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Okonomiyaki

RyogaxUkyo
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Okay : D
Tsow hab ich zwar noch nicht komplett hochgeladen, aber ich dachte das es an der Zeit ist für etwas neues! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Puh! Das hat mich nun wirklich geschafft.
Auch hier konnte ich lange nicht mehr weiter schreiben.
Doofe Blockade :( Aber ich hoffe nun geht es weiter vorran!

Kleine Frage: Darf man auf dem Animexx zu FFs und oder auch sogar zu einzelnen Kapiteln diverse Musik - Stücke in Link form einer recht berühmten Video Plattform posten? Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Gut, dass das neue Kapitel gar nicht lange gebraucht hat! ^^; Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich geb's ja zu! Eigentlich waren noch ein paar Kapitel mehr geplant. Aber nach der Zeit, wo meine Notizen nun so geduldig auf ihre Umsetzung gewartet haben, wurde mir nach erneuten durchlesen klar, das es mehr Sinn machte, sie zu komprimieren und direkt als den abschließenden Epilog zu verfassen. Komplett anzeigen

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Regen in Nermia

Es regnete in Nermia.

Seit ewiger Zeit regnete es.

Trostlosigkeit hatte Einzug gehalten und sich mit der Dunkelheit fest verbündet.

All das was diesen Ort einst so viel Wärme gegeben hatte, war verschwunden. Alles, was die Herzen derer hätte erwärmen können, war weg. Alles, was denen die bis zuletzt unerschütterlich an bessere Zeiten geglaubt hatten, hatte sich in wohl gefallen aufgelöst.

Das, was geblieben war, war der Regen.

Kälte setzte sich in den Knochen fest und breitete sich von dort aus in schier unglaublicher Geschwindigkeit im restlichen Körper aus.

Erfasste Blutsystem und Organe. Schloss sich eisern um das Herz.
 

Auch das Herz des jungen Mannes, der gerade ziellos und sehr bedrückt durch die düsteren Straßen irrte, hatte die Finsternis seit jenem Tag in seiner Gewalt. Unbeugsam weigerte sich dieser Schatten, zu gehen.

Wie so viele Male blieb er stehen und sah sich träge um, so als suche er etwas. Allerdings musste er wieder ein Mal feststellen, das in dieser verfluchten Stadt immer noch alles gleich aussah.

Nichts hatte sich verändert.

Gar nichts.

Seitdem er vor fünf Jahren das letzte Mal hier gewesen war.

Alle Straßen sahen immer noch so nervenaufreibend gleich aus. Überall dieselben hohen Zäune oder Mauern. Alles Käfige, die die Menschen, die sich dahinter zu verstecken pflegten, selbst gebaut hatten. Nur um sich vor der großen, weiten Welt, vor der Freiheit zu verbegen.

Engstirnig!

Verdammt! All diese Stadtmenschen kannten keinen weiteren Weg, als der vom Wohnzimmer zur Toilette.

Er schnaubte abwertend.

Wenn er etwas gelernt hatte, in all den Jahren, in denen er nun nicht mehr hier gewesen war, das nichts so groß war, wie der eigene Geist. Und das es nichts Schöneres gab, als das Risiko und das nächste Abenteuer, in das man sich blindlings hineinstürzen konnte. Nur um daran zu wachsen.
 

Der junge Mann war schon immer so gewesen.

Die Freiheit begleitete ihn nun schon so lange, das er sich ein Leben ohne sie gar nicht vorstellen konnte.

Ohne ihre Grenzenlosigkeit.

Ohne ihre Offenheit.

Oder ihre liebevolle Art...

Ryoga Hibiki taumelte mit aufgespanntem Regenschirm zur Seite und musste sich erst ein Mal an einer der Mauern stützen, die er gerade eben noch verteufelt hatte.
 

Verflucht.

Da hatte er endlich in seiner Orientierungslosigkeit endlich etwas Positives gefunden und dann führte sie ihn am Scheitelpunkt seiner Verzweiflung, seines Leidens genau in die Stadt, die ihn in die Flucht getrieben hatte.

Er stütze sich an der kalten Mauer ab und hatte Mühe nicht nach unten auf die nasse Straße zu sinken.

Der junge Krieger nahm einen tiefen Atemzug und roch den Regen, der unaufhörlich auf die Straßen niederprasselte und die Kälte in seinem Herzen immer größer werden ließ.
 

Warum war es Nermia geworden?

In den letzten fünf Jahren hatte sein Orientierungssinn so gut schlecht funktioniert, dass er wahrscheinlich noch nicht ein Mal in die Nähe dieser Hölle gekommen war.

Aber nach fünf Jahren hatte dieser es sich dieser Sinn anders überlegt und ihn geradewegs wieder in den Ort gebracht, wo er nie wieder hatte sein wollen.

Seine Faust ballte sich und er spannte sich an.

Schließlich war es gar nicht einfach gegen das Bild anzukämpfen, das sich gerade gewaltsam in seinen Kopf drängte und sich von gar nichts abhalten ließ.
 

Herrlicher Sonnenschein sah er vor seinem inneren Auge. Eine Wärme und ein Glück in einem Paar brauner Augen, das von einem hauchzarten Schleier überdeckt war. Augen, die so bezaubernd waren, so voller Güte und Liebe. Doch sie sahen den falschen Mann an. Sie strahlten in diesem Maße für den Falschen. Denn er hätte mit der Frau, die er dort sah, am Altar stehen sollen.

Er hätte ihr die Welt zu Füßen gelegt!
 

Ryoga musste einen weiteren tiefen Atemzug nehmen, um sich wenigstens ein wenig beruhigen zu können.

Verdammt - und wie er das hätte.

Akane Tendo hätte es an nichts gefehlt.
 

Aber er hätte sie nicht glücklich machen können.
 

Der junge Krieger holte mit seiner Faust aus und schlug sie gegen die Wand. Kraftlos prallte sie ab und im Endeffekt tat dieser Schlag aus Verzweiflung ihm sicher mehr weh, als der Wand.

Es war ein Zugeständnis, das er seinem erbitterten Erz - Rivalen machen musste. Keiner seiner Nebenbuhler konnte das, was er konnte. Keiner konnte Akane Ten...

Er berichtigte sich selber. Auch mit dem Gedanken im Kopf, dass es ihm vielleicht irgendwann besser gehen würde, wenn er gewisse Tatsachen endlich so akzeptierte, wie sie eben waren!
 

Keiner konnte Akane Saotome so glücklich machen, wie ihr Ehemann.
 

Trotzdem.

Sie war nach wie vor die erste Liebe seines Lebens.

Und sie würde es bleiben.
 

So wie es sich anfühlte.

Er hatte sie verloren.

Für immer.
 

Mit leeren, viel mehr noch tieftraurigen Augen sah er etwas nach oben und brauchte lange, bis er sich von der mauer mit unglaublich viel Kraft weg drücken konnte. Nur um weiter dem Weg entlang zu gehen.

Wo auch immer dieser ihn hinbringen würde.
 

Schlurfende Schritte trugen den einst so mutigen Kämpfer nach vorne. Langsam und behäbig, doch er kam langsam weiter.

Bis ihn eine neue Welle aus Trauer überkam und er wieder stehen bleiben musste.
 

Mitten im Regen und unter seinem Regenschirm.

Er brauchte einen weiteren Moment.

Diesen Augenblick, um genug Kraft sammeln zu können und irgendwie einen Weg aus diesem Höllennest Nermia raus zu finden.

Er sah erst nach links und erkannte wieder nur Mauer.

Dann sah er nach rechts und erkannte einen kleines, wohl schon lange und auch ziemlich hastig verlassenes Restaurant.
 

Ryoga starrte es erst nur an. Bis sich die Erinnerung in sein Bewusstsein hochgekämpft hatte. Er erkannte, dass dies der Katzenladen war, in dem diese durchgedrehte Amazone mit ihrer skrupellosen Großmutter gehaust hatten.
 

Die Dekoration war gar nicht erst abmontiert. Immer noch prangte das große Schild ‚Katzenladen‘ über der Türschwelle. Die Tür stand einen großzügigen Spalt offen und es wirkte so, als ob es letztendlich egal gewesen wäre, wer oder was sich so dort alles Zutritt verschaffte.

Also hatten diese Verrückten es genauso gemacht wie er.

Als weder Ranma noch Akane sich vom Heiraten hatten abhalten lassen ...
 

Flucht als letzter Ausweg.

Er zog wieder scharf Luft ein und brauchte nun schon einen weiteren unzähligen Moment um sich wieder sammeln zu können.

Damit er weiter gehen konnte.
 

Pah!

Da beschimpfte er die Städter als selbst einschränkend und war dabei selber noch nicht ein Mal in der Lage, die inneren Zwänge und dieses verdammte Selbstmitleid zu überwinden.

Was war er doch für ein Mann ...

... er war eine Maus.

Nichts anderes.
 

Schwerfällig schlurfte der gebrochene Krieger weiter.

Er kämpfte mit sich, als er so mitleiderregend durch die unzähligen Straßen Nermias irrte. Versuchte diese böse, innere Stimme, die ihm schon die letzten Jahre eingeredet hatte, das er ein armes Schwein war und das die ganze, restliche Welt ungerecht war, zu ignorieren.

Aber sie ließ sich nicht ignorieren.

Nicht mehr.
 

Seitdem er diese verfluchte Stadt betreten hatte, war sie stark wie nie.

Außerdem drauf und dran, ihn nicht nur in die Knie zu zwingen, sondern drückte ihn auch mit dem Gesicht ganz tief in den Dreck.
 

Verflucht!

Es wäre für wirklich jeden beteiligten besser gewesen, wenn er es gewesen wäre, der Akane den Ring an den Finger gesteckt hätte.

Dann wäre Akane nicht mehr das ständige Ziel, von außerordentlich hinterlistigen, höchst Eifersüchtigen, anderen Verlobten gewesen.

Und Ranma hätte sich an Kodachis Seite in die High Society heiraten können.

Oder mit Shampoo zum Stamm der Amazonen gehen können.

Oder mit Ukyos...
 

... wieder blieb er stehen und betrachtete den Eingang eines weiteren kleinen Restaurants.

Es wirkte viel ordentlicher und Sauberer.

Und nicht so kalt wie der dunkle Katzenladen.

Der junge Mann blinzelt ein Mal und bemerkte auch erst auf den zweiten Blick, dass im inneren schwaches Licht leuchtete.
 

Diesmal dachte er nicht darüber nach.

Er stand dort, mit leeren Kopf und entschloss sich kurzerhand dafür, auf die Tür zu zu gehen und sie zu öffnen.
 

Der Raum, den er betrat, war kalt.

Eigentlich hatte er wärme erwartet. Und das leise, knisternde Geräusch garender Okonomiyaki. Ryoga hatte den herrlichen Duft köstlicher Speisen bereits in der Nase gehabt, noch bevor er den Raum richtig betreten hatte.

Doch da war gar nichts.

Nichts.
 

Ukyos Laden war leer.

Eine Tatsache, die ihn überraschte.

Schließlich hatte er schon des Öfteren gehört, dass ihre Okonomiyaki die Besten weit und breit waren.

Aus diesem Grunde konnte er sich nicht vorstellen, dass die Kunden ausblieben, weil ihr Essen auf ein Mal nicht mehr schmeckte.

Es musste einen anderen Grund geben ...
 

Ryoga wurde sehr unfreundlich begrüßt.

Die junge Frau, die da so niedergeschlagen hinter den sauberen und kalten Kochplatten saß, machte sich noch nicht mal die Mühe aufzusehen. Bevor sie ihn mit großer Traurigkeit in der Stimme direkt wieder raus warf. „Geschlossen verdammt!“, schimpfte sie entnervt. „Könnt ihr alle nicht lesen?“ setzte sie dem nach. Ihr schien gerade - nein, eigentlich schon seit sehr langer Zeit, alles zu viel zu sein ...
 

Er verstand sie.

Natürlich wollte sie keinen sehen. Schließlich war sie die Jenige gewesen, die Ranma schon seit Kindesbeinen an kannte.

Den sie so sehr gemocht hatte.

Bis er auch ihr das Herz gebrochen hatte ...

Er sollte nicht stören ...

„Oh...“, sprach er und hörte sich selber Reden.

Es hörte sich komisch an, so als stehe er selbst neben sich. „Verzeihung, Ukyo...“ er trat einen Schritt zurück mit seinem Schirm in den Regen hinaus und griff nach der Tür um sie schließen zu können.

Recht hatte sie.

Was hatte ihn auch geritten ein zu treten?

Schließlich kannten sie sich nicht wirklich gut.

Es war besser, wenn er seiner Wege ging.

Irgendwann würde er sicher wieder alleine auf die Beine kommen ...
 

Ukyo hatte natürlich mit irgendwelchen Fremden gerechnet, die in der Hoffnung eintraten, dass sie nicht vielleicht doch ihren Laden geöffnet hatte.

Hatte sie nicht!

Sie wollte nicht.
 

Sie konnte nicht.
 

Doch am allerwenigsten hatte sie mit Ryoga Hibiki gerechnet.

Zu ihrer eigenen Überraschung sprach ihr Mund schneller, als ihre Gedanken hinter herkamen, als ihr Kopf seine Stimme erkannt hatte. „Ach Ryoga!“, sagte sie perplex, sah mindestens genauso überrascht auf. Warum konnte sie sich nicht erklären, aber sie wollte, dass er blieb. „Komm rein! Bleib doch!“ sagte sie. Es tat ihr leid, dass sie ihn so angefahren hatte.

Aber woher hatte sie wissen können, dass auf einmal er in ihrer Tür stand?
 

Er sollte bleiben.

Ryoga war ein sehr angenehmer Zeitgenosse.

Und auch wenn es gerade vielleicht etwas egoistisch war - sie hatte das Gefühl, das sie gerade seine Ruhe brauchte.
 

Doch er schien nicht zu wollen.

Enttäuschung machte sich in der jungen Frau breit. Obwohl sie wusste, dass sie kein Recht darauf hatte, enttäuscht zu sein.

Aber im Augenblick, als sie ihn erkannt hatte, war auch der gewesen, in dem ihr etwas ganz Wichtiges in den Kopf gekommen war. Ihr wurde klar, dass sie doch nicht so alleine mit ihrem Problem da stand, wie sie in den letzten fünf Jahren gedacht hatte.

All dieses Leid hatte ihr nicht gut getan, und wenn sie trotz ihres Kummers eins erkannt hatte, dann war es in letzter Zeit die Tatsache, dass sie nicht mehr so leiden wollte ...
 

Ryoga erhob seine Stimme und sah sie sicher mit dem gleichen Leid in den Augen an. „Nein wirklich Ukyo. Ich will dich nicht stören ...“ sagte er und drehte sich von ihr weg Richtung Regen.

Er verstand die junge Frau. Sie brauchte sicher Raum für sich, um zu verstehen, warum alles so gelaufen war, wie es nun mal war. Den hatte er schließlich auch in den letzten fünf Jahren gebraucht. Deswegen war es besser, wenn er ging.

Der Krieger setzte einen Fuß auf die nasse Straße und ihm fiel auf, dass das kühle Nass, das nun schon so lange vom Himmel fiel, wohl langsam weniger wurde.

Außerdem fiel ihm eine leise, verzweifelte Stimme in seinem Rücken auf.
 

Ukyos Stimme zitterte leicht. Und sie hatte auch etwas sehr Trauriges. „Bitte ...“, flüsterte sie bedrückt. „...Ryoga...“ setzte sie dem Ganze hinter her und es bewirkte doch tatsächlich, das Ryoga nicht anders konnte, als zumindest schon einmal stehen zu bleiben.
 

Er atmete tief ein und aus.

Eigentlich wollte er sie nicht stören. Irgendetwas tief in ihm riet ihm zu gehen.

Doch da war auch noch etwas anderes.

Etwas, was er so sicher als Mitleid identifizieren würde. Auch über den Umstand hinaus, dass er wohl selber in einem nicht besseren Zustand war. Als mitleiderregend.

Mit einem leisen Seufzen drehte er sich, sah sie kurz an und dann vielsagend zu dem Schild, auf dem in großen Buchstaben ‚Geschlossen‘ stand.

Dann sah er wieder zu Ukyo und hob seine Brauen.
 

Der innigste Wunsch, den die junge Frau gerade im Moment verspürte war, das er nicht gehen durfte. Und sie alleine in ihrem Leid zurück lassen ...

Aus diesem Grund suchte sie in ihrem Kopf möglichst schnell nach einem Argument, das hoffentlich ausreichend sein würde. „... ich habe auf die richtige Gesellschaft gewartet!“, sagte sie. Es war tatsächlich so. Irgendwas in ihr bestätigte das, was sie da gerade gesagt hatte. Und sicherte ihr auch zu, das es bestimmt auch nicht gelogen war.

Mit einem leichten Schimmer aus Hoffnung in den Augen sah sie den jungen Mann an, der in ihrer Tür stand und sie nachdenklich und mindestens genau so traurig ansah.
 

Tatsächlich zögerte Ryoga. Obwohl er nicht darüber nachdachte, ob es richtig war zu bleiben oder zu gehen.

Er dachte gar nichts in diesem Moment.

Bis es sicher auch eine innere Stimme war, die ihm zwar nichts riet, aber einen inneren Impuls gab, einen Schubser in die Richtung, in die er gehen sollte.

Also setzte er einen Fuß vor den anderen, bis er weit genug in Ukyos Laden stand, um die Tür hinter sich schließen zu können.

Der Wille des Schicksals

Da saßen sie nun und schwiegen sich gegenseitig an.

Mit gesenktem Blick, trauerten beide tieftraurig so unglaublich schweren Gedanken hinter her.

Und all dem, was hätte sein können, wenn alles anders gekommen wäre, als es war.

Wenn ...

Dieses Wort war schrecklich. Es war wie das eine Hürde, ein unüberwindbares Hindernis, auf dem Weg zum sehnlichsten Wunsch, dem innigsten Verlangen.

 

Krampfhaft krallte sie ihre Finger in den Stoff ihres Oberteils und presste ganz fest die Zähne aufeinander. Nur um irgendwie die Fassung und den letzten Rest ihrer Würde behalten zu können. Sie wollte nicht schon wieder heulen. Nicht jetzt. Nicht vor Ryoga. Was mochte er dann wohl von ihr denken?

Ukyo wollte, dass er weiterhin dachte, dass sie eine starke Kämpferin war. Er sollte nicht die schwache Frau sehen, die durch Sehnsucht und ihre unerfüllte Liebe, schon seit so schier unendlich langer Zeit Stück für Stück zerbrach.

Doch es fiel ihr so unendlich schwer.

Es war fast unmöglich, dem jungen Mann etwas vorzuspielen. Besonders nicht mit einem gebrochenen Herzen. Sie sah all die Scherben auf dem Boden liegen. Aber sie war nicht dazu in der Lage, sie wieder zusammen zulegen.

Immer wenn sie sich die Scherben besah, baute sich dieser unerträgliche Schmerz in ihr auf. Diese Qualen, die sie nicht schlafen ließen. Die der Grund dafür waren, das ihre Augen vom vielen Heulen schmerzten und bereits am Rand ihrer Verzweiflung angekommen war.

Aufgegeben hatte sie.

Schon vor so unglaublich langer Zeit.

Und das Einzige, was ihr treu zur Seite stand war diese aufzehrende Trauer, die immer von einer erbarmungslosen Leere begleite war.

Da kein Grund mehr, der wichtig genug war, weiter zu Kämpfen.

Es gab nichts mehr, um das sie kämpfen wollte ... oder konnte.

Warum also, sollte sie sich die Mühe machen den Kopf weiter oben zu tragen?

Sie schnaubte apathisch.

Herz und Seele waren sicher nicht mehr zu reparieren.

Pah! Selbst wenn Ranma...

Ukyo seufzte.

Nein. Sicher nicht.

Keine Chance das er es sich anders überlegte.

Sie hatte ihm oft genug die Wahl gegeben, sich für sie zu entscheiden. Um ihn gekämpft hatte sie. Doch es hatte nichts genutzt.

Der junge Mann, der nun rechtmäßig das Tendo Dojo führte, hatte immer wieder zu dieser anderen Frau zurück gefunden.

Obwohl sie auch an diesem Punkt feststellen musste, das er sich wahrscheinlich schon seit dem ersten Augeblick entschieden hatte. Wenn auch nicht direkt Bewusst.

Vielleicht war da von der ersten Sekunde an ein Band gewesen, das so fein war, aber dafür umso unzerstörbarer.

Eine Art von Verbindung, die sie sich eigentlich als Einzige zu ihm gewünscht hätte, aber nie bekommen hatte.

Wie immer an dieser Stelle musste sie trotz all ihrer Fragen, warum es gerade Akane gewesen war, eingestehen, das sie verloren ...versagt hatte.

Da war kein anderer Mann, der ähnlich war. Der so wie er war...

 

Verflucht!

Neben dem Frust und ihrer unsäglichen Enttäuschung schnellte ihr nun auch Wut in ihre Brust.

Was hatte diese Frau, was sie nicht gehabt hatte? Was war an ihr so besonderes, das dieser Idiot sich für sie entschieden hatte?

Sie war so schwach! Und so ...!

Ach! Verdammt noch mal!

Es war unfair! Das war es!

Sie hatte mit allen Mitteln gekämpft und nichts außer Freundschaft bekommen!

Das war es nicht, was sie wollte. Sie wollte keine Freundschaft. Sie wollte ihn ganz mit... Haut und Haaren. So wie er war.

Sie hätte alles dafür gegeben! Wenn es unabdingbar gewesen war, hätte sie alles aufgegeben was sie so liebte, wenn er es verlangt hätte.

Diese andere Frau aber! Diese verdammte Frau hatte ihn aber stets abgewiesen und letztendlich bekommen!

Was hatte diese Frau also, was sie nicht hatte?

Tränen stiegen ihr in die Augen. Wie jedes Mal, wenn sie zu dieser Frage kam. Und wie immer fand sie einfach keine Antwort.

Dies war auch der Grund - davon war sie fest überzeugt - warum sie nach all der Zeit immer noch keinen Schlussstrich hatte ziehen können. Wenn sie es verstehen würde, dann würde sie sich bestimmt besser fühlen. Dann könnte sie abschließen und endlich diesen lang ersehnten, tiefen aber um so befreienderen Atemzug machen ...

Dann wäre sie so weit, dass sie es sicher Ryoga gleichmachen könnte...

Sie könnte weggehen.

Weit weg.

Für immer.

Und Ranma nie wieder sehen.

Niemals.

Ein Stich, so unglaublich schmerzvoll fuhr ihr durch ihr Herz, bevor ihr die Tränen in ihren Augen erst die Sicht nahmen und dann die Wangen herab rannen.

Es war Ryogas Stimme, der sie aus diesem nie endenden Strudel der Selbstzermürbung zog.

 

„Ukyo - Chan...“ sprach seine gebrochene Stimme so ungewohnt kratzig ... und traurig. „... weine nicht“ sprach er. „Weine nicht ...“, sagte der sonst so furchtlose Krieger leise.

Sie sollte nicht weinen.

Es war Eigennutz, aber wenn sie weinte, würde er sie trösten müssen. Und das konnte er gerade nicht.

Er konnte nicht. Im Moment fehlte ihm die Stärke und sie Standhaftigkeit.

Also sollte sie nicht weinen.

Sie sollte nicht über einen Mann nachdenken - sie sollte keinem hinterher trauern, der ihr so etwas angetan hatte ...

Das hatte sie nicht verdient.

Der Schwarzhaarige blinzelte und erkannte doch die Ironie in seinen eigenen Gedanken.

... keinem hinterher trauern ...

Er schnaubte selbstverhöhnend.

Das sagte gerade der Richtige.

Verflucht! Er war das Paradebeispiel für Selbstmitleid.

Eine Schande war er. Für jeden, der sich zu den Matrial Arts Kämpfern zählte.

Eigentlich hätte er sich nur ein Mal kurz schütteln dürfen, den Dreck abklopfen und sich dann erhobenen Hauptes und mit freiem Kopf seinen Weg weiter gehen sollen. So weit, bis er nach unzähligen Kämpfen zur Perfektion seiner Kampfkünste gekommen wäre.

Möglicherweise hätte er dann auch in der Perfektion die Ruhe gefunden, die er so sehr wollte.

Die er brauchte und gehofft hatte in Akane zu finden.

Ruhe. Einen Ort der Erholung.

Denn erschöpft war er. Schon so lange. Doch nirgendwo fand er eine Stelle, an der er sich wenigstens für einen Moment anlehnen konnte. Auch wenn er ein Getriebener war, ein Wurzelloser ...

Er hatte schon lange erkannt das diese Rastlosigkeit, die ihn seit diesem ganzen Jahr immer weiter jagte, ihn langsam aber sicher wahnsinnig machte.

Der Krieger wollte nicht mehr weg rennen. Obwohl er gar nicht wusste, wovor ...

Doch.

Er wusste es.

Er wusste ganz genau, wovor er vergeblich versuchte weg zu rennen.

Pah! Er hatte ein paar Haken schlagen können, um nicht direkt dem grausamen Schicksal, mit all seiner dunklen Macht in die Pranken zu fallen.

Nun stand er aber vor einem Abgrund und gleich vor einer mindestens genau so grausamen Wahl.

Er schnaubte trübseelig.

Wieder eine ‚Gnade‘ des Schicksals.

Entweder er würde sich drehen und sich seinem schier unbesiegbaren Gegner stellen oder er tat diesen weiteren Schritt um sich in den dunklen Abgrund zustürzen.

Ganz klar war, dass diese Dunkelheit des Abgrunds zwar nicht die verklockendste war, aber immer noch besser als sich diesem Kampf, diesem inneren Konflikt zu stellen. Dieser Schritt in die Tiefe wäre der einfachere Weg ...

Und er würde ihn nur zu gern ... er würde ihn wählen.

Ganz bestimmt.

Also ließ er sich fallen.

Und ertrank im Selbstmitleid.

Schlaff sanken seine Schultern nach unten und der letzte Rest an Glanz verschwand spurlos aus seinen sonst so willensstarken Augen.

Er atmete einmal tief ein und aus. Starrte ganz abwesend auf seine Handflächen.

Akane ...

Wie ein Film, ein sehr schrecklicher Film, sah er die junge, zarte, starke und doch so zerbrechliche Frau vor seinen Augen.

Dort stand sie ... schenkte ihm ihr aller schönstes Lächeln und strahlte die Ruhe aus, nach der er sich so verzerrte.

Zum Greifen nahe war sie.

Nein. Dieses Bild, dieses scheußliche Trugbild war es ... aber nicht sie.

Alles in ihm krampfte sich zusammen.

Besonders als er sah, wie das Bild in seinem Kopf wechselte und eben jene junge Frau in diesem einem, besonderen, weißen Kleid sah... und ihre Lippen auf die des Mannes drückte, der bis ans Ende all seiner Tage sein ärgster Feind sein würde.

Er hasste Ranma.

Er hatte ihn mit jeder Faser seines Körpers. Dieser Mistkerl hatte das, was er so sehr begehrte. Was ihn endlich von dieser ermüdenden Ruhelosigkeit befreit hätte. Was er so unendlich hätte glücklich machen können ...

Ranma hatte dieses Glück mit diesen wunderschönen, großen braunen Augen nicht verdient ...

Ryoga schnaubte wieder vor sich her.

 

 

Die Köchin, die ihm gegenüber, hinter ihren kalten Platten saß, sah mehr als nur überrascht auf.

Kurz aus ihrem ganz eigenen Strudel dunkler, zerstörender Gedanken gerissen, war sie perplex, als sie die tröstenden Worte des jungen Mannes gehört hatte.

Dieser saß dort wie ein Haufen Elend, dem schon so lange sämtliche Freude und Leben aus dem Leibe gekrochen war.

Aber dennoch hatte er sich aufgerafft, um ihr zumindest einen Funken voll Trost zu schenken.

Sie musste sagen, das sie beeindruckt war.

Wo nahm er nur diese Kraft dazu her?

Ukyo schlug ein Mal die Lider ihrer Augen nieder und öffnete sie dann wieder langsam.

... nicht weinen ... hatte er gesagt.

Dabei sah er so aus, als ob er selber nichts lieber machen würde.

Vermutlich war es bis zu diesem Zeitpunkt das Einzige, was er noch irgendwie unter Kontrolle hatte.

Woran er sich vermutlich festhielt.

Doch so wie er da saß ...

Dieser Zustand erweckte in ihr so viel Mitleid, das sie für einen Moment vergaß, das sie nicht weniger etwas nachtrauerte und das ihr dabei so viel Energie raubte.

Ein ganz bedauerlicher Anblick, den er dort abgab.

Sie hatte gedacht, das man es ihr schon ansah, das sie ganz krank vor Liebeskummer war. Aber er ertrank ja förmlich darin. Sein ganzes Sein und seine sonst so stolze Haltung waren gänzlich verschwunden.

Es war ein befremdliches Bild, hatte sie doch Ryoga, der sich ständig verlief irgendwo doch ganz sympathisch gefunden. Nicht zuletzt, weil sein Vorhaben, ihr direkt in die Karten gespielt hatte ...

 

Doch wenn sie nun versuchte das gleiche Selbstbewusstsein wie zu früheren Zeiten in seinen Augen zu finden ... sie fand es nicht.

Dieser Ausdruck, der anscheinend schon eine ganze Weile in seinen Augen stand, berührte ihr tiefstes inneres. So viel Schmerz und Leid, das sie erkannte, bewirkte das sie für einen kurzen Moment ihren eigenen Kummer vergaß. Seit Langem wurde dieses Gefühl sogar von einem andern Gefühl verdrängt. Zögernd hob sie ihre Hand, beugte sich etwas vor und legte sie tröstend auf Ryogas.

Klein und zierlich, aber nicht zerbrechlich wirkte ihre Hand gegenüber seiner. Für einen Moment konnte sie sogar beobachten, das der Kämpfer reagierte, in dem er einmal blinzelte und seinen Blick auf die sanfte Hand richtete.

"Hey. Kopf hoch“, hörte sie sich selber sagen. „Vielleicht war sie die erste Frau, die du geliebt hast. Aber vielleicht war sie nicht die Frau deines Lebens.“ Sie selbst glaubte an das, was sie da sagte. Woher sie diesen Glauben nahm, trotz ihrer eigenen Trauer, wusste sie nicht. Doch irgendwie tat es ihr gut. Auch wenn sie sich das nicht erklären konnte. „Glaub mir. Es ist eine andere Frau, die für dich bestimmt ist ..."

 

Ryoga blinzelte wieder und sah langsam von der verglichen kleinen Hand hoch zu ihr. Erst ohne Gedanken sah er in ihr Gesicht und bemerkte, wie rot das Weiss ihrer Augen eigentlich war.

Wie oft musste sie wohl geweint haben?

Er konnte sich gar nicht vorstellen, wie das aussah, wenn die starke Ukyo einsam dort hinter den kalten Platten saß und still vor sich her weinte.

Sicherlich war es kein schöner Anblick und vielleicht versuchte er wirklich, diesem Bild in seinem Kopf zu entkommen.

Also senkte er wieder betrübt seinen Kopf und starrte auf die kleinere Hand, die ihm trost spenden sollte.

 

Verunsichert durch seinen kurzen Blick, der so tief in ihre Augen gedrungen war, zögerte die junge Frau wieder.

Befangen lehnte sie sich für einen Augenblick kurz zurück, verharrte aber und beschloss im selben, das er nach all dem, was er durchgemacht hatte es verdiente, nicht alleine gelassen zu werden. Sie verdrängte ihre innere Unsicherheit ihm vielleicht zu nahe gekommen zu sein und hoffte gleichzeitig, sich auch später damit nicht auseinandersetzen zu müssen. Sie zwang sich zu einem Lächeln, auch wenn es ihr nicht wirklich gelang, so zuckten doch wenigsten ihre Mundwinkel kurz nach oben. "Warts nur ab. Vielleicht ist sie schon da. Aber der richtige Zeitpunkt noch nicht ..." sprach sie und strich ihm ganz unbewusst, aber dafür um so sanfter über seinen Handrücken.

 

Ryoga war überrascht.

Nach all der Zeit hatte er nicht gedacht, das ihm so wenig Körperkontakt, so viel Ausmachen würde. Er musste feststellen, dass er im ersten Moment nicht mit dem sanften Streichen umgehen konnte. Sogar versucht war, ihr seine Hand zu entziehen.

Er konnte nicht ... er ...

Ryoga senkte weiter den Kopf und machte es für Ukyo wohl unmöglich, ihm weiter in die Augen sehen zu können.

Er konnte nicht ... das überwand er nicht ...

Die zierliche Hand, die auf seiner lag, musste da weg. Er konnte ...

Ryoga zuckte kurz mit der Hand und wollte sie wegziehen. Bekam allerdings von seiner Kinderstube eine ordentliche Ohrfeige um die Ohren gehauen. Schließlich reagierte man nicht derart schroff auf eine so aufrichtige Geste.

Es wäre unhöflich, ihr, da sie ihn nur trösten wollte, auf diese Art zu zeigen, dass er im Grunde gar nichts anderes wollte, als in Ruhe sich seinem trüben, farblosen Grübeln zu ergeben.

Der junge Mann zwang sich zur Ruhe, dazu, das er sich trotzdem, nicht anmerken ließ, wie schwer es ihm fiel, dieses zierliche Gebilde aus Knochen, Muskeln und Haut zu tolerieren.

Allerdings spürte er auch diese Wärme, die von dieser Hand ausging.

Und die war bei Weitem nicht unangenehm.

Ganz und gar nicht.

Gerade in diesem Moment fühlte es ich für den jungen Krieger so an, als ob diese Wärme ihm auch wieder ein klein wenig Kraft schenkte ...

... dafür, irgendwann wieder aufstehen zu können ...

Vielleicht hatte Ukyo das kurze Zucken, dass ein Wegziehen einleiten sollte, bemerkt, denn das Streichen stoppte urplötzlich. Der leichte Druck ihrer aufliegenden Hand löste sich schnell. Was also bedeutete, das die junge Frau sein Zucken wohl bemerkt hatte und darauf reagierte.

Nein... nicht weg ziehen...

Schoss es dem schwarzhaarigen durch den Kopf und auch er reagierte. Instinktiv.

Schnell erhob sich seine freie Hand und legte sich mindestens genau so sanft auf ihre Hand.

Den Kopf hielt er stur gesenkt. Leicht verstärkte er den Druck seiner Hand und stellte so unweigerlich sicher, dass sie ihre Hand nicht mehr weg zog.

„Bitte ...“, sagte er, sprach nicht weiter. Hatte es doch all seine Kraft und Überwindung gekostet, die er gerade aus der Berührung dieser kleinen Hand geschöpft hatte.

Nein.

Er wollte diese Wärme haben.

Er brauchte sie.

Einen Moment ... einen weitere Frist weniger Sekunden verstich und die rauen, vom Kämpfen gehärteten Finger klammerten sich schwach um die der jungen Frau.

 

Wieder wusste diese nicht, was sie tun sollte.

Dennoch musste sie zugeben, dieser Anflug von Zurückweisung, die sie kurzweilig durch seine Fingermuskeln hatte zucken spüren, wäre die Art gewesen, die sie erneut, vielleicht sogar in ein viel tieferes Loch geschubst hätte.

Von allem und jedem abgestoßen...

Zumindest hatte es sich so angefühlt.

Das brachte sie auf den Gedanken, ob sie denn in den wenigen Minuten, seit dem Ryoga nun so mitleiderregend vor ihr saß, an ihren Wendepunkt in dieser Phase der Trauer und des Selbstmitleides angekommen war.

Schließlich war er der Jenige, der sie - ganz bestimmt nicht willentlich - abgelenkt hatte.

Nein. Nicht nur abgelenkt.

War er nicht auch der Ursprung, der Keim neuer Hoffnung in ihr gewesen?

Vielleicht nicht darauf, dass sich ihr Ziel, der Wunsch, den sie sich so lange ersehnt hatte, doch noch erfüllen würde. Möglicherweise auf etwas mehr Leichtigkeit in ihrer düsteren Welt.

Gar war er der Türöffner dafür, dass sie nach all der Dunkelheit endlich wieder -auch wenn es nur ganz schwach war - etwas Licht sehen und den Kopf erheben konnte.

Sie brauchte etwas, was ihr den Kummer endlich aus dem Kopf trieb.

Vermutlich war das auch dadurch gegeben, das Ryoga letzendlich doch lieber ihre Hand in seinen liegen hatte. Das er mit diesem erschöpften, leicht verzweifelten ‚Bitte...‘, ihr zeigte, dass sie nicht alleine war. Mit ihrem Leid. Und das auch er etwas Nähe brauchte. Von jemanden, der genau so empfand wie er.

 

Nun zögerte der Schwarzhaarige kurz, als er die andere Hand der jungen Frau auf seiner Wange spürte.

Doch genauso wie er die Wärme der Hand, die er umgriff genoss, genoss er auch die der Hand, die ganz zart seine Wange streichelte. Lauschte ihren Worten, auch wenn es nicht viele waren. Aber waren sie doch wie Balsam, der sich ganz sachte um die Wunden seiner geschundenen Seele legte. Und nur zu gerne schenkten er und seine eigene Hoffnung, die sich nun als Erste wieder aus dem Strudel langer Traurigkeit hervor gekämpft hatte, ihren Worten glauben.

... nicht alleine bleiben ...

Das war gerade das Einzige, was er wollte.

Langsam hob er den Kopf und versuchte trotz seiner Müdigkeit, ihr ein klein wenig Dankbarkeit entgegen zu bringen.

Er setzte zum Sprechen an. Schließlich wollte auch er ihr etwas Trost spenden. Worte wählen, die auf sie vielleicht die gleiche Wirkung hatten, wie ihre auf ihn.

Doch er schaffte es nicht.

Gerade konnte er einfach nicht über dieses Thema reden.

Deswegen war er überrascht und erleichtert, als Ukyo leicht mir ihrem hübschen Kopf schüttelte und ihn verstehend ansah.

 

Weich war ihr Ausdruck. Seit Langem kannte ihre Mimik auf einmal eine ganz andere, viel angenehmere Emotion, eine solche, die sie anscheinend selber unheimlich vermisst hatte.

Natürlich hatte sie diesen Kampf mitbekommen, den der junge Krieger in seinem inneren geführt hatte. Sie hatte es ihm ganz deutlich ansehen können, das er ihr auch Beistand hatte leisten wollen. Aber nicht gekonnt hatte.

Er musste das nicht.

Alleine, das er ihre Hand so bestimmt festgehalten hatte, hatte er ihr gezeigt, dass er zwar etwas Zeit brauchte, aber sicher seine Schulter anbieten würde, würde sie sie brauchen.

... alles ist gut ...

Versuchte sie mit Ihrem weichen Blick und dem sanften Lächeln auszudrücken. Auch wenn sie es nicht aussprechen konnte.

... alles wird gut ...

Das war das, woran sie glauben wollte. Und musste, wenn sie noch einmal auf die Beine kommen wollte.

So konnte es nicht weiter gehen.

Sie musste sich aufraffen.

Sie mussten es beide.

 

Immer noch, schien Ryoga das Bedürfnis zu haben etwas zu sagen. Auch wenn es nicht viel war.

Oder von Bedeutung.

„... die Toilette?“, fragte er leise, weil ihm nichts Besseres eingefallen war.

Aber es zeigte, das er noch sprechen konnte und das er seine Gedanken zu einem logischen, zusammenhängenden Satz zusammenbauen konnte. Wenn auch sehr bruchstückhaft.

 

Gut. Vielleicht hätte sie doch etwas anderes erwartet. Möglicherweise doch etwas, was etwas poetischer war.

Ryoga war kein Poet. Er war ein Kämpfer, ein Krieger.

Deswegen schüttelte sie innerlich über sich selber den Kopf. Sie konnte Heldentaten, epische Kämpfe von ihm erwarten. Edle Eigenschaften, die heute selbst die Höchsten aus den betuchtesten Häusern nicht mehr hatten.

Doch Poesie war wohl etwas, was ihm einfach nicht lag - und das war völlig in Ordnung.

Sie lachte kurz auf. „Die Tür direkt links“, antwortete sie und deutete mit ihrem Kopf hinter sich auf die zu den Toiletten trennende Tür.

 

Nun stahl sich auch ein kleines Lächeln auf die Lippen des Kriegers. Einen weiteren Moment sah er ihr tief in die Augen. Es war einer dieser Momente, in dem das Schicksal kurz die Zeit anhielt und alles andere drum herum als unwichtig einstufte und komplett ausblendete.

Vielleicht war das auch der Moment gewesen, an dem das Schicksal die Karten neu durchmischte, und begann eine neue Geschichte zu schreiben ...

Ryoga blinzelte, befreite sich so aus dieser Moment - Trance und drückte noch ein Mal sanft ihre Hand mit den seinen. „Danke dir, Ukyo - Chan ...“, sagte er, bevor er aufstand. Kurz sah er sich um, geradewegs an der Tür zu den Toiletten vorbei und nahm den Ausgang ins Visier. „Bis gleich ...“, sagte er mit einem müden Lächeln zu Ukyo und stiefelte direkt auf den Ausgang zu. Er war draußen in der nassen, aber nicht mehr regnenden Welt verschwunden, bevor die Köchin seinen Weg korrigieren konnte.

 

Irritiert starrte sie ihm nach, verdattert auf die Stelle, auf der er eben noch gestanden hatte, bevor er die Tür hinter sich geschlossen und aus ihrem Sichtfeld in die große, weite Welt verschwunden war.

Das wunderlichste an diesem Mann war, das man ihn nicht alleine lassen konnte. Sie lachte kurz auf. Zumindest wenn es um eine einfache Weg Beschreibung ging, war es wohl bei ihm das Beste, man übernahm direkt das Kommando.

Dennoch musste sie Zugeben, dass sie diese kleine Macke an ihm mochte.

Sehr gerne sogar ...

Ich verlor mich selbst

Erneut war ein Jahr vergangen, seit dem er das letzte Mal in dieser Stadt gestanden hatte. Es war sein Fluch, dass er trotzdessen, dass er das absolut nicht wollte, immer wieder hier landete. Wahrscheinlich hatte das Schicksal, oder wie man auch immer diese Fügung bezeichnen wollte, einen Plan, eine Aufgabe für ihn.

Möglicherweise war es ein ebenbürtiger Gegner, gegen den er Antreten und im besten Falle gewinnen sollte.

Ein schlecht durchdachtes Vorhaben. Denn über die Jahre - und das schrieb er seinem konsequenten Training in wirklich allen Gebieten der Welt zu - war es unheimlich schwer geworden, einen Gegner zu finden, der mit ihm mithalten konnte.

Wenn es ihm nicht so schmerzen würde, würde er seinen ältesten Freund und größten Rivalen herausfordern. Aber dazu müsste er dessen Dojo betreten. Was zwangsläufig bedeuteten würde, das er auch auf... Akane treffen würde.

Ein ekelhaftes Ziehen breitete sich in ihm aus, blieb einen Moment, bevor es spurlos verschwand. Mit der Zeit hatte er gelernt, damit umzugehen. Der beinahe tägliche Gedanke an die Frau, die er so sehr begehrte, aber nie haben konnte, hatte ihn wohl etwas abgehärtet.

Mit einem Seufzen ging er weiter.

Er vermisste diese Stadt nicht, hier war nichts, was ihn hielt, oder wofür er gerne immer wieder zurückkommen würde. Also war es für ihn das Beste, wenn er sie so schnell wie möglich wieder verlassen würde. Und er hoffte dieses Mal für immer.

Sanft strich eine angenehme kühle Briese dieser Sommernacht über seine Haut, als er in die nächste Straße einbog und ihr zielgerichtet folgte.

Bis ihn ein sehr bekannter, aber umso verführerischer Duft erreichte und dazu zwang, ihn zu verfolgen.

Der Geruch, der ihm bewusst machte, dass er bereits seit einiger Zeit nichts mehr richtiges gegessen hatte. Sein Magen stimmte dem mit einem empörten Knurren zu und zwang ihn dazu, diese Fährte aufzunehmen. Er musste sie verfolgen, bis er vor einem anscheinend sehr gut gehenden Okonomiyaki Laden stehen blieb.

Ukyo, dachte er sich und musste unbewusst grinsen. Stimmte ja, sie hatte damals schon diesen Laden betrieben. Wie es aussah, hatte sie wohl ihren Liebeskummer überwunden.

Mit einem freudigen Kopfschütteln dachte er gar nicht weiter darüber nach, als er seine Hand hob, nur um die Tür zur Seite zu schieben. Es war unheimlich viel los in ihrem Laden, überall saßen Freunde und Pärchen, die sich angeregt unterhielten.

Sofort wurde er begrüßt.

Doch anders als erwartet, klang die Stimme der begnadeten Okonomiyaki Bäckerin nicht so, als ob sie ihren Liebeskummer überwunden hatte. Vielleicht mochte kein Fremder diesen schwachen, gequälten Unterton heraushören, doch Ryoga war sich sicher, jeder, der diese Frau auch nur ein klein wenig kannte, würde sofort darauf aufmerksam werden.

 

Sie sah auf, als sie das leichte Schaben ihrer Tür hörte. Automatisiert hieß sie ihren neuen Gast willkommen, noch bevor sie ihn erkannt hatte. „Herzlich willkommen!“ sprach sie und hoffte auch dieses Mal, dass man den Missmut in ihrer Stimme nicht raus hören konnte. Erst als ihr neuer Gast näher trat, erkannte sie an der Statur des Mannes, dass es Ryoga war, der sich wohl wieder ein Mal hier hin verirrt hatte. „Ryoga!“, sagte sie hocherfreut und vergaß für einen Moment ihren Kummer. Für einen Augenblick leuchteten ihre Augen tatsächlich dem jungen Kämpfer entgegen, der sich langsam auf den Tresen zu bewegte und den einzig noch freien Hocker für sich in Beschlag nahm.

Verwegen war sein Blick. Sie sah den gleichen Willen und diese Leidenschaft, den er schon immer ausgestrahlt hatte. Ryoga wirkte gestärkt und ruhig. Jedoch auch Müde, als er sich mit überkreuzten Armen auf die Theke vor ihr abstützte. Sie suchte nach der Wehmut, die sie selber spürte, doch war sich nicht sicher, ob sie das in diesen warmen, etwas ermatteten Augen gefunden hatte. Sah sie dort etwa Sehnsucht?

Nein, sie musste sich getäuscht haben, stellte sie fest, als der junge Mann einmal blinzelte, aus seiner Starre erwachte und sie schwerfällig anlächelte.

Gefasst war er. Ryoga hatte anscheinend mit dem Ganzen abgeschlossen.

Wenn das so war, durfte sie ihm auf keinen Fall zeigen, dass sie noch nicht so weit war, wie er. Hoffentlich würde er ihr Pokerface nicht durchschauen. Um ihn abzulenken, spielte sie ihr Spiel weiter und grinste zurück.

„Ich freue mich riesig, dass du dich mal wieder hier hin verirrt hast! Wo warst du nur so lange?“, sie versuchte ihn, mit einem kecken Augenzwinkern abzulenken.

 

Ryoga zog einen Mundwinkel hoch. „Überall“, sagte er. „Ich war in Ländern, die ich vorher noch nie gesehen habe. Viele Sachen habe ich gelernt und Dinge gesehen, die kannst du dir gar nicht vorstellen!“, erzählte er und ließ erneut abwesend seinen Blick durch Ukyo hindurch in die Weite schweifen. Vielleicht war er in diesem Moment wieder in einem weit entfernten Land.

 Das Beste wäre wohl auch, wenn er hier nicht lange blieb, sonst würde er wieder zurück in dieses Loch aus Selbstmitleid und Schmerz fallen.

Die letzten Jahre, in denen er umhergezogen war, hatten ihm immerhin auch sehr gut getan.

Und sicherlich hatte das Schicksal irgendwann so viel Erbarmen mit seinem Seelenheil, dass es ihn nie wieder in diese höllische Stadt zurückführte.

 

Ukyo dagegen ließ sich mitziehen und verspürte den Wunsch, auch nur einen Bruchteil von all dem gesehen zu haben. Wie gerne hätte sie es ihm gleich getan und wäre aus dieser Metropole geflohen!

Was hatte sie eigentlich hier gehalten?

Nichts.

Sie war nur nicht gegangen, weil sie nicht stark genug gewesen war, dieser süßen Versuchung des leichteren Weges - sich selbst bedauern - zu wieder stehen.

Auch sie hätte dieses verfluchte Nest verlassen sollen.

Ukyo beneidete ihn darum. Um so vieles, was er konnte und sie nicht...

„Wahnsinn!“, drückte sie ihre positiv gemeinte Eifersucht aus. „Das hätte ich auch alles gerne gesehen!“, sprach sie zu dem Mann mit dem weiten Blick in die Ferne.

Gleich überkam sie ein unglaubliches Fernweh und für einen Moment dachte sie daran, wirklich sofort alles stehen und liegen zu lassen, nur um die Sonne in einem anderen Land aufgehen zu. „Wie ist es in all den anderen Ländern?“, fragte sie, „Wie sind die Menschen dort? Welche Gebräuche haben sie? Was essen sie? Ist es sehr anders, als hier?“, schoss direkt eine ganze Flut aus Fragen hinterher.

Dann sah sie den belustigten Blick, des jungen Mannes ihr Gegenüber. Eine sanfte Röte zog ihr über die Wangen und sie drehte den Kopf weg, auch um nach den Okonomiyaki zu sehen, die auf den heißen platten, brieten. „Verzeihung...“, murmelte sie peinlich berührt und hatte den Drang sich zu erklären.

Allerdings fiel ihr nicht wirklich eine gute Erklärung ein. „Ich glaube nur, dass ich mal raus muss“, routiniert platzierte sie die gegarten Okonomiyaki auf zwei Teller und servierte mit einem charmant aufgesetzten Lächeln, ihren beiden anderen Gästen an der Theke. „Auf Wiedersehen! Beehren Sie mich bald wieder!“, rief sie dabei einem Pärchen nach, das gerade den Laden verließ.

 

Ryoga sah ihr aufmerksam zu und erkannte, dass ihr Lächeln, das sie den beiden hinterher warf, nicht echt war.

Mitleid regte sich in ihm, als sein Verstand ihm sagte, dass die junge Frau hinter dem Tresen, noch nicht mal ansatzweise die Chance dazu gehabt hatte, das Ganze zu verarbeiten und damit ab zu schließen.

Logisch. Mit wem hätte sie auch darüber Reden, geschweige denn ihr Leid klagen können?

Es war doch keiner da gewesen.

Schon gar nicht - überhaupt nicht mal ihr bester Freund. Ihrer ersten Liebe, die ihr verweigert blieb.

Alle anderen beteiligten Konkurrenten an diesem Desaster hatten ihren Weg gefunden, hatten es ihm gleich getan, indem sie spurlos verschwunden waren.

Nur sie war geblieben. Steckte fest, in Elend und Qual.

War das etwa ein Hilfeschrei, den sie nicht anders ausdrücken konnte?

Und war das vielleicht seine Aufgabe?

Wieder verabschiedete die Brünette, der man nur dann die Verzweiflung ansah, wenn man darauf achtete, eine Gruppe Gäste.

Da war er wieder, dieser sehnende Blick in die Ferne. Raus aus diesem Laden, aus dieser Stadt in die Weite.

Warum tat sie es nicht einfach? Ließ alles hinter sich, was sie so belastete und fand ihren Frieden tatsächlich da draußen in der Welt.

Ryoga öffnete seinen Mund, um ihr genau diese Frage zu stellen, da kam ihm sein Magen bevor.

Er knurrte.

Noch nicht mal leise, in voller Lautstärke und so, das Ukyo nicht umhin kam, es nicht zu bemerken.

Wie konnte denn sein Magen auch anders bei so einer beeindruckenden Kochkunst?

Nun war er es, der beschämt den Kopf senkte und sogleich ein Lachen von ihr hörte, das weder gekünstelt noch verhöhnend klang. Es hatte einen ehrlichen Ton.

Ein Fakt, der ihm gefiel.

Ukyo hatte es verdient, viel mehr zu lachen.

 

Belustigt griff sie nach der Schüssel mit dem Teig und verteilte mit einer geschmeidigen Bewegung, diesen kreisrund auf einer der heißen Platten. „Du hast mir immer noch nicht geantwortet. Was isst man außerhalb Nermias?“, wollte sie wissen und stellte die Teigschüssel wieder weg. „Ist es sehr anders?“, Ukyo griff nach den Zutaten.

Ihr war klar, dass die ganze Welt nicht nur aus Okonomiyaki bestehen konnte.

 

Ryoga räusperte sich leise, hoffte insgeheim damit seinen knurrenden Magen übertönen zu können. „Ohja! Manches ist sehr deftig und so fettig, das einem Spei übel davon wird. Aber das ist einfach nur Sache der Gewöhnung. Manche Länder haben aber generell den Hang dazu, sich sehr ungesund zu ernähren und sehr wenig zu bewegen. Im Umkehrschluss sind diese dann natürlich auch sehr träge und sagen wir mal - in einer Verfassung, in der sie eigentlich nicht sein müssten“, gab er ihr als Erklärung und war überrascht, als dann plötzlich der erste Pfannkuchen vor seiner Nase stand.

 

Sie lachte kurz auf. „Das hast du aber jetzt sehr schön umschrieben“, lobte Ukyo, strahlte ihn an, bevor sie noch etwas hinzufügte. „Geht auf Kosten des Hauses. Lass es dir schmecken, alter Freund!“ Wieder grinste sie und bemerkte gar nicht, das sie für diesen Moment von ihrem Kummer völlig abgelenkt war.

 

Verwundert sah er in das Gesicht der jungen Köchin. Er sah, dass es nun anders wirkte, gelassener und friedvoller.

Es schien tatsächlich zu funktionieren, wenn man sie auf andere Gedanken brachte. Für einen Augenblick starrte er sie nachdenklich an, bevor er wieder von ihr aus seinen Gedanken heraus gezerrt wurde.

 

„Nun mach schon! Iss, bevor es kalt wird!“, forderte sie ihn fröhlich auf und wandte sich wieder den nächsten, verlassenden Gästen zu.

 

Sofort war da wieder dieser leidende Ausdruck.

Sie brauchte dringend diesen Abschied. Nicht für immer, aber zumindest eine bestimmte Zeit lang, bis die talentierte Köchin mit diesem kolossalen Drama abgeschlossen hatte.

Er ergriff die Stäbchen und teilte sich die erste mundgerechte Portion des himmlisch riechenden Gebäcks ab.

Die letzten beiden Gäste, die neben Ryoga gesessen hatten, bezahlten und verließen ebenfalls Ukyos Laden, als sich der Martial Arts Kämpfer den ersten Happen in den Mund schob.

Es war klar gewesen, wenn ein Restaurant so gut lief wie das von Ukyo, musste das Essen wirklich von sehr guter Qualität und außergewöhnlichem Geschmack sein.

Möglicherweise war es auch der Umstand, dass er in den letzten sechs Jahren nicht unbedingt viel gegessen hatte, das mit so viel Erfahrung gemacht worden war.

Doch um beschreiben zu können, wie gut ihm diese einmalige, unbeschreiblich feine Komposition aus Teig und Zutaten schmeckte, fehlten ihm einfach die treffenden Worte. „Ukyo, ich...“, stotterte er sprachlos. „...das ist der Wahnsinn!“ Das war das Einzige, recht plumpe, was ihm dazu einfiel. Aber viel mehr bekam er gerade vor Begeisterung nicht heraus, schob lieber den zweiten Bissen nach, nur um ein weiteres Mal in den Genuss dieser unsäglichen Köstlichkeit zu kommen.

 

Das Lächeln auf dem Mund der jungen Frau wurde noch etwas breiter. „Vielen Dank, Ryoga. Es freut mich, dass es dir so gut schmeckt“, antwortete sie ihm und spürte in sich, dass sie so was wie reine Freude schon lange nicht mehr empfunden hatte. Der Brünetten wurde klar, wie kostbar so etwas eigentlich war.

Kurz schwenkte sie ihren Blick zu den letzten Gästen, die nun die Bude verließen. „Willst du noch einen haben?“, fragte sie, nur aufgrund des hochzufriedenen, genießenden Gesichtsausdrucks des Schwarzhaarigen. Und daran gemessen, wie schnell er sich an dem Okonomiyaki gütlich tat.

 

Ryoga Hibiki schluckte den Bissen herunter und sah sie verwundert an. „Ukyo, ich will dir nicht zur Last fallen. Oder unverschämt sein“, sprach der Kämpfer, obwohl er natürlich nichts lieber wollte, als noch einen dieser Leckerbissen zu verspeisen.

 

Die Brünette stand auf und ging um den Tresen herum. „Unsinn Ryoga, du bist weder das eine noch das andere. Außerdem hilft man Freunden immer, wenn sie in Not sind. Und wenn ich mir deinen Bauch ansehe, fällst du mir noch vom Fleisch, wenn ich dich jetzt nicht füttere!“, sprach sie mit einem Augenzwinkern, als sie an ihm vorbei auf die Ladentür zu ging. „Warte kurz, ich schließe gerade den Laden, dann bekommst du so viele Okonomiyaki, bis du platzt. Und das meine ich ernst!“ Sie musste aufgrund seines überraschten Gesichtes grinsen und ging das erste Mal, seit Jahren mit einem Strahlen in den Augen in ihren Feierabend hinein.

Zwei Schritte trennten sie noch von der traditionellen Schiebetür, als sie ihre Hand in die Tasche ihres Oberteils steckte, um den Schlüssel hervor zu holen.

Sie kannte das Geräusch, wenn dieses Konstrukt aus Holz aufgeschoben wurde und wusste so, dass wohl noch ein Gast eintreten wollte, um ihre Köstlichkeiten verspeisen zu können.

Wirklich, sie hatte jetzt Feierabend, diesen Kunden würde sie nun sehr höflich genau darauf hinweisen und hoffen das er ein andermal wieder kam.

Mit selbstsicherem Blick sah sie von dem Schlüsselbund in ihrer Hand auf und erstarrte urplötzlich. War im Augenblick dessen, als sie den späten Gast erkannte, ganz und gar nicht mehr die fröhliche, eben erst wieder aufgeblühte Ukyo, die aus der Anwesenheit Ryogas anscheinend so viel Kraft geschöpft hatte.

 

Das erkannte auch Hibiki.

Er hatte ihren scharfen, erschrockenen Atemzug gehört. Das war Grund genug für ihn gewesen, sich um zu drehen, um nach zu sehen, was da los war.

Ukyo war eingefroren, starrte wie paralysiert, auf den neuen Besucher des Ladens.

Ryoga zog seine Mundwinkel weit nach unten und sah den Mann abschätzend an, erkannte binnen Sekunden, das er was an sich hatte, was er nicht mochte.

Doch der eindeutigste Grund, warum er große Abneigungen gegen diesen Mann hegte, waren die Auswirkungen, die er auf Ukyo hatte.

Sie war in sich zusammen gesunken, so als ob sie dem Fremden möglichst wenig Angriffsfläche bieten wollte. Die Köchin hätte sich sicher eingerollt, wenn es in ihr möglich gewesen wäre.

Unglaublich viel Angst, sah er in den blauen Augen seiner guten Freundin, lähmende Furcht und das nur, weil dieser Schmierlappen so arrogant durch die Tür getreten war.

Trainierte Figur, kräftige Finger, Augen wie eine Schlange und eine Gangart, die auf absolute Selbstverherrlichung rückschließen ließ.

Auch Ryoga spannte sich an, ballte unbewusst seine Fäuste und bedachte den vermutlichen Kampfkünstler mit einem bitterbösen Blick.

Versuchs ruhig, Idiot. Mir jagst du keine Angst ein...,  knurrte er ihm schon gedanklich zu.

 

Von der Abneigung des jüngeren Martial Arts Kämpfer, bemerkte der Schmierlappen nichts. Kein bisschen. Er war von der Sorte die nur sich sahen, keine Gnade kannten und nie gelernt hatten, was Demut war. Brauchte er auch nicht, aus all seinen Kämpfen, die er bis jetzt bestritten hatte, war er anscheinend immer als Sieger hervor gegangen.

Ein Talent, das ihm schon früh in die Wiege gelegt worden war, das Kämpfen.

Zu gewinnen war sein Schicksal, seine Bestimmung.

Und deswegen hatte er auch alles Recht, sich über Gesetze, die für alle anderen Menschen galten, hin weg zu setzten.

Wer konnte ihm denn schon was?

Keiner.

Da war kein Konkurrent, der in Schlagen konnte, dann würde es auch noch nicht mal die Polizei wagen.

Regeln galten für ihn nicht. Und alleine die Erinnerung daran, wie toll er eigentlich war, ließ ihn hochmütig grinsen.

Die kleine Köchin, die eine so große Angst vor ihm hatte, war ein wahrer Glückstreffer.

Hey, wenn nicht so viele über ihre außergewöhnlichen Okonomiyaki schwärmen würden, wäre er niemals auf sie aufmerksam geworden.

Er setzte sich direkt an die Theke und pfiff nach Ukyo, wie nach einem Hund. „Aber ganz schnell! Ein Mal alles! Wie immer!“ Er garnierte dies mit einem wiederholten, dreckigen Lachen. „Und natürlich auf Kosten des Hauses!“ Der Mann ließ seine riesige Faust auf den Tresen krachen, nur um seine laut erschallende Euphorie, noch mal zu unterstreichen.

 

Das gefiel ihm nicht und wenn Ukyo nichts unternahm, dann würde er diesem Idioten zeigen, wie man sich zu benehmen hatte. Er richtete sich aus seiner lässigen Haltung auf, straffte seine Schultern und drehte sich zu dem Ekel hin. Schenkte ihm einen weiteren, mehr als nur missbilligenden Blick und wollte gerade das Wort ergreifen, als er eine ganz sanfte Berührung an seinem angespannten Oberarm bemerkte.

Mit bösem Blick fuhr sein Kopf herum, erkannte die junge Brünette, die da auf einmal hinter ihm stand und ihn bittend ansah.

Seine Mimik entspannte sich etwas, verstand aber nicht, wie sie in dieser Situation, nur so energisch mit dem Kopf schütteln konnte.

Was tust du, Ukyo?, fragte er sie gedanklich, erntete dafür einen entschuldigenden Blick und ein rasches anheben ihres Fingers vor ihre Lippen. Still zu sein bedeutete sie ihm, flehte ihn darum an, in dem sie danach ihre Hände ineinander faltete.

Er murrte leise, doch tat seiner Freundin diesen Gefallen. Ryoga warf dem schlecht erzogenen, weitaus älteren Mann noch einen weiteren grollenden Blick zu, bevor er sich von ihm abwandte.

 

Sie musste eilig handeln. Angesehen hatte sie es dem jungen Schwarzhaarigen. Diesen abschätzenden Blick, dieser deutliche Ausdruck, der rasch in die Mimik des jüngeren Mannes geschnellt war, dass er diesen unhöflichen Mann nicht mochte. Vor allen Dingen hatte sie es an dem Anspannen seines Körpers gelesen, das Ryoga sich unter Garantie nicht alles gefallen lassen würde, sogar kurz davor gewesen war, das Wort zu erheben.

Bei Kami, nicht doch!, hatte sie sich gedacht und war zügig auf ihren guten Freund zu gelaufen. Bitte! Mach nichts! Sei einfach nur leise!, hatte sie ihn gedanklich gebeten, angefleht, aus Angst es würde zu einer Konfrontation kommen. Die im schlimmsten Falle ihren Laden zu Kleinholz verarbeitete. Und das würde dieser Kampf. Natürlich hatte sie dafür einen verständnislosen Blick von Ryoga bekommen. Aber sie hatte daraus gelernt, was passierte, wenn sie sich gegen diesen Parasiten auflehnte.

Unbewusst griff sie sich an ihre von Hibiki abgewandte Halsseite. Spürte einen Moment die unnachgiebige Holzwand, ihres eigenen Restaurants im Rücken und den eisenharten Griff des Schmierlappens um ihren Hals.

Es war besser, wenn sie tat, was er verlangte...

...wie immer an dieser Stelle, spürte sie ihren Kämpferstolz wehleidig in sich aufheulen.

Doch was sollte sie denn auch tun, wenn sie nicht gegen ihn an kam?

Niedergeschlagen griff sie nach der Schüssel mit dem Teig.

 

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Wieder einmal hatte sich gezeigt, war man dreist und dazu noch ein so guter Martial Arts Kämpfer wie er, kam man überall viel weiter. Obendrein sicherte dies auch jeden Abend ein völlig kostenloses Abendessen.

All seine täglichen Mühen zahlten sich wirklich aus. Würde er nicht Tag für Tag mit seinen Hanteln trainieren, würde er zum Ende eines jeden Tages, nicht so viele Gaststätten haben, die er in regelmäßigen Abständen besuchen konnte.

Der Muskelberg lachte laut, klopfte sich auf seinen prallen Bauch, rülpste laut und schenkte sich gleich noch mal in seine Sake Schale ein. Bis zum Rand füllte er es und hob den hochprozentigen, gleich an den Mund, sog die berauschende Flüssigkeit mit zwei großen, gierigen Schlucken runter. Dann knallte er die Schale so hart auf den Tresen, dass sie zersprang. Splitter flogen in alle Richtungen, wurden zur augenblicklich zur Gefahr. Eine beängstigend große Scherbe, die auf die vollkommen in sich eingesunkene Ukyo zu schoss, konnte nur durch ein fliegendes Stäbchen des jüngeren Kämpfers, vom verletzenden Kurs abgebracht werden.

Doch auch dass und den wütenden Blick des Verfluchten bekam der Hantel Mann nicht mit.

Bevor er lachend den Laden verließ, hinterließ sein unproportionales Gesäß eine übel riechende Duftwolke. Dann flog die Schiebetür, hinter dem Unhold zu.

 

Mit einem abwertenden Blick, starrte Ryoga Hibiki dem Fremden nach, schüttelte mit dem Kopf und schwor dem Unerzogenen, dass er das sicher nicht noch mal hier abzog. Dafür würde er schon sorgen.

Selbst Ukyo konnte ihn dann nicht noch mal aufhalten.

Wut zitterte in ihm, seine Anspannung konnte man ihm an seinen geballten Fäusten ansehen, die unruhig neben dem Teller lagen. Sie waren von kräftigen, hervortretenden Adern überzogen und der Kämpfer hätte nichts lieber getan, als diesem Mistkerl seine anmaßende Art und Weise aus seinem dämlichen Schädel zu prügeln.

Zu Ukyo drehte er sich nun um und sah sie aufmerksam an, forderte eine Erklärung. Doch die Meisterköchin mied seinen Blick, sah immer noch stur auf ihren Schoß zu ihren zusammen gekrampften Fingern. „Ukyo“, begann er und löste damit ein zusammen Zucken der jungen Frau aus. „Ich verstehe nicht, warum du ihn nicht rausgeworfen hast!“, stellte er in den Raum. Doch Ukyo blieb stumm, gab nur gequälte Geräusche von sich. „Wo ist dein Kampfgeist geblieben?“, fragte er.

Erneut keine Antwort, während er sie konzentriert ansah.

 

Diese Frage war unausweichlich gewesen. Ukyo hatte gewusst, das Ryoga sie stellen würde, spätestens, wenn dieses Kraftpaket ihr Restaurant verlassen würde.

Sie hatte Zeit gehabt sich Antworten zu überlegen, doch alles, was ihr eingefallen war, hätte niemals ausgereicht um den erfahrenen Kämpfer an ihrer Theke zu überzeugen können. Trotzdem. Sie musste etwas sagen. Egal was.

Vielleicht würde sich Ryoga auch schon, mit einer sehr schwachen Antwort abfinden. „Ich...“, begann sie, doch wusste nicht, wie sie ausdrücken sollte, was sie selber noch nicht mal in ihrem Kopf hatte sortieren können. „Ich...“, wiederholte sie, aber immer kam ihr noch kein Sinn ergebender Satz in den Kopf. „Ryoga“, möglicherweise fiel es ihr einfacher, wenn sie einen anderen Anfang nutzte. „Ich bin nicht mehr die gleiche Ukyo, die du ein Mal gekannt hattest...“, sprach sie leise und sah leidend zu ihm auf.

Ein Bekenntnis zu ihrer Schwäche, aber nichts empfand sie gerade als wahrer.

 

Unübersehbar war sie nicht mehr die Gleiche.

Er zwang sich dazu, nicht mit dem Kopf zu Schütteln, würde es doch sicher die junge Frau in eine noch tiefere Schwärze ihres Loch schubsen, wenn sie sah, das sie wirklich keinen mehr hatte.

Also sah er sie einfach nur schweigend an und hoffte sie würde Reden. All ihren Kummer aussprechen, mit dem Hintergedanken, sie fand darin Erleichterung.

Das, was er in all seinen Reisen gefunden hatte.

 

Ukyo Kuonji seufzte schwer, senkte etwas den Kopf, aber sah ihn weiterhin an. „Es ist ok, Ryoga“, begann sie und versuchte das Entsetzen in seinen Augen zu übersehen. Sie wusste auch, dass die Art und Weise, wie sich dieser Rüpel ihr gegenüber benahm, ganz und gar nicht in Ordnung war. Aber sie wollte auf etwas anderes heraus. „Der Laden läuft so gut, dass ich keinen Verlust damit mache. Er kommt ja auch nicht jeden Abend. Aber ich mache auch keinen Gewinn damit!“, erklärte sie ihm, doch es änderte nicht viel an seiner Mimik. „Bitte halte mich nicht für geldgierig. Aber ich führe dieses Unternehmen ganz alleine und ich muss gut Wirtschaften. Schließlich schenkt mir keiner den Strom oder die Zutaten“, erläuterte die Brünette.

 

Eine logische Begründung, das war ihm auch klar, dass man von erwirtschaften Gewinnen, auch wieder Produkte nachkaufen musste, um weiterhin Gewinn machen zu können.

Aber ihm ging es um etwas anderes.

Früher hatte Ukyo nie aufgegeben, hatte sich Gegnern gestellt, selbst wenn sie viel stärker gewesen waren. Zumindest hatte sie es probiert. Und wenn ein Kampf mit ihrem Spatel aussichtslos oder sinnlos war, hatte sie immer ihren schlauen Kopf benutzt. „Wo ist dein Kampfgeist?“, fragte er noch einmal, viel eindringlicher.

 

Die junge Frau fühlte sich hilflos, gar bedrängt. Was sollte sie denn auch schon tun, gegen so einen wie den? „Ich hab keinen mehr...“, gab sie schluchzend zu. „... keinen mehr...“, verzweifelt sah sie ihn an, doch konnte sie ihre Tränen wohl nicht mehr länger zurückhalten, schämte sich derer und senkte wieder ihren Blick auf ihre erschlafften Hände.

 

Er schwieg sie wieder für einen Moment an. Hörte, was sie sagte, glaubte auch, was sie da vor sich her jammerte, aber hatte absolut kein Verständnis dafür.

Sie war eine Kämpferin, immer hatte sie gekämpft, wenn es notwendig war. Und wenn es wichtig war. Verflucht, er wusste, dass es verdammt, schwer war sich wieder aufzurichten. Aber sie konnte sich doch nicht so hängen, gar ihren Stolz dermaßen verwahrlosen lassen. „Du hast dich also einfach aufgegeben?“, hakte er nach, doch es war mehr Feststellung, denn Frage. „Ukyo...“, begann er, spürte selbst diesen hässlichen, stechenden Schmerz in seiner Brust, als er an den nächsten Satz dachte, den er aber unbedingt sagen musste. „Ranma war dir wichtig, sehr sogar und um ihn hast du gekämpft bis zum Schluss. Bis Akane...“, dennoch musste er sich unterbrechen, um Kraft zu sammeln „...ihm einen Ring an den Finger gesteckt hatte.“ Er machte eine kurze Pause. „Ist dir dein Laden, deine Ehre als Kämpferin nicht wichtig? Warum hebst du nicht deine Fäuste und verteidigst das hier alles?“, fragte er und machte eine allumfassend deutende Handbewegung.

 

Jedes seiner Worte war hart.

Glaubte er denn eigentlich, ihr war nicht klar, dass sie sich hängen ließ? Wusste er denn nicht, dass sie selbst sich deswegen nicht ausstehen konnte?

Aber es war so unglaublich schwer da raus zu kommen. Alleine würde sie es niemals schaffen.

Sie brauchte Hilfe.

Doch da war keiner... keiner.

Zerfallend in Selbstmitleid sah sie gequält auf, starrte erst die geschlossene Eingangstüre an, bevor sie ihre Miene an den jungen Mann wandte. „Ich kann nicht gegen ihn kämpfen. Er ist viel zu stark für mich...“, sie krächzte. „...glaube mir, ich hab’s versucht. Aber es hat nicht geklappt!“, beschwor sie, hob unbewusst ihre Hand erneut an ihren Hals, umfasste ihren Nacken und spürte wieder diesen ekelhaften Würgegriff. „Ich weiß nicht, wie stark er ist. Vielleicht auf deinem oder Ranmas Niveau.“ Sie seufzte markerschütternd. „Nichts konnte ich machen...“, sie zog ihre Brauen zusammen und sah ihn schmerzerfüllt an, flehte darum, dass er doch endlich verstand.

 

Seine Augen folgten dieser kleinen Geste. Eine scheue Bewegung, die wohl längst verblasste Kampfspuren ertasten wollten.

Ukyo fasste sich an den Hals.

Die Antwort, die einzig mögliche auf die Frage, warum sie sich ihre Finger mit einem solch erschrockenen Blick an den Nacken legte, schmeckte ihm gar nicht. Wut brodelte in ihm hoch, seine Fäuste ballten sich und er überlegte, ob er nicht sofort aufstehen sollte, nur um diesen Bastard hinterher zu jagen. Er presste seine Zähne zusammen, verfluchte seine Orientierungslosigkeit. Ryoga knurrte böse, sah kurz durch Ukyo hindurch, hörte ihr verzweifeltes Schluchzen und war sofort wieder in der Realität.

Dort saß sie. Eine sonst so unglaublich starke Kriegerin, wie ein Haufen Elend.

Beistand brauchte sie, um nicht ganz am Boden tiefer Schwermut anzukommen. Mitleid löste die Wut ab, sorgte dafür, dass sich die geballten Hände Ryogas entspannten. „Und warum hast du dann Ranma nicht um Hilfe gebeten?“ Bereits beim sprechen, bereute er schon dies jemals gesagt zu haben.

Er war so ein außerordentlicher Dummkopf.

 

Tatsächlich trat eine neue Flut aus Tränen in ihre Augen, sie blinzelte einmal und schon rannen sie einem Sturzbach gleich ihren Wangen entlang. Verletzt war sie, unbeschreiblich gekränkt und wusste es gar nicht in Worte zu fassen.

Ranma um Hilfe bitten?

Das ging nicht... das...

Sie sank in sich ein und schüttelte heulend den Kopf, während sie ihn weiterhin ansah, ihm zeigte, was er angerichtet hatte. „Bitte geh!“, verlangte sie mit unkontrollierter Stimme von ihm, hob ihren vor Trauer zitternden Arm und wies ihm deutlich die Richtung. „Verlass mein Restaurant!“  

 

Einen Moment harrte er noch auf seinem Hocker, bevor er dieser Anweisung, dieser Bitte folgte und aufstand. Mit einem entschuldigenden Blick und den gleichbedeutenden Worten auf der Zunge wandte er sich schließlich ab. Doch nicht dazu in der Lage, um Verzeihung zu bitten.

Ryoga Hibiki verließ das Lokal.

Neuer Tag

Zu diesem Augenblick waren in etwa drei Wochen ins Land gezogen.

Zeit, so sagte ein altes Sprichwort, hatte die Macht alle Wunden zu heilen.

Seniler Unsinn.

Darüber konnte Ukyo nur abfällig schnauben.

Was für ein Quatsch.

Gar nichts wurde besser.

Alles wurde nur noch dunkler und schwerer zu ertragen.

Warum tat sie sich das alles hier eigentlich noch an? Zum Himmel noch mal, sie wollte raus. Sie musste. Aber sie schaffte immer noch nicht diesen Absprung.

Nach allem und jedem Ereignis, das geschehen war, fand sie immer noch nicht die Kraft, einfach aus dieser vermaledeiten Tür hinaus zu gehen und Nermia zu verlassen. Für immer und ewig.

Traurig ließ sie ihre Schultern sinken, hob eine ihrer Hände um sich ihre mit tiefen Ringen untermalten Augen zu reiben, damit sie endlich aufhörten zu tränen.

Tatsächlich war sie so unsäglich Müde. Ihr Laden war immer noch der einzige Grund, der sie hier in dieser Hölle hielt. Wobei sie auch sagen musste, dass in den letzten Wochen weniger hungrige Gäste zu ihr gefunden hatten. Die kluge Okonomiyaki Bäckerin wusste warum.

Sie wollte auch nicht in einem Restaurant essen, in dem die Köchin den Eindruck machte, sie könnte jeden Moment zusammenzubrechen.

Aber es war egal - nein, im Prinzip war es ihr sogar ganz recht. Schließlich konnte sie bei weniger Bestellungen, besser ihren trüben Gedanken nach hängen.

Etwas, was sie seit dem Zwischenfall mit Ryoga unzählig oft getan hatte.

Und trotzdem war sie immer noch nicht zu einer für sie akzeptablen Lösung gekommen.

Wütend zogen sich ihre Brauen zusammen und sie ließ ihre Hand etwas sinken, nur um sie direkt zu einer Faust zu ballen.

 

Idiot.

 

Dummer, dummer,... gemeiner Idiot.

Wie hatte er nur... nur so eine unmögliche Frage stellen können?

Wieder drängte sich diese altbekannte, salzige Flüssigkeit in ihre Augen. Eine des Paares schaffte es sogar, über ihr Unterlid hinaus anzuschwellen. Zu einer Größe, die ihr Auge nicht mehr halten konnte, und rann sogleich über die gerötete Wange herab gen Boden. Direkt in die Kälte und Dunkelheit hinein.

Wieder schnaubte sie über diese Symbolik. „Dort bin ich auch angekommen ...“, flüsterte sie der Träne zu, die sie von ihrem Hocker, hinter dem Tresen auf dem Grund nicht mehr erkennen konnte. „...sei mir willkommen...“.

Trotzdem war es kein Trost, sie brauchte jemand wirklichen, der sie verstand und das Wunder vollbringen konnte, sie aus ihrem Loch raus zu holen.

Doch da war keiner, der... NEIN!

Verflucht!

Wenn keiner für sie da war, musste sie das tun, was sie am besten konnte.

Kämpfen.

Für sich selbst.

Und sie würde jetzt damit anfangen!

Die Brünette verdrängte mit aller Kraft ihre Schwermut, zwang ihn hinter innere Gitter und richtete sich auf, straffte ihre schmalen Schultern.

Pah!

Sie war eine starke Frau.

Und sie brauchte weder Ranma, noch Ryoga oder sonst irgendeinen Menschen an ihrer Seite.

Nun war sie schon so lange alleine, die restlichen Jahre ihres Lebens würde sie auch ganz ohne soziale Kontakte überstehen können!

Fahrig wischte sie sich die Träne aus ihrem anderen Auge und sah entschlossen auf.

Direkt in das abwertende Grinsen des Mannes, dieses ungebetenen Gastes, von dem sie gehofft hatte, er würde nie wieder kommen.

 

Er lachte sie schallend aus.

Bei Kami, Frauen konnten auch wirklich nichts anderes, als kochen und heulen.

Gut, welchen Nutzen sollten sie denn auch sonst haben?

Schwach waren sie, konnten noch nicht mal die kleinste hundert-Kilo-Hantel stemmen.

Erneutes prusten.

„Einmal alles Kleine, du weißt schon Bescheid!“, befahl er der jüngeren Köchin und überkreuzte die Finger in seinem Nacken, schloss mit selbstgefälligem Grinsen seine Augen.

Was für ein schwaches Weibsstück...

Doch als er das Schaben eines Holzhockers über den Boden und ein energisches „Nein!“ hörte, war es das erste Mal seit Langem, das er in der Tat sehr verblüfft war.

Mit passendem Gesichtsausdruck öffnete er seine Augen und sah dort eine gänzlich andere Frau stehen. Die zwar genau so aussah wie die Kleine, die er immer um einige Okonomiyaki brachte, aber bei Weitem nicht so verängstigt wirkte.

Eine Selbstbewusste, sehr verärgerte, junge Frau stand da, die gar nicht mehr zu vergleichen war. Ihm gefiel das nicht. „Nein?“, wiederholte er. Nun ebenfalls verärgert.

Der Hüne ließ seine Arme sinken und baute sich vor ihr auf. Machte sich breit um mit seinen umfangreichen Muskeln, nur noch imponierender zu wirken.

Aber die Kleine, diese andere Frau, die blind hinter sich wohl nach ihrem großen Spatula tastete, schien nicht im Geringsten davon beeindruckt.

 

Ukyo hatte beschlossen, sich selber hochzuziehen. Wenn ihr keiner half, dann konnte sie sich anscheinend nur auf sich selbst verlassen.

Verflucht, so hätte sie das von Anfang an machen sollen! Es tat so unendlich gut, sich und das, was ihr so teuer war, verteidigen zu müssen.

Vielleicht wurde sie auch über einen wohl unausweichlichen Kampf mit diesem Drecksack auch etwas von ihrer Trauer und dieser zerfressenden Wut los.

Es war ihr egal, wollte sogar vergessen, dass sie keine Chance hatte.

Sie brauchte etwas, wo sie sich abreagieren konnte und da kam dieser aufgepumpte, Steroiden Blödsack ihr gerade richtig. „Nein!“, lautete ihre Bestätigung und sah ihn weiterhin mutig, gar rebellisch an. „Verlassen Sie umgehend meinen Laden, sonst...“, drohte sie und spürte an ihren Fingerspitzen bereits das kalte Metall ihres allround einsetzbaren Spatula.

Wurde jedoch in der nächsten Sekunde am Kragen gepackt und hinter ihren Tresen über die heißen Herdplatten hinweg gerissen.

Im nächsten Moment spürte sie wieder die Wände ihres eigenen Restaurants im Rücken, sah vor ihrem inneren Auge, wieder diese eine Situation, die sie einst schon mal hatte durchmachen müssen.

Nun war es nicht weniger schlimm.

Spürte, wie all ihr Mut von ihr abfiel und sie gar nichts machen konnte, damit sie ihn behielt.

Ich will nicht verlieren... heulte sie in Gedanken auf, spürte gleichzeitig, wie sich warme Flüssigkeit über ihre Wangen ergoss und sich an ihrer Kinnspitze sammelten, bevor sie gebündelt in das halb offene Oberteil ihres Gegners tropften.

Doch ihr Mut und ihr Wille waren dahin...

Alles, stellte sie fest war genau so wie damals, als er sie schon mal mit Luftabschneidenden Griff gegen ihre eigene Wände gepresst hatte.

Gut, sie brauchte Hilfe. Und es war dumm von ihr gewesen, sich das nicht früher einzugestehen.

Gurgelnd krächzend versuchte sie nach Luft zu schnappen, doch nur schmerzhaft wenig des so wichtigen Sauerstoffs, fand ihren Weg durch ihre Kehle und sie wusste, dass es einfach nicht reichen würde...

 

Weiber, die nicht wussten, wo sie in der Rangfolge standen, konnte er gar nicht leiden. Wut war in ihm aufgelodert. Dieses Gefühl war auch sein Antrieb gewesen, hatte ihn hochgepeitscht, dazu blitzschnell zu reagieren. Also hatte er seinen Arm nach vorne geworfen und dieses Miststück an der Kehle gepackt. Nur um sie über die Theke zu stemmen und keinen zornigen Atemzug später an die Wand dieses verkommenen Ladens zu drücken. „Wirst wohl aufmüpfig, was?“, er knurrte, nicht dazu in der Lage, sich zu kontrollieren. „Unerzogenes Balg! Muss ich dir erst beibringen, wie sich eine Frau, einem Mann gegenüber zu verhalten hat?“ Nochmals verstärkte er den Druck seiner mächtigen Pranken, die ihren dünnen Hals fast vollständig umschlossen.

Die nicht Unterwürfige zappelte nun viel panischer, bedachte ihn mit einem flehenden, angsterfüllten Blick und legte ihre Hände um sein Handgelenk.

Wahrscheinlich wollte sie seine Finger losreißen, doch er spürte noch nicht mal die Wärme ihrer feinen Glieder.

Dieses unverschämte Weibsbild würde noch bereuen, das sie es gewagt hatte, sich gegen ihn aufzulehnen, ihm gar zu drohen...

 

Mit nur ein klein wenig mehr Verstand und weniger Egozentrik wäre ihm sicher schon vor wenigen Wochen aufgefallen, dass es sehr wohl Menschen in Ukyos Leben gab, die sich um sie sorgten.

So war es ein traditioneller, roter Regenschirm, der wohl viel schwerer war, als er aussah, der vom Eingang her angeflogen kam.

Mit voller Kraft donnerte der Schirm nun an den Schädel des großen Mannes und zwang ihn über seinen eigenen Schmerz, den er nun auf einmal empfand, die Brünette augenblicklich loszulassen.

Brüllend vor Pein und Ungemach, außer Kontrolle, fasste er sich an seinen Schädel, damit es etwas weniger pochen würde. Dabei drehte er sich mit zusammengekniffenen Augen herum, zudem lebensmüden Idioten, der es gewagt hatte, ihn anzugreifen.

 

Nicht weniger zornig stand schnaubend und mit bebenden Schultern ein junger Mann in der Tür. Viel Schmächtiger als der unerzogene Prolet, auch kleiner und traute sich trotzdem, ihm die Stirn zu bieten.

Ryoga Hibiki war schon lange nicht mehr so wütend gewesen.

Doch er hatte auch keine andere Wahl gehabt. Das Bild, das er erblickte, kurz nachdem er die Tür zu Ukyos Laden zur Seite geschoben hatte, war der Auslöser dafür gewesen, das ihm innerhalb der nächsten Sekunde, fast alle Sicherungen raus geknallt waren.

Vermutlich war noch eine Letzte da, die klemmte und alleine deswegen Sicherte, das er diesen dem Tode geweihten, mit seinem Bakusai Tenketsu bis jetzt noch kein Loch in den leeren Schädel gebohrt hatte.

Mit knallrotem Kopf und geifernd vor Hass, war es fast so, als ob jeder der beiden Schritte, die er über die Schwelle des kleinen Restaurants tat, die Erde zum Beben brachte. Er war das Epizentrum und gleich würde er dafür sorgen, dass der Boden unter den Füßen des Schwachmaten aufriss und ihn in tödliche Tiefen stürzte. „Mach schon, Du blöder Idiot!“, knurrte seine Stimme und überschlug sich schon fast vor Abneigung. „Krümm‘ ihr noch ein einziges Haar und Du wirst sehen, es ist das Letzte, was Du jemals machen wirst!“, drohte der Schwarzhaarige mit seinem erhobenen Finger.

 

Eine Geste, die der Berg aus Muskeln nicht verstand, es war ihm auch egal. Sein Fokus lag nun auf diesem Spargeltarzan, den er mit seinen gefalteten Fäusten, für diese Frechheit unangespitzt in den Boden rammen würde.

Wie konnte dieser Wurm es nur wagen?

Wut in Form heißer Luft stob aus seinen Nasenflügeln, die sich wie Nüstern blähten. Stapfend ging er auf Ryoga zu, der nicht zurückwich, keine Angst zu haben schien.

Ein Fakt, der ihn sehr irritierte, bis der Knabe anscheinend doch etwas Bammel bekam und sich nach einen vergewissernden Blick runter zu seiner Freundin wohl lieber das Weite suchte. Harsch drehte sich sein schmaler Gegner um und stapfte mit bebenden Schritten aus dem Laden, wieder ins Freie. Mitten auf der Straße blieb er stehen und wartete auf ihn.

Ein wahnwitziges Grinsen schob sich auf die Lippen des großen Bodybuilders. Dieser Zwerg glaubte doch tatsächlich, eine Chance gegen ihn zu haben.

Was für ein dummer Junge...

Der Hüne schritt aus dem Okonomiyaki Laden und holte zu seinem Gegner auf.

Angriff.

Direkt frontal.

Idiot.

Das selbstgefällige Grinsen wurde noch eine Spur breiter.

Einfach blocken, mit überkreuzten Armen und dem Schwächling dann direkt eine seiner schweren Fäuste von oben auf den Kopf fallen lassen. Dann gab er schon selber auf.

Dann würde er allerdings noch lange nicht mit ihm fertig sein.

Doch es kam ganz anders.

Den frontalen Angriff hatte er richtig vorausgesehen, nicht aber, dass der junge Mann einen Krater nur mit seinem Zeigefinger in den Beton direkt unter seinen Füßen bohrte.

Der Dicke kämpfte mit seinem Gleichgewicht, fand es gerade so, bevor ihm aber der Krieger die Beine weg zog und er doch noch letztendlich hart mit dem Kopf hinterrücks auf dem Boden aufschlug.

Zorn trieb ihn wieder auf die Beine, mit dem nach vorne werfen seiner Beine, fand er wieder Grund und sein Gesicht die Faust seines Gegners.

Für einen Moment haderte er nun mit seinem Bewusstsein, verlor es für kurze Zeit, als sich die andere Faust seines Feindes, sehr unangenehm unter sein Kinn rammte, bevor er noch mal ausholte und die Rückseite der gleichen Faust gegen seinen Kieferkrachen ließ.

Der Hüne, der sich für unbesiegbar hielt, war geschlagen und musste genau das einsehen, als er ein zweites Mal innerhalb kürzester Zeit Bekanntschaft mit der rauen Straße machte.

Gut. War er eben geschlagen und vielleicht war es auch nur das zierliche, verzweifelte Stimmchen der Frau aus dem inneren des Restaurants, das ihm vor einer weiteren Tracht Prügel bewahrte.

Er beobachtete, wie die wutverzerrte Miene des Mannes mit dem gelben Shirt, der gerade wieder auf ihn zu marschierte, wohl abgelenkt wurde.

Ihm gab das die Möglichkeit zur Flucht.

Ein bitterer Drops, den er da runter schlucken musste, diese Niederlage. Aber gerade machte es keinen Sinn, weiter die Fäuste zu heben. Durch diese unbändige Wut war der Bursche gerade klar im Vorteil. Dennoch, das würde er ganz bestimmt nicht auf sich sitzen lassen.

Und dieses kleine, fiese Frettchen war unter Garantie nicht immer in nächster Nähe der Kleinen.

Ächzend drückte er sich hoch, bemerkte noch einige Stellen mehr an seinem Körper, die ihm wehtaten und das Aufstehen nicht unbedingt leichter machten.

Der Fleischklops schwankte ein paar Mal, bevor er einen Fuß vor den anderen setzte und sich geschlagen gab.

Fürs Erste.

Damit verschwand er aus der Straße des Okonomiyaki Ladens.

 

Schwer atmend, starrte er seinem Gegner nach, sicher um zu überprüfen, das er nicht direkt wieder kam.

Doch am ehesten noch, um sich zu beruhigen, runter zukommen, von dieser Welle, bestehend aus übersprudelnden Adrenalin und Hass.

Tiefe, gepresste Atemzüge, mit Tunnelblick gerade aus der Straße entlang, bis es ein leises Wimmern war, das ihn eilig zurück zur Fassung rief und noch schneller in den Schankraum. Hin zu Ukyo, die zusammengesunken immer noch an der gleichen Stelle kauerte.

Nichts war mehr übrig, von der stolzen, mutigen Kriegerin.

Noch nicht einmal mehr die unendlich traurige Frau, hinter dem Tresen war zu erblicken.

Als Ryoga sich drehte und abermals die Schwelle übertrat, sah er einen heulenden Haufen, mitleiderregenden Elends.

Sorge vertrieb seinen Zorn, breitete sich aus, trieb den Kämpfer an, rasch zu handeln. Für seinen Beschützerinstinkt war es klar, dass diese Frau, die dort auf dem Boden lag, gleich auf die erste Stelle seiner ‚Wird - unter - Einsatz - meines - Lebens - verteidigt‘ Liste zu setzen war.

„Ukyo...“, flüsterte seine Stimme mehr als nur beunruhigt, während er direkt zu ihr schritt.

Kurz vor ihr ging er in die Hocke und legte ihr sanft eine seiner großen Hände auf die Schulter. Der junge Mann bemerkte ein scheues, gar ängstliches zurück Zucken.

Für einen Moment zog er seine Hand zurück, hatte Bedenken, dass er etwas falsch gemacht hatte, bis ihm ein anderer, logischer Gedanke kam. „Ich bin‘s. Ryoga...“, sprach er ruhig und wartete einen Moment, bis er erneut seine Hand auf ihr Schulterblatt legte.

Ein Hadern, doch dieses Mal wich sie nicht zurück.

Trotzdem wusste er nicht, was er tun sollte, außer die Augenbrauen zusammenzuziehen und den unter ihren langen Haaren verborgenen Kopf, besorgt zu betrachten.

Vielleicht sollte er erst mal den Laden schließen. „Ukyo, warte kurz. Ich werde jetzt die Ladentür schließen“, erklärte er ihr, damit sie auch wusste, dass er nicht wieder verschwand.

Der Matiral Arts Kämpfer erhob sich und drehte, bevor er die Tür zuschob und abschloss, das Schild draußen herum. Große, weiße Buchstaben, auf rotem Grund verrieten nun jedem vermeintlichen Passanten, das Ukyos Okonomiyaki Laden für heute nicht mehr öffnen würde.

Postwendend drehte er sich wieder zu seiner Freundin und stellte sich wieder neben sie. Bedachte sie mit einem weiteren mitfühlenden Blick. Dann entschied er, dass sie etwas Ruhe brauchte. Und vielleicht hatte sie Verletzungen, die behandelt werden mussten.

Ryoga Hibiki ging in die Knie und hob die bitterlich weinende Frau auf seine Arme.

Dieses Mal wollte er alles richtig machen.

Wie lange hatte er bereut, es überhaupt zur Debatte gestellt zu haben, das ihr Ranma sicher geholfen hätte. Also musste er sich nun konzentrieren. Er drehte den Kopf und besah sich die Eingangstür.

Nein. Da kam er gerade her.

Falsche Tür.

Der Schwarzhaarige sah sich weiter um.

Etwas versteckt, aber wenn man den Raum genauer in Augenschein nahm, erkannte man hinter dem Tresen eine unscheinbare Tür.

„...schauen wir mal, wo mich das hinführt...“, flüsterte er mehr zu sich selbst, als zu der jungen Lady, auf seinen Armen. Bedächtig setzte er den ersten Schritt nach vorne und trug Ukyo hinter den Tresen durch die gut getarnte Tür eine Treppe hinauf zu den Wohnräumen dieses Hauses.

Des Nachts..

Es schien dem jungen Krieger das Vernünftigste, zu bleiben.

Alleine schon sein Anstand und seine Sorge bestanden darauf, dass er sich um die junge Frau kümmerte, damit sie nicht wieder den Boden unter den Füßen verlor.

Denn nach allem, was passiert war, hatte er gerade im Moment nicht den Eindruck, dass ihr Zustand sich verbessern würde, wenn auch er gehen würde.

Ganz und gar nicht.

Vielleicht war er etwas unbeherrscht, aber dass sie dort in ihrem Zimmer lag und wohl schon seit einigen Stunden leise vor sich her heulte, hatte sogar er begriffen.

Dabei war er nur auf der Suche nach der Toilette gewesen.

Wieder ein Mal verfluchte er seine Orientierungslosigkeit, denn Ukyo hatte ihm vor nicht wenigen Stunden, als er sie so behutsam wie möglich auf ihrem Bett abgelegt hatte gesagt, wo er das stille Örtchen finden könne, wenn er denn musste.

Möglicherweise war es aber auch nur ein Wink des Schicksals mit dem Zaunpfahl.

Welcher unergründliche Plan hatte man für ihn vorgesehen, dass sein Weg nun den von Ukyo begleitete?

Über ein weiteres ganz verzweifeltes Schluchzen aus dem inneren des Raumes, vor dem er nun stand, beendete er seine Grübelei und besann sich wieder der Realität.

Ryoga Hibiki runzelte seine Stirn und hob seine Hand, konzentrierte sich darauf, seine Kraft zu maßregeln und sanft gegen die Schiebetür der Hausherrin zu klopfen.

Augenblicklich verstummte das betrübte Schluchzen.

Der Krieger schloss für einen Moment die Augen und ließ der Brünetten hinter der dünnen Wand, die sie trennte etwas Zeit. „Ukyo?“, fragte er und senkte seine Stimme um einige Oktaven. Er wartete kurz. „Darf ich rein kommen?“, hakte er nach.

 

An Schlaf war nicht zu denken. Wahrlich nicht. Dazu war sie zu aufgewühlt. Zu enttäuscht über sich selbst.

Ukyo Kuonji war nicht mehr die Selbe. Es nervte sie.

Unermesslich und sie mochte diese nun schon so lang andauernde Wehleidigkeit ihrerseits, schon selbst nicht mehr an sich leiden.

Das musste jetzt aufhören.

Es konnte doch nicht sein, das sie sich von einem Mann so runter ziehen ließ.

Sie war eine starke Frau.

Und sie brauchte Ranma Saotome nicht.

Dieser Gedanke war komisch. Da war auch etwas in ihr, das absolut dagegen war. Sich an diesen Mann klammerte, der ihr trotz all der Qualen, so wichtig war.

Wieder ein schluchzen.

Aber so kam sie nicht weiter. Niemals mehr aus diesem Loch raus. Und sie musste, wenn sie wenigstens ein einigermaßen erträgliches Leben führen wollte.

Sie nahm einen weiteren zitternden Atemzug und verschluckte sich beinahe vor Schreck, als es ganz Sachte an ihrer Tür klopfte.

Sofort stoppte sie mit dem Bekunden ihres Leides, war völlig still.

Ein paar Sekunden verstrichen, bevor Ryoga auf der anderen Seite seine Stimme erhob und vorsichtig nach Einlass bat.

Erschrocken richtete sie sich auf und sah erst mit großen Augen zu ihrer Zimmertür. Verdammt..., fluchte sie innerlich, hoffte inständig, das er ihr Leid nicht mit bekommen hatte. Schallt‘ sich schon im nächsten Moment eine Idiotin.

Natürlich hatte er ihre Heulerei bemerkt, warum sollte er auch sonst bei ihr klopfen?

Unwirsch wischte sie sich ihre Tränen aus den Augen, rieb etwas und wünschte sich, dass er ihre roten Augen in der Dunkelheit nicht erkennen würde.

Aufrecht sitzend ließ sie anmutig ihre Hände auf ihre Beine sinken, bevor sie mit einem gedämpften „...komm rein Ryoga!“, dem Krieger vor der Tür eintritt gewährte.

 

Einen Augenblick später schob sich die Tür langsam, aber beständig zur Seite und der Schwarzhaarige stand in im Rahmen der Tür. Der Mond ließ seichtes Licht durch die mit Vorhängen fast gänzlich zugezogenen Fenster strahlen.

Es war der dünne Spalt am inneren Enden der Gardienen gewesen, durch die sanftes Licht des Himmelskörpers direkt auf die feine Silhouette der Brünetten fallen ließ.

Sanfte kurven beschrieben ihre Gestalt, dieser Moment als sie ihn erblickte gab ihr etwas Zierliches, das er unbedingt beschützen musste.

Aufmuntern, hatte sie doch so voller Kummer unverdiente Tränen vergossen.

Sie tat ihm leid, so sehr, dass er seinen eigenen Gram darüber ganz vergaß und es als schier unbeschreiblich wichtig empfand, ihr eine Stütze zu sein.

Diese Frau abzulenken, mit allem, was ihm möglich war.

Mitleidvoll zog er seine Brauen zusammen und suchte schon nach Worten der Aufmunterung. Musste aber einsehen, dass seine Mimik aber alles andere als tröstend war.

 

Denn all ihren Bemühungen zum Trotz bahnten sich erneut Tränen aus ihren Augen, genau den gleichen Weg, wie die, die sie erst Sekunden zuvor eilig beseitigt hatte.

Ein weiteres Wimmern, ein Schluchzen und schon sank sie wieder in sich zusammen.

Frustriert und vollkommen enttäuscht von sich selber.

Was ist nur aus mir geworden?, trauerte sie der starken Kämpferin nach, die sie mal gewesen war.

Weg war sie und Ukyo konnte es ihr nicht verübeln.

Diese Frau war nicht der Typ, der sich leicht unterkriegen, oder mit in diesen Strudel aus Liebeskummer und Dunkelheit hinein ziehen ließ.

„Hilf mir...“, kratzte ihre Stimme der lebenslustigen Kämpferin nach, bemerkte nicht, dass diese Worte sehr wohl von dem jungen Mann am anderen Ende des Raumes, gehört worden waren.

 

Verzagend umgriff er kurz den Rahmen der Schiebetür etwas fester, als er dieses Bekenntnis der jungen Frau gehört hatte.

Hilfe verlangte sie, bat um Unterstützung, da sie anscheinend selbst keinen Weg mehr sah, auf die Beine zu kommen.

So schritt er also, nachdem er die Tür leise hinter sich geschlossen hatte, in den Raum hinein zum Bett der zerbrechenden Frau.

Zögerte erneut, war sich nicht sicher, ob er eine Grenze überging. Doch es machte auch keinen Sinn, wenn er lediglich vor ihr stand und nichts unternahm, wenn sie doch schon so verzweifelt nach Beistand suchte.

Er setzte sich zu ihr, wartete vorsichtig, doch sie schien zu verzweifelt, als ihn von der Matratze zu schubsen. Wieder sehr umsichtig legte er ihr dann eine Hand auf die Schulter, um zu zeigen, dass sie nicht alleine war.

Vielleicht war es ein Impuls, etwas Instinktives. Genau konnte er es nicht sagen.

Doch es waren seine Arme, die anscheinend ein Eigenleben entwickelten, als sie sich um den tieftraurigen, bebenden Körper legten und fest an seine Brust zogen.

Ryoga Hibiki hielt diese Frau im Arm und verstand sich selbst nicht mehr.

Sicher war es der Umstand, dass sie weinte.

Nichts mochte er weniger, als eine außer sich stehende Frau. Noch dazu eine, die ihm anscheinend wichtiger war, als er es ihm selbst klar gewesen war.

Dem zu Trotz musste er auch zugeben, dass es ihre Nähe war, dieses Vertrauen, das sie ihm ganz offensichtlich schenkte, das seinen eigenen Knoten in Magengegend etwas lockerte.

Er entspannte etwas, legte sein Kinn auf dem Kopf der Brünetten ab, bevor er sie sanft hin und her wiegte.

So lange und darüber hinaus, bis ihre Schluchzer verstummten, als auch der Quell ihrer Tränen versiegte.

 

Bis Ukyo ihre vom Heulen ganz kratzige Stimme erhob. Sie sprach leise, aber sie wusste, dass der Krieger, der sie so beruhigend im Arm hielt, alles verstand. „Danke Ryoga...“, flüsterte die Köchin und drückte ihren Kopf noch etwas mehr an seine Brust. Beständig und gleichmäßig hörte sie das kräftige Pumpen seines Herzens, bemerkte, wie er seinen Kopf etwas von ihrem abhob, so als würde er nicht verstehen. „Ich habe nicht vergessen, mich zu bedanken. Nur wusste ich nicht, wie ich es in Worte fassen sollte...“, erklärte sie sich.

 

Den Martial Arts Kämpfer irritierte sie damit. Er zog seine Augenbrauen kraus und überlegte, was Ukyo meinte. Spontan fiel ihm nichts ein, also hakte er nach. „Danke?“, fragte er. „Wofür?“, setzte er dem gleich nach, durchkämmte all seine Erinnerungen, doch erkannte nichts, was Dank verdiente.

 

Im ersten Moment ging sie davon aus, dass er das nicht wirklich ernst meinte. Vielleicht sah er es im Gegenteil zu ihr als Selbstverständlichkeit. Als Umstand, der nicht der Rede wert war.

Doch sie musste sich bedanken. Wer wusste schon, was passiert wäre, wenn er nicht eingegriffen hätte?

Ein Lächeln schob sich auf ihre Lippen, schloss genießend die Augen. Eine Eigenschaft, die sie sehr an ihm schätzte. Er kämpfte für andere, ohne dafür Sold in irgendeiner Form zu verlangen. „Dieser Rüpel, gegen den ich im Moment so chancenlos bin...“, erklärte sie. „Du weißt schon...“, deutete die einst so Stolze an.

Sie blinzelte einmal und musste sich tatsächlich diese bittere Tatsache eingestehen, dass sie diesen Idioten eigentlich ganz alleine fertig machen könnte. Doch aufgrund des Selbstmitleids, in dem sie gerade ertrank, war es ihr nicht möglich gewesen, aus dem hohlen Muskelberg, Hackfleisch zu machen. „Die Umstände waren nicht die Besten...“, sprach die Brünette, „...doch für mich hat noch niemand so gekämpft, wie du...“, sie schwieg. Überlegte sich die passenden Worte. Fand jedoch keine mehr und beschloss deswegen, es dabei zu belassen.

 

Verstehend, warum sie meinte, sich unbedingt bedanken zu müssen, senkte er seinen Blick und starrte auf das weiße Laken ihres Bettes.

Ryoga hob leicht seine Mundwinkel, dafür brauchte sie sich doch nicht zu bedanken. Jeder hätte geholfen. Er hatte nur das Glück sich sehr gut auf seine eigene Kraft verlassen zu können und so keine Zeit verschwenden zu müssen.

Entspannend legten sich seine Augenlider aufeinander, bevor sein Daumen ganz sanft über ihren Oberarm strich. „Nicht dafür...“, sprach er sanft, genoss ihren Duft, ihre Nähe. Labte sich daran und zog daraus eine Ruhe, die er wohl unwissentlich gesucht hatte.

Hier wollte er bleiben...

Mit dieser Frau, die ihm Kraft schenkte.

Die mit einer ganz sachten Bewegung ihres Kopfes, den Krieger dazu brachte, sein Kinn gänzlich von ihrem Haupte zu nehmen.

Er beobachtete, wie sie ihren Kopf hob, damit sie ihm in die Augen sehen konnte.

Es war einer dieser unbeschreiblichen Momente, die einen augenblicklich gefangen nahmen. Als sein warmes Braun, auf ihr hinreißendes Blau - Grau traf, war er gefesselt und sein Kopf wie leer gefegt.

 

Ein paar Minuten hielt diese Starre an, von beiden Seiten nicht gewollt, das - was sich da gerade auch immer zwischen ihnen aufbaute - zu zerstören.

Zu groß war diese annehmliche Stille, zu süß dieses freudige Kribbeln unter der Haut und sündig verlockend diese Lippen, die sich langsam, doch stetig aufeinander zu bewegten. Bis sie sich trafen, erst vorsichtig, zart. Ein sanftes streichen über weiche Haut, gefolgt von unbeschreiblicher Sinnenfreude, ein Feuerwerk im Bauch und das behutsame sinken der Augenlider beider, um alles an diesem Leckerbissen viel intensiver spüren zu können. Nicht wenig später, auch den Körper des Mannes, der sich nur zu gerne mit nach unten ziehen ließ, gierend nach viel mehr dieser Köstlichkeit. Und dieser unzähmbaren Lust, denen sie sich beide nach so unendlich viel Leid ergaben...

 

________________

 

Den Zustand der beiden konnte man wohl am besten mit Glückseligkeit beschreiben. Fernab von Gut und Böse, doch ganz dicht beieinander, bauten Ryoga und die Frau, die mit geöffneten, etwas zerzausten Haaren gänzlich nackend auf ihm lag, sich gegenseitig auf. Entspannt, gar völlig schlaff lag der zierliche Arm der jungen Frau auf dem zerwühlten Laken ihres Bettes. Ihr Kopf ruhte auf der Brust des mächtigen Kriegers. Schon seit einigen Minuten war es ihr so vergönnt, den nun wieder gelassenen, rhythmischen Herzschlag des Mannes unter ihr zu lauschen.

Sie liebte dieses Geräusch. Beständig und immer da, verschwand nicht oder glitt ihr einfach so aus den Fingern.

Die Winkel ihres Mundes zogen sich leicht nach oben und drückten all das Entzücken aus, das sie in diesem Moment empfand.

Sanft lag eine der großen Hände des Kämpfers auf ihrem Kopf, die andere, hatte er angewinkelt neben sich liegen.

Ukyo schloss die Augen, nahm einen weiteren Atemzug voll von Ryogas eigener Note. Verherrlichte seinen Geruch und spürte direkt, wie sich seine stoische Ruhe auf sie übertrug. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das kann...“, sie schnaubte kurz, genoss die Wärme seiner Hand. „...noch weniger, dass das so befreit“, raunte sie leise.

 

Sein Stutzen bestätigte ihre Aussage. „...ich auch nicht...“, kratzte seine Stimme etwas heiser.

Tatsächlich war er verblüfft.

Er hatte geglaubt, vielleicht eine Spur eher über Akane hinweg zu sein. Doch etwas in ihm begann langsam zu glauben, dass das alles hier wohl der Wille des Schicksals und die Frau seines ältesten Freundes nicht die war, die für ihn bestimmt war.

Andächtig strich er zart mit seinem Daumen über den Kopf der entkleideten Kämpferin, die auf ihm lag.

Bestimmt hatte die Vorsehung also die ganze Zeit eine andere Frau für ihn im Hinterkopf gehabt.

Jetzt, wo er es aus diesem Blickwinkel sah, musste er zustimmen, dass er diesen Gedanken mochte.

Unterbrochen wurde er von seinem Gegenstück, das er gerade erst gefunden hatte.

 

Mit dem Blick auf seine gebeugte, dennoch entspannt auf der Unterlage abgelegten Hand, erkannte sie weitaus mehr Schwielen und Narben, als an den ihren.

Ryogas Haut war rau vom Kämpfen, vom Überleben, weit, weit weg von hier.

Er sprach davon, hatte angedeutet, dass es auf diesem Planeten weitaus mehr gab, als sie sich wohl vorstellen konnte.

Dies sorgte für ein freudiges Kribbeln in ihrer Magengegend, das zu sehen, was viele die sie kannte, sicher nie sehen würden. „Ich würde auch gerne ein Mal die Welt sehen. So wie du“, stellte die Brünette ohne Erwartungen in den Raum.

Angenehme Stille folgte, in der Ukyo in ihrem Traum von fremden, doch umso spannenderen Welten schwelgte.

 

Bis Ryoga das Schweigen unterbrach und die Frau auf seinem entblößten Körper damit völlig überraschte. „Ich sehe keinen Grund, warum du es nicht machen solltest...“, antwortete er bekräftigend, unterstützend.

Sie war eine starke, bildhübsche Frau und sie konnte sehr gut auf sich selber aufpassen. Da war nichts, was dagegen sprechen konnte.

 

Die Okonomiyaki - Bäckerin dagegen war wirklich sehr erstaunt. Um nicht zu sagen sprachlos. Er sagte das so einfach, als wäre es gar kein Problem. Ihre Augen weiteten sich, kurz bevor sie sich etwas anspannte und gleich bemerkte, wie die große Hand des Mannes ihren Kopf noch etwas näher an seine Brust drückte. Spürte, wie er seinen Kopf etwas anhob und einen sanften Kuss auf ihr Haupte setzte.

 

Und nur, weil sie ihn auf eine Idee gebracht hatte, einen Einfall, der mindestens so spontan wie seine Orientierung war. Er drehte seinen Oberarm, sodass der vorher noch erschlafft da liegende Unterarm nun um die 90° in die Höhe stand. „Komm mit mir...“, bekräftigte er seine Geste damit. Wartete gespannt in die Stille hinein. „...was hält dich noch hier?“, hakte er nach, als in ihm neben der Sehnsucht, nun auch Angst, diese Frau würde ihn nicht begleiten wollen, in ihm aufstieg. „Ich kann dir nicht sagen, wann oder ob wir je wieder nach Nermina zurückkommen werden, aber... komm mit mir...“, bat er in brünstig mit ruhiger Stimme.

 

Immer noch überrascht musste sie ein paar Mal mit ihren berauschend langen Wimpern blinzeln. Nachdenklich, starrte die junge Lady auf seine dargebotene Hand, zögerte noch einen Moment, bis ihre innere Stimme, die schon lange all dieses Leid so satthatte, ihr einen Impuls gab, damit die vergleichsweise zierliche Hand der Kriegerin dazu gebracht würde, sich zu erheben und langsam in die feste Hand des Hibikis zu legen. Ihre Finger, mit den seinen zu verhaken. Als Zeichen der Zustimmung, ihm zu folgen, wo auch immer es ihn hin verschlagen mochte...

 

_____

 

Es war eine stürmische Nacht. Die Götter wussten, warum der Regen wirklich jeden Fleck dieses Ortes überschwemmte. Blitze, rasend umher zuckten, als Vorboten wütender Donnergrollen.

Keine Seele, weder von Mensch oder Tier war zugegen zu finden. Alles suchte Schutz, Wärme und Behaglichkeit in der Dunkelheit dieser Nacht.

Dieses Unwetter war auch der Grund gewesen, warum das junge Pärchen, mit dem mobilen Okonomiyaki Laden sich rechtzeitig die Geborgenheit dieser Höhle gesucht hatte.

Gerade schwiegen beide, hörten befreit von jeder Sorge und ganz bestimmt jedweden Kummers, dem Sturm und leisen knistern der Flammen zu.

Ukyo Kuonji, Besitzerin des fahrbaren Ladens, lehnte gerade mit entspannt geschlossenen Augen, an der Brust Ryogas, der wachsam das tanzende Licht anstarrte, ganz tief in Gedanken versunken.

Mit einer sanften Bewegung zog er die Decke, in die sie sich gehüllt hatten, etwas fester zusammen. Nur damit sie nicht fror und er die bloße Haut ihres herrlichen, verführerischen Körpers, noch etwas mehr auf der seinen spüren konnte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Berrii
2017-01-24T07:12:02+00:00 24.01.2017 08:12
Ein schönes Ende :)
Antwort von:  Tijana
24.01.2017 19:47
Hey ^^
vielen Dank, Dir!

lg
Tijana : )
Von:  Berrii
2016-09-14T05:54:51+00:00 14.09.2016 07:54
Mir gefällt die ff unglaublich gut. An einigen Stellen sind für mich zu lange Beschreibungen, aber jeder hat da seinen schreibstil. Ich fände es klasse, wenn du die ff weiter führst :)
Lg
Berrii
Antwort von:  Tijana
18.09.2016 12:04
Hey ^^
Danke für dein Kommentar!
Da muss ich dir recht geben, beim schreiben hat jeder seinen eigenen Stil. Wobei ich auch fest davon überzeugt bin, das ein Autor niemals immer gleich schreibt und seine Art zu schreiben auch schon mal ändert.
Weiterschreiben werde ich aufjedenfall, nur wird wegen anderen Projekten, die ich nach und nach abarbeiten will, etwas dauern, bis das nächste Kapitel kommt ^^;
LG
Tijana : D
Von: abgemeldet
2015-10-11T14:35:41+00:00 11.10.2015 16:35
Endlich wieder eine Fanfic von den beiden... Eins meiner lieblings Paare....man kann so wenig von den beiden lesen... Freu mich soooooooooooo wenn es weiter geht... Deinen Stil finde ich genial. Ganz im Gegenteil zu Ryoga ganz poetisch 😊😊😊. Grüßle da lass
Antwort von:  Tijana
12.10.2015 20:36
Hey ;D
Du hast recht! Über die beiden gibts echt viel zu wenige FFs!
Was ich nu im nächsten Kapitel schreiben will, habe ich schon geplant! Aber in den nächsten Wochen leider nicht so viel Zeit zu schreiben!
Aber ich werde mir weiterhin Mühe geben! ^^
Vielen dank für dein Kommentar :D
LG
Tijana


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