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Selfish Princess

(Miku x Luka)
von

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A new Student

Es war 7 Uhr morgens in Osaka. Die Sonne war schon dabei aufzugehen und die Stadt war auch zu dieser frühen Stunde schon sehr belebt. Eine Menschenmasse hatte sich auf dem Bahnsteig versammelt und wartete darauf, das der Zug zum Halten kam. Für viele war die Bahn die ideale Möglichkeit morgens zur Arbeit zu fahren. Als die Türen des Zugs sich endlich öffneten, strömte erst einmal eine weitere Menschenmasse hinaus. Leute aus den umliegenden Städten reisten jeden Morgen extra in die Großstadt.

Eine junge Frau, die einen großen Koffer hinter sich her zog und mit einigen Taschen beladen war, bahnte sich ihren Weg aus der Masse. Sie warf einen letzten Blick zu dem Zug, mit dem sie angereist war. Die Leute, die bis eben noch am Bahnsteig gewartet hatten, waren nun dabei in die Bahn zu steigen.

Bevor sie ihren Weg fortsetzte, kramte sie in einer ihrer Taschen und hielt schließlich ein Blatt Papier in der Hand. Eine Karte um genau zu sein. Einen Moment lang studierte sie diese konzentriert, dann setzte sie sich wieder in Bewegung. Im Hintergrund fuhr der Zug, welcher sie her gebracht hatte, wieder ab.

Die junge Frau warf noch einen letzten sehnsüchtigen Blick zum Bahngleis, bevor sie sich entgültig abwandte und den Weg Richtung Stadt einschlug.

Ade altes Leben und hallo neue Schule. Da ihre Mutter für einige Zeit einen Job in Deutschland angenommen hatte und sie Japan nicht hatte verlassen wollen, würde sie von heute an ein Internat besuchen.

Ganz in Gedanken spielte sie mit einer der langen rosanen Strähnen, welche ihr über die Schulter hingen. Es war ein komisches Gefühl mitten im Jahr die Schule zu wechseln und von nun an in einer Stadt zu leben, in der sie zuvor noch nie gewesen war. Das war das erste Mal, das sie so lange von Zuhause wegbleiben würde. Sie hatte ihre Freunde und Bekannten in Kyoto zurückgelassen, ihre Mutter war nun seit zwei Tagen in Deutschland.

Ein wenig mulmig zu Mute war Luka irgendwie schon. Sie wusste nicht, was sie wohl in der neuen Schule erwarten würde. Hoffentlich würde sie direkt Anschluss finden. Aber sie war kein kleines Kind mehr, sie würde die neue Situation schon irgendwie meistern.

Vor dem Hauptbahnhof angekommen fragte sie sich bis zu einer Bushaltestelle durch, las aufmerksam den Fahrplan und befand sich 4 Minuten später auch schon auf der Reise zu ihrer neuen Schule. Die Busfahrt dauerte fast eine ganze Stunde. Inzwischen war es kurz vor Acht.

Als sie ihr Ziel endlich erreicht hatte, hievte sie erst einmal sämtliches Gepäck aus dem Bus und warf erneut einen Blick auf die Karte, welche man ihr zugeschickt hatte.

Hier irgendwo musste dieses Internat doch sein, fragte sich bloß wo? Wenn sie der Karte Glauben schenken durfte, dann befand sich die Schule ganz oben auf dem Hügel, an dessen Fuß sie gerade stand. //Wie klischeehaft//, dachte sie bei sich, schmunzelte leicht und ging weiter.

Luka konnte sich wirklich besseres vorstellen als bepackt mit Koffern und Taschen einen Berg hochzuwandern, doch an diesem Umstand ließ sich nichts ändern. Sie versuchte den Marsch irgendwie positiv zu sehen und prägte sich gleich schon mal ein, welche Geschäfte es auf dem Weg zur Schule eigentlich gab.

Nach einer Viertelstunde hatte sie es endlich geschafft das Schultor zu erreichen. Erneut blieb die Rosahaarige stehen und musterte das Gelände, welches sich vor ihr erstreckte. Allein schon der Zaun, der das Grundstück eingrenzte, war riesig. Ein schmaler Weg führte direkt zu einem großen Haus, welches hellgelb und weiß gestrichen war. Zwar wirkte das Gebäude schon etwas älter, doch machte es einen adretten Eindruck. Die junge Frau vermutete, das es sich bei diesem Haus um das Schulgebäude handelte. Ein kleines Stück weiter östlich lag ein zweites Gebäude. An den Fenstern hingen Gardinen und vereinzelt hingen Blumenkästen nach draußen. Ob das das Wohngebäude war?

Wie es wohl war ein Internat zu besuchen? Bisher kannte sie nur ganz normale Schulen. Nach einem weiteren Moment brachte sie sich endlich dazu das Tor zu öffnen und das Gelände zu betreten. Am besten sie suchte zuerst einmal das Sekretariat. Wenn sie das erst einmal gefunden hatte, würde man sie mit Sicherheit zur Direktorin bringen, die ihr noch einiges über die Schule erzählen, ihr einen Stundenplan, ihre Schulbücher, den Schlüssel für ihr Zimmer und ihre Schuluniform geben musste.

Die Rosahaarige vermutete, das das Sekretariat irgendwo im Schulgebäude sein musste. Also steuerte sie auf das gelbe Gebäude vor sich zu, öffnete eine der schweren Türen und betrat eine Halle.

Wow...ob das die Pausenhalle war? Der Raun war riesig, hier und da standen Bänke und Tische. Für eine Schule war es hier ziemlich sauber, wie sie fand.

Aber sie war nicht hier um die Halle zu bestaunen. Hinter einer Glastür lag ein Flur und ein Treppenhaus. Unschlüssig blieb sie stehen. Wo lang jetzt? Das Gebäude war riesig. Vermutlich würde es ewig dauern, wenn sie planlos durch die halbe Schule rennen würde um das Sekretariat zu suchen.

Luka blickte sich um und suchte nach Schildern. Vielleicht war der Weg bis zum Sekretariat oder Lehrerzimmer ja ausgeschildert? Doch das Glück war nicht mit ihr. Hier im Erdgeschoss befand sich kein einziges Schild. Spontan beschloss sie die Treppen zur ersten Etage hochzuwandern. Lehrerzimmer lagen meistens im ersten Stockwerk.

Nachdem sie die Treppen hinter sich gelassen hatte, stellte sie kurz ihr Gepäck ab. Von hier aus gabelten sich nun drei Gänge. Das durfte doch nicht wahr sein! Diese Schule war ein einziges Labyrinth und hatte zu allem Unglück auch noch drei Etagen!

//Wenn das so weiter geht, komme ich wirklich total zu spät.// Der Unterricht hatte eh schon angefangen, aber das war nicht weiter tragisch. Sie hatte um halb neun einen Termin mit der Direktorin der Schule. Bevor sie den Unterricht besuchen konnte, musste man ihr eh erstmal alle nötigen Bücher aushändigen.

Von einem Klassenraum am Ende des zweiten Ganges konnte sie leisen Gesang hören. Ansonsten war das Gebäude totenstill.

Neugierig geworden folgte die Rosahaarige der Stimme. Je näher sie dem Raum kam, desto klarer konnte sie den Liedtext verstehen. Es kam nicht oft vor das sie ihre Umgebung komplett ausblendete, doch diese Stimme hatte sie in ihren Bann gezogen. Hell und glasklar. Nicht oft hatte sie eine so schöne Stimme gehört. Ihr Gepäck schleppte sie zwar weiterhin mit, hatte dessen Gewicht jedoch für einen Moment vergessen.

„Wunderschön, oder?“, riss sie eine Stimme aus ihren Gedanken. Ein wenig ertappt drehte Luka sich um und entdeckte ein blondes Mädchen. Die Andere war ein gutes Stück kleiner als sie selbst.

Sie nickte nur. „Ja, sie kann wirklich singen.“ Egal wer sich da nun hinter der Tür verbarg, die Person konnte wirklich gut singen.

„Für ihr Talent bewundern wir sie hier alle.“, sagte die Fremde und warf ihr dann ein freundliches Lächeln zu. „Du bist neu hier, oder?“

„Ja, bin ich.“, bestätigte die Rosahaarige. „Und ich fürchte ich habe mich ein wenig verlaufen.“

Angesprochene zupfte an der Schleife, welche sie im Haar trug und setzte dann ein wissendes Grinsen auf. „Das ist mir damals auch passiert. Suchst du das Lehrerzimmer?“

„Ich habe in zehn Minuten einen Termin bei der Direktorin. Kannst du mir vielleicht sagen, wo ich sie finde?“

Als hätte sie nur auf diese Frage gewartet, nickte die Kleine und gab ihr einen Wink ihr zu folgen.

„Ich bring dich hin. Das Büro liegt eh auf dem Weg.“

Und schon war das Mädchen losgelaufen. Luka musste sich beeilen um nicht abgehängt zu werden. Die Jüngere war ja ziemlich aufgedreht. „Ach ja, ich heiße Rin.“, stellte sie sich vor, während sie um eine Ecke bog,

„Ich bin Luka. Freut mich dich kennen zu lernen.“, entgegnete die neue Schülerin.

Im nächsten Moment standen sie auch schon vor einer weiteren Glastür. „Die letzte Tür auf der linken Seite.“, erklärte die Blonde gut gelaunt. „Ich muss zurück in die Klasse. Eigentlich sollte ich ja eh nur neue Kreide holen.“ Und schon machte sie wieder auf dem Weg. „Danke dir!“, rief Luka ihr nach.

Sie folgte Rins Wegbeschreibung und fand sich kurze Zeit später wirklich vor dem Büro der Direktorin wieder. Kurz hielt sie inne, dann klopfte sie an die Tür und hörte kurze Zeit später auch schon ein 'herrein'.

Die Direktorin war bestimmt schon Mitte fünfzig, trug eine Brille und hatte das ergraute Haar zu einem strengen Dutt gebunden. Sie machte einen nicht gerade freundlichen Eindruck.

Kaum hatte die Rosahaarige das Büro betreten und ihr Gepäck abgestellt, da ergriff die andere Frau auch direkt das Wort.

„Du musst Luka Megurine sein, richtig?“

Sie nickte. „Ja, richtig. Es freut mich Sie kennen zu lernen.“

Die Ältere bat sie Platz zu nehmen und reichte ihr ein Formular, welches sie ausfüllen musste.

„Ich bin die Direktorin dieser Schule, Frau Akimoto. Es freut mich dich an meiner Schule begrüßen zu dürfen.“

Bevor Angesprochen überhaupt antworten konnte, hatte Frau Akimoto wieder das Wort an sich gerissen. „Es ist recht ungewöhnlich mitten im Jahr die Schule zu wechseln.“

„Ich weiß. Meine Mutter müsste schon mit Ihnen gesprochen haben. Sie ist aus beruflichen Gründen für eine Zeit nach Deutschland gezogen und hat mich deswegen her geschickt.“, erklärte sie. Kurz schien das Oberhaupt der Schule zu überlegen, dann nickte sie. „Ich erinnere mich.“

Es folgte die Übergabe der Schulbücher, des Zimmerschlüssels und ihrer Schuluniform. Außerdem musste sie noch die Hausordnung lesen und unterschreiben. Als dies endlich geschafft war, war die erste Schulstunde bereits zuende und im Treppenhaus waren die Stimmen von Schülern zu hören, welche vermutlich gerade den Raum wechselten.

Dann klopfte jemand an die Tür des Büros. „Herein!“, rief frau Akimoto aus. Die Tür öffnete sich und ein grünhaariges Mädchen spähte ins Zimmer.

„Ah, da bist du ja. Du übernimmst die kleine Hausführung und zeigst Luka euer Zimmer?“

Angesprochene nickte der Direktorin zu. „Geht klar.“ Und mit diesen Worten hatte sie sich auch schon an die Rosahaarige gewand. „Hi, ich bin Gumi. Wir gehen in die gleiche Klasse und sind ab jetzt wohl Zimmergenossen.“ Sie lächelte ihr zu und reichte ihr eine Hand.

„Freut mich. Ich hoffe wir werden uns verstehen.“ Luka entschied das es das beste war, zu ihrer neuen Klassenkameradin erst einmal höflich zu sein und zu versuchen sie besser kennen zu lernen um sie richtig einschätzen zu können. Im Allgemeinen machte das andere Mädchen aber einen netten Eindruck.

„Ach klar! Los komm, ich zeig dir erstmal unser Zimmer, damit du dein Gepäck abstellen kannst.“

Sie verabschiedeten sich noch von der Direktorin, dann begann auch schon die Reise durchs Schulgebäude. Die neue Schülerin versuchte sich die Wege so gut es ging einzuprägen und den Erklärungen des Mädchens zu folgen.

„Du bist schon lange hier, oder?“, wollte sie dann wissen. Die Grünhaarige nickte. „Ja, seit ich 12 bin, glaube ich. Die Lehrer sind zwar streng, aber eigentlich ist es hier ganz gut auszuhalten. Und wer gut in Musik ist, der braucht sich eh schon fast keine Sorgen mehr zu machen.“

Luka bezweifelte zwar das ein Talent in Musik schon die halbe Miete sein sollte, doch sagte sie erstmal nichts weiter dazu. Sie war eh nicht auf den Kopf gefallen und würde demnach auch im Unterricht mitkommen.

„Sag mal, stimmt es eigentlich, das das eine reine Mädchenschule ist?“, wollte sie dann wissen. „Damit hast du wohl Recht.“ Gumi lachte. „Aber wenn du dich lieber zu Jungs gesellst, unten in der Stadt steht das Gegenstück zu unserem Internat.“

„Hey! So war das jetzt auch wieder nicht gemeint!“, beschwerte Luka sich.

Mit ihrer Zimmernachbarin verstand sie sich zum Glück auf Anhieb gut. Die Grünhaarige war zwar sehr direkt, doch das störte sie nicht.

„Ich muss dir in der Pause gleich unbedingt Miki vorstellen. Ich glaube ihr versteht euch auch gut.“, rief die andere gut gelaunt aus. „Wer ist Miki?“, hakte die Rosahaarige nach. „Eine gute Freundin von mir. Sie ist etwas schüchtern, aber wirklich nett.“

Inzwischen hatten sie das Schulgebäude verlassen und waren rüber zum Wohngebäude gewandert.

Ihr Weg führte die beiden Mädchen bis in die zweite Etage, dann bogen sie direkt in den ersten Flur. Gumi blieb vor dem zweitletzten Zimmer links auf dem Gang stehen und schloss die Tür auf.

„Da wären wir.“, stellte sie fest. Gemeinsam betraten sie den Raum.

„Oh mein Gott...“, war das erste, was Luka spontan einfiel. „Ich weiß, die Aussicht auf den See ist spitze!“, stimmte die Grünhaarige ihr zu zu.

„Nicht das ich dir zu nahe treten will, aber ich meinte damit eher das Chaos.“ Die Ältere räusperte sich leicht. Und wirklich – der Raum sah aus als wäre hier eben eine Bombe eingeschlagen.

Überall lagen Bücher, Hefte, Zeitschriften, Krimskrams und Kleidungsstücke herum. Mitten auf dem Tisch entdeckte die neue Schülerin einen BH.

„Oh, das meinst du. Naja, ich fürchte ich muss nachher noch ein wenig aufräumen.“, stellte Gumi fest. Ihr schien dieses Chaos nicht mals peinlich zu sein. „Ah ja, das rechte Bett ist deins. Wir müssen es nur noch etwas frei räumen.“ Sie warf der Neuen ein entschuldigendes Grinsen zu.

„Geez.“, seufzte diese nur, schob einige der auf dem Bett liegenden Sachen zur Seite und stellte ihre Taschen ab.

„Worauf wartest du? Zieh dich um, wir müssen zum Unterricht.“, sagte die Grünhaarige dann plötzlich. Das hätte Luka um ein Haar vergessen, war sie doch noch viel zu geschockt von den chaotischen Zuständen, die hier herrschten. Sie selbst liebte die Ordnung.

„Was? Jetzt direkt?“, hakte sie nach. „Ja klar. Ich zeig dir die Schule nachher noch richtig, aber wir müssen gleich zurück zur Klasse.“

Die Rosahaarige packte also ihre neue Schuluniform aus, betete das sie passen möge und sah dann abwartend zu Gumi rüber. Diese reagierte allerdings nicht wie gewünscht, sondern starrte zurück.

„Was denn? Wir sind doch beides Mädchen, also erwarte jetzt nicht das ich den Raum verlasse.“

„Dann dreh dich wenigstens um!“, verlangte die Neue. Luka war es nicht gewohnt sich mit jemandem das Zimmer teilen zu müssen oder sich vor irgendwelchen Leuten umzuziehen.

„Oh man, ist ja schon gut.“ Brav drehte die Kleinere sich also um und starrte stattdessen den Schrank an.

Die Blauäugige seufzte leise und begann damit sich umzuziehen. Die neue Schuluniform, welche vor ihr auf dem Bett lag, war zwar schlicht aber hübsch, wie sie fand.

Gerade hatte sie ihr Shirt und ihre Hose ordentlich aufs Bett gelegt und wollte nach dem Rock ihrer Schuluniform greifen, da meldete die Grünhaarige, welche sich inzwischen wieder umgedreht hatte, sich wieder zu Wort.

„Wow sind die groß! Sag mal sind die echt?“ Der Älteren schoss die Röte ins Gesicht.

„GUMI!“, rief sie entsetzt aus, Angesprochene lachte. „Hey, war nur ein Scherz!“

Schnell schlüpfe Luka in ihre neue Schuluniform und murmelte etwas von :“Mit einer Perversen als Zimmernachbarin...“

Nachdem ihre Klassenkameradin ihr gesagt hatte welche Bücher sie gleich noch brauchen würde, verließen sie das Zimmer wieder. Der Weg vom Wohngebäude bis zur Klasse nahm etwa 5 Minuten in Anspruch. Die Unterrichtsstunde würde noch etwa 20 Minuten dauern, dann war Pause angesagt.
 

Der Matheunterricht war langweilig und Mikus Meinung nach viel zu schwer. Sie hatte es schon lange aufgegeben das Thema noch irgendwie verstehen zu wollen. Anstatt die Aufgaben selbst zu rechnen und ins Heft zu schreiben, schielte sie lieber unauffällig zu dem Spiegeldöschen, welches neben Nerus Matheheft aufgestellt worden war. Die Blonde saß genau vor ihr und hatte den Spiegel wissentlich so platziert, das Miku einen Blick auf ihre Aufgaben werfen konnte.

Dennoch, die Mathestunde zog sich ins Unendliche und wollte einfach nicht enden. Plötzlich wurde jedoch die Tür geöffnet und Gumi und die neue Schülerin betraten den Raum. Das sie heute eine Neue bekommen würden, wusste die Klasse bereits. Nun waren die Matheaufgaben erst einmal abgeschrieben, denn alle waren damit beschäftigt das neue Gesicht anzustarren.

Auch die Türkishaarige hatte den Stift zur Seite gelegt und blickte nach vorn. In der Klasse ging das Getuschel los. Alle waren neugierig auf ihre neue Klassenkameradin.

Auf Mikus Lippen legte sich langsam aber sicher ein Grinsen. Die neue war ein paar Zentimeter größer als sie selbst, hatte ein ausgesprochen schönes Gesicht, helle Haut und strahlend blaue Augen. Rosane Haare fielen über ihren gesamten Rücken und schmiegten sich an ihre sehr weibliche Figur. Die schlichte Schuluniform, die hier alle Schülerinnen trugen, stand der Neuen ausgesprochen gut. Ihr Blick wanderte erneut ihren Körper entlang und blieb schließlich wieder in ihrem Gesicht hängen. Das Grinsen der Türkishaarigen wurde noch eine Spur breiter. Das Mädchen hatte ihr Interesse geweckt.

Ein kleines Papierkügelchen landete vor ihr auf dem Tisch. Sie blickte in die Richtung, aus der das Papier geflogen gekommen war. Im Prinzip wusste sie aber schon von wem es war. Viele würden es sich nun wirklich nicht wagen IHR Papier auf den Tisch zu schnipsen.

So sah sie also direkt zu ihrer braunhaarigen Freundin rüber. Meiko warf ihr ein schelmisches Grinsen zu. „10 Yen für deine Gedanken, Miku.“, flüsterte sie ihr zu. Angesprochene konnte ein leises Kichern nicht unterdrücken. „Sie ist süß, nicht wahr?“, flüsterte sie zurück.

Dann wurde ihre Aufmerksamkeit wieder von der Neuen beansprucht, die gerade die Stimme erhoben hatte. Der Lehrer hatte sie aufgefordert sich vorzustellen.

„Mein Name ist Luka Megurine.“, begann sie also. „Ich bin 16 Jahre und vor Kurzem aus Kyoto hergezogen, da meine Mutter aus beruflichen Gründen nach Deutschland gezogen ist. Ich hoffe das wir uns gut verstehen werden.“ Sie nickte der Klasse höflich zu und wurde dann vom Lehrer angewiese sich neben Teto zu setzen.

Kaum hatte sie sich gesetzt, da prasselten auch schon von allen Seiten Fragen auf sie ein. So viele, das man sie unmöglich alle gleichzeitig beantworten konnte.

„Leute! Ihr könnt in der Pause reden, aber jetzt machen wir noch eine Viertelstunde Mathe.“, wies der Lehrer an.

Da konnte man wohl nichts machen. Widerwillig begaben die Schülerinnen sich wieder an die Arbeit. Ab und an riskierte Miku unauffällig noch einmal einen Blick rüber zu der Neuen, welche zwei Reihen vor ihr saß. Ja, der Rest des Schuljahrs versprach wirklich interessant zu werden, auch wenn ihre neue Klassenkameradin vermutlich noch keine Ahnung von ihrem 'Glück' hatte.
 

Als es schließlich klingelte, erhoben die Schülerinnen sich von ihren Sitzplätzen, hatten es heute aber nicht so eilig wie sonst den Raum zu verlassen. Schon wieder prasselten Hunderte Fragen auf Luka ein. Die Rosahaarige hatte ja nichts gegen diesen freundlichen Empfang, doch wusste sie beim besten Willen nicht, in welche Richtung sie sich zuerst drehen sollte. Rings um ihren Platz standen Leute und quasselten auf sie ein!

Ihre Rettung kam dann allerdings in Form von Gumi. Die Grünhaarige hatte sich einen Weg durch die Masse gebahnt, packte die Blauäugige am Arm und zog sie einfach mit sich. „Sorry Leute, aber ich will ihr noch die Schule zeigen!“, rief sie den Klassenkameraden zu.

Dankbar folgte die Ältere ihr vor die Klasse. Dort wartete schon ein Mädchen auf die beiden, das direkt einen sehr freundlichen Eindruck machte. Sofort bemerkte Luka die Haarsträhne, welche der Anderen vom Kopf abstand.

„Uff, endlich raus hier!“, atmete Gumi aus, als sie die Klassenkameraden abgehängt hatten. Dann fiel ihr etwas ein. „Ah ja Luka, das ist Miki. Ich hab dir vorhin schon von ihr erzählt.“

„Hi!“, rief die andere aus und hatte ein schüchternes Lächeln aufgesetzt. Nachdem Luka und Miki sich vorgestellt und begrüßt hatten, wanderten die drei durchs Schulgebäude. Die wichtigsten Räume wurden erklärt und ihre beiden Klassenkameradinnen warnten sie jetzt schon vor gewissen Lehrern.

Zuletzt erreichten sie die Cafeteria. Die Halle war einfach riesig. Überall hatten sich Schülerinnen an die Tische gesetzt und frühstückten. Auch Luka, Miki und Gumi suchten sich ein Gericht aus, bezahlten und setzten sich an einen freien Tisch.

„Und deine Mutter ist wirklich einfach nach Deutschland und hat dich hier gelassen?“, wollte Miki ungläubig wissen. „Ach, das ist halb so wild. Sie hatte die Möglichkeit ihren Traumberuf annehmen zu können und in zwei Jahren ist sie wieder zurück. Ich gönne ihr die Reise.“

„Warst du vorher schon mal in einem Internat?“ Angesprochene schüttelte leicht den Kopf.

„Nein, bisher noch nie. Aber wenn ich mir euch so ansehe, kann es hier gar nicht so schlimm sein, oder?“ Die beiden lachten. „Nein, hier ist es wirklich ganz chillig.“, grinste Gumi.

Sie quatschten noch etwas und schließlich verkündete die Klingel, das es Zeit war zurück zum Klassenraum zu gehen. Die Mädchen brachten die leeren Tabletts zurück zu dem dafür vorgesehenen Wagen, dann begaben sie sich ins Treppenhaus.

„Jetzt ne Doppelstunde Chemie. Das ist immer auf der dritten Etage.“, erklärte die Grünhaarige und lief schon mal vor. Derzeit waren sämtliche Klassen auf dem Weg in ihre Räume und demnach war das Treppenhaus restlos überfüllt.

Die drei bahnten sich einen Weg durch die Menge und versuchten sich dabei nicht aus den Augen zu verlieren. Gerade Luka musste aufpassen sich nicht zu verlaufen, kannte sie sich hier doch noch gar nicht aus.

„Aus dem Weg!“ Eine unbekannte Schülerin hatte es sehr eilig die Treppen nach unten zu stürmen. Scheinbar war das Mädchen ganz in Gedanken eine Etage zu weit nach oben gelaufen und beeilte sich nun noch rechtzeitig die Klasse zu erreichen. Die hektische Schülerin achtete bei ihrem Lauf nicht wirklich auf andere und so kam es, das sie die Rosahaarige versehentlich tackelte.

Die junge Frau hatte damit nicht gerechnet und bekam das Treppengelände nicht mehr zu fassen. Es ging abwärts. Vor Schreck rückwärts die Treppen runter zu rauschen, blieb ihr ein Aufschrei im Halse stecken.

Doch der erwartete Sturz fand ein schnelles Ende. Überraschenderweise schlangen sich von hinten zwei Arme um sie, verhinderten einen weiteren Fall.

Von jetzt auf gleich war es totenstill im Treppenflur. Sämtliche Schülerinnen hatten inne gehalten und starrten die Szene an, die sich ihnen da bot.

„Das hätte auch schief gehen können.“ Luka konnte das Mädchen nicht ansehen, da die Andere genau hinter ihr stand. Ein Glück. Hätte sie nicht so schnell reagiert, wäre sie vermutlich die Treppen runter gerauscht.

Langsam drehte sie den Kopf, um aus dem Augenwinkel einen Blick auf ihre Retterin werfen zu können. Das Mädchen hatte nach wie vor die Arme um ihren Oberkörper geschlungen, doch diese Tatsache blendete sie gerade aus.

Türkisblaue Augen blickten sie geradewegs an. Die Andere hatte helle Haut, feine Gesichtszüge und lange, türkise Haare, die sie zu zwei Zöpfen gebunden hatte. Das war doch eine ihrer Klassenkameradinnen, oder? Wie das zierliche Mädchen es geschafft hatte sie aufzufangen, das war Luka ein Rätsel.

„Danke dir.“, brachte sie noch immer ein wenig neben der Spur heraus und warf der Anderen ein leichtes Lächeln zu.

Die anderen Mädchen im Treppenflur hatten angefangen zu murmeln. „Miku-sama!“, kreischte irgend jemand und von jetzt auf gleich brachen die anderen Schülerinnen wortwörtlich in Fangirlygekreische aus. Luka fühlte sich wie im falschen Film. Was war denn jetzt los? Ihre Klassenkameradin schien hier ja ein hohes Ansehen zu genießen.

„Aber gerne doch.“, hörte sie Miku sagen. Gerade wollte sie die Andere eigentlich als nett eingestuft haben, als die Türkishaarige sich plötzlich zu ihrem Ohr rüber beugte. „Aber weißt du...nichts ist umsonst.“, flüsterte sie ihr leise zu.

Dann ließ Miku sie wieder los und warf ihr ein Lächeln zu, als könnte sie kein Wässerchen trüben.

„Hey, kommst du? Wir kommen noch zu spät!“, rief eine große Silberhaarige nach ihr.

„Genug getrödelt.“, fügte eine ebenfalls ziemlich große Braunhaarige hinzu.

„Komme ja schon!“ Und schon lief ihre Klassenkameradin die Treppe hoch um sich zu den beiden anderen zu gesellen.

Immer noch ein wenig verwirrt ging Luka die letzten Treppenstufen hoch und gesellte sich zu Gumi und Miki. „Ist alles in Ordnung?“, wollte letzt Genannte besorgt wissen.

„Ja, alles okay. Aber sagt mal, was haben die anderen da gerade für einen Aufstand gemacht?“

„Oh, das kannst du ja noch gar nicht wissen.“, streute Gumi ein. „Das war Miku, die...Schuldiva. Die meisten hier vergöttern sie.“ Die Grünhaarige verdrehte die Augen und schnaubte abfällig.

„Diva?“

„Kommt jetzt Leute, wir müssen zum Klassenraum!“, erinnerte Miki. Die drei beschlossen ihre Unterhaltung auf später zu verschieben und liefen weiter.

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Gerade noch rechtzeitig erreichten die Schülerinnen den Chemiesaal. Anders als die Klasse eben, hatte man die Tische in diesen Raum zu Gruppentischen gestellt. Immer sechs Schülerinnen fanden an einem Gruppentisch platz. Kurz zögerte die Rosahaarige. Sie hatte keine Ahnung wo noch ein Platz frei war.

„Komm doch gleich mit zu unserem Tisch.“, schlug Miki vor und deutete auf einen Tisch, der recht mittig im Raum stand. Dagegen hatte sie nichts einzuwenden und folgte ihren beiden neuen Freundinnen einfach mal.

„Was macht ihr gerade eigentlich in Chemie?“, erkundigte sie sich. „Ach, das ist von Stunde zu Stunde unterschiedlich.“, erklärte Gumi gut gelaunt, während sie ihre Bücher auf den Tisch vor sich räumte.

„Vermutlich mal wieder irgendein Experiment.“, mischte sich das Mädchen ein, neben dem Luka in diesem Fach von nun an sitzen würde. Ihre Klassenkameradin hatte langes, leicht gewelltes, hellblondes Haar. Sie trug einen Haarreif, der starke Ähnlichkeit mit Katzenohren hatte. Merkwürdiger Modegeschmack, wirklich... Dann fiel der Blondine noch etwas ein. „Ah ja, ich heiße übrigens SeeU.“, stellte sie sich vor. „Freut mich.“

Inzwischen hatten alle Schülerinnen ihre Plätze aufgesucht und der Lehrer betrat den Raum. Der Mann war etwa 40 Jahre, trug einen Laborkittel, verwaschene Bluejeans und eine Hornbrille. Sein lockiges, schwarzes Haar stand in alle Richtungen ab. //Der Typ sieht aus wie ein verrückter Wissenschaftler//, war Lukas erster Gedanke, als sie ihren neuen Lehrer sah.

Sie bemerkte, wie die Schülerinnen, welche ganz vorne im Raum saßen, ihre Bücher unauffällig aufstellten und ein wenig weiter nach hinten rückten. Irgendwie beschlich sie das ungute Gefühl, das der Unterricht nicht ganz ungefährlich werden würde.

Der Lehrer begrüßte die Klasse, kontrollierte die Hausaufgaben von letzter Woche und schrieb dann einige Formeln an die Tafel. Daneben wurde in undeutlicher Schrift noch eine Aufgabenstellung gekritzelt. Alles sah ganz nach einem Versuchsaufbau aus.

„Bitte bestimmt je eine Schülerin, die nach vorne kommt und die erforderlichen Materialien für das Experiment mit zum Tisch bringt. Ich habe alles Wichtige an die Tafel geschrieben. Nachdem ihr das Experiment durchgeführt habt, schreibt eure Beobachtungen bitte auf.“

Einen Moment war es still in der Klasse, dann machten sich einige Schülerinnen auf den Weg um das Material zu holen.

Dank der kaum leserlichen Schrift des Lehrers, hatte das Experiment an manchen Tischen allerdings einen...durchschlagenden Erfolg. Ein lautes BOOM ließ alle Blicke nach rechts wandern.

„Hey, geht’s dir gut?“ Haku blickte ihre braunhaarige Freundin skeptisch an. Meiko hielt ein noch rauchendes Reagenzglas in der Hand und blinzelte ein paar mal erschrocken, bevor sie einen Lachflash erlitt. Ihr Gesicht war rußverschmiert.

„Dein Gesicht ist komplett schwarz!“,rief ihre Sitznachbarin entsetzt aus und begann spontan damit ihr mit einem Taschentuch den Ruß aus dem Gesicht zu wischen. „Hey, alles halb so wild, Lily-chan.“, versuchte die Braunhaarige sie zu beruhigen.

Kurze Zeit später hatte auch eine zweite Schülergruppe es geschafft ihr Experiment in die Luft zu jagen. Der Rauch zog durch den ganzen Klassenraum, bis eine leicht angekohlte Teto beschloss die Fenster zu öffnen.

„Sie hätten uns vorwarnen können, das dieser Mist so gefährlich ist!“, zickte Miku verstimmt den Lehrer an. Sie saß mit an Hakus und Meikos Tisch und war spontan rüber zu Neru gerückt um sich in Sicherheit zu wissen.

„Du hast gesehen was passiert ist. Halt das Reagenzglas bloß nicht über den Bunsenbrenner, Gumi!“, rief Seeu entsetzt aus. Miki und Luka warfen der Grünhaarigen mehr als skeptische Blicke zu und rückten vorsichtshalber ein Stück weit vom Tisch weg.
 

Nach diesen zwei mehr oder weniger gelungenen Chemiestunden, verließen die Mädchen den Klassenraum eiligst wieder.

„Ich hab das Gefühl wie ein wandelnder Aschenbecher zu stinken!“, beschwerte Miki sich. Obwohl das Experiment an ihrem Tisch nicht in die Luft geflogen war, hatte der Qualm der anderen Versuche sich doch quer im Klassenraum verteilt.

„Ich habe auch das Bedürfnis so schnell wie möglich zu duschen.“, murrte Luka zustimmend. Missfallend zupfte sie an einer der rosanen Strähnen, roch daran und zog die Nase kraus. Auch sie roch ungesund nach Rauch.

Da sie nicht wusste wo sie jetzt Unterricht hatten, dackelte sie Miki und Gumi hinterher. Die beiden kannten sich hier wenigstens aus.

„Lasst uns doch schnell unsere Taschen in unsere Zimmer bringen und zu den Duschräumen pilgern.“, schlug Miki vor.

„Haben wir denn keinen Unterricht mehr?“, erkundigte Luka sich. Nur vier Stunden erschienen ihr doch etwas wenig. „Normalerweise schon, aber die Lehrerin ist krank.“, erklärte der Rotschopf ihr.

„Heute Nachmittag sind nur noch AGs. Vielleicht solltest du dir auch eine aussuchen.“, fügte Gumi hinzu.

„Welche AGs besucht ihr denn?“, wollte die Rosahaarige wissen. „Ich hab mich dieses Jahr für Kunst entschieden.“ Auf Mikis Lippen hatte sich ein begeistertes Lächeln breit gemacht.

„Ich helfe dabei den Schulgarten in Ordnung zu halten.“, erklärte die Grünhaarige. „Frag am besten mal einen der Lehrer nach einer Liste mit den AGs. Es sind einfach zu viele um die jetzt alle aufzuzählen.“

Inzwischen hatten die Mädchen das Schulgebäude verlassen, waren rüber zum Wohnhaus gegangen und standen nun vor der Zimmertür der Grünhaarigen.

Kaum war die Tür aufgeschlossen, wurden die Schülerinnen auch schon wieder an das Chaos erinnert, welches hier herrschte.

„Ich denke anstelle einer AG werde ich heute erstmal ein wenig aufräumen.“, streute Luka ein. Ihr war diese Unordnung einfach ein Dorn im Auge.

So stellten die Eigentümerinnen dieses Zimmers also ihre Schultaschen ab, suchten nach neuen Klamotten, Duschzeug und Handtüchern, bevor sie das Zimmer wieder verließen. Um auch Miki die Chance zu geben ihre Tasche loszuwerden, begaben die drei sich zum dritten Flur dieser Etage.

Kaum hatte der Rotschopf die Tür geöffnet und war ein paar Schritte ins Zimmer gegangen, da ertönte auch schon eine zweite Stimme.

„Nyah, Miki-chan ist zurück!“ Und mit diesen Worten war eine zweite Rosahaarige vom Bett aufgesprungen und umknuddelte ihre Zimmernachbarin scherzhaft. „Iroha!“, rief die Jüngere aus und befreite sich aus dem Griff.

Gumi wirkte etwas genervt, während Luka eher irritiert ins Zimmer spähte. Sie kannte die leicht verrückte Hello Kitty Liebhaberin ja noch nicht.

„Du willst schon wieder los? Hast du denn gar keine Hausaufgaben auf?“, wollte Iroha wissen. Angesprochene kratzte sich nur leicht am Kopf. „Doch schon, aber erstmal ist duschen angesagt. Der Chemieversuch ist fehlgeschlagen und hat uns alle ausgeräuchert.“

Nach einem kurzen Gespräch verließ die kleine Gruppe das Zimmer wieder.

„Oh man, wie hälst du es bloß aus dir mit der ein Zimmer teilen zu müssen?“, erkundigte Gumi sich bei ihrer besten Freundin. „Ach, Iroha ist eigentlich gar nicht so schlimm. Nur manchmal ein wenig aufgedreht.“ Sie lachte.

Auf der ersten Etage des Wohngebäudes lagen schließlich die Duschräume. Luka war alles andere als begeistert darüber jedes mal quer durchs Gebäude rennen zu müssen, wenn sie duschen wollte, doch es half ja alles nichts. Wenigstens befand sich jede Dusche in einer kleinen Kabine.
 

Nachdem sie sich vom Rauchgeruch befreit und umgezogen hatten, verließen die Mädchen die Duschräume wieder. Inzwischen war es zwei Uhr. Um drei würden die AGs der beiden anderen anfangen, doch so lange hatten sie noch etwas Zeit.

Mit einem lautstarken Grummeln machte Gumis Magen auf sich aufmerksam. Ihre Wangen nahmen eine leicht rosane Farbe an und sie kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Wie wäre es, wenn wir in die Cafeteria gehen und uns was zum Mittag holen, Mädels?“, schlug sie vor. Die beiden anderen lachten.

„Bevor du uns noch verhungerst.“ Aber auch Miki und Luka hatten langsam Hunger bekommen und hatten nichts dagegen langsam mal etwas zu Mittag zu essen.

Eine erneute Wanderung übers Schulgelände stand an, dann standen sie vor einer hoffnungslos überfüllten Cafeteria.

„Scheint als wären wir nicht die einzigen, die auf diese Idee gekommen sind.“, stellte Miki fest. Skeptisch musterte das Mädchen die meterlange Schlange, die an der Theke anstand um zu bezahlen.

„Das kann ja was werden.“, murrte Luka nur. Die drei blickten sich entschlossen an und wagten es dann die Cafeteria zu betreten und sich in der Schlange einzureihen. Es dauerte geschlagene fünf Minuten, bis sie die verschiedenen Menüs mustern und schließlich bestellen konnten.

Mit Tabletts und dem daraufstehenden Mittagessen bewaffnet liefen sie durch den Raum und sahen sich nach einem freien Sitzplatz um.

„Heeey! Leute!“, beanspruchte eine Stimme die Aufmerksamkeit der drei für sich.

Als die Rosahaarige in die Richtung sah, aus der die Stimme kam, entdeckte sie die kleine Blondine, welche ihr heute morgen noch den Weg zum Lehrerzimmer gezeigt hatte. Wie hieß sie noch gleich? Rin, oder?

„Rin-chan!“, begrüßte Miki die Jüngere und bestätigte somit ihren Verdacht.

„Setzt euch doch zu uns.“, schlug das Mädchen vor. Dagegen hatten sie nun wirklich nichts einzuwenden. Mit am Tisch saß noch Teto, welche in Mathematik Lukas Sitznachbarin war.

So aßen die fünf also zu Mittag und unterhielten sich. Es stellte sich heraus das Gumi und Miki Rin schon kannten und mit ihr befreundet waren. Teto war zwar eine etwas stillere Person, doch war sie wirklich okay. Aber viel reden musste sie gar nicht, riss die jüngere Blonde doch dauernd das Wort an sich.
 

Um kurz vor drei verabschiedeten sich die anderen Mädchen dann erstmal, da ihre AGs warteten.

Die Blauäugige verließ erst einmal die Cafeteria und beschloss sich das Schulgelände ein wenig genauer anzusehen. Mal kurz allein zu sein hatte auch etwas Gutes, denn so konnte sie ihre Gedanken ein wenig ordnen.

Das Wetter war angenehm warm, der Himmel blau und wolkenlos und ab und an wehte eine sanfte Briese über die Landschaft hinweg. Gemütlich wanderte die Rosahaarige die Wege, welche sie hier auf dem Schulgelände des Internats fand, entlang und sah sich um. Die Schule war wirklich schön, das musste sie zugeben.

Sie strich sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht, musterte ein besonders schönes Blumenbeet und setzte ihren Weg dann fort. Sie war froh direkt mit so offenen Armen empfangen worden zu sein. Gumi und Miki waren wirklich nett. Und auch mit Rin und Teto verstand sie sich gut.

Kurz musste sie an den Vorfall im Treppenhaus heute denken. Was sie von Miku zu halten hatte konnte sie noch nicht mit Sicherheit sagen. Die meisten Schülerinnen schienen sie wirklich zu verehren und sie hatte ihr vorhin geholfen, doch etwas an dem Mädchen kam ihr falsch vor.

//»Aber weißt du...nichts ist umsonst. «//, das hatte sie gesagt, oder? Wie genau die Türkishaarige das gemeint hatte, oder ob es einfach nur ein Scherz gewesen war, konnte sie nicht genau sagen. Doch Luka beschloss erst einmal nicht weiter darüber nachzudenken.

Dann erinnerte sie sich an die Unordnung, die in ihrem neuen Zimmer noch herrschte. Sie würde am besten schon einmal damit anfangen aufzuräumen. Und ihre Sachen auspacken musste sie auch noch.

Mit diesem Gedanken lief sie also zum Wohngebäude zurück, verlief sich auf der Suche nach ihrem Zimmer ein Mal, bemerkte den Irrtum dann aber und fand den Raum schließlich wieder.

//zweite Etage, Flur 2 Zimmer 234//, versuchte sie sich die Zimmernummer irgendwie einzuprägen.

Kaum hatte sie die Tür aufgeschlossen, da sprang ihr das hier herrschende Chaos förmlich wieder ins Gesicht. Sie seufzte leise. Das würde sicher eine heiden Arbeit werden das alles wieder in Ordnung zu bringen. Oh man, Chaos beseitigen, das sie selbst gar nicht verursacht hatte.

Eher durch Zufall blickte sie noch einmal zur Tür. Irritiert zog sie eine Augenbraue hoch.

Genau vor der Tür lag ein Zettel auf den Boden. Sie hatte das Blatt Papier eben gar nicht bemerkt als sie den Raum betreten hatte. Es schien ganz so, als hätte jemand die Nachricht unter der Tür durchgeschoben.

Neugierig geworden ging Luka also erneut durch den Raum und klaubte die Nachricht vom Boden auf.

Wessen Handschrift das war, konnte sie nicht mit Sicherheit sagen, kannte sie ihre Mitschülerinnen dafür noch nicht lange genug. Die Schrift war ordentlich und mädchenhaft. Scheinbar hatte jemand zum Schreiben einen Füller benutzt.
 

»Hey! Bisher hatten wir noch nicht die Möglichkeit uns kennen zu lernen bzw. wirklich miteinander zu reden. Das würde ich gern ändern. Wir sehen uns um 16 Uhr im Musiksaal.«
 

Das war auch schon alles, was auf dem Zettel stand. Wirklich informativ war das ja nicht. Da Gumi schon länger hier auf der Schule war als sie, vermutete sie, das die Nachricht für sie selbst war. Dummerweise hatte der Absender der Nachricht es aber verpeilt einen Namen unter den Text zu schreiben. Somit war es ein einziges Rätselraten, wer diesen kleinen Brief nun eigentlich verfasst hatte.

Und noch etwas irritierte sie. Die Person, die ihr die Nachricht geschrieben hatte, sah es scheinbar als selbstverständlich an, das sie zur genannten Uhrzeit auch wirklich auftauchen würde. Merkwürdig war das ja schon irgendwie...

Sollte sie darauf nun reagieren oder nicht? Luka war sich nicht ganz sicher. Sie warf einen Blick zur Uhr und stellte fest, das es eh erst 15:20 Uhr war. Sie konnte sich auch gleich noch entscheiden.

Erst einmal würde sie hier etwas aufräumen.

Da sie nicht in Gumis Sachen wühlen wollte, klaubte sie nur sämtliche Kleidungsstücke vom Boden auf, faltete sie und legte sie auf das Bett der Grünhaarigen. Bücher und Hefte wurden auf den Schreibtisch gelegt und der Krimskrams erstmal in eine Ecke verfrachtet.

Allein diese Aufgabe hatte sie schon einiges an Zeit gekostet. Ob es hier irgendwo auch einen Staubsauger gab? Sie würde ihre Zimmernachbarin nachher ganz einfach mal fragen.

Nach der ersten Aufräumaktion hatte sie allerdings erstmal keine Lust mehr. Luka hatte noch einige Hausaufgaben zu erledigen, doch als sie erneut einen Blick auf die Uhr warf, beschloss sie die Aufgaben auf nachher zu verschieben. Irgendwie war sie ja schon neugierig, wer diese Nachricht geschrieben hatte... Und dieses Internat war eh eine Mädchenschule. Was sollte also passieren?

Somit war es beschlossene Sache. Sie verließ das Zimmer wieder, schloss die Tür hinter sich ab und lief die Treppen des Treppenhauses herunter um das Gebäude zu verlassen.

Draußen war es nach wie vor warm, aber die Temperatur war gut auszuhalten. Hier und da liefen einige Schülerinnen vor dem Gebäude herum. Zwar war sie neu hier, doch fiel sie dank der einheitlichen Schuluniformen gar nicht wirklich auf.

So setzte die Rosahaarige also ihren Weg fort, lief rüber zum Schulgebäude, passierte die Pausenhalle und begab sich zur ersten Etage.

Hier irgendwo hatte sie doch heute morgen schon den Musiksaal gefunden, auch wenn das eher ein Zufall gewesen war.

Jetzt war das Gebäude zwar ziemlich still und keine einzige andere Schülerin war auf den Gängen zu sehen, doch vermutete sie, das es schon nicht verboten seien würde auch nach dem Unterricht noch durch die Schule zu gehen.

Fast ganz automatisch schlug sie den Weg zum Musiksaal ein. Irgendwie hatte sie sich die Richtung, in der der Raum lag, auf Anhieb merken können.

Nur noch wenige Meter trennten sie von der Tür, doch aus irgend einem Grund verlangsamte die Schülerin ihre Schritte plötzlich. Sie wusste nicht genau warum, aber ein ungutes Gefühl überkam sie. Luka zögerte noch einen Moment, dann schüttelte sie dieses Gefühl entschieden ab.

Entschlossen griff sie nach der Türklinke und drückte diese herunter.

Der Raum, der hinter der Tür lag, war wirklich riesig. Überall standen Musikinstrumente herum.

Im vorderen Bereich des Raums waren etwa 20 Stühle mit Armlehnen daran aufgestellt worden.

Am Ende des Zimmers befand sich sogar eine kleine Bühne, auf der ebenfalls Instrumente und Lautsprecher standen.

Die Fenster hier waren typisch für einen Altbau – riesig und mehrfach unterteilt. Die schweren Gardinen waren etwas zur Seite gezogen worden, sodass das Sonnenlicht einen Weg ins Innere des Raums fand.

Doch die Klasse war nicht menschenleer. Auf der Fensterbank saßen zwei ihrer Klassenkameradinnen. Wie hießen die beiden gleich nochmal? Um ehrlich zu sein, hatte Luka ihre Namen vergessen. Während die Mimik der großen Silberhaarigen nicht zu deuten war, warf die Schülerin mit den kurzen braunen Haaren ihr ein Grinsen zu und hob die Hand, als einen angedeuteten Gruß.

„Wie schön das du dich entschieden hast auf meinen kleinen Brief hin vorbei zu schauen.“, lenkte eine andere Stimme ihre Aufmerksamkeit auf sich.

Automatisch wandte sie den Kopf Richtung Bühne. Miku hatte sich auf den Bühnenrand gesetzt und blickte geradewegs zu ihr rüber. Zwar hatte die türkishaarige Diva ein perfektes Lächeln aufgesetzt, doch etwas daran wirkte nicht echt.

Mit einer Hand gab sie ihr einen Wink zu ihr rüber zu kommen. Nachdem die Rosahaarige sich in Bewegung gesetzt hatte und auf dem Weg zu ihr rüber war, rutschte Miku vom Bühnenrand, sodass sie nun genau vor der neuen Schülerin stand.

Etwas an ihrem Lächeln veränderte sich erneut, ließ sie noch falscher wirken.

„Hallo...Luka.“, begrüßte die Türkishaarige die Andere schließlich.

Be my girlfriend!

~Mit einer Hand gab sie ihr einen Wink zu ihr rüber zu kommen. Nachdem die Rosahaarige sich in Bewegung gesetzt hatte und auf dem Weg zu ihr rüber war, rutschte Miku vom Bühnenrand, sodass sie nun genau vor der neuen Schülerin stand. Etwas an ihrem Lächeln veränderte sich erneut, ließ sie noch falscher wirken. „Hallo...Luka.“, begrüßte die Türkishaarige die Andere schließlich.~
 

„Also hast du mir die Nachricht geschrieben, Miku?“ Auch wenn ihr Gefühl sie warnte, das das Mädchen vor ihr bei weitem nicht so harmlos war wie es aussah, beschloss sie sich ganz normal zu verhalten. Was hatte sie auch schon zu befürchten? Ob Schuldiva oder nicht, die Andere war geringfügig kleiner als sie und wirkte nicht so, als wenn sie ihr in irgendeiner Art und Weise gefährlich werden könnte. Aber was dachte sie da eigentlich? Warum glaubte sie überhaupt, das die Türkishaarige das wollte? Sie wirkte zwar falsch, aber das war auch schon alles.

„Oh, du kennst meinen Namen?“, hakte das Mädchen nach. Türkise und tiefblaue Augen trafen sich.

„War vorhin nicht zu überhören.“ Leicht verlegen kratzte die Rosahaarige sich am Hinterkopf.

Angesprochene lachte leise. „Meine Fangirls übertreiben manchmal etwas.“, entgegnete sie dann.

„Danke noch mal wegen der Sache mit der Treppe vorhin. Das wäre beinah schief gegangen.“

Wieder warf Miku ihr eins dieser Lächeln zu, die Luka davon abhielten ihr Vertrauen zu schenken.

Die Kleinere streckte eine Hand aus und strich der neuen Schülerin sanft über die Wange.

„Ich hatte eben Angst um dein hübsches Gesicht.“

Leicht irritiert über die Geste und Aussage der anderen wich die Rosahaarige ein Stück zurück.

„Eh? Miku, sag doch sowas nicht!“, rief sie dann aus.

„So schüchtern?“ Die Türkishaarige warf ihr ein harmloses Lächeln zu, wurde dann jedoch wieder ernst. „Aber sag mal, wo hast du deine Freunde gelassen? Ich hatte schon fast damit gerechnet das dich jemand begleiten würde?“ Die Stimme der Diva klang nach wie vor freundlich. Während sie sprach, wanderte sie langsam einen Halbkreis um ihre Gesprächspartnerin, sodass sie quasi die Plätze getauscht hatten. Nun stand die Neue vor der Bühne, während Miku mit dem Rücken zum Raum stand.

„Gumi und Miki?“, hakte Luka nach. Kurz nickte die Kleinere zur Bestätigung. „Die beiden haben diesen Nachmittag noch AGs.“, fügte sie dann hinzu. Kurzzeitig erinnerte sie sich wieder daran, das sie ihren Klassenlehrer noch nach der AG-Liste fragen wollte um zu sehen, ob auch sie eine ansprechende AG fand.

„Und? Hast du dich schon für irgendwas eingetragen?“, wollte Miku dann wissen. Luka schüttelte leicht den Kopf. „Nein, bisher noch nicht. Aber vermutlich werde ich das, sobald ich die Liste erhalten habe.“ Dann fiel ihr noch etwas ein. „Bist du denn in gar keiner AG?“

„Ich?“ Die Türkishaarige wirkte nun ehrlich überrascht. Ihre Gesprächspartnerin fragte sich, was so ungewöhnlich an dieser Idee sein sollte. Ihr Gegenüber war doch eine Schülerin wie alle anderen auch.

„Nein, mit sowas gebe ich mich nicht ab.“, stellte das Mädchen dann entschieden fest. „Ich beschäftige mich lieber mit interessanteren Dingen.“ Und wieder stahl sich dieses falsche Lächeln auf ihre Lippen.

„Ach ja?“ Die Rosahaarige zog fragend eine Augenbraue hoch.

„Und weißt du was das Beste ist? Erst heute morgen wurde mein Interesse von etwas Neuem beansprucht.“ Das Lächeln wurde noch eine Spur breiter, während sie einen Schritt auf ihre Gesprächspartnerin zuging.

Um wenigstens einen kleinen Abstand zu wahren, wich die Ältere ein kleines Stück nach hinten zurück. Sie spürte den Bühnenrand, welcher sich gegen ihr Bein drückte. Das andere Mädchen war ihr eindeutig ein wenig zu nah. Die Rosahaarige fühlte sich in die Ecke gedrängt. Von jetzt auf gleich war dieses ungute Gefühl wieder da, doch konnte sie es nicht genau benennen.

„Und was wäre das, wenn ich fragen darf?“, hakte sie nach.

Das Lächeln der Anderen hatte sich mittlerweile in ein Grinsen verwandelt. Erneut ging sie einen Schritt auf die Ältere zu. Als diese noch ein Stück zurückweichen wollte, fand sie sich auf der Bühne sitzend wieder.

Die Türkishaarige machte erneut einen Schritt, sodass ihre Oberschenkel nun ebenfalls den Bühnenrand berührten. Luka fühlte sich arg bedrängt.

„Sag mal was soll das werden?“, harkte sie nach. Ihre Stimme klang irritiert aber nicht mehr so freundlich wie eben.

„Ist das nicht offensichtlich? Du wolltest doch eben noch wissen, was meine Aufmerksamkeit beansprucht hat.“ Die Diva griff nach einer der rosanen Haarsträhnen und wickelte sie mehrfach um ihren Finger. Spielerisch zupfte sie leicht daran. „Arg!“

„Erst so schüchtern und nun so naiv...~“ Ihre Stimme glich einem sanften Flüstern. Sie legte eine Hand auf den Oberschenkel der Rosahaarigen. Diese sah sie mehr als skeptisch an.

„Sag mal was redest du da?!“ Inzwischen hatte die ganze Szene einen unheimlichen Tick bekommen, wie die neue Schülerin fand. Der Star der Schule rückte ihr gerade eindeutig etwas zu sehr auf die Pelle. Und ganz generell benahm das Mädchen sich komisch.

Anstelle einer Antwort zog Miku ein wenig fester an der Haarsträhne, welche sie immer noch in der Hand hielt. „Sssht!“, unterband sie den Protest der Anderen.

„Du wolltest eine Antwort, ich gebe sie dir.“, stellte sie dann fest.

Die Rosahaarige fühlte sich wie im falschen Film. Dieses zierliche Mädchen, welches so aussah als könne es keiner Fliege etwas zu Leide tun, war gar nicht so harmlos wie man denken sollte. Die Hand, die über ihr Bein streichelte machte es auch nicht gerade besser. Ihr Herz begann eine Spur schneller zu schlagen. Sie hatte das Verlangen diesen Raum so schnell wie möglich zu verlassen.

Heute war ihr erster Schultag hier in dieser neuen Schule und dann gleich sowas!

In ihrer alten Schule hatte sie keine Probleme bezüglich Mobbing gehabt. Man hatte sie in Ruhe gelassen und sie hatte einen großen Freundeskreis. Doch gerade wurde sie das dumme Gefühl nicht los, das das andere Mädchen sich einen bösen Scherz erlaubte und ihre Grenzen austestete.

Doch wenn sie jetzt die Beine in die Hand nahm, dann würde sie der Diva nur eine noch größere Angriffsfläche bieten.

„Nimm die Finger weg! Sag mal was bildest du dir eigentl-...!!!“ Gerade hatte die Ältere zum Konter angesetzt, da zog die Türkishaarige erneut an ihrer Haarsträhne. Diesmal heftiger als eben.

Um zu verhindern Haare einzubüßen, gab Luka dem Ruck nach. Zu spät erkannte sie, das die Jüngere sie mit der Aktion nur ein Stück zu sich rüber hatte ziehen wollen. Bevor sie es wirklich realisierte, legten sich die Lippen der Schuldiva auf ihre.

Die Augen der Rosahaarigen weiteten sich erschrocken. Miku hielt ihre Haarsträhne noch immer fest, sodass sie nicht zurückweichen konnte.

Geistesgegenwärtig griff die Türkisäugige mit der freien Hand nach der Hand der anderen Schülerin. Das Mädchen war in eine Art Schockstarre gefallen. Nun, zum Schweigen gebracht hatte sie sie jetzt ja erstmal. Zwar erwiderte die Neue den Kuss nicht, doch unternahm sie auch keine Anstalten sich zu wehren. Sie hatte sie scheinbar wirklich aus der Bahn geworfen. Wie angenehm weich ihre Lippen doch waren...

Als die Schuldiva schließlich wieder ein Stück zurückwich, hatte sich ein zufriedenes Grinsen auf ihre Lippen gelegt. Die Rosahaarige starrte sie fassungslos an.

„Na, hast du's jetzt verstanden? Du hast meine Aufmerksamkeit auf dich gezogen.“, sagte sie dann.

Angesprochene blinzelte und brauchte einen Moment um sich wieder zu fangen.

Lukas Herz hämmerte von innen gegen ihren Brustkorb, zumindest fühlte es sich so an. Sie konnte es nicht glauben. Sie war jetzt seit ein paar Stunden in dieser Schule und schon hatte sie diese Verrückte am Hals! Ohne es zu merken strich sie sich ungläubig über die Lippen. Wäre dieser Geschmack nach Erdbeerlippgloss nicht immer noch da, hätte sie den Vorfall eben wohl als Wahnvorstellung abgestempelt.

Ungläubig schüttelte sie den Kopf. „Warum hast du mich geküsst? Wir sind beides Mädchen.“, hörte sie dann auch schon ihre eigene Stimme fragen.

Die Türkishaarige kicherte leise und hatte wieder dieses unschuldige Fake-Lächeln aufgesetzt.

„Was du nicht sagst.“, stellte sie fest. „Aber diese Tatsache stört mich nicht sonderlich.“

Luka blinzelte. Entweder war das gerade ein ganz schlechter Scherz, oder das Mädchen vor ihr wollte ihr gerade wirklich erzählen das...

„Weißt du, wir besuchen hier eine reine Mädchenschule. Auch noch ein Internat. Hier zerbricht sich so gut wie niemand den Kopf über sowas.“, mischte die Silberhaarige sich von der Fensterbank aus ein. Als die Rosahaarige zu ihren beiden anderen Klassenkameradinnen rüber spähte, stellte sie fest, das diese nach wie vor am Fenster saßen und die Szene gelassen musterten.

Dann schenkte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Miku, da diese erneut das Wort an sich riss.

„Nur um uns nicht falsch zu verstehen – ich will hier keine Mobbingversuche starten oder so.“

Angesprochene zog eine Augenbraue hoch. „Ach, und was soll das denn werden?“

Die Türkishaarige schüttelte nur den Kopf. „Du hast ein wunderschönes Gesicht, eine außergewöhnliche Haarfarbe, einen perfekten Körper und eine angenehme Stimme. Kurz gesagt : ganz mein Geschmack.“, sagte sie dann ungerührt.

Der Älteren entgleisten die Gesichtszüge. „Und daher ist die Sache glasklar. Ich will dich und ich bekomme IMMER was ich will.“

„Du bist doch verrückt...!“ Etwas anderes kam Luka spontan nicht in den Sinn.

Miku zog ein amüsiertes Gesicht. „So würde ich das jetzt nicht sagen. Verrückt ist so ein negatives Wort. Sagen wir lieber, ich bin zielorientiert.“

„Weißt du, viele würden sich darum reißen meine Freundin seien zu dürfen.“, fügte sie dann hinzu.

„Ich aber nicht, denk's dir.“, murrte die Rosahaarige nur.

„Als wenn ich nach deiner Meinung gefragt hätte.“, grinste die Jüngere sie an.

„Ich bin doch keine Puppe!“, knurrte die größere Schülerin die Diva an.

„Kyah! Selbst wütend noch so süß!“ Erneut nutzte sie den kurzen Moment der Verwirrung um der Älteren einen Kuss auf die Lippen zu hauchen.

Just in diesem Moment wurde die Tür zum Musiksaal geöffnet. Eine Schülerin mit platinblonden Haaren, welche einen Stapel Notenblätter trug, betrat den Raum. Die Blonde ging nicht in die Klasse der vier anderen.

Eine Sekunde musterte die Schülerin die Szene die sich ihr bot überrascht, dann sah sie sich nach einem Platz um, wo sie die Notenblätter möglichst schnell ablegen konnte.

„Gomen Miku-sama!“, rief sie leicht nervös aus.

„Was für ein Timing, Miriam.“, amüsierte die Silberhaarige sich von der Fensterbank aus.

„Mir wird das hier eindeutig zu bunt, ich gehe! Such dir ein anderes Spielzeug, aber nicht mich!“

Luka nutzte ihre Chance um die Türkishaarige an der Schulter zu packen und von sich zu schieben.

Schnell rutschte sie vom Rand der Bühne und schritt an der Schuldiva vorbei. Sie wollte nur noch raus hier!

Miku hielt sie nicht auf, sodass sie schon glaube den Raum ohne weiteres verlassen zu können.

Plötzlich stand jedoch die Braunhaarige von der Fensterbank auf, ging mit schnellen Schritten durch den Raum, holte sie ein und packte sie grob am Arm.

„Wo hin des Weges? Ich könnte schwören Miku hat nichts von Gehen gesagt.“

„Ah! Lass mich los!“ Der Griff, mit dem ihre Klassenkameradin sie festhielt, war mehr als unangenehm. Das Mädchen war einen guten halben Kopf größer als sie.

„Lass sie ruhig, Meiko. Ich bin mir sicher Lu-chan hat noch einige Hausaufgaben zu erledigen.“, streute Miku ein. Der Griff um Lukas Arm lockerte sich etwas.

Die Braunhaarige beugte sich zu ihrem Ohr rüber, was sie erstarren ließ. Was kam denn jetzt noch?!

„Denk nicht mal im Traum dran das hier an die große Glocke zu hängen. ...Nur ein guter Rat von mir.“ Zwar waren die Worte nur geflüstert, doch der drohende Unterton war kaum zu überhören.

Damit ließ Meiko ihren Arm entgültig los und grinste sie an, als seie nichts gewesen. So schnell es ging rauschte Luka aus dem Raum.
 

Oh Gott! Was war das bloß für eine Schule?! Oder besser gesagt : warum hatte ausgerechnet SIE das Pech das das Schulsternchen hinter ihr her war? Ihr Herz schlug immer noch ungesund schnell.

Bis eben hatte sie die Sache noch für einen Streich gehalten, doch das siegessichere Funkeln in den Augen der Türkishaarigen hatte ihr anderes erzählt. Wer war dieses Mädchen, das sie glaubte so einfach ihren Willen zu bekommen?

Luka war nach wie vor fassungslos. Glaubte die Andere wirklich, das sie sich in eine Rolle drängen lassen würde, die sie eigentlich gar nicht wollte? Wenn andere vielleicht auch dafür morden würden an der Seite der hübschen Türkisäugigen sein zu dürfen, sie tat es nicht. Ihrer Meinung nach war dieses Mädchen eine Tyrannin im Schafspelz! Was dachte sie sich eigentlich so mit anderen Menschen zu spielen?

Was ihre Freundinnen wohl sagen würden, wenn sie ihnen von dem Vorfall erzählte? So viel sie wusste, konnte Gumi Miku nicht leiden. Damit hätte sie zumindest schon einmal eine Verbündete, mit Miki vermutlich gleich zwei.

Doch dann hielt sie inne. War es eine gute Idee den anderen Mädchen von dem Vorfall zu berichten? Ihr schmerzender Arm erinnerte sie gleich wieder daran, was die Braunhaarige gerade noch gesagt hatte. Und sie hatte nicht so ausgesehen, als würde sie scherzen. Mit der Frau wollte sie sich nun wirklich nicht anlegen. Allein der Griff eben hatte sie glauben lassen, ihr Arm seie in einen Schraubstock geraten. Und Haku? Nun, die große Silberhaarige hatte sich die ganze Szene nur angesehen ohne einzugreifen, doch sie wurde das dumme Gefühl nicht los, das das Mädchen keinen Deut besser war als Meiko. Warum sonst hätten die beiden eben die ganze Zeit über im Raum sitzen sollen?

//Wo bin ich da bloß reingeraten?// Langsam stieg die Verzweiflung in ihr auf. //Ob es reicht, wenn ich denen einfach nur aus dem Weg gehe?// Sie bezweifelte es, doch einen Versuch war es wert.

//Arg! Ich hätte nie zum Musiksaal gehen sollen!//

Eiligst ging sie durch die Flure des Schulgebäudes, schritt die Treppen bis ins Erdgeschoss hinunter und verließ schließlich die Pausenhalle.

Nach einigen weiteren Schritten blickte sie sich skeptisch um. Doch die Sorge der Rosahaarigen war unbegründet. Niemand war ihr gefolgt.

Leise seufzend setzte sie ihren Weg fort. Am besten begab sie sich erst einmal zurück ins Wohngebäude. Sie wusste nicht warum, aber der Gedanke das sie ihr Zimmer abschließen konnte, beruhigte sie irgendwie.
 

Als Luka schließlich ihr Zimmer erreicht hatte, setzte sie sich an den Schreibtisch und beschloss sich auf andere Gedanken zu bringen, indem sie die Mathe- und Chemiehausaufgaben in Angriff nahm. Zwar hatte sie diese Fächer morgen nicht, doch es war besser die Aufgaben erledigt zu haben, bevor sie sie noch vergaß.

So kramte sie also erst einmal das Chemiebuch und einen Collegeblock aus ihrer Schultasche, schnappte sich einen Kugelschreiber, welcher noch auf dem Schreibtisch lag und begann damit die Aufgaben zu bearbeiten. Oh man...Chemie war noch nie wirklich ihr Fach gewesen. Sie musste die verschiedenen Abkürzungen und Formeln erst einmal nachschlagen, bevor sie weiterarbeiten konnte. Doch heute fiel es ihr besonders schwer sich überhaupt zu konzentrieren.

Immer wieder ertappte sie sich dabei, sich mit einem Finger leicht über die Lippen zu streichen. Arg! Sie konnte es einfach nicht fassen! Diese...!

Die Rosahaarige schüttelte den Kopf. Sie konnte sich später noch über ihre Klassenkameradin den Kopf zerbrechen, doch jetzt musste sie irgendwie die Hausaufgaben schaffen.
 


 

~~~~~
 

*Ich habe lange überlegt wie genau ich dieses Kapitel schreiben sollte, doch ich denke langsam sollte sich der Name meiner FF klären. Ob und wie Luka sich wehren wird...naja, das könnt ihr in Kürze lesen ;)

World is mine

Nach guten zwanzig Minuten hatte Luka es geschafft die Ereignisse von eben für einen Moment auszublenden. Sie war mit den Gedanken ganz bei den Chemiehausaufgaben. Das ständige Umblättern nervte zwar, doch langsam aber sicher kam sie den Lösungen der Aufgaben auf die Spur. //Vielleicht hätte ich die wichtigsten Formeln bei Zeiten auswendig lernen sollen//, tadelte sie sich in Gedanken selbst. Ein wenig mehr Grundwissen in Chemie und das ständige Blättern im Buch wäre ihr erspart geblieben. Und als wenn dieses Fach nicht schon genug Arbeit gewesen wäre, nein gleich musste sie sich auch noch um Mathe kümmern.

Das war ihr erster Schultag hier und dann gleich so viele Hausaufgaben. Na hoffentlich war das nicht jeden Tag so. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, wie viel Arbeit sie erst vor Prüfungen und Klausuren erwarten würde!

Ganz in ihre Aufgaben vertieft, hörte sie die Schritte auf dem Flur nicht näher kommen. Als schließlich jemand die Tür aufschloss und öffnete, fuhr sie erst einmal zusammen.

Die Rosahaarige wirbelte herum und blickte zu der Person, die gerade das Zimmer betreten hatte.

Im ersten Moment hatte sie darauf getippt das Miku oder eine der beiden anderen ihr gefolgt waren, doch zum Glück war dem nicht der Fall.

„Hey, ich bin's doch nur! Du siehst ja aus, als hättest du einen Geist gesehen.“, amüsierte Gumi sich. Uff, nur ihre Zimmernachbarin...ein Glück!

„Ich war so in die Hausaufgaben vertieft, das ich nicht gemerkt habe das du über den Flur gelaufen bist.“, rückte sie mit der halben Wahrheit raus und kratzte sich leicht verlegen am Hinterkopf.

„Du hast schon mit den Hausaufgaben angefangen?“, hakte Gumi nach.

„Ist das so ungewöhnlich?“

Die Grünhaarige blickte sich im Zimmer um. „Also dafür das es hier schon so ordentlich aussieht ja.“

Die Ältere verdrehte die Augen. „Das war ne ziemliche Arbeit. Ich hoffe du verwüstest den Raum nicht noch mal so.“ Angesprochene kicherte. „Ich werd's versuchen.“

Dann fiel Luka noch etwas ein. „Wie war die AG?“, wollte sie wissen.

„Ach, heute eigentlich ganz nett. Bei dem schönen Wetter ist es angenehm im Garten zu arbeiten.“, gab sie Auskunft.

„Kann ich mir vorstellen.“

Die Grünhaarige wanderte rüber zu ihrem Bett, setzte sich bequem darauf und begann damit ihre Hefte aus ihrer Tasche zu kramen, da auch sie sich nun um ihre Hausaufgaben kümmern wollte.

Für eine Weile schwiegen die Mädchen nun erstmal, da es bei Chemie und speziell Mathe sehr hinderlich gewesen wäre, sich nebenbei zu unterhalten.

Nachdem Luka ihre Aufgaben endlich beendet hatte, klappte sie die Hefte ordentlich zusammen.

Dann erinnerte sie sich daran, das sie noch ihren Koffer auspacken musste. Der linke Kleiderschrank hier im Raum schien ihr zu gehören, denn er war noch komplett leer. So stand sie also auf, öffnete die Schranktüren und begann damit die mitgebrachte Kleidung in die einzelnen Fächer zu sortieren. Auch Gumi war vom Bett aufgestanden und beobachtete sie bei der Arbeit.

„Ist das so interessant, das du alles stehen und liegen lässt?“, hakte die Rosahaarige leicht grinsend nach. Zu ihrer Überraschung nickte ihre Zimmernachbarin.

„Allein der Modegeschmack sagt viel über eine Person aus. Ich bin halt neugierig.“, antwortete sie gut gelaunt.

Nachdem auch diese Aufgabe gemeistert war, überlegten die beiden, was sie jetzt noch tun konnten. Spät war es noch nicht gerade, zu tun gab es aber auch nichts mehr.

Im Nachbarzimmer polterte irgendwas. Während Luka den Krach gar nicht weiter beachtete, schien Gumi plötzlich eine Idee zu haben. „Lass uns doch mal rüber zu Teto und Rin gehen. Die beiden wohnen direkt nebenan.“

Dagegen hatte die Rosahaarige nichts einzuwenden. Somit gingen sie also die 'Nachbarn' besuchen und verbrachten den restlichen Abend mit Quatschen.

Mit ihren Zimmernachbarinnen hatte sie wirklich Glück gehabt, wie sie fand. Rin und Gumi waren beide sehr redselig und im Doppelpack noch hyperaktiver, doch dafür war Teto nach wie vor eher ruhig .Während die Anderen also rumalberten, hatten auch Luka und Teto schnell ein Gesprächsthema gefunden. Sie lasen beide gern Bücher und mochten auch noch etwa die gleichen Genres. Somit konnten sie gut über einige Bücher fachsimpeln oder die jeweils Andere über ein noch nicht gelesenes Schriftstück aushorchen.
 

Erst spät Abends, als alle wieder in ihren eigentlichen Zimmern waren und versuchten zu schlafen, musste die Rosahaarige wieder an den Vorfall heute im Musiksaal denken.

Sie hatte den anderen nichts davon erzählt, zu groß war die Angst vor möglichen Konsequenzen. Sie hatte die Worte der Braunhaarigen nach wie vor nicht vergessen. Und wenn sie einer Auseinandersetzung mit der Größeren aus dem Weg gehen konnte, dann würde sie das auch tun.

Ihre Gedanken wanderten weiter zu Miku. Und da war auch schon das nächste Problem. Nach der Schule konnte sie versuchen dem Mädchen so gut es ging aus dem Weg zu gehen, doch während des Unterrichts war dies nicht so einfach möglich. Sie fragte sich, was die andere überhaupt gedachte weiter zu tun. Würde die Anwesenheit ihrer anderen Klassenkameraden sie auf Abstand halten, oder würde sie sich gar nicht daran stören? Und überhaupt – was wollte sie tun, wenn sie der Türkishaarigen und deren Freundinnen durch Zufall nochmal allein in die Arme lief?

Um ehrlich zu sein wusste sie noch keine Antwort darauf. ...aber ohne einen Notfallplan in so eine Situation zu geraten war auch nicht gut. ARG!

Luka versuchte die Gedanken abzuschütteln, indem sie sich auf die andere Seite drehte. Wenn das so weiter ging, würde sie überhaupt nicht schlafen können.

Im Zimmer war es totenstill. Sie lauschte. Die Atemzüge der Grünhaarigen auf der anderen Seite des Zimmers, waren inzwischen ruhig und regelmäßig. Scheinbar hatte das Mädchen im Gegensatz zu ihr keine so großen Probleme damit gehabt einzuschlafen.

Gedankenverloren strich sie sich ein paar verirrte Strähnen aus dem Gesicht. Wo war sie da bloß reingeraten? Und da sie davon ausging das Miku sie nicht von jetzt auf gleich in Ruhe lassen würde, stellte sich ihr noch eine andere Frage : wie weit würde das andere Mädchen gehen? Wollte sie überhaupt eine genaue Antwort darauf?
 

Das Klingeln des Weckers am nächsten Morgen, überhörte die Rosahaarige einfach. Sie hatte noch lange wach gelegen und war erst vor etwa zwei Stunden eingeschlafen. Und nun, da sie endlich schlief, weigerte ihr Körper sich dagegen so einfach aufzuwachen.

Auf der anderen Seite des Raums setzte Gumi sich in ihrem Bett auf, schlug die Decke zurück, gähnte und streckte sich. Dann stand das Mädchen auf und stellte den Wecker aus, welcher auf dem Schreibtisch stand. Sie hatte das Teil extra nicht neben ihr Bett gestellt, um erst gar nicht die Versuchung aufkommen zu lassen, den Wecker einfach auszuschalten und danach weiter zu schlafen.

Nachdem das nervtötende Piepen verstummt war, wanderte ihr Blick zu ihrer noch schlafenden Zimmernachbarin. „Hey aufwachen!“, versuchte sie es. Keine Reaktion.

Gumi schritt durch den Raum, blieb vor dem Bett der Anderen stehen und schüttelte sie leicht an der Schulter. „Wach auf, wir müssen gleich zur Schule.“, startete sie den zweiten Versuch.

Mehr als ein Murren erntete sie nicht. Inzwischen begann die Grünhaarige ernsthaft zu überlegen, wie sie ihre Zimmernachbarin nur aufwecken sollte.

Dann stahl sich ein breites Grinsen auf ihre Lippen. Wenn sie sie auf diese Art nicht wecken konnte, dann musste sie eben zu anderen Mitteln greifen.

So sprang das Mädchen also aufs Bett der anderen, holte tief Luft und rief laut aus :“AUFWACHEN!!!“ Durch das Federn der Matratze und das plötzliche Gekreische, fuhr die Rosahaarige wirklich geschockt hoch. Erschrocken blickte sie nach links und rechts, ehe ihr Blick an Gumi hängen blieb.

„Bist du verrückt? Ich hätte fast ne Herzattacke gekriegt!“ Vorwurfsvoll blickte Luka die Jüngere an.

„Ich hab schon versucht dich durch ansprechen und an der Schulter rütteln wach zu kriegen, aber das hat nicht funktioniert.“ Leicht verlegen kratzte die Grünhaarige sich am Kopf und sprang wieder vom Bett.

„Wie spät ist es denn?“, wollte ihre Zimmernachbarin wissen. „Spät genug. Wir müssen uns langsam mal fertig machen.“
 

Nachdem sie sich also gewaschen, umgezogen und für den Schultag zurechtgemacht hatten, griffen die beiden nach ihren Taschen und verließen ihr Zimmer.

Kaum hatten sie das Treppenhaus erreicht, da wurden sie auch schon von Miki und Iroha begrüßt.

Das rosahaarige Mädchen klettete am Arm der schon leicht verzweifelt wirkenden Miki und quatschte sie zu. Erst als auch Luka und Gumi sich zu ihnen gesellten, ließ Iroha die Andere wieder los.

Zu viert wanderten sie rüber zum Schulgebäude, wo sich ihre Wege trennten. Mikis Zimmernachbarin ging in die Nachbarklasse und hatte somit ein ganz anderes Fach in der ersten Stunde.

Schon auf ihrem Weg vom Wohnhaus zum Schulgebäude hatte die Rosahaarige sich unauffällig umgesehen. Sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, aber sie war nervös, was drei ganz bestimmte Personen betraf. Hoffentlich lief sie ihnen nicht schon vor Schulbeginn über den Weg!

Und hoffentlich würde die Türkishaarige sie in der Pause in Ruhe lassen.

Doch was auch immer das Schicksal noch bereit hielt, sie würde es nicht ändern können. Gemeinsam mit ihren beiden Freundinnen begab sie sich also in den Klassenraum, in dem schon einige andere Schülerinnen saßen.

Schon als sie einfach nur zu ihrem Platz gehen wollte, blieb ihr Blick kurz an der Silberhaarigen hängen, welche direkt in der zweiten Reihe saß. Unauffällig zwinkerte die Andere ihr zu und setzte ein leichtes Grinsen auf. Sie bemühte sich diese Geste einfach zu ignorieren und setzte ihren Weg durch die Klasse fort. Unglücklicherweise saß sie auch noch fast genau vor der Schuldiva...

Diese war jedoch gerade von einer Schar Schülerinnen umringt und zu sehr mit quasseln beschäftigt um sie wahrzunehmen. Möglichst unauffällig setzte Luka sich also auf ihren Platz und betete, das der Lehrer recht bald kommen möge. Kurz wandte sie sich zu Teto, um diese zu begrüßen, dann wurde es auch schon still in der Klasse.

Der Lehrer entpuppte sich als Lehrerin und es stellte sich heraus, das Englisch auf dem Programm stand. Einige Schülerinnen murrten, doch die Rosahaarige konnte ein erfreutes Lächeln nur schwer unterdrücken. Sie liebte dieses Fach abgöttisch.

Sie beteiligte sich rege am Unterricht und hatte das Problem, welches genau hinter ihr saß ,schon fast ganz ausgeblendet, als plötzlich ein kleines Zettelchen auf ihrem Tisch landete.

Einen Moment lang schielte sie das zusammengefaltete Stück Papier skeptisch an, dann griff sie danach und entfaltete es.

Mehr als die Wörter »Hi Sweethearth!« und ein Herzchen standen dort nicht geschrieben. Keine wirklich informative Nachricht, aber es reichte schon um ihr das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Das hieß also der Terror war noch nicht vorrüber. Und um genau zu sein, wollte sie noch gar nicht wissen auf was für Ideen die Andere als nächstes kam. Mehr als abzuwarten blieb ihr nicht.

So faltete sie das Papier wieder zusammen und schnippte es ganz einfach von ihrem Tisch. Wenn die andere gedacht hatte, das sie in irgendeiner Art und Weise darauf reagieren würde, dann hatte sie sich geschnitten.
 

Als es schließlich klingelte, war ihr alles andere als wohl dabei den Klassenraum zu verlassen. Nach dem Zettel im Englischunterricht, war sie sich fast sicher, das heute noch irgendetwas unschönes passieren würde.

„Kommst du?“, hörte sie Miki fragen, welche an ihrem Platz auf die Rosahaarige wartete. Aus den Gedanken gerissen nickte sie, schnappte sich ihre Tasche und lief zu der Anderen Schülerin. „Klar doch!“ Nichts wie raus hier und nichts wie weg von Miku und deren Freundinnen.

Doch überraschenderweise verlief die Pause ohne besondere Zwischenfälle. Der kleinen Gruppe war es möglich in Ruhe zu frühstücken und über Gott und die Welt zu quatschen.

Eine Doppelstunde Englisch hatten sie nun schon hinter sich, zwei Stunden Musik und eine Doppelstunde Japanisch würden folgen.

Nach der Pause war wieder einmal Treppensteigen angesagt. Diesmal führte der Weg die Schülerinnen zum Musiksaal, wo logischerweise der Musikunterricht stattfand.

Schon beim Betreten des Raums begann Luka wieder sich unwohl zu fühlen. Die Erinnerungen an Gestern Nachmittag kamen sofort wieder zurück. Selbst die Stühle standen noch genau so, wie sie es gestern getan hatten. Ihr Blick fiel auf den Stapel Notenblätter, welcher ebenfalls noch an Ort und Stelle lag.

„Ist was? Du bist plötzlich so still.“, hörte sie Gumi fragen. Sie drehte sich zu ihrer Klassenkameradin und setzte ein Lächeln auf. „Ich hab mich nur ein wenig umgesehen, sonst nichts.“

Der Grünhaarigen war der nervöse Unterton in der Stimme ihrer Freundin nicht entgangen, doch beschloss sie erst einmal nicht weiter nachzuharken. Bloß wunderte sie sich, das die Rosahaarige seit der Pause schon so nervös wirkte.

Als alle Schülerinnen sich einen Sitzplatz gesucht hatten und noch ein wenig quatschten, ging erneut die Tür auf und der Lehrer betrat den Klassenraum.

Freundlich begrüßte er die Schülerinnen, bahnte sich einen Weg zu dem Pult, welches in der Nähe der Bühne stand und setzte sich.

„Wie ich sehe seid ihr alle schon richtig wach. Und das ist auch gut so, denn wir werden heute mit einem neuen Thema starten.“ Ein allgemeines Murmeln ging durch die Reihen. Eine Weile lang sah der Pädagoge sich die Szene an, dann hob er eine Hand und bat um Ruhe.

„Ich habe euch in letzter Zeit mit so vielen Biografien verschiedener Musiker gequält, das ich denke, das ihr erst einmal genug von Theorie habt.“

Die meisten Schülerinnen wirkten begeistert, nur eine wenige blickten noch skeptisch drein.

„Ich habe mir also überlegt das ich die Klasse am Ende der Stunde in Zweiergruppen einteile. Eure Aufgabe wird es sein, einen eigenen Songtext zu schreiben und euren Song dann in zwei Wochen der Klasse zu präsentieren.“

Erneut tuschelten die Mädchen etwas, dann räusperte der Lehrer sich um erneut die volle Aufmerksamkeit zu erlangen. „Für diesen Zweck habe ich einen ganzen Stapel Notenblätter besorgt, von dem ihr euch bedienen könnt.“

Dann blickte er die Schülerinnen an und auf seine Lippen stahl sich ein Grinsen. „Aber eine Sache gibt es noch zu beachten: ich möchte das eure Stimmen sich möglichst gut ergänzen. Und damit wären wir auch schon beim Stoff der heutigen Unterrichtsstunde angelangt. Das Fach heißt schließlich nicht umsonst Musik. In dieser Doppelstunde werdet ihr einfach irgendeinen Song singen, den ihr euch aussuchen könnt, damit ich die Gruppen einteilen kann.“
 

Singen? Jetzt? Oh Gott! Ihre Klassenkameraden waren doch fast noch Fremde für sie. Zumindest die meisten. Da konnte sie sich wirklich besseres vorstellen als auf die Bühne zu klettern und anzufangen zu singen. Diese Schule war aber auch wirklich voll von unangenehmen Überraschungen! Am liebsten hätte Luka unter einem Vorwand den Klassenraum verlassen, doch fiel ihr spontan nichts gescheites ein. Außerdem...sie hatte ja eine schöne Stimme. Es war nur, das sie noch nie vor einem Publikum gesungen hatte!

„Na, wer möchte den Anfang machen?“, riss der Lehrer sie aus den Gedanken. Einen Moment war es still, dann meldete die Türkishaarige sich. Der Pädagoge schien davon nicht weiter überrascht zu sein, lächelte ihr zu und sagte dann :“Du, Miku? Alles klar, dann komm mal auf die Bühne.“

Ein selbstsicheres Lächeln hatte sich auf die Lippen des Mädchens gelegt, als sie aufstand und die Treppen der Bühne hinaufstieg. Oben angekommen ließ sie sich noch ein Mikro aushändigen.

Die gesamte Klasse brach schon jetzt in Fangirlygekreische aus. Luka zog eine Augenbraue hoch. Die anderen hatten ja eine ganz schön hohe Meinung von der Schuldiva.

„Spontan kommt mir gerade 'World is mine' in den Sinn. Ich denke das geht okay?“, hakte das türkishaarige Mädchen noch einmal nach und blickte den Lehrer an. Dieser nickte. „Wie du willst.“

Für einige Sekunden passierte nichts. Die Schülerin stand einfach nur da, hatte die Augen geschlossen und rührte sich nicht vom Fleck. Dann begann ihr rechter Fuß im Rhythmus zu tappen. Als die Türkishaarige mit den Gedanken wohl ganz in ihrem Song war, öffnete sie plötzlich wieder die Augen. Das Lächeln, welches sie diesmal aufgesetzt hatte, wirkte überraschenderweise echt.

Als Miku dann die Stimme erhob und anfing zu singen, war der Raum plötzlich totenstill.

Ihre Stimme klang hell, klar und mädchenhaft. Es war einfach ein Erlebnis für sich ihr einfach nur zuzuhören. Es war ihr deutlich anzusehen, das sie sich wohl auf der Bühne fühlte.

Auch die Rosahaarige hätte um ein Haar vergessen zu atmen. Das Mädchen hatte eine wirklich wunderschöne Stimme! Und dann kam ihr noch eine Erkenntnis : es war ihre Stimme gewesen, die sie gestern Morgen zuerst zum Musiksaal gelockt hatte. Der Gesang der anderen Schülerin fesselte, faszinierte jeden hier im Raum. Auch sie konnte sich anfangs dem Bann nicht entziehen, bis...

Die anderen schienen es zu überhören, aber die Lyrics des Liedes brachten sie auf den Boden der Tatsachen zurück. World is mine – wie sehr dieser Song doch zu der Sängerin passte! Das hatte sie erst gestern feststellen müssen.

Zwar klang Mikus Stimme deshalb trotzdem noch wunderschön, doch Luka hatte sich aus dem Bann befreit.

Als die Türkishaarige das Lied schließlich beendet hatte, brach die Klasse in schallenden Applaus aus. Wieder setzte dieses Fangirlygekreische ein. Die Schuldiva lächelte nur zufrieden und winkte ihren Mitschülerinnen zu, als stände sie auf einer echten Bühne vor einem richtigen Publikum.

Auch die Augen des Lehrers funkelten begeistert. „Das war wie immer hervorragend!“, lobte er seine Schülerin. „Haben sie etwas anderes erwartet?“, entgegnete diese und stieg wieder von der Bühne.

Nach dieser überragenden Vorstellung traute sich erstmal niemand mehr die Bühne zu betreten und zu singen. Nach einigem Hin und Her ließ Seeu sich schließlich dazu überreden nach dem Mikrophon zu greifen. Nach und nach sangen einige Klassenkameradinnen vor. Die meisten hier besaßen wenigstens eine halbwegs schöne Stimme, wie die Blauäugige feststellte.

Die Rosahaarige war so in Gedanken, das sie gar nicht bemerkte wie Haku sich leicht zu ihr runter beugte und ihr schließlich das Mikrophon in die Hand drückte. „Du bist.“, riss sie sie aus ihrer Traumwelt. Einen Moment lang blinzelte Luka irritiert und sah dann zwischen Haku und dem Mikrophon hin und her. „Eh?“ Die Größere hatte ein Grinsen aufgesetzt, gab ihr nur einen leichten Schubs in Richtung Bühne und setzte sich dann wieder.

Nun wieder in der Realität zurück, schritt Luka die Treppen zur Bühne hoch und sah von dort aus zu ihrer Klasse. Das sie von allen angestarrt wurde, machte die Sache auch nicht gerade besser.

Sie hatte sich noch gar nicht den Kopf darüber zerbrochen was sie eigentlich singen wollte! Nach kurzem Überlegen hatte sie dann aber eine Idee.

„Wie wäre es mit Happy Synthesizer?“ Der Lehrer nickte nur zustimmend. Die Klasse blickte sie neugierig an, konnten sie ihre neue Klassenkameradin ja noch gar nicht einschätzen.

Kurz schloss sie die Augen um die Nervosität niederzukämpfen und verfiel dann, ohne es wirklich zu beabsichtigen, in ein ähnliches Verhaltensmuster wie Miku vorhin. Sie blendete die Umgebung um sich herum aus, versetzte sich ganz in ihren Song und bemühte sich im Geiste ganz den Takt zu finden. Als sie die Augen schließlich öffnete und die Stimme erhob, war die Klasse schon nach den ersten paar Wörtern verstummt. Ohne es beabsichtigt zu haben, hatte auch sie es geschafft die anderen nach nur wenigen Worten komplett in ihren Bann zu ziehen.

Die Stimme der Rosahaarigen klang erwachsener als Mikus,hatte aber ebenfalls etwas magisches an sich. Zum Glück kannte sie den Text des Liedes komplett auswendig und musste sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. Während sie sang, war auch die Nervosität verschwunden. Jetzt, wo sie erstmal auf der Bühne stand, fühlte sie sich gar nicht mehr so unwohl.

Als auch sie ihr Lied schließlich beendet hatte, war die Klasse noch für einen Moment still, begann dann aber begeistert zu applaudieren. Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

Gerade wollte Luka die Bühne eigentlich verlassen haben, als Miku plötzlich von ihrem Platz aufstand, die Treppen zur Bühne erneut empor stieg und zu ihr rüber lief.

Die Ältere warf dem Mädchen einen irritierten aber gleichzeitig auch sehr skeptischen Blick zu.

Was hatte die Andere jetzt schon wieder vor? Die Bühne war ihr von gestern in keiner guten Erinnerung geblieben. Nur gestern war der Raum leer gewesen, jetzt war die gesamte Klasse anwesend. Plötzlich war es wieder da, dieses ungute Gefühl.

Und es verstärkte sich noch, als die Kleinere sich ihren Arm krallte und sie zu ihr rüber zog.

„Sag mal, was soll das w-“, setzte sie an, wurde jedoch von Miku unterbrochen.

„Herr Ito! Sie haben zwar eben gesagt das Sie die Gruppen einteilen würden, aber ich will mit Luka in eine Gruppe!“, rief sie aus.

Die Klasse im Hintergrund war einen Moment totenstill, nur um dann anzufangen zu tuscheln. Der Lehrer blickte die Schuldiva einen Augenblick irritiert an, dann dachte er über ihre Idee nach.

„Wieso eigentlich nicht.“, stimmte er schließlich zu. „Ich denke ihr ergänzt euch wirklich gut.“

Während die Türkishaarige übers ganze Gesicht strahlte und nur noch mehr am Arm der Älteren klebte, war diese alles andere als begeistert. Sicherlich – ein Duett würde bestimmt toll klingen, doch mussten sie sich erst einmal einen Songtext ausdenken und das ganze proben. Und die Zeit, die diese Aufgaben in Anspruch nehmen würden, war ihr eindeutig ein wenig zu...gefährlich.

Wer konnte schon sagen was die Tyrannin im Schafspelz sich nun wieder einfallen lassen würde?

„Ich gehe davon aus, das du auch damit einverstanden bist?“, hakte der Lehrer nach.

Eigentlich hätte Luka jetzt am liebsten 'NEIN!' geschrieen, doch ein Blick zu ihren Klassenkameraden genügte um sie wissen zu lassen, das das nicht ihre beste Idee gewesen wäre. Einzigst Gumi und Miki blickten skeptisch drein. Der Rest der Klasse war von Mikus Idee total begeistert. Und auch der Lehrer war da keine Ausnahme.

„Natürlich.“, antwortete sie also stattdessen und setzte ihr bestes Pokerface auf. Niemand schien ihren eigentlichen Widerwillen zu bemerken.

Da sie nicht vorhatte auf der Bühne zu versauern, wandte sie sich nun endlich den Treppen zu. Die Diva hatte sie immer noch nicht losgelassen. „Lass meinen Arm los.“, zischte sie ihr leise und möglichst unauffällig zu. „Was hast du denn? Ist es nicht ganz normal bei seiner Freundin sein zu wollen?“ Die Rosahaarige hatte Mühe ihre Gesichtszüge davon abzuhalten zu entgleisen.

„Nur das ich nicht deine Freundin bin.“ Ihr Tonfall war eisiger geworden. „Mit dieser Tatsache findest du dich besser ab.“, säuselte die Türkishaarige im Flüsterton.

„Hey, was tuschelt ihr da eigentlich?“, rief Meiko amüsiert durch die Klasse.

„Ach, so dies und das.“ zwinkerte Miku ihr zu. Luka war es inzwischen gelungen ihren Arm mit sanfter Gewalt aus ihrem Griff zu befreien. Möglichst schnell begab sie sich zu ihrem Sitzplatz zurück.

Während die letzten Schülerinnen vorsangen, nutzte Gumi die Chance um sich an ihre Zimmernachbarin zu wenden. „Na da hast du ja den Jackpot geknackt.“, streute sie ironisch ein. „Meine Idee war's nicht.“, murrte Angesprochene sichtlich genervt.

Die Grünhaarige zog eine Augenbraue hoch. „Du magst sie also auch nicht besonders?“ Kurz überlegte Luka wie sie am besten auf diese Frage antworten sollte. „Sehe ich so aus?“, flüsterte sie der anderen dann zu, damit die anderen Klassenkameraden es nicht mitbekamen. Auf diese Antwort hin entspannte Gumi sich sichtlich und kicherte.

Mit einem Seufzen richtete die Rosahaarige den Blick wieder nach vorn. Zwar hatte Gumi ähnliche Ansichten wie sie, doch was nutzte ihr das? Sie würde trotzdem diesen dummen Songtext gemeinsam mit der Diva schreiben müssen. Und es war besser, wenn sie einen Blick auf das Blatt riskierte um zu verhindern, am Ende noch einen mehr als...ungewünschten...Songtext singen zu müssen.

The trap snaps shut

„Und, hast du schon ne Idee über was du schreiben willst?“ Die Braunhaarige lag auf ihrem Bett und blickte über Kopf rüber zu ihrer Zimmernachbarin. Angesprochene stand gerade vor dem Spiegel und war dabei ihre Haare zu bürsten. Sie zuckte nur leicht mit den Schultern.

„Keine Ahnung. Vor allem muss diese grüne Pestbeule ja auch noch mit dem Songtext einverstanden sein.“ Nachdem ihre Frisur wieder so lag wie sie sollte, legte sie den Kamm wieder zurück auf das kleine Schränkchen, welches vor dem Spiegel stand. Die restliche Ablagefläche des Schränkchens war mit Make-Up und Parfums zugestellt.

„Du willst dir da nicht ernsthaft von der Kleinen reinreden lassen?“, hakte die Andere nach. Die Blondine drehte sich zu ihrer Gesprächspartnerin um. „Das Mädchen ist viel zu stur als das ich den Text allein schreiben könnte.“ Meiko setzte sich wieder im Bett auf, strich sich einige verirrte Strähnen aus dem Gesicht und zog ein gespielt genervtes Gesicht. „Oh oh, das gibt Zickenkrieg. Ich seh's schon kommen.“

„Lässt sich wohl nicht vermeiden. Schlimm genug das Herr Ito mich mit DER in eine Gruppe gesteckt hat!“ Die Ältere konnte ein Lachen nicht mehr unterdrücken. „Ach, komm schon Li-chan. Du wirst es überstehen.“

„Als wenn ich mich von diesem Blag unterkriegen ließe!“ Die Blonde verschränkte die Arme vor der Brust.

Plötzlich klopfte es an der Tür. Die beiden stellten das Gespräch ein und blickten zu der Holztür.

„Ja?“, rief die Braunhaarige dann. Die Tür wurde geöffnet und die Besucherin betrat das Zimmer.

„Ich wusste doch, das ich euch hier finden würde.“, stellte sie fest während sie mit einer langen türkisen Strähne spielte.

„Wo sollten wir sonst sein, Miku?“, hakte Meiko nach. Angesprochene zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Haku ist gerade auch unterwegs. Hab sie nur per Handy erwischt.“

Während die Blonde sich neben ihre Zimmernachbarin aufs Bett setzte, zog die Türkishaarige sich den Schreibtischstuhl heran.

„Du hast doch wieder irgendwas vor, oder?“, wollte die Braunhaarige wissen. Die Diva zog ein gespielt unschuldiges Gesicht. „Wie kommst du denn darauf?“, säuselte sie.

„Na du grinst so komisch!“ Die drei lachten, dann wurden sie wieder ernst.

„Ich hab in der Tat was vor.“, erzählte sie dann. „Und wie ihr euch sicherlich denken könnt, geht es um das Musikprojekt.“

„War irgendwie klar. Schieß los.“ Die Augen der Ältesten im Raum funkelten neugierig.

„Also eins müsst ihr mir doch lassen, das vorhin im Unterricht habe ich doch gut eingefädelt, nicht wahr?“, begann Miku und hatte ein verschwörerisches Grinsen aufgesetzt.

Dir Braunhaarige nickte, während die Blondine es bevorzuge erstmal weiterhin zuzuhören.

„Die Idee ist mir vorhin gekommen, als der Lehrer dann auch noch die restliche Klasse in Gruppen aufgeteilt hat.“, fuhr sie fort. „Es ist unglaublich praktisch, das Herr Ito dir Gumi zugeteilt hat.“

Mit einem Grinsen blickte die Türkishaarige rüber zu der Blauäugigen.

„Ich versteh nicht ganz. Was habe ich mit deinen Angelegenheiten zu tun?“, wollte Lily wissen.

Miku hielt sich eine Hand vors Gesicht und seufzte genervt. „Ist das nicht offensichtlich? Wenn ich schon die Möglichkeit habe ihre nervige Zimmernachbarin aus dem Weg zu räumen, dann tue ich das auch!“, rief sie dann aus.

„Ich versteh immer noch nicht was genau du vor hast.“

„Nun, an dieser Stelle kommst du ins Spiel.“ Mit einem Finger zeigte die Schuldiva auf die Blondine.

„Lass mich da raus. Meiko hat mir von deinen neusten Spielchen erzählt und ich will wirklich nichts damit zu tun haben!“

„Ich verlange ja nichts schlimmes von dir!“, konterte Miku. „Du gehst gleich rüber zu Gumis und Lukas Zimmer und schleppst Gumi dann hier rüber um den Songtext in Musik zu schreiben. Und damit eins klar ist : du lässt dich nicht abwimmeln.“

„Und wo ist da der Haken? Ich meine, was genau soll das bringen?“

Nun drehte die Türkishaarige sich zu Meiko. „Und an dieser Stelle möchte ich dich um einen Gefallen bitten.“

Angesprochene nickte leicht. „An was genau hast du gedacht?“

„Verhindere ganz einfach das diese kleine Pest hier so schnell wieder raus kommt. Irgendwas wird dir schon einfallen.“

„Du versuchst also sämtliche Störfaktoren aus dem Zimmer zu entfernen?“ Die Türkishaarige nickte. „Genau so sieht's aus.“

Dann blickte die Braunhaarige sie plötzlich ernst an. „Meinst du sie inzwischen gut genug einschätzen zu können? Sie ist größer und vermutlich stärker als du. Was macht dich also so sicher, das sie sich nicht plötzlich doch wehren sollte?“, wollte sie dann wissen.

Erneut stahl sich ein Grinsen auf die Lippen der Diva.

„Erstens glaube ich nicht das sie brutal veranlagt ist und zweitens habe ich immer noch Haku. Sie wollte in etwa 40 Minuten rüber zum Zimmer gehen.“

„Ah, verstehe. Was würdest du bloß ohne Haku und mich machen?“ Mit einem amüsierten Lächeln blickte die Braunhaarige die Jüngere an.

„Gute Frage. Aber wir sind schließlich Freunde und da hilft man sich gegenseitig.“

Während Meiko nichts gegen Mikus Idee hatte, zog Lily ein Gesicht.

„Ich weiß nicht. Findest du die ganze Aktion nicht auch mehr als mies? Was würdest du tun, wenn du plötzlich von allen Seiten bedrängt würdest?“

Die Türkishaarige schient nicht gerade beeindruckt von dem Argument. „Werde ich aber nicht, oder?“

„Das Mädchen hat mir nichts getan. Ich habe keine Lust für dich die Dinge ins Laufen zu bringen.“, murrte die Blonde dann.

„Ich will sie ja nicht umbringen oder so.“ Miku verdrehte die Augen.

„Ach komm schon. Es wird sicher lustig heute Nachmittag Gumi ein wenig zu ärgern.“, versuchte die Braunhaarige die Andere zu überzeugen. Sie lehnte sich rüber zu ihrer Zimmernachbarin, schlang die Arme um sie und küsste sie in den Nacken. „Du bist doch ganz meiner Meinung, oder?“

Die Wangen der zierlichen Blondine nahmen einen interessanten Rotton an.

Sie drehte sich zu der Älteren, warf ihr einen langen Blick zu und seufzte dann.

„Ist ja gut, ich mach's. Aber ich helfe euch wirklich nur dieses eine Mal.“

Miku und Meiko nickten. „Schon kapiert.“

„Also, gehst du dann schon mal rüber? Ich treffe mich gleich noch kurz mit Haku.“, stellte die Türkishaarige dann fest.

„Aber wenn ich mit Gumi zurück bin, bist du verschwunden. Sonst klappt dein ach so toller Plan nicht so, wie du es dir vorgestellt hast.“ Die Blondine stand auf und verließ dann den Raum, in der Absicht nach der Grünhaarigen zu suchen.

Kaum war die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen, da warf Miku Meiko auch schon ein breites Grinsen zu. „Und morgen bringst du ihr noch 'Sitz' und 'gib Laut' bei.“

Die Braunhaarige lachte. „Ach komm, es hat schon gewisse Vorzüge sich mit ihr ein Zimmer zu teilen. Hässlich ist die Kleine nun wirklich nicht.“

Nun war es die Türkishaarige die schmunzelte. „Und ich dachte eigentlich ich wäre schlimm.“

Dann erhob auch sie sich wieder und verließ den Raum, damit sie nicht gleich noch Gumi und Lily über den Weg lief.
 

„Uff, ich versteh Nummer 2 in Englisch nicht!“, beschwerte Gumi sich. Sie warf ihren Hausaufgaben einen frustrierten Blick zu. „Ich hab keine Lust mehr!“

Ihre Zimmernachbarin blickte vom Schreibtisch aus zu ihr rüber. „Was genau verstehst du an der Aufgabe denn nicht? Vielleicht kann ich helfen?“

„Kann ich Englisch nicht eben bei dir abschreiben, Luka?“

Die Rosahaarige schüttelte nur den Kopf. „Das bringt dich in der Klausur auch nicht weiter.“

„Dann erklär's mir heute Abend, ja? Ich kann diese Sprache gerade nicht mehr sehen!“

Die Ältere lachte nur. „Ich verstehe gar nicht, was so viele nur gegen so eine leichte Sprache haben.“

„Dein Talent hätte ich gern!“

Ein Klopfen an der Tür ließ sie ihre Unterhaltung unterbrechen. „Ja?“, rief Luka aus, damit der Besucher die Tür öffnete. Nur einen Moment später betrat eine Blondine,die der Rosahaarigen irgendwie bekannt vorkam,das Zimmer. Eine Klassenkameradin, oder?

„Hi Leute!“, begrüßte das Mädchen die beiden. Auch die Grünhaarige hatte sich zur Tür gedreht um den Besuch zu mustern. „Was willst du denn hier?“, wollte sie sehr direkt wissen.

„Freundlich wie immer. Ich hab dir nichts getan.“ Die Besucherin verdrehte die Augen.

„Ich hab miese Laune wegen Englisch, sorry.“, räumte Gumi ein. Ihre Klassenkameradin fühlte sich sichtbar unwohl, doch dachten die beiden Eigentümerinnen des Zimmers sich nichts dabei.

„Na dann komme ich wohl genau richtig.“, stellte sie fest. „Wenn du so sehr von deinen Hausaufgaben genervt bist, dann lass dich etwas ablenken.“

Die Grünhaarige zog eine Augenbraue hoch. „Hast du gesoffen? Wie hast du dir das genau vorgestellt?“

Angesprochene hatte große Mühe damit das Mädchen nicht ebenfalls anzuzicken. Nur ihr Mundwinkel zuckte, krampfhaft um ein Lächeln bemüht.

„Baka! Ich meine das Musikprojekt. Ich dachte mir, wir könnten doch schon mal damit anfangen.“

Kurz dachte Gumi darüber nach, dann nickte sie. „Wieso eigentlich nicht.“

„Die Notenblätter sind noch drüben in meinem Zimmer. Kommst du mit rüber?“

Dagegen hatte ihre Projektpartnerin nichts einzuwenden. „Ich komme dann später wieder, ja?“, wandte sie sich an Luka. „Ich bin doch kein Kind mehr! Na geh schon!“, lachte diese.
 

Als Gumi und Lily den Raum verlassen hatten, wandte Luka sich wieder ihrem Buch zu, welches vor ihr auf dem Schreibtisch lag. Ihre Hausaufgaben hatte sie schon erledigt und hatte nun endlich Zeit gefunden ein wenig zu lesen. Eigentlich war es gar nicht so schlecht mal einen Moment allein zu sein, denn so quasselte sie wenigstens nicht alle zwei Sekunden jemand an, sodass sie dauernd in der Zeile verrutschte.

Das Buch, welches sie sich gestern von Teto ausgeliehen hatte, war wirklich spannend. Schon nach den ersten paar Seiten fesselte der Text sie regelrecht. Sie wollte unbedingt wissen wie es weiterging. Es war selten ein Buch zu finden das so interessant war, das man es am liebsten gar nicht mehr aus der Hand legen würde.

So verging die Zeit. Die Rosahaarige hatte die Uhr komplett ausgeblendet. Gerade als sie erneut eine Seite umblätterte, öffnete sich plötzlich die Tür.

Da sie am Schreibtisch und folglich mit dem Rücken zur Tür saß, sah sie nicht wer den Raum betrat. Aber da die Person nicht angeklopft hatte, konnte es sich eigentlich nur um Gumi handeln.

„Schon wieder zurück?“, wollte sie wissen. „Lange warst du aber nicht weg. Oder habe ich einfach nur komplett die Zeit vergessen?“

Anstatt eine Antwort zu geben, tappte 'Gumi' durchs Zimmer und schlang die Arme von hinten um die andere Schülerin. „Nicht ganz. Ich bin nicht deine Zimmernachbarin.“

Luka brauchte sich nicht mals umzusehen um zu wissen wer hinter ihr stand. Kurzzeitig war sie erstarrt, dann blickte sie zusehends genervter drein.

„Was willst du hier? Und hast du schon mal was von anklopfen gehört?“, murrte sie nur. Ganz nebenbei legte sie ein Lesezeichen in ihr Buch.

„Miese Laune?“, säuselte die andere und lehnte sich leicht an die Schulter der Älteren.

Die Rosahaarige stand von ihrem Platz auf und drehte sich zu der Türkishaarigen um. Bei dieser Aktion hatte die Andere sie loslassen müssen. „Bist du wegen dem Projekt hier?“

„Jetzt sei doch nicht so kalt!“, beschwerte Miku sich.

„Ich hab dich was gefragt.“, beharrte die Andere.

Mit einem leisen Seufzen lenkte die Schuldiva schließlich ein. „Ich dachte wir könnten vielleicht schon mal mit dem Songtext anfangen.“

Eigentlich wollte Luka lieber in ihrem Buch weiterlesen, doch da die Idee schon mal mit dem Musikprojekt anzufangen bisher Mikus einziger gescheiter Vorschlag gewesen war, beschloss sie nichts weiter dazu zu sagen.

„Na meinetwegen.“ Sie sah sich kurz im Raum um. Der zweite Stuhl war komplett mit Klamotten zugehangen und bot derzeit keine Sitzmöglichkeit. Ungefragt ließ die Jüngere sich einfach auf ihr Bett fallen und blickte von dort aus rüber zum Schreibtisch.

„Hast du schon eine Idee worüber wir schreiben könnten?“, wollte sie wissen.

Luka hatte einen Collegeblock aus ihrer Schultasche gekramt, krallte sich zwei Stifte und gesellte sich dann zu ihrer Projektpartnerin, auch wenn ihr nicht ganz wohl bei der Sache war.

Aber wenn sie schon zusammenarbeiten würden, dann wäre es schlecht, wenn sie in zwei verschiedenen Ecken des Raums saßen.

„Nein, um ehrlich zu sein noch nicht.“, gestand sie dann.

Miku zuckte nur mit den Schultern. „Ich hab mir auch schon den Kopf darüber zerbrochen, aber mir ist bis jetzt auch noch nichts eingefallen.“

Auch die Ältere grübelte. „Es sollte auf jeden Fall etwas ungewöhnliches sein. Ich denke der Lehrer erwartet einiges von uns.“

„Tut er auch. Herr Ito weiß, das ich auf einem ganz anderen Level bin als der Rest der Klasse. Und wie ich heute festgestellt habe, hast du ähnliches Talent.“

Somit verbrachten die Mädchen wirklich zehn Minuten damit zu grübeln was sie nur schreiben sollten. Die ganze Sache war gar nicht so leicht. Es sollte auf keinen Fall ein ganz gewöhnliches Thema sein. Irgendetwas fesselndes und nicht alltägliches.

Manchmal blickte Luka unauffällig rüber zu Miku. Die Kleinere hatte überraschenderweise noch keine Dummheiten angestellt, sondern schien wirklich nur vorbeigekommen zu sein, um das Musikprojekt in Angriff zu nehmen. Sie konnte es noch kaum glauben.

„Hey! Ich glaube ich habe eine Idee!“, rief die Türkishaarige plötzlich aus. Die Blauäugige blickte sie aufmerksam an. „Und die wäre?“

Angesprochene rückte näher zu ihrer Projektpartnerin rüber und flüsterte ihr grinsend etwas ins Ohr. Das Gesicht der Älteren wechselte schlagartig die Farbe.

„Vergiss es!“, beschwerte sie sich. „Das kannst du mal schön allein singen!“

Die Diva lachte und zog ein amüsiertes Gesicht. „Du bist so süß, wenn du dich aufregst!“

Die Rosahaarige murrte nur. „Ach ja?“, hakte sie grummelnd nach. „Konzentrier dich lieber darauf ein vernünftiges Thema zu finden.“

„Das ist gar nicht so leicht.“ Im ersten Moment dachte sie, die Jüngere wollte wirklich weiterüberlegen, doch dem war nicht so. Wäre ja auch zu schön gewesen!

Anstelle weiter nach einem möglichen Songtext zu überlegen, rückte die Türkishaarige nur noch etwas näher. „Können wir nicht nachher weiter überlegen? Ich kann mich nicht konzentrieren.“

Leicht ungläubig blickte Luka sie an. „Warum bist du dann hergekommen?“, wollte sie wissen.

„Wenn du mich schon nicht besuchen kommst, dann wollte ich halt mal vorbeischauen.“,

„Warum sollte ich dich besuchen wollen?“ Sie warf der Jüngeren einen missfallenden Blick zu.

„Du scheinst mich ja wirklich zu hassen.“ Miku zog gespielt ein Gesicht, schüttelte dann aber leicht den Kopf. Auf ihre Lippen hatte sich schon wieder dieses unheilverheißende Lächeln gelegt.

„Aber weißt du, ich glaube das ist keine gute Grundlage für eine Beziehung.“

Leicht gereizt funkelte die Rosahaarige sie an. „Du willst es einfach nicht verstehen, oder? Ich will nichts von dir und das wird sich auch nicht ändern.“

„Du musst es einfach nur einsehen.“, konterte die Diva. „Ich meine, andere würden sich dafür vermutlich noch die Köpfe einschlagen.“

„Ich aber nicht. Kapier's endlich.“

„So schön aber so sturköpfig~.“ Die Türkishaarige seufzte. „Du brauchst wohl wirklich erst einen guten Grund deinen Widerstand aufzugeben, was?“

„Ich wüsste nicht was das sein sollte.“

Mit diesen Worten stand Luka von ihrem Platz auf, griff nach Mikus Arm und zog sie auch wieder auf die Füße. „Würdest du jetzt bitte mein Zimmer verlassen? Ich könnte schwören das Thema hatten wir schon.“

Angesprochene zuckte mit den Schultern. „Da ist wohl nichts zu machen. Und ich hatte eigentlich gehofft das Reden genügen würde um dich endlich einsichtig werden zu lassen.“

„Was stimmt mit dir nicht? Ich meine, du kannst Gefühle doch nicht einfach erzwingen!“ Da Miku von allein keine Anstalten machte den Raum verlassen zu wollen, hatte die Rosahaarige sie bei den Schultern gepackt und schob sie ganz einfach zur Tür. Die Ältere griff nach der Türklinke und öffnete die Tür um den ungebetenen Besuch aus dem Raum zu werfen.

„Gefühle vielleicht nicht, alles andere allerdings schon. Es tut mir leid, Süße.“ Das Lächeln, welches die Türkishaarige plötzlich aufgesetzt hatte, gefiel der Älteren ganz und gar nicht.

„Du bist wirklich komplett verrückt.“ Mit diesen Worten schob sie sie aus dem Zimmer.

Eigentlich dachte Luka das Problem damit gelöst zu haben, doch dem war nicht so. Sie hätte durch Mikus Wortwahl eigentlich misstrauisch werden sollen, doch dafür war es nun zu spät. Von einem Moment auf den anderen überschlugen die Ereignisse sich. Die Falle schnappte zu.

„Brauchst du vielleicht Hilfe?“ Die Rosahaarige hatte die dritte Person gar nicht bemerkt, da sie neben der Tür an der Wand gelehnt hatte. Nun allerdings blickte sie in die Richtung aus der die Stimme kam.

„Ich weiß nicht. Vielleicht hast du ja bessere Argumente als ich, um sie endlich einsichtig werden zu lassen, Haku?“ Mit einem unschuldigen Lächeln trat Miku einen Schritt zur Seite.

Die neue Schülerin fühlte sich wie im falschen Film. Das ihre Klassenkameradin hinterhältig war, das hatte sie inzwischen ja schon gemerkt, doch das sie eine ihrer beiden Schlägerinnen jetzt schon für alle Fälle vor der Zimmertür platziert hatte, damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet!

„Was zur Hölle?! Sagt mal was für ein Spiel spielt ihr hier eigentlich?!“, rief sie aus.

Die große Silberhaarige ging einen Schritt auf sie zu. „Bittest du mich nicht herrein? Vielleicht habe ich wirklich die besseren Argumente.“

„Ich wüsste nicht was es da überhaupt zu reden gibt. Also geht jetzt bitte. Beide.“, entgegnete die Rosahaarige ihr.

Doch anstatt zu gehen, ging Haku noch einen Schritt auf sie zu und schob sie zurück ins Zimmer. Miku folgte den beiden und schloss die Tür hinter sich wieder.

„Du solltest dir wirklich anhören war ich zu sagen habe. Es müsste dich interessieren.“

„Nimm die Hände weg und dann schnapp dir deine Freundin und verschwinde aus meinem Zimmer.“ Die Situation war Luka wirklich unheimlich geworden, doch sie bemühte sich, sich dies nicht anmerken zu lassen.

Sie schob die Silberhaarige ein Stück weit von sich. „Soll ich jetzt Angst haben?“, grinste Haku sie bloß an. Bevor die Kleinere noch reagieren konnte gab sie ihr einen Schubs.

Die Rosahaarige spürte wie sich die Bettkante in ihre Kniekehlen drückte. Zwar legte sie eine Bruchlandung hin, doch landete sie dank der Matratze weich.

Bevor sie sich wieder aufsetzen konnte, hatte die Größere sich über sie gekniet. „Du solltest aufpassen wie du mit mir redest Kleine.“ Zwei tiefblaue Augen weiteten sich geschockt. Miku hielt sich im Hintergrund und ließ ihre Freundin die Dinge für sie regeln.

„Ich glaube du hast nach wie vor keine Idee von wem wir hier reden. Weißt du, die meisten blicken zu Miku auf. Du solltest dich eigentlich glücklich schätzen, das sie überhaupt Interesse an dir hat.“

„Wieso mischst du dich ein? Wenn sie so viele Fans hat, dann sollte sie doch eigentlich genug Auswahl haben.“

„Warum ich mich einmische? Nun, ich sehe es nun mal nicht gern, wenn man einer guten Freundin von mir auf der Nase herum tanzt.“

Haku war deutlich anzusehen, das sie sich gerade etwas ausdachte. Nach wie vor kniete sie über ihrer Klassenkameradin, verhinderte das sie aufstand.

Schließlich strich sie der Neuen über die rechte Hand und griff dann nach ihrem kleinen Finger.

„Der Knochen von einem Finger ist nicht besonders dick. Weißt du eigentlich wie einfach es für mich wäre ihn zu brechen?“

Die Augen der Anderen weiteten sich. Hatte sie bis eben noch still unter der Größeren gelegen, so begann sie jetzt damit zu zappeln und versuchte ihre Hand aus deren Griff zu befreien.

„Was?!“, rief sie geschockt aus. Ganz langsam begann die Silberhaarige damit den Finger der anderen nach hinten zu biegen. „Nein! Hör auf! Ich bitte dich, hör auf!“ Die Panik in der Stimme der anderen Schülerin war nicht zu überhören.

Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen ließ Haku ihren Finger wieder los.

„Du hast recht. Es wäre auch eine Schande eine so hübsche Person zu verunstalten.“

Luka erwiderte nichts auf diese Aussage. Ihr Herz hämmerte wie verrückt, nach wie vor geschockt starrte sie die Andere einfach nur an.

„Hast du gesehen wie leicht es für mich wäre dich zu verletzen?“, wollte die Silberhaarige wissen.

„Aber weißt du, das will ich eigentlich gar nicht. Und das brauche ich auch gar nicht, wenn du einfach ein wenig besser auf meine Freundin hörst.“

Die Größere warf ihr einen prüfenden Blick zu und beugte sich dann zu ihrem Ohr runter.

„Also versprichst du mir jetzt ein braves Mädchen zu sein? Ich würde dir oder deinen FREUNDEN nur ungern weh tun müssen.“

Der Verlauf dieser 'Unterhaltung' hatte der Rosahaarigen schlicht weg die Sprache verschlagen. Beinah hätte diese Verrückte ihr den Finger gebrochen und jetzt drohte sie nicht nur ihr, sondern auch noch ihren Freunden. Konnte man tiefer in der Tinte sitzen?

Nur mühsam unterdrückte sie die Tränen, die langsam aufstiegen. Heilige.... Wann hatte sie das letzte Mal so in der Patsche gesessen?! Bis vor zwei Tagen war die Welt noch in Ordnung gewesen.

Sie bemerkte das der abwartende Blick der Silberhaarigen nach wie vor auf ihr ruhte.

Die Schülerin brachte nur ein leichtes Nicken zustande. Aus ihrem Gesicht war sämtliche Farbe gewichen.

Mit einem zufriedenen Lächeln stand Haku wieder auf. „Sehr schön. Dann kann ich ja eigentlich wieder gehen, oder?“ Sie warf einen fragenden Blick rüber zu Miku, welche nickte.
 

Als die Silberhaarige den Raum verlassen hatte, starrte Luka die Türkishaarige einfach nur fassungslos an.

Die Diva seufzte gespielt bedauernd. „Tut mir leid. Genau das wollte ich eigentlich vermieden haben.“

Die Ältere schluckte schwer, kämpfte nach wie vor gegen die Tränen an. „Warum bringst du meine Freunde mit ins Spiel?“, wollte sie dann wissen.

„Das zieht für gewöhnlich am besten.“

Luka schüttelte nur leicht den Kopf. „Du bist so ein Monster.“

„So schlimm bin ich nun auch wieder nicht. Ich verlange schließlich nichts schlimmes von dir.“

Die Türkishaarige schritt durch den Raum und setzte sich dann neben die Größere.

Ihre Projektpartnerin seufzte leise. „Und was genau willst du?“

Angesprochene überlegte einen Moment. „Weißt du, für den Moment reicht mir das hier.“

Und mit diesen Worten legte die Jüngere eine Hand auf die Wange der Anderen, überwand die letzte Distanz und legte ihre Lippen auf ihre.

Für einen Moment erstarrte die Rosahaarige, dann dachte sie an Hakus Drohung eben. Es gab weitaus schlimmeres als einen einfachen Kuss. Sie wollte weder sich, noch ihre Freunde in Gefahr bringen. Sie musste unbedingt eine Lösung für das Problem finden. Und das möglichst schnell!

Sie konnte entweder darauf hoffen, das die Andere mit der Zeit das Interesse an ihr verlor, oder sie konnte sich nachher etwas ausdenken. Es musste doch irgendeine Lösung für dieses Problem geben!

Doch derzeit blieb ihr wohl nichts anderes übrig als ganz einfach mitzuspielen. Es gab wirklich schlimmeres als ein anderes Mädchen zu küssen. Mit diesem Gedanken gab sie ihren Widerstand auf und erwiderte den Kuss schließlich. Die Türkishaarige schlang die Arme um sie.

//Denk nach! Es muss doch einen Weg geben, wie du diese Verrückte möglichst schnell wieder los wirst!//

Just in diesem Moment wurde die Zimmertür erneut geöffnet. Die beiden Mädchen hatten es nicht bemerkt, bis eine Stimme ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.

„Was geht denn hier ab?!“ Eine mehr als irritierte und verstörte Gumi stand im Raum und zeigte, ohne es wirklich zu merken, mit einem Finger auf die beiden.
 

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* So, heute mal ein etwas heftigeres Kapitel. Ich kann schon mal so viel verraten : mit diesem Kappi kommen die Dinge, die ich für diese FF geplant habe, langsam ins Rollen.

Puppet

„So viel also zu dem Thema, das du sie auch nicht leiden könntest!“ Die Grünhaarige verschränkte die Arme und blickte zu ihrer Zimmernachbarin, welche auf der Bettkante saß.

„Und ich dachte eigentlich das du ähnlich denken würdest wie Miki und ich.“

Für einen Moment war das Zimmer ruhig. Eine unangenehme Stille kam auf. Gumi warf Luka einen angesäuerten Blick zu und wartete auf eine Antwort, doch die Andere machte keine Anstalten zu sprechen. Die temperamentvolle Grünhaarige hatte die Schuldiva kurzerhand vor die Tür gesetzt um in Ruhe mit der Älteren reden zu können. Miku hatte überraschend wenig Widerstand geleistet und das Zimmer recht schnell verlassen.

Und obwohl die beiden Zimmernachbarinnen nun allein im Raum waren, wollte kein wirkliches Gespräch aufkommen.

Die Rosahaarige überlegte wie sie Gumi die ganze Sache erklären sollte. Wobei...eine wirkliche Erklärung wäre auch schlecht, musste sie die Wahrheit doch verschweigen. Eben so wenig wollte sie ihre Freundin allerdings anlügen. Die ganze Situation war ziemlich verzwickt. Um das Mädchen zu schützen, musste sie ihr irgendwie weiß machen,das sie das eben freiwillig getan hatte.

„So schlimm ist sie gar nicht.“, streute sie ein und versuchte ihre Aussage halbwegs glaubhaft rüber zu bringen.

„Ach nein? Die Tussi ist eine falsche Schlange!“, regte Gumi sich auf. „Sie behandelt die anderen wie Spielzeuge und lässt sie fallen, wenn sie das Interesse an ihnen verliert.“

Am liebsten hätte Luka ihr jetzt zugestimmt. Das was die Grünhaarige da sagte war goldrichtig! Niemand wusste besser als sie selbst wie hinterhältig und falsch die Türkishaarige eigentlich war. Bloß dumm, das sie sich jetzt nichts anmerken lassen durfte.

Unauffällig schielte sie zu ihrer rechten Hand. Die Drohung der Silberhaarigen würde sie so schnell nicht vergessen. //Haku hätte mir eben fast schon den Finger gebrochen. Wenn ich die ganze Sache auffliegen lasse, sind meine Freunde und ich dran// Was blieb ihr also anderes übrig als eine gute Miene zum bösen Spiel aufzusetzen.

Und hatte sie eben noch nicht darüber nachgedacht, plötzlich traf sie eine Erkenntnis wie ein Schlag : genau das hatte Miku doch beabsichtigt! Wenn sie Partei für sie ergriff distanzierte sie sich von ihren Freunden, was sie wiederrum nur noch hilfloser der Türkishaarigen gegenüber machte.

„Eben schien sie aber noch ziemlich interessiert für meinen Geschmack. Nicht nur sie zieht Vorteile aus der Sache.“ Einfach ein ernstes Gesicht aufsetzen und möglichst überzeugt klingen, so lautete das Motto. Gott, sie redete wie eine Perverse!

Am liebsten wäre die Rosahaarige im Erdboden versunken, doch das war Menschen für gewöhnlich nicht möglich. Gumi war für einen Moment still und starrte sie fassungslos an.

„Das...glaube ich jetzt nicht.“, stellte sie dann langsam fest.

„Danke das du mich gewarnt hast. Aber ich denke manchmal lohnt es sich mit dem Feuer zu spielen.“ Luka zwang sich dazu zu lächeln, einfach so zu tun als stände sie wirklich hinter dem, was sie sagte.

„Dir ist echt nicht mehr zu helfen, weißt du das? Wie kann man sich nur freiwillig mit dieser Tussi abgeben?“

„Ach komm schon, ich weiß worauf ich mich einlasse!“ Wusste sie das wirklich? Die ehrliche Antwort war 'nein'.

„Unsere allseits geliebte Diva nutzt dich nur aus und lässt dich nach spätestens zwei Wochen fallen! Und ihre Freunde sind g-e-f-ä-h-r-l-i-c-h!“, versuchte Gumi ihrer Zimmernachbarin ins Gewissen zu reden und sie vor möglichen Dummheiten zu bewahren.

//Bingo! Aus genau diesem Grund lüge ich dich ja gerade an! Eben WEIL sie gefährlich sind!// Wie gut das die Grünhaarige ihre Gedanken nicht lesen konnte! Dann dachte Luka über die andere Sache nach, die Gumi ihr da gerade gesteckt hatte. Miku verlor also schnell das Interesse an Personen? 2 Wochen? Wenn das stimmte... vielleicht ließ sich dieser Zeitraum einigermaßen unbeschadet überstehen...

„Es ist ja nicht so als würde ich mich deswegen verändern. Ich bleibe ich, versprochen. Also hör bitte auf dich aufzuregen.“

Nach wie vor fassungslos blickte die Jüngere sie an. Ungläubig schüttelte sie den Kopf.

„Ich versteh dich nicht. Wirklich.“,murrte Gumi nur.

„Lass es gut sein, ja?“ Nach wie vor war Luka um einen freundlichen Tonfall bemüht und warf der Anderen ein gequältes Lächeln zu. Vermutlich glaubte ihre Gesprächspartnerin nur, das sie sich wegen des Gesprächsthemas unwohl fühlte.

Die Grünhaarige hatte sichtlich mühe sich da rauszuhalten. Schließlich seufzte sie.

„Na schön. Nur eine letzte Frage noch, ja?“

Die Ältere war froh dieses Gespräch gleich beenden zu können. Sie nickte und wartete auf die Frage, die sie ihr stellen wollte.

„Hast du dich wirklich...“, scheinbar wollte Gumi das Wörtchen 'verliebt' gar nicht erst aussprechen. Ihre Zimmernachbarin konnte es ihr nicht verübeln.

„Ich finde sie nur attraktiv.“, sagte sie schließlich. Wie dumm sie sich dabei doch vorkam! Oh man!

Glücklicherweise hörte Gumi endlich damit auf sie mit Fragen zu löchern! Luka war froh das Gesprächsthema wechseln zu können.
 

Auch am nächsten Morgen hing der Haussegen noch schief. Zwar vermieden es die beiden das Streitthema anzusprechen, doch das war auch gar nicht nötig. Gumi konnte nach wie vor nicht verstehen, wie ihre Zimmernachbarin sich auf so etwas einlassen konnte. Sie sagte zwar, das sie die Türkishaarige nur attraktiv fände, doch trotzdem war das, was sie tat eine riesige Dummheit. Dieses Verhalten passte gar nicht zu der Älteren, war die Rosahaarige doch sonst eine eher ruhige und vernünftige Person. Oder hatte sie sich so in ihr getäuscht?

Gerade waren die beiden so weit fertig und hatten ihre Schultaschen gepackt, da klopfte es an der Tür.

„Ist bestimmt Miki.“, stellte Luka fest, während sie durchs Zimmer ging um dem Besuch die Tür zu öffnen.

„Kann sein.“, murrte Gumi nur.

Die Rosahaarige rechnete wirklich damit gleich entweder Miki oder Rin gegenüber zu stehen, doch als sie die Tür öffnete, blinzelte sie erst ungläubig und starrte ihr Gegenüber dann erschrocken an.

„Guten Morgen die Damen!“ Mit einem breiten Grinsen warf die Braunhaarige einen Blick ins Zimmer um auch Gumi kurz zuzuwinken. Dann wandte sie sich wieder der anderen Schülerin zu.

„Was machst du denn hier?“ Luka gab sich alle Mühe ihre Stimme überrascht und nicht geschockt klingen zu lassen. Gestern Haku und heute Meiko – oh man, was hatte sie ausgefressen, das Miku ihr ihre beiden Freundinnen auf den Hals hetzte?

„Ich wollte dich eigentlich abholen kommen. Bis der Unterricht beginnt ist noch etwas Zeit und Miku hat uns schon mal einen Tisch in der Cafeteria gesichert.“

Angesprochene blinzelte erst einmal, dann noch einmal. Was war denn jetzt los? Entweder war das ein Vorwand um sie aus dem Zimmer zu locken oder aber sie sollte wirklich 'nur' mit zur Cafeteria kommen. Was immer es auch war, es half nichts. Um Gumi nicht merken zu lassen was für ein Spiel hier eigentlich gespielt wurde nickte sie nur.

„Kleinen Moment, ich hol nur eben meine Tasche.“ Sie warf der Größeren ein Lächeln zu.

„Was immer du willst, Süße.“

Die Rosahaarige sputete sich zum Schreibtisch zu laufen und sich ihre Schultasche zu schnappen. Sie wich Gumis Blick aus, doch spürte sie, das diese sie anstarrte.

„Du bist absolut verrückt.“, zischte ihre Zimmernachbarin ihr zu.

„Ach, das bildest du dir ein.“

Bevor sich daraus noch ein Gespräch entwickelte, winkte sie der Jüngeren noch kurz zu und verließ dann den Raum.

Als die beiden Schülerinnen den Flur verließen und Richtung Treppenhaus abbogen, wurden sie von einigen anderen irritiert angestarrt.

Draußen angekommen schwieg die Kleinere noch immer und folgte der Anderen. Diese bemerkte natürlich, das die Neue sich unwohl fühlte.

„Und? Hast du dich schon halbwegs eingelebt?“, versuchte sie das Mädchen irgendwie zum Reden zu bringen. „Soll das ein Witz sein?“

Der erste Versuch ein Gespräch zu beginnen war fehlgeschlagen. Okay, war vielleicht auch nicht die intelligenteste Frage gewesen. Meiko seufzte und versuchte es erneut. „Okay, ich hab's gemerkt. Du hast Angst vor mir, oder?“

Zwei tiefblaue Augen blickten sie an. „Eine deiner Freundinnen hätte mir gestern beinah den Finger gebrochen. Ich gehe davon aus du würdest das auch tun, wenn Miku das sagt?“

Angesprochene lachte. „Also wirklich! Haku und ihre 'Erziehungsmethoden'.“, rief sie aus.

Luka blickte sie irritiert an. „Eh?“

„Nein weißt du...Finger breche ich für gewöhnlich nicht. Ich bevorzuge es zum Beispiel eher jemandem mit der Faust eins auf die Nase zu geben.“ Das hatte witzig sein sollen, doch sie bemerkte wie sämtliche Farbe aus dem Gesicht der Anderen wich.

Kumpelhaft legte sie einen Arm um die zierliche Rosahaarige und zog sie zu sich, während sie weiter zur Cafeteria gingen.

„Ich wüsste nicht warum ich dein hübsches Gesicht demolieren sollte. Sieh mal, zick einfach nicht rum wenn meine Freundin irgendwas will und du wirst absolut keine Probleme haben.“

„Ich steh doch jetzt schon mit einem Bein im Krankenhaus.“, erwiderte die Jüngere skeptisch.

Meiko musste über diese Aussage lachen. „So schlimm sind wir nun auch wieder nicht! Mach einfach keine Probleme und dir passiert wirklich nichts.“

Endlich hatten sie die Cafeteria erreicht und betraten den Raum durch eine der großen Glastüren.

Der Weg führte sie bis in eine Ecke, dann erreichten sie einen Tisch an dem bereits vier Personen saßen.

„Morgen Leute!“, grüßte die Braunhaarige die Anderen. Während Miku und Haku ebenfalls freundlich grüßten, murrte Neru nur irgendwas und tippte an ihrer SMS weiter. Lily warf Luka einen schuldbewussten Blick zu und zog es dann vor ihren Kaffee genauestes zu mustern.

„Morgen.“, grüßte auch die Rosahaarige die Gruppe ein wenig schüchtern. Auf Hakus Lippen hatte sich ein undefinierbares Grinsen gestohlen. Im Hintergrund piepste Nerus Handy.

Die Türkishaarige strahlte die Neue gut gelaunt an und klopfte leicht auf den Platz neben sich.

„Setzt dich doch zu uns.“

Angesprochene beschloss das es das beste wäre einfach zu tun was die Andere sagte und setzte sich also zwischen Miku und die Blonde, welche gestern Gumi wegen dem Musikprojekt abgeholt hatte.

Kaum hatte sie sich hingesetzt, da beugte die Diva sich zu ihr rüber und drückte ihr einen Kuss auf. Oh man...da begann der Morgen ja gleich 'gut'. Die Ältere protestierte nicht, wollte sie sich doch keinen Ärger einhandeln.

„Du siehst müde aus.“, stellte die Türkishaarige dann fest. Angesprochene verdrehte leicht die Augen. „Liegt vielleicht daran, das ich kaum geschlafen habe.“

Das Mädchen zog eine Augenbraue hoch. „Hat deine Zimmernachbarin dich genervt?“

Nur schwer konnte Luka ein Knurren unterdrücken. Dieses kleine Biest mit diesem elenden Fake-Lächeln. Normalerweise war sie eine sehr friedliebende Person, doch gerade hätte sie am liebsten dafür gesorgt, das der Anderen dieses Grinsen verging. Das Schulsternchen wusste ganz genau was los war!

„Nein, hat sie nicht.“, murrte sie nur, nicht wirklich an einem Gespräch interessiert.

Im Hintergrund hatten die anderen Mädchen in der Cafeteria angefangen zu tuscheln und starrten allesamt zu ihrem Tisch rüber. Auch das noch! Eigentlich hatte sie nicht schon nach drei Tagen zu einem der Hauptgesprächsthemen dieser Schule werden wollen.

Auch Miku konnten die ganzen Blicke unmöglich entgangen sein, doch sie ignorierte die anderen Schülerinnen einfach.

„Die starren alle hier rüber.“, zischte die Rosahaarige ihr zu. Angesprochene zuckte nur leicht mit den Schultern. „Ach, das ist ganz normal. Ignorier's einfach.“

Zu allem Übel griff die Jüngere jetzt auch noch nach ihrer Hand. Mit einem leisen Seufzen ergab die neue Schülerin sich in ihr Schicksal.

Es war ein merkwürdiges Gefühl nichts dagegen zu unternehmen, das das Mädchen ihr so auf die Pelle rückte, doch es war eindeutig gesünder so. Erneut stellte die Rosahaarige sich die Frage, wie Miku sich die ganze Sache jetzt eigentlich vorgestellt hatte. Wollte sie sie den restlichen Schülerinnen dieser Schule allen ernstes als ihre neue Freundin präsentieren?

//Auf was für einer verrückten Schule ich doch gelandet bin! In Kyoto wäre man allein wegen dieser Art von 'Beziehung' schon komisch angeguckt worden, und hier scheint sich niemand daran zu stören. Ich könnte schwören es gibt andere Mädchenschulen wo ganz normale Zustände herrschen//, dachte sie sich.

Sie spürte wie die Andere ihr mit dem Daumen leicht über die Hand streichelte und fragte sich nun wiederrum, ob die Türkishaarige auch eine gewisse Eigeninitiative von ihr erwartete. Aber das wäre doch.... Arg! Immerhin hatte man sie förmlich zu dieser neuen Rolle gezwungen!

Während Luka sich den Kopf über all diese Ungereimtheiten zerbrach, saßen die Anderen ganz normal, wie jeden Morgen, am Tisch.

Schweigend nippte die Blonde, welche auf der anderen Seite neben ihr saß, an ihrem Kaffee. Haku und Meiko unterhielten sich gut gelaunt, während Neru weiterhin damit beschäftigt war auf ihrem Handy rum zu tippen. Als das Mädchen die X-te SMS verschickt hatte, schien ihr etwas aufzufallen.

Auf dem Tisch stand zwar eine Kaffeekanne und ein Milchkännchen, doch irgendwie befand sich nichts Essbares hier.

„Ich geh uns mal langsam was Zuessen holen.“, verkündete sie also und warf einen Blick zu ihrer Zimmernachbarin. „Hilfst du mir beim Tragen?“, wollte sie von ihr wissen. Die Silberhaarige nickte und erhob sich ebenfalls von ihrem Platz. „Klar.“

Als die beiden Mädchen Richtung 'Buffet' spazierten, fragte Luka sich wie Neru es bisher überlebt hatte sich das Zimmer mit so einer brutalen Person zu teilen. Oder ob ihre größere Klassenkameradin nicht zu jedem so mies war?
 

Die Rosahaarige hoffte zwar, das die Schule nach dem Frühstück wieder zu einer gewissen Normalität zurück fand, doch dem war nicht so. Ob sie wollte oder nicht, dank der Szene am Frühstückstisch war sie zu dem Gesprächsthema Nummer 1 geworden. Alle tuschelten und spekulierten, ob sie nun tatsächlich die neue Freundin der Türkishaarigen war und und und...

Liebend gern hätte sie sich in der Pause zu ihren eigentlichen Freunden gesellt, doch kaum wollte sie die Klasse verlassen, da entdeckte sie schon eine Schar Schülerinnen auf dem Flur stehen. Die anderen Mädchen blickten direkt in ihre Richtung und liefen auf sie zu.

„Einige der anderen Mädchen könnten ziemlich eifersüchtig auf dich sein.“, warnte ihre braunhaarige Klassenkameradin sie, als sie das Zögern der Kleineren an der Tür bemerkte.

„Ich an deiner Stelle würde da nicht allein rausgehen.“, streute Haku ein.

„Ach und was soll ich eurer Meinung nach tun? In diesem Klassenraum verschimmeln? Wir haben Pause.“

Bis auf die kleine Gruppe, zu der Luka nun auch unfreiwillig gehörte, hatten alle anderen den Klassenraum verlassen.

„Wo willst du überhaupt hin?“, erkundigte Meiko sich. Angesprochene verdrehte leicht die Augen. „Zu meinen Freunden, wohin sonst.“

„Bleib doch lieber noch ein wenig. Ich würde dich nur ungern allein mit meinen Fangirls wissen.“, streute Miku ein. Luka wusste, das die vorgetäuschte Sorge ein versteckter Befehl war.
 

Erst am frühen Abend gelang es ihr die kleine Gruppe wieder loszuwerden. Mit der Ausrede noch einige Hausaufgaben erledigen zu müssen verabschiedete sie sich und beeilte sich möglichst schnell zurück zu ihrem Zimmer zu kommen.

Doch obwohl die Fangirls der Schuldiva es heute auf sie abgesehen hatten, hätte der Tag wirklich schlimmer verlaufen können. Die Rosahaarige hatte damit gerechnet das Miku sich schon wieder irgendetwas überlegt hatte, doch dem war überraschenderweise nicht so. Gut, die Jüngere hatte den ganzen Tag über zwar wie eine Klette an ihr geklebt, doch wenn sie von dieser Tatsache absah, war heute nichts schlimmes passiert. Selbst die beiden besten Freundinnen der Diva, sie stempelte die beiden gedanklich ganz automatisch als Mikus 'Bodyguards' ab, hatten sie in Ruhe gelassen. Anstelle einer weiteren Gemeinheit waren die beiden heute eher überraschend zuvorkommend gewesen. Während Haku eine eher ruhige Person zu sein schien, war die Braunhaarige ihr komplettes Gegenteil. Seit heute morgen tat sie schon so, als würden sie sich schon ewig kennen und hielt ihr auf dem Heimweg sogar die kreischende Fanschar der Türkishaarigen vom Leib.

Allerdings vermutete Luka das dieses Verhalten nicht wirklich auf Freundlichkeit beruhte, sondern eher daraus resultierte, das Miku sie schlicht und ergreifend darum gebeten hatte.

Dann waren da noch die beiden Blonden. Neru schien soweit eigentlich ganz in Ordnung zu sein, auch wenn Luka es merkwürdig fand, das die Kleinere fast dauerhaft auf ihrem Handy herumtippte. Und Lily, nun die schien eigentlich auch ganz nett, nur das sie nicht die ganze Zeit bei der Gruppe gewesen war.

Hätte die Neue nicht die wahren Charakter von Miku, Meiko und Haku gekannte, sie hätte die drei fast noch für nett gehalten. Doch dank den letzten Tagen, war sie sich nicht sicher, wie lange das halten würde. Sie wusste, das sie Probleme bekommen würde, würde sie nicht mehr nach der Pfeife der Schuldiva tanzen.
 

Nun hatte sie zumindest ihr Zimmer erreicht und öffnete die Tür. Derzeit anwesend waren Miki, Teto und Gumi, welche ihre Hausaufgaben zu erledigen schienen.

Da sie ihre Freundinnen den ganzen Tag über nicht hatte sehen können, war die Rosahaarige froh nun endlich die Gelegenheit zu haben.

„Hey Leute!“, begrüßte sie ihre Zimmernachbarin und den Besuch. Doch aus irgendeinem Grund war sie nach wie vor angespannt. Sie hatte das dumme Gefühl das irgendwas nicht stimmte.

„Ah, endlich wieder zurück.“ Miki sah von ihren Heften auf und warf ihr ein freundliches Lächeln zu.

„Gott, weißt du was du heute für einen Aufruhr veranstaltet hast?!“, fuhr Gumi sie jedoch an. Die temperamentvolle Grünhaarige schien alles andere als begeistert davon zu sein, das sie den ganzen Tag über bei Miku und ihren Freundinnen geblieben war.

Beschwichtigend hob Luka die Hände. „Hey, kein Grund hier gleich so rumzuschreien. Der Aufruhr ist mir nicht entgangen.“

„Wie lange kennst du diese Tussi jetzt? Drei Tage? Ich verstehe nicht wie man innerhalb so kurzer Zeit...!“, sie sprach nicht weiter sondern funkelte ihre Zimmernachbarin nur an.

„Sie ist eben sehr anhänglich, da kann man wohl nichts machen.“ Leicht verlegen kratzte die Ältere sich am Hinterkopf. Und schon wieder eine Notlüge. Wie sehr sie es doch hasste!

„Dir ist schon klar, das ihr jetzt die Aufmerksamkeit von allen genießt? Hast du dich schon drauf eingestellt wie peinlich es erst für dich wird, wenn sie dich nach spätestens zwei Wochen wieder fallen lässt wie eine heiße Kartoffel?“

//Diesen Tag werde ich feiern, glaub mir!// Luka sprach diesen Gedanken natürlich nicht laut aus, doch hoffte sie wirklich, das die Türkishaarige bald das Interesse an ihr verlor. Zwar hatte die Diva heute ihre Freunde nicht auf sie gehetzt, doch hatte sie fast die ganze Zeit über an ihr geklebt und sie behandelt wie eine wirkliche Partnerin. Inzwischen begann die Rosahaarige sich ernsthaft zu fragen, was für eine gestörte Auffassung das Mädchen doch von Beziehungen hatte.

„Weißt du, wenn ich falle, dann falle ich allein. Das ist wirklich nicht deine Sache.“, antwortete sie stattdessen auf die eben gestellte Frage.

„Arg! Wie kann man nur so naiv sein?! Ich versuch dir doch nur die Augen zu öffnen!“, Gumis Stimme klang verärgert und hatte die Zimmerlautstärke inzwischen deutlich überschritten.

„Ich weiß...und ich bin dir wirklich dankbar das du dich so um mein Wohlergehen sorgst.“, streute Luka ein. Das war sie wirklich. Wie gern hätte sie der Jüngeren erzählt was eigentlich Sache war!

Aber wenn sie das tat, würde nicht nur sie die Konsequenzen dafür tragen müssen. Und aus genau diesem Grund schwieg sie lieber und spielte brav nach Mikus Spielregeln.

„Dann nimm doch endlich Vernunft an!“

„Gumi-chan...“, streute Tete leicht verzweifelt ein. Sie war den Kopfschmerzen nahe.

„Jetzt schrei nicht so. Luka-chan wird schon wissen was sie tut.“, versuchte Miki die Situation zu retten. Dann wandte das Mädchen sich an die Ältere. „Aber wenn irgendwas sein sollte, du weißt das du immer mit uns reden kannst.“

Der Rosahaarigen fiel es bei so viel Sorge schwer ihre Maske aufrecht zu erhalten. Sie würde sich so gern helfen lassen, aber sie konnte nicht!

„Danke Miki-chan.“ Sie warf ihrer Freundin ein Lächeln zu.

„Ich seh's jetzt schon kommen, du wirst am Ende noch genau wie diese verlogene Tussi!“, murrte Gumi nur.

„Das werde ich ganz bestimmt nicht, Gumi.“

Später am Abend, der Besuch war wieder gegangen und die beiden Schülerinnen lagen in ihren Betten, konnte Luka einfach nicht einschlafen. Sie zerbrach sich über tausend Dinge den Kopf.

Nur eine Sache war ihr nach dem Gespräch mit den anderen klar geworden : Miku setzte alles daran einen Keil zwischen sie und ihre Freunde zu treiben. Sie war sich jetzt schon fast zu 100% sicher, das sie morgen wieder jemand direkt von ihrem Zimmer abholen würde.

Doch wo sie sich leider nicht ganz so sicher war : wie lange würden ihre Freunde das mitmachen?

Sie vergrub den Kopf in ihrem Kissen, seufzte leise und versuchte diese Gedanken irgendwie auszublenden. Sie hatte gestern schon fast nicht geschlafen, heute wäre ein wenig Schlaf wirklich ratsam.

break down

„Der Text ist glaube ich in Ordnung, aber mir fällt einfach kein Titel ein!“ Eine frustrierte Türkishaarige ließ sich auf ihr Bett fallen und starrte die Zimmerdecke an.

„Wir haben noch bis Dienstag Zeit. Bis dahin findet sich schon noch ein passender Titel.“

Luka nahm der Jüngeren das Blatt mit dem Songtext ab und überlegte dann ebenfalls wieder. Eigentlich war es unnötig erneut einen Blick auf den Text zu werfen, denn inzwischen konnten die beiden auswendig herunterbeten was sie geschrieben hatten, doch ein passender Titel wollte beiden einfach nicht einfallen.

Auch wenn Miku weiterhin zur Decke starrte, spürte sie das die andere sich auf die Bettkante gesetzt hatte. „Wir müssen den Song noch üben.“, streute sie ein.

„Ich weiß. Die anderen erwarten viel von uns und ich denke wir wollen uns beide nicht blamieren.“

Angesprochene nickte und setzte sich wieder auf. „Meinst du das jemand auch nur annähernd einen ähnlichen Text geschrieben hat?“

Die Rosahaarige lachte leise. „Ich denke nicht. Die werden uns eher fragen welche Drogen wir genommen haben um auf solche Ideen zu kommen.“ Bei diesem Kommentar musste auch die Diva lachen. „Wahrscheinlich!“

Inzwischen waren fast zwei Wochen vergangen. Die Mädchen hatten es endlich geschafft einen Songtext zu schreiben, der beiden gefiel und ausgefallener nicht sein konnte. Es würde Spaß machen den Song der Klasse zu präsentieren.

Miku war überrascht wie gut ihr Plan damals doch funktioniert hatte. Mehr als diese eine Drohung seitens Hakus hatte es nicht gebraucht. Sie hatte nach der neuen Schülerin als Partnerin verlangt und nach Hakus Überzeugungsarbeit hatte sie die perfekte Freundin bekommen. Die Türkishaarige war selbst erstaunt darüber, wie brav das Mädchen sich doch seiner neuen Rolle fügte.

Die ersten drei Tage war sie noch etwas schüchtern gewesen, doch nachdem die Andere sich an die bizarre Situation gewöhnt hatte und wusste worauf sie Wert legte, hatte sie absolut nichts mehr zu beanstanden. Fast nichts... Die Ältere war immer freundlich, höflich und zuvorkommend. Sie war eine angenehme Gesprächspartnerin und verstand es erstaunlich gut die Diva zum Lachen zu bringen. Sie fühlte sich einfach wohl in der Nähe der Älteren.

Auch die anfängliche Scheu hatte sich gelegt. Hatte sie am Anfang noch deutlich gemerkt wie unwohl die Blauäugige sich fühlte, wenn sie sie küsste, so verstand sie dies nun gut zu verstecken und ergriff auch oft Eigeninitiative. Eine 180° Wandlung. Die Rosahaarige hatte echtes Potential zur Schauspielerin, spielte sie ihre Rolle doch wirklich perfekt.

Aber...wie schon gesagt, sie spielte sich. Und genau diese Sache störte die Türkishaarige. Zu Beginn der Woche war es ihr noch egal gewesen, hatte sie doch ihren Willen bekommen. Langsam begann sie sich aber zu fragen, was für eine Person ihre Freundin wirklich war.

Warum sie das plötzlich so interessierte, konnte sie selbst nicht so recht sagen. Sie wollte unbedingt einen Blick hinter die perfekte Fassade der Anderen werfen.

Aber wie sollte sie das anstellen? Mit einer erneuten Drohung würde sie wohl kaum ihr Ziel erreichen. Und einfach nachfragen...das würde wohl auch nichts bringen. Außerdem wirkte das alles andere als professionell.

//Warum interessiert mich das überhaupt? Warum will ich sie lieber so haben wie sie wirklich ist, wo ich doch die perfekte Freundin bekommen habe?!// Ganz in Gedanken und frustriert seufzte das Mädchen und strich sich einige Strähnen aus dem Gesicht.

„Alles in Ordnung?“ Die Stimme der Rosahaarigen riss sie aus den Gedanken. Miku blinzelte zwei Mal und sah dann zu ihr. „Ja, ich hab mir nur den Kopf über diesen verdammten Titel zerbrochen.“, log sie.

Luka stand auf, reichte ihr die Hand und zog sie auch wieder auf die Füße. „Vielleicht hilft es ja, wenn wir einfach mit dem Proben anfangen.“, schlug sie vor. Sie warf ihr ein freundliches Lächeln zu. Zwar stahl sich auch auf Mikus Lippen ein Lächeln, doch fragte sie sich unweigerlich was die Andere wohl gerade wirklich über sie dachte.

Die Erkenntnis, das sie im Prinzip nichts von ihrer Partnerin wusste und nicht mals sagen konnte ob sie sich gerade spielte oder nicht, verletzte sie aus irgendeinem Grund. Doch sie hatte es selbst so gewollt, hatte die Ältere einfach zu dieser Rolle gezwungen und mit der Hilfe ihrer besten Freundinnen nicht nur ihr, sondern auch den Freunden der neuen Schülerin gedroht. Ob die Rosahaarige sie dafür hasste?

„Lass uns einfach mal anfangen.“, stimmte sie dann zu. Die beiden hatten nach wie vor keine Ahnung, welche Wörter sie nun speziell betonen und wie schnell sie den Song eigentlich singen sollten.

Da Seeu gerade eh nicht im Zimmer war, bot sich der Raum für erste Singversuche gut an.

Gesagt getan. Die beiden Schülerinnen blickten sich an, zählten bis drei und begannen dann mit dem ersten Versuch. Erst einmal wollten sie ihr Lied recht langsam singen, brachen jedoch schon nach der ersten Strophe ab und schüttelten entsetzt die Köpfe. Auf keinen Fall!

//Wenn sie singt ist sie ganz in ihrer Welt. Sie sieht dabei so entspannt und glücklich aus. Ich frage mich ob das auch nur gespielt oder echt ist?//, zerbrach Miku sich den Kopf.

Nach mehreren Versuchen hatten sie sich endlich dafür entschieden den Song so schnell zu singen, wie es ihnen möglich war ohne sich dabei zu versprechen. Auch ein Rhythmus war schnell gefunden.

Den beiden Projektpartnerinnen gefiel der Song nun eigentlich richtig gut. Schnell und aufsgefallen. So etwas hatte außer ihnen bestimmt niemand.

„Wie wäre es mit Worlds end dancehall?“, schlug die Türkishaarige dann vor. Der Einfall war ihr ganz spontan gekommen, konnte man bei diesem verrückten Lied einfach nicht still stehen.

Luka schien einen Moment darüber nachzudenken, nickte dann aber zustimmend. „Ausgefallen aber treffend. Wieso eigentlich nicht?“

„Ich glaub's nicht! Wir haben es in diesem Leben noch geschafft einen Titel zu finden!“, rief Miku aus und umarmte die Andere stürmisch.

„Ich bin wirklich gespannt was die Anderen dazu sagen werden.“, meinte die eher ruhige Rosahaarige, zog das Mädchen etwas näher zu sich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Was wohl? Die gute Note ist uns sicher.“ Mit diesen Worten stellte die Jüngere sich auf die Zehenspitzen um ihrer Freundin noch einen Kuss zu stehlen.
 

Und wie sie es vorausgesagt hatten, der Song wurde wirklich ein voller Erfolg. Die Klasse samt Lehrer waren erst ein wenig überrascht, ließen sich jedoch direkt mitreißen und waren begeistert.

Herr Ito beteuerte das die beiden noch richtig berühmt werden könnten, wenn sie erst einmal entdeckt würden.

Doch auch nach dem gelungenen Musikprojekt änderte sich nicht wirklich etwas am Verhalten der älteren Schülerin. Nach wie vor gab sie sich größte Mühe ihre Rolle zu spielen, um ihre Freunde bloß nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Sie war sich bewusst, das Haku und Meiko sie immer skeptisch im Auge behielten. Und dieses Wissen reichte um sich weiterhin brav an die Spielregeln zu halten. Auch wenn sie das Gefühl hatte, das Miki, Rin, Teto und vor allem Gumi sich langsam von ihr abwandten. Es war verständlich, das den Anderen langsam der Geduldsfaden riss. Sie konnte es ihnen wirklich nicht verübeln.

Zwar behandelte die Türkishaarige sie inzwischen ausgesprochen freundlich, bekam sie ja auch was sie wollte, doch was nutzte das? Luka wusste, das das ganze Spiel wie eine Zeitbombe tickte. Ein kleiner Fehler ihrerseits und das Kartenhaus würde zusammenfallen. GameOver.

Die ganze Sache machte die Schülerin fast wahnsinnig. Sie fragte sich, wie lange sie diese Maske wohl noch aufrecht erhalten konnte. Und dann wirkte Miku in letzter Zeit auch noch ständig genervt oder in Gedanken. Sie hatte ja keine Ahnung woran dies wirklich lag, doch hegte sie die Hoffnung, das Mädchen möge doch ENDLICH das Interesse an ihr verlieren!
 

Zur gleichen Zeit saßen Miku, Haku und Meiko im Zimmer der Silberhaarigen und versuchten irgendwie ihre Hausaufgaben zu erledigen. Heute hatten die Lehrer es wirklich übertrieben!

„Ich hab keinen Nerv mehr!“, meckerte die Diva los. Sie konnte sich einfach nicht konzentrieren.

„Sag deinem Schoßhündchen, das sie VWL für mich machen soll!!“, verlangte sie dann. Die Braunhaarige zog eine Augenbraue hoch. „Die ist schon mit meinen Mathehausaufgaben beschäftigt, sorry.“, meinte sie dann.

„Nicht wahr jetzt, oder?“ Die Türkishaarige seufzte genervt.

„Sag mal, was ist in letzter Zeit eigentlich los mit dir?“, wollte Haku dann wissen. „Du bist dauernd abwesend und unkonzentriert.“

Angesprochene spielte mit einigen türkisen Strähnen und schwieg einen Moment, bevor sie dann endlich antwortete. „Es ist wegen Luka.“, begann sie dann.

„Eh? Macht sie Probleme?“, hakte die Silberhaarige nach.

Miku ertappte sich dabei hektisch den Kopf zu schütteln.

„Ey! Pass doch auf!“, beschwerte Meiko sich, die einen der langen türkisen Zöpfe um die Ohren bekommen hatte.

„Gomen.“, leicht verlegen kratzte die Kleinere sich am Kopf.

„Jetzt aber mal ernsthaft : was genau ist los?“ Ihre beiden Freundinnen blickten sie aufmerksam an.

Die Diva überlegte, wie genau sie das jetzt sagen sollten. Ihr kamen ihre plötzlichen Gewissensbisse ja selbst dumm vor. Wer bekam schon immer genau das was er wollte? Gut, sie schon, aber deshalb war sie trotzdem nicht zufrieden. Das war doch...verrückt!

„Sie macht keine Probleme. Im Gegenteil, sie ist die ganze Zeit über so zuvorkommend und charmant. Aber ich bin mir sicher das sie das alles nur notgedrungen tut!“, gab sie dann Auskunft. Miku vertraute den beiden und beschloss deswegen die ganze Sache einfach ehrlich anzugehen.

„Ja...natürlich.“ Haku blickte sie irritiert an.

„Aber ich muss sagen, sie spielt ihre Rolle verdammt gut.“, mischte sich Meiko ein.

„Das in der Tat. Aber ich will einen Blick hinter ihre Fassade werfen!“

Im Raum war es für einen kurzen Moment still. Die beiden anderen überlegten. Die Silberhaarige stand von ihrem Platz auf, ging zum Schrank und kam kurze Zeit später mit drei Gläsern und einer Flasche wieder zurück. Während die Augen der Braunhaarigen zu funkeln begannen, schielte Miku eher skeptisch in Richtung Flasche.

„Es ist mitten am Tag. Und überhaupt, wie bist du schon wieder an das Zeug gekommen?“, erkundigte sie sich.

„Ach, die Leute unten im Kiosk scheinen mich für älter zu halten als ich bin. Die wollten noch nie meinen Ausweis sehen.“ Haku zuckte mit den Schultern.

„Du meinst den Kiosk unten in der Stadt, oder?“ Die Braunhaarige hatte währenddessen nach der Sakeflasche gegriffen und schenkte den Inhalt der Flasche in die Gläschen ein. Die Türkishaarige schaffte es gerade noch eine Hand über ihr Glas zu halten und den Kopf zu schütteln.

„Ich mag das Zeug nicht!“, erinnerte sie. Die beiden Älteren blickten sich an und mussten lachen.

Im Hintergrund wurde die Tür geöffnet und Neru betrat das Zimmer.

„Hey Leute!“, begrüßte die kleine Blondine ihre Freunde und ließ sich auf ihr Bett fallen. Sie warf einen skeptischen Blick zu ihrer Zimmernachbarin. „Jetzt besauft ihr euch schon Nachmittags?“

„Ach, ob heute Abend oder jetzt, macht doch keinen Unterschied.“ Die Silberhaarige winkte ab.

„Lass dich einfach nicht erwischen, ja? Bei sowas helfe ich dir bestimmt nicht deinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.“

Das Handy der Blondine piepte. Das Mädchen kramte es also aus der Tasche und begann direkt damit eine SMS zu schreiben.

Haku wandte sich wieder den anderen zu. „Jetzt aber zurück zum eigentlichen Thema. Du willst also lieber das sie ehrlich zu dir ist, ja? Wie willst du das anstellen?“

Die Türkishaarige nickte. „Ausnahmsweise habe ich mal keinen Plan.“, gab sie dann murrend zu.

„Wie willst du Ehrlichkeit oder Vertrauen erzwingen? Hättest du von Anfang an fair gespielt, gäbe es dieses Problem erst gar nicht.“, mischte Neru sich gelangweilt mit ein. Sie hatte nur die halbe Unterhaltung mitbekommen, aber sie machte kein Geheimnis daraus was sie über diese Sache dachte.

„Dann frag sie doch einfach, was sie wirklich von dir denkt.“, schlug Haku ganz einfach vor.

Die Schülerin verdrehte nur die Augen. „Haha! Als wenn das eine Antwort bringen würde.“

„Warum ist dir das überhaupt so wichtig? Ich meine, die Kleine sieht echt scharf aus und sie tanzt nach deiner Pfeife. Was willst du mehr?“ Leicht irritiert blickte die Braunhaarige die Diva an.

„Ich weiß selbst nicht warum ich mir plötzlich den Kopf darüber zerbreche. Aber irgendwie tut es weh zu wissen, das sie sich jeden Satz den sie sagt, vermutlich vorher drei Mal überlegt hat.“

Die Türkisäugige kam sich mittlerweile ziemlich dumm bei diesem Gesprächsthema vor. Normalerweise sprach sie nicht wirklich ernsthaft über ihre Gefühle.

„Hat's da etwa jemanden erwischt?“ Während Haku sich ein neues Glas Sake eingoss, blickte sie grinsend rüber zu der Jüngeren.

„Mich? Was redest du da? Ich mag's nur nicht, wenn man sich mir gegenüber verstellt.“, fauchte Angesprochene.

„Mal ne ganz andere Frage, wie weit seid ihr eigentlich?“, mischte Meiko sich erneut ein und angelte nach der Sakeflasche. Der Inhalt der Flasche war inzwischen schon um gut ein Viertel dezimiert worden.

„Was ist n das für ne Frage?!“, blaffte die Kleinere die Braunhaarige an. Ihr Gesicht hatte eine interessante Farbe angenommen. Die Andere zuckte nur ungerührt mit den Schultern. „Unter Freunden ne ganz Normale, sollte man meinen.“

„Naja, ich wollte sie sich erstmal mit der derzeitigen Situation abfinden lassen. Aber ich denke das hat sie inzwischen.“, räumte die Türkishaarige dann ein.

„Dann hör doch endlich auf auf der Stelle zu treten!“

„Wie kommst du denn jetzt darauf?“ Ein wenig irritiert zog Miku eine Augenbraue hoch.

Teilweise musste man ihr eventuelle logische Zusammenhänge hinter Meikos Denkweise erstmal erklären.

„Na du sagtest doch, das du einen Blick hinter ihre Maske werfen wolltest. Und so wie ich dich verstanden habe, willst du langsam eh den letzten Schritt gehen, richtig?“

Man konnte förmlich sehen wie es im Kopf der Türkishaarigen zu ticken begann.

„Du meinst das sie vermutlich aufhört einfach nur ihre Rolle zu spielen, wenn ich mich langsam mal dazu entschließen würde ernst zu machen?“, hakte sie dann nach.

Die Ältere nickte und grinste breit. „Genau das meine ich.“

Erneut schien die Schuldiva einen Moment zu überlegen und die ganze Situation abzuschätzen. Schlechtes Gewissen gegen eine ziemliche Versuchung. Langsam aber sicher machte sich wieder ihr typisches Grinsen auf ihren Lippen breit. „Ich denke das könnte wirklich funktionieren.“

„Ihr seid bescheuert. Wisst ihr das Leute?“, murrte Neru von ihrem Bett aus. „So was ist strafbar. Meinst du sie zeigt irgendwelche echten Gefühle, wenn du sie zu sowas zwingst?“

„Ich denke. Bisher ist noch Jede in meinen Händen geschmolzen“ Die Türkishaarige bedachte Neru mit einem arroganten Blick.

„Ich geh rüber zu Lily. Die ist wenigstens nicht so gestört.“, antwortete Neru nur und verließ das Zimmer wieder. Was dachten die anderen sich eigentlich dabei so mit einem Menschen zu spielen?

Sie wollte weitere Ideen und Pläne erst gar nicht hören.
 

Die Woche verging fast ohne weitere nennenswerte Ereignisse. Inzwischen war es Freitagabend.

An der Gesamtsituation hatte sich noch nicht all zu viel geändert. Nach wie vor spielte die Rosahaarige der Diva eine freundliche Partnerin.

Zwar erforderte ihre 'Rolle' es, das sie viel Zeit mit der Türkishaarigen verbrachte, aber das war bis vor Kurzem gar nicht so schlimm gewesen, wie sie es sich anfangs vorgestellt hatte. Die andere Schülerin klettete zwar ziemlich, doch hatte sie sich bisher eigentlich auf Händchenhalten und küssen beschränkt. Das war zwar gewöhnungsbedürftig, aber auszuhalten.

Wäre da nicht das Wörtchen bisher. Das die Jüngere fast dauerhaft an ihr klebte wunderte Luka inzwischen schon gar nicht mehr wirklich, doch leider verirrten die Hände der Anderen sich neuerdings plötzlich an Stellen, an denen sie eindeutig nichts zu suchen hatten. Und sie durfte nichts dagegen sagen, wollte sie nicht im Krankenhaus enden! Oder schlimmer noch : wollte sie nicht eine der ahnungslosen Anderen auf der Intensivstation besuchen müssen.

War der Deal 'Gesundheit gegen Beziehung' anfangs noch harmlos gewesen, so beschlich sie jetzt das ungute Gefühl, das die Andere es langsam wirklich ernst meinte. Für die Rosahaarige wurde es immer schwerer Ausreden zu finden, nur um sicher zu gehen nicht mit der Diva allein zu sein.

Die ganze Sache wurde ihr langsam zu bunt! Es musste doch einen Weg geben den Kopf noch einmal aus der Schlinge ziehen zu können!

Langsam aber sicher begann es zu dämmern. Die meisten Schülerinnen befanden sich auf ihren Zimmern um noch etwas zu lernen oder einfach Zeit mit ihren Freundinnen zu verbringen.

Bis eben war sie auch noch bei Gumi, Miki, Rin und Teto gewesen, doch dank einer SMS schien aus dem ruhigen Abend nichts zu werden. Die anderen waren alles andere als begeistert gewesen, als sie ihnen erklärt hatte noch verabredet zu sein.

Dennoch, es half alles nichts. Ihre 'Freundin' hatte sie gebeten runter zum See zu kommen. Der See, oder besser gesagt der Tümpel, lag im Schulgarten direkt hinter dem Wohnhaus. Es war kein wirklich weiter Weg.

//Ich frag mich was jetzt schon wieder ist.// Aus irgendeinem Grund war ihr nicht wohl dabei heute Abend das Zimmer zu verlassen. Sie hatte ein gutes Gespür dafür, wenn es Schwierigkeiten gab, und eine Stimme in ihrem Kopf flüsterte ihr leise zu, das die Türkishaarige doch wieder irgendwas ausgefressen hatte. Das Mädchen hatte einfach schon zu lange keine wirklichen Schwierigkeiten mehr gemacht.

Eine Windböe kam auf und zerwehte ihre Frisur. Luka strich sich reflexartig einige Strähnen zurück.

Nach etwa drei Minuten hatte sie den Teich des Schulgartens auch schon erreicht.

Die Person, wegen der sie hier war, hatte sich unten am Ufer ins Gras gesetzt und starrte die Wasseroberfläche an. Sie legte die letzten Meter zurück und blieb schließlich hinter der Anderen stehen. Diese entdeckte ihr Spiegelbild im Wasser und drehte sich zu ihr um.

„Ein schöner Abend, oder?“, begrüßte die Diva die Rosahaarige, welche sich neben sie setzte.

„Angenehm warm.“, bestätigte sie.

„Nur die ganzen Mücken nerven ein wenig.“ Und mit diesen Worten wedelte die Türkishaarige auch schon eins der blutsaugenden Biester weg.

„Die sind zu dieser Jahreszeit überall, besonders an Gewässern.“ Auch wenn dieser Kommentar eigentlich überflüssig war, widerstand Luka der Versuchung nicht es zu erwähnen. Immerhin hatte Miku sie hier her bestellt. Und der Tümpel hinter dem Wohnhaus war wirklich nicht der intelligenteste Treffpunkt. Das hier Mücken waren, war so klar wie das Amen in der Kirche.

„Sag mal, was machst du eigentlich am Wochenende?“, wollte die Jüngere dann wissen. Angesprochene zuckte nur mit den Schultern. „Keine Ahnung.“, antwortete sie ehrlich. „Vielleicht endlich mal ein wenig die Stadt erkunden oder so.“

„Die meisten sind am Wochenende gar nicht da. Eltern besuchen und so.“, erzählte Miku.

„Das habe ich die beiden vergangenen Wochenenden schon gemerkt.“, ihre Gesprächspartnerin warf ihr ein leichtes Lächeln zu. Dann fiel ihr noch etwas ein. „Du bist sicherlich auch unterwegs, oder?“ Das wäre zu schön um wahr zu sein. Endlich mal wieder zwei Tage Ruhe! Doch...das Schicksal meinte es nicht gut mit ihr. Die Türkishaarige schüttelte nur leicht den Kopf.

„Meine Eltern sind das Wochenende über nicht da. Da macht es nicht viel Sinn sich extra in den Zug zu setzen.“ Sie kicherte, wurde dann jedoch wieder ernst.

„Es muss doch merkwürdig für dich sein, das deine Mutter derzeit in einem ganz anderen Land ist, oder? Vermisst du sie nicht manchmal?“, wollte sie dann wissen.

Luka hob ein kleines Steinchen vom Boden auf, wog es kurz in der Hand und warf es dann in Richtung Tümpel. Der kleine Stein hüpfte mehrfach über die Wasseroberfläche bevor er schließlich unterging.

„Es ist schon merkwürdig, ja. Aber ich weiß ja das sie nicht für immer weg ist.“

Miku blickte erst dem Stein hinterher, sah dann aber ihre Gesprächspartnerin an. Es war schon komisch. Wie konnte die Andere nur so gelassen bleiben, wenn sie ihre Eltern über ein Jahr nicht sehen würde? Ganz generell war die Ältere nur schwer aus der Ruhe zu bringen. Fast schon ertappte sie sich in diesem Moment dabei ein schlechtes Gewissen zu haben, weil sie ihr nur noch zusätzlich das Leben schwer machte.

//Arg! Als wenn ich deswegen Gewissensbisse haben müsste! Die meisten würden sich darum reißen mit ihr den Platz tauschen zu können. Sie kann sich also glücklich schätzen mich zu haben!//

Mit diesem Gedanken drängte sie ihr Gewissen bei Seite. Die Ältere ließ noch einen flachen Stein über die Wasseroberfläche tanzen.

Die Diva beschloss es auch einmal zu versuchen und griff nach dem erst besten Steinchen, welches sie entdeckte. Doch der erste Versuch war ein Fehlschlag. Anstatt übers Wasser zu hüpfen, ging der Stein mit einem 'Blubb' unter. Sie zog die Stirn kraus und versuchte es gleich noch einmal. Mit dem gleichen Ergebnis.

„Wie machst du das?!“, rief die frustrierte Türkishaarige aus.

„Eh? Das ist eigentlich ganz einfach.“ Luka blickte die Jüngere an und unweigerlich stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Dieser kindliche Ausdruck in Mikus Gesicht war einfach Gold wert.

In Momenten wie diesem empfand sie die Situation als gar nicht so schlimm. Solange sie einfach nur zusammensaßen und über Gott und die Welt redeten, hatte sie nicht mals etwas gegen die Gesellschaft der Anderen.

Sie suchte den Boden nach einem geeigneten Stein ab, fand diesen schließlich und hob ihn auf.

„Es ist wichtig einen möglichst flachen Stein zu nehmen.“, erklärte sie, kniete sich hinter die Andere und gab ihr das Steinchen. Sie nahm die Hand der Türkishaarigen in ihre um ihr den richtigen Winkel zu zeigen, in dem sie den Stein in Richtung Wasser werfen musste.

Der Diva wurde heiß. Sie hatte das Gefühl, das ihre Wangen plötzlich angefangen hatten zu glühen. Sie mochte die sanfte, ruhige Art der anderen Schülerin. Sie spürte ihren Körper leicht an ihrem Rücken. Wäre es nach ihr gegangen, die Zeit hätte stehen bleiben können. Doch das tat sie nicht. Gemeinsam schickten sie den kleinen Stein auf die Reise Richtung Wasser. Er hüpfte vier Mal bevor er schließlich unterging.

Das Mädchen drehte sich in der Umarmung. Die Ältere hatte nach wie vor ein sanftes Lächeln aufgesetzt. Eigentlich eine Situation an der es nichts zu beanstanden gab. Eigentlich... Urplötzlich fragte die Türkishaarige sich wieder, was die Andere wohl gerade dachte. War diese Freundlichkeit nur aufgesetzt? Oder fühlte sie sich derzeit genau so wohl? Sie konnte es nicht sagen. So faszinierend die Rosahaarige auch auf sie wirkte, so perfekt war leider auch ihre Maske, die es ihr unmöglich machte sie richtig einschätzen zu können.

„Weißt du...es ist schön am Wochenende ein wenig Gesellschaft zu haben.“, kam die Diva dann jedoch auf das eigentliche Thema zurück.

Luka zog eine Augenbraue hoch. „Ach ja?“

Wieder veränderte sich etwas an der Mimik der Kleineren.

„Fahren Meiko, Haku, Lily, Neru und Seeu denn die beiden Tage zurück zu ihren Familien?“, streute die Rosahaarige schnell ein.

„Bis auf Lily und Neru fahren alle, jepp.“, Und mit dieser Antwortet lehnte die Diva sich etwas nach vorn um ihrer Freundin einen Kuss aufzudrücken.

Die Ältere erwiderte, fragte sich in Gedanken jedoch, wie lange dieses Spielchen wohl noch gehen mochte. Sie ertrug die Kleine jetzt schon seit etwa drei Wochen. Einerseits hatte sie sich an die Bedingungen des Deals gewöhnt, andererseits zehrte das alles langsam wirklich an ihren Nerven. Sie konnte sich besseres vorstellen als an einem mückenverseuchten Tümpel zu sitzen und einer eingebildeten kleinen Tussi die stets freundliche Partnerin zu spielen, obwohl sie das Mädchen eigentlich nicht liebte. Im Gegenteil. Das miese Spiel, was die Schuldiva da mit ihr spielte, trug nicht gerade dazu bei, das sie sie all zu sympathisch fand.

Die Kleinere drückte sich gegen sie, was in ihrer momentanen Situation alles andere als gut war. Im nächsten Moment fand die Rosahaarige sich im Gras liegend wieder, den Grund dieses kleinen Unfalls direkt über ihr. Wieder hatte sich der Blick des Mädchens verändert. Luka musste an das erste, wirkliche Treffen damals denken. Als die Türkishaarige damals im Musiksaal vor ihr gestanden hatte, hatte sie genau das gleiche Grinsen aufgesetzt wie jetzt gerade.

Ohne etwas zu sagen küsste die Diva sie erneut, fuhr ihr leicht mit der Zunge über die Lippen. Die Andere konnte sich zwar wirklich besseres vorstellen, doch was blieb ihr übrig? Wenigstens verstand die Jüngere etwas vom Küssen. Ein kleiner Trost.

Doch etwas war anders als sonst. Anders als sonst ließ das Mädchen so schnell nicht wieder von ihr ab. Im Gegenteil, sie wurde eher noch fordernder. Langsam begann die Schülerin sich unwohl zu fühlen. //Was hat man der denn heute in den Tee gekippt?//, fragte sie sich in Gedanken.

Kurz löste die Türkisäugige sich wieder von ihr. „Weißt du eigentlich was das Beste an diesem Wochenende ist? Meine Zimmernachbarin fährt auch nachhause.“, hauchte sie.

Luka hatte den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden, doch beschloss sie sich ganz einfach dumm zu stellen. Ihr lief ein eiskalter Schauer über den Rücken.

„Du freust dich ja ziemlich darüber das du sturmfrei hast.“ Eigentlich sollte ihre Stimme amüsiert klingen, doch der nervöse Unterton war deutlich herauszuhören.

„So schön und so naiv~“, säuselte die Diva und strich ihr mit einer Hand über die Wange. Nach wie vor machte das Mädchen keine Anstalten von ihr runter zu gehen. „Aber weißt du...die Naivität kaufe ich dir nicht ab.“ Das Lächeln der Türkishaarigen wirkte wieder so listig, erinnerte leicht an einen Fuchs.

Bevor die Andere noch etwas darauf antworten konnte, hatte sie sich erneut zu ihr gebeugt um ihr einen Kuss zu stehlen. Die Rosahaarige spürte, wie die Kleinere eine Hand unter das Shirt ihrer Schuluniform schob. Ein Rotschimmer breitete sich schlagartig auf ihren Wangen aus. Die Hand des Mädchens hatte sich eindeutig an Stellen verirrt, wo sie nichts zu suchen hatten.

Luka drehte den Kopf zur Seite. „Miku..was zum-?!“

Angesprochene warf ihr ein amüsiertes Lächeln zu. „Was denn? Ich habe dir jetzt schon drei Wochen Zeit gegeben.“

So süß und unschuldig dieses Mädchen auch aussah, das war sie nicht! Immer wenn sie sie ansah, dann blickte sie geradewegs dem Wolf im Schafspelz ins Gesicht.

Die Worte der Türkishaarigen trafen sie wie ein Schlag. Für einen Moment entgleisten ihr die Gesichtszüge, die sonst so gut versteckten Emotionen kamen zum Vorschein.

„Ich gehe davon aus, das du morgen wohl bei mir übernachtest?“ Miku warf ihr ein zuckersüßes Grinsen zu, während Lukas Augenbraue nervös zu zucken begann.

„Ich weiß nicht ob das eine so gute Idee ist...“, streute die Ältere ein. Nun war es an der Türkishaarigen sie fragend zu mustern. „Du siehst nicht sehr begeistert aus.“, stellte sie fest.

Die Rosahaarige dachte an den Deal und vor allen Dingen an diese beiden Schlägerinnen. Panik stieg in ihr hoch. Ihre Möglichkeiten gefielen ihr beide nicht...

„Das ist es nicht...!“, widersprach sie schnell, hatte sich in ihrem Schock jedoch kein Argument zurechtgelegt.

Miku beugte sich zu ihrem rechten Ohr und strich einige der rosanen Strähnen zur Seite. „Deine Maske bröckelt, Süße.“, flüsterte sie ihr leise zu. Angesprochene zuckte zusammen.

Das Mädchen wich wieder ein Stück zurück, jedoch nur um ihr einen kurzen Kuss auf die Lippen hauchen zu können.

„Du wirst mich irgendwann schon noch mögen, das verspreche ich dir.“ Die Worte waren zwar nur geflüstert, doch für die Ältere sehr gut verständlich.

Das Wetter war es, welches Luka aus dieser immer unerträglicher werdenden Situation erlöste. Erst dachte sie, sie habe sich den Regentropfen auf ihrem Arm nur eingebildet, doch dann begann es von jetzt auf gleich zu schütten wie aus Eimern.

Miku warf einen missfallenden Blick in den Himmel. „Urg! Ich hasse dieses Wetter!“, beschwerte sie sich sogleich. Endlich besaß die Türkishaarige die Güte aufzustehen.

„Wir sollten besser reingehen.“, schlug sie dann vor und reichte Luka eine Hand um sie wieder auf die Füße zu ziehen. Die Rosahaarige nahm die Hilfe zwar an, machte aber keine Anstalten der Kleineren zu folgen.

Nach ein paar Schritten blieb Miku stehen und blickte fragend über die Schulter zu ihrer Freundin. „Du wirst noch krank, wenn du hier stehen bleibst. Es regnet.“

Die Ältere zwang sich ein Lächeln auf, bevor sie antwortete. „Ich geh gleich rein. Aber geh ruhig schon mal vor.“

Glücklicherweise hinterfragte die Türkishaarige das eben Gesagte nicht noch, sondern lief in Richtung Wohngebäude.

Einen Moment blieb die Schülerin nun noch allein beim Tümpel stehen und starrte aufs Wasser. Regentropfen zogen Kreise auf der Wasseroberfläche, eine starke Windböe fegte über sie hinweg.

Luka war danach laut aufzuschreien. Schon oft hatte sie sich gefragt worauf sie sich da nur eingelassen hatte, jetzt wusste sie es. 3 Wochen Zeit gegeben... Dieses kleine Biest verlangte doch ernsthaft von ihr, das sie von morgen auf übermorgen bei ihr übernachtete! Wie diese Nacht aussehen würde, das konnte sie sich schon erstaunlich gut vorstellen.

//Sie geht eindeutig zu weit! Ich will das nicht!// Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt und schluckte schwer. Ihr fiel beim besten Willen nichts ein, wie sie sich und ihre Freunde weiterhin schützen konnte ohne zu tun, was die Schuldiva verlangte.

Erneut fegte eine Windböe über den Platz hinweg. Ihr Haar hing in nassen Strähnen herab.

Luka fröstelte. Sie riss sich vom Anblick des Sees los und beschloss zurück ins Wohngebäude zu gehen.
 

Nach guten fünf Minuten hatte sie schließlich ihr Zimmer erreicht. Am besten wäre es, wenn sie sich erstmal umziehen würde. Sie war komplett durchnässt!

Kaum hatte die Schülerin die Tür geöffnet und den Raum betreten, da wurde sie auch schon von 4 Personen angestarrt. Das Gumi hier war, war ja mehr oder weniger normal, schließlich wohnte sie auch hier. Miki, Teto und Rin waren immer noch zu Besuch hier.

Normalerweise hätte sie nichts dagegen gehabt, doch gerade wünschte sie sich, allein im Raum zu sein.

„Du bist ja patsch nass.“, stellte die Rothaarige besorgt fest.

„Ist mir bewusst.“, murrte die Ältere nur.

„Was für eine Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“, fragend zog Rin eine Augenbraue hoch.

„Hey, sei lieber froh das Prinzesschen überhaupt noch mal die Gnade besitzt vorbeizuschauen.“, stichelte Gumi.

„Halt doch einfach die Klappe.“, fauchte die Rosahaarige halbherzig.

„Hey, was ist los mit dir? Mmmh, lass mich raten, Stress mit der Tussi? Hat sie dich etwa fallen gelassen?“, fügte die Grünhaarige noch hinzu.

Das reichte! Die Worte ihrer Zimmernachbarin hatten das Fass zum überlaufen gebracht.

Sie starrte Gumi einfach nur an, alle Worte waren ihr im Hals stecken geblieben. Tränen bahnten sich einen Weg über ihre Wangen.

„Luka?“ Miki war vom Bett aufgestanden und schlang die Arme um sie. Die Umarmung ihrer besorgten Freundin ließen ihre Maske entgültig zerbrechen.

„Ich kann das einfach nicht mehr! Ich halt es nicht mehr aus...“, schluchzte sie und vergrub das Gesicht in Mikis Shirt. Die Andere zog sie noch etwas näher zu sich.

Auch Rin war vom Bett aufgestanden und rüber zu den beiden gelaufen. „Wie genau meinst du das...?“, hakte sie zaghaft nach. „Was genau hälst du nicht mehr aus? Liebst du sie nicht?“

Die Rosahaarige schüttelte nur leicht den Kopf. Sie hatte einfach keine Kraft mehr dieses Spiel noch länger zu spielen. Das hier war ihre letzte Chance ihren Kopf noch aus der Schlinge zu ziehen.

„Nein, das tue ich nicht. ...das habe ich auch nie. Ich...ich kann dieses Spiel einfach nicht mehr spielen.“ Ihrer Stimme war die Verzweiflung nur all zu deutlich anzuhören.

Gumi stand ein wenig verstört im Raum. Der plötzliche Zusammenbruch ihrer Zimmernachbarin hatte ihr den Wind aus den Segeln genommen. Ein sehr...sehr schlechtes Gewissen meldete sich. Hatte sie mit ihren Worten den Bogen eben überspannt?

„Ich glaube das musst du uns genauer erklären...“, meinte sie und setzte sich zu den Anderen.

Was immer auch los war, hier lief etwas gewaltig schief. Und die Grünhaarige wurde das Gefühl nicht los, das Miku und deren Freundinnen an der ganzen Sache Schuld waren.

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>>Gumi stand ein wenig verstört im Raum. Der plötzliche Zusammenbruch ihrer Zimmernachbarin hatte ihr den Wind aus den Segeln genommen. Ein sehr...sehr schlechtes Gewissen meldete sich. Hatte sie mit ihren Worten den Bogen eben überspannt?

„Ich glaube das musst du uns genauer erklären...“, meinte sie und setzte sich zu den Anderen.

Was immer auch los war, hier lief etwas gewaltig schief. Und die Grünhaarige wurde das Gefühl nicht los, das Miku und deren Freundinnen an der ganzen Sache Schuld waren.«
 

Es dauerte geschlagene fünf Minuten, bis die Rosahaarige sich wieder so weit beruhigt hatte, das sie ihren Freunden die ganze Story erzählen konnte. Alle blickten sie aufmerksam an und wollten wissen was los war. Luka öffnete den Mund um zu sprechen, doch kamen plötzlich wieder Zweifel auf. Noch hatte sie nichts gesagt, noch hatte sie die Anderen nicht in Gefahr gebracht.

„Jetzt erzähl schon. Was ist passiert?“, hakte Rin nach, der die Unsicherheit der Anderen nicht entgangen war.

„Ich weiß nicht ob das eine so gute Idee ist...“ Die neue Schülerin wollte die Anderen da wirklich nicht mit reinziehen. Doch war sie sich auch bewusst, das dies vermutlich ihre letzte Chance war, dem am Wochenende Geplanten zu entgehen.

„Wenn du nicht sofort erzählst was los ist, laufe ich rüber zu dieser Tussi und quetsche eben sie aus.“, stellte Gumi klar. Die temperamentvolle Grünhaarige hatte die Hände in die Hüften gestemmt.

„Was? Nein, bloß nicht!“, rief ihre Zimmernachbarin entsetzt aus.

Gumi seufzte leise. „Dann erzähl uns was passiert ist. Wir sind deine Freunde. Wenn du uns nicht sagst was los ist, können wir dir nicht helfen.“

„Ich will euch da nicht mit reinziehen. Das ist zu gefährlich.“

„Du glaubst nicht wie egal mir 'gefährlich' ist!“, wetterte das Mädchen los.

„Es ist unsere Entscheidung. Und ich glaube ich spreche im Namen von allen, wenn ich jetzt sage, das wir das in Kauf nehmen.“, mischte Miki sich ein. Die ruhige Schülerin blickte einmal in die Runde. „Stimmt doch Leute, oder?“ Teto, Rin und Gumi nickten. Luka gab sich geschlagen.

„Also schön.“ Kurz schloss sie die Augen und atmete tief ein, bevor sie schließlich begann zu erzählen.

„Diese ganze Beziehungsgeschichte, da ist nichts dran. Ich mache das alles nicht freiwillig.“, begann sie.

Rin zog eine Augenbraue hoch. „Wie?“ Die Blondine dachte zu diesem Zeitpunkt noch nicht daran wie schlimm die Sache eigentlich war.

„Sie hat mich schon am ersten Tag in den Musiksaal bestellt und ihre Absichten klargestellt. Anfangs habe ich die Sache noch für einen dummen Scherz gehalten, aber das war es nicht.“

Die Rosahaarige wandte sich an Gumi. „Weißt du noch wo du vor etwa zweieinhalb Wochen ins Zimmer geplatzt bist, als Miku und ich uns geküsst haben?“

Die Grünhaarige nickte. „Als wenn ich das vergessen hätte!“ Genau an diesem Tag hatte ihre Zimmernachbarin schließlich angefangen sich so zu verändern und hing von dort an dauernd mit Miku und deren Freundinnen rum.

„Ich denke du hast nur ganz knapp Haku verpasst. Sie hätte mir damals beinah mal eben so den Finger gebrochen und gesagt, das das noch harmlos seie, wenn ich nicht tun würde was Miku will.“

Allen im Raum entgleisten die Gesichtszüge. Langsam aber sicher begann es ihnen zu dämmern.

„Bitte WAS?!“, rief Rin aus. Entsetzt starrte sie die Rosahaarige an. Teto hatte es die Sprache verschlagen. Die eh schon schüchterne Rothaarige saß auf dem Bett und hörte einfach nur zu.

„Ich glaube ich verstehe langsam. Deshalb wollten Meiko und Lily mich den Tag partout nicht gehen lassen.“, überlegte Gumi laut. „Aber warum zur Hölle hast du die ganze Zeit über nichts gesagt?!“, rief sie dann.

Luka seufzte. „Weil das ein Teil des Deals war. Ich musste diesem kleinen Biest die Freundin spielen und durfte mit niemandem darüber sprechen, sonst wäre es entweder mir oder euch an den Kragen gegangen.“

Entsetzt schlug Miki sich eine Hand vor den Mund. „Oh Gott...das glaub ich nicht.“ Natürlich glaubte sie ihrer Freundin, doch war sie fassungslos wie weit die Schuldiva gegangen war.

„Wie hast du das nur so lange ausgehalten?“, mischte Teto sich ein. Angesprochene schluckte schwer. Rin zog die Rosahaarige zu sich und umarmte sie.

„Bis kurz nach dem Musikprojekt ließ die ganze Sache sich noch halbwegs gut aushalten. Sie hat sich die Zeit über nur auf Händchenhalten und Küssen beschränkt.“

Skeptisch zog Gumi eine Augenbraue hoch. Sie ahnte nichts Gutes. „Sag bloß nicht sie hat...“

Angesprochene schüttelte den Kopf. „Nein, das nicht. Aber seit dieser Woche hab ich gemerkt das es nur noch eine Frage der Zeit ist.“ Ein leichter Rotschimmer hatte sich auf ihre Wangen gelegt.

„Als ich mich eben mit ihr getroffen habe, hat sie verlangt das ich von Samstag auf Sonntag bei ihr übernachten soll.“

Die Augen der Rosahaarigen schimmerten feucht, ihr war deutlich anzusehen das sie erneut den Tränen nah war.

Neben ihr schluckte nun auch Gumi. Die Grünhaarige hatte ihr die ganzen drei Wochen das Leben mit bissigen Kommentaren nur noch zusätzlich schwer gemacht.

„Verdammt...!“, murrte sie. Alle blickten sie leicht fragend an. „Wir nennen uns Freunde und haben die ganze Zeit über nicht gemerkt, was für ein Spiel hier eigentlich gespielt wird.“, fügte sie dann hinzu.

„Das ist nicht deine Schuld. Ich habe es die ganze Zeit über versteckt so gut es ging.“, räumte Luka ein.

Die Grünhaarige sprang auf und ging mit schnellen Schritten Richtung Tür. Die Wut stand ihr überdeutlich ins Gesicht geschrieben. Auch Miki war blitzschnell wieder auf den Beinen. Sie ahnte nichts Gutes. „Wo willst du hin?!“, wollte der Rotschopf sofort wissen.

„Na wohin wohl?!“, fauchte Angesprochene nur und ballte die rechte Hand zur Faust. Ihre Knöchel knacksten. „Dieses kleine Biest hat sich ne ordentliche Tracht Prügel verdient!“

Ihre eher ruhige Freundin schlang die Arme um sie und zog sie nur mit Mühe wieder von der Tür weg. „Nein! Bist du verrückt?! Du kannst da nicht einfach so rüber! Die hetzt dir direkt ihre beiden Schlägerinnen auf den Hals!“

Die Grünhaarige versuchte sich loszureißen. „Soll sie nur versuchen!“

„Hör auf!“, mischte sich nun auch Rin ein. „Klar können wir sie nicht einfach so ungeschoren davonkommen lassen. Aber einfach loszurennen ist nicht unbedingt klug. Warten wir lieber bis die beiden Brutalos weg sind und überlegen uns einen Plan.“

Nun blickten sie alle an. „Einen Plan?“, erkundigte Teto sich. Die Blonde nickte. „Einen Denkzettel verpassen müssen wir ihr ja wohl.“ Dagegen hatte niemand etwas einzuwenden.

„Aber wie? Wenn das rauskommt, dann haben wir alle ein ernsthaftes Problem.“, streute die Rosahaarige zaghaft ein.
 

Plötzlich wurde die Tür des Zimmers geöffnet. Alle Köpfe fuhren herum. Die Mädchen kamen sich vor wie im falschen Film. Gerade betraten doch tatsächlich die beiden blonden Freundinnen der Schuldiva das Zimmer. Es war nicht die Tatsache das die beiden nicht angeklopft hatten, die sie störte. Eher fragten sich alle wo die beiden so schnell herkamen und wie viel sie gehört hatten.

„Hey Leute.“, grüßte Blondi Nr. 1 die Gruppe. „Jetzt zieht nicht so ein Gesicht als wollten wir euch fressen!“, mischte die Andere sich ein.

Das war es. Im Kopf der Grünhaarigen legte sich ein Schalter um. Die beiden hatten Nerven hier einfach so aufzutauchen und so zu tun als wenn überhaupt nichts wäre. Vielleicht gehörten die beiden nicht zu Mikus Schlägertruppe, doch waren sie die Zimmernachbarinnen der beiden und waren demnach mit Sicherheit auch nicht viel besser.

„Sagt mal was denkt ihr euch eigentlich?!“ Ohne wirklich weiter nachzudenken hatte die Grünhaarige sich aus Mikis Griff befreit und war auf die beiden Besucher losgestürzt.

„Was zum?!“, rief Lily irritiert und entsetzt zugleich aus bevor sie zur Seite sprang. Neru hatte dieses Kunststück nicht mehr fertig gebracht. Faust und Gesicht kollidierten.

„Aaaaah!“ Mit einem Aufschrei fand sie sich im nächsten Moment auf dem Boden wieder, die mehr als wütende Zimmerbesitzerin stürzte ihr nach. Wie von Sinnen holte Gumi erneut zum Schlag aus, wurde jedoch von der anderen Blonden gestoppt, welche sich nun wiederrum auf die stürzte und versuchte sie festzuhalten.

„Bist du bescheuert?! Lass Neru in Ruhe!“, schrie sie sie an. Die Grünhaarige zappelte, stieß dem Mädchen eher zufällig den Ellbogen in die Rippen.

„Aufhören!“, mit diesem Ausruf waren nun auch Rin und Miki aufgesprungen. Erst zu dritt schafften die Schülerinnen es die Grünhaarige von Neru wegzuziehen. Diese setzte sich benommen wieder auf und hielt sich das Gesicht. Ein blaues Auge war ihr sicher.

„Ist alles in Ordnung mit dir?“ Auch Luka war rüber zu den Anderen gelaufen und half der Blonden vom Boden hoch. „Gott, leg deiner verrückten Freundin einen Maulkorb an. Die ist gefährlich!“, fauchte Neru mehr als mies gelaunt.

„Was macht ihr eigentlich hier?“, wollte die Rosahaarige dann wissen. Diesmal war es Lily die antwortete. „Eigentlich wollten wir nur rüber zu dir und etwas chillen. Haku und Meiko sind total besoffen und mit Miku hält man es eh keine fünf Minuten aus.“

Nach dieser Aussage hielt nun auch Gumi endlich inne, sodass Rin und Miki sie loslassen konnten.

Luka beschloss dieses Missverständnis lieber mal aufzuklären. „Die beiden sind wirklich in Ordnung Leute.“

„Wie? Aber die gehören doch ebenfalls zu dieser Clique.“, wollte Teto irritiert wissen.

„Aber sie halten sich aus den Aktionen eigentlich raus. Die beiden haben mir sogar mehr als einmal zur Flucht verholfen, sodass ich in den Pausen zu euch entwischen konnte.“, erklärte die Rosahaarige.

„Sag das doch gleich!“

Die Rosahaarige half der Blonden rüber zum Schreibtisch, damit die Kleinere sich erstmal setzen konnte. Das Mädchen war immer noch ein wenig durch den Wind, ignorierte sogar ihr piependes Handy.

„Wie lange habt ihr eigentlich schon vor der Tür gestanden?“, erkundigte Miki sich. Fragend blickte sie zu den beiden Besucherinnen.

„Falls ihr die Sache mit dem Denkzettel meint, das haben wir gehört. Aber das war einfach Timing.“, erklärte Lily. Als wenn sie nichts besseres zu tun hätte als gemeinsam mit Neru stundenlang vor geschlossenen Türen zu stehen!

Mit diesen Worten setzte sie sich aufs Bett, da sonst alle Sitzplätze belegt waren. Der Blonden waren die Blicke der anderen nicht entgangen. „Was denn?!“, hakte sie nach.

„Rennst du damit zu Miku oder Meiko?“, erkundigte Luka sich. Angesprochene konnte ein Kichern nicht unterdrücken, schüttelte dann aber den Kopf.

„Du hast gerade selbst noch von Neru und mir behauptet wir wären in Ordnung!“

„Und was genau macht uns sicher das du wirklich nichts davon erzählst?“, hakte Rin skeptisch nach. Die ältere Blonde spielte mit einer Strähne und schien die ungeteilte Aufmerksamkeit sichtlich zu genießen. „Weil Miku damit einfach zu weit geht.“

„Jetzt komm endlich zum Punkt und sag ihnen, warum wir eigentlich hier sind.“, mischte sich Neru ein. Lily blickte rüber zu ihrer Freundin. „Das ist uncool, erklär du's ihnen.“

„Ich hab Kopfschmerzen!“, murrte die Kleinere nur. Gumi murmelte ein leises 'Gomen'.

„Also ich hab von Anfang an nichts von dieser Aktion gehalten und hab mich ganz einfach rausgehalten. Haku und Co. wissen, das sie von mir keine Hilfe zu erwarten haben.“, begann Neru. Die Anwesenden entspannten sich sichtlich. „Ich hab mitbekommen was Miku vor hat und bin eigentlich hier um dir zu helfen nochmal aus der Sache rauszukommen, Luka.“, meinte sie dann. „Ähm Li-chan, ich glaube du hast ihr auch noch was zu sagen.“

Zähneknirschend nickte Angesprochene. „Ich hab dich damals aus dem Raum gelockt, damit Miku freies Feld hat Gumi.“, gestand sie dann. „Nur das ich nicht geahnt habe, was Haku und sie sich da ausgedacht hatten. Ich will's wieder gut machen.“

Einen Moment war es still im Raum. Die Grünhaarige funkelte die Blauäugige zwar an, sagte aber nichts. Miki war es, die das Schweigen brach.

„Also hab ich das jetzt richtig verstanden? Ihr wollt uns helfen?“ Die beiden Blonden nickten.

„Ich hab doch die ganze Zeit über gewusst das ihr nicht so mies seit wie die Anderen. Danke Leute.“ Die Rosahaarige warf ihnen ein aufrichtiges Lächeln zu.

„Nur was ich nicht verstehe : wieso gebt ihr euch überhaupt mit Leuten wie denen ab?“, wollte Rin dann wissen.

„Ich weiß selbst das es dumm ist und das sie mich nur ausnutzt, aber ich liebe Meiko nun mal.“, gestand die größere Blonde. Kurzzeitig musste sie an ihre braunhaarige Zimmernachbarin denken.

„Du bist so blöd! Ich versteh nicht wie du das mitmachen kannst.“, zog Neru sie auf.

„Halt doch die Klappe!“, fauchte die Andere.

Die Schülerin warf einen Blick auf ihr Handy, steckte es wieder in ihre Jackentasche und wandte sich wieder den anderen zu. „Also bei mir ist es so, das ich Haku schon seit der Grundschule kenne. Damals war sie noch ganz anders.“

Dann schien Teto etwas einzufallen. „Aber zurück zum eigentlichen Thema, ja? Wie sorgen wir jetzt dafür das das alles ein Ende hat?

Alle blickten sich ratlos an. Dann sprang Gumi auf. „Also ich bin immer noch dafür das Biest zu verprügeln!“, rief sie aus.

„Das muss man doch auch anders lösen können.“, überlegte Miki. „Bloß wie?“

„Ich will sie nicht gleich im Krankenhaus wissen oder so. Sie soll mich einfach nur in Ruhe lassen.“, stellte Luka fest. Sie wollte nicht zu genau so miesen Methoden greifen, wie die Türkishaarige.

„Aber wie erreichen wir das...?“, grübelte Teto.

„Ich denke wir müssen ihr schlicht und ergreifend die Augen öffnen. Und bei ihrem Ego geht das nicht, ohne sie mal wirklich zu schocken.“, mischte sich Lily ein. Für sie war es immer noch ein merkwürdiges Gefühl der besten Freundin ihrer Freundin in den Rücken zu fallen, doch diesmal war es eindeutig das Richtige.

Die 7 überlegten und beratschlagten eine ganze Weile lang, was sie nun eigentlich tun sollten. Einen guten Plan zu entwerfen war gar nicht so leicht.

Die Rosahaarige war ihren Freunden so dankbar, das sie das alles für sie taten. Eigentlich hatten ihre Klassenkameradinnen das Wochenende über nachhause fahren wollen, doch besondere Situationen erforderten besondere Maßnahmen. Ob nun dieses oder nächstes Wochenende Zuhause zu sein, war nun auch egal. Sie würden morgen früh einfach ihre Eltern anrufen und bescheid sagen.

Nach gut einer Stunde hatten sie endlich etwas brauchbares ausgearbeitet.

„Also meinst du du schaffst es, sie unter einem Vorwand nochmal zum Schultümpel zu bringen?“,wollte Gumi wissen. Luka nickte. „Ich denke schon das das klappt.“

„Und wenn nicht, dann greift eben Plan B.“, stellte Rin fest. „Das kriegen wir schon hin.“

„Ich koordiniere die ganze Aktion. Also vergesst nicht eure Handys einzuschalten und auf Vibrationsalarm zu stellen, damit sie nicht plötzlich piepen.“, mischte Neru sich ein.

„Ich komme mir vor wie in einem Actionfilm!“, grinste Lily.

„Also mir ist es eher wichtig Miku wieder auf den Boden der Realität zurück zu holen.“, streute Miki ein.

„Und natürlich das sie Luka endlich in Ruhe lässt.“, meldete sich Teto zu Wort.

„Es erspart uns einiges an Ärger das Haku und Meiko nicht da sein werden.“, freute Miki sich.

„Und wenn sie glaubt als Notfallplan auf Neru und Lily bauen zu können, dann wird sie merken wie beliebt sie eigentlich ist.“ Auf Gumis Lippen hatte sich ein breites Grinsen ausgebreitet. Inzwischen hatte sie sich wegen dem Missverständnis von vorhin bei Neru entschuldigt. Diese war zwar immer noch leicht sauer, doch ließ sich daran wohl nichts ändern.

„Aber vergesst bitte nicht, wir wollen sie nur ein wenig schocken und ihr die Augen öffnen. Ich will mich nicht mit ihr auf eine Stufe stellen“, erinnerte Luka noch einmal. Alle nickten. Die Aktion morgen war zwar riskant, aber es musste einfach klappen.

„So Leute, wir müssen dann mal wieder los. Nicht das man uns noch vermisst.“ Lily stand von ihrem Platz auf.

„Wir sehen uns dann vermutlich morgen Nachmittag.“, verabschiedete Neru sich. Mit diesen Worten verließen die beiden Blonden wieder das Zimmer.

„Es ist schon spät. Ich denke ich sollte langsam auch mal wieder rüber.“, meinte Miki dann. Vermutlich würde Iroha sich schon fragen wo sie den ganzen Abend über gewesen war.

„Okay, dann bis morgen mal.“, verabschiedete Gumi sie.

„Und ich bin froh, das du uns endlich erzählt hast was Sache ist.“, wandte der Rotschopf sich noch einmal an Luka.

Auch Teto und Rin gingen langsam mal wieder rüber in ihr Zimmer. Inzwischen war es schon ziemlich spät geworden.

„Was für ein Tag.“ Die Grünhaarige ließ sich auf ihr Bett fallen und blickte zur Decke.

„Da sagst du was.“, stimmte ihre Zimmernachbarin ihr zu.

„Wenn ich dich und die Anderen nicht hätte. Ich hätte echt nicht mehr gewusst was ich noch hätte tun sollen.“, sagte sie dann.

„Ist doch kein Ding. Die Tussi hat sich den Denkzettel wirklich verdient. Sie hat echt Nerven dir das all die Wochen lang angetan zu haben.“

Die beiden Freundinnen unterhielten sich noch etwas, bevor sie beschlossen langsam mal ins Bett zu gehen. Inzwischen war es wirklich spät geworden. Die Rosahaarige war nach diesem Tag wirklich fertig mit der Welt, doch konnte sie heute zur Abwechslung einmal gut schlafen. Es hatte so gut getan die Anderen endlich einzuweihen. Wenn sie so darüber nachdachte, sie hätte es vielleicht schon viel früher tun sollen. Das hätte ihr einiges an Ärger erspart und der Diva vielleicht erst gar nicht so viel Macht über sie gegeben.

Nun war sie eher auf Morgen gespannt. Morgen würde sie ein letztes Mal ihre Rolle spielen und zwar genau so lange, bis die Falle zuschnappte. Vielleicht hatte sie dann endlich ihre Ruhe?

Sie vertraute ihren Freunden, sie hatte sogar unerwartet noch zwei weitere Verbündete bekommen. Vermutlich würde die ganze Aktion morgen schon irgendwie klappen. Das war das erste Mal in drei Wochen, das sie wieder optimistisch in die Zukunft sah.

Ob es ihnen wirklich gelingen würde Miku die Augen zu öffnen war unklar, doch zumindest war sie sich recht sicher ab morgen wieder ihre Ruhe zu haben.

payback

Es war Samstag Morgen. Die meisten Schülerinnen reisten schon recht früh morgens ab um das Wochenende Zuhause verbringen zu können. An der Bushaltestelle unten am Fuß des Berges herrschte Aufruhr, da einfach viel zu viele Leute dort standen und auf einen Bus warteten, der sie zum Bahnhof bringen würde.

Besonders viel bekam die Rosahaarige von diesem Trubel allerdings nicht mit. Da ihre Mutter derzeit nicht im Land war, blieb ihr nichts anderes übrig als im Internat zu bleiben. Doch auch sie war froh, das endlich Wochenende war. Zum einen, weil der Tag viel gemütlicher begonnen hatte, zum anderen weil ab heute endlich Schluss mit dieser Tyrannei sein würde.

Sie hatte sich gestern Abend gemeinsam mit den Anderen einen Plan überlegt, der auf den ersten Blick zwar ziemlich heftig war, doch dies war auch nötig um der Schuldiva die Augen zu öffnen. Jeder aus der Gruppe kannte seine Rolle für heute Abend. Alles war geplant. Neru würde die ganze Aktion koordinieren und den einzelnen Schülerinnen SMS schicken oder kurz anrufen, wenn die Aktion begann. Spätestens heute Abend würde für die türkishaarige Diva die Welt Kopf stehen. Luka und sie würden wortwörtlich die Rollen tauschen.

„Es ist schon jetzt irre warm. Ich weiß gar nicht was ich anziehen soll.“, murrte die junge Frau und blickte leicht verzweifelt in ihren Kleiderschrank. In der Woche waren Klamotten nicht das Problem, mussten hier doch alle Schuluniformen tragen, doch am Wochenende galt diese Regel nicht mehr. Alltagsklamotten tragen zu dürfen war nach der ganzen Zeit zwar ein wenig ungewöhnlich, aber jedes Mal wieder ein kleiner Luxus.

„Wie wär's mit ner kurzärmligen Bluse und nem Rock?“, schlug ihre Zimmernachbarin vor. Gumi hatte sich einfach die erst besten Klamotten aus ihrem Schrank geschnappt und konnte nicht nachvollziehen, wie man aus der Kleidungswahl nur so ein Drama machen konnte.

„Ich hab 1000 verschiedene Blusen.“, erinnerte Luka sie und durchwühlte weiter ihren Schrank.

„Oh man, das dauert noch Stunden.“ Gespielt genervt verdrehte Gumi die Augen und ließ sich auf ihr Bett fallen.

Obwohl es erst neun Uhr war, war es schon verflucht warm. Wie heiß es erst am Tag werden würde, darüber wollte sie gar nicht erst nachdenken. Vor allem, weil sie das Gebäude nicht verlassen durfte. Die Gefahr Miku in die Arme zu rennen war einfach viel zu groß. Um die Andere nicht misstrauisch zu machen, wollten sie sie in dem Glauben lassen, das Miki, Rin, Teto und Gumi tatsächlich nachhause gefahren wären. Dies wiederrum bedeutete für eben Genannte, das sie sich den Tag über möglichst ruhig verhalten mussten um den Plan vorbereiten zu können.

Die Grünhaarige hoffte, das es ihr gelang 'unsichtbar' zu spielen. Wie gut Neru, Lily und Luka es doch hatten. Die drei durften sich wenigstens frei bewegen.

Endlich hatte ihre Zimmernachbarin sich für ein Shirt und einen Rock entschieden. Die Rosahaarige öffnete das Fenster, in der Hoffnung etwas frische Luft ins Zimmer zu lassen. Doch anstelle von kühler Luft, strömte noch mehr Wärme ins Zimmer.

„Das wird n Tag heute.“, stellte Gumi grinsend fest. „Tagsüber zwar zum verrecken heiß, aber ich freue mich schon auf heute Abend.“ Oh ja, und wie sie sich darauf freute der selbsternannten Diva mal ordentlich die Meinung geigen zu können.

„Ich hoffe nur das alles gut geht.“, gab Luka ihre Bedenken kund. Sie war sich fast schon sicher das heute noch irgendwas schief gehen würde.

„Ach quatsch, das wird.“, versuchte ihre Zimmernachbarin sie zu beruhigen.

Es klopfte an der Tür. Erst einmal relativ laut, dann zweimal kurz und leise.

Auf Gumis Lippen breitete sich ein Grinsen aus. Sie fühlte sich in ihren Worten eben bestätigt. „Sag ich doch, das wird schon.“

„Komm rein!“, rief ihre rosahaarige Zimmernachbarin damit der Gast die Tür öffnete.

Die Tür wurde geöffnet und die Blondine betrat den Raum. „Morgen!“, rief sie gut gelaunt aus.

„Zeit dich aus der Gefahrenzone zu bringen, Luka-chan.“, fügte sie dann hinzu.

Luka und Gumi blickten einen Moment ihren Besuch an, blinzelten ungläubig und wischten sich das imaginäre Nasenbluten aus dem Gesicht.

„Wow...“, war das erste, was der Grünhaarigen spontan dazu einfiel.

„Also ich glaube würdest du eine ähnliche Aktion wie Miku abziehen, ich würde mich nicht mals beschweren.“, fand nun auch die ältere Zimmerbesitzerin die Sprache wieder. Natürlich war das eben Gesagte nicht ernst gemeint, aber Angesprochene würde schon wissen, wie sie es aufzufassen hatte.

Die Blondine, die Komplimente immer gern hörte, konnte nicht anders als breit zu grinsen. „Ich wusste doch, das mein Outfit ankommen würde.“, meinte sie dann.

 Lily trug ein schwarzes Top, welches gerade verdeckte was verdeckt werden musste, und einen weiß-gelb gestreiften Rock, an dessen Gürtel eine CD befestigt war. Ein sehr luftiges, aber sommertaugliches Outfit. 

„Hast du soweit alles gepackt? Wir sollten in der Stadt sein bevor Miku Wind davon kriegt.“

Luka nickte. Sie schnappte sich ihre Handtasche, schlüpfte in ihre Schuhe und begab sich dann zur Tür. Kurz warf sie der Grünhaarigen noch einen Blick zu.

„Wir sehen uns dann heute Abend, ja?“

Angesprochene nickte und setzte ein Lächeln auf. „Aber klar doch. Und jetzt sieh zu das du Land gewinnst und dir nen schönen Tag machst.“

„Dafür sorg ich schon. Die Stadt, shoppen, Eiscafés : was will man bei so nem Wetter mehr?“, versicherte Lily. Gemeinsam verließen die beiden Mädchen den Raum, sahen sich kurz in Flur und Treppenhaus um und verließen dann eiligst das Schulgelände.

Kurz nachdem die beiden aus dem Zimmer waren, huschte auch Gumi auf leisen Sohlen rüber zu Rin und Teto.
 

Etwa zwanzig Minuten später erreichte die Türkishaarige das Zimmer ihrer 'Freundin'. Da auf ein Anklopfen keine Reaktion folgte, griff sie einfach nach der Türklinke und öffnete die Tür. Abgeschlossen war das Zimmer zwar nicht, aber anwesend war auch niemand. Merkwürdig.

Das die Grünhaarige nicht da war, überraschte Miku ja nicht. Sie wusste, das Gumi das Wochenende rüber zu ihren Eltern gefahren war. Allerdings hatte sie damit gerechnet das Luka anwesend sein würde. Zwar waren sie erst für heute Abend verabredet, doch hatte sie nicht wirklich damit gerechnet, das die Rosahaarige den freien Samstag nutzen würde um selbst ein wenig rumzureisen.

Miku zuckte nur mit den Schultern. Vielleicht war die Ältere ja auch ganz einfach drüben bei Neru oder Lily. Sie wusste ja, das die drei sich gut verstanden.

Da Meiko und Haku nicht da waren und Miku nicht wusste was sie sonst tun sollte, beschloss sie erstmal rüber zu Neru zu gehen. Zwar störte sie die direkte Art der Blondine teilweise ziemlich, doch kam sie mit ihr immer noch besser aus, als mit der noch temperamentvolleren Lily. Die Diva konnte kaum nachvollziehen was Meiko nur an dem Mädchen fand. Okay, sie war ziemlich hübsch und zudem gut in der Schule, aber das war auch schon alles.

//Was zerbreche ich mir darüber jetzt auch den Kopf? Mei-chan rennt doch eh allem hinterher, was nen Rock trägt// Mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen setzte sie ihren Weg zu Nerus Zimmer fort. Vielleicht hatte die Blonde Luka ja gesehen und konnte ihr sagen, wo sie hingegangen war?

Auf dem Weg hing sie noch ein wenig ihren Gedanken nach. Ob das mit heute Abend wirklich in Ordnung ging? Sie wollte die Ältere nicht verletzen, wie sie sich wohl oder übel gestehen musste. In den drei Wochen hatte sie sie wirklich lieb gewonnen. Aber sie wollte auch, das die Andere ihr endlich ihr wahres Gesicht zeigte. Eine Person konnte unmöglich so fehlerlos sein! Vielleicht war es ja wirklich der beste Weg ihr ihre Gefühle zu zeigen und endlich einen Blick hinter ihre Maske riskieren zu können.

Die Türkishaarige hatte das Zimmer der Blonden erreicht und klopfte kurz an. Nach einem 'Ja?' öffnete sie die Tür und betrat den Raum. Wie erwartet traf sie Neru hier an, doch außer ihr war niemand hier im Raum.

„Hi!“, begrüßte Miku die Andere. „Ganz allein hier?“, wollte sie dann wissen.

Angesprochene drückte die Pausetaste ihres Computerspiels und blickte von ihrem Laptop auf.

„Morgen.“, begrüßte sie die Türkishaarige. „Klar bin ich allein. Du weißt doch, das Haku das Wochenende über nicht da ist.“

„Schon klar. Aber du hast nicht zufällig ne Ahnung wo Luka ist?“, erkundigte die Diva sich.

Einen Moment lang schwieg Neru, tat so als wenn sie nachdenken müsste. Phase 1 des Plans hatte reibungslos geklappt. Sie hatte schon eine SMS bekommen, das die beiden unbemerkt das Schulgelände verlassen hatten und mit dem Zug sicherheitshalber in die Nachbarstadt gefahren waren. Gestern Abend hatten es alle für die beste Idee gehalten, die Rosahaarige tagsüber von der Schule wegzubringen. Niemand hatte eine genaue Ahnung von Mikus Zeitplan und so war es am sichersten, wenn die beiden sich erst Abends sehen würden. Außerdem würde im Dunkeln die Falle besser zuschnappen. Dunkelheit konnte der schlimmste Feind, aber auch der stärkste Verbündete sein.

„Lily hat n armes Opfer gesucht das mit ihr Shoppen geht.“, erklärte Neru dann. „Erst hat sie mich gefragt, aber die ganzen Modeläden sind einfach nicht meine Welt. Außerdem ist es mir viel zu nervig bei dem Wetter das Haus zu verlassen. Sonnenbrand und so, du weißt?“

Auf Mikus Stirn begann eine Ader zu pulsieren. Die Tussi hatte Nerven! Sie sah in der Blondine keine Konkurrentin, doch war sie alles andere als erfreut darüber, das sie in ihrem Shoppingwahn einfach ihre 'Freundin' mitgeschleppt hatte! Die Türkishaarige hatte eigentlich geplant selbst mit der Älteren in die Stadt zu gehen, aber das ging schlecht, wenn diese nicht anwesend war.

„Ruf sie doch einfach mal an. Wenn dir so langweilig ist, kannst du dich doch bestimmt mit den beiden in der Stadt treffen.“, schlug Neru vor und spielte weiterhin das Unschuldslamm.

Das nahm Miku etwas den Wind aus den Segeln. Wieso eigentlich nicht?

„Wäre eigentlich ne Idee.“, stimmte sie zu und kramte ihr Handy aus ihrer Tasche. Sie wählte die Nummer der Rosahaarigen, doch nach einiger Zeit schaltete sich nur die Mailbox ein.

„Die hat bestimmt ihr Handy vergessen.“, murrte die Diva.

Die Blonde zog eine Augenbraue hoch. „Wer? Meinst du Lily?“ Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Die hat ihr Handy heute morgen bei mir liegen lassen, als sie mich gefragt hat, ob ich nicht mitkommen wollte.“ Neru deutete auf das Handy auf ihrem Schreibtisch und zog ein Gesicht.

„Wie kann man nur so trottelig sein? Also ICH würde es direkt merken, wenn ich mein Handy vergessen hätte.“

„Du bist ja auch süchtig nach dem Teil.“, äußerte Miku sich. „Aber ich meinte eigentlich auch gar nicht Lily sondern Luka.“

Die Blonde zuckte nur mit den Schulern. „Wo die ihr Handy gelassen hat kann ich dir auch nicht sagen.“

Eigentlich wusste Neru jedoch ganz genau, wo die Rosahaarige ihr Handy gelassen hatte. Sie hatte es natürlich dabei, nur das sie es ausgeschaltet hatte. Auch hatte Lily heute morgen extra ihr Handy hier bei ihr gelassen. Sie wollten eben verhindern angerufen werden zu können.

Natürlich waren die beiden trotzdem erreichbar, hatte Neru ihnen doch einfach ihr zweites Handy mitgegeben. Sie musste ihnen schließlich eine SMS schicken können, wenn sie der Meinung war den Plan langsam starten zu können. Nur das Miku dies natürlich nicht wusste.

„Ich sag's dir! Lily kann sich heute Abend was anhören!“, wetterte die Türkishaarige los.

Neru verdrehte nur die Augen. „Jetzt beruhig dich wieder. Spätestens heute Nachmittag sind die beiden wieder da und du hast Luka wieder für dich. Auch wenn ich nach wie vor der Meinung bin, das du mit deiner Art nie an sie herankommen wirst.“

Da Neru sich nicht anders als sonst verhielt, wurde Miku auch nicht misstrauisch. Sie meckerte der Kleineren zwar noch ein Weilchen die Ohren voll, doch wurde das auf Dauer auch langweilig. Irgendwann beschloss sie das Zimmer des Mädchens wieder zu verlassen.

Kaum war die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen, da zückte Neru ihr Handy und teilte den anderen die Neuigkeiten per SMS mit. Alles lief wie am Schnürchen.
 

„Du glaubst nicht wie gut es tut endlich mal wieder einen Nachmittag Ruhe vor dieser Pest zu haben.“ Luka strich sich einige Strähnen aus dem Gesicht und sah zu ihrer Freundin, welche auf der anderen Seite des Tisches saß. Mitten auf dem Tisch stand ein großer Eisbecher, auf dessen Rand etliche Früchte gesteckt worden waren. Selbst zu zweit würden sie Probleme haben die Eismengen zu bekämpfen. Schon als sie das Café erreicht hatten, hatten sie bei anderen Gästen gesehen, wie groß die Portionen hier ausfielen und hatten beschlossen sich lieber einen Becher zu teilen, bevor sie nachher noch halbtot in der Ecke lagen.

Bei diesem Wetter war ein kühles Eis einfach die perfekte Erfrischung.

„Von jetzt an wirst du so oder so deine Ruhe vor ihr haben, da bin ich mir sicher.“ Mit einem aufmunternden Lächeln sah die Blonde sie an.

„Sag mal, kann man in unserer Stadt eigentlich auch so gut shoppen wie hier?“, erkundigte die Ältere sich. Im Laufe des Nachmittags hatten die beiden sämtliche Läden unsicher gemacht und schleppten nun eine große Anzahl von Tüten mit sich herum.

„Ne, bei uns gibt’s kaum interessante Läden. Nur so Oma-Mode.“ Allein bei dem Gedanken an diese furchtbaren Läden musste Lily lachen. Dort würde sie mit Sicherheit nicht einkaufen gehen.

„Uh, lass mal!“, winkte auch Luka ab. An alte-Leute-Mode hatte sie nun wirklich kein Interesse.

Die beiden schafften es nach einer ganzen Weile irgendwie den Eisbecher zu leeren und quasselten noch ein wenig. Die Rosahaarige genoss es wirklich seit langem mal wieder einen ruhigen Tag verbringen zu können. Einmal nicht bedrängt werden, wie herrlich! Mit der lebhaften Blondine verstand sie sich wirklich gut. Lily erinnerte sie vom Charakter her ein klein wenig an Gumi, denn sie war genau so direkt und aufbrausend. Nur das die Blonde um einiges zickiger und viel mädchenhafter war als ihre Zimmernachbarin.

Gegen 18 Uhr piepte das Leihhandy. Neru schrieb, das es langsam mal an der Zeit seie zurück zu fahren. Mit dem Zug brauchten sie etwa eine Stunde um die Stadt wieder zu erreichen. Und vom Bahnhof aus würde es auch nochmal 30 Minuten dauern, bis sie die Schule erreicht hatten. 30 Minuten natürlich nur dann, wenn sie auf Anhieb einen Bus bekamen.
 

Tatsächlich erreichten die beiden Mädchen erst gegen 20 Uhr das Schulgelände. Inzwischen war die Temperatur wieder etwas gesunken und es war um einiges erträglicher geworden. Dennoch strahlte der Asphalt noch die Hitze aus, die er den Tag über gesammelt hatte.

„Meinst du sie ist sauer?“, erkundigte die Rosahaarige sich. Angesprochene zuckte nur leicht mit den Schultern. „Keine Ahnung, aber vorstellen könnte ich's mir.“

Die Ältere reichte der Blonden das ausgeliehene Handy und schaltete ihr eigenes wieder an. 3 Anrufe in Abwesenheit. Lily blickte ihr über die Schulter und verdrehte nur die Augen. „Okay, du kannst dir gleich was anhören.“, verbesserte sie dann.

„Dann lass ich mir besser ne gute Ausrede einfallen.“, überlegte Luka laut. Die Blonde kicherte. „Ach, mach dir nichts draus. Das ist heute eh das letzte Mal, das du sie ertragen musst.“

Die Rosahaarige nickte. „Ja, zum Glück. Ich hoffe nur das es schnell dunkel wird.“

„Bring am besten die Einkäufe hoch in dein Zimmer und dann triff dich irgendwo draußen mit ihr. Ist sicherer als im Zimmer.“ Die Andere zwinkerte ihr zu.

Gemeinsam betraten sie das Wohngebäude, trennten sich im Flur jedoch, da sie auf unterschiedlichen Fluren wohnten.

Auf leisen Sohlen schlich Luka sich hoch in ihr Zimmer, legte die Einkäufe auf ihrem Bett ab und verließ den Raum dann auch schon wieder. Sie beeilte sich nach draußen zu kommen und begab sich rüber auf den Schulhof. Dort angekommen setzte sie sich auf eine Bank und warf einen Blick zur Uhr. Eigentlich waren Miku und sie für 20:30 Uhr verabredet, das waren jetzt noch 15 Minuten. Demnach konnte die Türkishaarige also nichts sagen. Sie hatte nicht verlangt, das sie den Tag über hier blieb und somit hatte sie tun und lassen können, was sie wollte. Auch wenn sie glaubte, das der Jüngeren dies im Nachhinein nicht gefiel.

Sie zückte erneut ihr Handy und schrieb dem Mädchen eine SMS, das sie wieder zurück seie und auf dem Schulhof auf sie warten würde. Sie war sich fast zu 100% sicher, das die Jüngere nicht lange auf sich warten lassen würde.

//Okay, reiß dich zusammen Luka. Das ist jetzt das letzte Mal, das du diese Rolle glaubhaft spielen musst//, redete sie sich selbst ein.

Während sie also auf die Diva wartete, dachte sie noch einmal an den heutigen Tag zurück. Es war wirklich entspannend gewesen sich wieder wie ein ganz normales Mädchen ihres Alters verhalten zu können endlich mal nicht mehr die Worte auf die Goldwaage legen zu müssen und unbefangen lachen zu können. Dank ihren Freunden würde dies bald wieder der Normalzustand sein.

Langsam begann es zu dämmern. Im Sommer dauerte dies zwar meist eine ganze Weile, aber Luka hoffte, das es heute relativ schnell dunkel werden möge.

Wenn die Anderen der Meinung waren, das es dunkel genug war um die Aktion zu starten, würde Neru ihr eine SMS schicken. Natürlich piepte ihr Handy nicht, denn sie hatte es auf Vibrationsalarm umgeschaltet. Wenn sie die SMS bekäme, wäre das das Zeichen Miku irgendwie in Richtung Schulteich zu locken. Mal sehen wie sie das am besten anstellte...

„Ich hab schon gedacht du hast dich in der Stadt verlaufen!“, hörte sie eine ihr inzwischen wohlbekannte Stimme neben sich. Luka blickte leicht nach links und entdeckte die Türkishaarige, die vom Wohngebäude aus direkt hier her gekommen war.

„Ich habe es nur ausgenutzt mal wieder shoppen zu gehen.“, entgegnete sie.

„Wieso hast du mir heute morgen nicht bescheid gesagt?“ Miku hatte die Hände in die Hüften gestemmt und wirkte wenig begeistert. Luka stand von der Bank auf und ging zu ihr rüber.

„Weil Lily mich total überrumpelt hat. Wir mussten uns beeilen den Bus noch zu kriegen und ich hatte mein Handy in meinem Zimmer vergessen.“

Die Rosahaarige war selbst überrascht, wie leicht es ihr inzwischen fiel zu lügen, ohne das man es ihr ansah.

„Du hast mich einfach allein gelassen!“, meckerte die Kleinere weiter. Innerlich verdrehte die Andere die Augen. Wie lange sollte das noch so weiter gehen? Besser sie handelte schnell um dem Mädchen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Was immer sie jetzt auch erzählte, spätestens mit Einbruch der Dunkelheit würde sie endlich erlöst sein. Sie hatte dieses Spiel jetzt drei Wochen ausgehalten, da würden sie zwei Stunden jetzt auch nicht mehr umbringen. Immerhin war jetzt endlich ein Ende in Sicht.

„Weißt du eigentli-“, setzte die Türkishaarige erneut an, wurde jedoch unterbrochen, als die Ältere sich zu ihr rüber beugte und sie küsste. In diesem Zustand konnte man bekanntlich schlecht meckern.

Als Luka sich wieder von ihr löste, legte sie ihr einen Finger auf die Lippen. „Ssssht.“, forderte sie die Diva auf endlich mal einen Moment ruhig zu sein. Leicht fragend blickte diese sie an.

„Hör auf dich aufzuregen, ich bin schließlich wieder da. Heute Abend, morgen früh und heute Nacht.“, das letzte Wort betonte sie und grinste leicht.

Auf den Wangen der Türkishaarigen hatte sich ein leichter Rotschimmer breit gemacht. Sie konnte nicht ganz fassen, was die Andere da sagte. Gestern Abend schien sie ja noch gar nicht begeistert von der Idee gewesen zu sein.

Auf ihre Lippen legte sich ein leichtes Lächeln. „Wie kommt der plötzliche Sinneswandel?“, erkundigte sie sich trotzdem.

„Du hast mich gestern einfach überrumpelt.“ Die Ältere strich sich eine der rosanen Strähnen aus dem Gesicht. Sie strich dem Mädchen über die Wange. „Wiedergutmachung genug?“

„Du bist ein Buch mit sieben Siegeln für mich. Immer wenn ich denke dich einschätzen zu können, zeigst du mir wieder ein komplett anderes Gesicht.“ Die Diva stellte sich auf die Zehenspitzen um ihrer Freundin noch einen Kuss zu stehlen.

//Und was für ein Gesicht ich dir heute noch zeigen werde. Verlass dich drauf//, dachte Luka sich.

Sie legte einen Arm um Miku, die von dem Plan immer noch nichts wusste, was zweifellos auch besser so war. „Lass uns doch noch was spazieren gehen.“, schlug sie vor.
 

»Es wird langsam dunkel. Packt eure Sachen« Gumi blickte auf die SMS, welche sie soeben erhalten hatte. Auch die Handys von Rin, Miki und Teto hatten diese Nachricht bekommen. Lily hatte die SMS vermutlich auch erhalten, doch war diese gerade in ihrem Zimmer und zog sich um.

„Scheint so als könnte es gleich losgehen.“, stellte die Grünhaarige fest.

Miki nickte zustimmend. „Sieht ganz so aus. Sehen wir zu das wir fertig werden.“

„Meint ihr wirklich, das das nicht zu heftig ist?“, wollte Teto wissen. Rin schüttelte nur den Kopf.

„Quatsch, wir verletzen sie ja nicht, wir öffnen ihr nur die Augen.“

„Im Gegensatz zu ihr wissen wir, wann wir aufhören und das die ganze Sache sich nur auf heute Abend beschränkt.“, versicherte auch Miki nochmal.

Die Mädchen hatten sich den ganzen Tag über ruhig in ihren Zimmern verhalten. Den größten Teil des Tages waren sie in Rins und Tetos Zimmer gewesen, nur einmal hatte Miki das Zimmer verlassen um neues Wasser zu holen. Die Zeit war jedoch überraschend schnell vergangen.

Nun schnappten die vier sich ihre Taschen und schlüpften in ihre Schuhe.

»Also ich bin jetzt auch soweit. Denke wir treffen uns im Treppenhaus?« Diesmal war es Lily, die den anderen eine SMS geschickt hatte.

Keine Minute später meldete Gumis Handy sich erneut. »Showtime Leute, geht schon mal los.«

Diesmal war es Neru die geschrieben hatte. Das war das Zeichen. Sie nickten sich zu und verließen das Zimmer, alles schien ganz nach Plan zu laufen.

Während Miki und Teto ein wenig aufgeregt wirkten, grinsten Rin und Gumi so breit, als hätten sie die Hauptrolle in einem Actionfilm gewonnen.

Im Treppenhaus warteten auch schon Lily und Neru auf sie. Die Mädchen trugen Kapuzenshirts

und Kappis deren Schirme ihnen weit ins Gesicht reichten. Da die beiden sich die Haare nach hinten gebunden und in den Shirts verschwinden gelassen hatten, konnte man im ersten Moment gar nicht sagen um wen es sich handelte.

Sie nickten sich zu und setzten ihren Weg fort. Inzwischen war es wirklich schon recht dunkel geworden.

Der Weg vom Wohngebäude bis zum Teich war nicht gerade weit. Schon nach fünf Minuten hatten sie den Tümpel erreicht. Rund um den Teich herum war Wiese, etwas weiter weg dichte Büsche und Bäume. Sie kamen sich alle ein wenig dumm bei der Aktion vor, doch es half alles nichts.

Um nicht direkt aufzufallen lehnten sie sich an die Bäume, verschmolzen fast schon mit den Schatten.

„Das ist alles so cool! Sowas wollte ich schon immer mal machen.“, zischte Gumi den anderen leise zu. „Ich schick Luka ne SMS.“, meinte Neru dann.
 

Die Rosahaarige wusste die ungefähre Uhrzeit, sodass sie unauffällig dafür gesorgt hatte, rein zufällig in die Nähe des Teichs zu wandern. Dabei unterhielt sie sich mit Miku, die inzwischen wieder bessere Laune hatte. Das Mädchen klebte wie üblich an ihrem Arm, wunderte sich nicht mals warum sie um diese Uhrzeit in Richtung des Wäldchens gingen.

Als sie das Vibrieren des Handys in ihrer Tasche hörte, wusste sie, das es Zeit war langsam wirklich Kurs aus den Tümpel zu nehmen.

Sie warf einen Blick zu dem Mädchen neben sich. So unbekümmert wie die Andere sich gerade gab, tat es ihr fast schon leid die Kleine gleich in die Falle zu locken. Aber inzwischen kannte sie die süße Fassade der Türkishaarigen. Sie wusste, das die Jüngere eigentlich alles andere als süß und niedlich war. Sie hatte sie jetzt über drei Wochen terrorisiert, nun würde es die Quittung geben.

Nach etwa fünf Minuten hatten sie schließlich den Zielort erreicht. Genau vor dem Teich blieb Luka stehen. Auch Miku hielt an und warf ihr einen fragenden Blick zu.

„Wir rennen jetzt schon ziemlich lange durch die Pampa, was hast du eigentlich vor?“, wollte die Jüngere dann wissen.

„Ach weißt du...“, auf die Lippen der Älteren stahl sich ein Lächeln welches plötzlich gar nicht mehr so freundlich wirkte, „Ich hab da eine Überraschung für dich.“

„Eine Überraschung? Hier?“ Nun schaute die Diva erst recht verwirrt aus der Wäsche. Dann fuhr sie herum, denn plötzlich knackste ein Ast ganz in ihrer Nähe. Büsche raschelten.

Von den umliegenden Bäumen lösten sich sechs Schatten und traten hinaus auf die Wiese. Vier der sechs Personen konnte Miku sofort zuordnen, zwei waren zu eingehüllt um mit Sicherheit sagen zu können wer es war. Die Schule hatte einfach zu viele Schülerinnen und sie wusste nicht genau wer heute hier war und wer nicht.

„Einen schönen guten Abend.“, grüßte Miki die Türkishaarige. Das sonst so freundliche Mädchen, wirkte plötzlich alles andere als gut gelaunt. Ihre Mimik und ihre Stimme verrieten es.

Die Anderen kamen näher auf die beiden zu, bildeten einen Kreis.

Zwar war noch nicht wirklich etwas passiert, doch spürte die Diva ein flaues Gefühl in ihrem Magen aufsteigen.

„Was ist denn das für ein Auftritt? Ich dachte ihr wärt Zuhause?“, erkundigte sie sich barsch, versuchte sich die aufsteigende Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Immerhin war sie die beliebteste Person der ganzen Schule. Die Anderen würden sich folglich schon keine Dummheiten wagen. Und jeder hier wusste, das sie ihnen jederzeit ihre beiden besten Freundinnen auf den Hals hetzen konnte.

„Wie du siehst sind wir das nicht.“, ergriff nun Teto das Wort. Sie stand etwas weiter rechts.

„Ich denke wir müssen dringend reden.“, mischte Rin sich ein. Auch ihre Stimme klang wenig erfreut.

Diesmal wandte die Türkishaarige sich an ihre 'Freundin', welche neben ihr stand. „Was hat das zu bedeuten Luka? War das geplant?“

Angesprochene schwieg einen Moment, doch dann legte sich ein eisiges Lächeln auf ihre Lippen, das die Frage der Anderen beantwortete.

„Du hast mich lange genug rumgescheucht, meinst du nicht?“ Mit diesen Worten ging die Rosahaarige rüber zu den Anderen und stellte sich zwischen Gumi und eine der Maskierten.

Bevor Miku noch etwas sagen konnte, kamen Rin und Miki von den Seiten auf sie zu. Instinktiv wich sie einen Schritt zurück, näher in Richtung Teich.

„Wir wissen was du die ganze Zeit über für ein Spiel gespielt hast.“, meldete sich Miki zu Wort.

„Was hast du dir dabei gedacht ihr das anzutun?“, wollte die Blonde nun wissen. „Hast du überhaupt eine Ahnung, wie sie sich dabei gefühlt hat?“ Vorwurfsvoll blickte Rin sie an.

Die Türkishaarige sah wiederrum rüber zu Luka. „Das war doch gar nicht so schlimm. Du bist eben total mein Typ, andere würden sich freuen.“

Angesprochene schüttelte nur leicht den Kopf. „Du hast keine Ahnung, oder?“

Miku zog eine Augenbraue hoch. „Keine Ahnung von was?“

„Wie es sich anfühlt so unter Druck gesetzt zu werden, Dinge zu tun die man vielleicht gar nicht will?“

Die Schuldiva merkte, wie ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie konnte nicht recht sagen, ob es daran lag, das sie umzingelt war, oder ob es der eisige Blick der Rosahaarigen war. Das Gefühl schmerzte. War das Angst? Nein, oder?

„Unter Druck gesetzt? Nach unseren anfänglichen Schwierigkeiten war ich doch wohl wirklich freundlich zu dir!“, protestierte sie.

„Du siehst auch nur das, was du sehen willst.“ Zweifelnd blickte Teto sie an.

„Ich denke ich zeige dir wie es sich anfühlt, wenn du in genau so einer Situation bist wie ich es war.“, meldete Luka sich wieder zu Wort. Sie nickte Gumi zu.

Das Grinsen der Grünhaarigen wurde breiter. Langsam aber sicher ging sie auf Miku zu und ließ die Knöchel knacksen. Die Türkishaarige wurde kalkweiß.

„Das wagst du dich nicht!“, rief sie aus. „Krümm mir ein Haar und ich sag's Meiko und Haku!“

Die Grünhaarige konnte nicht anders, als über die Aussage zu lachen.

„Sollen wir jetzt Angst haben?“, wollte Rin wissen.

Je näher Gumi auf die Diva zu kam, desto weiter wich sie nach hinten zurück.

„Du hast deine Freunde, und Luka hat ihre. Nur wenn ich mich so umsehe, dann würde ich sagen, das wir irgendwie mehr sind.“, stellte Gumi fest.

Als Miku noch einen Schritt nach hinten ging, stellte sie fest das ihr Fuß sich nass anfühlte. Sie war tatsächlich in den Teich getappt.

„Außerdem sehe ich deine beiden Schlägerinnen hier gerade nirgendwo.“, stellte sie dann fest.

„Wag es ja nicht mich anzufassen!“, fauchte die Diva sie an. Inzwischen war ihr die Situation wirklich unheimlich.

„Eigentlich gehörst du verprügelt, aber das tue ich nur, wenn Luka mich darum bittet. Wir wollen die ganze Sache doch möglichst originalgetreu halten.“, grinste die Grünhaarige sie an.

Anstatt zuzuschlagen gab Gumi ihr lediglich einen Schubs. Die Türkishaarige taumelte einen Schritt nach hinten, verlor das Gleichgewicht und landete mit einem Platsch im Teich.

Ein entsetztes Aufkreischen war die Folge, als sie im kalten Wasser landete. Die meisten konnten sich bei diesem Anblick ein Kichern nicht verkneifen.

„Pass auf, der Teich.“, kicherte Miki. „Uuuups, zu spät!“, amüsierte Rin sich. Die Diva lief rot an.

„Fisch sie da wieder raus, Gumi.“, ordnete die Rosahaarige an. Sie ertappte sich schon wieder dabei Mitleid zu haben, aber vielleicht konnten sie dem Mädchen so die Augen öffnen.

„Hört auf!“, rief die Türkishaarige aus, doch die Grünhaarige packte sie nur grob am Arm, zog sie aus dem niedrigen Wasser und gab ihr erneut einen Schubs in Richtung Land.

Wieder stolperte die Diva und fand sich auf dem Boden wieder. Mit einem Satz hatte sich die Andere über sie gestellt, warf ihr einen verächtlichen Blick zu.

Ihr Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb. Das war doch alles nur ein schlechter Traum, oder?

Miku hatte ernsthaft geglaubt Luka soweit einschätzen zu können und hatte daher auch ihre Freundinnen das Wochenende über gehen lassen. Niemals hatte sie damit gerechnet, das die sonst so ruhige Rosahaarige den Spieß plötzlich umdrehen würde.

Sie hatte die Aktion damals für eine gute Idee gehalten um ihren Willen zu bekommen, anfänglich hatte alles ja auch geklappt wie sie es geplant hatte. Doch irgendwie musste sie den Bogen wohl überspannt haben. Jetzt hatte sie den Salat.

Ihr Kleidung war nass und klebte ihr am Körper. Sie war umringt von ziemlich mies gelaunten Leuten, die es auf sie abgesehen hatten. Die Schuldiva hatte beim besten Willen keine Ahnung, was die Gruppe noch alles geplant hatte.

Ihr aktuelles Aussehen war ihr peinlich, die ganze Situation war mehr als bloßstellend. Die Anderen verspotteten sie, machten ihr Vorwürfe. Aufstehen und abhauen konnte sie nicht, da Gumi über ihr stand und auch die Anderen sie bestimmt nicht gehen lassen würden.

Sie hatte Angst! Doch eine Sache war noch schlimmer – die ganze Aktion hatte sie der Person zu verdanken, in die sie sich verliebt hatte. Dessen war sie sich inzwischen sicher. Um so mehr schmerzten ihre kalten Blicke und das sie den Anderen plötzlich Befehle gab, so wie sie es selbst damals getan hatte. Sie hatten wortwörtlich die Plätze getauscht. Sie fühlte sich so mies!

Luka war währendessen zu ihr rüber gekommen und hatte sich neben Gumi gestellt.

„Merkst du langsam wie sich sowas anfühlt? Aber du hast recht, das ist wirklich nicht schlimm. Zumindest von meiner momentanen Position aus.“

Die Türkishaarige schüttelte den Kopf. „Hör auf! Sag ihnen sie sollen aufhören!“ Abrupt verstummte sie. Wo hatte sie ihren Stolz gelassen?!

„Jetzt schon? Dabei haben wir gerade erst angefangen.“, kommentierte Gumi belustigt.

„Hör zu.“, mischte sich nun auch Miki ein. „Du wirst Luka von jetzt an in Ruhe lassen, haben wir uns verstanden? Und wenn du es dich wagen solltest eine von deinen Schlägerinnen auf einen von uns zu hetzen, dann ist das hier noch harmlos.“

Angesprochene schluckte schwer.

„Oh, aber wir haben da noch einen ganz wichtigen Punkt vergessen.“, streute Rin ein.

„Genau, hast du nicht selbst gesagt wie beliebt du hier doch bist?“, amüsierte sich Gumi.

„Das bin ich auch! Verflucht, lasst mich in Ruhe!“, rief Angesprochene verzweifelt aus.

Die Rosahaarige wendete sich nun an eine der beiden 'Maskierten'. „Sie gehört dir.“

Die Türkishaarige verlor bei diesen Worten auch noch das letzte bisschen Farbe im Gesicht. Das konnten die doch jetzt unmöglich...!

Das Mädchen, dessen Gesicht durch die Kappe und die Kapuze ziemlich verdeckt war, gesellte sich rüber zu Gumi, Luka und ihr. Die Grünhaarige trat einen Schritt zur Seite. Miku wollte aufstehen, doch die Andere kniete sich ganz einfach über sie.

Zwei türkise Augen blickten die Andere entsetzt an, als diese eine Hand an ihr Kinn legte und es etwas hoch schob. Einen kurzen Augenblick passierte nichts, dann überbrückte die Schülerin die letzte Distanz und legte ihre Lippen auf ihre.

Die Augen der Diva weiteten sich ein Stück, sie war in Schockstarre gefallen. Und schon wieder konnte sie nicht sagen, was schlimmer war. Die Tatsache, das die Andere sie gerade küsste, oder aber das sie ihr nun ins Gesicht sehen konnte und zwei bekannte azurblaue Augen erblickte. Eine lange blonde Strähne fand ihren Weg aus dem Kapuzenshirt und hing der Besitzerin nun über der Schulter.

Heiße Tränen bahnten sich ihren Weg über die Wangen der Diva. Wenn das ein Traum war, dann wollte sie jetzt ganz schnell aufwachen. Wobei sie wusste...das dies die Realität war.

Als die Andere ein Stück weit zurück wich, brauchte sie einen Moment um die Worte wiederzufinden. „Lily...wieso?“, war das erste, was ihr spontan einfiel.

Angesprochene befreite sich von der lästigen Kapuze.

„Fühlt sich nicht gut an von jemandem geküsst zu werden, den man nicht liebt, oder?“, wollte sie wissen. Anstelle einer Antwort rollten der Türkishaarigen nur noch weitere Tränen über die Wangen.

„Morgen bringst du ihr Sitz und gib Laut bei. Mach meine Mathehausaufgaben. Die ist doch eh so blond das sie nicht merkt, das du sie nur ausnutzt.“, säuselte die Blondine dann. „Ich bin nicht ganz blöd. Ich hab's mitbekommen. Sowas verletzt auch, weißt du das? Und die Sache mit Luka hat das Fass zum Überlaufen gebracht.“

Nun trat auch die zweite Person vor, die bisher ihr Gesicht versteckt gehalten hatte. Sie befreite sich von Kappe und Kapuze und pflückte ihren Zopf aus dem Shirt.

„Neru...?!“ Mikus Stimme war nicht mehr als ein entsetztes Krächzen. Die, mit denen sie am wenigsten gerechnet hatte, waren ihr tatsächlich auch noch in den Rücken gefallen.

„Du bist wirklich zu weit gegangen. Du manipulierst und tyrannisierst alles und jeden. Oh, und falls du auf die Idee kommst die Sache Haku und Meiko zu erzählen : Lily und ich haben nichts gesehen. Du warst den ganzen Abend über bei uns.“, ergriff Neru das Wort.

So hilflos hatte sich die Türkishaarige noch nie gefühlt. Am liebsten wäre sie ganz einfach im Erdboden versunken. Die Tränen rannen ihr über die Wangen, ein klares Denken hatte ausgesetzt.

Auch wenn sie niemand mehr am Aufstehen hinderte, saß das Mädchen weiterhin auf dem Boden.

Langsam begann sie zu verstehen, was sie den Anderen angetan hatte. Sie hatte sich furchtbar gegenüber Luka verhalten. Eben hatte sie am eigenen Leibe erfahren, wie schrecklich sich all das, was sie ihr angetan hatte, doch anfühlte. Und nicht nur das, sie hatte sogar noch die, die sie im Geiste als Freunde bezeichnet hatte, die ganze Zeit über schikaniert ohne es später noch wirklich zu merken.

„Ich denke das reicht jetzt.“, hörte sie Lukas Stimme sagen. Sie anderen nickten nur zustimmend.

Die Rosahaarige ging ein paar Schritte auf sie zu und kniete sich dann vor sie. Miku kauerte sich noch mehr zusammen. Sie fühlte sich schrecklich!

„Ich hoffe du hast verstanden wie es sich anfühlt so bedrängt zu werden?“, erkundigte sie sich.

Angesprochene kam sich vor wie ein Kind das man gerade ausgeschimpft hatte. Sie brachte nur ein leichtes Nicken zu Stande.

„Sag Haku und Meiko das du das Interesse an mir verloren hast, damit die beiden nicht am Ende noch von sich aus hinter mir her sind.“

Wieder nickte die Türkishaarige. „W-wie hast du das die ganze Zeit ausgehalten?“, brachte sie unter Schluchzen hervor.

„Tut mir leid das ich dir auf diese Art und Weise die Augen geöffnet habe. Ich hasse Gewalt eigentlich.“ Dann tat Luka etwas, mit dem Miku nun wirklich nicht gerechnet hatte. Sie hatte sich auf eine weitere Gemeinheit oder einen Kommentar gefasst gemacht, doch stattdessen zog die ruhige Schülerin die weinende Diva nur zu sich und umarmte sie fest. Im ersten Moment war Miku wie erstarrt. Sie konnte es nicht fassen. Nach all dem, was sie der Älteren angetan hatte, müsste diese sie doch eigentlich hassen. Aber...?

Ohne sich weiter den Kopf darüber zu zerbrechen vergrub sie das Gesicht im Shirt der Anderen und drückte sich enger an sie. „Es tut mir leid. Es tut mir wirklich so leid!“

Sanft streichelte die andere ihr über den Rücken. „Ssssht, du hast deine Lektion gelernt, oder?“

school trip

Das Wochenende war ohne weitere Zwischenfälle verlaufen. Zwar hatte die Rosahaarige die Diva den Abend am See noch getröstet, doch hatte sie durchblicken lassen, das es erstmal das Beste wäre auf Abstand zu gehen. Die Türkishaarige schien ihre Fehler eingesehen zu haben und zu bereuen, doch wie sollte sie dem Mädchen so schnell wieder vertrauen? Auch wenn Luka von Natur aus eine sehr gutmütige Person war, um jemanden so eine Aktion verzeihen zu können, würde es Zeit brauchen. Die Jüngere war zwar ziemlich geknickt gewesen, doch hatte sie Verständnis für die Entscheidung der Anderen gezeigt. Das, was die Diva da ganze drei Wochen lang abgezogen hatte, war nicht so einfach zu vergessen. Es würde Zeit brauchen, vermutlich viel Zeit, um Gras über die Sache wachsen zu lassen.

Nun war es zumindest Montag Morgen. Im Wohngebäude war es größtenteils noch still, während draußen langsam die Sonne aufzusteigen begann.

Das nervtötende Piepen des Weckers riss die Rosahaarige aus dem Reich der Träume. Sie blinzelte kurz, streckte sich und gähnte leise hinter vorgehaltener Hand.

Dann zwang sie sich dazu ihr Bett zu verlassen und den Wecker, der auf dem Schreibtisch stand, auszuschalten. Wenn es sonst schon niemand tat...

Zwar war Gumi ebenfalls anwesend, doch schlief die Grünhaarige noch fest und ignorierte den Wecker einfach. Wie jemand bei dem Lärm noch schlafen konnte, war Luka unbegreiflich.

Schnell schaltete sie den Wecker aus, denn sie hasste dieses Piepen, dann wanderte sie durch den Raum und ging rüber zum Bett ihrer Zimmernachbarin.

Vorsichtig schüttelte sie deren Schulter. „Hey, aufwachen.“, versuchte sie auf sich aufmerksam zu machen. Mit wenig Erfolg. Gumi war einfach nicht wach zu kriegen.

Es dauerte ganze zwei Minuten, bis die Rosahaarige es endlich geschafft hatte, die Andere zu wecken. Sie hatte alles mögliche versucht. Schließlich hatten die simplen Worte :“Es gibt Frühstück!“, Erfolg gezeigt.

Die beiden Zimmernachbarinnen zogen sich um und machten sich für den Tag fertig. Schnell wurden noch die Taschen gepackt, dann konnte es runter zur Cafeteria gehen. Vermutlich würden die Anderen dort schon auf sie warten.

„Sag mal Gumi...“, begann Luka und blickte ihre Freundin an, während sie die Treppen runter liefen. Angesprochene hob den Blick. „Mh?“

„Glaubst du das die Aktion Samstag dauerhafte Wirkung zeigt?“

Das Mädchen konnte ein Lachen nicht unterdrücken. „Ich bitte dich! Zerbrich dir doch darüber nicht mehr den Kopf. Die Tussi hat ihre Lektion gelernt. Ich denke nicht, das die dich so schnell noch einmal belästigen wird.“

Die Grünhaarige sprang die letzten drei Treppenstufen auf einmal herunter. „Und selbst wenn sie so dumm ist : dann erteile ich ihr eben noch mal ne Lektion!“, rief sie dann gut gelaunt aus.

Auf den Lippen der Rosahaarigen breitete sich ein Lächeln aus. „Ich bin echt froh, das du so für mich da bist.“

„Kein Ding. So sind Freunde nun mal.“

Endlich hatten sie den Weg vom Wohngebäude bis zur Cafeteria geschafft. Hier saßen schon einige Schülerinnen, doch zum Glück hatten die Anderen ihnen noch einen Platz frei gehalten.

Gut gelaunt begrüßten die Freunde sich und frühstückten gemeinsam. Luka war mehr als froh von nun an endlich einen ganz normalen Schulalltag zu haben.
 

In einer anderen Ecke der Cafeteria saßen fünf andere Personen am Tisch und frühstückten.

„Und weil sie mich so genervt haben, bin ich Samstag Mittag auch schon rüber zu nem Kumpel. Der hat wenigstens nichts gegen Alkohol und so. Ich kann einfach nicht glauben was meine Eltern doch für Spießer sind!“, berichtete die Braunhaarige den Anderen von ihrem Wochenende, während sie sich eine weitere Portion Reis in den Mund schob.

„Ich hab jetzt zwar nur die Hälfte verstanden, aber meine Eltern sind genau so. Ihr glaubt nicht wie langweilig das Wochenende war!“, stimmte Haku zu.

„Ach, hier in der Schule war auch nichts los.“, versicherte Neru und zog ein gelangweiltes Gesicht.

„Hascht du wasch anderesch erwartet?“

Die Andere Blonde knuffte ihre Freundin recht fest mit dem Ellbogen in die Seite. „Erst schlucken, dann sprechen.“, erinnerte sie sie.

„Jetzt fang du nicht auch noch an!“

„Aber mal was ganz anderes.“, streute die Silberhaarige dann ein. Alle blickten sie an.

„Wieso hast du heute noch keine Anstalten gemacht Luka zu uns rüber zu schleifen, Miku?“, erkundigte sie sich dann. Im Hintergrund hustete Meiko. Sie hatte sich am Reis verschluckt. Lily klopfte ihr auf den Rücken.

Die Türkishaarige blendete die Szene, die sich ihr da gerade bot einfach aus. Sie überlegte, wie genau sie das jetzt erklären sollte. Gestern Abend hatte sie sich noch damit gerettet einfach früh schlafen gehen zu wollen, doch heute musste sie mit ihren Freundinnen wohl darüber reden und ihnen irgend eine glaubhafte Geschichte auftischen.

„Um ganz ehrlich zu sein beginnt ihre perfekte Fassade mich anzuöden.“, log sie dann.

„Echt jetzt?“, leicht verwirrt zog die Braunhaarige eine Augenbraue hoch. Die Diva nickte.

„Du weißt wie ich bin : ich sehe etwas, ich will es haben. Ich habe es schließlich und verliere irgendwann das Interesse.“

„Mit dieser Einstellung wirst du nie ne Freundin finden. Menschen sind doch keine Spielzeuge!“, regte Neru sich auf und half der Anderen die ganze Szene glaubhafter rüber zu bringen. Im Gegensatz zu Meiko und Haku hatten Lily und sie ja mitbekommen was genau los war.

„Das ist irgendwie merkwürdig. Freitag warst du noch ziemlich motiviert.“, gab Haku ihre Bedenken kund.

„Du hast ja auch nicht das Wochenende mit ihr verbracht. Glaub mir, ich wäre fast eingepennt!“, rief Miku aus.

„Du erzählst mir also gerade allen Ernstes, das du so n heißes Girl einfach so ziehen lassen willst?“, hakte Meiko noch einmal ungläubig nach.

Die Türkishaarige nickte. „Wie gesagt, sie beginnt mich zu langweilen.“

„Naja, du musst es wissen.“, spielte Lily mit, bevor sie einen Schluck Kaffee trank und die Tasse dann zurück auf den Tisch stellte.

„Scheint wohl so als hätte jeder von uns n ziemlich langweiliges Wochenende gehabt, was?“ Mit einem schiefen Grinsen zuckte Haku mit den Schultern. Neru, Lily und Miku nickten zustimmend, während die Braunhaarige ein abwesendes Grinsen aufgesetzt hatte und Löcher in die Luft starrte.

„Ich werde nächsten Samstag wohl auch mal wieder Zuhause vorbeischauen.“, erzählte Neru dann und blickte rüber zu ihrer besten Freundin. „Willst du nicht mitkommen?“

Zwei rote Augen blickten sie einen Moment an, dann nickte die Silberhaarige. „Gerne doch.“

Das Grinsen der Älteren wurde noch eine Spur breiter, bevor sie der Blonden einen Arm umlegte.

„Dir folge ich doch überall hin.“, säuselte sie dann im übertriebenen Tonfall.

„Arg! Lass den Blödsinn!“, keifte Neru sie an und befreite sich wieder aus ihrem Griff.

Die beiden Schülerinnen kannten sich schon seit der Grundschule und waren dementsprechend eng befreundet, doch wusste die Blondine, das ihre Zimmernachbarin an mehr als nur Freundschaft interessiert war. Zu dumm nur, das Neru ihrer besten Freundin klare Grenzen setzte.

„Leute, beeilt euch mal! Es klingelt gleich!“,erinnerte Lily die Anderen daran das Frühstück langsam mal zu beenden. Die ersten beiden Stunden waren Mathe und da wäre es unklug zu spät zukommen.
 

Letztlich schafften es alle pünktlich zum Unterricht zu erscheinen. Da Mathe auf dem Programm stand, war die Laune der meisten nicht gerade die beste. So früh am Morgen schon komplizierte Gleichungen lösen, wer tat sowas gern?

Doch anstelle der verhassten Matheaufgaben, sollte der Lehrer heute etwas ganz anderes verkünden.

Ihr Klassenlehrer begrüßte die Klasse erst einmal, wandte sich dann zur Tafel und schrieb einige Daten auf. Um genau zu sein handelte es sich um drei Tage dieser Woche. Mittwoch, Donnerstag und Freitag.

Ohne eine wirkliche Erklärung gegeben zu haben, wandte er sich wieder seinen Schülerinnen zu. Diese blickten ein wenig verwirrt zur Tafel und begannen zu tuscheln.

„Was ist denn an den drei Tagen?“, fragte Seeu schließlich laut, da es sonst keiner tat.

Einen Moment schwieg der Lehrer noch, dann setzte er ein untypisches Grinsen auf und begann zu erklären. „Ich dachte es würde heute niemand mehr fragen.“

Ein erneutes Tuscheln ging durch die Reihen, dann blickten alle erwartungsvoll den Pädagogen an.

„Erinnert ihr euch noch an das Gewinnspiel, bei dem wir vor zwei Monaten mitgemacht haben?“

„Dieses komische Umweltprojekt?“, rief Meiko in die Klasse. Der Lehrer nickte. „Genau das. Nun, wir haben schon vor zwei Wochen Post bekommen. Unsere Klasse und die Parallelklasse hat einen Kurztripp gewonnen.“

Die Mienen der Schülerinnen hellten sich deutlich auf. Der Matheunterricht würde wohl heute ausfallen. Und wenn man dem Datum an der Tafel glauben schenken konnte, dann würde es schon in zwei Tagen losgehen.

Die meisten begannen aufgeregt zu spekulieren, wo es wohl hingehen würde. Und dann auch noch so plötzlich!

„Da wir mit dem Unterrichtsstoff gut in der Zeit liegen, haben einige Kollegen und ich die vergangenen zwei Wochen genutzt um den Ausflug zu planen. Wir werden campen gehen, damit wir den Ausflug möglichst abwechslungsreich gestalten können. Die Kosten für den Platz und die Tagesausflüge werden die Veranstalter des Wettbewerbs freundlicherweise übernehmen.“

Wieder ging ein Tuscheln durch die Klasse. Viele freuten sich über den Ausflug und darüber keine Schule zu haben, Andere wiederrum hatten auf ein anderes Reiseziel gehofft.

Der Lehrer ließ die Schülerinnen erst einmal ein wenig plaudern, bevor er erneut ihre Aufmerksamkeit beanspruchte. „Und noch etwas. Damit die Klassengemeinschaft noch etwas wächst und ihr nicht nur mit euren Freunden zusammenhängt, haben wir Lehrer uns etwas ausgedacht.“

Nun war es still im Raum. Die meisten warfen dem Mathelehrer skeptische Blicke zu. Wenn Pädagogen meinten gute Ideen zu haben, dann waren die Schüler im Endeffekt alles andere als begeistert. Das war einfach ein alt bekannter Grundsatz.

„Im Camp angekommen, wird jeder einen Zettel ziehen, der bestimmen wird, mit wem ihr euch euer Zelt teilen werdet.“

Die meisten waren alles andere als begeistert von der Idee, nur wenigen konnte auch diese Tatsache nicht die Vorfreude auf den Ausflug verderben. Die Stimmung sollte erneut einen Wendepunkt erleben, als plötzlich eine der Klassenkameradinnen einen Gedanken laut äußerte.

„Hey Leute, wisst ihr was das heißt? Wenn wir Zettel ziehen, dann hat eine von uns die Chance sich ein Zelt mit Miku-sama zu teilen!“, rief das Mädchen begeistert aus. Es dauerte keine zwei Sekunden und die Idee hatte großen Gefallen gefunden. Die meisten Schülerinnen brachen in Fangekreische aus, die Türkishaarige seufzte darüber bloß. Es war ja schön und gut das sie so viele Fans hatte, aber sich das Zelt mit einem dieser kreischenden Mädchen teilen zu müssen, würde Stress bedeuten.

„Ich hoffe das ich dieses Los ziehen werde!“, rief eine Klassenkameradin.

„Nein, das werde ich schon!“, eine Andere.

„Nein, das werde ich sein!“, mischte sich eine Dritte ein. Bald schon war das Chaos perfekt.

Dann wurde befunden, das es ebenso toll wäre, mit einer der beiden besten Freundinnen der Diva campen zu gehen. Die beiden wären ja so stark und sooo cool.

Im Gegensatz zu der jetzt schon genervten Diva, hatten Haku und Meiko jeweils ein breites Grinsen aufgesetzt.
 

Die erste Mathestunde wurde komplett mit Reden verbracht, in der zweiten Stunde bestand der Lehrer dann aber wieder darauf normalen Unterricht zu machen. Dieser Vorschlag wurde nur zähneknirschend akzeptiert. Zwar zog die Stunde sich wie Kaugummi, doch irgendwann ertönte endlich das ersehnte Klingeln. Es gab noch einige Hausaufgaben, dann konnten die Schülerinnen erstmal in die Pause gehen. Die meisten verließen fluchtartig den Raum, was nach Mathe alles andere als verwunderlich war.

„Ich kann's noch kaum glauben! Wir gehen zelten!“, rief Gumi laut aus. Im Prinzip war es ihr eigentlich egal wo die Reise hingehen würde, Hauptsache kein Unterricht.

„Ich weiß ja nicht. Wenn ich daran denke mit der Klasse campen zu gehen, dann muss ich irgendwie an einen Ort in der Pampa denken, auf dessen Campingplatz es nicht mals in den Waschhäusern fließend Wasser gibt.“, gab Miki ihre Bedenken kund. Irgendwo musste da doch ein Haken sein... Sie hatten die Reise GEWONNEN und das auch noch als Schulklasse. Mikis Meinung nach vertrugen die beiden Faktoren sich nicht all zu gut.

„Ich lasse mich ja gerne positiv überraschen, aber ich habe da auch so meine Zweifel.“, meldete Luka sich zu Wort. Sie hatte etwa den gleichen Gedanken gehabt wie Miki.

„Ach, jetzt hört auf zu meckern Leute, das wird sicher lustig!“, versuchte die Grünhaarige die beiden auf ihre Seite zu ziehen. Dann wurde ihr Grinsen eine Spur breiter. „Ich bin ja mal gespannt mit wem wir uns jeweils ein Zelt teilen müssen. Die meisten aus unserer Klasse und der Nachbarklasse sind eigentlich ganz nett.“

„Mir ist das ganze nicht so recht. Wieso können sich nicht einfach Freunde die Zelte teilen?“, streute Teto ein. Die Rothaarige war recht schüchtern und hatte Schwierigkeiten damit auf andere zuzugehen.

„Also ich freu mich schon! Auch wenn's nur drei Tage campen sind, das wird cool.“, stimmte Rin nun endlich der Grünhaarigen zu.

Die Meinungen der Schülerinnen hätten nicht verschiedener seien können. Die eine Hälfte der Gruppe war eher skeptisch, während die Anderen sich schon freuten. Nur in einem Punkt waren sich alle einig : eine Abwechslung zum Schulalltag würde der kleine Camingtrip auf jeden Fall sein.

Die anderen Klassenkameradinnen waren fast alle hellauf begeistert von der ganzen Aktion. Es war nicht das Campen an sich, was sie so faszinierte, es war die Tatsache, das drei von ihnen die Möglichkeit bekommen würden, sich während des Ausflugs die Zelte mit den beliebtesten Personen der ganzen Schule zu teilen. Auch wenn sie die meiste Zeit des Tages vermutlich unterwegs waren, aber wann bekam man schon die Möglichkeit sich mit einer der drei zu unterhalten?
 

Der restliche Tag verging ohne besondere Ereignisse. Das neue Gesprächsthema Nummer eins war jedoch wie der Campingausflug wohl sein würde und wer am Ende das Glück hätte, eins der ersehnten Zelte zu erwischen. Die meisten der Mädchen begannen schon darüber zu spekulieren oder überlegten, was für Karten sie wohl ziehen mussten. Vielleicht steckte ja ein ganz simpler Trick hinter den Kärtchen. Wenn ja, dann hieße es nur noch mit einem bisher Ahnungslosen die Karte zu tauschen und schon wäre man genau dort, wo man auch hin wollte.

„Vielleicht haben wir ja Glück und ziehen eine passende Karte damit wir mit einer aus unserer Gruppe campen können.“, hoffte Teto. Ihr ging es nicht darum mit einer der Schulsternchen ein Zelt zu bekommen, nein sie wollte viel lieber bei ihren Freunden bleiben. Auch die Anderen der Gruppe waren nicht unbedingt scharf auf einen dieser heißbegeherten Plätze.

„Ach, das wird schon. Die meisten Klassenkameraden sind nett, also zerbrich dir nicht den Kopf darüber.“, versuchte Rin sie etwas aufzumuntern.

„Also mir ist es im Prinzip egal mit wem ich mir die drei Tage das Zelt teilen muss. Jetzt, wo die ganze Aktion mit Miku überstanden ist, kann es ja eigentlich nur noch besser werden.“, meinte Luka. Sonntag und Montag waren zwei sehr ruhige und erholsame Tage für sie gewesen. Niemand war mehr hinter ihr her und sie konnte ganz normal bei ihren Freunden sein. Das gab doch Hoffnung.

„Das nenn ich mal ne Einstellung!“, rief Gumi mit einem breiten Grinsen aus. Sie war froh ihre Zimmernachbarin endlich wieder so entspannt und glücklich zu sehen.

„Ja, jetzt wo der Terror vorbei ist, kann es eigentlich wirklich nur besser werden.“, stimmte auch Miki zu. Doch ob die Mädchen mit dieser Vermutung wirklich Recht behalten sollten, das würde sich Mittwoch Vormittag zeigen...
 


 

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* So, mal wieder eins dieser notwendigen Zwischenkapitel. Ich kann euch jetzt schon versprechen, das ich im nächsten Kappi wieder mehr auf die Gedanken der Chars eingehen werde. Vermutlich werde ich schon dieses Wochenende dazu kommen weiter zu schreiben.

Camping

Der Mittwoch kam schneller, als alle gedacht hatten. Schon Dienstag Abend hatten die Schülerinnen der beiden Klassen damit begonnen ihre Koffer zu packen. Die meisten hatten große Probleme sich zu entscheiden, was sie nun eigentlich mitnehmen wollten. Niemand wusste so genau, wie der Campingplatz aussehen würde. Und was war für die Umgebung die passendste Kleidung?Die Frage wäre leicht mit 'möglichst praktische Kleidung' zu beantworten gewesen, doch niemand wollte rumlaufen wie der letzte Penner. Gut auszusehen und praktische Klamotten unter einen Hut zu kriegen, war gar nicht so einfach. Speziell nicht, wenn zwei reine Mädchenklassen auf Reisen gingen.

Gegen neun Uhr fuhr schließlich der Reisebus vor. Um beide Klassen transportieren zu können, war extra ein doppelstöckiger Bus bestellt worden. Die Schülerinnen waren ziemlich unruhig und aufgeregt, was es nur doppelt so schwer machte, die ganzen Koffer zu verladen und schließlich ohne Zickenkriege in den Bus zu steigen.

„Hey, lasst uns mal durch Leute!“, beanspruchte eine helle, klare Stimme die Aufmerksamkeit der Anderen. Die Schuldiva warf ihren Klassenkameradinnen einen tadelnden Blick zu und verschränkte die Arme vor der Brust. Für einen Moment war es still, dann gingen die Anderen tatsächlich ganz brav zur Seite.

So war es die Türkishaarige, die als erste den Bus betrat. Direkt nach ihr stiegen Haku und Meiko ein. Um nicht in der Menge unterzugehen beeilten sich Neru und Lily den Anderen so schnell es ging zu folgen. Kaum waren die 5 die Treppe zur oberen Etage emporgestiegen, begannen die Anderen wieder damit sich in den Bus quetschen zu wollen. Und zwar möglichst alle gleichzeitig. Das dies nicht klappen konnte, war nun wirklich kein Wunder.

Viele Schülerinnen wollten sich beeilen um ebenfalls noch einen Platz oben im Bus zu ergattern, andere wollten einfach nur sicher gehen mit ihren Freundinnen zusammensitzen zu können.

Nach etwa 15 Minuten waren alle soweit startklar. Die Türen des Reisebusses konnten geschlossen werden, die Lehrer gingen die Anwesenheitslisten durch und der Busfahrer stellte sich kurz vor. Auch wies er darauf hin während der Busfahrt möglichst nicht durch den Bus zu laufen sondern sitzen zu bleiben. Auf Lebensmittel, welche stark krümelten sollte ebenfalls verzichtet werden. Die letzte Information, die sie erhielten bevor die Reise starten konnte war, das die Fahrt etwa 2 ½ Stunden dauern würde.

„Ah, ich hab gedacht wir würden noch Stunden hier stehen.“, kommentierte Neru als der Bus sich in Bewegung setzte. „Das kommt nur, weil diese Deppen sich nicht einigen können wo sie sitzen wollen.“, murrte Miku. Sie war schon jetzt genervt von dem ganzen Ausflug.

Schon bevor sie losgefahren waren, war ihre Laune nicht die Beste gewesen. Immer wieder grübelte sie über den Vorfall von Samstag. Sie hatte sich all die Zeit so unmöglich verhalten! Im Nachhinein hätte sie am liebsten die Zeit zurückgedreht nur um diesmal fair zu spielen. Aber das ging bekanntlich schlecht. Nun musste sie mit den Konsequenzen leben.

Zwar hatte sie erst nach und nach echte Gefühle für die ältere Schülerin entwickelt, doch nun, wo sie sich dessen erst einmal bewusst war, konnte sie sie auch nicht mehr zur Seite drängen. Die Tatsache, das sie sich von der Anderen fernhalten sollte, wurmte sie noch mehr als das sie ihre Freunde anlügen musste.

Normalerweise hätte sie nicht einmal im Traum daran gedacht nicht ehrlich zu ihren beiden besten Freundinnen zu sein, doch hier ging es schließlich um Luka. Sie wusste, das die Rosahaarige in ernsthafte Schwierigkeiten geraten würde, würden die beiden Anderen herausfinden was wirklich passiert war. Zwar waren bisher jedes Mal Neru und Lily helfend eingesprungen, wenn sie in Erklärungsnot geriet, doch wie lange würde das gut gehen?

Vor ein paar Wochen noch hätte Miku sich niemals auf so einen Deal eingelassen, doch nun war es etwas völlig anderes. Sie hatte mit dem ganzen Mist angefangen, jetzt musste sie auch dafür gerade stehen, egal wie schwer es für sie war. Wie sonst sollte sie der Rosahaarigen zeigen, das es ihr Leid tat? Das einzige was sie tun konnte war, sich an die abgemachten Regeln zu halten.

Im Bus war es ziemlich laut. Alle quasselten durcheinander, draußen zog die Umgebung an ihnen vorbei.

„Was ist los mit dir? Du bist so still.“, erkundigte die Silberhaarige sich und blickte die Diva fragend an. Diese wurde aus ihren Gedanken gerissen. Sie hob den Blick und sah rüber zu ihrer Sitznachbarin. „Ich habe mir Gedanken darüber gemacht wie schlimm der Trip wohl wird.“, murrte sie. Haku zog eine Augenbraue hoch. „Schlimm? Wir sind doch nicht mals da.“

„Da gibt es bestimmt kein fließend Wasser und wenn, dann wird das Waschhaus vermutlich dauernd überfüllt sein.“

„Also von uns sollte eigentlich niemand Probleme damit haben die Anderen zu verscheuchen, damit wir uns in Ruhe fertigmachen können.“, mischte Meiko sich ein. Sie wusste das die Anderen Schülerinnen für gewöhnlich das taten, was Miku, Haku oder sie ihnen sagten. Es hatte schon Vorteile beliebt zu sein.

„Außerdem habe ich keine Lust mir mit irgendwem ein kleines Zelt teilen zu müssen! Das ist unter meiner Würde!“, zickte die Türkishaarige weiter.

„Da müssen wir wohl durch.“, antwortete Haku mit einem schiefen Grinsen.

„Arg! Mein Handy hat hier keinen Empfang!“, beschwerte Neru sich plötzlich. Die Blondine saß eine Reihe hinter den anderen.

Die Braunhaarige war bis eben damit beschäftigt gewesen mit ihren Freundinnen zu quatschen und hatte gar nicht aus dem Fenster geguckt. Nun riskierte sie aber auch einmal einen Blick nach draußen. Wo genau sie hier waren, konnte sie nicht mit Sicherheit sagen. Nur das es sich um irgendein Waldgebiet handeln musste. Ihr Blick fiel auf ihre blonde Zimmernachbarin. Lily hatte eben noch darauf bestanden unbedingt den Fensterplatz zu wollen, doch irgendwie hatte sie es trotz des Lärms im Hintergrund geschafft einzuschlafen. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen strich Meiko ihr über die Wange.

„Was hast du mit ihr gemacht das sie selbst bei dem Krach einfach einpennt?“, erkundigte Haku sich mit einem breiten Grinsen. Angesprochene hob abwehrend die Hände.

„Nichts, ehrlich. Sie hat nur die ganze Nacht über 'lebenswichtige' Klamotten in ihren Koffer geräumt.“

„Hat eine von euch ne Ahnung wo wir hier sind? Ich mag langsam nicht mehr.“ Mit einem leicht fragenden Blick sah Neru die anderen an. Ihr Handy hielt sie nach wie vor in der Hand. Vermutlich um gelegentlich nachzusehen, ob sie wieder Empfang hatte. Doch derzeit befanden sie sich wohl in einem Funkloch.

„Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung.“, antwortete Miku. „Alles was ich sehe sind Bäume, Büsche und Felsen.“, grummelte sie dann. Es war nicht schwer zu erraten das sie als Stadtmensch sich hier nicht wohl fühlte und hoffte, die Fahrt möge weitergehen.
 

Schließlich erreichte der Bus nach drei Stunden sein Ziel. Ursprünglich war zwar eine halbe Stunde weniger Fahrtzeit eingeplant worden, doch zum Ende der Fahrt hin war das Gelände extrem schwierig geworden. Um nicht am Ende noch einen Abhang runter zu fahren, hatte der Busfahrer den Fuß ziemlich vom Gas nehmen müssen. Doch nun waren sie endlich da.

Zuerst stiegen die Lehrer aus, dann folgten die Schülerinnen ihrem Beispiel. Bis alle den Bus verlassen hatten, dauerte es einige Zeit.

Ungläubig blickte Luka sich um. Sie hatte zwar geahnt das sie irgendwo in die Natur fahren würden, aber nicht das die Reise mitten in einem Wald enden würde! Das konnte doch jetzt nur ein schlechter Scherz sein, oder? Ob die Lehrer das vorher gewusst hatten?

„Ich glaub's ja nicht.“, hörte sie Miki neben sich murmeln. Der Rotschopf war mindestens genau so fassungslos wie sie. Auch Teto blickte ziemlich skeptisch drein. Nur Gumi und Rin schienen nach wie vor begeistert zu sein.

„Nyyyah! Keine Sorge Miki-chan! Ich hab das Insektenspray mitgenommen.“ Mit diesen Worten war Iroha ihr auch schon ins Kreuz gejumped und umarmte sie stürmisch. Vermutlich war die Rosahaarige auch nicht all zu glücklich über das Reiseziel, doch gab sie sich Mühe dies zu verstecken. „Vielleicht ziehen wir ja die richtigen Karten und können uns ein Zelt teilen.“

Miki versuchte vergebens der Knuddelattacke zu entkommen. „Aber wir sind doch schon Zimmernachbarinnen, Iroha-chan!“, rief sie aus. Das die Hello Kitty Liebhaberin auch immer so furchtbar anhänglich sein musste! Nun gut, sie war nichts anderes von ihr gewohnt und störte sich inzwischen nicht mehr wirklich daran.

„Ich fass es nicht! Wir sind hier irgendwo mitten im Wald und außer den drei kleinen Häuschen da hinten und einem großen Platz gibt es hier absolut nichts als Bäume!“, rief Gumi aus, klang dabei aber ziemlich begeistert. Luka warf ihr einen verstörten Blick zu.

„Komm, wir sehen uns hier mal um!“, rief Rin. Und schon waren die Grünhaarige und sie losgelaufen um sich den Campingplatz ein wenig genauer anzusehen.

„Ich weiß nicht...irgendwie will ich wieder zurück...“, murmelte Teto. Sie war bei der Rosahaarigen geblieben, die ihre Meinung zweifelsohne teilte.

Die meisten Schülerinnen blickten recht skeptisch drein. HIER sollten sie nun drei Tage leben? Ob es hier wilde Tiere gab? Und was waren das da hinten für Häuschen? Ob das Waschpavillions waren? Oder eine improvisierte Küche?

Scheinbar hatten auch die Lehrer nicht geahnt wie genau der Campingplatz aussehen würde. Zwar versuchten sie alles hinter einer optimistischen Fassade zu verbergen, doch speziell die Lehrerinnen wirkten wenig begeistert.

„Hier bleib ich nicht! Das könnt ihr gleich vergessen!“, konnte man Miku meckern hören.

„Da stimme ich ihr zu! Ich schlafe doch nicht im Wald!“, stimmte Lily sofort mit ein. Die beiden Mädchen wollten wieder zurück in den Bus, doch hatte der Busfahrer die Türen geschlossen.

Haku und Meiko nahmen das alles noch mit Fassung und ein wenig Humor und versuchten die beiden wieder zu beruhigen. Neru stand murrend daneben. Ihr Handy funktionierte nach wie vor nicht.
 

„Dürfte ich um Aufmerksamkeit bitten?“ Da niemand die Stimme des Erwachsenen zuordnen konnte, waren die Schülerinnen tatsächlich erstmal still. Inzwischen hatte sich eine fremde Person zu den Lehrern gesellt und hatte kurz mit ihnen geredet. Nun blickten der Fremde und die Lehrer rüber zu den Schülerinnen. Scheinbar kam jetzt der organisatorische Teil.

„Es freut mich euch hier im Camp Aokigahara begrüßen zu dürfen. Mein Name ist Kazuya Ishida, ich bin der Leiter dieses Camps.“

„Herr Ishida wird uns auf unseren Ausflügen begleiten und ist für uns da, wenn es Probleme gibt.“, erklärte Mikus Klassenlehrer daraufhin.

„Ich weiß für viele von euch wird es erstmal eine große Umstellung sein im Wald Urlaub zu machen. Daher bitte ich euch mir genau zuzuhören.“, begann der Campleiter, der irgendwie aussah wie ein Ranger.

„Es ist Sommer und daher eh schon sehr trocken in den Wäldern. Darum bitte ich euch auf unseren Ausflügen nicht zu rauchen. Zu dieser Jahreszeit kann es sehr leicht zu Waldbränden kommen.“

Ein allgemeines Tuscheln ging durch die Reihen. Diese Regel schien logisch zu sein.

„Hier im Camp gibt es Mülleimer, also werft Abfälle und Verpackungen nicht einfach in den Wald.“, fuhr er fort.

„Des weiteren gibt es morgens um 9 und Abends um 19 Uhr etwas Zuessen. Wir werden Tagsüber unterwegs sein, weshalb ich euch bitte Lunchpakete einzupacken. Die Häuser, die ihr da hinten seht sind Waschpavillions. Ihr findet dort Toiletten, Duschen und Waschbecken.“, erklärte er weiter.

„Wir werden euch jetzt gleich die angekündigten Karten ziehen lassen und danach die Zelte austeilen. Versucht sie erstmal allein aufzubauen, aber wir sind für euch da, wenn es Probleme geben sollte.“, mischte sich nun Frau Mori, die Englischlehrerin, ein.

Der Busfahrer hatte währendessen die ganzen Koffer aus dem Bus geschleppt. Ein wenig erledigt lehnte der arme Kerl sich gegen das Fahrzeug. Herr Ito, der Musiklehrer, zückte einen großen Beutel, welchen er noch einmal schüttelte. Im Inneren des Beutels raschelte irgendetwas.

„Darf ich euch jetzt bitten zu mir zu kommen und je eine Karte zu ziehen? Aber bitte ohne zu drängeln und nacheinander. Und tauscht die Karten untereinander nicht aus, das ist als kleines Experiment gedacht, was eigentlich nur gut für euch sein kann.“, erklärte er.

„Es soll die Klassengemeinschaft noch verstärken.“, fügte Frau Mori hinzu.

Die Schülerinnen begannen wieder damit zu quasseln. Alle hofften eine der drei 'richtigen' Karten zu ziehen. Je eher sie eine Karte zogen, desto größer war die Chance eine Falsche zu ziehen. Aber wenn man bis zum Schluss wartete, waren die begehrten Karten am Ende noch vergriffen. Wie sie es auch drehten und wendeten, die Chancen blieben für alle gleich.

„Na jetzt bin ich ja mal gespannt.“, äußerte die Grünhaarige. Da alle zögerten, beschloss Rin ganz einfach den Anfang zu machen. Ihr war es sowieso relativ egal mit wem sie die drei Tage über zusammen wohnen würde. Die kleine Blondine hatte eine ziemlich große Klappe und knüpfte schnell neue Kontakte.

Neugierig blickte sie auf ihre Karte. „Eine 8.“, stellte sie ein wenig irritiert fest. Das konnte jetzt so ziemlich alles heißen. Nachdem die erste Karte gezogen war, war das Eis gebrochen. Nun wollten alle möglichst schnell ebenfalls eine Karte ziehen. Erstaunlicherweise dauerte es nicht mals ganz zehn Minuten, bis alle 60 Schülerinnen der zwei Klassen einen Zettel in der Hand hielten.

„So, da ihr nun jeder einen Zettel in der Hand haltet, darf ich die beiden Schülerinnen mit der Nummer 1 bitten zu mir zu kommen.“ Mit einem Lächeln auf den Lippen blickte der Musiklehrer in die Runde. Zwei Schülerinnen bahnten sich einen Weg durch die Menge.

So wurden die einzelnen Nummern aufgerufen und die gelosten Paare liefen etwas weiter auf den Campingplatz, damit die ganze Aktion übersichtlich blieb. Die Mädchen, die schon wussten wer ihre Partnerin sein würde, begannen schon zu quatschen. Manche hatten sogar Glück und kamen mit Freunden in eine Gruppe.

„Und die Nummer 18“, sagte der Lehrer gerade.

„Das wäre dann wohl ich.“ Einen Moment war still. Die Blicke der Anderen blieben förmlich an der, immer noch stark angenervten, Schuldiva hängen, als sie einige Schritte aus der Menge trat.

Aufgeregtes tuscheln begann. Nun würde sich herausstellen, wer die andere Karte mit der Nummer 18, den Jackpot, gezogen hatte.

„Das darf doch nicht war sein!“, war ein Fluchen zu hören. Mit verschränkten Armen und plötzlich gar nicht mehr so gut gelaunt ging Gumi rüber zu ihrer Zeltpartnerin. Sie zog ein Gesicht wie 7 Tage Regenwetter und auch Mikus Gesichtszüge entgleisten. Von 59 anderen Schülerinnen hatte der Zufall ausgerechnet die gewählt, die ihr am liebsten immer noch die Nase brechen wollte.

Es war ja schon schlimm genug das sie drei elende Tage lang in einem gottverdammten Wald campieren musste, und jetzt auch noch DAS!

„Nicht du schon wieder!“, murrte die Türkishaarige. „Pass auf was du sagst.“, fauchte Gumi. In ihrem Blick war das Wort 'morden' deutlich zu lesen. Schlagartig verstummte die Schuldiva.

Die restlichen Mädchen sahen sich die Szene erstaunt an. Jeder hier hatte sich gewünscht genau diese Karte zu ziehen und Gumi hatte nichts besseres zu tun als Miku mit Todesblicken zu durchlöchern. Verrückte Welt! Schon begannen die ersten auf die Grünhaarige einzumeckern, da sie es sich doch ernsthaft gewagt hatte unfreundlich zu der Diva zu sein.

„Die Nummer 19 bitte nach vorne!“, rief der Lehrer etwas lauter aus, damit das Gemurmel endlich wieder verstummte. Seeu und Iroha traten aus der Menge. Da die beiden eh befreundet waren, hatten sie gegen diese Losung nichts einzuwenden.

„Nummer 20.“ Diesmal war es an Luka sich in Richtung Lehrer zu begeben. Gespannt wartete sie ab, wer wohl ihre Partnerin für die drei Tage sein würde. Gumi tat ihr ja jetzt schon leid. Die Grünhaarige hatte sich so auf den Ausflug gefreut und wurde ausgerechnet mit Miku zusammen in eine Gruppe gesteckt. Dabei war es doch wirklich kein Geheimnis das die beiden sich nicht ausstehen konnten.

„Lasst mich doch mal durch Leute.“

„Natürlich Meiko-sama!“, rief eine der Schülerinnen. Die Rosahaarige wurde aus den Gedanken gerissen. Moment...Meiko? Als sie ihren Blick wieder nach vorn richtete, sah sie die Braunhaarige direkt auf sich zusteuern. Bis eben hatte sie gedacht das es Gumi schon schlimm erwischt hätte, aber...aber...! Ihr Gesicht verlor sämtliche Farbe.

„Du bist so blass. Geht’s dir nicht gut, Luka-chan?“ Kumpelhaft legte die Braunhaarige ihr einen Arm um die Schultern, was sie leicht zusammenzucken ließ.

„Eh? Doch doch, alles in Ordnung.“ Sie zwang sich eins dieser Fake-Lächeln auf, das sie die drei Wochen über zu genüge einstudiert hatte.

„Na dann ist ja gut. Komm, lass uns rüber zu den anderen und unser Zelt abholen.“

Während sie redete, hatte Luka sie angesehen und genau ihre Mimik studiert. Die Braunhaarige machte nicht den Eindruck als wenn sie irgendwie misstrauisch wegen der Sache neulich wäre. Unweigerlich fragte die Kleinere sich, was Miku ihr wohl erzählt haben musste, das sie es so einfach geschluckt hatte. Sie war sich durchaus bewusst, das die Türkishaarige das Interesse an ihr noch nicht verloren hatte, auch wenn sie sich jetzt von ihr fern hielt. Und wenn selbst sie das merkte, warum dann ihre beste Freundin nicht?

„Wirklich alles okay?“, fragend zog Meiko eine Augenbraue hoch. Luka blinzelte irritiert, bis sie sich der Tatsache bewusst wurde, das sie sie eben die ganze Zeit über angestarrt hatte, wie ein Kind wohl den Weihnachtsmann anstarren würde. Wie peinlich! Unter höflichem Verhalten verstand man eindeutig etwas anderes. Ihre Wangen nahmen vor Verlegenheit einen unübersehbaren Rotton an.

„Mir fehlt wirklich nichts!“, versicherte sie erneut.

Die Braunhaarige, die die ganze Situation ein wenig falsch gedeutet hatte, setzte ein breites Grinsen auf. Ohne ihre Hand von der Schulter der Anderen zu entfernen ging sie los.

Die Rosahaarige folgte ihr gezwungenermaßen. Sie spürte einen bohrenden Blick im Rücken und musste sich nicht extra umdrehen um zu wissen, das es wohl zwei eisblaue Augen waren, die sie da gerade vorwurfsvoll anstarrten. Besser sie sah später noch einmal bei der Blondine vorbei und rückte das wieder gerade.
 

Einige Zeit später hielt jede Gruppe ihr Zelt in der Hand. Allerdings noch nicht fertig aufgebaut, nein in 1000 Einzelteilen und in einen großen Beutel gepackt. Die Zeltplane und die Stangen brachten zusammen ein ziemliches Gewicht auf die Waage.

Bisher war die Rosahaarige noch nicht dazu gekommen sich wieder zu ihren Freunden zu gesellen. Bevor sie ein wenig Freizeit hatten, wollten die Lehrer erst einmal, das die Schülerinnen ihre Zelte aufbauten. Noch war es hell und die Einzelteile waren gut zu unterscheiden, doch dies würde im Dunkeln nicht mehr so einfach sein. Sobald alle es geschafft hatten ihre Zelte zu errichten, würde es auf eine Wanderung gehen. Um zu verhindern das sich hier irgend jemand die kommenden Tage im Wald verlief, würde der Leiter des Camps die beiden Schulklassen heute ein wenig herumführen und ihnen die Umgebung zeigen. Sie würden sogar einen Wasserfall besichtigen. Vermutlich würden sie erst spät Abends zurück zum Lager kommen, sodass eine Nachtwanderung inbegriffen war. Für die Stadtmenschen etwas ziemlich ungewöhnliches.

Nachdem die Lehrer den Startschuss gegeben hatten, suchte jede Gruppe sich einen Platz auf dem Campingplatz der ihnen gefiel, dann begannen alle damit die Zelte erstmal auszupacken.

Nun gingen die Strategien der einzelnen Gruppen ziemlich auseinander. Einige bauten munter drauf los, während andere erstmal die ganzen Einzelteile nebeneinander legten und skeptisch musterten.

„Die Stangen sehen irgendwie alle gleich aus.“, murrte die Blauäugige und hielt zwei der Zeltstangen hoch.

Ihre Partnerin konnte ein Lachen nicht unterdrücken und schüttelte nur leicht den Kopf.

„Du hast noch nie ein Zelt aufgebaut, oder?“, erkundigte Meiko sich. Ein wenig irritiert über die Frage schüttelte Luka den Kopf. „Nein, warum auch? Du etwa?“

„Manchmal im Sommer, wenn ich mit Freunden zu dem See in unserer Stadt gefahren bin.“

Die Braunhaarige nahm ihrer verwirrten Zeltpartnerin die Stangen ab und deutete dann jeweils auf ein Ende der Stangen. „Sieh dir mal die Enden an, du kannst sie ineinander schrauben. Wenn ich mir so die Größe der Plane ansehe, dann müssen wir erstmal 8 Stangen verschrauben, damit wir vier längere Stangen für das Grundgerüst haben. Ins Dach müssen wohl auch noch mal welche. Die Plane hat einen Boden, also müssen wir die Stangen nur einfädeln und zusammenstecken, damit die ganze Geschichte hält. Am Ende noch Heringe in den Boden und fertig.“

„Wow, du kennst dich echt aus.“ Diesmal war die Bewunderung nicht mals gespielt. Luka war froh das wenigstens eine den Durchblick hatte, damit sie das Zelt noch in diesem Leben zusammenbauen konnten. So kam es, das die beiden Mädchen es recht schnell geschafft hatten ihr Zelt aufzustellen.

Noch ein wenig an der Plane zupfen, dann stand das Zelt zu ihrer Zufriedenheit.

Zum Glück hatten die Lehrer an eine elektrische Luftpumpe gedacht, mit der die Schülerinnen viel Zeit und Atem sparten.

Ausgerüstet mit zwei Luftmatratzen, Isomatten und Decken war das Zelt schließlich bezugsfertig.
 

Ein wenig weiter rechts auf dem Platz lief der Aufbau der Zelte nicht ganz so problemlos ab.

„So wird das nie was! Ich hab dir gesagt das du die Plane festhalten sollst!“

„Das hab ich doch! Die Rede war aber nicht davon, das du mit aller Kraft an der anderen Seite reißen würdest!“

„Die Stangen für's Dach müssen da nun mal rein!Und durch gutes Zureden tun sie das bestimmt nicht!“

Es hatte keine zwei Minuten gedauert und Miku und Gumi hatten angefangen sich zu streiten. Die Türkishaarige hatte eigentlich gar keine Lust das verdammte Zelt aufzubauen, musste ihrer Partnerin aber wohl oder übel helfen, nachdem ein Lehrer sie angemotzt hatte.

Doch nun, wo die beiden zusammenarbeiteten, wurde die Sache auch nicht besser, im Gegenteil. Von Zusammenarbeit konnte hier auch schlecht die Rede sein. Die beiden Schülerinnen machten sich eher das Leben schwer.

„Sagt mal was macht ihr da eigentlich?“ Ohne das die beiden es bemerkt hatten, hatte Miki sich zu ihnen gesellt. Sie und ihre Zeltpartnerin Prima hatten ihr Zelt schon aufgebaut und eingerichtet.

Nun waren sie rüber zu der streitenden Gruppe gedackelt.

„Wir haben unser Zelt schon aufgebaut. Können wir irgendwie helfen, Miku-sama?“, erkundigte Prima sich vorsichtig. Skeptisch sah die Schwarzhaarige rüber zu Gumi und Miku.

Auch die Türkishaarige sah auf. Sie hatte keine Ahnung wer das andere Mädchen da eigentlich war. Vermutlich ging sie in die Parallelklasse. Sie war ihr zumindest noch nie aufgefallen.

„Du würdest mir helfen indem du diese Pest da entsorgst. Aber für den Anfang reicht es auch schon dieses gottverdammte Zelt aufzubauen.“ Das die Diva miese Laune hatte, war nicht zu überhören.

„Pest entsorgen?!“, fauchte die Grünhaarige ebenfalls übel gelaunt und knuffte die andere recht fest gegen den Oberarm. Miku war dieses eher ruppige Verhalten nicht gewohnt und rieb sich über die betroffene Stelle. „Sag mal bist du bescheuert?!“ Mit diesen Worten schubste sie Gumi ein Stück weit von sich weg.

Das Grinsen der Anderen wurde breiter. „Oh, will die Tussi sich etwa mit mir anlegen?“

„Arg! Gumi, lass den Quatsch!“ Bevor die temperamentvolle Grünhaarige noch irgendeine Dummheit anstellen konnte, hatte Miki die Arme um sie geschlungen und zog sie von Miku weg.

Prima stellte sich schnellstens zwischen die beiden Streitenden. „Miku-sama, Gumi...bitte!“

Vielleicht war es ganz gut, das der Rotschopf die Andere derzeit festhielt. Gumi lehnte sich weiter nach vorn und hob drohend die Faust.

„Pass auf was du sagst Prinzesschen, oder du wachst morgen mit ner modischen Kurzhaarfrisur auf.“, rief sie dann aus.

„Das würdest du dich nicht wagen!“, keifte die Türkishaarige zurück.

„Wetten das doch?!“

„Leute bitte!“ Miki wusste bald nicht mehr was sie noch machen sollte.

„Yeah, hier ist ja richtig Stimmung!“ Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen betrat nun auch Lily den Platz, Miriam im Schlepptau.

„Die beiden sind schlimmer als ein Sack Flöhe! Mach doch was!“, rief Miki leicht verzweifelt aus.

„Eh? Wieso ich?“ Die Blondine zog eine Augenbraue hoch. Es war unschwer zu übersehen, das sie die Situation amüsant fand.

„Weil ich sie gleich nicht mehr halten kann!“ Der Rotschopf fand die ganze Szene gar nicht komisch.

„Uh, ich seh's schon kommen, das werden lustige 3 Tage.“

Alle gerade Beteiligten grummelten zustimmend. Die Blonde ging rüber zu Miku, hakte sich bei ihr ein und begann damit sie von Gumi wegzuziehen. „Komm Miku, wir gehen jetzt ähm...Haku besuchen. Ja genau, Haku besuchen klingt gut.“

Die Diva lief vor Ärger hochrot an. „Nicht du auch noch! Sag mal wie redest du denn mit mir? Ich bin doch nicht bescheuert!“

Die Andere brach in schallendes Gelächter aus. „Der Ausflug wird noch Urkomisch, das wette ich!“, prustete sie los.

Auch Miki konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Gumi beruhigte sich inzwischen langsam wieder und hörte auf sich gegen Mikis Griff zu wehren.

Miriam und Prima standen erst wie bestellt und nicht abgeholt rum, bevor sie sich dann ein Herz fassten und damit begannen das Zelt aufzubauen. Wenn es sonst schon niemand tat...

Aokigahara

Nachdem alle Schülerinnen es schließlich geschafft hatten ihre Zelte aufzubauen und ihre Koffer darin zu verstauen, konnte nun auch das Programm für heute losgehen. Für heute war eine Wanderung geplant, die durch den Wald der näheren Umgebung führen sollte. Für den ersten Tag also etwas, was nicht all zu viel Stress bedeutete.

Kaum waren die Zelte aufgebaut und die Schülerinnen versammelten sich auf dem Platz, da zogen die meisten es vor sich wieder zu ihren Freunden zu gesellen. Die ausgelosten Zeltnachbarn waren ja schön und gut, doch in der eigentlichen Gruppe fühlte sich wohl jeder am wohlsten.

„Oh Gott, ihr beiden tut mir echt leid.“, bemitleidete Teto Gumi und Luka. Die beiden hatten nun wirklich kein Glück mit ihren Partnern gehabt. Die drei Tage campen würden vermutlich noch einiges an Stress beeinhalten.

„Ich seh's schon kommen, spätestens Morgen bin ich ihr an die Gurgel gegangen.“, murrte die Grünhaarige. Für's erste hatte man die beiden Streithälse zwar trennen können, doch das ging auch nur bis spätestens heute Abend gut.

„Reiß dich bloß zusammen. Du weißt wem die meisten hier mehr Glauben schenken würden, wenn etwas passiert, oder?“, streute Miki besorgt ein.

„Du glaubst nicht wie egal mir das ist!“

„Komm schon, sei vernünftig.“, mahnte der Rotschopf die Andere nur noch einmal.

„Mich hätte es wohl auch nicht schlimmer erwischen können. Der Terror hat gerade erst aufgehört und jetzt muss ich mir mit dieser Schlägerin das Zelt teilen.“, äußerte Luka.

„Du solltest genau darauf achten was du sagst.“, riet Rin ihr. Die Rosahaarige verdrehte die Augen. „Was du nicht sagst.“, murrte sie ironisch.

„Sind wir vollzählig?“, rief einer der Lehrer über den Platz um die Aufmerksamkeit der Schülerinnen zu erlangen. Die Mädchen blickten sich um, prüften ob ihre Freundinnen und ihre Zeltpartnerin anwesend waren und nickten dann.

Keine fünf Minuten später war auch der Campleiter wieder wie aus dem Nichts aufgetaucht.

„Sehr schön, da wir nun alle vollzählig sind, kann es ja losgehen.“, begann er. „Denkt bitte daran was ich euch über Rauchen und den Müll erzählt habe.“, mahnte er noch einmal.

„Und ich bin mal gespannt, wann die Erste es schafft verloren zu gehen. Über dien Aokigaharawald gibt es viele Geschichten. Ich bin mir sicher Herr Ishida wird euch nachher am Lagerfeuer gerne noch einige davon erzählen.“ Die Englischlehrerin warf dem Campleiter ein freches Grinsen zu.

„Aber sicher doch. Aber ich möchte euch natürlich keine Angst einjagen.“ Nun war es an Kazuya den Schülerinnen ein amüsiertes Grinsen zuzuwerfen. Einige der Mädchen protestierten lautstark. Sie waren doch keine Kleinkinder mehr, denen man mit ein paar Gruselgeschichten Angst einjagen konnte.

So startete die Reise also. Je weiter die Gruppe ging, desto schwerer waren die Wege für das ungeübte Auge zu erkennen. Überall lagen Blätter, kleine Ästchen und vereinzelt auch Bucheckern.

Zwischen den Bäumen wuchsen kleinere Sträucher, Farnkraut und Moos. Die Natur war weitestgehend unberührt. Es war nicht zu leugnen, das das hier keine normalen Wanderwege waren. Zwar gab es hier kleine Trampelpfade, aber die kannten nur die Leute, die sich in diesem Wald auch auskannten. Leute, wie zum Beispiel Kazuya Ishida, der Campleiter.

Die Gruppe hatte schon nach zwanzig Minuten komplett die Orientierung verloren. Wie gut nur, das es wenigstens einen gab, der sich hier auskannte. Immer wieder mussten sie umgekippten Bäumen ausweichen oder schlugen wieder eine andere Richtung ein. Wer diesen Wald und dessen Bäume nicht genau kannte, dem war eine gewisse Orientierungslosigkeit nicht zu verübeln.

Überall zwitscherten Vögel und hier und da huschte ein kleines Tier entlang. Eine wirklich schöne Gegend. Die Reise endete schließlich an einem See. Das Wasser war glasklar, es waren sogar einige kleine Fische darin zu sehen. Das wirklich Imposante an diesem See war jedoch, das auf der gegenüberliegenden Seite eine hohe Klippe lag. Mit lautem Tosen stürzte ein Wasserfall die Schlucht hinunter. Die Schülerinnen wussten nicht genau was sich oberhalb der Klippe befand, doch musste es dort auf jeden Fall einen Fluss geben, da das ganze Wasser ja irgendwo herkommen musste.

Die meisten standen staunend da, redeten aufgeregt mit ihren Freunden oder zückten eine Kamera.

Der Campleiter erklärte ihnen einiges über den See und den Wasserfall, doch wurde ihm nur wenig Gehört geschenkt. Das Naturschauspiel war einfach zu beeindruckend.
 

„Hast du noch was von dem Insektenspray? Die Biester sind hier überall.“ Fragend blickte die Türkishaarige Neru an. Diese hatte glücklicherweise daran gedacht Insektenspray einzupacken um zu verhindern komplett zerstochen zu werden.

„Klar. Es ist irgendwo im äußeren Fach von meinem Rucksack.“ Nach dieser Erklärung begann Miku sofort nach dem rettenden Spray zu kramen. Die Mücken hatten es heute wirklich auf sie abgesehen.

„Gib mir das Zeug gleich auch mal. Die Viecher scheinen ziemlich auf mein Blut zu stehen.“, machte Haku auf sich aufmerksam. Mit diesen Worten wedelte sie eine Mücke weg, die sich gerade auf ihren Arm setzten wollte.

Nachdem die Freundinnen sich mit dem Spray eingesprüht hatten, hatten sie ein wenig mehr Ruhe.

„Ich kann es immer noch nicht fassen, das der Reisebus vorhin einfach abgefahren ist. Die können doch nicht ernsthaft von uns verlangen hier mitten im Wald zu übernachten.“, regte Lily sich auf.

„Ach, das wird halb so wild. In den Zelten sind Moskitonetze, die müssten uns die Viecher eigentlich vom Hals halten.“ Meiko nahm den Ausflug in die Pampa noch mit Humor.

„Und was ist, wenn es hier größere Tiere gibt? Bären oder sowas?“ Auch Miku war es nicht ganz geheuer im Wald schlafen zu müssen.

„Ich glaube nicht das es hier sowas gibt. Sonst hätte man hier sicher kein Camp aufgebaut.“, versuchte Haku sie zu beruhigen.

„Sei dir da mal nicht so sicher. In anderen Ecken der Welt kann man auch in Gebieten campen, in denen es große Raubtiere gibt.“, verbesserte Neru sie.

„Vielen Dank, Neru.“, murrte die Silberhaarige. Der Versuch die Türkishaarige ein wenig zu beruhigen war gründlich schief gegangen.

„Was machen wir, wenn ein Bär plötzlich im Camp auftauchen sollte, während alle schlafen?“ Die Diva sah mehr als besorgt drein.

„Gefressen werden?“, schlug die Blondine sarkastisch vor.

„Neru!“

„Die haben hier bestimmt Gewehre. Und ich glaube nach wie vor nicht, das es hier gefährliche Raubtiere gibt.“, ergriff Haku wieder das Wort.

„Hört auf ständig den Teufel an die Wand zu malen Leute!“, beschwerte Lily sich. Sie beschloss rüber zu Luka und den anderen zu gehen, da diese nicht so unschöne Gesprächsthemen hatten. Neru folgte ihr.
 

Hatten sie die Reise noch im Hellen begonnen, so mussten sie den Rückweg im Dunkeln antreten. Zum Glück verlor Herr Ishida nicht die Orientierung, sodass sie nach etwa einer halben Stunde wieder zurück im Camp waren. Die Rücktour hatte nicht halb so lange gedauert wie die Hintour, was nur bedeuten konnte, das sie auf dem Hinweg noch einige Umwege gemacht hatten.

Zurück im Camp, hatte man ein Lagerfeuer in der Mitte des Platzes entzündet. Während des Abendessens hatten die Mädchen sich um das Feuer versammelt. Zwar reichten die Baumstämme, welche als Bänke dienten, nicht für alle Schülerinnen, doch das machte nichts. Einige hatten sich ganz einfach auf den Boden gesetzt.

Für die meisten vergingen die Stunden wie im Flug. Die Stimmung war gut, das Feuer knisterte leise und der Wald der das Camp umgab, war in den Hintergrund gerückt. Inzwischen war es richtig dunkel. Nur ein paar Sterne und der Mond standen am Himmel. Die ideale Atmosphäre für ein paar Horrorgeschichten.

„...nicht nur das dieser Wald vermutlich über ein Magnetfeld verfügt, das elektronische Geräte unbrauchbar macht, Aokigahara ist besonders bei Selbstmördern beliebt.“, erzählte Kazuya gerade. Die Schülerinnen klebten förmlich an seinen Lippen. Der Campleiter hatte den Abend über schon viele Horrorgeschichten oder von merkwürdigen Phänomenen erzählt. Er verstand es die Spannung durchgehend aufrecht zu erhalten.

So erzählte der Ranger also über verschiedene Personen, welche sich hier angeblich umgebracht haben sollten. Die meisten hatten sich seinen Erzählungen nach erhängt. Viele waren gefunden worden, von manchen fand man nur einen Schuh oder Ähnliches, eine Leiche oder die Knochen blieben jedoch nach wie vor verschwunden.

Die Türkishaarige lauschte den Worten des Campleiters mehr oder weniger genau. Unauffällig spähte sie rüber zu der Person, die ihr Herz gestohlen hatte. Die Rosahaarige hatte sich gemütlich an Gumi gelehnt und hörte Kazuya interessiert zu. Mit einer Hand hielt sie einen Ast mit Marshmallows übers Feuer. Auch die Grünhaarige hörte Herr Ishida zu, während sie sich eine der langen rosanen Strähnen geschnappt hatte, sie in drei dünnere Strähnen teilte und abwesend damit begann sie zu flechten.

Miku wusste, das die beiden nur Freunde waren, doch trotzdem begann sie zu köcheln. Wie gern sie mit dieser unerzogenen Göre doch den Platz getauscht hätte. Aber das konnte sie nicht. Wie sehr sie sich doch wünschte, das die Ältere sich in ihrer Gegenwart doch auch so entspannt benahm.

Luka zog den Stock mit den Marshmallows vom Feuer weg. Rin, welche auf der anderen Seite neben ihr saß, krallte sich sofort eins, sobald sie ein wenig abgekühlt waren. Der Diebstahl wurde nur mit einem sanften Lächeln quittiert. Auch Gumi zupfte eins der Marshmallows vom Stock ab.

Frustriert darüber so außen vor zu stehen, ballte die Diva unauffällig die Hände zu Fäusten. Mit einem leisen Knurren wandte sie lieber den Blick ab. Nie hätte sie es für möglich gehalten, das solche Kleinigkeiten so schmerzen konnten.

„Was hast du?“, erkundigte die Silberhaarige sich, welche neben ihr saß.

„Ach, gar nichts.“, fauchte Angesprochene nur. Haku zog eine Augenbraue hoch. Nach gar nichts hörte sich das aber nicht an. Am besten sie hinterfragte das ganze, wenn ihre Freundin sich wieder ein wenig beruhigt hatte. Sie wusste, das es keinen Sinn machte mit Miku reden zu wollen, wenn sie gereizt war. Das konnte nur ins Auge gehen.
 

Erst sehr spät beschlossen die Schülerinnen das es an der Zeit wäre schlafen zu gehen. Kaum waren die ersten von ihrem Platz am Lagerfeuer aufgestanden und pilgerten in Richtung Waschpavillions, da hatten plötzlich auch alle anderen die gleiche Idee. Ein heilloses Durcheinander war vorprogrammiert.

„Also auf dieses Gedränge habe ich keine Lust. Ich werd noch was warten bevor ich rüber zum Waschpavillion gehe.“, stellte Gumi fest. Sie konnte sich schon denken, was für ein Chaos wohl im Inneren des Häuschens herrschen musste. 60 Leute waren eindeutig zu viel um sich alle gleichzeitig für die Nacht fertigmachen zu können. Besser man wartete ab, bis der größte Ansturm sich gelegt hatte.

„Ich stürz mich jetzt bestimmt auch noch nicht in die Menge.“ Miki warf einen skeptischen Blick zu dem Chaos, welches vor dem Waschpavillon herrschte.

„Ich würde am liebsten gar nicht in mein Zelt gehen.“, murrte Luka leise. Ihr war es nicht geheuer sich mit einer von Mikus besten Freundinnen das Zelt teilen zu müssen. Was wenn die Braunhaarige am Ende doch nicht so dumm war und ihr nur eine Falle stellte?

„Ich würde ja sagen komm einfach rüber zu mir, aber das erlauben die Lehrer nicht.“ Rin warf ihr einen entschuldigenden Blick zu.

„Außerdem wäre das ein wenig zu auffällig, oder?“, antwortete die Rosahaarige ihr.

„Stimmt auch wieder.“

Die ersten Schülerinnen verließen den Pavillon wieder. Es war ein recht bizarres Bild, welches sich ihnen da bot. Mitten im Wald liefen nun Mädchen in Nachthemden oder anderen Schlafklamotten umher um zu ihren Zelten zu gelangen.

„Wie in einem Horrorfilm, oder?“, rief Gumi amüsiert aus. Um diese Uhrzeit an einen Horrorfilm zu denken, passte den Anderen der Gruppe gar nicht.

Schließlich hatte das Chaos sich etwas gelegt und die Freundinnen beschlossen auch langsam mal rüber zum Haus zu gehen. Sie wuschen sich und zogen sich um, dann wurden sie auch schon von anderen Schülerinnen verscheucht, die ebenfalls noch in diesem Leben fertig werden wollten.

Vor dem Waschpavillon verabschiedete die Gruppe sich dann für heute.

„Zeit unserem ganz persönlichen Horror ins Auge zu sehen, was?“ Mit einem leicht verzweifelten Lächeln sah Luka rüber zu Gumi. Die sonst so gut gelaunte Grünhaarige zog ein Gesicht.

„Da sagst du was. Wetten das gibt noch Tote?“ Auf diesen Kommentar hin wich sämtliche Farbe aus dem Gesicht der Älteren.

„Ich meinte in meinem Zelt!“, verbesserte Gumi schnell. „Und das werde sicher nicht ich sein.“

„Es sind ja nur zwei Nächte.“, versuchte Luka ihnen beiden Mut zuzusprechen. Gumi warf ihr ein schiefes Grinsen zu und umarmte sie kurz.
 

Der Rosahaarigen graute es, als sie sich schließlich zum Zelt begab. Bei der Menge an Zelten war es zwar gar nicht so leicht das Eigene zu finden, doch sie konnte sich noch daran erinnern, das es recht weit außen links aufgebaut worden war. Dennoch ging sie recht langsam. Luka zerbrach sich den Kopf darüber, was wohl passieren würde, wenn Haku oder Meiko rausfinden würden, was der eigentliche Grund dafür war, das Miku sie so plötzlich in Ruhe ließ. Die Racheaktion war schon recht krass gewesen. Außerdem hatte sie gegen so ziemlich jede Vereinbarung des Deals verstoßen. Sie sah sich schon wieder mit einem Bein im Krankenhaus stehen.

//Ich kann nur hoffen, das es einfach nicht auffliegt. Schon gar nicht während des Ausflugs//,dachte sie sich.

Schließlich hatte sie das Zelt erreicht. Der Reißverschluss war noch offen. Nur das Moskitonetz hing im Eingang um unliebsame Insekten fern zu halten. Sie atmete noch einmal tief ein, dann schob sie mit einer Hand das Netz zur Seite und betrat das Zelt.

Die Zeltdecke erlaubte es ihr nicht wirklich aufrecht im Zeltinneren zu stehen. Die Decke war gerade so hoch, das man noch bequem auf einer Luftmatratze sitzen konnte.

Da das Zelt einen Moment lang offen stand, schien der Mond ungehindert ins Zeltinnere. Durch das Mondlicht wurde auch ihre Zeltpartnerin angeleuchtet. Luka war sich bis eben noch gar nicht sicher gewesen ob die Andere überhaupt schon hier war oder noch im Waschpavillion.

Für einen kurzen Moment hatte sie die eher ungewöhnliche Augenfarbe der Größeren vergessen und hätte beinah aufgeschrieen, als sie in zwei rote Iriden blickte.

„Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen.“, neckte die Braunhaarige sie. Sie saß gemütlich auf ihrer Luftmatratze und hatte darauf gewartet, das ihre Zeltnachbarin auch endlich mal den Weg hier her fand.

„Ich hab mich nur erschreckt.“ Die Rosahaarige zog den Reisverschluss des Zeltes hinter sich zu um zu verhindern das Nachts noch irgendein Tier sich ins Zeltinnere verirrte.

„Vor mir?“, hakte Meiko amüsiert nach.

„Du hättest eben mal deine Augen sehen sollen!“, verteidigte Luka sich. Die Andere konnte nicht anders und fing an zu lachen.

Da die Rosahaarige beim besten Willen keine Ahnung hatte worüber sie mit der Anderen reden sollte, machte sie es sich auf ihrer Luftmatratze gemütlich und schlüpfte unter ihre Decke. Jetzt, wo das Mondlicht wieder 'ausgesperrt' war, konnte sie alles nur noch schemenhaft erkennen.

Für einen Moment war es still im Zelt. Doch auch die Ruhe machte es nicht besser. Nach wie vor war Luka angespannt, fürchtete die Braunhaarige könnte auf die Idee kommen zu hinterfragen, was neulich eigentlich genau passiert war. Sie hatte keine Ahnung was Miku ihr nun eigentlich genau erzählt hatte. Was also, wenn sie versehentlich etwas ganz anderes erzählte?

„Du fühlst dich unwohl, oder?“, durchbrach die Ältere plötzlich die Stille. Angesprochene wandte den Kopf in ihre Richtung.

„Wie kommst du jetzt darauf`?“, sie versuchte ihre Stimme möglichst überrascht klingen zu lassen.

„Ich bin nicht ganz blöd.“, tadelte die Braunhaarige sie. Luka war sich nicht ganz sicher ob die Andere nun tatsächlich verstimmt war, oder ob das wieder nur einer ihrer Sprüche war. Eben wegen der lockeren Art der Älteren war es schwierig sie richtig einzuschätzen.

Die Decke der Braunhaarigen raschelte, die Blauäugige konnte an ihren Umrissen erkennen, das sie sich zu ihr gedreht hatte.

„Jetzt hör mal, es gibt wirklich keinen Grund vor mir Angst zu haben.“, stellte sie dann fest.

Der Rosahaarigen war die Situation unangenehm. Sie fühlte sich wie ein kleines Kind,dem man gerade erklärte das der große Hund dahinten wirklich harmlos war. Nur das es in ihrem Fall eben kein Hund war, sondern ein Mensch. Und genau da lag der Unterschied. Tiere waren berechenbar, Menschen nicht.

„Miku hat mir erzählt, das sie das Interesse verloren hat. Damit ist der Deal von ihrer Seite aus geplatzt, nicht von deiner. Rede einfach mit niemandem darüber. Du siehst also, für mich gibt es keinen Grund mehr die Aufpasserin zu spielen.“

Mit niemandem darüber reden? Haha, das war lustig. Was würde die Ältere wohl tun, wenn irgendwann rauskäme, das sie schon längst mit jemandem darüber geredet hatte. Was wenn sie herausfinden würde, das der Deal eben deswegen geplatzt war?

„Es ist einfach schwer umzudenken, weißt du.“

„Ach Süße, zerbrich dir darüber nicht mehr den Kopf. Ich hab wirklich nicht die Absicht dir irgendwas zu tun.“, versicherte die Größere. Inzwischen hatten sich Lukas Augen so weit an die Dunkelheit gewöhnt, das sie sehen konnte das Meiko sie breit angrinste.

„Und du versprichst mir, das du das ernst meinst?“ Die Blauäugige war nach wie vor misstrauisch. Nicht das sie den Versprechen ihrer Zeltnachbarin wirklich langfristig Glauben schenken würde, doch für den Moment war es schon ganz gut zu wissen, das sie von der Anderen nichts zu befürchten hatte.

Die Braunhaarige hatte sich wieder aufgesetzt. Im Sitzen hatte sie nur noch wenig Platz bis zur Zeltdecke. „Jepp. Genau so wie ich dir verspreche etwas gegen diese ernste Mimik in deinem Gesicht zu unternehmen.“

Und mit diesen Worten stürzte sie sich auf ihre mehr als überraschte Nachbarin. Diese wusste einen Moment gar nicht was sie davon halten sollte, konnte im nächsten Moment aber ein Kichern nicht mehr unterdrücken, als die Ältere die Hände unter ihre Decke schob und damit begann sie zu kitzeln. Es sah wirklich ganz danach aus als wollte Meiko nur ein wenig rumalbern.

„Aaaaah! Hey! Lass das!“, rief Luka aus, während sie sich drehte und wandte und versuchte der Kitzelattacke zu entkommen. Eine Aktion, die in einem so kleinen Zelt schier unmöglich war.

Woher wusste die Ältere überhaupt, das sie besonders an den Seiten so kitzelig war?

„Gnade!“, ihr lief eine Lachträne die Wange herunter. Als die Braunhaarige kurz von ihr abließ um sie wieder zu Atem kommen zu lassen, beschloss sie den Spieß einfach umzudrehen.

Vielleicht war es ganz ratsam sich für die Campingtour gut mit ihrer Mitbewohnerin zu stellen?

Sie nutzte eine Unachtsamkeit der Anderen um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen und startete dann ihrerseits eine Attacke. Allem Anschein war sie hier nicht die Einzige die kitzlig war.

Ihre Zeltpartnerin konnte ein Kichern nicht mehr unterdrücken und versuchte nun ihrerseits die Rosahaarige irgendwie abzuschütteln. Luka wiederrum war verblüfft, das die Braunhaarige auch eine sehr menschliche Seite besaß.

„Hey, sagt mal bringt ihr euch gerade um oder so?!“ Neru, die das Zelt nebenan hatte, hatte beschlossen besser mal nachzusehen ob mit ihren Freunden alles in Ordnung war. Sie wusste ja, das die beiden sich eigentlich nicht all zu gut verstanden, nur das sie eher erwartete hatte das es Gumi und Miku sein würden, die sich zuerst an den Kragen gehen würden.

Als sie den Reißverschluss ein Stück weit aufgezogen hatte und den Kopf ins Zelt steckte, bot sich ihr ein recht bizarrer Anblick. „Was zur Hölle?!“, war das erste was ihr dazu einfiel. Entweder sie brauchte eine Brille, oder die Rosahaarige saß gerade tatsächlich auf den Hüften ihrer recht burschikosen Zeltpartnerin und war gerade dabei eine Kitzelattacke auf sie zu verüben.

Bei Nerus Kommentar hielten beide inne und blickten zum Zelteingang. Jetzt sah die ganze Szene nur noch verstörender aus. Die rechte Augenbraue der Blondine zuckte verwirrt.

„Es ist nicht das wonach es aussieht!“, rief Luka aus und wedelte abwehrend mit den Händen in der Luft.

„Sie hat nur ein kleines Attentat auf mich verübt.“ Meiko stützte sich mit einem Ellbogen vom Boden ab um besser zum Zelteingang sehen zu können. Auf ihren Lippen lag nach wie vor ein breites Grinsen. Die Jüngere war inzwischen wieder auf ihre eigene Luftmatratze gerückt.

„Ich hab gedacht ihr geht euch gegenseitig an die Gurgel!“, rief Neru tadelnd aus. Die beiden anderen Mädchen schüttelten nur leicht lachend den Kopf. „Nein nein, es ist wirklich alles in Ordnung. Uns geht’s gut.“

„Na dann ist ja gut.“ Die Blonde wünschte den beiden noch eine gute Nacht und begab sich wieder rüber zu ihrem eigenen Zelt.

Als Luka und Meiko ebenfalls beschlossen langsam mal schlafen zu gehen, hegte die Rosahaarige die Hoffnung das der Ausflug vielleicht doch nicht ganz so schlimm werden würde. Wenn die Situation so entspannt blieb, dann wäre es wohl halb so wild sich ein Zelt teilen zu müssen. Zwar würden die beiden vermutlich nie die besten Freundinnen werden, doch ein Waffenstillstand klang in Lukas Ohren doch schon mal ganz gut.

Jetzt wo das ganze Camp schlief, hatte sie die Gelegenheit noch ein wenig ihren Gedanken nachzuhängen. Mit einem leisen Murren drehte sie sich mit dem Gesicht zur Zeltwand und verschwand noch ein wenig weiter unter ihrer Decke. Tagsüber war es heute unerträglich warm gewesen, doch mit der Nacht war auch die Temperatur gefallen. Speziell der Boden war abgekühlt. Zwar lag sie auf einer Luftmatratze, doch von unten kam es ganz eindeutig kalt.

Draußen im Wald hörte sie den Ruf von irgendeinem Tier. Sie konnte den Laut nicht genau zuordnen, doch musste es etwas Großes sein. Am besten sie dachte gar nicht darüber nach, was da draußen rein theoretisch alles rumlaufen konnte.

//Arg! Es ist verflucht kalt und wir campen mitten in einem Wald der von unnatürlichen Phänomenen nur so wimmelt. Nicht zu vergessen die ganzen Leute die sich hier umgebracht haben.// Keine besonders beruhigenden Gedanken. Inzwischen hatte sie sich die Decke fast ganz über den Kopf gezogen. Hoffentlich würde es schnell wieder hell. Sie konnte sich nicht helfen, aber Nachts war es hier in Aokigahara verdammt unheimlich...

Lust, kisses and jealousy

Wie schön es doch war endlich mal wieder ausschlafen zu können. Wochenenden waren so praktisch! Kein Wecker der einen Morgens aus dem Schlaf piepte und kein nervender Matheunterricht der pünktlich um 8 begann. Ihr Zimmer war noch totenstill, der Morgen begann erst langsam die Nacht zu verdrängen.

Luka genoss es wirklich endlich mal wieder ausschlafen zu können. Bis irgendwann in der Mitte der Nacht war ihr noch verflucht kalt gewesen, aber mittlerweile ging es wieder. Das Kissen, welches sie in einer festen Umarmung hielt, war angenehm warm und weich. Wenn es nach ihr ginge, sie würde so schnell noch nicht aufstehen.

Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit ihr. Sie kehrte langsam aus dem Reich der Träume zurück, als ihr jemand einige Strähnen aus dem Gesicht strich und ihr dann übers Haar streichelte.

Zuerst versuchte sie es zu ignorieren, doch ihre Zimmernachbarin gab nicht auf. „Nnh~ Gumi lass mich schlafen.“, murrte sie und vergrub das Gesicht nur noch tiefer in ihrem Kissen. Sie konnte die Andere leise kichern hören. //Seit wann steht Gumi eigentlich freiwillig vor mir auf?//, waren die ersten halbwegs logischen Gedanken, die die Rosahaarige an diesem Morgen hatte.

„Hey, aufwachen Dornröschen.“ Die Andere strich mit einem Finger ihre Wange entlang, runter zu ihrem Kinn. Der Weg führte weiter ihren Hals runter, kreiste kurz auf Höhe ihres Schlüsselbeins und wanderte dann weiter in Richtung Dekolleté.

Erneut murrte die Rosahaarige, diesmal schon etwas wacher. Das kitzelte doch! Dann verarbeitete ihr Hirn drei sehr wichtige Fakten : 1) passte die Stimme nicht zu ihrer Zimmernachbarin, 2) würde Gumi eher zwei Topfdeckel neben ihrem Ohr zusammenschlagen als sie auf DIESE Art und Weise zu wecken und 3)atmete ihr Kissen!

Irritiert rang sie sich nun doch dazu durch die Augen zu öffnen. Das Erste was sie sah, war ein rotes Shirt direkt vor ihrem Gesicht. Was zum?! Die hob den Blick um der Person ins Gesicht blicken zu können. Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. Von jetzt auf gleich hellwach zuckte Luka ein Stück weit zurück und unterdrückte nur eben so einen erschrockenen Aufschrei.

„Wa-wa-was machst du in meinem Bett?!“, stammelte sie irritiert.

„Nicht dein Bett, mein Bett, Prinzessin.“ Die Braunhaarige warf ihr eins ihrer typischen Grinsen zu.

„Eh?“ Die Rosahaarige blickte sich um und realisierte erst jetzt, das sie ja in einem Zelt übernachtet hatten. Der Campingausflug und so. Und das was die Ältere da gerade gesagt hatte stimmte. Nicht die Rotäugige war nachts zu ihr rüber gerückt, nein sie befand sich tatsächlich auf der Luftmatratze der Anderen. Wie hatte sie denn das geschafft? Gestern Abend war sie ganz eindeutig noch auf ihrer Seite des Zeltes eingeschlafen.

Meiko interpretierte Lukas verwirrten Blick ganz richtig. „Wenn du dich jetzt fragst wie du hier hin kommst : du hast es fertiggebracht Nachts von deiner Luftmatratze zu rutschen und bist dann irgendwie rüber zu mir.“, erklärte sie sichtlich amüsiert.

Auf die Wangen der Blauäugigen legte sich vor Verlegenheit ein leichter Rotschimmer. Gott war das peinlich!

„Gomen nasai, Meiko.“, entschuldigte sie sich erstmal. Ihr selbst schien ihr Irrtum allerdings unangenehmer zu sein als der Braunhaarigen. Diese sah das alles eher locker und zuckte nur leicht mit den Schultern.

„Als wenn ich es einer Schönheit wie dir übel nehmen würde, das sie Nachts im Wald Angst bekommt und sich daher lieber einen Ritter sucht, der sie beschützt.“ Bei diesen Worten hatte sie sich zu der Jüngeren rüber gebeugt, um ihr die Anspielung ins Ohr flüstern zu können. Die Rosahaarige reagierte ganz so, wie die andere Schülerin es vermutete : ihre Gesichtsfarbe nahm den Rotton einer überreifen Tomate an.

„W-was redest du denn da?!“, rief Angesprochene leicht entsetzt aus.

Die Braunhaarige wich wieder ein Stückchen zurück um ihrer Zeltpartnerin besser ins Gesicht sehen zu können. Es machte unglaublich viel Spaß das arme Mädchen ein wenig zu ärgern. Wie schnell die Kleinere doch die Fassung verlor. Sie konnte sich ein Lachen bei diesem Anblick nicht verkneifen. „Wie schnell man dich doch aus der Fassung bringen kann!“, rief sie amüsiert aus.

„Du bist einfach unmöglich! Weißt du das, Meiko?!“, regte Luka sich auf.

Das Grinsen der Älteren erinnerten an das der weltberühmten Grinsekatze. Man sah ihr deutlich an, das sie schon wieder etwas ausheckte.

„Du hättest mir gestern Abend ruhig sagen können, das du gern kuschelst.“, meinte sie dann. Sie legte eine Hand an Lukas linke Wange. „Da hätte sich sicher was machen lassen.“ Sie zwinkerte ihr zu, näherte sich ihrem Gesicht mit ihrem Eigenen.

Die Jüngere war einen Moment wie erstarrt, dann packte sie die Braunhaarige schließlich bei den Schultern und schob sie entschieden ein Stück weit von sich. Sie hatte das Kunststück vollbracht noch röter zu werden, als sie eh schon war.

„Arg! Hör auf mich die ganze Zeit über aufzuziehen!“, rief die Rosahaarige aus.

Meiko brach in schallendes Gelächter aus und umarmte die Andere kumpelhaft. „Aber das macht solchen Spaß!“

Luka hatte die Arme vor der Brust verschränkt und zog ein Schmollgesicht.

„Aaaaw! So süß!“, rief die Andere überraschend mädchenhaft.

„Ich geb dir gleich 'süß'!“ Mit diesen Worten griff die Rosahaarige nach dem Kopfkissen und warf es nach ihrer Zeltpartnerin. Diese hob schützend die Arme um das Geschoss abzuwehren.

Schließlich erhob sie sich, immernoch kichernd. „Ich geh dann besser mal, bevor mein süßes kleines Schmusekätzchen mir gleich noch die Augen auskratzt.“, grinste sie.

Mit einem Satz war Meiko aus dem Zelt geschlüpft. Hinter ihr klatschte irgendetwas gegen die Zeltwand. Vermutlich ein weiteres Kissen.

„Ich warne dich!“, konnte sie die Andere fauchen hören. Sie schüttelte nur leicht den Kopf und beschloss rüber zum Waschpavillon zu gehen. Wie Miku das Mädchen plötzlich langweilig finden konnte, konnte sie beim besten Willen nicht verstehen. Die Kleine war schon ziemlich heiß und dann auch noch so leicht aus der Fassung zu bringen.
 

Einige Schülerinnen waren ebenfalls schon wach und bereits aus den Zelten geschlüpft. Bis eben waren alle noch ein wenig verschlafen gewesen, doch plötzlich wendete die allgemeine Stimmung sich überraschenderweise. Als auch eine leicht verschlafene Diva aus ihrem Zelt schlüpfte, hinter vorgehaltender Hand gähnte und sich dann streckte, ruhten die Blicke der Anderen auf ihr.

Derzeit trug das Mädchen offene Haare, da dies zum schlafen einfach angenehmer war. Von ihrer verhassten Zeltnachbarin hatte heute Morgen bereits jede Spur gefehlt. Miku vermutete, das Gumi einfach eine Frühaufsteherin war. Hätte sie das Mädchen besser gekannt, so hätte sie gewusst was für ein Irrtum das doch war. Die Wahrheit war, das Gumi einfach nur wusste was besser für sie war.

Als die Türkishaarige rüber in Richtung Waschpavillon ging, wunderte sie sich doch sehr über die verstörten Blicke der anderen Schülerinnen. Einige begannen sogar zu tuscheln.

Sah sie denn so schlimm aus? Gut, sie hatte wirklich schlecht geschlafen, da sie die Luftmatratze extrem unbequem gefunden hatte. Das Zelt war nachts verdammt ausgekühlt und die Grünhaarige hatte sich die ganze Nacht über gedreht wie ein Rotor. Mehrfach hatte sie plötzlich eine Hand oder einen Fuß irgendwo an der Seite gehabt. Ständig hatte dieses quirlige kleine Biest Miku aufgeweckt. Erst gegen Morgen war sie dann wirklich tief eingeschlafen. Daher konnte sie sich schon vorstellen, das sie ziemlich übermüdet aussehen musste. Doch war es wirklich so schlimm, das ihre Fangemeinde anfangen musste hinter ihrem Rücken zu tuscheln? Die Mädchen sahen sie ja so an, als seie sie eine Außerirdische.

Vor dem Waschpavillon traf sie schließlich auf Haku und Neru. Die beiden waren ebenfalls schon wach, quatschten und warteten scheinbar darauf, das sie auch langsam mal ins Haus konnten.

„Morgen Mädels.“, grüßte die Diva sie.

„Mor-...gen.“, begrüßte die Silberhaarige sie und stockte plötzlich. Die Mundwinkel der sonst eher ruhigen Rotäugigen begannen verdächtig zu zucken.

„Pfffft!“ Neru schlug sich eine Hand vor den Mund und versuchte einen Lachflash zu verhindern. Haku gab sich ebenfalls Mühe, doch schließlich scheiterten beide und brachen in schallendes Gelächter aus.

Die Blondine zeigte mit dem Finger auf die sichtlich verstörte Türkishaarige.

„Bwahahaha! Wie siehst du denn aus?!“, prustete sie los.

„Eh?“ Langsam fand Miku das Verhalten ihrer Freundinnen nicht mehr komisch. „Wie genau sehe ich denn aus?“, fragte sie scharf nach und verschränkte die Arme vor der Brust.

„So... Muahahaha!“, mehr brachte Haku nicht heraus. Sie zückte lieber einen Schminkspiegel und hielt ihn der Diva hin. Diese ahnte irgendwie nichts Gutes und riskierte einen skeptischen Blick.

„Aaaaaaaah!“, kreischte sie auf. Die Türkishaarige hatte schon mit irgendetwas Unschönem gerechnet, doch das was sie da im Spiegel erblickte, übertraf ihre schlimmsten Vorstellungen noch.

„Gumi! Diese kleine Schlampe! Ich bring sie um!“, wetterte sie los. In ihrem Gesicht befanden sich interessante Zeichnungen, welche zu 100% mit einem Filzstift fabriziert worden waren. Die Grünhaarige hatte ihr allen Ernstes als sie geschlafen hatte diverse Kreise und Sternchen auf die Wangen und um die Augen gemalt.

Haku und Neru hatten sichtlich Schwierigkeiten damit die Fassung wieder zu gewinnen. Eigentlich wäre es nun an der Silberhaarigen ihre freche Mitschülerin in die Schranken zu weisen, aber...aber das war einfach zu komisch!

Laut fluchend und meckernd war die Diva in der Zwischenzeit in den Pavillon gestürmt um ihr Gesicht zu waschen. Glücklicherweise ging der Filzstift sofort wieder restlos ab.
 

„Kommt ihr mit euren Zeltpartnerinnen klar?“, wollte Miki wissen, als die Gruppe sich schließlich zum frühstücken versammelt hatte.

„Klar!“, strahlte Rin. „Das ist doch auch mal ne Art neue Leute kennen zu lernen.“

„Ich kann mich auch nicht beschweren. Ann ist eigentlich ganz nett.“ Teto hatte ein leichtes Lächeln aufgesetzt. Sie war wirklich froh sich ganz gut mit ihrer Zeltnachbarin zu verstehen.

„Meine Partnerin ist langweilig. Die kennt sich 0 mit Technik aus. Sie hat nicht mal ein Handy.“, erzählte Neru und verdrehte die Augen. Die Blonde hatte sich nach der Aktion beim Waschhaus lieber zu den Anderen gesellt. Hier war die Stimmung einfach besser.

„Ihr werdet lachen, aber wir kommen erstaunlich gut miteinander klar.“, erzählte Luka dann.

Auf die Lippen der anderen Mädchen stahl sich ein beruhigtes Lächeln. „Ein Glück.“

„Miriam ist eigentlich ganz cool. Stellt euch mal vor, sie bevorzugt die gleichen Modemarken wie ich.“, berichtete Lily. Auch die Blondine hatte es vorgezogen sich zu der Gruppe zu gesellen.

„Fragt nicht Leute. Wir hassen uns und das wird auch so bleiben.“, murrte Gumi. Dann stahl sich ein Grinsen auf ihre Lippen. „Aber sie schläft wirklich wie ein Stein. Hat nicht mals ihre modische Gesichtsbemalung bemerkt.“, lachte sie dann.

„Gesichtsbemalung?“, hakte die Rosahaarige irritiert nach. Das Grinsen der Grünhaarigen wurde noch eine Spur breiter. „Da lag ein Filzstift in unserem Zelt. Ich konnte einfach nicht wiederstehen.“

Miki hatte zwar bemerkt das einer der Lehrer auf die Gruppe zugesteuert war, doch hatte sie sich nichts dabei gedacht. Sie hatte nicht schnell genug geschaltet um Gumi den Mund zuzuhalten.

„Ach, ist ja schön das du das so einfach zugibst.“, räusperte sich Herr Ito.

Alle drehten sich zu dem Pädagogen um. Die Mundwinkel der Grünhaarigen begannen nervös zu zucken. „Ito-Sensei!“, rief sie alles andere als geistreich aus. Die anderen Schülerinnen schüttelten nur die Köpfe. War doch klar das so ein überflüssiger Streich ins Auge gehen würde.

Der Musiklehrer stemmte die Hände in die Hüften und begann der Grünhaarigen eine Standpauke zu halten.

Inzwischen wandten auch andere Schülerinnen die Köpfe, da sie sich das nicht entgehen lassen wollten. Es war nichts neues das Gumi ab und an Dummheiten anstellte, doch der Schuldiva einen Streich zu spielen, war wohl nicht ihre beste Idee gewesen. Egal wie wenig die beiden sich leiden konnten.

„Und damit du endlich lernst dich deinem Alter entsprechend zu benehmen, wirst du heute Nachmittag bei uns Lehrern bleiben, während die Anderen eine Schnitzeljagd machen werden.“, ordnete er schließlich an. Das Mädchen zog ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Viele andere Schülerinnen kicherten amüsiert und auch ihre Freunde hatten Schwierigkeiten damit tröstende Worte zu finden anstatt einfach nur resigniert den Kopf zu schütteln.
 

Der restliche Vormittag verging ohne weitere Zwischenfälle. Die meisten zogen es vor bei ihren Freunden zu bleiben, ein wenig zu quatschen oder kleinere Erkundungsausflüge in den Wald zu starten. Dabei entfernte sich allerdings niemand zu weit vom Lager. Gegen Mittag waren dann wieder alle zurück im Camp. Der Campleiter begann wieder damit einige seiner Geschichten zu erzählen und brachte den Mädchen dabei gleich noch einige Dinge über den Wald bei. Schulausflug war eben Schulausflug. Die Lehrer waren währendessen selbst im Wald verschwunden um die anstehende Schnitzeljagd vorzubereiten. Damit es nachher bei der Gruppeneinteilung kein heilloses Durcheinander gab, wurde einfach beschlossen, das jeweils die Schülerinnen, die sich eh schon ein Zelt teilten, einfach eine Gruppe bilden würden.

Zwar ergab das ganze 30 Gruppen, doch besser so als anders. Mit so vielen Leuten würden sie sich sicherlich des Öfteren im Wald begegnen und sich so auch nicht verlaufen. Es konnten schlecht alle Gruppen gleichzeitig die Orientierung verlieren.

Es dauerte noch geschlagene 45 Minuten bis die Lehrer wieder zurück waren. Nun waren wohl alle Zettel versteckt.

„Wir haben euch lange genug warten lassen. Das kleine Spiel ist jetzt vorbereitet, Mädels.“, rief Frau Mori aus um die Aufmerksamkeit der inzwischen auf dem Platz versammelten Mädchen zu bekommen. Die Blicke der beiden Klassen hafteten nun auf den Lehrern.

„Ich denke das wir genügend Zettel verteilt haben.“, stellte die Englischlehrerin dann fest und kratzte sich leicht am Kopf. Zettel für insgesamt 30 Gruppen zu verstecken, war eine Menge Arbeit gewesen.

„Eure Partner kennt ihr ja schon, oder?“ Ein allgemeines zustimmendes Murmeln. „Sehr schön, dann wäre das ja geklärt.“

Nun ergriff ihr Klassenlehrer das Wort. „Da wir so Viele sind, erhaltet ihr heute extra keinen Hinweis darauf, wo eure erste Karte zu finden sein wird. Die ersten Zettel sind aber noch ganz in der Nähe vom Camp. Als kleiner Anreiz : einige sind sehr leicht zu finden, andere ein wenig besser versteckt. Also beeilt euch um möglichst einen der offensichtlichen Zettel zu finden, damit ihr den Anderen gegenüber einen Vorteil habt.“ Mit einem Grinsen auf den Lippen blickte der Lehrer seine Schülerinnen an.

„Wenn ich es euch sage könnt ihr loslaufen, aber bitte seit spätestens gegen 19 Uhr wieder zurück. Ich möchte euch nicht mehr im Wald wissen, wenn es dunkel wird.“

„Die Gruppe, die als erstes alle Hinweise gefunden hat und zurück zum Lager kehrt, hat gewonnen. Auf euch wartet dann ein kleiner Preis.“, teilte Frau Mori mit.

„Alles verstanden?“ Erneut ein zustimmendes Murmeln.

„Na dann: auf die Plätze, fertig und los!“

Und mit diesem Aufruf fanden die einzelnen Zweierteams sich zusammen und marschierten los.
 

„Was glaubst du wie nah die ersten Hinweise versteckt worden sind?“, fragend blickte Luka ihre Teampartnerin an. Diese zuckte nur mit den Schultern. „Keine Ahnung. Aber ich denke mal nicht zu weit weg. Wenn niemand seinen ersten Hinweis findet, dann macht das Spiel keinen Sinn.“

„Stimmt auch wieder.“

Es war 15 Uhr, die Sonne brannte mal wieder gnadenlos und die Insekten schwirrten. Gegen diese Biester konnte man sich wirklich nur mit Insektenspray schützen...massig Insektenspray.

„Hey, lass uns zusehen das wir die Ersten sind, die mit allen Karten wieder zurück sind.“, grinsend zwinkerte die Braunhaarige ihrer Teampartnerin zu.

„Bist du mich etwa jetzt schon über?“ Auch auf den Lippen der Rosahaarigen lag ein Grinsen. Bisher hatte es sich wirklich bewährt der Älteren nicht all zu ernst gegenüber zu treten. Solange die Stimmung so war wie jetzt, war es sogar ganz angenehm mit ihr unterwegs zu sein. Meiko war zwar eine sehr direkte, aber auch sehr humorvolle Person. Wäre sie nicht an der Sache damals beteiligt gewesen, Luka hätte nicht den leisesten Grund gesehen ihr gegenüber misstrauisch zu sein.

„Wie kommst du denn darauf?“, ging die Rotäugige auf die Anspielung ein. Kurz tat sie so als würde sie ernsthaft nachdenken, bevor sie weitersprach. „Oder fühlt mein kleines Dornröschen sich etwa vernachlässigt?“ Ihr Grinsen wurde eine Spur breiter, als sie dem Gesicht der Anderen förmlich ablesen konnte das sie sich gerade an das peinliche Erwachen erinnerte.

„Was denn? Jackpot?“, scherzte sie und legte im Gehen einen Arm um die Schultern der Jüngeren.

Diese ließ sich zu ihr rüber ziehen.

Im Kopf der Braunhaarigen begann es zu ticken. Scheinbar hatte sie den goldrichtigen Weg eingeschlagen um an das Mädchen heran zu kommen. Angst vor ihr schien die Kleine ja zumindest schon mal nicht mehr zu haben.

„Es könnte im Übrigen wirklich sein, das dein Dornröschen sich vernachlässigt fühlt.“, stellte Luka dann fest. Die Rotäugige zog kaum merklich eine Augenbraue hoch. Das war ja einfach.

„Oh, und wie kann ich das wieder gut machen?“ Erneut hatte die Größere starke Ähnlichkeit mit einer Grinsekatze.

„Das weiß ich nicht. Das musst du sie schon selbst fragen.“

„Das tue ich doch gerade.“

„Ich meine nicht mich.“, stellte die Rosahaarige fest und schob die Andere ein wenig von sich weg, während sie weitergingen. „Ich meine Lily.“

Einen Moment schien ihre Teampartnerin überlegen zu müssen woher der plötzliche Themenwechsel kam, dann zuckte sie nur mit den Schultern. „Ach, so meinst du das.“

„Jetzt mal ehrlich : was soll sie sich denken, wenn du ständig mit anderen Mädchen flirtest?“

Die Braunhaarige warf der Jüngeren einen Blick zu, als hätte sie gerade ein Alien entdeckt.

„Ich glaube da hast du etwas ganz falsch verstanden.“, stellte sie dann fest. Die Blauäugige zog eine Augenbraue hoch. „Eh?“

„Wir sind nicht zusammen.“, erklärte sie dann. „Ich weiß zwar das sie Gefühle für mich hat, aber ich nicht in dieser Form für sie. Zumindest will ich nichts Festes. Das habe ich von Anfang an klargestellt und sie wusste, worauf sie sich eingelassen hat.“

Nun war es an der Rosahaarigen irritiert aus der Wäsche zu gucken. Die Ältere erzählte ihr von ihrem Privatleben, als ginge es nur um einen Zeitungsartikel.

„Ich versteh dich nicht. Anstatt froh zu sein das so ein hübsches und vor allem nettes Mädchen dich fast schon vergöttert.“

„Ich will einfach noch nichts Festes. Weißt du, im Internat bin ich ziemlich beliebt, und wenn ich ein hübsches Mädchen sehe, dann fällt es mir nun mal schwer die Finger davon zu lassen.“ Die Braunhaarige kratzte sich leicht verlegen am Kopf. „Aber Jede weiß worauf sie sich einlässt.“

Luka dachte einen Moment über das eben Gesagte nach, dann warf sie ihrer Teampartnerin einen schrägen Blick zu. „Schürzenjägerin.“, stellte sie nur fest.

Auch wenn sie die Ansichten der Älteren recht krass fand, es war ihre Sache. Sobald jemand wusste, worauf er sich einließ, war es das Problem dieser Person. Auch...wenn ihr ihre blonde Freundin ziemlich leid tat.

„Mh, vielleicht.“ Meiko konnte ein Lachen nicht unterdrücken.

Plötzlich registrierte sie, wie sich der Gesichtsausdruck der Rosahaarigen erneut veränderte.

„Da ist ne Karte!“, rief die Jüngere aus. Nun blickte auch die Braunhaarige sich suchend um.

„Was? Wo?“

Tatsächlich hielt das Team kurze Zeit später die Karte mit dem ersten Hinweis in der Hand. Auf dem Zettel stand, das sie nach einer großen Tanne ausschau halten sollten. Der Baum befände sich etwa 10 Minuten östlich von hier.

Es sollte jedoch eine Stunde vergehen, bis sie besagten Baum endlich gefunden hatten. Da sie keinen Kompass dabei hatten, waren die beiden erst in Richtung Norden gelaufen, wurden dort natürlich nicht fündig und hatten anschließend ihre liebe Mühe den Ausgangspunkt wieder zu finden. Im Wald eine bestimmte Stelle zu finden war wirklich alles andere als leicht, wenn man bedachte, das es hier nur Trampelpfade und keine Wege gab. Teilweise verließen die Mädchen die Pfade sogar, sodass sie ganz im Unterholz standen.

Als sie die Tanne dann ENDLICH gefunden hatten, mussten sie zu allem Übel auch noch feststellen, das einer der Lehrer den Zettel ein wenig zu hoch in den Baum gesteckt hatte, als das die beiden ihn durch bloßes Strecken erreichen konnten.

„Ich glaub's ja nicht! Wie sollen wir da bitte drankommen?“ Ein wenig ratlos blickte Luka hoch in die Tanne. Auch Meiko studierte das Problem genauestes.

„Ich hoffe nur mal, das da jetzt kein Harz am Baum ist.“, murrte sie schließlich, nahm etwas Anlauf und schaffte es dann tatsächlich einen Ast zu packen zu bekommen und sich daran hochzuziehen.

Die Rosahaarige war ein Stück weit zurückgewichen um keine Tannennadeln abzubekommen.

„Fall da bloß nicht runter.“, streute sie in leichter Sorge ein.

„Das ist n Baum. Der ist dazu da rauf zu klettern, also keine Panik, ja?“ Mit einem amüsierten Grinsen blickte die recht burschikose Schülerin zu ihrer Teampartnerin runter. Sie angelte die Karte aus dem Baum und kletterte dann geschickt wieder nach unten.

Die Rosahaarige hatte sich die ganze Szene mit leichter Bewunderung angesehen. So sportlich war sie nicht.

Die beiden riskierten einen Blick auf die eben gefundene Karte. »Der nächste Hinweis findet sich dort, wo das Wasser tosend auf die Erde rauscht«, stand auf der Karte. Die Schülerinnen blickten sich an. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Das war nicht schwer. Sie mussten nur den Wasserfall wiederfinden, den man ihnen gestern gezeigt hatte. Doch dann...standen sie schon wieder vor einem Problem : die beiden standen mitten im Wald und waren heute schon kreuz und quer durchs Unterholz gelaufen. Wo genau war also der Wasserfall von hier aus gesehen?

„So weit kann der doch gar nicht weg sein.“, überlegte Meiko.

„Aber so weit weg, das wir ihn nicht hören können.“, ergänzte Luka. Die Mädchen waren für einen Moment still und lauschten. Wirklich...nichts. Kein Rauschen, kein Plätschern, nur das Summen der Insekten und das Zwitschern der Vögel war zu hören.

„Auf dem Rückweg zum Camp haben wir gestern eine halbe Stunde gebraucht.“, überlegte Luka. „Vielleicht sollten wir erstmal zurück, damit wir den Weg von gestern nehmen können.“

Die Braunhaarige zog die Stirn kraus. „Glaubst du den finden wir noch? Als wir zurückgekommen sind, war es schon dunkel und dieser Möchtegernranger ist mit uns in Schlangenlinien durch den Wald.

„Stimmt auch wieder.“

So beschlossen die beiden, das es vielleicht doch besser wäre den See mit dem Wasserfall einfach von ihrem momentanen Standpunkt aus zu suchen. Wenn der Hinweis hier aufgehängt worden war, konnte das nächste Ziel doch eigentlich gar nicht so weit weg sein.

Die Rosahaarige riskierte einen Blick auf die Uhr. „Es ist schon 17 Uhr. Besser wir beeilen uns.“ In zwei Stunden sollten alle wieder zurück beim Lager sein.

Auf ihrer Suche nach dem Wasserfall begegneten die Mädchen noch einigen anderen Gruppen, die auch ein wenig ratlos durch den Wald pilgerten um die nächste Karte zu finden. Mit dieser Aufgabe hatten die Lehrer sich wirklich selbst übertroffen.

Während sie sich also einen Weg durch das dichte Buschwerk bahnten, unterhielten sie sich über Gott und die Welt. Und ja, man konnte sagen das die Rosahaarige inzwischen deutlich aufgetaut war.

„Sag mal, wo hast du eigentlich gewohnt, bevor du ins Internat gezogen bist?“, wollte die Braunhaarige gerade wissen.

„Kyoto. Eigentlich eine ganz nette Stadt, aber allein hätte ich unsere Wohnung nicht finanzieren können. Daher musste ich umziehen.“

„Muss doch sicher ziemlich heftig für dich gewesen sein, oder?“

„Anfangs schon, das stimmt wohl. Aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Ich weiß ja, das meine Mutter in zwei Jahren wieder zurück ist. Bis dahin müssten wir die Schule eigentlich schon beendet haben, richtig?“

Ihre Gesprächspartnerin nickte. „Und deine Freunde? Was haben die gesagt als du plötzlich umgezogen bist?“

Luka zuckte nur leicht mit den Schultern. „Die waren genau so wenig begeistert wie ich. Jetzt halten wir per Telefon Kontakt. Ich bin nur froh, das ich damals mit meinem Freund aus anderen Gründen als dem Umzug schluss gemacht habe.“

Nun war es an Meiko eine Augenbraue hochzuziehen.

„Du hattest nen Freund? Da müssen die letzten drei Wochen ja ziemlich verstörend für dich gewesen sein.“

Der Rosahaarigen gefiel nicht, in welche Richtung das Gespräch gerade ging. Sie kratzte sich leicht am Kopf und suchte schnell nach einer möglichst neutralen Antwort.

„Wie du siehst, ich lebe noch.“, meinte sie schließlich und setzte ein schiefes Grinsen auf.

„Na das in der Tat.“ Ihre Teampartnerin strich sich einige Strähnen aus dem Gesicht und blickte sie an, bevor sie weitersprach. „Aber eins musst du zugeben : mal abgesehen von verliebt oder nicht, es ist doch 1000x angenehmer eine Frau zu küssen, oder?“

Ein wenig irritiert blickte die Jüngere sie an. Dann sah sie eine Möglichkeit sich wieder ein wenig von dem gefährlichen Thema zu entfernen. „Ach, im Prinzip kann ich nicht meckern. Nur dieser Erdbeerlippgloss war absolut nicht meins.“ Sie zog ein Gesicht, während die Ältere lachen musste. „Oh, da hat jemand was gegen Lipgloss?“

Das Gesprächsthema wechselte abrupt, als sie plötzlich das Rauschen von Wasser hörten. Zwar noch weit weg, aber unverkennbar Wasserrauschen.

„Hörst du das?“, wollte Luka wissen.

„Hey! Ich bin doch nicht taub!“, rief Meiko aus, knuffte die Jüngere leicht in die Seite, griff dann nach ihrem Handgelenk und lief los.

Die Rosahaarige ließ sich einfach hinterherschleifen, wobei schleifen wirklich der richtige Ausdruck war. Sie war nicht so sportlich wie die Andere und hatte demnach Schwierigkeiten während des plötzlichen Sprints nicht zurückzubleiben.

Schließlich hatten sie es geschafft. Die beiden Schülerinnen hatten endlich den See wieder gefunden, den man ihnen gestern gezeigt hatte. Tosend stürzte der Wasserfall die Klippe herab.

„Gefunden! Endlich!“, freute die Braunhaarige sich. Ihre Teampartnerin stützte die Hände auf die Knie. „Ich kann nicht mehr...! Hetz mich bloß nicht nochmal so durch den halben Wald.“

Die Ältere betrachtete sie schmunzelnd. „Das waren doch nur ein paar hundert Meter.“

„Schlimm genug!“

Als auch Luka wieder zu Atem gekommen war, beschlossen die beiden nach dem Zettel zu suchen. Zwar stand auf der letzten Karte etwas von dem Wasserfall, aber dort würde der nächste Hinweis sich ganz bestimmt nicht befinden. Zum einen weil man ihn dort a) nicht befestigen konnte und b) weil das auch viel zu gefährlich gewesen wäre.

Die Karte musste also irgendwo hier in der näheren Umgebung zu finden sein. Damit sie sie so schnell wie möglich fanden, begannen die beiden Schülerinnen parallel voneinander nach einem weißen Stück Papier zu suchen. Sowas musste hier im Wald doch eigentlich auffallen. Und auch am Seeufer hätte ein Zettel keine Chance sich zu verstecken.

Dennoch dauerte es zehn Minuten, bis die Rosahaarige aus dem Augenwinkel etwas Weißes erblickte. Das Schicksal schien es heute nicht gut mit ihnen zu meinen. Schon wieder hing die Karte in einem Baum, welcher direkt neben dem See stand.

„Ich hab ihn gefunden! Komm mal rüber!“, rief sie ihre sportlichere Teampartnerin zur Hilfe.

Doch diesmal konnte auch die Braunhaarige den Baum nur ratlos ansehen. Selbst mit einem Sprung war der unterste Ast nicht zu erreichen.

„Ich frage mich wie die Lehrer da hingekommen sind.“, grübelte sie.

„Ich kann mir nicht vorstellen, das die den Zettel ernsthaft bis nach da oben in den Baum verfrachtet haben. Vielleicht hat der Wind ihn erwischt.“, schlug Luka vor. Diese Möglichkeit klang in ihren Ohren doch irgendwie logischer.

Dann verschränkte sie die Arme vor der Brust und grübelte. „Und wie bekommen wir das Teil da jetzt runter?“

Die Rotäugige schätzte die Entfernung vom Boden bis zu dem Ast ab, in dem der Zettel hing. Dann warf sie der Rosahaarigen einen prüfenden Blick zu.

„Meinst du das du ihn erwischst, wenn ich dich hochhebe?“

Angesprochene zog überrascht eine Augenbraue hoch. „Eh?“ Dann überlegte sie einen Moment, schätzte ihrerseits die Entfernung bis zu dem Zettel ab und nickte dann.

„Wenn ich dir nicht zu schwer bin, müsste das eigentlich klappen.“

Die Ältere warf ihr ein charmantes Lächeln zu und trat einen Schritt näher. „Du und zu schwer? Süße du hast Modelmaße.“

Die Wangen des Mädchens nahmen bei dem Kompliment einen leichten Rotschimmer an. Sie blickte zu ihrer burschikosen Teampartnerin, welche genau vor ihr stand. Die Andere wusste wirklich, wie sie einer Dame schmeichelte.

„Also, dann wolln' wir mal. Achte drauf das du Körperspannung hälst, wenn ich dich jetzt hochhebe. Wenn du dich streckst, müsstest du den Zettel eigentlich erwischen.“, wies Meiko dann an. Luka nickte. „Geht klar.“

Die Braunhaarige bückte sich etwas und schlang die Arme dann um die Hüften ihrer Partnerin um sie hochzuheben. Die Blauäugige stützte sich kurz auf den Schultern der Anderen ab, dann streckte sie sich jedoch und angelte nach dem Hinweis, welcher im Baum hing. Angst fallen gelassen zu werden, hatte sie überraschenderweise nicht. Das die Andere ziemlich stark für eine Frau war, hatte sie schon festgestellt. Wäre die Sache damals nie passiert, sie fände ihre Mitschülerin wirklich charmant. Oder besser gesagt : sie fand sie in der Tat charmant. Sie mochte die jungenhafte Art der Anderen, wenn sie ganz offensichtlich mir ihr flirtete und kein Blatt vor den Mund nahm. Seit dem Camp hatte sie das Gefühl, man hätte ihr eine ganz andere Person mit ins Zelt gesteckt.

Verrückte Welt!

Die Rosahaarige streckte sich noch etwas mehr und bekam den Hinweis schließlich zu fassen.

„Hab ihn!“, rief sie aus.

„Hey! Na also!“, freute die Andere sich. Anstatt das Mädchen wieder runter zu lassen, vollführte die Ältere eine Drehung um 180°, was Luka dazu veranlasste besser schnell Halt an ihren Schultern zu suchen.

„Komm schon, lass mich wieder runter.“, verlangte die Kleinere mit einem schiefen Grinsen. Sie empfand den Augenblick zwar als etwas merkwürdig, aber nicht als unangenehm.

„Ich soll Prinzesschen einfach so gehen lassen? Mh, ich weiß ja nicht. Was krieg ich denn dafür?“ Die Rotäugige schmunzelte und zwinkerte ihr zu.

Die Jüngere, die nach wie vor die Hände auf die Schultern ihrer Partnerin stützte, hatte sie doch keinen festen Boden unter den Füßen, warf ihr einen amüsierten, leicht ratlosen Blick zu.

„Weiß nicht?“

Die Braunhaarige ließ ihre Teampartnerin vorsichtig wieder runter. Einen Moment lang trafen die Blicke von rubinroten und azurblauen Augen sich. Meiko legte einen Finger unter Lukas Kinn und schob es ein wenig hoch.

„Wie wäre es mal ohne Erdbeerlippgloss?“, raunte sie ihrer Zeltnachbarin zu.

Für einen Moment war die Rosahaarige wie erstarrt. Was war denn das für ein Angebot?! Nicht, das sie es mit ihrem Verhalten eben nicht provoziert hatte, doch die Frage zu hören war doch ein wenig.... Um ehrlich zu sein hatte sie nicht wirklich damit gerechnet das die Ältere überhaupt um Erlaubnis fragen würde. Zwar hatte sie sich etwas zu ihr runter gebeugt, doch hielt sie sie nicht fest und zwang sie eigentlich zu gar nichts. Es war ihre Entscheidung. Luka konnte selbst nicht sagen, was plötzlich in sie gefahren war, als sie sich nun ihrerseits dem Gesicht der Anderen näherte und die Augen schloss.

Sie spürte die Lippen der Älteren auf ihren. Ganz automatisch erwiderte sie. Und kaum hatte sie diesen Fakt richtig registriert, begannen ihre Gedanken zu rasen.

Was zur Hölle tat sie da eigentlich? Das die Braunhaarige die Finger nicht von ihr lassen würde war ihr eigentlich schon heute morgen klar gewesen...aber...aber. Sie wusste doch genau das eine ihrer Freundinnen in die Frau verliebt war, die sie gerade küsste! Allein deswegen schon hätte sie das nicht tun sollen!

Erst hatte die Ältere sie recht sanft geküsst, doch jetzt wurde sie fordernder. Um ehrlich zu sein hatte sie gerade nicht wirklich das Gefühl eine andere Frau zu küssen. Es fühlte sich ganz anders an als Miku damals, viel bestimmter. Das konnte wohl daran liegen, das Miku und Meiko vom Charakter her grundverschieden waren.

Die Ältere fuhr ihr mit der Zunge über die Lippen und die Rosahaarige öffnete bereitwillig den Mund. Die Andere trat noch etwas näher zu ihr heran. Beiläufig registrierte Luka, das sie sie gegen den Baumstamm hinter sich drückte. Eine Hand fuhr ihre Seite entlang, die Blauäugige seufzte auf.

Dennoch, ihre Gedanken überschlugen sich fast. Was zur Hölle tat sie da?! War es wirklich die beste Idee das alles zuzulassen? Sollte sie die Ältere nicht besser wegschubsen? Sie hatte ja nicht mals Gefühle für sie. Aber die Rotäugige machte ihr ihre Entscheidung nicht gerade leicht. Es fühlte sich gut an. Lag es daran, das die ganze Szene den Hauch von etwas Verbotenem hatte? Oder war es einfach nur die Tatsache das die Jüngere verdammt neugierig war? Es war verrückt, aber gerade die Tatsache das die Andere eben nichts Festes wollte oder wochenlang an ihr kleben würde, reizten sie.

Erneut entwich ihrer Kehle ein Seufzer, als die Andere damit begann ihren Hals zu liebkosen.

Die Rosahaarige war hin und her gerissen. War das wirklich eine gute Idee? Das war normalerweise nicht ihre Art!

Bevor sie jedoch wirklich noch vor eine schwerere Entscheidung gestellt wurde, erklang plötzlich die Stimme einer dritten Person, die die beiden inne halten ließ.

„Sag mal was zur Hölle tust du da?! Was bist du bitte für eine Freundin?!“
 

Da Gumi während der Schnitzeljagd auf dem Campingplatz bleiben musste und die Türkishaarige folglich keine Partnerin hatte, war einfach beschlossen worden, das sie sich zwei anderen Schülerinnen anzuschließen hatte. Doch das Glück hatte es nicht gut mit ihr gemeint.

Sie hatte eh schon keine Lust gehabt stundenlang durch den Wald zu rennen um irgendwelche Papierschnitzel wiederzufinden, die die Lehrer vorher versteckt hatten. Doch was blieb ihr anderes übrig?

Ihre Gruppe war natürlich hell auf begeistert gewesen die Schuldiva mit in ihrer Gruppe zu haben, doch als sie einen Hinweis gesucht und sich nur ganz kurz aufgeteilt hatten, hatte sie die Anderen aus den Augen verloren.

War sie denn so falsch abgebogen? Das konnte doch jetzt alles nicht wahr sein! Mutterseelenallein in einem Wald! Such den Fehler!

Mit verschränkten Armen hatte die Diva ihren Weg fortgesetzt und hatte nach anderen Klassenkameradinnen Ausschau gehalten. Sie wollte hier nicht allein rum rennen! Hier gab es doch sicher Spinnen und andere Viecher! Außerdem wollte sie sich nicht noch mehr verlaufen!

Es hätte auch schon völlig gereicht den Campingplatz wieder zu finden, doch irgendwie war sie in die falsche Richtung gelaufen.

Von Weitem hatte sie plötzlich das Rauschen des Wasserfalls gehört und beschlossen, einfach mal zum See zu gehen. Dort fand sie bestimmt einige Klassenkameraden.

Gesagt getan : Miku war also losgelaufen, in der Hoffnung wieder Anschluss zu finden.

Sie musste nur noch durch ein paar dichtere Büsche, dann konnte sie das Dickicht endlich verlassen und runter zum Ufer des Sees gehen. Doch etwas anderes weckte ihre Aufmerksamkeit, veranlasste sie kurz dazu stehen zu bleiben.

Am See war sie tatsächlich nicht allein. Ausgerechnet Meiko und Luka hatte es hier hin verschlagen. Einerseits war die Türkishaarige froh ihre beste Freundin gefunden zu haben, doch zögerte sie kurz. Samstag noch hatte die Rosahaarige ihr sehr deutlich zu verstehen gegeben, das sie sich von ihr fern zu halten hatte. Was sollte sie nun also tun?

Die Braunhaarige hätte sicher nichts dagegen, wenn sie sich zu ihnen gesellte, doch wie es bei der Anderen aussah, konnte sie nicht so genau sagen. Es war doch zum verrückt werden! Sie durfte sich der Person nicht nähern, die sie von ganzem Herzen liebte. Diese Tatsache schmerzte. Es tat weh nur aus einigem Abstand beobachten zu können, wie sie mit ihren Freunden lachte. Für die Rosahaarige war die Welt in Ordnung, für die Diva das genaue Gegenteil.

Doch gerade weil sie sie liebte, wollte Miku sich ja an die Abmachung halten. So schwer es auch für sie war! Aber wenn sie wollte, das die Andere ihr irgendwann verzeihen konnte, dann musste sie Gras über die Sache wachsen lassen.

So beobachte sie von ihrem Platz aus also das andere Team. Die beiden schienen gerade einen Hinweis in einem Baum entdeckt zu haben.

Die Türkishaarige schmunzelte leicht. Wenigstens musste sie sich keine Sorgen um Luka machen. Meiko würde schon auf sie aufpassen. Wie stark ihre beste Freundin war, wusste die Türkishaarige ja. Bei ihr war die Rosahaarige schon in guten Händen.

Dann stockte sie. In guten Händen? In etwas zu guten Händen! Wieso hatte sie die ganze Zeit über nicht daran gedacht? Sie wusste doch, das ihre Freundin die Finger nicht von hübschen Mädchen lassen konnte. Wobei...würde sie sich wirklich an ihre Teampartnerin ranschmeißen, wo Miku selbst bis vor kurzem noch großes Interesse an dem Mädchen gezeigt hatte? Nein, oder?

Miku schüttelte leicht den Kopf. Nein, so krass drauf wäre nicht mals Meiko.

Inzwischen hatte das Team es geschafft den Hinweis aus dem Baum zu pflücken. Die Türkishaarige wollte gerade aus dem Dickicht treten und sich zu den beiden gesellen, als ihre schlimmsten Alpträume plötzlich Realität wurden.

Anstatt wieder auf Abstand zu gehen, schienen die beiden sich irgendwas zuzuflüstern und...küssten sich!

Für Miku brach eine Welt zusammen. Das...glaubte sie jetzt nicht. Ihre beste Freundin küsste gerade allen Ernstes das Mädchen, in das SIE verliebt war.

Der Anblick schmerzte die zierliche Schülerin mehr als ein Fausthieb. Das...konnte doch alles nicht wahr sein!

Bevor sie selbst noch registrierte was sie eigentlich tat, war sie aus dem Dickicht getreten.

„Sag mal was zur Hölle tust du da?! Was bist du bitte für eine Freundin?!“, hörte sie ihre eigene Stimme schreien.
 

~~~~~
 

* *bringt sich vor fliegenden Steinen in Sicherheit*

Ja, ich weiß (hoffe) das war jetzt unerwartet. Ich kann euch schon mal sagen das das nächste Kapitel ebenfalls recht krass wird, aber auf eine ganz andere Art und Weise.

Und zur Entwarnung : Das hier wird keine plötzliche Pairingsänderung von mir, viel mehr ist es ein Schachzug um noch andere Dinge ins Rollen zu bringen. ;)

hole

>>Bevor sie jedoch wirklich noch vor eine schwerere Entscheidung gestellt wurde, erklang plötzlich die Stimme einer dritten Person, die die beiden inne halten ließ.

„Sag mal was zur Hölle tust du da?! Was bist du bitte für eine Freundin?!“«
 

Die beiden Schülerinnen blickten in die Richtung, aus der die Stimme kam. Zu ihrer großen Überraschung stand Miku in etwa 30 Metern Entfernung vor ihnen. Dem Gesicht der Türkishaarigen war der Schock über die Situation noch deutlich anzusehen.

Die Rosahaarige wusste für einen Moment nicht was sie sagen sollte.

Wo kam die Jüngere denn plötzlich her? Und wieso ausgerechnet JETZT? Und warum motzte sie plötzlich die Rotäugige an, obwohl sie die Sache doch erst neulich geklärt hatten?

Das Mädchen war nicht in der Position hier Reden zu schwingen oder sich aufzuregen. Seit letztem Wochenende gingen sie sich aus dem Weg, was zweifelsohne auch besser so war.

Dann kam Luka plötzlich ein ganz anderer Gedanke. Hatte der Anderen die Aktion neulich vielleicht doch nicht vollkommen die Augen geöffnet? Wollte sie die ganze Sache jetzt etwa klarstellen und der Terror würde erneut beginnen? Kein besonders guter Gedanke!

Bevor sie jedoch noch etwas sagen konnte, spürte sie wie die Braunhaarige sie zu sich zog. Leicht fragend blickte sie die Ältere an, wich aber nicht zurück sondern zog es vor in dieser Position zu bleiben.

Meiko blickte weiterhin rüber zu der Türkishaarigen. Es war nicht der freundliche Blick, den sie dem Mädchen sonst zu warf. Und Luka konnte auch genau sagen woran das lag : die Schuldiva störte gerade.

„Siehst du nicht, das du gerade ein wenig ungelegen auftauchst?“, wollte sie von der Jüngeren wissen. Diese warf ihr einen ungläubigen Blick zu.

„Bitte?! Wie redest du mit mir?! Und lass bloß die Finger von ihr!“, regte die Kleinere sich auf als sie die Sprache wieder gefunden hatte. Einerseits machte sie einen verletzten Eindruck, andererseits sprühten ihre Augen Zornesfunken.

„Ich weiß nicht warum du dich so aufregst.“, stellte die Braunhaarige ein wenig irritiert fest.

„Du hast letztens selbst gesagt das du kein Interesse mehr an ihr hast.“

Ihr Griff um die Rosahaarige verstärkte sich noch ein wenig. Auf den Wangen der anderen Schülerin machte sich ein Rotschimmer breit. Hätte die Andere nicht eindeutig einen sehr weiblichen Körperbau, sie hätte kaum noch das Gefühl gehabt sich in den Armen einer Frau zu befinden.

„Das war gelogen verdammt!“, rief Miku aus. Luka hielt ohne es zu merken die Luft an. Wenn die Schuldiva jetzt die wahre Geschichte erzählte, hätte sie ein großes Problem.

Auch Meiko zog eine Augenbraue hoch.

„Wie genau meinst du das?“ Ihre Stimme klang skeptisch.

Sie warf der Rosahaarigen ebenfalls einen fragenden Blick zu. Da Miku aber noch nicht wirklich etwas gesagt hatte, zog Luka ein unwissendes Gesicht und zuckte nur leicht mit den Schultern.

Äußerlich blieb die Blauäugige zwar gelassen, doch ihre Gedanken rasten. Oh Gott! Wenn das Mädchen jetzt alles ausplauderte, war sie so gut wie tot!

Sie blickte ebenfalls rüber zu Miku, versuchte irgendwie ihre Mimik zu deuten.

„Mir ist klargeworden, das ich echte Gefühle nicht erzwingen kann.“, begann die Diva dann zu sprechen. „Ich hab sie gehen lassen. Ich will es auf eine ehrliche Art versuchen!“

Auf diese Aussage hin trafen sie zwei alles andere als geistreiche Blicke.

Die Eine hatte mit so einer Aussage schlicht und ergreifend nicht gerechnet, die Andere hatte sich schon mit einem Bein im Krankenhaus stehen sehen und war nun sichtbar froh das die Türkishaarige nicht erzählte, was eigentlich passiert war.

„So ist das also.“, äußerte die Rotäugige. Erneut fiel ihr Blick zu dem Mädchen, welches sie nach wie vor in den Armen hielt.

Als Luka den Blick der Anderen verfolgte, stellte sie fest das ihre Augen ein wenig zu weit nach unten sahen um ihr ins Gesicht zu sehen. Hätte Miku nicht auch noch hier gestanden, sie hätte sich einen Kommentar nicht verkneifen können. Die Braunhaarige hatte wirklich einen eher jungenhaften Charakter.

Als der Blick der Älteren wieder rüber zu der Türkishaarigen wanderte, wirkte sie wesentlich ernster.

„Ich weiß wir sind Freunde und du hast es wirklich nur gut gemeint sie frei zu geben...“, begann sie. „Aber wenn du ihr schon die Freiheit gibst – für mich sieht es so aus, als hätte sie eine Wahl getroffen, oder nicht?“

Die Worte ihrer besten Freundin trafen Miku erneut wie ein Schlag. Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht damit.

Sie hatte geglaubt das irgendwann einfach Gras über die Sache wachsen würde und sie es dann schon irgendwie schaffen würde mit der Rosahaarigen zusammenzukommen.

Doch jetzt...die Wahrheit sah ganz anders aus. Sie hatte sie wählen lassen, nachdem ihr die Augen geöffnet wurden. Und nun das! Die Diva spürte Tränen in ihren Augen aufsteigen. Sie blinzelte.

„Ich will's von dir hören Luka! Jetzt sag doch auch mal was dazu!“, verlangte sie dann.

Angesprochene starrte die Jüngere für einen Moment an. Mit der Aufforderung hatte sie nun nicht gerechnet. Sie verletzte andere Menschen nur ungern. Was also sagte sie nun am besten?

„Ich tue das freiwillig, Miku.“, meinte sie schließlich.

Gerade wollte sie noch etwas hinzufügen um ihre Aussage nicht ganz so kühl klingen zu lassen, da hatte die Andere sich auch schon umgedreht und war in den Wald gelaufen.

Einerseits hatte die Blauäugige Mitleid mit dem Mädchen, andererseits wusste sie nicht ob die Diva diesen Gefühlsausbruch schon wieder nur gespielt hatte um genau das zu erreichen.

Ob sie diesmal ihr schlechtes Gewissen ausnutzen wollte um ihre Ziele zu erreichen?

Doch irgendetwas störte sie an der Richtung, in die die Türkishaarige eben abgehauen war. Sie konnte bloß nicht sagen was genau es war...

„Jetzt guck nicht so skeptisch. Sie tut mir zwar auch leid, aber sie wird sich schon wieder einkriegen.“, riss Meikos Stimme sie aus den Gedanken.

Luka warf ihr einen fragenden Blick zu. „Sicher?“

„War vielleicht ein wenig ungünstig das sie ausgerechnet jetzt aufgetaucht ist, aber sie kriegt sich wieder ein. Ich rede nachher nochmal mit ihr.“

Die Braunhaarige wollte nicht so dastehen als seie SIE alles Schuld, denn das war sie nicht. Sie hatte nur das Gefühl das die Diva ihr gerade fast die komplette Schuld in die Schuhe schieben wollte. Aber hätte die Jüngere sie nicht angelogen, wäre es erst gar nicht zu so einer Situation gekommen.

Nun, was Miku gesehen hatte hatte sie gesehen. Dumm gelaufen. Doch wollte sie jetzt nicht mehr die Finger von ihrer Zeltpartnerin lassen, jetzt wo sie gerade sämtlichen Widerstand hatte fallen lassen und im Prinzip ihr Okay gegeben hatte.

„Irgendwas stört mich an der Richtung, in die Miku eben gelaufen ist.“, grübelte Luka.

Meiko zuckte nur die Schultern. „Das ist Wald, sonst nichts.“ Doch ganz überzeugt hatte sie die Rosahaarige nicht. Hatte der Ranger ihnen nicht gestern irgendwas zu diesem Waldabschnitt erzählt, als sie hier am Wasserfall gestanden hatten? Sie zog ein nachdenkliches Gesicht.

„Hey, hier spielt die Musik, Süße.“ Um ihren Worten ein wenig mehr Ausdruck zu verleihen, legte die Ältere erneut einen Finger unter das Kinn ihrer Partnerin und schob es ein Stück weit hoch.

Zwei azurblaue Augen blickten sie an. Auf die Lippen der Rosahaarigen legte sich ein leichtes Lächeln. „Und du bist dir auch ganz sicher das du eine Frau bist?“, wollte sie dann scherzhaft wissen.

Auf die Lippen der Braunhaarigen legte sich nun ebenfalls ein Grinsen. Sie griff nach einer Hand der Jüngeren, zog sie zu sich rüber und legte sie auf ihre rechte Brust. „Mh eigentlich schon, aber vielleicht solltest du ganz einfach mal nachsehen?“

Angesprochene konnte ein Kichern nicht unterdrücken. „Du bist echt unmöglich, weißt du das?“

Anstelle einer Antwort beugte die Größere sich nach vorn und küsste sie.

Luka erwiderte und schloss die Augen. Sie versuchte den Vorfall eben, so bedauerlich er auch war, ganz einfach auszublenden. Doch irgendwie gelang ihr das nicht. Etwas an dem Waldstück, in das die Türkishaarige eben gelaufen war, machte sie misstrauisch. Nur...was?

Sie spürte wie die Andere eine Hand unter ihren Rock schob und wollte die Gedanken jetzt erst recht zur Seite drängen.

Doch...plötzlich wusste sie, was genau sie an dem Waldstück so störte.

Und die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. Kurzerhand schob sie die Braunhaarige einfach von sich weg. Diese warf ihr einen verwirrten Blick zu.

„Hey, waru-“

„Ein Jagdgebiet und dazu auch noch Erdrutschgefahr!“, unterbrach Luka sie. „Diese dumme Gans! Wir finden sie besser bevor ihr noch was passiert!“

Meiko brauchte einen Moment um zu verstehen was die Jüngere meinte. Dann hatte es Klick gemacht. „Oh **#-S4#*!!“ In ihrem Vokabular gab es einige unschönere Flüche als in dem der Rosahaarigen. Immer noch geschockt über die plötzliche Erkenntnis über das Waldgebiet blickten sie sich an.

„Später, ja? Jetzt müssen wir erstmal Miku finden.“, ergriff die Blauäugige das Wort.

Die Braunhaarige nickte. „Da sagst du was. Aber vergiss nicht selbst auf den Boden zu achten. Ich will dich nur ungern aus ner Bärenfalle pflücken müssen.“

Obwohl die beiden Schülerinnen wussten das die Aktion auch für sie nicht ganz ungefährlich war, liefen sie los. Wäre die Diva in das gleiche Waldstück gelaufen aus dem sie auch gekommen war, es wäre alles in Ordnung gewesen. Doch das war sie dummerweise nicht.

Und tatsächlich, in einem Busch ganz in der Nähe hing noch ein zerrissenes Absperrband. Vermutlich hatte das Band den letzten Sturm nicht überlebt.

Als wollte der Wald ihnen auch noch einen Streich spielen, fanden die beiden sich kurze Zeit später vor einem riesigen Loch wieder. Das Erdloch hatte Ähnlichkeit mit einem Bombenkrater und teilte den 'Pfad' quasi in zwei.

„Pass auf den Boden auf. Wir treffen uns in 20 Minuten wieder hier.“, ordnete die Rotäugige an.

Obwohl es nicht die beste Idee war, beschlossen die beiden sich zu trennen, da die Diva in beide Richtungen gelaufen sein könnte.
 

Verdammt! Wieso war ihr das erst so spät eingefallen?! Hätte es sofort Klick gemacht, hätte die Jüngere erst gar nicht so einen großen Vorsprung gehabt. Vermutlich wäre es ein Leichtes für ihre Teampartnerin gewesen, das Mädchen nach einigen Metern ganz einfach einzuholen.

Doch jetzt sah die Sache anders aus. Von der Türkishaarigen fehlte jede Spur! Und in diesem Gebiet rannte man besser nicht all zu schnell, da der Boden hier alles andere als ungefährlich war.

Zu allem Übel kippte nun auch noch das Wetter.

Wie viel Uhr es wohl war? Luka konnte die Uhrzeit nur schätzen, doch vermutete sie, das es wohl etwa 18:30 Uhr sein musste.

Ganz toll, wirklich! Der Himmel wurde von Minute zu Minute dunkler und sie rannte hier allein im Wald rum! In einem Wald der vermutlich vor Bärenfallen oder lockerem Boden nur so gespickt war. In der Ferne donnerte es. Auch das noch... Im Sommer wurde es um die Uhrzeit eigentlich noch nicht dunkel, doch es zog natürlich zu, wenn ein Gewitter vor der Tür stand.

Sie hasste Gewitter! Und dann auch noch mitten im Wald zu sein! Arg!
 

Irgendwo, gar nicht so weit von sich entfernt, hörte sie plötzlich einen Aufschrei. Für einen Moment blieb Luka stehen und lauschte. Der Schrei war eindeutig der Türkishaarigen zuzuordnen und klang ziemlich nah.

In ihren Gedanken sah sie das Mädchen schon mit einer Bärenfalle am Bein irgendwo auf dem Boden sitzen. Grausige Vorstellung! Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Hoffentlich war nicht genau DAS passiert. Und wenn, dann wäre es ganz allein ihre Schuld. Hätte sie dem Werben ihrer Teampartnerin nicht nachgegeben, hätte Miku nie in so eine Situation platzen können und wäre folglich auch nicht abgehauen. Und dies wiederrum würde bedeuten, das sie alle noch am See stehen würden. Eine Art Kettenreaktion.

Doch an Stelle einer Bärenfalle fand die Rosahaarige plötzlich ein weiteres Loch im Boden. Sie ahnte schon nichts Gutes und beschloss sich vorsichtig dem Rand zu nähern.

„Miku?!“, rief sie und hoffte auf eine Antwort.

Um genau zu sein hoffte sie nicht, das die Diva da runtergerauscht war, aber wenn dies der Fall sein sollte, dann hoffte sie das die Andere überhaupt noch ansprechbar war.

Für einen Moment war es still, dann hörte die Rosahaarige vom Boden der Grube aus etwas Rascheln. Dem Geräusch nach ein Lebewesen, welches sich auf Blattwerk befand und sich bewegte.

„Luka?“

Für einen Moment hegte die Rosahaarige noch die Hoffnung sich nur verhört zu haben, aber dem war nicht so. Die Stimme kam ganz eindeutig aus der Grube. Kläglicher hätte der Tonfall der Anderen wohl nicht sein können. Hoffentlich hatte sie sich nicht verletzt!

Von ihrer momentanen Position aus konnte die Blauäugige nicht runter in die Grube sehen. Ob es ihr gefiel oder nicht, sie musste wohl näher zum Rand.

Vorsichtig näherte Luka sich also dem Abgrund um einen Blick nach unten riskieren zu können.

Kurz vor der Klippe blieb sie stehen und spähte skeptisch nach unten.

Der Anblick verschlug ihr die Sprache. Unten in dem Erdloch befand sich tatsächlich ihre Klassenkameradin. Scheinbar war sie eben zu schnell unterwegs gewesen, hatte die Klippe nicht gesehen und hatte nicht mehr bremsen können. Nun lag die Türkishaarige zumindest platt auf dem Bauch und machte keine Anstalten wieder aufzustehen. Zwar war sie bei Bewusstsein, doch bewegte sie sich kaum.

„Oh Gott, wie hast du das denn geschafft?“, rief die Rosahaarige vom Rand der Klippe aus besorgt aus. Von hier aus konnte sie sehen, das sich unter dem linken Bein der Jüngeren eine rote Lache gebildet hatte. Das sah gar nicht gut aus, soweit sie das von hier aus beurteilen konnte. Zur Antwort bekam sie nur ein gequältes Murren.

Die Gedanken der Älteren rasten. Wie zur Hölle sollte sie das Mädchen da wieder rausholen?

Die Ränder der Grube waren so steil, das sie da nicht mal eben so runter klettern konnte. Außerdem wusste sie nicht, ob es überhaupt sonderlich klug wäre die Andere irgendwie zu bewegen.

Was, wenn sie sich etwas gebrochen hatte?

Hätten sie sich doch eben nicht aufgeteilt! Sie war sich fast sicher das die Braunhaarige eine bessere Idee hätte als sie selbst. Im Gegensatz zu ihr, war ihre Zeltpartnerin verdammt sportlich und würde es vermutlich schaffen, die Türkishaarige aus diesem Loch zu holen.

Normalerweise hatte Luka immer einen Plan B, oder war in der Lage sich schnell eine vernünftige Lösung zu überlegen, doch derzeit hatte sich ihr logisches Denken verabschiedet. Ihre Klassenkameradin war den Abhang runtergerauscht und hatte sich verletzt. Zumindest schien sie da allein nicht mehr rauszukommen. Was sollte sie jetzt nur tun?

Ihr Handy hatte in Aokigahara keinen Empfang und bis zum Camp war es ziemlich weit. Vermutlich würde sie sich auf dem Rückweg eh wieder x- Mal verlaufen, da sie eben noch einen unbekannten Weg eingeschlagen hatte!

//Ruhig bleiben! Konzentrier dich und lass dir was einfallen!//, tadelte sie sich in Gedanken selbst.

Ihre Aufmerksamkeit wurde dann allerdings wieder von Miku beansprucht, die den Blick leicht gehoben hatte und zum oberen Rand der Grube spähte. Allem Anschein nach wollte sie sich überzeugen, das die Blauäugige noch da war.

„Kannst du dich bewegen?“, wollte die Rosahaarige von ihr wissen. Das war das erst Beste, was ihr spontan eingefallen war. Was hatte man ihr damals im Erste-Hilfe-Kurs noch gleich gepredigt? Mit der verletzten Person reden. Das beruhigte den Betroffenen wenigstens ein wenig.

„Ich kann nur nicht aufstehen. Mein Bein...!“, antwortete die Jüngere mit zusammengebissenen Zähnen.

„Was genau ist mit deinem Bein?“ Zwar war die Rosahaarige keine Ärztin, aber wenn sie erstmal wüsste was passiert war, wäre es leichter für sie die Situation einzuschätzen.

„Ich will da gar nicht hinsehen!“, rief Angesprochene aus. Überrascht zog Luka eine Augenbraue hoch. Warum denn das nicht?

Bevor sie diese Frage jedoch stellen konnte, gab die Türkishaarige ihr allerdings schon eine Antwort.

„Ich hab nur Blut gesehen. Und ich hasse Blut! Es tut einfach nur so verdammt weh!“

Zwar hatte es noch nicht angefangen zu regnen, doch über ihnen blitzte es plötzlich. Der Himmel war inzwischen rabenschwarz. Bei dem Blitz zuckten die beiden Schülerinnen merklich zusammen.

„Ich fürchte ich krieg dich da so nicht raus. Ich hol Hilfe.“, meinte die Rosahaarige dann.

Entsetzt schüttelte die Andere den Kopf. Ihr Gesicht war nach wie vor tränenverschmiert, ihre Augen weiteten sich ein Stück.

„Nein, bitte! Lass mich hier nicht allein!“, rief die Verletzte erschrocken aus.

Die Andere seufzte kaum hörbar. „Irgendwie musst du da aber wieder raus.“

Plötzlich registrierte sie allerdings noch etwas anderes. Vom Rand der Klippe an dem sie saß, begann plötzlich Erde runter in die Grube zu rieseln. Erst nur ein wenig, doch schon bröckelte die erste größere Erdscholle weg. Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. Der Boden hier war verflucht instabil!

Hektisch erhob sie sich wieder um vom Rand der Klippe zurück zu weichen. Eine folgenschwere Aktion. Der überstürzte Rückzug hatte zur Wirkung, das nur noch mehr Erde runter in das Loch fiel. Der Boden, der eben schon merkwürdig weich gewesen war, gab mit einem Knirschen unter ihren Füßen nach.

Die Rosahaarige fuhr herum, wollte aus der Gefahrenzone sprinten, doch es war zu spät. Eine große Erdscholle fiel gemeinsam mit ihr in die Tiefe. Ihrer Kehle entwich ein markerschütternder Schrei.

Auch eine zweite Person kreischte grell auf. Sie konnte die Türkishaarige panisch ihren Namen rufen hören.

Laut krächzend flogen einige Krähen von den umliegenden Bäumen auf.
 

Erde streifte sie auf ihrem unfreiwilligen Fall nach unten. Die Umgebung wirbelte förmlich um sie herum. Für einen Moment hatte das Mädchen komplett die Orientierung verloren, dann kam ihr Körper auf dem Boden auf. Unsanft wurde ihr bei dem Aufprall die Luft aus den Lungen gedrückt.

Sand und Erde bröckelte nach wie vor vom Rand des Lochs und landete teilweise auf ihr.

Im ersten Moment ziemlich benommen blieb die Schülerin liegen.

Sie war tatsächlich ebenfalls diese Klippe runtergefallen!

Sie lebte...aber...hatte sie sich verletzt? Im ersten Schock konnte sie das nicht mals mit Gewissheit sagen.

Ihr Körper fühlte sich taub an, bekam aber mit jeder verstrichenen Sekunde wieder mehr Gefühl.

Ein Rascheln näherte sich ihr. Dann schüttelte jemand an ihrer Schulter.

„Luka! Hey, alles in Ordnung?!“ Das war Mikus Stimme. Die Panik darin war nicht zu überhören.

Die Blauäugige riss sich zusammen, stützte sich mit den Händen vom Boden ab und setzte sich wieder auf. Sie schüttelte sich halbherzig, damit der ganze Dreck von ihr fiel. Erdreste prasselten zu Boden.

Blaue und türkise Augen trafen sich. Beiden Mädchen stand der Schock deutlich ins Gesicht geschrieben.

Die Ältere brauchte einen Moment um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.

„Ich denke ich bin in Ordnung.“, stellte sie dann fest. Das würde zwar einige blaue Flecken geben, aber ernsthaft verletzt hatte sie sich nicht.

„Gott sei Dank.“, atmete die Türkishaarige auf.

Erneut blitzte es. Die ersten Regentropfen fanden ihren Weg zur Erde. Auch das noch!

„Jetzt stecken wir trotzdem ernsthaft in der Tinte.“, streute Luka ein.

Nun saßen sie beide in diesem Loch fest. Sie konnte nur hoffen, das ihre Teampartnerin sie fand, wenn sie nach den vereinbarten zwanzig Minuten noch nicht zurück war. Blieb dann nur zu hoffen, das die Braunhaarige nicht auch noch hier runter fiel.

Und überhaupt : wer garantierte ihr das Meiko ausgerechnet dieses Erdloch mitten im Wald finden würde? Das könnte ewig dauern, immerhin suchte sie gerade in der entgegengesetzten Richtung nach der Türkishaarigen.

Luka stand vom Boden auf, klopfte den Sand von ihrer Kleidung und blickte dann runter zu Miku.

Sie wusste nicht woher sie kam, doch von jetzt auf gleich war sie plötzlich da : die Wut auf die Jüngere. Wegen ihr saßen sie überhaupt erst hier unten fest!

„Sag mal, hast du dem Ranger gestern eigentlich überhaupt zugehört? Er hat uns lang und breit erklärt, das westlich des Sees eine Sperrzone ist.“ Die Größere verschränkte die Arme vor der Brust.

Miku blickte zu ihr hoch. Den Stimmungsumschwung der Älteren hatte sie sofort bemerkt.

„Ich hab mir über sowas Unwichtiges vorhin nicht den Kopf zerbrochen.“, streute sie ein.

„Unwichtig?! Nennst du es auch unwichtig, das wir jetzt hier festsitzen?!“

Einen Moment lang starrte die Türkishaarige sie mit offenem Mund an, zog es in Betracht mit einem giftigen Kommentar zu kontern, doch besann sie sich dann eines Besseren.

„Ob du mir jetzt Vorwürfe machst oder nicht, das bringt uns hier auch nicht mehr raus.“

Diese Aussage nahm der Rosahaarigen etwas den Wind aus den Segeln.

Was war eigentlich in sie gefahren? Normalerweise war es doch auch nicht ihre Art Anderen Vorwürfe zu machen. Außerdem hatte die Jüngere sich bei dem Sturz verletzt, nicht sie. Sollte sie da nicht eigentlich etwas netter zu ihr sein?

Die Blauäugige seufzte leise. „Tut mir leid Miku.“

„Schon okay.“
 

Für einen Moment schwiegen die beiden. Sie zogen es vor sich nicht direkt anzusehen. Zum einen wegen der Sache eben, zum anderen wegen damals.

Luka hätte Miku die Szene unten am See gern erspart, doch konnte sie das, was die Jüngere gesehen hatte, schlecht aus deren Erinnerungen löschen. Sie hatte sie damit nicht verletzen wollen. Andererseits war sie nicht das Eigentum der Diva und somit war es ihre Sache was sie tat oder nicht.

Der Türkishaarigen hatte die Sache eben fast den Boden unter den Füßen weggehauen. Es hatte unglaublich geschmerzt die Andere zusammen mit ihrer besten Freundin zu sehen. Und das, was die beiden gesagt hatten, hatte die Sache auch nicht besser gemacht.

Dann wäre da noch der Terror von damals. Die Rosahaarige traute der Diva nach wie vor nicht über den Weg und fühlte sich unwohl in ihrer Nähe, während Miku es alles andere als leicht fiel sich von der Älteren fern zu halten.

Um es kurz zu sagen : das Verhältnis der beiden war nicht gerade das Beste. Während die Türkishaarige sich mehr von ihrer Mitschülerin wünschte, wollte diese bloß weg von ihr, was der Diva sehr wohl bewusst war.

Doch in dieser Grube hatten sie keine Wahl. Sie konnten sich nicht aus dem Weg gehen.

Das Schweigen wurde langsam unangenehm.

„Wie geht es deinem Bein?“, fragte die Rosahaarige schließlich. Schon vom Rand der Grube aus hatte sie gesehen das das Bein der Diva blutete, doch nach ihrem eigenen Sturz in die Tiefe, hatte sie für einen Moment ganz andere Sorgen gehabt.

„Es tut weh. Ich kann nicht aufstehen.“, jammerte ihre Klassenkameradin. Nach wie vor wagte die Diva es nicht selbst einen Blick auf ihre Verletzung zu riskieren. Alles was die Türkishaarige wusste war, das sie noch nie zuvor solche Schmerzen im Bein gehabt hatte. Ihr war zum Heulen zumute, doch ihre Tränenflüssigkeit hatte sie eben schon aufgebraucht.

Irgendetwas hielt sie davon ab sich den Schaden genauer anzusehen. Sie wollte lieber gar nicht erst genau wissen wie schlimm es wirklich war, das hätte nur noch mehr Panik verursacht.

Man hätte meinen sollen, das es schwieriger wäre nicht direkt nachzusehen was passiert war, doch in diesem Fall war es genau anders herum : Miku konnte sich einfach nicht dazu bringen sich das Unglück anzusehen.

„Darf ich mal sehen?“ Luka hatte sich wieder zu der Türkishaarigen gesetzt. Sie fühlte sich schlecht die Jüngere eben so angegiftet zu haben. Die Verletzung am Bein der Anderen sah wirklich nicht gut aus. Miku nickte nur leicht.

Auch wenn die Rosahaarige selbst Probleme mit Blut hatte, da musste sie jetzt durch. Sie beugte sich also über das Bein der Anderen und inspizierte die Wunde genauer. Nun, wegen dem ganzen Blut war nicht all zu viel zu erkennen, doch was sie sah, reichte ihr vollkommen. Ragte da nicht ein weißer Splitter aus dem Bein?

Ihre Entdeckung hatte zur Folge, das der Älteren erstmal ganz anders wurde. Das war ein Stück vom Knochen, oder?! Panik geschoben hatte sie ja schon eben, doch dieses Gefühl verstärkte sich jetzt nur noch. Vom Rand der Grube aus hatte sie schon gesehen das das Mädchen sich verletzt hatte, doch hatte sie nicht geahnt, das es so schlimm war!

Was machte sie jetzt nur? Die Türkishaarige musste dringend zum Arzt! Wie das Mädchen überhaupt so ruhig bleiben konnte, verstand sie nicht. Sie sah ihr an, das sie Schmerzen hatte, doch trug die Diva den Unfall noch mit erstaunlicher Fassung. Oder stand sie einfach nur zu sehr unter Schock?

Luka blickte sich suchend um. Irgendetwas zum Verbinden musste her. Zwar wäre ein Verband das Beste gewesen, doch hatten sie sowas natürlich nicht mit. Sie wollte nicht darüber nachdenken, was passieren konnte, wenn zu allem Übel auch noch Dreck in die Wunde kam.

Als die Blicke der beiden sich trafen, konnte sie deutlich die Angst im Blick der Diva lesen. Scheinbar erwartete die Türkishaarige einen Lagebericht.

Um ihr nicht noch mehr Angst zu machen, beschloss die Rosahaarige ihre Entdeckung ein wenig zu verharmlosen. Etwas wie 'Das blutet wie sau und ich kann ein Stück vom Knochen sehen' erschien ihr alles andere als beruhigend. Speziell in so einer Situation.

„Das sieht schmerzhaft aus, aber du hättest dich noch wesentlich schlimmer verletzen können. Besser ich verbinde das.“, sagte sie also.

„Eh? Womit denn?“, wollte die Türkisäugige leicht irritiert wissen. Auch sie hatte hier nirgendwo einen Verbandskasten entdeckt.

Die Ältere zerbrach sich über genau dieses Problem auch gerade den Kopf. Schließlich griff sie mit beiden Händen nach ihrer Bluse und riss daran, bis der Stoff schließlich einriss und sie einen Streifen ziehen konnte.

„Ist vielleicht nicht das Beste, aber besser als wenn Dreck in die Wunde kommt.“, erklärte sie mit einem entschuldigenden Lächeln. Sie riss sich wirklich zusammen um sich ihre eigene Panik nicht anmerken zu lassen. Wenn sie jetzt auch noch einräumte, das sie nicht wusste was zu tun war und das sie hier vermutlich noch ein ganzes Weilchen festsitzen würden, würde das die Situation wohl nicht besser machen.

Als sie Anstalten machte die Verletzung verbinden zu wollen, zuckte die Jüngere zusammen.

„Sei bloß vorsichtig, ja?“ Die sonst so stolze Diva klang derzeit nur noch ängstlich und verzweifelt.

„Ich versprech's.“

Vorsichtig begann Luka also damit Mikus Bein zu verbinden. Ihr Herz schlug ihr dabei bis zum Hals. Wie lange hatte sie schon keinen Erste-Hilfe-Kurs mehr gemacht? Hoffentlich passierte ihr kein Fehler und hoffentlich tat sie der Jüngeren nicht weh.
 

Auch die Türkishaarige wurde das Gefühl nicht los, das ihr Herz ihr von innen gegen die Brust hämmerte. Ihre Gefühle spielten derzeit wirklich Ping-Pong.

Einerseits hatte sie Angst die Andere könnte ihr beim Versorgen der Verletzung weh tun, andererseits gab es da andere Dinge die sie noch viel mehr durcheinander brachten.

Immer wieder tauchten die Bilder vom See vor ihrem inneren Auge auf. Immer wieder aufs Neue ein Stich genau ins Herz. Sie hatte die Rosahaarige eben kaum wiedererkannt. Um genau zu sein hatte sie im Traum nicht damit gerechnet, das sie ihrer Teampartnerin so schnell nachgeben würde. Das sie überhaupt jemanden an sich heran ließ.

Im krassen Gegensatz dazu stand ihr Handeln jetzt. Die Ältere gab sich die größte Mühe sie so vorsichtig zu verbinden wie es ging. Überhaupt gab sie sich Mühe ihr die heile Welt vorzuspielen.

Doch Miku konnte Lukas Gesicht ablesen, das die Wahrheit ein wenig anders aussah. Die azurblauen Augen der Größeren sprachen Bände. Sie wirkte zutiefst besorgt und verunsichert. Es war ihr deutlich anzusehen das sie sich unwohl fühlte, auch wenn sie dies zu verstecken versuchte.

Der Schmerz, der von ihrem Bein ausging, vernebelte der Türkishaarigen die Sinne. Sie konnte sich nicht erinnern jemals im Leben solche Schmerzen gehabt zu haben. Luka hatte auch nicht wirklich mit der Sprache rausrücken wollen, was sie vermuten ließ, das die Verletzung recht übel sein musste.

Inzwischen regnete es richtig. Die Wassertropfen fühlten sich an wie einzelne Nadelstiche. Der Himmel war rabenschwarz und immer wieder blitzte und donnerte es. Es dauerte keine zwei Minuten und die beiden Mädchen waren komplett durchweicht.

Die Diva blickte rüber zu ihrer Klassenkameradin. Diese hatte inzwischen die Verletzung verbunden und sich schweigend neben sie gesetzt.

Und schon wieder hatte Miku das Gefühl innerlich zerrissen zu werden.

Bis zum Ausflug hatten sie kein Wort mehr miteinander geredet, jetzt saßen sie hier wieder nebeneinander. Die genaueren Umstände waren dabei erstmal auszublenden.

Wie gern wäre sie jetzt näher gerückt. Sie hatte Angst was nun aus ihnen werden würde. Würden sie in diesem Erdloch hier versauern?

Die Schmerzen raubten ihr fast den Verstand. Verflucht! Wieso gelang es ihr nicht diese elenden Schmerzen auszublenden?!

Einerseits war sie sich sicher, das die Andere sie unter diesen Umständen nicht wegschubsen würde, wenn sie etwas näher zu ihr rückte, andererseits musste sie dann wieder an den See denken.

Was hatte Meiko bloß, was sie nicht hatte?! Sie war doch genau so wie sie selbst in den Vorfall damals verwickelt gewesen. Daran konnte es also nicht liegen.

Die Rosahaarige hatte eben so ungezwungen und so glücklich gewirkt. Aber warum?! Hatte sie sich am Ende noch in ihre burschikose Zeltpartnerin verliebt? Arg! Am liebsten hätte Miku laut aufgeschrieen, aber das hätte die Sache dann auch nicht besser gemacht.
 

War es den ganzen Tag über noch unerträglich heiß gewesen, so war es nun deutlich abgekühlt. Es war windig geworden und der Regen kühlte die Umgebung noch zusätzlich. Der Waldboden war aufgewichen und hatte sich in eine undefinierbare Pampe mit Blättern darin verwandelt. Die Wände der Erdgrube waren nun nur noch rutschiger und unbezwingbarer geworden.

Die beiden Schülerinnen saßen schweigend nebeneinander. Jede war in ihre eigenen Gedanken vertieft. Schlimmer in der Klemme stecken konnten sie derzeit wirklich nicht mehr!

Beide schwiegen sich an, da sie nicht wirklich wussten worüber sie reden sollten. Zu viele Dinge waren in letzter Zeit passiert. Und ihre Unsicherheit verbot es ihnen das Schweigen zu brechen.

Erst als sie plötzlich das raschelnde Geräusch von Schritten hörte, kehrte wieder Leben in Luka ein.

Von jetzt auf gleich war sie aufgesprungen und ein wenig mehr in die Mitte der Grube gelaufen. Von hier aus würde man sie am schnellsten bemerken.

„Heeeey! Hallo! Wir sind hier unten!“, rief sie laut aus. Und wirklich, die Schritte kamen näher.

Kurz vor dem Rand der Grube hielt die Person dann an.

„Luka? Miku? Seit ihr in Ordnung?!“, erkundigte Meiko sich erschrocken. Sie hatte nicht damit gerechnet ihre Klassenkameradinnen in einer Erdgrube wieder zu finden.

„Ich bin in Ordnung, ja. Aber Miku ist verletzt.“, schilderte Luka kurz die Lage. „Wir kommen hier nicht mehr raus.“

Der Rosahaarigen war ein Stein vom Herzen gefallen, als sie endlich jemand gefunden hatte.

Sie hatte zwar damit gerechnet, das die Braunhaarige sich früher oder später auf die Suche nach ihr begeben würde, doch hatte sie nicht gedacht, das die Ältere die Grube so schnell finden würde.

„Wie habt ihr das denn geschafft?!“, wollte die Rotäugige vom Rand der Grube aus wissen.

Diesmal war es Miku die das Wort ergriff.

„Um Gottes Willen Meiko, geh von dem Rand weg! Was glaubst du wie Luka es geschafft hat hier runter zu fallen!“, warnte die Türkishaarige ihre Freundin. Diese starrte sie einen Moment perplex an, wich dann jedoch ein wenig vom Rand zurück. Man konnte ihr deutlich ansehen, das sie darüber nachdachte, was sie jetzt tun sollte.

Wäre die Erdgrube trocken gewesen, vielleicht hätte die Braunhaarige es geschafft runter und auch aus eigener Kraft wieder nach oben zu klettern. Mit einer zweiten Person im Schlepptau war das aber unmöglich, so viel stand fest. Besonders viel konnte sie derzeit nicht für die beiden tun.

Ihr stand die Sorge deutlich ins Gesicht geschrieben. Sie hatte wirklich nicht erwartet ihre Freundinnen in so einer misslichen Lage wiederzufinden.

„Ich krieg euch da glaub ich auch nicht raus Leute.“, räumte sie ein und strich sich einige, vom Regen durchweichte, Strähnen aus dem Gesicht.

„Ich beeil mich und lauf zurück zum Camp um Hilfe zu holen, okay?“, rief sie den beiden dann zu.

Viel mehr als zu nicken blieb den Schülerinnen in ihrer derzeitigen Lage wohl nicht übrig.

„Beeil dich bitte! Sie muss wirklich zu einem Arzt und hier unten wird es langsam nass!“

Luka hoffte, das Meiko verstanden hatte, was sie eigentlich sagen wollte. Miku musste nicht zu einem Arzt, sondern ins Krankenhaus und die Grube wurde nicht nur langsam nass, nein sie machte sich viel mehr Sorgen das die Wände noch weiter einstürzen könnten, wenn es noch weiter regnete.

Von einer Schlammlawine verschüttet werden wollte sie nun wirklich nicht.

Angesprochene versprach sich zu beeilen, stieß einige unschöne Flüche aus und lief dann los.

Glücklicherweise war die Braunhaarige verdammt sportlich und somit auch gut zu Fuß. Nur hier in dem Absperrgebiet waren ihr die Hände gebunden. Sie musste stark auf den Boden achten, da hier überall Fallen liegen konnten. Sie würde erst richtig losrennen können, wenn sie zurück beim See war. Sie hoffte nur das sie sich nicht verlief. Es wurde dunkel und der Wald sah mit jedem neuen Schatten immer gleicher aus. Aber so einen Fehler durfte sie sich jetzt nicht leisten. Ihre Freunde brauchten Hilfe! Und zwar dringend!

Do you hate me?

Zwar war es Sommer, doch das Wetter wurde nicht besser. Es hatte weder aufgehört zu gewittern noch zu regnen. Im Gegenteil : jetzt war es auch noch extrem windig geworden. Der extreme Wind war gerade im Wald sehr ungünstig. Immer wieder wurden kleinere Äste in die Grube geweht.

Die Zweige abzubekommen war extrem unangenehm. Aber hier konnte man sich nirgendwo unterstellen.

„Es ist schon richtig dunkel geworden.“, stellte Miku fest. Die Diva warf einen Blick zum Rand der Grube. Die Schmerzen in ihrem Bein waren nicht gerade besser geworden. Die Wunde fühlte sich heiß an und pochte. Bis auf das Stück an ihrem Bein war der zierlichen Schülerin allerdings ziemlich kalt. Da es heute den ganzen Tag über 30° gewesen war, trug sie nur sehr leichte Kleidung. Nun waren ihre Klamotten jedoch vom Regen komplett durchnässt und klebten nass an ihrem Körper. Der Boden auf dem sie saß, hatte sich durch das Wasser in kalten Schlamm verwandelt. Nässe von oben und von unten : das war alles andere als kuschelig.

Ihre langen, türkisen Zöpfe hingen klatschnass herunter. Der Wind schaffte es kalte Luft in die Grube zu wehen. Hier und da landete ein Zweig in dem Erdloch. Einige streiften das Mädchen sogar, doch sie nahm dies nur am Rande war.

„Ich bin mir sicher, das man uns hier bald rausholen wird.“, versuchte Luka ihr Mut zu machen. Auch ihre Kleidung war schlammverschmiert.

„Ich hoffe es.“

Sie hatten keine Uhr dabei, doch seit Meiko sie gefunden hatte und losgelaufen war um Hilfe zu holen, war bestimmt schon eine Stunde vergangen. Oder kam ihnen die Zeit nur so lang vor, weil es hier unten so ungemütlich war? Lange konnte es nicht mehr dauern, bis man sie hier irgendwie wieder rausholte.

Luka fragte sich, wie sie hier überhaupt wieder rauskommen würden. Ob der Campleiter mit den Lehrern hier aufkreuzte? Eher weniger. Sie vermutete eher das man die Feuerwehr rufen würde.

Hier kam man doch nur mit einer Leiter wieder hoch. Miku musste man vermutlich irgendwie anders hier raus kriegen. Mit der Verletzung an ihrem Bein würde die Diva sicherlich keine Leiter mehr hochklettern können.

Es war ja schon schlimm genug, das sie hier in einem gottverdammten Erdloch festsaßen, aber wieso musste das Wetter bloß auch noch so schlecht sein?! Reichte ein Unglück denn nicht schon vollkommen aus?

Die Rosahaarige seufzte leise und strich sich einige Strähnen aus dem Gesicht. Sie fror. Hoffentlich würde hier bald mal Hilfe eintreffen.
 

Auch ein ganzes Stück weiter im Wald war das Wetter nicht gerade besser. Der Regen hatte den Waldboden in Schlamm verwandelt, was die ganze Umgebung rutschig machte.

//Die Anderen sitzen immer noch in dieser Grube fest. Ich muss hier unbedingt wegkommen! Aber...//

Skeptisch spähte Meiko zwischen einigen Ästen hindurch in Richtung Boden. Die Braunhaarige saß jetzt schon seit einer guten halben Stunde auf einem Baum fest. Sie musste unbedingt zurück ins Camp, doch derzeit waren ihr die Hände gebunden.

Warum hatte es eigentlich keiner für nötig empfunden die Schüler zu warnen, das es hier im Wald ganz vielleicht gefährliche Tiere geben könnte?! Unter dem Baum und überall auf der Lichtung befanden sich Wildschweine!

Sie hatte vorhin eine Abkürzung nehmen wollen, hatte den plötzlichen Wildgeruch, welcher ihr entgegengeschlagen war ignoriert, und hatte unfreiwillig ein Rudel Wildschweine ausfindig gemacht.

Da die Tiere gerade Junge hatten, waren sie gar nicht begeistert über das Auftauchen der Schülerin gewesen. Zwei besonders fette Tiere waren auf sie zugestürmt.

Meiko hatte sich in ihrer Panik nicht anders zu helfen gewusst, als auf den nächst besten Baum zu klettern. Zwar war sie schnell, doch die Wildschweine dummerweise auch. Kopflos wegrennen hatte also rein gar nichts gebracht.

Da war ihr der Baum, auf dem sie nun saß, doch gerade recht gekommen. Die Zweige der Tanne hatten bis kurz über den Boden gereicht. Perfekt um schnell daran hochzuklettern.

Die Braunhaarige hatte eigentlich gehofft, das die Tiere sich bald mal wieder verziehen würden, doch dem war nicht so. Die Viecher rasteten jetzt allen Ernstes unter dem Baum!

So kam sie hier zumindest nicht mehr weg. Und das, obwohl die anderen unbedingt Hilfe brauchten!

Die Schülerin war alles andere als begeistert über die Situation, doch was wollte sie machen?

Wildschweine waren extrem unfreundliche Zeitgenossen. Speziell die, die hier unter dem Baum saßen. Da würde sie jetzt ganz bestimmt nicht runter klettern!

„Ihr verdammten Schweine! Macht endlich das ihr verschwindet!“, rief sie frustriert aus.
 

„Du....Luka?“

„Mh?“

Die beiden Schülerinnen, die nach wie vor in der Grube festsaßen, waren die ganze Zeit über recht schweigsam gewesen. Die beiden waren davon ausgegangen, das bald mal jemand kommen würde um sie hier rauszuholen, doch bis jetzt war nichts passiert.

„Mir ist so kalt. Macht es dir was aus Standheizung zu spielen?“

Die Türkishaarige hatte die Arme eng um den Körper geschlungen. Sie fror wirklich erbärmlich.

Eine ganze Weile lang hatte sie überlegt ob sie die Rosahaarige darum bitten sollte, doch mittlerweile war ihr alles recht um es wenigstens ein bisschen wärmer zu haben.

Sie wusste, das die Ältere eigentlich nicht gut auf sie zu sprechen war. Verständlicherweise. Da die Andere damals klar angeordnet hatte auf Abstand zu bleiben, hatte sie sich die ganze Zeit über auch daran halten wollen. Aber...diese Temperaturen brachten sie noch um!

Die Blauäugige warf dem Mädchen einen skeptischen Blick zu, doch die Andere schien diesmal wirklich keine Hintergedanken zu haben. Sie sah komplett verfroren aus.

„Aber komm nicht auf dumme Gedanken.“, warnte sie dennoch, bevor sie zu der Jüngeren rüber rückte. Die Schülerin blickte sie einen Moment wie geprügelt an, bevor sie eifrig den Kopf schüttelte.

Miku war einerseits froh es gleich etwas wärmer zu haben, andererseits schmerzte das offensichtliche Misstrauen der Älteren fast noch schlimmer als die Verletzung an ihrem Bein.

Die Rosahaarige rückte schließlich zu ihr, zögerte einige Sekunden lang und legte schließlich einen Arm um die Andere. Luka war deutlich anzusehen wie unwohl sie sich dabei fühlte. Zwar schaffte sie es wieder einmal ihre perfekte Maske aufzusetzen, doch die Türkishaarige merkte, das die Andere total angespannt war.

Miku ließ sich zu ihr rüber ziehen, lehnte schließlich ebenfalls zögerlich den Kopf gegen die Schulter der Älteren.

„Danke dir.“, murmelte sie nur leise.

Wieder herrschte einige Minuten lang Schweigen. Zwar ließ die Ältere die Nähe derzeit zu, doch auch nur, weil sie sich bemühte freundlich zu sein.

//Hätte ich damals doch nur die Konsequenzen gekannt!// Es war zum verzweifeln! Damals hatte die Türkishaarige ja nicht ahnen können, das ausgerechnet sie sich in die neue Schülerin verlieben würde. Sie hatte die Neue nur als extrem hübsch und ein wenig naiv eingestuft. Eine interessante Mischung. Ein perfektes Spielzeug.

Wie sehr sich ihre Meinung inzwischen doch geändert hatte. Noch bevor die Freunde ihrer Klassenkameradin zum Gegenschlag ausgeholt hatten, hatten sie erste Zweifel beschlichen. Wie hätte sie ahnen können, das so schnell Gefühle mit ins Spiel kommen würden? Schon damals hatte sie sich gewünscht die Zeit zurückdrehen zu können.

Als Luka ihr dann mit Hilfe ihrer Freundinnen demonstriert hatte, wie sie sich die ganze Zeit über gefühlt hatte, hatte sie erst wirklich begriffen, wie schrecklich sie sich damals aufgeführt hatte.

Sie hatte die Person, die sie liebte, all die Zeit über verletzt. Zum Schluss war sie sogar der Meinung gewesen ,sich echte Gefühle vielleicht erzwingen zu können, indem sie die ganze Erpressungsnummer ausnutzte und die Andere zwang den letzten Schritt zu gehen.

Doch das war gründlich in die Hose gegangen. Vermutlich hatte sie damals mit dieser Forderung den Bogen überspannt. Kurze Zeit später hatte sie zumindest gewusst, was für ein Monster sie die ganze Zeit über gewesen war. Die Ältere hatte ihr im menschlicheren Rahmen gezeigt, wie es sich anfühlte auf diese Art und Weise erpresst zu werden.

Wie sehr sie ihre Fehler doch mittlerweile bereute! Was würde sie nicht alles tun, um die ganze Sache wieder gut zu machen. Doch wie sollte sie? Die Entscheidung der Anderen war schlimmer als jede Folter für sie. Sie wollte mit ihr nichts mehr zu tun haben. Sie sollte sich ganz einfach von ihr fern halten. Aber wie?! Es war für die Türkishaarige schier unerträglich die ganze Zeit über so auf Abstand zu gehen. Schrecklicher war jedoch die Tatsache, das die Andere sie scheinbar wirklich hasste.

Sie merkte doch wie unwohl die Rosahaarige sich derzeit fühlte. Nur ihr von Natur aus freundliches Wesen hielt sie vermutlich davon ab ,sie jetzt mit Vorwürfen zu überschütten.

Es war wirklich zum verzweifeln!Eigentlich hätte sie sich jetzt wie im siebten Himmel fühlen müssen, endlich wieder in den Armen ihrer Geliebten liegen zu dürfen...doch sie wusste ja, das die Andere Reißaus nehmen würde, sobald irgend jemand sie hier aus der Grube holen würde.

„Hey, alles in Ordnung?“, riss Lukas Stimme sie aus ihren Gedanken.

Miku blinzelte sie für einen Moment verwirrt an, bevor sie merkte das ihre Sicht merkwürdig verschwommen war und der 'Regen' auf ihren Wangen sich warm anfühlte. Vorsichtig wischte sie sich mit einer Hand über die rechte Wange.

Sie hatte gar nicht gemerkt, das sie weinte. Viel zu sehr war sie bis eben mit ihren Gedanken beschäftigt gewesen. Die Erkenntnis, von der Person gehasst zu werden die sie liebte, war schlimmer als Alles. Schlimmer als die Tatsache das sie hier im Wald festsaßen und noch viel schlimmer als ihre Verletzung.

Da sie keine Antwort bekommen hatte, beschloss die Rosahaarige es noch einmal zu versuchen.

„Sind die Schmerzen in deinem Bein so schlimm?“, erkundigte sie sich.

Ihre Stimme klang wirklich besorgt. Vorsichtig strich sie der Jüngeren einige Strähnen aus dem Gesicht.

Das war zu viel. Warum war sie so freundlich zu ihr, wenn sie sie doch eigentlich verachtete?

Die Jüngere vergrub das Gesicht im durchweichten Shirt der Anderen. Verzweifelt schluchzend schlang sie die Arme um sie.

„Miku...?“ Ein wenig perplex blickte Luka zu dem Mädchen hinunter, das sich ihr gerade wortwörtlich an den Hals geworfen hatte. Was hatte die Kleine denn jetzt schon wieder? ...Zumindest hatte sie eins : ziemliche Kraft in den Armen. Die Ältere hatte das Gefühl, das das Mädchen es darauf angelegt hatte ihr die Rippen zu brechen.

Mit der Situation überfordert und ein wenig hilflos pattete sie der Anderen den Kopf. Bevor sie noch etwas sagen konnte, ergriff nun die Türkishaarige das Wort.

„Du hasst mich! Oder?! Du musst mich einfach hassen!“

Als wäre Luka nicht schon überfordert genug mit der Gesamtsituation, jetzt wusste sie wirklich nicht mehr, was sie dazu noch sagen sollte.

Ein 'hey, wie kommst du denn darauf`?' war genau so gelogen wie ein 'Goldrichtig'. Die Wahrheit war, das sie nicht wusste, was sie von der Anderen zu halten hatte.

Sicher, das Mädchen vor ihr war mit Vorsicht zu genießen, aber es schien ganz so, als würde sie ihre Fehler wirklich bereuen. Nur das sie ihr nicht mehr so einfach vertrauen konnte. Solche Dinge konnte man eben nicht so einfach vergessen.

Da sie nicht wusste, was sie darauf antworten sollte, schwieg sie erstmal. Wobei Schweigen in diesem Fall auch nicht die beste Lösung war. Egal was sie jetzt tat oder sagte, es wäre falsch.

Die Kleinere schlang die Arme nur noch fester um sie. Das Mädchen schien von einem Moment auf den Anderen wirklich komplett zusammengebrochen zu sein.

Schließlich beschloss Luka, das eine Gegenfrage vielleicht die eleganteste Lösung wäre.

„Warum hast du das damals gemacht?“, wollte sie wissen. „Sei ehrlich.“

Ehrlich sein? Und ob sie ehrlich sein würde! So schwer wie die Wahrheit gerade auch war, doch die Türkishaarige spürte, das dies im Moment das einzigst Richtige war. Wie sollte sie der Anderen sonst zeigen, das sie es wirklich ernst meinte?

„Als du damals neu in unsere Klasse gekommen bist, habe ich nur ein verdammt hübsches Mädchen gesehen. Du warst nichts weiter als ein Spielzeug für mich. Ich wollte dich haben.“, begann sie.

Sie konnte den bohrenden Blick der Anderen förmlich spüren.

„Das habe ich wohl gemerkt.“, kommentierte die Ältere leicht sarkastisch.

„Ich bin es gewohnt zu bekommen was ich will, weißt du? Ich war mir todsicher das du mir genau so verfallen würdest wie alle Anderen.“, erzählte sie dann weiter. Schweigend hörte die Rosahaarige ihr zu. Nun...eins musste sie der Kleinen wenigstens lassen : zur Abwechslung war sie endlich mal ehrlich.

„Ich hab schon nach den ersten zwei Tagen gemerkt das du anders bist. Ich gebe zu, zuerst hat mich das ziemlich gereizt. Ich hab es irgendwie als eine Art Herausforderung gesehen. Aber...“

Miku hatte ihren Griff inzwischen wieder etwas gelockert und sah ihre Gesprächspartnerin direkt an, auch wenn es ihr alles andere als leicht fiel der Frau in die Augen zu sehen, der sie die ganze Zeit über so weh getan hatte.

„Aber was?“ Fragend zog die Andere eine Augenbraue hoch.

„Ich weiß nicht genau wann es angefangen hat, aber plötzlich war die ganze Sache kein Spiel mehr. Ich hab gemerkt das ich echte Gefühle für dich habe.“, gestand die Türkishaarige dann. Auf ihre Wangen hatte sich ein leichter Blush gelegt. Ein wenig entgeistert starrte die Andere sie an.

„Anfangs hab ich die Welt nicht mehr verstanden. Ich hab gemerkt das du die ganze Zeit über notgedrungen mitgespielt hast. Ich dachte wirklich, das ich dich endlich für mich gewinnen könnte, indem ich immer mehr fordere.“

„Indem du jemanden zu Dingen zwingst, die er gar nicht will, wirst du nie viel Sympathie oder echte Gefühle gewinnen können. Jedes Tier greift irgendwann an und beißt, wenn man es in die Ecke drängt. Mit Menschen verhält es sich da genau so.“, kommentierte Luka die Aussage.

Ihre Gesprächspartnerin wirkte immer niedergeschlagener. Tränen und Regentropfen vermischten sich und liefen der Türkishaarigen die Wangen hinunter.

„Das weiß ich jetzt.“, sagte sie dann. „Ich hab mich die ganze Zeit über an die Bedingung gehalten und hab mich von dir fern gehalten, um dir irgendwie zu zeigen, das ich meine Lektion gelernt habe.“

Miku packte die Ältere bei den Schultern. „Es tut mir so leid, verdammt! Sag mir was ich machen soll um dir zu zeigen das ich's ernst meine und dich tu's!“

Luka starrte sie an. Das Mädchen vor ihr war wirklich nur noch ein Häufchen Elend. So verzweifelt hatte sie die Diva noch nie gesehen. Selbst damals am See hatte sie nicht so fertig gewirkt wie jetzt.

Sie schien ihre Fehler wirklich zu bereuen. Plötzlich tat ihr die Jüngere irgendwie leid.

Mit einem Seufzer beugte die Rosahaarige sich nach vorn und zog die Türkishaarige in eine Umarmung.

„Jetzt hör schon auf zu heulen und dich selbst fertig zu machen, Dummerchen.“

Sie konnte spüren das die Jüngere kurzzeitig erstarrt war. Als die Bedeutung der Wörter langsam zu Mikus Verstand durchsickerte, schlang sie nun ihrerseits die Arme um Luka.

„Wenn wir jetzt in dieser Grube verschimmeln sollten, dann will ich wenigstens das du weißt das ich dich liebe. Und ich meine es ernst.“

„Oh man, bevor ich auf's Internat gewechselt bin, sind mir noch nie so viele Mädchen hinterher gelaufen.“ Mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen schüttelte Luka den Kopf.
 

„Ich kann nicht glauben, das wir uns wegen dem Sturm alle in das Küchenhaus zwängen müssen!“, beschwerte Neru sich. Die Blonde hatte die Arme verschränkt. Das Haus, in dem sämtliche Vorräte des Campingplatzes und ein Herd waren, war eindeutig zu klein für 60 Schüler und die Lehrer.

Sie stand zusammen mit Haku in einer der Ecken des Häuschens. Die Silberhaarige war ebenfalls wenig begeistert über das Wetter, äußerte sich aber nicht dazu. Viel mehr zerbrach sie sich den Kopf darüber wo Meiko, Miku und Luka waren. Alle waren zurück, nur von den Drein fehlte jede Spur.

Auch die Lehrer machten sich schon ziemliche Sorgen, doch das Wetter hinderte sie daran sich auf die Suche zu machen.

Auch die Freunde der vermissten Schülerinnen waren in heller Aufruhr. Miki hatte Gumi nur mit Mühe daran hindern können einfach aus dem Haus zu rennen, um sich eigenmächtig auf die Suche zu machen. Teto schwieg betroffen, Lily war kreidebleich, Rin ungewöhnlich schweigsam und Miki zerbrach sich den Kopf darüber, wo die Drei wohl sein könnten. Allen fiel es schwer hier einfach ruhig und untätig sitzen zu bleiben. Doch was wollten sie tun? Bei dem Wetter war es viel zu gefährlich raus in den Wald zu laufen.

„Ich hoffe der Sturm legt sich bald.“ Mit einem skeptischen Blick sah Rin aus dem Fenster.

„Hoffe ich auch. Ich meine, es ist Sommer. Da ist so ein Dreckwetter eigentlich ungewöhnlich.“, mischte Miki sich ein.

„Ich will raus und nach Luka suchen.“, murrte Gumi. „Es ist nicht ihre Art dermaßen zu spät zu einem vereinbarten Termin zu kommen.“

Die Grünhaarige war sich fast schon sicher das etwas passiert sein musste. Sie kannte ihre Zimmernachbarin inzwischen wirklich gut und wusste,wie viel Wert die Andere auf Pünktlichkeit legte.

Die Gruppen hatten um 19 Uhr zurück sein sollen. Inzwischen war es allerdings fast 22 Uhr und von den drei letzten Schülerinnen fehlte noch jede Spur.

„Wir können da jetzt aber nicht raus. Das ist viel zu gefährlich.“, mahnte der Rotschopf sie.

Die Diskussion wäre noch ewig weitergegangen, wäre nicht plötzlich die Tür zum Küchenhaus aufgerissen worden. Alle Köpfe fuhren erschrocken herum. Die meisten Schülerinnen hielten für einen Moment den Atem an.

In der Tür stand niemand anderes als Meiko. Die Braunhaarige war ziemlich außer Atem. Gute 3 Stunden hatte sie auf dem Baum festgesessen, bevor die Wildschweine endlich mal die Freundlichkeit besessen hatten sich einen neuen Platz zu suchen. Als der Weg endlich wieder frei gewesen war, war sie den Rest der Strecke gerannt.

Sie blieb einen Moment lang stehen wo sie war um wieder zu Atem zu kommen, bevor sie schließlich einen Schritt ins Rauminnere machte.

Die Schülerin war vom Regen komplett durchnässt, Tannennadeln hingen ihr in den Haaren und auf ihrer Kleidung. Hier und da hatten Zweige und Dornenbüsche Kratzer auf ihren Armen und Beinen hinterlassen. Kurz gesagt : der Mädchenschwarm der Schule sah arg ramponiert aus.

Schlimmer als ihr derzeit arg in Mitleidenschaft gezogenes Äußeres war jedoch der wilde Blick, den sie aufgesetzt hatte.

Während die meisten Schülerinnen und selbst die Lehrer sie etwas verstört anblickten, ließ ihre Zimmernachbarin sich nicht beirren. Froh darüber die Braunhaarige in einem Stück wieder zu haben, bahnte sich die Blondine einen Weg durch die Menge, fiel der Anderen um den Hals und umarmte sie stürmisch. „Gott sei Dank! Dir geht’s gut!“, rief sie aus.

Ganz automatisch zog die Rotäugige sie zu sich, suchte mit den Augen allerdings eher den Raum nach den Lehrern ab.

„Sie müssen sofort jemanden in den Wald schicken!“, rief sie aus. „Miku und Luka sind durch einen Erdrutsch in einen Erdkrater gefallen! Miku hat sich ziemlich schwer am Bein verletzt.“

Nun war es totenstill in dem kleinen Haus. Alle Blicke ruhten auf der Braunhaarigen. Selbst die Lehrer waren wegen der Nachricht einen Moment wie paralysiert. Es brauchte einen Moment, bevor wieder Leben in das hoffnungslos überfüllte Haus einkehrte.

Hospital

Das Krankenzimmer war bis auf das leise Rascheln von Kleidung still. Die Rosahaarige stand vor ihrem Bett und packte die wenigen Sachen zusammen, die sie dabei hatte.

Wirklich viel war es aber nicht. Vom Campingplatz aus waren Miku und sie mit dem Krankenwagen direkt her gebracht worden.

Luka fehlte nicht wirklich etwas, doch als das Rettungsteam gestern den Weg in den Wald gefunden hatte, hatten sie darauf bestanden die Schülerin für eine Nacht zur Beobachtung mit ins Krankenhaus zu nehmen. Das Wetter war nicht das Beste gewesen und auch bei dem Sturz hätte sie sich verletzen können. Doch die Rosahaarige sollte Recht behalten : bis auf ein oder zwei Kratzer fehlte ihr rein gar nichts.

Bei Miku sah die Sache jedoch ganz anders aus. Die Verletzung am Bein hatte nicht einfach nur schlimm ausgesehen, sie war es auch. Das Mädchen war noch gestern Abend in den OP gebracht worden um den Bruch zu richten. Nach einer Röntgenaufnahme hatte festgestanden, das sie sich einen offenen Splitterbruch zugezogen hatte. Und das auch noch am Schienenbein. Brüche dieser Art mussten operativ gerichtet werden.

Bis die Folgen dieser Verletzung verschwunden sein würden, würde es noch eine ganze Weile dauern.
 

Nachdem sie abreisefertig war, beschloss sie noch einmal nach der Jüngeren zu sehen. Von den Ärzten hatte sie das Okay das Krankenhaus wieder zu verlassen, doch wollte sie die Diva vorher noch einmal besuchen.

Gestern Abend hatte sich die Gelegenheit dazu nicht mehr ergeben, doch mittlerweile müsste das Mädchen eigentlich wieder wach und auf der normalen Station sein, oder?

Sie verabschiedete sich also von der Stationsschwester, suchte nach einem Aufzug und fuhr runter ins Erdgeschoss.

Da Luka nicht wusste, in welchem Zimmer die Türkishaarige lag, erkundigte sie sich an der Rezeption des Krankenhaus nach ihr. Zimmer 023, Chirurgie. Na wenigstens war sie schon mal auf der richtigen Etage für einen Krankenbesuch.

//Ich hoffe das sie die OP gut überstanden hat. Sie hatte gestern noch so eine Panik davor//

Nach dem unerwarteten Geständnis in der Erdgrube gestern, hatte sich ihr Bild von der Jüngeren erneut stark verändert. Es war zwar nicht der Fall das sie ihre Gefühle erwiderte, doch hatte das Mädchen stark an Glaubhaftigkeit und Vertrauenswürdigkeit zurück gewonnen.

Die Türkishaarige schien es diesmal wirklich ernst zu meinen. Als die Diva gestern in Tränen ausgebrochen war, hatte die Rosahaarige gemerkt das dieses miese Spiel ein für alle Mal vorbei war.

Sie war keine Puppe mehr für die Andere, was wiederrum bedeutete, das es auch keinen Grund mehr gab sich ihr gegebüber zu verstellen.

Es dauerte etwa fünf Minuten, dann hatte sie die gesuchte Station gefunden. Zimmer 023 zu erreichen, nahm nun nicht mehr viel Zeit in Anspruch.

Die Schülerin zog die Nase leicht kraus. Überall auf den Gängen des Krankenhauses lag dieser sterile Geruch von Desinfektionsmittel. Unverkennbar Krankenhaus eben, doch sie mochte diesen Geruch nicht.

Schließlich fand sie den gewünschten Raum, blieb einen Moment vor der Tür stehen, atmete noch einmal tief ein und klopfte dann gegen das weiß gestrichene Holz.
 

Verschlafen beobachtete sie wie die Flüssigkeit aus dem Tropf den Schlauch entlang und schließlich in ihren Arm floss. Die Stelle, an der man ihr die Nadel gesetzt hatte, zierten einige Pflasterstreifen.

Die Diva fühlte sich so erschlagen... Das konnte am Schmerzmittel liegen, vielleicht waren es aber auch die Nachwirkungen der Narkose? Oder der ganze Stress gestern?

Das Mädchen schloss die Augen und ließ sich wieder tiefer ins Kissen sinken. Wie viel Uhr es wohl war? Erst heute Morgen war sie auf diese Station verlegt worden. So wie es aussah, würde es auch ein ganzes Weilchen dauern, bis sie hier wieder raus kommen würde. Die OP an ihrem Bein war größer gewesen als gedacht.

Dennoch, die Schmerzen ließen sich derzeit aushalten. Was Medikamente nicht alles bewirkten.

So lag sie also da und wartete darauf das die Zeit verging oder das irgendetwas passierte. Da sie privat Versichert war, hatte sie ein Einzelzimmer bekommen. Miku war wirklich froh darüber keine nervtötende Zimmernachbarin zu haben.

Ganz in Gedanken fragte sie sich, wie es nun wohl weitergehen würde.

Die Szene die sich ihr da gestern am See geboten hatte, der Absturz in die Grube und der furchtbare Sturm...das alles wirkte plötzlich so unreal. Dennoch wusste sie, das sie nichts davon geträumt hatte. Wo sonst käme bitte der Gips an ihrem Bein her?

Sie musste wieder daran denken, wie sie gestern in der Grube gesessen hatten. Sie konnte immer noch kaum glauben, das die Rosahaarige ihr scheinbar verziehen hatte. ...einfach so.

Oder ob sie das nur aus Mitleid gesagt hatte, weil sie gerade in so einem erbärmlichen Zustand gewesen war? Ob die Ältere ihr nach all dem überhaupt noch einmal vertrauen könnte?

Und überhaupt : musste sie immer noch Abstand halten, wenn sie aus dem Krankenhaus kam?

Sie wurde aus den Gedanken gerissen, als es plötzlich an der Tür klopfte. Wer war das denn jetzt?

Vielleicht eine Krankenschwester?

„Ja?“, rief sie also und wartete darauf das der oder die Unbekannte den Raum betrat. Derzeit konnte die Türkishaarige eh nicht aus dem Bett aufstehen.
 

Und plötzlich wich alle Müdigkeit schlagartig von ihr, als sie die Besucherin erblickte.

„Luka...!“, rief die Diva überrascht aus.

Angesprochene hatte ein leichtes Lächeln aufgesetzt und nickte ihr zu. „Guten Morgen.“

Die Rosahaarige schloss die Tür hinter sich und ging dann rüber zum Krankenbett ihrer Klassenkameradin.

„Wie geht’s dir?“, wollte sie dann wissen.

Für einen Moment brachte Miku keinen Ton heraus. Sie starrte die Ältere einfach nur an.

Eben hatte sie sich noch den Kopf darüber zerbrochen, wie sie sich ihr gegenüber nun eigentlich verhalten sollte und nun stand die Andere vor ihr.

Dann bemerkte sie noch etwas : sie lag hier gerade halb tot im Bett, ihre Haare waren bestimmt komplett zerstruppt und geschminkt war sie auch nicht. ...Was hatte sie überhaupt an? Ihre schlammverschmierten Klamotten jedenfalls nicht. Doch nicht etwa so ein peinliches Krankenhausoutfit?!

Von einer auf die andere Sekunde war wieder Leben in die Türkishaarige gekehrt. Hektisch raffte sie die Decke näher an sich, setzte sich ruckartig auf und begann damit ihre Frisur zu richten.

Luka beobachtete die Andere mit hochgezogener Augenbraue und konnte schließlich ein Lachen nicht mehr unterdrücken.

„Was genau machst du da?“, wollte sie immer noch lachend wissen.

Angesprochene hielt für einen Moment inne. Ein leichter Blush hatte sich auf ihre Wangen gelegt. Wie schön die Stimme der Älteren doch klang. Und wann hatte sie sie mal wirklich lachen hören?

„Uhm...ich seh sicher furchtbar aus!“, streute die Diva schnell ein.

Die Rosahaarige schüttelte amüsiert den Kopf. „Ach quatsch.“

Für einen Moment blickten die Mädchen sich an. Es herrschte für einige Sekunden Stille, bevor Miku das Wort ergriff.

„Willst du dich setzen? Ich würde ja gern den Stuhl da hinten hier rüber tragen, aber ich fürchte ich kann derzeit nicht aufstehen.“

Das das Mädchen nicht aufstehen konnte, war Luka schon klar. Sie schnappte sich also den Stuhl, welcher am Tisch in der Ecke des Zimmers stand und trug ihn rüber zum Bett.

Sie setzte sich neben das Krankenbett der Anderen und blickte sie an.

„Wirkt das Schmerzmittel derzeit etwas?“

Die Türkishaarige nickte. „Ja, zum Glück.“

Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Und dir ist gestern auch wirklich nichts passiert?“, erkundigte sie sich dann.

Angesprochene schüttelte den Kopf. „Nein nein, mir geht’s gut.“

Die Diva atmete sichtbar auf. „Na dann ist ja gut.“

„Hat man dir schon gesagt wie lange du ungefähr bleiben musst?“, wollte Luka dann wissen.

Die Andere grübelte. Heute morgen hatte sie noch mit dem Stationsarzt geredet, aber durch die Narkose war sie noch so müde gewesen. An das Gespräch konnte sie sich nur noch dunkel erinnern.

„Wenn ich mich nicht irre, etwa eine Woche.“, sagte sie dann.

Die Türkishaarige zog ein Gesicht. Erst wo sie es selbst ausgesprochen hatte, verstand sie langsam die Bedeutung der Zahl. Sieben Tage waren eine ganz schön lange Zeit.

Sie würde nicht nur viel in der Schule verpassen, nein sie würde sich sicher auch noch zu Tode langweilen.

Als hätte die Rosahaarige ihre Gedanken gelesen, warf sie ihr ein aufmunterndes Lächeln zu.

„Jetzt guck nicht so niedergeschlagen. Ich bin mir sicher das deine Freunde dich besuchen kommen.“

Miku zwang sich ein Lächeln auf. Natürlich würden die Anderen sie hier besuchen kommen, aber was war mit der Person, von der sie sich das am meisten wünschte?

Dann fiel ihr noch etwas ein. Ein äußerst beunruhigender Gedanke. Nein, es war viel mehr eine kurze Folge von Bildern, die durch ihre Gedanken raste. Die Sache neulich am See...

Wenn sie nicht in der Schule war, was würde dann weiter aus Luka und Meiko werden?

Gern hätte die Türkishaarige ein Auge auf die beiden gehabt, auch wenn ihr so oder so die Hände gebunden waren. Doch einfach ganz außen vor zu stehen, war fast noch schlimmer für sie!

„Sicher werden die Anderen mich besuchen. Aber die Woche wird trotzdem langweilig.“, antwortete sie auf die Aussage der Anderen eben. Sie konnte unmöglich einfach so mit der Tür ins Haus fallen!

Die Rosahaarige stand von ihrem Sitzplatz auf, was die Jüngere den Blick heben ließ.

„Ich muss langsam los.“, erklärte sie. „Brauchst du noch irgendwas?“

Lukas Meinung nach wäre es besser, wenn die Türkishaarige sich erstmal von der OP erholte und etwas Ruhe hatte. Da blieb sie besser nicht zu lange.

Für einen Moment blickte das Mädchen sie mit großen Augen an. Sie merkte das die Andere zögerte.

„Ich denke es ist besser wenn du dich etwas ausruhst.“,meinte die Blauäugige schließlich, da ihre Klassenkameradin wohl keine Wünsche zu haben schien. Gerade wollte sie einen Schritt vom Bett zurücktreten, da gab Miku sich einen Ruck und griff nach ihrem Handgelenk.

Ein wenig fragend blickte Luka sie an. War ihr doch noch etwas eingefallen?

„Kannst du nicht noch etwas bleiben?“, erkundigte die Diva sich.

Angesprochene zögerte. „Ich weiß nicht ob das eine so gute Idee ist. Du bist erst gestern Abend operiert worden, du brauchst Ruhe.“

Entschieden schüttelte die Jüngere den Kopf. „Nein, nein, ich bin fit! Also bis auf die Tatsache das ich nicht aufstehen kann.“

„Fit siehst du mir nicht gerade aus.“

„Bleib noch was.“

Der flehende Unterton in der Stimme der Anderen und der Griff um ihr Handgelenk ließen die Rosahaarige schließlich nachgeben.

„Na schön. Aber nicht mehr all zu lange. Du brauchst wirklich Ruhe.“

Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen zog das Mädchen sie näher zu sich. Dann wurde Mikus Gesichtsausdruck allerdings wieder um einiges ernster. Fast schon wirkte sie ein wenig unsicher.

„Man sieht dir an das irgendwas ist.“, räumte Luka ein. Das die Andere sich über irgendwas den Kopf zerbrach war nicht zu übersehen.

„Du sag mal,...willst du eigentlich immer noch das ich mich von dir fern halte, wenn ich wieder zurück in der Schule bin?“, wollte die Türkishaarige dann fast schon ein wenig schüchtern wissen.

Über die Frage ihrer Klassenkameradin konnte die Ältere nur schmunzeln.

Sie setzte sich auf die Bettkante und zog das Mädchen vorsichtig zu sich rüber.

Da die Diva derzeit eh aufrecht im Bett saß, musste sie sich nur leicht gegen die Rosahaarige kippen lassen. Das sie ihr verletztes Bein in irgend einer Art und Weise belasten musste, war also ausgeschlossen.

Ihre Wangen fühlten sich deutlich wärmer an, als die Ältere sie vorsichtig umarmte.

Die Türkishaarige schloss die Augen und lehnte den Kopf an ihre Liebste.

„Du Dussel. Ich hab dir doch gestern schon gesagt du sollst aufhören die den Kopf darüber zu zerbrechen.“

„Also ist es wirklich okay...?“

„Wäre ich sonst hier?“

Glücklich darüber das der Sicherheitsabstand aufgehoben war, schmiegte die Verletzte sich enger an ihre Mitschülerin. Die Andere sagte nichts dazu, sondern ließ es einfach zu.

Miku musste daran denken, wie sie gestern beide in dem Erdloch gesessen hatten. Zwar hatte die Ältere auch gestern nichts gegen ihre Nähe gesagt, doch gestern hatte es auch in Strömen geregnet, es war kalt gewesen und sie waren komplett durchweicht gewesen. Verständlich das man da die einzige Wärmequelle nicht von sich schubste.

Hier im Krankenhaus herrschten aber etwas humanere Bedingungen. Und trotzdem tat Luka ihr den Gefallen sie zu sich zu ziehen und in den Armen zu halten.

Die Türkishaarige war glücklich. Sie blendete die Tatsache aus, das sie im Krankenhaus lag und nur wegen dem Tropf, welcher an ihrem Arm angeschlossen war, kaum Schmerzen hatte.

Das Einzige was derzeit zählte war, das sie in den Armen der Rosahaarigen lag.

Die Wärme, die vom Körper der Anderen ausging, hatte eine beruhigende Wirkung auf sie. Die Reste der Narkose und der ganze Stress von gestern taten ihr Übriges.

Es dauerte keine fünf Minuten und die Diva war wieder eingeschlafen.

Die Rosahaarige blieb noch weitere fünf Minuten bei ihr sitzen, bis sie sich wirklich sicher war, das das andere Mädchen auch tatsächlich schlief.

Langsam wurde das Gewicht, welches da seitlich an ihr lehnte, ein wenig schwer.

Sie legte eine Hand an den Rücken der Jüngeren und sorgte vorsichtig dafür, das das Mädchen sich richtig hinlegte.

Nachdem das geschafft war, stand sie von der Bettkante auf und trat einen Schritt zurück.

Luka warf der schlafenden Miku noch einen Blick zu. Wie harmlos und schön sie doch aussah, wenn sie schlief. Kaum zu glauben das das Mädchen zu vielen Anderen so ein Biest sein konnte.

Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Sie war schon gespannt darauf, wie die Jüngere sich wohl verhalten würde, wenn sie erst einmal wieder zurück in der Schule war.

Sie glaubte nicht, das sie wieder in ihr altes Verhaltensmuster zurückfallen würde. Aber das sie dauerhaft so schüchtern bleiben würde, bezweifelte sie ebenfalls stark.

Die Rosahaarige war überzeugt davon, das die kommende Zeit noch interessant werden würde.

Bevor die Türkishaarige wieder aufwachte und sie noch weiter daran hinderte das Krankenhaus zu verlassen, schlich sie sich lieber leise zur Tür.
 

Als der Zug schließlich am Bahnhof hielt und die Rosahaarige mit einigen anderen Leuten das Fahrzeug verließ, erblickte sie gleich einige bekannte Gesichter.

Ihre Freunde hatten es sich nicht nehmen lassen sie vom Bahngleis abzuholen.

Die Erste, die sie bemerkte, war ihre Zimmernachbarin.

„Luka!“, rief die Grünhaarige aus. Das Mädchen lief ihr entgegen und umarmte sie stürmisch.

Ein Glück das die Rosahaarige ein Stück größer als Gumi war und sich irgendwie auf den Beinen halten konnte. Sie drückte ihre Zimmernachbarin zur Begrüßung kurz.

„Ein Glück das es dir gut geht! Wir sind gestern fast vor Sorge gestorben, als Meiko uns erzählt hat, das Miku und du den Abhang runtergerauscht seid!“

Beschwichtigend hob die Ältere die Hände und deutete der Anderen an, das sie sich erstmal wieder ein wenig beruhigen sollte.

Inzwischen hatten auch die Anderen die beiden erreicht.

„Wie habt ihr es geschafft da runter zu fallen?“, wollte Rin sofort wissen. Auch sie begrüßte ihre Freundin mit einer Umarmung.

Miki, Teto, Neru und Lily taten es ihr gleich. Allerdings blieben die vier anderen Schülerinnen ein wenig ruhiger als Rin und Gumi.

„Ihr glaubt nicht wie froh ich bin das überstanden zu haben.“, berichtete Luka.

„Du hättest dir den Hals brechen können!“, äußerte Miki.

„Wieso wart ihr überhaupt in dieser Sperrzone?“, wollte Teto wissen.

„Meiko wollte mit der Sprache partout nicht rausrücken.“, streute Lily ein.

„Leute...! Eins nach dem Anderen, ja?“

Gemeinsam verließen die Schülerinnen den Bahnhof wieder und machten sich auf den Rückweg zur Schule. Während sie unterwegs waren, musste die Rosahaarige haarklein berichten was nun genau passiert war.

Nur den Grund warum sie nun in die Sperrzone gerannt waren, verschwieg auch sie lieber. Sie hatte keine Lust erklären zu müssen warum Miku in die falsche Richtung abgehauen war.

Wie gut das dieser Horror endlich vorbei war. Die beiden Mädchen waren noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen.

Die Türkishaarige würde vermutlich noch eine ganze Weile an Krücken gehen müssen, aber es hätte noch viel Schlimmeres als ein Beinbruch passieren können.

Für Luka würde ab Montag wieder der Schulalltag beginnen, während Miku noch eine Woche im Krankenhaus würde verbringen müssen. Dennoch, alles würde früher oder später wieder zur Normalität zurückfinden.
 

~~~~~

* Sorry das ich nach der langen Zeit nur so ein kurzes Krüppelskappi hochlade. Ich hab derzeit alle Hände voll zu tun für die anstehenden Klausuren zu lernen, und die Cosplays zur Dokomi wollen auch noch rechtzeitig fertig werden.

Ich hoffe trotzdem, das ich jetzt wieder etwas schneller zum Weiterschreiben komme.

Weekend

„Hast du Mathe schon fertig?“

Die Grünhaarige lag auf ihrem Bett, ihre Schulhefte und Stifte kreuz und quer um sich herum verteilt. Ein wenig lustlos blickte sie rüber zu ihrer Zimmernachbarin. Hausaufgaben waren ganz gewiss nicht ihre Lieblingsbeschäftigung. Dies war dem Wildfang auch deutlich anzusehen.

„Ne, noch nicht. Ich versteh's ja selbst nicht.“, antwortete die wesentlich ruhigere Ältere.

Gumi zog ein Gesicht. Wieso zur Hölle verstand niemand Mathe? Wer brauchte dieses furchtbare Fach überhaupt? Und wenn selbst Luka mit den Aufgaben überfordert war, dann wollte das schon was bedeuten.

„Ich hab keine Lust mehr!“, moserte die Grünhaarige und stand vom Bett auf. Bei dieser Aktion fielen auch einige Stifte zu Boden.

„Dann mach doch einfach mal ne Pause.“

„Werde ich auch. Ich denke ich werde etwas raus gehen.“

„Eigentlich keine schlechte Idee. Nimmst du mich mit?“

„Klar!“

Und somit verließen die beiden Schülerinnen ihr Zimmer um erstmal etwas frische Luft zu schnappen. Die Hausaufgaben konnten sie auch später noch erledigen.

Da auf dem Internatgelände nichts los war, beschlossen die beiden einfach mal runter in die Stadt zu wandern. Diese lag ja zum Glück am Fuß des Berges und war somit gut zu erreichen.

„Es wundert mich, das es immer noch so warm ist.“, streute Gumi ein. Luka warf ihr ein Lächeln zu.

„Das kann sich jetzt aber von Tag zu Tag ändern. Wir sollten den restlichen Sommer besser genießen.“

„Urg! Ich hab keine Lust auf Winter!“, rief die Jüngere aus. Die Rosahaarige musste lachen.

In der Stadt angekommen zogen die Freundinnen ein wenig planlos durch die Straßen und beschlossen dann sich in ein Eiscafé zu setzen. Bei dem Wetter war das wirklich eine der besten Ideen, die man haben konnte.

Inzwischen waren seit dem Unfall gute zwei Monate vergangen. Alles war wieder beim Alten. Niemand verlor noch ein Wort über den Sturz in die Erdgrube.

Lediglich der Gips an Mikus Bein war eine kleine Erinnerung an den Campingausflug. Doch die Türkishaarige war selbst mit Krücken erstaunlich gut zu Fuß und ließ sich von ihrem Gipsbein nicht unterkriegen.

Luka hatte sich inzwischen ganz daran gewöhnt das Internat zu besuchen. Sie hatte sich gut eingelebt, hatte viele Freunde und schrieb gute Noten.

Das Einzige was sie störte war, das sie am Wochenende nicht wie die Anderen ihre Familie besuchen konnte. Ihre Mutter lebte in Deutschland und sie hatte nur sehr selten überhaupt die Möglichkeit mit ihr zu telefonieren. Glücklicherweise nahmen ihre Freunde sie übers Wochenende meist mit zu sich Nachhause, sodass sie nicht allein im Internat bleiben musste.

„Sag mal, wie weit bist du eigentlich mit dem neuen Musikprojekt?“, wollte die Grünhaarige wissen. Um ihre Worte zu unterstreichen, zeigte sie mit ihrem Eislöffel auf die Andere.

Diese machte sich nichts aus den fehlenden Tischmanieren ihrer Zimmernachbarin und antwortete :“Ich warte drauf, das ich den Musikraum mal für mich habe. Der Song will noch eingesungen werden.“

„Was brauchst du dafür den Musikraum? Unser Zimmer tut's doch auch.“ Grinsend blickte die Jüngere ihre Zimmernachbarin an.

„Ja schon, aber mit der Bühne ist das nicht zu vergleichen. Außerdem ist die Akustik im Musiksaal viel besser.“

Gumi verdrehte die Augen. „Du redest schon wie Miku, weißt du das?“

„Hey! Das hat doch damit nichts zu tun!“

„Aber jetzt mal ehrlich : Wo nimmt Herr Ito eigentlich immer diese verrückten Ideen her? Songs die in irgendwelche bestimmten Richtungen zu gehen haben...“, wunderte Luka sich. Sie strich sich eine der langen rosanen Strähnen aus dem Gesicht.

„Ach, ich kann über das Los, das ich gezogen habe, nicht meckern.“, grinste Gumi sie an.

Der Musiklehrer hatte mal wieder ein neues Projekt gestartet. Diesmal hatten die Schülerinnen Zettel ziehen müssen, auf denen sich je ein bestimmter Begriff befand. Und zu diesem Begriff sollten sie sich etwas ausdenken.

„Ich aber schon! 'Kasino' – was war denn das bitte für ein Los?!“, beschwerte die Ältere sich.

„Was hast du denn? Du hast doch was draus gemacht.“

„Schon...aber ich bezweifle, das ich BlackJack wirklich vor der Klasse vorsingen will.“

So ging die Unterhaltung noch weiter, bis die beiden Mädchen schließlich ihre Eisbecher geleert hatten. Inzwischen war es fast Abends. So beschlossen sie besser wieder zurück zum Internat zu gehen.

Kaum waren sie zurück in ihrem Zimmer, da sahen sie sich auch schon wieder den ganzen Schulheften gegenüber. Die Hausaufgaben...stimmte ja!

Luka beschloss noch schnell die Chemiehausaufgaben zu beenden, während Gumi rüber zu Neru lief um Mathe abschreiben zu können.
 

Die Rosahaarige hatte etwa eine Seite geschrieben und zerbrach sich gerade über die Reaktion von Salzsäure und Zink den Kopf, als es an der Tür klopfte.

Vermutlich eine ihrer Freundinnen. Gumi wäre ja einfach so ins Zimmer gekommen.

„Komm rein!“, rief sie also und drehte sich zur Tür, um ihre Besucherin zu begrüßen.

Die Tür wurde geöffnet und ihre Klassenkameradin betrat den Raum.

Luka zog eine Augenbraue hoch. Obwohl sie inzwischen wieder miteinander redeten, hatte sich immer noch keine Freundschaft aufgebaut.

„Hi Miku.“, begrüßte sie die Türkishaarige. Diese schloss gerade die Tür hinter sich und humpelte mit den Krücken rüber zum Schreibtisch.

„Hey.“ Auf die Lippen der Diva hatte sich ein Lächeln gelegt. „Stör ich gerade? Mir war drüben so langweilig.“

Angesprochene schüttelte nur leicht den Kopf und stand auf. „Ach quatsch, ich hab Chemie eh gleich geschafft.“

Damit die Jüngere nicht länger stehen musste als nötig, bot sie ihr lieber den Schreibtischstuhl an.

„Das du die Nerven hast, das alles selber zu schreiben.“, wunderte die Türkishaarige sich.

„Sicher, sonst nutzt es mir in der nächsten Klausur rein gar nichts.“

„Na das stimmt auch wieder.“

Während Miku sich auf den Stuhl gesetzt hatte und ihre Krücken an den Tisch lehnte, nahm Luka auf ihrem Bett platz. Dumm rumstehen wollte sie auch nicht unbedingt.

„Wie geht’s deinem Bein?“, wollte Luka dann wissen um ein Gesprächsthema zu finden.

„Ach, schon wieder viel besser. Ich hoffe ja den Gips bald wieder los zu sein.“

Die Rosahaarige konnte sich nicht helfen, doch es war irgendwie merkwürdig, hier zu sitzen und so selbstverständlich mit der Diva zu reden. Sie hatte ihr verziehen...wirklich, nur das das Eis trotz allen Bemühungen noch nicht ganz getaut war.

Nach wie vor empfand sie es als merkwürdig mit der Türkishaarigen zu reden, so zu tun als seie nie etwas gewesen. Das Mädchen hatte seine Lektion gelernt. Sie wusste, das sie so eine Aktion wie damals nie wieder abziehen würde.

Doch trotzdem...wieso hatten Gespräche dann immer so etwas Gezwungenes? Und wieso wollte sich einfach keine Freundschaft bilden? Sie verstand es ja selbst nicht.

Die Türkishaarige kramte in ihrer Tasche und hielt kurze Zeit später einen Zettel in der Hand.

„Magst du mal nen Blick drauf werfen? Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich die Lyrics so lassen soll.“

Luka streckte sich, um nicht extra von ihrem Sitzplatz aufstehen zu müssen.

„Ja klar, zeig mal her.“ Sie warf ihr ein Lächeln zu.

Die Rosahaarige war eigentlich immer neugierig, was für Songtexte die Anderen wohl geschrieben hatten, doch gerade bei Miku war sie gleich doppelt so gespannt.

Das die Türkishaarige von allen hier wegen ihrer Stimme sehr geschätzt wurde, war ja schon lange kein Geheimnis mehr. Und eins musste man ihr lassen : Lieder schreiben und singen konnte sie wirklich mehr als gut. Wenn die Diva sang, dann war das ein Erlebnis für sich. Sie schaffte es ihr Publikum entweder mucksmäuschenstill werden zu lassen, oder es zum toben zu bringen.

So überflog die Blauäugige also die Zeilen und Noten und blickte ihre Klassenkameradin dann interessiert an. 'Reflection' hatte einen wirklich interessanten Text. Traurig und romantisch zugleich. Luka konnte sich vorstellen, das es sich bei dem Song bestimmt um etwas Ruhiges handeln musste.

„Der Text sieht gut aus. Hast du es schon mal gesungen?“, wollte sie dann wissen.

Angesprochene nickte. „Ja schon...aber ich schaffe es noch nicht den Song mit dem nötigen Gefühl rüber zu bringen.“

Miku zog ein Gesicht. Um etwas gut singen zu können, musste man das Lied natürlich sehr oft üben. Dennoch hatte sie das Gefühl, das es diesmal sehr lange dauern würde, bis sie mit sich und ihrer Stimme zufrieden war.

Die Lyrics...sie wusste ja für wen sie den Song geschrieben hatte, und da wollte sie ihre Gefühle auch perfekt widerspiegeln können.

„Sei doch nicht so streng mit dir.“, versuchte die Ältere sie etwas aufzuheitern. Die Türkishaarige warf ihr ein dankbares Lächeln zu. Dann begann sie plötzlich nervös mit einer Haarsträhne zu spielen.

Luka war die plötzliche Nervosität der Anderen nicht entgangen, dennoch sagte sie nichts dazu, da die Diva vermutlich gleich eh von selbst anfangen würde zu reden. Und sie hatte sich nicht getäuscht.

„Du sag mal, bei wem bist du eigentlich dieses Wochenende?“, wollte Miku dann wissen.

„Keine Ahnung. Das wollten wir eigentlich heute Abend klären.“

„Hast du nicht Lust dieses Wochenende mit zu mir zu kommen?“, erkundigte die Jüngere sich dann.

Für zwei Sekunden schien die Temperatur im Raum um mehr als zehn Grad gefallen zu sein. Ohne es wirklich zu beabsichtigen, starrte die Blauäugige die Diva erschrocken an.

Miku war die Anspannung ihrer Klassenkameradin nicht entgangen. Zwar beteuerte die Rosahaarige ihr verziehen zu haben, doch sprach ihre Reaktion eine ganz andere Sprache. Von jetzt auf gleich fragte sie sich, ob diese Frage eine so gute Idee gewesen war.

Dabei...wollte sie doch nur nett sein. Arg! Sie hatte wirklich keine Gemeinheiten mehr vor! Aber Luka hatte die Sache damals wohl immer noch nicht ganz vergessen.

Und obwohl Miku keine Hellseherin war, waren das exakt die Gedanken, die die Rosahaarige gerade hatte. Kurzzeitig blitzten die Erinnerungen und das alte Misstrauen wieder auf.

„Du musst nicht, wenn du nicht willst.“ Die Türkishaarige hatte ein schiefes Lächeln aufgesetzt um ihre eigentliche Gefühlslage zu verbergen.

//Sie ist in Ordnung. Ich denke ich sollte es einfach wagen, damit das Eis entgültig schmilzt//

Auch auf Lukas Lippen stahl sich ein Lächeln – allerdings ein Warmes und Ehrliches.

„Ich komme das Wochenende über gern mit, wenn's dich wirklich nicht stört.“, sagte sie schließlich.

Nun war es Miku, die einen Moment irritiert blinzelte, dann aber übers ganze Gesicht strahlte.

„Super!“, rief sie aus. „Ich bin mir sicher du wirst mein Haus und die Stadt lieben.“
 

Und so verging die Woche. Als sie ihren Freunden von ihrem Entschluss erzählt hatte, waren diese zwar erst misstrauisch, ließen sich dann aber auch davon überzeugen, das die Aktion eine gute Idee war.

„Und wenn irgendwas sein sollte, ruf einfach an, ja? Wenn ich mich in die Bahn setzte, könnte ich in einer halben Stunde da sein.“, stellte Rin fest.

Die Blonde hatte ihre Koffer fürs Wochenende bereits gepackt und hatte nur noch einmal kurz bei Gumi und Luka vorbeigeschaut, um sich zu verabschieden.

„Ich denke Miku hat aus der ganzen Sache gelernt.“, streute Miki ein. Diese war auf die gleiche Idee wie Rin gekommen und hatte ihre Freundinnen noch einmal kurz besucht.

„Klar hat sie das. Ich glaube ich muss ihr gegenüber nur endlich auftauen. Sie gibt sich riesige Mühe alles wieder gutzumachen.“

„Ich würde ihr auch alle Haare einzeln ausrupfen, wenn dem nicht so wäre.“, stellte die Grünhaarige fest. Ihr Grinsen verstörte alle Anwesenden.

„Ich denke ich geh langsam mal rüber zu ihrem Zimmer damit wir los können.“, meinte Luka schließlich. Gesagt getan – sie verabschiede sich noch kurz von den Anderen, lief im Treppenhaus noch Neru und Lily in die Arme, quatschte ein wenig mit den Beiden und begab sich dann rüber zu Mikus Zimmer.

Sie klopfte gegen die Holztür und musste keine drei Sekunden auf ein 'Herrein' warten.

„Morgen!“, begrüßte sie ihre beiden Mitschülerinnen, als sie den Raum betrat.

„Hi Luka!“, grüßte Seeu, welche sich ja ein Zimmer mit Miku teilte.

„Da bist du ja!“, strahlte die Türkishaarige. Sie hatte gerade die letzten Sachen in ihren Koffer gepackt und zog dessen Reißverschluss zu.

„Das nenn ich Timing.“, grinste die Ältere und deutete mit einem Kopfnicken auf den Koffer.

„Da sagst du was.“

Der Diva war deutlich anzusehen, wie sehr sie sich darüber freute, das ihre Angebetete damit einverstanden war, das Wochenende mit zu ihr zu kommen.

Die Türkishaarige stand von ihrem Platz auf, stützte sich auf ihre Krücken und versuchte gleichzeitig noch irgendwie den Koffer hochzuheben.

Luka sah das Unglück schon kommen und beschloss besser zu helfen.

„Lass mal, ich trag den.“ Mit diesen Worten und einem leichten Lächeln nahm sie Miku das Gepäck ab.

„Aber zwei Koffer zu schleppen ist doch viel zu schwer!“, protestierte Diese. Ob sie der Rosahaarigen das zumuten konnte?

„Ach Quatsch, das geht schon.“, versuchte die Andere sie zu beruhigen.

Auf den Wangen der Türkishaarigen hatte sich ein Rotschimmer gebildet. Wie zuvorkommend die Rosahaarige doch sein konnte.

„Ich würde ja tragen helfen, aber ich muss in die andere Richtung.“ Verlegen kratzte Seeu sich am Kopf. Seit ihre Zimmernachbarin an Krücken ging, half sie ihr eigentlich wo sie nur konnte.

Seeu hatte noch ein wenig Zeit, bis ihre Bahn kam und musste somit noch etwas im Internat bleiben. Anders als Luka und Miku – die beiden sahen lieber zu, das sie rechtzeitig den Bahnhof erreichten.
 

Eine halbe Stunde später saßen die beiden Schülerinnen in der Bahn. Es war Samstags Morgens und überraschenderweise war die Bahn mal nicht überfüllt.

Sie hatten sich auf einen Viererplatz gesetzt und die beiden freien Plätze mit ihrem Gepäck und den Krücken zugestellt.

„Wie lange fahren wir jetzt eigentlich?“, wollte Luka wissen.

„Etwa ne Stunde. Dad holt uns zum Glück vom Bahnhof ab.“, erklärte die Türkishaarige ihr.

Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und blickte aus dem Fenster. Die Landschaft raste an ihnen vorbei.

„Wie steckst du es bloß so einfach weg, deine Mutter so lange nicht sehen zu können?“, wollte sie dann wissen.

„Ich weiß ja, das sie in zwei Jahren wieder zurück ist.“ Luka hatte ein Lächeln aufgesetzt, doch es wirkte nicht echt. Miku sah ihr deutlich an, das ihr die Situation mehr zu schaffen machte, als sie zugeben wollte.

„Ich stell mir das trotzdem hart vor.“, räumte die Jüngere ein. Dann fiel ihr noch etwas ein.

„Sag mal, wie willst du das eigentlich in den Sommerferien machen? Ich meine...sechs Wochen keine Schule.“

Die Rosahaarige zuckte nur leicht mit den Schultern. „Gumi hat gesagt das ich so lange bei ihr wohnen kann. Ich glaube ohne sie wäre ich aufgeschmissen.“

„Das du das Mädchen so lange erträgst ist bewundernswert.“ Für einen Moment hatte Miku nicht darüber nachgedacht, was sie da gerade sagte. Entsprechend fiel auch Lukas Reaktion darauf aus.

„Hey, wie redest du bitte von ihr?!“, fuhr sie die Türkishaarige an.

„Sie ist die ganze Zeit über so grob und vorlaut. Im Prinzip das komplette Gegenteil von dir.“

„Das mag schon sein. Aber weißt du, gerade deswegen mag ich sie.“, erklärte die Ältere.

Die Diva zog ein überraschtes Gesicht. „Eh?“

Luka schüttelte nur leicht den Kopf und beschloss das genauer zu erklären.

„Weißt du, sie ist manchmal wirklich etwas barsch, aber sie hat auch ganz andere Seiten. Ich weiß das klingt vielleicht verrückt, aber in gewisser Hinsicht passt sie auf mich auf. Wenn ich manchmal schon den Kopf in den Sand stecken will, dann ist sie mutig für drei und baut mich wieder auf. So unsensibel ist sie eigentlich gar nicht. Sie ist richtig nett, aber eben auf ihre Art.“

Miku blickte einen Moment lang nachdenklich drein. „So wie du sie beschreibst erinnert sie mich ein bisschen an Meiko.“

Nun war es Luka die plötzlich grinste. „Ich sagte nicht, das Gumi jedem Rock hinterherrennen würde.“

Die Türkishaarige musste lachen. „Gut, etwas mädchenhafter ist sie wirklich.“

Ihr Gespräch wurde unterbrochen, als ein Kontrolleur die Bahn betrat und ihre Fahrausweise sehen wollte. Nachdem diese vorgezeigt waren, hatten sie die längste Strecke auch fast schon überstanden.

„Und deine Eltern haben wirklich nichts dagegen, das du mich mitbringst? Sie sehen dich doch nur am Wochenende.“, gab Luka plötzlich zu bedenken.

Mit einem Lächeln schüttelte Miku nur den Kopf. „Ach Quatsch. Ich bringe öfters mal Freunde mit. Meine Eltern haben da wirklich nichts gegen.“

Der Zug hatte den Bahnhof erreicht und hielt an. Während Miku sich ihre Krücken schnappte, trug Luka die beiden Koffer aus der Bahn.

„Keine Sorge, meine Eltern sind wirklich nett.“, versicherte die Türkishaarige ihr gut gelaunt.
 

Und Miku sollte Recht behalten. Als sie das Bahngleis verlassen hatten und sich dem, neben dem Bahnhof liegenden Parkplatz näherten, stand dort schon ein großes Auto bereit. Der Wagen hatte bestimmt ein halbes Vermögen gekostet. Luka fragte sich direkt, wer sich wohl so ein teures Auto leisten konnte. Sie schaltete nicht direkt und wunderte sich erst, als ihre Klassenkameradin genau auf den Wagen zuhumpelte.

Die Tür des Autos wurde geöffnet und ein Mann Mitte Vierzig verließ das Fahrzeug. Er hatte kurze, schwarze Haare, war etwa 1,85m groß und trug teuer aussehende Kleidung. Und obwohl der Mann wirklich reich aussah, hatte er ein sehr freundliches Gesicht.

„Dad!“, rief die Türkishaarige aus und strahlte übers ganze Gesicht. Hätte sie nicht an Krücken laufen müssen, die Begrüßung wäre sicherlich stürmischer ausgefallen.

„Schätzchen! Wie schön das endlich Wochenende ist.“, begrüßte ihr Vater sie und umarmte sie. Dann wanderte sein Blick rüber zu Mikus Klassenkameradin.

„Ah, hallo. Du musst Luka sein, oder?“

Die Rosahaarige nickte leicht. „Ja genau. Es freut mich Sie kennen zu lernen.“, meinte sie dann höflich.

Irgendwie fühlte sie sich immer ein wenig unwohl, wenn sie mit den Eltern ihrer Klassenkameradinnen redete.

Im Internat schaffte sie es meist das Gefühl auszublenden, doch immer wenn eine ihrer Freundinnen sie am Wochenende mitnahm, wurde sie wieder daran erinnert das sie ihre eigene Mutter erst in zwei Jahren wiedersehen würde. Sie versuchte sich nie etwas anmerken zu lassen, doch manchmal fragte sie sich, ob die Anderen eigentlich wussten, wie gut sie es hatten. Sie konnten ihre Eltern jedes Wochenende sehen. Sie selbst war froh, wenn sie einmal in der Woche nach Deutschland telefonieren konnte.

„Miku hat mir schon viel von dir erzählt.“, ergriff Herr Hatsune erneut das Wort. „Und ich muss sagen, ihre Beschreibung passt haargenau.“

Peinlich berührt deute seine Tochter ihn mit einer ihrer Krücken an. „Papa!“, rief sie aus.

Ihr Vater und Luka konnten darüber nur lachen. Die Diva setzte ein Schmollgesicht auf.

„Miku hat mir schon erzählt, das deine Mutter derzeit nicht im Land ist. Ist das nicht schlimm für dich?“

Aua. Ganz genau den wunden Punkt getroffen. Miku warf ihrem Vater unauffällig einen bösen Blick zu, während Luka sich rein gar nichts anmerken ließ.

„In zwei Jahren ist sie ja wieder da. Ich gönne es ihr zwei Jahre in Deutschland arbeiten zu können.“, antwortete sie.

„Das ist wirklich eine sehr rücksichtsvolle Ansicht, die du hast.“, stellte Herr Hatsune mit einem Lächeln fest. Die Rosahaarige kratzte sich leicht verlegen am Kopf.

„Sie hat mein ganzes Leben lang alles für mich getan, da kann ich es ihr nun wirklich nicht verübeln, das sie sich jetzt ihren eigenen Traum erfüllt.“

Während sie sprachen, waren die drei in Richtung Auto gegangen. Das Gepäck der beiden Mädchen wurde im Kofferraum des Wagens verstaut.

Luka half Miku ins Auto zu steigen und reicht ihr ihre Krücken in den Wagen, bevor sie selbst ebenfalls auf der Rückbank platz nahm.

Die Türkishaarige hatte nicht gelogen. Zumindest ihr Vater war wirklich nett. Ihre Mutter würde sie ja vermutlich gleich auch noch kennen lernen.

Nun konnte zumindest erstmal die Heimfahrt beginnen.

Während die Diva übers ganze Gesicht strahlte und sich schon aufs Wochenende freute, war die Ältere ziemlich gespannt, wo ihre Klassenkameradin nun wohnte. Allein schon das sündhaft teure Auto ließ sie ahnen, das Mikus Familie Geld hatte.

Doch das Anwesen, welches sie gleich erreichen sollten, würde Lukas Erwartungen noch um ein Vielfaches übertreffen...

Homesick

Der Wagen hielt vor einem großen Tor. Links und rechts des Tors bildeten akkurat geschnittene Büsche ein großes Viereck um das Anwesen. Die Pflanzen dienten nur der Optik, doch verbargen sie einen massiven Eisenzaun. Die pfeilartigen Spitzen des Zauns, würden es jedem Einbrecher schwer machen, das Anwesen überhaupt zu betreten.

Der Fahrer des Autos öffnete das Handschuhfach und holte einen kleinen Schalter heraus. Er drückte auf den Schalter und das schwere Eisentor öffnete sich wie von Geisterhand.

Nun ging die Fahrt noch etwa zwanzig Meter weiter und endete unter einem Parkpavillion.

„Endlich wieder Zuhause!“, freute Miku sich.

Luka hatte das riesige Anwesen die Sprache verschlagen. //Wow...ich hab mit Vielem gerechnet, aber nicht damit//, dachte sie sich.

Als sie vor zwei Jahren mal in einem 4-Sterne Hotel Urlaub gemacht hatte, hatte sie dies eigentlich schon für Luxus gehalten. Aber das Haus der Hatsunes toppte einfach alles. Konnte man dieses Gebäude überhaupt noch als Haus bezeichnen?

Sie standen gerade allen Ernstes vor einem traditionellen, japanischen Anwesen, das so groß war, wie sie es noch nie gesehen hatte.

„Dein Blick ist Gold wert.“, neckte die Türkishaarige sie und holte sie zurück in die Realität.

Leicht verlegen warf die Ältere ihr ein Lächeln zu. „Du hättest mich ruhig vorwarnen können.“

„Warte erstmal ab, bis du die Inneneinrichtung siehst.“, strahlte die Andere.

Inzwischen hatte Mikus Vater die Koffer aus dem Kofferraum geholt. Luka reichte ihrer Klassenkameradin ihre Krücken.

„Können wir dann?“ Mit einem warmen Lächeln sah Herr Hatsune die beiden Mädchen an. Diese nickten. Somit wanderten die drei einen kleinen Weg entlang, stiegen die Treppe zur Veranda empor und erreichten schließlich die Haustür.

An der Tür angekommen, wurden die Schuhe gegen Hausschuhe eingetauscht.

Auch das Innere des Hauses war purer Luxus. Alles war sehr stilvoll und traditionell eingerichtet. Nirgendwo lag auch nur ein Körnchen Staub herum.

„Ich stell die Koffer mal in deinem Zimmer ab, Schätzchen.“

„Ja, mach das. Danke Dad.“

Mit diesen Worten wandte die Diva sich wieder der Rosahaarigen zu. „Komm, lass uns mal sehen wo meine Mom ist.“

Angesprochene nickte nur. „Alles klar.“

Auf dem Weg durchs Haus fiel ihr auf, wie leicht man sich hier doch verlaufen konnte. Es würde sicherlich ein Weilchen dauern, bis sie sich hier zurechtfand. Da war ja sogar die Schule übersichtlicher.

Sie erreichten ein riesiges Wohnzimmer, durchquerten den Raum und begaben sich rüber zur Küche. Von dort aus war den beiden Mädchen schon ein guter Geruch in die Nase gestiegen. Es roch nach Mittagessen. Sie konnten es nicht genau zuordnen, aber es roch lecker.

Miku schob die Tür auf und betrat den Raum. Wie erwartet stand ihre Mutter gerade an der Anrichte und bereitete das Mittagessen vor.

Die Frau war etwa anfang Vierzig und sah aus wie eine genaue Kopie der Diva, nur eben in älter und mit kürzeren Haaren.

„Hi Mom!“, rief Miku aus.

„Hallo, Frau Hatsune.“, grüßte Luka um ein Vielfaches höflicher als ihre Klassenkameradin.

„Ah, du bist wieder Zuhause, wie schön“, freute sie sich. „Da habt ihr aber heute guten Anschluss gehabt.“

Die Türkishaarige nickte. „Ja, zum Glück hatte mein Zug heute keine Verspätung.“

Die Hausherrin wandte sich ihrem Gast zu. „Und du musst Luka sein, richtig?“

Angesprochene nickte. „Ja genau.“

„Meine Tochter hat mir schon die Ohren von dir vollgeschwärmt.“, grinste die Ältere.

„Mom! Nicht schon wieder!“, rief ihre Tochter entsetzt aus. Ihre Wangen nahmen schlagartig einen Rotton an.
 

Etwas später saßen die Vier am Tisch und aßen erst einmal etwas zu Mittag. Die Nasen der beiden Schülerinnen hatten sie nicht getäuscht – das Essen roch nicht nur gut, nein es war wirklich sehr lecker.

Die Rosahaarige hatte erwartet,das in einem so traditionellen und reichen Haushalt, sicher viel mehr auf Benehmen und sämtliche Höflichkeitsregeln geachtet wurde, doch die Eltern ihrer Klassenkameradin waren genau so locker und freundlich wie die, ihrer anderen Freundinnen.

Während des Mittagessens herrschte kein Schweigen, sondern sie redeten über Gott und die Welt.

Mikus Eltern wollten wissen, was es Neues aus der Schule zu berichten gab. Außerdem löcherten sie die Rosahaarige mit Fragen, um sie ein wenig besser kennen zu lernen. Sie hatten aus früheren Erzählungen ja schon gemerkt, was für einen Narren ihre Tochter an ihr gefressen hatte.

Luka brauchte eine Weile um aufzutauen. So war das immer, wenn sie das erste Mal in einem fremden Haushalt war. Aber bei den Hatsunes taute das Eis eigentlich recht schnell.

Schon eine Stunde später erzählte und lachte sie mit den Anderen genau so, als würden sie sich schon ewig kennen.

Nach dem Essen und etwas Erzählen, erhob die Türkishaarige sich von ihrem Sitzplatz. Ihre Klassenkameradin reichte ihr gleich die Krücken, damit sie gehen konnte.

„Komm, ich zeig dir mal mein Zimmer.“, schlug sie dann vor.

Angesprochene nickte. „Klar. Da bin ich jetzt schon mal gespannt.“

Ihr Weg führte erstmal raus aus dem Esszimmer, über einige Flure und endete schließlich vor einer Schiebetür. „Ich hoffe mal das Mom geputzt hat.“

Miku warf Luka ein leicht verlegenes Grinsen zu. Seit sie den Gips hatte, konnte sie ihr Zimmer ja schlecht am Wochenende selbst putzten.

„Ach, und selbst wenn nicht – ich bin von Gumi wirklich einiges gewöhnt.“

Und das war sie wirklich. Während die Grünhaarige eine Chaotin vor dem Herrn war, war die Rosahaarige sehr ordentlich. Ständig räumte oder putzte sie ihrer Zimmernachbarin hinterher. In den Monaten, in denen sie nun schon im Internat lebte, war dies aber zur Gewohnheit geworden. Sie hatte aufgehört sich darüber aufzuregen. Es war eh sinnlos.

Miku schob die Tür auf und betrat den Raum. Luka folgte ihr.

Glücklicherweise war hier aber erst vor kurzem noch geputzt worden. Nirgendwo war Staub oder Ähnliches zu finden. Das Zimmer war, wie der Rest des Hauses, sehr groß und aufgeräumt.

Im Gegensatz zum restlichen Haus, war das Traditionelle hier aber verloren gegangen. Hier und da hingen Poster an den Wänden. Im Bücherregal und auf dem Schreibtisch lagen einige Modezeitschriften und Mangas. Neben dem Computer befand sich ein großer Stapel mit Notenblättern.

Das Zimmer verfügte über einen riesigen Spiegel, vor dem ein Schminktischchen aufgebaut war. Mikus Kleiderschrank war zwar ebenfalls riesig, aber trotzdem restlos überfüllt. Die Tür stand einen Spalt weit offen und auch außen am Kleiderschrank hingen noch einige Outfits.

An der Wand hing ein großer Flachbildfernsehr und in einer Ecke stand eine Gitarre.

Das Beste war aber die Karaokemaschine, die sich direkt unter dem Fernseher befand.

„Tja, und das ist mein kleines Reich.“, stellte die Türkishaarige mit einem Grinsen fest. Ihr war der ungläubige Blick der Älteren nicht entgangen.

„Klein?! Ich wünschte ich hätte jemals so ein riesen Zimmer gehabt!“, rief sie aus.

Miku konnte ein Kichern nicht unterdrücken. „Fühl dich einfach ganz wie Zuhause.“, sagte sie dann.

Luka bemerkte, das das Zimmer noch eine zweite Schiebetür hatte. Sie deutete auf die Tür und blickte ihre Klassenkameradin an. „Wo geht’s da eigentlich hin?“, wollte sie dann wissen.

Die Türkishaarige warf ihr ein Lächeln zu. „Sieh nach.“, forderte sie dann.

Dagegen hatte die Ältere nichts einzuwenden. Sie schob also die Tür zu Seite und erlebte eine erneute Überraschung.

Von Mikus Zimmer aus konnte man quasi direkt in den Garten gehen. Und was noch für ein Garten! Die Pflanzen waren akkurat geschnitten, kleine Beete waren ordentlich angelegt worden.

In der Mitte des Gartens befand sich ein See, in dem sie von hier aus einige rote und weiße Schecken bemerkte. Vermutlich Kois.

Genau über den Teich führte eine Brücke, passend zum Haus, alt und traditionell gehalten.

Fast vor der Zimmertür klirrte ein Windspiel leise im Wind.

„Wow! Was für eine Aussicht!“, rief sie staunend aus.

„Speziell im Sommer ist es herrlich, abends noch ein wenig auf der Veranda zu sitzen.“, erzählte Miku ihr.

„Das glaub ich dir gern.“

Luka musste sich nicht extra umdrehen, um zu bemerken, das die Türkishaarige auf sie zuhumpelte. Das Geräusch, welches die Krücken beim Kontakt mit dem Boden erzeugten, verriet es ihr.

Miku drückte ihr von hinten irgendetwas in die Hand. Ganz automatisch griff Luka zu. Der Gegenstand, den die Andere ihr gerade gereicht hatte, hatte irgendetwas vertrautes. Ein Mikrophon.

Leicht fragend drehte sie sich nun doch zu der Jüngeren um, nur um festzustellen, das das Mädchen sich ebenfalls mit einem Mikrophon bewaffnet hatte.

„Ich wollte schon ewig noch mal mit dir zusammen singen.“, stellte die Diva fest.

Auf Lukas Lippen legte sich ein Lächeln. „Klar, wieso nicht. So eine Karaokemaschine will ausgenutzt werden, was?“

„Zumindest von Leuten, die eine schöne Singstimme haben, jepp.“

Da Miku wegen ihrem Gipsbein nicht die ganze Zeit über stehen konnte, starteten die Mädchen die Maschine und setzten sich aufs Bett.

„Nen besonderen Musikwunsch?“

„Ach, ich lass mich einfach überraschen.“

Als die beiden Schülerinnen begannen zu singen, waren sie ganz in ihrem Element. Es war, als wenn sie sich von jetzt auf gleich, in ihrer eigenen kleinen Welt befinden würden.

Eine Welt, in der es nur sie und die Musik gab. Die Stimmen der beiden Mädchen harmonierten perfekt miteinander, was das Singen gleich noch viel reizvoller machte.

Es war eine Sache alleine zu singen, oder just for fun mit einer Klassenkameradin, doch mit einer anderen talentierten Sängerin an ihrer Seite, wünschte Miku sich, das die Zeit stehen bleiben würde.

Auch Luka hatte Gefallen daran gefunden mit der Anderen zu singen.

Vermutlich wären einige bekannte Sänger gerade vor Neid grün angelaufen.

Es dauerte nicht lange, da wurde die Tür zu Mikus Zimmer erneut geöffnet und ihre Eltern betraten den Raum, um den Mädchen zuzuhören. Das kleine Konzert wollten sie sich nicht entgehen lassen.

Die beiden wussten ja, was für eine schöne Stimme ihre Tochter hatte, doch jetzt hatte sie scheinbar auch noch die passende Gesangsparnterin gefunden.
 

Der Tag verging ohne nennenswerte Zwischenfälle. Jetzt, wo die beiden endlich miteinander redeten, war auch das letzte Eis getaut. Die Rosahaarige war sich zwar schon vorher sicher gewesen, das Miku sich geändert hatte, doch jetzt war auch das letzte bisschen Misstrauen verschwunden.

Sie war sich durchaus bewusst, das die Türkishaarige ein ziemliches Biest zu anderen sein konnte, das würde sich wohl nie ändern, doch zu ihr war sie anders.

Gut, wenn sie an damals an die Erdgrube zurückdachte, wusste sie auch warum. Eigentlich ein merkwürdiges Gefühl, das ausgerechnet die Schuldiva, die nun wirklich jede Andere haben könnte, hinter ihr her war.

Zum Glück hielt das Mädchen sich aber stark zurück und versuchte sie zu nichts mehr zu drängen, was sie eigentlich gar nicht wollte.

Inzwischen war es Abend. Die Familie hatte eben noch etwas zu Abend gegessen. Luka half Mikus Mutter noch dabei das Geschirr zurück in die Küche zu bringen, während die Diva im Wohnzimmer sitzen blieb. Eigentlich hätte sie auch geholfen, doch mit den Krücken war das ein Ding der Unmöglichkeit.

Nachdem alles soweit wieder aufgeräumt war, warteten die Mädchen darauf, das das Bad endlich frei wurde.

Die Türkishaarige hatte der Älteren einen riesigen Badebereich versprochen. Diese war nun wirklich gespannt. In der Schule hatten sie ja nur diese dämlichen Duschkabinen, zu denen man durchs halbe Wohnhaus wandern musste. Wie herrlich es da doch immer war, am Wochenende mal ein ganz normales Bad nehmen zu können.

Als das Bad endlich frei war, verschwanden die Schülerinnen darin. In der Zwischenzeit hatte Miku sich schon mit einer großen Plastiktüte und Klebeband bewaffnet, um ihr Gipsbein vor sämtlichem Wasser zu schützen.
 

Und die Türkishaarige hatte wirklich nicht zu viel versprochen. Das Bad war wirklich recht groß.

Vor dem eigentlichen Badezimmer lag ein kleiner Raum, in dem man seine Kleidung ablegen konnte. Dahinter befand sich dann das Bad, in dem es einen Waschbereich und eine riesige Badewanne gab. Fast so, wie in einigen japanischen Badehäusern.

Die Rosahaarige wollte gerade für's Erste den Rückzug antreten, als Miku sie am Arm festhielt.

Die Jüngere warf ihr einen leicht fragenden Blick zu. „Wo willst du hin?“

Nun war es an Luka eine Augenbraue hochzuziehen. „Na ich wollte dich erstmal baden lassen. Ich geh dann nach dir ins Bad.“

„Was redest du da? Das Bad ist wirklich groß genug für zwei.“, kicherte die Diva. Die Ältere starrte sie einen Moment irritiert an, nur um im nächsten Moment schlagartig die Gesichtsfarbe zu wechseln.

„Ich weiß nicht Miku...“, streute sie ein.

„Jetzt stell dich nicht so an. Wir sind beides Mädchen.“

//Genau deswegen ja//, dachte die Andere sich im Stillen. Sie hatte es ja Anfangs sogar befremdlich gefunden, sich in ihrem Zimmer vor Gumi umziehen zu müssen.

Als Lily im Duschraum einmal die Tür zu ihrer Duschkabine aufgerissen hatte, weil sie ihr Shampoo vergessen hatte, hätte sie die Blonde aus Reflex fast mit der Duschgelflasche abgeworfen.

Luka war eher westlich erzogen worden und war es nicht gewohnt, mit mehreren Leuten baden zu gehen.

Vielleicht sollte sie langsam mal damit beginnen, sich an die eigentlich üblichen Sitten zu gewöhnen. Aber warum musste sie sich dann direkt, oder besser gesagt ausgerechnet, mit Miku das Bad teilen? Für den Anfang wären Freunde wie Miki oder Gumi ja schon gerade schlimm genug gewesen. Die waren wenigstens nicht hinter ihr her!

„Jetzt zieh nicht so ein Gesicht!“, neckte die Türkishaarige sie. „Ich werd dich schon nicht fressen.“

„Ist auch besser für deine Gesundheit.“, murrte Luka nur.

„Hey! Ich hab schon ein gebrochenes Bein. Du würdest mich doch nie und nimmer schlagen.“, scherzte die Jüngere weiter.

„Wo bin ich da nur reingeraten?“, murrte die Rosahaarige in ihren nicht vorhandenen Bart.

Die Schülerinnen legten ihre Kleidung im Vorraum ab und betraten dann das Bad.

Da Miku die Krücken bei ihren Klamotten gelassen hatte, stützte sie sich den restlichen Weg über auf die Rosahaarige, die die ganze Situation nach wie vor, als mehr als peinlich betrachtete.

Aus Mitleid erklärte Luka sich dazu bereit dem Mädchen eben den Rücken zu waschen, fand es aber mehr als befremdlich, als die Jüngere sich revanchieren wollte.

Als sie schließlich rüber zu der riesigen Badewanne wanderten, musste sie ihrer Klassenkameradin noch irgendwie helfen, mit dem Gipsbein über den Badewannenrand zu klettern. Als Miku erstmal in der Wanne verfrachtet war, stieg auch Luka ins Wasser und verschwand bis zum Hals darin.

Zum einen war das Wasser angenehm warm, doch der eigentliche Grund war, das sie gemerkt hatte, das die Andere sie in einer Tour unauffällig anstarrte.

„Endlich wieder ganz normal baden.“, freute Miku sich und schloss die Augen.

„Das ist mit den Duschen in der Schule absolut nicht zu vergleichen.“, pflichtete Luka ihr bei.

Die beiden genossen noch eine Weile das entspannende Bad und redeten über Gott und die Welt, bevor sie beschlossen, langsam mal wieder in Richtung Zimmer zu wandern.

Bei dem Versuch die Diva irgendwie wieder unbeschadet aus der Badewanne zu heben, hätten die Mädchen fast beide eine Bruchlandung hingelegt, doch letztlich ging alles noch einmal gut aus.
 

„Wie schaffst du es eigentlich, das deine Haare bei der Länge keinen Spliss kriegen?“

Die Rosahaarige hatte sich hinter ihre Klassenkameradin gesetzt und bürstete das glänzende, türkise Haar. Die Haare der Anderen waren immer noch nicht wieder ganz trocken, was Luka nicht wirklich wunderte.

„Ach, die sind einfach unkaputtbar. Manchmal ne Kur rein, und die Sache stimmt.“, antwortete das Mädchen mit einem Lächeln.

Sie schloss die Augen und genoss es, ihre Liebste so nah bei sich zu haben. Das Geräusch, das die Bürste beim Kämmen ihrer Haare verursachte, war derzeit das einzige Geräusch im Raum.

Wie lange hatte sie sich jetzt schon gewünscht, die Ältere mit hier her zu nehmen.

Selbst während ihres miesen Spiels damals, hatte sie schon bemerkt, was für ein gutmütiges und sanftes Wesen ihre Klassenkameradin doch hatte. Die ruhige Stimme und ihr makelloses Aussehen rundeten die Sache noch ab.

Bis zum Anfang dieses Schuljahrs hatte Miku noch nicht daran geglaubt, das es den perfekten Menschen überhaupt gab, jetzt hatte ihre Meinung sich geändert. Ihrer Meinung nach war die Rosahaarige perfekt.

Die Stille wurde vom Klingeln eines Handys unterbrochen. Die beiden Schülerinnen blickten auf.

„Wer ruft mich denn um die Uhrzeit noch an?“, wunderte Luka sich und stand auf.

Sie ging rüber zu Mikus Schreibtisch, auf den sie ihre Handtasche gelegt hatte. Kurze Zeit später hielt das Mädchen ihr Handy in der Hand und nahm den Anruf entgegen.

Die Diva beobachtete sie von ihrem Platz aus. Erst hatte die Rosahaarige noch ein wenig irritiert aber entspannt gewirkt, doch plötzlich änderte sich etwas in ihrer Mimik.

Kaum merklich zog Miku eine Augenbraue hoch. Was hatte sie denn plötzlich?

„Hi Mom.“

Von jetzt auf gleich konnte die Türkishaarige sagen was los war.

„...Nein, bei uns ist es gerade nicht 14 Uhr, wir haben 21 Uhr.“

„..ja, mir geht’s gut. Und dir? Was macht du Arbeit?“

„...ah, das ist schön.“

„...in der Schule? Ach, da gibt’s nicht wirklich was Neues. Ich komm gut mit.“

„...gerade bei ner Freundin.“

Da Miku zu weit weg saß, konnte sie nur das halbe Telefonat mithören. Was sie jedoch sehr wohl sah war, das Luka plötzlich gar nicht mehr so glücklich aussah.

Sie hatte es vorhin in der Bahn schon bemerkt. Es war nur selbstverständlich, das sie ihre Mutter vermisste. Würde Miku ihre Familie zwei Jahre nicht sehen können, sie wäre vermutlich genau so niedergeschlagen.

Täuschte das Licht, oder glänzten die Wangen der Älteren nass?...Nein, das war keine Täuschung.

„...eh? Ja klar, mit mir ist alles in Ordnung. Das muss an der Verbindung liegen.“

Wie schaffte die Andere es nur, ihre wahren Emotionen so gut hinter einer fröhlichen Stimme zu verbergen? Der Diva war das ein Rätsel.

„...deine Mittagspause ist gleich vorbei? Na dann will ich mal nicht weiter stören.“

„...Wir hören uns, mach's gut.“

Inzwischen hatte die Türkishaarige nach ihren Krücken gegriffen, war vom Bett aufgestanden und rüber zu ihrer Freundin gehumpelt. Diese hatte das Telefonat gerade beendet, wischte sich mit einer Hand ganz nebenbei über die Augen und tat so, als wenn überhaupt nichts wäre.

Miku lehnte ihre Krücken an den Schreibtisch und umarmte die Andere. Diese war für einen Moment wie erstarrt und starrte sie an.

„Für wen willst du so stark sein?“, erkundigte die Diva sich.

Angesprochene schluckte. „Ich weiß nicht was du meinst.“

Die Jüngere schüttelte nur leicht den Kopf, bevor sie zu ihrer Liebsten hochblickte.

„Ich seh's dir doch an. Es ist ganz normal, das du unter der Situation leidest.“

Nach wie vor hielt sie die Rosahaarige in einer Umarmung, dachte gar nicht daran sie loszulassen.

Wenn sie schon von sich aus nicht um Hilfe bat, dann musste man sie eben zu ihrem Glück zwingen. Niemand würde so eine Situation zwei Jahre lang ganz allein aushalten können.

„Ach quatsch. Das sind nur zwei Jahre. Und zwei Jahre sind eine absehbare Zeit.“, widersprach Luka ihr.

„Ich weiß ja, das sie bald wieder zurück ist.“

Drip.

„Ich freue mich eher für meine Mutter, das sie sich einen Traum erfüllt hat.“

Drip.

Tränen bahnten sich erneut einen Weg über ihre Wangen, ob sie nun wollte oder nicht. Der Diva tat der Anblick in der Seele weh. Wie gern sie doch etwas an der Gesamtsitiation geändert hätte.

Sie zog die Ältere näher zu sich, streichelte ihr tröstend über den Rücken. Die Maske der Rosahaarigen bröckelte.

„Es ist nur...ich vermisse sie so! Du hast keine Ahnung wie gut ihr es alle habt, eure Eltern jedes Wochenende sehen zu können!“

Jetzt ließen die Tränen sich entgültig nicht mehr zurückhalten.

„Sssssh...ich versteh wie du dich fühlst.“, räumte Miku ein und schmiegte sich etwas näher an Luka. Sie wollte wirklich nicht mit ihr den Platz tauschen müssen.

Auch wenn sie auch nicht wirklich etwas an der Gesamtsitiation ändern konnte, so wollte sie wenigstens für die Andere da sein, so gut sie konnte.

Allem Anschein nach, machte der Älteren ihre Nähe nicht mehr unbedingt etwas aus. Sie ließ es zu, vergrub ihr Gesicht im Shirt der Anderen.

Da Miku wegen ihrem Gipsbein derzeit nicht ewig stehen konnte, zog sie Luka lieber rüber zu ihrem Bett, bevor sie noch eine Bruchlandung hinlegte.

Sie setzten sich auf die Bettkante, wo sie die Rosahaarige besser zu sich ziehen konnte. Miku gab sich die größte Mühe, die richtigen Worte zu finden und beruhigend auf ihre Freundin einzureden, doch es dauerte ein paar Minuten, bis Luka so weit wieder die Fassung zurück gewonnen hatte.

Die Schülerinn befreite sich aus der Umarmung und blickte den Zimmerfußboden an.

„Tut mir leid...“

Die Türkishaarige zog fragend eine Augenbraue hoch. „Das muss dir doch nicht leid tun. So eine Situation würde jedem zu schaffen machen.“

„Ich sollte mich eher für sie freuen. Sie konnte sich endlich ihren Traum erfüllen.“

„Du musst wirklich nicht versuchen, die ganze Zeit über so stark zu bleiben.“

„Wie soll ich sonst die Zeit rum kriegen? Ich muss stark sein.“

Miku legte die Hände auf die Schultern der Rosahaarigen und blickte sie direkt an.

„Jeder Mensch braucht eine Stütze im Leben, auf die er sich lehnen kann und die ihm Nähe gibt.“

„Ich hab ja meine Freunde, Gumi, Miki und die Anderen, aber irgendetwas fehlt.“

Die Jüngere strich ihr sanft mit einer Hand über die Wange. Obwohl sie selbst nicht in so einer Situation war, und auch noch nie gewesen war, konnte sie sich überraschend gut in die Andere hineinversetzen. Sie konnte sich vorstellen, wie schwer das alles für Luka sein musste. Und sie wünschte sich nichts mehr, als ihr irgendwie helfen zu können.

„Wenn du mir nach all dem, was passiert ist, noch einmal vertrauen kannst, dann würde ich gern deine Stütze sein.“,sagte sie schließlich.

Sie warf der Rosahaarigen ein warmes Lächeln zu. Ja, sie wollte wirklich für die Andere da sein.

„Miku...“, Lukas Stimme klang überrascht, aber ehrlich gerührt. Das das Mädchen sich freiwillig so um sie kümmerte. Ihre Wangen fühlten sich heiß an.

„Ich bin für dich da. Versprochen.“

Miku wusste nicht, ob es eine ihrer besten Ideen war, aber sie wollte ihrer Liebsten zeigen, wie ernst sie das eben Gesagte meinte. Luka hatte gerade erst wieder Vertrauen zu ihr gewonnen und sie hatten einiges an Stress wegen genau dieser Sache gehabt, doch wie zeigte man echte Gefühle besser als mit...

Die Türkishaarige beugte sich zu der Blauäugigen und küsste sie.

Für das Mädchen stand die Zeit für einen Augenblick still. Das war nicht das erste Mal; das sie sich küssten, aber irgendwie das erste Mal ohne den Deal im Hinterkopf. Sie hielt die Ältere nicht fest, sodass sie jederzeit zurückweichen konnte, stellte sich im Geiste sogar schon auf einen Schubs oder eine Ohrfeige ein, ....aber nichts dergleichen passierte.

Trust

Jemand streichelte sanft über ihre Wange. Langsam aber sicher kehrte Luka aus dem Reich der Träume zurück. Dennoch beschloss sie sich noch für einen Moment schlafend zu stellen.

Noch war es im Haus totenstill. Wie viel Uhr es wohl war? Spät konnte es aber noch nicht sein, denn sonst wäre sicher schon jemand wach.

Und da es auch noch recht dunkel im Raum war, dachte sie auch noch gar nicht daran die Augen zu öffnen, oder gar aufzustehen. Im Bett war es gerade einfach viel zu gemütlich.

Wieder strich die Hand ihrer Freundin sanft über ihre Wange. Die Rosahaarige reagierte zwar nicht direkt darauf, genoss sie Berührung aber.

Das alles kam ihr noch so unwirklich vor. Sie lag wirklich neben der Schuldiva, die ihr noch vor wenigen Wochen das Leben zur Hölle gemacht hatte. Hatte sie sie noch vor kurzem in Angst und Schrecken versetzt, so empfand sie ihre Nähe nun als angenehm.

Sie hatte nicht geglaubt, das sie noch einmal in der Lage sein würde, die Ereignisse auszublenden und ihr ein solches Vertrauen entgegenbringen zu können. Wie schnell sich Dinge doch ändern konnten.

Sie war gestern mit den Nerven am Ende gewesen. Miku war Diejenige, die ihr eine Stütze gewesen war. Luka konnte selbst nicht genau sagen warum, aber irgendetwas hatte sie dazu veranlasst dem Mädchen noch einmal zu vertrauen, sich voll und ganz fallen zu lassen.

Und die Türkishaarige hatte ihr gestern den absoluten Beweis gebracht, das sie ihr wirklich vertrauen konnte. Die Ältere wusste, das die Diva Gefühle für sie hatte, doch trotz dieses Wissens hatte sie die Türkishaarige nicht weggeschubst, als diese sie geküsst hatte.

Nach dem Telefonat gestern, hatte sie jemanden gesucht, der ihr die Nähe geben konnte, die sie brauchte. Sie hatte sich nach dem Gespräch so einsam und niedergeschlagen gefühlt. Miku war es gewesen, die ihr den Rettungsanker zugeworfen hatte.

Sie hatte die Andere gestern nicht weggeschubst, im Gegenteil. Im ersten Moment war Luka vielleicht ein wenig irritiert von Mikus Aktion gewesen, doch schließlich hatte sie beschlossen ihr zu vertrauen und war auf den Kuss eingegangen.

Es war eine Sache gute Freunde zu haben, aber es war wieder etwas ganz Anderes jemanden zu haben, der einem nicht nur freundschaftliche, sondern viel tiefere Gefühle entgegenbrachte.

Die Rosahaarige war gestern mit den Nerven so zu Fuß gewesen, das sie ihrer Klassenkameradin keine klare Grenze aufgezeigt hatte. Hätte das Mädchen beschlossen weiter zu gehen, sie hätte sie gelassen.

Doch Miku war nicht darauf aus gewesen sie auszunutzen, sondern hatte selbst irgendwann 'stopp' gesagt. Ein wirklicher Beweis, das sie ihr vertrauen konnte.
 

Langsam öffnete die Rosahaarige die Augen. Sie blinzelte noch recht verschlafen und blickte in ein lächelndes Gesicht. Auch die Jüngere hatte scheinbar noch nicht aufstehen wollen, doch war das Mädchen schon wach und sah geradewegs zu ihr rüber. Eine Hand lag immer noch auf ihrer Wange.

„Morgen Süße.“, begrüßte die Diva sie mit einem herzlichen Lächeln.

Auch auf Lukas Lippen hatte sich ein Lächeln gelegt. „Du bist schon wach?“

In den letzten Monaten hatte die Ältere sich daran gewöhnt immer die Erste zu sein, die wach war, da sie sich mit einer Langschläferin das Zimmer teilte.

„Schon eine ganze Weile, ja.“

„Du hättest mich ruhig wecken können.“, stellte die Blauäugige fest. Miku schüttelte nur leicht den Kopf.

„Wie könnte ich? Du hast so süß ausgesehen.“ Mit dieser Antwort beugte die Türkishaarige sich zu der Älteren runter und küsste sie sanft auf die Lippen.

Wie schon gestern Abend war die Rosahaarige im ersten Moment ein wenig überrascht. Scheinbar hatte das Mädchen ihr Verhalten gestern Abend als Freifahrtsschein gesehen.

Doch was sollte falsch daran sein? Die Nähe der Jüngeren fühlte sich gut an.

Seit der Deal damals geplatzt war, hatte Luka das Gefühl, man hätte Miku heimlich gegen eine ganz andere Person ausgetauscht. Das Mädchen war nicht mehr wiederzuerkennen.

Die Diva hatte so hart um ihr Vertrauen gekämpft, sie hatte es sich wirklich verdient.

Auch wenn sie es noch als ein wenig merkwürdig empfand und sich ihrer Gefühle für die Andere noch nicht zu 100% im Klaren war, vielleicht sollte sie der Jüngeren eine Chance geben.

Sie fühlte sich wohl in ihrer Nähe, was ein gutes Zeichen war.
 

Auch für die Türkishaarige war die Situation fast noch ein wenig unwirklich. Sie konnte es nicht fassen. Ihre Liebste wich nicht mehr vor ihr zurück und machte auch sonst nicht den Eindruck, als das sie sich irgendwie unwohl fühlen würde. Wie lange hatte sie sich das gewünscht.

Miku fragte sich nur, wie sie das angestellt hatte. Hatte sie der Rosahaarigen endlich beweisen können, das sie es wirklich ernst meinte? Zu misstrauen schien die Andere ihr ja nicht mehr.

Die Ältere stützte sich mit einem Arm auf dem Bett ab um sich halb aufzusetzen. Sie strich sich einige Strähnen aus dem Gesicht und bedachte die Diva mit einem sanften Lächeln.

„Ich glaube eins musst du mir erklären, Miku.“, sagte sie dann.

„Mh?“, die Türkishaarige blickte die Ältere leicht fragend an.

„Warum ich? Warum bist du so nett zu mir und lässt einfach nicht locker, obwohl du jede Andere haben könntest?“

Für einen Moment war das Mädchen über diese Frage ein wenig überrascht, dann konnte sie ein Kichern nicht mehr unterdrücken.

„Dummkopf!“, schmunzelte sie. „Ich lasse nicht locker, weil ich dich liebe, und keine Andere.“

Obwohl Miku ihr das schon einmal gesagt hatte, nahmen Lukas Wangen einen interessanten Rotton an.

Sie verstand wirklich nicht ganz, was so besonderes an ihr war, das sie von den Anderen unterschied. Aber Miku würde das vermutlich wissen.

Aus dem Augenwinkel bemerkte Luka einen Wecker, dessen Ziffern in leuchtend roter Schrift 7:06 Uhr verkündeten.

Sie ließ sich aufs Bett zurücksinken, legte einen Arm um die Jüngere und zog sie zu sich. Nun war es an der Diva die Gesichtsfarbe zu wechseln.

„Komm, leg dich wieder hin. Es ist noch viel zu früh um aufzustehen.“, kommentierte die Rosahaarige die Aktion mit einem Schmunzeln.

Die Türkisäugige zögerte kurz, schmiegte sich dann aber an ihre Freundin und schloss die Augen.

„Und viel zu gemütlich.“, streute sie glücklich ein.

„Damit hast du wohl recht.“ Luka strich der Anderen einige Strähnen aus dem Gesicht. Die Jüngere hatte die Augen geschlossen und bemerkte somit nicht, das sie sie ein wenig nachdenklich musterte.

War es wirklich die beste Idee dem Mädchen eine Chance einzuräumen? Ob das gut ging?

Andererseits, was sprach dagegen? Manchmal musste man eben etwas wagen. Und obwohl Luka selbst nicht ganz verstand warum, sie hatte ein gutes Gefühl bei der Sache.
 

Die Mädchen ließen den Tag langsam angehen, standen erst relativ spät auf und beschlossen den restlichen Sonntag hier im Anwesen zu bleiben und nicht runter in die Stadt zu gehen.

Dies lag zum einen daran, das Miku nach wie vor ihr Gipsbein hatte und nicht all zu lange laufen konnte, zum anderen wussten sie nicht wirklich, was sie in der Stadt sollten. Alles was sie derzeit brauchten, befand sich doch hier im Haus.

Morgen würde die Schule wieder losgehen, da konnten sie den Sonntag ruhig einmal mit nichts tun verbringen.

Nach dem Frühstück schalteten die beiden noch einmal die Karaokemaschine ein. In der Schule stand ihnen so etwas nicht zur Verfügung.

Und es war wie verhext : als sie die beiden Mikrophone in der Hand hielten und anfingen zu singen, befanden sie sich wieder in ihrer eigenen kleinen Welt. Luka und Miku schafften es, die Umgebung um sich herum auszublenden und sich voll und ganz auf den Text und die Melodie zu konzentrieren.

Wenn es so etwas wie eine Parallelwelt gab, dann bot diese nur Platz für zwei Personen und die Musik. Es war wirklich verrückt wie schnell die Zeit doch verging, wenn die beiden sangen.

Um etwa 15 Uhr wäre es an der Zeit sich langsam mal ins Auto zu setzen um rüber zum Bahnhof zu fahren. Doch bis dahin war noch ein wenig Zeit.

Nachdem die Schülerinnen die Karaokemaschine lange genug gequält hatten, setzten sie sich in den Garten.

Noch war es recht warm, doch die Sonne verlor bereits langsam an Kraft. Die ersten Blätter verfärbten sich bereits. Ein Zeichen, das der Herbst vor der Tür stand.

Doch noch konnte man auch gut draußen sitzen, ohne eine Jacke überziehen zu müssen. Wie schnell sich das doch wieder ändern würde.

Derzeit saßen die beiden Mädchen zumindest auf der Veranda. Die Krücken der Türkishaarigen befanden sich in ihrem Zimmer. Sie hatte sich für die paar Meter auf Luka gestützt.

„Sag mal, bringt dein Vater uns eigentlich nachher bis zum Bahnhof, oder müssen wir den Bus nehmen?“, erkundigte Luka sich gerade.

„Ich denke mal er fährt uns. Bis zur nächsten Bushaltestelle latschen wir uns die Hacken platt.“

„Echt? Und ich dachte eine so reiche Gegend wäre ein bisschen besser angebunden.“

„Naja, die meisten hier besitzen mindestens ein Auto und sind deshalb nicht auf den Bus angewiesen.“, erklärte Miku. „Außerdem würde es doch sehr den Wert der Ecke mindern, wenn hier ein Bus entlangfahren würde.“

„Stimmt auch wieder.“ Luka blickte rüber zum Gartenteich und beobachtete die Kois, welche in aller Seelenruhe ihre Kreise schwammen. Die Fische hatten außergewöhnliche Musterungen und mussten bestimmt ein Vermögen wert sein.

„Du sag mal...“, begann nun Miku und stoppte kurz. Auch als zwei azurblaue Augen sie aufmerksam ansahen, redete sie nicht direkt weiter.

Luka zog fragend eine Augenbraue hoch. „Was ist denn?“, hakte sie dann nach.

Leicht unsicher rupfte die Türkishaarige einige Grashalme aus, bevor sie zögerlich zu reden begann.

„Wie bringen wir das mit uns jetzt den anderen bei? Ich meine...bei Haku und Meiko sehe ich da jetzt keine Probleme, aber deine Freundinnen werden am Ende noch denken, das ich mir schon wieder irgendwas habe einfallen lassen um dich zu erpressen.“

Anstatt direkt zu antworten, zog Luka die Jüngere zu sich und küsste sie auf die Stirn. Mikus Wangen verfärbten sich rötlich.

Nach wie vor konnte sie es nicht fassen. Sie war so glücklich darüber, das die Rosahaarige ihre Gefühle nun endlich erwiderte. Hätte sie nicht fast die ganze Nacht über nicht geschlafen, da sie viel zu beschäftigt damit gewesen war ihre schlafende Freundin zu beobachten, sie hätte gedacht das hier alles nur zu träumen. Aber das hier war Realität. So unglaublich es auch war.

„Das lass mal meine Sorge sein. Ich werd's Gumi und den Anderen schon beibringen.“, meinte Luka schließlich.

Die Türkishaarige kuschelte sich an die Ältere und sah nun ebenfalls rüber zum Fischteich.

„Die wird uns unbringen.“, stellte sie mit einem leichten Schmunzeln fest.

Luka konnte ein Kichern nicht unterdrücken. „Vermutlich. Aber sie gewöhnt sich schon dran.“

Der Rosahaarigen war klar, das ihre Freundinnen die Neuigkeit vermutlich mit leichter Sorge quittieren würden, aber das würde sich legen, sobald auch die Anderen gemerkt hatten, das Miku nun wirklich mit fairen Karten spielte.

„Ah, da seid ihr. Ich habe euch Turteltauben schon überall gesucht.“, erklang plötzlich die Stimme von Mikus Mutter genau hinter den beiden Schülerinnen.

Die Mädchen hatten sie gar nicht kommen hören und erschreckten sich fast zu Tode.

„Mama!“, rief Miku tadelnd aus. Luka kratzte sich leicht verlegen am Kopf.

„Ich fände es ja eigentlich schön, wenn ihr mindestens noch einen Tag bleiben würdet, aber wenn ihr euch nicht langsam zum Auto begebt, verpasst ihr noch eure Bahn.“, sagte sie dann.

Die Diva zog ein Gesicht. „Ich hab aber noch gar keine Lust zurück zur Schule zu fahren!“, protestierte sie dann. Es war so angenehm hier im Garten zu sitzen, die letzten Sonnenstrahlen zu genießen und mit ihrer Freundin zu kuscheln. Da wollte sie jetzt wirklich nicht an die lange Zugfahrt denken.

Auch Luka murrte, doch entschloss sie sich dazu aufzustehen.

„Wie schnell die Zeit vergangen ist.“, stellte sie fest, während sie sich einige Grashalme von den Klamotten klopfte.

„Das haben Wochenenden immer so an sich.“, antwortete Frau Hatsune mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.

„Damit haben Sie wohl Recht.“

„Du kommst doch nächste Woche auch wieder mit?“, wollte die Ältere dann wissen. Sie mochte die neue Freundin ihrer Tochter schon jetzt. Eine so höfliche und freundliche Person hatte Miku schon lange nicht mehr mit Nachhause gebracht. Außerdem war es schon eine Sache für sich, die beiden Schülerinnen singen zu hören.

„Wenn es keine Umstände macht.“

„HEY! Kann es sein das ihr mich hier gerade vergessen habt?!“, machte die Diva auf sich aufmerksam, die immer noch auf dem Boden saß. Ihre Krücken waren in ihrem Zimmer, und ihre Stütze war eben aufgestanden und unterhielt sich lieber mit ihrer Mutter ,als ihr vom Boden auf zu helfen.

Mit einem leisen Lachen wendete Luka sich der Türkishaarigen zu, welche die Arme nach ihr ausstreckte und sie mit einem Schmollgesicht bedachte.

„Jetzt zieh nicht so ein Gesicht, Süße.“, stellte sie amüsiert fest und zog die Jüngere wieder auf die Füße. Frau Hatsune beobachtete die beiden Mädchen mit einem breiten Grinsen. Die beiden waren wirklich süß zusammen.
 

Etwa eine Stunde später hatten die Schülerinnen ihre Koffer gepackt, waren zum Bahnhof gebracht worden und in den Zug gestiegen, der sie zurück ins Internat bringen würde.

Wieder hatten sie es geschafft einen Vierersitzplatz für sich zu beanspruchen, sodass sie das Gepäck und die Krücken gut verstauen konnten.

Miku hatte darauf bestanden am Fenster sitzen zu wollen, doch nun, wo sie ihren Willen bekommen hatte, blickte sie nicht mals wirklich nach draußen. Sie war diese Strecke schon tausend Mal gefahren und kannte die Umgebung daher schon in und auswendig.

„Ich hab keine Lust auf Morgen. Warum müssen gleich die ersten beiden Stunden Mathe sein?!“, meckerte die Diva angenervt. Wenn sie an morgen dachte, verschlechterte sich ihre Laune direkt.

„Die Stunden gehen schon irgendwie vorbei.“, versuchte Luka sie aufzumuntern.

„Und wenn du auch nur Bahnhof in Mathe verstehst, dann frag einfach mal Neru ob sie's dir erklärt. Bei ihr verstehe ich neue Themen auch besser, als wenn der Lehrer versucht uns irgendwas beizubringen.“

„Eigentlich merkwürdig das sie so gut in Mathe ist.“

„Ja schon, aber es muss eben auch Leute geben, die Algebra verstehen.“

Die Blauäugige streckte sich, und blickte aus dem Fenster. „Was meinst du – ob die Anderen auch schon wieder zurück sind?“, wollte sie dann wissen. Luka freute sich wirklich schon darauf ihre Freundinnen wieder zu sehen. Nach einem Wochenende gab es immer so viel Neues zu erzählen.

„Vielleicht sind wir ja auch die Ersten.“, überlegte die Türkishaarige. „Wenn ich ehrlich bin, dann könnte diese Zugfahrt noch ewig dauern.“

Nun war es an Luka eine Augenbraue hochzuziehen. „Wieso willst du hier im Zug verschimmeln?“

Miku zog ein Gesicht. „Na weil die Anderen dich doch gleich direkt wieder belagern werden. Ich will noch was mit dir allein sein.“

Auf Lukas Lippen hatte sich ein Schmunzeln gelegt. „Ich weiß nicht ob ich das jetzt süß oder egoistisch finden soll.“, stellte sie fest.

„Süß wäre mir lieber.“, grinste die Jüngere sie an.

Anstatt einer Antwort schob die Rosahaarige Mikus Kinn ein wenig hoch, überbrückte die letzte Distanz zwischen ihnen und küsste sie.

Die Diva hatte das Gefühl, das gerade jemand eine Feuerwerksbatterie in ihrem Magen gezündet hatte. Sie war so glücklich darüber, das die Ältere ihr ihre miesen Spielchen von damals verziehen hatte. Noch immer konnte sie kaum glauben, das Luka ihre Gefühle nun sogar erwiderte. Miku wusste beim besten Willen nicht, wie sie das geschafft hatte.

Hätte sie zwischen einem 500€ Schein und dem Moment wählen müssen, sie hätte sich für das Hier und Jetzt entschieden. Für nichts in der Welt wollte sie ihre Liebste noch einmal hergeben müssen.

Glücklich schlang Miku die Arme um Luka und erwiderte den Kuss.

Bis sie das Internat erreicht hatten, würde es noch ein Weilchen dauern. Die Anderen wären mit Sicherheit im ersten Moment ein wenig irritiert, doch das war ihr egal.

Früher hatte sie andere Menschen nur als Spielzeuge betrachtet, doch das war Vergangenheit. Luka hatte ihr die Augen geöffnet und ihr gezeigt, wie schnell aus einem Spiel Ernst werden konnte, wie nahe Liebe und Hass beieinander lagen und was echte Gefühle eigentlich waren. Sie wusste jetzt, wie viel Arbeit es war Vertrauen zurückzugewinnen, wenn man es erst einmal zerstört hatte. Sie wusste nun endlich, wie sich wahre Liebe anfühlte und solange ihre Freundin bei ihr war, war es der Diva egal, was die Anderen über sie dachten oder sagten.
 

~~~~~~~~FIN~~~~~~~~~~~
 

Sooo, und ein weiteres Projekt ist beendet. Mal wieder bin ich fast ohne Konzept an die Story gegangen, obwohl ich mir das für die Zukunft doch eigentlich vorgenommen hatte.

Es hat mir wirklich Spaß gemacht diese Story zu schreiben. Viele von euch sind vielleicht überrascht, das meine FF jetzt schon beendet ist aber...hey, diesen Schluss hatte ich sogar von Anfang an geplant! XD

Ich möchte mich auf jeden Fall bei all meinen Lesern und Kommischreibern bedanken. Ihr habt mich echt immer wieder motiviert weiter zu schreiben.

Ich würde mich freuen, wenn ihr euch auch mein neues Projekt ansehen würdet. Wer Interesse daran hat, kann mir das ja kurz mitteilen. Ich gebe euch dann bescheid, sobald das erste Kapitel on ist.



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Kommentare zu dieser Fanfic (47)
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Von:  Golden_ForcePrincess
2014-11-05T22:34:37+00:00 05.11.2014 23:34
Wow! Als ich auf der Suche nach einer ordentlichen FF von Vocaloid war, habe ich nicht damit gerechnet so eine tolle zu finden. Und ich habe schon so einige typische Pairing FF´s gelesen. Ich musste zwischendurch echt lachen und habe irgendwie alle Charaktere lieb gewonnen. Jede hatte ihren eigenen Charme. Das hast du richtig gut rüber gebracht. An das Wort "Angesprochene" musste ich mich erst gewöhnen, aber das ging relativ schnell. Und die Wendungen in der Story fand ich auch prima. Es wurde nie langweilig, da ich mir sogar die Nacht um die Ohren gehauen habe, nur um zu lesen wie es weiter geht. Weiter so.

LG Ciel
Von:  Seriwolfy
2013-05-27T20:08:57+00:00 27.05.2013 22:08
Auch wenn dieser Kommi ein wenig spät kommt:

Ich muss sagen, so eine FF wie diese habe ich noch nie gelesen! Detail bis ins kleinste, nie langweilig und es fesselt ungemein! Aber genug mit der Süßholzrasplerei: Auch Kritik muss sein:

Am meisten ist mir persönlich die Kommastellung aufgefallen! Manchmal wusste ich garnicht, wieso du das Komma dort gesetzt hast. ;D
Und auch wie bei meinem Vorgänger hat mich das Wort "einstreuen" irgendwie irritiert.
Bei den Umschreibungen hast du manchmal ein wenig übertrieben, aber es störte mich nicht weiter. Rechtschreibfehler sind mir nur ein- oder zwei aufgefallen, sonst relativ sauber^^

Auf jeden Fall musst du auch auf die Zusammenzetung achten, z.B. ist mir immerwieder "gar nicht" aufgefallen, muss ja eigentlich zusammengeschrieben werden.

Hoffe, das der Kommi nicht negativ rüber kommt^^

LG, Erisa~
Von:  Stiibu
2012-05-24T21:35:42+00:00 24.05.2012 23:35
Ich muss sagen, ich wünschte jede FF wäre so fesselnd und mitreißend. *-*
Es war wirklich ein Genuss die Geschichte zu lesen, da die Geschichte nie eingeschlafen ist und du es geschafft hast, den Personen in der Geschichte einen Charakter zu geben. :)

Aber da ich dir nicht nur Honig ums Maul schmieren will, gibts hier auch eine (subjektive) Kritik, mit der du hoffentlich etwas anfangen kannst. ;)

Was mich etwas gestört hat, war das Wort "einstreuen".
Laut Duden kann man einstreuen nicht wirklich als Einleitung für eine wörtliche Rede benutzen.
Ich will zwar nicht sagen, du sollst es überhaupt nicht schreiben, aber ich würde dir raten, eher Worte wie "einwerfen", "bemerken", "erwidern", "behaupten", "meinen", "entgegnen" etc. zu verwenden.

Weiters hast du für meinen Geschmack etwas zu oft Umschreibungen wie zum Beispiel "die Blonde", "die Kleinere" benutzt. Vor allem "die Andere" ist zu vermeiden, das alles macht es manches Mal schwerer dem Text zu folgen.
Wobei mir gerade auch auffällt, dass diese Wörter normalerweise klein geschrieben werden müssten (allerdings bin ich mir da nicht ganz sicher und das ist auch satzabhängig).
Ob das jetzt Fehler sind oder nicht, du hast insgesamt angenehm wenig Fehler in deiner FF, das sollte auch gesagt sein.

Die Handlung hätte vielleicht das eine oder andere Mal etwas detaillierter sein können (z.B. die ersten paar Wochen in der Luka nach Mikus Pfeife getanzt hat), andererseits war das vielleicht auch gut so, da es dadurch nie langweilig wurde.
Auch das Ende hättest du noch etwas ausschmücken können, aber Hauptsache ein Happy End. ^-^

Ich denke, jetzt hab ich wohl genug bemängelt. ;)
Wie gesagt, vielleicht hilft es dir und wenn nicht, ist das auch nicht ganz so schlimmm, die FF ist dir wirklich sehr gut gelungen.

Es wäre schön, wenn du noch so eine Geschichte mit dem Pairing verfassen würdest.

LG
Stiibu
Von:  Miosempai
2012-04-06T14:07:36+00:00 06.04.2012 16:07
hah bin nun auch durch mit der story und ich muss sagen, ich finde sie genial.^^ vor allem wie sich die charaktere entwickeln und wie sie handlen=) obwohl ich gestehen muss, dass noch ein kleines zusatzkapitel mit dem weiteren Handlungsverlauf auch nicht so schlecht gewesen wäre=)

LG Miosempai
Von:  dragon493
2012-04-05T11:24:58+00:00 05.04.2012 13:24
Super Ende
Hat mir sehr gut gefallen das die beiden nun zusammen gekommen sind
Sie sind auch so süß zueinander
Ich find es auch was schade das man nicht weiß wie die anderen darauf reagieren
Lg dragon493
Von:  YuriNeko
2012-04-04T23:38:31+00:00 05.04.2012 01:38
Luka ist mehr wert als ein 500€ schein? XD
ne, jetzt mal im ernst :3 schade, dass die FF jetzt schon zu ende ist, aber ich muss zugeben, das ende ist dir wirklich sehr gut gelungen :3 romantische szene im zug *-*
und sie fahren dem sonnenuntergang entgegen x'3 *fantasie spielt mit*
achja....ich will mit Miku tauschen Q.Q die hat's so gut! T_T und ihre mutter ist auch cool drauf xD
die FF ist dir auf jeden fall gelungen *____* (und teilt sich den 1. platz Opposites attract x3)

gggggggggvlG :3
Von:  Saya-nyan
2012-04-04T23:26:59+00:00 05.04.2012 01:26
Richtig toll geworden :D
Schade nur das die Ankunft am Internat nicht etwas ausgeschmückt worden ist .Trotzdem diese FF gehört zu meinen absoluten Favoriten !
Freu mich auf die nächste FF von dir.

~Sora
Von:  Homumaus
2012-04-03T14:29:12+00:00 03.04.2012 16:29
hallöchen :)

ich schreib jetzt mal nen kommi zu diesem kapi, obwohl ich alle megamäßig tollen anderen kapis auch gelesen hab:D

deine FF gefällt mir richtig gut, du hast nen spannenden schreibstil, der einen nie ermüden lässt beim lesen und durch deine Ideen wird einem nie langweilig^-^

ich finde es toll wie du auf die vielen charas eingehen kannst(hast dir ja nich gerade wenig ausgesucht) und man trotzdem nich durcheinander kommt...trotzdem freu ich mich das luka und miku i-wie dann doch mehr im vordergrund stehn =^.^= ich mag die beiden einfach<3

jetzt mal zu diesem kapi:

WIE KANN MAN BITTE AN SO NER STELLE AUFHÖREN????

das war das erste das ich gedacht hab und wie ich sehe sind viele auch dieser meinung:)

wehe luka schiebt miku schon wieder weg im nächsten kapitel, die is gerade so lieb zu ihr!!! aber bis jetzt is sie ja ganz brav <3

schreib schnell weiter, man dreht sonst echt noch durch!!!

LG Miya-chan09
Von:  Saya-nyan
2012-03-31T14:42:24+00:00 31.03.2012 16:42
Ich kann nich mehr warten hab jetzt alle Vocaloid FF's die ich finden konnte gelesen.
ich hoffe das nächste Kapitel kommt bald ;D

Sora~
Von:  La_souveraine
2012-03-26T20:46:55+00:00 26.03.2012 22:46
*___* habe deine FF jetzt in einem Zug durch gelesen *Augen brennen* xD
Bin echt begeistert wie viel Gefühl du da reinsteckst!
Ich will dich ja nicht drängen....aber...ich muss unbedingt wissen wie es weitergeht! *__*
Danke für diese tolle FF! ;D


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