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I don´t want to become his Wife!

von

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"Lady Lynn? Seid ihr immer noch nicht aufgestanden?"

Mit einem Stöhnen zieht Lynn sich ihre Bettdecke über den Kopf. "Verschwinde, lass mich weiterschlafen."

"Aber Lord Hunsington wünscht euch zu sehen. Er erwartet euch umgehend in seinen Räumen."

"Großvater?" Erschrocken springt Lynn aus dem Bett, stürmt zur Tür und reißt sie auf. "Warum zum Teufel hast du das nicht sofort gesagt, Lyra? Du weißt genau, wie sehr er es hasst, wenn ich unpünktlich bin." Ohne ihre Antwort abzuwarten, läuft sie zu ihrem Kleiderschrank und zieht wahllos ein Kleid heraus. Während sie es anzieht und gleichzeitig schon zur Kommode weiterhüpft, beginnt Lyra herzlich zu lachen, bis ihr die Tränen kommen. "Ihr solltet euch jetzt mal sehen."

"Lyra!" Langsam dreht Lynn sich um. "Du hast mich hereingelegt! Na warte!" Sie greift sich ihre Bürste und wirft sie nach ihrer Dienerin.

Lyra neigt den Kopf zur Seite, die Bürste prallt neben ihr gegen die Wand und fällt zu Boden. "Tut mir leid", entschuldigt sie sich, während sie die Bürste wieder aufhebt. "Aber euer Großvater hat wirklich nach euch gefragt. Er hat sich gewundert, dass ihr noch im Bett liegt."

Seufzend kehrt Lynn zum Bett zurück. "Ich kann ihm doch nicht schon wieder erzählen, dass ich mich nicht wohlfühle."

"Ist es denn wirklich notwendig, dass ihr euch so oft nachts aus dem Haus schleicht und durch die Stadt streift?"

"Wenn ich Pandora beitreten will, muss ich noch einige Erfahrungen sammeln. Und die Mitglieder auf ihren Patrouillen zu begleiten, gehört dazu."

"Und wann wollt ihr es eurem Großvater sagen? Irgendwann müsst ihr es tun, das wisst ihr."

"Darüber mache ich mir Gedanken, wenn es so weit ist." Lynn unterdrückt ein Gähnen. "Kannst du mir jetzt hier mal helfen?"

"Natürlich." Lyra geht zu ihr und schließt die unzähligen Knöpfe am Rücken ihres Kleides.
 

Als die beiden Frauen die Treppe hinuntergehen, verlässt Georg gerade den Speisesaal. "Da bist du ja. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, dass es dir schon wieder schlecht gehen könnte."

"Entschuldige, Großvater. Ich habe nur nicht besonders gut geschlafen."

"Nun ja, ich wollte eigentlich etwas mit dir besprechen. Aber leider muss ich jetzt dringend weg. Bis zum Nachmittagstee werde ich aber wieder zurück sein." Er drückt seiner Enkelin einen Kuss auf die Wange und verlässt das Haus.

Nachdenklich bestreicht Lynn ihr Brötchen mit Butter und Konfitüre. "Worüber könnte er wohl mit mir sprechen wollen? Hast du vielleicht eine Ahnung?"

Lyra gießt ihr gerade Tee ein. "Ich weiß es leider nicht. Ihr müsst euch wohl gedulden, bis ihr es von ihm erfahrt."

"Nein, ihr braucht nicht zu warten", ertönt eine Stimme unter dem Tisch.

Beide Frauen tauschen einen Blick und heben gleichzeitig die Tischdecke an. Zum Vorschein kommt ein frech grinsendes Gesicht mit einem weißen Haarschopf.

"Was machst du hier?" Ungläubig starrt Lynn den Diener ihrer guten Freundin Sharon Rainsworth an. "Und wie bist du überhaupt hier hereingekommen? Mein Grovater wird ausflippen, wenn er erfährt, dass jemand von Pandora in unserem Haus war."

"Macht euch nur keine Sorgen, niemand hat mich gesehen." Break krabbelt unter dem Tisch hervor und hüpft auf die Tischplatte, schlägt die Beine übereinander. "Ich wollte eigentlich nur sehen, wie es euch geht. Letzte Nacht seid ihr ja auf einen illegalen Contractor gestoßen."

"Ist das wahr?", unterbricht Lyra ihn. "Davon habt ihr mir ja überhaupt nichts erzählt."

"Das hätte ich schon noch getan. Ich hatte nur noch keine Gelegenheit dazu."

"Jedenfalls, während ich unter dem Tisch saß, habe ich etwas mitgehört", fährt Break fort. "Vielleicht interessiert es euch, dass euer Großvater euch verheiraten will. An eurem 20. Geburtstag will er es bekannt geben."

Lynn wollte gerade von ihrem Tee trinken, vor Schreck verschluckt sie sich und prustet über den Tisch. "Das kann doch nur ein Scherz sein. Gib es zu, du willst mich nur wieder ärgern."

"Nein, es ist die Wahrheit. Leider kann ich euch nicht sagen, wer der Glückliche sein wird. Obwohl, in eurem Fall sollte ich wohl eher sagen, der Unglückliche."

"Warum sollten wir dir auch nur ein Wort glauben?" Lyra stützt ihre Arme rechts und links von Break´s Beinen auf den Tisch und beugt sich zu ihm. "Wer sagt uns denn, dass du dir das nicht nur ausgedacht hast? Es würde dir ziemlich ähnlich sehen, uns damit nur hereinlegen zu wollen."

Break schaut sie einen Moment an, dann greift er nach dem noch unberührten Marmelade-Brötchen auf Lynn´s Teller. "Ich schwöre, das ich diesmal nicht versuche, euch etwas vorzuspielen."

"Mir ist es egal, ob du es ernst meinst oder nicht." Lynn schnappt sich ihr Brötchen zurück und beißt hinein. "Ich habe ganz bestimmt nicht die Absicht, mich mit irgendjemandem verheiraten zu lassen."

"Warten wir doch erst einmal, bis Lord Hunsington zurückgekehrt ist", schlägt Lyra vor. "Dann werden wir ja erfahren, ob es wahr ist. Aber du, Break, verschwindest jetzt besser. Bevor dich hier wirklich noch einer sieht."

Break ist gerade dabei, sich eine Tasse Tee einzugießen. "Ihr wollt mich doch jetzt nicht einfach aus dem Haus werfen, oder? So darf man einen Gast aber wirklich nicht behandeln."

"Ich sehe hier keinen Gast." Georg steht in den geöffneten Türen des Speisesaals. "Ich sehe nur jemanden, der ungebeten hier eingedrungen ist."

"Großvater!" Lynn springt erschrocken von ihrem Stuhl auf. "Du bist schon wieder zurück?"

"Ich bin umgekehrt, weil ich etwas vergessen habe, dass ich dringend benötige. Und was muss ich feststellen, als ich hier hereinkomme? Du erlaubst einem von Pandora, sich in meinem Haus aufzuhalten. Und dann auch noch ausgerechnet Mad Hatter!" Georg´s Gesicht färbt sich rot vor Wut. "Lyra, schaff mir diesen Mann auf der Stelle aus den Augen!"

"Natürlich." Lyra nimmt Break die Tasse aus der Hand und stellt sie auf den Tisch. Dann packt sie ihn an seinem Ärmel und zieht ihn mit sich aus dem Speisesaal.
 

"Das finde ich aber ziemlich ungerecht", schmollt Break, als er und Lyra in der Eingangshalle stehen. "Ich will doch unheimlich gern wissen, wen der alte Kauz für Lynn als Opfer ausgesucht hat."

"Hey, lass das gefälligst." Lyra versucht, ihn von den geschlossenen Türen wegzuziehen, an die er lauschend sein Ohr gelegt hat. "So etwas gehört sich einfach nicht für einen Diener. Hat Lady Sharon dir etwa immer noch kein Benehmen beigebracht? Sie sollte dich wohl noch viel öfter schlagen."

"Oh, sie versucht wirklich ihr möglichstes, um mich zu einem gehorsameren Diener zu machen", grinst Break.

"Aber du tust natürlich alles, damit ihre Bemühungen vergeblich bleiben, nicht wahr?" Lyra seufzt. "Los, komm jetzt endlich von der Tür weg. Wenn Lord Hunsington sieht, dass du immer noch hier bist, wird er mich dafür verantwortlich machen."

"Shhhhhhhh." Break legt einen Finger an seine Lippen, während er sich mit dem Rücken eng an die Wand stellt. Kaum eine Sekunde später werden die Türen aufgestoßen und Georg durchquert mit raschen Schritten die Eingangshalle.

Noch während er zum zweiten Mal in seine Kutsche steigt, läuft Lyra bereits wieder zu Lynn ins Speisezimmer. "Ist alles in Ordnung? Was hat euer Großvater zu euch gesagt?"

"Er hat mir einen Vortrag gehalten, dass ich mich gefälligst nicht mit jemandem von Pandora abgeben soll." Lynn schiebt bedrückt ihr angebissenes Brötchen auf dem Teller hin und her. "Und er wird meinen Zukünftigen für heute Nachmittag zum Tee hierher mitbringen."

"Und wer ist es?" Mit einer Hand über seine gerötete Nase reibend, wo ihn die Tür getroffen hat, betritt auch Break wieder den Speisesaal. "Hat er euch seinen Namen verraten?"

"Ja, das hat er." Mit ungücklichem Gesicht schaut Lynn auf. "Es ist der furchtbarste Mensch, den ich mir nur vorstellen kann: Vincent Nightray."

"Ich kann es einfach nicht fassen, dass er mich zu einer Heirat zwingen will." Lynn verschränkt die Arme vor ihrer Brust. "Aber wenn er glaubt, dass ich mich einfach nach seinen Wünschen richte, irrt er sich. Wenn Vincent heute Nachmittag kommt, werde ich ihm klar machen, dass die Hochzeit nicht stattfinden wird."

"Ich bezweifle, dass ihr ihn so einfach überzeugen könnt." Break ist zum Tisch zurückgekehrt und hat sich eine neue Tasse Tee eingegossen. "Vincent Nightray lässt sich von niemandem etwas sagen. Wenn er glaubt, dass es ihm einen Vorteil bringt, euch zur Frau zu nehmen, wird er es tun."

"Warum hältst du nicht einfach deinen Mund?" Lyra packt Break an seinem Kragen und schüttelt ihn. "Hast du überhaupt keinen Verstand in deinem Kopf? Dann werde ich dir jetzt mal welchen einprügeln."

"Sei aber bitte nicht zu hart zu ihm, ich brauche ihn noch." Sharon´s Stimme dringt aus dem Schatten zu Break´s Füßen.

"Lady Sharon."

"Miss Sharon, ihr wollt doch nicht wirklich zulassen, dass sie mich schlägt, oder?"

"Verdient hättest du es schon. Aber jetzt wirst du gebraucht. Es gibt Hinweise auf das Versteck des illegalen Contractors, der seit zwei Jahren sein Unwesen treibt. Ich schicke dir Eques, er wird dich zu Reim ins Hauptquartier bringen."

"Ich verstehe. Ich werde mich natürlich sofort auf den Weg machen. Sobald Lyra so nett ist und mich loslässt."

"Na schön. Dieses Mal lasse ich dich noch davonkommen." Lyra löst ihren Griff und tritt ein paar Schritte zurück. "Aber wenn du dich bei unserer nächsten Begegnung immer noch wie ein verantwortungsloser Kindskopf benimmst..."

"Oh, vielen Dank für das Kompliment." Break zeigt wieder sein typisches freches Grinsen, während er auf den Wirbel zugeht, der durch Eques´ Kraft entstanden ist. "Und mach´s gut."

"Endlich sind wir diese Nervensäge los." Lyra dreht sich um und bemerkt Lynn´s nachdenklichen Gesichtsausdruck. "Was habt ihr? Beschäftigt euch, was er gesagt hat? Das dürft ihr euch nicht so zu Herzen nehmen."

"Nein, es geht um den Illegalen, den Sharon erwähnt hat", erwidert Lynn. "Vielleicht ist es der, der meine Eltern getötet hat. Ich muss das unbedingt herausfinden." Bevor ihre Dienerin sie darin hindern kann, springt sie ebenfalls in das schwarze Loch. Kaum ist sie verschwunden, schließt es sich hinter ihr.

"Lady Lynn." Lyra stößt einen tiefen Seufzer aus. "Womit habe ich das nur verdient?"

"Ist Lynn etwa mal wieder ausgeflogen? Und dich hat sie wieder in eine schwierige Lage gebracht. Du hast es wirklich nicht leicht."

Überrascht dreht Lyra sich zu den Beiden um, die den Speisesaal betreten haben. "Lady Celeste, Lord Finlan."
 

"L-lady Lynn!" Reim starrt sie verblüfft an, als sie in seinem Büro erscheint. "W-was macht ihr denn hier?"

"Ich will dabei sein, wenn dieser Illegale gefangen wird." Lynn schaut Break entschlossen an. "Nimm mich mit zu seinem Versteck."

"Seid ihr sicher, dass ihr mich begleiten wollt? Wenn wir auf ihn treffen, könnte es wirklich gefährlich werden. Und ihr habt keinen Chain, um euch zu verteidigen."

"Aber du hast Mad Hatter", wiederspricht sie. "Ganz egal, wie stark er ist, gegen dich ist er doch unterlegen. Bitte, ich muss einfach mitgehen!"

"Xerxes, das kannst du nicht machen." Reim bemerkt, wie sich der Gesichtsausdruck seines Freundes verändert. "Es ist dir nicht erlaubt, eigenmächtig eine solche Entscheidung zu treffen."

"Aber ich kann doch unmöglich die Bitte einer hübschen Lady ausschlagen. Jetzt schau mal nicht so besorgt, Reim. Ich werde schon zu verhindern wissen, dass ihr etwas zustößt."

Reim schüttelt resignierend den Kopf. "Sei einfach vorsichtig, in Ordnung?"

Break und Lynn fahren mit der Kutsche in die ärmere Stadtgegend. Vor einem kleinen, heruntergekommenen Haus halten sie und steigen aus.

"Wartet." Break hält Lynn am Arm fest, als sie auf die Tür zugehen will. "Ich weiß nicht, was uns dort drin erwartet. Bleibt besser in meiner Nähe, wenn wir hineingehen."

Lynn nickt zustimmend und lässt ihn vorausgehen.

Im Inneren herrscht dämmriges Halbdunkeln. Break geht ein paar Schritte und bleibt dann stehen, dreht sich einmal im Kreis. "Hier scheint niemand zu sein. Wir können uns also gefahrlos umsehen. Vielleicht finden wir etwas, dass uns hilft, herauszufinden, wer er ist. Wir wissen leider nur, mit welchem Chain er einen Vertrag geschlossen hat."

"Aber Pandora ist doch schon beinahe zwei Jahre auf der Jagd nach ihm." Lynn geht zur rechten Seite des Hauses. "Warum habt ihr dann nur so wenige Informationen über ihn?"

"Weil er sehr vorsichtig ist und sich immer im Schatten verborgen hält. Deshalb wurde ihm der Name "Schatten-Phantom" gegeben."

"Und wie...in welchem Zustand sind seine Opfer?"

Einige Minuten vergehen, bis Break antwortet. "Ich glaube nicht, dass er eure Eltern getötet hat. Er hatte erst einige Tage vorher Menschen für seinen Chain geopfert. Und er schlägt immer nur einmal im Monat zu."

"Wenn du das schon gewusst hast, warum hast du mich dann mitkommen lassen?" Lynn dreht sich um, zu ihrer Überraschung steht Break dicht vor ihr. Sie hatte nicht bemerkt, dass er sich ihr genähert hatte. "Was soll das? Warum schleichst du dich so an mich heran?"

"Ich will euch nur einen guten Rat geben. Vergesst eure Rache und das, was in der Vergangenheit geschehen ist."

"Nein, das werde ich niemals. Geh mir aus dem Weg, ich werde jetzt zurückfahren." Lynn will an ihm vorbeigehen, aber er hindert sie daran. "Hört mir nur einen Moment zu. Der Weg, den ihr eingeschlagen habt, kann sehr gefährlich werden. Ihr solltet wirklich besser nicht in diese Richtung weitergehen."

Lynn schaut irritiert zu ihm auf, sie bemerkt ein kurzes, seltsames Flackern in seinem Auge. Sie öffnet den Mund, als die Tür des Hauses aufgestoßen wird und eine laute, aufgebracht klingende Stimme ertönt. "Break! Warum zum Teufel hast du nicht auf mich gewartet?! Wir hatten doch besprochen, gemeinsam hierher zu fahren!"

"Oh je, Raven." Break grinst wieder auf seine typisch freche Art. "Du bist ja immer noch so aufbrausend. Hast du inzwischen nicht gelernt, mal ein bisschen gelassener zu werden?"

"Raven?" Lynn schaut an Break vorbei auf den schwarzhaarigen Mann, der auf sie zugestapft kommt. "Das ist doch der Chain der Familie Nightray. Dann ist er...?"

"Gilbert Nightray. Lasst euch von seinem finsteren Gesicht nur nicht abschrecken. So schaut er immer, aber im Grunde ist er recht freundlich."

"Wer ist das?" Gil bleibt neben Break stehen und starrt ihn durchdringend an. "Sie ist kein Mitglied von Pandora, sie hat hier nichts zu suchen. Was hast du dir nur dabei gedacht, eine Zivilistin in das Versteck eines illegalen Contractors mitzunehmen?"

"Also, zu deiner ersten Frage: Ihr Name ist Lynn Hunsington. Sie hat darum gebeten, mich begleiten zu dürfen. Und zu deiner zweiten Frage, der illegale Contractor ist nicht hier. Es bestand also niemals Gefahr für sie."

"Das konntest du aber vorher nicht wissen", erwidert Gil. "Was hättest du denn gemacht, wenn er doch hier gewesen wäre? Du hast wieder einmal völlig verantwortungslos gehandelt. Los, bring sie jetzt hier weg."
 

"Wo bleibt sie denn nur?" Erneut wirft Lyra einen Blick auf die große Wanduhr. "Vincent Nightray wird bald ankommen und sie ist noch immer nicht zurückgekehrt."

"Vielleicht bleibt sie ja mit Absicht weg." Celeste lehnt sich in ihrem Sessel zurück. "Ich hätte jedenfalls keine Lust, mit einem Kerl Tee zu trinken, den ich nicht ausstehen kann."

"Das habe ich auch nicht." Lynn hat die Tür geöffnet und betritt den Salon. "Aber wenn ich mich in dieser Sache durchsetzen will, muss ich Vincent Nightray gegenübertreten."

"Lady Lynn." Lyra steht auf und läuft ihr entgegen. "Wie ist es euch ergangen? Seid ihr dem Contractor begegnet?"

"Nein, er war nicht dort." Lynn lässt sich auf die Couch sinken. "Aber es hätte vielleicht auch keinen Unterschied gemacht, wenn ich ihn getroffen hätte. Break ist davon überzeugt, dass er meine Eltern nicht umgebracht hat."

Bei Erwähnung seines Namens seufzt Lyra. "Kann dieser alberne Kindskopf nicht einmal seine Meinung für sich behalten?"

"Er scheint dich ja wirklich ziemlich aufzuregen", stellt Ben fest. "Aber warum eigentlich? Was stört dich so an ihm?"

"Ach, ich weiß nicht. Es ist einfach sein ständig blödes Grinsen, sein oft respektloses Benehmen und..." Ein Klopfen an der Tür unterbricht Lyra.

Ein Dienstmädchen schaut herein. "Lady Lynn, Sir Vincent Nightray ist eingetroffen." Sie geht einen Schritt zurück und lässt den blonden Mann eintreten. Er steuert gleich auf Lynn zu, nimmt ihre Hand und führt sie an seine Lippen. "Es ist mir eine Ehre, von ihnen eingeladen worden zu sein, Lady Hunsington."

"Lady Finlan, Lord Finlan", begrüßt er auch Celeste und Ben. "Werdet ihr uns beim Tee Gesellschaft leisten?"

"Nein." Celeste steht auf. "Wir wollten jetzt gehen. Nicht wahr, Ben?" Sie sieht ihren Bruder auffordernd an.

"Ja, sicher", murmelt er und folgt ihr aus dem Salon.

"Lord Nightray", beginnt Lynn, nachdem er sich gesetzt hat. Lyra gießt ihnen beiden Tee ein. "Damit ihr es nicht falsch versteht, es war mein Großvater, der euch eingeladen hat. Ich habe nicht das geringste Interesse daran, mit euch Tee zu trinken. Eigentlich würde ich es begrüßen, wenn ihr wieder gehen würdet."

"Ich verstehe." Vincent greift nach seiner Tasse. "Über euch hört man in letzter Zeit einiges bei Pandora. Ihr verbringt viel Zeit mit Mad Hatter und begleitet ihn oft auf seinen Patrouillen. Es sind bereits einige unliebsame Gerüchte über euch in Umlauf." Er beugt sich ein wenig vor. "Ich frage mich, ob da wohl etwas wahres dran ist? Wie würde euer Großvater wohl darauf reagieren? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er darüber erfreut wäre."

"Lord Vincent!" Lyra bemerkt, wie sich Lynn´s Augen weiten und ihr Gesicht starr wird. "Ihr geht zu weit! Wie könnt ihr es nur wagen, solche absurden Andeutungen zu machen?!"

"Ist schon gut, Lyra." Lynn setzt ein Lächeln auf. "Lord NIghtray liegt gar nicht so falsch mit seinen Vermutungen."

"Lady Lynn!" Entgeistert blickt Lyra ihre Herrin an. "Das könnt ihr doch nicht im Ernst meinen! Xerxes Break ist..."

"Ein sehr interessanter Mann", unterbricht sie Lynn. "Ich muss sagen, ich fühle mich wohl in seiner Nähe. Ich bin wirklich sehr gern mit ihm zusammen. Also, Lord Nightray, wenn ihr es meinem Großvater verraten wollt, könnt ihr das gern tun. Ich selbst wollte es ihm auch bald erzählen."

"Ach, tatsächlich?" Vincent schaut Lynn aufmerksam an, sie erwidert seinen Blick mit einem offenen, freundlichen Lächeln. Nach einem Moment lehnt er sich zurück. "Nun gut, wenn das eure Entscheidung ist, werde ich es akzeptieren. Dann werde ich mich jetzt mal verabschieden. Vielen Dank für eure Gastfreundschaft, ich habe es sehr genossen." Er steht auf und geht zur Tür, dort verbeugt er sich noch einmal.

Während Lyra ihn zu den Eingangstüren führt, nimmt sich Lynn noch ein Stück Kuchen. Sie hat es zur Hälfte verspeist, als ihre Dienerin zu ihr zurückkehrt. "Sagt mir, was dieses ganze Theater soll! Zwischen euch und Xerxes Break läuft doch überhaupt nichts! Ich kenne euch gut genug, um zu wissen, dass ihr euch niemals mit diesem Kerl einlassen würdet!"

"Ja, ich weiß. Das war dumm von mir, nicht wahr?" Seufzend spielt Lynn mit der noch übrigen Kuchenhälfte auf ihrem Teller. "Aber als Vincent diese Andeutungen machte, kam mir auf einmal diese - zugegeben, äußerst dumme - Idee. Wenn Vincent glaubt, dass ich eine Beziehung zu einem anderen Mann habe, wird er mich sicher freigeben."

"Aber warum ausgerechnet Xerxes Break? Hättet ihr nicht einen anderen für die Rolle aussuchen können? Ben wäre doch viel besser dafür geeignet - und es wäre auf jeden Fall auch glaubwürdiger."

"Das kommt überhaupt nicht infrage. Ben ist mir ein viel zu guter Freund, als dass ich ihn dafür ausnutzen könnte. Ich habe mich für Break entschieden, weil Vincent ihn hasst. Aber wenn das funktionieren soll, brauche ich auch deine Hilfe, Lyra. Lass jetzt sofort eine Kutsche fertig machen, die uns zu Sharon bringt."
 

Während der Fahrt wirft Lyra ihrer Herrin immer wieder Blicke zu. Bis Lynn schließlich einen leicht genervten Seufzer von sich gibt. "Kannst du bitte damit aufhören? Wenn du etwas zu sagen hast, sag es einfach."

"Also...glaubt ihr, dass Vincent euren Worten geglaubt hat? Bei diesem Mann ist so etwas ja einfach unmöglich zu sagen."

"Nein, ich glaube, er weiß ganz genau, dass ich ihm nur etwas vorgelogen habe. Aber er wird sich noch wundern. Ich bin überzeugt, dass ich Break überzeugen kann, diese Rolle zu spielen. Wenn er erfährt, dass es gegen Vincent geht, wird er garantiert zustimmen."

"Ich hoffe, ihr behaltet Recht", murmelt Lyra. "Und dass diese ganze verrückte Geschichte gut ausgeht."
 

Als sie schließlich vor Sharon´s Anwesen halten, ist die Sonne bereits untergegangen und die ersten Sterne funkeln am Nachthimmel.

"Das ist merkwürdig", bemerkt Lynn, nachdem sie bereits mehrmals an die Eingangstüren geklopft haben. Aber niemand öffnet ihnen.

"Es müsste doch zumindest die Dienerschaft da sein." Lyra hebt ihre Hand und hämmert wuchtig gegen das Türholz. Aber auch nach einigen Minuten regt sich im Hausinneren immer noch nichts. "Was sollen wir jetzt tun? Wollt ihr zurückfahren?"

Lynn überlegt einen Moment, als sie zu einer Antwort ansetzen will, kommt aus der Dunkelheit eine Kutsche angefahren und hält hinter ihrer. Break steigt aus und hilft dann Sharon die Stufen hinunter.

"Sharon." Lynn geht den beiden ein paar Schritte entgegen. "Verzeiht, dass ich so spät hier auftauche. Aber ich würde gern in einer dringenden Angelegenheit mit dir sprechen."

"Sicher, kommt nur herein." Sharon lässt Break die Eingangstüren öffnen. "Gehen wir doch in den Salon."

"Dann bringe ich ihn hier mal in eines der leerstehenden Zimmer." Raven ist als letzter eingetreten.

"Wer ist denn das?" Lyra schaut neugierig auf den blonden Jungen auf seinen Armen. Er trägt weiße, zeremoniell wirkende Kleidung und ist scheinbar ohne Bewusstsein.

"Ach, um ihn braucht ihr euch nicht zu kümmern." Sharon wendet sich kurz an Raven. "Bring ihn bitte in eines der leerstehenden Zimmer. Du kannst auch ruhig bei ihm bleiben."

Raven nickt schweigend und geht die Treppe hinauf.

"Also, warum habt ihr uns so spät Abends aufgesucht, Lynn?" Sharon hat sie in den Salon gebeten und von einem Dienstmädchen eine Kanne Kaffee kommen lassen.

Break gießt ihnen allen ein und lehnt sich mit seiner Tasse auf der Couch neben Sharon zurück.

"Also, um es kurz zu machen, ich will, dass Break mein Verlobter wird."

Nach Lynn´s einfach ausgesprochenen Worten herrscht für einige Minuten Schweigen. Dann beginnt Break laut zu lachen. "Beinahe hätte ich geglaubt, ihr würdet das ernst meinen, Lady Lynn."

"Ich habe es ernst gemeint", erwidert Lynn. "Sharon, werdet ihr Break erlauben, für eine Weile meinen Verlobten zu spielen? Ich weiß, dass es sich verrückt anhört. Aber Vincent gegenüber habe ich behauptet, dass er und ich...Und ich fürchte, jetzt muss ich es ihm auch beweisen, sonst glaubt er es nicht."

"Oh, ich verstehe. Aber leider kann ich da nichts machen. Break muss selbst entscheiden, ob er euch helfen will."

"Es wäre mir eine Freude." Break grinst amüsiert. "Dann könnte ich dieser Nightray-Ratte mal eins auswischen. Und wie genau habt ihr euch das vorgestellt, Lady Lynn?"

"Darüber habe ich noch gar nicht genau nachgedacht", muss Lynn zugeben. "Aber ich bin schon mal sehr erleichtert, dass ihr einverstanden seid. Und vielleicht können wir uns ja gemeinsam etwas überlegen, wie wir vorgehen?"

"Wie wäre es denn mit dem Starlight-Festival?", schlägt Sharon lächelnd vor. "Das ist doch immer ein besonderer Anlass für verliebte Paare. Es ist solch ein schöner Anblick, wenn alle in der Dunkelheit ihre Kerzen entzünden und sich eine glückliche Zukunft wünschen." Ihre Augen fangen an zu glänzen. "Ich habe mir immer gewünscht, auch einmal daran teilnehmen zu können."

"Hahahahahaha." Break lacht erneut. "Wer würde euch schon einladen, mit ihm dorthin zu gehen? Eine alte Schachtel, die im Körper eines Kindes steckt...Au!"

Sharon hat ihm mit ihrem Harisen eins übergezogen.

"Also, was haltet ihr von meiner Idee?", wendet sie sich wieder an Lynn.

"Nein. Tut mir leid, aber bitte überlegt euch etwas anderes." Lynn steht auf und geht durch die weit geöffneten Balkontüren hinaus in die warme Sommernacht.

"Lady Sharon." Lyra bemerkt ihren fragenden Blick. "Dieses Ereignis bedeutet für Lady Lynn nur eine schmerzvolle Erinnerung. Als es vor einem Jahr stattfand, wurden an dem Abend ihre Eltern..."

"Oh." Sharon macht ein betroffenes Gesicht. "Daran habe ich jetzt gar nicht gedacht. Es muss wirklich schlimm für sie sein, dass sie jetzt wieder daran erinnert wird."

"Und genau deshalb sollte sie dorthin gehen." Break schlägt die Beine übereinander. "Sie darf sich nicht länger daran festklammern, was ihren Eltern zugestoßen ist. Es ist nicht gut, die Augen davor zu verschließen, was um einen herum geschieht."

"Halt gefälligst den Mund." Lynn ist von dem Balkon wieder hereingekommen. "Du hast nicht die geringste Ahnung, wie es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren. Den Verlust und die Leere, die man spürt, wenn man begreift, dass man sie niemals wiedersehen wird."

Für einen kurzen Moment flackert etwas in Break´s Auge. "Ja, ihr habt Recht. Natürlich weiß ich nicht, wie das ist."

Lyra runzelt die Stirn. "Was ist denn mit ihm los? Gewöhnlich hätte er doch jetzt wieder irgendeine freche Antwort gegeben."

"Liebe Güte, es ist ja schon so spät." Sharon wirft einen betonten Blick auf die Uhr. "Lynn, Lyra, wollt ihr die Nacht nicht bei uns verbringen? Wenn ihr euch jetzt noch auf die Heimfahrt macht, kommt ihr ja erst in den frühen Morgenstunden in eurem Anwesen an."

"Vielen Dank, Sharon. Das Angebot nehmen wir sehr gern an."
 

Als Lynn am nächsten Morgen aufwacht, scheint die Sonne in ihr Zimmer und ein leichter warmer Wind weht durch das geöffnete Fenster herein. Sie bleibt noch einen Moment liegen, bis es leise an der Tür klopft.

"Lady Lynn, seid ihr wach?"

"Ja." Lynn schiebt die Decke zur Seite und setzt sich auf, als ihre Dienerin hereinkommt. "Guten Morgen, Lyra."

"Geht es euch gut?" Lyra setzt sich zu ihr auf den Bettrand. "Nachdem, was dieser unverschämte Kerl gestern von sich gegeben hat..."

"Aber irgendwie hat er schon Recht. Seit einem Jahr habe ich jede Einladung zu einem Fest oder für die Oper abgelehnt. Vielleicht ist es an der Zeit, dass ich mich wieder öfter in der Gesellschaft sehen lasse. Und beginnen werde ich mit diesem Festival."

"Oh, guten Morgen, Lady Lynn und Lyra." Sharon und Break sitzen bereits am Frühstückstisch.

"Guten Morgen", erwidert Lynn den Gruß. Sie nimmt neben Break Platz. "Ich habe noch einmal über euren Vorschlag nachgedacht, Sharon. Und ich habe meine Meinung über das Festival geändert."

"Bedeutet das, ihr werdet doch dorthin gehen?" Sharon´s Augen fangen wieder an zu glänzen. "Für diesen besonderen Anlass wollt ihr euch doch sicher ein schönes neues Kleid kaufen, nicht wahr? Oh, und Break, du könntest auch dringend einen neuen festlichen Anzug gebrauchen. Wir können ja heute alle zusammen in die Stadt fahren und einkaufen."

"Habt ihr euch nicht gemeldet, um bei den Vorbereitungen zu helfen, Miss Sharon?", erinnert Break sie.

"Oh. Ach ja, das stimmt." Sharon macht ein enttäuschtes Gesicht, das aber nur einen Moment später wieder fröhlich wird. "Aber wir haben ja noch Zeit, wir können ja vorher noch..."

Ein Klopfen an der Tür unterbricht sie. Ein Dienstmädchen steckt den Kopf herein. "Lady Sharon, verzeiht bitte die Störung. Lord Vincent Nightray wünscht Lady Lynn zu sprechen." Sie verbeugt sich und geht zur Seite, um ihn eintreten zu lassen.

"Guten Morgen, Lady Sharon, Lady Lynn", begrüßt er die beiden. Break und Lyra ignoriert er völlig. "Ich war bereits bei eurem Anwesen, Lady Lynn. Dort sagte man mir, ihr wärt gestern Abend noch hierher gefahren. Also bin ich auch hierher gekommen, um euch dies zu geben." Er legt einen großen, länglichen Karton vor sie auf den Tisch.

"Was ist das?" Lynn nimmt den Deckel ab und wühlt zwischen den schwarzen Rosen. Zum Vorschein kommt ein Kleid aus schimmernder blassblauer Seide, abgesetzt mit meerblauer Spitze und gleichfarbigen Schleifen. "Es ist wunderschön."

"Freut mich, dass es euch gefällt. Dann werdet ihr mir sicher die Freude machen, es auf dem Starlight-Festival zu tragen, wenn wir es gemeinsam besuchen."

"Wie bitte?" Lynn hebt den Kopf und blickt überrascht zu Vincent auf. "Wie kommt ihr auf die Idee, wir würden gemeinsam dorthin gehen? Ihr habt mich ja nicht einmal gefragt, ob ich euch begleiten will."

"Ich habe bereits mit eurem Großvater gesprochen und er war wirklich sehr erfreut, dass ich beabsichtige, euch zu dem Festival einzuladen." Vincent streckt die Hand aus und wickelt eine von Lynn´s Haarsträhnen um seine Finger. "Ich werde euch morgen eine Stunde vor Sonnenuntergang abholen."

"Die Mühe könnt ihr euch sparen." Lynn schlägt seine Hand weg und steht auf. "Weder mein Großvater noch ihr habt das Recht, mir vorzuschreiben, mit wem ich zu dem Festival gehe! Aber ich danke euch für das Kleid, das war wirklich sehr großzügig von euch."

Für einen Moment tritt ein gefährliches Funkeln in Vincent´s Augen, bei dem Lynn unwillkürlich einen Schritt zurückweicht.

"Lord Vincent." Break hat sich auf seinem Stuhl zurückgelehnt. "Ihr zieht gerade ein genauso finsteres Gesicht, wie es euer Bruder Gilbert immer tut. Schaut doch lieber ein bisschen freundlicher und seid froh, dass euer Geschenk ihr so gut gefallen hat."

"Oh, vielen Dank für deinen Rat, Mad Hatter." Vincent schaut zu ihm. "Ich nehme an, du bist es, der sie begleiten wird? Nun, hoffentlich wirst du dann gut auf sie aufpassen. Es wäre doch schlimm, wenn ihr etwas zustoßen würde. Ihre Eltern hatten ja leider ziemliches Pech, dass sie vor einem Jahr umgebracht worden sind."

Klatsch. Auf Vincent´s Wange zeichnet sich ein rötlicher Handabdruck ab. "Wie könnt ihr es nur wagen, so respektlos und abfällig über meine Eltern zu sprechen!"

"Verzeiht, ich wollte euch nicht beleidigen." Vincent lächelt entschuldigend. "Es wird wohl besser sein, wenn ich jetzt gehe. Ich freue mich schon auf unser Wiedersehen, Lady Lynn."
 

"Wie ich diesen arroganten Mistkerl hasse!" Lyra zerlegt wütend das Brötchen auf ihrem Teller in Einzelteile. "Wenn ihr ihn nicht geschlagen hättet, Lady Lynn, hätte ich es getan!"

"Ja, er ist wirklich eine unangenehme Person", stimmt Sharon ihr zu. Sie stellt ihre leere Teetasse auf den Tisch und steht auf. "Aber für uns wird es jetzt auch Zeit, zum Hauptquartier zu fahren. Lynn, wollt ihr vielleicht mit uns kommen?"

"Hm, eigentlich sollte ich wohl nach Hause fahren, aber..." Lynn unterbricht sich und seufzt. "Dort würde nur mein Großvater auf mich warten und bestimmt wieder mit mir schimpfen, weil ich gestern so abweisend zu Vincent war. Und dann habe ich ja einfach das Haus verlassen und war die ganze Nacht weg. Ehrlich, ich habe überhaupt keine Lust, mir einen Vortrag von ihm anhören zu müssen."

"Wen interessiert es denn, was der alte Knacker zu meckern hat?", kreischt Emily.

"Sei still, Emily." Break droht ihr spielerisch mit dem Finger. "Nun, Lady Lynn, dann bleibt euch wohl nur eine Möglichkeit. Begleitet uns, es wird euch bestimmt Spass machen, in der Stadt mit den Dekorationen zu helfen. Und du kannst natürlich auch mitkommen, Lyra. Sobald du fertig bist, dich vollzustopfen."

"Wie bitte?" Lyra verschluckt sich an einem Bissen, der in ihrem Hals stecken bleibt und bekommt einen Hustenanfall. Keuchend greift sie nach ihrer Teetasse und leert sie in einem Zug.

"Vergleiche mich bloß nicht mit dir, ich bin nicht so ein verfressener Vielfraß wie du!"

Auf der Fahrt zum Hauptquartier schaut Lynn aus dem Fenster der Kutsche. In den Straßen sind bereits etliche Pandora-Agenten dabei, festliche Girlanden aufzuhängen. "Die sind ja schon alle richtig begeistert bei der Sache."

"Ja, nach der Tragödie im letzten Jahr soll es diesmal besonders schön werden", erklärt Sharon. "Und wir haben auch Vorkehrungen getroffen, das nichts schiefgeht."

"Was für Vorkehrungen?", fragt Lyra.

"Tut mir leid, das ist Pandora-intern. Die einfache Bevölkerung soll davon nach Möglichkeit nichts mitbekommen."

"Ach, kommt schon, Lady Sharon. Uns könnt ihr es doch sagen."

"Du bist ja mal wieder ziemlich neugierig, Lyra", grinst Break. "Aber ich finde auch, wir können ruhig eine Ausnahme machen, Miss Sharon."

"Sowas, ihr beide seid ja einmal der gleichen Meinung", lächelt Sharon. "Also gut, erst einmal werden dieses Jahr alle von Pandora patrouillieren. Und wir werden auch einige versteckte Fallen errichten, zur Vorsicht."

"Und du, Break?" Lyra gibt ihm einen Stups. "Du drückst dich natürlich vor der Patrouille, wenn du Lady Lynn begleitest."

"Oh nein, ich werde selbstverständlich auch die Augen offenhalten", erwidert er. "Na ja, eigentlich ja nur ein Auge, aber das muss reichen."

"Darüber solltest du keine Witze machen, Break." Sharon´s Lächeln verändert sich und lässt ihn zusammenzucken.

"Ihr habt ja Recht", murmelt er kleinlaut.

"Meine Güte, das hat sich ja beinahe wie eine Entschuldigung angehört. Du bist doch nicht etwa krank?" Lyra streckt die Hand aus und legt sie an seine Stirn. "Nein, Fieber scheinst du nicht zu haben."

Unwillkürlich beginnt Lynn zu kichern und wendet ihr Gesicht wieder dem Fenster zu.

Wenige Minuten später hält die Kutsche vor dem Hauptquartier und die vier steigen aus.

Auch im Inneren des großen Gebäudes herrscht geschäftiges Treiben.

"Gehen wir doch erst einmal zu Reim und fragen ihn, wobei wir helfen können", schlägt Sharon vor. Auf dem Weg dorthin müssen sie immer wieder zur Seite treten, weil ihnen jemand mit vollbeladenen Armen entgegenkommt.

Endlich stehen sie vor der Tür zu Reim´s Büro, Sharon hebt die Hand und klopft an. Ein müdes "Herein" ist zu hören.

"Hallo-ho, Reim", flötet Break, als sie eintreten. "Na, du Workaholic, wie lang bist du jetzt schon wieder hier?"

"Lass deine dummen Sprüche, Xerxes Break." Reim nimmt seine Brille ab und reibt sich die Augen. "Du weißt genau, dass wir jede Menge zu tun haben. Das Festival ist schließlich schon morgen. Und du hast ja bis jetzt keinen Finger gerührt. Wie üblich überlässt du die Arbeit den anderen."

"Ja, wahrscheinlich ist er jetzt nur hier, um dich zu ärgern, Reim. Aber wir sind wirklich gekommen, um zu helfen."

Break zieht einen Schmollmund. "Lyra. Wie gemein von dir, so etwas zu sagen."

"Was, stimmt das etwa nicht?" Herausfordernd schaut Lyra ihn an. "Wann hast du denn schon jemals freiwillig jemandem geholfen? Das tust du doch nur, wenn es für dich auch einen Vorteil hat."

Schweigend schiebt Break einen Stapel Unterlagen zur Seite und hüpft auf die Schreibtischplatte. Gelassen holt er seine Bonbondose hervor, nimmt sich eins und wickelt das Papier ab. "Diesmal hast du Unrecht, Lyra", antwortet er schließlich, während er auf dem Bonbon herumkaut. "Heute bin ich auch mit hierher gekommen, um mitzuhelfen. Also, Reim, was gibt es denn hier noch zu tun?"

"Äh...ja..."

"Reim." Die Tür öffnet sich und Rufus Barma betritt das Büro. "Hast du die Listen herausgesucht, wie ich es dir aufgetragen hatte?"

"M-master Rufus!" Reim springt auf. "J-ja, natürlich." Er reicht ihm die Berichte. "Hier, bitte."

Rufus nimmt sie entgegen und schaut sich die obersten Seiten an. "Gut, ich werde sie noch einmal ausführlich überprüfen." Dann wendet er sich an Lynn.

"Lady Hunsington, ich habe auch bereits von den Neuigkeiten gehört. Und ich gratuliere euch zu eurer bevorstehenden Vermählung mit Vincent Nightray."

"Verzeiht, Duke Barma, aber ihr unterliegt einem Irrtum. Es wird keine Hochzeit geben."

"Ein Irrtum?" Rufus schaut Lynn mit fragend hochgezogenen Augenbrauen an. "Aber es wurden doch bereits Einladungen verschickt." Er holt einen hellblauen Umschlag unter seiner Robe hervor. "Seht."

"Was?" Lynn reißt ihm den Umschlag förmlich aus der Hand und zieht hastig den zusammengefalteten Zettel heraus. "Das darf doch nicht wahr sein!", stöhnt sie, während sie den Text überfliegt.

"Was steht denn da, Lady Lynn?" Lyra sieht ihr neugierig über die Schulter. "Oh, das ist eine offzielle Einladung zu eurer Geburtstagsfeier, wenn die Verlobung bekannt gegeben werden soll."

"Wir müssen sofort heimfahren! Verzeiht, Lady Sharon, aber ich muss mit meinem Großvater sprechen! Das ist wirklich dringend jetzt!"

"Ich verstehe", lächelt Sharon. "Und macht euch keine Gedanken wegen der Vorbereitungen."

"Ach, Mad Hatter." Rufus wendet sich an Break, nachdem die beiden Frauen Reim´s Büro verlassen haben. "Ich habe auch bereits von diesen beunruhigenden Gerüchten über dich und Lady Lynn gehört. Du solltest dich in Zukunft besser von ihr fernhalten, zu ihrem eigenen Wohl. Als Mitglied der Familie Hunsington, die Verbindungen zu unserem Königshaus hat, darf ihr Ansehen in der Gesellschaft keinen Schaden nehmen."

"Das wird es nicht, Duke Barma."

"Nun gut, dann könnt ihr jetzt weiter bei den Vorbereitungen helfen." Rufus verlässt ebenfalls das Büro.

"Break, du hast das doch nicht ernst gemeint, oder?"

"Natürlich nicht, Miss Sharon." Break wirft sich ein Bonbon in den Mund. "Dann würde mir ja der ganze Spass entgehen. Und ich könnte Vincent nicht mehr ärgern."
 

"Großvater!" Lynn reißt die Tür zu seinem Arbeitszimmer auf und stürmt hinein. "Was hast du dir dabei gedacht, ohne mein Einverständnis Einladungen zu versenden?! Ich habe dir doch gesagt, dass die Heirat nicht stattfinden wird!"

Georg legt das Schriftstück zur Seite, dass er gerade mit seinem Siegel versehen hat. "Als meine einzige Erbin ist es deine Pflicht, den Fortbestand unseres Hauses zu sichern. Und Vincent Nightray ist ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft, es gibt keinen, der besser geeignet wäre."

"Vincent Nightray ist machthungrig, verschlagen und hinterhältig!", entgegnet Lynn. "Er hat nur aus einem Grund zugestimmt, weil er unsere Verbindung zum Königshaus für sich ausnutzen will! Ich bitte dich, zwing mich nicht zu dieser Heirat."

Georg seufzt. "Ich will doch nur das Beste für dich. Eines Tages wirst du das einsehen und mir dankbar sein. Und jetzt lass mich bitte weiterarbeiten."
 

"Er hat mir nicht einmal zugehört!" Lynn wirft wütend ihre Zimmertür hinter sich ins Schloss. "Es interessiert ihn überhaupt nicht, was ich zu sagen habe!" Sie lässt sich auf ihr Bett fallen und vergräbt ihr Gesicht in den Kissen.

"Lady Lynn." Lyra setzt sich zu ihrer Herrin auf den Bettrand. "Ihr werdet euch aber nicht einfach damit abfinden, oder?"

"Natürlich nicht!" Lynn rollt sich auf den Rücken. "Jetzt muss ich erst Recht zu härteren Mitteln greifen. Ich werde Sharon bitten, dass Break mich morgen eine Stunde vor Sonnenuntergang hier abholt."

"Aber ist das nicht der Zeitpunkt, wenn Vincent hierher kommen wollte?"

"Ganz genau, Lyra. Was wird wohl mein Großvater sagen, wenn er sieht, dass ich mit ihm dorthin gehe?"

"Wahrscheinlich etwas wie das: Lynn! Wie kannst du es nur wagen, Mad Hatter auf das Festival zu begleiten?", macht Lyra die tiefe Stimme von Georg nach.

Unwillkürlich beginnt Lynn zu lachen, bis ihr die Tränen kommen. "Manchmal bist du wirklich unmöglich, Lyra."
 

"Ich bin wirklich stolz auf dich, dass du die Einladung von Lord Vincent angenommen hast." Georg steht in der offenen Zimmertür seiner Enkelin, während Lyra die letzten Handgriffe an ihrer Frisur vornimmt. "Du siehst wunderschön aus. Und ich habe auch noch etwas für dich." Er holt ein flaches Kästchen hinter seinem Rücken hervor und öffnet den Deckel. Auf dunkelblauem Samt liegt eine aufwendig gefertigte Silberkette, eingefasst mit türkisfarbigen Edelsteinen. "Trage sie heute Abend."

"Aber, das ist doch die Kette, die meine Mutter nur zu besonderen Anlässen getragen hat."

"Und heute ist ein besonderer Anlass für dich." Georg legt sie seiner Enkelin um den Hals und schließt die Verschlüsse.

"Danke." Ergriffen legt Lynn ihre Hand auf die Kette. Ihr schlechtes Gewissen meldet sich. "Großvater, ich..."

"Lady Lynn, euer Begleiter ist da", informiert sie ein Dienstmädchen. "Er wartet unten in der Halle."

"Ah, sehr schön." Georg wendet sich zur Tür. "Ich werde ihm sagen, dass du in ein paar Minuten kommst."

"Nein, ich bin fertig, ich kann selbst hinuntergehen." Lynn erhebt sich von ihrem Stuhl und eilt ihm hinterher. "Du brauchst dir doch nicht die Mühe machen."

"Darf ich denn nicht zusehen, wenn meine geliebte Enkelin endlich mal wieder an einer Veranstaltung teilnimmt?"

"Doch, natürlich. Aber..."

"Ich verstehe, dass du aufgeregt bist." Georg legt ihr seine Hände auf die Schultern. "Schließlich gehst du heute zum ersten Mal mit deinem zukünftigen Ehemann aus." Er drückt ihr einen Kuss auf die Stirn und geht dann weiter den Flur hinunter, zur Treppe.

"Lyra." Unglücklich schaut Lynn ihre Dienerin an, die ihr hilft, die langen Handschuhe überzustreifen. "Was habe ich nur getan? Ich war wütend und verletzt und habe mich zu einer Dummheit hinreißen lassen. Break hätte heute Abend einfach nicht hierher kommen dürfen."

"Ihr könnt es jetzt leider nicht mehr ändern. Kommt, bringt es einfach hinter euch."

Nebeneinander gehen die beiden Frauen die Treppe hinunter. Lynn hält den Kopf gesenkt und schaut nicht einmal zu der Person neben ihrem Großvater. Bis er ihre Hand nimmt und an seine Lippen führt. "Ich wusste, dass euch mein Kleid wunderbar stehen würde, Lady Lynn."

"Lord Nightray." Verblüfft schaut Lynn in seine verschiedenfarbigen Augen.

"Ich hatte euch doch gesagt, dass ich euch heute eine Stunde vor Sonnenuntergang abholen werde." Vincent beugt sich dicht zu ihr. "Ihr habt doch nicht wirklich gedacht, dass ich mich einfach von euch abweisen lasse", flüstert er ihr ins Ohr. "Ich weiß genau, was ihr mit eurem Theater mit Mad Hatter bezweckt. Aber ich versichere euch, dass ich nicht aufgebe, bis ihr meine Frau geworden seid." Er tritt wieder einen Schritt zurück und nimmt ihren Arm. "Nun, seid ihr bereit zu gehen?"

"Nein!" Lynn reißt sich los. "Mit euch werde ich nirgendwo hingehen! Ich habe bereits eine andere Einladung angenommen! Und er wird sicher auch jeden Moment da sein!"

"Was soll das bedeuten, Lynn?"

"Entschuldige, Großvater, aber ich hatte nie die Absicht, mich von Vincent Nightray zu dem Festival führen zu lassen. Ich wollte es dir vorhin sagen, aber..." Lynn legt die Hand an ihre Kette. "Als du sie mir gegeben hast, konnte ich es nicht. Doch jetzt will ich mich nicht mehr verstellen. Der Mann, der mich begleiten wird, ist..."

"Ich." Break steht in der offenen Eingangstür. Er trägt einen schwarzen Anzug mit einem blauen Tuch am Kragen. Seine Haare sind am Hinterkopf ordentlich zusammengesteckt. "Wenn ihr nichts dagegen habt, Lord Hunsington, entführe ich eure Enkelin heute Abend."

Während Georg ihn noch ungläubig und mit offenem Mund anstarrt, ist er bereits zu Lynn gegangen und führt sie nach draußen, zu seiner Kutsche.

"Wartet." Lyra eilt den beiden hinterher. "Ich komme auch mit."

"Hast du etwa kein Vertrauen zu mir?" Break zieht einen Schmollmund. "Ich werde schon gut auf sie aufpassen."

"Das bezweifle ich ja auch gar nicht. Aber..."

"Lynn! Komm sofort wieder ins Haus!" Georg stürmt mit zorngerötetem Gesicht aus der Tür. "Ich verbiete dir, mit Mad Hatter wegzufahren!"

"Oh je, das wird Ärger geben. Lasst uns besser schnell verschwinden." Break greift Lyra´s Arm und zieht sie in die Kutsche. Noch bevor die Tür geschlossen ist, lässt der Kutscher die Pferde antraben.

"Lord Vincent!" Entrüstet blickt Georg den Blonden an. "Wieso habt ihr nicht verhindert, dass dieser Kerl sie mitnimmt?"

"Macht euch keine Sorgen, Lord Hunsington", beruhigt Vincent ihn. "Ich werde sie mir nicht einfach wegschnappen lassen, das versichere ich euch."
 

"Was für ein Anblick." Lynn bleibt ergriffen stehen, nachdem sie die Kutsche verlassen hat.

Über den großen Platz mit dem Springbrunnen sind meterlange Girlanden aufgehängt worden. Rotgoldgemusterte Laternen hängen daran, mit kleinen Kerzen im Inneren.

"Ja, dieses Jahr ist das Festival wirklich etwas besonderes. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass Pandora sich schon jemals so viel Mühe mit den Dekorationen gegeben hätte."

"Celeste, Ben." Lynn schaut zu den beiden, die zu ihnen getreten sind. "Es ist schön, euch zu sehen. Ich wusste gar nicht, dass ihr kommen wolltet."

"Das war Ben´s Idee", erklärt Celeste. "Er hat mich praktisch dazu überredet. Eigentlich hatte ich überhaupt kein Interesse, teilzunehmen." Sie streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Aber ich muss mich doch wundern, in welcher Begleitung du bist, Lynn."

"Ja, ich..."

"Was für ein schöner Armreif." Um das Thema zu wechseln, schaut Lyra bewundernd auf den schmalen Silberarmreif, mit roten Edelsteinen verziert, an Celeste´s Handgelenk. "Er passt wunderbar zu eurem prachtvollen Kleid."

"Vielen Dank."

"Wollen wir jetzt zu den anderen gehen?", schlägt Break vor. "Es beginnt bald."
 

Lyra zieht sich ein Stück zurück, während die vier sich zu den anderen Paaren begeben. Agenten von Pandora verteilen die Kerzen und zünden sie an. "Hoffentlich passiert heute nichts. Ich wünsche es Lady Lynn, dass es keine unangenehmen Zwischenfälle gibt."

"Aber das wäre doch ziemlich langweilig", sagt eine Stimme. "Wäre es nicht viel lustiger, wenn wir für ein bisschen Aufregung unter den Leuten sorgen?"

"Wer ist da?" Lyra wirbelt herum und starrt angestrengt in die dunkle Gasse hinter sich. Sie kann einen undeutlichen Umriss erkennen. Rasch zieht sie ihre Pistolen. "Niemand wird meiner Lady diesen wunderbaren Abend ruinieren!"

"Wie interessant." Eine Frau in einer roten Robe kommt langsam ins Licht. "Da will jemand mit dir spielen, Leon."

Ein Brüllen ertönt und dann springt ein Schatten auf Lyra zu, wirft sie zu Boden.

"Lynn sieht richtig entspannt aus." Ben und Celeste stehen einige Meter von ihr und Break entfernt. Während er die beiden beobachtet, sagt der Weißhaarige etwas zu ihr. Und sie fängt an zu lachen.

"So fröhlich habe ich sie schon lange nicht mehr erlebt."

"Du könntest jetzt an seiner Stelle bei ihr sein. Wenn du nur den Mut gehabt hättest, sie zu fragen."

"A-aber...d-daran habe ich doch gar nicht gedacht..."

Celeste schüttelt seufzend den Kopf. "Glaubst du, ich weiß nicht schon lange, welche Gefühle du für sie hast? Wann willst du es ihr denn endlich sagen? Bald wirst du es nicht mehr können, wenn sie wirklich Vincent Nightray heiraten muss."

"Das weiß ich", murmelt Ben. "Aber sie sieht in mir doch nur einen guten Freund. Vielleicht ist es am besten, wenn sie es niemals erfährt. Wenn zwischen ihr und mir alles so bleibt, wie es ist."

"Ben..."

"Nein, schon gut. Ich fahre jetzt heim. Bleib du ruhig hier und genieße den Abend."

"Du bist ein Dummkopf, kleiner Bruder." Celeste schaut ihm traurig nach. "Sie hat doch die gleichen Gefühle für dich. Aber genau wie du, denkt sie, du siehst sie nur als Freundin. Es ist einfach hoffnungslos mit euch beiden."
 

Lyra liegt auf dem Bauch und wird von einer Pfote auf ihrem Rücken festgehalten. Ihr Körper schmerzt von den Schlägen, mit denen der Chain sie in die Gasse getrieben hatte.

"Mir ist langweilig, Lotti." Die nörgelnde Kinderstimme lässt sie den Kopf zur Seite drehen. Ein kleines Mädchen, ebenfalls in einer roten Robe, sitzt auf einer Holzkiste. "Können wir nicht schon mal anfangen?"

"Nein, Lily. Wr warten auf die anderen, wie wir es besprochen haben."

"Aber wo bleiben die beiden denn? Ich kann es kaum noch erwarten, mich mal wieder richtig zu amüsieren. Und Bandersnatch ist auch schon total ungeduldig."

Der schwarze Hund neben ihr gibt ein Jaulen von sich.

"Ich muss die Leute von Pandora warnen, dass die Baskervilles etwas vorhaben. Aber wie?"

"Entschuldigt, dass wir euch warten ließen." Zwei großgewachsene Männer treten in Lyra´s Blickfeld.

"Fang! Doug!" Das Mädchen - Lily - springt von der Kiste herunter. "Da seid ihr ja! Jetzt können wir endlich mit unserem Spiel beginnen."

"Ja, lasst uns gehen. Komm her, Leon."

Der Chain gehorcht ihrem Befehl und trottet zu Lotti hinüber.

"Mir muss jetzt irgendetwas einfallen, sonst ist es zu spät. Wenn ich doch nur...Ah." Lyra´s Blick ist auf eine ihrer Pistolen gefallen, die in ihrer Reichweite liegt. Sie hatte sie bei dem kurzen Kampf vorher verloren. Vorsichtig streckt sie die Hand aus und schließt ihre Finger um den Griff. "Das ist meine einzige Möglichkeit. Hoffentlich schafft es Lady Lynn, sich in Sicherheit zu bringen."

Mit einem Ruck reißt sie die Waffe hoch und zieht den Abzug rasch mehrmals hintereinander durch.
 

"Break, hast du das auch gehört?"

"Ja." Break schaut sich aufmerksam um. "Ich werde nachsehen, was das war. Bleibt ihr hier."

"Aber...", beginnt Lynn, doch er ist bereits weg. "Er glaubt doch nicht wirklich, dass ich hier stehe und auf ihn warte. Da liegt er aber völlig falsch." Sie läuft ebenfalls los, in die gleiche Richtung wie er.

Sie hat den Platz halb überquert, als sich ihr jemand in den Weg stellt. "Lady Lynn. Hat euer Begleiter euch etwa allein gelassen?"

"Nein, das hat er nicht, Lord Vincent. Break will nur kurz etwas erledigen."

"Seid ihr euch da sicher? Es könnte ihn ja auch etwas unvorhergesehenes daran hindern, zu euch zurückzukommen."

"Was wollt ihr damit sagen?"

"Ich will euch nur vor einer Enttäuschung bewahren", erwidert er lächelnd. "Übrigens, macht ihr euch eigentlich gar keine Sorgen um eure Dienerin? Sie wird sicher furchtbar enttäuscht sein - naja, wenn sie dazu noch in der Lage sein sollte."

"Ist Lyra etwas zugestoßen?" Lynn klammert sich an Vincents Ärrnel. "Wenn ihr wisst, wo ich sie finden kann, sagt es mir!"

"Das könnte ich natürlich tun, aber..."

"Dort." Echo zeigt auf die Gasse. "Sie wurde von einem Chain angegriffen."

"Vielen Dank, Echo!" Lynn drängt sich an Vincent vorbei und hastet weiter.
 

"Wie ungezogen." Lotti schaut auf die Butspritzer auf ihrer Robe. "Einfach auf uns zu schießen. Ich hätte mich doch besser gleich richtig um dich kümmern sollen. Aber ich dachte nicht, dass du uns noch großen Ärger machen könntest."

"Da hast du dich wohl geirrt." Lyra lässt ihre leere Pistole sinken. "Dachtest du, ich würde einfach tatenlos zusehen, wie ihr Baskervilles Aufruhr verursacht?"

"Dürfen wir sie zum Schweigen bringen?", quengelt Lily. "Sie geht uns auf die Nerven."

"Meinetwegen. Wir haben schon genug Zeit mit ihr vergeudet."

Bandersnatch fletscht die Zähne und setzt zum Sprung an. Als plötzlich eine Stimme zu hören ist. "Da bist du ja in eine richtig unangenehme Lage geraten, Lyra."

"Mad Hatter! Warum muss ausgerechnet er hier auftauchen?"

"Ganz ruhig, Lotti." Fang geht ein paar Schritte vor und zieht sein gewaltiges Schwert. "Ich persönlich hatte auf dein Erscheinen gehofft."

"Ach...tatsächlich? Und warum, wenn ich fragen darf?"

"Weil ich schon lange einmal gegen dich kämpfen wollte." Mit erhobener Waffe stürmt Fang auf Break zu.

Der Weißhaarige pariert den Schlag, aber durch die Wucht geht er leicht in die Knie.

"Los, mach ihn fertig, Fang!"

"Lily." Lotti ist auf Leons Rücken gestiegen. "Ich weiß, wie amüsant es wäre, diesem Kampf zuzusehen. Aber wir haben noch etwas zu tun, wir sollten jetzt wirklich anfangen."

"Aber...He, was soll das?"

Doug hat Lily einfach gepackt und hochgehoben. Mit dem heftig zappelnden Mädchen setzt er sich ebenfalls in Bewegung.
 

Break wehrt einen weiteren Angriff von Fang ab und fügt dem Baskerville eine Wunde an der Seite zu.

"Du bist wirklich ein guter Schwertkämpfer, die Gerüchte über dich stimmen also."

"Du bist auch nicht schlecht", erwidert Break. "Nur noch ein bisschen zu langsam."

"Break!" Lyra´s Ruf lässt ihn über die Schulter blicken. Sein Auge weitet sich, als er etwas auf sich zufliegen sieht. Ein kleines Tier, dass Ähnlichkeit mit einem Dachs hat. Er kann zwar ausweichen, aber dadurch gibt er Fang die Gelegenheit, seinen ungeschützten Rücken anzugreifen.

"Mir scheint, du könntest ein wenig Hilfe brauchen, Xerxes Break." Eine Gestalt in einem bodenlangen schwarzgrauen Mantel kommt von einem Hausdach heruntergesprungen und fängt die breite Klinge mit zwei einfachen Kurzschwertern ab.
 

Lynn hat den Eingang der Gasse beinahe erreicht, als ein tiefes, drohendes Knurren sie stehen bleiben lässt. Verstohlen schiebt sie ihre Hand durch einen schmalen Schlitz in dem Kleid, um an einen der Langdolche zu gelangen, die an ihren Beinen befestigt sind.

Schon kommt Bandersnatch aus der Dunkelheit gesprungen, direkt auf sie zu. Seine Zähne blitzen gefährlich, als er sein Maul weit aufreißt und nach ihr schnappt.

"Vorsicht, Lady." Eine Hand packt ihren Arm und zieht sie gerade noch rechtzeitig zur Seite. "Ihr solltet euch nicht völlig ungeschützt einem Chain entgegenstellen. Zu eurem Glück konnte ich verhindern, dass ihr verletzt werdet. Und jetzt lasst euch bitte von mir an einen sicheren Ort bringen."

"Auf eure Hilfe kann ich gewiss verzichten, Lord Vincent!" Sie setzt ihm die Spitze ihres Dolches auf die Brust. "Wie ihr seht, bin ich nicht schutzlos! Also geht mir aus dem Weg, ich muss mich um dieses Biest kümmern!"

"Wunderbar." Vor Freude strahlend, kommt Lily aus der Gasse gelaufen. Sie, Doug und Lotti hatten sich getrennt, um die Festivalbesucher aus verschiedenen Richtungen anzugreifen. "Sie will mit uns spielen, Bandersnatch."

Lynns Finger schließen sich fester um den Griff ihres Dolches. Als der Chain erneut auf sie zuspringt, weicht sie mit einer schnellen Drehung aus und bohrt die Klinge tief in seinen Bauch. Mit einem Jaulen geht er zu Boden.

"Was soll das? Warum tust du ihm weh?" Lilys Gesicht nimmt einen entrüsteten Ausdruck an. "Das ist aber gar nicht nett. Ich wollte doch nur ein bisschen Spass haben. Lotti hat gesagt, dass wir alle uns richtig amüsieren können."

"Ihr alle? Es sind also noch weitere Baskerville hier?" Lynns Frage wird von einem lauten Brüllen und angsterfüllten Schreien beantwortet.
 

Reim ist auf dem großen Platz auf Patrouille, als nicht weit von ihm Leon, mit Lotti auf dem Rücken, mitten unter den Festivalbesuchern landet. Mit einem beinahe nachlässigen Hieb schlägt er einen Mann in seiner Reichweite nieder und stößt ein lautes Brüllen aus.

Daraufhin ertönen mehrstimmige erschrockene Schreie und die Menschen versuchen, schnellstens von der Bestie wegzukommen.

"Bitte, lasst mich doch durch." Reim kämpft sich Schritt für Schritt vorwärts, auf den Chain zu. Bis er angerempelt wird und stürzt - dabei rutscht ihm seine Brille von der Nase.

Während er über den Boden tastet, um sie wiederzufinden, spürt er plötzlich unter seinen Fingern eine krallenbewehrte Pfote.

"Oh, sieh mal, wen wir da haben", säuselt Lotti. "Er ist einer von Pandora. Du kannst dich nach Belieben an ihm austoben, Leon."

Ein tiefes Grollen steigt aus der Kehle des Chain auf, als er seinen Kopf senkt und mit den Zähnen den Stoff der Uniform packt.

Reim gibt einen erschrockenen Laut von sich, als er hochgehoben und hilflos wie eine Puppe in den Fängen der Kreatur hängt. "Das kann doch nur ein Alptraum sein. Wenn Xerxes mich so sieht, wird er sich bis an mein Lebensende über mich lustig machen."

"Darf ich deinen Namen erfahren? Ich wüsste gern, wer mich vor diesem hinterhältigen Angriff bewahrt hat."

"Nenn mich Wizard. Nun, Xerxes Break, ich überlasse dir jetzt wieder diesen Gegner." Wizard tritt ein paar Schritte zurück.

"Gut, dann lass uns da weitermachen, wo wir vorhin aufgehört haben." Break stürzt sich schon wieder auf Fang.

"Willst du jetzt gar nichts mehr tun? Was ist mit den Menschen auf dem großen Platz? Die anderen Baskervilles wollen sie angreifen. Warum gehst du nicht und hilfst ihnen?"

"Das brauche ich nicht." Wizard dreht sich um und blickt auf Lyra herunter. "Die von Pandora werden sich um sie kümmern. Deiner Lady wird bestimmt nichts passieren, du musst dir keine Sorgen um sie machen. So, und für mich wird es jetzt Zeit, mich zu verabschieden."

"Du gehst nirgendwohin!" Zitternd vor Wut steht Lynn einige Schritte hinter ihr. Nachdem sie Bandersnatch verwundet hatte, war sie in die Gasse gelaufen. "Endlich stehe ich dir gegenüber, nachdem ich ein Jahr lang alles versucht habe, dich zu finden! Du wirst jetzt für den Mord an meinen Eltern bezahlen!" Lynn schließt ihre Finger noch fester um ihren Dolch und lässt ihn vorstoßen.

"Du irrst dich." Wizard wehrt die Klinge mit einem ihrer Schwerter ab. "Sie waren bereits tot, als ich sie gefunden habe. Dein Hass richtet sich gegen den Falschen."

"Elender Lügner! Ich glaube dir kein einziges Wort!" Wieder und wieder greift Lynn an - blind vor Wut und unfähig zu erkennen, dass Wizard sich nur gegen sie verteidigt.

Schließlich, als ihre Angriffe immer unkontrollierter werden, wird Lynn die Waffe aus der Hand geschlagen. Wizard setzt ihr die Spitze ihres Schwertes an die Kehle. "Du bist zu unbeherrscht. Wenn du dich von deinen Gefühlen beherrschen lässt, wirst du mich nicht besiegen können."

"Halte mir keine Vorträge! Los, bring es einfach zu Ende!" Herausfordernd funkelt Lynn ihre Gegnerin an - und zuckt zusammen, als ein Schuss fällt. Wizard stolpert mit einem heiseren Schrei gegen eine Hauswand.

"Lord Vincent!" Außer sich dreht Lynn sich zu ihm um. "Warum habt ihr euch eingemischt?!"

"Sie hat euch bedroht, Lady", erwidert er. "Ich konnte doch nicht zulassen, dass sie euch etwas antut. Wenn ihr erlaubt, schaffe ich sie jetzt ins Hauptquartier. Oder vielleicht zieht sie es ja auch vor, gleich hier zu sterben." Er legt erneut seinen Finger an den Abzug.

"Das klingt beides nicht sehr verlockend." Wizard presst eine Hand auf ihre Schulter, wo die Kugel eingedrungen ist. "Ich fürchte, ich muss ablehnen." Mit einem kräftigen Sprung gelangt sie auf ein niedriges Hausdach. Dabei rutscht ihr die Kapuze vom Kopf und enthüllt ein faltiges Gesicht mit dünnen, grausilbernen Haarsträhnen.

"Was? Sie ist eine alte Frau?" Lynn blinzelt entgeistert.

"Lasst euch nicht täuschen, Lady Lynn." Break kommt nun auch wieder heran. "Die Fähigkeit ihres Chain lässt sie nur so aussehen. Ich nehme an, deshalb konnten wir sie bisher auch nicht fassen."

"Du hast meinen Trick also durchschaut, Xerxes Break. Von dir hätte ich das wohl auch nicht anders erwarten dürfen. Aber nur, weil ihr alle es jetzt wisst, werdet ihr es nicht leichter haben, mich zu fangen."

"Du verfluchter...!" Lynn schnappt sich Vincents Pistole, als sich Wizard auf den Rücken eines niedlich aussehenden Tieres mit weißem Fell und Flügeln schwingt. Sie schießt, bis das Magazin leer ist. Aber keine ihrer Kugeln trifft, da sie nie den Umgang mit dieser Waffe gelernt hat. "Verdammt! So ein nutzloses Ding!"

"Ich könnte euch beibringen, wie man sie benutzt." Vincent legt den Arm um ihre Taille. "Würde euch das gefallen?"

"Lasst mich jetzt bitte in Ruhe." Lynn schiebt seine Hand weg und geht zu der Stelle, wo Wizard vor einem Moment noch gestanden hatte. Den Gegenstand auf dem Boden bemerkt sie nicht, bis sie mit dem Fuß dagegen stößt. Neugierig hebt sie ihn auf, aber in der Dunkelheit kann sie ihn nicht erkennen.

"Lady Lynn." Mit unsicheren Schritten wankt Lyra auf sie zu. "Nehmt es nicht so schwer, dass er entwischt ist. Beim nächsten Mal habt ihr sicher mehr Glück."

"Ja." Lynn verbirgt den Gegenstand in den Falten ihres Kleides und dreht sich um. Beim Anblick der zerrissenen und teilweise blutbefleckten Kleidung wird ihr der Zustand ihrer Dienerin erst richtig bewusst. "Himmel, du siehst ja furchtbar aus."

"Wenigstens habe ich keine wirklich schweren Verletzungen." Lyra verzieht das Gesicht.

"Auf jeden Fall sollten wir dich jetzt schnellstens heimbringen. Warte hier auf mich, ich hole die Kutsche."
 

"Und, warum hast du nichts unternommen, Mad Hatter? Für dich wäre es doch ein leichtes gewesen, diesen illegalen Contractor gefangen zu nehmen."

"Das gleiche könnte ich auch von euch behaupten, Lord Vincent", erwidert Break. "Ihr beherrscht doch angeblich den Umgang mit der Pistole meisterhaft, trotzdem habt ihr sie nur an der Schulter verletzt. Und als sie auf dem Dach stand, hättet ihr auch selbst noch auf sie schießen können."

"Ja, das ist wohl wahr, vielleicht hätte ich das tun sollen." Vincent unterdrückt ein Gähnen. "Ach, es wird sich bestimmt noch mal eine andere Gelegenheit ergeben. Ich bin müde, ich glaube, ich mache mich jetzt auf die Suche nach Echo und fahre heim."

"Das ist einfach nicht fair!" Lyra war wieder auf die Knie gesunken. Sie schlägt wütend mit der Faust gegen die Hauswand. "Warum mussten die Baskervilles auftauchen? Lady Lynn hatte sich doch endlich dazu entschlossen, wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Aber wieder wurde das Festival für sie völlig ruiniert, genau wie im letzten Jahr."

"Es gibt einen Unterschied, Lyra." Break hockt sich neben sie. "Es wurde niemand getötet. Sie hat keinen verloren, der ihr nahe steht. Diesmal wird es kein schmerzhaftes Erlebnis, keine schlimme Erinnerung für sie sein. Und du brauchst dir auch keine Sorgen zu machen."

"Ja, vielleicht hast du Recht", seufzt sie. In der nächsten Sekunde umklammert sie mit beiden Händen seinen Arm. "Aber wenn du jemandem erzählst, was ich gesagt habe, kannst du was erleben!"

"Hahahaha." Lachend wirft er sich mit seiner freien Hand ein Bonbon in den Mund. "Bei einer so ernsten Drohung habe ich wohl keine andere Wahl, als es für mich zu behalten."
 

"Oh nein!" Lynn ist bei der Kutsche angekommen, aber von dem Kutscher fehlt jede Spur. "Wo ist er geblieben? Hoffentlich ist ihm nicht auch etwas zugestoßen."

"Lady Lynn!" Reim kommt auf sie zugelaufen. Er war aus Leons Fängen gerettet worden, als einige Agenten das Feuer auf den Chain eröffnet hatten.

"Euch geht es zum Glück gut. Die Baskervilles..."

"Sie haben mir nichts getan, aber Lyra wurde verletzt. Ich wollte jetzt mit der Kutsche zu ihr fahren und sie heimbringen."

"Dann lasst mich euch begleiten", bietet er an. "Ihr braucht doch jemanden, der die Pferde lenkt."

"In Ordnung, vielen Dank."
 

"Da ist die Kutsche." Break schaut zum Eingang der Gasse. "Deine Lady hat sich ja ziemlich beeilt. So, dann wollen wir dich mal zu ihr bringen." Er nimmt Lyra´s Arm, um ihn sich um die Schultern zu legen.

"Ich brauche deine Hilfe nicht." Sie kämpft sich von selbst auf die Füße. Aber ihre Beine geben fast sofort wieder nach und sie stolpert gegen die Hauswand.

"Sei doch nicht so unvernünftig." Break unternimmt einen zweiten Versuch, sie zu stützen, diesmal lässt sie es widerspruchslos zu. "Na siehst du? Es ist doch gar nicht so schlimm, sich auch mal helfen zu lassen."

"Das sagst du, Xerxes. Wo du doch derjenige bist, der immer alles auf eigene Faust unternimmt und sich nie auf andere verlässt."

"Reim." Grinsend blickt der Weißhaarige seinen Freund an. "Wie überraschend, dich zu sehen. Damit hätte ich nun wirklich nie gerechnet."

"Was soll das heißen?" Reim stemmt die Hände in die Hüften. "Natürlich bin ich hier, als Mitglied von Pandora habe ich auch patrouilliert."

"Tatsächlich? Bist du also deshalb so zerrupft, weil du einem Baskerville begegnet bist? In der Situation musst du doch völlig hilflos gewesen sein, nicht wahr?"

"He, ärgere ihn nicht so." Lyra stößt Break mit dem Ellbogen an. "Er ist schließlich viel gewissenhafter und verantwortungsbewußter als du. Und vor allem drückt er sich nicht ständig vor der Arbeit."

"Wie gemein von dir, so etwas zu sagen", schmollt Break. "Nachdem ich dir geholfen habe..."

"Hört auf, es ist genug. Ich will jetzt nur noch mit Lyra heimkehren. Reim, wenn sie bitte so freundlich wären?"

"Natürlich, Lady Lynn." Pflichtbewusst hilft Reim den beiden Frauen einsteigen und will die Tür hinter ihnen schließen. Aber Break hält sie fest und hindert ihn daran. "Ich will auch noch rein."
 

Nach seiner Rückkehr in das Anwesen, wo er mit seiner Schwester lebt, hat sich Ben ein Buch aus der Bibliothek geholt. In seinem Zimmer sitzt er in dem Lehnstuhl am Fenster und ist in die Seiten vertieft, als er Schritte hört und dann einen dumpfen Laut. "Ist Celeste etwa auch zurück?"

Rasch tritt er auf den Flur hinaus und geht zum Zimmer seiner Schwester, das neben seinem liegt. Unter der Tür scheint ein schwacher Lichtschein hindurch.

"Celeste?"

Sie sitzt auf dem Bettrand und schaut erschrocken zu ihm. "Ben. Du bist noch wach? Ich dachte, du würdest zu so später Stunde schon schlafen."

"Was ist passiert, Celi?" Er lässt sich vor ihr auf die Knie sinken und betrachtet den dunklen Fleck auf ihrem Kleid, an der rechten Schulter. "Das ist doch...Blut. Wer hat dir das angetan?"

"Das war..." Sie zögert kurz, ehe sie weiterspricht. "Die Baskervilles haben die Besucher des Festivals angegriffen. Ich wollte helfen, ich war nur ein wenig zu unvorsichtig. Aber es ist nicht so schlimm, wie es aussieht."

"Was ist mit Lynn? Sie wurde doch nicht...?"

"Nein, sie ist unversehrt", versichert Celeste ihm. "Lyra hat zwar einige Wunden, aber auch nichts ernstes. Du kannst also beruhigt wieder in dein Zimmer gehen."

"Lass mich erst noch deine Verletzung versorgen."

"Nein, das brauchst du wirklich nicht, Ben. Ich werde mich gleich selbst darum kümmern und dann schlafen gehen."
 

"Ihr von Pandora seid hier nicht willkommen!" Georg steht an der obersten Stufe, als Lynn und die anderen die Eingangshalle betreten. Er hatte durch die Fenster seiner Räume ihre Ankunft beobachtet. "Verlasst auf der Stelle mein Anwesen!"

"Großvater, sie wollen doch nur Lyra helfen, weil sie verletzt wurde", erwidert Lynn. "Du hast ja keine Ahnung, was geschehen ist..."

"Kein Wort mehr! Wie konntest du es nur wagen, die Einladung von Lord Vincent auszuschlagen und stattdessen mit Mad Hatter gehen? Du hast mich wirklich sehr enttäuscht! Geh jetzt auf dein Zimmer! Und ab sofort wird dieser Unsinn ein Ende haben! In zwei Wochen, an deinem Geburtstag, werde ich deine Verlobung bekannt geben! Das ist mein letztes Wort!"

"Verzeiht uns, Lord Hunsington." Reim schaut zu dem grauhaarigen Mann hinauf. "Erlaubt uns wenigstens, Lyra in ihr Zimmer zu bringen. Mit ihren Verletzungen ist sie nicht in der Lage, es allein die Treppe hinauf zu schaffen."

"Nein, wir werden nicht hier bleiben. Reim, Break, ich möchte euch beide bitten, meine Dienerin zurück in die Kutsche zu bringen."

"Lady Lynn, was habt ihr vor?"

"Solange mein Großvater darauf besteht, dass ich Vincent heiraten soll, bleibt mir keine andere Wahl, als dieses Haus zu verlassen."

"Was redest du für einen Unsinn, Lynn?" Georg kommt einige Stufen herunter. "Du bist die Erbin der Familie Hunsington, du musst unsere Linie weiterführen."

"Verstehst du es immer noch nicht? Ich will nicht gezwungen werden, jemanden zu heiraten, den ich nicht ausstehen kann!" Lynn geht an ihm vorbei die Treppe nach oben. "Deshalb werde ich für eine Weile von hier weggehen und warten, ob du vielleicht doch noch zur Einsicht kommst. Ich hole nur noch schnell einige Sachen aus meinem Zimmer."
 

"Das ist wirklich mutig von Lady Lynn", bemerkt Break. Er steht neben der Kutsche, Reim und Lyra sind bereits eingestiegen. "Respekt, wie sie mit ihrem Großvater gesprochen hat."

"Es könnte aber auch schlecht für sie ausgehen, Xerxes", gibt Reim zu bedenken. "Wenn Lord Hunsington nun entscheidet, sie zu enterben..."

"Das wird er nicht tun", murmelt Lyra leise. Sie hat sich auf ihrem Sitz zurückgelehnt und die Augen geschlossen. "Er kann nur nicht richtig zeigen, wie sehr er sie liebt. Und er glaubt einfach, was er tut, ist das beste für sie."

"Übrigens", wechselt Break das Thema. "Wohin will die Lady jetzt eigentlich? Miss Sharon wäre sicher einverstanden, wenn sie in unserem Anwesen unterkommen will."

"Aber mein Großvater würde mich genau dort vermuten." Lynn kommt mit einem großen Koffer heran. "Er wird mich bestimmt suchen und zurückbringen wollen. Deshalb werden Lyra und ich erst einmal zu Celeste und Ben gehen. Wenn ihr uns zu ihnen fahren könntet?"

"Dann darf ich euch bitten einzusteigen, Lady." Break nimmt ihr den Koffer ab und reicht ihr eine helfende Hand.
 

Nach der kurzen Unterhaltung mit seiner Schwester war Ben in sein Zimmer zurückgegangen. Und da er noch keine Müdigkeit verspürte, hatte er sich wieder seinem Buch gewidmet. Bis ein leises Klopfen an der Tür ihn aufblicken lässt.

"Lord Finlan, gerade ist eine Kutsche vorgefahren", informiert ihn ein Dienstmädchen. "Lady Lynn Hunsington und ihre Begleiter haben um Einlass gebeten."

"Danke." Ben klappt das Buch zu und steht auf. "Ich werde mich um sie kümmern." So schnell er kann, legt er den Weg zur Eingangshalle zurück. "Lynn!" Die Erleichterung, weil sie unversehrt vor ihm steht, kann man ihm deutlich ansehen. "Ich habe schon von Celi erfahren, was auf dem Festival geschehen ist. Aber dir ist ja wirklich nichts passiert, es geht dir gut."

"Ja - nein, mir fehlt nichts." Sie geht einige Schritte auf ihn zu. "Entschuldige, dass wir so spät nachts hierher gekommen sind. Aber ich bin mit Lyra von zu Hause weggelaufen, wir brauchen einen Schlafplatz für einige Zeit."

"Natürlich, das ist überhaupt kein Problem", versichert er. "Ihr könnt so lange bleiben, wie ihr wollt. Und ich kann auch Xerxes Break und seinem Freund ein Zimmer für die Nacht geben."

"Das Angebot nehmen wir gern an. Unser Workaholic scheint nämlich bald zusammenzuklappen, wenn er Lyra noch länger tragen muss." Break zeigt auf Reim, der die während der Fahrt eingeschlafene Lyra auf den Armen hält. "Er ist es nicht gewohnt, sich derart körperlich zu betätigen."

"Xerxes! Behaupte nicht so einen Unsinn!"

"Tu ich doch gar nicht", erwidert der Weißhaarige. "Ich sage nur die Wahrheit."

"Lord Finlan", wendet sich Reim an Ben. "Bitte zeigt mir, in welches Zimmer ich Lyra bringen kann. Danach werde ich mich wieder auf den Weg machen, Lord Rufus erwartet von mir sicher noch einen Bericht über das Geschehen während des Festivals."

"Ich verstehe. Bitte, hier entlang." Ben führt die Gäste in den Flur, von dem er vorher gekommen war. Vor einer Tür auf der linken Seite bleibt er stehen und öffnet sie. "Diese Räume stehen dir zur Verfügung, Lynn. Deine Dienerin werden wir im nächsten Zimmer unterbringen. Und Break...."

"Ich werde mich einfach hier einquartieren, wenn ihr nichts dagegen habt, Lord Finlan." Break hat bereits ein Zimmer auf der gegenüberliegenden Seite betreten. "Ich wünsche euch eine angenehme Nacht, Lady Lynn." Mit einer leichten Verbeugung schließt er die Tür.

"Gut, dann leg dich jetzt schlafen, Lynn", rät Ben ihr, nachdem Reim sich verabschiedet hatte. "Die Ereignisse heute Abend und die Sorgen um deine Dienerin haben dich sicher erschöpft. Ruh dich aus."

"Danke, Ben." Lynn legt ihre Hand an seine Wange. "Vielen Dank. Und gute Nacht."

"Gute Nacht."

Als sie allein ist, tastet Lynn nach dem Verschluss ihrer Kette, um sie abzunehmen. Vorsichtig legt sie das Schmuckstück auf das Nachtschränkchen und versucht dann, die Knopfe ihres Kleides am Rücken zu öffnen. Mit einiger Mühe gelingt es ihr schließlich und es rutscht an ihr herunter. Nachdem sie das bereitgelegte Nachtgewand übergezogen hat, nimmt sie das Kleid, um es ordentlich in den Schrank zu hängen. Dabei fällt etwas klappernd auf den Boden. Der Gegenstand, den sie in der Gasse gefunden hatte, nach der Flucht von Wizard. Es ist ein schmaler Silberarmreif, mit roten Edelsteinen verziert.

"Der gehört doch Celeste." Nachdenklich hebt Lynn ihn auf. "Vielleicht wurde sie ja auch in den Kampf mit einem Baskerville verwickelt und hat ihn dabei verloren. Ich werde ihn ihr morgen zurückgeben." Sie legt ihn neben die Kette, steigt ins Bett und zieht die Decken über sich.

Klopf, klopf, klopf

"Lady Lynn, seid ihr wach?"

"Lass mich in Ruhe, ich bin noch müde."

Leise öffnet sich die Tür und Schritte bewegen sich durch das Zimmer. "Es ist schon Mittag. Meint ihr nicht, ihr habt lange genug geschlafen?" Mit einem Ruck werden die Vorhänge zurückgezogen und helles Sonnenlicht strömt durch die Fensterscheiben.

"Nein." Lynn zieht sich die Decken über den Kopf. "Das ist zu hell, mach sie wieder zu."

"Lady Lynn, wollt ihr etwa nicht einmal nach eurer Dienerin schauen? Sie hat schon nach euch gefragt."

"Lyra ist wach? Warum hast du das nicht gleich gesagt?" Lynn schlägt die Decken zur Seite und springt aus dem Bett. So schnell sie kann, läuft sie über den Flur zum nächsten Zimmer. Break folgt ihr langsamer, mit einem amüsierten Lächeln.
 

Lyra sitzt auf dem Bettrand und lässt sich von einem Dienstmädchen gerade die tiefen Kratzer auf ihren Armen versorgen. Sie zuckt leicht zusammen, als die Tür aufgerissen wird. "Lady Lynn."

"Lyra. Wie geht es dir? Was machen deine Wunden?"

"Wie ihr seht, habe ich mich in eine Mumie verwandelt." Lyra deutet auf den Verband, der am Hals unter ihrem Nachthemd hervorschaut. Auch um ihre Stirn und ihre Arme sind Verbände gewickelt.

"Ja, du hast tatsächlich Ähnlichkeit mit einer", kommentiert Break grinsend.

"Halt die Klappe." Lyra wirft mit einem Kissen nach ihm, aber er duckt sich. Es fliegt über ihn hinweg und trifft Ben am Kopf.

"Oh, hoppla."

"Dir scheint es ja wieder besser zu gehen, das freut mich." Ben schiebt sich an Break vorbei und legt das Kissen zurück auf seinen Platz am Kopfende.

"Vielen Dank, Lord Finlan. Und entschuldigt bitte, das Kissen sollte eigentlich den Clown treffen."

"Ist schon gut", winkt er ab. "Ich weiß ja, dass zwischen dir und ihm immer eine gewisse Spannung herrscht."

"Ach, Lord Finlan?", flötet Break mit unschuldig klingender Stimme. "Wie sieht es denn aus mit etwas zu essen? Ich könnte jetzt gut etwas vertragen."

"Natürlich, deshalb bin ich hier", erwidert Ben. "Ich wollte euch sagen, dass ich auf der Terrasse etwas auftragen ließ."

"Na, dann lassen wir die beiden Damen sich mal anziehen und gehen schon einmal vor", schlägt Break vor.

"Nun hör sich mal einer diesen Vielfraß an." Lyra verdreht die Augen. "Du hättest wenigstens warten können, bis Lord Finlan uns von sich etwas angeboten hätte."

"Tu doch nicht so, als hättest du keinen Hunger", kreischt Emily plötzlich dazwischen. "Du bist doch auch schon beinahe am Sabbern."

"Na na, sei nicht so gemein, das ist unhöflich - auch wenn es durchaus der Wahrheit entspricht."

"Was war das?" Lyra springt auf, aber Lynn drückt sie rasch wieder auf das Bett. "Ganz ruhig. Ben", sie blickt über die Schulter zu ihm. "Kannst du Break bitte schon zur Terrasse bringen?"

"Sicher", nickt Ben zustimmend, mit einer Geste fordert er Break auf, das Zimmer zu verlassen und schließt die Tür hinter sich.
 

Celeste hatte bereits auf einem Stuhl auf der Terrasse Platz genommen und blättert durch die Zeitung. Gedankenverloren greift sie mit der rechten Hand nach ihrer Tasse Tee und lässt sie beinahe fallen, als der Schmerz ihren Arm durchströmt. "Mist. Wenn ich nur vorsichtiger gewesen wäre gestern."

Mit ihrem Taschentuch wischt sie einige Tropfen der gelbgrünen Flüssigkeit vom Tisch, als sie Schritte hört und eine Stimme.

"Guten Tag, Lady Celeste."

Ein wenig erschrocken blickt sie auf und entdeckt den weißhaarigen Mann neben ihrem Bruder. "Mad Hatter - Du hast nicht gesagt, dass wir noch einen weiteren Gast haben, kleiner Bruder."

"Tut mir leid, ich habe nicht daran gedacht", entschuldigt sich Ben. "Xerxes Break und Reim Lunettes haben Lynn und Lyra heute Nacht hierher begleitet. Ich habe beiden ein Zimmer angeboten, doch Mr. Reim lehnte ab und war wieder gefahren."

"Ach so." Celeste senkt den Blick wieder auf die Zeitung und blättert zur nächsten Seite. Unbeabsichtigt benutzt sie die rechte Hand und zuckt wieder zusammen, als sie den Schmerz spürt.

"Woher habt ihr die Verletzung an eurer Schulter, Lady?" Break war auf den Stuhl ihr gegenüber gesunken und hatte sich mit beiden Armen auf die Tischplatte gestützt.

"Von einem Baskerville, gegen den ich gekämpft habe." Celeste hebt den Kopf und schaut in sein rotes Auge. "Du bist doch auch mit ihnen aneinandergeraten, hab ich gehört."

"Ja, allerdings." Break lehnt sich zurück und beginnt, an einem süßen Brötchen zu knabbern. "Ich nehme an, ihr habt euren Bruder beschützen wollen?"

"Nein, ich war bereits heimgefahren", mischt sich Ben in die Unterhaltung ein. "Von den Angriffen der Baskervilles habe ich erst erfahren, als Celeste heute Nacht heimkam und es mir erzählte. Und jetzt hör bitte auf, solche Fragen zu stellen, als würdest du meine Schwester wegen irgendwas verdächtigen."

"Das tu ich doch gar nicht." Break zieht einen Schmollmund. "Wie gemein, dass ihr so etwas von mir denkt. Ich bin einfach nur neugierig."

"Du bist ein alberner Kindskopf." Lyra gibt ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.

"Au, das hat wehgetan." Mit gespielt weinerlichem Gesichtsausdruck reibt er sich über die Stelle.

"Ich werd dir gleich mal zeigen, was richtig wehtut."

"Oh nein. Bitte, bitte nicht."

"Wird Break auch hier bleiben?" Celeste faltet ihre Zeitung zusammen und legt sie zur Seite. "Wenn die beiden sich die ganze Zeit so benehmen, kann das ja richtig lustig werden."

"Celi, was ist mit dir los?" Ben schaut seine Schwester verständnislos an. "Du bist doch sonst nicht so unfreundlich."

"Ich fühle mich einfach nicht gut, vielleicht liegt es an der Verletzung." Celeste schiebt ihren Stuhl zurück und steht auf. "Entschuldigt mich, ich gehe in mein Zimmer."

"Warte, ich hab hier noch etwas, das dir gehört." Lynn holt den Armreif hervor. "Ich habe ihn heute Nacht gefunden und dachte, du hättest ihn vielleicht verloren, während du gekämpft hast."

"Ja." Langsam schließt Celeste ihre Finger um den Silberreif. "Danke. Schön, dass du ihn mir zurückgegeben hast."

"Ich grüße euch, Lord Hunsington."

Vincent war zur Mittagszeit im Anwesen der Hunsingtons angekommen. Ein Dienstmädchen führt ihn in den Speisesaal, wo sich der grauhaarige Hausherr gerade aufhält.

"Setzt euch, Lord Vincent." Georg deutet auf einen Stuhl auf der anderen Seite des Tisches. "Ich nehme an, ihr seid hier, um meine Enkelin zu besuchen?"

"Ja, so ist es." Vincent nimmt Platz. "Ich wollte mich nach dem Befinden ihrer Dienerin erkundigen."

"Leider muss ich euch mitteilen, dass sie dieses Anwesen verlassen haben." Georg nimmt einen Schluck aus seinem Weinglas. "Als Lynn heute Nacht mit Lyra heimkam, waren Xerxes Break und Reim Lunettes in ihrer Begleitung. Ich habe die beiden Pandora-Agenten von meinem Grundstück verwiesen, da ist sie mit ihnen weggefahren."

"Und wisst ihr zufällig, wohin? Vielleicht zum Anwesen von Sharon Rainsworth?"

"Es wäre möglich, immerhin ist Lynn ja gut mit ihr befreundet." Georg stellt sein Weinglas zurück auf den Tisch. "Lord Vincent, dürfte ich euch bitten, mir meine Enkelin hierher zurückzubringen?"

"Selbstverständlich", lächelt Vincent. "Ich versichere euch, ich werde mein Bestes versuchen."
 

"So, es wird Zeit für mich." Break schiebt sich den Rest seines Brötchen mit Konfitüre in den Mund. "Ich sollte langsam zu Miss Sharon zurückkehren. Wenn sie von den Vorfällen gestern Abend bereits gehört hat, macht sie sich bestimmt Sorgen."

"Ja, du wirst Recht haben." Lynn trinkt ihren Tee aus. "Und sag ihr bitte auch, dass es mir und Lyra gut geht, ja?"

"Aber sicher."

"Ich bringe dich noch zur Tür." Ben steht ebenfalls auf und die beiden Männer verlassen die Terrasse.

"Lady Lynn." Lyra schaut sie über den Tisch an. "Diese Person gestern Abend, Wizard...Seid ihr euch sicher, dass sie eure Eltern getötet hat? Schließlich sagte sie doch, sie wäre es nicht gewesen."

"Das behauptet sie, aber ich habe keinen Zweifel, dass sie es getan hat." Lynns Hände verkrampfen sich in dem Tischtuch. "Und wenn ich ihr das nächste Mal gegenüberstehe, werde ich sie besiegen, das schwöre ich. Auch wenn ich sie von ganzem Herzen hasse, darf ich mich nicht davon beherrschen lassen, wenn ich mit ihr kämpfe. Und dass sie angeschossen wurde, bietet mir auch einen gewissen Vorteil."

"Was sagt ihr denn da, Lady?" Ungläubig schaut Lyra sie an. "Ihr könnt doch nicht ernsthaft daran denken, es auszunutzen, dass sie verletzt ist?"

"Doch, genau das werde ich, Lyra. Mir ist jedes Mittel recht, um mich rächen zu können." Lynn schiebt ihren Stuhl zurück. "Ich werde Celeste bitten, mit mir zu trainieren. Sie hat eine Verletzung, genau wie Wizard und deshalb kann sie mir helfen, mich auf den Kampf vorzubereiten."
 

"Ich möchte dir vielmals danken, dass du Lyra das Leben gerettet hast." Ben steht neben der Kutsche, die Break zu Sharon bringen wird. "Wenn Lynn noch jemanden verloren hätte, der ihr nahesteht..."

"Ihr solltet einmal vernünftig mit ihr reden, Ben. Vielleicht gelingt es euch, sie zu überzeugen, ihre Rache aufzugeben. Das wird sonst kein gutes Ende nehmen, glaubt mir."

"Selbst wenn ich es versuche, sie würde nicht auf mich hören. Lynn ist besessen davon, den Mörder ihrer Eltern zu finden und bezahlen zu lassen. Nichts, absolut nichts könnte sie davon abbringen."

"Ich bin sicher, euch fällt noch ein guter Grund ein, der sie dazu bringen könnte aufzuhören." Break lächelt zuversichtlich. "Denkt einfach mal darüber nach. Gut, ich werde mich jetzt aber wirklich auf den Weg machen. Also auf Wiedersehen, Lord Finlan."
 

"Er fährt weg." Von ihren Zimmerfenstern beobachtet Celeste die Abfahrt von Break. "Für einen Moment dachte ich, er wäre gekommen, weil er es weiß. Aber da habe ich mir wohl grundlos Sorgen gemacht."

Nachdenklich schaut sie auf den Armreif in ihren Händen. "Lynn scheint auch völlig ahnunglos zu sein, sonst hätte sie bestimmt etwas gesagt, als sie ihn mir zurückgab. Schon komisch, mir war nicht einmal aufgefallen, dass ich ihn verloren hatte."

Unwillkürlich beginnt sie leise zu lachen, geht mit langsamen Schritten zum Bett und setzt sich. "Ich bin wirklich dankbar, wenn es wenigstens noch für eine Weile bleiben kann, wie es war. Denn irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, wo ich..."

"Bist du noch wach, Celeste?" Lynns fragende Stimme dringt durch die Tür und unterbricht ihre Gedanken. "Darf ich reinkommen? Ich würde gern über etwas wichtiges mit dir sprechen."
 

"Lord Vincent." Sharon genießt gerade eine Tasse Tee, als der blonde Nightray zu ihr auf den Balkon tritt. "Wollt ihr euren Bruder besuchen? Gilbert ist auf seinem Zimmer, ich kann euch gern zu ihm bringen."

"Eigentlich bin ich auf der Suche nach Lady Lynn hierher gekommen." Lächelnd setzt er sich auf einen Stuhl, nimmt sich ein Stück Torte und eine Tasse Tee. "Sagt mir, Lady Sharon, wo hält sie sich auf?"

"Das weiß ich nicht. Zuletzt habe ich sie vor zwei Tagen gesehen, als wir gemeinsam zum Hauptquartier fuhren, um bei den Vorbereitungen des Festivals zu helfen."

"Und was ist mit Xerxes Break, habt ihr eine Ahnung, wo er stecken könnte?" Vincent schiebt sich eine Gabel Kuchen in den Mund. "Von Lord Hunsington weiß ich, dass er bei Lady Lynn war, als sie von ihrem Großvater weggelaufen ist."

"Ich bin hier." Break steht in den offenen Türen zum Salon. "Ihr könnt mich selbst fragen, was ihr wissen wollt."

"Nun gut." Vincent wendet sich ihm zu. "Verrate mir, wohin du sie gebracht hast."

"Das werde ich euch nicht sagen. Ich bezweifle, dass Lady Lynn im Augenblick in der Stimmung ist, euer Gesicht zu sehen."

"Ich verstehe. Aber eigentlich gibt es ja nur einen anderen Ort, wohin Lady Lynn hätte gehen können." Vincent stellt seine leere Teetasse auf den Tisch und steht auf. "Ich werde mich jetzt einfach auf den Weg zum Anwesen von Lord und Lady Finlan machen."

An den Balkontüren bleibt er kurz neben Break stehen, beugt sich vor und spricht leise zu ihm. "An deiner Stelle würde ich aufhören, Lady Lynn bei ihrem kleinen Spielchen zu unterstützen. Egal, was sie, du oder jemand anderer noch versucht, am Ende wird sie mir gehören."

"Darf ich das als gutgemeinten Rat verstehen? Ich nehme doch nicht an, dass ihr mir drohen wollt, Lord Vincent."

"Das würde mir natürlich niemals einfallen, Hatter." Vincent erwidert das Lächeln des Weißhaarigen. "Und jetzt entschuldige mich bitte, ich will meine zukünftige Braut einfangen."
 

"Er ist einfach unerträglich arrogant." Break war auf den Stuhl gesunken, wo Vincent vorher saß. Er zieht das Kuchentablett zu sich und stopft sich ein ganzes Stück in den Mund. "Wenn ich nur wüsste, was in seinem Kopf vorgeht. Warum ist er so verdammt sicher, dass er gewinnen wird? Er muss noch irgendeinen Plan haben..."

"Break." Sharon blickt ihn über den Tisch an. "Lynn und Lyra könnten sicher deine Hilfe brauchen, ich werde dich zu ihnen schicken."

"Aber ich darf doch noch in Ruhe Kuchen essen?", fragt Break hoffnungsvoll, während er die Hand nach einem weiteren Stück ausstreckt. Er zieht sie aber hastig wieder zurück, als Sharon ihren Harisen hervorholt und auf die Tischplatte knallen lässt.

"Nein, du gehst sofort", bestimmt sie. "Dann bist du schon dort, wenn Vincent ankommt. Eques."

Ein Wiehern ertönt und es öffnet sich der schwarze Wirbel durch die Kraft des Chain.

"Na gut." Mit einem wehmütigen Seufzen erhebt er sich und legt die wenigen Schritte zu dem Durchgang zurück, springt hinein. Als er verschwunden ist, gibt Sharon ihrem Chain einen weiteren Befehl. "Schlüpf in den Schatten von Vincent. Wenn ich herausfinde, was er noch so treibt, kann ich Break damit helfen."
 

"Stop." Nur mit Mühe kann Celeste den Angriff von Lynn abwehren. "Ich brauche eine Pause." Sie lässt die Waffe aus ihrer linken Hand fallen und legt sie auf ihre verletzte Schulter.

"Vielleicht hört ihr jetzt einfach auf." Ben sitzt mit Lyra auf der Terrasse, sie haben den beiden Frauen zugesehen. "Es wäre doch besser, wenn du dich schonst, Celi."

"Nein, ist schon in Ordnung." Celeste wischt sich mit ihrem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. "Ich habe Lynn versprochen, mit ihr zu trainieren."

"Wie wäre es denn, wenn ich euch mal eine Weile ablöse, Lady Celeste?"

"Was? Wer...?"

"Diese nervige Stimme kenne ich." Lyra verzieht das Gesicht, als sie über ihre Schulter zu dem Weißhaarigen aufblickt. "Was willst du schon wieder hier?"

"So eine unfreundliche Begrüßung." Break legt seine Arme auf ihre Stuhllehne. "Dabei bin ich gekommen, um euch zu sagen, dass Vincent auf dem Weg zu euch ist. Er will euch zurückholen."

"Woher weiß er, wo ich bin? Du hast es ihm doch nicht erzählt, oder?"

"Natürlich nicht, Lady Lynn", versichert Break ihr. "Er ist schlau und es war für ihn wohl offensichtlich, dass er euch bei euren Freunden findet."

"Klingt einleuchtend." Celeste hebt ihr Schwert auf und schiebt es in den breiten Ledergurt um ihre Hüften. "Sag uns, Xerxes Break, wann wird er hier sein?"

"Vor einer halben Stunde ist er bei Miss Sharon aufgebrochen", gibt er Auskunft. "Und für die Fahrt braucht er eine Weile."

"Dann haben wir ja noch Zeit." Lynn steht von der breiten Stufe an der Terrasse auf, wo sie sich kurz hingesetzt hatte. "Können wir weitermachen?"

"Tut mir leid", lehnt Celeste ab. "Ich glaube, Ben hat Recht. Meine Schulter tut ziemlich weh, ich werde mich in meinem Zimmer ausruhen."
 

"Kann sie mich nicht leiden? Es ist schon das zweite Mal, dass sie schnell verschwindet, wenn ich da bin."

"Das liegt nicht an dir, Break. Meine Schwester scheint sich wirklich nicht wohl zu fühlen, wenn sie sogar einen Kampf ausschlägt. Vielleicht lasse ich besser nach einem Arzt schicken, der sie sich ansieht." Ben steht auf und geht ins Haus.

"Nun, Lady, was meint ihr?" Break wendet sich an Lynn. "Wärt ihr einverstanden, gegen mich zu kämpfen? Aber ihr sollt wissen, dass ich mich nicht zurückhalte."

"Das erwarte ich auch nicht", erwidert sie, während sie sich mit ihren Waffen in Stellung bringt. "Ich bin bereit."

"Dann lasst uns beginnen." Break löst den Verschluss und zieht seine schmale Klinge heraus. "Ich gewähre euch den ersten Angriff. Zeigt mir, was ihr könnt."

Laut klirrend treffen die Schwerter aufeinander.

"Er ist wirklich verdammt gut." Celeste wendet sich von den Fenstern ab, nachdem sie eine Weile dem Kampf zwischen Break und Lynn zugesehen hatte. Innerlich seufzend nimmt sie auf ihrer kleinen Couch Platz und lässt ihren Kopf auf die Lehne sinken. "Es gefällt mir überhaupt nicht, dass Lynn ausgerechnet ihn für ihren Plan um Hilfe gebeten hat. Die Situation ist für mich schon schwierig genug, ich kann es wirklich nicht gebrauchen, dass er womöglich herausfindet, was ich vor zwei Jahren tun musste. Damals, als Ben und ich dieses furchtbare Erlebnis hatten..."
 

"Warum müssen wir eigentlich um diese Zeit noch zurückkehren? Wir hätten doch Lynn bitten können, ob wir die Nacht in ihrem Anwesen verbringen dürfen. Ich wäre sehr gern noch bei ihr geblieben."

"Ach so, deshalb bist du also mitgekommen." Celeste dreht sich im Sattel um und blickt zu Ben. "Ich habe mich schon gewundert, weil du Interesse an unserem Kampftraining entwickelt hast. Früher wolltest du nie dabei sein." Sie lässt ihr Pferd langsamer laufen, bis er neben ihr reitet. "Und wann willst du es ihr sagen? Du solltest nicht zu lang warten, sonst werden ihre Eltern oder ihr Großvater irgendjemanden als ihren zukünftigen Ehemann aussuchen."

"Ich weiß, das könnte eines Tages passieren. Aber ich kann nicht so einfach..." Ein schrilles Wiehern unterbricht ihn, sein Pferd steigt hoch und schlägt mit den Hufen in die Luft. Nur mit Mühe kann er sich im Sattel halten. "Shhh, Shhh."

"Spring ab, Ben!" Celeste war bereits ihrem eigenen Rat gefolgt und hatte sich ein gutes Stück von ihrem Tier entfernt. "Sie scheinen etwas, möglicherweise gefährliches zu wittern!"

"Ich versuche es." Er schiebt vorsichtig sein Bein über den Rumpf seines Pferdes, während er sich mit beiden Händen an dem Zügel festklammert. Um sich dann mit einem Ruck abzustoßen, doch beim Aufkommen auf dem Boden verliert er den Halt und schlägt hart mit dem Kopf auf.

"Ben!"

"Das war nicht geplant, aber wenigstens ist schon einer von euch bewegungsunfähig." Ein älterer Mann in schäbiger Kleidung war herangetreten. "Nun kann mein Chain ihn verschlingen, und dann bist du an der Reihe."

"Du liegst falsch, wenn du glaubst, dass mein Bruder und ich als Bestienfutter enden!" Celeste zieht ihre beiden Kurzschwerter und stürmt auf den illegalen Contractor zu. Doch bevor sie ihn erreicht, verstellt ihr sein Igelähnlicher Chain den Weg. "Du Bestie! Geh zur Seite oder ich mach dich zuerst fertig!" Sie führt Schlag um Schlag gegen ihn, ohne nennenswerten Schaden anzurichten. Während sie selbst durch die nadelspitzen Stacheln nicht wenige blutige Wunden abbekommt.

"Gib dir keine Mühe, mit deinen Waffen kannst du nichts ausrichten. Aber ich bewundere deinen Mut, doch leider brauche ich noch mehr Opfer für meinen Chain, um meinen Wunsch erfüllt zu bekommen." Der Illegale macht eine auffordernde Bewegung auf Ben. "Lass ihn dir schmecken."

"Willst du ihn aufhalten? Ich kann dir helfen, ihn zu besiegen. Wenn du bereit bist, einen Vertrag mit mir zu schließen."

"Wer spricht da?" Celeste blickt sich nach dem Besitzer der geisterhaften Stimme um. "Du bist auch ein Chain, nicht wahr? Ich habe kein Interesse daran, mich mit einer von euch Kreaturen zusammenzutun."

"Willst du denn nicht das Leben deines Bruders retten? Dann nimm mein Angebot an."

"Ben...." Celeste ballt die Hände zu Fäusten. "Ich habe wohl keine Wahl - na schön, schließen wir den Vertrag."

"Sehr gut." Ein weißer Chain mit Flügeln erscheint neben ihr. "Reich mir deine Hand, um es zu besiegeln." Als sie seiner Anweisung folgt, zieht er seine Krallen über ihre Haut. Das gleiche wiederholt er an seiner Pfote und vermischt sein Blut mit ihrem.

"Und jetzt werde ich ihn vernichten, dann wird auch sein Contractor sterben." Das geflügelte Wesen erhebt sich hoch in die Luft und stürzt dann wie ein silberner Pfeil auf seinen Gegner hinunter, durchbohrt ihn. Der Chain sackt zusammen, ein breiter Blutstrom läuft aus der tödlichen Wunde in seinem Leib - und unter ihm entsteht ein Tor zum Abyss, in dem er langsam versinkt.

"Nein!" Der illegale Contractor stößt einen durchdringenden Schrei aus, als ihm bewusst wird, welches Schicksal ihn erwartet. "Ich will nicht in den Abgrund gezogen werden! Ich muss doch mein Ziel unbedingt noch erreichen! Helft mir, rettet mich!"

"Du bekommst genau das, was du verdienst - nachdem du deine Kreatur auf uns gehetzt hast und uns opfern wolltest." Celeste schiebt ihre Schwerter in die Scheiden an ihrem Gürtel und wendet sich ihrem Vertragspartner zu. "Bei dir muss ich mich wohl bedanken. Du hast diesen anderen Chain ja mit Leichtigkeit besiegt, das hätte ich nicht erwartet. Nun brauche ich dich nicht mehr, du kannst gern gehen, wohin du willst. Ich werde mich jetzt um Ben kümmern."

"Du kannst mich nicht wegschicken. Wir haben einen Vertrag geschlossen, ich gehöre jetzt zu dir." Der weiße Chain folgt Celeste zu ihrem Bruder. "Du hast doch sicher auch einen Wunsch, den du gern erfüllt hättest? Ich verlange dafür nicht viel, nur einige Opfer. Es gibt schließlich so viele schlechte Menschen, die niemand vermissen wird."

"Du erwartest doch nicht ernsthaft, dass ich einfach Menschen töte? Das werde ich bestimmt nicht tun." Celeste zieht erneut eins ihrer Schwerter und richtet die Spitze auf den Chain. "Verschwinde, lass mich in Ruhe."

"Gut, ich werde mich erst einmal zurückziehen und dir Zeit lassen, bis du dich an den Gedanken gewöhnt hast, dass wir durch den Vertrag verbunden sind. Wenn du bereit bist, ruf mich - mein Name ist..."

"Mist!" Lynn hebt ihr Schwert auf, das ihr von Break aus der Hand geschlagen wurde.

"Ihr werdet doch nicht so schnell aufgeben, Lady Lynn." Lyra winkt ihr aufmunternd zu. "Verlangt eine Revanche und dann zeigt es ihm mal richtig."

"Von mir aus gern." Break schwingt seine schmale Klinge. "Wenn ihr einverstanden seid, Lady?"

"Natürlich, das lasse ich nicht auf mir sitzen." Lynn geht wieder in Stellung. "Ich bin bereit, es kann weitergehen." Sie stürzt sich auf den Weißhaarigen, täuscht mit rechts an, um dann jedoch ihre linksseitige Waffe vorschnellen zu lassen. Doch Break durchschaut ihre Vorgehensweise und kann ihren Hieb abwehren. "Das war gar nicht schlecht. Bei einem schwächeren Gegner als mir könnte euer Trick bestimmt funktionieren."

"Ich fasse es nicht. Muss er eigentlich so damit angeben, dass er ein sehr guter Schwertkämpfer ist?"

"Du regst dich wirklich sehr oft über ihn auf, Lyra", bemerkt Ben. "Kann es vielleicht sein, dass du ihn eigentlich gut leiden kannst?"

"Was?" Lyra blickt Ben entgeistert an. "So ein Unsinn, das meint ihr nicht ernst. Er ist nervtötend, unverschämt und ein alberner Hampelmann. Allein der Gedanke ist..."

"Einfach absurd, nicht wahr?" Vincent war von einem Dienstmädchen zur Terrasse geführt worden. "Es ist für mich auch völlig unverständlich, wie jemand Mr. Hatter als Freund bezeichnen könnte."

"Das gilt doch auch für euch." Break schlägt eine von Lynns Klingen zur Seite und fängt die zweite mit seinem Schwert auf. "Lasst uns einen Moment unterbrechen, Lady. Es wäre doch unhöflich, den Kampf fortzuführen, während Lord Vincent uns mit seinem Besuch beehrt."

"Na schön, meinetwegen." Lynn lässt ihre Waffen sinken und schiebt sie in die Scheiden an ihrem Gürtel. "Also, Lord Vincent, falls ihr gekommen seid, um mich zu meinem Großvater zurückzubringen, habt ihr den Weg umsonst gemacht. Ich habe es ihm bereits gesagt, dass er mich erst wiedersehen wird, wenn er seine Meinung geändert hat. Das könnt ihr ihm gern auch noch einmal ausrichten - denn offensichtlich nimmt er meine Worte nicht ernst."

"In der Tat, Lord Hunsington bat mich darum." Vincent nähert sich Lynn bis auf wenige Schritte. "Und obwohl ich eure Sturheit kenne, wollte ich doch zumindest einen Versuch wagen."

"Aber nachdem ihr gescheitert seid, möchte ich euch freundlich bitten, wieder zu fahren." Ben macht eine auffordernde Bewegung. "Kommt, ich bringe euch zu eurer Kutsche."

"Ich glaube, das wird nicht nötig sein, Ben. Lord Vincent ist uneingeladen hergekommen, dann kann er auch auf die gleiche Weise wieder gehen."

"Lady Celeste." Vincent lächelt die dunkelblonde Hausherrin an, die eben durch die Terrassentüren getreten war. "Ihr seht gut aus. Offenbar scheint eure Verletzung euch nicht sehr zu beeinträchtigen."

"Da habt ihr Recht." Celeste beibt am oberen Ende der kleinen Treppe stehen. "Es ist nicht mehr als ein kleiner harmloser Kratzer. Und nun fordere ich euch auf, unser Anwesen zu verlassen."

"Ich verstehe, ich bin hier nicht willkommen. Dann werde ich mich nun verabschieden." Vincent deutet eine Verbeugung an. "Lady Lynn, ich bin überzeugt, dass wir uns bald wiedersehen werden."
 

"Gott sei Dank, er ist weg." Lyra lehnt sich zurück. "Ich hätte seine Anwesenheit nicht länger ertragen können."

"Wir waren alle nicht begeistert von seinem Besuch." Lynn nimmt sich das letzte Törtchen von dem Tablett auf dem Tisch. "Und es gefällt mir noch weniger, dass er jederzeit wieder herkommen kann. Vielleicht sollten wir uns etwas anderes suchen, wo wir hingehen können."

"Ich glaube nicht, dass es einen Ort gibt, wo er euch nicht finden wird, Lady." Break greift nach dem Gebäckstück, als sie gerade hineinbeissen will und schiebt es zwischen seine Zähne. "Wahrscheinlich ist er bestens informiert über den kleinen Kreis von Personen, die ihr wirklich eure Freunde nennen könnt."

"Das ist meins." Lynn holt sich die übrige Hälfte von ihm zurück, um sie selbst zu essen. "Und was schlägst du vor, was wir tun sollen?"

"Hier bleiben, wenn Lord Finlan nichts dagegen hat..." Break wirft einen fragenden Blick zu Ben, der bestätigend nickt. "Selbstverständlich könnt ihr so lange bleiben, wie ihr wollt. Nicht wahr, Celi?"

Celeste zuckt mit den Schultern. "Meinetwegen, aber... Xerxes Break, du bist doch der Diener von Lady Sharon, gehörst du nicht eigentlich an ihre Seite?"

"Eigentlich schon", gibt der Weißhaarige zu. "Doch sie hat mich ja zu euch geschickt, um euch mit Vincent Nightray zu helfen. Und wie Lady Lynn gerade sagte, wird er ganz bestimmt wiederkommen. Also bleibe ich auch noch hier. Es sei denn, ihr wollt mich nicht hier haben?"

"Ich glaube, das macht keinen Unterschied", meint Lyra. "Abgesehen davon, dass du uns auf die Nerven gehst, wirst du uns wohl kaum eine große Hilfe sein."

"Wie kannst du nur so etwas gemeines sagen?" Breaks Gesicht nimmt einen weinerlichen Ausdruck an. "Schließlich habe ich euch doch gewarnt, dass er auf dem Weg zu euch war. So seid ihr wenigstens vorbereitet gewesen."

"Wir sind dir auch dankbar dafür", erklärt Ben. "Aber ich finde, Vincent hat auch nicht ganz Unrecht. Lynn, du erzählst doch nur, dass Break dein Verlobter ist, weil du Vincent nicht heiraten willst. Aber das kannst du nicht auf ewig behaupten, irgendwann musst du die Angelegenheit aufklären. Und wie soll es dann weitergehen?"

"Meine Güte, Ben. Warum musst du denn so schrecklich vernüftig sein?" Celeste verdreht die Augen. "Es gibt doch eine ganz einfache Lösung für das Problem. Und du und Lynn sollten es eigentlich wissen - wenn ihr beide nur ehrlich zueinander wärt."

"Wovon sprichst du?"

"Was meinst du?"

"Das kann doch einfach nicht wahr sein", kreischt Emily. "Wie blöd muss man sein, wenn man nicht merkt, welche Gefühle jemand für einen hat?"

"Shh, shh. Sei nicht so beleidigend." Break hatte sich das leere Kuchentablett geschnappt und leckt die Krümel auf. "Auch wenn es ja an der Zeit war, dass es endlich mal ausgesprochen wurde."

"Ganz genau." Die kleine Puppe bewegt heftig ihr Köpfchen. "Jetzt braucht ihr es nur noch zu sagen - ich liebe dich, Lynn - und ich liebe dich, Ben. Und dann..."

Patsch

"Ruhe." Lyra hatte sich Emily genommen und drückt sie gegen die Tischplatte. "Halt dein vorlautes Mundwerk."

"Das war nur die Wahrheit, dumme Kuh", quiekt das Stoffbündel. "Jetzt nimm deine stinkenden Finger von mir."

"Was? Sag das noch mal, du... du verfilztes..."

"Pfffff." Break prustet und spuckt ein paar Krümel über den Tisch. "Hahahahaha. Es ist zu komisch, wie du dich mit Emily streitest, Lyra."

"Na klar, du findest das natürlich witzig." Die Dienerin hebt Emily an dem Zopf hoch und schwingt sie im Kreis. "Ob du auch noch lachst, wenn deine blöde Puppe einen Abflug macht?"

"Leg sie wieder hin, Lyra." Lynn´s Stimme hat einen müden Klang. "Mir fehlt jetzt die Geduld für dieses Theater. Das ist mir einfach alles zuviel - ich brauche ein wenig Zeit, um nachzudenken." Mit raschen Schritten verschwindet sie im Haus.

"Siehst du, was du gemacht hast?" Lyra packt Breaks Ohr und zieht kräftig daran. "Das ist deine Schuld, weil du mal wieder unaufgefordert dein unangebrachtes Gerede von dir gegeben hast."

"Au, au, au. Lass los, das tut weh."

"Das soll es ja auch, und du hast es auch nicht anders verdient."

"Du bist aber auch nicht völlig unschuldig, Lyra", bemerkt Celeste. "Ich kann verstehen, warum Lynn sich zurückgezogen hat - ich selbst fühle mich auch ziemlich genervt. Und ich gehe jetzt auch wieder in mein Zimmer."
 

"Ich muss euch um Verzeihung bitten, Lord Hunsington." Vincent bleibt an der Tür des Arbeitszimmers stehen, in dem der Hausherr einige Berichte bearbeitet. "Leider konnte ich eure Enkelin heute nicht überzeugen, zu euch zurückzukehren."

"Ihr habt also versagt." Georg legt den Stift aus seiner Hand auf den Schreibtisch. "Und ihr seid ohne sie wieder hierher gekommen, um mir das zu sagen? Ich hätte euch nicht für jemanden gehalten, der so schnell aufgibt."

"Das ist auch nicht meine Absicht", erwidert Vincent mit einem kleinen Lächeln. "Ich habe mir schon etwas überlegt, wie ich erfolgreich sein kann. Wartet einfach ab, es wird nicht lang dauern."

"Gut, ich verlasse mich darauf. Doch bis ihr und Lynn gemeinsam vor mir steht, braucht ihr nicht noch einmal zu mir kommen." Georg widmet sich wieder seinen Schriftstücken, Vincent verabschiedet sich mit einer leichten Verbeugung.

Während seine Kutsche langsam von dem großen Hunsington-Anwesen fährt, zieht er seine Dienerin auf seinen Schoß. "Echo, wirst du mir heute Nacht einen Gefallen tun?", flüstert er in ihr Ohr.

"Was immer ihr wünscht, Master Vincent."

"Sehr gut, dann machen wir uns noch einmal auf den Weg zu Lady und Lord

Finlan." Vincent schaut in die untergehende Sonne. "Wenn wir dort sind, wirst du dich in das Anwesen schleichen und meine Bitte erfüllen."
 

"Es ist an der Zeit." Celeste wendet sich von dem Fenster ab, durch das sie den aufsteigenden runden Mond beobachtet hatte. "Heute Nacht muss ich wieder ein Opfer bringen... zum Glück haben alle eine Menge Wein getrunken und werden jetzt sicher tief schlafen." Rasch wirft sie sich ihren schwarzgrauen Mantel über die Schultern, den sie vorher aus einem versteckten Fach in ihrem Kleiderschrank genommen hatte. Mit einer einzelnen Kerze in der Hand geht sie durch ihre Zimmertür, verschließt sie von außen und folgt dem Flur zu der Treppe.

In der Eingangshalle wendet sie sich in die Richtung des Salon, um das Haus über die Terrasse zu verlassen. Doch zu ihrer Überraschung sieht sie, als sie die Tür öffnet, einen weißen Haarschopf auf der Seitenlehne der Couch liegend. Und leise Schnarchgeräusche dringen an ihr Ohr.

"Wieso schläft er nicht in dem Bett in seinem Zimmer?" Mit vorsichtigen Schritten umrundet Celeste das Möbelstück und schaut auf Break herunter. Er liegt auf der Seite, seine langen Haarsträhnen sind über seine rechte Gesichtshälfte gefallen.

"Lass mich ihn fressen", wispert eine Stimme. "Lass mich seine Kraft in mich aufnehmen."

"Ja... ich könnte ihn jetzt ganz einfach töten..." Celeste hebt ihren Dolch über seine Brust und lässt sie herabsausen - doch sie stoppt die Waffe, bevor sie sich in sein Herz bohren kann. "Wieso zögere ich? Es wäre doch für mich von Vorteil, wenn er nicht mehr da wäre. Dann müsste ich nicht mehr befürchten, dass er die Wahrheit über mich entdeckt..."

Klack

Das leise Geräusch lässt sie zusammenzucken und den Kopf zur Seite drehen - in der offenen Terrassentür steht Echo und schaut zu ihr hinüber. "Ich muss euch etwas sagen."

"Warte." Celeste folgt ihr, als sie sich umdreht und zu der kleinen Treppe geht, die von der Terrasse in den Garten führt. An einer niedrigen Hecke holt sie das Mädchen ein. "Was willst du von mir?"

"Mein Master Vincent lässt euch ausrichten, er weiß über euch Bescheid. Und ihr sollt ihm helfen, dass er Lady Lynn für sich gewinnen kann. Sonst wird er euch an Pandora verraten."

"Ich glaube dir kein Wort! Er kann es nicht erfahren haben, das ist einfach unmöglich!"

"Aber, Lady Celeste, ihr habt es doch gerade zugegeben." Mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen taucht Vincent aus der Dunkelheit auf. "Das hast du gut gemacht, Echo. Nun geh zurück zur Kutsche und warte dort auf mich."

Das weißhaarige Mädchen befolgt gehorsam seinen Befehl und er wendet sich an die Adlige. "Darf ich annehmen, dass ihr meine Bedingungen akzeptiert?"

"Nein! Ihr habt keine Beweise für eure Behauptungen! Meinetwegen könnt ihr der Organisation erzählen, was ihr wollt! Ich werde all euren Anschuldigungen widersprechen!"

"Ihr irrt euch, Lady." Vincent tritt dicht an Celeste heran. "Die Schussverletzung an eurer Schulter stammt von mir. Lady Lynn, Lyra und Mad Hatter können bezeugen, dass ich euch genau dort getroffen habe. Und wie wird meine zukünftige Braut wohl reagieren, wenn sie von eurer Identität als Wizard erfährt? Ist es nicht so, dass sie euch - oder anders gesagt, den illegalen Contractor, der ihr seid, für den Tod ihrer Eltern verantwortlich macht?"

"Ihr seid widerlich! Auch mit eurem hinterhältigen Erpressungsversuch werdet ihr am Ende scheitern!"

"Es freut mich, dass ihr einverstanden seid, Lady Finlan. Ich verabschiede mich jetzt - wenn ihr etwas für mich tun könnt, lasse ich es euch wissen." Vincent deutet eine Verbeugung an und lässt Celeste vor Wut und Hilflosigkeit zitternd stehen.

"Dieser elende verfluchte..." Außer sich schlägt Celeste mit einem ihrer Kurzschwerter in die Hecke neben sich. Durch die schwungvolle Bewegung fliegen die kleinen Blätter in die Luft und fallen langsam auf den Boden herunter.

"Lord Vincent scheint euch ja richtig aufgeregt zu haben."

"Wer..." Celeste zuckt zusammen, als sie sich umdreht und Break in kurzer Entfernung stehen sieht. "Was willst du hier? Hast du unser Gespräch etwa belauscht?" Ihre Finger tasten nach dem Griff des zweiten Kurzschwertes, dass sie am Gürtel unter ihrem Mantel trägt.

"Nun ja, das ließ sich nicht vermeiden." Mit ruhigen Bewegungen holt Break seine Bonbondose hervor und öffnet den Deckel. "Und was wollt ihr jetzt tun? Ich nehme doch nicht an, dass ihr zu einer Marionette von der Ratte werden wollt."

"Natürlich nicht!" Celeste schnaubt verächtlich. "Ich werde es schon zu verhindern wissen, von ihm an Pandora ausgeliefert zu werden! Oder von dir!"

"Von mir? Denkt ihr etwa...Oha."

Die Bonbondose fällt herunter und rollt ein Stück über den Boden. Celeste war vorwärts gesprungen und hatte ihm ihre beiden Schwerter gekreuzt an den Hals gelegt. Sie drängt ihn zurück, bis er mit dem Rücken gegen einen Baum stößt. Die Schneiden ihrer Klingen drücken unangenehm in seine Kehle.

"Lady Celeste - ihr habt keinen Grund, mich zu fürchten. Ich habe nicht die Absicht, euch an Pandora zu verraten."

"Ich glaube dir nicht! Du bist doch hinter Wizard her, seit er sein erstes Opfer geholt hat! Und jetzt weißt du, dass ich es bin!"

"Das habe ich bereits geahnt, als ich sah, wie ihr gegen Lady Lynn gekämpft habt. Genauso wie in der Nacht während des Festivals, als sie euch angriff. Wenn es mir darum ginge, euch gefangen zu nehmen und einsperren zu lassen, wärt ihr jetzt schon in einer Zelle unter dem Hauptquartier der Organisation." Break hebt eine Hand und umfasst ihr rechtes Handgelenk. "Seht doch, ich habe nicht einmal mein Schwert bei mir. Ihr könnt eure Waffen beruhigt senken."

"Also gut." Rasch, nachdem sie sich von seinen Worten überzeugt hatte, tritt sie zurück - bleibt aber weiterhin kampfbereit. "Und jetzt sag mir, was du damit bezweckst. Ich dachte, du würdest es als deine Pflicht ansehen, jeden illegalen Contractor unschädlich zu machen."

"Vielleicht geht es mir ja einfach darum, die Pläne der Ratte zu stören."

"Halte mich nicht für dumm, Xerxes Break! Wenn es dir darum gehen würde, wäre es doch am einfachsten, mich einsperren zu lassen! Dann könnte Vincent Nightray mich auf keinen Fall benutzen!"

"Ihr habt Recht." Break war auf die Knie gesunken und hatte begonnen, seine Bonbons wieder einzusammeln. "Wenn ihr genauso wie alle anderen Illegalen wärt, würde ich wohl auch nicht zögern. Aber ihr - auch nach zwei Jahren, die ihr bereits in Kontakt zu einem Chain steht, habt ihr eure Persönlichkeit behalten. Es muss für euch also einen wichtigen Grund geben, weshalb ihr euch nicht selbst verloren habt. Und ich vermute, auch deshalb habt ihr damals den Vertrag mit dem Chain Wizard geschlossen."

"Ben..." Unwillkürlich spricht Celeste den Namen ihres jüngeren Bruders aus.

"Ich verstehe." Langsam erhebt sich Break wieder und verstaut seine Dose in der Tasche. "Für euer einziges noch lebendes Familienmitglied seid ihr bereit, verdammt zu werden... so ein Opfer würde wohl auch nicht jeder bringen."

"Ich werde nicht im Abyss enden." Celeste schiebt ihre beiden Schwerter in die Scheiden an ihrem Gürtel. "Bevor das geschieht, werde ich mich töten. Das habe ich bereits vor einiger Zeit beschlossen. Und ich muss noch heute Nacht von hier fortgehen."

"Und wohin wollt ihr gehen?"

"In das alte Herrenhaus, wo bis vor zehn Jahren die Volljährigkeitszeremonien stattgefunden haben. Nach dem Vorfall, bei dem Oz Bezarius dort gestorben ist, wird es ja nicht mehr benutzt." Celeste wirft noch einen Blick auf das Fenster, hinter dem ihr Bruder schläft. "Ben wird sich bestimmt fragen, wieso ich verschwunden bin. Aber er darf es nicht erfahren - kann ich mich darauf verlassen, dass du schweigst?"

"Ich verspreche es euch." Break deutet eine Verbeugung an. "Und gebt ihr auch gut auf euch acht, Lady Celeste."
 

"Du siehst ziemlich zufrieden aus." Lotti sitzt auf dem Bett, als Vincent die Tür zu seinem Zimmer im Nightray-Anwesen öffnet. "Dann hat es wohl so funktioniert, wie du dir erhofft hattest."

"Allerdings." Vincent geht zu dem kleinen Tischchen am Fenster und gießt sich ein Glas Wein ein. "Wizard - Lady Celeste Finlan wird tun, was ich verlange. Nun ja, wahrscheinlich wird es eine Weile dauern, bis sie erkennt, dass ihr keine andere Wahl bleibt. Sicher sucht sie jetzt noch nach einer Möglichkeit, wie sie sich mir widersetzen kann."

"Und was willst du tun, wenn sie ihr kleines Geheimnis offenbahrt?" Fang lehnt neben der Tür an der Wand. "Du verlässt dich darauf, dass sie es niemandem verraten will. Aber wenn sie nun doch entscheidet, das Risiko einzugehen?"

"Für diesen, doch sehr unwahrscheinlichen Fall, habe ich mir auch schon etwas überlegt." Mit einem Lächeln setzt Vincent das Weinglas an seine Lippen und nimmt einen langen Schluck von der dunkelroten Flüssigkeit.
 

"Verzeiht, Lord Finlan." Das Dienstmädchen, dass Ben geschickt hatte, um seine Schwester zu holen, kommt allein zurück auf die Terrasse. "Lady Celeste ist nicht in ihrem Zimmer. Und ihr Bett ist unbenutzt, sie scheint in der Nacht nicht dort geschlafen zu haben."

"Aber wo kann sie denn sein? Sie hat es mir doch immer gesagt, wenn sie unser Anwesen verlassen wollte."

"Ben." Lynn greift nach seiner Hand. "Wir werden uns auf die Suche nach ihr machen. Gleich nach dem Frühstück fahren wir nach Leverru, dort beginnen wir. Sei unbesorgt, wir finden sie bestimmt."

"Ich danke dir."

"Dann wünsche ich euch viel Vergnügen." Break wippt mit angezogenen Beinen auf seinem Stuhl auf den hinteren Stuhlbeinen. Auf seinen Knien liegt ein Teller mit Gebäckstücken, von denen er sich gerade wieder eins zwischen die Zähne schiebt.

"Was soll das heißen? Du wirst auch mitkommen." Lyra versetzt seinem Stuhl einen Stoß, der ihn nach hinten kippen lässt. Mit einem dumpfen Krachen prallt er mit der Stuhllehne auf den Boden.

"Au, das hat wehgetan. Du bist so gemein, Lyra."

"Stell dich nicht so an. Los, steh auf." Die schwarzhaarige Dienerin packt seinen Arm, um ihn auf die Füße zu ziehen.

"Gut, ich werde veranlassen, dass uns sofort eine Kutsche fertig gemacht wird." Ben erhebt sich und geht ins Innere des Hauses.

"Da bin ich." Celeste lässt ihr Pferd langsam in den Hof des alten Anwesen traben. Ihr Blick wandert über die mit Efeu bewachsene Fassade und die teilweise zerbrochenen Fenster. "Wieso lässt man dieses Anwesen einfach verwahrlosen? Nur weil hier vor 10 Jahren ein junger Mann gestorben ist..."

Nachdem sie ihr Pferd in den Stall gebracht und versorgt hatte, betritt Celeste das Haus und schaut sich in der Eingangshalle um. "Mal sehen, ob ich ein Zimmer finde, dass noch in akzeptablem Zustand ist und wo ich mich einrichten kann." Sie folgt der Treppe in den ersten Stock und wandert langsam den Flur entlang, öffnet eine Tür nach der anderen.

In das dritte Zimmer geht sie hinein. "Hier sieht es ganz ordentlich aus und die Fenster sind noch unversehrt. Und das Bett..." Mit einem Ruck zieht sie die verstaubten Decken zur Seite, die darübergebreitet sind. "Gut, dass es so warm ist, da kann ich in der Nacht die Fenster offen lassen. Und diese alten Decken brauche ich auch nicht."

Nachdem sie ihre Entscheidung getroffen hatte, kehrt sie auf den Flur zurück und macht sich auf den Weg ins Erdgeschoss, um sich noch ein wenig in der Umgebung umzusehen.
 

"Was sollen wir jetzt tun?" Lynn und die anderen hatten den ganzen Tag mit der Suche nach Celeste verbracht. "Ich habe keine Ahnung, wo wir noch hingehen könnten. Sie war nirgendwo, aber sie kann doch nicht verschwunden sein."

"Ich weiß auch keinen Rat mehr." Ben setzt sich auf die zweite Stufe der Treppe an der Kutsche. "Celeste..."

"Vielleicht ist sie ja auch schon wieder in eurem Anwesen, während wir hier noch herumlaufen", meint Lyra. "Ich denke, wir sollten zurückkehren und nachsehen, ob sie dort ist."

"Ein guter Vorschlag..."

"Und wenn sie nicht dort ist?", unterbricht Ben Break. "Dann wären wir umsonst heimgefahren, während sie vielleicht noch irgendwo in der Stadt ist oder irgendwo anders."

"So ein Mist!" Lynn tritt gegen das hintere Rad der Kutsche. "Wenn wir nur die Möglichkeit hätten, sie aufzuspüren... Oh!"

"Was habt ihr, Lady? Ist euch etwas eingefallen?"

"Ja allerdings, Lyra." Lynn´s Augen blitzen vor Aufregung. "Sharon! Ihr Chain kann uns ganz sicher helfen, Celeste zu finden! Lasst uns zu ihrem Anwesen fahren."

"Gut, verlieren wir keine Zeit mehr." Ben erhebt sich und reicht Lynn die Hand, um ihr beim Einsteigen zu helfen.

"Das könnte ein Problem werden." Break rutscht auf den freien Platz neben Lyra. "Wenn Lady Lynn und Lord Finlan den Aufenthaltsort von Lady Celeste herausfinden, wird es ganz sicher auch die Ratte erfahren. Und dann wird er seine hinterhältigen Methoden benutzen, um sie in eine aussichtslose Lage zu bringen. Ich sollte wohl besser dafür sorgen, dass Miss Sharon die Fähigkeit ihres Chain nicht gebraucht."
 

"Was ist hier nur passiert?" Celeste war bei ihrer Besichtigung auf dem Anwesen schließlich an der Kirche angekommen. Ihr Blick wandert über das teilweise zerstörte Dach und die zerbrochenen Fenster. "Das sieht aus, als wäre etwas mit großer Kraft durchgebrochen - gab es etwa einen Vorfall mit einem illegalen Contractor und seinem Chain? Womöglich ist das auch der Grund, weshalb Oz Bezarius während seiner Volljährigkeitszeremonie gestorben ist..."

Mit langsamen Schritten nähert sie sich der Treppe, als sie auf eine Patronenhülse tritt. Mit gerunzelter Stirn hebt sie den kleinen Metallzylinder auf. "Die ist noch ziemlich neu - auf keinen Fall liegt sie hier schon seit zehn Jahren."

Einen Moment betrachtet sie die Hülse noch, dann schüttelt sie den Kopf und lässt sie fallen. "Was hier auch geschehen sein könnte, es hat für mich keine Bedeutung. Ich sollte mir lieber Gedanken über meine Situation machen - ich kann mich schließlich nicht für immer hier verstecken.

Außerdem sind Ben und Lynn sicher sehr besorgt über mein Verschwinden und werden bestimmt nach mir suchen... Vielleicht hätte ich Xerxes Break bitten sollen, ihnen einen überzeugenden Grund zu nennen, warum ich weggegangen bin."
 

"Wir sind da, jetzt lasst uns schnell zu Sharon gehen." Lynn springt aus der Kutsche, kaum dass sie vor Sharon´s Anwesen angehalten hatte. "Hoffentlich kann sie uns wirklich helfen, Celeste zu finden."

"Das wird sie ganz sicher."

"Lyra ist ja richtig zuversichtlich. Zu schade, dass ich sie enttäuschen muss."

Break kaut die Reste eines Lollis von dem Stiel, während er mit den anderen das Anwesen betritt. In der Eingangshalle dreht er sich zu seinen drei Begleitern um. "Ich werde Miss Sharon über euren Besuch infomieren, um diese Zeit ist sie sicher schon in ihrem Zimmer. Geht ihr doch in den Salon und wartet dort."

"In Ordnung", stimmt Ben zu. "Ich danke dir."

Nach einer angedeuteten Verbeugung steigt Break rasch die Treppe hinauf.

"Sagt mal, findet ihr es nicht auch merkwürdig, dass er so hilfsbereit ist?" Lyra blickt dem Weißhaarigen stirnrunzelnd nach. "Das passt doch irgendwie überhaupt nicht zu ihm."

"Vielleicht tut er das, weil ihm bewusst ist, welche Sorgen wir uns um Celeste machen."

"Ja, womöglich...", murmelt die schwarzhaarige Dienerin, dann schüttelt sie jedoch den Kopf. "Verzeiht, Lord Finlan, aber ich bin nicht überzeugt. Ich fühle mich besser, wenn ich Break im Auge behalte." Sie bewegt sich ebenfalls die Stufen nach oben.
 

Inzwischen war Break vor Sharons Zimmer angekommen. Auf sein Klopfen lässt sie ihn eintreten und schließt die Tür hinter ihm. "Break, ich weiß es bereits", erklärt sie, bevor er etwas sagen kann. "In der vergangenen Nacht, während du mit Lady Celeste gesprochen hast, befand sich Eques in deinem Schatten. Und ich weiß auch, dass Lady Lynn, Lyra und Lord Finlan hierher gekommen sind."

"Sehr gut, dann versteht ihr ja auch, weshalb Lady Celeste nicht gefunden werden darf."

"Break, sie ist ein illegaler Contractor - die Tatsache dürfen wir nicht einfach ignorieren. Sie ist nicht wie Oz Bezarius und ihr Chain ist auch nicht wie Miss Alice. Lady Celeste hat bereits viele Menschen getötet."

"Das ist mir durchaus bewusst..."

"Break?" Lyra´s Stimme dringt durch die Tür. "Wo steckst du?"

"Nun, offensichtlich fehlt uns die Zeit, um über die Angelegenheit zu sprechen." Break streckt die Hand nach dem Türgriff aus. "Ich kann mich doch darauf verlassen, dass ihr die Fähigkeit eures Chain nicht einsetzt?"

"Ich bitte euch, Lady Sharon. Ihr müsst mit eurem Chain meine Schwester finden." Ben blickt Sharon beschwörend an. "Ich mache mir große Sorgen, weil sie einfach verschwunden ist ohne etwas zu sagen - das sieht ihr wirklich überhaupt nicht ähnlich."

"Ich kann euch gut verstehen, Lord Finlan - jedoch befürchte ich, dass ich nicht viel tun kann", bedauert Sharon. "Eques´ Fähigkeit habe ich bisher nur bei illegalen Contractors eingesetzt, da diese einen Vertrag mit einem Chain geschlossen hatte. Und bei Break und Reim-san, da sie als Mitglieder von Pandora ebenfalls mit Chains verbunden sind. Es tut mir leid."

"Das braucht es nicht." Lynn erhebt sich von ihrem Platz auf der Couch. "Es lässt sich nicht ändern - wir werden die Suche nach Celeste einfach allein fortsetzen."

"Dafür ist es schon zu spät, verbringt doch die Nacht bei uns", bietet Sharon an. "Und wenn ihr morgen aufbrechen wollt, lasse ich Break mit euch gehen - durch seinen Schatten bleibe ich auch in Verbindung mit euch und auf diese Weise können wir wenigstens etwas helfen."

"Vielen Dank."
 

"Das ist äußerst ärgerlich." Vincent schwengt sein Weinglas mit der dunkelroten Flüssigkeit. "Lady Finlan ist einfach ohne jede Spur verschwunden, dabei war sie doch ein wichtiger Teil meiner Pläne."

"Und was willst du jetzt unternehmen?" Fang und Lotti halten sich bei dem blonden Nightray in seinem Zimmer auf. "Wizard könnte sich überall verstecken, nicht einmal ihr Bruder konnte sie bisher finden...."

"Aber natürlich", unterbricht Vincent den größeren Baskerville. "Der Bruder, er steht ihr sehr nahe - wir werden ihn benutzen und sie so zwingen, zu uns zu kommen. Und dann bekomme ich, was ich will."
 

"Ben." Lynn war nach einiger Zeit, die sie schlaflos in ihrem Zimmer verbracht hatte, zu den Räumen ihres Freundes gegangen. Vor seiner Tür zögert sie jedoch einen Moment, ehe sie leise klopft. Als die Minuten vergehen, ohne dass sie eine Antwort bekommt, öffnet sie die Tür und tritt hindurch. "Ben?"

"Du kannst auch nicht schlafen?" Er steht am geöffneten Fenster in dem lichtlosen Zimmer, seine Gestalt ist nur als undeutlicher Schatten zu erkennen.

"Nein." Sie geht langsam einige Schritte in seine Richtung. "Ich kann einfach nicht aufhören daran zu denken, warum uns Celeste verlassen hat ohne etwas zu sagen."

"Ich bin sicher, sie hat gute Gründe dafür - und ich hoffe, sie wird es uns erklären, wenn wir sie gefunden haben." Ben dreht sich halb herum. "Wir beide sollten versuchen, wenigstens ein bisschen zu schlafen, wir brauchen unsere Kraft für die weitere Suche."

"Du hast Recht..." Lynn kehrt zurück zu der Zimmertür, die sie offen gelassen hatte - dann hebt sie die Hand und drückt sie ins Schloss. "Ich würde gern heute Nacht bei dir bleiben - natürlich nur, wenn es dich nicht stört."

"Danke, ich glaube ich habe nichts gegen Gesellschaft."
 

"Alle scheinen zu schlafen." Break lauscht in dem dunklen Flur auf Geräusche. "Dann werde ich jetzt einen kurzen Besuch bei Lady Celeste machen, mit einem schnellen Pferd kann ich es bis zum Anbruch des Tages zurückschaffen." So leise wie möglich tritt er aus seinem Zimmer - und zuckt zusammen, als er hinter sich eine Stimme hört. "Es geht noch schneller, wenn Eques dich zu ihr bringt. Und du kannst auf dem gleichen Weg zurückkehren."

"Miss Sharon, ihr seid noch wach?" Der Weißhaarige dreht sich um. "Euer Angebot ist sicher freundlich gemeint, ich weiß jedoch nicht, wie lange ich fortbleiben werde."

"Genau deshalb solltest du nicht reiten, dann bist du auf jeden Fall am Morgen wieder hier und unsere Gäste bekommen nichts mit von deinem Ausflug. Und nimm auch das hier mit." Sharon holt einen Korb hinter ihrem Rücken hervor. "Darin ist etwas zu essen für Celeste - sie wird inzwischen ziemlich hungrig sein."
 

Nur eine Minute später befindet sich Break in dem Zimmer, wo sich Celeste einquartiert hatte. Um ihn herum herrscht tiefe Dunkelheit. "Lady Finlan, könntet ihr freundlicherweise eine Kerze anzünden? Im Gegensatz zu euch kann ich in der Dunkelheit nicht sehen."

"Das weiß ich", hört er eine Stimme nah an seinem Ohr, dann spürt er eine kalte Klinge an seinem Hals. "Es ist eine nützliche Fähigkeit, die ich meinem Chain verdanke. Und jetzt sag mir, warum du zu mir gekommen bist."

"Seid ihr immer noch misstrauisch? Ich dachte, ich hätte euch bereits bewiesen, dass ihr mir vertrauen könnt."

"Du verstehst es sicher, wenn ich vorsichtig bin." Mit einer raschen Bewegung zieht Celeste das Schwert aus der Scheide an Breaks Hüfte. "Also?"

"Ich habe euch etwas zu berichten - euer Bruder hat sich mit Lady Hunsington und ihrer Dienerin auf die Suche nach euch gemacht. Und wie es scheint, wollen sie nicht aufgeben, bis sie euch gefunden haben." Break blickt zu Celeste, die mittlerweile einige Kerzen entzündet hatte. "Euch ist hoffentlich bewusst, dass sie keinen Erfolg haben dürfen - denn wenn sie euren Aufenthaltsort herausfinden, wird das auch die Ratte Vincent Nightray."

"Das weiß ich, du musst es mir nicht sagen!" Celeste erhebt sich von dem Bett, wo sie sich erst kurz zuvor hingesetzt hatte. "Und was schlägst du vor, was ich tun soll?"

"Wir werden uns etwas überlegen", meldet sich Sharons Stimme. "Bis dahin lassen wir alles so, wie es jetzt ist. Bist du einverstanden, Celeste?"

"Meinetwegen."

"Wunderbar, dann holt mich zurück, Miss Sharon."

"Noch nicht, Break - du hast noch etwas vergessen", erinnert ihn Sharon. "Gib Celeste den Korb."

"Oh ja, natürlich." Der Weißhaarige stellt den Korb auf das Bett.

"Was ist das?" Misstrauisch greift Celeste nach dem Tuch, das über dem Korb gebreitet ist und zieht es zur Seite. "Oh." Neben einem Dutzend Äpfeln liegt ein ganzer Laib Brot und ein großes Stück Käse. Rasch nimmt sie einen Apfel heraus und verspeist ihn mit wenigen großen Bissen.

"Ihr seid tatsächlich sehr hungrig", bemerkt Break, als sie sich einen zweiten holt. "Die Sachen müssen aber bis morgen Nacht reichen - wie ich Miss Sharon kenne, wird sie mich dann wieder mit Proviant zu euch schicken."

"Und auch jede weitere Nacht, solange du dich hier versteckst", ertönt Sharons Stimme aus Breaks Schatten. "Jetzt komm zurück, Xerxes."

"Also, auf Wiedersehen, Lady Celeste", verabschiedet sich Break, während er bereits in seinem Schatten versinkt. Nach seinem Verschwinden holt Celeste das Brot und den Käse aus dem Korb, schneidet von beidem etwas ab.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von: abgemeldet
2013-07-20T23:35:53+00:00 21.07.2013 01:35
*Weiterlesen will*
*Immer noch kein Fan von langen Kommis sei*
Liebe deine FF ^^
Von: abgemeldet
2013-07-15T13:00:21+00:00 15.07.2013 15:00
Man :D
Ich liebe deine FF *-*
Ich will weiterlesen... :D
LG Dark_Nightmare
Von: abgemeldet
2013-07-15T12:06:26+00:00 15.07.2013 14:06
Ui Geil :D
Ich bin nicht der Fan und ich bin auch nicht begabt darin, lange Kommis zu schreiben :D
Also...Ich finde deine Fanfic bis jetzt seh interessant und ich werde vielleicht auch noch ein weiteres Kommi abgeben, wenn ich weitergelesen habe.
LG Dark_Nightmare


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