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Spiegelungen (Version 2.0)

Teil zwei des Calvin-Cat-Zyklus
von

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Prolog

2379 – Ort: Utopia Planitia
 

Es war eigentlich ein sehr interessantes Gefühl, die Dragonfly von Aussen zu sehen, während man eine Cola trank. Die Aussichtsplattform der Utopia Planitia-Flottenwerft befähigte Captain Calvin Nathan Cat genau hierzu. Dem Glas Cola leistete dampfend eine Tasse Kaffee Gesellschaft, die zu der hübschen Rothaarigen gehörte, die neben ihm saß und die Reparaturen an der Dragonfly betrachtete.

„Das ist jetzt unser vierter Aufenthalt hier.“, grinste die XO wie eine Raubkatze, „Aber ich glaube nicht, dass wir schon mal soviel hatten reparieren müssen.“

Der Captain zuckte mit den Schultern: „Wir sind auch noch nie so häufig gegen die Goa’uld vorgegangen.“

„Wobei du das Schiff einmal gesprengt hast.“, schoss die XO zurück und Cal nickte: „Stimmt ja gar nicht. Das war Sachmet.“

Dann trank er einen Schluck und schaute nachdenklich auf das Schiff: „Meinst du – wir treffen sie wieder?“

„Sachmet?“, fragte die XO zurück und Cal schüttelte den Kopf: „Quatsch. SG-1 oder das NCIS-Team.“

Commander Agatha Silverbird zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. Das Universum ist ja groß und unser Abenteuer hat doch gerade erst begonnen. Es würde mich nicht wundern, wenn wir eines Tages mal wieder mit ihnen zu tun bekommen würden.“

Damit beugte sie sich vor und küsste ihn: „Aber vorher sollten wir erstmal unsere neue Mission in Angriff nehmen. Du weißt doch – der Kontakt in den Jagdhunden.“

„Ich persönlich“, seufzte Cal, „wäre ja mal froh, wenn es eine ruhige, entspannende Mission wäre.“

Agatha grinste: „In welcher Welt lebst Du denn, Cal? Das wird sicherlich genau so eine haarsträubende Sache, wie die letzte.“

„Wir werden sehen“, zuckte der Captain mit den Schultern, „Wir werden sehen.“

Damit griff er zur Cola und trank erneut einen Schluck.

Was würde sie wohl da draußen erwarten? Wer wusste das schon?

Aber eines war klar – sie würden kühn dort hingehen, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist.

Das Leben ist kein langer, ruhiger Fluss.

Zwei Monate später
 

Wieso hatte er sich darauf eingelassen? Die gesamte Situation war ein völliger Flop und er könnte sich in den Allerwertesten dafür beißen, das er sich überhaupt auf diese Mission eingelassen hatte. Es hatte dabei alles relativ simpel geklungen.

Man hatte ihn gebeten, eines der neuen Experimentalshuttles zu bergen – die Hornisse . Dieses war im Laufe eines Testfluges, den clevere Piloten besonders intelligenterweise über Remus hatten stattfinden lassen, von einigen, über dieses Eindringen in ihren Lauftraum nicht unbedingt erfreuten Romulanern und Remanern abgeschossen worden und hatte sich in die Kuppel das remanische Schwimmbad „Tertiär Park“ gebohrt. Zwar war der Captain verwundert gewesen, dass es auf Remus Schwimmbäder gab, aber wenn es Momente gab, in denen man besser den Sinn der Sache nicht allzu stark hinterfragte, waren es Momente wie diese.
 

Sie waren nach Remus geflogen, er hatte sein Team ausgewählt – zwei Sicherheitsoffiziere, ein Ingenieur und natürlich seine Bordärztin Gina Intrupper – und waren dann an die zuvor berechneten Koordinaten gebeamt. Soweit so gut.
 

Chefingenieur Sebastian ‚Scotty’ Middlegate, der knapp zwei Meter große, gutmütige Riese mit dem militärisch-kurzen Blondschopf hatte sich dem Wrack zugewandt und begonnen, die ersten Untersuchungen vorzunehmen, während Cal ihn kurz dabei beobachtete und sich grinsend an die Zeit auf der Academy erinnerte. Sie waren alle ein Jahrgang – das Sicherheitsteam mal ausgenommen – und waren logischerweise alle zeitgleich auf der Academy angekommen. Er und Sebastian hatten damals, in der Uniformausgabe, die Bud-Spencer-Terrence-Hill-Nummer durchgezogen. Als der Chef der Kleidungsausgabe Sebastian gefragt hatte, welche Kleidergröße er habe, hatte er kurz gebrummt und dann gesagt: „Die Elefantennummer. Groß, größer, am größten, man will es ja bequem haben.“. Und natürlich hatte Cal, einfach nur der Vollständigkeit halber, als der Kleidungsausgabenchef die Frage nach der Schuhgröße gestellt hatte, ein „Marke Plattfuß“ in den Raum geworfen. Die beiden Kadetten hatten sich einen Blick zugeworfen und waren in schallendes Gelächter ausgebrochen, das irgendwie von den anderen Kadetten, die sich gerade einkleiden wollten, nicht unbedingt erwidert wurde.
 

Das war jetzt knappe 18 Jahre her, damals waren sie noch Kadetten und nun – Cal wagte es nicht, diesen Gedanken wirklich laut zu fassen – hatten sie ihr eigenes Kommando. Also, Cal hatte seines und er hatte die Meisten seiner Freunde als Crewmitglieder an Bord. Dies war dem Projekt „Teen Squadron“ zu verdanken gewesen. Hierbei handelte es sich um folgende Überlegung.
 

Wenn es irgendwann einen großen und blutigen Konflikt geben würde, den die Föderation gewänne oder zumindest sonst für sich entscheiden konnte, müsste man die Flotte wieder aufbauen und man würde sicherlich dem Credo der Sternenflotte folgen und kühn dorthin gehen, wo nie ein Mensch zuvor gewesen war. Allein dazu wurden zwei Rohstoffe benötigt: Schiffe und Crew.

Die Schiffe nach dem Ende des Konflitkes zu restaurieren, oder komplett neu aufzubauen, würde sich vermutlich als herausfordernd, aber effektiv gesehen nicht allzu kompliziert herausstellen. Diese Schiffe mit Crews zu bemannen – das war etwas, das dem Chef des Departments of human resources der Sternenflotte, vermutlich noch ein paar graue Haare bescheren würde. Also würden vermutlich die nächsten 10 Jahre lang Schiffe mit verhältnismäßig jungem Personal besetzt werden, also mit Teenagern und Twens. Natürlich benötigte es dazu einen Testlauf. War diese Idee überhaupt möglich?
 

Dies war der Auftritt der Gebrüder Cat. Calvin Nathan, der das Schiff auch heute noch kommandierte, wurde von seinem erfolgreicheren Bruder darauf angesprochen, das man dringend eine solche Idee bei Starfleet Command anstoßen müsste. Dieser erfolgreichere Bruder hieß Richard Nathaniel Cat II, was nicht unbedingt kreativ war, wenn man bedachte dass der Bruder schon „Nathan“ als Zweitnamen führte und der Vater Cals und Ricks ebenfalls Richard Nathaniel Cat hieß. Die ganze Sache wurde komplett ad absurdum geführt, wenn man überlegte, dass Cals und Ricks Eltern keine Sternenflottenangehörigen waren.

Im Gegenteil. Die Mutter der Beiden arbeitete als Autorin, schrieb Comedy- und Kriminalromane, beide unter jeweiligen Pseudonymen und Richard Nathaniel Cat I hatte den „nome de plume“ Peter Andrew Cat, damit er seine Comedy- und Kabarettprogramme als „Der PAC-Man“ geben konnte.
 

Der ausformulierte Brief, den die Gebrüder Cat an die Sternenflotte schrieben, war ein Joint-Venture der Familie und deren Freunde. Ein paar Jahre später trat das ein, was Planer bei Starfleet, aber auch die Familie Cat gefürchtet hatten.

Nach dem Ende des Krieges stand die Föderation tatsächlich an genau der Stelle, die die Planer und einige andere kritische Stimmen seit knapp 4 Jahren vorgezeichnet hatten – und man holte die Pläne aus den Schubladen. So trat man an die Cat-Brüder heran und besetzte, nach der Erlaubnis der Sternenflotte, mit den Freunden des damaligen Lieutenants und nun Captains und seines Bruders - und die Ränge nach Fähigkeit und Sympathie.

So hatte Cal zwar die leicht-despotische Ader durchblitzen lassen, und sich selbst zum Captain ernannt, aber die qualifizierteste Person, die darüber hinaus auch seine Freundin war, wurde zum ersten Offizier ernannt, ein Posten, der eigentlich, Richard gehört hätte, wenn er diesen gewollt hätte.
 

Die ersten Einsätze der Dragonfly waren extrem fordernd, aber im Laufe der Zeit kam man mit der Situation klar und man arrangierte sich mit dem Leben als Teenager, bzw. Twen, und dem damit verbundenen Gefühlschaos, und den Pflichten als seriöser Sternenflottenoffizier. Im zweiten Jahr ihrer Mission waren zwei Dinge passiert, die unabhängig voneinander stattgefunden hatten, allerdings kombiniert eine Relevanz für die weitere Zukunft der Dragonfly -Crew beinhalten sollten. Einerseits kehrte die USS Voyager aus dem entlegenen Delta-Quadranten zurück und brachte, neben unzähligen Terraquad an Daten auch eine attraktive Ex-Borg namens Seven of Nine mit zurück, andererseits verirrte sich eine Funkbotschaft durch das neurale Relais der Borg in den Kopf eben jener Drohne. Entsetzt meldete sie dem Captain ihre Erkenntnis. Die Borg griffen an – und zwar taten sie es in der Vergangenheit, wobei sie sich mit einer antiken Rasse namens Goa’Uld verbündeten.

Auf Geheiß der Sternenflotte machten sowohl die Voyager , als auch die Dragonfly einen Sprung an die temporalen Koordinaten und boten der damals schutzlosen Erde ihre Hilfe an – genauer gesagt, dem sogenannten Stargate-Command. Zusammen mit dem Elite-Team SG-1 besiegte man die Drohnen und die Goa’uld – und Calvin Cat beschloss, in der Vergangenheit zu bleiben.

Nachdem er vier Jahre in der Vergangenheit verbrachte, kehrte er in seine Gegenwart zurück und nahm den Posten als Kommandant der Dragonfly wieder an. Nachdem er nun einige Jahre in seiner Gegenwart verbracht hatte und dabei seine Missionen so gut es ging erfüllte, wurde er im Jahr 2379, zusammen mit seiner Crew, in die Vergangenheit beordert.
 

Der Kontrollposten 2011 des „Wächter-der-Ewigkeit“-Projektes verstummte und Cal und seine Crew sollten ergründen, was damals passiert war. Der Captain hätte sich nie gedacht, in eine solch verfahrene Situation zu gelangen, in der ein Terrorist aus der Vergangenheit von insektenhaften Aliens aus der Zukunft angeheuert worden war, um den Kontrolloffizier des Postens 2011 – Thaddeus Alexander Stone – zu eliminieren, aber, genau so war es passiert.

Und so waren sie, zusammen mit dem ebenfalls ermittelnden „Naval criminal investigative service“, dem NCIS, mit der Auflösung des Falls beschäftigt gewesen, der sie nicht nur auf der Erde forderte, sondern auch in den unendlichen Weiten des Weltalls.
 

Cal konnte sich das Grinsen nicht verkneifen, als er daran dachte, wie er mit Ziva, Tony und Agatha durch sein Schiff gekrochen war. Ziva – was wohl mit ihr passierte war? Eigentlich wollte er es wissen, aber, nachdem er schon den unausweichlichen Tod Sam Carters hatte verhindern wollen und von der Zeitlinie ein gigantischs „Fuck you“ gezeigt bekommen hatte, wollte er sich in die Belange der Vergangenheit nicht mehr einmischen.
 

„Captain?“, riss die Stimme Scottys ihn aus seinen Gedanken und er schüttelte den Kopf: „Sorry, was war?“

Ein Lächeln legte sich auf die Lippen des riesigen Chefingenieurs. Kurz blickte er nach links, dann nach rechts, ehe er verschwörerisch flüsterte: „Hast Du Gina auf den Hintern geguckt?“

„Nein!“, entfuhr es dem Captain eine Spur lauter, als es eigentlich notwendig gewesen wäre, „Wie kommst Du darauf?“

„Ich kenn dich, mon capitan.“, zwinkerte sein alter Freund ihm zu, „Wenn Du so geistesabwesend bist, überlegst Du entweder, wie du mit Gina oder Agatha hier im Schwimmbad rumplantschen kannst und beide nur das Nötigste tragen, oder aber du erinnerst dich an deine bisherigen Abenteuer.“

„Letzteres.“, murmelte der Captain und seine Stimme nahm eine dunkle, melancholische Färbung an, „Ich… ich kann mir nicht helfen, ich bin immer noch nicht…“

Der Chefingenieur schaute ihn verständnisvoll an: „Sam?“

„Ja.“, nickte der Kommandant, „Ich bin immer noch der Meinung, ich hätte sie retten können.“

„Sie wollte nicht gerettet werden.“

Ein Seufzen entrann der Kehle Scottys und er klopfte dem Kommandanten auf die Schulter: „Kumpel – sprich mit Linda Layd über deine Sorgen. Du brütest schon zwei Monate über der Sache und solltest langsam, aber sicher zum Abschluss kommen.“

Der Captain lachte freundlos auf: „Ja, das is ja auch so einfach.“
 

Die Läufe ihrer Phasergewehre waren auf den Eingang des Schwimmbades gerichtet und zitterten nicht. Warum sollten sie auch? Schließlich gehörten die Hände, welche die Phasergewehre in der Hand hielten, einem trainierten Personal: Dem Hazard Team.

Sie waren nachdem die Voyager im Alpha-Quadranten angekommen war und den entsprechenden Feiern, auf die Dragonfly versetzt worden und hatten sich als sehr schlagkräftiges und sehr gutes Team erwiesen. Dies war dem leitenden Offizier des Hazard-Teams, Lieutenant Alexander Murphy, allerdings schon im Delta-Quadranten klar gewesen, als sie sich mit unzähligen Gefahren an Bord der Voyager hatten befassen müssen.

Und sie hatten sich vor ein paar Monaten auf der Dragonfly eingelebt, und sogar versucht, zusammen mit Captain Cat die Offiziere des legendären SG-1-Teams zu retten, eine Mission, bei der sie gescheitert waren.
 

Kurz ließ er seinen Blick schweifen – dieses Areal war definitiv ungewöhnlich. Wer konnte schon von sich behaupten, einen potentiellen Kampf auf Leben und Tod in einem sogenannten „Spaßbad“ austragen zu wollen? Einerseits konnte und wollte er sich nicht vorstellen, diesen Ort, der eigentlich der Entspannung dienen sollte, in eine grausame Kulisse des Todes zu verwandeln, andererseits war er sich sicher, dass die Romulaner nicht unbedingt wenig angesäuert darüber wären, dass man einen Testflug mit einem schwerbewaffneten Experimentalshuttle genau in ihrem Territorium ausgetragen hatte. Aber, während er sich so umblickte, konnte er sich nicht helfen, festzustellen, das die Umgebung eine gewisse, beruhigende Atmosphäre hatte.
 

In der Hauptsache war sie sehr grün. Farne, egal ob künstlich oder nicht, waren an augenfälligen Stellen platziert worden, hohe Bäume taten das Ihrige, um der Umgebung einen Dschungel-ähnlichen Anstrich zu verleihen, der sogar einen Flusslauf beinhaltete. Dieser war natürlich ebenfalls nicht echt, es war ein Kanal, der Badewasser transportierte und der sich in einem weitverzweigten Wasserfall in mehrere kleine Badeseen, also Schwimmbecken für Schwimmer und Nichtschwimmer, ergoss. Direkt neben ihnen rauschte der mächtige Strom hinunter ins Tal und Munroe konnte nicht umhin, festzustellen, dass der Landschaftsarchitekt, der dieses Schwimmbad konzpiert hatte, sehr gute Arbeit geleistet hatte. Beinahe wäre man gewillt, das eigentliche Aussehen Remus zu vergessen.
 

Eine sanfte Frauenstimme machte eine Ansage und riss Munroe aus seinen Gedanken:

„Hallo. Willkommen im Schwimmbad Tertiär Park. Hier wird ihnen die Welt unseres Heimatplaneten Remus so gezeigt, wie sie im Zeitalter des Tertiär ausgeprägt war, bevor ein Meteor von einem Kilometer Durchmesser aufschlug und alles verwüstete.“

Der Leiter des Hazard-Teams überlegte kurz. Das letzte Mal, als sie diese Ansage gehört hatten, waren sie es gewesen, die das Schwimmbad betreten hatten. Dies konnte für Munroe nur bedeuten, dass es gleich lustig werden konnte.

Schnell betätigte er seinen Kommunikator: „Munroe an Cat?“
 

Der Captain seufzte ein wenig gelangweilt, betrachtete das bruchgelandete Stück Technologie und kam nicht umher, dem Shuttle eine gewissen Schönheit und Eleganz zu attestieren.

„Und das von einem Hornissophobiker.“, schoss es dem Kommandanten der Dragonfly durch den Kopf, ehe er zu Sebastian blickte: „Und, was ist deine professionelle Meinung?“

Der Chefingenieur kroch weiter in die Innereien des Shuttles, ehe er antwortete: „Hm – wenn Du mich so fragst, ist das Ding ziemlich fritze.“

„Fritze?“, echote Cal und grinste dann: „Ist das ein Fachausdruck?“

Ja, das war definitiv ein genervtes Seufzen, das der Captain da hören konnte, was dazu führte, dass sich sein freches Grinsen noch verbreiterte. In diesem Moment jedoch blipste der Kommunikator und die Stimme Alexander Munroes erklang aus dem Gerät: „Munroe an Cat?“

Des Captains Gesichtszüge entgleisten und er tippte auf den broschenähnlichen Gegenstand, der am Brustteil seiner Uniform befestigt war. „Ja, Cat hier?“

„Wir haben anscheinend Eindringlinge.“, erscholl der geschäftsmäßige Duktus des Leiters des Hazard-Teams: „Bewegung hinter der eingänglichen Baumlinie.“

‚Soviel zur normalen Aufklärungsmission’

Cal konnte sich diesen Gedanken nicht verkneifen, obwohl er sich für ihn verwünschte. Er musste sich hier als wirklicher Captain erweisen, vollkonzentriert bei der Sache sein und versuchen, obwohl sie eindeutig in eine Situation geraten waren, aus der aus kaum ein Entkommen gab, dieses Entkommen zu sichern. Wobei er sich sicher war, dass er genau dieses Missionsziel nicht erreichen würde.

Erneut seufzend klopfte er gegen das Shuttle, beugte sich vor und lugte unter die Flugmöglichkeit, Sebastian zuzwinkernd: „Ich hab ne gute und ne schlechte Nachricht für dich. Welche möchtest Du zuerst hören?“

Irgendwelche technischen Sachen, die Cal nicht verstand, am Shuttle erledigend, schaute der Chefingenieur seinen Captain an, legte nachdenklich den Kopf schief und lächelte dann: „Die Gute?“

„Nun, die Gute“, sagte der Kommandant der Dragonfly und dehnte das Wort „Gute“ so stark, dass man das Gefühl verliehen bekommen konnte, dass der Captain noch über der Formulierung der guten Nachricht grübelte, „ist folgende: Du brauchst dich mit dem Shuttle nicht mehr zu befassen.“

Der Chefingenieur zog die Hände vom Shuttle so schnell zurück, als habe er sich verbrannt, klappte den Tricorder zu und schaute zum Kommandanten: „Und wieso nicht?“

„Nun, das hängt mit der schlechten Nachricht zusammen“, versuchte Cal den kommenden Worten eine gewisse Lockerheit zu verleihen, „Die Romulaner kommen. Jag das Ding in die Luft.“

Dschungelfieber

Sie musste nur einen Blick hinter sich werfen, auf die Mitglieder, die sie begleiten sollten und schon war R’Peng McCulkin in keiner guten Stimmung. Sie war morgens aus dem Bett geklingelt worden und hatte dann ihren Auftrag erhalten. Und während sie ihr typisches Team zusammenstellte, mit dem sie immer versuchte, zusammenzuarbeiten wo es ging, fragte sie sich, wieso Föderationsoffiziere ein geheimes Testshuttle ausgerechnet über remanischem Raum austesten mussten? Nach der Sache mit Shinzon war eine beinahe schon schizoid-paranoid zu nennende Grundstimmung im romulanischen Imperium aufgetreten. Einige Romulaner erachteten die Geschehnisse der vergangenen Wochen als Zeichen, sich von alten Werten und Normen zu trennen und den Isolationismus, dem man seit Jahren nachhing, komplett über Bord zu werfen. Andere waren aus genau den selben Gründen dafür, die Grenzen noch mehr zu schließen und wieder andere waren moderat eingestellt. So fand sich für jede These die entsprechende Splittergruppe. Um einige dieser Splittergruppen zu beruhigen und hinsichtlich des vielzitierten „Großen Ganzen“ war die momentane Regierung streckenweise dazu geneigt, mit den Säbeln zu rasseln und hatte sich somit entschieden R’Peng damit zu beauftragen, das Shuttle zu sichern.

„Sichern Sie diesen Beweis, dass die Föderation uns auf der Nase herumtanzt.“, hatte ihr Chef gesagt. Nach dem Missionsbriefing hatte sie ihr Team zusammengestellt und sich auf den Weg nach Remus gemacht. Sie strich sich ihre dunkelbraunen Haare hinter ihr rechtes Ohr, warf einen Blick über ihre Schulter und nickte ihrem Stellvertreter zu.
 

Dann rannte sie los, entsicherte ihren Disruptor und ließ sich zu Boden fallen. Jede ihrer Bewegungen war präzise und wirkte nahezu choreographiert, ohne es tatsächlich zu seien. Allerdings hatte man ihr beim Militär die notwendigen Schritte, ein unbekanntes – oder in diesem Fall, mit feindlichen Truppen besetztes – Terrain zu betreten immer wieder eingebläut, bis sie diese Techniken im Schlaf beherrschte. Sich dicht an den Boden gepresst robbte sie vor, immer die Umgebung im Auge behaltend, weiter auf den Punkt zu, den sie sich ausgeguckt hatte. Sie wusste natürlich eine Sache: Wenn die Föderation tatsächlich schon anwesend war, würden sie einen entsprechenden Sicherheitsperimeter errichtet haben, den es zu knacken galt. Und sie hatte genau die richtigen Leute dabei, die ihr helfen konnten, diese Mission erfolgreich abzuschließen. Sie hatte sie handverlesen und wusste um die Stärken und Schwächen der jeweiligen Teammitglieder.
 

So hatte sie beispielsweise mit Julius Lepp einen Menschen im Team. Lepp war seinerzeit Lieutenant auf der U.S.S. Crazy-Horse gewesen und hatte nach einem Gefecht mit einem Jem’Hadar-Schiff seinen Posten aufgegeben und seinen eigenen Tod inszeniert. Aus den Akten wusste sie, dass er für irgendeinen Test im Hauptquartier von Starfleet Medical auserkoren war und diesen Test partout nicht ablegen wollte. Weswegen er eine solche Antipathie gegen diesen Test hatte, wusste R’Peng nicht, aber sie würde ihn auch nicht fragen. Um seine Vergangenheit hatte der Mann, der sich selbst „Lieutenant Nobody“ nannte, immer ein großes Geheimnis gemacht und auch ihr hatte er die Sache mit dem Test nur sehr widerwillig und erst nach 2 Flaschen romulanischen Ales erzählt. Nichtsdestotrotz hatte er sich bei den Einsätzen, die sie mit ihm durchgestanden hatte, als tapferer und sehr zuverlässiger Offizier erwiesen, der sogar nicht davor zurückschreckte, einige Menschen zu foltern, wenn es der Sache galt. Diese Einstellung und die Loyalität zum Imperium hatte ihn definitiv zu ihrer Nummer eins gemacht.
 

Sie hatte den Punkt erreicht, legte sich auf den Rücken und setzte sich kurz auf, damit sie ihren Teamkameraden signalisieren konnte, dass die Luft rein war. Anschließend ließ sie sich wieder sinken, hielt die Luft an und lauschte der Umgebung. Nach wenigen Minuten hatten Lepp, Kara Topp und Commander Talew ihre Position ebenfalls erreicht.

„Okay“, sagte R’peng, im Flüsterton, „Kara, du nimmst den Feind von Osten unter Beschuß. Julius, Du greifst die Föderalen von Westen an. Mister Talew, sie nehmen den nördlichen Weg, ich attackiere die Typen von Süden. Los.“
 

„Sag mal, Scotty, ich will ja nich hetzen, aber was meinst Du, mal so geschätzt, wie lange wird das wohl dauern, bis Du das Ding in die Luft gejagt hast?“, fragte in diesem Moment der Föderationscaptain und der Chefingenieur der Dragonfly zog sich unter dem bruchgelandeten Insektenshuttle heraus in die Freiheit. Er seufzte: „Auch wenn Du noch drei Mal fragst, Cal – ich tu mein Bestes. Und sowas dauert seine Zeit, du willst ja nicht einfach nur einen Knall und die Einzelteile der Hornisse über dieses Areal verteilen.“

„Nicht?“

Sebastian schloss die Augen, schüttelte den Kopf und schaute den Captain dann wieder an: „Nein, Cal – wir müssen die Hornisse so effektiv wie möglich zerstören – das heißt vor allem, dass die Trümmer, die übrigbleiben werden nicht wieder zu einem Shuttle zusammengesetzt werden können.“

„Hä?“

Der Chefingenieur seufzte, legte dem Captain beide Hände auf die Schulter und schaute ihn an: „Hast Du schon mal versucht, aus zwei halben Bierdeckeln wieder einen ganzen zu machen?“

„Klar, das is ja auch nich so schwer.“

„Richtig“, nickte Sebastian, „Und aus einem in vier Viertel aufgeteilten Apfel kann man auch noch einen ganzen Apfel zusammenschrauben, oder?“

Der Captain antwortete, ohne groß nachzudenken, mit einem enthusiastischen: „Klar, logisch.“

„Siehst Du“, schaute ihn der Chefingenieur an, deutete auf das Shuttle und fuhr fort: „aber schon mal versucht aus Parniermehl wieder ein Brötchen zusammen zu setzen?“

Mit dem Kopf zu schütteln und ein „Aber das geht doch gar nicht“ von sich gebend war für den Kommandanten der Dragonfly eines und ein erneutes „Siehst Du?“ die Reaktion seines besten Kumpels.

„Kapiert“, grinste Cal, warf einen Blick zum Shuttle, dann zu Sebastian, „Und – wie lange dauert es, das Shuttle zu Parniermehl zu verarbeiten?“

In diesem Moment erklangen einige Meter hinter ihnen Schüsse. Chefingenieur und Kommandant warfen sich einen besorgten Blick zu, dann griff sich der Captain seinen Phaser und rannte ins Unterholz, in Richtung der Kampfgeräusche.

Sebastian schaute dem Captain noch kurz hinterher, wollte ihn darauf aufmerksam machen, dass diese Handlungsweise ihm eventuell nicht gut bekommen würde, aber, er beschloss dies nicht zu tun. Schließlich musste der Kommandant selbst wissen, was er tun wollte und was nicht – und er konnte und wollte ihm da nicht reinreden.
 

So schnell die Beine ihn zu tragen in der Lage waren, eilte Captain Calvin Cat zum Ort der Geräusche und kam schliddernd zum stehen, als er sah, dass das Hazard-Team und eine Gruppe Romulaner in einen Kampf verwickelt war.

„Heilige…“, setzte er an und stockte, als eine der beiden Romulanerinnen ihn anblickte, auf ihn zielte und abdrückte. Mit einem Hechtsprung und einem gekeuchten „Ja is die denn bekloppt geworden?“ warf sich der Offizier aus der Schussbahn und zuckte zusammen als hinter ihm ein Baum anfing, getroffen Funken zu sprühen.

Der Gedanke, dass seine Angreifer nicht unbedingt unter die Kategorie „geistig gesund“ fielen, bestärkte sich, als er hörte, wie das Feuer der Disruptoren immer hektischer und durchgängiger wurde. Ja, gut, sie waren auf feindlichem Gebiet, aber erstens müssten die Romulaner der Föderation nicht ein wenig dankbar sein, nachdem sie ihnen Shinzon quasi gratis vom Leib gehalten hatten? Und zweitens – warum wollte man auf ihn schießen? Was konnte er dafür? Er machte doch nur seinen Job?

Seinen Job? Natürlich.

Der Captain hieb so heftig auf den Kommunikator, dass sich dort sicherlich ein blauer Fleck bilden würde und bellte hinein: „Cat an Middlegate? Es ist mir schietegal, ob aus dem Shuttle nun Parniermehl wird oder doch nur Appelmus, ich will das Ding gesprengt haben und dann nach Hause. Wir kriegen hier gerade richtig den Arsch versohlt!“

„Aye, Sir.“, erklang die Stimme des Chefingenieurs, „Ich brauch nur noch ein paar Sekunden, um mich in Sicherheit zu begeben.“

„Verstanden.“, sagte Cal und betätigte den Kommunikator erneut: „Cat an Silverbird?“

Stille und Statik.

Egal – vermutlich hatte die Dragonfly und ihre momentane Kommandantin, seine Freundin und genau so geniale wie schöne erste Offizierin Agatha Silverbird, komplett andere Sachen zu tun, als ihn mit Meldungen zu unterhalten. Er wäre sogar bereit, lächerlich exorbitante Summen darauf zu verwetten, dass die Dragonfly gerade in diesem Moment von einem romulanischen Schiff attackiert wurde. Und wenn sie Glück hatten, war es lediglich ein Aufklärer, aber wenn ihnen Fortuna heute nicht hold war, dann war es entweder eine Shrike-Klasse oder gar ein Warbird.

Keine der beiden Alternativen sagte dem Kommandanten sonderlich zu, da sie beträchtliche Schäden an der Dragonfly hinterlassen könnten. Wenn also Agatha gerade kampfesbedingt ausfiel, mussten andere die berühmten Kastanien aus dem Feuer holen. Erneut betätigte er seinen Kommunikator: „Cat an Munroe?“

Für den erschreckenden Bruchteil einer Sekunde geschah nichts, dann meldete sich eine weibliche Stimme aus seinem Kommunikator: „Hier Telsia, Sir. Alex ist … gefallen. Ich wiederhole, Alex ist gefallen.“

Der Kommandant der Dragonfly brauchte eine weitere, kostbare Milisekunde um diese Information zu verarbeiten. Es war nicht so, dass er nun besonders dick mit Alex Munroe befreundet gewesen wäre – andererseits hatten sie dem Captain geholfen, auf der Erde des 21. Jahrhunderts gegen die Xindi zu kämpfen. Vermutlich war dies der Grund, das Cal das Gefühl beschlich, dass die Zeit sich verlangsamt hätte.

Er brauchte eine weitere, kostbare Milisekunde, um sich zu fangen und verfluchte sich für seine Schwäche. Jede Milisekunde, die er mehr verstreichen ließ, war eine Milisekunde mehr, die die Romulaner hatten, um sich durch die Föderationsoffiziere zu mähen.

Die zwei Sätze, die er als nächstes sagte, hätte er nie für möglich gehalten, sie zu sagen.

Er holte tief Luft, streckte beide Hände empor und sagte erst ein leises „Verstanden“, nur um dann ein lautes „WIR ERGEBEN UNS!“ zu rufen.

Die Verblüffung seiner Teamkollegen sah er noch vor seinen Augen, als er aus seiner Deckung kam, seinen Phaser zog und ihn vor die Füße der Romulaner warf.

Schnell warf er Telsia einen Blick zu, die nickte und ihr Phasergewehr auf den Boden legte.
 

R’Peng war ein wenig überrascht, als der Captain der Dragonfly aus seiner Deckung trat.

Ein kleines Lächeln konnte sie sich daher nicht verkneifen, stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete ihren hochrangigen Gefangenen von oben bis unten.

„Captain Calvin Cat“, lächelte sie, „Kommandant des Föderationsraumschiffes U.S.S. Dragonfly. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie persönlich diesen Einsatz leiten würden.”

Der Kommandant legte den Kopf schief: „Warum nicht, Sub-Commander R’Peng vom Team Alpha?“

„Oh, Sie haben von uns gehört?“

Nun legte sich auf die Lippen des Captains ein kleines Lächeln: „Wer hat das nicht? Sie sind schließlich DAS Team. Sie werden immer gerufen, wenn es richtig ernst wird.“

Damit senkte er die Hände, die er bis gerade eben noch gehoben hatte, und schaute sie an: „Ehrlich gesagt – das schmeichelt mir. Die Romulaner halten uns also für so gefährlich, dass sie gleich das Alpha-Team rufen?“

„Fühlen Sie sich nur nicht allzu geschmeichelt, Captain. Wir wussten nicht, wer diesen Einsatz übernehmen würde. Dass Sie das sein würden, war ein reiner Glücksfall.“

Der Kommandant der Dragonfly trat auf die Frau zu, sie hob ihren Disruptor: „Ich denke, das ist nahe genug, Captain.“

„Nicht für das, was ich vorhabe.“, lächelte er, trat noch einen Schritt auf sie zu, nahm sie in den Arm und küsste sie.

Keine zwei Sekunden später wusste er auch, warum man vulkanoiden Spezies nachsagte, dass sie vier Mal so stark wie Menschen wären – sie waren es einfach. Mühelos gab sie ihm einen Schubs, der ihn zu Boden gehen ließ, zog ihren Disruptor und richtete ihn auf seinen Kopf.

„Irgendwelche letzten Wünsche?“, fragte sie und er zuckte mit den Schultern: „Zählt ‚Tun Sie es nicht?“

Sie schoss.

In kritischem Zustand

Weiß.

Um ihn herum hatte alles genau diese Farbe – naja, fast alles.

Seine Uniform war immer noch bunt, wobei man da nicht wirklich von „bunt“ sprechen konnte. Wer auch immer dieses Stück Stoff designet hatte, mochte von Sachen wie „Praktikabilität“ und „Logik“ sehr viel Ahnung haben, aber nicht einen Hauch von Gespür für Ästhetik. Die graue Schulterpartie der Uniformen, die seit knapp 7 Jahren in Gebrauch waren, war einfach nur grauenhaft. Er erinnerte sich an das Design und die damals wirklich noch – zumindest teilweise – vorhandene Ästhetik der Uniformen der Jahre in denen Captain Picard unterwegs gewesen war. Und auch, wenn man sich in eine dunkle Uniform gewandet besser an die Dunkelheit anpassen kann, so hatte ihm die sehr klassische Aufteilung der Uniform zur Sieben-Jahres-Mission der Enterprise-D besser gefallen. Damals wiesen die Uniformen einen schwarzen Schulterteil auf, aber einen bunten Torso – je nach dem zu welcher Offizierskategorie man gehörte. Diese Aufteilung hatte es schon zur ersten Fünf-Jahres-Mission des großen James Tiberius Kirk gegeben, wobei man im Laufe der Jahre dazu übergegangen war, die Kommandooffiziere nicht mehr in Gelb, beziehungsweise Gold, sondern in rot zu kleiden. Dafür trugen die ausführenden Offiziere nun gelb. An diesem Farbcode hatte sich nichts geändert, allerdings nahmen die Farbanteile ab. Zur Sieben-Jahres-Mission von Picard war der Großteil des Uniformshirts farbig unterlegt, während lediglich die Schultern schwarz blieben. Nach dem Ende der Mission, kurz bevor die Enterprise-D auf Veridian III notlandete und in einer parallelen Zeitlinie ihr Ende fand, hatte es sich eingebürgert, den Torso schwarz und die Schulterpartie farbig werden zu lassen. Damit die Ranginsignien – oder auch Rangpins genannt – einen Hintergrund hatten, von dem sie sich abheben konnten, trugen die Offiziere ein violettes Rollkragenunterhemd – und seit nunmehr 7 Jahren trug man eine schwarz-torso-iges, grau-schulteriges, einfach nur unansehnliches uniformähnliches Uniformoberteil, unter dem man nun ein dem Farbcode der Föderation folgendes Uniformunterhemd trug.
 

Sein Uniformunterhemd war rot, wies vier Ranginsignien auf und ihn somit als Captain aus. Als Captain, der seine Crew gerade entweder gerettet oder getötet hatte. Momentan war das Areal, in dem er sich befand, weiß, nahm dann, langsam aber sicher, andere Konturen an. Er blinzelte kurz und stellte sich dann auf das neue Layout der Umgebung ein – schwarze Fliesen, die von gelblinigen Fugen unterbrochen wurden. Ein Holodeck.
 

Captain Calvin Cat streckte sich, schaute zu seinen Offizieren herüber, die ihn immer noch ein wenig verdattert anblickten und richtete sich dann auf.

Er trat auf Alexander Munroe zu, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: „Sie können aufhören, toter Mann zu spielen.“

Mit einem „Irgendwie schade, Sir.“ schlug der Lieutenant des Hazard-Teams die Augen auf und schaute zu Telsia Murphy: „Übrigens, kein schlechter Schuss, den Du da gemacht hast.“

Die hübsche Frau schaute ihn an, zuckte mit den Schultern, machte eine wegwerfende Handbewegung, als wäre das alles nichts, und sagte dann: „Gelernt ist gelernt.“

Dann schaute sie zu Cal herüber, legte den Kopf schief und schüttelte ihn anschließend: „Ich muss sagen, ich hab den Hornisse -Test schon mehrere Male begleitet, aber dass man die Kommandantin des angreifenden Trupps küsst, ist bisher noch nie vorgekommen.“

Ein Lächeln legte sich über die Gesichtszüge des Captains, besonders über seine Lippen: „Naja – erstens ist sie süß und zweitens…“

„Und zweitens solltest Du mit was Anderem denken, als mit deinem kleinen Kommandanten.“, grinste Gina und trat auf ihn zu. Der Kommandant schaute sie an, hob abwehrend beide Hände und wurde vielleicht eine Spur lauter, als es unbedingt nötig gewesen wäre: „Hey, hab ich die Romulaner aufgehalten, oder nicht?“

Die Ärztin schüttelte den Kopf: „Ja, aber um welchen Preis. Das Loch im Kopf war sicherlich von Dir nicht geplant, oder?“ Leicht geknickt ließ der Captain seinen Kopf sinken, schaute Gina dabei aus seinen Augenwinkeln an und schüttelte den Kopf: „Nein – so ganz war das nicht geplant. Aber was bin ich froh, dass dies nur eine Holodecksimulation war.“
 

Als er das Geräusch eines sich öffnenden Schottes hörte, fuhr er herum und blickte die hübsche Frau an, die ihm gerade entgegen trat. Dieses grazile Wesen mit den sinnlich geschwungenen Lippen, dem durchtrainierten, dennoch sehr weiblichen Körper und den spitzen Ohren, war ein Mitglied seiner Crew.

„Crewman R’Peng. Sie sind richtig gut geworden.“, lobte Cal.

R’Peng nickte: „Ich weiß, Danke Sir.“

Damit klopfte sie ihm kameradschaftlich auf die Schulter.

„Au!“, machte der Kommandant, schaute zu ihr und nickte in Richtung ihrer Haare: „Nimm diese Dinger ab. Ich find dich in Rot hübscher.“

Augenrollend zog sich die Frau, die mit den spitzen Ohren und den brünetten Haaren als „R’Peng McCulkin“ begannt war, die Perücke ab und von einem moment zum anderen hörte die Person auf zu existieren. Agatha Silverbird entfernte sich die Spitzen von den Ohren und grinste ihren kommandierenden Offizier an, wie die Katze die den Kanarienvogel gefressen hat. Dann trat sie auf ihn zu, lächelte und sagte: „Ich mochte deine Art, mich abzulenken.“
 

Cal schaute sie an, sah, wie sie die aufgeladene Atmosphäre abkühlte und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, ehe er sich erlaubte, in ihren grasgrünen Augen zu versinken.

„Du… bist…“, stammelte er und konnte sehen, wie sie noch schöner, noch wilder, noch breiter lächelte, als plötzlich eine männliche Stimme die aufkommende Unterhaltung zwischen Captain und XO unterbrach.

„Das war nicht schlecht, aber es ist verbesserungsfähig.“

Der Inhaber der Stimme hatte einen britischen Akzent und Cal blickte am kurvenreichen Körper seiner Freundin vorbei, um baff starr zu stehen.

Zwar war die Person, die da auf sie zu kam, mit einem Meter 78 knappe 3 Zentimeter weniger hoch als Cal, doch die Author ität, die von Captain Jean Luc Picard ausging machte diese 3 Zentimeter mehr als nur wett.

Schließlich war dies der Mann, der eigenhändig gegen eine Veränderung seiner Person durch die Borg angekämpft hatte, der ihnen mehr als nur einmal in den kybernetischen Hintern getreten hatte und der sich trotz französischer Herkunft einen britischen Akzent leistete. Und in Cals Augen war das schon mal eine Sache, an der er selbst sich auch das eine oder andere Beispiel genommen hatte.

Das war das Problem mit der Kommunikation mit Cal. Denn, obwohl er eigentlich aus Großbritannien kam, hatte er sich damals, zur Zeit der Teenagerrebellion, dazu entschlossen, sich akzenttechnisch im deutschen Sprachraum zu bedienen.

Und nicht nur Hochdeutsch, also so, wie man es aus schlechten amerikanischen Filmen des späten 20. Jahrhunderts kannte, in denen die „Deutschen“ entweder bayrisch sprachen oder zumindest so aussahen und deren einziger Hinweis darauf, das sie Deutsch waren, durch ein eingestreutes „Ja!“ oder „Jawoll!“ war – je nach dem, welche Filme man schaute. Nein, nein, Cal griff ganz tief in die Dialektkiste.

Er verwandte die Syntax des Ruhrdeutschen und trieb mit seinen entsprechenden Übungen seine Eltern in den Wahnsinn.

‚What is the matter with you, boy?’, hatte ihn eine seiner Lehrerinnen mal gefragt und Cal hatte grinsend geantwortet: “Ach weißte – wennze mich so fragst, is mich so schnarchich, dat kannste maa gar nich glauben, da besteht extremen Bekakelungsbedaaf.“

Natürlich hatte die Lehrerin kein Wort von dem verstanden, was der junge Cal ihr da sagen wollte, also übersetzte er es nochmal ins feinste Oxfordenglisch – was der Lehrerin natürlich auch nicht passte. Ebensowenig übrigens, wie es den Eltern genehm war.

Natürlich hatte man ihm den Dialekt wieder, so gut es ging, ausgetrieben, doch konnte es sein, das hier und da der Dialekt wieder hervorbrach. So auch jetzt.
 

„Hey, Captain, wie isset?!“, fragte Cal und brach damit in einen, sich mühsam antrainierten Dialekt aus, der seine Wiege in die Nähe der Gegend setzen sollte, in der man seinerzeit nicht arbeiten ging, sondern „auffe Maloche“, die seinerzeit ein Jahr lang Kulturhauptstadt gewesen war und die mit seiner wahren Herkunft, der Stadt London in England nichts gemein hatte. Aber Cal gab sich gerne als Ruhrpottkind, auch wenn er aus dieser Gegend nur vier Sachen kannte – die Kohle, Dortmund, Gelsenkirchen und Bochum.

Warum er die Kohle kannte, war klar – schließlich hatte sich die Region, aus der er so gerne vorgab zu kommen, mit dem Abbau dieses Materials seinerzeit einen Namen gemacht. Die Städte, die Cal kannte, kannte er deswegen, weil diese die seinerzeit bekanntesten Fußballvereine der sogenannten Bundesliga beinhalteten – und das ziemlich geballt.

Mit Fußball konnte man ihn zwar jagen, aber es war schon sehr praktisch, wenn man sich wenigstens ein wenig mit dem befasste, was man gerne sein würde, auch wenn ein echtes Ruhrpottkind vermutlich nicht wirklich diese Affinität zu Kohle zeigte – schließlich gab es schon in den 70er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, als die ganzen Zechen geschlossen wurden, das große Umdenken, den großen Strukturwandel. Abraumhalden wurden begrünt, Gegenden, die ein deutliches Zeichen dafür waren, dass der Strukturwandel auch Arbeitsplätze forderte (auch wenn dafür andere geschaffen wurden), wurden zur „Industriekultur“ aufgewertet und knappe 100 Jahre nachdem die letzte Zeche geschlossen war, erinnerten allerhöchstens noch ein paar mit Pflanzen überwucherte Abraumhalden daran, das hier mal Kohle gefördert wurde.
 

Der britischsprachige, französische Sternenflottenoffizier räusperte sich, schaute den Kommandanten der Dragonfly an und sagte: „Ich kann Ihnen sagen, ‚was es gibt’, Captain. Die Bewertung Ihrer Mission, die ‚gibt es’.“

Und plötzlich wurde es ganz still, so, als ob alle anderen Mitglieder der Mission wissen wollten, was da nun los wäre.

Picard warf einen Blick auf sein PADD: „Nun, wenn man die Missionsprotokolle in Betracht zieht, kann man feststellen, dass die Mission in höchstem Maße unorthodox Beendet wurde.“

„Aber sie wurde beendet.“, sagte Cal und schluckte, als er diese braunen Augen sah, die sich genau in seine Seele brannten. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es nun weitaus besser wäre, die Klappe zu halten.

Picard holte erneut Luft, tippte auf sein PADD ein und ließ den folgenden Satz mehr oder weniger wie ein Todesurteil klingen.

„Es tut mir sehr leid, Captain.“, sprachs und warf einen Blick auf seine Unterlagen, „Ich hätte es Ihnen gerne erspart.“

Der Kommandant der Dragonfly war sich sicher, dass man ihn in diesem Moment erbleichen sehen würde, ehe er sich räusperte und den ihm vorgesetzten Captain der Enterprise ansah.
 

Verdammt – wenn Captain Picard, Kommandant der Enterprise, meinte, dass seine Leistungen nicht ausreichten, dann reichten sie nicht aus. Dies war so sicher, wie der Gebetsabschluss im Gotteshaus.
 

„Ich verstehe“, nickte der Mann, der sich bald vermutlich „Ex-Kommandant der Dragonfly “ nennen durfte, und beschloss, Agatha zu bitten, ihn wenigstens als Zivilist mitzunehmen. Gerade, als er sich an seine (vermutlich ebenfalls bald ehemalige) XO wenden wollte, räusperte sich Picard und schaute ihn an: „Es tut mir leid, Captain Cat, aber ich muss definitiv sagen, dass Sie trotz ihres sehr jungen Alters keine andere Wahl haben, als weiterhin diesen Posten auszuüben.“
 

Cal erstarrte.

Meinte Picard das ernst?

Natürlich – immerhin war er Jean Luc Picard, Kommandant der USS Enterprise, und wenn der meinte, dass seine Leistungen ausreichten, würden sie ja wohl ausreichen. Er blinzelte den Captain an, merkte, wie sämtliche Anspannung von ihm wich und er konnte sich selbst nur fragen hören: „Und was meinten Sie gerade mit ‚Sie hätten es mir gerne erspart?’“

Der dienstältere Captain schaute seinen jüngeren Kollegen ernst an, legte ihm eine Hand auf die Schulter und holte tief Luft: „Sie sind jung, Cat. Ich hätte es beruhigender gefunden, wenn Sie ihre Jugend noch genießen könnten – rausgehen und Fehler machen. Das ist nur allzu menschlich. Ich bin sicher, irgendwann hätten sie einen guten Captain abgegeben, aber bevor Sie Captain werden, müssten Sie erst einmal Mensch werden.“

„Aber, Sir“, setzte Cal an und schaute dann zu seinen Freunden herüber: „Ich bin Mensch – ich habe Freunde, ich bin…“

„Mensch sein und Mensch bleiben, das sind zwei unterschiedliche Dinge, Cat. Merken Sie sich eines: Wenn Sie den Posten des Captains inne haben, wird jeder Fehler, den Sie machen, genau überprüft, wird jede Entscheidung, die Sie treffen, genau hinterfragt und wird – ich sage wird – es dazu kommen, dass Sie ihre Menschlichkeit mehr als nur einmal hinterfragen müssen. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede.“

Der Captain der Dragonfly holte Luft, schaute zu Picard und legte den Kopf schief: „Aber ich habe den Test bestanden, oder?“

„Ja – sie dürfen sich jetzt ganz offiziell „Captain“ nennen. Wie schon gesagt, die Lösung war sehr unorthodox, aber – interessant.“

Damit wandte sich Picard ab, verließ das Holodeck und wenige Stunden später, nach einem Festbankett, die Dragonfly .

Noch ahnte niemand, dass sich das Leben der Dragonfly -Crew in Bälde verändern würden.
 

„Computerlogbuch der USS Dragonfly , Sternzeit 56963.2.

Logbucheintrag erfolgt durch den amtierenden Kommandanten, Captain Calvin Nathan Cat.

Nachdem meine Crew und ich die Ränge, auf die wir vereidigt wurden, nicht mehr ehrenhalber, sondern ‚richtig’ bekleiden, wurde unsere Mission, eine merkwürdige Energiesignatur im Sternenbild der Jagdhunde zu lokalisieren, fortgesetzt. Die Mission hatten wir schon vor zwei Monaten angetreten, wurden dann aber zum Starfleet Headquarter zurückbeordert – anscheinend sollten wir unsere Prüfungen zum ‚richtigen’ Rang ablegen.

Wir befinden uns nun schon 5 Tage vor Ort, bisher hat sich nichts getan.“
 

Er öffnete die Augen.

„Wenn die, während ich k.o. war, nicht das Bad umdekoriert haben, glaube ich nicht, dass ich noch in Kansas bin.“, dachte er sich und schaute sich um.

Eine Höhle…

Er war in einer Höhle gelandet.

Einer Höhle mit sehr interessanten Zeichnungen.
 

Der Captain trat näher an die Höhlenwand heran, betrachtete eine Höhlenzeichnung, eines Mannes, der offenbar aus den Augen Laserstrahlen oder sowas abfeuerte – vollkommen absurd, aber – das Absurde gehörte ja zu seinem täglichen Brot.

„Nett hier – nur auf welchem Planeten ist das? Und warum bin ich hier?“

Er kam immer noch nicht über diese Höhlenmalereien hinweg.

„Na, da wird das archäologische Museum sich aber freuen. Daniel würde hier einen Freudenjauchzer ausstoßen und Jack das große Augenrollen anfangen.“, dachte sich Cal, als er sich umsah.
 

„Nem?“, rief er grinsend ins Dunkel der Höhle, „Nem, bist du hier?“

Der Ausserirdische hatte Daniel Jackson seinerzeit mal entführt und verlangt, das er das Schicksal der Liebsten des Alien enthüllte. Diese war bei einem Kampf gegen den babylonischen König Belus getötet worden.

„Nem, das ist nicht witzig.“, sagte Cal, „Bring mich wieder zurück. Ich kann dir nicht ‚enthüllen Schicksal Omorocca. Du weißt es schon.“
 

Und plötzlich stand SIE im Raum.

Cal merkte, wie sein Mund trocken wurde – er hatte ja mit allem Möglichen gerechnet, aber nicht mit dieser Frau.

Sie mochte so um die eins achtundsechzig groß sein – somit ein wenig kleiner als er – hatte lange, dunkle Haare und große, braune Augen. Die leichte Mandelförmigkeit selbiger verriet ihre asiatische Herkunft.

Die junge Frau war – schön. Eindeutig schön.
 

Der Captain hob seine linke Hand an, spreizte Mittel- und Ringfinger voneinander ab und rezitierte das Motto, das er bei Treffen mit Einheimischen immer von sich gab.

„Leben Sie lange und in Frieden.“
 

Gut – das mochte jetzt bei einem gewaltbereiten Wilden vom Typ Cromaggnon, der gerade mit dem Speer auf einen zielt, nicht gerade der Probateste aller Sätze sein und er hatte Cal des Öfteren schon in Schwierigkeiten gebracht, aber – der Mann ließ sich nicht ändern.
 

Die schöne Frau betrachtete ihn kurz, lächelte dann ein schönes und wildes Lächeln und antwortete, in dem sie ihre rechte Hand zur Faust ballte und nach vorne streckte.

Ein grelloranger Blitz schoss aus der Faust auf seinen Kopf zu – riss ihn nach hinten und schleuderte ihn gegen die Wand, die gerade so schöne, kostbare Höhlenverzierungen hatte.

„AU.“, schoss es ihm durch den Kopf, „Mein Rücken – das wird sicher schmerzhaft.“
 

Er rutschte an der Wand herunter, noch bei Bewusstsein und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen.

„Immer noch nicht genug?“, fragte sie ihn – die Schöne konnte sprechen und hatte eine sehr angenehme Stimme.

Cal lächelte ein wenig schmerzverzerrt: „Glaub mir, ich wäre lieber liegen geblieben. Aber irgendwas sagt mir, dass ich mich mit dir noch was länger beschäftigen werde.“

„Viel Spaß.“, meinte sie lakonisch, wirbelte um die eigene Achse und verpasste Cal einen Tritt gegen den Brustkorb.
 

Wieder taumelte der Captain zu Boden, keuchte und hielt sich den Oberkörper.

„Hat Dir deine Mama nicht beigebracht, dass man Fremde Leute nicht einfach so treten soll?“, fragte er und rappelte sich wieder hoch.

„Conard!“*, antwortete sie und Cal legte den Kopf schief: „Ah, parlez-vous francais?“**

Die Frau lächelte: „Ich BIN Französin!“

„Na dann – das erklärt natürlich alles.“, grinste Cal und schaute sie an, „Nämlich nix. Also, die Eine-Millionen-Euro-Quizfrage. Wo bin ich hier, wie bin ich hierhergekommen, und was mache ich hier? Und als Zusatzfrage: Warum werde ich das Gefühl nicht los, das Sie mir helfen können?“
 

So schnell, wie sie bei ihm war, hätte er nicht gedacht, das sie sein könnte.

Und das bereute er nun. Sie war flink, sie war wendig, sie war tödlich.

Ob sie ihre Tage hatte?
 

„Tu es bête, americain!“***, sagte sie und schlug nach ihm, traf seinen Magen und verursachte so, ein Geräusch, das nach dem Namen „Ulf“ klang.

Er schaute sie an: „Je suis allemand!“****

„C’est kif-kif.“*****, lächelte sie und trat nach seinem Kinn.

Der Kopf des Captains wurde nach hinten gerissen, er taumelte zu Boden, sah kurz sterne und schüttelte dann den Kopf:

„Mädel, ich schlag keine Frauen, aber Du wärest die Erste, bei der ich meine Vorsätze über den Haufen werfe.“

Erneut lächelte sie ein wildes Lächeln, ehe sie etwas rief – er vermutete, es war Latein – und die Hand nach ihm ausstreckte.

Er merkte, wie er in die Luft gehoben wurde und wie er gleichzeitig Probleme hatte, des Menschen liebster, wenn auch quasi unbesungenster Tätigkeit, dem Aeroben, dem Atmen, nachzukommen.

„Was... was tust du da?“, fragte er und sah, wie viele bunte Punkte sein Sichtfeld verpixelten.

„Dich töten.“, lächelte sie, „Mon amour, ich wünsche dir eine schöne Reise ins Jenseits.“

Damit fielen des Captains Augen zu und es wurde endgültig dunkel um ihn.

Das enervierend laute Klaxon ließ ihn erwachen.

Schnell blickte er sich um, versuchte, sich daran zu erinnern, wo und wann er war und fuhr sich dann über den Hals. Ja – er erinnerte sich an diese Situation und sie war ihm nicht unbedingt angenehm in Erinnerung. Damals war er noch mit dem SG-Team unterwegs gewesen und durch einen Zauber von drei Hexen in Smallville gelandet, wo er sein Gedächtnis verloren hatte. Kurz stockte er, dachte darüber noch einmal nach und stellte fest, dass dies, wenn man es komplett wertefrei und nüchtern rekapitulierte, nach einem sehr verrückten Fiebertraum klang.

Erneut atmete er durch, stand auf, zog sich an und eilte auf die Brücke.
 

„Bericht.“

„Ein unbekanntes Raumschiff ist soeben in den Normalraum übergegangen.“, berichtete sein erster Offizier, Commander Agatha Silverbird.

Cal sah sie an: „Wie, einfach so?“

„Japp, plötzlich war es da.“

Der Captain drehte sich zu seinem taktischen Offizier, Commander Jill Menacer um: „Und, was sagt unsere Freund-Feind-Kennung?“

„Sie sagt Unbekanntes Schiff.“

„Toll, Alarmstufe Gelb.“

„Sie rufen uns.“

„Bin gespannt“, sagte Cal, „Auf den Schirm.“
 

Jill tat wie ihr geheißen und auf dem Bildschirm erschien eine humanoid-wirkende Frau. Da diese Frau auch recht attraktiv war, verursachte sie zwei Reaktionen. Die Männer sahen sie kollektiv wie hypnotisiert an, die Frauen verfielen in ein synchrones Augenrollen.

„Ich bin Natasi Godefrey!“, erklang eine angenehm modulierte Frauenstimme aus dem Äther und Cal brauchte ein, bis zwei Sekunden, um sich richtig zu fangen.

„Captain Calvin Cat, Föderationsraumschiff Dragonfly .“, stellte er sich vor und schaute die Frau an, „Uns was möchten Sie in diesem Sektor, Miss Godefrey?“

„Es gab ein kleines Problem mit unserem Antrieb. Könnten Sie uns helfen?“, fragte Natasi und Cal zuckte mit den Schultern.

„Jeden Tag eine gute Tat.“, rezitierte er das Pfadfindermotto und schaute zu Scotty Middlegate, dem Chefingenieur, der nickte.

„Das müsste zu machen sein, Captain.“, evaluierte er die Situation noch und Cal nickte zustimmend: „Dann mach mal.“
 

Der Captain ging zum brückeneigenen Replikator und bestellte sich eine Cola, eiskalt, ehe er sich auf seinen Kommandosessel niedersinken ließ, die Cola trank und PADDs durchlas.

Er hatte die hübsche Frau auf dem Bildschirm beinahe vergessen - beinahe.

Irgendwann blickte er hinter dem PADD hervor und sah, dass sie genau ihn anstarrte.

„Miss Godefrey, habe ich etwas im Gesicht?“, fragte Cal unsicher und schaute zu Agatha, „Gathy, da ist doch nichts, oder?“

Agatha schüttelte den Kopf und neigte sich zu Cal.

„Ich glaube“, flüsterte sie, schelmisch grinsend, „dass Du eine Anziehungskraft auf diese etwas ältere Frau ausübst.“

Cal runzelte die Stirn und flüsterte zurück: „Mir würde es reichen, wenn ich auf Dich Anziehungskraft ausübte. Nichts gegen Natasi, ich meine, sie ist hübsch, attraktiv, man kann sogar sagen, verdammt sexy - aber, meine liebe Agatha, ich hab mich nunmal in dich verguckt.“
 

Die Liebelei zwischen dem Captain und dem ersten Offizier - oder besser gesagt, die immer wieder angestrebte Liebelei zwischen Captain und erstem Offizier - war schiffsweiter Klatsch, und obwohl Cal es in den ersten Wochen versucht hatte, zu unterbinden, hatte er in den folgenden Wochen die Segel gestrichen und für sich beschlossen, zu akzeptieren, dass sein Schiff mit Klatschonkeln und Klatschtanten besetzt war.

Wobei eine gewisse Portion Klatsch ja auch ihn interessierte - solange sie nicht ihn persönlich betraf.
 

„Captain, ich erbitte genaue Positionsangabe.“, riss ihn Natasis Stimme in die Gegenwart zurück und Cals Kopf ruckte hoch und sein Blick fokussierte sich auf das hübsche Gesicht der Blonden auf dem Bildschirm.

„Positionsangabe?“, fragte er etwas unintelligent wirkend zurück, und Agatha schüttelte nur den Kopf.

So war Cal einfach, da konnte man nichts dran tun.

Und wenn sie ehrlich war - wollte sie auch nichts dran ändern.

Natasi kicherte, ein Ton, der sich über die gesamte Brücke fortzupflanzen schien und von den Wänden widerzuhallen.
 

Wenn Cal nicht so in Gedanken versunken wäre, Scotty und Alexander nicht so sehr damit beschäftigt gewesen wären, mit den Augen der hübschen Blonden an den Lippen und anderen, noch gut sichtbaren, aber züchtig bedeckten Körperteilen zu kleben, und wenn die Frauen nicht zu sehr damit beschäftigt gewesen wären, den Männern des Stabes immer wieder in die Seite zu piksen, damit sie sich nicht komplett zum Vollprimaten machten, wäre ihnen die Konsole OPS aufgefallen.

Nicht, dass diese Konsole etwas Besonderes gewesen wäre, sie stand schon seit Bau des Brückenmodules genau an der Stelle, aber, es wäre ihnen aufgefallen, dass sie blinkte und flackerte.

Und plötzlich zuckte ein Blitz von der Konsole in die Deckenbeleuchtung.
 

Cal fuhr herum, war auf den Beinen und im Nu bei der Konsole, genauso wie Scotty, der sie mit gezogenem Tricorder fachmännisch untersuchte - also die Konsole.

„Und, Scotty? Bericht?“

„Naja, eine Spannungsspitze hat einen Lichtbogen erzeugt, der in die Lampe eingeschlagen ist.“, erklärte Scotty und Cal runzelte die Stirn: „Das passiert doch nicht einfach so. Hier ist doch irgendwas oberfaul!“

Er schnippte mit dem Finger, deutete auf Jill und nickte dann der Konsole der taktischen Offizierin zu.

Diese verstand den Befehl und begann, nachzuprüfen, ob vielleicht irgendwelche Viren durch die Kommunikation mit Natasi Godefrey auf die Dragonfly gespielt wurden.

Doch Jill sollte nicht dazu kommen, ihren Fund mitzuteilen.

Plötzlich zuckten Blitze aus der Konsole der jungen Frau in ihre Hände, wodurch die taktische Offizierin in ein konvulsives Zucken verfiel.

Scotty war schnell bei ihr und riss sie von der Konsole fort.

„JILL!“, schrie er, doch die Augen des Mädchens rollten nach oben und sie erschlaffte.

„JILL!“, schrie nun auch Cal, doch Scotty tastete schnell nach ihrem Puls und winkte beruhigend ab: „Sie lebt noch. Allerdings ist sie bewusstlos. Ich bringe sie auf die Krankenstation.“

Der Captain nickte den Vorschlag ab, Scotty hob die bewusstlose Frau auf seine Arme und verließ dann mit ihr die Brücke.
 

Cal ging zu seinem Platz und warf einen Blick zu Agatha, dann zu Alex.

„Lieutenant, einen Kurs, der uns von hier wegbringt.“, befahl er, doch Alex reagierte nicht.

Das heißt, Alex reagierte schon - das Steuer tat es jedoch nicht.

„Wir sitzen fest.“, stellte der Navigator fest und in seiner Stimme schwang Panik mit.

Cal wandte sich an Agatha: „Okay, was nun?“

„Nun, wir könnten…“, setzte Agatha an - doch weiter kam sie nicht.
 

In diesem Moment passierten drei dinge.

Erstens verschwand Natasi Godefrey vom Bildschirm, zweitens erschien sie auf der Brücke der Dragonfly und drittens registrierte Cal den Eindringling und zog seinen Phaser.

Dann löste sich ein Schuss.

Natasis Waffe, die sie in ihrer Hand hatte, spie einen grünen Lichtstrahl vom Emitter zu Cals Brust, wo er einschlug und sich dort wellenartig über den gesamten Körper des Captains ausbreitete.

Das ganze Schauspiel dauerte maximal 3 Sekunden, Zeit genug für Agatha ein entsetztes „Cal!“ zu schreien, Zeit genug für Cal einen überraschten Laut von sich zu geben, der zwischen Keuchen und Stöhnen anzusiedeln ist - und drei Sekunden waren ausreichend Zeit für Natasi Godefrey wieder von der Brücke zu verschwinden.
 

Die Beine des Captains knickten ein, der Phaser fiel zu Boden und Agatha fing ihren Freund auf, bevor er zu Boden stürzen, und sich noch mehr verletzen konnte.

„Cal!“, schrie Agatha noch mal und tastete nach seinem Puls.

Dieser war zwar noch da, aber er raste wie ein ICE, wenn gerade freie Strecke vor selbigem liegt, und die GDL nicht streikt.

Cals vor Schreck aufgerissene Augen schlossen sich langsam, während er versuchte, seinen Blick zu fokussieren.

Doch, er schloss die Augen und sein Puls wurde wieder normaler.

In diesem Moment piepste die taktische Konsole - was genau sie sagen wollte, erfuhr man erst eine Zeitlang später - und das fremde Schiff sandte einen grünen Strahl auf die Dragonfly der die Schilde durchbrach und das gesamte Schiff lahmlegte. Die Computer, die Lebenserhaltung - und die Besatzung.

Das Letzte, das Cal fühlte, war, wie Agatha - es musste einfach Agatha sein, dieses Apfelshampoo benutzte sonst niemand - neben ihm zu Boden sank und mit dem Kopf auf seinem Bauch landete.

Dann war da nur noch Dunkelheit.



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