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Jahr um Jahr dasselbe Spiel

[Persona 4] Kanji X Naoto
von

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Der erste Versuch

Tatsumi Kanji war ein echter Draufgänger. Ein Störenfried. Ein Schulschwänzer. Er nahm jeden Kampf an, wirklich jeden! Er hatte schon mindestens drei Motorradgangs und fünf Polizisten verprügelt. Und natürlich rauchte er heimlich! Und trinken, trinken tat er auch!

Immerhin war er so ein harter Kerl, dass er unter seiner Schuluniform ein Totenkopf-T-Shirt trug! Das sagte doch alles!
 

So etwas, oder ähnliches, sollte man glauben, nachdem man sich mit ein paar Bewohnern der kleinen und sehr beschaulichen Stadt Inaba über Tatsumi Kanji unterhalten hatte.

Und tatsächlich: Tatsumi Kanji war ein harter Kerl – zumindest wenn man nach seinem Äußeren ging.

Für sein Alter recht groß, die Haare blondiert, ein Piercing in der Nase, eine Narbe auf der Stirn und es war selten, dass man ihn ohne T-Shirt mit Totenkopfaufdruck sah.

Ja, wäre man ihm nachts auf der Straße begegnet, wäre man ihm möglichst aus dem Weg gegangen.

Auch stimmte es, dass Tatsumi Kanji immer mal wieder die Schule schwänzte und in die ein oder andere Prügelei geriet. Und wer ihn nicht wirklich kannte, sondern nur das ein oder andere Mal in der Schule oder auf der Straße gesehen hatte, würde erzählen, dass er aggressiv und leicht aus der Ruhe zu bringen war.

Doch was einem so kaum jemand erzählte, wäre, dass dies nicht alles war, was man über Tatsumi Kanji sagen konnte.

Denn Kanji hatte das ein oder andere Geheimnis.

Geheimnisse, von denen nur seine Freunde und teilweise – aber nur teilweise – seine Mutter wussten.

Das erste Geheimnis war, dass seine große Stärke und sein heimliches Hobby bei den Handarbeiten lag. Egal ob Modellieren, Stricken oder Nähen – Kanji war gut darin. Etwas, was man kaum vom Schlägertypen Tatsumi Kanji erwartete.

Das zweite Geheimnis war, dass er zusammen mit seinen Freunden, nicht nur die Stadt, sondern vielleicht auch die ganze Welt gerettet hatte, als sie eine Invasion von sogenannten Schatten aus einer geheimnisvollen Welt hinter den Fernsehern gerettet hatte. Auch war er fähig einen Persona, eine Art Geist namens Take-Mizakuchi zu beschwören.

Das dritte Geheimnis war, dass er sich bei der ein oder anderen Sache nicht so ganz sicher war. Noch vor einigen Monaten hatte er geglaubt, dass er schwul wäre. Und auch, wenn sich der vermeintliche Junge, der sein Herz schneller hatte schlagen lassen, wie sie schließlich feststellten, in Wahrheit ein Mädchen war, so war er sich noch immer nicht ganz sicher, was seine Präferenzen anging.

Und jenes Mädchen, Shirogane Naoto, war sein viertes Geheimnis, das er – wenn auch wenig erfolgreich – sogar vor seinen Freunden geheim zu halten versuchte. Nun ja, nicht das Mädchen selbst, sondern die Gefühle, die er für sie hegte, und deren Bedeutung er sich selbst nicht immer sicher war.

Eins war sicher. Sein Herz schlug schneller, wenn sie in der Nähe war. Er wollte sie beschützen, auch wenn sie dazu eigentlich selbst recht fähig schien. Und wenn er mit ihr zusammen war, brachte er manchmal einfach kein Wort heraus.

Und natürlich hatten dies all seine Freunde schon lange bemerkt.

Nun ja, fast alle. Alle bis auf Shirogane Naoto selbst. Denn obwohl das Mädchen ein aufstrebender Jung-Detektiv war und oftmals ein Auge fürs Detail hatte, so schaffte sie es dabei das Offensichtliche zu übersehen.

Doch, so sagte sich Kanji, darum konnte er ja eigentlich froh sein.

Seine Freunde sahen dies jedoch anders.
 

„Hey, Kanji-kun!“, hörte er eine fröhliche, ja, schon etwas zu begeisterte Stimme hinter sich, während er in der Mittagspause auf dem Dach der Yasogami High School saß.

Er hatte gerade glücklicherweise seine letzte Klausur für dieses Jahr geschrieben – auch wenn er sich sicher war, dass seine Punktzahl bei weitem nicht berauschend ausfallen würde – und war eigentlich froh, dass nun bald die Ferien anfingen.

Auch wenn das hieß, dass sie sich von Narukami Yu, seinem Senpai und ihren Anführer in der Welt im Fernseher, verabschieden mussten, da dieser zu Beginn der Ferien zurück zu seinen Eltern ziehen würde.

„Man, haben dich die Prüfungen so geschafft, dass du nicht einmal eine Antwort erübrigen kannst?“, fragte nun die zweite Stimme, die eindeutig zu Satonaka Chie gehörte.

„Geht dich doch nichts an“, erwiderte er grob und zuckte nur mit den Schultern.

Er drehte sich zu der Gruppe um, die aus den Schülern der zweiten Klasse – Yu, Yosuke, Chie und und Yukiko – bestand.

„Wo ist Rise?“, fragte Yosuke, der nun die Abwesenheit des Idols bemerkte.

„Weiß ich doch nicht“, grummelte Kanji.

„Und Naoto?“, fragte Chie.

Dies würdigte der Jüngere nicht einmal einer Antwort.

„Man, sind deine Klausuren so mies gelaufen, dass du eine so schlechte Laune hast, Tatsumi-kun?“, erkundigte sich nun das burschikose Mädchen.

Erneutes Grummeln. „Quatsch.“

„Er ist sicher deprimiert, weil Sensei uns so bald verlässt, kuma“, erklang eine dünne, klägliche Stimme von der Ecke des Daches.

„Kuma?“, fragte Yukiko, als sich das Schattenwesen, das in dieser Welt in der Gestalt eines zierlichen blonden Jungens erschien, auf einmal zu ihnen gesellte.

„Yukiko-chan!“, freute dieser sich nun, von dem hübschen Mädchen bemerkt zu werden, wurde jedoch gleich im nächsten Moment wieder traurig. Er stürzte sich auf Yu und schlang seine Ärmchen um dessen Hüfte. „Geh nicht, Sensei, lass deinen Kuma nicht allein!“

Yu schwieg – wie meistens.

Derweil runzelte Chie die Stirn. „Sag mal, Kuma, seit wann bist du hier?“

Die Stimme des Jungens wurde noch weinerlicher – etwas, das man kaum für möglich gehalten hätte. „Chie-chan hat mich nicht bemerkt. Dabei hat Kuma hier schon die ganze Zeit auf euch gewartet, kuma!“

„Du solltest aber nicht an unserer Schule sein“, stellte Yu nun fest und versetzte dem armen Kuma damit einen weiteren Stich ins Herz (sofern er überhaupt eines hatte), was jedoch von den anderen weitestgehend ignoriert blieb.

„Also, Kanji-kun, welche Laus ist dir über die Leber gelaufen?“, verlangte Yosuke weiter zu wissen.

„Keine“, grummelte Kanji mit Nachdruck.

Yosuke seufzte, doch Chie winkte ab, eher jemand weiterfragen konnte. „Lass ihn, wenn er nicht mit uns reden will.“

Für einen Moment machte sich Schweigen auf dem Schuldach breit, während sich die vier Zweitklässler auf ihrem üblichen Platz niederließen.

„Ich kann trotzdem kaum glauben, dass Nakamura-san schon so bald geht“, seufzte Yukiko, die Hände im Schoß gefaltet, und starrte ins Nichts.

Eine gewisse Bedrücktheit legte sich über die Gruppe.

„Nur noch zwei Wochen“, murmelte Chie.

Niemand sagte etwas dazu, ehe sich Yosuke streckte.

„Hey, es sind noch ganze zwei Wochen!“, meinte er und versuchte dabei positiv zu klingen. „Noch genug Zeit Spaß zu haben, zumal unsere Klausuren jetzt vorbei sind! Also lasst uns einfach nicht darüber reden!“

„Ja, richtig, wir können noch ein paar Sachen machen“, erwiderte das Mädchen, klang aber nicht ganz überzeugt. „Außerdem kann uns Nakamura ja auch besuchen kommen. Nicht?“ Sie sah zu dem Jungen hinüber.

„Natürlich“, erwiderte Yu.

Erneut herrschte Stille (vom Jammern Kumas einmal abgesehen), da niemand so wirklich zu wissen schien, was er sagen sollte.

Wieder war es Yosuke, der das Schweigen brach, indem er Yu einen heftigen Schlag auf den Rücken verpasste. „Na, Yu, was wirst du nächsten Montag machen?“

Der Angesprochene sah ihn verwirrt an. „Was meinst du?“

„Na ja, Montag ist White Day, und du hast ja einige Geschenke zum Valentinstag bekommen.“ Yosuke zog die Augenbrauen hoch.

„Aber nur als guter Freund“, flüsterte Yukiko, die nun errötete, wurde aber ähnlich wie Kuma übergangen, während aber auch Kanji zusammenzuckte.

„Im Junes gibt es ein White Day Special“, fuhr Yosuke fort. „Wir können dir sicher aushelfen.“

Yu überlegte kurz. „Ich komme darauf zurück.“

Noch ehe Yosuke mit seiner kleinen Werberunde weitermachen konnte, bemerkte Chie etwas.

„Tatsumi-kun, ist es etwa deswegen?“, fragte sie schelmisch.

„Was?“, fragten Yosuke und Kanji gleichzeitig – der eine neugierig, der andere bis aufs Äußerste gereizt.

Chie kicherte. „Er hat wegen White Day schlechte Laune“, schlussfolgerte sie.

„Ah!“ Yosuke schien nun ein Licht aufzugehen. Er stand auf und klopfte Kanji kumpelhaft auf die Schulter. „Also wenn du ein Geschenk für Naoto sucht, da können wir dir sicherlich auch aushelfen!“

„Blödsinn!“, rief Kanji aus.

„Oh, du bist ganz rot“, stellte Chie amüsiert fest. „Dabei gibt es dafür doch gar keinen...“

„Ach, lass mich in Ruhe“, fuhr der Jüngere ihr ins Wort und sprang auf, wobei sein Kopf mit dem vom Yosuke kollidierte. Doch während der „Prinz von Junes“ sich die Stirn hielt, schien Kanji es nicht mal zu bemerken und marschierte Richtung Treppenhauszugang.

Gerade als er durch die Tür verschwunden war, kam Rise aus dieser hervor und sah ihrem Klassenkameraden nachdenklich hinterher. „Da scheint jemand aber wirklich schlechte Laune zu haben“, stellte sie fest.

„Frag nicht“, seufzte Chie, während Kuma – vielleicht durch Rises Anwesenheit – sich langsam erholte.

„Sag mal, Sensei, was ist White Day, kuma?“

Worum keiner von ihnen wusste, war der kleine, hellblaue und vor allem selbstgemachte Anhänger, der bereits seit einigen Tagen in der Tasche von Tatsumi Kanjis Schuluniform lag und eigentlich genau als solches Geschenk – natürlich unter Freunden und nichts mehr! - gedacht war.

Und so verging der Rest der Woche, ohne dass das Thema zumindest in Kanjis Gegenwart noch einmal erwähnt wurde...
 


 

* * *
 

Für Shirogane Naoto war White Day ein Tag wie jeder andere auch. Selbiges galt, selbstverständlich, für Valentinstag, aber auch für Halloween, Weihnachten und all die anderen Feste, die in Japan vorrangig zum Ankurbeln der Verkäufe in den Supermärkten gedacht war. Ja, um genau zu sein hatte sie vollkommen ausgeblendet, dass es diesen Tag überhaupt gab.

Sie schaute die Morgennachrichten, las die Zeitung, ging zur Schule und ignorierte dabei jedes Fünkchen der sie eventuell umgebenen romantischen Stimmung.

Natürlich fiel ihr auf, dass einige Mädchen – vor allem Rise – erstaunlich nervös während des gesamten Tages schienen. Doch sonst war es für sie wirklich: Ein Tag wie jeder andere.

Yosuke war vorlaut. Yu war einsilbig. Yukiko ruhig. Kuma war, als sie ihn am Nachmittag trafen, aufdringlich wie immer. Und Kanji? Nun, der verhielt sich seltsam wie immer. Sie fragte sich, warum er ständig so nervös wirkte.

Ja, alles in allem war es ein Tag wie jeder andere.

Aber nun, Shirogane Naoto hatte eben noch nie großartig viel für gewisse Gefühle übrig gehabt...

Der zweite Versuch

Es war kaum zu glauben, doch es war ruhig geworden in Inaba. Vielleicht bemerkten es die normalen Leute nicht, denn alles, was sie von den Ereignissen im Jahr zuvor mitbekommen hatten, waren drei Todesfälle und das Verschwinden mehrerer Jugendlicher, doch für Tatsumi Kanji und seine Freunde war die neue Ruhe nur allzu gegenwärtig.

Es war friedlich geworden in Inaba, friedlich, ruhig und nahezu langweilig.

Und nun wo Yu zurück bei seinen Eltern war, die Welt im Fernseher schön und idyllisch, und für Yukiko, Yosuke und Chie die letzten Prüfungen an der Senior High anfingen, wurde es still in der Gruppe.

Es war vorherzusehen gewesen, dachte sich Kanji. Natürlich war es das. Denn wirklich, was hatte sie verbunden, wenn nicht die Freundschaft zu Yu und die Mission, die Leute aus der Schattenwelt zu retten?

Sie hatten kaum gemeinsame Interessen, hatten kaum etwas worüber sie reden konnten, und letzten Endes hatten die drei, die nun die Abschlussklasse besuchten, auch genug damit zu tun, sich auf eventuelle Aufnahmeprüfungen der Universitäten vorzubereiten (etwas, worunter gerade Yosuke, der sich ständig darüber beklagte, dass sein Kopf nicht zum Lernen, sondern zum gut Aussehen gedacht war, litt).

Und vielleicht war es auch gut, dass wieder Alltag einkehrte, dachte sich Kanji. Doch trotzdem konnte er sich nicht helfen. Es war langweilig geworden. Langweilig und auch irgendwie ein bisschen einsam.

Rise trat nun wieder als Risette auf und war nur selten in Inaba zu sehen.

Und Naoto... Nun, zumindest ging Naoto noch zur Schule, aber allein in diesem Jahr hatte sie zwei Fälle – einen in Tokyo und einen in Nagoya – verfolgt und erfolgreich gelöst. Doch tatsächlich war sie fast diejenige aus der ehemaligen Gruppe, mit der Kanji am meisten Kontakt hatte, auch wenn sich wenig daran geändert hatte, dass er nervös wurde und oftmals kein Wort über die Lippen bekam.

Nun gut, natürlich gab es auch noch Kuma, der, wie sie schon beim Abschied von Yu voraus gesagt hatte, beinahe jeden Tag aus dem Fernseher in Junes kam und noch immer eine Menge Mitteilungsbedarf hatte. Zumal es eine Frage gab, mit der er sie regelmäßig bedrängte.

„Gibt es was Neues von Sensei, kuma?“ Erwartungsvoll sah der zierliche blonde Junge Kanji an, welcher beinahe einen Herzinfarkt erlitten hatte, als der andere aus dem Fernseher neben ihm gesprungen war.

Er war mitten in der Elektroabteilung von Junes, und nach wie vor schienen die normalen Menschen nicht zu bemerken, wenn jemand in den Fernseher verschwand oder aus eben diesem hervorsprang.

„Nichts“, grummelte Kanji. „Musst du das jedes Mal fragen?“

„Aber, kuma, ich vermisse meinen Sensei doch so sehr“, seufzte der zierliche Junge melodramatisch. „Ob er seinen Kuma vergessen hat?“

Auch Kanji seufzte, jedoch eher genervt als dramatisch, und ging einfach weiter.

Natürlich konnte man Kuma nicht einfach so stehen lassen. Er kam ihm hinterher gerannt. „Jetzt warte doch auf mich, kuma!“, rief er aus.

„Du nervst“, schnauzte Kanji ihn an.

„Du bist gemein, kuma“, jammerte er, ließ sich dadurch aber nicht davon abhalten ihm zu folgen.

„Na und?“ Kanji bemühte sich, sich nicht nach Kuma umzudrehen. „Ich muss noch was tun. Ich kaufe für meine Mutter ein.“

„Oh, dann helfe ich dir, kuma!“, bot der vermeintliche Bär sofort an und plapperte munter – nun, eigentlich eher traurig – weiter, während sie sich auf den Weg zum Lebensmittelmarkt in Junes machten: „In letzter Zeit schaut ihr so wenig vorbei, kuma. Kuma denkt schon, dass ihr ihn vergessen habt. Aber auf der anderen Seite ist alles in Ordnung, kuma. Wie geht es eigentlich Chie-chan und Yukiko-chan und Naoto-chan? Ob sie Kuma wohl vermissen, kuma? Und Rise-chan hat Kuma schon so lange nicht mehr gesehen...“

Leider waren sie nun zu weit von der Elektroabteilung entfernt, um den Bären zurück in den Fernseher zu schmeißen, und so kam es, dass neben „kuma“ die häufigsten Wörter, die Kanji in der nächsten halben Stunde hörte, „Chie-chan“, „Yukiko-chan“, „Naoto-chan“ und natürlich „Rise-chan“ waren.
 

Als sie Junes schließlich verließen, regnete es – mal wieder. Und Kanji fand es auf einmal wesentlich weniger schade, dass sie einander seltener sahen.

Er selbst hatte zwei Einkaufstüten für zu Hause dabei, während auch Kuma eine kleinere Tüte begeistert (nun war er wirklich begeistert) neben sich her schwingen ließ.

„Hey!“, hörten sie, gerade als sie das Kaufhaus verließen, eine bekannte Stimme und sahen Yosuke, der von der Imbissbude vor Junes auf sie zugelaufen kam.

„Yosuke-san!“, begrüßte Kuma ihn freudig. „Gibt es etwas Neues von Sensei?“

„Nicht seit gestern“, erwiderte Yosuke wesentlich weniger genervt, als Kanji zuvor.

„Und, kuma, weißt du, wo Yukiko-chan, Chie-chan und Naoto-chan sind?“, fragte Kuma weiter. „Ich muss ihnen dass hier geben!“ Er hielt das Tütchen hoch.

„Was ist das denn?“, erkundigte sich Yosuke.

„Schokolade, kuma!“

Yosuke grinste. „Aha, ein White Day Present?“ Er sah zu Kanji. „Hast du ihm etwas Geld gegeben?“

Der Angesprochene grummelte nur, „Soweit kommt es noch“, während Kuma fröhlich die Frage beantwortete: „Kuma hat es auf deinen Namen gekauft, kuma!“

„Das ist nicht fair!“, rief Yosuke sofort aus. „Ich komm aktuell eh kaum zum arbeiten, wegen der ganzen Lernerei! Wenn du dir was leisten willst, geh selbst wieder arbeiten. Du bist ja zumindest als Maskottchen zu gebrauchen.“

„Nö“, antwortete der vermeintliche Jüngling. „Kuma hat doch schon einen Job! Kuma passt auf die andere Seite auf, kuma, jawohl!“

Kurz schien es, als würde Yosuke etwas erwidern wollen, doch dann seufzte er nur und hielt seinen Schirm nun so, dass zumindest Kanji drunter stehen konnte. „Ich bin fertig“, stellte er fest. „Lasst uns zu Aiyas gehen. Ich hab Hunger und in zwei Stunden hab ich Nachhilfe.“

„Aber, ich...“, begann Kanji und wollte eigentlich sagen, dass er die Einkäufe ja nach Hause bringen musste. Doch dann überlegte er es sich anders. Yosuke sah wirklich geschafft aus, beinahe (aber nur beinahe) bemitleidenswert. Und immerhin hatte er selbst noch nichts gegessen, als konnte es vielleicht nicht schaden, zumal das Aiyas nur ein paar Häuser von dem Haus seiner Familie entfernt war. Eine Entscheidung, die er bald bereuen würde.
 

Als sie in Aiyas saßen und Aika ihnen an den Tresen das Regentagsspezialmenü servierte (Kuma aß wieder auf Yosukes Kosten) war es nun am „Prinz von Junes“ zu jammern.

„Man, das ganze lernen macht mich fertig“, murmelte er. „Mein Kopf ist einfach nicht dafür gemacht. Da bleibt einfach nichts hängen.“ Er schlug mit der Faust auf den Tisch. „Ich sag es dir, es ist einfach nicht meine Bestimmung auf die Universität zu gehen...“ Er seufzte. „Davon will nur mein Dad nichts hören“, setzte er dann murmelnd hinterher. Er widmete sich der Schüssel mit Fleisch und schwieg so zumindest für einige Minuten, während auch Kanji es ihm gleichtat und etwas aß – ohne große Hoffnung jemals zum Grund der Schüssel vorzudringen.

Wenn er so darüber nachdachte, was es schon beinahe Verschwendung. Allein der Gedanke daran, wie viele – vor allem Schüler – sich immer wieder an dem Spezialmenü probierten und scheiterten, und wie viel Fleisch demnach weggeschmissen wurde. Wobei... Vielleicht verwendeten sie das Fleisch auch wieder...

Er sah zu Aika, die ihnen stumm und mit ihrem üblichen ausdruckslosen Gesicht beim Essen zusah.

Ein unappetitlicher Gedanke.

Er versuchte an etwas anderes zu denken und aß weiter – nicht zuletzt in der recht unrealistischen Hoffnung, sich 3000 Yen so sparen zu können.

„Man“, rief Yosuke nach einer Weile – seine Schüssel war kaum leerer als vorher, zumindest schien es so – und rieb sich den Bauch. „Ich frag mich ernsthaft, wie Yu das geschafft hat!“

Kanji zuckte mit den Schultern.

„Sensei war halt etwas Besonderes, kuma“, stellte Kuma fest, der schon vor einigen Minuten aufgegeben hatte und nun – neben Kanji – saß und den Kopf auf den Tisch gebettet hatte.

„Ja, man, mit einem besonderen Magen“, meinte Yosuke.

„Aber es ist wirklich unmöglich“, murmelte Kanji.

Der Ältere nickte zustimmend und seufzte. Dann setzte er auf einmal einen gekünstelt ernsten Blick auf. „Aber mal was anderes, Kanji“, meinte er auf einmal. „So zwischen uns Männern: Wir läuft es zwischen dir und Naoto?“

Kanji sah ihn entgeistert an. „Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Ach, komm schon“, erwiderte Yosuke. „Du weißt, dass wir alle wissen, dass du auf sie stehst.“

„Alle bis auf Naoto selbst“, stimmte Kuma fröhlich zu.

Kanji wich Yosukes Blick aus und wurde unfreiwillig rot. „Das ist doch Blödsinn“, meinte er schnell. „Ich mein, sie ist eine tolle Freundin und eine gute Detektivin und...“ Sieht auch irgendwie gut aus, hätte er beinahe gesagt, zumal Naoto im letzten Jahr begonnen hatte, sich die Haare wachsen zu lassen, hielt sich aber rechtzeitig davon ab.

Yosukes Blick sagte alles. Vor allem, dass er ihn durchschaut hatte. Er schlug ihm auf die Schulter. „Sei ein Mann, Kanji!“, meinte er laut. „Du musst ihr sagen, was du fühlst!“

„Sagt der richtige“, erwiderte Kanji missmutig.

„Was soll das heißen?“

„Na, ist ja nicht so, als hättest du so viel Ahnung davon.“ Kanji sah ihn entgeistert an.

„Hey, ich hab es zumindest schon versucht“, murmelte Yosuke.

Kuma grinste. „Und jedes Mal einen Korb bekommen, kuma.“

Für einen Moment herrschte Schweigen, ehe sich Yosuke erneut räusperte.

„Es geht hier nicht um mich, sondern um unseren guten Kanji!“ Erneut klopfte er ihm auf die Schulter. „Du musst mal über deinen Schatten springen. Ernsthaft: Als du dachtest Naoto sei ein Kerl, hättest du ihr beinahe etwas gestanden, und jetzt bringst du es nicht über dich?!“ Er schwieg und sah ihn misstrauisch an. „Oder bist du wirklich vom anderen Ufer?“

Kanji ballte die Hand. „Geht dich nichts an!“

Auch das wurde von Yosuke – der sich offenbar bestens auf Kanjis Selbstkontrolle verließ – ignoriert. „Du musst über deinen Schatten springen, man. Ich mein, das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass sie dir einen Korb gibt. Und hey, das bringt dich sicher nicht um.“

„Du sagst es, Bruder“, murmelte Kuma, der mit Körben nahezu täglich Erfahrungen machte.

Etwas ratlos schwieg Kanji, da ihm außer ein weiteres „Mischt euch nichts ein“ nicht viel zu erwidern einfiel; und er wusste, dass dies ignoriert werden würde.

„Gib dir einen Schubs“, meinte Yosuke. „Nimm dir ein Beispiel an Kuma. Der schreckt auch nie zurück.“

„Genau, Kuma!“

Kanji seufzte.

„Ich sag dir was, man“, fuhr Yosuke unbeirrt fort. „Schenk ihr eine Kleinigkeit. Und je nachdem, wie sie reagiert, kannst du ihr ja immer noch sagen, dass es rein freundschaftlich ist.“

„Ich...“, setzte Kanji an, als Kuma etwas bemerkte.

„Was ist denn das?“, fragte er und fischte den blauen Anhänger, den Kanji praktisch seit einem Jahr mit sich herumtrug, aus dessen Uniformtasche.

Schnell schnappte der Zweitklässler ihm den blauen Teddy aus der Hand. „Finger weg von meinen Sachen!“

„Das ist nicht zufällig ein Geschenk für Naoto?“, fragte Yosuke neugierig.

„Das...“, begann Kanji und starrte zum wahrscheinlich tausendsten Mal auf den Anhänger in seiner Hand.

„Ich könnte es liefern“, bot Aika ausdruckslos an, die offenbar die ganze Zeit mitgehört hatte.

„Ich...“, murmelte Kanji und ließ den Anhänger wieder in seiner Tasche verschwinden. Dann holte er auf einmal Geld aus der Tasche und legte 3000 Yen auf den Tresen. „Ich muss die Sachen nach Hause bringen“, meinte er, stand auf und verließ das Lokal.
 


 

Für Shirogane Naoto war White Day ein Tag wie jeder andere auch. Selbiges galt, selbstverständlich, für Valentinstag, aber auch für Halloween, Weihnachten und all die anderen Feste, die in Japan vorrangig zum Ankurbeln der Verkäufe in den Supermärkten gedacht war. Ja, um genau zu sein hatte sie vollkommen ausgeblendet, dass es diesen Tag überhaupt gab.

Sie schaute die Morgennachrichten, las die Zeitung und ging dann zur Schule. Sie hatte schon ganz vergessen, dass White Day war.

Auch wenn sie ihre Haare wachsen ließ, trug sie weiterhin die Jungenuniform der Yasogami Highschool. Sie mochte keine Röcke.

„Shi... Shirogane...“, hörte sie ihren Namen, als sie das Schultor erreichte, und sah Kanji etwas unschlüssig an eben diesem stehen. Er wirkte angespannt.

„Naoto...“, fuhr er fort.

Sie zog eine Augenbraue hoch. Kanji wirkte immer etwas seltsam auf sie. Warum war er nur so angespannt? „Guten Morgen, Kanji“, meinte sie trotzdem freundlich.

„Uhm, morgen“, erwiderte er. Er scharrte mit einem Fuß auf dem Asphalt. „Ich... Ich...“, stotterte er dann weiter und hielt dabei die Hände hinter dem Rücken, fast als würde er irgendwas verstecken.

„Ja?“, hakte sie nach.

Er schwieg für einen Moment und errötete. Dann seufzte er tief. „Ich soll dich von Kuma grüßen“, presste er dann hervor. „Er würde sich sicher freuen, wenn du mal auf der anderen Seite vorbei schaust...“

Sie sah ihn verwirrt an. Und dafür so ein Aufstand? Nun... Gut, sie verstand Tatsumi Kanji einfach nicht. Dabei schien er eigentlich ein netter Junge zu sein. Zumal er sie damals gerettet hatte...

Schließlich lächelte sie. „Wir haben ja bald Ferien“, meinte sie und schwieg dann etwas unentschlossen. „Lass uns reingehen, sonst kommen wir noch zu spät.“

„Klar“, meinte Kanji, und irgendwie wirkte er niedergeschlagen, während er ihr hinein folgte.

Der dritte Versuch

Tatsumi Kanji war kein „Schlägertyp“ mehr, wenn auch ein Schulschwänzer. Tatsumi Kanji war jemand, über den kaum noch wer sprach in Inaba, und wenn man die Leute fragte, so würden sie einem höchstens sagen, dass es der Sohn von den Inhabern des Tatsumi Textilgeschäftes war. Nun, und eventuell sagte man noch etwas über die blondierten Haare und die Piercings, doch ansonsten gab es nicht viel zu erzählen über Tatsumi Kanji, der seinen Eltern oftmals im Laden aushalf.

Noch immer hatte Tatsumi Kanji Geheimnisse, doch fühlte er immer mehr, dass es niemanden gab, mit denen er diese teilen konnte.

Denn es war ruhig geworden in Inaba. Ruhig und nun wirklich furchtbar einsam.

Von der einstigen Gruppe, die mit ihren Personas die Schatten auf der anderen Seite des Fernsehers besiegt hatten, war nur noch Kanji übrig. Kanji und Kuma, wenn man ihn mitzählte, denn der Bär besuchte diese Seite doch immer wieder. Um Kanji zu nerven, um mit Mädchen zu flirten und um mit Nanako zu spielen.

Doch ansonsten...?

Yu hatte den kleinen Ort das letzte Mal während der Sommerferien besucht – für Nanako.

Yosuke und Chie studierten in Okina auf einer drittklassigen Universität. Und obwohl die Stadt eigentlich nicht all zu weit von Inaba entfernt war, kamen sie nur noch selten zu Besuch.

Yukiko selbst studierte in Kyoto, auf einer Universität für Hotelmanagement und Ästhetik. Sie war noch seltener gesehen.

Rise oder besser Risette hatte letztens sogar eine kleine Welttournee gemacht. Selbst wenn sie in ihren Heimatort zurückkam, war es schwer mit ihr zu reden.

Und selbst Naoto war gegangen. Sie besuchte für das letzte Jahr eine Schule in Yagakoro, nachdem dort einige Jugendliche, darunter offenbar einer ihrer Kindheitsfreunde, verschwunden waren.

Damals, als Yu Inaba verlassen hatte, hatte Kuma gesagt, dass es egal wäre wo sie seien, denn immerhin gab es das Band ihrer Herzen, das sie verband. Doch mittlerweile fragte sich Kanji, ob dieses Band nicht schon gerissen war – wenn es überhaupt existiert hatte.

Vielleicht lag es daran, dass Kanji niemals enge Freunde gehabt hatte, doch langsam fragte er sich, ob das einzige, was sie verbunden hatte, wirklich die Mission gewesen war andere zu retten. Und beinahe wünschte er sich, dass wieder etwas in Inaba passieren würde – auch wenn er wusste, dass es egoistisch war.

Das Ende des Schuljahrs näherte sich und die letzten Prüfungen waren schon geschrieben. Viele von Kanjis Mitschülern nutzten die Zeit, um am Wochenende wegzufahren, während andere sich auf ihre Aufnahmeprüfungen vorbereiteten.

Kanji schwänzte die meisten Tage die Schule.

Er wusste nicht, was er nun machen sollte. Natürlich wurde auch von ihm erwartet, dass er studieren würde. Doch wenn er darüber nachdachte, wusste er nicht wirklich was.

Natürlich könnte er eine Kurzuni besuchen oder Hauswirtschaft studieren. Natürlich gab es auch diverse Studiengänge, die sich mit Textilkunde oder anderen Handarbeiten beschäftigten. Aber es schreckte ihn ab, dass er in diesen Studiengängen wahrscheinlich doch zu der männlichen Minderheit gehören würde. Und was würden die anderen dazu sagen?

Ja, auch wenn er es selbst nicht erkannte, war er zumindest was sein Denken anging sehr in alte Muster zurückgefallen. Nur, dass er die Wut, die sich dadurch anstaute, nicht mehr an anderen ausließ, sondern in sich selbst hineinfraß. Immerhin war auch er selbst die Person, für die er die meiste Wut empfand.

Der 14. März kam und ging, und der Anhänger, den er einst für Naoto gemacht hatte, lag in der Schublade von Kanjis Schreibtisch.
 

Nur noch wenige Tage war das Schuljahrsende entfernt und es regnete einmal wieder in Inaba, als es an der Tür der Familie Tatsumi schellte.

Kanji war allein im Haus, da seine Mutter vorne im Geschäft arbeitete. So stand er etwas grummelig vom Fernseher auf und ging zur Tür, um zu öffnen, beinahe davon ausgehend, dass es eine Zustellung war.

Stattdessen grinsten ihm Kuma und Nanako entgegen.

Wäre nicht Nanako dabei gewesen – Kanji hätte Kuma die Tür ins Gesicht geschlagen. Doch da die mittlerweile Neunjährige kaum etwas dafür konnte, dass einem der vermeintliche Schönling, der natürlich nicht im Geringsten gealtert war, den letzten Nerv raubte, tat er es nicht.

„Hallo, Kanji“, flötete Kuma, der immer unhöflicher zu werden schien, während sich Nanako förmlich verbeugte.

„Hallo, Tatsumi-san.“

„Dürfen wir reinkommen, kuma?“ Dabei wartete Kuma nicht einmal auf eine Antwort, sondern ging einfach an Kanji vorbei, zog sich die Schuhe aus und marschierte ins Wohnzimmer.

Kanji verdrehte die Augen. „Von mir aus“, murmelte er.

„Vielen Dank“, erwiderte Nanako, die ganz im Gegensatz zu ihrer Begleitung gut erzogen war, zog sich ihre Schuhe aus und stellte ihren Regenschirm ordentlich gegen die Wand.

Während er die Tür schloss, seufzte Kanji. „Was macht ihr hier?“

„Och, kuma, ich passe auf Nanako-chan auf, und wir waren gerade etwas einkaufen... Aber da ich kein Geld habe, dachte ich, du könntest uns ja was zu essen machen“, meinte Kuma und setzte sich gemütlich auf das Sofa im Wohnzimmer des kleinen Hauses.

Ja, jetzt kann man ja nicht mehr auf Yosukes Kosten essen, hmm?, dachte sich Kanji, aber schluckte auch diese Worte herunter, denn auch für dieses Verhalten konnte Nanako ja nichts.

„Wir haben nicht viel im Haus“, murmelte er nur.

„Das macht nichts, Tatsumi-san“, erwiderte Nanako brav. „Es muss auch nicht sein. Ich habe keinen Hunger.“

Erneutes Seufzen. „Du bist ein liebes Mädchen, Nanako-chan“, murmelte Kanji gerührt. „Ich schau mal, was ich machen kann.“

Etwas später also briet er den Rest des Reis, der noch vom Frühstück übrig war, mit Ei, Fleisch und ein wenig Gemüse an, während im Wohnzimmer der Fernseher lief.

Erst als er mit drei Tellern ins Wohnzimmer zurückkam, bemerkte er, dass einzig Nanako vor dem Fernseher saß.

„Wo ist Kuma?“, fragte er.

Nanako sah ihn an. „Vielleicht ist er auf die Toilette gegangen.“

Kanji runzelte die Stirn. Ging Kuma überhaupt auf die Toilette? Irgendwas erschien ihm seltsam, und als er vom Obergeschoss des Hauses ein Scheppern hörte, wusste er auch was es war.

Er rannte die hölzerne Treppe hinauf und sah, dass die Tür zu seinem Zimmer offen stand und Kuma dort auf dem Boden saß, auf dem auch ein Teil von Kanjis Pinseln und Modellierwerkzeugen verteilt lag.

„Was macht du in meinem Zimmer, blöder Bär?“, rief er aus.

Kuma versuchte sich einmal wieder an einem unschuldigen, möglichst mitleidserregenden Blick, der bisher aber nur bei Frauen mittleren Alters gewirkt hatte, jedoch nicht bei Kanji.

Dieser packte ihn am Kragen und warf ihn aus dem Zimmer, ehe er die Tür seines Zimmers zuknallte. Dann griff er nach dem Handgelenk des vermeintlichen Jungen und zerrte ihn – ungeachtet seines zappelnden Protestes – die Treppe hinunter. Auf der Hälfte des Weges blieb er stehen. „Hör zu, ich schmeiße dich Nervensäge nur nicht raus, weil Nanako-chan dabei ist, aber wenn du noch einmal meine Sachen anfasst, kannst du was erleben!“

„Entschuldige, kuma“, murmelte Kuma mit jammernden Tonfall. „Ich hab es ja nicht so gemeint.“

„Ja, sicher“, erwiderte Kanji und zerrte ihn den Rest der Treppe hinab. „Nervender Bär.“
 

Die Ferien begannen schließlich, und Kanji wusste, dass er eigentlich schon zu spät dran war, sich für eine Aufnahmeprüfung anzumelden.

Er war noch immer unentschlossen.

Die meisten Tage verbrachte er aktuell, wenn er nicht seiner Mutter half, damit, dass er in seinem Zimmer herumsaß oder gelangweilt die Einkaufsstraße rauf und runter ging.

Zumindest – als kleiner Lichtblick – hatte er schon seit mehreren Tagen nichts mehr von Kuma gesehen oder gehört.

An einem der nun endlich sonnigen Tage saß Kanji einmal wieder in Aiyas und aß ganz normalen Ramen (der im Gegensatz zum Regenspezial zumindest bezahlbar war), da er keine Lust gehabt hatte zu kochen.

Es war Mittag und leer im kleinen Restaurant, was dazu führte, dass er sich permanent von der scheinbar gelangweilten Aika beobachtet fühlte, während er seine Schüssel leerte. Da wurde die hölzerne Tür zum Laden aufgeschoben.

„Herzlich Willkommen“, rief Aika aus und verbeugte sich.

„Hallo“, erwiderte der Neuankömmling und setzte sich neben Kanji an die Tresen.

Dieser brauchte etwas, um die Stimme richtig zuzuordnen, doch als er aufsah, verschluckte er sich fast ein einer Nudel und begann zu husten.

„Lange nicht gesehen“, meinte Naoto ruhig und warf ihm einen Seitenblick zu.

„Du...“, war das einzige, was Kanji hervorbrachte.

„Ich wollte mich für den Anhänger bedanken“, fuhr sie fort und holte ihr Handy hervor, an dem tatsächlich sein blauer Bärenanhänger hing.

Der junge Mann starrte noch mehr, denn er hatte nicht einmal bemerkt, dass der Anhänger aus seiner Schreibtischschublade verschwunden war.

„Ich find ihn süß“, meinte sie weiter und lächelte.

Er schwieg und sah sie an. Mittlerweile hatte Naoto ziemlich lange Haare, auch wenn sie noch immer Hosen, Hemd und Krawatte trug.

„Wusstest du, dass Kuma auch aus anderen Fernsehern kommen kann?“, fragte sie. „Ich nämlich nicht. Auch wenn es eigentlich logisch ist. Ich mein, wir können ja auch andere Fernseher nutzen, um zur anderen Seite zu kommen.“

Hatte Kuma etwa...?!

„Wie... Wie ist der Fall in Yagakoro gelaufen?“, erkundigte er sich schließlich und wandte sich dabei bemüht gleichgültig seinem Ramen wieder zu.

„Gut“, antwortete sie. „Es sind nur wieder einige seltsame Dinge passiert...“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich kann es euch morgen erzählen.“

„Morgen?“ Verwirrt sah er auf.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kuma es dir nicht erzählt hat“, stellte sie fest.

„Was?“

„Narukami-kun kommt morgen und bleibt für eine Woche bei Dojima“, sagte sie. „Deswegen bin ich doch auch hier.“

Kanji schwieg. Tatsächlich konnte er sich nicht vorstellen, dass Kuma ihm davon nichts erzählt hatte, zumal er sich normalerweise die Lippen fusselig redete, was alles, das seinen „Sensei“ betraf, anging.

Dies brachte ihn unumgänglich zu der Annahme, dass es irgendwie geplant war. Kuma hatte in seinem Zimmer den Anhänger gesucht und er hatte es (irgendwie) geschafft, ihm etwas zu verheimlichen. Und wahrscheinlich wusste auch Nanako davon. Doch es blieb die Frage, wessen Idee es war – denn er war sich sicher, dass es nicht Kumas war.

Während sie bestellte, war Naoto Kanji immer wieder Seitenblicke zu.

„Weißt du“, meinte sie schließlich. „Du bist irgendwie schon ein seltsamer Kerl. Aber eigentlich bist du recht nett. Und, uhm, ja...“ Sie schwieg kurz. „Danke für den Anhänger. Du kommst doch morgen, oder?“, setzte sie dann noch hinterher.

„Klar“, meinte er nur aus dem Mundwinkel und wagte es kaum sie anzusehen.

Aika servierte Naoto ihren Ramen, und die junge Detektivin begann zu essen, während Kanji mit hochrotem Kopf neben ihr saß.

Jetzt hatte sie schon seinen Anhänger und er brachte noch immer kein Wort hervor.

Jetzt sag schon was! Jetzt sag, rief eine Stimme in seinem Kopf, aber er brachte kein Wort hervor, sondern saß nur schweigend neben ihr, während sie aß.

Schließlich hatte sie aufgegessen und stand auf. „Wir sehen uns morgen?“, fragte sie, nachdem sie bezahlt hatte.

„Ja“, antwortete er und hätte sich am liebsten geohrfeigt.

Schließlich, gerade als Naoto die Tür erreicht hatte, stand er auf einmal auf.

„Shirogane-san“, begann er kleinlaut und verstummte dann wieder.

Überrascht drehte sie sich um.

Er schluckte. „Naoto“, fuhr er schließlich fort. „Ich...“ Sein Blick glitt wieder zu Boden. „Also ich...“

„Was?“, fragte sie, als er wieder haderte.

„Also, was ich dir schon länger sagen wollte“, brachte er schließlich – wenn auch vielleicht etwas zu schnell hervor. „Ich... Ich...“ Er stotterte. „Ich mag dich.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Sternenprinzessiin
2016-04-07T19:47:03+00:00 07.04.2016 21:47
Ich liebe diese Geschichte. Ich finde die Idee, dass du immer ein Jahr weiter gehst toll^^ Und ich hoffe Kanji kriegt noch die Kurve.
Von:  _Hikari-chan_
2013-03-10T04:15:58+00:00 10.03.2013 05:15
Und nochmal guten Morgen ^^

Also mein erster Gedanke war ja 'Aww, keine Kanji x Naoto FF *_*' da ich P4 sehr gerne hab und das Pairing mein liebstes aus der Serie ist. Ich finde auch die allgemeine Idee der FF nett und, wenn ich die Zeit finde werde ich auch noch die anderen zwei Kapitel lesen (und natürlich auch Kommentieren) weil ich die Idee wie gesagt mag.
Die Charaktere sind natürlich wieder super getroffen und auch stilistisch und von Rechtschreibfehlern her gibt es nichts zu bemängeln. Die Szene an sich hätte sicher auch gut so ins Spiel gepasst finde ich, ich konnte es mir auch jeden Fall wieder richtig gut bildlich vorstellen.
Allgemein bleibt wohl nur noch zu sagen, dass ich es toll finde, dass es Leute wie dich hier auf Mexx gibt, die das Niveau der FFs wenigstens etwas heben bzw durch die man wenigstens ab und zu auch noch gute findet ^^

Das einzige, was mich etwas gestört hatte waren die zwei Stellen, wo etwas in Klammer gesetzt wurde ... aber das ist wohl auch Geschmackssache und daher werte ich es nicht als negativen Punkt ^^

LG
_Hikari-chan_ [Re-✖✐✖]
Von:  Erenya
2012-07-21T13:24:37+00:00 21.07.2012 15:24
So~~~
Hier mal mein Kommentar.
Also ich liebe die Story daran hat sich nichts geändert. Allerdings hasse ich dich dafür das du nach dem "Ich mag dich" aufgehört hast. Ich saß da und dachte mir "NOINNNNNN!!!!!!!"
Genauso war ich traurig, dass du geschrieben hast, dass die Gruppe langsam auseinandergeht. ;_____; Weil das hat meine Ideale Gedankenwelt leicht erschüttert. Ich wäre mir ja sicher gewesen, das Yu mind. 1 Mal die Woche anruft oder zumindest einen Brief schreibt den dann die ganze Truppe im Junes liest.

Die Charaktere hast du echt gut getroffen. Vor allem Teddy über den ich mich köstlich amüsiert habe. XDD Und dann noch diese trockenen, fast schon sarkastischen Schilderungen von Kanji. Ich musste so lachen aber nur weil es so wahr war was du geschrieben hattest XDD

Am besten fand ich die Wiederholung von naotos Abschnitt im 2. Kapitel. Es zeigte deutlich, dass Naoto wirklich in ihrem Charakter sehr beständig ist. Und bei den einfachsten Dingen der Welt ein dickes Brett vorm Kopf hat.

Also mein Gesamtfazit: Ich liebe diese Story und bin wirklich froh, dass ich dein Wichtelkind war. Natürlich hoffe ich, dass ich mich irgendwann mal bei dir bedanken kann. XDD


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