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Gabriell

Eine "City Life" Lovestory
von

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Begegnung

Eigentlich hatte er sich einfach nur ein Taxi bestellt, um gemütlich und ohne großes Aufsehen wieder zum Hotel seines Vaters zu kommen. Nachher war noch eine wichtige Sitzung, aber beeilen musste sich sich bis dahin nicht, er hatte noch mehr aus genug Zeit.

Pablo stand eine Weile am Rand des Marktplatzes, wartete auf sein Taxi und strich sich dabei durch die hellen, fast weißen Haare. Er trug einen schlichten, dunkelblauen Anzug heute, nichts besonderes, vor Allem praktisch, weil man dem Teil nicht ansah, wie teuer es gewesen war. Pablo gab nicht viel darauf, nach außen hin wie ein stinkreicher Snob zu wirken. Er wollte einfach nur ein normales Leben, etwas mit normalen Leuten zu tun haben, aber genauso wenig seine Eltern enttäuschen. Und das konnte er eben nur, wenn er sich dem Familienbetrieb verschrieb. Einem großen, 5-Sterne Hotel, das luxuriöseste der ganzen Gegend. Den Grundstein hierzu hatte einmal sein Urgroßvater gelegt, damals.

Schließlich fuhr sein Taxi vor, Pablo stieg auf der Rückbank ein, beugte sich aber nochmal zu dem Fahrer vor. Er hatte immerhin Zeit und es war immer etwas Schönes, sich mit Menschen zu unterhalten, die viel herum kamen.

„Guten Tag auch“, meinte Pablo, ein freundliches Lächeln auf den Lippen. „Könnten sie mich freundlicherweise zum Carres-Hotel bringen? Aber Sie brauchen nicht den kürzesten Weg zu nehmen, fahren sie eine Strecke, die sie schön finden. Ich habe es nicht eilig“, meinte er, der Taxifahrer sah ihn einen Moment doch mehr als verwundert an, so etwas erlebte man sehr selten.

„Ist das ihr Ernst?“, fragte der ältere Mann hinterm Steuer, Pablo nickte nur.

„Ich glaube, sonst hätte ich es nicht gesagt. Fahren sie irgendeine Stecke, weder Geld noch Zeit spielen dabei eine Rolle. Natürlich können Sie auch den kürzesten Weg nehmen, wenn Sie das wollen.“

Wieder sah der Taxifahrer verwundert zu diesem doch sehr seltsamen Fahrgast. „Sie verarschen mich“, meinte er ein wenig rüde, Pablo schüttelte jedoch nur leicht den Kopf, blieb weiter unglaublich freundlich.

„Ich möchte ihnen nur etwas Gutes tun. Sicher schlagen sie sich öfters auch mit Fahrgästen herum, die alles andere als freundlich sind.“
 

Gabriell rannte über den Marktplatz, wieso musste sich auch ausgerechnet heute verschlafen? Heute, an dem vielleicht wichtigsten Tag ihres Lebens?

Die junge Frau mit den hellbraunen, schulterlangen Haaren, die sie heute einmal hoch gesteckt hatte, war schon total außer Atem, als sie gerade noch sah, dass ihr Bus um die nächste Straßenecke bog.

„Scheiße, verdammte“, fluchte sie und überlegte einen Moment. Bestimmt hätte sie den Bus bekommen, wenn sie nicht diese verdammt hohen Schuhe und dieses verdammt unpraktische, grau melierte Kostüm tragen würde. Aber Vorstellungsgespräch war Vorstellungsgespräch und sie wollte diesen Job um jeden Preis bekommen. Nur wenn sie sich auch noch zu ihrem Vorstellungsgespräch verspäten würde, konnte sie das gleich lassen.

Sie sah sich um, suchte mit ihren grün-grauen Augen nach irgendwas, was ihr weiter helfen würde und entdeckte – am Rand des Marktplatzes – ein wartendes Taxi.

//Glückstreffer//, jubelte sie in Gedanken, lief auf das Taxi zu und stieg einfach auf den Beifahrersitz, holte dann einmal tief Luft.

„Kleiststraße 35 bitte. Und fahren sie bitte so schnell sie können dorthin.“
 

Sowohl Pablo als auch der Taxifahrer sahen sofort verwundert auf den Beifahrersitz, als die junge Frau sich setzte.

„Entschuldigung, aber das Taxi ist bereits besetzt“, murmelte der Fahrer und sah die junge Frau ein wenig vorwurfsvoll an. „Ich möchte sie bitten, auf ein anderes Fahrzeug zu warten.“

Überrascht über das, was der Taxifahrer sagte, merkte Gabriell erst jetzt, dass hinter ihr schon jemand saß. Sofort lief sie, peinlich berührt, rot an. „Bitte, verzeihen sie. Aber ich muss wirklich ganz dringend in die Kleiststraße.“

Pablo sah die junge Frau an, immer noch ein sanftes Lächeln auf den Lippen.

„Machen sie sich keine Sorge...“, meinte er, zwinkerte der Braunhaarigen kurz zu, ehe er sich wieder den Fahrer zuwendete. „Bitte, fahren sie doch zuerst die Adresse der jungen Dame an, das liegt ja fast auf dem Weg.“

Fast auf dem Weg war gut, die Kleiststraße lag einmal genau in die entgegengesetzte Richtung von dem Hotel, zu dem Pablo wollte. Aber der Taxifahrer nickte nur. Dieser Fahrgast war doch mehr als seltsam. So etwas hatte er wirklich noch nicht erlebt.

Erleichtert und fast schon mit Tränen in den Augen sah Gabriell zu dem Mann auf der Rückbank.

„Meinen – meinen sie das wirklich ernst? Das würden sie für mich tun?“ Heute schien wirklich ein ausnahmsweise mal positiver Tag zu sein.

Pablo hingegen lächelte nur weiter, sah die Frau mit seinen türkisblauen Augen an. „Sicher ist das mein Ernst. Sonst hätte ich es wohl kaum gesagt. Aber sagen sie, darf ich erfahren, wo sie so dringend hin müssen?“

„Ein Bewerbungsgespräch“, antwortete Gabriell kurz. Dass dieser Kerl sie so direkt ansah, machte sie nur noch verlegener und so senkte sie ihren Blick und sah auf ihren Schoß. „Und ich bin jetzt schon spät dran.“

„Na dann ist das ja ein ganz besonderer Notfall. Gut, dass Sie einfach in das Taxi eingestiegen sind, sonst würden sie sich womöglich noch weiter verspäten.“ Irgendwie war sie schon süß, musste Pablo zugeben. Vor Allem, dass sie so schrecklich verlegen reagierte. „Ich hoffe, dass sie genommen werden. Besser gesagt, jeder Arbeitgeber wäre dumm, wenn er sie nicht einstellen würde.“ Er tat das jetzt ja schon mit voller Absicht.

„Meinen sie?“, murmelte Gabriell leise, sah immer noch auf ihre Knie. Sie war vorher schon total aufgeregt gewesen, der ganze Stress jetzt gerade hatte das nicht unbedingt besser gemacht.

„Wenn sie sich anstrengen, bekommen sie den Job mit Sicherheit. Sie müssen nur fest daran glauben, dann klappt das schon.“
 

„So, wir sind da“, meinte der Taxifahrer dann auf einmal, fuhr auf den Parkplatz eines nobel aussehenden Hauses, auf dem fein säuberlich die Buchstaben „KINDERGARTEN“ aufgemalt werden.

Gabriell sah sofort auf, zum Taxifahrer, wollte dann ihren Geldbeutel aus ihrer Handtasche kramen. „Moment, was bekommen sie?“, meinte sie schon wieder ziemlich hektisch, als sich plötzlich eine Hand auf ihre Schulter legte.

„Genen sie schon rein, ist immerhin mein Taxi, also zahle ich es auch. Sonst verspäten sie sich ja noch.“ Wieder sah Pablo sie freundlich lächelnd an, Gabriell nickte nur, machte ihre Handtasche wieder zu und öffnete die Tür.

„Vielen, vielen Dank. Wenn ich mich nur irgendwie bei ihnen revanchieren könnte“, fing Gabriell schon wieder an, war erst halb ausgestiegen.

„Jetzt gehen sie schon!“, meinte Pablo lachend, die braunhaarige nickte nur leicht, stieg dann wirklich aus und lief das letzte Stück bis zur Eingangstür, ehe sie in dem Gebäude verschwand.
 

„Eine nette, junge Dame, nicht wahr?“, meinte Pablo, als der Taxifahrer wieder auf die Straße gefahren war und sich jetzt langsam auf den Weg in Richtung Hotel machte. „Ich hoffe für sie, dass sie den Job bekommt.“

„Sie sind seltsam, wissen sie das?“, meinte der Taxifahrer nur und murmelte seinen außergewöhnlichen Fahrgast durch den Rückspiegel. „Aber Glück für das Mädchen, wie mir scheint.“

Pablo nickte nur und als sie sich langsam dem Hotel näherten, beugte er sich nochmal leicht zu dem Taxifahrer nach vorne, steckte ihm unauffällig ein paar Scheine zu.

„Könnten sie mir einen kleinen Gefallen tun?“

Der Plan

Ein wenig erschöpft von dem Bewerbungsgespräch, aber trotzdem glücklich, dass es so gut verlaufen war, machte Gabriell sich auf den Weg durch das Gebäude des Kindergartens nach draußen. Natürlich wusste sie noch nicht, ob sich die Mühen gelohnt hatten und sie die Stelle wirklich bekam, aber sie hatte ein gutes Gefühl bei der ganzen Sache und auch die zwei Damen, die Leiterin des Kindergartens und ihre Stellvertreterin, hatten am Ende des Gesprächs zufrieden ausgesehen.

Sollte sie wirklich einmal im Leben Glück haben? Naja, die Aktion mit dem Taxi vorhin war ja schon etwas Besonderes gewesen. Vielleicht war ihr das Schicksal ja auch endlich mal hold.

Gabriell fuhr sich im heraus gehen nochmal über die Haare, überprüfte, ob ihre Frisur noch saß. Immerhin – man wollte sich in der Öffentlichkeit ja nicht blamieren und wenn sie diesen Job wirklich bekommen würde, dann durfte ihr auch nicht der kleinste Fauxpas unterlaufen. Sie ging durch die Tür, die Sonne schien herrlich warm vom Himmel und Gabriell konnte es sich gerade so noch verkneifen, laut los zu lachen. Warum, wusste sie nicht. Aber ihr war einfach danach, gut drauf zu sein. Sie ging noch ein paar Schritte weiter, wollte sich eigentlich auf den Weg zur nächsten Bushaltestelle machen, als sie eine Stimme zurück hielt.
 

„Junge Dame? Ihr Taxi“, rief ihr irgendwer zu, Gabriell drehte sich zu der Stimme um und entdeckte des Taxifahrer von vorhin. Jedenfalls meinte sie, dass es der selbe alte Mann war, ganz sicher war sie sich dabei aber nicht.

Verwundert sah sie zu dem Mann.

„Meinen sie mich?“, fragte sie, weil ansonsten war hier niemand zu sehen. Aber sie hatte doch gar kein Taxi bestellt, geschweige denn dem Taxifahrer von eben gesagt, dass er sie wieder hätte abholen sollen.

„Ja, sie“, bestätigte der Mann. „Der Herr von eben bat mich, sie wieder abzuholen.“

„Der... Herr von eben?“, fragte die Braunhaarige nun vollends verwundert. Dieser Kerl war so schon ziemlich seltsam gewesen, aber jetzt trieb er das Ganze auf die Höhe. Was sollte das, dass er sich einfach so erlaubte, ihr ein Taxi zu bestellen? Gabriell stand wohl ziemlich ratlos und vielleicht auch ein klein wenig überfordert von der Situation gerade da, als der Taxifahrer langsam auf sie zu kam.

„Fahren sie jetzt mit oder kann ich weiter meiner Arbeit nachgehen? Der Herr hat auch schon für sie bezahlt.“

„Er hat... was?“, fragte sie wieder, drehte sich zu dem Taxifahrer um. Jetzt verstand sie erst recht gar nichts mehr.

„Ja, er hat für sie bezahlt, ich solle sie hier abholen und nach Hause oder wo sie sonst so hin wollen bringen.“

„Aja.“, murmelte Gabriell nur knapp und schüttelte den Kopf. Mehr als seltsam. Aber sollte sie einfach so mit fahren? Mit einem fremden Taxifahrer, der von irgendeinem fremden, seltsamen Kerl beauftragt wurde, sie hier abzuholen. Fast so wie in einem schlechten Krimi.

„Also was jetzt? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit“, fragte der Taxifahrer nochmal, schließlich stieg Gabriell doch ein und ließ sich nach Hause fahren.
 

„So, und was sollte die ganze Aktion jetzt?“, fragte Gabriell erst, als der Taxifahrer neben dem Wohnblock vor gefahren war, in dem sie eine kleine Wohnung hatte. Nichts Teures, eine der Günstigsten in diesem Viertel, eben groß genug, um darin alleine zu leben. „Wo sind die Kameras oder Gangster oder sonst was? Irgendwas ist da doch faul, bitte, klären sie mich auf.“

Ernst sah sie den Mann an, dieser zuckte allerdings nur mit den Schultern.

„Weiß nicht. Der Herr hat nur darum gebeten, dass ich sie nach Hause bringe. Nichts mehr, jedenfalls nichts, was ich wissen würde.“

„Aha. Und das soll ich ihnen jetzt glauben?“, fragte sie ironisch, sah den Mann ernst an. „Wie viel schulde ich ihnen? Kommen sie, rücken sie schon raus mit der Sprache.“

„Wirklich, ich schwöre ihnen, da steckt meines Wissens nach nichts mehr dahinter“, wiederholte der ältere Mann. „Ich verstehe den Burschen ja auch nicht, was er damit bezwecken wollte. Fragen sie mich etwas Leichteres.“
 

„Danke, viel schlauer bin ich durch ihre Hilfe jetzt auch nicht“, murmelte Gabriell fast schon etwas beleidigt, sie war der festen Überzeugung, irgendwas musste dieser Taxifahrer vor ihr verheimlichen, sonst gab das alles gar keinen Sinn.

„Trotzdem danke fürs nach Hause fahren“, meinte sie noch, ehe sie einfach so aussteigen wollte. Der Taxifahrer sah sie nochmal an, als ihm noch etwas einfiel.

„Halt, warten sie. Der Herr hat mir das noch für sie mit gegeben“, meinte er und schnappte sich einen kleinen, bunt bedruckten Zettel, der auf der Ablage auf der Beifahrerseite lag. „Hier“, murmelte er und drückte Gabriell das Blatt in die Hand.

„Ah okay“, meinte sie nur, steckte den Zettel ein und ging in ihre Wohnung.
 

Erst oben angekommen, das Taxi war gleich weiter gefahren, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, sah sie etwas genauer auf den Zettel.

„Neueröffnung“, zierten bunte Lettern das Papier, darunter der Name eines Café, den man ohne Fremdsprachenkenntnisse nicht aussprechen konnte, das morgige Datum, sowie Uhrzeit und Adresse.

Gut, dieser seltsame Kerl schien dort zu arbeiten, auch wenn er mit dem Anzug nicht unbedingt wie Kellner in einem Café ausgesehen hatte, aber man wusste ja nicht, wo er sonst so hin wollte.

Gabriell überlegte eine ganze Weile, ob sie zu der Eröffnung gehen sollte, von der Beschreibung hörte sich das Café wirklich schön an, aber sie war sich nicht sicher. Erst einmal machte sie die Spängchen aus ihren Haaren, die ihr nun hellbraun und leicht gelockt über die Schultern fielen, dann zog sie sich etwas Gemütlicheres an und machte sich an ihr Abendessen.
 

Schließlich hatte sich Gabriell doch entschlossen, bei dem ominösen Café vorbei zu schauen. Allerdings nicht am Tag der Eröffnung, sondern sie ging ein paar Tage später hin. Den Trubel, den es am ersten Tag gegeben haben muss, wollte sie sich nicht unbedingt antun.

Es war wunderschönes Wetter heute, ein Samstagnachmittag und die Sonne schien warm vom wolkenlos blauen Himmel. Die Haare zu einem einfachen Zopf gebunden hatte sich Gabriell in den Bus in Richtung Innenstadt gesetzt, das Café lag ein klein wenig abseits der Haupt-Fußgängerzone, aber immer noch zentral genug, dass sie mit genügend Laufkundschaft rechnen konnten. Sie trug ein helles Top, einen knielangen Rock und passende Sandalen. Hatte sich eigentlich auf einen schönen Kaffee oder irgendwas in der Art eingestellt, aber als sie sich dem Café näherte, sah sie schon aus einiger Entfernung, dass es hoffnungslos überfüllt war.

//Neueröffnung, war ja klar//, dachte sie sich, ging trotzdem noch vor, bis sie vor dem Café stand und keinen einzigen noch freien Tisch entdeckte. Die Kellnerinnen und Kellner hatten gut zu tun, ganz viele Leute redeten und es war ziemlich laut, obwohl die meisten Tische über den kleinen Vorplatz verteilt unter Sonnenschirmen standen. Das Café selber hatte eine große Glasfassade, man musste von drinnen einen tollen Ausblick auf das Treiben auf der Straße haben. Aber wenn es keine Plätze mehr gab, brachte ihr das auch nichts.
 

Gabriell wollte gerade wieder gehen, hatte sich schon umgedreht. Wahrscheinlich würde sie sich einfach in eines der anderen Cafés setzen, die zwar nicht so schön waren, aber bestimmt mehr Platz hatten. Auf einmal legte jemand eine Hand auf ihre Schulter, hielt sie zurück.

„Bitte, warten sie“, meinte eine Männerstimme. Etwas erschrocken drehte Gabriell sich um, sah hinter sich ein Gesicht, dass ihr mehr als bekannt vorkam.

„Sie?“, fragte sie verwundert und sah in das lächelnde Gesicht von Pablo.

„Ich dachte schon, sie würden nie vorbei kommen“, meinte er freundlich und bot Gabriell eine Hand an, ehe er sie zu einem freien Tisch führte, den Gabriell glatt übersehen hatte. Er lag etwas abseits, unter einem kleineren Sonnenschirm und in der Ecke war es eindeutig leiser.

„Ich darf sie doch einladen?“, fragte Pablo, Gabriell nickte nur leicht verlegen.

Das erste Date?

Dieser seltsame Mann hatte ihr sogar noch den Stuhl weg gerückt, als sie sich setzte. Äußerst höflich, trotzdem war Gabriell nicht ganz wohl bei der ganzen Sache. Sie kannte den Kerl nicht einmal und er lud sie zu einem Kaffee ein, war auffällig zuvorkommend und lächelte die ganze Zeit.

„Danke...“, meinte Gabriell leise, strich sich, immer noch einen leicht rosa Schimmer auf den Wangen, eine etwas kürzere Haarsträhne hinters Ohr. Auf dem Tisch standen eine kleine Karte mit dem, was das Café anbot, außerdem eine Tasse Kaffee, die anscheinend dem Mann gehörte und daneben eine Zeitung, bei der der Wirtschaftsteil aufgeschlagen war. Pablo hatte gegenüber von Gabriell Platz genommen, sah sie weiterhin lächelnd an und reichte ihr erst einmal die Karte.

„Bitte, suchen sie sich etwas aus. Was ihnen gefällt...“

Sie nickte, schlug die Karte auf, während der hellhaarige Mann an seinem Kaffee nippte und die Zeitung schließlich wieder weg packte, in eine kleine Aktentasche, die er neben sich stehen hatte. Er sah immer wieder kurz zu ihr herüber, jedenfalls spürte Gabriell seine Blicke, während sie durch die Karte blätterte.

„Ich glaube... ich nehme einen Eiscafé“, meinte sie nach einer Weile, legte die Karte wieder zurück und sah kurz zu ihrem Gegenüber, sodass sich ihre Blicke für den Bruchteil einer Sekunde trafen. Er hatte wirklich außergewöhnliche Augen...

Sofort senkte die Braunhaarige wieder den Blick, wurde wieder etwas roter. Das war gerade wirklich seltsam, sie war fast noch nervöser als bei dem Bewerbungsgespräch vor ein paar Tagen.
 

Pablo schmunzelte über ihr Verhalten. Das war wirklich zu süß, wie sie sich anstellte. Er nickte nur kurz, winkte dann die nächste Kellnerin herbei, die nach ein paar Minuten auch schon den Eiscafé brachte, Pablo brachte sie noch einen neuen, normalen Café.

„Lassen sie es sich schmecken“, meinte er, kippte einen Schluck Milch und etwas Zucker in seinen Café und trank dann einen kleinen Schluck. Auch Gabriell nippte kurz an ihrem Eiscafé, er war wirklich lecker.
 

Sie schwiegen beide eine ganze Weile, jedenfalls kam es Gabriell wie eine halbe Ewigkeit vor, ehe ihr Gegenüber wieder das Wort ergriff.

„Ich hoffe, ich bin jetzt nicht zu neugierig. Aber darf ich fragen, wie es bei ihrem Bewerbungsgespräch neulich gelaufen ist?“

Mehr als verwundert über die Frage oder eher noch mehr darüber, dass sich der Kerl daran noch erinnerte, sah sie kurz zu ihm, trank dann einen weiteren Schluck Eiscafé.

„Natürlich dürfen sie fragen. Es war... ganz gut,denke ich. Ich habe noch keine sichere Zusage, aber zumindest ist es an sich ganz gut gelaufen.“

„Na dann habe ich keine Zweifel mehr daran, dass sie die Stelle auch bekommen.“

Er lächelte wieder freundlich, beugte sich ganz leicht über den Tisch, nur minimal, nicht aufdringlich, aber trotzdem waren sie sich so ein kleines Stückchen näher und Gabriell wurde wieder rot.
 

„D-danke“, stotterte sie leicht, erwiderte dann sein Lächeln. Jetzt erst fiel ihr auf, dass er wieder im Anzug da war, obwohl es doch gut warm war heute. Trotzdem trug er sein Jackett immer noch und sogar eine Krawatte, auch wenn die meisten Männer hier nur im Hemd oder gar im T-Shirt saßen.

„Ist irgendwas?“, fragte Pablo, er hatte bemerkt, dass sie ihn einen Moment gemustert hatte.

„Nein, nichts...“, murmelte sie immer noch verlegen, senkte den Blick wieder. Dieser Kerl war doch eindeutig viel mehr als nur ein bisschen seltsam.

Pablo entfuhr ein lautloser Seufzer. „Wieso seht ihr schon wieder auf den Tisch? Ist die Maserung so interessant?“

Tatsächlich waren die Tische im Gegensatz zu den meisten Tischen, die vor Cafés standen, aus Holz, sehr edlem Holz sogar, aber trotzdem waren sie modern gehalten.

„Nein, ähm, ich...“, stolperte Gabriell über ihre eigenen Worte, sie konnte nicht einfach sagen, dass er sie verlegen machte, das wäre erstens unhöflich und zweitens unpassend gewesen, aber wenn sie wirklich fortwährend die Tischplatte anstarrte, war das genauso unhöflich. „Ich, ich... bitte verzeihen sie...“

Schmunzelnd sah er sie an, legte ganz sacht seine Hand auf ihre, die neben dem Eiscafé-Glas auf dem Tisch lag. Auch wenn er sie nur kurz berührte, merkte er, wie zart und zierlich ihre Hände waren. „Schon okay...“
 

Ein wenig perplex sah Gabriell zuerst zu ihrer Hand,sah seine diese sacht berühren. Es war wie als würde ein elektrischer Schlag durch ihren Körper führen, aber trotzdem war es anders. Irgendwas, was man nicht beschreiben konnte eben. Aber einfach ein seltsames Gefühl.

Im Reflex zog sie die Hand weg, ließ sie unter dem Tisch auf ihrem Schoß verschwinden.

„Ich glaube, ich muss langsam aber wieder weiter...“, murmelte sie leise, trank noch den letzten Schluck ihres Eiscafé leer, ehe sie kurz zu ihrem Gegenüber sah. Er lächelte immer noch, hatte seine Hand allerdings wieder zu sich genommen und wirkte ein klein wenig traurig, als sie sagte, dass sie gehen müsse.

„Das ist aber schade...“, antwortete er immer noch verblüffend freundlich, klappte aber kurz seinen Aktenkoffer auf und holte etwas heraus. „Ich würde mich trotzdem freuen, sie noch einmal wieder zu sehen...“
 

Gabriell lief rot an. Was sollte das denn jetzt? Sie musste hier wirklich so schnell wie möglich weg, der Kerl war nicht nur seltsam, sondern auch vollkommen abgedreht, wie ihr schien. Wer wusste, was er jetzt schon wieder vor hatte? Stattdessen legte er aber nur eine kleine Visitenkarte auf den Tisch, schob diese zu Gabriell herüber.

„Wenn sie möchten, können sie sich ja mal bei mir melden...Frau...ähm“, meinte er, seiner Stimme war jetzt auch ein klein wenig Verlegenheit anzumerken, nicht viel, aber ein klein wenig auf jeden Fall.
 

„Ja, man schauen...“, meinte Gabriell kurz, steckte die Visitenkarte zwar ein, betrachtete sie aber im ersten Moment nicht weiter, ehe sie langsam aufstand und gehen wollte. Seine Frage nach ihrem Namen überging sie einfach. Sie wollte gerade einfach nur noch aus dieser Situation heraus und das ganze möglichst unbeschadet.

„Vielen Dank trotzdem für die Einladung...“, meinte sie noch, ehe sie sich umdrehte und schließlich tatsächlich ging.

„ich würde mich wirklich freuen!“, rief Pablo ihr noch hinterher, er war ebenso aufgestanden und sah ihr jetzt nach, ehe sie nicht mehr zu sehen war.
 

Seufzend ließ er sich auf den Stuhl zurück fallen, lockerte seine Krawatte und zog das Jackett aus, das er einfach hinter sich über die Stuhllehne hängte. Pablo sah etwas resigniert zu dem leeren Eiscafé-Glas vor sich. So hatte er sich das Ganze jetzt nicht vorgestellt. Was, wenn sie ihn jetzt nicht mehr wieder sehen wollte? Das wäre wirklich mehr als schade.

Nur die Erinnerung bleibt

Fast eine Woche war vergangen und Pablo war anzumerken, dass er alles andere als bei der Sache war. Er vergaß Unterlagen zu überarbeiten, machte eigentlich alles falsch, was man nur falsch machen konnte. Und das alles nur, weil seine Gedanken immer noch bei dieser Frau lagen. Die Frau, deren Namen er noch immer nicht kannte, die er bis jetzt zwei mal gesehen hatte, aber die einfach nicht mehr aus seinen Gedanken weichen wollte. Es war wie verhext und sein Vater machte einen riesigen Aufstand inzwischen.
 

„Junge, was ist los? So kannst du nicht weiter machen, dafür sind deine Aufgaben zu wichtig.“, brummte der Mann mit dem silbrig-weißen Haar und dem perfekt sitzenden, edlen Designeranzug. Er hatte Pablo in sein Büro beordert, das dritte Mal diese Woche schon. Denn so konnte es wirklich nicht weiter gehen.

„Wenn dich etwas bedrückt, bitte rede mit mir...“

Aber Pablo wollte darüber nun wirklich nicht mit seinem Vater reden. Auch, weil es ihm ein bisschen peinlich war. Er kannte diese Frau ja noch nicht einmal richtig! Aber er wollte sie irgendwie trotzdem wieder sehen.

Pablos Vater seufzte und lehnte sich über den Schreibtisch etwas näher zu seinem Sohn hin. Einen Moment musterte er den jungen Mann vor sich, seufzte dann wieder.

„Ist es wegen einer Frau?“, fragte er einfach so heraus. Pablo zuckte zusammen.

„Nein, Vater...“, murmelte er dann kleinlaut, zog aber die Schultern auffälliger Weise ein Stück an und rückte so weit auf dem Stuhl nach hinten, bis er sich regelrecht gegen die Stuhllehne presste.

„Also ist es wegen einer Frau...“, bestätigte der Ältere und lehnte sich selber auf seinem Stuhl zurück. Pablo schwieg.

Erst nach einer ganzen Weile brach Pablos Vater wieder das Schweigen, ein sanftes Lächeln auf den Lippen.

„Ist sie sehr hübsch? Was macht sie so? Oder wolltest du sie mir demnächst einmal vorstellen?“, fragte er, locker wie er war und erwartete eine Antwort seines Sohnes, dieser sah allerdings nur noch etwas bedrückter zuerst auf die Tischplatte, als er mit seinem Stuhl noch ein Stück zurück rutschte dann auf seine Knie. Irgendwas bedrückte ihn wirklich sehr, das war nicht zu übersehen. Und bei Pablo sowieso, denn es war eine Seltenheit, dass er keine gute Laune verbreitete.

„Ich möchte dir doch nur helfen, Junge...“, meinte der Ältere weiter, stand auf und trat zu seinem erwachsenen Sohn, legte ihm eine Hand auf die Schulter, während er sich vor ihn hockte. „Und ich kann dir nur helfen, wenn du mit mir redest.“
 

Er blieb stur und verlor kein Wort über seine neue „Bekanntschaft“, auch wenn sein Vater schon ahnte, dass es sich um eine Frau handeln musste, die Pablo so den Kopf verdreht hatte. Stattdessen nahm er sich für die nächsten Tage frei und hockte fast die ganze Zeit in dem kleinen Café, in dem sie sich getroffen hatten. In dem sie ihr – wie er es bezeichnen würde – ihr erstes Date gehabt hatten. Dabei wusste er nicht einmal ihren Namen und sie schien sich auch nicht mehr bei ihm melden zu wollen. Pablo war am Boden zerstört.
 

Aber auch hier ließ sich Gabriell kein einziges Mal blicken. Nichtmal in der Nähe des Cafés, gerade so, als würde sie vermeiden wollen, Pablo über den Weg zu laufen.

Eigentlich war sie sogar ganz froh darüber, diesem seltsamen Kerl nicht mehr begegnen zu müssen. Er war schon im Taxi so seltsam gewesen, so verdammt freundlich und fröhlich. Einfach seltsam. Wie er sie angesehen hatte, und wie er es am Ende eingefädelt hatte, dass sie sich in dem Café wieder sahen. Okay, er war wirklich nett gewesen, sehr nett sogar, so behandelte sie nicht jeder. Und er hatte sie sogar eingeladen damals. Aber trotzdem. Er war und blieb seltsam und deswegen war sie unheimlich froh, ihn nicht wieder sehen zu müssen! Jedenfalls glaubte sie das...

Fast jeden Tag nach diesem „seltsamen Treffen“, wie sie es selber bezeichnete, ging Gabriell diese Gedanken durch.

„Seltsamer Kerl, wirklich sehr seltsam...“, murmelte sie vor sich hin, während sie im Supermarkt einkaufen ging. Das zweite mal heute, denn zu Hause erst war ihr aufgefallen, dass sie die Hälfte vergessen hatte.

Schließlich zahlte sie und machte sich wieder auf den Weg nach Hause, regte sich innerlich über diesen seltsamen Kerl auf. Er wollte ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf, zu sehr hatte er sie verwirrt mit dem, was er getan hatte. Sie verstand es einfach nicht! Wie konnte man so... seltsam sein?

Zuhause angekommen fand sie einen Brief in ihrem Briefkasten. Ein amtliches Schreiben, wie es aussah, mit dem Stempel des Kindergartens, bei dem sie sich beworben hatte. Kurz darauf stellte sie fest, dass es die Zusage für die Stelle war! Oder besser gesagt erst einmal eine befristete Zusage, je nachdem, wie sie sich machen würde, würde sie vielleicht sogar übernommen werden.

Sofort rief sie ein paar Freundinnen an – das musste man immerhin feiern! Ihre beste Freundin Andrea schlug sofort vor, dass sie eine ganz tolle Bar kennen würde, in der sie feiern könnten, Gabriell wollten sie damit überraschen.
 

Sie waren zu fünft, als sie sich am Marktplatz trafen. Andrea stieß mit einem wie immer recht körperbetonten Outfit ein wenig aus der Gruppe heraus, aber sie alle hatten sich heraus geputzt. Gabriell trug ein knielanges, hellblaues Sommerkleid, hohe Schuhe und ihre Haare waren offen und fielen ihr leicht gewellt über die Schultern.

„Und, wo gehen wir jetzt hin?“, fragte sie neugierig und sah bewusst Andrea an, sie war es immerhin, die ansonsten alles plante. Die junge Frau strich sich durch die blonde Dauerwelle und grinste. „Lass dich überraschen, Gabi, wir sind gleich da!“

Sie gingen ein Stück weiter und als hätte Gabriell es nicht geahnt stolzierten ihre Freundinnen direkt auf DIESES Café zu. Die Braunhaarige blieb stehen, schluckte kurz, aber ehe eine ihrer Freundinnen ihr etwas anmerken konnte, hatte sie schon zu den anderen aufgeschlossen.

„Die bieten jetzt auch schon Lounge-Abende an?“, fragte sie und zeigte auf ein großes Schild, auf dem mit Kreide die Worte „Lounge“ und der Zeitraum für die Cocktail-Happy-Hour gemalt waren.

„Gabi, bitte, das ist DAS Szene-Lokal der Stadt“, belehrte Andrea sie und sie gingen alle zusammen in das noch recht leere Lounge-Café.
 

Er drehte sich nicht um, als wieder eine kichernde Meute junger Ladys herein traten. Pablo saß schon seit heute Nachmittag hier, hatte sich inzwischen nur von draußen an die Bar gesetzt, vor ihm ein halb volles Glas mit irgend einem Longdrink.

Nein, er wollte sich nicht besaufen, hoffte aber, hierdurch ein wenig Ablenkung zu finden. Denn die Erinnerungen waren anscheinend wirklich alles, was ihm von dieser unglaublichen Frau bleiben würde.

Er trug eine einfache Jeans, ein kurzärmliges Hemd und sah so vollkommen anders aus als im Anzug. Jünger. Und vor Allem nicht so vornehm und spießig.

„Noch einen...“, murmelte er dem Barkeeper zu und trank in einem Zug den restlichen Inhalt des Glases. Ein Drink noch, dann würde es ihm hier zu voll werden und er würde nach Hause gehen. Wahrscheinlich war das sowieso das beste, noch hatte Pablo sich im griff, aber er wollte kein Risiko eingehen, die Erinnerungen irgendwann im Alkohol ertränken zu wollen.

„Wenn sie sich nie umschauen, finden sie nie ein Mädchen, dass ihnen gefällt...“, murmelte der Barkeeper ihm zu, als er die Gläser austauschte.

„Und wenn ich gar keines finden will?“, murmelte Pablo nur, drückte dem Mann ein paar Münzen Trinkgeld in die Hand.

„Dann würden sie nicht jeden Tag hier her kommen und auf irgendetwas warten“, antwortete er und nickte in Richtung der Frauen, die gerade herein gekommen war. Die Gruppe um Gabriell.

Resignierend brummte Pablo nur, trank einen Schluck und blieb weiter mit dem Gesicht in Richtung Bar sitzen. Sie würde hier sowieso nicht auftauchen.

Unverhofftes Wiedersehen

Die fünf Freundinnen hatten einen Tisch am anderen Ende des Cafés in Beschlag genommen. Sicher würde es später voller werden hier, deswegen war es ganz gut, dass sie sch jetzt schon ihre Plätze gesichert hatten und zumindest einen Ort zum Handtaschen und Gläser abstellen hatten.

Andrea hatte sich sofort auf den Weg zur Bar gemacht, noch hatten sie Happy Hour, noch genügend Zeit, um sich relativ günstig die angesagten Cocktails zu leisten. Die Blondine trat an die Bar, stellte sich auffälliger Weise direkt neben Pablo, auch wenn ansonsten noch jede menge Platz war.

„Fünf Cocktails des Hauses...“, säuselte sie regelrecht dem Barkeeper zu und schenkte ihm einen gekonnten Augenaufschlag. Der junge Mann hinterm Tresen nickte nur und machte sich daran, die Drinks zu mixen. Die perfekte Situation für Andrea, sich ein wenig um die Aufmerksamkeit des anderen „Gastes“ zu bemühen.

„Und, was machst du hier so?“, fragte sie, hatte sich auf dem Barhocker neben Pablo nieder gelassen, war dabei aber ein ganzes Stück näher als nötig an ihn heran gerutscht. „Ich und ein paar Freundinnen sitzen hinten und wollen feiern...“ Er hingegen hatte schnell bemerkt, dass diese Dame ihn versuchte anzumachen und darauf hatte er nun wirklich keine große Lust und ignorierte sie erst einmal gekonnt. Aber er hatte nicht mit Andreas Hartnäckigkeit gerechnet, die sich jetzt demonstrativ noch etwas näher an den Hellhaarigen heran lehnte und damit einen sehr weiten Blick in ihr Dekolletee zu ließ.

„Hm?“

Immer noch ignorierte Pablo sie, er seufzte nur leise, als ihm klar wurde, dass Ignoranz bei dieser Frau nichts bringen würde.

„Hier sitzen und etwas trinken“, antwortete er knapp und für Pablo eigentlich untypisch unfreundlich. „Und gleich nach Hause gehen...“

Nicht im Geringsten davon beeindruckt machte Andrea einfach weiter, legte dem anderen jetzt sogar vorsichtig eine Hand auf die Schulter, sah ihn mit großen Augen an.

„Wie, du willst schon gehen? Setz dich doch noch ein wenig zu uns...“, schlug sie vor, zwinkerte Pablo zu.

„Nein danke, kein Interesse“, meinte Pablo noch recht freundlich, aber man merkte ihm deutlich an, dass ihm diese Anmache auf die Nerven ging. Er nahm die Hand von Andrea von seiner Schulter, sah sie nur einem Moment lang an, ehe er sich von ihr wieder weg drehte.

„Vielleicht wäre es gut, wenn sie ihren „Freundinnen“ die Cocktails bringen würden.“
 

Andrea verdrehte nun schlussendlich die Augen. An dem war wohl wirklich jegliche Hoffnung vergebens. Ein klein wenig beleidigt nahm sie die Gläser, murmelte nur leise „Idiot“ in Pablos Richtung und ging ein wenig eingeschnappt zu den anderen zurück.

„Was ist denn, Andrea?“, fragte eine der anderen Frauen kichernd, als diese mit einem Gesicht wie drei Tage Regenwetter wieder zum Tisch zurück gekommen war und ihre Drinks abstellte. „Hast du dein Talent zum Männer abschleppen verloren?“

Die Anderen – bis auf Gabriell – stimmten in leises Kichern ein, erst als Andrea mit kicherte, lächelte Gabriell sanft. Sie war in der Gruppe so etwas wie das Bindeglied zwischen den Frauen, die sich ansonsten sicher nie in dieser Konstellation zusammen finden würden. Und deswegen legte sie eigentlich auch sehr viel Wert darauf, den Ansprüchen von jeder gerecht zu werden.

„Trinken wir erst einmal“, schlug Andrea schließlich vor und sie alle nahmen ihre Cocktails und stießen an.

„Auf Gabis neuen Job!“, riefen sie ein wenig lauter als der Rest der Anwesenden miteinander sprach und so war das Ganze einmal quer durch das Café zu hören.
 

„Also, was ist los?“, fragte eine der Frauen schließlich, sofort sahen alle fragend zu Andrea. „Wieso bist du so miesepetrig auf einmal?“

Die blond gelockte seufzte einmal theatralisch, sah in die Runde und deutete dann kurz in Richtung Bar.

„Der Kerl da vorne an der Bar ist total unfreundlich sag ich euch. Macht mich blöd an, nur weil ich mal nett mit ihm plaudern wollte. Also wenn der immer so drauf ist, verstehe ich, dass er hier sitzt und säuft. Der bekommt so ja nie eine ab...“

Lachen. Sofort sahen die anderen 3 Frauen in Richtung Bar, aber von hier konnte man nicht wirklich etwas erkennen.

„Die nächste Runde geht außerdem auf dich, Gabi“, meinte Andrea dann schmunzelnd.
 

Gesagt, getan. Kaum hatten sie ihre Drinks leer getrunken, stand Gabriell auf und machte sich in Richtung Theke auf. Sicher war es sowieso besser, wenn sie ging, als dass sie Andrea wieder los schicken würden, die brachte es gleich und kam stundenlang nicht wieder, weil sie irgendeinen netten Herren auf die Toilette entführt hatte. Aber das war Andrea, sie war immerhin trotzdem eine total gute Freundin.

Nichts Böses ahnend ging die Braunhaarige also zur Theke, ganz im Gegensatz zu Andrea hielt sie bewusst einen höflichen Abstand zu den anderen Gästen und achtete auch nicht wirklich darauf, wer genau da an der bar saß und sich voll laufen ließ.

„Nochmal fünf Cocktails des Hauses...“, meinte sie nur knapp, sah dem Barkeeper beim Mixen der Drinks zu, als der Gast neben ihr aufstand und anscheinend gehen wollte. Er schwankte leicht und Gabriell bemerkte es zuerst nur aus den Augenwinkeln, hatte aber das Gefühl, dass der Herr jeden Moment umkippen würde, drehte sich deswegen zu ihm und griff ihm unter die Arme, bevor er fiel.

„Passen sie auf“, meinte sie ein wenig erschrocken, aber genau synchron zu einer weiteren Stimme, einer Männerstimme.

Überrascht sah sie auf, als sie merkte, dass sie nicht die einzige Person war, die den Betrunkenen aufgefangen hatte. Und das erste, was sie sah, waren zwei türkisblaue Augen.

„Du?“, fragte Pablo leise und ein wenig ungläubig, als er Gabriell erkannte. Ein sanftes Lächeln glitt ihm über die Lippen, das konnte doch kein Zufall mehr sein, das war Schicksal.
 

Gabriell stand der Mund einen Moment lang sperrangelweit offen, als sie Pablo erkannte. Sie wusste nicht, ob sie sich freuen sollte oder nicht, ihn wieder zu sehen. Der einzige Gedanke in ihrem Kopf war gerade, dass er HIER war. Hätte Pablo ihn nicht auch noch gehalten, sie war sich sicher, sie hätte den Betrunkenen jetzt fallen gelassen. Aber er hielt den Mann immer noch fest, seine Fingerspitzen berührten sanft ihre und irgendwie ließ das Gabriell ein wenig rot werden. Sie war so auf seine türkisen Augen fixiert, dass sie gar nicht bemerkte, dass Pablo sie schon gar nicht mehr ansah.

„Geht es ihnen gut?“, fragte er den Betrunkenen, redete ruhig auf den Mann ein. „Soll ich ihnen ein Taxi rufen? Ich glaube, das Beste ist, wenn sie nach Hause fahren“, schlug er vor, sah dann zum Barkeeper hinter ihm. „Rufen sie doch bitte ein Taxi für den Herren.“
 

Gabriell blinzelte, fing sich dann wieder, als sie nicht mehr in seine Augen sah. Sie setzten den Mann auf einem Stuhl ab, ehe sich Pablo wieder Gabriell zuwendete. Er lächelte freundlich und auch glücklich.

„Hallo“, meinte er nur knapp.

„Hallo“, antwortete Gabriell und senkte den Blick.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Gisi
2011-07-12T08:41:29+00:00 12.07.2011 10:41
Aalso ich finde die Geschichte super süß *.*
Ich will unbedingt wissen wies weiter geht, hach is das schön XD
Von: haki-pata
2011-05-14T12:16:12+00:00 14.05.2011 14:16
Süß.

Ja, ja... Zufälle gibt es...
Von: haki-pata
2011-05-12T09:01:48+00:00 12.05.2011 11:01
Flüssig zu lesen und Lust auf mehr machend.
Also... Mein Interesse ist geweckt.


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