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Spatzengeschichten

Geschichten eines Straßenjungen
von

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A sparrow in a hat can make a happy home

Auf dem Boden lag ein Vogel. Klein und mickrig und tot. Gavroche beugte sich über ihn und rümpfte die Nase. Über seinem Kopf schaukelte sanft das Nest, in dem die Geschwister des Vogels noch immer nach Futter schrien. Wagemut, Neugier oder Verzweiflung, was auch immer ihn aus dem Nest getrieben hatte, hatte den Vogel getötet. Nachdenklich betrachtete Gavroche das tote Küken und das Nest. Dann hob er den kleinen Körper vom Boden auf, bettete ihn vorsichtig zwischen die Zweige eines Busches und ging pfeifend seines Weges. Ein Junge, dessen Zuhause die ganze Stadt ist, kann nicht aus dem Nest fallen.

Besser den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach

Mit einer Hand hatte der Polizist Gavroche am Kragen gepackt, mit der anderen umklammerte er die dicke Geldbörse eines reichen Bourgeois. Gavroche zappelte nicht mehr, sondern wartete, bis der Polizist seine wortreiche Standpauke beendet hatte. Dann drehte er sich um, deutete auf eine Menschenmenge und sagte: „Er war’s.“ Der Polizist schaute, lockerte seinen Griff, was dem Straßenjungen reichte, um sich aus den Fingern des Mannes zu winden und zu fliehen. Die Straße verschluckte ihn fast sofort. Der Polizist fluchte und musste die Verfolgung des Diebes aufgeben. Als er später etwas trinken gehen wollte, bemerkte er, dass ihm seine Geldbörse fehlte.

Mit Kanonen auf Spatzen schießen

Endlich hatte die besorgte Portiersfrau die Polizei gerufen. Im Haus gegenüber spukte es nun schon seit Wochen regelmäßig des nachts. Hinter den spärlich erleuchteten Fenstern geisterten verhuzelte Gestalten herum und stießen schauerliche Töne aus. Da man bei Tage nichts zu finden vermochte, war eine Einheit von vier Beamten nun abgestellt, um das Haus zu überwachen. Doch just in dieser Nacht zeigten die Geister sich nicht, sodass die Gruppe am Morgen übermüdet und mit steifen Gelenken unverrichteter Dinge wieder abziehen musste. Schimpfend und fluchend staksten die Männer heimwärts. Auf einem angrenzenden Dach saß ein Straßenjunge, der seine Öllaterne schwenkte und lachte.

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern

Der Inhalt aller Taschen von Gavroche war erbärmlich: Ein Bleistift, ein Stück Draht, Kiesel und eine Rolle Garn. Aber nichts zu Essen und vor allem kein Geld, nicht ein einziger Sous. Sein Magen grummelte hungrig. Er zuckte die Achseln, steckte die Hände in die leeren Taschen und beschloss, etwas zu Essen aufzutreiben. Zwei abgemagerte, zerlumpte Kinder, beide kleiner als er, kamen ihm entgegen. Ohne lange nachzudenken, stieß er das Ältere im Vorbeigehen an und rief ihm zu: „Bei der Kirche verteilen ein Alter und seine Tochter Brot an Kinder.“ Ohne sich noch einmal umzusehen, lief er weiter. Sein Magen knurrte.



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