produktiv zu werden.

Eine kleine Kurzgeschichte hat mich auf die Idee gebracht im Piraten-genre anzufangen.

Viel Spaß! Komplett anzeigen

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Prolog

Ein langgezogenes, hölzernes Knarzen ließ Samuel aufwachen. Sein Kopf fühlte sich furchtbar schwer an und er wagte es kaum in das Zwielicht, das ihn umgab, zu blinzeln. Na ja – sofern man das Zwielicht nennen konnte. Ab und zu wanderten ein paar zerstreute, sonnige Lichtstrahlen durch ein kleines Gitter scheinbar unerreichbar weit oben an der Decke hin und her und streiften Samuels Gesichtskreis. Ansonsten war es dunkel – und feucht – und ekelhaft schwülheiß. Aber eine Brigg war auch nicht gerade dazu gedacht, einem König als Schlafgemach zu dienen. Immer wieder knarzten die Holzbohlen, wenn der sanfte Wellengang das Schiff hin und herschaukelte.
 

„Zur Hölle, wie - ?!“ stöhnte Samuel vor sich hin, schüttelte den Kopf und versuchte sich zu erinnern, wie er in diese prekäre Lage geraten war. Jetzt musste er erst einmal über sich selbst lachen. „Prekäre Lage“ wäre ein wenig harmlos ausgedrückt. Samuel saß in einer muffigen, dreckigen Brigg fest und – ach ja, seine Arme waren über seinem Kopf an den Handgelenken mit Schellen festgekettet. Mehr um sich zu vergewissern, dass das alles hier kein Spiel war, als dass er wirklich Hoffnung hatte, sich befreien zu können, ruckte Samuel kurz an seinen Ketten. Natürlich gaben die Teile nicht nach, sondern schienen ihn nur mit ihrem Klirren zu verhöhnen.
 

Scheiße!, dachte er und warf den Kopf in den Nacken. Ihm tat alles weh, als sei er rundherum getreten und geschlagen worden. Sein Leinenhemd hing reichlich zerrissen an seinem Oberkörper, seiner teuren Kapitänsstiefel oder sonstiger Uniform hatte man ihn beraubt. Lediglich seine einfache braune Kniebundhose, die er stets als Unterhose trug, hatte man ihm gelassen. Wir wurden geentert, fiel es ihm ein. Wie aus dem nichts war das verfluchte Piratenschiff aufgetaucht. Und gegen die Horde waffenschwingender Seeräuber hatten die paar Schutzwachen, die dem Handelsfährschiff beigestellt waren, keine Chance gehabt. Ob irgendjemand überlebt hatte? Samuel erinnerte sich, dass sie es auf scheinbar nichts bestimmtes abgesehen hatten. Jeder, der den Piraten in die Quere kam, wurde auf kurz oder lang von ihnen abgeschlachtet. Auch vor den wenigen Frauen und Kindern an Bord machten sie keinen Halt. Es interessierte sie nicht einmal, wen sie da lynchten. Als wäre es ihnen nur ums Töten gegangen. „Tötet sie! Tötet sie alle!“, hatte Samuel immer wieder die Rufe gehört. Kein Wort von den teuren Waren im Laderaum. Bis auf … „Nur nicht den Kapitän, den will er lebend!“. IHN wollten sie! Und bevor Samuel hatte fliehen oder sich selbst richten können, um nicht den widerwärtigen Piraten in die Hände zu fallen, war er wie aus dem Nichts K.O. gegangen.
 

Wieso denn ausgerechnet mich?, überlegte er. Er mochte zwar ein einigermaßen anerkannter Kapitän der königlichen Marine sein, aber niemand, der etwas bewegen könnte – noch nicht. Oder nicht mehr, jetzt würde es Samuel wahrscheinlich sowieso zu nichts mehr bringen. Er schluckte schwer. Etwas Wasser konnte nicht schaden. Und zugegeben, etwas zu essen, wäre auch nicht verkehrt gewesen. – Wie lang war er überhaupt ohnmächtig gewesen? Suchte man schon nach ihm? Wusste man überhaupt, was passiert war?
 

Doch Samuels Gedanken wurden je unterbrochen, als sich die Luke im Zwischendeck öffnete und er ein paar Stiefel die schmale Treppe hinunterkommen hörte.

Der Captain wartet

Ein Schwall grauenhaftes, grölendes Gelächter drang an Samuels Ohren. Den ekelhaften, nach Rum stinkenden Atem dieser Piraten konnte er gewissermaßen hören. „Sooo … dann wollen wir doch mal sehen, ob unser Prinzesschen schon aufgewacht ist, nicht wahr?! He he ...“, rief der zuvorderst gehende über die Schulter nach oben. Er lachte schmutzig und erntete ein ebenso hinterhältiges Lachen von den hinter ihm stehenden.
 

Samuel schluckte schwer, das klang gar nicht gut. Und wie erwartet stampfte eine Horde dreckiger, lumpiger Piraten zu ihm hinunter. Nur wider Erwarten sah keiner von ihnen, nun ja, schlecht aus. Sie alle waren junge, durchtrainierte Seemänner, sicherlich nicht gepflegt oder gut gekleidet, aber … sie alle wirkten beinahe, als wären sie unter anderen wegen ihres aparten Aussehens angeheuert worden. Optisch passten sie einfach allesamt gut zusammen, sie lieferten ein schönes Bild gutaussehender Männer. Keinen sah man an und bereute den Blick im nächsten Moment wieder. Diese Erfahrung hatte Samuel zur Genüge auf See gemacht. Seemänner konnten echte Schmierlappen sein.
 

Dass Samuels Herz und Verlangen nach Männern schlug, war zwar kein Geheimnis, aber man vermied es seiner Authentizität halber, das Thema breit zu treten. Sicherlich bekam er hie und da den ein oder anderen spöttischen Spruch zu hören, aber da sollte ihn nicht weiter stören. Wer um 9Uhr morgens sturzbetrunken, mit vor Dreck, Schweiß und auch Urin stehenden Kleidern am Pier gegen ein Fass gelehnt saß, den beneidete Samuel nicht, geschweige denn, dass er etwas auf dessen Urteil gab.
 

Jetzt im Moment allerdings wäre es Samuel mehr als lieb gewesen, wenn die Piraten, die da zu ihm hinunter in die Brigg stiegen und ihn dreckig angrinsten, besser nicht wussten, dass er sie mehr als attraktiv fand – rein optisch natürlich, charakterlich fand er sie und ihr Leben als Piraten natürlich mehr als abstoßend. Und fänden sie das heraus – Samuel mochte sich lieber nicht vorstellen, was sie dann umso lieber mit ihm anstellen würden.
 

„Sieh an, sieh an, sieh an … Er ist tatsächlich wach!“, meinte einer der Piraten dann mit einem Blick durch die Gitterstäbe, die Samuel vom Rest des Raumes, der wohl als eine Art Laderaum für allerlei Tand dient, hindurchschaute, „Na, gut geschlafen, Milady?!“ Er und die anderen um ihn herum brachen in Lachen aus und johlten. Es bereitete ihnen offenbar köstlichste Freude, einen Kapitän der englischen Marine hier so wehr- und schutzlos vor sich ausgeliefert zu wissen, mit dem sie theoretisch anstellen konnten, was sie wollten.
 

Samuel verkniff sich jede verbissene Antwort, sondern starrte einfach nur hasserfüllt zurück. Wenn es etwas nicht gab, das er auf den Tod nicht ausstehen konnte, dann waren es Piraten. Meuchelmordene und raubende Seemänner, ohne jede Ehre, die meinten, die 7 Weltmeere gehörten ihnen allein und sie könnten darauf tun und lassen, was sie wollten. „Na los, ein wenig frische Luft wird ihm sicher guttun“, meinte derselbe Kerl dann und holte einen Schlüsselbund hervor. Zuerst öffnete er das Gitter, das mit einem durch ein Vorhängeschloss gesicherten Riegel blockiert war. Er stieß die arg verrostete Tür auf, während ein anderer Pirat sie dann aufhielt. Überlegen grinsend trat der Anführer der Gruppe ein. Er ließ sich Zeit, um bis zu Samuel zu gelangen, machte schwere Schritte, bis er schließlich breitbeinig vor dem am Boden sitzenden Samuel stand. Er beugte sich über ihn und der Schritt dieses Kerls befand sich nun direkt vor Samuels Gesicht. Es fehlte nicht viel und er hätte die Beule darin mit der Nase angestupst. Nichts, worauf Samuel erpicht war.
 

Aber er hörte bereits den nächsten Schlüssel klimpern und spürte, wie sich die Schellen um seine Handgelenke lösten. „Aufstehen! Und keine Zicken!“, raunte ihm der Pirat mit seinen halblangen, straßenköterblonden Haaren ins Ohr. Samuel wusste, dass jedweder Widerstand hier und jetzt zwecklos war. Selbst, wenn er den Typ vor ihm überwältigen könnte, eine weitere Horde Piraten stand keine 3 Meter entfernt und gegen die vermochte Samuel nun wirklich nicht allein und ohne Waffen zu bestehen. Er gehorchte also und machte Anstalten sich so zu erheben, wie der Pirat es vorgesehen hatte. Den einzigen Widerstand, den sich Samuel erlaubte, war sein abschätziger Blick, den er jedem felsenfest entgegenwarf. Mehr als ein selbstgefälliges Grinsen bekam er aber nicht als Antwort. Dass er die Piraten verurteilte, war ihnen sicherlich allen bewusst – und egal.
 

Er wollte gerade einen Schritt nach vorn machen, als eben jener Pirat an seiner Seite ihm in die Kniekehlen trat, sodass Samuel nach vorn kippte und hart auf den Knien landete und sich gerade so mit den Händen abfangen konnte, um nicht auf dem Gesicht zu landen. Die restlichen Piraten brachen erneut in schallendes Gelächter aus. Ihr Kamerad grinste ihnen zu: „Jetzt habe ich doch glatt vergessen, ihm die Hände zu fesseln, damit er uns nicht durchbrennt. Ich Schussel!“
 

Arschloch, dachte Samuel, spannte seine Oberkörpermuskeln an, um sich aufrecht halten zu können, denn im nächsten Moment, zog man ihm die Hände hinter den Rücken und fesselte sie an den Handgelenken fest zusammen. „So, jetzt nochmal aufstehen!“, blaffte ihm der Kerl von hinten zu. Samuel kam dem nach und wurde nach vorn geschubst. Weit kam er aber nicht, denn diese Aktion hatte nur dazu gedient, ihm zu demonstrieren, dass er wortwörtlich an der kurzen Leine gehalten wurde. Mit gemächlichen Schritten ging Samuel also voran, die anderen Piraten machten ihm, natürlich nach wie vor dreckig grinsend, Platz. Er stieg die schmale Treppe hinauf und, obwohl immer noch unter Deck, die Luft, die Samuel einatmete wurde augenblicklich besser – sofern man das so sehen wollte. Sicherlich war jede Luft auf dem Schiff besser, als in der Brigg, aber eigentlich stolperte Samuel hier von Regen in die Traufe. Es stank nach Schweiß, Rum, Essen und Essensresten und sicher eine Menge Dinge mehr, über die Samuel gar nicht nachdenken wollte. Und auch, wenn sich Samuel auf diesem Schiff nicht auskannte, der Weg nach oben war nicht schwer zu finden. Es wurde dort heller und die Luft sauberer. „Als wäre er nicht zum ersten Mal hier, das Bürschchen“, höhnte es hinter ihm, „Sag mal, Junge, warst du vielleicht schonmal auf unserem Schiff, hm? Vielleicht bevor du Kapitän wurdest? Hast dir vielleicht als junger Bursche an Deck ein goldenes Näschen verdient? Du weißt schon … Piraten sind reichlich einsam auf hoher See … und Frauen auf dem Schiff bringen nichts als Unglück und Scherereien … Jede Wette, dir würde es gefallen!“
 

Das darauffolgende schallende Gelächter wirkte auf Samuel aber nicht nur spöttisch. Er meinte durchaus Realität aus dieser Aussage herauszuhören und das ließ ihn schwer schlucken, während er die letzten Stufen ins Freie des Oberdecks betrat. Salzige und vor allem frische, saubere Seeluft durchströmte sogleich seine Lungen und das grelle Sonnenlicht blendete ihn kurz. Es war recht ruhig an Deck, keine durcheinanderschallenden Rufe oder Umhergerenne. Offenbar ließ man sich aufs Geradewohl treiben und tragen und gönnte sich einen Tag Ruhe. Entgegen seiner Erwartung kam ihm, Samuel, aber weniger Aufmerksamkeit zuteil, als er erwartet hätte. Der ein oder andere neugierige Blick fiel auf den Gefangenen, aber der größte Teil der Crew döste in der Mittagswärme vor sich hin.
 

Als seine „Kerkermeister“ auch vollzählig das Deck erreicht hatten, drehte sich Samuel zu ihnen um: „Und nun?“ Sein „Herrchen“ ruckte mit dem Kinn zur Kapitänskajüte – und natürlich ließ er sich sein unverschämtes Grinsen nicht nehmen: „Der Captain hat uns angewiesen, dich zu ihm zu bringen. Keine Ahnung, was er von dir will, aber ich glaube kaum, dass er dich zu einem Maskenball einladen will. Er ist eigentlich nicht unbedingt bekannt dafür, sehr zimperlich mit seinen Gefangenen umzugehen … kann schon sein, dass du da jetzt vollständiger reingehst, als du rauskommst. Lass dich überraschen.“ Und mit diesen Worten bekam Samuel einen weiteren Schubs, der ihn zum Weitergehen bewegen sollte. Rosige Aussichten waren das ja nicht, aber eine wirkliche Wahl hatte er ja auch nicht. Er fing sich also wieder und trottete brav in Richtung der Kapitänskajüte. Davor saß auf einem Fass bereits ein weiterer Pirat, der ein wenig gepflegter als viele seiner Kameraden aussah. Rotes Haar, Sommersprossen, rasiert, aber ein nichtsdestoweniger genauso verschlagener Gesamteindruck, wie alle anderen auch an Bord. Süffisant schmunzelnd zog er die Tür auf, damit Samuel nicht anhalten musste, um einzutreten.
 

Im Vergleich zum Rest des Schiffes war die Kapitänskajüte natürlich wesentlich luxuriöser und sauberer. Wenn der Captain angeblich so brutal war, dann wusste er, es sich nicht ansehen zu lassen. An einem großen Esstisch stand ein leerer Stuhl scheinbar bereit, dass Samuel darauf Platz nahm. Und sein Gefühl wurde nicht getäuscht: mit Bestimmtheit wurde Samuel auf diesen Stuhl gedrückt, seine Hände hinter der Lehne an den Stuhl festgezurrt und seine Beine an die Stuhlbeine gebunden. Sein Bewacher vergewisserte sich noch einmal, dass alles festsaß, gab ihm absichtlich ein paar zu feste Klappser auf die Wange, zwinkerte ihm zu und verließ die Kajüte. Er machte die Tür hinter sich zu und dann war Samuel wieder allein.
 

Der Tisch war reich gedeckt mit allerlei leckeren Speisen und Getränken. Das war wohl die Fortsetzung seiner Folter. Hungrig und durstig wie er war, setzte man ihn in den am besten ausgestattetsten Raum des gesamten Schiffes, festgebunden vor einem Tisch voller Lebensmittel, die absichtlich außerhalb jeglicher Reichweite drapiert worden waren. Samuel konnte sich nicht einmal weit genug vorlehnen, um auch nur eine der prallen, saftigen Weintrauben mit den Zähnen zu ergattern. Und der Stuhl auf dem er saß, war natürlich fest mit dem Unterboden arretiert, den bewegte er durch Rucken nicht weg. Ganz so blöd waren diese Piraten nun wirklich nicht.
 

Und nun? Jetzt saß er da und musste scheinbar auf diesem ominösen Captain warten, der ihn „auf sein Zimmer bestellt“ hatte. „Der Penner darf mir einen Gefallen tun und sich ein wenig beeilen!“, maulte er laut vor sich hin.

„Sonst …?“, zerschnitt eine Stimme hinter ihm die Stille des Raums, was Samuel die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Er hatte gar nicht bemerkt, dass sich noch jemand in der Kajüte befand. Und nun hörte er den Türschlüssel im Schloss knirschen.



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