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After Crisis

Final Fantasy 7
von

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Prolog

Final Fantasy VII After Crisis
 

Ich saß einfach nur so da, den Kopf gegen den Fensterrahmen gelehnt,beobachtete ich draußen die Menschen, wie sie hier in dieser Stadt ihrem Alltag folgten. So ein großer Unterschied lag eigentlich nicht zwischen ihnen und den Menschen in meiner Welt. Und dennoch war es etwas Entscheidendes, was diese beiden Völker trennte. Selbst ich,da ich eine Lucassenerin bin, fühle mich oftmals so weit von ihnen entfernt. Ich dachte noch einmal zurück, was alles geschehen war, was ich alles erlebt habe. Sehr viel Leid war dabei, doch habe ich neue Freunde gefunden. Und obwohl ich vielleicht einmal knappe zwei Jahre in dieser Welt verkehrte, kommt es mir so vor, ja, als hätte ich nie woanders gelebt. Aber natürlich lagen mir meine alten Freunde am Herzen und sind mir so wichtig gewesen wie eh und je. Selbst Arjen hatte akzeptiert das diese Welt sehr wichtig für mich war und das ich die Abwechslung aus der ‚Realität` brauchte. Aber ich spürte auch wie sich etwas in meinem Herzen breit machte, etwas Dunkles und Unheimliches… langsam doch mit Gewissheit…
 

Miceyla zuckte zusammen als ihr Handy klingelte und erwachte aus ihren Tagträumen,sie sprang von der Fensterbank, wo sie gesessen hatte und suchte nach ihrem Handy.

„Oh Mann, wo hab ich das denn jetzt schon wieder hingelegt?“, fragte sie sich etwas genervt, da sie eigentlich immer sehr ordentlich war. Sie folgte dem Klingeln bis sie schließlich vor einem aufgetürmten Berg von Klamotten stand. Sie musste grinsen.

„Ich weiß, ich sollte mal wieder aufräumen“, sagte sie laut zu sich selbst. Miceyla wühlte in dem Haufen und nahm ihr Handy heraus. „Hey Miceyla! Ich bin’s Tifa!“, sagte Tifa freundlich. „Hallo Tifa, was gibt’s?”, antwortete Miceyla mit ebenso freundlicher Stimme. Tifa war eine ihrer neuen Freunde und besaß eine Bar wo Miceyla des Öfteren half und besonders auch Cloud bei seinem Courier Service, den sie in letzter Zeit immer öfters zum Lachen bringen konnte. Na ja, eigentlich waren so gewöhnliche Aufgaben für eine Krieger- und Magierin wie sie es war etwas langweilig, dennoch wollte Miceyla die einfachen Aufgaben die zum Leben einfach dazu gehörten, nicht außen vor lassen. Und außerdem festigte sich dadurch ihre Freundschaft.

„Ich habe eine Bitte an dich, könntest du vielleicht Cloud nach Mideel begleiten? Er soll dort eine Bestellung abholen, aber ich habe gehört, dass es dort schon mehrmals Auseinandersetzungen gab. Und da dachte ich mir, du unterstützt ihn dabei und Cloud hat unterwegs jemanden zum plaudern“, sprach Tifa nun weiter.

„Klar, ein kleiner Ausflug freut mich doch immer. Weist du was, ich komme direkt vorbei und…“, doch Tifa unterbrach sie. „ Ach ja, du hast doch noch sicher den Plan, den Cloud Vincent und dir gegeben hat, als ihr beide in Kalm ward. Kannst du ihn Cloud wieder mitbringen?“

„Aber sicher doch, dann bis gleich!“, antwortete Miceyla gut gelaunt und freute sich, dass es mal wieder etwas zu tun gab, dass sie auf andere Gedanken brachte. „Danke Miceyla, tschüss!“, verabschiedete sie sich noch.

Miceyla ging in ihrer kleinen Wohnung, die sie sich hier in Edge ausgesucht hatte, zum Schreibtisch um den Stadtplan für Cloud zu suchen. Sie hatte vorübergehend bei Cloud und Tifa im Apartment geschlafen, doch da sie sich dafür entschieden hatte länger hier zu bleiben, suchte sie nach einer eigenen Wohnung, praktisch wohnte sie aber noch immer bei ihnen um die Ecke. Miceyla suchte auf dem Schreibtisch, der auch nicht gerade mehr der ordentlichste war, da fiel ihr ein Buch in die Augen, auf dem Loveless stand. Sie schloss die Augen und lächelte…

World Soldier

Miceyla schlenderte auf ein großes Gebäude in Kalm zu, vor dem ein riesiger eingezäunter Platz lag, der dazu diente um junge Soldaten zu trainieren. Dieses Gebäude dort gehörte nicht mehr Shinra und somit gab es auch nicht mehr die Eliteeinheit SOLDAT denen Jenovazellen injiziert wurden und die sich Mako-Behandlungen unterziehen mussten. Also war diese neue Soldatentrainingseinrichtung eigentlich positiv, denn gut ausgebildete Soldaten konnte man immer gebrauchen. Aber war dem ganzen wirklich zu trauen?

Hier stand Miceyla nun, ein niemand in dieser Welt, mochte sie auch in ihrer eigenen als Heldin gefeiert werden und eine Lucassener-Prinzessin sein, dass wusste hier niemand. Wahrscheinlich würde man sie auslachen und gleich wieder nach Hause schicken, warum wollte ein achtzehn jähriges Mädchen schon Soldatin werden und das in Zeiten wie diesen? Sie wollte schon wieder umkehren, als sie sich daran erinnerte was Zack ihr ans Herz gelegt hatte…
 

… „Hey Mira, du bist wirklich einzigartig! Du hast Magie, von der ich nicht einmal im Traum daran gedacht hätte das sie existiert. Wow! Und deine Schwertkunst, ich wette da hätte es selbst Sephiroth mit der Angst zu tun bekommen!“ Zack legte seine Hand auf Miceylas Schulter, sie blickte ihm in die Augen, sie sahen ihr mit einer Wärme entgegen die ihr neue Kraft gab. „Aber Zack, ich gehöre nicht in diese Welt“, sagte Miceyla und wandte ihren Blick wieder von ihm ab. „Das ist doch Unsinn!“, konterte Zack mit einer festen und entschlossenen Stimme. „Du bist außergewöhnlich und hast es mehr als verdient das diese Welt etwas von deinen Fähigkeiten mitbekommt! Ich weiß ja nicht wie lange ich noch hier sein kann, aber...“

„Zack…“, sprach Miceyla traurig. „Aber ich habe da etwas im Lebensstrom bemerkt, was mich beunruhigt…was ich jedoch auf jeden Fall weiß, dass du diese Welt vor dem…was auch immer es ist…beschützen wirst! Denn du bist ja jetzt schon eine Heldin, haha, ja wir beide sind Helden und du bist dazu bestimmt…“, sprudelte es aus Zack nur so heraus und seine, ihr so vertraute Art kehrte wieder zurück. „Ach Zack, ist ja gut, ist ja gut, was ich dir mit Sicherheit versprechen werde ist, dass ich unsere Freunde in jedem Kampf, mag er auch noch so aussichtslos sein beistehen werde!“, sagte Miceyla mit etwas mehr Optimismus in ihrer Stimme. Zack umarmte sie noch einmal dann ging er, noch einmal zu ihr umdrehend sagte er mit einem Lächeln auf den Lippen: „Was auch kommen mag, glaube immer an dich, tue das was Arjen dir immer sagt: Höre auf dein Herz! Wir sind alle bei dir! Oh Jäh!“. Dann schnellte er davon. Miceyla blieb stehen und blickte ihm nach bis er nicht mehr zu sehen war, sie musste schmunzeln. Ja, dass war er, das war der Zack den sie so sehr mochte.

Arjen hatte ihn für eine begrenzte Zeit aus dem Lebensstrom geholt, doch Miceyla musste lernen wie Cloud, lernen mit gewissen Dingen abzuschließen. Miceyla redete oft mit Vincent über solche Dinge.
 

Mit Zacks Worten im Ohr stand sie nun vor diesem neu erbauten Soldaten-Ausbildungsgebäude, das war die Chance zu beweisen was in ihr steckte! Sie fasste neuen Mut „Also gut Zack! Gehen wir!“, sagte sie entschlossen und blickte in den klaren Himmel und hoffte das Zack auf sie herabsah und ihr im Geiste beistehen würde.
 

Als sie das Gebäude betrat und sich umsah bemerkte sie sofort, dass hier alles darangesetzt wurde, damit die Innenausstattung nichts und niemanden mehr an Shinra erinnern würde. Dennoch dachte sie an Rufus, den Präsidenten von Shinra, wie sehr er sich doch verändert hatte und er sich nun mit seinen vier verbliebenen Turks für die Heilung der Welt einsetzte. Man musste auch bedenken was Rufus alles, seit dem Angriff der Weapons auf das Shinra-Gebäude durchmachen musste. Doch Miceyla kannte Rufus nicht gut genug um sich weiter damit auseinanderzusetzen. Am ersten Schalter um in das Gebäude zu gelangen, fragte man nach ihrem Namen, sie sagte ihn. Daraufhin musterte man sie mit zusammengekniffenen Augen, Miceyla wurde etwas nervös, blieb aber standhaft.

„Nun gut Lucassen, gehen Sie den ersten Gang links zum Büro von Direktor Karin, dort können Sie sich anmelden!“, sagte der Mann hinter dem Schalter knapp.

„Danke“, antwortete Miceyla und wunderte sich das das Büro des Direktors gleich unten war. Normalerweise waren die Räumlichkeiten der höheren Angestellten immer weiter oben, aber sie erinnerte sich daran das hier ja nichts den Normalverhältnissen entsprach. Sie musste kichern, wie dieser ‚relativ` kleine Betrieb Erfolg ohne den Einsatz von Shinra haben konnte. 'Hier werde ich sicherlich noch so manch interessantes herausfinden', dachte sich Miceyla und freute sich schon darauf Cloud, Vincent und den anderen Bericht zu erstatten was hier alles so vor sich ging.

Miceyla stand nun vor einer Tür an der Direktor Karin stand, sie klopfte zweimal und rief: „Herr Karin?“ Doch es kam keine Antwort, sie wartete einen Augenblick, dann öffnete sie die Tür einen Spalt weit und lugte hervor. Es war niemand da. Ihr Blick streifte durch den Raum, er war ziemlich groß, dort stand ein Schreibtisch mit zwei Computern, an einer Wand war ein riesiger Bildschirmmonitor installiert von ihm aus wurden Bilder mit allen möglichen Daten mitten in den Raum gestrahlt. Miceyla vermutete das dies gleichzeitig ein Kontrollraum war, von dem aus die gesamte Organisation im ganzen Gebäude verwalten werden konnte. Sie kannte sich gut aus mit Technik, daher staunte sie nicht schlecht, wie gut dieser Raum hier ausgestattet war. Miceyla selbst liebte nicht nur die Magie, sondern auch die Technik und die Wissenschaft immer auf der Suche nach neuen Entdeckungen.

Miceyla fuhr herum, als sie plötzlich eine Stimme hinter sich hörte.

„Sie wollen zu mir?“ Miceyla sah den Mann, eine ordentlich gekleidete Person mittleren Alters, entschuldigend an. 'Das muss wohl Direktor Karin sein', und kratzte sich am Hinterkopf. „Ähm, ja“, sagte sie nur etwas unsicher. Direktor Karin schien aber nicht verärgert darüber, dass Miceyla einfach ohne Erlaubnis in sein Büro eingetreten war, ganz im Gegenteil! Er sah ihr erfreut entgegen und zeigte in sein Büro. „Bitte, setzen Sie sich doch, dann können Sie mir in Ruhe den Grund für Ihr Kommen schildern“, sagte Direktor Karin. Miceyla nickte dankbar und setzte sich gegenüber von Karin, sie trennte ein großer oval geformter Schreibtisch. Direktor Karin hatte die Hände zusammengefaltet und blickte sie erwartungsvoll an. „Nun gut ich bin Miceyla Lucassen und wohne momentan in Edge. Sie können sich vielleicht noch an Cloud Strife erinnern, er führt einen Kurierdienst und als er gerade in Junon unterwegs war hat er Sie getroffen und Ihnen von mir erzählt, da Cloud gehört hatte, dass Sie Leute mit besonderen Fähigkeiten im Kampf fördern zum Wohle des Planeten. Na ja , so hat Cloud es jedenfalls mir erzählt!“, begann Miceyla zu berichten.

„Cloud Strife…ja richtig ich erinnere mich! Dieser blonde junge Mann mit seinem Motorrad. Und Sie wollen also Soldatin werden?“, antwortete er diesmal etwas skeptisch. Doch Miceyla nickte entschlossen. „Ich habe schon einige Erfahrungen gemacht“. Miceyla musste innerlich lächeln, dieser Direktor konnte ja nicht erahnen welche Abenteuer sie schon durchgemacht hatte und welche erfahrene Krieger- und Magierin sie war, doch hier begann sie bei null und musste sich wie alle anderen auch, noch beweisen.

„Im Kampf und mit Magie“, sprach Miceyla mit fester Stimme weiter.

„Sie benutzen Materia?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. Auf diese Schlussfolgerung des Direktors nickte sie einfach nur, was sollte er schon sonst mit Magie in Verbindung bringen als Materia.

„Also schön, Sie scheinen interessant und vor allem anders zu sein als die normalen Bewerber, die sich uns anschließen wollen. Doch bedenken sie Lucassen, dass auch Sie erst einmal eine Aufnahmeprüfung absolvieren müssen, um sich World Soldier anschließen zu können!“ Direktor Karin wartete Miceyla `s Antwort nicht ab, sondern stand auf und sprach weiter. „Folgen Sie mir Lucassen!“ Er verließ den Raum und Miceyla folgte ihm, voller freudiger Erwartungen, dass sie wirklich als Kandidatin für World Soldier ernst genommen wurde. Doch sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Shinra nicht seine Finger im Spiel hatte, wo Rufus sich doch jetzt dem Planeten erkenntlich zeigen wollte.

Besonders Vincent war da sehr skeptisch. Wahrscheinlich hielt er sich im Dunklen auf, damit die Menschen keinen Wind davon bekamen und der langsam entstehende Frieden mit Shinra nicht gebrochen wurde. Miceyla schüttelte grinsend den Kopf, jetzt war sie hier und wer weiß welches Rätsel sie dadurch lösen würde. Denn schließlich war Miceyla eben Miceyla. Sie fuhren mit dem Aufzug in den zehnten Stock. Als sie hinter dem Direktor aus dem Aufzug trat, sah sie wie gegenüber jemand keuchend aus einem Raum stolperte, er trug einen merkwürdigen Anzug. 'Zum Schutz? Also werden hier auch wieder irgendwelche Experimente gemacht, dass es nur Forschung ist bezweifele ich!' , dachte sich Miceyla.

„Was passiert dort drinnen?“, konnte sie sich die Frage einfach nicht verkneifen.

„Das braucht Sie nicht zu interessieren, damit werden Sie eh nichts zu tun bekommen!“, antwortete Direktor Karin in einem rauen Ton und sie wünschte, sie hätte sich mit der Frage zurückhalten können. Sie gingen beide schweigend weiter und der Direktor führte Miceyla durch einen Glas überdachten Tunnel, der sie zu einem direkt benachbarten Gebäude führte. Sie standen nun vor einer Trainingshalle. Direktor Karin drehte sich zu ihr um und sah sie wieder freundlicher an. „Zu erst einmal muss Ihre Kampftechnik erprobt werden ob Sie überhaupt für weitere Trainingseinheiten geeignet sind. Das überwachen und trainieren der Neuankömmlinge übernimmt momentan ein ehemaliger First Class von SOLDAT der uns unterstützt“, erklärte er ihr. „Ein First Class, aber…“, platzte es aus ihr heraus und sie hatte die Augen erstaunt aufgerissen. 'Wer konnte das wohl sein? Ich erinnere mich an keinen mehr, Zack kann es wohl kaum sein und alle die überlebt hatten, haben mit ihrer Vergangenheit bei SOLDAT abgeschlossen. Wer also…'

Während sie zu Boden sah und in Gedanken versunken war, hörte sie langsame Schritte von links aus der Trainingshalle, auf den Direktor und sich zu kommen

„Mmm, ein Mädchen diesmal? Na das wird aber interessant, huh?“, sprach eine Stimme die Miceyla nur all zu bekannt war und sie hielt die Luft an, alles verschwamm um sie herum und ohne auf ihn hinauf zu schauen wusste sie wer das war. „Genesis!“, sagte sie leise zu sich. „Das ist Genesis Rhapsodos. Er wird Sie hier im Trainingsraum testen und mir nachher Bericht erstatten, wie Sie sich gemacht haben!“, meinte Direktor Karin, doch Miceyla hörte ihm gar nicht richtig zu.

Sie begegnete Genesis zum ersten Mal, Miceyla wusste einiges über ihn. Jetzt sah sie ihn. Er trug einen roten Mantel, längere rotbraune Haare und hielt einen langen Rapier in der rechten Hand. Er sah sie mit einem kühlen Lächeln an. Er lebte also wirklich noch! Miceyla wunderte es nur, dass sich Genesis nach seinem früheren Hass gegen Shinra, noch irgendeiner Soldatengruppierung anschloss. Und sie fragte sich mit was er wohl bestochen wurde. Sie bekam ein eigenartiges Gefühl, gegen ihn kämpfen zu müssen, mag es auch nur Training sein. Er war gut, doch das war nicht der Grund der ihr dieses Gefühl einbrachte.

Genesis hielt ihr ein Übungsschwert hin, Miceyla machte ein paar Schritte auf ihn zu und nahm es sich. Sie trug relativ normale Klamotten für das Kämpfen, die dennoch praktisch und zugleich auch noch schick waren. Das sie hier nicht ihre Kristallegaausrüstung trug, verstand sich von selbst. Es amüsierte sie die Vorstellung, wie sie die Gesichter vor sich sah, würde sie damit hier herumlaufen.

Direktor Karin ging zu einer Wand neben dem Eingang der Trainingshalle und gab dort auf einem Tastenfeld etwas ein. Daraufhin schloss sich das Tor hinter Genesis und Miceyla, der Direktor sagte nun nichts mehr und verschwand.

Plötzlich löste sich die Trainingshalle um sie herum auf und Miceyla fand sich auf einer höher gelegenen, felsigen Graslandschaft wieder.

'Das muss also der virtuelle Trainingsraum sein', dachte sie und er gefiel ihr gut, so naturell. Ein paar weiße Wolken bedeckten den Himmel, ihre langen braunen Haare, die sie zu einem Zopf gebunden hatte, wehten bei dem leichten Wind. Miceyla blickte sich nach Genesis um, er stand auf einem Felsvorsprung und sah neugierig auf sie herab. „Sag, was erhoffst du dir davon Soldatin zu werden?“, fragte er sie und er sah wie schön ihre Haare in der Sonne glänzten.

„Ich will die beschützen, die mir wichtig sind. Na ja, eigentlich habe ich schon viel Erfahrung, jedoch will ich nicht aus der Übung kommen.“, antwortete sie und fragte sich ob das so stimmte, normalerweise hätte sie so eine Soldatenausbildung nicht nötig gehabt.

Miceyla war auf Zacks Bitte hergekommen, um ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und um den anderen zu berichten was hier vor sich ging. Doch das konnte sie Genesis nicht sagen. Er sagte nichts mehr darauf sondern begann den ersten Angriff. Er machte eine Drehung in der Luft und stürzte mit einem weit ausgeholten Schwerthieb auf sie.

Miceyla konterte jedoch direkt mit ein paar Schwerthieben, woraufhin Genesis etwas zurückschnellte. Unbeeindruckt griff er sie wieder an. Dann waren beide einige Zeit in einem, für einen Übungskampf relativ heftigen Schwertkampf verwickelt der Miceyla nicht allzu viel Mühe kostete, aber sie merkte auch das er nicht seine ganze Kraft in den Kampf legte. Da Genesis spürte, dass er sie auf diese Weise nicht überanstrengen konnte, stieß er sich vom Boden ab und sprang in die Luft. Von dort aus griff er mit Feuerbällen auf sie an. Er grinste triumphierend, als er sah, dass Miceyla keine Reaktion zur Abwehr zeigte. Doch im letzten Moment blockte sie die Feuerbälle, die auf sie zukamen, mit dem Schwert ab. Mit einer solchen Leichtigkeit, die Genesis zu beeindrucken schien. Miceyla tat es Genesis nach und sprang in die Luft. Als sie beide auf Augenhöhe waren, lies sie ihr Schwert kurz in der Luft Schweben und faltete die Hände zusammen. Im gleichen Moment fielen glühende Blitze auf Genesis im hohen Tempo herab. Damit hatte er nicht gerechnet und bekam somit auch keine Gelegenheit mehr auszuweichen.

Also trafen Miceylas Blitze ihn und er viel unsanft wieder zu Boden. Sie ergriff ihr Schwert und schwebte elegant auf den Boden zurück. Miceyla grinste Genesis an, aber nicht des Erfolges wegen. 'Tja, da siehst du mal wozu so ein Mädchen alles in der Lage ist!' , dachte sie. Genesis stand nun wieder auf, nahm sein Schwert fest in die Hand und funkelte sie wütend an. Und ohne sich auch nur einen Funken Schwäche anmerken zu lassen, griff er sie erneut an. Diesmal schlug er mit wesentlich energischeren Schwerthieben auf sie ein.

Miceyla taumelte ein paar Schritte zurück und während Genesis für weitere Hiebe ausholte, wich sie ihm aus und sprang auf einem Felsen. Er sah zu ihr auf und stellte fest, dass er sie erwischt haben musste, denn aus einer Wunde an ihrer Schulter sickerte Blut. Dennoch blickte Genesis sie mit fester Miene an. Miceylas Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, aber sie schien die Schmerzen die sie ganz offensichtlich hatte, zu unterdrücken.

Da lächelte sie Genesis auf einmal an und sprach mit einer leicht verzerrten Stimme: „Vom Morgen träumt die zerbrochene Seele, ihrer Ehre beraubt ihrer Flügel entrissen…“.

Bei diesen Worten erstarrte Genesis und der zornige Ausdruck in seinem Gesicht verschwand. „Du kennst Loveless?“, fragte er ziemlich überrascht.

Und wie sie es kannte, dieses antike Epos. Sie wettete, dass sie es mindestens genauso liebte wie er selbst. Doch er dachte daran, dass sie diese Worte vielleicht nur benutzte um ihn weich zu kriegen, damit sie bei World Soldier bessere Chancen hatte. Aber nicht mit ihm! Er griff die verletzte Miceyla wieder an und stieß sie schließlich gegen einen Felsen. Sie wehrte sich kaum noch gegen seine Angriffe, da sie nicht weiter gegen ihn kämpfen wollte. Und so drückte sich Genesis mit seinem Schwert gegen das ihre und damit forderte er sie zum weiter Kämpfen auf. Dabei funkelte Genesis sie an und trotzdem umspielten ihre Lippen ein zaghaftes Lächeln.

Er sah in ihre leuchtenden, ehrlichen Augen und dachte sich: 'Nein, dass würde sie nicht tun, sie würde mich nicht ausnutzen. Sie hat etwas unglaublich vertrauenswürdiges an sich, dass spüre ich…' So nah wie Genesis Miceyla jetzt war, fühlte er seinen Herzschlag, der des Kampfes wegen sehr schnell schlug. Und auch sein Schwert war ihr gefährlich nahe gekommen, mit einem einfachen, leichten Hieb könnte er sie erledigen. 'Er wird doch nicht…' Aber Genesis nahm sein Schwert ein Stück herunter.

„…Das Ende ist nah…“, sprach er die Strophe von Loveless zu ende. Er hatte sich immer noch fest an sie gedrückt und für einen Augenblick standen sie einfach nur so da und blickten sich an. Doch dann löste sich Genesis wieder von Miceyla und ging ein paar Schritte zurück. Er sah in den Himmel und sie konnte aus seinen Gesichtsausdruck nicht herauslesen, was er gerade empfand. Und vor allem war für sie die Frage, was er wohl Direktor Karin berichten würde.

„Das reicht mir fürs erste.“ Und während er sprach, verschwand die Landschaft um sie herum und sie waren in der Trainingshalle wie am Anfang. Im gleichen Moment ging auch schon das Tor auf und der Direktor kam herein. „Ah, ihr zwei seid fertig!“ Da erblickte er Miceylas Wunde, die sie schon total vergessen hatte. „Oh, aber Sie sind ja verletzt! Warten Sie kurz, ich rufe Ihnen einen Arzt…“. Aber Miceyla fiel ihm ins Wort. „Keine Sorge, dass wird nicht nötig sein. Es sieht schlimmer aus als es ist!“

„Also schön…Ich werde mich mit Genesis zusammen setzen. Sie können nun nach Hause gehen und morgen besprechen wir dann die weitere Vorgehensweise!“, sprach der Direktor weiter. Miceyla nickte zufrieden und ging hinter dem Direktor Richtung Ausgang. Genesis blieb im Trainingsraum zurück und sie drehte sich um und lächelte ihm noch einmal zum Abschied zu.
 

Als sie verschwunden war konnte Genesis nicht mehr anders, er musste nun auch lächeln und konnte das Gefühl, dieses freudige Gefühl, sie bald wiederzusehen einfach nicht unterdrücken. So etwas kam wirklich selten bei ihm vor und da fiel ihm ein, dass er nicht einmal ihren Namen wusste. Genesis schüttelte den Kopf. Er schaffte es nicht mehr aufzuhören zu lächeln, als das Bild des Mädchens einfach nicht vor ihm verschwinden wollte, das vielleicht Loveless genauso liebte wie er. Er blickte noch einmal in die Richtung in der sie gegangen war und dachte daran wie hübsch sie doch war.

Ein finsterer Traum/Lucassener

In Edge wieder angekommen, ging sie zu aller erst einmal zum Seventh Heaven, der Bar von Tifa Lockheart. Als sie dort ankam sah sie das, man höre und staune, sogar Vincent da war. Er hatte sehr wahrscheinlich mitbekommen das Miceyla bald wieder kommen würde und wollte hören wie es bei World Soldier war.

Als Marlene und Denzel, die beiden Waisenkinder die bei Cloud und Tifa lebten, (allerdings wurde Marlene vom besten Freund ihres Vaters, Barret Wallace großgezogen) sie sahen, liefen sie gleich auf sie zu und sprangen um Miceyla herum.

„Wie ist es gewesen? Wie ist es gewesen?“, riefen beide aufgeregt und hofften auf eine spannende Geschichte.

„Das werde ich euch gleich erzählen“, sagte sie den zwei freundlich. Miceyla ließ sich vorerst, etwas erschöpft auf einem Stuhl an dem Tisch wo Vincent saß nieder.

„Hallo Miceyla, ruhe dich was aus, ich mach dir etwas zu Essen!“, sprach Tifa zur Begrüßung. „Und Cloud müsste auch gleich kommen“, meinte sie noch. Als Vincent Miceyla betrachtete fiel ihm das getrocknete Blut auf ihren Klamotten auf.

„Scheint so, als hätten sie dich gleich am ersten Tag auseinander genommen“, sagte er in einem Ton, als würde es das unterstreichen, was Vincent von World Soldier hielt. Miceyla musste lachen.

„So ein Unsinn! Das kann schon mal vor kommen“, sagte sie und blickte ihn mit einem liebevollen Blick an, er solle sich keine Sorgen machen. „Wie war es denn nun?“, fragten Marlene und Denzel die jetzt auch mit am Tisch saßen. Miceyla begann von World Soldier zu erzählen, allerdings konnte sie nicht nach dem ersten Tag, gleich irgendwelche Entschlüsse darüber fassen. Und berichtete nur über konkrete Dinge.

Inzwischen hatte sich auch Cloud zu ihnen gesellt und während Miceyla sprach aß sie gierig das Essen, das Tifa ihr gebracht hatte. Denn sie hatte seit dem Aufbruch nach Kalm nichts mehr gegessen. Bei ihrer ganzen Berichterstattung, ließ sie Genesis außen vor. Auf ihrer gesamten Rückreise nach Edge, drehten sich ihre kompletten Gedanken nur um Genesis. Warum war er dort und was mag er wohl vor haben? Sie wäre sogar beinahe von Monstern überrumpelt worden, so etwas passiert nur, wenn sie total Gedankenversunken war.

Es ärgerte Miceyla ein bisschen, dass sie es auch jetzt immer noch nicht schaffte, ihn aus ihrem Kopf zu verscheuchen. Nun wollte sie aber Genesis zur Sprache kommen lassen.

„Ja und dann war da auch noch Genesis. Er bildet dort die jungen Soldaten aus, ich nehme mal an das er sie auch anführt. Aber glaubt mir, es wundert mich natürlich, dass Genesis wieder aufgetaucht ist und warum gerade dort“, endete Miceyla nun.

„Genesis?“, platzte es erstaunt aus Cloud. „Der war doch damals der Freund von Angeal und Sephiroth gewesen. Dieser Kerl hatte soweit ich weiß, Professor Hollander unterstützt und seine Klone auf Shinra gehetzt!“, sprach Cloud weiter. „Na den müssen wir ganz besonders im Auge behalten“, sagte Vincent daraufhin auf Clouds Bemerkung über Genesis. „Genesis hatte nie irgendwelche bösen Absichten gehabt! Ich konnte sein Handeln gut verstehen…Und er war nur auf Hollanders Seite, weil er sich damals erhofft hatte, er würde seine

Degradierung heilen!“, konterte Miceyla in einem überraschend scharfen Ton. „Na klar und Sephiroths Absichten waren auch nie böse!“, meinte Cloud daraufhin etwas kühl.

Vincent wunderte es, dass Miceyla Genesis in Schutz nahm, er selbst wusste wer er war hatte ihn aber nie gekannt und auch wusste Vincent wie gut Miceyla andere Menschen einschätzen konnte. Dann herrschte für eine kurze Weile Schweigen an ihrem Tisch. Auch Marlene und Denzel, die die ganze Zeit über zugehört hatten sagten jetzt nichts. Doch dann wechselte Tifa plötzlich das Thema und nach einer kurzen Zeit schaffte sie es tatsächlich die drei auf andere Gedanken zu bringen.
 

Als es schon draußen dunkel war und die Waisenkinder seit einer Weile im Bett waren, fand Miceyla, dass es auch für sie an der Zeit war nach Hause zu gehen.

Sie trank noch ihr Glas aus, dann stand sie auf. „Also schön, ich gehe dann jetzt mal morgen muss ich ja wieder zu World Soldier aufbrechen!“, sagte sie und streckte sich dabei ausgiebig. Tifa nickte. „Für mich gibt es auch morgen viel zu tun.“ Vincent stand nun auch auf.

„Ich begleite dich noch mit nach Hause“, sagte er zu Miceyla. Sie blickte ihn dankbar an, zwischen ihnen hatte sich eine enge Freundschaft entwickelt und sie erfreute sich immer an seiner Gesellschaft. Denn mit ihm konnte Miceyla über alles reden, weswegen Yuffie oft beleidigt war und fing kleine Streitigkeiten mit Miceyla an. Die aber in der Regel schnell wieder behoben waren.

Yuffie war ein sehr lebensfrohes Mädchen aus Wutai, sie redete viel und war im gleichen Alter wie Miceyla und außerdem gehörte sie auch zu Clouds Gruppe, die sich damals im Kampf gegen Sephiroth zusammen gefunden hatte. Dazu gehörten auch noch Tifa, Vincent, Barret, Cid, Cait Sith, Nanaki und Aerith natürlich, die damals von Sephiroth ermordet worden war, als diese in der verlorenen Stadt Heilig beschwören wollte, um den Planeten vor Meteor zu retten.

Vincent und Miceyla verabschiedeten sich noch von Cloud und Tifa, dann liefen sie hinaus durch die in die Nacht eingehüllten Straßen von Edge.

„Weißt du Miceyla“, begann Vincent, „Ich habe mitbekommen, dass es unter den Menschen immer öfters zu Uneinigkeiten kommt, was die Entscheidungen wichtiger Probleme betrifft. Sie scheinen bei gewissen Angelegenheiten unterschiedliche Meinungsäußerungen zu haben“. Miceyla nickte bedrückt.

„Ich sollte mal mit Rufus reden, es muss doch irgendeine gemeinsame Lösung dafür geben“, sprach sie.

Es war ihr sehr wichtig, dass solche Probleme aus der Welt geschaffen wurden. Gerade jetzt, da sich die Menschheit, seit der Meteorkatastrophe erholt hatte, durfte der entstandene Frieden nicht auf der Kippe stehen. Rufus sollte weiterhin der Präsident sein und die Leute gemeinsam mit seinen verbliebenen Turks, bei ihren Wünschen und Problemen unterstützen. Und das auch ohne Megakonzern. Wichtig war es, das die Menschen nicht komplett führungslos waren und ein Konzept hatten, wonach sie sich richten konnten.

Während ihres weiteren Weges redeten die Beiden nicht mehr viel, Miceyla war inzwischen auch zu müde dazu.

Als sie schließlich vor ihrer Wohnung ankamen, wünschte Vincent ihr noch eine erholsame Nacht, dann ging auch er nach Hause.

In ihrer Wohnung angekommen, zwang sie sich schnell noch zu duschen und ihre Wunde zu säubern. Als sie fertig war, warf sich Miceyla auf ihr Bett, sie musste früh aufstehen, wenn sie schon mittags in Kalm sein wollte. Doch sehr wahrscheinlich würde sie eh wieder auf einem Chocobo dort hin reiten, dann wäre sie ruck zuck da.

Miceyla sah von ihrem Bett aus in Richtung Fenster und blickte hinaus, den Himmel konnte sie nur schwer erkennen, da ihre Wohnung im ersten Stock lag. Und so sah sie nur die emporragenden Gebäude, die sich vor ihrem Fenster auftürmten.

Sie seufzte kurz, dann schloss sie die Augen und schlief ungewöhnlich schnell ein.
 

Als Miceyla die Augen wieder aufschlug, fand sie sich in einen unterirdischen Raum wieder, der in ein rötliches Licht getaucht war. Dort war niemand außer sie selbst und die einzigen Geräusche die sie vernahm, war das Krabbeln dicker, großer Käfer.

Sie sah sich um, an den Wänden flackerten Lichter und an manchen Stellen war etwas in der Wand eingraviert, in einer Schrift die Miceyla irgendwie bekannt vor kam.

Als sie ein paar Schritte auf eine dieser Schriftzüge machte, bewegte sich plötzlich die Wand auf sie zu. Erschrocken drehte sie sich um, zwei andere Wände taten es der ersten Wand nach und kamen ebenfalls in ihre Richtung. Hecktisch suchte sie die Umgebung nach einem Fluchtweg ab, da war nur ein schmaler Gang der sich unendlich in die Dunkelheit zu erstrecken schien. Miceyla hatte keine Zeit zum nachdenken und so rannte sie blindlings in die Finsternis hinein. Mit pochendem Herzen blickte sie zurück und sah, wie die Wand ihr auch in diesem Gang noch hinterher schnellte. Sie rannte jetzt nur noch schneller, als auf einmal krächzende, unheimlich aufheulende Geräusche aus den Tiefen der Dunkelheit kamen, die Miceyla einen Schauer über den Rücken jagten. Doch sie hatte keine andere Wahl, sie musste in diese Richtung, denn hinter ihr wartete die Wand nur darauf sie zu zerquetschen.

An den Wänden strahlten auf einmal Lichter auf, die ihr zeigten wohin sie fliehen musste. Miceyla blieb völlig außer Atem stehen, als sie in einem weiteren Raum, in dem mehrere Särge standen, ankam.

Sie horchte, aber die Wand schien sie nicht weiter zu verfolgen, erleichtert lehnte sich Miceyla gegen ein Statuen ähnliches Gebilde und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Doch die Erleichterung weilte nur kurz, als plötzlich etwas um sie herum huschte, sie sah nicht was es war, doch sie vernahm die gleichen unheimlichen Rufe wie gerade eben.

Immer mehr der unsichtbaren Gestalten kamen auf sie zu und sie schienen Miceyla das Bewusstsein zu entreißen. Mit rasendem, Herzen versuchte sie sich zu wehren, doch sie war wie erstarrt. Panisch wollte sie um Hilfe schreien, aber Miceyla brachte keinen Ton raus, wer konnte sie auch hier schon hören. Alles um sie herum drehte sich und es kam ihr vor, als würde sie immer weiter in ein tiefes Loch fallen, aus dem es niemals mehr ein entrinnen gab.

Während dessen ergriffen diese Kreaturen immer mehr von Miceyla Besitz.

Das, genau das, hatte sie schon einmal durchgemacht, doch irgendetwas blockierte ihre Erinnerungen und so bekam sie nicht vor Augen, worum es sich bei diesen Gestalten handelte. Was sie auf jeden Fall wusste war, dass sie aus einer anderen Welt kamen, in der Miceyla bestimmt schon einmal gewesen sein musste.

Als Miceyla, ihre Gedanken, ihr Bewusstsein und das Leben nun völlig zu entgleiten drohte, sah sie von einem Augenblick auf den nächsten in ein weißes, leeres Gesicht dieser Kreaturen, das immer weiter auf sie zu schnellte.

Sie schloss die Augen und sagte innerlich:

„Hulax!“.
 

Mit rasendem Herzen erwachte Miceyla, es war noch Nacht gewesen. Sie betrachtete ihre zitternden Hände und stellte erleichtert fest, dass sie geträumt haben musste. Sie saß auf. Miceyla träumte viel, doch so realistische, visionsartige Träume hatte sie selten. Mit geschlossenen Augen hoffte sie, dass dieser Traum nicht von großer Bedeutung war und keine Bedrohung darstellte. Doch tief im Innern wusste sie, dass es sich hierbei um keinen einfachen Albtraum handelte. Und so fiel Miceyla wieder in einen unruhigen Schlaf.
 

Als Miceyla am nächsten Morgen erwachte, fiel helles Sonnenlicht hinein und sie wurde geblendet. 'Irgendjemand musste die Vorhänge vorgezogen haben!' , dachte sie verärgert.

Sie fuhr zusammen, als sie eine fröhliche Stimme hörte, die zu ihr sprach: „Guten Morgen Miceyla! Hast du denn auch gut geschlafen?“ Völlig verwirrt sah sie einen Cait Sith, ein Katzenroboter, der von Reeve gesteuert wurde mitten im Raum stehen.

„Wie bist du denn hier rein gekommen?“, fragte sie erstaunt. „Nun, dass ist gar nicht so schwer, wenn man die Tür nicht abschließt!“, antwortete Cait Sith.

'Ich habe vergessen die Tür gestern abzuschließen!' Stellte sie erschrocken fest.

„Weißt du, Vincent wollte, dass ich mal nachschaue, ob du auch wirklich aus den Federn kommst. Na ja, so hat er das zwar nicht gesagt, aber was sicher ist, ich sollte nach dir schauen und dir einen schönen Tag von ihm wünschen. Ach ja und ein Frühstück habe ich dir auch schon gemacht“, sprach Cait Sith gut gelaunt weiter und zeigte auf einen Tisch, gegenüber von ihrem Bett, wo das Frühstück bereitstand.

'Vincent! Du denkst aber auch immer an mich!' , dachte sich Miceyla und schüttelte dabei lachend den Kopf. Ihre Erinnerungen an den beunruhigenden Traum letzte Nacht waren dabei verflogen. „Vielen Dank Cait Sith und grüß auch Vincent von mir, ich weiß nicht ob wir uns schon bald wieder sehen werden“, bedankte sich Miceyla bei ihm. Cait Sith nickt und verabschiedete sich noch von ihr: „Na dann bis bald!“ Sie sah in Richtung Tür, da sah sie wie der dicke Mogry, auf dem Cait Sith immer saß zu ihr hereinwinkte. Dann verschwanden die beiden. Miceyla zog sich schnell an, hüpfte ins Bad und frühstückte etwas hastig. Denn es war schon relativ spät.
 

Dieses Mal nahm sie ihr eigenes Schwert mit, ein Lucassener- Schwert, dass seit ewigen Zeiten an ein neues Mitglied der Lucassener weitervererbt wurde. Das Schwert hatte Arjens Mutter gehört, da Arjen und sie auch Lucassener waren. Seine Eltern lebten nicht mehr auf

gewöhnliche Weise, wenn Lucassener starben wurden sie zu einer Art Gottheit, die über den ihnen zugeteilten Planeten wachten und in ihrer eigenen Welt lebten.

Lanaido, der jüngere Bruder von Arjen hatte sich schon früh für ein Leben in dieser Welt entschieden, er könnte niemals einen anderen Planeten betreten. Wusste aber von gewissen Dingen über die alten Lucassener Bescheid, die Miceyla noch im Dunklen verborgen lagen. Sie selbst war schon einmal in dieser ganz besonderen Welt gewesen, was auch zu ihrer Lucassener- Ausbildung gehörte, aber natürlich konnte sie nicht einfach nach Lust und Laune dort hineinspazieren.

Ja und dann gab es da auch noch Katero Lucassen, ein Lucassener im gleichen Alter von Arjen, der nichts so sehr wertschätzte wie die Schwertkunst. Er war schon immer ein etwas schwieriger Zeitgenosse gewesen und früher kam es nicht gerade selten zu ernsten Auseinandersetzungen zwischen Arjen, Miceyla und Katero. Obwohl er auch ein Lucassener war und er wusste, dass wenn es zu einem Krieg zwischen ihnen kommen würde, hätte das Folgen für das gesamte Gleichgewicht aller Dimensionen. Das Handeln von Katero lag nicht zuletzt an seiner finsteren Vergangenheit, mit der er selbst irgendwie fertig werden musste. Aber nichtsdestotrotz hatte Katero eine zweite Chance bekommen und wurde als ein Lucassener ausgewählt.

Eines Tages legte sich dann auch die Rivalität zwischen den drei jungen Lucassenern und es entstand nach und nach eine Freundschaft. Katero lehrte Miceyla sogar einige seiner wertvollsten Schwertzüge, etwas das er noch nie für jemanden getan hatte. Sie war aber der Meinung, dass es niemals ein Wesen schaffen würde das gleiche Niveau wie Katero zu erreichen, der seit jeher als der allerbeste Schwertkämpfer verehrt wurde. Dennoch besaß auch er mächtige Magie, Arjen und Miceyla hatten sich ganz besonders auf Magie spezialisiert, sie fing aber an sich immer mehr neue Schwertzüge anzueignen. Katero war seit dem, ein wertvoller Gefährte im Kampf geworden, trotz seiner großen Klappe und seiner hartnäckigen Meinungsäußerung.

Arjen war hingegen der klügere und vernünftigere von beiden, der viel wert in Hoffnungen lag und viel davon sprach, man solle dem Gefühl in seinem Herzen folgen. Er war der erste Lucassener der Miceyla begegnete und sie in eine neue Welt geführt hatte. Schon am ersten Tag wo sie sich trafen, versprach Arjen immer für sie da zu sein und sie wusste egal wo sie auch war, egal wie alleine sie war, er würde immer bei ihr sein. Und war Miceyla auch noch so niedergeschlagen, er schaffte es sie aufzuheitern. Arjen hatte große Gefühle für sie, Miceyla fühlte ebenfalls mal etwas für ihn, sah ihn aber eher als einen großen Bruder. Die Welt und Vergangenheit der Lucassener gehörte aber in eine andere Geschichte.

1.Mission in Corel

Miceyla hatte schon fast die Grenze im Osten von Edge erreicht, das Wetter war heute freundlich und sanfte Sonnenstrahlen wärmten ihr Gesicht. Gut gelaunt schaute sie ihrem zweiten Tag bei World Soldier entgegen und hoffte auf ihren ersten Einsatz.

Sie wäre beinahe mit Reno zusammengestoßen, der es anscheinend ziemlich eilig hatte.

„Sorry, Miceyla! Hab dich echt übersehen!“, sagte Reno etwas gestresst, was Miceyla erstaunte. Reno hatte sie früher gerne geärgert und damit aufgezogen, was sie doch für eine klasse Vizepräsidentin an der Seite von Rufus wäre. Aber mittlerweile alberten die beiden unheimlich gerne herum, wenn es die Gelegenheit dazu gab.

„Macht doch nichts Reno! Aber sag mal was los ist“, meinte sie darauf gelassen. „Ach es haben sich mal wieder ein paar Passanten, an eine der Versorgungshallen herangemacht, um Energiereserven raus zu schaffen. Angeblich sagten sie, dass der Präsident zu wenig zur Verfügung stellen würde. Aber so langsam gehen auch uns die Vorräte aus, wir müssen neue beschaffen. Tja, mit der Mako- Energie früher war so manches einfacher!“, antwortete Reno lässig wie immer. „Das klingt nach Arbeit für die Turks!“, sagte Miceyla belustigt.

„Es wäre doch langweilig, wenn es keine gäbe, huh? Du ich würde echt noch gerne was mit dir plaudern, aber wie du gehört hasst ruft die Arbeit“, sprach Reno und machte sich schon auf in die Richtung der Ruinen von Midgar, wo die Lagerhallen standen.

„Sag Rufus Bescheid, dass ich bald mal vorbeikommen werde!“, rief sie Reno noch hinterher und er gab ihr mit einer Handbewegung zu erkennen, dass er sie gehört hatte. Dann machte sich Miceyla auf nach Kalm.
 

Als sie das Gebäude von World Soldier betrat, herrschte es voller Leben, einige Soldaten verschiedener Klassen liefen aufgeregt hin und her. Miceyla konnte sie von der Farbe ihrer Ausrüstung unterscheiden und dachte sich dabei, dass das bestimmt von SOLDAT beibehalten wurde. Sie versuchte so gut es ging nicht im Weg zu stehen und die Soldaten nicht zu behindern, die sehr wahrscheinlich zu einem Einsatz aufbrachen.

Miceyla suchte Direktor Karin, da er nicht in seinem Büro war überlegte sie, ob sie bei den Trainingsräumen nachsehen sollte. Da kam ein Infanterist auf sie zu. „Wenn du den Direktor suchst, der ist in der Forschungsabteilung im achten Stock“, sagte er und hatte es auch schon wieder eilig.

„Warte mal!“, hielt sie ihn zurück. „Kannst du mir sagen was hier eigentlich los ist?“, fragte Miceyla ihn.

„So genau kann ich dir das auch nicht sagen, das einzige was ich bis jetzt gehört habe ist, dass eine Mission in Corel schief gelaufen sein soll und das einige unserer Leute einfach verschwunden sind. Der General selbst ist mit einer kleinen Truppe nun dorthin, um den Vorfall zu untersuchen“, meinte der Infanterist, dann ging er auch schon.

'Der General? Also Genesis! Dann hat er ja jetzt das erreicht wovon er früher immer geträumt hatte, denn die Konkurrenz, also Sephiroth, war ja nicht mehr da!' , dachte sie sich und eilte direkt hoch in die Forschungsabteilung. Dort entdeckte Miceyla den Direktor, wie er mit zwei Wissenschaftlern in einem innigen Gespräch vertieft war. Sie wollte nicht stören und überlegte ob sie einfach zu ihm hin gehen konnte, doch da entdeckte Direktor Karin Miceyla schon und ging zu ihr herüber. Sollte er irgendeine Besorgnis aufgrund des Vorfalles in Corel gehabt haben, so schien er es zu verbergen.

„Schön Miceyla, dass du wieder hier bist. Tut mir leid wegen der ganzen Aufruhr, aber ich muss dich auch gleich zu einem Einsatz schicken und ja nach Corel. Unser Kontakt zu Genesis ist abgebrochen, ein zweite Klasse Soldat und zwei Infanteristen werden dich begleiten. Sie warten unten im Foyer auf dich und wissen Bescheid…Ach ehe ich es vergesse, du gehörst jetzt der Soldatengruppe des dritten Ranges an, deine Ausrüstung findest du in einer der Versorgungskapseln im Soldatenvorbereitungsraum!“, sprach er mit einem etwas ernsten Ton.

'Aha, die Förmlichkeiten sind verschwunden, ist auch gut so. Genesis muss echt von mir überzeugt gewesen sein, dass ich gleich so weit aufsteige!' , dachte Miceyla und konnte ihre Freude kaum noch verbergen.

„Keine Sorge, Herr Direktor wegen der Aufruhr, ich bin froh das es gleich etwas zu tun gibt, sonst wäre es viieeeeel zu langweilig. Und was die Sache mit Corel betrifft, dass finden wir raus im nu!“, sprach sie mit einem überzeugten Grinsen auf dem Gesicht. Direktor Karin nickte nur und drehte sich um.

„Beeil dich jetzt aber. Und nimm die Mission nicht auf die leichte Schulter!“, sagte er noch.

Miceyla konnte nicht mehr anders, als ein paar Mal vor Freude in die Luft zu springen. „So sollte es doch sein, oder Zack?“, sprach sie leise zu sich selbst. „Ich werde immer Träume im Herzen tragen und meine Ehre beibehalten! Was auch immer passieren mag…“, fügte sie noch ernst hinzu und klopfte dabei zwei Mal mit der Faust auf ihr Herz.

Da spürte sie plötzlich eine vertraute Wärme um sich herum, die ihr neue Kräfte zu verleihen schien.

Kurz schloss Miceyla die Augen, sog die neue Energie ein, dann schlüpfte sie schnell in die neue hellblaue Soldaten-Kleidung und stellte fest, dass sie gar nicht mal so schlecht darin aussah. Sie nahm ihr Schwert in die Hand, hielt es ein Stück weit von sich weg und betrachtete es. Danach nickte sie lächelnd und machte sich auf zum Foyer.

Unten angekommen, kam auch schon ein zweiter klasse Soldat auf sie zu.

„Du musst Miceyla sein, nicht wahr?“, fragte er sie und sie bestätigte dies durch ein Nicken. „Dann lass uns gleich aufbrechen!“ Sie ging hinter ihm in Richtung Ausgang und die beiden Infanteristen folgten.
 

Zuerst fuhren sie mit dem Schiff und nahmen dann einen Schnellzug nach Corel, allerdings hielt der Zug nicht genau dort, was hieß, dass sie ein gutes Stück zu Fuß zurücklegen mussten. Unterwegs redeten sie meistens nur darüber, wie sie bei ihrer Mission vorgehen sollten.

Schließlich kamen sie an Ort und Stelle an, der Ort den der zweite klasse Soldat von Direktor Karin beschrieben bekommen hat.

Miceyla sah sich um, die Hände dabei auf ihre Hüften gestemmt. Da waren ein paar verlassene Häuser, so schien es ihr, denn sie Fenster und Türen waren mit Holzbalken verbarrikadiert worden. Es konnte nicht allzu lange her sein, dass man sie verlassen hatte. Und dann war da noch, etwas weiter abseits gelegen, eine Art Höhle in der eine Treppe hinab führte. Miceyla fragte sich, ob es sich dabei um ein Bergwerk oder eine Mine handeln könnte. Nun aufgeteilt, sollte sie zusammen mit einem Infanteristen die verlassenen Häuser untersuchen, aber dennoch in Rufweite bleiben. Als die beiden auf die Häuser zu liefen, erschienen auf einmal ein paar Monster. Der Infanterist zuckte zusammen. „Keine Sorge, dass erledige ich!“, meinte Miceyla und zückte ihr Schwert. Es dauerte nicht lange, da hatte sie auch schon gesiegt. „Lass uns weitergehen!“, sagte sie nach dem leichten Kampf und der Infanterist schien darüber sichtlich erleichtert.

Während er um eines der Häuser herum ging, entdeckte Miceyla einige Soldaten die unter einer Gruppierung von Bäumen standen. Sie lief zu ihnen hinüber, als die Soldaten sie sahen, kam einer von ihnen auf sie zu. Er trug eine rote Ausrüstung, war also einer von der zweiten Klasse. „Direktor Karin hat uns anscheinend Verstärkung geschickt, dachte ich mir! Aber viel mehr erreichen werden wir dadurch glaube ich trotzdem nicht. Bist du neu bei World Soldier? Ein Mädchen.. Ich denke das wird uns gut tun!“, sprach er sehr freundlich.

„Ja, ich bin Miceyla. Ach, ist Genesis nicht mehr bei euch?“, fragte sie ihn. „Der ist in die Höhle da hinten rein. Dort sollen auch welche von uns verschwunden sein…“ antwortete er und deutete mit einer Kopfbewegung in Richtung Höhle.

„Ach ja! Ich bin Ayko!“, stellte er sich vor und nahm dabei seinen Helm ab, er hatte eine schwarze Wuschelfrisur mit einem Pony und blau-grüne Augen, die ihr freundlich entgegensahen.

„Danke Ayko, ich werde gleich mal dort nachsehen!“, meinte Miceyla und machte sich schon auf zur Höhle. „Was denn alleine?“, fragte Ayko etwas besorgt. „Weißt du, ich bin so etwas gewohnt, mach dir keine Gedanken!“

Dabei winkte sie ihm noch kurz zu und kam bei besagter Höhle an. Ohne irgendwelche Zweifel stieg sie die Treppe hinab, es war etwas rutschig, weswegen sie sich an der Wand festhielt. Unten angekommen musste sie feststellen, dass die Höhle viel größer war, als sie von außen ausgesehen hatte.

Miceyla ging eine Weile dort umher, da entdeckte sie Genesis, wie er mit einigen Monstern in seinem Umkreis kämpfte. Die Höhle hellte sich jedes Mal auf, wenn er mit Feuerbällen um sich warf. Sie kniff reflexartig die Augen zusammen, da sie mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt waren.

Sie wich einem der Feuerbälle aus, der eigentlich für eines der Monster gedacht war, er schlug hinter ihr auf einer Wand auf. Sie kam Genesis zur Hilfe, obwohl sie wusste, dass er das mit Leichtigkeit auch alleine schaffen würde, aber zu zweit ging es schneller. Und nach kurzer Zeit war der doch sehr große Haufen an Monstern besiegt, da erst widmete sich Genesis Miceyla zu.

„Nun bist also auch du hierher gekommen, Miceyla. Dritte Klasse jetzt wie ich sehe“.

„Oh ja! Ich schätze mal, dass habe ich bestimmt ein kleines Bisschen dir zu verdanken, nicht war?“, sagte sie und verschränkte dabei die Arme ineinander. Er lächelte sie nur kurz an, dann wendete sich Genesis von ihr ab und blickte in das Höhleninnere. Ihr kam der Gedanke, dass Direktor Karin ihm sicherlich ihren Namen verraten haben musste.

„Genesis, sage mir, wie kommt es eigentlich, dass Soldaten einfach mal so verschwinden?“, fragte sie ihn und fing dabei selbst an zu grübeln, es gab noch so viel mehr Sachen worüber Miceyla ihn ausfragen wollte, nicht zuletzt was seine Gründe für die Zusammenarbeit mit World Soldier waren. Doch sie würde wohl auf eine günstigere Situation warten müssen, um Genesis solche Fragen zu stellen.

„Da kommt mir jetzt auch keine logische Erklärung in den Sinn, aber es gibt für alles ‚Gründe’, oder etwa nicht?“ antwortete Genesis und stand wieder zu ihr gedreht. Er betrachtete Miceyla, während sie weiter in der Höhle umherblickte und einen am Boden liegenden Soldatenhelm untersuchte. Ihre Art wie sie kämpfte, eigentlich alles an ihr war irgendwie…anders, doch das sollte nichts schlechtes heißen. Im Gegenteil! Genesis kannte sie noch nicht lange, aber das brauchte er auch gar nicht um dies zu erkennen. Er machte ein paar langsame Schritte zu ihr herüber.

„Weißt du Miceyla, ich…“. Doch weiter kam er nicht, da eine Schar von Monstern aus dem Höhleninneren, auf die beiden zugerast kam. Die zwei hielten ihre Schwerter kampfbereit und warteten auf einen Angriff, dazu kam es jedoch nicht. Eines der Monster rempelte Miceyla an, es schien sie nicht war zunehmen, sondern rannte einfach mit den anderen an ihr vorbei, in die entgegen gesetzte Richtung der Höhle. Genesis hielt sie am Arm fest, damit sie nicht hinfiel. Als schließlich alle Monster im anderen Ende verschwanden, löste er seinen Griff von ihr. „Sie scheinen uns gar nicht beachtet zu haben!“, sagte Genesis verächtlich.

„Ja…es ist…es ist, als ob sie vor irgendetwas davonlaufen würden!“, stellte Miceyla bedrückt fest. „Nur vor was sollten Monster bitteschön weglaufen?“, fragte er sich. Beide warfen einen Blick in das Höhleninnere, aus dem die Monster gerast kamen.

„Hey, ihr beide seit schon so lange hier drin, da wollte ich mal nachsehen ob alles in Ordnung ist!“ Miceyla zuckte erschrocken bei der Stimme hinter ihr zusammen und drehte sich mit einem Sprung um. Sie atmete tief aus, wie sie Ayko erkannte, der gekommen war und sie rollte mit den Augen, dass sie sich so erschreckt hatte.

„Ver...Verzeih bitte Miceyla! Ich wollte dich nicht so erschrecken! Ehrlich nicht“, sagte Ayko und machte eine entschuldigende Handbewegung. Da mussten Miceyla und Ayko laut anfangen zu lachen.

„Ha, du hast sie mehr erschreckt, als der ganze Haufen Monster gerade eben!“, kam eine neckende Bemerkung von Genesis.

„Hey, sehr witzig!“, meinte sie darauf und die beiden mussten nur noch mehr lachen. Da baute sich Genesis vor dem kleineren Ayko auf und sah ihn kühl an.

„Wäre es nicht besser, du würdest zu den anderen Soldaten zurückkehren? Es gibt hier eh nichts mehr für uns zu tun!“, sprach Genesis.

„He, es ist doch nicht schlimm, dass er uns gesucht hat! Er hat sich eben Sorgen gemacht!“, verteidigte sie Ayko.

Ayko wunderte sich, normalerweise, wenn man in irgendeiner Art und Weise Genesis widersprach, blieb das nicht ohne Folge einer scharfen Kritisierung. Doch eigenartiger Weise blieb er ruhig. Aber Ayko schien sich trotzdem ziemlich unwohl zu fühlen und ging Richtung Ausgang der Höhle.

„Äh…Also ich gehe dann schon mal. Bis gleich!“, sagte er und sah noch mal lächelnd zu Miceyla zurück. Sie musste sich ein weiteres Lachen verkneifen.

„Es macht keinen Sinn weiter nach dem Geheimnis des Verschwindens der Soldaten zu suchen. Ohne Anhaltspunkte bringt uns das sowieso nichts“, sprach Genesis nun. Miceylas Blick streifte in das leere Höhleninnere und meinte: „Schon merkwürdig…aber es ist doch interessant Rätsel zu lösen, huh?“

Genesis lief langsam auch zum Ausgang, da blieb er stehen.

„Wenn der Kampf der Bestien das Ende der Welt einläutet…“, sprach er und als er fortfahren wollte, kam ihm Miceyla zuvor.

„...Wird die Göttin vom Himmel herabsteigen. Die Schwingen des Lichts und der Dunkelheit ausgebreitet, wird sie uns führen zu Glück, ihrem ewiglichen Geschenk“. Dabei faltete sie die Hände zusammen und schloss die Augen.

"Hem…“, kam es von Genesis. Er drehte sich zu ihr um und merkte, dass sie diese Worte wirklich verstand und auch ernst nahm, was ihm ein wohlig, warmes Gefühl in seinem Herzen einbrachte. Kurz blickte er zu Boden, dann sah er Miceyla mit einem so warmherzigen Blick an, den sie bei ihm zuvor noch nie gesehen hatte. Unwillkürlich musste sie verlegen lächeln.

„Die Geschichte wird sich ein zweites Mal wiederholen“, sagte er nachdenklich über seine eigenen Worte. „Die…die Geschichte von Loveless?“, fragte Miceyla ihn und legte den Kopf dabei etwas schief.

„So will es das Schicksal“, war das einzige, was er darauf antwortete und ging hinaus. Bevor sie ihm folgte, schaute sie noch einmal in die Höhle hinein und da hörte sie plötzlich aufheulende Geräusche. Sie bekam eine Gänsehaut und schnellte zum Ausgang. Für heute hatte sie absolut genug!
 

Als sie allesamt wieder in Kalm ankamen, war es schon Nacht geworden und ein fast runder Mond leuchtete über ihnen. Auf der Soldatenebene, versammelten sich dann einige der Soldaten um Ayko. Er gab ihnen Bescheid, dass sie gehen und sich von der Mission erholen durften, er würde dann dem Direktor Bericht erstatten.

Neugierig ging Miceyla zu Ayko hinüber, als die anderen Soldaten weg waren. „Bist du ein Kommandant?“, fragte sie darauf. „Ähm…ja das bin ich. Ich weiß…unglaublich, dass ich es überhaupt so weit geschafft habe…“, sagte er ziemlich unsicher. „Du bist sicher ein klasse Kommandant! Bestimmt bekommst du viel Anerkennung hier. Denn du hast ein gutes Herz, das merkt man sofort!“, sprach Miceyla mit gütiger Stimme. Ayko lies einfach nur den Kopf hängen. „Weißt du…das war nicht immer so…“, sagt er traurig.

„Aber was war denn…“. Sie konnte die Frage nicht zu ende bringen, da Genesis am Aufzug stand und die beiden zu sich herüber winkte.

„Komm schon Ayko, lass uns endlich zum Direktor gehen, so wie ich ihn einschätze schickt der sonst noch einen weiteren Suchtrupp nach Corel los! Und ja, Miceyla, du darfst natürlich auch mit. Willst doch bestimmt von deiner ersten Mission berichten, oder etwa nicht?“, sagte Genesis und blickte ihr freundlich entgegen. Sie gab Ayko einen aufmunternden Stups gegen die Schulter, der nickte daraufhin und beide betraten hinter Genesis den Aufzug.

Da war auf jeden Fall etwas, dass Ayko bedrückte, vermutlich gab es hier niemanden mit dem er darüber reden konnte. Aber sie hoffte, dass er sich ihr gegenüber öffnete und davon erzählte was ihm auf dem Herzen lag. Einen Kommandanten, der seine Soldaten mit einer solchen Würde und Höflichkeit anführte, wie Miceyla das bei ihm spürte, fand man äußerst selten.
 

Das Gespräch mit Direktor Karin verlief relativ zügig. Genesis gab ihr den Vortritt zu erzählen, doch allzu viel war ja eh nicht passiert. Sie liebte es von Missionen zu berichten, bei so etwas halfen Miceyla ihre Erfahrungen. Dennoch musste sie aufpassen, dass sie nicht zu sehr ins Detail ging.

„Dann werden wir also vorerst nichts unternehmen können.

"Mm…“, sagte er schließlich, als die Berichterstattung der drei am Ende angelangt war. „Wir werden uns demnach erst einmal unseren ‚normalen’ Aufgaben widmen. Ayko, sag allen Soldaten sie sollen ihr Training fortsetzen. Du Miceyla, nimmst selbstverständlich ebenfalls an dem Training teil!“ Direktor Karin warf dabei einen flüchtigen Blick auf Genesis, der daraufhin mit einem leichten Grinsen nickte. Miceyla musste sich am Hinterkopf kratzen und runzelte die Stirn. 'Was die beiden Hecker da wohl ausgemacht haben?' , fragte sie in Gedanken versunken und sah in Genesis undurchdringlichen Gesichtsausdruck.

Mit einem Kopfnicken deutete der Direktor zu den drei, dass sie gehen durften. Ayko verabschiedete sich noch von Miceyla und sie wollte gerade schon den Aufzug nach unten nehmen, als sie von Direktor Karin aufgehalten wurde.

„Warte mal Miceyla! Du musst jetzt nicht immer die weite Heimreise auf dich nehmen. Dir wird wie allen anderen auch, ein Apartmentzimmer zur Verfügung gestellt, auf der Soldaten-Etage im sechsten Stock. Hier hast du deine Scannkarte!“

Miceyla nahm dankbar die Karte entgegen und ging zu ihrem Zimmer, das in direkter Verbindung mit einem dazu gehörigen Badezimmer stand. Mit Schwung lies sie sich auf das Bett fallen und betrachtete den klaren Sternenhimmel durch das Fenster. Miceyla überlegte, was sie wohl morgen unternehmen würde und kam zu dem Entschluss, dass sich das spontan entschieden ließe.
 

Im Besprechungsraum flammte immer noch Licht, als Direktor Karin wütend mit beiden Fäusten auf dem Tisch aufschlug.

„Es reicht mir jetzt, Genesis! Glaubst du denn wirklich, du würdest mehr erfahren, wenn du mich weiter so drängst?“

Genesis lies nicht locker, mit gelassenen Schritten marschierte er durch den Besprechungsraum und blickte fordernd in das genervte Gesicht des Direktors.

„Auch von meinem Interesse ist es, was immer Ihre Leute dort in der Forschung entdeckt haben mögen, so will ich ebenfalls daran teilhaben. Neue Erkenntnisse bringen uns weiter…dennoch schaden sie uns gleichzeitig“. Mit diesen Worten ballte er seine Hand zusammen und legte sie sich auf die Brust.

„Ha, erzähl du mir bloß nichts von Forschung und Erkenntnissen! Experimente wie das G und S Projekt sind Geschichte, etwas in der Art wird sich nicht mehr wiederholen…“

„Dann sehe ich keinen Grund warum ich nicht von…“, konterte Genesis dazwischen.

„Unterbrich mich nicht!“, sprach Direktor Karin in einem sehr gereizten Ton und er erhob sich nun von seinem Stuhl, dann fuhr er fort. „Ich bin kein Wissenschaftler Genesis, auf alles kann ich dir auch keine Antwort geben. Aber auf jeden Fall will ich, dass sich jemand wie du davon fern hält! Hörst du?“

„Jemand wie ‚ich’?“, wiederholte Genesis seine Worte und betonte dabei ganz deutlich das ‚ich’. Der Direktor machte sich nun auf zur Tür und mit dem Rücken zu ihm sprach er noch:„Armer Genesis! Du bist leibhaftig immer noch das geblieben, was du schon immer gewesen bist, ein Monster!“ Genesis machte einen großen Schritt zurück und sah dabei wütend zu Boden, am liebsten hätte er sich auf ihn gestürzt, er war bemüht dies nicht zu tun.

Direktor Karin war schon hinaus, da schlug Genesis energisch eine Flügeltür auf, die zu einer Art Balkon führte. Seine hellblauen Augen blickten in den Nachthimmel, er erhob eine Hand in Richtung der glänzenden Sterne. „Unergründlich geheimnisvoll, ist das Geschenk der Göttin. Es suchend erheben wir uns in die Lüfte. Wellen kräuseln die Wasseroberfläche.Rastlos sind irrende Seelen“. Am Ende seiner Worte trat sein schwarzer Flügel hervor und er flog in die Nach hinein.

Banora

Gut gelaunt lief Miceyla am nächsten Morgen über die Soldaten-Etage und dachte dabei nach, was es wohl heute für sie zu tun gäbe.

Sie sah Ayko nahe beim Trainingsraum, wie er Soldaten für deren Training einteilte. Miceyla wollte ihn nicht stören, deshalb winkte sie nur zu ihm rüber. Ayko erwiderte das Winken mit einem freundlichen Lächeln.

Plötzlich hörte sie streitende Stimmen von der Nähe des Aufzuges herüberschallen. Neugierig machte sich Miceyla auf in diese Richtung.

„Es ist wirklich unerträglich mit dir! Weißt du das. Was denkst du? Das du in Zukunft immer die besten Missionen abbekommst? Mit dieser Einstellung wirst du nicht lange bei World Soldier bleiben, glaube mir!“, kamen die zurechtweisenden Worte eines Zweiten.

„Dann weiß ich nicht, was ich hier in diesem nutzlosen Haufen von Soldaten zu suchen habe!“, konterte ein Mädchen dritter Klasse, das die Arme rechthaberisch ineinander geschränkt hatte und wich dem Blick des Zweiten aus. Da machte es ein ‚Kling’ und der Aufzug war angekommen. Der Zweite betrat den Aufzug und schüttelte dabei hoffnungslos den Kopf. „Hach! Reine Zeitverschwendung!“, sagte er.

Nachdem der Aufzug sich geschlossen hatte, lief Miceyla auf das Mädchen zu und sprach es an. „Hallo! Tut mir leid, wenn es für dich gerade nicht so gut läuft. Es ist ein harter Weg, ich weiß das man…“, begann sie in einem ruhigen Ton, doch das Mädchen lies sie nicht fortfahren. Sie trug wie Miceyla ebenfalls keinen Soldatenhelm und hatte schulterlange blonde Haare. Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte sie die dritte Klasse Soldaten, die vermutlich etwas jünger als Miceyla war. „Dritte Klasse, aha… Lass mich bloß in Ruhe! Von jemanden wie dir brauche ich bestimmt kein Mitleid!“ Und somit stolzierte sie davon. Da freute sich Miceyla, dass sie nicht das einzige Mädchen hier war und dann kam so etwas! „Ich wollte doch bloß nett sein…Meine Güte!“, sagte sie mehr zu sich selbst. Sie zuckte mit den Schultern. „Ach was soll’s!“ Von der lies sie sich garantiert nicht die gute Laune verderben!

Jetzt erst bemerkte Miceyla, dass ein Mann in einem weißen Kittel sich zu ihr gesellt hatte.

„Entschuldige! Du musst Miceyla sein. Ich arbeite für die Forschung, welche das Training und die Vitalität der Soldaten überwachen. Du bist auch bald dran, hast aber noch etwas Zeit. Das gebe ich dir schon mal, du wirst es für deine Zukunft bei World Soldier brauchen!“

Der Forscher hielt ihr ein kleines Fläschchen hin, sie erkannte, dass es das Aufpuschmittel war, das man schon früher den Angehörigen von SOLDAT gegeben hatte. Es wurde aus dem Schwanz des Nibelbären gewonnen, eine kleine Menge diente ebenfalls der Verwendung, um die Krankheit Geostigma zu kurieren. Allerdings linderte es nur die Schmerzen.

Miceyla war zwar nicht der Meinung, dass sie es brauchen werde, verweigerte aber nicht dies anzunehmen. „Oh…Danke!“, dankte sie dem Forscher. „Nun denn, wir werden uns ja dann bald öfters sehen. Und bitte keine faulen Ausreden! Ein jeder muss auch die Eignungstests mitmachen, so ist es üblich“. Und damit verabschiedete sich der Forscher von ihr.

Sie sah ihm grinsend nach, Miceyla genoss es, etwas davon abzubekommen, wie es wohl bei SOLDAT gewesen sein musste, wie Zack sich dort gefühlt habe.

Sie betrachtete das Fläschchen, heute gäbe es für sie nichts sonderlich wichtiges mehr zu tun. 'Vielleicht sollte ich mal im Seventh Heaven vorbei schauen,' dachte sie nach.

Wenn sie aber ehrlich war, wollte sie schon lange mal einen Ort besuchen, an dem sie noch nie gewesen war. Und da kam ihr auch sofort einer in den Sinn.

Banora!
 

Den Weg nach Banora hatte sie sich vorher gut eingeprägt, damit Miceyla keine unnötigen Umwege in Kauf nehmen musste. Das vorkommen von Monstern war stark gestiegen und lies ihr keine freie Minute, ihr Schwert eingesteckt zu lassen.

„Mensch Leute! Jetzt reicht es aber wirklich mal! Hab heute eigentlich noch was anderes vorgehabt, als mit euch zu spielen!“, sagte sie belustigt, als wieder ein paar Monster auftauchten. „Autsch!“ Etwas hatte Miceyla in den Rücken gestochen. Mit hocherhobenem Schwert drehte sie sich um und sah einen riesigen Vogel mit einem übergroßen Schnabel.

„Du versuchst es mal von hinten, huh? Cleveres Kerlchen! Aber das wird dir auch nicht helfen!“ Sie holte weit aus und erledigte ihn mit einem einzigen Hieb ihres Schwertes.

„Aua! So ein Mist!“, fluchte Miceyla und betastete ihren schmerzenden Rücken.

Der gewaltige Vogel hatte ihr eine etwas ernstere Wunde verpasst. Für solche Fälle, nahm sie aber glücklicherweise immer einige Heiltränke mit.

Miceyla legte eine Verschnaufpause ein. Den restlichen Weg legte sie auf einem Chocobo zurück, der ihr dank ihrem Gizakraut, wie gerufen kam. Ein Stück des Meeres musste sie ebenfalls überqueren, Banora lag schließlich auf einer Insel, der größten von ganz Gaia.
 

Ungefähr vier Stunden war sie unterwegs gewesen, als sie die großen Windmühlen erblickte, an denen Miceyla erkannte, dass sie Banora endlich erreicht hatte.

Das Dorf wurde damals von Shinra zerstört, da dort Genesis Klone produziert wurden.

Aber das war einige Jahre her, sie war gespannt, wie es dort jetzt aussah.

Anscheinend wurden auch wieder Weißbanoraäpfel-Plantagen angelegt, auch Dummäpfel genannt. Gerade lief sie auf einige von ihnen zu. Ungewöhnlich sahen sie aus und irgendwie besonders. Die Bäume bogen sich über ihr, von einer Seite des Bodens, auf die andere und trugen ihre bekannten purpurnen Früchte. Unheimlich gerne wollte Miceyla mal einen von ihnen probieren, traute sich aber nicht einen zu pflücken, denn stehlen würde sie nicht.

Auch wenn niemand in der Nähe war und sie kurz vor dem Verhungern gewesen wäre.

Sie genoss die sanfte Brise und die friedliche, grüne Landschaft um sich herum.

Etliche Erinnerungen strömten auf Miceyla ein. Hier waren Genesis und Angeal aufgewachsen, hier fand der finale Kampf zwischen Zack und Genesis statt, in einer Höhle unter Banora.

Ihr Weg führte sie zu einem breiten Pfad, der sich einen Hügel hinaufschlängelte. Es interessierte sie, wie von dort oben wohl die Landschaft aussehe und schlug diesen Pfad ein.

Auf halber Höhe angelangt, hörte sie von ihrer rechten Seite, eine Stimme zu ihr sprechen.

„Sag, was führt dich nach Banora?“

Miceyla blickte zu einem großen Baum, auf seinem niedrigsten, breiten Ast saß Genesis, er lehnte sich an dem dicken Stamm des Baumes an.

„Die wundervolle Landschaft genießen!“, antwortete sie und hob dabei den Kopf in den sanften Wind, die Augen geschlossen. Und dabei war sie kein bisschen überrascht ihn hier anzutreffen. Es amüsierte Genesis, dass dies wahrhaftig der Grund sein konnte.

„Scheinbar gibt World Soldier Neuankömmlingen zu wenig Beschäftigung. Muss mich mal beim Direktor beschweren!“, meinte er mit einem Hauch Ironie in seiner Stimme. In einem Satz schwang er sich von dem Ast. „Na dann, willkommen in meiner Heimat!“, sagte er schließlich und breitete dabei seine Arme aus. Sie war jetzt mit ihm alleine, dass wäre eine Gelegenheit über gewisse Dinge zu sprechen, die Miceyla in Erfahrung bringen wollte. Andererseits breitete sich in ihr ein Gefühl aus, bei ihm zu sein, welches ihre Gedanken durcheinander brachte, doch gleichzeitig fühlte es sich auch unglaublich gut an.

Sie versuchte sich zu sammeln. „Genesis, darf ich dich mal etwas fragen?“

„Kommt ganz darauf an“.

Miceyla lief weiter in einem gemütlichen Tempo den Berg hinauf, Genesis ein Stück entfernt, an ihrer Seite, folgte ihr. „Hat es einen bestimmten Grund, warum du dich World Soldier angeschlossen hast, ich meine wegen deiner Vergangenheit und…“. Sie wusste nicht, wie sie die Frage fortsetzen sollte.

Genesis Blick war geradeaus gerichtet. „Warum bist denn du gekommen?“

Miceyla öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber er sprach weiter.

„Ich weiß schon, bei unserem ersten Treffen hast du es bereits angedeutet. Mmm…ob das alle war? Was mich betrifft, so gibt es immer noch gewisse Dinge, nach deren Bedeutung ich suche…vielleicht ist es aber auch nur das Verlangen danach, ein besserer Held als Sephiroth zu werden…“, sagte er und sah in den Himmel.

„Das bist du doch schon längst!“, meinte Miceyla daraufhin sehr überzeugend. Genesis war nun stehen geblieben und blickte sie forschend an. So etwas hatte noch nie jemand zu ihm gesagt. Ein freudiges Kribbeln legte sich über seine Haut.

Sie gingen weiter und kamen am Gipfel des Hügels an, dort sah Miceyla nur einen einzigen Weißbanora- Apfelbaum stehen. Nachdenklich sah sie sich auf dem Hügel um. Ob dies wohl der Hügel gewesen war, auf dem das Haus von Genesis' Eltern gestanden hatte, in dem er gelebt hat? Die Äpfel auf diesem Grundstück sollten am besten schmecken.

Während sie sich weiter umsah, entdeckte Miceyla in einem Tal etwas unterhalb von ihnen, eine kleine Ansammlung von Häusern. Sie rannte bis zu dem Rand, an dem der Hügel endete.

„Hey! Das Dorf wurde ja wieder aufgebaut!“, sprach sie erfreut.

Genesis stellte sich neben sie und sah auf die Häuser herab.

„Ja, ich konnte ein paar der ehemaligen Bewohner dazu überreden mir zu helfen, die einst hier gelebt haben. Zwar waren sie anfangs etwas skeptisch, was die ganze Sache betraf. Aber über ihr vollbrachtes Werk sind sie mehr als zufrieden. Ich wollte,…dass nicht alle Spuren der Vergangenheit weggeschwemmt werden. Zugegeben, es wird niemals mehr so werden wie es einmal war, dennoch kommen wir auf diese Weise dem ganzen ein kleines Stück näher“, erzählte Genesis.

„Dann hast du ja wirklich etwas Gutes getan! Es muss eine schöne Zeit gewesen sein, hier aufzuwachsen…zusammen mit Angeal“, sagte sie und sah Genesis liebevoll an.

Überrascht davon, was Miceyla nicht alles so wusste, drehte er sich zu ihr. 'Sie ist in der Tat etwas Besonderes…', dachte er sich. „Wo kommst du eigentlich her?“, fragte Genesis dann.

„Von sehr weit her, dass kannst du mir glauben…“, antwortete sie nur und lief zum anderen Rand des Hügels, um endlich die Aussicht betrachten zu können.

„Versteh schon…“, kam es von ihm und Miceyla war erleichtert, dass er nicht weiter nachfragte. So langsam machte sich ihr Magen bemerkbar und sie verspürte das Bedürfnis etwas zu essen. Sie warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Äpfel, Genesis folgte diesem Blick. Miceyla stand nun ganz nahe am Rande des Hügels und lies das weitläufige Grün auf sich wirken. Überwältigend war diese Aussicht und sie verhalf Miceyla zum strahlen.

Da gesellte sich Genesis zu ihr und stupste sie sanft von hinten an.

„Hier! Du willst doch sicherlich auch mal einen probieren“.

Sie blickte den Apfel an, den er ihr in seiner Hand hinhielt. Voller Dankbarkeit nahm sie ihn an. „Na klar, danke Genesis!“ Direkt biss Miceyla herzhaft ein großes Stück heraus. Er schmeckte köstlich. „Großartig schmeckt er! Ich wette Sephiroth hätte er genauso gut geschmeckt!“, meinte sie. Vollkommen verwundert sah er zu Boden.

„Es ist unglaublich, du scheinst über so viel Bescheid zu wissen. Du bist wirklich…anders als normale Leute…Miceyla…“, sprach Genesis in einem ruhigen Ton.

„Das ist war, ich bin anders… Findest du das denn sehr schlimm?“, fragte sie vorsichtig.

Er schüttelte lächelnd den Kopf. „Überhaupt nicht! Du weißt ja gar nicht, wie sehr mir das gefällt…“. Verlegen sah Miceyla wieder auf die Landschaft zurück. Die arrogante und kühle Art von Genesis, so wie er sonst immer auftrat, hatte sich in Luft aufgelöst. Für eine Weile standen sie schweigend da.

„Wäre das schön…“, sprach sie dann leise.

„Huh?“, kam es darauf von ihm und sah sie fragend an.

„Ich habe mir nur gerade vorgestellt, wie schön dieser Ort wohl bei Sonnenuntergang aussehen würde. Ziemlich albern oder nicht?“, teilte Miceyla ihm ihre Gedanken mit, den Blick dabei in die Ferne gerichtet. „Das ist es ganz und gar nicht!“, widersprach Genesis legte eine kurze Pause ein und fügte dann hinzu: „Wie wäre es denn, wenn ich dir verspreche, genau hier einen fantastischen Sonnenuntergang zu erleben?“

„Das wäre wundervoll…“, gab sie ihm die Antwort und lächelte ihn an. „Wirst du…dann ebenfalls dabei sein?“, fragte sie noch zaghaft. Vor Freude pochte sein Herz und er trat näher zu ihr heran. „Aber sicher, dass werde ich!“

Und somit standen sie sich beide nun direkt gegenüber. Miceyla bekam das Gefühl, die Zeit um sie herum würde still stehen. Sie genoss diesen Moment.

Ein lautes Klingeln zerstörte den Moment, ihr Herz blieb fast vor Schreck stehen, bei diesem lauten Geräusch in mitten der friedlichen Stille. Ihr Handy klingelte und es blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als ran zu gehen. „Entschuldige mich mal kurz!“, sagte sie seufzend und entfernte sich ein Stück von Genesis, der sichtlich enttäuscht aussah.

'Na warte! Egal wer das ist, für diesen Momentkiller ist derjenige mir was schuldig!' , dachte sie.

„Halli, hallo! Hier spricht ihr persönlicher Berater für private Angelegenheiten und Beziehungsproblemen. Bei Fragen bitte immer direkt an mich wenden!“, sprach eine lässige Stimme, als Miceyla an ihr Handy ging. Sie rollte mit den Augen.

„Was willst du denn Reno?“, fragte sie, wobei sie seinen Namen nur ganz leise sprach, damit Genesis ihn nicht hören konnte.

„Na, du hast doch neulich gesagt, dass du mal vorbeischauen willst. Jetzt wäre da genau der passende Zeitpunkt. Rufus hat nichts zu tun, hängt eh nur vorm Schreibtisch rum, kennst ihn ja! Ein Besuch von dir wäre da doch genau das Richtige, noch Heute!“, sagte Reno gelassen.

„Muss das denn wirklich sein, ginge das nicht auch ein anderes Mal? Mit ‚bald’ meinte ich nicht gleich den nächsten Tag, weißt du…“, sprach sie lustlos.

„A, a, a! Ab morgen hat der Präsident wieder etwas anderes zu tun, an deiner Stelle würde ich diese Chance ausnutzen und…du willst doch nicht deinen Rufus enttäuschen, huh?“, meinte Reno darauf. „Mein Ru…“, konterte sie protestierend und warf einen flüchtigen Blick auf Genesis, der am Rande des Hügels entlang schlenderte. Innerlich musste sie lachen, wie geduldig er doch aussah.

„Widerstand ist wohl zwecklos, was? Na schön, dann bis nachher!“, gab sie schließlich nach. „Yo!“, verabschiedete sich Reno von ihr. Sie steckte ihr Handy ein und musste ein zweites Mal seufzen. Jetzt durfte sie heute auch noch nach Healin marschieren!

Miceyla lief wieder zu Genesis, der ebenfalls auf sie zu kam. „Sieht wohl ganz so danach aus, als gäbe es heute doch noch etwas für mich zu tun!“, sagte sie mit einem schiefen Grinsen.

„Dann werde ich dich nicht davon abhalten. Erledige, was du erledigen musst. Wir sehen uns ja eh bei World Soldier wieder“, sprach er, diesmal wieder etwas kühl und ohne nach zu fragen, von wem der Anruf stammte.

Sie nickte und machte sich langsam wieder auf zu dem Pfad, der sie den Hügel hinabführte.

„Ach Miceyla!“

Noch einmal zu ihm umdrehend, sah sie in seine leuchtend blauen Augen.

„Du kannst jederzeit wieder nach Banora kommen, du bist immer willkommen. Ich bin, wie du wahrscheinlich weißt, auch oft hier“, erinnerte Genesis sie.

„Vielen Dank, Genesis!“ Und zum Abschied winkte sie ihm noch einmal zu.
 

Er lief zurück zu dem Rand des Hügels, um erneut die Landschaft zu betrachten, die Miceyla so sehr gefallen hatte. Lächelnd nahm er sich einen Apfel in die Hand. „Und ich dachte, es gäbe niemanden mehr, der mich auch nur annähernd verstehe…“, sprach Genesis zu sich selbst und schloss die Augen.
 

Die Monster auf dem Weg nach Healin, ignorierte Miceyla weitestgehend, damit sie schneller voran kam. Günstig wäre es gewesen, Cloud anzurufen, ob er sie mit Fenrir hätte fahren können. „Vielleicht sollte ich mir auch mal ein Motorrad anschaffen!“, sagte sie sich lachend. Der Direktor müsste mal von den vielen Monstern erfahren, damit Soldaten auf Monster-Eliminierungsmissionen geschickt werden konnten. Eine hatte Miceyla ja schon erfolgreich bewältigt, dachte sie sich, nämlich auf den Weg nach Banora.

Endlich in dem kleinen Kurier-Ort Healin angekommen, der in einer felsigen Umgebung lag, klingelte schon wieder ihr Handy.

„Reno, was verschafft mir die Ehre deines erneuten Anrufes? Kannst es wohl gar nicht abwarten, bis ich endlich da bin, huh?“, fragte sie, als sie seine Nummer erkannte.

„Äh…weißt du, ich muss dir was gestehen. Rufus hat jetzt doch noch etwas, scheinbar wichtiges gefunden. Das heißt dann, dass du erst…“, sagte Reno, aber kein bisschen schuldbewusst. Miceyla lies sich auf die Knie fallen und schrie in ihr Handy hinein.

„Aaahhhhh! Reeeeeno! Wegen dir lauf ich mir hier die Füße wund!“

„Ich hab jetzt wohl echt etwas gut bei dir, was? Aber übermorgen kannste dann wirklich vorbei kommen, wenn nicht darfst du mich zur Strafe einmal quer durch ganz Gaia jagen!“, meinte Reno belustigt. Beide mussten anfangen zu lachen.

„Ist wohl sinnlos mich hier aufzuregen, oder? Also gut, dann hoffentlich bis übermorgen. Und Reno, dass mit der Strafe merk ich mir! Das kannst du mir aber glauben!“, sagte Miceyla nun. „Yo!“, kam es wieder von Reno zum Abschied, als ihm da noch etwas einfiel.

„Ach, du kann’s dich ja jetzt wieder dem widmen, wovon ich dich vorhin losgerissen hab, was immer das auch war!“

Na dazu ist es wohl allemal zu spät, dachte sie verbittert. „Ja, ja, mach ich!“, meinte Miceyla nur und legte auf.

Es dämmerte schon und sie überlegte, ob sie für die Nacht nach Hause gehen, oder die nächsten Tage bei World Soldier verbringen sollte. Sie entschied sich für letzteres, das war der kürzere Weg, denn ihre Beine, taten ihr von dem vielen Wandern an diesem Tag, ziemlich weh. Insgeheim hoffte Miceyla, dass sie nicht bereits in den nächsten zwei Tagen, für das Training eingeteilt war.

Ayko und Zalona

Es war ein wunderschöner Tag, die Sonne schien wärmend vom Himmel herab.

Über eine große Wiese lief ein Mädchen, mit langen hellbraunen Haaren und pflückte Blumen. Sie trug einen mittelangen, dunkelroten Rock und ein gelbes Oberteil.

Leise vor sich hin summend, streifte sie durch das hohe Gras. In ihrer Nähe graste ein Chocobo, das Mädchen lief zu ihm hinüber und zeigte ihre Blumen.

„Sind sie nicht wunderschön?“, fragte sie. Zur Antwort schmiegte der Chocobo sanft seinen Kopf an dem des Mädchens. Lächelnd streichelte sie ihn.

Sie strich die Haare weg, die der Wind ihr in das Gesicht geblasen hatte und sah sich dabei um. Das Mädchen meinte schnelle Schritte von weitem kommen zu hören.

Da rief eine Stimme: „Zalona!“ Ein Junge kam aus der Ferne, schnell über die Wiese auf sie zu gerannt. Sie lies ihre Blumen fallen, als sie ihn erkannte.

„Ayko, du bist wieder da!“, sprach sie laut und lief ihm entgegen.

„Ich habe dir doch versprochen, dass ich dich immer beschützen werde, was auch passieren mag!“ Und mit Aykos Worten, fielen sich die beiden in die Arme. Zalona sah ihn über- glücklich an. „Irgendwann habe ich das Geld zusammen, dass weiß ich!“, sagte er fest entschlossen. Sie ließ daraufhin von ihm ab und senkte traurig den Kopf.

Ayko sah in ihren trüben, braunen Augen nicht viel mehr, als die pure Hoffnungslosigkeit und er fing selbst an zu zweifeln.

„Du brauchst nicht immer nur an mich zu denken, was ist denn mit dir? Ich dachte du hättest auch Träume… ein Held zu werden. Das war es doch, wovon du seit jeher geträumt hast“, erinnerte Zalona ihn, nach einer kurzen Weile des Schweigens.

„Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt könnte…ob ich überhaupt dazu bestimmt bin einer zu werden. Weißt du…Zalona…ich fühle mich oft so schwach und von allen nicht ernst genommen“, stammelte Ayko und blickte dabei zu einem Punkt in der Ferne, den sie nicht sehen konnte. „Das ist doch alles nicht wahr, Ayko! Du hast mir mehr als nur einmal bewiesen, dass du nicht schwach bist. Ich werde immer an dich glauben…“, sprach Zalona und klang dabei sehr erwachsen.
 

Plötzlich sackte Zalona unter starken Schmerzen zusammen und fiel zu Boden.

„Zalona! Bitte nicht!“, schrie Ayko. Da wurde auf einmal alles um ihn herum schwarz, die friedvolle Umgebung verschwand, eine finstere Leere war das einzige, was ihn noch umhüllte. Diese Leere sog Zalona mehr und mehr in sich hinein und damit von sich weg.

Er wollte rennen und sie festhalten, schaffte es aber nicht sie zu erreichen.

In einem Augenblick sah er, wie sich ihre Brust ein letztes Mal hob und sank, dann lag sie leblos da. „Neeeiiiin…Zalona…“, wimmerte Ayko.

Als wäre ein Unglück zu wenig, kamen jetzt auch noch Monster von allen Seiten der Dunkelheit herangestürmt, die sich über den toten Körper von Zalona hermachten.

Nicht einmal das schaffte er, ihren Körper vor den gierigen Monstern zu schützen

Zu all diesem Elend, hörte er nun verspottende Stimmen um ihn herum.

„Siehst du! Zu nichts zu gebrauchen bist du!“

„Ha! Du wirst es niemals zu etwas bringen!“

„Geh wieder nach Hause zu deiner Mamie, falls auch die dich überhaupt noch will!“

Unter dem Einfluss dieser grausigen Stimmen, die nun in einem schallenden Gelächter ausbrachen, hielt Ayko sich verzweifelt den Kopf. „Hört auf damit! Geht weg!“, schrie er und fühlte sich in die Enge getrieben. Letztendlich musste er auch noch mit ansehen, wie die Monster mit ihren Krallen und Zähnen, große Stücke aus Zalonas Körper entrissen, sodass das Blut nur so spritzte.

Diesen Anblick ertrug Ayko nicht länger, er wollte fliehen, nur wohin?

Er war für immer verloren…
 

„Neeeeeiiiiiiiin!“ Ayko schlug die Augen auf und sah panisch umher. Er war in seinem Zimmer bei World Soldier. Immer noch zitternd, fühlte er auf sein rasendes Herz in seiner Brust, wieder einmal hatte er einen seiner so gefürchteten Albträume gehabt.

Ayko stieg aus seinem Bett und schleppte sich mit wackligen Beinen zum Fenster, dort sah er, mit auf der Fensterbank aufgestützten Händen, hinaus.

„Zalona…bitte, du darfst mich nicht verlassen!“, sagte er leise und Tränen rollten dabei über seine Wangen. Mit einer Hand nahm er sich den Anhänger von seiner Kette, die er um den Hals trug und betrachtete ihn kurz. Dann hielt er ihn fest umschlossen und drückte seine Hand, mit Anhänger darin gegen die Stirn, die Augen dabei geschlossen.

Wollte er denn ewig seinen Kummer in sich hineinfressen?

War es nicht an der Zeit, sich endlich mal jemanden anzuvertrauen?

Ayko hoffte, betete, dass er solch eine Person in naher Zukunft findet, denn sonst würde er sich sicherlich bald selbst aufgeben.

In Healin, alte Erinnerungen an Shinra

In Strömen fing es gerade an zu regnen, als Miceyla zwei Tage später, ein weiteres Mal in Healin ankam. „So ein Mist! Bei diesem Wetter hier wird man doch verrückt! Ich wette Rufus plant schon den Umzug“, sagte sie belustigt über diesen Gedanken.

Nun rannte Miceyla weiter und kam völlig durchnässt, am Haus von Rufus und den Turks an.

Sie klingelte, aber es machte vorerst niemand auf und so war sie gezwungen, weiterhin im Regen stehen zu bleiben. Ungeduldig wippte sie auf den Füßen hin und her.

'Kommt, jetzt macht schon auf!' , dachte sie sich genervt.

Endlich, nach einer halben Ewigkeit, so kam es ihr vor, ging die Tür auf und Reno lugte hervor. Er sah sie mit ernster Miene an. „Tut mir leid, aber Ihr persönlicher Beratungsdienst hat heute geschlossen! Kommen Sie ein anderes Mal wieder!“ Reno machte Anstalten die Tür wieder zu schließen, doch Miceyla drückte sich von außen dagegen. „Sehr witzig Reno! Jetzt lass mich schon rein!“, sprach sie und hatte wirklich im Moment keinen Nerv für seine Scherze, da sie unbedingt ins Trockene wollte.

Reno fing laut an zu lachen und winkte sie herein. „Na komm schon rein, du nasser Waschlappen! Has’ wohl 'ne ordentliche Dusche abbekommen, huh?“, meinte er mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Schmunzelnd trat sie ein und schüttelte sich kräftig, direkt neben ihm und sagte dabei: „Nun, ich wette du hast bestimmt auch mal wieder eine verdient!“

„Hey! Was soll denn das!“, kam es von Reno und verzog dabei angewidert das Gesicht.

„Ja, ja, bestraf mich ruhig dafür, dass ich dich so oft hab warten lassen! Und sorry, der Regen war so laut, da hat echt nich’ einer von uns das Klingeln gehört!“

„Die Ausrede kannst du dir sparen mein Lieber!“, sagte Miceyla und sah amüsiert in Renos verzerrtes Gesicht.

Er seufzte. „Los, ich bring dich zum Präsident!“ Und mit zusammengekniffenen Augen fügte er noch hinzu: „Dann werd’ ich mir erst mal 'n Handtuch besorgen!“

Reno führte sie die Treppe hinauf und zeigte mit einer Kopfbewegung zu der Tür am Ende des Flures, die einen Spalt weit offen stand.

„Gut, ich lass euch beide mal in Ruhe quatschen. Will ja nicht stören bei eurem Date!“, sagte Reno neckend und zwinkerte dabei mit dem Auge. Pfeifend verschwand er in einem Badezimmer.

Miceylas Mund war zum Protest weit geöffnet und sie ballte ihre Hände zu Fäusten zusammen. Sie besann sich dann doch eines Besseren und blieb ruhig nach Renos Bemerkung und lief langsam, aber bestimmt, auf die Tür von Rufus’ Zimmer zu.

Zwar stand sie leicht offen, dennoch hob sie die Hand für ein Klopfen, doch von innen erklang schon die ihr vertraute Stimme von Rufus.

„Miceyla, komm nur herein, ich habe schon auf dich gewartet!“

Mit zwei Fingern öffnete sie die Tür nun komplett und erblickte Rufus, wie er an seinem Schreibtisch, über einen skizzierten Bauplan gebeugt saß.

„Tag Rufus!“, begrüßte sie ihn in einem Ton, als ob sie sich schon Ewigkeiten kennen würden. „Du kommst nun also auch, um mit mir über die immer zahlreicher werdenden Probleme der Bevölkerung zu sprechen. Ist doch so?“, sagte er nüchtern und sah dabei nicht zu ihr auf. Einen Moment dachte sie nach, ob sie den ehemaligen Präsidenten des Shinra-Konzerns, siezen oder duzen sollte.

„Warum denn ‚auch’, sind etwa schon Leute hier gewesen?“, fragte sie und betrat sein verhältnisgemäß kleines Arbeitszimmer. Rufus lehnte sich jetzt in seinem Schreibtischsessel zurück und verschränkte die Arme ineinander. Nicht anders als Miceyla es erwartet hatte, zeigte er ihr seinen typischen Gesichtsausdruck, aus dem man nicht schlau wurde, in welcher gefühlsmäßigen Phase er sich gerade befand.

„Ein paar Passanten, die sich darüber beschwerten, die Energiereserven zum Antrieb ihrer Fahrzeuge, seien dem Ende zugeneigt. Nichts, womit wir nicht fertig werden“, antwortete er gelassen.

„Ich sehe…“, kommentierte sie das nur ruhig und schlenderte etwas in dem Zimmer umher.

„Und wie es aussieht, hast du dich nun wohl auch World Soldier angeschlossen…Mmm, wundert mich nicht“, meinte Rufus mit einem kühlen Lächeln, sein Blick ruhte dabei auf ihrem Gürtel mit dem World Soldier-Symbol darauf.

„Jeep, dass hab ich!“, sagte Miceyla, viel Selbstvertrauen lag in ihrer Stimme und sie stand kerzengerade da. „Selbstverständlich will auch ich mich erkenntlich zeigen, daran zu arbeiten, dass der Mensch in Zukunft im Einklang mit dem Planeten leben kann. Das liegt mir sehr am Herzen, weißt du, Rufus“. Nun wurde sie wieder etwas leiser und sah ihn intensiv an. „Und ich glaube bei World Soldier, kann ich darauf hinarbeiten, dieses Ziel zu verwirklichen. Vorausgesetzt, dort entwickelt sich weiterhin alles positiv“, sprach sie weiter.

„Mmm…“, war das einzige, was darauf von ihm kam. Rufus sah Miceyla in Gedanken versunken an, er schien durch sie hindurch zu blicken. Sie war für ihn wie ein verschlossenes Buch, er kannte nicht ihre Vergangenheit, die Geschehnisse, die Miceyla zu diesem Weg den sie eingeschlagen hat, getrieben hatten. Er wusste nicht, woher diese willenstarke und hilfsbereite Ader herkam, die für einen starken Zusammenhalt in einer Gruppe sorgte.

Ebenso, was sie mit dem Erreichen ihrer Ziele bezweckte, was Miceyla für sich selbst davon erhoffte. Aber gerade diese Aspekte waren es, die sie für ihn so unbeschreiblich interessant machten. Und eins wusste Rufus jedoch gewiss, sie war sehr klug. Gäbe es irgendwelche Machenschaften zwischen ihm und World Soldier, früher oder später, dies war nicht von Belang, kam sie sowieso dahinter.

Er stand nun auf und lief um den Tisch herum.

„Wir brauchen keine Geheimnisse voreinander zu haben, Miceyla“, sprach Rufus, setzte eine kurze Pause ein, während er auf einer kleinen Fernbedienung herumtippte und fuhr dann fort. „World Soldier hat sicherlich gute Chancen, eine neue starke Hand zu werden. Mit ihr im Rücken, macht sie vielleicht den Menschen neuen Mut, in ihre Zukunft zu blicken. Jedoch müssen dafür gewisse Voraussetzungen erfüllt werden, nicht zuletzt eine gewissenhafte Führung, welche die Struktur bei World Soldier festlegt“.

So wie Rufus zu Ende gesprochen hatte, warf ein Beamer, ein dreidimensionales Bild auf die Wand hinter Miceyla. Sie sah es an, ein großes, kuppelartiges Gebäude, das in direkter Verbindung mit einem etwas kleineren Gebäude stand. Mitten auf dem größeren, stand auf einem wappenartigen Gebilde, ein W und ein S geschrieben. Einen kurzen Moment brauchte sie, um zu erkennen, dass es sich hierbei um das Gebäude von World Soldier handelte. Dabei fiel ihr auf, dass es einen gewissen Hauch vom alten Shinra-Gebäude hatte.

„Das ist ja World Soldier!“, meinte sie nun, im Hintergrund lauschte Miceyla den Regentropfen, wie sie gegen die Fensterscheibe prasselten.

Rufus nickte, lehnte sich an der Vorderseite seines Schreibtisches an und betrachtete ebenfalls das 3D-Bild. „So soll es einmal aussehen, wenn es fertig erbaut ist. Die Leute, die mit den Bauarbeiten begonnen haben, wussten nicht genau wie sie dies anstellen sollten. Da haben sie sich mit mir in Verbindung gesetzt und ich ließ ihnen einige Vorschläge zu kommen“; erklärte er ihr“.

„Und das ist also dabei herausgekommen!“ Miceyla staunte nicht schlecht, über das Resultat. Wieder tippte Rufus auf der Fernbedienung und das Bild verschwand.

„Tseng ist gemeinsam mit Rud los, um neue Materialien zu beschaffen“, sagte er etwas nachdenklich.

'Aha! Elena geht mal nicht zusammen mit Tseng!', dachte sie. Normalerweise waren es Tseng und Elena, die gemeinsam auf Mission geschickt wurden, ebenso wie Rud und Reno Partner waren. Tseng war der Chef der Turks. Innerlich musste Miceyla kichern, dass der eigentliche Grund, warum Elena bei den Turks geblieben war, Tseng gewesen ist. Doch der ahnte immer noch nichts von ihren Gefühlen für ihn.

„Ich wollte mich von World Soldier raushalten, aber es gilt einiges wieder gut zu machen, dass habe ich mir geschworen!“, setzte Rufus das Gespräch fort und ging dabei zum Fenster, wo er in den trüben Regen blickte.

Miceyla lächelte, er hatte sich wirklich geändert, dass blieb ihr nicht verborgen.
 

Vor eine paar Jahren, als sein Vater noch der Präsident des Shinra-Konzerns war, ist Rufus eine unglaublich kaltherzige Persönlichkeit gewesen. Jemand der die Menschen mit Gewalt dazu zwingen wollte, Shinra zu folgen. Seine Pläne waren noch grausiger, als die von seinem Vater das eh schon waren. Der Shinra-Konzern zog mit seinen vielen Mako-Reaktoren den Lebensstrom, der die ruhenden Seelen beinhaltete und den gesamten Planeten durchfloss, heraus und wandelte ihn in die damals so sehr befürwortete Mako-Energie um. Dies führte jedoch mehr und mehr, zu der Zerstörung des Planeten. Shinra bekam diese Folgen zu spüren und musste, mit dem auf ihm lastenden Sünden leben. Rufus selbst verspürte die Schmerzen am eigenen Leib, auch durch die Krankheit Geostigma, von der er nicht verschont blieb.
 

Mittlerweile aber, so fand Miceyla, war er zu einem richtig sympathischen Kerl in dessen Zwanzigern geworden. Zwar tat er nach außen hin immer sehr emotionslos, doch im Innern, dass wusste sie ganz bestimmt, hatte auch Rufus seine Ängste.

„Und ich werde so manches dafür tun…doch…gäbe es da nicht einen Cloud und seine

Verbündeten, die immer wieder dafür sorgen werden, dass ich mich von allem raushalte. Das ist doch so?“, sprach Rufus weiter und lächelte sie an. Er wusste sehr wohl, dass Miceyla selbst verdammt gut mit Cloud und deren Freunde, von AVALANCHE, befreundet war. Dennoch legte sie am meisten Vertrauen in ihn.

Sie begab sich neben Rufus zum Fenster, gab sich einen Ruck und legte ihre Hand auf seine Schulter. „Gemeinsam können wir alles schaffen, es gibt immer einen Weg!“, sagte sie, wobei viel Zuversicht in ihrer Stimme lag.

Leicht verwundert sah er sie an, dann sprach Rufus: „Der Weg ist das Ziel. Wenn das Ziel fern ist, ist der Weg lang“.

Etwas verwirrt kratzte Miceyla ihren Kopf, diese Orakelsprache war normalerweise Arjens Part, dennoch verstand sie.

„Mir kommen die ersten Zweifel, besonders was die Forschung von World Soldier angeht, weißt du. Geht dort wirklich alles mit rechten Dingen zu? Du bist der ganzen Sache am nächsten, ich dachte, du könntest sicher einiges in Erfahrung bringen“, meinte Rufus.

„Also spionieren, huh? Mich interessieren die Dinge ja genauso. Gut, ich klemm mich mal dahinter!“, kam ihre Antwort auf seine Bitte.

„Schön, ich gehe jetzt mal wieder und…das wird schon alles!“, sagte Miceyla zu ihm und lächelte, denn sie fand, dass es langsam Zeit wurde sich zu verabschieden.

Nickend bestätigte er das was sie sagte und blieb weiterhin beim Fenster stehen. Dabei fragte sie sich, ob Rufus so offen auch mit den Turks sprechen konnte.

Sie verließ sein Zimmer, lief die Treppe wieder hinunter und ging nun zur Haustür. Als Miceyla sie öffnete, sah sie, dass der Regen nachgelassen hatte, worüber sie ziemlich froh war. Da kam auf einmal hinter ihr Reno dahergelaufen.

„Was denn? Du willst uns schon wieder verlassen? So ein Jammer aber auch!“, meinte Reno.

„Ich habe lange genug ‚gequatscht’. Und sei unbesorgt, dass ist garantiert nicht das letzte Mal gewesen, dass ich bei euch war“, sagte sie grinsend, dass er sie gerne weiter hier behalten hätte. „Na also gut. Auf ein baldiges Wiedersehen! ...Ach warte! Pass ja auf, dass du dich nicht auch noch in Luft auflöst! Hörst du?“, rief er noch.

Miceyla, die sich schon ein paar Meter vom Haus entfernt hatte, blieb jetzt stehen. Mit den Händen auf die Hüfte gestemmt sah sie ihn an. „In Luft auflösen? Warum sollte ich das tun?“

Elena, die sie von drinnen gehört haben musste, gesellte sich zu ihnen. „Vor einigen Tagen, wir waren gerade in Nibelheim um manche der Vorräte wieder aufzufrischen, da haben uns drei der Bewohner aus dem kleinen Dorf, zu einem verlassenen Schuppen geführt, in dem die Sachen gelagert wurden“, berichtete Elena.

„Einer dieser Typen war voll unfreundlich, dass sag ich dir! Hat einfach mal so gemeint, ich wüsste ja gar nicht, wie man mit dem Zeug umgeht!“, kommentierte Reno wichtigtuerisch.

„Sei doch nur einmal still Reno! Ich will Miceyla erzählen, was sich dort zugetragen hat!“,beharrte Elena wütend über Renos große Klappe.

Miceyla war zu den beiden zurückgekehrt und lauschte gespannt, was Elena ihr zu sagen hatte.

„Also…wir nahmen uns schon einmal welche der Utensilien und liefen zum Helikopter, um sie darin zu verstauen. Die zwei Männer und eine Frau, die uns halfen, blieben im Schuppen zurück, um weitere Kisten auszupacken. Ein Stück weit waren wir schon entfernt, da hörten wir plötzlich grässliche Geräusche aus dem Inneren des Schuppens. Hastig legten wir die Sachen ab und rannten zurück, damit wir erfuhren was passiert war. Und…na ja, viel war da nicht zu sehen…denn sie waren verschwunden“.

„Sag’s ja, sie haben sich einfach in Luft aufgelöst!“, meinte Reno verächtlich.

„Das einzige, was Reno und ich spürten, war ein leichter, doch irgendwie an einem zerrender Luftzug. Keinen blassen Schimmer, worum es sich dabei handeln könnte, sind wir beide geflohen“, sprach sie zu Ende.

„Ich weiß schon, eigentlich ist das nicht die Turks-Art einfach abzuhauen, aber das war bestimmt besser, als uns den drei anzuschließen!“, kommentierte Reno, ausnahmsweise mal etwas ernster ihre Worte.

Elena konnte dem nur zustimmen und wendete sich wieder Miceyla zu. „Weißt du vielleicht was darüber, welches Ereignis sich im Schuppen abgespielt hat?“, fragte sie sichtlich besorgt.

'Davon hatte mir Rufus ja gar nichts erzählt!' Miceyla trat zwei kleine, wacklige Schritte zurück. In ihrem Kopf erschienen wieder die Bilder ihres schrecklichen Traumes, diese Kreaturen, wie sie ihr das Bewusstsein raubten, dieses Gefühl vollkommen wehrlos zu sein.

'Nein…Neeeiiin! Das darf es einfach nicht sein! Es muss eine andere Erklärung dafür geben!' , dachte sie und sah mit weit geöffneten Augen zu Boden. Und sie bemerkte, wie sie langsam zu zittern begann. Feste biss Miceyla auf die Lippe, sie wollte sich vor den zwei nichts anmerken lassen und verscheuchte die Erinnerungen an den Albtraum.

Auf Miceylas Antwort wartend, blickte Elena etwas verunsichert um sich, als meinte sie von überall fremde Geräusche zu hören.

„Nein…noch nicht!“, sagte Miceyla und versuchte nicht allzu leise zu sprechen.

„Oho! Sieht wohl ganz danach aus, als ob sich unsere Wege in Zukunft was öfters kreuzen würden!“, meinte Reno, worüber er sich anscheinend freute.

Miceyla war bemüht den beiden ein Lächeln zum Abschied zu schenken und lief langsam den Weg, der von ihrem Haus wegführte, entlang. Als sie hinter ihr, die Tür in das Schloss fallen hörte, blieb sie stehen. In ihrem Herzen vernahm sie eine dunkle Bedrohung, aber da war auch noch etwas anderes. Zwei total gegenwärtige Gefühle rangen miteinander.

Was hatte dies nur zu bedeuten?

Eine düstere Vorahnung?

Unendlich, so schien es, erstreckte sich die Wüste am Horizont.

Zwei Männer liefen durch diese trostlose, karge Landschaft, mit der unerträglichen Sonne die auf ihren Köpfen brannte, schleppten sie sich voran. Einer, der Jüngere von beiden, der etwas zurückgefallen war, sackte zu Boden und keuchte vor Erschöpfung. „He! Sag schon, wie lange müssen wir denn noch weiter laufen? Ich bin am Ende! Mein Mund sehnt sich nach Wasser!“, jammerte er und hielt dabei bettelnd seine Hand zu dem vorderen Mann ausgestreckt.

„Schnauze! Ich will kein Wort des Klagens hören, kapiert? Noch ein kleines Stück durchhalten und wir haben die ehemalige Mithril-Mine erreicht!“, sprach der Ältere grummelig.

„Und was wollten wir noch mal da?“, fragte der Jüngere, der immer noch am Boden hockte. Auf diese Frage hin, schlug sich der andere gegen die Stirn. „Du Volltrottel! Deiner Vergesslichkeit ist auch wirklich nicht mehr zu helfen! Wir besorgen uns die ‚Makonite’, die in dieser ollen Mine versteckt sind! Alles klar soweit?“, erinnerte er mit einer lauten, aufge- brausten Stimme. Das klang für den Jüngeren einleuchtend.

„Ah, genau die Makonite! Und…äh…wozu brauchen wir die…“.

Der Ältere kochte jetzt vor Wut und ihm platzte der Geduldsfaden. „Aaaarg! Keine weiteren Fragen! Komm endlich weiter! Wenn wir erstmal unsere Makonite haben, bekommst du schon deine Antworten! ...Und du willst doch nicht, dass dich hier der riesige Kondor schnappt und dich an seinen Nachwuchs verfüttert?“

Bei diesen Worten zuckte er zusammen und stand hastig auf. Schnell eilte er hinter dem anderen her. „Nein, dass will ich bestimmt nicht! Warte Boss!“, rief der Kleinere verängstigt.

Während die beiden nun weiter voran schritten, sang der Jüngere lauthals in die Ödnis hinein.

„Jo, ho, ein Dieb zu sein macht mich so froh! Heut ich geh rauben un’ raufen, morgen dafür ich geh saufen! Jo, ho, ein Dieb zu sein macht mich so froh!“

Nach einer Weile, erreichten die zwei die stillgelegte Mine. Vor ihnen tat sich der gewaltige, pechschwarze Eingang, der wie ein gefräßiges Maul aussah auf.

„D-da m-müssen wir rein? G-gibt es keinen anderen Weg?“, fragte der jüngere mit bibbernder Stimme.

„Nichts da! Ab rein, ich will die Makonite bevor uns jemand zuvorkommt, beispielsweise World Soldier!“, brummte der Größere von beiden drängend.

Kurz dachte der Jüngere nach, ja, von World Soldier wusste auch er, dieser neu geschaffene Konzern, der sich angeblich für das Wohl des Planeten einsetzen wolle. Die Neuigkeit um World Soldier verbreitete sich schnell auf ganz Gaia, sodass selbst er davon erfahren hatte, jemand der eigentlich der Weltenentwicklung und Hierarchien jeglicher Art, mit großem Desinteresse gegenüberstand.

„Hier ist doch aber weit und breit keine Menschenseele zu sehen!“, beharrte er und sein Blick streifte dabei über die trockene Wüstenlandschaft.

„Dein größter Feind lauert in der Ungewissheit!“, konterte der Ältere mit zusammengekniffenen Augen. „Jetzt haben wir aber genug Zeit vertrödelt! Los, rein!“, schimpfte er und schubste seinen kleinen Untergebenen, ein Stück weit in den dunklen Eingang der Mine.

„A-aber Boss! D-da drin ist es so furchtbar d-duster!“, stotterte der Jüngere und seine Zähne fingen an zu klappern.

Daraufhin fing der andere an zu lachen und holte etwas aus seiner Reisetasche hervor. „Ha,ha,ha! Hier bevor du dir noch vor Angst in die Hose machst, nimm diese Fackel!“ Mit einem Streichholz zündete er sie an und drückte sie, dem noch immer mit den Zähnen klappernden Untergebenen in die Hand. „So und nun machst du dir ein Bild von der Mine und untersuchst die Lage da drin. Und halte Ausschau nach Schatzkisten, in denen möglicherweise die Makonite versteckt sein könnte! Ich warte hier, bis du die Situation abgecheckt hast“, erteilte er seinen Befehl mit einer tiefen und ernsten Tonlage.

Das war ja mal wider typisch! Er sollte die Drecksarbeit erledigen, während sein Boss Däumchen drehte!

Mit der Meinung, dass Protest wahrscheinlich sinnlos gewesen wäre, marschierte er langsam hinein. Unwissend, was ihn dort drinnen erwarten würde, folgte er dem Licht, das die Fackel in die Dunkelheit warf.
 

Draußen wartete er nun schon eine geschätzte halbe Stunde und fand, dass der Kleine einen Deut zu lange, mit der Erkundung der Mine brauchte. Er setzte sich in den Schatten des Höhleneinganges und ließ das Wasser aus seiner Flasche, über seinen verschwitzten Kopf laufen. Plötzlich rutschte ihm die Wasserflasche vor Schreck aus der Hand, als er quälende Hilferufe aus dem Mineninneren hörte. Leise fluchend rappelte er sich wieder auf. Ihm blieb nun wohl nichts anderes übrig, als selbst in die Mine zu gehen.

„Diesen Volltrottel hat bestimmte eine Fledermaus erschreckt!“, sprach er zornig zu sich, dass auf diesen Kerl einfach kein Verlass war und eilte in das Innere.

Die Mine verzweigte sich in vier verschiedene Richtungen, er wählte den mittleren Gang, da von dort aus die Rufe seines Untergebenen, am lautesten zu ihm schallten.

Aber er hörte nicht nur dessen panische Schreie, sondern auch noch andere Geisterhafte Rufe.

Der Weg für den er sich entschieden hatte, endete in einer Sackgasse. Über ihm tropfte Wasser von der Decke herab, dieses wurde in kleinen Pfützen am Minenboden angesammelt.

An den Wänden glitzerten Kristalle in den verschiedensten Farben…'Die Makonite!'

Da sah er den Jüngeren, wie er verzweifelt seine Hand in einer Felsspalte vergrub, um Halt zu suchen. Seine Augen blickten ihm mit einer weißen Leere entgegen und an seinem Hals sickerte aus einer tödlichen Wund Blut.

„Bei Gaia! Wer hat dich denn so hingerichtet?“, fragte er entsetzt. Gerade wollte er ihm zu Hilfe eilen, doch der Jüngere deutete mit einer Handbewegung an, er solle das Weite suchen. Aber es war zu spät. Um ihn herum vernahm er jetzt wieder diese gespenstischen Laute, nun waren sie näher. Hastig warf er seinen Kopf umher, jedoch war dort nichts und niemand…

Einen Wimpernschlag später, sah er dann direkt vor sich eine weißliche, etwas undurchsichtige Gestalt, die um ihn herum schnellte. Dieses Wesen entfachte in ihm eine noch nie zuvor da gewesene Angst und raubte ihm alle Sinne.

War es solch eine Gestalt, die seinem Kamerad diese lebensbedrohliche Verletzung verpasst hatte? Dennoch konnte er bei diesem Biest keinerlei Zähne oder Klauen feststellen, die einen so enorm bluten lassen könnten.

In demselben Moment, wo sich das Wesen wieder in Luft auflöste, sammelte er seine Kräfte und holte eine Pistole aus seiner Jacke hervor, bereit dieses Geisterwesen in sein Verderben zu schicken. Als hätte es darauf nur gewartet, tauchte es wieder auf. Schnell drückte er ab.

Doch er schoss in das Nichts, durch die Gestalt hindurch.

Er ließ die Pistole fallen, all seine Erinnerungen und Gefühle wurden ihm geraubt.

Die Angst, die das Wesen bei ihm auslöste, schien seinen Körper von innen regelrecht aufzufressen und er sah ins Schwarze. Er konnte nicht mehr atmen, denn diese immer stärker werdende Angst, die das Geisterwesen in ihm heraufbeschwor, presste seine Adern zusammen. Blut quoll aus mehreren Stellen seines Körpers hervor.

Das war es also! Dieses unerträgliche Angstgefühl allein war es, das einem solche Wunden einflößte!

Nun spürte er nichts mehr, weder denken noch fühlen konnte er. Langsam löste er sich auf und kam dem Tode näher. Einen allerletzten Blick warf er auf seinen jüngeren Kamerad, mit ihm geschah dasselbe. Kurz darauf war es um ihn geschehen…

Da gab es nur noch eines, wo nach es ihm gelüstet war…selbst zu töten und die Angst anderer zu schmecken!
 

Nun haben sich zu dem ersten Dämon zwei weitere dazu gesellt, auf der Suche nach ihrem nächsten Opfer…

Neue Erfahrungen

Eine Woche war vergangen, seit dem Miceyla in Healin gewesen war. Gestern erreichte sie die Nachricht, heute würde ihr erstes Training beginnen. Sie fühlte sich fit, sowohl körperlich, als auch geistig. Ihr Kopf war wieder frei, frei für neues.

Der virtuelle Trainingsraum funktionierte immer noch genauso, wie er das schon immer getan hatte. Man wurde in eine Kampfsimulation geschickt, um gegen virtuelle Monster anzutreten, sich mit seinen Kameraden zu messen, aber auch um bestens auf Missionseinsätze vorbereitet zu sein.

Der Forscher, der ihr neulich das Aufpuschmittel gegeben hatte, überwachte heute Miceyla’s Training. Schritt für Schritt erklärte er den Ablauf und was es alles zu beachten galt.

Es kam Miceyla vor, der Kerl würde ihr da gerade sein komplettes Studium berichten, dabei wusste sie selbst schon über das Nötigste Bescheid.

Kein Wunder, dass sich so manch einer vor dem Training und den allgemeinen Untersuchungen drückte, wenn einem vorher eine solch komplizierte Wissenschaft aufgebunden wurde. Dies war für einige zu viel, Miceyla jedoch konnte damit gut umgehen und verstand schnell. Doch so langsam war es genug des Guten, sie konnte nicht mehr auf einer Stelle still stehen und zuhören. Ungeduldig fing sie an mit ihrem Schwert in der Luft herum zu fuchteln, wobei sich der Forscher einen beachtlichen Schritt von ihr entfernte.

Nun sprach sie für ihn zu Ende, als sie meinte, jetzt selbst die gesamte Forschungsabteilung von World Soldier übernehmen zu können.

„…Und sollte es zu gefährlich werden und ich dem Tode zu nahe kommen, breche ich die Simulation sofort ab, in dem ich die Zahlenkombination in meinem Handy eingebe, die in Ihrer Vorlesung bestimmt um die zwanzig mal vorgekommen ist!“ Gelangweilt zog sie dabei jedes Wort in die Länge.

„Na gut, ich sehe du hast versanden. Wir fangen natürlich erst einmal mit leichten Monstern an, damit du dich an deine neue Umgebung und das Kämpfen innerhalb des virtuellen Trainings gewöhnst!“, sagte der Forscher dann.

„Gut! Lass uns loslegen!“, meinte Miceyla voller Tatendrang und machte eine schwungvolle Armbewegung.

„Nicht so schnell! Hast du auch dein Aufpuschmittel vorher genommen? Wenn nicht, hier! Trink noch mal eines, damit ich vergewissert bin, dich gut vorbereitet in den Kampf zu schicken!“ Seufzend nahm sie das Fläschchen und trank es ohne Widerworte aus, um endlich mit dem Training anfangen zu können.

Sie begab sich in den Trainingsraum, hinter ihr ging das Tor in einem dumpfen Geräusch zu. Miceyla und der Forscher trennte jetzt eine große Glasscheibe, durch diese sah sie, wie er einen Touchscreencomputer kurz berührte. Im gleichen Moment löste sich alles um sie herum auf, genauso wie es bei ihrem Eignungskampf gegen Genesis geschah.

Dies gab ihrem Körper das Gefühl weg zu schwimmen.

Es fing an zu rauschen, erst ein bisschen, dann immer mehr und als das Rauschen schließlich endete, hellte die Umgebung sich wieder auf. Ein sanfter Wind blies ihr in das Gesicht. Mit einem kräftigen Atemzug nahm sie die frische Luft auf und fing an ihr Umfeld zu prüfen. Ziemlich viel Wald und einige Wiesen dazwischen umgaben Miceyla. Das hohe Gras dämpfte ihre Schritte ab, während sie langsam hindurch strich und überlegte welchem Ort dieser hier nahe kommen würde. Ihre Lippen formten sich zu einem Lächeln, als sie ihn erkannte. „Ja, das ist Gongaga, Zack’s Heimat ist dies gewesen!“, sprach sie erfreut.

Sie begann durch die grüne Landschaft zu traben, erst durch ein kleines Wäldchen hindurch, dann wieder hinaus einen kleinen, mit Büschen übersäten Hügel hinunter. Dabei wurden ihre Beine immer schneller, sie rannte, als würde Miceyla vor ihrem schlimmsten Feind fliehen. Ihr Herz pulsierte, die Kräfte, die in den Tiefen ihres Körpers schlummerten, warteten nur darauf zum Einsatz zu kommen. Sie genoss es, dieses unendliche Gefühl der Freiheit.

Abrupt stoppte Miceyla und atmete schwer, dann lachte sie. „Moment mal! Hier fehlt doch noch etwas!“, stellte sie fest und stützte sich mit den Hände auf den Oberschenkeln ab, um Erholung nach ihrem Spurt zu finden. Als Antwort erschienen vor ihr drei Monster, zwei Hundeartige Wesen und ein großer Vogel. „Na wer sagt’s denn! Auf euch habe ich nur gewartet!“ Und mit schwingendem Schwert stürzte sie sich auf das Trio.

Keinen Funken Mühe kostete sie der leicht zu gewinnende Kampf und machte sich bereit für den nächsten. Doch sie traf vorerst auf keine Monster mehr und so lief Miceyla weiter.

Zu ihrem rechten Blickwinkel sah sie in einem großen Tal, wie die Dächer mehrerer Häuser empor ragten. Kurz blieb sie stehen und überlegte, ob die Möglichkeit bestünde, Zack’s Eltern einen kleinen Besuch abzustatten. Zwar war dieses Gebiet virtuell, dennoch würde es gehen, sie sehen und mit ihnen sprechen zu können.

'Du bist doch nicht hier um zu plaudern, sondern um zu trainieren!' , ermahnte sich Miceyla und machte ein strenges Gesicht. Sie schritt weiter voran, trotzdem wäre sie gerne einmal zu seinen Eltern gegangen. Dennoch war sie sich im Klaren darüber, dass der Forscher jeden Schritt den sie machte, vom Computer aus begutachtete.
 

Nach einer Weile des Spazierens, hörte sie Geräusche von ihrem linken Bereich aus gesehen.

Kurz darauf erblickte sie einen Jungen mit schwarzen Haaren, der von fünf Monstern umzingelt war. 'Das…das ist Ayko!' Er holte mit seinem Schwert weit aus und erledigte die Monster durch eine Wirbelattacke gleich alle auf einmal. Miceyla schlenderte auf ihn zu.

„Wow! Klasse Kampftaktik, Ayko!“, lobte sie ihn, als auch er sie erkannte.

„Ehrlich? Ähm…Danke!“, antwortete er überrascht über ihr Kompliment und kratzte verlegen mit dem Schwert auf dem Boden. „Du bist also auch hier. Ich kann mich noch gut an mein erstes Training erinnern, bin froh das ich das hinter mir habe…“, sagte Ayko und seine Gedanken schienen woanders zu sein.

Miceyla kam da eine Idee. „Warum absolvieren wir nicht gemeinsam dieses Training? Zusammen macht das gleich viel mehr Spaß und ich denke nicht, dass irgendeiner was dagegen hat!“, sprach sie enthusiastisch.

Ayko’s Augen leuchteten vor Freude. „Oh ja, dass macht es bestimmt! ...Weißt du, ich habe gehört, dass in dieser Gegend Schatzkisten mit nützlichen Dingen darin versteckt sein sollen. Lass uns doch mal einen Blick danach werfen!“ Dabei zwinkerte er ihr zu.

Gemeinsam liefen sie nun durch die Ländlichkeiten und trafen des Öfteren auf Monster, darunter waren auch einige, die einen vergiften konnten. Doch ehe es dazu kam, hatte Miceyla sie schon in das Jenseits befördert, da sie meist etwas schneller als Ayko war, der immer leicht verschreckt schien, sobald wieder neue Monster auftauchten.

Das überraschte sie, dies müsste eigentlich für einen Kommandant der zweiten Klasse Routine sein.

Einmal, als eine riesige, Gift spritzende Blume Miceyla gefährlich nahe kam, wollte Ayko sie vor ihr retten. Aber das war gar nicht nötig, blitzschnell sprang sie über die Blume und stürzte sich mit einem gewaltigen Schwerthieb auf diese herab. Schließlich erledigte sie die Monsterblume mit einem einfachen Eiszauber.

Ayko bewunderte sie schlichtweg für ihr unglaubliches Reaktionsvermögen.

„Wahnsinn! Du kämpfst, als hättest du in deinem bisherigen Leben nie etwas anderes gemacht! World Soldier kann sich wirklich glücklich schätzen, dich in seinen Reihen aufgenommen zu haben!“, sprach er und konnte den Blick einfach nicht von der Stelle abwenden, wo gerade eben noch die Monsterblume gewesen war.

„Ach was! Ich habe einfach nur schon etwas Übung, dass ist alles. Ich wette du könntest das Blumenvieh genauso schnell bezwingen!“, meinte Miceyla, als wäre es das normalste der Welt, für jemanden der noch bei der dritten Klasse war, Kämpfe mit solch einer Leichtigkeit zu gewinnen.

„Das sehe ich aber anders…“, murmelte Ayko mehr zu sich selbst.

Sie sah über die weitläufige Wiese, auf der sie momentan standen hinweg und entdeckte etwas in der Ferne. Freundschaftlich stieß Miceyla ihn an. „He, wer als letzter da vorne bei der Schatzkiste ist, darf gegen das nächste Monster bloß mit seinen Händen und Füßen antreten!“, forderte sie ihn spielerisch heraus und schnellte auch schon davon.

„Hey, warte!“, rief Ayko lachend und rannte ihr hinterher.

Fast hatte er sie erreicht, da meinte er belustigt: „Wart’s ab! Gleich wirst du dir die Fäuste blutig boxen müssen!“

Doch als die zwei sich der Schatztruhe näherten, tauchte wie aus dem Nichts auf einmal direkt vor ihnen, ein monströses, Raubkatzen ähnliches Wesen auf.

„D-das ist Behemoth! Aber nicht irgendein Behemoth, sondern eine vielfach stärkere Variante von ihm!“, stammelte er und packte Miceyla am Arm. „Wir müssen fliehen!“

Sie jedoch legte Ayko beruhigend die Hand auf die Schulter.

„Nur die Ruhe! Wir haben es doch noch nicht einmal ausprobiert“, meinte sie gelassen, in ihren Augen funkelte die Bereitschaft für diese Herausforderung.

Behemoth peitschte wild mit seinem Schwanz hin und her, an dessen Ende lange, messer- scharfe Stacheln waren.

„Bitte höre mir zu! Es war ganz bestimmt ein Fehler, dass sie uns den geschickt haben! Komm weg hier!“, flehte er sie an.

Miceyla machte ein paar Schritte auf das Untier zu. Die Bestie brüllte ihr ohrenbetäubend entgegen, dass war das Zeichen um den Kampf zu beginnen.

„Tu das nicht!“, schrie Ayko noch.

Zuerst attackierte sie Behemoth von hinten, immer darauf achtend, dass der mächtige Schwanz sie nicht erwischte, der ununterbrochen nach ihr schlug. Mit einem starken Blitzzauber brachte Miceyla ihn etwas zum schwanken, sofort nutzte sie diese Gelegenheit, um das Biest eine deftige Verletzung an seiner Flanke zu verpassen.

Schließlich krachte Behemoth seitlich zu Boden, atmete aber noch ruhig.

Sie blickte Ayko an, jede Sorge sei unnötig gewesen.

Einige Sekunden später erstarrte er aber, als Behemoth sich wieder rührte und mit seiner Klaue ausholte, sodass Miceyla unter ihr vergraben lag.

„Miceyla!“, platzte es laut aus ihm heraus und er wollte ihr instinktiv zu Hilfe eilen, in seinem Inneren taten sich Zweifel auf, ob er dazu überhaupt in der Lage wäre.

Die Wucht, mit der Miceyla auf dem Boden aufkam, ließ sie kurz Sterne sehen.

Einen Augenblick später hörte sie eine altbekannte Stimme zu ihr sprechen: „Was ist denn los? Wo sind deine Träume und Ehre, die du sonst so verbittert verteidigst, huh?“

Kurz durchbrauste sie ein warmer Strom und Miceyla konnte wieder klar sehen.

„Das habe ich nicht vergessen und werde es auch niemals! Das schwöre ich dir!“ antwortete sie der Stimme mit einem selbstbewussten Lächeln. Ein kräftiger Ruck allein reichte ihr, um sich aus Behemoth’s Fängen zu befreien. Sie sprang über ihn hinweg in die Luft und sammelte die Kräfte zusammen für einen mächtigen Zauber, der die gesamte Umgebung blau färbte. Ayko’s angespannte Haltung lockerte sich wieder ein wenig und mit beeindruckten Augen beobachte er das Schauspiel, das gerade vor ihm ins rollen kam.

Um Miceyla herum versammelten sich nun vier unterschiedliche Kristalle, die um sie kreisten. Dann waren sie zu einem einzigen vereint und ein Lichtstrahl, heller als die Sonne, schoss auf Behemoth herab…er verschwand.

Sanft schwebte sie zurück zu Boden, Ayko schaffte es zu lächeln und beide sahen zufrieden zueinander. Da verschwand die virtuelle Landschaft von Gongaga und sie befanden sich wieder im Trainingsraum. Miceyla kam es vor, sie würde aus einem abenteuerlichen Traum aufwachen und blickte etwas schläfrig drein.

Bei dem Forscher standen jetzt drei Soldaten, zwei der dritten Klasse, einer der zweiten und sofort waren sie um Miceyla versammelt.

„Ist dir eigentlich bewusst, was du da gerade für ein Monster besiegt hast?“, fragte der Zweite und hatte die Augen dabei so weit aufgerissen, dass sie meinte, sie würden gleich raus springen. „Nun ja, ich…“. Kurz sah sie zu Ayko, der amüsiert die Lippen kräuselte, dass Miceyla anscheinend gar nicht erahnte, welchen starken Gegner sie bezwungen hatte.

Die drei Soldaten tuschelten nun aufgeregt miteinander, Ayko stand nur schweigsam daneben und warf ihr einen freundlichen Blick zu.

Daraufhin wendete sich der Forscher an sie: „Ach Miceyla! Es tut mir ja so furchtbar leid, dass Kontrollsystem ist durcheinander geraten. Ganz bestimmt nicht, war es Absicht dir gleich am Anfang die stärkste Form von Behemoth, den Hunbaba zu schicken! ...Die Daten, die aus diesem Kampf entstanden sind… sind jedoch einfach nur Fantabulöß! Du solltest unverzüglich die Versorgungskapseln aufsuchen, um dir eine…ne, gleich ein ‚paar’ Potions zu besorgen. Zur Kurierung deiner Wunden. Für heute wärst du dann erst einmal fertig“, sagte der Forscher und stand wieder vor seinem Computer.

Mit einer verabschiedenden Handbewegung zu Ayko, verließ sie den Trainingsraum.

„Unglaublich, wenn die so weiter macht, wird sie nicht mehr lange in den Reihen der dritten Klasse bleiben! Die zweite Klasse ist bei der gewiss nicht mehr weit entfernt!“, stellte der Soldat, in der roten Ausrüstung der Zweiten fest.

Während er sprach, blickte Ayko zu Boden. 'Miceyla hat etwas an sich, dass mich an jemanden erinnert…', dachte er und war glücklich, eine so mutige und freundliche Persönlichkeit kennen gelernt zu haben.
 

Miceyla nahm die Potions und ihre Beine trugen sie automatisch zu ihrem Zimmer, um etwas Ruhe nach dem ersten Training, das alles andere als locker angegangen wurde, zu finden.

Obwohl ihr die gehobene Kampfförderung sehr entgegen kam.

Auf dem Weg in ihr Zimmer spürte sie, wie die neugierigen Blicke ihrer Kameraden von World Soldier, sie durchbohrten. Anscheinend hatte sich Miceyla’s Sieg, gegen die Königsklasse des Behemoth, so schnell wie eine Kettenreaktion herumgesprochen. Zwar konnte sie nicht gerade behaupten, dass ihr dies unangenehm wäre, trotzdem musste der Triumph über Hunbaba nicht gleich an die große Glocke gehangen werden.

Auf ihrem Apartmentzimmer angekommen, streckte sie sich erst mal kräftig und ging in Gedanken noch einmal das Gespräch mit Rufus durch.

'Geht dort wirklich alles mit rechten Dingen zu?' , hatte er gesagt. Ja, auch Miceyla interessierte es, was in dem Herzen der Forschungsabteilung getrieben wurde. Wo doch an ihrem ersten Tag, Direktor Karin so scharf auf ihre Frage reagierte, als sie den keuchenden Mann sah.

Grübelnd lief sie umher, am Tag war es schier unmöglich, auch nur in die Nähe der Forschungszentrale zu gelangen. Und bei Nacht? Zurzeit gab es nur spärliche Missionen, die Soldaten dazu veranlassen würden auch nachts umherzuschweifen, die sie erwischen würden.

Lange bliebe das bestimmt nicht mehr dabei. Miceyla kniff die Augenbrauen zu einem entschlossenen Blick zusammen. Das war die Gelegenheit für eine nächtliche Spionage!
 

Ein Uhr Nachts war es, Miceyla wartete dicht an ihrer Zimmertür, bis auch noch der allerletzte Soldat verschwunden war und draußen alles ruhig wurde.

Dann wagte sie sich hinaus und schlich so leise, wie eine Katze auf der Jagd, über die Soldaten-Etage. Ein wenig hatte sie vorher geschlafen, um am nächsten Tag nicht allzu sehr durch Müdigkeit aufzufallen.

Miceyla betätigte den Aufzug und hoffte insgeheim, man würde ihn nicht hören. Sie betrat das zehnte Stockwerk, hier lag nämlich der Hauptsitz der Forschung. Der Übergang zum Nachbargebäude lag dort ebenfalls. Selbstverständlich waren die Türen, von den Räumlichkeiten der Forschung fest verschlossen. Doch das beeindruckte sie nicht und machte sich daran, an verwinkelten Stellen nach einer Tür, die einen Scannmechanismus beinhaltete, den sie knacken konnte, zu suchen.

Als sie in einer versteckten Ecke stand, blieb sie kurz still und horchte. Da war etwas…ein Geräusch? Da bemerkte sie, wie langsame Schritte auf sie zu kamen.

'Nein! Bloß nicht! Wehe mich entdeckt hier einer! Dann bin ich nicht nur einen Kopf kürzer, nein! Sondern ich kann World Soldier auf Wiedersehen sagen!' , dachte Miceyla panisch.

Schnell huschte sie aus der Ecke hinaus und eilte hektisch in einen kleinen Gang. An seinem Ende wartend, verstummten die Schritte, tapsend wagte sie aus dem Gang heraus zu blicken.

Niemand war da…

„Was bitteschön hast du um diese Uhrzeit hier verloren?“

Miceyla drehte sich herum bei dieser Stimme und fuhr zusammen, als ein völlig perplexer Genesis vor ihr stand. Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte.

„Genesis…ich…“, kam es von ihr. War schon merkwürdig, bei jedem anderen der sie erwischt hätte, wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. Doch bei ihm…

Er war nun der General von World Soldier, jeden der eine andere Meinung vertrat, wies er mit seiner temperamentvollen Art zurecht. Wehe man drängte sich vor Genesis.

Aber ihr gegenüber war er anders, als man es sonst von ihm gewohnt war.

„Na und warum geisterst ‚du’ hier umher?“, fragte sie unerschrocken.

„Ich habe dich zuerst gefragt, also musst du mir antworten!“, forderte er sie auf, jedoch lag in seiner Stimme keine Spur von Zorn.

„Auch ich bin auf der Suche nach Antworten, auf gewisse Fragen. Und was ist mit dir? World Soldier gibt Soldaten der ersten Klasse, wohl keine Aufgaben mehr, die ihrem Rang gerecht werden. Muss mich mal beim Direktor beschweren!“, sprach sie und sah in durch halb geöffnete Augen an.

Diese Worte, bei ihnen musste Genesis ganz ungewollt lachen. Und da spürte er auch schon wieder dieses ganz spezielle Gefühl, dass sich über seinem gesamten Körper ausbreitete.

Es war ein Gefühl der Glückseligkeit, der totalen Freude. Kein anderer lebender Mensch war jemals dazu befähigt, so ein starkes Gefühl in ihm auszulösen, sodass seine Gedanken verschwammen. Er sah nur noch Miceyla, das Mädchen was anders war als die anderen vor sich. Und ihr zuckersüßes Lächeln, welches ihn dahin schmelzen ließ.

Ganz plötzlich verspürte Genesis das Bedürfnis, ihr näher zu kommen, sie zu fühlen, ihren süßen Duft einzuatmen, sie festzuhalten und nie wieder loszulassen. Ob es ihr genauso erging?

Er schüttelte den Kopf, als seine Gedanken abzurutschen drohten.

„Und du glaubst wirklich, bei einem kleinen nächtlichen Rundgang, würdest du deine Antworten erhalten?“, fragte Genesis nun mit verruchter Stimme und sah ihr dabei tief in die Augen. Miceyla konnte diesem innigen Blick nicht lange standhalten und ihr Blick schwenkte in eine andere Richtung.

„Wirst du das hier jetzt dem Direktor melden?“, fragte sie leise und war sich bewusst, dass er sehr wahrscheinlich wusste, dass sie zum spionieren hergekommen war, sagte jedoch nichts dazu.

Genesis verschränkte die Arme ineinander. „Das werde ich nicht tun. Unter einer Bedingung! Du machst mit mir einen Abstecher zum Trainingsraum, jetzt gleich!“, meinte er kühl.

Was wollte er denn mitten in der Nacht mit ihr im Trainingsraum? Sie zu einem weiteren Kampf herausfordern, oder hatte dies einen ganz anderen Grund?

Doch da auch in ihr sich ein Gefühl der Freude breit machte, bei ihm sein zu können, willigte sie ein.
 

Sie beide betraten den Trainingsraum und als wieder einmal alles verschwand, fand Miceyla sich an einem Ort wieder, den sie zu keinem auf Gaia zuordnen konnte. Dieser Ort war geheimnisvoll und gleichzeitig mysteriös. Auch hier lag alles in die Nacht gehüllt und unzählige Sterne funkelten am Himmel über ihr.

Genesis sah sie noch nicht, aber sie hörte etwas, ein Lied. Der Wind, der so sanft wie eine Feder an ihrem Gesicht kitzelte, so meinte sie, würde das Lied singen. Für Miceyla ganz allein und es kam ihr vor, als wollte es sie zu einem Freudentanz einladen.

'Komm, komm mit. Lass dich fallen, lass all deinen Kummer los und du wirst das alleinige Glück erfahren!' , sang dieses Lied. Es gab ihr neue Energie, bei der sie Wände hätte hoch laufen können! Warum eigentlich nicht? Die erste Felswand die Miceyla sah, rannte sie empor und als sie von oben Genesis erblickte, rief sie ihm: „Sieh mal! Ich kann Wände hoch…“, doch da plumpste sie wieder zurück zu Boden.

Er trat grinsend zu ihr. „Du bist wie ein unbändiger Welpe…Das würde zumindest Angeal sagen“, meinte er und sein Gesichtsausdruck war irgendwie bedrückt.

Das Lied verstummte und Miceyla war wieder auf den Beinen.

„Du vermisst deine Freunde, nicht wahr?“, fragte sie mitfühlend und dachte daran, dass dies der Grund war, warum er mit ihr herkommen wollte. Nämlich den Erinnerungen nahe zu kommen, wie es damals war, mit seinen Freunden Angeal und Sephiroth heimlich in den Trainingsraum zu gehen. Genesis aber schüttelte einfach nur den Kopf, ohne irgendetwas zuzugeben, sein Stolz war höher als das er dies könnte.

„Ich habe von deinen heldenhaften Taten beim Training gehört. Scheint für eine Menge Begeisterung zu sorgen!“, wechselte er das Thema.

Miceyla zuckte mit den Schultern, als wäre ihr das gleichgültig.

„Na die Anerkennung ist es ja nicht gerade, nach der du dich sehnst“, stellte Genesis dann, auf ihre Reaktion hin fest.

Seite an Seite, liefen sie ein Stück über den blau-silbern leuchtenden Boden. In der Luft tanzten Glühwürmchen, die ihnen den Weg wiesen.

„Werde ich es jemals erfahren, was es ‚dann’ ist, dein sehnlichster Wunsch?“, fragte er nach einer kurzen Zeit.

„Wenn dir diese Anstrengung nicht zu viel ist…“, meinte Miceyla schmunzelnd.

„Das ist es gewiss nicht, glaube mir, ich werde mich darum bemühen!“, gab er ihr zu wissen und beobachtete die verspielten Glühwürmchen, die um sie herum schwebten.

„Als ich wiedererwacht bin, war das erste woran ich dachte, dass ich erfahren muss, was es wirklich bedeutet…“, sprach er verträumt.

Sie hörte jetzt aufmerksam zu. Noch nie hatte Genesis ihr gegenüber etwas über sein Wiedererwachen erzählt und sie grübelte, ob er von dem Geschenk der Göttin redete.

„Weißt du“, er blickte dabei seine Hände an. „In den Jahren seit meiner Erlösung, habe ich das Gefühl nicht mehr gealtert zu sein, bis zu dem Zeitpunkt wo ich erwacht bin“.

Miceyla musste kichern. „Wie alt fühlst du dich denn?“. Sie beide waren mittlerweile stehen geblieben und standen unter Bäumen, die ebenfalls leuchteten.

„Tja, immer noch wie in dem Alter vor meiner Degradierung, wie fünfundzwanzig“, antwortete er ihr.

Langsam trat Genesis auf sie zu, bis sie sich fast berührten. Vorsichtig machte sie einen kleinen Schritt nach hinten, da sie nicht ahnte was er vorhatte. Doch er kam wieder näher und strich auf einmal mit seiner Hand über ihren Arm. Er spürte, wie sich eine Gänsehaut auf ihre Haut legte, aber nicht vor Kälte, sondern wegen der Wärme die von Genesis auf ihr überging. An ihrer Hand angelangt, nahm er sie und drückte diese ganz fest.

Miceyla wollte ihn nun auch berühren und trat sachte an ihn heran, sie fühlte sein Herz, welches dieses Mal allerdings ruhig schlug. Sie sah in seine hellblauen Makoaugen, die ihr so unglaublich liebevoll entgegensahen, wie sie es nicht einmal im Traum sich hätte vorstellen können. Mochte Genesis sie genauso, wie sie ihn?

Dieses Gefühl war wesentlich stärker als das, welches Miceyla bislang für ihre Freunde verspürte. Und sie wünschte, dass es für alle Ewigkeit anhielt.

Gerade wollte Genesis seine Arme um sie schlingen und näherte sich ihrem Gesicht, sodass sie seinen Atem spürte. Ihr Herz begann aufgeregt zu pochen.

Erst da bemerkten beide, wie langsam die Sonne aufging, dass hieß nicht nur in der virtuellen, sonder auch in der realen Welt nahte der Morgen.

Er hielt seine Arme zurück. „Wir sollten zurück gehen…“, sprach er abwesend.

Das fand sie schade, aber man durfte sie zwei hier unter keinen Umständen erwischen.

Schweigend tippte Genesis auf seinem Handy und sie kamen wieder im Trainingsraum an.

Nicht einmal zum Abschied sagten sie etwas.
 

Miceyla hatte es nicht eilig in ihr Zimmer zu kommen und lief gemächlich in den Aufzug.

Im Zimmer legte sie sich vorerst mal auf ihr Bett. War das gerade eben ein Traum gewesen, oder war es Wirklichkeit? Es konnte nur letzteres sein, denn ihr Verstand spielte ihr niemals Streiche. Mit einem zufriedenen Lächeln schlief sie ein, als die Müdigkeit sie überwältigte.
 

Das Klingeln ihres Handys war es, das sie wieder aus dem Schlaf rief. Sie warf einen Blick auf die Uhr. 'Schon zwei Uhr Mittags! Ich habe den ganzen Vormittag verschlafen!' Gähnend nahm sie ihr Handy vom Nachttisch, Cloud hatte versucht Miceyla anzurufen und ihr stattdessen eine Sprachnachricht gesendet. Sie hörte diese ab:

„Hallo Miceyla! Du bist jetzt schon ziemlich lange weg und nicht mehr bei uns gewesen, da wollte ich mal nachfragen, wie es dir bei World Soldier ergeht. Tifa, Marlene und Denzel vermissen dich übrigens auch und ich soll dir liebe Grüße von ihnen ausrichten. Zugegeben, du bist erst etwas über eine Woche weg, kommt mir aber so lange vor…Besuch uns bei der nächsten Gelegenheit doch einfach mal. Ich würde ja auch bei dir vorbeischauen, dass ist glaube ich keine gute Idee, weißt warum… Was gibt es sonst noch zu sagen? Nun, Vincent ist auch nicht mehr zu erreichen, doch wir wissen ja beide wo er sich dann meistens aufhält… Also, ich hoffe wir sehen uns bald! Dein Cloud.“

Miceyla’s Herz schmerzte, ja sie vermisste ihre Freunde genauso.

Plötzlich klopfte es an ihrer Tür. Sie öffnete und da stand der zweite Klasse Soldat vor ihr, der nach ihrem ersten Training so begeistert von dem Sieg über den mächtigen Behemoth gewesen war. Sie runzelte die Stirn und fragte sich, was er von ihr wollte.

„Ähm, hallo erstmal! Ich fasse mich kurz, hättest du vielleicht Lust auf ein kleines Duell mit mir?“, fragte er, ein herausfordernder Ton lag in seiner Stimme.

Miceyla kratzte sich verschlafen am Kopf, hatte dennoch nichts dagegen. „Na gut, warum nicht“, gab sie ihm eine nickende Antwort.
 

Dieses Mal blieben sie im Trainingsraum selbst und nutzten nicht den Simulationskampf.

Sie wartete nach einer kurzen Weile des Kämpfens, bis der Rang zwei Soldat etwas geschwächt war und griff dann mit vollem Einsatz an. Diese Taktik verhalf ihr zum Sieg.

„Unglaublich! Einfach nur unglaublich! Wie hast du es nur geschafft, so gut zu werden? Was ist dein Trick, sag schon!“, sprach er nach ihrem fair verlaufenen Duell und klang aufs neue voller Begeisterung.

Ayko kam nun herein und wollte Miceyla begrüßen.

„Ich habe keinen Trick. Das allerwichtigste ist, Träume im Herzen zu tragen, denn um ein Held zu werden, braucht man Träume! Und egal was auch passieren mag, ich bewahre immer meine Ehre!“ Ihre gesprochenen Worte betonte sie fest und klangvoll.

Bei dem was sie da gerade sagte, riss Ayko erstaunt die Augen ganz weit auf.

Der zweite Klasse Soldat meinte, er hätte noch etwas anderes zu tun und verschwand.

Ayko sah um sich, ob auch niemand mehr in der Trainingshalle anwesend war. „Sag mal Miceyla…hast du Zack gekannt?“, fragte er sehr zurückhaltend.

„Und ob ich ihn gekannt habe…er war eine außergewöhnliche Persönlichkeit“, kam ihre schnell darauf folgende Antwort.

„Ich wünschte, ich hätte ihn ebenfalls kennen gelernt. Weißt du…ich habe einen Traum…“. Er holte kurz tief Luft und sprach dann weiter. „Damals, als es noch den Shinra- Konzern gab, wollte ich mich wie so viele andere auch, SOLDAT anschließen. Da war ich gerade mal vierzehn und natürlich habe ich die harte Aufnahmeprüfung nicht bestanden, von den Makobehandlungen will ich gar nicht erst anfangen! Ich wurde ohne Gnade verspottet, was für ein nichtsnutziger Knirps ich doch wäre. Also, schließlich abgeschoben zu den Infanteristen, doch glücklich wurde ich dort auch nie. Und dann eines Tages, so lange ist das ja noch nicht her, habe ich mich World Soldier angeschlossen. Aber dies hat auch einen guten Grund, an dem ich mich festhalte und die Hoffnung noch nicht aufgegeben habe…“, erzählte Ayko von seiner Vergangenheit, lies den Traum den er hatte jedoch nicht zur Sprache kommen.

Unsicher wie Miceyla darauf reagieren würde, sah er sie an. Noch nie zuvor hatte er sich getraut, mit jemandem darüber zu reden.

Aufmunternd legte sie ihren Arm um ihn. „Bei SOLDAT waren damals jede menge besserwisserische Typen und arrogante Schnösel, die sich für was Besseres hielten. Vergiss diese Idioten einfach! Jetzt bist du bei World Soldier, hier beginnt für alle ein Neuanfang. Und sieh dich an, du hast es so weit geschafft, dass du ein Kommandant der zweiten Klasse geworden bist! Du kannst stolz auf dich sein!“, sagte sie euphorisch.

Die Augen von Ayko leuchteten und er konnte kaum seine Freudentränen zurückhalten. Miceyla war eine exzellente Zuhörerin. So einen Menschen fand man nur ein einziges Mal auf dieser Welt. Und vielleicht brachte er es irgendwann einmal fertig, alles was ihm auf dem Herzen lag, mit Miceyla zu teilen.

Ein Alptraum wird wahr

Seit ihrem nächtlichen Besuch mit Genesis im Trainingsraum, waren bereits zweieinhalb Wochen vergangen. Als wäre das nie passiert, redeten sie beide wieder ganz normal miteinander und folgten ihrer Arbeit bei World Soldier.

Doch etwas war anders. Die Veränderung lag darin, dass der Blick wie Genesis sie ansah ihr tiefer unter die Haut ging und in seiner Nähe konnte Miceyla gar nicht mehr klar denken.

Vor allem fiel ihr es schwer, im Dasein der anderen Soldaten ihn mit ‚Sir’ anzusprechen.

'Bei Gaia! Was ist bloß los mit mir?' , fragte sie sich immer wieder.

Keine Worte konnten beschreiben, wie gut dieses Gefühl gewesen war, ihm so nahe gewesen zu sein. Vielleicht hielt Genesis es nicht für richtig und wollte die Sache schnell vergessen.

Und Miceyla, sollte sie dies auch tun? Sie war sich unschlüssig darüber.

Anscheinend hatte er Direktor Karin wirklich nichts verraten. Sie musste sich etwas anderes einfallen lassen, um an Informationen über jegliche Forschungsarbeiten zu gelangen, mit spionieren kam sie da nicht weit.
 

Gerade wurde Miceyla von dem Direktor, zu einer wichtigen Mission herbeigerufen. Und stand bei ihm im Besprechungsraum, um zu erfahren worum es sich handelte.

„Ah, gut Miceyla das du sofort gekommen bist! Ich habe einen wichtigen Auftrag, speziell für dich. Nimm diese Mission sehr ernst, denn es wird langsam Zeit…“, fing er an und betrachtete den Monitor, mit der Missionen- Verteilung.

„Zeit für ‚was’?“, fragte sie skeptisch, woraufhin der Direktor nur verschwiegen dreinblickte.

„Das wirst du dann erfahren! Also, wir haben einen Ort ausfindig gemacht, an dem sich mehrere Makonite angesammelt haben sollen. Und du weißt, dass wir diese brauchen, um Materia- Fusionen durchführen zu können. Uns ist aber allen bewusst, dass wir sparsam mit Materia jeglicher Art umgehen müssen, deshalb sollst du die Makonite sicherstellen, bevor sie in die falschen Hände gerät!“, erklärte er ihr weiter.

„Und wo soll die Reise hingehen?“, wollte sie wissen und freute sich auf ihren persönlichen Einsatz.

„Nach Fort Kondor, in den Wüsten liegt eine Mithril-Mine, die allerdings nicht mehr in Betrieb ist. Dort wirst du die Makonite finden. Ich will sehen wie du dich machst… Dir wird ein Infanterist zur Unterstützung bereitgestellt und später schicke ich noch jemanden meines Vertrauens nach, der nach dem Rechten sieht und mir berichtet. Wenn dann alles Nötige besprochen wäre, wartet der startklare Helikopter unten auf dich!“, beendete Direktor Karin seine Missionsbeschreibung.

Miceyla machte einen konzentrierten Gesichtsausdruck. „Ich bin bereit! Ganz bestimmt werde ich Sie nicht enttäuschen!“, sprach sie und malte sich aus, dass dies sehr wahrscheinlich ihre Prüfung, als Eignung für die zweite Klasse sein könnte. Also war höchste Anstrengung gefordert!
 

Sie fuhr mit dem Aufzug hinunter und wollte gerade das Foyer verlassen, da kam Ayko auf sie zu geeilt und sah aus, als sei eine Horde von blutrünstigen Monstern hinter ihm her.

„Miceyla! Ich…ich hörte du musst nach Fort Kondor? Sag mir bitte nicht das es dort Schwierigkeiten gibt, oder noch schlimmer, dass dieser Ort in Gefahr ist!“, sprach er hastig. Völlig verwirrt legte sie ihre Hand Ayko beruhigend auf die Schulter. „Nur die Ruhe! Es ist doch alles in Ordnung! Ich soll Makonite besorgen, wie kommst du denn darauf, dass Fort Kondor mit einer Gefahr bedroht wird?“, stellte sie etwas durcheinander klar.

„Ach so…ich dachte nur…Wenn du wieder zurück bist erzählst du mir, ob in Fort Kondor ‚wirklich’ alles in Ordnung ist, ok?“, fragte er immer noch etwas aufgebraust.

Sie nickte nur und Ayko trabte wieder davon. Besorgt blickte Miceyla ihm nach, warum machte sich dieser Junge bloß so furchtbare Sorgen, um die Wüstenlandschaft Fort Kondor? Mit Gewissheit gab es da noch etwas, was Ayko ihr verschwieg und überlegte was ihn mit diesem Ort verbinden könnte.
 

Der Helikopter brachte sie und den Infanteristen weit in Richtung Süden. Fort Kondor lag beinahe am Meer, welches diesen Kontinent auf dem sie lebte, von einer großen Insel trennte, die am südöstlichsten Punkt von Gaia lag. Auf besagter Insel lag die Stadt Mideel, die von einem tropischen Regenwald umgeben war. Ganz in der Nähe lag auch Banora, einer ihrer neuen Lieblingsorte von ganz Gaia, na ja, sie musste sich gestehen es ‚war’ ihr Lieblingsort. Ob das an Genesis lag? Heftig schüttelte Miceyla den Kopf, als sie anfing wieder nur an ihn zu denken. 'Verdammt noch mal! Ich habe eine wichtige Mission vor mir! ...Die gerade beginnt', dachte sie streng und da landete auch schon der Helikopter.

Der Infanterist und sie wurden abgesetzt, als der firmeneigene Helikopter auch schon direkt verschwand. Das hieß sie waren nun sich selbst überlassen. Miceyla machte in Gedanken ein Bild über ihren momentanen Standpunkt, um zu wissen in welche Himmelsrichtung sie ungefähr gehen mussten. Damit sie beide bei diesen extremen Hitzebedingungen, von einem Umweg verschont blieben.

Als sie gerade die Richtung angeben wollte, salutierte der Infanterist. „Sir! Ganz egal wie, ich versuche so gut es geht deinen Befehlen zu folgen!“, sagte er entschlossen in gleich bleibender Miene. Das wunderte Miceyla ein wenig, wie er sich ihr gegenüber verhielt.

Ihr wurde bewusst, was für einen großen Respekt die Infanteristen doch vor der…konnte man es wirklich die ‚Eliteeinheit von World Soldier’ nennen? So wie SOLDAT damals eine gewesen war? Sie selbst bezeichnete dies lieber als die ‚besondere Einheit’, schließlich waren sie doch alle ein Team, egal ob hoher oder niedriger Rang. Ihre Befürchtung war es, dass sich bei World Soldier die gleiche Atmosphäre wie bei SOLDAT entwickelte. Dagegen musste etwas getan werden, damit etwas dergleichen nicht passierte.

„Du bist jetzt mit mir unterwegs, mir ist es gleichgültig wer von uns beiden den höheren Rang hat. Wir arbeiten nun gemeinsam als Kameraden und du weißt, dass ich alles nicht so eng sehe, sei also bitte nicht mehr verkrampft!“, erinnerte Miceyla, denn sie wünschte sich niemanden, der sich als ihr Sklave fühlte, sondern jemanden bei dessen freundlicher Kameradschaft sie sich wohl fühlen konnte.

Daraufhin schien der Infanterist wesentlich entspannter, vergaß dabei aber nicht seinen geringeren Einsatzanteil bei dieser Mission. „Das weiß ich ja auch, kenne dich mittlerweile. Du glaubst gar nicht, wie sehr es mir entgegenkommt, dass jemand mal etwas mehr Gelassenheit an den Tag legt“, lockerte er dankbar seine Tonlage.
 

Es stellte sich nicht als ein großes Problem heraus, die Mine zu finden. Ebenfalls ist es wahr gewesen, dass man um sie herum weit und breit nichts anderes sah, als eine leblose Wüste. Der Eingang der Mine war schon zum Teil verschüttet und das Schild darüber, auf dem Mithril- Mine stand hing schief. Ein jeder konnte erkennen, dass hier kein Mithril mehr abgebaut wurde.

„Wie willst du nun vorgehen, irgendeine spezielle Taktik? Glaubst du es wird einfach werden, die Makonite zu finden und zu bergen?“, fragte der Infanterist und wartete dabei auf einen gut durchdachten Plan seitens Miceyla.

„An solch verlassenen Orten wie diesen, nisten sich die skrupellosesten Monster ein. Damit habe ich bereits meine Erfahrungen gemacht! Doch keine Sorge, dass ist zu schaffen, auch wenn das nicht gerade ein Spaziergang wird und die Makonite uns nicht wie auf einem Serviertisch, in einer Schatztruhe bereitgestellt wird. Am besten, so glaube ich, wäre es wenn du im vorderen Eingangsbereich bleibst und dich sofort meldest, bei den ersten Anzeichen von Monstern. Ich wage mich dann in das Herz der Mine hinein, versuche aber wenn möglich, in Rufweite zu bleiben“, sprach Miceyla ihre Überlegungen laut aus und zückte ihr Schwert, um die Worte zu unterstreichen.

Sie dachte es wäre so am besten, da der Direktor doch meinte er wolle jemanden schicken, der ihre Eignung als Mitglied von World Soldier begutachtete. Zwar hatte er das nicht auf diese Weise gesagt, aber mit Sicherheit war das der Grund. Und wie käme es rüber, wenn ein Infanterist die ganze Zeit über an ihrer Seite kleben würde? Ganz bestimmt nicht gut, deshalb war es etwas besser auf Abstand zu bleiben, dass wollte sie dem Infanteristen jedoch nicht ins Gesicht sagen. Er hingegen nahm ihre Vorgehensweise mit einem schweigsamen Nicken zur Kenntnis, war ja schließlich die Mission von Miceyla.
 

Ihre Augen gewöhnten sich nach wenigen Augenblicken an die Dunkelheit. Im vorderen Bereich der Minenhöhle war der Infanterist dabei, die zerstörten Wagons zu untersuchen, die als Transportmittel für diverse Lasten benutzt worden waren. Miceyla entfernte sich, lief über den steinigen Höhlenboden tiefer hinein, da bemerkte sie, dass die Mine in vier Tunnel aufgeteilt war. Sie nahm einfach den links äußersten, sie sah an den Wänden verschiedene Hebel und das hier Lampen angebracht wurden, die allerdings nicht mehr funktionstüchtig und mit Spinnenweben übersät waren.

Auf einmal spürte sie einen Windstoß, der sie, so kam es ihr vor, aufsaugen wollte. Doch woher sollte bitteschön in einer Luftdichten Höhle Wind herkommen?

Mit Ignoranz gegenüber diesem Sog lief sie weiter, Miceyla meinte etwas gehört zu haben und Bruchstücke aus ihrem Alptraum schlichen sich langsam wieder in ihre Gedanken ein. Daran wollte sie nun wirklich nicht erinnert werden und war darum bemüht, der Angst die gemächlich unter ihrer Haut hervor kroch, keinen Einlass zu gewähren. Mit einem konzentrierten Blick fixierte sie die Tiefen der Mine, die vor ihr lag und war leicht beunruhigt, dass jede Spur von Monstern fehlte.

Der Tunnel endete, aber an einer Stelle in der Wand bemerkte Miceyla, dass es dort viel dünner war und mit einer kleinen Bemühung machbar schien, sie zu durchbrechen.

Ein Feuerzauber genügte ihr, um ihren Weg frei zu räumen und wollte gleich weiter voran. Eine ruckartige Bewegung hinter ihr, hielt sie daran, dies nicht zu tun. Es kam dem Gefühl gleich, der Boden unter ihren Füßen würde ihr geraubt werden, als ein schleierartiges Wesen kurz vor Miceyla in Erscheinung trat.

Nun war es kein Traum mehr, kein Erwachen gab es, sie war jetzt gezwungen der Wahrheit, die sie die ganze Zeit versucht hatte zu verdrängen ins Gesicht zu sehen. Sie schrie, immer lauter, doch dies waren Schreie, die von der Finsternis verschluckt wurden.

'Wie kann das nur sein? Ihr Dämonen gehört nicht in diese Welt! Warum nur…Niemals… Nein!' , dachte sie und vernahm nur noch eine eisige Kälte. Das Wesen war nicht allein, denn sie fühlte mehrere huschende Bewegungen. Wut und Angst packten Miceyla gleichzeitig, sie ergriff ihr Schwert und schlug um sich, ohne dabei zu wissen wohin sie eigentlich zielen sollte.

An den Wänden erleuchtete plötzlich ein alter Schriftzug. Auch wenn sie nur noch teilweise sehen konnte, erkannte sie die Schrift, welche aus einer anderen, weit entfernten Welt herkam. Das Blut in ihren Adern gefror ihr nur noch mehr, als eine tiefe, schallende Stimme begann, die für Miceyla unlesbare Schrift vorzulesen:

„Öffne deine Augen, blicken sie ins Schwarze, das Nichts?

Doch bedenke, selbst in der finstersten Schattenwelt, muss ein Licht es geben, das diese Schatten immer wieder wird weben.

Suche danach, öffne deine Augen. Du nicht kannst besiegen, was du gar nicht hast vor Augen.

So du wirst verlieren, der Sieg des Kampfes fällt in des Feindes Hand.

Den Mut du nun verzweifelt sinken lässt, der Anfang vom Ende ist gewiss.

Deine Augen dir nichts nützen, ein drittes Auge ist’s, was besagte Hoffnung bringt.

Mit ihm an deiner Seite nun, den Kampf zu gewinnen, dass wird’s noch nicht bringen.

Ein uralter Zauberspruch, noch nie gewagt zu sprechen, ein Opfer er wird verzehren, eine zweite Chance aus ihm wird gebären.

Dämonen, Dämonen, verflucht sei der Strom der Ewigkeit.

Zu lernen in der Dunkelheit zu bestehen, dann du wirst die Vergangenheit verstehen“.

Wie die Stimme verklang, verschwand an den Wänden auch wieder der Schriftzug. Da war aber noch etwas gewesen… Eine zweite Stimme, die Miceyla vertraut vorkam, hatte ihr etwas im Hintergrund gleichzeitig vorgelesen, um sie zu erinnern. Aber vielleicht wollte sie dies ja gar nicht…

Sie fiel zu Boden, unfähig sich weiterhin zu wehren, was eh sinnlos war und erzürnt darüber einfach so aufzugeben. Etwas Rotes flog um sie herum und sie dachte schon ihre Umgebung würde in Blut getränkt werden. Da wurde Miceyla gepackt von einer Gestalt, die sie so geschwächt nicht identifizieren konnte und flog mit dieser davon.
 

Langsam zwinkernd öffnete sie die Augen. Sie befand sich immer noch in der Mine, jedoch in einem breiteren Abschnitt, die Höhlendecke über ihr war wesentlich höher und am Boden etwas weiter von Miceyla entfernt, erstreckte sich ein gewaltiger Erdriss, dessen Tiefe man nicht einschätzen konnte.

Vorsichtig aufrappelnd, bemerkte sie erst jetzt, dass Vincent neben ihr saß und sie gestützt hielt. Sie war noch nicht in der Lage zu sprechen und fühlte auf ihren dröhnenden Kopf, nach einer Weile schlug ihr Herz wieder in einem ruhigen, gleich bleibenden Rhythmus.

„Ich danke dir Vincent, du bist aber auch wirklich immer da wenn man dich braucht. Aber…warum bist du hier?“, sprach sie, als sie der Meinung war, in ihrem Innern hätte sich alles, wenn auch nicht ganz, erholt.

„Gewarnt wurde ich und wie es aussieht lagen meine Vermutungen nicht falsch…Miceyla, diese Kreaturen vorhin, was immer das auch war, sind mir noch nie zuvor auf unserem Planeten begegnet…!“, sagte Vincent beunruhigt und stand auf.

Die Angst überkam Miceyla wieder und ließ sie zurücktaumeln. „Nein…das darf es einfach nicht sei…dann sind alle die verschwunden waren zu…Neeeeiiiiin…Aaah!“, wisperte sie in einem aufgeschreckten Ton. Vincent eilte sofort zu ihr und hielt sie beschützend fest, es erschreckte ihn, so verzweifelt hatte er Miceyla noch nie erlebt.

„Kennst du diese Kreaturen?“, fragte er sanft.

Tränen rollten über ihre Wangen hinab und sie blickte in seine Augen, um ihm die Antwort auf dessen Frage zu geben. „Ich wünschte ich würde das nicht, Vincent!“

Er nahm sie daraufhin in den Arm. „Komm, verschwinden wir von hier und denken an einem anderen Ort über alles nach!“, munterte er sie zum Gehen auf.

Sachte löste sich Miceyla aus seiner freundschaftlichen Umarmung, wischte die Tränen mit der Hand weg und mit fester Miene war sie zu ihrer vollen Größe aufgerichtet. „Nein Vincent, noch nicht! Ich werde diese Mission zu Ende bringen, seit wann lasse ich mich von ein paar Geistern verjagen? Bevor ich nicht die Makonite habe, gehe ich nirgendwo hin!“, meinte sie, ohne eine Spur von Unsicherheit. Und da geschah es, Vincent schenkte ihr ein von ihm so selten kommendes Lächeln. „Was anderes habe ich auch gar nicht erwartet, so kenne ich dich. Sei dennoch vorsichtig und beeile dich auf jeden Fall…Du bist nicht alleine hergekommen, habe ich Recht?“, sprach er, trotzdem lag die Besorgnis auf seinem Gesichtsausdruck.

Miceyla schüttelte den Kopf. „Nein das bin ich nicht, ein Infanterist ist im Eingangsbereich dieser Mithril-Mine. Kann ich dich darum bitten ihm zu sagen, er solle sich von der Mine fernhalten und draußen warten? Darüber wäre ich dir sehr dankbar“, erteilte sie ihm die Bitte. Vincent nickte und lief schon geschwind davon, um sie nicht allzu lange alleine zu lassen.

„Warte Vincent! Du brauchst nicht zurückzukommen, ich schaffe das schon! Ruck zuck bin auch ich hier raus“, rief sie ihm hinterher.

Er war sich da nicht so sicher und sah Miceyla besorgt an. „Wie du meinst…gib aber acht…“, sagte er leise, als sie schon anfing die Makonite zu suchen.
 

Vincent verließ gemeinsam mit dem Infanteristen die Mine, ohne ihm etwas davon erzählt zu haben, was sich in der Mithril-Mine zugetragen hatte. Der Infanterist wartete etwas im Abseits der Höhle und Vincent lief nach einem letzten Blick zum finsteren Eingang, nachdenklich durch die riesige Wüste Fort Kondors, ohne es dabei eilig zu haben hier wegzukommen.

Plötzlich kam ihm jemand entgegen, ein junger Mann in der ehemaligen erste Klasse- Uniform von SOLDAT, der allerdings den Gürtel von World Soldier umhatte und einen roten Mantel trug. 'Das muss Genesis sein', dachte Vincent, der ihn nicht wirklich kannte und wusste, dass er das Resultat von Hollanders Experimenten gewesen war.

Genesis musterte ihn kühl. „Was hast du denn hier zu suchen? ...Du bist Vincent, richtig? Einer von Cloud’s Freunden“, stellte er fest. Zwar waren sie nicht verfeindet, dennoch wollte Vincent keinen Streit mit einem Mitglied von World Soldier, denn Miceyla war ebenfalls dort „…Und ein guter Freund von Miceyla. Hör zu, wie ich sehe und weiß, bist du auch von World Soldier. In der Mine dort liegt eine ernst zu nehmende Bedrohung. Ein Gegner, der so einfach nicht besiegbar ist. Ich kann dir nicht sagen wie und ob er überhaupt vernichtbar ist. Miceyla bestand darauf ihre Mission alleine zu vollenden…ich mache mir Sorgen, das…“, beharrte Vincent im ruhigen Ton.

Bei dem was er da gerade gesagt hatte, ignorierte Genesis ihn nun völlig, ihm überkam die Angst, Miceyla könnte etwas zustoßen.

„Gleich bin ich bei dir…“, sprach Genesis seine Gedanken laut aus und schoss, fast schon so flink wie ein Chocobo auf die Mine zu.

Erstaunt und verwirrt zugleich, ließ er Vincent an Ort und Stelle stehen, gab es da etwas, was Miceyla ihm verschwieg? Er konnte nicht anders, als Genesis schmunzelnd nach zu blicken.
 

Miceyla war weiterhin damit beschäftigt die Makonite ausfindig zu machen, behielt aber immer den Abstand zum Erdriss im Auge, der sich bedrohlich neben ihrem Pfad entlang schlängelte. Weiter vor ihr sah sie, wie eine Wand glitzerte und funkelte, dort steckten die Makonite drin! Sie mussten nur herausgezogen werden, dies tat sie auch sofort und verstaute alles in ihrer Tasche, ohne nur einen der Kristallartigen Steine zurücklassen zu müssen.

Aus dem Erdriss krabbelte auf einmal ein mutiertes, Igelartiges Monster hervor, das acht Arme besaß. Unerschrocken sah Miceyla ihm in die gierigen Augen. 'Aha! Monster die man ‚sehen’ kann, gibt es also auch noch!' , dachte sie, hatte dennoch gar keine Lust mehr auf Kämpfen und wollte samt der Makonite das Weite suchen. Doch das Igelmonster stellte sich ihr in den Weg. „Jetzt hilft mir wohl nicht mehr die Flucht, was?“, sprach sie das Monster an, das sie Selbstverständlicherweise nicht verstehen konnte.

Sie bekam erst gar nicht die Gelegenheit, kampfbereit auf es zu stürzen, da das Monstrum Miceyla vorher mit einer seiner vielen Klauen erwischte, sodass sie knapp neben dem Erdriss zurückgeschleudert wurde und mit ihrem Hinterkopf auf einem spitzen Felsblock aufkam.

So unkonzentriert war sie schon lange nicht mehr gewesen und überhaupt, diese Art von Monstern griff für gewöhnlich niemals grundlos an. Irgendetwas musste es aufgescheucht, oder gar verschreckt haben. Lange brauchte sie nicht nachdenken, was das gewesen war.

Miceyla war nicht fähig aufzustehen und rutschte am Boden zu ihrem Schwert hinüber, welches ein Stück von ihr weg lag.

Sobald sie dieses gegriffen hatte, packte sie ein weiterer Schlag des Monsters und wurde in den Abgrund des Erdrisses befördert. Im letzten Moment umklammerte sie einen großen Felsen, um nicht vollends in die todbringende Tiefe zu stürzen.

Das Igelmonster holte zum finalen Schlag aus, der sie töten würde. Miceyla hatte die Wahl, in die Tiefe zu fallen, oder zerfleischt zu werden. Beides würde sicherlich ziemlich unangenehm enden.

Im selben Augenblick hörte sie, wie ihr Name verzweifelt gerufen wurde und verschwommen sah sie etwas entfernt, eine rot-schwarze Gestalt. Diese Stimme erkannte sie, das war Genesis!

Der Direktor hatte also ihn geschickt und er war gekommen, obwohl er nach der Sache im Trainingsraum auf Abstand zu ihr stand. Niemand anderen als Genesis wollte Miceyla in diesem Moment bei sich haben und ihre unkontrollierbaren Gefühle kamen wieder in ihr auf.

War dies das allerletzte Mal, dass sie ihn sah, war dies in der Tat der Anfang vom Ende?

Nun war sie nicht mehr im Stande, weiterhin Halt zu suchen und rutschte hinab in die Leere.

„Aaaargh…Genesis…!“, schrie sie noch, dann verschwand ihr Bewusstsein.

„Miceyla!“, rief er total verstört bei diesem Anblick und in wenigen Sprüngen war er an dem Abgrund angelangt und stürzte sich hinter ihr in den Erdriss.

Beide fielen sie nun rastlos immer tiefer, er schaffte es einfach nicht Miceyla zu erreichen.

Am Boden des Abgrundes konnte er zackige Felsen ausmachen, die wie spitze Zähne empor ragten. Ohne Probleme würde sie von ihnen aufgespießt werden.

Er strengte sich jetzt mehr an und bekam Miceyla endlich zu fassen. Fest hielt Genesis sie umklammert, schloss kurz die Augen und schmiegte seinen Kopf an ihre Wange, vergaß dabei völlig, dass sie weiterhin in die Tiefe hinabstürzten.

Kurz vor ihrem tödlichen Ende, kam sein schwarzer Flügel hervor und flog wieder mit Miceyla in den Armen hinauf.
 

Erneut schlug sie die Augen auf, als ihr das Bewusstsein wiedergeschenkt wurde. Miceyla lag in einem Bett und wie es aussah stand dieses in einem kleinen Haus, sie fragte sich wie sie hier her gekommen war. Und da schossen die gesamten Erinnerungen, an die Geschehnisse in der Mithril-Mine wieder in ihr Gedächtnis. Am liebsten hätte sie einfach weitergeschlafen, um alles Böse zu verdrängen, aber natürlich war dies keine Lösung.

Wie konnte es sein, dass Dämonen, Hulax wurden sie genannt, Zugang zu dieser Welt gefunden haben? Und war es möglich, dass alle die angeblich verschwunden waren, ebenfalls von den Hulax verzehrt worden sind und sich in solche verwandelt haben? Auch die Bewohner aus Nibelheim, von denen Elena erzählt hatte?

Das alles wollte Miceyla nicht wahrhaben, wenn nicht bald etwas unternommen wurde, war ein grausames Ende nicht mehr fern.

Vincent, wusste er etwas und wer war es, wie er sagte, der ihn gewarnt hatte?

Mit einem schwindeligen Gefühl stand sie auf und verließ das Haus. Eine runde Mondsichel schien vom Himmel hinab und tauchte die Umgebung in ein sanftes Licht. Sie erkannte an den großen Windmühlen, dass Genesis sie nach seiner Rettung, nach Banora gebracht hatte. Schlapp ließ sie den Kopf hängen, ihre Beine wollten Miceyla kaum noch tragen vor Erschöpfung, dennoch machte sie sich auf die Suche nach ihm.

Nicht lange brauchte sie, dann fand sie Genesis unter einem Weißbanora-Apfelbaum stehend in den Nachthimmel blicken.

„Geht es dir besser?“, fragte er einfühlsam. Bei seinen leuchtenden Augen die sie ansahen, ging es ihr in der Tat besser und sie schaffte sogar zu lächeln, einfach nur darüber erfreut ihn sehen zu können.

„Was war das dort in der Mine, Miceyla? Ich konnte nicht sehen, gegen wen ich kämpfe und mein Verstand wurde mir geraubt…“, sagte er, dem die Dämonen wie es schien auch über den Weg gelaufen waren.

„Oh Genesis, kann es sein, dass alles meine Schuld ist? Diese Geisterwesen, die plötzlich überall auftauchen…“. Eine Frage, die sie eigentlich nicht laut aussprechen wollte und dachte daran, dass ihr Betreten auf Gaia vielleicht einen Weg freigemacht hatte, um das Eindringen von Dämonen aus einer anderen Welt zu ermöglichen.

Bestürzt trat Genesis direkt an ihre Seite. „Warum sagst du so etwas? Dich trifft doch überhaupt keine Schuld, bitte sag das nie wieder!“ Seine Stimme hatte viel tröstliches, das es tatsächlich schaffte, ihre theatralischen Gedanken zu verdrängen.

„Grausam ist das Schicksal, mein Freund. Längst verloren sind Träume und Ehre. Der Pfeil hat den Bogen der Göttin verlassen.“ Während Genesis die Worte von Loveless sprach, strich er sanft durch Miceyla’s Haar. Ihre Haut kribbelte vor Freude, dass ein Zeichen gekommen war, welches den Abstand zwischen ihnen brach.

Auf einmal hörte sie in der Ferne die Geräusche eines Helikopters, der immer näher herbei flog.

„Ich habe World Soldier bekannt gegeben wo du dich befindest, so ist es besser, vertrau mir. Sonst wirst du direkt als vermisst gemeldet. Ach ja, die Mine gilt nun als ein Gefahrengebiet! Trotz allem kannst du morgen deinen erfolgreichen Missionsbericht abgeben, es wartet eine Belohnung auf dich, die dir bestimmt neue Hoffnung einbringt. Also bis dann…Miceyla“, gab er ihr Bescheid mit einem geheimnisvollen Blick, während sie den starken Wind spürte, den der landende Helikopter aufwirbelte.

Eine Klappe ging auf und der Infanterist, der Miceyla bei ihrer Mission begleitet hatte, winkte sie freundlich herein. Sie stieg nach einem letzten tiefen Augenkontakt mit Genesis ein und wurde zurückgebracht nach Kalm, zu World Soldier.
 

Wie in einem Rausch, schoss mir eine aneinander gereihte Bildergalerie durch den Kopf. Natürlich war mir die Erinnerung nicht entglitten, als ich das erste Mal auf einen Hulax traf. Ich konnte den Angst verursachenden Fängen nur knapp entkommen, in der Welt von Gothos. Ein Gegner von besonderer Stärke war er nicht gerade, doch das verspeisen hilfloser Seelen, schenkte diesen Dämonen eine unaufhaltsame Kraft. In einer Welt, in die sie nicht gehörten, konnten sie dadurch eine Apokalypse auslösen, die alles Leben auslöschen würde. Wäre das Schicksal anders verlaufen, wenn ich die aufkommenden Probleme nicht in die Verdrängung getrieben hätte?

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich das einfach nicht…

Von Träumen und Hoffnungen

Die Ereignisse des letzten Tages lasteten nicht mehr allzu sehr auf ihrer Schulter und am Morgen danach, wollte Miceyla doch nun endlich dem Direktor die Makonite überreichen. Sie hatte schon den Aufzug anvisiert, da hörte sie aus dem Raum der Versorgungskapseln, ein tiefes Schluchzen. Daraufhin verließ sie die Richtung zum Aufzug und betrat den offen stehenden Vorbereitungsraum, aus dem das Geräusch kam. Doch Miceyla musste feststellen, dass der Raum völlig verlassen dastand und sie wollte wieder hinausgehen.

Bei einem abschließenden, umherschweifenden Blick aber, fand sie Ayko, der in einer Ecke an der Wand angelehnt stand und mit glasigen Augen in die Leere sah.

Schockiert eilte sie zu ihm, um zu erfahren was geschehen war.

„Ayko! Du zitterst ja, warum ziehst du dich denn ganz alleine in den Versorgungsraum zurück? Sag mir was los ist, bitte Ayko!“, flehte sie besorgt und wollte das er mit ihr redete, sich damit von seinen Seelischen Schmerzen zu befreien.

Ayko suchte ganz langsam ihren Augenkontakt und sie musste mit beiden Händen seine Arme festhalten, um sein starkes Zittern zu unterdrücken.

„Miceyla, nun ist alles vorbei…ich…ich habe doch versprochen das…“, wimmerte er und es blieb ihr nichts anderes übrig, als zu verhindern, dass er nicht zusammenbrach.

„Was für ein Versprechen? Für wen, für was? Oh Ayko, bitte sprich doch mit mir! Du weißt doch, dass du mit mir über alles reden kannst und auch das man gemeinsam für jedes Problem eine Lösung findet! Seit ich dich kenne spüre ich, dass du tief in dir eine Trauer mit dir herumschleppst, die sich immer tiefer in dich hineinfrisst…“, sie hoffte dabei, dass ihre optimistische Tonlage zur Geltung gekommen war, musste aber acht geben, nicht von seinem unermüdlichen Zittern angesteckt zu werden.

Ayko schloss die Augen, ein Moment der schweigsamen Stille kehrte ein, dann atmete er aus vollen Zügen tief ein und wieder aus, um seinen Frust endlich einmal Luft zu machen.

„Du hast Recht, mit allem…du verdienst es zu erfahren… Ich bin in Fort Kondor aufgewachsen…gehört habe ich, von den schrecklichen Dingen in der alten Mine dort…“.

So wie er begonnen hatte, verstummte Ayko auch schon wieder.

Miceyla hob sachte seinen gesenkten Kopf an, um ihn zum weitererzählen zu ermutigen und es erstaunte sie immer wieder aufs Neue, wie schnell sich Informationen herumsprachen.

„…Dort habe ich gelebt, bis ich nach Kalm zu World Soldier kam. Der Ort an dem ich lebte, war nicht gerade stark besiedelt, dass lag sehr wahrscheinlich an den unmenschlichen Vegetationen in Fort Kondor. Denn bei solch einer Hitze ist Wasser nur spärlich zu finden. Trotzdem ist meine Familie seit vielen Generationen, ihrem Heimatort treu geblieben. Eines Tages, sieben Jahre war ich gerade einmal alt, kam ein Mann mit seiner Tochter in unser Dorf. Sie suchten einen Zufluchtsort, er sagte, dass sie nur knapp den Anfängen des Krieges in Wutai entkommen konnten. Ausgezehrt und abgemagert sahen sie aus, also nahmen wir die beiden mit Liebe und Fürsorge in unseren Reihen auf, da wir allem feindlich gesinnt waren, was mit Krieg zu tun hatte. Sein kleines Mädchen hieß…Zalona…wir wuchsen nun gemeinsam in Fort Kondor auf. Wir wurden größer und fast täglich streiften Zalona und ich zusammen durch die Wildnis, um zu jagen oder Nahrung zu suchen. Dabei sprach sie viel von ihrer Mutter, die sie nie wirklich kennen gelernt hatte, da sie im Krieg von Wutai ihr Leben gelassen hatte. Das machte Zalona unglaublich traurig, ich sagte immer, wenn der Zeitpunkt gekommen war, würde sie ihrer Mutter im Lebensstrom wieder begegnen. Und es gab etwas von dem sie schon lange träumte, einmal über eine wunderschöne Blumenwiese zu spazieren, denn bei ihrem täglichen Anblick der kargen Wüstenlandschaft, konnte man ihre Sehnsucht nur zu gut verstehen. Ich wollte für immer bei ihr bleiben und jedes Mal wenn ich sie ansah, Zalonas zauberhafter Anblick…bemerkte ich, wie ich mich mehr und mehr in sie verliebt hatte. Wir waren beide unglaublich glücklich zusammen, doch unser Glück wurde mit einem Schlag beendet, als bei ihr eine unheilbare Krankheit festgestellt worden war. Täglich erlitt sie unerträgliche Schmerzen, kaum noch war Zalona dazu in der Lage das Bett zu verlassen. Ich war nicht mehr fähig, von ihrer Seite weichen zu können. So bald es die Möglichkeit erlaubte, bestellten wir einen guten Arzt, der meinte, für diese Erkrankung, die er noch nie zuvor gekannt hatte, gäbe es kein handfestes Heilmittel. Nur eine spezielle Therapie, die einen kleinen Anteil von Mako beinhaltete. Aber für jemanden der nicht reich war, ist es schier unmöglich so eine Summe zusammen zu kriegen, die man benötigt, um eine Therapie dieser Art bezahlen zu können…Mein Versprechen war es immer Zalona in Schutz zu nehmen, ich sagte, dass ich mich World Soldier anschließe und zurückkehre, wenn ich genug Geld zusammen habe…aber was jetzt? Wird Fort Kondor schon vorher verschlungen sein? Kommt jede Rettung zu spät?“.

Während Ayko’s ausführlicher Erzählung schien es, als hätte Miceyla alles bildgetreu vor Augen und konnte sich unbeschreiblich gut in ihn hineinversetzen.

Er rutschte haltlos an der Wand zu Boden und sie ging neben ihm in die Hocke. Nun war er nicht mehr befähigt seine Tränen zurück zu halten und weinte unaufhaltsam drauf los.

Sie legte ihren Arm um ihn und flüsterte Ayko in das Ohr: „Ich danke dir, dass du mir dein Herz ausgeschüttet hast. Wir sind doch Freunde…gute Freunde! Es ist niemals für irgendetwas zu spät, so lange die Hoffnung in unserem Herzen aufleuchtet!“.

Mit Tränen überfluteten Augen nahm er seine Kette hervor, die Miceyla bislang unter seiner Soldatenuniform verborgen blieb.

„Das ist Leviathan, der Wasserdrache“, erkannte sie, als er ihr den Anhänger zeigte.

'…Und ein eindrucksvoller Beschwörbarer', fügte sie in Gedanken dazu.

Ayko nickte. „Dies ist der Schutzgott Wutais. Nur Zalonas Mutter kam gebürtig aus Wutai. Die Kette war ein Geschenk an ihre Tochter, das einzige was Zalona an ihre Mutter erinnerte. Sie gab dieses Andenken mir zum Abschied und sagte dabei, was auch passieren mag, Leviathan würde mich beschützen…“, sprach er warmherzige Worte und sie merkte, wie viel ihm die Kette bedeutete. Erneut brach Ayko in Tränen aus und vergrub seinen Kopf unter seinen Händen.

Beiden fiel es nicht auf, dass Genesis gerade gekommen war und an der Scanntür hereinlugte. Er war neugierig, da die zwei ihn nicht gehört hatten, hielt Genesis sich hinter den Versorgungskapseln versteckt, um zu erfahren, was Miceyla mit diesem zweite Klasse Soldaten beredete.

Sie stand wieder auf und hielt Ayko ihre Hand hin, um ihm ebenfalls aufzuhelfen.

„Du, ich muss dir etwas sagen, hätte ich dich nicht kennen gelernt, so glaube ich, dass mir niemals mehr jemand begegnet wäre, mit dem ich so gut reden könnte und der mich richtig ernst nimmt. Miceyla, was würde ich nur ohne dich machen, du bist mir unbeschreiblich wichtig“, sagte Ayko und in seinen Augen leuchtete tatsächlich ganz leicht die Flamme der Hoffnung, in der Erkenntnis, dass er nicht alleine war.

„Was denkst du, wie wichtig du mir bist! Nun gebe ich dir auch ein Versprechen, ich werde dir immer helfen. Meine Unterstützung ist an deiner Seite und selbst wenn das Ende der Welt naht, werde ich bei dir sein“, versprach sie mit einfühlsamer Stimme und die beiden fielen in eine innige Umarmung.

Genesis musste sich, bei dem was er da gerade sah und gehört hatte, an der Wand abstützen. Fassungslos und mit wutverzerrtem Gesicht, blickte er die zwei aus seinem Versteck an.

Er glaubte sein Herz würde zerspringen, in der Ansicht, Ayko versuchte sich an Miceyla ranzumachen.

'So, so, mein lieber, kleiner Ayko! Dir ist Miceyla also furchtbar wichtig, ja? Glaube mir, bald wirst du dir wünschen, sie nicht einmal in deiner Fantasie kennen gelernt zu haben…', dachte Genesis mit zornig zusammengekniffenen Augen und lief leise davon, um von ihnen nicht gehört zu werden.

„Mein Freund, fliegst du hinfort? Einer Welt entgegen, die uns verabscheut? Ein unerbittlicher Morgen allein wird dich erwarten. Egal, aus welcher Richtung der Wind weht“.

Mit diesen Worten fasste er einen folgenschweren Entschluss…
 

„Zalona wird es schaffen, du musst nur fest daran glauben, alles ist möglich!“, versicherte Miceyla und hoffte, dass sie Ayko etwas aufbauen konnte.

Seine Tränen der Trauer waren getrocknet und ein Lächeln des neuen Mutes strahlte auf seinem Gesicht. „Das werde ich, solange ich stark bleibe und meinem Traum folge…danke Miceyla!“ Nach einem Blick auf die Tasche mit der Makonite darin, die sie abgelegt hatte, fiel ihm noch etwas ein. „Ähm du, ich glaube du warst gerade auf dem Weg zum Direktor, deine Makonite abliefern. Stimmt doch, oder?“, fragte er verlegen, dass Ayko sie von wichtigen Dingen aufhielt.

„Hast Recht, wird langsam Zeit! Sonst denkt der noch, ich wäre mit der Makonite über alle Berge!“, antwortete sie einfach nur lachend und gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter.
 

Den Direktor fand sie im Besprechungsraum, welcher aufgebracht in einem Haufen an Unterlagen herumwühlte, die er hastig zusammenordnete, als Miceyla herein trat.

„Sieh an, wer wieder da ist! Unsere erfolgreiche Kriegerin!“, meinte Direktor Karin und als sei ihre Mission so gewöhnlich wie jede andere verlaufen, nahm er die Makonite in Empfang.

„Schön, schön, du hast reichlich Beute gemacht!“, sagte er zufrieden, fast schon etwas belustigt.

„Herr Direktor, hören Sie mir zu. Die Mithril-Mine ist nun ein Sperrgebiet, aber wie stellen Sie es sich vor, wenn dies nicht der einzige Ort wäre, an dem diese…Kreaturen auftauchen würden?“, fragte sie und es war ihr unangenehm, solch ein ernstes Thema anzusprechen.

Mit einem Blick, als wäre das nicht von sonderlicher Wichtigkeit, sah er sie an. „Wir werden schon sehen, wie unsere Vorgehensweise des Weiteren verläuft. Die Waffen und Technologien, die in unserem Besitz sind ermöglichen es uns, durch starke Vorangeschrittenheit, jeden noch so mächtigen Gegner zu besiegen. Aus der Vergangenheit haben wir gelernt, oder etwa nicht? In der Zukunft werden wir schlauer sein!“, sprach er und klang fast so, als könne World Soldier alles und jeden zum Aufgeben zwingen.

Direktor Karin hatte ja keine Ahnung, um was es sich hierbei handelte, was er einfach mal so auf die leichte Schulter nahm. Keine Waffe auf ganz Gaia, hatte Chancen gegen einen Hulax, dass wusste Miceyla. Die Angst über die aufkommende Bedrohung wollte sie wieder überrumpeln.

„Wie dem auch sei. Ich denke, du solltest dich vor deinen weiteren Taten erst einmal umziehen“, meinte er für einen Themawechsel.

„Umziehen? Aber wieso denn umziehen, sehe ich denn wirklich so schlimm aus?“, fragte sie bestürzt und blickte an sich hinunter.

Der Direktor fing darauf an zu lachen. „Es wird Zeit, deine zweite Klasse-Uniform von der Soldaten-Etage abzuholen. Ja du hast gerade richtig gehört, ab jetzt begleitest du den Rang der Zweiten. Herzlichen Glückwunsch!“

Das hatte Miceyla doch glatt die Sprache verschlagen, gehörte sie nun wahrhaftig zu den Zweiten? War das sein Ernst? Einen Moment brauchte sie, um dies zu verdauen, dann machte sie einen Freudensprung und wäre Direktor Karin am liebsten um den Hals gefallen, sie konnte kaum dagegen ankämpfen.

„Gut, ich habe zu tun, mache dich also auf den Weg. Und vergiss deine Pflichten nicht, als eine zweite Klasse Soldatin, verlange ich von dir doppelten Einsatz!“, erinnerte er wieder ernst und fing an weiter in seinen Unterlagen zu kramen.

Sie stürmte in den Aufzug, endlich gab es mal etwas Positives nach der letzten Zeit! Und Genesis hatte recht gehabt, es schenkte ihr neue Hoffnung. Trotz all ihrer Freude, vergaß sie dabei nicht Ayko und seine Sorgen um Zalona, seine kranke Freundin in Fort Kondor.

Die ganze Zeit schon, erinnerte Ayko sie an jemanden und es war klar an wen, nämlich Cloud! Er war ebenso schon immer, eine zweifelnde und deprimierte Person gewesen. Die beiden mussten sich unbedingt einmal begegnen, wenn sie ein Treffen zwischen den zwei organisieren würde, wäre das gar keine schlechte Idee.
 

Bevor Miceyla ihre nagelneue Ausrüstung abholen ging, wollte sie vorher noch duschen gehen. Doch nach kurzer Zeit hüpfte sie aus der Dusche heraus, als eisiges Wasser über sie lief. „Na großartig! Kein warmes Wasser mehr!“, stellte sie frierend fest. 'Muss man so etwas direkt melden?' Da erlosch auch noch das Licht, der Strom verabschiedete sich ebenfalls. Jetzt hatte sie ja ihren Grund bekommen, aber fehlte ihr nun jegliche Soldatenkleidungen zum anziehen. Da sie ihre alte, wegen ihrer Ungeduld abgeben musste und die neue noch nicht geholt hatte. 'Vielleicht sollte ich mal nachdenken, ehe ich handele. Etwas dergleichen, kann ja wirklich nur mir passieren!' , dachte sie, nahm dies dennoch mit Humor.

Glücklicherweise hatte Miceyla, da sie mehr Zeit in World Soldier verbrachte, von Zuhause in Edge, einen Koffer gepackt mit Klamotten und anderen Dingen, die sie unbedingt mitnehmen wollte. Das dumme daran war, das darin nur Kleider waren.

„Wie war das noch mal mit dem ‚Nachdenken’?“, sagte sie dieses mal laut und grinste über ihre eigene Dummheit.

Sie zog ein mittellanges, dunkelgrünes Kleid heraus. 'Wenn mich darin hier jemand herumlaufen sieht…owei, owei!' Eigentlich brauchte Miceyla gar nichts zu melden, sie wusste, dass der Wärme- und Stromregler im Erdgeschoss lag. Also war sie in der Lage, sich selbst weiterzuhelfen und ihr fiel ein, dass es sogar eine Treppe für Notfälle gab, die da diesem großen, hochmodernen Gebäude ein Aufzug bereitstand, nicht benutzt wurde.

Dies war eine Möglichkeit unbemerkt nach unten zu gelangen.

Als sie draußen niemanden hörte, rannte sie aus ihrem Zimmer in Richtung besagter Treppe.

Zwei in ein Gespräch vertiefte Soldaten kamen ihr aber entgegen und die einzige Fluchtmöglichkeit, war der zu ihrer rechten Seite offen stehende Aufzug.

Sie hetzte hinein und glücklicherweise schloss er sich schnell genug, um nicht gesehen zu werden. Allerdings war es Pech, dass der Aufzug anstatt nach unten, erst nach oben fuhr.

Er hielt im nächsten, dem siebten Stockwerk an. Leise trat sie raus, ehe andere ihn in Gebrauch nahmen. Es war wohl doch nicht so einfach wie gedacht, ohne gesehen zu werden, in das Erdgeschoss gelangen zu können.

Auf dieser Etage lag das Apartment von Genesis…sollte Miceyla vielleicht…Nein! 'Wie kann mir etwas so irrsinniges in den Sinn kommen?' , dachte sie mit schüttelndem Kopf.

Wieder schallten Stimmen zu ihr und sie hatte nun keine andere Wahl, als in sein Zimmer flüchten zu müssen, anstatt weiter durch das gesamte Gebäude gescheucht zu werden.

Sie hechtete den Gang hinauf, bis sie vor Genesis’ Tür stehen blieb. Zögernd überlegte Miceyla, ob dies wirklich die einzige Auswegmöglichkeit war.

Dann trieb ihr Unterbewusstsein sie, ohne es zu wollen, zum klopfen an. Nach einem kurzen: „Ja, wer will denn etwas von mir?“, öffnete sie hastig die Tür, als ein Forscher und ein Soldat sie um ein Haar entdeckt hätten. Erleichtert stand sie nun in seinem Zimmer und war vorerst, vor dem neugierig glotzendem Personal von World Soldier sicher.

Genesis las in einem Buch.

„Ich bin es, Genesis. Also…ähm…ich habe da so ein Problemchen…“, murmelte Miceyla, die nicht richtig wusste, wie sie ihm solch eine Nichtigkeit erklären sollte.

„Aha! Und um was für ein ‚Problemchen’, soll es sich dabei handeln?“, fragte er ziemlich desinteressiert und als wolle er sie ignorieren, blätterte er weiter in seinem Buch. Enttäuscht fragte sie sich, was denn jetzt schon wieder los sei.

„Wenn du es als ein Problem bezeichnest, dass bei mir das warme Wasser und der Strom nicht mehr funktioniert…Denke ja nicht, ich hätte vergessen, dass die Lösung dafür im Erdgeschoss liegt. Nur ohne Soldatenkleidung und so wie ich im Moment aussehe, kann ich mich wohl kaum nach unten trauen…“, meinte Miceyla und konnte das Amüsante daran, nicht von ihrem Gesichtsausdruck verdrängen.

Abrupt schloss Genesis sein Buch und so langsam, fast schon wie in einer Zeitlupe, führte er seinen Blick auf Miceyla, die in ihrem grünen, Figurbetonendem Kleid an der Tür stand. Anders konnte es ja nicht kommen, als das er sie so perplex ansah, als wäre Sephiroth ein weiteres Mal aufgetaucht. 'Meine Güte…dieses Mädchen ist wahrhaftig ein Sinnbild für die weibliche Schönheit…', war das einzige, was sich in seinen Gedanken abspielte und seine Entschlossenheit wurde dadurch nur verfestigt, dass man Ayko dazu zwingen musste, seine Hände von ihr zu lassen

„Miceyla…wenn dich die männlichen Soldaten so sehen, dann…ich meine, dass eh schon genug hinter dir her sind…“, sprach er so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte.

„Aber du siehst mich jetzt und das ist etwas anderes…oder?“, fragte sie ebenso leise und ihre Blicke verschmolzen ineinander.

„Ich hatte da ja auch noch ein Problem…“, erinnerte sie ihn daran, was Miceyla beinahe wieder vergessen hätte.

Genesis sammelte seine Gedanken. „Richtig, kein warmes Wasser, kein Strom mehr. Und dabei muss ich dir nun helfen, huh?“. Ein schiefes Grinsen legte sich auf seine Lippen.

„Keiner hat gesagt, dass ich dich dazu zwinge!“, kam von ihr ein Konter.

„Trotzdem tu ich es, bestimmt hat unser unterirdischer Makoreaktor, wieder irgendwelche Macken!“

Miceyla hörte wohl nicht recht, sprach er da etwa von einem ‚Makoreaktor’?

Bei ihrem fassungslosen Blick lachte Genesis. „Was glaubst du denn, was es sonst wäre, das diese Anlage hier antreibt? Die Bevölkerung ist natürlich ahnungslos und dies wird als eine Heimlichkeit bewahrt, anders kennen wir das doch nicht“.

Ein lang gezogenes, „Mmmm…“, kam darauf von ihr. Gerade hatte sie etwas Wichtiges erfahren, was Miceyla bei den weiteren Erkenntnissen, die es raus zu finden galt, weiterhalf.

„Nun schön, ich werde sehen was sich machen lässt. Nachher komme ich bei dir vorbei und sage Bescheid, ob der Strom wieder läuft. Sieh du nur zu, dass es dir gelingt, so unbemerkt hinunter zu gehen, wie du es geschafft hast hier hinauf zu gelangen!“, sagte Genesis und bei dieser Ironie grinsten sie beide.
 

Genesis brachte die Schalter im Erdgeschoss wieder in Gang, welche ausgefallen waren und die Verantwortung dafür trugen, dass der Strom in manchen der Zimmer nicht mehr funktionierte. Er wollte es Miceyla direkt berichten, obwohl dies nichts brachte, da sie das von alleine mitbekam. Aber er wünschte sich in ihrer Nähe zu sein, denn so öfter er bei ihr war, umso wohler fühlte Genesis sich.

An deren Zimmertür rief er ihren Namen, keine Antwort kam und er bemerkte, dass die Tür einen Spalt weit offen stand. Er trat hinein und stellte fest, dass ihr Zimmer deutlich kleiner war, als das Seine. Miceyla war gar nicht da und trotzdem konnte er sich nicht davon abhalten, rein zu gehen. Erste Klasse Soldaten bekamen, wie das früher schon war, größere Apartments als die niedrigeren Klassen und er dachte daran, dass er zurzeit der einzige Soldat der ersten Klasse bei World Soldier war. Wie lange das wohl noch so blieb? Miceyla war da ganz bestimmt eine Konkurrentin, die er ernst nehmen musste, nach kurzer Zeit schon so erfolgreich. Aber sie war auch eine Konkurrentin, welche Genesis gerne hatte, bei der er froh war das es sie gab.

Und Ayko, was war mit ihm? Sofort verdüsterten sich seine Gedanken, als er an den ach so herzensguten Kommandanten der Zweiten dachte. 'Nein! Miceyla wirst du nicht bekommen, sei dir darüber bewusst, mein Lieber!' , dachte er und lief durch ihr Zimmer. Dabei atmete er ihren süßen Duft ein, der in der Luft lag und betrachtete ein Bild auf dem Nachttisch. Miceyla war darauf zu sehen, mit noch sechs weiteren Personen, die er nicht kannte. Sein Blick fixierte sowieso nur sie, alles andere blendete er aus. „Meine Güte…was hast du bloß mit mir angestellt... Miceyla Lucassen…“, sprach Genesis in Gedanken versunken, da hörte er ihre Stimme hinter sich.

„Aha! Mal wieder Besuch, ich glaube es ist zu einer Angewohnheit geworden, Türen nicht mehr abzuschließen!“ Aber bei ihm war es ihr gleichgültig, er durfte kommen, wann immer er dies wollte.

Wütend auf sich selbst sah Genesis zu Boden, dass er einfach so in ihr Zimmer geplatzt kam, obwohl Miceyla nicht da gewesen war. „Verzeih mir…“, sagte er für eine Entschuldigung.

„Ach was, dass macht doch überhaupt nichts! Es kann dir versichert sein, dass ich so etwas gewohnt bin!“, meinte sie in einem Ton, als sei eine Entschuldigung überflüssig. 'Ich freu mich wirklich immer dich zu sehen, egal wann und wo das ist', musste sie in Gedanken noch dazu sagen.

Dann fiel ihm auf, dass sie nun statt einem Kleid, eine neue dunkelrote, zweite Klasse-Uniform trug. „Zugegeben, dass steht dir ausgesprochen gut…“, kam von ihm ein Kommentar zur neuen Ausrüstung.

„Was meinst du, findest du mich in `nem Kleid oder in der traditionellen Soldatenkleidung besser? Ich will die Wahrheit hören!“, forschte Miceyla scharf nach, jedoch mit einem Witz dahinter.

Er verstand und lachte nur. „Beides, mir ist es egal was du trägst, Hauptsache…aber gut, wie du sehr wahrscheinlich schon mitbekommen hast, hat ‚jemand’ den Strom wieder angezaubert. Länger will ich dich also nicht mehr stören“, teilte er ihr mit, obwohl er nur ungern gehen wollte.

„Du mich stören? Welch ein Unsinn!“, protestierte sie.

Genesis hielt es dennoch besser zu gehen, da seine Gedanken in ihrer Gegenwart verrückt spielten.

„Ist schon in Ordnung, in der nächsten Zeit werden wir uns viel sehen!“, versprach er, worauf sich Miceyla verlassen konnte, denn Ayko würde er kontrollieren, dass dieser auch ja nicht zu sehr an ihr hang.
 

In den letzten Tagen war nicht sonderlich viel vorgefallen. Sie hatte ein wenig trainiert und fühlte sich wunderbar eingereiht, bei den Soldaten der zweiten Klasse. Mit Ayko konnte Miceyla nicht plaudern, da er auf einem länger dauernden Einsatz war, von dem er noch nicht zurückkehrte. Gerade wollte sie zu der Missionen- Aushangtafel gehen, um in Erfahrung bringen zu können, ob was Passendes für sie dabei war. Beinahe wäre sie über die Füße von Direktor Karin gestolpert, der ihr den Weg abschnitt.

„Ah, zu dir wollte ich gerade! Es gibt da etwas, worüber ich sehr dankbar wäre, wenn du dies für mich erledigst. Wie dir sicher zu Ohren gekommen ist, haben wir neue Soldaten des dritten Ranges aufgenommen. Heute brechen sie zu ihrem ersten Einsatz auf, denn es ist ausgesprochen wichtig, frühzeitig die Grundregeln von World Soldier zu erlernen. Nach Wutai müssen sie, der nun schon seit langem andauernde Frieden muss endgültig, mit der dort landeseigenen Einheit besiegelt werden. Wichtig, unheimlich wichtig ist, dass somit weitere Uneinigkeiten vermieden werden können. Deshalb brauche ich jemand, der die neuen Soldaten vor ihrem Einsatz einführt, die nur so vor Eifer brodeln. Es braucht starke Worte, die man ihnen mit auf den Weg geben muss, um begreifbar zu machen, was es heißt sich der Einheit von World Soldier anzuschließen. Ayko ist noch nicht wieder da und Genesis fand ich nicht. Du bist doch genau die Richtige dafür, so denke ich zumindest darüber!“, teilte er ihr seinen Auftrag mit.

'Die neuen Dritten auf ihre erste Mission schicken? Welch ehrenvolle Aufgabe!' , dachte Miceyla und Stolz erfüllte ihr Herz, dass der Direktor zu ihr kam. Er hätte ja auch jeden beliebigen Soldaten der zweiten Klasse auswählen können.

„Herr Direktor, es ist mir eine Ehre die neuen Soldaten einzuweisen!“, kam von ihr die ernsthafte Antwort.

„Gut, dann begib dich direkt in den fünften Stock, dort sind sie bereits versammelt“, sprach er in einem zufriedenen Ton, dass auf sie Verlass war.

Ohne weitere Fragen verließ sie sofort die Etage und fuhr hinunter, wo die Neuankömmlinge sich befanden. Sie standen ordentlich in einer langen Reihe, regungslos und ohne Anstalten zu machen, Miceyla anzublicken, die langsamen Schrittes auf die Soldaten zu trat. Sie stoppte an einem Punkt, von dem aus sie jeden einzelnen anschauen konnte. Da salutierten sie allesamt gleichzeitig. Man konnte erkennen, dass diese Soldaten zu allem bereit waren.

„Ich heiße euch bei World Soldier Willkommen! Nun steht ihr hier und habt bestimmt einen harten, steinigen Weg des Trainings hinter euch, um die Prüfung der neuen, Planetenrücksichtsvollen Eliteeinheit, bestehen zu können“, hob sie ihre Rede an, wobei ihre Stimme von den Wänden widerhallte.

Da kam eine weitere Person in den Raum geflitzt, Ayko war es. Seine Mission hatte er beendet und eilte zu seiner verspäteten Verpflichtung, die neuen Dritten nach Wutai zu senden. „…Wir können beginnen…“, sagte er keuchend, hielt aber abrupt inne, als er Miceyla sah die diesen Part übernahm. Weder gesehen noch gehört hatte sie ihn und Ayko lief zurück zum Eingang der Versammlungshalle, erstaunt und erfreut es mitzukriegen, wie sie so etwas anstellte.

„Euer Mut und eure Willenstärke haben euch bis hierher getragen. Doch von dem jetzigen Zeitpunkt an, wird sich einiges ändern. Mut und Stärke sind nicht die einzigen Dinge, die einen tapferen Soldaten ausmachen, dazu gehört noch ein klein wenig mehr. Es macht keinen Sinn, sich in einen Kampf zu stürzen, von dem man schon vorher weiß, dass man ihn verlieren wird. Dazu gehört Verstand, seinen Gegner und die Situation selbst einschätzen zu können. So lassen sich das Chaos und sein eigenes Elend leicht vermeiden. Klar, erfreuen wir uns an Erfolgen und am Sieg, aber auch von Niederlagen können wir lernen. Jeder muss selbst entscheiden, woran er festhält, was ihn antreibt. Sagt mir, habt ihr Träume? Ein Soldat, der im Einklang mit seinem Verstand und seiner Stärke ist, wird nicht gleich zu einem Helden…ihr werdet sie brauchen, denn um ein Held zu werden, braucht man Träume…und Ehre! Die Ehre von SOLDAT lebt immer noch in jedem von uns weiter, wir verkörpern die gute Seite dieser alten Eliteeinheit. Ich lege euch ans Herz die SOLDAT- Ehre zu beschützen, immer, egal was passiert!“ Miceyla machte eine Pause, ihr Blick ruhte auf den neuen Soldaten. Hatten sie verstanden, was sie ihnen mitteilen wollte? Sie musste die Tränen alter Erinnerungen zurück halten.

Eine Welle von Bewunderung und Erstaunen für ihre Worte durchfuhr Ayko. Seine Augen leuchteten, dass sein alter Traum wieder erweckt wurde.

„Wenn ihr meine Worte im Herzen bewahrt und euch gut vorbereitet fühlt, könnt ihr nach Wutai aufbrechen. Ihr gehört jetzt zu World Soldier, habt ihr mich soweit verstanden?“ Um ihre Rede zu vollenden, marschierte sie an der Reihe von Soldaten entlang.

„Ja Sir!“, kam die Antwort von allen im Chor.

„Gut, Erlaubnis zum Aufbruch erteilt!“, endete Miceyla ihre Rede, von der sie niemals gedacht hätte, solch mitreißende Worte zu finden.

Ayko wartete bis alle Soldaten an ihm vorbei getrabt waren, dann erst machte er sich für Miceyla sichtbar.

„Aber Ayko, du bist ja schon wieder da!“, meinte sie erstaunt und blickte in ein Gesicht, das sie noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Es ähnelte dem eines Kindes, welches gerade eine aufregende Geschichte erzählt bekam.

„Träume und Ehre…“, flüsterte er so leise, dass sie die Worte von seinen Lippen ablesen musste.

„Unglaublich Miceyla, es ist als würde ein Teil von Zack in dir weiterleben…deine Art und dein Wille, alles deutet darauf hin…“, sprach er nun wieder in normaler Lautstärke, wobei das Leuchten von seinen Augen nicht verschwinden wollte.

„Zack…er war mir ein guter Freund gewesen, wie er dies auch für viele andere war. Eine Persönlichkeit bei der man froh war, sie an seiner Seite zu haben. Ich versuche alles daran zu setzen, damit die Erinnerung an solch ehrenhafte Soldaten, wie Zack und Angeal dies waren, nicht verlöschen werden“. Innerlich lächelte Miceyla, dass sie die Soldatin war, die bei World Soldier Träume und Ehre beherzigte und dies an andere weitergeben konnte.

„Du…ich habe dir doch mal gesagt, dass ich einen Traum habe. Seit ich von Zack hörte, war er mein Vorbild. Seine grenzenlose Willenstärke und seine lebensfrohe Art, bewundere ich seit jeher. Weißt du…ich trage den Traum im Herzen, ein Held zu werden, wie Zack einer gewesen ist. Ich habe es dir bis jetzt nicht erzählt, weil ich befürchtete, du würdest mich auslachen…“, vertraute Ayko ihr an, während er unsicher auf ihre Reaktion wartend, den Kopf gesenkt hielt. Nach seinen Worten machte sie ein herzensgutes Gesicht und legte beide Hände auf seine Schultern. „Ach Ayko. Weshalb sollte ich dich denn auslachen? Du bist ja schon ein kleiner Held, dass du dir den Mut genommen hast, an solch einem Traum festzuhalten. Und so lange du diesen Traum in deinem Herzen bewahrst, kannst du alles schaffen, wirklich alles! Du weißt wovon ich rede“, sprach sie aufmunternd.

„Miceyla, ohne di…“, begann Ayko, doch in seinem rechten Augenwinkel, sah er jemanden herein schreiten.

„Vielleicht lache ich dich ja aus!“, blaffte Genesis, der anscheinend alles mit an gehört hatte. Sie spürte, dass Ayko am liebsten peinlich berührt davon gerannt wäre.

'Wehe, es kommt ein unangemessener Kommentar von dir, Genesis!' , mahnte sie in Gedanken, denn in diesem Fall, würde Miceyla Ayko in Schutz nehmen.

„Pah! Wenn du hier weiterhin deine Zeit mit sinnloser Plauderei vertrödelst, wird sicher niemals etwas aus dir! World Soldier kann nämlich keine verträumten Schwächlinge gebrauchen! Also verschwinde jetzt und widme dich wichtigeren Dingen zu!“, kamen Genesis’ unbarmherzige Worte und seine Augen funkelten voller Hass.

„Wie kannst du nur…“, entgegnete sie kaum hörbar.

Diese kaltherzigen Worte des First- Class, verschreckten Ayko so sehr, dass er ihn anblicken

musste, als sei er sein schlimmster Feind. Er fing jedoch Miceyla’s, ihn wieder aufbauenden Blick auf. Er war nicht mehr allein, niemand würde ihn jetzt in die Enge treiben. In der Gegenwart von Genesis fühlte er sich jedoch unwohl und hörte gezwungenermaßen auf ihn, indem er bestimmt zum Aufzug lief. Einen letzten dankbaren Blick wollte er zu Miceyla werfen, doch Genesis stellte sich vor sie. Dies war eine Geste, welche Ayko aufforderte, nun endlich den Aufzug zu betreten.

Sie war fassungslos, über Genesis’ Umgang mit ihm, zwar kannte sie seine kühlen und arroganten Charakterzüge, gemein oder fies war er dennoch niemals.

„Erklärst du mir bitte mal, was das gerade sollte? Ayko hat dir doch überhaupt nichts getan, oder?“, forderte Miceyla nach einer Antwort und versuchte seinen unfreundlichen Ton nachzuahmen.

Wie verwandelt, kehrte wieder die Ruhe und Gelassenheit in Genesis ein. „Ich mag es einfach nicht, wenn Leute zwecklos ihre Zeit verschwenden, du musst mich da verstehen. Komm, lass uns sehen, ob es für uns beide auch wieder etwas zu tun gibt!“, sprach er liebevoll, wobei seine himmelblauen Augen, so schien es, Miceyla in Trance versetzen wollten.

„Du bist sonst nie korrupt zu unschuldigen Personen. Manchmal weiß ich einfach nicht, welche Gründe dich dazu verleiten“, murmelte sie. Was hatte er nur gegen Ayko?

Währen ihre Gefühle nicht so stark, hätte sie anders reagiert.

Zufrieden verließ Genesis mit Miceyla die Versammlungshalle. Sein Plan ging auf, bald würden sich die Wege zwischen ihr und Ayko trennen.

Getrennte Wege

„So langsam geht ihr mir gehörig auf die Nerven, ihr aufgeplusterten Wichtigtuer! Ich sag es euch noch ein letztes Mal, ich will meine ‚Materia’!“

Fünf Soldaten standen um ein Mädchen herum, das versuchte mit fuchtelnden Armen diese abzuschrecken.

„Es würde nichts Gutes verheißen, Materia in den Händen, einer solchen Göre wie dir zu wissen! Du hast außerdem überhaupt nichts hier bei World Soldier verloren, also suche lieber ganz schnell das Weite, sonst…“, sprach einer der Soldaten, der langsam sein Schwert umklammerte, um sich für einen Angriff bereit zu machen.

„Aaaa! Wisst ihr was, ihr hirnlosen Schnösel? Noch viel schlimmer ist es, wenn ihr die Materia bunkert! Ich will den Planeten schützen, vor euren schrecklichen Vorhaben, die sicherlich noch kommen werden! Ich traue euch nämlich nicht…Was ist denn jetzt? Kriege ich meine Materia endlich zurück?“, fragte das Mädchen, ohne Furcht von so vielen Soldaten umringt zu sein.

„Du gehst zu weit, Nervensäge!“, meinte ein Soldat und richtete sein Schwert auf sie.

„Was in Gaia’s Namen geht hier vor?“, wollte Miceyla wissen, die Lautstärke dieses Tumultes hatte sie herbeigelockt. Sie drängte sich zwischen die Soldaten und riss verwundert die Augen weit auf, als sie Yuffie erkannte. „Ich glaube es ja nicht! Yuffie, was machst du denn bei World Soldier?“ In ihrer Stimme lag ein Lachen, dass es zu Yuffie’s Art passte, sich mit größeren Soldaten anzulegen.

„Bin ich froh, endlich jemand der mich versteht und den ich kenne! Zwar werde ich niemals hinter World Soldier stehen, aber hinter dir Miceyla, stehe ich allemal!“, sagte Yuffie mit der Spur von Erleichterung.

„Du kennst das Mädel, Miceyla? Wir fanden eine beachtliche Menge an Materia, die wir logischer Weise gleich sichergestellt haben. Und da kommt ‚die’ doch tatsächlich und behauptet, dass würde alles ihr gehören!“, schimpfte ein Soldat, wobei er einen beschuldigenden Blick auf Yuffie warf.

„Gut, gut. Das reicht mir nun! Es hat keinen Sinn weiter darüber zu streiten, ich kläre das mit ihr allein. Geht jetzt bitte!“, schlichtete sie einen ernsten Streit, der bald auszubrechen drohte.

Mit einem verächtlichen Schnauben ließen die Soldaten von Yuffie ab, die eine Grimasse zog, als diese verschwunden waren. Dann fiel sie erstmal Miceyla um den Hals, um sie richtig begrüßen zu können.

„Yuffie, ich nehme mal an, dass die Materia wirklich dir gehört hat. Ich war neulich auf einer Mission, um Makonite zu bergen, du musst wissen, dass World Soldier diese Ressourcen vor verschwenderischen Personen in Sicherheit bringen will“, erklärte sie der sturköpfigen Wutaijanerin, woraufhin Yuffie nur skeptisch die Augen zusammenkniff.

„Ach, ist das so? Aber gut, deiner Vertrauenswürdigkeit möchte ich Glauben schenken. Du, der eigentliche Grund für mein Kommen, ist allerdings gar nicht die Materia, nein, ausnahmsweise einmal wirklich nicht! Es gibt wichtigeres…Seit einiger Zeit mache ich mir große Sorgen um Vincent. Du weißt genauso gut wie ich, dass er eine sehr in sich gekehrte Persönlichkeit ist und bei Problemen nicht gleich angerannt kommt. Als ich seine Unruhe bemerkte, da er immer öfter wieder Lucrecia aufsucht, konnte ich ein paar Details, bei unserem letzten Aufeinandertreffen, aus ihm herausquetschen. Er sprach von einer Bedrohung, etwas das sich in unsere Welt eingeschlichen hat. Du weißt auch bereits davon, so sagt Vincent. Und dann war noch irgendwas mit dem Lebensstrom, was er erwähnte… Aber, o man, o man! Ich blicke da selbst nicht durch worum es geht, zwar packt mich die Neugierde, doch ich finde, ich sollte mich zurückhalten und es dir überlassen mit Vincent zu reden“, machte Yuffie Ansätze über Dinge, die sich bei ihr in der Unwissenheit widerspiegelten.

Miceyla filterte aus Yuffie’s Worten, die Erinnerungen an die letzten verheerenden Ereignisse heraus und begriff schnell worum es ging. Sie teilte Yuffie’s Meinung, sich nicht da einzumischen, zumindest noch nicht. Ebenso war es besser, dass keine großen Mengen an Personen, Wind von einer neuen Gefahr bekamen. Der Gedanke an unbekannte Dämonen, würde kurzer Hand riesige Panik und das Chaos auslösen. Aufs Neue wurde Miceyla erinnert, woran sie eigentlich gar nicht erinnert werden wollte, sie dachte daran, wie ihr in der Mine alles entrissen wurde. Ihre Gefühle, ihr Geist, mit einer solchen Hilflosigkeit hatte sie vorher noch nie zu tun gehabt. Sie wusste doch von dieser großen Gefahr und warum verdrängte sie dann die Anzeichen, des heraufbeschworenen Dilemmas? Und welche wärmenden Gefühle waren es, die das Böse und ihre Angst überspielten?

„Miiiceeeylaaa! Träumst du? Hast du mir überhaupt zugehört?“, riss Yuffie sie aus ihren Gedanken und machte vor ihren Augen fuchtelnde Handbewegungen.

„Selbstverständlich habe ich mit angehört, was du zu sagen hattest. Ich bin mir über die Ernsthaftigkeit der neuen Probleme bewusst. Ein Ort ist es, den ich anvisieren sollte, an dem ich Vincent sofort finden kann und dann rede ich mit ihm. Länger kann ich meinen Befürchtungen nicht mehr aus dem Weg gehen…“, antwortete Miceyla etwas trüb.

„Schön, viel Erfolg! Ich hoffe doch sehr, dass es nicht allzu ernst ist, worum es auch immer gehen mag! ...Und ach ja, meine Materia werde ich trotz allem wieder sehen, verlass dich darauf! Tschüssie!“, kam ein selbstgefälliger Abschied von Yuffie und schoss pfeilschnell auf den Ausgang von World Soldier zu.

'Yuffie, Yuffie, Yuffie! Aber du hast Recht, am besten ich suche Vincent noch heute auf und spreche mit ihm', dachte Miceyla und überlegte, ob sie World Soldier einfach mal so spontan verlassen konnte. Hier ging es jedoch um etwas, was den gesamten Planeten betraf. Dem Direktor sollte sie besser nicht sagen wohin sie ging, er würde dies nicht akzeptieren.

Sie fuhr nach oben auf die Soldaten-Etage, sie dachte nach und lief dabei ziellos hin und her, die gesamte Etage ab. Ihre Überlegungen brauchten zu lange. Da sah sie Ayko mit noch zwei anderen Soldaten, an seiner Gestik konnte Miceyla erkennen, dass er die beiden einer Missionsunterweisung unterzog. Sobald die Soldaten sich entfernt hatten, lief sie zu ihm hinüber.

„Hallo Miceyla! Wie geht es dir denn, ich hoffe doch gut!“, begrüßte Ayko sie in seiner altbekannten Freundlichkeit.

„Es geht schon…Ich muss dir etwas mitteilen, ich gehe noch heute weg, etwas weiter als sonst und ich weiß nicht, ob ich es schaffe schon morgen wieder hier zu sein. Man kann es als eine Art Mission sehen, wie man das nimmt… Mit einem Freund von mir muss ich reden, aber das kann ich…“, begann sie ihm anzuvertrauen, was sie vorhatte.

„…Niemandem sagen, dass verstehe ich! Das scheint dir sehr wichtig zu sein, wenn mich jemand fragt wo du bist, sage ich…“. Ayko verstummte, als ein Genesis auf ihn zu marschiert kam, erneut lag dieser zornige Ausdruck auf seinem Gesicht.

„Was ist wichtig, Miceyla? Warum gehst du dann zu ‚ihm’? Keine gute Idee, glaub mir! Ayko, was starrst du mich so an? Ich habe keine Lust, dauernd alles wiederholen zu müssen, geh und kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten!“, wies er Ayko zurecht.

„Tut mir leid Miceyla“, flüsterte er ihr traurig zu und verschwand, wobei er Genesis’ scharfen Blick auswich.

Ihr verschlug es die Sprache, wie ging er bloß mit dem unschuldigen Ayko um? Als Miceyla noch nicht bei World Soldier war, ist dies bestimmt anders gewesen. Irgendetwas stimmte da nicht… Sie seufzte, dass die Probleme sie nur so umzingelten.

„Dieser halbstarke zweite Klasse Soldat, kann dir nicht weiterhelfen! Komm zu mir, was immer dir auf dem Herzen liegt“, meinte Genesis und seine einfühlsame Tonlage und sein leidenschaftlicher Blick, zogen sie in seinen Bann.

„Ach Genesis, was soll ich dir darauf nur antworten? Dir ist doch gleichgültig, ob ich mit einem Soldaten, Forscher oder einem meiner Freunde spreche, nur bei Ayko ist das anders, warum? In letzter Zeit verhältst du dich…Wie dem auch sei, ich wollte mich eigentlich um etwas anderes kümmern. Ich muss mit einem guten Freund reden, Vincent ist es, wenn du dies unbedingt wissen willst! Es geht um… Aber natürlich nur, wenn der ‚große erste Klasse Soldat’ mich gehen lässt!“, erklärte sie nun auch ihm, wollte aber den Gesprächsgrund nicht aussprechen. Jedoch konnte Genesis auch so erahnen, worum es gehen musste.

„Klar lasse ich dich gehen, würde ich mich dem etwa verweigern? Ich werde Direktor Karin auf Trab halten, damit er von deinem kleinen Ausflug nichts mitbekommt. Das Schicksal will sicherlich auch, das…“. Da hörte er abrupt auf und kehrte ihr den Rücken zu.

„Was will das Schicksal auch? Genesis!“, wiederholte Miceyla seine Worte und verlangte nach einer Antwort. Ihr gefiel es nicht, dass anscheinend alle um sie herum, ein Geheimnis vor ihr verbargen. Diese Gewissheit machte sie sehr traurig.

Genesis aber, lief schon langsam davon. „Mach’s gut, Miceyla!“, kam ein knapper Abschied von ihm.

Sie wollte keine weiteren Gedanken an ihn verschwenden, sie musste sich darauf konzentrieren, so unbemerkt wie möglich das Gebäude zu verlassen.

Es galt die Höhle von Lucrecia aufzusuchen!
 

Miceyla war an diesem sagenumwobenen Ort, noch nie zuvor gewesen. Der einzige Hinweis den sie verinnerlichte war, dass die Höhle sich in der Nähe von Nibelheim befand. Vincent anzurufen, damit er über ihr Kommen Bescheid wusste, war nicht nötig.

In dem kleinen Dorf Nibelheim angekommen, suchte sie erst einmal Rast und kehrte dafür in die dortige Herberge ein, um erholt ihren weiteren Fußmarsch antreten zu können. Lange blieb sie nicht, nach einer kurzen Weile des Ausruhens, verließ Miceyla das Heimatdorf von Cloud und Tifa wieder und schlug die südliche Himmelsrichtung ein. Immer mehr hohe Berge umringten sie, dazwischen lagen große Täler, manche von ihnen waren dicht bewaldet. Hier und da flossen schmale bis breite Bäche, die ihren Weg kreuzten. Sie vernahm sogar die Geräusche eines Wasserfalls, daraufhin entdeckte sie einen, der von einem Berg in die Tiefe plätscherte. Am Fuße des Wasserfalles, sammelte sich dessen Wasser in einem kleinen See.

Der Himmel war klar und es störten sie nur wenige Monster, was ihr schon fast eine idyllische Atmosphäre einbrachte. Sie suchte die Berge in ihrer Umgebung nach Höhlen ab, konnte aber nirgends eine finden. Ihr Pfad wurde steiler und ihre Füße trugen sie mehr nach Südosten. Geradeaus sah sie dann in dem Gipfel, eines vor ihr aufragenden Berges, einen großen schwarzen Höhleneingang. Der Weg führte Miceyla automatisch zum besagten, breiten Berg, den sie ohne Probleme besteigen konnte.

Zögernd stand sie nun vor dem Eingang der Höhle und nach einer kurzen Verinnerlichung warum sie hergekommen war, ging sie leisen Schrittes hinein. Am Boden strahlten Kristalle, die sich um einen riesigen, in der Mitte emporragenden Kristall sammelten. In diesem leuchtenden Kristall, lag eine wunderschöne Frau eingehüllt, die niemand anderes war als Lucrecia Crescent. Der Boden um diese herum, war mit seichtem Wasser bedeckt, in dem die Spiegelbilder der Kristalle tanzten, wenn ein Wassertropfen von der Decke hinab fiel. Der Kristallschein warf ein angenehmes Licht. Miceyla atmete die kühle und reine Luft ein.

Vincent saß am Boden, den Blick gesenkt, auf das Wasser gerichtet, welches sich immer wider in Bewegung kräuselte. Geräuschlos setzte sie sich neben ihn und betrachtete Lucrecia in ihrem Kristall. „Wahrhaftig, deine Beschreibungen über sie stimmen mit jedem Detail überein“, brach sie in einem sanften Ton die Stille.

Er hob seinen Blick an und sah ebenfalls zu der jungen Frau hinüber. „Manchmal stelle ich mir vor, dass Lucrecia erneut herabsteigt, über das Wasser zu mir gelaufen kommt und sagt, ’alles sei nur ein Traum gewesen, ich bin jetzt bei dir und werde niemals wieder fortgehen’…“, vertraute Vincent ihr seine Vorstellungen an.

„Ich bin nicht anders, oft träume ich auch am Tag, sehe Dinge, stelle mir Sachen vor die anderen verborgen bleiben. Aber was wären wir ohne Träume? Ich wäre nicht ich selbst, hätte ich keine Träume…Sag mal, Lucrecia kann uns hören, oder? Und denken, sie ist nicht wirklich…du weißt schon…“, sagte sie, wobei ihre Augen weiterhin den eindrucksvollen Kristall fixierten.

„Ja, das ist wahr. Doch im Moment, sind ihre Sinne noch verschärfter als gewöhnlich. Sie war es auch, die mir mitteilte, dass du in der Mine Hilfe benötigt hast. Und ich glaube, unruhige Schwingungen im Lebensstrom, sind bis zu Lucrecia durchgedrungen, damit die warnenden Seelen erhört werden“, sprach Vincent langsam, die dem Planeten ihm unbekannte Gefahr an. Erst jetzt blickte er zu der neben ihm sitzenden Miceyla und sah, wie das Kristalllicht ihre Augen zum Leuchten brachte. Es wärmte ihn, eine so gute Freundin zu haben, die solch weiten Weg auf sich nimmt, nur um mit ihm an diesem Ort reden zu können.

„Du meinst also Lucrecia weiß über die Hulax Bescheid?“ Miceyla hatte mit dem Aussprechen dieser Frage zu kämpfen, da sie das Gegenteil hoffte.

„Hulax…heißen so die uns unbekannten Dämonen? Weißt du aus welcher Welt sie kommen, aus deiner nicht, dass ist mir gewiss. Es muss doch etwas geben, was wir unternehmen können. Ich bin allerdings ziemlich ratlos, wie man ein unsichtbares, Seelenverschlingendes Wesen besiegen sollte…“, grübelte Vincent, unschlüssig über zukünftige Handlungen.

Unwohl fühlte sich Miceyla, in dem Gedanken gefangen zu sein, dass sie die einzige war, die über Hulax Bescheid wusste. „Möglichkeiten gibt es immer, eine Sache angehen zu können, egal wie unscheinbar einem die Situation vorkommt. Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn wir uns alle mal treffen würden, mit ‚uns alle’ meine ich uns von AVALANCHE, Cloud’s Gruppe. Am besten im Seventh Heaven, dann kann ich euch allen von den Dämonen erzählen, was ich so darüber weiß. Auch wenn ich das nicht wirklich gerne tu…“, schlug sie vor und war davon überzeugte, dass ihr Einfall Sinn machte.

Vincent nickte, während er sich langsam erhob. „Das ist sicherlich besser, als wenn jeder für sich auf einer Lösung herumbrütet. ...Lucrecia, immer wenn ich hier bin spüre ich, dass meine Gefühle für sie geblieben sind. Shelke sagte, ich solle abschließen, doch ist das überhaupt möglich? ...Und wie steht es mit dir?“, fragte er mit einem freundschaftlich, forschenden Gesichtsausdruck.

Miceyla’s Herz schlug schneller vor Freude, dass zwischen Vincent und ihr solch tiefgründige Wurzeln lagen, um so offen sprechen zu können. „Wie meinst du das? Bin ich gekommen, um mit dir über die Liebe zu sprechen? Alles ist wie immer, denke ich zumindest. …Vincent, was soll dieser trügerische Blick, huh? Gibt es etwas, dass du vor mir verbirgst?“, meinte sie mit belustigt, schiefgelegtem Kopf.

„Sag du es mir doch…“, konterte er schmunzelnd.

Sie betrachtete Vincents eiserne Hand, dann nahm Miceyla diese sachte und hielt sie gedrückt. Ihre Gedanken trugen sie fort, fort zu demjenigen, der ihr den Verstand geraubt hatte.

„Gefühle verleiten uns oft Dinge zu tun, denen wir sonst mit gekehrtem Rücken

gegenüberstehen, gib Acht davor… Nun gut, unser Treffen sollte sobald wie möglich stattfinden. Ich bemühe mich darum alle zusammenzutrommeln, hoffentlich auch die Sturköpfe Barret und Cid. Allerdings sollte es jeder als ein wichtiges Anliegen sehen, wieder an der Seite alter Freunde zu kämpfen und sich gemeinsam mit neuen Gefahren auseinanderzusetzen. Versuch du mal nur, Miceyla, dass du deinen Kopf frei bekommst. In Ordnung, meine Liebe?“, stellte er den Plan von ihrem Treffen fest, mit einer Selbstverständlichkeit, wie er normalerweise nie eine Situation konfrontieren würde. Und anscheinend wusste Vincent ganz genau, wie es in ihr aussah.

„’In Ordnung’. In der Gruppe zu reden, wird uns beiden gut tun. Ich gehe dann jetzt mal…und du, kommst du mit?“, fragte sie sanft und wünschte sich, Vincent von Lucrecia’s Höhle lösen zu können. Doch er hielt schon wieder den Kopf, in Richtung des großen Kristalls gedreht. „Ich bleibe noch etwas…Schon bald sehen wir uns wieder“, versprach er, seine rötlichen Augen schienen durch Lucrecia hindurch zu sehen, in die Zeit, in der sie noch lebte.

„Nicht leicht ist es abzuschließen, dass weiß ich selbst…man schafft es einfach nicht, über alles hinweg zu kommen. Bis dann…Vincent“, kam ihr Abschied und war sich darüber bewusst, dass weitere Worte überflüssig gewesen wären. Und so ließ Miceyla die beiden alleine, verließ die Höhle ebenso leise, wie sie diese betreten hatte.
 

In World Soldier schwamm die Zeit fort, so kam es Miceyla vor, in den letzten Tagen seit sie in Lucrecia’s Höhle gewesen war. Sie fühlte sich unter ständiger Beobachtung, sobald sie ein paar Worte mit Ayko wechselte, selbst in seiner Nähe. Natürlich war es Genesis der sie überwachte, immer die gleichen unfreundlichen Kommentare und immer dieselbe Verächtlichkeit, mit der er Ayko konfrontierte. Es gab für Miceyla keinen Sinn, wenn sie mit jemand anderen sprach, egal ob Soldat oder Forscher, verhielt sich Genesis ganz normal und gelassen. Und warum bei Gaia, war dies bei Ayko nicht der Fall? Er wich sogar jeglichen Augenkontakt mit ihr aus und zwang sich zu einer Beschäftigung, immer in der Angst, ein Genesis könnte ihn bei Miceyla erwischen und blöd anmachen. Das alles hielt sie nicht mehr aus, sie wollte mit Ayko reden, wann und wo sie es wollte! So durfte es nicht weitergehen, er brauchte sie, ebenso wie sie ihren neuen engen Vertrauten bei World Soldier benötigte. Die ganze Zeit schon nahm sie sich vor, Genesis zur Rede zu stellen. Doch entweder war er nicht da oder aber, wenn sie bereit dazu vor ihm stand, hüllte sie seine schmeichelhafte, gefühlvolle Art ihr gegenüber so sehr ein, dass in ihrem Innern jegliche Wut über sein Verhalten, wie gelähmt war.

Gerade fand sie Ayko, welcher den Trainingsraum verließ, glücklich sah er nicht gerade aus. Demonstrativ lief sie auf ihn zu, der direkt zusammenzuckte als er sie sah und hastig umher blickte, als sei er in einem feindlichen Gebiet.

„Miceyla! Wenn Gen…“, begann er mit erschrockener Stimme, doch sie fiel ihm gleich ins Wort. „Genesis ist auf Mission! Ayko hör mir zu, willst du denn wirklich das es so weiter geht? Also wenn du mich fragst, geht mir die momentane Lage gewaltig gegen den Strich. Ich will endlich den Grund wissen, warum dich Genesis so fertig macht, besonders wenn er dich mit mir sieht!“, sprach sie aufgebracht.

„Nein das will ich nicht, mir geht es da genauso, glaube mir! Langsam habe ich schon das Gefühl, dass Genesis’ Augen mich auch nachts beobachten. Unheimlich…Aber ich habe eine ganz klitzekleine Ahnung, was ihn zu diesem Verhalten treibt…“, gab er zu und sie spürte bei ihm eine noch größere Unsicherheit, die Ayko ohnehin schon besaß.

„Ja, im Ernst? Was ist es denn?“, fragte Miceyla neugierig, auf einen Hinweis hoffend.

„Ach nichts, nichts von großer Bedeutung. Wirklich!“, meinte er darauf, überzeugend klang dies jedoch nicht. Seufzend stellte sie fest, dass sie ihn nicht zwingen konnte, es ihr zu sagen.

„Ich muss die Antworten anscheinend aus Genesis heraus quetschen, etwas anderes fällt mir nicht ein. Noch heute! Das heißt, wenn ich ihn nach seiner Rückkehr noch erwische“, schlussfolgerte sie ernst, musste sich aber ein Lächeln verkneifen, als Genesis’ Gesicht vor ihr erschien. 'Mensch Miceyla, jetzt reiß dich doch mal zusammen!' , dachte sie in einem Gefühlschaos, das sich in ihr breit machte.

„Häng dich nicht zu sehr da rein, ich denke das es nicht allzu viel Sinn mehr macht…Miceyla, ich schätze dich sehr, das weißt du! Ohne dich hätte ich nie erfahren von welch großer Bedeutung es ist, niemals aufzugeben und sich von seinem Mut und Hoffnungen zu trennen. Vielleicht jedoch auf einem anderen Weg…“, sprach er Worte, bei denen ein bedrückendes Gefühl der Trauer, in ihrer Brust ausgelöst wurde.

„Ayko, was willst du mir damit sagen?“, fragte Miceyla leise und hätte ihm am liebsten bei der Hand genommen.

„Du bleibst mir auf ewig eine gute Freundin…Ich habe noch etwas mit Direktor Karin zu besprechen. Besser gehe ich, bevor ‚er’ wieder zurück kommt“, meinte er und lief langsam an ihr vorbei, in Richtung des Aufzuges.

Kraftlos blieb sie stehen, ohne eine Vorahnung, was als nächstes passieren würde.
 

Miceyla fand Genesis am selben Tag einfach nicht, zwar hatte sie die Meldung erreicht, er sei wieder da, dennoch war er nirgends zu entdecken.

Der Tag neigte sich langsam dem Ende zu und sie fand es zwecklos, dass Gebäude von World Soldier, noch weiter auf der Suche nach ihm zu durchforsten. Plötzlich kam einer ihrer zweiten Klasse Kameraden auf sie zu gerannt. „Miceyla, er…Ayko…der Kommandant… unten…er will…“. Er war völlig außer Atem und sie konnte ihn kaum verstehen.

„Ruhig, langsam, hol erstmal tief Luft!“, besänftigte sie ihn.

„Ayko, er ist unten im Foyer, er will World Soldier verlassen! Für immer, endgültig! Er sagte, er wäre für das Leben eines Soldaten nicht geschaffen!“

Miceyla’s Herz schien still zu stehen, was hörte sie da gerade? „Nein, dass muss ein Irrtum sein! Unser Ayko würde doch nicht…!“, versuchte sie sich vom Gegenteil zu überzeugen, wobei ihre Stimme an zu zittern fing.

„Das ist es aber nicht! Miceyla, es bleibt nicht mehr viel Zeit! Ich konnte nicht an ihn herankommen, aber du, ihr seit Freunde. Du musste ihn dazu überreden hier zu bleiben!“, trieb er sie an, es ihm endlich zu glauben.

Sie schluckte tief. 'Ayko, tu das bitte nicht!' , betete sie in Gedanken und stürmte zum Aufzug. Mindestens zehn Mal drückte sie, doch er kam einfach nicht. Warten hielt sie jetzt nur auf und so nahm Miceyla die Treppe und flog die Stufen regelrecht hinunter.

Geriet nun alles aus den Fugen? Und tatsächlich, sie sah Ayko der durch den Ausgang von World Soldier lief, mit gepacktem Koffer und seinem Schwert, welches auf dessen Rücken klemmte.

„Ayykooo!“, schrie sie durch das gesamte Foyer und zog damit die Aufmerksamkeit aller Passanten und Angehörigen von World Soldier auf sich, was ihr aber völlig egal war.

„Ayko, was hast du vor?“, fragte Miceyla panisch, als sie ihn im Freien erreicht hatte.

Langsam blieb er stehen, senkte den Kopf und wusste, dass seine neue Freundin eine Erklärung verdiente, warum er gehen wollte. „Es ist besser so, schon bei Shinra hatte es nicht funktioniert. Ein nichtsnutziger Schwächling bin ich, ja das stimmt. Ich bin einfach nicht dazu bestimmt, ein Soldat einer Eliteeinheit zu sein. Mir fehlt es an Willensstärke, mit der Zack und du gesegnet worden seid…Also was will ich hier noch länger?“, teilte er ihr mit und klang dabei so als wolle Ayko alles aufgeben, seine Träume, sich selbst, einfach alles.

„Was sagst du denn da? Ist dir nun jeder Funken Mut entrissen worden? Ob du es glaubst oder nicht, auch ich zweifle oft, schaffe es aber immer wieder dank meiner Freunde und Träume, nach vorn zu blicken! Und du wiederholst die Worte von Genesis…er trägt Schuld daran, dass du nun schon so weit gehst uns zu verlassen! Wahrscheinlich hat er dich hinter meinen Rücken, so lange in die Enge getrieben, bis du von World Soldier fort gehen wolltest! In dir sieht er bestimmt einen Konkurrenten, den er nicht dulden kann, jetzt wo er es bis an die Spitze geschafft hat! Oh Genesis, du…du…Aaahh!“, sprudelte die Überzeugung aus ihr heraus, Genesis sei an Ayko’s Hoffnungslosigkeit schuld.

„Gib Genesis nicht die Schuld daran, nicht er ist der Grund weswegen ich gehen will, mit dem wäre ich schon irgendwie fertig geworden…“, meinte er, als wären die ganzen Beschimpfungen der letzten Zeit, einfach an ihm vorbeigerauscht.

Und irrte sie sich da etwa oder nahm er Genesis wirklich in Schutz? „Sag mir, wie geht es jetzt für dich weiter? Was willst du Zalona sagen, dass du aufgegeben hast? Ich dachte du wolltest für sie kämpfen und stark sein, ihr den Mut schenken, dass ihre Krankheit heilbar ist! Willst du, dass ihr gemeinsam in der Verzweiflung versinkt? Einen Traum hattest du, nein, du hast ihn immer noch! Das weiß ich, einen Traum der dir erfüllt werden kann! Ayko, du bist zweite Klasse, Kommandant, besitzt ein gutes Herz, hast einen großen Sinn für Gerechtigkeit und sorgst dich um andere. Du kannst einem Soldaten wie Zack ebenbürtig werden! Ich fühle, dass du dies innerlich verneinst, aber Zack würde das genauso sehen, ich habe ihn schließlich gekannt! Aufhalten kann ich dich nicht, doch ich bitte dich, flehe dich an bei World Soldier zu bleiben…“, suchte Miceyla Worte der Möglichkeit, ihn zurück zu holen. Und als sie stoppte bemerkte sie, wie die Tränen der Gewissheit, Ayko in Zukunft nicht mehr sehen zu können, über ihre Wangen rollten.

Er vermied in ihr Gesicht sehen zu müssen, um nicht von ihrer Trauer angesteckt zu werden.

„Wie soll ich ohne dich bei World Soldier denn weiter machen…“, wisperte sie, da nach einer Weile immer noch keine Antwort gekommen war.

„Du bist außergewöhnlich Miceyla, dich zu vergessen ist unmöglich. Sicher bin ich mir, dass du und deine Freunde es schaffen werden, den Planeten von den Dämonen zu befreien. Für mich muss es einen anderen Weg geben…Dennoch hoffe ich, wir sehen uns einmal wieder…Auf Wiedersehen, Miceyla…“, kam ein knapper Abschied, der allerdings in einem Schluchzen endete.

Sie blickte Ayko hinterher, wie er den Helikopter bestieg, welcher ihn nach Hause bringen sollte. Durch ihre Tränen überfluteten Augen sah sie verschwommen, dass dieser hinfort flog. Miceyla verlor jede Fassung. „Aaaahhh! Neeeeiiiin“, schrie sie und sank kurzerhand auf die Knie. Leise Schritte stoppten dicht neben ihr.

„Es ist nur zu unserem Besten, dass Ayko einen anderen Pfad eingeschlagen hat. So einen unsicheren Bengel können wir bei World Soldier nicht gebrauchen!“, sagte Genesis zufrieden und so gelassen, als wäre er nun von allem Übel befreit.

In ihr kochte alles und sie bekam das Gefühl, wie ein Bomber zu explodieren. Hätte sie ein Schwert parat gehabt, sie hätte es Genesis ohne zu zögern in die Brust gerammt.

Dieser erschrak, noch nie hatte er Miceyla weinen und so voller Trauer gesehen. Erste Zweifel kamen in ihm auf, ob seine Taten richtig gewesen waren.

In diesem Augenblick fühlte sie sich schrecklich einsam und verlassen, sie sah in Genesis’ Augen, die sie auf einmal mitleidvoll ansahen, als wolle er seine soeben gesagten Worte wieder zurück nehmen. Ihr Herz wurde gewärmt, das zu zerspringen drohte.

Schwankend stand sie auf und senkte den Blick, dann fiel sie unaufhaltsam in Genesis’ Arme und weinte dort weiter.

Überrascht legte er seine Arme um Miceyla, jegliche Bereuungen bei ihm lösten sich wieder in Luft auf. Es stand fest, er war der einzige, der ihr jemals solch starke Gefühle schenken durfte.

Wiedersehen in Edge

Die Zeit verflog, die letzten Stunden seitdem Ayko World Soldier den Rücken gekehrt hatte, verbrachte Miceyla allein mit dem Gedanken, zukünftige Missionen und Kämpfe ohne ihn bestreiten zu müssen. Genesis’ Verhalten wandelte sich wie ein Jahreszeitenwechsel, als wäre ihm seine eigenwillige Ader entrissen worden.

Es blieb für sie nicht im Dunklen, dass der Direktor mehr und mehr keine Zeit für die Soldaten hatte und gemeinsam mit ein paar Forschern, sich in die hintersten Kammern von World Soldier zurückzog, stören war strengstens verboten. Was sie allerdings zu hören bekam war, dass angeblich mehr der Dämonen, an den verschiedensten Orten aufgetaucht waren. Keine gute Nachricht für Miceyla.

Während sie gerade durch den virtuellen Trainingsraum lief und Monster lustlos mit halben Einsatz bekämpfte, klingelte ihr Handy. „Hallo Miceyla! Ich hoffe, ich rufe nicht ungelegen an!“ Sie erkannte die freundliche Stimme von Cloud. „Hey Cloud, es tut gut mal wieder etwas von dir zu hören! Und ich freue mich immer über einen Anruf von dir“, versicherte sie erfreut und ihre Stimmung hob sich ein wenig.

„Vincent kam bei uns im Seventh Heaven vorbei und berichtete, dass ihr beide zu dem Beschluss gekommen seid, ein Treffen mit der ganzen Gruppe zu organisieren. Es muss sehr dringend sein, sonst würde er das nicht selbst in die Hand nehmen…Also, wir dachten morgen sei ein guter Tag dafür, die Bar hat geschlossen und Cid konnte sich für diese Zeit, ausnahmsweise mal von seiner Arbeit befreien. Auch wenn er etwas rumgenörgelt hat, er hätte Besseres zu tun, als irgendein Gruppentreffen zu veranstalten…Gut, wenn du damit einverstanden bist, können wir uns dann morgen treffen“, teilte er ihr mit, von dem sie nicht gedacht hätte das es so schnell gehen würde.

„Morgen…in Ordnung, um so früher wir über die neue Gefahr des Planeten sprechen, desto besser“, bestätigte sie und verpasste einen Riesenwurm den Gnadenstoß. Am liebsten wäre sie an der ganzen Sache unbeteiligt gewesen, was Miceyla gar nicht ähnlich sah.

„Geht es dir gut? Du klingst irgendwie…anders als sonst“, meinte Cloud besorgt um ihr Wohlergehen, da er selbst wusste, wie das Soldatenleben an einem zerrte.

„Ach, ich habe momentan einfach nur viel um die Ohren. Das geht vorüber, hoffe ich… Wir sehen uns dann am morgigen Tag, die Zeit ist gekommen der eingeschlichenen Bedrohung in das Gesicht zu blicken!“, sprach sie und ließ wieder innerlich Raum, für die Ängste über die letzten Geschehnisse.

„Ich freue mich auf dich, Miceyla!“ Das war der Abschied, der ihr Telefonat beendete.
 

Die Stadt Edge hatte sich verändert, sie wurde noch weiter ausgebaut. Das Denkmal im Zentrum war restauriert worden. Die Menschen ignorierten das es von Shinra kam, sie akzeptierten es einfach als eine Erinnerung, an die überstandene Meteorkatastrophe. Der Highway wurde komplett erneuert, was einem eine schnelle Verbindung zu anderen Städten oder Gebieten ermöglichte.

Genesis stieg aus einem Zug, der gerade in Edge anhielt. Forschend beobachtete er sein Umfeld, lange war er nicht mehr hier gewesen. Der Himmel war grau bedeckt, man sah ihn jedoch kaum, da einem die zahlreichen Hochhäuser die Sicht versperrten. Es war erkennbar, dass es an der zügigen Vorangeschrittenheit lag, schnellstmöglich neue Häuser für die wachsende Bevölkerungsanzahl zu errichten, die nur eine eher vereinfachte Baukonstruktion zuließ. Aber nicht nur Edge, sondern auch die Menschen hatten sich verändert, ihnen stand der Stress in deren Gesichtern geschrieben. Sie eilten an Genesis vorbei, ohne dabei wirklich auf ihn zu achten, da man eigentlich erkennen musste, dass er ein Soldat war, welcher World Soldier angehörte. Früher war dies anders gewesen, er hatte in Midgar sogar einen eigenen Fanclub. War es die Angst vor der Zukunft, welche die Menschen in ihren Herzen hegten? Und war ein Leben, ohne die komfortable Makoenergie überhaupt noch möglich? Anfangs dachten alle sie würden es schaffen, doch so langsam sah es nicht mehr danach aus…

Genesis lief durch die Straßen von Edge, bis er schließlich vor einem Haus stehen blieb, dessen Schild er etwas genauer begutachtete. `Seventh Heaven` stand darauf geschrieben. Er musste sich durchfragen, um diese Bar finden zu können, doch er erhielt verschiedene Wegbeschreibungen und war letztendlich gezwungen gewesen, seinen Weg alleine zu finden. Wie es schien war heute Ruhetag und die Tür war daher verschlossen. Nirgends eine Klingel zu entdecken, also klopfte er ein paar Mal energisch, um gehört zu werden.

Nach einem Augenblick wartend, öffnete eine junge Frau mit schwarzen Haaren die Tür.

„Miceyla, bist du etwa schon da? Wer…“. Sie verstummte, als sie den Soldaten vor der Tür stehen sah.

„Sie ist also noch nicht hier? Macht nichts, sie wird sicher bald kommen“, registrierte Genesis, ohne den musternden Blick der Frau wirklich aufzunehmen. Keine Erlaubnis kam dafür, dennoch trat er einen großzügigen Schritt hinein. „Auch mich geht die Sache etwas an. Ich suche nach dem Verständnis, gewisser Ereignisse der Vergangenheit. Nach Antworten, die uns in die Zukunft leiten“, murmelte er und sah sein Fehlverhalten einfach einzutreten, als gleichgültig an.

Die Frau war verwirrt, was dieser Soldat hier wollte und zögerte, ob sie ihn wieder hinausschicken sollte. Irgendwie meinte sie, den jungen Soldaten in erster Klasse Uniform, schon einmal gesehen zu haben.

„Tifa! Wer ist denn da gekommen?“ Ein muskulöser, großer Mann tauchte auf und blickte fragend von Tifa zu Genesis und wieder zurück. Doch die zuckte nur mit den Schultern.

„Was willst du hier? Ein Soldat…von World Soldier, huh? Dann traue ich dir sowieso nicht! Pah, ich werde dir eine Lektion erteilen, die dich lehren soll, nie mehr ein Haus ohne Aufforderung zu betreten!“, grummelte der Mann und Argwohn funkelte in seinen Augen.

„Warte auf Miceyla, wir kennen uns. Sie wird euch sagen…“, begann Genesis in einem ruhigen Ton.

„Ich warte auf nichts und niemanden! Du hast mich wütend gemacht!“, kam ein lauter Konter und der Mann stapfte auf Genesis zu, bereit ihn hinauszubefördern.

Unbeeindruckt blieb der stehen und zeigte keine Spur von Reue.

„Nicht Barret!“, rief Vincent, welcher herbeikam und Barret davon abhielt, was er mit Genesis vorhatte.

„Aber Vincent, dieser Soldatenkerl ist keiner von uns, er gehört nicht unserer Gruppe an! Woher können wir wissen, ob wir ihm Vertrauen schenken dürfen und ob er auch nichts ausplaudert?“, protestierte Barret bestürzt über Vincents Zurückhaltung.

„Das ist Genesis. So langsam habe ich wahrhaftig das Gefühl, dass ihm das, worüber wir heute hier gemeinsam sprechen, wirklich etwas angeht. Lass ihn bleiben, er ist nicht unser Feind“, meinte Vincent mit keinerlei Absicht dabei, Genesis in Schutz zu nehmen.

„Du hast noch einmal Glück gehabt, Freundchen! Aber ich sage dir, wenn du in irgendeiner Art und Weise negativ auffällst, weißt du ja was dir dann droht!“, brummte Barret drohend vor Genesis.

Tifa schloss die Tür und verschwand mit Barret in der Bar. Bevor Vincent ihnen folgte, wand er sich noch einmal an Genesis. „Wie auch immer du von unserem Treffen erfahren hast, eins kannst du mir glauben, dass habe ich gerade nicht für dich getan!“, gab ihm Vincent zu erkennen und ging ebenfalls, ohne darauf achtend ob Genesis folgte.'Wirklich herzliche Freunde hast du, Miceyla', dachte er über diese Ironie. Natürlich war ihm vorher bewusst gewesen, dass Cloud’s Gruppe ihn nicht mit offenen Armen empfangen würde. Genesis grinste einfach nur.
 

Miceyla saß im Zug der sie nach Edge brachte, seufzend sah sie durch das Fenster schon die Umrisse der Ruinen von Midgar. Sie war spät dran zu ihrem Gruppentreffen, vorher hatte sie sich noch eine Standpauke von Direktor Karin anhören müssen, da sie mal wieder wegen persönlichen Angelegenheiten fehlte. Auch wenn dem nicht ganz so war.

„Wie du willst, aber denke daran, dass du dafür einen Tag Urlaub abgezogen bekommst! Und da ist noch etwas, hat nichts damit zu tun. Nun, weil Ayko nicht mehr bei World Soldier ist, muss ich dringend einen neuen Kommandanten ernennen“, stellte der Direktor klar, dessen intensiver Blick Miceyla wie ein Dorn traf.

„Nein! Für mich bleibt Ayko der allerbeste Kommandant, es kann keinen zweiten geben, der ihn ersetzt und dessen Rolle übernimmt. Und ich bin für diesen Posten nicht geeignet, glauben Sie mir das!“, schoss aus ihr eine Antwort, bei der sie nicht lange die passenden Worte suchen brauchte.

„Ich bin da anderer Meinung…Denke wenigstens darüber nach!“, gab er ihr mit auf den Weg. Doch dies brauchte sie nicht. Sie wollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass Ayko der Ruf der Vernünftigkeit wieder zurück nach World Soldier rief.

Eilig lief sie von den Bahngleisen aus, Richtung Seventh Heaven. Unterwegs traf sie Marlene und Denzel, die mit anderen Kindern auf einem kleinen Spielplatz spielten.

„Hallo Miceyla! Bist du auf dem Weg zu Cloud und Tifa?“, fragte Marlene fröhlich.

„Schön euch beide zu sehen! Und ja, dass bin ich“, begrüßte sie die Kinder.

„Weißt du was? Alle von AVALANCHE sind heute bei uns! Man kann dir ansehen, dass du nicht zum Vergnügen gekommen bist. Momentan habe ich das Gefühl, eine große Welle aus Anspannung liegt in der Luft“, meinte Denzel und wirkte dabei trauriger als sonst. Miceyla war dagegen, dass jetzt schon Kinder Bedenken gegenüber der Zukunft hatten.

„Ich versichere euch, eines Tages wenn das Leben endlich im Einklang mit dem Planeten ist, werden wir uns so oft besuchen können, wie wir nur wollen. Ohne irgendwelche Hintergedanken dabei haben zu müssen“. Für Miceyla klangen diese Worte wie ein unerreichbarer Traum, sie hoffte, wenigstens den beiden damit Mut gemacht zu haben.

Am Haus von Cloud und Tifa angelangt, klopfte sie hastig und ohne lange warten zu müssen, öffnete ihr Tifa, die sie wie immer freundlich in Empfang nahm.

„Ich grüße dich! Komm rein, die anderen sind auch da!“

Sie folgte Tifa hinein und in der Tat waren alle schon in der Bar versammelt. Ihr Blick schweifte in die altbekannte Runde: Cid, Nanaki, Barret, Cait Sith, Cloud, Yuffie, Vincent und Genesis… 'Genesis! Aber warum denn Genesis?' Überrascht wie er von diesem Treffen erfahren hatte, lief sie zu ihm. „Genesis, du bist ja auch hier! Wieso?“

Die Wärme Miceyla’s Anwesenheit, entfachte bei ihm ein liebevolles Leuchten in seinen Augen. „Ich würde auch gerne mithören, was du uns zu erzählen hast“, sagte er leise, während sich Barret neben ihnen räusperte.

„Darf ich den nun doch noch rausschmeißen?“, fragte er, seine Fäuste juckten nach dieser Bereitschaft.

„Lass gut sein, dass wird nicht nötig sein!“, sprach sie sanft, wobei sie nicht von Genesis absah.

„Wie du meinst“, akzeptierte Barret und lief zu Cid, welcher an der Wand angelehnt stand.

Vincent entging nicht der tiefgründige Blick zwischen Miceyla und Genesis, der ein Geheimnis aussprach. Seine Vermutungen fanden dadurch nur Bestätigung.

An einem Tisch saß Cloud zusammen mit Yuffie, auf dessen Schoß Cait Sith saß. Tifa gesellte sich zu ihnen und Nanaki fand einen bequemen Platz, am Boden vor ihrem Tisch. Miceyla blieb stehen, Vincent trat an ihre Seite und nickte als Zeichen, dass sie nun beginnen konnten.

„Hätt’ nie gedacht, dass ich schon so bald, alle Gesichter auf einen Haufen wieder sehen würde!“, kommentierte Cid laut an jeden gerichtet.

„Psst!“, kam es darauf von Cait Sith.

Tief Luft holend hob Miceyla die Stimme. „Ich denke ihr seit alle darüber informiert, welcher Grund uns zusammen gerufen hat“. Jeder in der Runde bejahte dies mit einem Nicken.

„Zu allererst würde ich gerne erfahren, was `ihr` bis jetzt über die fremden, überall auftauchenden Dämonen wisst, ehe ich mich dazu äußere“, fuhr sie fort und hörte aufmerksam darauf welche Infos sie erhielt, da die anderen nichts Konkretes darüber wissen konnten, mit Ausnahme von Vincent vielleicht.

„Nun, da schickt man mal eben ein paar seiner Mitarbeiter in den Wald, um neue Materialien zu beschaffen. Und kommen sie zurück? Nein! Natürlich liegt mir das Wohl meiner Leute am Herzen, daher wollte ich dahinter kommen was los war. Ein alter Mann berichtete mir, der im Wald Kräuter sammeln ging, dass er mit ansehen musste, wie meine Arbeiter von den…ach ich weiß auch nicht wie ich die nennen soll! Geisterwesen, Monster, Dämonen…verspeist worden waren, wenn man dies so bezeichnen kann. Auf jeden Fall fehlt jede Spur von ihnen“, erzählte Cid mit gespaltenen Gefühlen.

Miceyla, die seinen Bericht aufgenommen hatte, sah die anderen an, ob von ihnen weitere Mitteilungen kamen.

Yuffie winkte mit dem Arm. „Zwar bin ich bis jetzt noch nie einem von diesen Viechern begegnet, aber aus den Erzählungen anderer kann ich entnehmen, dass die…Geister unsichtbar sind. Manchmal jedoch, soll man sie auch mal zu Gesicht bekommen. Eigenartige Wesen…Tja, dass ist alles was ich weiß“, sprach Yuffie unbeeindruckt heiter, als ginge es um ein gewöhnliches Monster. Man musste die Erfahrung erst einmal selbst machen, auf eines der Dämonenwesen zu stoßen, um zu begreifen mit welcher Angst man es zu tun bekommt.

„Mehr wissen wir auch nicht wirklich“, meinte Cloud schließlich, als anscheinend niemand mehr etwas zu sagen hatte. Miceyla starrte den Boden an und rief sich das ganze Wissen zurück, was sie in Ghotos über die Hulax gelernt hatte. Damals war es nicht von großer Bedeutung gewesen, es waren Gegner, die man zügig los werden konnte. Doch auf Gaia war dies anders. „Die Dämonen, welche seit kurzem vermehrt auf unserem Planeten auftauchen, nennt man Hulax“, hob sie an.

„Hulax…“, murmelte Barret leise.

„Hulax, halten sich normalerweise an verlassenen Orten auf. Ihre Angriffsweise ist eigentlich ganz simpel, aber unglaublich gut durchdacht, sie huschen unsichtbar um ihre Opfer herum und werden erst kurz vor ihrem Gesicht sichtbar. Dadurch lösen sie einen Schockzustand aus. Hulax ernähren sich von den Ängsten der Lebenden, sie selbst sind die Dämonen Verstorbener…“. Das war es was Miceyla wusste, wie es in der Welt aus der die Hulax kamen um sie stand. Doch hier? Sie hatten an einer erschreckenden Stärke gewonnen.

„…Die Dämonen Verstorbener, also sind es Shinentai!“, schlussfolgerte Nanaki.

„Nein, sie können keine Shinentai sein, da sie nicht aus dieser Welt kommen…Aber ich gebe zu das es nahe liegt dies zu denken“, verbesserte Miceyla Nanaki’s Aussage.

„Was? Und woher kommen die dann bitteschön, wenn nicht von Gaia?“, knurrte Barret, der wahrscheinlich an etwas ganz bestimmtes, aus der Vergangenheit denken musste.

„Es ist so wahnsinnig kompliziert…ich kann auch nicht genau sagen, wie die Hulax hierher gelangen konnten“, gab Miceyla zu, der wieder das stechende Gefühl in den Bauch stach, dass ihr Dasein auf Gaia die Bedrohung herbeigerufen haben könnte, ohne es wirklich zu wollen. Sie warf einen flüchtigen Blick auf Genesis, der den Kopf schüttelte. Wie es schien hatte er erraten woran sie dachte.

„Mir ist aufgefallen, dass Hulax `hier` ganz anders sind. Sie besitzen enorme Kräfte, die einen in Sekundenschnelle in Verzweiflung erstarren lassen…“, fuhr sie fort.

„Man blutet auch extrem stark, als würde die Angst einen innerlich verletzten“, fügte Vincent hinzu. Seine und Miceyla’s Erinnerungen an den Vorfall in der Mithril-Mine wurden wieder aufgefrischt.

„Das ist ja alles schön und gut, was du über diese Hulax weißt Miceyla. Doch was mich brennend interessiert, wie kann man die denn eigentlich besiegen?“, stellte Cid die entscheidende Frage.

„Hulax sind meistens unsichtbar, daher ist es zwecklos sie mit einem Schwert oder Magie zu attackieren, da man sie nicht orten kann“. Miceyla meinte erneut die Worte der schallenden Stimme aus der Mithril-Mine, ums sich zu hören. „…Es sei denn, man trägt ein besonderes Amulett, mit dessen Hilfe ein Angriff der Dämonen früher vorhersehbar ist. Ich war im Besitz eines solchen Amulettes, allerdings muss ich es wiederfinden. Jedoch, es bringt recht wenig wenn nur einer dieses bei sich trägt…“. Sie lief ein paar Schritte zum Fenster und dachte dabei nach, dann blickte sie kurz Yuffie an. „Mir kommt da eine Idee. Ich könnte durch die Hilfe des Amuletts, wenn ich es dann habe, einige Materia mit Magie verzaubern, sodass sie die gleiche Wirkung erhalten“, sprach Miceyla ihren Einfall aus.

Yuffie räusperte sich gut hörbar, um Aufmerksamkeit zu erregen.

„Natürlich Yuffie, du bekommst auch deine Materia wieder zurück. Damit wäre der Kampf gegen die Hulax leider noch nicht vollendet…Es gilt den Ort aufzusuchen, an dem sie in unsere Welt gelangt sind, um einen Fortschritt zu erzielen. Ein Zauberspruch, ein mächtiger, muss gesprochen werden. Er würde die irrenden Seelen zu ihrem Ursprungsort zurückführen und sie von ihren Qualen erlösen. Doch der Zauberspruch wird sozusagen `auf `jemanden gesprochen, dieser muss dafür sein Leben opfern…“, endete Miceyla mit geschlossenen Augen.

Jeder im Raum kommentierte ihre Worte mit einem nachdenklichen Schweigen.

Tifa sorgte sich um die gesamte Situation. „Aber…es kann doch nicht sein, dass es keine andere Lösung für alles gibt…“, sagte sie mitfühlend.

„Nun, bis jetzt ist mir noch keine Alternative entgegen geflogen“, gab ihr Miceyla zu wissen. In ihrem Kopf schwirrten die ganzen wirren Gedanken umher und wollten einfach keine geordnete Schlussfolgerung ergeben.

„Wenn ihr mich fragt, haben wir nun einen Plan. Miceyla besorgt uns ihre spezielle Materia, dann zeigen wir es den unsichtbaren Biestern! Wir suchen den besagten Ort, hauen alles kurz und klein, noch Miceyla’s Zauberspruch und die Sache wäre ein für allemal gegessen!“, sprach Barret mit einer gewaltigen Euphorie.

Fast schon musste sie schmunzeln, seine theoretischen Vorstellungen sollte er erstmal in der Praxis umsetzten.

„Wir können es schaffen! Wir können es schaffen!“, rief Cait Sith mit Begeisterung für ihr bevorstehendes Abenteuer.

„…Gemeinsam!“, fügte Cloud hinzu. Der Rest murmelte Zustimmung.

Dieser Optimismus machte Miceyla Mut und schenkte ihr das großartige Gefühl neuer Kraft, an der Seite solcher Freunde kämpfen zu dürfen.

„Gut Leute, ich muss dann mal wieder los. Luftschiffe bauen sich nicht von alleine!“, kündigte Cid seinen Abschied an, der sicher war, dass alles Nötige besprochen worden sei. Langsam löste sich die Gruppe auf und Genesis kam mit einem Lächeln auf den Lippen zu Miceyla getreten. „Siehst du, der Weg zu unserem Ziel liegt vor uns ausgebreitet, wir müssen ihn nur mit dem richtigen Mut und Klugheit zu betreten wissen. Bewahre die Hoffnung in deinem Herzen, dann wirst auch du daran glauben“, sagte er auf sanfte Art, die er nur bei ihr anwendete.

„Genesis, vergiss nicht, dass Ziel ist noch lange nicht in Sicht“, erinnerte sie ruhig und bemerkte gar nicht, dass Vincent ebenfalls neben ihr stand.

„Lässt du mich mal bitte mit Miceyla alleine reden?“, fragte Vincent, eine ungewohnte Ungeduldigkeit lag dahinter.

„Natürlich, als würde ich dies einem `guten Freund` von ihr verwehren! Wir sehen uns dann bei World Soldier, Miceyla“, willigte Genesis ein. Sanftmütig wie ein Engel verließ er die Bar und blickte sie noch einmal durch das Fenster an.

„Was gibt es, Vince?“ Mit einem Auge schien sie noch Genesis nachzublicken.

„Jetzt sag es mir doch endlich! Glaubst du etwa, du kannst es noch ewig geheim halten?“

Mit diesen Worten boxte Vincent ihr spielerisch gegen die Schulter.

„Sagen? Aber was denn? Ich verstehe nicht!“, meinte sie verwirrt.

„Ach so, du hast dich also ohne es zu merken in Genesis verliebt…“. Es amüsierte ihn, dass diese Tatsache sie völlig überrumpelte.

„Waaas, ich Genesis lieben? Wie kommst du darauf? Ich…“, platzte es empört aus ihr heraus. Prüfend legte er den Kopf schief und schließlich gab sie nach. „Ja es stimmt, ich habe mich in ihn verliebt…ist das so offensichtlich? Owei…Ach Vincent, was soll ich tun? War es ein Fehler, ich meine ausgerechnet Genesis…“, seufzte Miceyla und war froh, dass er ein so offenes Ohr für sie hatte.

„Man kann sich es nicht aussuchen, in wen man sich verliebt, das übernimmt unser Herz für uns. Ich glaube aber, dass dich deine Gefühle überwältigt haben. Sie versuchen dich aus dem Gleichgewicht zu bringen…Verliere die Gefahr, welche uns umgibt nicht aus den Augen“, antwortete er ernst.

„Soll das bedeuten, ich muss mich gegen diese Liebe entscheiden?“ Ob Miceyla dazu überhaupt befähigt wäre?

„Es sind deine Entscheidungen, die du treffen musst. Ich kann dir nur Ratschläge von meinen eigenen Erfahrungen geben. Und bedenke, Genesis ist nicht der einzige, der dir sein Herz geschenkt hat…“, erinnerte er sie.

Erstaunt sah sie ihn an, anscheinend sprach Arjen wesentlich öfter mit Vincent als gedacht. Obwohl Arjen sich vorgenommen hatte, von Gaia fern zu bleiben.

„Ich werde auf mein Herz hören und mein Herz hat längst entschieden…“, sagte Miceyla und lächelnd faltete sie die Hände zusammen.

Folge deinem Herzen

Miceyla lief am Ufer eines kleinen Sees entlang. Von einer Felswand plätscherte friedvoll ein Wasserfall hinab, der das Wasser in einem kräftig strahlenden blau betränkte. An beiden Seiten des Wasserfalls, war die Felswand mit glühend roten Blüten überwuchert. Die Wasseroberfläche bedeckte ein gemächlich kräuselnder Nebel, der die Farbe von sanftem lila zu silbern wechselte.

Sie liebte diesen Ort, der seit sie ihn das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte, sich einen Platz in ihrem Herzen verdiente. Den Wald in dem sich dieser mystische See befand, wollte Miceyla hinter sich lassen. Schneller lief sie, gespannt, wie es dahinter aussah. Am Waldesrand angelangt, erblickte sie am Horizont auf einem Hügel ein gewaltiges Schloss, das von zwei schwebenden Bergen im Hintergrund eingerahmt wurde. Vor ihr erstreckte sich eine weitläufige Wiesenlandschaft, mit den unterschiedlichsten Blumen und Pflanzen. Etwas weiter entfernt, sprang eine bläuliche Katze hinauf zu dem Gipfel eines Felsblockes, die Miceyla neugierig ansah.

Der sanfte Wind wehte ihr viele vertraute Gerüche in das Gesicht. Ihre Empfindungen die weder Wärme noch Kälte verspürten, verrieten Miceyla das sie träumte.

Sie vernahm, wie sich ihr jemand durch das hohe Gras von der Seite näherte.

„Sag, was ist das für ein Gefühl, einen Augenblick in deiner Heimat zu verkehren?“, fragte eine Stimme die Gutmut und Würde besaß.

„Welcher Grund hat dich dazu berufen, mich in meinen Träumen zu besuchen, Arjen?“ Ihre Frage hing wie ein süßer Wolkenschleier in der Luft, ohne ihn zu betrachten suchte sie das großflächige Grün ab. Sie wusste ganz genau, warum Arjen sie ausgerechnet in `ihrer` Welt sehen wollte. Das schlechte Gewissen nagte an Miceyla, dass sie eigentlich hierher gehörte.

„Es ist wie immer, zur Begrüßung konfrontierst du mich als erstes mit einer Frage, huh? Erzähl doch mal, wie ist es eine Soldatin zu sein? Gilt für dich eine raue Struktur, hast du wenig Freiraum? Kannst du deinen magischen Künsten freien Lauf lassen oder verlernst du alles, was ich dir über all die Jahre beigebracht habe?“

Arjens Fragen konnte Miceyla zu einer einzigen zusammenfassen. Nämlich ob sie immer noch der Meinung wäre, dass ihre Entscheidung, ein Leben auf Gaia zu verbringen richtig gewesen war.

Keinen Funken Reue verspürte sie, Arjen sagte doch selbst immer sie solle auf ihr Herz hören.

„Du machst es kein bisschen anders, dass war jetzt mehr als nur eine Frage. Ich erinnere mich noch gut an deine Worte. Erfahrungen sammeln, in das Leben anderer blicken! Vielleicht kann ich das ja sehr gut `woanders`, ob nah oder fern, meinen richtigen Pfad werde ich schon finden“, sprach sie, wobei sie die Süße in ihrem Unterton nicht unterdrücken konnte, als sie in seine schönen grünen Augen sah und die vom Wind verwehten dunkelbraunen Haare, die über sein Gesicht tanzten. Miceyla hatte Arjen geliebt und wie sie dies getan hatte! Während seine Gefühle für sie unverändert geblieben sind, waren beide doch zu dem Endschluss gekommen, dass eine Liebe zwischen zwei Lucassenern niemals gut gehen konnte.

„Verstehen werde ich dich immer, dass weißt du hoffentlich! Siehst du mich denn ewig als einen großen Bruder an, einen der dich durchs Leben führt, der sagt was richtig und was falsch ist?“, fragte Arjen, obwohl er es zu akzeptieren schien.

„Ich kann es dir nicht sagen…doch bitte, wenn du in irgendeiner Weise eine Ahnung hast, ob eine Chance im Kampf gegen die Hulax besteht, teile es mit mir! Wie soll ein Sieg möglich sein, wenn nur ich die einzige von ganz Gaia bin, die ihnen in der Vergangenheit schon einmal gegenüberstand. Vielleicht ist alles zu spät. Grausam die Vorstellung, dass der Planet vollkommen mit Hulax befallen ist. Eine Seele nach der nächsten trifft auf ihr Verderben…“,sagte sie mit einer Stimme, die immer mehr in einem Flüstern unterging.

Sorglos trat Arjen durch das hohe Gras, welches sich spaltete.

Direkt neben Miceyla blieb er stehen und betrachtete das vor ihnen ausgebreitete Ambiente.

„Du bestreitest gerade dein eigenes Abenteuer, da gehört es dazu Lösungen selbst zu finden. Habe aber keine Sorge, ich werde dich leiten, denn du musst die wahren Pfade der Dunkelheit kennen lernen. Sonst bleibt Kristall Omega verwehrt“.

Miceyla machte große Augen. „Der Zauberspruch Kristall Omega…!“, wiederholte sie, in leichter Ehrfurcht vor solch mächtiger Zauberkunst. War es tatsächlich die einzige und letzte Möglichkeit, mit diesem Zauberspruch eine Odyssee aufzuhalten? Und war Miceyla es, die ihn sprechen sollte? Sie hatte ihn ja noch nicht einmal erlernt…

Plötzlich wurde das Schloss in der Ferne durchsichtig und der Himmel färbte sich schwarz. Da hörte sie auch noch eine Sirene, erst ganz leise dann immer lauter, bis es ihr in den Ohren wehtat. Neben Miceyla löste sich Arjen auf, allmählich verschwand er ganz.

„Halte deinen Mut und deine Träume aufrecht, sie werden dir helfen die Zukunft zu meistern“, waren seine letzten Worte.

„Nein! Arjen warte!“, rief sie, die eigentlich auf mehr Antworten gehofft hatte. Jedoch war sie nun alleine im Nichts, mit dieser dröhnenden Sirene, welche Miceyla aus der Traumwelt zurückrief.
 

Miceyla riss die Augen auf, dass Bett vibrierte so intensiv war die Sirene.

„Alle Rekruten von World Soldier sofort zum Sondereinsatz aufbrechen!“, ertönte eine Durchsage. Man konnte annehmen, als Forderung eines Notfalles. Miceyla die vor wenigen Herzschlägen noch in ihren Träumen gefesselt war, sprang nun hellwach vom Bett und zwängte sich hektisch in ihre Soldatenuniform. Es war früher Morgen und der Tag nach ihrer Gruppenbesprechung in Edge.

„Alle Rekruten von World Soldier sofort zum Sondereinsatz aufbrechen!“ Sie zuckte bei der Wiederholung der Durchsage zusammen und sortierte ihre Gedanken, welcher Notfall es wohl sein könne. „Meine Güte! Ist Yuffie etwa vorbei gekommen und hat sich den gesamten Materiavorrat unter den Nagel gerissen?“ Diese Ironie baute sie auf um vorbereitet zu sein, was immer auch kommen mag.

Sie bemerkte nicht, dass auf ihrem Bett das Amulett lag, welches Miceyla benötigte. Arjen hatte es ihr im Traum übergeben. Doch sie war schon die Tür hinaus…

Draußen blinkten Warnlichter im Takt mit der Sirene. Die meisten der umherhetzenden Soldaten und Infanteristen sammelten sich an einem Punkt, nämlich bei dem Aufenthaltsplatz dieser Etage. Dort stand Direktor Karin, völlig zerstreut sah er aus. Er teilte mit einer heftig unterstreichenden Gestik mit, was zu tun war. Nach kurzen unterrichtenden Worten eilten alle sofort zum Notfallslift.

Miceyla ließ die ganze Aufregung kalt und schritt normalen Tempos dem Direktor entgegen.

„Na das wird aber auch Zeit! Du schließt dich Einheit A an, der größten und wichtigsten Einheit! Beeile dich, sonst verpasst du ihren Aufbruch!“, kam eine barsche Forderung an Miceyla gewandt. Ohne weitere Details preiszugeben, lief er an ihr vorbei.

„Warten Sie! Dürfte ich vielleicht erfahren, worum es sich bei diesem `Sondereinsatz` handelt? So viel Zeit muss sein!“, meinte sie, die keine Lust hatte blind auf eine Mission geschickt zu werden.

Abrupt drehte er sich wieder um und verdrehte die Augen. „War mir doch klar, dass du nicht locker lässt! Du kannst es dir doch bestimmt denken, es geht mal wieder um unsere neuen Besucher, die Dämonen…Letzte Nacht sind unzählige von ihnen in die Stadt Junon eingefallen. Es kam völlig überraschend. Etliche Bewohner mussten ihr Leben lassen, ob sie nun auch zu den Geisterwesen gehören? Ich weiß es nicht…Vermutungen berichteten mir, dass die Kreaturen aus der etwas abseits gelegenen Lagerhalle, mit der dazugehörigen, unterirdischen Materia-Höhle gekommen sein sollen. Dort wird nur noch wenig gearbeitet, liegt teilweise auch daran, dass einiges an Mako aus der Erde kommt. Man wollte erst gar nicht in Versuchung kommen, diesen Ort als Mako-Förderanlage zu verwenden. Tja und alle die in besagter Nähe waren, sind ebenfalls…Ach wie auch immer! Fakt ist, dass spontane Evakuierungstruppen, Kampfroboter zum Einsatz geschickt haben. Doch sie zeigten leider keinerlei Nutzen gegen die Dämonen, ganz im Gegenteil! Sie fingen an verrückt zu spielen und richteten dadurch nur noch größeren Schaden an. Nun gut, verliere keine Zeit mehr! Breche auf zu besagter Lagerhalle und zeige den Untoten, was es heißt sich mit einem Mitglied von World Soldier anzulegen!“, erklärte der Direktor ihr den Einsatz mit siegessicherer Miene, als ob World Soldier immer die Oberhand gewinnen würde.

Alle Alarmglocken in Miceyla waren auf absolute Warnbereitschaft getrimmt.

Hatte Direktor Karin den Verstand verloren?

„Direktor, denken Sie noch einmal nach! Sie begehen einen großen Fehler! Oder glauben Sie wirklich `wir` hätten eine bessere Chance gegen die unsichtbaren, angstverzehrenden Geister? Man sollte zuerst mal ihren Angriff vorhersehen können und das geht nur mit verzauberter Materia und einem Amulett…Überlegen Sie, für was Sie sich entscheiden wollen, Irrsinn oder Strategie?“, versuchte sie ihn zu überzeugen, den Tiefpunkt des Chaos zu umgehen.

„Miceyla Lucassen! Versuche nicht dich da rauszureden! ...Willst du dich etwa Ayko anschließen?“, fragte er argwöhnisch, wobei sie wusste was er ihr damit sagen wollte.

„Nein `Sir Karin`, dass will ich ganz bestimmt nicht…“, antwortete sie kleinlaut. Würde sie zu diesem Zeitpunkt das Handtuch werfen, wäre jede Hoffnung verloren.

„Gut so, dass du vernünftig bleibst! Die Sache steht fest, enttäusche mich ja nicht! Ich kann nicht länger auf Genesis zählen, der seinen Missionsplan nach belieben selbst festlegt. Ich weiß, er gehört der ersten Klasse an, dennoch sollte er seine Eigenwilligkeit etwas im Zaum hallten. Die Zeit drängt, mache Junon und alle anderen stolz, dass es nun World Soldier gibt“, gab der Direktor das Schlusswort zu ihrer kleinen Diskussion.

Miceyla konnte daraus entnehmen, dass Genesis an diesem Einsatz nicht teilnahm. Und sie meinte, einen Funken von Unsicherheit in den Augen des Direktors gesehen zu haben.

Nun verließ auch sie mit dem Lift die Etage, ohne jegliche Eile kam sie im Foyer an. Ihre Einheit war versammelt, einige traten schon aus dem Gebäude heraus. Ihr Magen drehte sich um bei der Erkenntnis, wie viele Soldaten das doch waren. Allein im Foyer befanden sich bestimmt um die fünfzig zweite und dritte Klasse-Soldaten. Da war keine Besorgnis oder dergleichen bei ihnen festzustellen, nein! Ihre Aura strahlte eine ungeduldige Kampflust aus.

„Pah! Das ist endlich mal die Gelegenheit um zu beweisen, dass ich in die `erste Klasse` aufsteigen sollte!“, meinte einer von ihnen selbstbewusst.

„Verstehe gar nicht, warum alle so einen Wind um ein paar Geister machen!“, kam es von einem anderen verachtend.

'Oh Genesis, warum kannst du in diesem Augenblick nicht bei mir sein? Und Zack, was würdest du an meiner Stelle tun?' , dachte Miceyla verbittert mit geschlossenen Augen.

Sie bekam keine Antworten.

Es war ihr bewusst, sie stand vor einer Schlacht bei der sie sich weder auf ihr Schwert, noch auf ihre Magie verlassen konnte.

Leviathan- Der Weg zur Einsicht

Eine friedvolle Stille herrschte. In der Ferne lag eine kleine Wohnsiedlung, eingerahmt von vielen Bäumen, an dessen Zweigen Kirschblüten in der Abenddämmerung leuchteten. Den Himmel bedeckten nur wenige Wolken und die untergehende Sonne färbte die Dächer der uralten, traditionellen Bauwerke Wutais in ein rötliches Licht.

Ayko wählte einen Pfad, der so weit wie möglich von den Häusern wegführte. Keine Lust hatte er, auch nur einer Menschenseele zu begegnen. Er brachte es einfach nicht fertig Zalona unter die Augen zu treten, was sollte er ihr sagen? Das Ayko den Kampf aufgegeben hatte, sich selbst? Deshalb wollte er an einen Ort, der ihn von diesem Übel trennte. Und hier in Wutai, Zalonas Geburtsort, war er weit von allen Sorgen weg. Doch war dies die Lösung für seine ganzen Probleme? Er lief immer weiter, seine Beine trugen ihn ohne zu wissen wohin weiter voran, wobei er jede Spur von Müdigkeit verdrängte.

Erschrocken merkte Ayko, dass er in Wasser getreten war und machte einen wackligen Schritt zurück. Vor ihm lag ein großer See, in dem das Spiegelbild der Abendsonne schwamm. So weitläufig war der See, dass er noch nicht einmal am Horizont sein Ende ausmachen konnte. Seufzend nahm er den Weg am Seeufer und balancierte über etwas schwankende Trittsteine.

„Ach Zalona, wie sehr du doch Wutai vermissen musst…“, murmelte er in Gedanken an seine kranke Freundin.

Auf einmal schwappten Wellen über die Steine und durchnässten seine Füße. Verwundert huschte sein Blick auf den See, dessen Tiefe er nur schätzen konnte. Woher kamen Wellen von solch ruhigem Gewässer? Er wollte schon seinen ziellosen Weg fortsetzten, da schoss plötzlich aus mehreren Stellen des Sees Wasser in die Luft und sammelte sich zu einem gewaltigen Geysir zusammen. Schockiert von diesem unerwarteten Ereignis hätte Ayko beinahe den Halt verloren, er konnte gerade noch rechtzeitig sein Gleichgewicht wieder finden, als er in den See zu fallen drohte. Die einzelnen Wasserbänder, die den Geysir von allen Seiten nährten, begannen in schlangenartiger Verbundenheit zu leuchten. Leviathan der Ayko’s Kettenanhänger zierte, hob sich glühend in Richtung des Geysirs von seinem Hals ab.

„Was passiert hier?“, fragte ein völlig erstaunter Ayko und hielt die Luft an.

Aus dem Kopfe des Geysirs erschien der Kopf eines Drachen, der seinen langen schlängelnden Körper zurück in das Wasser zog. Der Geysir wurde immer kleiner und kleiner, schließlich verschwand er ganz. Was war das bloß?

Für einen Wimpernschlag beruhigte sich das Wasser. Länger auch nicht, denn da tauchte der Wasserdrache erneut auf und nahm eine schwebende Position dicht über der Wasseroberfläche ein.

„Le-Leviathan!“, erkannte Ayko stotternd die Gestalt. Seine Augen sahen aus wie zwei Monde, so weit vor Ehrfurcht aufgerissen, vor einem solch eindrucksvollen Wesen.

Die rot-grünen Augen des Drachen strahlten Klugheit und Erfahrung von uralten Zeiten aus.

„Die Melodie des Wassers hat mir von deinen vielen Sorgen erzählt, die du mit dir herumträgst, Ayko. Der Schicksalswillen hat dich hierher geführt, willkommen heiße ich dich in meinem Reich." Während Leviathan mit kräftiger Stimme sprach, kam sein mit funkelnd scharfen Zähnen bestücktes Gebiss zum Vorschein. Verängstigt versuchte Ayko vergebens auf den spärlichen Trittsteinen zurück zu treten, gleichzeitig wurde er aber auch von Neugierde gepackt, dass Leviathan seinen Namen kannte. Und wie es sich danach anhörte, noch etwas mehr als nur das…

„Es…es ist mir eine Ehre!“, sagte Ayko und neigte etwas den Kopf, darum bemüht den Augenkontakt dabei mit ihm zu halten.

Leviathan sah ihn eindringlich an und schwieg für eine Weile. „Deine Selbstzweifel bohren sich tief in dein Herz. So sprich es aus, warum du dich von deinen Träumen getrennt hast, die dir bislang die Hoffnung geschenkt haben“, versuchte der Wasserdrache die Barriere zwischen Ayko und seinem Mut zu brechen.

Dieser schüttelte kräftig den Kopf. „Es ist alles für mich vorbei. Ich muss einsehen, dass ich jeglichen Sinn für Hoffnungen verloren habe. Als Schutzgott Wutais hast du bestimmt wichtigere Angelegenheiten, als dich um mein Schicksal zu sorgen“, sagte er Leviathan offen in das Gesicht wie er die ganze Sache sah, nämlich als reine Zeitverschwendung. Er dachte mit seiner Aussage würde er auf Zorn bei dem Wasserdrachen stoßen, doch es geschah nichts dergleichen. Stattdessen formten sich seine breiten Mundwinkel zu einem zarten, gütigen Lächeln.

„Durch deine momentane Sicht muss ich wohl anders anfangen…Blicke mein Amulett an, welches du um den Hals trägst. Kannst du dich erinnern, jemals zuvor schon einmal ein zweites gesehen zu haben?“, fragte er Ayko, der seinen Kettenanhänger begutachtete. Nun war das Leuchten erloschen.

„Nein. Das ist ein Geschenk an Zalona von ihrer verstorbenen Mutter. Zalona…sie ist meine Freundin, eine schwere Krankheit hat sie ereilt…Ihr Geburtsort liegt hier in Wutai, doch jetzt lebt sie wie ich in Fort Kondor“, erzählte Ayko, ohne dies eigentlich gewollt zu haben.

Der Gesichtsausdruck von Leviathan sah danach aus, als wären das alles keine Neuigkeiten für ihn. „Die Kette die du trägst ist die `einzige` von seiner Existenz und ein Familienerbstück Zalonas Familie, seit der Entstehung Wutais. Das erste Mal wurde ich an jemanden außerhalb ihrer Familie weitergereicht und ich akzeptiere meinen neuen Träger. Zalona hat mit dir eine kluge Entscheidung getroffen. Nur derjenige der mein Amulett trägt, ist in der Lage mich zu rufen. Mich gibt es nicht als Materia. Ist dir bewusst, welche Macht dir damit anvertraut wurde?“

Die Worte des Beschwörbaren wanderten durch Aykos Gedanken, bis zu der Szene aus seiner Vergangenheit, wo Zalona ihm die Kette überreichte.

`Trage sie immer bei dir. Leviathan wird dich beschützen, in jeder Situation, in jeder Not. Du hast es verdient sie zu bekommen und brauchst sie mehr als ich. Wenn du eines Tages der Meinung bist, die Kette nicht mehr für deine Zwecke zu benötigen, musst du mit deinem Herzen einen nächsten Träger aussuchen, dem du sie übergibst. Überstürze dabei nichts, aber ich hoffe, dass Leviathan dich bis dahin eine sehr lange Zeit auf deinen Pfaden begleiten wird.`

Das war es was Zalona ihm dabei nahe gelegt hatte und er bekam das Gefühl, sie würde ihm erneut die Erinnerung daran in sein Ohr hauchen. Bislang hielt Ayko die Kette nur für eine Art Talisman, nun wurde seine Sicht dazu vollkommen auf den Kopf gestellt. Doch was sollte ein solch mächtiger Gefährte wie Leviathan jetzt noch für ihn ändern, wo er sich der Nutzlosigkeit hingegeben hatte?

„Rein gar nichts!“, schrie er die Antwort laut über die endlose Wasseroberfläche heraus.

Dabei begann Ayko an seiner Kette zu zerren, er wollte sie los werden, sie fortwerfen, sich damit von allem befreien lassen. Etwas in seinem Unterbewusstsein aber schien ihn daran zu hindern, was für Ayko ein Rätsel war.

Leviathan ließ es kalt, dass er keinerlei Kontrolle über seine Gefühle besaß und sprach so ruhig weiter wie bisher. „Ich weiß zwar nicht ob du es hören willst, aber ich sage es dir trotzdem. Miceyla ist in Gefahr, sie braucht deine Hilfe. Die Wolken der Finsternis türmen sich über dem gesamten Planeten aus, keinen Funken Licht werden sie mehr durchlassen…“

Eine Welle der Besorgnis überrollte Ayko. „Miceyla…“, flüsterte er.

Ernsthaft dachte er nach, würde sie überhaupt noch seine Hilfe annehmen? Genesis wäre doch bestimmt für sie da…

Ganz gleich, ohne ihn war sie gewiss am besten dran, eine Miceyla meisterte sicherlich jede noch so verzwickte Situation.

„Vergib mir Leviathan, doch sie kann meine Hilfe nicht gebrauchen. Es gibt da jemanden der dies übernehmen wird…Ich werde nun meinen Weg fortsetzten, wo auch immer er mich hinführen mag…“, teilte er ihm abwesend seine Wahl mit die er getroffen hatte.

„Dein Wille, dein Weg. Meine Mächte können dich nicht von deinen Entscheidungen abbringen, aber…“, mit diesen letzten Worten verschwand Leviathan wieder mit einem eleganten Kopfsprung im Wasser. Jedoch an der Stelle wo er gewesen war blieb ein Leuchten, welches sich nach und nach zu einer Gestalt formte. Angestrengt versuchte Ayko in Gedanken, aus dieser Gestalt heraus ein Ebenbild für eine Person zusammen zusetzten, die er so sehr liebte.

„Zalona!“, rief er schließlich als er die unsichtbare Gestalt erkannte, die wie ein Geist über dem Wasser schwebte. Es war ein Ruf der Verzweiflung, einer der sich nach Zalonas Nähe sehnte. Und reflexartig sprang er in das Wasser und wollte zu ihr schwimmen. Doch eiskaltes Wasser stach ihm bis tief unter die Haut und lähmte ihn bei jeder Bewegung vorwärts zu schwimmen. Mürrisch kletterte Ayko zurück auf die Steine und war zornig, zu welch irrsinnigen Ideen er sich mittlerweile besann.

Zalona sah ihn nicht wirklich an, aber als sie zu sprechen begann wurde sein Körper, der so nass wie ein Fisch war, gewärmt wie von weichen Wolken.

„Mein lieber Ayko, ich will dir etwas zeigen…“ Sobald sie geendet hatte verschwand die Wärme und nicht nur das, alles verschwand. Plötzlich hatte er das Gefühl, irgendetwas würde ihm seinen Atem entreißen und zwang ihn nach Luft zu ringen. Seine Hand die Ayko auf dessen bebende Brust legte, färbte sich blutrot. Um ihn herum lag alles in völliger Dunkelheit, er war allein…War er dies wirklich? Nein! Er sah unscharf kreuz und quer umherhuschende Geister, dass waren doch diese Dämonen! Was sollte er tun? Er kroch über den Boden, ans Aufstehen war in seinem Zustand nicht zu denken. Seine Gefühle und Gedanken wurden von einer überwältigenden Angst verzehrt. Etwas von ihm entfernt lag ein Schwert, nicht das Seine… 'Dies war doch…' Es traf Ayko wie ein Blitzschlag, als ihm die Erkenntnis einholte das es gar nicht er selbst war, der an diesem Dämonenverseuchten Ort um sein Leben bangte! Er riss die Augen auf und befand sich wieder in Wutai an der gleichen Stelle beim großen See, Zalona war jedoch verschwunden. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne, ließen das sanft strömende Wasser glitzern.

Ayko erschauderte über seine soeben erhaltene Vision. Der Schock ließ ihm jeden Tropfen Blut in seinen Adern gefrieren.

Er hatte durch die Augen einer sehr guten Freundin gesehen…

Hulax

Mit jedem Schritt, dem Miceyla sich der Lagerhalle in Junon näherte, wuchs ihre Unsicherheit. Es war tiefste Nacht, dichte Wolken bedeckten den Himmel und färbten die nächtliche Umgebung in ein leeres schwarz. Umringt von Soldaten lief sie wie in einem Strom vorwärts. Keiner wagte umzukehren und entgegen diesen Strom zu laufen. Die enthusiastische Lust nach Kampf, die in der Luft lag, kam bei Miceyla allerdings nicht an. Nur sie alleine wusste was ihnen bevorstand. Letzten Endes standen sie vor der Lagerhalle, in der irgendwo eine Materia- Höhle verborgen sein sollte.

Ein Kommandant der Infanteristen, der schon vor Ort war, teilte die angekommenen Einheiten zu ihren Positionen ein. Er wirkte, als wüsste er gar nicht recht was zu tun war. Miceylas Einheit wurde kurzerhand in die Halle geschickt, die nach Industrie und alten Chemikalien roch. Sie rümpfte die Nase und versuchte die unangenehmen Gerüche zu verdrängen. Ihr Schwert hielt sie ein Stück von sich weg, um auf alles vorbereitet zu sein.

„Wir sollten jeden Schritt den wir machen, vorher gut überdenken“, murmelte sie eine Vorsichtsmaßnahme an ihre Kameraden gewandt und sah umher, ob diese auch erhört wurde.

„Schneller sind wir hier wieder draußen, als sich unsere Gegner wehren können!“

Miceyla war darum bemüht, diesen ignoranten Kommentar nicht gehört zu haben.

An den stählernen Hallenwänden flackerte schwaches Licht, welches einem wenigstens teilweise ein Sichtfeld ermöglichte. Ihr war es gleichgültig, was die anderen nun vorhatten und fuhr mit einem rostig quietschenden Aufzug eine Etage tiefer.

Dort war alles ruhig, bis jedoch nach wenigen Schritten ein gewaltiger, spinnenartiger Roboter auftauchte, um den mehrere Drohnen schwirrten. Miceyla war sofort wachsam und hackte dem Roboter drei seiner breiten Fuhren ab, die langsam aber sicher ihr Ziel orteten. Dann wandte sie sich erst einmal den Drohnen zu, deren Schüsse sie konzentriert auswich. Sie verpasste jeder von ihnen, mit nur einem Schlag ihres Schwertes einen Kurzschluss.

Nachdem sie meinte alle Drohnen beseitigt zu haben, bearbeitete Miceyla den Roboter noch mit der Wucht eines ordentlichen Feuerzaubers. Schließlich sackte er ebenfalls zusammen und qualmte von allen Seiten. Zufrieden starrte sie auf den vor ihr liegenden, erledigten Schrotthaufen.

Wie aus dem Nichts tauchte ein zweiter Roboter auf und schoss wie wild auf sie drauf los.

In letzter Sekunde konnte sich Miceyla auf den Boden werfen. Zwar wurde sie nicht getroffen, doch war nun der Hallenboden um sie herum ziemlich durchlöchert, der sowieso schon aus einem morschen, metallenen Gitter bestand. Und es war nur eine Frage der Zeit, bis er einstürzen würde. Darum bemüht das Gleichgewicht geschickt zu verlagern, hielt sie ihr Schwert vor ihr Gesicht, um alle kommenden Schüsse abzuwehren.

Wie des Unglücks Macht so meistens siegte, war der Roboter so klug und bemerkte, wie der Boden um Miceyla langsam nachgab. Also erfasste er sein neues Ziel. Jetzt war es keine Vermutung mehr, der Boden musste nun zusammenbrechen.

Es geschah auch nicht anders, Miceyla krachte samt ihrem Untergrund in die Tiefe, ohne eine Chance noch schnell Halt zu suchen. Sie fiel tiefer und tiefer, als würde sie jeden Moment am Kern des Planeten aufstoßen.

Anscheinend musste sie nach einer Weile dann doch auf neuem Boden aufgeprallt sein, hatte es nur nicht mitbekommen. Vielleicht war sie auch bewusstlos geworden. Was sie auf jeden Fall zu spüren bekam, war jeder einzelne Knochen ihres Körpers, wie sie versuchte wieder auf die Beine zu gelangen. Somit vermied Miceyla alle ungelenken Bewegungen, die ihr vielleicht etwas brechen könnten.

Vorsichtig mit dem Kopf drehend sah sie sich um. Hier sah es nicht mehr nach Lagerhalle aus, viel eher nach einer felsigen Höhle. Die Luft war auch viel reiner, als die Chemikalienverseuchte im oberen Abteil. Ihr blieb nichts anderes übrig als wieder einen Weg nach oben zu finden und stöhnte bei den Schmerzen auf, wie sie in die Höhe blicken wollte, aus der sie gefallen war. Lachend stellte sie fest, dass so etwas natürlich wieder nur ihr passieren konnte und nahm gurgelnd einen Heiltrank.

Während Miceyla den Höhlengang entlang lief, suchte sie die Wände links und rechts nach einem Aufzug, verstecktem Tunnel oder Ähnlichem angestrengt ab.

Um ein Haar hätte sie zu ihrer rechten Seite eine Leiter übersehen, die mit noch wenigem Abstand nach weiter oben, an einem kleinen Loch endete. Welches, man konnte es ja nicht wissen, möglicherweise zu der Lagerhalle zurückführte. Ein Stück müsste sie da jedoch klettern, um dort hinein zu gelangen. Aber allein der Gedanke, von hier wegzukommen spornte sie an.

Sie stand schon auf der zweiten Sprosse, da hörte Miceyla plötzlich wildes Kampfgeschrei und folgte gezwungener Maßen den Gang weiter gerade aus. Ein Schleier aus Panik und Angst hing in der Luft, der sie zum Rennen antrieb. Klar war es gewesen, dass sie hier nicht alleine war. Eine Einheit hatte man gewiss auch hierher, in die Materiahöhle gesendet. Es konnte einfach nur diese Höhle sein.

An Ort und Stelle des Geschehens angekommen, spähte sie über eine große Streitmacht von Soldaten, die mit Blut befleckt und mit ihren Schwertern um sich schlugen. Das Leuchten der Zuversicht in ihren Augen war nun erloschen. Miceyla suchte das Schlachtfeld nach einem Gegner ab, der in diesem Kampf ganz bestimmt die Oberhand gewonnen haben musste, doch vergebens. Nach kurzen Gedankensprüngen verstand, sie welche Szene sich hier gerade abspielte und handelte sofort. Sie versuchte zu retten was noch zu retten war und schnappte nach einem Soldaten, der ihr am nächsten war.

„Komm! Wir müssen von hier verschwinden, den Kampf gegen die Dämonen könnt ihr nicht gewinnen! Verlassen wir diesen Ort ehe es zu spät ist!“, sprach sie hektisch mit Überredungskunst in der Stimme. Sie konnte nicht jeden Soldaten einzeln zum Aufgeben zwingen, dafür fehlte ihr die Zeit. Auch war Miceyla im Klaren darüber, dass sie sich gerade selbst in Gefahr brachte. Nichtsdestotrotz umklammerte sie weiter die Hoffnung niemals aufzugeben, immerhin ging es um ihre Kameraden! Sie zogen alle am gleichen Strang und mussten der Pflicht nachgehen zusammenzuhalten. Egal ob man einen Ausweg sieht oder nicht. Und so zerrte sie den Soldaten mit in die Richtung, wo sie die Leiter gefunden hatte, ohne darauf achtend ob weitere ihrem klugen Rat folgten. Sie zog an ihm, welcher gar nicht wegen ihrer Reaktion reagierte oder etwas sagte.

Da spürte Miceyla erschrocken wie sich der Soldat auflöste, er verschwand einfach. So griff sie in das Leere. Andere, ja fast alle, wurden ebenfalls von der Macht der Dämonen aufgesaugt. Es war zu spät, die Reihen der Hulax waren nun mit neuen, qualvoll verendeten Seelen gesegnet worden.

„Verflucht, nein!“, wollte sie den ihr nicht verschont gebliebenen Anblick, einfach nicht wahr haben. Da gab es nichts mehr was sie tun konnte, nur eines, die Flucht! Sie stürzte ohne jegliche Blicke nach hinten, den Gang zurück und wartete mit rasendem Herzen darauf, dass ihr die Hilfe bringende Leiter in den Blickwinkel fiel. Doch vergebens, Miceyla lief und lief, sie fand diese einfach nicht mehr.

„Das kann nicht sein! Ich habe mir die doch nicht eingebildet!“, sprach sie laut und bekam es mit einer Panik zu tun, mit der sie selten, eigentlich noch nie konfrontiert worden war.

Die Hulax waren ihr gefolgt, denn sie verspürte den Sog der Angst, welcher an ihrem Körper riss. Mit einem Barrierezauber versuchte sie alle unvorhersehbaren Angriffe von ihnen, von sich zu halten. Aber der Zauber wurde verschlungen, von ihrer Gier, die Miceylas Angst erlangen wollte. Sie brauchte die große Anzahl an Dämonen erst gar nicht mit dem Schwert zu attackieren, was sie nicht sah, auf das konnte sie auch nicht draufschlagen.

Miceyla schloss die Augen, um den Schockbringenden Gesichtern zu entkommen, die von allen Seiten auf sie zu schnellten. Brachte sie das weiter? Niemals…

Ihr Schwert ließ sie fallen, als ihr der Atem geraubt und alle Erinnerungen über ihre Vergangenheit und Freunde wie aus dem Kopf gesaugt wurden. Krachend fiel sie zu Boden und die Seele des Lebens wurde aus ihrem Körper abgetrennt. Danach war nichts mehr für sie da, sie lag in der tiefsten Dunkelheit.

Ihre Seele wanderte zwischen Leben und Tod umher, in Richtung des Lebensstroms, was sie verwirrte. Wieso war dies so? Miceyla dachte, die Hulax hätten sie nun zu einem der ihren gemacht. Etwas, dass sich nach dem Guten anfühlte, hatte sie noch rechtzeitig abgefangen.

„Miceyla, was machst du denn hier? Hast du allen ernstes schon vor zu sterben? Wundert mich ein wenig. Ha! Zugegeben, dass Leben meint es nicht immer gut mit einem, an manchen Stellen war es auch richtig fies zu mir! Da haben wir ja etwas gemeinsam. Ich muss ehrlich zu dir sein, dich jetzt schon hier bei uns zu haben, fühlt sich einfach nicht richtig an, dass ist zu früh. Du wirst gebraucht und hast noch Großes vor dir! Und denke immer daran, du bist nicht allein! Was ist nun, willst du wieder zurück? Ich glaube, dass willst du ganz bestimmt! Eines Tages sehen wir uns wieder Mira, bis dahin halte deinen Kopf aufrecht“, diese warme Stimme sprach erst kräftig und wurde dann immer leiser, bis sie in einem Lufthauch endete.

„Zack!“, sagte Miceyla in einer Mischung aus Glückseligkeit und Verzweiflung in ihren aufgebrausten Gedanken.

Zacks Geist brachte sie vom Lebensstrom weg und schickte sie dort hin wo sie hingehörte, zurück in das Leben. Und so fiel sie in einen Schlaf.

Nach einem kurzen Schlaf erwachte sie und keuchte hastig, als wieder Luft durch ihre Atemwege strömte und versuchte den verlorenen Atem nachzuholen. Sie tastete über den Boden und fühlte in ein lauwarmes Nass. Mit glasigen Augen betrachtete Miceyla ihre Hand, dass war kein Wasser, sondern ihr eigenes Blut in dem sie lag. Beängstigend viel Blut hatte sie verloren, ein reines Wunder war es das sie überhaupt noch am Leben war.

An der Situation war nichts in Veränderung getreten, die Hulax warteten nur auf einen neuen Versuch, um an ihre Ängste zu kommen.

'Großartig! Jetzt bin ich zurück im Leben, doch wie lange wird das wohl noch so bleiben?'

Da hörte sie etwas, einen lauten Kampfruf und sah wenige Herzschläge später eine Gestalt herbeirennen. Ein Soldat mit schwarzen Haaren.

„Zack, du rettest mich?“, sprach Miceyla krächzend. 'Aber Moment mal!' Ihr am Faden hängendes Bewusstsein wollte ihr doch tatsächlich einen Streich spielen. Als wäre das Zack gewesen, nein, dass war Ayko! Unfassbar, sie sah wie er mit hocherhobenem Schwert angerannt kam, er war es leibhaftig.

Die Erleichterung zerplatzte schnell und Trübsal nahm seine Stelle ein. Waren sie nun beide verloren?

Ayko spurtete seinen Gegnern entgegen und schlug auf sie ein, als könne er die Hulax anvisieren und wüsste über jeden Angriff von ihnen schon vorher Bescheid. Von aufkommenden Ängsten fehlte bei Ayko jede Spur. 'Wie kann das nur sein?' , schwirrte ihr die Frage durch den Kopf. Er schaffte es tatsächlich einige der Hulax zu vernichten.

Immer wenn er einen besiegt hatte, spielte sich vor ihren Augen ein unbegreifbares Sinnbild ab, von dessen Glaubhaftigkeit sie nicht einmal zu träumen gewagt hätte. Es war, als würde sich die verstorbene Seele des Dämons, von dem Lebensstrom herauslösen und in sein eigenes Totenreich zurückgeführt werden.

Ayko kämpfte eine Weile tapfer, scheinbar waren dann um ihn keine Hulax mehr. Erst da eilte er zu Miceyla und kniete an ihrer Seite.

„Oh Miceyla, es tut mir so unendlich leid! Ich bin zu spät, viel zu spät…“, sprach er mit gewaltiger Wehmut und schluckte die Angst hinunter, beim Anblick der Tatsache von Miceylas ganzem Blut.

„Das einzige…was letztendlich für mich zählt, ist das…du jetzt hier bist…Ayko“, gab sie ihm mühsam zu wissen, wobei ihr gesamter Körper vor Schmerzen bebte.

Er sah in die Tiefe des Höhlenganges. „Wo sind die anderen Soldaten, sag bitte nicht das…“, fragte er und erahnte schon ihre Antwort.

„…Doch, wir müssen von hier weg. Es werden noch mehr von ihnen kommen, es sind einfach zu viele!“, schilderte sie ihm den Stand der Dinge.

„Du meine Güte…Ok, Miceyla kannst du…laufen?“, wollte er vorsichtig wissen.

„Ich weiß nicht einmal, ob ich überhaupt in der Lage bin aufzustehen…“, keuchte sie quälend. Er hievte sie sanft mit ganzer Kraft hoch und sie legte einen Arm um ihn, damit Ayko sie stützen konnte. Dabei vergaß er nicht ihr Schwert, welches noch am Boden lag.

Beide nickten und liefen in einem, den Umständen entsprechenden Tempo voran. So wie sich Ayko nach ihren möglichen, düsteren Verfolgern umsah, fiel ihm Miceylas nicht zu übersehene Blutspur auf, die sie hinter sich herzog.

'Zalona, Leviathan, helft mir! Sie wird durch die Anstrengung des Laufens mehr und mehr Blut verlieren, als sie das ohnehin schon getan hat…', sprach er in Gedanken ein stilles Gebet aus und drückte sie fester gegen seinen Körper.

Zur gleichen Zeit wie Ayko schon die heulenden, klagenden Rufe der Hulax hörte, entdeckte er einen verschütteten Tunneleingang. „Hier muss mal ein zweiter Gang gewesen sein, vielleicht sogar ein Ausgang“, stellte er fest. Er selbst war von oben hier hinabgeklettert, er durfte erst gar nicht daran denken, mit Miceyla das gleiche zurück zu versuchen. Es brachte ihn alles nicht weiter, er würde Stunden brauchen um den Gang freizugraben. Einen Blick warf Ayko auf Miceyla, die ihren Kopf auf seine Schulter gelegt hatte, die Augen geschlossen und sie atmete schwer.

„Verzeiht mir alle, ich habe versagt…“, wollte er nun aufgeben.

Sein Kettenanhänger begann plötzlich erneut zu leuchten und er hörte fernes Wasserrauschen. Daraufhin schoss ein gewaltiger Wasserstrahl an den zwei vorbei, gegen den Steinschutt der den Gang versperrte. Die Kraft des Wassers durchbrach den Steinwall und sprengte ihn fort. Der Gang lag jetzt frei.

„Nun lauft!“, erschallte die gütige Stimme des Wasserdrachen.

„Ich danke dir…!“, bedankte Ayko sich für die Rettung, an die er schon nicht mehr glauben wollte. „Sammele deine Kräfte nur noch für ein einziges Mal zusammen, dann haben wir es geschafft und sind von hier weg!“, meinte er aufmunternd an Miceyla gewandt. Beide stapften sie nun durch den pechschwarzen Gang, man wusste nicht wann er enden würde. Ayko jedoch trug neue Zuversicht im Herzen.

Und siehe da, der Tunnel brachte die beiden tatsächlich hinaus. Draußen herrschte immer noch die Nacht. Sehrwahrscheinlich befanden sie sich jetzt genau auf der anderen Seite der Lagerhalle. Ein weicher Waldboden dämpfte ihre mühsamen Schritte, während Ayko sie so weit wegbrachte, bis der Ausgang der Materiahöhle nicht mehr zu erblicken war.

Die Hulax blieben glücklicherweise wo sie waren, in seinem Innern. Er setzte Miceyla sachte hin und lehnte sie an einen mit Moos bewachsenen Felsen an, anschließend ließ er sich neben ihr im Gras nieder. Es brauchte nur wenige Augenblicke, dann waren sie vor Erschöpfung eingeschlafen.
 

Warme Sonnenstrahlen brachten Ayko zum Erwachen, blinzelnd öffnete er die Augen und da waren sie auch schon wieder da, die Erinnerungen an die letzte Nacht. Hastig warf er seinen Kopf herum zu Miceyla, sie schlief noch. Er konnte aber nicht erkennen, dass sie atmete. Ängstlich horchte er an ihr und sah, wie sich ihre Brust ganz langsam und leicht hob und wieder sank. Welch eine Erleichterung, sie war noch am Leben und hatte die Nacht überstanden! Ayko sah an sich selbst hinunter und stellte fest, dass auch an ihm einiges von ihrem Blut klebte. Doch das war ihm völlig gleichgültig. Was zählte war, dass das Leben und ihr Schicksal sie beide vor ihrem nahe gewesenen Ende bewahrt hatte.

Miceyla erwachte neben ihm nun ebenfalls. „Wir befinden uns in einem Wald, habe ich Recht? Und es fühlt sich danach an…ja, ich lebe noch.“ Langsam drehte sie den Kopf und sah ihren guten Freund und Retter an. „Ayko, wir haben es geschafft!“, fügte sie hinzu.

„Es stimmt, aber die Sache hat noch nicht ihre Vollendung erreicht. Wir haben den ganzen Weg nach Kalm vor uns und du brauchst eine vernünftige Behandlung. Selbst mit Vitaga-Sprüchen kommen wir da nicht weiter“, musste Ayko sie leider an den Ernst der Lage erinnern und konnte aus ihrem Blick entnehmen, dass sie an unglaublicher Schwäche litt.

„Darf ich deine Taten und Worte so zusammenfügen, dass es bedeutet, du kehrst nach World Soldier zurück?“, fragte Miceyla hoffnungsvoll.

„Ja, ich habe neuen Mut geschöpft. Vor allem aber durch die Hilfe von jemand ganz besonderen…Die Zukunft ist nicht verloren! Man muss seine Träume und Ehre im Herzen aufrecht erhalten, dass hast du mich gelehrt. Du bringst neuen Wind nach World Soldier, eine alte Tradition von SOLDAT, von meinem Held und Vorbild Zack…Kämpfen werde ich für diese Ehre, für meine Zalona und…für dich! Denn du bist auch mein Vorbild, deine Träume an denen du festhältst, führen dich durch jeden schweren Kampf. Ohne dich wäre mein Selbstvertrauen nicht zurückgekehrt!“, sprach Ayko mit fester Stimme, neue Zuversicht lag darin, wobei er seinen Kettenanhänger mit der Hand umschloss.

„Welch wärmende Worte…“, flüsterte Miceyla und ihr rollten ein paar Tränen der Freude über ihre Wangen.

„Bevor ich es vergesse, ich muss dir etwas geben das dir gehört!“, meinte er und holte unter seiner Uniform ein großes, funkelndes Amulett hervor.

Ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen und sie blickte es an, als sei es der größte Schatz von ganz Gaia. 'Das dritte Auge! Das Amulett, mit dem man die Angriffe der Hulax vorhersehen kann. Kein Wunder, dass Ayko so treffsicher war!' , dachte sie gefesselt und nahm dieses an sich.

„Aber wie hast du…woher…“, begann sie eine Frage, die sie nicht zu Ende bringen konnte, durch ihre Schmerzen und Freude der neuen Hoffnung gleichzeitig gepackt.

Ayko grinste schief. „Sicherlich brennst du darauf zu erfahren, wie ich daran gekommen bin. Tja das war so, ich muss vorab sagen, ich befand mich in Wutai. In Fort Kondor hätte ich Zalona einfach nicht unter die Augen treten können, du verstehst…Gut, und dann erfuhr ich durch eine Vision, dass du in Gefahr sein wirst. Wie es zu dieser Vision kam? Eine lange Geschichte…Wie gesagt wusste ich dann nur von einer Gefahr, nicht an welchem Ort sie dich ereilen würde. Also bin ich auf schnellem Wege nach Kalm geeilt und brachte bei World Soldier in Erfahrung, wo dein Standpunkt war. Meine Güte herrschte dort gähnende Lehre, unzählige Einheiten hatte man wirklich zu ein und demselben Einsatz geschickt. Gerade lief ich dann an deiner Zimmertür vorbei, sie stand einen Spalt weit offen und mein Instinkt sagte mir, ich solle hinein gehen. Auf deinem Bett sah ich das Amulett liegen, ich verspürte ein Gefühl das ich es brauchen würde…Jetzt weißt du es“, erzählte Ayko, wie er das für das Schicksal so kostbare Amulett gefunden hatte.

'Arjen! Oh Arjen, du hast es mir im Traum übergeben ohne das ich dies gemerkt habe,nicht wahr?, kam ihr der plötzliche Gedanke. „…Mit ihm an meiner Seite nun, der erste Schritt ist vollbracht! Da hat es doch echt mal was Gutes, dass ich vergesse meine Türen abzuschließen!“, sagte Miceyla mit Ironie.

„Ja das hat es!“, kicherte Ayko amüsiert.

Sie sah hinauf zu den hohen Bäumen und lauschte den Geräuschen der Natur. „Das es außerhalb von Junon einen solch verwilderten Wald gäbe, hätte ich wirklich nicht gedacht“, kommentierte sie ihre Umgebung.

„Da schließe ich mich dir an, dies ist ein sehr schönes Plätzchen“, meinte er, der ebenfalls angetan war von der grünen Landschaft, wie man sie so nur selten um sich hatte.

„Und sieh mal Ayko! Hier wachsen jede Menge Pilze, besonders sehen sie aus. Wer weiß, vielleicht haben sie ja außergewöhnliche Kräfte? Wir sollten welche sammeln!“, teilte sie ihre Entdeckung mit ihm.

„Also Miceyla, dazu muss ich jetzt echt mal etwas sagen! Sieh dich an, in welchem Zustand du bist. Und du denkst ans Pilze sammeln? Du bist wirklich unmöglich!“, sprach er in einem spielerisch fürsorglichen Ton. Beide brachen darauf in einem schallenden Gelächter aus.

„Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie ich dich bei World Soldier vermisst habe“, sagte Miceyla dann irgendwann, als sich ihre Schmerzen durch das laute und viele Lachen bemerkbar machten.

„Ich glaube langsam wird es auch Zeit aufzubrechen. Bei World Soldier haben alle bestimmt schon damit abgeschlossen, dass ich zurückkehre und du noch am Leben bist. Lassen wir sie das Gegenteil wissen! Ein Genesis sorgt sich gewiss am meisten um dich, dass wette ich…Was ihn betrifft, so werde ich seine arrogante und sture Art, die er meistens an mir rauslässt, einfach ignorieren!“, kamen seine Worte zum Aufbruch.

Miceyla nickte ernst und ließ sich von ihm hochziehen. Da das Befinden ihr das selbstständige Laufen noch nicht erlaubte, stützte sie sich wieder auf Ayko ab.

„Aber ein paar Pilze können wir doch trotzdem sammeln, huh?“, meinte sie belustigt.
 

Beide wussten nicht genau, welche Richtung sie nach Kalm einschlagen sollten, Ayko verließ sich dabei einfach auf sein Gefühl. Er hatte es in der Hand, Miceyla schnellstmöglich zu einem guten Arzt zu schaffen. Es brauchte sicherlich den ganzen Vormittag, bis sie endlich den Wald hinter sich ließen und über eine offene Fläche liefen, eine Mischung aus Gras- und Ödlandschaft. Weit und breit keine Fortbewegungsmöglichkeit, nicht einmal ein Chocobo war in der Nähe. Wenn sie auf Monster trafen, mussten sie diese logischerweise umgehen, was durch ihr gemächliches Tempo oftmals sehr schwierig wurde.

Irgendwann stießen die beiden auf ein Ölfeld, nur ein Arbeiter war dort. Ayko fragte ihn, wo sie sich befanden und brachte in Erfahrung, dass sie genau in die entgegengesetzte Richtung liefen. Aufregung half jetzt nichts. Sie hatten Zeit verloren, aber wenigstens wussten sie nun den richtigen Weg. Unterwegs legten sie öfters kurze Pausen ein, denn durch Miceylas Zustand brachten sie es nicht fertig, die Strecke in einem Stück durchzuziehen.

Weiter liefen sie und immer weiter, nach einiger Zeit versperrte ein breiter Fluss mit einer kräftigen Strömung, ihnen den Weg.

„Großartig! Und wie geht es jetzt weiter?“, kommentierte das Ayko. Den Fluss entlangzulaufen und darauf warten, bis sie eine Übergangsmöglichkeit fanden, konnte ewig dauern.

„Ayko, schau!“, sprach Miceyla freudig.

Er folgte ihrem Blick auf die rechte Seite des Flusses und sah, wie sich das Wasser dort zusammenschloss und von ihrer Seite auf die andere eine Brücke bildete.

Für ihn war es klar, wer das nur gewesen sein konnte und lächelte. 'Du begleitest uns schon den ganzen Weg, habe ich Recht Leviathan?' , sagte er froh darüber in Gedanken.

So wie die zwei den Fluss hinter sich ließen, brauchte es nicht lange, mittlerweile neigte sich der Tag dem Ende zu, da sahen sie in der Ferne die Häuser der Stadt Kalm und das alles überragende Zwillingsgebäude von World Soldier. Eine letzte Station fuhren sie mit dem Zug, dann war es nur noch ein kleines Stück und beide betraten den Eingang von World Soldier. Sofort umhüllte sie die trübe Stimmung, keiner sagte etwas, alle zogen nachdenkliche Gesichter über das, was geschehen war. Anders hatte dies auch keiner erwartet.

Ayko eilte ohne zu zögern, mit der völlig ausgezehrten Miceyla in den fünften Stock, wo sich das Lazarett der Soldaten befand.

Auf dessen Flur lief Genesis wie ein besessener auf und ab, aus dessen Gesichtsausdruck konnte man lesen, dass er in großer Sorge war. Wie er Miceyla sah, kam er gleich auf sie zugestürzt und Erleichterung nahm den Platz seiner Anspannung ein.

„Miceyla! Oh Miceyla! Ich danke dem Schicksal unendlich, du bist am Leben! ...Aber du siehst fürchterlich aus…“, beharrte Genesis und betrachtete sie von oben bis unten, wie blutverklebt sie war.

„Was hast du denn erwartet? Das sie mit glänzender Uniform, einem spiegelnden Schwert und `nem Lächeln des Sieges hier auftaucht?“, meinte Ayko barsch, wie er Genesis` bestürzten Blick sah, bei Miceylas schwer verletzten Anblick.

Genesis ignorierte diese Worte vollkommen, als hätte er sie gar nicht gehört und nahm den Soldaten der sie gestützt hielt, überhaupt nicht wahr. Nun stützte er sie von der anderen Seite und half ihr weiterzulaufen. Erst in diesem Moment registrierte er, wer da eigentlich neben ihr stand und hielt inne. „Augenblick mal… Ayko, was machst `du` denn hier? Ich dachte…“. In Genesis` Augen lag mehr Verwunderung als Argwohn.

„Tja mein lieber erste Klasse General, ich habe mich dazu entschlossen, dass ich nach World Soldier gehöre und werde weiter in seinen Reihen kämpfen! Überrascht?“, berichtete Ayko und funkelte ihn dabei höhnisch an.

Genesis sagte erst mal nichts nach dessen Worten und war einfach nur verdutzt über seinen Ton, dem er von ihm gar nicht kannte.

Wären ihre Schmerzen nicht allzu stark gewesen, Miceyla hätte kichern müssen. Niemand würde es wagen, so selbstgefällig mit dem ehemaligen SOLDAT- Kämpfer zu sprechen. Auch wenn für ihn nicht der gleiche Respekt bestand, wie er damals für Sephiroth galt.

„So, so…sie an…“, meinte Genesis spöttisch, mit zusammengekniffenen Augen.

Miceyla spürte zwischen den beiden, wie es vor Anspannung knisterte. „Hey Leute! Ich stehe auch noch hier und weiß nicht wie lange ich mich noch auf den Beinen halten kann!“, meldete sie sich zu Wort, ihre Beine zitterten, lange konnten sie ihren Körper nicht mehr tragen.

„Verzeih mir, Miceyla!“, meinte Genesis schuldbewusst. Der Situation zuliebe vergaß er mal eben Ayko`s Gegenwart. Und so halfen ihr die beiden Soldaten, dass Lazarett zu erreichen. Dort nahm sie gleich ein Arzt in Empfang und versicherte, er würde sich um alles kümmern. Genesis warf ein Auge auf Ayko und musterte seine ebenfalls mit getrocknetem Blut verschmierte Uniform. „Sieht danach aus, als ob du auch eine Behandlung bräuchtest!“, sagte er dann ziemlich beiläufig.

„Nein, dieses Blut ist nicht das Meine, wenn du verstehst was ich damit meine…“, verneinte Ayko dessen Aussage.

Daraufhin drehte sich Genesis um. „Dann gibt es für uns hier nichts mehr zu tun! Wir können nur hoffen, dass sich Miceyla wieder erholt." Damit verließ Genesis die Etage, ohne Ayko eines weiteren Blickes zu würdigen.

Erlösung

Miceyla schlug die Augen auf. Mehrere Verbände spürte sie auf ihrer Haut, doch beruhigend stellte sie fest, dass sie in einem bequemen Bett, in ruhiger Umgebung lag. Tief atmete sie durch, alles war nun vorbei und tastete noch einmal auf das Amulett um ihren Hals.

„Wie schön Frau Lucassen, dass Sie erwacht sind! Drei Tage haben Sie im Koma gelegen“. Ein Mann in einem weißen Kittel, saß jetzt neben ihrem Krankenbett und füllte sorgfältig eine Spritze mit Flüssigkeit.

„Habe ich etwas verpasst?“, fragte sie den Arzt schläfrig.

"Im Moment nach dem Unglück in Junon, gibt es nicht viel zu verpassen. Sorgen Sie sich darum mal nicht!“, antwortete er nüchtern und verabreichte ihr die Spritze.

Sie verzog das Gesicht, als sie dabei zusah, wie die grünliche Flüssigkeit nach und nach in ihrem Körper verschwand.

„Dank dem speziellen Aufpuschmittel sind Sie bald wieder fit und erhalten Ihre alte Konsistenz zurück. Sie haben Glück, nur Angehörige unserer Eliteeinheit dürfen es einnehmen, wegen der vorherigen Behandlungen und so weiter…“, erklärte ihr der Arzt.

Da war noch etwas, dass ihm auf der Zunge lag. Miceyla merkte es, doch er sagte nichts mehr dazu.

„Das selbe Aufpuschmittel, welches man schon den Mitgliedern von SOLDAT gegeben hatte. Es ist bestimmt genau das gleiche!“, meinte sie und wurde nachdenklich, ob dies Folgen haben könnte. Durch Genesis wusste sie von dem Makoreaktor und man konnte daraus nur schließen, dass auch in diesem Konzern, mit Mako in vielen Bereichen hantiert wurde.

Der Arzt kommentierte ihre Worte nicht, weder eine Bestätigung, noch eine Verneinung kam. Stattdessen kramte er in einem Medikamentenschrank und drückte ihr dann ein Päckchen Tabletten in die Hand. „Hier bitte! Das sollten Sie nun regelmäßig einnehmen. Aber übertreiben Sie es nicht! Das kann nämlich zu verheerenden Nebenwirkungen führen!“, mahnte er.

„Und die wären?“, forschte Miceyla belustigt nach.

„Es kann dazu kommen, dass man wahnsinnig wird und seine Selbstkontrolle verliert“, war die Antwort des Arztes.

„So, so! Na da werd` ich mich mal zusammenreißen und ja nicht zu viel nehmen!“, versprach sie in einem spielerisch, übertrieben ernsten Ton. „Gut, ich fühle mich in der Lage aufzustehen. Ich muss unbedingt mit dem Direktor reden!“, gab sie dem Arzt zu wissen.

„Sieht danach aus, als könnte ich Sie hier nicht weiter festhalten. Dennoch sind Sie unbedingt noch einige Tage, am besten eine Woche vom Training befreit!“

Miceyla hörte ihm nur noch mit einem Ohr zu, während sie schwankend aufstand und in Begleitung eines schummrigen Gefühls das Lazarett verließ.

Den ersten Soldaten der ihr begegnete, fragte sie danach aus, wo sich Direktor Karin befand.

„Der Direktor? Na, nach dem wirst du lange suchen müssen! Der hat sich nämlich verkrümelt, keiner hat ihn mehr gesehen in den letzten Tagen. Scheint so, als wolle er sich davor drücken, der Wahrheit in das Gesicht zu sehen, dass er einen Fehler begangen hat. Seine Soldaten in einen Kampf zu schicken, der schon im Voraus aussichtslos war. Zugegeben, auch von uns wollte das keiner so richtig einsehen. Zwar haben wir eine ganze Einheit verloren, glücklicherweise aber nur `eine` Einheit. Trauern werden wir trotzdem….

Mir kommt da so ein Gedanke, ob der Direktor sich vielleicht irgendwo in der Forschung rumlümmelt. Denn ich habe ihn vor der Sache in Junon, öfters mit einem Forscher rumhängen sehen. Weiter kann ich dir auch nicht helfen, sorry. Weißt du, dass einzige was mich zurzeit aufheitert ist, dass wenigstens eine von Einheit A überlebt hat. Man meinte wahrhaftig, Genesis hätte es jedem einzeln von ganz World Soldier persönlich berichtet…

Es tut gut dich wieder auf den Beinen zu sehen!“, beharrte der Soldat freudig, wenn auch ein leichter Hauch von Niedergeschlagenheit dahinter lag.

„Ich danke dir dafür. Und ich werde den Direktor schon finden!“ Hastig gab sie ihm nach ihrem Dank, eine kopfnickende Verabschiedung, denn sie wurde rot. Genesis schämte sich wirklich nicht dafür, allen zu zeigen, wie wichtig Miceyla ihm war.

Die Forschung also, einen Versuch war es ja wert, mal ein Auge in den zehnten Stock zu werfen. Wie immer, war der mechanische Schließmechanismus aller Räumlichkeiten, dort verriegelt. Eine fürchterlich kalte Atmosphäre herrschte hier. Keine hilfsbereiten Forscher oder Angestellten, die einem gerne Auskunft gaben, wie es in den anderen Etagen üblich war. Weit und breit lag alles in einer gespenstisch, menschenleeren Stille eingehüllt.

Miceyla konnte sich nicht vorstellen, dass noch niemand auf die Idee gekommen war zu hinterfragen, was eigentlich hinter den Toren der Forschung verborgen lag. Mal abgesehen von Genesis und Ayko, von denen sie wusste, dass auch sie sich Gedanken machten.

Nach und nach lief sie die vielen Flure und Gänge ab, wie schon bei ihrem damaligen nächtlichen Versuch einer Spionage und arbeitete sich dabei vor bis zum Übergang des Nachbargebäudes. Jetzt bei Tag wurde ihr noch mal aufs Neue klar, wie viel Raum diese Etage doch fasste, mehr als die anderen. Bei der Planung des World Soldier- Gebäudes, hatte man das sicherlich schon im Voraus berücksichtigt.

Es gab keinen Sinn mehr, ihre Suche war zwecklos. Sie wollte auch nicht nach dem Direktor rufen, als würde eine Antwort kommen.

Da sah Miceyla ihn. Er stand an einer großflächigen Fensterwand und blickte teilnahmslos über die kleine Stadt Kalm hinweg, in die Ferne. Einige Meter von ihm entfernt stand sie nun da und fixierte innig dessen Angesicht. Ihr Vorstellungsvermögen war so weit ausgeprägt, dass sie genau erahnen konnte, wie es in ihm aussehen musste.

„Direktor Karin…Direktor Karin…“, sprach sie leise seinen Namen aus. Keine Reaktion folgte, weiterhin sah er wie gebannt hinaus.

„Der Weg ist kein leichter, wichtige Entscheidungen zu treffen noch viel weniger. Alle machen wir einmal Fehler, gerade in unserer derzeitigen Situation, die wir uns nicht aussuchen konnten“, hob Miceyla an und suchte dabei nach den passenden Worten.

„Darin liegt die Wahrheit, doch eines ist falsch, das ist sicher. Ich hätte es wissen müssen, mein Handeln war ein schrecklicher Fehler. Gerade darum, weil ich mehr weiß als ihr… Vielleicht war es auch die alleinige Wut auf mich selbst…Aber was geschehen ist, ist geschehen! Die Zeit kann ich nicht zurückdrehen, die Soldaten von World Soldier werden mir nicht mehr länger ihr Vertrauen schenken. Das ist nun vorbei…“ Seine Stimme erkannte sie nicht wieder, die Aufrichtigkeit war erloschen. Jetzt hörte man darin nur noch, dass sie angereichert war mit Trauer und Schuldbewusstsein.

Ihr wurde bange zumute, er war die Führungskraft von World Soldier, dass Herz des Konzerns, welches alles mit Bedacht strukturierte. Was wäre nur ohne ihn? Wie würde sich die Lage dadurch noch verschlimmern?

Aus dem Gefühl heraus wollte Miceyla widersprechen. Der Direktor ließ sie jedoch nicht zu Wort kommen, drehte sich nun herum und blickte ihr festen Ernstes ins Gesicht.

„Sprich keine Worte der Vergebung. Ich hätte auf deine Vernunft hören sollen, die ich habe in den Wind geschlagen. Also verdiene ich deine Vergebung nicht! Du hast überlebt, stehst nun vor mir, bereit weiter zu kämpfen, koste es was es wolle. Du besitzt das Herz einer echten Soldatin, gefüllt mit Träumen und Ehre. Dafür erhältst du meinen vollen Respekt! Und genau deshalb ist die Zeit gekommen, dass du von mir die gesamte Wahrheit über die Forschung erfährst, welche vor dir noch keiner zu Ohren bekommen hat. Das bin ich dir schuldig! Doch komm, lass uns an einen Ort gehen, wo wir ungestört sind!“ Schweigend lief er an Miceyla vorbei und führte sie durch den Übergangstunnel, in das Nachbargebäude. Dort am Ende eines langen Ganges, öffnete er mit Hilfe einer Scannkarte, die Tür zu einem kleinen Kämmerlein. In diesem standen deckenhohe Regale, überfüllt mit etlichen Akten und Büchern.

„Hier befinden sich übrigens einige der Geschichtsbücher und persönliche Tagebucheinträge aus unserer Vergangenheit. Dazu zählen vor allem Shinra, SOLDAT und alles was man über die Produzierung von Mako-Energie wusste“, erklärte Direktor Karin ihr, mit der Spur seines alten Tones. Miceyla bekam eine Gänsehaut, bei der Erkenntnis, welch mächtiges Wissen sich hier angesammelt hatte.

Beide saßen nun auf zwei Stühlen, an einem brüchigen alten Holztisch. Bei diesem Raum fehlte jede Spur, von der sonst so eitlen und modernen Innenausstattung des Gebäudes.

„Es geschah alles schon ziemlich früh, bevor einer von euch auf einen der Dämonen gestoßen war. Ich bin sicher, du weißt von unserem Mako-Reaktor, der einzige dessen Funktionstüchtigkeit noch erhalten geblieben ist. Er ermöglicht uns den Antrieb einiger technischer Hilfsmittel und die Herstellung des Aufpuschmittels. Nach der Eröffnung von World Soldier, behielt ich immer ein scharfes Auge auf die Forschung, um alles nach seiner Rechtschaffenheit zu protokollieren. Dann machten wir eine Entdeckung. Ein Forscher bemerkte, dass etwas durch den Strom des Makos floss, was dort eigentlich nicht hineingehörte. Er durchführte eine eigene Mako-Behandlung, erfahren wollte er, worum es sich dabei handelte. In direkter Verbundenheit mit dem Mako, verspürte er eine neuartige Kraft, die in seinem Körper und Gedanken eindrang und die dadurch aufkommende Angst von ihm verschlang. Zurück ließ sie nur eine bösartige Leere. Diese Macht war uns völlig fremd, sie brachte nichts in Verbindung mit alten Bekanntheiten, wie Geostigma oder Jenova. Nein, dass war noch viel übler! Wie der Forscher wieder vom Mako getrennt war, fiel mir, zwei weiteren Forschern und einem Angestellten, die ebenfalls in der Forschungshalle anwesend waren und die ganze Sache mitbekamen, auf, er war nicht mehr er selbst. Zwar sah er aus wie vorher, doch hatte dieser etwas Menschliches verloren, seine Gefühle und Selbstbeherrschung. Überwältigt von der neuen dunklen Macht in seinen Adern, überredete er die anderen beiden Forscher, es ihm nachzumachen. Sie taten es. Die drei wurden schmerzempfindlicher und brauchten weniger Schlaf. Tag und Nacht experimentierten sie mit ihren neuen finsteren Kräften herum. Wir beschlossen das alles geheim zu halten und erzählten wirklich niemandem etwas. Ich fühlte mich von Anfang an nicht wohl dabei, ein solch düsteres Geheimnis im Hinterkopf zu behalten. Und vor allem es auch noch zuzulassen, was sie da taten! Spätestens bei dem Zeitpunkt, wo auf ganz Gaia überall vermehrt die Geisterwesen, Dämonen oder Hulax wie du sie bezeichnest, auftauchten, wurde ich wachgerüttelt. Ohne große Überlegungen konfrontierte ich den Forscher, der sich als erster einer solch grausamen Mako-Behandlung unterzogen hatte, damit, dass es die Dämonen waren, welche durch den Makostrom geisterten. Was für ein verheerendes Unheil wir heraufbeschworen. Er reagierte auf meine nur gut gemeinte Besorgnis, wie eine wild gewordene Furie. Er drohte, wenn ich weiter versuchen würde ihn aufzuhalten, wolle er mich mit bloßen Händen in den Tod schicken. Dies war der Moment in dem mir klar wurde, dass ganze drohte zu eskalieren. Der Forscher war kein Mensch mehr, seine menschliche Seele hatte seinen Körper verlassen. Es galt Ruhe zu bewahren, der Konzern musste geschützt werden. Dieser verrückte Kerl war und ist eine Bedrohung für ganz World Soldier. Also verbarrikadierte ich kurzer Hand die Forschungshalle, samt ihm selbst darin. Das einzige, was mir als spontane Handlungsmöglichkeit in den Sinn kam. Nicht einmal der Leiter der Forschungsabteilung erfuhr etwas davon. Lange kann das nicht mehr gut gehen…“

Seine trüben Worte endeten.

Die erfahrene Wahrheit, spiegelte sich vor Miceylas Augen in der Vorstellung, einer finsteren Tragödie wieder.

„…Sie kommen also aus dem Lebensstrom…Dann werden die Hulax, die ruhenden Seelen dort ebenfalls in Bedrängnis bringen. Dies wird nicht ohne Folgen bleiben…Das Gleichgewicht des Lebens wird zerspringen. Und der Forscher, der `ehemalige Forscher`, er ist immer noch…hier?“ Miceyla musste fast nach jedem gesprochenen Wort schlucken. Gefesselt von Angst und Kälte, umgeben von Bedenken und Unwohlsein. Keine Schuld traf den Direktor, auf ihn brauchte sie nicht wütend zu sein.

'Warum suchen Dämonen aus einer anderen Welt, eine neue, ihnen völlig fremde Welt auf?'

Ausgerechnet seit sie sich hier befand, auf Gaia. Wer sollte schon die Schuld daran tragen, wenn nicht sie selbst? Doch auch das warf Fragen auf…

„Nicht mehr lange! Ich werde dafür sorgen, dass World Soldier wieder sicher ist, verlass dich darauf! Dazu bin ich verpflichtet, nach den Geschehnissen in der Forschung…Da gibt es noch etwas, dass ich dir mitteilen muss, was du zusätzlich verdienst…Doch bevor weitere Worte von mir folgen, fühle ich mich erst dazu bereit, wenn die Last der Schuld von meinen Schultern herab fällt!“ Direktor Karin erhob sich und ballte seine Hände zu Fäusten zusammen. Sein entschlossener, gesenkter Blick sprach Bände.

Eine leise Ahnung kroch in ihre Gedanken, er hatte einen Entschluss gefasst, von dem man ihn nicht mehr abbringen konnte.

„Bitte vollenden Sie ihr Vorhaben nicht alleine. Ich komme mit und helfe Ihnen! In meinem Besitz liegt das Amulett, damit…“ Sie flehte umsonst, es gab keine Hoffnung ihn umstimmen zu können.

„Nein Miceyla. Du hast schon genug Leid hinter dir. Dieses Schicksal liegt allein in meinen Händen, dem ein Ende zu verrichten, egal welchen Preis ich dafür zahlen werde…Folge du nur deinem starken Willen, er wird dich leiten." Er sprach so ruhig, was bei ihm schon fast besänftigend klang. Und der Direktor schenkte ihr noch ein Lächeln, ehe er den Raum verließ.

Zum Abschied, zur Beendigung ihrer Unterhaltung…ein Lebe wohl?

Die Tür fiel in das Schloss und er ließ sie in dem Kämmerlein zurück, einsam, voller entsetzen. Stimmen brausten durch ihren Kopf, sie solle eilen und ihn aufhalten. Doch es war zu spät, Miceyla hatte wegen ihres Respekts, dem Direktor nicht widersprochen. Vom Schicksal redete er, ein Schicksal, welches er für sich selbst entschieden hatte.

„Warum geschehen die Dinge nur so furchtbar schnell?“, fragte sie laut in ihrer Verzweiflung und vergrub ihren Kopf unter den Armen.
 

`Rums!` Das Tor zur Forschungshalle wurde kräftig aufgestoßen. Direktor Karin trat hinein und wollte den Lichtschalter betätigen, doch der Strom versagte. Die einzige Lichtquelle die es gab, war das sprudelnde Mako im Reaktor. Er hielt eine geladene Pistole in der Hand und durchforstete jeden Winkel der Halle mit seinen Augen. Keine arbeitenden Forscher, keine murmelnden Unterhaltungen, nur eine Totenstille.

„Ich weiß ganz genau, dass Sie hier sind! Also zeigen Sie sich! Akzeptieren Sie, dass der Augenblick gekommen ist, diesem Wahnsinn dem Sie sich hingegeben haben zu beenden!“, forderte der Direktor und war bereit, für die Erscheinung des Forschers. Daraufhin spürte er nur eine Böe, einen Luftsog der ihn fesselte. Da erschien er, Angesicht zu Angesicht standen sie sich gegenüber.

„Der liebe Herr Direktor! Mal wieder gekommen, um mir aufzubinden, was ich tun und lassen soll. Hi, hi, hi! Das ist sicher das letzte Mal gewesen!“, gab ihm der Forscher zu wissen und grinste wie ein Verrückter.

Direktor Karin richtete seine Pistole auf ihn, darauf gefasst abdrücken zu müssen.

„Es ist vorbei! Nehmen Sie diese Wahrheit so hin!“, sprach der Direktor ohne Furcht, vor solch einem seelenverlassenen Geistermenschen.

Der Forscher hüpfte auf seine Reaktion hin, wie ein bekloppter auf und ab. Bruchstücke seines Körpers wurden durchsichtig. „Ha, ha! Na los, na Los! Tun Sie es, schießen Sie! Ich warte nur, hi, hi!“ Sein Kichern schallte gespenstisch durch die gesamte Halle und er verschwand komplett.

Der ihn völlig überwältigende Sog, umhüllte wieder den Direktor.

„Vorher aber werde ich Sie lehren, was es bedeutet, sich gegen meine Macht zur Wehr zu setzten!“ Die siegessichere Stimme des Forschers hüllte ihn ein. Er verspürte die Angst in seinen Adern pulsieren und die Unberechenbarkeit von dem Seelenlosen ausgehen. Plötzlich hörte dieser qualvolle Prozess ruckartig auf und der Forscher war wieder sichtbar, etwas von ihm entfernt, neben einem Untersuchungstisch stehend.

„Direktor, ist das nicht spannend? Wer wird wohl von uns beiden, als erster in den Reihen des Lebensstroms aufgenommen, huh? Hi, hi!“ Er nahm ein großes Messer vom Tisch und sogleich war er auch schon abermals verschwunden.

Taumelnd und zitternd begann Direktor Karin zu schwanken, kraftlos ließ er seine Pistole zu Boden poltern. „Sie sind ein größenwahnsinniger Psychopath geworden. Ein gefährliches Spiel treiben Sie hier!“, keuchte er diese Worte durch seinen hastigen Atem hindurch.

„Ha! Und wer vollbringt den alles entscheidenden Siegeszug? Na?“ Der Ton des Forschers war herausfordernd.

„Wo sind Sie“? , rief der Direktor beklommen.

„Hi, hi! Direkt hinter Ihnen, machen Sie doch mal die Augen richtig auf!“, blaffte er.

Erschrocken drehte er sich zu ihm um und sah sofort in seine glühend, lüsternen Augen. Dafür blieben ihm nur wenige Sekunden, dann vernahm Direktor Karin einen stechenden Schmerz mitten im Herzen. Blut floss von seinem Körper herab, ein ganzer Strom aus Blut. Seine Lunge durchlebte einen allerletzten Atemzug, ein rastloser Ruck schoss durch ihn hindurch und beendete sein Leben.

Was blieb, war das schwarze Nichts.
 

Eine schlaflose Nacht hatte Miceyla hinter sich und am Morgen nach ihrem aufschlussreichen Gespräch mit Direktor Karin, verließ sie schon früh ihr Zimmer. Nicht zu verkennen war es, dass ihr Gefühl verriet, etwas sei anders als sonst. Mit Füßen schwer wie Blei, durch die Müdigkeit der unruhigen Nacht, strich sie über die Soldaten-Etage. Der Elan der sonst so gut gelaunten Soldaten, existierte heute nicht. Niedergeschlagen sahen sie alle aus und verständigten sich nur leise flüsternd miteinander.

Auch Ayko fand sie, seine Aura strahlte eine tiefe Trauer aus. Er sah Miceyla ebenfalls, doch senkte darauf nur den Blick. Also war sie diejenige, die zu ihm hinüber lief.

„Guten Morgen, Ayko." Nur eine leise Begrüßung kam von ihr, denn sie fühlte sich nun von der trauernden Atmosphäre angesteckt.

„Miceyla, schön dich wieder ganz gesund zu sehen. Leider jedoch, muss ich dich direkt abermals mit etwas belasten. Aber besser du erfährst es sofort…Der Direktor wurde ermordet, man fand seine brutal erstochene Leiche, in der offen stehenden Lagerhalle. Ein grausiger Anblick…Verzeih mir, schlechter hätten die Neuigkeiten nicht sein können." Es war ihm anzumerken, dass er sich erzwingen musste, die Worte auszusprechen.

'Wie geht es nun mit World Soldier weiter?' Miceyla schluckte, um diese Frage, die durch ihre Gedanken brauste, nicht laut zu sagen.

„Mir scheint, als hättest du so etwas erahnt“, erriet er ihre Gefühlslage.

Sie war den Tränen nahe. Aufmunternd schüttelte Ayko kräftig den Kopf. „Wir dürfen jetzt nicht aufgeben! Wir dürfen nicht von unserem aufrichtigen Weg abkommen! Gerade, wo du doch nun endlich das Amulett besitzt. Gebe nicht auf, Miceyla, denn du bist nicht alleine! Unsere gemeinsame Stärke, wird uns durch die kommenden Kämpfe führen!“ Er hatte wahrhaftig eine Ader für Optimismus erlangt.

Aus tiefster Dankbarkeit sah sie ihn an, wie würde sie nur ohne Ayko`s Freundschaft, einer Zukunft bei World Soldier entgegenblicken können?

„Du hast Recht, zum Trauern bleibt immer noch genug Zeit. Der Planet muss von den Hulax befreit werden! Ayko…kannst du mich mal in den Arm nehmen?“

Tröstend schloss er sie in die Arme, dass war es, was sie gerade brauchte.

Genesis betrat die Etage, der Anblick der beiden überraschte ihn nicht. Doch der Zorn dabei brodelte nur so in ihm. 'Du hast es ihr also vor mir erzählt! Anscheinend willst du es ja gar nicht anders…Lieber hättest du einen Weg, außerhalb von World Soldier eingeschlagen! Nun denn, wenn die eine Art und Weise nicht funktioniert hat, muss ich mich wohl an einer anderen versuchen. Mache dich darauf gefasst, Wüstenjunge!' Sogleich stolzierte er wieder zurück in den Aufzug.

Erst jetzt holte Miceyla der Gedanke ein, wenn der Direktor doch von dem wahnsinnigen Forscher umgebracht worden war, hieß das, er sei nun selbst…? Ihr juckte es danach sofort zu handeln. Einzig sie wusste die Wahrheit, bei der sie sicher war, sie besser nicht einmal Ayko anzuvertrauen, dafür wollte sie einen passenderen Zeitpunkt auffangen.

„Meinst du, ich kann mich mal oben im Forschungsgelände umsehen?“, ging sie die Sache auf Umwegen an.

„Du willst…Na ja, versuchen kannst du es ja mal. Nur ein uns fremder Mann, hält dort gerade die Stellung. Er sagte, zur Aufklärung des Falles sei er hier. Von World Soldier ist der jedenfalls nicht, doch ich meine den schon irgendwo einmal gesehen zu haben. Komme einfach nicht darauf…Na dann, was immer du vorhast, ich wünsche dir Glück dabei. Mein Vertrauen sei dir gewiss und ich halte hier die Stellung, falls sich noch jemand anderes nach oben schmuggeln will!“, half Ayko ihr.

Mit seiner Unterstützung im Rücken, war ihr wohler zumute. „Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen! Danke!“ Unauffällig schritt Miceyla in Richtung Treppe, bei dieser angelangt, huschte sie hastig nach oben. Im Augenblick, wegen der Fassungslosigkeit über den Tod des Direktors, würde ihr sowieso keiner Beachtung schenken.

Oben lugte sie in den Hauptflur des zehnten Stocks hervor. 'Tatsächlich, niemand da.' Und wie Ayko gesagt hatte, war ein Mann dort. In einer schwarzen Uniform, der auf seinem Handy herumtippte und die Umgebung prüfte. 'Tseng! Das ist ja Tseng von den Turks!' , erkannte Miceyla ihn sofort. Sogleich trat sie aus dem Schutz ihres Verstecks hervor und spurtete den Gang entlang, bis sie vor ihm zum stehen kam. „Tseng, du hier bei World Soldier?“ So richtig wundern tat es sie nicht.

„Miceyla! Das Geschehen, welches sich vor kurzem hier abgespielt hat, muss entschlüsselt werden. Darum wurde ich hergeschickt“, teilte er ihr ernst mit.

„Wie hast du…habt ihr denn davon erfahren und das so schnell?“ Tseng wollte antworten, doch sie übernahm dies für ihn. „Ich weiß schon, es gibt keinen Info, der den Turks verborgen bleibt. Und es gibt nichts, wobei die Turks nicht sofort handeln würden!“

Nur wenige gab es, die ihren Job so ernst nahmen wie die Turks, dafür erhielten sie Miceyla`s Respekt.

„Um ehrlich zu sein, Rufus macht sich große Sorgen“, gab Tseng zu.

„Das machen wir uns alle…“, erinnerte sie darauf.

„Jetzt ist auch noch die Leiche von Direktor Karin, auf mysteriöse Weise verschwunden. Wir werden dem ganzen, bis zum letzten Detail auf den Grund gehen!“, enthüllte er vor ihr.

Das Zeichen zur Bestätigung ihrer Vorahnung war gekommen. „Lass das mal meine Sorge sein. Ich trage Wissen in mir, das noch nicht einmal ihr habt. Dem ganzen Übel werde ich nun ein Ende bereiten!“ Die Entschlossenheit in ihrer Stimme, hallte wie ein Echo von den hohen Wänden wieder.

„Aufhalten werde ich dich nicht, sei aber vorsichtig!“, warnte er.

Froh war Miceyla, dass er sie nicht davon abhielt, selbst Taten sprechen zu lassen und bog nach links ab zu der Halle. Tseng blieb an Ort und Stelle stehen und telefonierte nun mit jemandem.

Vorsichtig öffnete sie das Tor und lief mit leisen Schritten hinein. Ihr Blick war fest geradeaus gerichtet. Da stand sie jetzt, inmitten der verlassenen und kühlen Forschungshalle. Der gläserne Stein in der Mitte ihres Amulettes, begann zu glühen und pulsierte im Rhythmus mit ihrem Herzen. Ganz klar, sie waren hier, die Hulax. Geräuschlos umklammerte sie ihr Schwert. Den Atem kurz anhaltend, brannte ihr der Kopf vor Konzentration. Da war er wieder…der Sog, um sie schnellend. Doch bevor dieser Besitz von ihr ergreifen konnte, erblickte sie kurz vor dem Angriff des Hulax, seine verschleierte Gestalt und landete einen zielsicheren Treffer. Die Kreatur zog sich daraufhin wieder in seine Unsichtbarkeit zurück.

Noch einer, ein anderer Hulax griff sie von hinten an. Eine Weile musste Miceyla sich durchkämpfen, da sie nach ihrem Erscheinen immer nur einmal mit ihrem Schwert zuschlagen konnte, ehe sie erneut verschwanden.

So wie es langsam mühselig wurde, fand der Kampf sein jähes Ende. Die zwei Hulax blieben nun als sichtbare Gestalten, schwebend in der Luft. Ihre Körper durchflossen, die grünlich schwimmenden Fäden des Lebensstroms. Das dämonische Wesen wurde von der Leere aufgesaugt und hinfort geschickt. Zurück blieben die befreiten Seelen, welche nach ihrer Erlösung endlich in den Lebensstrom eingehen konnten.

Miceyla vernahm den Ruf zweier Stimmen.

„Danke!“, war es, was sie daraus entnahm. Tränen der Erleichterung und sachten Trauer kullerten an ihr herab. Sie genoss den Anblick, der schimmernden, um sie schlängelnden Fäden, die sich langsam ihren Weg in die Ferne suchten.

„Direktor Karin, meine Freunde und ich werden weiterhin den Kampf gegen die Hulax aufnehmen und dem Planeten die Befreiung von ihnen schenken! Vorher gebe ich nicht auf! Dies ist der Ruf meines Herzens, dem ich folgen muss…“ Während den gesprochenen Worten ihres Versprechens, hob sie ihr Schwert an, hielt es sich gegen die Stirn und schloss die Augen.
 

Ich danke Ihnen Direktor, dafür, dass Sie seit meinem ersten Tag bei World Soldier an mich geglaubt haben und Vertrauen in mich gelegt haben. Dafür, dass Sie sich für den Konzern aufgeopfert haben, daran werden wir immer gedenken. Das Ziel, die Dämonen von dem Planeten zu vertreiben, liegt noch für uns, so glauben wir, in unerreichbarer Ferne. Der Pfad dorthin schon vor uns ausgebreitet, werden wir ihn betreten, mit Mut und guter Vorbereitung. Der Weg eines jeden Helden ist immer ein steiniger. Was bedeutet es einer zu sein? Die Anerkennung anderer, umjubelt für seine vollbrachten Taten zu werden? Noch viel mehr als nur das. Große Taten bringen im Austausch dafür, großes Leid mit sich, dies ist die Verbundenheit mit dem Schicksal. Ein Held hat zwei Wege die er beschreiten kann:

Der erste wäre, für das Wohl anderer zu kämpfen und seine eigenen Wünsche außen vor zu

lassen. Oder aber, dass Erreichen von Zufriedenheit für sich selbst und den Respekt vom Volk zu erhalten. Welcher Weg für einen der richtige ist, weiß man vorher nie. Doch was heißt es denn jetzt, ein `Held` zu sein? Er kämpft gleichzeitig für sein eigenes Glück und das von anderen, die Verwirklichung seiner Träume und das unscheinbare Unmögliche, möglich zu machen. Wer glaubt, dass sei nicht machbar, ist weit davon entfernt einer zu werden. Man muss den Glauben an sich selbst beibehalten und allem mit Ehre gegenübertreten, um dies zu erreichen.

Diese Gefühle, sie sind so unglaublich stark…ich habe ihnen viel zu viel Raum vermacht. Meinen eigenen Weg habe ich schon früh gewählt. Ob er der richtige ist, wird mir die Zukunft zeigen…

Die Ruhe vor dem Sturm

„Schneller! Wir haben es gleich geschafft!“ Miceyla und Ayko hechteten einen begrünten Hügel hinauf, dicht gefolgt von drei Steinwesen, die ununterbrochen Felsblöcke nach ihnen warfen.

„Uh, ah! Das war knapp!“ Einer hätte Ayko fast erwischt.

„Jeep, beinahe wärst du dazu gezwungen worden, weiter zu `rollen`!“, rief sie ihm amüsiert durch ihren hastigen Atem rüber, angestrengt von dem schnellen Spurt. Beide lachten und steigerten noch mal ihr Tempo.

„Sie sind uns viel zu nah!“, warnte Ayko mit einem Blick über die Schulter.

„Gut! Dann kommt jetzt Plan B zum Einsatz: `Aufteilungs-Manöver`!“, sprach sie, als hätte sie darauf nur gewartet.

„Geht klar! Du rechts und ich links. Ab die Post!“, gab er ihr die Antwort, dass er verstanden hatte und zwinkerte Miceyla noch kurz zu. Darauf teilten sie sich wie besprochen auf und jeder der beiden rannte in die entgegengesetzte Richtung. Sie erreichten ihr Ziel und verwirrten die Steinwesen dadurch, welche stehen geblieben waren und verdutzt um sich sahen, unwissend wen der zwei sie nun verfolgen sollten. Er und Miceyla könnten jetzt von beiden Seiten, einen Angriff auf sie starten. Doch das wäre nicht ausgeblieben, ohne böse Kratzer auf ihren Schwertern zu hinterlassen, als kleines Abschiedsgeschenk, der aus Stein bestehenden Kreaturen. Da half nur eins, ein ordentlicher Zauber!

„Ayko! Höllenfeuga! Schnell, solange die noch auf einem Punkt versammelt sind!“, forderte sie, Auge in Auge mit ihren Gegnern und zeigte ein kampflustiges Grinsen, bereit den Zauber wirken zu lassen.

Ihr Ruf erreichte Ayko und sein Gesichtsausdruck strahlte voller Bereitschaft. „Na dann mal los!“ Von jedem der zwei schoss nun ein sonnenheller, flammender Feuerball auf die Steinmonster zu. Keine Chance mehr für seine Opfer, noch rechtzeitig auszuweichen. Die Feuerbälle vereinten sich und verrichteten mit den Steinwerfern, eine kleine Explosion. Zurück blieb ein kleines Häufchen Asche.

Miceyla und Ayko liefen aufeinander zu, beide mit einem triumphierenden Lächeln.

„Und wieder einmal, haben die beiden erfolgreichen zweite Klasse-Soldaten gesiegt!“ Während sie sprach, schwang sie ihr Schwert durch die Luft.

„Der nächste Kampf kann folgen!“, fügte er noch hinzu, den Blick schmunzelnd auf den qualmenden Aschehaufen gerichtet.

In der Ferne hörte sie ein leises Wasserrauschen. „Weißt du was? Ich habe mal davon gehört, dass sich tief in einem Gewässer, ganz unten auf seinem Grunde, der Tempel des Schutzgottes von Wutai befinden soll“, überkam sie die Lust eines weiteren Abenteuers.

Ayko´s Augen wurden groß vor Interesse. „Der heiligste Ort Leviathans…davon hörtest du?“ Sie folgten dem Geräusch des Wassers und tatsächlich, einen Fluss entdeckten sie, in dem sich die am Himmel umherziehenden Wolken spiegelten. Miceyla und er sahen aus der noch weiten Entfernung, zu diesem hinüber, dann tauschten sie herausfordernde Blicke miteinander.

„Oh nein! Denke erst gar nicht dran!“ Beide rannten sie los und nach ihrem kleinen Wettrennen, kamen sie dort an. Wortwörtlich wollte sie nun die Tiefen des Flusses erkunden und hineinspringen. „Auf geht’s! Hineeeiiin…!“ Doch das Wasser unter ihr verschwamm und ihr Körper bekam das Gefühl, regelrecht weggezerrt zu werden.

„Oje, ich ahnte es!“, sagte Ayko und sah von Miceyla weg, um dies nicht mit ansehen zu müssen. Jedoch lag ein belustigtes Grinsen auf seinen Lippen.

Nachdem auch noch das gesamte Umfeld verschwunden war, landete sie mit einem dumpfen Aufprall im Trainingsraum. „Hey! Was soll denn das?“, beschwerte sie sich, dass ihr virtuelles Abenteuer beendet worden war und kam schwankend auf die Beine.

Genesis stand am Monitor der Trainingsüberwachung und verschränkte die Arme ineinander. Sein Gesichtsausdruck wirkte desinteressiert, so als könnte ihn nichts aus der Ruhe bringen. Dies war aber nur eine Barriere, die seine innerlichen Gefühle verbarg, dass wusste sie.

„Glaubt es oder nicht, aber es gibt noch Leute, die den Trainingsraum für ein ernstes Training nutzen wollen! Und nicht um darin herumzualbern!“, erinnerte er kühl.

„He! Wir haben nicht herumgealbert! Jetzt beherrschen wir sogar den Angriff Höllenfeuga-Duo!“, protestierte Ayko stolz. Sie nickte zustimmend.

„Ach, wirklich? Ist ja aufregend…“, nahm Genesis dies verachtend zur Kenntnis.

Unwohl wurde ihr, dass er ihrem Augenkontakt auswich.

„Du Ayko, in drei Tagen bist du für eine wichtige Mission eingeteilt. Da hast du wenigstens einmal etwas Vernünftiges zu tun! Wenn du überhaupt noch irgendwas ernst nehmen kannst“, teilte Genesis ihm seinen zu erledigenden Arbeitsplan mit. Es hörte sich nicht wie eine Bitte an, mehr wie eine aufgesetzte, freundliche Forderung.

„Und ob ich das ernst nehme! Sir, ich werde sogleich losgehen, dass ich vorher alle zu erfüllenden Vorbereitungsmaßnahmen abhake!“ Ayko zeigte dem General schon, wie wichtig ihm sein Soldatendasein war! „Bis nachher, Mira!“, verabschiedete er sich von seiner Kameradin und trabte hinaus.

Genesis` Augen folgten ihm zum Ausgang, erst jetzt in diesem Moment wo er weg war, blickte er sie an. Sie meinte den Funken eines enttäuschten, fast schon traurigen Ausdruck bei ihm zu entdecken.

„Was ist mit `dir`? Muss ich dir auch noch einen Auftrag geben oder bist du im Stande, dir freiwillig etwas zu suchen?“, wandte er sich kühn an Miceyla, so als wolle er sie zu einem Gespräch heranlocken.

„Ich weiß Genesis, es ist belastend als einziger erste Klasse-Soldat bei World Soldier, nun viele Aufgaben selbst in die Hand zu nehmen. Und das in unserer Situation…“, sprach sie mitfühlend, während sie hinüber zum Monitor lief, wo er stand.

„Das ist nicht ganz richtig…ich meine die Sache mit dem einzigen Ersten…“, berichtigte er nachdenklich, als wäre es an der Zeit das sie etwas erfuhr, was sie schon längst hätte erfahren müssen.

„Aber…“ Sie sah ihn eindringlich an, versuchte dahinter zu kommen, was sich in seinen Gedanken abspielte. Doch sie spürte nichts, es schien ein dichter Nebel würde alles verschleiern.

Knapp zwei Wochen waren bereits seit dem Tod des Direktors vergangen und man glaubte es kaum, der gewöhnliche Alltag hatte sich tatsächlich wieder eingerenkt. Alles war wie bisher. Fast alles. Es gab nun viel mehr zu tun, dies bekam ein jeder bei World Soldier zu spüren. Zwar übernahm der Professor der Forschung jetzt einige der organisatorischen Aufgaben, trotz allem blieb das Meiste jedoch letztendlich an Genesis hängen.

Auch Ayko hatte viel um die Ohren. Miceyla half so gut sie konnte und wo es nur ging. Da kam ihr ein kleiner Trip im Trainingsraum mal ganz gelegen, um nach all dem Stress durchatmen zu können. Und sie schwor sich für Ayko da zu sein, er musste nämlich seinen Mut beibehalten. Genesis und ihm hatte sie bereits erzählt, was ihr Direktor Karin anvertraute, jedem einzeln allerdings. Denn die Stimmung unter ihnen war einfach nicht zu ertragen.

Worauf sie ganz besonders stolz war, mit ein paar Forschern entwickelte sie, mit Hilfe ihres Amulettes, die spezielle Materia. Welche einem den gleichen Effekt ermöglichte, wie das Amulett. Nun konnten auch andere den Kampf mit den Hulax aufnehmen. Das war ein großer Fortschritt, aber der Weg zum Ziel war noch weit…

Immer noch sah sie ihn an und seufzte. „Wie wäre es, wenn ich dich ein wenig unterstütze und mal in den Akten mancher Soldaten nachsehe, wer alles ein Untersuchungstraining nötig hätte. Den schicke ich dir dann vorbei“, bot sie ihm ihre Hilfe an.

Genesis nickte nur, anscheinend akzeptierte er diesen Vorschlag. Zwischen ihnen gab es so viel zu sagen, warum sprachen sie nicht aus, was sie füreinander empfanden? War das eine solch schwere Bürde? Manchmal kam es Miceyla vor, sie würde sich nur einbilden, dass Genesis dieselben Gefühle auch für sie empfand. Wahrscheinlich sah es umgekehrt nicht anders aus.

„Ich dachte du würdest…Vielleicht ja auch nicht. Die Dinge werden sich ändern, dass verspreche ich dir!“ Genesis sprach in Rätseln, sie konnte daraus nicht filtern, was er ihr damit mitteilen wollte. Ebenso beunruhigte sie, dass jemand wie er, trotz der ganzen Arbeit bei World Soldier momentan so gelassen war, selbst Ayko gegenüber!

Innerlich beharrte sie, dass sei die Ruhe vor einem aufkommenden Sturm…

Sie wollte nun, dass in die Tat umsetzten was sie ihm versprach und trottete gemächlich zur Tür.

„Miceyla, warte!“, hielt er sie zurück.

„Ja?“ Noch mal drehte sie sich zu ihm um und fing sein plötzlich so liebevolles Lächeln auf.

„Danke, dass du mir helfen willst!“ Sie erwiderte sein Lächeln und kostete für einen Augenblick, dass Gefühl einer wohligen Wärme in ihrem Körper aus.

„Gern geschehen!“
 

Endlich, ein weiterer Tag des Arbeitsstresses ging zuneige. In ihrem Kopf posaunte der Lärm der vergangenen Tage wider. Das kindische Verhalten mancher Soldaten, die sich ihren Untersuchungen widerstreben wollten. Die ausartenden Diskussionen, wer welche Mission übernehmen sollte. Und als wäre das nicht alles schon genug Trubel, kamen dann noch die unüberhörbaren Arbeiten am Außengebäude von World Soldier hinzu, welche diesem den letzten Schliff verpassten.

'Direktor Karin, warum sind Sie bloß nicht mehr hier?' , dachte sie immer wieder erneut verbittert. Wenn der Stress in solchem Ausmaße weiter seinen Lauf nahm, verlor man das was einen echten Soldaten ausmachte, seine zu jedem Zeitpunkt bereite Einsatzfähigkeit.

Miceyla schloss die Zimmertür auf, die Augen fielen ihr schon halb zu und warf sich samt ihrer Soldaten-Uniform auf das Bett. Sie ließ es zu, dass die Müdigkeit von ihr Besitz ergriff und sie in einen tiefen Schlaf rief.
 

Ein eisiger Wind, kälter als tiefgefrorenes Eis, wehte über ihr hinweg und zwang sie dazu aufzuwachen. Sie lag nicht mehr in ihrem Bett, sondern auf einem löchrigen Untergrund. Es sah danach aus, als sei es ein aus Zweigen und Ästen gewebtes Netz. Doch die Dunkelheit verschluckte die Details, ihres sonderbaren Umfeldes.

Miceyla schüttelte den Kopf, warf die Müdigkeit ab und stellte sicher, ob sie auch wirklich wach war. Etwas ungelenk stand sie, auf dem nur schwer betretbaren Boden auf und ihr Blick wanderte in ihrem merkwürdig, schattenhaften Umfeld umher. Perplex riss sie die Augenbrauen hoch. 'Sind das hier um mich herum…Bäume? ...Aber die stehen ja alle verkehrt herum!' , fiel ihr auf und sie war mehr als nur verwirrt darüber. Jedoch war dies die Tatsache, Miceyla stand auf den Ästen der Baumkronen, praktisch konnte sie darauf spazieren gehen. 'Und die unzähligen grünlichen Stellen, sind das dann…die Blätter?' Prüfend hob sie einen Fuß an, unter welchem sich ein solches `Blatt` befand. Es sah gar nicht danach aus, mehr wie eine schwimmende, zusammenhängende Masse. Die, weil sie darauf gestanden hatte, nun in die Luft schwebte und auseinandergezerrt wurde. Diese Substanz war ein Ebenbild, für den ihr bekannten Lebensstrom. Nach kurzer Zeit, wechselten die umherschwirrenden Fäden, die Farbe von grün zu einem finsteren schwarz.

Wo war sie da bloß wieder hineingeraten? Musste Miceyla sich auf einen erneuten Traum einlassen?

„Komm, komm zu mir, hinein in das Herz der Dunkelheit!“ Sie erschauderte, was war das bloß für eine ihr fremdartige Stimme? Weder sah sie jemanden, noch konnte sie die Richtung orten, aus dem der fordernde Ruf kam.

„Warum zögerst du? Versuche erst gar nicht, den Fängen der Finsternis zu entkommen, sie haben dich schon längst in seiner Gewalt!“ Die schallende, lüsterne Stimme verklang wieder. Miceyla zuckte zusammen, von weit her hörte sie ein lautes Knacken. Näher kam es und immer näher. Mit angestrengten Augen erkannte sie im schwachen Licht, wie das aus Zweigen gewebte Netz in einer Kettenreaktion zerbrach. Wenige Sekunden später und das unbekannte, unendlich scheinende Nichts unter ihr, würde sie verschlingen. Unausweichlich musste sie das in Erwägung ziehen, was ihr die Situation als Auswegmöglichkeit zuließ. Rennen, so schnell wie es ihre Kondition erlaubte, in die entgegengesetzte Richtung. Dabei stolperte sie immer wieder über den eigenartigen Boden, welcher nachgab, während sie auf diesem entlang schnellte. Sie meinte sogar, die Äste wollten sich um ihre Füße schlingen und Miceyla somit aufhalten. Das erschwerte ihr nur noch mehr die Flucht, nicht in eine ewig farblose Hülle zu stürzen. Doch, wo blieb der Sinn bei der ganzen Sache? Früher oder später war ihre Ausdauer unvermeidlich am Ende. Ziellos rannte sie durch den seltsamsten Ort, den sie jemals zu Gesicht bekommen hatte. Auf dem Kopf stehende Bäume, mit aus dem leuchtenden Lebensstrom bestehende Blätter.

Die Flucht endete und führte sie auf eine Art Lichtung, in dessen Mitte sah es danach aus, als würde sich dort ein spiralförmiges Schwarzes Loch auftun. Ihr rasender Atem beruhigte sich schnell und sie musterte ein auf der anderen Seite stehendes Portal, aus welchem gerade eine dunkle Gestalt heraustrat. Sie bestand aus einem einzigen Schatten, der geräuschlos über seinem Untergrund hinwegschwebte und kurz vor dem beängstigend, rauschendem Schwarzen Loch anhielt. Der Schatten löste sich langsam auf, was somit zuließ, dass sein wahres Erscheinungsbild zum Vorschein trat.

„Ich wusste doch, ein kleiner Zwang würde dich zu mir locken!“ Das tiefe Lachen in der Stimme, verriet Miceyla nun endlich, um wen es sich hierbei handelte.

Zwei lodernde grünlich-graue Augen mit schlitzförmigen Pupillen, blickten ihr habgierig entgegen. Es war ein Mann, seine Kleidung, eine komplett schwarze erste Klasse-Uniform von SOLDAT. Die unglaublich langen silbernen Harre die ihn zierten und sein Gesicht ebenso wie dessen Statur umrahmten, gaben ihm ein Gesamtbild, dass mehr Selbstüberzeugung ausstrahlte, als es dies je zuvor getan hatte.

„Sephiroth!“, platzte es argwöhnisch aus ihr heraus. In der linken Hand hielt er wie immer sein überlanges Schwert Masamun. Der Bedacht, mit wessen Blut er es alles schon befleckt hatte, trieb ihre Augen an, es am liebsten mit dem Blick zu verbrennen.

„Du bist Tod und das ein für alle mal! Akzeptiere das endlich, höre auf dich weiterhin in die Sachen außerhalb des Todes, dem Planeten einzumischen!“, blaffte Miceyla voller Zorn, dass Sephiroth es tatsächlich geschafft hatte, sich in ihre Traumwelt einzuschleichen.

„Nun bist du an der Reihe, nach Zack und Cloud musst du das Böse bezwingen. Ich brenne darauf zu erfahren, wie du das anstellen wirst! Im wahren Leben sind wir uns nie vorher begegnet“, sprach Sephiroth, seine gleich bleibende Tonlage verriet nicht, was sich hinter dessen Worten verbarg. Die verabscheuende Haltung, mit der Miceyla ihm gegenüberstand, rauschte geradewegs an Sephiroth vorbei.

„Sei froh darüber!“, konterte sie spöttisch. Sie selbst musste eingestehen, dass ihr eigener

Ton viel zu vorlaut war. Sein Zorn durfte nicht herausgefordert werden. Unbeholfen fühlte sie sich, ohne eine Waffe parat zu haben, auch wenn dies nur ein Traum war.

„Sieh dich um. Bald wird es im gesamten Lebensstrom so aussehen, wie an dem Ort wo wir uns gerade befinden. Der ewige Kreislauf des Lebens wird abrupt gestoppt, auch auf dem Planeten. Und alles geschieht durch die Taten anderer Kreaturen und nicht durch meinen eigenen Willen. Das kann ich nicht zulassen! Doch glücklicherweise gibt es ja immer welche, die sich dem entgegenstellen, nicht wahr? Du glaubst gar nicht, wie viel wir beide gemeinsam haben."

Das was er sagte, konnte sie aus zwei verschiedenen Sichten betrachten. Die erste: Sephiroth wolle, dass der Planet nur mit seinen Händen verrottete. Die zweite: Er will die Hulax und sie dazu missbrauchen, den Planeten zu zerstören und alles Leben mit ihm. Vielleicht lag sie auch bei beiden falsch, es war gleichgültig.

„Gar nichts haben wir gemeinsam!“, protestierte sie, ohne sich zu besinnen, mit einer neutraleren Stimme zu sprechen. Aus der Vergangenheit wusste man, Sephiroth war nicht mehr zu trauen.

Plötzlich schien es, als würden die Bäume zerschmelzen und sich in die durchsichtigen Hulax verwandeln. Nach und nach verschlangen sie die Blätter aus Lebensstrom, alles hier zur Ruhe gekommene, wurde von dem Schwarzen Loch aufgesaugt. Aufgeregt von dem so hastig verlaufenden Ereignis, warf sie den Kopf umher. Da ging Sephiroths Erscheinung gemächlich wieder in den vorherigen Schatten über.

„Bald ist es so weit. Mache dich bereit, Miceyla Lucassen! Der Tag wird kommen, an dem ich dich lehren werde, was es heißt durch die Pfade der Dunkelheit zu wandeln!“ Ein geheimnisvolles Lächeln unterstrich seine Vorhersehung.

Da kam er erneut, der fröstelnde Wind. Er blies ihr mit einer solchen Wucht in den Rücken, dass sie nach vorne stürzte und vom Schwarzen Loch angezogen wurde. Krampfhaft umklammerte sie die Äste des Bodens und versuchte so dagegen anzukämpfen. Doch die Anziehungskraft war stärker und riss sie hinein, in die unheimliche Tiefe des Schwarzen Lochs. Ihre Gedanken zerzausten völlig, bei diesem freien Fall.
 

Miceyla wand sich gekrümmt in ihrem Bett hin und her. „Nein! Hilfe! , schrie sie panisch im Schlaf, schließlich plumpste sie zu Boden. Das verhalf ihr zum aufwachen. Sie sah alles schwarz, einen klaren Gedanken konnte sie noch nicht fassen. 'Es war nur ein Traum! Es war nur ein Traum!' , beruhigte sie sich zitternd. Ihre Gelenke taten ihr weh, da sie in der Soldaten-Uniform geschlafen hatte. Aber der sich realistisch anfühlende Traum, ließ sie das nicht spüren. Was hatte Sephiroth auf einmal mit alledem zu tun? Er meinte selbst, es seien nicht seine Taten. Tauchte er denn immer und überall auf und das ausgerechnet in `ihren` Träumen? Miceyla erinnerte sich an seine zuletzt gesprochenen Worte, weder klangen sie wie eine Drohung, noch waren sie böse gemeint. Nein, das war ein Versprechen…

Niemandem durfte sie von dem Traum erzählen, wirklich niemand! Es war ihr genug, wenn sie andauernd nach der Bedeutung ihrer Träume suchen musste, kam sie im wahren Leben nicht weiter. Miceyla`s Handy läutete, Tifa hatte ihr eine Nachricht gesendet. Das lockte nur so danach, mal einen Blick darauf zu werfen, vielleicht lenkte sie das ja ein wenig ab.

„Hey Miceyla! Es soll jetzt ehrlich kein Vorwurf sein, aber du bist schon genauso wenig zu erreichen wie Cloud, wenn er unterwegs ist. Früher war das mal anders…Ich brauche dich nicht zu sehen, um zu wissen, dass du eine Auszeit gebrauchen könntest! Dafür hätte ich sogar schon einen Vorschlag. Cloud ist momentan für ein paar Tage Zuhause und wir wollen ein wenig Zeit mit der `Familie` verbringen. Warum kommst du nicht wenigstens einen Tag vorbei, deshalb reißen sie dir bei World Soldier garantiert nicht den Kopf ab! Außerdem täte dir der Aufenthalt unter Freunden, sicherlich mal wieder gut. Also bitte besuche uns, Cloud, die Kinder und ich würden sich wahnsinnig freuen! Liebe Grüße, Tifa."

Tifa sprach ihr aus der Seele, natürlich wollte Miceyla ihre Freunde sehen. Und nichts war dagegen einzuwenden, dies auch in die Tat umzusetzen. Da wurde eine alte Idee zurück in ihre Erinnerung gerufen, die sich jetzt umsetzten ließe. Sie wählte Tifa`s Nummer und wartete bis sie dran ging.

„Oh, Hallo Miceyla! Wie schön das du anrufst!“ Ihre Stimme klang gleichzeitig erfreut als auch überrascht, dass sie schon am frühen Tag anrief. Das zeigte nur, sie sollte unbedingt wieder etwas mit ihren Freunden unternehmen.

„Na Tifa, du bist doch bestimmt neugierig zu erfahren, wie meine Antwort auf deine Nachricht lautet!“ Kam es Miceyla nur so vor oder schlich sich da eine fröhliche Stimmung bei ihr ein? Der Gedanke an die Begegnung mit Sephiroth, in ihrem apokalyptischen Traum, löste sich auf wie Nebel in der Morgendämmerung.

„Was glaubst du denn, ich warte schon gespannt darauf!“, bestätigte sie, ein freundliches Lachen unterstrich ihre Worte.

„Du kannst meinen spontanen Überlegungen danken, ich komme euch morgen besuchen! Ohne ein wenn und aber, wehe mich versucht einer aufzuhalten!“ Der Elan bei dem was sie sagte, klang mehr als überzeugend.

„Wunderbar! Du zauberst uns ein Lächeln auf unsere Gesichter! Ich sage Cloud Bescheid und du ahnst ja nicht, wie sich Marlene und Denzel auf dein Kommen freuen werden! …Mir fällt gerade etwas ein, dass wäre doch die Gelegenheit, uns die Materia vorbeibringen zu können…“. Die Freude bei Tifa war groß, garantiert wollte sie noch mehr sagen, aber Miceyla unterbrach sie kurz. „Sicher, mache ich. Du Tifa, eine Frage hätte ich noch. Ist es in Ordnung, wenn ich einen neuen Freund mitbringen würde?“ Sie wusste, Tifa war schon immer offen für alles und jeden gewesen.

„Klar, gewiss doch! Neue Freunde bereichern uns zu jeder Zeit“, gab sie ihr eine gutmütige, bejahende Antwort.

„Ich danke dir, dann bis morgen!“ Ihr Besuch in Edge stand fest.

„Bis morgen, wir freuen uns auf euch!“ Nach Tifa`s Verabschiedung legte Miceyla auf. Ihre Haut kribbelte vor Vorfreude, dass es endlich mal eine Gelegenheit gab, Ayko mit Cloud bekannt zu machen. Da gab es nur noch eine Hürde zu überwinden. Sie kam nicht drumherum, Genesis vorher Bescheid zu sagen. Ohne eine Abmeldung war es ihr nicht erlaubt, einen ganzen Tag wegzubleiben und das gerade in der momentanen Ausnahmesituation.

Immer noch saß sie am Boden neben ihrem Bett und sehnte sich nach einem langen ausgiebigen, traumlosen Schlaf. Nichtsdestotrotz sollte Miceyla besser frühzeitig Bescheidgeben und Ayko musste sie ebenfalls fragen, was er von ihrem gemeinsamen Ausflug hielt. Also rappelte sie sich auf und streckte die Arme in die Luft, um ihre Muskeln zu lockern.

Genesis wollte heute die organisatorischen Pläne vom Direktor, für den Ablauf im Trainingsraum suchen gehen. Es war also denkbar wo sie ihn finden konnte.

Im Büro von Direktor Karin hatte sich nicht sonderlich viel verändert, seit seinem Tod war der Raum unberührt gewesen. Davor stand sie und ungewohnt war es, die erfahrene Stimme des Direktors, würde Miceyla niemals wieder zu hören bekommen.

„Genesis, bist du da?“ Sie bemühte sich um einen normalen, sorglosen Ton, er sollte nicht gleich erahnen, dass sie vorhatte ihn mit einer unangenehmen Frage zu konfrontieren. Und wie sie es sich gedacht hatte, dort suchte er bereits nach besagten Unterlagen.

„Komm nur rein, Miceyla! Mir ist eh schon langsam langweilig. In das Ordnungssystem unseres verstorbenen Direktors, habe ich mich noch nicht wirklich rein gefunden. Welche Aufgaben kriegen wir Soldaten wohl als nächstes?“, fragte er und verdrehte dabei die Augen, nahm die Angelegenheit aber ziemlich locker. Wahrscheinlich lag das an ihrer spontanen Anwesenheit, sonst hätte Genesis längst geflucht. Er musterte ihren nicht zu verbergenden schläfrigen Blick. In seinen himmelblauen Augen spiegelte sich die verlangende Lust wieder, dass sie länger in seiner Nähe blieb. „Willst du mir ein wenig Gesellschaft leisten?“

Unvermeidlich lächelte sie. „Gerne, ich hatte sowieso noch eine Frage…“ Während ihre Stimme in einem Gemurmel endete, zwang sie sich in Gedanken, ihm ihr Vorhaben mitzuteilen. 'Frag ihn einfach, egal wie er darauf reagiert…'

„Natürlich, ich höre dir immer zu!“, versicherte Genesis, einfühlsamer hätte er das nicht sagen können.

Miceyla betrat das Büro und durchstöberte abwesend, etliche Baupläne auf dem Schreibtisch.

„Ich bin Tifa`s Vorschlag entgegen gekommen, dass wir uns morgen treffen wollen. Bei Cloud und ihr Zuhause in Edge. Ich sehe meine Freunde in der letzten Zeit so selten, ist es ein Umstand wenn ich…“ Er brauchte ihren Satz nicht bis zu seiner Vollendung zuzuhören, auch so verstand er sie.

„Besuche deine Freunde ruhig, warum sollte ich da etwas dagegen haben? Jeden tut mal ein freier Tag gut!“, akzeptierte er freundlich, was sich bei Genesis schon fast unnatürlich anhörte. Gegen ihre Freizeit außerhalb von World Soldier hatte er nichts einzuwenden, weshalb auch. Gleich jedoch, würde sich das radikal ändern…

Sie betrachtete weiterhin intensiv Unterlagen, nur um ihre Nervosität zu verbergen.

„Ich bin noch nicht fertig…Meine Idee war, Ayko mal mitzunehmen und ihnen vorzustellen…“ Miceyla biss die Zähne zusammen, ihr Blick durchlöcherte den Schreibtisch, gezwungen auf seine Reaktion zu warten. Sie spürte wie die Wut in Genesis hervor kroch.

„Du willst…Ayko, wen auch sonst…“, zischte er die Worte nur so heraus. Sein Zorn galt nicht ihr, dass war klar.

Hatte sie gerade die angespannte Ruhe gebrochen? Gewiss war es dafür zu spät, dass was sie ausgesprochen hatte wieder zurückzunehmen. Andererseits verstand sie immer noch nicht, weshalb er wütend reagierte, wenn sie Zeit mit ihrem Freund und Kamerad Ayko verbringen wollte. Niemals hätte Miceyla vorgehabt Genesis damit zu ärgern.

„Pah! Ein Unmensch wäre ich, würde ich mich dem widersetzten. Geht nur, amüsiert euch morgen! Interessiert mich doch nicht…!“, blaffte er voller Desinteresse.

Das ließ sie erschaudern, lange war seine Reizbarkeit nicht mehr so deutlich, wie gerade zum Vorschein gekommen.

„Genesis…es ist nur ein Tag, mehr nicht…“, sprach sie beruhigend, was jetzt allerdings wenig brachte.

„Was stehst du noch weiter hier herum? Willst du ` ihm` nicht die positive Nachricht überbringen, er wird deine Freude mit dir teilen. Das ist es doch was du willst, nichts anderes als das!“ Sobald er mit schimpfender Stimme endete, tat er so als sei sie nicht mehr da und suchte verbissen weiter.

Warum kam Miceyla einfach nicht dahinter, welches Gefühl sich hinter seiner Wut verbarg. Hätte sie es früher erahnt, wäre vielleicht einiges anders verlaufen…

„Wir werden zeitig zurück sein…“, murmelte sie beim hinausgehen. Noch einen letzten, ja gar fast sehnsüchtigen Blick warf sie auf Genesis, jedoch war der mit dem Rücken zu ihr gekehrt. 'Das Leben meint es nicht immer gut mit einem. Zack, welch wahre Worte!' Sie seufzte bei der Erinnerung an das, was ihr verstorbener Freund gesagt hatte. Trotz allem gab er niemals auf im Leben und sie würde es ebenfalls nicht tun! Egal wie schwer es sein wird, die Zukunft zu meistern.

„Es kommt mir so vor, als wolltest du deine freie Zeit lieber mit Ayko verbringen. Im

Trainingsraum, bei Missionen, einfach immer…Warum nicht mit mir? Habe ich mich in allem geirrt? Nein, garantiert nicht! Seit dem ersten Tag an wo uns begegnet sind, lernte ich einen Menschen in dir kennen, der mir so nahe steht wie keiner zuvor…“, flüsterte Genesis beklommen. Hören konnte Miceyla ihn nicht mehr, sie schloss bereits die Tür hinter sich.

Eigentlich sollte sie Freude empfinden für ihr morgiges Ereignis, jetzt war sie jedoch gezwungen worden, dem mit gespaltenen Gefühlen entgegenzublicken.

Sie fand Ayko bei dem Missionsübersichtsmonitor und bemühte sich um eine positive Ausstrahlung. Gerade sprach er mit zwei anderen zweite Klasse-Soldaten und klang dabei überraschend hoch motiviert.

„Das wäre es dann erstmal, für das Morgentraining. Ich danke euch, eure Anstrengungen waren in Höchstform! Sucht am besten nach Missionen, welche ihr in den nächsten Tagen bewältigen wollt. Nächste Woche üben wir dann mit der neuen Materia wie ihr wisst, bereitet euch darauf vor!“ Ayko`s Selbstsicherheit bei seinen Taten war enorm gestiegen und steigerte umso mehr das Vertrauen der Soldaten in ihn. Das machte Miceyla einfach nur stolz und erleichterte auf gewisse Weise ihr Herz.

„Selbstverständlich!“

„Wird gemacht!“ Mit dieser viel versprechenden Abmeldung stapften sie davon, um ihren Auftrag zu erfüllen. Voller Zufriedenheit sah Ayko ihnen nach. „Wunderbar! Ihr nächstes Training, kann um eine ordentliche Schwierigkeitsstufe erhöht werden!“

Miceyla schien in seinen Augen die ganze Zeit, als sei sie unsichtbar. Ihre Anwesenheit bemerkte er nun, schweigsam und mit einem Lächeln der versteckten Vorfreude stand sie neben ihm.

„Öh Miceyla, Hallo! ...Stehst du schon lange hier? Ich rede nicht oft mit mir selbst, glaube das! Manchmal muss man eben seine Überlegungen laut aussprechen, dass ist alles…!“ Ein vertuschendes Strahlen huschte über sein Gesicht, die innerliche Verlegenheit wurde somit bei ihm überspielt.

„Ich muss dir etwas erzählen, hoffe das sagt dir zu! Morgen habe ich vor noch mal einen Abstecher nach Edge, zum Seventh Heaven zu machen. Und ich frage dich jetzt, ob du Lust hast mich zu begleiten, dass wäre deine Chance endlich mal Cloud und Tifa kennen zu lernen!“ Erwartungsvoll sah sie ihn an. Aus seinem Gesichtsausdruck konnte sie lesen, dass er mit so einem Vorschlag überhaupt nicht gerechnet hatte und war völlig überrascht. Dennoch kroch die Aufregung bei ihm hervor.

„…Cloud, keiner hat Zack so gut gekannt wie er…“, sagte Ayko und schien sich vorzustellen, wie es wäre einmal auf ihn zu treffen.

„Ihr zwei könntet euch sicherlich prächtig unterhalten, davon bin ich überzeugt!“, fing Miceyla an ihn zu überreden, da sie merkte wie er zögerte. "Ich komme wirklich gerne mit dir mit, aber Genesis…“ Er flüsterte nur, Genesis könnte ja schließlich überall lauern und seinen Worten lauschen.

„Die Erlaubnis wurde vom General höchstpersönlich besiegelt! Wir dürfen morgen losgehen, mach dir da mal keine Sorgen!“, versicherte sie sicherstellend.

„Na sieh an…wir können von Glück sagen, das du ihn gefragt hast und nicht ich!“ Ein klein wenig erleichtert war Ayko schon, trotzdem blieb das Risiko, welches sich dadurch auftat.

„Jippie! Ein Tag nicht bei World Soldier! Edge wir kommen!“, jubelte er euphorisch. Seine zweifelhafte Miene wurde ersetzt durch ein freudiges Lächeln.

Genesis stand etwas weiter von ihnen weg im versteckten Abseits und beobachtete ihre fröhlichen Gesichter. Warum stand er dort und betrachtete die beiden, wo es ihn doch so sehr schmerzte? 'Freue dich ruhig, Ayko. Genieße die gemeinsame Zeit mit Miceyla, es wird ganz bestimmt deine letzte sein!'

Auch du kannst ein Held werden

Bequem per Schnellzug fuhren Miceyla und Ayko, an dem für sie freigestellten Arbeitstag nach Edge. Die Fahrt ging schneller vorüber als gedacht, lag wahrscheinlich daran, dass sie die ganze Zeit sorglos miteinander geredet hatten. Das Wetter in der Großstadt kam ausnahmsweise einmal ihrem Gefühlszustand gleich, eine sanfte Sonne die zwischen schneeweißen Wolken hervor schien, wärmte ihre Gesichter. Vom tristen Grau fehlte jede Spur.

Die Bar war heute geöffnet und Ayko ließ ihr den Vortritt einzutreten, zurückhaltend folgte er ihr hinein. Da es noch Vormittag gewesen war, sah es im Seventh Heaven ziemlich leer aus. Volles Haus war, wie das nun mal üblich war, immer erst am Abend. Das bescherte Tifa die Gelegenheit, sich um ihren Besuch zu kümmern. Miceyla schmunzelte, als ihr auffiel bevor sie die Bar betreten hatten, wie Ayko unübersehbar ein Auge auf Fenrir, Clouds Motorrad geworfen hatte. Leise lief im Hintergrund Musik, Marlene und Denzel kamen die Treppe von oben heruntergestürzt und flitzten auf sie zu.

„Tifa! Cloud! Miceyla, sie ist da!“, kündigte Marlene mit fröhlich schallender Stimme ihren Besuch an.

„Oh! Und wen hast du denn da mitgebracht?“, fragte Denzel mit einem neugierigen Blick, auf den schüchtern dreinblickenden Ayko.

„Mein Name ist Ayko. Ich bin ebenfalls wie Miceyla, ein zweite Klasse-Soldat bei World Soldier“, machte er sich freundlich mit den Kindern bekannt.

„Schön, dass du uns besuchst, Ayko!“, freute sich Marlene über einen neuen Gast, den sie direkt zu mögen schien. Ayko erwiderte das gütige Lächeln der Kinder, mit einem dankbaren Kopfnicken, als wäre es für ihn fremd so herzlich empfangen zu werden. Die Erfahrungen aus seiner Vergangenheit mussten sehr belastend gewesen sein, jetzt sollte er auch mal das positive Gegenteil kennen lernen.

„Marlene, wenn du magst kannst du einen großen Tisch aussuchen, an dem wir alle sitzen können. Miceyla, lass dich drücken! Wie geht es dir denn?“ Tifa kam herbei und hatte die Arme zu einer freundlichen Umarmung ausgebreitet.

„Hallöchen Tifa! Ich bin so fit wie eh und je! ...Darf ich vorstellen, dass ist Ayko mein neuer guter Freund und zweite Klasse Kamerad, den ich bei World Soldier kennen gelernt habe. Durch ihn kommt mir der harte Alltag gar nicht mehr so stressig vor, wie er eigentlich ist! Keine Mission und kein Training kann ich mir ohne Ayko vorstellen. Wir helfen uns beide gegenseitig immer bei jedem Problem weiter“, sagte Miceyla mit Stolz und klopfte auf seine Schulter. Er wurde bei diesen ganzen Komplimenten etwas rot vor Verlegenheit.

„Ach was…“, murmelte er, innerlich dachte er aber genauso über sie selbst.

„Willkommen Ayko im Seventh Heaven! Fühl dich hier wie zu Hause!“, begrüßte Tifa ihn, dessen Leuchten in seinen Augen ihr sofort sympathisch war.

„Sag mal, wo ist eigentlich Cloud?“, fragte Miceyla neugierig und sah sich um. Das Motorrad vor der Haustür bestätigte das er da war.

„Ich bin hier!“ Die Stimme kam von oben aus seinem Arbeitszimmer, kurz darauf erschien Cloud mit einem ausgeglichenen Gesichtsausdruck, der bei ihm schon seit längerem anhielt. Früher war das eher eine Seltenheit. Ayko musterte ihn mit forschenden Blicken, als sei er der Held einer sagenumwobenen Legende. Ein Held war Cloud dennoch allemal.

„Cloud! Nichts Schöneres hätte ich mir vorstellen können, als das wir uns alle zusammen noch mal sehen“, begrüßte Miceyla ihren Freund, der eine lange und tragische Geschichte durchlebt hatte, aber den Kampf bis zum bitteren Ende niemals aufgab.

Sie stupste Ayko an, als Zeichen er solle sich ihm selber vorstellen.

„Ähm…Ayko heiße ich, ein Kamerad von Miceyla bei World Soldier." Ziemlich knapp, aber er wusste nicht recht, was er sonst noch hätte sagen sollen.

Clouds Augen wanderten über die beiden Soldaten. „Freut mich sehr! …Beide seid ihr zweite Klasse, so weit habt ihr es bereits geschafft. Dafür verdient ihr euch meinen Respekt“, meinte er mit einer ehrlichen Miene.

„Früher sah das mal ganz anders aus…Nie hätte ich meinen Glauben daran verschwendet, dass ich einmal als Mitglied einer Eliteeinheit aufgenommen werden würde“, berichtigte Ayko seine Vorurteile, die jedoch nur gut gemeint waren. Mittlerweile konnte er trotz allem relativ neutral damit umgehen, wie er damals bei Shinra behandelt worden war.

„Warum setzten wir uns nicht erstmal und trinken etwas?“, machte Tifa den Vorschlag, schließlich standen sie alle immer noch mitten in der Bar.

Ayko lag was auf der Zunge, dass er unbedingt aussprechen wollte, kurz zögerte er.

„Du Cloud, ich finde dein Motorrad echt klasse! Ich verrate dir was, früher hatte ich auch mal eines. Doch jetzt steht es unbrauchbar dort wo ich wohne, in Fort Kondor. Uns sind damals nämlich die Energiereserven ausgegangen, außerdem glaube ich, dass die extremen Klimatemperaturen den Motor ständig überhitzt haben mussten“, erzählte er dann und kicherte belustigt, als er an die Unerfahrenheit aus seiner Vergangenheit dachte.

Interessiert schaute Cloud den jüngeren Soldaten an. „Wirklich? Ich hätte da einen Vorschlag, ich könnte dir ein paar hilfreiche Tipps anvertrauen, wie du dein Motorrad wieder zum Laufen bekommst und resistent für jedes Klima machst. Dann könntest du sogar wenn du wolltest, eine Spritztour durch Modeoheim machen!“

Ayko strahlte einfach nur freudig. „Das würdest du für mich tun? Gerne! Danke, danke!“ Wie ein kleines Kind hüpfte er voller Erwartungen auf und ab.

„Lass uns am besten gleich rausgehen, damit ich dir alles Nötige zeigen kann. Ich lasse dich sogar mal mit Fenrir fahren, echt jetzt! Sicherlich verweigerst du das nicht, oder?“, fragte Cloud schmunzelnd.

„Fenrir? Der Name gefällt mir!“ Und somit verschwanden die beiden hinaus, ohne darauf zu warten wie Miceyla und Tifa reagieren. Empört blickte Tifa ihnen nach.

„Was soll das denn? Wir wollten uns doch `alle gemeinsam` unterhalten und etwas essen!“

Weniger überrascht legte Miceyla den Arm um sie. „Das sind eben richtige Männer! Und richtige Männer müssen sich auch mal mit den für sie bestimmten Themen beschäftigen dürfen!“, sprach sie mit einer aufgesetzten tiefen Stimme, sodass Tifa lachen musste.

„Recht hast du! Dann machen eben wir `Frauen` etwas zusammen…Die zwei haben sich wahrhaftig gesucht und gefunden“, meinte sie daraufhin, welche noch einmal einen Blick auf die gerade zugefallene Eingangstür der Bar warf.

Miceyla lächelte zur Bestätigung. 'Sie verstehen sich von Anfang an, ohne das Thema Zack angesprochen zu haben, welches die beiden miteinander verbindet', dachte sie, ihr heimlicher Wunsch war tatsächlich in Erfüllung gegangen.
 

In der Ödlandschaft um Edge herum, wuchsen mittlerweile viel mehr Pflanzen und Blumen als früher. Die karge Ödnis sah wesentlich freundlicher aus, als in der Makoproduktionszeit. Nach einer ausgiebigen Fahrt mit Clouds Motorrad, suchten er und Ayko kurz Rast auf einem großen Felsen oberhalb der Stadt. Es war nicht dieselbe Stelle, wo Zack ums Leben gekommen war. Cloud hatte mit Absicht einen anderen Platz ausgewählt. Dennoch konnte man von dort aus über die Häuser hinweg, auf die Ruinen von Midgar sehen.

„Immer wieder weckt das aufs Neue bei mir Erinnerungen. Ich komme einfach nicht davon los…“, murmelte Cloud und sein Blick verlor sich in der Ferne.

„Mir geht es genauso“, stimmte Ayko zu.

„Es ist nicht einfach jemandem ein Versprechen zu geben, der einem unglaublich viel bedeutet hat…“, flüsterte Cloud vollkommen in seinen Gedanken versunken.

Nur zu gut verstand Ayko was er damit meinte und war beim Anblick von Midgars Ruinen so sehr gefesselt, dass er sich bildgetreu an seine Vergangenheit erinnern konnte.
 

Ayko stand vor einem breitschultrigen Mitglied von SOLDAT, der mindestens zwei Köpfe größer war als er selbst.

„Aha, sieh an! Du willst also SOLDAT beitreten. Ha, ha, ha! Was bist du bloß für ein Scherzkeks! Ich bezweifle, dass so ein zerbrechlich aussehender Bursche wie du, überhaupt als Infanterist geeignet wäre!“, schikanierte der größere den kleineren Jungen.

Zwar wurde Ayko eingeschüchtert, doch pochte in seinem Herzen ein Versprechen, das er sich geschworen hatte zu halten.

„Oh doch! Ich habe mir fest vorgenommen ein SOLDAT-Kämpfer zu werden, denn ich versprach meiner Freundin, dass ich sie immer beschützen werde! Außerdem ist dies die Möglichkeit, dass sich dadurch mein Traum erfüllt ein Held zu werden!“, teilte Ayko ihm seinen felsenfesten Entschluss mit. Er zuckte jedoch unsicher zusammen, als er in das Gesicht des Soldaten sah, welches dessen kindlichen Traum kühl belächelte.

„Ha, ha! Ist ja lächerlich! Hast du überhaupt eine Ahnung, wo du hier gerade stehst und was für eine harte Aufnahmeprüfung dir bevorsteht? Wohl kaum. Dieses Mädchen scheint dir ja unheimlich wichtig zu sein, doch reicht das? Ist es dir wert dein Leben für sie aufs Spiel zu setzten?“ Seine scharfe Tonlage forderte ihn regelrecht dazu auf, wieder kehrt zu machen und Shinra auf der Stelle zu verlassen. Die Angst pulsierte nur so in seinem Körper, trotzdem ließ Ayko sich nicht entmutigen.

„Ich bleibe dabei! Nicht länger will ich ein Feigling sein, der wegen seiner Unsicherheit davonläuft!“ Er selbst merkte, dass die Worte nur aufgesetzt waren und keinesfalls der Wahrheit entsprachen. Das Schicksal versperrte ihm einfach den Weg zum Glück, welches Ayko brauchte um die Prüfungen zu bestehen. Was für ihn blieb, war die Erfahrung schmerzvoller Qualen und den Spott der anderen zu ertragen.
 

Er hielt sich den Kopf, versuchte an etwas anderes zu denken. Die Erinnerung daran hatte ihn viel zu spontan überrumpelt.

„Einen Helden mit dem gleichen Charakter wie Zack ihn besaß, wird es wohl kein zweites mal geben…“, seufzte Ayko trüb.

Überrascht horchte Cloud bei seinen Worten. „Natürlich, er war einzigartig. Keiner könnte ihn jemals ersetzen. Aber wer sagt denn, dass es niemals mehr einen Helden geben wird, der für das Ziel, seine Träume zu verwirklichen kämpft. Auch du trägst einen Traum im Herzen, dass bleibt mir nicht verborgen.“ Durch seine Lebenserfahrung, konnte Cloud anscheinend in die Seele eines anderen Menschen blicken und erahnte was dort vor sich ging.

Ayko gab ihm vorerst keine Antwort, die auch nicht nötig gewesen wäre. Tatsächlich waren die beiden sich ähnlicher als sie dachten.

„Halte deinen Traum fest, ich habe mich mal von meinem getrennt, begehe bloß nicht diesen fatalen Fehler! Der Weg dahin bleibt für einen natürlich nie ohne Gefahren. Auch wenn man es nicht frühzeitig erkennen kann, wird es immer einen Widersacher geben, der deine Pläne mit all seinem Elan zu zerbrechen versucht. So ist nun mal der ewige Kreislauf von Gut und Böse, dagegen kann man nur wenig machen…Um ehrlich zu sein gar nichts, nur den eigenen Glauben an sich selbst, darf man um keinen Preis verlieren. Solch ein Rivale war Sephiroth für mich…wer auch sonst. Aber sicherlich heißt das nicht, dass du auch jemanden wie `ihn` haben musst“, fuhr er fort, selten sprach er in so innigen Gefühlen aus seinem Herzen heraus.

„Ich verstehe was du meinst…Vielleicht…ich glaube das mein Rivale Genesis ist…sein könnte." Ayko sprach es einfach laut aus, worüber er gerade nachgedacht hatte. Doch mal ganz ehrlich, war die Bezeichnung für Genesis Rhapsodos als einen Rivalen, nicht ein wenig übertrieben? Er war ihm weit überlegen und egal was Ayko tat, er erschwerte sein Leben immer wieder aufs Neue. Zumindest diese Aspekte standen fest.

„Genesis sagst du…“, wiederholte Cloud und sah weder verwundert, noch besorgt darüber aus.
 

„Na schön, dann fasse ich es eben noch mal etwas knapper zusammen, wenn das wirklich so schwer für dich nachzuvollziehen ist! Die Missionen die ich aufgetragen bekomme, haben einen zu hohen Rang, ich kann sie nicht bewältigen. Was bringt es wenn ich schon im vornherein weiß, dass eine wichtige Mission zum Scheitern verurteilt ist, ehe ich diese begonnen habe?“, insistierte ein Soldat der zweiten Klasse und klang sichtlich unglücklich darüber.

Das Gejammer des Soldaten ging Genesis auf die Nerven. Schon das vierte Mal stand er bei ihm und beschwerte sich, dass er mit dem hohen Druck nicht zurechtkam, der momentan bei World Soldier herrschte.

„Jetzt hör mal gut zu, wenn du Missionen für Anfänger haben willst, hättest du bei der dritten Klasse bleiben müssen. Es geht schließlich um unseren guten Ruf. Jeder einzelne von uns muss hart trainieren, um seine Fähigkeiten zu verbessern und an Stärke gewinnen. Ich habe nicht die Absicht unfair zu sein, ihr müsst einfach lernen bei jeder noch so harten Mission, über euch selbst hinauszuwachsen. Meiner Meinung nach ist es die Erfahrung, die euch allen fehlt, welche ich bei Shinra machen musste…“, suchte Genesis erklärende Worte, die einen Soldaten erst zu einem echten Soldaten machten. Ungewollt wurde er an seine eigene Vergangenheit erinnert, dass nervte ihn nur umso mehr. Er dachte viel öfter über sein Leben bei Shinra nach, als er das jemals zugeben würde.

„Vielleicht ist es auch die Motivation, welche uns genommen wurde. Damals war es der große Held Sephiroth, dem alle nacheiferten. Nicht das ich den zurückhaben wollte, ich meine nur…“. Er merkte gar nicht, wie leichtsinnig es von ihm war, dieses eingefrorene Thema wieder aufzuwecken.

„Schweig! Denke vorher gut nach, ehe du dein dusseliges Geschwätz auf dein Gegenüber loslässt. Es könnte üble Folgen für dich haben…“, unterbrach Genesis ihn eisig.

Der Soldat erkannte erschrocken, dass er einen Fehler begangen hatte. Mit Genesis sollte man besser nicht über Sephiroth sprechen, er traf auf einen verletzbaren Punkt bei ihm. Seine für ihn nur schleierhaft bekannte Vergangenheit, verriet nicht wieso. Dennoch hob er noch mal neu an. „Ich meine nur, die Geschichte eines solchen Helden ist geschrieben, sie ist vorbei!“

Der wütende Groll verschwand bei Genesis, stattdessen sah er fast schon unglückselig aus.

„Soll das bedeuten…niemals mehr wird es einen Helden geben? Hat sich unsere Welt zu sehr dafür verändert? Würden die Menschen überhaupt einen neuen akzeptieren? Selbst bei Cloud hatte man so seine Zweifel…." Plötzlich schwirrten ihm so viele Fragen durch den Kopf, die sich nicht von alleine beantworten ließen.

Den Soldaten überrollte die Überraschung, dass sein General auf einmal solch eine Menge an Gefühlen zeigte. Er war eben auch nur ein Mensch, mit Wünschen und Hoffnungen für die Zukunft.

„Wenn ich noch mal auf das soeben angesprochene Thema zurückkommen dürfte… Sephiroth war ein Held, der seine innerlich überragenden Fähigkeiten nur dazu bezweckte,um seinen eigenen Weg zu gehen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Person wie er, jemanden gehabt hatte, der ihm wirklich etwas bedeutete und für den er kämpfte. Abgesehen von… Ich würde das nicht als einen Helden bezeichnen. Wenn man mich fragt ist es sowieso Ansichtssache, ab welchen Taten man zum wahren Helden anerkannt wird. Jetzt habe ich dir meine persönliche Sichtweise erörtert."

Genesis spürte bei dem Soldaten, was er durch seine spontane Offenbarung versuchte auszudrücken. Wer die Vergangenheit vergessen will und nur in der Gegenwart lebt, ist feige sich mit geschehenen Dingen auseinander zusetzten und daraus zu lernen. Für denjenigen kann es keine erfolgreiche Zukunft geben…
 

Genesis genoss die warme Landluft und lauschte den Geräuschen der Windmühlen im Hintergrund. Ein letztes Mal spazierte er unter den Weißbanoraäpfelbäumen entlang, morgen würde er in eine Großstadt ziehen. Er war es gewohnt tagtäglich die Natur um sich zu haben, nun musste er sich neuen Lebensbedingungen anpassen. Seufzend betrachtete er, den schon die ganze Zeit über in der Hand haltenden Apfel. Genesis war so unglaublich heiß darauf gewesen, endlich nach Midgar zu ziehen und SOLDAT beizutreten. Kneifen war jetzt nicht angebracht, sein unermüdliches Training all die Jahre sollte endlich belohnt werden!

„Da bist du ja!“

Zuckend drehte er sich um, so sehr in seinen Gedanken vertieft war er, dass Angeal ihm gar nicht auffiel. Er musterte seinen Dorfkameraden, kräftig war er geworden. Das Spiel seiner Muskeln, konnte Genesis gut bei jeder kleinsten Bewegung von ihm beobachten. Mittlerweile traf man Angeal nur noch mit dessen Meisterschwert an, welches behütet wurde von dessen großherziger Ehre. Grinsend erkannte Genesis, dass sie beide gleichermaßen bereit waren, die Sache mit SOLDAT anzugehen.

„Morgen ist es so weit, bist du aufgeregt? Ein wenig wundert es mich, die vergangenen Wochen hast du nur so vor Eifer gesprudelt. Warum plötzlich so ruhig und nachdenklich, huh?

Das kenne ich gar nicht von dir“, bemerkte Angeal mit einem amüsierten Unterton.

„Was glaubst du, denken sich wohl die anderen dabei, einer von der Eliteeinheit SOLDAT zu werden. Welches Ziel verfolgen sie damit?“, platzte es aus Genesis heraus, ohne auf Angeals Worte einzugehen.

„Seit wann interessierst `du` dich denn für das Denken und Handeln anderer? Ist der erste Schritt nicht vorerst seinen eigenen Weg zu finden? Sag mir doch mal was `dein Ziel` ist." Angeals Stimme wandelte sich in eine größere Ernsthaftigkeit um.

„Ha! Das weißt du doch längst! Aber gerne sage ich dir es noch mal. Mein Traum den ich verfolge ist, dem großen General Sephiroth zu beweisen, dass es auch einen besseren Helden geben kann als ihn. Einer, der nicht nur mit seiner Stärke angibt. Natürlich will ich ebenso herausfinden, wie die…“

„…Bedeutung vom Geschenk der Göttin lautet“, beendete Angeal für ihn den Satz.

Genesis’ Herz erfüllte sich mit Wärme. „Mein bester Freund kennt mich wirklich zu gut!“

Angeal sah zu Boden, er ließ sich nicht anmerken, was ihm gerade durch den Kopf ging. Einen Augenblick später zückte er in Sekundenschnelle sein Schwert, schwang es ein paar Mal durch die Luft und richtete dieses dann auf Genesis.

„Bedenke jedoch, jemand der nur für sich und seine Träume kämpft, ist kein wahrer Held. Derjenige der einen Menschen aus tiefstem Herzen beschützen will und ihn über sich selbst stellt, beweist echten Mut! Beherzige meine Worte in der Zukunft, welchen Weg du auch immer einschlagen wirst." Seine plötzlich so kräftige Stimme erinnerte Genesis daran, wie schnell er doch sein sanftes Gemüt verlieren konnte. Als Teil Angeals wichtiger Ehre, gehörte es für ihn dazu, seine eigene Weisheit mit einem guten Freund zu teilen und ihm anzuvertrauen.

„Alles klar! SOLDAT wir kommen! Und Sephiroth, mach dich auf harte Konkurrenz gefasst, der neuen Mitglieder Angeal Hewley und Genesis Rhapsodos!“, verkündete er schließlich und hielt seinen Apfel dabei hoch in den Himmel.
 

„Ähm, Herr General? Dürfte ich nun endlich einen Endschluss hören?“

Die fordernde Frage des Soldaten, riss Genesis von seinen Erinnerungen weg.

'Oh Angeal, habe ich eigentlich jemals versucht die Bedeutung deiner Worte zu verstehen? Wenn du mich sehen könntest, sieh her! Ich habe nun alles erreicht, was ich erreichen wollte. Den gleichen Rang, welchen Sephiroth damals hatte. Bestimmt würdest du mich fragen wollen, ob ich zufrieden bin. Da müsste ich wohl mit `nein` antworten… Niemals ist es zu spät seinen Weg zu ändern. Miceyla, du bist diejenige die ich beschützen will, für die ich vorhabe immer da zu sein. Somit weiß ich, wenn ich dich glücklich sehe, erst dann kann ich den Schlüssel zu meinem eigenen Glück finden… Grrr…Ayko!'

Genesis stolzierte an dem auf eine Antwort wartenden Soldaten vorbei.

„Gut, als Schlusspunkt deiner Extrawünsche teile ich dir nun mit, dass ich das Niveau der Missionen, um einen Schwierigkeitsgrad erhöhe. Vielleicht macht dies Leuten wie dir begreifbar, dass man nur den Weg eines Soldaten bestreiten kann, wenn man den Einklang von Körper und Geist perfekt beherrscht“, teilte er seine streng klingende Entscheidung mit, allerdings lag noch etwas anderes dahinter.

„Waaas? Das kann doch nicht wahr sein! Ich glaub es ja nicht!“, schimpfte der zweite Klasse Soldat empört.

„Beweise mir dein Können! Lass mich nun in Frieden, ich habe da noch etwas Wichtiges zu erledigen…“. Genesis’ Augen glühten, er war bereit die Tat zu vollbringen, die er seit längerem vorhatte.

Eifersucht

„Zeit zum Aufbruch, oder was meint ihr?“ Miceyla blickte guter Laune in die Runde.

Ayko und Cloud waren von ihrer kleinen Motorradtour zurückgekehrt und saßen noch ein Stündchen mit ihr und Tifa zusammen. In der Bar flammte helles Licht, denn draußen brach bereits die Abenddämmerung herein. Durch das Kommen und Gehen der Kunden, wurde es auch langsam etwas unruhig zum Unterhalten.

„Schon? Ich habe das Gefühl, der Tag sei nur so dahingerast… Die Zeit mit euch beiden genoss ich sehr“, seufzte Cloud, der gern noch ein paar Tage drangehängt hätte.

„Bald werden wir uns wieder öfters sehen! Ganz bestimmt, glaubt nur daran. Denn Freunde wie ihr es seit, sind für mich das wertvollste auf dieser Welt!“, versprach Miceyla, ihre Hoffnungen schlugen tiefe Wurzeln, dass war unverkennbar.

„Ich wünsche euch eine gute Heimreise!“, sprach Tifa abschiedsbereit.

Miceyla war nicht bewusst, warum sich in Clouds Augen ein sorgenvolles Leuchten verbarg.

„Bis bald ihr Lieben!“, mit diesen Worten schritt sie gemächlich zur Tür.

Ayko zögerte kurz. „Vielen Dank für alles, Cloud“, wandte er sich noch einmal flüsternd an ihn.

„Du bist derjenige dem ich danken muss! Es hat unglaublich gut getan mit dir zu reden“, gab er ihm seine eigene herzliche Dankbarkeit zurück. Zwischen den beiden, war in so kurzer Zeit ein tiefgründiges Band entstanden, was sie sicherlich noch gar nicht realisiert hatten.

Draußen wartete sie auf Ayko.

„Wäre es für dich in Ordnung, wenn ich noch mehr oder weniger schnell, Vincent die Materia persönlich vorbeibringen würde? Gehe du schon mal vor, ich komme sofort nach!“, teilte Miceyla ihm die kleine Planänderung ihrer Heimreise mit.

Er nickte verständnisvoll. „Klar, mache das ruhig! Ich warte auf dich am Haupteingang von World Soldier." Ayko sah ihr noch hinterher wie sie davon flitzte, bis die Dämmerung sie verschluckte. Jetzt war es für ihn an der Zeit, den Heimweg nach Kalm anzutreten.
 

Die untergehende Sonne warf große, lang gezogene Schatten in die Straßen von Kalm. Letzte Sonnenstrahlen kämpften gegen die hereinbrechende Nacht an.

Etwas mulmig wurde Ayko zumute, zwar war ihm seine Umgebung vertraut, dennoch war er selten hier bei Nacht unterwegs. Man konnte nie erahnen, was einen hinter der nächsten Straßenecke erwarten würde!

'Mensch, du bist doch kein kleiner Junge mehr, der sich vor der Dunkelheit fürchtet!' , ermahnte er sich, wobei er schneller lief. Bis zu seinem Ziel war es nicht mehr weit. Ayko musste sich eingestehen, dass er lieber mit Miceyla gemeinsam zurückgegangen wäre.

Ihm stockte der Atem, als er einen Luftzug spürte, weit und breit aber niemanden sah. Die Bilder des Kampfes in Junon, schwirrten sogleich durch seinen Kopf. Er blickte verunsichert um sich und nach kurzen Augenblicken der innerlichen Beruhigung, wollte er weiter voran laufen. Doch jemand schnitt ihm den Weg ab. Eine für Ayko in der Dunkelheit riesig wirkende Gestalt, dessen Gesicht in den Schatten verborgen blieb. Er meinte, sein rasender Herzschlag würde ihn von Kopf bis Fuß zum Beben bringen.

„Ich wusste du würdest diesen Weg nehmen, mein kleiner Junge aus der Wüste!“ Diese Stimme klang ganz normal, jedoch beim genaueren Hinhören filterte man die Boshaftigkeit heraus, welche gierig nach Rache war.

Das in den Häusern brennende Licht, brachte den roten Mantel des Mannes zum Vorschein. Ayko stand Angesicht zu Angesicht Genesis gegenüber. Mit dem aufkommenden kühlen Nachtwind, machten sich bei ihm fürchterliche Ängste breit, alleine mit einer solch starken Persönlichkeit zu sein. Warum nur, seinen General sollte er respektieren und nicht fürchten.

„Ich will mit dir reden. Folge mir, damit wir ungestört sind." Nach dieser Aufforderung kehrte er Ayko den Rücken und verlangte somit, dass er folgte.

„Worüber reden? Und wieso hier und jetzt, antworte mir! Glaubst du, ich lasse mich ewig von dir an der Nase herumführen? Ich bin nicht mehr der schwache Ayko den du kennst, sei dir darüber im Klaren!“, schrie er schroff in die Stille der Nacht hinein. Abrupt hielt er inne, überrascht über sich selbst, dass er mit diesen Worten gerade seine Angst besiegt hatte.

Genesis kümmerte es nicht und zeigte keine Reaktion, er verschwand in der nächsten Seitenstraße.

Ayko musste seinem Befehl also Folge leisten, wenn er herausfinden wollte, was es mit ihm zu besprechen gab. Davonlaufen und die Dinge ewig mit einer Flucht reinwaschen, daran fand er einfach keinen Gefallen mehr. Früher oder später war jeder dazu bereit sich zu ändern.

'Ja, ich habe einen Großteil meiner Schwäche besiegt! Ich kann es fühlen!' Gemeinsam mit der Entschlossenheit eines echten Soldaten, trabte er in die unscheinbare Gasse, in welche Genesis abgebogen war. Sie endete in einer Sackgasse und war ziemlich schmal. Er stand dort lässig an einer rauen Hauswand angelehnt, geduldig wartend bis er kam.

Ein Stern nach dem nächsten, nahm am Himmel seinen Stammplatz ein. Ayko sah in seinen hellen Augen das Mondlicht widerspiegeln, welches ein erschreckendes Glühen in ihnen heraufbeschwor.

„Hier bin ich! Dann sag mir, was du zu sagen hast!“ Angespannt wartete Ayko, jeder Herzschlag fühlte sich unendlich lang an.

„Ha, ha, ha! Du bist ja noch naiver, als ich es mir gedacht hatte!“, blaffte Genesis und schritt in Begleitung seines Schwertes auf ihn zu. Ungefähr einen halben Meter hielt er vor ihm an und durchlöcherte ihn mit seinem hasserfüllten Blick.

Ayko musste die Panik unterdrücken, nicht schlagartig kehrt zu machen.

„Hoffentlich war der gemeinsame Tag mit Miceyla, ein genussvoller Erfolg für dich… Gut, lass uns beginnen, mit dem `reden`!“ Nach seiner spöttischen Bemerkung, legte er eine kurze letzte ruhige Pause ein und ließ den Kopf sinken.

Schweißtropfen zogen ihre Bahnen an Aykos Gesicht hinunter, er meinte sogar das Tropfen auf dem Boden, in der Stille zu hören.

Genesis warf ruckartig seinen Kopf wieder hoch, sodass er jäh zusammenzuckte und nicht dem von ihm kommenden Tritt ausweichen konnte, den er Ayko schmerzhaft mitten gegen die Brust versetzte. Somit wurde er in hoher Geschwindigkeit, gegen die steinharte Hauswand zurückgeschleudert. Ein ohrenbetäubender Schmerzensschrei folgte. Die Bilder begannen zitternd und schwankend vor seinen Augen ineinander zu verschwimmen, nach dem unsanften Zusammenprall mit Hinterkopf und Steinwand.

„Was ist denn jetzt schon wieder in dich gefahren…hat…hat dich deine Ehre mittlerweile komplett verlassen?“, stöhnte er, gepackt von Groll und Verzweiflung. 'Falls er jemals welche gehabt haben sollte…', fügte er in Gedanken hinzu.

„Beschwere dich nicht! Zeige Reue!“, zischte Genesis und holte mordlustig mit dem Schwert aus.

„Reue, wofür?“, konterte Ayko verwirrt.

Keine Antwort folgte, sondern nur ein rastlos auf ihn zurasender Rapier, der ihm eine Schnittwunde von der Schulter, bis quer über den ganzen Bauch einbüßte.

Qualvoll schrie er auf, bemerkte nebenbei aber, dass die Wunde nicht tief genug war um lebensbedrohlich zu sein. Nicht weil Genesis’ Schwerthieb zu kraftlos war, sondern weil es seine pure Absicht gewesen war. Anscheinend wollte er ihn langsam leiden lassen.

Blut sickerte durch Aykos Uniform und verschmolz mit dessen dunkelroter Farbe.

'Ich…ich muss mich wehren! Doch ich kann nicht gegen ihn antreten, er ist zu stark…'

Das verspottende Gelächter aus seiner Vergangenheit, pulsierte gemeinsam mit dem Schmerz in seinem Kopf.

„Pah! Wie immer stehst du als ein Versager da und wirst auch als einer enden!“

„Sieh es ein, du bist einfach nicht zu gebrauchen!“

„Es ist vorherbestimmt, dass du ein Schwächling bist!“

Ayko qualmte innerlich bei der Anstrengung, gegen diese Stimmen anzukämpfen.

'Seid still! Die Zeit ist vorbei, dass ihr mich so niedermachen könnt! Ich werde meine neue Stärke allen beweisen!...A…aber…' Gegen seinen Willen tastete er über den Anhänger von Leviathans Amulett. Sein Unterbewusstsein verlangte nach dessen Hilfe, er selbst wollte sich aber allein unter Beweis stellen.

„Du willst also wissen `wofür`? Miceyla hat doch nur Mitleid mit dir, dass sie dir so viel Zuwendung schenkt. Und du nutzt das voll aus, um dich an sie ranzumachen, gib es zu! Glaubst du ernsthaft, sie hätte Gefühle für dich? Nein…nein, dass hat sie nicht! Des…deswegen hasse ich dich!“ Genesis verlor jegliche Selbstbeherrschung, als mutierte er zu einem Berserker.

Plötzlich ergab für Ayko alles einen zusammenhängenden Sinn. Eifersucht war es, die Genesis so zu schaffen machte und ihn blind vor der Wahrheit stehen ließ. Bevor ein Drama ausbrach, sollte er besser schnellstmöglich handeln.

„Höre mich an…“ Er bekam nicht die Chance weiterzureden, denn ihm drohte ein weiterer Schwerthieb, parallel zum ersten. Und dieses Mal wesentlich energischer.

„Grrr! Dies ist dein Ende!“, blickte Genesis voraus. Ihm schien vor lauter Hass, die Kontrolle über sich selbst zu entgleiten.

Kurz brach die Bewusstlosigkeit über Ayko herein. In einer schwarzen Leere dachte er nach, wie es nun weiter ging. 'Genesis, du bringst doch im Leben alles mit Loveless in Verbindung… Deine Seele ist verblendet von Rachedurst, wache auf!' Die wärmenden Erinnerungen an Zalona hüllten ihn ein. Nebenbei reiste er zurück, durch die ganzen Erfahrungen, gemeinsamer Missionen mit Miceyla und ihren wertvollen Ratschlägen. 'Ich wollte immer so sein wie du Zack, aber wenn ich mich nicht endlich mal zusammenreiße, wird daraus nie etwas. Nein…ich darf nicht sterben, bevor Zalona wieder gesund ist! Einen Schwur muss man halten…'

„Richtig so! Deine Einstellung gefällt mir. Trage Träume im Herzen, denn um ein Held zu sein, braucht man Träume. Und egal was passiert, bewahre immer deine Ehre, als SOLDAT! Du hast die Bedeutung der Worte verstanden. In dir steckt das Herz eines echten SOLDAT-Kämpfers! Gebe niemals auf, mein Freund!“

Was war das nur für eine Stimme, die da gerade zu Ayko gesprochen hatte? Wer war das gewesen? Jedoch blieb ihm durch die enormen Schmerzen, keine Gelegenheit zum nachdenken und wurde daran erinnert, dass langsam sein Bewusstsein zurückkehrte.

Exakt im gleichen Moment wie er die Augen aufriss, konnte er gerade noch rechtzeitig Genesis’ Schwert mit der Hand aufhalten, welches er todbringend auf sein Herz gezielt hatte.

„Oho! Welch eine Überraschung, dass du dich überhaupt noch bewegen kannst. Ich sollte dich wohl besser nicht unterschätzen, huh?“, höhnte er. Leichte Verwunderung überkam ihn schon, bei der Kraft, die Ayko mit nur einer einzigen Hand aufbrachte.

Blutstropfen flossen an seinem Arm hinab und sammelten sich am Boden, mit dem anderen Blut seines Körpers zusammen.

„Du musst…mir zuhören. Ich flehe dich an…lass mich reden. Es wird…dir die Augen öffnen!“ Seine Stimme bestand nur noch aus einem heiseren Krächzen. Er hatte durch die verheerenden Verletzungen, mit dem Sprechen schwer zu kämpfen. Zögerlich ließ Genesis sein Schwert sinken und verbarg seine Ungeduld hinter einem coolen Gesichtsausdruck.

„Na schön, dann sprich sie doch, deine letzten Worte! Aber mach schnell!“

Ayko versuchte seine gering verbliebenen Kräfte, vereint aus Körper und Willen, darin zu legen, dass alles aufzulösen.

„…Miceyla, sie war die erste und einzige seit langer Zeit, die mir den Mut für neue Hoffnungen zurückgegeben hatte. Durch…ah…ah…durch ihre ewig währende Zuversicht, habe ich den Glauben an meinen Traum nie verloren…argh…!“ Die Schmerzen zwangen ihn zum unterbrechen, kaum noch ertrug er dieses überwältigende Leiden.

„Los, weiter!“ Genesis machte unermesslich Druck.

Mit einer verzerrten Miene hob Ayko noch mal neu an, wobei ihm dicke Tränen hinab liefen, als er die nächsten Worte aussprach.

„Wegen dir musste ich kurzeitig von vorne anfangen, an mich selbst zu glauben. Die ga…ganze Verachtung meiner Vergangenheit, hat mich zwar völlig…kaputt gemacht, aber gleichzeitig hat sie mir auch enorme Kraft gegeben. Nämlich niemals aufzugeben und sich nicht unterkriegen zu lassen. Und mein…mein Ziel ist es, genau das weiterzuverfolgen, egal was andere sagen. Auch nach einem verlorenen Kampf wieder aufzustehen und einen Neustart zu wagen…wie…wie meine beiden Vorbilder…“ Ein langes Stöhnen kam im Anschluss. Langsam wurde ihm auch noch, der allerletzte Rest Energie ausgesaugt.

Mittlerweile bedeckten den friedlich, sternenklaren Himmel pechschwarze Wolken, die das Mondlicht verschluckten. Ein hektischer Blitz zerschnitt den Gewitterhimmel. Kurz darauf klagte ein tiefer Donner über ihnen und brachte Unruhe in die ruhige Nacht. Von einem Moment auf den nächsten, wurden sie durch einen starken Regenschauer durchnässt, der Aykos Blut zu Genesis’ Füßen schwemmte.

„Za…Zalona, wa…warum gibt es niemals einen Lichtblick in unserem Leben? Sind wir de...denn auf ewig verbannt worden, von Schatten umgeben zu sein? I…ich muss bei dir bleiben, niemals d…darf ich dich alleine lassen…argh…“ Hustend und keuchend saß Ayko da am Boden, klatschnass und im Blut badend, seinem Blut. Immer mehr Zeit verstrich, dass Gewitter tobte über ihnen. Langsam wurde Genesis unwohl zumute.

'Wovon redet er da eigentlich?' , fragte er sich. Sein Herz flatterte vor Schreck, in Aykos Augen sah er den gleichen Ausdruck, welchen er selbst in seiner Kindheit gehabt hatte. Aufgewachsen mit einer Intrige, verraten von seinen eigenen Eltern. Behandelt wie ein normaler Junge, doch in Wirklichkeit war es von Anfang an dazu bestimmt, dass er mal einen anderen Weg gehen sollte, als `gewöhnliche Menschen`. Freunde fand er, die sein Schicksal teilten. Letzten Endes verlor er auch noch diese. Genesis dachte, wenn er die Bedeutung vom Geschenk der Göttin erfuhr, würde sich sein Lebensziel erfüllen. Hatte es das? Die Ehre eines Soldaten war es… Aber gab es da vielleicht noch etwas geheimes, dass sich dahinter verbarg? Erlöst wurde er und bekam die einmalige Chance, ein neues Leben zu beginnen. War er dazu verdammt, immer wieder den gleichen Fehler zu begehen? War er noch immer ein…

Nun wollte er wissen, was die wahren Absichten von Ayko waren.

„Wer ist Zalona?“, fragte Genesis verbittert sanft.

Den Kopf leicht erhoben, bemerkte Ayko das genau das eingetroffen war, was er erreichen wollte. Der arrogante Hitzkopf hörte ihm zu. In seinem Innern schlummerte ein gutes Herz, ein Herz das sich dem Leid von anderen ebenso bewusst war, wie sein eigenes.

'Du bist ein wahrhaft würdiger Rivale. Genesis Rhapsodos, ehemaliger erste Klasse SOLDAT, General von World Soldier. Vielleicht siehst du es gar nicht, aber viele junge Soldaten bewundern dich… In deiner Gegenwart bin ich bisher immer als dein Untergebener aufgetreten. Schwach, klein, unbeholfen… Einer, der sich niemals mit dir messen könnte. Wer sagt jedoch, dass ein Kampf nur mit Schwertern bestritten werden muss? Das, was ich dir als nächstes sagen werde, wird dich so tief in deiner Seele verletzten, wie hundert Messerstiche mitten ins Herz. Erfahre denselben Schmerz, den du mir angetan hast, auf eine andere Art und Weise. Dazu bin ich in der Lage, mache dich gefasst…'

„Noch nie k…konnte ich dich richtig leiden, ich habe mich von dir sogar ewig einschüchtern la…argh…lassen. Doch deshalb hege ich ni…nicht den gleichen Hass für dich, den du mir entgegenbringst… Zalona…durch sie erfuhr ich, was wahre Liebe für einen anderen Menschen bedeutet. Und all…urgh…all meine Liebe habe ich ihr geschenkt…“, begann er die für Genesis fürchterliche Wahrheit zu enthüllen und verschnaufte kurz, um den hastig währenden Atem in den Griff zu kriegen.

Wie von der Schwäche angesaugt, berührte Genesis’ Rapierspitze klirrend den Boden.

„Soll…soll das etwa bedeuten…?“ Noch behielt seine Stimme die altbekannte Kühnheit.

'Die ganze Zeit….ja, diese verbitterte, fast verzweifelte Eifersucht habe ich erahnt. Das hättest du auch Miceyla… Gefühle verschleiern einem das Sichtfeld. Ich werde es dir frei machen…nein, euch beiden!'

„Dein Wille, dein Weg“. Diese weisen Worte erklungen erneut, nur für Ayko. Als würde Leviathans Macht, in jedem einzelnen Regentropfen stecken.

„Ja. Miceyla habe ich meine größte seelische Sorge anvertraut, die mich durch die ganze Laufbahn bei World Soldier begleitet hatte und…argh…das tut sie natürlich auch jetzt. Zalona ist meine Freundin, sie kann kein normales Leben mehr führen…weil…ah…weil sie ständig mit dem Gewissen einer unheilbaren Krankheit leben muss. Krampfhaft klammere ich mich an die Hoffnung, irgendwann ihre Krankheit heilen zu können. Obwohl die Chancen auf ein Heilmittel sehr gering sind…nie, niiie verlor ich den Gedanken an das Aufgeben, Zalona den Mut zu schenken, um das Leben zu kämpfen. Und Miceyla…oh Miceyla! Sie verhinderte, dass ich mich in einem aussichtslosen Drama verirre. Einen solch zuversichtlichen Menschen gab es bisher nicht in meinem Leben, der mich so sehr aufbauen konnte. Wie unglaublich deprimiert ich doch war, es k…kam mir vor als gäbe es keinen Funken Licht mehr, am Horizont der Zukunft. Miceyla gab mir ein kostbares Geschenk, sie zeigte mir den Weg zu einem starken Willen. Das…das ist so unbeschreiblich wertvoll für mich… Jetzt kannst du dir denken, warum ich so viel Zeit mit ihr verbracht habe. Genesis…Zalona ist `diejenige` die ich liebe, Miceyla ist mir `nur` eine herzensgute Freundin. Ich konnte fühlen…sie schenkte dir ihr Herz. Die Frage stellt sich mir aber, ob du sie überhaupt verdienst… Wenn ich nun sterbe, stirbt die Hoffnung auf Zalonas Rettung mit mir. Der alleinige verdienst…`deines Willens`…“, endete Ayko, der nun die befriedigende Ruhe fand, dass ihm eine Last abgenommen worden war. Wenige Augenblicke und er würde sich erneut in der Bewusstlosigkeit wieder finden. Der Tod ließ auf sich warten.

Fast rutschte Genesis vor Zittern und Entsetzten, auf dem glitschigen Steinpflaster aus.

Er weinte selten, jedoch bei einem solchen Szenario gab es keinen Grund, seinen Tränen Einhalt zu gewähren.

„Neiiiin! Was habe ich getan? Was für ein egoistischer Pessimist bin ich gewesen? Kannst du mir das jemals verzeihen, Miceyla? Nein…das war zu viel…“, schrie er beteuernd.

Aykos Blut klebte so hartnäckig an seinem Schwert, dass der deftige Regen es einfach nicht abwaschen wollte. Wie als Rache für dessen sinnlose Sündentat. Ihm fehlte vor Fassungslosigkeit über sich selbst, die Konzentration Aykos letzten Worten lauschen zu können. Der Geräuschpegel des Regens verschluckte seine zaghafte Stimme.

Eines hörte er dennoch heraus.

„…Miceyla, ich überlasse dir das Vermächtnis, den Planeten zu retten. `Sein Geist` wacht über dich… Lebe wohl Zalona…“.

Der tobende Sturm ließ nicht nach. Für Genesis blieb aber eine fürchterliche Stille, die Stille der ewigen Verdammnis. Plötzlich erschien sein schwarzer Flügel, der eins wurde mit der Nacht.

„Vom Morgen träumt die zerbrochene Seele. Ihrer Ehre beraubt, ihrer Flügel entrissen. Das Ende ist nah. Dies ist…das Schicksal eines Monsters“. Wieder einmal benutzte er Loveless, um seinen Gefühlszustand in Worte zu fassen.

Sich in die Lüfte schwingend, überließ er den durch seine Hände schwer zugerichteten Ayko, seinem Schicksal. Flüchtend vor der eigenen Reue, ertrug er nun den Schmerz eines gebrochenen Herzens.

'Hierfür kann es niemals eine Entschuldigung geben… Sein Leben ist verloren, genauso wie unsere Liebe…'

Ein eiserner Wille

Mit großen Sprüngen setzte Miceyla über die Pfützen hinweg, dessen Wasseroberfläche im Zwielicht der Nacht schimmerte. Unangenehm klebte die Uniform an ihrer Haut, während sie nur noch wenige Straßen vom World Soldier- Gebäude trennten. Viel zu lange hatte sie sich bei Vincent aufgehalten, als Buße dafür wurde ihre Nachtruhe um einige Stunden verkürzt. Morgen erwartete sie bestimmt eine neue Mission. Doch das kümmerte sie überhaupt nicht, dass harte Training der letzten Wochen zahlte sich aus, denn ihre Ausdauer war um ein Vielfaches angestiegen.

Auf einmal bemerkte Miceyla, wie der Regen aus einer engen Seitenstraße, Blut über die Bordsteinkante schwemmte. Kurz anhaltend, warf sie einen Blick dort hinein. Da nichts zu erkennen war, folgte sie dem Blutstrom tiefer in die Gasse, mit vor Anspannung geballten Fäusten. Sie war gefasst auf jedes Übel und sah plötzlich die Umrisse, einer am Boden liegenden Gestalt. Vor Entsetzen bekam sie einen Kloß im Hals. Nein, mit allem hatte sie gerechnet, jedoch nicht einen gnadenlos hingerichteten Ayko, in der verstecktesten Straße von Kalm anzutreffen.

„Ayko!“, schrie Miceyla panisch und schlitterte über den mit seichtem Regenwasser bedeckten Boden zu ihm.

„Was ist nur passiert?“, fragte sie ahnungslos. Es war fraglich, ob er sie hören konnte. Zum einen war er nämlich unverkennbar bewusstlos, zum anderen fühlte sie einen nur sehr schwachen Puls bei ihm.

'Wir hätten gemeinsam zurückgehen müssen! Ich und meine Alleingänge!', gab sie sich die Schuld hierfür. Jede Nachsicht half aber nichts, mit Situationen wie diesen, musste sie in ihrem Soldatenleben tagtäglich rechnen. 'Tief durchatmen! Versuche Ruhe zu bewahren! Du musst schnellstmöglich handeln und eine Lösung finden!' In sich gehend, machte sie der Panik erst gar keine Chance und untersuchte vorsichtig Ayko’s Wunden.

Trieben Hulax jetzt etwa schon nachts, in kleinen Gassen der Städte ihr Unwesen? Ihr Amulett verriet nichts, außerdem sahen die Verletzungen ganz anders aus. Viel eher war hier jemand mit einem Schwert am Werk gewesen.

„Ich werde dich retten Ayko! Dir verdankte ich an jenem Tag mein Leben, dass gleiche bin ich nun bereit für dich zu tun! Das schwöre ich dir!“, kündigte sie aufrichtig an. Und als Besiegelung für ihren Schwur, tippte sie mit Zeige- und Mittelfinger in Ayko’s Blut und strich sich damit über ihre Stirn.

Doch wie lautete der logischste Handlungsweg? Es war keine gute Idee, sich mit Ayko den Rest des Weges, bis zum Lazarett von World Soldier zu schleppen. Er durfte unter gar keinen Umständen viel bewegt werden, zuerst einmal musste man seine Blutung stillen. Sie hatte damals einfach nur Glück gehabt, aber bei ihm fand sie das Risiko zu hoch, falsche Unternehmungen anzuwenden. Mit ihren Heilkräften versuchte sie, seinen körperlichen Verfassungszustand stabil zu halten. Damit verschaffte Miceyla sich Zeit zum Nachdenken.

„Natürlich, dass ist es!“ Nach ihrem grandiosen Gedankenblitz, zückte sie ihr Handy und ratterte alle Nummern durch bis sie die von Reno fand und wählte diese.

Von Sekunde auf Sekunde schlug ihr das Herz schneller und betete, dass er endlich dranging. Reno wäre mit seinem Helikopter der Schlüssel dafür, Ayko ohne jegliche Anstrengungen und ohne kostbare Zeit zu verlieren, in ärztliche Behandlung bringen zu können.

Die einzige Hoffnung blieb, dass er auch in der Nähe war.

„Äh, was? Miceyla? Ich halte wirklich immer gerne ein Schwätzchen mit dir, aber haste mal auf die Uhr geguckt? Mein Handy ist nachts nur…“, brummte Reno schläfrig.

Rasch schnitt sie ihm das Wort ab, um gleich zur Sache zu kommen.

„Reno! Du musst mir helfen, ein Kamerad von mir liegt im Sterben, er braucht einen Arzt! Ich bin in Kalm, komm und…“ Während ihren ganzen Informationen, vergaß sie völlig das Atmen.

„Reno, hast du mich gehört?“, rief Miceyla nach ihm, als nicht direkt eine Antwort folgte.

„Das ist kein Scherz, oder? So eine zitternde, ernste Stimme habe ich bei dir noch nie gehört. Ein Rettungseinsatz um Leben und Tod also… Ich bin schon unterwegs. Sag mir, wo genau ihr euch befindet, Kalm ist recht groß geworden. Je mehr ich weiß, umso besser finde ich euch auch mit dem Helikopter!“ Reno klang jetzt hellwach, die Schläfrigkeit war wie weggeweht

Sie bemühte sich darum, ihm eine exakte Analyse ihres Standpunktes kundzugeben, wobei sie im Hintergrund eine Tür zufallen hörte. Er eilte wahrhaftig hinaus und nahm ihre Lage ernst. Miceyla legte auf und konnte guten Gewissens warten. In solch einer Situation erkannte man Reno nicht wieder, er verwandelte sich. Seine herumalbernden Charakterzüge legte er ab und war mit Leib und Seele bei jedem brenzligen Einsatz dabei. Es gehörte ja auch irgendwie zu seinem Job. Und den machte er grandios.

„Halte durch Ayko! Hilfe ist unterwegs!“

'Auf Reno ist Verlass, ganz sicher!' Ihr innerlicher Wirbelsturm beruhigte sich allmählich wieder und bot die Möglichkeit, mal zu grübeln, wer diese Tat eigentlich begangen haben könnte.

Kein Hinweis, keine hilfreiche Vermutung fiel ihr ein.

'Wem hast du dich nur entgegengestellt, Ayko?' Eine Frage, dessen Antwort noch im undurchsichtigen Nebel verborgen lag.

Langsam aber sicher, nahm der Regen ab und das Unwetter zog weiter. Die unerschütterlichen Donner verklungen nach und nach in der Ferne. Dicke Wassertropfen fielen von ihren Haaren hinab, die ebenso durchnässt waren, wie ihr gesamter Körper.

Still neben Ayko kniend, hielt Miceyla seine Hand. Es wäre ein schieres Wunder, wenn sie sich keine Erkältung einfangen würde. Doch jemand mit Ehre, stellt das Leben seiner Kameraden und Freunde, übers seine eigene Gesundheit. Nie hätte sie vorgehabt einen Helden zu spielen, sie wollte einfach nur auf ihr Herz hören und für Ayko da sein.

Laute ratternde Geräusche, schüttelten sie wieder von der Gedankenwelt fern. Reno war nicht mehr weit entfernt! Hinauf schauend kniff sie die Augen zusammen, als helles Scheinwerferlicht die Umgebung erstrahlte. Blind wedelte sie mit dem Arm.

„Hier! Hier unten sind wir Reno!“, rief Miceyla sich zu erkennen.

Der Helikopter landete auf dem nächstgelegenen flachen Hausdach. Anschließend kam Reno mit einem Seil, an der Hauswand hinab gesprungen. Jedoch rutschte er durch die Nässe ab und landete unbeholfen, mit einem großen Platschen in einer Pfütze. Welch ein typisches Auftreten für ihn.

Fast wäre in ihr ein Lachen hervorgerollt. 'Die Lage ist zu ernst! Wie kannst du dich da nur aufheitern lassen?' , ermahnte sie sich streng.

Ärgerlich schnaubend stand Reno auf.

„Du bist jetzt beinahe so nass wie ich… Aber du hast es geschafft herzukommen, mein Dank für dich ist gewaltig!“, sprach sie ehrlich.

„Na was denkst du denn! Auch wenn ihr Soldaten mir manchmal echt auf die Nerven geht, wir werden uns immer gegenseitig helfen. Sonst stehen wir uns selbst und der Zukunft in dem Weg. Sogar ich habe das begriffen. Und…ahhh!“ Reno brach ab, er sah nämlich den bewusstlosen Ayko.

„Meine Güte! Hat der Junge da etwa sein gesamtes Blut verloren? Noch nie habe ich einen solch blutgetränkten Boden gesehen. Miceyla…ich bezweifle ob wir…“

„Nein! Sprich es nicht aus!“, hielt sie seine darauf folgenden Worte zurück, sie wollte dies

gar nicht erst hören. Durch das sonnenhelle Licht des Helikopters, musste es hier wohl nun nach einer Foltertat aussehen. Deshalb sah sie nur in Renos zweifelnde Miene, die ihr verriet, dass er nicht an Aykos Rettung glaubte.

„Genau wie ich, ist er ein Soldat von World Soldier. Keiner kann sich vorstellen, was er schon für einen psychischen Schmerz durchleben musste. Das kommt mir sehr nahe… Und deshalb hat er ein unglaubliches Durchhaltevermögen. Ayko wird es schaffen, ich glaube fest daran! Er wird seinen Traum leben, ich werde nicht zulassen, dass ein Schicksal einem alles kaputt macht!“, beharrte sie mit der vollen Kraft ihres Willens.

Das erschreckte Reno beinahe. Im Augenblick kannte Miceyla keine Gnade. Jeder den er fragte, würde bestätigen, dass der junge Soldat sein Leben gelebt hatte. Dennoch blickte sie über das Unmögliche hinaus. Beeindruckt ließ Reno, zumindest teilweise an ihrer Entschlossenheit teilhaben.

„Ich stelle mich dem nicht entgegen! Ihr Soldatenvolk seid echt eine hartgesottene Legende für sich… Und es gibt da einen ehemaligen `Helden`, dessen unermesslich, ehrenhaften Tatendrang ich in dir wieder erkenne. Genug der herzergreifenden Reden! Ich trage ihn jetzt zum Helikopter, World Soldier ist einen Katzensprung von hier entfernt. Sei dir bewusst, dass dort die ärztliche Macht über sein Leben entscheidet. Brechen wir auf! ...Und ich hoffe, dass du von selbst aufstehen kannst." Reno wartete auf keine von ihrer Seite aus kommende Reaktion und hob Ayko sachte mit zusammenbeißenden Zähnen hoch. Er schluckte, bei der Berührung von kaltem Blut.

Schlotternd trennte Miceyla sich von dem blutübergossenem Boden und sah Reno nach, wie er Richtung Helikopter eilte. Einfach nur dastehend.

„Eines musst du wissen, Freunde wie du sind es, die meinen Optimismus aufrechterhalten. Sonst wäre ich längst in Trauer untergegangen…“

Er war bereits am Helikopter angekommen und hörte sie nicht mehr.

Letztendlich musterten ihre Augen doch mal, den hell beleuchteten Straßenboden. Da sah sie etwas auf einer Pfütze schwimmen, lang und pechschwarz war es. Das Blut vollkommen ignorierend, fixierte sie wie gebannt das schwarze Etwas. Miceyla streckte eine Hand danach aus, eine Feder also… Ein Zeichen war gekommen, welches die Tat auflöste.

Frustriert wollte sie aber einfach nur darüber hinwegsehen. 'Bestimmt ist es nur eine Vogelfeder… Es gibt doch auch Vögel hier…' Ein sinnloser Gedanke.

Obwohl die nasse Feder leicht war, schien die Last der Wahrheit ihre Hand zu zerdrücken.

'Nein…warum…ist jetzt erneut der Verräter in dir erwacht?' Ihre Tränen trafen mit Blut und Regen zusammen. Die Feder fest in der Hand gepresst, sah sie hinauf in den Himmel.

„Genesis! Sag, warum hast du das getan?“ Ihr Schrei glitt durch die Nacht, dessen Morgen bald hereinbrechen würde. Der turbulente Wirbelsturm kehrte in Miceyla zurück, angesammelt von allerlei Emotionen. Es gesellte sich nun das Gefühl des Zornes, hintergangen worden zu sein hinzu.

„Hey Miceyla! Willst du hier übernachten? Wenn du nicht gleich kommst, musst du eben zu Fuß gehen! Ich fliege jetzt los…“, drängte Reno energisch.

Sie ließ die Feder ohne weitere Beachtung hinabschweben und sauste mit wenigen Sprüngen die Hauswand hinauf. Dort oben begangen sich schon die Propeller des Helikopters zu drehen.

'Traurig, dass es so weit gekommen ist. Du hast mir deinen rebellischen Willen gezeigt, nun werde ich dir `meinen` demonstrieren…' Mit diesem Gedanken konnte sie gerade noch rechtzeitig den Helikopter betreten, bevor Reno abhob.

Ayko lag auf einer Notfallstrage. Nach der Vergewisserung, dass seine Atmung noch aktiv war, setzte sie sich in das Cockpit neben Reno.

„Es gibt eine Planänderung, Ayko darf unter gar keinen Umständen nach World Soldier zurück. Flieg nach Edge, in das Krankenhaus“, gab sie trocken ihren Befehl kund.

„Hä? Muss ich das jetzt verstehen? Was soll’s, ich will mal so sentimental sein und auf dich hören. Der Weg ist weiter, hoffen wir mal, dass der Junge so stark ist, wie du ihn beschrieben hast. Verspreche dir aber keine Wunder!“ Normalerweise setzte Reno immer seinen eigenen Willen durch, nun handelte er ungewohnt rücksichtsvoll.

Während des Fluges schwieg Miceyla. Mit trüben Augen sah sie hinaus in die Ferne, wie erstarrt.

'Was geht bloß in dir vor? Wo sind die Zeiten hin, in denen wir noch herumscherzen konnten? Ok, die Lage ist gerade nicht passend dafür. Trotzdem, diese Miceyla erkenne ich nicht wieder. Diese Veränderung ist eingetreten, seit sie ihr Soldatenleben begonnen hatte. Und Tag für Tag nimmt es zu…', dachte Reno über die junge Soldatin nach. Unbewusst fing er schleichend ein Gespräch mit ihr an.

„Weißt du, ich will ja wirklich nicht unverschämt nachhaken… Interessieren würde es mich dennoch, wer so eine Prügeltat begeht. Wenn du mich fragst, derjenige hat doch selber eine ordentliche Abreibung verdient! Hach… Ausnahmsweise werden sich da mal nicht die Turks einmischen. Ich habe das merkwürdige Gefühl, ich sollte das besser dir überlassen. Hab ich da nicht Recht?“, stellte er für sie sicher.

Von Miceyla kam keine Antwort, nur ihr Blick verfinsterte sich zu einem düsteren Funkeln. Er versuchte weiterhin ihre momentane Verschlossenheit zu durchdringen.

„Ein Soldat hat es nicht gerade leicht, oder? Ich meine immer diese Kämpferei, eine riskante Mission nach der nächsten. Da haben sogar wir Turks ein niedrigeres Niveau. Würdest du für Rufus arbeiten, könntest du privilegierter leben. Ich sehe es vor mir: Du, die zukünftige Vizepräsidentin! Aber nein, lieber mit Schwert und Uniform, auf dem Schlachtfeld seine Hände mit Blut beschmutzen! Ts, ts!“ Sein Gerede hatte etwas Neckendes und obwohl es nicht die Absicht war, sie damit zu provozieren, geschah genau das.

„Kannst du endlich mal mit dem nervigen Geplapper aufhören? Wie soll ich da in Ruhe nachdenken können? Ja, es ist nicht einfach den Weg einer Kriegerin zu folgen. Man wird unermesslich mit Schmerz und Tod konfrontiert, jedoch beschert das einem viel Widerstandskraft. Das heißt aber nicht, dass man dadurch zu einem blutsüchtigen Mörder mutieren muss. Wir müssen uns die Ehre freikämpfen. Die Ehre und den Respekt, beides hegen wir auch dem Gegner gegenüber. Nichts bereue ich. Dies ist das Leben, in dem ich am besten aufgehe. Ich lasse das Schicksal nicht über mein Leben entscheiden, ich bestimme es selbst! Außerdem sehe ich es als meine Pflicht an, die `SOLDAT- Ehre` aufrecht zu erhalten und mich von meinen Träumen leiten zu lassen. Genau wie `er` es getan hatte. Ein Vermächtnis vergeht niemals, es besteht über etliche Generationen. Das wirst `du` nie verstehen. Und ich höre mir nicht mit an, wie du uns Soldaten so lächerlich machst! Sei also still!“, trieb Miceyla ihn zur Reue seiner Worte.

„Yo, yo! Beruhige dich mal wieder, ich will hier niemanden fertig machen!“ So eine Reizbarkeit hatte Reno nicht von ihr erwartet und verlor vor Schreck kurz die Kontrolle über die Steuerung. Der Helikopter machte einen kleinen Schwenker und sie hielten sich fest, um nicht nach hinten geschleudert zu werden.

Als Reno die Lage in den Griff bekam, sah sie bange nach Ayko. Glücklicherweise war die Trage gut am Boden befestigt und er blieb unversehrt liegen wo er war.

Nun bemerkte sie ihre krampfhafte Verzweiflung und wie besessen sie doch geklungen haben musste. Ehe sie alles noch schlimmer machte, kühlte sich die Flamme ihres stählernen Willens wieder ab.

„Bitte verzeih Reno. Ich weiß gerade einfach nicht…was ich tun soll“, entschuldigte sie ruhig ihr Verhalten, wobei Tränen auf ihre Hände tropften.

„He, ist doch schon vergessen! Du bist eine großartige Soldatin, dass musst du nicht unter Beweis stellen. Weiterhin wirst du auch immer richtig handeln, mache dir darüber keine Gedanken! Jetzt retten wir aber erst einmal deinen Freund hier. Er braucht dich, also Kopf hoch!“, munterte Reno sie wieder einigermaßen auf.

„Recht hast du. Danke!“

Miceyla sah bereits in der Ferne die große Stadt Edge. Die Morgendämmerung legte einen rötlichen Schleier über die vielen Häuser, im Hintergrund Midgar’s Ruinen.

Sie nahmen den Landeplatz vor dem Krankenhaus in Anspruch. Sobald sie dort abgesetzt hatten, sprang sie auf und postierte sich am vorderen Teil der Trage.

„Los geht’s, bringen wir Ayko direkt in die Notfallsaufnahme!“ Noch bevor sie diese Bereitschaft fertig aussprach, fand sie Reno ihr gegenüber, am Ende der Trage stehend.

„Yo. Seine Zeit ist rar…“

Beide hoben ihn an, trugen ihn aus dem Helikopter hinaus und eilten mehr oder weniger schnell, zum hell bestrahlten Haupteingang des Krankenhauses. So weit es ihr `zerbrechlicher Transport` erlaubte…

An der Rezeption war niemand vorzufinden, bei dem sie sich melden konnten.

„Klasse organisiert ist der Laden hier!“, spottete sie. Ihr Geduldsfaden war dem Zerreißen nahe.

„Nur keine Aufregung, wir finden schon jemanden!“, meinte er daraufhin wie die Ruhe selbst. Sie schlugen das Abteil mit der Intensivstation ein und hätten beinahe eine Krankenschwester über den Haufen gerannt.

„Oh! Ein neuer Patient! Folgen Sie mir bitte!“

Miceyla und Reno sahen sich an, beide nickten. Wenigstens eine Person die zu gebrauchen war, ohne viel Gefrage.

Die weiß gekleidete junge Frau stürmte voraus und hielt den Aufzug auf, dann fuhren sie hinauf. In einem der oberen Stockwerke hielten sie an, wo die Arzthelferin an einer riesigen, schweren Eisentür klopfte.

Miceylas Arme bekamen langsam einen Krampf, wegen der Last. Aber nun fühlte sie sich erleichtert, ihr Ziel war nämlich hiermit erreicht.

„Doktor, Doktor! Wir haben einen neu eingetroffenen Patienten! Bewusstlos und sehr wahrscheinlich mit schweren innerlichen Blutungen!“, schilderte die Frau sachlich.

Gut erkannt, dachte Miceyla während sie sprach. An ihrer ruhigen Ausstrahlung merkte man, wie sich das auch für ärztliches Personal gehörte, dass sie schon häufig mit allerlei Schicksalsschlägen konfrontiert worden war.

„Bereits so früh?... Das sieht nicht gut aus…“ Einen Spalt weit wurde die Tür geöffnet und ein älterer Mann mit grauem Haar lugte hervor. Dunkle Augenringe verrieten, dass er hart arbeitete. Dies musste der `Doktor` sein.

„Los ihr beiden, tragt ihn herein!“, forderte er und machte dabei schon eine Diagnose.

„Der junge Soldat hier hat einen angeschlagenen Herzmuskel. Wir werden ein hohes Risiko eingehen, um sein Herz wieder funktionstüchtig zu bekommen… Sie wissen was zu tun ist?“

Er meinte damit seine Helferin, die ohne zu zögern einige Gerätschaften um Ayko stellte.

„Und ihr zwei geht bitte hinaus. Ich melde mich, sobald ich etwas Genaueres über sein Wohlbefinden kundgeben kann“.

Damit waren Reno und sie gezwungen, den Behandlungsraum zu verlassen.

Miceyla blieb aber an Ort und Stelle stehen.

„Nein…ich will ihn nicht alleine lassen. Ich bleibe bei Ayko“, verweigerte sie.

Bevor der Arzt Anstalten machte handgreiflich zu werden, packte Reno sie leicht energisch beim Arm, wobei sie etwas zuckte.

„Du weißt doch was ich dir gesagt hatte. Komm also mit raus."

'Ja ich erinnere mich. Die ärztliche Macht entscheidet nun über sein Leben. Das einzige was mir übrig bleibt zu tun ist, die Hoffnung nicht aufzugeben', gestand sie sich ein.

Die Tür wurde hinter ihnen verschlossen, aber weiterhin stand sie davor und sah durch das dort eingebaute Fenster. Ihre Sicht versperrte ihr dann jedoch ein Vorhang.

„Jetzt kann ich ja auch noch bleiben und mit dir darauf warten, dass Ergebnis anzuhören. Schließlich muss einer `n Auge auf dich haben. Nur eine rein positive Absicht!“, sagte Reno bereitwillig und machte es sich auf einer Bank im Flur bequem.

Nach knapp einer Stunde saß auch Miceyla, als sie fand, dass das Herumstehen keinen Sinn machte.

Nochmals eine Stunde später ging endlich die Tür auf. Der Doktor kam heraus geschritten und nahm seinen Mundschutz ab, um wie versprochen einen Erfolg oder Misserfolg anzukündigen. Sofort war sie wieder auf den Beinen und faltete betend die Hände zusammen. Ein beruhigendes Lächeln fand sie in dem Gesicht des Doktors.

„Alles ist gut verlaufen, seit unbesorgt. Zwar hat es gedauert und er liegt nun im Koma, doch die Lebensgefahr ist bei ihm überwunden."

Sie glaubte, diese erfreuliche Nachricht würde für sie die ganze Welt retten.

„Die restlichen Wunden wird die Zeit heilen“, fügte er noch hinzu.

„Na dann ist ja alles glatt verlaufen!“, kommentierte Reno so gelassen, als wäre er kein bisschen überrascht.

„Darf ich ihn kurz sehen?“, wollte sie sich selbst davon überzeugen.

Um ihr Einlass zu gewähren, trat der Arzt beiseite. Friedlich lag Ayko in dem Krankenbett, am CTG konnte man seinen gleichmäßigen Herzschlagrhythmus beobachten. Die Soldatenkleidung hatte man ihm abgenommen, doch Leviathans Amulett trug er noch immer um den Hals.

Der ältliche Doktor trat neben sie und flüsterte leise zu ihr. „Schon merkwürdig, ich wollte ihm auch seine Kette abnehmen. Aber aus irgendeinem, für mich unerklärlichen Grund, hat das nicht funktioniert… Mmm…“

Die Lippen zu einem Lächeln geformt, stand sie bei ihrem im Koma liegenden Kamerad und strich über dessen Anhänger. 'Leviathan wacht über dich. Keiner kann ihn von dir trennen, er ist ein Teil von dir', dies sprach sie nur in Gedanken zu ihm. Miceyla nahm sanft seine Hand. 'Bitte werde schnell wieder richtig gesund. Bald sehen wir uns dann, mein Freund.' Mit diesem stillen Abschied, verließ sie nach einem herzlichen Dankeschön, an Arzt und Krankenschwester das Zimmer und lief zu dem wartenden Reno. Der zeigte ein nicht zu unterdrückendes Gähnen.

„Also wenn ich daheim bin, hau ich mich erstmal aufs Ohr, um den verlorenen Schlaf nachzuholen. Vorher werde ich mir bestimmt jedoch `ne Standpauke, vom `verehrten Direktor Tseng` anhören müssen. Aber das ist mir die Sache wert, Hauptsache meine Hilfe war für dich erfolgreich!“, meinte er mit vor Müdigkeit halb geöffneten Augen.

„Könntest du mir vielleicht noch einen allerletzten Gefallen tun und mich zurück nach World Soldier fliegen?“, bat sie ihn.

„Na klar mach ich…“ Dabei streckte er seine Hand zu ihr aus, die etwas forderte.

„…Wenn du mich dafür bezahlst!“, stellte er unablässig klar.

„Was? Das kann doch jetzt echt nicht dein Ernst sein!“, platzte es empört aus ihr heraus.

Reno beugte sich vor Lachen. „Ha, ha, ha! War nur ein Witz! Du hast mir das tatsächlich abgekauft!“

„Hab ich gar nicht!“ Protestierend verschränkte Miceyla die Arme ineinander.

Durch ihre innerliche Beruhigung, war sie wieder offen für Scherze. Leider blieb sie letzten

Endes vor der Erinnerung nicht verschont, dass sie Genesis zur Rede stellen musste.

So unangenehm wie es auch sein mochte, sie kam nicht drumherum.

Vergebung

Direkt nachdem Miceyla von Reno bei World Soldier abgesetzt worden war, fuhr sie hinauf zur Soldaten-Etage. Zum Ausruhen blieb ihr keine Zeit. Sie wünschte ihm noch einen guten Heimflug und er freute sich auf weitere, zukünftige Zusammenarbeit mit ihr.

In dem wohlbekannten Stockwerk, kam ein zweite Klasse Soldat, wie ein Wirbelwind auf sie zugebraust.

„Mensch, Miceyla! Kannst du mir vielleicht mal verraten, wo Ayko steckt? Der hätte schon längst zu seiner `wichtigen` Mission aufbrechen müssen! Er weiß doch seit drei Tagen davon, sonst ist er immer so zuverlässig!“, schimpfte dieser genervt.

Sie ließ den Kopf sinken und dachte nach, was sie sagen sollte.

„Ayko hatte einen `Unfall`, er wird nicht kommen. Aber ich versichere, dass wenn sein Zustand sich verbessert hat, er wieder hier auftauchen wird.“ Hoffentlich klang das einigermaßen überzeugend. Nicht das man noch glaubte, Ayko hätte erneut World Soldier Lebe wohl gesagt. Genesis erwähnte sie besser nicht mal annähernd, sonst brach das Chaos aus.

„Nun, so etwas kommt vor…“, brummte er und kratzte skeptisch seinen Kopf.

„Darf ich dich auch etwas fragen? …Hast du Genesis gesehen?“, fragte sie ohne jegliche Gefühlsregungen.

„Ts, Genesis? Der ist auch nicht hier, keine Ahnung wo `Herr General` mal wieder rumhängt! Ist mir auch egal… Wo finde ich jetzt schnell genug Ersatz für die Mission?“, wechselte er gestresst das Thema.

„ Ich werde Ayko’s Mission übernehmen… Sobald ich noch etwas Dringendes erledigt habe“, stellte sich Miceyla ehrenhaft zur Verfügung.

Ein überraschter Blick fiel auf sie. „Du willst die Mission übernehmen…so ganz spontan? Sehr wahrscheinlich für Ayko, wie ich mal annehme. Wenn du sagst er kommt wieder fit zurück, dann glaube ich dir das auch! An deiner Ehrlichkeit sollte sich so manch einer ein Beispiel nehmen… Warum schaust du die ganze Zeit so abwesend umher? Geh schon! Da wartet doch etwas, dass du hinter dich bringen wolltest. Die Missionseintragung nehme ich dir ab!“ Ihrem Soldatenkollegen entging nichts, lag wahrscheinlich daran, dass ihre geraubte Kraft keinerlei Gefühlsverheimlichung zuließ.

„Bin schon weg! Und danke für dein Verständnis“, rief sie ihm über die Schulter zu, als sie zum Foyer hinunter fahren wollte. Der Instinkt lockte Miceyla aus World Soldier heraus. Genesis war nicht hier, wo also konnte er sonst sein? Nur eine Möglichkeit, die eine enorme Anziehungskraft auf sie verübte, blieb…Banora!
 

Quer durch das Land ritt sie auf einem Chocobo und erreichte am späten Tag, die breite Insel im Süden. Das freundliche Wetter wehte ihr eine frische Meeresluft ins Gesicht, doch auch dies heiterte sie kein wenig auf. An Vergnügen und Erholung war nicht zu denken.

In der überschaubaren Wohnsiedlung, klopfte sie an Genesis’, etwas abseits gelegenem Haus.

Dort wurde sie schon mal nicht fündig. Es hatte keinen Zweck, bei jedem einzeln im Dorf nachzufragen, ob man ihn gesehen habe. 'Du kennst Genesis mittlerweile ziemlich gut…ja, wahrscheinlich besser als jeder andere. Denk nach…wo könnte er sein...?'

Sie schaltete ab, klinkte sich aus ihrem Umfeld heraus und versuchte vergangene Erinnerungen und Geheimnisse, über den ehemaligen Shinra- Soldaten aufzunehmen.

Mako spürte sie, sogar jede Menge davon. Plötzlich wurde aus einem einfachen Tagtraum, eine Vision. Miceyla sah einen kleinen Jungen, hinab zu einer Höhle steigen. Das Mako war dort am intensivsten. Ein Tag endete, ein neuer begann. Der Junge kam erneut. Er schien oft hier zu sein. Ein Rauschen ließ sie durch die Zeit reisen. Die Zeitreise stoppte und nun erblickte sie zwei sich gegenüberstehende Soldaten. Zack und…Genesis. Mit weit ausgeholtem Meisterschwert, spurtete Zack auf seinen Gegner zu. Kurz bevor er mit dem Schwert den üblen Gnadenstoß verrichtete, kniff Miceyla die Augen zusammen.

Neben ihrem Herzklopfen, hörte sie noch Zack’s Stimme.

„An diesem Ort begann mein vorletzter Kampf, der gleichzeitig die Reise beenden sollte…meine Reise… Mir ist nun bewusst, welche wichtige Verbindung die Höhle mit dem Lebensstrom hat." Noch einmal erschien das friedvolle Lächeln von Zack, dann verschwand ihre Vision und grelles Sonnenlicht blendete sie.

'Die Makoreiche Höhle unter Banora! Genesis’ Lieblingsplatz in seiner Kindheit. Der damals alles entscheidende Kampf! Danke, jetzt weiß ich wo du bist…', kam ihr die schnelle Erleuchtung. Aber die Aufregung stieg. Gleich würde sie auf denjenigen treffen, den sie, ohne das sie sich dagegen wehren konnte, liebte. Jedoch Ayko beinahe getötet hätte. 'Das kann ich dir einfach nicht verzeihen…'

Es konnte gut sein, dass auch jene Höhle von den Hulax heimgesucht wurde. Beunruhigend war es für sie, dass es langsam zur Gewohnheit wurde, überall mit deren Erscheinung rechnen zu müssen. Ein solcher Gegner gehörte nicht auf diesen Planeten und es hatte höchste Priorität, Gaia von ihnen reinzuwaschen.

Den Eingang zur Höhle fand sie, welcher aus einem riesigen Erdloch bestand. 'Super, so schnell kommt man hier aber nicht rein und wieder raus!' , nahm sie die Tatsache prüfend zur Kenntnis. Dennoch hangelte sich Miceyla geschickt hinab und sprang die letzten Meter mit einer Drehung zu Boden. Ein gewöhnlicher Gang, der einem Minenpfad gleichkam, führte sie hinein. An seinem Ende verschwand jedoch die Gewöhnlichkeit. Die verschiedensten Wege lotsten zu neuen Höhlenabschnitten, manche waren höher gelegen, andere tiefer.

'Wie ich mich hier wohl zurechtfinden werde…' Sie beschloss, dass die drei Dinge, ihr Herz, Gefühl und Instinkt die Navigation übernehmen sollten.

Einige Felsblöcke entdeckte sie, mit einer Inschrift darauf. Dort waren jeweils Abschnitte von Loveless eingraviert. Durch einen Pfad stand sie auf einmal bei einem unterirdischen See, wo an einigen Stellen Makoströme in die Luft austraten. Ein Ort voller Geheimnisse und Mysterien, gleichzeitig verbarg sich auch etwas Angsteinflößendes dahinter.

Keine Spur bislang von Genesis, Hulax oder jeglichen Monstern. Nur ihr Amulett glühte warnend, so stark wie es dies nie zuvor getan hatte. Diese alte Höhle unter der alten Apfelfabrik, kam ihr auffällig friedlich vor. Was verbarg sich wohl dahinter?

Den Weg durch einen labyrinthartigen Kerker, nahm sie erst gar nicht, sonst wäre ihr die Verirrung sicher gewesen.

Nachdem etliche Zeit verstrichen war, endete die sich nach ihrem Gefühl richtende Suche, bei einem Portal. Das konnte nur ihr allerletzter Trumpf sein. Die Bedenken, dass Miceyla während sie das Portal betrat, nicht mehr zurückkehren konnte, musste sie unwillkürlich in Kauf nehmen.

'Bin ich noch immer unter Banora?' , war der erste Gedanke der sie bewegte, als sie hindurch geschritten war und in einem, für eine Höhle übermäßig großen Abteil stand. Ihr Blick traf auf eine beeindruckend aussehende Statue, von der Göttin Minerva, Göttin des Lebensstroms.

'War genau `die` nicht zerstört worden?' Lange blieb nicht ihr Interesse, um dieses Rätsel aufzulösen, denn am Fuße der Statue sah sie `ihn`. Genesis leibhaftig verharrte dort an Ort und Stelle. Sie meinte Jahre wären vergangen, seit ihren ganzen gemeinsamen und schicksalhaften Aufeinandertreffen. Die erste Begegnung bei World Soldier, dass zufällige Treffen in seiner Heimat, der wunderschöne Mondbeleuchtete Spaziergang im Trainingsraum, seine heldenhafte Rettung aus der Materiahöhle… Einfach an jedem Ereignis mit ihm fand sie etwas Erfreuliches. Nun fühlte es sich an, als würden alle wärmenden Gefühle, von der grausamen Wahrheit erstickt werden. So bitter war dies, dass Miceyla davon übel wurde. 'Endlich habe ich dich gefunden…'

Da er sie bemerkt haben musste, sprach er mit dem Rücken zu ihr.

„Es war vorherbestimmt, dass du mich hier finden würdest. Wirklich, kein Weg ist dir zu schwierig. Du bist sicherlich nicht geeilt, weil du mich vermisst hast…“ Seine ruhige Stimme, die jede Niedergeschlagenheit verbarg, brachte Tränen in ihr hervor.

„Warum bist du so brutal zu unschuldigen Menschen geworden? Du kannst nicht der Genesis sein, den ich damals kennen lernte! Alle haben Recht, du bist es…ein Monster!“, schrie Miceyla verzweifelt drauf los.

„Ja fang an, reche dich dafür was ich getan hab. Ich verdiene nichts anderes von dir…“, hielt er sie von keinerlei Reaktionen ab. Er wandte sich von der Statue ab und erkannte wie müde und kraftlos sie aussah. 'Das wollte ich alles niemals…', dachte er erschüttert.

„Rache? So weit gehe ich nicht, dass ist nur etwas für Leute, die mit sich und dem Leben keinen Einklang und Zufriedenheit finden können. Ayko wird mit Ach und Krach überleben. Das Schicksal war auf seiner Seite…“, teilte sie ihm den Stand seines Opfers mit und suchte vergebens ein wütendes Funkeln in dessen Augen.

„Was ein Glück! Ich danke dir! An diesem Ort kam ich, um für ihn zu beten. Es hat geholfen…“ Sein Dank war an Göttin Minerva gerichtet. Aber wieso kam ihr seine Erleichterung, nur so wahrhaft ehrlich vor? Davon wollte sie sich nicht überzeugen lassen.

„Höre damit auf! Deine Nachsicht kommt jetzt viel zu spät! Reno und ich waren es, die ihn gerettet haben, keiner sonst! Falls du noch einmal versuchen solltest, Ayko sein Leben zu rauben, werde ich vorher…“ Zur Überzeugung, dass sie an ihren Worten festhielt, richtete sie ihr Schwert auf ihn. Dabei durchfloss sie ein Strom von Entschlossenheit und Trauer.

„Los, töte mich. Ich werde keine Wehr dagegen einsetzten. Du wirst mir für alle Zeiten kein Vertrauen mehr schenken, dass weiß ich." Etwas dergleichen hätte Genesis nie zuvor zugelassen.

„Was denkst du bloß von mir? Glaubst du ernsthaft, ich fühle mich besser, wenn ich Blut vergieße? ...Oh Genesis, ich erkenne dich nicht wieder…“, wisperte sie entrüstet über sein Verhalten. Er begann am ganzen Leib zu zittern und schien die Fassung zu verlieren. Noch nie hatte sie ihn so ohne seinen Stolz gesehen.

„Ich bin dumm gewesen, unglaublich dumm. Und blind noch dazu… Warum sagte mir keiner, dass Ayko eine Freundin hat? Wie töricht von mir zu denken, ihr beide…“ Er stoppte, als er anfing die Wahrheit über seine sturen Taten zu enthüllen und schluckte den innerlichen Schmerz hinunter.

'Was soll die plötzliche Wendung? Bedeutet das…', dachte Miceyla von seiner Gestehung überrumpelt. Langsam öffneten sich Tore, zu ganz neuen Ansichten der Dinge.

„Ich höre dir zu, sprich weiter…“ Ihre Lippen sprachen wie von selbst, während sie abwesend durch ihn hindurchstarrte.

„Als ob das noch die Situation verändern würde. Es ist vorbei…meine Miceyla… Mein Argwohn gegen Ayko fing erst dann an, als ich meinte, er hätte sein ganzes Interesse dir gewidmet. Mit jeder Minute die du mit ihm verbrachtest, bekam ich den Eindruck, Schritt für Schritt entfernst du dich mehr von mir. Und wie oft du ihn anlächeltest…ich habe Gefühle darin gesehen. Ein Egoist bin ich… Vielleicht war es auch die Angst, den einzigen Menschen, der mich richtig versteht, zu verlieren. Aber was spielt das Ganze noch für eine Rolle? Die Geschichte von Loveless hat ein grausames Ende gefunden und wird den Planeten mit in sein Verderben reißen…“, endete seine, sich in ihrem verborgenen Hintergrund abgespielte Wahrheit. Wonach er wieder in Richtung der Statue gedreht war und sie hörte, wie Genesis anfing zu weinen.

Ahnungslos welche Reaktion sie zeigen sollte, fiel sie in Erstarrung. War ihr der Grund genommen worden, auf ihn sauer zu sein? Jedoch, seine Taten gingen einfach zu weit… 'Eifersüchtig bist du also die ganze Zeit gewesen… Ich bin ja selbst blind, dass ich dies nicht als Auslöser in Erwägung zog… Meine Güte, welch ein Durcheinander!' , begangen ihre Gedanken den Entschluss zu fassen, dass sie eine solche Tragödie umgehen musste. Es war viel geschehen, das stimmte. Aber World Soldier brauchte seinen General und vor allem brauchte `sie` ihn. Miceyla war diejenige, die Genesis letztendlich aufmuntern konnte, an eine zweite Chance zu glauben.

„Vertrau mir, dass kann einfach noch nicht das Ende sein und wenn doch, dann…wir sind stark und kämpfen dagegen an! Genesis, du hättest mit mir reden sollen. Du bist nämlich nicht gerade auf den Mund gefallen! Sicherlich hat dir Ayko auch gesagt, dass sich zwischen uns `nur` eine enge Freundschaft entwickelt hat. Der einzige für den ich wahre Gefühle habe…“ Sie hielt inne, bevor sie es aussprach.

Kurz blickte er sie erwartungsvoll, durch seine rot geweinten Augen an. Nach einigen Minuten der schweigenden Stille, ließ er aber entmutigt den Kopf hängen. Es schien, sie sei zu gnädig und er wolle von ihr keine Vergebung.

'Was mache ich nur? Ich muss das hier retten…' Seufzend wartete sie ab. Da erblickte Miceyla am Boden einen Weißbanoraapfel. Ein wenig seltsam, ein einziger Apfel in dieser Höhle. Womöglich hatte Genesis ihn mitgebracht. Sie lief zu ihm und bückte sich, um den Apfel aufzuheben. Während sie ihn betrachtete, fing sie plötzlich an zu lächeln.

„Es gibt keinen Hass, nur Freude. Denn dir gilt die Liebe der Göttin. Held des Anbeginns, Heiler der Welten“, sprach sie betonend, wobei sie die Hand mit dem Apfel zu Genesis ausstreckte. Hoffnungsvoll klopfte ihr das Herz.

Schwungvoll wandte er sich von Minerva ab und sah mit mondrunden Augen, von Miceyla zu dem Apfel und wieder zurück.

„Du verzeihst mir tatsächlich? Es… es erscheint mir wie ein Traum. Bitte lass mich daraus nicht erwachen!“, murmelte er mit dünner Stimme. Den Kopf schüttelnd prüfte er, ob er träumte.

„In gewisser Weise tue ich das. Das Leben muss weiter gehen, dass wollen wir doch beide, oder?“, versicherte sie noch einmal liebevoll.

„Miceyla! Keine Worte dieser Welt könnten meine Dankbarkeit aussprechen! Ich werde alles daransetzen, damit ich nie mehr eine solche Dummheit begehe!“ Genesis strahlte über das ganze Gesicht, preschte auf sie zu und schloss sie dann in seine Arme.

Glücklich genoss sie dies. Wieder einmal war es ihr gelungen, jemanden zurück auf den rechten Pfad zu führen.

„Allerdings verlange ich von dir, eine ordentliche Entschuldigung bei Ayko! Direkt wenn ihr euch das nächste Mal seht. Freunde werdet ihr dennoch wohl kaum, dass ist mir klar“, teilte sie ihm nebenbei mit, um das nicht zu vergessen.

„Ich verspreche es“, kam eine gezwungene Antwort.

Es wird nicht leicht für ihn werden, aber die Bürde hatte er nun zu tragen. Als sie sich langsam voneinander lösten, fiel ihr erst jetzt auf, dass Genesis wieder den SOLDAT- Gürtel umhatte.

„Du trägst ja…“, flüsterte sie überrascht.

Er nickte. „Ich werde niemals ein richtiger World Soldier Soldat sein, so wie ihr. Seit meiner Vergangenheit bin ich an SOLDAT gebunden, daran ändert sich nichts. Dieses Schicksal muss ich mir eingestehen…“, erläuterte er ein wenig schmerzhaft, seinen festen Entschluss.

„Aber das ist doch kein Grund, um ewig an sein altes Leben gebunden zu sein! Sei stolz darauf wer du bist und löse dich von allen Fesseln! Beweise uns, dass in dir die gute Seite

von SOLDAT weiterlebt. Ich glaube immer an dich!“

Miceyla’s Aufmunterung hauchte Genesis neue Lebensfreude ein und er nahm ihre Hand.

„Ich danke dir so sehr… Übrigens, da fällt mir gerade etwas ein! Alles Gute zum Geburtstag! Du bist neunzehn geworden, richtig?“, gratulierte er ihr lächelnd.

Verlegen wurde sie vor Erstaunen rot. „Oh…äh…vielen Dank! Tatsächlich hast du dir das gemerkt“. Mal wieder war es so ein Moment, in dem sie ihm endlich ihre Liebe gestehen konnte. Irgendwie kostete sie das auch nun, noch zu viel Überwindung.

Alle Gedanken entglitten ihr jäh, als Genesis’ Handy sich meldete. 'Anscheinend will das Schicksal uns einen treffenderen Augenblick auswählen…', dachte Miceyla mit ein bisschen Enttäuschung.

„Aha! Dieses Mal bin ich wohl an der Reihe!“, meinte er voller Ironie, um sie an ihr damaliges Treffen in Banora zu erinnern.

„Gut, habe verstanden!“, schloss er ein kurz verlaufendes Gespräch ab. „Sieht ganz danach aus, als müssten wir zurück nach World Soldier. Ich habe gehört, dass du eine wichtige Mission übernommen hast. Und die Gelegenheit ist passend, um dir die größte Freude überhaupt zu bereiten. Sieh es als eine Art Geburtstagsgeschenk an. Auch wenn das zu lange auf sich hat warten lassen. Bereite dich für deine neue Ära bei World Soldier vor!“, kündigte Genesis versöhnlich an und zeigte offen seine Glücklichkeit.

„Meine neue Ära?“ Neugierig bekam sie kugelrunde Augen und konnte es gar nicht mehr abwarten, endlich nach World Soldier aufzubrechen. Ihr Gespür verriet Miceyla den Anschein einer Veränderung.
 

Das sich vor ihr auftuende, mittlerweile fertig restaurierte Zwillingsgebäude, vermittelte einem langsam den Eindruck einer Festung. Ein Stützpunkt, der jeden Fleck auf dieser Welt beschützen sollte. Es erfüllte sie mit Stolz, dass der Weg sie hierher geführt hatte und dazu beitragen durfte, dem Planeten zu helfen. Irgendwie war das ja auch der Wunsch von Zack gewesen. Was sich aber allem voraus gut anfühlte war, Seite an Seite mit Genesis das Gebäude zu betreten. Drinnen wurde sie mit eigenartigen, fast schon ehrfürchtigen Blicken der Soldaten konfrontiert. 'Was ist denn mit meinen Kameraden los? Wir haben doch alle den gleichen Rang…'

Einer von ihnen salutierte vor Genesis. „Alle Vorbereitungen sind abgeschlossen, Sir!“

„Sehr gut, es kann also losgehen!“, nahm er dies zufrieden zur Kenntnis.

Verwirrt wollte Miceyla aus seinem Gesichtsausdruck, eine Antwort herauslesen, fand jedoch nur ein geheimnisvoll verschwiegenes Lächeln.

„Bitte!“ Er ließ ihr höflich den Vortritt, den Aufzug zu betreten. Die Überraschung annehmend, verschränkte sie die Arme ineinander und schwieg. Etwas untypisch, dass sie ihre Neugierde zügeln konnte.

Genesis führte sie in die große Versammlungshalle, dort staunte sie nicht schlecht. Auf der linken Seite standen eine Menge Soldaten der zweiten Klasse, der niedrigere Rang auf jener rechten Seite. Sogar einige Infanteristen befanden sich darunter. Natürlich war klar das Ayko fehlte. Alle standen ordentlich eingereiht und nahmen eine respektvolle, kerzengerade Haltung ein, als der General gefolgt von Miceyla die Halle betrat.

'Meine Güte, eine Geburtstagsparty findet hier wohl kaum statt! Eher…eine Zeremonie?' , dachte sie und merkte wie Genesis Andeutungen machte, sie solle in der Hallenmitte bleiben. Er hingegen stellte sich etwas entfernt, zwischen die Zweiten und Dritten.

Ein wenig verloren fühlte es sich schon an, von jedem einzeln angesehen zu werden. Trotzdem wartete sie unbekümmert ab.

„Mir ist es eine Ehre“, hob Genesis an. „Als General von World Soldier, meine erste Ernennung eines Soldaten zur ersten Klasse durchzuführen."

Unvermeidlich stand sie mit offenem Mund da und musste seine nächsten Worte zweimal in Gedanken wiederholen, um sie glauben zu können.

„Direktor Karin wollte dich, Miceyla Lucassen, bereits vor seinem Tod zur ersten Klasse ernennen. Wegen den uns bekannten Vorkommnissen, hat sich alles verschoben. Er hatte mir seine Wahl anvertraut und nun stehe ich hier an seiner Stelle. Und bin froh, dass ich es dir endlich sagen darf. Ich ernenne dich nicht aus Sympathie, sondern weil du es wahrlich verdient hast. Jeder schätzt dein Verantwortungsbewusstsein, bei Missionen denkst du immer fürsorglich an das Wohlergehen der anderen. Du hast überzeugt mit einer unglaublichen Strategie und Kampfgeschick. Nicht zuletzt verdanken wir dir einen hilfreichen Lösungsweg, um den Kampf gegen die Hulax anzutreten. Ich könnte dir noch viel mehr Aspekte nennen, welche dir dazu beholfen haben, eine herausragende zweite Klasse Soldatin zu werden. World Soldier hatte durch den Tod von Direktor Karin, eine sehr geschwächte Führungskraft. Ich fühle mich erleichtert, den obersten Rang nun mit dir zu teilen. Die ehrlichste und vertrauenswürdigste Person die ich kenne. Von diesem Moment an, bist du eine erste `richtige` Soldatin der ersten Klasse bei World Soldier! Mögest du deine zukünftigen Einheiten immer zum Sieg führen. Wir sind World Soldier, ausschlaggebend zur Erschaffung einer besseren Welt. Gratulation, Miceyla!“, endete seine lobende Rede.

Er flüsterte noch etwas das sie nicht verstand, da die Soldatenmenge laut applaudierte, jubelte und ihren Namen rief. Sie spürte, dass Genesis weiter allein mit ihr reden wollte, die Situation es aber nicht zuließ. Außerdem musste sie erst einmal begreifen können, was gerade geschehen war. In einem taumeligen Zustand, durchflutete sie mal wieder eine Welle von Gefühlen. 'Ein Traum… Genesis sag mir, träume ich? Meinst du das ernst, ich, eine erste Klasse Soldatin? Und das eigentlich schon seit längerer Zeit…'

Jeder einzelne Soldat bewies ihr seine Anerkennung, indem er an Miceyla vorbei lief und dabei ordnungsgemäß salutierte. Sie selbst regte sich nicht währenddessen und nahm nicht wahr, wie alle rausmarschierten und die beiden erste Klasse Soldaten zurückließen.

Genesis schritt mit einem befriedigten Gewissen hinter sie und beugte sich zu ihr vor.

„Normalerweise überrumpele ich Leute wie dich, nicht auf diese Art. Du musst aber zugeben, dass mir die Überraschung gelungen ist. Ayko wird stolz auf dich sein!“, flüsterte er ihr ins Ohr.

'Ayko…' Nachdenklich schloss sie die Augen. Während ihr guter Freund im Krankenhaus lag, sollte sie hier freudig umher springen? Das war nicht fair. Andererseits hatte Ayko an Selbstvertrauen gewonnen und würde nicht wollen, dass sie sich mit Sorgen überschüttete. Bald würden sie wieder gemeinsam, als World Soldier Soldaten kämpfen! Also, einfach mal den eigenen Erfolg genießen! Sich zu ihm umdrehend, nahm sie in vollen Zügen seinen betörenden Blick auf.

„Genesis, dass ich es so weit schaffe, hätte ich mir trotz meiner Fähigkeiten niemals zugetraut. Das war das schönste Geschenk, das du mir machen konntest! Ich bin sprachlos…“

Mit Freudentränen fiel sie instinktiv in seine Arme.

„Wenn du glücklich bist, kann ich es auch endlich sein…“, antwortete er beharrlich.

Alles hatte einen solch perfekten Eindruck, plötzlich kam es ihr so einfach vor, die Hulax zu vernichten. Aber jetzt schon vorausschauend auf ein gutes Ende zu blicken, war ein fataler Fehler. Die finstere Bedrohung, hatte den Planeten längst in seiner Macht…

Sonnenuntergang

Eine zarte Brise wehte Miceyla entgegen, als sie in Kalm aus dem Zug trat und von ihrer Mission, eigentlich ja die von Ayko, zurückkehrte. Es war Mittag und die Sonne schien senkrecht vom Himmel herab. Der Auftrag hatte doch ein paar Tage länger als gedacht, in Anspruch genommen. Seit ihrer Ernennung zur ersten Klasse, war bereits eine Woche vergangen. Sie schmunzelte bei der Erinnerung, dass der Soldat, welcher ihr die Mission aufgetragen hatte, sie auf einmal von jener `niveaulosen` Mission befreien wollte.
 

„Oh…ich bin beeindruckt, du hast jetzt den ersten Rang! Ähm…vergiss die Mission, ich suche jemand anderen dafür. Ich will nicht, dass du…entschuldige das `ihr` euch mit so Nichtigkeiten abgebt!“, unterwarf er sich vor ihr in einer Verbeugung.

Perplex konnte Miceyla sich einfach kein Lachen verkneifen.

„Aber, aber! Mir ist es gleichgültig, welchen Schwierigkeitsgrad eine Mission hat. Ich nehme jede an bei der ich weiß, dass ich eine gute Tat vollbringen kann! Und nun zu der Ansprache. Als erste Klasse Soldatin, fühle ich mich nicht anders als vorher und will auch nicht anders behandelt werden! Wie komme ich mir denn sonst vor? ...Kam meine Bitte an?“, fragte sie mit einem gütigen Ton.

„Jawohl Sir! …Es tut gut dich hier bei World Soldier zu haben. Du bist anders, aber gerade das ist es, was dich so sehr prägt."
 

Von der der Ehrlichkeit war sie unbeschreiblich berührt gewesen, dass sie sich schwor eine gerechte Anführerin abzugeben, die es als Geschenk ansah, bei jedem einzelnen Soldaten ein Lächeln zu sehen.

Im World Soldier- Gebäude ging jeder seinen gewohnten Pflichten nach. Momentan wurden viele Missionen, an den verschiedensten Orten des Planeten vergeben, um die gefundenen Scharen der Hulax zu eliminieren. Dies war den Soldaten durch die, mit außergewöhnlichen Fähigkeiten eingehauchte Materia ja auch möglich. Dennoch nahm die Anzahl der Dämonen nicht ab. Waren jegliche Anstrengungen vergebens? Während alle bei World Soldier voller Sorge, Pläne und Strategien entwickelten, herrschte unter der Bevölkerung eine relativ entspannte Atmosphäre. Ihr Vertrauen gegenüber dem neuen Konzern, verfestigte sich langsam. Eigentlich war Miceyla ja diejenige, welche diese Last von Anfang an auf den Schultern zu tragen hatte. Doch mehr und mehr, bekam sie von Genesis’ Blicken beschwingende Gefühle, die jeden noch so kleinen finsteren Gedanken von ihr nahmen. Eine gefährliche Hingabe, die sie von allem abzuschirmen schien.

„Ein uralter Zauberspruch… Ein Opfer er wird verschlingen."

„Du bestreitest dein eigenes Abenteuer…ich werde dich leiten…“

„Du bist nicht allein! ... Lasse dich von deinen Träumen führen… Bewahre deine Ehre!“

„Die Seelen Verstorbener… Angst verschlingende Geister…“

„Mache dich bereit… Wir sehen uns in der Dunkelheit wieder… Ha, ha…!“

Ein dichter Nebel legte sich über all jene Erinnerungen, die ihr jüngst im Leben widerfahren waren. Doch für einen Herzschlag, meinte sie wahrhaftig die Stimme von Sephiroth gehört zu haben und sah unheilvoll umher. 'Unsinn! Du solltest dich endlich einmal ausruhen und einen klaren Kopf kriegen!' , beruhigte sie sich hastig und schlenderte seufzend aus dem Aufzug im sechsten Stock. Dort kam ihr ein Junge, mit einigen Verbänden und einer Krücke entgegen gehumpelt.

„Hallo Ayko“…, murmelte sie abwesend und lief unbeirrt an ihm vorbei.

„Hallo…“, gab er ihren Gruß ebenso gedankenverloren zurück.

'Was ist denn jetzt los…? Ich meine nun schon, Ayko wieder hier gesehen zu haben!

Sind das Halluzinationen? Aber…' Nach kurzen Schritten, drehte sie sich zögerlich um und schlug abrupt mit der Handfläche gegen die Stirn.

„Ayko! Du bist es ja tatsächlich!“, rief sie und lief freudestrahlend auf ihn zu.

„Oh…Mi-Miceyla! Ich habe bereits nach dir gesucht…“ Es verschlug ihm fast die Sprache, seine enge Kameradin zu sehen, da er im Krankenhaus davon erfuhr, dass dieses Mal er `ihr` sein Leben zu verdanken hatte. Die Umgebung vollkommen ausblendend, drückte er sich gegen sie. Einfach nur erleichtert darüber, dass er weiter für seinen Traum kämpfen durfte und Zalona noch beschützen konnte. Um vom Lebensstrom aufgenommen zu werden, wäre weitaus zu früh gewesen.

„Ich verdanke dir mal wieder so schrecklich viel…“, schluchzte Ayko.

Sie schätzte sehr an ihm, dass er nie seine Gefühle zu verbergen versuchte.

„Dir war ich doch eh noch etwas schuldig. Außerdem würde ich mein Leben riskieren, um meinem besten Freund aus der Patsche zu helfen! …Übrigens musst du Reno von den Turks ja auch danken." Sanft nahm sie ihn in die Arme, darauf achtend seine Verletzungen nicht zu berühren.

„…Für meine beste Freundin tue ich das genauso!“ Er nickte ausdrucksstark und nahm wieder seine, auf die Krücke gestützte Haltung ein.

„Jetzt musst du mir aber mal verraten, warum du schon bei World Soldier auftauchst. Solltest du nicht eigentlich noch im Krankenhaus bleiben?“, wollte Miceyla sich über Ayko’s Gesundheit informieren.

„Da war es sooo langweilig! Außerdem haben wir hier ja auch ein Lazarett, in dem ich mich natürlich wohler fühle. Mache dir keine Sorgen, ich habe mich nicht heimlich raus geschlichen, ich wurde entlassen. Jedoch werde ich ein wenig Zeit brauchen, um mein Training wieder aufzunehmen… Was ich noch loswerden wollte… Du siehst…ähm…irgendwie anders aus. Sag bloß nicht, der zweite Rang bekommt eine neue Uniform! Hab dich erst gar nicht erkannt…“ Ayko musterte sie neugierig.

„Ja, du hast es noch nicht mitbekommen…“, hob sie zögerlich an und war gespannt wie er reagierte.

„Neeein! Also doch eine neue Uniform!“ Er schnitt eine Grimasse die zeigte, dass ihm dies überhaupt nicht passte.

Lachend schüttelte Miceyla den Kopf. „Du kannst beruhigt sein, deine alte Uniform darfst du behalten!“ Sie trug ein dunkellila-blaues Oberteil, an dessen kurzen Ärmeln, kleine Bändel herabbaumelten. Darüber den gewohnten World Soldier- Gürtel und Schulterschutz. Unterhalb des Gürtels, zierten ihre Beine ein mittellanger schräger Rock, in der gleichen Farbe wie das Oberteil und denselben Bändel. Unter dem Rock lugte eine schwarze Leggings hervor. An ihren braunen Schuhen befanden sich Bänder, welche sie an den Beinen zu einer Schleife zusammengebunden hatte. Ihre ebenfalls braunen Handschuhe, trug sie normalerweise nur im Kampf. Daher wusste Ayko, sie kam gerade von einer Mission zurück. Miceyla’s lange, leicht gewellte Haare trug sie offen, mit einem geraden Pony. Durch die bis zu ihren Ellenbogen reichenden Haare, blitzten lila-goldene Ohrringe hervor.

Noch das von ihr wertgeschätzte, auf dem Rücken klemmende Schwert und das Amulett, verhalfen ihr zu einem ehrenhaften Auftreten.

„Vor einer Woche, war meine Ernennungszeremonie zur ersten Klasse. Daher habe ich nun die Freiheit, mir meine Uniform selbst auswählen zu können“, enthüllte sie mit gespaltenen Gefühlen. Die Verantwortung die sie jetzt zu tragen hatte, war enorm hoch.

Bei Ayko spiegelte sich ihr eigener überraschter Gesichtsausdruck wider, als sie dies erfuhr. Vorerst war er nicht dazu befähigt zu sprechen.

„…Vor mir steht gerade eine neue erste Klasse Soldatin? ...Oh was freue ich mich für dich!

Ich wusste, dass du diesen Status erreichst, es ist deine Bestimmung. Zack wäre von allen am meisten stolz auf dich!“ Seine mutig ausgesprochene Meinung, erinnerte Miceyla daran, warum der Schicksalspfad sie eigentlich hierher rief.

„Es war sein Wunsch…Ich bin hier, damit man Soldaten…`Helden` wie ihn nicht vergisst." In Gedanken reiste sie durch die Vergangenheit und versuchte seine Nähe zu spüren.

„Argh!“ Ayko’s panischer Laut hinderte sie daran.

„Hast du Schmerzen?“, fragte sie bestürzt und wollte ihn schon packen und zum Lazarett schleifen.

„Nein, viiiel schlimmer als das! Du bist jetzt meine Vorgesetzte! …Sir!“, überkam ihn spontan diese Erkenntnis.

Innerlich schwanden ihre Besorgnisse. „Jeep! Und du bist mein Untergebener! Also gehorche mir!“, bestätigte sie ironisch und kniff ernst die Augenbrauen zusammen.

Länger als ein paar Sekunden, konnten die beiden ihr lautes Lachen nicht zurückhalten. Die damit auf sich ziehenden, fraglichen Blicke anderer Soldaten, interessierten sie kein bisschen.

„Mit dir zu lachen, fühlt sich besser an als jeder Heiltrank!“, meinte Miceyla glückstrahlend, nach einer im Kichern untergegangenen, kleinen Ewigkeit.

„Wie das stimmt! …Dann ziehst du auch einen Stockwerk höher. Und ich muss sagen, dass du richtig Geschmack hast. Keine Uniform passt besser zu dir. Ein echtes Unikat trifft auf ein echtes Individuum! Sicherlich sagt Genesis…“ Schlagartig verstummte Ayko. Sein Blick verdüsterte sich, dass er unbewusst dessen Namen ausgesprochen hatte.

„Richtig…dieses Thema ist auch noch nicht abgehakt…“ In die Realität zurückgerufen, dachte sie über eine kluge Wortwahl nach, denn umgehend musste sie mit ihm genau das besprechen.

„Ich weiß bereits die Wahrheit über sein Verhalten…“, flüsterte er und senkte den Blick.

„Mir hat er ebenso ein Geständnis abgeliefert. Zum Glück, eine innerliche Hälfte in mir, war kurz davor in umzubringen…“ Wie erleichtert sie sich fühlte, dass den ganzen psychischen Qualen ein Ende bereitet wurde.

„Und das alles nur, weil er dachte wir zwei…du weißt schon…“ Unruhig kratzte Ayko mit der Krücke am Boden herum.

Hatte er etwa vorher geahnt, was in Genesis vor sich ging? Selbst wenn, sie standen gerade in der Gegenwart und nirgendwo sonst.

„Ich habe ihm eine zweite Chance gegeben…“, gab sie leise zu.

„Also habt ihr euch versöhnt?“, fragte er mit kritisch schiefgelegtem Kopf.

„Hör zu, wenn du von mir verlangst, dass ich deinen `beinahe Mörder` zum Teufel jage, werde ich mich dem fügen!“, fuhr sie mit Selbstzwang fort.

Erstaunt stellte Ayko fest, dass Genesis’ Taten sie mehr getroffen hatten, als ihn selbst.

„Unsinn! Fühl dich nicht immer gezwungen, dich für andere aufzuopfern. Wenn einer dies tun müsste, käme nur ich in Frage. Der General und ich, werden bis in alle Ewigkeit Feinde sein. Dennoch begebe ich mich nicht, auf das Niveau eines Rächers herab…Joa… Und ohne, dass du es jemals ausgesprochen hast, weiß ich hundertprozentig, dass du in Genesis verliebt bist! Bei mir ist jedes Geheimnis sicher, keiner versteht deine Gefühle so gut wie ich!“ Eine besiegelnde Handbewegung unterstrich seine Worte.

Es war Miceyla peinlich, so unvorbereitet auf Ayko’s plötzliche Offenheit zu sein.

„Ayko…!“, hielt sie ihn verlegen davon ab, weiter darauf einzugehen.

Doch die Chance bekam er sowieso nicht. Denn der General persönlich verließ gerade den Trainingsraum und die Blicke der drei kreuzten sich unvermeidlich.

'Du bist schockiert, dass Ayko nach jenen verheerenden Verletzungen, bereits wieder hier sein kann, nicht wahr? Tja, in ihm steckt mehr als man denkt. Ich will sehen, ob du dein Versprechen auch einhältst', erriet Miceyla wie es in Genesis aussehen musste.

Er ignorierte den zweite Klasse Soldaten nicht und kam zielstrebig heran geschritten. Hielt aber zögerlich an. Sie zeigte ihm ein strenges Nicken, welches bedeutete er solle weiter laufen und zu seinen eigenwilligen Dummheiten stehen. Sofort reagierte er darauf.

Derweil rückte sie ein wenig von Ayko weg. Dieser kämpfte gegen sein instinktives Zittern an. Zwar standen sich die zwei endlich gegenüber, doch ein unerträgliches Schweigen herrschte nun.

'Na los, mach den Mund auf! Sonst wird alles nur noch unangenehmer!' , flehte sie im Innern, als sich Genesis’ Augen mit einem verbitterten Leuchten, kurz mit ihren trafen.

„Ayko… Ich wünschte, ich könnte meine schrecklichen Taten ungeschehen machen. Es ist unverzeihlich… Das du so bald wieder bei Kräften bist, hätte ich nicht gedacht. Anscheinend steckt doch ein echter Soldat in dir“, sprach er untröstlich. Sein immerwährender Stolz, hielt ihn aber davon ab tiefgründiger zu werden.

„Was soll ich sagen… Wir sind eben auch bloß Menschen, die Fehler machen und auf ihr Gefühl hören. Lass uns nach vorn blicken, vergeben kann ich dir jedoch niemals...“, folgte Ayko’s beharrliche Antwort.

„Natürlich, dass verstehe ich. Ach ja… Ich erlaube dir jeder Zeit Zalona zu besuchen, wenn du das willst. Das mindeste, was ich für dich tun muss“, akzeptierte er die Worte des jüngeren Soldaten. Ayko machte einen einwilligenden Gesichtsausdruck, auch weil er das Gespräch beenden wollte.

'Prima! Eine entspannend ausgeklungene Aussprache!' Erleichtert holte Miceyla tief Luft.

Eine kurzweilige Idylle…

„Denke nicht, dass du deshalb ankommen kannst, um einen Sonderwunsch nach dem nächsten zu erbetteln! Die Regeln bleiben dieselben. Mute dir nicht zu viel zu, sonst wirst du in ein tiefes Loch fallen. Und versuche nicht, dich in der Zukunft mit mir anzulegen! Falls du auf diese dumme Idee kommen solltest, werde ich deine lächerlichen Träume zum platzen bringen. Es ist aussichtslos, gegen mich jemals auch nur `den Hauch` einer Chance zu haben!“, mobbte ihn Genesis, als sei er der Mittelpunkt der Welt.

Entrüstet wollte Miceyla mit einer Bemerkung dazwischen funken, da sie glaubte, Ayko wäre mal wieder in Grund und Boden beleidigt worden. Überrascht stellte sie fest, dass er bereits streitlustig zum Konter ausholte.

„Pah! Etwas anderes habe ich auch nicht von dir erwartet. Im große Töne spucken bist du ein Meister. Dabei bist du nichts weiter, als ein arroganter Besserwisser, dem die Gene des Triumphs in die Wiege gelegt worden sind. Ich beweise, dass ich das alles nicht brauche, um dein Level zu erreichen. Die Herausforderung nehme ich an!“

Zwischen den beiden Soldaten, sprühten die Funken nur so bei der hitzigen Stimmung. Man bekam den Eindruck, ihre Rivalität würde der von zwei kleinen Jungen ähneln. Oder steckte doch mehr dahinter? Sie trat dazwischen und klopfte ihnen auf die Schulter. Verdutzt fingen sie langsam an wieder abzukühlen.

„Genug der Friedensworte! Auf uns wartet Arbeit und Ayko muss an seine Genesung denken!“, erinnerte Miceyla mit unveränderter Stimme.

Beide nutzten ihre Einmischung, traten auseinander und verschwanden mit beleidigter Miene, stur in der entgegengesetzten Richtung.

„Wie werde ich das bloß weiterhin ertragen können?“, machte sie ihrem Frust Luft und verdrehte die Augen.
 

„Abgehackt! ...Abgehackt! …Und nochmals abgehackt!“ Schritt für Schritt arbeitete sich Miceyla, durch alle ihr abgeliefert bekommenen Missionsberichte, etlicher Rekruten. Schreibtischarbeit passte ihr gar nicht. Sie wollte raus an die frische Luft und sich etwas die Beine vertreten, anstatt hier am Bürostuhl festzukleben. Heimlich überlegte sie schon, von ihrem Amt abzutreten und wieder Angehörige der zweiten Klasse zu werden. Dabei lag die einfachste Lösung auf der Hand.

„Wir brauchen einen neuen Direktor!“, jammerte sie. Obwohl Genesis und sie sich beide im selben Gebäude aufhielten, bekam sie ihn selten zu Gesicht. Und Ayko war noch nicht fit genug, um mit ihm den Trainingsraum unsicher zu machen. Es gab auch keine freie Mission, die ihr helfen würde, etwas Neues über die Hulax herauszubekommen. Alle vergeben.

Eine erdrückende Langeweile machte sich breit. Sie gönnte sich eine Pause und ließ die Arbeit ruhen. 'Ich werde Genesis mal suchen…' Miceyla spazierte durch den Übergangstunnel und betrachtete dabei die Außenlandschaft. Aus der Vorratskammer für Materialien jeglicher Art, hörte sie seine vertraute Stimme. Sie spähte hinein und sah, wie drei Soldaten ihm gerade Bericht von ihrer letzten Mission erstatteten. Entmutigt lief sie zurück 'Warum haben wir mal nie Zeit für uns?' Traurig darüber, blieb sie im gläsern überdachten Tunnel stehen und drückte den Kopf gegen das Fenster.

„Nanu? Weshalb so unmotiviert?“

Erschrocken wirbelte sie herum und erblickte Genesis, wie er den Tunnel betrat.

„Mm… Sag nicht, dass `dir` etwa die ganze organisatorische Arbeit Spaß macht. An meine letzte spannende Mission, kann ich mich kaum noch erinnern…“, sprach sie ihr Elend aus.

„Das ist es also… Nun, wir müssen eben sehen, dass wir alles unter einen Hut bekommen. Sonst ist unser Ansehen gefährdet“, meinte er tröstlich.

„`Ansehen`? Geht es dir nur darum? …Genesis…wie wichtig bin ich dir eigentlich wirklich?“ Die Frage kam ganz ungewollt.

Verblüfft überkamen ihn erste Bedenken. „Es gibt niemanden, der mir so wichtig ist wie du! Zweifelst du etwa daran? Das macht mir Angst… Ich will dich nicht verlieren. Vielleicht sollte ich es dir mehr zeigen“, überschüttete er sie mit Worten der Überzeugung. 'Wo ist nur dein wunderschönes Lächeln geblieben, welches ich damals in Banora an dir gesehen habe. Ich vermisse es… Banora!' , dachte Genesis und erhielt einen Gedankenblitz.

Er packte sie bei beiden Armen und zog sie so zu sich.

„Miceyla, du bedeutest mir alles. Deshalb sollten wir uns noch mal gemeinsam in Banora treffen. Nur du und ich. Da wartet sowieso ein Versprechen darauf, endlich von mir eingelöst zu werden."

Aufgeweckt dreinblickend, genoss sie das Gefühl eines erwartungsvollen Kribbelns.

„Ja…damit würdest du mich glücklich machen…“, bejahte sie dies mit süßlicher Stimme.

„Also ist es beschlossene Sache. Lassen wir für einen halben Tag hier alles stehen und liegen. Und ich beweise dir meine Spontanität, indem wir uns schon an dem heutigen Nachmittag dort sehen."

Dankbar, dass er sie von den öden Pflichten befreit hatte, versprühte sie nach außen hin eine riesige Vorfreude.

„Dann bis später, ich freue mich!“
 

Es war bereits Mittag und an der Zeit, dass sie sich auf den Weg machte. Zwar wäre sie liebend gern mit Genesis zusammen losgegangen, aber es wäre nicht klug gewesen, wenn man sie beide World Soldier verlassen sah. Denn zwei erste Klasse Soldaten, nahmen selten an der gleichen Mission teil. Deshalb zog Miceyla alleine los. Alle wirkten ziemlich beschäftigt, ihre Abwesenheit wird wohl kaum einer bemerken. Trotzdem wollte sie auf der sicheren Seite sein und hatte Ayko im Lazarett noch schnell einen Besuch abgestattet. Um ihm für den Notfall Bescheid zu geben.

„Viel Erfolg!“, war seine erste Reaktion mit einem frechen Grinsen.

Sie runzelte einfach nur die Stirn.
 

'Ob Genesis bereits hier ist?' Am warmen Spätnachmittag, traf sie auf der südlichen Insel ein. Vom Ufer aus nahm sie gleich den direkten Weg nach Banora, von wo aus sie Mideel erkennen konnte. Ein kurzer Fußmarsch später und die Stadt verbarg ein üppiger Regenwald. Als Miceyla das kleine Dorf erreichte, musste sie lächeln. Es kam ihr vor, Banora wäre niemals von Shinra zerstört worden. Sie entschied, dass der kleine Hügel mit der prächtigen Aussicht, der perfekte Ort war um auf ihn zu warten. Für ihren kleinen Ausflug, hatte sie sich ausnahmsweise einmal von der Soldatenuniform befreit und trug ein bis zu ihren Knien reichendes, dunkelblaues Kleid. Es verlieh ihr das beschwingende Gefühl, sich mal wie ein ganz normales Mädchen zu fühlen. Statt über den Pfad, lief sie lieber durch das hohe Gras, welches angenehm an den Beinen kitzelte.

'Dieser Platz gehört nur uns beiden…', dachte Miceyla, als sie von einem flüsternden Wind, auf der freien Ebene des Gipfels begrüßt wurde. Ewig könnte sie hier verweilen und all die schlimmen Dinge des Lebens vergessen.

„Hoffentlich hab ich dich nicht zu lange warten lassen. Ich dachte mir, dass du hier `die schöne Landschaft` genießen würdest!“

Schwungvoll strich sie ihre Haare zurück, blickte über die Schulter und begrüßte Genesis mit einem Lächeln. „Schön, dass du da bist…“

„Hättest du Interesse daran, mal mehr von der Umgebung um Banora zu sehen? Ich könnte dich herumführen“, bot er ihr spontan an.

„Sehr gerne! All zu viel habe ich ja noch nicht zu Gesicht bekommen."

Und so ergab sich eine lange Wanderung, quer durch die teils unberührte Natur der Insel. Sie redeten miteinander, als würden sie sich schon seit etlichen Jahren kennen.

'Wenn man doch immer so unbekümmert sein dürfte… Es tut Geist und Seele gut', seufzte sie innerlich.

Natürlich kam es dazu, dass sie die Zeit völlig vergaßen. Die warmen Sonnenstrahlen, wurden gemächlich von einem frischen Abendwind abgekühlt. Wie von Zauberhand, führte die beiden der Weg wieder den Hügel hinauf.

„…Und nun geht mein Versprechen in Erfüllung“, bemerkte Genesis, wobei er einen Arm Richtung Horizont ausstreckte. Diesen färbte die untergehende Sonne, in einen kräftigen lila-rot Stich. Und nicht nur der Himmel wurde verfärbt, sondern auch jede kleinste Wolke bekam zarte rosa Töne.

'So wunderschön, habe ich es mir kaum vorstellen können…' In Miceyla’s Augen, spiegelte sich der fantastische Sonnenuntergang wider.

„Wenn du ihn dir immer alleine ansiehst, ist er kein bisschen beeindruckend. Aber wenn jemand dabei ist, der…“ Dicht neben ihr stehend, dachte er nach. Und schien für das, was ihn bewegte, keine Worte zu finden.

Merkwürdig war es, dass sie erst in diesen Minuten das Gefühl bekam, die Erlebnisse auf Gaia wären nur ihre persönliche Traumreise. Vollkommen irrsinnig, denn alles war die Wirklichkeit. Etwas bange zumute fragte sie sich, ob sie ein Leben hier verbringen könnte. Ein Urteil, das Miceyla jedoch nicht selbst fällen konnte. Ihre Bestimmung lag in ihrer eigenen Welt. Ein Blick auf Genesis genügte, um dies beiseite zu schieben.

„Achte darauf was du tust…!“

Sie erschrak. Arjen! Nur sie war in der Lage, seine Stimme zu hören. 'Hör auf den großen Bruder zu spielen. Lass mich das machen, was ´ich` für richtig halte!! Wie war das noch gleich…`du bestreitest gerade dein eigenes Abenteuer`!' , schimpfte sie in Gedanken. Sie konnte es nicht leiden, bespitzelt zu werden. Abgesehen davon, war ihre Sturheit daran schuld, einzusehen, dass Arjen immer Recht behielt. Egal um was es ging.

Genesis spürte ihre Anspannung. „Hast du irgendetwas? Entspricht der Sonnenuntergang nicht deinen Vorstellungen?“, hakte er nach.

„Nein, es ist nichts. Alles ist perfekt!“, log sie und versuchte entspannter auszusehen.

'Es wäre auch alles perfekt, wenn ich nur einmal meine Herkunft vergessen könnte und nicht von meinem `Schicksalsgefährten` daran erinnert werde!'

„…Habe ich dir eigentlich schon jemals gesagt, wie unglaublich schön du bist? Die flammenden Abendfarben, unterstreichen das sogar noch mal." Sein Kompliment kam vollkommen unerwartet.

Es raubte Miceyla den Atem und sie wurde verlegen wie noch nie. Der Augenblick schien gekommen zu sein.

„Genesis…wie sehr magst du mich?“ Eine Frage, bei der sie all ihren Mut zusammen nehmen musste. Nach kurzen überraschenden Gefühlsregungen, lachte er. Machte er sich etwa über sie lustig?

„`Gemocht` habe ich dich noch nie…“

Warum war er so amüsiert?

„Dann verstehe ich nicht, weshalb ich überhaupt hier bin!“ Nach den scharfen Worten, machte sie ruckartig kehrt. Brach jetzt ihre ganze Welt auseinander? Wie konnte es danach noch weiter gehen? Weit kam Miceyla nicht, denn Genesis schlang von hinten die Arme um sie und hinderte sie am Fortgehen. Ihr Herz raste, von seiner plötzlichen Berührung.

„Ich kann dich gar nicht `mögen`, weil ich dich `liebe`…“, gestand er ihr endlich.

Sie war gelähmt, unfähig sich zu rühren, tropften von ihr Glückstränen auf das beleuchtete Gras hinab.

„Ich liebe dich genauso, seit Anbeginn…“, flüsterte Miceyla und drehte sich dabei um. Die Blicke der beiden verschmolzen ineinander. Es stand fest, ihre Liebe fand nach einer langen Reise, ihr füreinander bestimmtes Ende. Für welche sich ein neuer Anfang auftat.

Weitere Worte wären fehl am Platz gewesen. Dicht mit seinem Gesicht an ihrem herab gebeugt, schloss Genesis die Augen und drückte seine Lippen sanft auf ihre. Mit den Händen, die über ihren Rücken herab strichen, zog er sie heran. Die Arme um ihn legend, erwiderte sie den Kuss und nahm diesen einmaligen Gefühlsmoment in sich auf.
 

Die grünen Fäden des Lebensstroms hüllten Genesis ein. Unter seinen Füßen, schlängelten sich die Bänder verstorbenen Lebens bis in die Ewigkeit und warteten darauf, ungeborenen Hüllen neues Leben schenken zu dürfen. Darüber schwebte eine bildschöne Frau, im eindrucksvoll güldenem Gewand. Des Planeten mächtigste Gestalt, die über Leben und Tot wachte.

„Und? Hast du es nun gefunden?“ Edelmütig erklang ihre Stimme.

„Ja, dass habe ich Minerva. Da bin ich mir ganz sicher“, antwortete Genesis und fasste auf sein Herz.
 

Noch immer standen sie dicht beieinander und küssten sich innig.

„Du gehörst jetzt zu mir…“ Er brach kurz ab, um ihr dies in das Ohr zu flüstern.

Lächelnd lehnte sie den Kopf gegen ihn. In ihrer Welt, gab es momentan nur noch Genesis und sie selbst. Alles andere lag in einem anderen Universum. Zu weit entfernt, um es erreichen zu können. Die untergehende Sonne verabschiedete sich und gewährte den ersten Sternen, ihr leuchtendes Erscheinen. Die kühle frühnächtliche Luft, kam gegen Genesis’ Wärme die er Miceyla gab, nicht an.

„Bleibe heute Nacht bei mir in Banora“, lockt er sie zum dableiben.

Natürlich blieb sie, nirgendwo anders wollte sie hin.

Und so spielte das Leben, ihre betörende Melodie. Keine Anzeichen ließ sie zu, welche verraten würden, dass auf liebliche Stille tobendes Geschrei folgen sollte.

Vorherbestimmte Unterstützung

Hierher war sie gekommen, wurde von `normalen` Seelen im Lebensstrom isoliert, um über den Planeten zu wachen. Keine Temperatur konnte man hier verspüren und auch die Zeit stand ewig still. Sie war oft allein, wie in diesem Augenblick. Denn selbst in dem Lebensstrom, drangen bereits die Dämonen ein, welche unzählige Menschenleben auf ihrem Gewissen hatten, die keine Ruhe finden konnten. Bald gab es keinen sicheren Ort mehr. Ihr waren die Hände gebunden, eigenständig die Welt zu schützen. Doch sie sah das Leuchten eines Mädchens, es verriet Rettung. Aus verborgener Ferne kam sie und befand sich auf Gaia. Von jenem Zauberspruch wusste sie, den sie erlernen sollte. Aber momentan war sie dazu nicht in der Lage. Die Zufriedenheit überschattete das Böse.

Also nahm sie etwas von ihren Fähigkeiten in Anspruch und rief zwei Auserwählte vom Lebensstrom herbei, um sich gemeinsam mit ihnen zu beraten.

„Ah! Mein Kopf! Es ist lange her, seit ich so klar denken konnte. Man ist das überhaupt nicht mehr gewohnt!“, rief ein junger Mann in Soldatenuniform und schien sich darüber zu freuen, denn er strahlte.

„Jetzt sei nicht so laut! Scheint wichtig zu sein, dass wir hier sind!“, brummte ein etwas älterer Soldat, mit gleicher Uniform mürrisch.

„Komm schon! Könntest ruhig mal ein paar freudige Emotionen zeigen. Vielleicht kriegst du dann weniger Falten, du alterst noch!“, kam ein belustigter Kommentar des anderen.

„Altern werde ich wohl kaum. Ich bin nämlich genauso tot wie du!“, meinte der ältere sarkastisch.

„Echt hart, wenn du mich immer daran erinnerst!“ Er tat so als wäre er beleidigt.

„Ha! Ha! Du veränderst dich aber auch wirklich nicht. Immer noch ein kleiner Welpe, huh?“ Schmunzelnd betrachtete er seinen ehemaligen Schüler, dessen Mentor er gewesen war.

„Hey! Die Nummer schon wieder!“, beschwerte sich der junge Soldat und war dennoch genauso amüsiert, bei der Erinnerung an sein früheres Leben.

„Zack! Angeal! Da seid ihr ja!“

„Oh! Aerith! Klasse siehst du aus, wie eh und je!“, begrüßte Zack die junge Frau.

„Ich freue mich, euch beide zu sehen. Auch wenn dies nicht gerade ein feierlicher Anlass ist. Ich denke ihr wisst Bescheid…“, antwortete Aerith ein wenig trüb.

Angeal nickte ernst.

„Ja, auf dem Planeten geht es echt heiß her. Schade das ich da nicht mehr mitmischen kann!“ Bevor Angeal Zack von weiteren vorlauten Worten abhielt, redete er weiter.

„…Aber zum Glück haben wir ja unsere Miceyla! Und seht sieh euch an! Sie ist jetzt eine richtige erste Klasse Soldatin! Ich bin stolz auf sie. Ich wünschte, ich könnte ihr das sagen…“, lobte er sie mit in einem Traum verhangenem Blick.

„Dazu ergibt sich bald die Gelegenheit, denke ich“, murmelte Aerith.

Zack hatte nicht richtig zugehört. „Was meinst du?“, fragte er nach.

„Aber diesen Ayko finde ich auch nicht übel. Er wäre ein guter Nachfolger für das…“ Nach einem raschen Seitenblick auf Angeal, lächelte er vertuschend.

„Egal! Bestimmt hat er noch große Taten vor sich!“

„Auch dessen Schicksal, wird bald seine Erfüllung finden“, sprach Aerith vorausschauend.

Angeal senkte den Kopf. Zack blickte verwirrt, zwischen den beiden hin und her.

„Was soll das? Wisst ihr schon wieder von etwas, von dem ich nichts weiß? Heißt das…“

„Lass gut sein! Deswegen sind wir nicht herbeigerufen worden“, erinnerte Angeal und legte die Hand auf Zack’s Schulter.

„Grrr…“ Gezwungenermaßen gab er nach.

„Nun denn…genau um Miceyla geht es. Durch ihre wahre Herkunft, ist sie als einzige in der Lage, mit dem mächtigen Zauberspruch alle Dämonen zu vernichten und die gefangenen Seelen zu erlösen. Kristall Omega lautet er. Doch um diesen zu erlernen, benötigt sie unsere Hilfe. Man muss nämlich Licht und Dunkelheit, dafür vereinen können. Sie wird nicht daran vorbeikommen, einmal durch absolute Finsternis zu irren… Unterstützung braucht sie ohnehin. Sie ist dabei, die Gefahr aus den Augen zu verlieren…“, teilte sie ihr Wissen mit den zwei.

„Sag bloß, dass weißt du alles auch von `ihm`!“, meinte Zack verdutzt.

„So ist es. `Er` war bei mir gewesen. Beide sind Lucassener, Miceyla und er. Seit der Entstehung des Universums, wird bei ihnen ein unergründliches Erbe, von Generation zu Generation weitergegeben“, bestätigte Aerith.

„Oh ja, die Legende der Lucassener, ein einziges Mysterium… Und ach, Miceyla ist bestimmt so durch den Wind, wegen Genesis. Ausgerechnet er fand damals seine Erlösung. Na ja, ich gönne es ihm… Trotzdem behalte ich ihn im Auge, auch wenn ich nicht viel ausrichten kann. Sag mal Angeal, findest du das Miceyla und Genesis gut zusammen passen? Warst schließlich mal mit ihm befreundet“, schweifte Zack wieder vom eigentlichen Thema ab.

„Meine Meinung ist dazu wohl unwichtig. Die Liebe findet nun mal ihren eigenen Weg“, kommentierte Angeal knapp, ohne weiter darauf einzugehen.

„He! Das ist keine aussagekräftige Antwort, die ich von dir hören wollte. Ich meine es ist ausgerechnet `Genesis`, der jetzt mit ihr…ah!“, steigerte sich Zack noch mehr in dieses Gespräch hinein.

„Ha, ha, ha! Sag bloß nicht, du wärst noch nie verliebt gewesen!“, neckte Angeal ihn.

„Hey! Mach dich nicht über mich lustig!“, konterte der junge Soldat belustigt.

„Jungs! Es ist wirklich langsam mal genug!“, ermahnte Aerith streng.

„Oh…Ähm…Entschuldigung Aerith! Aber du musst zugeben, dass Angeal dieses Mal mitgemacht hat! Zurück zum Hauptthema: `Die Rettung des Planeten`!“ Nun war auch Zack ernst bei der Sache.

„Wir müssen uns genau überlegen, wie unsere Unterstützung Miceyla am besten von Nutzen sein kann. Angeal, du wirst sie durch die vier Kreisläufe führen, welche mit dem Licht in Verbindung stehen. Die der Dunkelheit können wir nicht übernehmen“, organisierte sie ihre Vorgehensweise.

„Aber dann wird der Zauberspruch ja unvollständig und erfüllt nicht seinen Zweck!“, schlussfolgerte Zack aufgebracht.

„Gibt es keine andere Möglichkeit?“, fragte Angeal ruhig.

„Nun…“ Aerith verstummte. Ihr Körper verspürte einen heftigen Schmerz. Sie sah, wie ihre Umgebung von Blut überschwemmt wurde. Die Erinnerungen aus ihrem Leben, zerrten an Gedanken und Nerven. Ein ungebetener Gast betrat, den für ihn verbotenen Bereich des Lebensstroms.

„Was hast du Aerith?“ Als auch Zack merkte, dass etwas nicht stimmte, wirbelte er herum. Er erblickte eine aus dem Nichts auf tauchende Person, die in schwarzem Nebel eingehüllt war. Sofort als sich die verschweigende Hülle auflöste und die Person zur Erkennung freigab, stelle er sich schützend vor Aerith.

„Sephiroth!“, sprach Angeal verhasst seinen Namen aus. Seine ehemalige Freundschaft für diesen Soldaten war erloschen.

„Solch eine friedliche Atmosphäre…Welch ein ungewohnt, hell erstrahlendes Licht. Freut mich, mit den Helden aus vergangener Zeit, noch mal gemeinsam verweilen zu dürfen!“, erhob Sephiroth mit amüsiert funkelnden Augen die Stimme.

Wellen der Boshaftigkeit, schwappten zu den drei hinüber.

„Wie kannst du es nur wagen, jenen Ort hier zu betreten? Ich werde dich ins Jenseits zurückbefördern!“, rief Zack angriffsbereit und wollte ohne abzuwarten lospreschen.

Angeal hielt ihn unverständlicherweise auf. „Im Lebensstrom ist es irrsinnig zu kämpfen. Strenge lieber deinen Kopf an, als deine Muskelkraft! Gut…nun zu dir Sephiroth! Was sind deine Absichten hier zu sein?“, wandte er sich an das ehemalige Oberhaupt, Shinras Eliteeinheit.

'Wie ist es dem Kerl überhaupt gelungen, hierher zu kommen?' , überlegte Zack beiläufig.

„So konkret wie immer…Hi ,hi! Der Grund ist derselbe, wie der Eurige. Aber lasst mich gleich zur Sache kommen…Ich werde es sein, der Miceyla die Lehren der Dunkelheit präsentiert! Keiner wäre dafür besser geeignet als ich. Dies wird ein wohlschmeckender Genuss…!“, machte Sephiroth sein Vorhaben bekannt.

Perplex von dessen Aufmüpfigkeit, fiel Zack und Angeal keine brauchbare Äußerung ein. Aerith blieb reglos wie eine Puppe, als hätte sie die Eigenwilligkeit des `großen Generals` erahnt.

„Na klar! Du wirst die Gelegenheit doch nur ausnutzen, um Miceyla zu töten. Und dann triumphierend dabei zusehen, wie der Planet seinen Untergang findet!“, entschlüsselte Zack, die für ihn logisch lautende Wahrheit.

„Ha, ha, ha! Es wundert mich Zack, ich dachte du wärst nicht mehr der naive Soldatenbengel, der Shinras Befehle ohne zu hinterfragen ausgeführt hat. Sei doch aber mal ehrlich zu dir selbst. Was hätte ich davon, wenn irgendwelche widerwärtigen Kreaturen, den Planeten mitsamt seiner spirituellen Energie auslöschen würden? Meine Seele verschwindet, was dir dankbar erscheinen sollte, dann ebenfalls. Und Miceyla werde ich nicht so einfach töten können. Wäre auch schade drum, wenn sie umkäme. Sie ist nämlich das perfekte Werkzeug…“ Genussvoll leckte sich Sephiroth über die Lippen.

„Du wagst es, sie als `Werkzeug` zu bezeichnen?“, schimpfte Zack ohne jegliche Zurückhaltung.

„Verpflichtet bist du, deine Aufgabe gewissenhaft auszuführen…“, wisperte Aerith an denjenigen gerichtet, der ihr das Leben geraubt hatte. Ihr Aufenthalt gemeinsam mit ihrem Mörder, fand langsam sein Ende. Denn sie hielt es psychisch nicht aus, mit ihm im Lebensstrom zu verweilen.

„Oho! Endlich darf ich noch einmal, die Stimme meines süßesten Opfers hören. Musik für meine Ohren!“ Fast sang er seine Worte und zeigte ein dunkles Grinsen.

Angeal gab sich seufzend Sephiroths Aussagen hin. „Wir werden also gezwungener Maßen, zusammenarbeiten müssen. Zum Wohle des Planeten…“

Zack erschrak, konnte zugleich aber einiges aus der Situation schließen.

„`Er` wird nun tatsächlich, die dunkle Lehre des Zauberspruchs ausführen…Licht und Schatten sind miteinander verbunden, wie Tag und Nacht. Gegensätze sind unvermeidlich und gehören zum Kreislauf des Lebens. Hach…jetzt scheinen wir ja schon ziemlich weit gekommen zu sein. Doch der schwierigste Teil fängt gerade erst an. Sollen wir Miceyla einfach herbeirufen, um ihr den Zauberspruch beizubringen? Das können wir nicht. Selbst Aerith hat ihre Grenzen. Außerdem gehört Kristall Omega einer anderen Welt an, wir haben keinerlei Details darüber. Irgendwelche Ideen für unsere Vorgehensweise?“, erkundigte sich Zack in der kleinen Runde.

„Du nimmst mir die Frage aus dem Mund…“, stimmte Angeal zu.

Plötzlich begann der gesamte Horizont des Lebensstroms, in etlichen Farben zu schimmern und eine Art Gate erschien.

„Bekommen wir schon wieder Besuch? Wird langsam voll hier“, meinte Angeal ironisch und runzelte die Stirn.

„Dafür bin `ich` da, um euch die Antworten zu geben, nach denen ihr sucht“, kündigte die Stimme eines Fremden an. Von ihm ging eine mächtige Aura aus. Aber nicht für jeden war er fremd…

„Du bist es? Hallo, welch überraschender Besuch! Mann, ist das lange her!“, begrüßte Zack ihn freundschaftlich und winkte zu dem jungen Mann herüber.

„Den kennst du? Aus deinem Leben bestimmt nicht…“ Fragwürdig musterte Angeal den Jungen, dessen fremdartige Kleidung, die eines Magiers glich.

„Jep! Ich kenn ihn. Er ist Arjen Lucassen höchstpersönlich“, stellte er ihn stolz vor.

„Ein…Dann stammt er ebenfalls, aus der gleichen Welt wie Miceyla…Es…es ist mir eine Ehre euch kennen zu lernen!“ Angeal verbeugte sich tief vor ihrem Gast.

„Förmlicher denn je…“, kommentierte Sephiroth die Reaktion, seines Freundes aus Lebzeiten.

Aerith schwieg weiterhin, auch sie schien ihn zu kennen.

„Sei gegrüßt Zack! Und auch euch andere grüße ich genauso!“, hob Arjen an.

„Was, etwa auch `den` da?“, nuschelte Zack mit einem Seitenblick auf Sephiroth dazwischen.

An Arjens rechtem Ohr funkelte ein dunkelgrüner Ohrring, welcher dieselbe Farbe hatte wie seine Augen. Trotz des Gewissens, dass dem Planeten Gaia ein turbulentes Gefecht bevorstand, ließ er sich nicht aus der Ruhe bringen. Das Erbe von einer, mit den ungewöhnlichsten Fähigkeiten ausgestatteten Verwandtschaft, floss durch seine Adern. Dadurch besaß er in seinen kurzen einundzwanzig Lebensjahren, mehr Erfahrungen, als jeder in Ruhestand gegangene große Krieger.

„Lasst uns alle nötigen Vorbereitungen treffen." Nach der von Arjen kommenden Kundgebung, griff er in eine Tasche und brachte eine Hand voll Karten hervor, die er in die Luft warf. Die Karten kreisten umher und sortierten sich selbstständig. Auf manchen waren düstere Erscheinungen abgebildet, auf anderen, Wesen mit leuchtenden Rüstungen. Allesamt von Schriftzeichen umrahmt, die für Menschen aus Gaia unlesbar waren.

„Ich werde eine Dimensionswelt zur Verfügung stellen, die wir zur Unterweisung von Kristall Omega nutzen werden“, erläuterte Arjen pflichtbewusst.

Angeal staunte nicht schlecht. „Du bist ein äußerst `sonderbarer` Junge. Aber gut…ich vertraue dir!“, schloss er sich ihm an.

„Unsere Zeit ist flüchtig…“, murmelte Aerith gedankenabwesend.

„Sie hat Recht! Uns drei wurde eine wichtige Aufgabe zugeteilt! Wir werden deinen sorgfältig ausgedachten Plänen, so gut es geht Folge leisten. Miceyla ist dir schrecklich wichtig und du würdest sie niemals im Stich lassen…Nieder mit den Dämonen!“ Zack zeigte einen fast schon peinlichen Tatendrang. Doch genau das brauchte man in schweren Zeiten wie diesen. Selbst wenn man bereits dem Lebensstrom angehörte.

„Vier…“, korrigierte Arjen und zählte mit einer Kopfbewegung Sephiroth dazu.

„Ach den…Hab ich ganz übersehen! Pah“, äußerte sich Zack zu dieser Nichtigkeit.

„Hm…Welch ein Aufschneider!“, schimpfte der Mann mit dem Silberhaar genervt.

'Sie sind starke Persönlichkeiten, jeder einzelne von ihnen. Es sollte machbar sein…Egal wie sehr wir uns auch bemühen werden, alles weitere wird von dir abhängen…Miceyla. Wenn dir dieser Planet wirklich so ans Herz gewachsen ist, hoffe ich insgeheim das dir klar ist, für seine Rettung ein unwiederbringliches Opfer bringen zu müssen…Sei stark meine Liebe. Jede Erinnerung die dir davon bleiben wird, begleitet dich dein gesamtes Leben. Es wird schwer sein…Doch ich, dein dich ewig liebender Schatten, werde da sein…' Arjen wollte, dass seine Gedanken ästhetisch blieben. In finsteren Epochen blieb es nicht aus, dass man auch mal gegen den Strom der Wirklichkeit schwimmen musste. Und selbst wenn es nahe liegt zu glauben, der Hauptkampf sei schon das Ende, täuscht man sich…

'Zur Ouvertüre des bevorstehenden Aufeinandertreffens, von Licht und Dunkelheit, ist für dich ein Blick in die dir unbekannte Vergangenheit unentbehrlich…'

Ruf der Vergangenheit

Die Beine von einem mit Gras überwucherten Felsen baumelnd, betrachtete Miceyla ihre menschenleere Umgebung. Sie bestand aus einer verwilderten Berg- und Tallandschaft. Noch nie hatte sie sich so frei und glücklich gefühlt, sie konnte kaum mehr aufhören zu strahlen. In ihren Vorstellungen wuchsen ihr Flügel, die sie hinauf in den Himmel trugen.

Miceyla saß ein Stückchen weit von Lucrecias Höhle entfernt, Vincent war bei ihr.

„Hier ist es ´fast` so schön wie in Banora“, entschied sie für das Areal von Nibelheim.

„Fast…? Das liegt doch nur an Genesis. Jeden Ort den du mit ihm in Verbindung bringen kannst, ist in deinen Augen `das Paradies`." Keiner war so sehr mit menschlichen Verbindungen vertraut, wie Vincent. Auch wenn der erste Eindruck von ihm, die Unnahbarkeit eines Einzelläufers war.

'Das nennt man Liebe…', dachte er noch, ohne das Verlangen danach es auszusprechen.

Ein ganzer Monat war nun vergangen, seit sich Miceyla und Genesis ihre Liebe gestanden hatten. An kaum etwas anderes dachte sie und Vincent vertraute sie es wenige Tage später an. Aber auch Cloud und die anderen, blieben von ihrer guten Laune nicht verschont. Alle teilten mit ihr die Freude. Da gab es nur einen, dem die Sorge ins Gesicht geschrieben war. Vincent.

„Schade…, dass ich nach Missionen nie genug Zeit habe, um die Natur in vollen Zügen genießen zu können. Aber weißt du was? Ich freue mich so richtig auf World Soldier. Ayko kann nämlich wieder etappenweise sein Training aufnehmen. Mit ihm gemeinsam, wird jeder Auftrag zu einem einmaligen Erlebnis und ich werde an meine Anfangszeit als Soldatin erinnert. Liegt ja alles nicht all zu weit zurück! Auf jeden Fall, muss ich mich auch mal von Genesis losreißen können und an Ayko denken. Nachher ist er derjenige, der noch eifersüchtig wird…hi, hi! Keinen besseren Freund kann ich mir wünschen, als Ayko!“, plauderte Miceyla munter drauf los.

„Ich bin ehrlich erleichtert, dass der `Konflikt` zwischen den beiden, einigermaßen gut ausgegangen ist. Manchmal braucht man einfach nur Glück, doch das Leben spendiert nicht jedem etwas davon… In Ayko scheint mir, trotz der schicksalhaften Vorkommnisse, langsam der Wille eines aufrichtigen Soldaten zu erwachen. Habe ihn ja vor wenigen Tagen kennen gelernt. Bei manchen schlummert er länger, bei anderen weniger lang…“ Nur gezwungen und unliebsam, nahm Vincent an der Unterhaltung teil. Natürlich fand er immer Interesse daran, eine gute Freundin wie sie zu sehen. Der einzige Grund jedoch, warum er sie herbeibestellt hatte war, dass Lucrecia ihm etwas mitteilte. Dies geschah in absolut seltenen Situationen. Wenn er betrachtete, wie Miceyla sich verhielt, missfiel es ihm ernsthaft über jene Bedrohung zu reden. 'Es hätte nicht passieren dürfen…Freude und Gelassenheit tut gut. Aber wie willst du gegen das ankämpfen, was schon sehr bald auf uns zukommt? Wo hast du deinen Elan gelassen, welcher dich noch bei unserer Versammlung in Edge begleitet hat? Wie du nun durch die Welt schreitest, bekomme ich den Glauben, du seist ein sorgenfreies kleines Mädchen. Der letzte Ausweg wird vergehen und ein böses Erwachen wird folgen…' Seine pessimistischen Gedanken waren ihm einfach nicht zu nehmen. In einem tranceartigen Zustand grübelte er, ob er diskret nachfragte, wie die aktuellen Vorgehensweisen der Soldaten lauteten.

„…Kommt ihr eigentlich zurecht, mit den ganzen Gefechten gegen die Hulax?“

Die Frage überraschte sie nicht.

„Wir sind auf dem besten Weg. Bei World Soldier haben wir jetzt eine Art navigatorische Anzeigetafel, die uns angibt, an welchen Orten Gaias sich die Hulax herumwuseln. Wenn es doch nur weniger werden würden…Aber mache dir keine Sorgen um unsere Organisation! Kein von uns gemachter Schritt wird unüberlegt sein!“, versicherte Miceyla selbstbewusst.

'Das ist ja alles schön und gut…Und trotzdem, euch jungen Soldaten fehlt eine starke Führungskraft. Du weißt das selbst ganz genau. Keiner kann einen ganzen Konzern aufrechterhalten. Auch nicht, wenn er so verbissen für die Ehre des Direktors kämpft, wie du.'

„Vince, ich sollte dann mal los! Wenn dir etwas auf dem Herzen liegt, kannst du das auch noch ein nächstes Mal ansprechen“, beschloss sie und stand schwungvoll auf.

'Wenn ein nächstes Mal nicht schon zu spät ist…', befürchtete er im Stillen.

„Du wirst vielleicht einem Kampf gegenüberstehen, den du alleine ausfechten musst. Weder ich, noch die anderen könnten dich dabei unterstützen. Verliere den Mut dann nicht! Wahre Stärke ist tief im Innern verborgen“, sprach er eindringlich während er sich erhob und unterstrich seine Prophezeiung, mit einem leichten Klaps auf ihre Schulter.

„Vincent…“ Verblüfft von seiner starken Gefühlsschwankung, erstarrte sie kurz.

Er sprang daraufhin von dem Felskamm und verschwand augenblicklich.

Miceyla die er zurückließ, beobachtete nachdenklich die Bergblumen, über welche ein nervöser Wind hinweg blies. Ohne Eile machte sie sich auf ihren Rückweg nach Kalm.

Der Gedanke an Genesis und Ayko, die beide in World Soldier auf sie warteten, ließ ihre von Vincent kurzweilig erzeugte Schwermütigkeit, in den Schatten stehen.
 

Bei World Soldier wurde sie respektvoll empfangen und sie grüßte ihre Kameraden freundlich zurück. Neugierig durchstöberte Miceyla den sechsten Stock, ob Ayko irgendwo zu finden war. Im Trainingsraum hatte sie dann Erfolg.

„Hey! Bereits wieder so fleißig heute? Wie viele Monster mussten diesmal dran glauben? Wehe du bist so bescheiden und verschonst eines!“, neckte sie ihn erfreut, weil er fest auf seinen Beinen stehen konnte.

„Ahh! W-wer…“, schrie Ayko, als wäre er von einem Hulax erschreckt worden und fuhr herum. Miceyla hob verwirrt zur Beruhigung die Arme.

„A-ach so, du bist es! Da bin ich aber froh." Vor Erleichterung fiel seine Nervosität ab. Dennoch fuchtelte er wild mit den Händen, über dem Trainingseinstellungsmonitor herum. Fast so als wolle er dort etwas verbergen.

„W-weißt du…was hältst du davon, wenn wir beide die Patrouille im Süden von Corel übernehmen? Kann doch nicht schaden…“ Sein vertuschendes Gemurmel war so unglaubwürdig, dass es sie amüsierte.

„Warum machst du dir immer das Leben unnötig schwer? Vertraue dich jemandem an, egal von welchen Zweifeln du geplagt wirst“, beschwichtigte sie sein zartes Gemüt.

„Tut mir leid…Andauernd musst du mich daran erinnern." Schuldbewusst seufzte er.

„Lass den Kopf nicht hängen! Wozu hat man denn schließlich Freunde!“ Durch ihr Lächeln, sah sie in seinen Augen die Aufmunterung aufleuchten.

„Bevor jemand anderes hier hereinplatzt, sollten wir schnell handeln! ...Ich habe da nämlich was Sonderbares entdeckt…Keiner darf davon erfahren“, begann Ayko, wobei er wie gefesselt auf den Monitor starrte, als bekäme dieser jeden Augenblick gefletschte Zähne und würde ihn verschlingen.

„Wollen die Geister des Trainingsraums dich verfluchen? Wo sind sie? Wie können die so etwas wagen, ohne vorher eine Bekanntschaft mit mir gemacht zu haben?“ Spielerisch zückte Miceyla ihr Schwert und wartete auf ironische Weise, bis die `Geister` erschienen.

Ayko meinte, unter ihrem Sarkasmus irgendwann noch mal vergehen zu müssen. Und fühlte sich, wie das letzte fallende welke Blatt. 'Irgendwann raubt mir die Ängstlichkeit, meinen kompletten Respekt…', bemitleidete er sich selbst. Mit zusammengekniffenen Augen, konnte er einfach nicht anders, als darüber zu lachen.

„Du wirst alt, wenn du hier Geister sehen willst! Ha, ha! ...Trotzdem wirst du erstaunt sein, komm her…!“, bedeutete er ihr mit einer winkenden Handbewegung, seine Entdeckung zu

begutachten.

Sie untersuchte die eingegebenen Daten auf dem Monitor, konnte aber nichts Ungewöhnliches feststellen.

„Schau mal genau hin…Dieses Datum dort! Und analysiere bitte die Einstellungen. Ich brauche eine Bestätigung, für das was ich vermute…“ Ayko grübelte tiefgründig.

Miceyla verstand nicht ganz.

„Hast du mir etwa was verheimlicht? Willst du deine Soldatenkarriere an den Nagel hängen und Wissenschaftler werden? Untersteh dich!“, murmelte sie belustigt.

„Ja, ja! Denk du nur wieder was du willst! …Allein die Vorstellung…Nie im Leben! Und wenn kein Wissenschaftler mehr existiert…Niemals!... Gut, zurück auf Anfang! Siehst du das, was ich sehe?“, fragte er merkwürdig ungeduldig.

„Mm…“ Jetzt endlich konzentriert, erfasste sie die Daten.

„Also das Datum ist nun schon ein paar Jahre her. Der virtuelle Trainingsbereich beschränkt sich auf das Areal von…Midgar. Das illusionäre Training bei World Soldier, sieht nur Gebiete der `Gegenwart` vor. Alte Einstellungen wurden komplett vernichtet…Hi, hi! Hier sehen wir, dass sogar die kompliziert durchdachteste Technik, ihre Tücken verbirgt. Dies sind ehemalige Shinra Daten. Wenn man mal ganz naiv, die sich daraus ergebenden Puzzleteile zusammenfügt, wäre es einem anhand der Daten möglich, in die Vergangenheit zu reisen“, schlussfolgerte sie beeindruckend schnell.

„Unsinn! Das ist doch absurd! Besser wir vernichten die Daten sofort! Nicht auszudenken was geschieht, wenn sie bestehen bleiben…“, stellte Ayko sich gerade gegen ihre Hypothese.

Furcht und Aufregung spürte sie von ihm ausgehen. 'Ich weiß…es hängt damit zusammen, dass du deine eigene Vergangenheit so sehr verabscheust. Doch…keine wertvollere Chance, hätte sich mir bieten können.'

Ja, die Versuchung war verlockend. In Shinras Zeiten fand sie vielleicht Antworten, weiterhelfende Informationen. Ein gewaltiges Risiko verbarg dies. Und wenn das eine Falle war und sie wie eine unahnende Fliege in ein Netz tappte, aus dessen klebrigen Fäden es kein Entrinnen mehr gab?

„Ayko…besiege deine Angst. Stell dir mal vor, die Vergangenheit könnte uns beim Kampf gegen die Hulax helfen. Und…“ Sie fühlte sich geradewegs von den alten Zeiten angezogen und ihre Augen glimmten bereit.

„Was redest du da? Jemand wird bestimmt ohne zu wissen, dass wir dort sind, die Daten löschen. Dann werden wir nie mehr in das Diesseits zurückkehren…!“ Ihm überkam ein grauenvoller Schauder, während er über diese Gefahr nachdachte.

„Bleibe hier…Du musst nicht mitkommen!“, stellte sie kühl klar, allerdings mit keinerlei Beabsichtigung, ihn niedermachen zu wollen. Dafür verstand Miceyla ihren Freund zu gut.

„Was?“ Er hörte gar nicht richtig zu, so aufgebracht wie er war.

„Ich gehe alleine. Halte hier die Stellung, darauf kann ich mich wenigstens verlassen. Sollte ich nicht wieder auftauchen…“ Sie stoppte, es schien ihr überflüssig fortzufahren.

Es versetzte ihm einen tiefen Stich ins Herz. 'Bin ich etwa nur noch für solche Dinge gut und dir eine Last? Ich trage doch selbst die Schuld. Kein Held würde sich jemals im Hintergrund verstecken…Auch Zack nicht!' Seine Zweifel abschüttelnd, ballte er energisch die Fäuste zusammen.

„Miceyla…Ich komme mit! Was ich auch immer in der Vergangenheit sehen werde, was mich auch erwarten wird, ich bin bereit! Ich lasse dich nicht alleine, wir gehen jeden Weg gemeinsam! Es gehört zu meiner Ehre, mich an diesen Schwur zu halten!“ In seiner Stimme war ein ganz neuer Stolz geboren.

Mit einem Funken Wehmut blickte sie ihn an und meinte plötzlich, `jenen Geist` kurz neben ihn stehen gesehen zu haben.

„Ayko…“, hauchte Miceyla zarter als ein Flüstern.

Bevor sich sein Enthusiasmus verflüchtigte, sollten sie besser sofort aufbrechen.

Die restlichen Einstellungen machten sich ganz von alleine.

„Bist du soweit?“, fragte sie danach sicherstellend.

„Jawohl!“ Kein Zittern deutete darauf hin, dass er nervös war.

Schweigsam betraten beide die eigentliche Trainingshalle und verunsichert schloss sie die Glastür.

„Wird das hier jetzt wirklich eine Zeitreise?“, grübelte Ayko erneut.

„Das werden wir gleich herausfinden…Egal wo wir auch hinkommen, etwas Virtuelles ist jederzeit auflösbar!“, versuchte sie einigermaßen sicher zu klingen. 'Wenn ich damit falsch liege, ziehe ich ihn schon wieder in unnötige Gefahr mit rein…'

Zum Rückzug war es bereits zu spät. Das vertraute schwerelose Gefühl durchbrauste sie und der Anblick des Trainingsraumes verabschiedete sich. Schulter an Schulter stand sie bei Ayko, dessen Anwesenheit sie beruhigte.

Es verstrich ungewöhnlich viel Zeit und aus einem leichten Rauschen, wurde auf einmal ein tobendes Unwetter, das wie wild an ihnen zerrte.

„W-was ist das?“ Er versuchte dagegen anzukämpfen und konnte dennoch nicht verhindern, von ihr weggerissen zu werden. Die Zeitschneise spaltete sich und entblößte zwei verschiedene Richtungen.

„Nein! Das darf nicht passieren! Wir dürfen uns nicht verlieren!“, schrie Miceyla entsetzt.

Jegliche Mühe war vergebens. Und so wurden sie erneut voneinander getrennt…

Schicksalhafte Offenbarung

„Aufmachen, na wird’s bald?“

Ayko fuhr hoch und strich sich durch seine verschwitzten Haare. Die Umgebung war ihm vertraut. Den Atem anhaltend, erkannte er sein Zimmer in Fort Kondor. 'Bin ich Zuhause? Aber nein…' Er stellte fest, dass die Zeitreise gelungen sein musste. 'Miceyla, wo bist du…?'

„Wenn du nicht sofort aufmachst, treten wir die Tür ein!“

Erschrocken sprang er kerzengerade in die Höhe. Richtig, er hatte ja Stimmen vor der Haustür gehört. Er überlegte, ob er sich wirklich hierauf einlassen konnte.

Doch welche Wahl blieb ihm schon? Ayko musste Miceyla finden, er durfte nicht in seine Zeit zurückkehren und sie dabei hier im Stich lassen. Sollte sie jedoch in einem anderen Zeitabschnitt gelandet sein…

Ein heftiges Poltern durchtrennte seine Befürchtungen.

„Ich komme!“, rief er und zögerte beim öffnen der Tür. Ihm wurde ganz heiß und schwindelig. Nicht wegen der schwülen, trockenen Luft die von draußen herein blies. Daran war er gewöhnt. Nein, Grund waren die grimmig dreinblickenden Gesichter, zweier Shinra Soldaten.

„Aha! Und ich dachte bereits, der kleine Knirps wolle sich vor uns verstecken!"

„Ha, ha! Wäre ja wohl zu töricht!“

Diese altbekannten Stimmen, ließen ihn innerlich zusammenschrumpfen.

„Ich habe es nicht nötig, mich vor irgendjemandem zu verstecken!“, brüstete Ayko sich mit einiger Überwindungskraft.

„Ho, ho! Hör dir das mal an! Sonst kriegt er in unserer Gegenwart, doch keinen einzigen Ton raus!“, meinte einer der beiden Wichtigtuer, welche unverkennbar der zweiten Klasse angehörten.

'Wenn ihr wüsstet…', dachte Ayko im Stillen.

„Genug jetzt! Wir können schließlich nicht jeden Rekruten einzeln aufsammeln. Da haben wir echt Besseres zu tun! Um endlich zur Sache zu kommen…Elendes Gesindel aus Wutai, macht uns mal wieder das Leben schwer. Und da sich die Eliteeinheit nicht ewig darum kümmern kann, seid ihr Infanteristen nun dafür zuständig“, unterwies der andere Ayko abfällig, als wäre er ein kleines unbedeutendes Insekt.

'Ihr Infanteristen…?' Er sah an sich herab und tatsächlich, er hatte die klassische Infanteristenkleidung an. 'Wie kann das ein? Zu diesem Zeitpunkt in meiner Vergangenheit, wandte ich mich bereits von allem ab, was mit Shinra in Verbindung stand. Ist dies ein Einblick in Geschehnisse, wenn ich Infanterist geblieben wäre?' Es brachte Ayko nicht weiter, über Mögliches und Unmögliches nachzudenken.

„Jep! Kannst dich schon darauf freuen! Es soll ein ordentliches Gemetzel bevorstehen. Mal sehen, wie viele von euch Infanteristen noch übrig bleiben werden!“, höhnte der erste, welcher angefangen hatte zu sprechen.

„Aber, aber! Mache unserem kleinen Freund keine Angst! Sonst verkrümelt er sich nur wieder! ...Also, sei vor dem morgigen Sonnenaufgang, bei der Überfahrt nach Wutai!“

Damit verschwanden die zwei und steckten kichernd die Köpfe zusammen.

„Hochnäsige Idioten! Bähh!“, murmelte er als sie außer Sichtweite waren und streckte die Zunge raus.

„Ayko! Was wollten diese Soldaten von dir?“, fragte eine besorgte, liebliche Stimme.

Er drehte sich herum und ihm wurde es schwer ums Herz.

„Zalona…“
 

Miceyla musste beim Aufstehen, erst einmal ihren Gleichgewichtssinn wieder finden und ihre Gedanken sortieren, was geschehen war.

'Ayko…!' Es traf sie wie ein Blitz, vergebens sah sie sich nach ihm um.

„Los Männer! Ihr wisst was zu tun ist!“

„Wir haben verstanden Sir!“

Ein Trupp von Soldaten marschierte an ihr vorbei, kein einziger schenkte Miceyla Beachtung.

Sie drohte wieder umzukippen, als sie auf einem Schild klar und deutlich lesen konnte: `ShinRa Elektric Power Company`. 'Also wahrhaftig…ich bin in der Vergangenheit von Gaia…!'

„Was stehst du hier so sinnlos herum und starrst Löcher in die Luft?“

Eine Art Kommandeur lief auf sie zu und musterte sie verärgert.

'Ich sollte mich besser dieser Zeit anpassen und mich nicht auffällig verhalten, um weiter zu kommen. Aber das wird nicht leicht…'

„Natürlich werde auch ich mich sofort einer Mission anschließen, Sir! Als Soldat ist herumtrödeln, eine ungern gesehene Eigenschaft“, entschuldigte sie sich konsequent.

Völlig ruckartig, änderte sich die Miene ihres Gegenübers.

„Als Soldat? Das ist der beste Scherz, den ich je gehört habe! Ha, ha! Du bist noch nie einer gewesen und würdest dich wohl eher dagegen sträuben, ein Rekrut von Shinras Eliteeinheit zu werden. Nun aber mal genug! Ihr Turks solltet `eure` Arbeit verrichten und uns nicht immer im Weg stehen!“

Miceyla meinte, sie würde zu einer winzig kleinen Maus zusammenschrumpfen.

'Ein Turk?... Ich bin doch nicht etwa…' An ihrer schwarzen Kleidung gab es keine Zweifel, dass sie einer sein musste. 'Wäre ich wirklich ein Turk geworden, hätte ich schon in der Vergangenheit hier gelebt? Mich gegen Schwert und Uniform zu entscheiden… Es schmerzt in meinen Ohren, dies zu hören…'

Sie konnte nicht mit dem Shinra Soldaten darüber debattieren, wie es dazu gekommen war. Es galt jetzt ihre Rolle so gut es nur ging zu imitieren, sonst brachte sie sich durch Auffälligkeit in Gefahr.

„Verzeihen Sie mir, ich werde…“, hob sie an.

„Ich kümmere mich um das Mädel!“

Ihre Wiedergutmachung wurde unterbrochen, als eine ihr wohlbekannte Person auftauchte.

'Reno! Da bin ich aber froh!'

„Gut! Dann kann ich mich ja zurückziehen." Der Soldat verschwand und Miceyla atmete erleichtert auf. Lange sollte dies aber nicht anhalten…

„Du regst mich auf! Ich konnte dich noch nie richtig leiden. Und ich hab keinen Nerv dafür, mich immer für deine Schwierigkeiten aufzuopfern!“, schimpfte er und ließ seinen Schlagstock durch die Luft rotieren.

„Aber wir sind doch Freu…“ Sie stoppte ihre instinktive Reaktion gerade noch rechtzeitig.

'Reiß dich zusammen! Hier scheint alles anders zu sein. Auch wenn sich das einsam anfühlt…'

„Weißt du was zu tun ist? Da Banora bald ausgelöscht sein wird, dauert es nicht mehr lange, bis es auch der dort niedergelassenen, geheimen Forschungsorganisation an den Kragen geht. Das war auch die Anordnung von Hojo. So bald wie möglich solltest du aufbrechen, um deinen Auftrag zu erfüllen, die Forschungsarbeiter kalt zu machen." Es machte Reno anscheinend Spaß den Boss zu spielen und andere an seine Pflichten zu erinnern.

„Was? Einfach mal eben ein Wissenschaftspersonal auslöschen? Du kannst mir nicht erzählen, dass die Arbeiten von Professor Hojo ansehnlicher wären… Bei meiner Ehre, ganz gleich welche Position ich auch habe, dass Recht bleibt mir meine Meinung dazu zu sagen und…“ Miceyla zeigte keine Zurückhaltung. Dies hatte ihr wahrscheinlich das abscheuliche Wissen, über die Machenschaften von jenem Konzern eingebracht.

„Hä? Ich erkenne dich kaum wieder… Du hast dich doch selbst dafür bereit erklärt. Hör zu,

wie die Forschungen dort ablaufen, weiß nicht einmal der Vizepräsident. Es darf unter gar keinen Umständen Shinra schaden. Überleg mal, in der Höhle unter Banora befindet sich eines der größten Makogebiete, wenn nicht sogar `das` Größte. Mir dreht sich der Magen um, sobald ich daran denke, was sie dort alles anstellen könnten… Zum Lebensstrom Kontakt aufnehmen oder gar zu anderen Dimensionen… Ha, ha! Was für eigenwillige Fantasien ich schon bekomme! Egal, wenn du sie nicht ermordest, wird es ein anderer tun! Und obendrein beschert dir das eine deftige Kündigung! So sieht’s aus!!“, schloss Reno seine aussagekräftige Unterweisung.

„Moment mal…andere Dimensionen? Was meinst du damit?“, wiederholte sie und wurde plötzlich hellwach, nach ihrem schummrigen Gefühl von der Zeitreise.

„Hey, richtig zuhören tust du mir aber nicht! Hach…vergiss einfach was ich gesagt habe. Und stemme dich nicht gegen deine Arbeit bei Shinra auf. Nur so ein kleiner Rat von mir! Sonst bist du hier fehl am Platz. Ich verzieh mich jetzt." Er kehrte ihr den Rücken zu und trabte lässig die Treppe zum Foyer hinunter.

„Warte! Ich muss wissen ob…“ Sie wollte bereits hinterher eilen, als sie eine feste, aufmunternde Hand auf ihrer Schulter spürte.

„Las gut sein! Auch ich muss tun, was Shinra mir befielt. Ich finde es dennoch bewundernswert wie du Dinge hinterfragst, was sich einige nicht trauen würden. Aber nur Mut! Irgendwann werden genau `die` Menschen siegen!“

Miceyla kannte nur einen, zu dem diese optimistische Stimme passte.

„Zack…“
 

Ayko wäre beinahe vor ihrem bezaubernden Anblick auf die Knie gefallen und hätte darum gebettelt, dass sie gesund sei. Er riss sich am Riemen, sich nicht wie ein Kleinkind zu verhalten.

„Zalona…bitte sage mir, dass es dir gut geht“, flehte er und wurde daran erinnert, dass er ihr diese Frage damals tagtäglich gestellt hatte.

„Ach Ayko, ich verstehe deine Sorgen, aber sie heilen leider keine Wunden… Solange du jedoch bei mir bist, behalte ich meinen Mut. Die Soldaten von eben…sie verlangen von dir gegen meine Landsleute zu kämpfen. Dein Blick verrät es mir… Gehe nicht, bei dieser Schlacht wirst du das Nachsehen haben! Du zweifelst zu sehr an dir, dass verwehrt dir deine wahre Stärke, in vollen Zügen entfalten zu können. Bleibe hier, wo du in Sicherheit bist und weiche bis zu meinem Ende nicht von meiner Seite! Ein gefallener Held nützt mir nichts…“ Sie scheute sich nicht, ihm die Wahrheit offen zu sagen.

„Warum…Zalona…“ Wollte sie etwa den anderen Soldaten Recht geben, er sei unfähig mit einer Waffe in der Hand? Sollte er hier gemütlich im Warmen sitzen, während woanders Menschen starben? Nein! Er kam aus der Zukunft und war mit etlichen Fähigkeiten bereichert worden, um seinem Trauma aus der Vergangenheit, ein für alle mal den Kampf anzusagen.

„Zalona! Ich werde gehen, denn ich halte an meinen Träumen fest! Und du hast mein Wort, ich komme garantiert zu dir zurück. Ich bin bereit, den Tod unschuldiger Menschenleben zu verhindern!“, ging er die Sache tapfer an.

„Ja…das ist mein Ayko…“ Sie wurde von einer schmerzhaften Hustenattacke unterbrochen.

„M-meine Zalona!“ Sofort stützte er sie und nahm sie schützend in die Arme.

„Ich liebe dich so sehr. Du wirst gesund werden, selbst wenn ich mein Leben dafür geben muss…“ Egal ob Zukunft oder Vergangenheit, seine Entschlossenheit blieb, welche sich tief in sein Herz gebrannt hatte.
 

Plötzliche Vorwürfe stachen Miceyla tief in ihre Seele. 'Zack… Ich wünschte, ich könnte dir sagen, dass ich sehr viel von dem erreicht habe, was du dir gewünscht hattest. Unter diesen Umständen, würdest du mir allerdings nicht glauben. Nicht hier in der Vergangenheit…', dachte sie betroffen.

„Ups! Schon so spät! Besser ich trete dann auch mal meine Mission an. Immer Augen und Ohren offen halten, man weiß nie, ob man vielleicht beschattet wird! Bis dann, Mira!“, verabschiedete Zack sich hastig. Lächelte jedoch noch einmal, ehe er losrannte.

„Mira…so hast du mich immer genannt…“ Während Miceyla in Erinnerungen schwelgte, musste sie sich eingestehen, dass Geschehenes nicht wieder rückgängig zu machen war. Mit keinem Willen, mit keiner Magie.

Sie war so besessen darauf gewesen, hier hilfreiche Nachforschungen anzustellen, dann sollte sie dem auch nachgehen.

„Es heißt also mal wieder: Auf nach Banora!“, sprach sie einen Spruch zum Aufbruch laut aus. Alle die in der Nähe waren, bekamen ihn mit. Unschuldig grinste Miceyla.
 

Der süßlich-bittere Geruch von Blut, stieg Ayko in die Nase. Gerade, als das mit Rekruten vollbesetzte Schiff, im Hafen von Wutai anlegte. Sobald Shinras Einheiten das Land betraten, wurden sie von gegnerischen Bogenschützen attackiert, die Feuerpfeile einsetzten.

Das fängt ja früh an…, dachte er wenig überrascht.

Die Infanteristen und die lächerliche Anzahl an dritte Klasse Soldaten, stürzten sich mit wütendem Gebrüll, auf die gut vorbereitete Armee Wutais.

Ayko griff vorerst nicht an und vermied den direkten Kontakt mit der Front. Er versuchte sich einen Überblick zu verschaffen und einen kühlen Kopf zu bewahren. Wie jeder Infanterist, trug auch er ein Gewehr bei sich, mit dem er allerdings wenig anfangen konnte. Seufzend ließ er es zu Boden fallen und hob das Schwert eines verstorbenen Soldaten auf.

„Verzeih mir, aber damit kann ich besser umgehen…“

Über dem Boden ergoss sich ein dickflüssiger Strom aus Blut. Ayko trat zwischen Leichen umher, atmete eine verruchte, stickige Luft ein. Gegnerische Angriffe wehrte er bloß ab, ohne zu kontern. 'Das hier kommt der Hölle gleich… Der Krieg muss beendet werden!'

Während sich Shinras Männer, mit der Armee von Wutai einen ungnädigen Kampf lieferten, herrschte in seinem Kopf Stille. Eine Ruhe die ihm half, die Mächte von Leviathan herbeizurufen. Sein Amulett begleitete ihn überall mit hin, auch an diesen Ort.

„Für Zalona und den lang ersehnten Frieden, erbitte ich nun deine Unterstützung! Ich will beweisen, dass ich es würdig bin, deinen Anhänger zu tragen. Komme herbei Leviathan!“, schrie er selbstbewusst die Beschwörung aus und übertönte damit sogar den Gefechtslärm. Den Meereshorizont zerschnitt ein gewaltiger Blitz, welcher mit rasender Geschwindigkeit, auf der Wasseroberfläche in Richtung Ufer schnellte.

„So soll es sein. Meine Hilfe sei dir gewiss, mein kleiner Freund“, ertönte die Antwort des Wasserdrachen. Einen Augenblick lang, hielten alle Krieger inne und richteten ihre Blicke entsetzt hinüber zum Meer.

„Was geschieht denn jetzt?“

„Haben wir Gaia erzürnt?“, erklungen kleinlaute Rufe, von den ach so tapferen Kämpfern. Leviathan selbst zog eine Schneise, durch die noch lebende Menschenmasse. Die mit sich reißende Flutwelle, wusch das ganze Blut hinfort.

Krampfhaft umklammerte Ayko einen Felsen, um nicht weggespült zu werden.

Geschickt ergriffen Leviathans spitze Zähne, von einigen Soldaten die Schwerter und er schleuderte diese gekonnt weg. Verletzen tat er niemanden. Vollkommen verängstigt, wichen sowohl Shinras Leute, als auch die von Wutai zurück. Nicht länger als einen Herzschlag dauerte es und der geschmeidige Wasserdrache, verschwand wieder in den verborgenen Tiefen des Meeres. Kein einziger Soldat wagte sich zu rühren.

„Ich habe ausgeführt, was ich tun konnte. Alles weitere liegt an dir, Ayko!“ Sowie die Stimme von Leviathan verklang, beruhigte sich auch der Meeresspiegel und sanfte Wellen schwappten an das Ufer.
 

Banora sah nur ein wenig verändert aus, da die alte Wohnsiedlung noch existierte. Ansonsten fand Miceyla sich gut zurecht. Das einzige was ihr gegen den Strich ging war, dass sie diese akkurate Turksuniform tragen musste. Sie vermisste ihr Schwert, welches durch eine lächerliche Pistole ersetzt worden war. 'Ob mir Genesis hier auch feindlich gesinnt ist…?'

Doch das spielte jetzt keine Rolle. Die Forschungsleute ausfragen, war ihre oberste Gesinnung. Miceyla wollte nicht einfach heimlich hineingeschlichen kommen. Lieber ging sie die Sache offen und ehrlich an, um Vertrauen zu gewinnen.

„Wohin des Weges, junge Dame?“

Eine ältere Frau, mit zu einem Zopf gebundenen grauen Haaren und leicht gekrümmten Rücken, ließ von ihrer Arbeit auf einem Feld ab und sah sie neugierig an.

„Guten Tag, mein Name ist Miceyla. Ich bin eine Solda…ähm…ein Turk für geheimdienstliche Missionen bei Shinra. Da Sie hier leben, können Sie mir vielleicht weiterhelfen. Ich suche nämlich, eine versteckt gehaltene Forschungsorganisation. Wissen Sie etwas davon?“, fragte sie in einem neutralen Ton und musste sich auf Spott einstellen. Stattdessen lachte die Frau nur.

„Ha! Ha! `Versteckt` kann man diese Wissenschaftler wohl kaum nennen, da ganz Shinra hinter ihnen her ist. Doch sie stören hier keinen. Sie richten weniger Schaden an, als der verseuchte Konzern Shinra, mit seiner unermesslichen Makoproduktion."

'Wie recht sie damit hat…,' dachte Miceyla zustimmend.

„Und du bist also auch eine Attentäterin, wie all die anderen?“, wollte die alte Frau trüb wissen, als hätte sie verlernt Gegenwehr zu zeigen.

„Nein! Ich begehe nicht so schnell Dummheiten, selbst wenn es mir befohlen wurde. Aber ich habe ein paar Fragen, dessen Antworten dem ganzen Planeten und in der Zukunft hilfreich sein könnten“, offenbarte sie.

„Warum habe ich bloß das Gefühl, dir zu vertrauen…? Dann folge mir, ich bringe dich zu besagtem Ort. Unsere Zeit hier ist bald abgelaufen…“

Sollte das etwa ein schlechtes Omen sein? Stumm folgte Miceyla ihrer Führerin und stieg hinter ihr, in einem benachbarten Abschnitt der Haupthöhle hinab.

'Dieser Teil ist mir ja noch nie aufgefallen! Ob er verschüttet wurde?' Staunend sah sie sich um.

„Wer ist da?“ Ein junger Mann richtete seine Pistole auf die Eindringlinge.

In der Dunkelheit musste sie zweimal hinsehen, um ihn zu erkennen. 'Rufus! Das glaube ich jetzt echt nicht! Ist denn jeder verzweifelt, dass es hier so chaotisch zugeht?' , fragte Miceyla sich und egal was als nächstes geschah, es konnte sie nicht mehr überraschen.

„Ich bin es!“, beruhigte die alte Frau ihn.

„Warum hast du einen Turk von Shinra mitgebracht? Willst du uns verraten?“ Er hatte keine Hemmungen sofort abzudrücken.

„Sie ist auf eurer Seite“, erklärte die Frau unerschrocken.

„Wie kannst du dir da so sicher sein?“

„Rufus…ich meine Herr Präsi…Vizepräsident! Die Welt wird in der Zukunft, von fremden Kreaturen befallen sein. Woher ich das weiß spielt keine Rolle. Ich will wissen, was dieser Ort dabei für eine Bedeutung hat!“, kam Miceyla gleich auf den Punkt.

Rufus wollte schießen, doch einer der Wissenschaftler, legte ihm die Hand auf die Schulter.

„In der Tat haben wir herausgefunden, dass wenn jemals ein Geschöpf von fernen Welten Gaia betreten sollte, noch weitere Materie mit sich reißen würde. Dieser Makoreiche Ort lässt es zu“, offenbarte der Forscher.

Miceyla erfroren die Glieder. 'Ist es wirklich meine Schuld?'

„Es besteht die Möglichkeit, den Makokreislauf zu stoppen. Und dann fehlt nur noch die Zerstörung von…“, redete er weiter.

Plötzlich gab es einen lauten Knall und der Eingang hinter ihnen wurde gesprengt. Flammen begangen zu lodern und ein Trupp von Soldaten stürmte herein.

„Es ist soweit…“, sprach die Frau und hustete.

„Geht es Ihnen gut?“ Schützend stellte sich Miceyla vor sie und ergriff ihre Pistole. Nach wenigen Augenblicken, gingen ihr jedoch die Kugeln aus. 'Großartig! Diese Dinger sind zu nichts zu gebrauchen!'

„Zeigt keinen Widerstand! Jeder der hier mit drin steckt, wird getötet!“, rief ein Soldat.

„Hier, fang!“ Rufus warf ihr ein Schwert rüber.

'Wo hat er das denn her…?'

„Nimm es! Ich muss verschwinden, bevor ich entdeckt werde. Mein Vater wird mich sonst nie anerkennen." Für weitere Worte blieb keine Zeit und er zog sich zurück.

„Danke Rufus!“ Verständnisvoll wanderte ihr Blick hinter ihm her.

Weitere Soldaten strömten herein.

„Sind das viele! Dies ist das Ende…“, stellte sich die alte Frau aus Banora, auf ihren Tod ein.

„Keine Angst! Solange ich meinen eigenen Willen habe, bestimme ich selber das Ende! Bleiben Sie hinter mir!“ Miceyla testete ihr Schwert aus und schwang es zur Probe durch die Luft.

„Wie gut sich das anfühlt… Das erste Mal kämpfe ich gegen Einheiten von Shinra. Dann wollen wir mal!“ Tanzend wich sie ihren Angriffen aus und verteilte saubere und schnelle Schwerthiebe.

„Seit wann kommt `so etwas`, in der Turksausbildung vor? Gruselig…“

„Keine Ahnung! Hauen wir ab!“ Die letzten beiden übrig gebliebenen Soldaten, ergriffen die Flucht.

Miceyla mühte sich nicht, ihnen nachzueilen. Das wäre eh nicht möglich gewesen, da der Eingang verschüttet wurde und die Höhlendecke einzustürzen begann.

„Argh!“ Ein Felsblock riss die alte Frau zu Boden. Mit vereinten Kräften, zerrte Miceyla ihn von ihrem Körper runter.

„Bitte halten Sie durch! Wir…“ Doch ihr Alter verkraftete keine solch schwerwiegenden Verletzungen mehr und sie tat einen letzten Atemzug.

„Verdammt! Ich habe mein Wort nicht gehalten!“, klagte sie bedauerlich über sich selbst. Während sie dem herab fallendem Geröll auswich, suchte sie den Forscher. Er lag blutend am Boden, war aber noch am Leben.

„Halten Sie sich an mir fest! Wir suchen einen Weg hinaus. Meine unbeantworteten Fragen sind jetzt egal“, ermunterte sie ihn, dass wenigstens er an seinem Leben festhielt. Schockiert fiel ihr auf, dass er keine Anstalten machte auf sie zu hören.

„Bemüh dich nicht… Sieh…sieh mich doch an… Der Ursprungsort des Unheils… die Makoströme… Göttin Minerva…“ Bruchstückhaft versuchte der Wissenschaftler, ihr etwas mitzuteilen. Seufzend kniete sie neben ihm.

„Was geschieht wenn jene Höhle zerstört wird?“ Sie ahnte von welchem Ort er sprach.

„Das Verbindungstor zu anderen Welten wird…ge-geschlossen. Kein Betreten…und…kein Verlassen ist mehr möglich. Der Planet wird…“ Seine letzten Worte, gingen im Radau der einstürzenden Höhle unter. Wie betäubt stand Miceyla auf und versuchte klar zu denken, um einen Ausweg aus diesem Horrorszenario zu finden. Denn jeden Moment, könnte die Höhle in die Luft gejagt werden. Dies schien jedoch unmöglich. Der Eingang war undurchdringbar versperrt und sie verirrte sich, wenn sie tiefer hineinlief. Und zu allem Übel verbreiteten die Bomben, welche den Höhleneingang gesprengt hatten, knisternde Flammen, die von allen Seiten nach ihr leckten. In so einer Situation gab es auch keine Magie, die ihr auf Dauer weiterhalf. 'Ich sitze in der Falle…'
 

In World Soldier betrat Genesis gerade den Trainingsraum.

„Miceyla, bist du hier? Ein Soldat sagte mir, er hätte dich reinkommen sehen. Ich wollte mit dir etwas besprechen…“ Als er kurz einen Blick auf den Monitor erhaschte, blieb er fassungslos wie angewurzelt stehen…

Rückkehr mit Zweifeln

Leicht benommen erhob sich Ayko und blickte zwischen den überlebenden Soldaten umher. Keiner dachte mehr daran weiter zu kämpfen. Ein flüsterndes Raunen ging durch die Menge und jeder richtete seine Augen ehrfürchtig auf Ayko.

„Hat dieser junge Infanterist etwa Leviathan heraufbeschworen?“

„Seht euch nur sein Amulett an, welches er um den Hals trägt!“

„Der Junge muss sehr mächtig sein…“.

Ayko ignorierte das Geschwätz und holte zweimal hintereinander tief Luft.

„Rekruten von Shinra, Krieger von Wutai, hört mich an! Leviathan wurde uns als Zeichen gesandt, dass wir den ewigen Krieg, endlich hinter uns lassen sollen. Die Zukunft wird hart genug für uns sein, daher dürfen wir nicht unnötige Kraft verschwenden. Denkt an eure Freunde und Familien, kehrt zu ihnen zurück nach Hause. Tagtäglich vergießen sie Tränen, weil sie Angst haben, dass sie euch auf dem Schlachtfeld verlieren. Schenkt ihnen ein Lächeln und seid für sie da! Dies ist eine viel wertvollere Aufgabe, Kämpfe wird es noch genug geben. Also Männer, lasst uns gemeinsam um die Toten trauern und den Verletzten helfen! Dieser Respekt gebührt ihnen!“, schloss Ayko seine mitreißende Rede und wurde heiß vor Scham, als ihn alle verblüfft ansahen.

Doch dann ertönte jubelnde Zustimmung. Wutai und Shinra halfen sich gegenseitig und untersuchten die Schwerverwundeten. Es hatte den Anschein, als wäre ihre Rivalität Schnee von gestern. War es wirklich Ayko gewesen, der dies bewirkt hatte? Er konnte es nicht recht glauben.

„Verzeihung Kleiner! Ähm…ich meine natürlich Großer! Wir müssen dringend mit dir reden."

„Oh ja… Unbedingt!“

Zwei ihm bekannte Soldaten schlichen sich an und überrascht zog er die Augenbrauen hoch. Es waren die gleichen, welche Ayko in Fort Kondor seinen Auftrag mitgeteilt hatten.

„Was macht ihr hier?“, fragte er mit fester Stimme. Nichts und niemand würde ihn jetzt noch einschüchtern.

„Wir haben unsere Mission erledigt und sollten in Wutai nach Überlebenden Ausschau halten. Unsere Vorgesetzten dachten wohl, hier würde alles in Schutt und Asche gelegt werden…“

„Und wir haben gerade das gesamte Ereignis mit angesehen…“ Zögerlich tauschten die Soldaten schuldbewusste Blicke aus. Ihr vorlautes Mundwerk, ließ keine spöttischen Bemerkungen mehr zu.

'Aha! Sie wissen also von mir und Leviathan.'

„Tut uns leid, dass wir immer auf die rumgehackt haben. Als Entschädigung dafür, ist es uns eine Ehre dich bei SOLDAT aufzunehmen!“

„Du hast den langjährigen Wutai-Krieg beendet. Das macht dich zu einem Helden!“

Alle beide fielen vor ihm auf die Knie.

Ein Gewirr aus etlichen Emotionen durchtobte Ayko. Er hörte nur die Worte `SOLDAT` und `Helden` heraus. 'Früher wäre ich wie ein glückliches kleines Kind, auf das Angebot eingegangen. Doch ich bin erwachsener geworden. Man muss nicht irgendeiner Eliteeinheit angehören, nur um sich ansehnlich zu fühlen. Und ein richtiger Held kann ich gar nicht sein. Denn dieses ganze Szenario, spielt sich nur in einer virtuellen Vergangenheit ab. Es bleibt ein Traum, egal wie echt es scheinen mag. Aber eines Tages, werde ich in der realen Welt ein Held sein, den Mut dafür verliere ich niemals!'

Ein leichter Wind der hereinbrechenden Nacht, trug alte Erinnerungen mit sich. Eine Lichtsilhouette durchzog den Himmel und Ayko verformte in Gedanken, die ruhevoll dahin

ziehenden Wolken, zu Abbildern seiner Freunde.

„Ich erkenne eure Ehre an, dass ihr euch entschuldigt habt. Doch SOLDAT braucht mich nicht, dort gibt es genug gute Leute. Meine Bestimmung liegt woanders…“ Lächelnd lief er an den verdutzten Soldaten vorbei und eine Uferböschung hinauf, die von dichtem Schilf umgeben war. Das rauschende Meereswasser, welches im aufgehenden Mond glitzerte, begleite ihn. Flüsternd erklang eine vertraute Stimme.

„Deine Zeit hier neigt sich dem Ende zu. Die Gegenwart ruft dich zurück."

Seine Beine befahlen ihm anzuhalten.

„…Zalona? Bist du das?“ Plötzlich dachte er an Miceyla und hoffte, dass auch sie sicher durchgekommen sei.
 

'World Soldier, Ayko… Ich werde euch nicht mehr unterstützen können. Es ist meine eigene Schuld…' Das Antlitz des Todes, war nicht mehr weit von Miceyla entfernt. Der heiße Rauch erstickte ihre Lunge. Mut und Hoffnungen verließen sie. Seit dem ersten Tag auf Gaia, entkam sie jeder brenzligen Situation und wurde von ihren Träumen und der Ehre als Soldatin vorangetrieben. 'Wenigstens endet meine Seele nicht, als ein widerlicher Hulax… Soll mir recht sein, so zu sterben…'

Durch die Flammen erschien eine Gestalt, dessen rot-braune Haare, der Farbe des Feuers glichen. Das Pulsieren ihres Herzens flüsterte ihr, dass sie noch am Leben war.

„Genesis… Hi-hilf mir!“, keuchte sie und hatte kaum Luft zum reden übrig.

'Er kennt mich wahrscheinlich gar nicht… Dies ist nicht mein Genesis…'

„Na du hast hier aber eine schöne Sauerei veranstaltet!“, rief er und meinte damit die Leichen der Soldaten. Er mühte sich kaum darum, dem Feuer auszuweichen. Klar, jemand der dieses Element sein Eigen nennt, wird es wohl recht wenig ausmachen.

Ihrem Körper fehlte es an Kraft, weiter dem Steinregen auszuweichen. Genesis bot ihr seine rettende Hand an.

„Schnell! Langsam wird es ungemütlich. Ich kenne einen zweiten Ausgang. Eigentlich wollte ich dich nicht ein weiteres Mal, aus so einer Lage retten…“

'Ein weiteres Mal?' Er packte die erschöpfte und verwirrte Miceyla bei der Hand und sie verließ sich darauf, dass er tatsächlich einen Ausweg wusste. Sie rannten eine gefühlte Ewigkeit durch die Höhle. Am Ende eines Tunnels, sah sie dann Sonnenstrahlen hereinstrahlen und frische Luft wehte ihr entgegen. Hinter ihnen polterte es gewaltig.

„Nicht langsamer werden! Gleich sind wir draußen!“, ermutigte er sie.

'Mir fallen bestimmt vorher die Beine ab!' Sie unterdrückte einen Schmerzensschrei und versuchte verbissen mit Genesis’ Tempo mitzuhalten.

Sobald sie die Höhle verlassen hatten, krachte diese in sich zusammen.

'Geschafft! Ein Wunder…'

„Hast du schwere Verletzungen?“, fragte Genesis, als würde nur Miceyla ihn interessieren.

„Nichts was mich umbringen könnte“, versicherte sie überzeugend und ignorierte ihre pochenden Wunden.

„Na wenn du es so sagst… Aber du brauchst auf jeden Fall dringend ein Bad! Und die Uniform… Ha, ha!“, meinte er belustigt und strich mit der Hand Asche aus ihrem Gesicht.

Mit einem kribbelnden Gefühl wich sie zurück.

„Welcher Genesis bist du?“, wollte sie klarstellen.

„Der einzig wahre Genesis! Wer denn sonst?“, antwortete er arrogant wie eh und je.

„Mach mich ja nicht wütend! Auch wenn du mich gerettet hast…“

Seufzend betrachtete er seine Umgebung, sie fand einen nicht zu deutenden Gesichtsausdruck bei ihm.

„Du hast mir keine Wahl gelassen, mich noch mal mit der Vergangenheit auseinander zu

setzten. Das es in Gefahr für dich enden sollte, war ja vorhersehbar. Ich dachte eigentlich, dass du als erste Klasse Soldatin, aus solchen kindischen Spielereien raus wärst. Ayko hast du auch noch in die Sache mitrein gezogen, oder? Natürlich hast du das… Trotzdem nehme ich es dir nicht übel. Das bist eben du, meine Miceyla."

Konnte es sein… Sie hatte den Trainingsraum nur für zwei Personen aktiviert und dann versiegelt. Konnte eine weitere Person nachrücken und das zum gleichen Ort?

Er erriet ihre wirren Gedanken.

„Ich arbeite schon ein wenig länger, mit der Technik des Trainingsraumes als du. Da sollte ich eigentlich zu so etwas in der Lage sein. Traust du mir das nicht zu?“

Sie hatte viel um die Ohren und er merkte, dass sie ihm nicht so leicht glaubte.

„Das kann nicht sein! Unmöglich!“, protestierte sie stur.

„Tja, wie kann ich dich bloß überzeugen? Mal überlegen…“ Seine Hände strichen unter ihre Haare und wanderten hinab zu ihren Armen. Bevor Miceyla Zeit blieb, ihm entweichen zu wollen, küsste er sie mit unübertrefflicher Zärtlichkeit auf die Lippen. Ihre innerlichen Knoten des Chaos, wurden gemächlich entwirrt und sie gab sich seiner betörenden Sanftheit hin.

„Ich bin so froh, dass du hier bist!“ Gerade wollte sie ihre Arme um ihn schlingen, griff jedoch ins Leere.

„Es tut mir leid. Mein Aufenthalt hier ist vorüber. Du und Ayko werdet mir bald folgen, da bin ich mir sicher!“ Sein Lächeln blieb noch eine kurze Weile, dann wehte ihr seine aufgelöste Gestalt, in einer Windböe entgegen.

„Nein! Lass mich nicht allein! Wie soll ich denn folgen können?“, schrie sie verzweifelt. Sie kniete auf dem Boden, dass samtig weiche Gras tröstete sie.

Ein Geräusch…da kam jemand.

„Er scheint dir sehr wichtig zu sein."

In Miceyla brodelte es bei dieser Stimme. Gleichzeitig fühlte sie sich aber auch eigenartig, als würde sich eine fürsorgliche Hand über sie legen.

„Arjen! Wie lange bist du schon hier?“, blaffte sie ihn an und versuchte das beschützende Gefühl zu verdrängen. Es gelang ihr aber nicht.

„Das ist unwichtig. Ich will dich gar nicht stören. Trotzdem werde ich dich zurück schicken“, meinte er ruhig und unbeirrt.

Sie erschrak. „In meine Welt?“

„Wie grausam wäre es denn, würde ich dies tun. Du musst zurück in die Gegenwart. Für dich gibt es noch einiges zu erledigen. Ich sehe dir die Erschöpfung an. Doch bedenke, dass war gerade mal der Auftakt, um den Kampf gegen die Hulax zu bestehen. Nutze deine gewonnene Stärke klug, damit du das, was dir bevorsteht meistern kannst." Es wäre alles so viel einfacher, wenn Arjen wenigstens nur eine Messerspitze, von seinem Wissen mit ihr teilte. Bereit war sie dennoch, für jede Herausforderung.

„Das hört sich danach an, dass ich mich erst mal ausruhen sollte. Außerdem wollte ich dem `sauber` entgegentreten“, meinte sie scherzhaft.

Arjen schien es zu beruhigen, dass sie ihren Humor nicht verloren hatte und half ihr auf die Beine. Miceyla sah in seinen Augen, dass er sich danach sehnte, sie in seine Arme schließen zu dürfen.

„Arjen…danke das du da bist, egal wann ich dich brauche. Das tut mir gut…“, gestand sie. Man musste sich auch auf andere verlassen und nicht andauernd nur auf sich selbst.

Mit einem zufriedenen Nicken, ließ er behutsam einen Zauber wirken, welcher der Abschied aus der Vergangenheit bedeutete. Ein brausender Zeitstrom, trug sie in Finsternis davon.

Direkt als es heller wurde, riss sie die Augen auf und Erleichterung wärmte ihr Herz.

„Ayko!“ Sie zog ihn an sich.

„Miceyla! Welch ein Glück, wir haben es beide geschafft!“, schluchzte er.

„Hätte ich dich verloren… Oh Ayko, vergib mir das ich dich dieser Gefahr ausgesetzt habe“, bereute sie ihre Tat.

„Nein, ich danke dir sogar. Ich fühle mich stärker als je zuvor!“, widersprach er ihrer Reue.

Er hatte Recht, was war das nur für ein Gefühl, welches von ihm ausging? Es kam ihr so vertraut vor, dass es schon fast schmerzte. Neben Ayko fühlte sie sich plötzlich so schwächlich und verwundbar. 'Wenigstens für ihn war es ein Erfolg. Was soll `ich` bloß dazu sagen?'

„Ha! Ha! Wie siehst du denn aus? Du würdest als Schornsteinfeger durchgehen!“ Lachend zeigte er mit dem Finger auf sie. Tatsächlich sah sie noch genauso aus, wie sie den Ort der Vergangenheit verlassen hatte.

„Hihi! Und was ist mit dir, du Infanterist? Hast wohl ein schmutziges Bad genommen! Das hätte ich echt nicht von dir gedacht, dass du dich ohne mich irgendwo vergnügst!“, konterte Miceyla und beide lachten sich gegenseitig aus.

„Wir müssen uns dringend umziehen, bevor uns einer sieht!“, schlug er amüsiert vor.

„Gute Idee!“, stimmte Miceyla zu.

Im gleichen Moment ging die Tür vom Trainingsraum auf.

„Schnell! Verstecken wir uns!“, flüsterte Ayko.

Aber zu spät, Genesis entdeckte sie. „Sieh an! Ich dachte, ihr kommt gar nicht mehr von eurem Abenteuer zurück. Wisst ihr eigentlich wie lästig es ist, ganz World Soldier davon abzuhalten, nicht den Trainingsraum zu betreten?“, beschwerte er sich kühl. In Wahrheit war er aber in Sorge gewesen und schmunzelte beim Anblick der beiden.

„Oje! Was sagen wir nur?“, nuschelte Ayko und dachte über eine glaubwürdige Antwort nach. Neben ihm schüttelte Miceyla den Kopf.

„Er weiß bereits wo wir waren“, teilte sie ihrem aufgebrachten Freund mit.

„Hä? Wie das denn? Habe ich etwas verpasst?“ Forschend betrachtete er, wie Genesis ihr einen verständnisvollen Blick zuwarf.

„Kann man so sagen… Schade das `der da`, es auch zurück geschafft hat“, meinte der General eingebildet.

„Waas?“, brüllte Miceyla wütend.

„Das war nur ein Witz!“, beruhigte er sie. Dies wusste sie sowieso.

Während zwischen den beiden Soldaten, mal wieder ein rivalisierter Konflikt ausbrach, ließ sie ihre gewonnenen Erkenntnisse Revue passieren. 'Ist die Höhle unter Banora, wirklich der Ursprungsort der Hulax? Ich kann es mir nicht vorstellen, dass es ausreicht sie zu zerstören…' Unbeholfen überlegte sie, wie man den richtigen Schritt machte, um den Planeten zu retten.

Miceyla ahnte nicht, dass sich alles von selbst zusammenfügen würde. Bald sollte sie von einem weit entfernten Ort herbeigerufen werden, an dem bereits Vorbereitungen in vollem Gange waren…

Aufbruch in den finalen Kampf ?

Der Lebensstrom färbte sich schwarz. Unheimliche Schreie halten durch die Gänge, einer uralten Höhle. Die Dämonen verschlangen alle Monster, beschlagnahmten ihre Kraft und erreichten ein unaufhaltsames Level. Den Menschen blieb nicht mehr viel Zeit. Ein Zauberspruch wartete darauf entfesselt zu werden, der die Mächte von Licht und Dunkelheit vereinen sollte…
 

„Guten Morgen zusammen! Alles fit?“

„Ja Sir!“

„Bereit zum Aufbruch, Sir!“

Miceyla schickte gerade eine Sondereinheit nach Banora, welche sich dort einen Überblick, über das Treiben der Hulax verschaffen sollte.

„Ich betone noch mal ausdrücklich, dass dies kein Kampfeinsatz ist! Da ich für eure Sicherheit verantwortlich bin, verlange ich auch von jedem einzelnen, dass er meinen Anordnungen Folge leistet. Keine Extratouren! Ihr wisst, wie gefährlich die Hulax sind!“, wiederholte sie sicherstellend. Die von ihr weise ausgewählten Soldaten, nickten eifrig.

„Wegtreten! Und viel Erfolg! Kommt mir alle gesund und munter wieder hier an!“, ertönten ihre Schlussworte. Eine liebevolle Hand, legte sich auf Miceyla’s Schulter.

„Das machst du wunderbar. Die Soldaten fühlen sich unter deiner Führung sehr wohl. Du wärst ein Segen für Shinra gewesen“, lobte Genesis sie.

Doch lächeln konnte sie nicht. In den drei Wochen seit ihrer Reise in die Vergangenheit, hatte sie einen Entschluss gefasst. Entweder sie gab sich der leidenschaftlichen Liebe zu Genesis hin und genoss die glücklichen Stunden mit ihm oder sie dachte mit Leib und Seele an den Planeten und an World Soldier. Sie entschied sich für letzteres. Auch wenn sie immer wieder hin und her gerissen wurde und es schmerzte. Ihr eigenes Glück schob sie nach hinten, die Verpflichtung rief, dass sie Gaia retten solle. Die Zeitreise und ihre Erinnerungen an Zack, hatten Miceyla wachgerüttelt. Merkwürdigerweise zeigte der eigenwillige Genesis mehr Verständnis dafür, als sie es erwartet hätte. Wahrscheinlich dachten sie beide daran, dass sie wieder Zeit füreinander hatten, wenn alles vorbei wäre.

„Ich darf nicht an mir zweifeln. Meine Pflicht ist es, stark zu bleiben“, murmelte sie und verließ die Versammlungshalle.

„Das bist du doch auch…“, flüsterte er, aber sie hörte ihn nicht.

„Geheimauftrag in Midgar, im aufgetragenen Zeitlimit bestanden!“ Ayko preschte mit einer begrüßenden Kopfgeste an Miceyla vorbei und salutierte vor Genesis.

'Schon wieder ein Geheimauftrag? Warum gibt er nur in letzter Zeit, Ayko so viele Sonderaufträge? Und schickt ihn alleine los? Will er ihn für etwas auf die Probe stellen oder ihn gar wieder loswerden? Nein…das glaube ich nicht. Das wäre zu kindisch von Genesis', dachte sie verwundert.

Ayko zeigte jedoch nie Protest und nahm mit Stolz jede besondere Mission an. In ihm entwickelte sich ein unglaublicher Elan, der ihn zum Erfolg führte. Er ging jetzt auch immer voraus, wenn er und Miceyla bei Einsätzen unterwegs waren. Und was Zalona betraf, gab er die Hoffnung nie auf. 'Du bist deinem Traum ein großes Stück näher gekommen', erkannte sie voller Zuneigung für ihren guten Freund.

„Gut gemacht! Das habe ich auch von dir erwartet. Als nächstes…“, sprach Genesis anerkennend.

Sie ließ die zwei allein und legte für diesen Tag, erstmal eine Ruhepause ein. Denn das machte sie viel zu wenig.
 

Aufgebrachte Warnrufe, weckten Miceyla am nächsten Morgen. Verschlafen zwängte sie sich in ihre Uniform und verließ mit knurrenden Magen, ihr erste Klasse Apartment.

„Was hat so ein Aufruhr, in diesen frühen Stunden zu bedeuten?“, fragte sie laut, als sie über den Flur des sechsten Stockes eilte.

„Miceyla! Es gibt schlechte Neuigkeiten“, berichtete ein Wissenschaftler.

Forscher und Soldaten hatten sich murmelnd, um den neu konstruierten Navigationsmonitor versammelt. Er konnte anzeigen, an welchen Orten auf Gaia die Hulax lauerten.

„Bitte nicht…“ Ihre Stimme wurde ganz heiser. Das gesamte Gebiet um Banora war rot gefärbt.

„Wo kommen die plötzlich alle her? Vor ein paar Tagen war dort noch alles ruhig… Und seht nur! Sie breiten sich weiter aus. Bald verlassen die Dämonen bestimmt die Insel…“, meinte ein Soldat neben ihr zitternd.

„Es fängt an…“, verkündete Miceyla und spürte die Grabesstimmung, welche sie von allen Seiten erdrückte.

„Oh nein! Meine Einheit ist dort!“, wurde sie schockiert daran erinnert. „Ich muss sofort nach Banora! Einige unserer Leute sind dort! Sie brauchen Hilfe, sonst ereilt sie der Tod!“

Kopflos bahnte sie sich einen Weg, durch die Menschenmenge. Ein fester Griff hielt Miceyla auf.

„Glaubst du, dass ist eine kluge Lösung? Du magst zwar dieses Amulett besitzen, aber gegen solch eine Menge von Hulax, kommst selbst du nicht an. All unsere Soldaten sind mit Materia ausgerüstet. Glaube an sie und…“, überzeugte Genesis sie, unüberdachtes Handeln sein zu lassen.

„Lass mich los! Es wäre feige von mir, hier zu bleiben. Wenn ich helfen kann, dann tue ich das auch!“, protestierte sie und zog den Arm von ihm weg.

„Miceyla! Ich halte dich nicht davon ab zu gehen, doch darum bitten kann ich dich schon…“ Plötzlich stand ein weinender Ayko vor ihr.

„Opfere dich nicht für ein paar Männer, wenn du den gesamten Planeten retten könntest! Und das würden wir gemeinsam schaffen! World Soldier braucht dich `hier`. Ich will ja ebenfalls jeden retten, jedoch habe ich gelernt, dass Opfer unvermeidlich sind. Wenn World Soldier eine so zuverlässige Soldatin verlieren würde, die uns Hoffnung gibt…dann…wollte auch ich nicht mehr weitermachen…“ Während er sprach, waren alle still gewesen und lauschten seinen Worten. Sie schienen dessen Bedeutung zu verstehen.

Miceyla sah in seinen freundschaftlich leuchtenden Augen, ein Funkeln, welches sie zu besänftigen vermochte.

„Danke Ayko. Manchmal muss ich eben wachgerüttelt werden…“, murmelte sie zu sich selbst.

„Gut, ich bleibe. Das heißt aber nicht, dass wir tatenlos zusehen! Ich will die Sache endlich hinter uns bringen. Lasst uns Vorbereitungen treffen, damit die Hulax begreifen, dass dies `unser` Planet ist! Wenn jeder mit anpackt, gewinnen wir die letzte Schlacht!“, entschloss sie und hauchte den anderen neuen Mut ein. Sie fand Begeisterung unter ihren Kameraden und wurde zuversichtlicher.
 

Die Reifen von Clouds Motorrad quietschten schrill, als er sich in eine Kurve legte und mit seinem Schwert, vier Hulax gleichzeitig attackierte.

„Die Materia zeigt wirklich Wirkung…“ Er konnte jedes der Wesen, deutlich bei seinem Angriff erkennen.

„Pass auf Junge! Da kommen noch mehr von den Viechern, aus der Höhle!“, warnte ein Soldat.

„Ich sehe… Wir ziehen uns zurück! Alle Mann Rückzug!“, rief Cloud laut und gab den fliehenden Soldaten Rückendeckung. Sie machten erst am Strand halt, wo ein Schiff auf sie wartete.

„Was hätten wir nur ohne deine Hilfe gemacht!“

„Ich will nicht wissen, wie es Miceyla ergangen wäre, wenn wir…“

Die Soldaten waren sehr erleichtert.

„Wir könnten dich bei World Soldier gut gebrauchen!“, meinte einer schließlich.

Cloud schien nicht überrascht.

„Meine Vergangenheit hat mir gezeigt, dass ich kein Soldat sein muss, um etwas zu erreichen. Außerdem müsst ihr einem Freund von mir danken. Er setzt sich momentan sehr für den Planeten ein. Ohne ihn hätte ich nicht von dieser Situation erfahren. Alle Mitglieder von AVALANCHE, helfen wo sie nur können. Miceyla weiß noch gar nichts so direktes darüber…“, erzählte er ihnen vertraulich.

„Dieser Vincent, oder? Ist er etwa immer noch hier in Banora? Das ist doch viel zu gefährlich!“, sorgte sich ein Soldat.

„Um ihn braucht ihr euch keine Sorgen zu machen. Er hat mehr Lebenserfahrung, als wir alle. Ich verlasse mich auf Vincent.“

Das Schiff fuhr los und Cloud betrachtete lächelnd, die sich stetig entfernende Insel.
 

„Wir dürfen auf gar keinen Fall die Höhle zerstören!“

Miceyla breitete eine selbst fertig gestellte Karte, auf dem Tisch aus.

„Wäre das denn nicht das einfachste?“, fragte Ayko und suchte die Karte nach der geographischen Lage von Banora ab.

Nur er und Genesis waren anwesend. Sie wollte mit ihnen zuerst einen Plan ausarbeiten. Die beiden würden nicht verstehen, dass wenn die Höhle zerstört wäre, sie folglich auf diesem Planeten festsitze. Warum zerbrach sie sich überhaupt den Kopf darüber, ob sie den Planeten verlassen konnte oder nicht?

„Seit wann bist du denn so auf Zerstörung aus? Es gibt auch noch andere Lösungen, als mit dem Kopf durch die Wand zu rennen!“

Miceyla war dankbar über Genesis’ Einwand.

„Sir! Entschuldigt bitte die Störung, aber wir haben einen Besucher.“

So überrascht wurde sie lange nicht mehr. Hinter dem herein getretenen Soldaten, sah sie einen guten Freund.

„Vincent! Das du uns hier bei World Soldier besuchst, hätte ich nicht gedacht!“ Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen, vor den anderen wollte sie das jedoch nicht.

„Sieh an. Es ist lange her…“, meinte Genesis vorwurfsvoll dreinblickend.

„Das ist Vincent? Endlich treffe ich ihn mal richtig! Miceyla, du bist doch damals in Midgar zu ihm gegangen!“, plapperte Ayko aufgeregt drauf los.

Bei allen drei, wurden die Erinnerungen an jenen Vorfall wachgerufen, der daraufhin gefolgt hatte. Ayko wurde etwas trüb.

„Ts!“ Genesis gab sich unbeteiligt.

„Schluss! Das Thema haben wir doch aus der Welt geschafft, oder?“, mischte sie sich ein.

„Darf ich kurz mit dir allein sprechen, Miceyla?“, fragte er und ignorierte dabei die anderen Soldaten.

Genesis verließ leise murmelnd den Raum und Ayko lief mit großen Augen an Vincent vorbei.

„Ich habe die Gruppe von AVALANCHE mobilisiert, World Soldier und dir im Kampf gegen die Hulax beizustehen. Das hatten wir ja sowieso vor, aber ich glaube dafür können wir noch mehr tun. Die Einheit in Banora ist übrigens unversehrt, Cloud kümmerte sich darum“, begann er, als sie nur zu zweit waren.

Eine mächtige Schutzhülle, schien Miceyla von ihren Sorgen zu befreien.

„Geteiltes Leid ist halbes Leid. Manchmal entwickeln sich die Dinge, von ganz alleine zum Guten. Darauf zu hoffen, ist aber nicht immer einfach… Hach Vincent, ich danke dir. Man meint, du seist jetzt der Anführer von AVALANCHE."

„Das will ich gar nicht sein… Also, wie ich sehe arbeitet ihr auch bereits an einem Plan. World Soldier sollte sich mit AVALANCHE verbünden, dann erreichen wir mehr. Ich nehme mal an, wenn die Ursprungsquelle der Hulax in Banora vernichtet wird, befreien wir automatisch den ganzen Planeten“, versetzte er sich in das Thema hinein.

„Du weißt davon…? Das heißt aber nicht, dass die ganze Höhle zerstört werden muss, oder?“

Vincent rätselte über Miceylas unheilvollen Blick. „Wieso fragst du?“

„Einfach nur so…“ Vertuschend verbarg sie ihr schlechtes Gewissen und war froh, dass er niemals aufdringlich nachhakte.

„Was du nicht wissen kannst…in Nibelheim befindet sich eine weitere Quelle. Dorthin solltest du…sollten wir, ebenfalls eine gut vorbereitete Gruppe schicken“, gab er ihrem Plan langsam eine ansehnliche Form.

„Wie bitte? Noch so ein Ursprungsort ist erschienen…? Das ist lästig, dennoch danke für die Information.“ 'Weiß er dies durch Lucrecia?' , überlegte Miceyla.

„Reichen fünf Tage, um alles und jeden bereitzumachen?“, fragte sie schließlich.

„Ich sehe wir verstehen uns. Allen liegt es nahe, den Kampf so bald wie möglich anzutreten. Ja, fünf Tage genügen. Ich werde mich mit AVALANCHE zusammensetzten. Wir versuchen dann, dass Areal von Banora in Schach zu halten, damit du und deine Leute, den Hauptteil erledigen könnt. Wer nach Nibelheim geschickt wird, ist dir und Genesis überlassen. Tut mir leid, dass ich mich vorübergehend in den Vordergrund gedrängt hab… Ist nicht meine Art… Aber wenn die Vorlauten nicht im Stande sind, klug und ohne zu zögern zu handeln, muss man eben selbst eingreifen“, sprach er bescheiden.

„Nicht doch! Du bist und bleibst der alte Vincent!“ Sie war sehr zufrieden, die Rettung des Planeten lag jetzt in greifbarer Nähe. Auch ohne den Zauberspruch Kristall Omega, wollte sie es schaffen. Hoffentlich ging dabei nichts schief.

„Bevor du dich wunderst… Cloud wollte morgen vorbeikommen, um unseren Plan noch einmal durchzusprechen. Doch eigentlich will er was ganz persönliches erledigen… Dafür muss er etwas mit Genesis besprechen. Ich glaube es geht dabei um Ayko…“ Seine roten Augen funkelten geheimnisvoll.

'Die beiden haben sich ja angefreundet. Vielleicht will Cloud ihm vor dem Kampf, noch viel Glück wünschen?'

„Bin mal gespannt, ob Cloud Erfolg bei Genesis hat… Warum redet er denn nicht mit mir?“ Ein wenig eifersüchtig, verschränkte sie die Arme ineinander. Schließlich war Miceyla ebenfalls eine erste Klasse Soldatin und durfte wichtige Entscheidungen treffen.

„Ich schwöre dir, ich weiß von nichts“, beschwichtigte er sie. Wenn es darum ging etwas zu verschweigen, war Vincent unschlagbar. Da er sich nie irgendwas anmerken ließ. Gleichzeitig besaß aber niemand, eine solche Ehrlichkeit wie er.

„Ja, ja… Ein Rätsel jagt das nächste… Mal so nebenbei… Beteiligen sich eigentlich Rufus und die Turks, an unserem Plan: `Die Rettung des Planeten`?“, fragte sie neugierig und lockerte ihre beleidigte Haltung.

„Darüber bin auch ich nicht informiert… Mir wäre es sehr angenehm, wenn die sich einfach raushalten würden“, gab er zu.

'Rufus… Ich sollte nicht so viel, über unser Treffen in der Vergangenheit nachdenken.'

„Miceyla…“ Anscheinend hatte Vincent ihren verträumten Blick bemerkt.

Sofort riss sie sich davon los.

„Wahrscheinlich freut es dich, wenn ich dir mitteile, dass uns Shelke noch zusätzlich helfen wird“, setzte er ihre Unterhaltung fort.

„Wirklich? Das ist klasse, wir können jede helfende Hand gut gebrauchen!“ Er übertraf sich wahrhaftig selbst, bei dieser Organisation des Kampfes.

„In fünf Tagen werden wir den Hulax gegenübertreten. Ich habe es immer für ausweglos gehalten… Aber egal wie hart es sein wird, ich glaube an dich und deine Freunde bei World Soldier!“ Es war ungewohnt, von ihm solch mutmachende Worte zu hören.

„Ich gebe mein Bestes, denn ich will niemanden enttäuschen!“ Sie trotzte nur so vor Selbstvertrauen.

'Ob das reichen wird…?', zweifelte Vincent und glaubte das alles nun abgesprochen war.

Miceyla stieß die Tür auf. Draußen warteten die beiden und wichen zurück, als hätten sie gelauscht.

„Ayko, Genesis! Noch zwei Tage, dann vertreiben wir alle Hulax in das Jenseits! Und erlösen damit die gefangenen Seelen!“, kündigte sie startklar an.

„Das wollte ich hören!“, riefen beide gleichzeitig.

Daraufhin sahen sie sich feindselig an.

Ein neuer Held erwacht

Ayko wusste am darauf folgenden Tag überhaupt nicht, wo er bei den Vorbereitungen anfangen sollte. Er konnte sich kaum auf einen großen Kampf einstellen. Nicht mal gefrühstückt hatte er. 'Ich muss versuchen gelassen zu bleiben! Dies ist schließlich keine Prüfung, die von mir abverlangt wird zu bestehen.' So einfach fiel ihm das jedoch nicht.

Gerade lief er die Treppe zum Foyer hinunter, er wollte eine Runde durch Kalm spazieren, um den Kopf frei zu bekommen. Da hörte er eine vertraute Stimme.

„Cloud! An diesem Morgen, hätte ich dich hier nie erwartet!“ Eilig lief Ayko zu seinem neuen Freund.

„Man muss ja auch mal einen Gegenbesuch starten“, wurde er von Cloud begrüßt.

„Da freust du dich, huh?“

Miceyla betrat ebenfalls in Begleitung von Genesis das Foyer. Doch Cloud war nicht alleine gekommen.

„Hey Miceyla! Genau so habe ich mir World Soldier vorgestellt! Es ist klasse hier!“

Ein Junge kam mit vor Begeisterung glänzenden Augen, auf sie zu gerannt.

„Denzel! Man…du bist richtig gewachsen, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben“, fiel ihr auf und betrachtete diesen Blick bei ihm, wie er seine Umgebung und die Soldaten beobachtete. 'Sehe ich da etwa ein zukünftiges Mitglied von Soldier in ihm…?'

Eine warme Welle durchbrauste sie. Miceyla spürte eine gewaltige Tapferkeit in Denzel. Als er und Ayko sich miteinander unterhielten, verschmolzen sie vor ihren Augen ineinander. War das etwa eine Prophezeiung?

„Wir treffen uns in einer halben Stunde, alle in der großen Versammlungshalle!“, verkündigte Genesis und rüttelte sie wach.

Es hatte den Anschein, als gäbe es ein Ereignis, dass nicht nur für gute Freunde bestimmt war. Sie gesellte sich zu Cloud und Ayko. Denzel schien irgendwie nervös zu sein.

„Ich wollte warten bis wir in World Soldier sind, vorher habe ich mich noch nicht getraut, es zu sagen. Tut mir leid Cloud… Also, ich habe mich dazu entschlossen, mich dem Kampf anzuschließen. Auf jeden Fall wenigstens der Gruppe von AVALANCHE. Ich bin dafür bereit, dass werde ich beweisen!“ Denzel fühlte sich sichtlich erleichtert, dies endlich ausgesprochen zu haben. Miceyla bewunderte sein sicheres Auftreten.

Clouds blaue Augen waren schockiert aufgerissen.

„Aber Denzel! Für so ein Gefecht, fehlen dir noch die Erfahrungen. Das sind keine gewöhnlichen Gegner! Ich merke ja, dass du schon deinen Weg gewählt hast, den du gehen möchtest. Dennoch… Ich kann nicht zulassen, dass du wieder Schmerz und Qualen erleiden musst…“

„Verzeih mir Cloud, wenn ich mich da einmische. Doch ich fände es gut, würde er sich uns anschließen. Er ist alt genug, glaube mir. Wir alle haben irgendwann einmal angefangen, unsere Erfahrungen zu sammeln. Und ich denke, dass Denzel bereits einige hat. Vertraue auf seinen Mut! …Bleibe immer bei uns mein Großer, denn wenn du in unserer Nähe bist, werden wir dich, komme was wolle, beschützen!“, setzte Ayko sich für den Waisenjungen ein. Wie erwartet von ihrem treuen Kamerad. Solche Worte konnten nur von jemandem kommen, der seine schweren Zeiten hinter sich ließ. Keiner der drei, hatte es in seiner Vergangenheit leicht gehabt. Dieses Band würde sie auf ewig miteinander verbinden.

„Ayko… Ja, du hast Recht. Unsere gemeinsame Stärke wird verhindern, dass jemand ernsthaft verletzt wird. Denzel, dann wirst du mit unserer Gruppe nach Banora kommen“, willigte Cloud ein.

„Das ist großartig! Danke Cloud, danke Ayko! Ich werde auch vorsichtig sein!“, versprach der Junge glücklich.

„Na mit einer so gut besetzten Einheit, können wir ja gar nicht verlieren!“, meinte Miceyla lächelnd. Sie hatte eher erwartet, dass sie Stimmung vor dem lang erwarteten Kampf, angespannt sein würde. Doch jeder war dank der guten Vorbereitungen, relativ gelassen.

„Ich gehe schon mal in die Versammlungshalle. Bis gleich!“ Cloud lief zu dem am Aufzug wartenden Genesis.

„Was die wohl vorhaben?“, fragte Ayko.

Miceyla zuckte mit den Schultern. „Irgendwie gruselig, die beiden zusammen zu sehen… Denzel, wie wäre es wenn wir die Wartezeit, für einen kleinen Rundgang durch das Gebäude nutzen würden?“, schlug sie vor.

„Au ja! Gute Idee!“ Sofort zeigte der Junge sein Interesse.

„Ich führe, mir nach!“, gab sich Ayko als Führer bekannt.

Lachend folgte sie den zwei abenteuerlustigen Burschen.
 

„Und hier befindet sich der Hauptsitz, der Forschungsabteilung. Nur der oberste Rang darf ihn betreten. Jeder andere benötigt eine Sondererlaubnis. Miceyla, gib jetzt bloß nicht an! ... Begeben wir uns weiter zum Übergangstunnel.“ Ayko schien seine Rolle als Führer, ziemlich ernst zu nehmen.

Sie neckte ihn mit einer schiefen Grimasse.

„Ihr seht so glücklich aus, wenn ihr von World Soldier redet. Fast, als wäre dies hier euer Zuhause.“ Denzels Augen leuchteten.

„Es `ist` auch unser Zuhause! Man findet hier neue Freunde und unterstützt sich gegenseitig. Mögen die Anforderungen auch hoch sein, wir meistern jede Aufgabe!“, versicherte Ayko stolz.

„Genau so ist es. Shinra wurde aus der Welt geschafft und World Soldier ist das Resultat, eines neuen Wegweisers in die Zukunft“, fügte sie hinzu und legte ihm freundschaftlich, ihre Hand auf die Schulter.

„Ähm… Ich will die Idylle ja nicht unterbrechen, aber ist die halbe Stunde nicht schon längst vorbei?“, meldete sich Denzel zu Wort.

„Ich habe keine Uhr bei mir…“, meinte Ayko und ihm wurde etwas mulmig.

„Wartet… Ich sehe mal in meinem Handy nach… Aaah!“ Miceyla schrie auf.

„Wie viel Uhr ist es denn?“, fragten er und Denzel geschockt nach.

„Fast eine Stunde ist rum! Schnell zum Aufzug!“ Sie hechtete voraus.

„Ihr nach! Genesis wird mich köpfen, weil ich zu spät komme. Bei Miceyla drückt er immer ein Auge zu…“ Ayko lief bei dem Gedanken, an die Bestrafung vom General, blau an.

„Ist er wirklich so schlimm?“, wollte Denzel wissen.

„Schlimmer als du es dir vorstellen kannst…“, meinte er beharrlich.

„Der verdammte Aufzug will nicht kommen!“, schimpfte sie, als die anderen sie erreicht hatten.

„Dann lasst uns hier keine Wurzeln schlagen! Ab zur Treppe!“ Diesmal rannte Ayko vorne weg.

„Ich sollte mal einen Kilometerzähler bei mir tragen…“, keuchte sie dicht hinter den Jungs.

„Ha, ha! Ich wette, da übertriffst du alle Rekorde!“, kicherte der zweite Klasse Soldat über ihren Kommentar.

„Das ist doch ein gutes Training!“ Die zwei wurden von Denzels Lachen angesteckt.

„Und es ist auch ganz sicher in Ordnung, wenn ich eure Versammlungshalle betrete?“ Der Waisenjunge klang ein wenig verunsichert, während alle drei die Treppe hinunterrasten.

„Das ist doch selbstverständlich. Mache dir darum keine Sorgen!“, versicherte ihm Ayko ohne Zögern.

Endlich beim Eingangstor der Halle angekommen, blieb Ayko plötzlich stehen.

„Die Tür ist ja offen…“, murmelte er.

„Was ist? Warum hältst du an?“ Miceyla war noch voll in Fahrt und konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen. Also krachte sie direkt in ihn hinein und Denzel daraufhin in sie selbst. Ayko verlor das Gleichgewicht und stürzte in die Halle. Beide landeten kreischend auf ihm. Alle dort anwesenden Soldaten, inklusive Cloud und Genesis, blickten die drei Tollpatsche fragwürdig an. Jeder begann zu kichern, nur Genesis schimpfte leise vor sich hin.

„Wie peinlich! Warum passiert das immer nur mir?“, klagte Ayko jämmerlich.

„Mach dir nichts draus! Du bist nicht der einzige, der in solche Fettnäpfchen tritt“, beschwichtigte sie ihn.

Nachdem sich das Trio unelegant aufgerappelt hatte, räusperte Genesis sich.

„Nun, da jeder auf seine bevorzugte Art und Weise eingetroffen ist, können wir endlich beginnen.“

Miceyla und Denzel reihten sich leise zwischen dem General und Cloud ein. Ayko wollte ihnen folgen, wurde aber von Genesis auf halbem Wege aufgehalten.

„Halt! Du bleibst da wo du bist!“

Warum musste er einen so einsamen Platz einnehmen, von wo aus ihn jeder anstarren konnte?

'Jetzt kommt meine Bestrafung…!' , dachte er gekränkt.

„Wir haben uns heute hier versammelt, um eine weitere Ernennungszeremonie durchzuführen. Von einem Soldaten, der sich den ersten Rang, wahrlich durch seine Treue gegenüber World Soldier und durch seinen harten Lebensweg verdient hat. Ayko, du bist einer der ältesten Mitglieder, dieses jungen Konzerns. Du hast den Aufbau miterlebt und mutig den Spott der Bevölkerung weggesteckt, der sich mit der Zeit legte. World Soldier bist du beigetreten, mit dem Ziel, für eine freie und unabhängige Zukunft zu kämpfen. Trotz deiner Erfahrungen bei Shinra“, eröffnete Genesis, einen neuen Lebensabschnitt des jungen Soldaten.

Die hereinströmenden Sonnenstrahlen, erleuchteten die Halle und erwärmten die Stimmung. Ayko versuchte, dass alles erstmal auf sich wirken zu lassen und sah aus wie eine versteinerte Statue.

'Da sind wir aber beide überrascht worden. Auch wenn ich so etwas in der Richtung geahnt hatte… Jetzt ist es endlich soweit, du hast das erreicht, was du niemals für möglich gehalten hättest.' Miceyla fühlte sich vom Stolz überschwemmt und spürte, dass World Soldier mit einem neuen erste Klasse Soldaten, noch stärker wurde.

„Wir haben dich alle, als sehr schüchternen Jungen kennen gelernt, der meistens unsicher auf Missionen gegangen war. Zwar hat es gedauert, doch du hast dich als ein loyaler Schwertkämpfer entpuppt und warst über deine eigenen Fähigkeiten verwundert. Von nun an, darfst du dich einen erste Klasse Soldaten nennen. Sei den neuen Rekruten weiterhin ein gutes Vorbild, wie du es schon als Kommandant gewesen bist. Ich weiß, du hast hier Freunde fürs Leben gefunden…“, dabei sah er zu Miceyla. „Kämpfe an ihrer und an der Seite deiner nicht so guten Freunde…“

'Das ist jetzt aber sehr oberflächlich ausgedrückt… Der Streit soll vergessen werden, huh?' Da es zu dieser Zeremonie nicht passte, musste sie sich eine scharfe Bemerkung verkneifen.

„Ich heiße dich als Soldaten des ersten Ranges, bei World Soldier willkommen! Miceyla, bestimmt magst du Ayko auch noch etwas Persönliches sagen, dann gebe ich dir nun die Gelegenheit zu sprechen“, gab Genesis das Wort an sie ab.

„Danke… Ayko, ich habe dir so viel zu verdanken. Du hast mir meine Anfangszeit hier erleichtert, denn du warst immer für mich da. Mir schenktest du Vertrauen und dein Mut ist mehr und mehr gewachsen. Sehr hast du dich verändert, doch das ist keine schlechte Veränderung. Aus dir ist ein tapferer Gefährte geworden. Ich bin mir sicher, nicht nur ich, sondern ganz World Soldier ist stolz auf dich! Vom Herzen wünsche ich dir ganz viel Glück, als erste Klasse Soldat. Genieße es!“, hieß sie ihren Kamerad im obersten Rang willkommen. Seine grün-blauen Augen strahlten sie an und er fuhr mit der Hand durch die schwarzen Haare. Verlegen lächelte er.

„Danke Miceyla! Und ich danke allen bei World Soldier, die mich unterstützt haben! Sogar Genesis…der mich endlich anerkannt hat…mehr oder weniger… Jetzt bekomme ich ein größeres Apartment und eine nagelneue Uniform! Juhu!“, jubelte Ayko und streckte beide Arme in die Luft.

Alle lachten über seine kindliche Freude, welche ihn aber zu der liebevollen Person machten, die er war. Es wurde applaudiert und jeder beglückwünschte ihn.

„Verlasst die Halle noch nicht! Cloud hat schließlich auch noch etwas zu sagen. Nur deshalb kam er her. Ich hoffe Ayko, du verkraftest eine weitere Überraschung. Nachher fällst du hier in Ohnmacht!“ Grinsend gab Genesis Cloud ein Zeichen, dass er an der Reihe war. Dieser trat einen Schritt nach vorne. Man sah ihm die Unbehaglichkeit zwar nicht an, aber er musste bestimmt von alten Erinnerungen eingeholt worden sein, in solch einer großen Soldatenmenge zu stehen.

„Ähm…gut. Große Reden zu halten, ist nicht gerade meine Stärke… Ich denke jedoch, dass ich mich Miceyla und Genesis anschließen kann, bei dem was sie gesagt hatten. Ayko…ich werde dir heute etwas geben, es wird dich hoffentlich auf deinen zukünftigen Kämpfen begleiten. Denn vom ersten Augenblick an, sah ich jemanden in dir… Ich spüre, dass du ein schweres Schicksal in dir trägst. Du könntest…nein du `bist` der vollkommenste Nachfolger dafür…“, wand Cloud sich rätselhaft an Ayko.

Eine spannende Stille legte ein. Der blondhaarige junge Mann bückte sich, um einen neben ihm am Boden liegenden, großen Koffer zu öffnen. Den entdeckte Miceyla erst jetzt.

„Weißt du was da drin ist?“, flüsterte sie Denzel in das Ohr.

„Nein… Cloud hat ein gewaltiges Geheimnis darum gemacht und wollte es mir nicht verraten. Die ganze Fahrt lang, habe ich gefragt…“, antwortete er leise und schmollte.

Ungeduldig warteten alle, bis er endlich den Koffer geöffnet hatte und man den Inhalt sehen konnte. Cloud hob mit beiden Händen, etwas langes und schweres heraus.

„Aber das ist ja…!“ Miceyla hielt sich die Hand vor den Mund, sie sprach viel zu laut.

„K-kann es sein? D-das…“, stotterte Ayko gebannt.

„Dies ist das Meisterschwert! Der Soldat Angeal vererbte es an Zack weiter und schließlich bekam ich es nach seinem Tod… Da dieses Schwert zu meiner Vergangenheit gehört, wollte ich keinen Gebrauch mehr dafür finden. Bis mir dann klar wurde, dass die Geschichte weiterlebt. Zu Ehren des Meisterschwertes, werde ich heute seinen neuen Besitzer erwählen!“ Er hielt das Schwert in die Höhe, damit jeder es erblicken konnte.

Ein erstauntes Raunen, wanderte durch die Reihen der Soldaten.

'Es sieht aus wie neu… Wie zu jener Zeit… Zack, kannst du diesen Moment mit ansehen…?' , dachte Miceyla wehmütig.

Genesis senkte den Kopf und schloss die Augen. Wie er sich wohl gerade fühlen musste?

Cloud spazierte in Begleitung des Schwertes, zu Ayko hinüber, der sich gerade wie in einer Traumwelt vorkam. Und so standen sich die beiden ehemaligen Shinra Mitglieder gegenüber. Sie waren beinahe gleichgroß und hatten dieselben Augen, in denen sich ihre steinige Vergangenheit widerspiegelte. Cloud, der den Tod zweier Menschen miterleben musste, die ihm ans Herz gewachsen waren. Ayko, der als schwacher Feigling bei Shinra schikaniert worden war und darunter litt, dass seine Freundin unheilbar erkrankt war.

„Du musstest Zack niemals kennen, um ihn zu verstehen. Dein Herz ist gefüllt mit Gutmütigkeit… Trage Träume im Herzen…“, begann Cloud die Worte der Erinnerung, an seinen verstorbenen Freund auszusprechen.

„…Denn um ein Held zu sein, braucht man Träume. Und egal was auch passiert, bewahre immer deine Ehre…“, setzte Ayko sie zaghaft fort. Doch Schwermut unterdrückte seine Betonung.

„Nimm das Meisterschwert mit deinen eigenen Träumen und deiner Ehre entgegen. Dann bist du auf dem richtigen Weg zum Erfolg!“ Cloud übergab es ihm und er nahm dieses schweigend entgegen. Das massive Gewicht bemerkte Ayko kaum. Der Anblick des Meisterschwertes hypnotisierte ihn.

„Ich werde dich nicht enttäuschen, Cloud. In jedem Kampf, führe ich das Schwert stets mit Respekt. Dafür kann ich dir gar nicht genug danken…“ Er streckte seine neu erworbene Waffe in die Höhe und sogleich brach ein tobender Jubel aus.

Ayko war nun der neue Besitzer des Meisterschwertes. Schluchzend wischte sich Miceyla die Tränen von den Augen. Das war eine Szene, die sie nie wieder in ihrem Leben vergessen würde.

„Alles in Ordnung bei dir?“, fragte Denzel und beugte den Kopf zu ihr vor.

Genesis legte seinen Arm um sie und zog sie zärtlich an sich.

„Miceyla ist schon immer sehr emotional gewesen. Sie verbirgt niemals ihre wahren Gefühle.“

Sie sah zu ihm auf. 'Das kann man von dir nicht gerade behaupten…', dachte sie stumm.

War er denn kein bisschen gerührt? Wurde er nicht an Angeal erinnert? Dabei vergaß sie, dass er das vor einer so großen Menge, nicht über sich bringen könnte es zuzugeben.

Denzel wandte den Blick von den beiden erste Klasse Soldaten ab und schloss sich den Jubelrufen an.

Die Beglückwünschungen wollten kein Ende nehmen. Bis Genesis dem lauten Getöse schließlich ein Ende bereitete und energisch klatschte.

„Ok… Das reicht dann jetzt! Wieder zurück an die Arbeit, es gibt noch jede Menge zu tun!“

'Keiner kann so gut die Stimmung zerstören wie du…', dachte Miceyla etwas verärgert. Doch wenn sie sich Ayko betrachtete, wirkte er erleichtert. Für ihn war es ungewohnt, lange im Mittelpunkt zu stehen. Die Halle lehrte sich und jeder nahm mit neuem Elan, wieder seine Aufgaben auf.

Eine kleine Gruppe blieb zurück, bestehend aus den nun drei erste Klasse Soldaten, Cloud und Denzel. Welcher sprachlos war, dass er bei einer wichtigen Zeremonie dabei sein durfte.

„Komm, wir lassen sie mal alleine“, sprach Cloud leise zu dem Jüngeren. Er nickte bereitwillig und folgte ihm hinaus.

„Und? Wie fühlst du dich?“, fragte Miceyla freudestrahlend an Ayko gewandt.

„Ich kann ehrlich gesagt überhaupt nicht beschreiben, wie ich mich gerade fühle…“, gab er lächelnd zu.

„Leider muss ich euch beide unterbrechen und zu einem ernsteren Thema wechseln… Ayko, du wirst den zweiten Ursprungsort der Hulax übernehmen, von dem Vincent Miceyla erzählt hat. Ich habe eine große Gruppe von Soldaten ausgewählt, die du anführen wirst“, vermittelte Genesis ihm eine schwere Aufgabe.

Ayko wusste nicht, ob es ihn stolz oder unsicher machte.

„Also bin ich derjenige, der dort hingeschickt wird… An die Anführerrolle, muss ich mich erstmal gewöhnen.“

„Ich glaube fest an dich! Du hast doch bereits genug Erfahrungen mit den Dämonen gesammelt. Lass uns voller Zuversicht in den Kampf ziehen!“, feuerte sie ihren Kameraden an. Dieser strahlte dankbar für ihr Vertrauen.

Genesis fixierte Ayko mit einem eigenartigen Blick, welchen sie noch nie zuvor an ihm gesehen hatte.

„Stimmt etwas nicht…?“, murmelte Miceyla.

„Meine Seele, verblendet von Rachedurst, endlose Qualen erlitt sie. Um das Ende der Reise, in meiner Erlösung zu finden und deinem ewigen Schlaf.“ Genesis betonte die Worte so hingebungsvoll, als würden sie bald Teil des realen Lebens werden.

Ayko schluckte bei seinem vorwarnenden Gesichtsausdruck. 'Er ist selbst ein Dämon…', dachte der junge Soldat, gepackt von einer Gänsehaut.

Miceyla war erschüttert, wie von einem eisigen Hagelschauer. Warum benutzte er an Ayko gewandt, ausgerechnet in einem solch friedlichen Moment, gerade `diese` Zeilen von Loveless? Eine weitere Prophezeiung?

Genesis trottete in einer lässigen Körperhaltung davon. Vorwurfsvoll starrte Ayko ihm hinterher.

„Vergiss das, was du eben gehört hast! Du weißt ja, er muss immer Loveless mit wahren Begebenheiten in Verbindung bringen… Lass…lass uns eine Abmachung treffen…ein Versprechen! Du und ich, wir werden beide nach dem großen Kampf unverletzt…na ja…zumindest in einer guten Verfassung, nach World Soldier zurückkehren. Bitte…oh bitte versprich mir, dass wir den endlich erwachenden Frieden, gemeinsam erleben können. Wenn die Lage außer Kontrolle gerät, werden wir vom Schlachtfeld fliehen, einverstanden? Sieh darüber hinweg, mit diesem Schwert Heldentaten zu verüben. Mir ist ein lebender Feigling lieber…als…als…“ Ihre Stimme wurde zu einem einzigen Schluchzen und sie warf sich in seine Arme.

Ayko war erschüttert und verwirrt zugleich, einen solchen Gefühlswandel bei ihr zu erleben. Er klopfte mit den Händen auf ihren Rücken, als wollte er Miceyla aus einer schrecklichen Illusion befreien.

„Hey… Alles wird gut! Du scheinst Loveless viel zu ernst zu nehmen. Eigentlich wollte ich auch gar nicht nach Nibelheim… Ich hätte lieber Seite an Seite, mit dir in Banora gekämpft… Also abgemacht! Nach dem Kampf, werden wir gemeinsam in World Soldier feiern! Und was hältst du davon, wenn wir in Fort Kondor Zalona besuchen gehen? Dann lernst du sie endlich auch mal kennen. Du wirst sie mögen, ganz bestimmt!“ Ayko verscheuchte die schlechte Stimmung. Mit einem zarten Lächeln, löste Miceyla sich von ihm.

„Ja… Das würde mich sehr freuen. Mit diesem Gedanken, kann ich guten Gewissens losziehen!“

„Unsere Träume werden uns Glück bescheren, da bin ich mir sicher!“ Ayko’s standfester Glauben, begleitete sie mit aus der Halle. Sie blieb bei der Tür stehen und sah ihm zu, wie er selbstbewusst den Gang entlang zum Aufzug lief, dass Meisterschwert fest in seiner Hand.

'Ayko… Das du mir ja wohlbehalten zurück kommst… Bitte… Möge Leviathan über dich wachen…' Sie wurde von Genesis erschreckt, welcher sich gegen die Wand anlehnte und ihren Blick verfolgte.

„Du bist noch hier…!“

„Ja, ich wollte mich angemessen von dir verabschieden.“ In seiner Stimme lag etwas wehmütiges, fast schon trauriges.

„Verabschieden? Wieso denn das? Wir kämpfen doch beide in Banora…“, erinnerte Miceyla ihn rasch, da sie die Worte `Auf Wiedersehen` hasste.

„Das ist richtig. Jedoch werde ich vor euch allen dort sein. Ich muss dir nicht erklären warum… Außerdem ist es in einem Kampf nicht gerade üblich, dass man die Zweisamkeit ausgiebig genießen kann“, begründete er seine Absichten.

„Das stimmt zwar, aber…“, murmelte sie von ihren eigenen Gefühlen für ihn zerrissen.

Damit sie ihre Sorgen vergaß, strich Genesis ihr die Haare aus dem Gesicht und küsste sie sanft auf die Stirn.

„Du nimmst zu viel Last auf dich. Das ist völlig unnötig. Und denke nicht die ganze Zeit an Ayko. Du siehst doch, was für ein starker Krieger aus ihm geworden ist. Vor allem musst `du` jetzt sehr stark sein. Dir steht vielleicht die größte Herausforderung, in deinem gesamten Leben bevor. Das Schicksal der Geschichte wird sich bald erfüllen…“, sprach er ruhig, dennoch ziemlich beharrlich.

'Wie viel weißt du eigentlich wirklich, über die Schicksale anderer Menschen Bescheid?' , fragte sie sich.

Ein einziges Mal umarmte er sie und verschwand dann ebenfalls. Miceyla blieb in stiller Einsamkeit zurück.

„Freunde… Bitte verlasst mich nicht alle…“, betete sie und entschloss sich eine Ruhepause, vor der bevorstehenden Unruhe zu gönnen.

Nachdem sie den Aufzug genommen und bei ihrem Apartment angekommen war, wollte sie die Tür öffnen. Aber es geschah das Ungewöhnlichste, aller bisher vorgefallenen Mysterien. Da wo ihr Apartment hätte sein sollen, befand sich nichts, außer einer gähnenden schwarzen Leere. Ein unheilvolles Grauen, nahm von ihrem Körper Besitz. Komischerweise spürte sie gleichzeitig, auch eine fürsorgliche Wärme. Aus der finsteren Unendlichkeit, tauchte plötzlich ein glibberiger langer Arm auf, dessen mit Krallen bestückte Hand nach ihr griff. Ein zweiter sonnenheller Arm erschien und diese Hand, welche aus Federn bestand, schmiegte sich feinfühlig um sie. Sie wurde immer weiter hineingezogen. Miceyla hatte gar nicht das Verlangen, etwas dagegen zu unternehmen.

Ihre Existenz wurde von Gaia fortgerissen...

Kristall Omega - Die erste Prüfung

An einem weit entfernten Ort, betrat gerade ein junger Mann, eine geheime Kammer mit seltenen, teils verbotenen Tränken. Er lief die Regale ab und suchte sich einige erlesene Substanzen aus, mit deren Hilfe er einen eigenen Trank herstellen wollte.

Knarrend ging die Tür auf und jemand zweites kam herein.

„Es geht bald los, oder? Na spuck’s schon aus! Ich will es wissen, Arjen!“, sprach die Person, bei der es den Anschein hatte, sie würde keinerlei Respekt für ernste Situationen empfinden.

„Du solltest besser wieder gehen. Ich muss mich konzentrieren… Das siehst du doch, Katero…“, murmelte Arjen beschäftigt und sortierte einige Fläschchen, in verschiedenen Größen.

„Pah! Ich habe genauso ein Recht darauf, alles zu erfahren!“, blaffte Katero, von seinem abweisenden Verhalten genervt.

„Natürlich bist du auch ein Lucassener. Aber gerade deshalb solltest du erkennen, wann es Momente gibt, in denen man sich besser rücksichtsvoll zurückhält. Wir beide sind gleich alt, deshalb müsstest du das eigentlich beherzigen“, beschwichtigte ihn Arjen klug.

„Du und deine heiligen Weisheiten! Wer bist du, ein alter Mann? Übrigens, ich weiß genau was du vor hast. Du willst eine Mixtur herstellen, damit Miceyla ihre Erinnerungen an Gaia verliert, falls sie bei den Prüfungen scheitert, um den `ach so schwierigen Zauberspruch` zu erlernen“, durchschaute Katero ihn, ohne groß darüber nachgedacht zu haben.

Arjen ließ kurz von seiner Arbeit ab. 'Denkt er etwa, ich würde an ihrer Stärke und Entschlossenheit zweifeln?'

„Man muss eben auf alles vorbereitet sein. Der Teil mit dem Licht, wird sicherlich kein Problem darstellen. Bei der Dunkelheit wird es schon kritischer…“, urteilte er über ihre bevorstehende Herausforderung.

„Ich werde in dieser Phase, nicht bei Miceyla sein können…“, fügte er noch mit einer Spur aus Sorge hinzu.

„Ha! Sieh es doch mal so, wenn sie stirbt, ist sie es nicht würdig den Lucassenern anzugehören!“ Katero hatte es noch nie geschafft, einen unangemessenen Kommentar für sich zu behalten.

„Du Idiot! Wie gerne würde ich dir mal richtig eine reinhauen!“ Langsam begann der Zorn in Arjen zu brodeln. Aber nur aus Angst, er könnte Miceyla verlieren.

„Oh ja! Bitte! Wie lange liegt es wohl zurück, seit wir uns das letzte Mal ordentlich geprügelt haben?“, provozierte er ihn aus Spaß noch weiter.

„So tief sinke ich bestimmt nicht, dass ich dein Niveau erreiche! Verschwinde jetzt! Wenn ich hier fertig bin, werde ich mich auf den Weg machen…“ Die Ruhe kehrte in ihm zurück. Katero wollte tatsächlich nicht weiter, an seinen Nerven herumspielen.

„Arjen! Keine Ahnung wie es bei dir aussieht, aber ich glaube an Miceyla!“, gab er noch offen zu.

„Ich ebenso… Deshalb wird das hier nicht gebraucht…“ Gerade war sein Trank fertig gestellt, da schüttete Arjen ihn lächelnd wieder aus.

'Es ist feige, dir bei Gefahr deine Erinnerungen nehmen zu wollen. Ich bleibe lieber ehrlich zu dir. Vertrauen… das ist nun der Schlüssel zum Ziel!'
 

Auf einer seichten Wasseroberfläche, schwammen unendlich viele saphirblaue Blumen, mit einem silbernen Muster auf deren Blütenblättern. Mitten in diesem Blumenmeer, lag Miceyla und erwachte mit dem Gefühl, sie hätte einen Hundertjährigen Schlaf hinter sich.

'Habe ich Gaia wirklich verlassen?' , diese Frage begleitete sie beim aufstehen. Das Gewässer fühlte sich angenehm an, fast als hätte es heilende Kräfte.

„Na das hat ja gedauert! Ich dachte, du öffnest deine Augen überhaupt nicht mehr! Wolltest wohl alles verschlafen! Ts, ts!“

Die fremde Stimme klang so schnippisch, dass Miceyla zusammenzuckte.

„Wer hat da gesprochen?“ Sie konnte niemanden sehen.

„Hör mal, dass ist doch offensichtlich! Sieh `mich` einfach an!“

Sich umblickend, sah sie nichts anderes, außer einen sternenklaren dunklen Himmel und den exzentrisch aussehenden Blumen auf dem Wasser. Plötzlich bemerkte sie aber direkt vor ihren Füßen, eine etwas größere Blume, die von allen anderen heraus stach und eifrig umherhüpfte.

„Äh… Hast du gerade geredet oder irre ich mich da?“

„Also wirklich! Was für eine Unverschämtheit! Wie redest du denn mit mir! Ich bin die Königin von diesem Himmelskontinent, auf welchem sich zwei ganz besondere Dimensionsportale befinden! Verhalte dich gefälligst anständig mir gegenüber!“, befahl die bläulich schimmernde Blume aufmüpfig. Ihre silbernen Muster gaben ihr ein richtiges Gesicht. 'Was soll das Ganze? Ein verrückter Traum…?' Miceyla meinte, sie wäre in eine völlig verdrehte Welt teleportiert worden.

„Habe verstanden…`euer Majestät`! Dann könnt ihr mir sicher auch sagen, warum ich überhaupt hier bin. Ich habe nämlich einen wichtigen Kampf vor mir, den ich nicht verpassen darf.“ Sie ließ sich schnell auf den neuen Situationswechsel ein, denn sie ahnte was ihr blühte.

„Das klingt schon besser! Aber wie willst du in einen Kampf ziehen, den du ohne vernünftige Vorbereitungen verlieren würdest? Jedoch bin ich dazu da, um dir alles Nötige zu erklären. Gut zuhören, ich wiederhole nichts! Du besitzt zwar das Amulett und hast damit Materia hergestellt, um es mit den Hulax aufzunehmen. Doch wenn du nicht den Zauberspruch Kristall Omega beherrschst, kann man sie keineswegs komplett auslöschen. Du musst nicht nur den Spruch erlernen, sondern auch bereit sein, ein Opfer zu bringen. Ob du dies schaffst, hängt von deiner inneren Stärke ab. Zunächst beginnen wir erst mal, mit den einzelnen Prüfungen von Kristall Omega. Falls du an dir zweifelst und aufgeben willst, ist das jetzt deine letzte Möglichkeit dafür“, begann die Königin in Blumengestalt, den Auftakt für ihre Herausforderung.

'Ich hatte vorgehabt, ohne diesen Zauberspruch zu bestehen… Das Risiko ist wahnsinnig hoch, dass ich hierbei versage…' Durch Miceyla flossen alle Erinnerungen, an ihre Freunde von Gaia. Sie waren immer bei ihr. Solange sie daran dachte, bestand die Chance, dass sie es schaffen konnte. Was allerdings auf sie zukam, war jenseits ihrer Vorstellungen.

„Ich wusste, dass ich nicht drumherum kommen würde… Und das ich jetzt noch zurück könnte, kann ich mir kaum vorstellen. Entweder ich bin zu allem bereit oder mit der Rettung von Gaia ist es vorbei!“ Während Miceyla sich dieser Entscheidung bewusst wurde, beobachtete sie, wie am Rande des Himmelskontinents, dass Wasser geräuschlos hinabströmte.

„Wie ich sehe begreifst du schnell! Selbst wenn ich wollte, gibt es keinen Weg mehr für dich zurück nach Gaia. Ich habe deine Aufopferungsbereitschaft getestet. Ach ja… noch eine kleine Information… In der Dimensionswelt, in welcher du dich gerade befindest, verstreicht die Zeit schneller. Ein Beispiel: Ist auf Gaia ein halber Tag vorbei, hast du hier bereits ein paar Monate verbracht. Obwohl du es nicht bemerken wirst…“ Man sah der Blumenkönigin an, dass sie Belustigung an Miceylas entsetztem Gesichtsausdruck fand.

„Waaas? Ein nerviges Problem jagt das nächste!“ Jammernd erkannte sie, dass ihr aber auch wirklich alles unnötig erschwert wurde.

„Hach… ich werde mich also ranhalten müssen. Sonst bin ich am Ende alt und gebrechlich…“, seufzte sie und erhielt Wahnvorstellungen.

„Deshalb sollten wir langsam mal anfangen! ...Wir beginnen mit dem ersten Portal, dahinter verbergen sich die vier Pfade des Lichts. Wie sie lauten, erfährst du nicht von mir… Nur wenn du Licht in dir trägst, bist du im Stande, die Dunkelheit zu meistern. Merke dir das gut! Was du brauchen wirst, ist ein wachsamer Verstand, dein Schwert und deine Magie. Vor allem ersteres sollte deine stärkste Waffe sein. Das heißt aber nicht, dass du alles zur gleichen Zeit einsetzten kannst! Entwickle eine Strategie. So, genug Anweisungen gegeben! Hop, hop! Ab mit dir durch das Portal! Falls du die Prüfungen bestehst, sehen wir uns hier wieder, bevor du das Reich der Dunkelheit betrittst. Erlaube dir keine Patzer, ich erwarte einiges von dir!“ Hastig sprang die Blume gegen ihren Rücken und schob sie vor zum besagten Portal. Von einer sprechenden Blumenkönigin, hätte sie nicht solch eine Kraft erwartet.

Obwohl es noch einige unbeantwortete Fragen gab, wurde ihr die Chance verwehrt sie zu äußern. Das Portal erstrahlte in einem Glanz, der Miceyla blendete und sie glitt schwerelos hindurch.

„Viel Glück…“, flüsterte die Blumenkönigin in einer etwas tieferen Stimme.

Dieses Mal überschwemmte sie kein Schlaf, sondern kam direkt auf der anderen Seite des Tores an. Dort fand sie eine Welt vor, welche sie nicht zu beschreiben vermochte. Friedlich, strahlende Farben, wärmende Geborgenheit. Keine Worte fand sie, die passender dafür waren. Ein Ort der vom Guten regiert wurde. Plötzlich fühlte sie sich sicher und dachte niemals zuvor im Leben, Angst verspürt zu haben.

Es erwartete sie bereits jemand.

„Hiermit empfange ich dich ganz herzlich, Miceyla Lucassen.“

'Wer wohl nun gesprochen hat? Vielleicht ein sprechender Baum?' , dachte sie sarkastisch und suchte die Umgebung nach einem `sprechenden Etwas` ab. Ihr Blick wanderte ohne Beachtung über einen Soldaten hinweg, dann aber hastig wieder zu diesem zurück.

'Irre ich mich oder sehe ich gerade…'

„Mein Name ist Angeal Hewley. Ich bin dein Anleiter für die erste Prüfung des Lichts. Auch wenn ich schon längere Zeit, dem Lebensstrom angehöre. Mir ist es eine Ehre, eine solch verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen zu dürfen.“ In einer tiefen Verbeugung, verlieh er dieser Ehre Ausdruck.

'Wahnsinn… Ich begegne wirklich einmal dem Mentor von Zack!' Die Freude brodelte nur so in Miceyla.

„A-aber nicht doch! `Mir` sollte es eine noch viel größere Ehre sein! Ich weiß gar nicht was ich sagen soll!“

Ein zartes Grinsen huschte über seine Lippen.

„Genau so habe ich mir dich vorgestellt… Du bist es würdig, den Zauberspruch zu erlernen. Bedenke jedoch, dass ich dich nicht bei der Dunkelheit unterstützen kann! Hier wirst du außer mir, auch noch auf andere treffen. Am besten wir beginnen direkt. Du müsstest sowieso längst bereit sein. Es gibt vier Prüfungen, bestehend aus folgenden Teilen: Freundschaft, Liebe, Vertrauen und Träume. Verschiedene Voraussetzungen sind nötig, um die einzelnen Prüfungsbedingungen zu erfüllen. Stelle dich darauf ein. Wenn du eine der vier Herausforderungen, erfolgreich hinter dir hast, erscheint vor dir ein Kristall. Er wird dir seine Kraft leihen. Schlussfolgernd sollten sich am Ende, vier Lichtkristalle in deinem Besitz befinden. Dann erst kannst du dich an die Dunkelheit heranwagen… Hoffentlich habe ich dich mit dem ganzen Wissen, nicht zu sehr überhäuft“, erläuterte Angeal seine detailgetreue Anleitung.

Verblüfft lauschte sie seinen ganzen Kenntnissen, über Kristall Omega. 'Das kann er unmöglich

von selbst herausgefunden haben…' Ihr schwirrte bereits ein verdächtiger Name durch den Kopf.

„Bis jetzt war alles sehr verständlich, danke. Nur hat da jemand kräftig nachgeholfen, aber das macht ja nichts!“ Lächelnd unterdrückte sie eine spitze Bemerkung, über jene Person, die ihr lieber mal eine klitzekleine Vorwarnung, hiervon hätte geben sollen.

„Wie wahr! Du kannst stolz sein, einen solchen Weggefährten auf deiner Seite zu wissen. Ohne ihn wäre das alles nicht möglich gewesen!“, lobte Angeal zufrieden.

„So ist Arjen nun mal…“, murmelte Miceyla und dachte dabei nach, ob er sich wenigstens hier irgendwo persönlich bei ihr blicken lassen würde.

„Die Zeit läuft uns davon… Es gilt sich zu konzentrieren!“, mahnte er ernst.

Eine unablässige Erinnerung holte sie ein.

„Richtig, die Zeit! Es kann losgehen!“ Ungeduldig trippelte sie auf und ab, als hätte sie Dornen unter den Füßen.

„Das Stichwort ist gekommen!“, kündigte er an und wie auf ein Zeichen, wurde der gesamte Erdboden vor ihr gespalten. Sie sprang aufgeschreckt zurück auf die rechte Seite neben Angeal, der keinerlei Reaktionen zeigte.

„Sag, was bedeutet für dich Freundschaft?“ Während seiner Frage, entfernte er sich etwas. Miceyla dachte sofort an Ayko.

„Freundschaft… Das kann so vieles bedeuten… In erster Linie sicherlich, blindes Vertrauen gegenüber dem anderen. Man versteht sich, ohne groß Worte miteinander wechseln zu müssen. Wahre Freundschaft besteht aus einem unzertrennbaren Band und es hält ewig. Außerdem ist es eines der bedeutungsvollsten Geschenke des Lebens! So beschreibe ich die Freundschaft!“

Angeal’s entspannte Haltung verriet Miceyla, dass er ihre Erläuterung teilte.

„Ich kann aus deinen kraftvollen Worten entnehmen, dass du einen sehr starken Willen hast.“ Wie seine Stimme verklang, erschien auf der anderen Seite des Erdrisses eine Person. Ihr Gemüt wurde von Freude und Sorge zerrissen.

„E-es ist Ayko!“ Sie schnappte nach Luft und vergewisserte sich, dass er es auch wirklich war. 'Ist er etwa ebenfalls hier herteleportiert worden? Nein…'

„Korrekt. Hierbei handelt es sich keineswegs um den wahren Ayko. Du siehst lediglich ein Trugbild. Allerdings…“ Er zögerte, ehe er fort fuhr.

„Dann bin ich ja beruhigt… Das wäre zu viel Trubel für ihn. Ha, ha!“ Erleichtert stemmte sie ihre Hände auf die Hüfte und schrak sofort zusammen, als die illusionäre Erscheinung von Ayko, genau das gleiche tat.

„Was…? Was macht er da?“, sprach Miceyla ihre Verwirrung laut aus und probierte etliche Bewegungen durch.

„E-er ahmt mich haargenau nach!“, stellte sie nach einigen Verrenkungen fest und es begann in ihr zu frösteln.

„Du begreifst die Tatsachen schnell. Ayko’s Motorik und Empfindungen, sind mit deinen eigenen verbunden…“

„Ich dachte aber, es sei nur ein Trugbild!“, unterbrach sie seine ruhige Erklärung.

„Noch war ich ja nicht fertig… Kurz in Worte gefasst, vor dir liegt eine lange Strecke mit allerlei Hindernissen. Sprich Gefahren und Monstern. Deine Aufgabe lautet, dich unbeschadet bis zum Ziel durchzukämpfen. Die Erscheinung von Ayko, läuft synchron mit dir auf der gegenüberliegenden Seite. Seine Hürden sind die gleichen. Solltest du dich auf irgendeine Art und Weise verletzen, nimmt das Trugbild automatisch denselben Schaden. Und dies wiederum führt dazu, dass der echte Ayko auf Gaia, die gleichen Verletzungen erleiden muss. Du hältst seine Sicherheit in deinen Händen. Eine große Bürde, ich weiß… Doch wenn dir Freundschaft wirklich so viel bedeutet, wie du es beschrieben hast, bist du im Stande diese Herausforderung anzunehmen.“ Er schien schnell Vertrauen in sie zu haben.

'Ayko… Falls du auch nur einen Kratzer abbekommen solltest, muss ich die Konsequenzen tragen, dass ich meine Freunde nicht beschützen kann… Alles was mir jetzt helfen wird, ist vollste Konzentration. Keine Zeit für Selbstzweifel!'

Miceyla zog ihr Schwert und wappnete sich, dem kommenden Unheil entgegenzutreten.

Ayko’s Kampfstellung glich der ihren.

Angeal verschwand plötzlich. Unerschrocken richtete sie ihren Blick nach vorn.

„Alles klar! Es geht also los…“ Der Boden hinter ihr bekam Risse und begann zu bröckeln. Somit wurde sie gezwungen, vorwärts zu laufen. Dies tat sie auch schnellen Schrittes.

Nach wenigen Augenblicken, erschien jeweils vor Ayko und Miceyla, ein riesiges statuenartiges Gebilde aus Eis, welches aus dem Untergrund hervorkletterte. Das Eismonster stieß ein wütendes Gebrüll aus und eisiger Atem wehte ihr in das Gesicht.

„Wird wahrscheinlich etwas kalt werden… Auf geht’s Ayko!“ Mit einem Feuerzauber, machte sie ihr Schwert resistent gegen Eis. Rasch musterte sie Ayko. 'Unglaublich… Sogar er kann hier Magie einsetzen. Das ist ein großer Vorteil. Ich muss Vertrauen in mich haben, dann kann ich uns beide auch sicher durchbringen!' , dachte sie und der Glaube daran beflügelte sie.

Eine Eisfaust donnerte haarscharf neben ihr auf den Boden. Sie nutze die Gelegenheit und schnellte zwischen seinen Beinen hindurch. Ohne innezuhalten, sprang sie dann auf den glatten Rücken des Monsters und schlitzte ihm mit ihrem Schwert, eine ordentliche Schneise hinein. Daraufhin glitt Miceyla wieder hinab. Der Körper aus Eis zerbrach in zwei.

„War doch ein Kinderspiel oder was meinst du dazu, Ayko?“, fragte sie triumphierend das Trugbild. Natürlich bekam sie keine Antwort.

Doch die Erfolgsfreude kam zu früh. Die zerbrochenen Eissplitter, bildeten sich zu spitzen Pfeilen zusammen.

„Oh nein!“ Um Deckung zu suchen, blieb ihr keine Zeit mehr. Und so wurde sie frontal von den Eispfeilen angeschossen. Unter großer Mühe blockte sie die Pfeile mit ihrem Schwert ab. Jedoch entwischte ihr ein Pfeil und streifte ihre Schulter. Zuerst sah Miceyla Blut den Arm hinunter fließen und spürte dann einen pochenden Schmerz.

„A-Ayko… B-bist du getroffen worden?“ Was für eine Frage, natürlich hatte es ihn auch erwischt! Zwar veränderte sich sein Gesichtsausdruck nicht, doch musste sein wahres Ich auf Gaia nun leiden. 'Lass dich nicht beirren… Es geht weiter!' , redete sie sich ein.

Das war gerade mal ihr erster Gegner gewesen. Die Prüfung begann gerade erst.

Während sie weiterlief, stürzte sie plötzlich wegen einer entgegenkommenden, orkanartigen Böe.

„Urgh! Erst Eis jetzt Wind… Wird das hier ein Dauerlauf der Elemente oder präsentiert die Natur ihre Kräfte? Vielleicht werde ich aber auch einfach nur, mit meiner eigenen Magie konfrontiert…“ Was nun stimmen mochte war gleichgültig, sie durfte bei diesem turbulenten Treiben, keinen weiteren Gedanken darüber verschwenden.

Miceyla navigierte sich, durch die abrupt auftauchenden Tornados. Und musste immer wieder hinnehmen, dass sie zurückgeschleudert wurde. 'Ich komme nicht von der Stelle…'

Zwar würde sie das eine Weile durchhalten, aber was war mit ihrer Erschöpfung? Sie übertrug sich auf Ayko… Einfach mittendurch war also keine Lösung. Das bekam sie auch mit einer besseren Strategie hin.

Als sie auf einen der Tornados zulief, kämpfte Miceyla sich bis zu seinem Inneren vor. Ihre Idee fand tatsächlich seine Erfüllung. Denn dort wurde sie nach oben befördert. Der Wirbelsturm trug sie nun.

„Jetzt nur nicht wieder runterfallen…!“, betete sie und suchte das richtige Gleichgewicht. Nach einer Vergewisserung, ob Ayko auch nur taumelte und nicht fiel, lachte sie.

„Schade, dass du es nicht wirklich bist. Wir hätten beide viel Spaß hierbei…“ Doch was redete sie da? Als wäre das alles hier ein Abenteuer zum Vergnügen. Nein, reiner Ernst war es!

Die einzelnen Stürme, standen in ungleichmäßigen Abständen zueinander. Trotzdem wagte sie einen Sprung, um auf dem nächstgelegenen Orkan zu landen. Da der umherwirbelnde Wind sie tragen konnte, war das schwankende Gefühl schnell überwunden.

„Und hepp!“ So schaffte Miceyla es, unter einiger Anstrengung, die Strecke mit den Wirbelstürmen zu überwinden.

„Geschafft!“ Vom letzten sprang Miceyla heil herunter.

Leider wurde ihr keine Pause gegönnt, da auf einmal etliche Felswände vor ihr aus dem Boden ragten und ein Labyrinth entstehen ließen. Ihre Kondition stieß an ihre Grenzen, genau das sollte wahrscheinlich auch erprobt werden. Sie musste über ihre eigenen Grenzen hinaus wachsen. 'Wenigstens bleiben mir und Ayko jetzt wilde Luftsprünge erspart!' , lockerte sie in Gedanken die Stimmung.

Sobald sie das Labyrinth betreten hatte, stellte sie fest, dass sie Ayko nicht mehr sehen konnte. Doch dies stellte kein Problem da, schließlich war es ja Miceyla, die alles steuerte.

Dumm und dusselig lief sie sich, andauernd versperrten ihr Sackgassen den Weg und das Labyrinth formierte sich neu.

„Kann das vielleicht mal aufhören?“, kommentierte sie dieses scheinbar unlösbare Rätsel. Ahnend, dass sich hinter ihr alles auflöste, vermied sie es zurück zu gehen.

„Was zur…!“ Dicke lange Kletterpflanzen, schlangen sich plötzlich um ihre Arme und Beine und hielten sie an eine Mauer gedrückt. Ihr Herzschlag überschlug sich. Miceyla wurde vollkommen unbeweglich festgenagelt. Selbst unter größtem Krafteinsatz, gaben die Pflanzen nicht mal einen Millimeter nach.

„Verdammt! Ich lass mich doch nicht von Unkraut bezwingen!“, schrie sie und versuchte wenigstens, ihr Schwert am Rücken hervorziehen zu können. Dies brachte jedoch nur unerträgliche Schmerzen, an den Handgelenken hervor und die Pflanzen drückten immer fester. 'Soll gleich alles aus sein…? Ist es denn wirklich von mir allein abhängig, wie das Ende von Gaia aussehen wird? Geht das immer so weiter…? Ich…ertrage das nicht länger… Verlässt mich meine Kraft schon in der allerersten Prüfung? Warum…habe ich nicht genug Optimismus in mir? Hoffen…ich muss weiter hoffen… Urgh!'

Eine Schlinge der Kletterpflanze, schnürte sich um ihre Kehle.

„He! Du machst der starken und mutigen Kriegerin, die ich als Botschafterin vergessener Zeiten nach World Soldier schickte, aber keine große Ehre! Willst du mich noch mal sehen oder nicht? Hier kann ich dir nicht zur Seite stehen, dass würde Angeal richtig wütend machen… Außerdem will ich wissen, was du allein auf die Beine stellen kannst. Zeig mir, was du auf Gaia gelernt hast! Kämpfe nicht weiter, nur weil du mich sehen willst, kämpfe für die Freundschaft mit Ayko! Sie ist am allerwichtigsten!“

Schon wieder half Zack ihr auf die Sprünge, dass sie sich nicht hängen ließ.

'Ja, für die Lebenden muss ich kämpfen. Für die Verstorbenen ist jeder Kampf Verschwendung… Bitte…gebt mir Kraft!'

Eine leichte Brise aus all ihren gewonnen Fähigkeiten, begann Miceyla zu stärken und ihr Selbstvertrauen von neuem aufzubauen. Sie lockerte den gesamten Körper und entspannte sich. Wie von ganz allein, glitt sie aus den Fängen der störrischen Pflanzen.

„Vergessen wir das! Und weiter geht’s!“ Nach der eigenen Aufmunterung, suchte sie erpirscht den Ausgang des Labyrinthes und umging irreführende Sackgassen und weitere aufdringliche Kletterpflanzen.

Und endlich. Zwar plagten sie elende Kopfschmerzen, doch sie trat sicher durch den Ausgang.

Zu allererst begegnete sie dem Blick von Ayko, der gleichzeitig mit ihr, nur auf einer anderen

Seite, das parallele Labyrinth verlassen hatte. Er lächelte.

„A-aber…`ich` lächele doch gar nicht!“, erkannte Miceyla verwundert.

'Du bist wohl genauso erleichtert wie ich… Ayko, unser unsichtbares Band wird niemals zerreißen, egal welche Strecke zwischen uns liegt!'

Glücklich, auch wenn sie ausgepowert war, nahm sie wieder ihren Weg auf.

Alles blieb ruhig. 'Ist die Prüfung vorbei…?' Kurz nach dem sie plötzlich von riesigen Feuerbällen bombardiert wurde, musste sie unfreiwillig feststellen, dass dieser Gedanke leider ein wenig zu früh gewesen war.

„Tja, Erfolg gibt es nicht umsonst! Wir müssen noch mal ran, Ayko!“

Während sie innerlich neue Kraft tankte, sammelten sich die brennenden Gesteinskörper, zu einem massigen Feuerwesen zusammen. Der Boden unter ihren Füßen begann zu glühen. Die Sicht zum Himmel, versperrte ein verruchter Nebel aus Asche. Und auch sonst, war die Gegenwart des mächtigen Wesens unerträglich.

'Der hier ist auf einem ganz anderen Niveau, als das Eismonster am Anfang. Jetzt heißt es alles geben oder alles verlieren.'

Einfache Kältezaubersprüche, würden wohl kaum etwas ausrichten. Also vereinte sie Eis und Wassermagie, um den doppelten Schaden zu erreichen. So konnte Miceyla aus sicherer Entfernung angreifen. Denn es war unklug, ein Monster welches aus Feuer bestand, physisch zu attackieren. Doch Wirkung zeigen, tat es leider keineswegs….

'Unmöglich…! Der Kälteschauer hat ihn komplett eingehüllt und trotzdem…'

Anscheinend fand das Monster ihren Angriff lächerlich und warf einen beachtlichen Brei aus Lava auf sie herab. Entsetzt zerschnitt sie die heiße Ladung mit ihrem Schwert und warf sich durch den dadurch entstandenen Zwischenraum. Nach einigen Drehungen, rollte Miceyla unsanft über den Boden.

„Autsch! Das sah jetzt sicher nicht sonderlich elegant aus! Tut mir leid Ayko, was du schon wieder alles mit mir durchmachen musst…!“ Nur kurz war es ihr erlaubt, nach dessen virtueller Erscheinung, auf der anderen Seite der Felsspalte zu suchen.

'Das Monster wächst weiter! Woher nimmt es nur seine ganze Energie? ... Aber natürlich!' Ein rettender Blitzgedanke erleuchtete sie. 'Eine luftdichte Barriere sollte es ersticken können!'

Es erwies sich als etwas schwierig, eine so große Barriere aufrecht zu erhalten, welche das wandelnde Feuerbiest einschloss. Aber die Mühe lohnte sich, denn erste Erfolge waren sichtbar. 'Es schrumpft! Ohne Luft erstickt es!'

Nachdem es über die Hälfte an Gewicht verloren hatte, löste Miceyla die Barriere auf. Ein letzter Eiszauber beendete das Duell und die erhitzte Luft kühlte sich allmählich ab.

„War es das mal endlich? Ich brauche eine Pause…!“ Stöhnend schwankte sie umher. Das plötzliche Schließen der Felsspalte, rüttelte sie wieder wach. Die beiden symmetrischen Pfade vereinten sich zu einem. Ayko’s Doppelgänger verschwand.

„Ist das jetzt gut oder schlecht? Angeal, bist du hier irgendwo…?“

Keine Spur von dem verstorbenen Soldaten. Stattdessen erschien in weniger Entfernung vor ihr, ein schwebender grasgrüner Kristall, welcher größer war als sie selbst.

„Du hast es geschafft. Gerade hast du bewiesen, dass deine Freundschaft gegenüber anderen stärker ist, als jede erworbene Fähigkeit. Zur Belohnung der bestandenen Prüfung, vertraue ich dir meine Macht an. Allerdings nützt sie dir nur etwas, wenn du sie mit den anderen Kristallen vereinst. Nimm das hier an dich!“

Miceyla blickte den sprechenden Kristall verdutzt an und hob schweigend ein Armband, mit acht kleinen Vertiefungen darin auf. Nach einem funkelnden Lichtblitz, befand sich der hellgrüne Kristall in einen der Vertiefungen.

„Es ist von allergrößter Wichtigkeit, dass du diesen Talisman stets bei dir trägst, genau wie dein Amulett. Und deshalb…“ Nachdem die Stimme des Kristalls verklungen war, verschmolz das ganze Armband mit ihrem Schwert, welches sie nicht aus ihrer Hand genommen hatte.

„Hey!“ Tatenlos musste Miceyla zusehen, was da gerade geschah. Nun verliefen die acht Auskerbungen, quer über die Klinge. Nur einer der winzigen Kristalle befand sich darunter.

„Nein! Was sollte das denn? Mein schönes Schwert!“, meckerte sie. Wenn eines ihrer geliebten, wertvollen Gegenstände beschädigt wurde, konnte sie zu einer wilden Bestie werden. 'Na ja…wenn ich erstmal alle Kristalle beisammen habe, sieht es bestimmt wieder besser aus…' Ihre Erschöpfung holte sie langsam aufs Neue ein.

„Das heißt, eine Prüfung liegt hinter mir. Noch `sieben` weitere folgen… Wie kann ich das jemals lebend durchstehen? Neiiin!“ Sie schrie sich ihren Frust von der Seele.

Eigentlich sollte sie andere Sorgen haben, als die `darüber hinwegzusehende` Veränderung ihres Schwertes.

„Willkommen an der Ziellinie!“ Angeal’s Stimme überrumpelte sie völlig.

„Ah!... Ähm… Auch mal wieder hier, huh?“, reagierte sie ungewohnt verschlossen, auf dessen Freundlichkeit.

„So ein missmutiges Gesicht, hätte ich von einer Siegerin aber nicht erwartet. Vielleicht heitert es dich auf, wenn ich dir versichere, dass sich Ayko’s Zustand im Gegensatz zu deinem, wieder in den vorherigen zurückversetzt hat. Er ist also wohlauf." Feierlich lächelte Angeal.

Doch sie konnte ganz genau erkennen, dass es nur aufgesetzt war. 'Er hat gar nicht die Absicht, meine Stimmung zu verbessern. Ich glaube er will mir weiß machen, dass ich mich an diesem Ort, nicht auf bereits Verstorbene verlassen sollte!' Anders war sein Verhalten nicht zu deuten.

„Ich habe Ayko bis zum Ende beschützt… Dann kann ich froh sein und meine eigenen Wunden vergessen… Argh… Oder vielleicht auch doch nicht… Urgh!“ Sie fühlte sich weitaus erschöpfter, als nach einem ausgiebigen Dauerlauf.

„Na sieh an, nach dem ersten Pfad des Lichts, schon eine schwächelnde Kondition! Ich gebe zu, ein Spaziergang war das nicht. Damit du hier nicht zusammenbrichst, habe ich eine Art Heiltrank für dich. Damit regenerierst auch du dich wieder komplett. Willst du ihn?“ Angeal hielt ihr das angebotene schmale Fläschchen entgegen. Eine dunkle Flüssigkeit befand sich darin. Normalerweise hätte sie den Trank dankbar angenommen, doch sie war skeptisch.

„Und wo liegt der Haken?“ Miceyla war inzwischen klar geworden, dass sie jedes kleinste Detail in ihrem Leben hinterfragen musste.

„Ha, ha! Verzeih, die ganzen unfairen Erschwernisse, sind leider nun mal notwendig. Keine Angst, Gift ist das nicht. Aber dir steht in den gesamten vier Prüfungen des Lichts, nur ein einziger Heiltrank zur Verfügung. Trinkst du ihn schon jetzt, hast du später keinen mehr“, enthüllte er das kleine Rätsel.

'Vertraue auf dein inneres Gefühl… Wie lange soll das bloß noch helfen?' Die wenigen Momente der Stille, würden nicht zum Ausruhen reichen.

„Ich verzichte darauf. Wer weiß, wie ich mich erst nach der dritten oder vierten Prüfung fühle…“, entschied sie seufzend.

Angeal akzeptierte dies anerkennend.

„Ich habe deinen Entschluss erhört. Der Trank wird folglich aufgehoben. Zeit, dass ich mich an dieser Stelle verabschiede. Wir sehen uns in einer anderen Prüfung wieder. Bleibe aufrichtig, so wie bisher. Du bist noch jung und von dir wird enorm viel abverlangt. Das kann hart sein“, kamen seine letzten Schlussworte und verrieten, dass ihre Reise bald weiterging.

In Angeal’s Gegenwart fühlte Miceyla sich unglaublich verstanden und geborgen.

'Fühlt es sich so an, einen Mentor zu haben?' Arjen war immer der einzige gewesen, der sie in Magie und Schwertkampf unterrichtet hatte und ihr auch sonst mit Rat und Tat zur Seite stand. Ihn jedoch als Mentor zu bezeichnen, wäre wegen ihrer vergangenen Gefühle für ihn anmaßend.

„Die zweite Prüfung kann kommen! Der Prozess, dass sich meine neu aufbauende Kraft wieder füllt, dauert zwar noch an, aber trotzdem bin ich bereit!“, sprach sie startklar und streckte dabei ihr Schwert, mit dem ersten errungenen Kristall in die Luft.

Die verborgene Bedeutung

Die Pfade schienen kein Ende zu nehmen, in einer Welt, die man weder als real noch als fantasievoll bezeichnen konnte. Es stimmte, hier spielte Zeit keine Rolle, sie brauste nur so an einem vorbei. Für einen Verstorbenen keine wichtige Erkenntnis, doch jemand der am Leben war, sollte Schwierigkeiten bekommen…

Miceyla die ihren Weg ohne Angeal fortsetzte, suchte Hinweise, welche die zweite Prüfung ankündigten.

„Laufen wir gemeinsam weiter?“

Da es ihr vorkam, ewig keine Stimme mehr gehört zu haben, reagierte sie irritiert. Als seien Wochen vergangen…

Eine wunderschöne junge Frau, mit einem schlanken, zierlichen Körper, lief neben Miceyla her. Ihr langer brauner Haarzopf, wippte bei jedem ihrer Schritte. Das Mädchen begrüßte sie mit einem süßen Lächeln.

„Bist du etwa…Aerith?“, fragte Miceyla, nachdem sie stehen geblieben war. Ihre erwartungsvoll funkelnden Augen, wollten das nicht so recht glauben.

„Nein, du vertust dich nicht, ich bin Aerith! Mein Herz fühlt sich fast wieder lebendig an, jetzt wo ich dich kennen lerne!“, bestätigte sie vor Freude.

„Wenn du in der Wirklichkeit vor mir stehst, bist du noch viel, viel hübscher!“

Aerith wurde von ihrem Kompliment ganz verlegen.

„Ach…Du bist doch selber wunderhübsch! Wir sind uns sehr ähnlich, nicht nur äußerlich… Ich höre fernes Geflüster… Komm, deine zweite Prüfung beginnt bald!“

Sie nahm Miceyla bei der Hand und die beiden Mädchen, liefen auf einen plötzlich in der Ferne erschienenen Tempel zu. Nach der Hälfte der erreichten Strecke, drosselte Aerith ihr Tempo, um sich mit ihrer neuen Freundin unterhalten zu können.

„In dieser Prüfung spielt die Liebe eine große Rolle, weißt du? Liebe kann man für viele Menschen empfinden, Familie oder Freunde. Doch hier ist Liebe gemeint, die man jemand ganz besonderem schenkt. Manche finden so eine Person früher in ihrem Leben, andere später. Also ich hatte in meiner kurzen Lebenszeit Glück. Wie steht es bei dir?“, fragte sie höflich, ohne die Antwort dabei aus ihr herausquetschen zu wollen.

Miceyla konnte sich überhaupt nicht mehr erinnern, dass letzte Mal offen mit einem anderen Mädchen geredet zu haben. Sie bekam schon Bedenken, ihre Weiblichkeit zu verlieren, da sie die meiste Zeit als Soldatin unter Männern verbrachte. Jetzt ergriff sie die Chance, den Augenblick der frischen Jugendlichkeit genießen zu dürfen.

„Mein Herz hat sich schon entschieden… In mir wurden ungeahnte Gefühle geweckt, seit dem ich Genesis kennen gelernt habe“, sprach sie verträumt und kräuselte dabei die Lippen wie ein schnurrendes Kätzchen.

„So? Vielleicht will dir dein Herz ja auch nur einen Streich spielen. Die wirklich wahre Liebe bedeutet weitaus mehr, als nur eine kurzweilige Romanze."

Was wollte ihr Aerith damit sagen?

Gerade erreichten sie den Tempel. Eindrucksvoll sah er aus, mit seinen kräftigen Farben und geheimnisvollen Gravuren. Im Innern dagegen, erblickte man aber nur eine gespenstische Finsternis.

„Weiter kann ich dich nicht begleiten. Du musst eine lange Treppe hinunter laufen. Wenn du unten ankommst, wirst du auf einen…eher ungewöhnlichen Gegner treffen. Mehr darf ich dir nicht verraten. Meine Gestalt bleibt hier, aber meine Stimme wird dich immer erreichen.“

Miceyla seufzte nach ihrer knappen Erläuterung.

„Also läuft es wieder auf einen Kampf hinaus… Danke Aerith, ich gehe dann mal. Zeit ist an diesem Ort sehr kostbar…“, verabschiedete sie sich rasch von der fürsorglichen jungen Frau. Bei einer Prüfung mit dem Thema `Liebe`, hätte sie keine Kämpferei erwartet.

'Wäre es wohl doch klüger gewesen, den Heiltrank zu nehmen? Egal…Ich hoffe, dass es bei `einem` Gegner bleibt.'

Nur eine gerade nach unten verlaufende Treppe, befand sich in dem Tempel. Nicht mal ein Geländer gab es. Je weiter sie hinab lief, umso mehr war sie auf ihren Tastsinn angewiesen. Denn das Tageslicht vom Eingang, reichte nicht weit. 'Es ist so düster… Und diese stickige Luft… Sind hier auch Hulax? ... Ich dachte, die ersten vier Prüfungen fallen unter den Titel: `Die Pfade des Lichts`? Wie sieht es wohl erst mit der Dunkelheit aus?' Die unheimlichsten Dinge, malte sie sich in ihrer Fantasie aus, während sie die ewig lange alte Tempeltreppe hinunter stolperte.

Endlich, die Treppe endete und blitzartig erschienen Lichter, welche sie im Untergrund des Tempels empfingen. 'Unglaublich…' Kräftige glitzernde Farben, schmückten die Tempelwände. Im Hintergrund hörte sie leise Musik spielen. Sie fühlte sich wie in einem Palast und nicht wie in irgendeiner heruntergekommenen Ruine.

„Du lässt dich aber schnell, von der Schönheit deiner Umgebung täuschen! Dein Gegner bin ich!“

Bevor sie eine Person ausfindig machen konnte, stellte sie fest, dass die Treppe hinter ihr verschwand. Diesen Rückweg musste sie also abhacken.

„A- aber… Diese Stimme kenne ich doch!“ Erst jetzt dachte Miceyla darüber nach.

'Sie klang ein wenig wie meine eigene…'

Immer noch war niemand zu sehen, bis jemand durch einen großen, Diamantenumrandeten Spiegel an der Wand hindurch trat. Ungläubig kniff sie ihre Augen zusammen.

„Äh… Aber… Das bin ja `ich`!“ 'Was soll das sein, ein lebendiges Spiegelbild?' , spekulierte Miceyla.

„Ganz recht. Das bist du selbst.“

„Aerith!“ Tatsächlich war es ihr möglich, deren Stimme zu hören.

„Nur liegen zwischen dir und deinem Gegenüber, vier Jahre“, ergänzte Aerith rasch.

„Also bin das ich, von vor vier Jahren…“ Sie hatte sich unerwartet viel verändert, in der relativ kurzen Zeit.

„Vor vier Jahren, warst du noch unsterblich in Arjen verliebt und hattest gegenüber der Welt, noch eine ganz andere Einstellung.“

Völlig überrascht wurde Miceyla rot. Für ihren Geschmack, wusste Aerith viel zu viel über ihre Vergangenheit. Mit einem festen Blick konfrontierte sie ihre Herausforderin und warf ihr beschämendes Gefühl ab.

„Folglich besteht der Sinn der Prüfung sicherlich darin, festzustellen, ob sich meine Fähigkeiten zu damals verbessert haben!“ Langsam bekam sie richtigen Tatendrang, genau dies herauszufinden.

„Nicht ganz. Der eigentliche Zweck ist, dass du selbst mal erkennst, welche Liebe stärker ist. Die für Arjen oder die für Genesis“, berichtigte Aerith ihre voreilige Schlussfolgerung.

„Wie bitte?... Hm… Wie auch immer! Kommt beides auf das gleiche Ergebnis hinaus!“, meinte sie kühl und zog ihr Schwert.

„Dich mache ich fertig! Ich werde dir zeigen, dass du den falschen Weg genommen hast!“, protzte die jüngere Miceyla.

„Na hör mal! Du stehst hier gerade vor deinem zukünftigen `ich`! Also ein bisschen mehr Höflichkeit wenn ich bitten darf!“ 'Früher hatte ich bestimmt nicht so schlechte Manieren…'

Während Miceyla sich ärgerte, wurde sie auch schon von ihrer Version aus der Vergangenheit angegriffen. Und das auch noch mit demselben Schwert… Mit einer enormen Wucht, klirrten ihre Schwerter gegeneinander. In den Augen der jüngeren Gegnerin brannte ein Feuer, welches ihr ungeheure Kräfte verlieh. Trotzdem konnte Miceyla jeden Angriff souverän abwehren, auch als sie begann Magie anzuwenden. Der Altersunterschied kam nicht sonderlich in dem Kampf hervor. Ihre Stärken waren auf demselben Level. Und doch war etwas anders.

Sie schaffte es ihre Herausforderin am Bein zu verletzen, jedoch verspürte sie unerwartet eine kalte Schwertspitze, mitten in ihrer Schulter.

„Aaah!“ Der Schmerz betäubte Miceyla und die Umgebung verschwamm vor ihren Augen.

„Ich werde jetzt gehen…“

Bei dieser vertrauten Stimme, fand sie ihr Bewusstsein wieder. Die Schmerzen waren fort. In weniger Entfernung sah sie Arjen mit sich selbst, Miceyla reden. Direkt bei ihrem Lieblingsort, dem mystischen See. 'Das ist meine Welt! Schon wieder die Vergangenheit… Dieses Mal aber meine eigene…' Ihre Gedanken rasten. Wie sollte sie sich auf eine Situation einstellen können, wenn sie immer von Ort zu Ort wanderte? Glücklicher Weise sahen die beiden, die zukünftige Miceyla nicht, sonst hätten sie längst reagiert.

„Ja, immer gehst du! Wir kennen uns schon seit über zwei Jahren, doch meistens bekomme ich dich eh nur in meinen Träumen zu Gesicht. Außer du bringst mir neue Magie bei… Wieso lässt du mich so oft allein… Ich hasse die Einsamkeit… Du bist ein Prinz Arjen und hast ein Königreich zu führen, seitdem deine Eltern nicht mehr da sind! Glaubst du, ich komme mit allem selbstständig im Schloss klar? Sag...sag irgendetwas…“ Die jüngere Miceyla schien ziemlich verzweifelt.

„Miceyla… Niemals würde ich dich alleine lassen, auch wenn du mich nicht sehen kannst. Die Lage bessert sich leider nicht, ewig herrscht Krieg… Unsere Bestimmungen sind zwei verschiedene, bedenke das.“ Arjens besänftigende Stimme, legte sich einem über die Haut, wie ein warmer Schleier.

„Ich will dich aber `sehen`! Wegen deinen vielen Missionen, werden wir wohl erst glücklich wenn wir alt sind. Du hast mir selbst gesagt, ich sei für dich die bedeutungsvollste Person in deinem Leben. Langsam glaube ich, dass ich dich nicht länger lieben kann…“ Mit diesen eisigen Worten, wurde auch ihr Blick kaltherzig.

Arjens ruhiges Gemüt verwandelte sich ebenfalls.

„Was sagst du da… Du musst lernen geduldiger zu sein. Würdest du aus meinem Leben verschwinden, ich könnte keinen Moment weiter existieren…“

Bevor sich Wehmut in ihrer eigenen Seele vergraben konnte, machte die andere Miceyla aus der Vergangenheit, vom See kehrt.

„Der Tag wird kommen, an dem ich mir eine andere Welt suche. Eine, in der ich wenigstens gebraucht und…geliebt werde…“, sprach sie noch geistesabwesend.

Der sonst so weise und erfahrene junge Magier, wirkte plötzlich verloren und verlassen. Nicht mal zum Weinen war er in der Lage.

„Meine Liebe zu dir ist mein allergrößter Schatz… Ich bin einem Pfad aus Einsamkeit gefolgt, bevor ich dich kennen lernte. Auf ewig werde ich dich lieben…“, flüsterte er und lief mit den Füßen in den See.

Miceyla, die ihr eigenes vergangenes Gespräch mit ihm, noch einmal erneut mit anhören musste, raste auf Arjen zu.

„Ich flehe dich an, niemals hätte ich die Absicht gehabt, dich verletzen zu wollen! Es war eben…alles nicht einfach…“, schluchzte sie und klammerte sich mit beiden Händen an ihn. Gerade wollte sie durch ihre verweinten Augen, in seine blicken. Alles was sie jedoch zu sehen bekam, war das Gesicht von Genesis.

„Kein anderer wird dich jemals so sehr lieben wie ich. Und ich bin derjenige, der ewig bei dir bleibt und dich beschützt. Du fühlst genauso…oder?“, sprach er zärtlich. Das `oder`, hängte er nach einer kurzen Verzögerung noch hinten dran.

„Das ist nicht wahr! Du bist nicht der einzige, der…“ Ihre Empörung wurde jäh unterbrochen, als ihr Schmerz zurückkehrte und sie sich wieder in dem Tempel befand.

Die jüngere Miceyla nutzte ihren abgelenkten Blick und stach noch einmal zu.

„Urgh!“ Sie musste Blut spucken und taumelte nach hinten weg.

'Diesen Kampf habe ich wohl verloren…', dachte Miceyla beschämt.

„Da liegst du falsch. Ich habe lediglich mein zukünftiges `Ich` besiegt.“ Schon vorher verschwand sie, ehe die letzten Worte verklungen waren.

'Kann sie Gedanken lesen? Richtig…das war ja ich selbst…Argh!' Im ganzen Körper verspürte sie schmerzvolle Zuckungen. Aber das war nicht das einzige, was sie noch spüren konnte. Plötzlich hatte sie eine nicht zu bändigende Sehnsucht nach Arjen. 'Bin ich die ganze Zeit vor meinen wahren Gefühlen davongelaufen?'

„Ist die Barriere nun endlich aufgebrochen worden? Es scheint so. Dann nimm meine Kraft entgegen!“

Ein weiterer Kristall erschien. Dieses Mal in einem kräftigen rosa Farbton.

„A-aber ich habe doch gerade versagt…“, keuchte sie dem Kristall entgegen, wagte jedoch nicht zu ihm aufzusehen, wegen des enormen Blutverlustes. 'Meine Güte… Andere verlieren in ihrem gesamten Leben, nicht so eine Menge an Blut.'

„Du hast eine Einsicht gewonnen, die wertvoller ist als jeder Triumph. In deinem Herzen erstrahlt ein neues Licht.“ Nach diesen reinen Worten, verkleinerte er sich und füllte eine zweite Lücke in ihrem Schwert.

'Das ist doch lachhaft! Als ob ich das verdient hätte…' Es stimmte schon, dass ihr Herz leichter war und von einer erdrückenden Last befreit wurde. 'Arjen…'

Nach einem kurzen Augenaufschlag, lag sie wieder auf der Oberfläche vor dem Tempel.

Aerith kniete neben ihr und strich Blut von ihren Wangen.

„Wenn sich dein Herz öffnet und du wirklich liebst, wird vieles leichter sein.“

„Noch ein bisschen länger und mein Herz schlägt überhaupt nicht mehr…“, meinte sie benommen durch einen krampfhaften Husten.

„Das ist wahr. Deshalb solltest du nun den Heiltrank nehmen. Du warst sehr tapfer. Die Hälfte der ersten vier Prüfungen ist überstanden.“

„Ich will Arjen sehen…D-doch ich liebe immer noch Genesis…“ Miceylas Stimme wurde langsam so dünn, wie der Lufthauch der über sie hinwegwehte.

Das verwirrte und erschreckend schwerverletzte Mädchen, tat Aerith furchtbar leid.

„Komm, nimm erst mal den Heiltrank. Angeal hat ihn mir übergeben. Und lass deine ganzen Gedanken, für eine Weile ruhen.“

Ihre Kräfte verweigerten Miceyla, den Trank entgegenzunehmen. Also hielt Aerith ihr die kleine Glasflasche an den Mund. Die regenerierende Flüssigkeit floss durch ihren Körper, ließ jeden Schmerz verschwinden und beglückte sie mit einem vielversprechenden Tatendrang.

„Danke Aerith, ich…“ Während sie aufsprang musste sie feststellen, dass Aerith verschwunden war. 'Nicht mal richtig bedanken konnte ich mich… Dann geht’s wohl auf zur dritten Prüfung!'

Sie folgte einem Pfad, der am Tempel vorbeiführte und in einem großen Tal mündete. Eine angenehme Wärme lag in der Luft. Überall wuchsen die schönsten Blumen und kräftige begrünte Bäume. Trotzdem war nirgends ein Lebewesen zu erblicken. Nicht mal ein Insekt.

„Wow…“ Staunend fand sie eine prächtige, schwebende Burg in dem Tal vor. Eine lange Brücke ließ zu, dass man dessen Tor passieren konnte.

„Das sieht ja richtig einladend aus. Dann sollte ich mal nicht unhöflich sein!“

Hüpfend trabte sie die Brücke hinauf und nach jedem Schritt, verschwand eine Stufe hinter ihr. Unbeeindruckt lief sie mit rollenden Augen weiter.

Knarrend öffnete sich das Burgtor. Außer unzähligen Türen in der Eingangshalle, war nicht sonderlich viel zu entdecken. Der Tempel war im unteren Teil, um einiges interessanter gewesen.

„So trifft man sich wieder!“

Angeal, ihr erster Prüfer, wartete in der Hallenmitte. 'Wann sehe ich denn endlich Zack?'

Miceyla versuchte ihre leichte Enttäuschung, vor dem erfahrenen Kämpfer zu verbergen.

„Was kommt denn bei dieser Prüfung auf mich zu? Zum Glück bin ich gestärkt!“, machte sie sich bereit.

„Ha, ha! Zumindest ist deine Motivation neu angestiegen. Diesmal verzichte ich auf viele Erklärungen. "Dürfte ich bitte dein Schwert haben?“ Unschuldig dreinblickend, bat er um ihre heilige Waffe.

„M-mein Schwert?“, meinte sie skeptisch. Immer trug sie es bei sich. Der einzige Gegenstand, welcher sie an ihre wahre Herkunft erinnerte und daran, wer sie in Wirklichkeit war. Miceyla hatte es bisher noch nie jemand anderem, ohne weiteres überreicht.

„Nein! Alles nur nicht das!“, verweigerte sie die Aufforderung des Älteren.

Angeal fand ihre feindliche Reaktion kein wenig verblüffend und seufzte nur.

„Stell dich nicht so kindisch an. Glaubst du, ich wüsste nicht über die Bedeutung eines Schwertes Bescheid? Gib es mir, denke an die Zeit!“, überredete er sie eindringlich.

Widerstrebend drückte sie ihm ihr Schwert in die Hand.

„Danke! Ich werde es gut verwahren, bis du es wiederhaben darfst. Denn bei dieser Prüfung, ist es dir nicht erlaubt, eine Waffe oder Magie zu benutzen. Du besitzt ja ein Zeichen auf deiner Schulter. Diese wurde versiegelt, damit du keine Magie mehr einsetzen kannst“, unterrichtete Angeal sie in wenigen Worten.

Überrascht tastete Miceyla an ihre linke Schulter. 'Ich habe gar nichts bemerkt… Dank dem Zeichen, das alle Lucassener besitzen, kann ich starke Magie verwenden. Nun bin ich also vollkommen wehrlos…' Nur noch eines blieb ihr…

„Dein Verstand ist hier in erster Linie am gefragtesten. Denn die dritte Prüfung, ist die Prüfung des `Vertrauens`. Nur eine von den ersten Türen ist offen. Von da an, musst du dir den Schlüssel für den nächsten Raum ersuchen. Und immer so weiter. Du kannst gleich beginnen. Wir sehen uns!“

„Moment…!“ Es war ein ungerechter Anblick, Angeal mit ihrem Schwert wegmarschieren zu sehen. Besser sie blendete dies jetzt aus.

„Eine Tür…“ Miceyla entschied, alle Türen von links nach rechts auszuprobieren. So vergaß sie auch keine. Die erste war verschlossen, mit der zweiten sah es genauso aus und die dritte…

„Ja! Sie ist offen!“ Sich freuend, betrat sie den ersten Raum, welchen man nicht wirklich als Raum bezeichnen konnte. Sie stand inmitten einer Großstadt.

„Äh…? Ein schlechter Scherz oder was? Wie soll ich hier den richtigen Schlüssel finden? Und vor allem, die dazu passende Tür?“, fragte sie sich in rasender Panik.

Ein Auto kam hupend auf sie zugerast.

„Argh! Dann auch noch gerade mitten auf einer Straße!“ Kreischend flüchtete sie sich Richtung Fußweg. Dabei rempelte sie versehentlich einen Mann an.

„V-verzeihung!“, hauchte Miceyla eine Entschuldigung.

„Folge mir unauffällig“, forderte dieser von ihr.

'Seine Stimme! Sie klingt wie…' Bevor sie von einem Menschenstrom, auf dem Weg mitgerissen wurde, folgte sie ihm. Sein Gesicht konnte sie nicht erkennen, da eine tiefgezogene Kapuze es überdeckte.

„Da vorne! Da ist das Mädel! Lasst sie nicht entkommen!“

Zuckend blickte sie sich um und sah, wie finstere Augen von ein paar streitlustigen Typen, sie anstarrten. 'Was wollen die denn? Die sollen mich bloß in Ruhe lassen, sonst…' Zu spät fiel ihr ein, dass sie vollkommen wehrlos war.

„Bleib nicht stehen!“, wies der Mann sie auf ihr Zögern an und zog sie an der Hand in eine Seitengasse hinein.

„Schnappen wir sie uns!“ Die üblen Gestalten waren ihr dicht auf den Fersen.

„Ich kümmere mich um die Kerle. Bleib du etwas zurück!“, sprach der Mann und zog seine Kapuze runter.

'Ja! Es besteht kein Zweifel, dass ist Vincent!'

„Aber…das sind zu viele für einen allein!“, hob sie besorgt an.

„Vertraust du mir etwa nicht?“, fragte Vincent trocken.

Ob es sich wirklich um Vincent aus Gaia handelte, blieb offen.

„D-doch… Natürlich tue ich das…“ Sicher, sie war froh, eine vertraute Person hier anzutreffen.

„Dann ist ja gut… Sie kommen…“

Die Bande aus Rüpeln, stand nun vor ihnen in der engen Gasse.

„Los!“, schrien sie und trampelten den beiden entgegen. Wie ein Blitz verschwand Vincent und tauchte hinter den Kerlen wieder auf. 'Hui… Ist der schnell!' , dachte sie beeindruckt. Die Deppen bekamen natürlich nichts mit und reagierten nicht weiter, als doofe Gesichter zu machen.

„Wo ist diese unheimliche Gestalt denn hin?“, fragte einer kühl.

„Ihr seid zu langsam für mich. Und wer ist hier `unheimlich`?“, antwortete Vincent gelassen und beförderte den ersten, mit einem hartnäckigen Faustschlag zu Boden.

'Nur noch vier…' Einer schmuggelte sich nach vorn und wollte Miceyla ergreifen.

„Flieh über die Mauer hinter dir! Beeilung!“, dirigierte Vincent ihre Flucht.

„Wie ruhig du bleibst, wenn Männer sich prügeln! Dabei bist du doch so eine zarte junge Dame! He, he!“, meinte der dickliche Rabauke vor ihr.

'In meinem Soldatenleben und auch bereits davor, habe ich schon genug Gewalt gesehen. Da kann ich über das hier ja nur lachen! Und was soll das… `Zart`?' Miceyla wollte beweisen, dass sie sich auch ohne eine Waffe verteidigen konnte. Aber Vincents eindringlicher Blick, belehrte sie eines Besseren. Nachdem sie herumgewirbelt war, begann sie mühselig, jedoch erfolgreich, die glatte Steinmauer zu erklimmen.

„Wow! Wie flink! Sportlich, sportlich! Gleich leiste ich dir da oben Gesellschaft!“

'Das dauert gewiss ein Weilchen bei deinem Gewicht!' Nach dieser belustigenden Erkenntnis, sah sie nach Vincent. Er war noch beschäftigt, kam trotzdem gut zurecht.

Sie bekam einen Herzstillstand, als sie gerade auf der anderen Seite herunter springen wollte. Ein unerwartet tiefer Abgrund erwartete sie.

'Nie im Leben würde ich das überleben!' Vor Schreck vergaß Miceyla, ihr Gleichgewicht zu halten und rutschte an der Abgrundseite hinunter.

„Oh nein!“ Mit beiden Händen, krallte sie sich noch rechtzeitig an der Mauer fest.

„Wieso denn jetzt so tollpatschig, huh? Du hast die Wahl, willst du von mir erschossen werden oder gleich in die Tiefe stürzen? Wie nett von mir!“ Ihr Verfolger war oben angekommen und drückte Miceyla eine Pistole an den Kopf.

„Wie großzügig. Wenn es sich vermieden ließe, würde ich gern auf diese Wahl verzichten…“ 'Ich werde jeden Moment fallen… Ich muss Vertrauen haben…' Doch wem fiel dies in solch einer Lage schon leicht?

„Vincent…!“ Sie unterdrückte den Drang, weiter klammernd hängen zu bleiben und ließ sich geradewegs hinabfallen.

Wie ein Schatten tauchte Vincent neben dem Mann auf, schlug ihm die Pistole aus der Hand und schubste ihn nach unten. Dann stürzte er vor und packte Miceyla. Fest umklammerte sie ihn und hätte am liebsten nie wieder losgelassen.

'Ein Leben kann so schnell vorbei sein…' Diese Erkenntnis bekam sie nicht zum ersten Mal.

Er schwang sich gemeinsam mit ihr, auf der niedrigeren Seite der Mauer hinunter. Zitternd wollte sie noch immer nicht von Vincent ablassen.

„Du bist jetzt in Sicherheit. Aber komm, die Ruhe ist nur von kurzer Dauer“, redete er sanft auf sie ein. Mit seiner Hilfe erhob sie sich und folgte ihm in ein Haus hinein. Dort hielt er ihr einen Schlüssel hin.

„Ist das…“

„Richtig. Dieser Schlüssel öffnet die nächste Tür für dich. Sie befindet sich im Keller unter uns. Dann wirst du deinen Weg allein fortsetzten. Sei weiterhin so stark, wie du es bisher gewesen bist. Folge dem Pfad einer Kriegerin.“ Vincent öffnete eine Klappe am Boden und bedeutete ihr hinab zu steigen.

Unfreiwillig musste sie sich von ihm verabschieden.

„Danke Vincent! Du bist ein wahrer Freund für mich!“

„Gib auf dich acht. In Gedanken begleite ich dich immer.“ Nach einem letzten Lächeln ging er auch schon.

Auf allen Vieren, kletterte Miceyla rückwärts die steile Treppe hinunter. 'Das hier ist eine Dimensionswelt. Mit Sicherheit war es überhaupt nicht der wahre Vincent. Doch alles bleibt nach außen hin makellos echt…', bedachte sie und fand in dem Kellergewölbe, eine zerbrechliche Holztür vor. Ihre neue positive Einstellung, gab ihr den Mut, den ersten errungenen Schlüssel auszuprobieren. Nach öffnen der Tür, betrat sie den zweiten `Raum` oder viel eher den nächsten Abschnitt der Prüfung.

Grelles Sonnenlicht schien ihr entgegen und sie lief über eine unfruchtbare, staubtrockene Erde. Die Geräusche eines fernen Motorrades, weckten ihre Aufmerksamkeit. Davon wurde sie angezogen, wie von einem Magnet. Während sie lossprintete, kamen die intensiv brummenden Laute näher.

Keinen Augenblick später erschien Cloud mit Fenrir und wirbelte eine heiße Staubwolke auf.

„Cloud!“, rief Miceyla und winkte unübersehbar. 'Na wer hätte das gedacht…'

Er drosselte sein Tempo und fuhr ihr entgegen.

„Miceyla… Ich…ich habe versagt. Meine Freunde konnte ich nicht beschützen. Ich bin der einzige, der übrig geblieben ist…, hob er an, als er in Hörweite war. Schwere Depressionen, zeichneten seine trüben Augen aus.

Was sich hier wohl zugetragen hat…? Wenn sie jetzt auch noch Mitgefühl zeigte, würde sie ihn weiter runterziehen. Das wusste sie über Cloud. Er war Ayko unglaublich ähnlich. Nur das Ayko seine Emotionen ein wenig extremer zeigte.

Besser sie zeigte ein ehrliches und optimistisches Lächeln.

„Das stimmt doch nicht ganz, schließlich bin ich auch hier!“

Clouds Blick schien sich an neue Hoffnungen zu klammern.

„Darf ich es dann sein, der dich zur nächsten Tür begleitet? Aber wir müssen dafür durch eine Höhle und dort… Egal. Schenkst du mir dein Vertrauen? Wenn ja, steig auf!“

Es brauchte nicht viel Zeit, da schwang Miceyla sich auch schon hinter Cloud auf Fenrir.

„In dir steckt noch weitaus mehr, als du denkst. Ich verlasse mich auf dich, mein Freund!“

Sie hustete, während er mit vollem Tempo losfuhr und sie eine volle Ladung Staub einatmen musste.

Vor ihnen tat sich ein großer Eingang, mit von oben herabbröckelnden Steinen auf, in dem es leicht hinab ging.

„Mit einem Motorrad durch eine Höhle…ist dass nicht ein wenig zu…“ Doch sie sagte nichts weiter. Cloud würde schon wissen was er tat.

Er behielt sein Tempo fast aufrecht und Miceyla umklammerte ihn, damit sie nicht in die Höhle purzelte. Bei einem schaurigen Geräusch, spannte sie reaktionsartig jeden Muskel ihres Körpers an.

„Die Hulax! Sie sind hier, daran besteht kein Zweifel. Wir müssen sofort umkehren!“, versuchte Miceyla sich mit lauter Stimme, Gehör durch den tönenden Motor zu verschaffen. Keine Antwort kam. 'Was ist mit meinem Amulett? Wurde dessen Funktion etwa auch deaktiviert? Unmöglich…' Doch ihre Vermutung wurde bestätigt, da sie keines der Wesen erkennen konnte, dafür aber einen Angst verursachenden Sog verspürte.

„Cloud!“ Ihr Kopf begann zu schmerzen und ihre Glieder wurden gelähmt.

„Vertraust du mir?“ Die Worte hallten in ihren Gedanken wider, ohne das er sie aussprach.

'Na gut… Das hier ist doch längst kein unbekannter Albtraum mehr.' Mit geschlossenen Augen bemühte sie sich, Cloud um keinen Preis loszulassen.

Dieser bahnte sich einen Weg, durch die unterirdischen Höhlengänge und umging Kontakte mit den Hulax. Zumindest versuchte er das…

„Verdammt!“ Sein schmerzerfüllter Schrei, ließ Miceyla ihre Augen aufreißen.

„Was ist los?“ Sie sah nur kurz, die Erscheinung eines der Dämonen und darauf Clouds Blut ihr entgegenspritzen. Beide stürzten vom Motorrad und waren somit den aufdringlichen Geistern, hilflos ausgeliefert. Cloud rührte sich nicht.

„Wenn ich doch bloß etwas tun könnte!“ Viel mehr war sie über ihre Machtlosigkeit verärgert, als das sie sich fürchtete.

„Ich werde kämpfen, auch wenn…“ Da packte Cloud sie beim Arm.

„Nein! Ich versage kein weiteres Mal! Um die Dämonen kümmere ich mich. Du musst die Tür am Ende der Höhle erreichen. Den Schlüssel findest du vorher in einem kleinen Teich“, opferte Cloud sich entschlossen für ihre Rettung auf.

Ruckartig erhob sie sich wieder und rannte, ohne Clouds Plan in Frage zu stellen, tiefer in die Höhle hinein.

„Cloud du hast sie, die Kraft alle zu beschützen!“, diese letzten Worte rief Miceyla ihm noch hastig zu, bevor er in einem Kampf verwickelt wurde.

'Diesmal soll ich den Schlüssel also selbst suchen. Aber wo befindet sich hier wohl ein `Teich`?' Mal wieder hoffte sie auf das Glück. Da schlitterte sie plötzlich über rutschigen Boden und fiel der Länge nach ins kühle Nass.

„Nein, nein, nein! Das habe ich jetzt nun wirklich nicht mit eingeplant!“ Während sie fluchend das Wasser abschüttelte, sah sie in weniger Entfernung, etwas Silbernes glitzern.

'Der Schlüssel!'

„Und wer ist nun der glückliche Finder?“ Ihre Freude verflog, als ein eisiger Luftzug sie umgab. 'Weg hier!' Nach einer Tür suchend, rannte sie weiter über den glitschigen Boden.

„Dort ist eine!“ Sie konnte gerade noch so, in einer Felswand einen Türgriff ausmachen. Die Gewissheit, dass hinter ihr bereits die Hulax lauerten, verdoppelte ihr Tempo.

'Ich kann es schaffen! Ich werde es schaffen! Ich `muss` es einfach schaffen!' Mit dem verrosteten Schlüssel vorne weg in ihrer Hand, erreichte sie die Tür und schloss diese rasch auf. Sobald Miceyla die Höhle verließ und der letzte `Raum` somit hinter ihr verschwand, versuchte sie noch einmal die Bilder des vorherigen Geschehens, vor ihrem geistigen Auge abzurufen.

Unterdessen blickten sie große braune Augen erwartungsvoll an.

„Na Miceyla? Bereit mit mir die letzte Tür zu suchen?“, fragte eine Stimme, in der die Sehnsucht nach Abenteuern lag.

„Tifa! Ja, natürlich! Wirklich, die letzte? Das erleichtert mich irgendwie…“ Den ruhigen Moment nutzte sie, um sich mal ihre Umgebung näher zu betrachten. Konnte aber nichts sonderbareres ausmachen, als offene Landschaft und einige Berge.

„Das klingt gut! Soweit ich weiß, führt unser Weg dafür diesen Berg hinauf. Er ist allen bekannt als der `Mako-Berg`“, sprach Tifa aufgeregt und zeigte mit ausgestrecktem Finger, auf ihr Zielobjekt. Den höchsten Berg weit und breit.

„Mako-Berg? Du machst Witze…“ 'Mako existiert in dieser Dimensionswelt also auch…', dachte sie und bei den Aussichten auf Bergsteigen, sank ihre Motivation.

„Ausgerechnet ein Berg… Was für ein unheimlich passender Ort für eine Tür!“ Miceylas Stimme bekam einen genervten Tonfall.

Tifa zog streng die Augenbrauen nach unten und packte sie bei beiden Schultern.

„Hör mal zu, ich hätte mir auch lieber einen bequemeren Weg ausgesucht! Doch was erwartest du eigentlich von einer Prüfung…?“ Tifa brach ab, als sie den Ausdruck in ihren Augen bemerkte, der darauf hinwies, was sie schon alles durchstehen musste.

„Meine Anschuldigungen waren falsch… Bitte verzeih mir…“ Sie schien ihren Gefühlsausbruch bitter zu bereuen.

„Ach, genau wie ich, versteckst du deine inneren Emotionen nicht. Das ist gut so. Irgendwann bekommt jeder mal schwache Nerven. Unsere Lage fördert das ja auch nur noch mehr…“ Miceyla lächelte gelassen.

Tifas Blick bohrte sich in sie.

„Du hast dich verändert…“ Ihre Stimme war weniger als ein Flüstern.

„Hast du etwas gesagt…?“ Miceyla versuchte bereits eine Route ausfindig zu machen, die den Berg hinaufführte.

„Ach nichts! Komm, wir haben ohnehin schon zu viel geredet! Ich wollte noch vor Cloud wieder zu Hause sein!“, rief Tifa und stürmte vorneweg.

„Also ich weiß nicht ob er…“ Mit einem Kopfschütteln brach sie ab. 'Das hier ist eine andere Welt. Denke immer daran!' Sie folgte ihr hastig.

„Sag mal, auf dem Weg nach oben, begegnen uns doch bestimmt einige Monster, oder?“, fragte sie im Rennen.

„Ha! Die sollen nur kommen! Ich mache sie einen nach dem anderen fertig!“ Tifa boxte enthusiastisch mit ihren Fäusten durch die Luft.

'Das versteht man also unter Frauenpower…'

Es war eine Erleichterung, dass es sich um einen ziemlich breiten Berg handelte. Somit gab es zahlreiche Pfade, die dennoch mit zunehmender Höhe, immer steiler wurden. Für die Tifa, welche sie eigentlich gewohnt war, blieb diese hier auf ihrem weiteren Wege, relativ ruhig. Ununterbrochen kundschaftete sie ihre Umgebung aus. Tifa nahm ihre Rolle wohl verdammt ernst, eine unbewaffnete Person beschützen zu müssen. Je weiter sie kamen, umso häufiger wurde von ihnen abverlangt, auf allen Vieren voran zu kommen.

Da ertönte über den beiden ein lautes Brüllen. Beinahe wäre Miceyla deswegen fatal abgerutscht. 'Ich will gar nicht wissen, wie hoch wir schon sind…'

Ein muskulöses wolfsartiges Tier, sprang auf ein Felsplateau neben ihnen. Leere weiße Augen starrten die Mädchen an.

„Ist es…blind“, sprach Miceyla ihre Gedanken laut aus.

„Lass dich davon nicht täuschen! Klettere du weiter, während ich den Flohball ablenke!“, ertönte Tifas Strategie und sprang dem Wolf gegenüber.

„Ich lass mich nicht täuschen! ... Gut, gut. Ich überlasse es dir. Komm aber schnell nach, hörst du?“

Nachdem Tifa bereits eifrig auf das Monster einschlug und keine Antwort kam, seufzte sie nur und richtete ihren Blick wieder bergaufwärts. Plötzlich spritze eine grünliche Fontäne, zwischen den Felsen hervor.

„Ist das etwa…?“ Miceyla bekam die volle Ladung im Gesicht ab.

„Nein! Atme das bloß nicht ein! Das ist Mako!“ Tifas Warnung lenkte sie von ihrem Kampf ab und eine monströse Tatze schlug sie um. Nun hing sie benommen an einer Felskante hinab.

„Ich helfe dir! Noch mal renne ich nicht weg!“ Furchtlos stieg Miceyla das ganze Stück, das sie weiter gekommen war wieder hinunter und ignorierte dabei den Makostrom.

Das Wolfsmonster knurrte sie angriffslustig an. Tatsächlich reagierte es nur auf Geräusche und war vollkommen blind. Da ein Kampf für sie unmöglich wäre, bekam sie eine andere Idee. Kurz bevor sie mit dem Monster auf einer Höhe war, lockerte sie so schnell und gut es ging, einzelne Felsbrocken. Solange, bis mit hohem Druck Mako herausgesprudelt kam. Der riesige Wolf verlor die Geduld und sprang in ihre Richtung. Nervös schloss sie ihre Augen und wartete ab.

Doch sie konnte sich rasch wieder beruhigen. Denn er wurde vom Mako erwischt und purzelte irritiert kopfüber den Berg hinab. 'Ich will jetzt nicht an seiner Stelle sein… Nun aber schnell zu Tifa!' Sie stürmte zu der Felskante, wo sie gerade noch deren Fingerspitzen erkennen konnte.

„Nimm meine Hand, ich zieh dich hoch!“ Miceyla streckte hilfsbereit ihren Arm zu ihr aus. Tifa sah sie ausdruckslos an.

„Warum…warum willst du mich retten? Das ist Zeitverschwendung… Ich bin nicht die echte…“

„Aber ich lasse eine Freundin niemals im Stich! Egal ob in der Wirklichkeit oder in einer Dimensionswelt. Trotzdem komme ich weiter, auch wenn ich anderen helfe. Jetzt nimm endlich meine Hand!“ Die letzten Worte schrie sie in einer Mischung aus Wut und Beharrlichkeit hinaus.

Schweigsam reckte Tifa sich nach oben und bekam ihre Hand zu packen. Nachdem sie erfolgreich hochgezogen wurde, ließen die beiden sich geschwächt auf dem schmalen Felsplateau nieder. Ein kurzer Augenblick der Stille kehrte ein.

„Nun wird mir einiges klar… Dein Ziel ist es ebenfalls ein Held zu werden. Oder vielmehr ist dies deine Bestimmung…“, suchte Tifa wieder das Gespräch mit ihr.

Ein Lächeln huschte ungewollt über Miceylas Lippen.

„Red keinen Unsinn. Ich habe nicht das Recht, mich einen Helden zu nennen, wo ich ja noch nicht einmal von Gaia stamme. Jedoch gehört es zu meiner Pflicht, den Planeten zu retten, egal um welchen Preis! Dafür nehme ich sogar in Kauf, mich selbst zu opfern. Wahrscheinlich ist meine Existenz, sowieso an dem Erscheinen der Hulax schuld. Von daher…“ Überrascht hielt sie inne. So viel wollte sie überhaupt nicht sagen. Doch diese Worte schlummerten schon so lange in ihrer Seele. Verunsichert blickte sie zu Tifa. Wie reagierte sie? Akzeptierte sie diese Einstellung?

„Dazu fällt mir nur eines ein. Nimm keine Bürde auf dich, die du nicht wieder rückgängig machen kannst. Denke auch an die Menschen, die dich lieben. Wie es ihnen dabei wohl ergeht… Aber ich glaube an deine Entscheidungen! Los, jetzt nicht schlappmachen! Noch ein klein wenig anstrengen, dann haben wir den Gipfel erreicht!“, kündigte sie aufmunternd ihr baldiges Ziel an und kletterte bereits munter weiter.

'Na, Erschöpfung verfliegt bei ihr aber wirklich unnatürlich schnell…'

„Also gut! Genug Pause gemacht!“ Die letzten Reserven ihrer Kräfte aufbrauchend, befand sie sich endlich mit Tifa auf der Spitze des Berges. Dort schwebte eine zerbrechlich aussehende Tür, über dem Berggestein.

„Was für ein gutes Gefühl es doch ist, nach einem harten Weg sein Ziel erreicht zu haben!“, meinte Miceyla stolz.

Tifa hingegen senkte schuldbewusst den Blick.

„Du…sei bitte nicht böse… Ich hatte den Schlüssel bei mir…und nun…“

„Nein! Sag mir nicht, dass du ihn verloren hast!“ Panik stieg in ihr auf.

„Doch… Es ist unverzeihlich, ich weiß…“, flüsterte Tifa verlegen.

Miceyla sackte zu Boden und meinte, sie würde zwischen Himmel und Erde eingequetscht werden.

„Soll das die Belohnung, für die ganze Anstrengung sein? Ist damit die nächste Prüfung gesperrt? Wenn ich Kristall Omega nicht erlerne, geht Gaia unter! ... Vom Morgen träumt die zerbrochene Seele, ihrer Ehre beraubt, ihrer Flügel entrissen. Das Ende ist nah…“

Tifa musste aufpassen, nicht laut loszuprusten, als sie bei ihrem theatralischen Gehabe zusah.

„Du, ich glaube ich kann dich vor dem Weltuntergang bewahren. Sieh her.“

Missmutig suchte Miceyla ihren Augenkontakt und sah, wie ihre Hand die Türklinke runterdrückte.

„Das gibt es nicht! Sie ist ja offen!“, rief sie mit einem verdutzten Blick.

„Also, was sagt uns das? Niemals aufgeben, ehe man nicht das Unmögliche ausprobiert hat!“, meinte Tifa und ein Lächeln befand sich auf ihren Lippen.

Den positiven Gesichtsausdruck erwidernd, lief Miceyla zu ihrer Freundin und gab ihr einen dankbaren Klaps auf die Schulter.

„Es ist keine Schande, dass dir der Schlüssel abhanden gekommen ist. Muss ja nicht jeder so akribisch auf seine Sachen Acht geben, wie ich es tue… Bestimmt müssen wir uns an dieser Stelle verabschieden. Zwar weiß ich nicht, was mit dieser Welt passieren wird, trotzdem wünsche ich dir von Herzen alles Gute. Und pass auf Cloud auf!“

Tifa schlang ihre Arme um sie und gab damit diesen gesprochenen Worten, einen ganz eigenen Ausdruck.

„Das werde ich. Du wirst mein wirkliches `Ich`, ja wieder auf Gaia treffen. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass du auch die Pfade der Dunkelheit bewältigst und Kristall Omega dein Eigen nennst!“

Glücklich schritt Miceyla durch die schwebende Tür, aus der ein strahlendes Licht erschien.

„Danke. Dein Glaube gibt mir sehr viel Kraft! Ich werde weiter voranschreiten und bis zu meinem allerletzten Atemzug nicht aufgeben! Das ist mein Schwur, der meine Ehre als Soldatin und als die Person die ich bin, besiegelt!“ Sie genoss das wärmende Kitzeln, des hellen Lichtstrahls auf ihrem Gesicht und ließ sich hinfort teleportieren.

Doch sie blieb an Ort und Stelle, nur die Tür hinter ihr verschwand. Es war wie in einem leeren, hellen Raum.

„Na, konntest du deinen Mitmenschen vertrauen? Wenn dem so ist, habe ich keine Bedenken, dir auch meine Macht anzuvertrauen!“

Ein saphirblauer Kristall erschien kurz, ehe er sich auch schon in Miniaturform, in ihrem Schwert befand. Dieses lag wenige Schritte von Miceyla entfernt.

„Mein Schwert!“ Sofort hob sie es auf und drückte es an sich, als hätte sie ihre Waffe schrecklich vermisst.

„Danke für deine Kraft! Langsam setzt sich das Puzzle zusammen…“, sprach sie dem Kristall ihren Dank aus und strich mit den Fingern, über die ersten drei Kristallsteine in ihrem Schwert.

Ein Windstoß hüllte sie ein und riss sie mit sich. Nach wenigen Sekunden, konnte Miceyla sich daran erfreuen, wieder am Ursprungsort zu sein, wo Angeal ihr die erste Prüfung erklärt hatte. Dieser erwartete sie bereits.

„Willkommen zurück! Der dritte Pfad des Lichts liegt hinter dir. Du hast deine Talente würdig unter Beweis gestellt!“, lobte er sie herzlich.

'Aber in der dritten Prüfung habe ich doch kaum etwas gemacht… Dafür waren die anderen da…' Sie sparte es sich, ihren Gedanken laut auszusprechen.

„Und? Kannst du dich selbst, deine Persönlichkeit und Fähigkeiten nun besser einschätzen?“

Etwas verwirrt legte sie den Kopf schräg. 'Waren die ganzen Prüfungen dafür da, um…'

„Die wahre Bedeutung der vier Pfade des Lichts besteht darin, dass du selbst einmal erkennst, wer du eigentlich bist. Außerdem sollst du im Einklang werden, mit deiner spirituellen Energie und der übernatürlichen Kraft. Letzten Endes musst du dich mit den vier Lichtkristallen, perfekt synchronisieren können. Nur so kann dich die Finsternis der Dunkelkristalle im Herzen nicht erreichen. Es ist der ewige Kreislauf des Lebens. Wo Licht ist, gibt es nun mal Schatten. Liebe existiert nicht ohne Hass. Finde das Gleichgewicht in diesem Kreislauf. Dann hast du Kristall Omega erlernt. Die Rettung des Planeten wird zwar in deine Hände gelegt, aber du weißt ja, deine Freunde unterstützen dich wo es nur geht“, endete Angeal und suchte in ihrem Blick eine Bestätigung für seine Worte.

Miceyla fühlte sich wie hypnotisiert, als wäre es gar nicht Angeal gewesen, der gesprochen hatte. 'Ich kenne nur einen, der sich so ausdrückt… Arjen, warst du das?' Vielleicht war es ja dessen Absicht, durch Angeal zu sprechen. 'Er war sowieso bereits verstorben. Arjen traute sie alles zu. Gerade das machte sie mal wieder umso wütender. Warum zeigst du dich nicht endlich selbst?' Jedoch beruhigte sie Angeals gütiges Lächeln.

„Richtig, ich habe mich verändert und bin stärker geworden! In mir ist ein neues Vertrauen, das mich bei den Pfaden der Dunkelheit beschützen wird! Alle auf Gaia können sich auf mich verlassen!“ Ihre Hoffnungen leuchteten in einem Glanz, der das Zeichen auf ihrer Schulter erstrahlen ließ.

„Du bist soweit. Die letzte Prüfung wird angenehmer verlaufen. Das kann ich dir vorher verraten. Und ein lang ersehntes Wiedersehen wartet auf dich!“ Angeal grinste verschwiegen und wurde langsam durchsichtig.

„Hier endet meine Aufgabe. Ich hoffe du erlebst eine glorreiche Zukunft!“

„Vielen Dank, Angeal!“ 'Zack! Ich werde ihn wirklich noch einmal treffen! Die Zeit dafür, ist nach langem ungeduldigem Warten also gekommen!'

Ein letztes Lebewohl

Im Gebäude von World Soldier war mehr los denn je. Die Vorbereitungen für den großen Kampf waren in vollem Gange. Jeder kümmerte sich, um die ihm zugeteilt bekommenen Aufgaben. Die ältesten Mitglieder der Forschungsabteilung, übernahmen dabei die Führung. Tifa befand sich ebenfalls vor Ort und organisierte die medizinischen Einsatztruppen.

Ayko durchlief mit seiner eigenen Einheit einen Plan.

„Was denkt sich der arrogante Genesis eigentlich? Einfach vor einer Schlacht wegzubleiben?“, meckerte dieser, während er in einem Gruppenraum, gemeinsam mit acht zweite Klasse Soldaten aus dessen Division, einen Lageplan von Nibelheim einstudierte.

„Wie du siehst, hat der General sich kein wenig verändert… Außerdem… Miceyla habe ich ebenfalls nicht mehr seit gestern gesehen… Das bedeutet wohl…“

„Genau! Die beiden haben bestimmt ein Date!“

„Ha, ha!“

Unter den Soldaten brach ein unaufhaltsames Gelächter aus. Nur Ayko’s Miene verdüsterte sich.

„Ruhe! Habt ihr denn überhaupt keinen Respekt gegenüber den zwei? Glaubt ihr, sie werden sich vor dem Krieg noch seelenruhig vergnügen und überlassen uns die ganze Arbeit? Da täuscht ihr euch aber gewaltig! Wir kämpfen immerhin gegen Gegner, die man nicht mal ebenso locker besiegen kann! Besonders Miceyla belastet sich mit etlichen Sorgen darüber! Vielleicht übersteht es keiner von uns! Werdet euch dieser Lage endlich einmal bewusst!“ Ayko brüllt die Worte nur so heraus und rang nach Atem. Sein ruhiges Wesen war wie weggeblasen.

Es wurde mucksmäuschenstill.

'Das musste einfach mal sein. Ich verstehe ja, dass sie die Stimmung heiter erhalten wollen. Doch keiner von ihnen hat durch meine Augen gesehen. Sie haben nicht den Krieg in Wutai miterlebt und sind niemals bei Shinra gewesen. Echtes Leid kennen sie nicht. Training und Missionen reichen da nicht aus… Irgendwie habe ich mich Miceyla gestern eigenartig verbunden gefühlt, als würde ich ihren Schmerz nachempfinden können… Sie steht gerade etwas sehr Schweres durch, dass spüre ich. Sogar Genesis wird auf seine Art und Weise leiden…' Ayko schloss die Augen.

„Verzeiht mir meinen rauen Umgangston…“, sprach er mit ruhiger Stimme.

„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Das ist doch die Aufgabe eines Anführers. In deinen Worten liegt immer eine tiefe Bedeutung!“

„Ja! Du bist kein kleiner braver Junge mehr. Wir vertrauen auf deine Führung und werden durch einen Kampf zusammenwachsen!“

„Richtig!“

„Stimmt absolut!“

Die Einsicht der Soldaten brachte Ayko zum Lächeln.

„Danke. Ihr seid alle großartig! Lasst uns weitermachen!“

„Darf ich nur noch eines andeuten…?“, meldete sich einer zu Wort.

„Bitte!“, erlaubte Ayko ihm mit einem Kopfnicken zu reden.

„Also… Wir haben ja einen weiteren Tag für die Vorbereitungen bekommen, da doch zu viele Aufgaben zu bewältigen sind und einige ihre Freunde und Familien besuchen wollen. Das ist genau der Punkt. Es ist mir egal, wenn ich zu vertraulich werde. Aber…da wartet ganz sicher ebenfalls eine Freundin darauf, von dir besucht zu werden. Du wünschst dir das aus tiefsten Herzen! Ich kenne dich lange genug!“

Ayko sah ihn erstaunt an. Seine Gedanken waren ertappt worden. Das bewies nur, wie viel Zeit er schon mit diesen Leuten verbracht hatte. 'Tatsächlich ist es mein Vorhaben, die Chance zu nutzen und mit Zalona zu reden. Aber ich gehöre jetzt zur ersten Klasse. Kann ich denn einfach… Nein! Ich darf mich nicht schon wieder so viel verunsichern! Miceyla und Genesis würden es akzeptieren. Da bin ich mir sicher! Zumindest was sie betrifft…'

„Gut, dass du mich daran erinnert hast. Für gewisse Dinge, brauche ich eben manchmal zwei oder mehrere Anläufe… Bringen wir erstmal das Organisatorische zu Ende. Danach können wir uns bis zum finalen Aufbruch auflösen“, brachte Ayko ein Konzept in deren Ablauf.

Die Soldaten nickten zufrieden.

„Der Bestand an Waffen wurde bereits überprüft. Von den hier anwesenden weiß ich, dass alle bei der Gesundheitsuntersuchung waren. Wie es mit dem Rest der Einheit aussieht, kann ich nicht sagen.“

Unsichere Blicke wurden in der Runde ausgetauscht.

„Was passiert denn, wenn jemand bei dieser Untersuchung durchfällt?“, fragte ein Soldat neugierig an Ayko gewandt.

„Nun, so wie mir das von den Ärzten vermittelt worden ist, bedeutet dies, dass man von dem Kampf ausgeschlossen wird. Wegen einer kleinen Erkältung, ist man meistens schon angeschlagen. Es mag hart klingen, aber jemand der keine hundertprozentige Kondition hat, wäre nur im Weg. Von vornherein auf Kameraden Rücksicht zu nehmen, wäre unvorteilhaft. Wir werden genug Verletzte haben…“

Die Soldaten bekamen trübe Augen.

„Geben wir einfach unser Bestes und vertrauen auf unsere Erfahrungen, als ein Mitglied von World Soldier!“ Nach seiner Aufmunterung stand Ayko auf und klopfte sich mit der Faust auf sein Herz.

„Jawohl!“ Begeisterung leuchtete in den Augen der Soldaten, einen solchen Gruppenführer haben zu dürfen.

Die Besprechungsrunde löste sich auf und Ayko nahm mit einem Seufzen das Meisterschwert, welches an der Wand angelehnt stand. Er wollte den direkten Weg nach Fort Kondor einschlagen, ehe er aus irgendeinem Grund hier weiter festgehalten wurde.

Ein angespanntes Gefühl begleitete ihn, als er World Soldier verließ und den Weg zum Bahnhof von Kalm einschlug. Etliche Fragen beschäftigten ihn. Wie wird der Kampf wohl ausgehen? Ist er ein geeigneter Anführer? Woher stammen die Dämonen in Wirklichkeit? Und wie sind sie eigentlich hergekommen?

Gerade durchquerte Ayko eine verlassene Gegend, während er auf die Zuggleise am Rande der Stadt zulief. Plötzlich vernahm er ein huschendes Geräusch hinter sich und erkannte nach einer hastigen Umdrehung, dass ihn jemand mit einer Schwertklinge attackierte. Blitzartig reagierte Ayko, ergriff sein Meisterschwert und blockte den Überraschungsangriff mühelos ab. Seine Augen weiteten sich verblüfft, als er sah, wer da heimlich hinter ihm hergeschlichen war.

„Genesis!“

„Deine Abwehr kann sich sehen lassen. Dafür muss ich dich loben!“, meinte dieser gerissen und presste seinen Rapier noch energischer gegen sein breites Schwert.

In Ayko begann ein Gewitter zu toben.

„Hast du mal wieder nach einem Hinterhalt gesucht, um mir eins reinzuwürgen? Pass bloß auf! Jetzt bin ich nicht mehr wehrlos und werde dir gegenüber keine Gnade zeigen!“, stellte er unerschrocken klar.

Genesis gefiel die aufrichtige Haltung des Jüngeren.

„Wundert mich nicht, dass du so denkst. Es war mir einfach danach herauszufinden, wie du dich nach der ganzen Zeit so schlägst. Ich werde immer nostalgisch, wenn ich gegen eine Person mit dem Meisterschwert kämpfe…“ Nach einem kurzen, ungewohnt sanften Lächeln, lockerte Genesis den Druck und nahm seine Waffe schließlich ganz runter.

„Wie wäre es dann mal mit einem richtigen Duell?“, fragte er schließlich.

„Ein Duell? Wir beide? Für so etwas habe ich momentan kein Interesse. Das müsste schon bis nach dem Kampf warten“, meinte Ayko und konnte nicht glauben, dass der Kerl sich damit seine Langeweile vertreiben wollte.

„Danach, huh? Wenn das nicht bereits zu spät dafür ist…“ Genesis wandte sich von ihm ab und seine düsteren Gedanken hüllten ihn ein, wie eine Rauchwolke.

„Was meinst du damit, `zu spät`?“ Ayko wusste, dass er niemals mehr verriet als nötig.

„Vergiss es einfach! ...Lass mich raten, du bist unterwegs, um deine Liebste zu sehen!“, ahnte er mit einem kecken Grinsen.

„Na und? Keiner hat es mir verboten! Und du wärst der letzte, der mich davon abbringen könnte, Zalona zu sehen!“ Genau das wollte Ayko ihm demonstrieren, indem er seinen Weg fortsetzte.

Genesis seufzte amüsiert. 'Wie ein stures kleines Kind!'

„Der vergangene Eindruck über mich, muss dich ganz schön geprägt haben, wenn du noch immer so denkst… Aber warte kurz!“ Er lief wieder einige Schritte auf den Schwarzhaarigen zu. Dieser fuhr genervt herum.

„Sag was du willst und fass dich kurz!“

„Ich weiß ja nicht, wie sehr du die Dinge hinterfragst…aber… Wie denkst du eigentlich über Miceylas wahre Absichten nach? Hat sie dir jemals etwas darüber erzählt, wo sie herkommt?“, stellte Genesis eine unerwartete Frage.

Ayko blieb stumm und senkte den Kopf. 'Das stimmt… Ich bezeichne sie selbst als meine beste Freundin. Wir reden viel miteinander und gehen unsere Laufbahn bei World Soldier gemeinsam. Und dennoch kann ich nur wenig über ihre Vergangenheit sagen… Ob Vincent und die anderen mehr darüber wissen? Schließlich kennen sie sich ein Weilchen länger.' Trotzdem konnte er nicht verhindern, ein wenig neidisch darauf zu werden.

„Und wenn schon. Ist das denn so wichtig? Misstraust du ihr etwa? Miceyla ist eine ehrliche Person, die mit beiden Beinen fest in der Gegenwart steht und gemeinsam mit ihren Freunden für eine friedliche Zukunft kämpft!“ Sein standhafter Glaube, brachte Genesis zum Lächeln.

„Deine Naivität beruhigt mich irgendwie…“ Dann verwandelte sich sein Gesichtsausdruck und bekam eine eigenartige Ernsthaftigkeit.

„Stell dich auf das Schlimmste ein. Ich würde es keinen `Kampf` nennen, viel eher einen Krieg. Und massig Tote, gehören zu so einem Krieg unvermeidlich dazu.“

Die bittere Wahrheit seiner Worte, konnte Aykos Herz nicht erreichen.

„Deine Lebenserfahrungen haben doch wohl zu einem Pessimisten gemacht. Mag sein, dass dies der letzte Auftrag vieler Soldaten sein wird. Doch ich kämpfe solange, bis ich nicht mehr stehen kann. Ich darf Zalona niemals alleine zurücklassen. So lautete mein Schwur… Und da ist noch etwas… Du kämpfst gemeinsam mit Miceyla in Banora. Versprich mir, dass du in jedem Moment bereit bist, sie zu beschützen!“

Genesis versetzte mit seinem Schwert, ausdrucksstark einen Hieb durch die Luft.

„Es gibt wenige Dinge, auf die du bei mir Wert legen kannst. Aber das ist für mich eine Tatsache! In meiner Obhut ist sie am sichersten!“

Ayko drehte sich lächelnd erneut um.

„Das präge ich mir ein. Ich mache dich dafür verantwortlich, sollte ihr etwas zustoßen!“, sagte er noch zum Abschluss. Nun kehrte Genesis ihm ebenfalls den Rücken zu und blickte mit seinen hellen Augen, zum Himmel empor.

„Also dann… Lebe wohl!“

Ayko antwortete nicht mehr, sondern winkte nur mit der Hand einen Abschiedsgruß, ohne zurückzublicken.
 

Nach wenigen Minuten des Wartens, kam sein Zug an und er entschied sich für ein Zugabteil, in dem er alleine war. Er genoss die stille Einsamkeit und schloss für eine Weile die Augen.

Das Quietschen der Zuggleise rüttelte ihn wach, als der Zug anhielt. Blinzelnd sah Ayko durch das Fenster, die trockene Wüstenlandschaft von Fort Kondor. 'Ich bin schon da? Muss wohl eingeschlafen sein…' Mit getrübten Augen stolperte er aus dem Zug hinaus und reckte sich kräftig.

„Dann wollen wir mal mein Heimatdorf aufsuchen!“, sprach er motiviert und schlenderte durch die schattenlose Gegend. Er versuchte aus Gewohnheit, die intensive Sonneneinstrahlung zu ignorieren. Musste aber einstecken, dass er zunehmend verschwitzter wurde. 'Ich bin doch froh, dass ich jetzt in Kalm wohne…'

Kurz bevor er sich die Füße wund gelaufen hatte, kam er endlich beim Dorf an. 'Langsam könnten sich die Bewohner hier, auch mal mehr der Zivilisation anschließen. Allein der Bahnhof ist Meilen entfernt.'

In seinen Augen fand er alles so wie immer vor, keine großartigen Veränderungen. Er traf auf altbekannte Gesichter, die ihn vertraulich empfingen. Ayko grüßte nur kurz freundlich zurück, plaudern konnte er noch später. 'Sollte ich meinen Eltern auch einen Besuch abstatten? Sie haben bestimmt wieder einiges zu meckern… Besser nicht! Oder vielleicht doch?...'

„Oh! Wen haben wir denn hier? Wenn das mal nicht unser kleiner Ayko ist!“

Sich selbst in tiefen Gedanken abgeschottet, bemerkte er die Frau gar nicht, die ihm einen heiteren Klaps auf die Schulter gab. Es war die Krankenpflegerin, welche sich schon immer persönlich um Zalona kümmerte. Ihr war es zu verdanken, dass ihr Zustand bis zum heutigen Tage, kaum Anzeichen einer Verschlechterung gezeigt hatte. Ein wohltuendes Gefühl, breitete sich in seinem ganzen Körper aus.

„Es tut gut dich zu sehen! Aber…ähm…so klein bin ich eigentlich nicht mehr… Ha, ha!“

Die Frau fuhr Ayko mütterlich mit der Hand durch seine Haare.

„Das stimmt. Seit du vor einigen Jahren das Dorf verlassen hast, ist aus dir ein richtiger junger Mann geworden. In dieser Zeit bist du ja kaum hier gewesen. Sogar größer als ich, ist unser Ayko mittlerweile!“ Ihre Hand ruhte weiterhin auf seinem Kopf.

Langsam wurde ihm das ganze etwas peinlich und daher wollte er da Thema wechseln.

„Kannst du mir sagen, wo ich Zalona finde?“, fragte er rasch.

Die Frau warf nachdenkliche Blicke in die Luft.

„Mal überlegen… Ich hab’s! Um diese Tageszeit müsste sie im Gewächshaus sein“, teilte sie ihm freudig mit.

„Seit wann haben wir denn so etwas wie ein Gewächshaus? Das ist mir neu…“, meinte Ayko verblüfft.

„Tja, wie du siehst verändert sich alles früher oder später.“

Da gab es noch eine Sache, auf die er sich gefasst machen wollte.

„Wie geht es denn…“, hob er zögerlich an. „Wie geht es denn Zalona?“, wiederholte er noch einmal etwas deutlicher.

Der weiche Gesichtsausdruck der Krankenpflegerin wurde ernst.

„Ich will nicht lügen oder deine Sorgen kleiner werden lassen. Dennoch… Du wirst es gleich selbst sehen können. Sie ist sehr tapfer, vergiss das nie!“

Nickend lief er nach einer Verabschiedung los und bemerkte, dass er noch überhaupt nicht herausgefunden hatte, wo sich dieses Gewächshaus eigentlich befand. 'Ich werde es schon selber finden. So riesig ist unser Dorf ja nicht!'

Ein schwüler Wind wehte ihm um die Nase, während er sich in der überschaubaren Wohnsiedlung umsah. Da entdeckte er ein fremdartig aussehendes Häuschen, mit einer gewölbten Glasüberdachung. 'Ist das ein Gewächshaus?' Unsicher öffnete er eine Tür und trat herein.

„Hallo? Zalona, bist du hier? ...Wow!...“ Große und kleine Pflanzen, Blumen in allen Farben und sogar kleine Obstbäume waren hier angebaut.

„Ayko! Komm zu mir, hier drüben! Ich wusste das du kommst.“

Ein überwältigendes Glücksgefühl sauste durch seinen Körper, als er ihre langen hellbraunen Haare, durch einige Blätterranken erkannte.

„Kannst du hellsehen?“ Sanft strich er von hinten über ihre Haare.

„Die Blumen haben es mir verraten.“ Zalona drehte sich um und fiel ihm sofort um den Hals.

„Ich habe dein strahlendes Lächeln so sehr vermisst. Einfach alles an dir habe ich vermisst…“, sprach Ayko leise und genoss den zarten Blütenduft, der an ihr hing.

„Du bist lange weg gewesen…“, meinte sie mit trauriger Stimme und blickte in seine Augen.

„Dafür gibt es keine Entschuldigung, dass ist mir klar… Du bist klug, daher weiß ich, dass dir bestimmt nicht entgangen ist, von welchem Unheil Gaia befallen wurde. Bei World Soldier wird jede helfende Hand gebraucht… Aber reden wir jetzt nicht darüber! Viel wichtiger ist, wie geht es dir überhaupt? Isst und trinkst du genug? Ruhst du dich oft genug aus? Dein Gesicht ist so blass und…“

Ein wenig genervt und doch eher spielerisch, schubste sie ihn auf Abstand.

„Also wenn du nur gekommen bist, um mir deine übertrieben fürsorglichen Fragen an den Kopf zu werfen, antworte ich dir nicht! Schau her, ich stehe mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Ich kann mich sogar selbstständig um ein Gewächshaus kümmern…“ Starker Husten unterbrach sie.

Ayko bekam ein schockierendes Gefühl.

„Warum lügst du?“ Er war den Tränen nahe.

Sie versuchte ein Kichern zu unterdrücken.

„Ich habe mir lediglich einen kleinen Scherz erlaubt. Wie immer kann man dich leicht täuschen!“

Verärgert verschränkte er die Arme und war dennoch erleichtert.

„Hör auf mit so einem Unsinn! Und lass mich nicht als einen Idioten dastehen!“ Seufzend sah er sich das kleine Gewächshaus noch einmal genauer an.

„Sieht aus, als wäre ein kleiner Teil von deinem Wunsch in Erfüllung gegangen.“

Zalona fuhr mit der Hand, über die Blütenblätter einiger dunkelroter Blumen.

„Mit einer echten Blumenwiese, ist es aber in keinster Weise zu vergleichen… Ayko, wann sagst du mir es endlich? Glaubst du, ich sehe es die nicht an, dass du vor einer großen Aufgabe stehst?“ Ihr intelligenter Blick durchbohrte ihn.

'Wie kommt sie eigentlich immer auf diese raschen Gedankensprünge?' Mit einem langen Seufzer stellte er fest, dass es keinen Sinn machte, die Wahrheit vor ihr verbergen zu wollen.

„World Soldier wird den endgültigen Kampf gegen die Hulax antreten. Meine Rolle als erster Klasse Soldat wird es sein, meine eigene Einheit dabei anzuführen.“ Es schien so simpel, die zukünftigen Ereignisse in Worte zu fassen. Doch wie sahen eigentlich, die ganzen theoretischen Vorbereitungen der Soldaten, in der Praxis aus? Was wenn sich die ganzen ausgedachten Pläne, nicht in der Realität umsetzen ließen? Plötzlich tauchte jenes Gefühl wieder in Ayko auf. Egal wie sehr er dagegen ankämpfte, er fühlte sich unwohl und wollte sich einfach nur in Sicherheit flüchten. Es war die Angst.

Doch er durfte in seiner Position, nicht auf falsche Abwege geraten.

Mit einer Hand holte sie seinen versteckten Anhänger hervor.

„Leviathan ist bei dir. Du musst seine Hilfe mit Vertrauen annehmen. Jedoch… Alles hat Grenzen…“

Ayko wurde das Gespräch mit ihr viel zu dramatisch.

„Weiß du, was ich mir überlegt habe? Bei World Soldier habe ich alles erreicht, für das ich ehrgeizig gearbeitet habe. Ich will meinem Soldatenleben nicht komplett den Rücken kehren, aber… Wenn der Kampf überstanden ist, werde ich mich erst mal eine lange Zeit dir allein widmen. Wir können endlich gemeinsam nach einem Heilmittel suchen. Und außerdem einen Ort zum Leben finden, an dem die allerschönsten Blumen blühen! Was hältst du davon?“ Voller Erwartungen, malte er sich eine friedvolle Zukunft in seinen Gedanken aus.

Sie konnte die euphorischen Vorstellungen mit ihm nicht teilen.

„Träume… Die meisten von ihnen bleiben doch bis zum Schluss unerfüllt. Manchmal ist es das einfachste, sein Schicksal zu akzeptieren.“

Ratlos fiel Ayko nichts mehr ein, was sie umstimmen könnte. Wenn er bei ihr mit Worten nichts erreichte, musste er eben Taten sprechen lassen!

Sanft küsste er sie zuerst auf die Stirn, dann auf ihre weichen Lippen.

„Mein Herz gehört nur dir. Ich werde wiederkommen und mit dir ein neues Leben anfangen. Eines, welches du mit Gesundheit und Freude genießen wirst. Gedulde dich bis dahin noch ein wenig. Hier bist du solange am besten aufgehoben.“

Nun ließ sie den Kettenanhänger los, der schon in ihre Hand warm geworden war und strich mit beiden Händen über seine Wangen.

„Ach Ayko… Ich liebe dich so sehr… Es schmerzt, wenn ich dich immer fortgehen sehe…“ Die sonst so gefasste Zalona, konnte ihre Tränen nicht mehr länger zurückhalten.

„Es ist in Ordnung. Weine ruhig…“, flüsterte er fürsorglich und umarmte sie ein letztes Mal. Dann riss er sich zusammen und wollte gehen. Dieser Abschied fiel ihm schwerer, wie keiner zuvor.

„Ayko… Lebe wohl…“

Er erstarrte bei ihren Worten. 'Das gleiche hatte Genesis auch zu mir gesagt. Es klingt danach, als ob wir uns nie mehr wiedersehen würden. Warum nur…'

Ohne etwas zu erwidern, verließ er das Gewächshaus. Trotz der Hitze, machte sich eine unangenehme Kälte in ihm breit. 'Es ist irrelevant, ob ich den Kampf gegen die Hulax gewinnen oder verlieren werde. Mir ist bewusst geworden, dass ich ihn überleben muss. Nur das zählt! Für Zalonas Liebe, Miceylas Freundschaft, den Respekt von World Soldier und den Frieden auf Gaia!'

Ganz plötzlich erkannte er, dass er überhaupt gar kein Held mehr sein wollte und das es Dinge gab, die in seinem Leben eine viel größere Rolle spielten.

Das Antlitz der Dunkelheit

„Verschwindet! Haut ab! Lasst mich in Ruhe!“ Lautes Surren brachte die Luft zum vibrieren. Ein anhänglicher Schwarm von monströsen Insekten, verfolgte Miceyla nun schon seit Angeal sie allein gelassen hatte. Und da diese Viecher ein bestialisch riechendes Giftsekret versprühten, versuchte sie einem Kampf zu entkommen. 'Und ich glaubte, hier gäbe es keine Lebewesen!' , dachte sie verärgert. Das hektische Summen, brachte ihren Verstand völlig durcheinander. Ihren Orientierungssinn konnte sie jetzt ganz außer Acht lassen, wo sie sich ja ohnehin in dieser Dimensionswelt nicht auskannte. Miceyla meinte, sie könne bereits den Flügelschlag von den Insekten spüren, da tauchte eine Person unmittelbar neben ihr auf. So unvorhersehbar wie ein Blitz und mit einer vertrauenswürdigen Aura.

„Du benötigst Hilfe? Ich bin immer im richtigen Moment bei dir, nicht mal rufen brauchst du mich!“ In der Stimme lag eine besondere Selbstsicherheit, welche ihren Herzschlag verdoppeln ließ. Plötzlich schossen ihr Erinnerungen durch den Kopf, an eine Zeit, in der sie noch nicht auf Gaia gelebt hatte. Verwirrung und Wehmut ließen Miceylas Körper schwanken.

„W-was war das gerade?“, fragte sie sich selbst.

„Also wenn du dich weiter in deinen Tagträumen verkrümelst, werden deine Verfolger mehr als nur eine nette Plauderei mit dir abhalten!“ Daraufhin wurde sie von einer starken Hand gepackt und unweigerlich hinterher gezogen. Ihre Augen musterten wie gebannt den Rücken der Person, die mit ihr nach einem Fluchtweg suchte. Diese schwarzen Haare, die bekannt aussehende Uniform. Und der Klang in seinen Worten, der danach strebte niemals aufzugeben. 'Zack…' In ihren Gedanken hallte der Name wie ein Echo wider.

„Zack…“

Irgendwann hielten sie an und versteckten sich in dem Schutz eines kleinen Wäldchens. Sie vergaß zu atmen und umklammerte seine Hände.

„Ich bin Soldatin geworden. Bei World Soldier habe ich ein neues Zuhause gefunden. In den Kämpfen gegen die Hulax lernte ich, was wahre Kameradschaft bedeutet und wie es sich anfühlt, einen Kameraden zu verlieren… In der Vergangenheit war ich sogar, kannst du dich erinnern? Den ersten Rang bin ich beigetreten und habe einen neuen guten Freund gefunden, den ich nie mehr von meiner Seite wegdenken könnte. Er heißt Ayko. Zack… Sein größtes Vorbild bist du. Eine Begegnung mit…er würde…dann…einfach alles würde er dafür geben!“ Ihre Worte waren ein einziges Keuchen und Stottern. Zack kommentierte dies mit einem lauten Lachen und drückte ihre Hände fest in den seinen.

„Vergiss das Luftholen nicht meine Liebe! Vor mir brauchst du dich nicht so sehr zu verkrampfen. Was du erreicht hast ist unglaublich und ich bin mehr als nur stolz auf dich! Und he, sei nicht frustriert, nur weil Ayko kein Schwätzchen mit mir halten kann. Er ist ein großartiger Junge, genau wie Cloud. Sag ihm das ruhig. Ich zaubere anderen gerne ein Lächeln auf die Lippen! ...Eines hast du aber in deiner knappen Zusammenfassung vergessen: Das du jetzt einen aufgeblasenen Egoisten als Liebhaber hast!“ Er prustete laut los und beugte sich vergnügt vor lachen. Seine freche Art ließ es zu, dass sie kurz etwas bissig zurückfuhr.

„Hey! Man kann es sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt! Und außerdem finde ich das Genesis…er ist…na ja…wie soll ich es ausdrücken… Es war Liebe auf den ersten Blick. Wie sind einander einfach verfallen…“, sprach sie trotzig und wurde dabei so rot wie dicke Kirschen.

„Lass es einfach geschehen, die Welt hält so unglaublich viele Überraschungen für einen parat. Also warum ständig zweifeln und zu allem nein sagen? Dem stimmst du mir doch zu, oder Mira?“

Diese neugewonnene Weisheit in seiner Stimme, kannte sie noch gar nicht an Zack. 'Du hast wohl zu viel Zeit mit einer gewissen Person verbracht…' Diesen Gedanken schüttelte sie sofort von sich ab, dass brachte sie nur wieder auf Abwege.

„Ja, dass Leben ist ein Abenteuer, auch wenn man des Öfteren einmal ein Tief durchlebt. Doch wir Soldaten leben für die Zukunft und wachsen an unseren gemeinsamen Erfahrungen. Langsam merke ich auch, dass in jedem einzelnen von uns ein Held steckt, mag er auch noch so klein sein…“ Miceyla rieb sich die Augen, sie verspürte plötzlich ein ganz eigenartiges Gefühl.

„Du siehst müde aus. Scheint so als hättest du Wunden erlitten, die nicht einmal ein Heiltrank heilen kann.“ Seine standhafte Miene wurde von Trübsal überwältigt.

Dabei meinte sie, purer Frost würde sich über ihre Haut legen.

„Aber wieso… Ich wurde bereits geheilt. Es besteht kein Grund zur Sorge…dennoch…“, murmelte sie, wobei sie kein ermunterndes Lächeln zu Stande bringen konnte.

Zacks Hand strich zärtlich über ihren Kopf.

„Weißt du, es gibt seelische Wunden die kein Heiltrank heilen kann. Ich denke dein Körper spürt, dass du bald der Finsternis gegenübertreten wirst und allem was danach kommt…“ Seine gelassen Stimmung wandelte sich auf einmal in Wut um und seine Hände zitterten vor Besorgnis.

„Zack…“ Ängstlich überlegte Miceyla, wie sie darauf reagieren sollte. Dem Anschein nach wusste er von Dingen, über die er mit ihr nicht reden durfte, er selbst es aber unbedingt wollte.

„Ich hoffe, du kannst mir verzeihen! Leider kann ich den Verlauf des Geschehens auf Gaia nicht ändern… Miceyla, ausgerechnet dir hätte niemals eine so gewaltige Bürde auferlegt werden dürfen. Vergib mir, vergib mir bitte! Mögen dich die Träume in deinem Herzen, vor allem Übel bewahren!“ Während seiner herzergreifenden Worte, schlang er die Arme um sie und drückte sie so fest an sich, dass ihr beinahe die Luft zum atmen weg blieb.

Irgendwann schaffte er es dann, sich von ihr zu lösen.

Ohne ihn anzublicken drehte sie sich um und warf einen Blick in den klaren, leicht rosafarbenen Himmel, der teilweise von den hohen Baumkronen verdeckt wurde.

„Es ist schon komisch, denn eigentlich bin ich immer diejenige, die um Vergebung bittet. Doch noch viel eigenartiger ist für mich, dass ich auf einem neuen Planeten lebe, Freunde gefunden habe bei denen ich denke, ich würde sie bereits mein ganzes Leben lang kennen. Und das ich eine erste Klasse Soldatin geworden bin, welche sich gerade in einer Dimensionswelt befindet, um einen Zauberspruch zu erlernen, bei dem man noch nicht einmal weiß, ob er jemals zuvor von jemandem gemeistert worden war. Ha, ha! Wie kann mich bei solch einem verrückten Lebenslauf, überhaupt noch etwas überraschen?“

Mit einem süßen Lächeln, sah sie sich wieder nach Zack um.

„`Verrückt` finde ich nicht den passenden Ausdruck, viel eher hört sich das ganze nach einem vorherbestimmten Schicksal an. Ich würde ja fast sagen, du bist dabei uns alle zu übertreffen…hättest du dich nur nicht in die falsche Person verliebt!“

Bei Miceylas empörtem Gesichtsausdruck musste er so laut loslachen, dass er dadurch die ganze Schar Insekten wieder anlockte.

„So ein Mist aber auch! Wegen dir können wir uns nicht mehr vor einem Kampf drücken. Ha, ha!“ Miceyla gab Zack einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken und hielt ihr Schwert angriffsbereit. Trotz allem war sie froh, ihr Gespräch wieder aufgelockert zu haben.

„Ich lasse dir den Vortritt!“, meinte er und stupste sie nach vorn.

„Na du machst es dir aber bequem!“, sprach sie noch belustigt, als sie auch schon einen kräftigen Sprung in die Luft machte, um dann mit einem umherwirbelnden Schwerthieb,

einige der Insekten auf den Boden zu befördern. Dabei spritze ihr ein grünliches Blut der fliegenden Monster entgegen.

„Igitt!“ Angewidert gab sie den am Boden zappelnden Insekten, mit wenigen Schwertstichen den Rest.

„Dieser Kampf hätte mir gern erspart bleiben können“, seufzte sie und sah an sich hinab.

Zack trat vor sie und musterte sie mit einem nicht zu verbergendem Grinsen.

„Zugegeben, deine Schwertkunst kann sich sehen lassen. Aber sag mal, bist du vorher schon so grün gewesen? Ich finde das steht dir irgendwie richtig gut!“

Mit einem Schmunzeln sah Miceyla ihn herausfordernd an.

„Dein Humor hilft mir jetzt wirklich nicht weiter… Aber vielleicht das hier…!“ Mit einer tänzelnden Bewegung beschwor sie eine große Wasserblase herauf und ließ diese direkt über ihren Köpfen zerplatzen. Dicke Regentropfen prasselten auf die beiden herab.

Überrascht machte Zack einen kräftigen Satz zurück.

„Hey! Das war ungerecht! ...Trotzdem bewundere ich wahre Magie einfach nur…“

Ein zarter Windhauch verriet, dass die Zeit des Stillstehens nun vorüber war. Auch wenn es schwer für sie war, musste sie jetzt weiter voranschreiten.

Zack widerstand ebenfalls der Versuchung, noch länger das so lang ersehnte Wiedersehen mit Miceyla genießen zu können.

„Also dann, legen wir los! Bei deiner letzten Prüfung, die der Träume, musst du deine ganzen Fähigkeiten der bis jetzt bestandenen Prüfungen vereinen, um…“ Er pausierte kurz, während er sie über eine unendlich wirkende Wiese führte, aus der nach und nach Ödland wurde. Die Luft wurde auch deutlich frischer und der Himmel sah ungemütlich grau aus.

Und plötzlich…

„…Um selbstständig das Portal zu den Prüfungen der Dunkelheit zu öffnen.“

Miceyla stockte der Atem und sie riss die Augen weit auf. Am Ende des Ödlandes tat sich ein gewaltiger Abgrund auf. Nichts als schwarze Leere kam dahinter. Man meinte, dort würde die Welt aufhören.

Ihr schockierter Blick traf sich mit Zacks standhaft leuchtenden Augen. Zack legte ihr beide Hände auf die Wangen und zwang sie so dazu, sich vollkommen auf ihn zu konzentrieren und den Abgrund erst mal zu vergessen. Er riss sie damit aus ihrer entsetzten Trance.

„Hör zu, ich will dich nicht anlügen, nur um dir deine Ängste zu nehmen. Aber in der Welt der Dunkelheit herrscht nichts als Tod und Verderben. Aber du kannst es schaffen! Umso früher du anfängst, um so eher hast du es hinter dir. Beginne nun, beschwöre die ersten drei Kristalle herbei, der vierte wird dadurch automatisch für dich erscheinen. Vereine sie und erschaffe das Portal zur Dunkelheit!“

'Richtig… Ich muss mich zusammenreißen! Es geht hier schließlich nicht nur um meine eigenen Gefühle. Meine Aufgabe ist es an einen ganzen Planeten zu denken, voll mit Menschen die gemeinsam lachen und weinen, die eine Vergangenheit haben welche sie prägt und vor denen eine Zukunft liegt, die nur für sie vorherbestimmt ist. Es lohnt sich um diese wertvollen Dinge zu kämpfen und niemals darf dies zerstört werden!'

Mit ruhigem Atem schloss sie die Augen und streckte ihr Schwert in die Luft. Voller Konzentration sammelte Miceyla ihre innere Magie und stellte eine unsichtbare Verbindung mit den Kristallen her.

„Kristalle des Lichts, hiermit bitte ich euch, erhört meine Rufe und kommt herbei!“ Ihre Worte erklungen klar und deutlich. Sie spiegelten die Entschlossenheit wider, mit der sie die Prüfung von Kristall Omega angetreten war. Wie auf das Zeichen von Miceylas Stimme wartend, leuchteten die Kristalle in ihrem Schwert und mit einem rauschenden Klang,

erschienen die ersten drei Kristalle in ihrer vollen Größe. In langsam kreisenden Bewegungen, schwebten sie über Miceyla.

„Einer fehlt noch…“, murmelte sie stolz und betrachtete wie gebannt die funkelnden Lichtkristalle. Darüber erstaunt, was sie doch bisher erreicht hatte.

„Du bist wahrlich ein Wunder… Es wird mir eine Ehre sein, meinen Traum als Kraft in einem Kristall für dich verewigen zu dürfen….“, flüsterte er sanft und wurde von einem schimmernden Nebel eingehüllt.

Sie erstarrte, Trauer und Panik überschwemmten sie.

„Nein…nein, nein! Du darfst nicht verschwinden! Nicht auf diese Weise, noch nicht… Ich will, dass du zusiehst wie wir alle den Planeten retten. Was für ein starkes Team wir bei World Soldier sind und du unsere aufrichtigen Soldaten beobachtest! Ich möchte…ich möchte nur noch ein klein wenig länger mit dir reden können! Also geh nicht einfach! Bitte…bitte bleib bei mir!“, schrie sie voller Verzweiflung, versuchte Zack dabei zu umarmen und ihn so davon abzuhalten zu verschwinden. Doch sie griff in die Leere und stolperte unbeholfen durch ihn hindurch.

Als Antwort lächelte der sich auflösende Zack nur zufrieden. Rücken an Rücken standen sie beieinander.

„Miceyla… Verschwende deine Gefühle nicht an einen Verstorbenen. Dann kannst du ja auch ebenso gut mit den Gräbern in Midgar plaudern“, sagte er belustigt.

Mit einem bitteren Lächeln, wischte sie die Tränen aus ihrem Gesicht.

„Dir ist wirklich keine Situation zu schade um zu scherzen, was, mein guter Freund Zack? Ich werde für deinen Traum kämpfen, wie ich es schon von Anfang an tat! Es ist in meinem Herzen versiegelt und wird mir die Kraft geben, diesen Kampf nicht zu verlieren!“ Zitternd drückte sie die Hände auf ihr Herz und schluckte den Schmerz der Trauer hinunter.

„Ich sage dir das, was ich dir schon so oft gesagt habe. Lebe Miceyla, wir sind alle bei dir. Aus dir wird…ein lebender Held werden!“ Seine Stimme verklang nun und Zacks Gestalt verblasste nun komplett.

Ruckartig drehte sich Miceyla um.

„Zaaack!“ Erneut stiegen ihr Tränen in die Augen. Ein letztes Mal spürte sie die Wärme seiner vertrauten Hand, welche sich unsichtbar auf ihre Schulter legte.

„Trage Träume im Herzen, denn um ein Held zu sein braucht man Träume…“, sprach sie die süßen Worte ihrer Erinnerungen. Das Vermächtnis, welches niemals aussterben würde.

Zacks aufgelöste, in unendlich viele glitzernde Teilchen zersprungene Gestalt, sammelte sich zu dem letzten vierten Kristall der Lichtpfade zusammen und vereinte alle Farben der anderen. Wie ein Regenbogen, der Hoffnung und Zuversicht nach einem vorüberziehenden Sturm verströmte, wirkte er auf Miceyla. Eine unvorstellbar mächtige Kraft strömte durch sie.

Jetzt da sie alle Lichtkristalle beisammen hatte, glaubte sie bereits alles Böse vertreiben zu können und schon im Stand zu sein, den Kampf gegen die Hulax aufzunehmen.

„Wo Licht ist, sind auch Schatten… Ich weiß, ich weiß“, seufzte sie, darüber bewusst, dass sie gerade mal die Hälfte der Strecke Richtung Ziel von Kristall Omega erreicht hatte.

Noch immer pochte der Verlust darüber in ihrem Herzen, dass sie niemals Zack wieder sehen würde.

Da ertönte plötzlich ein ohrenbetäubendes Grollen bei dem schwarzen Abgrund und die gesamte Erde bebte. 'Das Tor der Dunkelheit erscheint!' Nun war es an der Zeit ihren klaren Verstand aufrecht zu erhalten und niemals die Kraft des Lichts aus den Augen zu verlieren. Dies war der einzige Weg, damit die Finsternis nicht von ihr Besitz ergriff. Die Lichtkristalle verkleinerten sich und ruhten nun wieder in Miceylas Schwert.

Zielstrebig lief sie nun auf das unheimliche Portal zu, ließ sich jedoch nicht einschüchtern und blieb kurz vor dem Abgrund stehen. Jämmerlich heulende Geräusche umgaben sie und ein modrig bitterer Geruch von Blut und Verwesung stieg ihr in die Nase, sodass sie würgen musste.

„Also ein entspannter Ausflug wird das hier garantiert nicht…“, versuchte sie sich zwanghaft selbst zu ermutigen und streckte einen Arm zum Tor aus.

Genau währenddessen verschwamm die Umgebung und sie wurde hinfort teleportiert.

„Häh? Was ist passiert? Wo bin ich… Was! Hier?“

Wenige Augenblicke fand sie sich nicht in der Welt der Dunkelheit wieder, sondern war an dem gleichen Ort wie vor der Prüfung, wo Blumen friedlich auf niedrigem Wasser schwammen und die Blumenkönigin zu ihr aufblickte. Miceyla wusste nicht ob sie froh sein sollte oder erzürnt darüber, dass ihre Prüfung unterbrochen wurde.

„Was soll das denn? Ich war bereit weiter zu machen!“, schimpfte sie an die Blumenkönigin gerichtet.

„Na, na! Da haben wir ihn wieder, diesen schnippischen Ton… Vielleicht gefällt dir meine wahre Gestalt ja ein klein wenig besser…“ Die sonst so helle Stimme der sprechenden Blume wurde auf einmal tiefer und sie musste die Augen mit ihren Armen bedecken, weil ein grelles Licht sie blendete.

Sobald es verschwunden war, erblickte sie vor sich die Erscheinung eines ihr vertrauten, jungen hübschen Mannes.

„Arjen!... Das bist du gewesen…“, sprach sie ruhig, ein wenig verwundert, denn ein eigenartiges Gefühl machte sich in ihrem Herzen breit, welches Miceyla nicht zuzuordnen vermochte.

„Hast du es etwa vergessen? ...Nein, dass kann nicht sein“, murmelte er nachdenklich vor sich hin.

„Verzeih mir, dass ich dich kurz vorher noch einmal hier her geholt habe. Aber ich hatte es ja schon angekündigt“, sagte er nun deutlicher und zwinkerte ihr mit seinen klaren grünen Augen zu.

„Ich verstehe es nicht… Warum tut es nur so weh, jedes Mal wenn ich dich sehe bin ich…“ Sie stoppte mitten im Satz und wurde durch sein liebevolles Lächeln, von warmherzigen Bildern aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit gepackt. Doch diese rosigen Erinnerungen zersprangen jäh, wie ein zu Boden gefallener Spiegel und schienen nur noch zu retten sein, wenn sie versuchen würde all die verstreuten Scherben einzusammeln, um diese dann erneut zusammenzufügen.

Arjen brach die wehmütige Atmosphäre und blickte ernst drein.

„Der Grund, weshalb ich dich noch einmal vor den vier Pfaden der Dunkelheit sprechen wollte ist der, dass etwas dazwischen gekommen ist und etwas passieren wird, was nicht vorherbestimmt war. Warnungen von mir sind zwecklos, doch ich weiß das unsere Herzen immer miteinander verbunden sind.“

Sie schüttelte verwirrt den Kopf, damit ihre Gedanken wenigstens etwas geordnet wurden.

„Bitte verschone mich mit deinen rätselhaften Worten, die machen alles nur noch viel komplizierter. Sag einfach konkret, was mich erwarten wird. Versuche es zumindest, auch wenn du dies wahrscheinlich nicht darfst… In Ordnung?“, bat Miceyla in der Hoffnung, er würde ihr etwas Verständlicheres verraten.

„Tatsache ist, dass dich jemand versuchen wird aus dieser Welt herauszuholen und du niemals Kristall Omega lernen kannst. Und dieser Jemand kommt aus unserer Welt. Er darf sich nicht einmischen. Ärgerlich, doch leider zeigte mir das die Zukunft“, enthüllte er verbittert.

Gerade wollte sie geschockt etwas erwidern, da gesellte sich eine neue Person zu den beiden.

„Ignoriere den Mistkerl einfach wenn du ihn triffst und hau ihm ordentlich eine von mir rein, hörst du?“, wurde Miceyla euphorisch aufgefordert und bekam zur Begrüßung einen kräftigen Schlag auf den Rücken, sodass sie nach vorne taumelte und beinahe gegen Arjen gestoßen wäre.

„Katero! Ach, wie ich deine hitzköpfige Art doch vermisst habe!“, meinte sie und fing laut an zu lachen. 'Wie lange ist es wohl her, dass wir zu dritt vereint waren? Das zeigt mir wo ich in Wahrheit hingehöre…' Rasch schüttelte sie diesen Gedanken ab und wandte sich Arjen zu.

„Glaube an mich! Ich habe die vier Lichtkristalle nicht umsonst erhalten. Der Zauberspruch Kristall Omega wartet darauf von mir gesprochen zu werden! Und ich werde Gaia beschützen! Mein Schwur, den ich bis zum bitteren Ende niemals ablegen werde!“, sagte sie mit einer so felsenfesten Stimme, wie sie es nur konnte.

Arjen schlang die Arme um Miceyla, drückte sie an sich und flüsterte ihr in das Ohr.

„Ich bin immer direkt neben dir, auch wenn du mich nicht sehen kannst. Die Pfade der Dunkelheit gehen ebenfalls vorüber, du wirst schon sehen. Und ich bin der einzige, der dich in den kommenden Stunden erreichen kann. Dies vermag noch nicht einmal ein Kamerad deiner engen Vertrauten von Gaia… Du wirst mir das jetzt wahrscheinlich noch nicht glauben, aber du solltest am besten wissen warum. Lass deine eingeschlossenen Gefühle wieder frei. Schenke ihnen die lang ersehnte Freiheit, sie waren zu lange in grausamer Gefangenschaft. Erlöse sie, gemeinsam mit meiner Einsamkeit.“

Sich voll und ganz seiner Nähe hingebend, atmete sie seinen vertrauten Duft ein, der sie wie in einen traumlos, friedlichen Tiefschlaf zu wiegen vermochte.

„Ja, ja! Und wann ist die Hochzeit? Das hier ist echt zum kotzen, mach das du von hier verschwindest und den Dämonen den Garaus machst!“, spottete Katero genervt.

Beide seufzten lächelnd.

„Ich vergaß, dass wir noch diese räudige Bestie bei uns haben, verzeih“, meinte Arjen und beendete ihre Umarmung.

„Pah!“ Katero verschränkte unbeteiligt die Arme.

Plötzlich wurde ihr bewusst, dass auf diesen Moment des Friedens, die wohl härtesten Zeiten in ihrem Leben folgen sollten. Und dies bezog sich nicht nur auf die vier Pfade der Dunkelheit, sondern auch auf all das was danach kam.

Sie atmete einmal tief durch.

„Katero, du bist mich jetzt los, ich…häh?“ Erstaunt riss sie die Augen weit auf, da sie von ihm fest umarmt wurde.

„Komm mir ja heil zurück, nicht das ich am Ende deine ganzen verlorenen Körperteile wieder aufsammeln muss, dafür hab ich echt keine Nerven! Außerdem hätte ich keine Lust darauf, dass sich Arjen bis zu meinem Lebensende bei mir ausweint. Und…vor allem will ich wieder mit dir zusammen trainieren! Ich gebe es ja nur ungern zu, aber das vermisse ich wirklich sehr“, sagte er zum Abschied mit einem Schluchzen in der Stimme.

Wie für ein Versprechen, legte sie eine Hand auf seinen Kopf und strich sanft durch seine dunkelblonden Haare, die immer zerzaust waren.

„Wenn alles ein gutes Ende gefunden hat, trainiere ich mit dir bis wir vor Erschöpfung tot umfallen. Gedulde dich bis dahin noch ein wenig. Warte auf meine Rückkehr und mach dir nicht zu viele Sorgen. Sonst wirst du nur unbeliebt bei deinen Mitmenschen. Ich kenne doch dein selbstloses Gemüt…“, wisperte Miceyla und bemühte sich, dieses Mal nicht wieder gleich los zu weinen.

Katero entfernte sich einige Schritte und senkte verlegen den Kopf.

„Lass mich bloß nicht zu lange warten…“, brummte er vor sich hin.

Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. 'Katero, du zeigst nie deine wahren Gefühle, doch wenn es darauf ankommt, kannst du unglaublich emotional sein…'

Die Idylle wurde gebrochen und das Tor der Dunkelheit erschien. Schwarzer Nebel schnellte über die Blumen hinweg und ließ sie binnen kürzester Zeit verblühen.

„Du kannst direkt von hier aus aufbrechen, wie du siehst. Sobald du das Portal passiert hast, verschwindet auch dieser Ort… Gib auf dich Acht. Unser nächstes Treffen wird wohl nicht sehr bald kommen…“ Arjen war bereits verschwunden, nur seine Stimme konnte sie noch hören. Katero war ebenfalls nicht mehr zu sehen.

'Nun gibt es also wirklich kein Zurück mehr…'

Mit einem zuversichtlichen Gewissen und durch das vertrauensvolle Gespräch bestärkt, betrat sie das Portal. Die finstere Leere riss Miceyla an sich und ließ sie in das Ungewisse fallen. Hinab in den Untergrund des Bösen, der Schattenwelt, die Heimat aller grausamen Kreaturen. Während sie fiel, wirbelten etliche negative Gedanken um sie herum, die sich den Weg in ihre eigenen bahnten. Es waren hasserfüllte Gedanken, der Wunsch nach Rache, Tod und Verderben zu bringen. Schreckliche Kopfschmerzen bekam sie, war aber nicht im Stande sich zu wehren.

Durch die brodelnden Emotionen merkte sie überhaupt nicht, dass der Fall bereits sein Ende gefunden hatte. Mit einem noch immer schwindeligen Gefühl, versuchte sie ihre Umgebung zu erkunden. Viel Aufregendes gab es da zumindest nicht. Nur konnte sie davon ausgehen, dass sie sich unter der Erde befand. Nachdem Miceyla etwas besser in der Dunkelheit sah, musste sie erschreckend feststellen, wie unzählige Furcht einflößende Gesichter an den Höhlenwänden um sie herum, die Blicke auf sie gerichtet hatten. Angestrengt ignorierte sie diese unangenehmen Blicke.

Da hörte sie Schritte herbei kommen, die ihr bei der bis vor kurzem noch anhaltenden Stille, einen Schauer über den Rücken jagten.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, kam dann eine Person zum Vorschein, bei der sich niemand wundern würde, sie an einem Ort wie diesem zu treffen.

„Also hast du endlich deinen Weg hier her gefunden. Hat ja lange gedauert. Du wirst schnell feststellen müssen, dass Worte meine Zeit nur sinnlos verschwenden… Mach dich bereit, kleines unschuldiges Mädchen. Wenn du wirklich begreifen willst, was wahre Finsternis bedeutet, musst du erst einmal wissen, wie sich der Tod anfühlt. Stirb, meine kleine Miceyla!“

Dem was danach geschah, vermochte sie nicht mehr zu folgen. Alles verlief viel zu schnell. Was blieb war das Gefühl, wie sich die eiskalte Klinge eines Schwertes durch ihr Herz bohrte und sie daran erstickte. Ohne mehr einen eigenen Willen zu haben, spuckte sie Blut.

„Se-Sephiroth!“

Dunkelheit umgab sie und der allerletzte Gedankenzug entglitt ihrem schwindenden Bewusstsein.
 

Kann es sein, dass ich den falschen Weg gewählt habe? Nun, umkehren wäre ohnehin keine Option gewesen. Doch warum erreichten meine Stimmen niemanden mehr? Es gab mir den Eindruck, als würde ich die ganze Zeit über gegen den Strom schwimmen. Und stand still, mit keinem Ziel vor Augen. Aber in meinem Herzen schlich sich ein beharrliches Gefühl ein. Dies flüsterte mir stets zu: „Fürchte nicht, dass es etwas zu befürchten gäbe. Denn mit der Angst, wachsen auch die Zweifel. Strecke deine Hand aus, zu meinem unermesslichen Vertrauen, der Liebe und meinem Herzen, welches ich dir schenkte!“ Ja, nichts anderes bestimmte das Handeln eines jeden Menschen mehr, als mächtige Gefühle es täten. Und so nahm ich meinen Weg wieder auf und ohne Sorge, weiter gegen den Strom.
 


 

Antlitz der Veränderung
 

All des Lebens Leid und Sorge,

so gestand ich mir nie,

verbannte ich all des Kummers Schmerz,

im hintersten Winkel meines zerbrochenen Herzens.
 

Auf die Suche ging ich lang und ewig,

um zu finden die zerstreuten Stücke,

doch wollte das Glück mir nie zur Hilfe eilen.

So wartet eine längst verlorene Reise auf sein Ende.
 

Fand keines Gleichen nie,

der mein Schicksal zu teilen vermochte.

Jegliche Schritte ohne Sinn,

der Hoffnungsfunke mir für immer beraubt.
 

Gäbe es kein Morgen nun,

zu beginnen einen neuen Weg,

längst vergessen und unbekannt,

stünde ich nicht vor dir,

dem Antlitz der Veränderung.

Funke einer wahren Liebe

„Miceyla! Miceyla, hörst du mich? Wir wollten doch gemeinsam nach Wutai, um dem Rätsel von Leviathan auf die Spur zu kommen. Also wenn du das wirklich vergessen hast, musst du mich vorher erst fünfzig mal beim Training besiegen! Ha, ha! Komm, komm schon!“

Eine warme Hand packte sie beim Arm. Mit glasigen Augen sah sie die emotionsreichen Bilder, immer mehr in weite Ferne rücken.

„Ayko… Nein… Lass mich nicht hier zurück!“, hauchte sie verzweifelt. Doch die Schatten tauchten sie erneut in tiefste Dunkelheit.

„Der Finsternis in seinem Herzen kann niemand entkommen. Entweder du lernst damit zu leben oder du wirst zu Grunde gehen…“

Die Umrisse eines roten Umhanges zogen an ihr vorüber.

„Vincent…“ Ihre Lippen bewegten sich von alleine. Die Kontrolle über ihren Körper und ihr Bewusstsein, wurden Miceyla vollends entrissen.

„Verantwortung ist die schwierigste Aufgabe eines jeden Menschen. Meistens lernt man viel zu spät was ihre wahre Bedeutung ist…“

„Cloud.“ Nur dessen Gesicht sah sie, Augen, die eine bedrückende Geschichte zu erzählen vermochten. Plötzlich erschienen Szenen in der schwarzen Leere, die ihren Willen zum weiterleben vernichteten. Gaia zerbrach und verschwand mit all seinen Menschen und Lebewesen. Nichts von dem Planeten blieb zurück. Sogar der Lebensstrom wurde fortgerissen und flackerte trist, wie Asche im lodernden Feuer. 'Ist dies das Ergebnis? Das Resultat all meiner Mühen?... Wird Gaia wirklich untergehen?... Dann ist es wohl meine Schuld… Wenn ich einfach verschwinde, kann ich niemanden mehr Schaden zufügen…'

Miceyla wollte sich ihrem Tod hingeben, doch da lehnte sich jemand an ihren Rücken an und eine weiche Hand strich sanft über ihre Wange. Langsam, Stück für Stück erhielt sie die Sinne zurück.

„Du willst doch nicht auch zu einem Monster werden? Ich habe weder Freunde, die mir geblieben sind, noch klammere ich mich an vergangene Träume… Warum also sollte ich damals weiterleben? Was geblieben ist, bist allein du. Und deshalb komm nur noch ein letztes Mal zu mir zurück, bevor du und ich…“

Die Silhouetten von Licht kämpften um sie herum gegen die Dunkelheit an. „Genesis… Ja, ich komme zurück, versprochen! Ich verspreche es euch allen!“ Die Augen aufreißend, erhoffte sie das liebevolle Lächeln von Genesis zu sehen. Doch stattdessen blickten Arjens smaragdgrüne Augen ihr entgegen.

„Entscheide dich!“, sprachen Arjen und Genesis gleichzeitig.

Den Sinn hinterfragen konnte sie nicht, da endlich wieder Luft in ihre Lunge strömte und Sephiroth stand mit ausdrucksloser Miene vor Miceyla. Den Tod schien sie überwunden zu haben. Jedoch der Schmerz war nun umso deutlicher. Kreischend wandte sie sich am Boden hin und her, ihr einziger Wunsch war es diese qualvollen Schmerzen loszuwerden und den albtraumhaften Gedanken abzuschütteln, Miceylas Freunden ihren Tod aufzubürden.

„Du solltest dein Leben mehr schätzen. Ein niederes Wesen wie du, begreift einfach nicht die Kostbarkeit des Lebens“, meinte Sephiroth kühl und schenkte ihrem leidenden Zustand keine Beachtung.

Hilflos kauerte sie auf der kalten und dreckigen Erde, da tauchte mit einem heulenden Geräusch ein großer, blutrot gefärbter Kristall auf, zu dem Miceyla ehrfürchtig aufsah.

„Der Kristall des Todes…“, kommentierte Sephiroth knapp.

„Was denn, so schnell? Hoffentlich sind die drei restlichen Pfade der Dunkelheit ebenso kurz…“ Seufzend versuchte sie schwankend sich zu erheben.

„Wenn es dir noch nicht gereicht hat, können wir die Lektion so oft wiederholen wie du es dir wünschst“, forderte er sie höhnisch heraus und richtete sein Schwert bereitwillig auf sie. Rasch schreckte sie zurück. „Danke, danke! Ich verzichte, dass reicht mir für alle Zeit!“, sprach sie hastig und schüttelte kräftig den Kopf. Auf einmal erklang die tiefe Stimme des Kristalls, die von einem Echo begleitet wurde.

„Keiner kann ihm entkommen, jeder wird ihn erfahren. Ich bin der Tod, mir bleiben nur die Erinnerungen an vergangenes Leben. Meine wahre Hülle ist das reine Schweigen, dem keine Zukunft gebührt. Bevor du jemandem das Leben nimmst, denke über dein eigenes nach. Töten mag einfach sein, doch sich darüber im Klaren zu werden, schwieriger als man zu glauben vermag. Merke dir das! Nur die Starken haben einen aufrichtigen Willen zum überleben!“ Sobald das letzte Wort gesprochen war, fand sie den Kristall in ihrem Schwert vor.

„Das Leben ist ein wertvolles Gut. In jeder Lebenslage sollte man es schätzen. Aufgeben ist viel zu einfach, denn nur ein Lebender kann etwas erreichen. Ich merke es mir!“ Leider weilte ihr neuer Mut nur von kurzer Dauer…

„Ein niederes Wesen, dass ich nicht lache! Verschwinde aus meinen Augen, du bist mir meiner nicht würdig!“

Erschrocken blickte Miceyla umher, konnte jedoch keine Gestalt erkennen, welche zu dieser lüsternen Stimme gehörte.

„Jemand wagt sich hierher hinab, dass kann nur bedeuten das dies eine noch viel abscheulichere Kreatur ist als… Urgh… Jetzt liegt es an dir, kleine Freundin von Genesis…“ Sephiroth löste sich zu einem grauen Schatten auf.

Und dann, der allerschlimmste Albtraum, die grausamste Lüge wurde zur Wahrheit.

Kräftige Arme packten sie von hinten und habgierige Hände glitten an ihrer Hüfte hinab. Regungslos stand sie da, als die Person unmittelbar neben ihrem Ohr zu sprechen begann.

„Wer hätte gedacht, dass du einmal so tief sinken würdest. Du beschmutzt die Ehre der Lucassener. Ich schenke dir erneut die Gelegenheit, diesem öden Dasein den Rücken zu kehren und einzig und allein mir dein Leben zu schenken. Warum kostest du nicht etwas von dieser süßen Versuchung, hübsche Miceyla.“

Tränen liefen ihr die Wangen hinunter, doch verzog sie nicht das Gesicht. Wie eine Puppe unterwarf sie sich den fordernden Fängen, eines ihr altbekannten Feindes oder eher den eines Rivalen.

„Hüte deine Zunge, bevor du etwas Abfälliges über die Lucassener sagst. Eine verdorbene Seele wie du, die niemals das Licht gesehen hat, dass Blut seiner ermordeten Opfer getrunken hat und die Welt ins Chaos stürzen will, ist nichts weiter als ein bemitleidenswerter Dämon, Ricredoris!“, hauchte sie die heiseren Wörter, als der Griff in dem sie gefangen war, nur noch energischer wurde.

„Ja, zeig mir mehr von deiner Unnahbarkeit mir gegenüber. Dadurch will ich dich nur noch intensiver. Unterhalte mich noch eine wenig, ehe ich dein kleines unschuldiges Herz auseinander reiße und mir deine Seele einverleibe…“ Eine Hand von dem jungen Mann glitt weiter an ihr hinab, während die andere um ihre Kehle strich. Miceyla schluckte, ihr Pulsschlag verdoppelte sich und Schweißperlen tropften von ihrem erhitzten Körper auf den staubigen Erdboden.

„Sage mir, hast du Angst? Mir gehören sollst du, ab jetzt und für alle Zeit. Wehre dich nicht, lass es einfach geschehen…“ Die ruhige und viel versprechende Stimme von Ricredoris, schien sie in eine tiefe Hypnose zu versetzen, aus der sie selbst mit der allergrößten Anstrengung nicht mehr erwachen würde. Die Hand an ihrer Kehle packte fester zu und er leckte ungeduldig über ihren Hals, seine andere Hand versuchte bedrohlich zwischen ihre Beine zu streichen. Dies löste einen Warnschrei in Miceyla aus und in nur wenigen Wimpernschlägen schaffte sie es, sich aus den Klauen des verdorbenen Raubtieres zu befreien. Keuchend suchte sie einige Meter Abstand von ihm und schaute Ricredoris endlich gefasst in das Gesicht. Er war ziemlich groß und schlank, hatte glänzende schwarze Haare, die ihm bis über die Schulter reichten und trug ein gold - schwarzes Gewand. Seine flammenfarbenen Augen wurden von langen Wimpern umrahmt und die Lippen waren nun zu einem unheilvollen Lächeln geformt.

„Versuche nicht mich zu verführen! Schönheit ist eine Sünde und ein Trugbild nach außen!“, warnte sie mit bösem Blick.

„Dies gilt aber auch ebenso für dich, eine schöne Rose weiß ihre Dornen eben zu verstecken!“ Genussvoll leckte er sich über die Lippen und streckte die Arme enthusiastisch zu beiden Seiten hin aus.

„Lass uns ein Spiel spielen, Miceyla. Wenn du gewinnst, darfst du Kristall Omega dein Eigen nennen und kannst weiterhin Heile Welt vorgaukeln. Hach, wie unfassbar großzügig ich doch bin!“ Er brach in einem nervtötenden Gelächter aus.

Herausfordernd legte sie den Kopf schief. 'Vor ihm hat mich Arjen also gewarnt. Er ist zwar kein Lucassener, dennoch steht er uns in Sachen Intelligenz und Stärke in nichts nach. Wer diesen Kerl unterschätzt, hat bereits seinen letzten Atemzug getan…' Ihre Erfahrung war es nun, auf die sie sich stützen musste. Nur ein falscher Schritt und sie konnte einer Wiedervereinigung mit ihren Freunden auf ewig Lebewohl sagen.

„Ich will gar nicht erst wissen, was passiert wenn `du` deinen lächerlichen Machtkampf gewinnst!“, spottete sie, blieb aber achtsam.

„Na, dass ist doch wirklich nicht so schwer zu erraten! Du wirst zu meinem Spielzeug und Tag und Nacht kann ich mich mit dir vergnügen… Und nicht nur das, dein lieber beschaulicher Planet Gaia wird Zeuge und Testobjekt meines bislang mächtigsten Zauberspruchs. Sicher weißt du von welchem ich rede… Was wohl passieren wird? Ich kann es gar nicht mehr abwarten! Ha, ha!“ Sein boshaftes Lachen hallte durch die Finsternis der Höhle wider. Zitternd ballte sie die Hände zu Fäusten zusammen.

„Du mieser… Von mir aus, starte dein selbstsüchtiges Spiel. Umso früher du in deine Welt zurückkehrst desto besser!“, meinte sie tapfer und hielt ihr Schwert bereit.

„Sehr schön, dann lass uns erst mal ein Szenario schaffen, das unserer beider Fähigkeiten würdig ist…“ Daraufhin begann er Verse in einer Sprache zu sprechen, die Miceyla nicht verstand, aber sich denken konnte, dass diese zu einem Zauberspruch gehörten.

„…Omega!“, endete er energisch und ein Dimensionsriss entstand, der sie beide mitriss.

'Omega! Wieso…?' Zum Nachdenken blieb ihr keine Zeit, als sie sich an einem neuen Ort wieder fand. Der Boden war schlammig und heißer Dampf stieg auf. Weit und breit wuchs kein einziges Gewächs. Die Luft war stickig und roch nach heißer Lava. Den Himmel betrachtete man sich besser nicht zu lange, sonst würde einen die rot – schwarze Wolkenfront mit seinen stetig aufleuchtenden Blitzen nur verstören. In einiger Entfernung stand ein schlossartiges Gebäude, das sich wie ein gewaltiger Turm unermesslich in die Höhe erstreckte. Ein Ende war nicht in Sicht. 'Sieht ja nicht gerade sehr einladend aus… Aber wo ist Ricredo…?' Genau in diesem Moment erblickte Miceyla ihn, wie er ein wenig weiter von ihr weg, elegant auf eine hohe Mauer sprang und sah dabei aus als würde er fliegen.

„Wie gefällt dir das prachtvolle Ambiente? Ich komme gleich zur Sache. Kämpfe dich durch die zahlreichen Stockwerke des Turmes nach oben. Im obersten Gebiet, dem Thronsaal der Verzweiflung treffen wir uns wieder. Wenn du es bis dahin schaffen solltest… Wenn nicht, kann ich dich keinen Moment länger als meine Rivalin akzeptieren. Erwarte von mir keinerlei Hinweise auf das Innere des Turmes. Sonst nehme ich uns beiden ja die Spannung. Bis dann, meine verträumte Kriegerin, mögen dich die Stimmen der Verdammnis in den Wahnsinn treiben! Ha, ha!“ Und da löste er sich auch schon in Luft auf, nur sein düsteres Lachen hielt noch eine Weile an.

„Oben im Thronsaal werde ich dir den Kopf abschlagen, darauf kannst du Gift nehmen!“ Eine plötzliche Mordlust überkam Miceyla und ihr Herz schmerzte fürchterlich. 'Das muss an dem Einfluss und der Aura dieser Welt liegen… Nein, ich sollte mich beherrschen, sie darf nicht von mir Besitz ergreifen, sonst ende ich selbst noch als Dämon…'

„Bewahre das Licht in dir! Bewahre das Licht in dir!“, sprach sie mit geschlossenen Augen zu sich, um wieder zur Ruhe zu kommen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wären die Pfade der Dunkelheit anders abgelaufen, wenn nur nicht Ricredoris aufgekreuzt wäre. Doch gleichgültig wie es ablief, es kam alles auf ein und dasselbe Ziel hinaus.

„Wer die Dunkelheit fürchtet und sich nur im Licht verkriecht, wird im Leben versagen. Wer denkt, er sei fern von jeglicher Boshaftigkeit, irrt sich gewaltig… Es ist nicht die Finsternis die ich fürchte, sondern die Angst davor, dass es etwas zu fürchten gäbe… Verzeiht mir, aber ich muss das Licht für eine kurze Zeit in meinem Herzen einschließen, damit es die Verzweiflung nicht an sich reißen kann…“ Nach diesen letzten Worten lief Miceyla auf das riesige verrostete Schlosstor zu, welches sich, als wäre es selbstverständlich, von alleine öffnete. Nach nur einem Schritt im Inneren, wurde sie von einer unglaublichen Anziehungskraft gepackt und tief hinein gerissen. Sie raste auf eine Wand zu und kniff die Augen zusammen, jedoch huschte sie hindurch ohne eine einzige Berührung zu spüren. Es folgte Wand für Wand und Tür für Tür, ein endlos scheinender Kreislauf. Die Umgebung drehte sich verschwommen um sie und mit einem lauten Schrei und der allergrößten Anstrengung die sie aufbringen konnte, versuchte Miceyla mit Hilfe ihres Schwertes Halt am Boden zu suchen und rammte es in den Steinboden. Dadurch entstand ein furchtbares Geräusch und Funken sprühten, während es über harte Steinplatten kratzte. 'Was ich meinem armen Schwert nur alles antue…', dachte sie verbittert und knallte plötzlich auf den Untergrund, da die Anziehungskraft aufhörte, ohne etwas dagegen tun zu müssen. Sie rollte ein Stück weit und fiel abermals einen Abgrund hinab, der allerdings nicht allzu tief war. Vollkommen durchgeschüttelt stand sie fluchend auf. Da vernahm sie auf einmal einen Luftzug am linken Arm und Blut spritzte heraus. Geschockt tastete sie mit der rechten Hand den Arm ab und sah gehetzt umher.

„Ich spüre keinen Schmerz…oder vielleicht doch?... Was ist das?... Etwa…!“ Entsetzt blickte Miceyla direkt vor sich in das weiße unheimliche Gesicht eines Hulax und begann zu kreischen. 'Warum, warum, warum? Wieso kann man nur vor so einem einfachen Wesen solch eine Angst haben? Wo ich schon gegen die allerschrecklichsten Monster gekämpft habe. Wieso? Warum…?' Sie wollte es nicht begreifen und durch ihren Instinkt rannte sie davon. Zitternd hielt sie in der rechten Hand das Schwert vor sich und mit der blutüberströmten linken, tastete sie sich den Hals ab.

„M-mein Amulett! Es ist nicht mehr da!“ Schlimmer hätten die Umstände nicht sein können, selbst für sie war die Lage nun aussichtslos. Wunder geschahen hier an diesem von allen guten Wesen verlassenen Ort wohl keine.

„Kristalle des Lichts! Ich flehe euch an, bitte erhört mich! Kristalle des Lichts!“, rief sie laut und jeglicher strategische Gedanke, verließ nach und nach ihren bröckelnden Verstand. Nichts geschah. 'Von den Lichtkristallen kann ich mir wohl keine Hilfe erhoffen, es ist zwecklos…' Die Mächte der Hulax sogen Miceyla die Lebenskraft heraus. Inmitten dieser Ungetüme kam sie sich vor wie in einem Käfig, eingeengt und ohne Schlüssel um hinaus zu gelangen. 'Genesis…hilf mir…gemeinsam können wir…' Da traf es sie wie einen Blitzschlag, als ihr Arjens Worte ins Gedächtnis zurückgerufen wurden. „Niemand außer mir wird dich bei den Pfaden der Dunkelheit erreichen können“, hatte er gesagt. 'Nein, ich werde dir das Gegenteil beweisen. Denn wo bist du Arjen? Nichts spüre ich von dir… Ich demonstriere dir die Macht von Genesis’ und meinen Gefühlen…' Die Augen geschlossen und den Geist von den an ihr zehrenden Hulax abwendend, versuchte sie nichts weiter, als die Wärme von Genesis im Herzen zu fühlen und seine Fähigkeiten, welche sie immerzu beschützen wollten. So entstand ganz langsam und sachte ein strahlender Funke, der mit Liebe genährt und zu einer hell aufleuchtenden, lodernden Flamme werden sollte. Eine Flamme, die nicht für Zerstörung stand, sondern für Entschlossenheit und Hoffnung.
 

Das Gras teilte sich, während Genesis gemächlich über die Felder in Banora dahinschlenderte und dem nahen Rauschen des Meeres lauschte. Der liebliche Duft von Blumen umgab ihn, als er die verlassene Landschaft von Banora betrachtete. 'Keiner scheint gemerkt zu haben, dass du fort bist, Miceyla. Außer mir… Dein Herz ist mit meinem Herzen verbunden, dass weiß ich genau. Ununterbrochen habe ich das Gefühl, eine schreckliche Gefahr würde mich bedrohen… Um mich herum ist Licht, doch scheint es so als wäre ich in Wahrheit in tiefster Dunkelheit… Miceyla, bist du etwa an einem solch grausamen Ort? Doch das lasse ich nicht zu. Nimm so viel von meiner Kraft, wie du nur brauchst. Gemeinsam brennen wir die Dunkelheit nieder. Wir sehen uns bald wieder… Zwar dauert es noch etwas, dennoch rückt das Finale näher… Das Finale von Loveless…' Ein frischer Wind kam auf, als wolle er seine vorausschauenden Gedanken unterstreichen. Lächelnd machte er kehrt und begab sich zu einem ganz bestimmten Ort.

„Ich liebe dich…“, flüsterte Genesis.
 

Der Funke in Miceyla wuchs, jedoch wollten die Hulax dieses neugeborene Licht wieder auslöschen. Im gleichen Moment erinnerte sie sich an ein besonderes Ereignis aus ihrer Vergangenheit, einige Jahre zuvor…
 

… „Lanaido! Er ist bald wieder hier, dass heißt der Krieg ist endlich vorüber!“, überbrachte Miceyla aufgeregt die Neuigkeiten und sprang umher.

„Von wem sprichst du? Meinst du meinen Bruder?“, schlussfolgerte Lanaido gelassen und gab sich beschäftigt.

„Och komm schon! Zeig mal ein bisschen mehr Empathie! Ganz bestimmt hast auch du eine Person die du wirklich liebst und für die du alles geben würdest!“ Ihre Augen strahlten voller Emotionen. Überrascht schenkte Lanaido ihr einen forschenden Blick.

„Liebe? Davon sprichst du also… Ich entschied mich für ein Leben, das jenes einflussreiche Gefühl nicht zulässt… Aber sag mal, weißt du überhaupt was das ist, die Liebe? Wenn ja beweise es mir, dass ein unerfahrenes Kind wie du, etwas davon versteht“, schlug er vor und widmete sich wieder dem Buch mit magischen Formeln zu, welches er zuvor gelesen hatte.

„Häh? Du bist doch selber ein Kind und noch dazu sogar jünger als ich… Also gut! Aber ähm…wie beweisen?“ Fragend lief Miceyla herum und machte dabei eine nachdenkliche Miene.

„Schreib es auf…“, sprach er knapp und blätterte konzentriert weiter.

„Aufschreiben…? Na gut! Gebe mir etwas Zeit, dann bringe ich dir den Beweis von meiner Liebe!“ Ohne noch länger zu warten rannte sie davon.

„Ich beneide dich Miceyla… Manchmal wünsche auch ich es mir, dieses einzigartige Gefühl einmal kennen zu lernen…“ Noch einige Momente sah er ihr nach.

Eine Woche später… Miceyla hielt verlegen Lanaido ein Blatt Papier hin.

„Ach sieh an, du bist fertig. Fiel dir anscheinend doch nicht auf Anhieb so leicht, was?“ Lachend nahm er das Papier aus der Hand von Miceyla, die so peinlich berührt war, dass sie nichts erwidern konnte. Auf diesem Blatt stand geschrieben:
 

Ein Funke von Liebe
 

So bitte sage mir nur ein Mal,

ohne dabei zu ertragen diese Qual,

was bedeutet für dich Liebe?

Ist es ewiges Vertrauen,

ohne darauf zu schauen,

welche Wahrheit sich hinter all den Lügen verbirgt?
 

So sage ich dir nun,

es hat nichts mit Vernunft zu tun.

Doch bereue deine Gefühle nicht,

denn für dich wird die Welt erstrahlen in einem neuen Licht.

Halte daran fest,

und trotzdem lebe weiter im Hier und Jetzt.
 

Und ist für dich dieses Licht auch noch so fern,

wie ein nächtlich leuchtender Himmelsstern,

so höre auf meine Worte,

und durchschreite deine eigene Pforte,

welche dich führen wird in einem Stück,

und noch einem ganz klein wenig Glück,

zu einem Funke von Liebe.
 

Mit einem Lächeln begleitend, erweckte Miceyla die Bedeutung ihres geschriebenen Gedichts zu neuem Leben und ließ aus dem ach so unscheinbaren Funken, eine glühende Flamme wachsen. Die vereinte Kraft von ihr und Genesis.

„Brennen wir sie zu Asche, die Hulax und die Bosheit, welche sie verkörpern!“ Ihre Flammen schienen den gesamten Turm erhellen zu wollen und mit Unterstützung der Willenskraft, stieß sie damit alle Hulax in weite Ferne. Daraufhin schickte sie durch rasche Schwertzüge, das Feuer nach allen Seiten hin aus, um den Dämonen gnadenlos den Garaus zu machen. Belohnt wurde Miceyla anschließend von einer friedvollen Stille. 'Es ist vorbei, endlich. Genesis, wir haben gesiegt…' Die Kräfte verließen sie, als alle Flammen von ihr wichen und wieder zu dem Funken in ihrem Herzen zurückkehrten. Stöhnend lehnte sie sich an einer Wand an und rutschte daran zu Boden. Abermals wurde sie in ein Strahlen gehüllt, doch nun sollte es das eines Kristalls sein. Er erschien in gräulicher Farbe über der ausgemergelten Miceyla.

„Du wirst dich immer fürchten und vor mir das Weite suchen. Gelingen wird es dir aber nicht. Denn ich bin die Angst, für die es keine Heilung gibt. Lerne mich zu nutzen, um deinen Wagemut zu verringern, der dich in Versuchung führt, todbringende Taten zu begehen. Du erahnst nicht, dass dich die Angst überall heimsuchen kann. Bedenke, Mut ist keineswegs das Tor zum Erfolg und zur Weisheit…“ Nach der kurzen Predigt, ließ sich feierlich ein neuer Kristall in ihrem Schwert vorfinden. Schnell eine neue Orientierung suchend, stand sie auf und verfolgte mit dem Blick, den Weg einer leicht auseinander fallenden, steil gewundenen Treppe. Sie lud Miceyla ein, die Spitze des Turmes zu erklimmen.

„Die unsichtbare Mauer von der wir gerade noch getrennt sind, habe ich fast zerschlagen, Ricredoris. Lass mich ein letztes Mal angewidert sein von deiner Habsucht, denn mein Schwert verlangt es danach, an deinem Blut zu lecken!... Ayko, Genesis, Freunde, bald bin ich wieder bei euch…“ In ihren Augen brannte das Feuer eines ehrenhaften Geistes und das eines unerschütterlichen Stolzes, einer von etlichen Kämpfen geprägten Kriegerin, wie es dies so intensiv noch nie zuvor getan hatte.

Lügen die zu meiner Wahrheit wurden

„Kommandant, Kommandant! Ein Notfall, ein absoluter Notfall!“

Im World Soldier Gebäude riefen alle Soldaten aufgeregt durcheinander und liefen wild umher. Ayko blickte mit seinen klaren blaugrünen Augen aus dem Fenster und schien Meilen von dem brodelnden Aufruhr entfernt.

„Teile mir dein Anliegen mit“, bat er ruhig, um die Aufregung des heran gestürmten Soldaten etwas zu besänftigen.

„In Nibelheim gibt es jetzt schon eine Invasion von Hulax! Wir können dem nicht länger standhalten, Sir! Die Evakuierung ist im vollen Gange. Es ist zwar verfrüht, dennoch bitten wir um eine Aufbruchgenehmigung zum Kampf, Sir!“, sprach er in einer schrillen Stimme.

Sich vom Fenster abwendend, versuchte er das Zittern in seinen Händen zu unterdrücken.

„Was? Ich dachte da Genesis und Miceyla mir mitteilten, dass das Herz des Ursprungs der Hulax in Banora läge, sollten wir unsere meiste Konzentration darauf beschränken, trotz unseres Einsatzes in Nibelheim. Natürlich hat er mich dort hin geschickt und wir müssen kämpfen, dass wussten wir alle… Dennoch ist das so plötzlich…" Betrübt darüber, seiner Verantwortung nicht gerecht werden zu können, suchte er nach geeigneten Worten. 'Ist dies mein Fehler? Hätte ich wachsamer bleiben sollen? Waren meine Vorbereitungen unzureichend? ...Beruhige dich! Du gibst dein Bestes! Wolltest du dein vergangenes Ich nicht endlich hinter dir lassen?' In Gedanken zur Ruhe kommend, galt es nun klug und entschlossen zu handeln.

Der Soldat lächelte, als hätte er gewusst was in Ayko vorginge.

„Momentan bist du hier der einzige erste Klasse Soldat, Miceyla und Genesis sind nicht da. Deshalb vertrauen wir alle deinen Entscheidungen. Egal welchen Rang du hast, du bleibst für immer der gute alte Kommandant von uns Klasse zwei Soldaten. Wir werden bis zum Ende an deiner Seite kämpfen!“, beschwichtigte der Soldat ihn. Gerührt von dem Vertrauen, welches Aykos Kamerad ihm entgegen brachte, kehrte sein Mut zurück und er schaffte es ohne Zögern zu antworten.

„Ich danke dir, mit eurer Unterstützung bin ich in der Lage, es mit jedem noch so starken Gegner aufzunehmen! ...Also dann, versammle so viele Truppen wie möglich, die nicht schon für den Haupteinsatz eingeteilt sind, meine Division eingeschlossen. Alle sollen sich gut vorbereiten und ausreichend schlafen. Morgen in aller Frühe brechen wir auf. Sag ihnen, dass Ayko sie führen und den Kampf nicht aufgeben wird, ehe wir nicht gesiegt haben. Um unseren Freunden in Banora den Rücken zu stärken!“

Begeistert von dessen kraftvollen Äußerung, nickte er nur kurz zur Bestätigung und stürmte daraufhin wieder davon.

'Ich wünschte es gäbe vor dem finalen Aufbruch noch einmal für mich die Möglichkeit, mit Miceyla zu sprechen und sie zu sehen… Dazu wird es wohl nicht mehr kommen… Aber ich muss positiv denken! Wenn der Kampf erst mal vorüber ist und die Hulax von Gaia vertrieben wurden, werden wir neue aufregende Abenteuer erleben! Das weiß ich! Zalona muss endlich ein gesundes Leben führen können und ich stelle ihr Miceyla und vielleicht sogar Cloud und seinen Freunden vor. Ja, es gibt so viel zu erleben und zu erledigen. Wir brauchen nur etwas Geduld zu haben. Da fällt mir was richtig Gutes ein! Ich schreibe Miceyla eine Nachricht, die lasse ich hier und wenn ich Glück hab, schafft sie es diese noch zu lesen, bevor auch sie in den Kampf zieht.' Seine Idee in die Tat umsetzend, ging er zu einem Stuhl an einem Tisch und fing an zu schreiben.

„Fertig!“ Sorgsam faltete er das Papier und steckte es in einen Umschlag. Anschließend stand er auf und lief fort, den Brief mit der Aufschrift: „An Miceyla“, ließ er im Hautquartier für dessen Leser schweigend zurück.
 

Kleine Felsbrocken rieselten auf Miceyla herab, während sie die sich unendlich in die Höhe erstreckende Treppe emporstieg.

„Wie hoch reicht dieser Turm eigentlich, bis über die Wolken?“, fragte sie keuchend und wurde immer langsamer. Ihre Beine schienen wie abgestorben, so wenig spürte sie diese noch. Kurz vor Erschöpfung zusammenbrechend, fand sie endlich eine nächste Etage. Zwar führte die Treppe noch weiter hinauf, dennoch entschied Miceyla sich dafür hier erst einmal Rast zu machen. Doch nur wenige Momente nach dem ihr Atem zur Ruhe gekommen war, bemerkte sie erneut diese Ansammlung von negativen Emotionen.

„Hass, Hass! Das ist alles was du fühlen solltest!“

Sie begann aufdringliche Stimmen in ihrem Kopf zu hören und versuchte in kauernder Haltung vor diesen zu entfliehen.

„Nein! Hört auf, seit still!“, entgegnete sie laut und lief wie von einer unsichtbaren Hand gepackt weiter, entfernte sich dabei zunehmend von der Treppe. Als Miceyla in einen dunklen Raum trat, verschwand er sofort und sie fand sich plötzlich in einem ordentlich eingerichteten Haus wieder. Rasch umher blickend, sah sie wie Genesis auf sie zuschritt. Doch statt Freude zu empfinden bei ihm zu sein, starrte sie mit purem Entsetzen in seine hasserfüllten Augen. Solch einen Gesichtsausdruck hatte Miceyla noch nie zuvor bei ihm gesehen und es versetzte ihr einen Stich ins Herz. Mit seinem Schwert fest in der Hand, kam er zielstrebigen Schrittes auf sie zu. Und ehe sie dazu hätte im Stande sein können zu reagieren, schnellte sein Schwert auf sie hinab. Jedoch stellte sie zusammenzuckend fest, dass nicht sie getroffen worden war, sondern eine Frau und ein Mann unmittelbar neben ihr.

„W-was soll das hier? Ist das eine Illusion…?“, wisperte Miceyla und konnte mit der Furcht nicht umgehen, einen von purem Hass und Verachtung umhüllten Genesis vor sich zu haben.

„Es existiert in der Welt nichts weiter als Lug und Betrug. Alle sind letztendlich gleich, wie das abscheuliche Shinragesindel. Untergehen sollt ihr und den gleichen Schmerz erfahren, den ihr mir angetan habt! Man kann einander niemals verstehen, wenn man es nicht selbst erlebt hat! Niemals!“ Um seinen zornigen Worten Ausdruck zu verleihen, stach er ein weiteres Mal auf die beiden bereits toten, am Boden liegenden Personen ein. Blut spritzte Miceyla ins Gesicht und ließ ihren Körper erstarren.

„D-du irrst dich Genesis… Weißt du denn nicht, dass ich dich verstehe und dies auch immer versucht habe? Und du…du verstehst mich doch ebenfalls, oder?“ Mit bibbernder Stimme wollte sie eine tröstende Hand nach ihm ausstrecken, doch schien Genesis für sie unerreichbar zu sein. 'Das mussten wohl seine Eltern gewesen sein…', schlussfolgerte sie mit einem flüchtigen Blick auf die Leichen und wurde plötzlich von weiteren grauenvollen Szenen aus seiner Vergangenheit, vor ihrem geistigen Auge geplagt.

„Genesis, du darfst dich von deinen negativen Gefühlen nicht blenden lassen… Sonst wirst du alles verlieren! Ich bin jetzt bei dir, auch wenn sich Vergangenes nicht mehr rückgängig machen lässt…“, war Miceyla darum bemüht ihn zu überzeugen, sich vom Hass loszulösen und betete dafür, dass die ganzen abscheulichen Bilder verschwinden mögen.

„Alles eine Lüge!“

Zuerst dachte sie Genesis hätte dies ihr entgegnet, doch änderte sich erneut die Umgebung und ein Sephiroth mit Furcht einflößender Miene tauchte vor ihr auf. 'Der schon wieder!' Trotzdem entkam sie nicht der klammernden Enttäuschung, dass sie nicht fähig gewesen war, Genesis helfen zu können. Auch der unaufhaltsame Hass blieb bestehen, der nun in Sephiroth manifestiert war.

„Die Menschen können ein Wesen, das weit über ihnen steht nicht verstehen! Wie sollten sie auch! Ihr habt eure Armseligkeit doch nur eurem egoistischen Verlangen zuzuschreiben!“, meinte er verächtlich.

Sogar der Hass in ihrem Herzen wollte die Oberhand gewinnen, aber sie blieb mit größter Anstrengung standhaft, noch… 'Man kann einander verstehen… Nur jemanden zu finden, der dazu befähigt ist einen wahrhaftig verstehen zu können und die gleichen Gefühle teilt, ist aufgrund der unterschiedlichen Meinungen sehr schwer, ja fast unmöglich…' Langsam begann ihre anfängliche Überzeugung zu schwinden.

„Du bist derjenige, der überhaupt nichts einsehen will! Jeder wird dich als einen Helden vergessen und dir nur noch Hass entgegenbringen. Genommen hast du mir…was…was mir unglaublich wichtig war!“

'Cloud!' Erschrocken musste sie mit ansehen, wie zwei gewaltige Fronten von düsteren Emotionen sich gegenüberstanden und zu einer einzigen Ansammlung hasserfüllten Absichten verschmolzen.

„Aufhören! Bitte!“, schrie Miceyla bis ihre Stimme versagte. Der Hass überwältigte sie mehr und mehr und zog sie an, ohne die Absicht sie jemals wieder loslassen zu wollen. 'Ich schaffe es einfach nicht… Bin ich nicht stark genug?' Ihr Wunsch war es immer gewesen, das Licht für die Menschen zu sein, welche ihre Hilfe benötigten und die glaubten, sie seien auf ewig in einem dunklen Raum ohne Entrinnen eingesperrt. Doch konnte sie allen auf Gaia überhaupt nah genug sein, um für sie zu diesem Licht zu werden? 'Bin ich…etwa zu weit von euch entfernt…? Genesis…bitte, in meinen Armen wirst du deinen Frieden finden. Wir leben schließlich im Hier und Jetzt…' Zweifel, vermischt mit unaufhaltsamen Hass wollten über Miceyla herrschen.

„Mach dich nicht selbst lächerlich, oh du unbedeutende Kriegerin. Sei dazu verdammt nach meinen Regeln zu tanzen!“

'Ricredoris!' Weiterhin in den schmerzenden Fängen vom Hass, hörte sie erneut Stimmen die ihre Gedanken manipulierten.

„Du gehörst dort nicht hin!“

„Bist du nicht einfach nur vor der Wahrheit entflohen, wirst du es nicht wieder und wieder tun?“

„Wegen dir geht ein ganzer Planet zugrunde!“

„Bald wirst du einsam und von allen verlassen sein. Ein Zuhause wird es für dich nicht mehr geben!“

„Das ist das Ende, von der Lüge die du gelebt hast!“

Ihre Seele, ihr Herz, ihre Gefühle, einfach jeder kleinste Teil schien zu zersplittern. Kein

physischer Schmerz wäre jemals dazu bemächtigt gewesen, Miceyla so auseinander zunehmen.

„Neeeiiin!“ 'Ich bin dem Hass nicht gewachsen… Es fällt mir schwer zu atmen…' Cloud und Sephiroth verschwanden und mit ihnen wollten alle Erinnerungen an Gaia aus ihr herausgesaugt werden.

„Ha, ha!“ Ricredoris’ triumphierendes Lachen wurde lauter und unerträglicher.

Als hätte man die Zeit angehalten, als wäre ein Wunder eines unmöglichen Traumes Realität geworden, kehrte Stille ein. Ihr Herzschlag ging ruhig, sie fühlte sich wohl, spürte aber eigentlich nicht wirklich irgendeine Emotion. Sie stand bis zu den Knien im Wasser. Angenehm umhüllte sie das lauwarme Nass und wechselte die Farbe von einem schimmernden Lila zu einem kristallklaren Blau. Miceyla konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal einen solch reinen und unschuldigen Moment erlebt hatte. 'Dieser Ort… Es fühlt sich so nostalgisch an…' Plötzlich bemerkte sie eine Präsenz, wusste jedoch nicht wer oder was es war. Ja, es hätte sogar die Magie des Ortes sein können.

„Einst bekam ein junger Prinz die Aufgabe, beschenkt mit unvergleichlicher Magie und besonderen Begabungen, zu finden den wahren Schatz in seinem Leben. Um einem Königreich, den Einklang von dem Umgang mit Vergangenheit und Zukunft zu schenken. Da trafen sich die beiden Seelen nun, träumten von Glück, Hoffnung und schlossen sich gegenseitig ein in ihre Herzen. Seinem gefundenen Schatz, einem Mädchen mit den geheimnisvollen Augen, die aufblitzenden Juwelen in der Nacht glichen, war er bereit alles zu opfern. Sein Leben, dass Königreich, es hatte für ihn keinerlei Bedeutung. Ein zweiter Prinz, der seinen wertvollsten Schatz verlor, wollte ihm die Augen öffnen. Die Schicksale der drei waren miteinander verwoben, aber immer wenn sie zueinander fanden, wurden sie in unterschiedliche Richtungen getrieben. Ist es nun Wahrheit oder Lüge, dass der gemeinsame Kampf sie miteinander verbindet? Sage es mir, meine einsam blühende Blume aus meinen Träumen. Bitte sei du es die meine Tränen trocknet, liebste Miceyla…“

Mit halb geschlossenen Augen lauschte sie der sanften Stimme und lächelte ein Lächeln der Melancholie.

„Arjen… Lass mich dich zurückführen zum Licht unserer Träume und verhelfe auch du mir wieder zu dem Ziel, mein eingeschlossenes Herz zu befreien. Deine Seele ist das Spiegelbild meiner Gefühle und umgedreht ist es nicht anders. Egal welcher Weg sich vor uns ausgebreitet hat… Danke, jetzt kann ich meine Reise fortsetzen und Kristall Omega endlich vollenden.“ Tränen tropften von ihren Wangen in das Wasser, sie konnte Arjen nicht sehen, nur seine Anwesenheit spüren. Das erinnerte sie daran, wie nah und fern sie ihm zugleich war.

„Ja, ich werde dich leiten und lausche dabei dem Lied, welches unsere Geschichte erzählt…“, sprach er fürsorglich und sogleich hörte sie eine wundervolle Melodie und den Gesang, der dem eines Engels glich:
 

Unser Träumeland
 

Sterne funkeln in jener Nacht,

als in mir ein Traum erwacht.

Dort stehe ich im Licht,

das Meer es glitzert in meiner Sicht.
 

Kannst du es nicht fühlen,

welch duftende Blumen hier blühen?

So komm geh mit mir hinein

und sei erfüllt von diesem wunderbaren Schein.
 

Hörst du sie nicht rufen,

lass uns gleich nach ihnen suchen.

Nach all den Wundern dieser Welt,

ich zeig dir was dir sehr gefällt.
 

Schau einfach nur hinein ins Herz,

vertrau mir dort gibt es keinen Schmerz.

Gehen wir den Weg gemeinsam,

so ist keiner von uns mehr einsam.
 

Nimm bitte meine Hand

und folge mir in das Träumeland.

Schon gleich begrüßt dich ein freudiges Gefühl

und plötzlich ist dir gar nicht mehr kühl.
 

Leg dich neben mich und fall in einen Schlummer,

der vertreiben wird den ganzen Kummer.

Für dich zünd ich an die vielen Kerzen.

Mit einem Lächeln in meinem Herzen.
 

Sterne funkeln während wir schlafen

und uns dabei im Traume trafen.
 

Ein friedvoller Augenblick fand sein Ende und sie durfte ihre Rückkehr ins Land der Finsternis begrüßen und dort, welch eine Überraschung, den vorletzten Kristall. Langsam wagte Miceyla an ihren Erfolg zu glauben, auch wenn das größte Hindernis ihr erst am Schluss gegenübertreten sollte, Ricredoris…

„Kannst du dir den Hass anderer aufbürden? Bist du bereit dich dem Hass in dir selbst zu stellen? So lass dir von mir, dem Hass höchstpersönlich sagen, dass wenn die Dunkelheit in deinem Herzen wächst, auch der Argwohn ansteigt. Nehme mich besser direkt ins Visier, als einen sinnlosen Kampf zu kämpfen und anschließend doch einfach nur davonzulaufen. Finde du die Lösung, wie der Hass sich bezwingen lässt, lasse andere nicht darüber entscheiden!“, ertönte die Stimme des Kristalls. Mit einem energischen Zischen, gesellte der dunkellila und blau schimmernde Kristall sich zu den anderen in ihrem Schwert.

'Viel zu schöne Farben, um den Hass zu repräsentieren…', dachte sie bedrückt. Es erinnerte sie irgendwie an dieses mysteriöse Wasser. Und da schossen wieder all ihre Empfindungen in sie zurück, das entspannte Dasein verschwand. Daran zusammenbrechend, fasste sie dennoch einen Entschluss. 'Langsam wird es für mich Zeit von hier zu verschwinden, sonst werde ich noch zu einer umherirrenden Seele, die vergisst eigentlich am Leben zu sein… Genug rumgetrödelt! Genesis, Ayko, lasst uns Seite an Seite kämpfen!'

Nach der allerletzten Treppenstufe, befand Miceyla sich nun nach langem Schwitzen und Zittern endlich im höchsten Gipfel des Turmes. In einiger Entfernung wartete ein riesiges, exzentrisch aussehendes Tor darauf, von ihr geöffnet zu werden. Plötzlich entzündeten sich Fackeln und erleuchteten ihr den Gang von beiden Seiten. 'Der Thronsaal liegt wohl dahinter…' Mental machte sie sich auf ein unumgängliches, heftiges Gefecht mit ihrem Feind Ricredoris gefasst und schritt gemächlich voran. Bevor sie auch nur zögern konnte, das Tor zur Hölle zu öffnen, ging es krachend von alleine auf und im gleichen Moment ergriff sie ihr Schwert. Jetzt wurde Miceyla freie Sicht auf den Thronsaal gewährt. Wie erwartet verströmte er eine königliche und mächtige Aura, trotzdem war es die eines blutrünstigen Herrschers, der die Verzweiflung in ein jedes Herz trieb. Den Saal umschlossen weder Wände noch Decke, bloß ein pechschwarzer, sternenloser Himmel umklammerte ihn. Wenn sie geradeaus sah, erblickte sie einen majestätischen Thron, der von niemand anderem als der Verkörperung von Bosheit und Verdammnis, Ricredoris eingenommen worden war. Miceyla packte eine Anspannung, die sich mit keinen Worten beschrieben ließ.

„Sieh an, sieh an… Ohne die Rettung von Außenstehenden, bringst du aber auch gar nichts zu Stande. Doch sorge dich nicht, mit gutem Gewissen kann ich dir mitteilen, dass in meinem erschaffenen Thronsaal, selbst dein aufopfernder Arjen nicht die Macht hat einzuschreiten! Ha, ha! So lange wartete ich darauf, fühle dich wohl, in meinen Fängen der Verzweiflung. Ich werde vollbringen, dass sie dich niemals mehr gehen lassen werden! Schau nur, ich habe mein schönstes und wertvollstes Schwert für unser kleines Spiel geschärft. Findest du das nicht ebenso wunderbar wie ich? Aber…etwas fehlt meinem Schwert noch, um es zu seiner vollendeten Schönheit zu verhelfen… Weißt du was das ist?“, fragte er mit einer Genugtuung, die für Miceyla verabscheuungswürdig war. Mit einer lässigen Körperhaltung entfernte er sich von dem Thron und zeigte spielerisch mit dem Schwert auf sie. Angewidert biss sie die Zähne zusammen, damit sie nicht in ein ergebnisloses Gespräch verwickelt wurde. Gelangweilt von ihrem unbeteiligten Auftreten, vereinnahmte er sie mithilfe seiner rubinroten Augen.

„…Dein Blut, dass ist es wonach sich mein Schwert sehnt!“, gab er Miceyla nun selbst die Antwort auf seine dürftige Frage und grinste böse, bereit alles einzusetzen was es brauchte, um das Licht in seiner Gegnerin auszuschalten. Mittlerweile war ihr nicht mehr danach, sich noch länger in Zurückhaltung zu üben.

„Dann wirst du bestimmt darüber erfreut sein, dass es mir genauso geht! Bevor ich nicht deinen, durch die Finsternis wandelnden Körper, mit meinem Schwert zerteilt habe, werde ich keine Zufriedenheit finden!“, konterte sie gefasst und ebenfalls bereit alles einzusetzen was es brauchte, um die Dunkelheit in seinem Gegner auszuschalten. Ricredoris war die Vorfreude, auf eine blutige Auseinandersetzung regelrecht anzusehen.

„Ja, dass ist es was dich so unwiderstehlich macht! Niemand außer mir, kann dein Kriegerherz in das eines wilden Tieres verwandeln. Sieh ein das dein Platz an meiner Seite ist, du, die mit nicht als Lügen lebt, Miceyla Lucassen!“, schrie er ihren Namen wie ein Zeichen, dass nun ein Duell von Licht und Schatten begann.

„Niemals werde ich mich mit dir auf eine Stufe stellen! Und wenn ich alle Lügen zu meiner Wahrheit machen muss, ich besiege dich, Ricredoris!“ Kurz darauf kreuzten sich ihre Schwerter und der schicksalhafte Kampf nahm seinen Lauf. 'Ist es nicht ein Fluch, dass ich mein Leben dem Schwert und der Magie gewidmet habe? Kann ich mich denn immer nur auf diese Dinge verlassen? Als sei ich eine Sklavin meiner selbst. Aber wann fing ich eigentlich an so zu denken? Nein…Die Dimensionswelt soll meine eigenen Ideale zum Vorschein bringen. Ich bin ich, keinen anderen Grund brauche ich zum kämpfen!' Ihre volle Aufmerksamkeit galt Ricredoris, doch gerade deshalb bekam sie den Eindruck, es wäre ein Gefecht in ihrer eigenen Welt. Zwar kämpfte er mit dem Schwert, als hätte er in seinem bisherigen Leben nie etwas anderes gemacht, nichtsdestotrotz war dies ein Schein, der seine gefährliche Zauberkraft verbarg. Ununterbrochen parierte Miceyla tapfer die nicht zu erahnenden Schwerthiebe und wurde dabei zunehmend von dessen Illusionsmagie benebelt. Sein selbstsüchtiges Grinsen verstärkte den Glauben, dass er die Oberhand gewann. 'Noch nie war es mir möglich gewesen, diesem Untier den Garaus zu machen… Allerdings hatte ich auch vorher nicht die Kraft und Erfahrung der Kristalle', bedachte sie, nicht einmal wagend auszuatmen. Nur mühsam schaffte sie es, mit ihm ebenbürtig zu kämpfen, wobei sie mehr Wert auf ihre Abwehr, als auf ihren Angriff legte. 'Du gibst wohl alles, huh? Dann brauche ich meine wahre Stärke nicht zu verbergen…' Schon beim betreten des Thronsaales war ihr aufgefallen, dass hier die Kristalle ihre meiste Energie verströmten. Ein Gefühl des völligen Einklangs zu den einzelnen Licht- und Dunkelkristallen bekam sie. Den Kampf mit Ricredoris nicht unterbrechend, verstand Miceyla langsam die Bedeutung von Kristall Omega. Nicht irgendein vergessener Zauberspruch sollte von ihr erweckt werden, sondern es war die Erschaffung ihres ganz individuellen Urteils, dass sie dazu befähigte, den auseinander geratenen Einklang allen Lebens der Welt wieder herzustellen. Kristall Omega war dazu bestimmt, sich in ihr zu manifestieren. Die Bezeichnung Zauberspruch war falsch, es war wie eine zweite Hälfte und gemeinsam würden sie über Gut und Böse richten. Von jenem Augenblick, unzertrennbar bis in alle Ewigkeit.

„Ich kann es sehen… Das Licht der Kristalle reflektiert in deinen Augen. Willst du etwa deine Schönheit zerstören, die mich so sehr reizt? …Oder ist es dein Vorhaben, mir selbst die bittersüße Verzweiflung entgegenzubringen?“, flüsterte er herausfordernd und war gerade dabei seine mächtigste Magie zu beschwören, der sie sogar mit ihrer besten Abwehr nicht gewachsen war. Miceyla zeigte dem keine Beachtung, voller Konzentration versuchte sie eine Verbindung zu den Kristallen herzustellen. Schließlich spürte sie die Macht und konnte die Kristallenergie in jeder einzelnen Zelle ihres Körpers fühlen. Die Kristalle erzählten Geschichten, welche sie durch alle Prüfungen erlebt hatte und sie wurden eins, trotz der Unterschiedlichkeit und dem Gegensatz von Licht und Schatten.

„Kristalle des Lichts… Kristalle der Dunkelheit…“, begann Miceyla die Formel auszusprechen, die den Zauber ins Leben rufen würde.

„Glaubst du allen Ernstes, ohne vollzählige Kristalle könntest du Kristall Omega aussprechen? Das ich nicht lache!“, spottete er über ihre Mühen.

Ein Lächeln war das einzige, was sie darauf erwiderte. 'Du hast hier eigentlich überhaupt nichts zu suchen. Mischst dich in eine Angelegenheit ein, auf die du eigentlich keinen Zugriff hättest. Wie oft haben sich wohl schon unsere Klingen gekreuzt? Meinst du nicht, dass ich mittlerweile deine Absichten durchschaue? Der letzte Kristall ist die Verzweiflung und setzt sich aus allen anderen Kristallen zusammen. Fast in jeder Prüfung hat mich die Verzweiflung in den unterschiedlichsten Arten und Weisen begleitet. Denn ich konnte niemals erahnen, was mich erwarten würde. Deswegen kann ich deiner Verzweiflung, in die du mich stürzen wolltest standhalten. Diese Prüfung habe ich somit längst gewonnen. Du dachtest wohl, ich falle auf deinen Trick herein, dass ich denken solle, ich müsste verzweifelt versuchen dich zu besiegen. Darum geht es hier überhaupt nicht. Unser Kampf ist dazu bestimmt, an einem andern Ort und zu einer anderen Zeit ausgetragen zu werden. Verabschiede dich nun, Ricredoris!' Ihr Schwert

Begann zu leuchten und die Kristalle schwebten in einem Kreis in ihrer vollen Größe um sie. Der letzte Kristall erschien und füllte den Kreis komplett aus. Miceylas Atem raste während sie darum kämpfte, mit der gewaltigen Kraft umzugehen, die durch ihren Körper pulsierte und sich an die Kristallenergie zu gewöhnen.

„Hach wie langweilig… Musstest du unser Spiel denn wirklich so schnell beenden? Na ja, zugegebenermaßen hatte ich meinen Spaß, wenn er auch kurzweilig war. Besser ich verdrücke mich an dieser Stelle. Mein Versprechen sei dir gewiss, dass wir uns wiedersehen. Und dann werde ich garantiert nicht so nachsichtig mit dir umgehen! Freue dich darauf, meine kleine in Lügen gefangene Kriegerin! Ha, ha!“

Sie hörte ihm überhaupt nicht zu und ignorierte auch dessen schallendes Lachen, dass immer mehr in weite Ferne rückte. Wenige Sekunden später verschwand seine Erscheinung und der Untergrund fing an stark zu beben. Der Turm drohte zusammenzubrechen.

„Kristall Omega!“, endete die entschlossen die Formel, exakt im selben Augenblick, wo sich der Boden unter ihren Füßen vollends auflöste. Das Strahlen der Kristalle explodierte förmlich und ehe sie wusste wie ihr geschah, verlor sie das Bewusstsein.
 

Wie nach einem mystischen Traum, der wochenlang angehalten hatte, öffnete Miceyla blinzelnd die Augen. Begleitet von dem Gefühl Erfahrungen gemacht zu haben, welche ihr dazu verholfen hätten, dass sie zu einem neuen Menschen erwachte und dennoch sie selbst geblieben war. Vollständig wach hielt sie hastig die Luft an, als sie es erkannte. Miceyla war zurück auf Gaia.

Der unberührbare Traum eines Helden

„Ich bin zurück!“, stieß Miceyla einen Freudenschrei aus und weinte Tränen der Erleichterung. 'Wie viel Zeit mag wohl verstrichen sein? Steht bald der finale Kampf bevor? Bin ich in der Lage Kristall Omega einzusetzen?' Fragen über Fragen schwirrten ihr durch den Kopf. Doch niemand würde antworten, ehe sie nicht selbst in Erfahrung brachte, wie die Lage momentan aussah. Eigentlich hätte es sie beruhigen sollen, einen Augenblick ungestört zu sein, da sie sich in ihrem Zimmer bei World Soldier befand. Dennoch sehnte Miceyla sich nach dem Kontakt mit realen Menschen, nach einer solch langen Reise durch Dimensionswelten. Noch immer konnte sie kaum glauben was alles geschehen war und warf einen Blick auf ihr Schwert, um sicherzustellen ob die Erlernung von Kristall Omega nicht bloße Einbildung gewesen war. Die acht kleinen Kristalle im Schwert bewiesen aber das Gegenteil.

„Tatsächlich habe ich es also geschafft… Unglaublich!“ Sie brannte darauf zu erfahren, wie ihre Freunde reagieren würden, wenn sie von diesen guten Neuigkeiten berichtete. Sobald sie daran dachte endlich wieder Genesis sehen zu können, schlug ihr Herz freudig schneller. Merkwürdigerweise verspürte Miceyla dennoch das ungeduldige Verlangen, zu aller erst Ayko aufzusuchen und ihr Erlebnis mit ihm zu teilen. 'Ja…ich will sein Lächeln sehen. Niemand hat es mehr verdient motiviert zu werden, wie mein bester Freund!' Glücklich darüber spürte sie, wie eine innere Macht sie dazu antreiben wollte, schnellstens zu ihm zu eilen. Dies bereitete ihr Unbehagen. Auf Erfolgen sollte man sich nicht allzu lange ausruhen. Fest stand, dass Schwerste lag noch vor ihr, daran gab es keine Zweifel. Gleichgültig wer oder was sich ihr in den Weg stellen würde, nie gäbe sie auf weiterhin gegen den Strom anzukämpfen, einem Strom gefüllt mit Ungewissheit, Gefühlen und Erinnerungen. Und so öffnete Miceyla die Tür, dabei betrat sie einen Pfad, der für sie und Gaia einen neuen Geschichtsabschnitt herbeirief.
 

Leise fielen vereinzelte Regentropfen von einem tristen Himmel und schon bald wurde daraus ein energischer Regenschauer. Die einheitlichen Schritte eines großen Soldatentrupps, gingen im Lärm des Regens unter. An deren Spitze kam Ayko zum Stehen und blickte zur dichten Wolkendecke empor, als wollte er zum klaren Blau vordringen. Dabei klebten ihm die durchnässten schwarzen Haare im Gesicht. Zu ihm gesellte sich einer der Soldaten und folgte seinem Blick.

„Es scheint fast so, dass der Lebensstrom vor unserem Kampf weint. Wenn das mal nicht ein schlechtes Omen ist… Ha, ha! Verzeih… Aber ich bewundere deine Gelassenheit. Zum Glück stört uns der Regen in der Höhle nicht. Wir sind jeder Zeit bereit, alle warten auf deinen Befehl zum Angriff. Jeder hält sich an den Plan“, sagte dieser zuversichtlich und klopfte Ayko ermutigend auf die Schulter. Er schwieg und meinte Gestalten am Himmel zu sehen. 'Ich führe das Meisterschwert bei mir und habe Leviathans Kraft… Stimmt, eigentlich müsste ich gelassen sein, allerdings… Zack, was braucht es um ein wahrer Held zu werden? Muss man für eine besondere Tat denn alles Wichtige zurücklassen? Wenn ich dich nur fragen könnte… Wir sollten den Kampf hinter uns bringen. Einfach ein paar Dämonen austreiben… Das wird schon werden, du schaffst das! Zalona, steh mir bei, meine Liebste! Genesis, vor dir brauche ich mich nicht mehr zu verstecken! Miceyla, bleib weiterhin der strahlende Stern zu dem ich aufblicken kann!'

Vor besagter Höhle in Nibelheim angekommen, wendete sich Ayko an die geduldig wartende Soldatengruppe.

„Jungs, in Kürze beginnt unser Kampf gegen Wesen, wie sie ungewöhnlicher nicht sein könnten. Dennoch haben wir alles Nötige in Erfahrung gebracht, um zu wissen wie man gegen sie antritt. Seid also unbesorgt und führt euer Schwert mit Mut und Stolz. Beweist was es bedeutet, ein Soldat bei World Soldier zu sein. Gemeinsam besiegen wir Angst und

Dunkelheit! Ich schätze jeden einzelnen von euch. Keiner ist allein. Und seid in Gedanken bei den Menschen die ihr liebt, dies tue ich ebenfalls, denn auch sie werden immer an uns denken. Keiner wird unsere Taten jemals vergessen… Folgt mir!“, gab er seinen Kameraden die letzten Worte mit auf den Weg, Worte voller Wahrheit und einem Hauch von Bitterkeit. Mit in die Luft gestreckten Schwertern, ertönten zustimmende Rufe in der Soldatenmenge. Die Geräusche des Regens verstummten nach und nach, je tiefer sie in die Höhle eindrangen. Was blieb war eine nicht abschüttelbare Kälte, welche sich den Weg in ihre Herzen bahnte. Ayko lief weiter, mit dem Meisterschwert in der rechten Hand, welches ein außergewöhnliches Gefühl der Unerschrockenheit auf ihn übertrug. Er fühlte sich beschützt und einsam zugleich. 'Früher einmal hat Zack dieses Schwert gehört… Ich denke oft daran. Ob uns das vielleicht in irgendeiner Art und Weise miteinander verbindet?' Verträumt verlor er sich in Gedanken, bis der Schrei eines Soldaten ihn in die Realität zurückbrachte. Mit ernstem Gesichtsausdruck fuhr er herum und sah den Soldaten Blut spuckend zu Boden sacken.

„Verdammt!“, schimpfte Ayko über seine späte Reaktionsfähigkeit und blickte sich angestrengt nach ihren hinterhältigen Gegnern, den Hulax um. Doch vergebens. Ein unruhiges Murmeln ging durch die Soldatengruppe und da wurde ein weiterer Soldat kampfunfähig und stürzte.

„Unsere Materia scheint wirkungslos zu sein! Wir können die Hulax nicht sehen!“, schlussfolgerte einer eingeschüchtert. Und plötzlich schien selbst der mutigste Kriegerwillen gebrochen zu sein.

„Unmöglich, nein! Das kann nicht sein! Das darf einfach nicht sein!“, versuchte Ayko sich verbissen davon zu überzeugen, dass dies eine Lüge war. 'Sind sogar solche Kreaturen im Stande sich weiterzuentwickeln? Haben sie uns hinters Licht geführt? Waren wir denn alle so dumm zu glauben, es würde alles schon glatt laufen und letzten Endes sind wir nichts weiter als Marionetten dieser Geister? Ich bin nicht hier um meine Kameraden sterben zu sehen oder aufzugeben, niemals! Sonst bin ich es nicht würdig, dass Meisterschwert bei mir zu tragen!'

„Bewahrt Ruhe! Je mehr Angst ihr verströmt, desto eher fallt ihr denen zum Opfer!“, rief er tapfer damit keine Panik ausbrach, die alles nur noch verschlimmern würde. Dabei versuchte er jenen unverwechselbaren Luftsog zu spüren, welchen er bei seinen ersten Begegnungen mit den Hulax vernommen hatte. Jedoch packten ihn entsetzliche Schmerzen und Ayko taumelte verkrampft. 'Haben die Gegner uns bereits vollkommen im Griff? Ist es für einen Gegenangriff bereits zu spät?' Blutgeruch lag in der Luft, angsterfüllte Schreie ertönten. Während sein Bewusstsein langsam schwand, erklang in der Ferne eine leise Flötenmelodie und plötzlich meinte Ayko, er würde träumen. Die Luft war angenehm warm und Sonnenstrahlen ließen ein sagenhaft schönes Blumenbeet an einem Meeresstrand, in seiner vollsten Pracht erstrahlen. Ein kleines Mädchen saß dort am Meeresufer und spielte lieblich auf einer Flöte. Es war ein heiteres Lied und verströmte eine behagliche Wärme und Güte. Und dennoch weinte das Mädchen. Endlos rollten dicke Tränen über ihre zart rosafarbenen Wangen. Da erschien auf einmal wie aus dem Nichts ein gewaltiger Wasserdrache, als hätte die Flötenmusik ihn angelockt. Nun schwebte er vor dem Mädchen über der Meeresoberfläche und seine glänzenden Augen blickten forschend auf es hinab.

„Sag, wieso weinst du mein Kind?“. Sprach er mit einer aufrichtigen Stimme und keinerlei Besorgnis oder Mitleid. Nun senkte das Mädchen ihre Flöte und richtete die trauernden Augen auf den Wasserdrachen.

„Warum verlassen uns Menschen die wir lieben? Wieso musste meine Mutter sterben? Ich…ich will wieder ihre warme Hand halten und mit ihr gemeinsam singen und lachen können… Flöte spielen macht mir keinen Spaß mehr. Ich werde nicht mal glücklich, hier dem Meeresrauschen zu lauschen… Es ist mir auch gleichgültig, dass ich von hier fort muss…Wo bist du…Mutter…“ Schluchzend sank das Mädchen von einer starken Hustenattacke gepackt auf die Knie.

„Früher oder Später verlangt das Leben von uns Lebe wohl zu sagen. Dem Herzen wird es nie leicht fallen, jedoch zeigt dies, dass du ehrlich mit deinen Gefühlen umgehst. Meine Kleine, Zalona heißt du, nicht wahr? Eine schlimme Krankheit macht dir schwer zu schaffen. Der letzte Wille deiner Mutter lautete, dass ich dich beschütze. Wenn es also dein Wunsch ist, werde ich deinen schwachen Körper ein Leben lang mit meiner Kraft stärken. Allerdings, niemals wäre es dir dann erlaubt, mich an einen neuen Träger weiterzugeben. Die Entscheidung liegt ganz bei dir. Wie auch immer sie ausfällt, ich werde sie akzeptieren“, sprach der Wasserdrache in einer vertrauensvollen Stimme.

Zalona rieb sich ihre tränenden braunen Augen, die jetzt neugierig emporblickten.

„Meine Mutter hat mir von dir erzählt, du bist Leviathan, stimmt’s? Viele halten dich nur für eine Legende, aber ich hab stets daran geglaubt, dass du wirklich existierst! Also könnte ich durch deine Hilfe ein gesundes Leben führen… Ach, wie froh wäre meine Mutter! Trotzdem, was habe ich davon, wenn ich eines Tages erneut einen mir wichtigen Menschen verliere und ein einsames Dasein friste? Ein weiteres Mal überstehe ich diese grausame Qual nicht. So bitte, oh lieber Leviathan, erhöre meinen Wunsch! Sollte ich in meinem Leben einmal auf einen Menschen stoßen, der mir mehr als alles andere auf der Welt etwas bedeutet, beschütze ihn. Lasse nicht zu das er von meiner Seite verschwindet…und erfülle dessen Wunsch. Denn sollte sich der Herzenswunsch einer mir wichtigen Person erfüllen, hätte dies einen höheren Wert als meine Gesundheit…“ Mit einem zarten Lächeln faltete sie die Hände zusammen, als wolle sie inständig um die Verwirklichung ihrer Vorstellung beten.

„Dein Wille ist stark, also werde ich deine Bitte annehmen. Jedoch sei dir darüber im Klaren, dass es die Aufopferung dieses Menschen für euer beider Wohl bedeuten könnte. Nämlich die innigsten Wünsche anderer, sind vielleicht nicht mit deinen Erwartungen vereinbar. Bist du trotzdem damit einverstanden, deine Gesundheit für das Glück einer anderen Person zu opfern? Ändern wirst du es nicht mehr können“, stellte Leviathan sie auf die Probe, während das Wasser um ihn herum im Sonnenlicht glitzerte. Kurz zögernd starte sie herab und gab einen Moment später entschlossen Antwort.

„Ja! Zwar kenne ich meine Zukunft nicht, aber mein Herz sagt mir das ich gerade den richtigen Weg genommen habe!“ Das Meer begann wild zu sprudeln und Geysire schossen in die Höhe, welche die Vereinbarung der beiden besiegeln sollten.

Ein wenig abseits stand Ayko, schweigend hatte er diesen Augenblick aus Zalonas Kindheit beobachtet. Nun verschwand seine geliebte Freundin, was zurück blieb, war dessen aufrichtig schätzende Erinnerung ihres Lächelns, bei der letzten Begegnung mit ihr.

„Zalona… Ich ahnte ja nicht, dass du bereits damals so entschieden hattest. Warum nur… Zu welchem Zweck? Du könntest jetzt gesund sein… Und ich…ich suchte verzweifelt nach einem Heilmittel. Hätte ich das gewusst…dann…dann hätte ich dir gesagt, dass mir mein eigenes Glück völlig gleichgültig ist! Mir ist es egal, egal, egal! Sei du einfach nur gesund, lebe an meiner Seite… Zalona, warum…?“, schrie er in einer Welle aus Selbstmitleid und Verzweiflung. Todunglücklich ließ er sich auf die Wiese sinken, dabei verlor er vollkommen die Fassung und riss das Gras um ihn herum heraus und schleuderte es fort. Es half alles nichts um der Wirklichkeit zu entfliehen und anschließend weinte er einfach nur wie ein hilfloses kleines Kind drauf los. Leviathan betrachtete Ayko durch dessen klare und Ruhe ausstrahlenden Augen. Weit entfernt schien er, von der stürmischen Emotionswelt der Menschen.

„Jenes Wissen ist endlich in deinem Bewusstsein verankert. Schätze Zalonas Willen, mein junger Freund. Die Zeit ist nun reif. Jede Reise findet einmal sein Ende. Was du daraus machst liegt bei dir selbst. Die Offenbarung unseres unumgehbaren Schicksals, ist zu deiner Erkenntnis geworden. So lass es mich dir noch ein letztes Mal erläutern: Ich bin der letzte Wassertropfen des Meeres, sollte es austrocknen. Ich bin der erste Regentropfen, wenn die Erde nach Wasser sich sehnt. Nenn mich keinen Kämpfer der Gerechtigkeit, denn ich führe weder Schwert noch Schild. Das Erleben eines Menschen, ist für mich bloß die Unvollkommenheit des Ganzen. Ich bin weder dein Eigentum, noch bin ich der Besitzer von irgendwas oder irgendwen. Das Wasser ist meine Seele, keiner kann sie mir jemals nehmen.

Ich bin Leviathan, seit Urzeiten Schutzgott Wutais. Da du mein Träger bist, macht dich das zu einem Teil von mir bis in alle Ewigkeit.“

Langsam erhob Ayko sich, noch immer lauschte er in Gedanken der Flötenmusik. Das Meisterschwert in seiner Hand beschenkte ihn mit Kraft und der Anhänger von Leviathan erwärmte seine Brust. Plötzlich kam er zu Sinnen und war dazu in der Lage, den Blick des Wasserdrachen unerschrocken zu erwidern. 'Über etwas das nicht rückgängig gemacht werden kann, ist es reine Verschwendung zu trauern. Mögen meine Beine auch zittern, will die Angst mich auch zurückhalten, ich schreite voran. Dies beweist meinen Mut. Zu wissen, dass Zalonas Gefühle allein mir gelten und sie auf meine Rückkehr warten wird, stärkt mein Herz. Völlig gleichgültig wie meine Reise enden mag, unsere Liebe bleibt unsterblich. Mein Schicksal…ich glaube es stand von Anfang an fest…'

„Zu bereuen gibt es für mich rein gar nichts. Ich fand unvergleichbares Glück… Das ich hier stehe als ein Soldat erster Klasse, mit dem Meisterschwert und Freundschaften, die meine Persönlichkeit gestärkt haben, erscheint mir ohnehin wie ein Traum… Wenn ich also wählen müsste…einen Wunsch…ja… Die Hulax in der Höhle von Nibelheim sollen allesamt verschwinden! Noch mehr Kameraden zu verlieren ertrage ich nicht. Koste es was es wolle, ich darf keinen enttäuschen und den Kampf beenden. Leviathan, ich hoffe du kannst mich bei meinem Vorhaben unterstützen. Aber…nichtsdestotrotz wünsche ich mir eine Lösung, die Zalonas Genesung verhilft…“, gab Ayko seinen Entschluss kund und ein Lächeln umspielte seine Lippen, welches jedes noch so kleine Fünkchen Trauer, in weite Ferne rücken ließ.

„Allmächtig bin ich noch lange nicht, lass dir das nur gesagt sein. Was die Dämonen betrifft, da denke ich kann meine Hilfe dir von Nutzen sein…“, begann Leviathan und stoppte, als er den hoffnungsvollen Schimmer in Aykos Augen aufleuchten sah.

„Wirklich? Das ist machbar? Wir können die Hulax bezwingen? Großartig!“, rief er erfreut, hielt jedoch abrupt inne. Der vermischte Duft des Meeres und der Blumen, trug Erinnerungen an Zalona mit sich und versetzte ihm einen Stich ins Herz.

„Die Sache hat einen Haken… Habe ich recht?“, fragte er bitter, die Hoffnung wollte er dennoch um keinen Preis loslassen.

„Richtig. Selbst meiner göttlichen Kraft gegen Kreaturen, die in unserer Welt überhaupt nicht existieren dürften, sind Grenzen gesetzt. Eine Chance wäre nur dann gegeben, bündelten wir deine Stärke mit meiner. Dies ist ein sehr aufwendiger Prozess. Ein Normalsterblicher übersteht das nicht ohne Folgen“, endete er ruhig, seine Stimme blieb weiterhin würdevoll. Ayko schluckte um seinen Schock zu verbergen. Tief in seinem Innern wusste er, allein war er auf keinen Fall. Er hörte ein Flüstern und ahnte, dass es vom Meisterschwert kam.

„Träume erfüllen sich, glaube stets daran. Im Herzen bist du ein Held!“

Bist das etwa… Er wandte sich erneut an Leviathan, der verständnisvoll wartete.

„Nicht ohne Folgen… Bedeutet das…“ Kurz innehaltend, schüttelte er den Kopf und schwang sein Schwert kraftvoll durch die Luft.

„Lass uns gemeinsam die Hulax bekämpfen! Denn es geht hier nicht allein um mich, der Frieden eines ganzen Planeten steht auf dem Spiel! ...Gibt es letztendlich nicht eine andere Lösung Zalona zu heilen?“, fragte Ayko, sich an eine unsichtbare Zuversicht klammernd.

„Du kämpfst also, obwohl dir die Konsequenzen bewusst sind… Aus dir ist wahrlich ein tapferer Krieger geworden. Für Zalona kann ich nicht mehr tun, als weiterhin über sie zu wachen. Die Erfolgsaussichten mögen zwar gering sein, aber vielleicht findet jemand anderes ein mögliches Heilmittel…“, verstärkte er den Glauben in Ayko.

„Dann werde ich auf ein solches Wunder vertrauen…“

Das flüchtige Szenario aus Zalonas Kindheit verschwand wieder und er kehrte in ein Schlachtfeld der Höhle zurück, wo Soldaten verzweifelt gegen etwas anzukämpfen versuchten, das sie nicht zu sehen vermochten. Im selben Augenblick durchfuhr eine unsagbar starke Kraft seinen Körper. Er war in der Lage, Leviathans geschmeidige Bewegungen nachzufühlen und bemerkte, wie er Wasser für seinen Nutzen einsetzten konnte. Ayko meinte selbst zum Wasserdrachen zu werden. Mit einem Leuchten der Entschlossenheit in seinen blaugrünen Augen, hielt er das Meisterschwert vor sich gestreckt, bereit den Kampf zu beginnen, welchen sein Soldatenleben für ihn bereit gehalten hatte.

„Ich kämpfe um meine Ehre als Soldat aufrechtzuerhalten! Und die Erfüllung meiner Träume!“
 

Das Gebäude von World Soldier war seltsam verlassen und ruhig. Nur vereinzelte Soldaten drehten ihre Runden. Schnellen Schrittes trat Miceyla aus dem Aufzug, um im Hauptquartier den Auftragsplan zu begutachten. Da fiel ihr auf dem Tisch, ein Brief mit ihrem Namen darauf ins Auge.

„Der ist von Ayko…“ Ohne zu zögern öffnete sie ihn und schon nach wenigen gelesenen Zeilen, wünschte sie sich früher hier gewesen zu sein.

'Hallo Miceyla. Also…ich bin nicht gerade gut darin jemandem etwas zu schreiben. Du solltest besser niemals meine Missionsberichte lesen. Die sind richtig schlecht, ehrlich! Ha, ha! Aber du musst mir doch zustimmen, dass wir nicht aufbrechen können, ohne uns vorher gegenseitig viel Glück für den Kampf gewünscht zu haben, oder? Erinnerst du dich noch an deine erste Mission, wo wir uns kennen lernten? Hach…das ist nun schon so lange her… Seitdem erlebten wir einiges. Eine verdammt aufregende Zeit ist das gewesen! Gewisse Dinge mag ich lieber vergessen… Jedoch bin ich dadurch stärker geworden und hoffentlich fällt dies auch anderen auf. Ich bin ziemlich aufgeregt, als ein Soldat erster Klasse einen Soldatentrupp in den Kampf zu führen. Jetzt wirst du wahrscheinlich sagen, wegen meiner Kommandantenposition sei ich darin geübt. Nur sehe ich plötzlich meine Verantwortung in einem neuen Licht. Und nun, wo ich den Schlüssel zum Tor meines Traumes in Händen halte, ist mir etwas Wichtiges klar geworden. Meine Absicht besteht nicht darin, von einer Masse an Leuten umjubelt zu werden und das meine Taten bis in den Himmel hoch gelobt werden. Nein, ich bin einfach nur Ayko, der aus einem kleinen, unbedeutenden Dorf aus Fort Kondor stammt und mit seinen Freunden lachen will, bis an sein Lebensende. Eigentlich sind wir alle gleich. Der einzige Unterschied besteht darin, dass es jedem selbst überlassen ist, wie er sein Leben lebt. Ob er gute oder schlechte Dinge tut, wie er mit seinem Besitz umgeht. Solange ich nur mein Schwert bei mir trage und zum Vorbild nächster Generationen werden kann, bin ich rundum zufrieden. Mögen dies wohl die Gedanken eines Helden sein…? Oje…so viel hab ich nun schon geschrieben…Hoffentlich ließt den Brief keiner außer dir, dass macht mich ganz verlegen… Vergiss nicht, egal wie mein Kampf in Nibelheim ausgeht, du bleibst auf ewig die beste Freundin die es auf der Welt gibt! Du und Genesis werdet in Banora die Hulax ein für alle mal austreiben, daran glaube ich fest! Denn sollte alles auseinander brechen, dass Band welches euch beide unerschütterlich miteinander verbindet bleibt bestehen und wird niemals reißen. Das kann ich spüren… Herrje, nun schreibe ich schon so etwas! Miceyla…bitte mach jetzt kein verzagtes Gesicht. Ich möchte dein Lächeln immer sehen können, egal wo ich auch sein mag. Dein Ayko.'

Mit zitternden Händen hielt sie den Brief. Eine böse Vorahnung holte sie ein. Solche Worte, die förmlich nach einem Abschied schrien, gefielen ihr überhaupt nicht. Ich muss sofort nach Nibelheim! Das war alles, was Miceyla nun in den Sinn kam. Ohne sich die Mühe zu machen, den Brief zurück in den Umschlag zu stecken, ließ sie ihn offen auf dem Tisch liegen und spurtete die Treppe zum Foyer hinunter, anstatt den Aufzug zu nehmen. Den ersten Soldaten, der ihr dort über den Weg gelaufen kam, hielt sie bei beiden Schultern, um diesen am Vorbeilaufen zu hindern.

„Wann ist die Gruppe von Ayko aufgebrochen?“, fragte sie hektisch einen jungen, völlig überrumpelten Soldaten der dritten Klasse.

„G-gestern am frühen Morgen, Sir!“, antwortete er etwas unvorbereitet.

„Danke!“, meinte sie knapp und er schaute ihr verwundert nach, wie sie weiter die Treppenstufen hinunter sprang. Unten angekommen eilte Miceyla zum Ausgang, wo sie blindlings in jemanden hineinrannte.

„Verzeihung!“, murmelte sie eine Entschuldigung, nicht darauf achtend um wen es sich überhaupt handelte und wollte weiterlaufen. Doch eine Hand packte sie am Arm und hielt sie davon ab. Gezwungenermaßen sah sie nach hinten über ihre Schulter und blickte in die roten Augen von Vincent, die ihr aufgebrachtes Gemüt ein klein wenig besänftigten.

„Vincent…“ Sie war völlig durch den Wind und hielt nachdenklich inne.

„Du hast es aber eilig. Ist alles in Ordnung?“, fragte er in einer Weise, die sie als eine Art Einfühlsamkeit interpretieren konnte. Er hakte nie konkret nach, wusste dennoch wie immer mehr als er zugeben würde.

„Also…zumindest…ich bin mir nicht ganz sicher… Ich muss unbedingt nach Nibelheim…“, enthüllte sie nervös ihr Vorhaben und wusste nicht wie sie seinen unveränderten Gesichtsausdruck deuten sollte, der etwas zu verbergen schien.

„Nach Nibelheim?“ Plötzlich tauchte Cloud hinter Vincent auf und gesellte sich zu den beiden.

„Cloud! Du auch hier? Ich bin froh euch zwei sehen zu können, wirklich!“ Lächelnd begrüßte Miceyla ihre Freunde endlich angemessen.

„Ja, wir kamen vorbei um dich abzuholen. Draußen warten die anderen mit Cid im Luftschiff. Dann brechen wir nach Banora auf. Genesis dieser Kerl ist bereits seit einer ganzen Weile dort… Fühle dich deshalb bitte nicht sofort unter Druck gesetzt, wir haben noch ausreichend Zeit uns vorzubereiten. Aber…du siehst blass aus. Geht es dir gut? Besser du ruhst dich noch etwas aus!“ Freundlich lächelte Cloud zurück und unterdrückte seine Besorgnis.

„Mach dir keine Sorgen… Mir geht es gut. Ich gehe jetzt nach Nibelheim…“ Es war ihr wahnsinnig unangenehm, diese freundschaftliche Mühe zu ignorieren, dass man sie abholte. Für sie hatte es oberste Priorität, Ayko wohlbehalten vorzufinden.

„Miceyla warte! Ich glaube es ist keine so gute Idee, jetzt noch einen Umweg zu gehen. Und ich weiß genau wovon ich da rede…“, versuchte Cloud sie vorsichtig davon abzubringen, nach Nibelheim zu reisen. Auch er dachte sich etwas dabei.

„Nein! Ich muss dort hin! Es geht nicht anders! Sonst kann ich mich nicht auf den Kampf konzentrieren!“, schrie sie und wippte ungeduldig auf der Stelle hin und her, während sie langsam die Nerven verlor. Schockiert konnte Cloud nun überzeugt sein, dass die Situation ganz und gar nicht rosig aussah. Schweigend standen die drei einen Moment lang da, bis Miceyla die Stille brach.

„Es tut mir leid…“, flüsterte sie und bemerkte, dass sie sich im Ton vergriffen hatte.

„Keine Ursache. Geh nur nach Nibelheim…“, begann Vincent beschwichtigend. Über seine Zustimmung überrascht, sagte Cloud vorerst lieber nichts.

„Ayko wartet dort auf dich. Zu ihm willst du doch, oder?“, fügte er noch hinzu. Das aufmunternde Lächeln, welches Vincent ihr schenkte, tat die gleiche Wirkung wie heilende Magie.

„Er hat recht. Geh ruhig. Es war dumm von mir dich aufhalten zu wollen. Ich sollte am

besten wissen, wie viel einem eine Freundschaft bedeutet“, schloss Cloud sich schließlich seiner Meinung an und nickte mit verträumt dreinblickenden Augen.

„Ich kann auch gar nicht genug für euer Verständnis danken! Geht schon mal vor, ich komme so schnell wie möglich nach. Und falls ihr Genesis trefft, richtet ihm von mir aus, er soll bloß nichts Leichtfertiges anstellen und auf mich warten. Bis später!“ Die beiden gaben bestätigende Handzeichen, als Miceyla angespornt aus dem Gebäude von World Soldier rannte.

Mit einer unergründlichen Miene, sah Vincent ihr noch lange hinterher.

„Hast du nicht auch ein schlechtes Gewissen, sie alleine loszuschicken…? Ich habe da ein ungutes Gefühl…“, offenbarte Cloud sobald sie nur zu zweit waren.

„Wir können ihr dabei keinen Beistand leisten. Gewisse Dinge muss man ohne die Unterstützung anderer durchstehen. Doch Miceyla hat an Stärke gewonnen…“, beharrte Vincent standhaft und die Freunde verließen ebenfalls World Soldier in Richtung des Luftschiffs.

Nachdem Miceyla den schnellsten Weg nach Nibelheim genommen hatte, erkundigte sie sich vor Ort um den genauen Standpunkt der Höhle. Der Kampf gegen die Hulax war dort in aller Munde. Die Leute wussten Bescheid und waren im Voraus gewarnt worden. Alles schien jedoch friedlich. Das Einzige was sie störte war, dass es in Strömen regnete und der Boden so weit das Auge reichte, vollkommen matschig und aufgeweicht war. Hier musste es schon seit einer halben Ewigkeit geregnet haben. Mit einer getrübten Sicht preschte sie den direkten Pfad entlang und sprang dabei über große Pfützen hinweg. Beinahe wäre sie am Eingang der Höhle vorbeigerast. Noch rechtzeitig kam sie zum Stehen und blickte mit rasendem Herzen in das pechschwarze Innere. Die Aufregung ließ Miceyla zögern und nur gemächlich schaffte sie es, sich zur Höhle zu bewegen. 'Vielleicht sind alle längst zum Heimweg aufgebrochen und ich finde in den Tiefen bloß gähnende Leere vor. Hoffentlich bin ich umsonst hergekommen. Ayko wird bestimmt über mich lachen, wenn ich pitschnass vor ihm stehe. Bitte lass es einfach so sein…', redete sie sich eindringlich ein und wusste dabei selbst, dass dies zwecklos war. So schnell wie sie herbeigeeilt kam, umso langsamer lief sie dafür jetzt in die Höhle hinein. Drinnen wehte ihr sofort ein aggressiver Blutgeruch entgegen und sie musste reflexartig die Hand vor die Nase halten. Zitternd wartete sie, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten und rechnete instinktiv mit dem Angriff eines Hulax. Doch traf das Gegenteil ein und weiterhin umgab sie eine gespenstische Stille. Plötzlich trat sie auf etwas Weiches und sah erschrocken hinab. Es war der Arm eines leblosen, in Blut getränkten Soldaten. Seine Finger umfassten noch immer hilflos dessen Schwert. Entsetzt torkelte Miceyla zurück und fand einen weiteren Soldaten reglos am Boden liegend vor. Mehr folgten und schließlich stand sie inmitten eines Schlachtfeldes. Ein Schlachtfeld, das zum Schweigen gebracht worden war, bis in den letzten Winkel in ein blutiges Rot gefärbt. Sie wagte nicht zu ergründen, ob diese Soldaten lediglich schwer verletzt oder bereits verstorben waren. Die Wahrheit herauszufinden, würde sich garantiert nicht als sonderlich schwierig erweisen.

„Ayko! Ayko! Antworte mir bitte!“, schrie sie panisch. Unterdessen ballte sie die Hand zu einer Faust zusammen und drückte diese aufs Herz. Mit ihrer momentanen Gefühlslage ging es drunter und drüber. Angst hatte sie, gewaltige Angst. Insgeheim ersehnte sie, lieber von Hulax umgeben zu sein, als diesen albtraumhaften Anblick zu erdulden und verzweifelt nach einem Lebenszeichen ihres besten Freundes zu suchen.

„Miceyla…“, hörte sie aus dem Nichts heraus, eine zaghafte Stimme ihren Namen rufen. Kaum hörbar, aber egal an welchem Ort sie sich auch befinden mochte, Aykos Stimme würde sie sofort wiedererkennen.

„Ayko! Wo bist du?“, rief sie aufgeregt und lief rasch tiefer in die Höhle hinein, darum bemüht, sich einen Weg durch die am Boden liegenden Soldaten zu bahnen. Ihr stockte der Atem, als sie nach langem Suchen, Ayko reglos auf dem kalten Höhlenuntergrund vorfand. Neben ihm in ein Bad aus Blut kniend, legte sie vorsichtig seinen Kopf auf ihre Beine.

„Zum Glück habe ich dich endlich gefunden. Jetzt wird alles gut…“, sprach sie sanft und wischte Blut aus seinem Gesicht.

„Miceyla… Du bist also tatsächlich gekommen…du kleines Dummerchen“, hauchte er in einem spielerischen Ton, während er die Augen halb öffnete und eine Menge an Blut spucken musste. Der Schock traf sie tief. Ihr wurde bewusst, dass er schwerwiegende innerliche Verletzungen davongetragen hatte. Das Meisterschwert lag unmittelbar an seiner Seite. Wehmütig blickte Miceyla es an.

„Lass uns heimkehren und diesen Kampf vergessen. Du hast heldenhaft gekämpft und wolltest alle beschützen. Nichts weiter zählt. Ich heile dich und…“ Zum Weitersprechen kam sie nicht, denn Ayko hob den Arm und legte ihr lächelnd einen Finger auf die Lippen. Diese Bewegung vollbrachte er nur unter allergrößter Anstrengung. Denn bereits einen Wimpernschlag später, wollte sein Arm wieder energielos zurückfallen. Noch rechtzeitig packte Miceyla Aykos Hand und hielt sie entschlossen fest, als würde sein Leben davon abhängen.

„Schau nicht so entsetzt. Ich mag es lieber wenn du lächelst. Was bin ich froh dich zu sehen… Nun kann ich nachempfinden, wie du dich damals gefühlt haben musstest… Du weißt schon, wo ich zu deiner Rettung geeilt kam, vor den Hulax. Meine Güte ist seit dem viel Zeit vergangen. Oder bilde ich mir das bloß ein…?“, schwelgte er in Erinnerungen und erneut hustete er Blut. Mittlerweile war seine schwarze Uniform komplett dunkelrot. Nicht darauf achtend, hielt sie seine Hand noch fester.

„Wie könnte ich das nur jemals vergessen! Und heute ist der Tag, wo ich mich dafür revanchiere. Auch wenn das eigentlich bereits das zweite Mal ist…“, wisperte Miceyla und zwang sich zu einem Lächeln, das nicht kommen wollte.

„Wie sehr wünsche ich mir, dies könnte wahr sein… Die aufregenden Missionen, welche auf uns warten. Und die Abenteuer…Freude… Ein Leben, dass mir für immer ein unerreichbarer Traum bleiben wird…“, ließ er seine Wunschvorstellungen zerplatzen. Doch schien er sich eher friedlich zu fühlen, anstatt zu trauern.

„Was redest du denn da! Sobald wir den Kampf in Banora beendet haben, gehe ich mit dir zusammen Zalona in Fort Kondor besuchen! Lass uns zu dritt etwas schönes unternehmen! Du bist gerade erst zu einem Soldaten der ersten Klasse ernannt worden, genieße dein neues Leben. Und lege bitte das Meisterschwert ab. Es hat mir von Anfang an nicht wirklich gefallen das… Niemand soll einfach mehr ein solches Schicksal durchmachen…“, schluchzte sie und ihre Tränen waren nicht länger aufzuhalten. Weiterhin lächelnd, erwiderte Ayko mit allerletzter Kraft ihren Händedruck und löste mit der anderen Hand, die Kette mit Leviathans Anhänger von seinem Hals und hielt ihr diese entgegen. Zitternd schüttelte sie den Kopf, um all die grauenvollen Vorahnungen abzuwehren.

„Nimm du meinen Anhänger. Er ist mir lange genug ein treuer Begleiter gewesen. Und bitte besuche Zalona, erzähle davon, dass mein Traum in Erfüllung gegangen ist. Sie wird glücklich sein, ganz bestimmt… Bewahre unsere gemeinsamen Erinnerungen wie einen Schatz, lass ihn dir von niemandem nehmen. Versprechen wir es uns…“ Seine Stimme war kaum noch zu hören, während er die schmerzlichen Worte, eines zu erahnenden Abschiedes aussprach. Vorerst verweigerte Miceyla es den Anhänger anzunehmen.

„Nein! Wieso? Mag sein das du lebensbedrohlich verletzt bist, aber damals…beim Kampf gegen Genesis hast du es auch überstanden! Ich flehe dich an, bleibe stark Ayko!“ Vergebliche Hoffnungen, völlig unsinnig. 'Weshalb ist der Schmerz in meinem Herzen so unerträglich und Ayko schafft es trotz seines Zustandes zu lächeln? Alles nur weil ich zu spät hier aufgekreuzt bin… Ich begreife es nicht… Diese Welt muss mich abgrundtief hassen… Gäbe es keine Hulax, dann würde Ayko keineswegs…' Bestürzt wagte sie nicht weiter solch traumatisierende Gedanken zu haben.

„Es gibt Wunden, die niemals geheilt werden können. Solange du an mich glaubst, verschwinde ich nicht von deiner Seite. Du kannst es, nach vorne blicken und unter keinen Umständen aufgeben. Alleine wirst du nie und nimmer voranschreiten müssen… Sag mal, meinst du ich werde Zack im Lebensstrom begegnen…? Dir kann ich meinen heimlichen Wunsch ja verraten…“, vertraute er sich Miceyla ein letztes Mal an, mit immer kürzer werdenden Atemzügen. Ihre Tränen tropften nieder auf Aykos Wangen und sie nahm kummervoll nach ewiger Unschlüssigkeit, die Kette von seiner eiskalten Hand. Um jeden Preis wollte sie diesen Abschied verhindern, nur durfte sie ihm bei dessen kritischen Zustand, nicht weiter zur Last fallen. Und so kämpfte sie darum, dass ihre weinerliche Stimme die wertvolle Freundschaft, welche sie für ihn empfand, einigermaßen zur Geltung bringen konnte.

„Natürlich wirst du das… Ihr beiden Helden werdet euch gut verstehen. Davon bin ich fest überzeugt… Unsere Reise war wunderbar und leider viel zu kurz… Ich will nicht glauben…dass ich schon morgen in ein Gebäude von World Soldier komme und du bist nicht dort… Für mich ist das unvorstellbar… Dich loszulassen ist…“ Weiterhin unaufhaltsam weinend, hielt Miceyla inne, als ein sachtes Leuchten seinen Körper umhüllte.

„Ich werde gerufen… Eine neue Reise beginnt… Die Freiheit, ich kann sie deutlich spüren… Danke Miceyla, dass du mich einen Helden genannt hast… Lebe wohl…“ Obwohl seine Stimme verklang, wollte sein süßes Lächeln nicht verschwinden. Und während ihre Blicke sich trafen, hatte es den Anschein er sei hellwach und lebendiger denn je. Doch die grünlichen Fäden des Lebensstroms vereinnahmten Ayko vollends.

„Nein! Nein…lass es nicht wahr sein… Bleibe am Leben…bitte… Lieber sterbe ich an deiner Stelle! Ayko!“ Ihre Augen brannten unerträglich und dennoch ignorierte sie es. So sehr wie nie zuvor weinte sie. Plötzlich wurde die gesamte Höhle von dem Strahlen erleuchtet und eine leicht unsichtbare Gestalt erschien.

„Zack…“, wisperte Miceyla und fühlte seine Wärme die er herbeirief, trotz aller Entmutigung. Dann geschah etwas Unvorstellbares. Ja, sie konnte kaum glauben was sich da vor ihr abspielte. Mit einem begrüßenden Lächeln, reichte er Ayko die Hand. 'Zack…er holt Ayko persönlich ab…' Schweigend beobachtete sie in ihrer Machtlosigkeit das Geschehen.

„Komm mein Freund!“, sprach Zack und Ayko packte voller Zufriedenheit seine Hand. Beide traten nun den Weg zum Lebensstrom an. Ayko ging fort, für immer. Auch das Leuchten verabschiedete sich und Miceyla blieb als ein klägliches Häufchen Elend, einsam zurück.

„Legenden werden erzählen, von einem Opfer am Ende der Welt. Der Wind streicht über die Wasseroberfläche. Sanft, doch mit Gewissheit…“ Die letzten Worte waren gesprochen, welche sie ihrem besten Freund, der in ihren Erinnerungen unsterblich sein würde, mit auf seine unendliche Reise gab. Dabei schmiegte sie den Anhänger von Leviathan, liebevoll an ihr Herz.
 

Ein unberührbarer Traum
 

Ich meinte den Kampf verloren zu haben,

wurde niedergestreckt und begraben,

von all dem Spott und der Verachtung.

Mein Körper in Nebel gehüllt,

meine Seele ins Unendliche zerfällt.
 

Ich bin gekommen um doch wieder zu gehen,

des reinen Glaubens mir auf ewig verwehrt.

In purer Verzweiflung,

ohne Kraft und ohne Hoffnung,

alles fließt gnadenlos hinfort.
 

Ich verlor zwar des Lebens Willen,

doch behielt ich den Gedanken,

zu wissen das all jene Erinnerungen,

die mir geschenkt und offenbart,

Teil waren eines unberührbaren Traumes.

Bündnis aufrichtiger Herzen

Nachdem Miceyla sich wie eine leblose Hülle, aus der Verdammnishöhle geschleppt hatte, weit genug bis diese außer Sichtweite war, brach die finstere Wolkendecke auf und die Sonne ließ jede Pfütze zu ihren Füßen leuchten. 'Verschwinde wieder! Tu nicht so als sei alles wie gehabt. Ich will mich weiter in der Dunkelheit verbergen!', schimpfte sie in Gedanken an die Sonne gewandt, welche ihr wohl kaum gehorchen würde. An den Stamm eines Baumes gelehnt, rutschte sie hinab auf den Boden und kauerte jämmerlich im Schutz des Schattens. Ihre Arme verließen sämtliche Kräfte, selbst ein Schwert schien für sie zu schwer geworden zu sein. Der Kopf schmerzte höllisch und ihr Herz war so leer, dass sie es nicht mehr als ein schlagendes Herz bezeichnen konnte. Niemanden wollte sie sehen und andersherum sollte keiner sie hier finden. Da gab es nur eine Ausnahme. Miceyla wünschte sich, in den Armen von Genesis Zuflucht zu finden und damit jedem Übel entfliehen zu können. Die einzige Lösung, um ihre Sehnsucht in Erfüllung gehen zu lassen bestand darin, in Banora den finalen Endkampf gegen die Hulax anzutreten. Aykos Tod durfte nicht umsonst gewesen sein. Und allein dafür erlernte sie den aufwendigen Zauberspruch Kristall Omega. Doch meinte sie, dass all die gesammelten Erfahrungen, die sie hätten stärker machen sollen, wieder aus ihr herausgerissen wurden.

„Ayko… Komm zurück… In World Soldier stehst du mit einem Lächeln vor mir… Warum kann das nicht so sein…?“, schluchzte sie kläglich und erneut kamen die Tränen.

Nach einiger Zeit lief eine ältere Frau vorbei, der Miceyla keinerlei Beachtung schenkte. Nur war es für die Frau schier unmöglich, sich ihres bemitleidenswerten Anblicks zu entledigen. So hielt sie inne und machte ein erschrecktes Gesicht.

„Du meine Güte! Was bist du grausam zugerichtet! All das Blut! Hast du etwa hier in der Höhle mitgekämpft? Ach, weshalb müssen so junge Leute auch in den Kampf ziehen… Das ist einfach nur bedauerlich!“, klagte die Frau und bückte sich tröstend zu ihr herab. 'Nein, ich bin nicht verletzt… Ich bin bloß ein Feigling, der seine Freunde nicht beschützen kann.' Miceyla wollte diese Worte laut aussprechen, jedoch versagte ihre Stimme.

„Hach weißt du, mein Sohn ist ebenfalls ein Soldat bei World Soldier. Daher verstehe ich dich. Komm mit mir, mein Mädchen! Zuhause in unserem Gasthaus, bereite ich dir eine gute warme Mahlzeit vor und du kannst ein Bad nehmen. Deine Uniform säubere ich selbstverständlich auch. Ruhe dich so lange aus wie du nur magst!“, sprach sie mit einer mütterlichen Fürsorge. Miceyla kam es sofort in den Sinn zu widersprechen, da sie glaubte, eine solche Hilfsbereitschaft verdiene sie nicht. Aber die gütige Frau hatte bereits ihre Hand gepackt und half ihr aufzustehen. Stumm stolperte sie hinter der Frau her. 'Egal, ob ich nun hier verrotte oder noch länger für meine Sünden bestraft werden muss. Das macht keinen Unterschied mehr…'

Ohne weitere Worte, wurde sie zum Gasthaus von Nibelheim geführt. Dort saß sie, mit keinem Funken eines Lebenszeichens in den Augen und starrte Löcher in den Tisch.

„Hier meine Liebe! Iss reichlich!“, sprach die Frau liebevoll und stellte eine dampfende, gut riechende Schüssel vor ihr auf den Tisch. Trotz des leeren Magens, verspürte Miceyla keinerlei Appetit.

„Lass mich deine Sachen nehmen und säubern…“ Die Herbergsbesitzerin nahm ihr das Schwert ab und machte Anstalten, den Anhänger von Ayko, welchen sie immer noch fest in der Hand umschlossen hielt, an sich zu nehmen. Doch die Gewissheit, sich auch nur für einen Augenblick, von dem Andenken ihres besten Freundes trennen zu müssen, traf sie wie ein Blitz. Panisch stand sie auf, sodass der Stuhl nach hinten wegkippte und schlug den Arm der Frau von sich.

„Nein! Rühr das nicht an!“, zischte Miceyla sie wie ein trotziges Kleinkind an.

Ein wenig geschockt über ihr sonderbares Verhalten, ließ die Frau sie alleine, schien dennoch nicht verärgert zu sein. 'Was mache ich hier eigentlich? Genesis…ich will zu dir.' Inständig hoffte sie, er würde ihre letzte Zuflucht werden, die ihr schmerzendes Herz trösten konnte. Eigentlich sollte sie sich für das unfreundliche Benehmen schämen, man wollte ihr ja bloß helfen. Plötzlich kam Miceyla etwas in den Sinn, etwas Unangenehmes, dennoch Unvermeidbares. Es war ihre Pflicht, World Soldier anzurufen und zu benachrichtigen, sie sollen die Höhle nach möglichen überlebten Soldaten absuchen und die Toten bergen. Nie wieder wollte sie selbst an diesen scheußlichen Ort zurück. Eigentlich niemals mehr irgendeine Höhle betreten. Mit knappen Worten unterrichtete sie World Soldier und legte auf ehe Fragen kamen, bei denen sie nicht imstande gewesen wäre zu antworten. Nach einer Weile hatte Miceyla sich doch dazu gezwungen, ein wenig zu essen.

'Ich muss nach Banora…' Unmotiviert, zu dem letzten Kampf aufbrechen zu müssen, stand sie schwankend auf und lief zur Tür des Gasthauses. Jedoch stellte die hilfsbereite Frau sich vor sie.

„Hast du etwa vor, so spät am Abend noch loszuziehen? Und das in deinem Zustand? Du bleibst schön über Nacht und erholst dich ausreichend!“, beharrte diese streng. Miceyla wollte davon nichts hören und versuchte sich an ihr vorbei zu drängen. Jedoch verließen sie die Kräfte und sie fiel erschöpft in die Arme der Frau.
 

Leises Vogelgezwitscher ließ Miceyla am nächsten Morgen erwachen. Das hereinfallende Sonnenlicht schien auf einen Nachttisch neben ihrem Bett, auf dem die Kette mit Leviathan daran lag. Sofort wurde sie an jene Ereignisse erinnert und sie schlug die Bettdecke über ihren Kopf. 'Ayko…' Und sogleich fühlte sie sich so elend, wie am gestrigen Tag. Wo waren nur in solch einem Moment, all ihre Freunde? Zacks Stimme, die sie in der Not geleitet hatte. Arjen, der stets kam und sie nie im Stich ließ. Wütend und unendlich traurig darüber, dass sie allein gelassen wurde, verließ sie das Bett. Da fiel ihr auf das am Bettende, ihre Uniform frisch gewaschen und gefaltet lag. Unwillkürlich beruhigte sich ihr Herz etwas. 'Ich bin ein Dummkopf… Zu denken ich sei allein…' Rasch zog sie sich an, nahm den Anhänger und ihr Schwert, dann wollte sie nun endlich die Herberge verlassen.

„Warte!“ Und wie hätte es auch anders sein sollen, hielt die gütige Frau Miceyla erneut auf.

„Frühstücke doch erst einmal, damit du dich gestärkt deinen Pflichten widmen kannst!“

„Ich esse unterwegs… Normalerweise müsste ich längst aufgebrochen sein…“, meinte sie und seufzte genervt. Lieblos nahm sie sich etwas zu Essen, vom gedeckten Tisch und stand wieder am Ausgang. Da wollte sie gehen, keinerlei Anstalten eines Abschieds, keine Worte der Dankbarkeit.

„Meine Arme… Du hast etwas Wertvolles verloren. Deine Augen verraten es. Wer ein solch hübsches Gesicht hat, sollte immerzu lächeln…“, sprach die Frau mitfühlend. Nach einigen Schritten im Freien, blickte Miceyla verwundert noch ein letztes Mal zu ihr zurück.

„Danke…für alles…“, sagte sie im gleich bleibenden Ton. Jegliche Gefühle schienen ihr geraubt worden zu sein.

„Hey! Wenn das nicht Miceyla ist! Huhu!“ Beinahe hatte sie Nibelheim hinter sich gelassen, da kam jemand freudestrahlend auf sie zu gerannt.

„Mensch sag’ mal, hast du mich nicht gehört? Läufst einfach so weiter und ich renn wie ein Bekloppter!“

„Was willst du Reno, ich hab es eilig…“ In vergangenen Zeiten wäre sie erstaunt gewesen, dass er hier auftauchte und hätte ihn damit geneckt, dass seine Arbeit bestimmt mal wieder echt anstrengend sei. Beide würden dann lachen und den Ernst des Lebens vergessen. Die Zeiten waren vorbei.

„Ah! Willst du mich etwa mit deinem eisigen Blick einfrieren? Mir wird schon ganz kalt!“, wollte er sie für ein kleines Späßchen auffordern. Jedoch ignorierte sie dessen aufgesetzt kindische Art und lief unbeirrt an ihm vorbei. Er ließ nicht locker und trabte weiter neben ihr her.

„Na gut, na gut! Hab begriffen, dass du schlechte Laune hast! Themawechsel! Die Turks kümmern sich zusammen mit World Soldier, um den Vorfall hier in der Höhle… Weißt schon… Ach, und bin mit dem Helikopter da. Ich könnte dich zu deinem Einsatz nach Banora fliegen! Lass uns unterwegs über alte Zeiten quatschen!“, schlug er lässig vor, dabei legte er spielerisch einen Arm um sie und grinste. 'Er…er weiß von dem furchtbaren Unglück…und…und trotzdem verhält er sich, als sei dies keine große Sache. Das kann ja wohl nicht sein Ernst sein!'

„Lass mich einfach in Ruhe!“, schrie sie ihn an, löste sich aus dessen Griff und rannte blindlings davon.

Reno blieb stehen und sah ihr schuldbewusst nach. 'Da habe ich wohl einen Fehler gemacht… Hoffentlich gibt es jemanden, der dir nun beistehen kann…'

Und so trat Miceyla den Weg, zu ihrem unumgänglichen Kampf an. Alleine, mit keinerlei Kameraden zur Begleitung. Es heiterte sie nicht mal der Gedanke auf, dass alle in Banora auf sie warten würden. Bei der großen Insel angelangt, ritt sie mit einem Chocobo, durch den Regenwald von Mideel. Kurz vor dem Ziel angelangt, legte sie eine kurze Pause ein, um noch mal richtig seelische Kraft tanken zu können. Nachdem Miceyla vom Chocobo abgestiegen war, bedeutete sie ihm, dass er nun gehen durfte. Doch er wich nicht von ihrer Seite und setzte sich neben sie nieder in das weiche Gras. Liebevoll streichelte sie ihn. 'Hach, wenn du nur meine Sorgen verstehen könntest…, dachte sie melancholisch. Der finale Kampf… Wenn alles gut geht, sollte Gaia von den Hulax befreit sein… Meine allerletzte Hoffnung… Ich muss mich daran erinnern, wofür ich eigentlich kämpfe. Auf gar keinen Fall darf ich zweifeln und versagen.

Solange mein Kriegerherz schlägt, werde ich mein Schwert mit Stolz in Händen halten. Es ändert nichts daran, dass ich eine Soldatin bei World Soldier bin… Meine individuelle Ehre, wird mir auf ewig erhalten bleiben…'
 

Der Weg einer Kriegerin
 

Da war die Seele in meinem Schwerte erwacht,

als ein fernes Schicksal über mich wacht.

Fern von dieser Welt,

zu einem aufrichtigen Held.
 

Einsam und in Stille,

dies ist der meine Wille.

Kraft reiner und starker Herzen,

mit Erinnerung an vergangene Schmerzen.
 

Klug und weise in jeder Schlacht,

denn es geht nicht um irgendeine Macht.

Träume die niemals vergehen,

Ehre wie sie keiner kann sehen.

Dies ist der meine Weg einer Kriegerin.
 

Ja, alles was nun im Vordergrund stand, war der Endkampf. Wie das Leben danach weiterging, sollte momentan nicht von Belang sein.

Miceyla ging in Richtung der Höhle unter Banora. Einige Soldaten waren auf dem Weg dorthin positioniert. Absichtlich umlief sie diese, denn keiner konnte im Augenblick, motivierende Worte von ihr erwarten. Unmittelbar vor dem Erdloch, erblickte sie Cloud und seine Gruppe. Ein merkwürdiges Gefühl begleitete Miceyla, während sie sich ihnen näherte. 'Wir sind vollzählig, werden die Höhle nicht zerstören und ich spreche Kristall Omega…' In Gedanken durchlief sie etwas halbherzig noch einmal, ob auch wirklich an alles gedacht war. Alles schien lückenlos vorbereitet worden zu sein. Jedoch…wäre da nicht etwas Entscheidendes in Vergessenheit geraten…

„Miceyla! Na endlich, ich dachte schon, du überlässt uns allein den Kampf!“, rief Yuffie ungeduldig.

„Yuffie! Du weißt, wie unpassend das gerade war!“, schimpfte Cloud.

„Wir sind alle anwesend, es kann also losgehen!“, sprach Tifa motiviert.

„Hat auch lange genug gedauert!“, meinte Barret daraufhin schnippisch.

Wie ungewohnt es sich für Miceyla anfühlte, nach all der Zeit bei ihren Prüfungen, wieder Teil einer solch lebhaften Gruppe zu werden. Nun stand sie inmitten ihrer Freunde. Keiner fehlte. Tatsächlich war sogar Denzel mitgekommen. 'Wieso…fühle ich mich nur so unglaublich weit von ihnen entfernt…?', dachte sie verbittert. Kurz erhaschte sie einen Blick auf Vincent, dessen Augen ihre unausgesprochenen Worte, von ihrem Herzen heraus abzulesen schienen.

„Du, Miceyla. Nach unserem Kampf, möchte ich Ayko unbedingt etwas Wichtiges sagen!“, wandte sich Denzel euphorisch an sie. Ihr Herz wurde unbarmherzig zerschmettert.

„…Verzeih mir Denzel… Dazu wird es wohl nicht mehr kommen…“ Kurz schluckte sie, um weiter sprechen zu können.

„Ayko…er weilt nicht länger unter uns…“ Sofort brach Schweigen bei den redefreudigen Freunden aus. Die erschütterten Mienen von Cloud und Vincent sprachen Bände.

„Wo ist Genesis…?“, fragte Miceyla, damit sie der erdrückenden Stille entkommen konnte.

„Bereits unten. Wo genau, musst du selbst herausfinden…“, murmelte Vincent und sah mit an, wie sie ohne ein weiteres Wort, in das Erdloch hinab sprang.

'Ich muss ihr helfen… Wenn nicht in diesem Augenblick, dann in der Zukunft…', fasste Cloud einen Entschluss und blickte hinauf zum Himmel.

Unten in der dunklen und kühlen Höhle angelangt, begann Miceyla am ganzen Leib zu zittern und zwang ihre Beine dazu voran zu laufen. Jenes Ereignis, hatte sie zweifellos erbarmungslos traumatisiert. 'G-Genesis…' Hektisch suchte sie nach ihm und wagte sich kaum tiefer hinein, hauptsächlich aufgrund der Hulaxinvasion. Ihr Herzschlag stand kurz vor dem zerspringen. Da stand er, gelassen vor einem der Lovelessmonumente. Sofort bemerkte Genesis sie und beide fielen unaufhaltsam einander in die Arme.

„Meine Miceyla… Ich glaubte, ich müsste ewig auf deine Rückkehr warten… Doch bald… Nein, niemals darf ich dich wieder loslassen!“, sprach er so sanft, dass es Tränen in ihr heraufbeschwor und daran erinnert wurde, wie schrecklich sie seine Stimme vermisst hatte. 'Wusste er etwa, dass ich fort war…?' Miceyla ahnte, dass rein gar nichts seiner Kenntnis entging.

„Oh Genesis…Ayko…er…er ist…“, versuchte sie die erdrückende Last ihres Herzens mit ihm zu teilen. Nur wehrte sich ein nicht enden wollendes Zittern dagegen. Genesis strich mit der Hand durch ihre Haare, um sie ein wenig beruhigen zu können.

„Ich weiß, es ist unbeschreiblich schwer. Dennoch wäre es besser, für das was uns unmittelbar bevorsteht, deine Trauer im Herzen einzuschließen und mit deinem wachen Verstand und Mut zu kämpfen. Uns bleibt bloß eine Chance. Wenn wir diese nicht nutzen, bereuen wir es ein Leben lang.“ Zaghaft und trotzdem zielstrebig, baute er ihren alten Willen wieder auf, zumindest versuchte er dies. Langsam suchte sie dessen Augenkontakt.

„Solange du bei mir bist, werde ich unsere gemeinsamen Träume bewahren. Und möge die gesamte Welt sich gegen uns verschwören, ich kann noch laufen und ein Schwert führen. Deshalb kämpfe ich, mit Unterstützung meines neuen Zauberspruchs…“ Er bemerkte, wie Miceyla die letzte Kraft ihres Willens aufbrachte, damit sie stark blieb. Ihm schmerzte das Herz, sie so erniedrigt zu sehen. Sachte wischte er mit beiden Händen, die Tränen von ihren erröteten Wangen.

„Vergiss nicht, liebste Miceyla, deine Sorgen sind auch die Meinen. Komm, bringen wir es hinter uns. Lass uns nicht auf die anderen warten. Du ahnst sicher, dass die Geschichte von Loveless…“Abrupt hielt sie ihn davon ab, seine Worte fortzuführen.

„Genesis, bitte… Dieses Mal ist alles anders. Hier geht es jetzt um `unsere` Geschichte. Ich will nichts mehr von einem fesselnden Schicksal hören…“, gab sie frustriert zu und fühlte sich bedeutungslos, dass eine höhere Macht über sie und alle auf Gaia richten sollte. Genesis lächelte nur, packte fest ihre Hand und lief eilig durch die Höhle, in Richtung des Portals.

Voller Entsetzen erkannte sie, wie sich die gesamten Geysire des Lebensstroms, pechschwarz gefärbt hatten.

„Wir sind ziemlich spät dran…“, wisperte sie mit einem anschleichenden Gefühl von Panik. 'Wie würde es weiter gehen, wenn all unsere harten Mühen vergebens waren?', bedachte sie ängstlich und dennoch, durch die Anwesenheit von Genesis, durchfuhr sie eine beachtliche Welle neuen Mutes. Da blieb er plötzlich stehen und Miceyla war verwundert darüber, dass bisher noch kein einziger Hulax, einen Angriff gestartet hatte.

„Aber…was ist das denn? Wo ist das alte Portal hin?“ Fragend stand sie neben Genesis, vor einer neu entstandenen Portalschwelle. Und zu ihrem Erstaunen, befanden sich auf diesem Tor Schriftzüge, welche sie damals in der Mithril-Mine bei Fort Kondor, zu Gesicht bekam.

„Ich kann dir nicht beantworten, wohin uns das Portal führen mag. Doch verrät mir mein Verstand, dass wir sehr weit von hier entfernt sein werden… Wollen wir die Hulax vernichten, bleibt uns nur eine Wahl…“, machte er eine letzte Möglichkeit bekannt, welche beide in Erwägung ziehen konnten.

„Finden wir es heraus…“, murmelte sie nachdenklich und nach einem kurzen Aufleuchten ihres Amuletts, öffnete sich das Portal krachend, als sei es der Schlüssel gewesen. Gegen den Willen der zwei, wurden sie unsanft hineingezerrt.

Dunkelheit, Angst, eine unterirdische Grabstätte. 'Die Wände…verfolgen sie mich noch immer?' Bilder ihres damaligen Alptraums, schossen ihr durch den Kopf. Im nächsten Augenblick, wurde dieses Szenario zu einer verblüffend ähnlichen Realität. Ein stilles Dankesgebet sprach sie aus, denn Genesis war nicht von ihrer Seite gewichen.

„Hilf mir! Die Wände sollen mich nicht zerquetschen! Und die Hulax…überall!“ Panisch klammerte sie sich an ihn.

„Beruhige dich! Hier sehe ich keine einzige Wand, die in Bewegung ist. Außerdem sind wir allein…nur wo genau? Ich kann mich nicht erinnern, einen solchen Ort jemals auf Gaia gesehen zu haben… Wir sind nicht in deiner Welt…oder?“, erkundete Genesis sich und erforschte neugierig die fremdartige Umgebung. Miceyla bekam große Augen vor Verwunderung. 'Du weißt, dass ich…' Sie standen inmitten einer Art Tempel, mit unzähligen Gängen, Räumen und tiefen Abgründen. Ja, es bestand kein Zweifel…

„Nein… Ich denke ich weiß es… Wir befinden uns gerade in der Welt, aus der die Hulax ursprünglich kamen. Anscheinend müssen wir alle Dämonen sogar hier vernichten, um Gaia von ihnen zu befreien. Genesis…wie schrecklich leid es mir doch tut. Nie habe ich dir etwas gesagt, obwohl es dein gutes Recht gewesen wäre, von meiner Herkunft zu erfahren. Solltest du mir böse sein, kann ich das nur allzu gut verstehen… Selbst Cloud und meine anderen Freunde wussten, dass ich nicht von Gaia stamme. Vielleicht erkennst du nun, warum ich mir Gedanken machte, ich wäre am Erscheinen der Hulax schuld… Genesis, ich…“ Viel zu lange hatten jene Worte darauf gewartet, endlich ausgesprochen zu werden. Es bereitete ihr ernsthaft Kummer, dass er vorerst schwieg. Er lief ein paar Schritte, dann zog er Miceyla völlig unvorbereitet an sich und drückte seinen Kopf gegen ihren.

„Glaubst du, es spielt für mich eine Rolle, von welchem Ort du kommst? Hat nicht jeder von uns seine eigene Vergangenheit? Festigt es denn nicht die Bindung, wenn wir noch mehr über den anderen erfahren? Warum sollte ich wegen irgendeiner Nichtigkeit erzürnt sein? Ich werde es dir immer wieder aufs Neue sagen: Ich liebe dich, Miceyla. Für mich gehörst du vollwertig zu Gaia und kämpfst um den Frieden des Planeten, wie niemand sonst. …Und was das mit deiner Schuld betrifft, bin ich weiterhin der Meinung, dass die Ursache woanders liegt. Keiner von uns ist allwissend. Auch wir übersehen Dinge… Lässt dies deine Sorgen verschwinden?“ Glücklich und erleichtert, fühlte sie sich bei ihm geborgen, wie nirgendwo anders jemals zuvor.

„Danke vielmals, Genesis. Besser ich denke darüber genauso wie du, dass stärkt meinen Optimismus…“

„Ayko hast du auch nie etwas gesagt, hab ich Recht?“, fragte er interessiert.

„Das ist richtig… Es hat nie eine bedeutende Rolle gespielt…“, flüsterte sie und wurde von einer Welle der Erinnerungen, an ihren guten Freund überschwemmt. Das bemerkte Genesis sofort und bereute dessen Namen erwähnt zu haben.

Ein schauerliches Heulen unterbrach ihre Unterhaltung.

„Da hörst du es, wir werden gerufen. Nur frage ich mich ob es klug war, ohne die anderen loszustürmen…“, wechselte sie erleichtert das Thema und bekam wohl aber übel ein schlechtes Gewissen.

„Glaube mir, die werden schon noch ihren Einsatz bekommen“, versicherte er ihr.

„Dann los, ich will das hier ein für alle Mal hinter mich bringen!“ Miceyla lief voran, an etlichen Särgen vorbei. Die unendlich vielen Gänge, wurden von flackernden Fackeln erleuchtet. Unbekannte blaue und goldene Gravuren an den Wänden, deuteten auf eine uralte Zivilisation hin. 'Hier ist wahrhaftig das Reich der Toten…', gab sie fröstelnd ihrer Umgebung eine passende Bezeichnung und war ziemlich verwundert darüber, dass Genesis sich überhaupt nicht unwohl zu fühlen schien. So manch einer den sie kannte, würde bei diesem Ambiente leicht den Verstand verlieren. Jegliche Türen oder Tore, die sie öffneten, schlossen sich sofort hinter ihnen. Mittlerweile war sie daran gewöhnt, dass es kein Zurück gab. Unerwartet versperrte ein tiefes Wasserbecken den weiteren Weg. Doch sie fanden ein paar schmale Trittsteine, welche sicher auf die andere Seite verhalfen. Als Miceyla mehr und mehr, bei der verschweigenden Anspannung anfing sich unwohl zu fühlen, sprach Genesis.

„Mir wäre wohler zumute, wenn ich vor dem Kampf noch etwas loswerde, ehe es dafür zu spät ist. Das ist mir sehr wichtig…“ Plötzlich stoppte er hastig und blickte drein, als sei sein Todesfeind vor ihm erschienen.

„Was gibt es denn…“, begann sie ruhig und hielt inne, sobald Genesis sie daran hinderte, ihren Weg fortzusetzen. Nicht lange brauchte es und Miceyla begriff weshalb. Dem Anschein nach, hatten beide das Herz der vermeidlichen Unterwelt erreicht. Unmittelbar vor ihnen befand sich ein gewaltiger, unergründlich tiefer Abgrund. Das erschreckende daran war, dass darüber unzählige Hulax flogen, die auftauchten und wieder verschwanden. Noch nie sah sie solch eine Anzahl, der Angst verzehrenden Dämonen auf einen Haufen. Und als wäre diese Tatsache nicht schon zum verzweifeln genug, schwebte in der Mitte der Schlucht ein funkelnd schwarzer Kristall, aus dem ununterbrochen neue Hulax erschienen. Kein Albtraum könnte jemals einen solchen Anblick übertreffen, der jegliche Hoffnung vertrieb.

„Das toppt jede Apokalypse…“, murmelte Genesis entgeistert und hielt sein Schwert bereit. Miceyla tat es ihm nach und ließ sich von dem Schrecken nicht beirren.

„Es ist so weit… Ich benutze Kristall Omega!“, sprach sie mit felsenfester Überzeugung, dass ihr Angriff erfolgreich sein würde.

„Nein, warte!“ Zu spät versuchte er sie davon abzuhalten.

Innerlich beschwor sie schon, einen Schritt weit von dem Abgrund entfernt, alle Licht- und Dunkelkristalle. Nach und nach erschienen diese aus ihrem strahlenden Schwert und bildeten eine kleine Gruppe schützender Helfer um sie herum. Mittlerweile nahmen die Hulax Miceyla ins Visier und umzingelten den Störenfried in Massen. Ihre Gedanken waren vollkommen auf den schwarzen Kristall in der Mitte gerichtet. Denn würde er zerstört werden, wäre damit der ewige Kreislauf, der neu erscheinenden Hulax endgültig unterbrochen. Genau wie beim Kampf gegen Ricredoris, gelang es ihr die volle Kraft aus den Kristallen zu schöpfen und mit ihrer eigenen zu vereinen.

„Kristalle des Lichts und der Dunkelheit, erhört meine Bitte und schenkt den verlorenen Seelen die Erlösung! Befreit sie von allem Leid und lasst sie Glück und Frieden erfahren! …Kristall Omega!“ Nach ihren energiereichen Worten, wurde das Funkeln eines jeden Kristalls, zu einem einzigen Lichtstrahl und schoss durch das Gewimmel der Hulax, auf den finsteren Kristall allen Übels zu. Bei dem heftigen Zusammenprall, begannen die Wände und der Boden zu beben. Einige Zeit verstrich, ehe Ruhe einkehrte. Sobald das helle Licht nicht länger Miceyla die Sicht nahm, erhaschte sie einen raschen Blick, ob ihr Zauberspruch seine Wirkung tat. Nur einen einzigen Herzschlag dauerte ihre Zuversicht an, dass sie meinte, jenes vollbrachte Werk wäre gelungen. Denn der Kristall zersprang in unzählige keine Splitter. Leider folgte darauf ein großes Entsetzen. Nachdem er vollends auseinander gefallen war, fügten sich die Einzelteile sofort von alleine wieder zusammen.

„D-das ist nicht wahr… Kristall Omega hat funktioniert… Es muss funktionieren… Los, mach schon!“, flehte sie bestürzt und ignorierte die ersten Angriffe der Hulax.

„Verdammt! War mir klar, dass es so endet!“ Genesis schirmte sie vor jeder Attacke ab und alsbald er eine Lücke entdeckte, die sich ihnen bot, floh er ohne nachzudenken mit der erstarrten Miceyla. Er wusste, er allein konnte die ausweglose Situation noch retten. Das es sich als schwierig erwies, eine einigermaßen geschützte Stelle zu finden, stand außer Frage. Durch Zufall gelang es ihm, sich gemeinsam mit ihr in einen kleinen Raum zu retten und schloss die Tür fast so schnell, wie er diese geöffnet hatte. Lange sollte das kein Hindernis mehr für die Hulax darstellen.

„Habe ich denn alles falsch gemacht…? Dank mir sind wir geliefert…“ Miceyla versank weiter in tiefer Verzweiflung. Genesis seufzte und strengte sich an, weiterhin die wertvolle innere Ruhe zu bewahren.

„Du bist ziemlich aufgewühlt, aufgrund allerlei Sorgen. Kein Wunder, dass du vergessen hast, was du eigentlich von uns am besten wusstest. Die Lösung liegt auf der Hand. Soeben wollte ich dir es noch sagen. Erinnerst du dich an das Opfer, für die Vollendung von Kristall Omega?“, verschaffte er ihr wieder Klarheit und vertrieb den Nebel, welcher ihre Erinnerungen umhüllte. Bei beiden Schultern griff er Miceyla sanft und sie packte wachgerüttelt seine Arme. 'Ein uralter Zauberspruch, noch nie gewagt zu sprechen. Ein Opfer er wird verzehren, eine zweite Chance aus ihm wird gebären…' Jene Stimme schallte klar und deutlich in ihren Gedanken wider.

„Nein…! Soll das etwa heißen, der Grund warum du ohne die anderen los wolltest war der, dass du dieses Opfer spielen kannst? Warum denkt ihr alle immer so verdammt egoistisch? Lasst einen einfach von Trauer zerfressen im Leben zurück. Was glaubst du, was mit mir geschieht, wenn ich nach Ayko auch noch dich verliere? Ich würde mich ohne zu zögern selbst opfern, wäre mir das nur erlaubt… Du bleibst bei mir! …Und wenn mein Wille den Untergang von Gaia bedeutet!“, sprach sie vorwurfsvoll in einem rauen Ton, eigentlich verbarg sich dahinter die pure Angst. Langsam löste Genesis sich aus ihrem Griff, lächelte einfühlsam und umschloss ihre Hände mit seinen.

„Herrje… Höre dir mal selbst zu. Dein Wunsch ist aber ebenfalls ganz schön selbstsüchtig. Gib acht, dass du nicht wie ich wirst… Nun lausche gut meinen Worten. Mein Entschluss steht längst fest. Ich will leben, an deiner Seite. Denke nicht einmal im Traum daran, ich würde dich einfach so im Stich lassen“, sprach er mit einer überzeugenden Stimme, bei der Miceyla nicht im Stande war, dessen Blickkontakt zu erwidern.

„Wenn deine Worte der Wahrheit entsprechen, beschreitest du aber gerade den falschen Weg…“, murmelte sie sichtlich beleidigt, trotz der Wärme seines liebevollen Geständnisses, das ihr Herz höher schlagen ließ. Er drückte ihren Kopf näher heran und sie konnte nicht anders, als seinen fordernden Kuss zu erwidern.

„Vertraust du mir? Ich habe mich entschieden, jetzt liegt es an dir, deine Wahl zu treffen. Für dich selber, deine Freunde und natürlich meine Wenigkeit. Lass uns…einen gemeinsamen Traum leben…“, flüsterte er ihr nach einer Weile ins Ohr und umarmte sie fest.

„Ich vertraue dir…immer… Egal wie lange es dauert, ich warte auf dich und…“ Völlig in Genesis’ Zärtlichkeit gefangen, brach sie weitere Worte ab. Sollte etwa ein weiterer Abschied folgen? Plötzlich zerrte ein entkräftender Sog an ihrem Körper.

„Wir haben nun wirklich all unsere kostbare Zeit verspielt… Wiederhole noch einmal Kristall Omega, nur dieses Mal konzentriere dich mehr auf mich und zerstöre dennoch den schwarzen Kristall. Das müsste genügen. Ich halte dir unterdessen die Hulax vom Leib! Auf geht’s!“ Noch während Genesis sprach, stürmte er wieder mit ihr in feindliches Gebiet. Miceyla machte ein verzweifeltes Gesicht. Alles geschah viel zu schnell. Tapfer hielt er gegen die Dämonen stand und erkämpfte ihnen den Weg zurück zum großen Abgrund. Dort angekommen, genügte ein Blick von ihm um zu wissen, dass nun der Augenblick für die zweite Chance, eines weiteren Angriffs gekommen war. Der allerletzte Versuch, endgültig. Eigentlich verweigerte sie dies, trotzdem vereinnahmten ihre Gedanken so intensiv Genesis, dass sie meinte, jeden einzelnen gemeinsamen Moment mit ihm noch einmal erneut zu durchleben. 'Zerstöre den Kristall! Zerstöre `nur` den Kristall!', ermahnte sie sich verbissen.

„Kristalle des Lichts und der Dunkelheit, vergebt mir mein vorschnelles Handeln und schenkt mir eure Unterstützung, welche die verdammten Seelen nach langem Zittern, in einen friedlichen, ewigen Schlaf schickt! …Kristall Omega!“ Ihr Verstand hatte sich wesentlich mehr aufgehellt und die Kristallkraft brachte einen noch eindrucksvolleren Lichtstrahl zustande, als zuvor. Im gleichen Moment wie der dunkle Kristall zersprang, wurde Miceyla unfassbar schwindelig und die Umgebung verschwamm vor ihren Augen.

Wieder komplett bei Sinnen, stellte sie fest, dass sie in die Höhle unter Banora zurückgekehrt war. 'Hoffentlich ist dies ein gutes Zeichen…' hoffte sie inständig und spürte sogleich den intensiven Sog eines Hulax. Mit schmerzerfüllter Miene sackte sie zusammen. Anscheinend waren ihre Kräfte, nach der zweimaligen Verwendung von Kristall Omega, völlig aufgebraucht. Da erschien wie ein flinker Schatten, eine Gestalt vor ihr und befreite sie mit einem großen Schwert, von ihrem ungnädigen Widersacher.

„Trage nicht immer die ganze Verantwortung alleine. Wir sind auch noch da. Du musst einfach nur die helfende Hand ergreifen, welche dich beschützen will. Zusammen sind wir unbesiegbar!“, munterte ihr Retter sie freundschaftlich auf.

„Cloud… Danke für euer Kommen…“ Miceyla sah all ihre Freunde gegen die Dämonen kämpfen und eine unbeschreibliche Erleichterung überfiel sie. 'Doch wo bist du, Genesis?' Mit rasendem Herzen und der Angst, ihn in der anderen Welt verloren zu haben, erhob sie sich hastig und suchte nach ihrem Geliebten. 'Bei Gaia, welch ein Glück!' Abseits der Kämpfenden, stand er bei der Statue von Göttin Minerva, die zu leuchten begann.

„Juchhu! Das war die letzte Bestie!“ Gerade wollte sie zu ihm eilen, da ertönte ein Freudenschrei von Cid.

„Wir haben gesiegt!“, rief Nanaki triumphierend.

„Die einzig wahren Sieger sind wir! Gewonnen, gewonnen!“, schloss sich Cait Sith dem Jubel an.

„Hoffen wir es mal…“, fügte Vincent still hinzu. War der Traum Wirklichkeit geworden, sollten auf Gaia nun wahrhaftig keine Hulax mehr vorzufinden sein? Noch konnte Miceyla das nicht recht glauben. Unter all dem Trubel bemerkte sie erst jetzt, dass das Strahlen von der Göttinnenstatue, auf den am Boden knienden Genesis übergegangen war. In nur wenigen Schritten raste sie zu ihm.

„W-was geschieht mit dir?“ Verängstigt wollte sie erst gar keine Antwort hören.

„Liebste Miceyla… Ich kann mich doch auf deine Worte verlassen, dass du immer darauf warten wirst, mich wiederzusehen. Verzeih mir den weiteren Schmerz, den ich deinem Herzen antue…“, flüsterte er lächelnd und genoss es, noch einmal mit der Hand über ihre weiche Wange streichen zu dürfen.

„Ja, es schmerzt…sehr sogar. Wie ungerecht, ich sagte doch, ich wolle das Schicksal ändern… Irgendjemand bleibt wohl ewig besiegt…“ An kein Wunder glaubte sie mehr und legte den Kopf auf seine Brust. Sie löste sich von all den vergangenen Träumen, die bislang ihr Schimmer am Horizont gewesen waren.

„Mein Freund, deine Sehnsucht ist der Quell allen Lebens, das Geschenk der Göttin. Und ist der Morgen auch ohne Hoffnung, nichts wird meine Rückkehr aufhalten. Der Tau zu werden,

das Land zu tränken, den Himmel zu benetzen, die Meere zu füllen, bringe ich dir dies stille Opfer dar… Seit ich dich wieder traf, sah ich kein einziges Mal dein bezauberndes Lächeln. Jemand der eine solche Schönheit besitzt, sollte man zu jeder Zeit lächeln sehen.“

'So etwas ähnliches, habe ich doch schon einmal gehört…', erinnerte Miceyla sich mit Tränen überfluteten Augen, an die Worte der Gasthauswirtin in Nibelheim.

„Danke, dass du mich akzeptiert hast, so wie ich bin. Ich hätte gerne mehr über dich und deine Herkunft erfahren… Wenn du mich sehr vermisst, lies darin. Das wird uns beide miteinander verbinden.“ Während seiner Abschiedsrede, legte Genesis sein Buch von Loveless in ihre Hände. Langsam aber sicher, wurde seine Gestalt durchsichtig und entglitt ihren Armen.

„Verlasse mich nicht, ich liebe dich! Alle lassen mich allein… Ich bitte darum das du… Wo auch immer du hingehen magst… Die drei Freunde müssen sich wieder vertragen, versprich es mir!“, flehte Miceyla zitternd.

„Das einzig wahre Geschenk der Göttin, bist und bleibst du für mich. …Denke daran, dass hier ist kein Lebe wohl, sondern nur ein Auf Wiedersehen…“ Seine letzten Worte erschallten, ohne das sie dabei sein Gesicht sehen konnte. Denn Genesis war verschwunden. Und sie fand es eigenartig, dass die Fäden des Lebensstroms ihn nicht umhüllt hatten, wie es bei Ayko der Fall gewesen war. Hatte Kristall Omega ihn etwa davon abgehalten und seine Seele an einen finsteren Ort gefesselt? Nicht länger dachte sie darüber nach und rannte an ihren Freunden vorbei, hinaus aus der Höhle. Der Sieg gegen die Hulax, schien ihr nichts zu bedeuten. Ihrer Meinung nach war es dafür nicht wert gewesen, ein solches Opfer darbringen zu müssen. Kopflos schnellte sie über die Wiesen von Banora und fiel in ihrem Wahn, eine felsige Klippe hinab. An dessen Grund blieb Miceyla bewusstlos liegen.
 

Warum soll ich aufstehen und weitermachen, wo ich doch schon weiß, dass ich wieder stolpern und hinfallen werde? Wozu also diese ganzen hart erkämpften Mühen? Wenn mir eigentlich bewusst sein sollte, dass irgendwo ein leichterer Weg auf einen wartet. Für mich ergibt das alles keinen Sinn, dass dies mein eigenes Ziel sein soll. Es macht mich weder glücklich, noch zufrieden. Gefangen bin ich, in einem Kreislauf, aus dem es kein Entkommen gibt. Meine Hände zittern, mein Herz ist so schwer. Ich weiß nicht mehr, was richtig und was falsch ist.

`Irgendwann wirst du deine Bestimmung finden. Irgendwann wirst du wieder lachen können. Irgendwann…` Alles Lügen!

Ich sehe nun, dass ich wieder am Anfang stehe. Oder ist es bereits das Ende? Die ewige Trauer und Einsamkeit verschlingt mich und zieht mich tiefer und tiefer hinab. Es gibt nur noch eines, auf das ich warte… Und das ist meine Erlösung.

Deine Legende bleibt unsterblich

„Ich kann es deutlich sehen, wenn ich meine Augen schieße… Soll ich es dir verraten?“ Hand in Hand standen Miceyla und Genesis beieinander, im Zwielicht des Sonnenuntergangs.

„Ja bitte, sage es mir. Denn ich möchte es ebenfalls sehen…“, bat sie ihn voller Freude.

„…Eine gemeinsame Zukunft. Du und ich auf ewig…“

„Genesis!“ Ihre Hand griff ins Leere, sobald er verschwand. Da erschien eine andere Gestalt dicht hinter ihr.

„Von dir allein ist es abhängig, wohin dich dein weiterer Pfad führen wird. Doch ehe du eine Entscheidung triffst, solltest du besser erst einmal wieder zu deinem wahren Ich zurückfinden. Noch ist das Ende der Reise nicht in Sicht…“

„Arjen…“
 

Miceyla versuchte langsam die Augen zu öffnen und hielt die Hand vor das Gesicht, denn sie war an kein helles Tageslicht mehr gewöhnt.

„Endlich bist du wieder erwacht. Seit einer Woche, sind meine Sorgen mit jedem Tag gewachsen… Wie fühlst du dich?“ Sie lag in einem Bett und drehte sachte im Liegen den Kopf, um die Person ausfindig zu machen, zu der diese ruhige Stimme gehörte.

„Vincent… Heißt das, ich war eine ganze Woche bewusstlos und…ah!“ Ihr Körper schmerzte fürchterlich und mit stetiger Geschwindigkeit, erinnerte sie sich an alles, was vor ihrem Fall von der Klippe geschah. Ein solch unangenehmes Gefühl ergriff von ihr Besitz, dass sie am liebsten mit dem Leben abgeschlossen hätte.

„Cloud und Tifa haben jeden Tag nach dir gefragt. Sie werden beruhigt sein, wenn ich ihnen Bescheid gebe, dass du aufgewacht bist. Und sei unbesorgt, der Kampf gegen die Hulax ist vorüber. Ganz Gaia spricht davon und feiert die Heldentaten von World Soldier. Nur weiß ich nicht, wie momentan dort die Lage aussieht. Das findest du am besten selbst heraus, wenn es deine Verfassung erlaubt“, teilte er ihr sachlich mit, ohne sie durch zu viele Einzelheiten verwirren zu wollen. 'Ich bin noch am Leben und wozu…? Nach Kalm gehen und die anderen Soldaten sehen, würde mich nur noch unglücklicher machen…'

Ich gehe dann jetzt. Bleibe du noch etwas liegen, sonst kippst du wieder um“, sagte er fürsorglich, damit sie ein wenig Ruhe fand und lief zu der Tür seiner Wohnung.

„Danke Vincent, für deine Hilfe. Alleine wäre ich längst verloren…“, meinte sie in ihrem teilnahmslosen Zustand.

„Wozu hat man denn Freunde? Denke daran, wie viel wir dir zu verdanken haben… Außerdem muss doch einer ein Auge, in deiner jetzigen Situation auf dich haben. 'Unsere vereinten Kräfte haben den Planeten gerettet…', dachte sie und schlief vor Erschöpfung erneut ein.

Drei ganze Stunden brauchte es, dann schaffte sie es sich aufzurappeln, um zu ihrer eigenen Wohnung aufzubrechen. Zum Glück war sie bereits in Edge und hatte keinen langen Weg zu laufen. Wehmütig nahm sie ihr Schwert, welches an der Wand angelehnt stand und schleppte sich mühsam davon. Nach kurzer Zeit, stand Miceyla in der altbekannten Wohnung. Nichts ließ dort auf eine Veränderung hindeuten.

„Meine Güte… Wie lange es her ist, dass ich das letzte Mal hier gewesen bin…“ Sie dachte an die Zeit zurück, wo sie noch keine Soldatin bei World Soldier war und Genesis und Ayko noch nicht kannte. All die Erfahrungen seitdem, hatten aus ihr einen neuen Menschen gemacht. Und durch die ganze Trauer nun, war sie nicht mehr sie selbst. Arjen lag richtig. Jetzt galt es den richtigen Weg für die Zukunft zu wählen.

Ein Tag nach dem anderen verging und Miceyla blieb in ihrer Wohnung, ohne Motivation irgendetwas Sinnvolles zu tun. Ihr war schlecht von den vielen Heiltränken, die, warum auch immer, ihre Wirkung verfehlt hatten. Das ihr Handy ständig klingelte, ignorierte sie obendrein ebenfalls. So durfte ihr Leben nicht weitergehen, dass war ihr durchaus bewusst. Miceyla nahm sich Leviathans Anhänger zur Hand und betrachtete diesen eine halbe Ewigkeit lang. 'Richtig, für mich gibt es noch etwas Wichtiges zu erledigen! Ich muss nach Fort Kondor zu Zalona. Doch will ich bei ihr nicht mit leeren Händen aufkreuzen, wo ich ohnehin schon eine schreckliche Nachricht überbringen werde… Ein Heilmittel benötige ich und wenn ich die Suche danach zu meiner neuen Lebensaufgabe mache! Ayko, ich verspreche dir mein Freund, dein letzter Wille wird mein Ziel sein und sorge dafür, dass Zalona in Zukunft mit einem glücklichen Lächeln weiterlebt!' Nun gut, es war beschlossene Sache, nur wo oder wie begann sie Ihre Suche? Noch nicht mal einen kleinen Anhaltspunkt hatte sie, worum es sich bei Zalonas Krankheit überhaupt handelte. Dennoch erinnerte Miceyla sich daran, wie Ayko damals von einer Makobehandlung sprach, wofür er so verbissen sparte. Diesem Hinweis würde sie zuerst nachgehen. Also war es an der Zeit, sich wieder in die Welt der Zivilisation zu wagen. Trotz aller Ereignisse, zog sie ihre eigene erste Klasse Uniform an, darin war ihr am wohlsten zumute. Draußen schlenderte sie durch die Straßen und überlegte, dass sie am besten einen Forscher der Medizin ausfragte. World Soldier war keine Option und so stand sie letzten Endes im Krankenhaus von Edge. Wie immer schien ein jeder sehr beschäftigt zu sein und Miceyla bekam Bedenken, ob sie überhaupt einen Forscher oder Arzt entbehren konnte. Keinen Erfolg hatte sie und lief wieder missmutig zum Ausgang.

„Suchen Sie etwas? Kann ich Ihnen möglicherweise weiterhelfen?“, bot ihr dann doch noch ein Mann in einem weißen Kittel, mit freundlicher Stimme seine Hilfe an.

„Vielen Dank, dass wäre wirklich sehr nett von Ihnen. Es dauert auch nicht lange“, bestätigte sie zufrieden.

„Gut, folgen Sie mir bitte in mein Büro, dort können wir in Ruhe reden.“

Sobald sie sich in seinem Arbeitszimmer befanden, stellte Miceyla ohne zu zögern ihre Frage.

„Die Sache ist die… Es gibt da jemanden mit einer, angeblich unheilbaren Krankheit. Leider kann ich Ihnen keine Angaben, über jegliche Symptome geben. Und ich hörte von einer Makobehandlung, die vielleicht hilfreich sein könnte. Kennen Sie sich damit aus?“ Mit wenig Hoffnung, wartete sie die Antwort des Arztes ab.

„Oh… Ich denke, ich bin darüber informiert was Sie meinen. Jene Behandlung existiert tatsächlich…“, hob er nachdenklich an. Ihre Augen begannen zu funkeln und sie bekam neuen Lebensmut.

„Ist das wahr? Ich kann es kaum glauben… Was würde mich so eine Prozedur denn kosten?“, fragte sie schließlich in ihrer Euphorie.

„Tja also das… Bitte nicht erschrecken… Sechs Millionen Gil…“ Miceyla blieb das Herz stehen.

„Sechs Millionen!“, wiederholte sie mit trockener Stimme. 'Welcher Normalsterbliche kann bloß solch eine Monstersumme bezahlen?' Zwar verdiente sie bei World Soldier nicht gerade schlecht, nur war ihr Verdienst weit von dieser Summe entfernt. Plötzlich überkam sie der Gedanke, ob sie eventuell Genesis’ Konto plündern sollte. Dort hatte sich bestimmt in seiner Zeit als General, so einiges angesammelt.

„Bedenken Sie wie kostbar Mako geworden ist. Aber ich muss Sie leider sowieso enttäuschen. Die Erfolgsaussichten, dass die Behandlung wirkungsvoll ist, liegen unter fünf Prozent. Und das Ergebnis kann noch schlimmere Folgen für den Patienten haben…“, ließ er ihre heimlichen Pläne jäh zerplatzen.

„Verstehe… Trotzdem danke. Auf Wiedersehen…“ Mit gesenktem Blick verließ sie das Krankenhaus, lief aus der Stadt hinaus, weg von allen Menschenmengen, hinaus in die Ödlandschaft um Midgar. Nach einem ziellosen Fußmarsch, erklomm sie einen hohen Felsen und ließ sich dort in Gedanken versunken nieder. Ihre Augen fixierten wie gebannt, die Ruinen von Midgar in einiger Entfernung. 'Genesis, wärst du nur bei mir… Wir würden gemeinsam nach einer Lösung suchen…' Mittlerweile brach die Abenddämmerung ein und der beschützende Sternenhimmel wachte über sie. Miceyla verließ die Kraft, noch länger gegen die Müdigkeit anzukämpfen und schlief einsam im Nirgendwo, mit einem gebrochenen Herzen ein.

Schläfrig öffnete sie nach einer Weile wieder die Augen und stellte fest, dass sie an einem anderen Ort war. Nur sah es danach aus, als ob weiterhin dunkle Nacht herrschen würde, Weit und breit war nichts und niemand zu sehen. 'Ein Traum…?' Da erschienen auf einmal die grünlichen Fäden des Lebensstroms und schlängelten sich zu ihren Füßen. Zur gleichen Zeit trat eine strahlende Frau auf Miceyla zu, die eine mächtige Aura besaß.

„Ich habe dich zu mir gerufen…“, erhob sie ihre gütige Stimme. 'Unmöglich! …Das…das ist doch Göttin Minerva! Werde ich etwa zu den Toten geholt?' Sie dachte, dass sie nun für ihre Sünden bestraft wurde und ließ es geschehen.

„Unendlich dankbar bin ich dir, dass du Gaia vor den Dämonen gerettet hast. Zwar gab es etliche Opfer, jedoch konnte durch dich Schlimmeres verhindert werden“, offenbarte Minerva mit einem ehrlichen Lächeln. Miceyla war einfach nur sprachlos.

„Ich…es war meine Pflicht dem Planeten zu helfen. Selbst wenn es mich das Leben gekostet hätte. Schließlich bin ich doch selbst an allem Schuld und habe hier rein gar nichts zu suchen…“, verspottete sie sich betrübt. Mit geschlossenen Augen schüttelte Minerva den Kopf.

„Rede nicht so einen Unfug. Ich kann dir bestätigen, dass du völlig unschuldig am Erscheinen der Dämonen bist. Und wem solltest du denn Glauben schenken, wenn nicht mir? Wer dafür die Verantwortung trägt, darf ich dir nicht sagen. Nur kannst du beruhigt sein, dass andere sich darum kümmern werden“, befreite die Göttin sie von ihren Selbstvorwürfen, welche sie ewig mit herum geschleppt hatte. Und Miceyla wusste nicht, ob sie nun erleichtert oder verwirrt darüber war.

„Mein liebes Menschenmädchen, wo du so viel Leid und Sorge auf dich geladen hast, möchte ich mich dir erkenntlich zeigen. Es gibt doch jemanden, den du von einer Krankheit befreien willst. Gehe nach Modeoheim, in einer alten Eishöhle existiert ein seltenes Erz, das noch nie zuvor einer entdeckt hat. Du brauchst es nur in Salzwasser aufzulösen. Aber Vorsicht, in normalen Wasser versagt die Kraft des Erzes.“ Ein Wunder war geschehen, eine neue Hoffnung erblühte in ihrer vollen Pracht. Miceyla stiegen Tränen der Dankbarkeit in die Augen, auch wenn sie bei der Erwähnung einer `Höhle` kurz zusammenzuckte.

„Ich weiß nicht was ich sagen soll… Danke, tausend Dank! …Ayko mein Freund, hörst du? Manchmal ist das Glück doch auf unserer Seite!“, dankte sie und fiel vor der Göttin im goldenen Gewand auf die Knie.

„Jetzt lebe dein Leben und denke daran, dass dieser Planet dich immer als deine Heimat willkommen heißen wird…“, verabschiedete Minerva sich und verschwand langsam.

Da dachte Miceyla daran, sie noch über Genesis auszufragen. Ob er im Lebensstrom war und ob sie ihn vielleicht eines Tages wieder sah. Dennoch blieben ihre Fragen unausgesprochen und es wäre wohl auch nach Minervas einmaliger Hilfe, zu viel verlangt gewesen. Wenn es das Schicksal wirklich wollte, würde sie mit der Zeit von alleine Antworten erhalten. Ja, es war unglaublich schwer, trotzdem musste sie lernen weiterzuleben und sich in Geduld üben. Nach ihrer unvorhergesehenen Begegnung mit Minerva, erwachte sie in der richtigen Welt und war mit einem kleinen Funken neuer Zuversicht beglückt worden. Der Morgen brach an und mit der schwindenden Dunkelheit, verabschiedete sich auch die Müdigkeit von Miceyla. Endlich hatte sie ein neues Ziel und dieses lautete Modeoheim!

Sogleich reiste sie hoch in den Norden und studierte ihren Standpunkt auf einer Karte ein, die sie immer zusammengefaltet in ihrer kleinen Tasche bei sich trug und sie stets auf den vielen Abenteuern begleitete. Ein eisiger Wind blies ihr unfreundlich in das Gesicht und verriet ihr, dass sie schon mal richtig sein musste.

„Noch nie zuvor bin ich in diesem Gebiet gewesen. Nicht einmal bei einer Mission…“, murmelte sie nachdenklich und betrachtete ausgiebig, die vor ihr ausgebreitete Landschaft, eines ewig andauernden Winters. Auf der Suche nach irgendeiner Eishöhle, stapfte Miceyla durch den hohen Schnee. 'Hier hält sich wahrlich keine Menschenseele freiwillig gerne auf…', dachte sie bekümmert, während sie eine Ansammlung von verlassenen Häusern erreichte, die denen eines Geisterdorfes glichen. 'Ob es hier wohl auch mal Hulax gab? Aber ohne Menschen…' Mittlerweile hatte sie Modeoheim mehrmals kreuz und quer durchforstet, fand jedoch einfach keine Höhle. Sie meinte, ihre Füße würden vor Kälte jeden Moment erfrieren. Minerva wollte sie doch etwa nicht in die Irre führen? Sobald sie unheilvolle Vorstellungen bekam, gab plötzlich der Schnee unter ihr nach und sie stürzte samt ihrem Untergrund kreischend in die Tiefe. Nach einem schmetternden Aufprall auf rutschigem Eisboden, erhob sie sich keuchend wieder. Um sie herum erleuchteten ihr etliche funkelnden Eiskristalle die Umgebung. Letzten Endes hatte Miceyla ihre Eishöhle, durch unwegsames Glück im Unglück gefunden. Doch sofort begann ihr ganzer Körper unaufhaltsam zu zittern. Das fürchterliche Trauma wollte sie wohl niemals mehr in einer Höhle verschonen. Da legte sich wie aus dem Nichts heraus, eine unsichtbare Hand auf ihre Schulter. Keine Gestalt sah sie und auch keine Stimme wollte folgen. Jedoch verschwand das Zittern vollkommen und sie war dazu befähigt voran zu laufen. 'Danke…' Die Eishöhle erwies sich als ein unterirdisches Labyrinth, indem alle Gänge identisch waren. Für sie gab es nichts, an dem man sich hätte orientieren können. Durch Zufall fiel ihr ein kleiner, zart rosafarbener Stein ins Auge, der in einer engen Felsspalte hervorblitzte und in all dem eisigen weiß und blau heraus stach.

„Das muss dieses besondere Erz sein!“, schlussfolgerte Miceyla erleichtert darüber, dass die ewige Suche ein Ende gefunden hatte. Nachdem sie das Erz in Händen hielt, ertönte dicht hinter ihr ein erschütterndes Brüllen. Geschockt fuhr sie herum und stand Angesicht zu Angesicht, einem riesigen bärenartigen Monster gegenüber. 'Wo kommt der denn so plötzlich her?' Noch ehe sie dazu bemächtigt war ihr Schwert zu ziehen, wurde sie von einer seiner monströsen, mit scharfen Krallen bestückten Vorderklauen gepackt und im hohen Tempo gegen eine harte Eiswand geschleudert. Mit verschwommenem Blick beobachtete sie unter pochenden Schmerzen, wie das Monster mit gefletschten Zähnen auf sie zu stapfte. Nach einem letzten innerlichen Gebet, hörte Miceyla widerhallende Schüsse hinter dem Monster und es wandte sich brüllend seinem neuen Gegner zu.

„Kannst du aufstehen?“ Ihr reichte eine vertraute Person seine Hand.

„Rufus! Aber was machst du denn an diesem Ort? Ich muss wohl träumen…“ Völlig perplex gelang es ihr durch Rufus’ Hilfe, wieder auf die Beine zu kommen.

„Gewisse Dinge erledige ich eben besser selbst…“, meinte er nur knapp.

„Auweia! Das wird jetzt mal so richtig eng!“ Noch eine vertraute Stimme hörte sie und sah wie Reno und Rude, sich gemeinsam einen mühsamen Kampf mit dem Bärenmonster lieferten, Was immer die kleine Gruppe hier zu suchen hatte, es wunderte Miceyla, dass Rufus seine Untergebenen nicht allein losschickte, sondern persönlich Taten sprechen ließ. Doch da wurde sie an dessen Vergangenheit erinnert. Und irgendwie bewunderte sie seinen Sinneswandel. 'Menschen können sich ändern, huh...?'

„Lange ist es her Rufus. Und…“ Ein panisches Kreischen von Reno unterbrach sie. Es sah nicht gerade gut aus für die beiden Turks. 'Ich muss ihnen helfen!' Leider war sie dazu noch zu geschwächt. Erneut ertönten Schüsse und ein neuer Kämpfer gesellte sich zu seinen Mitstreitern. Rasch beendete er mit einem heftigen Gnadenstoß den Kampf und rettete die beiden Verzagten aus ihrer misslichen Lage. Reno warf sich übertrieben stöhnend vor Erschöpfung auf den Boden.

„Bin dir echt was schuldig, Kumpel!“, bedankte er sich und machte eine winkende Handbewegung.

„Vincent! Du bist auch hier? Wieso? Ich verstehe das alles nicht…“ Verwirrt blickte Miceyla in die Runde ihrer schicksalhaften Retter. Normalerweise wäre dies ein Grund zum Lachen gewesen, nur konnte sie dies einfach nicht.

„Wir sind im geheimen Auftrag von World Soldier unterwegs. Leider wird nichts verraten!“, erklärte Reno mit zwinkerndem Auge.

„Ich höre wohl nicht recht. Es geht um World Soldier und `ich` darf es nicht erfahren? Und überhaupt… In letzter Zeit habt ihr etwas zu viel für meinen Geschmack, mit World Soldier zu tun… Ich komme darauf zurück, verlass dich drauf! Jedoch habe ich vorher noch etwas Wichtiges zu erledigen…“, sagte sie entschlossen und betrachtete das Erz, welches sicher in ihrer Tasche verstaut war. Da stand Reno auf einmal vor ihr und starrte verlegen Löcher in die Luft.

„Du…wegen neulich muss ich mich noch ordentlich entschuldigen. Ich habe den Umständen entsprechend falsch gehandelt. Aber für das was du erleben musstest, ist meine lächerliche Entschuldigung nicht ausreichend…“, gestand er leise. Verwundert sah sie ihn an.

„Reno…“, murmelte Miceyla seltsam beschwichtigend.

„Nimm diesen Trottel nicht zu ernst. Wenn er den Mund aufmacht, kommt eh nur Unfug bei raus. War schon immer so…“, kommentierte Rude gewissenhaft.

„Hey! Mach nicht all meine Bemühungen zunichte!“, schimpfte Reno daraufhin.

„Miceyla… Im Gegensatz zu anderen gefällt es mir nicht, Geheimnisse vor dir zu haben. Ich hätte nicht gedacht dich hier anzutreffen. Doch bin ich zuversichtlich, dass wenn du deine Aufgaben wieder aufnehmen kannst, es die besser gehen muss und ich dich mit einem zur Hälfte gutem Gewissen, wieder öfter alleine lassen kann. Nun gut… Also was ich hier mache… Es gab Gerüchte, dass es hier angeblich noch Überreste von Hulax geben soll. Ich hielt dies nach unserem erfolgreichen Kampf für schier unmöglich und fand glücklicherweise heraus, dass dieses Gerücht nicht der Wahrheit entsprach… Und anscheinend bin ich nicht der einzige, der etwas davon hörte…“, erzählte Vincent die unheilvollen Neuigkeiten und tauschte einen tiefgründigen Blick mit Rufus aus, von dem man nicht sagen konnte, ob er feindlicher oder freundschaftlicher Gesinnung war.

„Das ist richtig…“, bestätigte Rufus kühl.

„Oh Mann, Leute! Immer müsst ihr alles verraten“, klagte Reno mit verdrehten Augen. Da kehrte in ihr die pure Angst zurück.

„H-Hulax!... Bitte lass es wie du sagtest Vincent, nur ein Fehlschluss sein! Ich bin sehr dankbar, dass ich mich auf eure Unterstützung verlassen kann… Aber mal was anderes, wie seid ihr hier eigentlich hineingekommen? Seid ihr auch `hinabgestürzt`? Langsam will ich mich mal auf den Weg machen…“, erkundigte sie sich nach einem möglichen Ausweg, um aus der Höhle raus zu kommen.

„Hinabgestürzt? Ne, wir sind ganz bequem durch den schmalen und gut versteckten Eingang hier ganz in der Nähe gekommen. War ganz leicht!“, meinte Reno angeberisch.

„Von wegen… Stundenlang haben wir mit Suchen verbracht…“, berichtigte Rude seinen Freund und Arbeitskollegen.

„Klappe!“, konterte Reno schnippisch. 'War ja klar… Ein solches Missgeschick passiert wieder nur mir…'

„Dann gehe ich mal…“ Da Miceyla erreicht hatte, weshalb sie hergekommen war, zog sie schweigsam von dannen und entfernte sich von der Gesellschaft ihrer alten Bekannten.

Wie sehr war es ihr Wunsch gewesen, nie mehr den Begriff Hulax hören zu müssen. Doch wenn es wirklich nur leere Gerüchte waren, sollte sie das nicht länger beunruhigen. Außerdem hätte ihr Amulett sonst als Warnung geleuchtet.

Froh darüber, endlich der Eiseskälte entkommen zu sein, füllte sie unterwegs etwas Salzwasser aus dem Meer in eine Flasche und tat den kleinen rosa Stein hinein. Sofort löste dieser sich auf und färbte das Wasser komischerweise in ein glitzerndes Grün. 'Hoffentlich wirkt das auch. Gesund sieht das nicht gerade aus…', dachte sie besorgt und wollte dennoch Minerva Vertrauen schenken. Ohne Hast erreichte sie am frühen Nachmittag Fort Kondor und musste sich erst einmal auf das neue Klima umstellen. 'Bei der Hitze wünsche ich mir das kühlende Eis zurück…' Zwar kannte Miceyla Fort Kondor recht gut, nur war sie noch nie in Aykos Heimatdorf gewesen. Sie irrte trotz dieser Tatsache nicht umher, denn in der brütenden Schwüle, kam ein zaghafter Wind auf. Ein Wind, der sie zu führen schien und sie begleiten wollte. Als wäre Ayko selbst gekommen, um gemeinsam mit ihr sein Dorf zu besuchen. Das Versprechen, welches er nie einlösen würde.

„So lange habe ich auf diesen Tag gewartet! Die Arbeit bei World Soldier hat uns ja auch immer aufgehalten, ha, ha! Zalona, du und ich, wir können über so vieles reden und lachen. Es macht mich glücklich zu wissen, dass du ihr eine gute Freundin sein wirst! Das braucht sie nämlich. Ich bin zu selten bei ihr… Aber jetzt wird sich alles ändern! Ein neues Leben beginnt! Für uns zwei erste Klasse Soldaten von World Soldier. Keiner wird unsere Taten jemals vergessen!“

Das würde ihr bester Freund wahrscheinlich in diesem Moment sagen. Die Worte entsprangen ihrer Vorstellung und dennoch meinte sie, diese tatsächlich gehört zu haben. Weinend fiel sie auf die Knie und vergrub die Hände in dem Sand. Die glühende Hitze wollte ihre Haut verbrennen, doch sie ertrug den Schmerz.

„Ayko… Ich will nicht ohne dich in dein Dorf gehen… Und wie grausam ist es wohl, der armen Zalona zu sagen das…“ Plötzlich sah sie in der Ferne Häuser aufragen und stand nun unmittelbar ihren Sorgen gegenüber. Böen mit Sand wirbelten um Miceyla, als sie das kleine Dorf erreichte. Vor ihrem geistigen Auge erschienen zwei kleine Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Beide rannten lachend Hand in Hand in das Dorf hinein. Ihr Herz schrumpfte zusammen, bei dem Anblick der glücklichen und unbefangenen Kinder. Die beiden verschwanden wieder und schienen von dem aufgewirbelten Sand davongetragen zu werden. 'Ayko…Zalona…' Schweren Herzens betrat Miceyla sein Heimatdorf und sah sich nach einer Person um, die sie ausfragen konnte. Als erstes traf sie auf einen jungen Mann, der schwere Wasserkrüge schleppte.

„Entschuldigen Sie, ich würde gerne ein Mädchen namens Zalona besuchen, welches hier leben soll. Wissen Sie vielleicht, wo ich sie finden kann?“, fragte sie höflich und hoffte, dass keiner sie als zu sonderbar erachtete. Doch der Mann strahlte herzlich.

„Ah, unsere liebe Zalona! Na klar, du gelangst zu ihrem Haus, wenn du einfach hier geradeaus läufst, bis zum äußersten Rand des Dorfes. Dort wohnt sie mit ihrem Vater zusammen. Und solltest du sie dort nicht finde, schaue im Gewächshaus in der Nähe von ihrem Zuhause vorbei“, half er ihr freundlich weiter.

„Danke, dann finde ich sie bestimmt ganz schnell.“ Nach der Auskunft des Mannes, stand sie früher als gedacht vor Zalonas Haus und zögerte erneut. Zur Beruhigung lief sie etwas umher und gelangte wie von alleine zu besagtem Gewächshaus, aus dem gerade ein Mädchen mit langen hellbraunen Haaren trat.

„So, genug für heute…“, murmelte sie lächelnd. Miceyla blieb wie angewurzelt stehen, als ihre beiden Blicke sich trafen.

„Bist…bist du Zalona?“, erkundigte sie sich und wusste auch schon vor einer Antwort, dass sie es sein musste.

„Oh ja, dass bin ich! Und du? Ein Gürtel von World Soldier… Sag bloß du bist Miceyla! Die tapfere Kriegerin, die immer an der Seite von meinem Ayko kämpft! Ach, wie viel er mir von dir erzählt hat. Jetzt darf ich dich endlich einmal selbst kennen lernen!“ Das warme Strahlen von Zalonas Lächeln, löste ein Gefühl in ihr aus, dass sie nicht zu beschreiben vermochte. Und es machte Miceyla ganz verlegen, wenn sie darüber nachdachte, was Ayko Zalona wohl alles über sie erzählt hatte. Sie betrachtete Aykos Freundin genauer. Ihr Gesicht war unglaublich hübsch, aber ihr Körper sah so dünn aus, dass sie Angst bekam, das Mädchen würde jeden Augenblick in sich zusammenbrechen.

„Gehen wir doch in mein Haus und machen es uns gemütlich!“, schlug Zalona trotz ihres schlechten Befindens heiter vor.

„Das ist wirklich sehr freundlich von dir… Dennoch will ich dir nicht zu viele Umstände bereiten… Ich habe ohnehin nicht vor lange zu bleiben…“ 'Mein Herz erträgt diese Tragödie einfach nicht…', fügte sie in Gedanken noch verbittert hinzu.

„Wenn du meinst… Trotzdem ein wenig schade“, meinte Zalona ohne dabei ihre Heiterkeit zu verlieren.

„Also… Zu erst einmal möchte ich dir das hier geben. Wahrscheinlich wirst du mir nicht glauben, aber dies ist ein Heilmittel, welches dich von deiner Krankheit erlösen wird. Wie es dazu kam ist eine lange Geschichte… Ich weiß, dass man der Person vertrauen kann, die mir dabei geholfen hat. Deshalb verspreche ich dir, dass du auch zuversichtlich sein kannst, dass dieses Heilmittel seine Wirkung zeigt. Denn ich glaube fest daran!“ Während sie sprach, überreichte sie ihr die Flasche mit dem aufgelösten Erz. Leicht zitterten Zalonas Hände, als sie die rettende Flüssigkeit in Empfang nahm. Das Leuchten einer nicht wahr haben wollenden Überraschung, begann in ihren braunen Augen zu glühen.

„Mein ganzes Leben lang… Immerzu suchten wir nach einer Hoffnung. Nur existierte sie nicht… Obwohl ich meine Zukunft selbst hätte verändern können… Und nun wird es wahr. Ein Wunder ist geschehen! Oh Miceyla, du musst wahrlich ein Engel sein, vom Himmel herabgestiegen, um das Schicksal der Menschen zum Guten zu wenden. Ich kann meine Dankbarkeit nicht in Worte fassen…“, sprach sie mit Freudentränen und konnte ihr Glück kaum glauben.

„Nicht doch, nicht doch!... Diese Aufgabe ist meine Pflicht gewesen… Für Ayko…“ Der Moment der schmerzvollen Wahrheit war gekommen, auch wenn das glückliche Mädchen ihr Herz erwärmte.

„Der Kampf gegen die Hulax, war für uns alle ein langes und ermüdendes Unterfangen… Es…es gab zu viele Opfer… Wir hätten uns noch besser vorbereiten müssen, um dies zu verhindern. Ich wünschte, ich könnte alles ungeschehen machen… Was würde ich nur dafür geben… Wenn ich bei Ayko geblieben wäre…dann…er…er würde jetzt hier bei uns stehen und niemals…“, stotterte sich Miceyla unbeholfen die richtigen Worte zusammen und schien nicht in der Lage zu sein, den ausschlaggebenden Punkt auszusprechen. Da hielt Zalona plötzlich ihre Hand.

„Quäle dich nicht länger. Jeder von uns, hat seinen für sich bestimmten Pfad beschritten. Ebenso du und Ayko. Wir müssen das akzeptieren. Und wenn ich darüber nachdenke, dass Ayko dank dir sein Soldatenleben endlich richtig genießen konnte und eine glückliche Zeit bei World Soldier verbrachte, kann ich noch weiterhin lächeln. Dasselbe gilt für dich. Der Schmerz in deinem Herzen, darf nicht über dein weiteres Leben bestimmen. Denn die Träume derer, die uns nahe stehen, dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Das sollte Grund genug sein, um aufrichtig weiterzuleben…“, sprach Zalona mit unübertreffbarer Zuversicht. Wachgerüttelt weiteten sich die Augen von Miceyla vor Erstaunen. 'Sie weiß über Aykos tragisches Schicksal Bescheid… Die Kunde wird das Dorf wohl schon früh erreicht haben… Dann wissen es sicher auch seine Eltern…' Sie hatte erwartet, in Fort Kondor ein kränkliches junges Mädchen vorzufinden. Doch stattdessen stand vor ihr eine willensstarke, tapfere junge Frau. Nur, war diese immense Stärke gesund, seine überwältigende Trauer zu verbergen? Das würde sie selbst als ziemlich schwach dastehen lassen, da sie ihre Emotionen an jedem Ort und zu jeder Zeit zeigte. Aber eines stand fest, tief im Innern litten sie beide auf die gleiche Art.

„Mir fällt ein… Bevor ich wieder gehe, muss ich noch etwas seinem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben…“ Ihre eigenen Tränen zurückhaltend, holte sie die Kette mit Leviathan hervor und hielt sie Zalona entgegen.

„Hm… Nein. Es ist schön, dass seine Reise noch weiter geht. Ich brauche die Kraft von Leviathan nicht länger. Du bist es, die Ayko als seinen nächsten Träger ausgewählt hat. Überlege gut, ob du ihn behältst oder weitergibst…“ Zufrieden lief Zalona an der etwas durcheinander geratenen Miceyla vorbei.

„Vergiss nie, Aykos Seele lebt in Leviathan weiter. Er wird dir auf ewig nah sein…“, flüsterte sie noch zum Abschluss, ehe sie weiter zu ihrem Haus lief.

„Ja… Du hast Recht… Ayko… Er ist ein Held…“ Vielleicht war es bloß eine flüchtige Einbildung, jedoch lächelte Miceyla tatsächlich und drückte sie Kette fest ans Herz, während sie Zalona hinterher sah, wie sie im Haus verschwand.

Miceyla schnappte sich den ersten Chocobo den sie fand und ritt in einem raschen Tempo, zurück Richtung Norden. Und zwar nicht nach Edge, sondern nach Kalm zu World Soldier. Nicht länger konnte sie vor allem Unangenehmen davonlaufen und musste mit eigenen Augen sehen, wie es den Soldaten nach dem Kampf erging. Auf dem Weg dachte sie daran, dass sie Leviathan noch nie zu Gesicht bekommen hatte, seit sie dessen Anhänger besaß. Aber möglicherweise war sie seiner Kraft nicht würdig?

Am Abend traf sie dort ein, dass Gebäude wurde schon hell erleuchtet. Ein Gefühl der Einsamkeit begleitete Miceyla, als sie den Ort betrat, an dem die Reise für sie begonnen hatte und zu ihrem zweiten Zuhause geworden war. Dort fühlte sie sich anerkannt und verstanden. Und war stolz, ihre Hilfe in etwas Gutes zu investieren. Jetzt meinte sie, einen leeren und verlassenen Ort vorzufinden, bloß die Erinnerungen überlebten. Eine Todesstille herrschte. Die Soldaten knieten vor den aufgehängten Bildern und selbst errichteten Denkmälern, ihrer gefallenen Kameraden. Die Flamme des voller Tatendrang trotzenden Kämpferwillens war erloschen. Erstaunte Blicke bekam sie zugeworfen, während sie mit gesenktem Kopf, langsam durch das Foyer schritt. Leises Gemurmel ertönte und bewies, dass doch noch ein Funken von Leben in den Soldaten steckte.

„Sagt allen Soldaten, sie sollen in die große Versammlungshalle kommen!“, kündigte sie laut an, woraufhin alle Mitglieder von World Soldier nur folgsam nickten. Anscheinend wussten sie nicht recht, wie sie auf ihr plötzliches Auftauchen reagieren sollten. Verwundert entdeckte Miceyla bevor sie den Aufzug erreichte, ein wenig weiter entfernt Rufus und bekam mit, wie er einigen Soldaten Befehle erteilte, welche diese nur widerwillig befolgten. Die Turks waren um ihn versammelt. Miceyla ließ vom Aufzug ab und lief zu Rufus. 'Wie oft treffe ich die eigentlich heute noch? Sind die mittlerweile hier eingezogen?' Sie empfand es jedoch als sinnlose Kraftverschwendung, darüber verärgert zu sein.

„Na Leute, habt ihr es euch hier bequem gemacht? Lasst mich raten: Wir müssen den Soldaten zeigen wo es lang geht! Wir handeln stets im Auftrag von World Soldier!“, zog sie die ehemaligen Arbeiter von Shinra gewollt auf und war gespannt darauf zu erfahren, was dieses Mal die Beweggründe von Rufus waren.

„Sieh an wer gekommen ist! Dich hätte ich hier gar nicht erwartet!“, meinte Reno und klopfte ihr zur Begrüßung auf den Rücken.

„Ach, Außenstehende sind also eher willkommen, als Angehörige von World Soldier. Traurig wie sich die Zeiten ändern…“, neckte sie ihn und war froh, dass sie sich wieder gut mit ihm verstand.

„Und da Genesis anscheinend nicht mehr da ist, kannst du ja jetzt bei Rufus…“ Reno wurde sofort durch Miceyla, von einem unbarmherzigen Faustschlag in den Magen unterbrochen.

„Ich…ich habe nie etwas gesagt…“, keuchte er und versuchte gezwungenermaßen zu lächeln. Rufus trat vor Reno und wies ihn mit einer Handbewegung an, er solle sich zurückhalten.

„Du selbst siehst, wie hier die Lage aussieht. Jemand muss für Recht und Ordnung sorgen. Ich kann nicht länger untätig bleiben. Da du allerdings momentan die einzige erste Klasse Soldatin bist und du mich rausschmeißen willst, werde ich mich dem fügen“, berichtete er gelassen. Nachdenklich schloss Miceyla die Augen. Nun sollte sie eine Entscheidung treffen, die über das weitere Wohl von World Soldier entscheiden würde.

„Rufus… Gerade jetzt nach dem Kampf, braucht die Welt weiterhin einen Hoffnungsfunken, der sie beschützt und leitet. Übel und das Böse werden auf ewig im Verborgenen schlummern. Aus diesem Grund muss World Soldier stark bleiben. Daher Rufus, gebe ich dir die einmalige Chance zu beweisen, wie ernst es dir damit ist, deine vergangenen Fehler und die von Shinra generell, wieder gut zu machen. Keiner braucht dafür eine offizielle Zeremonie, damit ich dir hiermit mitteile, die Führung von World Soldier zu übernehmen. Leite diesen neuen Soldatenkonzern, nenne dich seinen Direktor oder Präsidenten, dass ist mir völlig gleichgültig. Nur sei dir darüber im Klaren, dass dich hier vorerst niemand mit einem freundlichen Lächeln begrüßen wird. Das Vertrauen und die Anerkennung, musst du dir zuerst verdienen. Zeige mir, dass ich meine Wahl später nicht bereuen werde und ich mich auf dich verlassen kann. Und denke daran, nicht nur ich werde deine Handlungen, mit einem scharfen Auge überwachen!“ Ihre Worte wählte sie mit Bedacht und wartete auf die Reaktion, des ehemaligen Shinrapräsidenten. Keiner der Turks sagte etwas, selbst Reno hatte es die Sprache verschlagen.

„Du überraschst mich immer wieder aufs Neue… Zugegeben empfinde ich mich nicht gerade als würdig, diesem Posten gerecht zu werden. Doch ehrt es mich, deine Anfrage anzunehmen. Dein Soldatenstolz verrät mir, dass du dies nicht aus Verzweiflung tust, sondern wirklich an die Zukunft von World Soldier denkst und mir vertraust. Noch kann ich dir nichts versprechen, dennoch gebe ich mein Bestes, um mit den Soldaten zu kooperieren und sie zu unterstützen“, ging er pflichtbewusst ihrer Bitte nach und reichte ihr zur Besiegelung, mit einem ehrlichen Lächeln die Hand. Schweigend gaben sie sich die Hand und Miceyla erwiderte sein Lächeln. Anschließend wollte sie endlich einige Worte an ihre Kameraden richten.

„Ich glaube es nicht… War das jetzt ein Antrag?“ Der unangebrachte Kommentar von Reno, ließ sie noch einmal herumwirbeln und versetzte ihm einen zehnmal so kräftigen Faustschlag wie den vorherigen, an dieselbe Stelle.

Nach kurzer Zeit kam sie in der Versammlungshalle an, in der bereits alle Soldaten anwesend waren. Sie lief durch den in der Mitte freigemachten Gang, zum anderen Ende des Raumes, von wo aus sie alles überblicken konnte. Geduldig verharrten die niedergeschlagenen Soldaten in der Stille. 'Zack, ich habe nicht vergessen, weshalb ich hier hergekommen war…' Noch einmal tief Luft holend ging Miceyla in sich.

„Kameraden, Freunde von World Soldier, wir sind alle sehr bedrückt. Doch nur dank unseres Zusammenhaltes, haben wir die Hulax besiegt. Es ist unvermeidlich, dass die Trauer um unsere gefallenen Verbündeten, uns ein Leben lang begleiten wird. Unsere Aufgabe besteht darin, zu einem Licht und Wegweiser für kommende Generationen zu werden. Neue junge Mitglieder werden sich World Soldier anschließen. Lasst uns ein vortreffliches Vorbild sein und sie lehren, wie wichtig der Glaube an die eigenen Träume ist und die Ehre eines Soldaten aufrecht zu erhalten. …Vielleicht werdet ihr mich jetzt nicht recht verstehen…aber… Vergessen wir niemals jene Legende… Zwei Helden, einander nie begegnet, ihr Leben führt auf das gleiche Schicksal zu. Zwei Herzen, das eine frei und voller Lebensfreude, das andere mit Zweifeln und Sorgen gefüllt. Die Fäden des gleichen Traumes verbinden sie miteinander. Ein Held zu werden scheint für beide so fern. Jemand erinnert sie mit Bedacht an deren Bestimmung. Das Leben erfüllt ihnen den Traum, doch nur für einen hohen Preis. Im Lebensstrom kreuzen sich ihre Pfade. Alles löst sich auf, wird in neue Energie umgewandelt. Es sagt den beiden, sie haben alles richtig gemacht, sie sind Helden geworden…“ Berührt hörten die Soldaten ihrer Geschichte zu und erkannten, dass ihr Weg noch lange nicht sein Ende erreicht hatte.

„Wir verstehen, was sie uns damit sagen will, oder?“

„Das was sie sagt entspricht der Wahrheit!“

„Schließlich sind wir Soldaten von World Soldier!“

Es war erfreulich, dass sich alle untereinander Mut zusprachen.

„Ähm… Miceyla, wahrscheinlich magst du die Frage nicht hören… Aber…was ist eigentlich mit Genesis passiert? Wird…wird er wiederkommen?“, erkundigte sich ein Soldat vorsichtig. Die Erwähnung seines Namens, traf sie mitten ins Herz.

„Das…kann ich leider nicht beantworten… Ich hoffe nur…“ Ihre Stimmer versagte und sie wollte noch immer an Genesis’ hoffnungsvolle Worte glauben.

„Mich würde da ebenfalls etwas interessieren. Kehrst du nun offiziell nach World Soldier zurück? Uns würde das sehr froh machen… Denn du bist…also…“, sprach ein anderer und ihm war es irgendwie peinlich weiter zu reden. Sein neben ihm stehender Kamerad stupste ihn aufmunternd an.

„Sag schon! Wir denken alle genauso!“, flüsterte dieser grinsend.

„…Für uns bist du eine Heldin!“, endete der Soldat dann entschlossener als er begann und die anderen lächelten zustimmend. 'Ach verdammt… Wieso sagst du mir so etwas? …Auch wenn ich es hören wollte… Danke, ich danke jedem einzelnen von euch. Ihr seid auf dem richtigen Weg.' Miceyla wischte sich die Tränen von den Augen.

„Ich bin noch nicht dazu bereit… Gebt mir Zeit. Da sind viele Dinge, über die ich nachdenken muss… Und lasst euch nicht von Rufus ärgern, hört ihr? Zögert nicht und beschwert euch, im Notfall auch bei mir. Bis dann, danke das ich ein Teil von World Soldier sein durf…sein darf.“ Nach ihren letzten Worten, verließ sie die Halle und lief in Gedanken versunken an den Apartments und dem Trainingsraum vorbei. Danach noch an all den Orten, die sie an ihre aufregende Zeit hier erinnerten. 'Ayko…Genesis… Besser ich gehe schleunigst, sonst…' Miceyla erschrak, als sie plötzlich kehrt machte und zwei wie aus dem Nichts auftauchenden Soldaten gegenüberstand.

„Verzeih, dass wir hier einfach so herumgeistern. Aber wir suchten nach dir. Bestimmt kennst du uns, wir waren enge Kameraden von Ayko und außerdem…beim Kampf in Nibelheim dabei…“

„…Und die einzigen Überlebenden… Deshalb sind wir der lebende Beweis für Aykos aufopfernde Heldentaten! Es war unser Wunsch dir das mitzuteilen!“ 'Die…die beiden haben überlebt… Ayko… Eine Katastrophe kann der Anfang von etwas Neuem sein. Man muss nur gründlich genug suchen…' Glücklich sah sie die zwei an und klopfte ihnen gleichzeitig auf die Schulter.

„Lebt…lebt für ihn weiter. Eure Tapferkeit ist gewaltig, wenn ihr trotz den fürchterlichen Dingen die ihr erleben musstet, stolze Soldaten von World Soldier bleibt“, meinte sie herzlich und fand, dass sich beide eine ganz besondere Anerkennung verdient hatten.

„Und…wir waren bei Aykos Grab. Es wurde an einer Oase in Fort Kondor errichtet. Gehe dort hin und spreche dir alles von der Seele. Dein guter Freund wird dadurch lächeln und dir zuhören, davon bin ich überzeugt!“
 

Und so verschlug es Miceyla am darauf folgenden Morgen, noch einmal nach Fort Kondor. Nicht lange brauchte sie und vor ihr erschien die einzige Oase die es dort gab.

„Unglaublich! Welch schöner Ort! Und ein solch großer See, inmitten einer Wüste!“, staunte sie und fand Aykos Grab am Boden zwischen zwei Palmen. Sie lächelte, als ihr die liebevoll dort gepflanzten Blumen auffielen, auch wenn der Kummer dabei von ihr Besitz ergriff. 'Ich habe nun für dich und Zalona getan, was ich tun konnte. Hoffentlich kannst du jetzt in Frieden ruhen…', betete sie still und wünschte sich seine Stimme hören zu können.

Plötzlich wurde hinter ihr das Wasser im See unruhig und der Anhänger von Leviathan begann zu leuchten. Unvorbereitet drehte sie sich um und erlebt mit, wie der echte Leviathan aus dem kristallklaren Wasser hervorkam und Wassertropfen auf sie nieder regnen ließ. Dadurch entstand in seinem Hintergrund ein riesiger Regenbogen. 'Dies ist also der treue Freund und Begleiter von Ayko gewesen…' Völlig in dessen Bann gezogen, bekam sie keinen Ton heraus.

„Ich denke du stimmst mir zu, dass es keinen passenderen Zeitpunkt hätte geben können, damit wir uns einmal begegnen. Von Anfang an beobachtete ich, wie das Band zwischen euch stärker wurde und eine ganz besondere Freundschaft entstehen ließ. Das Band zweier Herzen, die eine lange Reise gemeinsam gemeistert haben und selbst die Sterblichkeit nicht aufhalten kann. Veränderungen sind eingetreten und nun stehst du vor mir an seiner Stelle. Und ich hoffe, die Zweifel von meinem kleinen Ayko, leben nicht weiter in dir fort…“, begrüßte Leviathan sie mit vollstem Verständnis, für all die prägenden Geschehnisse, welche auf ihren Schultern lasteten.

„Leviathan! Es erfüllt mich mit großer Freude, dir endlich mal begegnen zu dürfen. Bei dieser Gelegenheit muss ich dir einfach danken… Und nein, die Zweifel wurden erfolgreich von Ayko und mir vertrieben. Ein siegreicher Kampf hinterlässt dennoch oft seine Spuren…“, sprach sie wehmütig zu ihm.

„Deine klaren Augen verraten mir, dass du bereits weißt, ob du meine Kraft in Anspruch nehmen wirst oder es über dich bringst, einen Teil deiner kostbaren Erinnerungen loszulassen“, durchschaute der Schutzgott Wutais sie. Miceyla lächelte entschlossen.

„Ja, dass ist bereits entschieden. Die Reise geht weiter, möge sie auch für jeden von uns, in unterschiedliche Richtungen verlaufen…“ Sie holte einen Brief hervor und grub ihn vor Aykos Grab ein. Fest glaubte sie daran, dass ihre Worte, egal wie fern er auch sein mochte, ihn erreichen würden.
 

Versprechen einer Freundschaft
 

Die Tränen küssten meine Wangen,

als ich war gefangen,

in einer Vergangenheit gefüllt von Reue und Boshaftigkeit.
 

Unsere Sorgen wollten sich verbergen,

in einer Nacht ohne Morgen.
 

Sie trugen mein Herz hinfort,

sie, die Sterne,

zu einem fernen Ort.
 

Ein letztes Mal ich wünsche mir zu sehen,

dein Lächeln,

dann du kannst endlich gehen.
 

Deine Seele mit mir weint,

als ein neuer Schimmer vor mir erscheint

und ich wusste es war nur gut von dir gemeint.
 

Der Klang deiner Stimme mich zu dir rief

und ich eifrig weiter lief.
 

Das Zeichen unseres Versprechens,

du hast mein Wort,

das ich niemals darüber zu jemanden werde sprechen.

Das Vermächtnis lebt weiter

„Ich bin der Held und ihr seid die Bösewichte. Gegen mich habt ihr keine Chance!“

„Das ist unfair! Immer darfst du der Held sein!“

„Genau! Deine Regeln sind blöd, weil wir verlieren müssen. Dann sollen die Bösen auch mal gewinnen!“

„Wenn ihr meine Anweisungen nicht befolgt, muss einer als Strafe Sephiroth spielen!“

„Psst! Nicht so laut!“

Miceyla saß allein auf einer Bank in Edge und beobachtete belustigt ein paar spielende Kinder. Der Endkampf gegen die Hulax lag nun schon drei Monate zurück. Langsam gewöhnte sie sich wieder an einen normalen Alltag. Des Öfteren erledigte sie Aufträge gemeinsam mit Cloud oder half Tifa in der Bar aus. Ihr Leben von vor der Zeit bei World Soldier, schien zurückgekehrt zu sein. Zwar stimmte es, dass Miceyla die Gesellschaft ihrer Freunde gut tat, doch rückte eine Entscheidung näher. Nämlich ob sie Gaia verließ und ihre Pflichten in der eigenen Welt wieder aufnahm. Aber war es nicht feige, nur zu gehen weil die schmerzvollen Erinnerungen sie fesselten? Schließlich gab es auf jedem Planeten denselben Kreislauf. Dieses fürchterliche Gewissen plagte die tagtäglich.
 

Der Ort zu dem mein Herz gehört
 

Hier laufe ich nun allein,

denke darüber nach wie es wohl wäre ein Held zu sein.

Da kam ich zu dem Schluss,

das es einfach so sein muss.
 

Sieh mich an, noch immer renn ich hinter Verlorenem her,

obwohl ich weiß mein Inneres ist leer.

Meine Rufe kamen nicht an,

dabei versuchte ich so stark zu sein wie ich nur kann.
 

Vergaßen denn alle des Helden wahre Geschichte,

wie eine Erinnerung die sich schweigend unter uns mischte?

Doch vernahm das Leben seinen gewohnten Lauf,

die Sonne ging weiterhin jeden Morgen auf.
 

Etwas Wichtiges fiel mir plötzlich ein,

zuerst schien es unscheinbar und klein.

Der Ort wo mein Herz hingehört,

die Gewissheit welche sich langsam gegen mich verschwört.
 

Nun kam der finale Augenblick

Und ich wählte meine Zukunft mit Geschick.
 

Eine Entscheidung ist immer ein Abschied und ein Neuanfang zugleich.
 

„Endlich hab ich dich gefunden, du kleine Träumerin!“ Miceyla meinte einen Herzstillstand zu bekommen, als sie plötzlich jemand von hinten umarmte.

„Yuffie! Du meine Güte hast du mich erschreckt!“, meinte sie lachend und seufzte, dass es hier mit einem solchen Wildfang, wohl nie langweilig werden würde.

„Schnell, komm zum Seventh Heaven! Ich konnte durch mühevolle Arbeit alle versammeln! Es gibt eine Überraschung! Los!“, sprach Yuffie aufgeregt und zerrte sie von der Bank hoch.

„Ja, ja! Widerstand ist zwecklos!“ Damit wurde sie spielerisch gezwungen, an der Seite von Yuffie zum Seventh Heaven zu sprinten. Tatsächlich stellte sich heraus, dass alle Mitglieder von AVALANCHE dort versammelt waren.

„Wer sagt’s denn! Und wir dachten bereits, du seist unauffindbar!“, meinte Cid vergnügt.

„Findet hier ein wichtiges Gruppentreffen statt? Hab ich was verpasst?“, fragte Miceyla neugierig.

„Keine Sorge. Yuffie hatte lediglich eine ihrer verrückten Ideen…“, beschwichtigte sie Vincent.

„He, was heißt denn hier verrückt? Mein außergewöhnlicher Einfall war es, endlich unseren Sieg gegen die Hulax zu feiern! Mit einer riesengroßen Feier! Und zwar in Banora! Alles ist schon vorbereitet!“, verkündete Yuffie stolz.

„Meinst du das sei klug, ausgerechnet Banora?“, warf Cloud ein und sah Miceyla besorgt an. 'Vielleicht ist das gar nicht so verkehrt, noch einmal Banora zu besuchen. Dies könnte mir dabei helfen, einen endgültigen Entschluss zu fassen.'

„Nein, kein Ort wäre so wundervoll wie Banora. Ich freue mich sehr, zusammen mir euch ein Fest zu feiern. Wir haben es uns alle verdient!“, willigte sie lächelnd ein.

„Ja! Party, Party!“ Die ganze Gruppe lachte bei den Freudenrufen von Cait Sith.
 

„Hach… Ist das nicht herrlich? Und welch angenehm warmes Wetter! Muss wirklich schön sein hier zu leben!“, sprach Tifa entspannt und legte einen Arm um Miceyla.

„Oh weh… Ich glaube wir ziehen bald aufs Land!“, meinte Marlene während sie Blumen pflückte belustigt. Noch am selben Tag waren sie mit dem Luftschiff nach Banora geflogen. Die Gruppe hatte so viel leckeres Essen besorgt, dass sie dem nicht widerstehen konnte und kurz davor war zu platzen. Ihre Feier lockte einige Dorfbewohner an, die sich dank Yuffies redefreudiger Art dazu gesellten und nach und nach wurden es mehr. Eigentlich wäre Miceyla lieber mit ihren Freunden unter sich gewesen, dennoch war nichts gegen ein lebhafteres Treiben einzusetzen. Eine Abwechslung musste auch mal sein.

„Ha, ha! Was wohl Cloud von dem Landleben halten würde? Nach all den Jahren in einer Großstadt, wieder in ein Dorf…“, lachte Miceyla und obwohl sie von Heiterkeiten umgeben war, bekam sie ein wehmütiges Gefühl. 'Apropos, wo steckt Cloud überhaupt?', fragte sie sich in Gedanken und versuchte heimlich etwas Abstand zu der Gruppe herzustellen, um unbemerkt jenen Hügel hinauf zulaufen, an dem sie damals gemeinsam mit Genesis den Sonnenuntergang betrachtet hatte.

„Na, suchst du ein wenig Ruhe von dem Trubel?“ Da erschien Cloud plötzlich neben ihr und beide setzten sich in das weiche hohe Gras.

„Und du ebenfalls, was? …Ich bin dir und Tifa sehr dankbar, dass ihr immer so verständnisvoll seid. In der letzten Zeit, war es bestimmt oft nicht so einfach mit mir. Bin ich eigentlich wirklich wieder ich selbst und werde ich es jemals wieder sein?“, sorgte sich Miceyla bekümmert und wusste, dass es darauf wohl eher keine genaue Antwort gab.

„Ich wünschte mir, dass niemals einer meiner Freunde, ähnliche Erlebnisse wie ich durchstehen müsste. Doch trägt jeder sein eigenes schweres Schicksal im Herzen. Keiner kann einem vorschreiben, wie er sich in tragischen Situationen verhalten soll. Auch wenn wir uns verändern, prägt dies unsere Persönlichkeit. Wir sind alle für dich da und helfen einander. Nichts weiter zählt, oder?“ Sie lächelten sich an und bestätigten somit, dass sie derselben Meinung waren. Es war wahrhaftig das größte Glück, seine Sorgen mit einer Person zu teilen, die einen richtig verstand. Enthusiastisch stand Miceyla auf und schritt davon.

„Wo gehst du hin?“, fragte Cloud verwundert.

„Ein wenig spazieren“, teilte sie ihm knapp mit. In Wahrheit geht es dir doch überhaupt nicht gut. 'Dein Lächeln, ist es nicht bloß aufgesetzt? Ich weiß ganz genau, wie es in dir aussieht…', dachte Cloud besorgt und betrachtete den fernen Horizont.

In ihren Vorstellungen lief Genesis neben ihr her und hielt ihre Hand. War sie dazu verdammt, nur noch davon träumen zu dürfen? Auf einmal entdeckte Miceyla jemanden nicht weit von ihr entfernt und musste zwei Mal hinsehen um festzustellen, ob sie es sich nicht einbildete.

„Arjen! …Nach all der Zeit… Jetzt während dem Frieden nach dem Sturm erscheinst du. Wie typisch“, sprach sie ihn sofort an und konnte ihr Erstaunen kaum verbergen. 'Wie merkwürdig… Ich sehe die mir eigentlich vertrauteste Person wieder. Und dennoch… Es fühlt sich an, als hätte ich meine wahre Herkunft weit hinter mir gelassen.'

„Wenn ich hier so stehe und die Landschaft betrachte, kann ich sehr gut nachempfinden, wie es dir ergeht. Man vergisst seine Pflichten, ist frei… Deine Augen…wie trüb sie geworden sind. Liegt dir diese Welt noch immer am Herzen? Du hast deine Aufgabe auf diesem Planeten mit Bravur gemeistert. Aber, wo ist dein wahrer Platz? Unsere Welt ruft nach dir. Lass mich dich nach Hause führen, zurück zu deiner Bestimmung und…zu mir. Katero ist schon stinksauer, ha, ha!“ Seine Stimme war so sanft, die Worte die er sprach, so unglaublich gütig und seine Hand, welche er zu ihr ausstreckte, hatte etwas Beschützendes. Trotz all dieser Tatsachen, hielt sie ein unbekanntes Gefühl davon ab mit ihm zu gehen und flüsterte ihr zu, dass sie bereits Zuhause sei.

„Wie grausam ich doch immer zu dir bin… Nie gibst du auf und kommst zu mir zurück… Verdiene ich diese Freundlichkeit? Mit dir habe ich in meinem Leben mehr erlebt, als mit all meinen Freunden auf Gaia zusammen. Sobald sich unsere Wege trennten und ich merkte, wie einsam ich bin… Meine Absicht war auf keinen Fall die Flucht! Aber wo bist du gewesen? Das was ich durchstehen musste war einfach…“ Sie schüttete ihm ihr Herz aus und wollte sich in seine beschützenden Arme werfen, tat es jedoch nicht. Seine Wärme würde sie nicht mehr erreichen. Bruder und Schwester waren sie beide, dass Schicksal hatte dies so eingefädelt.

„Dann willst du deine Heimat nie wiedersehen und…“

„Nein, ich weiß. Das ist nicht möglich. Wir Lucassener haben eine Prophezeiung zu erfüllen. Dem kann ich mich niemals widersetzen. Nur…etwas hält mich noch hier. Ich werde danach suchen…“, unterbrach Miceyla ihn und wurde sich dieser Wahrheit schmerzlich bewusst. Arjen wandte sich langsam von ihr ab und folgte mit seinen glänzend grünen Augen, den zaghaften Meereswellen, wie sie an das Ufer schwappten.

„Auch ich werde die Hoffnung nicht aufgeben. Schließlich haben wir uns das beide gegenseitig beigebracht. Und sollte es auch Ewigkeiten dauern, wir sehen uns wieder. Bleibe wachsam, Ricredoris wird erneut für Unruhe sorgen. Sei darauf vorbereitet…“ Das waren die letzten Worte, ehe er mit einem Lächeln verschwand. Dahinter verbarg sich das Verlangen, sie noch einmal in die Arme zu schließen. 'Arjen… Du bleibst auf ewig ein Teil von mir…' Geistesabwesend spazierte sie weiter und bemerkte erst jetzt, wie es langsam zu dämmern begann. Die Sonne färbte sich in ein kräftiges Rot und erleuchtete das Meer in dessen Flammenfarben. Plötzlich erhaschte Miceyla auf einem höher gelegenen Hügel, mehrere Gestalten. Waren es bloß die Schatten der Palmen oder Lichtsilhouetten der sich verabschiedenden Abendsonne? Sie rannte dort hin, um besser darüber urteilen zu können. Da traute sie ihren Augen kaum, als die Gestalten ganz deutlich zu erkennen waren, wenn auch etwas durchsichtig.

„Zack…Aerith… Und…“ Ja, es war kein Traum, ihre Geister erschienen und daneben tauchte auch noch Ayko auf. Die drei lachten miteinander und sahen unbeschreiblich glücklich aus. Miceyla glaubte davon zu schweben, sobald Ayko sich von seinen neuen Freunden abwandte und sie mit einem solch strahlenden Lächeln ansah, dass für sie zu seinen Lebzeiten verborgen geblieben war.

„Du hast Zalona gerettet. Danke Miceyla. Lass dich von deinen Träumen, in eine wundervolle Zukunft führen. Vergiss mich nicht, so wie du mir für immer in Erinnerung bleiben wirst…“ Diese Worte genügten, um ihr gebrochenes Herz zu heilen. Sie spürte seine tröstenden Arme, die sich um sie legten und wusste, dass ihre Freundschaft niemals enden würde. Nun lächelten Zack und Aerith sie ebenfalls zum Abschied an und verschwanden abermals in ihrer neuen Heimat, dem Lebensstrom.

„Ayko…“ Tränen trübten ihre Sicht und direkt erschienen neue Gestalten. Dieses Mal Angeal und Sephiroth. Seite an Seite liefen sie mit dem Rücken zu Miceyla hinfort. Dabei fiel ihr wieder etwas ein. 'Die drei Freunde sollten sich doch vertragen! …Genesis…wo bist du?' Ganz unscheinbar, fast kaum zu erkennen, erschien er hinter den beiden. Er lief seinen alten Freunden nicht nach, sondern blieb alleine zurück. Einen kurzen Augenblick lang, sah er sie wie gebannt an.

„Ich sagte doch… Das ist kein Lebe wohl, sondern nur ein auf Wiedersehen…“ Seine Lippen formten sich zu einem liebevollen Lächeln, bevor er zusammen mit der Sonne verschwand.

„Genesis! Nein, warte!“ Hastig eilte sie zu ihm und wollte ihn am Fortgehen hindern. Aber sie rannte durch die Leere und stürzte kurzerhand zu Boden.
 

Ein paar Tage später, ging Miceyla ihrem gewöhnlichen Alltag in Edge nach, konnte dabei jedoch nicht das Ereignis in Banora aus dem Kopf verdrängen. Das Erscheinen von Genesis’ Geist beschäftigte sie rund um die Uhr. Gerade bog sie in der Nähe wo Cloud und Tifa wohnten, in eine Seitenstraße ab und gelangte zu einem freien Platz, auf dem Denzel alleine Schwertübungen trainierte.

„Du bist aber fleißig bei der Sache! Hallo Denzel!“, begrüßte sie ihn ausgelassen, beim Anblick seines Tatendrangs.

„Oh, Miceyla! Hab dich gar nicht kommen sehen! Cloud hat mir schon wahnsinnig viel beigebracht. Von ihm erhielt ich auch dieses Schwert. Großartig, oder?“, erzählte er stolz mit leuchtenden Augen. 'Sein Blick gleicht dem von Ayko…', erkannte Miceyla und dachte darüber nach, ob dies bloß eine Einbildung war.

„Dein Schwert gefällt mir, es passt gut zu dir! …Und wie groß du geworden bist! Wir sind beinahe auf Augenhöhe!“ Denzel wurde wegen ihrem Kompliment rot und fuhr sich verlegen durch die Haare.

„Und weißt du was das Beste ist? Nächstes Jahr darf ich World Soldier beitreten! Ich bin bereits angemeldet!“, verkündete er freudestrahlend. 'Dann geht jetzt wohl auch dein Traum in Erfüllung…' Guten Gewissens holte Miceyla die Kette von Leviathan hervor und betrachte sie ein letztes Mal zum Abschied.

„Lange habe ich nachgedacht. Doch bin ich der Meinung, dass es keinen besseren Nachfolger für die Kraft Leviathans gäbe, als dich. Sieh es wie eine Art Willkommensgeschenk, dass du nun zu unseren Reihen der Soldaten gehörst. Behalte immer dein aufrichtiges Herz und deinen Mut. Aus dir wird ein ehrenvoller Krieger werden, daran glaube ich. Leviathan begleitet dich von dem heutigen Tag an auf deinen Reisen und schenkt dir seine Weisheit. Gehe klug mit dessen Kraft um und lerne die Verantwortung davon zu übernehmen. Und wenn die Zeit gekommen ist, wirst du einen nächsten Träger auswählen. Sein vorheriger Besitzer ist niemand anderes als Ayko gewesen“, übertrug sie dem Jungen seine zukünftige Aufgabe und somit das Vermächtnis ihres verstorbenen besten Freundes. Denzel zitterte am ganzen Leib, er musste ungemein aufgeregt sein.

„D-das gehörte Ayko? A-aber ist das denn nicht viel zu wertvoll für mich? Schließlich hast du ihn wesentlich besser gekannt, im Gegensatz zu mir…“, gestand er sich ein und dennoch sah sie ihm unverkennbar an, dass in Denzel Erwartungen an seine bevorstehenden Abenteuer schlummerten,

„Ayko bleibt in meinem Herzen, daran wird sich nichts ändern, egal was passiert. Lebe du seinen Traum weiter. Damit machst du mich sehr glücklich, denn dank dir geht jene Geschichte noch weiter und gerät nicht in Vergessenheit.“ Vorsichtig nahm er ihr die Kette ab und legte sie sich an. Er fühlte sich wie ein neuer Mensch, wie neugeboren.

„Danke! Ich trainiere hart, damit du stolz auf mich sein kannst und Ayko es auch sein würde! Niemanden werde ich enttäuschen, dass verspreche ich! Diesen besonderen Tag präge ich mir gut ein!“ Lebhaft schwang Denzel während er sprach, dessen Schwert durch die Luft. 'Jetzt siehst du wie ein echter Soldat aus. Willkommen Denzel. Mögest du deine eigenen Träume und Ehre, auf der langen Reise eines Soldaten finden…' Lächelnd schloss sie die Augen. Eine weitere Last war von ihren Schultern genommen worden.

Epilog

Ich legte das Buch von Loveless zurück auf den Schreibtisch und nahm den Plan von Mideel zur Hand. Schnell schnappte ich mir noch mein Schwert für alle Fälle und stieß gut gelaunt die Wohnungstür auf, welche ich lächelnd hinter mir schloss.
 

Miceyla eilte die kurze Treppe hinunter und vor ihrer Haustür erwartete sie eine Überraschung.

„Cloud! Du bist ja schon da!“ Er wartete geduldig mit seinem Motorrad Fenrir auf sie.

„Hallo Miceyla! Ich kam sowieso gerade bei dir vorbei. Wir können sofort los. Und danke das du mitkommst. Was bin ich froh, wenn ich die Verhandlung mit diesen Typen hinter mich gebracht hab… Komm, steig auf!“, sprach er fröhlich und schien sichtlich erleichtert über ihre Begleitung zu sein.

„Ha, ha! Das glaub ich dir gerne! Jeder Job birgt eben seine Schattenseite“, meinte sie verständnisvoll und schwang sich hinter Cloud auf das Motorrad. In raschem Tempo brausten sie in Richtung Süden und Miceyla genoss dabei die wärmende Sonne, welche auf sie herab schien.

„Momentan sind solche streitlustigen Kerle, dass einzige worüber man sich Sorgen machen muss… Hulax stören uns ja zum Glück nicht mehr“, meinte Clou dann irgendwann mit einem Funken Ironie.

„Ein halbes Jahr ist es nun schon her… Ich hoffe nicht noch einmal jemals einem Hulax begegnen zu müssen…“ Sie konnte ihre Ängste kaum vor der Vorstellung unterdrücken, sollte das Gegenteil eintreffen.

„Und obwohl wir nun in einer Welt frei von Hulax leben, trägst du noch immer dein Amulett“, erkannte Cloud und war darüber jedoch kein bisschen verwundert.

„Glaube mir, ich werde nie mehr eine Höhle ohne es betreten!“

Nachdem die zwei eine Fähre übers Meer genommen hatten, dauerte es nicht lange und sie kamen am Zielort an. Cloud hielt vor einer kleinen Hütte mitten in Mideel.

„Hier sollen wir uns treffen. So lautete die Abmachung. Also dann Miceyla, hoffen wir auf eine friedliche Verhandlung…“, sagte er seufzend und sie gab ihm grinsend einen aufmunternden Klaps auf die Schulter. Gerade als er an die Tür klopfen wollte, wurde diese auch schon aufgerissen.

„Aha, da ist der Bursche!“ Ein kräftiger breitschultriger Mann stand nun vor ihnen und blickte grimmig zu seinen Besuchern hinunter. Miceyla schluckte und rückte näher an Cloud heran. Sie hatte den Eindruck, der Kerl sei mindestens zwei Köpfe größer als sie beide. Drei weitere Männer mit derselben Statur gesellten sich dazu.

„Ich bin gekommen…“, hob Cloud ruhig an, wurde aber jäh unterbrochen.

„Ja, ja! Komm rein und lass uns das Geschäftliche besprechen! Die Kleine darf ebenfalls rein!“, empfing sie der erste Mann grummelig. Kurz darauf änderte sich die Situation komplett. Cloud saß mit den vier Männern zusammen an einem Tisch und sie tranken und lachten laut. Da Miceyla nicht wagte, sich ihnen anzuschließen, stand sie ein wenig abseits an einem Fenster und sah hinaus. 'Ich wette Cloud hätte diesen Wandel selbst niemals erwartet…' Ihr wurde langweilig und sie fühlte sich fehl am Platz. Weil sie gerade in Mideel war, bekam sie plötzlich einen Einfall. Banora lag nur einen Katzensprung entfernt. Ein kleiner Abstecher zu ihrem Lieblingsort… Was sollte dagegen einzuwenden sein? Seit der Feier war sie nicht mehr dort. Cloud kam ganz offensichtlich gut allein zurecht und die `geschäftliche Besprechung` würde noch einige Zeit andauern. Heimlich schlich Miceyla sich nach draußen. Strahlend rannte sie durch den Regenwald und am Meeresufer entlang. Völlig außer Atem kam sie in Banora an. Anschließend verschlug es sie erneut unbewusst auf jenen Hügel. Nicht mehr lange und die Sonne würde unter gehen. 'Ich sagte, dass ich etwas suchen wolle… Nur was genau? Oder…warte ich nicht viel eher darauf, dass irgendetwas passiert?' Nachdenklich suchte sie im Sitzen den fernen Horizont, nach einem Zeichen ab, welches wohl nie kommen sollte.

„Na, genießt du mal wieder die schöne Landschaft? Darf ich mich zu dir gesellen?“

'Komisch… Bin ich schon so sehr in meinen Tagträumen vertieft, dass ich bereits die Stimme von Genesis höre?' Miceyla musste lachen, um die drohende innerliche Trauer zu überwinden. Dennoch blickte sie verstohlen umher, ob nicht doch wieder ein Geist erschienen war. Tatsächlich fand sie jemanden unter einem Weißbanora-Apfelbaum, in einiger Entfernung stehen. Hastig wandte sie den Blick wieder ab. Ihr Herz begann zu rasen, ihre Hände zitterten. 'Ich…ich muss träumen… Nie und nimmer ist das…' Langsam stand sie auf und drehte sich vorsichtig zu der Person herum. Ohne das sie es verhindern konnte, kamen ihr die Tränen.

„Genesis… Bist…bist das wirklich du? Sag mir bitte, dass ich nicht träume…“, hauchte sie mit dünner Stimmer.

„Wenn ich es nicht bin, wer soll den sonst zu dir zurückgekehrt sein? Und weder du noch ich träumen gerade, dies kann ich dir versichern.“ Mit einem Lächeln rannte Genesis auf Miceyla zu und auch sie lief wie beflügelt in seine Richtung, bis sich beide endlich in die Arme schließen konnten.

„Liebste Miceyla! Ich bin so glücklich! Du hast wirklich auf mich gewartet!“, sprach er gefühlvoll und unendlich erleichtert. Nach einer langen innigen Umarmung, sahen sich die zwei mit leuchtenden Augen an und sie konnte die Wiedervereinigung kaum fassen.

„Ein Leben lang hätte ich auf dich gewartet! Genesis, du bist es leibhaftig! Aber wie konntest du Kristall Omega überleben? Das ist mir ein Rätsel… Und dennoch ist es mir gleichgültig. Hauptsache du bist hier.“ Nie wäre es ihr in den Sinn gekommen, davon zu träumen, noch einmal solches Glück erfahren zu dürfen. Sanft legte er seine Hand auf ihren Kopf.

„Eines Tages erzähle ich es dir… Jetzt ist das noch nicht so wichtig. Wir werden genug Zeit haben und du kannst mir auch alles über dich erzählen. Ich gab dir ein Versprechen und werde es halten. Niemand wird mich daran hindern!“, meinte er geheimnisvoll und ihre Freude war viel zu groß, als das sie hätte beleidigt sein können.

„Ist gut… Wirts du…wieder ein Soldat von World Soldier werden?“, fragte Miceyla neugierig, wie er sein Leben von nun an fortführen wollte.

„Wer weiß… Was auch immer kommen mag, ich gehe den Weg mit dir gemeinsam.“

„Ja… Eine Zukunft…“, begann sie flüsternd.

„…Nur wir beide.“ Nach seinen Worten schloss er die Augen und küsste sie genauso hingebungsvoll auf die Lippen, wie er es beim ersten Mal an diesem zauberhaften Ort getan hatte.

Frieden hält nie ewig. Erneut werden Schwierigkeiten, dass Leben von Miceyla auf eine harte Probe stellen. Jedoch bedachte sie, dass sie an der Seite von Genesis, jeder neuen Herausforderung gewachsen wäre. Da ging eine Reise im zarten Abendrot des Sonnenuntergangs zu Ende und ebnete den Pfad, für den Beginn einer weiteren Geschichte…
 

Die Reise von Helden und ihre Zukunft
 

Nun fand eine Reise sein Ende

und seht die wahrhaftige Legende!

Dir und mir erblüht ein neuer Anfang,

unsere Zukunft so befreiend und lang.
 

Doch werd ich den Blick nicht abwenden,

vom schweren Schicksal welch liegt in meinen Händen.

Erinnerst du dich wie wir für Träume und Ehre kämpften und rangen?

Unglaublich das wir dabei gewannen!
 

Lass mich mit dir fortfliegen

und mögen all unsere Hoffnungen und Wünsche siegen.

Gemeinsam werden wir die verlorenen Träume leben,

das wohlverdiente Glück der Welt uns nehmen und anderen geben.
 

Von Helden wird heut noch immer viel gesungen.

Mein Freund du bleibst auf ewig in meinen Erinnerungen.
 


 

Final Fantasy VII

After Crisis
 

Ende



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Kommentare zu dieser Fanfic (37)
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Von:  DarkRapsody
2017-03-29T21:03:00+00:00 29.03.2017 23:03
Ich habe jetzt in einem Stück bis hier her gelesen und finde es richtig inspirierend und gar nicht schlecht! Da ich mal von anderen eine Final Fantasy FF mit OC lesen wollte kam ich zu deiner und naja hier bin ich :D
du hast wirklich gute Ideen und dieses Klischee nicht gemacht, dass der Charakter deiner Wahl dann sofort dem OC verfallen ist, sondern eine gute Story geflochten.
Soweit finde ich es gut und freue mich wenn du weiterschreibst ^^ Also kein Druck, ich kenne das schreiben selbst, aber ich bin inspiriert, vielen Dank irgendwie XD
Grüße, DarkRapsody
Von:  fahnm
2016-06-19T19:00:33+00:00 19.06.2016 21:00
Ein Super Kapitel
Mach weiter so
Von:  fahnm
2014-09-07T21:21:12+00:00 07.09.2014 23:21
Spitzen Kapi^^
Von:  fahnm
2014-07-07T20:40:03+00:00 07.07.2014 22:40
Hammer Kapi^^
Von:  Leanne_Crescent
2014-07-07T14:19:42+00:00 07.07.2014 16:19
schööönes Kapitel :D
Von:  fahnm
2014-02-02T01:05:33+00:00 02.02.2014 02:05
Super Kapi^^
Von:  fahnm
2014-01-04T21:37:30+00:00 04.01.2014 22:37
Spitzen Kapi
Von:  Leanne_Crescent
2014-01-04T16:16:40+00:00 04.01.2014 17:16
Süßes Kapitel :D Ich bin wirklich gespannt darauf wie es weiter geht :)
Ich will wirklich wissen wo sie hingerufen wird D:
LG ^^
Von:  fahnm
2013-12-08T21:20:26+00:00 08.12.2013 22:20
Schönes Kapi^^
Freue mich aufs nächste.
Von:  Leanne_Crescent
2013-12-08T10:49:04+00:00 08.12.2013 11:49
was sieht err? >.< xDD Ich will es auch wissen :D Ich finde das Kapitl coo mit der Reise :D Damit war nicht wirklich zurechnen :) Schönes Kapitel :D


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