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Danger

-Only One Shot-
von

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Introduction

Danger -Only One Shot-

Introduction
 

Titel: Danger -Only One Shot-

Teil: 1/?
 

Warning: Alcohol/Drug Abuse, Violence, Sex (Yaoi), Sexual Abuse, Self-harm, Eating Disorder...

Rating: PG18/MA (bei Warning aufgelistete Dinge werden z.T. später sehr grafisch dargestellt)
 

Personen: Yongguk (B.A.P), Rap Monster/Namjoon (BTS), Daehyun (B.A.P), V/Taehyung (BTS)

Pairings: zu Beginn noch keines, später Rap Monster x V und Yongguk x Daehyun

Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Musiker gehört mir und ich verdiene kein Geld hiermit
 

Summary: Daehyun reißt von Zuhause aus und landet in Seoul, wo er auf den jüngeren Ausreißer Taehyung trifft, der ihn in das Leben auf der Straße einführt. Zuerst kommt der Junge aus Busan mit Schnorren durch die Tage, doch Hunger, Kälte und Obdachlosigkeit setzen ihm langsam zu. Die Jugendlichen auf der Straße verstricken sich zunehmend in kriminelle Machenschaften und geraten immer mehr auf die schiefe Bahn...

 

Viel Spaß beim Lesen!

Maya
 

Winter 2011, irgendwo in Seoul
 

Kim Namjoon. Die Rapper aus der Underground-Szene nannten ihn „Rap Monster“ - und Yongguk musste zugeben, dass der Spitzname passte. Voll ehrlicher Anerkennung beobachtete er den Jugendlichen, der auf der Bühne stand und sich ein Battle mit einem anderen Rapper lieferte, während er an seinem Getränk nippte.
 

Er saß auf seinem Stammplatz, einer halb versteckten Nische, hatte sich entspannt zurückgelehnt und lauschte den Worten des Fremden, betrachtete seine schmale Gestalt und reagierte etwas genervt, als er von einem Kunden abgelenkt wurde.
 

„Yongguk“, sprach ihn eine leicht zitternde Stimme von links an und er hob fragend eine Augenbraue, „Was hast du dabei?“ Der Brünette kräuselte amüsiert die vollen Lippen, wandte seinen Blick dabei aber nicht von Namjoon ab und trank noch einen Schluck, ehe er sich dazu herabließ zu antworten. „Jeden Abend stellst du dieselbe Frage. Und jeden Abend erhältst du dieselbe Antwort: Ecstasy, Ephedrin, Cannabis, Kokain, Valium und LSD“, er warf dem Mann einen kurzen, aber stechenden Seitenblick zu, „Das Übliche, nehm ich an?“ Sein Kunde knetete die fahrigen Hände und nickte rasch.
 

Yongguk griff in seine Jackeninnentasche und zog ein Tütchen mit Pillen hervor. Da er gerne vorbereitet war und seine Stammkunden kannte, hatte er deren typischen Bestellungen bereits separat abgewogen und verpackt. Sein jetziger Kunde holte für gewöhnlich drei Pillen Ecstasy, zwei Trips und fünf Valium für rund 125000 Won und das sollte es auch dieses Mal sein.
 

Nachdem er das Geschäft abgewickelt und die Geldscheine in seine Tasche gesteckt hatte, stellte er zu seinem Bedauern fest, dass Kim Namjoon fertig war und gerade die Bühne verließ. Aber wie es der Zufall wollte, kam er an seiner Nische vorbei und Yongguk grinste. „Hey, du“, meinte er und gab ein dunkles Lachen von sich, als der Jüngere tatsächlich stehen blieb, sich in seine Richtung drehte und versuchte ihn im Halbdunkeln zu erkennen, „Starker Auftritt... Hast Talent, Kleiner.“ Der Jugendliche schnaubte kurz aufgrund des Kosenamens, bedankte sich dann aber und wollte schon weitergehen, doch Yongguk hielt ihn zurück. „Wohin so eilig? Hast du noch was vor?“ Namjoon stockte in seinen Bewegungen und schien für einen Moment irritiert.
 

Yongguk genoss das verwirrte Gesicht des Jüngeren und lächelte dunkel, ehe er etwas weiter nach rechts rutschte und neben sich deutete. „Setz dich doch“, forderte er ihn auf und nach einem kurzen Zögern kam Namjoon dem nach. Er kam näher und ließ sich neben dem Mann auf das Polster sinken. Dann schien er zu warten.
 

Der Ältere nahm sich einen Augenblick Zeit, um ihn aus der Nähe zu betrachten, ließ seine Augen über das dichte schwarze Haar und die vollen Lippen gleiten, ehe er in seine Tasche griff und ein paar Pillen Ephedrin zum Vorschein brachte. Er beugte sich vor und schwenkte das Tütchen leicht vor Namjoons Nase hin und her, wippte anzüglich mit den Augenbrauen. „Interessiert, Kleiner?“ Er beobachtete das Mienenschauspiel seines Gegenübers genau, erkannte das neugierige Blitzen in den dunklen Augen, aber auch die abwehrende Körperhaltung, bevor der Schwarzhaarige schluckte und ihm ins Gesicht sah. „Ich nehme keine Drogen.“
 

Yongguk grinste und ließ die Pillen in der durchsichtigen Verpackung vor Namjoon auf den Tisch fallen. „Du bist neu hier“, meinte er nur, „Sieh es als eine Art... Willkommensgeschenk. Ist nur Ephedrin. Nimm dir zwei raus, die gehen auf mich.“ Er registrierte den verblüfften Blick und lehnte sich wieder bequem zurück, überschlug dabei kokett die Beine.
 

Natürlich spekulierte er darauf, dass Namjoon sich die Pillen nehmen würde. Neue Kundschaft war immer willkommen. Und tatsächlich griff der Jugendliche nach der Tüte, nahm sich das angebotene Ephedrin und wollte es in seiner Hosentasche verschwinden lassen. Doch Yongguk hielt ihn am Handgelenk fest und sah ihm tief in die Augen. „Nur nicht so schüchtern“, schnurrte er und kam dem Jüngeren dabei gefährlich nah, sodass dieser unwillkürlich die Luft anhielt, „Nimm eine... es wird dir gefallen...“
 

Sommer 2013, irgendwo in Daegu
 

„Kim Taehyung!“, brüllte die Stimme seines Vaters durch die kleine Wohnung und er zuckte zusammen. Er konnte sich nicht helfen; sein Herz begann wie wild zu klopfen, sein Atem beschleunigte sich und seine Haut begann zu prickeln. Pure Angst kroch ihm durch die Knochen. Sein Vater klang wütend. Und das hieß nichts Gutes.
 

Mit wackeligen Knien stand Taehyung von seinem Bett auf und öffnete seine Zimmertür. Er brauchte gar nicht erst aus seinem Zimmer zu kommen, denn sein Vater stand schon vor ihm und sah mit zornigen Augen auf ihn hinunter. Der Junge wich erschrocken zurück und stieß gegen seinen Schreibtischstuhl, fiel beinahe hinten über. Sein Vater war über ein Meter neunzig groß und kräftig gebaut; Taehyung hatte keine Chance...
 

„Du kleiner Nichtsnutz!“, schimpfte der Mann und der Jugendliche duckte sich reflexartig, versuchte so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten, „Was hast du wieder angestellt? Kriegst du eigentlich gar nichts auf die Reihe? Du solltest einkaufen! Der Kühlschrank ist leer – kein Soju mehr da! Kannst du mir das erklären? Du bist aber auch zu nichts zu gebrauchen!“ Er holte aus und im nächsten Moment flog Taehyungs Kopf zur Seite, als die kräftige Hand gegen seine Schläfe schlug. Kurz wurde ihm schwarz vor Augen und er sah Sterne; er taumelte, konnte sich aber noch aufrecht halten. „Drück ich mich so unklar aus? Was an dem Satz 'Geh Soju kaufen' hast du nicht verstanden? Du bist einfach nur zu blöd, du kapierst nix!“ Wieder traf ihn ein Schlag, dieses Mal von der andere Seite und Taehyung verlor sein Gleichgewicht. Er flog gegen den Tisch und sackte zu Boden. Die nächsten Worte kamen bei ihm nicht mehr an, das Dröhnen in seinem Schädel übertönte alles und das Zimmer begann sich um ihn zu drehen. Er befürchtete, er müsse kotzen und griff haltsuchend nach der Tischplatte.
 

„Und jetzt raus mit dir! Wenn du wiederkommst, hast du gefälligst mein Soju dabei!“ Sein Vater stürmte aus dem Zimmer, knallte mit der Tür und Taehyungs Kopf fühlte sich an, als würde er sich jeden Moment entzwei spalten. Mühsam unterdrückte er den aufkommenden Brechreiz und legte sich flach auf den Boden, wartete, dass seine Umgebung endlich aufhörte sich zu drehen.
 

Er brauchte bestimmt fünfzehn Minuten, ehe er sich traute, wieder aufzustehen. Ihm war noch immer schwindelig, aber er stand relativ sicher auf den Beinen, also würde es gehen. Langsam wankte er zu seinem Kleiderschrank, schob die Tür zur Seite und tastete nach seinem geheimen Vorrat: etwas Valium und Schmerzmittel, Überbleibsel seiner verstorbenen, krebskranken Mutter. Er drückte drei Tabletten aus den Blistern, schob sie in den Mund und schluckte sie mit etwas Wasser hinunter. Einfach nur den Schmerz betäuben.
 

Und dann dachte er nicht mehr nach. Jetzt war eh alles egal. Seine Mutter war tot; die einzige Person, die ihn noch an diesen Ort gebunden hatte. Doch jetzt war sie fort und ihn hielt hier nichts mehr. Er griff nach seinem Rucksack, stopfte achtlos ein paar Kleidungsstücke hinein, seine Brieftasche mit dem Foto seiner Mutter, ihren Ring und einige andere Kleinigkeiten ohne Wert – dann schlüpfte er in seine Turnschuhe, schnappte sich seine Jeansjacke und Basecap und ging aus dem Haus. Niemand hielt ihn auf. Wer denn auch?
 

Als er Richtung Bahnhof lief, sah er nicht zurück. Er würde hier nichts vermissen. Taehyung würde in den nächsten Zug steigen, der kam und einfach wegfahren. Weit weg.
 

Herbst 2014, irgendwo in Seoul
 

Bang Yongguk. Der gutaussehende Mann lehnte lässig an der Außenmauer des Gebäudes und prüfte gerade die Uhrzeit, als Namjoon auf ihn zukam. Der Jüngere fragte sich, was sein Freund und Mentor von ihm wollte und musterte ihn kurz eingehend.
 

Sie hatten sich in den letzten Wochen und Monaten seltener gesehen, seit Yongguk im Drogengeschäft weiter aufgestiegen war. Er stand nun nicht mehr selbst auf der Straße und dealte, sondern war der Zulieferer und hielt sich im Hintergrund. Er trug seine Haare aktuell wieder schwarz und in dem teuren braunen Wildledermantel mit Fellkragen, sah er einfach unverschämt gut aus und er strahlte Stil und Klasse aus. Interessant fand Namjoon, dass er den älteren Mann noch nie hatte rauchen sehen. Man sollte meinen, dass alle Drogenbosse schmierige Kettenraucher mit protzigen Ringen und Nadelstreifenanzug seien, doch Yongguk passte nicht in dieses Bild. Und das war auch gut so.
 

„Hey“, grüßte er den Älteren und dieser nickte ihm mit einem kleinen Lächeln zu, „Was gibt’s so Dringendes, dass du mich unbedingt persönlich sehen musstest?“, kam er gleich zur Sache und Yongguk zog ihn kurz in seine Arme, ehe er grinste. „Lass uns ein Stück gehen“, erwiderte dieser jedoch nur und die beiden setzten sich in Bewegung, schlenderten durch die Gasse. Nebenbei bemerkte Namjoon, dass ihnen in einiger Entfernung zwei von Yongguks Männern folgten und ihren Boss nicht aus den Augen ließen.
 

Namjoon fuhr sich durch sein blondiertes Haar und seufzte. Als Straßendealer war er solches Wachpersonal nicht gewohnt und fand es in diesem Moment etwas lästig. Jedoch schienen sie außer Hörweite, sodass sie ihn und Yongguk nicht belauschen konnten, wenn diese sich in angemessener Lautstärke miteinander unterhielten.
 

„Sag, RapMon“, begann der Drogenboss dann endlich und Namjoon spitzte seine Ohren, „Was würdest du davon halten, einzusteigen?“ Kurz blinzelte der Jüngere irritiert. „Einsteigen?“
 

Yongguk lachte dunkel und kam näher, sodass sich ihre Schultern berührten, während sie weiterliefen. „Na, in mein Geschäft“, führte er weiter aus, „Noh Doryeok ist tot.“ Namjoon blieb stehen und seine Augen weiteten sich vor Überraschung. „Tot? Wann das?“ Der Ältere zuckte mit den Achseln. „Vor zwei Tagen, ist ja aber auch eigentlich egal“, meinte er, „Aber du weißt, was das bedeutet?“
 

Namjoon blinzelte zwei mal und sah seinem Mentor in das zufriedene Gesicht. Noh Doryeok hatte die letzten Jahre über an der Spitze des Drogenhandels gestanden, den Im- und Export geregelt, die Verhandlungen mit ausländischen Kollegen geführt, den innerländischen Vertrieb geklärt und die Reinheit jeder Ware geprüft. Er hatte die Preise bestimmt, den Dealern auf der Straße und in den Clubs den Stoff zukommen lassen und den größten Profit aus dem Geschäft geschlagen – er galt als einer der vermögendsten und einflussreichsten Männer im organisierten Verbrechen. Und nun war er tot. Und Bang Yongguk sollte seine Nachfolge antreten.
 

„Ich will dich als Partner an meiner Seite haben“, ließ Yongguk die Bombe platzen, „Ich brauche einen zuverlässigen Mann, dem ich bedingungslos vertrauen kann. Jemand, der mich nicht im nächsten Moment abstechen will und sich mit dem Geschäft auskennt. Was sagst du?“
 

Februar 2015, irgendwo in Busan
 

Jung Daehyun entschuldigte sich und drängte an den Gästen vorbei aus dem Wohnzimmer in die Eingangshalle. Er atmete einige Mal tief ein und aus, erleichtert darüber, nicht mehr in dieser Menschenmasse zu stehen und wieder unbeschwert Luft holen zu können. Er war eigentlich nicht klaustrophobisch veranlagt, aber mit einem Mal hatte er sich sehr beengt und gefangen gefühlt und hatte dringend den Raum verlassen müssen.
 

Nachdem er sich etwas beruhigt hatte, machte er sich langsam auf den Weg Richtung Küche, um sich ein Glas Wasser zu genehmigen. Anschließend konnte er immer noch zu den Gästen seiner Eltern zurückkehren und den wohlerzogenen Sohn mimen. So eine Farce.
 

Als er die Küche betrat, stockte er, als er seine Mutter sah. Diese wandte sich zu ihm um, ließ ihr Weinglas sinken und versuchte zu lächeln. „Schatz“, sagte sie, „Warum bist du nicht bei den Gästen? Du weißt, Vater mag es nicht, wenn du dich unerlaubt entfernst.“ Daehyun nickte, starrte aber noch einige Sekunden auf das Glas in der Hand seiner Mutter. Sie war wieder dabei sich volllaufen zu lassen. Wie viel sie wohl schon getrunken hatte? „Ich... ich geh sofort zurück“, entgegnete er leise, „Ich brauch nur etwas Wasser.“ Er kam näher und griff nach der Wasserflasche, die bei seiner Mutter neben der Spüle stand. Neben den beiden geöffneten Rotweinen. Während er sich eingoss, nahm sie einen weiteren Schluck des Weines und schenkte sich ebenfalls nach. Daehyun betrachtete seine Mutter eingehend von der Seite. Sie war noch jung, aber zu schnell gealtert. Kleine Falten zierten bereits ihre Augen- und Mundwinkel und die Adern stachen durch ihre dünne Haut an Armen und Händen. Ihr perfektes Makeup war dezent, sollte sie wohl jugendlich und frisch wirken lassen, doch die hellen Farbtöne ließen seine Mutter stattdessen blass und kränklich aussehen. Einst war sie eine blühende und lebensfrohe Frau gewesen – doch das hatte sich geändert.
 

Geändert an dem Tag, an dem sie herausfand, dass ihr Ehemann nachts heimlich in das Bett ihres gemeinsamen Sohnes stieg...
 

Daehyuns Kehle war wie zugeschnürt und das Wasser fand nur schwerlich seinen Weg die Speiseröhre hinab in den Magen. Nach nur wenigen Schlucken stellte er das Glas wieder ab und verließ die Küche, ließ seine Mutter bei ihrer Tätigkeit allein und kehrte zu den Gästen seines Vaters ins Wohnzimmer zurück.
 

Es war bereits nach elf am Abend, als sich endlich die letzten Gäste verabschiedeten und eine unheimliche Stille über das Haus hereinbrach. Daehyun wünschte seinen Eltern eine gute Nacht und zog sich in den ersten Stock zurück. Hier hatte er seine Räumlichkeiten, unter anderem sein eigenes Badezimmer. Hier entkleidete er sich, hängte den Anzug sorgfältig über die Kleiderstange und wusch sich am Waschbecken, ehe er in seine Schlafsachen schlüpfte. Sie hatten über der Heizung gelegen und fühlten sich angenehm warm und weich an. Er seufzte erschöpft und löschte das Licht.
 

Alles war ruhig im Haus, kein Laut war zu hören. Daehyun wollte sich entspannen, doch jede Faser in seinem Körper schien unter Spannung zu stehen, seine Augen waren weit aufgerissen und starrten in die Dunkelheit. Eine halbe Stunde verging. Eine Stunde verging. Er wiegte sich in Sicherheit und erlaubte sich endlich die Augen zu schließen und seine Muskeln zu lockern. Er wollte einfach nur noch schlafen. Endlich schlafen.
 

Doch als seine Tür knarzte, flatterten seine Lider wieder auf und seine Finger krallten sich ins Kissen. Unbewusst hielt er den Atem an und hörte das Rascheln des Bademantels, der zu Boden fiel. Nur Sekunden später senkte sich die Matratze ab, die Bettdecke wurde angehoben und ein warmer Körper schob sich neben ihn. Starke Arme schlangen sich um seinen schmalen Körper und er spürte den Atem seines Vaters im Nacken. Panik kroch in ihm hoch und er versteifte sich. Er öffnete den Mund, um zu protestieren, doch kein Laut drang aus seiner Kehle, als sein Vater mit der Hand über seinen Oberschenkel streichelte und begann kleine Küsse hinter seinem Ohr zu verteilen. Eine Träne rann über seine Wange und verlor ihre Spur in dem weichen Stoff seines Kopfkissens. Als die Hand zwischen seine Beine fuhr, fand er endlich seine Stimme wieder. „Papa“, wimmerte er, „Papa, bitte -“ Doch sein Flehen wurde nicht erhört. Unbeirrt ließ der Mann seine Hände über den Körper seines Sohnes gleiten und begann ihn zu entkleiden. Daehyun schloss die tränennassen Augen und ließ es mit sich geschehen. Er ertrug den Schmerz, den Ekel und die Demütigung, als ihn sein Vater nahm und dachte sich an einen anderen Ort.
 

Als sein Vater endlich von ihm hinunterstieg, blieb nur ein weinendes und zitterndes Bündel zurück. „Du weißt, dass ich dich liebe, nicht wahr?“, hauchte der Mann ihm ins Ohr und streichelte ihm über den Arm, „Mein hübscher Sohn...“ Schritte entfernten sich. Die Tür fiel leise ins Schloss.
 

Dann war Daehyun endlich allein.

Hallo ^^
 

Wie angekündigt noch zu Ostern das erste Kapitel von "Danger"!

Ich möchte vorher noch einmal anmerken oder empfehlen, das Zwischenkapitel zu lesen, wo ich einiges zur koreanischen Mafia erkläre: http://www.fanfiktion.de/s/5515762a00049f992c7410fb/2/Danger-Only-One-Shot-
 

Titel: Danger -Only One Shot-

Teil: 2/?
 

Warning: Alcohol/Drug Abuse, Violence, Sex (Yaoi), Sexual Abuse, Self-harm, Eating Disorder...

Rating: PG18/MA (bei Warning aufgelistete Dinge werden z.T. später sehr grafisch dargestellt)
 

Personen: Yongguk (B.A.P), Daehyun (B.A.P), Kim Minjun (Jun.K/2PM), Yoo Barom (Rome/C-CLOWN), Ha Joonyoung (E.Co/JJCC) und erwähnt Lee Changsun (LeeJoon/MBLAQ)

Pairings: zu Beginn noch keines, später Yongguk x Daehyun und Rap Monster x V

Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Musiker gehört mir und ich verdiene kein Geld hiermit
 

 

Viel Spaß beim Lesen!

Maya
 

März 2015, irgendwo in Seoul
 

Bang Yongguk starrte aus dem Fenster des Hotels. Die Nacht hatte sich über die Stadt gesenkt, doch die Lichter von Autos, Ampeln, Straßenbeleuchtungen und Hochhäusern funkelten in der Dunkelheit wie Sterne. Der Mond stand halbvoll am Himmel und sein milchiges Licht schien durch die Scheibe in das Zimmer, warf einen langen Schatten auf den Boden und das Bett in seinem Rücken. Ein nackter, schlafender Körper verbarg sich unter den Seidenlaken, doch Yongguk schenkte ihm keine Beachtung. Gedankenversunken sah er in die Ferne, vorbei an den Lichtern der Stadt und seufzte lautlos.
 

Das Meeting vom Nachmittag ging ihm nicht aus dem Kopf. Für ein paar Stunden hatte er es aus seinem Gedächtnis verdrängen können, mit Party, Alkohol und Sex. Doch jetzt, ausgenüchtert und wach, war das Gespräch wieder präsent und beherrschte seine Gedanken.
 

Flashback
 

Yongguk strich sich die Anzugjacke glatt, rückte seine Krawatte zurecht und fuhr sich dann durch das Haar. Er saß auf dem Rücksitz seines geliebten Oldtimers, seinem weiß-schwarzen Packard, und wurde von seinem Chauffeur quer durch die vollen Straßen Seouls gefahren. Man erwartete seine Anwesenheit im Royal Hotel. Er hatte die Nachricht erst vor einer Stunde erhalten, doch er hatte sich ohne Fragen zu stellen auf den Weg gemacht, war in seinen Wagen gestiegen und hatte das Treffen mit seinem Abnehmer verschoben. Yongguk hasste es, seine Termine so kurzfristig abzusagen. Er wusste, dass er es sich nicht erlauben konnte, seine Kunden zu versetzen – Unzuverlässigkeit und Lieferverzögerungen wurden schnell zum Anlass genommen sich an einen anderen Anbieter zu wenden. Doch Yongguk wusste auch, dass keiner so guten Stoff hatte wie er. Sein Abnehmer würde ihm dieses eine Mal verzeihen.
 

Der junge Mann in dem sündhaft teuren Maßanzug sah auf seine Armbanduhr und prüfte die Zeit. In zehn Minuten sollte das Meeting beginnen. Es musste wichtig sein, wenn die Chil Seong Pa ihn bei dem Treffen dabei haben wollte. Für gewöhnlich waren nur die Clanbosse zu solchen Meetings eingeladen; die Köpfe der verschiedenen Organisationen, verantwortlich für Geldwäsche, Prostitution, Menschenhandel, Schmuggelware wie Waffen und Plagiate, Erpressung und natürlich das Drogengeschäft.
 

Er selbst stand zwar mittlerweile weit oben in der Rangordnung der Kkangpae, aber er war ein kleines Licht im Vergleich zu Kim Donghwan oder Lee Sihyuk. Nach dem Tod von Noh Doryeok war Yongguk zwar in der Hierarchie aufgestiegen, aber er hatte nicht seinen Platz eingenommen, wie er gehofft hatte. Kim Donghwan war stattdessen in diese Position befördert worden und Yongguk musste zehn Prozent seines Gewinns an ihn abgeben. Das ging ihm gehörig gegen den Strich. Es passte ihm gar nicht, dass Donghwan nun über ihm in der Chil Seong Pa stand und den Ton im Drogengeschäft angab. Er war bei weitem nicht so ein geschickter Verhandlungspartner wie es sein Vorgänger gewesen war und zudem litt er an mangelnder Impulskontrolle. Insgesamt war Yongguk der Meinung, dass er schlecht für das Geschäft sei und lieber wieder zurücktreten solle.
 

Aber zu seinem Leidwesen hatte er darauf keinen Einfluss. Aus ihm unerfindlichen Gründen hatte Noh Doryeok nunmal Donghwan zu seinem Nachfolger ernannt. Und Shin Goomin, der letzte Überlebende der ursprünglich sieben Oberhäupter der Chil Seong Pa, hatte diese Entscheidung unterstützt und keine Kritik an ihr zugelassen.
 

Genervt runzelte Yongguk die Stirn, als sein Wagen vor dem Royal Hotel hielt und er Kim Donghwan entdeckte. Yongguk schnaubte, ehe er seinem Fahrer dankend zunickte, der ihm die Tür aufhielt. Noch einmal fuhren seine Finger über den Kragen seiner Anzugjacke, bevor er sich in Bewegung setzte. Donghwan stand am Eingang des Hotels und unterhielt sich mit einem Mann, den Yongguk nicht kannte. Protzig sog sein Rivale an einer Zigarre, an einem Finger trug er einen altmodischen Siegelring aus Gold und sein eher plumper Körper steckte in einem dunklen Nadelstreifenanzug. Der Mittdreißiger stand auf alte Gangsterfilme, in denen die Mafiosi Maschinengewehre in Geigenkästen transportierten und er kopierte den Kleidungsstil bis hin zu den Schuhen mit den Gamaschen. Wahrscheinlich sah er sich selbst als eine Art koreanischer Al Capone. Erbärmlich.
 

Als er näher kam, grinste Donghwan ihm schmierig zu und nickte grüßend, aber abschätzig. „Sieh einer an“, verkündete er und sein Gesprächspartner wandte sich zu dem Ankömmling um, „Bang Yongguk. Es überrascht mich, dass sie ausgerechnet dich eingeladen haben.“ Yongguk rang sich ein kleines Lächeln ab. „Und mich überrascht es, dass du dich in dem Aufzug auf die Straße traust. Wir haben schließlich kein Fasching.“ Donghwans Augenbraue zuckte, doch ehe er etwas erwidern konnte, ergriff der Unbekannte das Wort. „Aaah!“, strahlte er und sah Yongguk mit leuchtenden Augen an, „Bang Yongguk! Schön, Sie einmal persönlich zu treffen. Ich habe viel von Ihnen gehört! Die Geschäfte laufen gut, ja?“, er reichte dem Jüngeren die Hand und Yongguk ergriff sie, „Kim Minjun, freut mich sehr.“ Da dämmerte es Yongguk. Kim Minjun saß in der Leitstelle des Syndikats in Daegu. Da fragte er sich, ob auch Mitglieder aus Busan, dem Hauptsitz, bei dem Meeting anwesend sein würden. Und warum genau er eingeladen worden war.
 

„Aber es wird Zeit“, meinte Minjun in dem Augenblick, „Lassen sie uns reingehen, die Gentlemen warten sicher schon auf uns.“ Also betraten die drei Chil Seong Pa Mitglieder das Hotel und wenig später den Fahrstuhl. Sie nutzten den VIP Lift, der ohne weiteren Zwischenhalt in den siebten Stock fuhr.
 

Als sie dort den Konferenzraum betraten, konnte Yongguk einige bekannte, aber auch viele unbekannte Gesichter ausfindig machen. Wie vermutet waren die leitenden Köpfe der verschiedenen Geschäftszweige der Kkangpae in Seoul anwesend und Yongguk vermutete, dass die unbekannten Gesichter aus den Stellen Daegus, Incheons und Busans kamen. Donghwan gesellte sich zu Lee Sihyuk und Kim Minjun grüßte das Chil Seong Pa Oberhaupt Shin Goomin, der am Kopfende des langen Konferenztisches saß. Yongguk entdeckte Yoo Barom und war erleichtert. Der attraktive Mann war in seinem Alter und bekleidete einen ähnlichen Rang in der Kkangpae. Sie hatten schon des Öfteren Geschäfte miteinander abgeschlossen und Barom hatte ihm stillschweigend vor einigen Wochen bei einem Ärgernis mit einem Kunden geholfen, ohne es an die große Glocke zu hängen. Er wusste, dass Rufschädigung im Moment das Letzte war, was er gebrauchen konnte.
 

Nachdem Yongguk sich neben ihm niedergelassen hatte und auch die restlichen Mitglieder auf ihren Plätzen saßen, ergriff Shin Goomin das Wort. „Gentlemen“, sagte er mit seiner tiefen Bassstimme und die versammelten Männer verfielen in Schweigen, „Ich freue mich, dass Sie alle so kurzfristig hier erscheinen konnten. Wie ich vor gut einer Stunde erfahren habe, gab es in Busan einen kleinen... Zwischenfall.“ Yongguk warf Barom einen Seitenblick zu und erkannte, dass auch er mit dieser Information nichts anfangen konnte. Doch ihr Oberhaupt fuhr nach einer kurzen Pause fort und klärte die Situation auf. „Die Hwan Song Seong Pa bricht auseinander; vor etwa zwei Stunden hat die Polizei den Hauptsitz gestürmt und die Bosse und viele ihrer Mitglieder verhaftet. Ein unwesentlicher Teil ist tot.“ Ein Raunen ging durch den Konferenzraum und auch Yongguk spürte eine Art Erregung durch seinen Körper zucken. Die größte Konkurrenz ihrer Organisation innerhalb der Kkangpae war die Hwan Song Seong Pa nicht, aber die Ssang Yong Pa – und die würde es bestimmt ebenfalls bereits wissen. Und das war allen im Raum klar. „Wenn wir schnell handeln“, übertönte Goomin die Stimmen seiner Kollegen, „können wir ihre Geschäfte infiltrieren und übernehmen – das Machtvakuum wird nicht lange anhalten. Die Mitglieder, die aktuell nicht in Busan vor Ort sind, werden in den nächsten Stunden versuchen die Lücken wieder zu schließen und die Situation unter Kontrolle zu bekommen.“
 

Sofort brach die Unruhe wieder aus und auch Yongguk wandte sich nach links zu Barom. „Wenn wir diese Lücke schließen, hätten wir fast ganz Südkorea in unserer Gewalt!“, zischte er und sein Nebenmann nickte zustimmend, „Unser Einfluss wäre enorm – die Ssang Yong Pa könnte kaum mehr mit uns konkurrieren und-“ „Wir müssen schnell sein“, stimmte Barom zu und nickte noch einmal bekräftigend, ehe Goomin wieder seine Stimme erhob. „Gentlemen, Gentlemen, bitte“, versuchte er wieder Ruhe und Ordnung zu schaffen, „Unsere geschätzten Kollegen aus Busan sind anwesend und haben ihre Instruktionen bereits erhalten. Ha Joonyoung hat noch vor seinem Aufbruch hierher zu uns erste Schritte in die Wege geleitet. Aber er braucht unsere Unterstützung, um die restlichen Mitglieder der Hwan Song Seong Pa ausfindig und unschädlich zu machen. Entweder sie schließen sich uns an oder werden beseitigt. Klar soweit? Joonyoung, bitte.“
 

Der junge Mann aus Busan nickte dem Oberhaupt dankend zu. „Vielen Dank, Boss Goomin. Und Gentlemen, ich bin froh heute hier zu sein und auf ihre Hilfe in dieser Angelegenheit zählen zu können“, begann er und warf einen Blick in die Runde, „Meine Männer haben bereits die Aufenthaltsorte einiger Hwan Song Seong Pa Mitglieder hier in Seoul ausfindig gemacht und einige hochrangige Mitglieder wurden vor wenigen Minuten in Daegu und Busan gefangen genommen. Aber es sind noch genug auf freiem Fuß und wir müssen noch heute so viele ausschalten wie möglich. Jedem hier untersteht ein bestimmter Stadtteil unseres Wirkungskreises und...“ Bang Yongguk hörte nur noch mit einem halben Ohr zu, während der Boss aus Busan, in dem schicken weißen Anzug, die Mitglieder über die genauen Standorte informierte und die weiteren Schritte besprochen wurden.
 

Nur wenige Minuten nach dem Meeting hatten sich Bang Yongguk, Yoo Barom und alle anderen an die ihnen unterstehenden Mitglieder der Chil Seong Pa gewandt und ihnen die Standorte verraten. Im Laufe des Nachmittags wurden mehrere hundert Flüchtige des rivalisierenden Syndikats getötet oder gefangen genommen, einige schlossen sich ihnen an, andere wehrten sich und starben. Nur in wenigen Fällen stießen sie dabei auf Schläger der Ssang Yong Pa, die gezwungen wurden, sich zurückzuziehen.
 

Aus Busan ging die Meldung ein, dass Lee Changsun, Ha Joonyoungs Stellvertreter, die Lage unter Kontrolle hatte. Innerhalb der nächsten Tage sollten die wichtigsten Geschäfte der Hwang Song Seong Pa in ihren Händen sein.
 

Flashback Ende
 

Yongguk trat von dem Fenster weg und drehte sich zum Bett. Der nackte Körper hatte sich in der Zwischenzeit nicht gerührt. Er ging näher heran und betrachtete die junge Frau. Sie war hübsch und unter Alkoholeinfluss hatte der Sex mit ihr Spaß gemacht, aber... jetzt im Nachhinein fühlte er sich so leer wie zuvor. In ein paar Stunden würde sie das Hotelzimmer wieder verlassen, er würde in seinen Packard steigen und in seine Wohnung zurückkehren, um die nächsten Schritte zu planen. In drei Tagen sollte erneut ein Meeting stattfinden; dieses Mal wieder nur die Clanbosse.
 

Er erhoffte sich jetzt wieder Aufstiegschancen, immerhin wurden fremde Geschäftszweige übernommen, die geleitet werden mussten. Er bezweifelte, dass Donghwan sich ebenfalls die Drogengeschäfte der Hwan Song Seong Pa einverleiben würde. Der Mann war ja schon mit seinem Zweig in Seoul total überfordert.
 

Yongguk war sich ziemlich sicher, dass auch Boss Goomin dies erkennen und einen anderen mit dieser Aufgabe betrauen würde; das wäre das Beste für die Organisation. Und Yongguk war der Beste in seinem Fach. Er hatte ein breit gefächertes Angebot, gut zahlende Stammkunden und Abnehmer, die horrende Summen für den hohen Reinheitsgrad seiner Ware hinblätterten. Er pflegte gute Kontakte zu seinen Lieferanten und Vertragspartnern und hatte einen guten Draht zu Seouls High Society. Anwälte, Bankiers, Ärzte und Manager schätzten seinen guten Umgangston und er war ein gern gesehener Gast in ihren Kreisen. Er war charmant und fair, aber hart und erbarmungslos, wenn jemand meinte, ihn über's Ohr hauen zu können. Der junge Mann in dem Oldtimer hatte sich Ansehen und Respekt in seinem Viertel erarbeitet und verteidigte sein Revier zur Not auch mit Gewalt, wenn Worte keine Wirkung zeigten.
 

Kim Namjoon war sein bester Mann. Der Blonde mit der Lederjacke hatte zwar die Mitgliedschaft in der Chil Seong Pa akzeptiert, aber er war nicht aus auf eine höhere Position in Anzug und Krawatte. Er hatte zu ihm gemeint, dass er sich auf der Straße wohler fühlte, als in der Chefetage. Yongguk musste bei dem Gedanken an seinen Freund lächeln. Die jungen Ausreißer in seinem Viertel, die Straßen um den Bahnhof herum, liebten Namjoon. Er war zwar nur ein gewöhnlicher Dealer, aber er hatte ein großes Herz – ein paar Mal schon hatte er mitbekommen, wie der Blonde den Jungen am Bahnhof Sandwiches, Snacks, Getränke oder andere Kleinigkeiten vorbeibrachte und dafür sorgte, dass es ihnen an nichts fehlte.
 

Und auch er hatte Namjoon in sein Herz geschlossen. Seit ihrer ersten Begegnung vor knapp drei Jahren, hatten sie mehrfach das Bett miteinander geteilt, aber auch weit mehr als das. Er vertraute ihm, sie verband eine tiefe Freundschaft und niemand kannte ihn so gut, wie Namjoon.
 

Seufzend sah Yongguk ein letztes Mal aus dem Fenster, dann zu der Frau in seinem Bett, ehe er sich wieder neben sie legte und die Augen schloss. Er hatte anstrengende Tage vor sich und sollte wirklich versuchen zu schlafen. Doch die Ereignisse des Tages ließen ihn einfach nicht los. Schließlich spülte er eine Schlaftablette mit etwas Wodka hinunter, um endlich zur Ruhe zu kommen und in einen traumlosen Schlaf zu gleiten.
 

April 2015, irgendwo in Busan
 

Jung Daehyun lag reglos in seinem Bett. Er fühlte sich beschmutzt und er ekelte sich vor sich selbst. Während seine Mutter wieder einmal dabei war, sich bewusstlos zu trinken, lag sein Vater bei ihm im Bett und... 'liebte' ihn. In schlimmen Fällen, blieb sein Vater die ganze Nacht, schlief neben ihm ein und hielt ihn dabei in seinen Armen.
 

Daehyun war ein Gefangener. Sein Körper gehörte nicht länger ihm und sein Vater beobachtete jeden Tritt und Schritt, den er tat. Jede seiner Bewegungen wurde von dem Mann Mitte vierzig mit den Augen verfolgt und er fühlte sich ihm schutzlos ausgeliefert. Sein Vater war ihm körperlich überlegen und er wagte nicht, sich zu wehren. Davon abgesehen, dass er sich psychisch dazu nicht in der Lage fühlte. Er konnte nicht. Er war am Ende. Am Ende seiner Kräfte. Daehyun wusste, wenn er nichts tat, würde sein Vater nie aufhören. Die einzige Möglichkeit war: Flucht.
 

Er fühlte sich wie ein Häftling, der einen Ausbruch aus dem Gefängnis plante. Er überlegte, wann sein Vater nicht im Haus war und wann sein Verschwinden so spät wie möglich auffallen würde. Da seine Mutter so gut wie rund um die Uhr Zuhause war, musste er einen Moment abpassen, in dem beide abwesend waren und er sich unbemerkt hinausschleichen konnte. Doch das war leichter gesagt, als getan. Wenn sein Vater in der Firma war, war seine Mutter im Haus und wenn diese beim Friseur, im Schönheitssalon oder beim Einkaufen war, war es sein Vater, der das Haus nicht verließ. Selbst wenn er sich an einem der beiden vorbei nach Draußen schleichen und abhauen könnte, würde nach kurzer Zeit auffallen, dass er nicht mehr da war. Er wollte aber sicher gehen, dass er wenigstens einen Vorsprung von einigen Stunden hatte – falls sie auf die Idee kämen ihn zu suchen oder die Polizei zu rufen, wollte er bereits nicht mehr in Busan sein. Nur um auf Nummer sicher zu gehen, dass sie ihn nicht wieder aufgriffen.
 

All diese Überlegungen kreisten in seinen Gedanken, während sein Vater nackt neben ihm im Bett lag und schlief. In den letzten Wochen war er jede Nacht bei ihm gewesen und hatte ihn benutzt. Daehyun ließ es über sich ergehen und tröstete sich mit dem Gedanken, bald verschwunden zu sein.
 

Drei Tage später schließlich, sah Daehyun seine Chance gekommen. Seine Eltern waren zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung eingeladen worden, waren also beide zugleich außer Haus. Normalerweise hätte er sie begleitet, doch er lag mit Fieber im Bett und sollte sich ausruhen. Kaum, dass seine Eltern weg waren, sprang er jedoch auf die Füße (wobei er kurz den Schwindel niederringen musste) und lief zu seinem Schrank. Sein Schädel pochte und ihm war heiß und kalt zugleich; das Fieber schwächte ihn. Doch so eine Gelegenheit kam so schnell nicht wieder, also kämpfte er gegen seine körperlichen Beschwerden an und schlüpfte in Jeans, T-Shirt und Pullover. Unten im Schrank hatte er eine gepackte Tasche versteckt, die er nun hervorzog und noch einmal den Inhalt prüfte, ehe er den Reißverschluss wieder zuzog.
 

Er hatte nur die wichtigsten Sachen eingesteckt: Portemonnaie mit seinem Ausweis, etwas Bargeld und seiner Bank- und Krankenkarte, ein paar Hygieneartikel wie Zahnpasta und -bürste, Handy und MP3-Player mit den Aufladegeräten und einige Wechselklamotten wie eine zweite Jeans, T-Shirts, Socken und Unterwäsche. Sollte er noch weitere Pullover oder eine warme Jacke benötigen, würde er diese später kaufen – er wollte nicht zu viel Ballast mit sich schleppen.
 

Kurz setzte er sich noch einmal auf sein Bett. Er hatte Kopfschmerzen und seine Beine zitterten, doch er wollte sich davon nicht aufhalten lassen. Er atmete tief ein und aus und dachte kurz daran, noch einen Schlafsack mitzunehmen. Hatte er noch einen?
 

Zehn Minuten später verließ er das Haus durch den Vordereingang. Daehyun sah keinen Sinn darin dramatisch aus dem Fenster zu klettern – das war verschwendete Energie und würde nur unnötig Aufsehen erregen. Wie sah das denn auch aus, wenn er plötzlich die Weinreben hinunterkraxeln würde, wenn er in dem Haus wohnte und die Haustür benutzen konnte? Als er die Eingangstür hinter sich ins Schloss zog und den Schlüssel herumdrehte, überlegte er, ob er ihn stecken lassen sollte. Oder in einem Blumentopf verbuddeln. Er besah sich den Schlüsselbund in seiner Hand von allen Seiten und kaute auf seiner Unterlippe. Das Silber glänzte in der Frühlingssonne und lag kühl auf seiner Haut, fühlte sich aber nicht unangenehm, sondern vertraut an. Zwei Mal hatte er in seinem Leben den Schlüssel Zuhause vergessen und er war sich unheimlich nackt vorgekommen; so als ob ein wichtiger Teil von ihm fehlte.
 

Kurzentschlossen ließ er den klimpernden Bund in die Jackentasche gleiten. Er drehte sich auf dem Absatz um und lief den hellen Steinweg entlang durch den Vorgarten, öffnete das Tor und verließ das Gelände. Während seine Füße ihn immer weiter von seinem Elternhaus fort trugen, ermahnte er sich in Gedanken daran, nicht zurück zu sehen. Nein, er würde weitergehen. So lange, bis er am Bahnhof angekommen war.
 

Je weiter er lief, desto leichter fiel ihm das Atmen. Seine Schultern lockerten sich, sein Brustkorb schien sich zu öffnen, seine Lungenflügel entfalteten sich und ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Seine Schritte beschleunigten sich, er wurde immer schneller, bis er schließlich rannte. So lang ihn seine Beine trugen, rannte er weiter und immer weiter, ignorierte Stoppschilder und Passanten, sprang über Hindernisse hinweg und hielt erst an, als die Muskeln in seinen Oberschenkeln brannten. Er warf den Kopf in den Nacken und sah in den blauen Himmel, hechelte nach Sauerstoff und lachte unbeschwert. Ja. So fühlte sich Freiheit an!
 

Den restlichen Weg bis zum Bahnhof legte er gemächlicher zurück. Er nahm sich dabei Zeit, seine Umgebung zu betrachten und in sein Gedächtnis zu brennen. Busan war seine Heimat. Er war hier geboren und aufgewachsen und liebte diese Stadt. Und jetzt würde er sie hinter sich lassen.
 

Doch erst, als er im Zug saß, der sich mit einem Ruck in Bewegung setzte, wurde ihm für einen Moment das Herz schwer. Vielleicht... vielleicht würde er eines Tages zurückkehren. Aber jetzt im Augenblick musste er von hier fort.
 

Daehyun wandte seinen Blick von der vorbeiziehenden Landschaft ab und sah hinunter auf die Fahrkarte in seinen Händen: Busan – Seoul. Der Neunzehnjährige hatte absolut keine Ahnung, was ihn in der Hauptstadt erwartete. Die ersten paar Tage konnte er sicher vom Preis her erschwinglich in einer Jugendherberge unterkommen oder zur Not auch noch günstiger einfach in einem Jjim Jil Bang. Dort musste er dann zwar voraussichtlich mit Fremden einen Raum teilen, die ihren Rausch ausschlafen wollten, aber es war warm und kostete nicht viel. Wenn er den Tag über unterwegs war und die Nacht für einige Won dort verbrachte, kam er sicher eine Zeit lang mit dem Geld hin, das er dabei hatte. Aber vielleicht sollte er es doch wagen, sein gesamtes Erspartes abzuheben, bevor sein Vater vielleicht auf die Idee käme, seine Karte sperren zu lassen. Allerdings war ihm unwohl bei dem Gedanken, so viel Bargeld mit sich rumzutragen... Na ja, abwarten, was auf ihn zukam. Bestimmt würden seine Eltern nicht als allererstes seinen Zugang zum Konto abwürgen. Hoffte er zumindest. Es befand sich kein Vermögen auf seinem Konto und sicher hätte seine Mutter die Hoffnung, dass er das Geld für Essen und eine Unterkunft ausgab. Und sobald es ihm ausging zurück käme.
 

Aber das würde er nicht. Er würde sich so bald wie möglich um eine Arbeit kümmern, ein neues Konto bei einer Bank in Seoul eröffnen und sich eine Wohnung suchen, sobald er ein festes Einkommen hätte. Seufzend lehnte er seinen Kopf in das Polster seines Sitzes und schloss die Augen. Nach all der Aufregung kehrten seine Kopfschmerzen zurück und ihm wurde schwindelig. Wenn er erst einmal in Seoul angekommen war, würde er sich einen Platz zum Übernachten suchen und schlafen...
 


 

PS: Yongguks Wagen <3

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Hey there ^^
 

Wie angekündigt, kommt hier nun (endlich) Kapitel 2 ;)

Hat länger gedauert, weil ich an Pretty Young Things gearbeitet, Texte korrigiert und meine Prüfungen geschrieben habe XD

Aber nun sind meine Prüfungen vorbei und ich habe "viel" Zeit zum Schreiben demnächst. Da werde ich das nächste Kapitel hoffentlich wieder schneller fertig haben ;)
 

Meine (bei PYT angekündigte) Trainee-FF wird noch ein wenig auf sich warten lassen. Ich schreibe zwar gerade am Prolog - aber da gibt es noch einige Dinge, die ich vorher klären möchte, ehe ich das fertig schreibe und hochlade ^^°

죄송합니다!
 

Aber nun genug gelabert! Ich möchte mich noch ganz herzlich bei lupina1979, ShunIto, Skaletsakura-chan, Yehenara und Yumeekiraaa für ihre Favoriteneinträge bedanken! *verbeug*
 

Danger -Only One Shot-

Kapitel 2

Teil: 3/?
 

Warning: Alcohol/Drug Abuse, Violence, Sex (Yaoi), Sexual Abuse, Self-harm, Eating Disorder...

Rating: PG18/MA (bei Warning aufgelistete Dinge werden z.T. später sehr grafisch dargestellt)
 

Personen: Yongguk (B.A.P), Namjoon (BTS), Daehyun (B.A.P), Taehyung (BTS)

Pairings: zu Beginn noch keines, später Rap Monster x V und Yongguk x Daehyun

Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Musiker gehört mir und ich verdiene kein Geld hiermit
 

Viel Spaß beim Lesen!

Maya
 

April 2015, Seoul Hauptbahnhof
 

Gemütlich schlenderte Namjoon durch die große Vorhalle. Obwohl es bereits Nacht war, musste er hier und dort einer Traube Menschen ausweichen, denn der Personenverkehr stand nie still in so einer Metropole. Zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens war es meist am ruhigsten am Bahnhof, aber selbst dann waren die Hallen und Gänge niemals leer. Was aber auch an den Obdachlosen lag, die hier für die Nacht einen Unterschlupf fanden.
 

Namjoon raffte seinen Rucksack und beschleunigte seine Schritte etwas. Es war heute unangenehm kalt. Obwohl der Frühling vor der Tür stand und tagsüber meist wärmend die Sonne schien, kühlte es doch merklich zum Abend hin ab. Als er die Vorhalle hinter sich ließ und in einen Seitengang einbog, spürte er, wie der Wind um die Ecke pfiff und zog unwillkürlich seine Schultern nach oben. Er hob zum Gruß die Hand, als er an den Toiletten vorbei kam. Namjoon war den Leuten am Bahnhof kein Unbekannter, immerhin trieb er sich hier beinahe jede Nacht rum. Die meisten Angestellten der Putzkolonne, Verkäufer und sogar den Sicherheitsdienst kannte er beim Namen und sie grüßten ihn freundlich, wenn sie ihn sahen. So manches Mal hielt der junge Mann dann kurz inne und wechselte ein paar Worten mit ihnen – fragte nach ihrem Tag, ob alles ruhig war, ob es Probleme gab – und die Bahnhofsangestellten schätzten und mochten ihn deswegen.
 

Doch heute war ihm nicht nach Small Talk, außerdem wurde er sicher bereits sehnsüchtig erwartet. Und er sollte Recht behalten.
 

Kaum, dass er den Seitengang passiert, eine weitere Halle durchquert und den Raum mit den Schließfächern erreicht hatte, sahen ihm lächelnde Gesichter entgegen. Na ja, die meisten lächelten. In dieser verlassenen Ecke des Bahnhofs hatten sich einige Ausreißer niedergelassen, nachdem ein neuer, größerer Raum mit Schließfächern in der unmittelbaren Nähe der Haupthalle eingerichtet worden war. Decken waren auf dem Boden verteilt, hier und da hatte vielleicht auch jemand ein Kissen, und auf den provisorischen Schlafstätten saßen und lagen Jugendliche, die zu ihm aufsahen, als er näher kam. Die meisten von ihnen kannte er, einige schon seit Jahren.
 

So wie Taehyung, der von seinem Platz aufsprang, als er Namjoon erkannte. Er lächelte ihn freudestrahlend an und Namjoon erwiderte es. „Hyung!“, rief er und schlang die Arme um den Blonden. Der Ältere tätschelte dem Ausreißer kurz liebevoll den Rücken, ehe er sich wieder von ihm löste und seinen Blick über die Anwesenden schweifen ließ. Ein, zwei neue Gesichter waren unter ihnen, die verwirrt aussahen.
 

Namjoon lächelte auch ihnen zu und setzte dann seinen Rucksack ab. Taehyung stand noch immer vor ihm, grinste wie ein Honigkuchenpferd und klatschte begeistert in die Hände, als Sandwiches zum Vorschein kamen. Er nahm eines entgegen und winkte dann einen der Neulinge heran. Namjoon beobachtete wie der Fremde kurz zögerte, sich dann aber auch erhob und auf sie zukam. Er schien ein wenig älter als Taehyung zu sein und war sehr hübsch – auch wenn Namjoon es nicht mochte, diesen Ausdruck für Männer zu verwenden, aber er passte. Das schwarze Haar lag ein wenig unordentlich und der Pony fiel ihm in die schönen, braunen Augen, die ihn unverwandt anblickten. Aber es war vor allem der Mund, der Namjoon ins Auge fiel; die Lippen waren voll und wohlgeformt und luden regelrecht dazu ein, dass man sie küsste.
 

„Hyung“, riss ihn da Taehyungs Stimme aus seinen Gedanken, „Das ist Daehyun. Er ist vor ein paar Tagen aus Busan hergekommen“, stellte er den Neuling am Bahnhof vor und Namjoon lächelte freundlich. „Hunger?“, fragte er und hielt dem Jungen aus Busan ein Sandwich vor die Nase, welches dieser zögerlich annahm. „Danke“, sagte er und rang sich schließlich ein kleines Lächeln ab. Es war hinreißend. Namjoon hoffte im Stillen, dass Daehyun es Taehyung nachmachen würde und nicht auf den Strich ging, um an Geld zu kommen. Es wäre zu schade um den hübschen Jungen.
 

„Namjoon kommt hier öfter vorbei und bringt uns Essen oder auch mal ne Decke und andere Sachen, die wir brauchen“, klärte sein junger Freund den Neuling auf und der nickte bei den Worten. Mit einem letzten Dank und einer kleinen Verbeugung, entfernte sich Daehyun wieder, kehrte zu seinem Platz zurück und begann zu essen. Namjoon und Taehyung verteilten die letzten Sandwiches und ein paar Getränke, die der Blonde noch dabei hatte.
 

Zur gleichen Zeit zog er Erkundigungen ein, wollte wissen, ob es Schwierigkeiten gegeben hatte und ob es allen gut ging. Im Grunde genommen war Namjoon nur ein Dealer, nichts weiter. Sein Freund und Mentor hatte ihm das Viertel zugeteilt und er war hier der Hauptmittelsmann. Er nahm Yongguk den Stoff ab, verteilte die Ware weiter an seine eigenen Läufer und dealte selber eigentlich nur noch mit seinen Stammkunden. Ansonsten streifte er durch den Bahnhof und die Straßen um ihn herum und sorgte dafür, dass alles seine Ordnung hatte. Fremde Dealer hatten hier nichts zu suchen, ebenso Mitglieder verfeindeter Familienclans. Sollten sich hier Mafiosi rumtreiben, die nicht zur Chil Seong Pa gehörten, würde Namjoon das melden und Yongguk würde sich darum kümmern, dass sich diese aus seinem Viertel fernhielten. Außerdem sprach der Blonde mit den Leuten vom Sicherheitsdienst, ob es zu Polizeieinsätzen oder Straftaten durch einen seiner Läufer oder den Ausreißern gekommen war. Die Menschen mochten und vertrauten ihm, was wohl der Grund dafür war, dass Yongguk ihm das Viertel anvertraut hatte.
 

Als Namjoon sich seinen Rucksack wieder schulterte, zupfte Taehyung verschämt an dem Ärmel seiner Lederjacke und trat von einem Bein aufs andere. „Hast du noch einen Moment?“, fragte er zaghaft und Namjoon war bereits klar, was er wollte. Doch das war nun mal sein Geschäft und er nickte. Die beiden verließen den Schließraum und entfernten sich ein Stück von den anderen.
 

Es war kein Geheimnis, dass Namjoon hauptberuflich Dealer war und auch nicht, dass Taehyung und andere Ausreißer ihren Stoff über ihn oder seine Läufer bezogen. Doch Taehyung war einer von denen, der es vorzog den Drogenhandel nicht vor den Augen anderer abzuwickeln. Also begleitete Namjoon den Jüngeren in einen Seitengang und zückte eine Tüte aus der Innentasche seiner Jacke. „Ich habe keine Valium dabei“, stellte er direkt klar und warf seinem Gegenüber dann einen ernsten Blick zu, „Und Tilidin auch nicht.“
 

Taehyung knibbelte nervös an seiner Unterlippe. Namjoon spürte, dass etwas nicht in Ordnung war und er machte sich Sorgen. Er kannte den Jungen aus Daegu nun seit fast zwei Jahren und er mochte ihn sehr gern. Obwohl Taehyung nun wirklich kein unbeschriebenes Blatt war, sich hin und wieder einen über den Durst trank, Pillen einwarf oder mal einen Joint rauchte, war er doch ein 'anständiger' Junge. Er war Meister im Schnorren und beklaute niemanden, er ging nicht auf den Strich und beteiligte sich auch nicht an Ladendiebstählen. In Namjoons Augen war Taehyung erfrischend unschuldig, im Gegensatz zu anderen Ausreißern. Und seine Nervosität machte den Blonden misstrauisch. Der Junge verheimlichte ihm etwas und das war eher ungewöhnlich.
 

„Ich brauch keine Valium“, sagte er schließlich, „Und auch kein Tilidin.“ Seine Stimme war leise, doch Namjoon verstand ihn gut. Doch ihm schwante Böses. „Was brauchst du dann?“, fragte er direkt nach und Taehyung verzog kurz gequält das Gesicht. Er zögerte immer noch, es schien ihm wirklich unangenehm, doch dann platzte es aus ihm heraus: „Hast du nicht ein bisschen... Koks?“
 

Namjoon holte tief Luft und sah zur Seite. Taehyung senkte beschämt den Kopf. Der Dealer musste sich zusammenreißen, um den Jungen nicht zusammenzustauchen. Er fragte ihn allen Ernstes nach Kokain? Er seufzte und schloss die Augen. Seine Stirn zog sich kraus und er rieb sich über die Nasenwurzel, dachte nach. „Warum -“, er unterbrach sich, als seine Stimme harscher klang, als beabsichtigt, „Warum... fragst du mich nach Koks? Warum?“ Taehyung sah ihn nicht an, wich seinem Blick aus. Namjoon glaubte, eine Träne in seinen Augenwinkeln zu erkennen, doch beim nächsten Blinzeln war diese verschwunden. „Ich brauch es halt“, gab er leicht trotzig von sich und verschränkte die Arme vor der schmalen Brust. „Wie? Hast du schon öfter was genommen, oder was? Wo hast du das Zeug her?“ Jetzt sah Taehyung ihn wieder an, die Brauen nach unten gezogen und es funkelte angriffslustig in seinen sonst so freundlichen Augen. So hatte Namjoon ihn noch nie gesehen. „Wie, wo ich das her habe? Na, von deinen Leuten, von wem denn sonst?“ Namjoon fasste sich an den Kopf. „Du – Warum machst du so seine Scheiße?“
 

Und dann spitzte sich die Lage zu. Taehyung kam auf ihn zu, drängte sich an ihn, dass Namjoon beinahe zurück stolperte. „Bitte“, flehte ihn der Jüngere an, „Bitte... nur ein bisschen!“ Der Blonde versuchte das Betteln im Keim zu ersticken. „Hast du überhaupt das Geld dafür?“ Der Jüngere befeuchtete sich die Lippen. „Na ja... ein paar Won fehlen mir schon, aber... du kannst mir doch was auf Pump geben, oder?“
 

In Namjoons Kopf drehte sich alles. Irgendwas lief hier verdammt schief. Taehyung hatte von seinen Läufern scheinbar Kokain gekauft . Und weil er knapp bei Kasse war, fragte er jetzt ihn, da er dafür bekannt war, dass er auch schon mal etwas auf Pump herausgab. Er war Dealer. Drogen verkaufen war sein Job. Und für gewöhnlich kümmerte es ihn nicht, an wen er sie verkaufte. Doch bei Taehyung war das anders. Er mochte ihn und wollte nicht, dass der Junge anfing Kokain zu nehmen und daran kaputt ging.
 

„Taehyung... Taehyung, bitte“, begann er leise, doch der Ausreißer unterbrach ihn. „Ich weiß, mir fehlt das Geld, aber... vielleicht... kann ich dich ja anders auszahlen?“
 

Ehe er sich versah, hatte Namjoon den Jungen heftig von sich gestoßen. Taehyung knallte gegen die Wand und sah ihn aus weit aufgerissenen Augen an; er sah so entsetzt und erschrocken aus wie der Blonde sich fühlte. Sie starrten einander an und Namjoons Herz schlug ihm bis zum Hals. Hatte ihm der Andere gerade tatsächlich das angeboten, was er dachte? Erst fragte er ihn nach Koks und dann bot er ihm Sex als Zahlungsmittel? Was war geschehen? So war Taehyung doch gar nicht! Was hatte den Jungen dazu gebracht seine Hemmschwellen völlig fallen zu lassen und zu Kokain zu greifen? Und wie lange verheimlichte er ihm das schon? Fassungslos betrachtete er das junge Gesicht vor ihm. Es sah noch immer erschrocken aus, aber auch ängstlich. Der Ausreißer atmete schwer und schien zu warten. Was erwartete er? Dass er ihn schlug? Ihn zum Teufel jagte? Bei dem Gedanken an Taehyungs prügelnden Vater platzte Namjoon schließlich der Kragen.
 

„Sag mal, spinnst du?“, fuhr er ihn an und der Junge zuckte zusammen. Namjoons Stimme hallte laut von den Wänden wider und der Dealer war für einen Moment selber über sich erschrocken. Doch seine Wut war größer. Er wusste nicht, warum er so fuchsteufelswild wurde, aber das ängstliche Gesicht des Jungen war in dem Moment eine Genugtuung. „Du lässt die Finger von dem Scheiß, kapiert?“, schrie er weiter und machte drohend einen Schritt auf ihn zu.
 

Taehyung versuchte zurückzuweichen, doch er stand bereits mit dem Rücken zur Wand und hatte keine Möglichkeiten zu entkommen. Namjoon lag noch mehr auf der Zunge, er wollte schreien und toben, dass dem Jungen Angst und Bange wurde. Er wollte ihn packen und schütteln- Der Blonde ballte die Fäuste und kratzte das letzte bisschen Selbstbeherrschung zusammen, was er noch aufbringen konnte. Er wollte Taehyung nicht verletzen, aber sein Blut wallte heiß durch seine Adern, seine Magensäure kochte und alles in ihm schrie danach, seinem Zorn freien Lauf zu lassen.
 

Eilig machte Namjoon einige Schritte rückwärts und packte seine Sachen zusammen. Taehyung starrte ihn ungläubig an, als könne er nicht fassen, dass der Blonde sich tatsächlich aus dem Staub machte. Namjoon konnte es selbst nicht glauben, aber er musste hier weg, ehe er etwas tat, was er später bereuen würde. Er verspürte den plötzlichen, unwiderstehlichen Drang den Jüngeren zu schlagen...
 

„Glaub nicht, die Sache wäre damit beendet!“, machte er dem Jüngeren klar, als er seinen Rucksack schulterte und sich zum Gehen wandte, „Ich werde den Jungs sagen, dass sie dir nichts mehr verkaufen sollen. Und wir beide sprechen uns noch!“ Mit dieser letzten Drohung machte er sich davon.
 

Er sah Taehyung nicht noch einmal ins Gesicht, als er sich abwandte und mit ausholenden Schritten zügig den Schauplatz hinter sich ließ. Kurz darauf stand er vor dem Bahnhof und blieb stehen, atmete die kühle Nachtluft ein und versuchte sich zu beruhigen. Die Kälte spürte er nicht mehr. Er war so außer sich, dass er Hitzewallungen bekommen hatte. Nur langsam schaffte er es, sich so weit wieder unter Kontrolle zu kriegen, dass er nicht Gefahr lief etwas Dummes zu tun. Unschlüssig stand er da und sah die Straße auf und ab, immer noch kribbelig und aufgewühlt und wusste nicht wohin mit sich. Doch er musste sich unbedingt bewegen, also wandte er sich nach rechts und lief einfach los.
 

Nach ein paar Minuten an der frischen Luft kehrte langsam Ruhe in ihm ein. Und jetzt tat es ihm leid, dass er Taehyung von sich weggestoßen hatte. Aber er war in dem Moment einfach so fassungslos gewesen! Taehyung war immer so anständig, er konnte einfach nicht glauben, dass er plötzlich Kokain nahm und – schlimmer noch! – sich ihm angeboten hatte! Warum hatte er davon nichts mitbekommen? War er in letzter Zeit doch so unaufmerksam gewesen? Zugegeben, er hatte in den letzten paar Wochen viel zu tun gehabt und war seltener bei den jungen Ausreißern gewesen, um nach dem Rechten zu sehen. Aber war er nicht immer für sie da? Wenn sie Sorgen hatten, dann hatte er immer ein offenes Ohr! Warum war Taehyung nicht einfach zu ihm gekommen, wenn er doch offensichtlich Kummer hatte und griff stattdessen plötzlich zu Drogen wie Kokain? Seine Gedanken drehten sich im Kreis und er fand einfach keine Antworten auf seine Fragen. Doch was ihn noch mehr beschäftigte war, dass Taehyung... Namjoon schluckte. Er spürte noch immer den schmalen Körper des Anderen auf seiner Haut. Wie er sich ihm angeboten hatte...
 

Wütend kickte er einen Stein über den Fußweg, ignorierte die Passanten, die ihm schimpfend auswichen. Hatte er vielleicht auch nicht mitbekommen, dass Taehyung... auf den Strich ging? Aber, nein. Vollkommen unmöglich. Er kannte die Nutten und Stricher in seiner Gegend um den Bahnhof herum und er hatte ihn bei seinen Kontrollgängen nie dort stehen sehen.
 

Namjoon spürte, wie erneut Zorn in ihm aufwallte und seinen Körper erschaudern ließ. Er war erst so ausgerastet, nachdem Taehyung ihm angeboten hatte, das Kokain mit sexuellen Gefälligkeiten zu bezahlen. Aber warum hatte ihn das so gestört? Wieso stieß ihm der Gedanken daran so sauer auf? Er knirschte düster mit den Zähnen. Er kannte die Antwort. Und die gefiel ihm ganz und gar nicht. Einen kurzen Moment erlaubte er sich, sich der Vorstellung hinzugeben, er hätte nicht abgelehnt und wäre auf das Angebot eingegangen... Dann würde der Junge nun unter ihm liegen und...
 

Erbarmungslos erstickte er den Gedanken im Keim, schüttelte den Kopf und trat an die Straße, um sich ein Taxi heran zu pfeifen. Er musste hier weg. Er musste so viel Abstand wie möglich zwischen sich und den Bahnhof bringen. Zwischen sich und Taehyung. Zwischen sich und sein Verlangen nach diesem unschuldigen Jungen. Er riss die Tür des anhaltenden Wagens so ruckartig auf, dass der Fahrer erschrocken zusammenfuhr. Dann erkannte er, wer sein Fahrgast war und verkniff sich einen Kommentar. Er nahm die Adresse von Namjoon entgegen und fuhr unverzüglich los, das Taxameter außer Acht lassend und lenkte den Wagen, so schnell wie es ihm die Geschwindigkeitsbeschränkung erlaubte, durch die nächtlichen Straßen von Seoul.
 

Der blonde, junge Mann auf der Rückbank legte seufzend den Kopf in den Nacken. Er hielt die Augen während der Fahrt geschlossen, doch er war noch immer aufgewühlt. Nach einigen Minuten Fahrt stieg er aus, schlug achtlos die Tür hinter sich zu und lief noch zwei Straßen weiter – niemals wäre er so dumm jemandem die Adresse seines tatsächlichen Ziels zu nennen. Und wenige Augenblicke später klopfte er bereits an der Tür.
 

Als Yongguk diese öffnete, nur mit einer dunklen Jogginghose bekleidet, hob er erstaunt eine Augenbraue. Namjoon seufzte erleichtert und versuchte ein kleines Lächeln zustande zu bringen, was ihm kläglich misslang. Doch sein Freund und Mentor kannte ihn und ließ ihn ohne Worte eintreten. Der Blonde betrat den Flur, streifte sich die Schuhe von den Füßen und schleppte sich ins Schlafzimmer. Die Lederjacke fiel zu Boden und noch ehe er das Bett erreicht hatte, legten sich zwei starke Arme von hinten um ihn. Genießend lehnte er sich an den Körper des Älteren und schloss die Augen, als dieser ihm einen sanften Kuss auf die erhitzte Haut drückte. Namjoon hatte nicht gewusst, wo er sonst hin sollte. In Momenten wie diesen, war es stets Yongguk, der ihm die Nähe und den Halt gab, den er so dringend brauchte. Nach der er sich sehnte. Sie liebten sich nicht, aber sie standen sich sehr nahe. Er vertraute ihm und der Ältere hatte dieses Vertrauen niemals missbraucht, ihn nie enttäuscht oder im Stich gelassen.
 

„Kann ich die Nacht bleiben?“, fragte er in die Stille und Yongguk antwortete, indem er ihn weiter zum Bett bugsierte und sich mit ihm auf das Laken sinken ließ.
 

Der Ältere brachte sich über ihn und küsste weiter sanft seinen Hals. Namjoon schloss die Augen und legte seine Arme um den nackten Oberkörper seines Mentors, genoss die Liebkosungen und gab sich ihnen hin. Yongguk hatte bis dato noch kein einziges Wort gesagt, aber das brauchte er auch gar nicht. Es war nicht das erste Mal, dass der Jüngere unangekündigt bei ihm auftauchte und nach Trost suchte. Namjoon wusste, dass er ihm am nächsten Morgen Rede und Antwort stehen müsste und das Yongguk ihm zuhören würde. Doch daran wollte er jetzt nicht denken. Er seufzte leise auf, als eine Hand unter den Bund seiner Boxershorts fuhr und begann ihn zu streicheln. Weiche Lippen legten sich auf seine und berührten ihn zärtlich und der Blonde erwiderte den Kuss; die Gedanken an Kokain und Taehyung verdrängend. Seine Wut war verraucht, während sie sich langsam entkleideten.
 

Sein Mentor kannte ihn gut, wusste wo er empfindlich war und küsste und streichelte seinen Hals, das Schlüsselbein, den Hüftknochen... Als er mit dem Finger in ihn eindrang, um ihn vorzubereiten, entspannte sich Namjoon. Er suchte erneut nach dem Mund des Älteren und lockte ihn mit seiner Zunge in den eigenen, empfing ihn zufrieden und stöhnte leicht, als Yongguk einen weiteren Finger in ihn schob. Für einen Moment tauchte das Bild von Taehyung vor seinem inneren Auge auf; wie der Junge ihn verschreckt und ängstlich angestarrt hatte, an die Wand hinter sich gekauert und wartend. Namjoon vertiefte den Kuss, versuchte verzweifelt den Ausreißer aus seinem Kopf zu verbannen, während er seinen Körper Yongguk entgegen bog. Er konnte nicht mehr länger warten. Mit jeder weiteren Sekunden, die verging, würde seine Sehnsucht nach Taehyung stärker werden, bis er es kaum mehr aushalten konnte. Und dann konnte auch sein Freund ihm nicht mehr helfen. Er brach den Kuss und gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er soweit war. Als Yongguk sich in ihm versenkte, wurden sämtliche störende Gedanken vertrieben; kein Kokain, kein Bahnhof, kein Taehyung... dafür gab es in diesem Moment keinen Platz mehr. Einzig und allein der Mann über ihm zählte, das Gefühl ihn in sich zu spüren und nicht nur körperlich sondern auch emotional tief mit ihm verbunden zu sein. Yongguks Bewegungen waren ruhig und sanft, auch wenn er sich mit Nachdruck in ihn schob und Namjoon ihn so eng an seine Brust zog, dass er sich selbst kurz die Luft aus den Lungen presste. Sein Kopf war wie leer gefegt und endlich spürte er eine angenehme Ruhe seinen Körper erfassen. Er hörte das leise Stöhnen an seinem Ohr und ihm wurde wohlig warm, als er jeden Muskel des Anderen zu spüren schien – wie sie sich anspannten und bei jedem sanften Stoß anmutig unter der Haut bewegten – so eng umschlungen wie sie dalagen.
 

Er wünschte sich, dieser Moment würde ewig dauern. Das hier hatte nichts mit Erotik zu tun. Namjoon war nicht erregt, weil sie beide miteinander Sex hatten, nein, er fühlte sich unheimlich geborgen in den Armen des Älteren. Und mit jedem weiteren Stoß fühlte er sich ihm noch näher.
 

Seine Sicht verschwamm und er spürte, wie Yongguks Bewegungen etwas an Geschmeidigkeit verloren und eine Hand zwischen seine Beine griff, um ihn zu massieren. Der Blonde keuchte und biss sich auf die Unterlippe, schlang seine Arme noch fester um seinen Freund. Kleine Sterne explodierten vor seinen Augen und für einen Augenblick war alles Weiß. Sein Körper wurde von der plötzlichen Hitze wie von einer Welle überrollt, das Kribbeln hinter seinem Bauchnabel löste sich auf und alles fiel von ihm ab: die Sorgen, die Anspannung, die Unruhe... Seine Muskeln wurden weich und sanken angenehm erschöpft in das Laken, seine Fingerspitzen wurden taub und sein Herz pochte ihm gegen die Brust, erinnerte ihn daran, dass er noch lebte. Der starke Körper seines Mentors lag auf ihm, doch es war keine Last. Fasziniert lauschte er dem Rauschen des Blutes in seinen Ohren und spürte das Herz des Anderen gegen das seine klopfen; so als suchten sie die Nähe ihres fremden und doch vertrauten Gegenstücks.
 

Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er mit den Fingern Yongguk im Nacken kraulte und mit der anderen Hand über den kräftigen Rücken strich. Ein Seufzen antwortete ihm und die gleichmäßigen Atemzüge seines Freundes waren das letzte, was Namjoon wahrnahm, ehe er in einen traumlosen Schlaf glitt.

Hallo ^^/)
 

Ich melde mich dann auch mal wieder zurück. Wie einige mitbekommen haben, habe ich in den 2 Monaten Danger-Pause meine andere Geschichte Pretty Young Things abgeschlossen ^^
 

Nun hat Danger meine ungeteilte Aufmerksamkeit :)
 

Ich habe die Befürchtung, dass dieses Kapitel vielleicht etwas "langweilig" geworden ist, weil nicht wirklich viel passiert *hust*, aber ich hoffe, es gefällt euch trotzdem. Aber wir sind ja auch erst bei Kapitel 3 und die Geschichte muss erst einmal in Fahrt kommen ;)
 

(An dieser Stelle lieben Dank für die Favoriten-Einträge ^^/) ... würde mich aber auch über ein Review freuen XD)
 

Ach ja, eine letzte Anmerkung noch: Im Prolog habe ich das schon so gemacht, dass ich die Preise in Won angebe und werde auch dabei bleiben. Ich hoffe, das stört euch nicht zu sehr. Wenn ihr die geraden Won-Beträge in Euro umrechnet, kommen da natürlich krumme Zahlen raus und ich wollte das nicht alles in Klammern einfügen.

Mianhae ^^° !
 


 

Danger -Only One Shot-

Kapitel 3

Teil: 4/?
 

Warning: Alcohol/Drug Abuse, Violence, Sex (Yaoi), Sexual Abuse, Self-harm, Eating Disorder...

Raiting: PG18/MA (bei Warning aufgelistete Dinge werden z.T. später sehr grafisch dargestellt)
 

Personen: Jung Daehyun (B.A.P), Kim Taehyung (BTS), Yoo Youngjae (B.A.P), D.O/Do Kyungsoo, Park Chanyeol (EXO) & Kai/Kim Jongin (EXO), Lee Taemin (SHINee), Seulchan/Jeon Junggeun & Roi/Ju Youngwoong (TARGET), Noah (OC), Bang Yongguk (B.A.P), Kim Donghwan, Lee Sihyuk & Shin Goomin (OCs), Kanesaki Kentarou (Actor/Model), Kim Seokjin (BTS)

Pairings: zu Beginn noch keines, später Rap Monster x V und Yongguk x Daehyun

Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Musiker/Schauspieler gehört mir (nur die mit OC gekennzeichneten Personen sind mein geistiges Eigentum) und ich verdiene kein Geld hiermit
 

Viel Spaß beim Lesen!

Maya
 


 

Mai 2015, irgendwo in Seoul
 

Daehyun schob sich etwas genervt durch die Menschenmasse; es war unglaublich viel los und das Gedränge beinahe nicht zu ertragen. Allerdings hatte er sich in den letzten paar Wochen, die er nun schon in Seoul war, an den Trubel in der Innenstadt gewöhnt. Er und Taehyung – und manchmal mit ihnen andere Jungen und Mädchen vom Bahnhof – verbrachten den Großteil ihrer Zeit in der Innenstadt. Täglich gingen sie hier ihre Runden und schnorrten sich Geld für Essen und Trinken zusammen.
 

Wie er festgestellt hatte, war Taehyung verdammt gut darin und besonders die älteren Herrschaften oder Frauen mittleren Alters erlagen dem mitleiderregenden Blick des Jüngeren und ließen was springen. Oft gab er vor, dass er Geld für ein Bahnticket benötigte und fragte nach kleinen Kleckerbeträgen wie 500 oder 1000 Won. Und erstaunlich häufig wurde Taehyung dann gefragt wie viel Geld ihm denn noch für das Ticket fehle. „Na ja, so 6000 Won“, gab er dann gespielt kleinlaut zurück. „Dann kommst du mit 500 Won aber nicht weit, Junge.“ Und genau darin bestand der Kniff. Der Junge setzte dann ein verschämtes Grinsen auf und erwiderte: „Nein, aber wenn ich Sie nach 6000 Won fragen würde – würden Sie mir das dann geben?“ Meist erhielt er dann mehr, so um die 2000 bis 2500 Won. Und so hatten sie meist gegen Mittag schon genug Geld zusammen, damit sie sich eine Mahlzeit leisten konnten. Danach fing das Spiel von vorne an.
 

Die beiden Jungen waren sparsam mit ihrem erbeuteten Geld. Meistens aßen sie nur etwas zu Mittag und vielleicht noch einen kleinen Snack am Abend. Was übrig blieb, verstaute Daehyun sorgfältig in seiner Jacke. Er hatte an zwei Stellen die Nähte ein wenig geöffnet und schob die Münzen und Scheine zwischen den Jeansstoff und das dünne Innenfutter. Manchmal gingen sie so gut wie leer aus, aber an manchen Tagen bekamen sie erstaunlich viel Geld zusammen und er hatte sich in den letzten zwei Wochen bereits knapp 30 000 Won zusammen gespart!
 

Bei Taehyung sah das anders aus. Sie sprachen zwar nicht darüber, aber Daehyun kannte den Jüngeren nun gut genug, um zu wissen, wofür er abends sein Restgeld ausgab.
 

In den paar Wochen, in denen Daehyun nun hier war, hatte er beachtlich viele Menschen kennen gelernt. Die ersten drei Tage in Seoul hatte er wie zuvor geplant in einer Herberge verbracht, bis seine Eltern ihm tatsächlich das Konto gesperrt hatten. Er hatte zwar kurz vorher noch etwas Geld abgehoben gehabt und somit sein Zimmer bezahlen können, aber danach hatte er sich anderweitig umsehen müssen. Die zwei Nächten danach hatte er in einem Jjim Jil Bang geschlafen, bis er schließlich nicht mehr weiter gewusst hatte. Sein Portemonnaie war so gut wie leer gewesen und er hatte schließlich auch noch essen und trinken müssen.
 

Genau dann war er durch Zufall Taehyung über den Weg gelaufen. Der Junge hatte ihm einen Schlafplatz angeboten, welcher sich als der alte Schließraum im Hauptbahnhof herausstellte – und er war seitdem dort geblieben. Zugegeben war es dort in kalten Nächten nicht gerade eine Traumunterkunft, aber er schlief wenigstens nicht auf einer Parkbank und eigentlich war es ganz gemütlich. Zudem er die Gesellschaft mochte. Außer ihm und Taehyung schliefen noch fünf bis sieben weitere Jungen pro Nacht hier, je nachdem. Zwei waren kurz nach seiner Ankunft wieder Zuhause gelandet und ein anderer war nur alle paar Tage hier, wo er sich die anderen Nächte herumtrieb wollte Daehyun lieber gar nicht wissen.
 

Ihre derzeitige Besetzung in dem Schließraum bestand aus Taehyung, Youngjae, den beiden neuen Junggeun und Youngwoong (die aber Seulchan und Roi genannt wurden) und ihm selbst. Zwei weitere Jungen, Kyungsoo und Noah, kamen und gingen. Soweit Daehyun wusste, übernachtete Kyungsoo gelegentlich bei verschiedenen Freunden und Noah schlief auch mal unter freiem Himmel, wenn das Wetter es zuließ; im Park oder am Fluss.
 

Von ihrer kleinen Gruppe Ausreißer im Schließraum abgesehen hatte Daehyun aber noch viel mehr Menschen getroffen und vorgestellt bekommen. Taehyung war bereits seit zwei Jahren auf der Straße und kannte im Bahnhofsviertel so gut wie jeden. Kamen sie an jemandem vorbei, konnte er ihm in neun von zehn Fällen den Namen, das ungefähre Alter und die Tätigkeit nennen.
 

So hatte Daehyun einen ziemlich guten Überblick über die Leute bekommen, die hier verkehrten; er kannte einige der Dealer und Läufer, wusste wer auf den Strich ging und wer in einer Gang war. Taehyungs Stammdealer Namjoon hatte er bereits etwas näher kennen gelernt und wusste mittlerweile, dass er Mitglied der Kkangpae – der koreanischen Mafia – war und hier mehr oder weniger für Ordnung im Viertel sorgte. Einer seiner Läufer, Chanyeol, war ein lustiger Vogel. Er war etwas chaotisch und verpeilt, aber immer gut gelaunt und brachte sie zum lachen. Der große, junge Mann war Straßenmusiker und hatte immer seine Gitarre dabei; er spielte hauptsächlich im Stadtpark und manchmal begleitete Kyungsoo ihn dabei. Daehyun wusste nicht so genau, was Chanyeol eigentlich machte, aber weder das Dealen noch die Musik machte er hauptberuflich. Er hatte mal gesagt, dass er den Stoff „nur so nebenbei vertickte“, um „etwas mehr Kohle inner Tasche“ zu haben.
 

Und dann waren da noch Kai und Taemin. Als Taehyung ihn an seinem ersten Tag am Bahnhof herumgeführt hatte, waren sie an einer Ecke am Hinterausgang vorbeigekommen. Hier waren massenhaft Fahrräder abgestellt und hier befand sich auch ein Parkhaus. Wenn man nun links die schmale Seitenstraße zwischen Bahnhof und Parkhaus entlang ging, kam man zu einer viel befahrenen Hauptstraße – und genau hier, in den Schatten der beiden hohen Gebäude, standen die Nutten und Stricher des Viertels. Freier konnten hier durchfahren und sie zu sich heranwinken oder von der Hauptstraße aus auf sich aufmerksam machen. Daehyun mied diese Gegend. Die Jungen und Mädchen, die hier standen und ihren Körper anboten, taten ihm schrecklich leid und viele von ihnen sahen schon arg heruntergekommen aus. Kai und Taemin waren immer zusammen anzutreffen, es sei denn einer hatte gerade einen „Job“, und gehörten zu den gepflegtesten und gefragtesten Prostituierten hier am Strich. Dennoch hatte Taehyung ihn davor gewarnt hierher zu kommen, vor allem ohne Begleitung. „Versteh mich nicht falsch“, hatte er mit einem vorsichtigen Seitenblick zu den Strichern gemeint, „Ich kenne die beiden und sie sind an für sich in Ordnung. Aber das trifft nicht auf alle hier zu und die können ziemlich ruppig werden, wenn sie Gefahr wittern.“
 

Daehyun hatte nicht wirklich verstanden, was der Jüngere ihm damit hatte sagen wollen, aber immer wenn er an der Seitenstraße vorbei musste und Kai oder Taemin sah, lief ihm ein kleiner Schauer über den Rücken. Ganz geheuer waren sie ihm dann doch nicht...
 

Generell war Daehyun immer erleichtert, wenn er abends in den Schließraum zurückkehren konnte. Meist verabschiedete sich Taehyung dann für eine kleine Weile und Daehyun nutzte die Zeit, um ein wenig mit den anderen zu plaudern, insofern diese bereits von ihren eigenen Unternehmungen zurück waren.
 

Nicht selten hatte er darüber nachgedacht Taehyung davon abzuhalten zu gehen. Immerhin wusste er, dass er sich von dem mühsam zusammen geschlauchten Geld irgendwelche Drogen kaufen würde. Allerdings war der Jüngere schon zwei Jahre hier und von Youngjae wusste er, dass der Junge aus Daegu „schon immer“ was genommen hat, das war nichts Neues. Daehyun musste zugeben, dass er eigentlich kaum etwas über Taehyung wusste. Es war ihm bekannt, dass er drei Jahre jünger war als er und dass er vor knapp zwei Jahren aus Daegu hierher gekommen war. Aber über die Umstände wusste er nicht wirklich was. Youngjae hatte ihm auch nur sagen können, dass die Mutter des Jüngeren wohl nicht mehr lebte, aber ansonsten sprach Taehyung nicht von sich – dafür viel über andere.
 

Jeden Abend war er aufs Neue beruhigt, wenn Taehyung von seinem kurzen Alleingang heile wiederkam. Wahrscheinlich brauchte er sich keine Sorgen machen – was sollte dem erfahrenen Jungen hier am Bahnhof schon passieren? – aber er tat es trotzdem. Vielleicht weil er jünger war als er. Oder auch, weil er nicht wusste, wo Taehyung sich in der Zeit herumtrieb, welche Leute er traf und was er sich besorgte (und warum ging er dafür nicht zu Namjoon oder Chanyeol?). Was immer es war, der junge Ausreißer konsumierte es immer bereits vor seiner Rückkehr und wenn er dann im Schließraum auf seinen Schlafplatz sank, schien er recht benommen. Manchmal war er nicht einmal mehr ansprechbar und vor einigen Tagen erst hatte er so auf seiner Decke gelegen, dass Daehyun einen Augenblick befürchtet hatte, er wäre tot. Er hatte sehr flach geatmet, es war kaum zu sehen oder zu spüren gewesen, und er war auch durch Schütteln und eine Ohrfeige nicht wach geworden. Daehyun hatte wirklich Panik bekommen.
 

Als Taehyung sich heute neben ihm auf seine Decke sinken ließ, wirkte er sehr entspannt und angenehm müde. Er wünschte den anderen im Schließraum noch eine Gute Nacht und war kurz darauf eingeschlafen.
 

Daehyun warf ihm noch einen letzten Blick zu und legte sich dann ebenfalls hin. Er versuchte mit einigen tiefen Atemzügen zur Ruhe zu kommen und sich selbst zu beschwören, dass keine Gefahr drohte. Obwohl er sich hier wohl fühlte – ja, beinahe geborgen – hatte er in den letzten Nächten von seinem Vater geträumt. Es war so real gewesen... Er hatte das Rascheln der Kleider gehört, gespürt wie sich die Matratze absenkte... und das Gesicht des Mannes gesehen, als er sich zu ihm runter beugte und vergewaltigte. Panisch war er jedes Mal aufgewacht, nur um festzustellen, dass er in keinem Bett lag und sein Vater definitiv nicht hier war. Gestern waren Seulchan und Youngjae noch wach gewesen, als er aus dem Schlaf geschreckt war und hatten ihn zu beschwichtigen versucht. Doch die Angst blieb.
 

Er zog die Decke fester um sich und drehte sich auf die Seite. Die Beleuchtung des Bahnhofs erhellte nur den vorderen Teil des Raums und die anderen Jungen lagen in den Schatten der Schließfächer, sodass Daehyun nur ihre Umrisse erkennen konnte. Doch er wusste, wer wo lag und einige Dinge verrieten auch im Dunkeln die Identität der Schlafenden.
 

Bei ihm schliefen Taehyung und Youngjae, Seulchan und Roi lagen an der Wand gegenüber und Kyungsoo und Noah – die heute beide wieder da waren – hatten ihren Platz auf der anderen Seite des Raums. Seulchan und Roi teilten sich eine Decke und Roi hatte seine Arme um die Mitte des anderen geschlungen. Taehyung hatte die Angewohnheit sich an seinem Rücken zusammen zu rollen wie eine Katze und Youngjae sah so entspannt und friedlich aus, als würde er in einem Bett schlafen. Er lag auf dem Rücken, hatte die Augen geschlossen und einen Arm in den Nacken gelegt. Doch als er hätte er gemerkt, dass Daehyun ihn betrachtete, drehte er den Kopf in seine Richtung und sah ihn an.
 

„Kannst du nicht schlafen?“, fragte er leise und Daehyun zuckte mit den Achseln. In dem dämmrigen Licht des Schließraums erkannte er, dass Youngjae lächelte und er fühlte sich irgendwie ertappt. Der Gleichaltrige rutschte näher heran und strich ihm die Haare aus der Stirn. „Es war nur ein Albtraum“, flüsterte er, „Was auch immer war, hier bei uns bist du sicher. Ok? Jetzt versuch zu schlafen.“ Daehyun nickte dankbar und im selben Moment kuschelte sich auch Taehyung näher an ihn, seufzte zufrieden, und die beiden Älteren lächelten. „Gute Nacht“, kicherte Youngjae noch und machte es sich dann bequemer, schloss die Augen wieder und Daehyun tat es ihm gleich. In dieser Nacht träumte er nicht von seinem Vater...
 

Mai 2015, Royal Hotel
 

Yongguk konnte sich nur schwer zügeln, doch er spürte, wie seine Augenbraue zuckte, als er sein Gegenüber musterte. Der Mafioso in dem Nadelstreifenanzug zog an seiner Zigarre und grinste selbstgefällig. Lee Sihyuk, sein Berater, stand hinter dem Sofa, auf dem sein Rivale saß und vermied jegliche Gefühlsregung.
 

„Fünfundzwanzig Prozent?“, fragte Yongguk, die Brauen mürrisch zusammengezogen und mit einem mühsam beherrschten Unterton in der tiefen Stimme. Sein Gegenüber blies den Qualm aus und erhob sich. Gemächlich begann er durch das Hotelzimmer zu spazieren, strich im Vorbeigehen über das polierte Holz des Sekretärs und blieb vor dem großen Spiegel stehen. Donghwan klemmte sich die Zigarre zwischen die Zähne und rückte demonstrativ seinen Anzug zurecht, wandte sich von rechts nach links und beäugte sich kritisch.
 

Yongguk hasste dieses Theater. Sein Rivale hatte ihn mit voller Absicht in diese protzige Suite eingeladen und zog diese Show ab, um ihm zu zeigen, wer in der Rangordnung höher stand. Doch Yongguk war kein Mann, der sich leicht beeindrucken oder gar einschüchtern ließ. Er bekam eher einen Brechreiz bei so viel Arroganz und Unverschämtheit. Und Donghwans Forderung war an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten; fünfundzwanzig Prozent seiner Einnahmen entsprachen beinahe fünfzig Prozent seiner Gewinnspanne! Mit den üblichen zehn bis fünfzehn Prozent hatte er leben können, das entsprach so ziemlich der üblichen Abgabe an die Clanbosse. Aber fünfundzwanzig Prozent? Das schlug dem Fass den Boden aus.
 

„Ich finde“, begann der Wahnsinnige erneut, „dass das ein angemessener Anteil ist. Vergiss nicht, wen Noh Doryeok zu seinem Nachfolger ernannt hat.“ Provokativ rollte Yongguk mit den Augen, doch Donghwan schien dies gar nicht zu bemerken. Yongguks Berater tat es ihm gleich. Auch er war mittlerweile genervt von der Geschichte; seit Monaten durften sie sich das anhören. „Diese alte Leier“, meinte er schließlich und Yongguk verkniff sich ein Grinsen. Der gutaussehende Mann mit den braunen Haaren war für gewöhnlich still und beobachtete nur, überließ seinem Boss das Reden und hielt sich im Hintergrund. Doch jetzt riss auch sein Geduldsfaden. Und Donghwan passte das gar nicht. Wütend drehte er sich zu den beiden Männern um und kam einige Schritte auf sie zu. Die polierten Schuhe mit den Gamaschen hinterließen einen dumpfen Laut auf dem teuren Teppich, während er drohend einen Finger hob.
 

„Pass auf was du sagst, Kim Seokjin“, knurrte er, „Alte Leier ohne nicht: Noh Doryeok hat mich zum Boss des Drogengeschäfts in Seoul gemacht – nicht Bang Yongguk!“ Der übergangene Mafioso ballte ungesehen seine Hand zur Faust. Er konnte noch immer nicht glauben, dass der verstorbene Kkangpae-Boss so einen inkompetenten Möchtegern auserwählt hatte. Und der wurde scheinbar nicht müde, es ihm immer wieder unter die Nase zu reiben.
 

„Und nun“, fuhr dieser fort, „wo ich doch auch das Geschäft der Hwan Song Seong Pa übernommen habe, denke ich, sollte ich meinen neuen Status nutzen und einfordern, was mir zusteht.“ Wieder war dieses schmierige Grinsen in seinem Gesicht und er zog abermals an seiner Zigarre, schnippte die Asche fort und sah Yongguk herausfordernd direkt in die Augen. Dieser hätte ihm am liebsten den überheblichen Ausdruck aus dem Gesicht gewischt. Doch er hielt sich zurück.
 

Er stand äußerlich völlig ruhig und beherrscht vom Sofa auf, strich sich scheinbar gelangweilt über das Revers und lächelte dann. „Ich würde mein Geld lieber der Ssang Yeong Pa vor die Füße werfen, als es dir in den Rachen zu stopfen“, meinte er lässig und gab Seokjin mit einer Handbewegung zu verstehen, sich ebenfalls zu erheben. „Bang Yongguk“, zischte sein Gegenüber verärgert, „Wage es nicht, mir-“ „Was?“, unterbrach er ihn und ließ sich von seinem Berater in die Jacke helfen, „Was soll ich nicht wagen?“ Doch Donghwan hatte den Mund geschlossen und starrte ihn nur voller Verachtung an. Er lief bereits rot an und Yongguk grinste nun ganz offensichtlich. Er machte sich mit Seokjin auf den Weg nach draußen, als sein Rivale noch einmal die Stimme erhob. „Ich habe dich noch nicht entlassen!“
 

Seokjin öffnete seinem Boss die Tür und dieser drehte sich noch einmal herum, um Donghwan ein letztes Mal abschätzig zu mustern. „Ehe ich dir fünfundzwanzig Prozent abtrete, werde ich mich rückversichern, dass das seine Richtigkeit hat. Bevor ich nicht mit Boss Goomin gesprochen habe, siehst du keinen müden Won von mir.“ Dann verließen Yongguk und Seokjin das Zimmer und kurz darauf das Hotel.
 

Sie stiegen in den weiß-schwarzen Packard und gaben dem Fahrer das Okay zum Losfahren. Kaum hatte sich der Oldtimer in Bewegung gesetzt und sich in den Verkehr eingefädelt, schnaubte Seokjin ungläubig und schüttelte den Kopf. Er lockerte seine Krawatte und öffnete den oberen Knopf seines Hemdes, als würde er dringend Luft brauchen. „Fünfundzwanzig Prozent!“, wiederholte er außer sich, „Soviel Impertinenz hätte ich nicht einmal Kim Donghwan zugetraut!“ Yongguks Mundwinkel zuckte amüsiert. „Impertinenz?“ „Kauf dir 'nen Duden“, maulte der Braunhaarige zurück und starrte missgelaunt aus dem Fenster. Sein Boss lachte leise. Es gab nur wenige – vielleicht eine Hand voll? – Menschen, denen Yongguk vertraute und die es wagten so mit ihm zu sprechen. Kim Namjoon war einer von ihnen, doch nachdem dieser sein Angebot abgelehnt hatte, an seiner Seite als Berater tätig zu werden, war Kim Seokjin in diese Position aufgerückt. Er hatte sanfte, braune Augen, war sehr gescheit und zudem eine angenehme Gesellschaft. Bevor er Yongguks Berater geworden war, hatte er im Rotlichtmilieu gearbeitet und sich in mehreren Clubs – vorwiegend in Gangnam – um die „Buchhaltung“ gekümmert. Seungho, Besitzer des Nachtclubs „M-BLAQ“, hatte sie einander vorgestellt und schließlich auch den Vorschlag gemacht, den jungen Mann als Berater einzusetzen. Und Yongguk hatte diese Entscheidung bisher nicht bereut; Seokjin war zuverlässig, loyal und hatte jeden Auftrag zu seiner vollen Zufriedenheit erfüllt.
 

Schließlich griff Seokjin nach seinem Handy. „Ich ruf da jetzt an und vereinbare eine Unterredung mit Boss Goomin“, meinte er entschlossen und wählte die Nummer des Büros des Hauptsitzes der Chil Seong Pa. Yongguk beobachtete, wie sein Gegenüber mit den Fingern auf seinem Oberschenkel trommelte, während er wartete. Es klingelte lange, bis endlich jemand abnahm. Seokjin grüßte Kanesaki-san am anderen Ende der Leitung und sprach eine Weile mit ihm, bat um einen Termin für ein Treffen und Yongguk lauschte interessiert dem Teil, den er hören konnte. Scheinbar konnte oder wollte Kanesaki – Boss Goomins Berater aus Japan – Seokjin nicht entgegenkommen.
 

Yongguk wunderte sich darüber, das war neu. Er hatte Kanesaki schon des Öfteren in wichtigen Angelegenheiten gesprochen und er kam für gewöhnlich auch zu Boss Goomin vor, wenn es die Situation erforderte. Seokjin schilderte dem Japaner am Telefon die Situation und redete beharrlich auf den anderen ein; wieder einmal bewunderte Yongguk seine Hartnäckigkeit. Nach einigem hin und her legte der hübsche Mann schließlich die Hand über das Mundstück und wandte sich an seinen Boss. „Kanesaki-san sagt, dass Boss Goomin keine Zeit habe, um sich mit dir zu treffen, Hyung“, gab er die Informationen weiter, „Aber vielleicht hat er-“ Er unterbrach sich, als sein Gesprächspartner ans Telefon zurückkehrte. Erneut wurden einige Worte gewechselt und schließlich reichte Seokjin ihm sein Handy.
 

Er nahm das Telefon entgegen und meldete sich. Kanesaki war noch immer in der Leitung. „Yongguk-ssi, Boss Goomin ist bereit für einen Moment mit dir zu reden. Aber fasse dich kurz.“ Noch ehe Yongguk etwas erwidern konnte, hörte man es kurz rascheln, als der Japaner ihn weiterreichte.
 

„Yongguk-ssi“, ertönte dann endlich die tiefe Bassstimme des Mannes, den er sprechen wollte, „Ich habe nicht viel Zeit, also komm, bitte, direkt zur Sache.“ Obwohl er dem Oberhaupt der Kkangpae nicht gegenüber saß, raffte er seine Schulter und korrigierte automatisch seine Haltung. „Sehr wohl, Boss Goomin“, erwiderte er höflich, „Es ehrt mich, dass Ihr euch die Zeit nehmt.“ „Bedanke dich bei deinem Sturkopf von Berater. Und nun sag, was du sagen willst.“ Yongguk dachte einen kurzen Moment über seine Wortwahl nach. Eigentlich hatte er sich vor dem Treffen genau zurechtlegen wollen, wie er sich ausdrücken sollte – aber so musste er nun ein wenig improvisieren. „Ich hatte eigentlich gehofft, in dieser Angelegenheit persönlich mit Euch zu sprechen und das nicht übers Telefon zu klären“, rutschte es ihm heraus und Seokjin biss sich auf die Unterlippe.
 

Shin Goomin seufzte. „Yongguk-ssi“, kam es mahnend zurück, „Du weißt, wir alle schätzen dich und deine Fähigkeiten, aber überspann den Bogen nicht.“
 

„Verzeiht. Es war nicht meine Absicht Euch zu beleidigen.“ Yongguk spürte plötzlich, auf was für dünnem Eis er sich bewegte. Auch das war neu... Noch nie zuvor hatte Boss Goomin ihn wegen seines Umgangstons wegen gerügt. Dieser atmete einmal tief durch und der junge Mann in dem Packard konnte beinahe vor sich sehen, wie der alte Mann mit den Fingern über seine müden Augen rieb und die Stirn runzelte. „Kanesaki-san teilte mir mit, dass du bei Donghwan-ssi warst“, ging der Boss nicht weiter drauf ein und Yongguk war froh, dass sie nun beim eigentlichen Thema waren. „Das ist korrekt. Boss Goomin... Ich würde es niemals wagen Euch und Eure Entscheidungen anzuzweifeln, aber-“ „Dann tu es nicht.“ „Aber wie konntet Ihr Kim Donghwan das Drogengeschäft der Hwan Song Seong Pa übernehmen lassen? Das ist inakzeptabel.“ „Mäßige deinen Ton, Yongguk-ssi“, wies der Mann ihn zurecht, „Deine Kritik ist hier nicht angebracht. Kim Donghwan ist durchaus dazu in der Lage das Geschäft zu führen.“ Yongguk konnte kaum an sich halten. „Er verlangt fünfundzwanzig Prozent meines Gewinns“, entrüstete er sich, versuchte dabei aber nicht übermäßig seine Stimme zu heben. Trotz allem, was vorgefallen war, hatte er doch noch immer Respekt vor dem Kkangpae-Oberhaupt als Boss und auch als Mensch.
 

„Das ist richtig, ich habe dem zugestimmt.“ Für einen Moment verschlug es Yongguk die Sprache. Er warf Seokjin einen ungläubigen Blick zu, der während des gesamten Telefonats aufmerksam an seinen Lippen hing. „Ihr... habt das genehmigt?“, fragte er sicherheitshalber noch einmal nach und Boss Goomin bestätigte ihm das. „Hör zu, Yongguk-ssi. Die Entscheidung ist endgültig: Kim Donghwan ist dein direkter Vorgesetzter und der Geschäftszweig der Hwan Song Seong Pa bleibt in seinen Händen. Und die Höhe seines Anteils liegt in seinem Ermessen, nicht in meinem.“ Die Stimme des Mannes klang mit einem Mal hart und unnachgiebig. Generell war sein gesamtes Verhalten ungewöhnlich abweisend. Noch bevor Yongguk erneut das Wort erheben konnte, beendete Boss Goomin das Gespräch. „Und jetzt entschuldige mich, ich habe noch einen wichtigen Termin.“
 

Fassungslos starrte Yongguk auf das Telefon in seiner Hand. Er hatte ihn tatsächlich abgewürgt. Noch nie zuvor hatte Boss Goomin so mit ihm gesprochen; er war gar nicht bereit gewesen, ihm überhaupt zuzuhören! „Yongguk?“, holte ihn Seokjins weiche Stimme in die Realität zurück und er sah auf. Die klugen Augen seines Gegenübers musterten ihn besorgt und Yongguk wusste, dass er allen Grund dazu hatte.
 

Er gab seinem Berater das Handy zurück und seine Miene verfinsterte sich, als er nach draußen sah. Sein Blick blieb dabei auf einem hohen Gebäude in einiger Entfernung hängen – dort, wusste er, hatte Kim Donghwan sein Büro. Wut kochte in ihm hoch. Nun war er bereits zum zweiten Mal übergangen worden... Er blickte zu Seokjin herüber und meinte schließlich: „Wir haben ein Problem.“

Hallo ^^
 

Es hat dieses Mal sehr lange gedauert, bis ich das Kapitel fertig hatte... Die zweite Szene ging mir leicht und schnell von der Hand, aber die erste habe ich gefühlte 50x umgeschrieben und manchmal habe ich tagelang Pause gemacht, weil mich die Szene in den Wahnsinn getrieben hat =.= !!
 

Aber nun ist das Kapitel fertig und ich bin zufrieden ^^
 

Danger -Only One Shot-

Kapitel 4

Teil: 5/?
 

Warning: Alcohol/Drug Abuse, Violence, Sex (Yaoi), Sexual Abuse, Self-harm, Eating Disorder...

Raiting: PG18/MA (bei Warning aufgelistete Dinge werden z.T. später sehr grafisch dargestellt)
 

Personen: Kim Donghwan, Lee Sihyuk & Shin Goomin (OCs), Oh Jongseok (Eddy, JJCC), Wu Yifan & Huang Zitao (Kris & Tao, EXO), Kanesaki Kentarou (Actor/Model), Kim Taehyung & Park Jimin (BTS), Jin Hyosang (Kidoh, Topp Dogg)

Pairings: zu Beginn noch keines, später Rap Monster x V und Yongguk x Daehyun

Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Musiker gehört mir und ich verdiene kein Geld hiermit
 

Viel Spaß beim Lesen!

Maya
 

Oktober 2014, Ort unbekannt
 

Gelangweilt betrachtete Donghwan seine Fingernägel. Er saß auf dem Rücksitz seines schwarzen Maybach Zeppelins und wartete ungeduldig darauf, dass seine Männer endlich fertig wurden. Lee Sihyuk sah von seinen Papieren auf, als er ärgerlich die Luft ausstieß und seinen Blick nach draußen richtete. Wie lange konnte es schon dauern, jemanden zusammenzuschlagen und abzuknallen? Er hätte es ja selbst getan – aber warum sich die Hände schmutzig machen, wenn man Leute für so was hatte?
 

„Hast du alles?“, fragte er seinen Berater, um die Zeit wenigstens sinnvoll zu nutzen und sein Ausharren erträglicher zu machen. Sihyuk, der ihm gegenüber saß und eine braune Akte auf dem Schoß hatte, nickte, ehe er die Mappe zuschlug und sie seinem Boss reichte.
 

Donghwan durchblätterte das Material – lose Notizen, Kopien, Fotos – und war zufrieden. Im Gegensatz zu Noh Doryeok hatte Boss Goomin erstaunlich viel Dreck am stecken. Er besah sich einige Unterlagen und Bilder genauer und rang sich ein zufriedenes Grinsen ab; seine Spitzel hatten ganze Arbeit geleistet. Die Informationen, die sie in den letzten Monaten zusammen getragen hatten, waren zum Teil schwer zu bekommen gewesen, immerhin war der alte Mann kein Idiot. Er hatte bereits jahrzehntelange Erfahrungen im Geschäft und wusste seine Spuren zu verwischen. Doch jetzt hatte Donghwan so viel gegen den Kkangpae-Boss in der Hand, dass er endlich zuschlagen konnte...
 

Ein Klopfen an der Scheibe riss ihn aus seinen Gedanken. Er sah nach links und der blonde Mann, der neben der Wagentür stand, nickte knapp mit dem Kopf in die Richtung, aus der er soeben gekommen war. Donghwan gab die Papiere seinem Berater zurück und verzog sein Gesicht zu einer unheimlichen Fratze. „It's Showtime“, gab er dunkel von sich und stieg aus.
 

Er folgte dem Mann über den staubigen Platz Richtung Lagerhaus. Ein Lagerhaus; was für ein Klischee. Doch diese abgedroschenen Stereotype waren ja mittlerweile so etwas wie sein Markenzeichen. Kleine Steine und Kiesel knirschten unter seinen Schuhsohlen, während er versuchte seine Vorfreude in Zaum zu halten. Es war Nacht und deutlich abgekühlt, weswegen er seinen Mantel fester um sich schloss. Sie waren nur noch wenige Meter von der schwere Eingangstür entfernt und er unterdrückte den Impuls, sich gutgelaunt die Hände zu reiben. Stattdessen wandte er sich an seinen schweigsamen Nebenmann. „Und der Narr ist noch bei Bewusstsein?“ Der Blonde nickte, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Kühl und abweisend, wie immer. Donghwan wusste, dass eine weitere Konversation überflüssig wäre – davon abgesehen, dass er auch keinen sonderlichen Wert darauf legte – und verstummte wieder.
 

Mit einem schrecklichen Quietschen schwang die Tür des baufälligen Lagerhauses auf und ermöglichte Donghwan endlich den Blick ins Innere. Es war beinahe stockfinster, nur eine dreckige Lampe, dessen Birne einen Sprung hatte, spendete etwas Licht. In ihrem trüben Schein erkannte er eine Hand voll Personen, die alle auf sein Gesuch hier waren. Ansonsten war das Lagerhaus vollkommen verlassen.
 

Sein wenig redseliger Begleiter ging voran und trat auf einen anderen Mann zu, der mitten im Raum stand und seine Waffe zu Boden richtete. Oder besser gesagt: Auf den reglosen Körper, der zu seinen Füßen lag.
 

Der Mafioso spürte wie ein aufgeregtes Kribbeln durch seine Glieder fuhr – endlich war der Moment gekommen! Demonstrativ rückte er seine Krawatte zurecht und kam näher. Seine Schritte hallten laut von den kahlen Wänden wider; ein gespenstisches Echo, welches sein Opfer das Fürchten lehren sollte. Der Mann am Boden rührte sich nicht mehr, nur sein angestrengtes Atmen verriet, dass er noch lebte. Und als Donghwan neben ihm stehen blieb, blinzelte er zu ihm auf. Kris und Tao hatten ganze Arbeit geleistet: Die Augen waren beinahe komplett zugeschwollen, das ganze Gesicht war von Schrammen und Blutergüssen bedeckt und der einst makellose Anzug war zerrissen und mit Blut bespritzt.
 

Da lag er nun vor ihm im Staub. Sterbend und schutzlos. Noh Doryeok, Boss der Chil Seong Pa und Leiter des Drogengeschäftes in Seoul.
 

„Du hättest kooperieren sollen, alter Mann“, meinte Donghwan selbstgefällig und stieß mit der Schuhspitze an die Schulter des Verletzten. Der gab ein schwaches Keuchen von sich, blickte dann aber wieder hoch; seine Augen waren voll Trotz und Verachtung. „Damit wirst du... nicht durchkommen“, röchelte er und hustete dann angestrengt – schnell zog Donghwan seinen Fuß zurück, damit seine Gamasche nicht dreckig wurde. Er sah kurz auf und nach links. Einige Armlängen von Doryeok entfernt lag dessen Berater und obwohl er es in dem schummrigen Licht nicht genau sagen konnte, sah er doch ziemlich tot aus. Der junge Mann lag in einer kleinen Blutlache und schien nicht mehr zu atmen. Donghwan schnaubte. Oh Jongseok hatte es nicht besser verdient; sollte er doch mit diesem Taugenichts zusammen sterben. „Doch, das werde ich“, erwiderte er dem Boss schließlich grimmig und sah wieder auf ihn herab, „Nur leider wirst du das nicht mehr erleben. Es ist Zeit, dieser Welt 'Lebewohl' zu sagen.“
 

Er nickte Tao zu, der noch immer die Waffe auf Doryeok gerichtet hatte, und dieser spannte den Hahn. „Noch ein paar letzte Worte?“, fragte Donghwan und mit letzter Kraft zischte der Chil Seong Pa Boss ein „Fahr zur Hölle!“. Ein Zeichen und Tao drückte ab. Kopfschuss.
 

Noch einige Augenblicke sah Donghwan auf den Toten hinunter, doch als das Blut aus der Wunde in seiner Richtung sickerte, machte er einen Schritt zurück. „Beseitigt die Schweinerei und werft die Leichen in den Fluss“, ordnete er die beiden Auftragskiller an und entfernte sich langsam vom Tatort.
 

Als er aus dem Lagerhaus wieder zurück ins Freie trat, nahm er einen tiefen, befriedigten Atemzug und grinste dann. Oh, ja, das fühlte sich gut...
 

Es dauerte nicht lange, bis sich die Nachricht von Noh Doryeoks Tod herumgesprochen hatte. Donghwan hatte dafür gesorgt, dass Boss Goomin ein Foto des Leichnams erhalten hatte – ohne Nachricht, Absender, Fingerabdrücke oder sonstige Botschaften, die ihn hätten verraten können. Was auch daran liegen könnte, dass er Kris das hatte erledigen lassen; sicher war sicher. Alles was er jetzt noch zu tun brauchte war sich etwas in Geduld zu üben. Mehr oder weniger gelassen hatte er also darauf gewartet, bis man ihn offiziell über den Tod des Chil Seong Pa Bosses in Kenntnis gesetzt hatte, bevor er sich bei Boss Goomin einlud. Kanesaki hatte er am Telefon recht schnell abgewürgt und dem letzten der ursprünglich sieben Bosse zu verstehen gegeben, dass es unbedingt notwendig sei ihn zu empfangen.
 

Kurz darauf saß er dann bei Shin Goomin im Büro. Lee Sihyuk hatte die Anweisung bekommen draußen zu bleiben und der ergraute Mann verstand den Wink, schickte Kanesaki Kentarou ebenfalls aus dem Zimmer. Nun saßen sie sich gegenüber; Boss Goomin misstrauisch und mit finsterem Gesichtsausdruck und Kim Donghwan selbstischer und entspannt. Er war nicht nervös. Wieso sollte er? Er saß am längeren Hebel. Der Mann würde spuren.
 

„Was hast du mir so Wichtiges zu sagen, Donghwan-ssi?“ Goomin klang gezwungen neutral. Die Stimmung zwischen den beiden Männern war angespannt.
 

Auch wenn der Jüngere in den letzten Jahren weit aufgestiegen war, so hatten sie sich doch nie gut verstanden und es hatte Meinungsverschiedenheiten und offene Anfeindungen gegeben – es war kein Geheimnis, dass Kim Donghwan und die beiden Chil Seong Pa Bosse sich nicht leiden konnten. Doch das war dem Mittdreißiger egal; er war der Kkangpae nicht beigetreten um Freundschaften zu schließen.
 

„Du wirst mich zu Noh Doryeoks Nachfolger ernennen“, ließ er schließlich die Bombe platzen. Boss Goomins Augenbrauen sanken tiefer. „Du solltest besser schnellstens einen anderen Ton anschlagen“, rügte er ihn mit verärgerter Stimme und lehnte sich in seinem Stuhl weiter vor, um sein Gegenüber streng zu mustern, „Außerdem steht es dir nicht zu, darüber zu entscheiden.“ Donghwan lächelte und überschlug die Beine. „Irgendetwas sagt mir, dass ich das doch tue.“ Der Boss verzog keine Miene, während er ihn weiter anstarrte und bedächtig die Fingerspitzen aneinander legte. „Was denkst du, wer du bist?“, seine Stimme bebte vor unterdrücktem Zorn über so viel Respektlosigkeit, „Kommst hierher und glaubst-“
 

Eine braune Mappe klatschte vor ihn auf den Tisch und unterbrach ihn. Verständnislos sah er auf sie hinunter und eine Augenbraue wanderte nach oben. „Was ist das?“ Donghwan hob in einer scheinbar harmlosen Geste die Hände und grinste dann spöttisch. „Mehr als nur ein Grund, um meinen Willen durchzusetzen.“
 

Der Mann in dem Nadelstreifenanzug beobachtete Goomins Reaktionen genau, als dieser widerstrebend nach den Unterlagen griff, die Mappe aufschlug und sich die Papiere genauer ansah. Er blätterte sich durch Notizen, Kopien und Fotos und sein finsterer Gesichtsausdruck wurde mit jeder Sekunde weicher und... sorgenvoller. Schweigend ging er alles durch, ehe er den Deckel der Akte wieder zuklappte und nachdenklich drein sah. Donghwan sah es regelrecht in seinem Hirn arbeiten, auch wenn der Chil Seong Pa Boss weiterhin versuchte ein unerschüttertes Gesicht zu machen und sich nichts anmerken zu lassen. Doch Donghwan wusste es besser.
 

„Du hast also vor mich zu erpressen“, stellte der alte Mann fest und legte die Papiere auf den Schreibtisch zurück. Es war keine Frage. Der Inhalt der Mappe war eindeutig und ließ keinen Raum für Spekulationen. Donghwan zuckte unschuldig mit den Achseln. „Erpressung ist so ein hässliches Wort. Nennen wir es doch lieber eine überzeugende Entscheidungshilfe.“ Goomin blickte ihn aus dunklen Augen an, er war deutlich aufgebracht. „Ich sollte dich auf der Stelle erschießen.“ „Tu dir keinen Zwang an. Aber sollte mich ein plötzlicher, vollkommen überraschender und unerwarteter Tod ereilen – dann gelangen diese Informationen nach draußen an die anderen Chil Seong Pa Mitglieder. Und dann warst du die längste Zeit hier der Boss.“ Goomin holte tief Luft und rang um Selbstbeherrschung. „Ich hab stets das Wohl der Familie im Sinn gehabt. Du hast kein Respekt und kein Ehrgefühl. Es geht dir nur um Macht und Geld.“ Der Jüngere der beiden Männer erhob sich aus seinem Stuhl und baute sich vor dem Schreibtisch auf. Er war zwar keine besonders bedrohliche Erscheinung, aber es half seinen Standpunkt deutlich zu machen und dem Boss zu zeigen, dass er die Oberhand hatte. „Das Wohl der Familie, ja? Ich bin sicher, dass man deine Geschäfte mit der Ssang Yong Pa oder deinen geheimen Deal mit dem Polizeichef und dem Staatsanwalt oder-“ Goomin hob energisch die Hand und unterbrach seinen Redeschwall. „Das ist nur zum Besten der Chil Seong Pa!“, ereiferte er sich und stand nun ebenfalls auf, stützte seine Hände auf die Tischplatte, „Diese Arrangements haben uns unseren Status gesichert und sorgen dafür, dass potentielle Gefahren ausgeschaltet werden. Du hast keine Ahnung von diesem Geschäft, Kim Donghwan!“
 

Verstimmt, aber immer noch siegessicher, blickte er Boss Goomin in die Augen. Er war ergraut und sein Körper langsam gebrechlich, doch in seinen Augen loderte ein Feuer von Wut und Leidenschaft. „Willst du das Risiko eingehen, alter Mann?“, forderte Donghwan ihn heraus, „Allein die Verbindung zu unseren ärgsten Feinden wird die Wellen hochschlagen lassen. Sobald das bekannt wird, sind deine Tage als Boss der Chil Seong Pa gezählt. Von all den anderen Dingen, ganz zu schweigen. Du und Kanesaki werden ausgestoßen und keinen Fuß mehr fassen können – genauso gut kannst du dir gleich die Kugel geben. So oder so: Ich gewinne.“
 

Shin Goomins Körper zitterte, doch nicht vor Angst oder Schwäche, sondern vor unterdrücktem Zorn, der durch seine Glieder fuhr und sein Herz schneller schlagen ließ. „Was also willst du?“, presste er zwischen mahlenden Kiefern hervor und Donghwan lächelte liebreizend. „Wie ich schon sagte: Noh Doryeoks Nachfolge im Drogengeschäft. Ach, und noch eine Kleinigkeit...“
 

Mai 2015, Seoul Bahnhofsviertel
 

Taehyung hatte sich von den anderen Jungen im Schließraum verabschiedet und den Bahnhof verlassen. Er war am Strich vorbei gelaufen und hatte auch einen flüchtigen Blick auf die dort anwesenden Prostituierten geworfen, Taemin und Kai jedoch nicht gesehen. Es war Samstagabend und viel los am Bahnhof, die Jungen und Mädchen hatten ausreichend Kundschaft.
 

Er streifte durch die anbrechende Dunkelheit und ließ den regen Betrieb des Hauptbahnhofes hinter sich. Der Junge wusste in etwa, wo Namjoons „Zuständigkeitsbereich“ aufhörte und er andere Dealer finden würde, die andere Zulieferer hatten. In den letzten Wochen war er dem blonden, jungen Mann aus dem Weg gegangen. Immer wenn er ihn in der Ferne gesehen oder von den anderen gehört hatte, dass er da war, hatte er regelrecht die Flucht ergriffen. Es war ihm peinlich, dass er Namjoon um Kokain gebeten hatte. Aber noch unangenehmer war ihm, dass er sich dem Älteren angeboten hatte und zurückgewiesen worden war... Es schmerzte. Namjoons Blick hatte sich in seiner Netzhaut eingebrannt. Voller Wut... Taehyung hatte nicht gedacht, dass er einmal Angst vor ihm haben würde, doch sein Körper hatte vor Furcht gezittert und er hatte – bewusst oder unbewusst – darauf gewartet, dass der andere ihn schlug. Doch er hatte es nicht getan...
 

Während er durch die Straßen wanderte und Ausschau nach seinem neuen Dealer hielt, spürte er, wie ein Schauer durch seinen Körper fuhr. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Namjoon so reagieren würde, aber vielleicht hatte er es sich gewünscht... Und er war schrecklich verwirrt. Er hatte eigentlich nicht mit ihm schlafen wollen, doch zugleich hatte er es provoziert – er hatte sich nach dem Körper des anderen gesehnt, danach von ihm benutzt zu werden, ihm nahe zu sein, ihn zu spüren... Irgendetwas zu spüren.
 

Seit über zwei Jahren betäubte er sich nun mit Alkohol und Schmerz- und Beruhigungspillen. Er musste es tun. Tat er es nicht, wurde er von seinem Schmerz schier überwältigt und glaubte den Verstand zu verlieren. Trauer, Einsamkeit, Sehnsucht... Die vielen Monate ohne Obdach zollten langsam ihren Tribut. Er vermisste seinen Vater nicht, aber ironischerweise misste er dessen Nähe, auch wenn er keine Liebe und nur Schläge für ihn übrig gehabt hatte. Gewalt war lange das einzige gewesen, was er erfahren hatte und die Zeit ohne war ihm erschreckend leer und sinnlos vorgekommen.
 

Was machte noch einen Sinn? Über zwei Jahre lang verbrachte er jeden Tag damit ziellos durch die Straßen zu irren und irgendwie zu überleben...
 

Taehyung hatte die vergangenen zwei Wochen über eisern gespart. Die letzten sechs Tage hatte er kein Mittagessen zu sich genommen und nur zwischendurch einen Snack gehabt, um das Schwindelgefühl zu bekämpfen. Die Pillen wirkten zum Glück recht lange und er hatte einen kleinen Vorrat, sodass er keinen Nachschub hatte kaufen müssen. Das Geld für Kokain nur mit Schlauchen in der Innenstadt zusammen zu bekommen war beinahe unmöglich. Er brauchte eine halbe Ewigkeit, bis er es hatte. Für ein halbes Gramm brauchte er knapp 50 000 Won; je nach Dealer, Qualität, Gegend und Nachfrage ein paar Tausend mehr oder weniger.
 

Er pulte ein Kaugummipapier aus seiner Hosentasche, fischte eine Valium heraus und steckte sie in den Mund, schluckte sie ohne Wasser hinunter. Als er endlich den Dealer, den er gesucht hatte, fand, atmete er erleichtert aus. Hier in der Straße waren einige Clubs und auf einer niedrigen Mauer saß Jin Hyosang, die Basecap falsch herum auf seinem Kopf und seelenruhig rauchend.
 

„Kidoh“, sprach er ihn an, als er in Hörweite war und der Dealer drehte den Kopf in seine Richtung. „Yo!“, grüßte er und hüpfte von der Mauer auf den Gehweg, „V, altes Haus! Wie geht’s, wie steht's?“ Taehyung grinste schief und erwiderte den Handschlag des Älteren. Er hatte keine Ahnung, warum er ihn 'V' nannte, aber auf eine seltsame Art und Weise mochte er es. „Wie immer“, antwortete er auf die Floskel, wissend, dass Kidoh die Wahrheit nicht interessierte – niemand tat das.
 

„Was kann ich heute für dich tun?“, kam Kidoh auch gleich zum Geschäftlichen und schnipste seine Kippe auf den Bürgersteig. Er wirkte zwar fröhlich wie immer, aber er wirkte etwas abgespannter und dünner als bei ihrer letzten Begegnung... Wahrscheinlich hatte auch er eine Weile keine vernünftige Mahlzeit mehr in den Magen bekommen. „Ein halbes Gramm“, stellte Taehyung seine Forderung und kramte sein Geld hervor. Sein Gegenüber nickte und griff ebenfalls in seine Jackentasche; doch bevor er den Stoff zu Tage förderte, nannte er dem Ausreißer den Preis. „55 000 Won.“
 

Der Jüngere stockte in seiner Bewegung und weitete entsetzt seine Augen. „Fünfundfünfzig?“, keuchte er fassungslos, „Das letzte Mal waren es noch achtundvierzig!“ Kidoh hob abwehrend die Hände. „Ey, man! Ich hab auch meine Aus- und Abgaben und wenn ich meinem Boss zu wenig abliefer, wird mir der Arsch aufgerissen nicht dir“, rechtfertigte er sich und sah tatsächlich irgendwie entschuldigend dabei aus, „Also. Hast du das Geld oder nicht?“ Enttäuscht ließ Taehyung seine Schultern sinken und starrte auf die zerknüllten Scheine in seiner Hand. „Ich... hab nur 49 000 Won...“ Niedergeschlagen sah er hoch in Kidohs Gesicht. Der Dealer runzelte die Stirn und schien nachzudenken. „Dafür kann ich dir leider nur ein Viertel geben. Für fünfunddreißig.“ Taehyung seufzte. Dann blieben ihm noch 14 000 Won... Doch er hatte keine Wahl, er brauchte das Kokain. „Na schön“, gab er sich geschlagen, „Ich nehm ein Viertel. Und... drei Valium und drei Tilidin.“
 

Kidoh gab ihm das Tütchen mit Kokain und einige Papierkügelchen und Taehyung reichte ihm im Gegenzug 41 000 Won. Von dem Restgeld konnte er auf dem Rückweg noch ein paar Flaschen billigen Soju kaufen und dann war er wieder komplett abgebrannt...
 

Er verabschiedete sich von dem Dealer, der sich bereits den nächsten Glimmstängel zwischen die Lippen schob, und machte sich wieder auf den Weg zum Bahnhof. Allerdings betrat er ihn nicht, sondern lief einige Minuten die Straße weiter hinunter, bog zweimal ab, bis er zu einem herunter gekommenen Haus kam.
 

Es war abrissreif; kaum ein Fenster war mehr ganz und das Mauerwerk bröckelte, das Dach war undicht und die Wände mit Graffiti besprüht. Als Taehyung die windschiefe Tür aufstieß, quietschte diese gefährlich in den Angeln. Die Treppen nach oben waren genauso kaputt wie alles andere und hier und da fehlten ganze Stufen. Es war zugig, die Nacht war hereingebrochen und der kühle Wind fegte durch das Gemäuer. Dennoch stieg er hinauf in den ersten Stock und wandte sich nach links. Er ging einen Flur entlang, der vielleicht einmal hübsch gewesen war und suchte nach dem richtigen Zimmer. Schnell fand er es. Die Tür stand offen und gab den Blick auf einen Raum frei, in dem nichts weiter war als eine alte Matratze mit einem Schlafsack und einige leere Snacktüten und Spirituosenflaschen – vorwiegend Chamsul Soju. Der Heizkörper spendete schon seit Ewigkeiten keine Wärme mehr, aber dafür war das Fenster hier unversehrt.
 

In dem Schlafsack lag ein Junge in Taehyungs Alter. Die Augen waren geschlossen und das rabenschwarze Haar fiel ihm wirr in die Stirn. Der Ausreißer trat näher heran und ließ sich neben ihm auf der Matratze nieder. Sie gab unter ihm nach und rüttelte den Jungen aus seinem leichten Schlaf. Er blinzelte und begegnete schließlich Taheyungs Blick.
 

„Du bist doch gekommen“, gab er mit einem kleinen Lächeln von sich. Es war müde und seine Stimme kraftlos. Taehyungs Mundwinkel bogen sich nach oben und er streichelte durch den Stoff hindurch den Arm des anderen. „Ich hab's doch versprochen, Jimin.“
 

Während der Schwarzhaarige sich mühsam aufrappelte, betrachtete Taehyung ihn traurig. Die letzten Wochen hatten an den Kräften des Jungen gezehrt. Er war blass und dünn geworden. Als er ihn vor einem Jahr kennen gelernt hatte, war er noch durchtrainiert gewesen und hatte im Stadtpark getanzt. Auch wenn er nicht viel Grund dazu gehabt hatte, war er ihm immer lebensfroh erschienen, voll Energie und Tatendrang und sie hatten miteinander gelacht und Spaß gehabt. Das war erst knapp sieben Monate her. Seitdem war es mit ihm bergab gegangen. Er kannte die genauen Umstände nicht, aber nachdem Jimin seine Unterkunft bei einem Kumpel verloren hatte, war er immer tiefer gerutscht; er hatte zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr im Park sondern in einem Nachtclub getanzt. Dort schien etwas passiert zu sein, denn da begann Jimin plötzlich mit dem Kokain und dem Alkohol. Mittlerweile war er so kaputt, dass er es nicht mehr schaffte zu tanzen und Geld zu verdienen. Taehyung hatte ihn oft fragen wollen, was genau in dem Club geschehen war, aber er wollte ihm nicht zu nahe treten.
 

„Hast du's bekommen?“, riss ihn Jimins Stimme aus seinen trüben Gedanken und er nickte rasch und holte das Kokain hervor. „Ein viertel Gramm... Für ein halbes hat es nicht gereicht...“ Taehyung war noch immer bedrückt deswegen. Das würde für vielleicht drei bis fünf Tage reichen; was bedeutete, dass er bis dahin wieder 50 000 Won oder mehr zusammen haben müsste, um Nachschub kaufen zu können. Wie sollte er in so kurzer Zeit so viel Geld schlauchen?
 

Jimin hob irritiert eine Augenbraue. „Wieso das?“ „Kidoh wollte mehr als letztens. Ist ja aber auch egal.“ Er wollte nicht weiter darüber reden und drückte ihm stattdessen das Tütchen mit dem weißen Pulver in die Hand. Dann sah er zu, wie Jimin den Stoff portionierte und mit einem zusammengerollten Stück Papier durch die Nase zog. Taehyung schmiss noch eine Valium und eine Tilidin nach und kippte etwas Soju hinterher.
 

Die beiden Jungen schwiegen in den nächsten paar Minuten, während sie darauf warteten, dass die Wirkung einsetzte und legten sich nebeneinander auf den Schlafsack. Sie teilten sich den Rest der Flasche und während Jimin immer munterer wurde, wurde Taehyung angenehm müde und schläfrig. Seine Augenlider wurden schwerer, seine Muskeln entspannten sich und als der Junge neben ihm begann zu reden und zu reden und zu reden, drang die Stimme kaum mehr zu ihm durch. Aber es war angenehm. Der Schwarzhaarige kuschelte sich an ihn, lächelte endlich wieder und schien glücklich zu sein. Taehyung wusste, es war ein trügerisches Glück und dass das Kokain Jimin zerstörte, immer mehr, Stück für Stück – doch er brachte es nicht übers Herz ihn leiden zu sehen...
 

Also lauschte er den wirren Erzählungen des anderen und gluckste das ein oder andere Mal, ehe er sich nicht länger wach halten konnte und in Jimins Armen einschlief.

Hallo ^^
 

Das Kapitel ist dieses Mal ein klein wenig kürzer geraten, aber anders ging es nicht. Ich bin mit den beiden Szenen nicht zu 100% zufrieden, aber ich hoffe, sie gefallen euch trotzdem. In diesem und dem nächsten Kapitel "passiert" endlich mal was *lol* und ich hoffe, ihr werdet gut unterhalten.
 

Obwohl ich derzeit etwas viel um die Ohren habe, werde ich mich weiterhin bemühen regelmäßig zu updaten! Die nächsten Kapitel sind schon alle durchdacht/geplant, ich muss nur die Zeit und Ruhe finden, sie abzutippen. Nur sollte ein neues Kapitel mal etwas länger als 14 Tage auf sich warten lassen, habt ihr dafür hoffentlich Verständnis :)
 


 


 

Danger -Only One Shot-

Kapitel 5

Teil: 6/?
 

Warning: Alcohol/Drug Abuse, Violence, Sex (Yaoi), Sexual Abuse, Self-harm, Eating Disorder...

Raiting: PG18/MA (bei Warning aufgelistete Dinge werden z.T. später sehr grafisch dargestellt)
 

Personen: Bang Yongguk (B.A.P), Kim Seokjin (Jin, BTS), Jung Daehyun (B.A.P), Kim Taehyung (V, BTS), Lee Jooheon (Monsta X), Lee Minhyuk (BtoB)

Pairings: zu Beginn noch keines, später Rap Monster x V und Yongguk x Daehyun

Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Musiker gehört mir und ich verdiene kein Geld hiermit
 

Viel Spaß beim Lesen!

Maya
 


 

Mitte Juni 2015, eine Wohnung in Seoul
 

Verbissen starrte Yongguk auf das Glas in seiner Hand. Er sollte wirklich nicht noch einen trinken, aber der Alkohol beruhigte seine Nerven. Der junge Mafioso saß in der kleinen Küche einer seiner Wohnungen – er hatte drei und keine lief unter seinem Namen – und dachte angestrengt nach. Und langsam aber sicher plagten ihn üble Kopfschmerzen.
 

Jin stand an der Küchenzeile, mit dem Rücken zum Fenster und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Yongguk wusste nicht wieso, aber irgendwie machte es ihn nervös, wenn sein Berater da so stand. Seufzend rieb er sich über die Schläfen und winkte ihn zu sich heran. „Komm da bitte vom Fenster weg, Jin“, gab er müde von sich und der Jüngere hob eine Augenbraue. „Was ist los? Angst ich werd erschossen?“ Der gut aussehende Mann wollte ihn aufziehen, doch er folgte der Bitte und trat zu seinem Boss an den Tisch, um sich ebenfalls ein Glas einzuschenken. Yongguk rückte mit dem Fuß einen Stuhl heran und Jin setzte sich. Dann verfielen sie wieder in Schweigen, tranken ihren Whiskey und hingen ihren Gedanken nach.
 

Yongguk war sich mittlerweile sicher, dass innerhalb der Chil Seong Pa gegen ihn intrigiert wurde. Und wenn er raten müsste, wer diese Intrigen spann, dann kam ihm sofort sein Rivale Kim Donghwan in den Sinn. Ihm fiel niemand sonst ein, der ihm derart schaden oder ausstechen wolle.
 

Er wusste nicht wieso, aber bereits als sie sich das erste Mal gesehen hatten, hatten sie sich nicht ausstehen können. So war das Leben nun mal: Mit manchen Menschen konnte man einfach nicht. Yongguk hatte sein Möglichstes getan und den Älteren versucht zu ignorieren, doch dieser hatte seine guten Absichten nicht zu schätzen gewusst und mit ihm konkurriert, wann immer er konnte. Und er liebte es, ihm die Tour zu vermasseln; er hatte eine regelrecht diebische Freude daran. Für Yongguk war er nicht mehr als ein Haufen Dung unter seinem Schuh.
 

Doch irgendwie hatte er es geschafft seinen Gewinn zu verringern, seine Abgaben zu erhöhen, seinen Einflussbereich zu schmälern und seine Aufstiegschancen beinahe auf Null zu reduzieren...
 

Er leerte gerade das nächste Glas, als Jin aufstand, den Tisch umrundete und hinter ihm zum Stehen kam. Der Jüngere begann zu schmunzeln und seine Schultern zu massieren. „Zerbrich dir nicht den Kopf, Hyung“, meinte er und versuchte dabei locker zu klingen, „Mit Alkohol wird das jetzt eh nichts... Soll ich dir eines der Mädchen rufen? Du siehst aus, als würdest du etwas Entspannung brauchen.“
 

Yongguks Mundwinkel zuckten kurz nach oben und er schnaubte belustigt. „Dafür habe ich nun wirklich nicht- Hör mal, wir brauchen einen Plan. Du bist mein Berater, Jin: Berate mich.“
 

Jin unterbrach seine Massage und blickte nachdenklich drein. „Nun“, begann er und versuchte wieder ernst zu werden, „Als erstes müssen wir herausfinden, wer auf unserer, beziehungsweise deiner, Seite ist. Bevor wir das nicht wissen, machen weitere Schritte keinen Sinn.“ Seine Finger begannen wieder damit den Nacken- und Schulterbereich des Mafiosos zu kneten. „Wenn du möchtest, höre ich mich um?“
 

Yongguk genoss die massierenden Hände, stand aber auf und löste sich von ihnen. Er trat herüber zum Fenster und spähte hinaus in die Nacht. Er konnte sich nicht helfen, er fühlte sich beobachtet. Und das beunruhigte ihn. Niemand konnte wissen, dass er hier war, es sei denn, man beschattete ihn schon eine Weile... „Nein“, meinte er deswegen, „Nein, man kennt dich. Jeder in der Familie weiß, dass du mein Berater bist. Wenn du anfängst herumzuschnüffeln, lenkt das nur unerwünschte Aufmerksamkeit auf dich und mich.“ Und das würde nicht nur ihn, sondern auch Jin in Gefahr bringen. „Was ist mit Namjoon?“, fragte sein Berater weiter, doch beantwortete er seine Frage direkt selbst, „Nein, kommt nicht in Frage. Jeder weiß, dass du sein... Mentor bist.“ Yongguk versuchte Jins amüsiertes Lächeln zu ignorieren, warf ihm aber ein Geschirrtuch an den Kopf.
 

Er hatte zwar ebenfalls an Namjoon gedacht, aber das konnte er nicht tun. Namjoon war einer der wenigen Menschen, die er kannte, denen er blind vertraute – er konnte sein Leben nicht aufs Spiel setzen, nur weil er einen Spitzel brauchte und riskieren ihn zu verlieren. Ihn zu opfern.
 

„Wir brauchen ein paar Leute, die in der Chil Seong Pa nicht auffallen – nicht verdächtig sind – und die man nicht sofort mit uns in der Verbindung bringt“, sagte der Mafioso entschlossen.
 

Jin nickte zustimmend und goss sich noch ein Glas Whiskey ein. „Ich werde mich darum kümmern, Boss. Und jetzt trink noch einen, entspann dich... Ich lass dir eins der Mädchen kommen.“ Yongguk brachte ein Lachen zustande und kam wieder zum Tisch zurück, um Jin das Glas aus der Hand zu nehmen. „Nehm dir für heute Nacht frei, Jin“, grinste er, „Geh nach Hause, vergnüge dich ein bisschen und morgen kümmerst du dich wieder um das Geschäft.“ Der Berater hob irritiert eine Augenbraue. „Ich soll mir... frei nehmen?“ Yongguk beobachtete, wie sein Gegenüber fragend blinzelte und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ja, allerdings“, meinte er nachdrücklich, „Du arbeitest zu viel. Setz dich ins M-BLAQ und genieß n Table-Dance oder hol dir eines der Mädels aus dem Bijou oder... tu, was auch immer du in deiner Freizeit zu tun pflegst.“ Er zwinkerte noch einmal und wandte sich dann wieder ab.
 

Einen Augenblick noch stand Jin perplex an Ort und Stelle, ehe er langsam nickte. „Eh, ok. Dann... Dann werd ich mal gehen.“ Er schien zu erwarten, dass Yongguk ihm widersprach und sagte, dass das nur ein Scherz gewesen war, doch als nichts von seinem Boss kam, drehte er sich um und ging in den Flur. Dort schnappte er sich seine Jacke und drehte sich ein letztes Mal Richtung Küche. „Ich bin dann jetzt weg. Ich melde mich morgen Früh, Boss.“ Dann verließ er, nach einem erneuten Zögern, die Wohnung.
 

Als die Tür hinter seinem Berater ins Schloss fiel, atmete Yongguk tief durch. Er hatte Jin nicht loswerden wollen, aber er brauchte einen Moment für sich und nicht die Gesellschaft seines Beraters oder einer Kkangpae-Prostituierten.
 

Er stellte sein Glas ab und betrachtete nachdenklich die alkoholische Flüssigkeit darin. Sein Verstand war bereits ein wenig benebelt, doch er konnte noch klar genug denken um zu registrieren, dass er in Gefahr schwebte. Und nicht nur er, auch die Menschen, die ihm nahe standen, Namjoon und Jin. Zu seiner Erleichterung hatte er nicht wirklich viele Menschen, die ihm etwas bedeuteten... Doch die wenigen, die er hatte, musste er schützen. Koste es, was es wolle.
 

Ende Juni 2015, irgendwo in Seoul
 

Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend – welches nicht vom Hunger kam – schlich Daehyun hinter den anderen die Straße hinunter. Er konnte noch immer nicht fassen, dass Taehyung ihn dazu hatte überreden können. Doch die letzten Wochen waren schlecht gelaufen. Mehr als schlecht.
 

Man sollte meinen, dass die Leute bei gutem Wetter besserer Laune und somit spendabler wären als gewöhnlich. Doch das hatte sich als Irrtum erwiesen: In den letzten drei Wochen hatten die Jungen und Mädchen in der Innenstadt kaum mehr genug Geld zusammen bekommen, um sich wenigstens eine anständige Mahlzeit am Tag leisten zu können. Und Daehyun musste zugeben, dass er verzweifelt war. Er hatte an sein Gespartes gehen müssen und von den einst 30 000 Won waren nur noch knappe 5000 übrig... und damit kam man nicht weit.
 

Verzweiflung war ein Schweinehund. Sie ließ einen Prinzipien und Moral vergessen und Dinge tun, die einen der Anstand normalerweise verbot. Vor ein paar Tagen hatte er sogar in eine fremde Handtasche gegriffen, in der Hoffnung ein paar Won zu erhaschen. Und obwohl er leer ausgegangen war, hatte er sich danach so schäbig gefühlt, dass er das Verlangen verspürt hatte, sich selbst zu bestrafen; so war er am darauf folgenden Tag nicht mit den anderen in die Stadt gegangen, sondern hatte schweigend und beinahe reglos auf seinem Platz im Schließraum ausgeharrt. Und als ihm am Abend Youngjae etwas von seinem Snack angeboten hatte, hatte er abgelehnt. Zu dem Zeitpunkt hatte er nicht geglaubt, dass er noch tiefer sinken könne, doch wenn man den ersten Schritt in den reißenden Fluss getan hatte, war der Weg bis zum Wasserfall meist nicht mehr weit und man wurde in die Tiefe gerissen. Und es ging schnell abwärts.
 

Doch Taehyung schien es noch mehr mitzunehmen als ihn. Der Jüngere war in den letzten Tagen so dermaßen unruhig gewesen, dass Daehyun ihn kaum wieder erkannte; wenn er stand, lief er aufgeschreckt und mit fieberhaftem Blick durch den Bahnhof, krampfhaft auf der Suche nach barmherzigen Pendlern und wenn er saß, zappelte er nervös mit den Beinen, fummelte mit rastlosen Fingern im Gesicht herum und biss sich beinahe die Lippe blutig – er war ein Wrack. Dazu kam, dass er scheinbar kaum mehr schlafen konnte, was ihn zusätzlich erschöpfte und reizbar machte.
 

Von der Wart aus gesehen, konnte er Taehyung nicht verübeln, dass er sich von Jooheon hatte bequatschen lassen. Wäre er so am Boden wie Taehyung, hätte er vermutlich nicht einmal überredet werden müssen...
 

Doch trotz der gegebenen Umstände fühlte Daehyun sich äußerst unbehaglich, als er Taehyung, Jooheon und Minhyuk folgte. Es war stockfinstere Nacht, doch die Straßenlaternen spendeten genug Licht, dass sie alles sehen konnten. Und als sie schließlich bei ihrem Ziel angekommen waren, blieben sie einen Moment auf der anderen Straßenseite, im Schutze einiger Mülltonnen, stehen.
 

Das Einfamilienhaus hatte zwei Stockwerke, eine eigene Garage, einen Balkon und einen üppigen Garten. Außerdem eine beeindruckende halbhohe Mauer, um Kleinkriminelle und Streuner draußen zu halten. So wie sie. Denn in genau dieses Haus würden sie einbrechen. Laut Jooheon hatten die Hausbesitzer keine Alarmanlage und waren derzeit nicht da. Daehyun wusste nicht, woher der Jüngere diese Informationen nahm, aber da er und die anderen seiner Bande für ihre Einbruchdiebstähle bekannt waren, glaubte er, dass er sich darauf verlassen konnte. Dennoch konnte er nicht leugnen, dass ihn so etwas wie Panik packte.
 

„Mir ist nicht wohl, bei der Sache“, murmelte er schließlich und schüttelte leicht den Kopf, während er weiterhin das Haus vor sich anstarrte. Jooheon verdrehte die Augen, Minhyuk zuckte mit den Achseln und Taehyung knabberte erneut auf seiner Unterlippe. „Vielleicht hättest du doch lieber auf die anderen warten sollen“, meinte er dann direkt an Jooheon gewandt, der sich etwas aufrichtete und ihm einen genervten Blick zuwarf. „Shownu muss arbeiten, Hyungwon hat morgen irgend so eine dämliche Prüfung, I.M und Gun sitzen die Nacht über im Knast – soll ich weitermachen? Und morgen kommen die Besitzer wieder, also muss ich das heute durchziehen. Wenn du nicht die Eier dafür in der Hose hast, dann sag es jetzt und geh – aber dann wirst du auch nicht an der Beute beteiligt und schließlich wart ihr zwei es, die hier dringend Kohle brauchen!“
 

Daehyun schwieg und sein Gegenüber schien zufrieden. „Na also“, sagte er und wandte sich wieder dem Haus zu, „Dann geht es jetzt los.“ Er nickte Minhyuk und Taehyung zu und die beiden überquerten die ruhige Straße. Taehyung warf ihm noch einen aufmunternden Blick zu, während er sich – wie Minhyuk – die Kapuze seines Hoodies überzog und die Handschuhe aus der Hosentasche nahm.
 

Während Jooheon und Daehyun im Schatten der Mülltonnen warteten, spazierten die beiden Jüngsten auf das Eingangstor des Einfamilienhauses zu. Minhyuk war wie Taehyung sehr schmal und zudem sehr beweglich; laut eigener Aussage hatte er zwei Jahre Akrobatik-Unterricht gehabt und eine mickrige Mauer könne ihn nicht aufhalten. Die Jungen sollten zuerst rüber klettern und nach dem Mechanismus suchen, der das Tor öffnete, um ihre Kollegen hinein zu lassen. Wie die beiden dort die Straße entlang schlenderten, machten sie den Eindruck gewöhnlicher Passanten, doch kaum hatten sie eine gewisse Stelle erreicht, sahen sie sich kurz unauffällig um und Taehyung machte Minhyuk die Räuberleiter. Schneller als Daehyun gucken konnte, war der Jüngere in einer einzigen, eleganten Bewegung oben auf, bot seinem Kumpel die Hand, zog ihn hoch und die beiden waren auf der anderen Seite der Mauer verschwunden. Die ganze Aktion hatte nur Sekunden gedauert.
 

Daehyun rechnete mit einem bellenden Hund oder sonst einem Zeichen, dass etwas schief gegangen war – doch alles blieb still. Während sie warteten, setzten auch sie sich ihre Kapuzen auf und Jooheon bedeckte sein Gesicht größtenteils mit einem schwarzen Halstuch. Kurz darauf hörte man ein leises Summen und Jooheon sprang auf. Mit klopfendem Herzen folgte Daehyun ihm hinüber zum Tor, welches der Jüngere aufstieß und hinter ihnen wieder ins Schloss gleiten ließ. 'Das ist irgendwie zu einfach', schoss es ihm durch den Kopf, doch er schüttelte den Gedanken ab und sah hinüber zu Taehyung, um sich wieder zu beruhigen. Der Junge aus Daegu hatte in der Zwischenzeit einen schwarzen Mundschutz übergezogen und erinnerte Daehyun daran, es ihm gleich zu tun. Minhyuk hatte wie Jooheon ein Halstuch über Nase und Mund gezogen. Dann trat er zusammen mit Jooheon, Taehyung und Minhyuk zur Eingangstür. Dort zückte ihr Drahtzieher eine kleines schwarzes Etui und zauberte einige Dietriche hervor; er brauchte nicht lange, um das Türschloss zu knacken.
 

Die vier Jugendlichen schlüpften mucksmäuschenstill in das Haus und Daehyun war kurz schwindelig von der Aufregung. Sie kramten ihre Taschenlampen aus den Rücksäcken und knipsten sie an, wohlbedacht zu Boden gerichtet und nicht auf die Wände und Fenster.
 

„Ok“, flüsterte Jooheon und war hinter seinem Tuch kaum zu verstehen, „Wie besprochen: Minhyuk und Taehyung nach oben, Daehyun du bleibst hier unten bei mir. Los.“ Jooheon durchquerte rasch den Flur und betrat das Wohnzimmer, Daehyun wandte sich nach rechts und stand wenig später in der Küche und die beiden Jüngsten huschten wie Schatten die Treppe hinauf in den ersten Stock.
 

Daehyuns Herz schlug ihm bis zum Hals und als er mit zittrigen Fingern die Schubläden öffnete, bekam er auch noch einen Tinnitus. Er war nicht erfahren darin, fremdes Eigentum zu durchwühlen, aber er schaffte es, sich recht schnell einen Überblick über die Dinge zu verschaffen. In den ersten Fächern, die er herauszog, waren gewöhnliche Küchenutensilien wie Besteck, Strohhalme, Flaschenöffner, Tortenheber, Pfannenwender und so weiter. Dann gab es da zwei Schubläden mit Krimskrams wie Gummibändern, Büroklammern, Tüten und Folien, Verschlusskappen und anderem Kleinkram. Unter der Spüle fand er außer Reinigungsmitteln, Tüchern und Eimern auch nichts Interessantes und er machte sich an den Hängeschränken zu schaffen.
 

Und die ganze Zeit über fragte er sich, wie es nur dazu hatte kommen können. Er würde in zwei Tagen zwanzig werden und war gerade in ein Haus eingebrochen! Und durchsuchte das Eigentum fremder Leute nach Wertgegenständen und Geld! Und er hatte echt gedacht, dass er nicht noch tiefer sinken könne.
 

'Oh – Volltreffer', unterbrach er gedanklich seine Selbstzweifel und zog eine Blechdose hinter einigen Gläsern hervor. Er schüttelte sie leicht und es klimperte und raschelte darin. Er ging nicht davon aus, dass es die Haushaltskasse war, aber wahrscheinlich Einkaufsgeld für den Notfall und er ließ die Dose in seinem Rucksack verschwinden. Kurz kam ihm der Gedanke, dass seine Mutter das auch immer tat... Sie hatte außerdem die Angewohnheit, Wechselgeld unachtsam neben dem Herd auf die Küchenzeile zu legen. Daehyun drehte sich herum, scannte die Ablage schnell mit seinem Blick und entdeckte schließlich neben der Mikrowelle zwei Scheine und ein paar Münzen; er stopfte sie in seine Hosentasche. Dann wandte er sich an den Kühlschrank, doch noch ehe er die Türe aufzog, blieben seine Augen an den Fotos hängen, die mit Magneten daran gepinnt worden waren.
 

Zögernd griff er nach einem der Bilder und zog es ab. Mit einem flauen Gefühl im Magen betrachtete er das Paar, welches darauf zu sehen war: Es war vielleicht Mitte dreißig und lachte fröhlich in die Kamera. Der Mann hatte seiner Partnerin eine Hand auf die Schulter gelegt, die ein Neugeborenes in den Armen hielt... Er schluckte und drehte das Foto um, auf der Rückseite stand in geschwungener Handschrift: März '15, Moon Donghee. Wieder besah er sich die glücklichen Eltern mit ihrem Nachwuchs. Die Frau war hübsch, dezent geschminkt und wirkte jugendlich und frisch – wie seine Mutter es einst gewesen war. Das Baby war jetzt knapp drei Monate alt. Er raubte gerade eine junge Familie aus...
 

„Hör auf zu träumen“, raunte ihm da plötzlich jemand ins Ohr und er zuckte zusammen. Jooheon stand neben ihm und schulterte sich seinen Rucksack, scheinbar war er fertig im Wohnzimmer. „Ich durchsuch noch eben das Bad hier unten und dann machen wir uns vom Acker!“
 

Daehyun nickte, sah Jooheon kurz nach wie dieser wieder im Flur verschwand und öffnete dann endlich den Kühlschrank. Das Foto steckte er gedankenversunken in die hintere Tasche seiner Jeans, während er begann die Lebensmittel zu begutachten. Sie waren zwar wegen Geld und gegebenenfalls Schmuck hergekommen, aber er würde dennoch für sich und die anderen Jungen im Schließraum etwas zu Essen mitnehmen. Dabei musste er jedoch darauf achten, dass er keine Zutaten einsteckte, die er zuerst kochen oder garen musste.
 

Als er sich anschließend gerade am Snack-Regal zu schaffen machte und eine Packung Homerunballs in seinen Rucksack gleiten ließ, hörte er plötzlich Sirenen.
 

Er erstarrte in seiner Bewegung und lauschte angestrengt. Polizei? Er spitzte die Ohren und versuchte zu erkennen, wie weit die Wagen entfernt waren – und erschrak, als die Sirenen lauter wurden. Er schloss Schrank und Rucksack, knipste die Taschenlampe aus und schlich hinüber in den Flur. Jooheon lugte aus dem Bad und fluchte schließlich, als das Blaulicht durch die Fenster hineinfiel. „Shit!“
 

Plötzlich ging alles sehr schnell; Autotüren schlugen zu und das Licht des Streifenwagens zuckte über die Wände wie ein Gespenst, Jooheon hetzte zur Terrassentür im Wohnzimmer und Taehyung und Minhyuk kamen die Treppe herunter geeilt. Allerdings kamen sie nicht weit: Jooheon kam wieder zurück – zwei Polizisten standen auf der Terrasse des Hauses und blendeten die ertappten Jugendlichen mit ihren Stablampen – und packte Daehyun am Arm, der wie angewurzelt dastand. „Treppe! Balkon!“, zischte der Jüngere ärgerlich und scheuchte die drei anderen die Stufen hinauf. Endlich löste sich Daehyuns Starre und er hechtete den anderen hinterher; sein Herz raste und sein Kopf war völlig leer, nur der Instinkt zur Flucht und das Adrenalin trieben ihn an, als er durch den Flur im ersten Stock stolperte und in das dortige Schlafzimmer flitzte. Minhyuk hatte die Balkontür aufgerissen und war schon mit einem Bein über das Geländer, ehe Daehyun ebenfalls ins Freie huschte.
 

Unten auf der Straße stand ein Streifenwagen und ein Polizist schrie zu ihnen hoch, dass sie stehen bleiben sollten – aber natürlich hörte keiner auf ihn. Minhyuk sprang und landete auf dem Dach der Garage, Jooheon folgte, segelte aber in die Büsche. Taehyung und Daehyun dachten nicht lange nach, kletterten hinterher und sprangen auch.
 

Daehyuns Knochen vibrierten schmerzhaft, als er hart auf dem Garagendach aufkam, doch er brauchte keine zwei Sekunden, um sich wieder aufzurappeln und los zu spurten. Er folgte Taehyung über die Mauer, landete auf dem Bürgersteig und preschte davon. Minhyuk war bereits nicht mehr zu sehen und Jooheon flüchtete in die andere Richtung. Noch nie im Leben war Daehyun so schnell gerannt: Ohne auf seine Umgebung zu achten, jagte er mit Taehyung über Fußwege und Straßen, durch Gestrüpp und Sträucher und schließlich in den Schutz eines Parkhauses. Sie eilten orientierungs- und ziellos durch das Treppenhaus, stießen irgendeine der Türen auf und hetzten über das Parkdeck.
 

Hinter einem alten Kombi ließen sie sich zu Boden plumpsen und hielten verschreckt die Luft an – doch ihre Verfolger hatten schon lange aufgegeben. Als sie das realisierten versuchten sie keuchend und japsend wieder ihre brennenden Lungen mit Sauerstoff zu füllen. Erst jetzt spürte Daehyun das Zwirbeln in seinem Bein, ein Pochen in der Schulter und wie er am ganzen Leib zitterte, während das Adrenalin noch durch seine Adern pumpte. Er riss sich die Maske vom Gesicht, streifte sich die Kapuze ab und streckte alle Viere von sich.
 

Einige lange Augenblicke hörte man nichts weiter als ihren schweren Atem, bevor Taehyung sich mit dem Rücken gegen die Stoßstange des Autos lehnte und tief seufzte. Dann entkam ihm ein kleines, verzweifeltes Kichern.
 

„Scheiße, das war verdammt knapp.“ Daehyuns Mundwinkel zogen sich nach oben und er nickte. „Das kannst du aber laut sagen...“ Und schließlich lachten sie los. Vor Dummheit, vor Erleichterung, vor Erschöpfung... Die Anspannung wich langsam aus ihren Knochen und der Körper realisierte, dass man der potentiellen Gefahr entkommen und man in Sicherheit war. Obwohl absolut nichts lustig war, saßen die beiden auf dem schmutzigen Boden des Parkhauses und lachten sich den ganzen Stress von der Seele, bis ihnen die Tränen in den Augen standen und sie Bauchschmerzen bekamen.
 


 


 

Nachwort:
 

Ich bin noch nie in ein Haus eingebrochen *lol* (wenn man von dem Einbruch in das eigene Haus absieht XD) und ich weiß, dass meine Darstellung wohl nicht sehr authentisch ist... Aber ich hoffe, ihr verzeiht dies ^^°

Warum die Polizei plötzlich anrückt? Das Haus hat einen stillen Alarm, der losging, sobald die Jungen die Tür öffneten (ich weiß nicht, ob ihr die kennt?).
 

Außerdem war ich die letzten zwei Kapitel schon am überlegen, ob ich die Pairings aus meiner Beschreibung lösche....?

Die kommen zwar noch vor, aber ich weiß nicht, ob ich das so stehen lassen kann. Wenn jemand die FF hauptsächlich angefangen hat zu lesen, weil er in der Beschreibung die Pairings gesehen hat, dann wird der Leser wohl enttäuscht :(

Immerhin kommen diese doch erst recht spät und es ist keine "typische Pärchen-Verkuppel-FF"...

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Hallo ^^

*um die Ecke lunst*
 

Ich schäme mich, dass ich hier so lange nicht geupdatet habe. Aber mein Leben war in den letzten Wochen/Monaten ziemlich chaotisch und ich bin einfach nicht zum Schreiben gekommen.

Rein theoretisch habe ich jetzt mit dem Studium auch immer noch viel um die Ohren und wenig Zeit - aber die nehme ich mir jetzt. Denn immerhin will ich die Geschichte noch weiter schreiben.
 

Ich fände es schön, wenn der ein oder andere mir in einem Review mitteilen würde, was an der Geschichte gefällt oder eben nicht - so eine Rückmeldung als Autor ist schon hilfreich ;)
 

Wie ihr außerdem sehen könnt, habe ich die Kurzbeschreibung geändert. Ich fand sie einfach nicht mehr passend, einfach weil es keine "Verkuppel-FF" in dem Sinne ist, wie es z.B. bei "Pretty Young Things" der Fall ist. Es geht halt wirklich hauptsächlich um das Leben der Protagonisten und wie sich dann schließlich ihre Wege kreuzen und das alles zusammenspielt - und das ist nun mal nicht jedermanns Geschmack ^^
 

Ich gebe mir Mühe hier weiter dran zu arbeiten, möchte jetzt aber keine Voraussage treffen, wann ich immer updaten werde. Alle 2 Wochen wie bei PYT schaffe ich definitiv zeitlich nicht mehr...
 

Nun aber genug gelabert ^^°
 


 

Danger -Only One Shot-

Kapitel 7

Teil: 8/?
 

Warning: Alcohol/Drug Abuse, Violence, Sex (Yaoi), Sexual Abuse, Self-harm, Eating Disorder...

Rating: PG18/MA (bei Warning aufgelistete Dinge werden z.T. später sehr grafisch dargestellt)
 

Personen: Bang Yongguk (B.A.P), Jung Jinyoung (B1A4), Kim Youngjin (Simba, JJCC)

Pairings: zu Beginn noch keines, später Rap Monster x V und Yongguk x Daehyun

Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Musiker gehört mir und ich verdiene kein Geld hiermit
 

Viel Spaß beim Lesen!

Maya
 

Mitte Juli 2015, eine Wohnung in Seoul
 

Gedankenverloren starrte Yongguk an die Decke. Es war früh am Morgen, die Sonne ging gerade auf und tauchte einen Teil des Zimmers in Licht. Ein schmaler Streifen bahnte sich über dem Bett, an der Lampe vorbei, einen Weg durch den Raum und teilte ihn wie ein Schwert. Feiner Staub flirrte in der Luft und schien in dem Sonnenstrahl zu tanzen.
 

Es hätte ein schöner Morgen sein können. Yongguk könnte aufstehen, sich gemütlich einen Kaffee machen und mit Tasse und Zeitung in der Hand rüber zum Erkerfenster gehen, um während des Lesens hin und wieder hinaus in den Vorgarten zu sehen. Stattdessen musste er damit rechnen, dass sein Rivale ihn beschatten ließ und er ständig in potentieller Gefahr schwebte. Er schlief kaum zwei Nächte nacheinander in derselben Wohnung und wechselte ruhelos ständig seinen Aufenthaltsort. Er wusste nicht, ob er einfach nur paranoid wurde oder ob man ihn wirklich beobachtete, aber das ungute Gefühl – das er das erste Mal vor einem Monat verspürt hatte – hielt an und wurde immer schlimmer. Und er hasste es. Er fühlte sich getrieben und in die Ecke gedrängt. Es machte ihn langsam mürbe. Wenn das Donghwans Absicht war – ihn verrückt zu machen – dann war er auf dem besten Weg. Seit Wochen ging das schon so und mittlerweile sah er an jeder Ecke Gangster mit einer Waffe im Anschlag, die ihn unter die Erde bringen wollten.
 

Natürlich war sein Leben als Mafioso nie wirklich sicher gewesen und die Gefahr hatte durchaus seinen Reiz. Aber bislang war die unmittelbare Bedrohung immer von der Polizei oder verfeindeten Clans aus gegangen, niemals von den eigenen Leuten, niemals aus den eigenen Reihen. Und noch nie so entschlossen, ihn zu Fall zu bringen.
 

Yongguk seufzte lautlos. Er wollte Namjoon nicht wecken, der mit dem Kopf auf seiner Brust ruhte. Er löste seinen Blick von der Decke und nahm sich einen Moment, um den Jüngeren zu betrachten. Seine Augen glitten über die gebräunte Haut, die entspannten Muskeln an Rücken und Schultern und die Hand, die neben seinem Kopf lag. Sein ehemaliger Schützling und sein Berater waren die beiden einzigen, die jederzeit über seinen Standort informiert waren und in den letzten zwei Wochen hatte Namjoon fünfmal plötzlich nachts vor seiner Tür gestanden.
 

Etwas stimmte nicht mit ihm und das beunruhigte Yongguk. Der Dealer sprach nicht darüber und versicherte ihm, dass alles bestens sei, doch er glaubte ihm nicht. Seine Statusberichte von den Rundgängen am Bahnhof fielen in letzter Zeit immer äußerst knapp aus und laut Seungho saß er häufig im M-BLAQ. Er vernachlässigte seine Pflichten nicht, aber für Yongguk sah das so aus, als würde der Blonde den Bahnhof meiden. Was seltsam war, denn Namjoon war für gewöhnlich nicht der Typ Mensch, der einer Auseinandersetzung aus dem Weg ging; würde jemand am Bahnhof herumlaufen, der ihm Ärger bereitete, dann hätte er ihn entweder verständigt oder aber das Problem selbst gelöst (mit oder ohne Gewalt). Yongguk konnte sich das ausweichende Verhalten des Dealers nicht erklären.
 

Vorsichtig strich er mit der Hand durch das blondierte Haar des Jüngeren. Es war angenehm weich, wenn auch ein wenig zerzaust. Unweigerlich musste er lächeln. Neue Chil Seong Pa Mitglieder bleichten sich bei Eintritt die Haare und färbten sie erst später – meist nach Erhalt ihres Tattoos – wieder dunkel. Namjoon war seit Jahren in der Kkangpae und trug sein Haar noch immer blond.
 

Yongguk hatte es damals kaum abwarten können, sein Haar endlich wieder dunkel färben zu dürfen...
 

Flashback – Herbst 2010
 

Skeptisch betrachtete er sich im Spiegel. Das Blond war... gewöhnungsbedürftig. Er fragte sich ernsthaft, warum sich die neuen Chil Seong Pa Mitglieder bei ihrem Eintritt in die Familie die Haare bleichen mussten. War das so eine Art Strafe? Schön sah anders aus. Aber wahrscheinlich gab es den ein oder anderen, der die Farbe gut tragen konnte – er gehörte definitiv nicht dazu.
 

Ein sanftes Lachen lenkte ihn ab und er hörte Schritte hinter sich näher kommen. „Guck nicht so finster“, meinte der junge Mann amüsiert, der neben ihn getreten war und Yongguks Spiegelbild musterte, „Sieht doch sexy aus.“ Auf seinen Blick hin lachte der Andere erneut. Missmutig brummend wandte er sich vom Spiegel ab und griff nach seiner Jacke, die über dem Stuhl hing. Sie mussten gleich los und Yongguk hasste Unpünktlichkeit. Davon abgesehen, dass er es sich nicht erlauben konnte, zu spät zu kommen. Immerhin war er der Chil Seong Pa gerade erst beigetreten und stand noch ganz unten in der Rangordnung.
 

„So wie ich dich einschätze, kannst du dir die Haare eh bald wieder schwarz färben.“ Yongguk drehte sich um und betrachtete den jungen Mann, der es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte. Er war dünn – für seinen Geschmack zu dünn – und wirkte recht feminin mit dem schmalen Gesicht, den fein geschwungenen Lippen und den funkelnden Augen. 'Beinahe wie ein Model', schoss es ihm durch den Kopf. Tatsächlich handelte es sich aber um seinen neuen Mentor, Jung Jinyoung.
 

„Na, hoffentlich“, erwiderte er nur und wandte seinen Blick wieder ab. Er schlüpfte in seine Schuhe und wartete darauf, dass Jinyoung es ihm gleich tat, doch der saß noch immer auf der Couch und machte keine Anstalten sich zu erheben.
 

Fragend hob Yongguk eine Augenbraue. „Müssen wir nicht langsam los?“, hakte er nach und sein Mentor lächelte. „So ungeduldig“, kommentierte er und stand dann langsam auf, „Deinen Eifer in allen Ehren, Yongguk-ssi, aber merke dir besser gleich sofort, dass ich es gar nicht schätze, wenn man mich hetzt. Ich geb den Ton an, klar?“ Er kam auf ihn zu und schloss dabei gemächlich seinen Mantel. „Verzeih, Sunbaenim.“ Yongguk war eigentlich niemand, der sich gerne oder gar freiwillig entschuldigte, aber er hatte schnell kapiert, dass Respekt in der Kkangpae ganz groß geschrieben wurde. Und seinen Mentor zu verärgern war gewiss keine gute Idee. Doch der winkte nur ab und beugte sich vor, um seine Schuhe anzuziehen. „Merk es dir einfach“, wiederholte er, zog die Schnürsenkel fest und richtete sich mit einem süffisanten Schmunzeln wieder auf, „Beim nächsten Mal muss ich dich leider bestrafen...“ Mit diesen Worten ging Jinyoung an ihm vorbei, streifte dabei mit seinen schlanken Fingern Yongguks Hüfte, und verließ die Wohnung. Yongguk folgte ihm.
 

Sie stiegen in Jinyoungs dunkelroten Rolls Royce, der vor dem Haus stand und fuhren los. Jinyoungs Berater saß am Steuer und lenkte den Wagen durch die Straßen Seouls, auf dem Weg zu ihrem Treffpunkt. Es war das erste Mal, dass er mit seinem Mentor zu einem „Geschäftstermin“ fuhr und war gespannt, was da auf ihn zukommen würde. Jinyoung hingegen hatte lässig die Beine überschlagen und sah abwechselnd aus dem Fenster und auf sein Handy.
 

„Fahren eigentlich alle in der Chil Seong Pa Oldtimer?“, fragte er mit einem leichten Lächeln, um den Älteren in ein Gespräch zu verwickeln und seine Aufmerksamkeit zu erregen. Der sah auch tatsächlich zu ihm und wippte dann mit den Augenbrauen. „Nur die wirklich wichtigen Leute“, meinte er neckisch und strich dann mit der Hand andächtig über das Lederpolster, „Ich hab ihn vor einigen Monaten auf einer 'Vintage Car Parade' gesehen und musste ihn haben. Und wer weiß?“, fügte er an und kräuselte seine Lippen, „Vielleicht hast du in ein paar Jahren auch einen.“ Yongguk lachte. „Das bezweifle ich.“ „Nur nicht so bescheiden“, schnurrte sein Gegenüber und da war wieder dieses Funkeln in seinen Augen, „Du hast Potential. Ein wenig Anleitung und mehr Erfahrung... Vertrau mir...“ Yongguk wusste nicht wieso, aber so sehr er Jinyoung auch unheimlich fand so sehr fand er ihn auch anziehend...
 

Er ließ seinen Blick über die schlanken Beine weiter nach oben wandern, betrachtete seine grazilen Hände, die mit dem Mobiltelefon spielten, und blieb schließlich bei dem Gesicht hängen. Sein Mentor befeuchtete seine Lippen mit der Zunge, während er auf das Display sah und lächelte schließlich.
 

„Gefällt dir was du siehst?“, fragte er unerwartet ohne aufzusehen und Yongguk fehlten in dem Moment die Worte. Jinyoung ließ von dem Handy ab und sah ihm auffordernd in die Augen. „Wenn wir das Geschäftliche hinter uns haben, gehen wir uns ein wenig amüsieren. Ich stell dir ein paar Leute vor und zeige dir wie wir uns nach der Arbeit... entspannen.“ Er zwinkerte und sein Lächeln hatte etwas eindeutig Zweideutiges. Yongguk nahm dies schweigend zur Kenntnis und Jinyoung widmete sich wieder der Stadt, die am Seitenfenster vorüberzog.
 

Sie verließen die gehobenen Viertel Seouls und wenig später hielt der Rolls Royce in einer eher zwielichtigen Gegend vor einer Spielothek. Die Neonlichter brannten nicht, die Türen waren geschlossen und die Straße schien wie ausgestorben; das zügellose Treiben der Nacht würde erst in einigen Stunden diesen Ort mit Leben erfüllen. Als Jinyoung aus dem Wagen stieg, folgte Yongguk unaufgefordert und musterte das Gebäude etwas genauer. Der Laden war ihm unbekannt, aber er wirkte auch nicht so als würde hier besonders viel Profit raus springen. Die Fassade war erblasst, zwei Stufen der Treppe spröde und im Glas der Eingangstür war ein Sprung. Er zweifelte einen Moment daran, dass dies wirklich ihr Ziel war – Etablissements, die der Chil Seong Pa zugehörig waren erschienen sonst tadellos – doch sein Mentor ging auf den dürftigen Eingang zu und er folgte bei Fuß.
 

Als er hinter Jinyoung durch die Tür der Spielothek trat, kam er zuerst in einen schmalen Flur, in dem rechts ein Schalter war – zu dieser frühen Stunde unbesetzt – und an diesem vorbei ging es in ein recht ansehnliches Foyer mit einer Garderobe. Von hier aus führte eine Treppe hinunter in den Keller.
 

Eine Putzfrau wischte in dem Moment das Geländer und sah überrascht zu den beiden Männern auf, als diese die Stufen betraten. Sie hielt in ihrer Bewegung inne und strich sich eine Locke aus der Stirn, die sich aus ihrem zerzausten Dutt gelöst hatte; Yongguk schätzte sie auf gerade einmal Mitte zwanzig und mit großer Wahrscheinlichkeit war sie keine Koreanerin, vielleicht eine Chinesin. Jinyoung lächelte ihr charmant zu, beachtete sie aber sonst nicht weiter, als er an ihr vorbei die Treppe hinab in den Keller stieg.
 

Yongguk blieb dem hübschen Mann auf den Fersen und kurz darauf standen sie in einem schlecht beleuchteten Flur – eine Lampe zu seiner Linken flackerte unstetig – an dessen Ende zwei Türen waren. Vor einer dieser Türen stand ein breitschultriger Mann mit 3-Tage-Bart, der Jinyoung zu erkennen schien; gleich nachdem er ihn gesehen hatte klopfte er mit dem Knöchel des Zeigefingers gegen die Tür.
 

Ohne eine ausdrückliche Aufforderung abzuwarten betrat Jinyoung ohne weitere Verzögerung das Büro. Yongguk blieb einige Schritte hinter seinem Mentor und verschaffte sich schnell einen Überblick; zwei Männer waren im Raum. Einer von ihnen saß hinter einem alten Schreibtisch und schien der Geschäftsführer zu sein, er war eilends aufgesprungen, als Jinyoung eingetreten war. „Jinyoung-ssi“, ergriff er das Wort, „Was für eine Ehre, Sie hier zu sehen! Bitte setzen Sie sich doch!“ Fahrig rückte der Fremde einen Sessel zurecht und bedeutete dem Besucher Platz zu nehmen. Betont langsam und mit einem kleinen selbstgefälligen Lächeln auf den Lippen ließ sich Jinyoung auf dem Polster nieder, überschlug die langen Beine und verschränkte die Finger ineinander. Yongguk stellte sich hinter ihn und beobachtete alles.
 

„Joowon-ssi“, sprach sein Mentor den Geschäftsführer an, der zusammenzuckte, ehe er sich ebenfalls setzte, „Sie wissen, ich bin kein Mann großer Worte, also kommen wir gleich zum Geschäft. Ich möchte hier nicht mehr Zeit verschwenden als unbedingt nötig.“ Sein Gegenüber schluckte. Jinyoung sah aus als würde er beim Kaffeekränzchen sitzen, vollkommen entspannt – doch entgegen seiner Haltung und dem amüsierten Funkeln in seinen Augen, hatte seine Stimme eine gewisse Kälte angenommen, die Yongguk erschaudern ließ. Auch diesem Joowon entging dies nicht und er schluckte nervös. „J-ja, aber n-natürlich“, stotterte er und hantierte umständlich mit einigen Unterlagen. „Also“, erhob Jinyoung erneut das Wort, „Wo ist mein Geld?“ Der Geschäftsführer nestelte an seinem Hemdaufschlag und wich den stechenden Augen des anderen aus. Yongguk hatte keine Ahnung worum es ging, doch die Spannung in dem Raum schwoll merklich an und raubte den Beteiligten den Atem. Der Mann neben dem Schreibtisch, der bislang geschwiegen hatte, schien besonders unbehaglich in seiner Haut. Joowon setzte zu einer langatmigen Erklärung an, die Jinyoung bereits nach wenigen Sekunden langweilte. Er seufzte – woraufhin der Mann verstummte – und wechselte vom rechten aufs linke Bein. „Dass die Buchführung eine Katastrophe ist, weiß ich bereits – all diese Dinge interessieren mich nicht“, bemerkte der Mafioso und fixierte sein Gegenüber unnachgiebig und keine Ausflüchte duldend, „Wo ist mein Geld? Wer ist dafür verantwortlich?“
 

Es war nur für den Bruchteil einer Sekunde, doch Joowons Augen zuckten zu dem unbekannten Mann zu seiner Linken und der Mafioso erhob sich von dem Sessel. Der Schuldige ahnte, dass ihm Schreckliches blühte und nahm eine defensive Haltung ein. Schnell war er darum bemüht Jinyoung zu besänftigen und stammelte etwas davon, dass er das Geld nicht mehr habe, er aber welches beschaffen könne – im nächsten Moment lag er tot am Boden.
 

Yongguk war kurz verwirrt, erfasste dann aber das Geschehen: Jinyoung hatte seine Waffe gezogen, sie dem Mann an die Stirn gehalten und ohne mit der Wimper zu zucken abgedrückt.
 

Er sah auf den leblosen Körper zu seinen Füßen herab und blinzelte irritiert, ehe er seine Fassung zurückgewann. Jinyoung hingegen hatte die Ruhe weg, steckte seine Waffe wieder ein und lächelte liebreizend. „In 48 Stunden will ich mein Geld sehen, Joowon-ssi“, meinte er gelassen und wandte sich zum Gehen, „Andernfalls komme ich wieder. Und glauben Sie mir: Das wollen Sie nicht.“ Er zwinkerte dem Mann noch einmal zu und deutete Yongguk dann ihm zu folgen.
 

Es waren keine 15 Minuten vergangen, als sie bereits wieder in dem Oldtimer saßen und durch Seouls geschäftige Straßen fuhren. Yongguk war innerlich aufgewühlt, versuchte sich dies aber nicht anmerken zu lassen. Es war nicht das erste Mal gewesen, dass er eine Leiche gesehen hatte, aber das erste Mal, dass er einen Mord beobachtet hatte. Es war so schnell gegangen; von einen auf den anderen Moment war der Mann tot gewesen. Einfach so... Seine Augen huschten vorsichtig zu seinem Mentor und betrachteten das unbekümmerte, ja beinahe vergnügte, Gesicht. 'So kalt...', dachte er und spürte erneut einen Schauer über seinen Rücken rieseln.
 

Jinyoung schien seinen Blick zu bemerken und wandte seine Aufmerksamkeit vom Seitenfenster ab. „Bedrückt dich etwas?“, fragte er seinen Protegé und seine Lippen kräuselten sich amüsiert. Seine Augen wirkten wie die einer Raubkatze – einer zufriedenen Raubkatze, die Beute gemacht hatte und sich nun an seinem Festmahl labend in der Sonne räkelte. Yongguk befeuchtete seine trockenen Lippen. „Ich war nur kurz irritiert, das ist alles.“ Der Mafioso gab ein dunkles Lachen von sich, das einem Schnurren glich, und beugte sich dann zu ihm vor. Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt, als Jinyoung süffisant lächelte und seine Fingerspitzen hauchzart über Yongguks Wange streichen ließ. „Ich habe gehört, dass du selber auch nicht gerade zimperlich bist...“, flüsterte er, „Noch nie jemanden getötet?“ Gefesselt von diesen Augen und den Worten, schüttelte Yongguk den Kopf. Sein Mentor schmunzelte. „Du gewöhnst dich dran.“
 

Den Rest der Fahrt über schwiegen sie und als Jinyoung Yongguk vor seiner Wohnung absetzte, teilte er ihm nur noch mit, dass er ihn gegen elf wieder abholen würde. In Gedanken versunken ließ sich Yongguk auf sein Bett fallen und starrte an die Decke. Er hatte in seinem Leben schon einige Menschen kennen gelernt, die rücksichtslos und auch brutal vorgegangen waren – Hehler, Schläger, Dealer – aber nie hatte er jemanden getroffen, der so völlig gelassen ein Menschenleben auslöschte... und dabei eine unheimliche Faszination und Anziehung auf ihn ausübte.
 

Mit einem Blick auf die Uhr stellte er fest, dass er noch einige Stunden Zeit hatte, bevor Jinyoung erneut vor seiner Tür stünde und entschloss eine ausgedehnte Dusche zu nehmen und sich dann noch ein wenig Schlaf zu gönnen. Er wusste nicht wieso, aber er ahnte, dass es eine lange Nacht werden würde...
 

Und er sollte Recht behalten. Um Punkt elf Uhr holte Jinyoung ihn ab und fuhr mit ihm in einen Club, der sich 2PM nannte. Yongguk hatte schon von dem Laden gehört, als er noch nicht Mitglied der Chil Seong Pa gewesen war; es war ein verschriener Mafia-Club. Hier bekam man alles und noch mehr, hieß es. Und als er Jinyoung hinein folgte, sollte sich dies bestätigen. Das 2PM war größer als es von außen wirkte, beherbergte mehrere Räumlichkeiten, mit oder ohne Musik, mit Spieltischen oder Tresen, Tanzflächen oder gemütlichen Sitzgelegenheiten und an der Bar bekam man alles von Getränken bis Drogen und anderer mehr oder weniger illegaler Waren. Yongguk war überwältigt von dem Angebot und konnte sich nun gut vorstellen, dass man hier eine ganze Nacht verbringen konnte, ohne sich nach ein oder zwei Stunden zu langweilen.
 

Zusammen mit ihm und seinem Mentor war auch Jinyoungs Berater Kim Youngjin gekommen – Jinyoung nannte ihn Simba. Außerdem zwei attraktive Frauen, Japanerinnen, dessen Namen Yongguk aber gleich wieder vergaß. Vielmehr verbrachte er seine Zeit damit Jinyoung zu beobachten.
 

Der hübsche Mafioso schien hier so ziemlich jeden zu kennen. Anfangs tingelten sie durch die verschiedenen Räumlichkeiten und begrüßten diverse Mitglieder der Chil Seong Pa. Einige Gesichter kamen Yongguk bekannt vor und er versuchte sich ihre Namen einzuprägen, was nach der gefühlten zwanzigsten Vorstellung zu einem scheinbar hoffnungslosen Unterfangen wurde. Doch er gab sich Mühe; er musste sich mit diesen Leuten gut stellen.
 

Anschließend führte Jinyoung ihn und ihre Begleiter in einen etwas kleineren Raum, um sich dort in einer gemütlichen Sitzecke niederzulassen. Die Musik war laut, aber nicht ohrenbetäubend und hier und da tanzten leicht bekleidete Frauen auf den Tischen, das rote Licht tauchte alles in einen warmen, leicht anrüchigen Ton und Yongguk sank entspannt in das weiche Sofa. Eine der beiden Frauen – er glaubte, dass sie Yumi hieß – setzte sich neben ihn, die andere nahm zu Jinyoungs Rechten Platz, zu seiner Linken saß Simba. Als Yongguk sich weiter im Raum umsah, registrierte er schnell, dass hier ordentlich geflirtet und gefummelt wurde und auch Jinyoung schien diese Absicht zu haben. Einen Drink in der Hand hatte er sich zu seiner weiblichen Begleitung hinüber gebeugt und tuschelte mit ihr, die andere Hand dabei auf Simbas Oberschenkel abgelegt und diesen streichelnd. Yongguk beobachtete ihn, leerte dabei selber ein Glas und reagierte beinahe verärgert, als Yumi begann schmeichelnd auf ihn einzureden und seine Schulter zu tätscheln. Er war dadurch kurz abgelenkt und als er das nächste Mal zu seinem Mentor rüber sah, hatte dieser bereits die Initiative ergriffen und war in einen innigen Kuss vertieft. Angeregt beobachtete er die neckische Zunge des anderen, die immer wieder zum Vorschein kam, und ließ seine eigene Hand in den Schoß von Yumi gleiten. Die keuchte ihm überrascht ins Ohr, ließ es sich aber gefallen und begann seinen Hals zu küssen. Yongguk wusste nicht, auf was das alles hinauslaufen würde, doch für den Moment nahm er es hin und versuchte sich keine Gedanken zu machen.
 

Bis Jinyoung nach einigen Minuten scheinbar seine Meinung änderte und sich von der Japanerin abwandte, um sich Simba zu widmen. Der schien keineswegs überrascht von dem plötzlichen Sinneswandel und erwiderte den Kuss des Mannes – ein Anblick, der Yongguk sowohl erregte als auch verärgerte. Seine Liebkosungen wurden etwas grober und Yumi kratzte ihm über den Arm, doch er kümmerte sich da nicht weiter drum und starrte weiter auf die beiden Männer, die ihm gegenüber saßen. Da öffnete Jinyoung die Augen und erwiderte seinen Blick. Simba küsste seinen Hals und fuhr mit den Händen unter sein Oberteil, doch sein Mentor brach den Kontakt nicht ab. Ein kleines Lächeln trat auf seine Lippen und seine Augen glühten im Halbdunkel des Raums. Er stöhnte provokativ auf und bog sich Simba entgegen, sodass es Yongguk ziemlich eng in der Hose wurde...
 

Bis Jinyoung mit einem male aufstand und Simba mit sich aus dem Raum zog. Er warf noch einen letzten Blick zurück über die Schulter und zwinkerte frech, ehe er verschwand. Und Yongguk brauchte nicht viel Fantasie um zu wissen, was die beiden nun vorhatten.
 

Erst jetzt bemerkte er, dass Yumi bereits gekommen war und sich zufrieden ins Polster kuschelte. Doch das interessierte ihn gerade herzlich wenig. 'Das ist also mein Mentor', dachte er bei sich und starrte auf die Tür, hinter der Jinyoung mit Simba verschwunden war. 'Wer bist du, Jung Jinyoung? ...'

Hallo ^^
 

Nach erneut langer Wartezeit bin ich mit dem nächsten Kapitel zurück!

Es tut mir wirklich leid, dass es bei Danger immer etwas länger dauert, bis ein neues Kapitel fertig ist... Im Gegensatz zu PYT oder PWT brauche ich hier gewöhnlich beim Schreiben länger, was einfach an der Story liegt. Noch dazu kommt der Zeitmangel...

Ich habe nun allerdings Semesterferien und versuche in der Zeit etwas aufzuholen, sodass das nächste Update hoffentlich nicht wieder so lange auf sich warten lässt ^^°
 


 

Danger -Only One Shot-

Kapitel 8

Teil: 9/?
 

Warning: Alcohol/Drug Abuse, Violence, Sex (Yaoi), Sexual Abuse, Self-harm, Eating Disorder...

Rating: PG18/MA (bei Warning aufgelistete Dinge werden z.T. später sehr grafisch dargestellt)
 

Personen: Jung Daehyun & Yoo Youngjae (B.A.P), Jeon Junggeun & Ju Youngwoong (Seulchan & Roi, TARGET), Kim Taehyung & Kim Seokjin (V & Jin, BTS), Yang Seungho (MBLAQ), Kim Rokhyun (100%)

Pairings: zu Beginn noch keines, später Rap Monster x V und Yongguk x Daehyun

Disclaimer: Keiner der hier erwähnten Musiker gehört mir und ich verdiene kein Geld hiermit
 

Viel Spaß beim Lesen!

Maya
 

Mitte Juli 2015, Seoul Hauptbahnhof
 

Hustend schleppte sich Daehyun durch den Bahnhof. Es war ein trockener Husten und seine gereizte Lunge schmerzte mit jeder Sekunde mehr, während er Richtung Schließraum stolperte. Schon seit einigen Tagen plagten ihn die typischen Kopf- und Gliederschmerzen einer Grippe, er fühlte sich matt und abgeschlagen und jeder Hustenanfall kostete ihn erstaunlich viel Kraft. Er vermutete, dass er auch Fieber hatte, genau wie an dem Tag, an dem er in Seoul aus dem Zug gestiegen war.
 

Seit über drei Monaten hauste er nun in dem Schließraum des Bahnhofs und er hatte schon das ein oder andere Wehwehchen gehabt – vor allem nach besonders kalten Nächten – doch war er nie wirklich krank gewesen wie jetzt. Er schwitzte im sommerlichen Wetter und zugleich war ihm kalt, sodass er seine Jeansjacke fester um seinen dünnen Körper schloss. Er hatte in den letzten Monaten abgenommen, sie alle hatten das. Die letzten Wochen waren weiterhin schlecht gelaufen. Pendler und Passanten gaben kaum mehr 1000 Won heraus, Urlauber waren von der ganz geizigen Sorte und Touristen machten erschrocken einen großen Bogen um die schnorrenden Jugendlichen. Und seit Daehyun krank war, lief es noch schlechter; wahrscheinlich fürchteten sich seine Mitmenschen davor, sich bei ihm anzustecken. Vielleicht dachten sie auch, dass er ein heruntergekommener Junkie war und ekelten sich vor ihm.
 

Erschöpft erreichte er schließlich seinen Schlafplatz und ließ sich darauf sinken. Seufzend legte er sich auf den Rücken und schloss die Augen. Selbst seine Augenlider taten weh und es war anstrengend sie offen zu halten, sodass ihn eine ungemeine Erleichterung überkam, kaum dass ihn Dunkelheit umgab und seine Augen endlich wieder ruhen konnten. Seine Glieder fühlten sich an wie Blei, doch jetzt im Liegen ließen die Schmerzen nach und er seufzte erleichtert, bevor er abermals husten musste und sein Oberkörper krampfte.
 

„Hier.“ Daehyun schreckte hoch. Er hatte nicht bemerkt, dass außer ihm noch jemand im Schließraum war. Youngjae hockte neben ihm und reichte ihm seine Wasserflasche, doch er winkte ab. „Ich will dich nicht anstecken“, nuschelte er und setzte sich auf. Erst jetzt sah er, dass außer Youngjae auch noch Seulchan anwesend war; Noah war schon seit einiger Zeit nicht mehr aufgetaucht und Kyungsoo kam meist erst zu Einbruch der Nacht. Youngjae lächelte. „Wir schlafen nebeneinander, da macht ein bisschen Speichelaustausch wohl auch nichts mehr.“ Die Jungen blinzelten einen Moment irritiert, dann lachten sie los und Youngjae hob abwehrend die Hände. „So war das nicht gemeint!“, versuchte er sich herauszureden, doch seine Proteste gingen in Seulchans Lachen und Daehyuns nächstem Hustenanfall unter. Letzterer gab schließlich nach und trank zügig einige Schlucke. Er seufzte erleichtert, als das kühle Nass das penetrante Kratzen im Hals etwas milderte. Er warf Youngjae einen dankbaren Blick zu und dieser strich ihm eine Strähne zur Seite, legte seine Hand auf die Stirn und verharrte einen Augenblick in dieser Position. Youngjaes Finger auf seiner Haut fühlten sich angenehm kühl an und er schloss die Augen, lehnte sich ein wenig in die Berührung. „Du bist immer noch ganz heiß. Du hättest heute Morgen liegen bleiben und nicht herumlaufen sollen.“
 

Ehe Daehyun etwas darauf erwidern konnte, tauchten Taehyung und Roi im Schließraum auf. Roi hatte zwei große Tüten vom Bäcker in der Hand und grinste von einem Ohr zum anderen. „Wir haben was mitgebracht!“, jubelte er und gewann die Aufmerksamkeit aller Anwesenden, „Lecker Gebäck!“ Seulchan hob verwundert eine Augenbraue, als er von dem Jüngeren eine Tüte in die Hand gedrückt bekam und einen Blick hinein warf. Mit der zweiten Tüte ließ sich Roi neben Daehyun nieder und sah ihn besorgt an. „Hyung, bist du immer noch krank?“ Auch er legte ihm die Hand auf die Stirn und der Ältere musste lächeln. „Es geht schon“, wimmelte er ab, doch Roi sah skeptisch drein. „Hier“, meinte er und öffnete die braune Tüte, „Für dich haben wir extra einen Schokomuffin und ein Stück Käsekuchen geholt.“ Gerührt, aber auch neugierig, beugte Daehyun sich etwas vor und versuchte einen Blick in die Tüte zu erhaschen. Er staunte, als er die Brötchen und Teigtaschen entdeckte. „Wo habt ihr das alles her?“ Da mischte sich Taehyung ein, der bislang einfach nur dagestanden und zugesehen hatte. „Vom Bäcker, woher denn sonst“, antwortete er und kam näher. Daehyun sah auf und betrachtete den Jüngeren. So wie sie alle, war er schmaler geworden und seine Hose saß locker auf seinen Hüften. Seine Augen wirkten müde; sie huschten nicht mehr fahrig von links nach rechts wie bei einem gehetzten Tier und generell war Taehyung sehr viel ruhiger geworden. Auf beunruhigende Weise. „Keine Sorge, ich hab's bezahlt“, setzte er noch hinterher und griff in seine Jackentasche. Daehyun kam aus dem Staunen beinahe nicht mehr raus, als der Jüngere ihm eine Packung Paracetamol entgegen streckte. Verwirrt bedankte er sich und schluckte zwei Tabletten mit etwas Wasser herunter, ehe er sich zusammen mit Roi über den mitgebrachten Käsekuchen und die Muffins hermachte.
 

Aus den Augenwinkeln beobachtete er dabei weiterhin Taehyung, der sich auf seinen eigenen Schlafplatz hatte sinken lassen und selber nichts aß. Daehyun war nicht dumm und konnte sich erklären, woher der plötzliche Wandel kam. In den letzten zwei oder drei Wochen war Taehyung häufig nachts davongeschlichen und seitdem hatte er immer einen ordentlichen Vorrat an Pillen, mit denen er sich beinahe laufend zudröhnte. Es gab zwei Möglichkeiten, wie der Junge so schnell an so viel Geld gekommen sein könnte: Einbruchdiebstähle oder... Prostitution. Und Daehyun befürchtete letzteres.
 

Es war kurz vor Mitternacht und der Schließraum war erfüllt vom sanften Atmen der Schlafenden, als Daehyun mitbekam wie Taehyung sich erhob, eine Pille nachwarf und sich davon schlich. Er richtete sich etwas auf, sah ihm nach und überlegte, ob er ihm hinterher gehen sollte, da hustete er wieder und tastete nach seiner Wasserflasche.
 

Nach einigen Schlucken seufzte Daehyun erschlagen. Youngjae, der neben ihm geschlafen hatte, zog ihn zurück auf die Decke und legte einen Arm um ihn. „Was's los?“, nuschelte er mit geschlossenen Augen und schnaufte müde gegen die Haut des anderen, während er sich näher an ihn kuschelte. Daehyun ließ es zu und zog sein Zudeck höher, da er wieder fröstelte und bereits eine Gänsehaut bekam. „Taehyung ist weg“, antwortete er leise, um die anderen im Raum nicht zu wecken. Youngjae öffnete die Augen einen Spalt und blinzelte gegen die Dunkelheit an. „Schon wieder?“ „Ich mach mir Sorgen, Youngjae...“ Sein Nebenmann schwieg einige Sekunden, dann strich er ihm mitfühlend über den Handrücken. „Ich weiß. Ich... Ich will jetzt nicht gefühllos erscheinen oder so, aber... Mach dir nicht zu viele Gedanken um andere.“ Überrascht weitete Daehyun die Augen und versuchte das Gesicht des anderen auszumachen. Ein Ausdruck von Ernst, aber auch Bedauern, lag auf ihm. „Aber- Taehyung-“ „Ich weiß“, unterbrach Youngjae ihn und wiederholte seine Worte, „Ich mach mir auch Sorgen, wirklich, um jeden einzelnen hier – aber es gibt nun mal nichts, was ich tun könnte. Was du tun könntest. Verstehst du? Taehyung ist schon so lange auf der Straße, er ist ein Überlebenskünstler. Er trifft seine eigenen Entscheidungen und lässt sich da nicht reinreden, ob ich das nun gut finde oder nicht. Was meinst du, wie oft ich zu Anfang noch versucht habe, ihn daran zu hindern, sich diese ganzen Pillen einzuwerfen?“ Wieder einmal wurde Daehyun klar, wie wenig er eigentlich über die anderen Jugendlichen hier wusste. „Und ihr habt schließlich auch nicht auf mich gehört, als ich euch von dem Einbruch mit Jooheon abhalten wollte“, setzte Youngjae noch hinterher und Daehyun bekam ein schlechtes Gewissen. Das Foto von dem Pärchen mit dem Baby befand sich noch immer in seiner Tasche, obwohl er es schon längst hatte zurückbringen wollen.
 

Dann musterte er nachdenklich die sanften Augen seines Gegenübers. Was Youngjae wohl für eine Familie hatte? Keiner hier sprach jemals darüber, warum er von Zuhause weggelaufen war und das Leben auf der Straße vorzog. Was hatte Taehyung durchgemacht, dass er bereits seit über zwei Jahren hier war, sich mit Medikamenten betäubte und nun schließlich auf dem Strich gelandet war? „Youngjae“, hauchte er und zögerte noch einen Moment, ehe er den Mut fand weiterzusprechen, „Warum bist du hier?“ Der andere schien kurz vor der Frage zurückzuschrecken, doch dann seufzte er ergeben. „Weißt du... meine Eltern sind letztes Jahr gestorben. Autounfall.“ Er biss sich auf die Lippe, unsicher, ob er wirklich weiter erzählen sollte, doch Daehhyuns Schweigen schien ihn zu animieren und so sprach er leise weiter. „Mein kleiner Bruder saß auch im Wagen. Er war... ziemlich schwer verletzt und lag lange im Koma. Wir waren zwar krankenversichert, aber... meine Eltern haben mir einen Berg Schulden hinterlassen und... Die Behandlungskosten... Ich... Seine Prognose war sehr schlecht und ich war ganz allein, hatte kein Geld, Kredithaie standen ständig vor dem Haus und- Ich... Ich hab die Maschinen abstellen lassen“, wisperte er und schloss beschämt die Augen, „Dann bin ich einfach abgehauen.“
 

Daehyun war geschockt. „Oh mein Gott“, stammelte er und zog Youngjae in seine Arme, „Das tut mir ja so leid!“ Youngjae atmete einige Male tief durch, weinte aber nicht und Daehyun wurde mit einem Schlag klar, warum der andere sich so aufopferungsvoll um sie alle kümmerte, vor allem um die Jüngeren wie zum Beispiel Roi. Er mochte sich das schlechte Gewissen gar nicht vorstellen, unter dem Youngjae leiden musste; er sah sich als Mörder seines kleinen Bruders. Nicht auszudenken, was er seitdem durchgemacht hatte. „Ich... Als ich hierher kam, habe ich auch eine Weile ziemlich viel getrunken“, erzählte er weiter, „Taehyung hat zu dem Zeitpunkt reichlich Schmerzmittel geschluckt und hin und wieder habe ich auch etwas genommen. Aber ich habe damit aufgehört. Ich kann verstehen, warum Taehyung und andere nicht damit aufhören können und deshalb hab ich's auch aufgegeben, ihm ins Gewissen zu reden. Ich kam mir doch ziemlich scheinheilig vor...“
 

Sie verfielen eine Weile in Schweigen, lagen Arm in Arm da und spendeten sich Trost und Nähe. „Taehyungs Mutter ist tot, nicht wahr?“, hakte Daehyun dann nach und nutzte den Augenblick, den Youngjae so mitteilungsbereit war. „Ja, soweit ich weiß, starb sie an Krebs. Über seinen Vater hat er nie mit mir gesprochen. … Was ist mit dir? … Du hast noch immer Albträume.“ Daehyun wich Youngjaes Blick aus und schluckte. Er konnte einfach nicht aufhören daran zu denken... Kaum, dass er einige Tage Ruhe hatte, kehrten die Träume zurück. In letzter Zeit wachte er nicht mehr auf, sobald sein Vater zu ihm kroch und er erlebte jede grauenvolle Sekunde erneut. Vielleicht war das Taehyungs Grund dafür, dass er Schmerzmittel und Psychopharmaka schluckte; um zu vergessen... „Ich- ehm... Meine Eltern sind ziemlich wohlhabend“, begann er also seine Erklärung. Youngjae hatte ihm seine Geschichte anvertraut, also würde Daehyun ihm den Gefallen erwidern – und wer weiß? Vielleicht ginge es ihm besser, wenn er es sich einmal von der Seele geredet hatte. „Meinem Vater gehören mehrere große Firmen und ich bin in einem riesigen Haus ausgewachsen. Ich hab keine Geschwister, aber meine Mutter war eigentlich immer Zuhause und hat sich um mich gekümmert. … Als ich... zwölf wurde hat mein Vater mich abends in sein Büro bestellt. Er sagte, er habe noch ein Geschenk. Er... Ich sollte... ihn anfassen...“ Er holte zittrig Luft, doch Youngjaes Hand auf seinem Rücken erinnerte ihn daran, dass er in Sicherheit war. „Er sagte, ich sei nun alt genug dafür... Es- Zu Anfang passierte es noch nicht sehr oft und er hat auch nicht mit mir-... Erst als ich fünfzehn wurde passierte es und er kam regelmäßig nachts in mein Bett. Und dann- dann hörte es plötzlich auf. Ich weiß nicht warum. Ich dachte, es wäre endlich vorbei!“ Nun flossen doch die Tränen und er versteckte sein Gesicht in Youngjaes Halsbeuge, brauchte einen Moment, um sich zu fassen. „Aber... Aber letztes Jahr da... Da fing es wieder an. Und in den letzten Wochen, die ich Zuhause war, hat er beinahe jede Nacht bei mir verbracht... Meine Mutter wusste es, doch sie hat nichts getan. Sie hat... nichts getan...“
 

Daehyun weinte hemmungslos und versuchte diese peinlichen Laute zu ersticken, indem er sich so eng an den anderen presste, dass ihm beinahe die Luft wegblieb. Doch Youngjae hielt ihn einfach weiter fest und ließ ihn weinen. „Jetzt bist du hier“, flüsterte dieser beruhigend in sein Haar und streichelte ihn, „Hier bei uns bist du sicher, Daehyunnie... Dein Vater ist weit weg und ich pass auf dich auf. Ich versprech's. Es ist vorbei...“
 

Irgendwann schlief Daehyun in seinen Armen ein, die tröstenden Worte noch immer im Ohr und die haltspendenden Hände in seinem Rücken. Wieder träumte er von seinem Vater, doch bevor dieser ihn anfassen konnte, verblasste das Bild und seine Mutter erschien. Sie lächelte und war so schön wie er sie in Erinnerung hatte; er roch ihr Parfüm, als sie ihn in ihre Arme zog, fröhlich lachte und ihm sagte, dass sie ihn liebte...
 

Als er am nächsten Tag erwachte, lag Youngjae nicht mehr neben ihm und es war bereits hell im Schließraum. Schnell wischte er sich über das tränennasse Gesicht und setzte sich auf, sah sich um. Taehyung schlief noch, genau wie Roi, von Seulchan, Kyungsoo und Youngjae war nichts zu sehen. Er seufzte und schloss die Augen. Sein Kopf schmerzte und er fühlte sich total schlapp; ausgelaugt von seiner Krankheit und der nervenaufreibenden Nacht. Er griff nach den Paracetamol-Tabletten, die Taehyung ihm besorgt hatte, nahm gleich zwei auf einmal und tastete dann nach dem Foto in seiner Hosentasche. Sehnsuchtsvoll betrachtete er die lächelnde Frau auf dem Bild, die ihn so an seine Mutter erinnerte, und schluckte voll Reue einen dicken Kloß hinunter.
 

Entschlossen stand er auf, warf noch einen letzten Blick auf Taehyung und machte sich dann auf den Weg in die Stadt. Wie von alleine fanden seine Beine zurück zu dem idyllischen Einfamilienhaus, in das er vor wenigen Wochen noch eingebrochen war und blieb vor dem Tor stehen. Es war offen, das Auto der Familie parkte vor der Garage und er zögerte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass jemand Zuhause sein würde. Mit einem mulmigen Gefühl trat er vorsichtig auf die Eingangstüre zu, das Bild noch immer in der Hand, und befeuchtete seine vor Nervosität trockenen Lippen. Sollte er klingeln? Nein, das traute er sich dann doch nicht... Und was sollte er sagen? Er sah sich um, überlegte was er tun sollte und entschied sich dafür, das Foto behutsam in den Schlitz des Briefkastens zu schieben, sodass es halb heraushing. Mit einem letzten Blick auf das Baby machte er auf dem Absatz kehrt und verließ das noble Stadtviertel. 'Ich hoffe, dass deine Eltern immer gut für dich sorgen, Moon Donghee...'
 

Ende Juli 2015, M-BLAQ
 

Als Jin in dieser Nacht das M-BLAQ betrat, kam es ihm so vor, als würde er zur Arbeit gehen, dabei arbeitete er bereits seit über drei Jahren nicht mehr hier. Nachdem er Yongguks Berater geworden war, war er nur noch einige wenige Male im Club gewesen und sein letzter Besuch hier war garantiert schon zwei Jahre her.
 

An für sich hatte sich hier nichts verändert: Es gab noch immer dieselben runden Tische, die leicht erhöhten Tanzflächen mit den Stangen, die mit Vorhängen abgetrennten Nischen und die antike Bar in der Ecke. Der Club war gut besucht und beinahe jeder Tisch besetzt und es herrschte eine zufriedene Stimmung. Jin erkannte Lee Minhyuk, auch B-Bomb genannt, Yoo Barom, Lee Sanghoon und einige andere bekannte Gesichter unter den Gästen und grüßte diese im Vorbeigehen. Hier und da blieb er etwas länger stehen und wechselte ein paar Worte, wenn hochrangige Chil Seong Pa Mitglieder ihn ansprachen. Jin war den meisten hier bekannt und sie waren ihm freundlich gesonnen, erkundigten sich, ob er das M-BLAQ und die „Buchhaltung“ vermissen würde. Er stand allen Rede und Antwort und durchquerte dann erst den Hauptraum, um sein eigentliches Ziel anzusteuern. Nebenbei ließ er seinen Blick über die Tänzer schweifen und stellte fest, dass er keinen von ihnen kannte. Einiges hatte sich in seiner Abwesenheit wohl doch geändert.
 

Er begab sich in den hinteren Teil des Gebäudes, wo sich unter anderem Yang Seunghos Büro befand. Jin klopfte höflich an der Tür und wartete bis man ihn hereinbat.
 

Das Büro war, dem Standard des Etablissements entsprechend, edel ausgestattet und das Mobiliar war von bester Qualität. Neben massiven Holzmöbeln aus Mahagoni, befand sich hier auch ein Chesterfieldsofa, eine Vitrine und Bar aus dunkler Eiche und vor dem Fenster waren schwere Samtvorhänge angebracht. Der Geruch von Leder, Holz und alten Büchern lag in der Luft und ließ Jin für einen Moment in Erinnerung schwelgen. Sein Blick glitt zu dem Sekretär, der noch immer dort stand, wo er zuletzt an ihm gesessen und gearbeitet hatte, doch jetzt war die Lade geschlossen und der Stuhl herangeschoben. Seungho selbst saß hinter seinem antiken Schreibtisch mit grüner Echtleder-Auflage und es hätte nur eine Schreibmaschine gefehlt, um das Bild zu komplettieren – stattdessen stand ein neumodischer Laptop vor ihm, von dem er aufsah, als Jin eintrat.
 

„Kim Seokjin!“, rief der Clubbesitzer erfreut und erhob sich, um ihm die Hand zu reichen. Seine weichen Gesichtszüge verzogen sich in ein Lächeln und Jin erwiderte es. Es war schön, ihn nach so langer Zeit wiederzusehen; sein Haar war etwas länger geworden, doch seine klugen, dunklen Augen waren dieselben wie vor zwei Jahren. „Bitte, nimm Platz“, lud Seungho ihn ein und deutete auf einen der bequemen Ledersessel vor seinem Tisch.
 

Nachdem sie beide saßen, klappte Seungho den Laptop zu und betrachtete ihn kurz von oben bis unten. „Du hast dich kein bisschen verändert“, bemerkte er dann, „Na ja, vielleicht bist du ein wenig reifer geworden. Die Arbeit mit Yongguk scheint dich ziemlich einzuspannen, anders kann ich mir nicht erklären, warum du dich hier nicht mehr blicken lässt. Treulose Tomate.“ Sowohl Seungho als auch Jin lachten ob dieser Bemerkung, war sie doch kein ernster Vorwurf. „Ja, ich habe gut zu tun“, erwiderte der Jüngere dann, „Und wir wollen nicht vergessen, wer mich Yongguk empfohlen hat.“ Sein ehemaliger Boss grinste bei dem kleinen Seitenhieb und erhob sich im selben Moment, um an der Bar zwei Gläser aufzufüllen. „Touché!“, räumte er ein und reichte Jin etwas zu Trinken, eher er wieder ihm gegenüber Platz nahm.
 

„Dann schieß mal los: Was verschafft mir die Ehre? Du bist sicher nicht hier, weil du Sehnsucht nach uns hast.“ Ertappt senkte Jin sein Glas, aus dem er sich gerade einen Schluck genehmigt hatte und lächelte verlegen. „So leicht zu durchschauen, ja?“ Er seufzte und machte es sich in dem Sessel etwas bequemer, ehe er einen ernsten Gesichtsausdruck auflegte und zur Sache kam. „Nun gut. Um ehrlich zu sein, bin ich hier, weil ich gehofft hatte, dass du mir vielleicht helfen könntest.“ Seungho hob fragend eine Augenbraue, leerte dann seinen Drink und beugte sich in seinem Sessel weiter vor, um den Berater skeptisch zu mustern. „Helfen“, wiederholte er, „Inwiefern?“ „Yongguk hat... Schwierigkeiten.“ Der Besitzer des M-BLAQs seufzte tief und lehnte sich wieder zurück in das Polster. Er sah Jin nicht an, während seine Finger mit dem Glas spielten und auf seinem Gesicht spiegelte sich eine gewisse Art Widerwillen. „Du weißt, ich versuche meine Neutralität zu wahren, Jin-“, begann er und erntete ein Nicken, als es in diesem Moment klopfte und die beiden Männer am Schreibtisch aufschreckten. Seungho fasste sich schnell und rief den Besucher hinein. Die Tür wurde einen Spalt breit geöffnet und hellbraune Haare kamen zum Vorschein, als ein junger Mann seinen Kopf ins Innere des Büros schob. „Entschuldigen Sie vielmals die Störung, Seungho-nim, ich wollte nur- Oh!“ Der Fremde hatte Jin entdeckt und schien aus dem Konzept gebracht. Der Clubbesitzer lächelte und hob in einer milden Geste die Hand. „Ist schon in Ordnung, Rokhyun. Lass uns bitte allein und sorge dafür, dass wir nicht gestört werden.“ Der junge Mann mit den Mandelaugen, der auf den Namen Rokhyun hörte, nickte hastig, entschuldigte sich noch einige Male und schloss dann wieder die Tür. Dann widmete sich Seungho wieder seinem Gast. „Kim Rokhyun, dein Nachfolger. Netter Junge, sehr eifrig.“ Der Ältere stellte sein Glas ab und sah einen Moment nachdenklich zur Tür. Die kurze Störung schien ihm willkommen, um einige Sekunden lang seine nächsten Worte abzuwägen. „Ich verstehe mich gut mit Yongguk, keine Frage, aber ich kann es mir nicht erlauben offen Partei zu ergreifen. … Um was geht es?“
 

Jin überschlug die Beine und nahm einen weiteren Schluck des Alkohols, um seine Nerven zu stärken. „Ich weiß nicht, ob du es vielleicht schon gehört hast, aber Yongguk musste einen Großteil seines Gewinns einbüßen und wir sind uns ziemlich sicher, dass man ihn verfolgt und beobachtet. Er hat wichtige Kunden verloren und es gab zwei Razzien, bei denen nicht nur ein Haufen Drogen und Geld konfisziert sondern auch einige seiner Männer verhaftet worden sind.“ Während seines Berichts hörte Seungho aufmerksam und schweigend zu, die Augenbrauen konzentriert zusammengezogen. Er sah nicht begeistert aus und sein Blick ruhte beinahe lauernd auf Jins Gesicht, als er sich in der hereingebrochenen Stille zu Wort meldete. „Und was genau erwartest du jetzt von mir?“ „Nichts Weltbewegendes“, versuchte der Berater Seungho zu besänftigen, „Ich suche lediglich nach Informationen. Und... Verbündeten. Wir sind uns beinahe hundertprozentig sicher, dass Kim Donghwan hinter alldem steckt, er-“ „Das reicht“, wurde Jin unterbrochen und dieser sah überrascht aus.
 

Seungho rieb sich mit der Hand übers Gesicht und wirkte mit einem Mal sehr müde. „Mir persönlich ist nichts zu Ohren gekommen – ich bin die meiste Zeit über in meinem Büro und meine Angestellten sind keine Spitzel. Ich kann dir also nicht sagen, worüber meine Gäste hier im Club sprechen.“ Bei seinen nächsten Worten warf er Jin einen angesäuerten Blick zu. „Was ich dir allerdings sagen kann ist, dass vor einigen Wochen einer meiner Tänzer von Kim Donghwans Leuten zusammengeschlagen worden ist.“ „Was?“, platzte es aus diesem heraus und ihm entgleisten die Gesichtszüge, als er Seungho aus großen Augen anstarrte, „Aber wieso sollten sie das tun?“ „Nun, sie haben ihn wohl des Öfteren mit einem gewissen, jungen Freund von Yongguk zusammen gesehen und waren offensichtlich der Meinung, dass er mehr wisse, als er es tatsächlich tut.“ „Namjoon?“ Seungho nickte und sah dabei noch immer wütend aus, sodass Jin sich begann unbehaglich zu fühlen. „Ja, allerdings. Seine Anwesenheit ist an für sich kein Problem, aber wenn es die Sicherheit meiner Tänzer gefährdet, kann ich es nicht länger dulden, dass er sich hier herumtreibt und krumme Dinger in meinem Club dreht.“ Jin war verwirrt. Er hatte zwar bereits von Yongguk gehört, dass Namjoon sich in letzter Zeit häufig im M-BLAQ aufhielt, doch war ihm unbekannt, was der Dealer hier wollte. „Was denn für krumme Dinger?“, hakte er deshalb nach und erntete ein Achselzucken. „Ich kenne keine Details. Ich weiß nur, dass Kim Donghwans Leute dachten, dass mein Tänzer mit ihm unter einer Decke steckt und Ärger macht.“
 

Der Clubbesitzer stand auf und brachte die leeren Gläser zur Bar zurück. Er schenkte ihnen nach, was für Jin zumindest das Zeichen war, dass er seine schlechte Laune nicht an ihm auslassen würde. „Mit der Neutralität ist's Essig, wenn Kim Donghwan meint, dass hier eine Verschwörung im Gange ist, Jin. Wie du weißt, steht mein Club unter dem Schutz der Chil Seong Pa; ich kann es mir nicht leisten, mich in interne Streitigkeiten einzumischen, mich auf eine Seite zu schlagen und jemanden wie diesen Irren gegen mich aufzubringen und die Sicherheit meiner Angestellten zu riskieren – von meinem Geschäft und meinem Einkommen ganz zu schweigen!“ Noch bevor er mit den Drinks zum Tisch zurückkehrte, nahm einen kräftigen Schluck und versuchte damit sein erhitztes Gemüt zu beruhigen. Jin verstand den Einwand und konnte es ihm nicht verübeln, aber war er auch enttäuscht. Als Seungho ihm sein Glas reichte, nickte er jedoch und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. „Ich verstehe. Ich werde Namjoon sagen, dass er nicht mehr herkommen soll – es ist bestimmt nicht seine oder unsere Absicht dir und deinen Angestellten zu schaden.“
 

Daraufhin tranken beide schweigend ihren Drink und ließen die ausgetauschten Informationen sacken. Jin hatte sich die Unterstützung seines ehemaligen Bosses in dieser Angelegenheit erhofft, auch wenn er von vornerein gewusst hatte, dass sich dies als schwierig herausstellen könne. Doch dass Seungho bereits unter dem Konflikt der beiden Drogenbosse litt, war ihm nicht bewusst gewesen und er wollte natürlich auch nicht, dass ihm oder seinen Tänzern etwas geschah.
 

Als sie sich wenig später voneinander verabschiedeten, trennten sie sich im Guten. An der Tür reichte Seungho ihm noch ein letztes Mal die Hand und hielt sie etwas länger fest als gewöhnlich. „Versteh mich nicht falsch“, sagte er dann mit ruhiger Stimme, „Wir beide sind alte Freunde und ich schätze Yongguk sehr... aber ich muss auch an mich und meine Leute denken. Richte Yongguk aus, dass ich ihm gerne helfe, sofern es in meiner Macht steht.“
 


 


 

Nachwort
 

Ich hoffe, das neue Kapitel hat euch nach so langer Zeit gefallen und ihr seid nicht enttäuscht ^^

Mich interessiert vor allem, wie ihr die Charaktere und ihre Situationen beurteilt...
 

- Ist das Verhalten der Jugendlichen (Drogen, Einbruch, Prostitution etc.) nachvollziehbar und realistisch?

- Wie authentisch kommen die Schwierigkeiten rüber, mit denen Yongguk in der Kkangpae zu tun hat?

- Ist das Tempo der Geschichte okay oder geht alles zu schnell/langsam?
 

Im nächsten Kapitel gibt es noch einmal einen vorerst letzten Rückblick, bis es dann wieder in der Gegenwart weitergeht.

Die Kapitel bis 13 sind im Detail geplant und es werden wohl so um die 25 bis 30 Kapitel – aber zu 100% sicher bin ich mir da noch nicht...

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  FruityxD
2017-04-05T22:28:57+00:00 06.04.2017 00:28
Sehr schöne ff, hat mir viel Spaß gemacht sie zu lesen :)
Eine sehr interessante Welt hast du da aufgebaut, aus meiner Sicht durchaus realistisch und gut dargestellt :)
Schade das sie nicht weitergeht...

Glg
Antwort von:  Maya
12.05.2017 16:57
Hallo ^^
Tut mir leid, dass jetzt erst eine Rückmeldung von mir kommt. Ich bin so gut wie nicht mehr hier online (derzeit mehr auf FF.de) und grundsätzlich derzeit in einer Art Lebens- und Schaffenskrise. Ich wollte Danger unbedingt beenden (der Plan steht), aber momentan bin ich nicht in der Lage, daran weiterzuschreiben :(
Ich hoffe, dass ich Danger bald fortführen kann, aber ich kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen wann...
Aber dennoch lieben Dank für dein Review! Feedback ist so rar geworden, da tut so ein Kommentar der Seele gut ;)
LG, Maya
Von:  Scorbion1984
2015-08-23T08:46:03+00:00 23.08.2015 10:46
Das ist eine verstörende Welt ,in der Deine Protagonisten leben ! Eigentlich sollte niemand so leben ! Aber die Welt ist nicht perfekt !!!!!
Antwort von:  Maya
24.08.2015 13:57
Nein, die Welt ist nicht perfekt und ja, die Situationen meiner Charaktere sind verstörend. Selbstverständlich ;)
Danke für dein Review!


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