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Manchmal muss man einfach nur umkippen...

... und Tentens Hochzeit ruinieren
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Drei Jahre später... Komplett anzeigen

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Hochzeit in einer Umkleidekammer

Er betrachtete das Glas vor sich eine Sekunde lang. Dann trank er es aus.

Dann das nächste.

Und danach noch eins.

Dann fing er wieder von vorne an.

Bis die Flasche leer war.

Und dann fing er wieder von vorne an.

Neji war erstaunlich geschickt, wenn er trank. Kein Tropfen Cognak landete auf seinem blütenweißen Hemd. Die Krawatte war perfekt gebunden. Die Haare immatrikulat zurückgekämmt.

Ein Bild von einem Mann.

Sogar die Blume im Knopfloch war intakt als er sich auf den Weg zur Hochzeit machte.

Aber im Prinzip war es doch nicht so verwunderlich, denn er war bereits geübt. Er hatte praktisch nichts anderes gemacht seitdem ihn die Einladung erreicht hatte.

Warum, allerdings, wusste er auch nicht so genau. Was bedeutete ihm schon eine Hochzeit?

Und wer war überhaupt dieser Kiba?

Hinata hatte durchblicken lassen, dass der Name ihm bekannt vorkommen sollte, weil die dazugehörige Person einst in ihrem Team gewesen war. Aber, was Hinata bei ihrer Bemerkung nicht berücksichtigt hatte, war, dass Neji sich noch nie für ihr Team interessiert hatte.

Erst als er die Fotos des glücklichen Brautpaars auf der Rückseite der Einladung abgedruckt sah, umgeben von einem ganzen Rudel Hunden, ging ihm ein Licht auf.

Der Inuzuka-Clan. Hunde.

Warum man allerdings gewillt sein sollte in so eine chaotische, extrovertierte Familie einzuheiraten, war ihm schleierhaft.

Er fuhr sich über das Gesicht.

Dann stand er auf, spülte langsam, um seine motorischen Fähigkeiten nicht zu hart auf die Probe zu stellen, das Glas ab und machte sich auf den Weg.

Die frische Luft tat ihm erst gut. Es war eigentlich ein schöner Tag.

So etwas soll Brautpaaren ja wichtig sein - a la “Weißt du noch wie schön die… geblüht haben als wir geheiratet haben?”

Neji hatte sich entschieden allein zur Hochzeit zu gehen statt von einer der Telefonnummern, die ihm von einsamen Frauen zugesteckt wurden, Gebrauch zu machen. Mit Gesellschaft hielt er es nie lange aus.

Er schaffte es den ganzen Weg zur Kirche. Ohne umzukippen, ohne sich zu übergeben.

Doch als er dann endlich saß, merkte er wie froh er darüber war.

Die Kirche war groß, schön, gothisch.

Er war einer der ersten.

Nach und nach wurde es voller als die restlichen Gäste eintrafen.

Schemenhaft konnte er Narutos blonden Schopf ausmachen, Hinatas unscheinbare Präsenz und Tsunades sehr präsente Präsenz - Sie trug wahrscheinlich mehr Dekolletee zur Schau als die Braut es tun würde.

So wie er die Braut kannte jedenfalls. Wenn er sie noch kannte.

Dessen war er sich in letzter Zeit nicht mehr sicher.

Dass sie heiratete, überraschte ihn.

Und er befürchtete, dass sie ihn heute mit so mancherlei überraschen würde.

Zum Beispiel, wenn sie tatsächlich “ja” sagen würde. Ihn küssen würde. Und mit ihm auf Hochzeitsreise verschwinden würde.

Er bekam so gerade mit wie sich jemand neben ihn setzte, doch er registrierte die Person nicht bis Hinatas Stimme zu ihm durchdrang. Schwerfällig wandte er ihr sein Antlitz zu.

Ihren Gesichtsausdruck konnte er nicht ausmachen, denn er sah alles verschwommen, doch ihr Satinkleid blendete ihn fast.

Ach ja, sie war Brautjungfer.

“Du siehst… nicht gut aus”, eröffnete sie ihm. Schwang da Mitgefühl in ihrer Stimme mit? Vielleicht sogar Mitleid?

Wenn er nicht seine ganze Kraft gebraucht hätte, um aufrecht sitzen zu bleiben, wäre er sicherlich wütend geworden.

“Du hast doch nicht gedacht, dass sie ewig auf dich wartet, oder?”

Er weigerte sich diese Frage zu beantworten bis Hinata schließlich aufgab, aufstand und sich an ihren Platz stellte. Mittlerweile war die KIrche gut gefüllt.

Neji atmete tief ein.

Nein, dachte er.

Er hatte gar nichts gedacht.
 

Die Braut war wunderschön. Das konnte er an den ganzen “Oh”s und “Ah”s hören.

Er hielt den Blick starr nach vorne gerichtet bis er es nicht mehr aushielt.

Er wandte den Kopf.

Seine Augen erfassten sie und plötzlich konnte er wieder klar sehen.

Tenten.

Sie sah schrecklich aus:

Sie lächelte überglücklich, von dezentem Make-up unterstrichen, erstrahlte ihr Gesicht geradezu in natürlicher Schönheit, eingerahmt von goldbraunen Locken. Das elaborante Brautkleid, dessen bezauberndes Weiß ihn sogar noch mehr blendete als Hinatas Fummel, umschmeichelte ihre gebräunten Schultern, die festen Brüste, den muskulösen Bauch und weitete sich von dem aus Spitze gefertigten Bustier zu einem ausladenden Satinrock. Märchenhaft, würde man sagen.

Das Bouquet war ebenfalls der Traum aller Frauen, mit so vielen verschiedenen Wildblumen, dass es wirklich ausgefallen schien.

Von irgendwoher vernahm er ein Schniefen.

Als er sie dann endlich zusammen sah, in Fleisch und Blut, und nicht nur lächelnd und sich umarmend auf einem Verlobungsfoto, vorne vor dem Altar, ging es bergab mit ihm.

Sein eben noch so fokussierter Blick schwand, ihm wurde schrecklich schwindlig und das letzte an das er sich erinnern konnte war plötzlich in Richtung Kirchendecke zu starren.
 

Ein Schrei ließ die versammelte Gemeinde aufschrecken. Hanabi, die Hinatas Platz neben ihrem Cousin eingenommen hatte, war aufgesprungen und stand hilflos bei als alle beobachten konnten wie der große Krieger schwer auf dem Boden aufkam. Mit dem Blick starr gen oben gerichtet, machte er einen wahrlich besorgniserweckenden Eindruck und Tenten hatte ihre Röcke gerafft noch bevor jemand anderes reagieren konnte.

Hinata war direkt hinter ihr und verfolgte mit wie die Braut Puls und Atmung kontrollierte.

Bei der Atmung zog sie verwundert die Brauen in die Höhe.

Der Bräutigamm, wie alle anderen, konnte nur verstört und ratlos da stehen. Er hatte die Arme noch immer ausgestreckt, um Tentens Hände entgegen zu nehmen und sein Treuzeuge, Shino, hielt noch immer die Ringe bereit.

Es herrschte eine kurze Phase des Chaos, in der niemand so recht wusste, wie weiter verfahren werden würde und lautes Stimmengewirr erhob sich.

Nachdem die Frauen den schweren Mann in die stabile Seitenlage gebracht hatten, kam Tenten zu ihrem Liebsten und berührte ihn vertraulich am Arm.

“Tut mir Leid, Schatz.”

Er konnte in ihrem Blick lesen, was folgen würde.

“Aber so können wir nicht weiter machen.”

Er fuhr sich mit einem schelmischen Lächeln durch die Haare.

“Wir können ihn nicht einfach dem nächsten Krankenwagen mitgeben und unser Ding durchziehen?”, fragte er scherzhaft. Er meinte es nicht ernst, denn direkt im nächsten Augenblick fragte er:

“Es ist doch nichts Ernstes, oder? Herzinfarkt…?”

Kiba glaubte nicht daran, denn sonst hätte sie schon längst den Arzt gerufen und er konnte jetzt schon aus dem Augenwinkel erkennen wie der ihm größtenteils unbekannte Mann begann sich zu bewegen.

Sie schenkte ihm ihr entschuldigendes Lächeln und versicherte ihm, dass es sowieso von Vorteil für ihn sein würde zwei Hochzeitsnächte zu haben. Er grinste anzüglich und fuhr kurz mit den Augen über ihr Kleid.

“Stimmt. Also seh ich dich heute Abend?”

Sie nickte. Ihm war klar, dass sie sich persönlich um diese Situation kümmern wollen würde. Niemand zerstörte Tenten Inuzukas Hochzeitstag ohne ihr danach in die Augen sehen zu müssen.

“Kümmerst du dich um die Gäste?”

Er salutierte: “Aye Aye!”

Dann gab er ihr noch einen letzten kurzen Kuss, entschuldigte sich beim Priester für die Unannehmlichkeit und wandte sich dann an die Masse, während Tenten wieder ihre Röcke raffte, um Hinata beim Transport ihres Cousins zu unterstützen.

“Leute, ich befürchte es gibt eine kleine Planänderung - Keine Sorge, Alkohol und Essen ist nicht betroffen. Das gibt`s gleich nebenan und dann sehen wir uns alle entweder später oder morgen noch einmal hier. Lasst uns schonmal vorglühen für mo-”, hörte Tenten ihren Zukünftigen noch sagen, bevor sie mit Nejis Arm um ihre Schulter durch eine der Seitentüren verschwand.
 


 

In der kleinen Umkleidekammer des Priesters, legten sie Neji auf dem tiefen Bett ab und beratschlagten.

“Brauchst du mich hier oder soll ich Kiba helfen gehen?”, fragte Hinata skeptisch.

Tenten winkte ab: “Als ob ich jemals Hilfe mit Neji Hyuga gebraucht hätte. Mit dem werdeich auch so fertig. Geh du lieber mal und steh meinem armen Kiba bei.”

Sie lachte.

Unsicher lächelte Hinata zurück.

“Ja, ich denke, du bist die einzige, die dabei keine Hilfe braucht.” Sie wandte sich zum Gehen, doch bevor sie die Tür hinter sich zufallen ließ, sagte sie noch:

“Ach, Tenten?”

“Hm?”

“Sei nicht so streng mit ihm.”

Tenten lächelte beruhigend. In ihrem wunderschönen Kleid in dem kleinen Raum mit dem betrunkenen Mann sah sie ganz schön fehl am Platze aus.

“Mach dir mal keine Sorgen um deinen Cousin”, beschwichtigte sie ihre auserlesene Trauzeugin.

Mit den Worten “Ich meinte Kiba.” ließ sie die Braut verdattert zurück und huschte schnell hinaus.

Hochzeit in einer Imbissbude

“Na?”, hörte er als er langsam wieder volles Bewusstsein erreichte. Sein Schädel brummte wie ein ganzer Bienenstock, doch wenigstens war es angenehm dunkel.

Wo immer er war.

Die Stimme gefiel ihm allerdings.

Er wagte es die Augen ein Stückchen weiter zu öffnen und erkannte auch weshalb:

Sie saß an seiner Seite.

Immer noch mit dem blöden weißen Kleid und der ganzen Aufmachung.

“Hab ich deinen großen Tag ruiniert, Kleines?”

“Nenn mich nicht Kleines.”

“Tschuldige, Süße.”

“Seit wann bist du denn so herablassend?”

”Ich war schon immer so”, erwiderte er automatisch, natürlich. In Wirklichkeit konnte er sich auch nicht erklären, weshalb er so ein Ekel war.

“Nein”, widersprach sie. Er hörte das stumme “nicht mit mir”, ging jedoch nicht darauf ein.

“Und um deine Frage zu beantworten: Nein, Kiba darf sich jetzt halt nur auf zwei Nächte mit Hochzeitsunterwäsche freuen.”

Ihm wurde speiübel und er beugte sich nach vorne.

Alarmiert griff sie nach seiner Schulter. “Willst du ein Glas Wasser?”

Er schüttelte den Kopf. Dankbar entdeckte er den Eimer zwischen seinen Beinen.

“Warum tauchst du überhaupt betrunken auf meiner Hochzeit auf?”

Die Frage wollte er lieber nicht beantworten.

Um ehrlich zu sein, wollte er darüber noch nicht einmal nachdenken.

Eigentlich wollte er nichts lieber als den Kopf in ihren Schoß betten. Und so tat er das auch.
 

Tenten konnte selbst kaum fassen, dass sie die Hälfte ihres Hochzeitstages mit einem Saufkopf in der Ankleidungskammer der Kirche verbracht hatte. Es war dunkel draußen. Schon seit einer Weile.

Neji schlief auf ihrem Schoß. Zumindest dachte sie das.

Als sie sich nach vorn beugte, sah sie, dass seine Augen offen waren.

Sein Blick war ruhig und stet, gar nicht mehr glasig.

Sobald sie es bemerkt hatte, setzte er sich auf.

”Geht`s dir wieder besser?” Sie warf einen Blick auf die Uhr. Wahrscheinlich wartete Kiba bereits auf sie.

“Es ging mir noch nie besser.” Sein Ton klang karg. Er log.

Tenten lachte.

Bevor er zu ihr herübersehen konnte, stand sie auf und setzte sich rittlings auf einen herumgedrehten Stuhl, den sie aus einer Ecke heranzog. Das war gar nicht so einfach mit ihrem voluminösen Kleid und das Endergebnis sah zum Schreien komisch aus. Die Arme auf der Stuhllehne verschränkt, hatte sie ihr Kinn darauf gebettet. Ihre braunen Augen waren tief und dunkel, aber sprühten vor Leben.

“Und wie ist es dir so ergangen?”

Die Frage war lange überfällig.

Sieben Jahre hatten sie sich nicht gesehen. Erst jetzt ging ihm auf wieviel Zeit das eigentlich war.

Plötzlich hatte er das Bedürfnis sie über alles auszufragen.

Doch sie war ihm zuvorgekommen. Und war nicht die Art von Frau, die eine Gegenfrage akzeptiert hätte.

“Gut.” Schon wieder eine Lüge.

“Ich bin sehr zufrieden mit meinem Werdegang.” Lüge.

“Das Verhältnis zu meiner Familie entwickelt sich vorteilhaft.” Lüge…

“Ich freue mich, dass du heiratest.” Lüge!

“Und wie ist es dir ergangen?”

Tenten überlegte kurz wie sie darauf reagieren konnte. Er musste es an ihrem Gesicht erkennen, denn ihr Mund verzog sich dabei immer ganz leicht, sodass ein Grübchen in ihrer linken Wange entstand. Es war unheimlich wie gut er sie immer noch kannte. Als hätte sich nichts geändert.

Außer das Hochzeitskleid. Das war eine ganz schön große Veränderung. Er versuchte es zu ignorieren, konzentrierte sich auf ihren Mund.

“Ich bin dazu übergegangen die Wahrheit zu sagen.” Es klang wie eine Herausforderung. Er erahnte einen amüsierten Zug um ihre Lippen.

“Worauf willst du hinaus?” Er ließ nicht mit sich spielen.

Mit dem Fuß schob er den Eimer beiseite, lehnte sich mit verschränkten Armen zurück.

“Du lügst.”

“Du nennst mich einen Lügner?”

“Allerdings.”

Es war ein Entscheidungspunkt. Hatte sie erkannt, weshalb er sich in einem derartigen Zustand befand?

“Wie kommst du darauf?”

“Dein Verhältnis zu deiner Familie ist so gestört wie eh und je.” Der amüsierte Zug um ihre Lippen wurde deutlicher. Auch sein Mundwinkel zuckte.

“Du hast mich enttarnt”, lobte er trocken. “Hast du sonst noch etwas in der ganzen Zeit gelernt?”

Sie verdrehte die Augen. “Klingt als könntest du es kaum glauben.”

“Du warst noch nie besonders helle.”

Sie quittierte die offene Beleidigung mit einem überheblichen Blick. Ihre Position änderte sie allerdings nicht.

“Ich habe gelernt zu lieben”, fuhr sie schließlich fort. “Und zu hassen. Dann zu vergeben. Und schließlich hab ich gelernt wieviel Spaß man im Leben haben kann, wenn man nicht versucht die Beste zu sein.” Sie zwinkerte ihm zu. “Du solltest es mal versuchen.”

Sie wussten beide, dass das nie geschehen würde.

“Ich bin bereits der Beste. Ich muss es nicht versuchen.”

Sie sah aus als hätte sie die Antwort bereits erwartet. Es versetzte ihm einen Stich, dass er sie nicht mehr überraschen konnte.

“Und was hast du wirklich gemacht?”, wollte sie wissen.

Er hatte gerade begonnen sich besser zu fühlen, doch die Frage brachte ein mulmiges Gefühl in seine Magengegend zurück.

“Nicht hier”, sagte er schließlich und stand vorsichtig auf.

“Der Raum riecht nach Mottenkugeln und altem Mann und du siehst aus als könntest du ein paar Pfund mehr vertragen. Ich bezahle.”

Und mit den Worten ging er. So selbstverständlich wie immer in der sicheren Annahme, dass sie ihm folgen würde.

Für einen Augenblick hätte Tenten am liebsten den Stuhl nach ihm geworfen. Sie erwog es ernsthaft...

Stattdessen seufzte sie mit einem Grinsen, das sie lange nicht mehr gegrinst hatte, und folgte ihm, nachdem sie umständlich mit all ihren Röcken vom Stuhl gestiegen war.
 

Der Imbissbesitzer staunte nicht schlecht als das Brautpaar in sein Etablissement spaziert kam und zwei Pizzen und einen ganzen Beutel Pizzabrötchen bestellte. Mit Kräuterbutter und Knoblauchsoße.

Aber soweit er wusste, taten die jungen Paare von heute noch viel verrücktere Dinge. Und dieses Paar sah so aus als hätte es schon so einiges hinter sich.

Das Kleid der schönen Brünette war ganz zerknautscht und der Anzug des Bräutigams hatte ebenfalls schon bessere Tage gesehen. Um ehrlich zu sein: Der ganze Bräutigamm hatte schon bessere Tage gesehen… Er wirkte etwas übernächtigt und roch noch schlimmer.

“Herzlichen Glückwunsch und alles Gute!”, wünschte er ihnen als er ihnen schon einmal die Pizzabrötchen reichte. Das hatte allerdings nur einen herzhaften Lachausbruch zur Folge. Die junge Braut klopfte sich auf die Schenkel und nahm den Beutel entgegen.

“Danke auch!”, prustete sie und folgte dem schweigsamen frischgebackenen Ehemann an einen hohen Tisch in einer Ecke. Verdutzt beobachtete er noch einen Augenblick wie sie mit Mühe sich und ihr Kleid auf einen Hochstuhl verfrachtete und sich undamenhaft erst den Lippenstift abwischte und dann ein Brötchen ganz in den Mund stopfte.

Dann klingelte das Telefon und er musste eine Bestellung aufnehmen. Er und seine Frau hatten es an ihrem Hochzeitstag deutlich romantischer angehen lassen…
 

“Ich bin seit drei Jahren bei den Anbu und man sagt mir, ich sei wie für den Beruf geboren-”

“Wer sagt das? Tsunade? Pff!” Sie tunkte das Brötchen in Kräuterbutter und winkte ab. Mit fragendem Gesichtsausdruck wartete er darauf, dass sie weiter ausführte.

“Die schmeichelt dir nur, damit du weiter so fleißig für sie tätig bist. Wir wissen beide, dass du besser allein arbeitest. Gesellschaft, dann auch noch höher-gestellte, war noch nie dein Fall.”

“Gerade deshalb”, verteidigte er seine Arbeitgeberin. “Ich bin Anführer.”

Erstaunt blickte Tenten von ihrem gemeinsamen Abendmahl auf. Sie hatte einen Klecks Kräuterbutter im Gesicht und das dümmliche Grinsen war von ihrem Gesicht gewischt. Selbstsicher lächelte er ein kleines Gewinnerlächeln.

“Überrascht?”

“Das ist gefährlich”, war alles, was sie antwortete. Der Anführer trug alle Verantwortung und sie wusste, es war gar nicht so ungewöhnlich für einen Anführer sein Leben zu geben, um sein Team zu retten. Sie konnte sich Neji Hyuga einfach nicht so richtig in solch einer Position vorstellen.

Er zuckte selbstverliebt mit der Schulter.

Ihr Comeback schmerzte daher umso mehr: “Du scheinst mir einfach nicht der Anführer-Typ. Du befolgst lieber Befehle als sie zu geben.”

Er ließ nur eine Sekunde verstreichen, bevor er zu einer Erwiderung ansetzte, die hemmungslos gewesen wäre, wenn nicht just in dem Moment der Mann hinter dem Thresen ihre Bestellungsnummer aufgerufen hätte.

“Geh du. Es ist die Hölle mich in diesem Teil zu bewegen”, bat sie so liebenswürdig wie eh und je.

Brummend setzte er sich in Bewegung.

Warum gab es hier überhaupt Nummern?

Sie waren die einzigen Gäste. Ansonsten war der Laden leer.

Mit düsterer Miene kehrte er zurück.

Sie war dabei an ihren Wimpern herumzuzerren.

“Was in Gottes Namen tust du da?”, wollte er wissen als er die Kartons vor sich abstellte und elegant auf den Hocker sprang. Er roch noch nach Alkohol, doch sogar ein Kater hielt es nicht lange mit Neji Hyuga aus.

“Die sind falsch.”

Er wollte gar nicht mehr darüber wissen.

Stattdessen fuhr er fort ihre Frage zu beantworten.

“Ich rauche jetzt.”

“Das auch noch!” Sie schüttelte missbilligend den Kopf, öffnete mit spitzen Fingern den Karton und schnupperte daran.

“Willst du was hiervon? Ist noch warm.”

Er nickte und sie gab ihm ein Stück.

“Ich finde, du solltest es aufgeben.” Er konnte sie kaum verstehen, weil sie ihr Stück zusammengeklappt und halb auf einmal verschlungen hatte.

“Ok.”

Sie stockte im Kauen. Er konnte den Besitzer in der Küche hantieren hören.

“Wie bitte?”, machte sie mit vollem Mund.

“Ok”, wiederholte er schlicht.

Sie sah ihm kurz, aber tief in die Augen. Dann wandte sie den Blick ab.

“Ich meine nur, dass das nicht dem Ideal des perfekten Kriegers entspricht...”, verteidigte sie ihre Ansicht.

“Jeder braucht ein Laster”, behauptete er und aß sein Stück weitaus manierlicher als sie.

Sie machte sich über ihn lustig: “Trinken und Rauchen - Das sind schon zwei!”

Sie machte eine so ausladende Geste, dass sie die falschen Wimpern aus Versehen beiseite fegte. Unbemerkt landete sie auf dem Boden.

“Frisst du immer noch Cheetos vor dem Fernseher?”, konterte er und versteckte sein Lächeln hinter seinem Abendessen.

“Nein”, erwiderte sie und Stolz schwang in ihrer Stimme mit. “Ich muss jetzt nicht mehr allein fernsehen. Da brauche ich keine Cheetos.”

“Du hättest sie auch vorher nicht gebraucht. Mit nur ein bisschen Selbstdisziplin-”

“Ach, halt`s Maul!”

Sie pickte eine Olive von ihrer Mahlzeit und warf sie nach ihm. Natürlich hatte er keine Probleme auszuweichen.

Eine Zeitlang aßen sie schweigend.

Es war ein Wunder, dass sie es schaffte ihr Kleid nicht einzusauen.

Es war fast so als wäre irgendetwas in ihr befreit, hemmungslos geworden. Als hätte sich eine Art Fresswut in ihr aufgestaut.

“Du weißt, dass du mich haben könntest?”, fragte er nach einer Weile.

Er wusste auch nicht so recht, was über ihn gekommen war. Vielleicht hatte der Alkohol doch noch einen Effekt.

“Sei nicht albern. Niemand kann dich haben.” Sie sagte es als sei es ein Naturgesetz.

“Dasselbe hätte ich von dir gesagt.” Noch nicht einmal er selbst hätte sagen können, ob es beleidigend sein sollte oder nicht.

Sie schwieg kurz

“Bist du noch immerJjungfrau?”

Er nickte

“Tja, ich nicht.” Sie wich seinem Blick nicht aus. “Und es gefällt mir auch so.”

Er zuckte mit den Schultern. “Ich wollte das nicht.”

“Du bist 28!”, empörte sie sich über seinen Mangel an Libido.

“Ich wollte es nicht.”

“Du bist der verrückteste Mann, den ich kenne”, entließ sie das Thema.

Er unterdrückte ein Seufzen. “Ich schätze, da bekommst du nicht viel Widerspruch zu hören.”

“Wie kommt es, dass du heute so gesprächig bist?”, wollte sie plötzlich wissen. Ein Themawechsel war dringend nötig gewesen.

“Alkohol”, meinte er überzeugt, doch ihr Gesichtsausdruck sagte ihm, dass sie ihm das nicht zu 100% abkaufte.

“Bist du glücklich?”, fragte er schließlich die allerwichtigste Frage.

“Natürlich!” Sie hatte noch nicht einmal einen Herzschlag gezögert.

“Da gibt es gar keine Probleme oder Zweifel?” Er konnte es kaum glauben.

Hatten Frauen nicht immer Zweifel? Vor allem an ihrem Hochzeitstag?

Sie lachte nur.

Als er schon dachte sie würde überhaupt nichts mehr darauf erwidern, lächelte sie ihn an und erklärte es ihm:

“Natürlich gibt es immer Probleme.” Irgendwie sah sie allerdings gar nicht richtig zerknirscht aus. “Guck mich an!”

Sie zupfte mit fettigen Fingern an ihrem Aufzug herum. “Ich seh aus wie eine fucking Prinzessin und trage Unterwäsche, die mehr gekostet hat als all meine Jeans zusammen!”

Sie lächelte schief. “Das bin ja wohl nicht ich.”

Da konnte er nur zustimmen.

Sie öffnete die Knoblauchsoße und tunkte ihr zweites Stück hinein.

“Aber er behandelt mich gut, vergisst nie einen Valentinstag oder Geburtstag, kommt pünktlich heim, lässt mich wissen, wenn er ausgeht und wie lange, ist nicht egoistisch - weder im Bett noch sonstwo - und riecht nur manchmal nach nassem Hund.”

Ein verliebtes Lächeln kroch auf ihre Lippen. “Er isst, was ich koche, auch wenn es halb verbrannt ist, und verehrt den Boden unter meinen Füßen. Das hat er jedenfalls gesagt als er um meine Hand angehalten hat.”

Ihm war bewusst, dass sie seinen Blick suchte, doch das konnte er ihr gerade nicht geben. “Jetzt mal ehrlich - Welche Frau lässt sich so einen Kerl entgehen?”, fragte sie rhetorisch, nachdem sie aufgegeben hatte einen Blick aus seinen leeren Augen zu erhaschen.

“Eine, die nie an Heiraten interessiert war?” Er konnte sich die Antwort nicht verkneifen.

Sein Stück Pizza lag vor ihm auf dem Tisch. Ihm war der Appetit vergangen.

“Hat sich geändert. Ich bin kein Kerl, wie du immer gedacht hast.”

“Das hab ich nie gedacht.”

“Sondern was?” Sie hatte schon wieder diesen herausfordernden Blick aufgesetzt.

“Ein Freund.”

“Na, dann weiß ich nicht wie du Freunde definierst.”

“Ich auch nicht”, gestand er. Er hatte keine.

Da hörten sie den Imbissbesitzer. Er wollte schließen.

“Zum Auto?”, fragte sie.

Stumm stimmte er zu und sie packten die Kartons unter die Arme und verlagerten ihr spätes Mahl ins Innere von Tentens Wagen, den sie barfuß hierher gefahren hatte, weil sie mit Absätzen die Pedale nicht richtig bedienen konnte.

“Um ehrlich zu sein, hab ich gedacht ich lege mich in der Kirche auf die Schnauze”, gestand sie als sie auf dem Fahrersitz saß und einen ihrer weißen Lackschuhe in Händen hielt. Dann schmiss sie ihn über die Schulter auf die Rückbank.

“Da hab ich dir wohl die Show gestohlen.”

“Zum Glück!”, rutschte es ihr über die Lippen.

Er glaubte nicht an Hoffnung. Zurecht:

“Ein bisschen Drama ist auf jeden Fall besser als ein peinlicher Fall auf dem Mittelschiff.”

“Ich bin doch kein Drama”, empörte er sich.

Sie wiegte den Kopf hin und her.

“Nur manchmal.” Sie zwinkerte ihm wieder so ekelhaft vertraut zu.

Dann küsste er sie.

Von allen Überraschungen an diesem Abend war dies für sie beide die größte.

Das hatte er noch nie getan, doch es war etwas, das er einfach nicht mehr länger zurückhalten konnte.

Und er wollte bestimmt nicht die Ehefrau eines anderen küssen, also war jetzt wahrscheinlich seine allerletzte Chance.

Er hatte keine Erfahrung im Küssen, doch irgendwie wussten seine Lippen auch so was zu tun war. Außerdem war die schiere Leidenschaft seiner Aktion überwältigend. Sein schwerer Körper presste sie gegen die Scheibe, seine Hände umschlossen ihren Hals, sein Mund attackierte sie beinah.

Aber das schlimmste war, er gewann.

Es war wie ein Reflex, dass sie ihn zurückküsste. Das Hochzeitskleid, der einzige Indikator, dass, was sie taten, falsch war, war wie aus ihrem Hirn geblasen. Ihre Hände, fest um seine geschlossen, fühlten sich richtig an.

Aber, konträr zu ihren Andeutungen, war er nicht so egoistisch. Schweren Herzens und mit der von ihm so gerühmten Selbstdisziplin ließ er von ihr ab.

“Wenn du in der nächsten Minute keine verdammt gute Erklärung hervorbringst, muss ich dir in die Eier treten...”, war alles, was sie sagte, während sie ihre Kleidung richtete. Nicht, dass sie danach ordentlicher aussah.

Ihr Atem ging schwer, ihre Worte waren zu hastig ausgestoßen gewesen.

Weil er wusste, dass er sowieso keine Erklärung für sein Verhalten hatte, atmete er noch einmal tief durch, stieß sich dann noch einmal vom Beifahrersitz ab und küsste sie gleich ein weiteres Mal.

Diesmal sanfter. Er kniff die Augen fest zu, weil er sie beim ersten Mal offen gelassen hatte. Er versuchte ein ganzes Leben an Erfahrungen aus zwei Küssen zu destillieren.

Bis sie ihn ohrfeigte.

Und den Wagen verließ.

Ihm war erst selten aufgefallen, dass er so etwas wie ein Herz besaß, aber jetzt meldete es sich ausnahmsweise. Es brach ganz still und unauffällig vor sich hin.

Hochzeit vor einer Tür...

Nachdem er mehr als nur eine Weile in der Stadt herumgeirrt war, lenkten ihn seine Schritte endlich wieder Richtung Heim. Enttäuscht erinnerte er sich daran, dass er seinen ganzen Vorrat vor der Hochzeit ausgetrunken hatte.

Aber auf seiner Treppe, die zur Wohnung hochführte, erwartete ihn eine Überraschung.

Dort saß eine Braut.

Das Kleid war mittlerweile nicht mehr representabel, die feine Hochsteckfrisur hatte sich aus ihrem Haarspraygefängnis gelöst und fiel in einem hoffnungslosen Wirrwarr über die Schultern und das Bild, das sich ihm bot, passte sowieso ganz und gar nicht zu einer Braut: Sie saß mit gespreizten Beinen und stütze die Unterarme auf die Knie.

“So sieht man sich wieder.”

“Ich hasse dich”, erwiderte sie. Dann gingen sie hinein zu ihm in die Wohnung.
 

Er gab ihr eine Tasse Tee und ließ sich zu ihr auf das Sofa fallen.

Dann schwiegen sie und es war so still, dass er beinah einschlief. Er hatte die letzten paar Wochen nicht richtig geschlafen. Er war müde. Vom Leben. Lebensmüde.

“Hasst du mich denn auch? Wenigstens ein bisschen?” Ihre Stimme riss ihn aus dem Schlummer.

Er wusste trotzdem sofort, was sie meinte; also antwortete er mit “ja”. So sanft hatte seine Stimme noch nie geklungen.

“Was ist bloß mit uns passiert?”, fragte sie verwirrt. Als könnte sie es tatsächlich nicht fassen. Sie schüttelte den Kopf und biss sich auf die vom Kuss mit Lippenstift verschmierten Lippen. Sie meinte nicht den Kuss.

“Hinata hat immer gesagt, für jemanden mit meinen Augen bin ich ziemlich blind.”

Tenten trank einen Schluck. “Erstaunlich kluges Mädchen, deine Cousine.”

“Willst du Kiba anrufen?”, fragte er schließlich.

Gott, der Arme saß wahrscheinlich schon seit Stunden in ihrem Hotelzimmer. Oder vielleicht war er nach Hause gefahren in der Hoffnung, dass sie dorthin gegangen war.

“Du weißt, ich muss wieder zu ihm zurück, nicht wahr?”

“Du musst gar nichts. - Aber ich bin kein Dummkopf”, erwiderte er ruhig. Das hieß soviel wie, dass er die Situation sehr wohl abschätzen konnte.

Wenigstens hatte er in seiner maßlosen Arroganz nicht gedacht, dass sie an ihrem Hochzeitstag mit ihm davon laufen würde.

Sie dachte an glücklichere Zeiten und fragte sich nochmals wie es jemals so weit hatte kommen können, wähend sie an ihrem heißen Tee nippte.
 

***
 

Sie hatte sich beinah nach ihm verzehrt; jede Faser ihres Körpers hatte nach ihm geschrien und sie hatte jede einzelne ignoriert. - Nicht, dass irgendetwas in Gang gekommen wäre, wenn sie es nicht getan hätte. Denn Neji hätte sich so oder so nie auf sie eingelassen. Es mussten ja schließlich erst zwölf Jahre ins Land ziehen, bevor sie ihren ersten Kuss von ihm erhalten würde, und das auch noch an ihrem Hochzeitstag. Und zwar nur Tentens, nicht seinem.

Aber das wusste die fünfzehnjährige Tenten noch nicht.

Alles, was sie wusste war, dass sich ihr Körper seltsam benahm und das gefiel ihr ganz und gar nicht. Und so begann der steinige Weg zum Teufelskreis aus unterdrückten Gefühlen.

Gemeinsame Trainingstage und Missionen. Heimliche Blicke. Nie ein Wort. Nie eine Berührung.

Nicht einen Funken Wahrheit hatten sie füreinander übrig.

Bis es zum Eklat kam.

Es war an einem schönen Tag. Wie Tentens Hochzeit. Ein wirklich schöner Tag.

Sie saßen auf der Wiese hinter Konoha-Gakure, gerade über zwanzig Jahre alt, und feierten seine Ernennung zum Jounin. Selbstverständlich hatte er die Prüfung geschafft, obwohl er einer der Jüngsten Anwärter gewesen war. Tenten wollte lieber noch ein oder zwei Jahre warten bis sie sich selbstsicher genug fühlte.

“Selbstdisziplin ist der Schlüssel...”, murmelte er und reckte das Gesicht den Sonnenstrahlen entgegen.

Tenten seufzte. “Irgendwann wird dich deine Selbstdisziplin noch etwas kosten”, behauptete sie.

Er glaubte ihr nicht.

“Hast du gar keine Angst irgendetwas zu verpassen?” Sie war näher zu ihm gerutscht. Aus irgendeinem Grund hatte sie sich eingebildet, dass er zugänglicher sein würde, wenn er erst eins seiner Ziele erreicht hatte.

Er verstand sie nicht. Sein leerer Blick ruhte auf ihr. “Nein. Was denn?”

“Andere Erlebnisse im Leben? Es gibt mehr als nur den Beruf.”

Er schüttelte entschieden den Kopf. “Nicht für mich.” Es klang so unglaublich sicher…

Ihre Hand, die sich langsam doch stetig auf den Weg zu seiner gemacht hatte, zog sich reflexartig zurück. Die hastige Bewegung entging seinem wachsamen Blick nicht.

Plötzlich hatte er das Bedürfnis etwas zu sagen, doch die Worte blieben in seinem Halse stecken. Er wurde das Gefühl nicht los, einen Fehler zu machen, aber er wusste nicht welchen. Er wusste nur, dass sie im Begriff war zu gehen. Sie war bereits dabei ihre Waffen einzusammeln.

“T-”, aber das Wort wollte sich nicht von seinen Lippen formen lassen.

Sie hörte den beginnenden Laut und wandte sich zu ihm um. Etliche Herzschlage lang sah es so aus als wartete sie auf etwas. Er starrte nur zu ihr hoch. Das Licht spielte mit den Facetten ihres seidigen braunen Haars.

“Ich muss jetzt los.” Sie lächelte sogar. Sie winkte.

Es war das letzte Mal, dass er sie sah, bis zu ihrer Hochzeit.
 

***
 

Jetzt saß die achtundzwanzigjährige Tenten in ihrer Hochzeitsnacht auf der Couch ihres besten Freundes, einem Semi-Soziopathen, den sie seit sieben Jahren nicht gesehen und doch vorhin noch geküsst hatte.

“Ich muss jetzt nach Hause”, gestand sie ihm zum zweiten Mal. Sie stellte ihre Tasse auf dem Wohnzimmertisch ab, borgte sich einen Pullover aus dem Kleiderschrank im Flur - Was ein Glück, dass Neji nie das Bedürfnis hatte zu renovieren - und machte sich auf den langen Weg nach Hause.

“T-...”

Ohne Hochzeit

Neji war kaputt. Die Mission war hart gewesen.

Er schloss die Tür zu seinem kalten, leeren Apartment auf, trat ein. Es war dunkel und vom süßlichen Geruch konnte er erahnen, dass er mal wieder vergessen hatte den Müll herauszubringen, bevor er aufgebrochen war. Er seufzte und schritt zur Küche. Bevor er den Müllbeutel herausnahm und zuschnürte, betrachtete er kurz das Foto an der Wand.

Es war das Verlobungsportrait des Brautpaares.

Er hatte es ausgeschnitten und eingerahmt. Über das Wieso war er sich noch nicht ganz im Klaren.

Er schulterte den Müllbeutel.

Wahrscheinlich, weil es das einzige Foto war, das er von ihr hatte. Und um ihn daran zu erinnern, dass es für ihn nur den Beruf in seinem Leben gab.

Also musste er wenigstens darin gut sein.

Es war ein Wunder, dass er noch nicht bei einer Kamikaze-Aktion umgekommen war. Er meldete sich immer.

Für das Dorf, sagte er sich und allen.

Bevor er es ganz nach draußen geschafft hatte, fiel ihm etwas Ungewöhnliches ins Auge.

Beim Passieren des Wohnzimmers fiel ihm auf, dass eine Gestalt auf dem Sofa saß.

Auf der Hut stellte er den Beutel ab und trat ein. Die Silhouette hätte er überall erkannt, doch es beunruhigte ihn sie in seiner Wohnung zu sehen. Das letzte Mal war ihm noch schmerzlich in Erinnerung.

Mit zugeschnürter Kehle ließ er sich in dem dunklen Zimmer neben ihr nieder.

Sie sah genauso vertraut und doch anders aus, wie an ihrem Hochzeitstag. Sie trug eine Bluse und enganliegende Jeans, dezentes Make-up und einen eleganten Pferdeschwanz.

Als ihm klar war, dass sie nicht den Anfang machen würde, fragte er:

“Wie bist du hier hereingekommen?”

“Da war ein alter Zweitschlüssel in der Tasche des Pullovers, den ich mir damals geliehen habe.”

“Und niemals zurückgegeben hast.”

Sie wollte etwas darauf erwidern, doch überlegte es sich doch anders.

“Woher wusstest du, dass ich hier sein würde?”

“Ich habe die letzten drei Monate jeden Abend hier gewartet.”

“Und nicht daran gedacht, den Müll herauszubringen?”

Keiner von beiden lachte.

“Er behandelt mich noch immer gut, vergisst nie einen Valentinstag oder Geburtstag, kommt pünktlich heim, lässt mich wissen, wenn er ausgeht und wie lange, ist nicht egoistisch - weder im Bett noch sonstwo - und riecht nur manchmal nach nassem Hund.” Kein Lächeln auf ihren Lippen, ihr Blick war starr. “Er isst, was ich koche, auch wenn es halb verbrannt ist, und verehrt den Boden unter meinen Füßen.”

“Und?”

“Ich hab gelogen.”

Er fragte sich, ob sie das gerade Gesagte meinte; doch da erläuterte sie es schon: “Nicht über Kiba, sondern über mich selbst.”

Er wartete geduldig.

“Ich hatte nicht gelernt die Wahrheit zu sagen. Oder zu lieben. Oder zu vergeben. Ich war nur weitaus besser im Lügen geworden.”

Endlich lächelte sie. Es war klein und bitter.

“Ich hab es wirklich versucht. Drei Jahre lang.”

Sie war einunddreißig. Hatte einen liebenden Ehemann, doch weder Kinder noch ein Berufsleben.

“Und jetzt?”

“Mir wurde vor zwei Wochen eine Mitgliedschaft bei den Anbu angeboten.” Sie schluckte.

“Kiba war dagegen. Ich werde trotzdem annehmen.”

Neji wusste nicht was er sagen wollte. Er wollte nicht, dass sie denselben Fehler wie er machte.

“Bist du si-”

“Ich bin sehr sicher. Wenn ich noch einen weiteren Tag Make-up tragen muss oder Designerjeans, die von meinem Mann bezahlt wurden, schwöre ich, erhänge ich mich.”

Das klang ernst. Neji hielt den Mund.

Schließlich stand Tenten auf und er rechnete bereits damit, dass sie das Zimmer verlassen würde. Was ihn allerdings unvorbereitet traf war, dass sie den Müllbeutel aufnahm und nur nach draußen ging, um ihn zu entsorgen. Daraufhin kam sie nämlich zu ihm zurück und ließ sich neben ihn plumpsen.

“Kann ich bitte ein paar Tage hier bleiben?” Es klang als hätte sie jede Menge Mut zusammenraffen müssen, um diese Frage zu stellen.

“Natürlich.” Etwas anderes konnte er gar nicht sagen. “Den Schlüssel hast du ja schon.”

Trotz der Tatsache, dass sein Leben gerade eine sehr chaotische Wendung genommen hatte, fühlte er sich ruhig. Er überlegte einfach den Fernseher einzuschalten.

“Hast du was dagegen, wenn ich die Nachrichten einschalte?”

Kopfschütteln ihrerseits. Während er nach der Fernbedienung griff, saß sie nur unbewegt auf ihrem Platz, doch als der Nachrichtensprecher fünf Minuten lang gesprochen hatte, begann sie ihre Schuhe auszuziehen und sich halbwegs gemütlich zu positionieren.

“Nur damit das klar ist: Ich habe mich nicht für dich, sondern lediglich gegen Kiba entschieden.” Ihre Stimme klang härter als sie es meinte.

“Glasklar.”

Sie erahnte ein Schmunzeln.

“Selbstbewusster Bastard”, schalt sie ihn, doch sie klang schon nicht mehr so ernst wie noch zuvor.

Sie spürte regelrecht wie seine Mundwinkel noch einmal zuckten.

“Ich hab doch noch nicht mal mit dir geschlafen!”, empörte sie sich. “Als ob ich mich Hals über Kopf von einer Beziehung in die nächste stürze ohne die Grundkonditionen abgecheckt zu haben!” Es tat gut ein wenig herumzualbern. “Vielleicht bist du ja öde oder schlecht… du Jungfrau!”

Er warf ihr scherzhaft ein Kissen zu ohne jemals den Blick vom Fernseher zu nehmen oder seine Intention mit den Gesichtszügen zu betrügen. Zielsicher wie immer.

“He!” Sie deutete ebenfalls einen Wurf an, ließ aber dann doch Gnade walten und schenkte ihre ganze Aufmerksamkeit wieder der Flimmerkiste.

“Magst du Kiba noch?”, fragte er da unvermittelt. Sie nickte.

“Und mich?”

“Dich hasse ich”, erwiderte sie wie selbstverständlich. Er erinnerte sich daran wie sie das letzte Mal über Hass geredet hatten. Es war ganz sicher nicht die gewöhnliche Art von Hass: Es war manchmal fast schon unangenehm, kompliziert und sehr intensiv. Nur Mögen hingegen war simpel, oberflächlich und weniger stark.

“Ich dich auch.” Es war beinahe ein Flüstern.

Den Nachrichten folgte eine Reportage über Karrierefrauen und wie sie Familie und Beruf unter einen Hut brachten.

“Was meinst du eigentlich dazu?”

“Hm?”

“Sollte eine Frau zu Hause bleiben und die Kinder hüten oder auch eine Karriere haben?”

Er zuckte mit den Schultern und fasste seine Ansicht über Geschlechterrollen kompakt zusammen: “Muss sie doch wissen, nicht ich.”

Tenten konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Typisch Neji.

“Ich habe bereits eine sehr erfolgreiche Karriere hinter mir. Sollte jemand mal so verrückt sein, Kinder von mir zu wollen, würd ich die meinethalber sogar hüten. Ich höre, das ist eine Herausforderung.” Nachdenklich fügte er hinzu als wäre ihm der Umstand just bewusst geworden: “Ich mag Herausforderungen.”

Tenten lachte lauthals.

“Und du bist immer noch der verrückteste Mann, den ich kenne!”



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  DoD
2018-03-03T18:14:46+00:00 03.03.2018 19:14
Brilliant! Ich hätte noch zwei drei Kapitel mehr lesen können. Schätze es wird immer eines meiner Lieblingspairings bleiben, auch Fandomübergreifend.
Die Darstellung der beiden ist toll und ich mag Tentens sehr emanzipiertes Verhalten - ein Grund warum ich die beiden sowieso mag, im Gegensatz zu den anderen weiblichen Protagonistinen ist Tenten einfach kein riesiges Fangirl. Ich schätze den Respekt zwischen den beiden, den du zwischen den Zeilen wunderbar rübergebracht hast.

GG, DoD
Von:  Aliesa
2015-02-10T22:39:31+00:00 10.02.2015 23:39
toll wie sie sich ihre liebe durch hass gestehen!

aber das kappi ist das traurigste... *schnief* warum kann er sie nicht einfach aufhalten??

cu
Von:  Aliesa
2015-02-05T13:12:48+00:00 05.02.2015 14:12
klasse dialoge! ist mit denen wie ballspielen, immer abwechselnd werfen die sich iwas an den kopf xD
aber man merkt trotz dem das sie sich eig vermisst haben
und pizza im hochzeitskleid - deine ten ten ist son kerl ^^
aber über den kuss (eig die küsse) freu ich mich sehr, schön romantisch! *kawaii*

:*

ps: meine lieblingststelle übrigens: "bist du eig immer noch jungfrau?" xD
Von:  Aliesa
2015-02-05T13:01:40+00:00 05.02.2015 14:01
was ein anfang! wenn das an meinem großen tag gewesen wär wär ich ja nicht mit dem essen gegangen aber bei denen ist das ja was anderes^^
bin schon ganz gespannt ob die sich am ende kriegen!
und hinata stimme ich schonmal nicht zu... die soll den ruhig dumpen xD

:*
Von:  Kyrana
2015-01-15T18:44:42+00:00 15.01.2015 19:44
Das war´s?:D Mir fehlt da was... Geht's noch weiter?;)
Antwort von:  Kyrana
15.01.2015 19:45
haha ok, ich hab noch mal nachgeschaut, dachte es ist ein OS, aber zum glück ja nicht;) Ich freu mich auf mehr!^^


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