Zum Inhalt der Seite

Fang mich doch!

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey und hallo zu meinem zweiten Fanfic überhaupt (hurra!)!

Ursprünglich hatte ich diese Geschichte auf Englisch für AO3 verfasst ("Catch me sweetheart"), aber ich dachte mir ich könnt's ja eigentlich auch nochmal in meiner Muttersprache versuchen ^^
Ich habe Eren kurzerhand mal zur Frau gemacht (ooops) und Levi kommt wohl auch etwas weniger grummlig rüber als im Canon-Universum, aber ich habe mich trotzdem bemüht die beiden so gut wie möglich in-character zu belassen. Macht euch also gefasst auf eine wütende und ehrgeizige Eren und badass-Levi.
Wenn euch die Story gefallen hat, würde ich mich über Feedback freuen, auch konstruktive Kritik ist erwünscht! (Bedenkt aber bitte, dass ich noch ein kompletter noob in Sachen Schreiben bin ^^) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
uwu
In letzter Zeit rede und schreibe ich fast nur noch Englisch, und darüber scheine ich ganz zu vergessen wie die deutsche Sprache funktioniert x.x ... Haha egal. Hoffe ihr könnt trotzdem etwas anfangen damit. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Es hat Ewigkeiten gedauert, aber hier ist es nun, die Übersetzung des nächsten Kapitels ^^
Trigger-Warnung für versuchte Vergewaltigung am Ende des Textes, wer sich dabei also unwohl fühlt, sollte den letzten Teil vielleicht überspringen.
Ansonsten viel Spaß beim Lesen ^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Haha, liest das hier überhaupt noch jemand? Egal, mir macht's Spaß ^^

Ich habe übrigens Levis Kosenamen für Eren von "Schätzchen" auf "Süße" geändert, hörte sich irgendwie logischer an. Aber keine Sorge, irgendwann wird er schon noch lernen, sie mit ihrem Namen anzusprechen...

Egal jetzt, wünsche euch viel Spaß beim Lesen und vor allem ein angenehmes neues Jahr! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Huch, das Update sollte eigentlich schon viel eher kommen, aber naja... hier ein Konzert, da ne Buchmesse, wie das halt so ist, und schwupps sind die Semesterferien vorbei ^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Und wie immer war ich eine Schnecke im Updaten, tut mir Leid. Mein Hauptfokus liegt auf der englischen Story, die ist schon viel weiter fortgeschritten (Kapitel 13...), diese Übersetzung hier mache ich immer nur als Lockerungsübung zwischendurch ^^

Aber vielen Dank für eure bisherigen Kommentare, sie haben mich dann doch dazu gebracht, mich endlich auf meinen Hintern zu setzen und hier upzudaten!

Im wahren Leben bin ich überhaupt kein Fan von Eifersucht, aber aus irgendeinem Grund genieße ich es total, Fanfiction darüber zu schreiben ^^ Kleine Warnung am Rande: leiche Eren/Thomas Tendenzen in diesem Kapitel, aber dafür werdet ihr natürlich am Ende mit etwas riren-action belohnt :D Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Fabrik

Hastig versuchte Eren wieder zu Atem zu kommen, als sie anhielt um ihre Umgebung in Augenschein zu nehmen.
 

Inmitten des Gartens einer ungemein protzigen und übergroßen Villa zu stehen entsprach nicht gerade ihrer Auffassung von Spaß. Der marmorne Boden der Terasse und die Reihen unzähliger Zitronenbäume hätten zu jeder anderen Zeit sicher eine angenehme und entspannte Atmosphäre geschaffen, aber im Moment war der exklusive Marmorboden zu Erens Entsetzen mit Blut getränkt. Ihre Haut kribbelte vor Erregung, als sie langsam weiterging.
 

Die einstmals klare und frische Luft war angefüllt mit lauten Schreien und wiederholten Schussgeräuschen aus dem Haus. Trotz des Horrors, der um sie tobte, konnte Eren keine Zeit finden um ihren Kollegen zu helfen.

Ihre Hauptaufgabe war es, Levi zu finden, das legendäre Oberhaupt der ansässigen Mafia „Flügel der Freiheit“, und dessen armseligen kriminellen Hintern dort hinzuwerfen, wo er hingehörte - hinter Gittern.
 

Eren war eine 25-jährige Agentin des Aufklärungskommandos der Polizeistation. Trotz ihrer jung und unschuldig anmutenden Fassade hatte sie es geschafft, hart zu arbeiten und damit die jüngste Teamleiterin ihrer Organisation zu werden. Es hatte lange quälende Stunden am Schreibtisch verlangt, rigoroses Kampftraining und Waffenübungen, sowie eine Reihe nervenaufreibender Examen, aber sie hatte es geschafft.
 

Es ist wohl unnötig zu erwähnen, dass sie auf diese Errungenschaft verdammt stolz war.
 

Eren hatte eine lange Liste an Erfolgsbilanzen vorzuweisen. Mithilfe von Leidenschaft und Ehrgeiz hat sie verschiedene große Tiere der kriminellen Szene einfangen können, die die Sicherheit der Einwohner ihrer Insel sowie den Ruf ihrer Behörde gefährdet hatten.

Trotzdem, einen der geheiminsvollsten und gefährlichsten Mafiabosse in der Geschichte ihrer Insel zu fangen, würde sich als eine Herausforderung erweisen.
 

Wie auch immer. Ihr Name würde nicht Eren Yeager lauten, wenn sie nicht in der Lage wäre diesen Kampf für sich zu entscheiden.
 

Sie strich sich eine Strähne unbändigen braunen Haares aus dem Gesicht und verstärkte den Griff um ihre Pistole. Ihre Untergebenen verrichteten einen verdammt guten Job, die Kriminellen im Gebäude in Schach zu halten. Ihrer harten Arbeit war es zu verdanken, dass Eren genug Zeit hatte durch die Villa zu schleichen und den berüchtigen Levi persönlich zu suchen.
 

Der Rest des Geländes ist umzingelt von anderen Polizeieinheiten, es wird also fast unmöglich für ihn sein, zu entkommen.“ dachte Eren sich mit einem kleinen, siegesgewissen Lächeln. „Ich hab dich, Levi.“

Alles lief wie geschmiert, ganz nach Plan. Sie fühlte sich verdammt stolz in diesem Moment.
 

Nachdem sie schon das gesamte Erdgeschoss abgesucht und nichts außer luxuriösen Einrichtungsgegenständen gefunden hatte, war sie zwar enttäuscht, aber nicht entmutigt. Sie entschied sich dafür, nun den ersten Stock zu erkunden. Langsam und vorsichtig schlich sie sich die Treppe hoch, erleichtert dass der grüne Teppich auf den Stufen die Geräusche ihrer Schritte abdämpfte. Schleichen war nicht gerade eine ihrer Stärken, da sie eher dazu neigte, laut zu sein und herumzustampfen.
 

Das erste Zimmer, welches Eren betrat, schien eine Art Büro zu sein. In der Mitte des Raumes stand ein großer Schreibtisch aus dunklem Holz, zwei schwere Sessel aus rotem Leder waren davor platziert. In der Ecke stand ein exklusives kleines Sofa neben einem geradezu monströsen Bücherregal. Als sie sah dass sich keine Menschenseele im Zimmer aufhielt, durchflutete die Agentin ein Gefühl der Enttäuschung. Sie war schon wieder halb aus der Tür heraus, als ihr etwas Merkwürdiges auffiel.
 

Der Raum schien viel kleiner zu sein als er eigentlich sollte, wenn man den Abstand der Tür zum nächsten Zimmer betrachtete.
 

Also ging Eren hinüber zum Bücherregal und bemühte sich, die Monstrosität beseite zu schieben. Ihre grenzenlose Entschlossenheit und ihre überdurchschnittliche Stärke halfen dabei, das Regal innerhalb weniger Sekunden zu bewegen. Sie stemmte ihr ganzes Gewicht dagegen, und zu ihrer Überraschung und Freude teilte sich die Wand dahinter plötzlich und gab den Eingang zu einer geheimen Kammer frei.
 

Das kleine Zimmer war nur spärlich möbliert, ein paar Bilder lehnten lose an der pastelfarbenen Wand, Papiere waren achtlos über den Boden verstreut. In der Ecke konnte Eren den undeutlichen Schatten eines relativ kurz geratenen Mannes ausmachen, der mit dem Rücken zu ihr stand.
 

Endlich. Hier war er also.
 

Eren würde die erste Person des Aufklärungskommandos überhaupt sein, die Levi in natura traf und verdammt noch mal, sie würde ihn schnappen - hier und jetzt.
 

„Hände hoch, Levi, Sie sind verhaftet!“ rief sie, als sie ihren scharfen Blick und die Pistole in ihrer Hand auf das Ziel richtete.

Der Man drehte sich herum, langsam, als ob er alle Zeit der Welt hätte. Als ob die Tatsache, dass eine Waffe auf ihn gerichtet war, ihn nicht im Geringsten stören würde. Er trug einen modernen schwarzen Anzug, der seine porzelanfarbene Haut betonte. Auch das rabenschwarze Haar, welches in einem Undercut getrimmt war, stand ihm ausgesprochen gut. Auch wenn er irgendwie klein war, schien er unter seinen Klamotten eine unglaubliche Statur zu verbergen.
 

Eren hatte von dem Gerücht gehört, dass er jeden Tag Kampfsport trainieren würde. Sie würde ihm nur ungern zu nahe kommen, auch wenn sie selbst die Position der besten Nahkämpferin des ganzen Kommandos innehatte. Sie würde ganz bestimmt nicht den Anfängerfehler machen, ihren Feind zu unterschätzen.
 

„Ach, nun schicken sie also schon kleine Mädchen um mich zu fangen? Das beledigt mich ja fast schon.“ sinnierte er, ein stoischer Ausdruck auf seinem verschlossenen Gesicht. „Denken die echt, dass ich gegen so eine unerfahrene Göre verlieren würde... Was für ein Schwachsinn.“
 

Seine Augen waren kalt und von einem dunklem Grau. Die Art, mit der er auf Eren herabblickte, ging ihr einfach nur auf die Nerven. Sie hasste arrogante Menschen, und Levi schien das Paradebeispiel der Arroganz zu sein, soweit sie das beurteilen konnte.
 

Ruhig bleiben.“ leitete sie sich innerlich selbst an. „Er will dich nur provozieren. Gib ihm nicht das was er will.“

„Tja, sieht so aus als hätte diese unerfahrene Göre es geschafft, dich bis zu diesem Punkt hier zu jagen. Was sagt das über dich aus, Levi?“ parierte sie mit hartem Blick.

Wenn er versuchen würde, Eren mit Provokationen aus der Reserve zu locken, dann würde sie zum Teufel nochmal das gleiche mit ihm tun.
 

Sie wunderte sich gar nicht erst über seine teilnahmslose Miene; darauf war sie vorbereitet gewesen. Die schlimmsten Gerüchte über seinen kalten und unbarmherzigen Charakter waren ihr erzählt worden, aber sie würde sich nicht von unbestätigtem Geschwätz einschüchtern lassen. Als sie ihn ansah erinnerte Eren sich an ihr Ziel, Levi zu zeigen dass er mit all seinen Straftaten nicht einfach so davonkommen würde, denn sie würde ihn hier besiegen - ein für alle mal.
 

Levi verengte seine Augen als er langsam näher schlenderte. Die Agentin schalt sich innerlich selbst dafür, dass sie sich nervös fühlte, als der Mafiaboss immer näher auf sie zukam. Sie war doch eigentlich dafür trainiert, in bedrohlichen Situationen konzentriert und besonnen zu bleiben. Aber die Art und Weise, wie er seine Hüften in einer fast aufreizenden Bewegung hin und herschwang, war schon irgendwie ablenkend.

Eren schluckte und legte ihren Finger auf den Abzug.
 

„Stehenbleiben oder ich schieße.“ sagte sie so ruhig wie möglich.
 

Levi grinste höhnisch, als er näher kam. „Tut mir leid dich enttäuschen zu müssen, Süße. Aber ich werde mich nicht deinen amüsanten kleinen Anweisungen beugen.“
 

Eren knirschte mit den Zähnen und starrte den Mafiaboss hart und durchdringend an, während sie versuchte einen kühlen Kopf zu bewahren. Ihr Fehler war es, sich in diesen kalten grauen Augen zu verlieren. Sie waren irgendwie fesselnd, gebieterisch, eiskalt, und Eren konnte ihren Blick einfach nicht abwenden, als Levi langsam näher und näher kam und -
 

Plötzlich, innerhalb eines Augenblickes, bewegte er sich nach vorn um ihr Handgelenk zu umklammern. Seine schnellen Bewegungen hatten sie überrascht; sie hatte sich törichterweise ablenken lassen, bis zu dem Punkt an dem sie ihn hatte zu nahe kommen lassen. Eren wurde sauer, auf sich und auf den Mafiaboss.
 

Also schlug sie zurück.
 

In einem Gegenangriff drehte Eren sich aus seinem Griff heraus und rammte ihm einen Ellbogen in den Bauch. Sofort sprang Levi zurück und Eren zog ihren Arm zurück.

Sie hielt ihre Waffe hoch und wollte gerade den Mund öffnen um ihren Befehl zu wiederholen, als Levi sie angriff und mit einer einzigen Bewegung entwaffnete.
 

Sieht so aus, als wären die Gerüchte wahr.“ dachte Eren trocken, als ihre Pistole scheppernd auf dem Boden landete.
 

Levi bückte sich, fegte ihr rechtes Bein mit einem starken Tritt weg und stieß sie hinunter. Bevor ihr Rücken den Boden berührte, sammelte Eren sich schnell und schlang ihre Arme in einem eisernen Griff um Levi's Taille. Sie zog ihn mit zu sich hinab, und schaffte irgendwie, ihn zu überwältigen. Sie drückte ihn fest auf den gekachelten Boden.
 

Eren sah hinüber zu ihrer Waffe, die viel zu weit entfernt weg lag. Sie entschied sich dagegen, nach der Pistole zu langen, und zog stattdessen das bedrohliche Messer hervor, dass sie unter ihrer Bluse zu verstecken pflegte.
 

„Yeager. Es heißt Special Agent Yeager.“ knurrte sie, als sie die tödliche Waffe mit ihrer scharfen Spitze gegen Levi's Kehle drückte.
 

Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. „Was zur Hölle...?“ stieß er mit heiserer Stimme hervor.
 

„Zwing mich nicht mich zu wiederholen, und ich bin niemandes verdammte Süße, Mistkerl. Vergiss das nicht.“

Sie hasste es einfach, mit diesen albernen Spitznamen betitelt zu werden. Sie war eine erwachsene und erfolgreiche Frau, kein niedliches kleines Spatzenhirn. Als ob sie sich von so einem beschissenen arroganten Kriminellen solch ein respektloses Verhalten gefallen lassen würde.
 

Levi began zu schmunzeln. „Okay, Miss Yeager, ich werde es mir bis zum nächsten Mal merken.“
 

Bevor Eren zurückschnauzen konnte, verdrehte Levi ihren Arm in einem unbarmherzigen Griff; sie war gezwungen das Messer fallenlassen und musste einen Schrei unterdrücken. Sie keuchte, als er Schwung holte und ihren Körper zur Seite warf. Seine Faust, die neben Eren's Kopf in die Boden krachte, ließ die Luft erzittern.
 

Der Mafiaboss war verdammt stark.
 

Levi rollte sich auf Eren und presste seinen schweren Körper auf den ihrigen. Seine Augen verdunkelten sich, und ein kleines anzügliches Grinsen umspielte seine Lippen. Sie unterdrückte einen Schauer und warf ihm stattdessen einen wütenden Blick zu.
 

„Tja, so sehr ich unsere Position auch gerade genieße,“ wisperte er ihr ins Ohr. „Ich fürchte, dass ich nicht länger bleiben kann.“
 

Schlagartig stand er auf und lies von Eren ab, um hinüber zum Fenster zu huschen. Er hüpfte auf die Fensterbank und drehte sich ein letztes Mal zu ihr um.

„Es war mir eine Freude dich kennenzulernen, meine Süße.“ frohlockte er und sprang aus dem Fenster, um in die Weiten der dunklen Nacht zu verschwinden.
 

Eren starrte das leere Fenster an, bevor sie endlich aufstand und ihre Waffen einsammelte. Sie fühlte sich seltsam aufgewühlt und zutiefst beschämt, dass sie ihn hatte entkommen lassen.

„Verdammte Scheiße.“ murmelte sie. „Ich hab' verloren.“
 

---
 

In den nächsten Wochen arbeitete Eren hart, um den guten Ruf des Aufklärungskommandos aufrecht zu erhalten. Die Medien stürzten sich wie wilde Hyänen auf Levis Flucht und den Fehler der Polizeibehörde. Die Pressesprecherin des Aufklärungskommandos musste die Panne der Behörde erklären und hervorheben, dass die Mission trotz allem als erfolgreich betrachtet werden konnte. Erens Team und die der anderen Polizisten hatten einen Haufen hochraniger Krimineller verhaften können, und außerdem waren sie in der Lage gewesen, das Oberhaupt der Mafia in die Enge zu treiben. Es wurde darauf geachtet, dass Fakten wie diese auf jeder Pressekonferenz wiederholt wurden, denn Image war bekanntlich alles.
 

Eren sah sich die Pressekonferenz zuhause auf ihrem Fernseher an, und dachte darüber nach wie sie eines Tages dazu fähig sein würde, Levi zu schnappen und die Gerechtigkeit und Sicherheit auf ihrer geliebten kleinen Insel wiederherstellen zu können.

Aber zuerst muss ich trainieren und mehr Muskeln aufbauen.“ dachte sie bei sich, und ein entschiedenes Glitzern funkelte in ihren Augen.

Es wäre pure Untertreibung zu sagen, dass sie mit ihrer Arbeit nicht zufrieden gewesen wäre. Hätte sie mehr Erfahrung und mehr Training gehabt, hätte die Agentin vermutlich schneller reagieren können. Levi hatte die seltene Fähigkeit, Eren nervös zu machen, und es war gerade diese Eigenschaft, die ihren Hass auf das Mafiaoberhaupt noch steigerte.
 

Die immer größer werdenen Stapel von Papieren, Fallbereichten und Ordnern zollten allmählich ihren Tribut. Mit einem resignierten Seufzen musste Eren sich eingestehen, dass sie einen Assistenten würde anheuern müssen, um dieses Arbeitspensum bewältigen zu können. Sie mochte den Gedanken nicht, ein neues Mitglied ins Team zu schleusen, da sie mit ihrer aktuellen Aufstellung, bestehend aus ihren alten Weggefährten Sasha, Connie, Reiner und Jean, an sich schon genügend Scherereien hatte. Sie hatten sich alle an der Polizeiakademie kennengelernt und seitdem immer aufeinander rumgehangen.

Einer von ihnen, Jean, ließ Eren immer wieder an ihrem Verstand zweifeln, denn warum zur Hölle war sie eigentlich mit so einem Menschen befreundet? Es half nicht gerade dass Jean ein ziemliches Problem damit hatte, dass Eren jetzt seine Vorgesetzte war, und er lies keine Gelegenheit aus, sie das spüren zu lassen. Ihr Geduldsfaden war einfach zu kurz als dass sie seine Versuche, sie zu ärgern, ignorieren könnte. Also endeten sie meist damit, sich über bedeutungslose Sinnlosigkeiten zu streiten.
 

Im Nachhinein war Eren dann doch ziemlich froh, dass die Personalabteilung ihr Mikasa Ackerman als neue Assistetin geschickt hatte. Mikasa war eine intelligente und disziplinierte junge Frau mit glatten schwarzen Haaren. Zuerst schien sie etwas reserviert zu sein, aber sie hatte sich schnell geöffnet nachdem sie bemerkt hatte, dass Eren eine freundliche Persönlichkeit besaß und ihre Untergebenen sehr achtete. Sie kannten sich nun gerade einmal seit 5 Wochen, aber es fühlte sich an als seien sie vielmehr alte Freunde statt Chefin und Angestellte.
 

Eren seufzte laut als sie den neuinstallierten Aufzug der Behörde betrat. Gestern war ein harter Tag gewesen, sie hatte in einer nervigen, sensationslüsternen Nachrichtensendung auftreten und die neuesten Entwicklungen zum Fall erklären müssen. Natürlich nur die Neuigkeiten, die auch für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen waren. Eren hasste es einfach, ihre Zeit mit diesen oberflächlichen Dingen zu verschwenden. Sie verabscheute es, zu lächeln und nett auszusehen während sie dumme Fragen von noch dummeren Menschen beantworten musste. Aber ihr Chef Erwin verlangte von ihr, die Behörde gegenüber der Zivilbevölkerung zu repräsentieren.

„Was könnte besser für uns sein als eine starke, gebildete und junge Frau? Die jungen Leute werden sich endlich mit den Zielen unserer Organisation identifizieren können, und wir werden mehr Unterstützung aus der Bevölkerung erhalten.“ pflegte er zu sagen, wann immer sich Eren über den neuen und nervigen Teil ihres Jobs beschwerte.
 

„Ereeen!“ Eine aufgeregte Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

„Du warst so großartig letzte Nacht mit deiner klaren Ansage! Die Art wie du diesen ignoranten Idioten von Moderator zum Schweigen gebracht hast, war unglaublich!“
 

Eine Frau mit einem verwuschelten braunen Pferdeschwanz rannte auf Eren zu und begrub sie in einer Umarmung, die der Agentin jegliche Luft nahm.
 

„Danke, Hange.“ Eren sandte der verrückten forensischen Wissenschaftlerin ein müdes Lächeln.
 

„Was war denn daran so großartig? Sie hat doch bloss ihren Job gemacht.“ meckerte eine Stimme hinter den beiden Frauen.
 

Eren stöhnte auf und ordnete die Papiere in ihren Armen neu an. „Pferdegesicht, es ist verdammt noch mal zu früh für dich, hier wie ein Arschloch rumzuwiehern!“
 

„Du bist eine kleine Rotzgöre, Yeager!“ stachelte Jean weiter.
 

Hange lachte. „Ach, Jean... immer noch neidisch, dass du den Job damals nicht bekommen hast?“
 

Sie bekam nur ein abfälliges Schnauben als Antwort.

Hange zuckte mit den Schultern und grinste Eren an. „Wirklich, Eren, deine Rede, niemals aufzugeben war super. Und als der Typ gesagt hat, wir hätten nie eine Cahnce die Kriminalität zu stoppen und du nur meintest 'Naja, wenn wir nicht kämpfen, können wir auch nicht gewinnen' - aah, das hat mir eine Gänsehaut verschafft!“
 

Hange zersauste begeistert Erens glänzend braunes, schulterlanges Haar, und die lange harte Arbeit, die die Agentin vor dem Spiegel zugebracht hatte um ihre Mähne zu bändigen, war zerstört.

Eren hätte wissen müssen, dass es sowieso nutzlos war Mühe in ihre Frisur zu stecken. Selbst wenn keine verrückte Wissenschaftlerin sie jeden Morgen anspringen würde, ihre Haare würden nie glatt und ordentlich aussehen. Sie würden immer in wirren Locken von ihrem Kopf abstehen.
 

„Uargh, danke, aber könntest du das jetzt bitte lassen.“ schnaubte Eren ärgerlich, als sie mit ihren beiden Freunden den Büroraum betrat, indem die Schreibtische ihres Teams standen, am Kopf des Raumes Eren's persönliches Prunkstück, ein schwerer kastanienbrauner Tisch aus den 20er Jahren.
 

Hange kicherte als sie den beiden in den riesigen Raum folgte. Der Duft von frischgekochtem Kaffee erfüllte den Raum, und Eren seuzte erleichtert auf. Endlich hatte sie wieder Zeit und Muse, sich auf den Fall zu konzentrieren, ohne sich ständig Gedanken machen zu müssen wie sie am diplomatischsten mit den Reportern umgehen müsste, oder wie sie am besten auf dem Fernsehbildschirm rüberkam . Als sie ihren Schreibtisch erreichte, stand Mikasa schon daneben, in ihrer Hand eine große und teuer aussehende Kamera.
 

„Guten Morgen, Eren.“ sagte sie mit ihrer sanften geschmeidigen Stimme.
 

Die Brünette antwortete mit einem Lächeln. „'Morgen, Mikasa. Du bist aber zeitig da.“
 

Als sie ihre Papiere ablegen wollte, bemerkte sie einen Strauß bunter, exotisch duftender Blumen, der reizvoll auf ihrem Schreibtisch arrangiert worden war. Das Bouquet erstrahlte unter dem flackernden Licht der elektrischen Glühbirne, und Eren war fasziniert von den leuchtenden Farben.
 

„...Was ist das denn?“ fragte sie verwirrt.
 

Mikasa zuckte leicht mit den Schultern und begann, die Papiere zu kleinen Stapeln zu ordnen. „Ein Lieferjunge hat die gerade eben vorbeigebracht.“ antwortete sie wahrheitsgemäß.
 

Die Teamchefin trat einen Schritt nach vorn, um an dem verdächtigen Strauß zu riechen. Sie verstand nicht besonders viel von der Gefühlsduselei um Blumen, aber die Pflanzen rochen gut und sahen nett aus, also hatte sie nichts dagegen.
 

Blieb nur eine Frage: Wer würde ihr so etwas schicken?
 

Hanges starke knochige Hände schlossen sich um Erens Schultern und veranlassten sie dazu, zusammenzuzucken.

„Vielleicht wollte dir jemand zu deiner hervorragenden Arbeit gestern gratulieren.“ grinste die forensische Wissenschaftlerin. „Oder du hast vielleicht einen heimlichen Verehrer, Eren.“
 

Die Agentin rollte mit den Augen und bemerkte, wie Jean sich langsam an ihren Schreibtisch heranschlich.
 

„Wie auch immer.“ antwortete sie kindisch.
 

„Los, mach schon, Eren! Lies die Karte, ich bin echt gespannt, wer dir diesen prächtigen Strauß geschickt hat!“ Hange hüpfte geradezu vor Begeisterung.
 

Eren strich sich mit der Hand übers Gesicht bevor sie die beigelegte Karte ergriff. Mit einem finsteren Blick warf sie die Karte Hange zu, als sie sich kurz ihre Lederjacke abstreifte. Noch bevor die Wissenschaftlerin ihr Briefchen heimlich mit ihren schmuddeligen Händen aufreißen konnte, schnappte sich Eren den Umschlag wieder und riss ihn auf. Sie war neugierig auf die Karte, aber als die Agentin die ersten Zeilen gelesen hatte, verdüsterte sich ihr Blick. Der Papierkorb war ihr plötzlich noch nie so verlockend erschienen.
 

Glückwunsch zu deinem Auftritt gestern, Süße. Die Art und Weise wie du den geistigen Dünnschiss dieses Idioten stillgelegt hast, war wirklich bemerkenswert. Ich bewundere deinen Ehrgeiz, mich zu fangen. Die gesamte Pressekonferenz hat mich wirklich zum Lachen gebracht.

Trotzdem, ich muss dich leider enttäuschen, du wirst mich nie wieder fangen können. Aber wenn du mich so unbedingt sehen wolltest, hättest du auch einfach fragen können. Ich bin mir sicher dass wir einen anderen Weg finden werden, uns wiederzutreffen, Miss Yeager.

Pass auf dich auf,

L.
 

Nach einigen Sekunden der Stille und Erens geräuschlosen inneren Brodelns ging Jean vorsichtig auf seine aufgebrachte Chefin zu.
 

„Also...wirst du uns erzählen, wer es nun war, Yeager?“ fragte er neugierig.
 

„Dieser Bastard!“ fauchte Eren, als sie ihre Faust auf den Tisch schlug. „Dieser verfluchte Bastard macht sich lustig über mich!“

Sie knirschte mit den Zähnen während sie den Drang bekämpfte, ihren Tisch aus dem Fenster zu schmeißen. „Warte nur, du elendiger Mistkerl!“
 

Noch während Eren durch ihr Büro wütete, schaltete Mikasa schnell die Kamera an und hielt sie mit einem kleinen Lächeln auf die Agentin. Als Eren zu beschäftigt war, ein gewisses Stück Papier zu zerknüllen und mit Obszönitäten zu beschimpfen, schoss Mikasa schnell ein Bild von ihr. Abprubt und mit einer Schnelligkeit, die die schwarzhaarige Frau zusammenzucken ließ, drehte sich Eren um und beäugte ihre persönliche Assistentin misstrauisch.
 

„Hast du gerade wirklich ein Foto von mir gemacht?“ fragte sie, etwas argwöhnisch ob dieser Aussicht.
 

Mikasa ließ die Kamera sinken und zuckte mit den Schultern. „Das ist unsere neue Ausrüstungskamera, ich musste sichergehen dass sie auch funktioniert. Außerdem mag ich dein wütendes Gesicht, es ist irgendwie unterhaltsam.“
 

Eren schüttelte den Kopf über diese Erklärung und lies das Thema fallen, als Jean zu ihr herüberglitt und ihr die Karte aus der Hand schnappte.

Eren atmete tief ein, um sich zu beruhigen.
 

„Oi, Eren, warum nennt er dich denn Süße?“ Jean sah sieh verwirrt an. „Du bist doch nicht süß. Du bist eher eine wütende Kratzbürste.“
 

Innerlich bis 10 zählend, atmete Eren noch einmal tief ein.

„Wow wirklich, danke, Pferdegesicht.“ knurrte sie und warf ihm einen warnenden Blick zu.
 

„Ernsthaft, warum nennt er dich so?“ Jean grinste höhnisch. „Was denn, verführst du den armen Dummkopf etwa? Eren, ich hätte nie gedacht dass du dir mal so einen gruseligen Freund angelst, ich dachte eher du endest als alte einsame Jungfer.“
 

Eren zog verärgert ihre Augenbrauen zusammen. „Ich weiß es verdammt noch mal nicht, Jean. Lass den Scheiß oder ich sorge dafür, dass du im Stall landest - kein Essen, kein Wasser - bis du dich benimmst.“
 

„Oho, da ist aber jemand empfindlich heute...“
 

Eren stöhnte genervt auf.

„Es regt mich einfach über die Maßen auf. Ich bin nicht seine beschissenene Süße. Der einzige Grund, warum er mich so nennt, ist, weil er ein arroganter Bastard ist der hinter Gittern gehört. Und ich werde diejenige sein, die seinen armseligen Arsch in eine dunkle Zelle schmeißt... ob er will oder nicht.“
 

---
 

Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Tagsüber hetzte Eren von einem Termin zum anderen, und abends nutzte sie ihre Freizeit um Fallberichte zu studieren. Sie würde schon noch einen guten und wirksamen Weg finden, Levi nochmals in die Enge zu treiben.
 

„Eren, du treibst dich viel zu sehr an.“ schimpfte Mikasa milde, als sie Eren eines Tages bei einem heimlichen Nickerchen im Büro erwischte.
 

„Nein, ist schon okay.“ gähnte Eren, während sie sich streckte und eine Miene verzog. „Sonst werde ich diesen kriminellen Bastard nie fangen.“
 

Mikasa schaute sie mit einem unlesbaren Gesichtsausdruck an. „Es macht keinen Sinn wenn du dich überarbeitest. Wenn du vom Schlafmangel zu müde bist, wirst du Fehler machen. Und Fehler können zu gefährlichen Situationen führen.“
 

Eren schaute sich nachdenklich um und seufzte schließlich. „Vielleicht hast du recht. Vielleicht sollte ich mich mehr ausruhen.“
 

Mikasa lächelte wieder. „Hey, wie wäre es wenn ich dich heute Abend zu einem Drink einlade? Wir quatschen einfach und entspannen ein wenig.“
 

Eren antwortete ihr mit einem breiten Lächeln. „Es gibt keinen anderen Weg damit du mich in Ruhe lässt, oder?“
 

Um sieben endete die offizielle Schicht der beiden Frauen, und sie konnten sich endlich in den wohlverdienten Feierabend verabschieden. Sie hatten hart an diesem Tag gearbeitet und Eren musste zugeben, dass sie wirklich eine Ablenkung von Levis Fall brauchte. Ein paar Drinks mit Mikasa würden wirklich eine perfekte Gelegenheit sein, um zu abzuschalten.
 

Die beiden setzten sich gerade in Eren's Auto um einen gemütlichen kleinen Pub in der Stadt anzufahren, als ihr Handy klingelte. Eren kramte es heraus und blickte auf die unbekannte Anrufernummer. Sie sammelte sich kurz und und beantwortete das Klingeln mit seriöser Stimme.
 

„Hier ist Eren Yeager, wie kann ich Ihnen helfen?“ fragte sie.
 

Eine bekannte, kräftige Stimme grüßte sie zurück. „Hey Eren, hier ist Reiner. Ich glaub ich hab da etwas interessantes zum Levi-Fall gefunden. Ich weiß dass du eigentlich schon frei hast für heute, aber könntest du kurz kommen und es dir ansehen? Ich glaube da sind ein paar nachteilige Beweise, die wir in der Anhörung gegen Levi verwenden könnten.“ überzeugte er sie.
 

Mit einem enttäuschten Seufzer schaute Eren auf ihre Uhr. „Naja gut, wenn es nur ein paar Minuten sind. Soll ich nach Verstärkung fragen?“
 

„Nein, das wird nicht notwendig sein. Ich weiß nicht mal genau, ob es wichtig ist. Es ist nur meine persönliche Meinung, die ich dir da rüberwerfe. Komm einfach und schau's dir an.“ sagte er, wobei Eren den flehenden Unterton gar nicht bemerkte.
 

Der Man gab ihr seine Koordinaten durch und sie tippte sie in ihr Navi ein.
 

„Tut mir leid Mikasa, unser Drink wird sich wohl um ein paar Minuten verschieben.“ Eren lächelte entschuldigend. „Ich kann dich ja am Pub rauslassen und später dazukommen, wenn du magst.“
 

Mikasa zuckte nur mit den Schultern. „Wenn du gehst, dann geh ich auch hin.“ erklärte sie mit einem Ton der Endgültigkeit, der Eren überzeugte. Ihr Respekt für die japanische Frau stieg noch einmal mehr.
 

Das GPS leitete die jungen Frauen zu einer alten stillgelegten Fabrik. Die rostigen blechernen Außenwände waren von Pflanzen überwuchtert, und der Beton auf dem Gelände war aufgerissen, als habe ihn ein kleines Erdbeben zerstört. Eren wunderte sich, was zur Hölle Reiner an so einem Ort gefunden haben könnte. Sie trug bereits ihre alltägliche Kleidung, ein weites weißes Shirt, Jeanshosen und schwere schwarze Stiefel. Bevor sie aus dem Auto ausstieg verstaute sie ihre Waffe noch schnell in ihrem Hosenbund. Eren fühlte sich einfach sicherer mit ihrer Pistole griffbereit am Körper. Man konnte schließlich niemals wissen.
 

Mikasa fummelte mit ihrem Handy herum, hielt es ziellos in die Luft und stieg aus dem Auto, das Telefon immer noch hochhaltend. Eren schlüpfte aus dem Fahrzeug und beobachtete ihre Assistentin, wie sie ein lebloses Stück Elektronik beschimpfte.
 

„Verdammt, ich hab hier einfach keinen Empfang.“ meckerte Mikasa gereizt. „Eren, ist es okay wenn ich dich für ein paar Minuten alleine lasse? Ich muss einen wichtigen Anruf erledigen.“
 

„Sicher. Weißt du, ich bin eine erwachsene Frau, Mikasa, ich kann schon auf mich selbst aufpassen.“ gluckste Eren. Tief in ihr drinnen war sie jedoch etwas verstört über Mikasas wachsende mütterliche Fürsorge, die sie ihr gegenüber an den Tag legte.
 

Während Eren nördlich auf das Gebäude zuging, wanderte Mikasa zum Wohle ihres Handyempfangs ans östliche Ende des Geländes.

Als sie an zugeketteten, rostigen Türen ankam, untersuchte Eren ihre Umgebung und fand eine halboffene Tür an der Seite. Vermutlich hatte Reiner sie eingetreten.

Sie wich ein paar Nägeln und Brettern aus und betrat den Eingang. Sie fand sich in einer verlassenen Halle wieder, die aussah als hätte sie in den 50er Jahren als Wartevorzimmer gedient. Sie schlurfte ein paar Minuten lang durch offene Türen und leere Gänge, um Reiner zu suchen, aber Eren traf auf keine Menschenseele. Als etwa 10 Minuten vergangen waren, runzelte sie die Stirn. Wo zur Hölle war Reiner? Eren sah sich nervös um, und ein Gefühl der Furcht durchflutete sie, ein Vorahnung, dass schreckliche Dinge auf sie zukommen würden.
 

Zögernd rief sie Reiners Namen aus, und der Knoten der Angst verstärkte sich in ihrem Magen, als sie nur die verklingenden Echo-Geräusche ihres Rufes wahrnehmen konnte. Als niemand antwortete, wollte Eren vorsichtig ihre Waffe ziehen. Diese angespannte Atmosphäre trieb sie noch auf die Spitze.
 

Es waren nur 5 Sekunden, die sie brauchte um ihre Hände nach der Waffe auszustrecken, und ihr Angreifer hatte sie offensichtlich schon einige Zeit beobachet, denn als Eren ihren Arm drehte um die Pistole zu greifen, wurde er mit hartem Griff zurückgezogen. Sie drehte sich um, doch noch bevor sie etwas sehen konnte wurde sie von einem schweren Gegenstand am Kopf getroffen.
 

Ihre Welt versank in schwarze Dunkelheit.
 

---
 

Die lauten Geräusche, die in ihren Ohren klingelten, verstärkten die stechenden Kopfschmerzen nur.
 

Warum mussten diese Leute so laut sein? Konnten sie sie nicht einfach noch ein wenig länger schlafen lassen?
 

Eren öffnete langsam die Augen und versuchte, sich an das blendende Licht der flackernden Neonröhren zu gewöhnen.

Sie wollte ihre Hände heben um sich die Augen zu reiben, musste aber zu ihrem Entsetzen feststellen, dass diese mit einem dicken Seil auf ihren Rücken gefesselt waren.

Sie lag auf einem kalten, harten Fußboden.
 

Eren versuchte den Kopf zu drehen, nur um vor Schmerz aufzustöhnen.

„Na super, jetzt hast du sie aufgeweckt!“ fauchte eine tiefe Stimme.
 

„Ist ja wohl nicht meine Schuld, ich habe gleich gesagt dass wir sie töten sollten!“ hielt eine zweite Stimme entgegen.
 

Endlich war Eren in der Lage, ihre Umgebung eingehender zu betrachten. Ein großer Mann mit dunklen Haaren starrte auf sie herab, in seinen Augen blitzte ein kalter, berechnender Schimmer auf. Neben ihm stand ein großer blonder Typ, der Eren erschreckend bekannt vorkam.
 

„Reiner!“ keuchte sie verwirrt.
 

Was ging denn hier vor sich? Warum lag sie gefesselt auf dem schmutzigen Boden, warum half Reiner ihr nicht?
 

„Eren,“ sagte der blonde Mann. „Es... es tut mir leid.“
 

„Was soll das heißen, es tut dir leid?“ Eren wurde langsam wütend. „Warum bindest du mich nicht los? Was soll das hier alles bedeuten?“
 

„Halt's Maul, Yeager!“ befahl der größere Mann. „Du solltest dankbar sein, dass du noch lebst. Wenn du genau das machst was wir dir sagen, überlebst du die nächsten Stunden vielleicht noch!“
 

Bei diesen Worten riss Eren ihre Augen auf, sie versuchte all ihre Gedanken zu sammeln und nicht auszuflippen. Sie warf dem dunkelhaarigen Mann einen schnellen Blick zu, um abzuschätzen ob es eine Möglichkeit gab, ihm in den Arsch zu treten. Plötzlich entdeckte sie ein verstörendes rotes Band an seiner Kleidung. Das Symbol auf diesem Stück Stoff stand für eine berüchtigte, brutale Straßengang, die Eren nur zu gut kannte.
 

Sie sah hinüber zu Reiner und entdeckte das gleiche Band.
 

„Ihr...ihr seid Mitglieder der Titanen?“ fragte sie heiser.
 

Obwohl die Titanen sehr bekannt waren, war die Gruppe auch ziemlich klein mit ihrer nur etwa 100 Man zählenden Anhängerschaft. Trotzdem, die Gang war extrem gewalttätig und berüchtigt für ihre ungewöhnlichen und gnadenlosen Methoden um das zu bekommen, was sie wollten. Der Ursprung der Bande lag im südlichen Bezirk der Stadt. Einst waren sie sehr machtvoll gewesen, aber seit die Flügel der Freiheit, die hundertmal einflussreicher und gefürchteter waren als die Titanen es je sein würden, ihre Hände im Spiel hatten, hatte die kleine Straßengang viel an Bedeutung und Ruf verloren.
 

„Gut erkannt.“ schnaubte der große Mann verächtlich. „Wir haben dich gefangen genommen um das Aufklärungskommando dazu zu bringen uns unser...“
 

„Verdammt hör auf, Berthold, das braucht sie doch nicht zu wissen!“ unterbrach Reiner ihn.
 

„Halt die Klappe, und nenn mich doch nicht bei meinem echten Namen!“ fauchte Berthold zurück.
 

Eren verlor langsam aber sicher die Geduld. „Reiner, verdammte Scheiße!“ rief sie wütend, als sie versuchte sich aufzurichten. „Du hast mich betrogen! Du hast die ganze Behörde betrogen!“
 

Reiner zuckte zusammen. „Also, was das angeht, ich-“
 

Der blonde Mann wurde unterbruchen, als die Tür des Raumes mit Wucht aus den Angeln getreten wurde. Eren starrte fassunglsos auf den Eingang, und verlor jeglichen Glauben als sie eine muskulöse und tödlich dreinschauende Frau im Türrahmen erkennen konnte.
 

„Mikasa? Was zur Hölle ist hier los?“ knurrte sie wutentbrannt.
 

Mikasa richtete zwei Pistolen auf Reiner und Berthold, als sie in den Raum gestapft kam.

Ihre Lippen waren zu einer einzigen dünnen Linie zusammengepresst, und sie kniff ihre Augen ärgerlich zusammen als sie Eren gefesselt auf dem dreckigen Boden erblickte.
 

„Okay, Blondie. Du bindest Eren jetzt auf der Stelle los, und keine dummen Mätzchen. Eine falsche Bewegung und ich jag dir 'ne Kugel durch den Kopf.“ kommandierte sie schroff.
 

„Das glaube ich aber kaum.“ Eine andere weibliche Stimme erschien hinter Mikasa.
 

Eine blonde Fraue mit eiskalten blauen Augen und gelangweilter Miene stand hinter der schwarzhaarigen Frau und drückte ihr grob eine Waffe in den Rücken.
 

„Annie...du...“ Mikasa spuckte vor Wut aus als sie sich langsam umdrehte und langsam die Hände hochnahm. Ihre Pistole schepperte laut, als sie auf den rauen Boden fiel.
 

Ein kleines Lächeln verzog den Mund von Annie, bevor sie es schnell wieder niederkämpfen konnte. „Schön, dich wiederzusehen, Mikasa. Nun sei ein braves Mädchen und setz dich neben Eren.“
 

Während Berthold Mikasa's Waffe vom Boden aufhob, drückte Annie die Frau barsch auf den Fußboden. Reiner beobachtete die Szenarie von der Seite her, bis er auf Mikasa zuging und ihre Hände hinter dem Rücken fesselte, genau wie er es bei Eren zuvor getan hatte. Er vermied den Blick seiner ehemaligen Chefin, und konzentrierte sich stattdessen auf seine Aufgabe.
 

Als er fertig damit war, die wütende Mikasa zu fesseln, kam sein größerer Kompangon herüber und schleifte ihn unbarmherzig aus dem Raum heraus.

Da sie keine Geräusche vom Flur her hören konnte, vermutete Eren dass die beiden sich in einen anderen Raum zurückgezogen hatten um mehr Privatsphäre zu haben. Blieben also nur noch sie selbst, Mikasa und die Frau namens Annie zurück.

Die Blondine starrte sie mit einem derart intensiven Blick an, dass Eren sich umdrehte und ihre Assistentin anschauen musste.
 

„Mikasa...“ sagte Eren leise. „Du bist keine echte Sekräterin, oder irre ich mich?“
 

Die schwarzhaarige Frau schaute sie mit traurigen Augen an. „Nein, das bin ich nicht.“
 

„Aber...was bitte bist du dann?“ fragte Eren, zunehmend gereizter. Irgendjemand sollte anfangen, ihr die Sachlage zu erklären. Und zwar sofort.
 

„Oh, du kleines naives Ding, hat Mikasa dir etwa nicht erzählt dass sie Levi's rechte Hand ist? Du kennst doch das Oberhaupt der Flügel der Freiheit, oder?“ sprach Annie langsam und gedehnt.

„Oopsie...hab ich da etwa ein Geheimnis verraten?“ grinste sie höhnisch, als sie einen bedrohlichen Blick von Mikasa zugeworfen bekam.
 

Eren blendete automatisch Annies Worte aus. Sie konnte einfach nichts mehr darüber hören, dass die Leute, mit denen sie am engsten zusammengearbeitet hatte, sie in Wirklichkeit nur betrogen hatten. Die bloße Tatsache, dass Mikasa nichts unternommen hatte um Annies Anschuldigungen von sich zu weisen, lies Eren das Herz zusammenziehen. Sie war angelogen worden. Sie war getäuscht worden von Menschen, die vorgaben ihre Freunde zu sein.
 

Es tat weh. Sehr sogar.
 

„Mikasa...ist das wahr?“ Eren wusste die Antwort bereits, aber es half nichts gegen den Knoten in ihrer Brust, der sich immer enger zusammenzog.
 

„Eren, du verstehst das nicht.“ sagte Mikasa. Ihre Stimme klang traurig und verzweifelt.
 

„Ja, da hast du verdammt noch mal recht, ich versteh's nicht!“ brauste Eren auf. „Dann klär mich doch mal auf, warum ist hier plötzlich jeder ein beschissener Verräter?“
 

„So ist das nicht. Ich bin kein Spion oder so ... naja nicht ganz, glaube ich.“ antwortete Mikasa hastig. „Zu Anfang hatte Levi mich zum Aufklärungskommando geschickt, damit ich Informationen über deine Ermittlungen sammeln konnte.“ Eren konnte nicht anders, als die Zähne zu fletschen, aber Mikasa ließ sich von ihrer Erklärung nicht abbringen.

„Jedenfalls hörten wir eines Tages, dass die Titanen einen Plan ausgeheckt hatten um dich zu entführen, also wurde ich in dein Team versetzt um ein Auge auf dich behalten zu können. Mir wurde die Verantwortung übertragen, dich zu beschützen. Ich glaube, ich habe versagt, Eren. Es tut mir wirklich wahnsinnig Leid.“
 

Eren starrte sie verdutzt an. Das machte alles keinen Sinn. So wirklich überhaupt keinen Sinn.
 

„Bitte...bitte was?“
 

Mikasa schaute Eren in die Augen. „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verraten. Ich habe angefangen, dich zu mögen, ernsthaft! Es fühlt sich irgendwie so an, als seist du meine kleine Schwester.“
 

Eren öffnete den Mund um etwas zu erwidern, schloss ihn aber wieder, denn sie wusste wirklich nicht was sie darauf antworten sollte. Ein Teil von ihr war einfach nur erleichtert, dass Mikasa doch nicht das wertlose Stück Dreck war, für dass sie sie ein paar Momente lang gehalten hatte. Aber ein anderer Teil war einfach nur sprachlos aufgrund der Tatsache das Levi tatsächlich jemanden geschickt hatte, um sie zu beschützen.
 

Was für ein Arschloch.
 

Eren blinzelte und bemühte sich, Mikasa nicht wie eine Idiotin anzustarren. Im Flur vernahm sie plötzlich Stimmen und Kampfgeräusche. Auf der Stelle richtete Eren sich auf so gut es ging, und pustete sich ein paar wirre Haarsträhnen aus dem Gesicht. Die Titanen wurden angegriffen, und Eren betete zu allen Heiligen, dass es ihre Kollegen waren, die sie nun gefunden hatten und zu Hilfe eilen wollten.
 

„Fuck!“ murrte Annie und ging hinüber zur Tür. Sie öffnete sie leise und wollte um die Ecke schauen, was los war, als eine Pistole auf ihren Kopf niedersauste und sie K.O. schlug. Die Frau rutschte zu Boden und ein Man mit hellbraunem Undercut stieg achtlos über sie hinweg.
 

Er drehte sich noch einmal zur Tür und rief heraus: „Hey, Boss! Ich hab sie gefunden!“
 

Der Eindringling schritt auf Mikasa zu und zog mit geradezu beunruhigender Lässigkeit ein Taschenmesser aus seiner Hose, als Staatsfeind Nummer Eins plötzlich elegant in den Raum schlüpfte.
 

„Gut gemacht, Oluo. Mikasa, Miss Yeager, seid ihr beiden okay?“
 

Eren riss ihre Augen vor Entsetzen auf, als sie Levi anstarrte. Er stand entspannt mitten im Zimmer, als wäre es das Normalste der Welt, in eine verlassene Fabrik einzubrechen um seine Untergebene und eine Agentin zu retten. Er sah genauso unverschämt gut aus wie beim letzten Mal, nur trug er diesmal keinen Anzug, sondern enge schwarze Hosen und ein dunkles T-Shirt.
 

Mikasa nickte als sie aufstand. „Uns geht’s gut. Ihr seid genau im richtigen Augenblick gekommen.“
 

Levi nickte ihr zu und drehte sich kurz zu Eren herum, um sie ihr ein verschlagenes Lächeln zuzuwerfen. Gleich darauf lenkte er seine Aufmerksamkeit Annies bewusstlosem Körper zu. Er stieß sie unsanft mit dem Fuss an und rümpfte die Nase, als Blut seine sauberen Stiefel befleckte.
 

„Das ist verdammt nochmal widerlich.“ sagte er und zog ein Taschentuch aus seiner Hosentasche, um sich den braunroten Fleck von den Schuhen zu wischen. Er sah wieder hinüber zu Mikasa. „Nachdem du uns angerufen hast, habe ich das Team versammelt und wir sind sofort ausgerückt.“
 

Eren blickte immer noch fassunglos von Mikasa zu Levi und wieder zurück. Sie räusperte sich kurz, um deren Aufmerksamkeit zu erlangen.
 

„Ähm, Mikasa...würde es dir was ausmachen mir zu erklären, was hier vor sich geht?“ fragte sie misstrauisch.
 

Die Gangsterin zuckte mit den Schultern als sie antwortete. „Naja, ich wusste das irgendwas faul war, als wir hier ankamen. Dieser verlassene Ort war früher mal das Versteck der Titanen; noch nicht mal die Polizei hatte davon Wind bekommen. Ich habe Oluo informiert wo wir stecken, aber als ich zurück kam und du plötzlich verschwunden warst, hab ich natürlich meinen Boss angerufen. Ich habe Levi informiert.“ Sie sah nach unten und vermied es, Eren anzuschauen, während sie ihr die Fesseln aufschnitt. „Tut mir leid dass ich dich nicht gleich zu Anfang beschützen konnte.“
 

„Ja, naja, das ist nicht ganz das was ich gemeint ha-“ fing Eren an, als sie aufstand, doch sie wurde unterbrochen als erneut jemand durch den Eingang hereinplatzte.
 

Eren hatte es langsam satt.
 

„Levi, wir haben zwei Autos vor der Fabrik entdeckt.“ Die Frau mit dem bernsteinfarbenen Haar, die den Raum eben betreten hatte, kam sofort zum Punkt. „Wir wissen nicht, wieviele es sind, aber du solltest so schnell wie möglich von hier abhauen. Ich wette dass sie es auf deinen Kopf abgesehen haben.“ Die Frau warf Eren einen bedeutungsvollen Blick zu. „Und sie sollte auch von hier verschwinden. Es wird zu gefährlich für sie werden.“
 

Eren hasste es einfach, die einzige zu sein, die keine Ahnung hatte was hier vor sich ging.

„Also entschuldige mal, Püppchen, ich bin ein Special Agent, ich glaub ich weiß selbst wie ich auf mich aufpassen kann...“ stellte sie ärgerlich fest.
 

Levi konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. „Da bin ich mir sicher, Süße. Aber für's Erste kommst du jetzt mit mir.“ erklärte er mit einem Ton der Endgültigkeit und bevor Eren auch nur protestieren konnte, schnappte er sie am Handgelenk und schleppte sie mit sich Richtung Südseite des Gebäudes.
 

Das Wissen, von einer Horde brutaler Killer verfolgt zu werden, ließ Levi und Eren in einen Sprint ausbrechen. Sie mussten so schnell wie möglich aus dieser verlassenen Fabrik verschwinden.

Levi umklammerte ihr Handgelenk immer noch mit festem Griff, und Eren versuchte fürs Erste nur mit seinem Tempo schritt zu halten. Ihr Kopf schmerzte immer noch höllisch, und ihre Füße fühlten sich taub an von den Fesseln, es würde momentan also keinen Sinn machen gegen ihn zu kämpfen. Sie bogen um eine Ecke und rannten einen langen Flur mit etlichen Türen entlang, als sie plötzlich leises Flüstern vernahmen.
 

„Er muss hier irgendwo sein, hast du nicht die Fußtritte gehört?“ wisperte eine unbekannte Stimme um die nächste Ecke.
 

„Scheiße.“ fluchte Levi atemlos.
 

Er riss die erste Tür auf, die er sah, und stieß Eren ins Zimmer. Schnell folgte er ihr und schloss die Tür wieder, fast ohne ein Geräusch verursacht zu haben.
 

Der Raum schien eine ehemalige Putzkammer zu sein, klein und ziemlich dunkel. Es gab kaum genug Platz für beide, also presste Eren sich mit den Rücken an die Wand, während Levi halb über ihr lehnte.
 

„Was zum...“ fing sie an, doch der Man drückte ihr schnell seine Hand auf den Mund.
 

„Shh!“ flüsterte er und sah sie warnend an.
 

Ihre Augen konnten sich langsam an die Dunkelheit gewöhnen, und das Licht das durch ein kleines Fenster an der Decke hereinsickerte half ihr, Levi's Gestalt über ihr zu erkennen. Vielleicht lag es daran, dass sie eine Gehirnerschütterung erlitten hatte, vielleicht auch an der staubigen Luft in der kleinen Kammer, aber Eren fühlte sich plötzlich benommen. Sie atmete tief ein und erhaschte den Hauch einer Aloe-Pflegecreme von Levis Hand. Sie versuchte, sich auf die Stimmen draußen im Flur zu konzentrieren, um sich selbst von der engen Nähe zu ihm abzulenken, aber sie schaffte es nicht. Levis Augen lagen immer noch auf ihrem Gesicht, er beobachtete sie mit geweiteten Pupillen.
 

Ein Schauer lief Eren über den Rücken.
 

Die beiden hielten den Atem an, als die Geräusche draußen direkt vor ihrer Tür waren und langsam den Flur hinunter verschwanden. Scheinbar sprachen die Killer zu einem anderen Team mithilfe eines Knopfes im Ohr, und Eren speicherte die Info in ihrem Hinterkopf, dass sich der Gegner wohl aufgeteilt zu haben schien. Als die Stimmen langsam außer Hörweite verschwanden, stieß Levi einen tiefen Seufzer aus.
 

„Das war knapp.“ stellte er mit seiner dunklen Stimme fest, während er sie immer noch unablässig anstarrte.
 

Eren musste schlucken; sie wusste nicht was sie jetzt sagen oder tun sollte. Wie war sie überhaupt in diese Situation hineingeraten? Sollte sie jetzt nicht eigentlich mit Mikasa im Pub sitzen, trinken und ein wenig plaudern? Verflucht sei dieser dumme Levi mit seinem dummen seidigen Haar und seiner dummen geschmeidigen Stimme. Sie merkte, wir ihr Gesicht langsam heiß wurde, und hoffte inständig dass der Mafiaboss die frische Röte auf ihren Wangen nicht bemerken würde.
 

Levis Lippen kräuselten sich zu einem süffisanten Lächeln, als er seine Hand von ihrem Mund nahm. Wortlos ergriff er sanft eine Strähne ihres braunen Haares und wickelte sie sich spielerisch um den Finger.
 

„Hm, ich könnte mich an solche Situationen gewöhnen, weißt du...“ hauchte er und begann, seinem Daumen wagemutig über ihre Lippen zu streichen.
 

Eren sah ihn ungläubig an, bevor sie ihre Lippen öffnete und dem Gangster erlaubte, seinen Finger in ihren Mund zu stecken. Levi hatte keine Zeit das zu kommentieren, denn im nächsten Augenblick biss sie ihm wütend in die Hand, bis sie eine warme, klebrige Flüssigkeit auf ihrer Zunge schmecken konnte.
 

„Behalt deine Hände gefälligst bei dir!“ knurrte sie.
 

Womöglich hat Levi für ein paar kurze Augenblicke gegrinst, aber als er seinen Finger schnell wieder zurückzog, konnte Eren sehen, dass er seine Zähne schmerzerfüllt knirschte.
 

„Tut mir leid, Special Agent. Da hab ich mich wohl zu sehr gehen lassen.“
 

„Da hast du verdammt nochmal recht!“ schnaubte sie, bevor sie einen Blick zur Tür warf und realisierte, dass sie eine wichtige Sache vergessen hatte. „Wie wär's wenn wir von hier verschwinden solange wir noch Zeit haben!“ erinnerte Eren ihn ärgerlich und stieß ihn von sich.
 

Der Man gluckste nur und öffnete langsam die Tür, um zu sehen ob die Luft rein war.
 

„Okay,“ flüsterte Levi. „Wir können.“
 

So leise wie möglich huschten sie über den langen Flur. Levi und Eren mussten einer Menge ausgetretenen Türen und einer Ladung Schutt ausweichen, bis ihnen ein Mondstrahl endlich einen Weg durch die Vorderhalle der verlassenen Fabrik zeigte. Endlich sprinteten sie nach draußen, und beide sogen gierig die frische kühle Nachtluft ein, um endlich wieder zu Atem zu kommen.
 

Als sie langsam wieder runterkam, schauderte Eren von der kalten Brise, die ihr ins Gesicht wehte, auch wenn Levi direkt vor ihr stand. Sie schaute sich um, schätzte ihre Position und ihre Umgebung ab. In der Ferne konnte sie das verräterische Blaulicht von Polizeiwagen ausmachen.
 

„Okay,“ sagte Levi als er ihrem Blick folgte. „Ich glaube ich sollte mich jetzt besser auf den Weg machen. Kann mir nicht vorstellen dass deine Freunde mir einen herzlichen Empfang bereiten würden.“
 

Aber anstatt sie endlich gehen zu lassen, drehte er sich zu Eren herum und zog sie näher an sich heran, umklammerte ihre Taille mit seinen muskulösen Armen und drückte sie an seine Brust.
 

„Also, hat Spaß gemacht, wie immer.“ raunte er mit dunkler Stimme. Noch bevor sie etwas erwidern konnte, drückte er seine Lippen auf ihren Mund. Es war ein schlichter Kuss, schnell und sanft, aber er veranlasste Eren, wieder zu erröten.
 

„Bis bald, meine Süße.“ rief Levi als er zurück in die Nacht huschte.

Er verschwand hinter einem Nebengebäude das Eren bis dato noch nicht einmal bemerkt hatte. Ein paar Momente später konnte sie das kraftvolle Strahlen von Autoscheinwerfern hinter dem Lagerhaus erkennen und wusste, dass der Mafiaboss abgehauen war. Warum sie ihn hatte ziehen lassen anstatt ihn festzuhalten, als sie die Möglickeit dazu gehabt hatte, wusste Eren nicht. Und sie wollte auch nicht weiter darüber nachdenken.
 

Eren starrte den Scheinwerfern nach und erschrak, als sie das laute Martinshorn hinter sich vernahm.
 

Sie biss sich auf die Unterlippe. „Ach, fick dich doch, Bastard.“

Der Nachtclub

Nach dem Vorfall in der Fabrik hatte Erwin darauf bestanden, Eren ein paar Tage frei zu geben. Sie war nicht besonders glücklich darüber gewesen, aber sie musste sich eingestehen, dass sie eine kleine Pause gut vertragen könnte, um all die seltsamen Sachen zu verarbeiten, die ihr da geschehen waren.

Jedes Mal, wenn sie zu schnell aufstand, drehte sich alles in ihrem Kopf und ihr wurde schwarz vor Augen. In Anbetracht dessen wären ein paar Tage Ruhe vielleicht nicht die schlechteste Alternative.
 

Weder die Polizei noch das Aufklärungskommando waren in der Lage gewesen, die Verantwortlichen für die Entführung zu schnappen. Nur die Frau namens Annie konnte geborgen werden. Als Polizisten und Agenten endlich eingetroffen waren, hatte die blonde Frau noch immer bewusstlos am Boden gelegen. Sie hatte eine enorme Menge Blut verloren und war dem Tode nahe gewesen, doch man hatte sie rechtzeitig in ein Krankenhaus bringen können. Dort wurde lag sie nun in einem künstlichen Koma, und die Ärzte konnten nicht sagen ob und wann sie überhaupt aufwachen würde, um sich den Fragen der Agenten zu stellen. Es frustrierte Eren, dass sie die Frau nicht würde befragen können, zumindest nicht in nächster Zeit. Aber dass sie weder Reiner noch Mikasa verhören konnte, ärgerte sie wirklich über alle Maßen.
 

Eine ganze Woche lang wartete Eren ab und versuchte ernsthaft und wahrhaftig, ihrem Körper Ruhe zu gönnen. Nachdem sie allerdings zwei Stunden lang wie ein eingesperrter Tiger auf und abgewandert war, entschied sie, dass es genug der Ruhe gewesen sei und dass sie endlich wieder arbeiten gehen müsste. Die ganze Zeit zuhause zu sitzen und nichts zu tun würde sie noch in den Wahnsinn treiben.
 

Am nächsten Morgen ging Eren wieder ins Büro, voller Energie und bereit, wieder voll durchzustarten. Das folgende vertrauliche Gespräch mit Erwin über ihre nächsten Schritte allerdings dämpfte ihren Enthusiasmus erheblich. Ihr Boss informierte sie darüber, dass sie in der nächsten Zeit wohl erst einmal nicht in der Lage sei, Levi zu verhaften. Auf mysteriöse Weise waren nämlich sämtliche Beweise, die sie gegen ihn und die „Flügel der Freiheit“ gesammelt hatten, spurlos verschwunden. Es war wie verhext.

Der Staatsanwalt konnte so keinen Haftbefehl mehr aufrecht erhalten, sie standen im Grunde genommen wieder am Anfang und hatten nichts gegen ihn in der Hand. Irgendjemand musste die Beweise gestohlen haben, es gab keine andere Erklärung dafür.
 

Eren fluchte, schimpfte und tobte durchs Büro, aber Erwin saß einfach nur da und schenkte ihr ein müdes Lächeln. „Schau mal, Eren, ich weiß ja dass es ein kleiner Rückschlag ist...“

„Ein kleiner Rückschlag?“ unterbrach sie ihn aufgebracht und warf ihre Hände in die Luft. „Wir waren so nah, so verdammt nah dran, und jetzt stolziert dieser aufgeblasene Mistkerl in der Öffentlichkeit umher als wäre nichts geschehen! Die 'Flügel der Freiheit' werden weiter Verbrechen begehen, und dieses Schwein von Levi fühlt sich sicher und lacht sich ins Fäustchen über unsere Dummheit!“ Als sie realisierte, dass sie immer noch zu ihrem Vorgesetzten sprach, beruhigte sie sich und setzte sich seufzend. „Tut mir Leid für meine Wortwahl, Erwin, aber das regt mich gerade echt auf.“
 

„Ja, das habe ich mir schon fast gedacht.“ sagte dieser mit ernster Miene, aber er konnte nicht den amüsierten Schimmer in seinen Augen verbergen. Erens Ehrgeiz und Entschlossenheit waren einige der zahlreichen Gründe, weswegen er ihr die schwierige Aufgabe übertragen hatte, Levi zu schnappen. „Keine Sorge, wir werden einen anderen Weg finden.“ sagte er mit seiner ruhigen, tiefen Stimme. „Ich habe da auch schon etwas im Sinn ...“
 

---
 

Am nächsten Tag schlenderte Eren zu einem gemütlichen kleinen Cafe, um ihren besten Freund Armin zum Mittagessen zu treffen. Armin arbeitete als forensischer Psychologe für das Aufklärungskommando, und natürlich war er als solcher hochbegabt auf seinem Gebiet. Er sah recht niedlich und unschuldig aus, wie er immer verträumt in seinem Stuhl saß, die blonden schulterlangen Haare zu einem kleinen Pferdeschwanz zusammengebunden. Aber Eren würde sich davon nicht täuschen lassen; sie wusste dass er ein teuflisches Genie sein konnte, wenn es die Umstände erforderten.
 

Auch wenn sie in derselben Behörde arbeiteten, hatten sie während der Arbeitszeit meist wenig Gelegenheit sich zu unterhalten. Heute jedoch war Erens Geburtstag, und sie hatten sich beide etwas Zeit freigeschaufeln können, um wenigstens eine halbe Stunde etwas miteinander zu essen. Nachdem sie sich an einem der kleinen hölzernen Tische auf der Terasse niedergelassen hatten, bestellten sie beide ihre Mahlzeiten und begannen, sich über die neuesten Entwicklungen von Erens Fall zu unterhalten.
 

Als sie ihm endlich über die gestohlenen Beweismaterialien berichtet hatte, brummte Armin nachdenklich vor sich hin.
 

„Das ist schlecht.“ sagte er, während er sich gedankenverloren eine Gabel Pasta in den Mund schob.
 

„Nicht wahr?“ stieß Eren hervor, während sie aufgeregt mit dem Messer auf ihn deutete. „Jetzt darf ich diesen Mistkerl nicht mehr verhaften! Ich muss warten, bis wir etwas Neues gegen ihn in der Hand haben. Levi hat sogar die Nerven, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren, nun, da er sich in Sicherheit glaubt.“ Eren knirschte mit den Zähnen bei diesem Gedanken.
 

„Ja ja ich weiß schon, aber … ist es nicht etwas seltsam, dass alle diese Beweise einfach so verschwunden sind? Als ob es sie nie gegeben hätte?“ Armin stützte den Kopf auf seine Hände und beobachtete sie aufmerksam.
 

Eren zog fragend eine Braue hoch. „Ich weiß dass du mir irgendetwas zu sagen hast, wenn du mir diesen Blick zuwirfst. Spuck's aus.“ sagte sie.
 

„Naja, denk doch einmal darüber nach, dass es alleine in deinem Team schon zwei Verräter gab. Sie haben dich nicht nur ausspioniert, sondern dich sogar entführt. Warum sollte es nicht mehr von ihnen geben? Menschen, die vielleicht nicht nur deine Arbeit sabotieren, sondern die Ermittlungen der gesamten Behörde?“
 

Eren musste zugeben, dass sie diesen Gedanken auch schon in Betracht gezogen hatte. Aber es war verstörend sich vorzustellen, dass es in ihrer Umgebung noch mehr Leute gab, die ihr Vertrauen missbrauchen würden. Es war einfach zu bedrückend.

Sie rührte in ihrem Kaffee herum und starrte gedankenverloren in den schwarzen Strudel, den ihr Löffel verursacht hatte.
 

„Hast du denn eine Idee, wer es sein könnte?“ fragte sie ihn, nicht sicher, ob sie die Antwort wirklich hören wollte.
 

Für einen kurzen Augenblick war Armin still, und Eren warf ihm einen verstohlenen Blick zu. Sein Gesicht war zu einer eigentlich unlesbaren Maske versteinert, aber sie kannte diesen Ausdruck. Er hatte bereits begonnen, zwei und zwei im Geiste zusammenzuzählen, war sich jedoch noch nicht sicher, ob er wirklich die richtigen Schlüsse gezogen hatte. Einen Moment später enstpannten sich seine Züge wieder, und er schenkte Eren ein freundliches Lächeln. „Nein, habe ich nicht.“
 

Sie wusste, dass er sie anlog, aber sie wollte ihn zu nichts drängen. Er würde es ihr erzählen, wenn er das Gefühl hatte, dass der richtige Augenblick gekommen sei.
 

„Bitte, erzähl mir doch über den Plan, den Erwin vorgeschlagen hat.“ sagte Armin stattdessen.
 

„Oh ja, genau!“ rief Eren. „Er ist ziemlich aufregend! Jean und ich werden dem 'Wall Maria' einen Besuch abstatten, einen dieser Nachtclubs, die Levi betreibt. Er glaubt, damit könnte er sein wahres schmutziges Geschäft verheimlichen. Wir werden uns jedenfalls undercover in seine Büroräume schleichen und-“
 

Armin zog beide Augenbrauen hoch. „Ihr werdet undercover sein? Aber glaubst du denn nicht, dass er dich wiedererkennen würde?“ fragte er zweifelnd.
 

Eren schüttelte den Kopf, während sie an ihrem Kaffee nippte. „Nein, ich werde mich verkleiden, mit einer Perücke und dem ganzen Zeug. Außerdem glaube ich nicht, dass er überhaupt dort sein wird. Er hat seine eigenen Clubs in der Vergangenheit nur sehr selten nachts besucht.“
 

Armin legte den Kopf schräg zur Seite und beobactete Eren immer noch grübelnd. „Ok. Bitte, fahre fort.“
 

„Wie ich schon sagte, wir werden uns in sein Büro schleichen und nach belastenden Dokumenten suchen. Gerüchten zufolge hat er einen Vertrag mit einer Gruppe Rebellen abgeschlossen, um ihnen Waffen zu verkaufen. Und da wir ja seine Villa immer noch observieren, braucht er ein neues Versteck für seine ganzen Papiere.“
 

Armin schien noch immer nicht vollständig überzeugt. „Ich bin mir nicht sicher, ob mir der Plan gefällt. Vergiss nicht dass er stärker ist als du, und in diesem Club seid ihr auf seinem Territorium. Wenn irgendjemand dich erkennt, könnte es sehr gefährlich werden.“
 

Eren grinste ihn siegessicher an. „Mach dir keine Sorgen. Levi war vielleicht stärker, als wir uns das erste Mal begegnet sind. Aber ich habe verdammt hart trainiert seitdem, er wird mich nicht ein zweites Mal überwältigen können.“
 

Außerdem hatte sie das unbestimmte Gefühl, dass Levi sie nicht auf der Stelle hinrichten würde. Er schien zu sehr damit beschäftigt, sie immer wieder zu necken und aufzuziehen. Wenn er sie also wirklich erwischen sollte, würde er erst einmal seine Zeit damit verschwenden, irgendwelche dummen Kommentare abzulassen. Auch wenn Armin natürlich über diese merkwürdige Vorliebe von Levi, Eren immer wieder zu verägern, Bescheid wusste, hatte sie ihm nicht jedes kleinste Detail von ihrer Begegnung in der Fabrik erzählt. Niemand brauchte etwas über diesen Kuss erfahren, das war in keiner Weise relevant. Um genau zu sein, würde sie es auch nicht unbedingt als Kuss bezeichnen. Ein Kuss hätte etwas bedeutet, und das hatte ja wohl absolut nichts zu bedeuten. Es war auch nicht so sehr ein Kuss, sondern eher eine Art zufällige Mund-zu-Mund-Berührung gewesen. Ja, genauer betrachtet war dies sogar die plausibelste Erklärung.
 

Der Strom ihrer Gedanken wurde unterbrochen, als Eren plötzlich eine altbekannte Stimme hinter sich kreischen hörte.

„Eren, Aaarmin!“ Die Agentin drehte sich um und fand sich selbst plötzlich in der engen Umklammerung einer extrem aufgekratzten Hange wieder.
 

„Alles Gute zum Geburtstag, meine Liebe!“ quietschte die Frau vergnügt und drückte noch fester zu.
 

„Hange...kann nicht....atmen....“ keuchte Eren.
 

„Oh entschuldige.“ Hange lachte und ließ sie los, nur um Armin auf die gleiche Weise zu begrüßen. Sie setzte sich in einen der gemütlichen Sessel am Tisch und strahlte Eren an, ohne ein Wort zu sagen.
 

„Ähm...kann ich dir irgendwie helfen?“ fragte die junge Frau irritiert.
 

Hange kicherte, kramte in ihrer Handtasche herum und zog eine kleine schwarze Geschenkbox heraus. Sie war mit einem glänzenden Papier und einer grünen Schleife versehen, und glitzerte leicht im Sonnenlicht.
 

„Hier, ich habe ein kleines Geschenk für dich. Ich hoffe, es gefällt dir.“ sagte sie, als die die Schachtel Eren reichte.
 

„Danke, das wäre doch nicht nötig-“ Eren riss ihre Augen auf, als sie die Box öffnete. „Hange, bist du verrückt geworden! Das wäre wirklich nicht nötig gewesen!“
 

In dem Kästchen lag, auf einem weißen Seidenkissen gebettet eine schlichte silberne Halskette. Ein tropfenförmiger grüner Stein verzierte die Kette, und wenn das Sonnenlicht den Anhäger berührte, schien seine Farbe sich zu verändern. Je nachdem, von welcher Seite aus man den Stein betrachtete, wechselte er seine Farbe von einem tiefen satten Jadegrün zu einem hellen, glitzernden Türkis.

Eigentlich war Eren nicht wirklich die Art Frau, die sich viel aus Schmuck machte, aber diese Kette sah einfach nur wunderschön aus. Wunderschön, aber auch verdammt wertvoll.
 

„Was denn, magst du sie etwa nicht?“ fragte Hange sie mit dem Gesichtsausdruck eines getretenen Hundewelpens.
 

„N-nein, das ist es ganz und gar nicht!“ beeilte sich Eren zu erklären. „Ich liebe sie, wirklich! Sie ist absolut hinreißend! Es ist nur … du kannst mir doch nicht so etwas Teures schenken!“
 

Hange lachte erleichtert auf und klatschte ihre Hände begeistert zusammen. „Mach dir darum mal keine Gedanken, Eren. Ich habe diese Kette schon seit Ewigkeiten bei mir rumliegen, habe sie selbst aber nie getragen. Und da habe ich sie neulich wieder angesehen, und die Farbe des Steines hat mich total an deine Augen erinnert, und da dachte ich mir, warum nicht? Ich wollte dir eine Freude machen, nachdem du so hart für das Aufklärungskommando gearbeitet hast!“
 

Eren lächelte sie an. Dieses Geschenk und die Tatsache, dass Hange ihr eine Freude machen wollte, bedeutete ihr sehr viel.

„Wenn das so ist.“ sagte sie, während sie den Anhänger aufs Neue bewunderte. „Danke, Hange. Ich weiß es wirklich zu schätzen.“
 

---
 

Ein paar Stunden später wurde es bereits ernst. Die letzten Vorbereitungen für ihre undercover-Mission waren fast abgeschlossen, und Eren konnte kaum ihr eigenes Spiegelbild erkennen. Da der Nachtclub zu den gehobenen Etablissements gehörte, mussten sie und Jean Abendkleidung tragen. Eren hatte sich für ein schulterfreies grünes Kleid entschieden; einfach weil der praktische Schlitz auf der rechten Seite es ihr erlauben würde, schnell und unauffällig die Waffe zu ziehen, die sie sich um ihren Oberschenkel geschnallt hatte. Ihr wuscheliges braunes Haar war unter einer kurzen roten Perücke versteckt. Es war eine schräg geschnittene Bobfrisur, die zwar authentisch und hübsch aussah, aus Eren allerdings gleich einen ganz anderen Menschen zu machen schien.

Sasha half ihr noch mit dem letzten Schliff, indem sie ihr gefühlte Tonnen Make-Up aufs Gesicht schmierte. Eren schminkte sich höchst selten, und so war es ein ungewohntes Gefühl ihre Kollegin dabei zu beobachten, wie sie ihr roten Lippenstift auftrug. Das gesamte Team hatte sich versammelt, um Sashasn gebannt bei der Arbeit zu beobachten. Selbst Armin, Hange und Erwin waren da, um ihnen Glück zu wünschen.
 

Jean, der einen eleganten schwarzen Smoking trug, tauchte hinter Eren auf, als sie sich noch einmal probehalber vor dem Spiegel drehte. Er grinste sie an. „Ich bin fast geneigt dazu zu sagen, dass ich mich heute nicht mit dir an meiner Seite blamieren werde.“ neckte er sie. „Du siehst ja fast aus wie ein normaler Mensch, Eren!“
 

„Danke gleichfalls, Pferdegesicht.“ erwiderte sie trocken. „Dieser Anzug könnte heute sogar deine jämmerliche Persönlichkeit überdecken.“
 

Sie grinsten sich beide noch einmal an und Jean streckte ihr sogar kurz die Zunge heraus, bevor sie sich ihre Jacken überzogen. Als sie sich schon umgedreht hatten und gehen wollten, sprang Hange ihnen in den Weg und hielt sie auf.
 

„Warte, Eren. Du hast vergessen, deine neue Kette umzulegen!“ strahlte sie. „Es würde so gut zu deinem Outfit passen und deine Augen zur Geltung bringen!“
 

Armin räusperte sich neben ihr. „Also ich weiß nicht, ob es so eine gute Idee ist, Erens Augen heute Nacht zu betonen. Levi könnte sie wiedererkennen.“
 

„Huh?“ fragte Eren, als sie bereits mit dem Verschluss der Kette kämpfte. „Warum sollte er sich ausgerechnet an meine Augen erinnern?“
 

Armin seufzte genervt auf und rollte mit den Augen. „Naja, vielleicht weil er-“
 

„Ach komm, sei nicht so langweilig!“ Hange unterbrach ihn lachend. „Die Kette ist ein Glücksbringer, da kann gar nichts schief gehen!“
 


 

Als sie den Club betraten, musste Eren sich die größte Mühe geben, um die luxuriöse Inneneinrichtung nicht mit offenem Munde anzustarren. Die Wände waren in einem gedämpften Rotton gestrichen, und kunstvolle Landschaftsgemälde schmückten sie. Trotz dass der Club gut besucht war, schafften schwere goldene Vorhänge eine intime Atmosphäre, und schwarze Möbel rundeten das elegante Erscheinungsbild ab.

Wenn Eren nicht wüsste, dass all diese Sachen mit dem Geld zahlloser Verbrechen bezahlt worden sind, würde sie es vielleicht sogar mögen.
 

Sie gingen in den Club hinein, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Jean rückte seine Krawatte zurecht und fuhr sich nervös mit einer Hand durch sein kurzes Haar.

„Wenn der Club hier den 'Flügeln der Freiheit' gehört,“ sagte er leise zu Eren, „glaubst du, dass Mikasa dann auch hier sein wird?“
 

Eren sah ihn abschätzend von der Seite an. „Keine Ahnung. Warum fragst du?“
 

„Ähm...nur so.“ Wurde Jean tatsächlich gerade rot? „B-bin einfach nur neugierig, glaube ich.“
 

Er zupfte noch einmal an seiner Krawatte und war plötzlich sehr damit beschäftigt, Eren nicht direkt anzusehen. Sie schüttelte ihren Kopf und zog ihn in Richtung Bar. Am besten sollten sie erst den gesamten Clubbereich erkunden, bevor sie sich in die Büroräume schleichen würden. Die Agenten schlängelten sich zur Bar hindurch und sahen sich nach einem möglichen Eingang zum privaten Geschäftsbereich um. Eine schwere dunkle Tür mit eingesetztem Milchglasfenster erregte Erens Aufmerksamkeit. Vermutlich verbarg sich dahinter der Aufgang zu einem Treppenahus, dass wiederum hoffentlich zu Levis Büro führen würde.
 

Sie gab Jean ein Zeichen und sie schlenderten weiter durch den Club, als seien sie ganz normale Gäste. Eren lies ihren Blick umherstreifen und beobachtete die anderen versammelten Leute. Sie konnte nicht alles überblicken, da der Raum ziemlich verwinkelt war. Hinter zahlreichen Vorhängen verbargen sich gemütliche Sitzecken mit kleinen Sofas, auf denen sich meist viele Leute tummelten. Als sie eine dieser Sitzecken näher betrachtete, erstarrte sie vor Schreck.

Nie im Leben würde sie das schimmernde schwarze Haar und die porzellanfarbene Haut verwechseln können.
 

Es war Levi.
 

Warum zum Teufel musste er ausgerechnet heute hier sein? Hätte er sich nicht einen anderen Tag aussuchen können, um plötzlich einen seiner Clubs mitten in der Geschäftszeit zu besuchen?
 

Eren stöhnte innerlich auf und versuchte dann, den Mafiaboss unauffällig zu beobachten. Gelangweilt nippte er an einem Glas, welches mit einer braunen Flüssigkeit gefüllt war. Sein Gesicht war genauso ausdruckslos und unbewegt wie an dem Tag, an dem Eren ihm das erste Mal begegnet war. Er blinzelte noch nicht einmal, als sich eine der bildhübschen Frauen an seiner Seite zu ihm hinüberbeugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Eren fragte sich, ob er seine Lippen nur dann zu einem kleinen Lächeln verziehen würde, wenn er jemanden aufziehen würde.

Plötzlich sah Levi in Erens Richtung, und sie bemühte sich schnell vorzugeben, sich ein paar Strähnen roten Haares zurückzustreifen, um ihr Gesicht zu verdecken.
 

„Okay, es geht los.“ flüsterte sie Jean zu. „Ich werde jetzt nach oben gehen und das Büro durchsuchen. Du wirst die Situation hier im Auge behalten. Kontaktiere mich, wenn irgendwas ungewöhnliches geschieht.“
 

Eren rückte ihren drahtlosen Ohrhörer zurrecht, der ihr dabei helfen würde, mit ihren Kollegen in Verbindung zu bleiben. Sasha und Connie waren außerhalb des Clubs stationiert, um die Lage dort im Überblick zu behalten.
 

So unauffällig wie möglich schlängelte Eren sich bis zur Tür. Nachdem sie sich versichert hatte, dass niemand ihr gefolgt war, schlüpfte sie schnell hinein und fand sich tatsächlich in einem Treppenhaus wieder. Sie huschte die Stufen hinauf und stand in einem dunklen engen Gang, der nur zwei Türen beinhaltete. Keine Wachen in Sicht.

Sie öffnete die erste Tür, fand aber lediglich eine Putzkammer vor. Die Reinigunsutensilien darin waren geradezu penibel aufgereiht, alles hatte seine Ordnung und war absolut staubfrei.

Als Eren jedoch versuchte, in den nächsten Raum zu gelangen, fand sie die Tür verschlossen vor. Unbeeindruckt zog sie eine Kreditkarte aus der Tasche und öffnete das Schloss mit einem leisen Klickgeräusch. Als sie in den Raum schlüpfte, war sie doch etwas überracht, tatsächlich das Büro entdeckt zu haben. Warum würde der Anführer einer Mafia seine Geschäftsräume so fahrlässig unbewacht zurücklassen? Wenn man jedoch sein arrogantes Gehabe in der der Vergangenheit bedachte, wog er sich wahrscheinlich nur zu sehr in Sicherheit in letzter Zeit, und wurde langsam übermütig. Was es auch war, Eren würde sich später darum Gedanken machen. Jetzt war die Zeit zum Handeln gekommen.
 

„Pferdegesicht, kannst du mich hören?“ flüsterte sie. „Ich bin drin.“
 

Der Knopf in ihrem Ohr rauschte, und eine Sekunde später schnarrte Jean mit aufgebrachter Stimme zu ihr. „Wie oft muss ich eigentlich noch sagen, dass mein Deckname nicht Pferdegesicht ist!“
 

Eren kicherte, entschied sich aber vorerst nicht zu antworten, sondern ihre Suche nach wichtigen und verdächtigen Dokumenten zu beginnen. Den Schreibtisch hatte sie schnell durchsucht, in den wenigen Fächern waren nur säuberlich gespitzte Stifte, Blankopapier und eine Packung Hygienetücher. Schnell drehte sie sich zu einem alten grauen Aktenschrank um, und öffnete seine Tür. Ein zufriedenes Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie darin einen kleinen eisernen Safe vorfand. Es brauchte einige Minuten, um den Zahlencode zu knacken, aber sie schaffte es den Safe zu öffnen, ohne ihn zu beschädigen. Gespannt beugte Eren sich vor, um endlich einen Blick hineinzuwerfen. Zu ihrer Überraschung fand sie nur ein kleines schwarzes Kästchen darin.
 

„Komische Art und Weise, seine Dokumente aufzubewahren.“ murmelte sie vor sich hin, als sie es in die Hände nahm und betastete.

Neugierig öffnete sie die Schachtel, doch statt einem Stapel Papiere fand sie darin nur eine einzelne rote Rose und einen kleinen Notizzettel vor.
 

Happy Birthday, Süße. Ich weiß dass du dir mehr davon erhofft hast, in meine Räume zu schleichen, aber dies ist das einzige Geschenk was ich dir vorerst machen kann.

Da du dich das letzte Mal so über meine Blumen gefreut hast, dachte ich mir, dass dir diese Rose gefallen könnte.

Mit besten Wünschen, Levi
 

Mit einer goldenen Büroklammer war neben der säuberlichen Handschrift ein kleines Bild angehängt. Als Eren sich selbst auf der Fotografie wiedererkannte, wie sie wütend auf einen Strauß Blumen auf ihrem eigenen Schreibtisch starrte, hätte sie in die Luft gehen könnte.
 

„Mikasa, du verdammte Verräterin!“ zischte sie, während sie dem Aktenschrank vor ihr einen gezielten Tritt verpasste. Sie zerknüllte den Zettel in ihrer Faust und drehte sich um, um wutschnaubend aus dem Büro zu rauschen, als sie plötzlich eine Überwachungskamera über dem Türrahmen bemerkte. Eine Kamera, die das ganze Szenario gefilmt hatte.

Natürlich musste Levi aufzeichnen, wie sie auf seinen bescheuerten Trick herein gefallen war. Warum nur hatte sie das Ganze nicht eher durchschaut? Sie sollte langsam wirklich vorsichtiger werden.
 

„Fick dich selbst!“ fauchte sie, während sie der Kamera den Finger zeigte und aus dem Büro stürmte.
 

Schnell ging Eren die Treppen wieder hinunter und schlüpfte durch die dunkle Tür zurück in den Clubraum, während sie Jean Bescheid gab, dass sie noch weitersuchen müsste. Irgendetwas musste schließlich in diesem verdammten Nachtclub noch zu finden sein. Eren sah sich um. Um sie herum standen zwar ein paar Gruppen von Leuten, aber diese waren alle entweder zu betrunken oder zu sehr beschäftigt mit ihren Gesprächspartnern, um von ihr Notiz zu nehmen. Um so besser.

Sie würde nur noch schnell den Ausgang am Ende des Ganges checken, bevor sie sich auf den Rückweg machen würden. Sonst würde sie sich die nächsten Tage immer wieder fragen, ob sie nicht vielleicht doch etwas übersehen hatte. Unauffällig schlenderte sie auf ihr Ziel zu und passierte einige Betrunkene, die lautstark über das letzte Fußballspiel diskutierten. Eren rollte mit den Augen; wohlhabend oder nicht, die Leute würden sich nie ändern.
 

Als sie die Tür schon fast erreicht hatte, fühlte sie plötzlich, wie sich ein Arm von hinten um ihre Taille schlang.
 

„Falsche Richtung, Süße.“ flüsterte eine raue Stimme in ihr Ohr. „Wolltest du dich wirklich rausschleichen, ohne mir vorher für meine kleine Geburtstagsüberraschung zu danken? Wie unhöflich.“
 

Natürlich erkannte sie die Stimme und den arroganten Bastard, zu dem sie gehörte, auf der Stelle. Levi stand direkt hinter ihr; sein Griff um ihre Taille war fest. Sie konnte seinen Körper spüren, der sich leicht an ihren Rücken presste, und ihre Gedanken wanderten für einen kurzen Moment in eine ganz und gar nicht professionelle Richtung.

Schnell sammelte Eren sich wieder, und versuchte, sich ihm ägerlich fauchend zu entwinden. Doch statt sie gehen zu lassen, strich er eine der falschen roten Haarsträhnen von ihrem Nacken und vergrub seinen Kopf in ihrer Halsbeuge. Eren erstarrte.
 

„Hm, du riechst heute verführerisch.“ murmelte Levi, als er einen tiefen Luftzug nahm. „Willst du mich damit etwa in Versuchung führen?“
 

Eren war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Ihr Hals war schon immer ihre empfindlichste Stelle gewesen, und wannn immer jemand ihn beiläufig berühren würde, würde sich ein Kribbeln in ihrem ganzen Körper ausweiten. Aber Levi berührte ihren Hals nicht nur beiläufig, sondern streifte seine Lippen federleicht über die sensible Haut. Ein wohliger Schauer durchfuhr Eren, und ihr Kopf schaltete sich einfach ab. Sie war nicht mehr in der Lage, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
 

„Schöne Halskette hast du da.“ Seine geschmeidige Stimme streichelte geradezu ihre Ohren, doch sie konnte den spöttischen Unterton darin klar heraushören. „Betont deine Augen.“
 

Eren fluchte innerlich. Verdammt sei Hange und ihr angeblicher Glücksbringer.

„Vielleicht werde ich sie benutzen, um dich endlich zu erwürgen!“ knurrte sie und versuchte abermals, sich zu befreien.
 

„Ich wusste gar nicht, dass du auf solche Sachen stehst.“ gluckste Levi hinter ihr. „Aber wenn dich das anmacht, bitte ...“
 

Eren achtete nicht wirklich auf den Unsinn, den er da von sich gab, sondern konzentrierte sich darauf, möglichst schnell und unauffällig ihre Waffe zu ziehen.

Scheiß auf Erwins Plan, scheiß auf das Gesetz, sie würde ihn erschießen, hier und jetzt.

Mit einer Hand schlüpfte sie unter den seidigen Stoff ihres Kleides und versuchte, die Pistole schnell zu greifen. Doch bevor ihre Fingerspitzen das kalte Metall auch nur berühren konnten, ergriff Levi sie und verschränkte ihrer beider Hände miteinander. Sie konnte die Waffe nicht mehr ziehen, sein Griff war fest und gnadenlos.

Gottverdammt.

„Ich würde dir dringenst empfehlen, dass zu unterlassen.“ wisperte Levi dunkel. „Es wäre doch sehr ärgerlich, wenn meine Wachen dich angreifen müssten, nicht wahr? Sie würden keine Sekunde lang zögern.“
 

Eren sah auf und bemerkte tatsächlich einige über den Raum verteilte Leute, die sie beide mit scharfen Blicken beobachteten. Sie konnte die Frau mit dem bernsteinfarbenem Haar aus der Fabrik wiedererkennen. Ihre honigfarbenen Augen blitzten Eren mit einem mörderischen Funkeln an, als ob sie sie am liebsten in der Luft zerreißen würde.
 

„Dann lass mich los.“ knurrte Eren mit geknirschten Zähnen. Solange sie aus der Ferne wie ein turtelndes Liebespärchen aussahen, würden die Wachen nicht einschreiten. Eren wäre allerdings auch nicht in der Lage, endlich abzuhauen. Und das war im Moment ihr einziger großer Wunsch - schnell weg von diesem Ort zu gelangen, irgendwohin wo sie Ruhe hatte und ihre Gedanken wieder sammeln konnte.
 

„Will ich aber nicht.“ grinste Levi, während er ihre Hand leicht drückte.

Eren verlor langsam aber sicher die Geduld.
 

„Also gut!“ fauchte sie und rammte ihm ihren Ellbogen in den Magen.

Levi wurde von dem Schmerz überrascht und lockerte seinen Griff für einen Augenblick, und die

Agentin nutzte den Moment um herumzuwirbeln und ihn gegen die dahinterliegende Wand zu stoßen. Um weiterhin den Anschein des verliebten Paares aufrecht zu erhalten, beugte sie sich zu ihm, achtete aber genau darauf, seine Handgelenke festzuhalten, damit er sie nicht noch einmal würde umklammern können.

Der Mafiaboss sah sie mit unlesbaren, dunklen Augen an, machte aber keine Anstalten sie daran zu hindern, ihn weiterhin gegen die Wand zu pressen.
 

„Du bist stärker geworden.“ sagte er schließlich anerkennend.
 

„Natürlich bin ich das!“ zischte sie aufgebracht zurück. Dann senkte sie ihre Stimme. „Hör mal zu, Mistkerl. Ich habe keine Ahnung wie du die Beweise hast verschwinden lassen, aber keine Sorge. Ich finde schon noch einen Weg, deinen armseligen Hintern zu erwischen und festzunehmen!“
 

Levis Lippen verzogen sich zu einem süffisanten Grinsen. „Kann's kaum erwarten, Miss Yeager.“ erwiderte er spöttisch.
 

Eren blitzte ihn ein letztes Mal zornig an, bevor sie sich umdrehte und wütend davonstapfte. Auf ihrem Weg nach draußen schnappte sie sich Jean einfach am Kragen. Der Agent war die ganze Zeit durch die Bar gewandert, als würde er Ausschau nach jemandem halten. Natürlich hatte er darüber scheinbar ganz vergessen, Eren den Rücken zu decken.
 

Die beiden machten sich sofort auf den Weg zurück zum Hauptsitz des Aufklärungskommandos, um über die gescheiterte Mission zu berichten. Nachdem sie etwa zwei Stunden über die Details diskutiert hatten, fand Eren endlich einen Moment Ruhe, um mit Armin alleine zu sprechen. Sie zog ihn in ihr Büro, versicherte sich, dass sie auch wirklich allein waren und blickte ihm dann direkt in die Augen.
 

„Armin, ich glaube du hattest Recht. Er wusste, dass wir heute kommen würden um die Beweise zu suchen. Irgendjemand muss ihn gewarnt haben.“ Sie holte tief Luft, ihre Stimme bebte vor Abscheu und Bitternis. „Ich glaube, wir haben einenen weiteren Verräter unter uns.“

Am Hafen

Eren war froh, ein paar Minuten allein mit Armin im Büro zu haben.

Der Vorfall vor zwei Stunden im Club war nervenaufreibend gewesen, und sie brauchte jetzt jemandem mit dem sie darüber sprechen konnte. Die Tatsache, dass sich ein weiterer Verräter unter ihnen befand, um die Arbeit des Aufklärungskommandos zu sabotieren, verstörte sie zutiefst. Eren wusste einfach nicht mehr, wem sie noch vertrauen konnte, und sie hatte keine Ahnung was sie als nächstes tun sollte. Dass jemand, der ihr so nahestand, sie würde verletzen wollen - das war sie einfach nicht gewohnt. Die letzten Ereignisse waren schlimm genug gewesen, sie wollte sich einfach nicht vorstellen, was noch alles möglich war. Wem konnte sie jetzt übheraupt noch vertrauen?
 

Armin behauptete weiterhin, dass er keine Idee hätte, wer der Verräter sein könnte, aber er bestand darauf, dass Eren weiterhin ihre Augen offenhalten und vorsichtig sein sollte. Auch wenn ihre Unterhaltung nichts dazu beitrug den Übeltäter zu entlarven, so half sie Eren doch, wieder runterzukommen und ihre Nerven zu beruhigen. Armin war ein verdammt guter Zuhörer, und er war einer der wenigen Menschen, denen Eren ihre verletztliche Seite offenbaren konnte.
 

Obwohl sie taff und entschlossen war, hatte natürlich auch sie ihre Momente, in denen sie sich einfach nur macht- und kraftlos fühlen würde. Und in diesen Momenten war es gut, einen besten Freund wie Armin Arlert zu besitzen. Er hörte sich all ihre Probleme an, und er fand immer genau die passenden Worte um sie zu beruhigen.
 

Zögernd erzählte Eren ihm über ihre Enttäuschung und die Unsicherheit, die sie seit dem Vorfall in der Fabrik empfand.

„Das merkwürdigste ist, ich hätte vielleicht mit Reiners Verrat umgehen können. Aber rauszufinden, dass auch Mikasa mich hintergeht - ich weiß nicht, dass war irgendwie noch viel schlimmer.“ sagte Eren nachdenklich. „Ich meine, eigentlich haben wir uns ja erst seit 2 Monaten gekannt, aber trotzdem habe ich eine tiefe Verbindung zu ihr gespürt. Als ob ich ihr mein Leben hätte anvertrauen können. Habe ich mir all das nur eingebildet? Bin ich verrückt?“ Ein trauriger Schimmer lag in ihren Augen, als sie Armin ablickte.
 

Er dachte ein paar Sekunden über Erens Worte nach. „Nein, das denke ich nicht. Normalerweise hast du eine gute Intuition, und wenn du sagst dass jemand ein guter Mensch ist, dann ist das meist auch so.“ Während er sprach, tippte er sich mit dem Finger gegen die Nase, eine Angewohnheit die er immer dann zeigte, wenn er besonders konzentriert nachdachte. „Außerdem habe ich nicht den Eindruck, dass Mikasa einfach nur eine bösartige Gangsterbraut ist, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht ist. Da ist noch mehr. Ich glaube immer noch, dass sie tief innen drin eine gutes Herz hat.“
 

„Ja, ich hab' ja gesehen, was für eine guter Mensch sie war. Von allen Leuten die sie hätte rufen können, musste sie natürlich ausgerechnet nach Levi schicken.“ Eren würgte diese Worte mit Verachtung heraus. „Ich kann's immer noch nicht glauben.“ Die bloße Erinnerung an sein arrogantes Grinsen brachte ihr Blut zum Kochen.
 

„Da wir gerade von ihm sprechen...“ sagte Armin beiläufig, und kassierte sofort einen finsteren Blick von Eren. „Ich wollte dich nur fragen ... Was hälst du von ihm? Was ist er für dich?“ Fragend legte er seinen Kopf zur Seite.
 

Seine strahlend blauen Augen schienen Erens Gesicht nach einer bestimmten Reaktion abzusuchen. Sie hasste es, wenn er ihr diesen Psychologen-Blick zuwarf. Als ob er in ihren Kopf hereinschauen könnte. Und ja, Eren wäre nicht überrascht, wenn er das tatsächlich könnte.
 

„Was ich von ihm- ... was meinst du damit?“ fragte sie und runzelte die Stirn. „Er ist ein verdammter krimineller Arsch! Noch dazu der nervigste kriminelle Arsch, den ich kenne!“
 

„Hmm...“ Armin setzte sich auf den Stuhl vor Erens Schreibtisch, den seltsamen Ausdruck immer noch auf seinem Gesicht.
 

„Was soll 'hmm' jetzt schon wieder bedeuten?“ zischte sie und verschränkte ihre Arme, während sie ihren Freund immer noch böse anstarrte. Sie wusste nicht einmal, warum sie sich plötzlich so in die Ecke getrieben fühlte. Alles was Armin getan hatte, war sie zu fragen, was sie über dieses Arschloch dachte. Warum also wurde sie plötzlich so wütend?
 

„Eren“, seufzte er. „Du hast mir doch alles erzählt, was zwischen euch vorgefallen ist, oder nicht? Es ist ziemlich offensichtlich dass er dich die ganze Zeit lang anbaggert-“
 

„Weil er ein verdammter Arsch ist, wie ich schon gesagt habe!“ wiederholte Eren stur. „Er macht sich eben ständig über mich lustig.“
 

„- Und auch wenn du sowieso ziemlich schnell auf die Palme zu bringen bist,“ Armin ignorierte ihren Einwurf einfach, „verlierst du die Fassung ziemlich schnell, wenn er bei dir ist. Weißt du, es gibt da so ein Phänomen über die Konditionierung von Adrenalin und Emotionen in gefährlichen Situationen, du beginnst das Gefühl der Aufregung auf die Person zu übertragen, mit der du sie erlebt hast. Und lass uns nicht vergessen, dass er dich damals in der Fabrik gerettet hat und dass du-“
 

„Armin, komm zum Punkt, mein Gott!“ unterbrach Eren ihn ungeduldig.

Ihr verärgerter Blick hätte jeden anderen vermutlich bereits eingeschüchtert, aber Armin ließ sich davon nicht beeindrucken. Er kannte sie zu gut und zu lange, um darauf hereinzufallen.
 

„Was versuchst du damit anzudeuten?“ fragte Eren.
 

Armin lehnte sich vor und sah ihr in die Augen. Ja, hier war er wieder. Dieser ich-kann-deine-Gedanken-lesen-Blick, den Eren so sehr versuchte zu meiden.

„Hör zu, es könnte nur sein, dass du gewisse … verwirrende Gefühle ihm gegenüber entwickeln könntest. Ich weiß dass du ihn hasst und ihn verhaften willst,“ er hob seine Stimme als Eren den Mund öffnete um ihm zu widersprechen, „aber die Situation könnte sich verkomplizieren. Und ich möchte dich nur wissen lassen, dass du immer zu mir kommen und mir alles erzählen kannst. Wie unangebracht und falsch dir deine Gefühle auch vorkommen mögen, ich werde dich nicht verurteilen. Ich werde einfach nur da sein, dir zuhören und dich unterstützen. Egal was auch passieren mag.“
 

Erens Gesichtsausdruck wurde sanfter, und sie nahm seine Hände in die ihrigen. Auch wenn Armins Intelligenz manchmal einschüchternd wirken konnte, er würde sie niemals gegen Eren einsetzen. Das war das einzige, dessen sie sich im Moment sicher war.
 

Eren lächelte ihn an. „Ich weiß, Armin. Du würdest nie jemanden verurteilen. Du bist wirklich der beste Mensch, den ich kenne.“ Sie schloss ihre Augen für einen Moment, und als sie sie wieder öffnete war der feurige Funke wieder darin zu erkennen. „Aber ich kann dir diese eine Sache versichern: ich habe keine 'verwirrenden Gefühle' für Levi. Er ist einfach nur ein weiterer arroganter krimineller Bastard, den ich in den Knast bringen werde.“
 

---
 

„Sasha, bist du dir sicher dass ich die Kartoffeln auch reinschneiden soll?“ rief Eren ins Wohnzimmer hinein. „Ich habe irgendwie das Gefühl, dass das nicht ganz zum Konzept einer Nudelsuppe passt!“
 

Es war Samstagabend und sie hatte sich mit Sasha zum gemeinsamen Kochen verabredet. Normalerweise würden sie danach noch feiern und tanzen gehen, um sich von anstrengenden Tagen wie denen der letzten Woche abzulenken. Aber aus einem bestimmten Grund konnte Eren in nächster Zeit erst einmal keine Nachtclubs mehr ertragen.
 

Sasha kam zurück in die Küche, zwei Bierflaschen in der Hand. „Ich versteh' die Frage nicht. Natürlich bin ich mir da sicher.“ grinste sie, als sie Eren eine der Flaschen reichte.
 

Die rollte nur mit den Augen. „Ich wusste ja, dass sie dir den Namen 'Kartoffelmädchen' nicht umsonst gegeben haben.“
 

Sasha schnaubte und nahm einen Schluck Bier. „Nenn mich noch einmal Kartoffelmädchen und ich übernehme vielleicht diese 'Süße'-Sache für dich.“

Sie lachte als Eren ihr Gesicht verzog. „Komm schon, schau doch nicht so an einem solchen Abend!“ rief Sasha. „Wir haben frei, einen Topf voller Essen und den Keller voller Bier! Was könnte man sich mehr wünschen?“
 

Eine Stunde später saßen sie auf Sashas Couch, zufrieden und vollgestopft, nachdem sie fast den gesamten Topf Suppe verschlungen hatten. Sie entschieden sich dazu, einfach nur einen Film auszuwählen und einen gemütlichen Abend auf dem Sofa zu verbringen, da keine von ihnen den Drang verspürte rauszugehen und mit anderen Menschen zu kommunizieren.
 

Sasha rumorte durch ihre DVD-Box und stieß einen triumphierenden Schrei aus, als sie eine einzelne Scheibe herausfischte.
 

„Endlich, nach der habe ich schon seit vier Monaten gesucht!“ strahlte sie. „Eren, lass uns 'Fear and Loathing in Las Vegas' reinziehen! Ich liebe diesen Film einfach.“
 

Eren rollte abermals mit den Augen. „Sasha, wir sind verdammt nochmal Bullen, ich versteh einfach nicht warum du auf diese dummen Kifferfilme abfährst.“
 

Zur Antwort streckte Sasha ihr ihre Zunge entgegen und bekam im Gegenzug nur ein Schnauben und ein verhaltenes „Kartoffelmädchen!“ von ihrer Chefin zu hören.
 

„Aber die sind lustig!“ beharrte Sasha. „Hey, stell dir doch nur mal vor wie viel spannender unsere Arbeit wäre, wenn unsere Verdächtigen mehr wie Johnny Depp sein würden.“ Sie packte Eren am Kragen und senkte ihre Stimme zu einem dunklen Krächzen. „'Wir können hier nicht halten Süße, das ist Feldermausland!'“

Lachend befreite sie Eren von ihrem Griff und feierte sich selbst für diese Worte.
 

„Ja, total lustig.“ sagte Eren trocken. „Das hat noch nicht einmal Sinn ergeben-“
 

Der Klingelton ihres Handys unterbrach ihren Satz, und Eren kramte es aus ihrer Tasche heraus. Seufzend las sie die eingehende Anrufnummer.
 

„Hey Erwin, was gibt’s?“ fragte sie, als sie den Anruf entgegennahm.
 

„Eren, es tut mir Leid deinen freien Abend stören zu müssen, aber ich habe wichtige Neuigkeiten. Meine Quelle hat mich gerade informiert, dass die Flügel der Freiheit eine Waffenübergabe in zwei Stunden durchführen wollen.“
 

---
 

So schnell wie möglich fuhren Eren und Sasha zum alten Hafengelände, dem Ort, an dem die Übergabe stattfinden sollte.

Es war eine kalte und regnerische Nacht, und ein schwerer Nebel lag in der Luft.

Eren atmete tief ein als sie aus dem Auto ausstieg. Sie liebte diese Momente kurz vor dem Beginn einer neuen Mission. Die meisten Leute mochten gefährliche Situationen vielleicht fürchten und meiden, aber Eren genoß einfach das prickelnde Gefühl des Nervenkitzels, der durch ihre Adern rauschen würde. Nicht zu vergessen dieser Moment der Genugtuung, wenn sie ihre Zielperson verhaften und die Straßen ihrer geliebten Stadt von einem weiteren kriminellen Subjekt befreien würde. Und oh, heute Nacht war eine dieser Nächte, in denen sie dieses Gefühl ausleben würde können. Heute Nacht würde etwas großes passieren, dessen war Eren sich sicher.
 

Sie trafen sich mit Erwin, Jean und Connie in einem heruntergekommenen Bürogebäude am Rande des Hafens. Nur Armin fehlte; Erwin hatte es nicht geschafft ihn zu erreichen. Eren konnte sich nur zu gut vorstellen, wie ihr bester Freund weltvergessen in seine eigene kleine Welt hinabgetaucht war und auf seinem altem plüschigen Sofa die neuesten Bücher verschlingen würde. Niemals würde er in solch einer Situation das Klingeln des Telefons bemerken. Eren war jedoch nicht besorgt über diese Tatsache, schließlich würden sie es auch ohne ihn schaffen.
 

Sie besprachen ihre Strategie ein letztes Mal mit Erwin, bevor sie losziehen und sich im Gelände verstecken würden, um die Ankunft der Flügel der Freiheit zu erwarten.
 

„Also, nach unseren Informationen werden die Rebellen in etwa 30 Minuten eintreffen, um die Waffen zu kaufen. Wir glauben es werden 12 Personen sein, jeweils sechs Rebellen und sechs Leute von der Mafia. Levi selbst sollte heute Abend auch anwesend sein. Heute ist der Tag, an dem wir sie schnappen werden.“ fasste Erwin noch einmal mit seiner tiefen ruhigen Stimme zusammen.
 

Er betrachtete jeden einzelnen von ihnen genau, um sicherzugehen, dass sie bereit waren.
 

Connie unterbrach das ernsthafte Schweigen neugierig. „Woher stammen diese Informationen?“ fragte er.
 

Eren bemerkte den berechnenden Blick in Erwins Augen, als er Connie unverbindlich anlächelte. „Das ist im Moment nicht von Relevanz. Wichtig ist nur, dass ihr heute erfolgreich sein werdet. Ich glaube an euch.“
 

Der Rest des Teams nickte mit feierlichen Mienen, nur Eren war tief in Gedanken verloren. Wer könnte diese Informationen geliefert haben, und warum würde Erwin ihnen nicht seine Quelle verraten? Glaubte er etwa, dass der Verräter sich in ihrem Team befand? Schon wieder? Das konnte Eren sich einfach nicht vorstellen, sie vertraute Sasha, Jean und Connie. Anderseits, sie hatte auch Reiner und Mikasa vertraut, und wohin hatte das geführt?
 

Sie würde mehr als erleichtert sein, Levi endlich zu schnappen. Sicher würden die Flügel der Freiheit zusammenbrechen ohne ihren großen Anführer. Und wenn die Straßen ihrer Stadt endlich von dieser kriminellen Organisation bereinigt wären, würden auch die anderen kleineren Gruppen kein Problem mehr für das Aufklärungskommando darstellen. Eren hatte sich geschworen, die organisierte Kriminalität zu vernichten, und heute Nacht würde sie damit anfangen. Es wird sich einfach wunderbar anfühlen, Levi endlich in Handschellen zu legen, sein höhnisches Grinsen würde endlich von-
 

„Eren, wisch dir dieses gruselige Lächeln aus dem Gesicht, wir machen los!“ Jean schnippte mit den Fingern vor Eren hin und her, um sie zurück in die Realität zu holen.
 

---
 

Sie hatten sich zwischen alten Containern in einer großen, verrümpelten Lagerhalle positioniert, jeder von ihnen an einem anderen Fleck. Der Plan sah vor, die Gangster während der Übergabe zu überraschen, und sie allesamt zu verhaften. Mit weniger würde Eren sich nicht zufrieden geben. Das Team hatte noch Verstärkung von der örtlichen Polizeiwache bekommen, damit sie nicht in Unterzahl gegen die Verbrecher vorgehen mussten.
 

Es dauerte nicht lange, bis sie die ersten Fußschritte hörten.
 

„Wenn diese Schwachköpfe heute Nacht wieder zu spät sind, ramm' ich ihnen mein verdammtes Messer in den Arsch. Wie kann man nur so unhöflich sein und andere Leute dermaßen warten lassen.“ hörte Eren Levis vertraute tiefe Stimme fluchen.
 

„Das glaube ich kaum.“ antwortete eine andere männliche Stimme. „Ich denke, ich habe mich klar ausgedrückt, dass sie dieses Mal pünktlich zu erscheinen haben.“
 

Die Agentin lugte um die Ecke und sah sechs Menschen in die Halle hineinwandern. Sie konnte Levi, Mikasa, die Frau mit dem bernsteinfarbenen Haar und den Typen namens Oluo wiedererkennen. Zwei weitere Männer, einer blond und einer schwarzhaarig, sah sie zum ersten Mal. Sie alle waren dunkel und einfach gekleidet, und Eren beobachtete, wie Levi sich eine Zigarette mit langen behandschuhten Fingern ansteckte.
 

Die Gruppe wartete schweigend, und es dauerte nicht sehr lange bis eine Meute weiterer Menschen hineinströmte, alle in grüne Kleider gehüllt, die Gesichter hinter Schals verborgen. Eren konnte nicht erkennen, ob es sich um Frauen oder Männer handelte, aber das war auch nicht wichtig. Sie würde sich auf die Flügel der Freiheit konzentrieren, die Rebellen waren Sache der örtlichen Polizisten.
 

Die Verbrecher wechselten ein paar wenige Worte bevor sie mit der Übergabe starteten. Eine Figur aus der Rebellengruppe sowie Mikasa traten nach vorn, beide hatten einfache schwarze Aktenkoffer in den Händen.
 

In dem Moment, in dem sie sie wechseln wollten,gab Eren das Zeichen und sie alle sprangen aus ihrem Versteck heraus.
 

Nun war es an der Zeit. Nun würde sie ihn endlich besiegen.
 

„Koffer fallennlassen und Hände hoch!“ rief Eren, als sie ihre Waffe auf Levi richtete.
 

Ihre Teamkameraden und die anderen Polizisten umzingelten die Gangster, die Finger auf den Abzügen gedrückt. Eren versuchte, die gesamte Situation unter Kontrolle zu behalten, aber ihr Hauptfokus lag auf der Zielperson direkt vor ihr.
 

Levi drehte sich um und seine Augen weiteten sich erstaunt.

„Miss Yeager!“ Er starrte sie ungläubig an; dieses Mal breitete sich kein höhnisches Lächeln auf seinem Gesicht aus.
 

Eren gab sich selbst innerlich einen High-five. Offensichtlich hatten sie ihn unvorbereitet erwischt, er würde nicht in der Lage sein, einen seiner dummen Scherze mit ihr zu machen. Er würde nicht noch einmal entkommen können.
 

Eren wollte ihren Befehl gerade wiederholen, als sie eine Bewegung im Augenwinkel wahrnahm. Sofort drehte sie ihren Kopf in die entsprechende Richtung und erkannte entsetzt, dass einer der Rebellen dabei war, eine Rauchbombe in die Menge zu schmeißen. Sie wollte sie ihm aus der Hand schießen, aber es war schon zu spät.

Mit einem unheilvollem Scheppern landete die Granate auf dem Boden, und innerhalb der nächsten Sekunden war die Halle mit dickem weißen Rauch gefüllt, der das Atmen erheblich erschwerte.
 

Eren versuchte, sich umzusehen, doch alles was sie ausmachen konnte, war der Schatten von Sasha neben ihr. Die Frau hustete und bemühte sich, wieder zu Atem zu kommen. Ihre Stimme war rau und heiser als sie sich an ihre Teamchefin wandte.
 

„Verdammt Eren, wir müssen hier raus-“
 

Bevor Sasha weiterreden konnte, zerrieß ein Schuss die Luft, und Eren fühlte die Kugel neben ihrem Ohr langzischen.
 

Verdammt. Das hier gerät außer Kontrolle.
 

Eren packte Sasha und zog sie mit sich, als sie zur Seite sprang. Sie schafften es, sich hinter einer dicken grauen Säule vor den nächsten Schüssen in Sicherheit zu bringen. Mittels des drahtlosen Ohrhörers fragte Eren ihre Mitstreiter, ob sie in Ordnung wären. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie erleichtert, Jeans nervige Stimme zu hören. Er versicherte ihr, dass Connie und er vorerst in Sicherheit wären, gut verborgen hinter einem Container.
 

Gut. Dachte sie bei sich. Nun muss ich nur noch herausfinden, woher die Schüsse kommen.
 

Eren atmete tief ein und versuchte, ruhig zu werden. Sie würde ihre gesamte Aufmerksamkeit benötigen, um diese Situation meistern zu können. Auch wenn ihr das Herz in der Brust hämmerte als sie um die Ecke schaute, fühlte sie sich ruhig und erregt zugleich. In solch bedrohlichen Momenten schien die Zeit plötzlich langsamer zu laufen, und sie war in der Lage die gesamte Situation zu erfassen.

Eren konnte alles hören, alles sehen und sogar alles riechen. Ihre Sinne liefen auf Hochtouren. Darum liebte sie ihren Job; in solchen Momenten fühlte sie sich kraftvoll und lebendig. Sie würde alles erreichen können, was sie wollte.
 

Der Rauch klärte ein wenig auf, und Eren konnte die Frau aus Levis Team erkennen. Sie hatte ihren Körper hinter einem Stapel Kisten in Sicherheit gebracht, aber sie schaute direkt in Erens Richtung. Ihre großen goldfarbenen Augen funkelten gefährlich als sie ihre Waffe hob und ein weiteres Mal auf Eren schoss.
 

„Diese verdammte Irre!“ fluchte Eren als sie auswich.
 

Sie ließ sich eine Sekunde Zeit um zu zielen, bevor sie selbst auf die Frau schoss. Einmal, zweimal.
 

Ihre Gegnerin bewegte sich immer noch und versuchte, Eren abermals eine Kugel durch den Körper zu jagen.

Die Agentin schoss ein drittes Mal und versteckte sich augenblichklich hinter der Säule, als die nächste Kugel abgefeuert wurde.
 

„Petra, das reicht!“ ertönte Levi's scharfe Stimme vom anderen Ende der Halle. „Wir ziehen uns zurück!“
 

Erens Kopf ruckte in die Richtung, aus der sie seine Stimme gehört hatte. Als ob sie ihn jetzt entwischen lassen würde. Nicht wenn sie so nah dran war, ihn endlich zu schnappen.

Bevor sie auch nur weiter darüber nachdenken konnte, sprintete Eren schon los zu der Stelle, an der sie Levi vermutete. Der Rauch hatte sich nun fast gelichtet und sie konnte seine athletetische Statur ausmachen, als er vor ihr herrannte.
 

Verdammt, er war echt schnell.
 

Komm schon, du hast so lange für diese Situation traniert. Trieb Eren sich selbst an. Du schaffst das. Du kriegst ihn.
 

Ihre Lungen brannten vom Rauch und der Anstrengung des Rennens, aber sie schaffte es noch einen Zahn zuzulegen und den Abstand zu verringern. Levi schaute hinter sich und war überrascht, Eren aufholen zu sehen. Er versuchte seine Verfolgerin loszuwerden, indem er auf den nächsten Stapel schwerer Holzkisten sprang. Er hangelte sich an die Spitze und streckte die Arme aus, umd die Ballustrade des zweiten Stockes zu ergreifen. Mit einem eleganten Überschlag schwang er sich hoch und landete mit den Füßen auf der nächsten Etage.
 

Als Eren diese gymnastischen Übungen beobachtete, konnte sie sich ein höhnisches Grinsen nicht verkneifen. Wenn er glaubte, sie so einfach loszuwerden, hatte er sich getäuscht. Bevor sie zum Aufklärungskommando gekommen war, hatte Eren den Großteil ihrer Freizeit mit Parkour verbracht, und sie ziemlich gut darin gewesen. Einfach geradeaus rennen, egal welche Hindernisse ihr in den Weg kämen, große Mauern überwinden und sich selbst immer wieder herausfordern - das war ihre Leidenschaft gewesen. Und nun würde die sich wieder einmal auszahlen.
 

Keine Chance, dass diser zu kurz geratene Bastard sie in ihrer eigenen Disziplin schlagen würde.
 

Ohne Zeit zu verschwenden, folgte Eren ihm mit schnellen und geübten Bewegungen. In dem Moment, in dem ihre Füße wieder den Boden berührten, sprintete sie auch schon weiter ihrem Ziel hinterher. Als Levi bemerkte, dass er immer noch verfolgt wurde, schnappte er sich einen alten Rollcontainer an der Wand und stieß ihn in ihre Richtung. Eren stolperte fast darüber, konnte sich aber im letzten Moment noch fangen und mit einem kraftvollen Sprung über das Möbelstück hinweg hechten. Levi war schon fast am Ende des Flures und schlüpfte durch eine alte Eisentür.
 

Erens Herz klopfte wie wild, ihr Puls raste. Sie trat die Tür ein und riss sie dabei fast aus den Angeln. Als sie eintrat und sich umsah, erkannte sie dass sich eine weitere große Halle vor ihr erstreckte.
 

Eren stand auf einer alten Plattform, deren Treppe steil bergab zum Erdgeschoss der Halle führte. Levi war schon auf der letzten Stufe angekommen und drehte sich kurz um, als er die Tür krachen hörte. Er sah Eren geradewegs ins Gesicht und zwinkerte ihr spöttisch zu, befor er weiter Richtung Ausgang rannte.
 

Dieser verdammte Mistkerl.
 

Eren überlegte nur einen Herzschlag lang. Es würde zu lange dauern, die Treppen normal herunter zu laufen, diese Zeit hatte sie nicht.
 

Sie holte tief Luft, kletterte auf den Handlauf der Plattform und machte sich bereit. Das Adrenalin rauschte durch ihre Adern als sie sich von der Balustrade abdrückte und etwa vier Meter in die Tiefe sprang. Mit einer geschickten Rolle landete sie auf dem Boden, direkt vor Levi, und schnitt ihm somit den Weg ab.
 

Dieser stoppte verdutzt und starrte sie überrascht an, als sie ihren Kopf hob um ihm einen zornigen Blick zuzuwerfen. Ohne zu zögern sprang Eren nach vorne, umklammerte Levis Taille und stieß ihn zu Boden. Sie überwältigte ihn und schaffte es sogar, ihn mit einer schnellen Bewegung zu entwaffnen, als er nach seiner Pistole greifen wollte. Das klappernde Geräusch der auf den Boden fallenden Kanone befriedigte sie ohne Ende.
 

Das harte Training der letzten Monate hatte sich ausgezahlt.
 

Vor Anstrengung atmete Eren schwer, aber sie war verdammt stolz auf sich. Durch ihre unermüdliche Arbeit hatte sie es geschafft, Levi ein weiteres Mal zu erwischen, und nun würde sie ihn ein für alle Mal besiegen. Dieses Mal würde sie nicht den Fehler begehen, sich von ihm entwaffnen zu lassen.
 

Um seinen geradezu unheimlich ausgeprägten Nahkampftalenten zu entgehen, sprang Eren schnell hoch und baute sich über ihm auf. Sie hob ihre Waffe und legte den Finger auf den Abzug, nur für den Fall.
 

Levis Augen glitzerten, als er zu ihr hochschaute.
 

Bleib ruhig. Du bist ein Profi. Du schaffst das Ganze hier ohne auszuflippen.
 

Dieses Mal würde Eren ihm nicht die Genugtuung verschaffen, sich von seinen dämlichen Sprüchen provozieren zu lassen.
 

„Leidenschaftlich wie immer.“ spottete Levi, als er sich aufsetzte. „Hast du mich etwa so sehr vermisst?“
 

Eren stöhnte genervt auf. So viel zum Thema ruhig bleiben.
 

„Ich halte dir gerade eine gottverdammte Pistole an den Kopf.“ knirschte sie mit zusammengebissenen Zähnen. „Kannst du dich nicht ein einziges Mal benehmen wie jeder andere normale Verbrecher? Ein einziges verdammtes Mal?!“
 

Levi klopfte sich den Staub von der Kleidung und gluckste.
 

„Tut mir leid, Süße.“ sagte er mit rauer Stimme. „Vermutlich war ich einfach abgelenkt, als du da so keuchend auf mir drauf gesessen hast.“
 

Mit größter Selbstbeherrschung schaffte Eren es, ihn für diesen Kommentar nicht zu erschießen. Dieser arrogante Dreckskerl würde noch ihr Ende bedeuten.
 

„Aber wenn du mich ganz lieb bittest, werde ich ab jetzt ein guter Junge sein.“ Levi streute noch Salz in die Wunde. „Vielleicht.“
 

Der altvertraute Ärger kochte schon wieder in ihr hoch, aber Eren entschied sich, seine Versuche sie

aufzuziehen einfach zu ignorieren. Stattdessen nahm sie die eisernen Handschellen von ihrem Gürtel ab.
 

„Steh auf und streck die Hände vor dir aus!“ verlangte sie in unnachgiebigem Befehlston.
 

„Oh, also kommen wir nun endlich zu den interessanten Aktivitäten...“ sprach Levi gedehnt, als er sich aufreizend langsam erhob.
 

Wieder einmal widerstand Eren dem Drang, ihm einfach ins Gesicht zu schlagen. Dies hier war ihr Sieg, er würde ihn ganz bestimmt nicht mit irgendwelchen dummen Sprüchen verderben können.

Okay, vielleicht konnte er das. Aber sie würde ihn das verdammt nochmal nicht wissen lassen.
 

Levi stand nun direkt vor Eren und grinste sie herausfordernd an. Er machte keinerlei Anstalten, ihren Befehlen Folge zu leisten. Sie funkelte ihn wütend an und klimperte mit den Handschellen.
 

„Hände. Ausstrecken. Sofort.“ knurrte Eren.
 

Bevor auch nur einer von ihnen sich rühren konnte, zog das laute Bersten einer Tür und das hektische Getrappel von Fußschritten ihre Aufmerksamkeit auf sich. Schnell drehte Eren sich um und sah den Man namens Oluo hinter sich, wie er eine Pistole auf sie richtete.
 

Ja, natürlich. Sie hätte fast mit den Augen gerollt. Ich hab' die Scheiße hier sowas von satt.
 

„Sorry dass wir uns verspätet haben, Boss.“ sagte Oluo, während er sich den Schweiß mit einem weißen Tuch von der Stirn wischte.
 

Hinter ihm erschien die Frau mit dem bernsteinfarbenen Haar und dem irren Blick, und sie richtete ihre Waffe sofort wortlos auf Eren.
 

„Kein Problem, ich hatte recht unterhaltsame Gesellschaft beim Warten.“ sagte Levi, ohne seinen intensiven Blick von Eren zu nehmen.
 

Der Zorn in ihr hatte nun ein gefährlich hohes Level erreicht, und für einen kurzen Moment erwog sie, den Mafiaboss einfach so umzupusten, egal ob seine bewaffneten Komplizen nun hinter ihr standen oder nicht. Als ob Oluo ihre Gedanken gelesen hätte, stieß er ihr seine Pistole in den Rücken.
 

„Jetzt lass die Knarre sinken und nimm die Hände hoch, Bulle.“ Seine Stimme klang merkwürdig gekünstelt, so als ob er sich extra Mühe geben würde, gelangweilt zu wirken.
 

Eren fluchte vor sich hin und knirschte mit den Zähnen, tat aber letztendlich doch wie ihr gehießen.
 

So nah. Sie war so verdammt nah dran gewesen.

Wo waren ihre Kameraden wenn man sie einmal brauchte? Waren sie zu sehr damit beschäftigt, die Rebellen und den Rest der Mafia in Schach zu halten?

Anstatt dieses kriminellen Arschloch hier endlich abzuführen, musste sie nun ihre Niederlage eingestehen. Schon wieder.
 

Levis Grinsen wurde breiter als er auf Eren zuging. Mit spitzen Fingern nahm er ihr die Pistole ab und baumelte sie genüsslich vor ihrem Gesicht hin und her.
 

„Tut mir leid, die hier werde ich mitnehmen müssen, Miss Yeager.“ erklärte er schmunzelnd.
 

Eren knurrte, aber zumindest nahm Oluo nun seine eigene Knarre aus ihrem Rücken. Da sie nun unbewaffnet war, hoffte sie, dass die Gangster sie nun endlich in Ruhe lassen und abhauen würden.
 

Sie hätte es wirklich besser wissen müssen.
 

Anstatt sich nun endlich zu verziehen, trat Levi noch einen Schritt näher an sie heran, beugte sich vor und brachte seinen Mund dicht an ihr Ohr. Seine Stimme war seltsam rau und belegt, als er ihr die nächsten Worte zuflüsterte.
 

„Keine Sorge, ich leih dir jederzeit gerne mein Gewehr aus, wenn du es brauchst.“ hauchte er anzüglich.
 

„Du mieser kleiner-“ Eren langte vorwärts, um ihn in Stücke zu reißen, aber Oluo war schneller. Er packte sie hart und versuchte, sie im Zaume zu halten. Als Eren nicht aufhörte, sich zu wehren, schritt Petra ein und half ihrem Partner, die Agentin von Levi wegzuziehen. Sie drückte ihr den Lauf ihrer Pistole an die Schläfen, und endlich erstarrte Eren in ihren Bewegungen. Nun hielt sie still, nicht ohne Levi mit ihren Blicken zu erdolchen.
 

Der Mafiaboss trat einen Schritt zurück und lies ein kehliges Lachen ertönen. Seine normalerweise eiskalten Augen leuchteten vor Vergnügen.
 

„Deine Reaktionen sind einfach nur zu herrlich, Süße.“ sagte er, und sein verdammtes Grinsen war so breit dass Eren hätte schwören können, es würde nie wieder aus seinem Gesicht verschwinden. „Aber ich denke wir sollten unsere kleine Teeparty jetzt beenden.“
 

Er hob seine eigene Pistole auf, verstaute sie im Gürtel und drehte sich um.
 

„Bis bald, Miss Yeager.“ Er winkte lässig und wanderte langsam Richtung Ausgang, als ob er alle Zeit der Welt hätte.
 

Erens Zorn wurde sogar noch größer als sie sich selbst dabei erwischte, wie sie den aufreizenden Schwung seiner Hüften hinterherstarrte, anstatt darüber nachzudenken wie sie ihm doch noch eins reinwürgen würde können.
 

Nein, auf gar keinen Fall würde sie diesen kriminellen Bastard je attraktiv finden. Keine Chance.
 

Trotzdem tauchte die Erinnerung an das Gespräch mit Armin wieder vor ihren Augen auf. Sie versuchte ihr möglichstes, seine Warnung bezüglich der „verwirrenden Gefühle“ in die hintereste Ecke ihres Geistes zu verbannen, als Oluo und Petra sie endlich losließen um ihrem Anführer zu folgen. Natürlich nicht ohne dass Petra ihr einen letzten giftigen Blick zu warf, der zu bedeuten schien, dass sie keine Sekunde zögern würde Eren trotzdem zu erschießen, sollte sie nur einen falschen Mucks von sich geben.
 

Eren ballte ihre Hände zu Fäusten und wartete, bis die drei Verbrecher aus ihrem Sichtfeld verschwunden waren, bevor sie selbst die Halle verließ um sich auf die Suche nach ihren Kollegen zu machen.
 

---
 

Einige Minuten später hatten sie sich vor dem Eingang des Gebäudes wieder gemeinsam versammelt.
 

Die gute Nachricht war, dass keine von Erens Teamkameraden oder von den Einsatzkräften der Polizei ernsthaft verletzt worden waren, die schlechte war jedoch, dass sie nicht einen einzigen Verbrecher hatten fassen können. Die Rauchbombenaktion der Rebellen hatte wirklich alles zunichte gemacht, aber wenigstens hatten sie nun wieder einen offiziellen Grund, um nach Levi und seinen Gesellen zu fahnden.
 

Trotzdem wollte Eren ihre Niederlage nicht so schnell eingestehen. Nur weil sie eine Schlacht verloren hatte, hieß das noch lange nicht, dass sie auch den Krieg verlieren würde.
 

„Okay, alle zusammen.“ richtete sie ihre Worte an ihr Team. „Wir gehen jetzt herum und suchen das Gelände nach weiteren Beweisen ab. Vielleicht finden wir einen hilfreichen Hinweis oder etwas Vergleichbares.“
 

Jean und Connie starrten sie fassungslos an. „Was, wir können immer noch nicht nach Hause gehen? Aber Ereeen, es ist Samstag Nacht, die Forensiker können die Spurensuche übernehmen-“
 

Sie verengte ihre Augen und starrte die beiden böse an. „Ist mir egal ob sie auch suchen, wir werden ihnen dabei helfen. Menschen, die in einen Kampf verwickelt worden sind, haben eine ganz andere Perspektive und können wichtige Hinweise geben. Vielleicht entdeckt ihr sogar selbst etwas, einfach weil ihr dabeigewesen seid!“
 

„Das ist mein Mädchen, immer auf einen Sieg aus!“ rief Hange aus, als sie hinter Eren auftauchte, und umklammerte deren Schultern mit festem Griff.

Da sie zum forensischen Team gehörte, war sie eine der ersten gewesen, die nach der Schießerei am Tatort eingetroffen waren. Trotz der fortgeschrittenen Stunde platzte sie wie immer geradezu vor Energie. Es war nicht das erste Mal, dass sich Eren insgeheim fragte, ob Hange nicht heimlich etwas von ihren eigenen Chemikalien naschte.
 

Sie hatten sich in mehrere Teams aufgeteilt, um das Gelände nach mehr Hinweisen abzusuchen, aber Eren bestand darauf, alleine durch die Gegend zu streifen.
 

Sie brauchte einfach etwas Raum, um über die letzten Geschehnisse nachzudenken. Frustriert kickte sie einen Stein vor sich her, als sie daran dachte, wie Levi ein weiteres Mal hatte entkommen können, und sie wurde immer noch verdammt wütend als ihr seine dämlichen Kommentare und sein arrogantes Grinsen wieder und wieder vor Augen erschienen. Was sie allerdings noch viel mehr beunruhigte, war, dass er es scheinbar immer wieder schaffte mit ihr herumzuspielen. Wie Armin bereits angekemerkt hatte, war Eren eine Frau mit sehr viel Temperament; aber für ihren Job hatte sie stets versucht, einen kühlen Kopf zu bewahren. Doch Levi schien genau zu wissen, welche Knöpfe er drücken musste, um sie komplett auf die Palme zu bringen. Sie hatte keine Ahnung, warum sie in seiner Gegenwart so schnell die Fassung verlor, und sie wollte im Moment auch gar nicht weiter darüber nachdenken.
 

Eren hatte verdammt nochmal einen Job zu erledigen, sie hatte Besseres zu tun als die ganze Zeit über diesen Mistkerl nachzudenken.
 

Gedankenverloren schlenderte sie umher und merkte, dass sie bereits weit weg am anderen Ende des Hafens angelangt war. Die kühle Nachtluf kroch zwischen ihre Kleidung, und sie wollte sich gerade fröstelnd abwenden um wieder zurückzukehren, als sie plötzlich ein gedämpftes Schluchzen in ihrer Nähe vernahm.
 

Sie blieb stehen und schaute sich verwirrt um, aber sie konnte nichts erkennen außer großen dunklen Gebäuden und Stapeln von Containern.
 

Woher konnte dieses Geräusch stammen? Niemand sollte zu dieser späten Stunde noch hier sein.
 

Das Schluchzen wurde lauter, und Eren beschloss, der Ursache des Geräusches auf den Grund zu gehen. Sie zog die Waffe, die sie sich von Erwin hatte leihen müssen, da ja ein gewisser Dreckskerl ihre eigene mitgenommen hatte, und schlüpfte vorsichtig um die nächste Ecke.
 

Das Areal wurde nur spärlich vom Mondlicht beleuchtet, deswgen brauchte Eren eine gewisse Zeit um zu erkennen, dass das Häufchen dort in der Sackgasse tatsächlich ein menschliches Wesen zu sein schien. Eine junge Frau mit hellbraunen Locken saß mit hochgezogenen Knien auf dem Boden und schluchzte vor sich hin. Als Eren näher herankam, schaute die Frau mit tränennassen Augen zu ihr hinauf.
 

„B-bitte töte mich nicht!“ flehte sie schwach.
 

Ihr ganzer Körper begann zu zittern, als sie die Pistole in Erens Händen bemerkte. „Töte mich nicht.“ wiederholte sie mit erstickte Stimme.
 

Eren verstaute die Waffe wieder im Holster und zeigte der Frau nun ihre bloßen Hände, um sie zu beruhigen. Langsam ging sie auf sie zu.
 

„Hey, alles in Ordnung, Sie brauchen keine Angst haben!“ sagte sie so tröstend wie es nur ging. „Ich bin ein Special Agent, ich werde Ihnen nichts tun.“
 

Die Frau starrte sie weiter an, scheinbar unsicher, ob sie ihr wirklich vertrauen konnte.
 

„Was tun Sie denn hier mitten in der Nacht, junge Frau?“ fragte Eren sanft.
 

Der Lockenkopf ließ ein weiteres Schniefen verlauten, bevor sie wieder sprach. „Ich- Ich bin mit meinem Hund Sawney Gassie gegangen, wie jeden Abend, und plötzlich habe ich Schüsse gehört. Ich dachte, vielleicht ist da so eine Art Bandenkrieg im Gange, und habe mich hier versteckt.“ Sie wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. „Ich hatte soviel Angst.“
 

Eren nickte und sandte ihr ein beruhigendes Lächeln. „Es war gut, dass Sie sich versteckt haben. Keine Sorge, es ist alles vorbei.“ Sie sah sich um. „Wo ist denn ihr Hund?“
 

„Ich weiß es nicht... er ist ein kleiner Feigling. Vielleicht ist er in eines der Gebäude hineingerannt.“ Die Augen der Frau füllten sich wieder mit Tränen.
 

„Weinen Sie nicht, junge Dame. Ich werde Ihnen helfen den Hund wiederzufinden, und dann bringen wir Sie sicher nach Hause.“ Eren streckte ihr eine Hand entgegen. „Ich bin Eren. Wie heißen Sie?“
 

Die Frau ergriff die Hand und ließ sich von ihr hochziehen.
 

„Ich bin Hitch.“ sagte sie.
 

„Freut mich, Sie kennenzulernen, Hitch.“ Eren lächelte sie an, um sie so gut es ging zu beruhigen.
 

Als die Frau einen Schritt vorwärts machte, stolperte sie, doch Eren konnte sie noch rechtzeitig auffangen. Hitch schlang ihre Arme um sie, und bevor Eren wusste wie ihr geschah fühlte sie plötzlich einen stechenden Schmerz in ihrem Nacken.
 

„Autsch!“ erschrak sie. „Was zur Hölle-?“
 

Hitchs Gesichtausdruck verzog sich vom verzweifelten Schluchzen zu einem hinterhältigen Grinsen. Sie zog die Injektion aus Erens Hals heraus und warf die Spritze achtlos auf den Boden.
 

„Danke.“ Ihre Stimme triefte vor Sarkasmus. „Die Freude ist ganz meinerseits, Miss Yeager.“
 

Eren starrte sie mit schreckgeweiteten Augen an und versuchte, die Situation zu erfassen. Ihre Sicht began sich zu trüben, und ihr Kopf füllte sich langsam mit einem feinen weißen Nebel. Bevor sie ihre Waffe ziehen konnte, packte Hitch die Pistole und verstaute sie sicher bei sich selbst. Dann schnippte die Frau mit den Fingern.
 

„Balto, es ist soweit. Du kannst jetzt rauskommen.“
 

Ein übergewichtiger Mann in mittleren Jahren trat aus der Dunkelheit heraus und näherte sich ihnen hastig. Die Halbglatze und das selbstgefällige Lächeln auf seinen wulstigen Lippen ließen ihn wie ein großes gieriges Schwein erscheinen, und eine Welle von Panik erfasste Eren.
 

Sie stütze sich gegen die Mauer, als ihr schwindlig wurde. Überwältigende Müdigkeit schwappte über sie hinweg, aber sie zwang sich selbst, dagegen anzukämpfen. Ihr Kopf arbeitete nicht mehr richtig, und sie war nicht in der Lage klar zu denken. Nur von ihren Instinkten geleitet begann sie, nach vorn zu stolpern.

Irgendwohin, egal wohin, Hauptsache weg von hier.
 

Bleib wach. Renn weg.
 

Am Rande ihres Bewusstseins konnte Eren ein rauschendes Geräusch vernehmen. Sie war sich nicht sicher ob sie es sich nicht nur einbildete, aber sie hatte das Gefühl, jemand würde sie rufen. Ihr benebelter Verstand konnte die Stimme aus ihrem Ohrhörer nicht mehr identifizieren.

Ein starker Griff packte Eren und schmiss sie gegen die Wand.
 

„Na na, meine Liebe, wo wollen wir denn hin?“ kicherte der dicke Mann. „Wir sind hier noch lange nicht fertig!“
 

Hitchs Gesicht erschien in Erens beschränktem Sichtfeld.
 

„Das ist also die berühmte Agentin Yeager? Ich bin enttäuscht. Hab' mir irgendwie vorgestellt, es wäre herausfordernder, sie in die Falle zu locken.“ Die Frau rümpfte ihre Nase. „Und dürr ist sie auch noch. Keine Ahnung warum er so an ihr hängt.“
 

Eren verstand nicht mehr, worüber die beiden sprachen. Der Nebel in ihrem Kopf wurde immer stärker, und inzwischen hatte sie Probleme, sich auf den Beinen zu halten. Ihre Knie zitterten und sie schwankte.
 

„Mir egal, ob sie dünn ist oder nicht.“ Das Gesicht des Mannes kam näher an Eren heran, viel zu nah, und die widerliche Duftwolke von Alkohl lies sie beinahe würgen. „Hey Hitch, was meinst du, haben wir noch ein bisschen Zeit? Ich würde gern noch meinen Spaß mit ihr haben. Stell dir nur mal sein Gesicht vor, wenn er das rausfindet.“
 

Die junge Frau stieß ein süffisantes Lachen aus und rollte mit den Augen. „Du bist ein ganz schöner Perversling, Balto. Wie auch immer, mir egal. Stell nur sicher dass sie am Ende lebend beim Boss ankommt.“ Sie steckte ihre Hände in die Jackentaschen und schlenderte davon. „Dieser Mist hier langweilt mich eh zu Tode.“
 

Balto leckte sich die Lippen und began, die Schnallen an Erens Schutzweste aufzureißen.
 

Nein.
 

Die Müdigkeit wurde immer intensiver, aber Eren erlaubte sich nicht zu ruhen. Sie stieß seine Hände weg, seine riesigen, gierigen Hände, immer und immer wieder. Sie versuchte, ihm in den Schritt zu treten, aber ihre Beine waren zu schwach. Also konzentrierte sie ihre verbliebene Kraft darauf, den Man wegzuschubsen, doch es wurde immer schwerer und schwerer ihre tauben Glieder zur Bewegung zu zwingen.
 

Kämpfe. Du musst kämpfen!
 

Das war der einzige Gedanke, der sich noch in ihrem benommenen Kopf festsetzen konnte. Eren wehrte sich gegen den schweren Körper über ihr, so viel wie nur möglich, aber ihr Bewusstsein began bereits, wegzudriften. Balto schien nicht im Geringsten beeindruckt von ihrer Gegenwehr zu sein und kicherte abermals.
 

„Es hat keine Zweck deine Kraft zu verschwenden, du kleines-“
 

„Miss Yeager?“ Levis scharfe Stimme hinter ihnen zog sie aus dem beginnenden Black Out heraus.
 

Erens Blick flackerte zu der dunklen Shilhouette des Mannes. Er stand am Ende der Sackgasse, eine Fäuste geballt und die Beine gespreizt, und augenblicklich kam Eren das Sinnbild eines Jägers in den Kopf, bereit, seine Beute in Stücke zu zerfetzen.

Ihre Augen trafen diese eiskalten grauen Iriden, die sie unverwandt anstarrten. Eren wunderte sich nicht einmal mehr, warum der Mafiaboss immer noch auf dem Gelände war; alles was sie fühlte war eine seltsame Erleichterung, sein vertrautes Gesicht zu erblicken.
 

Balto stoppte überrascht, und Eren nutzte die Gelegenheit um sich aus seinem Griff zu befreien und vorwärts zu stolpern, nur weg von diesem widerwärtigen Mann. Ihre Beine zitterten und sie war nicht mehr in der Lage, auch nur einen Schritt zu tätigen.
 

Dunkelheit senkte sich über ihren Geist, und sie wusste, dass sie nicht mehr länger würde durchhalten können.
 

„Levi...bitte...Hilfe-“ flüsterte Eren mit ersterbender Stimme.
 

Dann versank alles um sie herum in tiefste Schwärze.

Die Zelle

„Levi...bitte...Hilfe-“
 

Er konnte Erens geflüsterten Worte kaum verstehen, aber auch ohne ihre Worte hätte er ohne zu Zögern gehandelt. Ihr Körper sackte zusammen, und Levi beeilte sich sie aufzufangen
 

Die bewusstlose Agentin fiel mit schweren Gliedern in seine Arme. Schnell vergewisserte er sich, dass sie noch Luft bekam, und stellte erleichtert fest dass ihre Atmung normal war. Sorgfältig setzte Levi Eren ab, sodass ihr Rücken an der kalten Steinwand lehnte.

Er baute sich wieder auf und starrte den Man vor sich durchdringend an. Der Gesichtsausdruck des Mafiabosses war eine versteinerte Maske, seine unbarmherzigen Augen bohrten sich in das wertlose Subjekt, dass er gleich auslöschen würde.
 

Balto riss verängstigt seine Augen auf.
 

„Mikasa.“ Levis scharfe Stimme durchschnitt die surreale Stille, die sich wie eine Decke über sie gelegt hatte.
 

Wie aus dem Nichts trat die junge Frau in das dämmrige Licht des Mondscheins, und blieb an der Seite ihres Anführers stehen. Ihre blaugrauen Augen huschten von Erens bewusstlosen Körper zu dem dicken Mann, der unter ihrem feindseligen Blick nur noch mehr zu schwitzen anfing.
 

„Ja.“ antwortete sie kalt.
 

„Bring Special Agent Yeager zum Auto.“ befahl Levi. „Warte dort auf mich, ich komme nach. Vorher werde ich mich noch ein wenig mit diesem stinkenden Abschaum hier unterhalten.“
 

Mikasa knurrte, und ihr Boss konnte klar erkennen dass sie sich nur zu gerne an dieser kleinen Unterhaltung beteiligt hätte, um Rache für Eren zu nehmen. Aber Levi musste sicherstellen, dass die junge Agentin vorher an einen sicheren Ort gebracht wurde. Er sandte Mikasa einen strengen Blick zu, der die Endgültigkeit seines Befehls widerspiegelte. Sie nickte schließlich.

Vorsichtig hob sie Eren an und legte sie sich über die Schulter. Mit einem letzten hasserfüllten Blick in Richtung Balto ging sie von dannen, immer darauf Bedacht, Eren's Körper nicht noch weiter zu verletzen.
 

Nachdem Levi sich sicher war, dass Mikasa sich um Eren kümmern würde, wandte er seine Aufmerksamkeit dem Manne zu, der vor ihm stand. Balto wollte einen Schritt zurücktreten, doch die Mauer hinter ihm schnitt ihm den Weg ab. Seine schwitzigen Hände flogen verzweifelt über die kalten Steine, um irgendeine Art Halt zu finden, und seine Knie fingen an zu zittern.
 

Natürlich wusste er, wen er da vor sich hatte. Er hatte schon zuviele Geschichten über Levi gehört, über die Methoden, wie er mit seinen Feinden verfuhr. Und auch wenn Balto bei weitem nicht der Hellste war, konnte er vom Gesichtsausdruck des Mafiabosses schließen, dass er sich soeben an die Spitze seiner Feindesliste katapultiert hatte.
 

„Du bist einer von diesen Titan-Wichsern, nicht wahr?“ Levi ging einen Schritt auf ihn zu. Der tödliche Schimmer in seinen eisgrauen Augen verriet Balto, was ihn nun erwarten würde.
 

Vor Angst erstarrte er, es war ihm nicht möglich sich nur einen Zentimeter zu bewegen.

Levi packte ihn am Kragen.
 

„Du musst echt bekloppt sein, so etwas in meiner Stadt zu versuchen.“ knurrte er und warf den Dicken mühelos gegen die Wand.
 

Endlich fand Balto den Mut, an seinen Gürtel zu fassen und seine Pistole zu ziehen, aber der Mafiaboss war schneller. Er entwaffnete seinen Gegner mühelos und warf die Kanone achtlos weg. Der darauffolgende Schlag in die Magengrube entlockte Balto einen schmerzerfüllten Schrei.
 

Levi packte den Kopf des Mannes und schlug ihn gegen die harten Backsteine. Balto begann zu wimmern; zappelte in diesem unbarmherzigen Griff, aber es war ihm einfach unmöglich, sich zu befreien.
 

„Was ist denn los, Arschloch?“ Levi versetzte Baltos Schritt einen heftigen Tritt zwischen die Beine.
 

Vor Schmerz sackte der Man auf den Boden.
 

„Was glaubst du, wird jetzt passieren?“ fragte Levi und starrte kalt auf sein Opfer hinab. „Glaubst du etwa, du kannst noch entkommen?“
 

Der dämonische Blick des Mafiabosses führte Balto vor Augen, dass er nicht mehr viel Zeit hatte. Entweder würde er kämpfen, oder er würde hier und jetzt sterben. Er zog eine Klinge um sich selbst zu verteidigen, auch wenn er wusste, welches Schicksal ihn erwarten würde wenn er versagen würde.

Trotz der geradezu lähmenden Angst sprang er auf die Füße und versuchte im gleichen Augenblick, Levi zu attackieren.
 

Dieser konnte sich ein hämisches Glucksen ob diesen ungeschickten Angriffs nicht verkneifen. Mit einem eleganten Fußtritt auf Baltos Hand zwang Levi ihn, das Messer fallenzulassen. Der Dicke wimmerte, als er seine gequetschten Finger hielt. Währenddessen beugte Levi sich herunter, um den Dolch aufzuheben.
 

„Oh, was für ein hübsches kleines Ding.“ sagte er, als er die lange scharfe Klinge betrachtete. „Eigentlich wollte ich dich ja mit blossen Händen töten, aber wenn du das hier schon extra mitbringst, könnte ich es genauso gut benutzen...“
 

Nachdenklich ließ er seine Finger das Messerblatt entlanggleiten. Das kalte Metall reflektierte das Mondlicht, und Levi blickte den winselnden Man vor sich mit einer undurchdringlichen Miene an. Allein seine weit geöffneten Augen verrieten überhaupt eine Spur von Emotionen.
 

„Sieht so aus, als wäre es Zeit für ein paar letzte Worte, nicht wahr?“ Levi packte den Man wieder am Kragen und zog ihn hoch, bis die fetten Füße panisch in der Luft hin- und hertanzten.

„Hat es dir Spaß gemacht, eine Unbeteiligte mit hineinzuziehen?“ fragte er mit fast schon sanfter Stimme und positionierte die Klinge auf dem massigen Bauch.
 

Balto winselte unverständlich vor sich her, und Tränen der Furcht sammelten sich in seinen Augen. „Ich habe gerade sehr viel Spaß...“ flüsterte Levi, befor er ausholte und das wertlose Schwein vor sich von dieser Welt zu tilgte.
 

---
 

Einige Minuten später erreichte Levi den schwarzen Mercedes, an dem Mikasa und Petra ihn bereits erwarteten. Sein Team hatte sich für die Flucht in zwei Gruppen geteilt. Diese Taktik nutzten sie oft wenn sie von einem Verbrechen wieder nach Hause fuhren. Wenn einer ihrer zahllosen Feinde sie doch angreifen sollte, würde wenigstens ein Teil von ihnen sicher und unbescholten wieder im Hauptquartier ankommen. Dieses Mal würde er also mit den beiden Frauen zurückfahren. Naja, und offensichtlich auch mit seinem neuen, ganz persönlichen Gast.
 

Als er am Auto ankam, konnte er seine zwei Untergebenen bereits hören. Sie standen neben der Motorhaube um auf ihn zu warten, doch scheinbar waren sie gerade zu beschäftigt sich streiten, um seine Anwesenheit zu bemerken.
 

„-Ich seh' einfach keinen Sinn darin sie zu retten, das ist doch nicht unsere Angelegenheit!“ zischte Petra bereits.
 

Für diesen Satz kassierte sie einen bösen Blick von Mikasa. „Ich werde sie hier bestimmt nicht zurücklassen, so schutz- und bewusstlos wie sie ist!“ schoß diese zurück.
 

Petra beharrte weiterhin auf ihrer Meinung. „Wir können sie ja immer noch an das Aufklärungskommando übergeben!“
 

„Können wir nicht.“ griff Levi ein.
 

Petra zuckte zusammen, sie hatte ihn bis eben gerade wirklich nicht bemerkt. Als sie die Blutspritzer auf seiner Kleidung und seinem Gesicht bemerkte, reichte sie Levi schnell ein Tuch und ein frisches weißes Shirt. Sie hatte diese Dinge in solchen Missionen immer zur Hand, da sie nur zu gut über seinen tiefen Ekel vor Schmutz und dem Blut anderer Leute Bescheid wusste. Levi nahm die Dinge dankbar entgegen, und begann sich damit zu säubern.
 

„Wir könne nicht einfach so mit ihrer bewusstlosen Agentin im Arm dort antanzen, während sie immer noch nach uns fahnden.“ sagte er und zog sich schnell das beschmutzte Shirt aus, befor er in das Neue schlüpfte. „Außerdem weiß ich nicht, ob sie da zurzeit so sicher ist. Wer weiß ob diese Arschkrampen von Titanen nicht auch ihre Spione in der Behörde haben.“
 

Er rubbelte sich die Hände sauber und seufzte erleichtert auf, als er endlich diesen widerwärtigen Dreck von seiner Haut losbekommen hatte. Zuhause würde er sich gründlich duschen müssen, aber vorerst reichte das aus.
 

„... Du willst doch nicht etwa andeuten, dass wir sie mit uns nehmen sollten, oder?“ Entgeistert starrte Petra ihn an. „Levi, das ist doch verrückt, sie ist unsere Feindin! Du kannst langsam nicht mehr klar denken, warum machst du so einen Rummel um diese Frau, habt ihr zwei etwa-“
 

„Ich erinnere mich nicht daran, dich in dieser Sache um deine Meinung gebeten zu haben, Petra.“ unterbrach Levi sie scharf. „Du weißt ganz genau dass es unsere Sache ganz und gar nicht dienen würde, wenn diese Idioten Agent Yeager als Geisel halten würden und damit das Aufklärungskommando in der Hand hätten!“
 

Keinen Widerspruch duldend, trat Levi ans Auto und öffente die Seitentür. Eren lag ausgestreckt auf dem Rücksitz, ihre Haut blass im schimmernden Mondlicht, das braune Haar zersaust. Wenigstens war kein Blut auf ihrer Polizeiuniform zu sehen, bis auf ein paar Kratzer schien sie unversehrt.
 

„Wie geht es ihr?“ fragte Levi Mikasa.
 

Diese sah ihn besorgt an. „Wie du siehst, ist sie immer noch bewusstlos, aber ich denke ansonsten ist sie okay. Dieser Bastard scheint sie unter Drogen gesetzt zu haben, um was auch immer mit ihr zu machen.“ Mikasa knirschte mit den Zähnen, als sie daran dachte. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte, und ihr Gesicht wieder nur eine verschlossene Maske war. „Ich habe auch noch unser Mitglied im Aufklärungskommando informiert, dass wir Eren mitnehmen. Aber wir sollten vorsichtig sein und jedmögliche Erschütterung vermeiden. Wir wissen nichts über mögliche innere Verletzungen.“ fügte sie hinzu.
 

Levi nickte zustimmend.
 

„Okay, Petra, du wirst uns zurück fahren. Lasst uns schnell aufbrechen, bevor diese Ratten zurückkommen.“ befahl er.
 

Vorsichtig hob der Mafiaboss Erens Oberkörper an, um sich ein wenig Platz zu verschaffen und selbst ins Auto einzusteigen. Er rutschte auf die hinterste Ecke seines Sitzes und zog die Frau zu sich heran. Levi schlang seine Arme von hinten um sie herum und lehnte sie in einer festen Umarmung an seine Brust. Er versuchte, ihren Körper so gut es ging zu stützen, um eventuelle Stöße während der Fahrt abzufedern.
 

Als sich der Mercedes endlich in Bewegung setzte, begann Levi sich zu entspannen. Die Sorge über sein Team und letztendlich auch über eine gewisse Agentin hatte schwer auf ihm gelastet, und er war erleichtert, dass sie jetzt endlich nach Hause fahren würden. Auch wenn er keinerlei Reue bezüglich des Mordes an diesem verdammten Titanen hatte, fühlte er sich immer seltsam erschöpft, wenn er jemandem das Licht ausgeknipst hatte.

Aber dieser Bastard hatte wirklich eine Lektion verdient, nachdem er sich in Levis Affären eingemischt hatte. Als würde er den Titanen dabei zusehen, wie sie sich in seinem Gebiet breit machten, noch dazu indem sie Miss Yeager verletzten. Der bloße Gedanke daran, dass dieses dreckige Schwein jetzt überall auf ihrem Körper sein könnte, machte Levi einfach nur krank.
 

Er holte tief Luft um sich wieder zu beruhigen, und atmete dabei etwas von Erens Geruch mit ein. Seine Lippen kräuselten sich zu einem kleinen Lächeln. Dieser süßliche und irgendwie fruchtige Duft erinnerte ihn an ihre letzte Begegnung in seinem Nachtclub. Das wütende Gesicht, das sie gemacht hatte als er sie gefangen genommen hatte, war die Mühen seines kleinen Blumentricks auf jeden Fall wert gewesen. Levi fand es einfach zu amüsant sie bis zu dem Punkt zu reizen, an dem sie wieder ihre Fassung verlieren würde. Er konnte sich einfach nichts vorstellen, das schöner anzusehen sein sollte, als diese türkisfarbenen Augen vor Entschlossenheit und Temperament funkeln zu sehen.

Eren war einfach eine einzigartige Frau. Natürlich hatte er auch fähige und starke Kämpferinnen in seiner Organisation, aber das war etwas anderes. Sie waren seine Kolleginnen und Untergebenen und würden ihm ohne zu Zögern in den Tod folgen. Aber Eren strahlte so etwas Besonderes aus - als ob nichts und niemand in der Lage wäre, sie je zu zähmen, und diese Eigenschaft war es, die Levi am meisten anzog.
 

Um ehrlich zu sein, war er anfangs auf ihr unschuldiges und niedliches Erscheinungsbild hereingefallen, auf ihre großen mandelförmigen Augen. Er hatte gedacht, sie sei nur eine dieser Neulinge, die ihr Glück versuchen und einen großen Coup in der Untergrundszene landen wollten, um dann schnell die Karriereleiter aufzusteigen.

Aber schnell hatte Levi einsehen müssen, dass Eren es nicht nur als erste überhaupt geschafft hatte, ihm dermaßen nahe zu kommen. Was noch viel wichtiger war, sie hatte sich von ihm nicht einschüchtern lassen. Sie hatte sogar den Mut gehabt, gegen ihn zu kämpfen und ihn zu überwältigen.
 

Diese Frau bedeutete Gefahr, und Levi liebte einfach gefährliche Dinge.
 

Nachdem er das erste Mal entkommen war, hatte er begonnen, Erens Medienauftritte mitzuverfolgen, und kurze Zeit später hatte er sie durch seine Spione in der Behörde überwachen lassen. Die Geschichten, die er über sie gehört hatte, amüsierten ihn jedes Mal aufs Neue, und schnell hatte diese Frau sein Interesse geweckt.
 

Er war einfach nur froh dass er heute noch zur rechten Zeit gekommen war, bevor Schlimmeres hatte passieren können. Gedankenverloren fasste er Eren an die Stirn, um zu prüfen ob sich ihre Haut fiebrig anfühlte. Ein wenig heiß fühlte sie sich schon an, aber er hatte bereits gemerkt dass sie immer eine überdurchschnittlich hohe Temperatur hatte, also machte er sich keine allzu großen Sorgen. Levi gluckste leise als er bemerkte, wie sich Erens Stirn unter seiner Berührung runzelte, und ihrem Gesicht einen leicht ärgerlichen Ausdruck verlieh. Sie stieß einen undeutlichen Laut aus und drehte sich ein wenig in seiner festen Umklammerung.
 

„Hör auf zu kämpfen, Süße.“ flüsterte Levi, als er sanft über ihr Haar strich. „Du bist jetzt in Sicherheit.“
 

---
 

Erens Kopf fühlte sich an, als würde er gleich explodieren.
 

Langsam öffnete sie ihre Augen, nur um vom Anblick einer ihr unbekannten, mindgrünen Decke überrascht zu werden. Diesen Raum hier hatte sie noch nie gesehen. Und auch das einfache weiße Bett, in dem sie lag, war ihr überhaupt nicht vertraut.
 

Wo verdammt noch mal war sie? War sie etwa tot?
 

Eren versuchte sich aufzusetzen und stöhnte angesichts ihrer schweren Glieder auf. Mit der Hand strich sie sich über die Stirn, während sie langsam aber sicher das Bewusstsein erlangte.
 

„Ah, Dornröschen ist also endlich aus ihrem Schlaf erwacht?“
 

Eren zuckte zusammen, als die vertraute dunkle Stimme in ihren Ohren vibrierte. Als sie aufsah, gefror ihr das Blut in den Adern. Levi stand gelassen mit gekreuzten Beinen an der Wand gegenüber des Raumes und beobachtete sie. Eine schwarze Jacke hinge lose über seinen Schultern, darunter trug er ein weißes Hemd und dunkle, elegante Hosen. Levi senkte das Buch, welches er in Händen hielt und schenkte ihr ein leichtes Grinsen.
 

„Zu blöd, ich wollte doch gerade den Prinzen spielen und dich aufwecken.“
 

Erens Geist war noch immer zu benebelt um seine Worte aufzunehmen, aber das war ihr im Moment auch egal. Ihr Erzfeind stand ihr genau gegenüber, es gab nur eines was zählte: ihn fangen. Reflexartig knurrte sie und wollte nach vorn stürzen um Levi zu attackieren, ungeachtet des Schwindelgefühls in ihrem Körper. Zu ihrer größten Überraschung wurde sie jedoch sofort zurückgezerrt.
 

„Was zur...“ Eren sog schockiert die Luft ein, als sie die schweren dunklen Eisenketten um ihre Handgelenke bemerkte. „Warum zur Hölle bin ich angekettet?!“ entrüstete sie sich.
 

Levi versuchte noch nicht einmal, sein dunkles Lachen zu verbergen.
 

Bastard.
 

„Weil du mich sonst verdammt nochmal angesprungen hättest.“ sagte er, und seine Augen leuchteten vor Vergnügen. „Und auch wenn diese Idee durchaus ihre Verlockungen hat, dachten wir uns, das würde deiner Gesundheit nicht besonders gut bekommen.“
 

Das Gefühl, in der Falle zu sitzen, machte sich langsam aber sicher in Eren breit. Wenn es eines gab, das sie noch mehr hasste als arrogante Kriminelle, dann war das der Entzug ihrer heißgeliebten Freiheit. Es war ihr verdammtes Geburtsrecht, frei zu leben, und niemand, vor allem nicht ein verdammter Anführer der Mafia, würde ihr dieses Recht nehmen.

Und schon gar nicht Levi.
 

„Mach mich sofort los!“ verlangte Eren, und es war ein verdammt hartes Stück Arbeit, nicht gleich auszuflippen.
 

„Später, vielleicht.“ Levi gab vor, zu überlegen. „Wenn ich das Gefühl habe, dass du dich gut benimmst.“
 

Er konnte sich das Grinsen einfach nicht verkneifen, als er sah, wie sie ihre Zähne bei diesen Worten fletschte.
 

Eren riss abermals an den Ketten, doch sie hielten sie immer noch an ihrem Platz. Sie fluchte als sie erkannte, dass sie unwiderbringlich an dieses Bett gefesselt war, eingesperrt in diesem kleinen, düsteren Raum.
 

Aufmerksam nahm sie ihre Umgebung in Augenschein. Sie musste einfach alle Informationen zusammentragen, vielleicht würde ihr das später zur Flucht verhelfen können. Der Putz der dunkelgrün gestrichenen Wände bröckelte bereits ab, und auch die wenigen Möbel ließen den kargen Raum nicht gerade wohnlicher erscheinen. Nur ein Bett, ein Tisch mit zwei Stühlen und ein altes Regal waren aufgestellt. Eren konnte zwei Türen ausmachen, eine ältere, hölzerne, sowie eine schwere Tür aus Eisen. Ein kleines Fenster rechts unter der Decke war die einzige Lichtquelle.

Sie erstarrte, als sie die Gitter daran entdeckte.
 

Sie war in einer gottverdammten Zelle eingesperrt.
 

Levi war ihrem Blick gefolgt. „Tut mir Leid dass ich dir keine Scheiß Hilton-Suite bieten kann. Normalerweise hätt' ich dich auch in meine protzige Villa gebracht, aber seit ein gewisser jemand sie überwachen lässt, kann ich nicht mehr dahin zurückkehren.“
 

Er sah Eren durchdringend an, seine stechenden Augen bohrten sich in die ihrigen. „Eigentlich benutzen wir diesen Raum hier nur für spezielle Gäste.“
 

Eren musste einen Schauer unterdrücken. Sie wollte sich gar nicht vorstellen wie viele Menschen hier bereits eingesperrt worden waren, und erst recht nicht was mit ihnen geschehen war. Nicht jetzt, nicht, wenn es wichtigere Dinge gab, die sie herausfinden musste.
 

„Warum bin ich hier?“ fragte Eren scharf. „Was ist passiert?“
 

Levi legte seinen Kopf schief und betrachtete sie eingehend. „Erinnerst du dich an gar nichts mehr? Fragte er mit einem leicht interessierten Unterton.
 

Eren runzelte die Stirn. „Was meinst du dam-“
 

Noch während sie diesen Satz aussprach, blitzten die Bilder der letzten Nacht vereinzelt in ihrem Geist auf. Richtig, sie war auf einer Mission unterwegs gewesen, um die Flügel der Freiheit endlich dingfest zu machen. Und die Gangster waren entkommen - natürlich nicht ohne dass Levi mal wieder unausstehlich und arrogant gewesen war - und sie hatte gemeinsam mit ihrem Team nach Beweisen gesucht. Aber was war danach geschehen...?
 

Es fiel Eren schwer, konzentriert nachzudenken, ihr Kopf schmerzte immer noch höllisch. Sie zermaterte sich den Kopf, und dann-
 

„Stimmt, genau!“ rief sie. „Da war dieses Mädchen mit den braunen Locken... Sie hat geweint und brauchte Hilfe...“ Eren fuhr sich mit der Hand durchs Haar als sie angestrengter nachdachte. „Und dann hat sie plötzlich eine verdammte Spritze in der Hand gehabt und mir irgendetwas injiziert...“
 

„Tch, klingt nach Hitch.“ murmelte Levi angewidert.
 

Eren erschrak; sie hatte nicht einmal mitbekommen, dass sie diese Gedanken laut ausgesprochen hatte.

Ich bin in den letzten Wochen wirklich zu unaufmerksam geworden, dachte sie bei sich. Ich sollte besser aufpassen. Er ist immer noch ein verdammter Mafiaboss, wer weiß, welches Ass der noch im Ärmel hat.

Aber sie würde die Chance auch nützen und so viele Informationen wie möglich aus Levi herauspressen.
 

„Ja, sie sagte ihr Name wäre Hitch.“ antwortete Eren. „Kennst du sie?“
 

Levi's Augen zeigten keinerlei Emotionen, als er sie stumm ansah. Eren versuchte, seinem Blick standzuhalten.
 

Wenigstens grinst er mich nicht so bescheuert an.
 

Sie dachte schon, sie würde keine Antwort mehr erhalten, als er endlich nickte.
 

„Dieses Miststück ist Mitglied bei den Titanen. Bekannt für ihre hinterhältige Art.“
 

Eren war der Verdacht bereits gekommen, dass diese Gang wieder in die Sache verwickelt war, doch sie war dennoch überrascht.
 

„Also war dieser Balto-Typ auch einer von ihnen?“ murmelte sie zu sich selbst.
 

„Du meinst diesen widerlichen Fettarsch? Möglich.“ Levi knallte das Buch in seinen Händen auf den Tisch neben ihn und verschränkte dann die Arme.
 

Ein Gedanke schoss Eren ein. „Hey, stimmt ja! Du warst ja auch dort! Was hattest du dort zu suchen?“
 

Sie versuchte, jede kleinste Regung in seinem Gesicht auszumachen, aber wie erwartet war keine Emotion zu sehen. Nur stürmische graue Augen, die sie anstarrten.
 

„Hatte was zu erledigen.“ sagte er ausdruckslos.
 

Eren schnaubte, verärgert weil sie vorerst keine weiteren Antworten dazu bekommen würde. Levis Lippen verzogen sich zu einem kaum merklichen Lächeln, als er sie beobachtete.

Eren entschied, es noch einmal zu versuchen.
 

„Was ist mit Balto passiert?“ fragte sie.
 

Augenblicklich verschwand das Lächeln wieder, und die unleserliche Maske seines Gesichts war zurück.
 

Oh, ich habe einen wunden Punkt getroffen. Dachte Eren aufgeregt.
 

„Hab gehört, sie haben ihn tot am Hafen gefunden.“ sagte Levi wie nebenbei, als würde er über das Wetter reden.
 

Der Ausruck auf seinem Gesicht war stoisch wie immer, trotzdem konnte Eren plötzlich spüren, wie sich die Atmosphäre im Raum veränderte. Plötzlich war er von einer dunklen, einschüchternden Aura umgeben. Richtig, sie sollte nie vergessen dass sie hier einen gnadenlosen Kriminellen vor sich hatte.
 

„Hast du ihn getötet?“ fragte sie rau.
 

Verdammt, warum war ihre Stimme so belegt? Levi klopfte sich unsichtbaren Staub von der Schulter und gab vor, aus dem Fenster unter der Decke zu schauen.
 

„Die Gegend dort ist dunkel und gefährlich in der Nacht, weißt du. Unfälle geschehen.“
 

Der kalte Klang in seiner Stimme alarmierte Eren, und ein Schauer lief ihr über den Rücken.
 

„Hast du ihn getötet, Levi?“ wiederholte sie, diesmal schärfer.
 

Er drehte sich ruckartig zu ihr herum und durchbohrte sie mit seinem Blick. „Was denn, hast du etwa Mitleid mit diesem Wichser?“ spie er aus. „Nachdem er dich mit seinen schmutzigen Händen begrapscht hat?“
 

Eren wäre beinahe vor seiner bedrohlichen Ausstrahlung zurückgewichen, aber scheiß drauf, sie war nie jemand gewesen, der klein bei gab.
 

„Nein, aber ich hätte selbst gern entschieden, was mit ihm passiert!“ schnauzte sie zurück. „Wenn jemand versucht mich zu vergewaltigen, will ich seinen Schwanz verdammt nochmal selbst dafür abhacken!“
 

Auch wenn sie ein Special Agent war, der das Gesetz verteidigte, so gab es doch ein paar wenige Verbrechen, bei denen sie einfach nicht an sich halten konnte. Die sie so sehr in Rage versetzten, dass sie das Gesetz auch in ihre eigenen Hände nehmen würde. Vergewaltigung war eines dieser Verbrechen. Sie hasste diese wertlosen Monster, die vorgaben menschlich zu sein. Die dann irgendwann ausbrechen würden und anderen diese schrecklichen Dinge antun würden. Seit ihre liebe Kusine Historia, ihres Zeichens Tänzerin in einem Striptease-Club, von einem liebestrunkenen Kunden überfallen und vergewaltigt worden war, konnte Eren die Existenz dieser Kreaturen einfach nicht mehr aushalten.

Historia war seitdem nie wieder die selbe gewesen, und auch wenn ihre Freundin Ymir sie wie ein Wachhund bewachte, hatte sie sich nirgends mehr sicher gefühlt.
 

Vielleicht hätte Eren Balto auch umgebracht, aber wie sie gesagt hatte, sie hätte es gern selbst entschieden.
 

Diese Antwort schien Levi zu überraschen, und er war für einige Momente still. Er dachte über das Gesagte nach, und endlich milderte sich sein angespannter Gesichtsausdruck.
 

„Ich verstehe.“ sprach er nachdenklich. „So habe ich das Ganze noch gar nicht betrachtet...“
 

Levi seufzte und legte die Jacke ab. Er faltete sie minutiös, fast schon in militärischer Korrektheit, und legte sie sorgsam neben dem Buch ab.
 

Eren war sehr damit beschäftigt, nicht seine muskulösen Unterarme zu betrachten, die nun durch die aufgerollten Hemdärmel sichtbar waren. Sie bemerkte definitiv nicht, wie das schummrige Licht die muskulösen Linien seiner Haut betonten. Levi sah wieder auf und ertappte Erens nicht ganz so unauffälligen Blick. Das spöttische Lächeln breitete sich wieder auf seinem Gesicht aus.
 

Oh verdammt.
 

„Wie fühlst du dich, Süße?“ fragte er, als er näher schlenderte. „Hast du noch Kopfschmerzen?“
 

Eren stöhnte genervt auf. Langsam aber sicher hatte sie wirklich genug von diesem blöden Spitznamen.
 

„Ernsthaft, hör mit diesem Scheiß von wegen 'Süße' auf, ich werd dich verdammt nochmal auseinandernehmen sobald ich von diesen Scheißketten hier loskomme!“ rief sie ohne Nachzudenken.
 

Super geschickt angestellt, Eren. Jetzt ist er natürlich geneigt dich freizulassen und mit diesen Kosenamen-Mist aufzuhören.
 

Sie ohrfeigte sich innerlich selbst, als Levis Augen amüsiert aufleuchteten.

Das war kein gutes Zeichen.
 

„Oh? Ich hatte ja keine Ahnung dass du das nicht leiden kannst, du hättest wirklich etwas sagen sollen.“ grinste er.
 

Eren biss die Zähne zusammen und versuchte, sich im Zaum zu halten.
 

„Wie willst du denn, dass ich dich nenne?“ fragte Levi mit honigsüßer Stimme, als er sich auf der Kante von Erens Bett niederließ. „Liebling? Schatz? Baby?“
 

Sie schluckte. Die plötzliche Nähe zu ihm löste ein nervöses Flattern in ihrem Magen aus. Auf einmal war sie sich geradezu schmerzlich seiner physischen Präsenz bewusst, der Art und Weise wie sein Gewicht die Matratze leicht eindrückte und sie veranlasste, unfreiwillig in seine Richtung zu rutschen. Levi war jetzt verdammt nahe, sie würde ihre Hände ausstrecken und durch sein seidiges Haar streifen können, wenn sie nur wöllte-
 

Schnell schüttelte Eren diesen Gedanken ab. Es wäre auf jeden Fall hilfreicher, sich eher auf die Wut und den Hass zu konzentrieren, die er normalerweise in ihr auslöste. Wut war ihr einfach vertrauter als Anziehungskraft. Ein Gefühl, mit dem sie umzugehen wusste.
 

„Wie wär's damit, mich Special Agent Yeager zu nennen. Die meisten Leute sind dazu in der Lage, weißt du.“ grummelte Eren.
 

„Naja, die meisten Leute retten dich aber auch nicht vor beschissenen kleinen Straßenbanden.“ erinnerte Levi sie. „Ich glaube, ich habe mir einen speziellen Kosenamen für dich nun verdient.“
 

Ihre Augen weiten sich vor Schreck, als der Rest der Erinnerungen an letzte Nacht auf sie einprasselten.
 

Oh nein.
 

Levi hatte sie nicht einfach nur gerettet, was an sich schon demütigend genug war. Nein, sie, Eren Yeager, die idealistische und immer geradeheraus denkende Agentin, hatte diesen kriminellen Arsch auch noch um Hilfe gebeten. Welcher Dämon aus der Hölle hatte sie zu so einer derartigen Torheit verleiten können? Wie hatte sie auch nur auf die Idee kommen können, dass es richtig sei, so etwas zu tun? Na super, jetzt stand sie in Levis Schuld. Was sollte sie jetzt tun, erwartete er etwa eine Gegenleistung von ihr? Natürlich tat er das, er war immerhin ein verdammter Mafiaboss. So waren doch die Regeln im Untergrund, oder?
 

„Wenn du glaubst dass ich jetzt aufhören würde dich zu jagen, dann hast du dich geschnitten!“ platzte Eren heraus. In ihrer Stimme schwang ein Funken Panik mit.
 

Ja klar, du verhälst dich heute wirklich wie ein echter Profi, Special Agent. Flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf ihr hämisch zu.
 

Levi bemerkte ihren inneren Kampf und gluckste leise.
 

„Keine Sorge, ich erwarte keine Gegenleistung oder so etwas.“ sagte er und verlagerte seine Position etwas. Seine Augen waren immer noch unverwandt auf sie gerichtet.
 

Eren wusste nicht wie er das anstellte, aber irgendwie saß er ihr jetzt noch näher als zuvor. Sie konnte die Hitze spüren, die sein Körper ausstrahlte, konnte die kaum sichtbaren kleinen Fältchen auf seiner porzellanfarbenen Haut erkennen.
 

Sie versuchte, ihre Gedanken zu sammeln, um ihn nicht wie ein Reh im Scheinwerferlicht anzustarren.
 

„Aber... warum hast du mir dann geholfen?“ fragte sie mit heiserer Stimme.
 

Verdammt nochmal, was war so Spannendes an seinen Augen, dass sie einfach nicht wegsehen konnte, war er eine Art Hypnotiseur? Levi beugte sich ein wenig näher zu ihr und strich Eren eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine Finger hinterließen ein Brennen und Prickeln auf ihrer Haut.
 

„Wie könnte ich dir eine Bitte abschlagen, Eren?“ murmelte er rau.
 

Eren stockte der Atem, und für einen kurzen Moment war sie sprachlos. Ihr Name floss so einfach und doch verführerisch von seinen Lippen, seine Zunge rollte jeden einzelnen Buchstaben probend, geradezu lockend; und irgendwie war das sehr viel intimer als jeder Kosename den er sich hätte für sie einfallen lassen können. Levis Finger lagen noch immer auf ihren Wangen, streiften federleicht den Übergang zu ihrem Hals. Erens Puls schoss in die Höhe, ihr Herz pochte wie wild in ihrer Brust.
 

Sie sollte ihn jetzt wirklich zurückstoßen, es war nicht gut seinem Feinde so nahe zu sein. Ja, das wäre wirklich eine gute Idee, ihn wegzuschubsen und noch eine draufzugeben für sein dreistes Benehmen.

Aber sie konnte es einfach nicht.
 

Alles, wozu sie imstande war, war auf seinen Mund zu starren und sich zu fragen, wie es wohl sein würde Levi noch näher zu sein. Wie es sein würde, ihn zu schmecken, seine fein geschwungenen Lippen zu kosten.

Levi kam näher, und Eren konnte seinen warmen Atem auf der Haut ihres Gesichtes spüren. Ohne es zu wissen, öffnete sie leicht ihre Lippen und sah ihn mit halbgeschlossenen Augen an, wartete darauf das er-
 

Das plötzliche Knallen der Tür im nächsten Moment ließ beide zusammenzucken.
 

Eine finster dreinblickende Mikasa betrat den Raum. Scheinbar hatte sie die Tür eingetreten, denn in ihren Händen trug sie ein schwer aussehendes Tablett, das überladen war mit Essen.
 

„Scheiße!“ fluchte Levi lautlos vor sich hin.
 

Eren hingegen konnte sich weder bewegen noch sprechen, oder in irgendeiner anderen angebrachten Art und Weise reagieren.
 

„Levi, was geht hier vor?“ fragte Mikasa argwöhnisch.
 

Der Angesprochene kehrte wieder zu seiner ausdruckslosen Miene zurück, aber Eren konnte trotzdem spüren, dass er verdammt angepisst war.
 

„Ich habe nur ein wenig nach Eren geschaut.“ antwortete er trocken.
 

Mikasa knallte das Tablett auf den Tisch und verschüttete dabei ein wenig Wasser. Es schien sie nicht sonderlich zu kümmern.
 

„Wie nett von dir.“ sagte sie und sah Levi dabei mit zusammengekniffenen Augen an. Es war unüberschaubar, dass sie ihm kein Wort glaubte. „Und jetzt lass sie etwas allein und zur Ruhe kommen, sie ist bestimmt noch ganz erschöpft und verwirrt von den Drogen.“
 

Ja, verwirrt war wirklich die richtige Beschreibung. Erens Kopf drehte sich immer noch, und ihr Magen verknotete sich. Was war gerade verdammt nochmal passiert? Oder besser, was wäre beinahe passiert? Sie konnte einfach nicht glauben, dass sie nahe drangewesen war, ihren Todfeind zu küssen. Was zur Hölle war in dieser Injektion gewesen, das sie sich nun so idiotisch aufführte?
 

Es mussten einfach die Drogen sein. Es gab keine andere logische Erklärung dafür, warum ein kleiner Teil von Eren enttäuscht war, dass Mikasa sie gerade davor bewahrt hatte, den größten Fehler ihres Lebens zu begehen.
 

„Eld wartet unten auf dich, er hat etwas zu berichten.“ Sie warf Levi einen strengen Blick zu.
 

Er seufzte und stand auf. „Was immer du sagst, Mikasa.“
 

Die junge Frau nickte und wandte sich nun an ihre ehemalige Chefin. „Wie fühlst du dich jetzt, Eren?“ fragte sie sanft. „Bist du bereit für morgen?“
 

„Bereit für was?“ fragte Eren verwirrt. Ein Gefühl der Panik durchströmte sie, als sie sich vorstellte was Mikasa gemeint haben könnte. Wer wusste denn schon, mit was für Tricks die Mafia ihre Feinde quälen würde können?
 

Seltsamerweise schien ihre Antwort Mikasa zu verärgern.
 

„Levi.“ schnappte sie.
 

Dieser schlenderte jedoch weiterhin seelenruhig zum Tisch, als ob er sie nicht gehört hätte. Mikasa ließ sich davon nicht beirren.
 

„Du hast es ihr also noch nicht erzählt?“ fragte sie scharf.
 

Levi rollte mit den Augen. „Ich war gerade dabei.“
 

Mikasa schnaubte verächtlich. „Ja, das hab ich gesehen.“
 

Eren runzelte die Stirn. Was ging hier vor, hatte sie irgendetwas verpasst? Wie konnte es sein, dass eine Untergebene in einem solchen Ton mit ihrem Oberhaupt reden konnte, ohne den Kopf abgehackt zu bekommen?
 

„Eren.“ Mikasas Stimme war wieder freundlich und sanft, als spräche sie zu einem verängstigten Kinde. „Sobald du dich ausgeruht hast und wieder zu Kräften gekommen bist, werden wir dich nach Hause bringen.“ erklärte sie. „Das werden wir doch, nicht wahr, Levi?“ fauchte sie über ihre Schulter zu dem Man.
 

„Ja, ja, das werden wir.“ brummelte Levi ärgerlich, als er in seine Jacke schlüpfte.
 

Er trat zur Tür und legte seine Hand auf dem Knauf.
 

„Ach ja.“ sagte er und drehte sich noch einmal zu Eren um. „Ich habe dir ein Buch mitgebracht falls dir langweilig wird.“ Er grinste und deutete auf den Tisch, bevor er endgültig verschwand.
 

Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, seufzte Mikasa auf. „Tut mir leid dass ich so spät komme, ich hatte noch etwas zu erledigen.“ erklärte sie und brachte das Tablett zu Eren ans Bett.
 

Deren Augen weiteten sich beim Anblick der köstlichen Platte mit Brot, Käse und Früchten. Auch ein Glas Wasser und eine Tasse Tee waren auf dem Tablett arrangiert. Erens Magen grummelte laut, aber sie wollte sich trotzdem nicht mit diesen herrlich duftenden Sachen vollstopfen. Sie konnte sich nicht sicher sein, dass das Essen nicht vergiftet war. Wer weiß was für miese Tricks die Mafia anwenden würde.
 

„Hat er dich mal wieder verärgert?“ fragte Mikasa sie.
 

Eren war viel zu sehr damit beschäftigt, dass Essen mit hungrigen Augen anzustarren.
 

„Nicht mehr als sonst.“ murmelte sie.

Verdammt, dieser Käse roch echt verdammt aromatisch.
 

Mikasa entging natürlich nicht, wie Eren die Platte gierig beäugte. Sie seufzte noch einmal.
 

„Ich wünschte echt, er würde sich mal zusammennehmen. Normalerweise kann er sich schon benehmen, aber wenn du dabei bist, verhält er sich echt wie-“
 

„Wie ein absoluter Vollarsch?“ Eren schaute zu ihr auf.
 

Mikasa lächelte milde bei diesen Worten.
 

„Hier, iss etwas.“ ermutigte sie sie. „Keine Sorge, das ist nicht vergiftet. Siehst du, ich werde auch davon essen.“ Sie schnitt sich eine Scheibe von dem Käse ab und schob es sich in den Mund.
 

Als Eren sah, wie Mikasa vor ihren Augen die Sachen auf ihrem Teller aß, konnte auch Eren sich nicht mehr zurückhalten. Sie stopfte sich Brot und Käse in den Mund und kaute genüsslich darauf herum. Ihre letzte Mahlzeit war die Suppe gewesen, die sie mit Sasha zusammen gekocht hatte, und sie hatte keine Ahnung, wie lange das schon hergewesen war. Nach ein paar Minuten des Schmatzens musste Eren sich mit Gewalt daran erinnern, dass sie nicht hier war um sich vollzustopfen. Sie sollte wenigstens so viele Informationen wie möglich zusammentragen, vielleicht konnten sie ihr später nützlich sein.
 

Eren entschied sich dazu, nicht lange um den heißen Brei herumzureden. Mikasa war sowieso nicht jemand, den man leicht mit Smalltalk einlullen konnte.
 

„Mikasa.“ begann Eren vorsichtig. „Warum war Levi eigentlich immer noch da, nachdem ihr abgehauen ward?“
 

Mikasa schaute sie bloss undurchdringlich an, ihre Miene gab keinerlei Emotion preis. Na schön, wenn sie auch nicht darüber reden wollte, würde Eren wohl zu ein paar Tricks greifen müssen. Die Idee, Mikasa zu manipulieren, gefiel ihr nicht gerade. Auch wenn sie sie hintergangen hatte, mochte Eren sie irgendwie immer noch. Aber es gab nur eine einzige Möglichkeit: sie musste die Schuldkarte ausspielen.
 

„Mikasa.“ sagte Eren sanft. „Letzte Nacht habe ich wirklich abgefuckten Scheiß miterlebt. Und danach wache ich auf und entdecke, dass mein Erzfeind mich hier gefangen hält. Denkst du nicht auch, dass ich nicht wenigstens die Wahrheit verdient habe?“
 

Sie konnte die Veränderung in Mikasas blaugrauen Augen sehen, die Frau sah auf ihre Füße hinab und seufzte tief.
 

„Ok.“ stimmte sie schließlich zu. „Du hast wohl Recht.“
 

Eren war ehrlich gesagt etwas überrascht das ihr Plan so gut aufgegangen war, aber sie würde sich bestimmt nicht darüber beschweren.
 

„Wir hatten uns gerade wieder zusammengefunden und wollten uns zurückziehen.“ erklärte Mikasa. „Aber dann bekamen wir einen Anruf, das du verschwunden seist. Du warst außer Sichtweite für deine Kollegen und hast auch auf die Funksprüche nicht mehr reagiert, also begannen sie, sich Sorgen zu machen.“ Sie seufzte noch einmal. Die ganze Sache schien sie mitzunehmen. „Wir ehrlich gesagt auch; es war sofort klar das wir dich würden suchen müssen. Ich bin so froh dass Levi und ich dich noch rechtzeitig gefunden haben. Wir haben dich hierher gebracht und dich von einem Mediziner untersuchen lassen, haben dir ein paar Minerale und Vitamine verabreicht um dich wieder aufzupäppeln. Dich in so einem hilflosen Zustand sehen zu müssen hat mich wirklich erschrocken. Ich bin einfach nur froh, dass es dir jetzt wieder besser geht.“
 

Da war es wieder, dieses seltsame Beschützer-Verhalten von Mikasa. Na gut, vielleicht sollte Eren sich nicht darüber beschweren, schließlich hatten die beiden ihr wirklich den Arsch gerettet. Trotzdem, es fühlte sich merkwürdig an.
 

„Aber wer hat euch über mein Verschwinden informiert?“ fragte sie.
 

Mikasa hielt sich davon ab, ihr mehr zu erzählen, und biss sich auf die Unterlippe.

„Ich weiß dass ihr noch mehr Spione in der Behörde habt.“ Eren ließ nicht locker. „Wer war es?“
 

„Tut mir leid, dass kann ich dir wirklich nicht sagen.“
 

Eren schnaubte enttäuscht. Natürlich hatte sie nicht erwartet, die Antwort so einfach zu bekommen, aber trotzdem war es einen Versuch wert gewesen.
 

„Okay.“ fuhr sie stattdessen fort. „Aber warum habt ihr überhaupt nach mir gesucht? Ich meine, es war ja eigentlich nicht euer Problem.“
 

Mikasa blinzelte sie überrascht an. „Petra hat das gleiche gesagt, aber-“
 

„Was denn, meinst du etwa das irre Püppchen?“ brummelte Eren.
 

„Sie ist nicht irre, Eren.“
 

„Bist du dir da sicher? Jedesmal wenn ich sie sehe, starrt sie mich an als ob sie mich gleich bei lebendigem Leib verschlingen würde!“
 

Mikasa seufzte. Wieder. „Das macht sie nur weil sie Angst hat, du könntest Levi verletzen oder ihn uns wegnehmen.“ erklärte sie. „Normalerweise ist Petra eine süße und verständnisvolle Person, wirklich. Aber sobald es um ihn geht, mutiert sie zu einer überfürsorglichen Glucke. Ist manchmal ganz schön nervig.“
 

Überfürsorglich also? Kommt mir doch bekannt vor.

Eren hätte fast gelacht über die Tatsache, dass Mikasa ihre eigenen Verhaltensweisen als nervig beschrieb, wenn es um andere ging.
 

Stattdessen wiederholte Eren aber ihre Frage von zuvor.
 

„Also, warum habt ihr euch um mich gekümmert? Ich bin doch eure Feindin.“
 

Mikasa schaute sie wieder mit diesem seltsamen Blick an, den sie nicht zu deuten wusste.
 

„Das kann ich dir nicht erzählen. Du solltest Levi danach fragen.“ antwortete sie.
 

„Na ganz toll, noch so ein nettes Pläuschchen mit dem blutrünstigen Mafiaboss.“ murmelte Eren sarkastisch.
 

„Eren.“ sagte Mikasa. „Ich wünschte wirklich, du würdest Levi so gut wie ich kennen. Er mag manchmal kalt und arrogant erscheinen - um ehrlich zu sein, konnte ich ihn am Anfang auch nicht leiden. Aber er ist wirklich kein schlechter Kerl.“ Sie pflückte eine Traube von Erens lang vergessenem Teller und kaute nachdenklich auf ihr herum. „Weißt du, er sorgt sich um die Menschen, die er liebt, und er hat einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Es mag schwer zu glauben sein, aber er ist wirklich anständig.“
 

Eren schnaubte. „Ja, du hast Recht, das ist schwer zu glauben.“
 

Eine andere Frage kam ihr in den Sinn. „Warum arbeitest du überhaupt für ihn?“ fragrte sie und sah Mikasa direkt in die Augen. „Du scheinst mir nicht die typische Gangsterbraut zu sein. Zwingt er dich etwa dazu?“ Sie nahm ihre Hände in die eigenen als sie weitersprach. „Wenn du jemals Hilfe brauchst, um der organisierten Kriminalität zu entkommen, kannst du immer zu mir kommen, Mikasa!“
 

Eren bekam ein Lächeln und ein leichtes Drücken ihrer Hand als Antwort.
 

„Das ist wirklich sehr nett von dir Eren, aber das ist nicht der Grund. Ich folge ihm aus freien Stücken.“ versicherte Mikasa ihr.
 

Enttäuschung durchströmte Eren, als sie die Finger der anderen Frau freiließ. Es wäre auch zu schön gewesen, Levi's rechte Hand auf ihre Seite ziehen zu können.
 

„Okay.“ sagte sie lahm und nahm einen Schluck aus dem Wasserglas. „Aber warum tust du das?“
 

Wieder sandte Mikasa ihr diesen merkwürdigen Blick, sie schien darüber nachzudenken, wieviel sie wohl preisgeben könne.
 

„Naja, hauptsächlich, weil er mein Bruder ist.“
 

„Was zur Hölle!“ Eren hustete, als sie sich am Wasser verschluckte. „Verarschst du mich jetzt? Ihr beiden seid Geschwister?!“
 

Mikasa lachte leise ob Eren's ungläubigen Blick, und klopfte ihr auf den Rücken. Sie wartete, bis Eren sich von ihrem Hustenanfall erholt hatte, bevor sie weitersprach.
 

„Naja, nicht biologisch. Aber wir wurden zusammen aufgezogen, von demselben Mann.“ erklärte sie. „Captain Ackerman war nicht wirklich unser Vater, eher eine Art Trainer. Früher lebte ich auf der Straße, weil meine Eltern früh gestorben waren. Ich war etwa 8 als ich ihn getroffen habe, und Ackerman hat mich unter seine Fittiche genommen. Levi war damals schon länger bei ihm, ich habe gehört sie sind vor irgendetwas geflohen, was auf dem Festland passiert war.“
 

Mikasa machte eine Pause, um Eren anzusehen. Der mitfühlende und ehrlich interessierte Ausdruck auf deren Gesicht ermutigte sie, weiter zu erzählen.
 

„Unsere Kindheit war ziemlich abgefuckt, Eren. Wir hatten keine angenehme Zeit, stattdessen mussten wir einige wirklich kranke Sachen machen. Als Levi dann älter wurde, begann er, die grausamen Methoden unseres Trainers zu hinterfragen. Er wollte einfach nicht mehr Teil dieses Systems sein. Als ich 13 war, hat Levi mich also geschnappt und wir sind beide abgehauen.“ Mikasa lächelte nostalgisch. „Es war eine harte Zeit, aber irgendwie haben wir es geschafft und sind nun an dem Punkt von heute angelangt. Wir regieren die Stadt nach unseren Vorstellungen.“
 

Eren hatte diesen Erklärungen staunend zugehört. „Das- Das ist wirklich überraschend.“
 

Auf komische Art und Weise ergab nun alles Sinn. Es erklärte zumindest, warum beide diese ähnlich einschüchternde Aura besaßen, und warum Mikasa in der Lage war, ihren Boss derartig anzuschnauzen wie vorhin. Aber ein Teil von ihr konnte es immer noch nicht richtig glauben. Dass Mikasa, die Frau die sie irgendwie trotz ihres kriminellen Hintergrundes mochte, wirklich mit diesem Arsch von einem Mafiaboss verwandt war.
 

Mikasa nickte verständnisvoll. „Es mag so aussehen.“ sagte sie. „Aber wie ich schon gesagt habe, Levi ist kein schlechter Mensch. Er hasst Ungerechtigkeit.“
 

„Er leitet eine verdammte Mafia an, Mikasa.“ Eren rollte mit den Augen. Diese Frau schien wirklich einen Hang zur Realitätsverleumdung zu haben.
 

„Ich weiß dass es merkwürdig klingt.“ gab Mikasa zu. „Aber denk mal darüber nach, dass er sich selbst und auch uns in ernsthafte Gefahr begeben hat, nur um dich zu retten. Und dass er dich nicht töten oder als Geisel nehmen wird, obwohl du gegen uns arbeitest.“ Sie sah Eren streng an. „Das solltest du nicht als Selbstverständlichkeit betrachten.“
 

Eren biss sich ärgerlich auf die Unterlippe, aber eine kleine Stimme in ihr sagte ihr, dass Mikasa in diesem Punkt Recht hatte. Auch wenn sie hasste, es zuzugeben: sie sollte Levi dankbar sein, dass er sie gerettet hatte.
 

„... Vielleicht.“ murmelt sie schließlich widerstrebend.
 

Mikasa lächelte über Eren's stures Verhalten und begann, die Reste des Essens wegzuräumen. Die Agentin schaute hoch, und eine leichte Röte überzog ihre Wangen.
 

„Du, Mikasa...“
 

Die Angesprochenen drehte sich zu ihr herum. „Was ist, Eren?“
 

„Ich- Ich muss mal aufs Klo.“ sagte diese leise. „Ziemlich dringend, um ehrlich zu sein.“
 

„Ach ja, richtig. Das Badezimmer ist gleich hier.“ Mikasa zeigte auf die hölzerne Tür am anderen Ende des Raumes.
 

Eren seufzte. „Könnte schwierig werden, da rüber zu laufen mit diesen verdammten Ketten.“ Sie sah Mikasa hoffnungsvoll an. „Könntest du sie mir vielleicht abnehmen?“
 

Mikasa stand da wie angewurzelt und kaute auf ihren Lippen herum. Scheinbar dachte sie darüber nach, was sie nun tun sollte.
 

„Bitte Mikasa, ich flehe dich an!“ rief Eren mit großen, runden Augen. „Ich ertrage es nicht, gefesselt zu sein! Ich verspreche dir auch dass ich nicht herumschleiche oder etwas demoliere!“
 

Als Mikasa daraufhin ihren Kopf schüttelte, rutschte Eren das Herz in die Hose.
 

Oh nein, sie macht es nicht. Sie lässt mich hier allein in dieser gottverdammten Zelle verroten. Dachte sie, und Bitterkeit erfüllte ihren Geist angesichts der drohenden Zurückweisung.
 

„Das ist es nicht.“ Statt den Raum zu verlassen, schritt Mikasa auf Eren zu, einen alten schwarzen Schlüssel in ihrer Hand. „Wir haben dich angekettet, damit du nicht herumläufst und dich verletzt in deinem Drogenrausch. Aber ich denke das Meiste müsste jetzt raus sein, also solltest du sicher sein.“ sagte sie und entriegelte die Ketten.
 

Eren atmete erleichtert auf und massierte ihre schmerzenden Handgelenke.
 

Mikasa ging zur alten Eisentür und wünschte Eren eine Gute Nacht. Diese hatte noch nicht einmal bemerkt, dass es draußen dunkler geworden ist, sie hatte einfach kein Zeitgefühl mehr.

Nur noch eine Nacht hier drin und sie würde wieder frei sein.
 

„Aber, Eren.“ sagte Mikasa noch einmal eindrücklich, bevor sie verschwand. „Versprich mir dass du danach im Bett bleibst, ok? Und greif Levi morgen früh nicht an, wenn er dich abholen kommt.“
 

Eren antwortete nicht, sondern sah sie nur ungläubig an.
 

„Eren, du musst es mir versprechen! Ich will nicht dass er seine Entscheidung anzweifelt, mir die Verantwortung für dich zu übergeben!“ beharrte Mikasa weiterhin. „Ich vertraue dir!“
 

„Gut, gut, ich benehme mich ja.“ brummte Eren.
 

Sie fühlte sich wie ein Kind das von der Mutter ausgeschimpft wurde, aber sie würde nach Mikasas Regeln spielen müssen, um wenigstens ein bisschen mehr Freiheit zu bekommen. Schließlich war das alles besser, als direkt unter Levis Aufsicht zu stehen.
 

Mit einem letzten eindringlichen Blick zu ihr schloss Mikasa die Tür hinter sich, und Eren war wieder allein.
 

Sie atmete tief ein, streckte ihre Beine aus dem Bett und verlagerte ihr Gewicht auf die Füße, als sie aufstand. Sie wollte einen Schritt nach vorne gehen, stattdessen plumpste sie aber zurück auf das Bett. Eren schloss die Augen und kämpfte gegen den Schwindel in ihrem Kopf. Vielleicht sollte sie wirklich vorsichtiger sein, wenn sie immer noch diese Drogen in ihrem Stoffwechsel hatte. Allerdings musste sie nun wirklich dringend auf den Abtritt.
 

Außerdem würde sie nicht hier sitzen und Däumchen drehen, um zu sehen ob Levi sein Versprechen einhalten und sie morgen freilassen würde.
 

Nach einigen Minuten des Ausruhens fühlte sie sich gewappnet genug, es noch einmal zu versuchen. Sie stand auf und stolperte in Richtung Badezimmer. Die alte Tür knackste, als sie sie aufstieß, und Eren rümpfte sofort die Nase. Die Sicht auf eine alte gesplitterte Toilette, eine einfache Spüle und eine kaputte Dusche waren nicht gerade berauschend. Der gesamte Raum war in einem widerlichen gelb-grün gefliest. Ernsthaft, wer suchte sich denn beim Fließen so eine schreckliche Farbe heraus? Eren wollte gar nicht erst wissen, wie alt dieser Raum hier war - ausgehend von der maroden Architektur sicher sehr, sehr alt - aber wenigstens war alles anstandslos sauber.
 

Sie erleichterte schnell ihre Blase, wusch sich die Hände und begab sich dann auf die Suche nach einem möglichen Ausgang. Das kleine Badezimmer stand außer Frage, da es weder Fenster noch eine zweite Tür gab. Als sie zurück in die Zelle trat, suchte sie die dunkelgrünen Wände nach geheimen Eingängen ab, war aber nicht überrascht, als sie nichts dergleichen fand. Eren untersuchte die schwere eiserne Tür, doch es gab keine Möglichkeit sie ohne den passenden Schlüssel zu öffnen. Vielleicht hätten ihr spezielle Werkzeuge helfen können, aber im Moment hatte sie nichts weiter zur Verfügung außer ein paar Haarnadeln, die hier allerdings nicht besonders nützlich waren. Zu guter Letzt stieg Eren auf einen der Stühle und rüttelte an den Gittern vor ihrem Fenster, aber wie erwartet tat sich nichts. Die Zelle war vielleicht alt und hässlich, aber unglücklicherweise erfüllte sie ihren Zweck perfekt.
 

Eren schnaubte verärgert als sie sich eingestehen musste, dass es keine andere Möglichkeit gab, als bis zum nächsten Tag zu warten, sie würde sich auf die Gnade des Mafiabosses verlassen müssen.
 

Was für eine beschissene Situation.
 

Aber es hätte schlimmer kommen können. Flüsterte die kleine Stimme in ihrem Kopf. Du hättest auch in die Hände der Titanen fallen können, und wer weiß was dir dort alles passiert wäre.
 

Vielleicht hatte Mikasa Recht und sie sollte wirklich dankbarer sein, dass Levi sie gefunden hatte. Er mochte vielleicht arrogant, kriminell und selbstherrlich sein, aber er war in der Tat nicht der herzlose Killer über den Eren soviel gehört hatte.
 

Vielleicht, aber auch nur vielleicht, hatte Levi wirklich eine Seite an ihm, die kein komplettes Arschloch war.
 

Eren seufzte und nahm das Buch in die Hand, dass Levi auf dem Tisch zurückgelassen hatte. Wenn sie schon nichts zu tun hatte, konnnte sie sich ebenso gut etwas die Zeit vertreiben. Sie setzte sich auf den Rand des Bettes und sah sich den roten Buchrücken näher an. „Der Pate“ war darauf in großen goldenen Lettern gedruckt.

Eren runzelte die Stirn. Was zur Hölle hatte das schon wieder zu bedeuten? Sie blätterte die erste Seite auf, und ein kleiner Notizzettel flatterte ihr entgegen. Sie fing das Fitzelchen Papier auf und las Levis säuberliche klare Handschrift darauf.
 

„Da du mir ziemlich bessessen von Mafiabossen zu sein scheinst, dachte ich mir dass dich dieses Buch interessieren könnte.

Vielleicht kannst du daraus noch etwas Neues lernen. Ich könnte dir auch ein paar Dinge zeigen...

Schlaf schön, Süße.“
 

Eren starrte die Worte ungläubig an.
 

„Was verdammt nochmal-“ Sie knirschte mit den Zähnen, als das vertraute Gefühl von Wut und Hass in ihrem Körper aufkochten.
 

Mit Schwung pfefferte sie das Buch gegen die Wand.
 

„Sehr witzig, Arschloch.“

Die Zelle II

Das leise Quietschen der Tür weckte Eren.
 

Erschrocken setzte sie sich auf und versuchte, die Ursache des Geräusches auszumachen. Die Zelle war in tiefe, schwere Dunkelheit getaucht, und ihre Augen brauchten einen Moment, sich an die Schwärze zu gewöhnen. Das dämmrige Mondlicht warf einen hellen Schimmer auf den Eindringling. Ein Klicken verriet Eren, dass er die Tür verriegelt hatte, bevor er langsam, mit schwingenden Hüften, auf sie zuschlenderte.
 

„Wer ist da?“, fragte Eren alarmiert in die Dunkelheit.
 

Ihre Finger krallten sich in die Decke, und das Herz schlug ihr heftig in der Brust. Ihre Sinne waren bis zum äußersten gespannt.

Der dunkle Schatten kam näher, noch näher, und alles was Eren tun konnte, war gebannt auf ihn zu starren. Alarmglocken schrillten in ihrem Kopf auf als die Gestalt auf ihr Bett kletterte, aber sie hatte einfach nicht die Kraft, sich zu bewegen. Bohrende graue Augen erhellten die Dunkelheit, faszinierende und gefährliche Augen, die jede ihrer Bewegungen erfassten und bis auf den Grund ihrer Seele zu starren schienen.
 

„W-Warum bist du hier?“, flüsterte Eren, als sie rückwärts nach hinten rutschte.
 

Levi sagte nichts, stattdessen kroch er langsam in ihre Richtung, seinen wilden Blick auf ihr Gesicht gerichtet. Seine anmutigen Bewegungen hypnotisierten Eren, und sie war nicht in der Lage, wegzuschauen. Auch als er nach vorn langte um ihre Hände festzuhalten, und auch als er sie flach auf die Matratze drückte, war sie nicht in der Lage, dagegen anzukämpfen. Er setzte sich auf sie, beide Beine zur Seite ihrer Oberschenkel, und hielt sie fest.
 

„Levi“, Eren fand endlich ihre Stimme wieder. „Was tust du da?!“
 

Die Hitze seines Körpers ließ sie erschaudern, ließ ihren Kopf dämmrig werden, und sie musste sich bemühen, sich nicht in diesem Duft von Aloe Lotion und einem milden Aftershave zu verlieren. Sie hatte nichts dagegen einzuwenden als Levi sich zu ihr herunter beugte und sein seidiges schwarzes Haar ihr Gesicht sanft kitzelte. Seine halbgeschlossenen, silbernen Augen nahmen ihren Blick gefangen.
 

„Stell keine Frage, deren Antwort du schon kennst, Eren.“ knurrte Levi und verstärkte seinen Griff. Er kam näher, und sein Mund streiften federleicht ihre Lippen. Eren's Nackenhaare stellten sich auf, und sie schauderte wohlig.
 

„Du willst mich, und das weißt du auch.“ Sein Atem streichelte geradezu ihre Haut, und ihr Herz klopfte wild in freudiger Erwartung.
 

Sie konnte diesen Worten einfach nicht widersprechen als sie seine Lippen hungrig auf den ihren spürte. Der süße Geschmack von ihm berauschte ihren gesamten Körper, und sie erwiderte den Kuss ohne zu zögern. Levis Zunge strich an ihren Zähnen entlang, drang in ihren Mund ein und nahm ihr den Atem. Ihr Verstand war nicht mehr in der Lage, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, sie konnte nur noch dieses Prickeln fühlen, dass ihr durch den ganzen Körper rauschte. Eren riss ihre Hände los um ihn endlich zu berühren, um die raue Haut seines Gesichts zu streicheln und ihre Finger duch die sanften schwarzen Haarsträhnen gleiten zu lassen. Sie fühlten sich genauso an, wie sie es sich vorgestellt hatte: geschmeidig und samtweich am Scheitel, und etwas kratzig am rasierten Teil seines Undercuts.
 

Levi biss sanft in ihre Unterlippe, knabberte etwas daran, und brachte sie damit zum Stöhnen. Seine Hände wanderten ihren Hals herunter, verfolgten die Linien ihres Schlüsselbeins und strichen sanft über die weiche Haut zwischen ihren Brüsten. Sie sog scharf die Luft ein und liss ihre Hände über seinen Rücken gleiten, bis sie ihre Fingernägel schließlich darin vergrub.
 

Gierig begann Levi, ihre Bluse aufzuknöpfen, bis er es schließlich einfach achtlos von ihr riss. Immer noch leidenschaftlich küssend, umschloss er ihre Brüste mit seinen Händen und begann, einen Nippel zärtlich mit den Fingern zu kneifen. Eren konnte sich ein lustvolles Stöhnen nicht verkneifen, und presste sich automatisch gegen seine Brust.
 

„Nicht so ungeduldig, Eren“, keuchte er ihr ins Ohr bevor er sich von ihr löste. Er setzte sich hin und blickte auf sie herab.
 

„Fuck, du bist so heiß“, stöhnte er und beugte sich hinunter, um ihrer gebräunten Haut tausende kleine Küsse zu verpassen.
 

Eren wand sich unter diesem Berührungen, ein warmes, angenehmes Feuer schien sich in ihr auszubreiten. Sie seufzte wohlig auf. Das dunkle kleine Lachen, dass Levi daraufhin von sich gab, schwirrte in ihrem Kopf herum und verzauberte sie. Seine Finger glitten hinunter zu ihrer Leistengegend und zerrten ungeduldig am kratzigen Stoff ihrer Jeans. Levi umschlang ihre Hüfte mit einem Arm und begann, ihr die Hose mit der anderen Hand auszuziehen. Er küsste ihren Bauch und ließ seine Zähne sanft über die empfindliche Haut unter ihrem Nabel kratzen. Eren hielt es nicht mehr aus, sie brauchte mehr, und zwar sofort.
 

Sie wollte ihn ausziehen, doch bevor sie ihn überhaupt berühren konnte, wurden ihre Hände plötzlich zurückgerissen.

Panisch wand und krümmte sie sich, doch es gelang ihr nicht, sich loszumachen. Levi kniete noch immer auf ihr, eine Hand massierte sanft ihre Hüfte während die andere langsam hinabglitt, um intimere Bereiche zu streicheln.
 

„Nein...Nein!“ Eren riss an den Ketten, die sich plötzlich um ihre Handgelenke geformt hatten. „Levi, was soll der Scheiß! Bind mich sofort los!“
 

Sein Gesicht war unkenntlich in der Dunkelheit, alles was sie sehen konnte, waren diese eindringlichen grauen Augen, die auf sie herabblickten.

„Ich befürchte, du warst nicht brav genug“ säuselte eine dunkle, unheilvolle Stimme. „Ich weiß was du getan hast, Süße. Du dachtest, niemand würde es herausfinden, aber ich habe es getan.“
 

Ihre Augen weiteten sich und sie kämpfte noch mehr gegen die Ketten an. Sie musste hier weg, egal wie sehr sie sich auch danach verzehrte, von ihm angefasst zu werden.
 

„Nein, nein!“ rief sie nutzlos.
 

Die stechenden kalten Augen kamen näher, schlanke Finger zogen an ihrem Halsband und brachten sie zum Husten.
 

„Du warst ein böses Mädchen, Eren“, flüsterte die leise Stimme weiter, und sie zappelte immer panischer. „Du und ich, wir sind wohl doch nicht so verschieden.“
 

„Das ist nicht wahr!“, schrie Eren, als sie nach oben schnellte.

Verwirrt sah sie sich um. Sie lag noch immer in diesem einfachen weißen Bett in der Zelle, aber kein Levi und keine Ketten waren zu sehen. Sie atmete tief ein und legte sich die Hand auf ihr rasendes Herz, um sich zu beruhigen.

Es war alles nur ein Traum gewesen.
 

Ein verdammt merkwürdiger Traum.
 

Vielleicht waren die Drogen ja immer noch in ihrem Körper, denn warum sonst sollte sie ausgerechnet von Levi träumen? Und warum sonst sollte sie sich plötzlich an Dinge erinnern, die sie doch vor Jahren erfolgreich verdrängt hatte?
 

Einige Minuten später war sie genug runtergekommen, um endlich aufstehen zu können. Die Sonne war bereits aufgegangen und sandte ihre ersten Strahlen durch das kleine vergitterte Fenster. Das surreale Licht und die bleierne Stille halfen nicht gerade dabei, Erens Nerven zu beruhigen.

Es war alles schon so lange her, niemand würde es erfahren. Auch nicht Levi mit seinen verdammten Spionen überall. Kein Grund zur Sorge, erzählte sie sich immer wieder.

Trotzdem, sie konnte es kaum erwarten, endlich wieder nach Hause zu kommen, in ihre gewohnte Umgebung. Dieser Ausflug in das Hauptquartier ihres Feindes zerrte an ihren Nerven und hatte sie sogar dahin gebracht, einen feuchten Alptraum über Levi zu haben. Wie lächerlich.
 

Eren ging ins Badezimmer und schaute in den Spiegel. Ruhelose grüne Augen starrten zurück, und sie rümpfte ihre Nase beim Anblick dieses zerzausten braunen Mobs, dass sie Haar nannte. Das und die Tatsache, dass ihre Uniform praktisch an ihr klebte, veranlasste sie dazu eine schnelle Dusche in dieser hässlichen kleinen Kabine neben ihr zu nehmen. Als das kalte Wasser auf ihre warme Haut traf, war sie endlich in der Lage sich zu entspannen und ihre Gedanken zu sortieren. Von ihren Gegnern gefangen gehalten zu werden stieß sie an ihre psychischen Grenzen, und langsam aber sicher fühlte sie geistige Erschöpfung in sich aufsteigen.

Eren hätte stundenlang duschen können, so sehr genoß sie das erfrischende Gefühl, aber sie wusste dass es besser war, sich zu beeilen. Das Letzte was sie wollte war, dass Levi hier hereingeplatzt käme und sie so nackt und verletztlich sehen würde.
 

Als sie sich mit dem Handtuch abtrocknete, kam ihr der beinahe-Kuss vom vorherigen Abend wieder in den Sinn. Entschlossen rubbelte sie das raue Handtuch über ihre Haut. Vielleicht war das alles ja gar nicht passiert. Vielleicht hatten die Drogen ihren Geist so umnebelt, dass ihr Verstand nun Erinnerungen einfach erfinden würde. Sie konnte nicht glauben, dass sie wirklich darauf gewartet hatte, von Levi geküsst zu werden. Das war einfach so falsch, auf so viele Arten und Weisen. Eren war nicht die Art Mädchen die passiv darauf wartete, dass der Typ den ersten Schritt machen würde. Wenn sie jemanden wollte, dann würde sie ihn sich einfach schnappen. Oder sie.

Was zum nächsten Problem führte - sie mochte Levi nicht einmal, um Himmels willen, nein. Er mochte vielleicht wie ein verdammtes Unterwäschemodel aussehen - jedenfalls stellte sie ihn sich so unter seinen ganzen Klamotten vor - aber er war eben immer noch ein Arschloch. Arrogant, unverschämt, und hatte sie schon mal kriminell erwähnt?
 

„Du könntest verwirrende Gefühle gegenüber Levi entwickeln.“, geisterte Armins Stimme durch ihren Kopf.
 

Nein, da waren keine verwirrenden Gefühle. Es war alles nur eine Einbildung von diesen Drogen gewesen. Es war noch nicht einmal real.

Wenn sie diese Situation und den merkwürdigen Traum jetzt vergessen würde, dann wäre das alles nie passiert. Ignoranz und Unwissenheit konnten manchmal ein wahrer Segen sein.
 

Eren trat aus der Dusche heraus und wickelte sich ein Handtuch um den Leib. Es war wirklich nichts. Es war nur eine seltsame Situation unter Drogeneinfluss gewesen, und daraus hatte ein merkwürdiger Albtraum gefolgt. Nicht mehr.

Sie wollte gerade nach ihrer Bluse greifen und sich wieder anziehen, als die Tür plötzlich aufflog. Als sie den Schimmer von schwarzem Haar im Augenwinkel sah, wurde sie einfach von purem Instinkt geleitet. Sie ließ die Kleidung fallen und langte nach vorne, um den Eindringling anzugreifen. Fast schon automatisch vollführte ihr Körper die erlernten Verteidigungstechniken, und sie presste ihren Gegner an die Wand, ihren Arm bedrohlich schwer auf dem Hals der Person.

Sie würde nicht zögern, ihn umzubringen.

Leicht verwirrte blaue Augen schauten sie an.
 

„Eren, stimmt etwas nicht?“ fragte Mikasa besorgt, als sie mühelos Erens Arm von ihrem Hals wegdrückte. Sie schien so gelassen und ruhig zu sein wie immer.
 

„Oh, ähm“, stammelte Eren verblüfft. „Sorry, Mikasa. Ich hab nur schwarze Haare gesehen und da hab ich...“ Sie ließ den Satz unvollendet und fühlte sich plötzlich verlegen. „Ich bin erschöpft, und es war so eine Art Reflex.“
 

Sie trat zurück und rückte ihr Handtuch noch einmal zurecht. Mikasa schien augenblicklich zu verstehen.
 

„Ist schon okay, ich bin's ja nur“, sagte sie beruhigend. Sie schaute in Erens besorgtes Gesicht. „Hey, ich versteh doch, dass du gestresst bist. Keine Sorge, in ein paar Stunden bist du wieder zuhause.“
 

Eren nickte und atmete tief ein und aus. Es war ein merkwürdiges Gefühl, von einer Gangsterin beruhigt zu werden, aber sie hatte irgendwann einfach aufgehört, ihre ungewöhnliche Beziehung zu Mikasa zu hinterfragen. Als die Frau ihr ihre Identität zum ersten Mal preisgegeben hatte, damals in der Fabrik, hatte Eren noch Zweifel an ihren guten Absichten gehegt. Aber inzwischen fühlte sie sich seltsam sicher in der Gegenwart von Mikasa. Es war merkwürdig, aber im Moment nicht weiter von Belang. Sie würde später mit Armin darüber sprechen müssen, vielleicht war es ja der Anfang eines Stockholm-Syndroms oder etwas Ähnlichem.

Seufzend wollte Eren ihre Klamotten aufsammeln, als Mikasa einen Schritt vortrat und sie daran hinderte.
 

„Nein warte, ich hab' dir ein paar von meinen alten Sachen mitgebracht. Du hast diese Polizeiuniform ja jetzt schon für zwei Tage angehabt“, sagte sie und deutete auf einen Stapel Kleidung unter ihrem Arm. „Ich dachte, du würdest vielleicht was Frisches anziehen wollen. Kannst es behalten.“
 

Eren nickte und dankte Mikasa, als sie die Sachen entgegenahm. Es waren simple, blaue Jeans und ein blütenweißes Hemd. Einfach, aber ordentlich, genau Mikasa's Stil.

Als die Gangsterin wieder aus dem Badezimmer herausging, schlüpfte Eren schnell in die neue Kleidung, die überraschend gut anlag. Mikasa hatte Recht gehabt, es fühlte sich viel besser an, etwas Frisches zu tragen. Trotzdem war es ein komischer Gedanke für Eren, dass sie nun komplett in die Kleider einer Verbrecherin gehüllt war. Das einzige an ihrem Körper, was noch ihr gehörte, war die Halskette, die sie von Hange bekommen hatte. Es war vielleicht nicht der Glücksbringer gewesen, für den die Wissenschaftlerin das Schmuckstück ausgegeben hatte - wenn man bedachte, dass Eren dabei erwischt worden war, wie sie in Levis Club geschlichen ist, von einer brutalen Straßenbande unter Drogen gesetzt und schließlich von ihrem Erzfeind gekidnappt worden war, und das alles, während sie die Kette getragen hatte. Aber sie mochte sie trotzdem, und trug sie jeden Tag. Es war das Geschenk einer lieben Freundin, und allein schon deshalb liebte sie die Kette.
 

Sie wanderte vom Badezimmer zurück in die Zelle, wo Mikasa bereits ein neues Tablett mit Essen und Tee bereitgestellt hatte. Erens Magen grummelte laut bei diesem Anblick, und Mikasa stieß ein helles Lachen darüber aus. Die Agentin schnaubte nur als Reaktion, aber sie war nicht wirklich schlecht gelaunt. Irgendwie war sie mehr und mehr dazu in der Lage, in Mikasas Gegenwart abzuschalten und sich zu entspannen.

Während Eren sich die Haare mit einer Bürste, die sie von Mikasa bekommen hatte, kämmte, schlenderte sie gedankenverloren durch den Raum, und blieb schließlich vor dem kleinen Fenster stehen. Als sie versuchte, ihre braune wuschelige Mähne zu bändigen, schaute sie sehnsüchtig aus dem milchigen Glasfenster. Es war nur ein einziger Tag gewesen, den sie in dieser Zelle verbracht hatte, aber sie konnte es einfach nicht erwarten, hier wieder rauszukommen.
 

„Bist du schon aufgeregt, endlich wieder nach Hause zu kommen?“, fragte Mikasa amüsiert.
 

Irgendwie schien sie immer zu wissen, was genau in Eren vorzugehen schien. „Naja, ich kann dich schon verstehen. Um ehrlich zu sein, hab ich es auch sehr genossen, beim Aufklärungskommando zu arbeiten. Es hat schon Spaß gemacht, all diese verrückten Leute um einen herum zu haben.“
 

Eren schnaubte, während sie erfolglos versuchte, ihre Haare zu einem kleinen Knäuel zusammenzustecken.

„Das musst du gerade sagen, Mikasa. Deine Gangkameraden sind ziemlich durchgeknallt, und fang mir gar nicht erst von diesem creeper an, den du deinen Boss nennst...“, sagte sie, während sie mit einer widerspenstigen Haarsträhne kämpfte. „Gottverdammt!“, brummelte Eren. „Fick doch diese blöden beschissenen Haare, die tun nie das, was sie tun sollen!“
 

„Warum steckst du sie nicht einfach wieder unter 'ne Perücke?“, unterbrach eine geschmeidige, tiefe Stimme ihr Gefluche. „Ich mochte die rote an dir.“
 

Eren wirbelte herum, nur um Levi zu entdecken, der gelassen am Tisch hinter ihr saß und den Kopf in die Hände stütze.

„Gottverdammt nochmal!“, rief Eren erschrocken und zuckte zurück. „Wie lange sitzt du schon dort?!“
 

„Eine Weile“, sagte Levi unbewegt, „Konntest mich wohl bei deinem lauten Gefluche nicht hören.“ Er schaute auf zu ihr mit silber-grauen Augen. „Also ein 'creeper', ja?“
 

Ihr Herz hämmerte immer noch vor Schock, und Eren entschied sich, nicht darauf einzugehen. Stattdessen verschränkte sie die Arme und musterte ihn misstrauisch. Wie zur Hölle hatte er es geschafft, sich ohne ihr Wissen anzuschleichen? Er musste so eine Art Geheim-Spezialkraft haben, derer sie sich vorher nicht bewusst gewesen war, und sie verstaute diese Information gewissenhaft in ihrer mentalen Levi-Akte.

Das unverhohlene Starren von Levi war Eren zwar unangenehm, aber sie widerstand dem Drang, zur Seite zu blicken. Nie und nimmer würde sie eine Niederlage eingestehen, auch nicht in einem kindischen Blick-Starrwettbewerb mit dem Mafiaboss. Ihre Finger gruben sich noch fester in ihre Oberarme, und Eren imitierte den bohrenden Blick so gut wie sie konnte. Sie schauten sich beide wortlos für ein paar Sekunden an, bevor Levi sich zurücklehnte und seine Arme ebenfalls verschränkte. Eren hätte schwören können, ein zufriedenes Grinsen über sein Gesicht huschen gesehen zu haben, aber als sie blinzelte, war sein Ausdruck verschlossen wie immer.
 

„Mikasa, geh und bereite alles für heute vor“, ordnete Levi an, während er Eren mit zusammengekniffenen Augen beobachtete, „Ich werde mich währenddessen um Agent Yeager hier kümmern.“
 

Mikasa nickte einfach und verließ den Raum, nicht ohne Eren vorher einen entschuldigenden Blick zuzuwerfen. Aber die Agentin nahm keine Notiz von der Geste, sie war zu beschäftigt darüber nachzudenken, dass Levi zum ersten Mal überhaupt ihren korrekten Titel benutzt hatte, um sie zu addressieren. War er endlich zur Vernunft gekommen, hatte er eingesehen dass es besser war, sie zu respektieren?
 

„Was denn, bekomm ich gar kein Guten-Morgen-Küsschen?“, fragte er mit komplett ausdrucksloser Miene.
 

Okay, streich das von gerade eben wieder. Er war immer noch dasselbe nervige Arschloch.
 

Eren bekämpfte den Drang, die Augen zu verdrehen. „Du kriegst eher einen Guten-Morgen-Fausthieb wenn du noch einmal so blöd fragst.“
 

Sie wusste, dass sie sich kindisch verhielt, aber es war auch einfach verdammt schwierig in dieser gottverdammten Zelle einen kühlen Kopf zu bewahren, vor allem, wenn sie die ganze Zeit von ihrem Feind umgeben war. Levi grinste und schob ihr den Teller mit Essen zu.
 

„Hier, iss etwas, wir haben einen aufregenden Tag vor uns“, meinte er spöttisch, als er sich selbst etwas von der heißen Kanne in seine eigene Tasse eingoß.

Eren starrte ihn ungläubig an.
 

Ist das sein verdammter Ernst?
 

„Ich werde hier auf keinen Fall ein kleines Kaffeekränzchen mit dir veranstalten, Levi.“
 

Als ob sie mit ihm zusammen frühstücken würde. Ihr Appetit war ihr eh vergangen, und sie wünschte sich verzweifelt, dass ihr Bauch endlich aufhören würde ständig zu kribbeln wenn sie ihn ansah.
 

„Zu blöd“, meinte Levi unbewegt und nahm einen Schluck aus seiner Tasse.

Er hatte eine wirklich merkwürdige Art, sie zu halten, seine Finger umfassten den Rand des Gefäßes anstatt wie üblich den Henkel. Er leckte sich die Lippen und stieß einen zufriedenen Seufzer aus. „Du solltest den schwarzen Tee trotzdem kosten.“
 

Ihr wütender Blick schien ihn nicht im geringsten zu stören.
 

„Es ist der beste Tee, den du auf dieser gottverlassenen Insel bekommen kannst“, fügte er wie selbstverständlich hinzu.
 

„Tatsache ist, ich bin mehr der Typ für Kaffee“, entgegnete Eren mit zusammengebissenen Zähnen.

Immer noch rührte sie nichts an, was er ihr angeboten hatte.
 

„Perlen vor die Säue.“ Levi seufzte, doch seine nach oben gekräuselten Lippen verrieten, dass er die Situation mehr als genoss.
 

Eren bemerkte, dass sie sich in ein Gespräch verwickeln lassen hatte und verfluchte sich innerlich selbst dafür.
 

„Ich bin auch nicht hier für ein nettes Pläuschchen!“, fauchte sie und umklammerte die Tischkante, als sie aufgesprang und Levi böse anfunkelte. „Ich hab' da so ein Gefühl, dass du wesentlich mehr als ich über diesen Vorfall am Hafen weißt.“ Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. „Und ich verlange Antworten!“
 

„Oh, du verlangst Antworten?“ Levi hob fragend eine seiner fein geschwungenen Brauen. „Lustig, und ich hatte das Gefühl, dass ich hier am längeren Hebel sitze.“
 

Einige Sekunden lang starrten sich beide herausfordernd an. Eren versank wieder in diesen eisgrauen, stechenden Augen, und vergaß alles um sich herum. Alles was sie tun wollte, war den ganzen Tag in diese Augen zu schauen-

Nein. Nein, Eren würde diesen Fehler nicht noch einmal machen. Sie hatte sich ihre Stellung als führende Agentin nicht durch Herumgeblödel hart erarbeitet, und sie würde sich auch jetzt nicht ablenken lassen. Sie lehnte sich etwas in ihrem Stuhl zurück und versuchte rasch, ihre Gedanken zu ordnen.

Einmal tief ein und ausatmend traf Eren ihre Entscheidung. Es würde nichts bringen, Levi wie jeden anderen gewöhnlichen Kriminellen zu verhören, nicht wenn er so mit ihr spielte. Also würde sie zu anderen Mitteln greifen müssen. Zwei Leute konnten dieses Spiel spielen, und Eren würde gewinnen, darin bestand für sie kein Zweifel.

Alles in ihr sträubte sich dagegen, aber sie würde es tun, für das Aufklärungskommando. Sie atmete noch einmal tief ein und hob dann langsam ihren Blick.
 

„Ok, ich bitte dich darum.“ sagte sie leise, doch mit fester Stimme.
 

Levis Augen weiteten sich vor Überraschung. Er hatte erwartet, dass Eren wie immer wütend werden würde, laut fluchen und toben würde, aber nicht das hier. Ein Teil von ihm war mehr als befriedigt ob der Tatsache, dass sie sich ihm scheinbar endlich untergeordnet hatte. Es musste hart für eine stolze Person wie Eren sein, jemanden um etwas zu bitten, vor allem wenn es sich dabei um ihn handelte. Andererseits war Levi sich komplett bewusst, dass diese Geste alles andere als eine Unterwerfung gewesen war. Sie hatte sich einfach nur an seine Aussage von gestern - „Wie könnte ich dir eine Bitte abschlagen, Eren“ - erinnert und benutzte sie nun gegen ihn.
 

Cleverer Schachzug, Agent Yeager.
 

Immer noch ein wenig verblüfft stellte Levi die Tasse auf den Tisch, nicht ohne sie weiterhin mit seinem Blick zu fixieren.
 

„Hm.“ murmelte er leise. „Nicht übel.“
 

Levi wollte sich weigern, mehr zu sagen, er wollte ihr unter die Nase reiben dass ihr kleiner Trick ganz sicher nicht bei ihm funktionieren würde. Aber wem wollte er da eigentlich etwas vormachen. Er war wirklich nicht in der Lage das zu ignorieren, was die Art und Weise wie sie ihn mit großen grünen Augen anshah und dabei leicht auf ihrer Unterlippe kaute, mit ihm anstellte. Levi glaubte, dass dieser Teil sicher eher unbewusst war - er konnte sich wirklich nicht vorstellen, dass Eren sich hier durchflirten würde, nur um das zu bekommen, was sie wollte. Aber verdammt noch mal, dieser Anblick war mehr als heiß. Wie konnte jemand so unbezwingbar und süß zur gleichen Zeit wirken? Es war einfach nicht fair.
 

Er musste sich wirklich vorsehen, was er jetzt sagen würde, denn im Moment hätte er ihr am liebsten alles erzählt, was immer sie hätte wissen wollen. Aber Levi trug die Verantwortung für die Flügel der Freiheit, und er war kein liebeskranker Idiot.
 

„Naja, im Moment kann ich dich nur eine einzige Sache wissen lassen,“ Er wog seine Worte sorgfältig ab. „Sei einfach verdammt vorsichtig, wem du dein Vertrauen schenkst, Eren. Nicht jeder in der Behörde ist der Freund, für den du ihn vielleicht hälst.“
 

Eren fixierte ihn wachsam.

„Ich weiß dass du ein paar deiner verschissenen Spione in der Nähe meines Teams hast“, sagte sie und warf ihm einen wütenden Blick zu.
 

„Ich habe keine Ahnung, wovon du da sprichst, Süße.“ Es war schon verdammt schwierig, bei diesen Worten nicht zu grinsen, aber er schaffte es. „Aber denk' dran, dass ich nicht der einzige bin, der jemanden eingeschleust haben könnte.“
 

„Willst du damit etwa andeuten, dass es noch mehr Kriminelle im Aufklärungskommando geben könnte?“, fragte sie scharf.
 

Er sah sie an und schwieg für einige Momente.

„Die Welt ist nicht unterteilt in gute Menschen und in Kriminelle“, sagte er kryptisch. „Manchmal bedeutet das Gesetz zu brechen, die bessere Person zu sein.“
 

Eren rollte mit den Augen. Was sie brauchte, waren klare Informationen, nicht irgendwelche verdammten Lebensweisheiten von Levi. Vor allem nicht, wenn sie so verdreht waren.
 

Bessere Person am Arsch, dachte sie ärgerlich.
 

„Du wirst der Korruption, Erpressung, des Waffenschmuggels und Mordes verdächtigt“, begann sie aufzulisten , und zählte die Taten dabei an ihren Fingern ab. „Und ich bin mir verdammt sicher, dass du noch viel mehr auf dem Kerbholz hast. Versuch nicht mich zu überzeugen, du würdest zu den Guten gehören, Levi.“
 

Belustigt und fast schon stolz hatte er ihren Ausführungen zugehört. Dann verschloss sich sein Gesicht wieder.

„Ich habe nie gesagt, dass ich durch und durch gut bin“, sagte Levi, „aber manchmal heiligt der Zweck die Mittel. Wenn du etwas verändern willst, musst auch bereit sein, dafür etwas zu opfern.“
 

„Bullshit“, antwortete Eren mit einem Knurren.
 

Sie hätte im am liebsten an den Kopf geschleudert, was für ausgemachter Blödsinn seine Aussagen waren, aber sie musste sich selbst daran erinnern, dass sie dieses Gespräch nicht zum Diskutieren führte, sondern um Informationen zu sammeln.
 

„Also glaubst du, dass es noch mehr Verräter in der Behörde gibt?“
 

Er nickte als Antwort. „Soweit ich weiß.“
 

„Von den Titanen?“, fragte Eren und runzelte ihre Stirn.
 

Nachdenklich sah Levi sie an. Er glaubte nicht dass sie auch nur ansatzweise wusste, wie süß sie mit dieser konzentrierten Miene aussah.
 

„Ich weiß es nicht sicher“, gab er zu und wandte den Blick seiner Tasse zu, die er nun leicht in seiner Hand schwenkte. Er beobachtete den feinen Strudel, den seine Bewegungen in der Flüssigkeit auslösten, und dachte kurz nach. „Sei dir nur dessen bewusst, dass viele Leute im Untergrund wissen, was das Aufklärungskommando vorhat, befor du es tust, Eren.“
 

Das Runzeln auf ihrer Stirn verstärkte sich.
 

„Warum wollen mich die Titanen eigentlich so unbedingt entführen?“, fragte sie, „ich ermittle doch noch nicht einmal in ihrem Fall.“
 

Also hatte sie es immer noch nicht kapiert, sie hatte zwei und zwei immer noch nicht zusammengezählt. Levi war erleichtert und wütend zur selben Zeit; erleichtert weil Eren ihn wohl nur noch mehr hassen würde, wenn sie es wüsste, und wütend weil es verdammt noch mal offensichtlich war. Er hatte es mehr als offensichtlich gemacht.

Aber vielleicht war es besser so. Vielleicht war es zu früh, es ihr zu sagen, und sie war noch nicht bereit. Es war ja nicht so, dass er es ihr gleich erzählen würde - der Hauptgrund, warum die Titanen Eren so unbedingt fangen wollten, war etwas, was sie wohl selbst herausfinden würde müssen. Also beschloss Levi, ihr nur die halbe Wahrheit zu erzählen.
 

„Weil du gefährlich für sie bist“, erklärte er einfach, „du hast in der Öffentlichkeit mehr als deutlich gemacht, dass du keine Korruption und Vergehen tolerieren wirst. Dieser Scheiß passt ihnen gar nicht in den Kram.“
 

Eren brummte nachdenklich und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, die Arme immer noch verschränkt. Ein paar Sekunden lang starrte sie gedankenverloren ins Nichts, bevor sie sich wieder Levi zuwandte.
 

„Trotzdem, sie sollten doch eigentlich dankbar sein, dass ich dich jage. Du bist ihr Feind. Also wäre es doch besser für sie, abzuwarten bis ich dich gefangen habe, oder nicht? Da muss doch noch mehr dahinter stecken.“
 

Auch wenn sie manchmal Tomaten auf den Augen zu haben schien, war sie noch immer verdammt clever. Und sie hatte die Angewohnheit, unbequeme Fragen zu stellen, soviel musste Levi ihr lassen.
 

„Vielleicht“, murmelte er vage, „sei einfach auf der Hut.“
 

Er nahm einen letzten Schluck von seinem Tee und stand auf. „Nun, ich glaube wir werden bald aufbrechen. Ich geh mal nachschauen, ob alle bereit sind.“
 

Eren war immer noch nicht ganz überzeugt. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass das der einzige Grund der Titanen sein sollte, sie zu entführen. Außerdem machte es noch nicht einmal Sinn, dass sie sie lebend fangen wollten, und nicht wie all ihre anderen Feinde einfach töteten. Was wiederum zu der Frage führte, warum Eren überhaupt ihre erklärte Feindin war? Sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass Levi mehr darüber wusste als er zugeben wollte. Gerade wie er seinen Blick kurz abgewendet hatte und so abrupt aufgestanden war, als ob er sich selbst davon abhalten wöllte, zuviel zu erzählen. Es war einfach mehr als ungewöhnlich für ihn gewesen, soweit sie überhaupt beurteilen konnte, wie der 'gewöhnliche' Levi eigentlich aussah.
 

Eren hatte gedacht, er würde die Gelgenheit nutzen und sie noch weiter aufziehen, um seine Macht zu demonstrieren und sie nach allen Regeln der Kunst zur Weißglut zu bringen. Nicht, dass sie enttäuscht war, dass er sich endlich verzog. Aber es passte einfach so gar nicht zu ihm.
 

Levi hatte die Hand schon auf dem Türknauf, als Eren ihn kurz zurückhielt.
 

„Warte, Levi.“ sagte sie schnell.
 

Sie konnte nicht glauben, dass sie das jetzt wirklich sagen würde. Aber Mikasas Worte von gestern sponnen ihr immer noch durch den Kopf. Sie war eine erwachsene Frau, verdammt nochmal, und sie würde das jetzt tun. Es war ein simples, einfaches Wort, überhaupt nicht schwierig. Eigentlich.
 

Levi hatte aufgehört, den Schlüssel ins Schloss zu stecken, und warf Eren einen Blick über die Schulter zu.
 

„Hm?“
 

Eren schaute zur Seite, sie war einfach nicht in der Lage, seinem Blick zu begegnen.
 

„Ich...also...danke“, sagte sie und vergrub ihre Finger noch fester in den verschränkten Armen, „dass du mich gerettet hast. Und, du weißt schon. Mich nicht umgebracht hast und den ganzen Kram.“
 

Sie schielte hoch zu ihm und ihr stockte für einen Moment der Atem.
 

Levi lächelte sie an.
 

Es war kein anzügliches oder selbstgefälliges Grinsen, es war ein echtes, ehrliches Lächeln. Und verdammt nochmal, es brachte ihr Herz dazu, einen kleinen Hüpfer zu vollführen. In seinen gewöhnlich eiskalten Augen lag ein warmer Schimmer, der sein ganzes Gesicht erhellte.
 

„Gern geschehen, Eren.“ sagte er leise und schlüpfte elegant aus dem Raum, befor er die Tür hinter sich zuzog.

Für ein paar Sekunden lang war Eren nicht in der Lage, sich zu bewegen. Mit großen Augen starrte sie die schwere Eisentür an, während sie versuchte, ihr wie wild schlagendes Herz zu beruhigen.
 

Was zur Hölle.
 

Warum wurde sie so nervös, nur weil er sie anlächelte? Es war höchste Zeit, diesen Ort hier zu verlassen und endlich wieder zu klaren Gedanken zu kommen. Erst der beinahe-Kuss, dann dieser merkwürdige Traum, und jetzt auch noch dieses Lächeln. Dieser Ort schien ihre Sinne wirklich zu benebeln. Sie stöhnte entnervt auf und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Nur noch ein paar Stunden und wie würde endlich wieder zu Hause sein.
 

Ein paar Minuten später betrat Levi erneut die Zelle.

Eren's Ausdruck von Dankbarkeit hatte ihn unvorbereitet getroffen, und er hatte einen Moment gebraucht, wieder in seine alte Rolle zurückzufinden. Immerhin war er immer noch ein verdammter Mafiaboss und kein liebeskrankes Schulmädchen. So sehr er Eren auch mochte, er hatte einen schlechten Ruf zu verlieren, also würde er es sich nicht erlauben, einfach so aus der Rolle zu fallen. Trotzdem, die Tatsache dass sie zur Kenntnis genommen hatte, was er alles für sie riskiert hatte, versetzte Levi in eine geradezu gute Laune. Er fühlte sich fast schon ein wenig schlecht für den Streich, den er ihr gleich spielen würde.
 

Fast.
 

So leise wie möglich schlüpfte er in den Raum und beobachtete Eren, wie sie auf und ab wanderte wie eine eingesperrte Tigerin. Sie hatte seine Anwesenheit noch nicht bemerkt, wenn er von dem gedankenverlorenen Ausdruck auf ihrem Gesicht ausging. Irgendetwas schien sie zu beschäftigen und von ihrer Umgebung abzulenken. Nun ja, das spielte ihm in die Karten.
 

Lautlos schlich er sich von hinten an sie heran, als sie gerade vor dem Fenster stehenblieb und raussah. Levi würde sich beeilen müssen, keine Chance dass Eren ihn das Folgende tun lassen würde, ohne auszurasten. Mit einer einzigen schnellen Bewegung umschlang er sie von hinten und umklammerte sie mit festem Griff. Noch bevor sie überhaupt „Was zur Hölle“ rufen konnte, hatte er die Handschellen bereits um ihre Handgelenke schnappen lassen. Er versuchte, sich ein Schmunzeln zu verkneifen, als er einen Schritt zurücktrat und darauf wartete, dass sie zu ihm herumwirbelte.

Das ärgerliche Knurren, welches er als Antwort erhielt, ließ seinen Herz einen kleinen Hüpfer machen.
 

„Levi!“, fauchte Eren zornig, „Warum muss ich Handschellen tragen?!“
 

Vorwurfsvoll hielt sie ihre gefesselten Hände hoch und funkelte ihn böse an, doch Levi schien nicht im mindesten beeindruckt von ihrem drohenden Blick. Er zuckte nur mit den Schultern und bedeutete ihr, durch die Tür auf den Gang herauszutreten.
 

„Vielleicht ist das ja einfach nur Teil meiner geheimen Fantasien“, grinste er.
 

„Lass den Scheiß!“, entgegente Eren aufgebracht, ging aber trotzdem durch den Türbogen hinaus auf den Gang, „das ist nicht fair, ich habe mein Versprechen an Mikasa gehalten und dich nicht angegriffen!“
 

Levi schloss die Eisentür und holte gelassen eine Pistole aus seiner Jackentasche heraus, die er Eren in den Rücken stieß.
 

„Oh, also habe ich es ihr zu verdanken, dass ich immer noch unverletzt bin?“, antwortete er spöttisch und schubste sie sanft in Richtung des dunklen Flures hinunter. „und da dachte ich, du hättest dich einfach nur an mich gewöhnt.“
 

Eren knurrte abermals, hielt sich jedoch selbst davon ab, weiter darauf einzugehen. Egal was sie sagen würde, er würde ja doch einen Weg finden ihr die Worte im Mund umzudrehen und mit einem blöden Kommentar darauf antworten. Es war also besser, den Mund zu halten, fürs Erste jedenfalls.
 

Sie gingen weiter den dunklen Korridor entlang, wobei sie zahlreiche hölzerne Türen passierten, bis sie an eine Treppe angelangten. Sie stiegen die Stufen hinab und befanden sich ein einer abgelebten alten Halle, an deren tapezierten Wänden zahlreiche abgenutzte Jagdtrophäen hingen, und deren Fenster mit giftgrünen schweren Vorhängen abgedunkelt waren. Eren ließ ihren Blick ungläubig wandern.
 

„Die Einrichtung in deinem Nachtclub war ja hundertmal geschmackvoller als das hier“, brummte sie, bevor sie sich auf die Zunge beißen konnte.
 

Denk nach bevor du den Mund aufmachst, du Idiotin, schalt sie sich selbst.
 

„Oh, du mochtest die Einrichtung also?“, fragte Levi mit perfekter stoischer Miene, „Du bist immer eingeladen, mich dort zu besuchen, das könnte Spaß machen.“
 

„Danke, aber der Spaß den ich das letzte Mal hatte reicht mir für den Rest meines Lebens, glaube ich.“
 

Levi ließ ein dunkles Lachen ertönen und kramte in seinem Mantel herum, und im nächsten Moment spürte Eren auch schon, wie ihr die Augen mit einem weichen, fließenden Stoff verbunden wurden. Sie blinzelte überrascht, konnte jedoch nichts sehen als schwarze Finsternis.
 

„Was, nein!“, rief sie erschrocken aus, „nein, nein! Was soll der Scheiß, ich kann ja gar nichts sehen!“
 

Als ob es nicht schlimm genug gewesen wäre, nur gefesselt zu sein. Auf diese Art und Weise fühlte sie sich Levi vollkommen ausgeliefert, noch mehr als zuvor. Und sie mochte es überhaupt nicht.

Sie hörte, wie Levi eine Tür neben ihr öffnete.
 

„Mach keinen Mist, das ist Sinn und Zweck einer Augenbinde.“
 

Sanft stieß er sie in Richtung Tür.
 

„Komm schon Süße, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“
 

Doch Eren blieb stur im Türrahmen stehen.
 

„Nein.“
 

Ungeduldig schnalzte Levi mit der Zunge. „Hör zu, ich würd' ja auch gern Zeit mit dir verbringen, aber wir müssen jetzt los.“
 

Eren hatte die Nerven, resolut mit dem Kopf zu schütteln. „Nicht bevor du mir dieses Ding wieder abnimmst!“, beharrte sie.
 

„Eren.“ Levi konnte einfach nicht glauben, dass sie immer noch Forderungen stellte. Sogar gefesselt und mit verbunden Augen war sie nicht in der Lage dazu, sich unterzuordnen. „Denkst du denn, ich bin ein verdammter Idiot? Ich werde dir bestimmt nicht zeigen, wo sich unser Hauptquartier befindet. Und jetzt hör auf dich wie ein stures Balg aufzuführen und geh zu dem verdammten Auto!“
 

Nachdrücklich presste er ihr den Lauf der Pistole in den Rücken, doch Eren bewegte sich nicht einen Meter.
 

„Wie soll ich da überhaupt hingehen? Ich werd' hinfallen und mir die Knochen brechen!“ beharrte sie weiterhin.
 

Levi seufzte genervt auf und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. Normalerweise fand er Erens sture Art immer wieder reizvoll, aber jetzt gerade hatte er Zeitdruck. Und langsam aber sicher bekam er den Eindruck dass sie nur einen Vorwand suchte, um ihm ans Bein zu pissen. Levi schaute zu ihr herüber, und das zufriedene kleine Lächeln, dass um ihre Lippen kräuselte, bestätigte seinen Verdacht.
 

Na warte.
 

Ein teuflisches Grinsen huschte über sein Gesicht als er seine Waffe wieder in der Jackentasche verstaute. Bevor Eren sich noch weiter beschweren konnte, packte er sie an den Kniekehlen und am Rücken und hob sie hoch wie eine Braut, die es über die Schwelle zu tragen galt. Sie protestierte mit einem überraschten Quieken, und Levi musste sich wirklich das Lachen verkneifen. Das hier war einfach so viel unterhaltsamer als der Gefangene letzte Woche, er könnte sich wirklich daran gewöhnen.
 

Ungerührt ob ihrer heftigen Gegenwehr trug er sie auf seinen Armen aus dem Haus heraus und den kleinen Pfad die Einfahrt hinauf. Eren strampelte und zappelte wie eine fauchende Katze, aber er drückte sie nur umso fester an seine Brust.
 

„Du hattest Recht“, verkündete er, „so ist es viel besser.“
 

Sie schien ihm nicht ganz zuzustimmen, wenn man von ihrem wilden Herumgezappel in seinen Armen ausging.
 

„Du verdammter Mistkerl!“, zischte sie wütend, „lass mich sofort runter!“
 

„Ne, keine Lust.“
 

Levi bog um die Ecke und entdeckte die lange schwarze Limousine, die Erd vorbereitet hatte, bereits am Eingangstor. Sein Team wartete auch schon auf ihn, und er konnte bereits Mikasas vorwurfsvollen Blick auf sich ruhen sehen. Für einen kurzen Moment war er so in seinen Gedanken vertieft, dass er nicht aufpasste und ihn endlich einer von Eren's Tritten am Kiefer traf und fast umhaute.
 

„Verdammt nochmal, Eren, hör auf so rumzufuchteln oder wir werden uns beide alle Knochen brechen!“
 

„Das wär's mir wert“, murrte Eren, entschied sich aber, von jetzt an still zu halten. Das Letzte was sie wollte, war, mit Levi zusammen zu stürzen und womöglich noch unter ihm begraben zu werden. Wer weiß auf welche Gedanke dieser Perverse dann noch kommen würde.
 

Das Geräusch eines laufenden Motors und leises Geflüster deuteten darauf hin, dass sie nun am Auto angelangt waren, und Eren spürte wie seine Bewegungen langsamer wurden.
 

„Levi,“ konnte sie Mikasas strenge Stimme hören, „jetzt hör doch mal auf Eren zu ärgern! Sie hatte die letzten Tage weiß Gott genug Stress.“
 

„Ich ärgere sie nicht, das war ihre Idee!“
 

„Das war es überhaupt nicht!“ fauchte Eren aufgebracht.
 

Sein heißer Atem an ihrem Ohr ließ sie zusammenzucken.

„Nächstes Mal benutze ich wohl zusätzlich einen Knebel", flüsterte er leise und brachte die Haare an ihrem Nacken zum Sträuben.
 

Ein paar Sekunden später wurde Eren sanft in einem weichen, bequemen Autositz niedergelassen und hörte, wie andere Leute ebenfalls um sie herum einstiegen. Sie hatte keine Ahnung wieviele es waren, und sie war sich auch nicht sicher was sie davon halten sollte. Wenigstens war sie nicht wieder alleine mit Levi, also war das vermutlich zu ihren Gunsten.

Endlich begann das Auto, sich zu bewegen, und die Spannung wich langsam aus Erens Körper.
 

„Wenn wir nicht diese Göre hier babysitten müssten, würden wir auch rechtzeitig zum Meeting erscheinen“, schnarrte eine vertraute Stimme gegenüber von ihr.
 

Zu ihrer Überraschung war es Petra, die auf diesen Kommentar etwas entgegnete, bevor Eren selbst auch nur den Mund öffnen konnte.

„Ach beiss dir doch die Zunge ab, Autruo,“ zischte die Frau genervt. „Sie ist um Längen reifer als du es je sein wirst.“
 

Ok, also entweder träumte Eren wieder, denn hatte die Verrückte sie gerade allen Ernstes verteidigt? - oder diese Leute waren alle ein Haufen instabiler Spinner.
 

Vermutlich Letzteres.
 

Die Stimmen stritten sich weiter, aber niemand schien großartig Notiz davon zu nehmen. Eren war so in ihren Gedanken über Petra's merkwürdiges Verhalten vertieft, dass sie fast nicht bemerkt hätte, wie jemand sanft begonnen hatte mit ihren Haaren zu spielen und sie sich um den Finger zu wickeln.
 

„Ich glaube, ich habe das schonmal gesagt“, knurrte Eren mit zusammengebissenen Zähnen, „behalt deine verdammten Pfoten bei dir, Levi!“
 

„Reizvolle Erinnerung, in der Tat“, gluckste er neben ihr, „aber woher wusstest du dass ich es bin?“
 

„Weil du der einzige bist, der so einen Scheiß überhaupt macht! Außerdem kann ich dich riechen.“
 

„Oh?“, fragte er in interessiertem Unterton, „du weißt also, wonach ich rieche?“
 

Eren hätte sich selbst ohrfeigen können. Sie sollte langsam mal lernen, ihre Klappe besser zu halten.
 

„Nur weil du mein Feind bist. Ist doch ganz natürlich dass ich solche Dinge über dich weiß“,verteidigte sie sich und hoffte vergeblich, dass ihr Gesicht nicht rot anlaufen würde.
 

Levi nahm eine Strähne ihres Haares und steckte sie zurück hinter ihr Ohr. Amüsiert bemerkte er, wie sie leicht errötete, als seine Finger eine Sekunde länger als nötig dort verharrten.

Er beugte sich zu ihr herüber und bließ sanft auf die Muschel ihres Ohrs. Das leichte Beben ihrer Schultern und die Gänsehaut auf ihrem Nacken waren Antwort genug für seine unausgesprochene Frage.
 

„Aber sicher“, hauchte er ihr leise ins Ohr, „Red dir das ruhig weiter selbst ein, Eren.“
 

Der Rest der Fahrt verlief relativ ereignislos, abgesehen vom gelegentlich Gezanke zwischen Auruo und Petra hier und da. Nach einer gefühlten Stunde - Eren hatte wirklich jegliches Zeitgefühl verloren - hatten sie endlich ihr Ziel erreicht.

Mikasa war diejenige, die Eren die Handschellen und Augebinde abnahm - Levi hatte gemeint, Eren würde ihn wohl in Stücke zerreißen wenn er das tun würde - und sie begleitete Eren sogar den kurzen Weg über die Straße und um die Ecke herum, hinüber zum Hauptgebäude des Aufklärungskommandos.
 

Sie hielten vor einem großen, gläsernen Hochhaus an, in dessen Fenstern sich die Mittagssonne bereits spiegelte.
 

„Pass auf dich auf, Eren“, sagte Mikasa leise und umarmte sie zum Abschied.
 

„Danke... das werde ich tun“, antwortete die Agentin verlegen und beobachtete, wie sich die Gangsterin umdrehte und hinter der nächsten Ecke verschwand.
 

Mit einem tiefen Seufzer trat Eren an die große gläserne Eingangstür des Towers heran und stieß die Tür zur Lobby auf.

Die Wohltätigkeitsveranstaltung

Als Eren die Flure ihrer Behörde betrat, brach die Hölle los.

 

Hanji war die erste, die sie erblickte, und begrub Eren sofort in einer wortwörtlich atemberaubenden Umarmung, die ihr fast die Rippen brach. Nur ein paar Momente später bemerkten auch die anderen Kollegen ihre Ankunft und stürzten sich ebenso auf sie. Die Leute bombardierten sie geradezu mit Fragen, wo sie gewesen und was passiert sei, und gaben ihr überhaupt nicht die Chance, zu Atem zu kommen und vielleicht sogar einige der Fragen zu beantworten.

 

Natürlich war es rührend, sie alle so besorgt zu sehen, und als Armin sogar einige Tränen vergoss und mehrmals wiederholte, wie Leid es ihm täte dass er nicht da gewesen wäre, wusste sogar Eren einmal nicht, was sie sagen sollte. Stattdessen schloss sie ihn noch einmal in ihre Arme, darauf hoffend, dass niemand ihre feuchten Augen bemerkt hatte.

 

Ihr Team begleitete sie in Erwins Büro, als Eren ihm darüber berichtete, was am Hafen und danach in Levis Unterschlupf passiert war. Natürlich ließ sie dabei ein paar unwichtige kleine Details aus.

 

„Versteh mich nicht falsch Eren, ich bin ja froh dass du gesund und munter bist und all das“, sagte Jean und blickte sie etwas verwirrt an, „aber warum sollte ein Mafiaboss ausgerechnet die Agentin retten, die gegen ihn ermittelt? Sie aufsammeln, zusammenflicken und danach frei lassen, als wäre nichts gewesen?“

 

Eren hatte diese Frage kommen sehen, trotzdem musste sie schlucken.

 

„Ich, also… ich weiß es nicht“, antwortete sie, und rutschte unruhig auf ihrem Platz hin und her.

 

„Aber du hast ihn doch sicherlich gefragt, oder nicht?“, tönte Erwin mit seiner tiefen, ruhigen Stimme. Sein Kinn ruhte auf den Fingerspitzen, die er verschränkt hatte, während er sie aufmerksam betrachtete. Er wusste, dass Eren sich niemals eine Gelegenheit entgehen lassen würde, Informationen zu sammeln.

 

„Hab ich“, erwiderte Eren lahm.

Als sie eine erhobene Augenbraue als Antwort bekam, verspürte sie den Drang, etwas mehr zu erzählen. Aber wie sollte sie den anderen eine derartige Situation erklären?

 

„Ich habe schon gefragt, aber dann… dann kam Mikasa rein, hat uns unterbrochen und ihn nach unten geschickt, wo einer seiner Handlanger auf ihn gewartet hat. Also kam er nicht dazu, mir zu antworten.“

 

Sie betete zu allen Gottheiten, die sie kannte, dass niemand bemerken würde wie ihre Wangen anfingen zu brennen. Die seltsamen Blicke, die sie von Erwin, Hanji und Armin dafür erntete, zeigten ihr, dass die Gebete nicht erhört worden waren. Natürlich war es geradezu unmöglich, vor den dreien gleichzeitig etwas zu verbergen, dafür waren sie einfach zu clever. Überraschenderweise war es jedoch Jean, der die bedeutungsvolle Stille unterbrach.

 

„Oh mein Gott, also ist es wahr!“, rief er aus, und seine Augen sprangen förmlich aus seinem Kopf, „Levi ist echt verknallt in Eren, nicht wahr?“ Aufgeregt warf er die Arme in die Luft und wedelte damit hin und her. „Er hat sich damals nicht nur lustig gemacht über sie mit dem ganzen Scheiß, er hat sie ernsthaft umworben! Levi steht auf Eren, deshalb hat er sie gerettet!“

 

Sie wünschte sich einfach nur, dass der Boden sich endlich auftun und sie verschlingen würde, aber nichts dergleichen geschah. Eren fühlte sich beschämt, obwohl sie nicht einmal etwas falsch gemacht hatte.

 

„Jean, könntest du bitte etwas leiser sein…“, sagte sie, wurde doch von ihrem Kollegen gleich wieder unterbrochen.

 

Du“, Jean deutete triumphierend mit dem Zeigefinger auf sie, „Ich hab’s dir doch gesagt! Du hast es wirklich geschafft, dir einen verdammten kleinen Grusel-Gangster als Freund zu angeln, ich kann’s gar nicht glauben…“

Er brach ab, das eigene Lachen veranlasste ihn, nach Luft zu schnappen und sich den Bauch zu halten.

 

„Halt deine verdammte Klappe, Kirstein!“, brauste Eren auf, „Hör auf ihn meinen Freund zu nennen oder ich werde dir verdammt nochmal-„

 

„Oder was? Wirst du deinen Schatz herbeirufen und ich ende dann mit zementierten Füßen auf dem Grunde des nächsten Flus-"

 

„Jean. Eren“, Erwin erhob nicht einmal seine Stimme, doch der strenge Unterton darin war genug, um beide sofort verstummen zu lassen, „Dies ist nicht die Zeit, um herumzualbern. Wir müssen uns auf die Mission konzentrieren“

 

Eren blickte Jean ein letztes Mal strafend an und widerstand dem Drang, ihm die Zunge entgegenzustrecken, bevor sie sich wieder Erwin zuwandte und nickte.

 

„Vielleicht können wir ihn sofort festsetzen. Sie scheinen ein Meeting in der Stadt zu haben, ein ziemlich großes Ding wie’s aussieht, und sie fahren in einer riesigen Limousine umher, nicht gerade unauffällig…“, begann sie zu erklären, doch Armin unterbrach sie.

 

„Was das betrifft, Eren, müssen wir dir etwas erzählen“, sagte er vorsichtig und betrachtete sie sorgsam.

 

Die anderen Mitglieder aus ihrem Team wichen ihrem Blick so gut es ging aus, und so hob sie fragend eine Braue und bedeutete Armin, fortzufahren.

 

„Hör zu, die Sache ist die… wir können ihn nicht einfach so verhaften. Es gibt keinen Haftbefehl mehr.“

 

Eren starrte ihn ungläubig an.

 

Was.“

 

„Naja, die Staatsanwaltschaft wollte keinen neuen unterzeichnen“, erklärte Armin. „Kitts Woerman meinte, wir hätten keine Beweise, und alles wäre nur ein großes Missverständnis."

 

„Ein Missverständnis?“, wiederholte Eren fassungslos, „Wirklich, ein Missverständnis?! Wir haben sie verdammt noch mal bei der Übergabe beobachtet, sie haben sich uns widersetzt, scheiße, es gab sogar ´ne Schießerei!“

 

Connie verzog das Gesicht. „Er sagte, Levi sei ein geachteter Bürger unserer Stadt, der viel Geld in Wohltätigkeitsprojekte steckte, und es sei doch eine Schande ihn zu diskreditieren, indem wir zu voreilig handeln würden.“

 

Eren wirbelte herum und starrte Erwin an, leise flehend dass er diese Worte doch bitte, bitte verneinen würde. Aber sein Schweigen verriet Eren die bittere Wahrheit.

 

„Anders ausgedrückt, Levi hat Kitts geschmiert?“ fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen, die Hände bereits zu Fäusten geballt.

 

Erwin nickte langsam. „Ich befürchte, ja. Es gibt nichts, was wir im Moment dagegen tun können.“

 

Ohne Vorwarnung gab Eren dem Aktenschrank an der Wand von Erwins Büro einen harten Tritt.

 

„Fick dich doch!“, schrie sie, „Fick dich, du Scheißbastard!“

 

Sie trat ein zweites Mal dagegen, heftig atmend und mit vor Wut funkelnden Augen.

Obwohl die anderen an ihre Wutanfälle gewöhnt waren, zuckten sie zusammen.

 

„Eren“, sagte Jean vorsichtig und machte einen Schritt auf sie zu, „Mach dir keinen Kopf, wir werden ihn schon noch kriegen. Du hast so hart gearbeitet, und du bist eine der Besten, er wird nicht davonkommen.“

 

Er legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter, und diese für Jean doch ungewöhnlich sensible Geste war es, die Eren wieder runterbrachte.

Sie ließ davon ab, den unbeteiligten Aktenschrank weiter zu attackieren, und seufzte frustriert auf.

 

„Wie soll ich ihn denn schnappen, wenn das Justizsystem dieser Insel so verdorben ist“, sagte sie mit Bitternis in der Stimme, „Kitts ist nicht der einzige in der Stadt, der so korrupt ist. Selbst wenn wir ihn davon überzeugen könnten, den Haftbefehl auszuschreiben, wird es andere Menschen geben, die uns Steine in den Weg legen werden. Und solange es die gibt, werden Leute wie Levi mit so etwas davonkommen.“

 

Armin legte den Kopf schief, sein Gesicht voller Sorge.

 

„Willst du etwa aufgeben, Eren?“ fragte er leise.

 

Es war ein seltener Anblick, Eren so demotiviert zu sehen.

Glücklicherweise dauerte dieser Zustand nur ein paar Momente lang an, bevor sie sich zu ihm umdrehte und ihm ein siegessicheres, wenn auch angestrengtes Lächeln zuwarf.

 

„Nein“, sagte sie mit fester Stimme. „Niemals.“

 

---

 

Nur nach mehrmaliger Aufforderung von Erwin willigte Eren missmutig ein, sich den Rest des Tages frei zu nehmen, um sich zu erholen.

 

Sobald sie nach Hause kam, setzte sie sich auf die Couch im Wohnzimmer und fuhr ihren privaten Laptop hoch. Es war ihr vielleicht nicht erlaubt, heute in Levis Fall weiter zu ermitteln, aber niemand hatte etwas über Nachforschungen im Titanen-Fall erwähnt. Es würde ja keinem wehtun, wenn Eren sich die ganze Geschichte etwas genauer anschauen würde. Sie loggte sich ins Programm des Aufklärungskommandos ein.

 

Sie wollte sich nur in den alten Fallakten ein wenig umsehen, doch als sie ihr Passwort eingab, erschien ein blinkndes Fenster auf ihrem Bildschirm.

 

„Zugang verweigert. Keine zugelassenen Anmeldedaten. Füllen Sie die erforderlichen Registrierungsfelder korrekt aus, um die Daten zu entsperren.“

 

„Was zur Hölle…“, murmelte Eren perplex.

 

Sie hatte einen verdammt hohen Rang im Aufklärungskommando, sie hätte die Befugnis gehabt sich Ermittlungsakten übers Pentagon zu besorgen, wenn sie gewollt hätte. Warum war der Titanen-Fall für sie gesperrt? Irritiert nahm sie einen Schluck aus der Bierflasche auf dem Tisch und wählte dann Armins Handynummer.

 

Ihr Freund ging sofort ans Telefon. „Hey Eren, was gibt’s? Alles okay bei dir?“

 

Sie konnte den Unterton der Besorgnis in seiner hellen Stimme hören.

 

„Ja, danke, alles bestens“, beruhigte sie ihn schnell. Verdammt, warum verhielten sich die Leute neuerdings als sei sie aus Zucker? „Hör mal zu Armin, kannst du mir einen Gefallen tun? Es würde mir sehr helfen, wenn du dich ins System einloggst und mal nach den Daten bezüglich des Titanen-Falles schaust.“

 

„Eren, hast du nicht versprochen dir den Tag frei zu nehmen und dich zu entspannen?“ Seine Stimme klang streng, und Eren musste lächeln.

 

„Ich entspanne mich doch“, antwortete sie, „ich sitz‘ auf meiner Couch, trinke ein Bier und lenke mich von der Arbeit ab.“

 

„Mit noch mehr Arbeit?“

 

Eren rollte mit den Augen. „Wenn du’s wissen willst, ja. Ganz genau. Kannst du dich jetzt bitte einloggen?“

 

Armin seufzte, tat aber dennoch, wie ihm gehießen. Er wusste dass es keinen Sinn machte, mit Eren über dieses Thema zu diskutieren. Sie war und blieb einfach ein Sturkopf.

 

Doch zu seiner großen Überraschung war auch er nicht in der Lage, sich Zugang zum Fall zu verschaffen. Jedes Mal wenn er sich versuchte einzuloggen, bekam er die gleiche Warnmeldung wie Eren.

 

„Das ist merkwürdig“, meinte Armin nachdenklich, „Ich hoffe das ist nur ein technischer Fehler, ich kann mir keinen Grund vorstellen, uns beiden die Informationen zur Titanen-Akte vorzuenthalten.“

 

Eren war nicht wirklich überzeugt. Irgendetwas war faul, aber sie konnte noch nicht exakt ihren Finger auf die Wunde legen.

 

„Armin, ich hab ein komisches Gefühl bei der Sache“, sagte sie, „Da stimmt was nicht mit diesem Fall.“

 

„Hm“, stimmte Armin zu, „Wer ist der leitende Ermittler?“

 

Eren verzog das Gesicht. „Nile Dok“, spie sie verächtlich aus.

 

Es wäre untertrieben gewesen zu sagen, dass sie und Nile nicht gerade gut miteinander auskamen. Der ältere Agent behandelte Eren immer noch als sei sie eine Anfängerin, er ignorierte schlichtweg all die Erfolge, die sie über die Jahre errungen hatte, und zeigte keinerlei Respekt ihr gegenüber. Auch wenn sie gleichrangige Agenten mit jeweils eigenen Teams waren, weigerte Nile sich vehemmt, dies anzuerkennen. Eren hatte immer die Vermutung gehabt, Nile sei schlichtweg neidisch auf sie gewesen, denn er hatte selbst in den letzten Jahren keinerlei nennenswerte Ermittlungserfolge vorweisen können, während sie die Karriereleiter stetig hochgeklettert war.

 

„Schätze es gibt keinen anderen Weg mehr darüber zu erfahren, als mit Dok darüber zu sprechen“, riet Armin ihr.

 

Eren machte ein Gesicht, als hätte sie in eine saure Zitrone gebissen, aber sie wusste, dass er Recht hatte. Sie würde sich überwinden müssen, diesen alten Spießer um Hilfe zu bitten, und sie würde sich besser zusammen reißen müssen dafür.

 

---

 

Sie hatte das Maß an Sturköpfigkeit unterschätzt, welches Nile Dok besaß.

 

Als sie sein Büro am nächsten Tag betrat und begann, ihn über die gestrigen Ereignisse in Kenntnis zu setzen, unterbrach er sie mit einem verächtlichen Lachen, noch bevor sie ihn um Informationen fragen konnte.

Mit bösen Augen lächelte er sie an und bemerkte spitz, er habe schon davon gehört wie sie es geschafft hatte, sich wieder einmal entführen zu lassen. Vor versammelter Mannschaft sandte er ihr ein bedeutungsvolles Grinsen, meinte, sie solle sich mal nicht beschweren, schließlich würde Eren jetzt den Schutz eines mächtigen Mafiosi besitzen.

 

Eren fühlte die Wut in ihr wieder hochkochen, doch noch war sie in der Lage, sich zu beherrschen.

 

„Und was für ein wunderbarer Zufall, dass es ausgerechnet der Mafiaboss ist, gegen den du zu ermitteln vorgibst“, sagte Nile verächtlich.

 

Der junge Agent, der neben ihm stand, hob seine Augenbrauen so hoch, dass sie fast unter seinem schwarzen Topfschnitt verschwanden. Es war zwar ein offenes Geheimnis in der Behörde, dass die beiden Ermittler einander nicht leiden konnten, aber sich mit einer derart offenen Feindseligkeit zu begegnen, war neu, sogar für diese beiden Hitzköpfe.

 

„Was willst du damit andeuten?“ Eren trat einen Schritt auf ihn zu, verkreuzte die Arme vor der Brust und funkelte ihn bedrohlich an.

 

„Komm schon, Yeager“, schnaubte Nile. „Bist du wirklich so dumm? Ich wusste ja schon immer, dass du deine ‚Erfolge‘ nicht aufgrund deiner Kompetenz erworben haben konntest. Klimper nur einmal mit den Wimpern und jeder hier ist hingerissen von unserer kleinen Miss Perfect. Du hast all deine Errungenschaften nur errungen, weil du jung und hübsch bist, und Levi ist nur ein weiterer Trottel, der auf deine Masche reingeflogen ist“. Er sandte ihr ein verstörendes Grinsen. „Du hast dich dumm genug angestellt, sodass er das Bedürfnis verspüren musste, seine kleine Süße zu beschützen. Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum du keinen Zugang zu unserem Fall hast. Die da oben haben sicher Angst, dass du mit deiner Inkompetenz alles ruinierst.“

 

Wow. Eren starrte ihn ungläubig an.

 

Und der Preis für das Arschloch des Jahres geht an … Nile Dok.

 

Sie wusste, wie Zorn sich anfühlte. Sie hatte ihn schon unzählige Male erlebt, er war ein Teil von ihr geworden, und Eren wusste wie sie mit der ewig währenden Wut in ihr umzugehen hatte. Normalerweise. Doch jetzt, in diesem Moment, kochte eine heißglühende Wut in ihr empor, und Eren hatte große Schwierigkeiten sich zurückzuhalten, um Dok für diese unfassbaren Unterstellungen nicht eine reinzuhauen.

 

Trotzdem, sie würde sich diesen Scheiß nicht bieten lassen. Vollidioten mit einer derartigen Macho-Einstellung wie Dok waren der Grund für sie gewesen, niemals aufzugeben, sondern immer zu zeigen was in ihr steckte. Eren würde ihre Klappe nicht halten, sie würde ihm ganz genau zeigen, was sie von ihm hielt.

 

„Hör mal zu, Arschgeige“, sagte sie kalt und ignorierte den empörten Blick, den sie für diese Anrede von Nile kassierte, „Nur weil du in den letzten Jahren keinen Meter bei deinen Ermittlungen vorangekommen bist, heißt das nicht, dass wir alle so unfähige Feiglinge sind wie du. Während du in deinem kuscheligen kleinen Büro hier gesessen und Däumchen gedreht hast, waren mein Team und ich draußen und haben Kopf und Kragen riskiert, um Verbrecher zu schnappen. Dass du meine Kompetenz in diesem Fall also auch nur anzweifelst, ist eine absolute Unverschämtheit.“ Der Man öffnete seinen Mund um sich gegen ihren Wortschwall zu wehren, aber Eren hob ihre Hand um ihn zum Schweigen zu bringen. „Nein, ich bin noch nicht fertig, also wage es verdammt noch mal ja nicht, mich zu unterbrechen. Ich hab dein respektloses Verhalten lange genug hingenommen, weil ich irgendwie Mitleid mit dir hatte. Du wirst immer älter und älter, ohne jemals noch irgendwie voranzukommen in deinem Job.“

 

Niles Gesicht war rot geworden vor Ärger, und er fletschte die Zähne. „Verpiss dich aus meinem Büro, Yeager!“, knurrte er und ballte die Fäuste.

 

„Mit Vergnügen!“, schleuderte Eren in gleicher Manier zurück.

 

Sie war schon fast aus der Tür raus, als sie sich noch ein letztes Mal zu ihm umdrehte.

 

„Weißt du was, Dok“, sagte sie aufmüpfig, „wenn ich meinen jetzigen Fall gelöst habe, helfe ich dir vielleicht dabei, die Titanen auszulöschen. Wäre ja das erste Mal seit hundert Jahren, dass du mal wieder einen Erfolg zu verbuchen hättest, was?“

 

Und mit einem letzten Blick auf sein zornverzerrtes Gesicht schlug sie die Tür hinter sich ins Schloss.

 

---

 

Natürlich verbreiteten sich die Gerüchte über den Streit zwischen Eren und Nile wie ein Lauffeuer in der Behörde des Aufklärungskommandos.

 

Einige der älteren Agenten rümpften ihre Nase und fluchten leise vor sich hin, dass die jungen Neulinge keinen Respekt mehr vor den alteingesessenen Veteranen hätten. Die meisten Leute jedoch applaudierten Eren im Stillen dafür, dass sie Nile endlich in die Schranken gewiesen hatte. Er hatte es sich mit einer Menge Leuten in der Behörde verscherzt mit seinem arroganten Gehabe, und einige konnten sich ein schadenfrohes Grinsen von nun an nicht mehr Verkneifen, wann immer sie Dok sahen.

 

Eren war das Gerede herzlich egal, sie begrub sich einfach unter noch mehr Arbeit, um endlich Beweise für die immer noch kriminellen Handlungen der Flügel der Freiheit zu finden. Glücklicherweise unterstützen ihre Teamkameraden sie, ohne auf die Beschuldigungen Doks einzugehen. Der saure Gesichtsausdruck von Eren war Grund genug für sie, darüber ihre Klappe zu halten und einfach ihren Job zu machen.

 

Diese Lage dauerte für ein paar Tage lang an, aber natürlich fand Jean einen anderen Weg, Eren wieder zur Weißglut zu treiben. Vielleicht war es einfach seine Art, Normalität wiederherzustellen, vielleicht wollte er sie so vom Ärger über Doks Worte ablenken.

 

Oder vielleicht war er auch nur ein Arsch, der Eren auf die Palme bringen wollte. Was es auch war, sie würde es nie erfahren.

 

„Oi, Eren!“, sagte er grinsend, als er den Pausenraum betrat, indem sie zusammen mit Armin, Sasha und Hanji ihr Mitagessen genoß, „Warum hast du denn nicht erzählt, dass du nächste Woche ein Date mit Thomas hast?“

 

Die Agentin fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, und ignorierte sowohl den aufgeregten Quietscher von Hanji neben ihr als auch Armins neugierigen Blick.

 

„Das ist kein Date, Jean. Ich habe nur zugestimmt, einen Freund zu seiner Wohltätigkeitsveranstaltung zu begleiten“, stöhnte sie.

 

Es stimmte, Thomas war ein alter Freund von ihr, der dabei half, eine große Party für wohltätige Zwecke zu organisieren. Er sammelte Geld fürs Kinderkrankenhaus, und er hatte Eren gebeten, ihn zu begleiten. Es machte einfach immer einen besseren Eindruck auf die Spender, von einem jungen lächelnden Pärchen begrüßt zu werden.

 

„Was, in anderen Worten, ein Date ist“, erwiderte Jean grinsend. Er öffnete den Mund um wieder irgendetwas Lächerliches zu sagen, aber Hanji grätschte hinein.

 

„Wer ist dieser Thomas-Kerl, Eren?“, fragte sie aufgeregt und lehnte sich mit ihrem leicht verrückten Grinsen zu der Agentin hinüber, „Und woher kennst du ihn?“

Sie hüpfte vor Aufregung schon fast auf und ab.

 

Bevor Eren darauf antworten konnte, löste sich Sasha von der Schachtel Chicken Wings vor ihr.

 

„Thomas ist mit uns befreundet seit unseren Anfangstagen in der Akademie“, sprach sie mit vollem Mund, „Und er ist schon seit Ewigkeiten in Eren verschossen.“

Sasha wandte sich Eren zu und blickte sie neugierig an. „Ich meine, wie oft hat er dich jetzt schon nach einem Date gefragt? Warum hast du plötzlich eingewilligt?“

 

Auch wenn Eren versuchte, die anderen zu überzeugen, dass es kein Date war, musste sie sich selbst eingestehen dass sie in den letzten Tagen darüber nachgedacht hatte, Thomas eine Chance zu geben. Anfangs war sie sich nicht sicher gewesen, doch ihre Mutter nervte sie fast jeden Tag mit dieser Liebes-Sache, erzählte ihr ständig, dass sie sich einen netten Man suchen, sich niederlassen und endlich eine Familie gründen sollte. Um ehrlich zu sein war das das letzte was Eren im Moment wollte, aber als sie ihrer Mutter erzählt hatte, sie würde mit Thomas ausgehen, hatte diese endlich aufgehört sie mit diesem Thema zu belästigen und war wieder zur Tagesordnung übergegangen.

 

Naja, und dann war da noch ihre merkwürdige Beziehung zu Levi. Seit den Ereignissen am Hafen drangen ziemlich seltsame Bilder und Gedanken bezüglich des Mafiabosses in ihr Bewusstsein. Nicht die üblichen hasserfüllten Gewaltfantasien die sie manchmal über ihre Zielpersonen hegte und die, nebenbei bemerkt, etwas vollkommen Alltägliches für sie waren. Es waren mehr ganz spezielle Bilder, die ihr unaufgefordert vor ihr inneres Auge traten. Zum Beispiel wie Levi wohl ohne T-Shirt aussehen würde, oder wie die kleinen Fältchen um seine Augen sich vertiefen würden, wenn er sie anlächelte.

Wirklich seltsame Gedanken.

 

Nach einem weiteren feuchten Traum, in dem er die Hauptrolle gespielt hatte, entschied Eren, dass es nur das Ergebnis von Überarbeitung war. Natürlich war das der Grund, warum sie gleich vom erstbesten attraktiven Typen dermaßen angeturnt war, der ihr über den Weg lief; auch, wenn es ein verdammter Krimineller war. Sie war ganz einfach untervögelt.

 

Also war die offensichtliche Lösung für dieses Problem, wieder mehr auszugehen und etwas Spaß zu haben, vielleicht sogar mal wieder mit jemandem anzubandeln. Thomas war clever und humorvoll, also warum sollte sie es nicht einmal mit ihm versuchen? Allerdings war Eren nicht auf der Suche nach einer ernsthaften Beziehung, und dass hatte sie auch Thomas gleich verklickert, als er sie mal wieder gefragt hatte, und auch, dass sie nicht wollte dass es die anderen erfahren. Offensichtlich hatte Thomas also ihre Worte ignoriert und trotzdem mit Jean darüber gesprochen.

 

Na super.

 

„Ich habe zu überhaupt nichts eingewilligt, es ist kein Date!“, wiederholte Eren stur, „Ich werde nur einem Freund Gesellschaft leisten.“

 

Jean grinste immer noch. „Thomas scheint das anders zu sehen“, flötete er, als er sich auf dem Stuhl neben Eren niederließ, „Er ist schon total aufgeregt wegen der ganzen Sache."

 

„Oh Eren, warum wirst du denn rot?“, kicherte Hanji in einer verstörend hohen Tonlage und Lautstärke, „Was ist denn so schlimm an einer Verabredung mit einem süßen Typen?“ Sofort schnellte sie wieder zu Sasha herum. „Er ist doch süß, nicht wahr?“, vergewisserte sie sich.

 

„Ja, natürlich. Er hat nen ziemlich knackigen Hintern“, lachte Sasha und öffnete sich eine andere Soßenpackung.

 

„Oh, genau so einen Knackarsch wie unser Lieblingsganove Levi?“, fragte Hanji und ignorierte Eren’s empörten Ausruf glatt weg. „Hey, du kannst nicht abstreiten, dass er verdammt heiß ist!“, schwärmte die Wissenschaftlerin mit vor Aufregung zitternden Händen, und Eren könnte schwören, sie würde gleich anfangen zu sabbern.

Sasha lachte so heftig, dass sie fast vom Stuhl fiel, während Eren nur genervt aufstöhnte.

 

„Oh, wie wird er wohl reagieren wenn er erfährt, dass seine unschuldige kleine Süße ihn betrügt“, jubelte Hanji und brachte Sasha damit dazu, sich fast an ihrem Essen zu verschlucken.

 

Die beiden lachten und kicherten wie zwei Verrückte, und Eren war schon kurz davor sie zur Ordnung zu rufen, als Jean wieder den Mund öffnete.

 

„Ja, da wir gerade von diesem creepy Zwerg reden“, sagte er und stahl sich einen Chicken Wing von Sasha, woraufhin er mit einem wütenden Fauchen bedacht wurde, „da wurde ein ein Paket für dich am Empfang abgegeben, Eren. Der Absender ist ein gewisser ‚L‘

 

Eren knallte ihren Kopf auf die Tischpatte und versuchte, das wahnsinnige Gelächter von Hanji zu ignorieren.

 

„Oh bitte, nicht schon wieder“, murmelte sie in die dunkle Holzmaßerung.

 

---

 

Levi zündete sich seine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug.

 

Er saß in einem provisorischen Büro inmitten seines aktuellen Hauptquartiers, eines alten Jagdhauses irgendwo im Nirgendwo. Das Gebäude war heruntergekommen und hässlich, nicht im Geringsten vergleichbar mit seiner Villa in der Stadt, aber es erfüllte seine derzeitigen Bedürfnisse perfekt – vor allem, da er sich nun mit seiner Organisation verstecken musste. Aber nun, da dieser Volltrottel Kitts auf ihrer Seite war – dank eines riesigen Haufen stinkenden Geldes, welches relativ schnell und unbürokratisch den Besitzer gewechselt hatte – gab es keinen Grund mehr, sich zu verstecken. Endlich konnten die Flügel der Freiheit ihren Umzug in ein anderes, komfortableres Zuhause vorbereiten. Erd und Petra saßen am Tisch neben ihn und waren gerade dabei, die Details zu besprechen, und Mikasa hatte neben Levi Platz genommen, um an einem Stapel Papiere zu arbeiten.

 

Normalerweise würde er diese Arbeit nicht auf sie abschieben, aber heute hatte er einfach nicht die Nerven sich mit so einem Scheiß herumzuschlagen. Er nahm den blauen Ordner vor ihm noch einmal in die Hand und starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Auf dem Titelblatt war ein Foto von einem jungen Mann zu sehen, einem blonden Typen mit einem verlegenen Lächeln und gerade zu lächerlich anmutenden Koteletten. Levi nahm einen weiteren Zug seiner Zigarette.

 

Thomas Wagner.

 

Sogar sein Name klang lahmarschig und total lächerlich.

Scheinbar war der Mann ein alter Freund von Eren, was vielleicht auch erklärte, warum sie sich überhaupt mit ihm abgab. Levi konnte sich einfach keinen anderen Grund denken, diese austauschbare Person passte überhaupt nicht zu ihr. Der Typ schien bereits als Teenager eine Schwäche für Eren gehabt zu haben, aber sie hatte ihn unzählige Male abblitzen lassen. Also warum ausgerechnet jetzt? Was wollte sie mit dem Kerl? Es war sicher nicht Wagners blendendes Aussehen, welches Eren überzeugt hatte, denn komm schon – Koteletten.

 

Levi würde seinen Arsch darauf verwetten, dass der Bursche sie sich nur hatte wachsen lassen, um sein jungenhaftes Gesicht älter wirken zu lassen. Er war in einer gerade zu durchschnittlichen bürgerlichen Familie aufgewachsen und hatte nach der Schule sofort Medizin studiert. Während seines ersten Jahres an der Universität schien er Eren und ihre Freunde kennengelernt zu haben, und sie alle hatten sich sofort gut verstanden. Zur Zeit lebte Wagner als auszubildender Facharzt in einer Unterkunft gleich am Krankenhaus, und er war leidenschaftlicher Angler, wenn man die Menge an Geld betrachtete, die er monatlich für Anglerbedarf ausgab. Er war überhaupt nichts Besonderes, langweilig sogar. Und trotzdem fuhr er Levi in die Parade.

 

Und oh, wie sehr ihn diese Tatsache ankotzte.

 

Der bloße Gedanke, wie dieser Idiot Eren hinterherrann, neben ihr saß, die selbe Luft atmete wie sie und sie am Ende gar noch anfasste – dies alles erweckte in Levi den Wunsch, sich seine Pistole zu schnappen und Blondie eine Kugel durch den Schwanz zu jagen. Auch wenn diese Idee durchaus ihre Verlockungen hatte, würde er sich zusammenreißen müssen. Wenn er Wagner tötete, würde Eren ihn bis ans Ende aller Tage hassen.

 

„Ist das der Kerl?“, Mikasa trat hinter Levi und warf einen neugierigen Blick auf die Fotografie.

 

„Hm“, brummte er als Antwort.

 

„Ilse war ziemlich schnell mit ihren Ermittlungen“, sagte Mikasa und besah sich das Bild von Wagner näher an, „Hm, er sieht nicht schlecht aus. Süß irgendwie.“

 

Levi schnellte zu ihr herum und warf ihr einen bösen Blick zu. Die meisten Menschen würden sich an diesem Punkt sofort ängstlich verziehen, aber seine Schwester gab nur ein dunkles Lachen von sich und klopfte ihm auf die Schulter.

 

„Okay, okay. Natürlich bei Weitem nicht so gut aussehend wie du“, beruhigte sie ihn amüsiert.

 

Levi schnaubte und starrte abwesend auf die Zigarette in seinen Händen.

 

„Wirst du etwas wegen ihm unternehmen?“, fragte Mikasa, schnell wieder ernst.

 

„Natürlich“, Levi legte die Zigarette ein weiteres Mal an die Lippen und sog ein, „sag Nifa, dass sie und ihr Team morgen die Lieferung an Eibringer übernehmen. Unsere Pläne haben sich gerade eben geändert“

 

Mikasa nickte, warf sich ihre dünne Jacke über und verließ den Raum.

 

Scheiß auf Koteletten-Junge.

 

Levi riß die Seite mit der Fotografie aus dem Ordner, knüllte sie zusammen und warf sie über seine Schulter hinweg energisch in den Papierkorb.

 

Er würde das nicht zulassen. Levi würde schon dafür sorgen, dass Eren ihm gehören würde.

 

---

 

Die Wohltätigkeitsveranstaltung fand in einem der edelsten Hotels der Stadt statt, und es war die Art von Etablissement, an dem man ohne einen maßgeschneiderten Anzug oder ein schickes Kleid nicht mal über die Türschwelle kam.

 

Eren würde nie verstehen, warum sich Leute in ihre teuersten Klamotten schmeißen und Schmuck im Wert von Kleinwagen anlegen mussten, um sich selbst für ihre Wohltätigkeit feiern zu lassen. Für sie war das irgendwie scheinheilig und geschmacklos. Doch es nützte nichts, Thomas und seine Kollegen würden mit dieser Veranstaltung sehr viel Geld für ihre Stiftung sammeln können, also zog Eren ein edles kleines Schwarzes mit einem passenden Jacket an. Sie verzichtete trotzdem auf jeglichen Schmuck oder teure Handtaschen, auch wenn sie minutenlang mit Hanji hatte diskutieren müssen, warum sie sich nicht mehr aufbrezelte.

 

Armin und Hanji begleiteten sie ebenfalls auf die Party. Armin, weil auch er mit Thomas befreundet war und einige seiner Psychologenkollegen aus der Klinik treffen wollte, und Hanji, weil sie einfach neugierig war und unbedingt sehen wollte, wie dieser Thomas Wagner so war.

 

Als die drei erschienen, war Thomas bereits mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt. Er war in schwarze Hosen und einem weißen Hemd gekleidet, das von einer grauen Anzugjacke komplementiert wurden. Eren musste zugeben, dass er nicht schlecht darin aussah. Sie bahnte sich ihren Weg zu ihm, um ihn zu begrüßen, und als Thomas die drei ankommen sah, röteten sich seine Wangen leicht.

 

„Ah Eren, du siehst heute bezaubernd aus wie immer“, stammelte er schüchtern.

 

„Danke, du siehst auch sehr nett aus“, erwiderte sie mit einem Lächeln und rammte der vor Aufregung quietschenden Hanji hinter sich einen Ellenbogen in die Rippen.

 

Ein paar Minuten später erschienen schon die ersten Gäste, und Thomas und Eren führten belanglose Gespräche mit unzähligen potentiellen Geldgebern. Thomas erzählte ihnen über die Projekte im Krankenhaus, und jedes Mal wenn er das tat, leuchteten seine Augen vor Enthusiasmus. Von Zeit zu Zeit würden die Leute Eren als die junge und erfolgreiche Spezialagentin aus dem Fernsehen wieder erkennen, und sie sprach mit wichtigen Leuten und Fremden über Geld für eine gefühlte Ewigkeit.

 

An irgendeinem Punkt an diesem Abend zog Thomas Eren an einen Tisch in der Ecke, um ihnen beiden eine kleine Pause zu verschaffen, und damit sie gemeinsam etwas Zeit miteinander verbringen konnten. Sie war froh um die Unterbrechung nach all den Small talks, aber die Art und Weise wie ihr Freund sie mit großen, verliebten Augen ansah, löste Unbehagen in ihr aus. Eren wusste, dass er eine Schwäche für sie hatte, aber scheinbar war es ihm mit diesem ganzen Verabredungs-Kram viel ernster als sie es erwartet hatte. Sie hatte es schon während der vielen Gespräche mit den Geldgebern bemerkt, wie er sie immer wieder aus den Augenwinkeln anschauen würde, wenn er dachte, sie würde es nicht sehen.

 

„Ich bin so froh dass du endlich mit mir ausgehen wolltest“, sagte Thomas und lächelte sie sanft an.

 

Eren wusste nicht, wie sie darauf antworten sollte, sie wusste noch nicht einmal, ob sie ihren Freund auf die gleiche Art und Weise mochte wie er sie. Klar, er war nett und irgendwie süß, und sie konnte sich gut vorstellen ein bisschen Spaß mit ihm zu haben. Aber nicht wenn er sie mit diesen erwartungsvollen Augen ansah, als ob er von Ehe und Kindern und all dem Kram, dem Eren nichts abgewinnen konnte, träumte. Sie wusste ja noch nicht einmal ob sie überhaupt mit jemandem anbändeln wollte, geschweige denn eine ernsthafte Beziehung führen. Und sie wollte ganz sicher nicht Thomas das Herz brechen, indem sie ein wenig mit ihm spielte und ihn dann fallen ließ. Der Druck war einfach zu groß.

 

Eren wollte ihm genau das erzählen, aber noch bevor sie den Mund aufbekam, sprach Thomas auch schon weiter.

 

„Ich mag dich jetzt schon so lange“, sagte er, und seine Wangen färbten sich wieder rot.

 

Oh Gott, bitte mach jetzt keine Liebeserklärung, flehte sie stumm.

 

„Eren, bitte sag mir doch-"

 

Er wurde von einem großgewachsenen Mann mit silbernem Haar unterbrochen, der an ihren Tisch getreten war.

 

„Hey Thomas, tut mir ja Leid dich stören zu müssen, aber ich möchte dir jemanden vorstellen“, sagte er.

 

Der Angesprochene seufzte tief, bevor er wieder sein übliches freundliches Lächeln aufsetzte und sich zu ihm drehte. „Natürlich, Franz. Wen denn?“

 

„Dieser Gentleman hier“, sagte Franz und trat einen Schritt beiseite, um die Sicht auf einen dunkel gekleideten Mann hinter sich freizugeben, „hat unserem Projekt soeben eine halbe Million Euro gespendet“

 

Eren klappte vor Entsetzen der Kiefer runter, als ihr Blick eiskalten, silbergrauen Augen begegnete. Natürlich erkannte sie sie sofort, wie könnte sie diesen Blick auch je vergessen.

 

Was zur Hölle. Aus all den Leuten, denen sie bei ihrem Beinahe-Date  begegnen konnte, musste es ausgerechnet er sein.

 

Das rabenschwarze Haar war nach hinten gekämmt und betonte so seine fein geschwungen Züge. Der eng anliegende Anzug unterstrich seinen muskulösen Körper, und ein siegessicheres Grinsen lag auf Levis Lippen, als er an den Tisch trat.

 

„Eine halbe Million Euro!“, Thomas sog scharf die Luft ein und erhob sich dann, „Wow, das ist wirklich beeindruckend, werter Herr! Es freut mich so sehr, Sie kennen zu lernen“

 

„Ganz meinerseits, Herr Wagner“, sprach Levi in einer geschmeidigen, samtenen Stimme und schüttelte die ihm angebotene Hand.

 

Dann, als ob er sie gerade erst bemerkt hätte, drehte er sich zu der Agentin um. „Oh-ho, und Eren ist auch hier? Was .ür ein netter kleiner Zufall.“

 

Er beobachte ihren verdatterten Gesichtsausdrück sichtbar amüsiert. Eren bemerkte, dass sie ihn mit offenen Mund angestarrt hatte, und biss schnell wieder die Zähne zusammen.

 

„Levi!“, knurrte sie bedrohlich.

„Wie kannst du es wagen, mit so einer verdorbenen Persönlichkeit wie deiner auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung aufzutauchen", fauchte sie, „verpiss dich auf der Stelle!“

 

Thomas, der gerade im Begriff war, sich wieder hin zu setzen, zuckte bei diesen harschen Worten merklich zusammen.

„Eren, du verhälst dich unhöflich!“, wisperte er ihr vorwurfsvoll zu.

 

Sie wollte gerade mit einer passenden Antwort zurückschnappen, als Thomas seine Aufmerksamkeit schon wieder dem Mann vor ihr zuwidmete.

 

„Herr Levi, wollen Sie sich nicht zu uns setzen?“, bot er höflich an.

 

„Mit Vergnügen“, flötete der Mafiaboss, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Der runde Esstisch war klein, aber wenigstens hatte er den Anstand, eine respektvolle Distanz zu Eren zu wahren.

„Oh, und bitte, nennen Sie mich doch Levi“, fügte er hinzu und sandte Eren einen bedeutungsvollen Blick zu, „alle meine Freunde tun das.“

 

Für einen kurzen Augenblick erwog sie, wie sie am besten ihre Waffe ziehen und dabei am wenigsten die anderen Gäste gefährden konnte, als es ihr in den Sinn kam, dass sie gerade unbewaffnet war.

 

Verdammt.

 

Thomas‘ Stimme brachte sie zurück in die Realität.

„Also sind Sie beide, ähm, Freunde?“, fragte er vorsichtig.

 

Natürlich hatte auch er die merkwürdige Spannung bemerkt, die zwischen seiner Begleitung und dem Spender herrschte.

Erens empörte Verneinung wurde fast von Levis amüsierter Bestätigung dieser Aussage übertönt, und Thomas blickte verwirrt von einem zum anderen.

Eren funkelte ihren Feind wütend an, bevor sie sich wieder ihrem Freund zuwandte.

 

„Thomas, hast du auch nur eine Ahnung wer dieser Mistkerl ist?“ Sie versuchte noch nicht einmal, ihre Stimme leise zu halten.

 

Thomas zuckte ein weiteres Mal bei dieser Beleidigung zusammen. Dann blickte er sie streng an.

 

„Ja, dies ist der Mann, der dem Krankenhaus mit seiner Spende soeben ermöglicht hat, einen neuen Ruheraum für die Kinderonkologie zu bauen!“, flüsterte er, „Und das ist ja wohl das, was am Ende zählt!"

 

Eren klappte der Kiefer nach unten, so sehr erschütterte sie die unverhohlene Botschaft seiner Aussage. Thomas war also nicht besser als all die anderen Dummköpfe, die sich ihrer Arbeit in den Weg stellten; er war nur am Geld interessiert. Sie bemerkte nicht das amüsierte Flackern in Levis Gesicht, als dieser sich in seinem Stuhl zurück lehnte, um die Show direkt vor ihm besser genießen zu können.

 

„Aber dieser Typ ist der Anführer der Flügel der Freiheit!“, fauchte Eren Thomas an, „Genau genommen ist er eben jener Mafiaboss den ich schon seit Monaten jage! Willst du deine Organisation wirklich mit so einem Verbrecher in Verbindung bringen?“

 

Thomas hob die Augenbrauen, und für einen kurzen Moment sah er unschlüssig aus, was nun zu tun sei. Levi nutzte diese Gelegenheit.

 

„Ach, du übertreibst, Eren“, sagte Levi und wandte sich mit beruhigender Stimme Thomas zu, „Wissen Sie, da gab es ein paar Missverständnisse, unhaltbare Anschuldigungen"

 

Mit jeder Sekunde, die er sprach, wuchs die Wut in Eren, und als sie schon kurz vorm Überkochen war, spürte sie plötzlich einen Fuß  langsam ihre Wade hochklettern.

 

Nein, er hat gerade nicht wirklich-

 

Doch, scheinbar hatte er. Levi füßelte mit ihr.

 

Ihr Kopf schnellte zu ihm herum, aber er unterhielt sich noch immer mit Thomas, als sei nichts geschehen.

„Glücklicherweise bemerkte der Staatsanwalt seinen Fehler-" Der Fuß stupste ihre Oberschenkel an, die Zehen krallten sich leicht in ihre Haut ein. „.. und er zog alle Anschuldigungen zurück“, beendete Levi seine himmelschreiende Lüge mit einem kaum merklichen Lächeln.

 

Eren ballte die Fäuste zusammen, bis ihre Fingerknöchel weiß waren, und trat dann den aufdringlichen Fuß hart. Levis Augen weiteten sich und er presste seinen Kiefer vor Schmerz zusammen, aber er hatte sich schnell wieder gefangen und lächelte überheblich.

 

„Ja, ich glaube hier gibt es einige Missverständnisse“, fauchte Eren und sah Levi warnend an, „Thomas, du solltest die Security holen und ihn entfernen lassen“

 

Thomas war jedoch immer noch nicht überzeugt. „Aber Eren, dass ist die perfekte Gelegenheit, unser Projekt endlich zu erweitern“, beharrte er flüsternd.

 

Eren starrte ihn ungläubig an. War er wirklich so dumm, glaubte er all diesen Mist wirklich? Sie hatte sich so in ihm getäuscht. Frustriert wollte sie aufstehen und gehen, aber Thomas legte beschwichtigend seine Hand auf die ihrige. Sanft drückte er ihre Finger.

 

„Denk doch mal, wie vielen Kindern wir mit dem Geld helfen können!“

 

Eren wollte ihre Hand schon entziehen, als sie Levis versteinerten Gesichtsausdruck bemerkte.

 

Also war das vielleicht endlich die Möglichkeit, ihm ans Bein zu pissen und damit endgültig zu verscheuchen.

 

Sie erwiderte die Geste, indem sie Thomas Hand drückte und ihm ein Lächeln schenkte. Das Gesicht ihres Freundes leuchtete auf, während sich Levis Miene weiter verdüsterte.

 

„Also, Herr Wagner“, sagte Levi plötzlich und verschränkte seine schlanken Finger vor seinem Gesicht, „Wie ich hörte, arbeiten sie ehrenamtlich für weitere Projekte, die die Armen in problematischen Bezirken kostenlos medizinisch versorgen? Was für eine noble Geste“

 

Thomas nickte, und ein hinterhältiges Grinsen legte sich auf Levis Lippen. „Aber das ist doch auch verdammt gefährlich, oder nicht? Es könnten so viele Dinge schief gehen, wenn man es sich dort mit den falschen Leuten verscherzte…“

 

Eren bemerkte das teuflische Blitzen in seinen Augen und war sofort alarmiert. Hatte er Thomas soeben bedroht?

 

Der junge Arzt schien nichts bemerkt zu haben, denn er antwortete gut gelaunt. „Oh naja, aber irgendjemand muss es ja tun, und ich glaube nicht dass-"

 

Eren schenkte seinen weiteren Worten keine Aufmerksamkeit, sondern durchbohrte Levi stattdessen mit ihrem Blick. Der Gangster gab vor, weiterhin Thomas zuzuhören, doch aus den Augenwinkeln beobachtete er sie ganz genau.

Sie blitzte ihn wütend an.

 

„Ich werde dich fertigmachen!“, formte sie lautlos mit ihren Lippen.

 

Eren war nicht wirklich überrascht, als sie ein überhebliches Grinsen als Antwort bekam, aber als Levi ein „Komm doch her und versuch’s“ hauchte, war sie trotzdem versucht, das verdammte Steakmesser zu greifen und auf ihn zu schleudern.

 

Wenn sie doch nur einen Haftbefehl gegen ihn hätte. Sie würde ihn angreifen können, ihn fesseln und knebeln, einen gezielten Tritt in die Magengegend verpassen – und ihn dann verdammt noch mal verhaften.

 

Thomas bekam nichts von der lautlosen Kommunikation zwischen den beiden mit, und hielt weiterhin einen Monolog über das Gesundheitssystem des Landes, als Franz noch einmal auf die Gruppe zu trat. Thomas warf ihm einen fragenden Blick zu.

 

„Tut mir Leid dass ich euch schon wieder unterbreche“, sagte der Mann entschuldigend, „aber Mina scheint den Moderator wieder einmal verärgert zu haben, und jetzt weigert der sich, seinen Job ordentlich zu erledigen“

 

Thomas seufzte. „Scheint, als hätte ich jetzt wieder alle Hände voll zu tun. Es war nett, Sie kennen zu lernen, Levi“, sagte er zum Mafiaboss, bevor er sich an Eren wandte, „Hey, willst du mitkommen oder willst du-"

 

Doch Eren war bereits aufgesprungen und zog ungeduldig an seiner Hand. „Komm schon, lass uns gehen“, sagte sie entschieden.

 

Und mit einem letzten eindringlichen Blick auf Levi zog sie Thomas weg vom Tisch.

 

 

 

Eren schaffte es, sich die nächsten Stunden von Levi fernzuhalten. Der Saal war gefüllt mit Menschen, es war also nicht allzu schwer, den direkten Kontakt mit ihm zu vermeiden.

Allerdings hinderte sie die Masse an Gästen gleichzeitig, Armin ausfindig zu machen. Sie brauchte ihren besten Freund, jetzt, da Levi aufgetaucht war um ihr offensichtlich den Abend zu vermiesen.

 

Auch wenn sie ihr Bestes gab, Thomas dabei zu helfen Spendengelder einzusammeln, war es nicht einfach für sie, sich wieder am bedeutungslosen Geplänkel der Besucher zu beteiligen. Aus irgendeinem Grund fühlte sie sich abgelenkt. Immer mal wieder ergriff Thomas ihre Hand oder legte den Arm um ihre Taille, wenn er Eren irgendwelchen Leuten vorstellte. Und jedes Mal, wenn er das tat, konnte Eren einen durchdringenden Blick in ihrem Rücken spüren. Drehte sie sich um, erhaschte sie einen Blick auf Levi, der sie aus der anderen Ecke des Raumes anstarrte. Doch immer wenn sie blinzelte, war der Mafiaboss schon wieder spurlos verschwunden. Es begann langsam unheimlich zu werden, aber sie würde sich sicher nicht von derart albernen Spielereien einschüchtern lassen.

 

Nach einigen Stunden entschuldigte Thomas sich kurz, um in Richtung Toilettenräume zu verschwinden, und Eren nutze die Gelegenheit, um auf die Suche nach Armin und Hanji zu gehen. Auf dem Weg wurde sie von einer Gruppe älterer Damen aufgehalten, die ihr bereits vorher vorgestellt worden waren und die nun einige spannende Geschichten über den Alltag einer Agentin von Eren hören wollten. Eren wimmelte sie schnell ab mit der Ausrede, sie sei auf der Suche nach jemandem. Verdammt nochmal, war sie denn ein kleines Äffchen dass zu tanzen hatte, sobald diese reichen Bonzen es wünschten? Vor sich hin grummelnd kämpfte sie sich ihren Weg durch die Menge, bis sie einen vertrauten blonden Haarschopf unter all den Menschen entdeckte.

 

Armin war gerade an der Bar, um neue Getränke für sich und Hanji zu holen, als Eren auf ihn zukam. Er grüßte sie mit einem warmen Lächeln.

 

„Hey, wie läuft es mit-", wollte er fragen, doch wurde von Eren unterbrochen.

 

„Es ist eine Katastrophe“, sagte sie und zog ihn in eine ruhigere Ecke.

Armin hob fragend eine Augenbraue. Eren atmete tief durch.

 

„Levi ist hier“, erzählte sie und wartete, dass Armin erstaunt aufkeuchen würde oder irgend etwas dergleichen.

 

Stattdessen summte er nur nachdenklich vor sich hin. „Hm, das habe ich mir schon fast gedacht“, sagte er.

 

Nun war es an ihr, ihn überrascht anzusehen.

 

„Hör mal Eren, wir müssen reden“, sagte Armin, doch als eine leicht angetrunkene Hanji sich torkelnd den Weg zu ihnen bahnte, verstummte er kurz.

 

Die Wissenschaftlerin lallte etwas von wegen, dass sie mit den beiden gleich so richtig abtanzen würde, doch Armin sah Eren nur mit wachsamen blauen Augen an. „Nicht hier. Kannst du dich von Thomas verabschieden, damit wir verschwinden können?“, fragte er, „Wir werden hier an der Bar auf dich warten“

 

Eren nickte und wollte sich schon zum Gehen anschicken, als Armin sie noch einmal kurz zurückhielt.

 

„Sei vorsichtig“, warnte er eindringlich.

 

Eren wanderte suchend durch den Raum und stieß beinahe mit einer Gruppe alter, dunkel gekleideter Männer zusammen. Verärgert wollte sie sich schon abwenden, als sie einen altbekannten Namen hörte.

„Also Levi, es war uns ein Vergnügen, mit dir zu verhandeln“, röhrte einer der Männer selbstzufrieden.

 

Eren schnellte herum und konnte den Mafiaboss gerade noch so wegschlendern sehen, die Hände in den Hosentaschen, als sei dies ein kleiner Sonntagsspaziergang für ihn.

 

Also wagte es dieser Bastard tatsächlich, seine schmutzigen Geschäfte an einem Abend wie diesem abzuwickeln.

 

Armins Warnung schoss ihr durch den Kopf, doch Eren konnte ihre Neugier nicht bezwingen. Als Levi sich den Weg zur Tür bahnte und sich unauffällig umschaute, wusste sie, dass sie ihm heimlich folgen musste. Sein selbstzufriedener Gesichtsausdruck konnte einfach nichts Gutes verheißen, und sie musste sicherstellen, dass der Mafiaboss den Abend nicht mit einer seiner kriminellen Aktivitäten ruinieren würde. Es war ein wichtiges Ereignis für Thomas und seine Kollegen, also würde sie ihr Bestes geben um zu helfen. Selbst wenn es bedeutete, Levi von einer seiner Schandtaten abzuhalten.

Ach was, gerade wenn es das bedeutete, würde Eren aktiv werden.

 

Ihre Zielperson schlenderte weiter, einen dunklen Korridor entlang, weg von der rauschenden Party, und Eren wunderte sich sogleich, was er nur im Sinn haben könnte. Levi schlüpfte aus seinem Jacket heraus und gab den Blick auf eine dunkle Weste darunter frei, genauso wie auf eine Pistole, die in einem Waffenholster auf seinem Rücken ruhte.

 

Er würde doch nicht eine Schießerei hier planen, oder? Eren schluckte kurz, als sie ihm vorsichtig weiter folgte.

 

Der Mafiaboss streunte scheinbar ziellos durch die Flure des Hotels, bis er um eine Ecke bog und eine noch ruhigere Ecke des Gebäudes erreichte. Niemand war hier mehr zu sehen, doch Levi schien es nicht zu kümmern. Er begann sogar, leise vor sich hinzusummen, Blondies „One Way or another“. Eren musste mit den Augen rollen; selbst sein Musikgeschmack passte zu seiner nervigen Persönlichkeit.

 

Nach mehreren Minuten des Umherstreifens schien Levi sein Ziel endlich gefunden zu haben, als er eine Sackgasse im verwirrenden Flursystems des Hotels betrat. Es war eine abgelegene Sitzecke, und Levi faltete minutiös sein Jacket bevor er sich auf einem der Ledersessel niederließ. Eren vergewisserte sich, dass er sie nicht hinter der Wand sehen konnte, und schlich sich näher ran. Nun hatte sie einen perfekten Platz, um Levi bei den Dingen zu beobachten, die er nun treiben würde. Was auch immer das sein würde.

 

Warum war er hier? Was hatte er vor?

 

Immer noch vor sich her summend rollte Levi die Ärmel seines Hemdes hoch, und Eren musste schlagartig an die Situation in ihrer Zelle zurückdenken, als er sie erwischt hatte, wie sie auf seine muskulösen Unterarme gestarrt hatte. Sie errötete wieder, erleichtert, dass sie niemand dabei beobachten konnte.

 

Gedankenverloren griff Levi nach seiner Waffe, und Eren spannte sich unwillkürlich in ihrem Versteck an. Doch statt sie zu feuern, nahm er die Waffe nur in die Hand, untersuchte sie gründlich und fing dann an, sie mit einem sauberen Tuch zu reinigen. Hingebungsvoll ließ er den weißen Stoff über den dunklen Lauf der Pistole gleiten, wischte jedes Staubkorn in kontemplativer Ruhe weg. Dann nahm er das Magazin aus der Waffe, ein friedvoller und entspannter Ausdruck auf seinem Gesicht.

 

Je länger Eren ihn beobachtete, desto weniger verstand sie seine Handlungen. Was war nur los mit ihm und diesem merkwürdigen Drang, plötzlich seine Waffe zu putzen?

 

Als er das Magazin zurück in die Pistole lud, hörte Levi plötzlich auf vor sich hin zu summen, und drehte sich langsam um. Das schummrige Licht der Hotelbeleuchtung ließ Schatten über sein Gesicht tanzen, und Eren konnte seine Miene nur schlecht ausmachen. Plötzlich sah er auf, hob die Waffe und zielte in ihre Richtung.

Exakt in ihre Richtung.

 

„Genießt du die Show, Eren?“ fragte er.

 

Scheiße.

 

Woher wusste er, dass sie hier war? Sie war so vorsichtig wie möglich gewesen, als sie ihm gefolgt war, es gab einfach keine Möglichkeit, wie er hätte wissen können-

 

Außer wenn er es gewollt hätte, dass sie ihm folgte. Was bedeuten würde, dass er schon wieder mit ihr gespielt hatte.

Verdammter Bastard.

 

„Komm raus“, befahl Levi mit lockendem Unterton.

 

Da die Kanone noch immer direkt auf sie gerichtet war, hatte Eren keine andere Wahl, als ihre schützende Ecke zu verlassen und ins Licht zu treten. Sie blickte ihn wütend an.

 

„Wie läuft dein Date mit dem Koteletten-Jungen?“, fragte Levi, nicht im Mindestenden beeindruckt von dem zornigen Blitzen ihrer Augen.

 

Eren öffnete schon ihren Mund und wollte zurückschnappen, dass dies kein Date sei, das jeder aufhören sollte sich in ihre verdammten Angelegenheiten einzumischen, aber dann schloss sie ihn schnell wieder. Levi brauchte all das gar nicht wissen, weil es ihn verdammt noch mal nichts anging.

 

„Super“, log sie also.

 

„Hm“, brummte Levi, „und trotzdem stehst du jetzt hier, mit mir, nicht wahr? Ich frage mich, was das wohl zu bedeuten hat“

 

Sein Mund verzog sich zu diesem arroganten Grinsen, dass sie ihm am liebsten von der Visage gefegt hätte.

 

„Ich bin hier, weil du dich höchst verdächtig verhalten hast“, knirschte sie und verschränkte die Arme vor der Brust, „Was hast du mit dieser Waffe vor?“ Sie nickte in Richtung Pistole.

 

„Um ehrlich zu sein, gar nichts“, sagte er, doch das gefährliche Blitzen in seinen Augen sprach eine andere Sprache, „Es beruhigt mich einfach, sie zu reinigen. Ist das jetzt die Antwort, wegen der du zu mir gekommen bist?“

 

„Warum bist du heute Abend hier aufgetaucht?“ Eren ignorierte den verspielten Unterton in seiner Stimme. „Um mir den Tag zu versauen?“

 

„Süße, bitte! Was denkst du denn von mir?“, fragte Levi in gespielter Entrüstung, „Ich bin wegen den Gören hier! Kinder sind doch unsere Zukunft, nicht wahr?“ Langsam erhob er sich von seinem Sitz und schlenderte dann gelassen auf sie zu. Den Lauf der Pistole hielt er immer noch auf sie gerichtet. „Und nur fürs Protokoll, ich könnte dir den Abend ziemlich versüßen, wenn du mich nur ließest…“

 

Seine samtige Stimme lullte sie fast ein, doch Eren wusste dass sie schnellstmöglich verschwinden sollte.

Und das sofort.

 

„Danke, ich passe!“, knurrte sie und versuchte, sich schnell an ihm vorbei zu schieben. „Ich gehe zurück zu-"

 

„Oh nein, du gehst jetzt nirgends wohin, Eren", unterbrach er sie und umklammerte ihr Handgelenk. Seine Stimme klang kalt, irgendwie angepisst, und nervös bemerkte Eren, dass er seine Waffe bereits entsichert hatte.

 

"Was willst du, Levi?", fragte sie mit all der Autorität, die sie in einer solchen Situation aufbringen konnte.

 

Die Art und Weise, wie er sie ansah, jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

 

"Oh, ich kann mir da einige Sachen vorstellen, die ich will", murmelte Levi dunkel, bevor sich seine Miene wieder in die übliche, unbewegte Maske verwandelte, "Aber lass uns damit anfangen, dass du mir über deine Ermittlungen im Titanten-Fall erzählst. Was hast du herausgefunden?"

 

"Ich-" Für einen kurzen Moment verschlug es Eren die Sprache, doch schnell hatte sie sich wieder gesammelt. "Ich habe nicht ermittelt!"

 

Ein plötzlicher Ruck und ein darauffolgender Stoß quetschten ihr sämtliche Luft aus den Lungen, und in der nächsten Sekunde fand Eren sich gegen die Wand gepresst wieder. Levi hielt sie zwischen sich und der kalten Obefläche der tapezierten Mauer gefangen. Auch wenn er kleiner war als sie und etwas zu ihr heraufblicken musste, war er immer noch verdammt einschüchternd, wie er da so die Pistole gegen ihre Schläfe drückte.

 

"Erzähl mir keinen Scheiß, Eren", knurrte er.

Ihren Körper so nah an seinem zu spüren zerrte heftig an seiner Geduld, doch er musste sich zusammenreißen und zu allererst die Informationen aus ihr heraus bekommen.

"Ich weiß ganz genau, dass deine Ohren rot werden, wann immer du versuchst zu lügen. Außerdem wäre es doch sehr untypsich für dich, die Sache auf sich beruhen zu lassen, nachdem ich dir über die Titanen erzählt habe."

 

Er konnte förmlich sehen, wie sie das Gesagte verarbeitete, wie sie erkannte, warum er neulich in seinem Hauptquartier mit ihr darüber gesprochen hatte.

 

"Manipulativer Scheißkerl!", fauchte Eren.

 

Ah, wie er es liebte, wenn diese grünen Augen ihn so wütend anfunkelten.

 

"Also?" Er presste den Lauf der Pistole stärker gegen ihren Kopf.

 

Eren antwortete nicht, sie presste die Lippen fest zusammen und blieb stumm.

 

Scheinbar würde sie etwas mehr Überzeugun benötigen.

 

"Hm", summte Levi vor sich hin. "Du willst es mir nicht sagen? Wo willst du die Kugel denn dann hinbekommen?"

 

Er ließ die Pistole von ihrer Schläfe zu Erens Hals hinabgleiten und hob ihr Kinn mit dem Lauf der Waffe an.

 

"Hier?", fragte er sanft und beobachtete, wie sie schwer schlcukte. Trotzdem blieb sie weiterhin still.

 

"Oder hier?" Er verfolgte mit der Kanone die Linie hinunter zu ihrem Schlüsselbein und ihrer Brust, und ließ den Lauf in der Vertiefung zwischen ihren perfekt geformten Brüsten ruhen. Wie sie da so heftig atmend vor ihm stand, erweckte das Verlangen in Levi, ihr dieses verlockende kleine Schwarze vom Leib zu reißen und sie aus ganz anderen Gründen atemlos zu machen. Doch sie sagte immer noch nichts, und er musste seine Drohung fortsetzen.

 

Levi ließ die Pistole weiter herunterwandern, streichelte gerade zu ihren Körper damit, bevor er sie nachdrücklich in ihren Bauch stieß.

 

"Hier vielleicht?", flüsterte er und blickte ihr in die Augen. Eren starrte auf ihn hinunter, die Augenbrauen wie immer ärgerlich zusammengezogen, doch ihre Pupillen waren lustvoll geweitet.

 

Oh-ho, macht dich das etwa an?, dachte Levi selbstzufrieden. Ganz schön versaut, Special Agent.

 

Er grinste Eren leicht an: "Willst du wirklich, dass ich weitermache?"

 

Ihr wütender Ausdruck verdüsterte sich weiterhin.

 

"Na schön, ich hab's kapiert!", fauchte sie. Sie holte tief Luft und antwortete ihm dann: "Ich habe nichts herausgefunden."

 

Levi hob ungläubig eine Augenbraue.

 

"Ich hatte keinen Zugang zu den Daten in unserem System", erklärte Eren und verzog das Gesicht.

 

"Aber du bist eine hochranigige Agentin", sagte Levi nachdenklich. "Du solltest eigentlich Zugang dazu haben, oder nicht?"

 

Eren nickte nur zur Antwort.

 

„Bemerkenswert“, murmelte Levi leise zu sich selbst.

 

Für einen kurzen Augenblick sah er so in seinen Gedanken verloren aus, dass Eren darüber nachdachte, ihn jetzt zu entwaffnen. Doch bevor sie auch nur ihre Hand heben konnte, um ein risikoreiches Manöver auszuführen, lenkte er seine Aufmerksamkeit wieder auf sie zurück.

 

„Du weißt, was das bedeutet, nicht wahr?“

 

"Warum klärst du mich nicht darüber auf?“ fragte sie trocken.

 

Levi ignorierte den Sarkasmus in ihrer Stimme.

 

„Irgendjemand im Aufklärungskommando will die Wahrheit vertuschen“, sagte er langsam, „hast du mit dem leitenden Ermittler darüber gesprochen?“

 

„Ja“, bestätigte Eren. Sie war nicht gerade erpicht darauf, mit Levi über ihr Gespräch mit Nile zu reden, doch der Mafiaboss schaute sie fragend an und bohrte den Lauf der Pistole härter in ihren Bauch.

 

Genervt seufzte Eren auf. „Das einzige was ich rausgefunden habe war, dass Dok ein noch größerer Arsch ist als ich sowieso schon gedacht habe.“

 

Ein amüsiertes Flackern huschte über Levis Gesicht. „Ah, stimmt. Ich hab über deinen kleinen Streit mit diesem Vollpfosten gehört. Tut mir Leid wenn meine Aktionen die Leute dazu veranlasst haben, zu tratschen.“

 

Doch der selbstzufriedene Ausdruck in seinen Augen verriet ihr, dass sein Bedauern nicht ganz ernst gemeint war.

Seine Unverschämtheit ging ihr langsam aber sicher auf die Nerven.

 

„Du könntest wenigstens damit aufhören, mir ständig diese lächerlichen Nachrichten zu senden!“, fauchte Eren, „Es überrascht mich kaum, dass das Gerüchte in die Welt setzt.“

 

Levi ließ ein kehliges, leises Lachen ertönen, und Eren hätte ihn ins Gesicht schlagen können. Was verdammt nochmal war so witzig daran?

 

„Oh komm schon, ich wollte doch nur sichergehen dass es dir nach diesem kleinen Abenteuer neulich wieder gut geht“, zog er sie auf, „Ich glaube ich bin einfach nur ein traditioneller Typ, was das anbelangt.“

 

Traditionell?“, wiederholte sie ungläubig, „Levi, letzte Woche hast du mir ein Scheiß-Kanone geschickt! Und sie war verdammt nochmal grün! Was ist daran bitte traditionell?!“

 

„Oi, ich hab gedacht das wäre nur fair, nachdem ich dir deine eigene Waffe neulich am Hafen abgenommen habe“, sagte er, und seine Mundwinkel zuckten belustigt. Eren wusste nicht ob er langsam anfing, in ihrer Gegenwart mehr Emotionen zu zeigen, oder ob sie einfach nur besser darin geworden war, die unauffälligen Regungen seines Gesichtes zu lesen.

 

„Was denn, magst du sie etwa nicht?“, fragte er weiter, „Ich dachte, grün würde gut zu deinen Augen passen.“

 

„Wer zur Hölle passt die Farbe seiner Waffe an seine Augen an?“ Langsam aber sicher riss Eren der Geduldsfaden. „Und ich werde ganz bestimmt nicht eine Pistole benutzen, die mir ein Krimineller geschickt hat!“ fügte sie hastig hinzu.

 

Nicht dass er noch den Eindruck bekam, sie hätte sich über ein anderes Geschenk mehr gefreut.

 

Doch seine Lippen verzogen sich zu einem leichten Grinsen. Konnte dieser Bastard sie nicht ernst nehmen, nicht ein einziges Mal?

 

„Ja, stattdessen entscheidest du dich, diesem Kriminellen unbewaffnet unter die Augen zu treten“, hauchte Levi und stieß seine Waffe stärker in die Muskeln ihres Bauches, „Nicht unbedingt dein schlauster Schachzug, Eren.“

 

Sie knurrte leise und starrte ihn an, als ob sie ihn am liebsten anspringen würde. Levi konnte einfach nicht anders, er musste noch Salz in die Wunde streuen - dieser Anblick war zu köstlich.

 

„Stell dir doch nur vor, was ich jetzt alles mit dir machen könnte…“, flüsterte er mit tiefer Stimme.

 

Zufrieden beobachtete er, wie Eren erschauderte. Er glaubte nicht, dass sie wirklich Angst vor ihm hatte in dieser Situation, nicht wenn sich ihre Wangen so entzückend rosa färbten und sie ihn mit diesen großen, vor Leidenschaft brennenden Augen anfunkelte.

Verdammt, er konnte sich nur mit Müh und Not davon abhalten, sie zu Boden zu ringen und aus ganz anderen Gründen zum Erschaudern zu bringen, um herauszufinden, mit welchem Ausdruck sie ihn während gewisser anderer Aktivitäten ansehen würde.

 

„Und jetzt zurück zum Thema“, sagte er heiser. Er musste sich unbedingt selbst ablenken, bevor er noch seinen eigenen Plan verdarb und stattdessen seine Fantasien mit Eren ausleben würde. „Was ist mit unserem lieben Herrn Wagner hier?“

 

Verwirrt blinzelte Eren ihn an. „Was soll mit ihm sein?“, fragte sie vorsichtig, „Er hat nichts mit dem Fall zu tun.“

 

Levi funkelte sie an.

 

„Oh, aber er hat eine Menge mit uns beiden zu tun, Eren", stellte er mit gefährlich ruhiger Stimme fest.

 

„Heh?“ Ihre Verwirrung wuchs. Was war denn nun los? Implizierte Levi etwa das, was sie dachte?

 

„Seid ihr beiden zusammen?“, fragte er und schnalzte ungeduldig mit der Zunge.

 

„Das… das geht dich ja mal überhaupt nichts an!“, rief Eren und blickte schnell zur Seite. Sie fühlte Zorn und Beschämung in sich aufsteigen, auch wenn sie nicht wusste, warum.

Aber Levi ließ nicht locker, mit seiner freien Hand umfasste er ihr Kinn und drehte ihren Kopf wieder zurück, sodass sie ihm ins Gesicht blicken musste.

 

„Also tust du immer noch so, als hättest du keine Ahnung, was?“, flüsterte er, „Oder willst du mich etwa eifersüchtig machen?“ Seine eisblauen Augen blickten sie unverwandt auf, forderten sie heraus, ihm die Wahrheit zu sagen. „Und jetzt beantworte meine verdammte Frage, Eren. Magst du den Typen?“

 

Levis Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem eigenen entfernt, und Eren hatte Schwierigkeiten, sich zusammen zu nehmen und zu konzentrieren. Ihr Puls beschleunigte sich, und ihre Knie wurden merkwürdig weich. Mit klammen Händen stützte Eren sich an der Wand hinter ihr ab. Warum musste er sie so in die Ecke drängen? Und warum glaubte plötzlich jeder das Recht zu haben, sie nach ihrem Liebesleben zu befragen? Sie hasste es, sie wollte den Leuten keine Fragen beantworten müssen, zu denen sie selbst noch keine Antwort gefunden hatte.

Auf der anderen Seite war dies endlich die Chance, ihm einen Korb zu geben, den selbst Levi verstehen würde. Dann würde er sie endlich in Ruhe lassen und sie konnte wieder ganz normal ihrem Job nachgehen, ohne jedes mal Herzklopfen zu bekommen, wenn sie an ihre Zielperson dachte.

 

Also ja, sie würde alles auf eine Karte setzen und ihn anlügen.

 

„J-Ja das tue ich!“, brachte sie mühsam heraus, während ihr rasendes Herz drohte, in ihrem Brustkorb zu zerspringen.

 

Doch sehr zu Erens Überraschung ließ Levi ihr Kinn wieder los, lehnte sich zurück und grinste auf diese nervige, selbstherrlichen Art.

Sie blinzelte.

Das war nicht die Reaktion, die sie von ihm erwartet hatte.

 

„Deine Ohren, Eren“, erklärte Levi selbstzufrieden, „Die sind rot wie verdammte Tomaten.“

 

Unwillkürlich flog ihre Hand zu ihrer Ohrmuschel, und sie konnte die Hitze mit ihren Fingerspitzen spüren, die sie abstrahlte.

 

Oh verdammt.

 

„Du hast mich angelogen“, wisperte Levi, und seine raue Stimme vibrierte in ihrem Kopf.

 

Bilder von merkwürdigen Träumen leuchteten in ihrem Geist auf – Levi, wie er sich über Eren beugte, sich hinablehnte zu ihr, sich in ihr bewegte-

 

Der Mafiaboss lehnte sich zu ihr, kam näher, doch alles was Eren tun konnte, war, ihn wie ein Reh im Scheinwerferlicht mit großen Augen anzustarren. Wo war ihr üblicher Kampfgeist hin verschwunden? Warum leistete sie keinen Widerstand, wie sonst immer?

 

„Ich befürchte, dass ich dich dafür bestrafen muss“, murmelte er, seine Augen dunkel und verheißungsvoll.

 

Eren schloß die Augen, erwartete den Eintritt der Kugel in ihren Bauch, doch stattdessen wurde sie mit einer komplett anderen Art des Schmerzes konfrontiert, und sie riß die Augen wieder auf. Das Gefühl von Levis Lippen auf ihrem bloßem Hals, seine Zähne die ihre empfindliche Haut durchbrachen, füllte ihren Geist plötzlich vollkommen aus. Sie wollte ihre Hände heben, um sich zu wehren, doch als seine Zunge zärtlich ihre Halsbeuge leckte, konnte sie ihn nicht wegstoßen. Ein bis daher nie gekanntes Prickeln fuhr durch ihren Körper, und Eren schloß wohlig die Augen.

 

Eigentlich war es Levis Absicht gewesen, Eren nur zu beißen, eine kleine Warnung des Schmerzes, ihn nie wieder anzulügen. Doch als ihr Körper unter seinen Lippen praktisch dahinschmolz und ihr Atem sich beschleunigte, war es ihm unmöglich, sich von dieser Frau zu lösen. Stattdessen saugte und knabberte er genießerisch an ihr, verdarb diese perfekte weiche Haut mit kleinen blauen Flecken, indem er leicht hinein biss. Sie schmeckte süß und fruchtig, und Levi genoß jede einzelne Sekunde.

Er könnte sie auf der Stelle verschlingen, und niemand, nicht einmal Koteletten-Junge, würde ihn aufhalten können. Niemand würde ihn daran hindern, Eren mit seinen Lippen zu markieren, und niemand würde zweifeln dass sie zu Levi gehörte, zu ihm ganz allein.

 

Erens Finger krallten sich in seine Brust, und er saugte stärker. Er ließ seine Zunge und Zähne sanft über die köstliche Beuge ihres Halses wandern, als sie plötzlich ein leises Stöhnen von sich gab, und fuck fuck fuck dieses Geräusch machte ihn verrückt.

Es war alles was er jemals hören wollte, und er brauchte mehr davon, sofort.

 

Die Waffe in seiner Hand war nutzlos geworden, wie hätte er sie auch erschießen können wenn sie sich unter seinen Fingerspitzen so heiß und weich anfühlte. Also packte Levi die Pistole weg, und umfasste stattdessen Erens Taille mit einem Arm, während er seine andere Hand in ihrem Haar vergrub. Der vertraute, fruchtige Duft und dieser süße Geschmack ihrer Haut machten ihn benommen, und schnell verlor er sich in dem Wissen, dass Eren unter seinen Berührungen anfing, heftiger zu atmen.

Als er ein weiteres Mal sanft zubiss, fühlte er wie sich ihr Rücken ihm entgegenbog, wie ihr Körper sich hungrig gegen den seinigen drückte. Seine Erregung wuchs und veranlasste einen gewissen Teil seines Körpers dazu, zu erwachen und entsprechend auf die Lust, die durch ihn strömte, zu reagieren.

 

Levi versank seine Zähne tiefer in ihrer Haut, biss und saugte daran, um jedem zu signalisieren sich verdammt nochmal von Eren fern zu halten.

 

Mir. Mir allein. Sie gehört mir!

Diese Worte tanzten durch seinen benebelten Kopf wie ein Mantra.

 

„Eren!“

 

Der schrille Ruf, der im Flur um die Ecke zu hören war, ließ sie beide erstarren, und Levi konnte spüren, wie sich Erens Körper anspannte. Er sah auf zu ihr, und für einen Herzschlag lang verbanden sich ihre beiden Blicke, große grüne Augen mit schmalen grauen, stille Überraschung sichtbar in beiden. Dann schien sie die Lage plötzlich zu begreifen, ihre Augen weiteten sich noch mehr, und Eren stieß ihn von sich.

 

Schockiert starrte sie Levi an.

 

„Eren, wo bist-" Armin rannte um die Ecke und blieb überrascht stehen, als er die beiden erblickte.

„-du“, beendete er den Satz mit zitternder Stimme.

 

Hinter ihm war Hanji aufgetaucht und rannte fast in ihn herein, doch das könnte Armin im Moment kaum weniger interessieren. Der Anblick von Eren und Levi vor ihm, beide heftig atmend und mit geweiteten Pupillen, als seien sie auf Drogen, sprach für sich selbst. Er hatten sie dabei erwischt wie sie… ja, wobei verdammt nochmal hatte er sie erwischt? Was zum Teufel ging hier vor?

 

Levi war der Erste, der sich wieder fing, und schnell ergriff er sein Jacket, dass noch immer über der Armlehne des Sessels gehangen hatte.

 

„Schätze wir sind hier fertig“, knurrte er mit stoischer Miene, als sei nichts passiert. Er warf Eren, Armin und Hanji noch einen letzten Blick zu, bevor er davonschlenderte. „Schönen Abend noch.“

 

Armin starrte hinter ihm her, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder Eren zuwandte. Diese war gerade damit beschäftigt, ihr verrutschtes Kleid mit zittrigen Händen wieder zurecht zu ziehen.

 

„Eren, bist du okay?“ fragte Armin und eilte zu ihr, sein Gesicht voller Sorge.

 

„I-ich…ja“, stammelte sie.

 

„Oh mein Gott, was war das gerade eben?“ Hanji kam ebenfalls auf sie zu, sichtbar hin- und hergerissen zwischen Besorgnis und Aufregung. „Was ist passiert, Eren?“

 

Die Agentin starrte ihre Freunde mit großen Augen und geröteten Wangen an.

„Ich- Ich hab keine Ahnung“, antwortete sie ehrlich.

 

Sie fing an zu erklären, warum sie Levi gefolgt war, als Armin die kleinen blauen Flecke und Bissspuren auf ihrer Haut entdeckte. Sie legten sich in einer kreisförmigen Linie rund um ihren Hals.

Armin ließ seinen Finger über die verräterischen Flecken gleiten, und fügte in seinem Kopf die Puzzleteile bereits zusammen.

 

Eren hatte aufgehört zu sprechen, und sah ihn verdutzt an.

 

„Natürlich“, murmelte Armin abwesend zu sich selbst, „Jetzt ergibt alles einen Sinn.“

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Tut mir Leid dass diesmal nicht soviel Action dabei war... im nächsten Kapitel wird auch nicht viel davon vorkommen, dafür erleben wir aber einen eifersüchtigen Levi ^^ Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (8)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Melody01
2016-04-02T15:17:44+00:00 02.04.2016 17:17
Diese Fanfiktion ist eine der besten die ich je gelesen habe. Allein deine Art zu schreiben und die Storyline sind genial und deine Umsetzung! Himmel es ist ein wahrer Genuss diese Story zu lesen. Es gefällt mir auch, dass Eren ein Mädchen ist und aus ihrer Sicht geschrieben ist. Das gibt dem ganzen ein bisschen einen OC Charakter und mir hätte es weniger gefallen, wenn Eren ein Junge gewesen wäre.
Also diese Story ist ziemlich genial und ich würde mich sehr freuen, wenn ich sie irgendwann weiter lesen könnte! 😍 <3 ^~^

Antwort von:  punkermietz
04.04.2016 11:04
Vielen Dank, das ist echt Musik in meinen Ohren ^-^ Viele mögen ja Eren als Mädchen nicht (ja okay, Genderbend ist halt nicht jedermanns Sache ^^), deswegen freut es mich umso mehr wenn sie hier so gut ankommt! Ich finde es einfach sehr interessant, mir vorzustellen, wie Eren reagieren würde wenn er/sie eine Frau wäre, und es macht unheimlich Spaß sie so zu schreiben.
Und oh man, ich muss echt mal weiter übersetzen. Wenn du die Storyline schon magst, wäre ich gespannt darauf, was du zum weiteren Plot sagst :)
Von:  SasuLaw25
2015-12-03T12:25:36+00:00 03.12.2015 13:25
Hammer Story ich bin erfreut Sie lesen zu dürfen
Natürlich ist mein Interesse geweckt und bin gespannt wie es zwischen dem kleinen Mafia Boss und der Agentin weiter geht. Ich bin ja eher für happy ends mal gespannt wie es hier aussieht.
Freu mich wenn es weiter geht
Lg
Antwort von:  punkermietz
03.12.2015 19:06
Vielen lieben Dank >//< Das motiviert mich sehr, und ich werde mich bemühen, über Weihnachten mal wieder abzudaten :D
Und pssst, ich kann dir versichern, ich bin auch eher so der fluffy-happy-Typ was fanfics angeht ^^
Liebe Grüße zurück
Von:  MiaMaus98
2015-11-14T21:58:52+00:00 14.11.2015 22:58
Ein geniales Kapitel für das sich das warten wirklich gelohnt hat ^^ kann kaum abwarten was als nächstes geschieht :)

Antwort von:  punkermietz
15.11.2015 11:26
Vielen Dank :D Na da muss ich mich ja dieses Mal ein bisschen ranhalten, schneller upzudaten, es motiviert mich total so treue Leserinnen zu haben - danke! ヽ(゜∇゜)ノ
Von:  MiaMaus98
2015-09-23T11:40:35+00:00 23.09.2015 13:40
Bitte schreib bald weiter >.< ich les mir die Kapitel fast täglich durch und möchte bald wissen wies weiter geht :D
Antwort von:  punkermietz
23.09.2015 14:34
Oh stimmt, ich wollte ja noch weiter updaten hier ... :D Okay, dann werde ich das die nächsten Wochen mal tun und das nächste Kapitel übersetzen, damit du nicht auf dem Trockenen sitzt ヽ(゜∇゜)ノ

Danke für dein Kommentar ^^
Von:  Amu-Chii
2015-05-14T00:55:54+00:00 14.05.2015 02:55
arrrrwwwwwwwww :D du musst so schnell wie möglich weiter schreiben C: Ich mag dein schreib-Stil total und man erkennt kleine ähnlichkeiten zum Anime Gefallt mir
Antwort von:  punkermietz
21.05.2015 00:18
Danke, dann werd ich mich mal bemühen! (Nächsten Monat sieht erst mal schlecht aus mit Uni, aber dann bestimmt!) Und gut dass du kleine Ähnlichkeiten magst, könnte sein dass die öfter vorkommen :D
Von:  MikoSpears
2015-01-30T21:14:24+00:00 30.01.2015 22:14
Deine Story ist echt mega cool!!! XD
Ich liebe sie!
Ich bin total gespannt wie es weiter geht!
Hoffentlich machst du schnell weiter!

LG Miko
Antwort von:  punkermietz
31.01.2015 10:48
Dankeschön >//< Ja, jetzt wo ich Ferien habe kann ich bestimmt demnächst mal wieder updaten ^^
Von:  MiaMaus98
2014-10-27T14:46:00+00:00 27.10.2014 15:46
Ich liebe dieses FF *-*
Antwort von:  punkermietz
27.10.2014 16:10
Danke, das freut mich wirklich sehr zu hören (≧◡≦)
Von:  Miss-Tony-Prime
2014-08-18T18:26:47+00:00 18.08.2014 20:26
Huhuuuu~ ich hab mal hier Rum gestöbert und fand deine fanfi. Und ich bin verliebt. Sollte es, hoffentlich bald XD, weiter gehen hast du in mir auf jeden Fall eine treue Leserin gefunden *o*
Antwort von:  punkermietz
18.08.2014 22:12
Oh, hallo :D Da hab ich ja mal komplett vergessen dass ich diese Story hier auch noch hochgeladen hatte ^^ Danke, dann werde ich irgendwann bald mal auch hier wieder updaten ^^


Zurück