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24 Hours

Verbleibende Zeit: 24 Stunden
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo, es freut mich, dass ihr die Story lesen wollt.
Vorneweg nur noch etwas zur Länge der Kapitel. Diese werden die 1500 Wort-Grenze vermutlich nciht überschreiten, weil es immer ein bestimmter Zeitrahmen ist und sonst zu viel in zu kurzer Zeit passiert.
Ja, das wars auch schon.
Viel Spaß mit dem Kapitel :D Komplett anzeigen

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23 St. 59 min. 59 sek.

So sollte es also enden? Damit, dass irgend so ein Schnösel in weiß in dieses dämliche Behandlungszimmer kommt und mir lässig und ganz nebenbei sagt 'Ach hey, du hast nur mehr um die 24 Stunden zu leben. Maximal. Wir können nichts mehr für dich tun. Hau ab und mach etwas aus deiner restlichen Zeit.' Der irgendwie abwertende Blick unterstrich seine Worte nochmals.

Ich meine, was soll das denn?! Ich weiß ja selber, dass ich schwer krank bin und so eine Nachricht immer kommen konnte, aber hätte er es nicht zumindest etwas netter ausdrücken können? Sich mehr in meine Lage versetzten können? Wenigstens so tun, als ob noch die Chance bestünde, dass rechtzeitig ein passendes Spenderorgan auftaucht?
 

Ich könnte mich noch Stunden über die stümperhafte Art des Arztes aufregen, doch wären das nur vergoldete Stunden. Stunden die mir sowieso schon wie Sand zwischen den Fingern davon rannen. Morgen um diese Zeit werde ich nicht mehr sein. Schon krass, ich wollte noch so viel machen und sehen, doch ein Tag ist dafür viel zu wenig Zeit. Ich sollte mir vielleicht eine Liste schreiben.

Gedacht, getan. Suchend kramte ich in meiner schwarzen Umhängetasche nach einem Block und einem Kugelschreiber. Zwei Sachen, die ich immer bei mir trug. Warum? Einfach weil ich leider ein ziemlich vergesslicher Mensch bin, oder sollte ich sagen war und mir daher alles aufschreiben musste.
 

Endlich meinen Block gefunden, suchte ich mir noch einen sonnigen Platz hier im Park und strengte mein Gehirn an. Was möchte ich unbedingt noch machen, bevor ich diese Welt für immer verlasse. Ich glaubte nicht an soetwas wie Karma oder die Wiedergeburt, also war das die letzte Chance, um noch ausstehende Dinge zu erledigen.

Meinem Freund aus Kindheitstagen sagen, dass ich über drei Jahre lang in ihn verknallt war, mich aber nie getraut habe es ihm zu sagen? - Nee, wozu würde jetzt ja auch nichts mehr ändern.

Meinen Job als Fotografin kündigen? - Ach, morgen bin ich eh tot. Erspar ich mir das.

Meiner Familie bescheid sagen? - Die würden wollen, dass ich die ganze Zeit bei ihnen bin und mich verwöhnen lasse. Etwas worauf ich jetzt sicher keine Lust hatte.

Meine Bücher zuhause lesen? - Ja, es gab noch viele Bücher die ich lesen wollte, doch mir würde für heute sicher noch was besseres einfallen.

Musik hören? - Warum nicht. Kurz in meiner Tasche gesucht und schon fanden die Kopfhörer ihren Weg zu meinen Ohren und ließen die Musik leise auf mich herab rieseln. 'Nichts ist für immer da' von den Böhsen Onkelz, wie passend, schoss es mir durch den Kopf.

Aber zurück zum Wesentlichen und weiter an der Liste geschrieben. Es musste doch noch Dinge geben, die ich in einem Tag schaffen konnte.

Einfach nichts tun und vorgeben es wäre ein Tag wie jeder andere auch? - Nein, kommt gar nicht in Frage. An seinem letzten Tag muss man irgendetwas Besonderes machen. Etwas Großes, was es vielleicht sogar in die Zeitung schafft.

Eine Bank ausrauben und vor der Polizei fliehen? - Es wäre zumindest etwas Großes und würde noch einige Zeit für Aufsehen sorgen. Eine sterbenskranke Bankräuberin, ja das hatte was. Trotzdem schob ich diesen Vorschlag in den Hintergrund und dachte weiter nach.

Mich betrinken, bis ich alles andere vergessen habe? - Nicht wirklich sinnvoll, geschweige denn besonders, aber andererseits soooo verlockend. Es dürstete mich jetzt einfach nach Alkohol.
 

Langsam erhob ich mich von der kleinen weiß gestrichenen Holzbank, warf noch einen letzten Blick auf den wundervollen Park mit seinen blühenden Blumen, die wie bunte Farbtupfer auf einer grünen Leinwand wirkten, dem Springbrunnen, in welchem das glasklare und erfrischende Wasser munter vor sich hin plätscherte, den Leuten die im Gras saßen, ein Buch lasen oder einfach nur die frühsommerlichen Temperaturen und die Vormittagssonne genossen und den Kindern die vergnügt auf der Wiese Fußball spielten. Dieser Ort würde mir fehlen, doch ich hatte ein Ziel für heute und dieses konnte ich nicht hier im Park erreichen.
 

Schlendernd bewegte ich mich Richtung Innenstadt, welche sich zu meinem persönlichen Glück in unmittelbarer Nähe zum Stadtpark befand. Demnach verschwendete ich nicht allzu viel Zeit mit überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern konnte gemütlich und ohne großem Gedränge zu Fuß gehen.

Naja ein gewisses Gedränge herrschte hier schon, wie ich leider feststellen musste, nachdem ich durch das alte eiserne Portal in den Innenstadtbereich getreten war. Überall wuselten Leute umher. Verliebte Paare saßen in Cafés und tranken genüsslich einen Eiskaffee, Frauen klebten förmlich mit ihren Nasen an den Schaufenstern der Geschäfte, während ihre Männer mit den Taschen des zuvor Gekauften aussahen wie menschliche Packesel.

Alles in allem also ein früh sommerlicher Tag voll von blühendem Leben. Nur meins war genau jetzt dabei langsam aber stetig und unaufhaltsam zu verwelken. Wie eine Blume die ihre Zeit verlebt hatte und nun den einst schönen Kopf senkte und Blatt für Blatt abwarf.

Mit einem Kopfschütteln warf auch ich diesen Gedanken ab und suchte die nächste Bar auf.
 

Einerseits war es ein Wunder, dass es um diese frühe Zeit wirklich schon eine geöffnete Bar gab, andererseits eine Schande, dass auch ich mich in diese setzte und gleich einmal ein Bier bestellte.

Immer klein anfangen. Ich konnte später noch zu härteren Getränken greifen.

Während ich auf mein Getränk wartete lies ich meinen Blick über die Einrichtung schweifen. Direkt vorne an der Ausschenke wurden einige mit dunkelrotem Leder überzogene Barhocker aufgestellt, auf denen auch schon jemand saß und sich munter mit dem braunhaarigen Barkeeper unterhielt. Dahinter waren einige teuer aussehende Flaschen mit Whiskey und was weiß ich allem ausgestellt. Die Wände waren mit dunklem Holz verkleidet und im hinteren Bereich gab es einige Sitzecken. In genau so einer saß auch ich. An der Decke konnte man lange hölzerne Dachbalken verfolgen und an einer Backsteinwand hing eine Dartscheibe mit einigen Pfeilen. Irgendjemand hatte sich wohl einen Spaß erlaubt und die Dartscheibe angemalt, damit sie aussah wie ein rundes Fenster. Wie ein Bullauge.

Eine schöne und passende Einrichtung für ein Lokal wie dieses, fand ich. Die 'White Moby' war schon immer meine Lieblingsbar gewesen.

Gerade stellte mir eine kleine Frau mit kurzen ebenfalls braunen Haaren mein Bier auf den Tisch, also beendete ich meine Inspektion, blieb jedoch mit den Augen an der großen Wanduhr hängen...

22 St. 54 min. 24 sek.

...Seit ich die Hiobsbotschaft von dem Deppen in weiß empfangen hatte waren schon eine ganze Stunde und, kurz nachrechnen, ….., fünf Minuten vergangen?! Wieso flog die Zeit plötzlich so? Früher auf der Arbeit ist mir das nie passiert. Versteht mich nicht falsch, ich liebe, liebTe, meinen Job als Fotografin, aber manchmal sehnt man sich doch den Feierabend herbei. Wie auch immer.
 

Genervt von dem plötzlich so schnellen Tempo der Zeit nippte ich an meinem Bier. Es war erfrischend für Leib und Seele, wie es so meine Kehle hinunter rann. Ja, von einem Schluck Bier war man nicht gleich betrunken, nicht mal angeschwippst, ist mir klar, aber es tat trotzdem gut.

Mit einigen schnellen Zügen leerte ich den kleinen Krug und bestellte mir direkt einen Neuen. Amüsiert wurde ich von der Kellnerin angestarrt, bevor sie auf ihre Oberlippe deutete und mit dem leeren Krug in der Hand zurück zur Theke schlenderte. Verwundert zog ich eine Augenbraue hoch. DAS war eigenartig, wollte sie mir irgendetwas sagen? Überlegend schielte ich auf meine Lippen, konnte jedoch nur weiß sehen. Weiß? Ach, Bierschaum! Das war es worauf die kleinere Frau vorhin hinaus wollte. Ich hatte Bierschaum an der Lippe. Peinlich.

In einer fließenden Bewegung schleckte ich mir den Schaum von den Lippen, nicht gerade Lady-like, aber wen kümmerts.
 

Kurz darauf kam die Braunhaarige mit einem vollen Krug wieder zu mir, stellte ihn auf dem runden Tisch ab und ging zurück zu den beiden Männern, um sich mit ihnen zu unterhalten. Auch ich schielte zu den Dreien, war die Bar doch sonst menschenleer und somit gab es niemanden zum Beobachten.

Laaaaangweilig. Kurz auf der Liste nachgeprüft, ob sich langweilen auch oben stand …. NEIN. Energisch hob ich den Krug, leerte ihn und wollte gerade nach der Kellnerin winken, um zu den härteren Getränken überzugehen. Genug Aufwärmübungen mit Bier, ich will hier stockbesoffen rausgehen! Stockbesoffen oder mit den Füßen voraus, je nachdem wie lang ich hier noch verweilen werde.

Die Kellnerin erhob sich von einem der Hocker, auf dem sie bis gerade eben noch gesessen hatte und war schon durch den halben Raum in meine Richtung gegangen, als sich die Tür erneut öffnete und ein anderer Gast eintrat. Neugierig richteten sich alle Blicke, ja auch meiner, auf den Neuankömmling und während die Angestellten und der Typ auf dem Barhocker anscheinend erfreut über den Neuen waren, war ich eher schockiert.
 

Was tat ausgerechnet DER hier? Sechs Jahre hatte ich den Spinner mit dem Dauergrinsen nun schon nicht mehr gesehen, seitdem wir die Schule beendet hatten und jetzt, ausgerechnet JETZT läuft der mir wieder über den Weg?! Schicksal, willst du mir damit irgendetwas sagen? Damit eins klar ist, ich glaube zwar nicht an dich, aber ich hasse dich trotzdem.

Er hatte sich kaum verändert. War er noch muskulöser geworden als früher? Egal, hau ab bevor er dich sieht und in ein Gespräch verwickelt. Denk dran heute ist dein letzter Tag. Moment, heute ist mein letzter Tag, also selbst wenn etwas schief gehen sollte, bei ihm nie ganz auszuschließen, könnte es mir doch egal sein.

Erleichtert über diese Kenntniss kroch ich wieder unter dem Tisch hervor und setzte mich zurück auf die weiche Bank. Was, meine erste Reaktion war eben verduften. Unter dem Tisch.

Schon wieder starrte mich die Kellnerin an, die anscheinend weiter gegangen war und nun abwartend da stand. Ich seuftzte und meinte mit lauter Stimme, sollte mich ja jeder hören (unauffällig zu IHM schiel), „Eine Rum-Cola, bitte“, wie gesagt, ich brauchte was Stärkeres und nur Rum oder Vodka, neee wenn schon, dann mit Cola.
 

Da ich laut genug gesprochen hatte war mir auch die Aufmerksamkeit der drei Männer sicher. Während der Braunhaarige mit der Monsterfrisur hinter dem Thresen sich schon an meine Bestellung machte, musterten mich die Augen des Neuen überlegend. Sag bloß, der Idiot hatte mich vergessen. Na gut, ich hatte mich verändert, meine Haare geschnitten und ich sah vermutlich beschissen aus (Alkohol und Medikamente vertrugen sich eben nicht), aber trotzdem.

Wenn ich es mir jetzt so überlege, war ich doch echt bekloppt. Vollgepumpt mit Medikamenten, darunter auch einige recht starke und dennoch seelenruhig in einer Bar hocken und sich volllaufen lassen.

Ich schob diesen Gedanken geflissentlich in die hinterste Ecke meines Oberstübchens und stieß die angestaute Luft aus meinen Lungen. Es war mein letzter Tag, also was kümmerte es mich, ob sich Medikamente und Alkohol schlecht vertrugen.
 

Endlich wurde mir meine Rum-Cola vor die Nase gestellt und ich griff auch direkt danach. Dass die Person, welche mir mein Getränk gebracht hatte, noch vor meinem Tisch stand und mit in Falten gelegter Stirn versuchte einen Blick auf mein Gesicht zu erhaschen, entging mir. Meine gesamte Aufmerksamkeit galt dem alkoholischem Getränk vor mir.

Allerdings stand es nicht lange nur vor mir, sondern wanderte schnell in meinen Mund und anschließend meine Kehle hinunter, wobei es den Geschmack von Cola gepaart mit einer leichten alkoholischen Note hinterließ.

Als ich das leere Glas wieder auf dem hölzernen Tisch abstellte bemerkte auch ich die Person, IHN, vor meinem Tisch. Warum stand ER da, was hab ich denn so schlimmes verbrochen?! Wer verdammt nochmal hasst mich so sehr, dass er mich tot sehen möchte, aber mich zuvor noch in die unangenehmsten Lagen bringen muss?
 

Wir starrten uns einfach nur an und ich betete innerlich, er würde mich nicht erkennen und einfach wieder gehen. Leider stellte ich schnell fest, dass es nichts brachte jetzt noch scheinheilig und gläubig zu werden. Verdammt, nie hab ich mal Glück.

Ein Ausdruck der Erkenntniss blitzte in seinen dunkelbraunen, fast schwarzen Augen auf und sein typisch breites Grinsen schlich sich wieder einmal auf sein Gesicht. Oh nein.

Automatisch zog ich den Kopf etwas ein und rutschte in eine fast schon liegende Position. Ich will hier weeeeeg.

Er sah mir noch kurz in die Augen, nahm mein leeres Glas und ging wieder. Hä, was ist denn jetzt los? Mit verwirrtem Blick richtete ich mich wieder auf, nur um zu sehen, wie er mein Glas neu befüllen lies und mit meinem Glas und einem Bier in der Hand zurück kam.

Wie selbstverständlich stellte er beides auf dem Tisch ab, setzte sich neben mir auf die kleine Couch und öffnete den Mund um etwas zu sagen.....

22 St. 32 min. 47 sek.

„Lange nicht mehr gesehen, ne? Was hast du so die letzten Jahre getrieben?“ Ok, er hatte immer noch diese tiefe und von Amüsement getränkte Stimme.

Um der Antwort zumindest kurz zu entgehen nahm ich mein Glas, welches er mir ja wieder aufgefüllt hatte, zur Hand und trank einen großen Schluck daraus. Einem Gespräch werde ich jetzt wohl nicht mehr entgehen können, also bleibt mir nichts Anderes übrig, als zu antworten.

Ich könnte immer noch austrinken und abhauen …… NEIN. Antworte ihm einfach. Sätze, warum verlasst ihr mich jetzt?!
 

„Ähhh….Ich habe als Fotografin in einem Fotostudio hier in der Nähe gearbeitet und du?“ Ha, na wenn das nicht mal ne gute Antwort war, naja zumindest der letzte Teil. Das mit dem ‚ähhh‘ hat nie meine Lippen verlassen. Einfach wie in einem Film beim Schnitt aussortiert.

„Ich arbeite hier in der Bar. Du hast als Fotografin gearbeitet, jetzt etwa nicht mehr?“ MOMENT, HALT STOPP, ZURÜCKSPULEN!!! Er arbeitet hier?! Hier, in MEINER Lieblingsbar und ich bin ihm bis jetzt noch nie begegnet? Warum dann ausgerechnet jetzt?! Ohhh Schicksal, ich komm bald zu dir und dann kannst du was erleben!

Eine vor meinem Gesicht wedelnde Hand riss mich aus meinen Mordgedanken an dem Schicksal. Verblüfft blickte ich zum Besitzer der Hand. Ach ja, er erwartete ja eine Antwort. Was war noch mal die Frage?

„K-könntest du die Frage nochmal wiederholen?“ Ein herzhaftes Lachen ging von ihm aus und ich wollte am liebsten unter dem Tisch entschwinden. Ich. Will. Hier. WEG! „So vergesslich wie eh und je.“ Jaja, mach dich nur über mich lustig, ist ja nicht so. „Ich habe gefragt, ob du jetzt etwa nicht mehr als Fotografin arbeitest.“

Achso, das war das Gerausche im Hintergrund meiner Gedanken. Was soll ich ihm denn jetzt sagen? Wenn ich sage, ich hätte gekündigt wird er fragen wieso und das Gespräch liefe in eine ziemlich nervtötende Richtung. Dasselbe würde passieren, wenn ich ihm sage, dass ich einfach nicht mehr hingehe, weil es eh total egal ist, ob ich heute komme oder nicht.

„Ich habe gekündigt. Irgendwie.“ Was? Wieso? Anscheinend kamen die Befehle von meinem armen Hirn heute nicht ganz bei meinem Mund an. Schnell griff ich nach meinem Glas und leerte es. Einfach den fragenden Blick deines Sitznachbarn ignorieren. Nur nicht darauf eingehen.
 

Mit hochgezogenen Augenbrauen wurde ich von der Seite gemustert. Oh bitte behalte die Frage einfach für dich. Ich will sie nicht beantworten.

„Wieso hast du denn gekündigt? So viel ich weiß ist das Fotostudio hier in der Nähe doch eines der besten in der ganzen Stadt.“ Ok Glück, du kannst dich gleich zusammen mit dem Schicksal auf deinen baldigen Tod bereit machen.

Seufzend lies ich die angestaute Luft durch meine Nase entweichen und wendete meinen Blick wieder dem Schwarzhaarigen zu. Ich blickte ihn lediglich stumm an und überlegte, was ich am besten sagen könnte. Ich habe woanders einen besseren Job bekommen? Ich werde in eine andere Stadt ziehen und deshalb werden wir uns auch (glücklicherweise) nie wieder über den Weg laufen? Letzteres wäre sogar ganz gut, denn es würde auch als Antwort genügen, sollte er vorschlagen sich öfters zu treffen. Ich schwenkte mein leeres Glas in einer Hand und warf kurz einen Blick auf die schmelzenden Eiswürfel darin.

„Ich brauche ihn nicht mehr. Morgen um diese Zeit bin ich tot.“ WAS WAR HEUTE NUR LOS MIT MIR?! So viel habe ich doch noch gar nicht getrunken. Entsetzt über meine eigenen Worte beobachtete ich weiter das sich wieder verflüssigende Wasser. Ob er es vielleicht für einen schlechten Scherz hielt?

Große Augen lagen auf meinem rötlichen Haarschopf, bevor eine Vibration die Brust meines unliebsamen Gesprächspartners erfasste und er wieder lachte. Gut, er hielt es für einen Scherz. Glück du darfst noch ein wenig länger leben.
 

„Deine Scherze waren schon immer etwas makaber. Was ist jetzt der wirkliche Grund?“ Er konnte es einfach nicht lassen, dieser neugierige kleine argh. Ich warf ihm einen ernsten Seitenblick zu, stellte mein Glas auf den Tisch und stand auf. Ich hatte keinen Bock mehr auf das Ganze hier. Betrinken konnte man sich an vielen Orten und solange er hier hockte und mich volquasselte war ich nicht gewillt in meiner Lieblingsbar zu bleiben.

Ich schnappte mir meine Handtasche und ging zum Tresen, um zu bezahlen. Danach würde ich einem anderen Punkt auf meiner Liste nachgehen. Vielleicht dem Banküberfall, das versprach zumindest Aktion.

„Warte mal, war das etwa ernst gemeint?!“ Ich drehte mich um und sah in ein leicht erblasstes und ein wenig schockiert wirkendes Gesicht. Wann war er denn aufgestanden und ist mir hinterhergegangen? Ich löste meine Hand aus seiner Umklammerung und stapfte genervt zum Ausgang.
 

Warme von Pollen durchtränkte Luft empfing mich und die Geräusche einer belebten Innenstadt umspielten meine Ohren. Das einzige, was mich störte, war das Geräusch der Tür in meinem Rücken. Sie öffnete sich und schloss sich danach wieder. Wieso bin ich nicht einfach gerannt und schnell in den Menschenmassen untergetaucht?

„Wenn das wirklich dein letzter Tag ist, dann kannst du ihn doch nicht einfach allein in irgendeiner Bar zu tun und dich volllaufen lassen. Komm, wir unternehmen jetzt etwas zusammen. Ich habe heute sowieso frei.“ Ich warf ihm einen Blick über meine Schulter zu. „Und wenn ich nichts mit dir unternehmen möchte?! Es ist, wie du sagtest, mein letzter Tag und wie ich ihn verbringe geht nur mich etwas an.“ Hörte man mir meine schlechte Laune an? Hoffentlich.

„Weißt du was, ich habe Hunger. Lass uns was essen gehen, ich kenn nen netten kleinen Laden ganz hier in der Nähe. Ich hoffe du magst italienisch.“ Er hatte mein nein einfach überhört und zog mich nun wie selbstverständlich durch die engen Gassen zu diesem Italiener. Und das schlimmste, ich wehrte mich nicht mehr, sondern lies es einfach geschehen. Aber nur aus drei Gründen. Bei ihm brachte es sowieso nichts, ich hatte ebenso Hunger und irgendwo war es mir auch schon egal.
 

Immer weiter gingen wir durch die verzweigten Gassen der Altstadt und landeten schließlich vor einem kleinen Restaurant. Irgendwie kam es mir verdammt bekannt vor, auch wenn ich leider beim besten Willen nicht sagen konnte woher oder warum. Durch eine rot gestrichene Holztür betraten wir das urige Lokal....

22 St. 01 min. 18 sek.

Über eine schmale Treppe kamen wir in den Keller, wo uns schon ein Kellner begrüßte und zu einem Tisch führte. Ein Lokal in einem Keller, warum zur Hölle kam mir das nur so bekannt vor? Ich zog meine Stirn kraus, doch das einzige was dabei heraus kam war, dass meine Kopfschmerzen zu nahmen. Jaja, Alk und Medikamente ich böses böses Mädchen habe es geradezu verdient. Ach, seid doch alle still.
 

Ein Mann trat an den kleinen runden Tisch heran und fragte nach unserer Bestellung. Hm, ich hab die Karte noch nicht mal aufgeschlagen. Einfach Spaghetti bestellen, Italiener haben schließlich immer Nudeln.

Meine Begleitung, welche ich bis jetzt recht erfolgreich ausblenden konnte, hatte da wohl etwas höhere Ansprüche als ich. Der Typ bestellte gefühlt die halbe Karte. Nicht nur ich, auch der Kellner mussten ihn wohl sehr erstaunt angesehen haben, den ein verschmitzes Lächeln huschte über sein Gesicht. Wenn ich so darüber nachdenke, hätte ich von dem Fresssack nichts Anderes erwarten können.
 

Während wir also nun auf unser Essen warteten, die Getränke hatten wir schon bekommen, fing er wieder an das Gesprächsthema von vorhin aufzugreifen. Ich hoffe du erstickst nachher an deiner blöden Familienpizza!

„Und, habe ich zu viel versprochen? Ist doch echt schön hier oder?“ - „Mh“, ich war nach wie vor nicht gewillt mich mit ihm zu unterhalten. Hatte ich zwar schon, aber man musste es ja nicht gleich übertreiben, auch wenn er recht hatte, es war schön hier und mir so verdammt bekannt.

Ich lies meinen Blick einmal ausgiebig durch den Raum schweifen.

Überall kleine runde Tische mit weißen Tischtüchern, in der Mitte die obligatorischen Salz- und Pfefferstreuer. An den Wänden standen größere Tische mit Bänken und an den Decken hingen Lampen, ähnlich einem Kronleuchter. Da wir uns im Kellergeschoss befanden, hatte der Inhaber wohl gedacht es würde gut zum Ambiente passen, wenn er die Wände als Backsteinwände belies und nur die untere Hälfte mit Holz auskleidete. Weiter hinten im Raum befand sich noch ein Barthresen und dahinter die Durchreiche der Küche.
 

Mit meiner Inspekzion fertig kam auch schon unser Kellner angedackelt, dutzende Teller auf seinen Armen balancierend. Während vor mir eine Portion Nudeln mit Carbonara Sauce landete, türmte sich vor dem Schwarzhaarigen das Essen. Der Kellner musste sogar zwei weitere Tische heran ziehen, um alles abstellen zu können.

„!Qué aproveche!“ - „Das ist Spanisch und nicht Italienisch du Dödel“, ein gelachtes 'ich weiß' kam daraufhin von ihm und auch ich musste leicht Schmunzeln. Es war doch immer das Gleiche mit ihm, schon als wir früher hier Essen waren.

MOMENT! Hatte ich gerade geschmunzelt und Symphatie für die Sommersprosse empfunden?! Das ist ja... früher?! Früher!! Jetzt weiß ich woher mir dieses Lokal so bekannt vorkam! Wir haben hier früher oft gegessen, bis, ja bis was eigentlich?

Blöde halbe Erinnerungen. Immer wenn ich dachte ich hätte es, entglitt mir wieder alles und ich stand genauso ahnungslos da wie zuvor. Zumindest schmeckten die Nudeln. Toll, wie gut du dich ablenken kannst Kind. Ohh Sarkasmus, Ironie ich liebe euch, was wäre ich nur ohne euch zwei.
 

Tja, ich glaube ich war nicht die Einzige, der langsam, sehr langsam, im Schneckentempo, gar nicht, dämmerte woher wir diesen Laden kannten.

Ein dicklicher Mann mit weißer Mütze, wohl der Koch, stapfte erhobenen Kochlöffels aus der Küche direkt auf unseren Tisch zu. Wunderte sich vermutlich, wer da allein die halbe Karte essen wollte. Nur sein Gesichtsausdruck passte nicht ganz ins Bild. Verzerrt, wütend.

Als er bei uns zum Stehen kam, schlug er dem Dauergrinser mir gegenüber mit seinem Löffel auf den Kopf. Ich mochte ihn von Minute zu Minute mehr.

„Ich dachte ich hätte mich klar ausgedrückt, als ich sagte du hast hier Hausverbot du Zechpreller!!“ Ahh daher wehte der Wind. Hatte er diese Macke also bis heute nicht ganz abgelegt.

Der Geschlagene stopfte sich noch den Rest seiner dritten Pizza in den Mund, sprang auf, schnappte sich meine Hand und zog mich einfach hinter sich aus dem Lokal. Schnell und ohne zu zahlen. Einen wütenden Koch auf den Fersen. Ich würde sagen, so etwas nennt man dann wohl Déjà-vu.
 

Ja, mir war mittlerweile eingefallen, warum mir alles so bekannt vorkam und zwar die ganze Geschichte, nicht nur Teile davon. Wir waren früher oft hier essen und immer hat uns der Koch rausgeschmissen, sobald er den Gierschlund vor mir bemerkt hatte, nie konnte ich aufessen. Irgendwann muss er dann wohl Hausverbot gekriegt haben, war ja nur eine Frage der Zeit.

Warum immer früher und wir? Naja wir sind zusammen in die gleiche Klasse gegangen und waren eben sehr gut befreundet. Gut, vielleicht war ich auch mal ne Weile in ihn verschossen, aber hey, jeder macht mal Fehler. Außerdem habe ich es ihm nie gesagt und das wird sich auch nicht mehr ändern. (Hust Punkt Eins auf deiner Liste du Ei)
 

Oh nein! Ich wusste, ich hätte in der Bar einfach unter dem Tisch verschwinden sollen. Meine Wut über das Auftauchen dieses grinsenden Vollhonks verrauchte doch tatsächlich mehr oder minder schnell. Das darf nicht wahr sein. Wer hasst mich so sehr, was habe ich euch getan?!

Ein Seufzen verlässt meine Lippen, kann man nichts machen. Das Schlimmste ist, das war mir von Anfang an klar und trotzdem rannte ich jetzt wie eine Irre durch die Stadt, hinter uns ein ….. ein kleiner Hund? Wo war der wütende Koch?

Abrupt blieb ich stehn. Wozu rennen, wenn dich doch eh niemand verfolgt? Dadurch dass ich aber von jemandem hinterher gezogen wurde, wurde nun auch dieser jemand zum Stoppen gezwungen.

Ihm keine Beachtung schenkend kniete ich mich hin und lockte den kleinen Hund zu mir. Wedelnd kam er auf mich zu. Hm, süß ist der Kleine ja, noch ein richtiger Welpe und ein Halsband schien er nicht zu tragen. Ich könnte doch?
 

„Möchtest du bei mir bleiben und wir nerven zusammen diesen schwarzhaarigen Idioten da?“ Ein zustimmendes 'Wuff' ertönte und es war beschlossen. Ich hatte mir einen neuen Freund angelacht. Das protestierende 'hey ich bin kein Idiot' in meinem Rücken hatte ich zur Kenntnis genommen und unter 'wer's glaubt' in meinem Gedächtnis abgelegt...



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Miena
2015-11-17T00:11:51+00:00 17.11.2015 01:11
Huhu,

Ich stelle mir die Szene echt so lustig vor. Von Ace habe ich auch nichts anderes erwartet. :D
Und was ist das für ein Hund? Ich liebe Hunde. *.*
War ein lustiges Kapitel. :)
Freue mich auf die nächsten!

Liebe Grüße,
Miena
Antwort von:  Bagira
17.11.2015 17:51
Hei,

Wer sagt denn, dass es Ace ist ;)
Der Hund wird die beiden noch eine Weile begleiten und zumindest ihm die Nerven stehlen.
Danke für den Kommi, man liest sich bestimmt.

Liebe Grüße,
Bagira
Von:  Miena
2015-07-20T21:48:05+00:00 20.07.2015 23:48
Huhu,

wirklich sehr interessante Geschichte. Die Idee finde ich gut, auch die Umsetzung ist dir gelungen. :)

Bin gespannt wie es weiter geht und freue mich auf weitere Kapitel.

LG,
Miena.
Antwort von:  Bagira
21.07.2015 17:11
Danke, es freut mich wirklich endlich mal eine Rückmeldung zu bekommen und zu hören, dass die Geschichte jemandem gefällt :D

LG Bagira


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