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Ringrichter

Let's get ready to rumble. [TAITO]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ah, es ist getan! Es tut mir wahnsinnig Leid, dass es schon wieder ein wenig gedauert hat – so typisch für mich laaaahmes Etwas –, aber ich schiebe die Schuld da einfach eiskalt auf die Leipziger Buchmesse und die beiden Projekte, die ich für sie geschrieben habe. Was für den Verkauf fertig sein muss, muss eben fertig sein und so -_-. Dennoch tut es mir Leid!
Um diesen langen Pausen mal ein wenig entgegenzutreten, versuche ich mich jetzt an kürzeren Kapiteln. Ich bin solche zwar nicht gewöhnt, aber probieren schadet ja nichts und hoffentlich müsst ihr dann nicht mehr so lange warten.

Ich bedanke mich für die lieben Kommentare und die Aufmerksamkeit, die der FF auch auf meiner Facebook-Seite zugekommen ist <3. Vielen Dank auch an meine Beta Dounika. Viel Spaß bei diesem Kapitel! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Okay— ganz scheine ich es nicht geschafft zu haben, alle zwei Wochen ein Kapitel hochzuladen, aber ich schiebe die Schuld auf meine Arbeit, wegen der ich die Tage komplett aus den Augen verloren habe. Weiter geht es auf jeden Fall: Hoffe, das neue Kapitel gefällt euch. Freue mich immer über Meinungen zu dem Geschreibsel <3

Vielen Dank an meine Beta Dounika <3 Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich entschuldige mich tausendmal für die ewige Wartezeit. Sie rührte einfach daher, dass ich keinen Beta-Leser mehr habe und das Kapitel eigentlich nicht „nackt“ hochladen wollte. Nun werde ich es doch tun, einfach, um voranzukommen.
Wer sich anbieten möchte, gerne per Nachricht an mich :) Ansonsten hoffe ich, dass es euch weiterhin gefällt!

Achtung: Kein Beta-Reading drüber... bitte ertragen. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Oh Gott, ich update wirklich so lahm. Es tut mir sehr, sehr Leid. Vielleicht ist es ein kleiner Trost, dass das folgende Kapitel ebenfalls schon fast fertig ist und - hoffentlich, hoffentlich - sehr bald nachgeschoben werden kann. Ich habe mir zumindest fest vorgenommen, die FF bald zu Ende zu bringen uuuuund bisher habe ich nie eine FF abgebrochen. Das wird mit dieser also ebenfalls niemals geschehen :D Wie immer lieben Dank, an meine Beta Exile
Bitte bleibt mir treu und genießt ein wenig Taito <3
Viel Spaß dabei und über Anregungen, Kritik, etc. freue ich mich immer! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So und es geht weiter. Vielen Dank erneut an meine Beta Exile und natürlich auch für die lieben Kommentare, die ich hier und per Nachricht erhalten habe. Ich hoffe, es gefällt euch weiterhin und ihr bleibt, trotz der langen Wartezeiten mit dabei :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Es hat gedauert, es hat gedauert. Aber hier ist das 6. Kapitel. Entschuldigt bitte die ewige Wartezeit. Das 7. Kapitel wird ebenfalls kommen, versprochen :) Manchmal muss man zwar warten, aber abgebrochen habe ich eine FF bisher nicht.
Hoffe, es gefällt. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Weiter geht es. Ich weiß, wie immer hat es ewig gedauert, aber ich verspreche, die FF wird nicht abgebrochen!
Viel Spaß beim Lesen und Grüße (sowie liebsten Dank an meine Beta Exile <3),
- co Komplett anzeigen

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Prolog

Hier ausnahmsweise mal eine neue Taito von mir. „Schon wieder!“ ist so gut wie fertig und ich gebe mir große Mühe, das Finale alsbald folgen zu lassen – allerdings spukte mir diese Idee hier schon eine ganze Weile im Kopf herum und wollte nun endlich zu Papier gebracht werden.
 

Ich hoffe, es gefällt euch :) 
 

Über Anregungen, Kritik und alle anderen Kommentare würde ich mich – wie immer – sehr freuen.
 


 

Vielen Dank an meine Beta Vidora <3
 


 


 

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„Heute ist der schönste Tag meines Lebens und du wirst gefälligst lächeln, Taichi Yagami.“
 

Taichi war nicht danach, zu lächeln. Ausnahmsweise einmal hatte er sein übliches Grinsen gegen einen finsteren Blick eingetauscht. Nicht einmal der Anblick seiner besten Freundin, die in ihrem schneeweißen Hochzeitskleid durchaus des Vergleichs mit einem, vom Himmel herabsteigenden Engel, würdig war, konnte seine Laune heben. Nichts würde an diesem heutigen Tage seine Laune heben können. Nichts, – außer vielleicht Soras flache Hand, die Bekanntschaft mit seinem Hinterkopf machte und Taichi zischen ließ.
 

„Wofür war das denn bitte?“
 

„Lächeln, Taichi, lächeln. Sofort.“
 

„Was gibt es heute noch zu lächeln?“
 

Sie rümpfte ihre kleine Stupsnase und schenkte ihm einen kritischen Blick, der Wasser zu Eis gefrieren lassen könnte. Taichi war ansatzweise dazu verleitet, Sora dazu aufzufordern, die Eisskulptur in der Eingangshalle ein wenig abzukühlen, aber er verkniff sich seine Späßchen ebenso, wie er seine typische Taichi-gute-Laune unterdrückte. Wobei, was hieß eigentlich, er unterdrückte irgendetwas? Er musste seine Gram heute nicht erzwingen, viel eher hatte er seine übliche, fröhliche Art diesen Morgen nicht mehr auffinden können und das, obwohl er in dem so überaus gemütlichen, angemieteten Hotelzimmer aufgewacht war, das sich direkt über den Räumen befand, in denen die Hochzeitsfeierlichkeiten stattfanden, was wiederum bedeutete, dass Taichi ganz sorglos trinken können, anschließend keinen langen Heimweg mehr antreten müssen würde. Eigentlich sollte er guter Dinge sein, wirklich guter Dinge.
 

„Du hast schon beim Standesamt die ganze Zeit so ein Gesicht gezogen. Du und Hikari seid heute wirklich eine Pest.“
 

Richtig, Hikari hatte sich, in stillen und heimlichen Sekunden, ebenfalls zu einer Miene wie sieben Tage Regenwetter hinreißen lassen, aber immerhin gab sie sich im Allgemeinen weitaus mehr Mühe, Soras Tag mit einem Lächeln zu begrüßen, als ihr großer Bruder es von sich behaupten konnte.
 

„Eventuell ist diese große Hochzeit nicht die beste Idee gewesen, die du jemals gehabt hast.“
 

„Eventuell ist das hier aber mein großer Tag und ich werde ihn feiern, wie es mir passt. Wenn ich ihn also mit all meinen alten Freunden verbringen will, ist das ebenfalls nur mir überlassen.“
 

Taichi nickte knapp, wandte dabei allerdings seinen Blick von Sora ab, deren angeheuerte Stylistin gerade noch einmal die letzten Locken sortierte, an Ort und Stelle sicherte; und richtete ihn aus dem großen Fenster hinaus. Vor dem Hotel tümmelten sich bereits diverse Hochzeitsgäste, aber bisweilen konnte er lediglich schwarze und braune Haarschöpfe ausmachen. Ob es sich nun positiv oder negativ gestaltete, dass man seinen Exfreund hervorragend an seiner außergewöhnlichen Haarfarbe erkennen konnte – Taichi kannte die Antwort auf diese Frage nicht.
 

„So, ich bin fast fertig. Wollen wir dann wieder runter?“
 

Generell hatte Taichi Sora ohnehin nur in ihre Suite begleitet, um sich so lange, wie es nur möglich war, vor der Hochzeitsgesellschaft verstecken zu können, weswegen er nun niedergeschlagen nickte, sich von dem weichen Sessel erhob und der Stylistin ein wackeliges "Danke" zukommen ließ. Die Dame hatte prompt an seiner Seite gestanden und glättete ihm nun seinen Anzug. Sobald sie von ihm abließ, trat Taichi zu Sora und half ihr ungefragt dabei, ihren Schleier und ihre Schleppe zu sortieren.
 

„Ich verstehe sowieso nicht, wieso ihr so nervös seid. Wann haben Hikari und Takeru sich voneinander getrennt? Und Yamato und du?“
 

Großartig nachrechnen musste Taichi nicht einmal. 
 

„Vor zehn Jahren.“
 

„Du und Yama?“
 

Er nickte knapp, wollte den Spitznamen seines Exfreundes am liebsten sofort wieder vergessen.
 

„Yamato und ich, ja. Kari und Takeru vor zwölf.“
 

„So lange ist es her und trotzdem wollt ihr den beiden nicht unter die Augen treten?“
 

Sora seufzte und schlüpfte zuletzt noch in ihre schwindelerregend hohen Stöckelschuhe, ehe sie sich bei Taichi unterhakte und ihm andeutete, dass sie nun so weit war.
 

„Ihr seid langsam zu alt für so ein Verhalten, meinst du nicht?“
 

„In seinen zarten Zwanzigern ist man noch nicht zu alt dafür, sich vor einem Wiedersehen mit seinem Ex zu grauen.“
 

„Taichi“, Sora stockte einen Moment und legte sich eine Hand über ihr Herz. „Du hast keine Vorstellung davon, wie sehr ich mir wünsche, diese Worte wären wahr, aber leider muss ich dir mitteilen, dass wir uns in unseren nicht mehr ganz so zarten Dreißigern befinden und langsam alt genug sind, um über so einer Situation stehen zu können.“
 

„Du hast leicht reden. Dein Ex wird nicht bald hier auftauchen, nachdem du ihn sicher rund neun Jahre nicht mehr zu Gesicht bekommen hast.“
 

Sobald sie die luxuriöse Suite hinter sich gelassen hatten, liefen sie zusammen den weitläufigen Flur entlang, bis hin zu der großen Treppe, die sie direkt in den Eingangsbereich des Festsaals führen würde.
 

„Bist du dir sicher, dass du nicht lieber den Fahrstuhl nehmen willst?“
 

Sora lachte leise und richtete sich ein letztes Mal ihren Schleier.
 

„Und meinen großen Auftritt ruinieren? Niemals.“
 

Sie sollte bezüglich der Betitelung des „Auftritts“ Recht behalten, denn kaum, dass sie den Absatz der Treppe erreicht hatten, begannen die ersten Gäste schon zu applaudieren und zu jubeln. Taichi kam sich reichlich dämlich dabei vor, wie er die Braut – nicht seine Braut, wohl gemerkt – langsam die Stufen hinab leitete und wohl mehr auf seine Schritte achten musste, als die Frau, die in den Pfennigabsätzen steckte. 
 

„Wo ist eigentlich Katsuo?“, fragte er mit gedämpfter Stimme, schaffte es tatsächlich, sich ein winziges Lächeln abzuringen, während sie Schritt für Schritt, Stufe um Stufe, der Meute entgegentraten. Eigentlich war das hier doch gerade sicher die Aufgabe des frisch angetrauten Bräutigams und nicht etwa die des besten Freunds.
 

„Unten. Und jetzt gib dir Mühe Taichi. Vergiss nicht, das ist mein—“
 

„Dein großer Tag, ich weiß. Verzeih mir.“
 

„Genau. Heute geht es nur um mich. Verdirb mir das nicht.“
 

Niemals wollte er Sora ihren großen Tag verderben. Das war absolut das Letzte, was Taichi anstrebte. Und doch, in der Sekunde, in der er sein schönstes Strahlen in die wartende Gruppe von Menschen hatte richten, erhobenen Hauptes die letzten Stufen meistern wollen, entdeckte er die zwei blonden Männer. Sie standen dicht beieinander, nahe der Eingangstür. Einer von ihnen klatschte und pfiff, der andere sah geradewegs zu Taichi auf und auch, wenn sie eine gewisse Distanz voneinander trennte, meinte Taichi jede einzelne der goldenen Fasern, die sich durch die dunkelblaue Iris von Yamatos Augen zogen, erkennen zu können. Natürlich waren diese Gedanken reiner Unfug, aber dennoch wagte er es kaum mehr zu atmen und—
 

Es geschah wie in einem Traum – einem Albtraum –, als Taichis Schritt die nächste Stufe verfehlte und ihm plötzlich der Boden unter den Füßen entglitt. Er taumelte, versuchte sich, sicher nicht sehr elegant, wieder zu fangen und das Gleichgewicht zurückzugewinnen, aber letzten Endes strauchelte er lediglich nicht mehr vorwärts, sondern in Soras Richtung, die ihn wohl aus Reflex hatte halten wollen. Taichi presste die Augen zusammen, streckte noch flink die Arme aus und schickte tausende von kleinen Stoßgebeten an alle möglichen Götter und Geister, die ihm in dieser Schreckenssekunde einfielen, wünschte, dass er doch bitte-bitte nicht Sora zerquetschen würde. 
 

Der Aufprall trat ruckartig ein, erwartet und gleichermaßen doch sehr erschreckend. Taichi spürte ihn als erstes in seinem Handgelenk, das ein besorgniserregendes Knirschen von sich gab. Anschließend schmerzten auch seine Knie und seine Seite. Er konnte sich gerade so an Sora festhalten, ehe er die letzte Treppenstufen auch noch hinabrollte. Sein Blick traf dabei auf den seiner besten Freundin, der ihn prompt dazu animierte, wenigstens zu versuchen, sich aus ihrem üppigen Brautkleid zu entwirren. Noch nie, während ihrer inzwischen knapp dreißigjährigen Freundschaft, hatte er sie jemals so wütend gesehen. Taichis Bewegungen wurden hektischer und irgendwann – es erschien ihm, als wären Stunden verstrichen – konnte er sich endlich vollständig aufrichten, wenn sein Erfolg auch dadurch geschmälert wurde, dass er während seines Wühlens Soras Unterröcke von ihren Beinen geschoben und damit ihre weiße Strapse entblößt hatte. Er erstarrte und ließ sich von Katsuo bei Seite schieben, der mit einem Mal bei ihnen stand und, zusammen mit seinem Trauzeugen, Sora zurück auf die Beine half. Taichi verharrte dämlichen Blickes und vollkommen entsetzt auf der Treppe und verfolgte die drei, wie sie sich langsam einen Weg durch die Schar von Gästen suchten. Er hörte aus weiter Entfernung die Stimmen der beiden Männer, ebenfalls die von Soras Mutter, wie sie sich alle nach dem Wohlbefinden der Braut erkundigten. Nach einigen Minuten gesellten sich auch Hikaris Worte zu dem Wirrwarr hinzu, die durch einen Klapps gegen Taichis Arm unterstrichen wurden und ihn aus seinem eingefrorenen Zustand lösen konnten.
 

„Hast du dir weh getan?“
 

Taichi konnte nur den Kopf schütteln, seiner Schwester ein zerknirschtes, schiefes Grinsen schenken.
 

„Das wird sie mich niemals wieder vergessen lassen.“
 

„Nein, wird sie wirklich nicht.“
 


 

--
 


 

Taichi hatte sich durch die folgenden zwei Stunden der Feier wie in Trance bewegt, konnte er weiterhin nicht fassen, was er angerichtet hatte. Inzwischen saß er zwischen Hikari und Koushirou, gegenüber zwei alter Schulfreundinnen Soras, an einem der runden Esstische und regte sich keinen Zentimeter weit, während seine Sitznachbarn schon fröhlich dem Buffet frönten. Das hieß, Koushirou und die beiden Damen, die Taichi nicht benennen konnte, schaufelten sich gerade das Filet Mignon in ihre Münder, während Hikari lediglich einige Prinzessinnenkartoffeln auf ihrem Teller hin und her schob. Ihr Blick war in die Mitte des Raumes gerichtet, auf das Tanzparkett, auf dem einige der Paare, die bereits fertig gegessen, oder aber kein Interesse am Buffet hatten, zur Musik der Liveband tanzten. Taichi folgte ihrem Blick und beobachtete nun seinerseits die beiden kleinen Kinder, die sich bei den Händen hielten und lachend von einem Fuß auf den anderen traten. Er wusste, welchem der beiden die Aufmerksamkeit seiner Schwester gehörte, sprach der dunkelblonde Schopf des kleinen Jungen doch für sich.
 

Eine Weile verfolgte Taichi den Sprössling noch, ehe er sich wagte, zu einem der Tische am anderen Ende des Parketts zu sehen, an dem ein sehr herangereifter Takeru saß und seinen Nachwuchs ebenfalls keine Sekunde aus den Augen zu lassen schien. Die gute Mutter, Takerus Ehefrau, konnte Taichi fortan auf der Tanzfläche entdecken.
 

„Wer hätte auch ahnen können, dass Takeru mal mit Mimi enden würde?“, murmelte er grübelnd und wurde dafür direkt erst einmal von Kari in die Seite gestoßen.
 

„Solltest du nicht lieber weiterhin in absoluter Scham versinken, dafür, was du vorhin angerichtet hast? Kein Wort über die Lippen kriegen?“
 

„Ich meine ja nur.“
 

Er sah weiterhin zu Mimi rüber, die sich endlich dazu erbarmt hatte, den verlegen dreinschauenden Trauzeugen freizugeben und seiner eifersüchtig brodelnden Angebeteten zu überlassen, nun aber auch schon wieder ihr nächstes Opfer anzupeilen schien. Im ersten Moment glaubte Taichi noch, dass sie sich Katsuo angeln wollte, bis allerdings der zweite – naja, mit dem Nachwuchs zusammengezählt wohl eher dritte – Blondschopf hinter dem Bräutigam des Tages auftauchte und sich nicht zweimal bitten ließ. Taichi griff nach seinem Champagner, hielt das Glas fast schon zu fest umklammert, während er sich einen großen Schluck gönnte. 
 

„Siehst du, hättest du mal besser nichts gesagt. Kleine Sünden werden sofort bestraft, das weißt du doch.“
 

Denn immerhin lag der Fokus des gesamten – verdammten – Raumes plötzlich auf dem eleganten, elfengleichen Pärchen, das regelrecht über das Parkett der Tanzfläche zu schweben schien. 
 

„Ironisch, dass gerade jetzt ein Walzer angestimmt wurde, oder?“, vernahm Taichi Koushirou irgendwo von seiner Seite her, aber er ging nicht weiter auf seine Worte ein, auch, wenn er sie sich wohl selbst im gleichen Moment gestellt hatte.
 

Yamato und Mimi glichen Turniertänzern, wie sie in schier perfekter Harmonie federleichten Schritten folgten. Der leichte, glitzernde Stoff von Mimis Abendkleid schien sie wie ein verzauberter Schleier zu umgeben und ihre üppigen, glänzenden Locken schwangen in ihren Bewegungen mit. Sicher konnte ihr Antlitz alle Anwesenden verzaubern, so viel stand für Taichi außer Frage, auch wenn für ihn nichts fernab des Mannes an Mimis Seite existierte, der die zierliche Frau gleichermaßen fest und doch zärtlich in seinen Armen zu führen wusste. So grazil, wie er ihre Wege dirigierte, den Blick dabei keine Sekunde aus Mimis Augen abzuwenden schien. Das Bild jagte Taichi diverse kalte und heiße Schauer über den Rücken, ließ ihn im gleichen Moment abfällig die Zunge schnalzen.
 

„Kitschig“, vernahm er Kari von seiner rechten Seite. 
 

„Angeber“, ergänzte er selbst. Natürlich sah Hikari in erster Linie nur Mimi, die mit ihrem ersten Freund – ihrer ersten großen Liebe – verheiratet war und diesem einen zuckersüßen Sohn geschenkt hatte, obendrein so ziemlich die hübscheste Frau verkörperte, die Odaiba jemals hervorgebracht hatte. Taichi konnte ihre Frustration nachvollziehen, obwohl da ein gewisser Punkt keinen rechten Sinn ergeben wollte.
 

„Hast du dich nicht damals von ihm getrennt?“, fragte er also und zwang sich dazu, das tanzende Elfenpaar schlichtweg zu ignorieren. Was interessierte ihn auch dieser perfekt zugeschnittene, dunkelgraue Anzug, das gestärkte, weiße Hemd oder gar der elegante, schlanke Körper, den sie momentan vor den Blicken der begeisterten Zuschauer abschirmten? Eben: Gar nicht interessierten sie ihn, nicht einmal im Ansatz.
 

„Soll bedeuten?“
 

Taichi hob seine Schultern an.
 

„Das heißt nicht, dass mir dieses Schauspiel da vorne gefallen muss, oder?“
 

Irgendwann waren Hikari und Mimi mal so etwas wie beste Freundinnen gewesen, aber das hatte sich eigentlich schon vor der Beziehung Takerus und Mimis im Sande verlaufen. Inzwischen glaubte von ihnen niemand mehr daran, dass die beiden sich einander jemals wieder annähern könnten. Nicht, wenn Hikari schon fast vor Eifersucht verglühte.
 

„Du hast aber nicht vergessen, dass dein Mann daheim auf dich wartet, Kari, ja?“
 

Daisuke hatte es eigentlich aufgrund einiger Termine zeitlich nicht geschafft, sie zur Hochzeit zu begleiten, aber momentan erschien es Taichi, als hätte eine göttliche Fügung seine Abwesenheit herbeigeführt. Er wollte sich gar nicht ausmalen, was geschehen wäre, hätte der sowieso schon sehr eifersüchtige Daisuke hautnah miterleben dürfen, wie seine Angetraute von ihrer Missgunst bezüglich ihres Exfreundes und dessen Familie derart zerrissen wurde.
 

„Ja, ich weiß, das hat aber nichts damit zu tun, dass das da einfach nur lächerlich ist.“
 

„Richtig.“
 

Taichi ritt in diesem Moment sicher nicht darauf herum, dass Hikari Takeru damals verlassen hatte, um sich selbst entdecken, etwas neues ausprobieren zu können, und diese Wünsche sie direkt in die Arme des Draufgängers Daisuke geführt hatten. Dieser hatte in seiner wilden und unbefangenen Art wohl weitaus interessanter und verführerischer gewirkt als ihr ruhiger und bodenständiger Ex.
 

„Wenigstens hast du einen Mann, der auf dich wartet.“
 

Und er selbst stand alleine da, wartete nur darauf, dass jede Sekunde ein Märchenprinz den Raum stürmte, Yamato an seine breite Brust zöge, vor aller Gäste Augen auf seine Knie sinken und ihm einen Diamanten entgegen heben würde, der etwa der Faustgröße Taichis entspräche. 
 

„Dafür ist dein Ex nicht mit Frau und Kind hier, oder meinetwegen auch Mann und Hund, wie du es auch gerne haben möchtest.“
 

„Wäre beides seltsam.“
 

Die Yagami Geschwister tauschten grimmige Blicke miteinander aus, wandten diese daraufhin auf die Gläser vor ihnen und sprachen die restliche Stunde kein Wort mehr miteinander oder einem der Gäste.
 


 


 

---- tbc.
 


 


 

Vielen Dank für’s Lesen. <3

Erste Runde, erster Schlag

Es war nicht so, dass Taichi Soras Wunsch nicht nachvollziehen konnte. Wahrscheinlich würde er diesen sogenannten „schönsten Tag im Leben“ auch gerne mit all seinen Freunden und Verwandten verbringen wollen. Er sollte ihr wohl keinen Strick daraus drehen, dass sie einfach nur alle hatte wiedersehen wollen. Taichi selbst hatte sich die letzten zwei Stunden ununterbrochen mit Koushirou und Jou unterhalten, also in knappen einhundertzwanzig Minuten bestimmt „mal eben“ um die fünf bis sieben Jahre aufgeholt, die sie einander kaum gesehen oder auch nur gesprochen hatten. Sogar mit Miyako aus Soras alter Volleyballmannschaft, der er früher vielleicht nur ein- oder zweimal über den Weg gelaufen war, hatte er einige höfliche Worte ausgetauscht. Man konnte dementsprechend nicht behaupten, dass er die Gelegenheit nicht zu ergreifen und zu genießen wusste. Nur konnte Sora denn nicht verstehen, dass diese netten Minuten des Austauschs mit einem hohen Preis einhergingen? Der Tag für ihn von dunklen Sturmwolken der Vergangenheit überschattet wurde?

Während er so zwischen Koushirou und Jou saß, in ihrem Schutz ab und an mal das Buffet oder den Balkon aufsuchte, konnte er sich sicher fühlen. Aber noch hatte er sich nicht dazu überwinden können, auch nur einen Schritt alleine zu tun, eventuell sogar durch den großen Festsaal zu streifen, alles in der Befürchtung, Yamato begegnen zu können und dann keine Ausrede für eine sofortige Flucht parat zu haben. Der Nervenkitzel, der ihm die Nackenhaare zu Bergen stehen ließ, während er am Geländer des Balkons lehnte, die anderen Gäste beobachtete und die Sekunden zählte, ehe sein Begleitschutz von der Bar zurückkehren würde, reichte ihm vollkommen aus. Er wusste, dass, würde er auch nur eine Sekunde lang nicht aufpassen, das Treiben um sich herum nicht mehr verfolgen, etwas Schreckliches geschehen, ihm seine Nachlässigkeit also heimgezahlt werden würde.

Leider half ihm dieses Wissen nicht gegen seine Neugierde aus, die ihren eigenen Weg einschlug, als ein lautes Klirren ertönte und prompt die panischen Entschuldigungen eines jungen Kellners folgten. Dieser hatte ein ganzes Tablett mit gefüllten Champagnergläsern zu Boden fallen lassen, nachdem er über die Schleppe des Kleids von Soras Tante gestolpert war.

            „Hallo Taichi.“

            Taichi fuhr zusammen und sah zwangsläufig zum Urheber der Worte, der weichen und klingenden Stimme rüber.

            „Mimi— hi.“

            Es brachte Taichi kein wirkliches Gefühl des Triumphs ein, dass er Recht behalten hatte. Keine ganze Sekunde lang hatte er einmal nicht aufgepasst und – BAM – schon war er überfallen worden. Nur, anscheinend meinte es das Universum nicht ganz schlecht mit ihm, da es immerhin „nur“ Mimi war und nicht etwa Takeru oder – Gott bewahre. – der Ex persönlich.

            „Wieso lächelst du so?“

            Sie gluckste leise und stieß ihm gegen die Schulter. Taichi war gar nicht aufgefallen, dass er sie und schließlich auch ihren kleinen Sohn beobachtet, ein warmes, wenn auch etwas schiefes Lächeln nicht weiter hatte unterdrücken können. Ja, natürlich konnte er die Gefühle seiner Schwester nachempfinden und er wollte ihr durchaus den Rücken stärken, aber nichtsdestotrotz hatte ihm Mimi immer schon sehr am Herzen gelegen und Takeru war sogar ein noch größerer Teil seines Lebens gewesen.

            „Entschuldige.“

            Sie winkte ab und lachte leise, zuckte anschließend mit den schmalen, nackten Schultern. Taichi hatte sich stets gefragt, wie Frauen ärmellose Kleider und Oberteile tragen konnten, ohne darum fürchten zu müssen, von einer Sekunde auf die nächste plötzlich vollkommen entblößt dastehen zu können, aber er hielt es für unangebracht, eben diese Gedanken genau jetzt zu verbalisieren. Es gab für alle Fragen eine Zeit und einen Ort und beides war hier und jetzt nicht gegeben. So viel hatte selbst er, Taichi Yagami – seines Zeichens ein Meister der unangebrachten und unangenehmen Fragen –, dazu gelernt.

            „Ich weiß, ich weiß. So reagieren eigentlich alle. Man sollte meinen, die letzten Jahre, die Takeru und ich nun schon zusammen sind, hätten dazu ausgereicht, dass sich die Leute an die Lage gewöhnen konnten.“

            Wo sie recht hatte. Wahrscheinlich verhielten sie sich alle ausgenommen lächerlich und kindisch.

            „Wie lange seid ihr nun schon verheiratet?“

            „Drei Jahre.“

            „Und der Kleine ist jetzt?“

            „Drei.“

            Sie lachte wieder, zwinkerte frech.

            „Es passiert, wie es passiert, richtig? Aber immerhin waren wir vorher schon eine Weile lang zusammen. Sonst hätte es sicher etwas— unschön gewirkt, wenn man es so sagen will.“

            Taichi nickte, sah zu dem Jungen hinab, den er automatisch als seinen „nahezu“-Neffen betrachtete. Natürlich waren Yamato und er nun schon eine halbe Ewigkeit über kein Paar mehr, aber aus alten Gepflogenheiten konnte man sich für gewöhnlich nur schwer lösen.

            „Wie heißt du denn?“

            Der Kleine war aber auch zu niedlich, mit seinen blonden Locken und den großen, braunen Augen, wie er sich hinter seiner Mutter zu verstecken versuchte, die in ihrer zierlichen Gestalt keinen sonderlich guten Schutz abgab. Anstatt ihm zu antworten, schob er sich nur weiter hinter Mimi, reagierte auch nicht auf ihre Worte, die ihn eigentlich dazu aufforderten, sich Taichi doch vorzustellen.

            „Er ist schüchtern“, erklärte Mimi Taichi schließlich. „Aber sein Name ist Taichi.“

            „Taichi?“

            Gut, jetzt gehörte ihr all seine Aufmerksamkeit. Ebenso auch seine Skepsis. Wieso sollten Takeru und Mimi ihren Sohn nach ihm benannt haben?

            „Was? Es ist ein schöner und starker Name und du besitzt kein Monopol oder sonst etwas auf ihn.“

            „Monopol?“

            „Was, sehe ich aus wie ein Wörterbuch? Du weißt schon, was ich meine: Nur weil du Taichi heißt, bedeutet das nicht automatisch, dass niemand sein Kind so nennen darf.“

            Taichi nickte, wenn auch unschlüssig. So ganz wollte es nicht in seinen Kopf, dass das junge Paar gerade einen Namen wählen würde, den ein alter Bekannter trug. Allerdings durfte er in diese Begebenheit auch nicht zu viel hineininterpretieren, weswegen er die Gedanken beiseite schob und nickte.

            „Guter Name auf jeden Fall.“

            „Danke.“

            Sie schwiegen einen Moment, betrachteten einander. Nie hatte sich Taichi mit der Behauptung gerühmt, Menschen, ihre Gesten und Ausdrücke besonders gut lesen zu können, aber selbst er erkannte die Wehmut, die in ihren Augen schimmerte. Sie hatten einander eine lange Zeit über sehr nah gestanden und nun konnten sie kaum fünf Minuten der Konversation aufrecht erhalten.

            Mimi räusperte sich und versuchte zu lachen, aber das Geräusch klang nicht aufrichtig.

            „Nun, deine Schwester versucht mich also mit ihren Blicken umzubringen?“

            Es wunderte Taichi etwas, dass sie das Thema nicht weiträumig umfuhr, sondern sogar direkt ansprach.

            Er nickte und lachte nun selbst.

            „Komm schon, du hast ‚ihren’ Takeru geheiratet und einen Sohn mit ihm. Was hast du erwartet?“

            „Ja, soweit komm ich selbst noch mit, aber mal im ernst: Das ist zwölf Jahre her. Zwölf Jahre lang sind sie schon kein Paar mehr. Sie hatten anschließend kaum noch Kontakt miteinander, mal ganz davon abgesehen, dass sie ihn für Daisuke verlassen hat – aus dem Nichts heraus. Sie hat ihm das Herz gebrochen.“

            Da konnte Taichi allerdings auch nichts gegen sagen, denn Mimi präsentierte durchaus eine korrekte Darstellung der Geschehnisse.

            „Ich weiß es nicht, aber wahrscheinlich gibt es einfach einige Menschen, die—  also die uns im Herzen bleiben und von denen wir nicht— wegkommen, vielleicht?“

            Er war kein grandioser Wortakrobat, aber Mimi zumindest auch nicht, weswegen sie eigentlich schon immer auf einer gemeinsamen Ebene miteinander hatten kommunizieren können. Sie nickte auch sofort, schien seine Gedanken nachvollziehen zu können.

            „Schade ist es trotzdem. Ich habe, naiv wie ich manchmal bin, gehofft, dass wir weiterhin Freundinnen sein könnten. Naja, wenigstens alte Bekannte.“

            Sie ergriff Taichis Hand, der dies keineswegs zu verhindern gedachte. Eher erwiderte er den sanften Druck kurz, bevor die Berührung auch schon wieder gelöst wurde. Mimi wollte wahrscheinlich beteuern, sie würde sie vermissen. Aussprechen musste sie diese Worte allerdings nicht, empfanden sie wohl das Gleiche und brauchten keine genaue Definition oder Beschreibung eines genauen Ausmaßes dieser Gefühle.

            „Nun“, brach Mimi nach einigen Minuten die Stille und Melancholie, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, „ich schätze mal, du hast noch nicht mit Yamato gesprochen?“

            Die Frage brachte Taichi zum Lachen. Mimi stimmte mit ein und wieder verstanden sie sich, ohne weitere Worte zu benötigen.

            „Ist in Ordnung, ich wollte nur mal gefragt haben. Es ist zu schade—“

            „Lass gut sein, Mimi.“

 

-

 

„Kannst du mir sagen, was das sollte?“

            Taichi tat automatisch einen Schritt – eigentlich fast schon eher einen Satz – zur Seite, als Hikari ihn plötzlich abfing, grob am Arm ergriff.

            „Was was sollte?“

            Eigentlich wusste er sehr wohl, worauf seine kleine Schwester anspielte, aber das bedeutete nicht automatisch, dass er auch dazu stehen musste. Bislang hatte es ihn schon aus einigen unbequemen Situationen retten können, sich einfach ein wenig dümmer oder wenigstens langsamer zu stellen, als er es in Wirklichkeit war.

            „Wieso redest du mit der?“

            Hikari, obwohl sie gemeinsam aufgewachsen waren, war diese Masche von ihm anscheinend nie durchstiegen. Wenn Taichi es sich genau überlegte, hatte ihn eigentlich niemand je so hundertprozentig durchschauen können. Das hieß, niemand außer Yamato natürlich, der, wenn Taichi auch nur versucht hatte, sich dämlich zu stellen, selbst noch dümmer getan hatte. Ein Wechselspiel, das Stunden hatte andauern und Taichi letzten Endes zumeist in den Wahnsinn hatte treiben können. Er war es dann meistens gewesen, der verzweifelt – oft sogar verzweifelnd lachend – aufgegeben hatte.

            „Kari, übertreib nicht. Es ist jetzt nicht so, als hätte sie dir deinen Ehemann ausgespannt oder so. Sie ist eine alte Freundin und ich darf mich mit ihr unterhalten, wenn ich das will.“

            Er schenkte ihr einen vorwurfsvollen Blick.

            „Und du solltest auch mit ihr reden.“

            „Ach, sollte ich das?“

            „Ja.“

            „Ja?“

            „Ja.“

            „Was weißt du schon, Herr ‚Ich verstecke mich schon seit Stunden vor meinem Ex’?“

            Taichi schnaufte. Sicher würde er nun nicht von sich weisen, dass er sich vor Yamato versteckte, aber Hikari war diesbezüglich die letzte Person, die ihn rügen durfte.

            „Also hast du schon mit Takeru gesprochen und ihm nachträglich zur Hochzeit oder der Geburt seines Sohnes gratuliert?“

            Hikari rümpfte die Nase. Sie schüttelte ihren fein frisierten, haselnussbraunen Schopf und schenkte ihrem großen Bruder keinen zweiten Blick mehr. Lieber stöckelte sie wortlos auf ihren Pfennigabsätzen davon, ließ Taichi zurück, der in seiner Position verharrte und zusah, wie sie verschwand. Wieso musste er jetzt eigentlich ausbaden, dass Hikari eine Entscheidung in Frage zu stellen schien, die sie vor zwölf Jahren getroffen hatte? Und darüber hinaus: Seit wann meinte sie eigentlich, mit ihrer Entscheidung nicht mehr zufrieden zu sein? Bis zu dem Moment, an dem sie erfahren hatten, dass Takeru und Mimi ebenfalls zu den Hochzeitsgästen zählten, hatte Hikari eigentlich keine Sekunde über gezweifelt.

            Taichi schüttelte nur noch seufzend den Kopf. Er verstand Frauen nicht, seine Schwester nicht und andere weibliche Geschöpfe erst recht nicht. Es gab einen Grund dafür – eigentlich mehrere Gründe –, wieso er sich ausschließlich für andere Männer interessierte, denn deren Idiotie konnte er wenigstens noch aus seinem eigenen Verhalten ableiten und damit in ihren Ansätzen nachvollziehen. Wieso konnte das Leben nicht simpler sein? Andauernd musste alles kompliziert und verstrickt, zermürbend, ermüdend, maßlos in die Verzweiflung und den bodenlosen Wahnsinn treibend— Nun, auf jeden Fall war es anstrengend. Eigentlich wollte Taichi nicht die restliche Hochzeit über auf dem Flur fristen, sich den Kopf darüber zerbrechen, ob er wohl der einzige Mensch auf dem Planeten Erde war, der einfach nur nach einer einfachen, angenehmen und liebevollen Beziehung suchte. Während der Hang zur Dramatik und dem zusammenhangslosen, unsinnigen Verhalten verteilt worden war, schien er anscheinend gerade beim Buffet gewesen zu sein.

            Er verwarf seine wirren Gedanken, die anscheinend ansteckend jeden Gast der Hochzeit heimzusuchen schienen, wollte gerade wieder den Festsaal anpeilen, als ihm die Tür der Herrentoilette ins Auge fiel und ihn spontan daran erinnerte, dass er ursprünglich mal hergekommen war, um einer – ausnahmsweise sehr menschlichen und nachvollziehbaren – Handlung nachkommen zu können: Selbst ein trainierter Biertrinker, der neunzigminütige Fußballspiele, inklusive Halbzeit und zweifacher Verlängerung, durchzuhalten wusste, ohne auch nur ein einziges Mal die Couch zu verlassen, konnte von knapp zehn Gläsern Champagner, den ausgleichenden zehn Gläsern Wasser und zwei Tequila Shots irgendwann in die Knie gezwungen werden.

            Er griff nach der Türklinke, lief damit fast in einen weiteren Gast hinein, der die Herrentoilette gerade hinter sich lassen wollte. Sie verbeugten und entschuldigten sich beide knapp und Taichi wartete einen Moment, bis der Fremde von dannen gezogen war, bis er ein weiteres Mal nach dem goldenen Knauf langte und die Tür öffnete. Der positive Aspekt einer so überzogen pompösen Hochzeit gestaltete sich durchaus in den Bädern, die, trotz der knapp zweihundert Gäste, noch immer in ihrer Sauberkeit blitzten und funkelten. Taichi zumindest fühlte sich fast schuldig dabei, die glänzenden Fliesen mit seinen dreckigen Sohlen zu betreten, aber soweit, dass er sich vor dem Klogang seiner Schuhe entledigte, war es dann doch noch nicht gekommen. Zumal man ja auch nie wusste, wie treffsicher die anderen Herren der Schöpfung noch waren, so spät am Abend und auf einer Hochzeit, deren kostenloser Ausschank aller alkoholischer Getränke, die man sich nur vorstellen konnte, auch lebhaft genutzt wurde.

            Entsprechend der Regeln, dass auf einer Männertoilette stets der Blickkontakt gemieden und einfach, so flink es ging, das erledigt werden sollte, was zu erledigen anstand, achtete Taichi keineswegs auf eine etwaige Gesellschaft innerhalb der edlen Räumlichkeit. Er wich einem weiteren Gast aus und peilte geradewegs die Urinale an. Ganz am Rand vernahm er die Tür, die sich öffnete und schloss, nebenbei auch das laufende Wasser von einem der Waschbecken, die sich zur Linken des Pissoirs befanden. Er schenkte ihm keine weitere Aufmerksamkeit, überlegte inzwischen – entsprechend viel Alkohol später – nicht einmal mehr, ob er nicht doch lieber eine der abgeschlossenen Kabinen aufsuchen sollte. Ab einem gewissen Pegel interessierte es wohl selbst den größten Skeptiker des Pissoirs in der Öffentlichkeit nicht weiter, wer sehen oder hören konnte, wie man der Natur Folge leistete. Taichi selbst war meistens unentschlossen, wie er zu diesen Einrichtungen stand. Zwischen anderen angeheiterten Fußballfans oder gar seinen Freunden konnte ihn eigentlich nichts weniger interessieren, aber in so einem feinen Hotel unter fremden, pikfeinen Leuten war das ein wenig anders.

            Er versuchte gerade, seine Gedanken in Richtung eines verlassenen Wasserfalls zu lenken, als zu allem Überfluss das Rauschen des laufenden Wassers verebbte und absolute Stille im Waschraum eintrat. Einen Moment schloss er die Augen und wollte sich ablenken, allerdings trug die unangenehme Ruhe sicher nicht zu seiner Entspannung bei. Ebenso wenig das Geräusch, dass teure Ledersohlen auf den Fliesen auslösten, als sie sich vom Waschbecken wegbewegten. Wollte der Besitzer der Sohlen den Raum verlassen, würde er zwangsläufig an Taichi vorbeigehen müssen, was diesen gleichermaßen beunruhigte und doch auf einen baldigen, ungestörten Moment der absoluten Isolation hoffen ließ.

            Ein wenig unangenehm blieb es dabei natürlich, wie er regungslos vor dem Urinal verharrte, krampfhaft die Fliesen vor sich anstarrte und darauf hoffte, bald allein sein zu können. Das Gefühl sollte nicht verebben, als die Sohlen sich näherten und— nicht etwa an ihm vorbeizogen, sondern einen knappen Meter von ihm verharrten. Ultimativ sah sich Taichi zwischen seiner Neugierde darüber, was die ungewünschte Gesellschaft aufgehalten hatte, und seinen eigenen beruhigenden Worten gefangen, mit denen er sich selbst erklärte, dass er sich gerade viel zu viel in diese Situation hineindichtete und der Fremde jede Sekunde abziehen würde. In diesen Gedanken, seiner Starre und fast schon mit angehaltener Luft verharrte Taichi, wartete einfach nur ab, bis es ihm doch unsinnig erschien, was hier gerade ablief. War der Kerl etwa hinter ihm stehengeblieben, um ihn nervös zu machen, oder was – zur Hölle – trieb er mitten in einem Raum, in dem definitiv kein einziger Grund dafür existierte, untätig und länger als nötig zu verharren.

            „Hi Taichi.“

            Wahrscheinlich konnte man kaum so schnell gucken, wie der Angesprochene sich wieder vollständig bedeckt und sogar den Reißverschluss seiner Hose hochgezogen hatte. Er tat sich ein wenig schwer mit dem schmalen Ledergürtel, der sich nicht schließen lassen wollte, während er sich vom Urinal abwandte und damit direkt Yamato gegenüber finden konnte. Da stand er nun also, der Ex.

            „Kannst du immer noch nicht pinkeln, wenn du dich beobachtet fühlst?“

            Taichi brummte, verfluchte seine Verlegenheit, die ihn so panisch hatte reagieren lassen.

            „Bist du unter die Stalker gegangen?“, fragte er zurück, anstatt die dämliche Frage des Anderen mit einer Antwort zu würdigen. „Oder hast du es so nötig, dass du Männern nun schon im Badezimmer auflauerst und versuchst, einen Blick zu erhaschen?“

            Während er versuchte, so garstig wie möglich zu klingen, widerstand Taichi gleichermaßen der Versuchung, Yamato direkt ins Gesicht zu sehen. Der Moment war seltsam genug und da musste er sich nicht auch noch von einem Blick in die bekannten blauen Augen verwirren lassen.

            „Hm, nein, eigentlich war ich hier, weil mir Taichi aufs Hemd gespuckt hat.“

            „Ich habe überhaupt nicht—“

            Taichi unterbrach sich selbst abrupt, hatte er noch im gleichen Moment verstanden, dass es sich kaum um ihn handeln konnte, sondern Yamatos Neffe gemeint gewesen war.

            „Tz“, inzwischen hatte Taichi seinen Gürtel halt Gürtel sein lassen und lieber sein Hemd ansatzweise gerichtet, das er allerdings später definitiv noch einmal ordentlich in seine Hose zurückverbannen müssen würde. „Das erklärt nicht, wieso du hinter mir stehen bleibst.“

            „Ach so, das war zu meiner persönlichen Erheiterung. Ich wusste immerhin, wie wahnsinnig es dich machen würde.“

            „Witzig.“

            „Schon ein wenig, ja. Aber bitte, bitte, lass dich von mir nicht stören. Ich glaube, du wolltest dich gerade erleichtern.“

            Schnaubend schüttelte Taichi seinen Kopf. Es war wohl nur zu erwarten gewesen, wie ein erstes Aufeinandertreffen mit Yamato ablaufen würde, bedachte man ihre letzten Stunden miteinander oder eher, wie sie diese verbracht hatten. Als frisch verknallter Teenie oder aufrichtig verliebter Langzeitfreund hätte sich Taichi niemals träumen lassen können, zu welchem Rosenkrieg „sein“ Yamato und er fähig wären.

            „Du hast keine Vorstellung davon, was mich gerade alles erleichtern würde“, murmelte Taichi in diesem Sinne unter seinem eigenen Atem. Er wollte ungerne eine Prügelei auf der Herrentoilette anzetteln und dazu gehörte auch, dass er Yamato nicht provozieren, geschweige denn einen ersten Hieb langen würde. Sie hatten sich im Laufe ihrer Vergangenheit beide nicht sonderlich mit Ruhm bekleckert, was ihre Handgreiflichkeiten gegeneinander betraf, so viel stand schon einmal fest.

            „Nun, wir sind inzwischen über dreißig, richtig?“

            „Hm?“

            Deutlich irritiert linste Taichi zu Yamato rüber, der weiterhin bei ihm verharrte, allerdings keinen Blickkontakt suchte, sondern sich selbst gerade im gegenüberliegenden Spiegel betrachtete, nonchalanter Art seine teuer wirkende Krawatte richtete.

            „Worauf willst du hinaus?“

            Er hatte es immer schon gehasst, sprach Yamato in Rätseln mit ihm, stellte sich damit über ihn und seine stockende, langatmige Bereitschaft dazu, zwischen unsinnigen Zeilen und Floskeln zu lesen.

            „Glaubst du wirklich, du hättest dich so stark verändert? Wir haben gut zehn Jahre jeden Tag miteinander verbracht—“ Yamato stockte und schüttelte den Kopf. „Sogar über zehn Jahre“, verbesserte er sich schließlich, „und das verschwindet nicht einfach so. Ich weiß, dass du dir gerade gewünscht hast, mir Eine zu verpassen, dich dann aber zur Vernunft gerufen hast, weil du Soras Hochzeit nicht fortführend ruinieren möchtest. Das Fiasko auf der Treppe hat aber auch wirklich gereicht.“

            „Und was hat das bitte mit unserem Alter zu tun?“

            Es sollte ihn wahrscheinlich nicht wundern, dass Yamato ihn selbst nach zehn Jahren der Trennung noch wie ein offenes Buch lesen konnte, aber das bedeutete nicht gleichermaßen, er müsste seine dämlichen, tragenden Reden verstehen... oder gar ertragen.

            Yamato zuckte mit den Schultern. Er hatte sich Taichi wieder zugewandt, die Arme dabei vor der Brust gekreuzt, wie er es immer zu tun pflegte, wollte er sozusagen einen emotionalen Abstand zwischen sich und seinen gegenüber bringen. Anscheinend war nicht nur Taichi seiner Marotten treu geblieben.

            „Ich meine ja nur. Wir sind keine Teenager mehr, die keine Kontrolle über sich halten können und sich deswegen schon aufgrund einer kleinen, unwichtigen Auseinandersetzung prügeln müssen. Wir waren doch immer eher— nun— impulsiv, wenn man es so nennen möchte.“

            Taichi wusste nicht, ob er es wirklich so nennen wollte. Waren sie impulsiv gewesen? Er selbst, so kitschig es auch klingen mochte, hatte es immer als ein Ausmaß ihrer Leidenschaft füreinander betrachtet, waren sie aus dem Nichts auf hundertachtzig gefahren und hatten einander entweder verprügelt oder aber noch an Ort und Stelle ihrer Kleidung entledigt – oder eben beides auf einmal – oder nacheinander zumindest.

            „Tu nicht so, als könntest du meine Gedanken lesen. Das war nie niedlich.“

            „Niedlich?“

            „Du weißt schon, wenn du so tust, als wärst du pfiffig. Mich konntest du damit sowieso nie reinlegen. Ich war immerhin dabei, als du unsere Stromrechnung kaum durch zwei teilen konntest.“

            „Mathematik hat nichts mit Menschenkenntnis zu tun, Taichi. Du wusstest nicht, dass Australien kein Teil Amerikas ist.“

            „Das stimmt nicht einmal.“

            Wurmten Taichi Yamatos alberne Sprüche schon, so trieb es ihm regelrecht die Glut in die Brust, als sie gleichzeitig mit der Zunge schnalzten und einen trotzigen Laut von sich gaben.

            „Wärst du ach so erwachsen, würdest du mir übrigens nicht im Bad auflauern.“

            „Wärst du so erwachsen, hättest du mich anständig begrüßt, anstatt direkt das Weite zu suchen.“

            „Ich habe nie behauptet, erwachsen zu sein. Du hast mit irgendetwas von ‚über dreißig’ angefangen. Und mal ganz davon abgesehen bist du immer noch zehn Monate älter als ich.“

            Er ließ seinen Blick demonstrativ an Yamato auf und ab gleiten, verbot sich dabei selbst, tatsächlich wahrzunehmen, was er da sah. Es ging hier nicht darum, wie sein Ex aussah, was er trug, wie er sich bewegte – selbst zehn Jahre und eine hässliche Trennung später war Taichi nicht ignorant genug, um von sich weisen zu können, dass Yamato für ihn den Inbegriff von Eleganz und Ausstrahlung verkörperte und immer verkörpern würde. Ja, er war kein Model, hatte sie ewig schon über seine schmalen Lippen und zu dominanten Wangenknochen, das spitze Kinn beschwert; ganz zu schweigen von den Augenringen, die er niemals ausschlafen konnte und die immer noch recht düster unter blonden Wimpern lagen. Für Taichi war er dennoch immer perfekt gewesen. Für ihn und generell hatte doch nie jemand abzustreiten gewusst, dass kein Junge ihrer Nachbarschaft sich graziler bewegte, adretter auftrat und eine gewisse Ausstrahlung der Unerreichbarkeit und Erhabenheit ausstrahlte.

„Suchst du etwas bestimmtes?“

Aber dieses Mal wollte sich Taichi von Yamatos schnippischer Art nicht beirren lassen, wenigstens diese Sekunden in seinen Gedanken, seiner tunlichst gemiedenen Inspektion verbringen, die ein vollständiges Eigenleben entwickelt zu haben schien. Fehler? Von welchen Fehlern hatten sie eigentlich immer gesprochen?

Schmale Lippen waren männlich, spitze Wangenknochen wirkten erwachsen und edel und wer sich noch über tiefe Augenringe beschweren konnte, die ein blasser Teint nun einmal mit sich bringen konnte, der sollte doch bitte ein paar Millimeter aufsehen und sich davon überzeugen lassen, dass sie die tiefblauen Augen nur intensiver unterstrichen.

            Taichi schüttelte sich diese Gedanken aus dem Kopf und rief sich in besagten rasch zurück, wieso er Yamatos Gestalt kritisch hatte beäugen wollen. Er zischte.

            „Selbst wenn wir uns prügeln würden, hättest du wohl kaum mehr eine Chance. Das Fitnessstudio scheint nicht unbedingt dein Freund zu sein?“

            „Nicht jeder stopft so viel Essen in sich hinein, dass er morgens, mittags und abends ganz zwangsläufig zum Training muss, um nicht binnen eines knappen Monats die Silhouette einer Rumkugel angenommen zu haben, nicht? Oder doch besser die Bibendums?“

            Das war auch sehr typisch für den Yamato, den Taichi kannte. Er hatte immer schon gerne mit Begrifflichkeiten und Fremdworten, oder eben einfach nur unnützen Wissen um sich geworfen, einfach, weil er es konnte und sich gerne intelligent fühlte. Für gewöhnlich hatten ihn Gesprächspartner schließlich immer um Erklärungen gebeten, oder sich beim Überspielen ihrer Unwissenheit blamiert und Yamato dann ein kleines, überhebliches, aber auch gleichermaßen befriedigtes Lächeln entlocken können.

            „Du bist der einzige Mensch, den ich kenne, der denkt, unnützes Wissen ließe ihn intelligent und attraktiv erscheinen.“

            Yamato lachte, ließ Taichi seine Stirn kritisch in Falten legen. Was hatte er nun wieder gesagt?, fragte er sich.

            „Was?“

            „Nun, kennen wir uns eigentlich noch?“

            „Hast du nicht gerade gesagt, du kannst mich noch immer auswendig?“

            „Eigentlich meinte ich, ich kann dich und dein Verhalten immer noch lesen.“

            Taichi zuckte mit den Schultern. Das war für ihn gehüpft wie gesprungen und es nervte ihn unbeschreiblich, dass Yamato die Unterhaltung so schnell abtuen zu wollen schien, wie er sie so salopp begonnen hatte: Er peilte gerade schon die Tür der Toilette an und schenkte Taichi nur noch einen letzten Blick, als im gleichen Moment ein fremder Hochzeitsgast durch die Tür und ins Innere trat. Er riss Taichi aus allen Gedanken, die er gerne noch geäußert hätte, ließ ihn unbefriedigt und dämlichen Blickes vor dem Urinal zurück.

 

-- knapp zwanzig Jahre früher --

 

„Was trägst du da?“

            Unterstrichen mit einem, für Yamato seht typischen, skeptischen Blick, klang diese Frage nicht nach einer solchen sondern eher nach einem Vorwurf.

            „Wie, was trage ich da? Ist dir aufgefallen, wie kalt es ist?“

            Taichi schnaufte. Man sollte meinen, dass er diesen einen einzigen Morgen mal abholen könnte, ohne von ihm in irgendeiner Art kritisiert zu werden.

            Er selbst sah nun an Yamato herab, begutachtete seine schwarze Carbanjacke, die keinen sonderlich wärmenden Eindruck erwecken konnte, zumindest auf Taichi nicht.

            „So willst du raus?“

            „Was? Die ist warm.“

            So ganz konnte Taichi das nicht glauben, aber inzwischen wusste er es eigentlich besser, als sich schon am frühen morgen auf eine Diskussion mit einem unausgeschlafenen, stinkigen Yamato anzulegen.

            „Da musst du gar nicht so gucken.“

            Wobei seine Ausweichstaktik natürlich nur dann funktionierte, ritt der gute Ishida nicht selbst weiterhin auf der Thematik herum, während er die Tür der Wohnung von sich und seinem Vater ins Schloss zog und anschließend verriegelte. Dass er dabei nicht unbedingt leise und bedacht vorging, signalisierte Taichi, dass Yamatos Vater momentan anscheinend Frühschichten schob, entsprechend also nicht noch oder wieder schlief und dementsprechend nicht geweckt werden sollte. So ganz blickte er nie durch den Arbeitsplan des— Taichi wusste nicht einmal, was Hiroaki Ishida genau arbeitete, aber auf jeden Fall variierten seine Schichten und er war nur selten einmal zu Hause anzutreffen. Natürlich könnte er durchaus bei Yamato nachhaken, welchem Beruf diese Abwesenheit zu verschulden war, aber jeder, der Yamato kannte, wusste, dass es gewisse Themen gab, die man in seiner Gegenwart allgemein meiden, geschweige denn gezielt ansprechen sollte.

            Taichi schüttelte den Kopf und drehte sich um, um vor Yamato das Treppenhaus anpeilen zu können, das wie der Flur nach außen gelegen war. Er wollte die Hand seines Freundes, die in eine gesteppte Rolle seiner Daunenjacke griff, von sich schütteln, Yamato und das seltsame Geräusch, das er von sich gab, gleichermaßen ignorieren, aber anscheinend war diesem nicht danach, Ruhe zu geben.

            „Du siehst aus wie Bibendum.“

            „Wie wer?“

Er griff erneut nach Yamatos Hand und zog sie aus dem Stoff seiner Jacke, konnte sie mit dieser Aktion aber lediglich knappe drei Sekunden davon abhalten, nur wieder an ihm herumzudrücken.

            „Du weißt schon, dieses weiße, dicke Schaumgummieding mit den Ringen.“

            Sie stiegen die Treppenstufen zusammen hinab, störten sich dabei, wie so oft, anscheinend keineswegs daran, dass es nicht sonderlich schneller ging, schoben sie sich nebeneinander die engen Flure hinab. Seltsamerweise kamen sie keinen Morgen mal auf die Idee, einfach hinter- oder voreinander zu gehen.

            „Du meinst das Marshmallowding von den Ghostbusters?“

            „Das ist Stay Puft Marshmallow Man, ich meine—“

            „Ach ich weiß, das Reifenmännchen von Michelien?“

            „Mi-che-lin— Michelin heißt das, Taichi. Das ist französisch.“

            Er sah an sich herab und drückte selbst an den Ringen der Daunenjacke herum. Ein wenig den Eindruck des Männchens machte er durchaus, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass Yamato mit inhaltslosen Wissen um sich warf, anstatt einfach zu sagen, die Jacke trüge auf und ließe Taichi moppelig aussehen. Was war so verkehrt an einer einfachen Aussage?

            „Tu nicht so, als könntest du französisch.“

            „Ich war immerhin schon ein paar Mal in Frankreich.“

            Schnaubend schob Taichi Yamato gegen das innenliegende Geländer der Treppe, nahm selbst die folgenden Stufen schneller, um dem Gegenangriff ausweichen zu können, der auch prompt folgen sollte. Er konnte sich kaum so flink Yamatos Händen entziehen, wie sie nach seinem Rucksack griffen und ihn an diesem gegen das äußere Geländer beförderten. Er sah, wie es dieses Mal Yamato war, der an ihm vorbeieilte und schon bald am Fuß der Treppe stand, hier gerade seine schwarze, ledernde Umhängetasche richtete.

            „Hör auf so zu trödeln, Bib.“

            „Nenn mich nicht so. Wenigstens friere ich nicht.“

            „Ich friere gar nicht.“

            Selbstredend glaubte Taichi seinem besten Freund kein Wort. Er hob aber trotzdem knapp abwehrend seine Hände hoch und blieb brav still, während er neben Yamato ihren gemeinsamen Schulweg einschlug. Seine Ruhe bedeutete allerdings nicht, dass er den Anderen aus den Augen ließ, nicht beobachtete, wie er mit seinen schicken, schwarzen Turnschuhen jedem kleinsten Haufen Schnee auswich und die Hände unnötig fest um den Riemen seiner Schultasche klammerte. So schick der gute Junge auch aufzutreten pflegte, so empfand Taichi sein Verhalten bei solchen Temperaturen doch eher als lächerlich. Er selbst stand ja auch nicht unbedingt auf seine leuchtend rote Daunenjacke und die klobigen, altbackenen Winterstiefel, die ihm seine Mutter ungefragt gekauft und aufgezwungen hatte, aber wenigstens konnte er ganz unbedacht dem Wind entgegentreten, dabei seine Aufmerksamkeit auf Yamato haften, anstatt auf den Gedanken, der den Kopf seines Freundes sicher kaum mehr in Ruhe ließ: Ich will nicht erfrieren. Ich will nicht erfrieren. Ich will nicht erfrieren.

            Taichi seufzte leise. Er schob sich neben Yamato und ergriff den Gurt seiner Tasche, hielt ihn an diesem zurück.

            „Warte mal. Willst du dir wirklich nicht noch etwas—“

            Er stoppte, runzelte die Stirn, während er Yamatos Tasche anhob. Schon war die Temperatur und Yamatos wirre Priorität, lieber krank zu sein und gut auszusehen, als gesund zu bleiben und vielleicht ein wenig plumper zu wirken, wieder vergessen.

            „Hast du hier überhaupt irgendetwas drin?“

            „Natürlich.“

            Der Gurt wurde seiner Hand entzogen. Yamato brummte missmutig, rückte die Tasche richtig, nahm hierbei seinen Schritt wieder auf.

            „Das ist seltsam, denn ich schleppe mich gerade an den drei Geschichtsbüchern tot, die wir für die nächsten Stunden organisieren und mitbringen sollten.“

            Yamato zuckte mit den Schultern, schmunzelte, als sein Blick auf den Taichis traf.

            „Ich habe doch deine. Im schlimmsten Fall müssen wir sie uns teilen. Im besten Fall wirst du sowieso wieder nach fünf Minuten vor die Tür gesetzt und ich kann ganz in Ruhe und anständig arbeiten.“

            „Jetzt pokerst du schon darauf, dass die Alte mich rauswirft?“

            Es stimmte durchaus, dass sich Taichi nicht mit ihrer garstigen Geschichtslehrerin verstand, aber bislang wäre er nicht auf die Idee gekommen, dass sich sein bester Freund schon einen Spaß aus dieser Gesamtsituation machte, sie sogar für sich selbst zu nutzen wusste. So wenig der Herr Ishida auch im Unterricht aufzufallen pflegte, so war er den Lehrern durchaus manchmal ein Dorn im Auge, dafür, dass er einfach keine Schulbücher mitbrachte, immer die seiner Sitznachbarn benutzte oder vielleicht auch knapp vor der Stunde welche von Freunden aus anderen Klassen organisierte.

            „Es wäre nicht so, als lägen sie nicht bei dir daheim herum.“

            „Du weißt, wie ungerne ich schleppe. Das ist außerdem ungesund für die Schultern.“

            „Du könntest einen Rucksack benutzen.“

            „Ih, ne, ich hasse Rucksäcke.“

            „Du kannst so ein Mädchen sein, Yama.“

            Und einmal mehr erwischte Taichi dabei, wie es in seinem Kopf glasklar feststand, dass Yamato seine Freundin wäre, wäre er denn ein Mädchen. Es war ein wirrer Gedanke, aber kein unbekannter mehr, den Taichi zu akzeptieren gelernt hatte. Yamato war sein bester Freund und wer wollte seinen besten Freund nicht zur Freundin haben? Es gab sicherlich niemanden, der ihn besser verstand, zu lesen und akzeptieren wusste.

            „Woran denkst du schon wieder?“

            Taichi merkte erst, dass er stehengeblieben war, als Yamato ebenfalls in seinem Schritt verharrte und sich zu ihm drehte.

            „Bib?“

            Eine Hand, genauer gesagt Yamatos Hand, griff nach dem längeren Ende seines Schals, das nicht in die Bibendum-Jacke gestopft worden war, sondern frei hing.

            „Hey du, schläfst du wieder?“

            Anstatt zu antworten, löste Taichi seinen Schal, zog ihn auch aus Yamatos Hand, um ihn diesem schließlich umbinden zu können.

            „Wie kannst du ohne Schal rausgehen, wenn du schon so eine dünne Jacke trägst?“

            „Mir ist nicht kalt.“

            Vielleicht hätte Taichi ihm geglaubt, wären seine Wangen und seine Nasenspitze nicht binnen der ersten Sekunden an der frischen Luft schon rot angelaufen und würden seine Lippen nicht leicht zittern. Er kannte Yamato aber inzwischen auch lange und gut genug, um genau zu wissen, dass die Worte „Ich friere.“ niemals besagte Lippen verlassen würden. Er wollte nicht frieren und erst recht wollte er nicht irgendeine Form der „Schwäche“ zugeben. So war Yamato eben.

            Er zog den Schal ein wenig fester, sortierte ihn um Yamatos Hals, wobei er sich dabei nicht eine Sekunde lang vom Blick des Anderen lösen konnte. Erst recht dann nicht, als seine Fingerspitzen den blassen Hals seines Freundes berührten, einen kleinen Teil heißer und direkt darüber eiskalter Haut spürten.

            „Yama, du bist eiskalt.“

            Eigentlich erwartete er eine Verneinung, einen verstimmten und bissigen Kommentar, aber beides sollte ausbleiben. Yamato beobachtete ihn, ergriff langsam seine Hände, sobald sie „Mission Schal“ beendet hatten und drückte seine Lippen kurz auf ein frei gelegtes Handgelenk Taichis. Manchmal taten sie solche Dinge. Sie sprachen nicht darüber, aber sie geschahen eben. Und sie ließen Taichis Herz schneller schlagen, ihn lächeln – eher strahlen.

            „Wir sollten weiter, sonst kommen wir zu spät“, sagte er leise und löste sich fast etwas unwillig von Yamato, als dieser seinen Gedanken mit einem Nicken bestätigte.

            Sie liefen wieder nebeneinander her, schwiegen in einer angenehmen Stille und es sollte Taichi sein, der sich von der Wärme zwischen ihnen übermannen ließ und einen Arm um Yamato legte, ihn näher zog und ihm nun seinerseits einen Kuss auf die Schläfe drückte.

            „Wir sollten dir demnächst mal eine wärmere Winterjacke kaufen gehen.“

            „Okay.“

Erste Runde, zweiter Schlag

Die Hochzeit war traumhaft. Anders konnte auch Taichi den Abend nicht beschreiben. In seiner Gänze mit der Musik, dem Buffet, den vielen Gästen, die in ihrer schicken Abendgarderobe über das blitzende Parkett schwebten— und natürlich dem kostenlosen Alkoholausschank.

            Nach seinem Aufeinandertreffen mit Yamato, welches Taichi noch sicher fünf Minuten regungslos auf dem Herrenklo hatte verweilen lassen, war er ohne Umwege bei einer der beiden Bars aufgeschlagen und hatte hier sein Zelt errichtet. Ihm hatte eigentlich Yamatos Art schon gereicht, aber das verständnislose und kritische Starren der anderen Gäste, mit dem er auf der Toilette anschließend noch konfrontiert worden war, hatte der gesamten Situation wahrhaftig eine Krone aufgesetzt. Eine Krone aus Dornen und Scham.

            „Oh, Entschuldigung.“

            Taichi hatte hinter seinem Alkoholschleier gar nicht so schnell auf das Rempeln reagieren können, wie sich der Rempler bereits entschuldigt und das verschüttete Bier mit einer Serviette von der Theke gewischt hatte. Er hob knapp seine Hand und wollte sich direkt wieder abwenden, als ihm der Schopf kurzer, blonder Haare ins Auge fiel und ihn stöhnen ließ. Nicht einmal Takerus verwirrter, überforderter Blick konnte ihn von den Worten „Krieg ich heute niemals Ruhe?“ noch abhalten, auch, wenn der jüngere Mann natürlich so absolut gar nichts aktiv zu irgendeinem der Geschehnisse des heutigen Abends beigetragen hatte. Er war einfach nur Teil einer Problematik, mit der sich ein betrunkener Taichi Yagami noch weniger beschäftigen wollte, als ein nüchterner, der darüber hinaus nicht gerade vor einer knappen Stunde noch mit seinem Exfreund konfrontiert worden war.

            „Oh je, du hast ja eine blendende Laune. Und ich dachte schon, nur deine Schwester würde mich diesen Abend noch umbringen wollen.“

            Takeru gluckste, wenn auch nicht unbedingt belustigt, wie Taichi selbst in seinem verhangenen Zustand durchaus noch vernehmen konnte. Wenn er es sich genau überlegte, wirkte der frisch gebackene – wobei, drei Jahre nicht mehr allzu frisch schienen, aber das war unwichtig – Vater abgespannt und nahezu verzweifelt. Wahrscheinlich war dieser Zustand nur zu verständlich, bedachte man, dass er ebenfalls zwischen den Fronten stand.

            „Sorry“, mühte sich Taichi ab, „anstrengender Abend.“

            „Wem sagst du das.“

            Beide Männer betrachteten den Barhocker, auf den Taichi gerade klopfte. Takeru schien skeptisch zu sein, Taichi aber hatte sich wenigstens dazu bringen können, ihn nicht als schwarzen Peter dieser Hochzeit zu sehen.

            „Setz dich.“

            Ein wenig zögerlich folgte der Jüngere der Aufforderung, leerte in Einem sein Bier zur Hälfte, nicht so eleganter Weise, wie man es der Hochzeitsgesellschaft wohl zutrauen würde.

            „Hikari hasst mich und Sora meint, ich solle Verständnis haben? Wofür? Sie hat mich verlassen. Sie hat mir das verdammte Herz gebrochen und nun, wo ich endlich wieder glücklich bin, soll ich mich schuldig fühlen? Einen Teufel werde ich tun.“

            Anscheinend interessierte es Takeru nicht einmal, ob Taichi seinerseits überhaupt hören wollte, was seine kleine Schwester so verzapfte und welche Konsequenzen ihr Verhalten für ihren Exfreund mit sich brachte. Er quasselte jedenfalls einfach weiter und ließ Taichi kaum einen Moment, in dem er Luft holen und einhaken konnte.

            „Und dann fängt Mimi auch noch damit an, dass es sie traurig mache, wie Hikari sich benimmt. Ach ja, und, dass du auch nicht mehr richtig mit ihr reden könnest. Was kann ich denn dafür? Ich habe das Gefühl, die gesamte Schuld wird auf mir abgeladen und ganz im Ernst? Ich kann da ja wohl am wenigsten für. Wer weiß, ob Hikari und ich nicht immer noch zusammen wären, hätte sie sich nicht für den Dummdödel entschieden?“

            „Dummdödel“ war schon immer Takerus liebevolle Bezeichnung für Daisuke gewesen, der aus seinem Interesse an Hikari nie ein Geheimnis gemacht hatte. Taichi hatte sich meilenweit aus dieser Angelegenheit zurückgehalten, die „Kleinen“ einfach mal machen lassen, war er immerhin mit allen irgendwie involviert gewesen und hatte keinen Frust abbekommen wollen. Auch Yamato hatte sich ganz bedeckt gehalten, keine Partei ergriffen. Und nun? Nun stand einfach alles in Flammen, wie es Taichi schien.

            Takeru seufzte laut, nahm einen weiteren großen Schluck Bier und bestellte sich danach einen Tequila. Er schien den Alkoholausschank nicht weniger nutzen zu wollen als Taichi.

            „Musst du nicht auf deinen Sohn aufpassen?“

            „Der ist vorhin mit der Babysitterin auf’s Hotelzimmer. Wir wussten vorher schon, dass wir noch einige Stunden für uns haben wollen würden.“

            Wobei „für uns“ anscheinend für die Kombinationen aus Mimi und Sora und Takeru und der Bar stand. Taichi würde das sicher nicht hinterfragen.

            „Und ich höre gleich wieder auf. Muss nur mal eben den Kopf freikriegen.“

            Taichi verkniff es sich an dieser Stelle zu erwähnen, wie sehr Takeru nach Yamato schlug, der seinen Kopf für gewöhnlich auch gerne mal in Tequila ertränkt hatte.

            „Das mit Mimi und Kari ist einfach etwas viel gerade.“

            „Vergiss Yamato nicht.“

            „Yamato? Was ist mit dem?“

            Taichi sah von seinem Glas weg und zu Takeru, der aufrichtig verblüfft schaute. Er selbst runzelte die Stirn. Wollte ihm der „Kleine“ jetzt weiß machen, dass Yamato nicht vollkommen aufgelöst und erzürnt aus dem Herrenklo gestapft war und ihm die folgende Stunde über mit der Begegnung mit seinem Ex in den Ohren gelegen hatte?

            „Ich— meinte nur wegen— also wegen unseres Gespräch?“

            „Ihr habt miteinander gesprochen? Davon hat er gar nichts erwähnt.“

            Das war ja wieder typisch für Yamato. Taichi konnte sich sein abfälliges Schnauben kaum verkneifen, wie er sein Glas fester umfasste, seinen Blick von Takeru abzog und lieber steif nach vorne starrte. Das war doch alles purer Irrsinn, wie er sich hier verhielt und das auch noch vor Takeru, dem er sicher nicht trauen konnte, dass er nicht jedes Wort und jede Geste an Yamato weitertrug.

            „Aber du kennst ihn doch: Ehe er zugibt, dass ihn etwas berührt hat, reißt er sich selbst lieber die Zunge raus.“

            Er spürte Takerus Hand auf seiner Schulter, wie sie ihn dort tätschelte.

            „Und wir wissen beide, dass eine Unterhaltung mit dir nicht so leicht an ihm vorbeizieht. Ebenso wenig, wie es umgekehrt der Fall ist. Ihr seid eben— ihr.“

            „Wir sind wir?“

            Und was sollte das nun bedeuten? Taichi wusste nicht, ob er Takerus Worten Glauben schenken konnte. Ebenfalls fiel es ihm schwer, einzuordnen, ob der kleine Bruder seines Exfreunds auf seiner Seite stand, wie damals immer, hatte er sich mal mit Yamato in die Haare bekommen, oder aber inzwischen eher hinter Yamatos Front verweilte.

            „Naja Taichi und Yamato: Taito halt.“

            „Fang nicht damit an.“

            Ja, sie hatten jede freie Sekunde aufeinander gehockt und das tatsächlich über zehn Jahre lang, aber dennoch hatten sich beide Jungen an ihrem gemeinsamen Spitznamen, „Taito“, gestört. Sie waren schließlich zwei sehr verschieden tickende Menschen – immer schon gewesen – und als solche hatten sie nie als ein Wesen betrachtet oder betitelt werden wollen.

            „Aber es stimmt doch. Ihr habt keinen Schimmer davon, welche Welt für uns zusammengebrochen ist, als ihr euch plötzlich getrennt habt.“

            Über ihre Trennung wollte Taichi nicht sprechen. Kein einziges Wort hatte er über sie jemals gegenüber einer anderen Menschenseele verloren und, wie er es am Rande mitbekommen hatte, hatte sein werter Exfreund dies tatsächlich gleich gehalten. So schmutzig ihre Wäsche auch geworden war, so hatten sie diese nie vor ihren Freunden gewaschen.

            „Ich meine, wie konnte es sein, dass ihr euch trennt? Gerade ihr? Nach all dem Drama, was ihr durchmachen musstet: Erst in den besten Freund verliebt, dann das Outing vor sich selbst, dem jeweils Anderen, den Freunden und der Familie? In der Schule? Dann seid ihr für euch und eure Liebe eingestanden und das alles hat dann auch eine halbe Ewigkeit gehalten? Niemand hat da ein Ende kommen sehen.“

            Weiterhin sah Taichi nicht zu Takeru rüber, auch wenn er dessen Aufmerksamkeit genau auf sich spüren konnte. Er wollte ihm nicht eingestehen, dass es ihn ebenso überrannt hatte, nicht einmal mit einem verräterischen Blick. Selbst jetzt, zehn Jahre später, stand ein weitaus jüngerer Taichi auf verlassener Flur, ängstlich, traurig, wütend, wusste nicht wohin mit sich, seiner Verzweiflung und gleichermaßen seiner Liebe, die plötzlich niemand mehr zu haben wollen schien. Manchmal sah er Yamatos Rücken vor sich, wie er sich stetig von ihm entfernte. Er hasste dieses Bild.

            „Nun, alles hat ein Ende, richtig? Ist auch überflüssig, sich darüber nach zehn Jahren noch den Kopf zu zerbrechen. Es hat mich nur ein wenig aufgewühlt, weil wir uns so lange nicht mehr gesehen haben. Das ist alles.“

            Er leerte sein Glas und schob sich vom Barhocker. Dieses Mal war es Taichi, der Takerus Rücken tätschelte.

            „Süßes Kind hast du da.“

            Nur wage, während er sich von Takeru und damit auch von der Bar entfernte, vernahm er noch, wie Takeru „Du wunderst dich gar nicht über seinen Namen?“ fragte, aber er ging nicht weiter darauf ein.

 

-

 

Es mochte albern sein, dass Taichi die Herrentoiletten meiden wollte, sich entsprechend in die Dunkelheit des Rosengartens vor dem Hotel flüchtete, um sich ein weiteres Mal dieses Abends zu erleichtern. Ein erwachsener Mann sollte sicher nicht in die Zuchtrosen eines Fünf-Sterne-Hotels pinkeln, während er sich auf der Hochzeit seiner besten Freundin befand und besagter Hochzeit schon binnen der ersten Stunde fast ein Ende bereitet hatte, ehe sie überhaupt so richtig begonnen hatte. Leider dachte Taichi nicht darüber nach, was er besser tun und lassen sollte, folgte seinen tierischen Urinstinkten. Gewiss dachte er bei diesen sicher nicht an seine volle Blase, die zur Entleerung drängte, sondern eher an einen ganz tief verankerten Fluchtinstinkt, den definitiv alle Menschen noch in sich schlummern hatten. Dann wollte er Yamato eben kein zweites Mal über den Weg rennen, befürchtete, dass dies auf der Toilette am ehesten geschehen könnte. Das mochte abwegig klingen, aber Taichi ging an dieser Stelle lieber auf eine Nummer sicher und ließ erst im Schutz der Rosenbüsche, abseits des Trubels, die Hosen runter. Besagter Trubel hatte sich über die letzten Stunden, sobald die Dunkelheit eingebrochen und der Champagner in Litern geflossen war, ebenfalls stückweit an die frische Luft verlagert und war von Taichi nur noch gedämpft, in Form von Rufen und Gelächter, zu vernehmen. Es würde ihm sicher niemand hierher folgen. Hier konnte ihn gar keiner finden und was sollte Yamato – erst recht Yamato – mitten in den Büschen suchen, abseits der Hochzeitsgesellschaft?

            Natürlich abgesehen von der Möglichkeit, abgelegen mit einem anderen Kerl zu knutschen.

            Taichi versteinerte in seiner Position und konnte – wollte? – seinen Augen nicht trauen. Keine zehn Meter von ihm entfernt hatte er, sobald sein Blick geradeaus gewandert war, doch tatsächlich zwei Gestalten auf einem der kleinen Steinwege, die durch die Rosen führten, erkennen können. Um es genauer zu fassen, hatte er Yamato und einen fremden Mann erkennen können, und das, obwohl sie sich ihm noch nicht weiter genähert hatten. Diese Hochzeit wurde eben nicht von allzu vielen blonden Männern besucht und Taichi glaubte nicht, dass sich Takeru davon gestohlen hatte, um mit irgendeinem Kerl herumzumachen. Besonders da dieser blonde Mann, der Taichi gerade den Schweiß der Panik und Verzweiflung auf die Stirn trieb, eindeutig die Statur Yamatos hatte, nicht die Takerus. Solch ein Detail konnte er selbst aus dieser Entfernung genau bestimmen.

            „Fuck.“

            Eigentlich war Taichi nicht groß im Fluchen, aber gerade jetzt, wo er eben schon dabei war, sich zu erleichtern, konnte er kaum seine Sachen zusammenpacken und abhauen und das gerade dann, wenn sich Yamato und Mister X voneinander lösten, die Hand des jeweils Anderen ergriffen und gemächlich auf ihn zu schlenderten.

Taichis Aufmerksamkeit wanderte von ihnen und an sich selbst hinab. Gerade verfluchte er sich dafür, mal wieder zu lange gewartet zu haben, ehe er die „Toilette“ aufgesucht hatte, denn nun wollte und wollte er einfach nicht fertig werden.

„Komm schon, verdammt.“

Er konnte sein eigenes Herz in seinen Ohren trommeln hören, bildete sich obendrein ein, darüber jeden einzelnen Schritt der beiden Männer vernehmen zu können, wie ihre Sohlen auf den kleinen Kieselsteinen knarzten und sie durcheinander warfen. Wieso nur?, raste es ihm durch den Kopf. Wieso war er nicht wie jeder normale Mensch auf die Toilette gegangen? Nein, er hatte sich in die Rosenbüsche stellen müssen und—

Wer – in aller Welt – war überhaupt dieser Kerl dort an Yamatos Seite?

Da war er so tief in der nahenden Scham versunken gewesen, dass er fast seine feurige Eifersucht und seinen glühenden Stolz vergessen hatte, die es – natürlich noch zehn Jahre nach ihrer Trennung – nicht akzeptieren konnten, dass Yamato sich mit anderen Männern traf. Diesem Vorfall entsprechend fristete er nämlich offensichtlich nicht seine verregneten und kalten Nächte weinend auf seinem Bett, unter seiner Decke, und umklammerte ein Bild von Taichi, während er sich ihre gemeinsame Zeit zurückwünschte. Wie konnte er es wagen?

„Ach wie wo.“

Außer Yamato und Taichi wusste so ziemlich niemand, dass diese Worte eine Art Ausruf der Verblüffung darstellten. Irgendwann hatte Yamato angefangen, diese unsinnige Wortzusammensetzung zu nutzen, als er eigentlich „Ach, wie kam das denn?“ hatte sagen wollen, und von diesem Moment an hatte sie ihre Beziehung nicht mehr verlassen. Egal, wie albern Taichi Yamatos andauernde Versprecher und Verdrehungen bekannter Ausrufe und Sprichwörter gefunden hatte, so erwischte er sich heute noch dabei, wie er sie selbst immer wieder benutzte und sich teils nicht einmal mehr an die Originalfassungen erinnern konnte.

„Sag nicht, du machst in die Rosen?“

Taichi sah gar nicht erst auf. Er wusste, wer da vor ihm stand, beziehungsweise vor den Büschen. Wieso konnten diese verdammten Büsche nicht höher gewachsen sein? Ihn verdecken und vor der Scham bewahren, die ihm gerade kochend und wahrscheinlich knallrot in die Ohren und das Gesicht hinaufstieg?

„Sollten wir nicht—“

            Yamato unterbrach den Mister X, gluckste belustigt und schien sich keineswegs auch nur einen Meter bewegen zu wollen.

„Hast du schon vergessen, was ich vorhin gesagt habe, Taichi? Wir sind inzwischen zu alt, um in die Rosen machen zu dürfen. Bist du betrunken?“

Noch immer wagte es Taichi nicht, zu Yamato zu gucken, aber er konnte sich ausmalen, wie er gerade da stand: Belustigter und herablassender Miene, die Hände in die Seiten gestemmt und mit einem gehässigen Grinsen auf den schmalen Lippen. Wie hatte Taichi diese Lippen zuvor nur als männlich und attraktiv bezeichnen können?

Wenigstens Mister X schien die Situation etwas unangenehm zu sein, wie er sich räusperte und Yamato leise danach fragte, ob sie nicht woanders hingehen sollten. Taichi hoffte schon, abseits seines Unverständnisses dafür, dass sich Yamato mit irgendwelchen Männern traf, die Beiden würden nun endlich verschwinden, aber eigentlich sollte er seinen Exfreund wohl besser kennen. Wieso sollte er auch zu einer langweiligen Hochzeit, konnte er Taichi noch eine Weile über terrorisieren?

„Geh doch eben vor, ich komme sofort nach. Ich— habe hier noch etwas zu erledigen.“

Nun gut, wäre er selbst der Herr an Yamatos Seite gewesen, hätte er definitiv in Frage gestellt, was der Gute mit dem pinkelnden, betrunkenen Fremden anstellen wollte, aber wer war er denn auch? Wahrscheinlich wollte der Kerl so unbedingt an die Wäsche des Blonden, dass er einfach gar nicht hinterfragte, welche psychischen Störungen sich hinter dem hübschen Gesicht verbargen, aus Angst davor, was das Öffnen der Büchse der Pandora mit sich bringen würde. Ein hübsches Gesicht kam nämlich immer mit Ballast und das wusste jeder, der sich auch nur eine knappe Stunde durch den Jungle des Datinglebens bewegt hatte.

„Ich gehe uns noch etwas Champagner holen, bis gleich.“

Er hörte, wie sich ein Paar Sohlen wieder über die Kieselsteine bewegten und entfernten, was bedeutete, dass Yamato tatsächlich an Ort und Stelle geblieben sein musste. Zum ersten Mal in dieser Situation sah Taichi langsam auf, traf prompt auf Yamatos Blick, der seine Erwartungen an ihn nicht enttäuschen sollte.

„Was?“, fragte er missmutig, machte sich nun endlich auch langsam daran, sich wieder ordentlich einzupacken und anzuziehen. „Was geht jetzt schon wieder in deinem Kopf vor sich?“

„Ich bade mich gerade in diesem Moment, das ist alles.“

Ja, und gerade weil dies „alles“ war, stellte Taichi zum wahrscheinlich millionsten Mal fest, dass Yamato regelrecht die „hübsches Gesicht und verrückte Persönlichkeit“-Regel geprägt hatte. Bei aller Liebe, die er für ihn empfunden hatte, aber sein damaliger bester Freund und anschließender Liebhaber war schon immer ein wenig – nun – „anders“ gewesen.

„Du hast wirklich ’nen Schaden, Yamato.“

„Sagt der Mittdreißiger, der in die Rosenbüsche pinkelt, obwohl drinnen an die zehn Toilettenräume à jeweils vier geschlossenen Klos und vier Urinalen sind?“

„Was willst du jetzt hören? Dass ich nur nicht wieder auf dich treffen wollte?“

„Na, das hat ja dann richtig gut geklappt.“

Wäre die Situation nicht so bizarr und peinlich gewesen, hätte Taichi sicherlich gelacht. So schob er sich allerdings nur langsam aus den Büschen und ordnete sein Jackett. Er wollte sicher nicht in die Richtung sehen, in die der Mister X verschwunden war und noch weniger nach ihm fragen, aber – natürlich – hörte er sich selbst eher sprechen, als dass er sich selbst zum Schweigen hätte befehligen können.

„Dein Freund?“

Anscheinend verblüffte es auch Yamato, dass Taichi das Thema anschnitt, denn er antwortete nicht sofort, folgte nur Taichis Blick, der auf die feiernde Hochzeitsgesellschaft gerichtet war, die im Schein diverser Lampions und Lichterketten gerade zu ABBA tanzte.

„Eher ein Date.“

„Mutig.“

„Mutig?“

„Dass du vor einem Date dein wahres Gesicht zeigst. Hast du keine Angst, dass er direkt ins nächste Taxi gestiegen ist und das Weite vor dem Wahnsinnigen gesucht hat, der gerne anderen Männern beim Pinkeln zuschaut?“

„Ach“, Yamato tat so, als würde er die Thematik über seine Schulter wegwerfen und schüttelte dabei seinen Kopf, „wer gibt wegen so einer Kleinigkeit die Chance darauf auf, mit mir schlafen zu können? Ich bitte dich.“

Taichi nickte, auch wenn er es sich innerlich für sich selbst und seine große Klappe verfluchte. Er hatte absolut nichts über Yamatos Sexleben, Datingleben – wie man es auch nennen wollte – erfahren wollen. Allerdings, am Rande, wunderte es ihn so gar nicht, dass Herr Yamato Ishida es nicht einsah, sich vor potentiellen Liebhabern zu verstellen, hatte er das schließlich noch nie getan. Herr Yamato Ishida bekam immer die, die er wollte und tat dabei nicht einmal so, als wäre er ein liebenswerter Mensch. Wie konnte so jemand eigentlich auch nur ansatzweise mal an seinem Aussehen und dem ersten Eindruck, den er auf andere Menschen hatte, zweifeln?

„Du bist unverbesserlich, Yama.“

Leider nur erwischte sich Taichi dabei, wie er diese Art nicht einmal verteufeln konnte. Eher breitete sich ein warmes und bekanntes Gefühl in ihm aus. Auf eine Weise, die er nicht genau benennen konnte, war es sehr schön, zu wissen, dass sich sein Exfreund selbst nach zehn Jahren nicht verändert hatte, sondern sich selbst treu geblieben war. Dabei interessierte es zumindest Taichi nicht, welcher absurden und unmöglichen Art er treu geblieben war. Yamato würde immer Yamato bleiben.

„Als würdest du dich jemals ändern, Taichi. Siehst du hier irgendwen anderes ins Rosenbett machen?“

Vielleicht waren sie gerade einem ähnlichen Gedanken gefolgt, denn für den Bruchteil einer Sekunde tauschten beide Männer ein warmes Lächeln aus, das in sich vollkommen frei von Vorurteilen und garstiger Abart war. Sie fingen sich rasch wieder. Taichi, indem er schnaufte und den Blick abwandte und Yamato mit einem tiefen, rauen Glucksen, das für gewöhnlich seine hochnäsige Belustigung beschrieb.

„Ich entnehme diesem Szenario, dass du alleine hier bist? Hast du kein Date gefunden?“

Taichi hatte diese Fragen kommen sehen. Er hatte sie regelrecht riechen können, wie ein Wildtier das Unheil witterte. In diesem Moment setzte erneut sein Fluchtinstinkt ein, unter dessen Einfluss er die Hände in den Taschen seiner dunkelblauen Anzughose vergrub und den Weg hinabstapfte. Sollte es ihm egal sein, was Yamato dachte oder nicht dachte. Wenigstens würde er dieses Mal den Abgang bestimmen und nicht von seinem Ex auf der Herrentoilette zurückgelassen werden, als wäre er bestellt und dann nicht abgeholt worden.

„Woran liegt’s?“

„Bist du immer noch da?“

Er hatte seine Rechnung ohne Yamato gemacht, der zu ihm aufholte und quietschfidel neben ihm in Schritt fiel.

„Ist die Flamme schon aus? Ich meine, ja wir sind alt, aber jetzt auch nicht so alt.“

„Was hast du bloß mit unserem Alter? Man könnte meinen, dich hätte eine verfrühte Midlifecrisis erwischt.“

„Ein wenig, ja. Seitdem treffe ich mich hauptsächlich mit älteren Männern. Ich weiß, die meisten gehen dann auf die jüngeren Kerle, aber fühlt man sich dann nicht noch älter?“

Es sollte Yamato Ishida überlassen werden, nicht einmal vor dem Vorwurf, mit vierunddreißig in einer Midlifecrisis zu stecken, zurückzuschrecken. Er stand niemals seinen Schwächen ein, aber ehe er eine Lücke, in der er angreifbar wäre, zeigte, drehte er sein Fehldenken lieber zu einer charmanten Eigenart, die er später dann als „menschlich“ und „süß“ oder „interessant“ beschreiben würde.

„Dein Ernst?“

„Wundert es dich?“

„Nicht wirklich.“

So fixiert wie Yamato immer schon auf sein Aussehen gewesen war, würde Taichi sicher nicht hinterfragen, rannte er mit Mitte dreißig schon zum Schönheitschirurgen und ließ hier und da etwas straffen.

„Dann habe ich halt kein Date“, Taichi wollte das Thema gerne beenden. „Ist jetzt nicht so, als würde ich mich deswegen schämen oder schlechter fühlen. Wie du so schön gesagt hast: Wir sind keine Teenager mehr. Weswegen ich mich auch über mehr als meinen Beziehungsstatus zu definieren weiß.“

Wenn Yamato wirklich glaubte, er würde Taichi auf dieser Ebene triezen können, müsste er aber so etwas von früher aufstehen.

„Ich weiß. Du hast dieses Spiel sowieso nie mitgespielt. Ich war da wohl nicht so stark.“

Taichi reagierte nicht auf diese Worte, wusste er doch nichts mit ihnen anzufangen. Weder mit ihnen, noch mit Yamatos Blick, der plötzlich erweicht und in die Ferne gedriftet war. Er beobachtete ihn eine Weile lang, bis sie den Pavillon der Feierlichkeit erreicht hatten.

„Bis dann, Taichi. Vielleicht sehen wir uns ja auf der Toilette wieder— oder in den Büschen, je nachdem wo dir gerade danach ist, dich deiner Unterwäsche zu entledigen.“

So schnell, wie der warme Moment gekommen war, schien er auch wieder verschwunden zu sein. Ebenso schnell, wie Yamato von seiner Seite wich und ihn leider ein zweites Mal an diesem Abend stehen ließ.

           

---- knapp zwanzig Jahre früher ----

 

Taichi wusste nicht, was er sagen sollte. Er starrte reichlich dämlich aus der Wäsche und dabei rüber zu seinem besten Freund, der gerade die Bombe über ihm hatte platzen lassen. Wo sollte er anfangen? Was sollte er überhaupt darüber denken? Wie sollte er sich einen Reim daraus machen, wenn er es nicht einmal anders, als mit „darüber“ und „daraus“ beschreiben konnte?

            „Jetzt sag halt etwas, Taichi. Du machst mich ganz wahnsinnig.“

            Nicht einmal Yamatos Schmollmund, der Taichi normalerweise Berge versetzen, all seinen Glauben über Bord werfen und der Yamato-Religion folgen ließ, konnte ihn in dieser Situation noch beruhigen. Nicht einmal Yamatos Hand auf der seinen.

            Wann hatte sich sein Freund eigentlich vom Schreibtischstuhl wegbewegt und zu Taichi auf dessen Bett gesetzt?

            „Du dramatisierst das alles gerade ganz schön, weißt du das?“

            Taichi bemerkte zwar, wie sich das Bett bewegte, wie sich Yamato bewegte, aber so wirklich wurde er erst aus seiner Starre gerissen, als sich sein Freund hingelegt und seinen Kopf auf seinen Oberschenkeln gebettet hatte. Ganz automatisch schob er eine Hand in das, ausnahmsweise mal nicht wirklich sortierte und gestylte, Haar seines besten Freundes, stieß im gleichen Moment ein tiefes Seufzen aus.

            „Ich— Ja, hm— Ich habe wohl einfach nicht damit gerechnet.“

            Wenn man es denn so nennen konnte?

            „Es war nur Sex, weißt du?“

            „Es war Sex mit Sora, Yamato. Du weißt, dass Sex mit Freunden nie einfach nur Sex ist.“

            „Es hat sich aber genauso ergeben, wie ‚nur Sex’ sich eben ergibt.“

            „Man sollte meinen, du hättest aus dem Drama mit Mimi dazugelernt. Himmel, musst du unseren gesamten Freundeskreis vögeln?“

            „Ich habe nicht mit Mimi geschlafen. Es war ein nur ein Schmatzer, total freundschaftlich.“

            „Und dennoch hat sie danach drei Monate über kein Wort mehr mit dir gesprochen.“

            Yamato zuckte mit seinen Schultern. Er hatte inzwischen seine Augen geschlossen und es sich anscheinend ein wenig bequemer auf dem Bett und ebenfalls auf Taichis Beinen gemacht, der noch immer nur dümmlich dreinschauen konnte.

            „Du bist viel zu frühreif, weißt du das? Und wenn du das schon ausleben musst, tu es doch bitte außerhalb unseres Freundeskreises. Ich bin am Ende der, der es ausbaden muss.“

            „Frühreif? Wenn ich mich genau dran erinnere, hast du—“

            „Ist ja auch egal jetzt. Sora ist für dich tabu, verstanden?“

            „Es wäre nicht so, als fände ich sie so super unwiderstehlich.“

            Und ausschließlich jemand wie Yamato konnte so ein Argument darlegen, wollte er sich gerade rechtfertigen.

            „Das macht es nicht besser“, seufzte Taichi erneut erschlagen. So eine Diskussion rangierte absolut außerhalb seiner Komfortzone und war darüber hinaus müßig und sinnlos. „Bitte sag mir, dass ihr danach geredet und die Fronten geklärt habt?“

            „Hm.“

            „Yamato?“

            Eigentlich musste dieser gar nicht mehr antworten, wusste Taichi auch so, was geschehen und was definitiv nicht geschehen war.

            „Du bist so ein Arschloch, Yama. Kannst du es nicht an dich halten, oder was ist dein Problem?“

            „Sagt der, der—“

            „Es geht hier nicht um mich, was ich tue oder nicht tue. Ich schlafe nicht mit unseren Freundinnen und behandele sie danach, als wären sie irgendwelche dummen Groupies, die es sowieso nicht besser verdient haben.“

            Als Yamato nur tief lachte, legte Taichi seine Stirn in Falten, zog locker an den blonden Strähnen, durch die er zuvor seine Finger hatte fahren lassen.

            „Was?“

            „Du tust immer so brav und lieb, aber im Prinzip bist du nicht anders als ich. ‚Die dummen Groupies, die es nicht besser verdient haben’? Ach Taichi, wenn deine Mutter das hören würde.“

            „Meine Mutter glaubt, wir spielen noch mit Plastikautos. Sie würde vom Glauben abfallen, wenn sie wüsste, dass wir bereits Sex haben.“

            „Wir leben in den Zweitausendern, was erwartet sie?“

            „Wahrscheinlich hofft sie einfach, dass ihr Sohn und sein bester Freund nicht zu solchen verdorbenen Bälgern herangewachsen sind.“

            „Wenn sie wüsste—“

            „Weiß sie aber nicht und muss sie auch nicht wissen, also rede – verdammt noch einmal – leiser, verstanden?“

            Bei Yamato daheim konnten sie ja immer über alles reden, egal in welcher Lautstärke, aber bei Taichi mussten sie sich wenigstens ansatzweise benehmen. Seine Mutter wusste immerhin nicht einmal, wie man Privatsphäre buchstabierte, geschweige denn, dass sie sich der fremden Gepflogenheit des Anklopfens bewusst war. Für gewöhnlich stürmte sie immer dann Taichis Zimmer, hatte dieser die Pornoseiten gerade noch so schließen können. Bisher war es noch nicht zu einer prekären Situation gekommen, aber dabei handelte es sich wohl nur noch um eine Frage der Zeit.

            Taichi seufzte erneut. Manchmal wusste er nicht, was er mit Yamato und sich selbst anfangen sollte. Natürlich trat er für Soras Gefühle ein, nach außen zumindest. Besser war es wohl, erfuhr niemand, dass ihn die Gefühle seiner besten Freundin gerade nur oberflächlich interessierten, wurmte es sein tiefstes Inneres doch viel eher, schlief sein bester Freund im Allgemeinen mit irgendwem. Was er von diesen Gedanken halten sollte, konnte Taichi nur leider nicht genau sagen.

            „Hast du wenigstens mein Trikot abgeholt? Wenn ich mich recht dran erinnere, war das überhaupt der Sinn und Zweck deines Besuchs.“

            Da hatte er mal einen Moment lang gedacht, Yamato würde ihm einen Gefallen tun, während er beim Nachsitzen abdrücken musste, aber das war ja irgendwie anders verlaufen.

            „Rate, warum ich es ihr ausgezogen habe.“

            „Oh bitte, verschone mich.“

            Taichi verzog das Gesicht und schüttelte die Vorstellung, vielleicht auch eher die Eifersucht, von sich. Er wollte sicher nicht zu Yamato sehen, mit dessen Feixen konfrontiert werden, aber das Kribbeln in seinem Nacken, das definitiv aus Yamatos Starren resultierte, ließ ihn doch hinabschauen.

            „Was denn?“

            Wie er erwartet hatte, starrten die blauen Augen zu ihm hoch. Bezüglich des Grinsens sollte sich Taichi hingegen getäuscht haben. Viel eher wirkte Yamato nachdenklich und abwesend.

            „Yamato?“

            „Danach.“

            „Was wonach?“

            „Sie hat es danach ausgezogen.“

            „Ih, Yama, ich habe gesagt, ich will nichts davon hören.“

            Er spürte, wie Yamato gegen sein Bein nickte, das Thema tatsächlich ruhen ließ. Eine Weile genoss Taichi die Stille, nutzte sie, um sich selbst zu ordnen. Wie sollte er seinem besten Freund eigentlich erklären, dass er von seinen sexuellen Eskapaden nichts mehr hören wollte. Gerade jetzt, wo diese eigentlich erst begannen und sicher nicht abnehmen würden? Nicht, wenn Yamatos Band sich gerade als unerwartet talentiert und vielversprechend entpuppte. Und erst recht nicht, wenn die Mädels ihrer Schule – und die der umliegenden anderen Schulen – in seinem Freund nicht mehr den „ausländischen“, kalten und seltsamen Außenseiter sahen, sondern viel eher den exotischen, mystischen und einsamen Wolf, den es zu knacken und erwärmen galt? Himmel, bislang war das Taichis Monopolstellung gewesen. Nur er durfte hinter Yamatos Fassade blicken und sie entsprechend seiner Vorstellungen auslegen.

            „Kann man Monopolstellungen auf Menschen haben?“

            „Häh?“

            Taichi schüttelte seinen Kopf. Woher sollte Yamato so etwas auch wissen? Dieser tat doch sowieso immer nur intelligent und war, im Großen und Ganzen, keinen Deut schlauer als Taichi.

            „Woran denkst du schon wieder? Rede mit mir.“

            „Mag ich aber nicht, also gib Ruhe, blöder Schwerenöter.“

            „Du weißt nicht einmal, was das bedeutet.“

            „Weiß ich sehr wohl.“

            Er ächzte unter Yamato, der sich rekelte, aufsetzte und nun fast schon auf ihm herumkletterte.

            „Du weißt, dass du der Einzige für mich bist?“

            „Ach sei still. Du bist einfach nur scheiße, Yama. Dieses Anhimmeln der Weiber ist dir jetzt schon zu Kopf gestiegen.“

            „Wie sollte es, wenn du mich nicht einmal zu sehen scheinst?“

            „Erzähl keinen Unfug, natürlich sehe ich dich. Obendrein trage ich dich gerade regelrecht und du bist schwer, also geh runter.“

            Ohne Yamatos Worten und seinem seltsamen Blick einen weiteren Funken Aufmerksamkeit zu schenken, packte er ihn bei den Schultern und schubste ihn an diesen mit einem Ruck von sich runter.

            „Und jetzt bleib da unten und sei ruhig. Du bist so etwas von nicht niedlich. Absolut nicht.“

----

tbc.

Erste Runde, Parade

Im Nachhinein konnte sich Taichi nicht mehr daran erinnern, wie er die letzten Stunden der Hochzeit überstanden hatte. Wobei, was hieß „die letzten Stunden“? Als Taichi sich aus dem – zugegebener Maßen geschrumpften – Trubel loseiste, gerade noch Jou und Koushirou verabschiedete, die noch heimfahren würden, schien sich der wirkliche harte Kern der Feier noch lange nicht von der Musik und dem Alkohol lösen zu wollen. Taichi selbst reichte es. Er war nicht mehr der Jüngste, wie Yamato diesen Abend mehrmals klargestellt hatte. Er wollte langsam ins Bett, seinen Rausch ausschlafen, obendrein vorher noch alle Erinnerungen dieses bezaubernden Abends von sich waschen.

            „Gehst du hoch?“

Taichi stoppte am Fuß der Treppe, welche hoch zu den Zimmern des Hotels führte, sah zu Hikari rüber, die ihn anscheinend gerade bemerkt und sich deswegen aus einer Unterhaltung mit einer Frau gelöst hatte, die Taichi nicht kannte. Sie trat zu ihm rüber und hielt sich an seinem Arm fest. Anfangs wollte Taichi fragen, was sie von ihm wollte, aber dann sah er ihr nur stumm dabei zu, wie sie an seinem Arm ihre Balance suchte, um sich auf diese Art ihrer Riemchensandalen entledigen zu können. Besagte drückte sie ebenfalls ihrem großen Bruder in die Hand, während sie ihre nackten Füße auf die kühlen Marmorfliesen stellte und schwer aufatmete.

            „Das ist der absolute Segen.“

            Er beäugte ihre Schuhe, vor allem die hohen Absätze, denen er schon ansehen konnte, auf wie viele verschiedene Arten sie den Füßen, Fußgelenken, Knien und letzten Endes auch der Hüfte schaden konnten. Wieso Frauen sich in solche Mordinstrumente zwangen, würde er niemals verstehen können.

            „Ekelst du dich nicht?“

            „Ach, ich will eh gleich noch rasch unter die Dusche springen. Das war jetzt nötiger.“

            Und trotz ihrer Worte machte sich Hikari direkt daran, den Marmor hinter sich zu lassen und lieber die, mit Teppich ausgelegten, Treppenstufen zu erklimmen.

            „Kommst du?“

            Hätte Taichi sich normalerweise darüber beschwert, dass er Hikari ihre Schuhe hinterher tragen musste, so folgte er ihr brav und kommentarlos. Er war zu müde, zu ausgelaugt und darüber hinaus auch an keiner weiteren Diskussion interessiert – mit niemandem.

            „Mit wem hast du dich da unterhalten?“

            „Kennst du nicht.“

            „Okay.“

            Anscheinend war Hikari auch nicht großartig mehr nach langwierigen Gesprächen, so, wie sie ihren Bruder im ersten Moment abschmetterte. Taichi wollte auch dies widerstandslos akzeptieren. Er sandte seine Gedanken eh viel lieber gen der heißen Dusche und der anschließend wartenden weichen Matratze. Auf diese Weise stiegen sie schweigend nebeneinander die Treppe hinauf, sahen sich oben angekommen suchend um. Hikari hatte die Chipkarte für ihr Zimmer bereits aus ihrer winzigen Handtasche hervorgezogen, verglich gerade die aufgedruckte Nummer mit den wegweisenden Schildern an der Wand ihnen gegenüber. Taichi selbst sah keinen Sinn dahinter, selbst nach seiner Nummer zu sehen, hatte er schließlich das Zimmer direkt neben dem seiner Schwester gebucht und so konnte er ihr einfach nur müde hinterherzuckeln.

            „Ach hier rechts und dann wahrscheinlich da hinten durch.“

            „Sieht so aus.“

            Eigentlich hatte er keine Ahnung davon, wie Hikari wohl auf diesen Weg gekommen war, aber ihm war danach gewesen, sich wenigstens ansatzweise zu beteiligen. Seinen restlichen Anteil der Arbeit erbrachte Taichi, seiner eigenen Auffassung nach, indem er die Schuhe seiner Schwester trug.

            Er folgte Hikari durch die Flure und stoppte erst, als er regelrecht in sie hineinrannte.

            „Was?“

            Aber sie musste gar nicht antworten. Kaum, dass Taichi aufgesehen hatte, waren auch ihm die beiden Gestalten am Ende des Flures aufgefallen. Er zuckte mit den Schultern und gähnte offenherzig.

            „Anscheinend haben sie die Hochzeitsgäste zusammensortiert.“

            Wieso sonst sollten Takeru und Mimi ihr Zimmer auf dieser Ebene, in diesem Flur haben?

            „Himmel, lass uns weg hier.“

            „Ich will aber ins Bett.“

            Taichi hielt Hikari fest, damit auch davon ab, sich umzudrehen und den nächstbesten Fluchtweg zu ergreifen. Nebenbei strich er sich auf einer imaginären Liste an, dass auch seine Schwester über den urtümlichen Fluchtinstinkt verfügte, den er ja schon vor einigen Stunden allen Lebewesen angedichtet hatte.

            „Komm halt und stell dich nicht so an. Wir werden nicht jünger.“

            Innerlich verfluchte sich Taichi für seine Worte. Da hatte er insgesamt sicher kaum zehn oder fünfzehn Minuten mit Yamato verbracht und schon blies er in genau das gleiche Horn wie dieser. Wann hatte ihn sonst schon einmal sein Alter interessiert? Oder aber eben das seiner jüngeren Schwester?

            Inzwischen schienen auch Takeru und Mimi sie bemerkt zu haben. Taichi erkannte, wie Mimi zu ihnen blickte und sich dann an Takeru vorbeischob. Sie hatte eine Chipkarte gezückt und verschwand schon kurz darauf in einem der Zimmer, Takeru kurz darauf hinter sich her und ins Innere des Raumes ziehend.

            „Siehst du:“, murmelte Taichi, „hat sich alles erledigt.“

            „Ich kann nicht glauben, dass sie auch hier sind.“

            „Es ist nur eine Nacht, du wirst es überleben.“

            „Das sagst du nur, weil Yamato und seine Frau nicht hier aufgeschlagen sind.“

            Ja, da mochte etwas dran sein, aber Taichi wollte sich wirklich-wirklich auf gar keine Diskussion mehr einlassen. Deswegen wollte er nun auch rasch in sein Zimmer kommen, dessen Tür feste verriegeln und all dieses Chaos hinter sich lassen.

            In diesem Sinne zog auch er nun seine Karte aus seinem Sakko hervor, suchte anschließend nach der Zweihundertvier. Sobald er sie entdeckt hatte und sich neben Hikari daran machte, die Tür zu entriegeln, sah er erst wieder zu seiner Schwester rüber, dieses Mal tatsächlich aufrichtig besorgt. Abseits seiner Müdigkeit, seiner angespannten Nerven und seinem generellen Unverständnis gegenüber Hikaris Verhalten in dieser Situation, wollte er eben doch, dass es ihr gut ging und sie sich nicht etwa auf einem Hotelzimmer betrank oder in den Schlaf weinte – oder beides.

            „Bist du okay?“

            „Ich werde es überleben, wie du es gerade so schön formuliert hast.“

            Sie schenkte ihm einen letzten vielsagenden Blick, bevor sie in ihr Zimmer trat und prompt die Tür hinter sich ins Schloss zog.

            Taichi schüttelte seinen Schopf. Dann würde er sie eben in Ruhe und alleine mit ihren wirren Gefühlen lassen. Er ließ den Flur ebenfalls hinter sich, lehnte sich, im Inneren angekommen, erst einmal schwer gegen die geschlossene Tür. Eigentlich blieb es ihm wohl hoch anzurechnen, dass er – trotz seines Alters – diesen Abend hatte hinter sich bringen können, ohne einem Infarkt zu erlegen. Nun wollte er allerdings auch nicht mehr und Taichi hoffte, dass die restlichen verbliebenen Singles entweder noch lange Zeit nicht heiraten, oder aber wenigstens nicht im Rahmen des ehemaligen Freundeskreises feiern würden. Noch einmal würde er diesen Zirkus nämlich nicht überleben können. Das stand fest.

            Einige Minuten verharrte Taichi in der Ruhe und in seiner Position an der Tür. Lediglich seiner Schuhe hatte er sich entledigt, als ihn das sich Öffnen und Schließen der anliegenden Zimmertür aus seiner Trance riss, irritiert zur anliegenden Wand schauen ließ. War das nicht Hikaris Tür gewesen?

            „Wahrscheinlich hat sie etwas vergessen“, murmelte er sich zu selbst, bemerkte erst in diesem Moment, dass er noch immer die Sandaletten seiner Schwester in der Hand hielt und ihr diese eventuell rasch geben sollte. Mit einem Ächzen machte sich Taichi also daran, seine Tür wieder zu öffnen und auf den Flur zu treten. Einen knappen Moment lang hatte er überlegt, ob er wohl seine Schuhe wieder anziehen sollte, sich dann aber rasch gegen diese unnütze zusätzliche Arbeit entschieden. Eigentlich wollte er ja nur eben rüber und—

            Allerdings hatte er auch gerade gehört, wie Hikari ihr Zimmer verlassen hatte. Zumindest bestätigte sich seine Vermutung, als auf sein Klopfen niemand reagierte.

            „Ach manno.“

            Eigentlich wollte Taichi doch nur unter die Dusche, oder gerne einfach direkt ins Bett. Seine Nerven wollten offensichtlich langsam wirklich nicht mehr, denn selbst Taichi merkte, dass er nörgelig wurde. Unschlüssig sah Taichi auf die Schuhe in seiner Hand, dann den Flur hinab, wieder auf die Schuhe, auf die geschlossene Zimmertür, wieder den Flur runter und danach rauf.

            „Ach ich bin mir sicher, dass die Bar noch geöffnet ist. Man kann die Musik doch hören. Bin sofort wieder da.“

            Natürlich trat gerade auch Yamato auf den Flur. Natürlich unterhielt er sich mit einer weiteren Person, die sich auf seinem Zimmer befand. Natürlich trug er keinen vollständigen Anzug mehr, da er – natürlich – schon vor einer geraumen Zeit die Feier verlassen hatte, um mit seinem Mister X schlafen zu können. Und Taichi hatte schon erleichtert aufgeatmet, als er seinen Exfreund nicht mehr auf der Feier selbst hatte antreffen können. Alleine die Vorstellung daran, dass ein angetrunkener oder gar betrunkener Yamato seine Begleitung dazu überredet hatte – vielleicht nicht hatte überreden müssen –, sich mit ihm zusammen auf das Hotelzimmer zu verdrücken, bereitete Taichi Übelkeit.

            Leider hatte er sich ein wenig zu intensiv auf Yamatos nackte Knöchel konzentriert, die zwischen Anzughose und den edlen Lederschuhen hervorlugten, als dass er es ebenso registrieren konnte, wie sich besagte Lederschuhe auf ihn zu bewegten.

            „Oh hi Taichi.“

            „Du hattest vorhin aber noch Socken an, oder?“

            Ein weiterer sehr seltsamer Yamato Spleen war es doch immer schon gewesen, sobald es die Temperaturen oder die Gelegenheit auch nur ansatzweise zuließen, sich seiner Socken zu entledigen und entweder barfuß oder eben barfuß in Schuhen herumzulaufen. Einen Grund für seine abwegige Ablehnung der Bedeckung seiner Füße und Knöchel hatte Yamato Taichi allerdings nie liefern können.

            „Wer weiß, wer weiß?“

            Taichi folgte Yamatos Blick, der gerade an ihm hinabwanderte.

            „Hattest du denn Schuhe an?“

            „Haha, witzig.“

            Natürlich hatte er sich der Schuhe auch gerade erst entledigt. Wie hätte es auch ausgesehen, wäre er nur in Socken zu einer Hochzeit aufgetaucht? Taichi überlegte sich, ob er noch etwas zu diesem dämlichen Witz äußern sollte, entschied sich aber letzten Endes dagegen. Lieber winkte er ab und schüttelte den Kopf.

            „Zu müde?“

            Er nickte. Sollte Yamato sich mit sich selbst beschäftigen. Die Zeit ihrer seltsamen Aufeinandertreffen und Zickereien war für diesen Tag aus und vorüber.

            „Ohje.“

            Taichi zuckte zusammen, als er eine Hand – Yamatos Hand – auf seinem Arm spürte. Sie hatten sich vielleicht heute schon öfter gesehen und durchaus auch miteinander gesprochen, damit irgendwie die zehn Jahre des ausgebliebenden Kontakts gebrochen, aber zu einer Berührung war es bisher eben nicht gekommen. Sie überforderte Taichi. Ebenso wie ihn Yamatos Lächeln fast schon zurückweichen ließ.

            „Was denn?“

            Yamato sollte keine Antwort erhalten.

            „Kamillentee?“

            Takeru hatte ebenfalls wieder das Zimmer verlassen, wie Taichi am anderen Ende des Flurs erkennen konnte. Er schien noch mit Mimi zu reden, aber deren Antwort war so gedämpft, dass Taichi sie nicht verstehen konnte. Jedenfalls verbesserte sich Takeru noch rasch mit den Worten „Ach so Fencheltee dann eben.“

            Es war nicht alleine Takerus plötzliches Auftreten, das Taichi hatte halb erstarren lassen. Viel eher ließ ihn die Kombination aus Yamatos Bruder und seiner eigenen Schwester, deren Stimme gerade wieder erklang, wie sie sich wohl gerade noch bei irgendwelchen anderen Gästen verabschiedete, gerade so schnell denken und handeln, wie er es vielleicht seit seinem wichtigsten Fußballspiel nicht mehr getan hatte.

            Taichi selbst hatte sich kaum versehen können, wie er zurück in sein Zimmer geflüchtet war und die Tür ins Schloss geschoben hatte. Er verblieb ein weiteres Mal an dieser Tür, horchte aufmerksam, ob die beiden Jüngeren tatsächlich aufeinandertreffen und auf dem Hotelflur nun ein Schlachtfeld eröffnen würden.

            „Haben sie uns gesehen?“

            Deutlich irritiert sah er auf und zu Yamato. Es dauerte weitaus länger, als er ins Innere des Zimmer gebraucht hatte, ehe er verstand, dass sein Exfreund ihm in dieses gefolgt war und nun neben ihm verharrte, nicht minder neugierig die Tür betrachtete.

            „Eh— weiß ich nicht.“

            Taichi rutschte weiter an den Rand der Tür, als Yamato sein Ohr an diese legte und anscheinend wirklich konzentriert lauschte.

            „Was?—“

            „Sei still. Ich will das hören.“

            Ungläubig durfte Taichi mit ansehen, wie sich sein werter Exfreund ihn keiner weiteren Aufmerksamkeit mehr würdigte, diese vollkommen und ausschließlich dem widmete, was eventuell draußen vor der Tür geschehen würde. Und Taichi sah sich hin und her gerissen zwischen seiner Verwirrung und gleichzeitigen Abneigung bezüglich der Nähe, die ihm Yamato gerade aufzwang, sowie einer brennenden Neugierde, die sicher nicht durch Takerus Stimme gedämpft wurde.

            Wobei „gedämpft“ an dieser Stelle recht gut passen wollte. Denn Taichi konnte durchaus verstehen, wer da gerade den Namen seiner Schwester ausgesprochen hatte, allerdings gingen die folgenden Worte, die Taichi weniger gut hatte erwarten können, in der Dämpfung der Tür unter. Er verfluchte sich für den Drang, dem er nachgab, als er sich schließlich auch näher an das Holz der Tür schob, sein Ohr gegen diese legte. Anscheinend war es ihm selbst auch wichtiger, zu erfahren, was genau zwischen den jüngeren Geschwistern geschehen würde, als der natürlichen Abneigung dagegen, sich seinem Ex auf diese absurde Art zu nähern.

            „Takeru, hallo.“

            Kaum, dass Hikaris Stimme zu vernehmen gewesen war, löste sich Taichi noch einmal von der Tür. Er dachte gar nicht weiter darüber nach, was er tat, als er Yamato anstieß und ihm einen gehetzten Blick zuwarf.

            „Wir können das nicht tun“, flüsterte er rau, verdrehte die Augen, als Yamato eben dies auch tat.

            „Stell dich nicht so an, du Memme“, raunte sein werter Ex zurück. Er schien sich nicht von der eisigen Kälte abschrecken zu lassen, die Taichi gerade in den Nacken kroch und die sehr eindeutig vom Flur ausging. Er würde sich sicher nicht darüber wundern, dass, sobald er die Tür öffnete, ein Winterwunderland vorzufinden sein würde, wo früher einmal der Flur des Hotels gewesen war.

            „Komm schon.“

            Zwar wusste Taichi nicht, wieso es Yamato interessierte, ob er nun ebenfalls lauschte oder nicht, aber er folgte der Aufforderung willig. Wahrscheinlich lenkte ihn weiterhin diese Müdigkeit, die ihn auch die Flucht von den Feierlichkeiten hatte ergreifen lassen. Wieso sonst sollte er das Szenario, das sich draußen abspielte, nicht einfach mit Yamato nachahmen? Nicht nur Hikari sah sich gerade ihrem Ex gegenüber. Taichi verzichtete dennoch auf einen dritten Schlagabtausch an diesem Abend – dieser Nacht, wenn man es genau nehmen wollte.

            „Dir geht es auch gut?“

            Sofort verfluchte sich Taichi für seine eigene Zurückhaltung. Er schien den Beginn der Unterhaltung – des Kleinkriegs – doch tatsächlich schon verpasst zu haben.

            „Ja, mir geht es auch gut, danke der Nachfrage, Takeru.“

            Gott, Taichi wusste nicht, was Hikari sich bei ihrem eiskalten Ton dachte. Wusste sie denn nicht, dass sie auf diese Art, mit diesem Ausdruck, nur verletzlicher wirkte, als sie es eigentlich war? Und wollte sie nicht gerade stark und abweisend wirken? Ein schiefer Blick zu Yamato rüber bewies Taichi, dass dieser sich gerade dasselbe dachte.

            „Ich hatte überlegt, ob ich dich begrüßen sollte, aber ich wusste nicht—“

            „Ich war eh recht beschäftigt.“

            „Ja, ich wollte dich nicht stören.“

            Während Taichi damit beschäftigt war, über seine Schwester den Kopf zu schütteln, hörte er ganz leise, wie Yamato an seiner Seite die Luft zwischen seinen Zähnen hervorstieß. Auf diese Art hatte sein Exfreund gerne mal seinen Unmut vertont, was in Taichi nun seinerseits zum einen die Neugierde und zum anderen seinen Beschützerinstinkt gegenüber Hikari weckte.

            „Was?“, murmelte er also tiefen – damit also bösen – Untertons. „So klasse ist dein Bruder auch nicht.“

            „Wer sagt das?“

            Ihre Blicke trafen aufeinander und Yamato verdrehte passend dazu zeitgleich die Augen.

            „Er ist eine Lusche. Was soll dieses Gefasel?“

            Erst wollte Taichi gerne etwas erwidern, allerdings stellte er fest, dass ihm nichts Passendes einfiel. Yamato regte sich gar nicht über Hikari auf, sondern über Takeru. Sie wussten wohl beide nichts mit dem Verhalten der Jüngeren anzufangen, wobei Taichi an diesem Punkt nicht recht einzuschätzen wusste, inwiefern Yamato und er sich hier mit Ruhm bekleckert hatten. War ihr Verhalten nicht ebenso dämlicher Natur?

            Anstatt den Jüngeren zu lauschen, konzentrierte sich Taichi einen weiteren Moment auf seinen Ex, der nun wieder ganz gespannt das Ohr an die Tür presste, dabei in seinem zerknitterten Hemd steckte, das wiederum halb aus seiner schicken Hose hang – und man durfte bei diesem Anblick sicher nicht die freigelegten Knöchel vergessen. Alles an ihm schrie regelrecht danach, dass er gerade ein Schäferstündchen mit seinem Kerl hinter sich gebracht hatte, womit sich Taichi sicher nicht auseinander setzen wollte.

            „Was machst du eigentlich hier?“, flüsterte er, wusste dabei selbst nicht, wieso er sich nicht einfach von der Tür löste und Yamato alleine seiner Spionageattacke überließ.

            „Wohin soll ich sonst?“

            „Raus?“

            „Zu denen? Sehe ich irgendwie wahnsinnig aus?“

            „Nun“, Taichis Blick klebte sich an den nackten Knöcheln fest. Er kam sich albern davor, wie sie hier an der Tür klebten und flüsterten, aber wahrscheinlich entsprach eben dieses Verhalten ihrer eigenen, abnormen Natur. Wer war er, als dass er es tiefgehend in Frage hätte stellen können? „Wer trägt bitte Ausgehschuhe ohne Socken?“

            Yamato sah an sich herab und danach zu Taichi.

            „Ich hab meine Socken nicht gefunden, okay?“

            „Nun, du siehst gut aus.“

            Die beiden älteren Brüder sahen umgehend zur Tür rüber, hatten anscheinend prompt vergessen, was sie sich noch hatten an den Kopf werfen wollen – zischender Weise. Wen interessierten bitte noch Yamatos Knöchel oder seine verschollenen, versuchte sich Takeru vor der Tür gerade höflich aus der Unterhaltung zu winden. Man konnte deutlich hören, wie sich der jüngere Mann räusperte, dabei anscheinend feststellte, dass seine Wortwahl auch fehlinterpretiert werden könnte und sich darum schnell verbesserte.

            „Also du hast immer schon gut ausgesehen, aber heute halt—“

            Takeru brach an dieser Stelle ab und dafür vernahm Taichi Yamato flüstern.

            „Gott, das ist wirklich unangenehm.“

            War ihr Gespräch denn nicht unangenehm gewesen? Das erste Gespräch auf der Herrentoilette? Das zweite in den Rosenbüschen? Ein seltsames Treffen auf dem Hotelflur, was nun darin geendet war, dass sie an der Hoteltür standen und ihre Geschwister belauschten? Das war alles verdammt unangenehm und Taichi fragte sich, ob Yamato über Nacht eine seltsame Resistenz gegenüber unangenehmen zwischenmenschlichen Situationen entwickelt hatte. Früher war er doch niemals so kaltschnauzig gewesen.

            „Du siehst auch gut aus. Ihr seht gut aus, also ich meine zusammen.“

            Nun gut, dafür dass Takeru das Gespräch wohl hatte ausklingen lassen wollen, ging Hikari nun aber in die Vollen.

            „Danke, ehm, wo ist denn Daisuke?“

            „Er musste arbeiten.“

            „Oh, das ist schade. Er ist sonst immer so— unterhaltsam.“

            Taichi biss die Zähne zusammen. Er konnte es schon kaum ertragen, einfach wie unangenehm dieses Gespräch da draußen wirklich war. Wie konnten Hikari und Takeru diese Konfrontation bloß überleben?

            „Mimi ist—“

            „Auf dem Zimmer. Ich wollte nur noch einen Tee holen gehen.“

            „Und euer Sohn?“

            „Schläft schon, hoffentlich auch die Nacht durch.“

            Eher zufällig und definitiv auch nicht beabsichtigt traf Taichis Blick auf den Yamatos, der seine Gedanken nicht besser hätte beschreiben können: Sie konnten nicht verstehen, was sich da auf dem Flur abspielte und wollten dem Drama am liebsten ein rasches Ende bereiten. Einen Moment lang rechnete Taichi nun selbst mit einer misslichen Sekunde der Realisation, dass sie einander fast zustimmend angelächelt hatten, aber diese sollte ausbleiben. Yamato hatte sich schon wieder, als wäre nichts gewesen, der Tür zugewandt.

            „Nun inzwischen konntet ihr euch ja sicher ein wenig daran gewöhnen, denke ich.“

            „Gewöhnen? An was?“

            „An ein Kind. Ich meine ja nur, weil es doch so plötzlich war.“

            „Ach so, ja, also wir haben uns dran gewöhnt. Und so plötzlich war es auch nicht.“

            „Oh, wir waren alle überrascht.“

            „Nun, im Prinzip ist das Mimis und meine Angelegenheit, meinst du nicht?“

            „Richtig. So meinte ich das auch nicht.“

            Er seufzte tonlos und spürte den Schweiß, der sich nach und nach auf seiner Stirn bildete so langsam; konnte ihn nicht länger ausblenden. Diese Lage berührte ihn weitaus mehr, als man eventuell vermuten sollte, aber es handelte sich da draußen schließlich nicht um irgendwen. Kari und Takeru hatten irgendwie eine Art von Parallel-Paar zu ihm und Yamato verkörpert und ihre nicht wirklich elegante Trennung hatte sich, wie man später hatte herausfinden können, nahtlos in die ihre einreihen können. Das eine Beziehungsaus erinnerte an der andere... und umgekehrt. Taichi konnte die beiden Gedanken nicht voneinander trennen.

            „Meinst du, das wird noch lange dauern?“

            Da er nicht damit gerechnet hatte, dass Yamato wieder ein Wort – natürlich im Flüsterton – an ihn richten würde, blinzelte Taichi recht verwirrt zu der Seite rüber, an der sein Ex lehnte und langsam gelangweilt in die Gegend zu blicken schien.

            „Hörst du nicht mehr zu?“

            „Und versinke dadurch ebenfalls in einem Nichts aus Scham und Qual? Nicht doch.“

            Ja, wahrscheinlich hatte Yamato recht. Sicher sollte auch Taichi nicht mehr lauschen und sich nicht in den Fluten ihrer Liebestragödien baden. Während dieser Hochzeit hatte er doch schon weitgreifend genügend Stunden in der Vergangenheit verbracht, sich an sein eigenes Leid geklammert. Er sollte es ziehen lassen – ebenso wie Yamato, Takeru und alles, was mit ihnen zusammenhing.

            „Erinnert dich das hier auch an den Tag, wo wir uns in dem leeren Klassenzimmer versteckt haben?“

            Anscheinend wollte Yamato ihn und seine Ruhe noch nicht ziehen lassen.

            „Hm?“

            „Vor Sora—“

            „Keine Ahnung, was du meinst.“

            Was eine glatte Lüge war. Als würde Taichi diesen Tag jemals vergessen können.

 

— knapp zwanzig Jahre früher —

 

„Und was genau tun wir hier?“

            „Sei still.“

            Taichi ließ sich ziehen und schieben, letzten Endes auch in die Seite stoßen. Dafür schenkte er seinem besten Freund nur einen skeptischen Blick, schob dabei dessen Hand von sich weg und betrachtete sich die Tür, die Yamato gerade zugeschoben hatte. Anschließend ließ er seinen Blick durch das leere Klassenzimmer gleiten, in welches er hier gezogen worden war – plötzlich, unerwartet und vor allem ohne ersichtlichen Hintergrund.

            „Was ist denn nun?“, flüsterte er, wollte Yamato wohl einfach keinen weiteren Anlass dafür geben, ihn zu boxen. So ganz hatte Taichi nämlich nicht begriffen, wieso er keinen Laut von sich geben durfte.

            Yamato presste sich selbst auch sofort wieder den Zeigefinger auf die Lippen und winkte aufgeregt mit einer Hand, während er versuchte, an der Tür zu lauschen. Es war kaum zu vernehmen, wie er den Namen „Sora.“ wisperte, aber er fing dennoch Taichis Aufmerksamkeit. Natürlich schürte er seine Skepsis bezüglich dieser Aktion nur weiter. Er wollte schon zur Frage danach, wieso und seit wann sie sich vor Sora verstecken mussten, ansetzen, allerdings ergab sich die einzig plausible Antwort zeitgleich.

            „Du hast nicht mehr mit ihr gesprochen, seit ihr miteinander geschlafen habt.“

            „Natürlich nicht.“

            Yamatos Stimme war ebenfalls nicht lauter als ein Flüstern, eher ein Zischen, wie er sie mit einem eisigen Blick unterstrich, der Taichi den Kopf schütteln ließ. Nur Yamato konnte in einer einzigen, so winzigen Regung seiner Augenwinkel gleichzeitig zu verstehen geben, dass er sich A keine Vorwürfe anhören wollte und B Taichi dafür verurteilte, etwas anderes von ihm erwartet zu haben. Ein Yamato Ishida schämte sich eigentlich nie für irgendetwas, was er tat. Er sah sehr selten Fehler in seinem Tun, was interessant war, bedachte man seinen ansehnlich ausgeprägten Hang dazu, sich in seiner allgemeinen Existenz zu hinterfragen und gelegentlich in ebenso schwerwiegenden Depressionen zu versinken. Taichi selbst fühlte sich in solchen Momenten, in denen er sich die Komplexität des Auftretens Yamatos vor Augen führte, viel zu normal und langweilig. War es denn so schlimm, sich ausschließlich für Fußball und Sex zu interessieren und sich über die Regeln, die ihm seine Eltern auferlegten, aufzuregen? Reichte das nicht aus?

            Taichi registrierte kaum, wie Yamato irgendetwas sagte, dann einfach nur noch schwieg und abwartete, dabei sein Ohr kaum einen Zentimeter von der Tür löste. Da er selbst keinen Sinn dahinter sah, sich fortführend mit der Thematik auseinander zusetzen, beobachtete Taichi die Sonne durch die Fenster hindurch, wie sie langsam immer tiefer sank. Schon wieder hatten sie einen ganzen Tag in der Schule gefristet. Schon wieder hätte er weitaus lieber seine Stunden auf dem Fußballfeld oder daheim vor seinem Computer gefristet, als irgendwelche Kurse und Clubs besuchen zu müssen, aus denen er sicher keine persönliche Befriedigung oder wenigstens Weiterentwicklung ziehen würde, sondern lediglich Credits, die er sich für die Schule anrechnen lassen musste.

            Er konnte sich mehrere Ewigkeiten über das Schulsystem aufregen. Ebenfalls über die Ewigkeiten, die er im und um das Schulgebäude herum verbringen musste. Entsprechend wollte Taichi diese Gedanken verdrängen. Er folgte sowieso viel lieber den Sonnenstrahlen, die den stillen Klassenraum in warmes, orangenes Licht tauchten. Nebenbei lauschte er den Stimmen, die gedämpft aus dem Flur und zu ihnen drangen, während er sich fragte, was es wohl zum Abendessen geben würde: Würde er heimgehen oder bei Yamato essen? Würde Yamato ihm Curry Reis machen oder sogar Tempura? Vielleicht würde er ihn zu einem der Gerichte überreden können.

            Wie viel Zeit verging, wusste Taichi nicht genau. Er sah lediglich gelangweilt zu Yamato rüber, als sich dieser neben ihn sinken ließ, den Rücken ebenfalls gegen die geschlossene Tür lehnte. Im Prinzip erinnerte sich Taichi nicht einmal mehr daran, wann er selbst zu Boden gesunken war. Hatte er wirklich so lange gewartet?

            „Na, ist sie nun auch wirklich weg?“, fragte er zynischen Untertons. Obwohl er sich ungerne auf ein Duell der bösen Blicke mit Yamato einließ, konnte er sich seine Ablehnung kaum aus dem Gesicht treiben. „Du bist ein schlechter Freund, Yamato. Weißt du das?“

            Der besagte „schlechte Freund“ seufzte theatralisch, stieß Taichi gegen die Seite.

            „Ach, du hast keine Ahnung. Schlaf du mal mit einer deiner besten Freundinnen und trete ihr dann gegenüber, nachdem—“

            „Nachdem was?“

            „Sie mehrmals versucht hat, mit dir über das Geschehene zu sprechen und du sie immer abgewimmelt hast.“

            Taichi seufzte schwer und vergrub knapp das Gesicht in den Händen, rieb sich über die Augen. Manchmal fragte er sich durchaus, wieso ihm, nach all den Jahren an Yamatos Seite, sein Kopf noch nie explodiert war.

            „Bitte— oh bitte Yamato, sag mir, sie hat dich einfach immer in total ungünstigen Situationen erwischt und du konntest wirklich nicht, weil du sonst von der Schule geflogen oder enterbt worden wärst?“

            „Genau so ist es.“

            „Du bist der schlechteste Lügner der Welt. Gib dir doch bitte wenigstens Mühe.“

            „Es war immer vor irgendeinem Kurs. Sollte ich vor versammelter Mannschaft mit ihr über Sex und Gefühle sprechen?“

            Zwar klang diese Erklärung – naja, fast eher Rechtfertigung – weitaus glaubwürdiger, aber Taichi wusste einfach, dass Yamato noch immer ein Netz aus Unwahrheiten um sich herum aufspann und sich in diesem verstecken wollte. Anstatt allerdings nun weiter in der Thematik zu bohren und Yamato detailliert aufzuführen, wieso er mehrfach für die Rolle des weltschlechtesten Freundes nominiert worden war, ließ er das Thema im Sand verlaufen – oder eher in der wiedereinkehrenden Stille. Wieso auch immer sie auf dem Boden des leeren Klassenraums verweilten, obwohl sie doch schon ihren Heimweg hätten antreten können, aus irgendeinem Grund rührten sich beide Jungen keinen Zentimeter vom Fleck. Yamato starrte, wie Taichi aus dem Augenwinkeln hatte erkennen können, recht ziellos ins Klassenzimmer, hing anscheinend seinen – wahrscheinlich mal wieder frevelhaften – Gedanken hinterher. Und Taichi selbst: Er hatte zunächst Yamato beobachtet und darauf gewartet, noch irgendeinen Laut von diesem vernehmen zu können, seine Aufmerksamkeit danach auf ihre Hausschuhe gerichtet. Auf ihre Hausschuhe und dann automatisch auch auf Yamatos nackte Knöchel. Yamatos nackte Knöchel und die darunter liegenden Socken: Die rechte Socke war grau, die linke hingegen blau.

            Taichi griff nach dem Fußgelenk Yamatos, das ihm näher lag, wunderte sich nicht einmal mehr darüber, dass sein werter Freund nicht auf diese Aktion reagierte. Wahrscheinlich hatten sie sich beide an seltsame, unkoordinierte und unvorhersehbare Berührungen gewöhnt.

            „Weißt du, dass du zwei verschiedene Socken anhast?“

            Und dabei hatte Taichi zusätzlich diesen Morgen noch am Rande notiert, dass Yamatos Knöchel – obendrein – freigelegt gewesen, dementsprechend also nicht von seiner Hose bedeckt worden waren. Wahrscheinlich hätten sie, als sie dem Jungen, der offenbar nicht dazu in der Lage war, sich entsprechend der Jahreszeiten zu kleiden, noch anständige Wollsocken kaufen sollen, als sie ihm eine Winterjacke organisiert hatten.

            Taichi schmunzelte, schüttelte sachte seinen Kopf über sich selbst, wie er seine Minuten damit verbrachte, über die Socken seines besten Freunds nachzudenken. Es mochte wirr wirken, aber Taichi betrachtete diese Gedanken als seinen kleinen und privaten Schatz. Wer sonst wusste bitte von Yamatos kleinen Spleens? Welcher kreischende Fan ahnte wohl, dass der werte Herr Rockstar verschiedenfarbige Socken trug und diese bei erster Gelegenheit daheim sofort von sich strampelte?

            Naja— an dieser Stelle musste Taichi ehrlich und aufrichtig mit sich selbst und seinem Gedankengut sein: Wen – auf dieser Welt – interessierten denn auch Socken, kam binnen der nächsten fünf Minuten die enge Jeans vom Hintern? Keiner der Fans, die in den Genuss einer intimen „Unterredung“ mit Yamato gekommen waren, hatte jemals ein Detail jenseits seiner Unterwäsche wahrgenommen. So viel stand fest. Vielleicht war Taichi am Ende des Tages doch der einzige Mensch, der von diesen Socken wusste. Der auf so ein Detail achtete, weil er auf alle Details seines besten Freundes achtete, jeden Tag auf ein Neues.

            „Du bist ein seltsamer Mensch, Yamato.“

            Natürlich verwunderte Yamato diese Aussage nicht. Er schaute weder neugierig, noch fragend zu Taichi rüber, sondern fing dessen Blick nur mit einem Grinsen auf.

            „Und deswegen liebst du mich auch.“

            Während Taichi an der blauen Socke zog und lachte, ließ sich Yamato gegen ihn sacken, seinen Kopf auf Taichis Schulter sinken.

            „Natürlich. Neben dir kann ich mir jeden Unsinn erlauben und werde trotzdem immer ‚der Normale’ von uns bleiben.“

            Sie waren „der Trottel“ und „der Freak“ und Taichi hoffte inständig, dass Yamatos heranreifender Erfolg diesem Zustand nichts abtun würde.

            Erst als er eine Hand Yamatos spürte, die sich um den Rand seines Jacketts geschlossen hatte, sah er zu seinem Freund rüber, traf hierbei auf die bekannten blauen Augen.

            „Was denn?“

            „Lass meinen Fuß los.“

            „Wenn man es genau nimmt, halte sich dein Fußgelenk fest.“

            Aber brav wie er war, ließ Taichi vom besagten Gelenk ab, schob Yamato gleichzeitig ein Stück weit von sich, wenn auch nur, um seine Stirn gegen die Yamatos lehnen zu können.

            „Du brauchst neue Socken und du wirst mit Sora reden.“

            „Ich will keine Socken.“

            „Und du wirst ihr sensibel und sanft erklären, dass du keine Gefühle für sie hast, aber gerne mit ihr befreundet bleiben willst.“

            „Ich habe Socken.“

            „Und wenn sie erst einmal Abstand von dir braucht, wirst du ihr den natürlich gewähren.“

            „Was ist an meinen Socken denn so falsch?“

            Taichi konnte nicht anders, als zu lachen, einen Büschel blonden Haars zu ergreifen und daran zu ziehen.

            „Nichts, ich liebe deine Socken.“

            Genau konnte Taichi nicht sagen, ob er sich das Stückchen vorgebeugt und Yamato von dämlichen Antworten und Kommentaren abgehalten hatte, indem er seine eigenen Lippen auf die seinen gelegt hatte. Vielleicht hatte auch Yamato diese Berührung initiiert, wie er an seinem Jackett gezogen und sie einander damit näher gebracht hatte.

            Der Kuss dauerte nicht lange an und beide Jungen verweilten anschließend in ihren etwas ungemütlichen Positionen, waren nicht dazu gewillt ihren Blickkontakt zu brechen. Es sollte Yamato sein, der als Erster wieder das Wort ergriff, dabei ansatzweise den Kopf zur Seite neigte.

            „Weißt du, was ich nicht verstehe?“

            Taichi konnte nicht sofort reagieren. Erst jetzt bemerkte er, dass ihm sein Herz bis zum Hals schlug und sein Blut tosend in seinen Ohren rauschte. Binnen weniger Sekunden, kaum wahrnehmbarer Wimpernschlägen, hatte sich Glück und Panik – Angst vor einer abweisenden Reaktion Yamatos – in seiner Brust ausgebreitet, die ihm die Kehle und Zunge gleichermaßen zu verknoten schienen.

            „Was?“, brachte er schlussendlich kehlig hervor, schluckte folgend schwer.

            „Wieso wir das nicht schon viel früher getan haben.“

Zweite Runde, Linksauslage

Manchmal erinnerte sich Taichi noch an diesen ersten Kuss. Es war nicht so, als hätte er ihn bewusst verdrängen oder gar vergessen wollen, aber mit den Jahren war dieser Schnipsel seiner Jugend einfach im grauen Nebel der rasenden Zeit verblasst. Anfangs waren da viele neue, wundervolle Momente mit Yamato an seiner Seite hinzugekommen, später hatte er sie mühselig wegschließen müssen, um ihre Trennung überhaupt ansatzweise verarbeiten zu können, ohne dabei seinen Verstand und den Glauben an irgendetwas auf dieser Welt – vor allem an die wahre Liebe – zu verlieren. In diesem Sinn holte ihn dieser erste, so unschuldige und kurze Kuss nur noch selten ein. Meistens ganz unerwartet. Manchmal sehr unpassend. Wobei es Taichi erschien, als gäbe es kaum noch passende Situationen, in denen man an solch Romantik, Unschuld und dem ersten Funken einer alles verändernden Beziehung zweier Menschen zurückdenken konnte, wurde denn bedacht, dass besagte Beziehung nicht länger existierte. Alles, was so eine Erinnerung noch mit sich brachte, war ein bitterer Geschmack in der Kehle, vielleicht noch ein Klingen in seinen Ohren und ein Brennen in seinen Augen. Es gab keine passenden Sekunden, die er an Yamato Ishida und irgendwelche Küsse mit ihm denken konnte – sollte.

Auch nicht, während er in seinem Bett lag, die Decke anstarrte und gerade den letzten Schlaf aus seinen Sinnen verbannte.

Sein Wecker hatte vor sicher zwanzig Minuten das erste Mal geklingelt, aber Taichi hatte es diesen Morgen nicht eilig. Er hatte schon drei- oder viermal die Snooze-Funktion missbraucht, hielt sein Handy, das er der Einfachheit halber als Wecker nutzte, nun noch immer in der Hand, die auf seiner Brust ruhte. Da die Schulferien den jungen Lehrer nicht mehr lange von seinen Pflichten befreien würden, wollte er jede freie Sekunde nutzen, entsprechend das Bett auch nie früher verlassen, als er es absolut musste. Natürlich hätte er sich gar nicht erst einen Wecker stellen müssen, aber leider tendierte er selbst in seinen fortgeschrittenen Jahren wie auch damals als Teenager dazu, den ganzen Tag zu verschlafen, verzichtete er komplett auf eine zeitliche Orientierung in Form seiner Familie, eines Partners oder eben eines Weckers. Und so gerne Taichi schlief und faulenzte, verbrachte er die gleiche Zeit ebenso bevorzugt im Freien, in der Sonne und gerne auch mit körperlicher Betätigung. Gerade nach einem Wochenende, wie er es gerade erst hinter sich gebracht hatte, musste sich Taichi mit Sport ein wenig den Kopf leeren. Zu gerne wäre er noch vor Ort, im Hotel, dieser Abhilfe nachgekommen, aber natürlich hatte sein Luftkopf nicht mitgedacht – also auch naiver Weise nicht damit gerechnet, dass er derartig aus der Bahn geworfen werden würde – und er entsprechend keine Sportkleidung in der kleinen Reisetasche verstaut. So hatte er also ohne Sport, aber mit einem wortkargen Frühstück an Hikaris Seite auskommen müssen. Anschließend waren sie fast direkt aufgebrochen, nachdem von Sora und angetrautem Gatten keine Spur aufzufinden gewesen war und sie beide einer weiteren Begegnung mit ihrer jeweiligen Vergangenheit aus dem Weg hatten gehen wollen. Ebenso war die Familie Takaishi dem Frühstück ferngeblieben und auch, wenn Taichi es kaum gewagt hatte einen Blick schweifen zu lassen, war ihm so gewesen, als hätte Yamato es seinem Bruder gleichgetan. Aber was hatte Taichi schon gewusst? Wahrscheinlich war einfach niemand außer Hikari und ihm so früh aus dem Bett gefallen und das trotz verkaterter Stimmung. Sie waren so gesehen auch die einzigen Gäste des Kreises gewesen, die ohne Begleitung, also der Möglichkeit auf einem gemütlichen Morgen im Bett zu zweit, angereist waren.

Vage schüttelte Taichi den Kopf, schob seine freie Hand in das zerzauste Haar und strich es sich so aus der Stirn. Es war Zeit, dass er sich mal aufraffte und vor allem alle Erinnerungen an den vermeintlich schönsten Tag des Lebens seiner besten Freundin vergaß – zumindest solang bis er Sora treffen und mit ihr die Fotos durchgehen, eventuell auch das Hochzeitsvideo ansehen würde. Zum Glück hatte er bis zu diesem Moment aber noch etwa zwei Wochen, war das Brautpaar doch diesen Morgen in die verdienten Flitterwochen gefahren. Zu Taichis Glück. Er brauchte definitiv zunächst ein wenig Abstand von all dem, was binnen solch weniger Stunden aufgerüttelt worden war, was zudem so lang gebraucht hatte, um überhaupt verschüttgehen zu können.

Er stemmte sich von der Matratze, verharrte einen Moment lang auf deren Kante, gähnte herzhaft. Vielleicht musste er sich inzwischen fast täglich zur frühen Stunde aus dem Bett quälen und dann vor seinen Schülern fit und frisch wirken, aber das bedeutete nicht, dass Taichi Yagami inzwischen zu einem leidenschaftlichen Frühaufsteher mutiert war. Er war lediglich willensstärker und besser im Schauspielen geworden, konnte damit den Zöglingen das verkaufen, was er seinen Lehrern damals selbst nie hatte abnehmen wollen: Dass es gut und vorbildlich war, früh den Tag zu beginnen und wissbegierig die folgenden Unterrichtsstunden zu begrüßen.

„So ein Schwachsinn“, murmelte Taichi zu sich selbst. Es gab tatsächlich immer noch manche Momente, die er nicht recht glauben konnte, wohin ihn seine berufliche Laufbahn verschlagen hatte. Wer hatte auch damit rechnen können, dass er zu seiner eigenen Schule zurückkehren würde, nachdem er ihr so gerne den Rücken zugewandt und die Universität besucht hatte? Naja, selbst dieser Schritt war für alle Beteiligten ein wenig überraschend gekommen, aber irgendwie hatte er hier wenigstens sich selbst und den anderen noch versichern können, dass er sich eine Schule außerhalb suchen würde. Vielleicht eine Privatschule, die sich auf Sportstipendien spezialisierte oder etwas dieser Art. Nun letzten Endes war er wieder an der Odaiba High gelandet, leitete hier die Fußballmannschaft, für die er selbst einmal über den Rasen gefetzt war, gab dazu natürlich auch noch Sportunterricht und... Geographie. Der Junge, der nicht gewusst hatte, wer oder was genau dieses Australien darstellen sollte, war inzwischen dazu übergegangen, eben dieses Wissen anderen desinteressierten Jugendlichen aufzuzwingen und im Angesicht dieser Gewissheit fragte sich Taichi auch Jahre später noch, was da geschehen war. Natürlich hätte er lieber Fußballstar werden wollen, aber dieser Wunsch war irgendwann der Realität gewichen, ebenfalls der Gewissheit diverser Fuß- und Knieverletzungen, die mit den weiteren Jahren sicher nicht besser werden oder gar abheilen würden. Die Idee war jedenfalls zu Grabe getragen und der Weg zur Hochschule eingeschlagen worden und aus. Yamato hatte ihm nicht einmal lange damit in den Ohren gelegen, sich auch nur jeden dritten Tag über die Angelegenheit mit der Geographie lustig gemacht und ihn ansonsten artig und tatkräftig unterstützt, wie man das eben so tat in einer Partnerschaft.

Taichi schlurfte gerade ins Badezimmer, als sich sein Anrufbeantworter einschaltete. Generell ging Taichi um so eine Uhrzeit – erst recht in den Ferien – nicht an sein Telefon, weswegen er die Maschine auf automatische Annahme schaltete und dann die Stimmen, die eintrudelten, weitaus leichter ignorieren konnte, als es mit einem nervtötenden Klingeln der Fall wäre.

„Morgen Sonnenschein, ich weiß genau, dass du da bist“, Shin, sein On-Off-wie-auch-immer, „aber musst nicht rangehen. Schreib mir nur, ob heute Abend steht, sonst nehme ich mir nämlich etwas Anderes vor. Bis dann“, er stoppte hörbar und fügte eher zögerlich „Babe.“ hinzu. Sie tendierten eigentlich beide nicht unbedingt zu Kosenamen, aber irgendwie klangen Nachrichten ohne sie ab und an auch recht karg. Wahrscheinlich hatte Shin die Bezeichnung deswegen noch angehängt, ehe seine Stimme verebbt, die Nachricht durch das Piepen des Anrufbeantworters abgeschlossen worden war.

Sie waren verabredet gewesen?

Taichi glaubte Shin auch ohne seinen eigenen Kalender noch einmal zu kontrollieren. Shin konnte sich Termine viel besser merken als er und darüber hinaus war er dieses Wochenende mehrfach um seinen Verstand gebracht worden, so dass niemand mehr von ihm erwarten konnte, sich an irgendwelche Dates erinnern zu können.

Das mit Shin war eh nichts Ernstes. Taichi konnte es nicht einmal benennen, auch wenn sie sich nun schon eine ganze Weile über regelmäßig trafen und gewissen Tätigkeiten zusammen nachgingen, die man durchaus als „Paaraktivitäten“ abstempeln könnte. Er glaubte aber auch nicht, dass es für Shin ernster war. Sie verbrachten einfach gerne Zeit miteinander und warteten miteinander auf das, was dann „echt“ sein würde. Das „Richtige“. Der „Richtige“. So lange würden sie sich eventuell miteinander treffen oder einfach bis zu dem Zeitpunkt, wenn sie keine Lust mehr aufeinander hätten. Wie es auch immer laufen würde, bisher war es angenehm und unkompliziert und sehr viel mehr hatte Taichi sicher seit knappen zehn Jahren nicht mehr gewollt.

Wobei, was hieß „gewollt“?

Natürlich wollte er eine Beziehung, die sein Leben erfüllen, sein Herz schneller schlagen und ihn sich vollkommen und ganz fühlen lassen würde, aber diese wuchsen nun einmal nicht auf Bäumen und alle Vorstufen schienen Taichi bislang mit zu viel Stress und Ärger verbunden gewesen zu sein. Irgendwann hatte er sie aufgegeben und aus seiner Zielgeraden gestrichen. Dann verblieb er lieber in On-Off-Wie-auch-immers. Sie waren simpel und es gab stets einen Ausgang. Fragen bezüglich der Theorie, dass die Beziehung mit Yamato ihn gezeichnet hätte, wies Taichi natürlich immer eisern von sich. Er sei nur sehr faul und generell war die schwule Datingszene nicht für innige, feste Beziehungen ausgelegt, pflegte er gerne zu sagen.

Nach einem kleinen Fitness-Frühstück, einer Fitness-Einlage und der folgenden eher unsportlichen, reglos verharrten Zeit unter dem Duschstrahl, hatte Taichi sich auch tatsächlich dazu aufgerafft, Shin zu antworten und sich in Hinsicht auf das bevorstehende Treffen zum Einkaufen aufzumachen. Wenn sie gemeinsam zu Abend essen und einen Film schauen wollten, würde er auch Lebensmittel und besagten Film vor Ort haben müssen. So weit schafften es dann selbst seine verhangenen Gedanken, die sich selbst nach dem Sport und einer gefühlten Stunde der Wasserverschwendung nur langsam zu regenerieren schienen. Zumindest das milde Wetter und ein wenig Sonne, die ihm den Weg zum Supermarkt um die Ecke leiteten, ließen seine Sinne langsam wieder aufleben. So konnte man seinen Tag eigentlich gut beginnen und auch verbringen: Er war entspannt seinen Ritualen gefolgt und ging nun ebenso unbefangen, ganz ohne Stress, einigen Erledigungen nach. Das Leben konnte schlimmer sein. Zum Beispiel, wenn man bald wieder jeden Tag zur Arbeit gehen und damit auch früh aufstehen, sich dann nachmittags oder abends gehetzt, mit allen anderen Einwohnern Odaibas um die letzten Äpfel streiten musste. Ebenfalls konnte man an sonst freien und entspannten Wochenenden seinem Exfreund über den Weg laufen und–

Taichi schnitt diese Gedanken rasch wieder ab. Da hatte er kaum knappe zwei bis drei Stunden mal nicht an die Ereignisse des vergangenen Wochenendes denken müssen und dann war dieses dämliche Gesicht mit den ebenso dämlichen, blauen Augen und dem noch viel dämlicheren Lächeln wieder aufgetaucht.

Das Schnaufen, das Taichi ausstieß, galt sicher nicht der Ladentür, die er im gleichen Moment aufgeschoben hatte. Sicher auch nicht der älteren Dame, der er prompt den Weg räumen musste und die ihm einen skeptischen Blick zukommen ließ. Eigentlich hatte Taichi mit ihm nur sich selbst und seinen aufflammenden Unmut laut kommentieren, damit auch von sich schütteln wollen. Es konnte doch nicht sein, dass ihn Yamato nun noch den ganzen restlichen Tag – oder gar mehrere Tage? – verfolgen würde, nur weil sie sich so kurz wiedergesehen hatten und das nach zehn Jahren.

Es konnte ebenfalls nicht sein, dass Yamato ihn wirklich verfolgte. Also wirklich-wirklich.

„Hi Taichi.“

Fast hätte Taichi auf dem Absatz wieder kehrtgemacht, wäre da nicht der Einkaufskorb gewesen, zu dem er sich gerade hatte hinabbücken und den er hatte ergreifen wollen. Besagter entglitt ihm nämlich prompt seinen Fingern und purzelte über den Boden, bis vor zwei strahlendweiße Sneaker, aus denen natürlich nackte Knöchel hervorlugten. Er beobachtete Yamato ziemlich bedröppelt dabei, wie er sich nach dem Korb bückte, ihn aufhob und ihm schließlich entgegenhielt.

„Du hast da etwas fallen lassen“, erklärte er mit einem – seiner dämlichen – Lächeln auf den Lippen, versteckte dabei seine Belustigung nicht einmal ansatzweise.

Yamato trug selbst einen Einkaufskorb über dem anderen Arm, hielt zudem einen Einkaufszettel in der Hand, der beidseitig beschrieben und mit irgendwelchen Notizen versehen zu sein schien. Erkannt hätte Taichi solche sicher nicht so schnell und aus der Ferne, wäre er nicht selbst viele Jahre über der Packesel gewesen, der hinter Yamato und seiner sehr genauen Liste an benötigten Lebensmitteln hinterhergedackelt war und eben das geschleppt hatte, was der Herr als notwendig erachtet hatte. Für Yamato waren seine Einkäufe immer mehr einer Zeremonie nachgekommen als etwas Alltäglichem, was eben erledigt werden musste.

„Danke.“

Taichi nahm den Korb entgegen, den Blick dabei nicht von Yamato abwendend.

„Was ich hier tue?“

Er nickte sofort. Die Frage hatte ihm sicherlich auf der Stirn gestanden.

„Nun, also erstens ist das hier auch meine Heimat, die ich besuchen kommen darf, wann immer ich möchte.“

„Und zweitens?“

Irgendwie glaubte Taichi nicht, dass Yamato nach so vielen Jahren plötzlich Heimweh verspürt hatte und sich nun wieder in irgendwelchen Supermärkten vor Ort herumtreiben wollte.

„Und zweitens, mein Lieber, habe ich einen Auftrag angenommen, der mich einige Zeit hier in der Gegend halten wird. Gewöhne dich also dran.“

Woran sollte er sich gewöhnen? Und was zur Hölle hatte Yamato da gerade von sich gegeben?

„Was?“

„Ich bleibe ein wenig. Hier in Odaiba, werde ich für eine Zeit bleiben. Verstehst du, was ich sage? Hallo?“

Taichi hatte sich einfach abgewandt und war weitergegangen. Diese Informationen waren einfach zu viel des Guten gewesen und mal abgesehen davon, hatte er ein Abendessen einzukaufen – Zutaten für ein Abendessen. Er musste sich noch ein Abendessen einfallen lassen. Was sollte er Shin und sich selbst kochen? Oder konnte es etwas aufwändiger sein und würde dann Shin das Kochen übernehmen? So richtig anspruchsvolle Gerichte wusste er selbst nämlich in der Küche noch nicht zu händeln.

„Taichi?“

„Vielleicht eine Quiche.“

„Dafür brauchst du aber sicher keinen Eistee?“

„Ich habe keinen mehr.“

Tatsächlich hatte Taichi in dem ihm durchaus in- und auswendig bekannten Supermarkt ganz automatisch eine Richtung eingeschlagen und ebenso unbedacht nach einer Packung seiner Lieblingssorte Eistee gegriffen.

„Früher hast du immer Apfel getrunken... oder Himbeere. Gerste konntest du nicht leiden.“

Richtig. Früher hatte er fast nur süße Softgetränke zu sich genommen und alles, was die Erwachsenen mochten, verachtet. Inzwischen hatte sich das geändert. Taichi beobachtete die Packung in seinem Korb und lächelte dabei ansatzweise. Yamato hatte immer schon „Erwachsenengetränke“ gemocht: Kaffee, herbe Teesorten und stilles Wasser. Unweigerlich blühte in Taichi die Neugierde auf; die Frage danach, ob sich daran etwas geändert hatte.

„Wie wäre es mit Quiche Lorraine?“

Es mochte ein wenig dämlich aussehen, wie Taichi fast schon in Trance hinter Yamato her trottete und dieser ungefragt irgendwelche Lebensmittel in seinen Einkaufskorb legte.

„Hm das sollte an Sahne reichen. Eier sind auch da, okay, dann noch Gouda und Gruyère. Hast du Weißwein daheim?“

„Was?“

„Weißwein.“

Taichi sah auf seinen Korb hinab, der sich die letzten Minuten über gut gefüllt hatte und entsprechend schwer geworden war.

„Hast du Weißwein zu Hause?“

„Nein.“

Zumindest nicht, dass er sich entsinnen konnte. Was taten sie hier eigentlich? Suchte ihm sein Exfreund – der Exfreund – gerade das Gericht für sein heutiges Date aus?

„Yamato—“

„Okay, dann erst der Käse und danach der Wein. Ich schätze, du kochst für Zwei? Dann sollte das so hinkommen.“

Yamato schien sich keineswegs an dieser abstrusen Situation zu stören und Taichi verwirrte sie viel zu sehr, als dass er sich ihr bezüglich hätte äußern können. Um genau zu sein, schwieg er einfach, zumindest bis sie vor der Käsetheke dank einer kleinen Warteschlange aus dem Fluss gerissen wurden.

„Deswegen gehe ich gerne hier einkaufen: Sie haben den ganzen ausländischen Kram im Angebot. Wo sonst soll man Gruyère kaufen? Und das, obwohl der Laden eigentlich recht klein ist.“

Richtig, deswegen war das hier irgendwann „ihr“ Laden gewesen.

Taichi räusperte sich und traute sich sogar, direkten Blickkontakt aufzubauen.

„Du hast von einem Auftrag gesprochen“, begann er etwas stockend, zog damit aber wenigstens doch einmal Yamatos ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich, einschließlich dieses... Lächelns und seines eindringlichen Blickes.

„Richtig?“

„Was ist das denn für ein Auftrag, dass du länger bleiben musst?“

„Ach“, Yamato winkte ab, „so ein größeres Projekt eines Hochhauses, in dem alle Wohnung gleich eingerichtet und gestaltet werden sollen. Also so, dass sie auch direkt vollmöbliert angemietet werden können, weißt du?“

Der kleine „Rockstar“ war irgendwann auf den Trichter gekommen, Innenarchitektur zu studieren und hatte sich seine schicke Privathochschule mit seiner Musik finanziert. Sicher existierten nicht viele Musiker, die mit einer kleinen Schulband angefangen hatten, die das von sich behaupten konnten. Yamato zumindest war irgendwie seinen Weg gegangen und das ganze ohne die Unterstützung anderer. Selbstverständlich.

„Und da musst du dann hierbleiben?“

„Das muss dir ja wirklich zuwider sein, wenn du es einfach nicht begreifen können willst“, gluckste Yamato. „Und ja, ich habe mich vor Ort in ein Hotel eingemietet.“

Typisch Yamato, der sich nicht bei seinen Eltern einnistete, sondern es vorzog, in einem Hotel zu wohnen.

Taichi nickte zögerlich. Es wollte wirklich nicht in seinen Kopf, dass er seinem Ex nun öfter und überall über den Weg laufen können würde. Für wie lange? Und wie würde er selbst damit umgehen?

Er bemerkte nicht einmal, wie Yamato inzwischen an der Reihe war und einfach Käse für ihn bestellte, entgegennahm und schlussendlich in seinem Korb ablegte. Taichi sollte noch den ganzen Weg über bis hin zur Fleischtheke brauchen, bis er wieder das Wort ergriff.

„Ich weiß nicht einmal, wie man das zubereitet.“

„Ich kann dir das Rezept schicken. Funktioniert wie jede andere Quiche auch. Das kann dein Freund doch sicher, oder? Immerhin hast du selbst etwas von einer Quiche gefaselt.“

„Ich denke...“

„Gib mir deine Nummer.“

Eigentlich realisierte Taichi erst, was er tat, als sie beide schon mit gezückten Smartphones vor der Fleischtheke standen und er Yamato seine Nummer gab, kurz darauf schon einen Link zu einem Artikel über Quiche Lorraine empfing.

„Danke, ... denke ich.“

So genau wusste Taichi nämlich nicht, was hier vor sich ging. Waren sie nicht Erzfeinde? Gekränkte, getrennte Männer, die sich nur mit Schimpfworten und Spitzfindigkeiten entgegentreten konnten?

Kaum lag der Speck in seinem Korb, nickte Yamato auch schon die nicht vorhandene „Quiche Lorraine Zutaten“-Liste ab, blickte nun erst wieder auf seinen eigenen benötigten Einkauf.

„Ach ja, der Wein. Ich brauche eh auch etwas Roten.“

„Kochst du auch?“

Taichi hatte diese Frage nicht einmal stellen wollen, aber die Kälte der Fleischtheke, zwischen den Molkereiprodukten, die sich über die letzten zwei Jahre in jeden Supermarkt geschlichen hatte, war ihm anscheinend zu Kopf gestiegen.

„Was sonst sollte ich mit den Lebensmitteln tun? Aber den Rotwein will ich tatsächlich einfach nur trinken.“

„Weil du meintest, du wohnst in einem Hotel.“

„Ja, und sehe ich so aus, als würde ich mich dann von diesem fürchterlichen Fraß vor Ort ernähren?“

Richtig. So sehr Yamato Luxus und Service schon immer geliebt hatte, so hatte er stets das bevorzugt, was von ihm selbst zubereitet worden war. Er traute seinen Kochkünsten wohl immer noch mehr, als denen anderer. Da konnten sich diese Hotelküche ihre Michelin-Sterne sonst wohin stecken.

Michelin.

„Erinnerst du dich an den—“, er stoppte sich und schüttelte rasch den Kopf. Das aller Letzte, was Taichi Yagami wollte, war mit Yamato Ishida im Supermarkt über vergangene Zeiten – Zeiten ihrer innigen und unzerstörbaren Liebe – sinnieren. Über die Liebe, die dann doch so laut und hallend zerbrochen war und eine ganze Stadt mit sich gerissen zu haben schien.

— knapp zwanzig Jahre früher —

„Wir haben den Eistee vergessen.“

            „Echt?“

            Was sicher daran gelegen hatte, dass sie etwa den gesamten Einkauf über—eigentlich den ganzen Tag schon kaum ein Wort miteinander gewechselt hatten. Es wunderte Taichi noch immer, wie es überhaupt dazu gekommen war, dass er Yamato bei seinen Einkäufen geholfen und ihn anschließend noch nach Hause begleitet hatte. Gut, sie gingen nach der Schule eigentlich immer zu ihm oder eben Yamato, aber gerade heute? Es war doch immerhin so seltsam zwischen ihnen und sie hatten durchgehend geschwiegen. Aber, was sollten sie auch sagen nach dem, was zwischen ihnen geschehen war? Nach dem—

            Taichi schaute wahrscheinlich mehr als nur dümmlich aus der Wäsche, als er plötzlich Yamatos Lippen auf den eigenen spüren konnte, seinen Körper so dicht an dem eigenen. Yamato überall.

            Ganz automatisch schlang er seine Arme um die bekannte und plötzlich doch so fremde Gestalt da vor ihm. Im Gleichen erwiderte er den Kuss, während ihm die Gedanken durch den Kopf rasten. Er öffnete sogar kurz verwirrt seine Augen, schielte zu der Packung Reis runter, die anscheinend auf den Fliesen gelandet war. Hatte er nicht mit weiteren unangenehmen Stunden und irgendwann mit einer ebenso angespannten und nicht weniger seltsamen Unterredung gerechnet? Vielleicht Worten voller Reue und Verwirrung, weil sie beide nicht wussten, wie es zu dem Kuss gekommen war und was das Alles nun für sie und ihre Freundschaft zu bedeuten hatte? Yamato schien diesbezüglich irgendwie anders gedacht zu haben oder zumindest anders verfahren zu wollen.

            Da sich Taichi plötzlich kindisch und wie ein Angsthase erschien, ärgerte er sich regelrecht darüber, wieso er nicht derjenige gewesen war, der Yamato gepackt und einfach geküsst hatte. Immerhin hatte er seit dem Kuss im Klassenzimmer an nichts mehr Anderes denken können. Er hätte der Stärkere und Forschere sein sollen.

            Deswegen war er es nun, der sie noch während der Berührung in Bewegung setzte, nach vorne trat und Yamato damit von der Küchentür, in Richtung des Esstisches schob. Er mochte sich etwas ungeschickt anstellen, wie er seinen besten Freund bei der Hüfte packte und ebenso ungalant auf der Tischplatte absetzte, dabei einige Konserven von dieser beförderte. Ihr Kuss hatte sich dabei ebenso ungeplant gelöst und Yamato die Gelegenheit dazu gegeben, verwirrten Blickes auf den Tisch zu sehen.

            „Taichi?“

            Weiter sollte dieser ihn nicht kommen lassen, versiegelte er seine Lippen doch erneut zu einem intensiven Kuss, der langsam so vertraut schien, als hätten sie ihre gesamte Freundschaft über schon niemals mit anderen Aktivitäten ihre Zeit verbracht. Wahrscheinlich sollten sie über das hier reden. Sicher mussten sie das sogar, aber es würde warten müssen, denn so schnell würde Taichi dieses Gefühl nicht mehr aufgeben wollen, das jeden Zentimeter seines Körpers zu fluten schien.

            Gefühlte Stunden später verharrten sie weiterhin in ihren Positionen, inmitten eines Chaos an Dosen, Papp- und Plastikverpackungen, die sich zu irgendeinem Zeitpunkt ihre Wege zu Boden gesucht haben mussten. Weder Taichi, noch Yamato hatte dies geschert. Nicht während sie sich fortwährend heftig geküsst und unkoordiniert, an jeder erreichbaren Stelle berührt hatten. Normalerweise wäre Taichi routinierter und gezielter vorgegangen. Yamato, der bekannte Schwerenöter, sicherlich ebenfalls. Sie wussten beide, wo sie Mädchen berühren würden, wie man einen Rock sachte über schlanke Schenkel schob und anschließend irgendwann die kleine Klammer des Büstenhalters öffnete. Diese Dinge waren schon so oft Teil ihres Vorgehens gewesen, dass sie sicher nicht mehr einen einzigen Gedanken der Planung an sie verschwenden mussten, aber das hier? Das waren fremde, starke Hände und ein ebenso fremder, harter Körper, der in Bundfaltenhosen, Hemd und Jackett der Schuluniform steckte. Taichi war nicht in der Lage dazu gewesen, auch nur die Krawatte, geschweige denn irgendwelche Knöpfe von Yamatos Hemd zu öffnen. Vielleicht hatte er soweit aber auch noch gar nicht denken können.

            Sein Gesicht ruhte inzwischen in Yamatos Halsbeuge. Noch immer stand er vor dem Tisch, hielt den anderen Jungen mit beiden Armen fest umschlungen, dabei wiederum dessen Arme um sich spürend, seine Beine, die ihn gefangen hielten. Wirklich bequem standen und saßen sie so sicherlich nicht, aber das interessierte sie ebenso wenig, wie die Lebensmittel auf dem Boden. Er spürte Yamatos Finger in seinem Nacken, zwischen dem Hemdkragen und seinem Haaransatz, wie sie über den schmalen Streifen der freigelegten Haus geisterten, während ihr Besitzer schwer und heiß in der Umarmung zu ruhen schien, sich ansonsten kaum einen Zentimeter bewegte. Sie schwiegen abermals, bis—

            „Ich habe Hunger“, erklärte Taichi mit einer rauen Stimme, die zwischen trockenen und fast schon wundgeküssten Lippen hervortrat und einem lauten Brummen seines Magens folgte.

            Als Yamato gluckste, spürte Taichi jede kleine Bewegung seines Körpers an dem eigenen, nahm abermals so deutlich wahr, wie nahe sie sich waren.

            „Dann sollte ich wohl mal meinen Pflichten nachkommen und dich verköstigen, nicht?“

            Wie in Zeitlupe lösten sie sich ansatzweise voreinander, ließen vielleicht ganz bewusst ihre Blicke aufeinandertreffen und Taichi hatte das Gefühl in Angesicht der glasigen, blauen Augen, der roten Lippen und ebenso erröteten Wangen zerfließen zu müssen. Hatte die Vorstellung von seinem Yamato zusammen mit irgendwelchen Weibern ihn stets schon unbewusst und unbegründet gewurmt, so konnte er gerade kaum mehr in Worte fassen, welche Größe seine Eifersucht vereinnahmte. Niemand sollte ihn so zu Gesicht kriegen dürfen. Niemand außer ihm selbst.

            Yamato schob ihn noch ein Stück von sich und ließ sich langsam von der Tischplatte rutschen. Obwohl sie allein in seiner eigenen Küche standen, richtete er sogar ein wenig sein Hemd und die Hose, legte aber wenigstens rasch das Jackett beiseite und hing es über einen der Küchenstühle. Ein Moment, den Taichi nutzte, um die Hände seines besten Freundes abzufangen und ihn an diesen erneut zu sich zu ziehen.

            „Ich kann dich nicht gehen lassen.“

            „Sei nicht albern, Taichi. Ich will doch nur zum Herd. Dein Essen macht sich nicht alleine.“

            „Du wirst wieder zu jemand anderes gehen.“

            Yamatos Lachen wurde von einem skeptischen, verwirrten Blick begleitet. Er wand sich ein wenig in Taichis Griff, wenn auch nicht voll ernsthafter Planung, sich loszureißen.

            „Zu wem sollte ich gehen? Ich will dir etwas kochen. Dir. Keinem anderen.“

            „Yamato.“

            Endlich stockte dieser in seinem Grinsen, Grienen und Lachen, in seinem sich Winden und Zetern. Er sah zu Taichi rüber, legte seinen Kopf ein winziges Stück schiefer und die Stirn dabei in kleine Falten.

            „Hey, was ist denn los?“, fragte er ihn, so als hätte er nun die Ernsthaftigkeit der Situation erkannt. Sie schien ihn zu beunruhigen, denn Taichi konnte ein Funkeln in den bekannten Augen erkennen, das er stets mit Unruhe im blonden Schopf in Verbindung hatte bringen können.

            „Das hier ist kein Experiment für mich.“

            Woher diese Worte kamen? Taichi hatte sie sich sicher nicht zurechtgelegt oder gar zweimal durchdacht. Sie purzelten ihm ebenso über die Lippen, wie auch alles andere, was er den ganzen lieben langen Tag so von sich gab. Meistens handelte es sich hierbei stets um Unfug, dumme Witzeleien und fiese Jungenssprüche, aber gerade hätten diese Definitionen nicht ferner liegen können.

            „Ich bin keine von deinen vielen Errungenschaften.“

            „Was redest du denn da? Natürlich bist du das nicht? Und was für ein Experiment—“

            „Na, ein Experiment mit Jungs halt.“

            Sie hatten vorher – zumindest Taichis Wissensstand nach – beide bislang nur sexuelle Erfahrungen mit Mädchen gesammelt und so gesehen konnte es doch durchaus sein, dass sie nun miteinander ein wenig herumprobieren wollten. Taichi allerdings störte die Existenz dieser Möglichkeit. Er wollte sie schnell aus der Welt schaffen, denn etwas in ihm versuchte in dieser Sekunde verzweifelt, Yamato von der Außenwelt abzukapseln. Der Außenwelt, in der er diese intimen Momente mit Sora oder, schlimmer noch, irgendwelchen unbekannten und unwichtigen Fans teilte.

            „Taichi? Jetzt sag halt etwas. Du machst mich gerade voll nervös.“

            „Ich kann es nicht genauer erklären.“

            „Was kannst du nicht erklären?“

            „Was hier passiert“, schloss er und seufzte schwer, schloss für einen winzigen Moment die Augen, in dem er versuchte, sich und seine Gedanken zu sortieren.

            „Ich habe plötzlich eine panische Angst davor, dich zu verlieren.“

            Inzwischen hatte er Yamatos Hände dennoch losgelassen, die eigenen an seinen Seiten herabfallen lassen. Wenn Yamato wirklich gehen wollen würde, könnte er dies nun tun. Stattdessen verweilte er aber direkt vor ihm, schob nun selbst seine Hände Taichis Arme hinauf, bis sie auf seinen Schultern verweilten.

            „Schau mich an.“

            Auch, wenn er nicht genau wusste, was nun kommen würde und wieso Yamato angesehen werden wollte, folgte er der Aufforderung ohne zu Zögern.

            „Ich werde dich niemals verlassen. Nicht dich. Niemals dich. Verstanden?“

            Etwas in Taichi lachte und erklärte sie beide vollends für wahnsinnig. Sie waren nicht einmal ein festes Paar, hatten nie über eine solche Möglichkeit gesprochen oder nur nachgedacht und nun schworen sie sich eine Ewigkeit in Zweisamkeit? Das ergab doch alles keinen Sinn.

            Und dennoch erwischte sich Taichi dabei, wie er erleichtert die Anspannung in seinem Körper ziehen ließ, dabei nickte und nun einen kleinen Kuss auf eine Hand Yamatos drückte, die er von seiner Schulter gepflückt hatte.

            „Was ist das nun?“, fragte er anschließend leise.

            „Das ist erst der Anfang.“ Yamato hatte sein typisches, zwielichtiges Lächeln aufgesetzt und zwinkerte ihm zu. „Glaub mir.“

 

Zweite Runde, Uppercut

„Sie haben eine neue Nachricht. Montag, zehn Uhr Zweiundreißig:“, der Anrufbeantworter gab ein Piepen von sich und sogleich ertönte Soras leicht verzerrte Stimme durch den kleinen Lautsprecher:

 

Taichi, ich bin’s Sora. Hier meine Zwischenmeldung, dass wir gut angekommen sind und es uns gut geht. Natürlich lassen wir es uns hier auch sehr gut gehen. Ich meine – hey, es ist Bali. Wie soll es hier wem schlecht gehen? Auf jeden Fall werden wir die nächsten zwei Wochen definitiv sehr genießen und auskosten.

Ich schicke dir eine Karte und denke an dich, wenn du kommende Woche wieder zur Arbeit und dich mit den Kids herumschlagen musst.

Ach ja, bevor ich es vergesse: Wundere dich nicht, wenn auf der Straße plötzlich Yamato vor dir steht. Er hat hier wohl einen größeren Auftrag angenommen und wird solang in Odaiba bleiben. Vielleicht solltest du den Supermarkt bei dir um die Ecke meiden. Und natürlich den Park. Und die Passage, wobei du da ja eh immer nur zielgerichtet zum Sportladen gehst, nicht?

Ich wollte dich nur vorwarnen. Liebe Grüße.

 

„Zum erneuten Abspielen der Nachricht, drücken Sie die Eins. Zum Speichern der Nachricht, drücken Sie die Zwei und zum Löschen der Nachricht, drücken Sie die Drei.“

            Taichi schnalzte mit der Zunge und hämmerte mit viel zu viel Kraft auf die Taste mit der Nummer Drei. Was interessierte ihn so eine verspätete Warnung? Zwar hatte ihm Sora die Nachricht schon diesen Morgen hinterlassen und damit sicher nur an sein Wohl gedacht, aber Taichi hatte sie nun einmal übersehen und erst nach seinem Zusammenstoßen mit Yamato gehört. Im Übrigen hatte er zu diesem Zeitpunkt schon halb verarbeitet, was geschehen war, nachdem Yamato ihn zur Kasse gescheucht hatte und wieder in den Tiefen des Supermarkts verschwunden war, um seinem eigenen Einkauf nachgehen zu können. Alleine in der Kassenschlange hatte er noch in das Innere des Ladens hineingestarrt und versucht, seinen Exfreund noch einmal erspähen zu können, vielleicht um sich selbst zu bestätigen, dass er sich dieses Treffen nicht einfach nur eingebildet hatte. Natürlich hatte er ihn nicht mehr gesehen, aber dafür die Anzeige der Kasse und später dann den Kassenzettel; also besser die Summe, die auf beiden aufgeführt war. Diese hatte ihm sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass Yamato für ihn eingekauft, ihm sogar ein Rezept geschickt hatte. Auf sein Handy. An seine Nummer. Yamato hatte nun seine Nummer.

            Das alles war einfach zu absurd, als dass Taichi es so recht hätte akzeptieren, nur eben ansatzweise verarbeiten können. Inzwischen brauchte er Soras Worte demnach nicht mehr. Ihre Gedanken und Sorgen. Ob sie gedacht hatte, sie würden das nachholen, was sie ihr zu Liebe auf der Hochzeit ausgelassen hatten? Sie waren nicht übereinander hergefallen und hatten gekratzt und gebissen, wie es sonst nur Tiere in freier Wildbahn tun würden. Nein, sie hatten nicht einmal geschrien und gekeift.

            Sie hatten Lebensmittel eingekauft. Für Taichis Date.

            „Das riecht schon köstlich, nicht? Taichi?“, tönte passend direkt Shins Stimme aus Taichis kleiner Küche, die eher selten mal derartig intensiv genutzt wurde und gerade sicherlich voll auf ihre Kosten kam, wenn auch sicher nicht an die Grenzen ihrer Ausstattung ging. Das niemals. Immerhin hatte Yamato seine ganzen Küchenschätze zurückgelassen und Taichi wiederum all die Jahre kein Herz dafür gehabt, sich von so vielen aberwitzig teuren Kochtöpfen und Pfannen zu trennen. Wieso sonst hatten sie damals so viel Geld für diesen Mist ausgegeben, wenn er denn nicht ein Leben lang in bestem Zustand erhalten blieb? Nicht einmal der wutentbrannte Taichi von damals hatte es eingesehen, sie loszuwerden, weil sie Yamatos Besitz gewesen waren. Lieber hatte er aggressiv in ihnen gewütet und sie dann – voller Dreistigkeit, Hass und Enttäuschung – in den Geschirrspüler gestellt. Etwas, was unter Yamatos Regiment niemals hatte passieren dürfen, nicht mit den teuren Töpfen, die unter der Aggressivität des Wassers und des Spülmittels nur gelitten hätten. Seit ihrer Trennung genoss Taichi es also, sie mindestens einmal die Woche eben genau mit besagter Aggressivität im Spüler zu waschen, selbst, wenn er sie nicht einmal gebraucht hatte. Es hatte stets einen kleinen Sieg dargestellt.

            „Taichi?“

            Ach ja, Shin hatte ihn gerufen und Taichi riss sich endlich aus den Gedanken, schlurfte gen Küche rüber, wo sein On-Off-wie-auch-immer gerade mit besagten Töpfen und Pfannen hantierte und ganz begeisterten Blickes nun ein halbes Glas Weißwein irgendwo hineingab.

            „Wie bist du auf so eine Idee gekommen?“

            Shin war zwar anfangs ein wenig verwirrt gewesen, wieso er nun kochen sollte, hätte Taichi doch normalerweise ein einfaches Gericht bereits vorbereitet, aber diese Verwirrung war rasch einer aufrichtigen Begeisterung gewichen. Er kochte gerne und probierte ebenso gerne neue Gerichte aus, weswegen er plötzlich voll Übereifer in die Küche gewetzt war und Taichi die folgende Dreiviertelstunde über eher ignoriert hatte.

            „Ehm, kam mir so?“

            Taichi zuckte mit den Schultern, nahm Shin das Glas ab, mit dem er den Weißwein dosiert hatte, hob dem anderen Mann dieses nun entgegen.

            „Brauchst du den Wein noch?“

            „Hm, lass mich schauen“, Shin hob Taichis Handy vor die Nase, scrollte hier und da ein wenig und verneinte im Folgenden: „Nein, sollte alles gewesen sein.“

            „Man kauft eine ganze Flasche nur für ein halbes Glas?“

            „Deswegen nimmt man dann ja auch den Besseren, den man anschließend so trinken kann. Benötigt man mehr, kauft man einen etwas weniger teuren Tropfen.“

            Taichi nickte die Informationen so ab. Im Prinzip kannte er all diese Kniffe und Tricks bereits, hatte Jahre über an der Seite eines sehr euphorischen und talentierten Hobbykochs verbracht, aber das bedeutete nicht, er interessierte sich nun mehr für’s Kochen und konnte sich alle diese Details tatsächlich merken.

            „Willst du probieren?“

            Er sah von der Weißweinflasche und dem Glas auf, nahm erst einmal einen Schluck, ehe er nickte und zu Shin trat, sich von diesem einen kleinen Löffel anheben und in den Mund schieben ließ.

            „Ist gut.“

            „Ach du bist so ein Banause.“

            „Wahrscheinlich.“

            Shin wandte sich schüttelnden Kopfes ihrem Abendessen zu und Taichi sich seinerseits dem Wein. Wirklich viel trank er für gewöhnlich nicht, war er denn nicht manchen Freitag- oder Samstagabend mit Kumpels unterwegs und machte das Nachtleben unsicher, aber anscheinend hatte das feuchtfröhliche Wochenende seine Spuren hinterlassen. Jedenfalls trank er den Weißwein sicherlich schneller, als er es sonst getan hätte.

            Er heftete seinen Blick auf Shin, versuchte sich auf diesen zu konzentrieren, was momentan nicht recht funktionieren wollte, Taichi dazu zwang, sich mehr Mühe zu geben: Shins schwarze, kurze Locken, sein glatt rasiertes und gerade geschnittenes Kinn, das sich zusammen mit der fein geschwungenen Nase gerade zu einem durchaus ansprechenden Profil kombinierte. Die Ärmel seines dunkelblauen Pullovers hatte er hochgekrempelt, sodass sie seine recht schlanken Unterarme freigaben und damit auch das kleine Tattoo, was seinen linken Arm zierte und ein altertümliches Haiku ergab. Taichi mochte die filigranen, schwarzen Kanji auf der sonst eher blassen Haut. Er fuhr sie gerne nach und grübelte über ihre Bedeutung. Grübelte lieber über sie und jeden ihrer feinen Striche, als über Yamato. Braune Augen anstatt blaue. Schwarze Haare anstatt blonde. Schwarze Tinte, die das natürliche Muster der Haut durchbrach, anstatt hier und da kleine, helle Muttermale, die er über Jahre hinweg auswendig gelernt hatte und jederzeit hätte aufzählen oder gar selbst nachtragen können.

            Bloß weg von diesen Gedanken.

            „Sag mal, bist du heute irgendwie taub?“

            Anscheinend hatte Shin mit ihm gesprochen. Taichi interessierte es nicht. Leider interessierte es ihn so absolut gar nicht und für diese Wahrheit hätte sich Taichi ohrfeigen können. Bisher hatte er ihr On-off-was-auch-immer nie infrage gestellt und er war – verdammt noch einmal – nicht scharf darauf gewesen, das zu ändern.

            „Entschuldige, ich stehe wohl neben mir.“

            „Hast du dir auf dieser Hochzeit die letzten grauen Zellen weggesoffen?“

            „So ungefähr.“

 

Wann Shin auch immer gegangen war, sie hatten zumindest keinen Film mehr gesehen und auch nicht miteinander geschlafen. Wahrscheinlich hatten sie sich während des gemeinsamen Essens angeschwiegen, Taichi hatte kaum einen Bissen herunterbekommen und schlussendlich war Shin einfach abgezogen. Dabei war die Quiche wirklich köstlich gewesen. Taichi erwischte sich in einem Anflug verräterischer Furcht, während er die übriggebliebenen Reste ordentlich in Plastikbehälter, diese im Folgenden in den Kühlschrank verbannte und anschließend das gebrauchte Geschirr in den Spüler sortierte. Bei der Mühe, die sich Shin mit der Zubereitung gemacht hatte, hätte er ihn nicht einfach ignorieren sollen. Außerdem hätte er mehr essen sollen. Gerade er, der doch sonst den Hals nicht zu voll bekommen konnte. Zumal sie mehr als nur seinen Geschmack getroffen hatte. Natürlich hatte sie das.

            Yamato hatte sie schließlich ausgesucht.

            „Willst du mich die Tage wirklich noch vollends in den Wahnsinn treiben?“, fluchte Taichi, obwohl er ganz alleine auf dem kalten Fliesenboden seiner Küche ausharrte, sich mit den Händen an der Küchentheke abstützend und den Kopf zwischen die Arme sinken lassend. „Verdammter Kerl.“ So viele Jahre später sollte – nein, durfte – sein Exfreund nicht mehr solche Gefühle, diese Zornesausbrüche und Momente der kompletten Unruhe in ihm auslösen. Er musste sich zusammenreißen und Shin anrufen, sich entschuldigen.

            Eigentlich interessierte es ihn aber nicht, was Shin dachte oder eben nicht. Sie waren ein On-off-wie-auch-immer. Punkt.

            Taichi stieß sich stöhnend und kopfschüttelnd von der Küchentheke ab, schob nun auch die Klappe des Geschirrspülers zu und schaltete das extra heiße, lange Intensivprogramm ein, auf das all sein Geschirr und auch alles andere schmoren und rösten sollte. Das war seine Rache an der Welt. Anschließend verließ er die Küche, löschte das Licht und lief zielsicher durch den recht düsteren Flur in sein Schlafzimmer, das von einer allmählich untergehenden Sonne in warmes, goldenes Licht getaucht wurde, das Taichis miese Lause ein wenig zu verspotten schien. Für gewöhnlich liebte er Sonnenuntergänge, badete regelrecht im fließenden Gold und der melancholisch-zufriedenen Stimmung, die es stets mit sich brachte. Gerade konnte er es nicht genießen und sich absolut nirgendwo anders drin baden, als eventuell in seiner Unzufriedenheit und dem unwohlen Gefühl in seiner Magengegend; zwischen Hunger, Übelkeit und dem Verlangen nach einer stärkeren Ablenkung, als sie sein Geschirrspüler mit sich bringen konnten. Vielleicht war ihm auch nach stärkerem Alkohol, lagen diese beiden Dinge oftmals nahe beieinander.

            Ohne zweimal drüber nachzudenken, suchte sich Taichi ein anständiges Outfit aus seinem Schrank, also eben keine weitere Jogginghose und kein olles Shirt, sondern ein anständiges Hemd und eine ebenso akzeptable, dunkle Jeans, in der auch direkt Handy, Portemonnaie und kurz darauf auch der Hausschlüssel verstaut wurden, sobald hinter ihm die Tür ins Schloss gefallen und abgeschlossen war. Schon auf den Treppenstufen hinab, den Hausflur entlang, zog sich Taichi noch eine lockere Jacke über, folgte in dieser schon bald der leichten Brise, die ihn gen Sonnenuntergang und damit die ruhige Straße entlang, in Richtung der belebteren Gegend Odaibas führte. Normalerweise hätte er sich vielleicht ein Taxi gerufen, das Fahrrad genommen oder eventuell auch einen Bus, aber im Prinzip wollte er ja gerade den Kopf freikriegen, sich damit wohl auch die frische Luft um die Ohren pusten lassen und die Augen im gleißenden Licht zusammenpressen. Das lenkte ihn ab.

            Ohne zweimal über einen Weg nachzudenken, landete er eine knappe halbe Stunde später in einer seiner favorisierten Bars, wo er auch direkt seinen Stammplatz einnahm und dem Barkeeper andeutete, er wolle das Übliche; also einen Drink, der seiner Miene entsprach. Manchmal handelte es sich hierbei um Wasser, mal Bier, guten Whiskey oder auch Wodka Shots. Man wusste ihn hier gut zu lesen und Taichi musste sich seiner eigenen Wahl wegen nicht unbedingt schlecht fühlen.

            „Und du wusstest natürlich nicht, dass ich hier sein würde.“

            „Woher sollte ich das wissen?“

            „Es ist das einzige Hotel in der Gegend, das eine akzeptable Bar hat.“

            „Da ist etwas dran.“

            Er blinzelte zur Seite und stellte schnell fest, dass er anscheinend schon resigniert genug war, um sich nicht einmal mehr an Yamatos Anblick stören zu können. Natürlich war das hier das Hotel, das sich sein Ex ausgesucht hatte.

            Natürlich, natürlich.

            Ungefragt stellte Yamato sein Glas auf den Tisch vor Taichi, ließ sich in den freien Ledersessel sinken und schlug lässig die Beine übereinander. Sie schwiegen eine Weile über.

            „Wie lief dein Abendessen?“

            „Oh, die Quiche war fantastisch.“

            Wieder herrschte Schweigen zwischen ihnen, während Taichi Yamato beobachtete und sich von diesem ebenso auffällig beobachten ließ.

            „Stört es dich nicht?“, fragte er, einer stochernden Frage oder gar eines zynischen Kommentars müde.

            „Stört mich was nicht?“, Yamato erwiderte den fragenden Blick, hatte sich indessen wieder mit seinem schweren Glas mit Gin beschäftigt.

            „Das hier. Wir hassen uns. Hast du das vergessen?“

            „Mir war langweilig alleine. Es ist seltsam wieder hier zu sein.“

            Ob es nun daran lag, dass sie sich einmal sehr gut gekannt hatten oder aber auch einfach nur an Taichis momentaner Lustlosigkeit, aber Yamatos Worte ergaben vollkommenen Sinn in seinen Ohren. Sicherlich verbrachte er lieber seine Zeit mit seinem verhassten Ex als alleine. Das ergab zu hundert Prozent Sinn. Oder etwa nicht?

            „Wenn du dich damit besser fühlen würdest, könnte ich hier und da einige abfällige Bemerkungen und dumme Sprüche einfließen lassen.“

            „Es würde mich zumindest in meiner Einstellung beruhigen. Nicht, dass wir uns am Ende plötzlich wieder anfreunden.“

            „Gott bewahre“, allerdings lachte Yamato und Taichi war sich nicht recht sicher, ob er nur scherzte oder es tatsächlich so sah wie Taichi selbst. „Zumal wir inzwischen zwei alte Männer sind, die kaum mehr etwas mit den kleinen Jungs oder den jungen Kerlen von damals zu tun haben, richtig?“

            Da war sich Taichi wiederum nicht sicher. Das, was er die letzten Tage über von seinem werten Ex mitbekommen hatte, entsprach doch sehr einer einfach etwas gealterten Version seiner Vergangenheit. Mit dem Alter wurden sie schließlich alle noch exzentrischer und damit extremer in den Spleens, die im Kindes- und Jugendalter charmante Ecken und Kanten dargestellt hatten und inzwischen Charakterzüge – die üblichen Laster – darstellten, die eventuelle Partner mit Müh und Not ertragen mussten.

            „Reden wir weiter, wenn du deine Sockenschublade gefunden hast.“

            „Was ist es mit dir und deinen Socken?“

            „Wo ist dein Freund denn hin?“

            Taichi würde einen Teufel tun und sich hier auf eine weitere von bereits unzähligen Sockendiskussionen einlassen.

            „Ich habe keinen Freund.“

            „Liebhaber.“

            „Nein.“

            „Affäre?“

            „Nennen wir es doch eine nette Unterhaltung für das Wochenende.“

            „Du bringst irgendeinen Fremden mit zur Hochzeit einer deiner besten Freundinnen?“

            Machte man das wirklich? Selbst Taichi, der für gewöhnlich absolut nichts von Anstand und Etikette verstand, konnte solch eine Ansage nur skeptisch beäugen und hinterfragen.

            „Naja wir arbeiten seit sicher fünf Jahren miteinander. Fremd ist er mir also nicht.“

            „Du schläfst mit Leuten, mit denen du zusammenarbeitest?“

            Himmel, sollte wer diese anderen Menschen verstehen. Taichi tat es nicht. Alle außer ihm schienen absolut wahnsinnig zu sein und quer zu ticken. Manche heirateten und trauerten dann trotzdem noch ihrem Ex aus Kindertagen hinterher. Andere schliefen mit Arbeitskollegen. Taichi erschien sich selbst manchmal erschreckend normal. Gar spießig.

            „Interessiert dich das wirklich?“, fragte Yamato. Eine blonde Augenbraue war leicht erhoben, wie er so über den Rand seines Glases zu ihm rüber sah.

            „Nein.“

            Nein, das tat es sicher nicht. Alles nur nicht das.

            „Vorsicht, bei so einem Blick könnte ich fast denken, du wärst immer noch eifersüchtig auf alle anderen an meiner Seite.“

            Taichi schnaubte abfällig. Er hatte sich das Wochenende doch lediglich dran gestört, ohne ein Date auf Yamato und Anhang treffen zu müssen. Es hatte sich um einen gekränkten Männerstolz, verwundete Männerehre gehandelt. Mehr hatte da sicher nicht hinter gesteckt. Genauso wenig, wie er anschließend auch nur noch eine einzige Sekunde an ihn hatte denken müssen. Das alles war doch ein lächerlicher Scherz. Niemand, der knappe zehn Jahre nicht mehr als eine bloße, Übelkeitserregende Erinnerung repräsentiert hatte, konnte nicht binnen weniger Stunden plötzlich wieder in sein Leben treten und in diesem tatsächlich auch wieder einen Platz finden. Erst recht keinen Platz, der die vergangenen Jahre über leer geblieben war.

            „Wo ist denn dein Freund, der Koch?“

            Taichi betrachtete sich Yamatos Hand, die zum Kragen seines weißen Hemdes gewandert war und hier zwei Knöpfe geöffnet hatte, ganz nebenbei, so als hätte ihr Besitzer es gar nicht bemerkt. Sie blieb hier ruhen. Manchmal verweilte Yamato so, hatte es schon früher getan. Taichi wollte es gewiss nicht wahrhaben, aber zwischen all diesen bekannten Details, die er unbeabsichtigt, im Vorbeiflug auffasste, wuchs eine Neugierde in ihm, ob diese Person dort vor ihm nicht eventuell doch eine ganz andere war, als die, die einst an seiner Seite gelebt hatte.

            „Du kannst nicht genau derselbe geblieben sein.“

            „Also lief es nicht so gut?“

            „Sag mir, was sich verändert hat.“

            „Das nehme ich mal als ‚Ja’.“

            Mochte es für einen Außenstehenden stets so klingen, als würden sie die gesamte Zeit aneinander vorbei reden, so handelte es sich um das direkte Gegenteil: Sie griffen nahtlos ineinander, wie ein gut geöltes Uhrenwerk, mit tausenden, winzigen Zahnrädern, die nie ihren Takt verloren. Zumindest so lange nicht, bis alles aus den Fugen geriet.

            Taichi schloss seine Augen für einen kurzen Moment und rief sich selbst, ausnahmsweise ganz beabsichtigt, zurück ins Gedächtnis, wie sie in perfekter Disharmonie eben nicht mehr miteinander funktioniert hatten, einfach nur, um sich jetzt nicht in einem falschen Licht und überholten Erfahrungen zu verlieren.

            „Was soll sich verändert haben? Hast du dich verändert?“

            Das war eine berechtigte Frage, die sich Taichi durchaus ebenfalls manchmal stellte. Vielleicht war er durchaus erwachsener geworden, aber manche Fotos in der Galerie auf seinem Handy stellte besagte Reife dann doch gerne wieder in Frage.

            „Ich bin jetzt Lehrer.“

            „Ich vertausche Socken nicht mehr.“

            „Ich übernehme Verantwortung.“

            „Habe sogar verschiedene Paare der Jahreszeiten entsprechend.“

            „Wenn ich mich nicht täusche, habe ich schon echt lange nicht mehr verschlafen.“

            Und das sollte etwas heißen für Taichi Yagami, dem notorischen Zuspätkommer und Verschläfer.

            „Manchmal trage ich sie auch.“

            „Gott, lass halt die blöden Socken Socken sein. Was stimmt denn nicht mit dir?“

            „Was denn? Dir waren die immer so wichtig.“

            In einem winzigen Moment erwischte sich Taichi dabei, wie er lachte. Aufrichtig lachte und mit klopfendem Herz, das hier und da einen Schlag auszusetzen schien. Nur für die Sekunde, die seine unerwünschte Gesellschaft sich auf die Unterlippe biss, um zu versuchen das eigene Grinsen irgendwie noch unterdrücken zu können.

            „Ich hasse dich trotzdem.“

            „Von Hass kann hier sicher kaum mehr die Rede sein, Taichi.“

            Nur wusste Taichi nicht einmal mehr, was genau Hass sein sollte, hatte man sich zehn Jahre nicht mehr zu Gesicht bekommen und eventuell in eigenen Variationen des Geschehenen verstrickt, ohne noch eine Sicht auf beide Seiten dessen zulassen zu können.

 

— knapp zwanzig Jahre früher —

 

„Sag mir nicht, du hast auch nur ansatzweise etwas Anderes erwartet.“

            „Mit deinen dummen Sprüchen kann ich gerade wirklich nichts anfangen, Taichi.“

            Sora gab ein verächtliches Schnauben von sich. Sie hatte bis gerade noch auffällig desinteressiert ihre lackierten Fingernägel betrachtet und sich sicher achtmal das enge Minikleid zurechtgerückt, exte nun ihre widerwärtige Rum und Cola Mischung. Jetzt, wo sie sich nicht mehr beobachtet fühlte, war doch gerade noch Yamato an ihnen vorbeigetrottet und hatte Taichi knapp ebenfalls einen Drink in die Hand gedrückt, ehe er von irgendwelchen Weibern und obercoolen Kerlen aus der Musikszene davon gezerrt worden war. Sicher hatte Taichi das ein wenig dumpf aufstoßen lassen, allerdings offensichtlich nicht so, wie es bei Sora der Fall war, die seinem besten Freund keines einzigen Blickes gewürdigt hatte.

            „Es wäre nicht so, als hätte er irgendein Interesse an irgendwem gezeigt, mit dem er mal geschlafen hat, oder sich im Anschluss auch nur ansatzweise wie ein Gentleman verhalten.“

            Was wohl etwas bittere Worte darstellte, bedachte Taichi, dass er selbst im Begriff war, sich in dieser Personengruppe einzureihen. Würde ihn Yamato dann auch nicht mehr beachten? Würde am Ende Sex ihren Abschied auf Nimmerwiedersehen verkörpern? Sex, an den Taichi bisher gar nicht gedacht hatte und der ihn direkt mal seine abscheuliche Grütze aus dem klebrigen Pappbecher halb leeren ließ.

            „Wirklich“, schob er ein wenig stotternd hinterher, nur um Sora irgendwie dazu zu bringen, die Unterhaltung aufrechtzuerhalten und ihn von seinen Gedanken abzulenken. Eigentlich wollte er gerne das Thema wechseln, aber das ging gerade eher schlecht bis gar nicht.

            Sie schnaubte wieder. „So ein verdammter Player.“

            „Wieso hast du überhaupt mit ihm geschlafen, wenn er denn so ein Player ist? Seid ihr nicht Freunde?“

            „Und?“

            „Mit Freunden schläft man nicht.“

            Und Taichi wusste nicht einmal, wo von er gerade noch sprach. Am Ende würde er sich in diesem Netz aus Lügen und scheinheiligen Mutmaßungen verstricken und die Luftzufuhr abschneiden.

            „Es ist nun nicht so, als hätte ich überhaupt jemals Interesse an ihm gehabt“, erklärte Sora erzürnt, ihre freie Hand in die eingeschnürte Hüfte stemmend. „Es war ein Unfall.“

„Ist er auf dich drauf gefallen? Oder umgekehrt?“ Taichi hasste diese dämlichen Ausreden. Was genau wollten Leute eigentlich ausdrücken, betitelten sie Sex als einen „Unfall“?

„Außerdem sollte es dich dann auch eigentlich nicht interessieren, wie er sich nach diesem ‚Unfall’ verhält, Sora... Fahrerflucht begeht.“

            Taichi erfreute sich an seinem dämlichen Witz, aber Sora verzog keine Miene. Ihn sollte es natürlich eigentlich ebenfalls nicht interessieren, was Sora und Yamato so verbockten, aber einer solchen Situation ließ sich schlecht ausweichen, handelte es sich bei den Beteiligten um die beste Freundin und den besten Freund, den man in der Freizeit seit Neuestem sogar intensiv und so gar nicht freundschaftlich küsste.

Taichi konnte wahrscheinlich von Glück sprechen, dass er sich diesen Abend nichts weiter über das Thema anhören müssen würde, denn Sora hatte ihm kurzerhand ihren leeren Becher in die Hand gedrückt und war davon gestapft. Ihn sollte es nicht stören. Wäre er ihr normalerweise direkt hinterher und hätte versucht, sie zu trösten oder wenigstens zu beruhigen, so ging ihm dieses Debakel eindeutig zu nah.

            „Hast du Sora gesehen?“

            Im ersten Moment sah sich Taichi verwirrt um, traf dann auf den Blick brauner Augen, die ihm in dem gebräunten Gesicht, umrahmt von schwarzen, glatten Haaren kaum aufgefallen waren.

            „Mimi?“, fragte er irritiert, versteckte weder seinen Schock, noch seine Neugierde; also den Blick, den er auffällig an seiner Freundin auf und ab wandern ließ.

            „Es nennt sich Färbung und Haarschnitt“, erklärte diese nun patzig. Anscheinend war diesen Abend einfach niemand gut gelaunt. Aber richtig, Mimi wechselte ihre Frisuren wie andere Menschen ihre Unterwäsche. Daran gewöhnen würde Taichi sich dieses Leben aber nicht mehr.

            „Nur ungewohnt. Und ne, keine Ahnung, wo Sora hin ist. Sie ist pissig wegen Yamato.“

            Und darüber redete Taichi deswegen so locker mit Mimi, da diese definitiv auch von Sora informiert worden war. Zumindest glaubte er, dass sie nur wegen des Verrats an ihrer Busenfreundin erbost zischte und die dürren Ärmchen in ihre ebenso dürre Hüfte stemmte, dabei sogar mit den mörderischen Pfennigabsätzen auf den Boden stampfte.

            „Hör mir bloß damit auf. Ich kann es nicht mehr hören.“

            Er war also nicht der Einzige, dem das Ganze zum Hals raushing.

            „Und sag deinem besten Freund, er soll seine Zunge gefälligst nicht in seine Freunde stecken.“

            Fast hätte sich Taichi an seiner Plörre verschluckt. Wenn Mimi denn nur wüsste. Sie spielte aber sicher nur auf Sora an.

            „Ich meine, es war nur ein Kuss, aber dennoch. Ich war zu betrunken und er hätte das nicht ausnutzen dürfen.“

            Sie war schon davon gestöckelt, als Taichi die neu gewonnenen Informationen noch verarbeitete, fassungslos starrend und mit schräg geneigtem Kopf.

            „Himmel, Yama hast du sie bald alle durch?“, fragte er sich leise, dabei feststellend, dass er sich bereits an dieser Schlange angestellt hatte. Langsam stieg auch in seinem Bauch der Frust. Probierte Yamato sie am Ende wirklich alle nur durch? Aber er war immerhin ein Kerl und kein Betthäschen. Okay, das waren Sora und Mimi nun auch absolut nicht, aber was sollte man hier auch sonst denken?

            Plötzlich selbst getrieben von einem bitteren Unmut gegenüber seines angeblich besten Freundes, leerte Taichi mit angewidertem Gesicht seinen Drink und stellte dann seinen leeren Becher und den Soras irgendwo willkürlich auf einem Tisch ab, ehe er sich auf die Suche nach dem Herrn Ishida machte, den er sicher mal bei den Ohren ziehen müssen würde. Ein für alle Mal.

            Lange sollte er nicht suchen müssen, stolperte er doch viel eher zufällig in den nächsten Raum des Hauses, wo sich diverse Paare tummelten und ihre goldene Mitte regelrecht von zwei blonden Haarschöpfen geprägt wurde: einem Yamato Ishida und dem der Head-Cheerleader der Schulmannschaft, deren Namen Taichi sich nicht merken konnte, hatte ihn ihr beachtlicher Vorbau bisher stets von allen weiteren Details abgelenkt. Gerade schien besagter Vorbau auch Yamatos Hauptaugenmerk darzustellen, denn die beiden hielten eindeutig keine angeregte Diskussion über die Krise im nahen Osten. Sicher nicht. Absolut nicht mit ihren Blicken und ihren Berührungen.

            Sie beugte sich vor und fuhr mit ihren schlanken Fingern durch die perfekt gestylten, blonden Strähnen, die – so wurde Taichi bereits tausendmal informiert – zwar den Eindruck vermittelten, wild ihrem Platz entglitten zu sein, aber vorher im Bad mühselig an genau diesen Ort frisiert worden waren. Entsprechend ihrer Aufgabe fielen diese Strähnen also auch direkt wieder zurück in Yamatos Stirn und das Mädchen kicherte belustigt, wurde in diesem Tun nur davon unterstützt, wie ihr gegenüber ihre Hand ergriff und seine Lippen auf ihr platzierte. Taichi war drauf und dran, sich zu übergeben und / oder irgendein Einrichtungsstück kaputt zu schlagen.

            Einen Moment über rang er mit sich selbst, tat einen Schritt vor und wieder einen zurück, wurde zweimal von anderen Gästen der Party angerempelt, die sich an ihm vorbei und aus dem Raum drängelten. Letzten Endes konnte er sich aber noch fangen und plante, sich seiner Wut Zuhause hinzugeben, fern von Yamato, dieser ätzenden Musik und den ätzenden Getränken, wo er sich ausgiebig in seiner eigenen Verwirrung und Enttäuschung suhlen können würde. Er würde seinen guten Ruf sowieso nicht durch dämliche Party-Misèren ruinieren. Erst recht nicht wegen dem dämlichen Kerl, der sich sein bester Freund schrie und auf dessen Blick plötzlich ungeplant der eigene stieß. Taichi wollte sich gerne sofort abwenden, allerdings hatte Yamato ihn anscheinend ebenfalls schon bemerkt und hob nun eine der blonden Augenbrauen leicht an, als wollte er ihn stumm danach fragen, was los wäre. In einer anderen, eventuell besseren Welt hätte Taichi abgewunken, gegrinst, einen Daumen nach oben gehalten und wäre dann von dannen gezogen, nur um sich eines der anderen süßen Mädels zu schnappen und einen schönen Abend zu verbringen. In einer anderen Welt würden sie am kommenden Morgen miteinander telefonieren und sich über ihre Abenteuer austauschen, sich wie die durchschnittlichen Jungs fühlen, die sie irgendwie immer hatten sein wollen. In einer anderen Welt.

            In dieser Welt aber hob Taichi seine Hand knapp und deutete Yamato an, dass er zu ihm kommen sollte. Wenigstens musste er das nicht genauer ausführen, gar nähertreten und Erklärungen abliefern, denn Yamato erhob sich ganz brav, entschuldigte sich wohl bei dem Weibchen seiner Wahl und trat zu ihm rüber, wo ihn Taichi am Arm griff und durch die Tür, hinaus auf den Flur zog.

            „Was’n?“

            Man musste wirklich kein besonders aufmerksamer Mensch sein, um zu erkennen, dass Yamato schon ziemlich Einen im Tee hatte. Ein Zustand, den Taichi gerade durchaus für beneidenswert hielt, würde er sich im Rausch sicher nicht so peinlich benehmen – oder hätte für ein solches Verhalten wenigstens eine passende Entschuldigung parat. Er überlegte knapp, was er denn nun hatte sagen wollen, nur um schnell feststellen zu müssen, dass seine Planung nicht unbedingt ausgereift gewesen war. Wollte er nun doch eine Szene machen? Yamato noch vor Ort ausquetschen und eine Erklärung einfordern?

            „Mir geht es irgendwie nicht gut“, hörte er sich stattdessen murmeln. Mit dem bekannten und erwünschten Effekt. Seine Stimme war gesenkt gewesen, der Blick ein wenig abgewandt. Yamato kannte ihn lange genug, um direkt zu verstehen, dass es hier nicht um das Resultat eines intensiven Alkoholgenusses ging. Die blauen Augen sahen besorgt drein und Taichi fühlte eine bekannte Wärme an der Stelle, an der ihn Yamatos Hand am Arm berührte.

            „Gib mir zwei Minuten. Ich hole unsere Sachen, okay?“

            „Ich warte draußen.“

            Yamato nickte, drückte seinen Arm noch einmal sanft, ehe er erneut im Inneren des Raumes verschwand.

            Taichi sah ihm nicht nach, kehrte der Szenerie seinen Rücken und peilte seinerseits recht zielsicher das Wohnzimmer und anschließend auch den Hausflur an. Seine Gedanken rasten regelrecht und eine kleine Stimme in ihm betete darum, dass er nun nicht noch Sora oder Mimi über den Weg laufen würde. Diesen würde er gerade definitiv nicht in die Augen blicken können. Nicht, verhielt er sich kaum anders als sie. Nicht, sollte er den verständnisvollen Freund mimen, der sich doch seinerseits wie der verratene Partner fühlte. „Partner“.

            Glücklicherweise sollte ihm lediglich noch ein Kollege aus der Fußballmannschaft über den Weg laufen, den Taichi aber mit einem schiefen Grinsen und einem ansatzweise gespielten Alkoholrausch abschütteln konnte. Sie waren immerhin schon oft genug betrunken und früh von irgendwelchen Feiern verschwunden. Das würde niemanden mehr wundern und Yamato selbst sollte gerne denken, sein bester Freund hätte sich etwas Ernstes eingefangen, weswegen er seiner Verpflichtung nachgehen und ihn sicher nach Hause geleiten müssen würde. Draußen vor dem Haus erlaubte Taichi es sich zum ersten Mal wieder, seine Haltung zu lockern. Er hatte kaum gemerkt, wie angespannt er gewesen war. Sich gen Haus wendend, ließ er den Blick schweifen, suchte kaum nach Yamatos Gestalt, sondern betrachtete nur kurz eines der Fenster, durch das er einige Gesellen der feiernden Meute erkennen konnte. War er nicht gerne ein Teil dieser gewesen? Entweder der, der rasch und betrunken oder mit einem Fang abtauchte oder aber bis in die frühen Morgenstunden vor Ort verweilte und dann verkatert beim Aufräumen half? Niemals hatte er damit gerechnet, in diesen jungen Jahren schon abzuziehen, weil er – Gott bewahre – eine wichtige Unterredung über Gefühle führen musste.

            „Hey“, er sah zur Haustür rüber, aus der Yamato gerade trat, sich dabei seine Jacke überziehend und kurz darauf schon Taichi die eigene in die Hand drückend. „Was ist denn los?“

            Inzwischen wirkte er fast wieder ein wenig nüchterner, wobei Taichi noch den Alkohol in seinem Atem riechen und den zugehörigen Schleier in den Augen seines besten Freundes erkennen konnte. Wahrscheinlich hatte lediglich die Sorge um ihn das Adrenalin angetrieben und damit den Rausch ansatzweise verdrängt.

            „Lass uns gehen.“

            „Aber nicht wieder dein Magen?“

            Tatsächlich hatten sie bereits zwei- dreimal eine Party aufgrund starker Magenbeschwerden Taichis verlassen müssen, wobei einer dieser Abende im Krankenhaus geendet und gezeigt hatte, dass er keine Erdnusschips mehr zu sich nehmen durfte, wollte er nicht an einem allergischen Schock eingehen.

            „Nein, nein“, verneinte Taichi also rasch. Er wollte Yamato auch nicht größere Sorgen bereiten, als er es eh schon unnötigerweise getan hatte.

            „Okay.“

            Yamato sollte nicht weiter stacheln. Sie liefen eine ganze Weile lediglich stumm nebeneinander her und es dauerte sicher vier Querstraßen, bis Taichi seine Bedenken über Bord warf und vielleicht mit sich selbst beschloss, dass es auch nichts bringen würde, sich mit seinen Gedanken unaufhaltsam im Kreis zu drehen.

            „Was war mit der Tante?“

            „Tante?“

            „Keine Ahnung“, er zuckte mit den Schultern, „große Brüste, blond.“

            Es mochte ziemlich oberflächlich und sexistisch sein und Taichi hatte seine letzten Tage damit verbracht, einen Jungen zu küssen und an dessen Lippen, seinen Körper zu denken, aber das bedeutete nun nicht, dass ihn ein üppiger Vorbau plötzlich kalt ließ. Sollte das jemand anders verstehen.

            „Ach die.“

            Anscheinend kannte der Herr Hobby-Rockstar den entsprechenden Namen ebenfalls nicht. Zumindest schien er keinen Sinn darin zu sehen, ihn zu nennen.

            „Was soll mit ihr sein?“

            „Lief da etwas?“

            „Noch nicht.“

            Noch nicht. Natürlich noch nicht, aber später dann?

            Taichi nickte knapp, starrte wieder nach vorne, als wäre die Straße vor ihnen auch nur ansatzweise von seinem Interesse. Diesen Weg waren sie sicher schon tausendmal gegangen. Er kannte jede Ecke und jeden Meter auswendig. Ebenso, wie ihn Yamato auswendig kannte.

            „Dir geht es gar nicht schlecht“, schloss er also. „Wieso wolltest du dann gehen? Wegen ihr?“

            „Und wenn dem so wäre?“

            „Dann würde ich dich nun fragen: Wieso?“

            „Weil du keine blöden Weiber mehr abzuknutschen hast, geschweige denn— noch mehr.“

            Wobei ihm direkt wieder Sora und Mimi in den Kopf sprangen und er Yamato einen Klapps gegen die Schulter verpassen musste, ehe er sich dem eigentlichen Thema wenden konnte.

            „Ich kann nicht glauben, dass du sogar etwas mit Mimi hattest.“

            Yamato stand die Verwirrung deutlich ins Gesicht geschrieben, schien er einen Moment zu brauchen, um zu verstehen, wovon Taichi hier redete.

            „Ach das? Das war ein betrunkener Kuss. Das muss eine Ewigkeit her sein.“

            „Naja, sie scheint es dir immer noch krumm zu nehmen oder zumindest wieder. Vielleicht, weil sie von der Geschichte mit Sora gehört hat.“

            „Vielleicht ist sie neidisch, weil ich mit ihr nicht geschlafen habe?“

            Taichi schloss die Augen für einige Sekunden, ehe er im Schritt stoppte und Yamato einen fassungslosen Blick schenkte.

            „Hast du das gerade wirklich gesagt?“

            „Was denn?“, fragte sein werter Freund aufrichtig verwirrt. „Wieso sonst sollte sie sich plötzlich so blöd verhalten? Wie alt sind wir?“

            „Bessere Frage: Wann hast du verlernt, was Freundschaft bedeutet? Das Freundschaft nichts damit zu tun hat, ob man sich heiß findet und miteinander schlafen möchte... oder einfach miteinander schlafen kann?“

            „Du meinst, Sex haben? Nenn das nicht so. Das klingt echt—“

„Intim? Intensiv? Nach Gefühlen? Hast du überhaupt eine Ahnung davon?“

Obwohl Taichi an dieser Stelle fast schon beruhigt feststellte, dass sich Yamato keineswegs verändert, sondern einfach nur in seiner sowieso schon leicht verqueren Art weiterentwickelt hatte. Noch immer konnte er nichts mit Nähe und aufrichtiger Liebe anfangen. Diese Ansicht hatte sich lediglich über seine Scheu davor, Freundschaften zu schließen, zu etwas entwickelt, das ihn davor zurückschrecken ließ, eine Beziehung einzugehen. Da blieb allerdings die Frage danach, was die Angelegenheit mit ihren geheimen Momenten der absoluten, uneingeschränkten Zweisamkeit bedeutete.

„Okay, okay, sorry“, ruderte Taichi zurück. Eigentlich wusste er doch, dass er Yamato nicht in die Enge treiben durfte, wollte er diesen Abend noch irgendeine anständige Antwort oder Erklärung erhalten. Ab einem gewissen Moment schloss sein Freund nämlich gerne ganz und war dann ausschließlich unausstehlich. „Ich will nur wissen, was das mit uns werden soll. Letztes Mal hast du noch gesagt—“

„Dass das zwischen uns kein Experiment ist und ich dich nicht alleine lassen werde. Und weiter?“

„Nichts und weiter. Keine paar Tage später hängst du wieder auf dem Schoß von irgend so einem Weib. Was bitte soll ich da noch denken?“

„Ich war scharf. Was soll ich tun?“

„Ich dachte, dafür sei ich jetzt da?“

Nur wusste Taichi selbst nicht, was er da brabbelte. Er schaute sicher genauso dämlich aus der Wäsche, wie es Yamato tat.

„Wie jetzt?“

„Was ‚Wie jetzt’?“

Taichi schnaubte abfällig. Sie taten momentan wohl weitaus naiver, unschuldiger und dümmer, als sie es waren. Eindeutig.

„Ich dachte, du stehst auf mich. Wenn du also scharf bist, sei gefälligst auf mich scharf, du Affe.“

„Nenn mich nicht Affe. Selber Affe. Ich kann nicht plötzlich auf meinen besten Freund stehen. Also so, so du weißt schon, so eben.“

„Wortakrobat Yamato. In deinen Texten weißt du dich besser auszudrücken.“

Doch da schwieg der besagte Wortakrobat. Sie waren wieder in Gleichschritt verfallen, sprachen nicht einmal über den Weg, den sie einschlugen: den Heimweg zu der Wohnung, die Yamato die meiste Zeit über alleine bewohnte, weil sein Vater entweder unsinnige Doppelschichten schob oder auf Arbeitsreise war. So wie momentan wieder. So, wie sie beide wussten, dass sie in der Wohnung der Ishidas alleine und ungestört sein würden. Anders, als etwa bei Taichi zu Hause.

„Müssen wir noch einmal an der Tanke halten?“

„Tz, glaubst du, ich sei so unvorbereitet?“

„Affe.“

„Selber.“

Taichi starrte missmutig nach vorne, wagte es nicht, den Blick Yamatos aufzufangen, der gerade auf seiner Wange brannte. Stattdessen griff er lediglich nach der Hand seines Freundes, hielt diese die folgenden Meter fest in der eigenen, bis er einen leichten Widerstand Yamatos verspüren konnte. Gerade als Taichi aber wieder meckern wollte, merkte er gleichfalls, wie Yamato ihre Hände löste und sich stattdessen vollständig bei ihm unterhakte, seinen Kopf wenige Sekunden an seine Schulter lehnte und ihm danach einen kleinen Kuss auf die Wange drückte.

„Lass uns nach Hause.“

Zweite Runde, Stop

Wer glaubte, Sex und Liebe lagen nahe beieinander, der konnte nicht weiter gefehlt haben. Wer glaubte, ein erstes Mal – das erste Mal einer großen Liebe – zeichnete eine Strophe voller Romantik; eine Szene von Zärtlichkeit; gar eine Melodie einer unschuldigen Leidenschaft, der hätte bei der Geschichte von Taichi und Yamato wirklich daneben gelegen. Weit daneben. Gegangen waren sie den Schritt aus Trotz. Geschehen war alles in einem Rausch aus Alkohol, der für den notwendigen Mut nicht wegzudenken gewesen wäre, ebenso wie auch aus einer Ungeschicklichkeit, die wahrscheinlich weitaus weniger peinlich erschienen wäre, hätten sie nicht derartig krampfhaft versucht sie zu verstecken. Hatten sich beide Jungs doch mit ihrer aktiven, exzessiven und jugendlichen Sexualität und ihrem umfassenden Können gerühmt und gebrüstet, so war genau die Wahrung dieser beiden Aspekte irgendwann in den Vordergrund getreten. Später hatten sie eher beschämt auf das zurückgelassene Chaos geschaut, nicht über ihre unbeholfene Überforderung schmunzeln können. Nein, dafür waren beide viel zu stolz gewesen.

            Gewiss war diese Erinnerung mit den Jahren gewichen. Sie war hinter wilde Nächte, die alles andere als unkoordiniert und ungewiss gewesen waren, getreten. Von ihr war, so viel musste man sich eingestehen, kaum etwas übriggeblieben, bis auf ein vages Kopfschütteln, was Taichi ab und an noch heimsuchte, wurde er auf sein erstes Mal angesprochen. Das erste Mal mit einer Person, die er wirklich geliebt hatte. So musste man es wohl eher formulieren. So chaotisch und wirklich unromantisch, eher hektisch und plump es zu Beginn stets zwischen ihm und seinem Freund verlaufen war, so intensiv und aufrichtig war es auch gewesen. Immer aufrichtig. Dieses rosa-rote Zuckerwatte-Schäfchenwolken-Liebeslied hatten sie niemals gebraucht. Die Realität war ihr intensives und unzerstörbares Heim gewesen.

            Eine Realität, der sie niemals ausgewichen waren. Eine Realität, der Taichi auch heute noch nicht auszuweichen wusste.

            Er drehte sich auf seinen Rücken und fuhr sich durch einige chaotische Haarsträhnen, die sich ihren Weg in seine Stirn gesucht und ihn dort gekitzelt hatten. Einige Sonnenstrahlen folgten diesen Strähnen, fielen ihm aufs Gesicht und in die Augen, ließen ihn blinzeln und die Lippen verziehen. Taichi fehlte jedes Zeitgefühl und er fühlte sich, als hätte er mindestens zwölf Stunden geschlafen, so tief wie schon lange nicht mehr.

            Mit einem Gähnen raffte er sich ein Stück auf, rutschte in einem Zug hoch, so dass er am Kopfende des Bettes lehnen konnte, während er sich der warmen Sonne entgegenreckte, ausgiebig streckte und anschließend das Zimmer unter die Lupe nahm. Richtig, die Bettdecke hatte schon fremd gerochen, nicht nach der seinen. Das hier war auch nicht Taichis Schlafzimmer; auch nicht Shins.

            Nein, das hier war ein Hotelzimmer.

            Taichis Mundwinkel entgleisten ihm und fast etwas panisch riss er die Bettdecke von seinen Beinen, nur um direkt erleichtert feststellen zu können, dass er nicht nur sein Shirt, sondern ebenfalls noch Unterwäsche am Körper trug.

            „Was zum...?“

            Erst jetzt, wo er auch seine eigene Stimme vernahm, gesellte sich das Rauschen der Dusche aus dem angeschlossenen Badezimmer zu ihm. Er war definitiv nicht alleine und auch, wenn vielleicht hundert weitere Szenerien in einer durchzechten Nacht stattgefunden und ihn in ein Hotelzimmer geführt haben könnten, so wusste Taichi einfach, was genau geschehen war. Wo er sich gerade befand. Hierfür brauchte er auch nicht einmal die persönlichen Gegenstände entdecken, die das Zimmer hier und da zierten.

            Taichi brauchte keine weiteren zwei Sekunden, um sich aus der Decke zu strampeln und mit beiden Füßen auf den Boden stellen zu können. Er drehte sich einmal im Kreis, suchte nach seiner Kleidung und fuhr äußert überzogen zusammen, als das Rauschen der Dusche mit einem Mal verebbte und stattdessen der Ton eines laufenden Radios erkennbar wurde. Ein ihm bekannter Gesang folgte ebenfalls, ließ Taichi gebannt auf die Badezimmertür starren, so lange, bis der Gesang verebbte, die Tür aus dem Schloss geschoben wurde und Yamato zu ihm trat: zwar vollständig und frisch bekleidet, allerdings noch mit einem weißen Frotteehandtuch um den Hals geschlungen und tropfenden Haaren.

            „Du bist noch da?“, fragte er mit einer Miene, die kein Wässerchen hätte trüben können.

            „Gerade aufgewacht.“ Taichi kam sich etwas dämlich vor, wie er solch eine Nichtigkeit erklärte.

            „Man hast du tief geschlafen. Ich hab’ ja überlegt, ob ich dich wecken sollte, ... es dann auch versucht, aber du bist nicht aufgewacht.“

            Das glaubte Taichi Yamato sogar. Wenn er denn mal tief und fest schlief, ja, dann war dem auch so. Allerdings schien diese Szene so irreal, dass Taichi sich nicht dazu in der Lage sah, Yamato ein Zeichen der Zustimmung oder des Verständnisses zu geben.

            „Wir haben aber nicht... ? Oder?“, fragte er stattdessen zögerlich, fing nur stockend den Blick des anderen Mannes auf.

            „Nein, haben wir nicht.“

            Erschien Taichi es nur so oder wirkte Yamato nun ein wenig schockiert. Anscheinend war er nicht der Einzige, der sich eine Nacht zusammen mit seinem Ex nicht mehr vorstellen konnte.

            „Denk von mir, was du willst, Taichi“, erklärte Yamato kurz darauf kühlen und eventuell sogar vorwurfsvollen Tons, „aber ich lasse meinen Ex nicht volltrunken in irgendeiner Hotelbar sitzen. Ebenfalls lasse ich ihn nicht nach Hause torkeln oder in ein Taxi steigen, ohne, dass er genau weiß, wohin er fahren muss.“

            Richtig, Yamato hatte keine Ahnung davon, wo Taichi wohnte. Aber war er denn so betrunken gewesen?

            „Deswegen hast du mich mit zu dir ins Zimmer genommen?“

            Yamato zuckte mit den Schultern und trat durch das besagte, beachtlich geräumige, Zimmer, hin zu einer Couch, auf der ein Kissen und eine Decke lagen, wie Taichi erkannte.

            „Du hast auf der Couch geschlafen?“

            „Ich sage doch: Ich bin nicht so ein schlechter Mensch, wie du denkst.“

            Er ergriff Kissen und Decke, trug sie zu dem zerwühlten Bett rüber und ließ sie dort fallen.

            „Allerdings könnte ich ziemlich ungemütlich werden, wenn du deinen verkaterten Arsch nicht langsam in deine Hose und anschließend raus hier bequemst. Ich muss gleich zur Arbeit und wollte vorher gerne noch ein wenig Ruhe haben.“

            „Hast du mir die Hose—“

            „Nein, danke, auch das warst du selber. Lass uns nicht davon anfangen.“

            Taichi runzelte die Stirn und kräuselte die Nase, während er nach seiner Jeans angelte und diese überzog.

            „Als hätte dir der Anblick nicht gefallen“, murmelte er leise, wenn auch deutlich laut genug, damit Yamato ihn sehr wohl verstehen konnte.

            „Das hättest du wohl gerne. Hast du nicht die Nacht über schon genug gebaggert? Himmel, wenn du nicht besser aufpasst, denke ich noch, du seist nach zehn Jahren immer noch nicht über mich hinweg.“

            „Ich und baggern? Ich? In deinen Träumen vielleicht.“

            Und Taichi glaubte auch nicht, dass er überhaupt gebaggert hatte. Nicht gegenüber Yamato zumindest, denn wieso sollte er auch nur noch einen Funken Interesse an diesem Typen haben?

            Sobald er seine Jeans um sein Shirt ergänzt hatte, verharrte Taichi erst einmal einen Moment still zwischen der zerwühlten Bettwäsche, auf der erwärmten Matratze. Der Schock, in Yamatos Zimmer, auch noch in dessen Gesellschaft aufzuwachen, musste nachträglich verdaut werden. Er folgte dem besagten Unruhestifter eher unbewusst mit seinen Blicken, wie er sich inzwischen die Haare getrocknet und ordentlich frisiert hatte, gerade noch einige Unterlagen zu sortieren schien, die er anschließend in einem ledernen Umschlag verstaute, der eventuell eine Art Aktentasche ersetzen sollte. Wieso sollte ein Yamato Ishida auch eine gewöhnliche Aktentasche benutzen? Nichts an und um ihm herum folgte jemals dem Gewöhnlichen.

            Als Taichi sich und seinen dröhnenden Kopf langsam ein wenig hatte sortieren können, tauchten Yamatos Hand inklusive eines Glases vor seinem Gesicht auf. Im Glas blubberte ein weißer Schaum fröhlich vor sich hin und trübte den Schluck klaren Wassers, der sich unter ihm befand.

            „Aspirin“, beantwortete sein Exfreund seine ungestellte Frage und den dazu passenden, leicht dämlichen Blick, mit dem Taichi aufgesehen hatte. Erneut irritierte Taichi Yamatos fast schon einladendes und offenes Verhalten. Er hatte ihn für die Nacht bei sich aufgenommen, selbst auf der Couch geschlafen und versorgte nun sogar seinen Kater, von dem bei ihm selbst obendrein keine Spur zu vernehmen war.

            „Danke“, murmelte Taichi ehe er das Glas entgegennahm und mit einem Schluck leerte. Danach blinzelte er zu dem Stehenden hoch. „Hast du gestern nichts mehr getrunken?“ Yamato sah doch eher verboten fit aus und Taichi hatte zu lange und oft mit ihm getrunken, um zu wissen, dass das sicher nicht Yamatos gewöhnliches Auftreten nach einer durchzechten Nacht beschrieb.

            „Ich trinke nicht mehr so viel. Also so viel wie früher.“

            „Wir waren unerfahren und chaotisch. In dem Alter trinkt man eben eine Menge. Es hätte alles schlimmer kommen können.“

            „Da hast du wohl recht.“

            Yamato hatte sich wieder entfernt, ergriff ein Jackett und einen Trenchcoat, den er schon bereitgelegt hatte, direkt noch etwas, was aussah wie ein Smartphone und einen Schlüssel.

            „Ich muss los. Zieh die Tür hinter dir zu, okay?“

            „Was?“

            Aber anscheinend hielt es Yamato nicht für notwendig, Taichi aus dem Dunkeln zu befreien. Aber wobei, was hieß eigentlich „dunkel“? Eigentlich lag es ja auf der Hand, was hier gerade geschehen war: Yamato war zur Arbeit gegangen und schien Taichi weiterhin so weit zu vertrauen, dass er ihn nicht vorher hatte rauswerfen müssen.

            Taichi seufzte und legte einen Moment eine Hand über die Augen. Da konnte er nur hoffen, dass die Aspirin bald wirken und dann nicht nur den Kater, sondern auch anderweitig bewirkte Kopfschmerzen vertreiben würde. Selbst so viele Jahre später, auch so viele Jahre einer Beziehung später, konnte er seinen Exfreund immer noch nicht hundertprozentig verstehen.

            „Wäre es nun sehr dreist, wenn ich hier duschen gehe?“

            Taichis Blick wurde von seinem eigenen Bildnis im Spiegel gegenüber des Bettes, an der Schranktür aufgefangen. Er zuckte mit den Schultern und schob sich vom Bett. Yamato war nun einmal nicht mehr da und somit würde er ihn schlecht um Erlaubnis fragen können. Ebenfalls hatte er damit gerechnet, direkt des Zimmers verwiesen zu werden, was auch nicht geschehen war. Nun würde er die Ruhe und das Hotelzimmer auch mit all seinen Vorzügen – vielleicht abgesehen von einem Frühstück dank Zimmerservice – ausnutzen können.

            

Als Taichi aus der Dusche getreten war, hatte er ein wenig verstimmt ein weiteres Mal seine getragene Kleidung vom Vorabend übergezogen. Natürlich stellte diese die vorangegangene Reinigung ein wenig in Frage, aber Taichis Überzeugung nach, hatte sie sein Auftreten trotz allem um ein Vielfaches auffrischen können. Zumindest fühlte er sich selbst nicht mehr wie aus der Kloake gekrochen.

            Zurück im Hotelzimmer machte sich Taichi direkt daran, – wie Yamato kurz zuvor – ebenfalls sein Handy, Portemonnaie, Schlüssel und seine Jacke zusammenzusuchen. Gewiss wollte er diesen Ort rasch hinter sich lassen und dieses merkwürdige Zusammentreffen erneut von sich schieben, verdrängen. Es geschah in diesem Sinn also eher unüberlegt, dass er noch einmal das Glas ergriff, das er nach dem Austrinken achtlos auf dem kleinen Nachttischchen abgestellt hatte, dieses zumindest zu dem kleinen, aber schicken, eingebauten Küchenbereich trug und in die schmale Spüle stellte. An sich schien diese Kochgelegenheit unbenutzt zu sein. Yamato aß sicher meistens außerhalb, wie Taichi ohne große Überlegungen schloss. Auch dies war ein seltsamer Gedanke, der sich nahtlos mit Yamatos Leben in einem Hotelzimmer einreihte. Eigentlich, so meinte Taichi zumindest, war der andere Mann stets auf der Suche nach einem festen Zuhause und Familiarität gewesen. Er hatte für sie stets ein schönes Heim bereiten wollen, viel Arbeit und Mühe in dessen Gestaltung, Ordnung und Ambiente gesteckt, obendrein so oft für sie anständig gekocht, wie es ihm möglich gewesen war. Nun lebte er in einem willkürlichen Hotelzimmer und aß anscheinend nur noch auswärts, legte keine Hand mehr an eine Pfanne, einen Topf oder Kochlöffel.

            Unweigerlich musste Taichi an die teuren Kochutensilien denken, die Yamato zurückgelassen hatte und die nun in Taichis Spülmaschine schmorten und zum ersten Mal seit Langem fühlte sich Taichi ein wenig schuldig dafür, dass er gerade diesen Weg der persönlichen, winzigen Rache gewählt hatte. Vor allem, weil er doch stets von der Mühe Yamatos profitiert und regelrecht mit seinem Freund angegeben hatte, der sich jeden Abend für sie beide in die Küche gestellt und etwas Schönes vorbereitet hatte. Selbst am Ende noch, als sie sich schon kaum noch etwas zu sagen gehabt hatten, hatte stets eine vorbereitete Portion für Taichi im Kühlschrank auf ihn gewartet. Taichi sah das Post-It mit seinem Namen noch regelrecht vor sich. Es hatte ihn jeden Abend empfangen, selbst, wenn Yamato dies irgendwann nicht mehr getan hatte.

            Ein merkwürdig schweres Gefühl breitete sich in Taichi aus, wie er sich umdrehte, an die Küchenzeile lehnte und seinen Blick durch das Hotelzimmer schweifen ließ. Er wusste, dass er einfach gehen und dieses Zimmer, das Gefühl hinter sich lassen sollte, aber gleichzeitig hatte er noch nicht vollständig verdauen können, mit welch großem Teil seiner Vergangenheit er sich hier momentan konfrontiert sehen konnte. Das Treffen auf Soras Hochzeit hin oder her, aber so nah wie in diesem Moment war er Yamato schon knapp zehn Jahre nicht mehr gewesen und das, obwohl dieser nicht einmal anwesend war. Seine Person befand sich nicht in diesem Raum und dennoch konnte Taichi ihn in jedem Winkel erkennen. Am Ende des Tages war auch Taichi nur ein Mensch. Und Menschen waren neugierig.

            Wie automatisiert stieß sich Taichi von der Zeile ab, schlenderte am Bett vorbei und bis hin zur Couch, auf der Yamato geschlafen hatte. Vor ihr stand ein flacher Couchtisch, der drei ordentlich sortierte Stapel Zeitschriften trug. Taichi beäugte sie, die obersten drei waren Hochglanzcover, mit deren Titel er nichts anfangen konnte. Es schien um Möbel, Dekor und Lifestyle zu gehen, was auch immer „Lifestyle“ als Schlagwort von Zeitschriften nun so genau bedeuten sollte, sollte man denn meinen, dass „Ernährung“, „Fitness“, „Fashion“ und was den Reportern denn noch so alles einfiel, was sich mit dem allgemeinen Lebensabschnittsfiasko beschäftigte, den Begriff des „Lifestyles“ durchaus abdeckten. Taichi blickte da nicht weiter durch, was aber, so gestand er es gerne, durchaus auch daran liegen konnte, dass er lediglich den Sportteil der Tageszeitung und die gängigen Fußballmagazine bezog und konsumierte. Diese hatten sich auch einen kleinen Couchtisch mit Yamatos Abendlektüre geteilt, wenn diese damals auch aus einheitlich schwarzen, eher lieblos gestalteten Zeitschriften über Musik und Instrumente bestanden hatte. Taichis Interessen hatten sich kaum geändert. Yamatos eventuell schon?

            Eher unüberlegt grifft Taichi nach einer der obersten Zeitschriften, danach nach der zweiten und dritten. Er legte sie zurück und schüttelte für sich den Kopf. Hatte er wirklich einen versteckten Katalog für neue Gitarrenmodelle erwartet?

            Ob Taichi über diesen ausgebliebenen Fund vergangener Erinnerungen nun enttäuscht war, war schwer zu sagen. Er verwarf den Couchtisch zumindest als interessanten Platz und schlenderte weiter zu dem imposanten Kleiderschrank.

            „Die Tür steht offen“, erklärte er sich und sah sich unnützerweise im Zimmer um. Niemand war hier und eingebrochen war er erst recht nicht. Dennoch wollte Taichi sicher nicht zum Stalker oder psychotischen Exfreund mutieren und Yamatos Schrank, seine Schubladen und sein andersweitig verstautes Eigentum durchwühlen. Die Schranktür stand offen und er wollte nur einen Blick hineinwerfen, nichts anfassen.

            Fest stand, dass Yamato es ihm auf immer und ewig auf’s Brot schmieren würde, würde er ihn so seiner eigenen Neugierde erlegen erwischen.

            Taichi lugte an der offenstehenden Tür vorbei und konnte sich selbst nicht so schnell verbieten, nach dieser zu greifen, wie er sie schon plötzlich ganz aus Reflex vollständig aufgezogen hatte.

            „Ach, verdammt.“

            Aber stand man vor einer halb geöffneten Tür, schloss man diese oder aber öffnete sie ganz. Taichi hatte wohl dem zweiten Impuls nachgegeben, um sich prompt einer ansehnlichen Auswahl an schwarzen, dunkelblauen und grauen Anzügen sowie diversen Hemden konfrontiert sehen zu können. Die Ergebnisse seiner Suche waren wirklich sehr unspektakulär. Zeitschriften, die den Beruf seines Exfreundes untermauerten und Bekleidung, die sich in soeben aufgebautes Bild ebenfalls einreihte. Nichts Versautes, nichts Peinliches und erst recht nichts im Großen und Ganzen, was eines zweiten Blickes überhaupt würdig gewesen wäre.

            „Du bist langweilig geworden, Ishida.“

            Und vielleicht wurmte es Taichi dabei noch am Ehesten, dass er diesen „Ishida“ so nicht mehr kannte; nichts mehr von und über ihn wusste und sich selbst ein Bild machte von dem, was einmal gewesen war. Ob es überhaupt noch die Gegenwart bestimmte, die Zukunft bestimmen sollte, stand dabei nicht zur Diskussion.

            Taichi schloss die Schranktür, ließ den Blick wieder durch das Zimmer schweifen und schloss für sich, dass es nun wirklich an der Zeit war, zu gehen. Hier, in diesem edlen Hotelzimmer und zwischen dem Hab und Gut eines Mannes, den er eigentlich nicht mehr kannte, hatte er absolut nichts verloren.

            Dieses Mal entschlossen und vielleicht zurück auf den Boden der Tatsachen geholt, begab sich Taichi ein zweites Mal gen Tür. Er sammelte seinen eigenen Besitz ein und sorgte wenigstens als winzigen Dank für die wohl geschlafene Nacht noch dafür, dass die Bettdecke ihren Weg vom Boden zurück auf die Matratze fand sowie auch die dünne Überdecke den ihren auf der Couch, von dem sie binnen der vergangenen Minuten gerutscht zu sein schien. Er hatte sich schon wieder von dem Möbelstück abgewandt, den Stoff der dünnen Decke nicht einmal mehr zwischen den Fingern spüren können, als er doch noch einmal einen Moment innehielt und überlegte, was er da mit der Decke gegriffen und achtlos gen Sitzfläche geworfen hatte. Er erkannte den schwarzen Stoff eines Oberteils auf dem weißen der Decke und zog ein wenig an ihm, so dass sich die Falten glätteten und den weißen Schriftzug, den Namen von Yamatos damaliger Lieblingsrockband freigaben.

Ein kleines, vermutlich sogar ansatzweise siegreiches Lächeln schmuggelte sich auf Taichis Lippen, während er still und heimlich, als wäre er niemals in die Privatsphäre des Raumes eingedrungen, in seine Schuhe und Jacke schlüpfte und eben diese Sphäre hinter sich ließ.

            Ganz würden sie sich alle niemals verändern. Und das war auch gut so.

 

-

 

„Du hast mit Yamato geschlafen?!“

            Fast wäre Taichi rücklings vom Küchenstuhl gefallen. Hikaris Worte hallten in seinen Ohren wieder, ließen ihn die Augen schließen und die Lippen verziehen. Wieso hatte er das nicht kommen sehen? Kannte er die stark gefilterte Wahrnehmung seiner kleinen Schwester nach alle den Jahren denn immer noch nicht?

            „Richtig“, bestätigte er nach einer ganzen, schier endlosen Zeit der absoluten Stille zynischen Tons. „Ich bin an diesem wundervollen, sonnigen Samstag zu dir gekommen, um dir zwischen Käffchen und Kuchen – der mit Verlaub wirklich köstlich ist, danke dafür. – Jedenfalls bin ich nur hergekommen, um dir auf diese charmante Weise mitzuteilen, dass ich mit meinem Ex geschlafen habe, den ich seit zehn Jahren das erste Mal wiedergesehen habe und der mir gehörig auf die Eier geht, der Affe.“

            „Das hast du schön formuliert.“

            „Danke.“

            „Ist übrigens Nusskuchen mit Erdnussbutter und Zimt. Klasse oder?“

            „Absolut. Ist noch etwas übrig?“

            „Ja, du kannst dir nachher noch etwas mitnehmen. Daisuke und ich kriegen das eh nicht auf.“

            „Du könntest ja unseren Eltern ein wenig vorbeibringen.“

            Hikari schnaubte.

            „Als hätte ich da selbst nicht dran gedacht.“

            Sie stoppte abrupt und runzelte die Stirn.

            „Du hast also nicht mit Yamato geschlafen?“, schlussfolgerte sie zögerlich, skeptisch schauend und klingend, wie sie anschließend nach ihrer Kaffeetasse griff und einen Schluck nahm. „Und wieso warst du dann in seinem Hotelzimmer? Betrunken?“

            „Verkatert trifft es eher.“

            Taichi selbst war es erst gegen Abend des besagten Tages gelungen, die Ereignisse der vorangegangenen Nacht zu sortierten. Er hatte tatsächlich einfach zuviel getrunken und sich ziemlich daneben benommen, sodass ihn Yamato letzten Endes einfach mit sich genommen und ins Bett gesteckt hatte. So simpel war es zwischen ihnen verlaufen.

            „Nur, um das noch einmal zu betonen: Wir hatten keinen Sex. Ich war besoffen und er wollte mich nicht ins Nichts schicken, da keiner wusste, wo ich wohne.“

            Was Taichi sich eine innere Notiz hatte machen lassen, in der Bar mal seine Adresse hinterlegen zu lassen, sodass diese ihm beim nächsten Mal ein Taxi rufen können würde. Immerhin war er dort ein Stammgast.

            „Das muss absolut und vollkommen seltsam gewesen sein. Habt ihr morgens überhaupt noch miteinander gesprochen?“

            „Es war unspektakulär normal.“

            Tatsächlich verdammt unspektakulär.

            „Er musste dann eh auch bald zur Arbeit und ich bin dann auch direkt gegangen.“

            Taichi stolperte regelrecht, wenn auch nur im übertragenen Sinn, über Hikaris verzogene Mundwinkel und den Ausdruck unter den dunkel geschminkten Wimpern.

            „Ich hab’ mich nur geduscht und vielleicht noch einen kurzen Moment umgesehen.“

            Unter diesem Blick lohnte sich der Aufwand einer Lüge einfach nicht. Taichi wusste zumindest so viel nach all den Jahren ihrer geschwisterlichen Zweisamkeit.

            „Oh bitte sag, du hast irgendetwas – nun, Schmackhaftes gefunden.“

            Was auch immer „schmackhaft“ bedeuten sollte, aber da Taichis Suche nun einmal vollkommen langweilig und leer ausgegangen war, musste er sich dem Ausdruck weder bedienen, noch sich seiner Intention genauer geläufig werden.

            „Ich habe absolut nichts gefunden. Ich weiß zwar nicht einmal, was ich genau gesucht oder erwartet habe, aber gefunden habe ich nichts. Und schön übrigens, dass du genauso wenig Anstand und Stolz hast wie ich. Was ist los mit uns, dass wir durch die Sachen Fremder wühlen, häh?“

            „Also ich habe hier gar nichts durchwühlt und wirklich fremd ist er nicht.“

            Taichi verzog ansatzweise seine Miene, dabei die Schultern hoch. Bis zu diesem besagten Morgen hätte er eventuell noch genauso gedacht wie Hikari. Definitiv hätte er behauptet, Yamato durchaus zu kennen, jede seiner garstigen, tückischen und lieblosen Fasern, die ihn—

            Aber Taichi wollte sicher nicht ablenken.

            „Im Prinzip kennen wir ihn nicht mehr. Was wissen wir bitte?“

            „Also du sprichst jetzt schon für mich mit?“ Hikari gluckste. Sie hatte dieses Glimmen in ihren Augen, das Taichi in ihrer Jugend entweder angekündigt hatte, dass er binnen der nächsten Sekunden ihren Eltern ausgeliefert werden würde oder aber, ihre eigenen Pläne, Gedanken oder gar ihr Wissen weitaus tiefer führten als die seinen.

            „Was?“

            „Was, was?“

            „Was das? Das da. Ich sehe es genau.“

            „Was soll ich sagen?“

            Sie hatte sich erhoben, ohne es zu merken, ihr geblümtes Kleid glatt gezogen und anschließend einige braune Strähnen zurück in den Knoten in ihren Nacken zurück geordnet.

            „Okay, nun werde ich nervös.“

            Wie Taichi seine Schwester dabei beobachtete, wie sie eigentlich nur die Kaffeekanne ergriff, mit ihren eleganten Schritten, Absätze auf den Küchenfliesen klackernd zum Tisch zurückkehrte und ihnen beiden die Tassen erneut befüllte.

            „Also abgesehen davon“, fuhr er fort und versuchte damit seiner Skepsis Luft zu machen, „dass ich noch gar nicht ausgetrunken hatte, danke ich dir. Rück nun raus mit der Sprache.“

            „Ich wollte lediglich eine gute Gastgeberin sein.“

            „Ich bin kein Gast. Ich bin dein großer Bruder, der sich von diesem braven Hausfrauenlook nicht trügen lässt. Soll ich dich durch den Garten jagen wie früher oder kriegen wir das hier wie Erwachsene geklärt?“

            „Eventuell – und ich will nur sagen, dass es eventuell sein könnte –, habe ich ein wenig mehr Kontakt mit Yamato gehabt, als du es dachtest.“

            Im ersten Moment glaubte Taichi noch, sich verhört zu haben.

            „Bitte? Ich glaube, ich muss—“

            „Wir wissen beide, dass du mich klar und deutlich verstanden hast. Du musst keine Spielchen spielen.“

            „Das sagt anscheinend die Richtige. Du hast hinter meinem Rücken mit meinem Ex gesprochen?“

            Wobei Taichi diese Worte, auch wenn sie aus seinem eigenen Mund kamen, nicht recht glauben konnte. Sie wirkten trügerisch, surreal. Wieso sollte Hikari überhaupt mit Yamato gesprochen haben?

            „Du weißt aber schon, dass dein Exfreund etwas wie mein zweiter großer Bruder war? Und tu’ jetzt bloß nicht so, als hättest du Takeru aus deinem Leben geschnitten, sobald wir getrennt waren.“

            Nein, hatte er nicht. Das war A nicht möglich gewesen, so lange er selbst der Lebensgefährte des Bruders des besagten Exfreundes seiner Schwester gewesen war. B hatte er Takeru immer gemocht. Er mochte ihn noch immer, dachte oft an ihn und hätte zu gerne einen größeren Teil im jungen Leben von Takerus kleinen Sohn gespielt. Am Ende des Tages war Takeru seinerseits eine Art kleiner Bruder für ihn gewesen, wenn man es denn so nennen wollte. Inzwischen war diese kleine Familie, die sich zwischen ihrer Gruppe gebildet hatte, in winzige Teile gesplittert und kaum mehr etwas, das Taichi zu benennen wusste.

            Er nickte bedächtig.

            „Und?“, noch immer konnte er sich nicht wirklich vorstellen, wie Hikari hinter seinem Rücken mit Yamato gesprochen, sich vielleicht sogar mit ihm getroffen hatte, aber weder das Eine, noch das Andere wusste er ihr übel zu nehmen. „Was weißt du, das ich nicht weiß?“

            „Wo er wohnt und seit wann“, so locker, wie Hikari diese Worte sprach, wusste Taichi nicht, ob sie die Wahrheit sprach oder er gerade aufgezogen wurde. „Wo er erst gearbeitet hat und, dass er nun nicht mehr festangestellt ist, sondern sich eigene Jobs sucht.“

            „Und daran machst du fest, dass er kein Fremder ist? Das sind unspektakuläre Details, die ich auch Sora hätte aus der Nase ziehen können.“

            Denn logischerweise hatte ihre Trennung nicht etwa alle Verbindungen zwischen Yamato und ihren Freunden lösen können, wenn sie auch deutlich reduziert worden waren, soweit Taichi es wusste.

            Hikari setzte erneut zum Sprechen an, stoppte, startete und verebbte letzten Endes in einem „Nun gut.“.

            „Was? Was ist gut?“

            „Lassen wir das. Die Vergangenheit sollte ruhen, wie es sich gehört.“

            „Richtig, man sollte in der Gegenwart leben und die Zukunft ansteuern, nicht?“

            Taichi war fast ein wenig zusammengezuckt, als ihre Zweisamkeit durch eine dritte Stimme und schließlich auch das Auftreten deren Besitzers gebrochen wurde. Er hatte nicht gehört, dass Daisuke anscheinend nach Hause gekommen war, inzwischen bei ihnen in der Küche stand und sich gerade zu Hikari beugte, ihr eine Hand auf die Schulter legte. Sie legte die ihre auf seine, drückte diese sachte und stand direkt wieder auf den Füßen. Ganz das klassische Paar zeigten sie nicht einmal vor ihm – oder gerade nicht vor ihm – größere Emotionen und Annäherungen. Nichtsdestotrotz wirkten sie sehr eindeutig... glücklich.

            „Setz dich“, sagte Hikari und schob ihren Ehemann auf den Stuhl, auf den sie gerade noch gesessen hatte. „Ich schätze, ich kann dich ebenfalls für ein Stück Kuchen und eine Tasse Kaffee begeistern?“

            „Solange du zwei Stücke Kuchen meintest, immer.“

            Daisuke fing Hikaris Hand in ihrem Vorbeigehen ein, drückte sie dieses Mal von sich aus und schenkte ihr dabei ein warmes Lächeln, das wiederum Taichi in den Rand seiner eigenen Kaffeetasse schmunzeln ließ. Takeru hin oder her, aber Hikari hatte damals eine sehr bewusste und von aufrichtiger Liebe geleitete Entscheidung getroffen. Es war ihm ein Rätsel, wieso sie überhaupt noch einen Gedanken an Takeru verschwendete, glaubte Taichi selbst zumindest, dass Yamato aus jeder versteckten Ecke seiner Erinnerung weichen würde, sollte er denn irgendwann mal jemand so Bedeutendes an seiner Seite wissen können.

            „Du hast das Spiel gesehen, ja? Oh mein Gott, was war da los?“

            Kaum war er in den Fokus Daisukes geraten und aus seinen Gedanken gerissen worden, fühlte sich Taichi gleichermaßen auf frischer Tat ertappt, was seine berüchtigte Nacht in einem ebenso berüchtigten Hotelzimmer anging. Nein, er hatte das Spiel nicht gesehen. Taichi wusste nicht einmal mehr, wie lange es her war, dass er ein Spiel seiner Lieblingsmannschaft verpasst hatte.

            „Meine Worte“, brachte er nach einer viel zu langen Pause heraus, die zwar Hikari mit einem skeptischen Blick kommentierte, ihrem werten und ein wenig langsamen Göttergatten aber glücklicherweise nicht weiter aufgefallen war.

            Daisuke hieb sich selbst gegen die Stirn und war keine Sekunde später schon dabei, Taichi einfach den gesamten Spielverlauf wiederzugeben, hin oder her, dass Taichi dieses angeblich selbst gesehen hatte. Wahrscheinlich, so schloss Taichi, war es durchaus auch sinnvoller, beschäftigte er sich wieder mit den Dingen, die sein Leben bestimmten. In der Gegenwart und nicht etwa Teilen aus einer längst vergessenen Vergangenheit.

            Es sollte eine kleine Ewigkeit dauern, bis Daisuke sich des kleinen Treffens noch einmal entzog, um sich nun doch endlich seines Anzuges entledigen und duschen gehen zu können. Taichi sah ihm einen Moment lang hinterher und anschließend zu Hikari, die ihrem Mann kurz gefolgt war und, nachdem Taichi sie hatte kichern und Daisuke rügen hatte hören können, zu ihm in die Küche zurückkehrte.

            „Wieso interessiert er dich überhaupt noch?“

            Sie sah nur knapp zu ihm auf und machte sich währenddessen daran, das benutzte Geschirr abzuräumen.

            „Yamato?“, fragte sie verwirrt, wandte ihrem Bruder den Rücken zu, um die Spülmaschine öffnen zu können. Die Tat brachte endlich auch Taichi dazu, sich zu erheben, und ihr beim Einräumen behilflich zu sein.

            „Takeru. Wieso hast du ihm auf der Hochzeit überhaupt einen zweiten Blick geschenkt?“

            Hikari war eindeutig glücklich mit Daisuke und führte ein schönes Leben.

            „Vermisst du ihn wirklich?“

            Sie zögerte einen Moment, lehnte inzwischen mehr einfach nur an der Küchentheke und sah ihrem Bruder dabei zu, wie er die Spülmaschine befüllte, als dass sie selbst noch einen Finger rührte. Allerdings schien sie aufrichtig zu überlegen, was in ihr selbst vorging und wie sie dies auch Taichi erklären können würde.

            „Nein, eigentlich nicht.“

            „Wieso dann?“

            Er schob die Klappe der Spülmaschine zu und lehnte sich neben Hikari an, ließ den eigenen Blick von dem ihren auffangen.

            „Ich frage mich nur, wie es nun sein würde, hätte ich damals eine andere Entscheidung getroffen. Du weißt schon: Was wäre gewesen, wenn...“

            Hikari lachte sofort wieder und schüttelte den Kopf.

            „Es ist albern, ich weiß. Aber denkst du denn nie darüber nach? Fragst du dich nie, was— Nun, was wäre, wenn— “

            „Wenn Yamato und ich uns niemals getrennt hätten?“

            Ohne es selbst zu merken, wandte Taichi sich ab, seufzte leise. Wusste er diese Frage überhaupt noch aufrichtig zu beantworten? Nach einer so langen Zeit, in der er niemals wieder jemanden kennengelernt hatte, der auch nur ansatzweise hätte Yamatos Stellung in seinem Leben hätte einnehmen können?

            „Wir haben uns aber getrennt“, schloss er und dankte Hikari im Stillen dafür, dass sie das Kratzen in seiner Stimme nicht weiter kommentierte.

 

— knapp zwanzig Jahre früher —

 

„Ich glaube, ich muss kotzen“, murmelte Taichi und ließ seinen Kopf noch tiefer hängen, wenn das überhaupt noch möglich war, so, wie er die ganze Zeit schon mit hängenden Schultern und geneigtem Kopf neben Yamato her trottete und am Wimmern war.

            „Jetzt stell dich nicht so an.“

            „Ich kann nicht weiter lügen. Ich kann Hikari sowieso nichts vormachen und Sora schaut auch immer schon so skeptisch.“

            Beide Jungen trugen in jeweils einer Hand einen Beutel, die Yamatos Beiträge zum gemeinsamen Barbecue beinhielten und damit auch das Druckmittel darstellten, das sie zum Aufkreuzen bei besagtem Treffen zwang. Denn auch, wenn Yamato Taichi nun zurechtwies, so hatte er auch eher still die vergangenen Stunden in der Küche gefristet und die Speisen vorbereitet, anstatt einen Hauch einer Vorfreude für das anstehende Treffen zu zeigen.

            „Wir konnten vielleicht bisher vermeiden, dass wir gleichzeitig vor allen auftauchen, aber auf ewig wird das nicht funktionieren und so tun, als wäre nichts, geht auch schwer.“

            „Würdest du deine Finger bei dir lassen können, wäre es eventuell nicht ganz so kompliziert, Taichi.“

            Taichi verzog die Mundwinkel, linste zu Yamato rüber und schnaubte schließlich. Es stimmte durchaus, dass er, sobald sie diese ersten vorsichtigen Schritte gegangen waren, sich ein wenig schwer damit tat, seiner noch einmal ungefähr dreimal so heftig aufgeflammten Zuneigung für seinen besten Freund nicht permanent zu folgen. Für gewöhnlich schien das diesen auch nicht zu stören, aber natürlich würden sie einander nicht einfach bei der Hand nehmen oder umarmen, geschweige denn küssen können, wollten sie sich nicht vor ihren Freunden outen. Als schwul. Als zusammen. Als— Taichi wusste nicht einmal, was sie mit ihren eigenen Entscheidungen der letzten Wochen alles lostreten würden.

            „Können wir nicht einfach zurück zu dir und Sex haben?“, murrte er also wieder.

            „Wir können uns nicht bei mir verschanzen und nur Sex haben.“

            Wobei Taichi sich sicher war, eine gewisse Resignation in Yamatos Stimme vernehmen zu können. Wahrscheinlich war diesem durchaus auch eher nach einem ruhigen Sonntag im Bett, zusammen und ungestört. Dadurch, dass Yamatos Vater sowieso nie zu Hause war, lebten sie in der Wohnung der Ishidas durchaus wie in ihrem eigenen, ungestörten Reich, in dem sie sich vor niemandem irgendwie verstellen mussten.

            „Dir ist aber schon klar, dass deine Eltern auch irgendwann mal etwas dagegen sagen werden, dass du kaum noch nach Hause kommst?“

            „Ach das dauert noch. Sie sind es doch gewöhnt, wenn ich die ganze Zeit bei dir bin oder eben auswärts schlafe.“

            Yamato seufzte. Sie hatten sich beide, so wie es sich in einem Gespräch am heutigen Morgen ergeben hatte, noch keine Sekunde mit der Gewissheit auseinander gesetzt, sich irgendwann den Meinungen anderer wohl oder übel stellen zu müssen, wollten sie nicht tatsächlich einem Einsiedlerleben folgen und obendrein all ihre Freunde und ihre Familien verlieren. Wohl hatten sie noch nicht einmal selbst erkannt und verstanden, wie sich ihr Leben als geoutete Homosexuelle verändern würde; sich auch noch nicht mit möglichen Konsequenzen und Problemen auseinander gesetzt.

            „Sie sind unsere besten Freunde“, schloss Taichi, als hätte Yamato seine Gedanken lesen und damit die Diskussion mitverfolgen können, die er mit sich selbst geführt hatte.

            „Hast du jemals mit ihnen auch nur darüber gesprochen, wie sie zu Schwulen stehen?“

            Anscheinend konnte sich Yamato seinen Teil und damit auch, worüber Taichi gegrübelt hatte, denken.

            „Nein, habe ich nicht. Wieso auch? Ich habe mich nie für irgendeinen Kerl interessiert. Ich interessiere mich auch jetzt nicht für irgendeinen anderen Kerl. Eben nur für dich.“

            Yamato stoppte abrupt und Taichi hielt zwei Schritte später, drehte sich zu seinem Freund um und hob eine Augenbraue.

            „Alles okay?“

            „Sag so einen Unfug nicht.“

            „Häh?“

            Kaum stand Yamato wieder näher bei ihm, erhaschte sich Taichi einen Blick in die bekannten, blauen Augen und widerstand nur gerade eben so der Versuchung, ihren Besitzer hier und jetzt, auf offener Straße zu küssen. Er verstand nun auch ohne erklärende Worte, dass Yamato diese aufrichtigen Liebesschwüre oder Zeichen der Zuneigung verunsicherten. Er grinste.

            „Wir müssen es ihnen sagen.“

            Sie verharrten so nah beieinander, auch, wenn dies vielleicht für andere Passanten ein wenig merkwürdig aussehen musste. Gerade störte sich Taichi nicht daran.

            „Gerade meintest du noch, du müsstest kotzen.“

            „Ja, aber ich will das hier nicht vor ihnen verstecken.“

            Eigentlich wollte er sich gerne auf den Tokyo Tower stellen und es ganz Japan wissen lassen, dass er schwul und obendrein in Yamato Ishida verschossen war. Bis über beide Ohren und so lange, bis sie der Tod scheiden würde.

            „Vielleicht werden sie sich ekeln. Uns hassen.“

            „Dann waren sie niemals unsere Freunde.“

            „Und was ist mit Takeru und Hikari?“

            Gut, das war durchaus etwas, mit dem sich auch Taichi schon beschäftigt hatte. Beide großen Brüder hatten ihren Geschwistern niemals etwas vorgemacht. Ihr gesamtes Leben über nicht und sie fühlten sich auch offensichtlich unwohl in ihren momentanen Lagen.

            „Wir sagen es ihnen vorher. Es wird ja wohl eine Möglichkeit geben, sie kurz abzufangen.“

            „Du meinst hier und jetzt? Auf der Party?“

            „Find ich nicht so affig, wie eine große Sache mit extra Treffen daraus zu machen. Je mehr wir es selbst dramatisieren, desto mehr werden sie eventuell darüber grübeln.“

            Als Yamato zu lachen begann, runzelte Taichi verwirrt die Stirn. Er hatte einen Schritt rückwärts getan und fiel schlussendlich auch wieder in ihren Gang zurück, sobald Yamato dies angeführt hatte.

            „Was denn nun schon wieder?“

            „Nichts,— ist nur selten, dass du so bedacht und gefühlvoll daherredest.“

            „Ist es gar nicht.“

 

-

 

Taichi wusste nicht unbedingt, was er sich überhaupt betrachtete, während er alleine auf der Treppe der Terrasse hockte, ein Bier in der Hand hielt und hin und wieder einen Schluck nahm und auf den Garten hinab starrte. Vielleicht war er auch einfach in seinen Gedanken versunken, während seine Freunde gerade in besagtem Garten dem Ausklang ihres Barbecues nachgingen; also die letzten Flaschen und Salate leerten und ein wenig alberten. Er erkannte Yamato zwischen Takeru und Hikari. Sie saßen an einem Ende des langen Tisches und unterhielten sich recht ruhig, wenn auch fröhlich. Hikari hatte Takerus Pullover übergezogen und es stand dem jüngeren der Brüder ins Gesicht geschrieben, dass er durchaus langsam selbst zu frieren begann, dies aber niemals Preis geben würde. Es würde sich wohl nur noch um eine Frage der Zeit handeln, bis Yamato ihm wiederum seine Jacke geben und dann als Letzter frieren würde. Vielleicht würde Taichi dann seinen eigenen Hoodie rausrücken? Vor allen?

            „Das muss ein ganz schön schwerer Schritt gewesen sein.“

            Er schrak kurz zusammen, als die bekannte Stimme Soras an seiner Seite erklang und diese nun neben ihm Platz nahm. Auch sie hielt eine Bierflasche in der Hand und hielt ihren Blick gen ihrer Freunde gerichtet.

            „Elegant habt ihr euch nicht angestellt“, fuhr sie fort. Sie spielte auf das sehr plötzliche Outing von ihnen an, das binnen der ersten drei Sekunden ihres Aufeinandertreffens stattgefunden hatte, dadurch, dass Yamato noch Takeru und Hikari hatte beiseite nehmen wollen, damit aber Mimis Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte und Taichi es dann einfach in den Garten gerufen hatte. Das war es dann gewesen und alle hatten nur einen Moment lang verwirrt aus der Wäsche geschaut, ehe sie wieder ihren anderen Aufgaben gefolgt waren.

            „Habt ihr es gewusst?“, fragte er und ging nicht weiter auf seine ungelenkige Ansage ein.

            „Wahrscheinlich haben wir es alle irgendwie kommen sehen und irgendwie auch nicht.“

            Sie schien kurz zu überlegen.

            „Man spaßt darüber und erzählt kleine Witze, aber wirklich wissen kann man es wohl schlecht. Ihr habt halt immer schon aneinander geklebt und alle anderen kamen und gingen nur. Ich denke, viel eher, als dass wir es wussten, ergibt es nun einfach alles einen Sinn.“

            „Einen Sinn?“

            „Ihr macht Sinn zusammen. Wir haben kurz drüber nachgedacht und beschlossen, dass es Sinn macht.“

            Er räusperte sich, wollte wohl zum Sprechen ansetzen und lachte schließlich nur trocken.

            „Wir sind schwul, Sora. Du weißt schon, was das bedeutet?“

            Sora schnaubte und zum ersten Mal an diesem Abend spürte Taichi ihren Blick direkt auf sich. „Oh bitte sag jetzt nicht, ihr dachtet, wir würden euch deswegen nun der Gruppe verweisen. In welchem Jahrzehnt leben wir bitte?“

            „In einem, in dem— Ach du weißt schon. Man kennt die Geschichten doch. Ich habe mit allem gerechnet und ich habe keine Ahnung, was meine Eltern dazu sagen werden. Vielleicht werde ich verstoßen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie real es plötzlich ist.“

            Vorher hatten sie sich durch die leeren Klassenräume der Schule geschlichen, heimliche Küsse auf der Jungstoilette ausgetauscht und schlussendlich alle Gefühle in der sicheren Zweisamkeit der Ishida-Wohnung ausgelebt. Dieses Treffen war sozusagen ihre erste Konfrontation mit der Realität, fernab ihrer chaotischen Hormone und unschuldig-naiver Zukunftspläne.

            „Aber ist das nicht auch ein guter Schritt? Ein wichtiger? Ihr seid ein Paar, Taichi.“

            „Sind wir wohl.“

            „Keiner von uns wird sich von euch abwenden.“

            Langsam sah auch Taichi nun weg vom Treiben im Garten und zu seiner vermeintlich besten Freundin rüber, gegenüber der er sich die letzten Wochen über wie der letzte Verräter gefühlt hatte.

            „Taichi—“

            „Es tut mir so Leid, Sora.“

            Denn er hätte es ihr sagen müssen. Vor Wochen schon. Vor Ewigkeiten. Es hätte niemals ein Geheimnis bleiben dürfen. Erst recht dann nicht, wusste er doch von den Gefühlen, die Sora ein wenig verquer für Yamato hegte oder gehegt hatte.

            „Ich war ein Arsch. Ich wusste einfach nur nicht wie—“

            Sie ergriff seine Hand und lächelte leicht. Im ersten Moment war Taichi fast schon danach, in Tränen auszubrechen, aber stattdessen nickte er nur. Es bedurfte keiner Worte mehr zwischen ihnen und zum ersten Mal seit langer Zeit, schien Sora ebenso in sich gesetzter und ruhiger. Fast, als wäre auch für sie ein Bann gebrochen und ein Kapitel abgeschlossen worden.

            Egal, welche Probleme und Komplikationen sie noch erwarten würden. Vielleicht hatte einfach alles begonnen, einen Sinn zu ergeben.

 

Dritte Runde, Box

 

 

„Herr Yagami?“

            Taichi sah auf und schenkte dem Jungen vor sich ein aufmerksames Lächeln. „Was gibt es, Naruhito?“ Es war ein offenes Geheimnis der Schule, dass ungefähr alle Schüler in Herrn Yagami vernarrt waren. Die Mädchen träumten von ihm und die Jungen wollten mal so sein wie er; nicht unbedingt ein Lehrer, aber eben sportlich, gutaussehend und locker. Außerdem war er immer gut gelaunt und lustig, nicht so streng. Manchmal durften die Schüler ein wenig frei machen und wenn sie ihre Hausaufgaben vergaßen, ließ er sie sie nachreichen. Hatte Taichi anfangs noch gedacht, er würde ohne diese Zwänge im Allgemeinen durchkommen, so war dieser Traum recht schnell zerstört und er selbst von der Realität eingeholt worden: Schüler brauchten ein wenig Druck und Zurechtweisung, sollte aus ihnen denn auch nur ansatzweise etwas werden. Anders war es bei ihm selbst auch nicht gewesen und ohne seine garstigen Lehrer wäre er auch nicht in eine Universität gekommen. Er selbst wollte lediglich einen etwas anderen Lehrweg einschlagen als seine Kollegen und auch, als seine alten Lehrer es getan hatten. Seine Schüler sollten auch mal Spaß im Unterricht haben und offen mit ihm reden können. Die Jugendlichen dieser Generation hatten durchaus mit genug zu kämpfen und genug von ihnen litten mit ihren zarten Jahren schon an Burnout und Depressionen. Wenn denn nichts anderes, sollte das Wirken Taichi Yagamis zu diesem Stress nicht beisteuern.

            „Kann ich heute etwas früher auf’s Feld?“, fuhr Naruhito mit seinen strahlenden Augen fort und Taichi musste sich ein Glucksen verkneifen. In vielen seiner Jungs, die er nicht nur durch Geographie treiben, sondern auch über den Fußballplatz jagen konnte, erkannte er viel von sich selbst wieder.

            „Du weißt schon, dass das Tor nicht deine Schuld gewesen ist?“

            „Ich hab’ den Typen einfach so durchgelassen. Es war meine Schuld.“

            Er seufzte und klopfte dem Jungen auf die Schulter.

            „Das, was die da gemacht haben, nennt man Ablenkungsverfahren. Du konntest weder überall sein, noch alles sehen. Wir haben vielleicht verloren, aber ihr habt gut gespielt.“

            „Heißt das jetzt, ich darf nicht früher trainieren? Ich hab’ davor keinen Unterricht mehr, echt nicht.“

            Obwohl Taichi Naruhito so oder so ein wenig mehr Trainingszeit zugestehen und wahrscheinlich für eben diese seine eigene Freizeit opfern würde, was sie mit Sicherheit beide wussten, tat er zumindest so, als würde er einen Augenblick überlegen.

            „Na gut, aber nur eine halbe Stunde. Du darfst dich auch nicht verausgaben.“

            „Vor allem nicht vor nächsten Samstag, nicht wahr? Wenn wir die Bastarde ein für alle Male fertigmachen.“

            Wahrscheinlich hätte Taichi seinen Schüler für die Verwendung eines Schimpfwortes rügen und ihn zu einem fairen Sportgeist anhalten sollten. Stattdessen nickte er direkt kräftig.

            „Die werden nicht wissen, wie ihnen geschieht.“

            „Herr Yagami?“

            Er sah erneut auf, dieses Mal allerdings zur Tür des Klassenraums rüber, in der eine seiner Kolleginnen lehnte.

            „Trödeln Sie da nicht so herum. Fujimoto, ich denke, sie sollten nun die Mensa aufsuchen, ehe Sie wieder zu spät zu Mathematik kommen.“

            Naruhito nickte rasch, ergriff seine Tasche und warf Taichi noch einmal ein breites Grinsen zu, ehe er an Frau Sato vorbei eilte und auf dem Gang direkt nach seinen Kumpels rief, dass diese auf ihn warten sollten.

            Taichi selbst hatte eben noch einige Blätter weg gesteckt, dann seine Tasche geschultert und trat nun zu Frau Sato rüber, deren strenge Miene inzwischen einem Lächeln gewichen war, wenn sie auch ansatzweise genervt wirkte.

            „Wenn ich Ryota heute über den Weg laufe, werde ich einen hysterischen Anfall kriegen“, erklärte sie rasch und brauchte gar nicht tiefer ins Detail gehen, da sie Taichi auch so verstand.

            „Also Lunch draußen?“

            „Lunch draußen.“

            Er zog die Schiebetür des Raumes hinter sich zu und schlenderte neben Maria – Maria Sato, Lehrerin für Mathematik und Sport – gen der nächstgelegenen Tür, die sie nach draußen und dann zum Sportplatz führen würde.

            „So schlimm schon wieder?“, fragte er, sobald sie die sichere Ruhe des Außengeländes erreicht hatten. „Was hat er über das Wochenende angestellt?“

            „Was muss er schon noch anstellen? Die Briefe seines Anwalts reichen aus.“

            Maria ließ sich gerade von ihrem gemeinsamen Kollegen, Herrn Ryota Abe, scheiden und dies verlief alles andere als in Selbstachtung und Respekt. Ein ganz klassischer Rosenkrieg war zwischen beiden Parteien ausgebrochen, sehr zum Leidwesen Marias und auch der kleinen Miki, die wahrscheinlich gar nicht wusste, was mit ihrer Familie geschah.

            „Geht es wieder um das Sorgerecht?“

            „Ich bitte dich“, sie winkte ab. „Als würde er das wollen. Der sieht doch nur seine Karriere.“

            „Also wechselt er wirklich an die Uni?“

            Anscheinend hatte der ganze Streit dadurch begonnen, dass man Ryota eine Stelle als Dozent angeboten hatte. Das gesamte Chaos schaffte Taichi allerdings nicht mehr zu überblicken.

            Er wollte gerade wieder ansetzen und weiterfragen, als Maria ihn mit einer raschen Handbewegung zum Schweigen anhielt.

            „Lass uns bitte nicht darüber reden. Ich habe das Gefühl, wir reden nie über etwas Anderes. Wie viele Stunden unserer Mittagszeit sollen wir diesem ... Idioten noch schenken?“

            Es stimmte wohl, dass das Thema der Scheidung momentan ihren Arbeitsalltag überschattete und der Fokus stark auf Maria und ihren Problemen ruhte, aber das hatte Taichi nie gestört. Wirklich helfen konnte er seiner Kollegin und inzwischen auch sehr guten Freundin nicht. Da war es doch das Geringste, dass er ihr zuhörte und versuchte, ihr gut zuzureden.

            „Bitte sag, du hattest ein schönes Wochenende mit deinem Betthäschen und ihr hattet durchgehend versauten Sex?“

            Sicher war es untypisch für eine klassische Japanerin so mit ihrem Kollegen daher zu reden, aber Maria tickte da ein wenig anders und obendrein war sie die einzige, die das Geheimnis von Taichis Sexualität teilte, weswegen zwischen ihnen alle Dämme der Zurückhaltung und des Anstands gebrochen worden waren.

            „Ach, hör mir auf.“

            Nun war es an Taichi, zu schnauben und abzuwinken.

            „Das mit dem Betthäschen“, also Shin, „ist durch. Das habe ich verbockt.“

            „Schon wieder? Der Wievielte ist das jetzt?“

            „Wer zählt denn noch mit?“

            „Du fällst immer wieder in die gleichen toxischen und langsam auch langweiligen Schemata, Taichi. Da war es durchaus spannender, dass du deinen Ex aus der Hölle auf der Hochzeit getroffen hast.“

            Auch das hatte er Maria erzählt und es schien sie für einen guten Moment von ihrem eigenen häuslichen Drama abgelenkt zu haben. Allerdings würde diese Ablenkung nun langsam verebben müssen, denn Taichi konnte nur die Schultern anheben, seinen Lunch auf der Bank ausbreiten, die sie angepeilt hatten, und sich schlussendlich seufzend auf diese nieder zu lassen.

            „Nichts Neues vom Ex aus der Hölle?“, merkte Maria an, sich dabei neben ihn sinken lassend und ihr Bento öffnend. „Ist er noch hier? In Odaiba?“

            „Anscheinend ja.“

            Wobei Taichi nun sogar nachrechnen musste, wie viel Zeit seit der Hochzeit vergangen war. Anscheinend war Yamatos Projekt durchaus umfassend. Im Vergleich mit den ersten Wochen, in denen ein Schrecken – also Zusammentreffen – dem nächsten gefolgt war, war das Thema „Yamato“ auch wieder verebbt. So irgendwie zumindest, bedachte man, dass Taichi dem Ex aus der Hölle durchaus öfters beim Einkaufen begegnete und sie einander zu nickten. Sie nickten. Sie bewegten die Köpfe marginal, um die Aufmerksamkeit des jeweils Anderen überhaupt mit einer Geste zu würdigen. Taichi erschien das Szenario leicht affig und dennoch wusste er auch nicht, was er ändern wollen, sollen oder gar können würde.

            „Erde an Taichi. Ich sehe, wie die Zahnräder in deinem Schädel arbeiten. Ich höre sie quietschen.“

            „Zu meiner Verteidigung: Ich musste mich lange nicht mehr mit diesem Thema auseinandersetzen. Weder mit dem Ex, noch mit irgendwelchen Kerlen an sich, die denn mehr als Betthäschen, wie du sie so schön nennst, verkörpert haben.“

            Und da durfte sein Kopf gerne rauchen, qualmen, quietschen und er durfte ebenfalls über Kopfschmerzen klagen. Das dumpfe Wummern hinter seinen Schläfen hatte er sehr lange nicht mehr so oft verspüren dürfen.

            „Die Schule lenkt ab.“

            Wenigstens das also. Vorher hatte er, was Taichi ungern zugab, deutlich zu viel Zeit seinen wirren Gedanken her gehangen und sich mehr als einmal zu oft dem Alkohol oder aber exzessiven Sporteinlagen hingegeben.

            „Spannend“, hörte er Maria sagen. Sie blickte über das Fußballfeld vor ihnen und drückte geistesabwesend die Stäbchen gegen ihre Lippen.

            „Was ist daran spannend? Du lässt dich gerade von deinem langjährigen Ehemann scheiden und hast eine Tochter. Was ist da an einer Beziehung, die ich vor zehn Jahren geführt habe, noch interessant? Ich kenne den Kerl gar nicht mehr und er ist obendrein ein ziemlich arroganter Arsch.“

            „Hast du ein Foto?“

            Das war wohl typisch für Maria. Er redete Yamato gerade schlecht und sie wollte sehen, wie er aussah.

            „Ist es dabei nicht vollkommen uninteressant, wie er aussieht? Und nein, ich habe kein Foto.“

            Etwas, das nicht unbedingt der Wahrheit entsprach, da Sora ihnen allen einige Fotos von der Hochzeit in einen neu erstellten Gruppenchat geschickt hatte, die durchaus teilweise auch Yamato zeigten. Damit hatte sich Taichi allerdings nicht beschäftigt. Dafür war viel zu viel Zeit damit verschwendet worden, die Handynummer anzustarren, die sein Handy direkt dem Kontakt zugeordnet hatte, den Yamato das eine Mal im Supermarkt erstellt hatte. „Yamato“ hieß dieser Kontakt. Er hatte nicht einmal seinen Nachnamen beigefügt. Nun brannte diese Nummer in Taichis Handy und er wagte es nicht, sie zu löschen. Wieso dem auch immer so war. Vielleicht fürchtete er sich auch davor, sie im Prozess des Löschens mit seinen ungelenken Wurstfingern, wie sie Hikari gerne betitelte, falsch zu berühren und Yamato plötzlich anzurufen.

            „Du bist plötzlich ganz weiß um die Nase.“

            „Ich hatte ein fürchterliches Horrorszenario im Kopf.“

            „Weißt du eigentlich, dass man sagt, Leute reagieren nur dann so empfindlich auf ihre ehemaligen Partner, betrachten sie das Thema noch nicht als abgeschlossen?“

            Taichi blitzte zu Maria rüber und schnaubte.

            „Diese Paartherapie hättet ihr euch sparen können.“

            „Das weiß ich jetzt auch, danke, aber so ganz von ungefähr kann das nicht kommen. Ich sage ja nur: Vielleicht ist die Wunde gar nicht so verheilt, wie du immer behauptest.“

-

„Verheilt, was für ein Schwachsinn.“

            Der älteren Dame, die sich irritierten Blickes zu ihm umgedreht hatte, schenkte Taichi ein schiefes Lächeln, ehe er quasi die Beine in die Hand nahm und seinen Einkaufswagen schnellstmöglich einen Gang weiter schob. Die Unterredung mit Maria hing ihm durchaus noch hinterher, wenn auch eher aus dem Grund, dass er ihr ihre Worte ein wenig verübelte. Sollte es denn nicht jeder besser wissen, als einen guten Freund auf unangenehme Unstimmigkeiten in seinem Verhalten bezüglich eines Ex-Partners aufmerksam zu machen? Solche Dinge hatte man gar nicht erst zu bemerken oder, wenn dies doch geschah, dann wenigstens zu ignorieren. Sobald Yamato wieder abgereist war, würde das Thema so oder so erneut aus Taichis Leben weichen und überhaupt sah er keine Verbindung in seinem stets scheiterndem Datingleben und seinem abwehrenden Verhalten, ging es um seinen Ex.

            Um den Ex, der mit seinem Korb gerade den Gang hinab, über dem frischen Gemüse hing und dieses zu analysieren schien.

            Taichi tat zwar so, als würde er sich jedes Mal aufs Neue erschrecken und wundern, aber im Prinzip wusste er, wie affig sein Verhalten war. Sie gingen beide jeden Dienstag und Freitag um genau die gleichen Uhrzeiten in den Laden. Jede Woche. Er, weil er ein wenig früher Schluss hatte als an den anderen Tagen und Yamato höchstwahrscheinlich aus dem gleichen Grund. Obendrein kamen an genau diesen Tagen morgens die neuen Waren und Yamato hatte ihm irgendwann einmal eingetrichtert, dass dann die Auswahl größer und besser war.

            Er seufzte leise und schlenderte den Gang entlang, unterwegs seine Lieblingscornflakes in den Wagen werfend. Langsam erschien es selbst ihm unsinnig, überflüssige Schlenker und Drehungen durch den Laden einzuschieben, nur um Yamato immer auf zehn Metern Sicherheitsabstand wissen zu können. Dieses Mal, so nahm er es sich vor, auch um Marias Worte zu negieren, würde er ganz direkt und simpel seinen Einkäufen nachgehen und Yamato Yamato sein lassen.

            „Hi Taichi.“

            Natürlich. Natürlich. Natürlich.

            „Diese Cornflakes sind wahnsinnig ungesund.“

            Er beobachtete unschlüssig, wie Yamato in seinen Wagen griff, seine Cornflakes zurück ins Regal beförderte und anschließend eine Papierverpackung mit Öko-Bio-Weiß-der-Teufel-Müsli-von-glücklichen-Müsli-Tieren zu seinem restlichen Einkauf legte.

            „Das habe ich lange nicht mehr gesehen“, erklärte Taichi stumpfsinnig. Eigentlich sah er Yamatos Lieblingsmüsli ungefähr jedes Mal, wenn er in diesen Laden ging, aber er hatte es eben nie selbst gekauft. Bis vor ihrer Trennung hatte es eigentlich immer in ihrem Küchenregal gestanden und Taichi hatte selbst wie ein Fuchs darauf geachtet, dass es auch ja niemals ausgehen und Yamato ohne Frühstück zurücklassen würde. „Dass sie das überhaupt noch herstellen.“

            „Die Verpackung sieht nur ein wenig anders aus inzwischen.“

            Yamato hatte seine freie Hand auf den Rahmen des Wagens gelegt, schien gar nicht unbedingt direkt weiterziehen zu wollen und Taichi... Nun, Taichi dachte abrupt erneut an Maria und ihren Unfug darüber, die Wunden der Trennung seien noch nicht verheilt. Würde er nicht genau das Gegenteil beweisen können, verhielt er sich langsam mal vollkommen sozial gegenüber des „Ex aus der Hölle“?

            „Und“, er räusperte sich ein wenig, „wie läuft deine Arbeit hier so?“

            Tatsächlich schien Yamato fast ein wenig perplex, schien er doch nicht mit einem Smalltalk-Angriff gerechnet zu haben.

            „Gut?“

            Bildete Taichi sich das nur ein oder hatte er mit seiner platten Frage direkt den Teppich unter den Füßen des sonst so kecken Herrn Ishidas weggezogen? Es kostete ihn zumindest alle Kraft der Welt, sich nun nicht über Yamato lustig zu machen und damit direkt wieder in alte Schemata zurückzufallen.

            „Also bleibst du noch?“

            „Einen Monat etwa noch. Vielleicht eine Woche mehr oder weniger.“

            Taichi nickte. Ähnliches hatte er durchaus schon durch die Unterhaltung der Sora-Hochzeits-Gruppe erfahren.

            „Du bist Lehrer an der Odaiba High“, stellte Yamato im Gegenzug mehr fest, als dass er Taichi danach fragte. „Wie findest du... diese andere Seite?“

            Früher waren sie dort zusammen Schüler gewesen und hatten hier und da Lehrer in den Wahnsinn getrieben, Tische beschmiert und Mädchen die Herzen gebrochen. Diese Zeit erschien Taichi eine halbe Ewigkeit her.

            „Spannend... und manchmal erschreckend“, gestand Taichi also. „Manchmal erinnere ich mich daran, wie wir waren und dann tuen mir unsere alten Lehrer fast schon Leid.“

            Er selbst war immerhin auch kein Freund dieser aufmüpfigen, nicht lernfähigen Schüler.

            „Die Schulband existiert noch. Dein Poster hängt sogar noch an der Wand des Proberaums, auch wenn dieser inzwischen einmal umgezogen ist.“

            „Sie haben es mitgenommen?“

            „Es ist quasi eine Rarität, zusammen mit einigen anderen Andenken an vergangene Jahrzehnte.“

            Yamato lachte auf, wenn er auch dabei den Kopf schüttelte und rasch abwinkte.

            „Formulier’ das bitte nicht so. Ich komme mir auch ohne das Erwähnen vergangener Jahrzehnte alt genug vor.“

            Einen Moment über verharrten sie still vor einander. Bis Taichi sich erneut räusperte.

            „Nun, ich muss auch mal weiter.“

            „Ja, ich wollte hier auch keine Wurzeln schlagen.“

            Allerdings legte Yamato ein weiteres Mal seine Hand auf die Müslipackung.

            „Das bleibt da drinnen, klar?“

            Sein Blick traf direkt auf den Taichis und für einen Moment schien diesem das Blau gegenüber so bekannt, lediglich einige kleine Fältchen an den Augenwinkeln fremd und neu – durchaus interessant. Seiner Neugier, herauszufinden, was sich an Yamato nun geändert hatte und was nicht, war wohl noch nicht unbedingt vollständig gewichen.

            „Okay“, bestätigte er schlussendlich. Tatsache war, dass er sogar Lust auf das Müsli und auch auf die Erinnerung an damals hatte. Zum ersten Mal seit einer Weile wieder.

            „Mach es gut, Taichi.“

            „Ja, –du auch, Yamato.“

–      Früher –

„Die spinnen doch alle. Welcher Normalsterbliche soll das alles lernen können?“

            Taichi stöhnte und vergrub den Kopf auf den Armen, die wiederum auf einem Tisch in der Mensa lagen. Ihm gegenüber saßen seine Kommilitonen Aito und Sora – allerdings ein männlicher Sora –, die einstimmig nickten. Sie hatten soeben den neuen Lehrplan erhalten und damit auch eine Übersicht über anstehende Arbeiten, die ungefähr den gesamten Kurs in absolute Panik versetzt hatte. Taichi, der sowieso nicht gerne büffelte und öfter als nur oft seinen Weg über die Universität verfluchte, verlor dann gerne mal das letzte Bisschen seiner Überzeugung, er könnte auch wirklich einen Abschluss schaffen, und resignierte.

            „Ich weiß nicht einmal, wo ich anfangen soll“, erklärte Sora missmutig. Er war durchaus auch nicht der Hellste in der Runde. Anders wohl als Ren, die zu Taichis Linken saß, ihre feinen, schwarzen Augenbrauen skeptisch zusammenzog und einen abfälligen Laut von sich gab.

            „Euch ist schon klar, dass ich mir jedes Semester das gleiche Gejammer von euch anhören darf, wobei ihr eure Misère stets selbst verschuldet?“

            Ren war definitiv schlauer als alle drei Jungen zusammen, was allerdings nicht zwangsläufig allein der Grund ihres Erfolgs war. Im Gegensatz zu ihnen wiederholte sie regelmäßiger den Stoff, begann früher mit dem Lernen und bereitete anstehende Sitzungen gründlich vor. Etwas, was Taichi sich zwar jedes Semester aufs Neue vornahm, am Ende allerdings nie umzusetzen vermochte.

            „Wir wissen es selbst.“

            „Dann beschwert euch nicht.“

            „Dann sitz’ doch einfach nicht bei uns.“

            Sie schnaufte und erhob sich ruckartig.

            „Ich muss jetzt eh los.“

            Eigentlich hatten sie Freitagnachmittag alle keine späten Veranstaltungen mehr, aber irgendwann hatte es sich so eingebürgert, dass sie eben zusammen in der Mensa Mittag aßen, ehe sie alle ihren anderen Verpflichtungen nachkamen. Ren und Aito gingen zur Arbeit, Sora fuhr für gewöhnlich über das Wochenende zu seiner kranken Mutter nach Yokohama raus und er selbst ging für einige Stunden nach Hause, um dann abends fit für das Fußballtraining zu sein. Während diesem konnte er für gewöhnlich auch die Geschehnisse der Woche verarbeiten oder auch verdrängen und Kraft für das Wochenende aufbauen, an dem er dann, egal ob es ihm nun zusagte oder nicht, den Anforderungen der Uni nachkommen müssen würde.

            Sie trugen ihre Tabletts zur Ablagestelle und trollten sich in ihrer kleinen Traube gen Ausgang, grüßten hier und da im Vorbeigehen unterschiedliche andere Studenten, mit denen sie manche Kurse oder zusätzliche Aktivitäten besuchten. Von dieser Mensa aus war der Weg nicht weit zu einem der hinteren Ausgänge des Unigeländes, wo sie, weil es hier meistens leerer war, ihre Fahrräder anschlossen und auch eine angenehme Stille der Mensa genießen konnten. Bereits als sie um die Ecke die letzten Meter zu den Fahrrädern einschlugen, erkannte Taichi einen auffälligen, blonden Schopf bei seinem Rad, dessen Besitzer gerade noch auf seinem Handy herumtippte.

            „Ich werde ganz schwach“, hörte er Ren von seiner Linken aus, warf ihr mit Freude als Antwort ein Grinsen zu.

            „Du kannst ihn gerne anstarren, aber er ist meiner, klar?“

            Wobei Taichi nur alberte, Ren ebenso, und sie sich wohl einfach beide am Anblick des gutaussehenden Mannes erfreuten. Taichi tat dies jedenfalls selbst nach all der Zeit keine Sekunde weniger.

            „Hey.“

            Inzwischen hatte Yamato auch auf gesehen und eine Hand gehoben, damit Taichis kleine Begrüßung erwidernd. So sehr Taichi der Anblick seines Freundes auch freute, fiel ihm natürlich gleichermaßen direkt der leicht geschaffte Gesichtsausdruck dessen auf.

            „Du arbeitest zu viel“, murmelte Taichi, sobald er vor ihm stand, seine Hand sanft drückte. „Was machst du hier, anstatt jede deiner freien Minuten im Bett zu verbringen?“

            Verabredet waren sie, Taichis Erinnerung nach, nicht gewesen. Es war nicht einmal so, dass sie einander selten sahen oder keinen bewussten Dates mehr nachkamen, aber Yamato war durch sein eigenes Studium und seine Arbeit eben doch arg eingespannt und so ergaben sich ihre Dates doch eher spontan, wenn sich ein entsprechendes Zeitfenster bot.

            „Ich wollte meinen Freund abholen kommen.“

            „Wieso kann mein Freund mich nicht mal abholen kommen?“

            Taichi ignorierte Ren im Hintergrund, hatte in diesem Moment sowieso nur Augen für Yamato, der sich anscheinend über das Verhalten von Taichis Freunden amüsierte, anschließend die zwei Einkaufstüten, die gerade noch zu seinen Füßen gestanden hatten, anhob, sie damit in Taichis Sichtfeld brachte.

            „Ich kann dir etwas für nach dem Training und morgen vorbereiten.“

            „Vielleicht gehe ich heute gar nicht.“

            Sobald Yamato einen Schritt beiseite gegangen war, machte sich Taichi nebenbei schon einmal daran, sein Fahrrad los zu schließen. Danach sah er wieder zu seinem Freund und zwinkerte.

            „Vielleicht machen wir heute Abend einfach mal nichts.“

            Für gewöhnlich schwänzte Taichi sein Training nicht und fieberte ihm auch regelmäßig entgegen, aber inzwischen waren sie keine Schuljungen mehr, die abseits ihrer Hausaufgaben und des Trainings oder der Bandproben keiner anderen Verpflichtungen nachkommen mussten. So, wie sich Yamato nur noch ab und an mit seinen Jungs zum spaßigen Klampfen traf, würde auch er zurücktreten müssen, wollte er denn auch noch genügend Zeit in ihre Beziehung investieren. Und eben diese war es, die Taichi am meisten auf der Welt bedeutete, egal, wie kitschig und naiv dies auch klingen mochte.

            „Du musst dich nicht für mich zurücknehmen.“

            Anstatt direkt zu antworten, wandte sich Taichi noch einmal zu seinen Freunden um, die ebenfalls den Heimweg antreten wollten. Aito fuhr mit einem „Bis Morgen!“ gerade schon an ihnen vorbei und auch Ren und Sora verabschiedeten sich knapp, wie Taichi es tat, ehe er begann, sein Fahrrad neben Yamato her den Weg entlang zu schieben.

            „Ich weiß“, griff er Yamatos Einwand wieder auf. „Aber ich will wohl auch Zeit mit meinem Freund verbringen.“

            Auch, wenn es ein wenig komplizierter war, führte er das Rad nur noch mit einer Hand in der Mitte des Lenkers neben ihnen her, ergriff mit der nun freien Hand eine der Tüten.

            „Taichi, es geht“, beschwerte sich Yamato prompt, ließ Taichi damit allerdings nur glucksen.

            „Lass mich.“

            „Du kannst manchmal echt ätzen. Gleich fährst du das Rad irgendwo gegen und wir haben echt kein Geld, ein neues zu besorgen.“

            Sie schwammen sicher nicht in Geld, aber darüber sorgte sich Taichi selten. Mit dem, was sie von ihren Eltern bekamen und nebenbei noch verdienten, kamen sie über die Runden und das reichte. Es störte Taichi auch sicher nicht, dass seine Anteile eher in die gemeinsamen Ausgaben flossen, da sein Freund eigentlich alles, was er selbst bekam, in die besonders hohen Gebühren seiner „besonderen“ – Weil sie es eben so beschlossen hatten. – Hochschule stecken musste. Sie lebten gut und waren zufrieden, oder nicht?

            Zumindest fühlte er sich in den Minuten, die er an Yamatos Seite sein konnte, wieder wie der Schuljunge, der mit seinem besten Freund nur deshalb Unfug im Unterricht getrieben hatte, um zusammen mit diesem des Raumes verwiesen zu werden, damit sie einigen ruhige Stunden alleine in einem der leeren Klassenräume oder aber auf dem sonnigen Fußballfeld verbringen konnten. In diesen Minuten war alles wie immer.

            „Tai—“, Yamatos Stimme verstummte im gleichen Moment, wie Taichis Fahrrad Bekanntschaft mit einem Strommast machte, den Taichi übersehen hatte.

            „Oh.“ Er sah ein wenig verdattert auf den verbogenen Reifen, konnte fast im gleichen Moment Yamatos flache Hand auf seiner Schulter spüren.

            „Ich habe es doch gesagt. Kannst du nicht aufpassen? Du bist immer so verplant, Taichi.“

            Wahrscheinlich sollte er sich gerade schlecht fühlen, Ausreden suchen oder wenigstens versuchen seinen zeternden Freund zur Ruhe zu bringen, aber nichts davon suchte sich einen Weg durch Taichis Gedanken. Lieber erfreute er sich daran, dass sich selbst in den vergangenen Jahren einfach nichts zwischen oder an ihnen geändert zu haben schien.  

 

-tbc.

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank für’s Lesen. Ich hoffe sehr, es hat euch gefallen. Über Anregungen, Kritik, etc. würde ich mich – wie immer – sehr freuen.
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich weiß noch nicht, was mir momentan mehr Freude bereitet: Die Gegenwart oder die Vergangenheit zu schreiben... Soweit habe ich das Gefühl, die meisten mögen die Vergangenheit lieber xDD
Sagt mir mal bitte, welche Formatierung euch besser gefällt :) (Prolog VS. Kapitel). Bin immer unentschlossen, was ich nehmen soll...
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Nachwort zu diesem Kapitel:
tbc.

Wie immer freue ich mich über Kritik, Verbesserungsvorschläge und alle weiteren Meinungen und hoffe, es hat euch gefallen <3
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank für's Lesen und bis hoffentlich sehr bald.

-eure co Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank für’s Lesen, über Anregungen, Kritiken und Reinrufe würde ich mich wie immer freuen und hoffentlich bis zum nächsten Mal.
Eure Co. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe, es konnte gefallen und vielleicht wird das Gedöns hier ja sogar noch von irgendwem gelesen ;) Freue mich über alle Anmerkungen, die so einfallen.

- co. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und wie immer vielen Dank für’s Lesen <3 Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (13)
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Von:  kitty007
2017-05-10T10:46:42+00:00 10.05.2017 12:46
Juhu endlich gehts weiter ^.^ bin echt schon ein fan von dieser ff!

Bin schon gespannt wie es weitergeht :D

Lg Katy
Antwort von:  Norden
10.05.2017 19:53
Huhu Kitty!
Jaaa, ich schäme mich auch immer, dass es so lange dauert. Ach irgendwann wird sich das hoffentlich ändern.
Freut mich aber, dass du noch dabei bist und es dir - hoffentlich - mal wieder gefallen hat.
Liebe Grüße
co
Von:  kitty007
2017-01-23T19:34:43+00:00 23.01.2017 20:34
Süßes kapitel und schon wieder so doll beschrieben ^.^
*daumen hoch*


Lg
Antwort von:  Norden
23.01.2017 20:39
Danke dir :) und natürlich danke für's Lesen und Schreiben. Freut mich, dass es dir gefallen hat und ich versuche zumindest, schnell Nachschub liefern zu können.
Liebe Grüße!
Von:  kitty007
2016-06-12T18:27:58+00:00 12.06.2016 20:27
Aaaww... ich mag die story ^.^ witzig und sooo nachvollziehbar.. man fühlt immer voll mit.. echt cool
Weiter bitteee ;D
Antwort von:  Norden
12.06.2016 23:46
Ahh vielen Dank! Ich freue mich sehr, dass du der Geschichte treu bleibst und sie dir obendrein noch immer gefällt. Vielen lieben Dank und auch danke für die Kommentare <3 ich versuche, das nächste Kapitel mal etwas zügiger nachzuschieben. Liebe Grüße
Von:  kitty007
2016-04-08T15:02:47+00:00 08.04.2016 17:02
Aaaaww... mag weiterlesen T____T echt tolle story..


Schneeeeell weiterschreiben bitteeee!
Antwort von:  Norden
09.04.2016 12:25
Wie lieb von dir, vielen Dank :) und ich gebe mir mehr Mühe, verspreche ich hoch und heilig!!
Von:  Tweetl
2015-12-02T21:03:40+00:00 02.12.2015 22:03
Hey.
Ich dachte zwar, ich hätte hier schon kommentiert, aber okay... hoffentlich wird das kein Wirrwarr bei meinen Gedankengängen gerade, du verstehst sie hoffentlich trotzdem. =D

Erst einmal - sehr interessante Story und die Pairings auch sehr interessant, da ich sie außergewönlich finde. Takeru und Mimi? Oookay..., dachte ich mir erst einmal. Und dann auch noch das Söhnchen von ihnen. Was fällt dem Kleinen auch nur ein, dunkeblonde Haare zu haben? *g*
Die Flashbacks finde ich ebenfalls sehr klasse.


Dieses Gespräch zwischen Takeru und HiKari... peinlich..., ich wüsste nicht, wenn ich einer der beiden Brüder wäre, ob ich mir die Ohren zu halten müsste oder ins nächste Eck zum Lachen mich verkriechen würde. Einfach nur strange.
Ich warte ja darauf, dass sie ihm entweder eine knallt oder sich kurz küssen und dann ein noch viel größeres Desaster Einzug halten wird.

So sehr ich Yamato mag - und ihn hier auch gelungen finde; Mann, ist das ein arroganter Ar... Type. ^__^'


Auf hoffentlich bald wieder, und das Dich die Muse weiterhin küsst. Hier und bei weiteren Taitos/Yamachis. =D

Öhm... und die Fanfiktions, die du hier nicht mehr hast und verschicken würdest... *mich melde* Intereeeeeeessseee ist daaaa~! =D


Liebe Grüße,
Tweetl
Antwort von:  Norden
16.02.2016 19:11
Dafür dachte ich auch, ich hätte dir schon geantwortet xD Verzeih bitte, dass es so lange gedauert hat!

Vielen herzlichen Dank erst einmal für deinen Kommentar, bzw. natürlich auch allgemein für's Lesen <3 Und es freut mich (wie immer), dass es dir gefallen hat.

Jaaa, außergewöhnliche Paare sind wohl mein Steckenpferd. Das wurde auch schon bei "Immer wieder, noch einmal" geäußert und ich komme gut damit zurecht ;D. Man muss doch auch mal neue Wege gehen.

Und ich finde solche Gespräche auch immer unangenehm, was es aber sehr witzig gestaltet hat, es aufzuschreiben. Eigentlich wollte ich es sogar noch unangenehmer gestalten, aber daran müsste ich noch einmal feilen. Bin etwas unzufrieden mit dem Ergebnis ;)

Und es freut mich, dass du Yama für einen arr.Ar. hältst - haha -, denn dann habe ich mein Ziel erreichen können.

Ich hoffe auch, dass es rasch weitergeht und ich dich dann wieder als Leser begrüßen können werde ;)

Liebe Grüße,
co.
Von: Exile
2015-11-26T07:37:05+00:00 26.11.2015 08:37
So, jetzt hab ich etwas Zeit und wie versprochen gibts einen Kommentar von mir, nachdem ich mich schon so eingehend in die Geschichte eingelesen hab.
Es ist auch jeden Fall mal ein sehr interessantes Alternatives Universum und trotzdem hast du es geschafft, dass die Charaktere wiederzuerkennen sind. Außerdem, was noch viel komplizierter ist, ist es dir gelungen, alles in sich stimmig aufzubauen und das verdient durchaus eine Anerkennung, denn gerade bei Alternativen Universen passiert es oft, dass alles etwas aus dem Ruder gerät und die Charaktere so sehr verformt werden, dass es im Grunde dann mehr einer Original gleicht, deren Charaktere nur rein zufällig dieselben Namen haben. Das ist hier nicht der Fall.
Die Charaktere sind lebhaft beschrieben und man kann sich sehr gut in die Geschichte einfinden.
Sehr interessant finde ich auch das Stilmittel, das du gewählt hast (immer zuerst die Gegenwart und dann die Vergangenheit). So entwickelt sich die Geschichte in zwei Richtungen, wo sich im Finale, dann sicher alles treffen wird. Jedenfalls macht das im Moment den Eindruck. Man wird direkt neugierig, warum die beiden sich wirklich getrennt haben, aber man merkt auch, dass nach wie vor eine gewisse Anziehung besteht. Stück für Stück kommen mehr Informationen ans Tageslicht, Details, die eigenetlich nur Partner voneinander kennen und die einen schon vermuten lassen, warum diese so zufällig zustande gekommene Partnerschaft zerbrochen ist.
Auch interessant fand ich deine Pairingwahl und wie sich die Geschichte nach den Trennungen entwickelt hat. Wie die Charaktere herangereift sind, mit all ihren Fehlern und Vorzügen. Die Einzige, die wohl im Moment am glücklichsten ist, ist Sora, aber selbst bei ihr merkt man, dass ihr einiges nicht passt - nicht innerpartnerschaftlich, sondern im Freundeskreis. Die Spannungen, die durch die Vergangenheit herrschen, affektiert ganz offensichtlich alle und man bekommt das Gefühl, dass es eigentlich ein Royal Rumble ist, wo jeder von jedem Schläge einstecken muss. Sie alle suchen ihren Platz und eine Resolution für die schwierige Lage.
Gleichzeitig scheinen alle nicht besonders konfliktfest zu sein. Sie scheinen auch bisher dieser Problematik immer ausgewichen zu sein und jetzt, wo alles zusammenkommt, sind alle irgendwie überfordert und sehen erst jetzt, wieviel in der Vergangenheit eigentlich wirklich kaputt gegangen war; nicht nur die Beziehungen der jeweiligen Partner.

Alles in allem kann ich dir nur bestätigen, dass es eine sehr schöne Geschichte ist, die neugierig darauf macht, wie es weitergeht (Ja, auch mich XD) und ich drücke dir die Daumen, dass dich die Muse regelrecht abknutscht und du noch viel Motivation, Inspiration und Energie hast, diese Geschichte weiterzuschreiben und zu beenden.
Vielen Dank für diesen wunderbaren Lesegenuss, der einen in den Bann zieht vom ersten bis zum letzten Wort.

Lg
Exi
Antwort von:  Norden
27.11.2015 03:15
Ui, da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll -- oder antworten soll :)
Erst einmal vielen Dank für diesen lieben und vor allem so ausführlichen Kommentar (und natürlich die Arbeit, die du dir bisher schon mit der FF gemacht hast <3). Es freut mich sehr, dass dir die Geschichte zusagt und vor allem natürlich auch, dass sie anscheinend in den eher kritischen Gebieten (z.B. der Darstellung der Charaktere) überzeugen konnte. Ich schätze auch, dass das so eine reine Glückssache bei mir ist, ob ich die Charas denn noch relativ originalgetreu treffe oder nicht, denn besonders darauf achten tue ich eigentlich gar nicht, was wohl daran liegt, dass ich gar nicht mehr recht weiß, was "echt" in der Serie war und, was sich noch als "echt" in meinem Kopf abspielt. Ich hab die Folgen so lange nicht mehr gesehen und folge daher einfach nur meinem Gefühl. Schön, wenn es mich nicht ganz verlassen hat ;)

Zur Pairingwahl kann ich nur sagen, dass ich gerne herum probiere. Ich mag natürlich die gängigen Klassiker auch, aber irgendwie ist es auch etwas öde, wenn immer nur die gleichen Verdächtigen umeinander herum schawänzeln. Klar, ist es eher "erfunden", wenn Takeru und Mimi beieinander landen, aber andererseits könnte es auch gestellt wirken, sind einfach alle Paare von damals so lange beieinander und glücklich geblieben -- dachte ich mir zumindest xD

Und das Daumendrücken klingt gut :) Vielen Dank. Ich hoffe auch, dass mich meine Energie und passende Eingebungen nicht wieder so schnell verlassen.
*** Liebe Grüße
Von:  kitty007
2015-11-22T22:43:58+00:00 22.11.2015 23:43
Aaaawww.. ((o(>___<)o)) wiiies süüß!
Endlich konnte ich weiterlesen ^.^ danke dir für deine story!
Weiterschreiben biiiitteeee!

Lg
Antwort von:  Norden
27.11.2015 03:08
Dankeee :) Es freut mich sehr, dass es dir weiterhin gefällt! Ich versuche wirklich, dich dieses Mal nicht wieder so lange warten zu lassen ***

composer
Von:  kitty007
2015-11-15T16:10:42+00:00 15.11.2015 17:10
Alsooo... ich geb zu ich war auch schon lange ned mehr aktiv aber du hast mir ein weiteres Kapitel versprochen... >.> vor 7 Monaten..... T_____T ich warte immer noch buhuhuhuuu...

ich warte weiter ((o(^ - ^)

LG Kitty-chan
Antwort von:  Norden
18.11.2015 21:51
Oh Gott, das ist 7 Monate her? O_o Es tut mir Leiiiid ><
Ich habe keine Beta mehr... das nächste Kapitel ist fertig und muss eigentlich nur noch korrigiert werden. Am folgenden bin ich auch schon dran *seufz*
Wenn nen neuer Korrekturleser aus dem Boden auftaucht, kann es direkt weitergehen ...
Ich hoffe, ich kann dich bald wieder beglücken <3
Von:  KayaMephis
2015-10-19T15:46:41+00:00 19.10.2015 17:46
Heyho,
ich hatte dir letztens bei Facebook in Bezug auf diese FF geschrieben und wollte jetzt auch noch einen "richtigen" Kommentar hinterlassen ;) Eigentlich hatte ich die FF bei fanfiktion.de gelesen, da faellt mir aber momentan mein Account nicht mehr ein, deswegen ueber Animexx... ^^
Mensch, ich hab schon laaange keine FF-Kommentare mehr geschrieben, aber ich bin momentan (seit einiger Zeit mal wieder) total im Taito-Fieber, und deine FF hat mich so beeindruckt, dass es einfach sein muss (zudem hoffe ich ja, dass du dadurch das neue Kap schneller hochlaedst... :D *Eigennutz*).
Am meisten imponiert mir deine Charakterisierung von Taichi und Yamato! Ja, das faellt mir wirklich am meisten auf. Du gibst den beiden Charakterzuege, die so nicht direkt in der Serie auftreten (gut, die ist ja auch eher kindgerecht und damit etwas schlichter gehalten...), aber dennoch unglaublich gut passen. Also irgendwie verstaerkst du durch passende Handlungsweisen/Worte/Aeusserlichkeiten die durch die Serie angelegten Charaktere auf authentische Weise (z.B. dass Yamato sich zu fein fuer ne Winterjacke ist und Taichi in seinen Winterstiefeln rumlatscht), aber ohne sie zu ueberformen. Das find ich sehr bemerkenswert! ^^
Dann natuerlich der Plot. Zuerst fand ich die Idee etwas doof, dass die beiden schon mal zusammen waren, aber Schluss gemacht haben, denn - who are we kiddin, natuerlich will niemand sein Traumpaar auseinander gehen sehen ;) Du verpackst es aber insb. durch das Einfuehren des zweiten Zeitstranges so geschickt, dass es einen total interessiert, WARUM die beiden denn nun Schluss gemacht haben - es ist nicht einfach nur Mittel zum Zweck, um den Hauptstrang zu ermoeglichen, sondern wird selbst auf charmante Weise genauer erlaeutert - toll! *-*
Uuuund natuerlich der Humor. Ach, da kann ich gerade nichts Genaues nennen, aber die FF hat einfach so nen Grundtenor, der mich abwechselnd zum Lachen oder Schmunzeln bringt xD Geile Dialoge! Und du bringst subtile Sexualitaet ein, ohne sie aufdringlich wirken zu lassen. Das ist "erwachsenengerecht" (denn really, in meinem Alter muss ich wirkliche keine zartfluffigen Teeny semi-angst FFs mehr lesen, da muss was "Handfesteres" her) und realistisch. Top!
Es gaeb bestimmt noch mehr zu sagen, aber das hab ich jetzt vergessen... Vielleicht beim naechsten Kommentar ;)
Hach bitte, lad das naechste Kap hoch, ist mir egal, ob's gebetat ist oder nicht :DD
Uuund ich haette gerne deine beiden anderen Taitos, wenn's dir nichts ausmacht ^^ Du schriebst ja auf fanfiktion.de, dass du sie runtergenommen habest, aber auf Wunsch zuschicken werdest. Habe meinen Wunsch hiermit angemeldet *-*
Ganz liebe Gruesse!
Antwort von:  Norden
28.10.2015 21:00
Huhu Kaya,
auch an dieser Stelle noch einmal vielen Dank für's Lesen und auch die beiden Kommentare :). Ich lese und kommentiere - ehrlich gesagt - selbst gar nicht viel und weiß es entsprechend zu schätzen, wenn sich wer doch die Mühe macht. Umso mehr freut es mich, dass dir Ringrichter so gut gefallen zu haben scheint, dass du gleich zweimal schreibst und mich an dieser Emotion teilhaben lässt. Ach hierfür noch einmal vielen, vielen Dank <3

Schön auch, dass dir die Charakterisierungen gut gefallen. Ich schwanke manchmal selbst etwas zwischen dem, was die Serie offensichtlich vermittelt, meiner eigenen Interpretation und ernsten Gedanken bezüglich der potentiellen Entwicklung der beiden Figuren, die uns vorenthalten wurden, weil Digimon diese Jahre natürlich einfach nicht mehr (so wirklich) umfasst hat. Natürlich das alles mit einem Touch of gay... Aber so ist das. Mein Yamato wird wohl immer ein wenig oberflächlicher, affektierter und vor allem auch effeminierter sein. Keine Ahnung, ob er sich echt so entwickelt hätte, aber Anzeichen davon existierten ja durchaus in 02 (die Rockband, die Haare, die Kleidung, etc.). Alles im Kontrast zu Taichi natürlich...
Okay, darüber könnte ich ewig philosophieren, aber das breche ich hier mal lieber ab ;). Toll auf jeden Fall, dass sie dir so gefallen.

Zum Plot: Ich bin da ganz bei dir. Ich fand den Gedanken daran, das Pferd von hinten aufzuzäumen auch seltsam. Aber vielleicht hat mich gerade die Schwierigkeit darin, nämlich die Situation doch interessant, gefühlvoll und witzig zu gestalten, gereizt. Genau kriege ich das nicht mehr zusammen, aber auch hier freut es mich *mich wiederhol*, dass es Gefallen finden konnte. Das bestätigt die Wahl ja nur weiter ;)

So und am Ende: Mach ich mir ein Kreuzchen für das Erwähnen der Dialoge. Habe das gerade auch in einer Antwort auf einen Kommentar bei ff.de angesprochen: Mein Steckenpferd sind realistische Darstellungen und Dialoge. Wenn diese erwähnt / gelobt werden, dann freue ich mich einfach am meisten darüber xD Nicht, dass mich alles andere nicht freuen würde (siehe oben), aber das ist das Beste <3

Ich hoffe, dich weiterhin als Leserin beglücken zu können. Liebe Grüße, composer
Von:  kitty007
2015-04-08T16:56:40+00:00 08.04.2015 18:56
alsoooo beim format kann ich dir ned helfen ^^ aaaber ich finde dass beide zeiten gut sind.. wenn man die "vergangenheit" liest dann bekommt man ein gutes gefühl dafür was in den beiden jetzt vorgeht und ich bin echt schon seeehr gespannt wie es weitergeht ^.^

also bitte, hopp hopp hihi :D
Antwort von:  Norden
09.04.2015 09:55
xDD Der Prolog und die Kapitel sind unterschiedlich formatiert (vom Einzug her) und ich weiß nicht, welches Format besser zu lesen ist.
Aber schön, dass dir beide Zeiten gefallen! Das freut mich sehr. Und es freut mich natürlich auch sehr, dass es dir generell gefallen hat -- bzw. du auch meinst, man kann sich gut in die Beiden hineinfühlen. Das war mein Ziel.
Entsprechend meiner Vorgabe soll alle 2 Wochen 1 Kapitel kommen :) Also irgendwann zwischen 7 und 14 Tagen wird das nächste Kapi dann erscheinen. Liebe Grüßeeee


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