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Second World

pRussia - Wenn du nicht mehr weißt, welche Welt die wahre ist.
von

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Zwei Menschen

Gilbert legte den Lappen zur Seite, mit dem er sich seine schmutzigen Hände abgewischt hatte. Grinsend betrachtete er seine getane Arbeit.

Dieses Auto war einfach großartig, na gut, er selber hätte diesen seltsamen ‚I am the Hero‘ Schriftzug weggelassen, aber vom Wagen her war dieses Fahrzeug 1A. Eines der neuesten Modelle von einer top Marke und soweit getuned wie es die Gesetze erlaubten. Es war ein hammer Gefühl darin zu sitzen und zu fahren, auch wenn es nur die 10m vom Hof bis in die Werkstatt waren. Der Besitzer, ein gewisser Mr. Jones, er bestand darauf mir ‚Mr.‘ Und nicht mit ‚Herr‘ angesprochen zu werden, brachte ihn öfters her, meistens um Kleinigkeiten zu reparieren oder auszubessern. Der Kerl war zwar irgendwie seltsam und vor allem laut, aber dennoch fand Gilbert ihn lustig. Im Gegenzug zu seinem Chef, Ivan Braginsky, er hasste ihn, musste aber trotzdem höflich sein, immerhin war er ein guter Kunde. Die Frage, die Gilbert sich immer wieder stellte, wenn er Mr. Jones Wagen in den Hof fahren sah, war: warum kam er immer wieder? Er war offensichtlich, dass er seinen Chef genauso wenig leiden konnte, wie dieser ihn. Wahrscheinlich wollte er einfach nur mit seinem tollen Wagen angeben.

Letzten Endes war es Gilbert aber auch egal, er machte einfach seine Arbeit, so wie er es auch dieses Mal getan hatte und nun war er auf dem Weg zu Ivans Büro.

„Hey, du Saufkopf, ich bin mit dem Auto von Mr. Jones fertig.“

Grinsend sah er in das genervte Gesicht seines Chefs und wusste, dass er nicht wegen der scherzhaft gemeinten Beleidigung so drauf war sondern einzig und allein wegen der Erwähnung dieses Namens. „Zieh doch nicht so ein Gesicht, das gibt nur hässliche Falten“ meinte er und zog Ivans Mundwinkel mit zwei Fingern nach oben. Doch dieser schlug die Hand weg, zog ihn stattdessen an den Haaren zu sich und drückte ihm verlangend seine Lippen auf. Gilbert erwiderte den Kuss und als sie sich voneinander lösten lag immer noch ein breites Lächeln in seinem Gesicht. „Wenn du schlechte Laune hast kannst du ja richtig verlangend sein… Das gefällt mir.“ Er kicherte leise, sah das gierige Funkeln in Ivans Augen.

Ivan, der größer und auch etwas älter war als er selber, stand nun von seinem Stuhl auf, die Hand noch immer in seinem Haar und den Blick auf seinen Schreibtisch gerichtet, in der Überlegung ob die Papiere die darauf lagen wichtig waren oder ob er sie einfach zur Seite schieben konnte, damit ein gut gebauter Körper anstelle dessen darauf Platz finden konnte. Doch bevor er diese Tat umsetzen konnte hatte sich Gilbert aus seinem Griff befreit und war außer Reichweite getreten. Er lachte. „So sehr es mich auch reizt, aber nein! Ich hol mir jetzt ‘nen Kaffee, willst du auch einen?“

Ivan schien im ersten Moment überrascht, dann schüttelte er anscheinend leicht beleidigt den Kopf.

„Ich will keinen.“

Ich will dich.

Das waren die unausgesprochenen Worte, die Gilberts Grinsen nur noch breiter werden ließen. „Vielleicht später.“ Meinte er und ging dann wieder aus dem Büro und aus dem Gebäude um sich 100m weiter beim Bäcker einen Kaffee zu holen.
 

Ivan Braginsky konnte manchmal ein richtiger Kindskopf sein. Im Allgemeinen war er vielseitig, er konnte kindisch sein, aber auch todernst, er konnte total selbstlos und wann anders total egoistisch sein, meistens war er höflich, aber er konnte auch gemein werden. Er konnte richtig gruselig sein, auch wenn er fast immer ein Lächeln im Gesicht hatte. Er war groß, mit 26 zwei Jahre älter als Gilbert und seit 2 ½ Jahren gehörte ihm die Autowerksatt ‚Drive Drive Repairs‘, die er von seinem Vater übernommen hatte als dieser gestorben war. Seine Eltern kamen aus der ehemaligen Sowjet Union, sie waren aber nach deren Auflösung mit ihren drei Kindern nach Deutschland gekommen. Russisch sprach Ivan nicht, höchstens ein paar Standartwörter, die fast jeder kannte, wie ‚Ja‘, ‚Nein‘ und ‚Hallo‘. Seine beiden Schwestern, so empfand zumindest Gilbert, waren beide ein wenig seltsam; Katerina, die chronisch pleite war, wofür zur Hölle gab diese Frau so viel Geld aus? Und Natascha mit ihren Bruderkomplex, sie konnte auch richtig unheimlich werden. Soweit Gilbert mitbekommen hatte war sie schon des Öfteren wegen Handgreiflichkeiten verhaftet worden, sie hatte mehrere Personen mit einem Messer bedroht und angegriffen. Eine kleine Narbe zierte dank ihr auch Gilberts Oberarm. Aber attraktiv waren sie, beide, das musste wohl in der Familie liegen. Die Eltern hatte Gilbert zwar nicht mehr kennenlernen können, aber Ivan hatte ihm mal Fotos gezeigt.

Er hatte vor einem Jahr bei Ivan angefangen, er hatte dringend Geld gebraucht, weil sein Bruder ihn aus der Wohnung geschmissen hatte. Angeblich weil er zu unordentlich war und Ludwig immer hinter ihm her putzen musste. Aber Gilbert war sich sicher, dass er andere Gründe hatte, wie zum Beispiel die Kleine aus Italien: Felicia, eine süße kleine Brünette, die es seinem Bruder wohl richtig angetan hatte. Auf jeden Fall musste er sich eine eigene kleine Wohnung suchen und hatte den Job in der Werkstatt angenommen. Anfangs hatte er ein paar Schwierigkeiten mit Ivan gehabt, er war halt ein temperamentvoller Mensch und hatte Schwierigkeiten damit seine Klappe zu halten. Er war übertrieben eingebildet, egoistisch, rüpelhaft, aber er konnte auch hilfsbereit und nett sein, wenn er es denn wollte. Sie hatten sich oft in die Haare gekriegt und Gilbert wusste nicht mehr wie oft Ivan ihm gedroht hatte ihn zu kündigen, aber er hatte es nie getan, irgendwie hatten sie doch gegenseitig Gefallen aneinander gefunden. Seit einem halben Jahr waren sie nun zusammen.
 

Gähnend stand er beim Becker an der Theke und besah sich das Angebot, bestellte am Ende aber doch nur einen Kaffee.

Er hatte schlecht geschlafen die letzte Nacht, er hatte seltsam geträumt.

Er war gerannt, die ganze Zeit. Er wusste aber nicht warum. War er vor etwas weggelaufen? Musste er schnell an einem Ort sein? Er wusste auch nicht wo er gewesen war, seine Umgebung war seltsam verzehrt gewesen, er hatte nichts erkennen können.

Irgendwann noch mitten in der Nacht war er aufgewacht und hatte sich total erschöpft gefühlt, so als ob er wirklich gerannt wäre. Er hatte versucht wieder einzuschlafen, hatte sich unzählige Male in seinem Bett rumgerollt, doch der Traum wollte ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen und er fiel lediglich in einen leichten Dämmerschlaf.

Am nächsten Morgen war er dementsprechend müde gewesen, sowie jetzt immer noch und hatte sich schon auf dem Weg zur Arbeit zwei Becher des koffeinhaltigen Getränks gegönnt.
 

Zurück an seinem Arbeitsplatz sah er wie Ivan mit einem aufgesetzten Lächeln Mr. Jones zu seinem Auto führte.

Er blieb stehen, trank seinen Kaffee, er würde warten bis dieser aufgedrehte Kerl weg war, es war nicht sonderlich lustig in ihre Streitgespräche hineinzugeraten. Jeder wollte ihn von seiner Meinung überzeugen und keinem durfte er widersprechen, dem einen nicht weil er ein guter Kunde war, dem anderen nicht weil er sein Chef und Partner war. Die beiden redeten miteinander, aber Gilbert verstand nicht worüber, das einzige was ab und zu bei ihm ankam war das Lachen von Mr. Jones. Eine kleine Weile später saß dieser in seinem Wagen und fuhr langsam vom Hof, von lauter Musik begleitet lehnte er sich aus dem offenem Fenster und winkte Gilbert überschwänglich zu. „See ya next time, Dude.“ Und dann war er weg.

Gilbert ging das letzte Stück und begrüßte Ivan gut gelaunt mit einem „Hey Dude!“ Er wusste, dass er seinen Freund damit nur reizte, doch konnte er es einfach nicht lassen ihn zu ärgern. Den giftigen Blick ignorierend trank er seinen Becher leer, schmiss diesen weg und sammelte sein Werkzeug ein um sich wieder seiner Arbeit zu widmen.

Ivan schien ihn stumm beobachtet zu haben, aber nach einer Weile schlangen sich zwei Arme um seine Brust und er zuckte kurz zusammen, lehnte sich dann an den größeren Mann hinter ihm. Er hatte eigentlich gedacht, dass er wieder in sein Büro gegangen war um irgendwelchen Papierkram zu erledigen. „Kommst du heute wieder mit zu mir?“ Der gebürtige Russe flüsterte in sein Ohr und Gilbert lief ein heißkalter Schauer über den Rücken als er die raue Stimme und den warmen Atem wahrnahm. „Liebend gerne doch.“ Er drehte den Kopf ein bisschen um in die Augen seines Freundes sehen zu können. „Ich hol nur noch ein paar Sachen von zu Hause, dann kann ich gleich ‘n paar Tage länger bleiben.“

Ivan strahlte richtig als er die Worte hörte, er war ein Mensch, der es hasste alleine zu sein. Gilbert war da anders, er war gerne auch mal alleine, dann konnte er die Ruhe genießen, die sein aufgedrehtes Wesen ihm und anderen Menschen sonst nicht gönnte, aber das hieß natürlich nicht, dass er keine Gesellschaft mochte, im Gegenteil, er liebte es Aufmerksamkeit zu bekommen, vor anderen anzugeben, Spaß mit Freunden haben oder es sich einfach in den Armen seines Freundes gut gehen zu lassen. Eben dieser ließ ihn nun wieder aus der Umarmung frei, wuschelte ihm durch die Haare und verabschiedete sich wieder in sein Büro.

Gähnend wand sich Gilbert wieder dem Auto zu, das sollte er noch fertig bekommen vor Feierabend, dann würde Ivan ihn nach Hause fahren, er würde sich eine kleine Tasche packen und dann würden sie sich einen gemütlichen Abend machen, etwas essen und irgendwann würden sie schlafen gehen in Ivans großem, kuscheligem Bett.

Ein Bett, das klang jetzt verlockend.
 

Er rannte.

Er rannte durch einen Wald, in der Ferne hörte er Schüsse und Schreie und über den Baumkronen sah er Rauch aufsteigen.

Er musste weg, schnell, so schnell er konnte rannte er durch den Wald.

Er hörte Schritte hinter sich, schnelle, schwere Schritte, die ihn verfolgten.

Und von diesem Verfolger ging Gefahr aus, das spürte er.

Er wusste nicht, wie lange oder wie weit er gerannt war als ihn plötzlich etwas Hartes in den Kniekehlen traf, seine Beine einknickten und er der Länge nach auf dem dreckigen Waldboden landete.

„Endlich hab ich dich.“ Die Stimme klang bekannt und gleichzeitig so fremd. Er wollte sich wieder aufrichten, doch ein Knie in seinem Rücken und eine Hand, die seinen Kopf in den Matsch drückte, verhinderten dies. „Ich hab doch gesagt, du kannst nicht ewig weglaufen, irgendwann bekomm ich dich, ich bekomm sie alle.“ Ein dunkles Kichern war zu hören und jagte dem am Boden liegenden einen kalten Schauer über den Rücken. Sein Kopf war minimal zur Seite gedreht, so dass er nicht auf seiner Nase lag, aber aus dem Augenwinkel konnte er nicht erkennen, wer da über ihm kniete, er sah nur eine metallene Stange ein Stück neben seinem Kopf. „Las mich!“ Seine Stimme klang heißer, wahrscheinlich vom vielen laufen. Langsam versuchte er seinen Arm zu strecken, vielleicht konnte er die Stange erreichen, was ihm das nützen sollte wusste er nicht, Hauptsache irgendwas versuchen. Dieser Versuch wurde allerdings sofort mit einem Schlag auf die Schulter und einem schmerzhaften Ruck an seinen Haaren unterbunden. „Na na na, versuch nicht dich zu wehren, so machst du es dir nicht leichter.“ Leise und unheilvoll hörte er die Stimme dicht neben seinem Ohr. Es fühlte sich an als wolle der Mann hinter ihm ihm die Haare vom Kopf reißen, gequält hielt Gilbert die Augen geschlossen und gab ein paar schmerzerfüllte Laute von sich. „Ah, verdammt, lass los! W-was willst du von mir?“ Er hörte ein kurzes Gluckern, es sollte wohl ein Lachen sein, dann verschwand das Gewicht von seinem Rücken und er wurde mit einem Ruck herumgedreht. Nun konnte er in das Gesicht seines Angreifers sehen, in seine Augen.

„Was ich will?“ Wieder dieses dunkle Kichern. „Dich! Ich will dich! Und nun habe ich dich. Endlich.“

Gilbert wirkte wie paralysiert, starrte den Mann über ihm einfach nur an.

„Kommst du nun freiwillig mit oder muss ich dir erst wehtun?“ Die sanfte Stimmlage, das liebevolle Lächeln auf den Lippen, es wollte einfach nicht zu diesen Worten und den dunklen Schatten über den Augen passen. Es war unheimlich wie dieser große Mann so vor ihm stand, das Metallrohr drohend in der einen Hand, die andere Hand ausgestreckt um ihm aufzuhelfen. Es dauerte einen Moment bis Gilbert die Situation begriff, wobei er eigentlich überhaupt nichts begriff.

Die dargebotene Hand ignorierend stand Gilbert langsam auf, den Blick immer auf den anderen gerichtet. Es war gefährlich hier, er war gefährlich. Er würde es niemals zugeben, doch es machte ihm Angst, diese Worte, es verwirrte ihn, diese Augen, es beunruhigte ihm zutiefst. Er wusste nicht, was er tun sollte, nicht, dass er viele Auswahlmöglichkeiten gehabt hätte. Er könnte die Hand des Mannes greifen, der ihm so bekannt vorkam, dass es die ganze Situation unrealistisch wirken lies. Aber das Gefühl der Angst, sein rasendes Herz bezeugten davon, dass das hier sehr wohl real war. Und so konnte er nicht anders handeln als seinem Instinkt zu folgen, die Hand, die gerade nach ihm greifen wollte wegzuschlagen, sich umzudrehen und zu rennen. Einfach rennen, um so schnell wie möglich so weit weg zu kommen wie möglich.

Doch daraus wurde nichts, nach ein paar wenigen Metern schon jagte ein starker Schmerz durch seinen Körper und er ging erneut laut aufschreiend zu Boden. „Du entkommst mir nicht mehr. Du gehörst jetzt mir!“ Wieder das Kichern, kurz darauf ein Schlag. „Früher oder später wirst du das schon einsehen.“ Noch einmal holte er aus und das Rohr traf ihn an der Schulter. Er schrie, versuchte sich vor dem nächsten Schlag wegzudrehen und lag nun wieder auf dem Rücken, sah entsetzt zu dem Anderem auf. „Hör auf!“ Sein Atem ging schnell, gehetzt. „Hör auf! B-bitte Ivan.“

Ein neugieriges Funkeln hatte sich in die Augen des Größeren geschlichen. „Ivan hm?“ Er ließ das Rohr sinken, kniete sich über ihn und legte eine Hand auf seine Wange. „Ist das der Name den du mir geben willst, Pru-chan?“

Aus Gewohnheit lehnte er sich der Berührung entgegen, aber Ivans sonst so warme Hand war nun eiskalt. Es verwirrte ihn alles so dermaßen, die ganze Situation. Warum griff Ivan ihn an? Was sollte dieser seltsame Name? ‚Pru-chan‘. Warum reagierte er so seltsam auf seinen eigenen Namen?

Oder war das hier gar nicht Ivan?

Doch, er musste es sein. Er sah genauso aus und seine Stimme klang auch genauso wie immer, nur betonte er die Wörter ein wenig merkwürdig und rollte das ‚R‘ mehr als normal. Aber er musste es sein, diese Augen gab es nur einmal, Gilbert würde sie überall wieder erkennen, auch wenn der dunkle Schatten, der nun über ihnen lag sie bedrohlich wirken ließ.

„Was ist los? Was ist mit dir? Was-“ Die Hand von seiner Wange hatte sich über seinen Mund geschoben, ein Zeichen dafür, dass er still sein sollte. „Ruhig, ganz ruhig.“ Als würde er mit einem verschreckten Tier oder kleinem Kind reden. „Es ist alles in Ordnung, jetzt da du endlich mir gehörst.“

Gilbert wollte den Kopf schütteln, er wollte etwas sagen, wollte fragen was für ein Mist Ivan da von sich gab, was hier los war, wo sie waren. Doch Ivan hielt seinen Kopf fest, ließ nicht zu, dass er verständliche Wörter hervorbrachte. Mit der anderen Hand, das Rohr hatte er mittlerweile zur Seite gelegt, strich er behutsam durch seine hellen Haare. „Ich kann verstehen, dass du aufgebracht bist, Pru-chan, immerhin hast du verloren, aber du wirst schon noch einsehen, dass es dir besser tut wenn du dich nicht gegen mich zur Wehr zu setzt.“

Wollte Ivan ihm etwa Angst machen? Beunruhigen tat ihn das Ganze, das metallene Rohr neben ihnen sprach für sich, ebenso der Schmerz in seinem Rücken und seiner Schulter, aber einschüchtern ließ er sich nicht so einfach und gefallen tat ihm das schon drei Mal nicht. Was auch immer Ivan damit bezwecken wollte, er würde nicht einfach so mitspielen und klein bei geben. Genervt riss er die Hand von seinem Mund weg, zischte den Größeren an. „Ich habe keine Ahnung was los ist oder was du vorhast, aber ich mach da nicht mit. Also geh endlich von mir runter und erklär mir den ganzen Schwachsinn hier.“

Für eine Millisekunde bereute er es Ivan so angefaucht zu haben, als er das bedrohliche Funkeln in seinen Augen wahrnahm, doch die Hand, die vorher noch durch seine Haare gewuschelt hatte und ihn nun mit einem schmerzhaften Griff ein Stück vom Boden weg nach oben zog verscheuchte das Gefühl von Reue sofort wieder. Einen Gilbert Beilschmidt behandelte man nicht so.

„Du nimmst dir ganz schön viel raus, Pru-chan. Es wird mir eine Freude sein dir Manieren beizubringen.“

Der kalte Klang seiner Stimme, das Funkeln in seinen Augen, seine Gesten, sie konnten noch so bedrohlich wirken, Gilbert war es egal, er ignorierte es einfach, er wollte das alles jetzt einfach nicht wahrnehmen. Mit dem einem Arm stütze er sich etwas am Boden ab, mit der anderen Hand versuchter er den Griff von Ivan in seinem Haar zu lösen. „Fick dich, Ivan. Lass mich endlich los.“

Ein breites Grinsen legte sich augenblicklich auf seine Lippen, dann wurden seine Haare losgelassen. Mit einem leisen Keuchen landete er wieder auf dem Boden, die Hände des Größeren nun auf seine Schultern gedrückt um ihn unten zu halten und sein Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem eigenen entfernt. Für ein paar Sekunden sahen sie sich in die Augen. Ivan hatte wundervolle Augen, ein bisschen hypnotisierend, in ihnen könnte er sich immer wieder verlieren.

Im nächsten Moment spürte er Lippen auf seinen.

Erschrocken schubste er ihn weg.

Es war nicht richtig ihn zu küssen, warum auch immer, aber er wusste es. Es fühlte sich einfach nicht richtig an.

„Gilbert? Was hast du?“

Verwirrt sah er zu seinem Freund, der leicht über ihm lehnte und ihn, soweit er erkannte in dem schwachen Licht im Zimmer, besorgt musterte.

Zwei Welten

Es soll verwirrend sein, vondemher bestätige ich keine Theorien xD (Problematisch wird es wenn ich mich selber hiermit verwirre Dx)

Was nicht heißt, dass ihr sie mir nicht schreiben dürft, ich freue mich über Kommentare und find es interessant, was ihr so denkt^^

Und danke für den Hinweis was Fehler angeht, ich geb mir Mühe Fehler jeder Art zu vermeiden...
 

Und warum sollte Gilbert nicht in einer Werkstatt arbeiten? Sogar Opa Rom singt, dass im Himmel die Deutschen Mechaniker sind xDD
 

Viel Spaß jetzt~

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Verwirrt sah Gilbert zu seinem Freund, der ihn besorgt in dem schwachen Licht musterte. Es dauerte eine Weile bis er realisiert hatte, dass er in Ivans Schlafzimmer war und nicht in irgendeinem Wald.

„Hab geträumt…“ murmelte er dann leise.

Ivan nickte, das hatte er sich wahrscheinlich schon gedacht. „Was hast du geträumt?“

Etwas musste er überlegen, Ivan war die Sorte Mensch, die meinten Träume hätten etwas zu bedeuten. „Einfach wirres Zeug.“ Antwortete er dann schließlich, er war in dem Punkt anders, er maß seinen Träumen nie viel Bedeutung zu, auch wenn ihn dieses Mal etwas beunruhigte, das würde sich schon wieder legen und er wollte nicht, dass Ivan sich Sorgen machte.

„Was genau?“ Das er aber auch nie etwas einfach auf sich beruhen lassen konnte. Diese Tatsache ließ ihn leicht grinsen.

„Vom Krieg.“ Ganz gelogen war das ja nicht, er hatte Schüsse und Schreie gehört, das Feuer gerochen und den Rauch über den Bäumen gesehen und irgendwie wusste er es einfach. „Aber mach die keine Sorgen, das lag bestimmt an dem Film, den ich gestern gesehen hab.“ Fügte er noch lachend hinzu und lehnte sich nach vorne um dem gebürtigen Russen einen Kuss auf den Mund zu geben.

„Lass uns weiter schlafen, ja?“ Er wollte nicht über diesen seltsamen Traum reden und hoffte, dass Ivan seine magere Antwort akzeptieren würde. Und das tat dieser anscheinend wirklich, so wie er ihn nun in eine Umarmung zog und sich an ihn kuschelte, ein leises „Schlaf gut.“ murmelte.
 

Als Gilbert am nächsten Morgen von Ivan geweckt wurde war er immer noch müde, wenig ausgeschlafen. Aber immerhin hatte er keine weiteren Träume gehabt.

Murrend richtete er sich auf, sah Ivan verschlafen an und würde sich am liebsten wieder in die Bettdecke kuscheln. Sein Freund dagegen war schon komplett angezogen und schien gute Laune zu haben.

„Nun komm schon, steh auf.“ Er hörte ein kurzes Lachen, dann wurde ihm die Decke weggezogen. Knurrend wollte er noch nach der Decke greifen, doch Ivan hatte sie schon außer Reichweite geschafft.

„Wenn du nicht aufstehst kommen wir beide zu spät.“ Ivan sprach ein wenig quengelig auf ihn ein. „Dein Chef wird böse, wenn du zu spät zur Arbeit erscheinst, Gilbert. Willst du, dass er dich bestraft?“ Demonstrativ blieb er liegen, murmelte „Soll er doch.“ und gähnte. Er hatte wirklich keine Lust aufzustehen.

Keine drei Sekunden später kniete Ivan über ihm, hielt ihn an den Handgelenken fest ins Lacken gedrückt. „Du hast es ja so gewollt.“

Der Kuss der darauf folgte war alles andere als liebevoll, dafür aber umso erregender.
 

Seufzend drehte Gilbert eine Schraube fest. Irgendwie war es frustrierend. Ein schwarzweißes Halstuch verdeckte ein paar Bisswunden an seinem Hals. Ivan hatte mal wieder gewonnen, auf seine grausame Art und Weise seinen Willen durchgesetzt. Er hatte ihn geküsst, gebissen und ihn auf andere herrlich gemeine Art gereizt. Er wusste einfach, was ihn erregte.

Und dann hatte er aufgehört. Er hatte einfach aufgehört, meinte er wolle nicht zu spät kommen und war aufgestanden.

Immerhin war er dann wach gewesen, also hatte Ivan erreicht was er wollte.

„Ich bekomme immer das was ich will.“

Erschrocken drehte Gilbert sich um, er hatte gedacht Ivan musste sich in seinem Büro um den Papierkram kümmern.

Verwirrt sah er sich in der Werkstatt um, hier war niemand. Seltsam, er war sich sicher eine Stimme gehört zu haben. Langsam stand er auf. „Hallo?“ Er ging ein wenig rum, sah hinter den herumstehenden Autos nach. „Ivan?“ Er versteckte sich mit Sicherheit hier irgendwo. „Du weißt, ich finde dich.“ Er sah hinter der Ecke nach, dann ging er langsam auf die Tür zu, die in den Gang führte, der zu Ivans Büro ging. „Komm raus.“ Ruckartig öffnete er die Tür, doch auch dort stand niemand.

Allmählich wurde er unsicher, ob er sich die Stimme nicht doch nur eingebildet hatte, so viele Orte zum Verstecken gab es hier nun auch wieder nicht. Zögerlich ging er durch den Gang, blieb dann vor der Bürotür aus Glas stehen. Sein Freund saß in irgendwelche Unterlagen vertieft an seinem Schreibtisch. Dann hatte er sich die Worte wohl wirklich nur eingebildet. Ein paar Augenblicke stand er einfach nur so da, beobachtete den anderen. Er wirkte ruhig und konzentriert, kein bisschen so, als hätte er sich gerade einen Scherz mit seinem Freund erlaubt. Wenn man ihn dort so sitzen sah, würde wohl niemand darauf schließen, wie grausam er sein konnte. Gilbert korrigierte sich in Gedanken selbst, Ivan war nie grausam, nur manchmal sehr sehr gemein.

Er las aufmerksam ein Dokument, schrieb dann ein paar Worte auf einen anderen Zettel und las dann wieder weiter. Schließlich legte Ivan die Blätter zur Seite, steckte sich kurz und dabei fiel sein Blick auf Gilbert, winkte ihn zu sich rein.

„Stehst du schon lange da?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin eben erst gekommen.“ Mindestens fünf Minuten war er dort gestanden.

Noch ein paar Schritte ging er näher, blieb dann vor dem Schreitisch stehen, was wollte er eigentlich hier? Aber Ivan schien es sowieso egal zu sein, ob er einen Grund hatte herzukommen, er fing einfach an zu plaudern.

„Herr Karpusi war vorhin hier. Er hat sich dafür bedankt, dass wir ihn nicht gehetzt haben und endlich bezahlt. Er ist schon irgendwie lustig, aber das Problem mit der Müdigkeit sollte er mal in den Griff bekommen, sonst baut er bald nochmal einen Unfall.“ Der Größere stand von seinem Stuhl auf und ging zu einem anderen Tisch. Von hinten sah Gilbert nur, dass er sich etwas in ein Glas schüttete, dann drehte er sich wieder zu ihm um.

„Pru-chan“

„Probier‘ mal.“

Gilbert sah ihn einige Augenblicke nur stumm an, nahm dann das Glas, das ihm hingehalten wurde. Für einen Moment hatte er gedacht Ivan würde etwas anderes sagen, das hatte ihn verwirrt.

Ohne zu fragen was es war exte er das bisschen Flüssigkeit runter, nur um in der nächsten Sekunde das Gesicht zu verziehen. „Boa, was ist das denn?“

Ivan lachte. „Das ist Ouzo.“ Ihm schien das verzerrte Gesicht seines Freundes zu gefallen. Ihm war schon klar gewesen, dass er das Zeug einfach runter kippen würde, ohne daran zu riechen oder so. „Von Herr Karpusi.“

„Das schmeckt ja grauenhaft, sogar schlimmer als das Gesöff was du immer trinkst.“

Ivan kicherte immer noch etwas, reichte ihm nun ein Glas Wasser, was auch einfach runter gekippt wurde und meinte schlicht: „Vodka ist kein ‚Gesöff‘, es ist eines der besten Spirituosen, die es gibt.“

Auf die Aussage hin gab es nur einen genervten Seufzer, das Thema hatten sie schon des Öfteren und nie waren sie sich einig geworden. Gilbert fand es gab kein besseres alkoholhaltiges Getränk als Bier und Ivan als gebürtiger Russe bevorzugte fast schon klischeehaft Vodka. Von dem her war das Thema mit einer wegwerfenden Handbewegung seitens Gilberts einfach beendet.

Wieder grinsend ging dieser nun zu seinem Freund, legte ihm die Arme um den Hals und gab ihm einen kurzen Kuss bevor er gegen seine Lippen murmelte: „Und du besäufst dich hier anstatt zu arbeiten? Verständlich, dass du es heute Morgen so eilig hattest hier her zu kommen.“ Kurz sah er ihn gespielt beleidigt an, doch fast sofort wurde er in einen etwas leidenschaftlicheren Kuss gezogen. „Ich wusste heute Morgen doch überhaupt nicht, dass Herr Karpusi vorbeikommt.“ Das war eine typische Ivan Braginsky Antwort, wie ein kleines Kind, das sich rechtfertigen wollte, die dieser zwischen zwei Küssen murmelte. „Aber was hälst du davon, wenn wir nachholen, wozu wir heute Morgen keine Zeit hatten?“

Gilbert lachte kurz, gab Ivan einen leichten Stoß, sodass sich dieser auf seinen Bürostuhl fallen ließ und stellte sich dann, die Arme in die Hüften gestemmt, vor ihn. „Und was, wenn ich jetzt nicht mehr will?“

Sie wussten beide, dass er sehr wohl wollte, nur ließ er nicht einfach so alles mit sich machen sobald dem Anderen danach war. Aber diese Tatsache ignorierte Ivan einfach und zog ihn noch zwei Schritte näher, legte die Arme um ihn und kuschelte sich mit seinem Kopf gegen den Bauch des Kleineren, während seine Hände wie nebenbei anfingen seinen Hintern zu kneten.

„Wer sagt denn, dass du gefragt wirst?“ Und mit einem Ruck saß er auf Ivans Schoß. Das konnte er so natürlich nicht hinnehmen und sofort versuchte er sich wegzuschieben, doch war Ivans Arm etwas nach oben gewandert, lag nun um seine Hüfte um ihn eng an dessen Körper zu pressen und ihn nicht weg zu lassen. „Lass mich los!“

„Nein~“ flötete Ivan als Antwort riss das Halstuch weg und verteilte leichte Küsse auf seinem Hals, die sich nach einer Weile in leichte Bisse und Saugen wandelten. Gilbert gab einen genießerischen Laut von sich, Ivan wusste nun mal wie er ihn um den Finger wickeln konnte, er wusste was er tun musste um ihn geil zu machen. Und so schmolz sein Widerstand recht schnell, als ob er sich je wirklich hätte wiedersetzen wollen. Aber untätig wollte er auch nicht bleiben und so landeten Ivans Hemd und sein T-Shirt auf dem Boden. Kurz darauf folgte auch Gilberts Hose und Boxer. Bei Ivan machte er sich nicht die Mühe die Hose komplett auszuziehen, diese wurde lediglich ein Stück nach unten gezogen.

„Ich will dich schreien hören.“

Der Deutsche löste sich aus einem Kuss, spürte die nackte Haut seines Freundes unter seinen Fingern, spürte das leichte erregte Zittern als die Hand tiefer wanderte. Diese Reaktion ließ ihn grinsen, er liebte es auch ein wenig Macht zu spüren.

Allerdings wurde ihm dies nicht lange gegönnt, denn schon spürte er Ivans Hand an seinem Po, einen Finger, der sich in sein Inneres schob. Es war kein wirklich angenehmes Gefühl, aber mit der Zeit hatte er sich daran gewöhnt und es tat nicht mehr so weh wie die ersten Male und er wusste, dass sich dieses unangenehme Gefühl bald in ein unglaublich großartiges wandeln würde.

Ivan schob noch einen weiteren Finger in ihn, stieß ein paar Mal zu, brachte ihn so schon leise zum Stöhnen.

„Bereit?“

Es war fast jedes Mal das Gleiche, Gilbert wusste nicht warum Ivan das immer wieder fragte, egal welche Art Sex sie hatten, manchmal wirke es schon ein wenig unpassend. Aber heute nicht und er gab ein hastiges Nicken als Antwort. So wurde er nun ein klein wenig hochgehoben, er selbst hatte die Arme um den Hals des Anderen geschlungen. Dann ließ Ivan seine Hüften los und er sank nieder auf dessen Glied. Sie stöhnten beide auf und er krallte sich in den Rücken des Größeren. Es war geil, den leichten Schmerz, den Ivans Größe immer noch auslöste, hatte er auszublenden gelernt. Er spürte die verschwitzte Haut auf seiner eigenen, er spürte die hauchzarten Küsse an seinem Hals, er spürte die Männlichkeit Ivans in sich vor Erregung zucken und fing langsam, dann immer schneller, an sich auf und ab zu bewegen. Immer wieder stöhnten sie beide, es interessierte sie nicht, dass sie hier in Ivans Büro zu jeder Zeit von Kunden überrascht werden konnten, beziehungsweise, dass diese sie durch die gläserne Tür beobachten könnten.

„Schrei für mich, mein Kleiner.“

Alles um sie herum war für diesen Moment nicht von Bedeutung und Gilbert gab einen lauten Lustschrei von sich als Ivan in ihm und kurz darauf er zum Höhepunkt kam.
 

Er hörte das Lachen von Ivan und öffnete die Augen, sah ihn fragend an.

„Na da hat aber einer gut geträumt.“

Verwirrt sah er sich um, waren sie beide nicht gerade eben noch in Ivans Büro gewesen? Wann waren sie denn ins Bett gegangen?

Gilbert lag in einem mit dunklen Lacken bezogenem Bett und Ivan saß an der Bettkante. Er war voll bekleidet, genau wie er selbst. Nur in seinem Schritt fühlte er etwas feuchtes Warmes. Es dauerte einen Moment, aber dann drang die Erkenntnis, was das zu bedeuten hatte in seinen Kopf und ein leichter roter Schimmer legte sich auf seine Wangen. Schnell richtete er sich auf und zog die Decke, die neben ihm lag über seine Beine. Kurz wurde ihm schwindlig bei dieser schnellen Bewegung und ein stechender Schmerz explodierte in seinem Kopf, lies ihn leise aufstöhnen. Dann klärte sich seine Sicht wieder und jetzt erst nahm er das Zimmer wahr in dem sie sich befanden. Er kannte es nicht, aber aus irgendeinem Grund wusste er, dass es dem Russen gehörte.

Es war spärlich eingerichtet, die wenigen Möbel, sowie die Tür waren aus dunklem Holz und vor den Fenstern hingen schwere dunkle Vorhänge, die kein Licht von außen herein ließen. An der Decke hing ein kleiner, seltsam verzierter Kronleuchter, damit das Zimmer nicht im Dunkeln lag. Aber trotz dieser Beleuchtung lag das Gesicht des größeren Mannes im Schatten und auf seinen Lippen lag ein böses Grinsen.

Irgendwas stimmte hier nicht.

Vorsichtig stand er auf, den Blick auf Ivan gerichtet und dessen Blick auf ihn. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es verdammt ungemütlich werden konnte, wenn er nur eine falsche Bewegung machen würde. Noch einmal ließ er den Blick durch das Zimmer schweifen, entschied sich dann zum Fenster zu gehen und den Vorhang beiseite zu ziehen. Kurz schloss er geblendet die Augen, draußen schien die Sonne und der Schnee, der überall lag reflektierte diese noch. Er sah ein paar Häuser, viele davon waren eingefallen, aus zweien stieg Rauch auf und davor liefen hektisch ein paar Menschen mit Wassereimern herum. Andere trugen Verletzte eine Straße entlang. Vereinzelt lagen auch leblose Körper im Schnee. Im Allgemeinen schien der Blick aus dem Fenster das reinste Chaos wieder zu spiegeln.

„Was ist hier passiert?“ Fassungslos sah er nach draußen.

Das Bett quietschte leise als Ivan sich erhob und seine Schritte halten im Raum wider. Dicht hinter ihm blieb er stehen.

„Der Krieg, Pru-chan. Dein Krieg.“

Ruckartig drehte Gilbert sich um. „Mein Krieg?“ Wovon redete Ivan da? Er würde doch niemals Krieg führen, dazu wäre er doch gar nicht im Stande. Doch Ivan nickte nur. „Aber das ist vorbei. Du hast verloren und gehörst jetzt mir.“ Da war kein Grinsen mehr auf seinen Lippen.

Gilbert dagegen zog nur eine Augenbrauche hoch und schüttelte leicht den Kopf. „Wovon zum Teufel redest du? Dafür bin ich doch nicht verantwortlich und ich bin auch kein Gegenstand.“ Auf diese Aussage schien sich sein Blick nur noch zu verfinstern. Hatte er etwas Falsches gesagt? Nein, er war niemandes Eigentum, auch nicht das von Ivan, Beziehung hin oder her. „Oh doch und ich werde dich schon noch lehren zu wem du gehörst!“ Seine Stimme war leise, dafür aber umso bedrohlicher.

Im nächsten Moment wurde er zur Seite geschubst und landete unsanft auf dem Boden. „Hey! Was soll das verdammt? Hast du-“ er stockte als er sah, dass Ivan mit einem Wasserrohr in der Hand über ihm stand. „I-Ivan… Lass das.“

Im letzten Moment zog er die Arme hoch um seinen Kopf zu schützen.

In dem Augenblick, als ein harter Schlag seine Handgelenke traf und er schmerzhaft aufschrie wurde es ihm klar.

Das hier war nicht seine Welt. Das konnte nicht seine Welt sein, sie war viel zu grausam.

Das vor ihm konnte einfach nicht der Mann den er liebte sein.

Zwei Seiten

Ich hab mir ein wenig Zeit gelassen, keine Motivation und spannenderes zu tun...

Aber ich will die FF nicht abbrechen und in den Herbstferien hab ich auf der WG-Party von meiner Schwester durch widerlichen polnischen Vodka sowas wie ein Motivation zum weiterschreiben gefunden xD°

Ich hab ein wenig umgeplant... irgendwie plan ich ständig um, nun verfolge ich das gleiche Ziel, wie am Anfang, das ich eigentlich verworfen hatte, nun aber doch für passender halte.

Wirklich zufrieden bin ich nicht, aber das bin ich selten bei dem Mist, den ich schreibe.

Nun genug geschwafelt, viel Spaß... oder auch nicht...

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„Gilbert, was hast du?“

Gilbert öffnete die Augen. Begegnete dem verwirrt, besorgen Blick von Ivan. Kurz sah er sich um, er war im Büro seines Freundes und saß ohne Klamotten auf dessen Schoß.

„Geht es dir gut? Du warst auf einmal so weggetreten?“ Nun widmete er dem Russen wieder seine volle Aufmerksamkeit, sah ihm eine Zeit lang stumm in die Augen. Er war verwirrt.

Dann fing er laut an zu lachen. „Du warst einfach so gut heute, das hat mich glatt umgehauen. Haha.“ Der Zweifel, den man deutlich in Ivans Blick sehen konnte, wurde einfach ignoriert und Gilbert zog ihn in einen Kuss um für einen Moment eben diesen Ausdruck nicht sehen zu müssen. Es sagte ihm ganz und gar nicht zu ihn anzulügen, aber ihm die Wahrheit sagen würde er auf keinen Fall. Das kam doch total lächerlich rüber, was sollte er denn sagen? ‚Hey, ich war in einer anderen Welt, in der ich Krieg geführt hab, aber du mich besiegt hast.‘ Das klang ja sogar in seinen Gedanken furchtbar bescheuert und glauben würde ihm Ivan wohl auch nicht, eher würde er ihn in die Klapse stecken. Nein, darauf konnte er verzichten, er stand nicht so auf Zwangsjacken und Tabletten. Na gut, er übertrieb, aber dennoch Ivan würde sich nur Sorgen machen und diese Träume oder was auch immer das war würden schon wieder aufhören.

Er löste den Kuss und stand auf, sammelte seine Klamotten ein, nicht dass dann wirklich noch ein Kunde kam und sie so entdeckte. Als er gerade seine Hose zuknöpfen wollte wurde er allerdings schon wieder von Ivan näher gezogen, vorsichtig nahm dieser seine Hand in die seine und betrachtete das Gelenk. „Was hast du da gemacht?“

Ein dicker blauer Fleck zierte sein Handgelenk und als Ivan leicht darüber strich jagte es ein Schmerz durch seinen Arm, der ihn dazu brachte diesen sofort aus dem Griff zu befreien.

Das warst du!

„Ich hab mich vorhin in einer Autotür eingeklemmt.“ Er lachte, tat so als würde ihm das jeden Tag passieren. „Dummheit tut halt doch weh.“

Ivan jedoch stieg nicht in das Lachen mit ein. Mit ernstem Gesichtsausdruck stand er auf, schloss nun auch seine eigene Hose. „Warum bist du nicht sofort gekommen um das zu kühlen?“ Er klang Vorwurfsvoll und irgendwie wie ein Kind, dass die ersten paar Minuten der Lieblingssendung verpasst hat, weil die Eltern zu langsam nach Hause gefahren sind. Grinsend beobachte der Deutsche wie er kurz aus dem Raum ging um kurz darauf wieder mit einem Kühlbeuten zurück zu kommen. „Es ist doch halb so schlimm wie es aussieht.“ Versuchte er ihn zu beruhigen, aber Ivan ging nicht darauf ein. „Du zuckst doch bei der kleinsten Berührung weg.“ Entgegnete er und griff wieder seinen Arm um dann vorsichtig den Beutel auf das Gelenk zu halten. Es tat weh, doch Gilbert verzog nur das Gesicht ein wenig. Mit seinen Gedanken war er schon längst wieder wo anders.

Irgendwas stimmte nicht. Irgendwas war nicht in Ordnung mit ihm.
 

Genervt stand Gilbert auf. Es war mitten in der Nacht und er wieder alleine in seinem Zimmer.

Soviel zu diese ‚Träume‘ würden wieder aufhören. Da hatte er wohl falsch gedacht. In den letzten zwei Wochen hatte die Anzahl seiner Aussetzer immer weiter zugenommen, die Erlebnisse in dieser anderen Welt wurden immer schlimmer, immer schmerzhafter und vor allem immer länger.

Es war furchtbar, wenn dieser andere Ivan ihn quälte, er konnte sich nicht wehren, nicht dass er es nicht versucht hätte, aber er war einfach zu schwach. Er konnte auch nicht einfach abschalten, nicht in die reale Welt zurück. Er musste die ganze Tortur über sich ergehen lassen, immer wieder.

Und nun, in der normalen Welt konnte er nicht mehr schlafen, weil er jedes Mal wenn er die Augen schloss seine eigenen schmerzerfüllten Schreie hörte.

Der Deutsche stand in der Küche in dem schwachen Licht, das vom Gang herein schien, ein Glas Wasser in der Hand. Er war sicher, wenn das nicht bald wieder aufhörte würde er mit Sicherheit durchdrehen… oder war er schon verrückt?

Schnell schüttelte er den Kopf. Er war nicht verrückt, niemals, nicht er, er war großartig!

„Es ist spät. Du solltest schlafen.“

Erschrocken drehte er sich um, sah zu dem großen Mann, der wie ein Schatten vor ihm stand hier in diesem dunklen Raum.

Er konnte es nicht erklären, aber irgendwie war diese Situation beunruhigend. Er hatte keine Angst vor Ivan und doch spürte er die Gänsehaut auf seinen Armen.

Wie zum Teufel kam er hier rein?

„Ivan, was machst du-“ Ein Seufzen unterbrach ihn. „Wann hörst du endlich wieder auf, mich bei diesem Namen zu nennen? Du bist in letzter Zeit echt seltsam.“

Eine Weile standen beide einfach nur da, sahen sich in die Augen, auch wenn keiner von beiden in dem schwachen Licht den Ausdruck in diesen hätte erkennen können. Gilbert war der erste der die Stille wieder durchbrach. „Wie soll ich dich denn nennen?“

Der Russe legte den Kopf leicht schief. „Ist das eine ernst gemeinte Frage, Pru-chan?“

Wieder einen Moment Stille.

„Nenn mich Russland, wie du es früher auch getan hast.“

Sein Herz raste, seine Gedanken rasten und irgendwie hatte er das Gefühl, dass je näher der andere Mann auf ihn zu kam es in diesem eh nicht sehr hellen Raum immer dunkler wurde.

Immer näher kam er, seine große Gestalt verschluckte das Licht und sein Schatten legte sich über Gilberts Geist.
 

Es war dunkel um ihn herum. Wo war er?

Vorsichtig tastete er neben sich. Da lag etwas Weiches. Eine Decke? Langsam setzte er sich auf, wartete bis seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Er war in seinem Zimmer. Ganz sicher. Sein Schlafzimmer, in seiner Wohnung in Deutschland, in der kleinen Vorstadt von Berlin.

Was war das eben? War das Realität, diese ‚andere Welt‘ oder dieses Mal einfach nur ein Traum?

Er sah auf seinen Wecker, 04:18 Uhr. Realität kann das nicht gewesen sein, das muss ein Traum gewesen sein, er hatte keine Schmerzen gefühlt.

Aber Ivan hatte ihm dieses Mal auch nicht wehgetan. Nein, nicht Ivan… Russland.

Sobald Gilbert sich dieses Gedanken bewusst wurde verscheuchte er ihn auch gleich wieder. Das war doch alles totaler Schwachsinn. Er schlug die Decke zur Seite und stand auf. Leise schlich er durch seine eigene Wohnung, Richtung Küche. Auch wenn es lächerlich klang, er musste sicher gehen, dass Ivan nicht hier war.

Niemand, weder in der Küche, noch in dem winzigen Wohnzimmer, auch im Bad war niemand.

Beruhigt legte er sich wieder in sein Bett.

Es wäre wohl sinnvoll noch etwas zu schlafen, morgen musste er wieder arbeiten. Während er schon wieder etwas wegdämmerte nahm er sich vor etwas früher Schluss zu machen und das Wochenende ein paar Stunden früher beginnen zu lassen.
 

„Du glaubst doch nicht wirklich, du könntest dich mit mir anlegen, oder Pru-chan?“

Geschlagen lag er am Boden, hatte Schwierigkeiten wieder aufzustehen. Von seiner Schulter aus zogen sich die Schmerzen bis hin zu seiner Hüfte und seine Knie schmerzten auch.

„Warum denn nicht? Einen Versuch war es doch wert.“ Er hörte sich selber lachen, es klang bei weitem nicht so selbstsicher wie sonst immer und irgendwie ein wenig kratzig. Kaum stand er wieder, darauf bemüht sich nicht anmerken zu lassen, wie wackelig seine Beine waren, wurde er schon wieder weggerissen und an die Wand gedrückt. Eine Hand legte sich fest um seinen Hals und seinen eh schon schwachen Befreiungsversuchen nahm der Luftmangel nun jegliche Bedeutung. Es war nicht mehr als ein Kratzen über Kleidung.

„Du gehörst mir. Du wirst es nicht schaffen von hier fortzulaufen. Du gehörst einzig allein mir. Für immer.“

Er wollte widersprechen, doch er bekam nicht mehr als ein Krächzen heraus. Es war demütigend, doch er würde nicht aufgeben. Niemals.

Ihm tanzten schon bunte Punkte vor den Augen als der Russe endlich den Griff um seinen Hals lockerte, gierig sog er die Luft ein. Schwach krallte er sich in den Mantel des Größeren, lehnte an der Wand hinter ihm und wusste doch, wenn der andere ihn nicht halten würde dann würden seine Beine einfach nachgeben und ihn zu Boden sinken lassen.

Er wusste nicht wie lange sie so dort standen, es fühlte sich an wie Stunden, aber es hätten auch nur Sekunden gewesen sein können. Ganz war er zumindest noch nicht wieder zu Atem gekommen, da hielt er diesen schon wieder an. Mit vor Schreck weit geöffneten Augen sah er wie der Mann, der ihn vorhin noch geschlagen und getreten hatte, seinem eigenem Gesicht ganz nahe kam, spürte leicht raue Lippen, sanft, fast liebevoll auf den seinen. Es war nur kurz, der Moment danach allerdings schien ewig zu dauern. Sie sahen sich in die Augen, fragend, verwirrt, auf der Suche nach Antworten, die irgendwo tief in dem jeweils anderen –oder doch im eigenen Inneren?- zu finden sein mussten.

Es war Gilbert der den Blickkontakt brach, er konnte den intensiven Blick nicht mehr standhalten. „Was sollte das?“ brachte er mit schwacher Stimme, die immer noch etwas kratzig war, heraus.

Das eben hatte so ein seltsames Gefühl in ihm ausgelöst, etwas, das er nicht zuordnen konnte. War es etwas Schlechtes? Es musste etwas schlechtes sein, so sagte es ihm sein Kopf.

Hatte diese Tat eine Bedeutung? Wenn ja, was für eine? Es musste doch einen Grund geben, warum er das getan hatte.

„Antworte!“

Wie wunderschön die roten Augen den Größeren nun böse anfunkelten, nach einer Antwort verlangten, einer Antwort, die dieser nicht geben wollte oder konnte und so bekam er nur ein leises Kichern und ein „Njet.“ dann wurde er losgelassen.

Für einen kurzen Augenblick schien es als hätte er vergessen, dass er keine Kraft mehr hatte, er sah zu wie der Größere sich umdrehte und aus dem Raum ging. Dann gaben seine Beine doch noch nach und er rutschte an der Wand nach unten.

Stunden saß er so da, nicht fähig seine schmerzenden Glieder zu bewegen.
 

Auf das Wochenende hatte er sich schon die ganze Woche gefreut. Natürlich, wer tat das nicht? Es war nichts geplant oder sonst was, aber Gilbert erfreute sich einfach an der Tatsache, dass er nicht arbeiten musste und ausschlafen konnte.

Aber erst mal würde er lange wach bleiben, zusammen mit seinem Freund. Gemeinsam lagen sie auf dem Sofa in Ivans Wohnzimmer und sahen sich irgendeinen nicht wirklich spannenden Actionfilm an. Gilbert saß an Ivan gelehnt und dämmerte ein wenig weg. Am Rande nahm er die Handlung des Filmes war und die leichten auf und ab Bewegungen wenn Ivan atmete.

„Du solltest schlafen gehen, Gilbert!“

Der Deutsche brummte nur, er wollte sich nicht bewegen oder sich die Mühe machen eine Antwort zu formulieren. Allerdings schien das für Ivan eine eindeutige Antwort zu sein, letztendlich war er es auch gewöhnt. Ivan stand auf und er rutschte auf die Lehne. Er nahm nur den Schatten wahr, der sich über ihn beugte.

„Warum kannst du nicht einfach das machen, was man dir sagt? Du bettelst ja förmlich nach Strafe, Pru-chan.“

Ein Kichern.

„Wer nicht hören will, muss fühlen.“

Als er dann an den Schultern gepackt wurde war er mit einem Mal hell wach.

„Fass mich nicht an!“ schrie er und schubste den Russen weg von sich. Er würde nicht einfach alles mit sich machen lassen, nicht kampflos. Wütend sah er in das überraschte Gesicht von Ivan.

„Hä?“ Warum war er so überrascht? Er hatte ihn doch angreifen wollen. Da brauchte er sich gar nicht so wundern, wenn er ihn von sich stieß.

Ehe der größere etwas sagen konnte war Gilbert aufgesprungen und aus dem Zimmer gerauscht. Sein Herz raste wie verrückt.

Was tat er denn? Warum stieß er seinen Freund zurück? Der hatte doch gar nichts gemacht. Er hatte ihm nie was getan. Im Badezimmer spritzte er sich ein wenig Wasser ins Gesicht. Langsam sollte er mal wieder zur Besinnung kommen. Diese Vorstellungen nahmen Ausmaße an, die ihm ganz und gar nicht gefielen. Noch einmal spritzte er sich eine Ladung Wasser ins Gesicht, trocknete sich dieses ab und ging dann, etwas ruhiger nun, zurück ins Wohnzimmer. Doch Ivan war nicht mehr dort, auch der Fernseher war ausgeschalten worden. Gilbert ging weiter, auf der Suche nach seinem Freund. Im Schlafzimmer fand er ihn, er saß dort und schien auf ihn zu warten.

„Wir sollten reden, Gilbert.“

Diese Worte lösten ein ungutes Gefühl in seinem Magen aus. Das waren Worte, die konnten gar nichts Gutes bedeuten.

Trotzdem setze auch Gilbert sich auf das Bett, im Schneidersitz und mit einem aufgesetzten Grinsen.

„Worüber denn?“

Ivan seufzte. „Ich denke, dass weißt du.“ Er machte eine kurze Pause, vielleicht wartete er, dass der Kleinere etwas sagte, vielleicht musste er auch erst selber nach den richtigen Worten suchen. „Du bist in der letzten Zeit so seltsam.“

Seltsam… so nahm Ivan das also wahr.

„Ich meine, du wirkst manchmal extrem abweisend und in anderen Momenten als wärst du geistig gar nicht anwesend.“

Ivan schien wirklich besorgt, das tat richtig im Herzen weh.

Was sollte er ihm nun sagen? Die Wahrheit? Diese lächerliche, unglaubwürdige Wahrheit? Das konnte er nicht. Bei aller Liebe, das ging wirklich nicht.

„Mir geht es gut, Ivan.“ Meinte er schlicht, da ihm nichts Besseres einfiel. Doch Ivan schüttelte den Kopf. „Ich weiß, dass etwas nicht in Ordnung ist, das merke ich doch…“ Einen Moment zögerte der Russe, die Worte, die er als nächstes sagen wollte kamen ihm nicht leicht über die Lippen. „Liebst du mich noch?“

Die Seile in seinem Inneren, die seinen Magen fest im Griff hielten legten sich nun auch um sein Herz, zogen sich fest. Mit einem Mal war das aufgesetzte Lächeln weg, kein Grinsen mehr, die beiden sahen sich einfach nur an.

„Ivan… Ich liebe dich… und mir geht es gut, wirklich.“ Er wollte seinen Freund berühren, ihm eine Hand auf die Schulter legen, doch diese wurde festgehalten. Die Augen zusammengekniffen und die Hand fest im Griff saß Ivan vor ihm.

Leise gesprochen kamen nach einer Ewigkeit die nächsten Worte. „Ich weiß, dass du lügst… Ich weiß nur nicht, wie viel von dem was du sagst gelogen ist.“

„Iva-„ Doch er durfte nicht aussprechen.

„Hast du Angst vor mir Gilbert? So oft in letzter Zeit zuckst du zusammen, wenn du mich siehst, wenn ich dich anfasse oder ich eine plötzliche Bewegung mache. Was soll das? Schläfst du nur mit mir, weil ich dein Chef bin? Oder weil du sonst niemanden hast? Befürchtest du, dass du deinen Job verlierst, wenn du das nicht machst?“

Gilbert schüttelte durchgehend den Kopf, das stimmte alles nicht, doch er kam nicht zu Wort.

„Oder ist es etwas anderes? Bist du krank? Hast du irgendein Problem? Ist es etwas wegen deinem Bruder? Ich weiß, dass er mich nicht mag, aber das hat dich doch sonst auch nicht gestört. Gilbert…“

Nach dem ganzen Gerede wurde Ivan nun wieder leiser und langsamer. „Du vertraust mir nicht, oder?“

Auch wenn es als Frage formuliert wurde, es war eine Feststellung und in dem Moment als Ivan diese aussprach wurde es auch Gilbert bewusst.

Sie waren seit über einem halben Jahr zusammen, aber er konnte nicht mit ihm über seine Probleme reden.

Eine Weile herrschte Stille zwischen den Beiden.

„Ivan…“ Dieses Mal wurde er nicht unterbrochen. „Ich liebe dich… und das ist die Wahrheit.“

Und dass er die anderen Sachen gar nicht ansprach war auch Antwort genug.

Der Größere seufzte, zog ihn dann in eine Umarmung und murmelte nur: „Ich dich auch…“

Zwei Wege

„Du hast es doch gar nicht anders verdient.“

Wieder sah er die Faust auf sich nieder sausen.
 

Mit einem Schrei fuhr Gilbert aus dem Schlaf. Langsam wurde das echt zu viel. Er hielt das nicht mehr lange aus.

Und wie sollte er sich Ivan gegenüber verhalten?

Er war dem Mann aus seinen Träumen so ähnlich, so ähnlich, dass er ihn immer öfter mit ihm verwechselte, immer wieder vor seinem Freund wegzuckte. Dabei sah er dann immer den verletzten Ausdruck in Ivans Augen. Das schmerzte ihn auch. Doch er konnte nichts dagegen tun, immer wieder träumte er, immer wieder verletzte dieser andere Ivan ihn, immer wieder küsste er ihn einfach, nur um ihn im nächsten Moment wieder zu schlagen.

Dabei war es in der letzten Woche besser geworden. Er hatte gehofft, es würde aufhören.

Ivan war auf einer kleinen Reise gewesen, er hatte seine kleine Schwester besucht, da wollte Gilbert gar nicht mit, außerdem musste jemand in der Werkstatt bleiben.

Aber gestern war er wieder zurückgekommen und mit ihm diese Träume.
 

„Du kannst dich nicht vor mir verstecken, Pru-chan. Ich finde dich. Ich finde dich überall.“

Schon hörte er diese kindliche Stimme durch die Gänge schallen.

Er musste ruhig bleiben, dann würde er ihn auch nicht finden, vorerst zumindest nicht. Natürlich konnte er sich nicht ewig verstecken, aber vielleicht ja so lange, bis Russland sich ein wenig beruhigt hatte. Gilbert wusste zwar nicht, warum er schon wieder so extrem seltsam drauf war, aber er wollte nicht, dass er es an ihm ausließ. Das hatte er schon zu oft mit sich machen lassen.

Er wollte hier einfach nur weg, aber zu Fuß kam man hier nicht weit.

Leise seufzend lehnte er sich an das Holz hinter ihm. Es war verdammt unbequem in diesem blöden Schrank, so eng.

Wenigstens war hier kein Geschirr, sondern Tischdecken und so Zeug, drin.

Ein wenig drehte er sich.

Blödes Haus, es war so groß, aber Orte, an denen man sich verstecken konnte, gab es kaum welche.

Gilbert lauschte angespannt. Es war leise geworden draußen. Hatte Russland aufgegeben?

Eine ganze Zeit lang war es still.

Dann hörte er etwas klirren, nur einen winzigen Augenblick später ein herzzerreißender Schrei. Wieder einen Moment Stille, dann war leises Schluchzen zu vernehmen. Es war als würde ein Kind weinen.

Das war ja unerträglich. Schnaubend schloss er die Augen, versuchte die Geräusche auszublenden, was leider kaum machbar war, immerhin durfte er ja selber keine Geräusche machen.

„Ach verdammt…“, murrte er nach einer Weile, dann kam er aus seinem Versteck.

Er konnte doch nicht blöd rumsitzen, wenn dieses Riesenbaby so heulte, so herzlos war er nicht.

Suchend ging er durch die Gänge, folgte den klagenden Geräuschen.

Schließlich fand Gilbert ihn. Er kniete in einem Zimmer auf dem Boden, vor ihm Scherben eines zerbrochenen Spiegels.

Was wohl der Grund dafür war, dass der Russe so fertig war?

Zögerlich kam er näher, legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„H-hey… Was hast du denn?“

Nur leicht drehte Russland den Kopf, sah ihn aber nicht wirklich an.

„Niemand kann die Zeit zurück drehen.“, murmelte er leise und klang dabei so unglaublich traurig. „Was jetzt ist, kann niemand mehr ungeschehen machen.“

Immer wieder schluchzte er noch leise.

„Nein… das stimmt schon, aber das Leben geht weiter. Es werden bessere Zeiten folgen.“

Gilbert war noch nie gut ihm Trösten, aber er würde es einfach mal versuchen. Vielleicht besserte das ihre seltsame Beziehung ja auch auf. Vielleicht verstand er dann endlich mal, warum er hier war und so behandelt wurde.

„Bessere Zeiten…? Nachdem was passiert ist?“

Nun wäre es wohl gut zu wissen, was passiert war.

„Naja, ähm… man kann doch nicht ewig dem Vergangenen nachtrauern.“

Der Russe antwortete nicht.

„Du hast doch selbst gesagt, man kann die Vergangenheit nicht ändern. Aber, hey Kopf hoch, die Zukunft kannst du so gestalten, wie du es willst.“ Mit einem aufmunternden Lächeln sah er auf ihn herab.

Der Russe antwortete immer noch nicht.

„Also… es wird schon wieder alles gut.“

Das Schluchzen klang ab.

„Sie sind tot… ganz viele meiner Leute sind tot und du sagst, es wird alles gut?“

Nun sah er ihn endlich an. Es glitzerten zwar noch ein paar Tränen in seinen Augen, doch von Trauer keine Spur mehr. Die violetten Augen funkelten ihn voll von unendlichem Zorn an.

„Äh… nein… ich meine…“

Nun geriet Gilbert ziemlich in Erklärungsnot. Zumindest hatte er nun verstanden, dass es wohl um diesen Krieg ging, den Russland ihm zum Vorwurf machte. Da konnte man wirklich nicht einfach sagen, es würde alles wieder gut, das brauchte Zeit, eine Menge Zeit.

„So einfach geht das natürlich nicht… trotzdem… äh… trotzdem sollte man versuchen das Beste zu machen.“

Da hatte er sich doch nochmal gut gerettet. Innerlich lobte er sich selber.

„Das Beste, da?“

Gilbert nickte und grinste dabei.

„Ich kann die Vergangenheit nicht ändern… aber ich kann mich an dem Verantwortlichen rächen.“

Das Grinsen schwankte ein wenig.

Machte Russland nicht ihn dafür verantwortlich?

Gerade noch rechtzeitig wich er einem Schlag aus.

„Bleib ruhig und nimm deine Strafe hin, Pru-chan!“

Dem nächsten Schlag konnte er nicht mehr ausweichen. Keuchend landete er auf seinem Hintern.

„Zum Teufel, ich wollte doch nur helfen!“

Doch das schien dem Größeren egal zu sein.

„Du bist schuld, also musst du leiden!“

Gilbert wich zurück.

Er hätte ihn einfach alleine heulen lassen sollen. Dann hätte dieser russische Idiot selber sehen können, wie er wieder hoch kam.

Dann wäre er auch nicht in diese blöde Situation gekommen.

Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie Russland nach einer Scherbe griff, bevor er aber damit zustechen konnte, hatte sich Gilbert zur Seite gerollt.

„Herrje, was mach ich denn falsch?“

Wütend wurde er mit den Augen fixiert.

„Allein deine Existenz ist ein Fehler!“

Mit den Worten stach er wieder zu, zielte direkt auf sein Gesicht.

Aus Schutz hielt der Kleinere sich den Arm vors Gesicht, schrie auf, als ihn der scharfe Gegenstand die Haut aufschlitzte. Blut tropfte auf sein Gesicht und nur zögerlich öffnete er die Augen wieder, zog den Arm weg.

Über den violetten Augen lag ein dunkler Schatten und der Mund des Russen hatte sich zu einem miesen Grinsen verzogen.

„Ich werde dafür sorgen, dass du deine gerechte Strafe erhältst und kein Unheil mehr bringen kannst!“
 

Mit tiefen Augenringen werkelte der Deutsche an einem Auto rum.

„Gilbert~“ Mit einem liebevollen Lächeln kam sein Freund auf ihn zu. „Ich freu mich, wieder bei dir zu sein. Natascha ist immer so anstrengend.“

Leise lachte Gilbert. Er hatte schon so einiges gehört. Kennenlernen wollte er sie daher sicher nicht. Sie würde ihn eh nicht mögen, da war er sich sicher. Ivan war nicht ganz so glücklich über diese Tatsache. Er wünschte sich, sie würden sich alle gut verstehen und friedlich zusammen leben können.

Aber das war nur ein Wunsch, der wohl nie in Erfüllung gehen würde. Gilberts Bruder Ludwig mochte Ivan ja auch nicht.

Es war auch ziemlich offensichtlich, dass er ein Problem damit hatte, dass Gilbert etwas mit einem Mann hatte, aber er versuchte es so weit es ging zu ignorieren. Am besten redete man mit ihm einfach nicht über Ivan. Für Ludwig war er einfach nur ein Scheißrusse, der einen schlechten Einfluss auf ihn hatte. Einmal hatte er ihm sogar gesagt, es wäre besser, sie würden sich trennen, doch Gilbert wollte das nicht.
 

Am Abend saßen sie zusammen in Ivans Wohnung.

Mit gefüllten Mägen und müde vom Tag saßen sie zusammen auf dem Sofa.

„Du bist so still, stimmt etwas nicht?“

Gilbert sah auf. Er war in Gedanken wieder bei diesen Träumen und fragte sich, ob die eine Bedeutung hatten.

Fakt war, sie machten ihn noch wahnsinnig.

Und nicht nur ihn, sondern auch seinen Freund, immerhin merke er, wie er sich anspannte, wenn er eine falsche Bewegung machte oder ihn ein klein wenig grober anfasste.

„Ich hab nur nachgedacht.“

Konnte man die Träume nicht irgendwie verhindern?

Als Ivan nicht da war, hatten sie doch auf aufgehört. Ob das im Zusammenhang stand?

„Worüber?“

Neugierig sah der Größere ihn an.

„Ach… über dies und das…“

Er würde es nicht verstehen, wenn er es ihm erzählte. Eher würde er sich unnötige Sorgen machen.

Ivan brummte leise, gab ihm dann einen Kuss auf die Stirn.

Ein wenig zog er ihn näher und stich ihm über die Arme.

„Es ist schön, wenn du mal ruhig bist, aber irgendwas stimmt doch nicht…“

Langsam hob Gilbert die Hand, legte sie auf die von Ivan. Unter ihren Händen zierte eine Narbe seinen Arm.

„Ich denke an… vergangenes.“

Etwas verwundert wurde er nun angesehen, dann wanderte der Blick zu dem Arm und Ivan zog ihre beiden Hände zur Seite.

„Deswegen?“

Langsam nickte er.

„Ich frag mich wirklich, wie es mit uns weiter gehen soll.“, meinte er leise.

„G-Gil! Ich verspreche dir, sie wird dir nicht noch einmal wehtun. Ich pass auf dich auf. Natascha ist zwar meine Schwester, aber du bist mir wichtiger. Wenn ich sie besuche, musst du nicht mit und sie kommt mich hier einfach nicht besuchen, ja?“

Nun war es an Gilbert verwirrt zu schauen.

„Warum Natascha?“

Was hatte seine Schwester denn damit zu tun? Okay, sie hatte einen Knall, aber er hatte sie doch noch nie getroffen.

„Sie hat dich doch damals angegriffen…“

Ivan war das sichtlich unangenehm. Gilbert dagegen verstand immer noch nicht.

Langsam setzte er sich auf, befreite sich aus der Umarmung.

„Das war doch gar nicht Natascha… das warst du.“
 


 

Seufzend stand Gilbert in seiner Wohnung.

Was war das gestern Abend gewesen?

Ivan hatte ihn total geschockt angesehen. Die ganze Zeit hatte er behauptet, seine Schwester hatte ihn verletzt, aber das stimmte doch überhaupt nicht.

So konnte das echt nicht weiter gehen.

Egal, was nun stimmte, Gilbert machte ihre Beziehung kaputt, weil er nicht mehr wusste was wahr war und was nicht. Noch dazu diese Träume, er wurde noch verrückt… oder war er es schon?

Erneut seufzte er und brachte etwas in sein Auto.

Ob Ivan es verstehen würde, wenn er es ihm erklärte?

Wahrscheinlich würde er es sogar verstehen, doch Gilbert konnte es ihm nicht sagen. Er wollte es ihm einfach nicht sagen.

Es tat ihm leid, wie er Ivan behandelte, nur weil er Probleme hatte, litt er nun.

Und dann erklärte er es ihm nicht mal.

Ob er sich entschuldigen sollte? Aber brachte das was, so ganz ohne Erklärung?

Wohl kaum…

Kurz lachte er bitter auf.

Was sein Bruder wohl dazu sagen würde?

Sicher würde er wieder behaupten, Ivan hätte einen schlechten Einfluss. Naja, aber anscheinend hatte er ja Recht.

In seiner Nähe wurde er verrückt.

Es machte sie doch beide verrückt.

Wieder seufzte er und verschwand noch einmal im Haus.

Kurze Zeit später aber saß er im Auto.

Es tat ihm Leid, wie er Ivan behandelte, aber er konnte nicht anders.

Eine Erklärung hätte er eigentlich verdient, immerhin war er ein toller Mann. Er war der Mann, den er liebte… und der ihn verrückt werden ließ.

Gilbert startete den Motor und der Wagen setzte sich in Bewegung.

So konnte es mit ihnen nicht weiter gehen, Gilbert musste etwas unternehmen.

Es ging einfach nicht anders.

Mürrisch starrte er jede rote Ampel an, die ihn aufhielt, als er dann aber auf der Autobahn war drückte er das Gaspedal nur so durch. Die Tachonadel schoss regelrecht in die Höhe und er die Straße entlang.

Es gab nur diesen einen Weg für ihn, keinen Zweiten, und den würde er gehen.

Ein Ende

‚Es tut mir Leid‘


 

Mehr nicht.

Das war alles, was Ivan noch hatte, einen kleinen gelben Zettel am Kühlschrank.

Er wusste weder, wo Gilbert war, noch ob er zurückkommen würde.

Es war offensichtlich gewesen, dass etwas nicht stimmte, doch was das eigentliche Problem des Kleineren war, hatte er einfach nicht herausfinden können. Seufzend saß er nun in der leeren Wohnung.
 

Nur wenige Stunden vorher hatte Gilberts Vermieter angerufen. Er hatte gefragt, was mit den Möbeln wäre, ob Gilbert die denn nicht mitnehmen wollen würde? Und er hatte sich entschuldigt, dass er ihn bei der Arbeit störte, aber Herr Beilschmidt war anderweitig nicht zu erreichen. Verwirrt hatte Ivan nachgefragt, was überhaupt los war. Da hatte ihm der Vermieter erklärt, dass Gilbert seine Wohnung gekündigt hatte. Ein paar Mal sollte er durch das Treppenhaus gepoltert sein, dann war er weggefahren.

Sofort hatte sich Ivan auf den Weg hier her gemacht.

Doch das was er sah, hatte ihn zu tiefst geschockt. Denn er sah nichts. An der Garderobe im Flur hingen keine Jacken, im Bad weder Zahnpasta noch Duschgel und auch der Schrank im Schlafzimmer war ausgeräumt. Das Bett war abgezogen und das Wohnzimmer war mal nicht unordentlich, weil es nicht unordentlich sein konnte, wenn nur Möbel darin standen.

Nur in der Küche konnte man vermuten, dass hier jemand gewohnt hatte. Ein benutztes Glas stand neben der Spüle und am Kühlschrank hing ein kleiner Zettel.

Es war eindeutig Gilberts Schrift.

Aber was tat ihm Leid?

Dass er einfach, ohne ein Wort zu sagen, abgehauen war? Dass er in den letzten Wochen so abweisend gewesen war? Was genau war sein Problem gewesen?

Warum hatte er nicht mit ihm geredet?
 

„Herr Braginsky?“

Ivan drehte sich zu dem Vermieter, ein Chinese, der behauptete viel älter zu sein, als er aussah, aber im Allgemeinen ein netter Mann.

„Wenn Sie ihn erreichen, können Sie ihm dann ausrichten, er soll seine Möbel innerhalb von zwei Wochen abholen, ansonsten verkaufe ich sie.“

Er nickte, noch immer ein wenig abwesend und in Gedanken versunken.

Noch eine weitere Weile schwiegen sich die Männer an.

„Ich geh dann mal wieder, auf Wiedersehen, Herr Braginsky.“

Kurz darauf hörte er die Wohnungstür.
 

„Was machst du nur für Sachen, Gilbert? Wo bist du hingegangen?“

Irgendwann stand er auf, ging noch einmal durch die Wohnung, in der Hoffnung doch noch etwas zu finden, was an Gilbert erinnerte.

Doch nichts.

Seufzend kam er wieder in die Küche, nahm den Zettel in die Hand und las die Worte, wieder und wieder. Doch sie gaben nicht mehr Informationen preis, als beim ersten Mal lesen.

Schließlich knüllte er den Zettel in der Hand zusammen und lies ihn nach einiger Zeit auf den Boden fallen.

„Warum bist du gegangen?“

Traurig sah er auf das kleine Stück Papier.

„Warum lässt du mich alleine?“

Nach weiteren ewigen Minuten hob er es wieder auf, steckte es sich in die Tasche. Er spülte das benutzte Glas, stellte es in den Schrank und verlies dann die Wohnung. Es war deprimierend sie so leer zu sehen. So oft hatte er sich über die Unordnung hier beschwert, nun wünschte er sie sich zurück.
 

Er verstand das Alles einfach nicht.

Warum war Gilbert gegangen? Und wohin? Würde er wieder kommen? Zurück zu ihm? Würde er sich bei ihm melden? Wenn ja, wann? Wenn nicht, warum nicht? Warum hatte er die letzten Wochen nicht mit ihm geredet? Warum war er so seltsam gewesen?

Hatte er sich falsch verhalten? Oder war er Gilbert einfach zu langweilig geworden?

Hatte Gilbert jemand anderen? War er mit einer anderen Person an einen unbekannten Ort abgehauen?

Hatte er nicht mal den Mut, ihm das ins Gesicht zu sagen?

Und was war es, was ihm Leid tat? Dass er den Mut nicht hatte? Dass er ihn nicht mehr liebte? War das überhaupt der Fall?

Ivan strich sich durch die Haare.

Seine Gedanken drehten sich im Kreis.

Er würde nie eine Antwort finden, nur Gilbert konnte ihm Antworten geben, doch der war nicht mehr da.
 

Nach einiger Zeit kam Ivan wieder in der Werkstatt an, ging in sein Büro und kramte aus einer Schublade eine Flasche Vodka.

Er wusste natürlich, dass das nicht die feine Art war, auf der Arbeit Alkohol zu trinken, aber er brauchte das jetzt.

Schnell war ein Glas besorgt und die klare Flüssigkeit eingeschenkt.

Sehr lange dauerte es auch nicht, bis es wieder geleert war.

„Ach Gilbert…“

Wieder wurde das Glas aufgefüllt und geleert.

Irgendwann holte er den Zettel aus der Hosentasche.

‚Es tut mir Leid‘

„Was tut dir Leid, hm? WAS?“ Wütend sprang er von seinem Stuhl auf, der nach hinten weg rollte und sich langsam drehte. Dann hielt er sich die freie Hand über die Augen. Warum schmerzte der Verlust einer Person so unglaublich?

Langsam nahm er die Hand wieder runter.

Nun war nicht nur ein guter Mitarbeiter weg, sondern auch sein geliebter Partner.

Seufzend ging er durch seine Werkstatt.

Es gab so viel, was ihn an Gilbert erinnerte.

Die Werkzeuge lagen unsortiert im Kasten, teilweise noch auf dem Tisch, daneben das Tuch, mit dem er sich immer die Hände abgewischt hatte. Hinter dem Tisch noch zwei leere Bierflaschen.

Leicht musste er grinsen.

Er hatte ihm immer gesagt, dass er während der Arbeit nichts trinken sollte, doch Gilbert war der Überzeugung, dass ein Bierchen nicht schadete.

Schlussendlich fand er sich wieder in seinem Büro wieder, das Glas mit dem Vodka wieder in der Hand.
 

Es war schon dunkel, als das Telefon ihn weckte.

Verwirrt sah Ivan sich um, wo war er?

Ach so, noch immer im Büro. Er war über ein paar Rechnungen eingeschlafen.

Kurz rieb er sich die Augen, dann hob er ab.

„Drive Drive Repairs, Braginsky am Apparat.“

Leise brummend hielt er sich die Nase, an der Stelle zwischen den Augen, er hätte vorhin nicht zum Vodka greifen sollen.

„Beilschmidt hier.“

Sofort war der Vodka vergessen, da waren keine Kopfschmerzen mehr und er war hellwach.

„Ludwig Beilschmidt.“

Fast war er ein wenig enttäuscht, dabei hätte er schon an der Stimme und der Art zu sprechen merken sollen, dass das nicht Gilbert war. Aber warum rief Ludwig an?

„Ludwig? Was für eine Überraschung. Warum rufst du an?“

Kurz herrschte Stille am anderen Ende der Leitung, dann ein leises Seufzen.

„Ich rufe an, um dir zu sagen, dass mein Bruder nicht mehr zu dir zurückkommen wird.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ein wenig blöd, wenn man so ziemlich bei jedem Kap, die Storyline umdenkt...
Aber nun hab ich es.
Das Ende steht fest!
Ok, das Ende stand schon länger fest, nur für das Kapitel hab ich ewig gebraucht xD°
Motivationsmangel und anderweitig abgelenkt~

Was ich unbedingt mit reinbringen wollte, aus persönlichen Gründen, ist, dass es Gil verdammt leid tut, er es Ivan aber nicht erklärt, was los ist.
In so ner Situation war sicher jeder schon mal.
Manche Dinge kann oder will man einfach nicht erklären, auch wenn man weiß, dem anderen würde es so besser gehen und er würde verstehen, was er so nicht verstehen kann.

Ich hab am Anfang einige Idee mit reingebracht, die ich dann doch nicht ausgearbeitet hab... hat einfach nicht mehr gepasst.
Deswegen zB auch Natascha und nicht Natalia xD°
Aber nun egal, ich denke, es sollte nun so passen wie es ist. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe, ihr habt kein Happy End erwartet...
So im Groben stand das Ende schon ewig fest.
Die Entschuldigung, die fehlende Erklärung, das offene Ende, bei dem jeder für sich selber entscheiden kann, was passiert ist.
Für mich hat es so einfach etwas... persönliches.
(Ursprünglich wollte ich Gil ja sterben lassen, aber das hab ich dann nicht übers Herz gebracht das so genau zu schreiben xD°)

Und ja, ich weiß, dass die "Träume" nicht erklärt werden... das sollten sie aber auch nicht. =P

Uschi-Olga, ich hoffe, die FF ist zu deiner Zufriedenheit und ich hoffe auch, dass sie dir und allen anderen gefallen hat. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Daila
2014-04-21T07:44:15+00:00 21.04.2014 09:44
Deine story ist echt gut ^.^
Und dein schreibstyl lässt sich sehr schön lesen
Nur leider geht mir die Geschichte jetzt nicht mehr aus dem kopf, da ich die ganze zeit am nachdenken bin wieso das jetzt passiert ist xD
Mir gefällt dein Ende ganz gut auch wenn mir einige Antworten fehlen die ich mir jetzt selbst ausdenken muss...
Lg Daila
Von:  Juuri
2013-04-19T23:20:11+00:00 20.04.2013 01:20
Was tun wenn man vor der animuc einfach nicht einschlafen kann? ffs lesen xD
hab mir schon seit tagen vorgenommen diese hier endlich mal fertig zu lesen und ich bin beeindruckt. es ist toll geworden.
die vielen offenen fragen die Möglichkeiten die einen zum denken anregen, sodass sich jeder Leser eine eigene aussuchen kann. muss ich dir lassen die ff ist sehr gelungen. vilt kann ich ja jetzt schön einschlafen. ^^
Von:  Miss_Anthrop
2012-06-16T12:12:39+00:00 16.06.2012 14:12
Deine Geschichte gefällt mir. Ich find es ziemlich interessant, wie sich dese beiden Welten übereinanderlagern und in sich verhaken.
Wobei ich gern wissen würde, was mit Gilbert passiert, als er diese... Halluzination? bekommt: Wird er bewusstlos oder hat er sein Leben einfach irgendwie automatisch weitergeführt? Es findet jedenfalls ein Ortswechsel statt und Ivan will ihn doch küssen, oder? Das wär ein Argument dafür, dass Gilbert sich automatisch normal benimmt, also vielleicht so was wie schlafwandelt.

Viel wichtiger ist aber die Frage, warum ein Mensch plötzlich so schlimme Halluzinationen bekommt. Ich habe zwei Theorien bezüglich dieses Themas. Die erste ist: Das sind Erinnerungen. Vielleicht hat Gilbert seine Erinnerungen nach Preußens Auflösung verloren und die kommen jetzt wieder. Das würde mich ein wenig an E-viehs FF "Kontakt" erinnern, in der die verkörperten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg beschlossen haben, nicht länger Nationen sein zu wollen und ein ganz normales Leben als Menschen zu führen. Aber das passt auf deine Geschichte nun wirklich nicht ganz.

Die zweite Theorie, welche auch die ist, die ich viel wahrscheinlicher finde, ist folgende: Das, was du als reale Welt einführst, ist eigentlich eine Fantasiewelt, eine einfache Halluzination von Preußen (ich unterscheide mal zwischen Preußen und Gilbert), vielleicht weil er mit der Realität nicht klar kommt oder weil er irgendwas braucht, in das er gedanklich flüchten kann.

Jetzt muss man aber noch wissen, von welchen geschichtlichen Ereignissen das inspiriert ist. In der 'Realität' ist Ivan Gilberts Chef, Ludwig hat ihn rausgeschmissen und Ivan kann Mr. Jones nicht leiden. Also in Zeiten der DDR und dem Kalten Krieg? Recht kurz nach der Gründung, Gilbert sagt ja, er arbeite erst seit einem Jahr bei "Drive Drive Repairs" (genialer Name xD), also vielleicht 1950?
Real natürlich ungefähr in der heutigen Zeit, da Ivans Eltern ja aus der ehemaligen UdSSR kommen und Ivan nicht mal Russisch kann.

Bei der 'Halluzination' ist der Krieg verloren und Ivan nennt ihn "Pru-chan", also Preußen, nicht DDR. D.h. irgendwas zwischen 1945 und 1949, vermutlich eher 1945.
Wenn man das jetzt mit der 'Realität' vergleicht, passt das nicht so ganz: 1945 und 1950. Preußen und DDR. Das spricht jetzt gegen meine Lieblingstheorie, schade. Es wird ja vermutlich nicht so sein, dass Preußen eine Fantasiewelt hat, in der er sozusagen schon in der Zukunft lebt.
Mist. Ich komm nicht drauf, was es sonst noch sein könnte.^^

Dein Schreibstil ist übrigens toll, sehr flüssig zu lesen, auch wenn hier und da mal ganz kleine Fehler drin sind. (Beispiele: 'gegenseitig an sich Gefallen gefunden' (wobei ich dir echt raten würde 'aneinander Gefallen gefunden' zu schreiben) oder: "Ich habe keine Ahnung, was los ist [...]" oder in nem Satz danach schließt du einen Nebensatz nicht wieder mit Komma: 'die Hand, die [...] , verscheuchte das Gefühl von Reue sofort wieder.')
Das fällt den meisten Menschen beim Lesen zwar sicher nicht sehr auf, stört auch nicht besonders, aber du machst den Eindruck, als wär dir Rechtschreibung nicht egal, also dachte ich mir, ich sag dir das mal.

Ansonste freue ich mich auf das nächste Kapitel, also lass dir nicht zu viel Zeit! ;D


Liebe Grüße,

Riu


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