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Love me,… Devil?

von

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Titel: Love me,… Devil?

Teil: 1
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Es herrschte eine angenehme Atmosphäre in dem großen Raum. Aus diesem Grund trafen sich hier auch viele Adelige, um gemeinsam den Nachmittagstee einzunehmen, der für manche auch gleich die erste Mahlzeit des Tages darstellte. Auch wenn man nicht alleine in dem Raum war, so gab es doch mehrere Tische um sich bei Bedarf ungestört zu unterhalten. An einem dieser Tische saßen zwei junge Männer, von denen einer gerade die Hand des Anderen hielt und diese kritisch beäugte.

Mit einem Seufzen lies der Blonde die Hand seines Freundes los. „Weißt du, so schön der Ring auch sein mag, deine Tätigkeit will ich nicht haben.“

Lächelnd schüttelte Raoul den Kopf. „Ich manchmal auch nicht.“

„Lügner.“ Christian erwiderte das Lächeln seines Freundes. Auch wenn Raoul es abstritt, er war seiner Prinzessin, oder besser gesagt seinem Prinzen total verfallen. Das merkte vielleicht nicht jeder, aber für ihn war es offensichtlich.

Es war zwar schon einige Zeit her, das sie völlig überraschend einen Prinzen bekommen hatten, doch ihm fiel es, wie so vielen anderen Adeligen, noch immer schwer ihre Prinzessin als Prinz zu sehen. Selbst wenn er nun Männerkleider trug, es war noch immer der gleiche Mensch.

„Du hast mich ertappt.“ Raoul nahm seine Tasse in die Hand und trank einen Schluck.

Christian wollte es ihm gleich tun, als mit einem Mal die Tür aufflog. Beide Flügel krachten gegen die Wand und gaben den Blick auf einen sehr erzürnten, jungen Mann frei.

Stöhnend stellte Christian seine Tasse wieder ab. Musste das schon so früh am Morgen beginnen?

Raoul warf seinem Freund einen fragenden Blick zu. „Kennst du ihn?“

Christian schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich ahne Schlimmes.“

Er hatte genug solcher Auftritte erlebt, um zu wissen was folgte. Es musste nicht unbedingt ihn angehen, in diesem Raum befanden sich außer ihm noch fünf Andere, die sich ihre Zeit mit dem gleichen Vergnügen vertrieben wie er. Doch irgendetwas sagte ihm, dass es ihn betraf.

Die grauen Augen des Ankömmlings glitten durch den Raum und blieben an Christians Gestalt hängen. „Hier seid ihr, Elender! Ihr habt meine Schwester entehrt!“

Raouls Blick glitt wieder zu Christian. Er wirkte eher amüsiert als empört, oder gar überrascht. „Und? Hast du?“

Christian zuckte nur ratlos mit den Schultern. „Möglich, ich kenne ihn nicht.“

Irgendwie war es lästig, wenn das ständig passierte. In Zukunft würde er sich wohl nur mehr Einzelkinder aussuchen. Wobei er sich bei der Partnersuche gewiss nicht auf deren Familienverhältnisse konzentrierte. Immerhin wollte er sie ja nicht heiraten.

Die Stimmen im Saal waren verstummt, als der Besucher auf Christian zukam und ihm einen Handschuh vor die Füße warf. „Ich fordere euch zum Duell!“

Abermals seufzte Christian gelangweilt auf und sah zuerst auf den Handschuh und dann zu Raoul. „Weißt du, das ist so eine unsinnige Regel. Man wirft einen Handschuh vor die Füße des Anderen. Was soll ich damit? Ich meine, warum wirft man nicht gleich ein Paar, damit könnte ich wenigstens etwas anfangen.“

Raoul grinste und sah zu dem Herausforderer. „Ich verstehe dich voll und ganz, mein Freund.“

Christian war bewusst, dass er den Neuankömmling ignorierte. Vielleicht wurde ihm so klar, wie dumm seine Herausforderung war. Niemand duellierte sich mit ihm, einfach weil es nichts brachte. Er hatte bis jetzt jeden Gegner besiegt, der ihn herausgefordert hatte. Eigentlich hatte er angenommen, dass sich seine Stärke inzwischen herumgesprochen hatte.

„Hebt ihn auf!“ Der Fremde funkelte Christian hasserfüllt an.

Nun wandte der Blonde seine Aufmerksamkeit zum ersten Mal seinem Herausforderer zu. Er wirkte noch sehr jung, wenn auch nur ein paar Jahre jünger als er. Seine braunen Haare hatten vielleicht nicht den neuesten Schnitt, aber Christian gefiel die Art, wie ihm einige Strähnchen ins Gesicht fielen. Seine grauen Augen funkelten ihn zornig an, doch das hatte durchaus seinen Reiz. Auch wenn sein Gesicht eher durchschnittlich war, so ließ sein Körper erahnen, dass er körperliche Arbeit nicht scheute. Es war nicht nur das Training mit dem Schwert, das ihm zu einem solchen Körper verholfen hatte. Wenn er nicht die Absicht hätte ihn umzubringen, Christian würde sein Glück glatt versuchen. Obwohl, der Tag war ja noch jung.

„Vielleicht solltet Ihr mir zuerst euren Namen nennen. Damit ich wenigstens weiß, wegen welchem Abenteuer ich nun büßen soll.“

Sein Gegenüber legte eine Hand auf seinen Schwertknauf. Es schien ihn alle Kraft zu kosten, es nicht zu ziehen. Christan würde es ihm auch nicht raten. Ein Duell wurde ja geduldet, doch kein Mord. Und das Schwert in Gegenwart so vieler Lords zu ziehen, die nebenbei alle mit ihm befreundet waren, zeugte nicht gerade von Intelligenz.

„Mein Name ist Shay Feran. Meine Schwester ist Lady Susan Feran und ihr werdet sie entweder heiraten, oder sterben.“

Shay, den Namen würde er sich merken. Dass er keinen Titel vorne anfügte, hieß wohl dass sein Vater noch lebte. Auch wenn das keine Rolle spielte, hier am Hofe war jeder Adelige ein Lord. Allerdings war das im Moment auch nicht wirklich wichtig.

Nachdenklich runzelte Christian die Stirn. Sein Blick richtete sich auf Raoul, auch wenn er wusste, dass dieser ihm nicht helfen konnte. Aber es half ihm immer beim Nachdenken, wenn er eine schöne Aussicht hatte. Susan… nein, er konnte sich nicht an diesen Namen erinnern. Nicht in der letzten Zeit, wobei er da durchaus mit vielen anderen Namen dienen konnte.

Nach einigen Augenblicken schüttelte er den Kopf. „Nein, nie gehört. Es tut mir leid, aber da habt Ihr wohl den falschen Mann herausgefordert. Wollt Ihr Euren Handschuh wiederhaben?“

Shays Hand umfasste seinen Schwertknauf nur noch fester. „Nennt ihr meine Schwester etwa eine Lügnerin?“

Oh Gott, nun wurde die Sache wieder heikel.

Raoul neben ihm gähnte gelangweilt. „Nun mach schon Christian, nimm den Handschuh. Dann verpasst du ihm eine Abreibung und die Sache ist erledigt.“

„Nein.“ Er sah den Schwarzhaarigen leicht beleidigt an.

„Wenn ich schon arbeiten muss, dann will ich zuvor auch meinen Spaß haben. Selbst wenn ich seine Schwester entehrt habe, so war es sicher kein Spaß, wenn ich mich nun nicht mehr daran erinnere.“

„Ihr Teufel, wagt es nicht so über meine Schwester zu sprechen!“ Shay zog nun endgültig sein Schwert aus der Scheide.

Besser er versuchte es, denn noch bevor er sie ganz gezogen hatte, waren einige der Anwesenden aufgesprungen und hatten ihrerseits die Schwerter gezogen.

Raouls Hand umfasste das Handgelenk des Jüngeren und hinderte ihn so daran, die Bewegung zu Ende zu führen. „Tut es nicht, mein Freund. Solange ich mich mit dieser Aufgabe befasse, werde ich es nicht zulassen das Ihr mir noch mehr Arbeit macht.“

Er wandte sich dem Jüngeren zu und funkelte ihn an. „Es ist ein guter Rat und ich gebe ihn euch nur einmal. Lasst das Schwert stecken.“

Christian lächelte amüsiert, bei der Reaktion seines Freundes. Er hatte es ja nicht anders gewollt. Außerdem, wer hatte behauptet, dass es eine leichte Aufgabe war, Berater des Kronprinzen zu sein?

Allerdings wusste er was nun zu machen war. Nicht dass er das gerne erledigte.

Christian rutschte mit seinem Stuhl etwas zurück und bückte sich. Den Handschuh in der Hand haltend richtete er sich wieder auf. „Zufrieden?“

Er war es nicht. Was brachte es ihm, einem weiteren erzürnten Bruder zu zeigen das er der Stärkere war? Schon alleine weil es diesmal eine völlig falsche Anschuldigung war. Er kannte seine Schwester nicht.

Gehässig lächelte Shay und ließ sein Schwert wieder in die Scheide sinken. „Ihr gebt also zu Schuld zu sein.“

Gelassen schüttelte Christian den Kopf. „Nein. Ich verhindere so nur, das Ihr Euch noch weiter zum Narren macht.“

Sofort verschwand der triumphierende Ausdruck auf Shays Gesicht wieder. Bei seinen nächsten Worten funkelte er Christian wieder hasserfüllt an. „Ich erwarte Euch übermorgen, um die Mittagszeit. Wir duellieren uns beim großen Felsen.“

„Abgelehnt.“

„Was?“ Shay sah ihn überrumpelt an. Mit einer Absage hatte er anscheinend nicht gerechnet.

„Wir treffen uns um zwei Uhr Nachmittags. Ich stehe grundsätzlich nicht vor Mittag auf und wegen eines dummen Duells werde ich das sicher nicht ändern.“ Da ließ Christian nicht mit sich diskutieren. Er bestand nicht auf dieses Duell und würde deswegen sicher nicht auf seinen Schlaf verzichten.

Auch wenn sein Herausforderer einige Sekunden benötigte um diese Nachricht zu verdauen, nickte er schließlich. „Einverstanden.“

Ohne ein weiteres Wort wirbelte er herum und verließ den Saal.

„Jetzt hat er doch seinen Handschuh vergessen.“ Mit einem gelangweilten Laut legte Christian das Kleidungsstück auf den Tisch.

„Tja, dann wünsche ich dir viel Glück bei deinem Duell.“ Raoul grinste schadenfroh.

„Hoffentlich, denn wenn das nicht der Fall ist, darfst du meinem Bruder erklären was passiert ist. Da du, mein Freund mich begleiten wirst.“ Das könnte ihm so passen. Zuerst hineinreiten und sich dann aus dem Staub machen. Nein, er würde ihn schön begleiten und auf ihn aufpassen. Aber als erstes würde Christian sich einmal diese Schwester ansehen, vielleicht konnte er die Sache mit dem Spaß ja noch vor dem Duell nachholen. Dann lohnte sich das Ganze wenigstens.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 2
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Alles in ihm sträubte sich dagegen, das Zimmer vor ihm zu betreten. Nicht weil er Angst hatte, sondern weil er wusste, was ihn dahinter erwartete. Der Schlüssel steckte bereits wieder im Schloss, doch war die Tür noch immer versperrt.

Mit einem letzten Seufzen drehte Shay den Schlüssel im Schloss herum. Vorsichtig öffnete er die Tür und warf einen Blick in das dahinter liegende Zimmer. Anscheinend hatte sie sich wieder beruhigt, zumindest flog nichts mehr durch die Gegend.

Er schloss die Tür hinter sich, immer die auf dem Bett liegende Gestalt im Blick. „Susan?“

„Du bist das Letzte!“ Mit diesem Aufschrei setzte sich seine Schwester im Bett auf und warf ihr Kissen nach ihm.

Da er fast schon mit einem solchen Angriff gerechnet hatte, wich er diesem Geschoss aus, indem er den Kopf zur Seite neigte.

„Wie kannst du es wagen, mich hier einzusperren!“

„Du weißt genau, warum ich das getan habe.“ Shay hob das Kissen auf und warf es mit einer beiläufigen Bewegung wieder zurück aufs Bett.

„Wenn du die Familie nicht so beschämt hättest, wäre es nie soweit gekommen.“

„Hättest du mich nicht belauscht, wüsstest du nichts davon.“ Seine Schwester funkelte ihn aus ihren braunen Augen wütend an.

Das war wirklich nicht die feine Art gewesen, doch die Situation hatte sich so angeboten und seine Schwester erzählte ihm ja nichts. Zwar war Susan zwei Jahre jünger als er, doch hielt sie sich für soviel älter. Mit solchen Vorraussetzungen war es wirklich nicht leicht auf sie aufzupassen. Eine Aufgabe bei der er wirklich versagt hatte, aber das war schließlich nicht seine Schuld. Er konnte nicht ständig an Susans Seite sein und Susan selbst war noch zu naiv, um zu wissen wie solche Männer wie Lord Alrin vorgingen. Kein Wunder, dass sie in seinem Netz gelandet war.

Shays Hände ballten sich zu Fäusten als er daran dachte, wie selbstgefällig dieser Mistkerl ihn angesehen hatte. So arrogant. Wie er solche Menschen hasste.

Sein Blick richtete sich auf Susan. „Am Liebsten würde ich dich wieder heimschicken.“

Das wäre auch das Sicherste für sie, nur gab es da ein kleines Problem.

„Das wagst du nicht!“ Seine Schwester stand auf und sah ihn entsetzt an. Dann jedoch schien sie sich an etwas zu erinnern und lächelte ihn an. Nur war dieses Lächeln eher gefährlich, als freundlich.

„Aber das kannst du ja nicht.“

„Was sollte mich daran hindern?“ Der Ältere verschränkte die Arme vor der Brust. Verdammt, sie wusste genau, was ihn davon abhielt.

„Weil du dann Liam einen Grund nennen müsstest und Vater auch. Willst du dir wirklich diese Blöße geben?“ Sie beantwortete sich diese Frage selbst mit einem Kopfschütteln.

„Nein, willst du nicht und das ist auch der Grund, warum du es nicht machst. Wir sind Komplizen, mein lieber Bruder.“

Damit hatte sie genau ins Schwarze getroffen und das wusste Susan. Sie wusste wie sehr es ihn störte immer nur der dritte Sohn zu sein und so ständig mit seinem ältesten Bruder in Konkurrenz zu stehen. Wenn dieser nur nicht immer besser wäre als er selbst. Liam erbte sowieso alles, konnte er ihn da nicht einfach den besseren Kämpfer sein lassen? Wie es die Tradition verlangte würde Liam alles erben, sein zweiter Bruder war in ein Kloster eingetreten und für ihn blieb nichts mehr übrig. Er war einfach nur da, der Überschuss, da hätte er sogar als Mädchen ein einfacheres Leben. Alles worauf er hoffen konnte, war eine reiche Braut, vielleicht könnte er so seinen Bruder übertreffen.

„Wir sind keine Komplizen, Susan. Ich werde dieses Problem aus der Welt schaffen, sorge du einfach nur dafür, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt. Bring nicht noch mehr Schande über unsere Familie.“

Eigentlich hatte er nun so etwas wie Reue erwartet, doch seine Schwester sah ihn nur fassungslos an.

„Was hast du getan?“ Jedes ihrer Worte war kalt und schneidend.

„Was, Shay?“

„Ich habe deinen Lord Christian zu einem Duell herausgefordert. Schon übermorgen wird die Sache wieder geregelt sein.“ Das war eine Tat über die Shay ziemlich zufrieden war. Auch wenn seine Herausforderung nicht so gelaufen war, wie er es sich vorgestellt hatte. Wer konnte auch ahnen, dass dieser so überheblich war? Doch das würde ihm bei dem Duell schon vergehen, kurz bevor er starb.

Susan wirkte einen Moment so, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen, dann jedoch fing sie sich wieder. Stattdessen funkelte sie ihren Bruder wütend an. „Du hast was gemacht? Dank dir wird er mich nie wieder ansehen!“

„Das war eigentlich auch meine Absicht dabei.“ Was war das für eine Reaktion? Er eröffnete ihr hier gerade, dass er sein Leben für ihre Ehre auf Spiel setzte und bekam dafür Vorwürfe? Wie wäre es mit ein wenig Dankbarkeit? Nein, sie sorgte sich auch noch um das Leben ihres Geliebten, nicht um seines.

„Wer hat dich darum gebeten, Shay?“ Langsam wirkte Susan wirklich hysterisch.

„Die Ehre unsere Familie, die du beschmutzt hast.“ Für sie musste das doch auch zählen, immerhin gehörte sie dazu.

Sie lachte nur gehässig. „Glaubst du wirklich Liam, oder meinen Vater würde das interessieren? Die Beiden warten doch nur darauf mich in einer solchen Situation zu finden, um mich endlich loszuwerden. Aber den Gefallen mache ich ihnen nicht. Ich werde mich hier vergnügen mit wem und wann ich will. Bitte tu mir nie wieder den Gefallen meine Ehre retten zu wollen.“

Damit hob sie leicht ihre Röcke und lief an ihm vorbei aus dem Raum.

Shay starrte nur wie gebannt auf die Stelle an der sie gestanden hatte. Waren das die Anweisungen mit denen sie ihr Vater an den Hof geschickt hatte? Er wusste, dass sie vor ihrer Abreise noch ein Gespräch mit ihm gehabt hatte, doch das sah seinem Vater nicht ähnlich. Sie alle liebten Susan, immerhin war sie die einzige Tochter, die einzige Schwester die sie hatten. Susan war ihr aller Schatz.

Plötzlich fiel ihm etwas ein und er fuhr herum. „Warte Susan, du hast noch immer Zimmerarrest!“

Verflucht, nun musste er sie schon wieder suchen.
 

Christians Augen lagen auf dem jungen Mädchen. Braune Haare, braune Augen, gar nichts Auffälliges, nein das war eindeutig nicht sein Typ. Skeptisch beugte er sich zu seinem Freund. „Bist du sicher?“

Der Mann neben ihm nickte nur zustimmend. „Ganz sicher, das ist Lady Susan Feran.“

„Und sie ist verwandt mit Shay Feran?“ Er musste einfach sicher gehen.

Nun wirkte sein Freund langsam ungeduldig. „Ja, es gibt niemand Anderen hier mit diesem Namen.“

„Danke.“ Christian nippte an seinem Weinglas. Also wenn das wirklich die Gesuchte war, dann war er unschuldig. Er vergaß wirklich nur selten eine seiner Vergnügungen, vor allem wenn sie nicht in sein Beuteschema passte. Sie war zu gewöhnlich und was noch schwerer wog, zu jung. Christian bevorzugte wenn dann reifere Frauen und nicht so junge Mädchen, die noch nicht einmal wussten, wie man eine richtige Konversation führte.

Aus den Augenwinkeln bemerkte Christian, wie eine Frau neben ihn trat. Jedoch schien sie nicht an einem Gespräch mit ihm interessiert zu sein. Ihr Blick richtete sich in die gleiche Richtung wie der seine.

Nach ein paar Augenblicken schüttelte sie den Kopf. „Lass es lieber, Christian. Sie hat drei ältere Brüder.“

„Ich weiß, ich habe bereits einen von ihnen kennen gelernt.“ Erst jetzt wandte er sich seiner Freundin zu.

„Du bist schon wieder zurück?“

Karen lächelte nur unschuldig. „Was für eine nette Begrüßung. Ich war immerhin zwei Wochen weg. Fünf Tage Hinreise, fünf Tage Rückreise und mein Mann hatte mich vier Tage, das muss wieder für ein halbes Jahr reichen.“

„Also wieder nichts mit der Familienplanung.“ Christian wusste, dass Karens Mann nicht mehr der Jüngste war und wie jeder Mann in diesem Alter wünschte er sich einen Erben. Leider war Karen weder jemand, der sich an Anweisungen hielt, noch jemand, den Drohungen beeindruckten. Das hatte auch ihr Mann zu spüren bekommen, als er sie zu Halten versucht hatte. Zum Leidwesen ihres Mannes liebte dieser sie und zudem hatte Karen eine große Geldsumme von einer ihrer Tanten geerbt, die ihr ein sorgenloses Leben versprach. Natürlich war das eine Erbschaft von der weder ihre Familie, noch ihr Mann etwas wussten. Karen war nicht dumm und sehr erfinderisch wenn es darum ging, unabhängig zu sein.

Sie schnalzte nur mit der Zunge. „Nicht, wenn er es in den vier Tagen nicht geschafft hat. Also was habe ich verpasst?“

„Nicht viel, nur die üblichen Trennungen, Affären und Skandale. Keine Hochzeiten, keine Tode und keine Verlobungen.“

„Wie langweilig.“ Karen seufzte.

„Oh, doch es ist etwas passiert.“ Christian nickte mit dem Kopf in Susan Richtung.

„Ihr Bruder hat mich zum Duell herausgefordert. Angeblich soll ich mit seiner Schwester geschlafen haben.“

Sofort war ihm wieder Karens gesamte Aufmerksamkeit sicher. „Und? Hast du?“

Christian lächelte nur. „Du fragst mich das Gleiche wie Raoul. Nein, habe ich nicht, zumindest kann ich mich nicht mehr daran erinnern.“

„Schon wieder? Ich denke, dann sollte ich das hier lieber konfiszieren.“ Damit nahm sie ihm geschickt das Weinglas aus der Hand.

Christian sah seine Freundin vorwurfsvoll an. Also wirklich, so oft kam das nicht vor. Er hatte keinen Grund sich zu betrinken, seine Partner gefielen ihm, sonst würde er sie nicht auswählen und er brauchte keinen Alkohol um Spaß zu haben. Wenn er betrunken war, brachte er sich nur selbst um diesen.

Karen warf einen Blick zu dem Mädchen und nippte nun ihrerseits an dem erbeuteten Weinglas. „Ich verstehe das nicht, sie passt doch gar nicht in dein Schema. Sie ist vielleicht dumm, aber sie hat weder einen ansprechenden Körper, noch ist sie irgendwie interessant.“

Christian runzelte bei den Worten seiner Freundin die Stirn. „Karen? Was ist deiner Meinung nach mein Beuteschema?“

„Hm? Ach, das weiß doch jeder. Jung, dumm, attraktiv und unanständig.“ Dabei lächelte sie ihn unschuldig an.

„Ist das nur deine Meinung?“

Karen musterte ihn einen Moment. „Nein, wie gesagt, das weiß jeder.“

Christian nickte zufrieden. „Dann ist es ja gut.“

Das war wirklich seine bevorzugte Beute, doch das konnte immer variieren. Im Moment jedoch wollte er lieber etwas junges, attraktives und heißblütiges, genau das war es was Shay mitbrachte. Seine Naivität war natürlich auch nicht zu verachten. Er war gespannt wie lange er brauchen würde um sein erwähltes Opfer zu erlegen. Aber zuerst würde er ein wenig mit ihm spielen und beim Duell übermorgen konnte er damit beginnen. Heute jedoch würde er dieses Fest erst einmal genießen, vielleicht fand sich ja ein netter Zeitvertreib.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 3
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Schläfrig öffnete Christian die Augen und streckte sich gähnend. Zufrieden stellte er fest, dass die Bettseite neben ihm wieder leer war. Das war so gesünder für ihn. Seine Mutter würde ihn zwar gerne verheiratet sehen, doch er selbst verspürte noch kein Verlangen danach. So wie er nun lebte, war es gut. Wenn er heiratete, dann würde er nur seine Frau betrügen. Da war es doch besser so wie er es nun handhabte, da wusste jeder, auf was er sich einließ. Er versprach niemanden etwas und darüber musste sich jeder im Klaren sein. Wofür gab es sonst die Gerüchte?

Er hörte, wie jemand das Zimmer betrat und setzte sich auf. „Wie spät ist es?“

Der schwarzhaarige Mann ließ seinen musternden Blick über ihn wandern. „Kurz nach Mittag.“

Was für eine genaue Zeitangabe, wie üblich. Christian ließ sich wieder ins Bett zurückfallen. „Zu früh.“

Plötzlich kam ihm etwas anderes in den Sinn. „Wann ist sie gegangen?“

„Kurz vor Sonnenaufgang.“

„Das ist gut.“ Abermals setzte er sich auf. Dabei richtete sich sein Blick auf seinen Freund. Für alle Anderen stellte Rida seinen Leibwächter dar, wenn sie ihn denn überhaupt zu Gesicht bekamen. Er war auch der Grund, warum er noch nicht verheiratet war, denn nur zu oft hatte er ihm aus brenzligen Situationen geholfen. Auch wenn Rida sein Verhalten nicht guthieß, er akzeptierte es.

Rida nahm einen Krug und leerte etwas Wasser in eine Schüssel. „Lady Karen hat sich zum Frühstück eingeladen.“

„Was auch sonst?“ Seufzend stand Christian nun endgültig auf und ging zu der Waschschüssel. Das war wieder einmal so typisch für Karen. Kaum war sie wieder da, war er ihre erste Anlaufstelle. Seit sie verheiratet und nicht mehr so auf ihren Ruf achten musste, geschah das sogar noch öfter als früher.

Eine Hose anziehend, die Rida ihm reichte, sah er sich im Zimmer um. Es fehlte das übliche Tablett mit dem Frühstück, das ihm sein Freund sonst immer brachte. „Ich schätze, wir essen nicht hier?“

Der Andere schüttelte den Kopf. „Nein, es wurde im Nebenzimmer angerichtet.“

Christian schöpfte mit seinen Händen Wasser und wusch sich sein Gesicht. „Das heißt dann wohl, dass sie schon da ist.“

„Seit einigen Augenblicken.“ Rida reichte ihm ein Handtuch.

„Hoffentlich lohnt es sich.“ Natürlich machte Karen das nur, um ihn zu ärgern. Sie wusste wie unausstehlich er war, ohne ausreichenden Schlaf, doch auch, dass er sich ihr gegenüber höflich verhalten würde. Das gebot schon seine Erziehung, außerdem hatte ihn einer ihrer Kommentare gestern neugierig gemacht.

Betont langsam brachte er seine Morgentoilette hinter sich, bevor er sich in den anderen Raum begab. Es war ein kleiner Salon, den jeder Gast zugestanden bekam, der hier einen längeren Aufenthalt plante. „Karen, wartest du schon lange?“

„Nein, ich weiß ja, wie langsam du sein kannst.“

Christian nahm ihr gegenüber Platz und wartete, bis Rida ihm eine Tasse Tee eingeschenkt hatte. „Was verschafft mir die Ehre, so früh am Tag?“

Man konnte es nicht mehr Morgen nennen, wenn die Sonne schon so hoch am Himmel stand. Selbst wenn es das für ihn und viele andere Adelige bedeutete.

Karen zuckte nur mit den Schultern. „Nun, es könnte die letzte Möglichkeit für ein gemeinsames Frühstück sein. Du hast morgen ein Duell, deswegen nutze ich die Chance.“

Sichtlich gelangweilt nahm er einen Schluck von seinem Tee. Das glaubte sie doch nicht wirklich, immerhin wusste sie wie gut er war. Bisher hatte er jedes Duell überlebt, wie auch die meisten seiner Gegner. Er hielt nichts davon seine Herausforderer zu töten, warum auch, das würde ihm nur noch mehr Feindseeligkeiten einbringen. Egal ob nun von deren Familien, oder Freunden. Außerdem konnte ihn das um eine Menge Spaß bringen, viele seiner Herausforderer waren, oder wurden gute Freunde. Selbst wenn nicht, nur wenige Frauen wollten einen Fehltritt ihrerseits mit dem Tod eines Familienmitgliedes bezahlen. Warum Männer bei diesem Thema nur immer so empfindlich waren? Er hatte keine Schwester, deswegen konnte er das nicht nachempfinden, doch ab einem gewissen Alter war diese doch selbst für ihre Taten verantwortlich.

„Wie geht es deiner Mutter?“

„Ah.“ Christian lächelte wissend, nun kam Karen zum Thema. Beiläufig gab er Rida einen Wink, mehr war nicht notwendig.

„Du enttäuscht mich, Karen. Ihr Frauen kommt doch nur zu uns Männern, wenn ihr etwas wollt. Aber ja, meiner Mutter geht es gut, sie hat mir wieder etwas für dich geschickt.“ Eigentlich war es für ihn gedacht, wenn seine Mutter auch nicht wusste, wofür er es verwendete. Das würde ihr wahrscheinlich einen frühzeitigen Tod bescheren.

Rida brachte ihm ein kleines Fläschchen, das er neben Karen auf dem Tisch abstellte.

„Richte deiner Mutter meinen Dank aus.“ Karen lächelte und ließ das Fläschchen in einer Tasche zwischen den Falten ihres Kleides verschwinden.

Lächelnd nahm sich der Blonde einen Apfel und teilte ihn mit einem Messer in zwei Hälften. Davon bot er Karen eine Hälfte an, die diese aber ablehnte. „Ich weiß ja, wofür ich es benutze, doch wofür brauchst du das Rosenöl?“

„Ich benutze es zum Einschlafen, mehr sage ich dazu nicht.“ Karen nahm einen Schluck von ihrem Tee.

„Und das bei meiner unanständigen Fantasie? Du bist zu leichtsinnig, Karen.“

„Gerade wegen deiner unanständigen Fantasie.“ Dabei zwinkerte sie ihm zu.

„Es ist immer wieder schön zu hören, was du mir alles zutraust.“

Christian lehnte sich in seinen Sessel zurück. Es wurde Zeit, dass er wieder zu ernsteren Themen kam. „Du hast gestern gesagt, dass du Susan kennst. Woher?“

Im Gegensatz zu Christian beugte sich Karen nun leicht vor. In ihren Augen konnte man das Interesse deutlich sehen. „Ein neues Opfer?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein nicht sie. Sie ist mir zu jung, ich bevorzuge Frauen keine halben Kinder.“

„Sie ist fast siebzehn. Vor zwei Jahren war dir das noch egal.“

„Vor zwei Jahren war ich auch noch einundzwanzig, aber auch ich werde älter und meine Ansprüche ändern sich.“ Wenn er meinte, das er gerne junge Partner hatte, dann hieß das zwei bis drei Jahre jünger als er. Alles Andere war ihm zu anstrengend, denn das war dann das Alter in dem man sich noch Hoffnungen auf mehr machte und dafür war er der falsche Mann. Wenn es aber eine Gelegenheit gab, wäre er dumm nicht zuzugreifen, so entstanden dann diese Gerüchte.

Karen sah ihn fassungslos an, bevor sie ihren Kopf zu Rida drehte, der in einer Ecke des Raumes stand. „Du bist mein Zeuge, Rida. Christian hat tatsächlich zugegeben älter zu werden, das ich den Tag noch erleben darf.“

„Ich habe es gehört.“ Lächelnd neigte der Ältere den Kopf.

Christian wusste nicht, was daran so amüsant war. Das war bedauerlicherweise der Lauf der Dinge. Er war nicht mehr der Jüngste was seine Vor- und Nachteile hatte, aber ihn als alt zu bezeichnen war auch noch zu früh. „Auch du wirst alt, Karen.“

Karen hob warnend einen Zeigefinger. „Nein. Frauen altern nicht, Frauen werden nur reifer.“

„Womit wieder eines der weiblichen Rätsel gelöst wäre.“

Lachend nahm sich Karen nun doch eine Hälfte des Apfels. „Egal wie sehr ihr Männer es auch versucht, die Geheimnisse mit denen wir Frauen uns umgeben, wird kein Mann je ergründen.“

„Was ja auch langweilig wäre. Also kennst du Susan?“ So gerne er auch mit Karen scherzte, er wollte auch seine Fragen beantwortet haben.

Sie nickte nur und biss in die Apfelscheibe.

Christian gab ihr einige Momente. „Und?“

„Ich mag sie nicht. Sie ist die einzige Tochter und Liebling der Familie. Das hat sie überheblich und verwöhnt gemacht, was aber auch an ihrem Alter liegen könnte. Immerhin trennen uns einige Jahre. Dafür kenne ich deinen Herausforderer sehr gut.“

„Shay?“ Das war ja besser als er dachte. So ersparte er es sich das Gespräch auf dieses Thema zu lenken.

Karen sah ihn skeptisch an. „Warum? Hat dich noch jemand herausgefordert? Natürlich Shay.“

Was auch keine Überraschung wäre. In seiner besten Zeit hatte er in einer Woche drei Duelle gehabt. Jedoch hatte sich dann herumgesprochen, dass es sich nicht lohnte ihn herauszufordern. Zumindest hatte Christian das bis gestern noch gedacht.

Sie warf einen Blick aus dem Fenster, bevor sie ihren Blick wieder auf den Blonden richtete. „Er kämpft nicht schlecht, aber nicht so gut wie er denkt. Um ein guter Kämpfer zu werden fehlt ihm die Geduld, doch die fehlt ihm bei allem. Er ist sehr hitzköpfig, was dir sicher einen Vorteil verschafft. Ich bitte dich darum, ihn nicht allzu sehr zu demütigen. Er ist ein guter Junge, nur mit zuviel Temperament selbst für sein Alter.“

Das waren ja sehr gute Informationen, doch betrafen sie nur das Duell und Shays kämpferische Fähigkeiten. Die, wenn das alles stimmte, sehr bescheiden waren. Man konnte ein noch so guter Kämpfer sein, das nützte nichts, wenn man seine Fähigkeiten nicht überlegt einsetzte.

Über den Jungen selbst, sagte das aber nur wenig aus. Nun, dann musste er das wohl selbst herausfinden. Darauf freute er sich schon. „Ich werde es versuchen.“

Das war alles, was er Karen zusichern konnte. Immerhin hatte er keine Ahnung wie sich das Duell entwickelte. Dank ihr hatte er jetzt jedoch schon eine Taktik.

Ein Klopfen an der Tür ließ sie beide aufsehen.

„Erwartest du jemanden?“

Bei Karens Frage schüttelte Christian nur den Kopf. Nur beiläufig sah er wie Rida die Tür öffnete. Er sprach mit jemandem auf der anderen Seite der Tür. Das Gespräch war leise, sodass er leider nicht mitbekam, worum es ging. Jedoch konnte er erkennen, dass sein Gast eine Frau war.

Rida deutete dem Gast kurz zu warten, bevor er die Tür wieder schloss. „Christian, Lady Susan Feran würde gerne mit dir sprechen.“

Christian seufzte nur tief. Damit war seine gute Laune auch schon wieder dahin. Diese Familie konnte wirklich lästig sein und das war nichts das sie ihm sympathischer machte.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 4
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Er spürte Karens aufmerksamen Blick auf sich ruhen. Auch Rida blickte ihn abwartend an, nur war es in seinem Fall keine Neugierde, ihm ging es einfach nur darum, wie er nun reagieren sollte.

„Ich werde das wohl nicht verhindern können.“ Damit nickte Christian seinem Freund zu.

Dieser öffnete abermals die Tür, wich diesmal aber zu Seite, um den Gast eintreten zu lassen.

Das junge Mädchen kam in den Raum, wobei es kurz stockte, als sie Karen erkannte. Dann jedoch betrat sie das Zimmer zumindest soweit, dass Rida die Tür wieder hinter ihr schließen konnte und knickste kurz. „Vielen Dank, dass Ihr mich so kurzfristig empfangt.“

Es ließ sich ja wohl kaum vermeiden, vor allem wenn er die Sache geklärt haben wollte. So geschah es wenigstens diskret. Susan gegenüber sagte er allerdings nichts, das war ihr Auftritt.

Susan warf einen Blick zu Karen, so als versuche sie abzuschätzen, was ihre Anwesenheit hier bedeutete. „Könnte ich Euch vielleicht unter vier Augen sprechen?“

Warum nur hatte er diese Frage schon erwartet? Leider würde sie dabei so wenig Erfolg haben, wie alle anderen Damen. „Nun, das wird etwas schwierig sein, da mein Leibwächter nie von meiner Seite weicht. Das verhindert, dass ich mich in mehr verfänglichen Situation wiederfinde, als ich mir selbst zumuten will. Was Karen angeht, ihr Befehle zu erteilen, habe ich schon lange aufgegeben.“

Besser gesagt er hatte es unterlassen, da es seiner Gesundheit um einiges zuträglicher war. Wenn es etwas gab, das Karen hasste, dann waren es Befehle erst recht, wenn man den gleichen Stand wie sie innehatte.

„Aber ich werde mich zurückziehen, da es sicher wichtige Dinge sind, die ihr zu bereden habt.“ Dabei zwinkerte sie Christian kurz zu und erhob sich. Ihre Hand legte sich auf seine Wange, als sie sich zu ihm beugte.

„Ich weiß, dass du eine anstrengende und sehr kurze Nacht hinter dir hast, aber versuch wenigstens dich etwas zu beherrschen.“

Er legte seine Hand auf ihre und drehte den Kopf leicht. Sanft küsste er ihre Handfläche. „Wie gesagt, versuchen.“

Es war ein Spiel, das sie immer spielten, wenn sie ihre Gegenüber verunsichern wollten. Ein Spiel ohne Risiko, da Karen eine der wenigen Frauen war, die für ihn tabu waren. Ebenso wie Rida und Raoul es für ihn waren, das waren Freundschaften, die er sicher nicht für etwas Spaß riskierte.

Lächelnd löste sich Karen von ihm, nickte Susan zu, als sie an ihr vorbeiging und verließ den Raum.

„Bitte.“ Christian deutete auf den eben freigewordenen Stuhl. Rida war inzwischen schon wieder dabei Karens Gedeck zu entfernen.

„Ich hoffe es stört Euch nicht, wenn ich mein Frühstück während unseres Gesprächs fortsetze?“

Die Jüngere schüttelte den Kopf, während sie Platz nahm.

Als auch nach einigen Sekunden nichts von ihr kam, beschloss Christian das Gespräch zu beginnen. „Ich ahne weshalb Ihr hier seid, doch bin ich mir nicht ganz sicher.“

„Es geht um das Duell, mit meinem Bruder.“

Zumindest hatte Susan den Anstand nun verlegen zu wirken, das stimmte Christian schon etwas milder. Was natürlich nicht viel an der Sache änderte. „Ja, er hatte eine wahrlich hartnäckige Art um dieses Duell zu bitten. Seid Ihr hier, weil Ihr mich bitten wollt, ihn nicht zu töten?“

„Nein,… ja auch. Doch ich wollte nur, dass Ihr wisst, dass ich ihn nicht dazu angestiftet habe.“ Susan wirkte etwas unsicher bei ihrer Argumentation.

Christian hörte ihre Worte durchaus, doch mochte er nicht, was sich dahinter verbarg. Also war sie nicht aus Sorge um ihren Bruder zu ihm gekommen, sondern weil sie fürchtete, durch Shays Verhalten ihre Chancen bei ihm zu verspielen. Er wusste nicht so recht was er davon halten sollte. Sprach aus ihr die Naivität, Kaltblütigkeit, oder das Vertrauen in die Fähigkeiten ihres Bruders?

Egal was es war, eine derartige Rücksichtslosigkeit stieß ihn ab. Auch er und sein Bruder hatten eine, nun er nannte es einmal, komplizierte Beziehung miteinander. Doch er würde nie seinen Tod wünschen und er wusste, dass dieser es ebenso sah.

Christian lehnte sich in seinen Stuhl. „Natürlich, denn das würde Eure Möglichkeiten bei mir zerstören.“

Überrascht sah Susan ihn an. Scheinbar hatte sie nicht damit gerechnet, das so offen zu hören.

Doch Christian war davon nur wenig beeindruckt. „Glaubt Ihr nicht, dass ich viel wütender auf Euch sein sollte, weil Ihr es erst soweit habt kommen lassen? Weil Ihr gelogen habt?“

Zufrieden sah er, dass seinem Gast die Worte fehlten und weiter in den Stuhl hinein sinken konnte sie wohl auch nicht.

Trotzdem fuhr er unbeeindruckt fort. „Nur damit Ihr mich nicht falsch versteht, ich habe nichts dagegen, wenn Gerüchte um meine Person herum kursieren. Ich lebe davon, doch ich kontrolliere diese Gerüchte gerne. Vor allem weil sie solche Auswirkungen haben könnten. So ein Duell bedeutet nur eine lästige Unterbrechung meines Tagesablaufs, ganz abgesehen davon, dass dabei Menschen verletzt werden. Durch Eure Lüge hättet Ihr bei jedem Anderen den Tod eures Bruder zu verantworten.“

Andererseits musste er Susan auch danken, da er Shay sonst sicher nie kennen gelernt hätte. Er wurde bei jeder Festivität von so vielen Menschen belagert, dass ihm ein fremdes Gesicht mehr oder weniger nicht auffiel. Vor allem, wenn es nicht so außergewöhnlich war, was hier scheinbar in der Familie lag. Doch Shays Temperament machte das auf jeden Fall wieder wett, doch das hätte er sonst nicht bemerkt. Nur waren das Dinge, die Susan nicht wissen musste. Ihr Verhalten war falsch und nichts änderte etwas daran.

„Ich wusste doch nicht, dass er so überstürzt reagiert. Kein Mensch hat ihn darum gebeten meine Ehre zu verteidigen.“ Hilflos gestikulierte Susan mit den Händen in der Luft.

„Er ist Euer Bruder. Ich weiß weder wie alt Ihr, noch wie alt Shay ist, doch Ihr solltet seinen Charakter kennen und wissen wie er reagiert. Zwar war unser Zusammentreffen nur sehr kurz, doch kann ich mir nicht vorstellen, dass man das nicht vorhersehen konnte.“ Es war Zeit dieses Gespräch zu beenden. Christan bemühte sich wieder um etwas Ruhe und ließ seine Stimme gelassen klingen.

„Aber deswegen seid Ihr nicht hergekommen. Ich kann euch beruhigen. Euer Bruder hat Eure Chancen bei mir nicht zunichte gemacht.“ Er sah wie es in ihren Augen zufrieden aufblitzte. Aus diesem Grund bereiteten ihm seine nächsten Worte auch eine gewisse Freude.

„Das habt Ihr selbst mit eurem Verhalten. Wenn es nicht schon andere Gründe gebe, dann würde Euch das auf jeden Fall für mich ausschließen. Abschließend möchte ich Euch noch bitten, nicht noch mehr solcher Lügen in die Welt zu setzen, ich will nicht, dass Eurer Bruder dadurch Schaden nimmt. Es war mir eine Freude mit Euch zu reden. Rida.“

Sein Freund nickte und öffnete die Tür. „Lady?“

Susan schnappte nach Luft und stand ruckartig auf. Einen Moment wirkte es so, als würde noch eine Erwiderung kommen, doch dann fuhr sie herum und lief aus dem Raum.

Die Tür hinter ihr schließend blickte Rida ihn an. „War das so klug?“

Stirnrunzelnd sah Christian den Schwarzhaarigen an. „Fandest du es zu hart?“

Rida schüttelte den Kopf. „Nein, das war schon richtig so. Nur das war vielleicht nicht allzu klug. Was ist, wenn sie es ihrem Bruder erzählt?“

„Was soll er machen? Mich zu einem Duell herausfordern?“ Er lachte lustlos. „Ich denke darüber sind wir schon hinaus.“

Rida nahm ihm gegenüber Platz und musterte ihn. „Allerdings ist es selten, dass du so mit einer Dame sprichst.“

„Das war keine Dame, das war ein Mädchen. Ich bin mir nur nicht sicher ob sie ein naives, oder ein kaltblütiges Mädchen ist.“ Es war auch selten, dass Christian so mit einem Mann sprach, aber es gab Dinge, die er nicht leiden konnte. Eines davon war so rücksichtslos mit Menschenleben zu spielen. Wenn er wüsste, dass das Leben eines seiner Verwandten auf dem Spiel stehen würde, dann würde er alles daran setzen um dieses zu retten. Sogar Karen hatte um Shays Leben, besser seine Ehre gebeten. Das war sogar noch viel mehr Wert, da sie wusste, dass er seine Gegenüber nicht tötete, deswegen hatte sie um etwas gebeten, das viel weniger Wert war als sein Leben, aber für Shay selbst wichtig. Doch seine Schwester kam nur hierher, weil sie für sich selbst etwas erbeten wollte. So eine Selbstsucht stieß ihn einfach ab.

„Im Zweifelsfall wäre ich immer dafür dass es Naivität ist. Das wäre noch verzeihlich.“ Rida nahm sich ein Stück Brot aus dem kleinen Körbchen auf dem Tisch.

„Was hast du heute vor?“

Nun grinste Christian wieder frech. „Warum? Willst du dir mit mir vielleicht die Zeit vertreiben?“

Gelassen schüttelte der Andere den Kopf. „Nein, aber ich muss immerhin auf dich aufpassen.“

„Schade.“ Seufzend nahm Christian wieder seine Teetasse auf.

„Ich habe einigen Damen einen Ausritt versprochen, mal sehen welche im Endeffekt wirklich auftauchen und am Abend gibt Karen eine Gesellschaft um zu zeigen, dass sie wieder da ist. Ich denke das ist das Richtige vor einem Duell.“ Irgendwann am heutigen Tag musste er auch noch Raoul aufsuchen um zu klären, wann sie sich morgen treffen sollten.

„Soll ich mitkommen?“

„Zu dem Duell?“ Der Jüngere schüttelte den Kopf.

„Nein, ich habe Raoul der auf mich aufpasst und ganz so schutzlos bin ich auch nicht.“

„Ich weiß sonst würde ich dich auch kein Duell bestreiten lassen.“

Bei jedem Anderen hätte diese Aussage seltsam geklungen, aber nicht bei Rida. Vor allem deshalb, weil Christian wusste, das dieser die Mittel besaß diese Drohung wahrzumachen.

„Ich komme heil zurück, versprochen.“ Das war er bis jetzt immer und er hatte auch nicht vor sich von jemandem umbringen zu lassen.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 5
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Nachdenklich saß Shay über einem weißen Blatt Papier. Jetzt war er da, der Moment in dem es unausweichlich war. Er musste seinem Bruder antworten. Heute war ein Bote aus ihrer Burg gekommen mit einem Brief für ihn. Natürlich stand nichts Wichtiges in dem Brief, das war nie der Fall. Liam und er unterhielten sich nicht über wichtige Dinge, dafür hatte sein Bruder ihren Vater. Das war schon seit Jahren so, warum sollte sich das mit einem Mal ändern? Seit sein Bruder wusste, dass er Vaters Nachfolger werden sollte, hielt er sich für etwas Besseres. Auch wenn man nicht so über seinen Bruder denken sollte, anders konnte er es nicht ausdrücken. Ja, er war etwas Besseres als die Bauern und Arbeiter, das waren sie alle, aber er war doch nicht besser als seine Geschwister.

Doch auch wenn der Inhalt dieses Briefes ohne tieferen Sinn war, so verstand Shay die Warnung dahinter. Wenn er nicht antwortete, dann würde Liam oder gar ihr Vater selbst kommen. Genau das war aber das, was Shay verhindern wollte. Nicht weil er Susan schützen wollte, sondern weil er nicht wollte, dass Liam die Dinge hier in die Hand nahm. Er wollte nicht, dass sein Bruder das schaffte, woran er scheiterte. Das war ihm schon zu oft passiert.

Stöhnend barg er sein Gesicht in seinen Händen. Eigentlich hätte er ihm schon längst geantwortet, doch was sollte er ihm erzählen? Dass er versagt hatte, oder dass er die Dinge im Griff hatte? Nichts davon entsprach der Wahrheit. Er hatte nicht versagt, denn er würde die Dinge regeln, aber im Griff hatte er sie auch nicht, am wenigsten Susan selbst.

Seine Schwester widersprach ihm in allem und folgte nie seinen Anweisungen. Nicht einmal seine Strafen konnte er richtig durchsetzen, weswegen Susan diese auch nicht fürchtete. Die einzige Strafe, die sie fürchtete, würde ihn gleichzeitig wieder demütigen. Denn wenn er sie heimschickte, dann zeigte er zeitgleich, dass er versagt hatte. Wenn er nicht einmal seine Schwester beschützen konnte, wie sollte er es dann einmal bei seiner Familie schaffen? Dieses Signal wollte er nicht setzen.

Hinter ihm knallte eine Türe zu, Susan war wieder da. Shay erwartete gleich die Tür zu ihrem Zimmer zu hören, doch stattdessen wurde seine Tür aufgerissen.

„Ich will, dass du ihn tötest!“

Was war denn nun schon wieder los? Gelassen drehte sich der Braunhaarige um. „Wen meinst du?“

„Wen soll ich schon meinen? Lord Alrin!“

Susan wirkte wie der personifizierte Racheengel so wie sie in der Tür stand. In ihren Händen hielt sie noch immer die Türklinken der beiden Türflügel und ihre Augen blickten ihn hasserfüllt an. Jedoch galt der Hass nicht ihm, was ihn beruhigte. Es war nie gut, wenn seine Schwester auf jemanden wütend war und schon gar nicht auf ihn. Denn im Gegensatz zu ihm, glaubte man ihr alles.

„Das habe ich auch vor. Das sagte ich dir doch sch…“ Shay stockte mitten im Satz. Hier stimmte etwas nicht. Noch gestern war ihr Christians Leben wichtiger gewesen als seines und jetzt wollte sie, dass er ihn umbrachte.

„Du warst bei ihm!“ Schon wieder hatte sie sich über sein Verbot hinweggesetzt. Wie sollte er sie so beschützen? Das war unmöglich, konnte sie das nicht einsehen?

Man merkte, dass dies nicht die Reaktion war, die Susan erwartet hatte. Doch davon ließ sie sich nicht einschüchtern. „Natürlich war ich bei ihm. Ich war um dich besorgt und wollte, dass er das Duell absagt.“

„Dein Vertrauen in meine Fähigkeiten ist wirklich überwältigend.“ Der Ältere wusste nicht, ob er nun enttäuscht oder beleidigt sein sollte. Es hielt sich gerade beides die Waage. Warum konnte sie nicht einfach darauf vertrauen, dass er es schaffte sie zu rächen? Das stellte zwar ihre Ehre nicht mehr her, sorgte aber für ausgleichende Gerechtigkeit. Und der Name ihrer Familie war wieder unbefleckt und das war, was in den Augen seiner Eltern zählte. Wenn man davon absah, dass es nicht einmal soweit hätte kommen dürfen. Wenigstens konnte man ihm nicht vorwerfen, dass er seine Fehler nicht ausbesserte.

„Ich kenne deine Fähigkeiten, Shay.“ Susan verließ ihren Posten bei der Tür und kam auf ihn zu. Ihre Stimme hatte nun einen versöhnenden Ton und sie wirkte ruhig, als sie sich auf die Truhe setzte, die am Fußende seines Bettes stand.

„Du bist ein guter Kämpfer, doch nicht der Beste. Bis jetzt hat Lord Alrin jedes Duell gewonnen, das sind leider sehr gute Ergebnisse.“

Ja, davon hatte er gehört, doch das schüchterte ihn nicht ein. Das sagte gar nichts aus. Wie viel war jedes Duell? Zwei, drei? Das machte keinen guten Kämpfer aus, auch er gewann die meisten seiner Übungskämpfe. „Sagst du das, weil du dich wirklich um mich sorgst, oder weil du Angst hast, dass Liam meinen Platz einnehmen könnte?“

Der Gesichtsausdruck seiner Schwester sprach Bände. Das war wohl eine Möglichkeit, die sie noch gar nicht in Betracht gezogen hatte. Und sie gefiel ihr nicht.

Shay seufzte abermals. „Keine Sorge, ich habe nicht vor zu verlieren. Jetzt muss ich aber einen Brief an Liam schreiben.“

„Nein!“ Mit einem Mal fuhr Susan hoch und kam zu ihm. Sanft legte sie ihm die Hände auf die Schultern und lächelte leicht.

„Ich werde diesen Brief schreiben, geh du lieber trainieren.“

Das war eine gute Idee vor allem, weil er sowieso nicht darauf erpicht war diesen Brief zu schreiben. Jedesmal fehlten ihm dabei die Worte. Nur gab es bei der Sache einen Haken. „Susan, du hast das letzte Mal einen Brief geschrieben, als du dreizehn warst.“

Und das Ergebnis sprach nicht gerade für sich. Zwar hatte sie wie ihre Brüder Unterricht in lesen, schreiben und rechnen erhalten, doch nur soweit wie es für ein Mädchen sinnvoll war. Ein formeller Brief gehörte nicht dazu.

„Dann werde ich ihn einem Sekretär ansagen, der weiß schon wie er meine Worte auslegen muss. Geh du trainieren, wir wollen doch nicht, dass Liam sich hierher bemühen muss.“ Auch wenn ihre Stimme bei den ersten Worten wieder scharf geklungen hatte, so war sie am Ende wieder schmeichelnd geworden.

„Du weißt, dass Liam diesen Brief bekommen muss?“ Jedoch stand Shay bereits auf und griff nach seinem Schwert.

Susan machte nur eine wedelnde Handbewegung, deren Bedeutung klar war. „Ich weiß. Geh trainieren.“

Kopfschüttelnd verließ Shay den Raum. Auch wenn er nicht dachte, dass er das Training benötigte, so würde er trotzdem etwas üben. Seit er hier war hatte er seine Fertigkeiten etwas vernachlässigt. Wie sollte man sein Training auch einhalten, wenn man immer ein Auge auf seine Schwester haben musste?
 

Mit einem lauten Gähnen stieg Christian in die Kutsche ein, in der bereits Raoul auf ihn wartete.

Dieser grinste ihn vielsagend an. „Anstrengende Nacht gehabt?“

„Wie kommst du nur darauf? Sie war eher zu lang und zu einsam.“ Auch wenn Christian von seinem Können überzeugt war, so schwächte er sich nicht absichtlich vor einem Kampf. Nein, diese Nacht hatte er alleine verbracht, was er wirklich bedauerte. Es hatte durchaus einige Schönheiten auf Karens Empfang gegeben, da war es wirklich schwer gewesen standhaft zu bleiben.

Bei der Bemerkung hob Raoul eine Augenbraue. „Tja, dann hoffe ich, dass ich deinem Bruder keine schlechte Nachricht überbringen muss.“

Christian hob eine Hand und klopfte an die Kutschenwand hinter sich. Auf das Zeichen hin setzte sich diese auch in Bewegung. „Du musst ihm gar keine Nachricht überbringen, wenn ich gewinne. Glaub mir, er muss gar nicht wissen, was ich alles so treibe.“

Im Gegensatz zu seiner Mutter würde er diese Nachricht wohl verkraften, doch nicht unbedingt gutheißen. Sie verstanden sich, doch er musste im Gegensatz zu Christian so tun, als würde ihm der gute Name ihrer Familie etwas bedeuten. Nun was Geschäfte anging konnte man sich auf ihre Familie durchaus verlassen. Ihre Ländereien versorgten sie mit genügend Geld, um damit großzügig zu spekulieren und sie hielten all ihre Versprechen.

Christian lächelte und wand sich seinem Freund zu. Wenn er schon einmal die Gelegenheit hatte mit ihm zu reden, dann wollte er diese Möglichkeit auch nutzen. „Was macht eigentlich deine Aufgabe? Hört dein Schützling auf dich?“

Das war nicht das was er fragen wollte, aber das Einzige, das er fragen konnte. Einige ahnten, dass zwischen Casey und Raoul mehr lief als nur ihre berufliche Beziehung, doch niemand sprach es aus. Es war eben ersichtlich für jemanden, der wusste, nach was er suchen sollte, aber aussprechen sollte man es nicht. Der Kronprinz und sein Berater? Das war undenkbar. Wenn auch ihre neue Prinzessin damit einverstanden war, wenn man dem Anschein glauben konnte. Na ja Kiana war immer eher ungezwungener gewesen, wenn auch nicht so ungezwungen sich auf ihn einzulassen.

Raoul seufzte tief und lachte dann.

Der Blonde fiel in dieses Lachen ein. Das war wohl Antwort genug, da benötigte es keine Worte.

Sie schwiegen eine Weile, doch war es kein unangenehmes Schweigen. Sie schwiegen ja nicht, weil sie sich nichts zu sagen hatten, sondern weil es nichts gab das erwähnenswert war.

Es war Raoul, der das Schweigen wieder brach. „Was ist? Hast du herausgefunden, ob du schuldig bist?“

„Nein ich bin nicht schuldig. Ich habe nicht mit ihr geschlafen, das hat mir sogar Rida bestätigt und wenn jemand in meinem Bett war, dann weiß er es.“ Schließlich war es seine Aufgabe auf ihn aufzupassen. Das schloss auch solche Situationen mit ein. Manchmal fragte sich Christian wirklich wann Rida überhaupt schlief?

„Dann hattest du Recht.“

„Warum erstaunt dich das?“ Grinsend sah Christian den Schwarzhaarigen an. Natürlich war das keine ernst gemeinte Frage. Sie kannten schließlich Beide seinen Ruf.

„Weil ich dich kenne.“ Raoul erwiderte sein Lächeln. Allerdings wurde er dann wieder ernst.

„Wirst du es ihm sagen?“

Christian schüttelte den Kopf. Er hatte schon darüber nachgedacht, doch das würde kaum etwas bringen. Es gab keine Beweise, die Shay akzeptieren würde, da er dem Wort seiner Schwester vertraute. Was in seinen Augen unverständlich war. „Es würde nichts nützen.“

Leise seufzte sein Begleiter. „Wenn ich ehrlich bin, dann kann ich ihn verstehen.“

„Würdest du deinen Schwestern jedes Wort glauben?“ Da er keine Schwestern hatte, konnte er das nicht verstehen. Aber Raoul war mit mehr Frauen in der Familie gesegnet, als für einen Mann gut war.

„Weißt du Marie redet viel wenn der Tag lang ist. Eigentlich redet sie nur, es ist schwierig, da das Wichtige herauszufiltern. Bei Claire jedoch nehme ich jedes Wort für bare Münze. Sie ist nicht der Mensch für belanglose Unterhaltungen.“ Raoul zuckte nur mit einer Schulter.

Was ihr auch schwer fallen würde, da sie stumm war, doch das sprach Christian nicht aus. Er wusste, dass Raouls Schwester trotz ihrer Behinderung nicht dumm war. Und eine Frau, die nichts sprach war einmal eine nette Abwechslung.

Die Kutsche wurde langsamer und hielt dann an. „Ich schätze, wir sind da.“

Es war ein unnötiger Kommentar, doch Christian fieberte diesem Duell nicht gerade entgegen. Wenn er ehrlich war, fehlte ihm jegliche Motivation dafür. Leider, würde das wohl kaum auf seinen Gegner zutreffen, dem er sich nun stellen musste.

Mit einem letzten Lächeln zu Raoul öffnete er die Tür und verließ die Kutsche.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 6
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Er war zu spät! Unruhig und nervös sah sich Shay auf der Lichtung um. Es war nicht so, dass er sich fürchtete, nein das nicht, aber er war aufgeregt. Schließlich fechtet man nicht jeden Tag ein Duell auf Leben und Tod aus, auch wenn sein Gegner derzeit noch auf sich warten ließ.

Er sah hinter sich, wo seine Kutsche mit seinem Adjutanten stand. Obwohl Adjutant wohl etwas zuviel der Ehre war, er war nur sein Kammerdiener. Für einen richtigen Adjutanten hätte er einen Adeligen benötigt, einen befreundeten Adeligen. Leider haperte es daran etwas bei ihm, er kannte keinen Adeligen, den er als Freund bezeichnete. Wie hätte er auch Kontakte knüpfen sollen, wenn er ständig ein Auge auf Susan haben musste? Das war aber auch nichts, das man von ihm erwartete. Diplomatische Kontakte zu knüpfen war Liams Aufgabe, eigentlich auch etwas, das man hier am Hofe machen sollte. Doch sein Vater wusste schon, warum er ihn nicht gleich mitgeschickt hatte, dann hätte er ja vielleicht auch Aufpasser für Susan spielen müssen.

Shay sah zum Himmel, der heute wolkenlos war, sodass die Sonne ungehindert den Schauplatz ihres Duells bescheinen konnte. Seit seiner Herausforderung fragte sich Shay sogar schon des Öfteren, ob das die Ehre seiner Schwester wirklich wert war. Immerhin stand hier sein Leben auf dem Spiel und Susan schien das nicht einmal zu kümmern, nein, sie rechnete sogar mit seiner Niederlage. Da fragte man sich wirklich, warum man sich das antat? Jedoch hatte er gute Gründe dafür. Er konnte diesen Christian nicht leiden, auch wenn er ihn erst einmal gesprochen hatte. Erst danach kam die Ehre seiner Familie und im Besonderen seiner Schwester, denn wenn man ehrlich war, dann war Ehre nichts womit man etwas erreichen konnte. Weder machte Ehre einen satt, noch wärmte es einen und Einfluss gewann man damit auch nicht. Leider war ihm in seiner Erziehung beigebracht worden, dass Ehre etwas war, das es zu wahren galt. Doch der Hauptgrund für diesen Kampf war, dass Christian ihn mit dieser Tat wie einen Versager dastehen ließ und das war etwas, dass Shay nicht auf sich sitzen lassen konnte. Die Worte seiner älteren, männlichen Familienmitglieder wollte er nicht auch noch bestätigen.

Langsam begann ihn die Sonne zu blenden und er senkte den Blick wieder. Shay blinzelte etwas, damit die Lichtpunkte vor seinen Augen verschwanden. Die Lichtung auf der er stand bot genug Platz für ihren Kampf, das Einzige, das im Weg stand war ein großer Felsen in der Mitte, dem dieser Ort seinen Namen verdankte. Außerdem war er abgelegen, was auch die Zahl der Zuseher einschränkte. Wenn Shay sich die Umgebung besah, gab es sogar keinen einzigen Schaulustigen, was selbst für diesen Ort seltsam war. Doch Shay hatte gar keine Zeit, sich noch mehr Gedanken darum zu machen, da er in diesem Moment das bereits seit längerem erwartete Geräusch hörte. Er kam endlich, wenn auch mit einiger Verspätung.

Shay nahm sein Schwert von seinem Kammerdiener entgegen und schnallte es sich um. Mit einer schon automatischen Bewegung prüfte er den richtigen Sitz der Waffe, erst dann wandte er sich wieder um.

Inzwischen war auch Christian mit seinem Begleiter ausgestiegen, sein Gegner war noch unbewaffnet. Jedoch hielt sein Begleiter ein Schwert in der Hand, das wohl kaum ihm gehörte, da er seine Waffe an einem Gürtel befestigt um die Hüfte trug.

Christian kam ihm entgegen und verbeugte sich leicht spöttisch vor ihm. „Lord Feran.“

Shay hob nur eine Augenbraue. „Es ist ziemlich leichtsinnig ohne Waffe vor mich zu treten, findet Ihr nicht auch, Lord Alrin?“

Der Ältere richtete sich wieder auf, noch immer lächelte er. „Ich trete ohne Waffe vor Euch, weil ich noch immer hoffe das ohne Blutvergießen beenden zu können hoffe.“

„Das hättet Ihr euch überlegen sollen, bevor Ihr Hand an meine Schwester gelegt habt.“ Shay schaffte es sogar bei diesem Thema nicht mehr allzu zornig zu werden. Vor einem Duell war das nicht sehr ratsam, auch wenn es da auch noch einen anderen Grund gab. Das war noch nie passiert, doch Shay misstraute seiner Schwester. Ehrlich gesagt war er gar nicht mehr so überzeigt davon, dass sie in dieser Hinsicht die Wahrheit sagte. Nur spielte das gar keine Rolle, wenn sie bei dieser Geschichte blieb und andere Leute ihr glaubten. Solange galt er als Versager, wenn er seine Schwester nicht hier und jetzt rächte. Außerdem gab es gar keine Möglichkeit mehr zurückzutreten und sein Gesicht zu wahren. Wenn Christian also unschuldig war, so war es wenigstens eine gute Abschreckung für Andere, so starb sein Gegenüber wenigstens für einen guten Zweck. Seine Familie würde es gutheißen, Opfer waren nicht immer zu vermeiden.

„Ich bin unschuldig, wenn Ihr das aber nicht wisst, war meine Einschätzung Eurer Schwester wohl doch richtig.“ Christian schüttelte den Kopf und ging zu seinem Begleiter zurück.

Die Einschätzung seiner Schwester? Wenn er genug Zeit gehabt hatte seine Schwester kennenzulernen, dann war er doch nicht so unschuldig, wie er beteuerte.

Shays Hand legte sich um den Griff seines Schwertes. Er wusste, das Susan ihn aufgesucht hatte, doch nicht was sie mit ihm getan oder gesprochen hatte und das machte ihn verrückt. Das jedoch bestärkte ihn nur mehr in seinem Entschluss. Dieses Duell musste er gewinnen!
 

„Und was sagt er?“ Fragend blickte Raoul ihm entgegen, doch schien er den Ausgang schon geahnt zu haben, da er ihm sein Schwert entgegenhielt.

„Er will nicht von diesem Irrsinn ablassen.“ Anstatt sich das Schwert umzuschnallen, zog er es einfach so aus der Scheide, die noch immer in Raouls Hand lag. Warum sollte er sich Umstände machen? Das war nur unnötiger Ballast.

Der Schwarzhaarige sah zu dem Jüngeren und zuckte mit den Schultern. „Sein Pech, er hatte die Wahl.“

„Ich hatte noch nie ein so unnötiges Duell.“ Er war schon oft dessen schuldig gewesen, was man ihm vorgeworfen hatte, doch noch nie wenn er nichts getan hatte. Es widerstrebte ihm, den Jungen für die Lügen seiner Schwester zu bestrafen. Nun vielleicht konnte er das wirklich ohne Blutvergießen erledigen.

Mit einem Seufzen drehte Christian sich um. „Na dann.“

Das Schwert noch immer gesenkt, ging er zu seinem Herausforderer.

„Es scheint, dass Ihr doch nicht so beliebt seid, Lord. Immerhin ist keiner Eurer Freunde hier, was nur bedeutet, dass sie sich keine Sorgen um Euch machen.“ Shays Stimme klang höhnisch bei diesen Worten, was auch durchaus beabsichtigt war.

Christian zuckte nur gelassen die Schultern. „Ich weiß, dass sie sich keine Sorgen machen, denn sie wissen wie das Duell ausgeht.“

Das war offensichtlich nicht die Antwort, die sich Shay erhofft hatte, da er sein Schwert nun zornig zog. „Gut, dann lasst uns anfangen und sie eines Besseren belehren.“

Karen hatte mit ihrer Einschätzung wieder einmal ins Schwarze getroffen, der Kleine war wirklich leicht zu reizen. Da musste er sich ja nicht einmal große Mühe geben.

Auch Christian hob nun sein Schwert, alle Gleichgültigkeit war aus seiner Haltung gewichen. Das konnte er sich nicht leisten, egal wie schlecht sein Gegner und wie gut er sein mochte. Oft bestimmte den Ausgang eines solchen Duells nur das Glück und der Zufall und das wollte er nicht riskieren.

Es überraschte Christian nicht sehr, dass Shay als Erster angriff. Da es nur der Auftakt war, war es ein Schlag, den er ziemlich leicht abwehren konnte. Doch das war kein Turnier, wo man jederzeit aufgeben konnte, sondern ein Duell auf Leben und Tod, deswegen sollte man den Gegner lieber erst etwas auf sein Können prüfen. Allerdings wurde das in Shays Training wohl vergessen.

Der Jüngere griff ihn einfach weiter an, von einem Herantasten war da keine Rede. Doch damit schaffte er es wirklich Christian einige Male in Bedrängnis zu bringen. Wirklich er kannte keinen, der so planlos kämpfte, ob er das seinem Temperament verdankte? Allerdings hatte er so auch die Gelegenheit Fehler zu entdecken und davon gab es einige. Nicht so viele wie er erwartet hatte, doch für ihn reichte es.

Christian blockte einen Schlag und duckte sich unter dem nächsten hinweg, sodass er näher an den Jungen herankam. Was Shays Problem war, war die mangelnde Beinarbeit. Er konzentrierte sich zu sehr auf seine Arme und seine nächsten Schläge, sodass er was Wendigkeit anging, hinterherhinkte.

Abermals blockte er einen Schlag des Jüngeren ab, was dessen Wut nur noch mehr schürte. Natürlich, Christian tat sein Beginn nichts anderes, als zu reagieren, wirkliche Offensive war von seiner Seite aus nicht zu spüren. Genau das war auch etwas das er beabsichtigte, wenn auch von Anfang an klar war, dass er nicht wirklich Wert auf dieses Duell legte. Er wollte auch nicht unnötig spielen, sondern diese Sache rasch hinter sich bringen.

Christian fiel es nicht schwer, die nächste Attacke zu parieren und es so zu steuern, das sie als sie sich trennten beide mit dem Rücken zum Gegner standen. Natürlich reagierte jeder so, wie jeder Kämpfer in einer solchen Situation reagieren würde, sie fuhren herum. Nur war Christian einen Moment schneller, was wahrscheinlich nur daran lag, dass er schon weitergeplant hatte. Sein Schwert traf Shays Oberschenkel knapp über der Kniekehle mit der flachen Seite und dieser sackte in die Knie. Es war ein fieser Trick und mit einem Tritt in die Kniekehlen viel effektiver gewesen, doch das war ein Duell und das sollte man mit einem Schwert bestreiten.

Shays Oberkörper fuhr zwar herum und versuchte ihn mit seinem Schwert zu treffen, doch das war eher ein verzweifelter Versuch. Christian bewunderte diesen Mut, doch er sorgte auch dafür, dass es sein letzter Versuch war. Er parierte den Schlag und wandelte ihn in seinen ersten Angriff um, indem er genug Schwung in seinen Schlag legte, sodass Shays Arm etwas zurückgeschoben wurde als sie sich trennten. Das war nur ein kurzer Moment, doch in diesem traf Christians Schwert Shays Handgelenk. Wieder mit der flachen Seite, um ihn nicht zu verletzen, doch das Ergebnis war wie erwartet. Shay ließ seine Waffe fallen, wenn er auch gleich wieder danach greifen wollte.

Doch da lag Christians Schwert auch schon an seinem Hals. „Lasst es.“

Shays Hand ballte sich knapp über dem Schwertgriff zur Faust. „Worauf wartet Ihr? Tötet mich!“

Christian stieß Shays Schwert mit dem Fuß zur Seite. „Es war nie meine Absicht Euch zu töten. Ich habe noch nie einen meiner Gegner getötet, selbst wenn sie es forderten. Denn eine solche Belanglosigkeit ist es nicht wert ein Leben zu beenden. Außerdem wenn Ihr weiterlebt, habt Ihr wenigstens die Chance es noch einmal zu versuchen. Für heute jedenfalls sind wir fertig miteinander.“

Normalerweise ließ Christian es sich nicht nehmen auch noch einen Gruß an die Schwester mitzuschicken, doch in diesem Fall unterließ er es. Er ging zu Raoul und steckte sein Schwert in die Scheide, die dieser ihm entgegen hielt. „Fahren wir zurück, ich habe eine Verabredung heute Abend.“

Raoul nickte lächelnd und stieg wieder in die Kutsche. Christian warf noch einen Blick zu Shay zurück, der gerade sein Schwert aufhob. Ein erstes Treffen unter anderen Umständen wäre ihm zwar lieber gewesen, doch in seiner Lage konnte man nicht wählerisch sein. Wenigstens hatte er ihn nicht verletzt, denn das hätte ihm der Andere sicher nicht vergessen. Eine Kränkung der Ehre hingegen verkraftete man leichter, als eine lebenslang bleibende Narbe, das wusste Christian aus Erfahrung. Und dann konnte er sein Spiel beginnen.

Lächelnd folgte er bei diesem Gedanken Raoul in die die Kutsche.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 7
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Shay schloss die Hand um den Schwertgriff und hob die Waffe wieder hoch. Er sah, wie Christians Kutsche wendete und sich wieder auf den Rückweg machte. Mit ausdruckslosem Blick blickte er ihr nach, doch diese Gleichgültigkeit hielt nicht lange an. Was war das gewesen? Das war kein Kampf gewesen, ja nicht einmal ein ehrenhaftes Duell, alles was sein Gegner getan hatte, war ihn zu demütigen. Und das auf eine Art, die nicht einmal sein Bruder jemals angewendet hatte. Liam kämpfte wenigstens mit ihm, Christian hingegen hatte nur mit ihm gespielt, er hatte ihn nicht einmal ernst genommen.

Ein wütendes Grollen bildete sich in Shays Kehle, das zu einem wütenden Aufschrei wurde, als es seinen Mund verließ. Mit einer heftigen Bewegung warf er das Schwert von sich. Noch nie, wirklich noch nie in seinem ganzen Leben war er so gedemütigt worden, das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. Jetzt ging es nicht mehr um die Ehre seiner Schwester, sondern um seine und die würde er sicher nicht beschmutzen lassen, schon gar nicht von einem Mistkerl wie Christian.

„Herr?“ Die Stimme seines Kammerdieners klang vorsichtig bei dieser Frage.

„Was?“ Gereizt fuhr Shay zu seinem Bediensten herum. Dieser war schon lange genug in seinen Diensten um zu wissen, wann man ihn nicht unterbrach.

Sein Diener hielt bereits die Tür zur Kutsche auf und Shays Schwert in seinen Händen.

Mit einem tiefen Seufzen ging Shay zur Kutsche und stieg ein. Das Schwert, das ihm sein Diener hinhielt ignorierend, daran änderte sich auch nichts, als dieser es neben ihn stellte.

Trotzdem schien sein Diener die Stimmung richtig zu deuten, den anstatt neben ihm in der Kutsche Platz zu nehmen, setzte er sich zu dem Kutscher.

Shay war es im Moment sowieso lieber alleine zu sein. Auch sein Schwert wollte er nicht sehen, das Werkzeug seiner Vernichtung. Dabei hatte er wirklich alles gegeben, was er konnte und es hatte nicht einmal annähernd gereicht. Er hatte nicht einmal eine Wunde, die zeigte dass er ernsthaft gekämpft hatte. Ja, er lebte, doch in seiner gegenwärtigen Lage hätte er den Tod lieber vorgezogen. Das würde ihm einige Erklärungen ersparen.

Hoffentlich dauerte es noch lange, bis diese Neuigkeiten zu seiner Familie durchdrangen. Zumindest Susan würde darüber schweigen, was schon einmal beruhigend war. Daraus ergaben sich für sie immerhin keine Vorteile, eher Nachteile und das würde sie sicher verhindern. Nur wie sollte er ihr sein Versagen erklären, denn das er es musste, das war klar. In seinen Gedanken ging er verschiedene Szenarien durch, doch in jeden stand er als Versager da. Er kannte seine Schwester einfach zu gut, sie würde immer als Siegerin dastehen, zumindest was ihn betraf. Bei ihren Eltern und Geschwistern hatte sie einfach die besseren Chancen.

So in Gedanken versunken, merkte er erst das sie wieder zurück waren, als sein Diener die Tür der Kutsche öffnete. Widerstrebend ergriff Shay sein Schwert und stieg aus. Sein Blick glitt an der Fassade des Schlosses hinauf Richtung Himmel. Nun gut, er war am Leben, dann musste er nun mit den Konsequenzen leben.

Als er seine Räumlichkeiten betrat, wartete seine Schwester schon in dem Wohnraum, den sie sich gemeinsam teilten.

Ihr neugieriger Blick fiel sofort auf ihn, als sich die Tür öffnete. „Und?“

Shay seufzte enttäuscht, bei dieser nüchternen Frage. Natürlich was hatte er erwartet? Sorge, Mitgefühl, Hoffnung, sogar mit Interesse hätte er sich zufrieden gegeben, aber das war etwas das nicht er von seiner Familie bekam. Wieso sollte sich das nun ändern. „Ich lebe noch, oder?“

Seine Antwort fiel etwas rauer aus, als er eigentlich vorgehabt hatte. Allerdings passte es perfekt zu seiner derzeitigen Stimmung.

„Ja, aber hast du gewonnen?“ Auch Susan klang jetzt wesentlich unfreundlicher als zuvor.

Die Tür zu seinem Schlafzimmer öffnend, verhaarte er kurz. „Nein.“

Mit dieser kurzen Antwort warf Shay die Tür hinter sich ins Schloss und schloss ab. Das plötzlich einsetzende Klopfen seiner Schwester auf der anderen Seite ignorierend. Es war so bitter diese Niederlage zuzugeben und es schmerzte mehr als es eine körperliche Wunde jemals könnte.

Sein Schwert entglitt seinem Griff und fiel scheppernd zu Boden. Ein einziges Wort, das seine Schmach öffentlich machte und es war ihm so leicht über die Lippen gekommen. Vom Beigeschmack wollte er aber gar nicht reden, denn der war das wirklich Schlimme. Zwar hatte er gesagt, er würde mit den Konsequenzen leben können, doch das war leichter gesagt als getan. Das würde sich wohl nur ertragen lassen, wenn niemand darüber reden würde. Leider war das hier der Hof, da blieb kein Thema unbeachtet. Shay wusste nicht wie er damit umgehen sollte, doch um das zu lernen würde er nun wohl oder übel genug Gelegenheit haben.
 

„Wie ist es gelaufen?“

Christian lächelte, als er Karens gelassene Stimme hinter sich hörte. „Ich stehe noch, oder?“

„Das stand auch nie außer Zweifel. Ich will nur wissen, was passiert ist.“

Ein gefülltes Weinglas schob sich von der Seite aus in sein Blickfeld und Christian nahm es an. Dabei neigte er den Kopf leicht, eine Geste des Dankes. „Das Duell wurde ausgefochten und ich habe gewonnen. Shay lebt auch noch und mit der Zeit wird er seine Niederlage verkraften.“

Das war bis jetzt immer so gewesen und mit den meisten seiner Gegner verband ihn nun eine gute Freundschaft. Es gab natürlich auch einige Unversöhnliche, doch die Meisten wussten, dass für das was ihm vorgeworfen wurde, immer zwei gehörten.

„Hoffen wir, dass du dich da nicht verkalkulierst, Christian.“ Karens Stimme klang amüsiert bei diesen Worten.

Verwundert sah Christian seine Freundin an, doch diese hatten ihren Blick auf die Tänzer gerichtet. „Wie meinst du das?“

In diesem Moment wurde die Flügeltür des Saales geöffnet und ihre zukünftigen Herrscher traten ein. Wie immer bei einer solchen Festivität verstummten alle Geräusche und der ganze Saal verstummte, bis sie ihren Platz neben dem König eingenommen hatten. Wie immer gaben sie ein bezauberndes Pärchen ab, auch wenn es Christian noch immer nicht gelang das Bild von Casey in Frauenkleidern ganz aus seinem Kopf zu verbannen. Allerdings rang ihm auch Kianas Toleranz Respekt ab, nicht jede Frau, die wusste, dass ihr Mann fremdging, nahm es so gelassen hin. Und diese Tatsache konnte ihr kaum entgehen, immerhin verbrachte sie die Nächte an Caseys Seite. Er würde es ja verstehen, wenn da keine Liebe im Spiel wäre, doch irgendetwas gab es zwischen den Beiden. Wenn es auch nicht so stark war wie das, das Raoul und Casey verband. Ihn interessierte diese ganze Sache sowieso nur, weil Raoul darin verwickelt war, denn eigentlich konnte es ihm ja egal sein.

Die Musik setzte langsam wieder ein und auch die Gespräche wurden wieder fortgesetzt, so auch sein eigenes.

„Ich meine damit, das Shay dir das nicht so einfach vergeben wird. Er ist ziemlich stolz, was auf seine gesamte Familie zutrifft. Muss eine Erbkrankheit sein.“ Karen sprach das so aus, als wäre Stolz etwas Verwerfliches.

Genau das war es, das den Blondhaarigen eine Augenbraue heben ließ. Schließlich besaß seine Freundin selbst genug Stolz und es passte gar nicht zu ihr Andere deswegen zu verurteilen.

Karen wandte sich ihm zu und begegnete seinem Blick. „Versteh das nicht falsch. Stolz ist nichts Schlimmes, doch bei dieser Familie ist es beinahe krankhaft. Bei ihnen ist es nicht mehr Stolz, sondern Sturheit und Arroganz, davon blieb auch Shay nicht verschont.“

Was sollte er darauf sagen? Wenn Christian ehrlich war, dann kannte er diese Familie kaum, ja vor seinem Zusammentreffen mit Shay hatte er nicht einmal von deren Existenz gewusst. Aus diesem Grund blieb ihm nichts anderes übrig, als mit den Schultern zu zucken.

„Aber um einmal das Thema zu wechseln, das Turnier ist bald.“ Jetzt lächelte Karen wieder freundlich und nippte von ihrem Weinglas.

Auch Christian hob das Weinglas an seine Lippen. „Ja?“

Was sollte diese Anspielung? Karen wusste ganz genau, dass er sich nichts aus diesem Turnier machte. Für ihn gab es keinen Grund daran teilzunehmen. Er hatte weder die Aufmerksamkeit, noch das Preisgeld und schon gar nicht die Bewunderung nötig. Seine Familie, seine Freunde und auch er selbst wussten was er konnte und das reichte. Auf die Meinung der breiten Masse legte er keinen Wert.

„Willst du nicht mein Ritter sein?“ Bei dieser Frage wurde ihr Lächeln noch etwas unschuldiger.

Christian seufzte tief. „Du weißt, dass ich bei diesem Theater nicht mitmache. Allerdings werde ich auf den Festen gerne deinen Begleiter spielen.“

Dieses ganze Turnier war sowieso eine große Durststrecke für ihn. Die Frauen himmelten dann nur mehr die Ritter an und die Männer waren damit beschäftigt, sich auf ihren nächsten Kampf vorzubereiten. Erst gegen Ende legte sich diese Hysterie wieder, dann konnte er wieder von diesem Trubel profitieren.

Karen knuffte ihm leicht in die Seite. „Das meine ich doch auch. Schließlich bin ich eine verheiratete Frau, wie sieht das denn aus, wenn ich einen Ritter anfeuere, der nicht mein Mann ist?“

Christian hob seine Hand leicht vor den Mund, doch selbst so konnte er sein Grinsen nicht verbergen. Er stellte sich gerade Karens Mann beim Turnier vor, das war eine köstliche Vorstellung. Es war eigentlich grausam, doch auch Karen sah man deutlich an, dass sie sich ein Grinsen verbiss.

„Sag, glaubst du das Shay daran teilnehmen wird?“

Bei dieser Frage stöhnte seine Freundin leise und verdrehte die Augen. „Können wir einmal mit dieser Sache aufhören? Aber ja ich denke schon, bis jetzt hat er es sich noch nicht nehmen lassen, teilzunehmen.“

„Warum ist er mir dann nie aufgefallen?“ Nicht das er das Turnier mit großem Interesse verfolgte, doch ein immer wiederkehrender Name hätte ihm doch auffallen müssen.

„Du hast ihn doch heute kämpfen sehen, oder?“

„Oh.“ Ja, das erklärte alles. Ein Kämpfer, der nicht weit kam, stach natürlich nicht ins Auge. Es gab einfach zu viele deren Reise schon in den ersten Runden endete. Allerdings gab ihm das auch einen ausgezeichneten Vorwand. Es sah so aus, als ob Shay Hilfe beim Training benötigen konnte und die würde er ihm gerne geben. Wenn er sie annehmen würde denn ihn davon zu überzeugen, würde wohl die schwerere Aufgabe werden.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 8
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Shay fühlte sich unwohl in seiner Haut. Es hatte einige Zeit gedauert, bis er sein Zimmer wieder verlassen hatte. Wenn sein Stolz sich nicht irgendwann gemeldet hätte, dann würde er sich wahrscheinlich noch immer darin verbarrikadieren. Was dumm war, den spätestens beim Turnier müsste er dieses wieder verlassen. Und wenn er dafür nicht etwas trainieren würde, wäre er bei einer Niederlage nur auf sich selbst sauer.

Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, das ihn jeder Mensch hier beobachtete und über ihn redete. Seine Niederlage hatte sich sicher schon herumgesprochen, so etwas machte schnell die Runde.

„Lord Feran.“ Eine weibliche Stimme ließ sich hinter ihm vernehmen.

Nun fing es also an. Shay beschleunigte seine Schritte, es war zwar nicht sehr ehrenhaft vor einer Frau wegzulaufen, doch er wollte nicht darüber reden. Allerdings kam ihm ihre Stimme bekannt vor, doch wagte er es nicht sich umzudrehen, denn dann würde der Sprecher erkennen, dass er ihn bemerkt hatte.

„Shay Feran, wirst du wohl stehen bleiben. Sofort!“

Nicht, dass Shay es vorhatte, doch der Befehlston des letzten Wortes, ließ ihn im Schritt erstarren. Er war es einfach gewohnt sofort auf Befehle zu reagieren, egal von wem sie kamen. Selbst wenn es nur in den wenigsten Fällen eine Frau war die sie ihm erteilte, sein Vater hatte ganze Arbeit geleistet.

Jetzt musste er sich auch umwenden, was er auch machte. Er sah eine schwarzhaarige Frau, die ihm gelassen entgegenkam. Nur ihr schneller Atem zeigte, dass sie bis eben noch ein schnelleres Tempo angeschlagen hatte.

Shay kannte sie, bis vor einigen Jahren war sie noch Gast auf ihrer Burg gewesen, um Susan ein wenig zu unterhalten, oder auch umgekehrt. Auch wenn sie eher an Sebastian interessiert gewesen war, der ebenso alt wie sie war. Es waren immer seine Brüder gewesen, für die man sich interessiert hatte, nie er.

Sie blieb neben ihm stehen, ihre grünen Augen erinnerten an eine Katze und mit einem undeutbaren Blick, der diesen Tieren ebenso zueigen war, sah sie ihn auch an.

Shay war sich bewusst, dass er etwas sagen musste, nur was? Vor allem weil ihm nun in der Hektik nicht einmal ihr Name einfiel. Immer in so unpassenden Momenten musste ihn sein Gedächtnis im Stich lassen!

„Wenn Ihr nun meinen Namen vergessen habt, bin ich ernstlich verstimmt, Shay.“

„Aber iIhr würdet es mir doch nachsehen, oder?“ Er rettete sich in ein, wie er hoffte, versöhnliches Lächeln. Nein er wusste es wirklich nicht und es gab auch keine Garantie, dass es ihm in den nächsten Sekunden noch einfallen würde.

„Kommt immer auf die Gegenleistung an. Mein Name und meine Vergebung, gegen etwas von Eurer Zeit.“ Dabei hielt sie ihm eine Hand hin und lächelte zufrieden, als er sie pflichtschuldig ergriff.

„Ihr verkauft euch dabei deutlich unter Wert.“ Shay führte ihre Hand zu seinem Mund, stoppte aber knapp davor, bevor er sie wieder senkte. Dafür bettete er sie auf seinen Arm.

Ein anerkennendes Lächeln umspielte die Lippen der Frau, als sie einige Schritte machte und so auch die Richtung ihres Spaziergangs bestimmte. „Ein Mann, der den Wert einer Frau noch zu schätzen weiß, wie selten. Ihr könntet beinahe Lord Alrin Konkurrenz machen.“

Egal woher Shay seinen Charme eben bekommen hatte, bei der Erwähnung dieses Namens verschwand er wieder. Doch er war zu gut erzogen, um gegenüber einer Dame unfreundlich zu sein, seine Mutter würde das niemals dulden. Aber ihm gefiel weder die Richtung dieses Gesprächs, noch die ihres Weges, denn dieser führte in die belebteren Gebietes des Schlosses. Genau die, die Shay bewusst gemieden hatte. „Ich glaube nicht, dass Lord Alrin den Wert irgendeines lebenden Wesens zu schätzen weiß.“

Seinen Arm tätschelnd, folgte seine Begleiterin unbeirrbar ihrem Weg. „Da tut Ihr ihm Unrecht. Lady Karen.“

„Was?“ Bei dem abrupten Themenwechsel, denn nichts anderes konnte ihre letzte Bemerkung sein, sah er sie überrascht an. Aber es stimmte, nun wo sie ihm diesen Namen gesagt hatte, fügten sich die Teile in seinem Gedächtnis wieder zusammen. Die guten und schlechten Erinnerungen kamen wieder. Zum Beispiel fiel ihm wieder ein, dass er ihr ein unfreiwilliges Bad im Fischteich seiner Mutter verdankte.

Sie lachte amüsiert. „Das ist mein Name. Aber wo wir schon einmal bei Lord Alrin sind, geht es Euch gut? Sind Eure Verletzungen schon wieder verheilt?“

„Bitte?“ Verständnislos sah Shay die Ältere an. Welche Verletzungen? Waren das die Gerüchte, die um ihn herum kursierten? Er war nicht verletzt, das war ja das Demütigende an dem ganzen Duell. Nicht einen einzigen Kratzer hatte Christian ihm zugefügt und war trotzdem als Sieger hervorgegangen. Um sie herum füllten sich nun die Gänge, Adelige standen in Gruppen, oder auch alleine in den Gängen oder folgten ihren Wegen.

Karen erwiderte seinen Blick unschuldig. Doch dann glitt ihr Blick beinahe unverschämt prüfend über seinen Körper. „Na Eure Verletzungen von dem Duell. Welchen Grund hättet Ihr sonst, euch tagelang in Eurem Zimmer aufzuhalten?“

Wenigstens benutzte sie nicht das Wort verstecken, wenn sie es auch eindeutig dachte. Ihm war das kurze Stocken kurz vor dem Satzende nicht entgangen und sie hätte damit ja auch Recht. Er hatte sich versteckt und für sein Verhalten schämte er sich auch, doch das war immer noch seine Privatangelegenheit. „Ich war nicht verletzt.“

Wenn dann war es nur sein Stolz, das konnte er jedoch nicht aussprechen. Seine Stimme war nicht mehr als ein Murmeln, doch war es seiner Begleiterin nicht verborgen geblieben, zumindest reagierte sie darauf.

„Und warum habt Ihr dann nicht am gesellschaftlichen Leben teilgenommen?“ Karen blickte ihn nun ihrerseits verständnislos an. Sie sah aus, als sähe sie etwas sehr Seltenes vor sich.

„Das versteht sich doch von selbst!“ Hastig sah Shay sich um und senkte seine Stimme wieder.

„Ich habe verloren.“

Karen führte ihn in einen Seitengang, blieb aber sofort stehen, sobald sie nicht mehr vom Hauptgang aus zu sehen waren. Sie legte eine Hand unter sein Kinn und hob es so, das sie sich ansahen. „Dummer, dummer Junge.“

Shay wollte auffahren, doch der ernste Blick von Karen hielt ihn davon ab. Ebenso wie die Tatsache, dass sie gleich wieder weiterredete.

„Glaubst du, du bist der Einzige, der gegen ihn verloren hat? Halte dich bloß nicht für etwas Besonderes, denn das bist du nicht. Christian hat schon viele Duelle gewonnen und jeder seiner Gegner hat verloren und überlebt, doch hatten diese genug Rückgrat ihre Niederlage wie ein wahrer Mann durchzustehen. Sie haben sich nicht verkrochen, weil ihr Stolz das nicht vertragen konnte. Glaubst du wirklich, die Leute zerreißen sich den Mund über dich? Wir sind am Hofe! Hier passiert laufend etwas Neues, das wesentlich interessanter ist als ein weiteres gewonnenes Duell von Christian. Wenn dich wirklich jemand darauf anredet, dann ist er entweder dein Gegner, oder ein Idiot. Und nun solltest du dir eine Verletzung ausdenken, die deine Abwesenheit erklärt.“

Shay sah sie fassungslos an. Bis jetzt hatte außer seiner Familie noch nie jemand so mit ihm geredet. Allerdings glaubte er ihr nicht ganz, wie gesagt dies war der Hof, da sprach sich alles herum, sogar ein Duell. Karen war eben eine Frau, sie verstand nicht die Bedeutung eines Duells. Es ging dabei um Ehre, um Mut und um… verdammt, es schien tatsächlich niemanden zu interessieren!

Karen hatte seine Hand ergriffen und sie wieder in den anderen Gang geführt. Es war wie sie gesagt hatte, kein Mensch interessierte sich für ihn. Zwar beobachteten die Adeligen alle jemanden, doch war das nicht er. Kein einziger Blick ruhte auf ihm, niemand schien gar Notiz von ihm zu nehmen.

Sanft tätschelte Karen abermals seinen Unterarm. Sie lächelte nun wieder versöhnlich. „Mach dir nichts daraus. Hier ist jeder damit beschäftigt seine eigenen Duelle auszufechten, nur tun sie das nicht mit Gewalt oder Waffen. Jeder behält seine Intrigen ihm Auge, informiert sich bei seinen Spionen über die wirklich wichtigen Dinge und organisiert sich selbst den neuesten Klatsch. So etwas wie euer Duell ist nicht zu verwerten.“

Shay war erschüttert, wie wenig seine Anstrengungen zählten, die Ehre seiner Familie wieder herzustellen. Das interessierte hier niemanden außer ihm selbst, ja nicht einmal seine eigene Schwester. Er hätte sterben können und es wäre allen hier nur einige Worte wert gewesen, die gleich wieder vergessen wurden. „Dann muss ich mir auch keine Geschichte für meine Abwesenheit ausdenken, weil ich sowieso keinen interessiere.“

Es erstaunte Shay selbst, wie bitter seine Stimme bei dieser Bemerkung klang.

Karen schüttelte bedacht den Kopf. „Nein, die Leute kennen dich, sie reden über dich. Nur nicht wegen des Duells mit Christian, sondern weil du der Schoßhund deiner Schwester bist.“

Sie löste ihre Hand von seinem Arm und wies mit der anderen Hand in einen Seitengang. „Wenn du diesem Gang folgst, kommst du ungesehen zu den Trainingsplätzen. Falls du vorhast dich weiter zu verstecken.“

Mit einem leicht spöttischen Lächeln wandte sie sich um und folgte einem anderen Seitengang.

Wie betäubt nickte Shay. So sah man ihn also, als das Schoßhündchen seiner Schwester? Er wollte sie doch nur beschützen vor allen Gefahren die hier am Hofe lauerte. Nur nach Karens Worten wusste er nicht mehr, ob diese Gefahren nicht anders aussahen als er gedacht hatte. Scheinbar musste sich nun einiges bei ihm ändern und damit sollte er sofort beginnen.

Dem Seitengang keine Beachtung schenkend, folgte er dem Weg, den alle Adeligen benutzten, um die Trainingsplätze zu erreichen.
 

Mit einem erfreuten Lächeln, sah Karen wie Shay den Hauptweg zu den Trainingsplätzen folgte. Dann zog sie ihren Kopf wieder zurück und sah zu der Person, die in diesem Seitengang auf sie gewartet hatte. „Zufrieden?“

„Voll und ganz, ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.“

Das ging runter wie Honig. Sie war eben eine Frau und als solche erfreute sie jedes Lob, das sie bekam, vor allem wenn sie es von ihrem Gegenüber hörte. „Ich habe das nicht nur für dich getan, das sollte dir klar sein.“

Ihr Gesprächspartner bewegte sich und zwei Hände legten sich auf jeder Seite ihres Kopfes auf die Mauer. Christian schenkte ihr ein bezauberndes Lächeln. „Ach liegt dir etwa etwas an seinem Wohlergehen?“

Karen benötigte einen Moment um sich wieder zu beruhigen und sich nichts anmerken zu lassen. Gott, dieses Lächeln gehörte verboten. Im Moment wusste sie, wie sich all die Frauen fühlten, die sich zu ihm hingezogen fühlten. Jede von ihnen wusste, dass sie nicht die Einzige war und am nächsten Morgen schon Geschichte sein würde und doch ließen sie sich auf ihn ein. Doch Karen war nicht so töricht wie diese Frauen, oder auch Männer. Sie würde ihre Freundschaft nicht einer Nacht opfern, dafür war ihr diese zuviel wert. So einen Mann wie Christian fand man nicht alle Tage. Humorvoll, geradeheraus für jede Schandtat zu haben und so herrlich verdorben, eben genau wie sie.

Auch sie lächelte nun, als sie Christians Blick amüsiert erwiderte. „Er ist ein alter Freund von mir, natürlich sorge ich mich um sein Wohlergehen. Vielleicht kann man ja sogar diese Freundschaft wieder aufleben lassen?“

Als ob sie dieser kleine Junge reizen würde. Nein, ihr ging es nur um Christians Reaktion auf ihre kleine Kampfansage.

Diese ließ auch nicht auf sich warten, als er sich näher zu ihr beugte. „Aber, aber Karen du wirst mir doch nicht in die Quere kommen?“

Dass er immer noch lächelte, war ein gutes Zeichen, das hieß er hatte ihre Worte als das aufgefasst was sie waren. Eine freundschaftliche Provokation.

Karen legte eine Hand auf Christian Brust und drückte ihn etwas von sich weg, um sich wieder zu befreien. Sie ging einige Schritte, bevor sie sich wieder umdrehte. „Das muss ich nicht, das wirst du selbst. Ich habe dir bereits gesagt wie Shay ist, das wird es dir sehr schwer machen. Allerdings freue ich mich auf das Schauspiel, das ihr beide mir bieten werdet.“

Mit diesen Worten drehte sie sich wieder um und folgte ihrem Weg. So entging ihr das amüsierte Kopfschütteln ihres Freundes, doch das spielte keine Rolle.

Eines wusste Karen auf jeden Fall, wenn er ihre Worte nicht ernst nahm, würde er sich diesmal übernehmen. Shay war vielleicht ein kleiner Junge, doch seine Eltern hatten bei seiner Erziehung eine Menge falsch gemacht. Der Mensch, der dabei herausgekommen war, war wirklich nicht gerade umgänglich. Daran konnte nicht einmal mehr Christian etwas ändern.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 9
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Christian öffnete noch etwas verschlafen die Tür seines Schlafzimmers und stockte im Schritt. Doch es dauerte nur einen Moment, bis er freudig lächelnd seinen Wohnraum vollends betrat. „Was für eine schöne Überraschung so früh am Morgen.“

Er sah zu Rida zurück, der ihm wie immer folgte. „Warum hast du mir nichts gesagt?“

„Es war nicht wichtig.“ Wie immer im Beisein von Anderen war Ridas Stimme emotionslos.

Christian seufzte und setzte sich seinem Gast gegenüber in einen Sessel. „Also, was führt dich zu mir in diesen frühen Stunden?“

„Früh? Also deinen Lebenswandel hätte ich gerne.“ Raoul nippte von dem Weinglas, das er in der Hand hielt.

Grinsend nahm sich Christian die Weinflasche, die auf dem Tisch stand und füllte ein Glas, das Rida vor ihn gestellt hatte. „Du hattest diesen Lebenswandel, mein Guter. Nur hast du ihn gegen Verantwortung getauscht, selbst Schuld.“

Er hatte das immer für eine falsche Entscheidung gehalten, vor allem weil Raoul sie so übers Knie gebrochen hatte, ohne länger darüber nachzudenken. Jedoch hatte er nichts gesagt, da Raoul ihn nicht um seine Meinung gefragt hatte und er hatte es nicht nötig sich jemanden aufzudrängen.

Raoul seufzte und lehnte sich gegen die Rückenlehne des Sessels. „Stimmt leider.“

Er verzog leidend das Gesicht. „Ich vermisse es schon manchmal.“

Nur manchmal? Christian hob skeptisch eine Augenbraue, um seinen Gast genauer zu mustern. Also er könnte nicht auf längere Dauer so leben wie Raoul. Tagein, tagaus mit dem Prinzen zusammen zu sein konnte ja sehr anregend sein, doch mit der Zeit sicher ermüdend. Schließlich machten sie das nicht zum Vergnügen und Conroy hatte ihm genügend Aufgaben übertragen, wie Raoul ihm oft erzählte. Natürlich konnte das alles auch unter den Begriff ‚erwachsen werden’ fallen, da war sich Christian nicht so sicher. „Also, was führt dich zu mir?“

Grinsend hob Raoul den Kopf und stellte das Weinglas auf den Tisch. „Nun bald ist wieder das Turnier.“

Da Raoul nicht weitersprach, nickte Christian bedächtig. Er hatte da so eine Befürchtung in welche Richtung sich dieses Gespräch wandte und es gefiel ihm nicht. Da kam Arbeit auf ihn zu, das ahnte er bereits. „Ja, stell dir vor du bist schon der Zweite, der mich darauf hinweist. Doch Karen war etwas schneller als du.“

„Ja, aber Lady Karen hat nicht die gleiche Bitte wie ich.“

Der Blondhaarige stöhnte genervt und nahm einen Schluck aus seinem Glas. „Ich weiß nicht warum ihr Beide immer mit Bitten und Gefälligkeiten zu mir kommt. Warum kommt keiner von euch, um ein wenig Vergnügen mit mir zu haben?“

Nicht, dass er das ernst meinte. Er wollte weder Karen noch Raoul als Freund verlieren, noch dazu wo er sich in Raouls Fall auch ihren Prinzen zum Feind machen würde. Man musste sein Glück nicht herausfordern, nicht einmal er.

Grinsend sah ihn Raoul an und beugte sich leicht vor. „Weil wir deine Freundschaft so schätzen wie sie derzeit ist. Aber was ich will, ist dein Geschick als Schwertkämpfer. Ich will, dass du mit mir trainierst.“

Christian hob abwehrend eine Hand und sah Raoul an. „Jedes Jahr kommst du mit der gleichen Bitte und jedes Jahr kassierst du eine Absage. Weshalb sollte ich dieses Jahr zustimmen?“

„Ich war dein Adjutant, dafür schuldest du mir noch etwas.“

„Moment.“ Sein Glas auf den Tisch stellend, sah er den Schwarzhaarigen ernst an.

„Nur um das einmal klarzustellen, ich schulde dir dafür gar nichts, da ich nur wegen deines Drängens in dieses Duell eingewilligt habe. Doch wenn du unbedingt einen Trainingspartner willst, gebe ich dir Rida, wenn er Zeit hat.“ Raoul wusste was Ridas Aufgabe war und auch wie stark dieser war. Wenn er den Lehrer haben konnte, warum sollte er sich dann mit dem Schüler zufrieden geben? Denn all seine Schwertkünste stammten von Ridas Unterricht und dem seines Vaters. Nur war sein Vater seit einigen Jahren aufgrund bedauernswerter Umstände ja nicht mehr abkömmlich.

Raoul sah fragend zu dem Araber, der sich wie immer in der Ecke des Zimmers aufhielt. „Was sagst du?“

Rida verbeugte sich leicht. „Es tut mir leid Euch enttäuschen zu müssen. Doch meine Aufgabe ist es für Lord Christians Sicherheit zu sorgen.“

Eine Antwort, die Christian nicht im Mindesten überraschte. Das war Ridas Standardantwort auf solche Dinge und es entsprach ja auch der Wahrheit. Sein Freund war sein Leibwächter, er hatte sein Leben dieser Aufgabe gewidmet, wenn auch nur weil er nichts anderes kannte. Jedoch schien Rida damit zufrieden zu sein, weswegen er keine Veranlassung sah daran etwas zu ändern, immerhin kam es ihm auch zugute.

Er spürte Raouls Blick wieder auf sich ruhen, nachdem Rida abgelehnt hatte. Doch warum sollte er sich diese unnötige Anstrengung antun? Es gab im Moment nur Einen bei dem es sich lohnte sich derart anzustrengen und das war Shay. Aber dieser würde kaum zu ihm kommen und darum bitten, was ein Problem war. „Warum willst du unbedingt mit mir trainieren? Du hast genug andere Trainingspartner.“

„Ich will mit jemanden trainieren, der stärker ist als ich. Warum soll ich mit jemanden trainieren, der mir im Turnier unterlegen war?“ Raouls Antwort kam zu schnell und überzeugt, um gelogen zu sein.

Das war nur logisch und auch ehrlich. Jeder wusste wie stark er war und dass er mit dem Schwert umzugehen wusste. Aus Gesprächen war Christian sogar bekannt, dass die meisten Ritter hier froh waren, dass er nicht mitmachte. So etwas konnte Shay gar nicht entgehen und ihn irgendwann in seine Richtung treiben. Natürlich nur, wenn ihm der Turniersieg viel bedeutete. Allerding würde er weder Raoul noch Casey besiegen, die sich seit einigen Jahren immer wieder mit dem Sieg abwechselten, aber eine bessere Platzierung wollte doch jeder erreichen. Vor allem wenn jemand so stolz war wie Shay, so jemand wollte sicher nicht gleich in der ersten Runde ausscheiden. Irgendwann würde er zu ihm kommen, vor allem wenn Christian ihm zeigte, was er konnte.

Mit einem zufriedenen Lächeln wandte er sich wieder Raoul zu. „Einmal, vielleicht auch zweimal werde ich mit dir trainieren. Dafür schuldest du mir eine Gefälligkeit und diese wird sicher nicht klein ausfallen, darauf kannst du dich schon einmal einstellen.“

Überrascht sah ihn Raoul an, mit einer positiven Antwort hatte er anscheinend nicht gerechnet. Seine Stimme klang ungläubig bei seinen nächsten Worten. „Du sagst zu?“

Christian verzog das Gesicht und gab Rida einen Wink, worauf dieser nur nickte und den Raum Richtung Schlafzimmer verließ. „Ich muss verrückt sein, aber ja.“

Das Glas wieder hebend hielt Raoul es ihm prostend hin. „Du wirst es nicht bereuen.“

Mit deutlich weniger Begeisterung, erwiderte Christian diese Geste. „Das sicher nicht.“

Er würde sich schon eine passende Gegenleistung von Raoul holen, das war sicher. Und wenn es ihm wirklich bei Shay half, konnte es bestimmt nicht schaden. Er musste nur einmal zeigen, was er wirklich konnte, das würde im besten Fall auch zukünftige Herausforderer von ihm fern halten.
 

Shay senkte das Schwert und nickte seinem Gegner anerkennend zu. Es war ein Adeliger, den er vom letzten Turnier kannte, nur dass er damals noch sein Gegner gewesen war. Kämpferisch waren sie ungefähr gleich gut ausgebildet, was das Training einfach machte.

Er ging zum Rand des Platzes den sie sich zum Üben abgesteckt hatten und steckte sein Schwert in die Scheide. Erst jetzt fiel ihm die Abwesenheit anderer Zuseher auf, was schon seltsam war. Es gab immer einige Ritter, die in ihren Pausen prüften, welche Fortschritte ihre Gegner gemacht hatten. Nur war es seltsam einsam hier, das ganze Geschehen schien sich auf einen der umzäunten Übungsplätze zu konzentrieren. Natürlich dort kämpften die wirklich gefährlichen Gegner, hohe Adelige oder Mitglieder der Königsfamilie, für die diese Plätze reserviert waren. Was jedoch an diesem Bild etwas seltsam wirkte war, dass sich alles auf einen dieser Plätze konzentrierte. Kein anderer Ritter focht einen Übungskampf oder machte andere Übungen, sie schienen alle diesem einen Kampf zuzusehen.

Shay sah zu seinem Partner, der auch stirnrunzelnd die Ansammlung beäugte. Sie tauschten einen Blick aus und beschlossen zeitgleich, dass es ein ganz guter Zeitpunkt für eine Pause war.

Das Schwert in der Hand ging Shay zu der Menschenansammlung. Wer kämpfte konnte er nicht erkennen, da ihm zu viele Männer den Weg versperrten. Doch auch Frauen waren anwesend und wirkten neben den vielen breitschultrigen und muskulösen Männern, beinnahe zerbrechlich, was ihnen der Anblick jedoch Wert zu sein schien.

Einem der Männer auf die Schulter tippend, deutete Shay mit einer Kopfbewegung Richtung Übungsplatz. „Wer kämpft da gerade?“

Der Mann schien über die Unterbrechung nicht sehr erfreut zu sein. „Lord Trelain trainiert gerade mit Christian.“

Christian? Doch nicht Lord Alrin, oder? Sie waren hier immerhin am Hofe, es gab bestimmt mehrere Leute mit diesem Vornamen. Zu gerne hätte Shay nachgefragt, doch er wollte den Ritter nicht unnötig reizen, er hatte eben schon nicht begeistert gewirkt. Allerdings brauchte er Gewissheit.

Ohne sich um die Flüche oder Beschwerden der Umstehenden zu kümmern, bahnte sich Shay einen Weg nach vorne. Hier war ihm seine noch schlanke und jugendliche Figur wenigstens nützlich. Zwar schaffte er es nicht bis in die erste Reihe, doch zumindest in eine Position, von der aus er die Kämpfenden sehen konnte. Als Erstes erkannte er Lord Trelain, den Gewinner des letztens Turniers und Begleiter von Christian bei ihrem Turnier. Sein Gegner stand zwar mit dem Rücken zu ihm, doch Shay erkannte ihn auch ohne sein Gesicht zu sehen.

Sein Herz machte einen Satz, nur um dann aufgeregt schneller zu schlagen. Wenn ihn nun jemand ansah, würde ihm wohl auffallen wie blass er im Moment war. Wollte Christian etwa bei dem Turnier mitkämpfen? Shay war realistisch, er wusste, dass er niemals unter die besten Zwanzig kommen würde, doch wenigstens unter die besten Fünfundzwanzig und wenn Christian da mitmachte war das ein weiterer Gegner der ihm im Weg stand. Denn auch wenn er ihn verabscheute, so erkannte er sein Geschick als Kämpfer dennoch an. Was blieb ihm auch anderes übrig, bei dem was er gerade sah. Raoul und Christian kämpften auf eine Art und Weise, die diesen Schlagabtausch schon zur Kunstform erhob. Keine Bewegung war unnötig, es gab keinen Schlag, der sein Ziel nicht traf, sie waren ständig in Bewegung und doch war keiner von ihnen erschöpft. Das war eine Stufe, die er nie erreichen würde, egal wie sehr er trainierte.

„Macht Christian dieses Jahr mit?“

Shay horchte auf bei der Frage seines Nachbarn. An ihn konnte diese Frage kaum gerichtet sein, da er diesen Adeligen nicht kannte, aber die Antwort interessierte ihn auch.

Es dauerte auch keine Minute, bevor eine Antwort kam. „Ich weiß nicht. Bis jetzt hat er immer auf die Teilnahme verzichtet.“

„Sagte er nicht immer, dass es ihm nichts bringen würde dabei mitzumachen?“

Anscheinend wollte nicht nur Shay, dass Christian nicht an dem Turnier teilnahm, sondern auch einige andere Adelige. Sein Nachbar gehörte eindeutig zu dieser Gruppe.

Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken ihr Duell noch einmal vor Zuschauern zu wiederholen, vor allem weil mit Sicherheit sein Bruder anwesend sein würde. Zwar kämpfte Liam nicht, sah aber zu und pflegte dabei seine Kontakte. Wenn er dann so katastrophal verlor, würde er seinem Bruder nie wieder in die Augen sehen können. Es war keine Schande in der ersten Runde zu verlieren, wenn man einen guten Kampf abgeliefert hatte, doch sein Duell mit Christian verdiente ja nicht einmal diese Bezeichnung. Vor Zusehern war das undenkbar. Aber es stand doch noch nicht fest, dass er mitmachte, oder? Dass er hier trainierte, schien alle Anwesenden zu irritieren und einige wirkten deutlich verunsichert. Irgendwie beruhigte es Shay, dass er mit seiner Reaktion nicht ganz alleine dastand.

Eine dritte Stimme mischte sich plötzlich in das Gespräch neben ihnen ein. „Vielleicht gibt es ja eine Dame, die er so beeindrucken will?“

„Oder einen Mann, er ist da ja nicht wählerisch.“ Ein raues Lachen begleitete diese Worte.

Zum ersten Mal verstand Shay, was Karen mit ihren Worten gemeint hatte. Das war also die Bedeutung, wenn man sagte: ‚Wir sind hier am Hof’. Auch ohne das er etwas fragte, bekam er Antworten nur durchs Zuhören. Das war ihm bis jetzt noch nie aufgefallen. Nur was meinten sie damit, dass er einen Mann damit beeindrucken wollte? Bei einer Frau konnte er das ja noch verstehen, aber bei einem Mann? Ja, er war beeindruckt und auch einige der anderen Anwesenden, doch was sollte das Christian bringen? Wenn man dessen Worten glauben konnte, dann war er sowieso mit den meisten befreundet.

Shay schüttelte den Kopf. Eigentlich war es ihm egal, was damit gemeint war. Ihre Wege hatten sich nach dem Duell getrennt. Solange er sich von Susan fernhielt, gab es für ihn keine Veranlassung, sich wieder mit ihm einzulassen. Er würde sich diesen Kampf ansehen und dann wieder an sein eigenes Training gehen.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 10
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Raoul senkte sein Schwert und zeigte so, dass das heutige Training für ihn beendet war. Eines musste Christian seinem Freund lassen, wenn man ihm eine Chance gab, dann nutzte er diese aus. Ihre Hemden hatten sie schon vor einiger Zeit verloren und an den Blicken der Frauen ließ sich leicht ablesen, das der Schweiß auf ihren Oberkörpern ihrem guten Aussehen keinen Abbruch tat.

„Ich bin fertig.“ Schwer atmend steckte Raoul sein Schwert in die Scheide zurück.

Christian grinste nur während er Rida sein Schwert reichte, er trug selten ein Schwert bei sich. Das war zu unpraktisch, wenn er ständig darauf achten musste, außerdem war es nur ein unnötiges Kleidungsstück mehr. Ein Dolch war genauso effektiv, handlicher und er wusste damit genug Schaden anzurichten, wie so mancher Gegner schon bemerken musste. „Du brauchst wirklich mehr Ausdauer, mein Freund.“

Nicht, dass er Wert auf eine Fortführung legte, ihm ging es ebenso wie Raoul, nur dass er das Training deswegen nicht abbrach. Das würde sein Stolz nicht zulassen, schließlich hatte er einen Ruf zu verteidigen. Er galt als stärkster und bester Schwertkämpfer hier am Hofe. Es war nicht so, dass er sich etwas darauf einbildete, oder gar wusste wie er zu diesem Ruf gekommen war, aber es machte einiges für ihn leichter. So überlegte es sich jeder Gegner zweimal, bevor er ihn herausforderte, nun fast jeder. Wie man sah gab es immer wieder einige, die ihre Fähigkeiten überschätzten.

Raoul lachte nur amüsiert, als er sich sein Hemd wieder anzog. „Du wirst dich wohl nie ändern.“

„Sollte ich? Deswegen liebst du mich doch so.“ Mit seinem unschuldigsten Lächeln wandte sich Christian seinem Freund zu. Leider war das in seinem Fall nicht mehr so effektiv, wie bei manchen Anderen, schon alleine weil Raoul ihn kannte.

Für einen kurzen Moment musterte ihn Raoul ernst. „Möglich.“

Dann legte sich wieder das gewohnte Lächeln auf das Gesicht des Schwarzhaarigen. Er streckte die Hand aus und tätschelte Christian den Kopf. „Klar liebe ich dich, einer muss es ja tun.“

Diese Bemerkung brachte Christian nun zum Lachen und er legte einen Arm um den Hals seines Freundes, um ihn näher an sich zu ziehen. Dabei beugte er sich zu dessen Ohr, so als wolle er ihm ein Geheimnis erzählen. „Soll ich dir etwas verraten? Du befindest dich dabei in bester Gesellschaft.“

Er ließ seine Worte einen Moment lang wirken, bevor er Raoul losließ. Dieser hob den Blick und sah ihn verwirrt an. Jedoch währte das nur einen kurzen Moment, bevor sie beide zu lachen begannen.

Raoul war der Erste, der diesen spontanen Heiterkeitsausbruch wieder beendete. Noch immer grinsend klopfte er Christian auf die Schulter. „So gerne ich hier auch weiter mit dir Geheimnisse austauschen würde, ich werde erwartet. Einem so informierten Mann wie dir werde ich den Grund dafür wohl nicht erklären müssen.“

Christian nickte nur, er konnte es sich vorstellen. „Die Geburtstagsfeier des Königs steht wieder an.“

Das war nur der inoffizielle Auftakt zur Sommersaison, die ihm bis auf die Zeit des Turniers ja zusagte. Im Winter gab es nur halb so viele Feierlichkeiten und die Kälte ließ die Stimmung sinken, da war ihm der Sommer schon lieber. Leicht stieß er seinem Freund in die Rippen und lächelte verschwörerisch. „Vielleicht kommst du ja heute auf deine Kosten.“

Raouls eben noch fröhlicher Gesichtsausdruck wurde ernst und er rang sich zu einem schwachen Lächeln durch. „Nein bestimmt nicht. Morgen ist sein Todestag.“

„Oh, ist es schon wieder soweit?“ Wen Raoul meinte, wusste inzwischen schon fast jeder, Casey ließ es ja kaum jemanden vergessen. Keiner wusste in welcher Beziehung ihr Prinz zu Valerian gestanden hatte, doch bei der Stimmung, die der Prinz jedes Jahr an diesem Tag hatte, war es sicher nicht nur Freundschaft gewesen. Aber vielleicht war es ja nur seine Art mit diesem Verlust fertig zu werden, wer wusste das schon?

Ehrlich gesagt hatte er wenig mit dem früheren Verlobten des Prinzen zu tun gehabt. Klar, hatte er ihn gekannt und mit ihm trainiert, sowie geredet, doch das war auch schon alles gewesen. Ihre Vorstellungen von Moral und Vergnügungen waren einfach zu verschieden gewesen, um richtige Freunde zu werden, aber er hatte ihn wie die meisten Männer hier respektiert. Aber so war das eben, die Guten starben immer jung, vor allem wenn sie zu weit oben waren.

„Ja.“ Zu mehr ließ sich Raoul nicht hinreißen, als er über die Umzäunung des Platzes kletterte.

Christian folgte ihm und griff nach seinem Hemd, das ihm Rida hinhielt. Ohne weiter darauf zu achten zog er es an und ließ seinen Blick über die Umstehenden schweifen. Innerhalb der Stunden waren es immer weniger geworden und es waren fast nur weibliche Verehrerinnen übrig geblieben. Die Neugier der Männer war rascher gestillt worden und jetzt wollte es keiner riskieren, mehr von seiner wertvollen Trainingszeit zu vergeuden als notwendig. Christian verstand zwar den Grund für ihre Teilnahme nicht, aber er respektierte ihre Einstellung. Es gab gute Kämpfer hier und dieses Können zu zeigen, war ihr gutes Recht.

„Du hast mich heute viel Zeit gekostet.“ Das stimmte, es gab nicht mehr viele, die ihrem Training nachgingen. Manche weil sie gesellschaftliche Verpflichtungen hatten, andere weil sie erschöpft waren und die meisten weil es die Sonne bereits im Untergehen war.

„Und du hast mich als Mittel zum Zweck benutzt, wir sind quitt.“

Wenigstens konnte Raoul nun wieder lächeln wie Christian zufrieden bemerkte. Dass er ihm auf die Schliche gekommen war, überraschte ihn nicht wirklich. Er wäre enttäuscht gewesen, wenn nicht.

Als sie wieder im Schloss waren, hob Christian grüßend eine Hand. Hier trennten sich ihre Wege, ihre Zimmer lagen in entgegen gesetzten Richtungen. „Ich wünsche dir viel Spaß bei deiner heutigen Feier.“

Christian war nicht eingeladen, da er weder die Gunst des Königs besaß, oder ein Verwandter war, doch er würde anderweitig sein Vergnügen finden, da war er sich sicher. Vor allem nach diesem Nachmittag, der seiner Popularität sicher einen kleinen Aufschwung gegeben hatte. „Gute Jagd…“

„… und lass dich nie erwischen.“ Mit einem breiten Grinsen erwiderte Raoul diesen Gruß.

Zufrieden lächelnd wandte sich Christian um. Vielleicht war Raoul nicht mehr aktiv an ihrem Spiel beteiligt, doch diesen Gruß würden sie wohl nie ablegen. Dabei konnte sich Christian nicht einmal mehr an dessen Entstehung erinnern, oder besser nur mehr schemenhaft. Allerdings war das auch nicht so wichtig, viel eher sollte er sich auf den Abend vorbereiten und sich überlegen in wessen Gesellschaft er diesen verbringen wollte. Morgen würde er sich dann wieder seinem eigentlichen Ziel widmen, dann würde sich auch zeigen, ob sich der heutige Aufwand gelohnt hatte.
 

Christian saß bereits bei seinem Frühstück, als Rida zu ihm kam und einen Brief hinhielt. An dem geöffneten Siegel sah er, dass sein Freund bereits über den Inhalt informiert war. Rida war auch der Einzige, dem er erlaubte seine private Korrespondenz zu lesen, nur so konnte er eine Vorauswahl treffen, damit Christian nur mit dem wirklich Wichtigen konfrontiert wurde. Für Liebesbriefe hatte er am Morgen wirklich keinen Nerv, vor allem weil immer das Gleiche darin stand, was auch für die Briefe seines Verwalters galt.

Er gönnte dem Brief nur einen kurzen Blick und sah dann zu dem Älteren hoch. „Hoffentlich ist es etwas, das mich aufmuntert.“

Die Nacht war wirklich enttäuschend gewesen, vor allem weil er sie alleine verbracht hatte. Angebote hatte es genug gegeben, doch keines davon hatte ihn wirklich gereizt. Man sagte ihm zwar nach, er sei kein Kostverächter, doch alles nahm er auch nicht.

Rida lächelte und drehte den Brief um, sodass Christian das Siegel besser erkennen konnte. „Ich denke, das wird deine Laune erheblich bessern.“

Da es bereits gebrochen war, erkannte man nicht mehr allzu viel, doch was er sah reichte Christian. Er kannte dieses Siegel, schließlich benutzte er es selbst bei jedem Brief, den er schrieb. „Ich hoffe, es gibt einen Grund.“

Es war nicht so, dass er seinen Bruder nicht mochte, doch er langweilte ihn viel zu oft mit irgendwelchen unwichtigen Details.

Trotz seiner Worte nahm er den Brief entgegen und entfaltete ihn. Da von Rida keine Erwiderung kam, überflog er selbst kurz den Inhalt. Bei jedem weiterem Wort wurde seine Mine freudiger. Das waren wirklich gute Nachrichten.

Nun schon wieder lächelnd sah er zu Rida hoch. „Sie kommen. Annabelle und Juliet besuchen das Turnier.“

Das war auf jeden Fall besser, als wenn sein Bruder selbst kam. Auf einen möglichen Streit mit ihm hatte er keine Lust. Und darauf würde es wohl unweigerlich hinauslaufen, da es da einige Unstimmigkeiten über seinen Lebensstil gab. Sein Vater hatte es respektiert, sein Bruder duldete es, aber das war auch schon alles.

„Auf wen von den Beiden freust du dich da wohl am Meisten?“ Rida schenkte ihm ein verschwörerisches Lächeln.

„Annabelle, natürlich.“ Da musste er nicht einmal überlegen, sie gehörten beide zur Familie, doch Annabelle war sein Liebling. Aus der Nachricht erfuhr er noch, dass sie sich in einigen Tagen auf den Weg machen würden. So hatte das Turnier wohl doch noch seinen Nutzen.

Christian beendete sein Frühstück und stand auf. „Ich werde etwas beim Training zusehen.“

„Schwert?“ Rida sah ihn dabei fragend an.

Er warf einen nachdenklichen Blick zu der Waffe, die neben seinem Bett stand, bevor er den Kopf schüttelte. „Nein, ich denke dafür ist es noch zu früh.“

Schließlich hatte sein Opfer noch nicht zugesagt. Etwas das er nun ändern wollte und zwar umgehend. Dass er ihn beim Training finden würde, bezweifelte Christian keine Minute. Jeder Ritter, der eine Teilnahme beim Turnier anstrebte, trainierte derzeit in jeder freien Minute. Zumindest jeder, der das für sich und nicht nur auf Druck seiner Familie machte. Ein Versuch, den sein Vater nur einmal bei ihm gemacht hatte, bevor er es unterlassen hatte. Gleich in der ersten Runde durch Aufgabe auszuscheiden, war nicht gerade ruhmreich, doch sein Vater hatte seine Nachricht damals verstanden.

Es dauerte nicht lange, bis er die Trainingsplätze erreicht hatte. Einige der Anwesenden grüßte er im Vorbeigehen, mit einigen redete er etwas. Freundschaften sollte man pflegen, vor allem weil manche davon mit Schweiß und Blut erkämpft worden waren. Außerdem konnten sie ihm einmal nützlich sein, doch das war nur ein entfernter Hintergedanke.

Endlich entdeckte er den Gesuchten, eigentlich hätte er es sich denken können. Shay trainierte gesondert von den Anderen, so als hätte er Angst sie könnten ihm die eine oder andere Technik abschauen. Was durchaus eine berechtigte Sorge war, wenn sie nicht schon alles könnten, was der Jüngere beherrschte.

Christian beobachtete den Jüngeren einige Minuten, was seine Meinung nur bestätigte. Der Junge benötigte dringend einen Lehrer, der mit ihm wenigstens noch einmal die Grundlagen durchging. Egal wer ihn bis jetzt ausgebildet hatte, es war eine kurze und schnelle Trainingszeit gewesen.

Shay ließ das Schwert sinken und atmete einmal tief durch. „Habt Ihr mir etwas zu sagen?“

Nun wenigstens hatte er ihn bemerkt, was eine Überraschung war, da Shay mit dem Rücken zu ihm stand. „Das wird ein kurzes Turnier für Euch. Wollt Ihr nicht lieber noch ein Jahr warten?“

Denn solange würde eine Ausbildung dauern, damit Shay Chancen hatte beim Turnier soweit zu kommen, um bemerkt zu werden. Die paar Wochen würden bei weitem nicht reichen.

Innerlich rief sich Christian zur Besinnung. Er wollte ja keinen guten Ritter aus ihm machen, das war nur ein Vorwand um Zeit mit ihm zu verbringen. Allerdings hatte er plötzlich etwas Mitleid mit dem Jungen, auch wenn er sich selbst nicht erklären konnte, woher das kam.

Ruckartig fuhr Shay herum. „Seid Ihr nur hier, um mich zu verhöhnen? Ich weiß, dass ich unser Duell verloren habe und seit gestern kenne ich auch den Grund. Doch ich mache das für meine Familie.“

Ob ihn seine Familie darum gebeten hatte? Christian zweifelte daran, denn wenn das wirklich seine Aufgabe war, hätte man ihn dafür besser ausgebildet.

Langsam und bedächtig schüttelte er den Kopf. „Nein, ich bin hier um euch meine Hilfe anzubieten.“

Die Stille die auf dieses Angebot folgte, konnte Christian nicht richtig deuten. Diese konnte alles bedeuten, Zustimmung, oder Ablehnung. Er hoffte auf ersteres, doch er wartete geduldig die Antwort des Jüngeren ab.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 11
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Shay wusste im ersten Moment nicht, was er sagen sollte. Hatte er eigentlich richtig gehört? Hatte ihm Christian, sein Feind und vor einigen Tagen auch noch Gegner gerade angeboten ihn zu trainieren? Was bezweckte er damit, er musste doch damit rechnen, dass er diese eines Tages sogar gegen ihn einsetzen könnte.

Misstrauisch musterte er den Mann vor sich. „Macht Ihr euch über mich lustig?“

Anders konnte er sich dessen Verhalten und vor allem diesen Vorschlag nicht erklären.

Christian hingegen lächelte nur gelassen und hob erklärend eine Hand. „Nichts läge mir ferner. Ich habe eben nur Eure Fähigkeiten gesehen und ein Lehrer könnte Euch nicht schaden.“

Das konnte Shay nicht einmal leugnen, so gerne er das auch würde. Er wusste durchaus, dass er mit den meisten Rittern hier nicht mithalten konnte und sich mit Christian, oder seinem Freund gestern messen zu wollen, war eher utopisch. „Warum solltet Ihr das machen? Ich bin Euer Gegner.“

Der Ältere hob ermahnend lächelnd einen Finger. „Nein. Ihr ward mein Gegner, unser Duell ist beendet. Ich hege deswegen keinen Groll gegen Euch, warum auch? Von meiner Seite aus gibt es keinen Grund, warum wir keine Freunde werden könnten.“

Von seiner Seite aus schon, doch Shay verkniff sich diesen Kommentar. Warum sollte er schon wieder Streit anfangen? „Ich habe auch nichts gegen Euch, solange Ihr eure Finger von meiner Schwester lasst.“

Er hätte ihn nie zum Duell herausgefordert, wenn er Susan von Anfang an in Ruhe gelassen hätte. Jedoch zweifelte auch er langsam an ihrer Auslegung der Geschichte, schon alleine weil er nicht der Einzige war. Doch Christian war niemand, der mit seinen Bettgeschichten sehr diskret umging. Im Gegenteil seit er hier war, hatte er mehr als genug davon gehört, wenn auch nicht von ihm selbst. Doch bei solchen Geschichten hätte er nichts davon eine weitere Eroberung zu leugnen, was jedoch nicht hieß, dass er ihn mochte. Shay hieß gerade diese Offenheit nicht gut, oder besser was er durch diese Offenheit erfahren hatte. So benahm sich kein Ritter, ja so sollte sich nicht einmal ein Bauer benehmen.

Bei Shays Worten begann Christian zu lachen. „Also das kann ich euch ohne Probleme versprechen. Ich habe kein Interesse an eurer Schwester.“

Als Bruder sollte Shay bei einer solchen Aussage eher beleidigt sein, doch es war besser als die Alternative. „Gut, dann habe ich kein Problem, Euer Angebot anzunehmen.“

„Perfekt.“ Der Blondhaarige klatschte in die Hände und kam näher.

Shay dachte einen Moment darüber nach, ob er nun nicht doch einen Fehler begangen hatte, andererseits sollte er jede Hilfe annehmen, die er kriegen konnte. Nur gefiel ihm der Blick nicht, mit dem ihn der Ältere nun maß. Auch ohne ein Wort merkte Shay, dass er genau beobachtet und eingeschätzt wurde, das war eine Situation, mit der er noch nie hatte umgehen können. Dabei wurde er ständig so nervös, vor allem wenn er in den Augen seines Beobachters stumme Kritik lesen konnte, so wie es gerade bei Christian der Fall war. Die einzige Ausnahme bildete da das Turnier, denn auch wenn es viele Zuschauer gab, so war es in erster Linie doch ein gesellschaftliches Ereignis, die Kämpfe waren eher Nebensache. „Was ist?“

Shay konnte nicht verhindern, dass seine Stimme gereizt klang, so reagierte er immer in solchen Situationen. Bei seinem Vater und Bruder musste er sich zwar beherrschen, doch Christian schuldete er keinen Respekt, dieser machte das freiwillig.

„Nichts, ich denke nur darüber nach, was ich verbessern kann.“ Doch dann schüttelte Christian den Kopf.

„Nein, eher sehe ich, was ich lassen kann.“ Mit einem leisen Seufzen trat er an Shay heran.

Dessen erste Reaktion war, sich von ihm zu entfernen, doch dahinter lag sicher ein Grund, weswegen Shay sich nicht bewegte. Auch wenn es ihm nicht behagte, Christian in seinem Rücken zu wissen.

Der Altere trat jedoch ohne Scheu an ihn heran, sodass ihre Körper nur mehr wenige Zentimeter trennten. Seine Hände legten sich auf Shays Schultern, die dieser kurz etwas lockerte. „Nicht so steif. Für Männer ist das zwar eine sehr lobenswerte Eigenschaft, doch hier absolut unnötig.“

Shay wusste nicht, was er von dieser Bemerkung halten sollte, schon gar nicht weil der Andere dabei amüsiert wirkte, doch er ließ etwas lockerer. Er spürte Christians Hände, die über seine Oberarme fuhren und bei seinen Unterarmen stoppten. Diese hob er etwas an.

„Ungefähr diese Höhe ist am Anfang genug, um den ersten Schlag abzuwehren. In den meisten Kämpfen ist der sowieso nur ein Test.“

Shay hob kurz eine Schulter, da er den Atem des Älteren bei dessen Worten an seinem Nacken spürte. Das war ein seltsames Gefühl, aber in erster Linie störte es seine Konzentration.

Christians Hände fuhren weiter zu den Händen des Jüngeren. „Lasst lockerer. Das ist keine Keule, die geschwungen werden muss, es ist ein Schwert. Das Beste, das die Schmiedekunst je hervorbrachte, je verkrampfter ihr es haltet, umso einfacher verliert ihr es.“

Shay wandte den Kopf zu Christian, sah sich aber plötzlich mit dessen Gesicht konfrontiert, sodass er den Kopf wieder abwandte. Das war eindeutig zu nahe gewesen. „Wenn ich es lockerer halte, verliere ich es.“

„Ich habe nicht gesagt, dass es kraftlos sein soll.“ Der Blondhaarige löste sich von ihm und nahm ihm das Schwert ab.

„Das ist kein Fremdkörper, den ihr auf jeden Fall bei Euch behalten müsst, es ist eine Verlängerung eures Arms. Und diesen müsst ihr auch nicht mit aller Kraft festhalten, oder?“ Während er sprach, ließ er das Schwert etwas kreisen.

„Ihr sollt das Schwert festhalten ja, aber nicht verkrampft. Dadurch verschwendet ihr nur eure Kraft.“ Christian warf das Schwert in die Luft, so dass die Spitze nach oben zeigte und fing es mit der anderen Hand wieder auf.

„Wenn ich es verliere, ist mir damit aber auch nicht geholfen.“ Shay verstand die Logik dahinter nicht. Klar, seine Hände schmerzten nach jedem Training, doch das war noch nie anders gewesen.

„Dann solltet Ihr es nicht verlieren, oder zumindest in der Lage sein, es wiederzubekommen wenn dieser Fall eintritt.“ Christian reichte ihm das Schwert wieder und nahm seine vorherige Position wieder ein. Seine Hände umschlossen Shays Hände, die ihrerseits den Schwertgriff hielten.

„Gegen euren Stand sollte man auch etwas machen.“ Noch bevor Shay etwas fragen konnte, spürte er schon wie etwas gegen seinen Fuß drückte. Überrascht sah er nach unten und sah den Fuß des Anderen, der gegen seinen drückte, weswegen er es zuließ, dass er ihn verschob. Als jedoch der Zweite auch verschoben werden sollte, bekam er Probleme mit seinem Gleichgewicht. Im ersten Moment wusste Shay nicht auf welchen Fuß er nun sein Gewicht verlagern sollte und wählte den falschen Fuß. Nämlich den, den Christian gerade bewegte. So kam er ins Stolpern und fiel nach hinten, direkt in die nächste Katastrophe.

Shay rettete sich in ein unsicheres Lächeln, als er sich in den Armen des Älteren wiederfand. Wie er gedacht hatte, war sein Fall nicht tief gewesen, er hatte sogar gleich am Körper hinter sich geendet.

Allerdings schien Christian das mit Humor zu nehmen, da er lächelte und nicht verärgert wirkte. „Es scheint als hätte mein Unterricht umwerfende Wirkung.“

„Ja.“ Mit dieser knappen Bemerkung richtete sich Shay wieder auf und richtete sich verlegen die Kleidung. Natürlich gab es nichts zu richten, doch er benötigte einen Moment um seine Verlegenheit zu überspielen.

„Danke, aber es wäre wohl besser, wenn Ihr es mir in Zukunft zeigt. Wenn Ihr selbst Hand anlegt, kommen wir am Ende noch beide zu Fall.“ Er meinte das scherzhaft, doch Christian seufzte nur bedauernd.

Hoffentlich brach er das Training nun nicht ab, wenn er jetzt schon einen Grund zum bedauern hatte. Doch dann lächelte der Ältere wieder. „Machen wir weiter.“
 

„War es ein erfolgreicher Tag?“

Christian lächelte nur nachsichtig, als sich Karen ungefragt bei seinem Arm einhängte. Ihm war klar gewesen, dass er sie bei dieser Abendgesellschaft antraf. „Wann hast du mit Rida gesprochen?“

Das war die einzige Möglichkeit, denn er glaubte nicht, dass sie die Trainingsplätze aufgesucht hatte. Das war kein Ort für verheiratete Damen, das war gar kein Ort für Damen. Natürlich gab es trotzdem immer wieder Zuseherinnen, doch Karen gehörte nicht dazu. Es gab für sie einfach keinen Grund sich dort aufzuhalten.

Sie grinste amüsiert. „Das ist mein Geheimnis. Also, Shay.“

„Ja, Shay aber das ist dir ja bekannt.“ Vor allem weil sie ihm vor einiger Zeit noch eine Kriegserklärung deswegen gemacht hatte, doch das schien sie schon wieder vergessen zu haben.

„Na dann kannst du nur hoffen, dass dein Charme nicht nachgelassen hat. Gestern soll er nicht gewirkt haben, wie ich gehört habe.“

„Ich benötige nicht jede Nacht eine Begleitung und gestern war ich alleine weil ich es wollte.“ Christian nahm diese Spitze gelassen hin. Es gab genug Geschichten über ihn, sodass kaum einer seine Fähigkeiten anzweifelte.

„Wie war die Feier?“ Anders als er hatte Karen eine Einladung zur Geburtstagsfeier des Königs erhalten. Das hing aber eher mit ihrer guten Beziehung zum Prinzen zusammen, nicht weil sie den König gut kannte.

Karen gähnte demonstrativ, was an sich schon eine Antwort war. „Langweilig. Jedes Jahr das Gleiche. Man trinkt, man isst, man lügt und geht dann doch wieder unbefriedigt ins Bett.“

Das ließ Christian wieder lächeln und er nahm einem vorbeigehenden Diener zwei Weingläser vom Tablett. Eines davon reichte er seiner Freundin, die es auch ergriff. „Schon eine Schande wenn es keine neuen Skandale gibt.“

„Es ist immer so ruhig vor dem Turnier, da stirbt man ja vor Langweile.“ Mit einem unzufriedenen Schnauben, nahm sie einen Schluck von ihrem Glas.

„Dafür hast du während des Turniers genug Gesprächsstoff.“ Christian ließ seinen Blick über den Saal schweifen. Irgendwie waren es immer wieder die gleichen Adeligen, wo lag da der Reiz? Vor allem weil sich die meisten nach der zweiten Nacht gleich wieder irgendwelche Hoffnungen machten.

„Apropos Turnier, glaubst du sie kommen dieses Jahr auch wieder?“

„Die Zigeuner? Warum sollten sie nicht?“ Das Turnier zog nicht nur Ritter an, auch Zigeuner, Handwerker, Händler und Spielleute. Man konnte es einen richtigen Jahrmarkt nennen, zwar zog es natürlich auch genug Gauner an, doch mit denen hatte Christian noch nie Probleme gehabt.

„Benötigst du etwas?“

Karen nickte unzufrieden. „Ich benötige etwas für meinen Mann. Er verlangt einen Erben von mir und es ist liegt nicht an mir, dass da nichts kommt.“

Lächelnd wandte sich Christian von ihr ab, bei einem solchen Thema sollte man seine Belustigung nicht offen zeigen. Doch er war ein Mann, da konnte er nicht anders als Schadenfreude zu empfinden.

„Susans Bruder wird sicherlich auch kommen. Du solltest aufpassen, sonst hast du bald eine zweite Duellaufforderung auf dem Tisch liegen.“

„Weshalb? Die Sache ist geregelt und ich denke nicht das ich mir wegen Shay Sorgen machen muss.“ Karen schien das auch nicht so ernst zu nehmen da ihre Stimme nicht wirklich besorgt geklungen hatte.

„Das nicht, aber ich kenne Susan. Selbst wenn sie es ihm nicht sagt, Gerüchte halten sich.“

Seufzend verdrehte Christian die Augen. Da konnte er nur hoffen, dass Shays älterer Bruder klüger war als Shay. Er würde ungern gegen die ganze Familie kämpfen, nur weil diese sich dazu berufen fühlte. Das würde nur seine Pläne durcheinander bringen.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 12
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Shay ahnte schon, was ihn erwartete, bevor sich die Tür zu seinem Zimmer öffnete. Mit einer kurzen Handbewegung entließ er seinen Kammerdiener, der ihm bis jetzt beim Ankleiden behilflich gewesen war. Es gab Dinge, die nicht für die Ohren der Dienerschaft gedacht waren und das folgende Gespräch zählte eindeutig dazu.

Noch bevor er ein Wort sagen konnte, begann seine Schwester das Gespräch.

„Wie konntest du?“ Ihr Blick sagte alles aus, was ihre anklagende Stimme nicht schon geschafft hatte. Sie wirkte wie ein Racheengel, aus einer der biblischen Geschichten.

Auch wenn Shay ahnte, worum es ging, war er sich keiner Schuld bewusst. „Ich weiß nicht, wovon du redest, Schwester.“

Ihre Augen schienen Funken zu sprühen. „Von deinem neuesten Trainingspartner, lieber Bruder.“

Bei ihr hörten sich die letzten Worte fast wie Schimpfwörter an. Sie war wohl wirklich wütend, oder sah einfach keine Notwendigkeit sich mit ihm gut zu stellen.

„Ach das. Nun er hat mich gefragt und ich sah keinen Grund abzulehnen.“ Schließlich war ihr Duell ausgetragen und sie hatten keinen Grund, sich weiterhin anzufeinden. Ja, da war noch die Sache mit seinem Stolz, doch das schien wirklich niemanden zu interessieren, deswegen sah er darüber hinweg. Es würde noch dauern bis diese Wunde verheilte, doch ein besseres Ergebnis beim Turnier war wichtiger. Hier heiligte der Zweck die Mittel.

„Hallo?“ Nun wirkte Susan regelrecht empört, sie trat einige Schritte auf ihn zu, blieb dann aber wieder stehen. Für einen Moment wirkte es so, als hätte man ihr den Wind aus den Segeln genommen.

„Keinen Grund abzulehnen? Er hat die Ehre unserer Familie beschmutzt und du warst nicht einmal in der Lage das zu richten.“

Shay lächelte überlegen, als er nach seinen Armschützern griff. „Nein Susan. Diejenige, der die Ehre unserer Familie beschmutzt hat, warst du. Ich weiß nicht was Lord Alrin für eine Ausbildung genossen hat, aber du hast die einer Lady erhalten und als solche hättest du wissen sollen, wie man sich benimmt.“

Es war seltsam, dass ihm das erst jetzt auffiel, aber zu dieser Sache gehörten immer zwei. Vielleicht konnte sich Susan auf ihre Naivität ausreden, doch dann passte ihr restliches Auftreten nicht ganz dazu. Außerdem trug er es ihr noch immer nach, dass sie ihm bei seinem Duell nicht beigestanden hatte. Weder körperlich noch seelisch war sie ihm eine Stütze gewesen und das war unverzeihlich, schließlich hatte er das nur für sie getan. Sollte er jemals die Gewissheit erlangen, das sie das alles nur erfunden hatte, würde er sie übers Knie legen, egal wie alt sie war.

Susan sah ihren Bruder geschockt an, sie wirkte wie Kind, das erkennt, dass sein Haustier doch einen eigenen Willen besitzt und nicht damit umgehen kann. Auch ihre Reaktion war die eines solchen Kindes. Trotzig stampfte sie mit einem Fuß auf und ballte ihre Hände zu Fäusten. „Du bist mein Bruder, du solltest auf meiner Seite stehen!“

Seltsamerweise ließ das Shay diesmal völlig kalt. Wahrscheinlichwürde ihm seine Reaktion heute Abend oder morgen wieder Leid tun, doch darüber konnte er sich Gedanken machen, wenn er wieder vor ihr zu Kreuze kroch. „Gewiss, ich stehe auch auf deiner Seite.“

Lächelnd ging er zu ihr und strich ihr sanft über die Wange. „Wenn du, als meine Schwester, einmal auf meiner Seite stehst.“

Es bereitete ihm eine gewisse Genugtuung, als er hörte wie Susan kaum hörbar nach Luft schnappte. Für heute war es genug, zufrieden ging er zur Tür.

Kurz vor der Tür hörte er abermals Susans Stimme. „Liam wird das nicht gefallen, wenn ich ihm davon erzähle.“

Das war ihre letzte Waffe und das wussten sie beide. Wenn er das abschmettern konnte, dann hatte Shay seinen ersten Sieg über sie errungen. Zum Glück hatte Shay auch die passende Erwiderung und ironischerweise hatte Susan ihm diese gegeben. „Was wird ihm nicht gefallen? Dass ich einen neuen Lehrer habe? Ich meine, in welcher Beziehung steht Lord Alrin schon zu uns? Er hat weder deine Ehre beschmutzt, noch habe ich ein Duell gegen ihn ausgetragen, oder? Du hast es selbst gesagt, liebste Schwester wir sitzen im selben Boot, verrätst du mich, verrätst du auch dich.“

Diesmal konnte er das Zimmer verlassen, ohne noch einmal aufhalten zu werden. Erst als er ihre gemeinsamen Wohnräume verlassen hatte, wurde ihm bewusst, was soeben passiert war. Zum ersten Mal seit vielen Jahren, ja zum ersten Mal seit er sich erinnern konnte war er seiner Schwester überlegen gewesen. Oh ja, er würde dafür büßen müssen, das war Shay klar, doch das konnte seine momentane Euphorie nicht trüben. Das würde ein guter Tag werden, dessen war er sich sicher. Mit diesen erfreulichen Gedanken ging er zu den Trainingsanlagen.
 

„So gerne ich auch mit dir spiele, ich habe nicht zugesagt dein ständiger Spielgefährte zu sein.“ Christian sprang zur Seite, um einen Schwertstreich Raouls zu entgehen.

Dieser grinste nur und zog sein Schwert zurück, nur um gleich in eine defensive Position zu gehen. „Ach komm schon, du genießt es doch auch.“

„Würde dieser Kampf an einem anderen Ort, mit anderen Waffen ausgefochten werden, könnte das sogar stimmen. So, nein eher nicht.“ Er ließ sein Schwert kreisen und auf das seines Gegners treffen. Das nächste Mal würde er sich einen anderen Ort aussuchen, um auf seinen Trainingspartner zu warten. Es war wirklich keine gute Idee, sich von Raoul erwischen zu lassen, wenn man ein Schwert in der Hand hatte. Der Schwarzhaarige hatte eine Art um die Dinge zu bitten, bei der es einem schwer fiel abzulehnen, oder ging das nur ihm so?

„Du wartest auf deinen Trainingspartner, ich warte auf meinen Trainingspartner, also warum nicht? Sieh es als Aufwärmphase.“ Raoul zuckte nur unschuldig mit den Schultern.

„Ich dachte, dir wären alle anderen zu schwach?“ War das nicht sein Argument gewesen, als er ihn zu diesem ersten Training hatte überreden wollen? Nicht, dass es gefruchtet hatte, aber es war ein guter Ansatz gewesen.

„Heute habe ich einen besonderen Gegner.“ Raoul lächelte bedeutungsvoll und senkte das Schwert. „Wo wir gerade davon reden.“

Er machte mit dem Kopf eine Bewegung hinter Christian in Richtung der Umzäunung.

Auch Christian senkte das Schwert, eine eindeutige Geste, dass ihr Kampf beendet, oder zumindest unterbrochen war. Jetzt einen Gegner anzugreifen war das Feigste und Unverzeihlichste zu dem sich ein Ritter je hinreißen lassen konnte.

Erst dann wandte er den Kopf in die angegebene Richtung und erkannte unter den wenigen Zusehern, die sich bis jetzt eingefunden hatten auch Shay. Mit einem leichten Lächeln reichte er Raoul die Hand. „Es war ein guter Kampf. Ich bin sicher dein Training mit dem Prinzen wird ebenso gut.“

Denn es war nicht schwer zu erraten, wer Raouls besonderer Gegner war. Es gab nur wenige, die bei Raoul so ein Lob bekamen, vor allem wenn es um kämpferisches Geschick ging.

„Bestimmt, immerhin habe ich nicht viele Gelegenheiten, um mir seine Tricks anzusehen.“ Raoul steckte sein Schwert wieder in die Scheide und klopfte Christian auf die Schulter.

„Weidmannsheil.“

Bei diesem Gruß schnaubte der Blondhaarige nur belustigt. Als ob er auf die Jagd ging, das war unnötig wenn seine Beute so bereitwillig zu ihm kam. Am Zaun angekommen reichte er Rida sein Schwert und kletterte auf die andere Seite. Lächelnd sah er zu Shay, der zu ihm kam. Christian sah sofort, dass etwas passiert war, die gute Laune des Jüngeren war deutlich zu erkennen. Allerdings fragte er nicht danach, da es ihn nichts anging, solange der Jüngere es nicht von sich aus erzählte

Shay deutete mit dem Kopf auf Raoul. „Es war ein guter Kampf.“

Christian hingegen winkte nur mit der Hand ab. „Nichts Besonderes, wir können es beide besser.“

Er sagte das nicht aus Überheblichkeit, oder weil er damit angeben wollte, es war einfach die Wahrheit. Keiner von ihnen hatte etwas davon in dieser Hinsicht bescheiden zu sein, denn den Respekt der anderen Männer verdiente man sich zur Hälfte durch sein kämpferisches Geschick.

„Das stimmt wohl.“ Nachdenklich sah Shay auf den Trainingsplatz, der im Moment wieder leer war. Erst nach einigen Momenten wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Shay zu. „Wenn Ihr so gut seid, wieso kämpft Ihr dann nicht auf dem Turnier?“

„Warum sollte ich?“ Christian zuckte amüsiert die Schultern. Er hatte diese Frage schon so oft gehört und mit dieser Gegenfrage beantwortet. Nur war bis jetzt keine sinnvolle Antwort gekommen.

„Für die Ehre Eurer Familie, oder für Euch selbst.“ Shay sah ihn verwundert an, so als verlange man von ihm eine Antwort auf etwas Selbstverständliches.

„Sinnlos.“ Den Kopf schüttelnd, stützte sich der Ältere gegen den Zaun. „Ich muss weder meiner Familie, noch mir selbst etwas beweisen. Selbst wenn, ist dies der falsche Weg. Ich muss mich nicht vor allen Menschen wie ein Hund vorführen lassen und meine Kunststücke zeigen, um meinen Wert zu erkennen. Meinen Wert lege ich selbst für mich fest und nicht irgendwelche fremden Menschen.“

Das war seine feste Meinung und nicht irgendwelche einstudierten Phrasen um bei Shay Eindruck zu schinden. Das hatte er nicht nötig und nur wegen ihm würde er sich nicht mit seiner Meinung zurückhalten.

Noch immer verwundert sah Shay seinem Gegenüber an, doch konnte man nun auch einen schwachen Funken Bewunderung in seinen grauen Augen erkennen. „Das heißt Euer Vater wollte nie, dass Ihr für Eure Familie kämpft?“

Wollte das etwa Shays Vater? Nur konnte sich Christian das nicht vorstellen, denn dann hätte er seinen Sohn doch sicher besser ausgebildet, so dass er wirklich Chancen hatte, die Familie stolz zu machen. Das was er derzeit bot, war eher beschämend.

Dann legte sich ein verträumtes Lächeln auf seine Lippen. Er dachte gerne an seinen Vater und seine Kindheit zurück, immerhin hatten sie viel Spaß miteinander gehabt. „Er hat es versucht, als zweiter Sohn wäre das meine Pflicht, meinte er.“

„Und?“ Shay sah ihn nun aufmerksam an.

Grinsend richtete sich Christian wieder auf. „Ausgeschieden in der erste Runde. Ich habe gleich nach Beginn aufgegeben. Das war eine Standpauke danach, was?“

Diese Frage war an Rida gerichtet, der zustimmend nickte. „Das ist wahr. Sooft habe ich das Wort Enterbung nie wieder von eurem Vater in einem Gespräch gehört.“

Getan hatte er es nicht, wie man an seinem Stand sehen konnte. Das hätte sein Vater auch nie übers Herz gebracht, immerhin hatte er seine beiden Söhne geliebt und nicht nur den Erstgeborenen.

„Ihr habt freiwillig aufgegeben?“ Man merkte, dass Shay Probleme damit hatte, das zu glauben. Seine Hand legte sich um den Schwertgriff, so als benötigte er etwas, an dem er sich festhalten konnte.

„Natürlich kommt das für euch nicht in Frage. Das war meine Art des Protests, das ist nicht jedermanns Sache. Außerdem bestreitet ihr das Turnier ja freiwillig und nicht weil euer Vater das will.“ Christian legte einen Arm um Shays Schultern.

„Und genau deswegen sollten wir nun mit dem Training beginnen.“ Solche Gespräche sollten sie öfter führen, das baute die Distanz ab. Außerdem konnte Christian nicht leugnen, dass es ihm gefiel den Jüngeren zu schockieren, das schaffte man bei den Leuten hier am Hofe viel zu selten.
 

Mit vor der Brust verschränkten Armen blickte eine Frau den beiden Männern nach. Aufmerksam beobachteten ihre grünen Augen deren Körperhaltung und Mimik, ohne dass ihr auch nur ein Detail entging. Die beiden Kämpfer auf dem umzäunten Platz neben dem sie stand interessierten sie nicht, wenn sie diese auch als Vorwand für ihr Hiersein nützte.

Einige Zuseher neben ihr klatschen kurz und auch Karen fiel gedankenverloren darin ein. Es war egal wem ein guter Schlag gelungen war, ihrem Cousin oder Bruder, es blieb in der Familie.

Eigentlich war es fast zu leicht an Shays Gesicht den Verlauf des Gesprächs zu erkennen. Christian hingegen spielte wieder sein Spiel, das wusste sie. Karen hatte es schon zu oft miterlebt, um es nicht zu erkennen. Vielleicht hatte sie sich abermals getäuscht? Dabei hatte sie gehofft diesmal mit ihrer Vermutung richtig zu liegen. Christian fiel immer alles in den Schoß, es war selten, dass er sich um jemanden bemühte. Gerade deswegen hoffte Karen jedes Mal aufs Neue, wenn Christian irgendwelche Anstrengungen unternahm, dass es diesmal anders wäre. Er benötigte jemanden an seiner Seite, sie konnte nicht immer für ihn da sein. Sie war seine längste, engste und beste Freundin, doch er benötigte mehr, zumindest in ihren Augen. Shay war jung, doch was, wenn er wirklich die leere Stelle neben Christian ausfüllen konnte, vorausgesetzt dieser ließ es zu.

„Karen, hast du meinen Schlag gesehen?“ Der jüngere der Kämpfer kam zu ihr und sah sie mit einem treuherzigen Blick an.

Karen sah kurz zu ihrem Bruder und nickte. Mit diesem Blick würde er in einigen Jahren massenweise Mädchenherzen brechen und auf diese Zeit freute sich Karen schon. Im Moment jedoch war er noch mehr ein Junge, als ein Mann und es war sein erster Aufenthalt am Hof.

Lächelnd tätschelte sie seinen Kopf, wie man es bei einem Kind machte. „Ja, das war wirklich toll. Ich bin sicher unser Cousin hat sein Bestes gegeben.“

Natürlich hatte er absichtlich verloren, was brachte es schon den Kleinen kurz vor dem Turnier zu demotivieren? Wo seine Grenzen lagen würde er noch früh genug erkennen müssen.

„Schade, dass du keinen Verehrer hast.“

Fragend und auch etwas beleidigt sah Karen ihren Bruder an. Es war ja nicht so, dass sie keinen Verehrer hatte, sie konnte das nur nicht öffentlich machen. Zumindest das war sie ihrer Familie schuldig. „Wie kommst du nun darauf?“

Der Jüngere zuckte mit einer Schulter. „Was habt ihr Frauen denn sonst während des Turniers zu tun, außer euren Rittern zuzujubeln?“

Genau solche Aussagen zeigten deutlich wie jung und naiv ihr Bruder noch war. Das sollte sie ihm schleunigst austreiben, bevor es jemand anderer auf schmerzhaftere Weise machte. „Die Ladys, Trevor, haben eine ganze Menge mehr zu tun.“

Zum Beispiel sorgten sie dafür, dass ihre Ritter nicht von ungebetenen Familienmitgliedern gestört wurden. Genau das war ihre Aufgabe diesmal, sie würde Christian den Freiraum geben, den er benötigte. Was daraus wurde, konnten nur die Beiden entscheiden, doch sie konnte zumindest die größten Steine aus dem Weg räumen.

Mit einem zufriedenen Lächeln winkte sie ihren Cousin zu sich. Es war Zeit für eine erste Lagebesprechung.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 13
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

„Schneller.“ Christian wich einem Schlag aus, dessen Weg er genau beobachten konnte. War er wirklich um so vieles besser, oder …

Sein Blick fiel auf seinen Schüler und er erkannte, woran es lag. Shay war am Ende seiner Kräfte, wahrscheinlich war es nur noch sein Stolz und seine Sturheit, die ihn auf den Beinen hielten. Seltsam, dass ihm das nicht schon früher aufgefallen war, obwohl das auch nicht viel geändert hätte. Christian vertraute darauf, dass seine Gegner wussten, wie viel sie sich zumuten konnten. Hier musste er aber anscheinend etwas nachhelfen. Hatte er sich auch so verhalten, als er in Shays Alter gewesen war?

Kopfschüttelnd ließ er sein Schwert sinken. Wenn Karen diese Gedanken wüsste, könnte er sich etwas anhören. Er dachte wie ein alter Mann, der er nun wirklich noch lange nicht war.

„Warum hört Ihr auf?“ Shay ließ sein Schwert sinken und schien über die Unterbrechung mehr als nur erfreut zu sein. Doch natürlich wollte er sich das nicht offen anmerken lassen.

„Wir lassen es für heute sein. Ich habe noch einiges zu erledigen.“ Das war gelogen, doch eine andere Ausrede würde Shay nicht gelten lassen. In den paar Tagen, die sie bereits miteinander trainierten, hatte er zumindest schon das über den Jüngeren gelernt.

Einen Moment sah es so aus, als wolle Shay widersprechen, doch dann ließ er es. „Dann muss es wohl sein. Wenn ich es auch schade finde.“

Lächelnd reichte Christian Rida sein Schwert. Wie konnte man nur so stur sein? Obwohl, diese Frage konnte er sich wohl selbst am besten beantworten. „Ihr solltet Euch auch einige gesellschaftliche Verpflichtungen zulegen. Das kann niemals schaden.“

Nicht nur um eine passende Ausrede zu haben, sondern auch für die Zukunft. Es hing viel davon ab, wen man kannte, oder eben nicht. Die Höflinge hielten sich nicht hier auf ,weil es so unterhaltsam war, sondern weil ihre Kontakte hier waren.

Shay schob sein Schwert wieder in die Scheide und schnaubte nur genervt. „Weswegen? Es ist die Aufgabe meines Bruders unsere Familie zu führen. Wofür benötige ich Kontakte?“

Wenn er ehrlich war, überraschte Christian diese Einstellung nicht sonderlich. Hier gab es genug zweit- oder drittgeborene Söhne, die so dachten. Die meisten von ihnen gaben sich allen möglichen Zerstreuungen hin, doch auch dafür benötigte man die richtigen Bekannten, egal ob nun im positiven oder negativen Sinn. Er wusste gar nicht warum diese Männer so niedrig von sich dachten, er war ja auch nicht der Erstgeborene seiner Familie und das wollte er auch gar nicht sein. Die Verantwortung überließ er lieber seinem Bruder, dieser brachte die dafür nötigen Eigenschaften mit sich.

Christian warf einen Blick zu Shay, der ihm folgte. Bei ihm würden seine normalen Argumente allerdings nicht fruchten. Schließlich tat dieser alles für seine Familie und hatte sich nicht allen möglichen Ablenkungen hingegeben, noch nicht. Deswegen war er ja auch so alleine. Und auch wenn ihm das zugute kam, so wollte er etwas an dieser Tatsache ändern, alles andere wäre zu leicht. „Weil Eure Familie Euch sicher nicht nur als Wachhund Eurer Schwester mitgeschickt hat. Wenn man schon einmal die Gelegenheit hat an den Hofe zu kommen, sollte man diese Chance nutzen. Hier zählt nicht wer Ihr seid, sondern wen Ihr kennt. Manche Leute zahlen eine Menge Geld, nur damit die richtigen Leute mit ihnen sprechen, oder sie zumindest registrieren.“

„Warum sollte man das machen?“ Shay blinzelte verwirrt, als er diese Frage stellte.

Das Lächeln des Älteren wurde etwas hilflos. Das war eine sehr leicht gestellte Frage, leider war die Antwort um einiges schwieriger. Wie erklärte man einem Schaf, das Spiel der Wölfe?

Zum Glück enthob ihn der Zufall einer Antwort.

„Christian!“

Bei der bekannten Stimme fuhr Christian herum und streckte die Arme aus. Gerade noch rechtzeitig, um die Gestalt eines kleinen Mädchens aufzufangen, die ihm im nächsten Moment in die Arme sprang. „Annabelle!“

Er ignorierte die fragenden Blicke der Anwesenden, Shays eingeschlossen. Natürlich wusste Christian was die meisten Adeligen um ihn herum dachten. Er und ein Kind, das ließ gewisse Schlüsse zu, vor allem weil ihm das Mädchen ziemlich ähnlich sah, was auch seine Gründe hatte.

Deutlich langsamer und mit einer Würde, die ihrem Stand zustand, folgte ihr eine Frau, die sie mit einem tadelnden Lächeln ansah. „Annabelle, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du deine Manieren nicht vergessen sollst.“

Grinsend sah das Mädchen zu Christian hoch, bevor sie einen betrübten Blick aufsetzte und zu ihrer Mutter sah. „Entschuldige Mutter.“

Freundlich lächelnd sah Christian die Frau vor sich an. „Juliet.“

Das war alles was er im Moment hervorbrachte. Selbst nach all den Jahren konnte er es nicht verhindern, dass seine Stimme noch immer einen wehmütigen Klang hatte. Sie war wirklich die einzige Frau, um die er einen anderen Mann beneidete. Zum Glück war es schon lange her und seine jugendliche Schwärmerei war schon lange verflogen. Ja, er hatte sie einmal geliebt, das ließ sich nicht leugnen, doch sie gehörte einem anderen Mann. Einem Mann, den er niemals verletzen würde, egal auf welche Art. Schon lange war es nur mehr Freundschaft, die er Juliet entgegenbrachte und sie hielt es genauso.

Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln, doch in ihren Augen sah man ein spöttisches Funkeln. Leicht knickste sie bei ihrer Begrüßung. „Lord Alrin.“

Nun rührte sich auch das blondhaarige Mädchen in seinen Armen und verlangte unmissverständlich wieder abgesetzt zu werden. Als Christian ihr den Gefallen tat, knickste auch sie leicht. „Es freut mich, Euch wiederzusehen, Onkel.“

Christian ging in die Hocke, als er ihr über den Kopf strich. „Ich freue mich auch sehr, Annabelle.“

Sein Blick hob sich wieder zu Juliet. „Hattet ihr eine gute Reise?“

„Sie war erträglich.“ Man merkte richtig, wie Juliet kurz nach einem passenden Wort suchte.

„Ich habe einen Brief für dich.“

„Das dachte ich mir.“ Seufzend richtete sich Christian wieder auf. So sehr er sich auch freute, die Beiden wiederzusehen, es war nicht der richtige Ort um diese Familienzusammenkunft zu feiern. Dafür boten sich seine Räume eher an, allerdings gab es da noch eine Sache zu erledigen. Das verlangte schon die Höflichkeit.

Christian drehte sich zu Shay um, der die ganze Zeit bereits schweigend hinter ihm stand. Ihm fiel auch Ridas angespannter Gesichtsausdruck auf, doch darauf konnte er auch noch später eingehen, schließlich kannte er den Grund dafür. „Darf ich euch meine Schwägerin Lady Juliet vorstellen. Juliet, das ist Lord Shay Feran.“

Juliet musterte Shay mit einem wissenden Blick, sie wusste sofort wo sie ihn einordnen musste. „Lord Feran, es ist mir eine Ehre.“

Bei diesen Worten reichte sie ihm eine Hand.

Shay ergriff sie und führte sie an seinen Mund, jedoch berührte er ihre Hand nicht mit seinen Lippen, sondern stoppte kurz davor ab. „Es ist mit ebenfalls eine Ehre, Lady Juliet.“

In ihren Augen blitzte es kurz anerkennend auf, doch dann zog sie Annabelle mit einer Hand an sich. „Christian, es war eine weite Reise und wir sind müde. Wir reden später, einverstanden?“

Annabelle öffnete den Mund, es war offensichtlich, dass sie anderer Meinung als ihre Mutter war, doch ein Blick von dieser ließ sie ihn wieder schließen.

„Ich verstehe.“ Christian erinnerte sich wieder an die Ausrede, die er Shay gegenüber benutzt hatte.

„Auch ich habe noch etwas zu erledigen.“ Zumindest in dieser Hinsicht musste er seiner Geschichte treu bleiben. „Wir sehen uns.“

Er ließ offen, wen er damit meinte, Shay oder seine Schwägerin und Nichte. Stattdessen wandte er sich um und schlug den Weg zu seinen Räumen ein.

Rida schloss rasch zu ihm auf. „Christian.“

Dieser hob nur eine Hand um weitere Worte zu verhindern. „Ich weiß, sie hat ihn mit. Auch ich mag ihn nicht, doch er dient ihren Schutz und das weißt du.“

„Er ist ein Mörder.“ Ridas Abneigung gegen Juliets Leibwächter war kaum zu überhören.

„Er ist ein Attentäter und ein sehr guter. Benedikt hat seine Gründe, ihn mitzuschicken.“ Auch wenn Christian einen guten Attentäter zu schätzen wusste, so mochte er diese Berufsgruppe nicht sonderlich. Rida war sein Leibwächter, es war seine Aufgabe ihn zu schützen und dafür war er ausgebildet worden. Er war durchaus in der Lage jemanden zu töten, doch nur aus einer Notwendigkeit heraus. Seine Aufgabe war es Leben zu schützen, nicht sie zu nehmen. Allerdings war das nicht der Hauptgrund, weshalb er den Leibwächter seines Bruders nicht mochte. Dieser bestand aus seiner Tarnung, die er leider meisterlich beherrschte. Wenn es eine Berufsgruppe auf dieser Welt gab, die Christian nicht mochte, dann diese. Juliets Leibwächter gab sich als Barde aus.

Trotzdem freute er sich über ihre Anwesenheit, denn es war ein Teil der kleinen Familie, die er sein Eigen nennen konnte. Schon vor einiger Zeit hatte er sich damit abgefunden niemals eigene Kinder zu haben, denn was sollte er ihnen schon vererben? Ein kleines Stück Land um das es vielleicht einmal eine Familienfehde geben würde? Nein, nach seinem Tod sollte es wieder Besitz seiner Familie werden, als ein großes Ganzes. Genau aus diesem Grund sah er Annabelle auch als seine eigene Tochter an, zumindest liebte er sie wie eine solche. Sein Bruder akzeptierte diese Tatsache stillschweigend und ließ ihm seinen Willen, abhalten konnte er ihn sowieso nicht davon.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 14
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Grüne Augen beobachteten aufmerksam die Szene, die sich gerade abspielte. Besser gesagt, die gerade im Begriff war sich aufzulösen. Sie war also wieder da, nun dagegen konnte man nichts machen. Durch sie änderte sich nicht sonderlich viel, es war eher eine Bereicherung für Christian und vielleicht sogar für sie. Nur ihr Opfer war heute ein anderes.

„Shay?“ Es klang vielleicht wie eine Frage, doch egal was der Andere vorhatte, für sie würde er Zeit haben müssen.

„Ja?“ Fragend wandte sich der Jüngere um.

Karen lächelte, als sie seine Reaktion erkannte. „Ich hoffe, dieser genervte Ausdruck ist nicht auf mein Auftreten zurückzuführen.“

Natürlich war er das, doch das würde Shay niemals zugeben, das verbot ihm seine Erziehung. Doch sie war gespannt, wie er sich aus der Affäre ziehen würde.

Ertappt lächelnd, wandte er den Blick ab. „Natürlich nicht, Lady Karen. Wie könnte mich Euer Auftauchen auch nur in irgendeiner Weise stören?“

„Genau, wie komme ich nur auf diesen absurden Gedanken?“ Ungefragt hakte sie sich bei Shay ein.

„Gehen wir ein Stück. Es gibt da etwas zu besprechen.“

„Ach ja?“ Jetzt konnte man schon etwas Interesse bei Shay sehen.

„Eigentlich hatte ich etwas vor.“ Dabei deutete er in die entgegengesetzte Richtung von der, in die ihn Karen mitzog.

„Habt Ihr nicht. Eure Schwester kann sich auch ohne Euch vergnügen und Euer Training ist beendet. Man sollte eine Lady nicht anlügen.“ Karen war in dieser Hinsicht bestens informiert. Für den ersten Teil war sie sogar selbst verantwortlich.

Ohne weitere Widerworte abzuwarten, öffnete sie eine Tür und schob den Braunhaarigen in ein kleineres Spielzimmer. Normalerweise waren diese Zimmer erst abends gut besucht, doch auch am Tag fanden sich immer einige Glücksspieler ein. So waren sie zwar nicht allein, aber trotzdem ungestört. Zusätzlich wurde so die Schicklichkeit gewahrt, weil sie nicht alleine mit einem Mann in einem Raum war. Sie ließ sich sicher nicht zum Thema dummer Gerüchte machen. „Setzt Euch.“

Bei diesen Worten nahm sie selbst auf einer bequemen Bank in einer Ecke des Raumes Platz.

Unsicher sah Shay zu der Gruppe von Spielern, so als erhoffte er sich etwas von ihnen. Doch dann zuckte er nur mit den Schultern und folgte ihrer Aufforderung. „Worum also geht es?“

„Um Eure Schwester.“ Eigentlich hatte Karen angenommen, dass Shay diese Worte alarmieren würden, doch diese Reaktion blieb aus.

Der Jüngere zuckte nur leicht mit den Schultern. „Was hat sie nun schon wieder angestellt?“

Interessiert musterte Karen ihr Gegenüber. Anscheinend war etwas zwischen den Beiden vorgefallen. Nun, das war für sie auf jeden Fall von Vorteil. „Noch nichts. Allerdings habe ich einen geeigneten Kandidaten für ihre Hochzeit gefunden.“

Sie lächelte amüsiert. „Eigentlich hat er sich selbst gefunden, ich bin nur sein Sprachrohr.“

Mit dieser Nachricht schaffte sie es nun doch, Shays volle Aufmerksamkeit zu bekommen. Überrascht sah er sie an und man merkte, dass er kurz davor war aufzuspringen, um diese Nachricht auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.

Karen legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm. Das Letzte, das sie nun gebrauchen konnte, war, das Shay dazwischen funkte. Nicht, wenn noch gar nichts passiert war. „Ihr kennt doch bestimmt Lord Charen? Er ist mein Cousin väterlicherseits und würde Eure Schwester sehr gerne näher kennenlernen. Bis jetzt hat er sich ihr noch nicht genähert und wird es auch nicht machen, wenn Ihr etwas dagegen einzuwenden habt.“

Innerlich betete sie, dass sich Shay für den Grund seines Hierseins erinnerte. Seine Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass Susan einen Ehemann fand. Ihr Cousin hatte keine ernsten Absichten in dieser Hinsicht, da war er ebenso Mann wie alle anderen hier. Eigentlich hatte er nicht einmal Interesse an Susan, das alles tat er ihr zuliebe. Weil sie ihn darum gebeten hatte und sie mit den wirklich interessanten Mädchen bekannt war. Es war schrecklich, aber nicht einmal innerhalb der Familie lief so ein Gefallen ohne Gegenleistung ab.

Nachdenklich musterte Shay sie, bevor er zu Boden sah. Wenigstens schien er sich die Sache durch den Kopf gehen zu lassen. „Weiß er von dem Zwischenfall mit Chr…, Lord Alrin?“

Christian also, das war ja interessant. Karen lächelte verhalten, bevor sie wieder ernst wurde. Seufzend und mit einem leicht tadelnden Blick bedachte sie Shay. „Wer weiß nicht davon? Ihr habt ja genug Aufhebens um so eine Lappalie gemacht?“

Sie hob beruhigend eine Hand, als sie sah wie Shay auffuhr. „Christian hat es abgestritten, also ist nichts passiert. So einfach ist die Sache und so sieht es auch mein Cousin.“

Wie gesagt, er bekam genug, um darüber hinwegzusehen. Selbst wenn nicht, Christian hatte noch nie eine Affäre abgestritten, wenn er wirklich darin involviert war. Wenn er es nun machte, war er wirklich unschuldig.

„Ist es wirklich so einfach?“ So ganz schien Shay ihre Überzeugung nicht zu teilen.

„Und Euer Cousin hat wirklich nur ehrenhafte Absichten?“

Karen nickte zustimmend. „Das kann ich Euch versprechen.“

Es war nicht gerade so, dass ihr Cousin ein unbeschriebenes Blatt war, doch er war diskret. Aber sollte er mehr bei Susan versuchen, als sie mit ihm ausgemacht hatte, würde er es bereuen. Familie hin oder her, niemand pfuschte ihr in ihre Pläne. Und ihre Pläne sahen sicher nicht vor, jemanden wie Susan zu ihrer Verwandtschaft zu zählen.

„Also gut, dann gestatte ich es Eurem Cousin sich meiner Schwester zu nähern.“ Zustimmend senkte Shay den Kopf.

„Vielen Dank, Shay.“ Dankbar lächelte Karen, doch das war nur Fassade. Eine andere Antwort hätte sie kaum gelten lassen. Denn das war Susans Beschäftigung für dieses Turnier. Ein Problem weniger, um das sie sich kümmern musste.
 

Eigentlich war es ihm egal was Susan trieb, sie machte ja doch nur was sie wollte. Das hatte Shay inzwischen schon begriffen und auch, dass er nichts dagegen machen konnte. Außer das Versprechen seiner Familie gegenüber zu erfüllen, indem er auf sie aufpasste. Wenn das nun ein Anderer übernehmen wollte, hatte dieser seinen Segen. Vor allem da es Karens Cousin war denn Karens Familie hatte einen guten Ruf.

Im Moment jedoch beschäftigte ihn seine Begegnung zuvor mehr. Ihm war nicht entgangen mit welchem Klang Christian den Namen seiner Schwägerin ausgesprochen hatte. Das war sicherlich niemanden entgangen, der nahe genug gestanden hatte. Nur, wen sollte er deswegen fragen?

Sein Blick fiel auf Karen. Sie kannte Christian und schien ihm sogar sehr nahe zu stehen, aber konnte er ihr trauen? Doch welche andere Wahl hatte er schon? „Lady Karen?“

Karen, die gerade Anstalten machte sich zu erheben, hielt inne und lehnte sich wieder zurück. Fragend blickte sie ihn an. „Ja?“

„Ich würde Euch gerne etwas fragen, es geht um Lord Alrin.“

„Sagen wir doch einfach Christian, das ist leichter. Vor allem weil mich dieser Titel eher an seinen Bruder erinnert.“

Dann hatte Christian also einen Bruder, damit fielen einige seiner Spekulationen schon einmal weg. Obwohl, wer wusste schon, wo für einen Mann wie den Älteren die Grenzen lagen? „Dann war das wirklich seine Schwägerin?“

Überrascht sah ihn Karen an. „Lady Juliet? Natürlich, wie kommt Ihr auf…“

Sie stockte und lächelte dann wissend. „Er hat es wieder getan. Egal was Ihr denkt, es ist wirklich seine Schwägerin. Sie und Christians Bruder sind schon seit sechs Jahren glücklich verheiratet.“

Was sollte diese Bemerkung am Anfang dieser Erklärung? Leider konnte Shay nicht nachfragen, ohne gleich als neugierig zu gelten. „Dann ist das Mädchen…“

Karen unterbrach ihn, bevor er seine Frage zu Ende stellen konnte. „Eindeutig Benedikts Tochter. Vielleicht mag der Rest der Leute hier anders denken, doch da liegen sie alle falsch. So sehr Christian Juliet auch geliebt haben mag, da war nie etwas Körperliches.“

Shay wusste nicht wie er auf diese Antwort reagieren sollte? Einerseits war es erschreckend, dass Christian die Frau seines Bruders begehrte, andererseits konnte er nur wenig Mitleid für Juliet aufbringen, eher so etwas wie Abneigung. Dabei war sie an der Sache sicher unschuldig. Aber das erklärte zumindest die Reaktion des Älteren, deswegen dieses Bedauern, weil er sie nicht haben konnte.

Verdammt wieso interessierte ihn das überhaupt? Seine Gedanken sollten bei dem Turnier sein, nicht bei seinem Lehrer. Doch genau da waren sie ja, bei dem Turnier und das würde wieder eine Blamage werden, wenn sein Lehrer sich nun ablenken ließ. Bei seinen Überlegungen ging es nur um ihn, nur deswegen wollte er wissen was mit Christian los war.

Er bemerkte wie ihn Karen wissend ansah und wand rasch den Blick ab. „Danke.“

Shay wollte aufstehen, doch diesmal war es Karen die ihn zurückhielt. „Shay, ich sage Euch etwas. Juliet ist eine meiner Freundinnen und das ist sie nur, weil sie Christian in keiner Weise Schaden zufügt. Das bedeutet, dass er über sie hinweg ist. Was auch immer zwischen ihnen war, es ist lange her und beendet. Juliet liebt Benedikt, Benedikt liebt Juliet und beide lieben Christian wie einen Bruder. Denkt meinetwegen was Ihr wollt, aber behaltet es für Euch.“

Damit stand sie endgültig auf und verließ den Raum.

Shay blickte ihr nach und dann zu den Kartenspielern, die inzwischen ein neues Spiel begonnen hatten. Jedoch sah er eher durch sie hindurch, da er dabei war seine Gedanken zu ordnen. Wenn er Karens Worten glauben konnte, dann unterschieden sich schon ihre Familien voneinander. Liam würde es niemals akzeptieren, wenn er sich in seine Frau verliebte, sollte er einmal eine haben. Wenn diese Frau für seine Zwecke wichtig war, würde er sich für sie entscheiden und ihn verjagen. Selbst wenn er es akzeptierte, er würde ihm nie wieder unvoreingenommen gegenübertreten, oder ihn wie einen Bruder weitelieben. Das tat er ja nicht einmal jetzt.

Wenn Christian jedoch wirklich eine solche Familie hatte, warum war dann so jemand aus ihm geworden? Jemand mit einem derart schlechten Ruf? Damit schadete er seiner Familie doch nur, warum sollte er das machen, wenn er sie liebte? Wollte man für diejenigen, die man liebte nicht nur das Beste? Shay konnte diese Frage nicht wirklich beantworten. Er fühlte sich seiner Familie verpflichtet das schon, aber Liebe? Das war ein Gefühl, das er nicht kannte. Zwar hatte er etwas empfunden, das er dafür gehalten hatte, doch war er sich nun nicht mehr sicher ob das wirklich Liebe, oder nur Dankbarkeit war. Nun ja Liebe war auch nur eine Beschreibung für ein Gefühl und dieses war viel zu selten in ihrer Welt. Zwar wurde es von den Barden in den Himmel gepriesen, doch für seine Existenz gab es nicht wirklich Beweise. Doch wenn Christian seiner Familie wirklich in Liebe verbunden war, dann bekam er vielleicht einen Eindruck davon, wenn er in seiner Nähe blieb? Wer wusste schon, ob sich daraus nicht auch noch andere Vorteile ergaben, auch außerhalb des Trainings?

Natürlich benötigt er dafür auch noch Christians Einverständnis, nicht jeder sah gerne wenn jemand ständig an seiner Seite war. Seltsamerweise zweifelt er keinen Moment daran, dass er dieses auch bekommen würde.

Shay stand auf und machte sich auf die Suche nach seiner Schwester. Er musste zumindest den Anschein erwecken, dass er sie noch im Auge behielt. Selbst wenn es nur war, um sie daran zu erinnern, dass sie sich nicht alles erlauben konnte.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 15
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Sanft und doch entschlossen fuhr der Pinsel über die Leinwand und fügte so einen weiteren Strich zu dem, im Entstehen begriffenen, Kunstwerk hinzu. Die blauen Augen des Malers glitten wieder zu der Landschaft vor ihm, um seinem Bild gleich darauf ein weiteres Detail hinzuzufügen. Auch die Hand, die sich von hinten auf seine Schulter legte, ließ ihn nicht innehalten.

„Ein wirklich schöner Ausblick, den du hier hast.“

„Ich weiß.“ Christian lächelte und fügte abermals einige Einzelheiten hinzu. Erst dann legte er den Pinsel zur Seite und drehte leicht den Kopf zu seinem Besucher. Eigentlich mochte er es nicht, beim Malen gestört zu werden und das wusste Rida, das war eine Ablenkung, die er lieber für sich behielt. Allerdings gab es dabei einige Ausnahmen und sein derzeitiger Gast stellte eine solche dar.

„Darf ich dir einen Tee anbieten, oder Wein?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, winkte er Rida schon, das Gewünschte zu besorgen.

Juliet lächelte schwach, ihre Augen waren noch immer auf das Bild gerichtet. „Widmest du dich noch immer ausschließlich Landschaften?“

Christian nickte, während er sich nun doch daran machte, den Pinsel auszuwaschen. „Ja. Bis jetzt gab es noch fast keine Personen, deren Schönheit es verdient hätte, für die Nachwelt festgehalten zu werden.“

Nicht in seinen Augen und deswegen auch nicht von ihm. Jeder König ließ sich in seiner Regierungszeit Porträts anfertigen, doch das auch nur weil er Macht und Geld dafür hatte. Für Christian zählte jedoch die Schönheit, die er auf die Leinwand bannen wollte und diese fand man oft nur in der Natur.

„Du hast Benedikt, Annabelle und mich porträtiert.“ Juliet nahm auf einem Sessel Platz, der neben seinen Malutensilien stand.

„Ich sagte fast keine Personen.“ Seine Familie war eine andere Sache. Selbst wenn keiner von ihnen eine Schönheit wäre, was glücklicherweise nicht der Fall war, so waren es die Gefühle, die er ihnen entgegenbrachte und auch umgekehrt.

„Es wird kalt, lass uns hineingehen.“ Damit reichte er Juliet eine Hand, die diese ohne zu zögern ergriff. „Wer kümmert sich um Annabelle?“

„Ihr Kindermädchen. Als ich dich aufsuchte, schlief sie noch.“ Einen Blick zur Tür werfend lächelte sie und sah zu Rida.

„Christian, könntest du Rida klarmachen, dass er vor Alan nichts zu befürchten hat. Ich wäre dir sehr verbunden, wenn er ihm nicht immer die Tür vor der Nase zuschlagen würde.“

Seufzend nickte Christian Rida zu. In seinen Augen war das die richtige Reaktion, doch er sah es auch ein, dass Alan nur seiner Arbeit nachging. Und er schützte auch etwas, das ihm sehr wichtig war, wenn Rida das auch gut genug erledigen konnte.

Rida deckte seelenruhig den Tisch weiter, erst als er damit fertig war, ging er zur Tür und öffnete diese.

„Danke.“ Mit einem spöttischen Lächeln trat Alan an ihm vorbei ein. Im Zimmer neigte er leicht den Kopf in Christians Richtung und positionierte sich dann an einer Wand neben der Tür. Dabei wanderte sein Blick durchs Zimmer um jeden Winkel auf mögliche Gefahren abzusuchen.

Während der Leibwächter seiner Schwägerin eingetreten war, hatte Christian Platz genommen, doch der Blickwechsel der beiden Leibwächter war ihm nicht entgangen. Wie zwei Alphamännchen, die einen ebenbürtigen Gegner einschätzten. Irgendwann würde es zwischen den beiden eine Entscheidung geben müssen und Christian wünschte sich, dass er dann dabei sein durfte.

Heute war es allerdings noch nicht soweit, weshalb er Juliet ein Glas Wein anbot, das diese auch entgegennahm. „Du hast einen Brief für mich?“

Am besten fing er damit an, dann war er gleich wieder auf dem neuesten Stand. Sein Bruder versorgte ihn ständig mit den neusten Informationen aus seiner Heimat.

Juliet nahm einen Schluck von ihrem Glas, während sie aus den Falten ihres Rockes einen Brief hervorholte, den sie ihm reichte.

„Danke.“ Mit einem zufriedenen Grinsen nahm er den Brief an sich. Das Siegel war noch unberührt, doch das hieß nicht, dass seine Schwägerin nicht wusste, was darin stand. Schließlich hatte sie das Vorrecht dem Schreiber beim Verfassen über die Schulter zu sehen, wenn sie wollte. Selbst wenn nicht, sie lebte dort und war ebenso informiert wie sein Bruder.

Lächelnd brach Christian das Siegel und entfaltete den Brief. Wie er es sich gedacht hatte, waren es nur die üblichen Belanglosigkeiten, die geschickt die wichtigen Dinge verpackten. Sein Bruder hatte die Gabe Nichtigkeiten mit wertvollen Informationen so zu vermischen, dass man es kaum merkte. Ein gewisser Teil des Briefs machte ihm aber Sorgen. Trotzdem las er ihn zu Ende, bevor er den Blick wieder hob und Juliet ernst ansah. „Wie schlimm ist es?“

„Wie schlimm schätzt es Benedikt ein?“ Doch dann schüttelte Juliet den Kopf und machte eine wedelnde Bewegung mit der Hand.

„Sicher schlimmer als es ist. Du musst dir keine Sorgen machen, deiner Mutter geht es gut. Sie ist eben schon alt und da übertreiben die Ärzte immer. Als ich abreiste, war sie schon wieder bei der Gartenarbeit.“

Erleichtert atmete Christian auf. Wenn das so war, dann war es wirklich nicht besorgniserregend. Der Garten war der ganze Stolz seiner Mutter, vor allem die Rosen, die sie dort züchtete. Wenn sie sich schon wieder um ihn kümmern konnte, dann war sie bereits auf dem Weg der Besserung.

Christian legte den Brief neben sich auf den Tisch. „Glaubst du, er schafft es?“

Bei dieser Frage füllte er sich eine Tasse mit Tee. Jedes Mal wenn Alan hier war, weigerte sich Rida die Pflichten eines Dieners auszuführen, wahrscheinlich weil er sich dafür schämte. Auch wenn Christian sich das nicht wirklich vorstellen konnte.

Ein Schulterzucken war die erste Antwort, die er von seiner Schwägerin bekam.

„Das weiß wohl nur er. Zwar hatte er das vor, doch welchen Grund hätte Benedikt, sich das Turnier anzusehen? Es gibt niemanden, den er unterstützen müsste.“

Bei diesen Worten lächelte der Jüngere amüsiert. Das war geschickt eingefädelt, doch nicht geschickt genug. Er war schon zu lange hier, um sich von solchen Worten ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen. „Tja, wenn er nur aus diesen Gründen kommt, sollte er wohl besser bei Mutter bleiben.“

Aufmerksamkeitsentzug, das war vielleicht bei Kindern wirksam, aber nicht bei ihm. Denn davon hatte er hier mehr als genug, wenn das auch nicht das Gleiche war. Er rührte mit seinem Löffel den Tee um, wobei sein Blick nachdenklich auf einen Punkt vor ihm gerichtet war. „Ich denke, dass ich euch in nächster Zeit einmal besuchen werde. Auch wegen meiner Mutter.“

Schon zu lange schob er diesen Besuch vor sich her. Nicht, weil er ihn scheute oder keine Lust darauf hatte, es kam ihm nur immer etwas dazwischen. Auch weil er genau wusste, dass er, wenn er einmal dort war, nur mehr schwer weg konnte. Da war es dann wie bei der Reise dorthin, er wollte einfach nicht mehr weg. Der Hof war sein zuhause, doch seine Familie lebte an einem anderen Ort und auch mit dieser wollte er Zeit verbringen.

„Benedikt würde sich darüber freuen und Mutter ebenso.“ Juliet nahm noch einen Schluck von ihrem Weinglas, bevor sie es auf den Tisch stellte. Ihr Finger fuhr nachdenklich über den Rand des Glases.

„Dieser Junge, den du mir vorgestellt hast… wie soll ich ihn einstufen?“

„Ich trainiere ihn für das Turnier.“ Christian grinste bei dem ungläubigen Blick seiner Schwägerin. Ja, es war schwer zu glauben, dass er jemanden trainierte, vor allem wenn man ihn gut kannte. Er mochte es nicht zu kämpfen, das war nur ein letztes Mittel, wenn einem die Argumente ausgingen. Und so eine sinnlose Zurschaustellung von Gewalt wie ein Turnier lag ihm sowieso nicht. Ruhm für einen Tag, das war ihm bei weitem zu wenig für einen solchen Aufwand.

„Du trainierst ihn? Für eine, wie du es nennst, sinnlose Veranstaltung. Wie soll ich das deuten? Es bedeutet dir doch nichts.“ Anscheinend hatte Juliet Schwierigkeiten Christians Beweggründe zu verstehen. Zumindest ihr Blick verriet das.

Christian schüttelte den Kopf. „Das Turnier bedeutet mir auch nichts. Aber ihm bedeutet es viel.“

„Ah.“ Verstehend hob die Ältere den Kopf und nickte grinsend. „Also soll ich es so deuten.“

Unschuldig lächelte Christian, als er die Tasse zu seinem Mund führte. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“

Sie wussten beide sehr genau, wovon hier die Rede war. Anders als Benedikt wusste Juliet, dass er nicht die Unschuld in Person war. Dafür hatte sie ihm viel zu oft geholfen, wenn Christian auch nicht wusste wieso. Wenn er sich darüber Gedanken machte, kam er nur immer zu dem Schluss, dass sie ihm vielleicht aus Schuldgefühlen heraus half. Weil sie seine Liebe damals nicht erwidern konnte. Doch das war nicht ihre Schuld, denn er war es gewesen, der sich in sie verliebt hatte, sie war nur ihrem Herzen gefolgt und das war richtig. „Wer ist er?“

Den Namen hatte er ihr ja schon gesagt, doch das war es auch nicht, was Juliet wissen wollte. Sie wollte wissen warum und ob es Probleme machen könnte, wenn er seinen Plan weiterverfolgte. „Er ist der drittgeborene Sohn der Familie Feran. Sie haben einen Erben, einen Sohn der die kirchliche Laufbahn eingeschlagen hat und er ist einfach nur Ballast. Derzeit ist er damit betraut, auf seine Schwester aufzupassen, die hier auf der Jagd nach einem Ehemann ist.“

Sie machte nur eine ungeduldige Handbewegung, ein Zeichen sich kürzer zu fassen. „Das verbindet euch wie?“

„Er hat mich zu einem Duell herausgefordert, weil ich angeblich seine Schwester entehrt habe.“

„Hast du?“ Es lag nicht wirklich Interesse in dieser Frage, anders als sonst wenn diese Frage kam.

Amüsiert schüttelte Christian den Kopf. „Warum stellen mir eigentlich alle die gleiche Frage? Nein, ich bin unschuldig an dieser Sache. Ausnahmsweise.“

Dabei zwinkerte er Juliet frech zu. „Wie dem auch sei, er hat mein Interesse geweckt. Ich will ihn haben und du kennst mich.“

„Dafür ist dir jedes Mittel Recht.“ Sie nickte zustimmend. Kurz biss sie sich auf die Unterlippe, bevor sie ihn wieder ansah.

„Brauchst du Hilfe?“

Christian schüttelte verneinend den Kopf. „Nein, derzeit nicht. Aber vielleicht benötige ich später jemanden, der mir seinen Bruder vom Hals hält.“

„Du willst mich als Ablenkung benutzen?“ Mit einem gespielt empörten Blick richtete sich Juliet auf und musterte ihn tadelnd. Jedoch konnte sie das amüsierte Funkeln in ihren Augen nicht verbergen.

Ihre Hand nehmend, führte er diese an seine Lippen. Dabei ließ er sie keinen Moment aus den Augen. „Ich könnte mir keine schönere Ablenkung vorstellen. Welcher Mann würde sich nicht gerne von dir ablenken lassen?“

Ein leises Räuspern aus Alans Richtung ließ Christian die Augen verdrehen. Langsam richtete er sich wieder auf. „Und das Alan, ist der Grund warum dich Rida immer vor der Tür warten lässt. Kein Sinn für Humor.“

Es kam keine Antwort von dem Leibwächter doch, damit hatte er auch gar nicht gerechnet. Alan bedachte ihn nie mit einer Antwort, wenn sie unter sich waren. Das tat er nur in der Öffentlichkeit, wenn auch mehrere Leute ihr verbales Duell verfolgen konnten.

Juliet beschloss diesen Einwand zu ignorieren, sie lächelte nur und legte eine Hand an Christians Wange. „Du bist ein Schmeichler Christian, dass bist du immer schon gewesen. Welche Frau könnte dir eine Bitte abschlagen, deswegen werde ich deine Ablenkung sein. Wenn du eine benötigst.“

Tja, diese Frau saß gerade vor ihm. Juliet hatte ihm seine größte Bitte abgeschlagen, doch das war schon lange her und er war nicht nachtragend. Wie gesagt, sie hatte sich richtig entschieden. Wer wusste schon, ob sie an seiner Seite das Glück gefunden hätte, das sie nun ihr Eigen nannte?

Als ob sie seine Gedanken erraten hätte, schüttelte sie den Kopf. „Lassen wir das. Es wird sich schon früh genug zeigen, ob du meine Hilfe benötigst. Jetzt sollten wir uns mit Wichtigerem beschäftigen. Also bring mich auf den neuesten Stand. Die Skandale, die Intrigen, all die kleinen schmutzigen Details, ich will alles wissen.“

Christian lachte bei dieser Forderung. Dem konnte er gerne nachkommen, schließlich war er was das anging, immer bestens aufgeklärt. Es zahlte sich eben aus, viele Bekannte zu haben, die ganz oben mitmischten. Dieses Argument sollte er sich merken, falls Shay ihn wieder einmal nach einem Grund fragte, warum Kontakte notwendig waren. Aber nun brachte er Juliet besser einmal auf den neuesten Stand, immerhin wollte er ihr ja nichts vorenthalten.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 16
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Die Musik endete und die Tanzpaare verbeugten sich voreinander. Auch Christian verneigte sich vor seiner Partnerin, bevor er sie aus der Masse der Tänzer führte. Für heute hatte er der Höflichkeit Genüge getan. Ab jetzt konnte er ruhigen Gewissens alle anderen Angebote ablehnen, ohne als unhöflich zu gelten.

Er nahm einem Diener zwei Weingläser ab und reichte eines seiner letzten Tanzpartnerin. „Ich muss sagen, deinem Mann entgeht etwas, wenn er nicht mit dir tanzen will.“

„Wirklich? Sagst du ihm das?“ Juliet nahm das Glas entgegen und nahm einen Schluck, während sie sich mit ihrem Fächer Luft zufächelte.

Besorgt musterte Christian seine Schwägerin. „Geht es? Sollen wir etwas an die frische Luft gehen?“

Juliet hob eine Augenbraue und sah ihn skeptisch an. Ihre Hand stoppte kurz, bevor sie ihre Tätigkeit wieder aufnahm. „Du willst das Fest verlassen? Mit mir, in Richtung der Gärten?“

Mit einer routinierten Bewegung klappte sie ihren Fächer zusammen und schlug damit leicht gegen seine Brust. Allerdings lächelte sie, was bedeutete, dass sie ihm nicht böse war. „Du schlimmer Junge.“

„Du lässt nach, Juliet. Ich habe schon weitaus liebenswürdigere Beleidigungen bekommen.“ Christian machte eine wegwerfende Handbewegung.

„Das kann ich mir vorstellen. Aber Alan wird darüber auch nicht begeistert sein.“

„Ja, wenn er die Augen einmal von Rida lässt, sicher.“ Christian murmelte diese Worte eher, als das er sie zu Juliet sagte. Dabei glitt sein Blick zu dem Leibwächter seiner Schwägerin.

Alan stand mit vor der Brust verschränkten Armen an die Wand gelehnt. Seine Augen sahen auf sie, doch das war nur Zufall, da sie ihnen genau im Weg standen. Denn soweit Christian beim Tanz mitbekommen hatte, beobachtete Rida das Ganze von der anderen Seite des Saals. Es war beängstigend und auch irgendwie beunruhigend, jeder schien den Anderen übertreffen zu wollen, sogar so sehr, dass sie darüber ihre Arbeit vergaßen. Zumindest kam es ihm so vor, denn wenn man so auf eine Sache fixiert war, konnte man unmöglich auch noch seine Umgebung wahrnehmen. Das Beste wäre wohl, sie zusammen in ein Zimmer zu sperren und nach drei Stunden nachzusehen wer überlebt hatte.

Doch es gab auf jeden Fall etwas Gutes an der Sache. Sie konnten sich glücklich schätzen, dass ihre Blicke keine Waffen waren, denn sonst müsste sich die Hälfte der Gäste ducken.

Juliet strich mit einer Hand über seinen Arm. „Ist schon gut. Sie sind zu professionell, um sich zu etwas hinreißen lassen. Außerdem wird Alan zu gut bezahlt, um das aufs Spiel zu setzen.“

Christian nickte nur gedankenverloren. Rida würde sich auch zu nichts hinreißen lassen, dass ließen seine Prinzipien nicht zu. Wahrscheinlich machte er sich auch nur zu viele Gedanken darüber, er hatte wahrhaft andere Probleme.

„Juliet.“ Eine weitere weibliche Stimme erklang und die Sprecherin kam in ihre Richtung. Die Besitzerin dieser Stimme legte den Kopf schief und schenkte dem Paar ein strahlendes Lächeln.

„Ihr beide gebt ein wunderbares Paar ab.“

Auch Christian lächelte, doch diesmal erreichte das Lächeln nicht seine Augen. Seine Stimme hatte bei seinen nächsten Worten einen warnenden Unterton. „Karen, lass es.“

Sie war seine beste Freundin und hatte einige Freiheiten, doch das erlaubte ihr noch lange nicht in alten Wunden zu stochern. Nur weil sie von seinen Gefühlen wusste, hieß das nicht, dass sie ihn ständig damit aufziehen durfte.

Doch Karen war eine Frau und als solche besaß sie das zweifelhafte Talent aller Frauen. Was sie nicht hören wollte, ignorierte sie.

Karen ergriff freundschaftlich Juliets Hand. „Es freut mich so, dich wiederzusehen. Wie geht es der Familie? Ach weißt du was, komm einfach morgen zum Nachmittagstee, dann kannst du mir alles erzählen.“

Juliet lächelte etwas überrumpelt. „Gerne.“

Dann fing sie sich wieder und musterte Karen eingehend. „Was hast du angestellt?“

„Merkt man das?“ Karen wirkte verlegen, aber in keinster Weise schuldbewusst.

Natürlich hatte sie etwas angestellt, so schnell wie sie Juliet abgefertigt hatte. Christian und auch Juliet kannten sie dafür schon lange genug, sie beendete ein Thema nur so rasch, wenn es etwas noch interessanteres gab. Allerdings fiel ihm nichts auf, was hieß das Karen etwas arrangiert hatte, auf das sie sie aufmerksam machen wollte.

Lächelnd ergriff Karen Christians Arm. „Eigentlich ist es etwas, das Christian interessieren könnte.“

Stirnrunzelnd sah dieser zu seiner Freundin. Sie tat ihm einen Gefallen, das war wirklich selten. Vor allem, weil sie einander nur selten um etwas baten, denn das war auch unnötig. Der Andere verstand meistens von alleine, was getan werden musste, doch das war eine Selbstverständlichkeit und benötigte keine Erwähnung.

„Sieh zu Susan.“

Seufzend aber auch durch Karens Worte neugierig geworden, suchte sein Blick nach Shays Schwester. Diese stand etwas abseits von einer Gruppe anderer Mädchen und unterhielt sich mit einem jungen Mann. Christian kam dieser Mann vage bekannt vor, doch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, sah er etwas sehr ungewöhnliches. Denn das passierte keineswegs im Geheimen, Shay hatte die beiden durchaus entdeckt. Nur ging er nicht dazwischen, sondern schien es zu billigen, wenn auch mit deutlichen Misstrauen.

Verwundert sah er Karen an. „Wie…?“

Karen lächelte und seufzte selbstzufrieden. „Weibliche Intuition. Susan benötigt etwas Ablenkung und mein Cousin will einige Frauen kennenlernen.“

Jetzt wusste Christian auch woher er den Mann kannte, doch wie alle jungen Männer war auch er auf Abenteuer und nicht auf eine Ehe aus. Er war doch viel zu jung und vermögend dafür. Außerdem, wie hatte sie es geschafft, dass Shay das akzeptierte?

Karen schien seine Gedanken lesen zu können. „Shay musste man einfach nur daran erinnern, weswegen er hier ist und weswegen seine Schwester hier ist. Na ja, ein wenig habe ich die Ehre meines Cousins auch aufpoliert, doch das fällt dann wohl unter den Begriff künstlerische Freiheit.“

Mit einem verträumten Blick bedachte sie das junge Paar. Es erinnerte an Christians Blick wenn er ein Bild betrachtete und der Meinung war, dass er ein neues Meisterwerk geschaffen hatte. Karen war wirklich stolz darauf.

„Eine Hochzeit wird es jedoch nie geben, so grausam bin ich nicht. Brian hat mir immerhin nichts getan.“

Juliet hatte dem Ganzen schweigend zugehört, jetzt nickte sie mit dem Kopf. „Das war wirklich intelligent, Karen.“

„Nicht?“ Karen neigte nicht zu übertriebener Bescheidenheit und sah auch keinen Grund, das zu verbergen. „Das Beste wäre, wenn du sie heute Abend in Ruhe lässt. Einerseits damit Susan nicht gestört wird, andererseits damit Shay genug Zeit hat, um sich von den ehrenhaften Absichten meines Cousins zu überzeugen.“

So wie Karen das Wort ehrenhaft aussprach klang es wie etwas schlechtes, was es in diesem Zusammenhang wohl auch war. Doch er verstand durchaus die Logik hinter dieser Planung.

Christian legte eine Hand auf ihre und übte kurz Druck darauf aus. „Danke.“

Seine Stimme war leise, doch er wusste, dass sie ihn hörte. Diesmal stand er in ihrer Schuld. Zwar hätte er das Problem auch selbst regeln können, doch sie war schneller als er gewesen und auf jeden Fall effektiver.

Karen nickte nur stumm und deutete mit dem Kopf auf die Tanzfläche.

Christian lachte leise und nickte. Diesen Tanz hatte sie sich eindeutig verdient, da machte es nichts, seine vorherige Entscheidung zu revidieren.
 

Sie waren beide nicht ganz auf der Höhe, das merkte man deutlich. Auch wenn es Christian besser ging, da er es gewohnt war, lange wach zu bleiben. Jedoch hatte er dann normalerweise auch mehr Zeit um sich zu regenerieren. Vielleicht lag es auch an der Abstinenz der letzten Tage. Das sollte er ändern, nur kam er kaum noch dazu sich umzusehen. Er wusste, warum er nicht zu diesem Turnier antrat, dieses Training war ja schädlich. Sein einziger Trost war, dass Shay nicht besser aussah. Sicherlich hatte er seine Schwester und dessen Verehrer keine Minute aus den Augen gelassen und zumindest Brian war durchwachte Nächte ebenso gewohnt wie er.

Shay gähnte ungeniert und der Griff um sein Schwert festigte sich. „Was jetzt?“

Christian würde ihnen beiden ja eine Runde Schlaf vorschlagen, vorzugsweise zusammen und sogar ganz ohne Hintergedanken. Doch das würde Shay wohl ablehnen, selbst wenn er den letzten Teil seines Vorschlages wegließ. „Greif mich an.“

Vielleicht sah er ja so ein, dass ein weiteres Training heute nichts brachte. Das war auf jeden Fall seine Ansicht. Trotzdem in dem Moment, in dem Shay den ersten Schritt in seine Richtung machte, war Christian wieder wach und konzentriert. Als Kinder hatte man seinem Bruder und ihm beigebracht, dass man jeden Kampf ernst nehmen sollte. Krieg war kein Kinderspiel und den Gegner interessierte es nicht, wie man sich fühlte. Man konnte nicht einfach sagen, dass man keine Lust mehr hatte und das Ganze verschieben wollte. Als Kind hatte ihn diese Aussage immer zum Lachen gebracht, was sein Vater wiederum mit einem wütenden Blick quittiert hatte.

Christian wich der ersten Attacke des Jüngeren aus, was ihm nicht schwerfiel. Shay hatte in den letzten Tagen Fortschritte gemacht, doch die Müdigkeit mit der er zu kämpfen hatte, machte sich deutlich bemerkbar. Doch auch ohne diese hätte er ihn noch lange nicht besiegt.

Frustriert fuhr Shay herum und griff ihn abermals an. Jedoch mit gleichbleibenden Erfolg.

Christian wusste, dass es Shay reizte, wenn er immer nur auswich, doch auch das gehörte dazu. Er musste lernen, sich zu beherrschen. Shays Verstand musste sein Schwert führen, nicht seine Gefühle, das war ein Fehler, den viele machten. Diese waren aber auch schnell tot, oder wurden rasch intelligenter.

Er parierte einen Schlag. Anscheinend musste er für etwas Motivation sorgen. „Komm schon, wenn du mich besiegst, erfülle ich dir einen Wunsch.“

Da er wusste, dass er nicht unterliegen würde, legte er keine Bedingungen fest, was passierte wenn er gewann. Er wollte Shay motivieren, nicht unter Druck setzen, sie wussten sowieso schon wie es ausging. Es war aber Shays Stolz, der etwas angestachelt gehörte und dieser würde seine offensichtliche Niederlage nicht schon als etwas Gegebenes hinnehmen.

Allerdings sorgte das nicht gerade dafür, dass Shays Geschick sich verbesserte. Stattdessen wurden seine Angriffe nur schneller und stärker, aber leider nicht klüger. Christian wich noch ein paar Mal aus, bevor er beschloss das Ganze zu beenden. Er würde noch einem Angriff ausweichen und dem dann ein Ende setzen. Wie schon einige Male zuvor, tauchte er unter einen von Shays Schlägen weg und ging einen Schritt zur Seite. Dieses Mal jedoch stolperte Shay und stieß gegen Christian.

Dieser ließ sein Schwert fallen und griff geistesgegenwärtig nach Shay, um ihn aufzufangen.

Rida, der dem Training bis jetzt stumm gefolgt war, sah alarmiert zu ihnen, entspannte sich aber wieder, als er sah, dass Christian die Sache unter Kontrolle hatte.

Etwas außer Atem hob Shay den Kopf und sah Christian verwundert an. „Danke.“

Christian lächelte freundlich. „Gern geschehen.“

Es wäre wohl an der Zeit den Jüngeren wieder loszulassen, doch er hätte seinen Ruf nicht, wenn er eine Chance so leichtfertig vergeben würde. Deswegen beschloss er die Situation noch etwas auszunutzen.

Auch Shay schien diese Position in Christians Armen dazu zu nützen, um kurz zu verschnaufen. Dabei erwiderte noch immer Christians Blick.

Christian müsste lügen, wenn er behaupten würde, dass er nicht versucht war, nun einen Schritt weiterzugehen. Nur das Wissen, was er damit alles zunichtemachen würde, hielt ihn zurück. Allerdings fiel es ihm wirklich schwer seine antrainierten Reflexe unter Kontrolle zu halten, bei einer Frau wäre das immerhin eine eindeutige Einladung.

Plötzlich lächelte Shay und sein Schwert machte eine Drehung in seiner Hand, so dass seine Spitze an Christians Schulter zu liegen kam. „Ihr seid tot, ich habe gewonnen.“

„Sieht wohl so aus.“ Der Schwertspitze warf er nur einen kurzen Seitenblick zu. „Nur ein Trick?“

„Eher ein glücklicher Zufall.“ Noch immer schien es Shay nicht zu stören, dass er weiterhin von Christian gehalten wurde. Auch wenn es für Andere aussah wie eine rasche Hilfe, so dauerte sie dafür eindeutig schon zulange.

„Was also verlangst du von mir?“ Schon seltsam noch vor ein paar Minuten hätte Christian nicht einmal damit gerechnet, seinen Einsatz einlösen zu müssen. Dann hatte er diese einmalige Chance bekommen und gleich den Preis dafür bezahlt. Allerdings war er schon neugierig darauf was sich Shay wünschte, wenn er auch schon einige Vorstellungen davon hatte, was es sein könnte.

Dieser schien einen Moment nachzudenken und richtete sich dann auf. Ein wenig bedauernd nahm Christian zur Kenntnis, dass er damit auch ihren Körperkontakt unterbrach.

Noch immer etwas unsicher sah Shay auf den Älteren, so als müsse er sich die richtigen Worte überlegen.

Das amüsierte Christian schon etwas. Schließlich war er kein Lampengeist, der seinen Wunsch bei der falschen Formulierung gegen ihn wenden würde. Obwohl…, nein eher nicht.

Endlich schien Shay fertig zu sein, da er kaum merklich Luft holte. „Ich würde gerne mehr Zeit in Eurer Nähe verbringen.“

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 17
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

„Ich würde gerne mehr Zeit in Eurer Nähe verbringen.“ Shay verstummte nach diesen Worten. Doch auch wenn er nach außen gelassen wirkte, war sein Innerstes lange nicht so ruhig. Wie hatte er nur so etwas sagen können? Diese Frage konnte man ohne Erklärung vollkommen falsch auffassen. Eine Erklärung alleine war jedoch schon eine Rechtfertigung und er hatte nichts falsch gemacht.

Zum Glück schien auch Christian von seinen Worten überrascht zu sein. Er sah ihn einen Moment verwirrt an, dann begann er allerdings langsam zu lächeln. „Sicher? Ich meine bei einer Dame könnte ich diesen Wunsch ja verstehen, aber von dir ist es doch überraschend.“

Warum wäre er bei einer Dame zu verstehen? Shay beschloss sich später darüber Gedanken zu machen, oder besser es gleich ganz zu vergessen. Wahrscheinlich würde ihm die Antwort sowieso nicht gefallen. Es störte Shay nur, das er sich nun doch rechtfertigen musste, allerdings hatte Christian ja auch irgendwie nach dieser Erklärung gefragt.

Trotzdem schwieg Shay noch einige Momente, um sich die richtigen Worte zu überlegen. Denn die ganze Wahrheit konnte er ihm nicht erzählen, dass würde zu viel von ihm preisgeben. Und auch wenn er den Älteren in den letzten Tagen besser kennengelernt hatte, so waren diese Dinge noch immer zu privat, das würde er nicht einmal jemanden aus seiner Familie erzählen. „Ich habe über Eure Worte nachgedacht. Es kann wirklich nicht schaden etwas mehr Bekannte zu haben. Anscheinend bin ich doch etwas zu naiv an die Zukunft herangegangen, das will ich nun ändern. Nun und da Ihr der Auslöser dafür seid, ist es nur gerecht, dass Ihr auch die Verantwortung übernehmt.“

Bei den letzten Worten lächelte er, da er ihnen den Ernst nehmen wollte. Immerhin waren sie auch als Scherz gemeint. Es war nun einmal so, dass Christian viele Kontakte hatte und davon konnte er nur profitieren. Außerdem machte er als Lehrer bisher eine gute Figur. Warum sollte nur sein kämpferisches Geschick dadurch besser werden?

„Sehe ich das richtig? Ihr wollt mich benutzen, um Eurem Außenseiterdasein ein Ende zu bereiten?“ Bei diesen Worten sah Christian ihn tadelnd an.

So wie er es sagte, wirkte es wirklich sehr egoistisch, was es ja auch war. Jedoch hatte Shay gelernt, dass man im Leben nichts umsonst bekam und manchmal musste man eben die Gefühle der Anderen mit Füßen treten. Aus diesem Grund wirkte sein Blick auch sehr entschlossen, als er Christian ansah. „Ja.“

Es gab keinen Grund ihn anzulügen, nicht wenn er ihn schon durchschaut hatte. Vielleicht hätte er es getan, wenn die Sache anders läge, so wussten sie aber wenigstens, woran sie waren.

Der Älteren hielt sein Blick noch einen Moment aufrecht, dann lächelte er wieder amüsiert. „Warum nicht, Ihr könnt es wirklich gebrauchen.“

‚Was?‘ Shay sah ihn überrascht an.

Nicht dass er das nicht selbst auch dachte, doch dass Christian es so offen aussprach, war doch etwas unverschämt. Jedoch hatte er jegliches Recht dazu, weswegen er einfach darauf schwieg.

„Ich helfe gerne, wenn ich es kann.“ Christian schien seine Reaktion gar nicht wahrzunehmen, sondern sprach unbekümmert weiter. „Allerdings denke ich nicht, dass die Kreise in denen ich mich bewege Eurem Bruder gefallen werden.“

„Diese Kreise bestimme ich selbst.“ Shay warf dem Älteren einen wütenden Blick zu und steckte sein Schwert weg. Es war möglich, dass seinem Bruder mehrere Änderungen der letzten Wochen nicht gefielen, doch darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Irgendwann musste er beginnen, für sich selbst zu leben und nicht nur für Andere. Selbst wenn diese Anderen seine Familie waren.

Er seufzte leise, als er diese Gedanken weiterverfolgte. Ihm war nämlich durchaus bewusst, dass seine Entschlossenheit sicher nur bis zur Ankunft seinen Bruders anhielt. Spätestens dann würde man ihm wieder in Erinnerung rufen, was er als dritter Sohn für Pflichten hatte. Er war ein Ersatz und bis er benötigt wurde, war er ein Werkzeug, das zu funktionieren hatte. Wie hatte sich Christian dieser Last entledigt?

Unauffällig warf er einen Blick zu seinem Trainingspartner, der seinem Diener gerade das Schwert reichte. Soweit er wusste, war dieser doch auch nur der zweite Sohn, ein Ersatz falls seinem Bruder etwas zustieß. Eine Position, die ihm nichts auszumachen schien, oder wenn doch, geschickt überspielen konnte. Ob er Karen danach fragen sollte? Allerdings war das Christian gegenüber nicht fair. Hinter seinem Rücken Informationen einzuholen, nur weil er Angst hatte, ihn selbst danach zu fragen. „Darf ich Euch eine persönliche Frage stellen?“

Verdammt, heute schien sich sein Mund ständig selbstständig zu machen. Zumindest war er schneller als sein Verstand, denn dann hätte er nichts gesagt. Solche Dinge fand man entweder durch Zufall heraus, oder gar nicht.

Langsam wandte sich Christian wieder zu ihm um. In seinen blauen Augen konnte man leichtes Interesse lesen. „Ihr dürft, ebenso wie ich entscheiden darf, ob ich antworte oder nicht.“

Das war nicht gerade die Antwort, die er hören wollte, doch es war besser als nichts. Viel lieber wäre ihm eine Absage gewesen, bei Christian allerdings kaum denkbar. Bis jetzt hatte er kaum eine Bitte von ihm abgelehnt, er hatte ja sogar ein Duell ausgefochten, nur weil er es verlangt hatte. „Euer Bruder, wie steht Ihr zu ihm?“

Christians Augen weiteten sich überrascht, doch es war nur einen Moment, bevor er die Stirn runzelte. „Das ist wirklich eine sehr persönliche Frage. Außerdem weiß ich nicht, was Ihr hören wollt. Ich hasse ihn nicht, er ist einer der wenigen Menschen, denen ich vertraue.“

Er zuckte belustigt die Schultern. „Als Kind habe ich viel Blödsinn gemacht, was sich ja nicht sonderlich geändert hat, aber er war nie wütend auf mich. Dabei habe ich oft genug die Schuld auf ihn geschoben, Benedikt hat die Strafe stets auf sich genommen. Er liebt mich, ich liebe ihn, auf geschwisterliche Art. Wir vertrauen und respektieren uns, mehr gibt es da, denke ich, nicht zu sagen.“

Das kam ihm so bekannt vor, nur das in seinen Erinnerungen immer er der unschuldige Prügelknabe war. Der Sündenbock für Dinge, die seine Brüder angestellt hatten. So etwas wie Christians Bruder es getan hatte, wäre seinen Brüdern nie in den Sinn gekommen. Es war erstaunlich, wie sehr sich Familien unterscheiden konnten. „Habt Ihr Euch nie benachteiligt gefühlt?“

Ihm war dieses Gefühl nur allzu bekannt. Schließlich hatte er ständig Einbußen hinnehmen müssen, egal ob beim Unterricht, der Verteilung von Geschenken, oder der Liebe seiner Eltern. So gesehen überraschte es ihn nicht, dass Sebastian am Ende doch das Kloster gewählt hatte, anstatt den ständigen Kampf daheim.

Christian lächelte belustigt. „Natürlich, aber welches jüngere Kind fühlt sich nicht so, wenn sein älterer Bruder Dinge darf, die man ihm selbst noch verbietet? Aber das waren Kleinigkeiten, die ich mit zunehmenden Alter auch durfte.“

Es war wirklich erstaunlich, wie sehr sich manche Familien unterschieden. Gerne hätte er auch so eine Familie gehabt, doch das war ihm wohl nicht bestimmt. Umso wichtiger war es, dass er sich selbst eine solche Familie schuf. Seine Kinder würde er sicher auch gleich aufziehen, ohne auf Unterschiede zu achten.

Shay gähnte, wobei er sich aber die Hand vorhielt. Weniger aus Höflichkeit, sondern nur weil er seine Schwäche nicht so offen zeigen wollte.

„Ihr solltet Euch ausruhen.“

Bei dieser Bemerkung von dem Älteren wollte Shay schon auffahren, doch Christians erhobener Zeigefinger hielt ihn zurück.

„Ansonsten seid Ihr heute Abend nicht fit genug. Eine Freundin von mir gibt ein kleines Fest. Ein Fest vor den Festen sozusagen, es wirkt nicht sonderlich anziehend, wenn man dabei ständig gähnt.“

„Wirklich?“ Shay hatte gewusst, dass der Blondhaarige zu seinem Wort stand, doch nicht dass es so rasch gehen würde.

„Ja.“ Lächelnd nickte Christian.

„Gut, dann sollte ich mich wohl wirklich darauf vorbereiten, wenn ich auch keinen Schlaf benötigen werden.“ Was aber genau das war es, das er als Erstes machen würde, wenn er wieder in seinem Zimmer war, Schlaf nachholen. Er war müde, doch das konnte er nicht zugeben, schon gar nicht vor Christian.

„Ich werde dann jemanden schicken, der Euch abholt.“

Shay nickte und verabschiedete sich von ihm. Er hatte es plötzlich eilig in sein Zimmer zu kommen, was nur bedingt mit der Müdigkeit zu tun hatte, die er schon den ganzen Tag verspürte. Dann wäre es also heute Abend soweit, der Beginn seines eigenständigen Lebens.
 

Christian sah ihm nach und wand sich seufzend ab. Auch für ihn war es Zeit zurückzugehen, nur dass er offen zugab, das er müde war. Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er an das Gespräch eben dachte. Zuerst diese erstaunliche Bitte, die ihm mehr als nur entgegenkam und dann diese Fragen. Natürlich hatte er gewusst, was Shay wissen wollte, doch weshalb sollte er lügen? Seine Familie war nicht wie manche andere. Bei ihnen hatte es nie Rivalität gegeben und er hatte sich nie als Mensch zweiter Klasse gefühlt. Für ihn war das normal gewesen, erst als er hierhergekommen war, hatte er begriffen, was für ein Glück er gehabt hatte. Es gab hier dutzende Ableger bedeutender Familien, die einfach nur das Pech hatten, später gezeugt worden zu sein. Manche kamen damit klar, manche nicht und versuchten das irgendwie zu kompensieren. Oft nicht sehr erfolgreich, aber der Hof bot ihnen wenigstens Ablenkung und einen gewissen Freiraum.

Er hörte die Töne einer Laute und blieb stehen. Erst jetzt merkte er, das Rida diese Geräusche schon vor ihm wahrgenommen hatte, denn er hatte bereits dessen Verursacher ausfindig gemacht.

Alan saß einige Meter von ihnen entfernt an einen Baumstamm gelehnt und unterhielt die Damen um sich herum mit Liedern und Erzählungen. Diese saßen wie kleine Mädchen um ihn herum und kicherten manchmal. Sie alle hatten diesen verträumten Blick, den die meisten Frauen hatten, wenn sie über Liebe sprachen.

Müde schüttelte er den Kopf, heute war er nicht in der Stimmung, sich mit Alan zu streiten. Ebenso wie sich Rida nicht mit ihm anlegen sollte. „Lass es.“

Rida wandte den Blick von der Gruppe ab. „Wenn du meinst.“

„Du hast durchaus meinen Segen, wenn du diese Sache beenden willst. Aber bitte nur dann, wenn ich nicht dabei bin und du die Leiche danach verschwinden lässt.“ Die letzten Worte waren als Scherz gemeint und er hoffte das Rida das auch so auffassen würde. Aber ein Ende würde ihnen allen zugute kommen. Was ihn wieder zu einer Frage brachte, wenn er auch ahnte, dass er die Antwort schon kannte. „Ich kenne meine Gründe, aber warum kannst du ihn nicht leiden?“

Nachdenklich sah Rida noch einmal in Alans Richtung. „Weil er dich ständig beleidigt.“

„Nur wegen meiner Ehrenrettung?“ Das glaubte er ihm nicht und das würde Rida hoffentlich nicht auch glauben. Dafür sollten sie sich schon zu gut kennen.

Aufgebracht sah der Schwarzhaarige ihn an. „Du bist mein Freund, natürlich lässt mich das nicht kalt.“

Dann wurde er jedoch wieder ruhig. „Ich weiß es nicht. Wir mögen uns beide nicht, das war schon von Anfang an so. Wir sind uns zu ähnlich, da liegt das Problem.“

„Na ja in ein paar Wochen sind wir ihn ja wieder los.“ Bis er einen Heimatbesuch machte, hieß das. Zwar konnte er Rida in dieser Zeit freigeben, doch das würde er nicht annehmen und er selbst fühlte sich wohler, wenn er um ihn herum war. Es war immerhin nicht nur Sicherheit, die er ihm gab.

Christian bemerkte, dass Alan zu ihnen sah und spöttisch den Kopf neigte. Diese Geste ebenso zurückgebend, wandte er sich von der Szene ab und setzte seinen Weg fort. Er würde noch früh genug mit Alan zusammenstoßen, das ließ sich einfach nicht vermeiden.

Auf dem Weg zurück zum Schloss bemerkte Christian schon die ersten Veränderungen, die das Turnier ankündigten. Man war bereits dabei den Platz für die kleineren Wettbewerbe abzustecken und herzurichten, der große Turnierplatz blieb sowieso das ganze Jahr stehen. Was man nicht alles für die Ablenkung und Tradition tat. Ein König hatte das Turnier ins Leben gerufen und so würde es wahrscheinlich auch weitergeführt werden, bis die Teilnehmer ausblieben. Leider war die Summe, die dem Gewinner winkte für viele zu verlockend, als dass sie fernbleiben wollten.

Aber das untrüglichste Zeichen dafür, dass hier bald etwas stattfinden würde, waren die Wagen der fahrenden Händler und Schausteller, die nach und nach hier eintrafen. Christian mochte diese Menschen, wenn er da auch ein Einzelfall war. Selbst Karen hatte ihre Meinung über sie nur sehr langsam geändert und das auch nur wegen seinen Ermunterungen. Doch das fahrende Volk bestand nicht aus Gaunern und Betrügern, wie die meisten Menschen behaupteten. Er wollte gar nicht abstreiten, dass es auch solche gab, doch in erster Linie waren es ehrliche Menschen, die das Leben liebten und genossen. Das verband Christian mit ihnen, wenn er es auch auf andere Weise machte, weil er die Mittel dazu hatte.

Es gab einige Wägen, die er kannte und für einen Moment dachte er darüber nach, ihnen einen Besuch abzustatten. Allerdings konnte er das auch später machen, wer wusste schon ob sie gestört werden wollten. In dieser Hinsicht war das fahrende Volk etwas eigen. Sie blieben gerne unter sich und nur weil man als Freund angesehen wurde, gehörte man nicht gleich dazu. In dieser Haltung ähnelten sie allen anderen Menschen, wenn sie auch etwas toleranter waren als diese. „Es scheint als müsse ich in nächster Zeit wieder aufpassen, was ich zu mir nehme.“

Diese Worte waren scherzhaft gemeint, doch er sah wie sich Rida neben ihm versteifte. Dabei war das übertrieben, da die Liebestränke die vom fahrenden Volk stammen, keine Wirkung hatten. Das hatte ihm eine von ihnen verraten, was ihn einige Überredungskunst gekostet hatte.

„Komm gehen wir, ich muss etwas Schlaf nachholen.“ Das hatte nun wirklich oberste Priorität. Karen würde es ihm kaum verzeihen wenn er auf ihrem Fest nicht unterhaltsam wäre.

Rida nickte stumm und folgte ihm ins Schloss.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 18
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Christian stand lässig in einer Ecke des Saals und wollte eigentlich nur auf Shay warten, den Rida soeben abholte. Allerdings hätte er wissen sollen, das es nicht so leicht war. Ein Mann, der alleine in einer Ecke stand und seinen Ruf hatte…, es war klar, dass viele Frauen dies als Aufforderung sahen. Christian nahm das jedoch nur als willkommene Ablenkung, zumindest solange bis sein Gast hier war.

Er bemerkte, wie ihm einige seiner Freunde fragende Blicke zuwarfen, doch er schüttelte nur kaum merklich den Kopf. Nein, er benötigte keine Hilfe, um sich von dieser ungewollten Aufmerksamkeit zu befreien. Wer wusste schon ob es vielleicht die Eine oder Andere nicht doch schaffte, ihn heute Abend auf andere Gedanken zu bringen und seine selbstauferlegte Enthaltsamkeit zu beenden. Wenn er darauf Wert legen würde, wäre er ins Kloster gegangen.

Auch wenn er den Damen aufmerksam zuhörte, so fand er die Gespräche nach einigen Minuten schon ermüdend. Wie jedes Jahr zu dieser Zeit, waren es die gleichen Themen, das Turnier und die schon anwesenden Schausteller. Für Zweiteres brachte er ja durchaus Interesse auf, doch die Damen sahen in Schaustellern eher so etwas wie Barden, alles andere war zu unanständig um darüber zu reden.

Christian seufzte kaum hörbar und unterdrückte ein Gähnen. Warum kamen zu ihm auch immer die Debütantinnen? Erfahrenere Damen, Damen, die ihn schon länger kannten, wussten welche Themen man bei ihm meiden sollte und was ihn interessierte, mit ihnen konnte man richtige Gespräche führen.

Endlich sah er wie Rida im Eingang erschien und entschuldigte sich bei seinen Begleiterinnen. Es fiel ihm nicht schwer ihre Proteste zu überhören, man kam hier nicht weit wenn man es allen Recht machen wollte. Außerdem hatte er den richtigen Ruf, um sich ein solches Verhalten leisten zu können.

Rida hatte ihn bereits bemerkt, bewegte sich aber nicht, ganz der Schatten, der er auch sein sollte. Jedoch war keine Spur von Shay zu sehen, war er etwa doch nicht gekommen? Fragend sah er seinen Freund an. „Und?“

Rida hob die Hand und deutete zur Tür hinter sich. „Ich denke. er ist etwas unsicher. Er bat mich um einen Moment für sich alleine.“

Christian seufzte tief. Eigentlich hätte er das voraussehen können, ihm war es beim ersten Mal ja nicht besser gegangen. Natürlich hatte Shay schon einige Feste besucht, doch da war es auch nur um seine Schwester gegangen, er war nur ein unliebsames Anhängsel und als solches hatte er sich auch verhalten. Diesmal jedoch ging es um ihn und er musste alles machen, um sich möglichst interessant zu machen, das war keine leichte Aufgabe, nicht einmal unter normalen Umständen. Und das hier war der Hof, da war es ungleich schwieriger, denn hier versuchte jeder interessant zu wirken, um die Aufmerksamkeit der richtigen Leute zu erregen.

Er klopfte Rida kurz auf die Schulter. „Ich werde mich darum kümmern, versuch inzwischen keine Probleme zu verursachen.“

Auch wenn er Rida das nicht zutraute, selbst wenn Alan anwesend war. Sie wussten, wie sie sich zu verhalten hatten, es war eben nur diese offene Feindseligkeit zwischen ihnen, die Probleme machte. Man merkte es, selbst wenn man sie nicht kannte, wusste man das da etwas zwischen Rida und Alan war. Was es war konnte man nicht sagen und auch Christian scheute sich dem einen Namen zu geben.

„Er ist mir vollkommen egal.“ Rida trat zur Seite, um den Eingang nicht weiter zu blockieren.

Das glaubte er ihm sogar, allerdings hatte er nun andere Probleme. „Ich weiß, ich vertraue dir. Tu mir einen Gefallen und versuche alle Frauen, die in den nächsten Minuten den Raum verlassen wollen, daran zu hindern.“

Der Schwarzhaarige nickte nur stumm und richtete seinen Blick sogleich auf eine Gruppe Frauen, die in ihre Richtung sahen.

Das war eine Anweisung, die er schon oft von ihm bekommen hatte. Christian hatte deswegen keinerlei Bedenken, dass er in den nächsten Minuten gestört wurde. Er verließ den Saal und sah sich suchend um. Allzu lange musste er jedoch nicht suchen, da Shay der Mut wirklich erst kurz vor dem Ziel verlassen hatte.

Er stand einige Meter von der Tür entfernt und sah unsicher zu dieser, beziehungsweise zu Christian, der nun davor stand. Seine Hand lag auf seiner Brust, so als könne er so seine Atmung wieder beruhigen.

Der Ältere sah ihn einen Moment mitleidig an, bevor er wieder wie gewohnt lächelte. „Es macht keinen sonderlich guten Eindruck, wenn man vor der Tür steht. Das wirkt so, als wolltet ihr hinein, hättet aber keine Einladung.“

Etwas das hier eindeutig nicht der Fall war, schließlich hatte er die Erlaubnis dazu. Er hatte sie ihm selbst gegeben und auch Karen, deren Fest es war. Oder auch Juliet, deren Willkommensfeier es war, das Ergebnis blieb das Gleiche.

„Ich bin nur etwas unsicher, ich weiß selbst nicht einmal warum.“ Shay rettete sich in ein verlegenes Lächeln. Dass er das so offen zugab, zeigte aber auch, dass er damit wirklich Probleme hatte.

„Weil es diesmal um dich geht, nicht um deine Schwester. Heute wirst du im Mittelpunkt stehen und darfst es auch.“ Er wusste, dass dies nicht gerade dazu diente, Shay zu beruhigen, doch es war die Wahrheit. Es war besser sich nun darüber klar zu werden, als erst inmitten der ganzen Leute. Christian konnte ihn mit den Leuten bekannt machen, doch er konnte nicht seine Schlachten für ihn schlagen. Unterhalten musste er sich schon selbst mit den anderen Gästen.

„Danke, dass beruhigt mich ungemein.“ Unsicher versuchte sich Shay in einem Lächeln, das jedoch kläglich missglückte.

„Es ist nun einmal so.“ Christian ging zu dem Jüngeren und legte einen Finger unter sein Kinn und hob es hoch. Er sah ganz gut aus, zumindest soweit man das von jemand sagen konnte, der seine Mittel zur Verfügung hatte. Auf jeden Fall musste man sich nicht schämen, wenn man ihn an seiner Seite präsentierte. „In diesem Saal ist keiner nett, wenn man nicht den richtigen Status besitzt. Dem kann man nur mit genug Selbstbewusstsein entgegentreten und der richtigen Mischung an Höflichkeit und Hochmut. Viele halten sich für wichtiger als sie sind und viele wissen genau das sie wichtig sind, deswegen solltest du auch wissen wie wichtig du bist.“

Shay seufzte resigniert. „Ich denke, dann gehe ich wieder.“

Christian hatte diese Situation vorausgesehen, weswegen er eine Hand auf Shays Arm legte. „Warum? Du bist doch der Sohn deines Vaters und soweit ich weiß, führt dieser enge Handelsbeziehungen mit der Familie Trelain und die sind wirklich wichtig. Jeder der mit ihnen auf guten Fuß steht, ist ebenso wichtig. Du magst vielleicht nur der dritte Sohn sein, doch du bist hier. Nicht den Vater und auch nicht dein Bruder, sondern nur du. Deine Schwester ist Heiratsmaterial, du bist der, mit dem man Beziehungen knüpfen, den man ernst nehmen kann.“

So hatte er die Sache damals jedenfalls gesehen und wie man sah hatte es funktioniert. Man konnte vielleicht unbedeutend sein, aber man durfte nicht so wirken. Wenn man zeigte, dass man sich bewusst war, wie unbedeutend man war, wurde man ignoriert, wenn alle es wussten, aber man nicht so wirkte, dann wurden die Leute neugierig. „Also…“

Christian trat hinter ihn und legte auch die zweite Hand auf seine andere Schulter. Einen Moment verweilte er so, bevor er seine Daumen neben die Schulterblätter drückte und ihn etwas zu sich zurückzog. „… drück die Schultern durch, halte dich aufrecht und vor allem darfst du eines nie vergessen.“

Christian beugte sich etwas nach vor, seine Hand glitt über Shays Schulter dessen Hals hinauf und hielt dessen Kinn an. „Senke niemals den Blick, zeig ihnen nicht, dass du schwach bist, denn das trifft auf dich nicht zu. Verstanden?“

Shay nickte beinahe etwas zu hastig und trat einen Schritt nach vorne, um sich so von Christian zu lösen. Rasch wandte er sich zu Christian um. „Ich habe verstanden.“

Der Blondhaarige lächelte, jedoch nicht wegen Shays Antwort. Viel eher amüsierte ihn die beschleunigte Atmung des Jüngeren, die sicher nicht wegen plötzlicher Atemprobleme auftrat. Genauso wenig entging ihm, dass der Jüngere etwas röter im Gesicht war als zuvor. Anscheinend hatte er doch mehr Wirkung auf ihn, als er bis jetzt gedacht hatte.

Nun sah Shay fast hilfesuchend zu der Tür hinter sich. „Ich glaube, ich bin bereit für das Fest.“

„Das denke ich auch.“ Christian lächelte und hob eine Hand in die entsprechende Richtung, um Shay so den Vortritt zu lassen.

Dieser warf ihm noch einen leicht misstrauischen Blick zu, folgte dann aber der Aufforderung.

Ungefragt legte Christian ihm eine Hand auf den Rücken und registrierte amüsiert, wie Shay unter dieser Berührung zusammenzuckte. Das machte die Sache doch gleich etwas interessanter.

Als sie den Saal betraten, bemerkte Christian belustigt, einige Frauen, die ängstlich oder auch wütend zu Rida sahen. Anscheinend war auch ihm nicht langweilig geworden. Doch jegliches Interesse an ihm verflog, als er mit Shay den Raum betrat. Wenn das Interesse nun auch eher ihm selbst galt. Nun machte Christian von seinen Freunden Gebrauch, indem er ihnen einen bezeichnenden Blick zuwarf. Sofort wurden einige Gesprächspartner entschuldigt, oder auf etwas aufmerksam gemacht und die Damen hatten andere Opfer als ihn. Natürlich beruhte das alles auf Gegenseitigkeit, ein anderes Mal würde er ihnen so zu etwas Ruhe verhelfen.

Aber so hatte er wenigstens die Möglichkeit mit Shay zu Karen und Juliet vorzustoßen. „Karen, Juliet, das ist der Gast, den ich angekündigt habe.“

Keine der beiden Frauen wirkte sonderlich überrascht darüber. Juliet jedoch ergriff als Erste wieder das Wort. „Natürlich. Es freut mich Euch näher kennenzulernen.“

Shay neigte leicht den Kopf. „Die Ehre liegt ganz auf meiner Seite, Lady Juliet.“

„Shay ist hier, weil er einige Leute kennenlernen will. Auf Dauer ist es doch sehr einsam hier am Hofe.“

„Ach?“ Juliet hob überrascht eine Augenbraue und auch Karen wirkte erstaunt.

„Nun, dann sollten wir wohl keine Zeit verlieren.“ Juliet lächelte und ergriff Shays Hand. „Ich denke, ich kenne da genau die richtigen Leute.“

Christian wusste, dass Shay bei Juliet in guten Händen war, genau aus diesem Grund hatte er ja auch diese Erklärung benutzt. Lächelnd sah er ihnen nach, als Juliet gefolgt von Shay auf eine Gruppe Frauen zusteuerte.

„Du weißt, dass sie ihm nur Frauen vorstellen wird.“ Karen trat neben ihn und hielt ihm ein gefülltes Weinglas vor die Nase, das dieser ergriff.

„Ich weiß. Sie versucht mich genauso zu behindern wie Benedikt.“ Da waren sie sich ähnlich. Juliet akzeptierte seinen Lebensstil, doch gefiel es ihr nicht sonderlich. Deswegen machte sie es ihm auch nicht leicht, wenn sie ihm auf der anderen Seite auch half. Anders wäre das Leben doch auch langweilig.

„Und das stört dich nicht?“

Christian schüttelte den Kopf. „Nein. Warum auch? Ich und Shay sind kein Paar, also gibt es keinen Grund sich zurückzuhalten. Außerdem, was soll heute schon groß passieren? Ich bin auf der Jagd, Shay nur auf Erkundungstour.“

Nein, dass Shay heute Abend weibliche Begleitung fand, war nicht sehr wahrscheinlich. Selbst wenn, dann machte es ihm nichts aus. Warum sollte er sich wegen solcher Kleinigkeiten aufregen? Er hatte keinen Besitzanspruch auf Shay, sowenig wie dieser auf ihn, von solchen Besitzdenken befreit, lebte es sich leichter.

Karen schüttelte nur ungläubig den Kopf. „Manchmal, aber wirklich nur manchmal wüsste ich zu gerne, was in deinem Kopf vorgeht.“

„Sieh es ein, Karen. So wie ich niemals die Frauen verstehen werde, so wirst du nie die Männer verstehen.“

Sie schüttelte nur den Kopf. „Nein, ich verstehe sie schon, aber in meiner Gutgläubigkeit hoffe ich immer darauf, dass ihr nur halb so dumm seid, wie ihr euch anstellt.“

Normalerweise müsste sich nun sein männlicher und durch diesen Kommentar verletzter Stolz melden, doch dem war nicht so. Er war gerade zu guter Laune, weswegen er diesen Kommentar einfach so stehen ließ. Für ihn gab es nun Wichtigeres.

Mit einem Lächeln sah er sich im Saal um. Dann sollte er einmal sehen, was ihm der heutige Abend noch zu bieten hatte.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 19
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Es war früh am Morgen, als Rida bereits die Kleidung für den heutigen Tag vorbereitete. Er hatte noch genug Zeit sich dieser und seinen anderen Aufgaben zu widmen, bevor Christian aufstand. Auch wenn er in letzter Zeit eher zu den Frühaufstehern zählte, so würde das heute sicher nicht der Fall sein. Seine heutige Eroberung hatte erst im Morgengrauen das Zimmer verlassen. Natürlich sagte das nichts über die Dauer ihrer Vergnügungen aus, doch Christian war danach immer viel zu zufrieden, um das mit einem viel zu frühen Tagesbeginn zu zerstören. Da konnte er noch so viele wichtige Verabredungen haben. Wobei in seinen Augen, nur sehr wenige von Christians Verabredungen als wichtig angesehen werden konnten. Die meisten dienten sowieso nur seinen Vergnügungen.

Rasch sah Rida noch die heutige Post durch, wobei nichts dabei war, das Christians Aufmerksamkeit verdiente. Später würde er sich Entschuldigungen und Ausreden für die, meist weiblichen, Absender überlegen. Etwas das auch zu seinen Aufgaben gehörte, würde er das Christian überlassen, dann müsste er wohl viel besser auf ihn aufpassen, um ihn vor etwaigen Racheakten zu schützen. Zwar konnte der Blonde durchaus charmant sein, doch nur solange bis er hatte, was er wollte. Wenn man dann noch anfing lästig zu werden, verpuffte auch Christians Freundlichkeit.

Nachdem die Post erledigt war, nahm er den Kleiderstapel auf und brachte diesen ins Ankleidezimmer. Das war ein kleines Zimmer, das sein eigenes mit Christians Zimmer verband. An beiden Seitenwänden waren Regale angebracht, in denen Christians Kleidung aufbewahrt wurde. Die heutige Kleidung legte Rida auf einen gepolsterten Hocker, der in der Mitte des Raumes stand. Jahrelange Routine half ihm dabei das Möbelstück zielsicher zu finden, da ihm das spärliche Licht das aus seinem Zimmer durch den Spalt in die Kammer fiel, nicht sehr geholfen hätte. Wie die meisten Ankleidezimmer besaß auch dieses keine Fenster, da es einfach nur eine gut genutzte Verbindung zwischen zwei Zimmern war. Allerdings erleichterte ihm diese Verbindung seine Arbeit schon. So konnte er immer einen Blick auf Christian haben, ohne dass er im gleichen Zimmer wie er sein musste. Es war nicht so, dass es ihm gefiel seinem Freund bei seinen nächtlichen Aktivitäten zuzusehen, doch es gehörte zu seiner Aufgabe. Zumindest die Anfänge und die Enden musste er miterleben, denn da war man am verwundbarsten. Christian wusste das und es störte ihn nicht, warum also sollte er sich Gedanken darüber machen?

Ein weiterer Vorteil war, dass er so nicht immer durch das Schlafzimmer seines Freundes musste, wenn er die Vorbereitungen für den anstehenden Tag traf. Zwar musste er noch immer sein Zimmer verlassen und eine Tür weiter wieder hinein, wenn er in den Wohnraum wollte, doch das war für ihn kein Problem.

Rida öffnete die Tür eines Schrankes und stellte sich auf die Zehenspitzen, um etwas im obersten Regal zu erreichen. Eigentlich sollte er wissen, dass ihm ein Stuhl diese Sache deutlich erleichtern würde, doch das wäre nur unnötiger Aufwand. Normalerweise bewahrte er in diesen Schrank Dinge auf, die Christian nur selten benötigte, doch an der nächsten Jagd würde er mit Sicherheit teilnehmen wollen. Nur dafür benötigte er dessen Handschuh. Auch wenn Christians einziges Tier ein Pferd war, so fand sich immer jemand, der ihm nur zu freudig seinen Falken überließ. Warum auch nicht, für die meisten Adeligen war es sowieso nur ein Statussymbol ohne wirkliche Bedeutung.

Bei diesem Gedanken seufzte Rida leise. Er mochte Tiere und war der Meinung, dass man sich um ein einem anvertrautes Tier kümmern sollte. Nirgendwo sonst wurden Tiere so sinnlos ihrer Freiheit beraubt als hier. Jeder hatte Tiere, doch keiner kümmerte sich wirklich um sie, das machten nur die extra dafür bezahlten Knechte.

Er streckte sich noch weiter, bis seine Finger endlich den Rand des gewünschten Gegenstandes erreichten. Rida wusste, dass er nicht klein war, nur leider auch nicht groß, Durchschnitt eben, was ein Segen war, denn so viel er nicht sonderlich auf.

Den Rand des Handschuhs zwischen zwei Fingerspitzen nehmend, versuchte er sich nichts anmerken zu lassen, doch er war nicht mehr alleine. Da ihm der Schrank die Sicht auf seine Tür versperrte, konnte er diese nicht sehen, aber ihm war die kurze Veränderung des Lichteinfalls nicht entgangen. Außerdem konnte er die Anwesenheit eines anderen Menschen spüren, wenn er ihn auch wegen der fast vollkommenen Dunkelheit hier nicht sehen konnte.

Die Hand, die er bis jetzt zum Abstützen am Mittelbalken des Schrankes benutzt hatte, hielt mit einem Mal eine Klinge in der Hand. Als Leibwächter war es seine Aufgabe, immer eine Waffe zur Hand zu haben, um sich oder Christian zu schützen. Hauptsächlich um sich zu schützen, denn er war die erste und letzte Bastion, wenn man an Christian herankommen wollte. Genau deswegen musste er stark, konzentriert und unverletzt sein, nur so war er von Nutzen.

Der Eindringling war jedoch auch nicht ungeübt, in dem was er tat. Rida hatte weder sein Eintreten bemerkt, noch gab es irgendein Anzeichen dafür das er nun Gesellschaft hatte. Kein Atemzug, kein Rascheln der Kleidung, an solche Dinge dachte man nur nach jahrelanger Ausbildung, wobei man auch lernte sie zu vermeiden. Er musste wirklich aufpassen, wenn es jemanden gab, der sogar schon ausgebildete Attentäter auf Christian hetzte. Denn nichts anderes konnte der Eindringling sein.

Rida ging weiter seiner Aufgabe nach und fluchte leise, als seine Fingerspitzen den Halt verloren und der Handschuh ihm wieder entglitt. Allerdings war das nur Fassade, um den Anderen nicht merken zu lassen, dass er bereits von seiner Anwesenheit wusste.

Hinter sich hörte er plötzlich das leise Rascheln von Kleidung, viel zu nah für seinen Geschmack. Mit einer Bewegung, die für menschliche Augen beinahe zu schnell war, fuhr er herum. Die Klinge in seiner Hand zielte genau auf den Hals des Angreifers. Schnell und effektiv, wie man es ihm gelernt hatte.

Jedoch erreichte die Waffe nie ihr Ziel, da sich kurz davor eine Hand um Ridas Handgelenk legte und es so aufhielt. „Du lässt nach.“

Als er die Stimme hörte und erkannte, spannte sich Rida unwillkürlich an. Seine Stimme war kalt wie Eis, als er antwortete. „Was machst du hier?“

„Ich hätte dich inzwischen schon längst töten können, willst du so deinen Herren beschützen?“

Rida hob den Kopf, um den etwas Größeren in die Augen sehen zu können. Auch wenn klar war, dass er wohl kaum eine Antwort bekommen würde, er musste es noch einmal versuchen. „Du hast kein Recht dich hier aufzuhalten, Alan.“

„Wer will mich daran hindern? Du?“ Der Blondhaarige sah ihn abfällig lächelnd an.

„Ja.“ Er könnte das, dessen war sich Rida sicher. Alan war ein Angreifer, jemand der seine Stärke ausspielte wenn es darum ging andere Menschen zu töten. Seine Aufgabe hingegen war es Leute zu beschützen, wenn es darum ging kam seine Stärke zum Vorschein. Und wenn Alan ihn angriff, dann war es auch ein Angriff auf Christian und das würde er nicht zulassen.

Alan griff nach Ridas Kinn und hob es etwas hoch. Nachdenklich sah er ihn an und der Blick seiner grauen Augen wirkte amüsiert. „Du glaubst wirklich daran.“

Es war eine Feststellung, keine Frage, weswegen Rida auch keinen Grund sah, darauf zu antworten.

Der Attentäter seufzte, ließ seine Hand los und kam noch einen Schritt näher.

Rida war auf alles gefasst, nur nicht darauf, dass sich Alan streckte und in das Regal über ihm griff. Auch wenn es nur ein Moment war, so konnte Rida in diesem kurzen Moment alles an Alan wahrnehmen. Auch wenn er es nicht wollte, es blieb ihm gar nichts anderes übrig. Die breite und durchtrainierte Brust, den Duft nach Seife, was eine angenehme Überraschung war, und die fast lautlose Art sich zu bewegen. Alles Dinge, die er nun zum ersten Mal so nahe wahrnahm. Er konnte die Frauen verstehen, die Alan sehnsüchtige Blicke zuwarfen, aber Angst hatten, ihn anzusprechen. Zum Glück war er keine Frau, weswegen er sich darüber keine Gedanken machen musste.

„Da.“

Alan ließ etwas fallen und Rida streckte aus einem Reflex heraus die Hände aus. Einen Moment später hielt er den Handschuh in der Hand. Es dauerte einen Moment, bis sich Rida entschieden hatte, ob er sich dafür bedanken sollte oder nicht. „Danke.“

Höflichkeit war ihm anerzogen worden, selbst wenn er seinen Gegenüber nicht leiden konnte, oder es diesem an Höflichkeit fehlte. Vielleicht war nun der Moment für einen neuerlichen Versuch. „Warum bist du hier?“

„Weil ich dich sehen wollte?“ Noch immer hatte sich Alan nicht zurückgezogen und stützte seine Hände auf einem niedrigeren Regalbrett ab, sodass seine Hände direkt neben Ridas Kopf waren.

„Nett.“ Der Schwarzhaarige nickte gleichgültig. „Ich wüsste aber gerne die Wahrheit.“

„Nun ich wollte einmal wissen, wie es ist, das Hündchen seines Herrn zu sein, so wie du. Aus diesem Grund überbringe ich dir eine Nachricht von Lady Juliet. Annabelle würde gerne etwas Zeit mit Christian verbringen, es wäre nett, wenn er das mit seinen Terminen vereinbaren könnte.“

Das ließ sich sicher machen, immerhin liebte Christian seine Nichte. Jedoch gefiel Rida weder der Spott, noch der abfällige Ton in Alans Stimme. Den Spott, der ihm galt, könnte er ja noch tolerieren, doch nicht die Verachtung, die er Christian entgegenbrachte. „Du solltest nicht so abfällig über den Bruder deines Auftraggebers sprechen.“

„Benedikt kauft meine Fähigkeiten, nicht meine Meinung. Dafür reicht all sein Reichtum nicht aus.“

Rida hob skeptisch eine Augenbraue. „Geld, das ist doch alles woran ihr denken könnt. Du und deinesgleichen ihr seid nichts anderes als käufliche Mörder. Gewöhnlicher Abschaum, den man an jeder Ecke findet.“

Seine wahre Meinung war nicht ganz so tief, denn er kannte durchaus den feinen Unterschied, doch hier ging es um Alan. Wie Christian hatte er keine hohe Meinung von Attentätern, doch seine Meinung über den Blondhaarigen war noch um einiges schlechter.

Alan legte eine Hand auf Ridas Brust, einen Moment lang schien er seine Atmung zu verfolgen. „Es stimmt, mein erster Gedanke gilt immer dem Geld. Ich bin ein Attentäter, ich mache viel, wenn am Ende die Summe stimmt.“

Seine Hand glitt sanft höher, über Ridas Brust hinauf, zu dessen Halsansatz. „Für die richtige Bezahlung, lasse ich mich sogar beleidigen.“

Rida würde zu gern die Hand des Anderen beobachten, es gefiel ihm nämlich gar nicht, wo er diese spüren konnte. Den Blick von seinem abzuwenden, kam jedoch nicht in Frage, das hier war ein Duell und er hatte nicht die Absicht, es zu verlieren. Leider konnte man in den Augen des anderen nicht lesen was er als nächstes vorhatte.

„Also frage ich dich, wie willst du mich bezahlen, damit ich dir diese Frechheit durchgehen lasse?“ Bei diesen Worten, schloss sich Alans Hand um Ridas Hals und drückte zu.

Dessen erste Reaktion war mit einer Hand das Handgelenk des Anderen zu umschließen. Die zweite Hand ballte sich zur Faust und zielte auf Alans Bauch. Es war das Einzige, das er im Moment machen konnte. Alan war zu nahe, um seine Beine einzusetzen und nach hinten konnte er auch nicht, also musste sein Gegner zurückweichen.

Als er traf, ließ Alan wirklich los und wich einen Schritt zurück. Ob das alles nun geschah, weil Alan es wollte, oder weil es die Wucht des Schlages war, wusste Rida nicht, aber das Ergebnis war zu seiner Zufriedenheit, also dachte er nicht weiter drüber nach. „Ich werde deine Nachricht Christian ausrichten. Du kannst also gehen.“

Mit ausgestreckter Hand deutete er auf die Tür. Er dachte ja nicht daran sich auf das Spiel des Blondhaarigen einzulassen, das war deutlich unter seinem Niveau. Außerdem war ihm unbegreiflich, was Alan damit bezweckte.

„Gut. Ich werde meine Bezahlung später bekommen, meine Schulden treibe ich immer ein.“ Alan richtete seine Kleidung, während er Rida mit einem überlegenen Lächeln maß.

„Ich schulde dir gar nichts. Raus, oder ich helfe nach.“ Ridas Stimme klang schneidend bei diesen Worten. Langsam aber sicher strapazierte Alan seine Geduld und das machten viele aus gutem Grund nur einmal.

„Wir werden sehen.“ Noch immer lächelnd, maß er Rida noch mit einem abschätzenden Blick und ging.

Rida wartete einige Momente, bis er auch die Tür seines Zimmers hörte, als sie sich schloss. „Gar nichts werden wir sehen.“

Damit hob er den Handschuh wieder auf, den er zuvor fallen gelassen hatte. Solch ein Verhalten machte es ihm schwer mit dem Attentäter von Christians Bruder auszukommen. Da halfen alle Bitten von seinem Freund nicht, um etwas daran zu ändern. Wie man sah, lag es an Alan, nicht an ihm. Hoffentlich hatte er nun seine Ruhe vor Alan. Zumindest bis sie das nächste Mal notgedrungen aufeinander treffen würden, hier ließ sich das ja leider nicht vermeiden.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 20
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Wohlig streckte sich Shay in seinem Bett und blinzelte verschlafen. Wann war er eigentlich das letzte Mal so entspannt aufgewacht, ohne sich noch an Horrorszenen vom vorangegangen Abend zu erinnern und genau zu wissen, dass ihm deswegen noch eine Diskussion mit seiner Schwester bevorstand? Seit er hierhergekommen war kein einziges Mal. Gerade das, machte diesen Morgen auch zu etwas Besonderem.

Auch der Abend gestern war gar nicht einmal so schlecht gewesen. Mit Juliet an seiner Seite hatte er wirklich eine Menge neuer Leute kennengelernt, zwar waren es mehr Frauen als Männer, doch das könnte sich für seine Zukunftspläne als sehr hilfreich erweisen. Schließlich suchte nicht nur Susan hier einen geeigneten Partner, auch er hoffte hier eine vermögende Tochter kennenzulernen. Christian hatte schon gewusst, warum er ihn den Händen seiner Schwägerin überlassen hatte.

Obwohl, das war ja auch so ein Thema. Ohne ihn wäre er wohl kaum zu dem Fest gegangen, alleine die Vorstellung hatte ihm Angst gemacht. Dabei hatte es dafür keinen Grund gegeben. Christian hatte mit allen Worten Recht gehabt, doch das war nichts, dass er nicht schon von Anfang an gewusst hatte, schließlich hatte er seine Schwester schon oft genug begleitet. Es war ihm nur unangenehm gewesen, dass er nun im Mittelpunkt stehen sollte. Am Ende war es aber zum Glück gut gegangen, niemand hatte über ihn gelacht. Zumindest nicht so, dass er es sehen hatte können. Allerdings hatte Christian wohl noch einen anderen Grund gehabt, ihn an Juliet weiterzureichen. Der Grund war schwarzhaarig, weiblich, gutaussehend und gegen Ende des Abends nicht mehr von Christians Seite wegzubekommen.

Shay kniff die Augen zusammen, um dieses Bild wieder aus seinen Gedanken zu bekommen. Man konnte sagen was man wollte, doch Christian kam bei den Frauen sehr gut an. Das musste man ihm neidlos zugestehen, wenn sich auch einige Männer in seiner Gegenwart sehr seltsam benommen hatten, wie Shay fand. Aber das war wohl auch etwas, das er erst mit der Zeit begreifen würde, so wie viele andere Dinge. Immerhin waren diese Männer nicht die Einzigen gewesen, die sich gestern seltsam verhalten hatten, auch manche Frauen hatten ihm selbst eigenartige Blicke zugeworfen, die er nicht richtig einschätzen konnte. Man könnte es als vages Interesse deuten, doch Shay war zu realistisch, um sich solche Hoffnungen zu machen. Himmel, nicht einmal die Dienstmädchen auf ihrer Burg interessierten sich für ihn, wieso sollten es dann adlige Damen tun?

Ein energisches Klopfen an seiner Tür brachte Shay dazu, seine Augen wieder zu öffnen. Mit einem Stöhnen richtete er sich auf. Da hatte er sich wohl zu früh gefreut, manche Dinge änderten sich wohl nie.

Ohne eine Antwort abzuwarten, riss Susan die Tür auf und kam in das Zimmer gestürmt.

Sie wirkte wütend, was Shay nicht überraschte. Zorn war in letzter Zeit das Einzige, das sie ihm noch entgegenbrachte, es war erstaunlich, wie nachtragend sie sein konnte. „Wo warst du gestern Abend?“

Gedanklich prüfte Shay kurz, ob er aufstehen konnte, aber er fühlte Stoff an seinen Beinen, weswegen das wohl ungefährlich war. Er schlug die Decke zurück, ja, er trug noch eine Hose, und stand auf. „Normalerweise wartet man auf eine Antwort, wenn man an eine Tür klopft.“

„Gut, dann werde ich das nächste Mal einfach nicht anklopfen.“ Susan verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr Blick war genau derselbe, den jeder Ehemann fürchtete, wenn er am Abend zuvor zu lange fort gewesen war.

Bei ihm verfehlte er allerdings seine Wirkung, da er sich nichts vorzuwerfen hatte. Schließlich war er ihr in keinster Weise verpflichtet und wenn es um sie ging, sah sie das ja genauso. „Ich war auf einem Fest.“

„Alleine?“ Susan hob fragend eine Augenbraue. Man merkte, dass sie ihm das nicht glaubte.

Shay lächelte, als er zu seinem Spiegel ging und sich kurz durch die Haare fuhr. „Nun auf einem Fest ist man nie alleine, deswegen geht man ja dorthin. Aber ich denke, du meinst wohl meine Begleitung. Ja, ich war alleine dort, aber ich wurde von Lord Alrin eingeladen.“

„Von Lord Alrin?“ Ein seltsamer Unterton schwang in der Stimme der Jüngeren mit, als sie seine Worte wiederholte. „Mein Gott, Shay!“

Sie griff sich mit einer Hand an die Stirn und schüttelte den Kopf. „Du bist so dumm. Weißt du denn nicht, was Christian vorhat?“

Shay runzelte die Stirn bei diesen Worten. Was sollte Christian schon vorhaben, er beglich seine Wettschulden. Nur konnte er das Susan auf keinen Fall erzählen, nicht einmal, dass er Christian besiegt hatte. Was sie ihm sowieso nicht glauben würde. „Ich habe ihn darum gebeten.“

„Und Christian hat dir deine Bitte erfüllt.“ Sie nickte verstehend. „Das glaube ich sogar. Ich denke, er musste nicht einmal lange darüber nachdenken.“

Ihm gefiel der spöttische Unterton seiner Schwester nicht, weswegen er wütend herumfuhr. „Hör zu Susan, ich war heute Morgen wirklich guter Laune. Diese würde ich gerne noch etwas beibehalten. Wenn du also etwas zu sagen hast, dann sag es und geh.“

Das schienen genau die Worte zu sein, auf die Susan gewartet hatte. Ein gehässiges Lächeln legte sich auf ihre Lippen und in ihren Augen funkelte es triumphierend. „Der einzige Grund weswegen er sich für dich interessiert, ist, weil er dich, … wie hast du das bei mir genannt…, entehren will.“

Für einen Moment war Shay einfach nur geschockt. Nicht weil er die Worte seiner Schwester glaubte, das war absurd, sondern weil sie überhaupt an so etwas dachte. Schlimmer noch, dass sie so etwas überhaupt kannte, oder sich vorstellen konnte, dass solche Dinge möglich waren. Wo war die christliche Erziehung hin, die man ihr beigebracht hatte? Man konnte ja vieles auf den Einfluss dieses Hofes schieben, aber hier hatte eindeutig ihre Mutter versagt. „Wie kommst du nur auf solche Ideen?“

Susan zuckte nur gelangweilt mit den Schultern. „Was? Es ist doch allgemein bekannt, dass Lord Alrin keinem Geschlecht abgeneigt ist. Angeblich ist er da aber nicht der Einzige. Als Frau finde ich das sehr bedauerlich. Gegen dich zu verlieren, sehe ich jedoch als Beleidigung.“

Hier bestand dringend Handlungsbedarf. Wo bekam seine Schwester nur diese Ideen her? Anscheinend musste er ihren Freundeskreis einmal überprüfen und von einigen Leuten reinigen. Da hatte er sogar schon ein paar im Sinn. Schließlich hatte er selbst erst erfahren, dass es diese Dinge gab, als ihr Priester dagegen gewettert hatte. Es war verboten und das war auch richtig so, ebenso wie Intimitäten vor der Ehe, wobei er das durchaus in Frage stellte. Für die Frauen war das ja in Ordnung, aber bei den Männern war das schon etwas sinnlos, eine Ansicht, die er mit vielen Altersgenossen teilte. „Du verlierst nicht gegen mich, denn Christian interessiert sich nicht für mich. Das ist absurd.“

Doch Susan wollte nicht so leicht aufgeben. Kämpferisch stemmte sie die Hände in die Hüfte und beugte sich leicht vor. „Ach ja? Und woher dann das Interesse an dir? Warum hilft er dir auf einmal dabei ein besserer Kämpfer zu werden? Selbst wenn ich mich irre und er dir nur aus Mitleid hilft, ist das mehr als erbärmlich.“

Sie hatte Recht. Shay gab es nur ungern zu, aber seine Schwester hatte Recht. Er wusste nicht, weshalb Christian ihn trainierte. Aus diesem Grund konnte er auch nichts darauf erwidern und gestatte Susan so einen kleinen Sieg, was ihn wiederum wütend machte. Aber er musste etwas erwidern, wenn er nicht vollends das Gesicht verlieren wollte. „Dann ist es vielleicht Mitleid, ich weiß es nicht. Doch mit deiner ersten These liegst du vollkommen falsch. Erst gestern Abend hat er das Fest mit einer Dame verlassen, ich hingegen war die ganze Zeit an Lady Juliets Seite.“

Triumphierend hatte Susan schon den Mund geöffnet, schloss ihn aber, als sie Shays letzte Worte hörte. Ein wütendes Funkeln trat bei der Erwähnung der anderen Frau in ihre Augen. Allerdings war sie danach völlig ruhig als sie antwortete. „Oh, so. Nun, dann muss ich mich wohl geirrt haben. Wenn du mich entschuldigst, ich will dich nicht weiter stören.“

Sie lächelte freundlich, neigte den Kopf zu Gruß und verließ das Zimmer.

Shay sah ihr verwirrt nach. Was war das eben? Es passte gar nicht zu Susan, das sie plötzlich so kampflos aufgab, vor allem nicht lächelnd. Ihre Worte gaben ihm jedoch schon zu denken. Was wusste er schon von Christian, außer dem, was die Gerüchte sagten? Vor allem, welchen Gerüchten konnte er trauen? Vielleicht sollte er wirklich auf Susan hören, etwas Abstand konnte nicht schaden und gelernt hatte er doch schon genug. Die ersten paar Runden konnte er sicher schaffen, höher musste er ja nicht kommen. Wollen schon, aber zwischen dem Wollen und können lag immer eine breite Kluft. Selbst mit noch so viel Training konnte er diese nicht überwinden, weswegen er auch aufhören konnte zu trainieren.

Seufzend füllte er seine Waschschüssel mit Wasser. Nachdenklich starrte er auf sein verzerrtes Spiegelbild im Wasser. Auf jeden Fall musste er es ihm schon selbst sagen, dass war er ihm schuldig. Hoffentlich fand er rasch den Mut dafür. Sie hatten zwar nichts ausgemacht, doch abgesagt hatten sie das heutige Training nicht.
 

Eine sanfte Hand strich über seine Wange und Christian lächelte sanft. Seine Mutter würde wohl nie aufhören, ihn so zu wecken, egal wie alt er war. „Noch ein paar Minuten.“

Mit diesen Worten zog er die Decke etwas höher. Erst als er das erledigt hatte, fiel ihm der Fehler in seinen Gedanken auf. Er war weder daheim, noch fühlte sich die Hand seiner Mutter so jung an. Ihre Hände waren die einer alten Frau und eher rau, da sie viel im Garten arbeitete. Seine Bettgefährtin konnte es allerdings auch nicht sein, denn diese hatte Rida sicher schon zugehen aufgefordert, wenn sie es nicht von sich aus getan hatte.

Vorsichtig öffnete er seine Augen und sah ihn ein lächelndes Gesicht. „Morgen, Langschläfer.“

„Karen!“

„Wenigstens scheint dein Gehirn wieder zu funktionieren.“ Sie kniete neben dem Bett auf dem Boden. Ihren Kopf hatte sie auf eine Hand gestützt und mit der anderen über seine Wange gestreichelt. „Steh auf, die Sonne steht schon hoch.“

Verwundert sah sich Christian im Zimmer und erblickte Rida, der nur hilflos mit den Schultern zuckte. Sicher hatte er es versucht, aber gegen Karen hatte fast niemand eine Chance, es sei denn man wandte Gewalt an.

Karen richtete sich inzwischen auf und strich sich über den Rock ihres Kleides. „Steh auf, zieh dich an. Ich warte mit dem Frühstück auf dich.“

Damit ging sie, noch immer ihre Kleidung richtend, aus dem Zimmer.

Fragend sah er zu Rida, der nur abwehrend die Hände hob. „Ich habe es versucht.“

Es war ja nur Karen, diese hatte gewisse Sonderrechte und sie war auch keine Bedrohung für ihn. Da war es kein Wunder, dass Rida nichts gegen sie ausrichten konnte.

Christian schlug die Bettdecke zur Seite und stand auf.

Während er sich wusch, holte Rida bereits die heutige Kleidung aus dem Ankleidezimmer. „Lady Annabelle lässt dir ausrichten, dass sie gerne etwas Zeit mit dir verbringen würde.“

Christian nickte, als er sich von Rida in das Hemd helfen ließ. „Hat Juliet einen Boten geschickt?“

Wahrscheinlich, sonst hätte ihn sein Freund sicher geweckt. Das war eine der wenigen Ausnahmen, für die er gerne seinen Schlaf unterbrach.

„So könnte man es nennen.“

„Warum?“ Es irritierte Christian schon, wie sein Freund reagierte. Egal wer der Bote war, er hatte ihn verärgert, anders konnte er sich den Tonfall nicht erklären.

„Alan hat die Nachricht überbracht.“

„Oh.“ Nun, er würde es schon überlebt haben und Rida stand ja auch noch immer. Aus diesem Grund beschloss er, nicht weiter nachzubohren.

Er zog sich fertig an und ging dann zu Karen ins Nebenzimmer. Wie er es sich gedacht hatte, hielt sie nicht wirklich Wort und hatte bereits mit dem Frühstück angefangen. Doch er konnte es ihr nicht wirklich verdenken, er hätte es auch so gemacht.

Er setzte sich ihr gegenüber auf einen Stuhl und nahm von Rida eine Tasse Tee entgegen. „Also, was führt dich zu mir?“

Karen sah ihn unschuldig lächelnd an. „Was denn? Kann ich dich nicht einfach einmal so besuchen?“

„Karen?“ Auch Christian lächelte freundlich. Sie kannten sich einfach schon zulange, um nicht zu wissen, was der Andere dachte und keiner von ihnen suchte den Anderen ohne Hintergedanken auf.

Karen fächelte sich mit der Hand Luft zu, was Rida sofort dazu brachte, die Balkontür zu öffnen. „Danke, Rida. Nun ich dachte, dass es dich vielleicht interessiert, dass Shay das Fest alleine verlassen hat.“

„Nichts anderes habe ich angenommen.“ Christian nippte kurz von seinem Tee. Nein, er hatte gewusst, dass keine der Damen sich mit ihm einlassen würde. Nicht am ersten Abend, beim ersten Treffen. Zuerst musste man immerhin seinen Wert bestimmen.

„Ich weiß und das stört mich.“ Missmutig nahm Karen einen Schluck von ihrem Wein.

„Was? Dass Shay alleine blieb?“ Das überraschte Christian nun wirklich. Wenn er aus ihren vorherigen Worten schloss, hatte sie doch selbst eine kleine Schwäche für Shay. Obwohl das wohl eher daran lag, dass er noch so naiv war.

„Nein, dass du Recht hattest.“

Christian sah sie einen Moment überrascht an, bevor er zu lachen begann. So überhörte er sogar das Klopfen an der Tür. Erst als Rida ihn an der Schulter berührte, beruhigte er sich und sah seinen Freund fragend an.

„Er ist vor der Tür. Shay Feran.“

„Hast du ihn eingeladen?“ Fragend sah er Karen, denn dass er von alleine kam, war kaum denkbar.

„Wen?“ Karen sah von ihrem Teller hoch, auf das sie sich eben ein neues Stück Kuchen legte.

„Shay? Lass ihn rein.“ Also kam er doch von alleine? Das war zwar erfreulich, aber doch seltsam. Christian hatte ein ungutes Gefühl dabei. Ob er doch übertrieben hatte, als er gestern so offensichtlich das Fest verlassen hatte? Aber das machte er immer, das erwartete man ja schon fast von ihm.

Auch Karen legte die Stirn in Falten und sah teils misstrauisch, teils neugierig Richtung Tür.

Als Rida die Tür öffnete und Shay eintreten ließ, wirkte dieser überrascht als er auch Karen sah. „Oh, ich wusste nicht, dass ich störe. Soll ich später wiederkommen?“

Für einen Moment wirkte der Jüngere so erleichtert, dass Christian einen Moment überlegte, ob er die Frage nicht bejahen sollte. Allerdings sollte man unangenehme Dinge so rasch wie möglich hinter sich bringen. Aus diesem Grund schüttelte er den Kopf. „Nein, du störst nicht. Karen hat sich nur… selbst eingeladen.“

„Gut.“ Shay sah zu Boden, man merkte, wie er nach den richtigen Worten suchte. „Eigentlich wollte ich mich nur für Euer Training bedanken, das war wirklich freundlich. Doch ich denke, dass wir das nun besser beenden sollten.“

Dass Shay schon so förmlich anfing, ließ Christian aufhorchen und seine Intuition schien ihn nicht getäuscht zu haben. Er streckte eine Hand nach Shay aus, doch dieser ging einen Schritt zurück, obwohl Christian gar nicht in Reichweite war.

„Ich wollte mich nur bedanken, aber ich denke etwas Abstand wäre nicht schlecht.“ Damit wandte er sich um und verließ den Raum.

Irritiert sah Christian zu Karen. Was war hier gerade passiert? Und warum war es passiert? Irgendwo in diesem kurzen Gespräch schien er den Faden verloren zu haben. „Was…?“ Er deutete mit dem Zeigefinger fragend zur Tür.

Karen hob ihr Glas und sah den Blondhaarigen gelassen an. „Interessant. Ich hätte nie gedacht, dass dich mal jemand versetzt. Das ist ja fast ein historischer Tag.“

„Ja, aber warum?“ Dass er gerade versetzt worden war, war ihm klar, nur würde er gerne einen Grund wissen.

Karen nahm einen Schluck von ihrem Wein und setzte das Glas wieder ab. Gelangweilt betrachtete sie ihre Fingernägel, als sie antwortete. „Wegen gestern kann es nicht sein. Allerdings denke ich, dass ich den Grund kenne und er ist sicher weiblich.“

„Du meinst Susan?“ Eine andere Frau gab es in Shays Umfeld ja nicht. Allerdings hatte Christian gehofft, dass sich dieses Thema erledigt hätte.

Sie sah von ihren Fingernägeln auf. „Genau. Doch um sie musst du dich nicht kümmern, das werde ich übernehmen. Sie wird mir nie wieder in meine Pläne pfuschen.“

Der Ältere vermied es wohlweislich Karen nach ihren Plänen zu fragen. Nicht wenn sie in dieser Stimmung war. Diese ruhige Gelassenheit beunruhigte sogar ihn, vor allem weil er wusste wie das enden konnte.

Allerdings hatte er auch nicht vor diese Sache auf sich beruhen zu lassen. Dafür hatte er bis jetzt schon zu viel hineininvestiert, als dass er das nun einfach hinnehmen würde. Ein paar Tage Abstand würden ihnen beiden wohl ganz gut tun. So konnte Shay sich beruhigen und er seinen gesellschaftlichen Pflichten nachkommen. Etwas das er in letzter Zeit sträflich vernachlässigt hatte.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 21
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Noch immer nicht ganz besänftigt, klopfte Karen an die Tür vor ihr. Es passte ihr nicht, dass sie nun ihre Pläne umformen musste und das nur wegen Susan. Egal was sie Shay eingeredet hatte, es zeigte Wirkung. Natürlich würde Christian das wieder in den Griff bekommen, trotzdem verdiente Susan einen Denkzettel. Und sie würde gerne ihre Lehrmeisterin sein.

Ein älterer Herr öffnete ihr und sah sie fragend an.

„Ist er wach?“ Sie kam gleich zum Thema, immerhin kannte der Diener sie schon seit Jahren.

„Ja, aber…“

Das war schon Antwort genug für sie. Entschlossen drängte sie sich an dem Mann vorbei und durchquerte das Zimmer, bis zur Tür des Schlafzimmers.

„… er ist gerade beim Ankleiden.“ Der Diener sah ihr hilflos nach, machte aber keine Anstalten sie aufzuhalten.

Mit einem „Wir müssen reden“ stieß sie die Tür zum Schlafzimmer auf und trat ein.

Der junge Mann vor dem Spiegel zog überrascht sein offenes Hemd vor der Brust zusammen, so als müsste er etwas vor ihr verbergen. „Karen! Was machst du hier?“

Bei der Geste hob Karen überrascht eine Augenbraue. „Was soll das? Du hast nichts, das ich nicht schon gesehen hätte.“

Als Kinder hatten sie oft genug am See gespielt und auch wenn sie dabei immer im Unterkleid gewesen war, so waren Jungs in dieser Hinsicht ja bekanntlich viel freizügiger.

Er ließ die Enden seines Hemdes wieder los. „Was willst du von mir?“

Sie lächelte kühl. „Wie gesagt, wir haben zu reden. Zieh dich an, ich werde auf dich warten.“

Damit wandte sie sich von ihm ab und ließ den Diener an sich vorbei. Ohne ihn fand Brian ja nicht einmal seine Schuhe. Inzwischen nahm sie auf einem Sofa Platz und griff sich ein Buch, das auf dem Beistelltischchen daneben lag. Im Gegensatz zu den meisten Frauen hier konnte sie lesen und schreiben, sogar mehr als nur ihren Namen. Ihre Mutter hatte immer gemeint, es könnte nicht schaden, wenn eine Frau ihrem Mann ebenbürtig wäre. Worte, die sie wohl nie gesagt hätte, wenn sie gewusst hätte, welche Früchte sie bei ihrer Tochter trugen. Aber anscheinend konnte sie mehr lesen als ihr Cousin, dafür sprachen auf jeden Fall die vielen Bilder in diesem Buch. Allerdings war es sehr aufschlussreich, was die Arten von Waffen anging, die es gab. Vielleicht würde sie sich in Zukunft die ein oder andere anschaffen.

Es dauerte einige Zeit, bis Brian endlich sein Schlafzimmer verließ. Als er sah, dass Karen sich mit seinem Buch beschäftigte, seufzte er tief. „Tante hätte dir das niemals beibringen dürfen.“

„Hat sie aber. Doch ich weiß, dass dir das nicht gefällt, Brian. Du hast Frauen ja lieber schön und dumm.“ Lächelnd schlug sie das Buch zu und legte es zur Seite.

„Daran gibt es nichts auszusetzen.“ Brian nahm neben ihr Platz und lehnte sich zurück.

Einige Frauen würden darüber sicher anders denken. Hier war nicht jede Frau so dumm wie sie tat. Sich dumm zu stellen war nur eine Möglichkeit die Aufmerksamkeit mancher Männer zu erregen. Was sie zum Thema brachten. „Ich dachte eigentlich, wir hätten eine Abmachung?“

„Haben wir doch. Ich habe alles getan, was du wolltest. Ich mime für die Zeit des Turniers den Liebhaber dieses Mädchens, so dass sie nicht auf dumme Ideen kommt.“ Gelangweilt blickte Brian auf seinen Diener, der dabei war das Frühstück anzurichten. „Isst du mit mir?“

„Wenn ich nicht schon gefrühstückt hätte, dann wäre ich nicht hier.“ Denn dann hätte sie diese Information erst aus zweiter Hand erfahren. Vielleicht wäre ihre Reaktion dann auch anders ausgefallen. Ohne auf den verwirrten Blick ihres Cousins zu achten, wandte sich Karen an den Diener. „Für mich nur ein Glas Wasser, Timothy.“

Ein Nicken war das einzige Zeichen, dass er ihre Worte gehört hatte.

„Bist du nur hier, um mich an meine Pflichten zu erinnern?“

Karen schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin hier um dir zu sagen, dass es eine Planänderung gibt. Susan hat sich nun schon eingemischt und meine Pläne ins Wanken gebracht. Deshalb werde ich mich rächen und zwar mit deiner Hilfe.“

„Aha?“ Auch wenn Brian nicht ganz verstand was Karen meinte, so richtete er sich schon alarmiert auf. „Was also schwebt dir vor?“

„Das Beste wäre, wenn ich einen zweiten Mann zur Hand hätte, dann wäre es doppelt so schmerzhaft, doch das würde Shay nie zulassen, also gebe ich mich mit dir zufrieden.“

„Wie gnädig.“ Ihr Cousin zog eine Grimasse und stand auf. Er warf einen kurzen Blick aus dem Fenster, bevor er am Frühstückstisch Platz nahm.

„Ach sei nicht gleich beleidigt, sieh es als Ehre, mir helfen zu dürfen. Außerdem bekommst du dafür auch etwas. Schon vergessen, wenn das beendet ist, werde ich dich mit Lady Elisabeth, der Hofdame von Kiana bekannt machen. Das wolltest du doch.“

Brian seufzte und deutete seinem Diener, der ihm gerade Tee einschenkte, zu stoppen. „Was also willst du?“

Karen stand auf und ging zum Tisch. Allerdings setzte sie sich nicht, sondern nahm nur ihr Glas in die Hand. „Ich will, dass sie sich in dich verliebt, oder sich zumindest Hoffnungen macht. Sie soll sich ganz auf dich konzentrieren, damit sie für alles um sich herum blind ist. Und dann kannst du ihr das Herz brechen, so wie du es schon tausendmal gemacht hast.“

„Und das ist deine Rache?“ Brian sah sie verständnislos an, so als könnte er nicht glauben, dass das alles war.

Sie sah ihn ungläubig an. „Hältst du mich für naiv, natürlich nicht. Liebeskummer ist nichts, das nicht irgendwann wieder vergeht. Nein, ich werde dafür sorgen, dass sie danach am ganzen Hof keinen Ehemann mehr findet.“

Wenn man genug Zeit und die richtigen Kontakte hatte, dann ging alles. Gerüchte sprachen sich hier schnell herum, vor allem wenn sie unwahr waren. Keiner war an der Wahrheit interessiert, es sei denn sie war dreckig und unanständig.

„Meinen Ruf lässt du aber unangetastet, oder?“ Ihr Cousin sah sie streng an.

Einen Schluck von ihrem Wasser nehmend lächelte Karen, als sie das Glas auf den Tisch zurück stellte. Sie ging zu Brian und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Natürlich, du bist Familie. Danach werden dir deine Freunde anerkennend auf die Schultern klopfen.“

Oder auch nicht, aber das verschwieg Karen lieber.

Sie ging zur Tür. „Ich wünsche dir einen schönen Tag, Brian. Wir sehen uns dann sicher bei der Jagd. Pass mir auf Trevor auf.“

Die Jagd war zwar erst in zwei Tagen, doch auch wenn sie verwandt waren, sie mussten sich ja nicht andauernd sehen. Doch nun fühlte Karen sich wieder etwas besser. Das könnte noch ein sehr schöner Tag werden, trotz des unangenehmen Anfangs.
 

„Ich wurde hierher bestellt.“ Christian sah Alan ernst entgegen, als dieser ihm die Tür öffnete.

Wortlos ließ Alan die Tür los und entfernte sich davon.

Mit einem leisen Seufzen, stieß Christian die Tür ganz auf und trat ein.

„So viel zu, Hündchen seines Herrn.“

Er wusste nicht, ob Ridas gemurmelte Worte ihn betrafen, weswegen er beschloss dazu nichts zu sagen. Allerdings irritierte ihn diese Aussage schon. Jedoch nicht so sehr, wie es das schadenfrohe Lächeln auf Ridas Lippen tat. Was war da bloß heute Morgen vorgefallen? Er wüsste es wirklich gerne.

„Onkel!“ Mit einem Lächeln, das nur Kinder zustande brachten, lief Annabelle auf ihn zu.

Christian beugte sich hinunter, breitete die Arme aus und legte sie um die Schultern des Mädchens. Die Zeiten wo er sie auf die Arme nehmen konnte, gehörten leider immer mehr der Vergangenheit an. Vor allem, weil sie selbst das nicht mehr wollte.

„Christian.“ Juliet wirkte überrascht, sie hatte offensichtlich nicht mit seinem Besuch gerechnet. „Was machst du hier?“

„Siehst du, er ist doch gekommen. Wie ich es gesagt habe.“ Mit einem triumphierenden Tonfall drehte Annabelle sich zu ihrer Mutter um. Dabei ließ sie es aber nicht zu, dass Christian die Umarmung löste.

„Ich sehe es.“ Sie legte das Stickzeug aus der Hand. „Aber warum? Musst du nicht zum Training?“

„Das hat sich wohl erledigt.“ Er lächelte schief. Was sollte er sonst sagen? Wenn sich Alan jedoch nicht sofort das spöttische Lächeln aus dem Gesicht wischte, würde er vielleicht etwas sagen, das sein Leben in Zukunft sehr gefährdete.

Juliet sah ihn einen Moment eindringlich an, bevor sie sich an ihre Tochter wandte. „Bist du eigentlich schon mit deinem Unterricht fertig? Ich habe nicht gesehen, dass dein Lehrer sich schon verabschiedet hat.“

Vor allem, weil der Mann noch immer in der Tür zu Annabelles Zimmer stand, ein noch immer aufgeschlagenes Buch in der Hand.

Annabelle sah ihre Mutter gequält an. „Aber Christian ist hier. Bitte Mutter.“

Diese schüttelte entschlossen den Kopf. „Du kennst unsere Abmachung.“

Bevor hier noch ein größeres Unglück passierte, legte Christian seiner Nichte die Hände auf die Schultern. Geduldig wartete er, bis sich diese zu ihm umdrehte. „Ich werde hier warten. Und wenn du mit deinem Unterricht fertig bist, dann werden wir…“

Er warf einen kurzen Blick zu Alan und Juliet, als er überlegte was sie wohl erlauben würden. „… werden wir den Schaustellern einen Besuch abstatten. Ist das eine guter Vorschlag?“

Nun ihre Mutter schien davon nicht allzu begeistert zu sein, dafür aber Annabelle. „Ja, ist es.“

Sie umarmte Christian noch einmal und lief dann zurück in ihr Zimmer. Der Lehrer neigte dankbar den Kopf, als er die Tür hinter ihnen schloss.

Er richtete sich auf. „Unterricht schon mit fünf Jahren, Juliet?“

„Der Einfall deines Bruders. Seiner Meinung nach kann man damit nicht früh genug anfangen. Außerdem sind es nur zwei Stunden am Tag.“ Sie deutete einladend auf den Sessel ihr gegenüber.

Dankend nahm Christian Platz. Ihm war klar, warum sie Annabelle aus dem Zimmer geschickt hatte, weil sie ungestört mit ihm reden wollte.

„Also, was ist vorgefallen?“ Sie hielt sich gar nicht lange mit irgendwelchen unwichtigen Dingen auf, sondern kam gleich zum Punkt.

„Was soll vorgefallen sein? Shay hat mir heute Morgen mitgeteilt, dass er mein Training nicht mehr benötigt. Außerdem meinte er, dass wir etwas Abstand zueinander einhalten sollten. Jemand hat ihm wohl einige Dinge über mich erzählt, anders kann ich mir dieses Verhalten nicht erklären.“

„Wahrscheinlich. Dein Abgang gestern hat ihn ja auch nicht sonderlich gestört. Zumindest nicht so, wie er manche Andere geärgert hat.“ Nachdenklich sah Juliet aus dem Fenster. „Und was wirst du nun machen?“

Er zuckte mit den Schultern. „Was soll ich machen? Ich lasse ihm seinen Willen, zumindest für einige Zeit. Währenddessen gehe ich meinen anderen Pflichten nach, ich dränge niemandem meine Gesellschaft auf.“

Von Alan kam ein ersticktes Geräusch, das wie ein Lachen klang, doch er schenkte ihm keine Beachtung. Normalerweise ließ er sich das von keinem Diener gefallen, doch er wusste, dass es Alan nur darauf anlegte. Er wollte ihn provozieren, nur kannte er den Grund dafür nicht.

„Natürlich.“ Juliet lehnte sich in ihren Sessel zurück, als sie ihren Blick wieder auf Christian richtete, war er jedoch streng. „Benutzt du Annabelle?“

„Nein.“ Dieser Mutterinstinkt rang Christian beinahe ein Lächeln ab. Jedoch verkniff er es sich, Juliet das zu zeigen, denn diese könnte es falsch auffassen.

„Das hatte ich auch nicht erwartet. Weißt du, ich würde dir gerne in dieser Angelegenheit helfen, nur weiß ich nicht wie.“

„Du meinst, du willst dir nichts einfallen lassen.“ Er schüttelte den Kopf. „Das verlange ich auch nicht von dir. Ich weiß, wie du und Benedikt zu dieser Sache steht, allgemein meine ich. Jedoch sehe ich keinen Grund mich zu ändern, jetzt noch nicht.“

„Du suchst etwas unmögliches, Christian. Warum gibst du dich nicht mit dem zufrieden, was dem am Nächsten kommt?“

Er seufzte als er diesen Tonfall hörte. Wie oft hatten sie dieses Gespräch schon geführt? Unzählige Male und Juliet wurde nie müde dieses Thema anzuschneiden. „Du meinst mich statt mit Liebe, nur mit Zufriedenheit zu begnügen? Das ist keine Option. Wenn, dann will ich das was du mit Benedikt hast und das was ich kurze Zeit gefühlt habe.“

Christian versuchte seine Stimme ruhig klingen zu lassen, doch er schaffte es nicht ganz, sodass der letzte Teil des Satzes etwas bedauernd klang.

Juliet seufzte und streckte eine Hand nach ihm aus. „Christian…“

Er hob die Hände und verhinderte so den Körperkontakt. „Hey, ich bin noch jung und im besten Mannesalter. Derzeit habe ich meinen Spaß und das werde ich solange weiterführen, bis ich die Lust daran verliere, oder mich jemand davon abbringen kann.“

Es gab einfach Dinge, über die wollte er nicht mehr reden. Juliet nervte es auch, dass er das immer anschnitt, doch wenn sie mit diesem Thema kam, konnte er einfach nicht anders. Natürlich verkniff er sich solche Bemerkungen gegenüber Benedikt. Jetzt jedoch schien es ihm angebracht, das Thema zu wechseln.

„Ich werde euch bald wieder besuchen kommen.“ Das hatte er schon vor einigen Tagen beschlossen. „Entweder noch diesen Herbst, oder nächsten Sommer. Während des Turniers ist hier sowieso nicht viel los, meiner Ansicht nach.“

Außerdem zogen sich die meisten Adeligen nach dem Turnier sowieso auf ihren Landsitz zurück, um sich etwas zu entspannen und der Hektik zu entfliehen.

„Das wird Benedikt freuen und deine Mutter auch.“ Juliet lächelte freudig.

Auch ihm war es eine Freude, wieder seinen Geburtsort zu besuchen. Es war schön wenn man dorthin zurückkehren konnte, auch wenn es nicht ihm gehörte. Aber es beruhigte einen doch, wenn man wusste, dass es einen Ort gab, an den man immer erwünscht war.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 22
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Es war nicht richtig gewesen. Nicht dass er ihre Abmachung beendet hatte, sondern die Art, wie er das getan hatte. Er hätte es Christian erklären sollen, doch Karens Anwesenheit hatte ihn irritiert und nun konnte er nichts mehr daran ändern. Dabei schien der Ältere wirklich verwirrt gewesen zu sein, anders konnte man seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. Ihm wäre es unter solchen Umständen kaum anders gegangen.

Shay hob sein Schwert und konzentrierte sich auf die Ratschläge, die ihm Christian gegeben hatte. Es gab eine Menge Fehler, die er aber noch immer durch bloßes Trockentraining beheben konnte.

„Nanu, heute ganz alleine?“

Das Schwert noch immer erhoben fuhr Shay herum, senkte es aber hastig, als er seinen Gegenüber erkannte. Es war nicht gerade förderlich, wenn man den Sohn eines Handelspartners mit einer Waffe bedrohte.

Raoul lächelte nur amüsiert. „Etwas schreckhaft, wie? Ja, das kann vorkommen.“

Verlegen schob Shay sein Schwert wieder in die Scheide zurück. Am besten ließ man den Stein des Anstoßes schnellstens verschwinden. Erst dann überlegte er sich eine Antwort auf die Frage des Älteren. Wie viel konnte er wissen? Hatte er schon mit Christian gesprochen, war er deswegen hier? „Hat Euch Lord Alrin geschickt?“

„Christian?“ Raoul runzelte die Stirn, bevor er lächelte. „Nein, eigentlich hatte ich angenommen, ihn hier zu finden. Außerdem weswegen hätte er es nötig mich zu schicken? Das passt nicht zu ihm.“

Er klatschte einmal in die Hände. „Nun, da er nicht da ist, wie steht es mit euch? Lust auf einen kleinen Trainingskampf?“

„Mit mir?“ Shay sah den Schwarzhaarigen ungläubig an. Das war ja eine einmalige Gelegenheit, wenn auch eine sehr kurze. Schließlich wusste er, wie sein Gegenüber kämpfen konnte. War bei einem Kampf zwischen Christian und seinem Gegenüber eigentlich je einer als Sieger hervorgegangen? „Ich bin aber nicht gut.“

Die Schultern zuckend, zog Raoul sein Schwert. „Wollt Ihr mir das auch sagen, wenn wir uns beim Turnier gegenüberstehen? Das wird Euch nicht sehr viele Bewunderer einbringen. Außerdem habe ich hier nicht mehr allzu viele Trainingspartner, also tut mir den Gefallen und nehmt diesen Platz ein.“

„Gerne.“ Er hatte ihn gewarnt, mehr konnte er nicht machen. Shay zog sein Schwert und stellte sich ihm gegenüber auf.

Wie er vorhergesehen hatte, wurde es ein sehr kurzer Kampf, denn schon nach einigen Minuten hatte er sein Schwert verloren. Dabei hatte Shay die ganze Zeit schon vermutet, dass Raoul sich etwas zurückhielt. Jedoch stellte er fest, dass sein Kampfstil besser war als zuvor, er machte nicht mehr so viele Fehler. Früher waren ihm diese erst danach aufgefallen, nun bemerkte er sie schon früher und konnte sie vermeiden.

Raoul steckte sein Schwert wieder ein und hob Shays auf. Dieses hielt er ihm, mit dem Griff voran, entgegen. „Soweit ich es sehe, ist es nicht Euer Kampfstil an dem Ihr arbeiten müsst, sondern Eure Einstellung. Nur weil ein Kampf vom Kräfteverhältnis her ungleich ist, ist er nicht aussichtlos.“

Vorsichtig nahm ihm Shay das Schwert ab und hielt es unsicher in der Hand. „Doch es ist nicht die Einstellung, die einen Kampf gewinnt, sondern die Kraft.“

„Vielleicht spielt es eine Rolle, ja, aber am wichtigsten ist die innere Einstellung. Irgendwann erlahmen alle Kräfte und dann ist es der Wille, der einen aufrecht hält.“ Raoul lächelte und deutete zuerst auf seinen Oberarm und danach auf seinen Kopf. „Man kämpft hier und hier. Das ist aber etwas, das Euch Christian hätte beibringen sollen.“

„Vielleicht wollte er das ja noch.“ Shay seufzte leise, es musste ja kommen, das sie wieder über ein Thema sprachen das er am Liebsten verdrängt hätte. Allerdings lag die Schuld dabei ganz bei ihm und nicht beim Anderen, er hatte das Thema aufgegriffen nicht Raoul.

Raoul hob überrascht eine Augenbraue. „Oh, er trainiert Euch gar nicht mehr? Seltsam es sieht ihm gar nicht ähnlich, das er eine Sache nur bis zur Hälfte verfolgt.“

War das nun gespielt, oder wusste er wirklich noch nichts davon? Shay musterte sein Gegenüber misstrauisch. Noch immer konnte er sich dieses Gefühls nicht erwehren, dass er vielleicht auf Christians Bitte hin mit ihm redete. Schließlich waren die Beiden gute Freunde.

„Lord Alrin scheint mir nicht gerade ein Mann zu sein, der seine Ziele verfolgt.“ Er hatte zwar nicht viel von ihm gehört, doch das was er gehört hatte zeugte nicht gerade von entschlossener Zielstrebigkeit. Immerhin blieb er auch keiner seiner Eroberungen treu, wenn man in dieser Hinsicht schon so wankelmütig war, warum dann nicht auch in anderen Dingen. Shay wusste genau, was er gerade machte und auch wenn er sich dafür schämte, hörte er nicht damit auf. Wenn er sich darauf beschränkte, Christian in seinen Augen schlecht zu machen und in seine Handlungen nur verachtenswerte Charakterschwächen hineininterpretierte, fiel es ihm leichter Rechtfertigungen für sich zu finden. Es war niederträchtig, doch für ihn machte es die Sache leichter.

Raoul sah ihn einen Moment lang an, dann lächelte er, als würde er plötzlich etwas verstehen. Mit einer Hand deutete er Shay ihn ein Stück zu begleiten. „Vielleicht kennt Ihr Christian dann doch nicht so gut. Er ist ein sehr zielstrebiger Mann, wenn er seine Ziele auch niedrig ansetzt, und er ist gefährlich.“

„Gefährlich?“ Verwundert blickte Shay den Älteren an. War das nun ein Kompliment, oder eine Warnung? Doch Raouls Gesichtsausdruck ließ eher auf Zweiteres schließen, aber durfte man so etwas über seinen Freund sagen? Außerdem wie meinte er das? Christian war gut mit dem Schwert, doch das schien nicht die Art von Gefährlichkeit zu sein, die sein Gegenüber meinte.

„Ja. Er ist gefährlich. Gott hat ihm ein gutes Aussehen geschenkt, aber der Teufel seinen Charakter.“ Doch dann lächelte Raoul wieder freundlich. „Was aber nicht heißen soll, das er brutal oder böse ist. Er frönt eben den Lastern aller Adeliger, nur etwas ausschweifender.“

Das war nicht gefährlich, das war schwach, wenn man nicht einmal die Kraft hatte den Lastern zu entsagen. Die meisten anderen Menschen schafften das doch auch. „Das würde man nicht unbedingt gefährlich nennen.“

„Mag sein, aber ich bin lieber sein Freund, als sein Feind. Wenn mir das auch leicht fällt, da ich seine Gesellschaft schätze.“

Irgendwie bot sich nun eine Gelegenheit, jemanden der Christian kannte zu fragen, welche Gerüchte stimmten. Vor allem eine Frage brannte ihm schon die ganze Zeit auf der Zunge, doch er wusste nicht genau wie er anfangen sollte. „Ich würde Euch gerne etwas fragen, wegen eines Gerüchtes, das über Lord Alrin kursiert.“

„Nur eines? Ich hätte nicht gedacht, dass er so nachgelassen hat.“ Raoul hob amüsiert eine Augenbraue.

„Es ist etwas, das mir erst heute zu Ohren gekommen ist. Stimmt es, dass…“ Shay brach ab und biss sich kurz auf die Unterlippe. Alleine schon diese Worte auszusprechen war ihm peinlich. Doch ohne die Frage zu stellen, würde er nie eine Antwort bekommen. „Stimmt es, dass er bei seinen Vergnügungen nicht nur Frauen…“

Abermals brach Shay ab und senkte verlegen den Blick.

Jedoch grinste Raoul nun vergnügt. „Nicht nur Frauen beglückt? Ja, ich denke schon. Zwar spreche ich da nicht aus Erfahrung, doch ich glaube schon, dass es stimmt. Beschwören könnte ich es allerdings nicht, da mir die Beweise fehlen, Christian ist was diese Sache angeht sehr diskret.“

„Aber das ist eine Sünde!“ Entsetzt sah er den Schwarzhaarigen an. Wie konnte man das so gelassen akzeptieren?

Raoul hob mahnend einen Zeigefinger. „Wir wissen nicht ob es wahr ist, ich sagte nur, dass ich es mir vorstellen kann. Außerdem sehen wir hier die Dinge etwas lockerer. Hier wird tagtäglich eine Sünde begangen, nicht von allen, aber könnte man eine Liste führen, wäre sie sicher sehr lang. Das ist überall so, wo sich viele einflussreiche Persönlichkeiten an einem Ort aufhalten, die noch dazu das Geld haben, sich von allen Sünden freizukaufen. Das muss man einfach akzeptieren.“

Den Kopf hebend, lächelte Raoul. „Es sieht so aus, als müssten wir dieses Gespräch beenden. Die Pflicht ruft. Mich zumindest.“

Shay sah etwas betäubt in die gleiche Richtung wie der Ältere. Dort sah er einen älteren Mann, der ihnen entgegenkam. Shay kannte ihn von einigen offiziellen Anlässen, es war der Berater des Königs, Conroy. Ehrlich gesagt, das hatte er alles nicht wissen wollen. Es war ihm immer bewusst gewesen, dass es hier locker zuging, aber so locker? Die Frage war nur, sah er das zu eng, weil er vom Land kam, oder sah Raoul das zu locker, weil er es nicht anders kannte?

Raoul klopfte ihm noch einmal aufmunternd auf die Schulter und ging dann Conroy entgegen. Nach einigen kurzen Worten, wandten sich beide um und eilten Richtung Schloss.

Irgendwie fühlte sich Shay nun müde, doch das lag nur an den Dingen, die er eben erfahren hatte. Seine körperlichen Kräfte waren noch lange nicht ausgeschöpft, doch für heute sollte er es wohl dabei belassen. Er fühlte sich irgendwie so erschöpft, wie schon lange nicht mehr und außerdem musste er sich überlegen, ob er wirklich in so einer Welt leben wollte. Oder ob es nicht doch besser wäre, Susan zu packen und mit ihr geradewegs in den sicheren Schoß der Familie zurückzukehren. Im Moment erschien ihm dieser Gedanke ziemlich verlockend.
 

Die Hunde wurden von der Leine gelassen und die Reiter, allesamt adelige Damen und Herren, gaben ihren Pferden das Zeichen los zulaufen. Einige ließen ihre Falken fliegen, wenn es auch eher eine Hetzjagd war, doch was tat man nicht alles, um seinen Reichtum zu demonstrieren?

Seufzend sah er der Meute nach, als sie im Wald verschwand. Er selbst würde nie verstehen, was man daran finden konnte Tiere des Vergnügens wegen zu jagen. Im Schloss gab es genug zu essen und einen anderen Grund Tiere zu erlegen gab es in seinen Augen nicht.

Rida sah zu dem Handschuh, der auf der Sitzbank im Inneren der Kutsche lag. Also hatte er ihn doch unnötig hervorgeholt.

Mit einem leisen Murren schlug er die Tür von Christians Kutsche zu. Dieses Kleidungsstück rief nur unerwünschte Erinnerungen hoch.

Rida ging zu den Pferden, denen er beruhigend über die Nüstern strich. Wie viele andere Diener wartete er hier und achtete darauf, dass die Kutsche auch noch nach Ende der Jagd für ihren Besitzer bereitstand. Viel lieber wäre er nun an Christians Seite, doch das sähe wohl etwas seltsam aus. Allerdings traute er Christian sehr wohl zu, sich selbst zu verteidigen, immerhin trug er seine Duelle auch selbst aus.

„Du lässt deinen Herrn alleine? Ist das nicht sehr unvorsichtig?“ Eine Hand legte sich auf die Wange des Pferdes neben ihm und strich sanft darüber.

„Du lässt deine Herrin doch auch alleine, das ist ebenso unvorsichtig. Außerdem ist Christian durchaus in der Lage sich selbst zu verteidigen.“

„Nun mir wurde es verboten ihr zu folgen. Sonst wäre das kein Problem für mich.“

Rida drehte den Kopf und blickte Alan kritisch an. „Du lässt dir etwas verbieten?“

Der Blondhaarige lächelte gleichgültig. „Wie gesagt, es ist alles nur eine Frage der Bezahlung. Für die richtige Summe bin ich bereit, einiges zu übersehen.“

Also bestach ihn Juliet, um ein wenig Freiraum zu haben und Alan nahm es an und betrog damit seinen Auftraggeber. Rida wusste nicht einmal welches Wort ausreichte, um zu beschreiben, wie niederträchtig er das fand. „Das ist…“

Nein, noch immer fand er nicht das richtige Wort.

„Geschäft.“ Alan zuckte nur gleichgültig mit den Schultern.

„Du hintergehst deinen Auftraggeber. Das ist unehrenhaft, das ist …“ Für Rida war das undenkbar. Er würde Christian niemals hintergehen, aber er war sein Freund. Bei einem anderen Auftraggeber… Nein, das würde sein Ehrgefühl nicht zulassen, er war zu ehrlich für einen solchen Betrug.

Sich von Alan abwendend, ging er auf eine Seite der Kutsche und öffnete die Tür. Er hatte vorgehabt sich die Wartezeit mit einem Buch zu vertreiben. Die meisten Diener suchten sich einen Zeitvertreib, meistens waren es Gespräche mit anderen Dienern, doch er fand daran keinen Gefallen. Er musste keine Informationen und Gerüchte für Christian besorgen, das machte Karen schon und das sogar ohne dass man sie dazu aufforderte.

„Weißt du was dein Problem ist?“

Genervt schnaubte Rida und wand sich um. Nur um zu bemerken, dass Alan ihm schon wieder zu nahe war. Wie machte er das bloß? Sich so lautlos anzuschleichen, sollte verboten werden, er würde sich sogar mit Freuden daran halten, solange ihm dann solche Situationen erspart wurden.

Alan grinste und stemmte seine Hände neben ihm gegen die Wand der Kutsche. „Dass du zu anständig bist. Du glaubst an Loyalität, Dankbarkeit und Freundschaft, doch ist das alles nur Illusion. Keiner von ihnen wird dir je dankbar sein für deine Dienste. Sie benutzen dich und dann werfen sie dich weg. Alles was dir bleibt ist das Geld, das du für deine Dienste bekommen hast und mir ist das genug.“

„Warum beschwerst du dich dann?“ Ridas Stimme klang bei dieser Frage sachlich. „Wenn du mit dem Geld zufrieden bist, warum lässt du mir dann nicht meine Vorstellungen und siehst zu, wie ich in mein vermeintliches Unglück renne?“

Rida wusste, dass er gerade einen Volltreffer gelandet hatte, aber Alan ließ sich nichts anmerken. Dafür bewunderte er den Älteren wirklich, doch das änderte nichts daran, dass er ihn nicht leiden konnte. Genau aus diesem Grund sprach er auch weiter, einfach weil er nun endlich einmal im Vorteil war. „Ich denke, dass du einmal wie ich gedacht hast und dann enttäuscht wurdest. Aus diesem Grund willst du mir Zweifel einreden, doch das klappt nicht.“

Mit einer blitzschnellen Bewegung packte Alan Ridas Kinn. Sein Blick war kalt wie Eis und sein Lächeln wirkte eher gefährlich als freundlich. „Du denkst zu viel, Rida. Das ist auch einer deiner Fehler.“

Irgendwann würde er der Schnellere sein, doch er sah derzeit keinen Grund Alan anzugreifen. Sie waren in der Öffentlichkeit, wenn die Kutsche sie auch größtenteils davon abschirmte, und er hatte keinen Streit mit ihm. Noch nicht, wobei die Betonung auf noch lag. „Was willst du, Alan?“

Rida beherrschte sich, trotzdem ließ seine Stimme keinen Zweifel daran, dass er nun eine Antwort auf diese Frage verlangte.

Jetzt normalisierte sich Alans Lächeln wieder und wurde so spöttisch wie immer, auch der Griff um Ridas Kinn lockerte sich etwas. „Ah ja, da war ja noch etwas. Du schuldest mir noch eine Bezahlung. Wie gesagt, meine Schulden treibe ich immer ein.“

Rida wollte schon auffahren, hielt sich im letzten Moment allerdings zurück. Seiner Meinung nach schuldete er ihm gar nichts, was er damals gesagt hatte, war in seinen Augen sogar noch zu nett gewesen. Jedoch würde Alan ihm deswegen vielleicht ewig nachlaufen und er sollte ihm keinen Vorwand geben, ständig in seiner Nähe aufzutauchen. Wenn es ein geringer Preis war, konnte er dieses Opfer ja bringen. „Und was schwebt dir da vor?“

Einen kurzen Moment lang wirkte Alan überrascht, doch fing er sich rasch wieder. „Normalerweise begnüge ich mich nur mit Geld, doch da wird in deinem Fall nicht viel zu holen sein.“

Lächelnd ließ er seinen Daumen über die Lippen des Schwarzhaarigen gleiten. „Also muss ich mich mit Naturalien zufrieden geben. Ein Kuss wäre wohl angemessen als Entschädigung.“

„Nimm deinen Finger da weg.“ Das war einmal das Erste, das Rida ihm zu sagen hatte, doch dem würde noch eine Menge folgen. Diese Forderung war ein reiner Fall von Selbstüberschätzung, das war etwas das er ihm nicht einmal unter Gewaltandrohung geben würde.

Anscheinend verstand Alan die Drohung, da er seinen Daumen wieder zurückzog, Ridas Kinn trotzdem noch immer nicht loslassend.

„Wie kommst du eigentlich auf die Idee, dass ich dich jemals küssen könnte? Eher würde ich eine Kröte küssen.“ Eigentlich dachte Rida, das er damit seinen Standpunkt klar ausgedrückt hätte. Deswegen verärgerte es ihn umso mehr, als Alan zu lachen begann. Was war daran so lustig?

„Weißt du, das könnte man sogar arrangieren. Alleine um dieses Schauspiel mitanzusehen, würde ich sogar auf die Freude verzichten.“

Er nahm ihn doch tatsächlich nicht ernst. Natürlich war ihm das immer so vorgekommen, doch es kratzte schon an seinem Stolz, dass Alan das so offen zeigte. Nur gab es nichts, was er dagegen machen konnte, da Alan das vorsätzlich machte, man konnte ihn nicht vom Gegenteil überzeugen. Außerdem warum sollte er das, es war ihm doch egal was der Andere von ihm dachte.

Plötzlich erklang eine kindliche Stimme von der anderen Seite der Kutsche. „Alan?“

Rida tauschte einen Blick mit Alan aus, auch er hatte die Stimme erkannt. Annabelle.

Sofort stieß sich Alan von der Kutsche ab und ging um die Kutsche herum. „Belle, Kleine was machst du hier?“

Rida folgte ihm etwas langsamer. Wenigstens hatte Alan nun gezeigt, dass Benedikt den Richtigen mit dem Schutz seiner Familie betraut hatte, oder dass er zumindest sehr gut zahlte. Denn immerhin hatte er gerade Annabelles Schutz seinem eigenen Amüsement vorgezogen. „Annabelle, wo ist dein Kindermädchen?“

Unschuldig deutete sie in Richtung von Juliets Kutsche. „Sie unterhält sich mit einem anderen Diener. Dabei benimmt sie sich so komisch, sie hat gar nicht gemerkt, dass ich mich langweilte.“

„Ich zieh ihr das Fell über die Ohren.“ Wütend sah Alan in die Richtung, die ihm Annabelles Finger wies.

Rida wollte lieber nicht in der Haut des Kindermädchens stecken. Denn wütend war der Attentäter, das war nicht zu übersehen. Rida war sich nur nicht sicher, ob er das war, weil sie Annabelles Sicherheit gefährdete, oder weil er so seines Vergnügens beraubt wurde. Nun, ihm war es auf jeden Fall lieber so.

Annabelle an der Hand nehmend, schenkte er dem kleinen Mädchen ein freundliches Lächeln. „Nun wenn das so ist, sollten wir Jennifer daran erinnern weswegen sie eigentlich mit uns reisen darf, nicht?“

„Ja.“ Annabelle nickte begeistert bei diesem Vorschlag.

So wurden also kleine Kinder verdorben. Rida seufzte, doch das war nicht seine Angelegenheit, er kümmerte sich um einen anderen Zweig dieser Familie. Was durchaus auch anstrengend war. Denn es war bekannt, je älter die Kinder wurden, umso gefährlicher der Unsinn den sie anstellten. Und Christian war ein sehr großes Kind.

„Ach Rida, wegen dem eben, wir klären das ein anderes Mal.“ Mit einem frechen Grinsen in seine Richtung, wandte sich Alan ab und ließ sich von einer aufgeregten Annabelle zu ihrer Kutsche führen.

„Es gibt zwischen uns nichts zu klären!“ Auch wenn er das sagte, so würde Alan es sowieso willentlich überhören. Er hörte nur was er hören wollte, da war er wie einige andere Leute, die Rida kannte.

Jetzt endlich fand er auch die Ruhe, die er benötigte um sich wieder seinem Buch zu widmen. Das war ja in der ganzen Aufregung untergegangen, aber bis Christian wieder auftauchte, würden noch einige Stunden vergehen. So war das immer bei den Vergnügungen der Adeligen.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 23
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Als Rida die Tür der Kutsche hinter ihm schloss, lehnte Christian sich erschöpft zurück. Er konnte nicht gerade behaupten, dass die Jagd ein Erfolg gewesen war. Zwar war er nicht der Einzige gewesen, der einer falschen Spur gefolgt war, doch das machte diesen Misserfolg nicht gerade leichter. Kein einziges Beutetier bei der ganzen Jagd, das war wirklich nichts, weswegen man sich rühmen sollte.

Er schloss die Augen und legte eine Hand darüber. Die Tür öffnete sich abermals, doch das war für Christian kein Problem, Rida würde niemanden zu ihm lassen, dessen Gesellschaft er nicht wollte und er erwartete ja noch Karen. Wenn er sie schon mit hierher nahm, konnte er sie nach der Jagd ja nicht einfach stehen lassen. „Hast du dich endlich genug in der Anerkennung gesonnt?“

Nein, er war nicht neidisch auf Karen, weil sie etwas erlegt hatte. Aber sie tat alles, damit es auch ja jeder wusste, manchmal war sie wie ein kleines Kind, das nach Lob heischte.

Sein Gast nahm ihm gegenüber Platz, bevor er antwortete. „Ja, ich kann nicht klagen.“

Christian nahm die Hand von seinen Augen und öffnete diese. Es überraschte ihn, nicht diese Stimme zu hören. Er hatte sie zwar nicht erwartet, doch er kannte sie gut genug.

Ihm gegenüber saß Raoul und grinste breit. „Ich habe dir gleich gesagt, du solltest mir folgen, aber du musst ja immer deinen Kopf durchsetzen.“

Diesmal wäre das vielleicht besser gewesen, dann hätte vielleicht er statt Raoul den Fuchs erlegt, den dieser nun als Jagdtrophäe präsentieren konnte. Allerdings ließ sich Christian davon nichts anmerken, sondern sah nur desinteressiert aus dem Fenster. „Karen?“

„Hat eine andere Mitfahrgelegenheit.“

Der Blondhaarige seufzte und klopfte gegen die Kutschenwand hinter sich. Langsam setzte sich das Gefährt in Bewegung. „Wenigstens schickt sie dich als Vertretung.“

„Ich habe mich selbst geschickt, schließlich wollte ich mit dir reden.“

„Warum?“ Es war nicht so, dass Christian sofort misstrauisch war, doch Raoul sah nicht gerade so aus, als würde er mit ihm nur eine nette Unterhaltung führen wollen.

Beruhigend hob Raoul die Hände, während sich ein amüsiertes Lächeln in seinem Gesicht ausbreitete. „Keine Sorge, es ist völlig belanglos. Ich habe Shay getroffen.“

„Ah.“ Christian war nicht wirklich überrascht deswegen. Irgendwann wäre es sowieso publik geworden, nun zumindest hätte es jeder erfahren, der daran interessiert war.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du so leicht aufgibst. Immerhin warst du doch schon so weit.“

Normalerweise hätte Christian das alles mit einem hinterhältigen Grinsen gekontert, doch es war ein wirklich schlechter Tag dafür. Kein Glück bei der Jagd, die Sache mit Shay und dann hatte dieser Tag auch noch viel zu früh begonnen.

So brachte er nur ein eher müdes Lächeln zusammen. „Wer sagt denn, dass ich aufgegeben habe? Ich gebe ihm nur einige Tage, um sich alles durch den Kopf gehen zu lassen.“

„Ich weiß ja nicht, ob da ein paar Tage reichen. Bei den Gedanken die sich Shay macht.“

Er wusste etwas. Das sah Christan an dem wissenden Lächeln seines Freundes. „Also?“

„Hm?“ Fragend sah ihn Raoul an und schaffte es, dabei auch noch unschuldig auszusehen.

„Du willst etwas loswerden, schon seit du in diese Kutsche gestiegen bist, ich gebe dir hiermit die Gelegenheit dazu.“ Man könnte meinen, dass Christian gelangweilt wirkte, doch er war schon neugierig, auf das was Raoul wusste. Man kam nicht weit, wenn man hier nicht ein gewisses Maß an Neugier besaß, nur sollte man das nicht offen zeigen.

„Du kannst einem echt jede Freude verderben.“ Der Schwarzhaarige sah ihn einen Moment lang schmollend an, jedoch hielt das nicht lange an. Schon nach wenigen Sekunden wechselte dieser Gesichtsausdruck wieder zu einem Lächeln. Er hatte wirklich Spaß an der Sache. „Ich habe mit ihm trainiert. Es war ein kurzes Vergnügen, aber in der Not frisst der Teufel bekanntlich Fliegen.“

Ja, das konnte Christian sich bei diesem Beispiel sogar bildlich vorstellen. Doch es zeigte auch, wie verzweifelt Raoul an diesem Tag nach einem Gegner gesucht hatte. Tja, auch dem dümmsten Schwertkämpfer wurde es einmal zu viel, ständig zu verlieren. Außerdem, wer wollte schon so kurz vor dem Turnier seine Tricks verraten? Bei Shay war das nicht schlimm, da gab es keine Tricks die Andere noch nicht kannten. Alle die Shay beherrschte, wandten die anderen Kämpfer ebenfalls an. Jedoch schwieg er nur, Raoul würde schon von sich aus weitererzählen.

„Dabei kam ich dann zu meinen jetzigen Erkenntnissen. Allerdings hat mir Shay eine seltsame Frage gestellt.“

Egal was nun kam, es belustigte seinen Freund ungemein. Nur stellte der Blondhaarige keine Vermutungen an, da es dafür mehrere Möglichkeiten geben konnte.

„Er fragte mich nach deinen Vorlieben, was das Geschlecht deiner Partner angeht.“ Man sah Raoul an, dass er nur schwer ein Lachen unterdrücken konnte.

Christian wusste, dass sein überraschter Gesichtsausdruck einiges zu diesem Heiterkeitsausbruch beitrug, weswegen er sich rasch wieder um eine neutrale Miene bemühte. Allerdings musste er Shay Respekt zollen, das hätte er ihm gar nicht zugetraut. Jemanden wie ihn musste das eine Menge Überwindung gekostet haben. Ihm war klar gewesen, dass die Gerüchte irgendwann auch zu ihm durchdringen mussten, aber so machte dessen Reaktion nun wenigstens auch Sinn. Susan wusste wirklich, wie sie ihren Bruder manipulieren konnte. „Wie war deine, hoffentlich, diplomatische Antwort?“

„Das es durchaus möglich ist, ich aber nichts Genaues weiß, da ich selbst keinerlei Erfahrungen mit dir habe.“ Raoul hob abwehrend die Hand, um so einem Kommentar Christians zuvorzukommen. „Ja, ich weiß auch, dass man das jederzeit ändern könnte, aber danke, kein Bedarf. Jedoch dass du, wenn es zutrifft, dich da in guter Gesellschaft befindest.“

Irgendwie war diese Antwort nicht gerade beruhigend. Christian befürchtete sogar, dass sie nicht das war, was Shay hatte hören wollen. Doch dagegen konnte man nun auch nichts mehr machen, außer den Schaden beheben. Heute Abend konnte er ja vielleicht ausloten, wie groß dieser wirklich war.

„Kommst du heute Abend zum Fest?“

Christian zuckte mit den Schultern. Er war sich nicht so sicher, heute war ihm noch nach etwas Glück. „Ich weiß nicht, ich wurde zu einigen Glücksspielen eingeladen. Vielleicht versuche ich, den Tag so noch etwas zu retten.“

„Du solltest kommen, ich denke nämlich, dass heute Abend eine besondere Neuigkeit verkündet werden wird. Entweder heute, oder in den nächsten Tagen.“ Raouls Blick fiel nachdenklich aus dem Fenster.

„Raoul, mit wem fährt Karen zurück zum Schloss?“

„Sie nimmt meinen Platz in der Kutsche des Kronprinzen ein. Sie kennen sich und schätzen sich, außerdem ist die Prinzessin dabei, weswegen es kein Problem darstellen sollte.“ Verwirrt sah ihn der Schwarzhaarige an.

„Und die Nachricht von der du sprichst, betrifft den Kronprinzen oder dessen Prinzessin?“ Langsam sollte Raoul selbst ahnen, worauf dieses Gespräch hinauslief.

„Ja?“

Christian lächelte triumphierend. „Dann versichere ich dir, dass sie es heute Abend verkünden werden, weil es sonst keine Neuigkeit mehr ist.“

„Oh.“ Nun hatte es auch Raoul verstanden. „Willst du es wissen?“

„Willst du Karen den Spaß verderben?“ Was für eine Frage, natürlich wollte er. Es war selten, etwas früher als alle anderen zu wissen, deswegen brachte man die Neuigkeiten so rasch wie möglich unter die Leute.

„Nun, es sieht so aus, als bekommen wir bald einen Prinzen.“

„In erster, oder zweiter Generation?“ Beides war möglich, da sowohl der König, als auch der Kronprinz noch am Leben waren. Es gab zwar keine Gerüchte über eine königliche Geliebte, aber nur weil man nichts von einer wusste, musste das nicht heißen, dass es auch keine gab.

„Zweite Generation.“

„Glückwunsch. Nach drei Ehejahren wurde es auch langsam Zeit.“ Er wusste, dass ihm die nötige Euphorie für dieses Thema fehlte. Doch da stand er nicht alleine da, so ging es dem gesamten Hofstaat. Ein königlicher Spross war nur ein weiteres Mittel, um sich bei den dazugehörigen Eltern anbiedern zu können. Nachwuchs war nur etwas, um das Volk zu beruhigen. So in der Art: Da seht her, es gibt einen Nachfolger, alles wird auch weiter seinen gewohnten Gang gehen.

Für die Adeligen hingegen bedeutete es nur eine weitere Hürde, die zwischen ihnen und dem Thron stand. Denn diesen steuerte jeder an, egal wie niedrig er vom Stand her war.

„Es gab da… Komplikationen.“ Raoul richtete seinen Blick wieder aus dem Fenster.

Christian beobachtete seinen Freund mit einem spöttischen Lächeln. Irgendwie hatte er eine Ahnung, was diese Komplikationen sein konnten, doch er sagte nichts. Niemand sagte etwas, nicht einmal hinter vorgehaltener Hand, egal wie viel man ahnte. Jeder behielt das für sich, so war es wohl das bestgehütete Gerücht im ganzen Land. Nun, er hatte derzeit auch andere Probleme, aber wenigstens musste er sich nun keine Gedanken mehr machen, wo er seinen Abend verbrachte. So eine Ankündigung ließ man sich nicht entgehen, vor allem wenn man schon zuvor davon wusste.
 

Sein Kopf dröhnte, als würde eine Blaskapelle darin ein Konzert aufführen. Was für ein schrecklicher Morgen und er wurde nicht wirklich besser. Missmutig sah Christian das Glas vor sich an. Die Flüssigkeit darin bedeckte gerade einmal den Boden des Weinglases, doch auch das war schon zu viel, vor allem weil Christian wusste, wie es schmeckte.

Fragend sah er zu Rida hoch.

Dieser zuckte nur mitleidslos mit den Schultern. „Schmerzen, oder das.“

Dabei deutete sein Finger auf das Glas.

Seufzend nahm der Blonde das Glas in die Hand und trank den Inhalt in einem Zug aus. Warum mussten Hausmittel nur immer so grauenhaft schmecken?

Wie ein kleiner Junge streckte er kurz die Zunge heraus, um den scheußlichen Geschmack auch noch einmal für Rida zu verdeutlichen. Allerdings wusste er auch, dass er selbst an seiner Misere Schuld war. Er hätte dem Alkohol nicht so zusprechen dürfen. Normalerweise wusste er wie viel er sich zumuten konnte, doch gestern war nichts normal gewesen. Die Jagd war nicht gut gewesen, Karen war sauer gewesen, weil Raoul ihr mit der Information zuvorgekommen war, das Fest hatte nicht wirklich etwas zu bieten gehabt und Shay hatte ihn die ganze Zeit ignoriert. Na ja nicht wirklich, er war nur jedem Gespräch ausgewichen und hatte auch jeglichen Blickkontakt abgebrochen. Natürlich könnte das auch an seiner weiblichen Begleitung gelegen haben, die diesmal nicht aus seiner Schwester bestand. Christian kannte die Dame, wenn er wirklich Interesse bekundet hätte, dann hätte sie ihm das Feld überlassen. Schließlich profitierte sie oft genug von seinem Wohlwollen, aber er ließ Shay einmal seinen Willen. So kam ihm gestern der Wein gerade Recht, nur die Folgen hätte er gerne vermieden.

Langsam, nur sehr langsam, setzte die Wirkung ihres Hausmittels ein. Seine Mutter meinte zwar immer, die doppelte Dosis wäre besser, doch ihm war das schon genug. Wenigstens war ihm das zugleich auch eine Warnung für das nächste Mal.

Zumindest fühlte er sich nun fit genug, um seinen gesellschaftlichen Pflichten nachzugehen. Er hatte zwar heute keine Termine, doch etwas Ablenkung ließ sich sicher rasch finden. Dafür war dieser Hof auch ausgerichtet, denn je mehr man die Adeligen beschäftigte, umso weniger mischten sie sich in die politischen Angelegenheiten ein. Selbst wenn sie, wie er, keine Ambitionen in diese Richtung hatten, so hielt man sie damit wenigstens in der Nähe.

Rida folgte ihm. „Lady Karen?“

Christian nickte, denn wenn er sich richtig erinnerte, dann hatte sie ein wirksameres Mittel gegen seinen Kater. Sogar eines, das besser schmeckte, leider fielen einem solche Sachen immer erst zu spät ein.

Allerdings musste er gar nicht zu ihrem Zimmer gehen, da sie ihm schon auf halbem Wege entgegenkam. Überrascht musterte sie ihn, bevor sie ein wenig schadenfroh grinste. „Du siehst überhaupt nicht gut aus.“

„Charmant, deswegen war ich auch auf dem Weg zu dir.“ Christian schaffte es wenigstens den Mund zu einem Lächeln zu verziehen.

Karen warf einen kurzen überlegenden Blick zu einer Tür hinter Christian, bevor sie nickte. „Ich hatte zwar etwas vor, doch ich bin dir natürlich gerne behilflich."

Nichts anderes hatte er erwartet. Schließlich wusch hier eine Hand die andere. Jedoch interessierte es ihn schon, welche Verabredung sie dafür platzen ließ. Da das Mittel seiner Mutter langsam seine Wirkung entfaltete, könnte er ruhig noch etwas warten. „Du musst aber nichts absagen, ich kann auch etwas warten.“

Damit wandte er sich bereits um und ging wieder zu der Tür, die er erst vor wenigen Minuten passiert hatte.

„Das ist vielleicht keine so gute Idee.“ Karen griff nach seinem Arm und hielt ihn zurück.

Überrascht musterte er seine Freundin. Es sah ihr gar nicht ähnlich, dass sie etwas vor ihm verheimlichen wollte. Tadelnd sah er sie an. „Aber Karen, vertraust du mir etwa nicht?“

„In der Hinsicht?“ Sie sah ihn an und schüttelte dann entschieden den Kopf. „Nein.“

Jetzt war seine Neugier endgültig geweckt, weswegen er ohne auf Karens Gewicht, das nun an seinem Arm hing, zu achten. Allerdings wurde ihm nur allzu schnell bewusst, was Karens Verhalten zu bedeuten hatte, oder besser wovon es ablenken sollte. Er hörte bereits durch die Tür Musik und eine Stimme, die dazu etwas sang oder erzählte. Christian blieb stehen und seufzte einmal tief. „Sag mir bitte, dass du das nicht aus Vergnügen machst.“

Karen lächelte verlegen. „Ich bin ein Herdentier, ich folge meinen Artgenossen. Glaubst du die Dinge, die ich weiß fliegen mir zu, wenn ich in meinem Zimmer an dem offenen Fenster sitze? Das klappt nur bedingt.“

Das war eine wertvolle Information, er würde in Zukunft den Bereich um Karens Fenster herum meiden. Einmal davon abgesehen, dass sowieso kein Weg dorthin führte. „Also Geschäft?“

Karen wedelte nur unwirsch mit der Hand. „Das ist so ein schlimmes Wort. Nennen wir es gesellschaftliche Pflichten, die du übrigens auch hast.“

„Ja, aber nicht mit Barden.“

„Benimmst du dich, oder muss ich dich vor der Türe warten lassen?“

So wie sie mit ihm sprach und wie sie ihn ansah, könnte man meinen sie sprach mit einem Tier. Allerdings konnte er ihr das nicht versprechen, weswegen er schwieg.

Das brachte Karen nur dazu die Augen zu verdrehen. „Dann versuch es wenigstens.“

Mit einem unwilligen Laut öffnete Christian die Tür und trat ein. Jedoch nur einen Schritt, dann musste ihn Karen kurz schieben, da er den Barden sah. Klar, es kamen jeden Tag haufenweise von diesen Kerlen und er musste in eine Vorstellung von Alan platzen.

Christian vernahm hinter sich ein leises Knurren, jedoch konnte das auch Einbildung sein. Rida würde seinen Unwillen schon nicht so offen demonstrieren.

Wie immer hatte sich um Alan herum eine Traube von Mädchen gescharrt, die nur so an seinen Lippen hingen. Dabei trug jede Einzelne diesen dümmlich, verträumten Blick, denn wirklich nur Mädchen eines gewissen Alters zustande brachten.

Christian löste sich von Karen, als sich diese zu ihnen gesellte. Er jedoch zog die Gesellschaft seines Geschlechtes vor. Wie in den meisten Fällen, war er da auch nicht ganz alleine. Es gab immer einige bedauernswerte Männer, die den richtigen Zeitpunkt zur Flucht verpasst hatten. Grüßend nickte er ihnen zu und wies ein Weinglas zurück, das ihm einer seiner Bekannten anbot. Es war zwar eine nette Geste, aber keine gute Idee. Verdammte Nachwirkungen, die ihn dazu zwangen dieser Darbietung nüchtern zu folgen.

Christan hatte eigentlich nichts gegen die Musik an sich. Alan beherrschte das Instrument besser als einige, die diesem Handwerk professionell nachgingen. Ebenso wie an seiner Stimme nichts auszusetzen war, er schaffte es jedes Mal den richtigen Tonfall zu treffen, um wichtige Stellen hervorzuheben. Nur was ihn bei jeder Darstellung egal welches Barden störte, war der Text. Denn das was Barden hier machten, war den Damen Lügen zu erzählen. Das war etwas, das Christian nicht mochte. Gut, auch er packte seine wahren Absichten in charmante Worte, doch er log nicht. Für ihn zählte sein Vergnügen und das wusste jeder seiner Partner und wenn sie es nicht wussten, machte er es ihnen klar.

Die Männer neben ihm tuschelten und grinsten abfällig, doch ausnahmsweise beteiligte er sich nicht daran.

Plötzlich brach das Lied ab und Alan warf einen ernsten Blick zu ihrer Gruppe. „Es tut mir Leid meine Damen, doch die edlen Herren scheinen Beschwerden an meiner Darbietung zu haben.“

Wie Christian erwartet hatte, verstummten die Männer sofort. Teils wegen Alan, teils wegen den Blicken ihrer Begleiterinnen, die ihnen klar machten, was sie erwartete, wenn sie zu den Schuldigen gehörten.

Christian merkte plötzlich, wie er einen Schritt vortrat und ansetzte, die Ehre seiner Leidensgenossen zu verteidigen. Ja, dabei fiel ihm auch auf, wie Karen die Augen verdrehte und sogar Rida bedauernd den Blick senkte. „Ich denke nicht, dass sie etwas an der Darbietung auszusetzen hatten. Das Problem lag wohl eher an etwas anderem.“

„Ach ja? Würdet Ihr mich dann darüber aufklären, Lord Alrin? Vielleicht lässt sich dieser Fehler dadurch in Zukunft vermeiden.“

So wie er seinen Titel aussprach konnte man meinen, er sah darin etwas, das man nur mit spitzen Fingern angriff, bevor man es verbrannte. Vermutlich irrte sich Christian mit diesem Vergleich nicht einmal, doch ihm entging auch nicht die Kälte, die den Rest seiner Worte begleitete. „Vielleicht sehen es diese Herren nur nicht gerne wie Ihre Damen belogen werden. Schließlich macht Ihr ihnen Versprechen, die Ihr nicht halten könnt.“

Womit er nun anfangen würde, traf auf jeden anderen Barden zu, doch nicht auf Alan. Allerdings hatte er sich für diese Verkleidung entschieden, nun musste er auch die Konsequenzen tragen.

„Wirklich? Vielleicht könntet Ihr mir dann diese Irrtümer aufzählen?“ Inzwischen hatte Alans Tonfall einen Grad erreicht, der weit unter dem Gefrierpunkt lag. Doch er wirkte keineswegs so, als fühlte er sich dadurch persönlich angegriffen, was auch dumm wäre, schließlich war er kein wirklicher Barde.

„Zum Ersten finde ich es wirklich sinnlos, wenn man jemanden verspricht ihm die Sterne vom Himmel zu holen. Das ist ein Versprechen das kein normaler Mann machen würde, denn wenn es möglich wäre, wäre die Nacht ziemlich dunkel.“

Aus der Gruppe der Frauen war ein leises Kichern zu vernehmen.

„Selbst wenn es nur symbolisch ist, was wäre das dann? Diamanten? Nun, bis jetzt habe ich keinen Barden gesehen, der sich derartigen Schmuck leisten könnte.

Es gäbe da noch einige Sachen, aber ich fasse mich kurz und komme gleich zur größten Lüge. Ihr Barden versprecht Frauen die wahre Liebe. Dass sie irgendwann kommt, dass ihr sie ihnen geben könnt, auf jeden Fall, dass es sie gibt. Es gibt sie nicht und das wissen wir alle, nicht für uns. Jeder von uns muss denjenigen heiraten der uns vorgegeben wird. Das ist die Realität.“

Zustimmendes Nicken kam von beiden Seiten, ebenso wie einige Frauen bedauernd seufzen.

Der Einzige, der nun wieder lächelte war Alan. In seinen Augen konnte man erkennen, dass er plötzlich die Lösung für ein Rätsel gefunden hatte. „Lord Alrin, ich denke ihr nehmt diese Angelegenheit viel zu ernst. Wir Barden erzählen keine Lügen, wir verkaufen Träume. Das Gleiche, das jede Mutter am Abend macht, wenn sie ihrem Kind ein Märchen erzählt. Man muss das auseinanderhalten können, sonst verrennt man sich leicht in irgendwelchen wirren Theorien. Vielleicht mag das am Alter meiner Zuseher seltsam erscheinen, doch will nicht jeder etwas träumen?“

Damit nahm er die Laute wieder zur Hand und setzte sein Lied fort.

Christian ballte eine Hand zur Faust. Mistkerl! Er hatte ihn einfach so abgefertigt und gab ihm nun nicht einmal die Chance für eine Erwiderung. Andererseits musste er ihm auch noch dankbar sein, da er so noch sein Gesicht wahren konnte.

Dieser Tag würde kaum besser werden, als der vorangegangene, das ahnte er nun schon. Mit einem abfälligen Laut stellte er sich wieder zu den anderen Männern. Wenn er nun ging sah das wie eine Flucht aus und das würde er Alan nicht gönnen. Da hörte er sich lieber noch etwas länger diese schwache Darbietung an.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 24
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Behutsam führte Shay seine Tasse Tee zum Mund. Eigentlich hatte er vorgehabt, mit dem Frühstück auf seine Schwester zu warten, doch das konnte Stunden dauern. Auf ihrer Burg war es zwar Tradition, dass man das Frühstück zusammen einnahm, doch seit sie hier waren, wurden diese Treffen immer weniger. Warum auch? Susan und er hatten sich nicht viel zu sagen, meistens endete es sowieso in einem Streit. Aus diesem Grund reduzierten sie ihre Treffen auf ein Minimum. Doch nun wurde es Zeit, dass sie miteinander sprachen, immerhin kam das Turnier immer näher und somit auch Liams Ankunft. Sie mussten ihre Geschichten aufeinander abstimmen und gleichzeitig klären, was sie überhaupt erzählten.

Ein Diener trat ein und legte stumm einen Zettel neben Shay auf den Tisch. So rasch wie er gekommen war, zog er sich auch wieder zurück.

Stirnrunzelnd betrachtete Shay den zusammengefalteten Zettel. Es war schon seltsam, wer schickte ihm um diese Uhrzeit eine Nachricht? Sofort kam ihm Christian in den Sinn, doch das konnte nicht sein. Schließlich hatte er ihm gestern ganz rasch klargemacht, dass er auf seine Gesellschaft keinen Wert mehr legte. Mehr als ignorieren konnte er ihn ja wohl nicht und die Dame an seiner Seite hatte hoffentlich auch klar gemacht, dass er diese in jeder Hinsicht vorzog.

Vorsichtig stellte er die Tasse wieder ab und nahm den Zettel, den er langsam entfaltete. Während er die Zeilen las, weiteten sich seine Augen. Anfangs aus Überraschung, die aber schnell in Panik umschlug.

Den Zettel fallen lassend sprang er auf und riss die Tür zum Zimmer seiner Schwester auf. Erst jetzt wurde ihm klar, dass er vergessen hatte anzuklopfen.

„Shay!“ Seine Schwester riss ihrer Zofe das Kleid aus der Hand und hielt es vor ihren Körper.

Hastig wandte Shay den Kopf ab. Seine Schwester trug zwar ein Unterkleid, trotzdem war das nichts, was man als Bruder sehen sollte. „Entschuldige.“

„Dreh dich gefälligst um.“

Shay folgte dieser Aufforderung ohne einen weiteren Protest. Zum Glück warf sie ihn nicht aus dem Zimmer, nicht bevor er ihr seine Nachricht überbracht hatte. Hinter sich hörte er Stoff rascheln.

„Was willst du eigentlich?“ Auch wenn man einen verärgerten Unterton in Susans Stimme hörte, so schwang auch eine gewisse Neugier mit.

„Ich habe gerade eine Nachricht erhalten. Liam ist hier.“ Es war erstaunlich wie rasch er seine Ruhe wiedergefunden hatte. Auch wenn das nur äußerlich war, innerlich war er einer Panikattacke nahe.

„Was!“ Susans Aufschrei wurde durch ein Ächzen unterbrochen. „Nicht so fest.“

Aus diesen kurzen Worten schloss Shay, dass seine Schwester nun wohl ein weiteres Kleidungsstück trug. Das war eine deutliche Verbesserung. „Und er will uns sehen, unverzüglich.“

„Aber ich habe noch nicht gegessen, beziehungsweise bin ich noch nicht präsentabel.“ Man merkte, dass Susan die Wendung der Ereignisse nicht gefiel.

„Das ist wohl dein kleinstes Problem. Liam akzeptiert es sicher, dass du dich noch so kleidest, wie es sich für dich gehört, doch dein Frühstück musst du wohl verschieben. Ich warte auf dich.“

Shay verließ das Zimmer und hörte gerade noch Susans genervten Aufschrei, als er die Tür hinter sich zuzog. Jedoch nahm er nicht wieder am Tisch Platz, dafür war er viel zu aufgeregt. Also war sein Bruder hier, viel zu früh, wie immer. Liam liebte Überraschungen, solange sie nicht ihn betrafen. Was sollten sie ihm erzählen? Das Duell würden sie natürlich mit keinem Wort erwähnen, es war schon schlimm genug, wenn er es von jemand Anderen erfuhr. Und sonst? Das würde sich wohl erst im Gespräch mit ihm herausstellen, bei Liam konnte man das nie planen. Zumindest gelang es ihm nicht.

Er wusste nicht wie lange er so im Kreis herumging, erst als Susan aus ihrem Zimmer kam, sah er auf. Da sie wie immer gut aussah, musste es wohl eine längere Zeit gewesen sein.

„Ich mag Liam nicht.“ Sie verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

Das ließ sich natürlich leicht sagen, doch sobald sie ihm gegenüberstanden, wäre sie sofort wieder die liebe kleine Schwester. Sie zog ihre Show sehr gewissenhaft durch, wahrscheinlich war er der Einzige, der in den Genuss ihres wahren Charakters kam. „Du weißt was du zu sagen hast?“

Susan seufzte genervt und winkte ab. „Keine Sorge, ich werde schon nichts von dem Duell sagen. Ich bin nicht dumm.“

Darüber konnte man nun diskutieren, doch im Moment benötigte er ihr Wohlwollen. Aus diesem Grund beließ es Shay bei einem Schulterzucken und ging zur Tür. Auf dem Zettel war auch beschrieben wo Liam zu finden war. Wenn es um das ging, überließ er nichts dem Zufall. Natürlich hatte er ein Zimmer im Schloss, als Adeliger stand ihm das zu. Zumindest solange er in der Gunst des Königs, oder eines seiner Berater stand. „Hier ist es.“

Shay betrachtete die Tür vor ihnen und warf dann Susan einen Blick zu. Diese erwiderte ihn und Shay konnte darin die gleichen Gefühle lesen, die er im Moment empfand. Angst, Unsicherheit und einen Anflug von schlechtem Gewissen.

Er nickte ihr fragend zu.

Susan straffte sich, atmete einmal tief durch und nickte ebenfalls.

Sie waren bereit. Auch wenn sie ihre Differenzen hatten, hier gab es einen Gegner, den sie gemeinsam bekämpfen mussten. Jeder mit seinen eigenen Waffen, die ihnen die Natur gegeben hatte. Leider fühlte sich Shay in diesen Situationen oft von der Natur benachteiligt. Entschlossen gab er der Tür einen Stoß und diese schwang vor ihnen auf. Sie hatten Angst ja, aber das würde keiner von ihnen zeigen.

Ein Lächeln legte sich auf die Lippen seiner Schwester, dass sie in seiner Gegenwart schon lange nicht mehr gezeigt hatte. Das war ihre Maske Liam gegenüber, etwas das ihm fehlte, das er als unter seiner Würde hielt. Anfangs jedenfalls und danach war es zu spät gewesen, sich noch eine zuzulegen.

Shay sah sich in dem Zimmer um, vor allem nach dessen Bewohner. Doch er konnte nur dessen Kammerdiener sehen. Das Zimmer war eines das man vorübergehenden Besuchern zuteilte. Ein Bett gehörte ebenso zur Ausstattung, wie eine kleine Ecke mit einem Sofa und einigen bequemen Sesseln, dazu noch ein Kamin, den jedes Zimmer hier zu haben schien. Es gab nur eine Tür, die zu dem Ankleidezimmer führte, ein Wohnraum war ein Luxus, den man Gästen zugestand, die einen längeren Aufenthalt hier planten.

Susan und er standen nebeneinander im Raum wie zwei Kinder, die sich nicht sicher waren, was sie verbrochen hatten, aber eine Strafe erwarteten. Es fehlte nur noch, das sie sich schutzsuchend an den Händen hielten, doch das war etwas, das ihnen ihr Stolz verbot.

Der Diener beachtete sie nicht, sondern war dabei Liams Reisekiste unter dem Bett zu verstauen. Danach verließ er mit dem Wasserkrug das Zimmer und ließ sie alleine.

Fragend sahen sie sich an. Shay wusste, dass dies eines von Liams Spielchen war, ebenso wie Susan das bewusst war. Aus diesem Grund blieben sie nur ruhig stehen und warteten.

Erst nach einigen, wie es Shay vorkam, endlosen Minuten öffnete sich die Tür hinter ihnen. Es konnte Liam sein, ebenso wie dessen Diener, doch Shay wagte es nicht sich umzudrehen und sich zu vergewissern. Wer sich zuerst bewegte konnte schon der Verlierer in Liams Spiel sein.

„Ah, ihr seid hier. Es hat ja auch lange genug gedauert.“

Mit einem strahlenden Lächeln fuhr Susan herum und knickste kurz. „Liam, es freut mich das du endlich angekommen bist. Ich habe dich vermisst.“

Shay wand sich deutlich langsamer um und neigte den Kopf. Es gab für ihn keinen Grund Euphorie zu heucheln, die er sowieso nicht empfand. „Liam.“

Was sollte er auch mehr sagen? Er war sein Bruder, doch oft genug kam er ihm wie ein Fremder vor. Um ehrlich zu sein empfand er nichts für ihn, er kannte ihn zu wenig, um ihn zu lieben und das Gleiche galt für das Gegenteil. Er war für Shay wie ein Verwandter, den man nur selten sah.

Sein Blick hob sich, um seinen Bruder anzusehen. Wie alle in ihrer Familie war auch Liams Haar braun, doch besaß es einen rötlichen Schimmer, den er von ihrer Mutter geerbt hatte, ebenso wie die grünen Augen. Shay hasste diese Augen, oder besser den Blick mit dem sie ihn immer maßen, darunter kam er sich so minderwertig vor. Liam überragte sie alle um einen Kopf, wahrscheinlich musste das auch sein, damit er die Muskeln unterbringen konnte, die das Ergebnis jahrelangen Trainings waren, trotzdem wirkte er nicht massig sondern einfach nur eindrucksvoll. Was Shay, aber sicher auch Susan solchen Respekt einflößte, war Liams Aura. Es war nicht so, dass man diese Art Ausstrahlung nicht kannte, hier am Hofe gab es das oft genug, doch mit diesen Leuten musste man sich nicht abgeben. Doch mit Liam mussten sie reden und seine Ausstrahlung machte klar, dass er wusste, was er war und den Wert, den er aus diesem Grund hatte, kannte.

„Shay, Susan.“ Er nickte ihnen zu und ging an ihnen vorbei. Mit einem leisen Geräusch setzte er sich auf das Sofa. „Also, wie lautet eure Entschuldigung?“

Susan nutzte die Gelegenheit und eilte an Liams Seite. Ungefragt setzte sie sich neben ihn auf das Sofa, ihm ganz zugewandt, dabei wankte ihr Lächeln keine Sekunde. „Es tut mir leid, Liam. Deine Nachricht hat mich bei meiner Morgentoilette überrascht. Da es dir sicher nicht Recht gewesen wäre, wenn ich mich ungepflegt zeige, dachte ich, dass ich diese besser beende.“

Liam lächelte und tätschelte ihr den Kopf. „Da hast du natürlich Recht. Doch tut mir einen Gefallen und hör mit dem denken auf, das macht nur Falten.“

Da war sie wieder, diese Überheblichkeit, die er ihnen gegenüber immer an den Tag legte. Er sprach mit ihnen noch immer so als wären sie Kinder, dumme Kinder wohlgemerkt. Weder Susan noch ihm gestand er einen Funken Intelligenz zu, weil das nicht zu seiner Einschätzung über sie passte. In seinen Augen waren sie wertlos, was für ihn gleichbedeutend mit dumm war.

„Oh nein.“ Susan griff sich an die Wangen und machte einen erschrockenen Eindruck.

Also ihre Rolle spielte sie perfekt, dass musste Shay ihr zugestehen. Auch er gesellte sich nun zu den Beiden und nahm auf einem Stuhl ihnen gegenüber Platz. „Gut siehst du aus. Wie geht es unseren Eltern?“

„Sie erfreuen sich bester Gesundheit. Natürlich macht sich Mutter Sorgen um euch, vor allem um Susan. Wie läuft es?“ Liam wand sich nun ganz Shay zu und schien Susans Anwesenheit neben sich vergessen zu haben. So entging ihm auch der interessierte Blick seiner Schwester, mit dem sie ihrem Gespräch folgte.

Shay hingegen fiel das auf, weil er sie inzwischen gut genug kannte. Dass er solche Dinge ignorierte, oder einfach ausblendete, würde Liam vielleicht irgendwann einmal zum Verhängnis werden. Dafür musste er nur eine halbwegs intelligente Frau bekommen und diese ebenso behandeln wie sie. „Es gibt keinerlei Probleme. Susan hat sich prächtig eingefügt, unter Umständen gibt es sogar schon einen Interessenten.“

„Ach ja?“ Liam warf einen Seitenblick zu seiner Schwester, die sofort wieder lächelte und den unschuldigsten Blick einsetzte, den sie zur Verfügung hatte.

Mit einem eifrigen Nicken stimmte sie Shays Worten zu. „Ja. Brian ist wirklich ein netter Mann und auch gut erzogen.“

„Brian?“ Misstrauisch sah Liam nun wieder zu Shay.

Dieser zuckte nur mit den Schultern. Ob Susan diese Begeisterung nun spielte, oder ob sie echt war, das wusste er nicht. Diese Beziehung seiner Schwester hatte er abgesegnet und sich deswegen nicht weiter darum gekümmert. Karen hatte ihm immerhin zugesichert, dass da nichts weiter passieren würde und ob er wollte oder nicht, in dieser Hinsicht musste er ihr vertrauen. „Lord Brian Charen. Wirklich viel weiß ich aber auch nicht über ihn, nur dass er eine gute Reputation hat.“

„Hat er? Nun davon werde ich mich selbst überzeugen.“

Natürlich, was auch sonst. Das Liam seinem Urteil traute, war ja eine utopische Annahme, weswegen Shay diese Bemerkung nicht weiter verärgerte. Wenn er es selbst nachprüfen wollte, sollte er das nur machen.

„Aber nicht nur ich habe einige Bekanntschaften gemacht. Shay hat sich ebenfalls mit einigen Leuten hier angefreundet, allen voran Lord Christian Alrin.“

Shay sah seine Schwester todbringend an, was diese nur mit einem engelsgleichen Lächeln konterte. Es war gerade so gut gelaufen und nun brachte sie dieses Thema auf. Nur war Shay nicht klar, was sie damit bezweckte, noch dazu war dieser Name gefährlich, wenn er mit ihnen in Zusammenhang kam. Ob sie nun auch wollte, dass Liam ihre Ehre verteidigte, wohl kaum. Sie wusste, dass das nie passieren würde.

Liams Blick ruhte nachdenklich auf Shay. Man merkte, wie er in Gedanken eine Liste aller Adeligen durchging, bei denen es sich lohnte, mehr als nur den Namen zu wissen. „Lord Alrin? Ich denke, ich kenne ihn. Er hat von seinem Vater ein Stück Land geerbt, mit einem reichen Eisenvorkommen und einigen Dörfern. Außerdem ist sein Bruder Besitzer von ziemlich großen Ländereien, inklusive eines Kohlebergwerks und einer Salzmiene.“

In seinen Augen blitzte es kurz anerkennend auf. „Gut gemacht, Shay.“

Andere Leute mochte es vielleicht erschrecken wie kalt Liam die Welt sah, doch er kannte das bereits. Sein Bruder sah nicht die Menschen, sondern das was sich hinter ihrem Namen verbarg und das umgerechnet in Gold. Dumm war nur, dass er nun mehr in seine Beziehung zu Christian hineininterpretierte, als es da gab. Noch dazu wo er darum bemüht war, daraus noch weniger zu machen. Unwohl sah er sich nach einem Ausweg um und rutschte kurz auf seinem Stuhl herum. „Ich glaube Susan interpretiert da mehr hinein, als wirklich besteht.“

Warum tat ihm diese kleine Verräterin das an? Dabei war sie es doch gewesen die wollte, dass er den Kontakt zu Christian abbrach.

„Dann solltest du das ändern.“ Die Stimme des Älteren klang beilläufig, doch war das eindeutig ein Befehl. Für ihn war es schon klar, das Shay von nun an Freundschaft mit Lord Alrin schloss. „Wenn ihr mich nun entschuldigt, es war eine lange Reise.“

Das war dann der Wink mit dem Zaunpfahl, dass er Wichtigeres zu tun hatte, als ihnen Gesellschaft zu leisten.

Shay und auch Susan erhoben sich ohne ein Wort und verließen den Raum. Es waren keine Worte mehr nötig, ihr Bruder würde sie sowieso nicht zur Kenntnis nehmen.

Erst als sie einige Gänge von Liams Zimmer entfernt waren, wagte es Shay das Wort an seine Schwester zu richten. „Warum, Susan? Du wolltest doch selbst, dass ich mich von Christian fernhalte.“

„Ich wollte Liams Meinung von dir aufbessern. Denn sollte er zu dem Schluss kommen, dass du kein geeigneter Aufpasser bist, wäre das schlecht für mich. Du darfst in seinen Augen nicht ganz nutzlos erscheinen, denn sonst verlierst du auch für mich deinen Wert.“ Sie blieb stehen und blickte ihn ernst an. „Du musst nur aufpassen, dass du nicht in Christians Bett wiederfindest, denn das würde ich dir nicht verzeihen.“

Das würde er sich selbst nie verzeihen. „Das wird nie passieren.“

Dieses Versprechen konnte er ihr getrost geben, wenn es ihm auch egal war, was Susan ihm verzeihen konnte und was nicht.

„Gut. Ich gehe dann meinen Verpflichtungen nach.“ Damit hob Susan ihren Rock leicht an und beschleunigte ihre Schritte.

Shay folgte ihr nicht, was hätte er schon davon? Aber es war so vorhersehbar, das auch Susan nur ihren Vorteil aus der gegenwärtigen Situation ziehen wollte. Wer wollte das nicht, doch dass sie ihm das so unverhohlen ins Gesicht sagte, nagte schon an seinem Stolz. Apropos Stolz, diesen sollte er wohl auch unter Kontrolle bringen, bevor er sich wieder Christian näherte. Denn in diesem Fall war eine Entschuldigung fällig und diese würde ihm sicher schwerfallen.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 25
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Suchend glitten ihre Augen über die Menge. Sie wusste, dass sich der Gesuchte auf diesem Empfang aufhielt. Jeder der sich für etwas Besseres hielt, war anwesend. Da war es egal, ob das nun wirklich zutraf, oder nur auf Einbildung beruhte. „Siehst du ihn?“

Ihre Frage galt dem Mann an ihrer Seite.

„Wen? Verdammt Karen, du kannst mich nicht jede Minute fragen, wenn ich nicht einmal weiß, nach wem ich Ausschau halten soll.“ Das Weinglas in seiner Hand schwenkend, warf Brian ihr einen giftigen Blick zu.

„Deinen zukünftigen Schwager auf Zeit.“ Verärgert warf Karen ihm einen Blick zu und stemmte eine Hand in die Hüfte.

„Shay? Der ist … ähm.“ Brian sah sich suchend um, bevor er besiegt mit den Schultern zuckte. „Keine Ahnung.“

Karen machte eine wegwerfende Handbewegung. Wen interessierte schon der Welpe? Ihr kam es heute auf das Alphamännchen an. „Vergiss Shay, der ist das kleinste Problem. Den habe ich schon um den Finger gewickelt.“

Lächelnd legte ihr Brian einen Arm um die Hüfte und beugte sich zu ihrem Ohr. „Genau, deswegen liebe ich deine Finger.“

Karen klopfte ihm mit einer Hand gegen die Brust. „Kleiner, jeder liebt meine Finger.“

Zumindest wenn er etwas von ihr wollte. Sie entwand sich Brians Griff und ging Richtung des Eingangs. Sie hatte ihr Ziel entdeckt und näherte sich langsam. Auf dem Weg dorthin blieb sie noch stehen und warf einen prüfenden Blick auf ihr Dekolletee. Nicht, dass sie ihn ermutigen wollte, doch Männer waren eher bereit mit jemanden zu reden, wenn dieser die richtigen Argumente hatte. Aus ihrer Erinnerung wusste Karen noch, das Liam zu der arroganten Sorte gehörte, bei einer Frau ließ er nur zwei Argumente gelten. Um ihre Ankunft noch etwas zu verzögern, nahm sie sich ein Weinglas vom Tablett eines vorbeieilenden Dieners. So bewaffnet, gesellte sie sich zu der Gruppe, die sich um Liam herum gebildet hatte. Es war keine sehr große Gruppe und es gab nicht sonderlich viel weibliche Konkurrenz. Eigentlich wirkte das alles vielmehr nach Geschäftspartnern, weshalb sich Karen eher am Rand der Gruppe postierte. Jedoch prostete sie Liam lächelnd zu, als dieser in ihre Richtung sah. Das war eine eindeutige Einladung, danach konnte man nur noch warten. Diese Zeit nutzte sie, um sich im Raum umzusehen. Christian ging ihr schon den ganzen Abend ab, was doch seltsam war bei einem solchen Empfang, ebenso wie Shay, doch das hatte nichts zu bedeuten. Sie konnte Juliet bei einer Gruppe Frauen entdecken, jedoch sah sie nicht in ihre Richtung, und wie immer war auch Alan nicht weit von ihr entfernt. Wenn sie nicht von Christian wüsste, welche Aufgabe Alan wirklich hatte, würde sie das schon etwas seltsam finden, oder nein, sie würde eher etwas sehr unschickliches über Juliet denken.

„Ich glaube, wir wurden uns noch nicht vorgestellt.“

Bei der tiefen Stimme neben sich, wandte Karen langsam den Kopf. Lächelnd blickte sie ihren Gesprächspartner an. „Nicht offiziell das stimmt und doch kennen wir uns.“

„Wirklich? Ich denke nicht, dass ich jemanden wie Euch vergessen hätte.“ Auch Liam lächelte, während er sie musterte.

Von Diskretion hatte Liam wohl noch nichts gehört. Man konnte einer Frau nachsehen und sie abschätzen, das schmeichelte ihr sogar, doch das hier wirkte eher, als würde er ein Stück Vieh betrachten. Das war unhöflich und Karen fühlte sich unter einem solchen Blick gar nicht wohl. Aus diesem Grund dauerte ihre Antwort etwas. „Damals war ich auch noch bedeutend jünger und auch eher mit Eurem Bruder befreundet. Wie geht es Sebastian?“

Wäre sie schadenfroh, würde sie sich sogar danach erkundigen, ob ihm das Kloster gefiel, doch das wäre Sebastian gegenüber unfair. Er hatte diese Laufbahn ja nicht freiwillig gewählt.

„Es geht ihm gut.“ Liam betrachtete sie nun stirnrunzelnd, so als wüsste er nicht wo er sie einordnen sollte. „Ich befürchte, Ihr seid mir nun aber ein wenig im Vorteil, Lady.“

Das letzte Wort enthielt eindeutig eine Frage. Karen überlegte einen Moment, bevor sie sich entschloss ihm einen Hinweis zu geben. „Karen. Mein Name ist Lady Karen.“

Sie nannte nicht ihren Nachnamen, doch das war auch nicht wichtig. Frauen stellten sich nur selten mit Nachnamen vor, meistens nur kurz nach der Heirat und die lag bei ihr schon einige Zeit zurück.

„Lady Karen.“ Nachdenklich blickte Liam sie an, bevor er nickte.

„Oh ich glaube, ich erinnere mich an Euch. Seit unserem letzten Treffen seid Ihr wirklich zu einer wunderschönen Frau geworden.“

War das ein… Karen blinzelte einen Moment, doch sie war sich sicher. In Liams Augen war kurz ein Anflug von Gier zu erkennen. Hielt er sie etwa für eine potenzielle Heiratskandidatin, das ja wohl sicher nicht. Hier musste sie einen Riegel vorschieben, solange es noch ging. „Ja, das findet mein Mann ebenfalls.“

Dabei versuchte sie so unschuldig zu klingen, wie es ihr nur möglich war.

Sofort wurde Liams Lächeln um eine Nuance kühler. Man konnte sehen, wie sein Blick über die Männer in ihrer Umgebung glitt. „Natürlich, einer Frau wie Euch ist es sicher nicht schwer gefallen einen Mann zu finden. Darf man fragen wer der Glückliche ist?“

„Man darf.“ Karen konnte ein leises Seufzen nicht unterdrücken. Sie mochte ihren Mann wirklich, er war ein guter Freund für sie, aber nicht mehr. Außerdem erntete sie deswegen oft mitleidige Blicke, eben weil er schon etwas reifer war. „Lord Banes hatte das Glück meine Hand zu erhalten.“

Ja und er hatte das Glück gehabt, das sie nichts davon gewusst hatte, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt worden war. Denn ansonsten hätte sie protestiert, was sie trotzdem gemacht hatte, jedoch ohne Erfolg. Manchmal hasste sie ihren Vater wirklich, doch sie hätte es schlechter treffen können. Außer Treue verlangte ihr Mann so gut wie nichts von ihr. Wenn man von der Sache mit dem Sohn einmal absah und das würde sich mit der Zeit ergeben.

An Liams Reaktion merkte man, dass auch er ihren Mann kannte. „Oh. Nun wer kann es ihm verdenken? Nachdem seine letzte Frau verstorben ist, dachte ja niemand mehr, dass er noch einmal heiratet. Es ist schön, dass er sich noch einmal dazu durchgerungen hat. Das bedeutet dann wohl, dass er sich bester Gesundheit erfreut, oder?“

Karen erkannte in seinen Augen, dass es ihm lieber wäre wenn nicht. Dieser Mann war gefährlich und wurde ihr mit jeder Minute unsympathischer. Im Moment zweifelte sie daran, ob sie das Versprechen, dass sie Christian ohne dessen Wissen gegeben hatte, halten konnte. Wo war dieser eigentlich, wenn er benötigt wurde? Normalerweise rettete er sie immer, wenn sie in einer Konversation gefangen war, die ihr nicht behagte. Und es war ja wohl offensichtlich, dass dies der Fall war.

„Es geht ihm gut, danke der Nachfrage.“ Gerade als sie antwortete, legten sich zwei Hände auf ihre Schultern. Erleichtert atmete Karen auf, doch als sie zu ihrem Retter aufsah, war das nicht der, mit dem sie gerechnet hatte.

„Weißt du, es ist nicht gerade die nette Art, seinen Gesprächspartner einfach so stehen zu lassen. Bei deiner Erziehung hat Tante wirklich einiges verabsäumt.“

Normalerweise bekam Brain bei dieser Bemerkung eine entsprechende Antwort, doch diesmal ließ sie es ihm durchgehen. „Tut mir leid, Brian.“

Dann wandte sie sich an Liam. „Lord Feran, darf ich Euch meinen Cousin vorstellen? Lord Brian Charen.“

„Es freut mich Eure Bekanntschaft zu machen, Lord.“

Karen konnte spüren wie ihr Cousin den Kopf leicht neigte. In Liams Augen jedoch blitzte nun deutliches Interesse an dem Mann auf. Anscheinend hatten seine Geschwister ihn schon auf den neuesten Stand gebracht, das konnte ja heiter werden.

„Es freut mich ebenfalls, Lord Charen. Vor allem weil mich mein Bruder schon darüber informiert hat, das Ihr Interesse daran hättet, meine Schwester näher kennenzulernen.“

War das eine Fangfrage? Bei Liams Tonfall konnte man das beinahe denken und Karen war sich mit einem Mal nicht mehr sicher, ob Brain sie nun noch immer beschützte, oder als Schutzschild benutzte.

„Ja, das liegt wirklich in meiner Absicht. Natürlich nur, wenn Ihr nichts dagegen habt.“ Noch immer lächelte Brian freundlich, ganz der Schwiegersohn den sich jede Mutter wünschte. Die Frage war nur, ob das zukünftige Schwäger ebenso sahen.

„Im Moment spricht nichts dagegen. Kommt, trinken wir gemeinsam etwas.“ Liam machte eine auffordernde Bewegung zu Brian.

„Entschuldige mich bitte.“ Karens Schultern noch einmal kurz drückend, folgte Brian ihm.

Damit war sie wohl entlassen. Sobald sich zwei Männer unterhalten wollten, waren Frauen nur mehr Nebensache. Eine Eigenart, die Karen nur Recht war, das gab ihr immer Zeit, sich um ihre eigenen Dinge zu kümmern. Aus diesem Grund sah sie Brian noch einen Moment lang lächelnd nach, bevor sie sich wieder den restlichen Gästen zuwandte. Darunter gab es sicher den ein oder anderen interessanten Gast.
 

Christian atmete tief die frische Nachtluft ein. Nach der stickigen Luft im Inneren des Saals war das eine deutliche Verbesserung. Da es bereits Sommer war, ließ auch die Temperatur so eine kurze Pause zu. Natürlich war er nicht alleine. Rida war in seiner Nähe und die Gärten, die sich vor ihm erstreckten waren sicher auch nicht unbesucht. Christian wusste das, weil er selbst ein oft gesehener Besucher dieser Örtlichkeiten war.

„Ganz alleine hier? Das ist selten bei Euch.“

Bei der weiblichen Stimme wandte sich Christian um, sie kam ihm vage bekannt vor. Doch als er die Sprecherin sah, wusste er, dass er diese Stimme sogar sehr gut kannte, nur lange nicht mehr in den Genuss von ihr gekommen war. „Lady Mikaela. Ich wusste gar nicht, dass Ihr bereits eingetroffen seid.“

Lächelnd lehnte sie sich neben ihn an die Brüstung. „Gestern als die meisten Adeligen auf der Jagd waren. Mit zwei Kindern ist es leichter seine Zimmer zu beziehen, wenn nicht so viele Leute um einen herum sind.“

Christian mochte Mikaela, das war schon immer so gewesen. Jedoch hatte sie nie zu seinen Eroberungen gezählt. Früher weil sie die Hofdame der ‚Prinzessin‘ gewesen war und nun weil es nicht ratsam war, sich mit ihrem Mann anzulegen. Bei einem Kampf zwischen Rida und Tailor würde er auf Tailor setzen und wenn seine Einschätzung so ausfiel, konnte er sich zurückhalten.

Aber er schätzte sie als Ratgeberin, wenn sie auch nicht zu seinen engsten Freunden zählte. Er mochte sie einfach, wenn er das auch an nichts festmachen konnte. Durch sie hatte er früher auch einige Einladungen bekommen, die durchaus hilfreich gewesen waren. Man konnte sagen, dass sie eine Art hilfreiche Symbiose verband, wenn Christian auch nie klar war, was sie von ihm bekam.

„Also weswegen seid Ihr hier, so ganz ohne Begleitung?“

„Darf ich das nicht? Auch ich benötige eine Pause.“ Dabei lächelte er und beobachtete Mikaela aus den Augenwinkeln. Sie war gereift seit er sie letztes Jahr gesehen hatte, jedes Jahr schien es etwas mehr zu sein. Doch damit meinte Christian nicht, dass sie älter wurde, sondern innerlich gereift war. Wenn man bedachte wie naiv sie noch vor einigen Jahren gewesen war, war das erstaunlich. Damals wäre sie ihm nie freiwillig, oder gar alleine auf den Balkon gefolgt.

Mikaela lachte bei dieser Antwort amüsiert. „Ihr entschuldigt, wenn mich diese Antwort aus Eurem Mund belustigt. Es nur einfach eine untypische Antwort für Euch.“

Dann verstummte ihr Lachen. „Ich habe mit Raoul gesprochen.“

Christian hob verstehend den Kopf. Daher wehte also der Wind, wenn er auch noch nicht sicher war, was er davon halten sollte. „Und was hat er erzählt?“

„Das Ihr vielleicht etwas Gesellschaft benötigen könntet. Von jemanden der nicht gleich alles weitererzählt, oder sich an Eurem Leid amüsiert.“

Nun das war etwas, das eindeutig auf Mikaela zutraf. Natürlich hätte er dafür auch Karen oder Raoul, doch diese fielen eindeutig in die letzte Kategorie die Mikaela aufgezählt hatte. Juliet hingegen konnte er alles erzählen, doch auch wenn sie ihm Hilfe zugestand, so brachte sie kaum Verständnis für diesen Teil seines Lebens auf. Selbst Rida war ihm da keine Hilfe, er stand ihm zwar immer hilfreich zur Seite, doch was solche Dinge betraf war er eher unbeholfen.

Christian seufzte leise. „Es ist nichts weltbewegendes, wirklich. Nur ich habe einem Jungen beim Training geholfen, mit anfänglichen Hintergedanken, das gebe ich zu, aber gegen Ende hat es mir wirklich Spaß gemacht. Nur dann hat er es plötzlich ohne einen sinnvollen Grund beendet, wenn ich diesen auch zu kennen glaube. Ich hätte nie gedacht, dass mir mein Ruf einmal zum Verhängnis werden könnte.“

Mikaela hörte ihm aufmerksam zu, sagte aber nichts. Nachdem nun aber nichts mehr kam, ergriff sie das Wort. „Ihr habt also einen Korb bekommen.“

„Es wäre nicht der Erste.“ Das war es auch nicht, was ihn so störte. Jedoch war es wirklich schon schlimm wenn Raoul ihm jemanden schickte, um ihm beizustehen. Gut, er war seit einigen Tagen nicht mehr ganz auf der Höhe, ja er konnte sogar ein Datum benennen, wann es angefangen hatte, doch das man es schon als Außenstehender bemerkte? Das war nicht gut. „Nur ist meine Laune seitdem nicht mehr die Beste. Raoul macht sich da eindeutig zu viele Sorgen.“

„Nein.“ Mikaela sah ihn einen Moment streng an, bevor sie wieder lächelte und sich entspannte. „Ihr versucht schon wieder vom Thema abzulenken und zu fliehen. Seht das doch als eine einmalige Gelegenheit, denn das ist sie. Ich bin hier, um Euch zuzuhören, ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen, und ich verrate es auch niemanden.“

Eine einmalige Gelegenheit? Nun vielleicht brauchte er wirklich jemanden, der ihm einfach nur zuhörte, ohne ihm gleich wieder einen Rat aufzudrängen, oder ihm einen Vortrag zu halten. „Ich bin eifersüchtig, Mikaela. Ich habe ihn gestern mit einer Frau gesehen und das hat mich gestört. Er hat mich ignoriert, wann immer sich unsere Blicke trafen. Gott, ich habe mich sogar betrunken, was aber auch an dem schlechten Tag lag, der dem Ganzen vorangegangen war.“

Christian wollte in dieser Hinsicht ehrlich sein. Natürlich kannte er dieses Gefühl, doch das war schon eine Weile her, sehr viele Jahre wenn man es genau nahm. Aber es war ja nicht so, dass er etwas für Shay empfand, deswegen war ihm auch diese Eifersucht völlig unverständlich. Außerdem war es eine andere Art als damals. Er fühlte sich wie ein Hundebesitzer, dessen Hund plötzlich freudig einem anderen Herrchen zulief. „Ich weiß nicht was los war, verdammt ich habe ja noch nicht einmal mit ihm geschlafen.“

„Eine ziemlich gute Einschätzung deines Gemütszustandes. Aber wenn du all das weißt, bleibt nur mehr eine Frage übrig.“ Lächelnd legte Mikaela ihre Unterarme auf der Balustrade ab.

„Welche?“ Fragend richtete Christian den Blick auf die Jüngere. Hatte er noch etwas übersehen?

Langsam wandte sie ihm den Kopf zu. „Wenn du all das weißt, was machst du dann noch hier?“

Als Christian schwieg, fuhr sie mit einem Seufzen fort. „Anscheinend magst du diesen Jungen, auch wenn ich dir dabei keine Liebe unterstellen will, aber er ist dir wichtig. Besser gesagt du genießt seine Nähe und siehst ihn schon als dein Eigentum. Ob das nur ist, weil du nicht bekommen hast, was du willst, oder wegen etwas anderem, das kannst du nur auf eine Art herausfinden. Bring es zu Ende, egal wie, dann kannst du daraus noch immer deine Schlüsse ziehen.“

Überrascht hob Christian eine Augenbraue. Er hätte nie gedacht solche Worte aus Mikaelas Mund zu hören. Allerdings entbehrten ihre Worte nicht einer gewissen Logik. Es stimmte. Sich darüber klarwerden konnte er später auch noch, wenn es sicher nur Ersteres war. „Du bist wirklich erwachsen geworden.“

Bei dem erstaunten Tonfall, blinzelte Mikaela kurz. „Ich nehme das einmal als Kompliment an. Und hast du nun eine Lösung für dein Problem gefunden?“

Unschuldig sah Christian sie an. „Problem? Welches Problem, bei mir gibt es nie Probleme.“

Er würde einfach das machen, was er immer machte. Warum er diesmal eigentlich anders handelte, wusste er gar nicht. Besser es war ihm bis zu diesem Zeitpunkt kaum bewusst gewesen. Bis jetzt war er viel zu sanft vorgegangen und einiges an Zeit investiert, die er sonst nur selten aufbrachte. Kein Wunder, dass er da so unpassende Gefühle entwickelte.

„Das wird Raoul freuen zu hören.“ Mikaela richtete sich wieder auf und strich sich ihr Kleid glatt.

Christian griff nach ihrer Hand und führte sie zu seinem Mund. „Vielen Dank, Lady Mikaela.“

„Immer wieder gerne.“ Damit zog sie ihre Hand wieder zurück.

Als sie wieder Richtung des Saals ging, wandte Christian sich wieder dem Garten zu. Es gehörte sich nicht gemeinsam zurückzukommen, egal ob man etwas getan hatte oder nicht. Allerdings hatte Christian es auch nicht so eilig, wieder zurückzugehen. Als sich Mikaela erst einige Schritte von ihm entfernt hatte, hielt er sie noch einmal zurück. „Mikaela.“

Sie blieb stehen. „Ja?“

„Ihr könnt übrigens sagen was Euch schon die ganze Zeit auf der Zunge liegt.“ Das war etwas das alle Frauen sagten, nur selten den Männern ins Gesicht.

„Lord Alrin?“

Sie klang zwar fragend, doch das pure Höflichkeit ihm gegenüber. Ebenso das sie einander wieder höflich ansprachen war normal. Viele Leute hier sprachen sich so an, wechselten aber auf eine persönlichere Ansprache wenn man etwas verdeutlichen wollte. Zumindest wenn man sich näher stand. „Ich verbringe viel Zeit mit Lady Karen, ich bin es gewöhnt.“

Man hörte, dass Mikaela belustigt seufzte. „Männer.“

Doch klang es bei ihr eher amüsiert als resigniert, wie meistens wenn dieser Kommentar benutzt wurde.

Mit einem zufriedenen Lächeln hob er eine Hand, das Zeichen dafür, dass er nun nichts mehr von ihr wollte. Er hörte wie sich ihre Schritte immer weiter entfernten und dann von den Geräuschen des Saals verdeckt wurden. Ein paar Minuten würde er noch warten, bis er ihr folgen würde.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 26
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Shays Blick glitt immer wieder zu der Balkontür hinüber. Seit Christian eine Dame gefolgt war, wartete er die ganze Zeit auf deren Rückkehr. Allerdings war er da nicht der Einzige, wie er bemerkte. Auch der schwarzhaarige Mann, der zweifellos der Ehemann dieser Dame war, warf immer wieder einen Blick auf die gleiche Stelle. Jedoch wirkte er nicht im Mindesten beunruhigt. Was das aber heißen konnte, wollte sich Shay nicht einmal vorstellen. Egal was Christian und seine Begleitung dort draußen trieben, es hielt ihn von seinem Vorhaben ab. Denn solange eine Dame, oder irgendjemand anderes bei Christian war, würde er sicher nicht vor ihm zu Kreuze kriechen. Dass sich die Frau eben mit jemand anderen als Christian treffen konnte, dieser Gedanke kam ihm nicht einmal.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam die Frau wieder zurück und kehrte wie selbstverständlich an die Seite ihres Mannes zurück. Dieser legte auch nur eine Hand besitzergreifend um ihre Hüfte und setzte sein Gespräch mit dem Mann neben sich fort.

Shay wusste zwar nicht, was er davon halten sollte, doch das war auch nicht sein Problem. Er atmete noch einmal tief durch und ging selbst in Richtung des Balkons, ehe ihm noch eine andere Dame zuvorkam. Er konnte Christian schon sehen, noch bevor er den Saal verlassen hatte. Dieser stand für alle erkennbar am Rand des Balkons, die Hände auf das Geländer gestützt, da. Sein Blick lag auf dem Garten, für das Getummel im Ballsaal schien er gar kein Interesse aufzubringen. Liebend gerne hätte Shay nun sein Gesicht gesehen, um zu sehen welchen Gesichtsausdruck er hatte. Auf ihn wirkte er in diesem Moment nur einsam, ein Gefühl das er selbst nur zu gut kannte.

Shay schloss die gläserne Tür hinter sich und ging auf ihn zu. Am Rande nahm er wahr, dass sie nicht ganz alleine waren, da sich auch Christians Diener auf dem Balkon befand. Jedoch stand er gleich neben der Tür, so konnte er unmöglich hören, was er mit dem Blonden zu besprechen hatte. Selbst wenn, war es egal, immerhin war es nur ein Diener.

„Lord?“ Es fiel ihm nicht leicht den Anderen anzusprechen. Nachdem er ihn so behandelt hatte, war das wohl nur natürlich. Und ja, er konnte erkennen, wie sich Christian einen Moment verspannte, bevor er lächelnd den Kopf in seine Richtung drehte.

„Shay. Ich hätte nicht gedacht, dich hier anzutreffen.“

Das Jüngere zuckte nur mit den Schultern. „Es ist ein Ball.“

Nicht gerade eine schlagfertige Antwort, doch das Beste, was ihm im Moment einfiel.

„Ja, natürlich.“ Christian lächelte leicht und wandte sich ihm ganz zu. „Aber verzeih, wenn ich überrascht bin, doch warst du nicht fest entschlossen meine Gesellschaft zu meiden? Schließlich hast du schon die besten Ansätze dazu gemacht.“

War er etwa deswegen verärgert? Shay bildete sich ein, das er da einen verstimmten Unterton vernommen hatte. Das war nun wohl der Moment, in dem er sich entschuldigen sollte und das fiel ihm wirklich nicht leicht. „Also was das angeht, …“

Verlegen brach er ab und warf Christian einen verstohlenen Blick zu.

Dieser lächelte jedoch nur und hielt Shay einladend eine Hand entgegen. „Wollen wir ein Stück gehen? Hier ist vielleicht nicht gerade der Platz für ein längeres Gespräch, da behindern wir nur andere, und es wird langsam kalt.“

Shay runzelte verwirrt die Stirn. Was hatte denn nun das Eine mit dem Anderen zu tun? Man konnte den Balkon doch auch betreten, wenn es kalt wurde. Schließlich hatte man jederzeit die Möglichkeit, wieder zu den Anderen zurückzukehren. Jetzt wo er so darüber nachdachte, es waren schon einige Leute durch diese Tür hinausgeschlüpft, doch nur sehr wenige zurückgekommen. Egal.

Shay schüttelte kaum merklich den Kopf. Christians Einladung gab ihm auf jeden Fall einen kurzen Aufschub. Vor allem war es eine gute Idee, da er nicht wollte, dass Andere mitbekamen was er nun sagte. „Das ist eine gute Idee.“

Damit ging er zu der einen Treppe, die in den Garten hinab führte. Natürlich ergriff er nicht Christians Hand, immerhin war er keine Frau. Männer hielten nicht die Hand eines anderen Mannes, es sei denn es war die ihres kleinen Sohnes.

Christian folgte ihm schweigend, jedoch glitt sein Blick immer über die angrenzenden Gebüsche.

Shay kannte einige verschwiegene Ecken in diesem Garten und wollte eine ansteuern. Doch Christians Hand an seinem Oberarm hielt ihn zurück.

„Das ist vielleicht keine so gute Idee. Wir sollten noch etwas weiter gehen.“

Zwar wusste Shay nicht warum, doch er verließ sich in dieser Hinsicht auf Christian. Dieser hatte bestimmt seine Gründe. „Also was ich sagen wollte…, wegen meiner Worte das tut mir leid. Ich habe nur etwas gehört, das mich verunsichert hat.“

Was es war würde er sicher nicht sagen, dass war ihm zu peinlich.

„Das ich mich nicht nur zu Frauen hingezogen fühle. Ich weiß, Raoul hat mich darüber in Kenntnis gesetzt.“ Nun bog auch Christian ab und führte Shay zu einem kleinen runden Platz. Alles das diesen füllte, waren als Kreis angeordnete Steinbänke und ein kleiner Springbrunnen. Der perfekte Rückzugsort für heiße Nachmittage.

Zu dieser Erkenntnis wäre auf jeden Fall Shay gekommen, doch im Moment dankte er Gott gerade dafür, dass es bereits schon so dunkel war. Natürlich beleuchte der Halbmond die Umgebung noch etwas, aber man konnte bestimmt nicht erkennen, dass er leicht errötet war. Natürlich hatte er nicht erwartet, dass sein Gespräch mit Raoul ein Geheimnis blieb, doch er hatte es gehofft. Nur Christian gegenüber kannte wohl keiner seiner Freunde das Wort Diskretion.

Christian setzte sich auf eine der Steinbänke und stützte seine Handflächen darauf ab. „Du erwartest nun bestimmt eine Antwort darauf, nicht?“

Nun, wenn er es schon so ansprach…. Shay kam näher und setzte sich neben ihn. Bestimmt würde sich die ganze Sache nun aufklären. Gerüchte mussten nicht immer stimmen. „Wenn es keine Umstände macht.“

„Ja, es stimmt. Ich achte bei meiner Partnerwahl nicht unbedingt auf das Geschlecht.“ Dabei zuckte er nur gleichgültig mit den Schultern.

Shays Augen weiteten sich überrascht und er musste den Impuls unterdrücken, von dem Älteren wegzurutschen, das wäre doch etwas zu kindisch gewesen. Jedoch verstieß das gegen alles, das er gelernt hatte. Er sollte nun eigentlich aufstehen und gehen, trotzdem blieb er besseren Wissens sitzen. Es gab einfach noch einige Dinge, die er klären musste. Allerdings war er nicht mehr so sicher, ob er den Wünschen seines Bruders entsprechen konnte, wenn das nun auch eher Nebensache war. Immerhin tat Christian etwas verbotenes und das gab er auch noch so offen und leichtfertig zu. Wie verdorben musste dieser Ort sein, dass er dafür immer wieder Partner fand, die dabei mitmachten? „Aber das ist schlecht, es ist verboten.“

Fassungslos sah er Christian an. Er schluckte kurz vor seiner nächsten Frage, einfach weil er auch Angst vor der Antwort hatte. „Warum?“

„Warum?“ Nun war es an Christian ihn verwundert anzusehen. Auf seinen Lippen lag ein Lächeln, das man sonst nur Kindern zeigte, die eine dumme Frage gestellt hatten. „Weil es Spaß macht, darum. Weil es mir die Zeit vertreibt und weil mein Gegenüber es auch will. Außerdem ist es mit Männern unkomplizierter. Da kommt nicht gleich der große Bruder, um die Ehre zu retten.“

Es war ein kleiner Seitenhieb auf ihn, doch Shay war von der Antwort so überrascht, dass er nicht darauf einging. Ja, er nahm ihn nicht einmal zu Kenntnis. „Ihr macht das alles nur aus Spaß? Eine Sünde?“

Es fiel ihm nicht einmal auf, dass er die Anrede gewechselt hatte.

„Du willst mir nun doch wohl keinen Vortrag über Gefühle halten, oder? Ich will nur einen Mann sehen, der mit einer Frau schläft, weil er sie liebt. Liebe kann danach kommen, aber es ist keine Voraussetzung.“

Shay wollte schon den Mund zu einer Erwiderung öffnen, unterließ es dann aber im letzten Moment. Nein, er konnte nicht widersprechen. Denn auch wenn seine Erfahrungen gering waren, so hatte er keine seiner Partnerinnen geliebt. Er war einfach nur neugierig gewesen, wie das funktionieren sollte. Doch das war auch nicht der springende Punkt. „Aber es waren Männer.“

„Ich weiß nicht, was daran schockierend sein soll? Ich zwinge niemanden zu etwas, jeder von ihnen kam freiwillig mit mir.“

Es kam Shay vor, als würde er gegen eine Wand reden, eine sehr stabile Wand. Anscheinend wollte Christian keine Argumente gelten lassen, doch es war auch nicht seine Aufgabe sich um sein Seelenheil zu kümmern. Er hatte einen Auftrag von seinem Bruder bekommen und Liams Wünsche waren Gesetz. Nur eine Sache musste er noch klären. „Habt Ihr das alles nur gemacht, ich meine das Training, weil Ihr auch mich zu euren Eroberungen zählen wolltet?“

Diese Frage fiel ihm nicht leicht, doch die Antwort war für ihn sehr bedeutend.
 

Christian seufzte tief. Es war klar, dass diese Frage kommen musste, das ganze Gespräch hatte zu diesem Punkt geführt. Er wusste noch, was er mit Mikaela gesprochen hatte, doch er hatte auch seine Prinzipien und diese brach er nicht, nur weil er dann vielleicht nicht mehr zu seinem Ziel kam. Bis jetzt war er immer ehrlich zu seinen Partnern gewesen, diese wussten immer, was sie von ihm zu erwarten hatten und das war auch ein Punkt, der ihm sehr wichtig war. Shay hingegen wusste das nicht und das sorgte für diese Probleme. „Ja, das war meine Absicht.“

Shay neben ihm sog scharf die Luft ein und stand mit einem Ruck auf. „Ihr habt mich getäuscht!“

Wütend holte er mit der Hand aus.

Christian fing die Faust ab, bevor sie sein Gesicht traf. Vielleicht hatte er es verdient, doch das hieß nicht, dass er es zulassen würde. „Setzt Euch, dann können wir das Gespräch noch wie zivilisierte Menschen zu Ende bringen.“

Um seine Bitte noch zu unterstreichen, wurde der Griff um Shays Faust fester.

Dieser verzog leicht sein Gesicht und befreite seine Faust dann mit einem Ruck. Sich diese reibend, setzte er sich wieder neben Christian, diesmal aber mit deutlichem Abstand. „Dann erklärt Euch.“

Christian konnte sich gerade noch ein Lächeln verkneifen, dieses war im Moment unangebracht. „Ich habe Euch nicht getäuscht. Es gab nie einen Grund Euch darüber aufzuklären. Hättet Ihr Euch hingegen besser über mich informiert, dann wäre es Euch vielleicht selbst aufgefallen.“

„Jetzt ist es meine Schuld!“ Shay fuhr wütend auf, setzte sich aber einen Moment später wieder.

„Teilweise. Ich wusste ja, das Ihr nichts darüber wusstet, doch ich fand, dass es besser wäre, wenn Ihr mir gegenüber nicht so viele Vorurteile hättet. Sonst hättet Ihr mein Angebot niemals angenommen.“ Christian schüttelte den Kopf, so als würde er sich selbst eine Frage beantworten. Sein Blick fiel auf den Jungen neben sich. Ja, er war wütend und verwirrt. Wohl mehr verwirrt als wütend, sicher fühlte er sich auch verletzt. Wenn Christian ihn auch nicht absichtlich getäuscht hatte, so musste es sich für ihn so anfühlen. Dass er nun für Klarheit sorgte, war keine Entschuldigung, da es dafür schon viel zu spät war.

Es dauerte eine Weile, bis Shay etwas darauf erwiderte. „Mein Bruder will, dass ich mich mit Euch anfreunde, weil er sich davon Vorteile erhofft. Ich beuge mich seinen Wünschen, soweit das möglich ist. Im Moment kann ich nicht sagen, ob ich mich mit dem was Ihr macht anfreunden kann, ebenso wenig mit dem was Ihr mir entgegenbringt. Jedoch war mir Eure Gegenwart nicht unangenehm, weswegen ich auch diesmal gerne den Wünschen meines Bruder entsprechen würde.“

Jedes von Shay Worten wurde so bedächtig ausgesprochen, so als würde er sie zuvor noch einmal auf die Goldwaage legen. Christian störte es nicht, dass er seinen Bruder als Entschuldigung nutzte, das war besser, als wenn er den Kontakt zu ihm ganz abbrach.

Entschlossen sah Shay nun wieder auf und traf Christians Blick. „Jedoch bin ich mit dem was Ihr macht nicht einverstanden und ich werde mich ganz sicher nicht so leicht von Euch einwickeln lassen.“

Bei diesen Worten grinste Christian. So leicht? Das konnte man ja als Herausforderung sehen. Zumindest als Aufforderung ihn eines Besseren zu belehren. Nun, Christian gab sich gerne als Lehrer her.

Auch Shay schien der Versprecher aufgefallen zu sein, da er sich verlegen auf die Unterlippe biss. Jedoch unterließ er den Versuch sich zu rechtfertigen, bestimmt um Christian nicht auch noch darauf aufmerksam zu machen.

Leider hatte Christian das schon bemerkt und es überraschte ihn überhaupt nicht, dass Shay abrupt aufstand.

„Ich muss wieder zum Ball, meine Geschwister warten dort.“

Es war eine ziemlich fadenscheinige und eindeutig gelogene Antwort, doch Christian machte ihm den Gefallen und gab sich damit zufrieden.

Christian sah ihm nach, als der Jüngere sich rasch von ihm entfernte. Auf seine Lippen legte sich ein erwartungsvolles Lächeln. Da lagen noch interessante Zeiten vor ihm und er war sicher niemand, der eine Herausforderung und sei sie noch so unvorsichtig ausgesprochen worden, ablehnte. Keine solche Herausforderung.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 27
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Rida sah Christian und Shay nach, als sich diese entfernten. Er sah keinen Grund ihnen offen zu folgen, weswegen er etwas Zeit verstreichen ließ, bevor er sich daran machte, ihnen nachzugehen. Normalerweise erledigte Christian das gerne ohne Zeugen, doch der Garten war kein Ort, an dem er ihn alleine lassen würde.

Doch diesmal schien nicht Christian in Gefahr zu sein, denn Rida spürte genau das ihm jemand folgte. Er konnte es an nichts festmachen, keiner Bewegung die er aus den Augenwinkeln sah, keinem verdächtigen Geräusch, es war einfach nur eine Gewissheit. Allerdings gab auch das Ausbleiben solcher Zeichen, Aufschluss über seinen Verfolger.

Seufzend blieb Rida stehen. „Ich weiß, dass du da bist. Was willst du?“

Sein Tonfall gab deutlich zu verstehen, dass er nicht zu Scherzen aufgelegt war. Es wurde wirklich langsam Zeit, dass Juliet wieder abreiste. Er mochte sie und ihre Anwesenheit tat Christian in den meisten Fällen gut, doch ihre Begleitung war absolut inakzeptabel. Vor allem, wenn sie ihn nun auch noch von seiner Aufgabe abhielt.

Er sah wie Christian mit Shay vom Hauptweg abwich. Gut, er wusste wohin sie wollten und solange er das hier nicht geregelt hatte, würde er ihnen auch nicht folgen. Christian musste nicht unbedingt davon erfahren.

Die Umgebung um ihn herum blieb allerdings ruhig und Rida wich mit einem Fluch in seiner Muttersprache vom Hauptweg ab. Wenn er nun gezwungen war Alan zu suchen, dann konnte sich dieser aber auf etwas einstellen. Seine Geduld mit dem Attentäter wurde immer weniger. Auch wenn Rida wusste, dass es besser wäre, einen klaren Kopf zu behalten, so gelang ihm das nicht. Es gefiel ihm nicht wenn Alan diese Spielchen mit ihm trieb, wobei es nur darauf ankam, dass er seine Überlegenheit demonstrieren konnte.

Rida passierte einige Sträucher, die hoch genug waren um einen Sichtschutz zu bilden und warf einen Blick um die Ecke. In dem Moment hörte er es hinter sich, das Rascheln von Blättern. Es war zu intensiv, um vom Wind zu stammen, den es heute gar nicht gab, außerdem spürte er die Anwesenheit eines Menschen hinter sich.

Rida reagierte instinktiv, indem er herumfuhr und sein Bein hob, um seinen Angreifer zu treffen. Ein Tritt hatte noch keinem Gegner geschadet, das war ein wahrer Spruch von einem seiner Meister.

Leider wurde sein Tritt kurz vor dessen Ziel von einer Hand abgefangen. „Nett, aber nicht wirklich effektiv.“

Rida funkelte den Blondhaarigen verärgert an. Es war keine wirklich gute Position in der er sich nun befand, doch er gab Alan noch die Möglichkeit, das zu ihrer beider Zufriedenheit zu regeln.

Auch wenn Alan ihn einen Moment lang belustigt musterte, so ließ er Ridas Fuß nach einem kurzen Zögern doch los. „Hoffentlich kommen sich Christian und Benedikt nie in die Quere, es wäre schade wenn ich dich töten müsste.“

„Vielleicht kann ich das ja verhindern, indem ich schneller bin.“ Rida war nicht sonderlich begeistert von dem Ausgang dieser Situation. Das machte seinen Lehrmeistern nicht gerade Ehre, aber Alan schien immer einen Schritt voraus zu denken.

„Was ist mit Juliet?“

„Sie hat sich für heute Abend zurückgezogen.“

Spöttisch musterte Rida sein Gegenüber. „Ist das wieder so eine Situation, in der du wegsiehst?“

Er konnte es nicht verhindern, dass man den Sarkasmus in seiner Stimme hörte, doch er strengte sich auch nicht wirklich an. Alan hingegen nahm das gelassen. „Nein, das nennt man Nachtruhe. Auch ich muss einmal schlafen.“

Das musste wohl jeder einmal, auch er. Wenn Rida auch locker vier Tage ohne Schlaf auskommen konnte, worauf er sehr stolz war. Nur war es dann besser ihn nicht mehr anzusprechen, da seine Laune jeden Tag mehr sank. „Ich weiß, ich wiederhole mich, aber was willst du schon wieder von mir?“

¬In letzter Zeit wurde er ihn nicht mehr los, wie einen Hund, den man trat und der einem trotzdem immer weiter nachlief. Nur im Gegensatz zu einem Hund hatte Rida kein Mitleid mit Alan.

„Ich habe mir etwas überlegt, was deine Bezahlung angeht.“ Selbst im schwachen Mondlicht konnte man das unheilvolle Lächeln sehen, das Alan nun präsentierte.

Rida wich unwillkürlich einen Schritt zurück, bei diesem Anblick. „Es gibt keine Bezahlung, wie oft soll ich dir das noch sagen.“

Der Andere schien diese Bemerkung gar nicht zur Kenntnis zu nehmen, als er noch näher trat und Ridas Handgelenk packte. Unsanft zog er ihn zu sich, sodass sich ihre Körper berührten. Leicht beugte er sich zu seinem Ohr, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Es muss gar kein Kuss sein. Stattdessen würde ich mich damit zufrieden geben, wenn du einen Tag lang mein Sklave wärst.“

Bei diesem Vorschlag schnappte Rida erschrocken nach Luft. Mit einem Ruck zog er seinen Kopf etwas zurück, sodass er Alan in die Augen sehen konnte. Bei seiner Antwort klang seine Stimme ebenso entschlossen, wie es sein Blick war. „Ich bin niemandes Sklave, niemals.“

Nicht mehr, niemals mehr, einmal war genug gewesen. Es war eine Zeit, an die er sich nicht gerne erinnerte und das würde sich niemals wiederholen, das hatte Rida sich geschworen. Er war sein eigener Herr und auch wenn das nur ein Spiel war, so änderte das nichts an seiner Entscheidung.

Eine Hand legte sich um Ridas Kinn und Alan lächelte. „Ich mag diesen Blick.“

Machte er sich schon wieder über ihn lustig? Das Lächeln sprach zwar dafür, doch Rida war sich da nicht so sicher. Ihm war beigebracht worden, nicht immer auf die Mimik der Menschen zu achten, sondern auch auf andere Dinge, aus diesem Grund war er sich unsicher. Es war eine seltsame Atmosphäre um sie herum und Rida tat sich wirklich schwer nun Einbildung von Realität zu unterscheiden. „Lass das.“

Seine Stimme war nicht mehr als ein Zischen.

„Tu was dagegen.“ Es lag eine Herausforderung in Alans Blick, die eindeutig an Rida ging.

„Ich habe noch zu arbeiten.“ Nur zur Probe versuchte Rida seine Hand zu bewegen, doch der Griff um sein Handgelenk war zu fest.

„Tu was dagegen.“

Der Schwarzhaarige seufzte tief bei der abermaligen Aufforderung, Das war wohl das Einzige, das er auf all seine Argumente hören würde. Und wirklich, er hatte die Möglichkeiten etwas zu machen. Jedoch wollte er keinen Streit mit Alan anfangen, ebenso wenig wie einen Kampf. Das wäre kaum professionell, außerdem hatte er seine Fertigkeiten nicht dafür gelernt, um sie verantwortungslos einzusetzen. Bei Alan hingegen schien es anders auszusehen, oder er machte sich seine eigenen Regeln. Es gab wohl wirklich nur eine effektive Lösung um ihn dauerhaft loszuwerden. „Wenn du deinen Kuss bekommst, lässt du mich dann wieder in Ruhe?“

Zumindest soweit wie sonst, was keinen bedeutenden Unterschied machte. Er war schon immer Zielscheibe von Alans Spott gewesen. Außenstehende hielten sie für Rivalen und Rida sah das ebenso, doch für Alan war er wohl nichts mehr als ein Spielzeug. Dieser Gedanke schmerzte Rida seltsamerweise.

„Wenn die Schulden dann abbezahlt sind.“ Alan zuckte nur die Schultern.

„Sind sie es dann?“ Darauf verlangte Rida nun eine klare Antwort. Denn er würde sicher nichts in diese Richtung machen, wenn er keine Versicherung hatte.

„Ja, ich stehe zu meinem Wort.“

Mistkerl. Wollte er ihm damit etwa sagen, er tat das nicht? Aber er interpretierte da sicher nur zu viel hinein. Er sollte das rasch hinter sich bringen, wie man es immer bei unangenehmen Dingen machte. Gut, es ging nur um einen Kuss, eine Berührung der Lippen sollte reichen. Natürlich war das die harmloseste Version einen Kusses, doch Alan hatte nicht gesagt, welche Art von Kuss es sein musste. Das war sein Fehler und Rida würde ihn sicher nicht darauf aufmerksam machen.

Rida näherte sich Alans Gesicht, doch wandte er nicht den Blick ab, ebenso wenig wie Alan. Er wusste nicht warum Alan seinen Blick erwiderte, doch er wollte einfach nicht verlieren, indem er zuerst den Blick abwandte. So oft war er ihm schon unterlegen, da wollte er wenigstens so kleine Siege für sich verbuchen.

Alans Griff um sein Kinn störte ihn, doch es war sinnlos ihn jetzt noch darum zu bitten diesen zu lösen, das würde das Unvermeidliche nur hinauszögern. Kurz bevor sich ihre Lippen trafen, spürte er Alans Atem an seinen Lippen, als dieser noch etwas sagte.

„Ich dachte, du würdest lieber eine Kröte küssen.“

Rida sah es zwar nicht, doch das spöttische Lächeln konnte man fast aus seiner Stimme hören. Doch auch er hatte eine passende Erwiderung, die er mit einem ebenso spöttischen Lächeln vorbrachte. „Die Vorstellung könnte es sogar erträglich machen.“

Doch damit war die Zeit für Worte auch schon vorbei. Rida schloss den Abstand zwischen ihnen und berührte mit seinen Lippen die von Alan. Als er sich jedoch zurückziehen wollte, hielt ihn Alan fest.

Die Augen des Schwarzhaarigen weiteten sich überrascht, bevor sie sich verärgert verengten. Also deswegen hatte er sein Kinn nicht losgelassen, dieser Mistkerl.

Rida versuchte sein Handgelenk nun mit Gewalt loszureißen, während seine Hand gegen Alans Brust drückte. Seine Lippen pressten sich entschlossen zusammen, doch Alan wusste natürlich genau wie man einen geschlossen Mund öffnete.

Widerwillig spürte Rida wie sein Kiefer dem Druck nachgab und Alans Zunge seinen Mund eroberte. Es war eine Eroberung, da seine Versuche es zu verhindern, nicht einmal zur Kenntnis genommen wurden, oder besser als Aufforderung verstanden wurden. Nicht einmal beißen konnte er ihn, da dies sein Griff verhinderte, der seinen Mund auch zwang geöffnet zu bleiben.

Es war ein stürmischer und dominanter Kuss, doch das machte es für Rida kaum besser.

Alan beendete den Kuss erst, als sie die pure Atemnot dazu zwang. Keuchend standen sie sich gegenüber und Rida nutzte die Gelegenheit.

Zufrieden hörte er den klatschenden Laut, als seine flache Hand Alans Wange traf. „Das war nicht vereinbart!“

Der Blondhaarige zog die Hand von Ridas Gesicht zurück und rieb sich über die schmerzende Wange. „Es war ein Kuss vereinbart. Du hast doch wohl nicht geglaubt, dass ich mich mit einer einfachen Lippenberührung zufriedengeben, oder?“

Nun er hatte es gehofft, oder besser gesagt es versuchen wollen. „Es gibt dir noch lange nicht das Recht dir zu nehmen, was ich dir nicht geben will.“

„Du hast es freiwillig begonnen. Ich habe das Ganze nur in die gewünschte Richtung gelenkt.“

„Ja, in die Richtung, die dir gefällt.“ Mit einer zornigen Bewegung befreite Rida seine Hand aus Alans Griff.

Der lächelte nur überlegen. „Wenn du nicht von Anfang an hättest betrügen wollen, dann müsstest du morgen keinen seltsamen blauen Flecken erklären.“

Bei dieser Bemerkung erbleichte Rida leicht, er konnte seine Hand gerade noch davon abhalten sich das Kinn zu reiben. Es stimmte, da würden auf jeden Fall Abdrücke zurückbleiben. Es kostete Rida eine Menge Selbstbeherrschung um seine Hände nicht an Alans Hals zu legen und fest zuzudrücken. Irgendwann würde er diesem Wunsch nachgeben, das schwor sich Rida, doch nicht heute. „Damit ist alles erledigt, wir haben uns nichts mehr zu sagen.“

Rida wandte sich um und schritt an Alan vorbei. Warum war er auch so dumm gewesen und hatte sich von Anfang an auf dieses Spiel eingelassen? Er hätte den Ausgang doch ahnen können.

Alan hob die Hand und hielt ihn noch einmal am Oberarm zurück. „Wir haben uns noch eine Menge zu sagen, Rida. Das wirst du schon noch merken.“

Seine Stimme klang beinahe sanft und gerade das, ließ es für Rida wie eine Drohung wirken. Unsanft machte er sich los. „Mit dir bin ich fertig.“

Das waren ernst gemeinte Worte. Nur noch einige Wochen, dann war das Turnier vorbei und sie gingen wieder getrennte Wege. Selbst wenn Christian seine Familie besuchte, gab es Möglichkeiten, wie er sich davor drücken konnte. Wenn es ihn auch schmerzte, denn in gewisser Weise war es auch seine Familie. Außerdem warum sollte er vor dem Anderen fliehen?

Er blieb stehen und drehte sich noch einmal nach dem Attentäter um. Wie er erwartet hatte, war er nicht mehr da. Warum auch, es gab keinen Grund noch irgendetwas zu erwarten.

Mit einem Schnauben setzte Rida seinen Weg fort. Seine Aufgabe war es Christian zu schützen und darauf würde er seine ganze Aufmerksamkeit richten, so wie immer. Das war Arbeit und Ablenkung genug. Alan war Juliets und Benedikts Problem, nicht seines und so würde er es von nun an auch behandeln.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 28
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Wie hatte das passieren können? Wie hatten ihm diese Worte entschlüpfen können? Oh, Shay wusste sehr gut, wie das passiert war. Sein Mund war wieder um einiges schneller gewesen, als sein Verstand, das passierte ihm leider oft genug. Unruhig ging er im Zimmer umher, etwas das er schon machte, seit er vor einer halben Stunde aufgestanden war. Bis jetzt hatte er sich nicht einmal die Zeit genommen, sich anzuziehen, oder besser gesagt, sich dabei helfen zu lassen.

Zuerst musste er eine Lösung für sein Problem finden. Ihm war nur allzu bewusst, wie man seine Worte auffassen konnte, nämlich als Herausforderung. Nur war das nicht seine Absicht gewesen, doch jemand wie Christian verstand es bestimmt so. Das war eine Katastrophe.

Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken und ein Diener trat zögernd ein. Dass er nicht einmal auf eine Aufforderung wartete, zeigte, dass er mehr Angst vor seinem Herrn hatte, als vor ihm, dem Empfänger. Eindeutig ein Diener seines Bruders. „Ja?“

Seine Stimme war barsch und man hörte deutlich heraus, dass er über diese Störung nicht erfreut war.

„Verzeiht, Lord. Aber mein Herr, Euer Bruder, wünscht Euch zu sehen.“ Der Diener blieb in dem Spalt der geöffneten Tür stehen, ohne sich auch nur einen Zentimeter weiterzubewegen.

Darauf gab es leider nur eine Antwort und diese musste positiv sein. Vor allem, wenn er sich Ärger ersparen wollte. Aus diesem Grund seufzte er nur und nickte. Das musste Antwort genug sein.

Der Diener gab sich damit auch zufrieden und schloss wieder die Tür wieder hinter sich.

Shay klingelte nach seinem Diener, damit dieser ihm beim Ankleiden half. Es war nicht so, dass er es nicht alleine konnte, doch auch er repräsentierte einen Status und zu diesem gehörte es, sich nicht alleine anzukleiden. Das war zwar umständlich, doch bei manchen Kleidungsstücken durchaus hilfreich. Allzu lange dauerte es nicht, sich anzukleiden, es durfte auch nicht lange dauern, denn wenn Liam etwas nicht besaß, dann war es Geduld. Bei Susan tolerierte er einiges, doch nicht bei ihm.

So stand er eine halbe Stunde später vor der Tür zu dessen Zimmer. Für Shay war das eine Rekordzeit, vor allem wenn man bedachte, was dafür noch alles nötig gewesen war. Er atmete noch einmal tief durch, etwas das er stets vor den Treffen mit seinem Bruder machte, und klopfte an. Als keine Reaktion erfolgte, öffnete er sie einen Spalt und trat ein. Sein Bruder war da, nur hatte er es nicht als notwendig empfunden, ihm das mitzuteilen.

Liam stand vor seinem Bett und ließ sich von seinem Diener ankleiden. Dabei bewegte er keinen Finger, sondern ließ den Diener alles erledigen. Shay empfand das schon als sehr übertrieben, denn so verzögerte man die ganze Sache eher. Doch für solche Dinge hatte Liam genug Geduld, immerhin verdeutlichte das nur seinen Status.

Langsam wandte sein Bruder den Kopf in Shays Richtung. „Ah, da bist du ja.“

„Du hast mich gerufen.“

„Vor einiger Zeit, ja.“ Liam scheuchte den Diener, der gerade den letzten Knopf seines Hemdes schloss, von sich. „Ich muss dich diesmal wirklich loben, Bruder. Was Susans Verehrer angeht, hast du eindeutig Geschmack bewiesen. Er wäre durchaus eine ganz gute Partie.“

Shay erinnerte sich gerade rechtzeitig daran, seinen Mund geschlossen zu halten. Doch dieses Lob kam absolut unerwartet und von einer Person, von der er nur selten Lob zu hören bekam. Noch seltener war es nur von seinem Vater.

„Danke.“ Mehr fiel ihm nicht ein und er wusste, dass sein Bruder eine Antwort erwartete. „Du hast ihn also kennengelernt?“

Liam nickte, während er zu einem Tisch ging und sich ein Glas Wein einschenkte, „Ja, das habe ich. Ehrlich gesagt, es gibt schlechtere Wahlen als ihn.“

Mit schlechter meinte Liam natürlich, ärmer. Shay seufzte leise, beschloss aber nicht darauf zu antworten. Wenn Liam zufrieden war, sollte er versuchen diesen Zustand zu halten. Das kam sowieso viel zu selten vor, jedenfalls wenn Shay in dessen Nähe war.

Er suchte eine Sitzgelegenheit und nahm auf einem Sessel Platz. Wenn er auf eine Aufforderung wartete, würde er in einer Stunde auch noch stehen. Sie waren Brüder, wenigstens diese kleine Freiheit nahm er sich.

Liam setzte sich, sein Weinglas in der Hand, Shay gegenüber auf das Sofa. „Was Susan angeht, scheinst du sehr gute Arbeit zu leisen. Ich habe nicht angenommen, dass sie sich so gut benimmt.“

Auch wenn Shay zuvor noch über das Lob erstaunt war, so wurde er nun langsam misstrauisch. Das passte nicht zu Liam. Also entweder hatte er heute einen sehr guten Tag, oder er wusste etwas, dass er Shays Meinung nach nie erfahren durfte. Hatte er von dem Duell gehört? Wenn ja, dann hatte er ein Problem. „Wir haben uns geeinigt.“

Das war momentan das Diplomatischste, das ihm einfiel. Hoffentlich fragte er nicht nach, doch das war die kleinste Sorge, die Shay im Moment hatte. Vor allem weil Liam niemals nachfragte, er wollte nur seine Fragen beantwortet haben. Alles was über dieses Antwort hinausging, überhörte er gekonnt.

„Scheint so.“ Nachdenklich nickte Liam. Es schien, als sei er in Gedanken schon bei etwas anderem.

Unsicher wartete Shay ab, während sein Bruder nachdachte. Dabei kam meistens nichts heraus, das gut für ihn war, weswegen er sich in diesen Momenten weit weg wünschte. Das hatte sich seit seiner Kindheit nicht geändert.

„Sag, Shay hast du auch dieses Jahr vor bei diesem Turnier mitzumachen?“

„Ja. Warum?“ Die Frage fügte er nur vorsichtig hinzu, da er wissen wollte was diese Frage zu bedeuten hatte. Das war doch schon eine reine Selbstverständlichkeit. Er war der dritte Sohn, seine Aufgabe war es die Familie zu repräsentieren. Sebastian konnte das nicht und Liam sollte es nicht, da er als Nachfolger zu wertvoll war, so blieb nur mehr er übrig.

Liam nippte bedächtig an seinem Weinglas, bevor er zu einer Antwort ansetzte. „Nun, Vater und ich sind zu der Überlegung gekommen, dass es vielleicht nicht sinnvoll ist, wenn du dabei mitmachst.“

Überrascht schnappte Shay nach Luft. Es war nicht sinnvoll, wenn er mitmachte? Wie sollte er denn das verstehen? Ja, er war nicht gut und das war ihm auch bewusst, aber nur durch Praxis konnte er sich verbessern. Und das Turnier hier war die beste Möglichkeit sich zu verbessern, immerhin kamen nur die besten Krieger hierher. Es gab auch solche wie ihn, doch jeder fing einmal klein an. „Warum?“

Es war ihm im Moment egal, ob er sich wiederholte oder nicht.

Sein Bruder schüttelte den Kopf und seufzte bedauernd. Sein Blick mit dem er Shay maß, glich dem, den man bockigen Kindern schenkte. „Shay, du machst hier schon seit wie vielen Jahren mit? Vier?“

„Drei.“ Es war nur ein schwacher Einwurf von Shay und wie alles was er sagte, wurde es ignoriert. Langsam fragte sich Shay wirklich, warum er sich noch die Mühe machte, zu widersprechen oder zu antworten. Wenn jemand schwieg, galt das als Zustimmung und nur das wollte sein Bruder hören.

Unbeirrt fuhr sein Bruder fort, ohne ihm auch nur Beachtung zu schenken. „Und bis jetzt kannst du keine wirklichen Erfolge vorweisen. So machst du uns nur zum Gespött der Leute. Deswegen haben Vater und ich beschlossen, dass dies das letzte Turnier ist, das du bestreiten wirst.“

Auf jeden Fall wäre es wohl das Letzte, das sie ihm bezahlten, darauf lief es hinaus. Was aber die gleiche Bedeutung hatte. Kein Geld von seiner Familie, kein Turnier. Wie er diese Abhängigkeit hasste. Jedoch konnte er auch nichts daran ändern, seine wirtschaftlichen Kenntnisse beschränkten sich nur auf das Nötigste. Genug um die Grundlagen zu kennen, zu wenig, um damit etwas anzufangen. So war es bei ihnen allen, egal ob nun Sebastian, Susan oder er selbst. Jeder hatte nur das Wissen bekommen, das notwendig war, um sie gewinnbringend nutzen zu können. „Ich habe verstanden.“

Liam hatte den Zeitpunkt wirklich gut gewählt. So kurz vor dem Turnier war nun natürlich seine Motivation im Keller. Shay wusste das und trotzdem konnte er nichts dagegen machen. Sein Bruder schaffte es immer spielend leicht, ihn zu entmutigen, was kein Kunststück war, da in seinen Händen alle Fäden zusammenliefen.

Der Ältere lächelte zufrieden. „Ich wusste, dass du es verstehen würdest. Schließlich müssen wir ja auf den Ruf unserer Familie achten. Ich will dich nun aber nicht von deinen weiteren Pflichten abhalten.“

Shay nickte, er hatte den Wink verstanden. Hastig stand er auf und verließ den Raum. Erst auf dem Gang wagte er es die Hände zu Fäusten zu ballen. Pflichten, von wegen, alles was er noch machen durfte, war Kontakte zu knüpfen und das würde man ihm vielleicht auch irgendwann einmal verbieten. Aber langsam reichte es ihm. Es wurde Zeit, dass er unabhängig wurde und auf eigenen Beinen stand. Dazu fehlte ihm vielleicht das Wissen, doch das konnte man sich ja erarbeiten. Dafür benötigte er nur die richtigen Kontakte und Dank Liam hatte er ja nun wieder Kontakt zu jemandem, der ihm diese vermitteln konnte. Er musste nur auf seine Worte aufpassen und seinen Glauben nicht vergessen. Wenn er das machte, dürfte es mit Christian keine Probleme geben.
 

Gähnend sah Christian auf die Karten in seiner Hand.

„Lange Nacht gehabt, was?“ Einer seiner Mitspieler grinste ihn hämisch an.

Christian musterte seinen Gegenüber gelangweilt. Es war ein älterer Mann, der nicht gerade zu seinem Freundeskreis zählte. Er fragte sich sowieso welcher seiner Bekannten an diesem Tisch ihn eingeladen hatte, denn dann könnte er ihm danken. Jedes Spiel benötigte einen Ahnungslosen, den man ausnehmen konnte, so musste niemand ein schlechtes Gewissen haben. „Ich kann mich nicht beklagen. Aus dem Training komme ich sicher nicht.“

Christian lächelte amüsiert, während seine Freunde unterdrückt lachten. Es war eine Lüge, doch das musste er ja nicht jedem auf die Nase binden. Trotzdem, hier half ihm wieder einmal sein Ruf. Selbst wenn er alleine gewesen war, konnte er getrost das Gegenteil behaupten, man glaubte es ihm. „Ich steige aus.“

Dabei zwinkerte er seinem Freund zu, der neben ihm saß.

Der Schwarzhaarige neigte leicht den Kopf, als Zeichen, dass er verstanden hatte.

Hinter ihnen öffnete sich die Tür zu dem Zimmer, doch keiner schenkte dem großes Interesse. Es war ein öffentlicher Raum, den jeder betreten konnte und sie schlugen hier nur die Zeit mit einigen Spielen tot. Ein Zuseher mehr oder weniger fiel nicht auf.

Der Neuankömmling umrundete den Tisch langsam und blieb hinter dem Mann stehen, der Christian zuvor angesprochen hatte.

Da Christian zuvor mit dem Rücken zur Tür gesessen hatte, hatte er erst später bemerkt, wer der neue Gast war. Es überraschte ihn etwas, Shay zu sehen, bis jetzt hatte dieser kaum Interesse für diese Art von Vergnügungen gezeigt. Ganz im Gegenteil zu seiner Schwester, die aber eher begeisterter Zuseher war, Shay hingegen wirkte meistens, als würde ihn das alles nur nerven. Egal was man ihm vorwerfen konnte, er informierte sich über seine zukünftigen Partner. Das erleichterte einem die Arbeit und ersparte später Probleme.

Fragend sah Christian auf und sah das Shay seinen Blick erwiderte. Mit dem Kopf machte dieser eine kaum merkliche Bewegung zu Seite und Christian senkte den Blick wieder. Er hatte den Wink verstanden, wenn er auch etwas unpassend kam. „Meine Herren, für heute habe ich genug verloren.“

Damit stand er auf, ohne auf den Protest seiner Mitspieler zu hören. Natürlich, ohne ihn fehlte ihnen ein Spieler, aber für heute hatten sie alle schon genug gewonnen. Mit einer gewollten Ausnahme, aber das verstand sich von selbst, es musste schließlich immer einen Verlierer geben.

Christian ging in eine Ecke des Zimmers und wartete darauf, dass Shay ihm folgte.

Dieser kam ihm mit einem Lächeln nach. „Ihr habt gut daran getan aufgegeben, Euer Gegenüber hatte ziemlich gute Karten.“

„Ich habe eben einen guten Instinkt.“ Christian erwiderte dieses Lächeln freundlich. Einen guten Instinkt und einen gut platzierten Spion. Schließlich standen die beiden Damen nicht zufällig hinter ihrem heutigen Opfer. Doch das war nichts, das man ausplauderte, schließlich wollten sie diesen Trick gerne noch einmal anwenden. Es war eine gute Möglichkeit um leicht an Geld zu kommen. „Womit verdiene ich heute die Ehre Eurer Anwesenheit?“

Eigentlich hatte Christian nicht gedacht, dass sich Shay so rasch von ihrem letzten Gespräch erholen würde. Doch vielleicht schätzte er ihn in dieser Hinsicht einfach als zu naiv ein.

Shay zögerte kurz und schien nach Worten zu suchen. Seine Hände versteckte er dabei kurz hinter seinem Rücken, schien aber gleich darauf zu merken wie kindisch das wirken musste und ließ sie einfach neben dem Körper hängen. „Es ist nicht so, dass sich meine Ansichten geändert hätten, aber…“

Er schluckte kurz. „Da sich das ja geklärt hat, wollte ich nur fragen, ob es möglich ist, unser Training fortzusetzen. Nicht zwingend das Schwerttraining, sondern das Andere.“

Nachdenklich betrachtete Christian den Jüngeren. Das war nun wirklich überraschend.

Hinter ihnen ging das Spiel mit einem Fluch zu Ende und der Saal leerte sich. Aus den Augenwinkeln, beobachtete Christian wie sein Freund Rida einen kleinen Beutel zusteckte. Gut, sie hatten seinen Anteil nicht vergessen.

Ihm war klar, was Shay mit dem ‚Anderen‘ meinte, das war immerhin auch das Wichtigere. Wenn es auch kein Training in dem Sinne war. „Natürlich, immerhin sind es doch Spielschulden.“

Außerdem würde ihm das auch erlauben, etwas mehr Zeit mit Shay zu verbringen. Er wäre natürlich noch mehr, wenn sie das Schwerttraining auch wieder aufnehmen würden, doch das schien nicht so im Interesse des Jüngeren zu liegen. Seine Interessen schienen sich allgemein etwas verschoben zu haben. Vor einigen Wochen hatte er Shay noch klar machen müssen, dass es wichtig war die richtigen Leute zu kennen und nun wollte er das von selbst weiterverfolgen. Doch das war nicht seine Aufgabe, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. „Aber Ihr nehmt doch am Turnier teil, oder?“

Innerlich tadelte sich Christian selbst. Ja, es war nicht seine Aufgabe, doch seine Neugier wollte trotzdem eine Antwort.

Sofort trat wieder ein entschlossener Ausdruck in Shays Augen. „Auf jeden Fall!“

Irgendwie beruhigte es Christian, nun wieder das entschlossene Funkeln in Shays Augen zu sehen. Schließlich hatte dieser Ausdruck auch erst sein Interesse für den Jüngeren geweckt. Kurzentschlossen griff er nach Shays Hand und führte sie an seine Lippen. Anders als bei den Damen, stoppte er jedoch nicht kurz vor dem Ziel ab, sondern führte diese Berührung zu Ende. „Dann freue ich mich auf jeden Fall auf Eure Kämpfe.“

Überrumpelt starrte Shay abwechselnd auf seine Hand und Christian. Es dauerte einige Momente, bevor er sie hastig wieder zurückzog. Prüfend ballte er die Hand leicht zur Faust, so als müsse er sich davon überzeugen, dass sie noch immer funktionsfähig war. „Danke.“

Er klang bei weitem nicht so sicher, wie noch vor einigen Minuten. „Lasst es mich wissen, wenn Ihr eine Möglichkeit habt, Eure Schulden einzulösen.“

Damit beeilte sich Shay, den Raum zu verlassen.

Mit einem amüsierten Lächeln, sah Christian ihm nach. Das war wohl etwas zu viel für ihn gewesen.

Rida kam zu ihm und holte den Beutel hervor, den er Christian überreichte. „Geht es dabei immer noch ums Vergnügen?“

Christian steckte den Beutel ein. „Es geht immer nur um das Vergnügen, Rida.“

„Ich verstehe.“ Mit einem nachdenklichen Nicken, verstummte der Schwarzhaarige wieder.

Musternd betrachtete Christian seinen Freund. Etwas ging in Rida vor und er würde sogar jede Wette eingehen, dass es mit Alan zu tun hatte. Denn erst seit dieser hier war, benahm sich der Ältere seltsam. Jedoch würde er Rida sicher nicht dazu zwingen, ihm zu erzählen worum es ging. Da musste dieser schon von sich aus zu ihm kommen und das wusste Rida. Zumindest hoffte Christian, dass ihm das klar war, schließlich waren sie Freunde.

Mit einem kritischen Seitenblick auf seinen Freund, seufzte Christian leise. Dann klopfte er ihm aufmunternd auf die Schulter. „Komm, sehen wir nach, welche Besucher uns das Turnier heute beschert.“

Mit jedem Tag kamen nun mehr Menschen und auch der Platz vor dem Schloss füllte sich langsam wieder mit den Zelten der verschiedenen Teilnehmer. Auch wenn er nichts mit diesem Trubel zu tun hatte, war Christian froh, wenn das wieder vorbei war.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 29
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Shay starrte auf seine Hand, besser gesagt auf eine ganz bestimmte Stelle darauf. Es war noch immer so, als könne er seine Lippen auf seiner Haut spüren. Er war für einen Moment wie elektrisiert gewesen.

Mit einem Schnauben schüttelte er die Hand, so als könnte er dadurch die vorangegangene Berührung vertreiben. Er sollte sich nicht so viele Gedanken darüber machen. Es war ein Handkuss gewesen, na und? Einer von vielen, die der Blondhaarige verteilte, er war keine Frau, weswegen dieser sicher keine Bedeutung hatte. Und nein, dieser Gedanke weckte in ihm kein Bedauern. Auf jeden Fall benötigte er nun rasch etwas, das ihn auf andere Gedanken brachte. Auch wenn ihn der Gedanke an ein Training nicht wirklich reizte, nach den Worten seines Bruders.

Langsam aber sicher hatte er es satt, als unfähig angesehen zu werden. Sein Bruder sah ihn als Ballast an, seine Schwester als notwendiges Übel, doch das war in Ordnung, schließlich hatte er von ihnen auch nicht die höchste Meinung. Das war Familie, da war das nur normal. Doch auch keiner der Adeligen hier hatte bis jetzt auch nur registriert, dass es ihn gab, selbst Christian spielte nur mit ihm, um seine Liste zu erweitern. Ja, er war sich dessen bewusst und nur der Gedanke, dass er ihm diesen Gefallen sicher nicht machen würde, machte die Sache erträglich.

„Genau der Mann, den ich suche.“

Shay achtete nicht auf diese weibliche Stimme, da solche Worte sicher nicht an ihn gerichtet waren. Deswegen war er auch überrascht, als sich plötzlich eine Hand um seinen Oberarm legte. Fragend hob er den Blick, es war eindeutig eine weibliche Hand, weswegen er sich da keine großen Sorgen machte.

„Seht mich nicht so erstaunt an. Ja, ich meine euch.“ Karens grüne Augen blitzten vergnügt auf.

„Ihr habt mich gesucht?“ Nach seinen Gedanken eben, war diese Tatsache wirklich überraschend. Vor allem weil er keine Ahnung hatte, was Karen von ihm wollen könnte?

„Das habe ich doch eben gesagt, oder? Ihr habt nicht zufällig Lord Alrin gesehen?“

Kaum merklich seufzte Shay. Also darum ging es, sie suchte nur jemanden und nahm ihn als Informationsquelle. Warum nicht, er war ja daran gewöhnt. „Ich habe ihn eben bei einem Kartenspiel getroffen.“

„Gut, dann wird er uns nicht stören. Leistet mir beim Frühstück Gesellschaft, Shay.“

Shay brachte gerade noch ein erstauntes ‚Was‘ zustande, bevor er auch schon mitgezogen wurde. Nun, er ging alleine und ein Außenstehender hätte nie gedacht, dass es nicht er war der die Richtung bestimmte, aber es war Karen die ihn führte. Wie immer wenn er mit ihr unterwegs war. Der Mann an ihrer Seite hatte es sicher nie leicht.

Karen führte ihn zu einem Zimmer und öffnete die Tür. Als Shay stehenblieb sah sie ihn fragend an.

„Ich kann doch nicht so einfach in Euer Zimmer gehen.“ Das verbot ihm der Anstand, er wollte sich gar nicht ausdenken, was da für Gerüchte zustande kamen.

Mit einem Seufzen sah Karen ihn an und löste sich von ihm, um das Zimmer zu betreten. „Wenn Ihr länger so in meiner Türe stehen bleibt, werden noch mehr Leute etwas zu reden haben.“

Hastig trat Shay in das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Auch wenn er wusste, dass die Flucht nach vorne in diesem Fall die falsche Richtung war, nur wollte er vor Karen nicht als Feigling dastehen.

„Kommt, nehmt Platz.“ Damit deutete sie einladend auf einen Tisch, der bereits gedeckt war. Sie nahm auf einem der Sessel Platz und sah Shay abwartend an.

Auch wenn ihm die Wendung der Ereignisse nicht gefiel, so nahm er ihr gegenüber Platz. Jedoch fand er noch immer, dass es keine so gute Idee war.

Die Tür öffnete sich und ein junges Mädchen trat ein, in der Hand hielt sie eine Wasserkaraffe. Diese stellte sie auf ein Beistelltischchen.

„Wenn ihr wollt, dann kann Sarah bleiben, um Eure Tugend zu beschützen.“ Karen musterte ihn mit einem belustigten Lächeln.

Shay wusste wann es besser war, eine Frage nicht zu beantworten. Das war einer dieser Fälle, weswegen er einfach die Teekanne nahm. „Wollt Ihr eine Tasse?“

Die Schwarzhaarige schnalzte mit der Zunge, hielt ihm aber ihre Tasse hin. „Christians Einfluss zeigt Wirkung, wie unerfreulich.“

Shay schenkte ihr und anschließend sich eine Tasse Tee ein. Da er heute noch keine Zeit für ein Frühstück gefunden hatte, war das gar keine so schlechte Lösung. Wenn man einmal davon absah, das er gar nicht hier sein sollte. „Ihr wolltet mit mir sprechen?“

„Ja. Eigentlich ging es mir dabei eher um Euren Bruder.“ Sie nahm sich ein Stück Kuchen, das sie auf einen Teller vor sich legte.

„Liam?“ Diese Frage war durchaus berechtigt, da er zwei Brüder hatte und Karen beide kannte. Auch er gab sich mit einem Stück Kuchen zufrieden, das er vor sich ablegte. Er wollte nicht einfach so zu essen beginnen, wenn Karen anscheinend wichtige Dinge mit ihm zu besprechen hatte. Denn das diese Einladung ein Vorwand war, wäre inzwischen sogar jedem Blinden aufgefallen.

„Nun, da ich Sebastian seit meiner Kindheit nicht mehr gesehen habe, denke ich schon, dass es um Liam geht. Wie steht Ihr zu ihm?“ Karen nahm ihre Tasse in die Hand und führt sie an ihre Lippen.

„Er ist mein Bruder und Vaters Erbe.“ Shay zuckte desinteressiert mit den Schultern. Was sollte er sonst sagen, das waren die Tatsachen. Um eine genaue Beschreibung seines Charakters zu geben, kannte er ihn nicht gut genug. Zwar hatten sie im selben Haus gelebt, doch das traf auch auf viele andere Leute zu und diese kannte er auch nicht.

„Ja, das ist natürlich eine Neuigkeit. Sogar ich kenne meinen Bruder besser und uns trennen deutlich mehr Jahre als Euch und Liam.“

Shay schüttelte ratlos den Kopf. Er wusste nicht was Karen von ihm erwartete? Wenn sie neue Erkenntnisse wollte, dann war sie bei ihm an der falschen Adresse.

Mit einem leisen Klirren stellte Karen ihre Tasse wieder ab. Sie seufzte resigniert, so als sähe sie ein, dass dieses Vorgehen nicht sehr viel Sinn hatte. „Gut, dann beantwortet mir bitte meine Fragen. Hatte Liam schon immer einen so menschenverachtenden Charakter?“

„Bitte?“ Der Jüngere riss überrumpelt die Augen auf. Im Moment gab er sicher kein sehr gutes Bild ab, doch diese offene Ehrlichkeit überraschte ihn. Es war genau das, was auch er dachte, nur sprach er das doch nie aus. Für diese Gedanken schämte er sich nicht, aber so etwas über seinen eigenen Bruder zu sagen, war schon hart. Jedoch würde er jetzt sicher nicht für Liam in die Bresche springen und ihn verteidigen.

Widerstrebend nickte er. „Ja, ich glaube schon. Liam sieht den Wert eines Menschen, den Wert der Güter, die dieser besitzt.“

„Das dachte ich mir. Was treibt ihn im Moment an, will er hier eine Frau finden?“

Abermals konnte er nur mit den Schultern zucken. Woher sollte er das wissen, solche Dinge würde er niemals mit ihm bereden. „Da müsst Ihr unseren Vater fragen. Mit ihm bespricht Liam die wichtigen Dinge, nicht mit mir. Aber im Moment will er wohl nur Susan gewinnbringend verheiraten.“

Und mir zeigen wer die Macht in Händen hält. Diesen Gedanken jedoch behielt er für sich, da dies niemanden etwas anging. Nur Liam und ihn, das war ein privater Kampf, den sie schon seit ihrer Kindheit ausfochten.

Karen seufzte tief und nickte verstehend. „Wer würde das nicht?“

Anscheinend hatte sie diese Worte zu sich selbst gesprochen, da sie Shay dabei nicht ansah. Selbst wenn er sich irrte und sie eine Antwort verlangte, würde sie ihn schon darauf aufmerksam machen. Trotzdem kamen ihm Karens Fragen schon seltsam vor, weshalb er es wagte nachzufragen. „Weswegen interessiert Ihr Euch so für Liam?“

Schließlich war sie eine verheiratete Frau, da gehörte es sich nicht unbedingt, sich über andere Männer zu informieren. Außerdem der Gedanke, dass Karen etwas von seinem Bruder wollte war,… erschreckend. Bei der Vorstellung lief es ihm kalt den Rücken runter.

Lächelnd sah ihn Karen an, jedoch wirkte es aufgesetzt, so als hätte sie der Jüngere bei einer schlechten Tat erwischt. „Oh, ich will nur die Chancen meines Cousins aufbessern. Wer weiß, vielleicht muss ich mich ja für ihn einsetzen und es wäre schade seine Chancen durch ein falsches Wort zunichte zu machen.“

Nun das klang durchaus einleuchtend. Meistens waren es die Mütter, die sich darum kümmerten, dass ihre Kinder eine gute Partie eingingen, in Karens Familie waren es wohl alle weiblichen Verwandten. Allerdings gab es keinen Grund sich darüber zu wundern, bei ihnen waren es die männlichen Geschwister. „Da müsst Ihr keine Angst haben. Eurer Cousin hat einen guten Eindruck bei meinem Bruder hinterlassen.“

„Hat er?“ Diese Erkenntnis schien Karen selbst zu überraschen. Dann schüttelte sie jedoch rasch den Kopf. „Natürlich hat er, schließlich ist er ein Charen.“

Anscheinend war das für sie Erklärung genug, wenn Shay aus diesen Worten auch nicht so schlau wurde. Doch er wollte Karens Zweifel noch mehr zerstreuen, schon alleine weil er sie nicht an Liams Seite wissen wollte. Das wollte er bei keiner Frau. „Ja, mein Bruder ist durchaus bereit ihn in die engere Wahl zu nehmen.“

Die Schwarzhaarige nickte nur stumm und nahm einen Schluck von ihrer Tasse. Erst nach einer Weile richtete sich ihr Blick wieder auf Shay.

Unruhig ließ der Jüngere diese Musterung über sich ergehen. Er hatte sich unter solchen Blicken noch nie wohlgefühlt, da die Ergebnisse nur selten positiv für ihn ausfielen.

„Ihr trefft Euch also wieder mit Christian?“

Diese Frage war so aus der Luft gegriffen, das sie Shay völlig aus dem Konzept brachte. Überrumpelt nickte er nur, ohne darüber nachzudenken.

„Das ist gut.“

Skeptisch musterte er die Ältere, jedoch konnte er keinen Spott in ihren Augen erkennen. „Ich mache das nur, weil es für mich Vorteile bringt.“

Karen sollte bloß nichts Falsches von ihm denken. Auf keinen Fall sollte sie denken, dass er sich auf Christians Verführungen einließ.

„Machen wir das nicht alle?“ Nun lächelte sie wieder, wenn es auch etwas wehmütig wirkte. „Aber Christian benötigt jemanden, der ihm Konter gibt, der ihn für längere Zeit hinhält. Nur so kann er lernen.“

Shay war sich sicher, dass er in den letzten Minuten eine bedeutende Wendung verpasst hatte. Weder die jetzige Stimmung, noch Karens Worte konnte er verstehen. „Was lernen?“

In seinen Augen wirkte Christian nicht wie jemand, der noch etwas zu lernen hatte. Shay hatte in seiner Nähe immer das Gefühl unterlegen zu sein. Das war natürlich kein Maßstab, dieses Gefühl gaben ihm viele Leute.

„Seine Gegenüber kennen. Er trifft viele Leute und alle verfallen seinem engelsgleichen Aussehen. Es fehlt ihm nie an Gesellschaft, doch kennt er keinen wirklich. So ein Mensch wie Christian muss sehr alleine sein.“

Eigentlich wollte Shay widersprechen, schon alleine weil diese Aussage lächerlich klang. Dann jedoch erinnerte er sich an ihr Treffen am Balkon. In diesem Moment hatte er ihn selbst doch auch für einsam gehalten. Allerdings hatte er das nur für einen momentanen Zustand gehalten, weil Christian nicht so wirkte, als sei er mit seinem Leben unzufrieden. „Er scheint nicht unglücklich zu sein.“

„Wärt Ihr das an seiner Stelle?“ Die Schwarzhaarige sah ihn fragend an.

Er hatte das Gefühl, als würde ihr Blick ihn erforschen. So als wollte sie jedes Geheimnis von ihm ergründen, um ihn dann zu beurteilen.

Schlussendlich schüttelte Karen den Kopf. „Nein, das wärt Ihr nicht. Bis Ihr Probleme habt und nicht wisst, mit wem Ihr darüber sprechen sollt. Ich denke, auch wenn Ihr nicht in seiner Lage seid, könnt Ihr das sehr gut nachvollziehen.“

Mit dieser Aussage traf sein Gegenüber genau ins Schwarze. Es stimmte, auch er hatte niemanden mit dem er seine Probleme besprechen konnte. So wie diese Sache mit dem Turnier, das musste er mit sich selbst ausmachen und das war kein gutes Gefühl. Dabei war das kein wirkliches Problem, eher eine Lappalie. „Ich denke schon. Aber er hat doch Euch?“

Nannte sie sich nicht selbst Christians Freundin? Verhielten sie sich nicht so zueinander und war da nicht auch noch Raoul? Außerdem hatte ihm Karen doch auch noch von seinem Bruder und dessen Schwägerin erzählt. Er hatte keinen Rückhalt in seiner Familie, doch bei Christian schien das doch anders zu sein.

„Das müsste er nur einmal einsehen. Aber ich bin eine Frau und aus diesem Grund traut er mir nicht. Selbst wenn, würdet Ihr Euch einer Frau anvertrauen?“

Die Antwort war ein eindeutiges ‚Nein‘, da musste der Braunhaarige nicht einmal lange nachdenken. Er war immerhin ein Mann, welche Frau würde ihn schon verstehen? Außerdem war das schwach, sich bei einer Frau auszuweinen, wie sollte sie ihm danach noch zutrauen, sie beschützen zu können.

Karen lächelte leicht, während sie ihn ansah. „Seht Ihr?“

„Was erwartet Ihr von mir?“ Karen erzählte ihm das sicher nicht nur aus einer Laune heraus. Sie bezweckte etwas damit und Shay hatte Angst, dass ihm die Richtung, die sie wollte das er einschlug, nicht gefiel.

„Nichts, dass Ihr nicht schon macht. Tut mir nur einen Gefallen. Das nächste Mal wenn Ihr Euch von Christian fernhalten wollt, macht das nicht wegen dem, was andere sagen.“

Ein weiteres Seufzen war von ihr zu hören, bevor sie wieder lächelte. Auch die Stimmung schien sich automatisch wieder zu heben, als sie ihn fröhlich ansah. „Na ja, egal. Erzählt mir doch, was Ihr für das Turnier geplant habt. Wie weit wollt Ihr es schaffen?“

Langsam aber sicher gingen ihm diese Stimmungsumschwünge und plötzlichen Themenwechsel auf die Nerven. So verpasste er viele Möglichkeiten eigene Fragen zu stellen und konnte sich kaum eingehender mit einem Thema beschäftigen. Ignorieren konnte er das neue Thema allerdings auch nicht, denn Karen wirkte nicht so als würde sie sich noch weiter auf das andere Thema einladen. Das war wirklich anstrengend. Allerdings war das wieder ein ungefährliches Thema, auf das er gerne eingehen würde. Darüber musste er nicht lange nachdenken und es war gewohntes Terrain.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 30
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

„Langsam zweifle ich wirklich an der Menschkenntnis meines Bruders.“ Christians Faust traf die Wand neben ihm.

„In diesem Fall scheint er wirklich verblendet zu sein.“ Rida der ihm folgte, betrachtete die getroffene Stelle mit einem Stirnrunzeln.

„Dabei habe ich ihm nicht einmal etwas getan. Und trotzdem nutzt er jede Chance, um mich zu provozieren.“ Das Blöde war nur, dass es ihm gelang. Alan wusste genau, welche Fäden er ziehen musste, um ihn zu einer unbedachten Bemerkung hinzureißen. Was danach passierte lag dann kaum noch in seiner Hand. Nein, in Alan hatte er nicht seinen Meister gefunden, nur jemanden der ihm ebenbürtig war.

„Soll ich mit ihm reden?“

Christian wandte den Kopf zu seinem Leibwächter um. Skeptisch betrachtet er ihn. „Sehe ich wirklich so aus, als könnte ich mich nicht alleine gegen ihn zur Wehr setzen?“

Nein, er benötigte keinen Aufpasser, der seine Kämpfe für ihn schlug. Die Sache mit Alan würde er selbst erledigen, oder besser aussitzen aus Rücksicht auf seinen Bruder. Benedikt sollte ihm nicht vorwerfen können, dass er sein Personal reduzierte. Sein Bruder vertraute Alan und auf seine Einschätzung verließ er sich. Es waren ja nur mehr ein paar Wochen, maximal. „Wir sind ihn bald wieder los.“

Bei diesen Worten nickte auch Rida und man konnte eine gewisse Erleichterung in seinem Gesicht nicht übersehen. „Ich traue ihm nicht.“

„Das tut keiner von uns beiden.“ Was natürlich auch ein Grund für Alans Abneigung ihnen gegenüber sein könnte.

„Christian.“ Ridas Blick war auf eine Stelle vor ihnen gerichtet, doch seine Stimme war so leise, dass nur der Blondhaarige sie verstehen konnte.

Da Rida weder alarmiert, noch beunruhigt wirkte, nahm sich Christian Zeit sich umzudrehen. Erst als er die Person erkannte, verstand er Ridas Hinweis. Verwundert runzelte er die Stirn und beschleunigte seine Schritte. Es war nicht so, dass es ihn erstaunte Shay hier zu sehen, doch zu dieser Zeit war es schon verwunderlich. Immerhin begann morgen das Turnier. Jeder der verbissen genug war um die letzte Erholungspause in den Wind zu schlagen, war noch dabei zu trainieren. Und wenn Christian ehrlich war, zählte er Shay zu dieser Gruppe. Er war noch zu jung, um zu wissen, was sein Körper benötigte.

Als Christian den Gang erreichte dem Shay folgte, warf er einen Blick in die andere Richtung, um sich zu überzeugen, dass sie alleine waren. Erst dann folgte er dem Jüngeren. „Shay?“

Überrascht zuckte Shay zusammen, so als hätte man ihn bei etwas Verbotenem erwischt. Nur langsam drehte er sich zu Christian herum. „Christian.“

Nun es schien so wie immer zu sein, doch inzwischen kannte Christian den Anderen schon gut genug, um zu wissen, dass es nicht so war. In seinem Blick fehlte das Feuer, das er bei ihm so mochte und auch sonst wirkte er nicht so lebendig wie üblich. Es war schwer ein Wort dafür zu finden, doch ihm fehlte etwas von dem Temperament, das er ihm gegenüber immer zeigte. „Was ist los?“

Im nächsten Moment verfluchte sich Christian innerlich. Das war ein wirklich ungeschickter Anfang für ein Gespräch. Eigentlich sollte er genug Erfahrung haben, um nicht gleich zum Offensichtlichen zu kommen. Dabei hatte man sich bei ihm noch nie über mangelndes Einfühlungsvermögen beklagen können. Jetzt konnte er sich nur fragen, was mit ihm los war, doch leider fehlte ihm eine Antwort darauf.

Shay sah ihn einen Moment lang erschrocken an, dann wandte er den Blick ab. Er lächelte, doch wirkte das eher etwas verunglückt. „Was soll los sein?“

Gut, also lag er mit seiner Vermutung doch nicht so falsch. Die Frage war nur, ob Shay ihn einweihen würde. Er würde es nicht machen, doch Shay war etwas leichtgläubiger als er selbst. „Nun, das Turnier beginnt morgen. Eigentlich nahm ich an, dass du noch etwas trainierst.“

Was zwar dumm wäre, doch wer jung war, durfte Fehler machen. Immerhin waren diese dazu da, um daraus zu lernen. Obwohl viele Menschen durchaus Wiederholungstäter waren.

Ein leises Seufzen kam von dem Jüngeren, wobei er noch immer Christians Blick auswich. „Ich denke nicht, dass das noch einen Unterschied machen würde.“

Das natürlich nicht und er rechnete es Shay hoch an, dass er zu dieser Erkenntnis gekommen war. Jedoch hatte er diese Entscheidung sicher nicht aus Vernunft getroffen. Shay wirkte eher entmutigt, keine gute Einstellung für morgen. „Nein, würde es nicht. Allerdings scheinst du auch nicht sonderlich motiviert zu sein.“

„Da es mein letztes Turnier ist, egal wie das Ergebnis aussieht, ist mir meine Motivation auch egal.“

Daher wehte also der Wind. „Die Entscheidung deines Bruders?“

Er benötigte Shays Kopfnicken gar nicht als Bestätigung, es lag auf der Hand. In solchen Momenten war er seinem Vater wirklich dankbar, dass er ihm mit seinem Erbe ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht hatte. Nicht dass Benedikt ihn eingeschränkt hätte, aber es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass man auf eigenen Beinen stand. „Aber du willst doch weiter daran teilnehmen, oder?“

Shay sah ihn überrascht an. Einen Moment lang glomm Hoffnung in seinen Augen auf, doch erlosch es ebenso schnell wieder. „Natürlich, nur ist das ohne die Unterstützung meiner Familie kaum möglich. Für andere Möglichkeiten bin ich zu schlecht.“

„Nicht schlecht, nur unerfahren.“ Etwas das man in diesem Alter zwar nicht mehr sein sollte, doch woher sollten die Adelssöhne heute auch kämpfen lernen? Sein Vater war da in mehrerer Hinsicht sehr fortschrittlich gewesen. „Aber das kann man ändern.“

Christian traf eine Entscheidung und umfasste das Handgelenk des Jüngeren. „Komm mit.“

Von Rida und notgedrungen auch Shay gefolgt, steuerte er auf das Tor der Burg zu. In seinem Kopf hatte sich eine Idee gebildet, warum er das machen wollte, wusste er nicht. Doch was Shay anging, dachte er über das warum auch gar nicht mehr nach. Er wollte etwas für den Jüngeren machen, etwas das seine Situation verbessern, seinem eigenen Ziel jedoch nicht zuträglich war. Nur damit sein Plan Früchte trug, musste er auf jeden Fall einmal die Motivation des Jüngeren heben. Mit seiner derzeitigen Einstellung schaffte es sogar ein Neuling ihn in der ersten Runde zu besiegen.

„Wo willst du hin?“ Natürlich wehrte sich Shay gegen seinen Griff. Leider blieben ihm nicht viele Möglichkeiten als nur leicht an seiner Hand zu ziehen, wenn er nicht allzu viel Aufmerksamkeit auf sie ziehen wollte.

„Wir machen etwas gegen deine derzeitige Einstellung.“ Jedoch ließ Christian ihn los, bevor sie ins Freie traten. Das würde sonst sicher nicht unbemerkt bleiben. Und mehr Gerüchte, die Shay verunsicherten, benötigte er nicht.

„Meine Einstellung? Die ist doch egal.“ Shay rieb sich das Handgelenk, welches Christian eben noch gehalten hatte.

„Ist sie nicht.“ Christian setzte seinen Weg fort und wenn Shay ihm nicht folgte, würde er keine Antwort bekommen. Deswegen war er nicht sonderlich überrascht, als er hinter sich Schritte hörte.

„Warum?“ Shays Stimme klang nun lauernd, so als hätte er eine Möglichkeit gewittert, das Unabwendbare doch noch zu verhindern.

Mit einem zufriedenen Lächeln ließ der Blonde seinen Blick über das Zeltlager schweifen. Er würde Shay gerne das Wunder geben, das er sich erhoffte. „Weil du beim Turnier einen guten Platz erreichen musst. Besser als deine bisherigen.“

Während er sich einen Weg zwischen den Zelten und Neuankömmlingen suchte, erklärte er Shay was er vorhatte. Unter Umständen war es Shay nützlich, wenn er die richtigen Leistungen erbrachte und auch vor Opfern nicht zurückschreckte. Jedoch war es ein Opfer, das ihm sicher nicht schwer fiel. „Dir ist sicher schon aufgefallen, dass nicht nur Adelige hierherkommen, sondern auch normale Ritter. Das ist deshalb so, weil es hier viele Adelige gibt, die nur wegen des Turniers kommen. Teilweise, weil es wichtig ist gesehen zu werden, aber hauptsächlich weil sie Ritter und Kämpfer suchen, die in ihre Dienste treten würden. Das ist eine große Chance für die Männer, die nicht das Glück hatten als Erbe geboren zu werden.“ Leider hatten die Meisten davon das gleiche Problem wie Shay. Eine mangelnde Ausbildung machte es einem nicht gerade leicht hier zu bestehen.

„Aber das würde bedeuten…“ Die Stimme des Jüngeren verstummte. Anscheinend begriff er gerade was das im schlimmsten Fall bedeuten würde.

Zustimmend nickte Christian. Das war der Nachteil an der Sache, jedoch war der so unbedeutend, dass die meisten Männer dieses Opfer gerne brachten. „Ja, du musst vielleicht mit deiner Familie brechen. Allerdings würde es dir ein freies Leben ermöglichen, frei von den Bestimmungen deines Bruders. Du würdest dein eigenes Geld verdienen und es ist sicher kein Problem auszuhandeln, dass deine Teilnahme beim Turnier eine Bedingung in deinem Vertrag wird. Allerdings liegt es an dir, ob du dafür bereit bist.“

Eine ganze Weile schwieg Shay, auch wenn Christian hörte, dass er ihm noch immer folgte. Ihm war klar, dass es eine schwere Entscheidung für jemanden wie Shay war, jemanden wie ihm gab es nur eine Antwort und die fiele für seine Familie aus. Doch im Gegensatz zu Shay war er in ganz anderen Verhältnissen aufgewachsen, für ihn war es undenkbar seine Familie zu verraten.

„Ich bin nun aber schon einige Jahre beim Turnier dabei und noch nie hat mich jemand auf diese Sache angesprochen.“

Damit war die Frage wohl beantwortet, ob er bereit war, sich von seiner Familie loszusagen. Ehrlich gesagt, hatte Christian auch keine andere Antwort erwartet. Was er bis jetzt von dieser Familie mitbekommen hatte, sprach nicht sehr für sie. „Weil niemand wusste, dass du für derartige Angebote offen bist. Außerdem warst du nicht besonders gut.“

Das war wohl sein größtes Problem. Christian konnte die entsprechenden Leute darauf aufmerksam machen, doch die Leistung musste der Braunhaarige selbst erbringen. Das war wohl die einzige Schwachstelle in diesem Plan. Er war nicht überragend, aber Mittelmaß, nach seinem Training jedenfalls. Was er von dem Gelernten umsetzte, war Shays Entscheidung. Nur aufgrund seiner Erziehung neigte er dazu, sich zu unterschätzen. Das war etwas, das er nie zugeben würde, aber tief in seinem Inneren glaubte.

Shays Seufzen zeigte Christian, dass er mit seiner Ahnung Recht hatte. „Dann kann ich das gleich vergessen.“

Christian blieb stehen und wandte sich dem Jüngeren zu. „Wie gesagt, es liegt nur an deiner Einstellung. Aber man kann dem Glück ja auf die Sprünge helfen und das dafür Nötige werden wir uns hier besorgen.“

Egal was man benötigte, hier fand man es bestimmt. Wenn das Meiste auch nur fauler Zauber war, es war nur wichtig, dass der Betreffende daran glaubte.
 

Die Möglichkeit, die ihm Christian aufzeigte war ja verlockend. Mit seiner Familie zu brechen, war keine leichte Entscheidung, doch er schuldete ihnen nichts. Wenn es eine Möglichkeit gab sein Leben zu verbessern, wäre er ein Narr, diese nicht zu ergreifen. Was er nun hörte war neu, aber nicht uninteressant. Eigentlich hatte er bis jetzt angenommen, die Ritter würden alle nur wegen des Preisgeldes kommen. Doch das erklärte nicht, warum sie es jedes Jahr versuchten, obwohl es kaum Verbesserungen gab. Jetzt ergab das alles einen Sinn.

Jedoch sah er für sich dabei nur wenige Möglichkeiten. Er war nicht so gut, um einen Platz zu erringen, der ihm Aufmerksamkeit brachte. Dafür benötigte es ein Wunder.

Bei Christians Worten hob er den Kopf und sah sich um. Bis jetzt war er dem Älteren ohne groß nachzudenken gefolgt. Denn Christian hatte nicht so gewirkt, als ob er ihm das Ziel verraten würde, nun wurde ihm der Grund dafür klar.

Vor ihnen befand sich eine kleine Ansammlung von Zelten und Wägen. Einige der Wägen waren mit seltsamen Zeichnungen verziert. Zwischen den Wagen saßen einige Frauen, neben Lagerfeuern und rührten ab und zu in dem Topf um, der darüber hing. Schmutzige Kinder spielten neben ihnen und tollten ausgelassen herum. „Das ist das Zigeunerlager.“

„Ja.“ Unbekümmert ging Christian weiter, so als befände er sich in bester Gesellschaft und nicht bei Ausgestoßenen.

Shay folgte ihm, aber auch nur, weil er unter diesen Menschen nicht alleine sein wollte. Sein Blick glitt unsicher umher. Normalerweise hielt er sich von diesen Menschen fern, einfach weil sie unter seinem Stand waren. Wenn Liam davon erfahren würde, konnte sich Shay wieder etwas anhören. Er sollte nicht hier sein, das konnte er auch in den Augen der Leute lesen, die ihn beobachteten. „Warum sind hier nur Frauen und Kinder?“

Seine Stimme war leise, da er glaubte, dass ein lautes Geräusch den Bann brechen würde und man sich auf sie stürzen würde.

„Die Männer sind bei den Schaustellern und bieten ihre Waren und Künste an.“ Suchend sah Christian sich um. „Wo ist sie nur?“

Was dann passierte war zu schnell, als das Shay eingreifen konnte. Ein freudiger Schrei erklang und Shay griff wie automatisch zu seinem Schwert, nur um zu bemerken, dass er es nicht dabei hatte. Natürlich, er hatte heute nicht trainieren wollen. Stattdessen fühlte er nur den Griff seines Dolches. Doch um diesen zu ziehen, war es schon zu spät, da in diesem Moment ein buntere und nach Blumen riechendes, Schemen an ihm vorbeiflitzte. Erst als dieses Schemen Christians Hals umklammerte und seine Lippen auf die des Blonden presste, erkannte Shay das es eine Frau war.

Seine erste Reaktion war, dass er verlegen den Blick abwandte. Jedoch konnte er nicht verhindern, dass sein Blick aus den Augenwinkeln, immer wieder zu den Beiden glitt. Das war wohl etwas, das Christian jeden Tag machte, doch bis jetzt hatte er das noch nie gesehen. Und auch wenn er wusste, dass es das nicht sollte, störte es ihn. Wer war diese Frau überhaupt, dass sie ein derartiges Verhalten an den Tag legte? Und warum ließ Christian das zu? Warum stieß er sie nicht weg, sondern legte auch noch seine Arme um die Hüfte dieser Frau? In diesem Moment war Shay froh, dass er keine Konversation führen musste, ihm würden nämlich wirklich die Worte fehlen. Nach einer, für Shay, gefühlten Ewigkeit lösten sie sich wieder voneinander.

Christian grinste, löste seine Umarmung aber nicht. „Ich schätze mal, dass du mich vermisst hast.“

„Immer.“ Grinsend sah sie zu ihm hoch.

Der Blondhaarige löste ihre Hände von seinem Hals und legte seine Hände auf ihre Schultern. So drehte er sie um, damit sie Shay sah. „Ninja, das ist mein Freund Shay. Er benötigt die Hilfe deiner Großmutter, ist sie bei euch?“

Nun hatte Shay die Gelegenheit sie genauer zu betrachten. Sie gehörte wohl zu jenen, die wussten das Wasser auch dazu verwendet werden konnte, um seinen Körper zu waschen. Oder sie benutzte genug Mittel, um das zu verdecken, da Shay noch immer dieser Blumenduft in die Nase stieg. Jedenfalls wirkte sie sauberer als viele andere hier. Ihre schwarzen Haare, fielen ihr offen über die Schultern und endeten kurz darunter. Genau um den Blick der Männer auf zwei eindrucksvolle, für Shay deutlich zu knapp verpackte, weibliche Attribute zu lenken.

Hastig hob er den Blick wieder und blickte in zwei braune Augen, die ihn misstrauisch musterten. Auch wenn ihr Gesicht noch jünger wirkte, so war sie ihrem Körper nach mindestens in seinem Alter. Man konnte sie auf jeden Fall als Schönheit bezeichnen und einige seiner Bekannten würden ihr sicher gerne Gesellschaft leisten. Auf die gleiche Weise, wie anscheinend Christian.

Sie war die Erste, die den Blickkontakt wieder unterbrach und zu dem Blonden hochsah. „Freund?“

Seltsamerweise überraschte es Shay nicht, dass diese Tatsache sich schon hier verbreitet hatte. Allgemein schien man hier einen lockereren Umgang mit diesen Dingen zu haben. Eine Kostprobe davon hatte er ja eben miterlebt. Nein, er war deswegen nicht verärgert, schließlich gab es keinen Grund dafür und dass Christian viele Partner hatte, war auch bekannt. Es irritierte ihn nur etwas, dass er es so hautnah miterlebt hatte. Das war alles.

Christian beugte sich zu ihrem Ohr und flüsterte ihr etwas zu.

Shay konnte es nicht verstehen, jedoch brachte es Ninja zum Lachen, was nie ein gutes Zeichen war. Auch der schadenfrohe Blick, mit dem sie ihn musterte, gefiel ihm nicht.

„Ich bringe euch zu ihr.“ Damit drehte sie sich um und führte sie durch das Lager.

Shay trat neben Christian und öffnete den Mund für eine Frage, doch dieser hob nur eine Hand und schüttelte den Kopf. Missmutig schloss Shay den Mund wieder. Gut, dann würde er sich eben gedulden, auch wenn das nicht seine Stärke war.

Ninja blieb bei einem der Wagen stehen und klopfte an die Tür, die an der Rückseite angebracht war. Dabei sagte sie ein fremdländisches Wort, das sehr fordernd klang. Erst dann trat sie wieder einige Schritte zurück.

Shay war gespannt, was ihn nun erwartete. Er hatte keine Erfahrung damit, so wie Christian sie scheinbar hatte.

Die Tür öffnete sich und eine alte Frau erschien im Eingang. Ihr Blick lag misstrauisch auf Christian, wurde aber rasch freudiger, als dieser eine silberne Münze aus seiner Tasche holte. Sie nahm ihm die Münze ab, biss darauf und verschwand wieder im Wagen.

Christian wandte sich noch einmal an Shay, bevor er ihr folgte. „Bleib hier.“

Shay nickte, nicht dass er etwas anderes vorgehabt hätte. Er fühlte sich hier fehl am Platze und auch mit Christians Diener an seiner Seite, der sie die ganze Zeit begleitet hatte, fühlte er sich nicht recht sicher. Dazu kam noch Ninjas spöttischer Blick, der die ganze Zeit auf ihm ruhte. Das lag sicher an Christians Kommentar, dass er ihr zuvor zugeflüstert hatte.

Schon nach kurzer Zeit, die Shay aber deutlich länger vorgekommen war, trat Christian wieder aus dem Wagen. „Ich habe was wir benötigen.“

Lächelnd hielt er einen Beutel hoch.

„Gehst du schon wieder?“ Ninja eilte an seine Seite und sah ihn bedauernd an.

Christian legte einen Arm um ihre Hüfte und zog sie zu sich. Er gab ihr einen kurzen Kuss auf die Wange. „Du weißt, dass ich wiederkomme.“

Ein Schnauben war ihre einzige Antwort, doch sie ließ es dabei bewenden. Vor allem da etwas anderes ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Eine Gruppe Männer näherte sich dem Lager und ihrem Aussehen nach zu urteilen, handelte sich um die hier fehlenden Männer.

„Zeit zu gehen.“ Christian legte eine Hand in Shays Rücken und schob ihn so vor sich her.

Allerdings beschleunigte Shay von selbst seine Schritte, da er auf ein Zusammentreffen mit dem männlichen Teil der Zigeuner keinen Wert legte. Jedoch warf dieser Ausflug eine Menge Fragen auf und Shay würde sicher erst nachgeben, wenn er Antworten hatte. Vor allem beschäftigte ihn ein Thema das den Namen Ninja trug und was Christian ihr so lustiges zugeflüstert hatte.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 31
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Shay wartete ab, dass Christian das Wort ergriff, obwohl er selbst vor Ungeduld fast verging. Nur hatte ihn Christian zuvor sicher nicht ohne Grund zum Schweigen gebracht, leider spielte seine Ungeduld dabei nicht mit. „Du scheinst dort ein oft gesehener Gast zu sein.“

Christian grinste vergnügt. „Ja, ich komme sehr gut mit ihnen aus. Sie akzeptieren mich jedenfalls.“

So sah also Akzeptanz aus? Shay erinnerte sich noch gut an die feindseligen Blicke, die ihm gefolgt waren. Bis jetzt war er mit so etwas noch nie konfrontiert worden. Es war sein Bruder, den man sah und anfeindete, nicht ihn, den unwichtigen Sohn. Doch diesmal war es direkt auf ihn gerichtet gewesen. „Meinst du?“

„Nun wir leben noch, stehen noch und uns ist nichts passiert, oder? Ja, sie akzeptieren mich.“ Christian zuckte unbekümmert mit den Schultern, ihn schien das sogar zu amüsieren.

Shay hingegen fand nichts daran komisch. Diese Zigeuner waren ihm unheimlich, jetzt verstand er, warum man sie mied. Trotzdem gab es noch immer Geschichten über Frauen, die sich mit Angehörigen dieses Volkes trafen. Es ging eine Faszination von ihnen aus, das stimmte, doch ebenso gefährlich waren sie auch. „Aber es sind Zigeuner.“

„Und?“ Der Ältere musterte ihn mit einem wissenden Blick. Man merkte, dass er wusste, was Shay als Problem ansah, dass er aber wollte, dass dieser es aussprach.

„Es sind Zigeuner.“ Shay wusste nicht, wie er das Problem konkretisieren sollte. „Sie sind so weit unter unserem Stand. Wir sollten uns nicht mit ihnen abgeben.“

Christian blieb stehen und schüttelte seufzend den Kopf. „Es ist bei den Adeligen immer das Gleiche. Die meisten halten sich für etwas Besseres.“

„Was wir auch sind.“ Es war klar, dass er seinen Stand verteidigte. Ein Stand, dem eigentlich auch Christian angehörte.

„Sind wir das? Warum?“ Den Kopf leicht schief legend betrachtete der Blondhaarige Shay sanft lächelnd.

Darüber musste dieser nun einen Moment nachdenken. Es war klar, dass sie etwas Besseres waren, doch um Gründe hatte er sich noch nie Gedanken gemacht. Das war einfach so, das benötigte keine Begründung. Wäre er nur ein wenig so wie sein Bruder, würde er diese Frage einfach übergehen, nur war er das nicht. Kam ihm Liams Verhalten nicht selbst oft etwas übertrieben vor? „Weil wir gebildeter sind und zivilisierter. Wir sind stärker und wurden eben höher geboren.“

Ihm fehlten eindeutig die Argumente und das konnte Christian nicht verborgen bleiben.

„Also kann jeder adelig werden? Wenn er nur genug Geld hat, um sich Bildung, Training und Einfluss zu erkaufen? Obwohl ja genau, da war ja noch etwas, die Geburt. Wir hatten also Glück von unseren Eltern geboren zu werden, alle anderen nur Pech? Etwas dürftig, nicht?“

„Was unterscheidet uns denn deiner Meinung von ihnen?“ Das würde Shay nun wirklich interessieren. Wenn auch nur, damit er nicht ganz als Verlierer dastand.

Das Lächeln des Älteren wurde noch breiter. „Nichts. Wir sind wie sie, uns unterscheidet nichts. Wir hatten wirklich das Glück adelig geboren zu werden, doch das ist nichts als ein Titel. Wenn man ehrlich ist, ist es das Volk, das zulässt, dass wir sie regieren. Sie sind uns zahlenmäßig überlegen, doch sie sind zufrieden, solange sie in Frieden ihrer Arbeit nachgehen können. Ein Adeliger zu sein, heißt nichts anderes, als sich tagtäglich Sorgen um völlig unwichtige Dinge zu machen.“

Um nicht noch mehr Boden zu verlieren, verlegte sich Shay nun doch einfach einmal auf Liams Technik. Das was ihm nicht passte überhörte er einfach, oder ging nicht darauf ein. Das klappte besser, als er gedacht hatte. „Genau sie sind zufrieden, wenn sie ein friedliches Leben führen können. Wie kann man sich mit so niederen Zielen zufrieden geben?“

„Ist das wirklich so niedrig? Das ist doch das, was alle Menschen wollen. Nur wir kommen nie zur Ruhe, weil wir immer nach mehr gieren. Ich gebe mich mit dem zufrieden, was ich habe. Es ermöglicht mir ein ruhiges Leben und das reicht mir, mehr will ich gar nicht.“

War es wirklich so einfach? Waren Christians und sein Ziel so unterschiedlich? Auch er wollte ein Heim, eine Familie und ein friedliches Leben. Nur dass er sich darüber noch nie Gedanken gemacht hatte. Zwar gab auch er sich mit dem zufrieden, was er hatte, doch nur weil er keine andere Möglichkeit hatte.

Christian lächelte mitfühlend, sprach aber weiter. „Ich habe viele Freunde, Adelige sowie auch Niedere. Ich kenne ebenso viele Diener beim Namen, wie ich Lords und Ladys benennen kann. Raoul und Karen sind meine guten Freunde, doch mein bester und engster Freund war und wird immer Rida sein.“

Dabei legte Christian eine Hand auf die Schulter seines Dieners.

Dieser sagte nichts, warf Christian jedoch einen kurzen Blick zu.

War es wirklich so? Konnte man ebenso mit Dienern befreundet sein, wie mit anderen Adeligen? Shay hatte in den Dienern bis jetzt nicht mehr als lebende Dekoration gesehen. Sie waren da, wenn sie gebraucht wurden, doch es lohnte sich nicht, ihnen Beachtung zu schenken. Ja, er kannte seinen eigenen Diener, doch an das Gesicht der Zofe seiner Schwester konnte er sich nicht erinnern. Dabei sah er sie beinahe täglich. Es war erschreckend, wie leicht ihm Christian seine eigenen Fehler offen legte. „Also gibt es keinen Unterschied?“

„Nein.“ Christian schüttelte den Kopf. „Was auch der Grund ist, warum ich mich mit den Zigeunern abgebe.“

Zigeuner? Ach ja, das war ja eigentlich das Thema ihrer Diskussion gewesen. Shay hatte das schon wieder vollkommen vergessen. Es sprach für Christian, dass er das nun wieder aufgriff. Er hätte es einfach fallen gelassen.

„Und Ninja? Wer ist sie?“ Eher interessierte Shay, was wie war, doch das war etwas, das er nicht fragen konnte. Nicht so offen.

„Eine Freundin. Aber das ist es nicht, was du wissen willst, nicht?“ Mit einem wissenden Lächeln beobachtete ihn Christian.

Konnte man wirklich so leicht in ihm lesen? Oder war es nur eine Vermutung von Christian?

„Wenn ihre Gruppe hier ihr Lager aufschlägt, verbringen wir öfters eine Nacht zusammen. Ich und einige andere.“

„Heißt das…“ Ja was eigentlich? Gut, es war nicht so, dass Shay noch nie von Huren gehört hatte. Allerdings hatte er noch nie eine gesehen, oder sich darüber Gedanken gemacht.

Christian nickte zustimmend. „Ja, ihre Liebe ist käuflicher Natur. Das praktizieren mehrere Frauen um ihre Gruppe zu unterstützen.“

Nun, er hatte nichts anderes erwartet, weswegen ihn das nun nicht sonderlich schockierte. Seltsam war nur, dass ihm Christian nicht wie jemand vorkam, der zahlen musste, um mit jemanden zu schlafen. Nicht bei der Anzahl von adeligen Damen, die ihm jeden Tag nachliefen. Also musste da noch etwas anderes dahinter stecken, doch Shay war sich nicht so sicher, ob er das wissen wollte. Deswegen verlegte er sich auf ein anderes Thema. „Was hast du ihr erzählt? Weswegen hat sie danach gelacht?“

„Hat sie dich darauf angesprochen?“ Fragend blickte ihn Christian an, doch konnte auch er ein amüsiertes Aufblitzen in seinen Augen nicht unterdrücken.

Shay schüttelte den Kopf.

„Nun, Ninja ist was mich angeht, manchmal etwas eifersüchtig. Um unnötige Probleme zu vermeiden habe ich etwas gelogen. Ich sagte, ihr dass wir nur bei ihnen wären, um ein bestimmtes Mittel zu besorgen.“

„Das stimmt doch auch.“ Doch das erklärte nicht ihre Reaktion. Aus diesem Grund ahnte Shay, dass da noch mehr kam.

Die Hand von Ridas Schulter zurückziehen, setzte Christian seinen Weg fort. Man merkte, dass er sich ein Lächeln verkneifen musste. „Ich habe ihr erklärt, dass du Probleme hättest, was deine Männlichkeit angeht.“

Es dauerte einige Sekunden, bis Shay diesen Worten einen Sinn abrang. Doch dann weiteten sich seine Augen entsetzt und er starrte Christian mit offenem Mund nach. „Sie denkt, ich wäre impotent?“

Im nächsten Moment schloss er verlegen den Mund und beeilte sich Christian zu folgen. Das war kein guter Ort, um ein solches Thema lauter als nötig zu besprechen. Noch dazu wo es eine Lüge war! „Wie konntet Ihr nur?“

Vor lauter Aufregung und Entrüstung wechselte er wieder in die unpersönlichere Anrede. Es war nichts, das er bewusst machte.

„Es musste doch glaubwürdig wirken.“

„Ja, aber…“ Shay brach ab. Er fühlte sich dadurch in seinem Stolz gekränkt und alleine die Vorstellung, dass irgendjemand auf diesen Gedanken kam, war beschämend. Mit seiner Männlichkeit war alles in Ordnung, noch keine seiner Eroberungen hatte sich beschweren können.

„Entweder das, oder dass du etwas benötigst, um das unerwünschtes Ergebnis einer amourösen Nacht zu beseitigen. Doch dann hätte sie uns vielleicht gar nicht zu ihrer Großmutter geführt.“ An seiner Stimme merkte man, dass dies für Christian keine große Bedeutung hatte. Auch die wegwerfende Handbewegung, die diese Worte begleitete unterstrich diesen Eindruck.

Shay hingegen wäre die zweite Möglichkeit weitaus lieber gewesen. Leider konnte man nun nichts mehr daran ändern, außer das Gegenteil zu beweisen und das war nicht gerade etwas, auf das er erpicht war. Hoffentlich hatte es sich wenigstens gelohnt, wenn er auch noch immer nicht wusste, was sie dort gewollt hatten. Seine Einstellung hatte das jedenfalls nicht gerade zum Positiven gewandelt.

Sein Blick glitt zu dem Beutel, den Christian noch immer in der Hand hielt.

Christian schwieg, bis sie wieder im Schloss waren. Dort ging er Richtung seines Zimmers.

Shay folgte ihm, da er nun doch neugierig auf den Inhalt des Beutels war. Jedoch zögerte er, kurz bevor er dessen Räume betrat. Nicht weil er, wie bei Karen, Angst vor Gerüchten hatte. Nein, hier hatte er Angst vor Dingen, die wirklich passieren konnten.

Christian schien das zu bemerken, da er den Beutel auf den Tisch ablegte und sich zu ihm umdrehte. Auf seinen Lippen lag ein spöttisches Lächeln. „Keine Angst, ich werde dich schon nicht auffressen. Bis jetzt hat noch jeder meine Räumlichkeiten lebend verlassen.“

„Fast.“ Dieses Wort murmelnd, drängte sich Rida an Shay vorbei in den Raum.

Der Blondhaarige schien über diese Worte kurz nachzudenken, dann nickte er langsam. „Ja, fast. Aber ich denke nicht, dass Shay mir etwas Böses will.“

Nun wenn sein Diener dabei war, dürfte für ihn keine Gefahr bestehen, oder? Außerdem war das eindeutig eine Herausforderung, doch in diesem Fall war er über eine Anstandsdame schon sehr froh. Aus diesem Grund trat er auch ein und schloss die Tür hinter sich. „Weswegen also waren wir dort?“

Es widerstrebte ihm, seinen Platz an der Tür zu verlassen, das war immerhin der einzige Fluchtweg, den es gab. Denn die zweite Tür in diesem Raum führte zu einem noch gefährlicheren Ort. Allerdings hatte Christian auch gesagt, dass er niemanden zu etwas zwang, was dieser nicht wollte. In diesem Fall musste er ihm wohl einfach trauen. Außerdem sah es lächerlich aus, wenn er so an der Tür verharrte. Zögernd kam auch er zu dem Tisch, auf dem der Ältere gerade den Beutel öffnete.

„Sie hat mir einen Trank und ein Amulett mitgegeben. Alles um dir Glück und Kraft zu geben.“ Dabei stellte er ein kleines Fläschchen auf den Tisch. „Das Beste bei diesen Dingen ist, das du dir weder Gedanken über die Farbe noch den Inhalt machst. Denk einfach nur an das Ergebnis.“

„Gut.“ Zweifelnd beäugte Shay das Fläschchen. Doch auch nach Christians Warnung, fiel es ihm nicht so leicht die grünliche Farbe des Inhalts auszublenden. Welche Zutaten konnten nur dafür sorgen, dass ein Getränk derart giftgrün aussah?

Christian legte einen Finger auf das Fläschchen. „Davon solltest du vor jedem Kampf einen Schluck nehmen. Hilft garantiert.“

„Hast du es schon ausprobiert?“

„Nein, aber jemand anders.“

Er wartete noch darauf, dass er von dem Anderen einen Namen bekam, doch da hoffte er umsonst. „Was ist das Andere?“

Eine Kette mit einem Anhänger hervorholend, ließ Christan den Beutel wieder los. Ohne auf Shays Reaktion zu warten, trat er näher und hängte sie ihm um den Hals.

Zweifelnd hob der Jüngere den Anhänger vor sein Gesicht. Seine Skepsis war deutlich erkennbar. „Und das soll helfen?“

Mit einem Seufzen, zuckte Christian die Schultern. „Wahrscheinlich nicht. Ich denke, da fehlt noch eine wichtige Zutat.“

Nun er hatte sich sowieso nicht viel davon erhofft. Shay wollte das Amulett schon loslassen, als sich Christians Hand um die seine legte. Verwirrt betrachtete er den Älteren und seine Augen weiteten sich überrascht, als er sah, was Christian vorhatte.

Er führte das Amulett an seine Lippen und hauchte einen kurzen Kuss darauf. „Eine Art Segnung. Nun dürfte nichts mehr schiefgehen.“

Bei diesem Lächeln könnte man ihm wirklich alles vergeben. Christian war wirklich gefährlich. Shay wusste, dass er seine Hand losreißen sollte, doch er war viel zu gebannt von dem was eben passiert war. Christian gerade zum zweiten Mal mit den Lippen seine Hand berührt. Zwar nur flüchtig, doch das minderte das Ergebnis kaum.

Christian sah ihn freundlich lächelnd an. Jedoch lag in seinen Augen ein wissender Ausdruck, er wusste genau was gerade in dem Anderen vorging. „Aber wer weiß, vielleicht reicht das alleine nicht aus?“

Er streckte seine Hand aus und ergriff Shays Kinn sanft. Dabei trat er noch einen Schritt näher, sodass sie nun keine Handbreit mehr trennte. „Es wäre sicher effektiver, die Person selbst zu segnen.“

Shay sah ihn erschrocken an, wobei sein Blick auf dessen Lippen fiel. Er konnte doch keinen Mann küssen. Das war dann der Anfang vom Ende, von da an würde es nur noch bergab gehen. Jedoch wäre es so leicht, einfach nachzugeben und ja es gab eine gewisse Neugier in diese Richtung. Er wollte wissen, was die Menschen so an ihm faszinierte, warum sich jeder auf seine Seite schlug. Es war nur ein Kuss, so wie bei Ninja. Auch wenn es Shay nicht gefiel, es störte ihn noch immer, was er da gesehen hatte. Er konnte die Frage in Christians Augen sehen, jedoch war er unfähig zu antworten, weswegen er nur den Blick senkte. Sollte der Andere es doch so deuten, wie er wollte, zu einer eigenen Entscheidung kam er bei diesem Thema sicher nicht.

Christian hatte seine eigene Deutung für Shays Verhalten. Er senkte seinen Kopf und berührte Shays Lippen mit den seinen. Sanft begann er einen harmlosen Kuss.

Der Jüngere war im ersten Moment wie erstarrt, dann jedoch etwas enttäuscht. Das war nicht mehr als der Kuss den er seinen Eltern früher gegeben hatte. Ein richtiger Kuss ging eindeutig anders. Nahm Christian ihn nicht für voll? Das verletzte Shay schon ein wenig, er war sicher nicht schlechter als alle anderen, die Christian bis jetzt gehabt hatte.

Er öffnete die Lippen und leckte damit über Christians ebenfalls noch geschlossene Lippen.

Dieser sah ihn einen Moment lang erstaunt an, kam aber seiner Aufforderung nach. Der Griff um Shays Kinn löste sich und seine Hand strich über die Wange des Jüngeren, bis sie dann auf dessen Schulter verharrte.

Die Augen kurz schließend kostete Shay diese Berührung aus. Da er es von den Frauen gewohnt war den Kuss zu dominieren, wollte er es auch hier so halten. Deswegen war es für ihn auch ungewohnt, als ihm Christian entgegenkam. Das war neu, aber im Moment legte es Shay auch gar nicht so auf Führung an, immerhin wollte er wissen, was an dem Anderen so interessant war. Ehrlich gesagt, das was er bis jetzt erfahren hatte, war schon sehr aufschlussreich. Bis jetzt war auch noch nichts Schlimmes passiert, doch man sollte sein Glück nicht überstrapazieren.

Deswegen legte er eine Hand auf die Brust des Blondhaarigen und unterbrach den Kuss. „Für eine Segnung war das etwas heftig.“ Zwar hatte er dies provoziert, aber das wussten sie beide.

„Nun wenn man etwas macht, dann sollte man es ausführlich machen.“ Christian löste sich scheinbar nur widerwillig von ihm. „Kommst du heute Abend auf den Ball?“

Shay nickte zustimmend. Das war der Ball vor dem Turnier auf dem sich alle Kämpfer wenigstens blicken lassen sollten. Sein Bruder würde seine Anwesenheit verlangen.

„Gut, dann kann ich dich einigen Leuten vorstellen. Das dürfte dich deinem Ziel näherbringen.“

Shay nickte abermals. „Ich muss jetzt gehen.“

Und das rasch, bevor er noch mehr Zeit hatte, um genau zu überlegen, was eben passiert war. Er sollte das einfach hinnehmen und so stehen lassen. Es musste ja nicht zu einer Wiederholung kommen, doch das würde die Zeit schon zeigen. „Bis heute Abend.“

Mit diesen Worten drehte Shay sich um und verließ den Raum. Eine Ablenkung wäre gut, doch diese fand man hier angeblich zuhauf, das konnte ja nicht so schwer sein. Wenn die ersten Eindrücke etwas abgeebbt waren, konnte er sicher besser darüber nachdenken.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 32
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Er wurde wohl langsam zu alt für diese Art von Vergnügen. Christian stand im Saal und sah den Tanzenden zu. Als er vor Jahren hierherkam war alles noch so neu, so überwältigend gewesen. Mit den Jahren jedoch ermüdeten einen diese Bälle und Empfänge nur noch. Es lag bloß noch an den künstlerischen Einlagen und anderen Gästen, dass sich so viele Leute blicken ließen. Obwohl es ja ein guter Einfall war, die Leute hierzubehalten. Wenn man das Volk ruhig halten wollte, musste man ihm etwas bieten, das sie es von anderen Dingen ablenkte.

Christian sah Juliet, die sich mit anderen Frauen angeregt unterhielt. Dabei kreuzten sich kurz ihre Blicke und sie schenkte ihm ein glückliches Lächeln.

Das war etwas, das Christian schon etwas irritierte. Hatte er etwas getan, oder war Juliet nur allgemein so gut gelaunt?

Auch Alan, der etwas von ihr entfernt stand, wirkte aufmerksamer als sonst.

War etwas passiert? Hatte sich Alans Anwesenheit sogar einmal rentiert? Er hoffte doch nicht. Christian war kurz davor, seine Schwägerin deswegen anzusprechen, nur die Anwesenheit der anderen Damen hielt ihn davon ab, sich ihr zu nähern. Erstens wollte er den Klatschmäulern keine neue Nahrung liefern und zweitens würde er dann erst Recht keine Ruhe mehr haben. Frauen waren im Rudel immer gefährlich, da spielte das Alter oder der Familienstand keine Rolle. Vor allem da die meisten von ihnen unverheiratete Töchter hatten.

Sein Blick glitt weiter und blieb an Karen hängen, die sich heute auch von ihm fernhielt. Wenn er es Recht bedachte, dann hatte er sie schon länger nicht mehr privat getroffen. Das war natürlich nichts Besonderes, jeder von ihnen hatte seine eigenen kleinen Pläne, denen er nachging, nur da er ihre Turnierbegleitung war, sollte sie ihm schon etwas mehr Aufmerksamkeit zollen. Stattdessen unterhielt sie sich mit ihrem Cousin, wobei beide immer wieder einen Blick zu Susan warfen, die in Begleitung ihres älteren Bruders war.

Eigentlich fehlte jetzt nur noch Shay, doch dieser ließ auf sich warten. Entweder das, oder er hatte ihn einfach nur noch nicht entdeckt.

Christian wollte gerade seinen Standort wechseln, als sich ein Unterarm auf seine Schulter legte und sich so jemand auf ihn stützte. Er konnte gerade noch ein Seufzen unterdrücken. Eigentlich war der Abend noch nicht fortgeschritten genug, um schon Opfer des Alkohols beklagen zu können. Gerade dieser Umstand brachte ihn dazu einmal genauer hinzusehen. Viel konnte er nicht erkennen, da der Unbekannte hinter ihm stand, aber zumindest seine Hand konnte er erkennen. Bis auf einen Siegelring, konnte man nur feststellen, dass der Andere männlich war, oder diese Frau wirklich zu bemitleiden war. Der Ring jedoch sagte ihm eine ganze Menge mehr.

Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. Als er sprach, klang seine Stimme sanft und beinahe liebevoll. „Es ist noch etwas zu früh um betrunken zu sein, meinst du nicht?“

Dabei wandte er sich nicht um und es wirkte, als würde er zu der Menge sprechen.

Eine amüsierte Stimme antwortete ihm. „Ich bin müde, aber nicht betrunken und du bist gerade gut genug, um als Stütze zu dienen.“

Als er die tiefe und angenehme Stimme hörte, schlug Christians Herz schneller. Einmal tief durchatmend, schloss er kurz die Augen. Jeder andere hätte für eine solche Aussage eine entsprechende Antwort von ihm bekommen. Hier jedoch lag die Sache etwas anders. „Wann bist du angekommen?“

„Erst vor einigen Stunden. Ich bin auch nur auf der Durchreise, können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?“

„In meinem Zimmer.“ Was ihn anging war Christian egoistisch, wenn er schon hier war, dann wollte er ihn ganz für sich alleine haben. Zwar musste er ihn mit einer Frau teilen, doch diese wusste mit Sicherheit, wo sie ihn zu suchen hatte.

Noch immer ohne sich zu dem Neuankömmling umzuwenden, steuerte er die Tür an. Als er sah wie eine Frau ihn, oder auch seinen Begleiter ansteuerte, beschleunigte er seine Schritte.

„Du bist wohl immer noch so beliebt.“

„Da spricht wohl der Neid aus dir. Dabei solltest du mit deiner wunderschönen Frau doch zufrieden sein.“ Christian machte eine Kopfbewegung und hörte zufrieden wie Rida die Tür des Saals hinter ihnen schloss. Er würde sie noch einige Augenblicke blockieren, um ihnen einen Vorsprung zu verschaffen. Auch wenn das nicht nötig wäre, es war eine oft genutzte Methode, um unangenehme Verfolger loszuwerden, nicht nur bei ihm.

„Das bin ich auch, dass kannst du mir glauben.“

Und wie er es ihm glaubte, immerhin mochte er dessen Ehefrau ja auch und zählte sie zu seinen besten Freunden. Endlich waren sie bei seinen Räumen und Christian öffnete die Tür und ließ sie hinter sich offen, eine eindeutige Einladung.

Man hörte das leise Schließen der Türe. „Sag mal gibt es einen Grund, warum du mich heute nicht ansiehst?“

Es war eine Frage, wenn auch scherzhaft gestellt.

Christian antwortete lächelnd. „Ich wollte diesen Moment auskosten.“

Damit wandte er sich zu dem anderen um. Er war noch genauso, wie er ihn seit dem letzten Mal in Erinnerung hatte. Die eineinhalb Jahre, die sie sich nicht gesehen hatten, hatten kaum Spuren hinterlassen. Wie immer stand Christian seinem Ebenbild gegenüber, wenn auch etwas älter. Allerdings war das nur der Beweis dafür, dass ihm selbst auch noch einige zusätzliche Jahre mehr nicht schaden würden. Die blonden Haare hatten den gleichen modischen Schnitt wie die seinen, wenn sie auch etwas länger waren. Die blauen Augen des Anderen waren etwas heller als seine eigenen, doch das machte jeden von ihnen nur umso einzigartiger.

Sein Gegenüber breitete einladend die Arme aus. „Was ist? Eineinhalb Jahre und du weißt nicht mehr wie man seinen Bruder begrüßt?“

Natürlich wusste er das, jedoch sollte er ein wenig männliche Würde schon bewahren. Aus diesem Grund kam er dieser Aufforderung nicht so rasch nach, wie er gerne wollte. Jedoch ließ er es zu, dass er an die Brust des Älteren gezogen wurde, „Es ist schön, dass du da bist, Benedikt.“

„Leider ist es nicht solange, wie ich gerne hätte. Es stimmt leider, dass ich nur auf der Durchreise bin. Ich komme hier nur gesellschaftlichen Pflichten nach, schließlich kann ich das nicht alles dir überlassen.“

„Glaubst du denn, ich schaffe das nicht?“ Christian sah gespielt empört hoch. In solchen Situationen war es von Nachteil, dass sein Bruder von der Natur mit einigen Zentimetern mehr gesegnet worden war.

Benedikt jedoch fiel nicht darauf herein und grinste nur. „Du zwischen hunderten von Aasgeiern? Ich denke, du fühlst dich hier pudelwohl.“

„Genau, also versuch bloß nicht, mich davon abzubringen.“ Doch das würde er nie. Benedikt wusste, dass er sich hier wohl fühlte. Das hier war seine Welt, aber nicht Benedikts. Aus diesem Grund war auch er hier und erledigte die gesellschaftlichen Pflichten, während sich sein Bruder um ihr beider Erbe kümmerte. Auf dem Papier waren es nun getrennte Güter, doch es kümmerte sich immer noch nur ein Mann darum, dass sie genug abwarfen. Das war eben das, was Benedikt gut konnte, er selbst, nun er konnte das, was er hier machte am besten.

„Trotzdem würde Mutter dich gerne wiedersehen.“

Mit einem leisen Seufzen löste sich Christian nun doch von seinem Bruder. Er wusste selbst gut genug, dass er zu lange fortgeblieben war, da musste Benedikt gar nicht an sein Gewissen appellieren. Noch dazu wo er nicht vergessen hatte, was in dem Brief stand, den Juliet ihm gegeben hatte. „Wie geht es ihr?“

Benedikt schenkte ihm ein gefühlvolles Lächeln bei dieser Frage. Es war deutlich zu erkennen, was in Christian vorging. „Es geht ihr gut. Du kennst sie doch, sie wird nicht sterben, bevor ihre beiden Söhne verheiratet sind.“

Bei diesem so wohl bekannten Kommentar lachte Christian kurz auf. „Glaubt sie das noch immer? Einen liebenden Sohn könnte man mit so einer Drohung glatt von einer Hochzeit abhalten.“

„Du bist ein liebender Sohn, auch wenn du heiratest. Aber dafür muss man wohl einfach die Richtige finden.“

Natürlich wusste Benedikt von seinen Gefühlen für Juliet, doch sprach er ihn nie darauf an. Vielleicht weil ihm Juliet von sich aus alles erzählte? Christian wusste es nicht, doch manchmal wenn es auf dieses Thema kam, sah ihn Benedikt mit einem mitleidigen Blick an, so wie gerade eben. Dabei konnte Christian noch dankbar sein, dass er ihm das nicht übel nahm und zuließ, dass er sich weiter mit ihr traf. Andere Familien und auch Geschwister sahen das nicht so locker.

Die Tür hinter ihnen öffnete sich wieder und Rida schlüpfte in den Raum.

Der Ältere wandte sich um, weiterhin lächelnd. „Rida. Wie ich sehe, bist auch du noch immer an der Seite meines kleinen Bruders. Ich hoffe, er ist nicht zu anstrengend.“

Dabei hielt er ihm einladend die Hand hin.

Rida erwiderte das Lächeln und ergriff die dargebotene Hand. „Es hält sich im Rahmen des Erträglichen.“

Mit einer gewissen Schadenfreude sah Christian wie sich Rida versteifte, als ihn Benedikt ebenfalls in eine Umarmung zog. Er und Benedikt waren gleich alt und eigentlich sollte sich Rida schon daran gewöhnt haben. Schließlich behandelten sie ihn seit dem Tag an dem ihr Vater ihn mitgebracht hatte, wie einen Bruder. Das schloss auch ihre Eltern mit ein, die ihn als Sohn ansahen und doch beharrte Rida immer auf einen gewissen Abstand. Es war zwar bedauerlich, doch Benedikt und er respektierten dieses Verhalten, denn Rida hatte bestimmt seine Gründe dafür. Wenn man bedachte wie er war, als er zu ihnen gekommen war, war das ein beachtlicher Fortschritt.

Gerade aus diesem Respekt hielt Benedikt diese Umarmung gerade lange genug aufrecht um zu zeigen, dass er es ehrlich meinte, dann löste er sich von ihm. „Dich würde Mutter auch gerne wieder sehen.“

Rida lächelte etwas gezwungen, dann wurde es freundlicher als er antwortete. „Auch ich würde mich freuen La…“

Er stockte, als Benedikt tadelnd seinen Zeigefinger hob. Besiegt senkte er den Blick. „…Bridget wiederzusehen.

Na also es ging doch. Christian lächelte zufrieden bei dieser Entwicklung. Es gab bei ihnen nur wenige Regeln und diejenigen, die sie in ihren Kreis aufnahmen, sollten sie schon befolgen. Ihre Mutter mochte es gar nicht wenn der Junge, den sie wie einen Sohn aufgezogen hatte, sie bei ihrem Titel nannte. Das käme ja fast einer Beleidigung gleich.

„Wir werden euch besuchen, Benedikt. Nächsten Frühling, ich verspreche es dir.“ Im Frühling würde er sowieso wieder etwas Freiraum benötigen, nachdem er den ganzen Winter hier eingesperrt war. Nach einem ganzen Winter zusammen auf engsten Raum, nervten einen auch die besten Freunde. Da kam ihm eine Reise sobald die Straßen wieder richtig befahrbar waren nur Recht.

„Mutter wird sich darüber freuen und ich natürlich auch.“

Dessen war sich der Jüngere sicher. Meistens war es Benedikt, der sich über seinen Besuch am Meisten freute. Aber er konnte ihn auch gut verstehen, schließlich würde auch er sich über jeden Besuch freuen, wenn er auf seinen Ländereien leben müsste. Er stellte sich das Landleben ziemlich langweilig vor, so als Erwachsener. Als Kind hatte ihn das noch fasziniert, doch da gab es auch immer etwas Neues zu entdecken, nur leider hielt dieser Zustand nicht ewig an.

Benedikt wandte sich nun wieder Christian zu und legte ihm eine Hand freundschaftlich auf die Schulter. „So dann führe mich einmal ein, Christian. Schließlich will ich mich morgen ins Getümmel stürzen, da muss ich doch wissen mit wem ich reden darf und wen man meiden sollte.“

Bei der ersten Bemerkung konnte Christian nicht anders, als amüsiert zu grinsen. Niemand sprach Zweideutigkeiten so unbekümmert aus wie sein Bruder. Und das im vollen Wissen, dass es eine zweite Bedeutung gab. „Das kann länger dauern. Hast du Juliet versprochen heute, bei ihr zu schlafen? Das wirst du wahrscheinlich nicht mehr einhalten können.“

Ein Stöhnen kam von dem Älteren, als er zu seinem Sessel ging und sich setzte. „Nun dann schlafe ich eben bei dir. Das wäre nicht das erste Mal.“

Christian nahm ihm gegenüber Platz. „Ich denke Juliet wäre darüber nicht einmal wütend. Sie versteht es ja.“

So wie sich Benedikt nicht in die Beziehung zwischen ihm und Juliet einmischte, so mischte sich Juliet nicht in ihr brüderliches Verhältnis ein. Aus diesem Grund verhielt sich Christian auch neutral wenn es um ihre Ehe ging. Es war eine perfekte Symbiose, die niemand von ihnen in Gefahr brachte, warum auch? Jeder von ihnen war mit diesem Arrangement einverstanden. Keine Rivalität, kein Neid, kein Kummer, es war perfekt und Christian würde auch alles dafür machen, um dies zu erhalten. Auch aus diesem Grund war an seiner Seite kein Platz für einen festen Partner. Eine vierte Person würde es mit Sicherheit zerstören, doch bei ihm bestand diese Gefahr ja sowieso nicht.
 

Was sollte das? Shay sah auf die Tür, die sich soeben geschlossen hatte. Wenn Blicke töten könnten, gäbe es hier schon einige Verluste zu beklagen. Wie konnte es Christian wagen, ihn einfach so sich selbst zu überlassen? Noch dazu, wo sie sich verabredet hatten?

Da heute der letzte Tag vor dem Turnier war, hatte er einige Dinge vorzubereiten. Am Nachmittag hatte er das ja leider verabsäumt, was auch teilweise Christians Schuld war. Dann kam er hierher, nur um zu sehen, wie der Blondhaarige mit jemanden anbändelte und anschließend den Raum verließ. Bei der Ähnlichkeit war es naheliegend, dass es einer seiner Verwandten war, doch das würde nicht den Blick des Anderen erklären. Etwas in ihm zog sich zusammen, als er an den liebevollen Ausdruck in Christians Augen dachte. Das war kein Blick, den man einem Bruder zuwarf. Nicht, dass er seine Familie da als Vergleich hernahm, doch bei anderen Brüdern hatte er das auch noch nie so gesehen. Da bestand sicher keine Verwandtschaft, nur eine Ähnlichkeit.

Gut, es war nicht so das Shay angenommen hatte, dass Christian heute den Ball alleine verließ. Jedoch hatte er zumindest daran geglaubt, dass er sein Versprechen ihm gegenüber einlösen würde. Doch er hatte es ja kaum abwarten können, mit diesem Mann den Ball zu verlassen. Dieses gebrochene Versprechen war es, dass ihn so wütend machte, nichts anderes. Schließlich wusste er was Christian von ihm wollte und war nicht so dumm dem Kuss heute übermäßige Bedeutung zuzumessen. Schließlich war die Initiative auch von ihm ausgegangen.

Unschlüssig sah sich Shay im Saal um. Und nun? Nicht zum ersten Mal merkte er wie verloren er hier ohne Christian war. Er kannte niemanden. Niemanden bis auf seine Familie und Karen. Doch diese wollte er nicht über Gebühr strapazieren, außerdem wirkte sie ziemlich beschäftigt und kein Mann drängte sich in eine Gruppe von Frauen, wie sie sich gerade um Karen scharte. Nicht, wenn er keinen guten Grund hatte und der fehlte ihm leider.

Jemand tippte ihn auf die Schulter und er wandte sich verwundert um. Das war eine ziemlich ungewöhnliche Art, die Aufmerksamkeit eines Anderen zu erringen. Jedoch wandelte sich die Verwunderung rasch in Überraschung, als er die Person hinter ihm erkannte. Hastig drehte er sich vollends um, schließlich sollte man ihm nicht mangelnde Höflichkeit vorwerfen. „Lady Juliet?“

Sie schenkte ihm ein freundliches Lächeln. „Wie ich sehe, seid Ihr hier ohne Begleitung.“

Ihr Blick glitt kurz zur Tür, die inzwischen wieder geöffnet worden war, bevor er sich wieder auf Shay richtete. „Da Ihr heute wohl auch kaum mehr auf Christian zählen könnt, würde ich Euch gerne meine Begleitung zur Verfügung stellen.“

Also hatte sie auch gesehen, wie Christian den Saal verlassen hatte und in welcher Gesellschaft. Ob sie seine Begleitung kannte? Doch das konnte Shay nicht fragen, ohne die Aufmerksamkeit seines Gegenübers zu erregen. Vor allem wusste er nicht in wie weit Juliet über seine Ausschweifungen informiert war. Es war zwar nicht so, dass er damit sonderlich diskret umging, oder ein Geheimnis daraus machte, aber Juliet war seine Schwägerin. Einer der Menschen, von denen Christian auf keinen Fall gehasst werden wollte, wenn er Karens Aussagen glauben konnte.

Mit einem Lächeln hielt er ihr galant eine Hand hin. „Es wäre mir eine Ehre, Lady Juliet.“

Ohne zu zögern ergriff sie seine Hand. „Ich hoffe Ihr könnt tanzen. Schließlich ist das der einzige Grund, warum eine Dame die Begleitung eines Mannes sucht.“

Darin sah Shay kein großes Problem. Wenn man bei seiner Ausbildung auch gespart hatte, tanzen hatte man ihm gelehrt. Schließlich war das wichtig, wenn man der Familie nützlich sein sollte. „Ich wusste nicht, dass Ihr mich aus unlauteren Motiven ansprecht.“

Es war eine scherzhafte Bemerkung und er hoffte auch, dass es Juliet als solche auffasste. Doch bei Frauen wusste man ja nie.

„Es wird sich für Euch sicher lohnen. Vielleicht bin ich nicht Christian, doch auch ich kenne hier viele Leute. Den Einfluss dieser Familie sollte man nicht unterschätzen.“

„Habt Ihr deswegen geheiratet?“ Im nächsten Moment verfluchte sich Shay für seine vorschnelle Bemerkung. Vor allem, weil ihn Juliet mit einem kalten Blick maß. „Verzeiht mir, diese Frage stand mir nicht zu. Leider ist mein Mund manchmal schneller als mein Verstand.“

„Nein, diese Frage stand Euch wirklich nicht zu.“ Sie seufzte leise. „Ich habe nicht aus Liebe geheiratet, dass stimmt. Mein Vater hatte eine Abmachung mit meinem Schwiegervater und ich war eine pflichtbewusste Tochter. Allerdings haben Benedikt und Christian etwas an sich, dass es einem schwer macht sie nicht zu mögen. Wenn Ihr mich fragt ob ich ihn jetzt liebe, dann ja. Ich liebe meinen Mann.“

Und Christian? Liebte sie ihn noch immer, oder stimmte was Karen sagte? Jedoch trat Shay nicht zweimal innerhalb kürzester Zeit in das gleiche Fettnäpfchen. Mit ihrer Aussage hatte sie jedoch Recht. Es war unmöglich Christian wirklich lange feindlich gesonnen zu sein. Schließlich war auch er noch vor einiger Zeit sein Feind gewesen. „Ich denke, ich verstehe Euch.“

Mehr als er zugab. Er verstand sie, was die Sache mit Christian anging und ebenso, was das Pflichtbewusstsein der Familie gegenüber anging. Beides war etwas, von dem man sich nur schwer lösen konnte.

„Ich weiß.“ Juliet bedachte ihn mit einem verstehenden Blick. „So und da dies nun geklärt ist, seid Ihr mir mindestens einen Tanz schuldig.“

„Gerne.“ Shay führte sie zur Tanzfläche. Lange konnte er sowieso nicht bleiben, da er seinen Schlaf benötigte. Aber solange er Zeit hatte, wollte er diese auch genießen. Sollte Christian doch bleiben, wo der Pfeffer wuchs.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 33
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

„Guten Morgen!“

Bei diesem lauten Morgengruß fuhr Christian alarmiert hoch. Als er jedoch nur Juliet entdeckte, die am Fußende seines Bettes stand, ließ er sich mit einem Stöhnen wieder zurücksinken. „Wie spät ist es?“

„Spät genug, um meinen Ehemann wieder von dir zurückzufordern.“ Sie stand mit verschränkten Armen vor dem Bett und musterte die beiden Männer darin mit einem gespielt tadelnden Blick. „Wenn ich es nicht besser wüsste, dann müsste ich nun in empörte Entrüstung verfallen.“

„Aber du weißt es besser, weswegen du uns die uncharmanten Seiten deines Geschlechts ersparen wirst, nicht?“ Benedikt setzte sich auf und hielt sich den Kopf.

Christian lächelte, als er sah, dass seinem Bruder der Wein nicht so gut bekommen war wie ihm. Tja, das Training zahlte sich doch aus.

Juliet maß ihren Mann mit einem herausfordernden Blick. „Was bekomme ich dafür?“

Christian setzte sich abermals auf und wollte aufstehen. Wenn er schon einmal wach war, dann gab es keinen Grund mehr im Bett zu bleiben. Nicht bei dieser Gesellschaft, wo er niemals auf seine Kosten kommen würde und auch nicht wollte.

Jedoch hielt ihn Benedikts Hand an seinem Unterarm davon ab. Fragend hob dieser die Decke etwas an und warf einen prüfenden Blick darunter. Seine nächsten Worte klangen sehr entschieden. „Du bewegst dich keinen Zentimeter unter dieser Decke hervor, solange eine Frau, insbesondere meine Frau, anwesend ist.“

„Ja, Mutter.“ Mit einem fiesen Grinsen nahm Christian die Hand von der Decke. Er schlief eben gerne nackt, das war Gewohnheit. Nachts kam er nach seinem Vergnügen auch nur selten dazu sich wieder anzuziehen, weshalb auch?

„Hey.“ Juliet zog leicht an der Bettdecke. „Was ist mit meiner Bestechung?“

„Benötigst du das wirklich noch?“ Benedikt stand mit einem Lächeln auf. Im Gegensatz zu Christian trug er noch seine Hose, was aber auch keine Überraschung war.

Sie konterte seine Bemerkung mit einem liebevollen Lächeln. „Ich bin verheiratet, da muss ich nehmen, was ich kriegen kann.“

„Kleines Biest.“ Mit dieser liebevoll gemurmelten Beleidigung nahm, Benedikt seine Frau in die Arme und küsste sie leidenschaftlich.

Christian wand gequält den Blick ab. Er empfand dabei keine Scham oder gar Schmerz. Das, was er empfand, konnte man wohl eher als leichtes Bedauern beschreiben. Er bedauerte es nicht, dass er nicht an Benedikts Stelle war sondern, dass er diese Gefühle nicht nachempfinden konnte. Liebe, das war in seinen Augen ein so oft benutztes und kaum ernstgemeintes Wort. Außer der Liebe seiner Familie benötigte er nichts, dessen war er sich sicher. Doch Juliet und Benedikt demonstrierten ihm oft, wo die Grenzen familiärer Liebe lagen. Ab und zu regte sich in ihm eine Sehnsucht, auch solche Momente genießen zu können, ganz ohne sexuellen Hintergedanken. Den anderen zu berühren, einfach nur weil man dessen Nähe spüren wollte. Doch in seiner Welt war für Liebe kein Platz und er gab sich mit dem zufrieden, was er stattdessen bekommen konnte. Er glaubte sogar, dass er nicht einmal mit Juliet zusammen dieses Gefühl empfunden hätte. Sie war mit dem richtigen Mann zusammen, mit ihm wäre sie nur unglücklich geworden.

„Und bist du nun zufrieden?“ Benedikt hatte sich inzwischen von ihren Lippen gelöst, war aber immer noch so nahe, dass man das rasch ändern konnte.

„Ja, ich denke heute erspare ich euch diese Vorstellung. Aber wage es ja nicht, eine weitere Nacht meinem Bett fernzubleiben.“

„Ich werde mich hüten.“ Mit einem Lachen ließ er sie los.

„Dann werde ich euch alleine lassen, damit ihr euch ankleiden könnt.“ Sie deutete auf einen Kleiderstapel, der auf einem Sessel lag. „Du musst zwar auf einen Diener verzichten, aber für frische Kleider habe ich gesorgt. Jedoch bin ich sicher, dass du dies auch ohne Hilfe schaffst, Liebling.“

Damit drehte sie sich um und verließ das Zimmer.

Nun konnte auch endlich Christian das Bett verlassen und wie immer betrat Rida in diesem Moment das Zimmer, in der Hand Christians heutige Kleidung. Während er sich von Rida helfen ließ, warf er einen kurzen Blick zu seinem Bruder, der nicht so erfreut über die Zusammenstellung seiner Frau zu sein schien. Lächelnd gab er Rida ein Zeichen, lieber seinem Bruder behilflich zu sein. Mit dem Protest seines Bruders im Ohr, verließ er, fertig angekleidet, sein Schlafzimmer.

Wie erwartet sah er Juliet am Tisch sitzen, eine Tasse Tee in der Hand. Was er allerdings nicht erwartet hatte, war der zweite Gast.

„Weißt du Christian, es mag deinen anderen Damen ja nichts ausmachen hinter dir herzulaufen, ich jedoch wäre erfreut, wenn du mich einmal abholen würdest.“

„Und damit mein gutes Image zerstören?“ Er trat zu seinem zweiten Gast und gab Karen einen Kuss auf die Wange.

Juliet lachte amüsiert. „Du kennst doch die Männer, Karen. Wenn man will, dass ein Mann etwas richtig macht, muss man ihn erst erziehen.“

Christian erkannte rasch, wenn er sich in der schlechteren Position befand. Aus diesem Grund hob er in einer geschlagenen Geste die Hände, als er sich zu ihnen setzte. „Gnade meine Damen. Ich glaube, ich bin dem Ansturm von so viel Weiblichkeit vor dem ersten Glas Wein nicht gewachsen.“

Juliet und Karen sahen sich grinsend an. Beinahe gleichzeitig streckten sie ihre Hände aus und ergriffen zwei Gegenstände auf dem Tisch.

Karen stellte ein Glas und Juliet eine Weinkaraffe vor ihm ab. „Bediene dich.“

Bei dem zuckersüßen Lächeln seiner Freundin verzog Christian nur kurz die Lippen. Er wusste, warum er sich nicht mehreren Frauen gleichzeitig aussetzte. Vor allem, wenn diese nicht zu seinen Verehrerinnen zählten. Das konnte einer der Gründe sein, warum Ritterlichkeit ausstarb, sie wurde nicht belohnt.

Trotzdem griff er nach der Karaffe und goss sich ein Glas ein.

„Ich habe mich gestern um Shay gekümmert.“ Juliet seufzte leise, als sie wieder ihre Tasse ergriff.

Shay, genau. Christian unterdrückte einen unfeinen Fluch. Er wusste, dass er etwas vorgehabt hatte, doch Benedikts Auftauchen hatte ihn alles vergessen lassen. „Danke.“

„Es war deiner Absicht sicher nicht zuträglich. Ich weiß nicht warum, doch er wirkte ziemlich verletzt.“

„Ist da schon mehr vorgefallen als ich weiß?“ Interessiert mischte sich nun auch Karen in diese Unterhaltung ein.

Überheblich lächelnd sah er die Schwarzhaarige an. „Karen Schätzchen, es geht eine Menge vor sich, von dem du keine Ahnung hast.“

Viel war es sicher nicht, doch ein zwei Sachen entzogen sich bestimmt ihrer Kenntnis. Ein Mensch konnte seine Ohren nicht überall haben. Auch er erzählte ihr nicht alles, dieses Privileg besaß nur Rida. Denn so sehr er seinen Bruder auch liebte, er erzählte ihm auch nicht all seine Eroberungen.

„Nur das, was die Menschen für sich behalten und das ist wenig.“ Karen griff nach der Karaffe und goss sich selbst ein weiteres Glas ein.

„Ich habe etwas Wichtiges versäumt. Eigentlich wollte ich ihn einigen Leuten vorstellen, um ihm zu helfen. Vielleicht bekommt er ja ein Angebot.“

„Shay?“ Karen lachte belustigt auf. „Christian du magst ja gut sein, doch auch dein Training kann keine Wunder vollbringen.“

„Ja, Shay.“ Christian verstand die Reaktion seiner Freundin und doch ärgerte sie ihn seltsamerweise. Natürlich konnte er keine Wunder vollbringen, das war ihm durchaus bewusst, aber darauf kam es gar nicht an. Wenn ihn niemand wollte, dann würde er ihm eben etwas anbieten. Warum auch nicht? Er benötigte immer Leute und nach all der Zeit sollte er Rida auch etwas entlasten. Wobei er Shay sicher nicht sein Leben anvertrauen würde, doch Rida würde ihm sicher das ein oder andere beibringen, so dass er sich auf ihn verlassen konnte.

Juliet, die sich nicht in diese kleine Debatte eingemischt hatte, nickte verständnisvoll, so als wäre sie erst jetzt zu einer Erkenntnis gekommen. „Zuerst versprichst du ihm etwas, dann verlässt du mit einem Mann, meinem Mann, den Ball. Ich denke, er weiß von deinen Gewohnheiten?“

Christian nickte zustimmend.

„Dann hat er es, seiner Reaktion nach, sicher falsch gedeutet. In seinen Augen bist du nun ein Lügner, Christian.“ Juliet sah ihn streng an.

Sie hatte Recht, doch das half ihm nicht wirklich weiter. Jedoch wurde er einer Antwort zum Glück enthoben.

„Du solltest uns etwas Neues erzählen, Liebling.“ Benedikt hatte es mit Ridas Hilfe wohl endlich geschafft, sich anzukleiden. Jetzt ging er zu ihnen und setzte sich an den letzten verbleibenden Platz. „Um wen geht es?“

Mit einem leichten Anflug von Entsetzen sah er, wie Karen den Mund zu einer Erwiderung öffnete. Er wollte sie mit einem Tritt gegen das Schienbein zum Verstummen bringen, doch ein sich plötzlich austreckender Fuß versperrte ihm den Weg.

„Au.“ Empört schrie Karen auf und sah Juliet böse an. Diese schenkte ihrer Freundin nur ein unschuldiges Lächeln.

Zwei Menschen, ein Gedanke. Christian stützte seinen Ellbogen auf die Tischplatte und legte seinen Kopf darauf, dabei sah er zu Karen. Diese sah ihn auffordernd an, so als erwartete sie, dass er sie verteidigte, doch er schüttelte nur leicht den Kopf. Dabei hob er die Finger der Hand auf die er sich gerade s¬tützte, so dass Benedikt nicht sah, was er ihr nun sagte. Das war etwas, das sein Bruder nicht sehen sollte. Seine Lippen formten nur zwei Worte: ‚Kein Wort‘.

Benedikt wusste nichts von seiner Neigung oder zog es vor, so zu tun als wüsste er nichts davon. Weder er noch Juliet wussten welche der beiden Möglichkeiten es war. Doch lieber verschwiegen sie ihm diese Tatsache, als damit vielleicht ihre Beziehung zueinander zu zerstören. Christian hatte keine Ahnung wie sein Bruder das auffassen würde und das Letzte was er wollte war, dass sein Bruder nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Er konnte alles über die Eroberungen seines kleinen Bruders wissen, solange sie nur weiblich waren. Da Benedikt nicht oft am Hofe war, konnte es sogar klappen.

„Also?“ Noch immer erwartungsvoll sah Benedikt in die Runde.

„Also wirklich, Liebster, und da wirft man uns Frauen immer Neugier vor. Lass uns doch auch unsere kleinen Geheimnisse. Außerdem sind das hier Frauengespräche, Männer verstehen davon nichts.“ Bei diesen Worten legte Juliet ihrem Mann eine Hand auf den Unterarm und streichelte darüber.

„Aha.“ Benedikt sah sie einen Moment lang verständnislos an und blickte dann Christian hilfesuchend an.

Dieser hob nur abwehrend beide Hände. „Sieh mich nicht so an. Ich war zwar die ganze Zeit anwesend, habe aber kaum etwas verstanden.“

„Nun gut.“ Karen stellte ihr Glas ab und stand auf. „Wir sollten gehen, sonst gibt es keine guten Plätze mehr. Es widerstrebt mir zwischen den ganzen niederen Adeligen zu sitzen, die starren einem nur in den Ausschnitt.“

Dabei schüttelte sie sich demonstrativ und ergriff Christians Arm.

Willig ließ sich Christian aufziehen und folgte Karen,

Benedikt konnte gerade noch einen Schluck von Christians verwaistem Weinglas trinken, bevor es ihm genauso erging.

Zufrieden lächelnd hängte sich Juliet bei ihrem Mann ein. Als sie neben ihnen gingen, fing sie dabei wieder ein Gespräch mit Karen an.

Auch Christian hatte keinen Grund unzufrieden zu sein. Bis auf sein kleines Problem mit Shay war der Morgen doch ganz gut verlaufen. Der Tag würde sicher nicht so geruhsam weitergehen, doch im Moment war alles perfekt.
 

Mit fahrigen Bewegungen überprüfte Shay noch einmal die Verschnürungen seiner Rüstung. Er vertraute seinem Diener, jedenfalls war er heute sicher zuverlässiger als er selbst. Die ganze Nacht hatte er kaum Schlaf gefunden, sobald er einigermaßen eingeschlafen war, war er wieder aufgeschreckt. An einen normalen Schlaf war da nicht zu denken gewesen. Dementsprechend mies und gereizt war heute auch seine Stimmung. Hoffentlich musste er nicht gleich heute einen Kampf bestreiten. Dabei war der Abend gestern dann ja noch ziemlich vielversprechend verlaufen, nachdem er sich Juliet angeschlossen hatte. Sie hatte ihn einer Menge Leute vorgestellt von denen er die Namen gleich wieder vergessen hatte und sich selbst auch mit ihm unterhalten.

„Herr?“

Die Stimme seines Dieners riss ihn aus seinen Gedanken. „Ist es schon soweit?“

Er wusste, dass es so war, weswegen er eine Antwort gar nicht abwartete sondern sein Zimmer verließ. Auf dem Weg zum Turnierplatz, folgten ihm einige andere Ritter, die das gleiche Ziel hatten. Einige kannte Shay, doch der Großteil war ihm unbekannt, was aber nicht hieß, dass sie noch nie dabei gewesen waren. Normalerweise interessierte sich Shay nicht für die Leute in seiner Umgebung, das war niemals notwendig gewesen.

Als er den Lagerplatz durchquerte, legte sich eine Hand freundschaftlich auf seine Schulter.

„Na? Aufgeregt?“

Im ersten Moment war Shay überrascht, doch dann erkannte er die bekannte Stimme. „Es gibt keinen Grund dazu. Schließlich ist es nicht mein ersten Turnier.“

Raoul lachte amüsiert. „Das ist die richtige Einstellung. Immer das Finale im Auge haben. Wenn das heuer auch wieder mein Sieg wird.“

„Höre ich da was von Sieg, der gehört ja wohl mir.“

Bei der nun unbekannten Stimme drehte sich Shay nun doch um. Erst jetzt bemerkte er, dass Raoul nicht alleine war. Ihn begleitete ein schwarzhaariger Mann, der selbst Raoul um einen Kopf überragte.

„Ah.“ Raoul tat so, als würde ihm die Gegenwart des Anderen erst jetzt wieder einfallen. „Darf ich vorstellen, das ist mein guter Freund Duke Deacon Gainswall. Hört einfach nicht auf ihn, sein Selbstbewusstsein ist größer als sein Können.“

Shay nickte einfach nur verblüfft. Eigentlich sollte er sich nun selbst vorstellen, doch darauf schien der Fremde keinen Wert zu legen.

Empört sah er Raoul und an und boxte ihn in die Seite. „Was soll das den heißen? Der Sieger dieses Jahr werde ganz bestimmt ich sein.“

„Nur wenn man an mir vorbeikommt.“

Bei der Stimme, die von etwas entfernt hinter ihnen erklang, weiteten sich Shays Augen entsetzt. Er kannte diese Stimme, wer kannte sie nicht?

Raoul seufzte nur und Deacon wandte sich um, so gab er den Blick auf Casey frei.

„Das ist mein Jahr und das werde ich gerne jedem beweisen, der es herausfordert.“

„Ja genau.“ Raoul seufzte abermals und zählte es an den Finger ab. „Genauso wie vor zwei Jahren, vor drei Jahren, vor vier Jahren. Nein warte, da habe ja ich gewonnen.“

Casey warf ihm einen giftigen Blick zu. „Ich habe letztes Jahr gewonnen.“

Raoul lachte trocken auf. „Ja, mit unfairen Mitteln. Ich bekam in der Nacht davor ja keinen Schlaf, dank Eures netten Geschenkes.“

„Ihr habt keinen Grund Euch zu beschweren. Aus sicherer Quelle weiß ich, dass ihr durchaus euren Spaß daran hattet.“

Raoul lächelte nun wissend. „Ja, gerade Ihr solltet das wissen, nicht?“

Mit einem leisen Knurren ließ Casey ihn stehen und beschleunigte seine Schritte Richtung Turnierplatz.

Shay hatte dem ganzen nur mit leicht geöffnetem Mund zugesehen. Erst jetzt schloss er ihn wieder hastig. Er hatte wirklich dem Kronprinzen gegenübergestanden nicht, dass er ihn bemerkt hatte, doch er hätte ihn anfassen können. So nah war er ihm noch nie gekommen und würde es wahrscheinlich auch nie wieder.

Deacon klopfte Raoul auf die Schulter. „Dann weißt du ja welche Geschenke du heuer nicht annehmen solltest. Frauen waren schon immer der Untergang der Männer.“

Bei dieser Bemerkung verzog Raoul leicht das Gesicht. „Ich denke nicht, dass die Frauen das Problem sind, mein Freund.“

Kopfschüttelnd ging Deacon weiter und zog damit Raoul mit sich.

Shay sah ihnen nur verwundert nach. So unwirklich diese Szene eben gewirkt hatte, sie hatte ihm eines wieder verdeutlicht. Alle diese Männer hier dachten nur an den Sieg. Sie wollten gewinnen und waren hoch motiviert. Ihnen ging es nicht darum einen hohen Platz zu erringen, nein, sie wollten den Sieg. Klar, das waren die besten Kämpfer hier, aber das waren sie sicher nicht, weil sie so halbherzig dachten wie er. Dabei ging es für ihn heute um alles. Das war sein letztes Turnier und das würde er würdig zu Ende bringen. Keine halben Sachen mehr. Entweder er kämpfte um den Sieg oder gar nicht und dabei spielte sein Können keine Rolle, es ging nur um die Einstellung. In diesem Punkt hatte Christian Recht gehabt. Seine Hand schloss sich fest um den Schwertknauf.

Diesmal würde er um den Sieg kämpfen, so wie alle hier. Das war er sich selbst schuldig nach all den Jahren des Trainings. Wenn es schon ein Abschluss war, dann einer, der ihm würdig war.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 34
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Christian versuchte ein Gähnen zu unterdrücken und da war er nicht der Einzige. Auch viele der Kämpfer wirkten unruhig und Casey fixierte seinen Vater so, als wollte er ihn mit seinen Blicken erdolchen. Jedes Jahr schien die Begrüßung des Königs länger zu werden, nicht zum ersten Mal fragte sich Christian, warum er sich das antat. Nun, ein Grund saß rechts neben ihm und hielt den geöffneten Fächer züchtig vor ihren Ausschnitt, um ihn zu verdecken. Es war schon eine seltsame Sitzordnung, in der sie gelandet waren. Normalerweise kamen ja Kinder und Frauen in die Mitte, doch es waren Benedikt und er, die nebeneinander saßen. Benedikt und Juliet hingegen flankierten auf beiden Seiten Annabelle, die noch nicht so viel Zurückhaltung besaß und ungeniert gähnte. Ihr Kopf lehnte an dem Oberarm ihres Vaters und ihr fielen immer wieder die Augen zu, nur um sie einen Moment später wieder zu öffnen.

Christian konnte sie sehr gut verstehen. Er hingegen vertrieb sich die Zeit, indem er sich die Kämpfer ansah. Es waren jedes Jahr die Gleichen, große Abweichungen gab es da kaum. Er kannte viele von ihnen von diversen Festen und auch einigen Kämpfen die er sich angesehen hatte, aber nur die hier Ansässigen waren ihm wirklich vertraut. Anders als die meisten seiner Bekannten interessierte er sich nicht für das Turnier, weswegen er keine engeren Bekanntschaften mit den Rittern schloss. Diese blieben sowieso lieber unter sich. Anscheinend freundeten sie sich lieber mit anderen Rittern an, gegen die sie eines Tages vielleicht antreten mussten, als mit Unbeteiligten. Christian verstand diese Logik nicht, aber das traf auf vieles zu, was dieses Turnier betraf.

Karen neben ihm seufzte erleichtert, was Christian dazu brachte sich wieder auf die Worte des Königs zu konzentrieren. Wirklich, es war schon die Abschlussfloskel, die er jedes Jahr benutzte. Dann konnten sie ja endlich zum interessanten Teil kommen.

Die Blicke der Anwesenden wandten sich der großen Tafel zu, noch bevor sie darauf hingewiesen wurden. Sinnlos, jeder Höfling und Kämpfer wusste, was nun kam. Die Auslosung war schließlich das, weswegen sie alle hier waren.

Nacheinander wurden die Tafeln mit den Wappen gezogen und nebeneinander aufgehängt.

Plötzlich seufzte Karen neben ihm. „Damit hätten sich wohl Brians Träume vom Halbfinale erledigt.“

Christian runzelte die Stirn und betrachtete die Tafel. Bereits jetzt konnte man schon einige Kämpfe erahnen und wenn Karens Cousin weiterkam, dann traf er in seiner dritten Begegnung auf Raoul. „Ja, das auf jeden Fall.“

Er kannte ihren Cousin nicht sonderlich gut, weswegen er das ziemlich rational sah. Sein Blick hingegen glitt manchmal zu den Kämpfern hinab. Auch wenn man die Namen der jeweiligen Personen nicht kannte, konnte man es zumindest erahnen. Nicht wenige zuckten erschrocken zusammen, stöhnten oder seufzten erleichtert als sie sahen, wer ihr Kontrahent war. Hier hing wirklich viel vom Zufall ab. Ihn jedoch interessierte heute nur eine Begegnung und mit wem sie stattfinden sollte.

Endlich wurde Shays Wappen gezogen und an die Tafel gehängt, allerdings fehlte noch sein Gegner. Dieser ließ aber nicht lange auf sich warten und die Begegnung stand fest.

„Na toll.“ Karen neben ihm gab einen genervten Laut von sich.

Christian hingegen blinzelte kurz ungläubig. „Karen, ich kenne dieses Wappen, nicht?“

„Das solltest du, ich nannte es lange genug mein eigen. Ich hoffe Shay ist stolz darauf, dass er in der ersten Runde einen vierzehnjährigen Knaben schlagen kann.“

„Dein Bruder?“ Es war nur eine Vermutung, aber das war die einzige Möglichkeit. Dieses Wappen trugen nur die Familienmitglieder von Karens Familie und ihr Vater war dafür nun wirklich schon zu alt.

„Ja. Ich hätte mir für Trevor wirklich einen ebenso unerfahrenen Gegner gewünscht, wie er es ist.“ Karen wirkte über dieses Ergebnis nicht sehr erfreut. „Ich hoffe nur für Shay, dass er ihm nicht wehtut.“

Der Blondhaarige hob seinen Zeigefinger, wirkte jedoch einen Moment irritiert, bevor er zu sprechen begann. „Du weißt aber schon, was den Unterhaltungswert eines Turniers ausmacht, oder?“

Es ging dabei in erster Linie darum, dass zwei Kämpfer einander verletzen. Davon lebte das Turnier, je schlimmer die Verletzungen, umso interessanter der Kampf. Das machte auch jede Schlägerei zu einer gern gesehenen Abwechslung, nur dass diese ohne Regeln ablief. In dieser Hinsicht fand Christian das Turnier schon sinnvoll, es kam niemand mutwillig zu Schaden.

„Natürlich weiß ich das. Aber es ist mein Bruder, da gelten andere Maßstäbe.“ Karen funkelte ihn zornig an.

Christian warf einen nachdenklichen Blick auf Benedikt, dann nickte er. „Da hast du wohl Recht.“

„Jetzt kann ich nur mehr hoffen, dass dein Training nicht erfolgreich war.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wann kämpft er?“ Sein Blick glitt wieder gespannt zu der Tafel, wo, nachdem die Paare alle feststanden, ausgelost wurde wer am ersten Tag antrat. Es sollte ja niemand bevorzugt werden. Das passierte dann erst wieder im richtigen Leben.

Auch Karen richtete ihren Blick auf die Tafel. Nach einiger Zeit seufzte sie abermals tief. „Heute Nachmittag, dann hätte es sowieso keine Rolle gespielt.“

Bei dieser Bemerkung hob Christian eine Augenbraue. Er hatte da so einige Vermutungen, was Karen mit dieser Anspielung meinte. „Sag bloß…“

Er ließ den Satz bewusst offen, damit Karen ihn beendete.

Diese lächelte nur unschuldig und fächelte sich mit dem Fächer Luft zu. „Bis jetzt hat kaum ein Ritter ein weibliches Geschenk für die Nacht abgewiesen.“

„Weiß dein Bruder was für eine aufopferungsvolle Schwester er hat?“

„Das hoffe ich doch für ihn. Aber bilde dir da nur nichts Falsches ein, so sehr liebe ich meinen Bruder nicht, dass ich mich für ihn opfern würde. Es gibt genug willige Damen, an Möglichkeiten mangelt es mir da nicht.“

Das war klar. Egal wie verdorben sich Karen manchmal gab, sie war ihrem Mann treu. Nach außen hin das schamlose Luder und innerlich die guterzogene Ehefrau. Bei vielen würde das lächerlich wirken, doch Karen stand dazu und das machte es glaubwürdig. Christian konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Ich verstehe.“

Karen sah ihn an und ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Wir verstehen uns doch immer.“

Der Blondhaarige bemerkte, wie Benedikt ihnen einen Seitenblick zuwarf. „Ich weiß.“

Dabei ließ er offen, ob das nun eine Antwort auf Karens Bemerkung oder die stumme Botschaft im Blick seines Bruders war. Ihm war klar, dass Karen wohl die Einzige war, die seine Überzeugung, dass kein vierter in ihre Gruppe passte, über den Haufen warf. Doch auch das war kein Grund für Christian gewesen sie zu heiraten. Vielleicht wenn sie einmal verwitwet war, so in fünf, sechs Jahren wenn man sich ihren Gatten so ansah. Nur würde Karen da erst einmal ihre Freiheit genießen, wenn er Glück hatte.

Nun, da sich der Platz leerte, machten das auch die Tribünen. Die ersten Kämpfer machten sich bereit, während die Anderen mit den restlichen Adeligen essen gingen oder anderen Aktivitäten frönten. So ein Turnier sorgte ja für genug Unterhaltungsmöglichkeiten.

„Du wirst mir doch Gesellschaft leisten, oder?“ Karen sah ihn fragend an.

„Wie kann ich da ablehnen?“ Christian reichte ihr seinen Arm und folgte seinem Bruder und Juliet, die sich bereits erhoben hatten.

Annabelle lächelte Christian fröhlich über die Schulter ihres Vaters an, der sie auf dem Arm trug.

Gespielt empört sah er sie an, was Annabelle nur zu einem Kichern brachte. Allerdings verstand Christian seine Nichte. Von seinem Vater ließ man sich lieber als Kind behandeln, als von seinem Onkel. Beim Vater konnte es durchaus von Vorteil sein noch ein wenig länger als Kind zu gelten.

„Wehe ihr macht euch hinter meinen Rücken über mich lustig.“ Benedikt knurrte bei diesen Worten scherzhaft.

„Immer doch.“ Als er das erwiderte, fiel Christians Blick auf die eher schlichten Zelte in der Nähe des Platzes. Diese waren für die Kämpfer, die eigentlich im Schloss lebten. So sehr man das Turnier auch mochte, es wurde nicht gern gesehen, wenn dreckige, schwitzende und vielleicht sogar blutende Ritter den Boden des Schlosses verdreckten. In einem von diesen müsste nun auch Shay sein. Christian beschloss, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Aus diesem Grund wurde er etwas langsamer, was Karen zu einem verwunderten Seitenblick in seine Richtung veranlasste. Als sie jedoch erkannte was er damit bezweckte, verdrehte sie stumm die Augen.

Christian wartete, bis Benedikt schon einen größeren Vorsprung hatte und legte Karen eine Hand auf ihren Arm. „Geh schon einmal vor, ich muss mich noch für etwas entschuldigen.“

Sie löste ihre Hand von Christians Arm und schnaubte abfällig. „Irgendwann wird das noch dein Verderben sein.“

„Ich weiß, aber bis dahin will ich es genießen.“ Damit wandte er sich um und ging zu den Zelten. So sah er auch nicht das zufriedene Lächeln in Karens Gesicht.
 

Ein Kind also und ausgerechnet aus Karens Familie. Ja, Shay hatte das Wappen erkannt, immerhin waren sie Nachbarn, da verstand sich das von selbst. Ob ihn Liam noch aufsuchen würde, um ihm zu sagen wie der Kampf ausgehen sollte? Nun, in der Vergangenheit hatte er das öfters versucht, doch dies war die einzige Sache in der er seinem Bruder nicht gehorchte. Das war wohl auch der Grund, warum er das nun aufgeben musste. Das und dass Liam ihn als zu schlecht ansah. Diesmal jedoch war das für ihn bitterer Ernst und er hatte vor, seinem Ziel näher zu kommen. Als Sieger aus dem Turnier zu gehen. Wenn man etwas erreichen wollte, musste man seine Ziele hochstecken, mit seinen halbherzigen Zielen bis jetzt hatte er ja nichts erreicht.

Shay ließ sich auf einen der bereitgestellten Sessel sinken. Gedämpft drangen die Geräusche der umliegenden Zelte und den dazwischen umhereilenden Leute zu ihm.

„Shay?“

Diese bekannte Stimme ließ ihn aufhorchen. Es war, als käme sie direkt vom Eingang des Zeltes. Leider war es ein ziemlich dunkler Stoff, so dass er auch keine Schatten durch den Stoff erkennen konnte. Nur warum sollte er ihn aufsuchen? Da gab es wohl nur eine Möglichkeit. „Ja.“

Die Plane des Eingangs wurde zur Seite geschoben und Christian trat ein. „Ich schätze einmal, man kann dir zur glücklichen Auslosung gratulieren.“

Shay blinzelte kurz verwirrt. War er deswegen hier? Obwohl, er hatte ja einen Grund dafür und das machte ihn wütend. „Bist du hier, weil Karen dich darum gebeten hat? Egal wer kommt, ich habe nicht vor zu verlieren.“

„Was?“ Es schien einen Moment zu dauern, bis Christian verstand. Dann lachte er kurz und leise. „Nein, deswegen bin ich nicht hier. Karen hat keine großen Hoffnungen für ihren Bruder, außerdem würde ich niemanden den ich trainiert habe danach bitten, absichtlich zu verlieren. Dann hätte sich die ganze Mühe ja nicht gelohnt.“

Und Christian verabscheute nichts mehr als Zeit- oder Kraftverschwendung, das hatte Shay schon bemerkt. Deswegen hatte ihn auch seine Herausforderung damals mehr gelangweilt, als geängstigt. Nach alldem was passiert war, kam ihm das nun schon richtig unwirklich vor. Sie hatten sich wegen seiner Schwester gestritten, von der er sich nun so weit entfernt hatte wie es nur ging. Es war erstaunlich, was dieser Mann alleine durch seine Anwesenheit erreichte. „Weswegen dann?“

„Darf ich?“ Dabei deutete Christian auf den zweiten Stuhl und setzte sich ohne eine Antwort abzuwarten. „Ich bin hier, um mich zu entschuldigen. Gestern kam etwas dazwischen, so dass ich mein Versprechen nicht einhalten konnte.“

„Das habe ich gesehen.“ Deswegen war Shay noch immer verärgert. Auch heute hatte er den Mann wieder an Christians Seite gesehen, jedoch auch an Juliets, so dass dies eigentlich nur einen Schluss zuließ. Trotzdem wartete er lieber ab, bevor er wieder eine voreilige Schlussfolgerung zog.

Christians Blick wurde sanfter bei den nächsten Worten. „Mein Bruder hat überraschend beschlossen, uns mit seiner Anwesenheit zu erfreuen.“

Das hatte sich Shay schon gedacht, nachdem er die Gesten und Gesichtsausdrücke heute gesehen hatte, die alle vier miteinander austauschten. Jeder der dabei zusah merkte, dass dies eine Gruppe war, in die sich niemand hineindrängen konnte, weswegen sie wohl auch unbehelligt blieben. Jemand wie er, der so etwas nie kennengelernt hatte, egal ob von Freunden oder Verwandten, konnte darauf richtig neidisch werden. Jedoch wusste Shay auch, dass dies kindisch wäre.

Allerdings überraschte ihn Christians Mimik und der Tonfall, wenn er über seinen Bruder sprach. Er wusste nicht genau wie man das nennen sollte, verträumt, liebevoll? Sollte man so von seinem Bruder reden, selbst wenn man nur erzählte, dass er angekommen war? Ob Juliet das auch bemerkte und wenn ja, tolerierte sie es? Jedoch sollte das nicht seine Sorge sein. Für ihn zählte nur das Turnier jetzt, Gedanken an Christian hatten da keinen Platz.

Dieser stand wieder auf. „Und, bereit unter die besten Zehn zu kommen?“

Auch Shay stand auf, einfach weil sein Entschluss eher lächerlich klang, wenn er es im Sitzen sagte. „Ich bin entschlossen das Turnier zu gewinnen.“

Man merkte Christian seine Verblüffung deutlich an. Dann lachte er amüsiert.

Beleidigt sah ihn Shay an und verschränkte die Arme vor der Brust. Er wusste selbst wie utopisch sein Ziel war, doch wenigstens von Christian hätte er sich Verständnis erhofft. Warum wusste er allerdings selbst nicht. „Das ist nicht lustig.“

Es dauerte nicht lange, bis sich Christian wieder beruhigt hatte. „Entschuldige bitte. Natürlich ist es nicht lustig. Ich wünsche dir viel Glück.“

Shay wollte schon zufrieden nicken, als er sich plötzlich in einer Umarmung wiederfand. Für einen Moment war er wie erstarrt. Vor allem als er fühlte, wie eine Hand über seinen Nacken strich und noch weiter hinab, bis das der Abstand zwischen Rüstung und Körper verhinderte. Dort verharrte sie kurz und streichelte über diese Stelle.

Shay wusste nicht recht, wie er nun darauf reagieren sollte. Das war ein seltsames Verhalten für Christian, zumindest hätte er das nie vermutet.

„Du trägst die Kette ja gar nicht.“

Bei dieser Bemerkung neben seinem Ohr entspannte sich Shay wieder etwas. Ach das war der Grund dafür. Es war seine Art zu erfahren, ob er sein Geschenk trug, wenn es auch eine ziemlich eigenwillige Art war. „Nein, ich werde sie mir für stärkere Gegner aufheben.“

Und den Trank wenn es ging noch viel, viel länger. Wenn es sein musste bis in alle Ewigkeit, solange er ihn nicht trinken musste.

„Nun dann beeindrucke die Leute, ich werde sie auf dich aufmerksam machen.“ Christian löste sich wieder von ihm. Dann jedoch schien er es sich wieder anders zu überlegen und kam noch einmal näher. Doch anstatt ihn noch einmal zu umarmen wie Shay dachte, spürte er dessen Lippen auf seinen. Überrascht gab er nach und öffnete seine Lippen, um ihm entgegenzukommen. Diesmal war Shay aber entschlossen, nicht so einfach die Führung abzugeben.

Das brachte Christian jedoch nur dazu, den Kuss zu vertiefen. Seine Hand legte sich dabei in den Nacken des Jüngeren.

Küssen konnte Christian auf jeden Fall, das musste ihm Shay zugestehen. Seine bisherigen Erfahrungen konnten dabei nicht mithalten, allerdings waren diese auch mit Mädchen. Vielleicht war das bei Männern etwas anderes?

Ein leises Stöhnen entkam ihm und er benötigte einen Moment um zu erkennen, dass dieses von ihm kam. Gut, das war wohl das Zeichen wieder etwas Beherrschung an den Tag legen zu sollen. Schließlich konnte hier jeden Moment jemand eintreten und irgendwann würde sein Diener mit dem Essen kommen. Nur widerwillig der Stimme seiner Vernunft folgend, drehte Shay den Kopf zur Seite und unterbrach so den Kuss. „Wir sollten damit aufhören.“

Christian schien seine Gedanken zu erraten und warf einen Blick zum Eingang hinter sich. „Ich sage das nur ungern, doch du hast wahrscheinlich Recht.“

Shay sah Christian abwartend an. Ob nun noch eine Erklärung für diesen Kuss kam? Würde er sich dafür rechtfertigen?

Doch Christian zog nur seine Hand zurück und lächelte wieder wie gewohnt. „Ich muss nun auch gehen, schließlich muss ich die Schwester deines ersten Gegners besänftigen. Ansonsten könntest du einem rätselhaften Unfall zum Opfer fallen. Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Glück für deinen ersten Kampf.“

„Danke.“ Was sollte er sonst auch darauf sagen?

In diesem Moment wurde die Plane geöffnet und sein Diener trat mit einem Tablett ein. Er warf einen neugierigen Blick zu Christian, widmete sich dann aber wieder seiner Arbeit.

Christian nickte ihm noch einmal zu und verließ dann das Zelt.

Shay seufzte leise und setzte sich wieder. Wohin sollte dies Situation bloß führen? Ganz gewiss wollte er keine von Christians Eroberungen werden, doch im Moment war er auf dem besten Weg dahin.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 35
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Shay verließ den Turnierplatz. Der erste Kampf und gleich ein Sieg, das war ein gutes Gefühl. Wenn es auch etwas dadurch getrübt wurde, dass der Gegner ein Bekannter und halber Junge gewesen war. Doch Gegner war Gegner, auf einem Schlachtfeld konnte man sich seinen Gegner auch nicht aussuchen. Allerdings konnte Shay das nicht wirklich belegen, da er noch nie in einen wirklich ernsthaften Kampf verwickelt worden war. Bei seinem Duell mit Christian hatte er das angenommen, doch das war, wie sich herausgestellt hatte, eine Fehlinterpretation gewesen.

Direkt vor dem Ausgang des Turnierplatzes den er benutzte war ein Pferch für die Pferde aufgebaut. An der Begrenzung eben dieses stand Karen und sah ihm mit vor der Brust verschränkten Armen verärgert entgegen.

Im nächsten Moment stieß sie sich schon davon ab und kam auf ihn zu.

Wollte sie nun eine Entschuldigung von ihm? Das ja wohl kaum. Aber hatte Christian ihn nicht vor rätselhaften Unfällen gewarnt? Würde das nun eine Drohung werden?

Neben ihm blieb sie stehen. „Ihr habt Glück, dass ich Euch gut leiden kann, sonst würde ich Euch das sehr übel nehmen.“

„Er hat sich gut geschlagen.“

Sie nickte nur knapp. „Ja, das hat er.“

Damit ging sie weiter und Shay erkannte, dass sie gar nicht auf ihn zugekommen war, sondern nur ihren Bruder in Empfang nahm. Dieser hatte ohne sein Wissen den gleichen Ausgang gewählt. Wahrscheinlich war er aber nur dem Erfahrenen, also ihm, nachgelaufen. Kurz sah er noch zu, wie sie ihren Bruder anlächelte und aufmunternd einen Arm um die Schultern legte, dann ging er in sein Zelt, wo ihm sein Diener half die Rüstung abzulegen. Das war es, was ihm immer gefehlt hatte. Der Rückhalt aus seiner Familie. Christian hatte diesen und sogar Karen war in der Lage diesen zu spenden, wenn er benötigt wurde. Seine Familie schien in dieser Hinsicht allerdings unfähig zu sein. Sebastian könnte das vielleicht noch, da er in der gleichen Lage war wie er, doch ihn hatten sie ja weggesperrt. Weder von Liam, dem Stolz ihres Vaters, noch von Susan, dem Liebling ihrer Mutter, hatte er etwas in dieser Hinsicht zu erwarten.

Er wartete bis sein Diener ihn von jedem Rüstungsteil befreit hatte, bevor er das Zelt wieder normal gekleidet verließ. Das war für heute sein einziger Kampf gewesen und wenn er ehrlich war, dann hatte er keine Lust sich die Fortschritte seiner etwaigen Gegner anzusehen. Jedoch wenn er nun jedoch Christian aufsuchte, wirkte das auch seltsam. Vor allem weil er nicht einmal wusste, wo dieser war oder ob er seinen Kampf beobachtet hatte.

Seine Schritte führten ihn zu den Trainingsplätzen. Auch während des Turniers erfreuten sich diese erstaunlicher Beliebtheit. Manche gaben sich hier noch den letzten Schliff, andere trainierten, um nicht aus der Übung zu kommen und manche wollten einfach nur die Kämpfer beim Turnier nachahmen. Der Unterschied zu sonst war nur, dass nicht so viele Zuseher anwesend waren. Jeder der daran interessiert war, sah sich das Turnier an. Shay ging die Plätze ab und beobachtete die Kämpfer, von denen viele wirklich gut waren und Andere das Training wirklich nötig hatten. Dann jedoch fiel ihm eine vertraute Gestalt auf. Shay blinzelte einmal kurz, doch das Bild änderte sich nicht. Verwundert näherte er sich dem Platz, den Christian gerade nutzte. Es war eine der seltenen Gelegenheiten ihn kämpfen zu sehen, bis jetzt konnte er ja nur seine Kämpfe mit Raoul beobachten. Dieser Kampf jedoch war eine ganz andere Klasse. Christian kämpfte gegen zwei Gegner gleichzeitig. Einer davon war sein Diener, der ziemlich viel Geschicklichkeit mit dem Schwert bewies, der andere sein, wie Shay annahm, Bruder.

Shay beobachtete sie eine Weile, bis er bemerkte, dass dieser Kampf einem ganz bestimmten Muster folgte. Abwechselnd taten sich zwei Kämpfer zusammen und drangen auf den Übrigbleibenden ein, dann war es plötzlich ein anderer, der von zweien bedrängt wurde. Man sah ihnen an, dass sie die den gleichen Ausbilder gehabt hatten, schon alleine weil keiner wirklich die Überhand gewinnen konnte.

„Ich sehe ihnen immer wieder gerne zu.“

Überrascht wandte Shay den Kopf und bemerkte Juliet, die etwas entfernt von ihm stand. In seiner Faszination hatte er sie bis jetzt nicht bemerkt.

„Es wirkt so einfach.“ Auch wenn er wusste, dass es hohe Konzentration erforderte zu kämpfen und gleichzeitig zu wissen wer sein Freund oder Feind war. Vor allem den Zeitpunkt abzupassen, in dem das zum Gegenteil umschlug.

„Ja. Es wirkt wie ein Tanz oder Spiel, man kann schnell vergessen, dass es in erster Linie ein Kampf ist.“

„Wer gewinnt?“ Auch wenn sich hier noch kein Sieger abzeichnete, so konnte man das sicher schon aus Erfahrung sagen.

Juliet zuckte nur mit den Schultern. „Keiner. Sie kämpfen bis sie keine Kraft oder Lust mehr haben. Bis jetzt hat noch nie jemand gewonnen oder wollte eine Niederlage hinnehmen. In dieser Hinsicht sind sie alle drei zu stolz, muss wohl im Blut liegen.“

„Im Blut?“ Er verstand ja, dass dies auf Christian und seinen Bruder zutraf, doch der Dritte hier, Christians Diener, war doch sicher nicht mit ihnen blutsverwandt.

„Oder in der Erziehung, nehmt es wie Ihr wollt.“ Dabei verzog Juliet leicht den Mund. „Ich hoffe doch, er hat sich bei Euch entschuldigt?“

„Wer?“ Shay war noch immer von dem Anblick der Kämpfer gebannt, so dass er Juliets Worten kaum Beachtung schenkte.

„Christian.“ Sie schenkte ihm nur ein tadelndes Lächeln.

Nun riss sich Shay endgültig von den Kämpfern los und wandte ihr seine volle Aufmerksamkeit zu. „Ja, das hat er. Danke.“

„Warum?“ Sie blinzelte verwirrt. „Ich habe mit dieser Sache nichts zu tun. Dass er sich bei Euch entschuldigt hat, war seine eigene Entscheidung. Nur habe ich auch nichts anderes von ihm erwartet. Schließlich kenne ich seine Mutter und weiß, welche Erziehung er genossen hat.“

Unter anderen Umständen würde sich das seltsam anhören, dass sie ‚nichts anderes‘ von ihm erwartete, jedoch war sie seine Schwägerin. Natürlich kannte sie Christians Mutter, das war für eine Ehefrau nur natürlich. Nur die wirklich Glücklichen erfuhren, dass ihre Schwiegermutter schon tot war, oder Meilen entfernt lebte. Irgendwie entmutigte ihn diese Erkenntnis allerdings auch. Nicht, das er Christians Mutter kennenlernen wollte, das war mehr als nur ein abwegiger Gedanke. Allerdings war er etwas neidisch auf Karen und Juliet wegen ihrer Nähe zu Christian. Sie kannten ihn schon einige Jahre wohingegen er auf diesem Gebiet gerade ein Anfänger, da war das nur natürlich, aber auch er wollte mehr über den Blonden erfahren. Er wollte diese Faszination auf andere Menschen, auch auf ihn, ergründen und ihn einfach näher kennenlernen. Und damit meinte er, ihn wirklich näher kennenzulernen, nicht nur das Bett mit ihm zu teilen. Eine Vorstellung, die ihn noch immer mit Widerwillen erfüllte. Denn auch wenn er sich auf die Küsse eingelassen, ja sie sogar begrüßt hatte, so war das doch etwas anderes. Das konnte man ja noch beichten, aber wenn man weiterging wurde das schließlich schon als Todsünde geahndet, außerdem hatte Shay Angst vor dem, was passieren konnte. Das war es, was ihn in erster Linie davon abhielt. Das und sein Stolz, der ihm verbot sich auf so etwas einzulassen.

„Habt Ihr etwas? Geht es Euch nicht gut?“ Juliet legte ihm eine Hand auf die Schulter und musterte ihn besorgt.

Shay schüttelte nur schwach den Kopf. „Nein, mir geht es gut.“

Nur hatte er einige neue Erkenntnisse gewonnen, an denen er schwer zu knabbern hatte. Erkenntnisse, die er im Moment gar nicht gebrauchen konnte, wo er sich eigentlich nur auf das Turnier konzentrieren sollte.

Juliet betrachtete ihn mit einem leichten Lächeln, als sie seine Hand zurückzog.

„Was?“ Shay wusste, dass es nie etwas Gutes bedeutete, wenn Frauen einen so anlächelten.
 

„Ach nichts.“ Sie schüttelte nur den Kopf, so als würde sie gerade einen Gedanken verwerfen. „Ich dachte nur gerade daran, dass Ihr Christian ein wirklich guter Freund werden könntet.“

Wovon das wohl abhängen würde? Und vor allem, wie kam sie auf diese Idee? Irgendwie versuchte ihn jeder in Christians Richtung zu drängen, wenn auch nur mit Worten. Obwohl das waren nur die Menschen, die Christian auch nahe standen. „Ich denke, ich werde mich nun etwas ausruhen, der Kampf war doch sehr anstrengend. Bitte entschuldigt mich.“

Damit neigte er noch einmal den Kopf in Juliets Richtung und machte sich dann in Richtung des Schlosses auf. Eigentlich hatte er gar keine Zeit, sich um solche Dinge zu sorgen, im Moment sollte er seine ganze Konzentration auf das Turnier lenken. Leider war das nicht so einfach, wie er es gerne hätte.
 

Keuchend standen sich die drei Kontrahenten gegenüber. Langsam sollten sie ihr Spiel beenden, das nun schon über Stunden dauerte. Dadurch hatte er Shays Kampf versäumt, allerdings war das eine Gelegenheit, die nur selten kam. Außerdem gab es keine plausible Erklärung dafür, die Einladung seines Bruders abzuschlagen, denn das hatte er nie getan. Er wusste, dass Shay ihnen kurz zugesehen und sich mit Juliet unterhalten hatte, nur hatte er sich leider nicht darauf konzentrieren können.

Mit einem Lächeln senkte er das Schwert. „Also ich für meinen Teil habe genug für heute.“

„Ebenso.“ Benedikt schien über das Ende erfreut zu sein. Zumindest seufzte er zufrieden, als er das Schwert sinken ließ.

Auch Rida steckte sein Schwert wieder ein und nahm auch das von Christian entgegen.

Benedikt nahm das nur mit einem missmutigen Blick zu Kenntnis, sagte aber nichts.

„Wie lange wirst du uns noch mit deiner Anwesenheit beehren?“

Der Ältere grinste und lehnte sich auf die Schulter den Jüngeren. Dabei ließ er es sich nicht nehmen Christian wie einem kleinen Kind durch die Haare zu fahren. „Warum? Willst du mich schon wieder loswerden?“

„Das wäre für meine Frisur zwar von Vorteil, aber so bin ich einfach nur neugierig.“ Sein Bruder wusste genau, dass er einigen Wert auf sein Aussehen legte. Gerade deswegen ärgerte er ihn auch mit solchen Aktionen.

„Einige Tage noch, dann muss ich wirklich weiter. Mein Geschäftspartner wartet sicher nicht ewig auf mich.“

Nun ja, Benedikt wäre in jedem Fall ein Geschäftspartner, auf den es sich lohnte zu warten. Allerdings wussten das nur die Wenigsten.

Benedikt wandte sich von ihm ab und ging zu der Umzäunung, wo er Annabelle hochhob, die dabei kicherte.

Christian indessen nutzte diese Gelegenheit, um mit Juliet einige Worte zu wechseln.

„Es war wie immer eine Freude euch zuzusehen.“ Sie lächelte Christian und auch Rida begeistert zu.

„Das sagst du immer.“ Christian erwiderte dieses Lächeln. Er wusste gar nicht, was an ihrem Training so außergewöhnlich sein sollte? Er selbst fand nichts daran so überragend, ihr Vater hätte das wahrscheinlich sogar als schwache Leistung bezeichnet.

Er machte eine Kopfbewegung in Richtung des Schlosses. „Shay war hier?“

Es war zwar eine Frage, doch es war klar, dass er die Antwort wusste und eher eine Antwort auf eine Frage wollte, die er nicht ausgesprochen hatte.

„Ja, aber ich weiß nicht was er wollte. So wie ich das sehe, hat er sein Turnier aber gewonnen. Vielleicht habe ich sogar einen Fehler begangen.“ Unsicher sah sie Richtung des Schlosses. Ihre Hände spielten mit dem Holzbalken unter ihren Fingern, der die Umzäunung des Turnierplatzes darstellte.

„Was? Warum?“

„Nun ich habe angemerkt, dass ich ihn mir gut als deinen Freund vorstellen könnte und danach hatte er es ziemlich eilig zu gehen.“

Christian konnte gerade noch der Versuchung widerstehen, sich mit der Hand an die Stirn zu schlagen. Stattdessen stöhnte er nur leise. „Warum?“

„Weil ich dir helfen wollte. Außerdem ist es meine Meinung und diese spreche ich auch aus.“

Er nahm ihre Hand in seine. „Was durchaus eine deiner lobenswerten Eigenschaften ist. Jedoch wäre es in diesem Fall besser gewesen, entgegen deiner Prinzipien zu handeln. Ich muss los.“

Damit ließ er ihre Hand los und ging Richtung Schloss. Es war besser diese Sache rasch zu richten, bevor sich Shay zu viele Gedanken darüber machen konnte. Er sollte nicht das Gefühl haben, dass man ihn dazu nötigte ihm näher kommen zu müssen, das sollte er von sich aus wollen. „Warum will mir jeder helfen, wenn ich nicht darum bitte? Karen und Juliet meinen es ja gut, aber manchmal ist eine gute Absicht zum falschen Zeitpunkt verheerend.“

Und dass Karen auch etwas in dieser Hinsicht getan hatte, wusste er. Karen war niemand, der stillhielt. Wenn sie eine gute Gelegenheit witterte, dann griff sie zu und dabei scheute sie nicht davor zurück, diese gute Gelegenheit notfalls auch selbst zu schaffen. Sie hatte sicher schon mit Shay gesprochen, auch ohne seine Bitte.

„Es war sicher nur gutgemeint.“ Ridas Stimme hatte einen entschuldigenden Klang. Bis jetzt war er ihm gefolgt und es war klar, dass Christians Worte an ihn gerichtet waren.

Christian drehte sich zu seinem Diener um. „Die meisten Katastrophen geschehen, weil es jemand gut meint, Rida. Ich will nicht, dass mir jemand hilft, wenn ich nicht darum bitte. Ich bin durchaus in der Lage, meine Schlachten selber zu schlagen und nicht zu stolz um Hilfe zu bitten, wenn ich solche benötige.“

„Das wissen wir doch alle.“ Rida versuchte zwar die Taten der Anderen zu rechtfertigen, doch sah er Christian dabei selbst nicht in die Augen.

„Rida? Hast du mir etwas in dieser Hinsicht zu sagen?“ Christian kannte seinen Freund gut genug, um zu bemerken wenn etwas nicht stimmte. Und sein jetziges Verhalten passte nicht zu ihm. Rida mochte ein guter Schauspieler sein, wenn er seine Maske trug, doch leicht zu durchschauen, wenn er seine Gefühle nicht unterdrücken musste.

Der Schwarzhaarige biss sich auf die Unterlippe, schüttelte aber den Kopf. „Nein, habe ich nicht.“

Misstrauisch betrachtete Christian seinen Freund, doch beließ es dabei als keine Antwort kam. Er wollte Rida nicht dazu zwingen ihm etwas zu sagen, dass er ihm nicht sagen wollte. Vielleicht interpretierte er einfach nur zu viel in sein Verhalten hinein. Im Moment war Shay sowieso viel wichtiger.

Es dauerte nicht lange, bis er dessen Zimmer erreicht hatte. Von einem verlässlichen Diener wusste er, dass er sich darin aufhielt. Er warf noch kurz einen Blick zu Rida und klopfte.

Hinter der Tür war ein gedämpfter Laut zu hören, der sich nach einer kurzen Zeit wiederholte. Erst nach einem weiteren Klopfen von ihm und längerer Stille im Raum, öffnete sich die Tür.

„Ihr?“ Susan sah ihn erstaunt an und blinzelte kurz, dann wurde sie wieder ernst. „Er ist nicht hier.“

Christian hielt sein Lächeln aufrecht, auch bei einer solchen Unhöflichkeit. Er legte seine Hand gegen die Tür, damit Susan diese nicht gleich wieder zuschlagen konnte. „Es ist erstaunlich, dass Ihr schon wisst wenn ich suche, bevor ich auch nur ein Wort gesagt habe. Außerdem weiß ich, dass er in seinem Zimmer ist.“

„Dann will er Euch nicht sehen.“ Susans Stimme war kalt wie Eis.

Christian rang diese Bemerkung nur einen amüsierten Laut ab. Als er antwortete, konnte man den Sarkasmus deutlich heraus hören. „Wie vehement Ihr auf einmal die Wünsche Eures Bruder vertretet. Das ist eine erstaunliche Wandlung, denn was für eine liebende Schwester Ihr seid, habt Ihr mir doch erst vor einigen Wochen bewiesen.“

Damit verschwand das Lächeln von seinem Gesicht und seine Stimme wurde ernster und entschlossener. „Also, kann ich mit Eurem Bruder reden? Meine Zeit ist zu kostbar, um sie zu vergeuden.“

Mit einem letzten giftigen Blick auf ihn, wandte sich Susan energisch um. „Macht doch was Ihr wollt.“

„Das hatte ich auch vor.“ Mit einem triumphierenden Lächeln öffnete Christian die Tür. Es führten zwei Türen aus diesem Raum, doch die hinter Susan zuknallende Tür machte ihm klar, welches Zimmer er meiden würde. Er ging zu der anderen Tür und klopfte daran. „Shay, ich bin es, Christian. Ich würde gerne mit Euch reden.“

Dabei warf er noch einen Blick zu Rida, der nickte. Er benötigte bei seinem Gespräch mit Shay keine ungewollten Zuhörer, schon gar nicht wenn sie aus dessen Schwester bestanden. Allerdings würde Rida schon für die nötige Privatsphäre sorgen. Jetzt musste nur mehr Shay diese Tür öffnen.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 36
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Shay schreckte zusammen, als er das Klopfen und die anschließenden Worte hörte. Warum war er nun hier? Das war eindeutig nicht seine Absicht gewesen. Und warum hatte ihn Susan durchgelassen? Denn dass sie die Tür geöffnet hatte war deutlich zu hören gewesen, immerhin hatte keiner der Dienstboten auf ihr zweimaliges Rufen reagiert. Ob er einfach nicht antworten sollte? Vielleicht dachte Christian dann, dass er schlief? Obwohl, so leicht würde er es ihm sicher nicht machen. Lieber er sprach jetzt mit ihm, dann hatte er wenigstens etwas, wofür sich der nachfolgende Wutausbruch seiner Schwester lohnte.

Vorsichtig öffnete er die Tür, wenn auch nicht sehr weit. „Ja?“

Christian lehnte sich mit einer Hand gegen die Tür, so dass es Shay unmöglich war diese wieder zu schließen. „Ich würde gerne mit Euch reden.“

Er aber nicht mit ihm, auch wenn er das einmal musste. Aus diesem Grund seufzte er leise, bevor er sich von der Tür abwandte und ins Zimmer zurückging. Bei einem Seitenblick zu seinem ungewollten Gast fiel ihm auf, dass dieser seinem Diener deutete vor der Tür zu warten. Bei seiner Schwester war das sogar eine sehr intelligente Sicherheitsvorkehrung.

„Wie war dein Kampf?“ Sobald die Tür ins Schloss fiel, wechselte Christian sofort wieder in die vertrauliche Anrede.

„Ich habe gewonnen. Und Lady Karen meinte, dass sie mir deswegen nicht böse ist.“ Auch wenn das für ihn keine Rolle spielte, so fühlte er sich verpflichtet das zu erwähnen. Warum wusste er auch nicht.

Christian nickte zufrieden. „Ich habe nichts anderes von ihr erwartet.“

Da war es wieder, dieses seltsame Gefühl, dass er auch zuvor verspürt hatte. Ein Stich, den er verspürte, wenn er daran dachte, wie wenig er den Blonden doch kannte. Das wollte er auf jeden Fall ändern, nur konnte er ihm das doch nicht ins Gesicht sagen, oder? Immerhin hatte Christian ihm doch auch gesagt, was er von ihm wollte und das mehr als eindeutig. Leider war er selbst kein so offener Mensch. Aus diesem Grund rettete er sich in ein gezwungenes Lächeln. „Ich denke, sie ist nicht einmal halb so schlecht, wie die Leute sie darstellen.“

„Schlecht ist sie nicht, aber das macht sie nicht gleich zu einem harmlosen Menschen. Sie ist eine Frau und alleine diese Tatsache sollte man nie unterschätzen.“ Christian schien einen Moment über seine eigenen Worte nachzudenken, ehe er nur lässig mit den Schultern zuckte. „Wo wir schon beim Thema sind. Ich möchte mich entschuldigen, falls Juliet irgendetwas gesagt hat, dass dich beleidigt hat.“

„Nein natürlich nicht.“ Hastig stritt Shay diese Behauptung ab. Nur weil Juliets Worte ihn verwirrt hatten, trug sie keine Schuld daran wie er reagiert hatte. Hatte sie ihm nicht gesagt was passiert war? Daran sah man doch, dass er derjenige war, der widersinnig gehandelt hatte. „Und selbst wenn, dann müsste sie sich doch entschuldigen, was allerdings nicht der Fall ist.“

„Was sie auch niemals machen würde. Sie steht zu ihrem Wort, wenn sie etwas sagt, dann weil sie davon überzeugt ist.“ Der Ältere seufzte leidvoll, lächelte aber. „Es ist nicht leicht, so sture Frauen in der Familie zu haben.“

Eigentlich war das nicht unbedingt das Thema, über das Shay reden wollte. Er wollte nicht hören, wie nahe sie sich standen oder wie gut sie einander kannten. Dadurch fühlte er sich nur noch ausgeschlossener, ein Gefühl, das er schon zur Genüge kannte und eigentlich nie von dieser Seite fühlen wollte. Nur brachte er es nicht über sich, das Thema selbst zu wechseln.

Christian maß ihn mit einem langen, undeutbaren Blick. „Aber irgendetwas ist vorgefallen, oder?“

Es war eine Privatangelegenheit, das wäre die korrekte Antwort. Shay aber merkte, dass ihm Christian mit diesen Worten eine Brücke baute. Er musste sie nur betreten, eine Entscheidung, die der Ältere ihm überließ. Shay schwieg, als er die Möglichkeiten miteinander abwog. Nur, wenn er Christian näher kommen wollte, so musste er wohl den ersten Schritt auf ihn zu wagen. „Es sind nur die Dinge, die ich von allen Seiten höre. Juliet und Karen, es scheint so, als wollten beide mich mit aller Kraft auf dich zutreiben. Sie bitten mich um Dinge, lassen Bemerkungen fallen, das alles lässt mich glauben. ich hätte keine andere Wahl. So als wäre ich ein schlechter Mensch, wenn ich ihren Bitten nicht nachkomme.“

Christian lächelte wissend. „Ja, die Waffen der Frauen, daran muss man sich erst noch gewöhnen.“

Dann jedoch wurde sein Lächeln eine Spur wärmer und er ging zu Shay und legte eine Hand auf seine Schulter. Die andere Hand legte sich unter Shays Kinn und hob es etwas an. „Aber das musst du nicht. Es ist deine eigene Entscheidung, ob du dich mir nähern willst oder nicht. Ich bin ein erwachsener Mann, eine Zurückweisung ist für mich durchaus verkraftbar, es wäre bei weitem nicht die Erste. Niemand muss zu mir kommen, weil er sich dazu verpflichtet fühlt oder weil er mit mir Mitleid hat. Das würde nur meinen Stolz verletzen. Damit tut man mir keinen Gefallen.“

Verwundert sah Shay den Blonden an und erwiderte seinen Blick. So hatte er das noch nie gesehen. Nicht, dass er sich aus Mitleid oder Pflichtgefühl mit ihm eingelassen hätte, doch einen gewissen Zwang hatte er schon empfunden, schon alleine weil Karen ihn ja darum gebeten hatte. „Du hast Recht.“

Das schien dem Blonden allerdings nicht überzeugend genug zu sein. „Die Menschen in meiner Umgebung machen sich einfach zu viele Sorgen. Ich bin weder einsam, noch frustriert und schon gar nicht deprimiert. Mein Leben lebe ich so wie ich es will, das ist selbstgewählt.“

Nein, das glaubte ihm Shay nicht. Karen hatte ihn manipulieren wollen, das stimmte, doch ihre Worte waren nicht alles Lügen gewesen. Viel eher log nun Christian, der so überzeugend lächelnd vor ihm stand. So ein Leben wie es sein Gegenüber führte, forderte seinen Tribut, den es auch gnadenlos eintrieb. Am Anfang wählte man es noch selbst, doch dann konnte man nichts mehr daran ändern. Man lebte einfach weiter in der Rolle, die man bewusst oder unbewusst gewählt hatte. Lächelnd, sich selbst einredend dass man glücklich war, weil man sonst verzweifeln würde, doch in dem Wissen, dass einem etwas fehlte. Shay hatte diese Erfahrung am eigenen Leib gemacht und nun fiel es ihm so schwer, sich aus dieser Rolle zu befreien. Er hob eine Hand und berührte damit die Wange des Älteren. „Da gibt es noch etwas anderes, das mich beschäftigt hat. Ich war eifersüchtig auf die Nähe, die du mit Karen und Juliet teilst und als ich bemerkte wie kindisch das war, wählte ich den Rückzug. Ich will dich näher kennenlernen, aber nicht als eine deiner Eroberungen.“

„Aber das kann doch Hand in Hand gehen.“

Shay schüttelte den Kopf. „Nein. Deine Eroberungen kennen dich nicht. Sie treffen dich, reden mit dir und bleiben die Nacht bei dir. Das war es, mehr verbindet euch nicht. Eine Nacht und keine weiteren Verpflichtungen, ich aber will dich kennenlernen nicht das, was andere in dir sehen. Den Menschen hinter den Gerüchten.“

„Der ist aber möglicherweise enttäuschend.“ Auch wenn Christian noch immer lächelte, so wirkte er nicht mehr ganz so sicher.

„Ich gehe das Risiko ein.“ Das sagte Shay zwar so leichthin, doch glaubte er nicht daran enttäuscht zu werden. Schließlich scharrten sich sehr eindrucksvolle Leute um ihn und diese standen ihm nahe. Die Menschen suchten sich immer ihresgleichen. Jemand der außergewöhnlich war, zog auch solche Menschen an.

Christian legte eine Hand auf Shays, die an seiner Wange lag. „Nun, auf eigene Verantwortung.“

Vielleicht würde er irgendwann eine weitere von Christians Eroberungen sein, doch dann hatte er wenigstens etwas dafür bekommen. Shay wusste, das sich alleine durch diese Worte nichts ändern würde und das wollte er auch gar nicht. Wie sollte er den Anderen sonst kennenlernen?

Christian neigte leicht den Kopf und der Jüngere ahnte, was nun folgen würde. Um die Sache zu beschleunigen, schloss er selbst den Abstand zwischen ihnen und küsste Christian. Er spürte, wie sich die Hände des Älteren um seine Hüfte legten. Gerade als auch er selbst eine Arme hob, hörte er ein seltsames Klopfen. Shay benötigte einen Moment, um zu registrieren, dass es von seiner Tür kam und für ein normales Klopfen ziemlich seltsam klang, doch Christian reagierte schneller.

Sofort ließ er von ihm ab und trat einen Schritt zurück. „Wir kriegen Besuch.“

Shay sah ihn einen Moment lang verständnislos an, bevor ihm dämmerte wovon Christian sprach. Anscheinend war das ein Zeichen von seinem Diener. Dass es dafür schon ein eigenes Zeichen gab, sagte einiges über den Anderen aus. Aber das benötigte man wohl bei einem solchen Ruf. Er sah an sich hinab, doch es gab nichts zu richten, da nichts passiert war.

Abermals klopfte es an die Tür, doch diesmal war es entschlossener, was man auch daran merkte, dass sie gleich darauf geöffnet wurde. Überrascht sah Shay zu Liam. Was machte er hier? Seit wann suchte er ihn auf, war etwas passiert? Jedoch ein Blick hinter seinen Bruder erklärt die Sache. Es war etwas passiert und das nannte sich Susan. Er warf seiner Schwester einen giftigen Blick zu, doch diese lächelte nur unschuldig. „Bruder? Was machst du hier?“

„Ich bin nur hier, um dir zu deinem heutigen Sieg zu gratulieren.“

Natürlich. Das würde Shay seinem Bruder nicht einmal glauben, wenn er ihn dabei ansehen würde und nicht Christian. Was immer Susan Liam auch erzählt hatte, es war brisant genug, um dafür zu sorgen, dass Liam sofort hierherkam. Obwohl dafür wohl alleine Christians Name reichte. Nur wusste er nicht, was sich Susan davon erhoffte. Denn wenn sich Liam davon Vorteile erhoffte, würde er Shay sogar in Christians Bett treiben, sollte er jemals von dessen Interesse an ihm erfahren. Von dem einmal abgesehen, wusste Shay genau, was Liam nun von ihm erwartete. Mit einem leisen Seufzen erfüllte er seine Pflicht. „Wenn ich vorstellen darf, Lord Alrin, das ist mein Bruder Liam Feran.“

Noch bevor Christian darauf reagieren konnte, kam Liam bereits auf ihn zu und reichte ihm die Hand. „Ich freue mich Euch kennenzulernen, Lord Alrin.“

Es war abscheulich, Shay konnte die Gier seines Bruders beinahe greifen. In solchen Momenten schämte er sich sogar für seine Familie. Liam und Susan taten alles für ein wenig mehr Macht, Einfluss oder Geld. Das war abnormal. Entweder das, oder er selbst war nicht normal, weil das für ihn kaum eine Rolle spielte.

Christian jedoch meisterte diese Situation mit einem freundlichen, aber nichtssagenden Lächeln. Ohne zu zögern ergriff er dessen Hand und drückte sie kurz, bevor er sie wieder losließ. „Es freut mich ebenfalls. Ich habe schon einiges von Euch gehört.“

An Liams Blick merkte man, dass er sich nun fragte was sich wohl hinter dieser Anspielung verbarg. „Ich hoffe doch wohl nur das Beste. Kennt Ihr schon meine Schwester, Lady Susan?“

Dabei deutete er auf Susan, die hinter ihm stand und deren Gesichtsfarbe gerade deutlich bleicher wurde.

Auch Shay hielt unwillkürlich den Atem an. In diesem Moment hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Wenn Christian nur ein falsches Wort sagte, dann würden Susans und sein bisheriger Zusammenhalt überhaupt nichts nützen.

Fragend warf Christian einen Blick zu Susan und tat so, als müsse er überlegen. „Ja, wir sind uns bei einigen Anlässen schon vorgestellt worden.“

Zufrieden lächelte Liam. „Was haltet Ihr davon, wenn wir uns etwas unterhalten? Es gibt sicher viele Dinge, über die wir uns austauschen können.“

„Es wäre mir eine Freude.“

Christian war ein perfekter Schauspieler, das musste Shay ihm zugestehen. Man merkte ihm seinen Widerwillen gar nicht an, als er sich von seinem Bruder aus dem Zimmer führen ließ. Aufmerksam hörte er auf ihre Geräusche und erst als die äußere Tür ins Schloss fiel, wandte er sich seiner Schwester zu. „Sag mal bist du ganz verrückt, oder setzt du deinen Verstand nur nicht ein?“

Bei der lauten und wütenden Stimme ihres Bruders zuckte Susan erschrocken zusammen. Jedoch fasste sie sich rasch wieder und schaltete ihrerseits auf stur. „Ich habe dir einen Gefallen getan und dich gerettet.“

Das glaubte sie doch wohl selbst nicht, schließlich wussten sie beide, dass sie sich einen Dreck um ihn scherte. Deswegen ignorierte Shay auch ihren Einwurf. „Weißt du was hätte passieren können, wenn Christian nur ein falsches Wort verloren hätte?“

„Christian.“ Ihre Stimme klang höhnisch, als sie dieses Wort wiederholte. „Das wird ja immer vertraulicher. Mir ist egal was passieren könnte. Im schlimmsten Fall hätte ich einen Bruder verloren.“

Sie sah ihn mit einem verlockenden Blick an. „Wäre das nicht gut, Shay? Sebastian ist im Kloster, wenn Liam also stirbt, würdest du alles erben. Du wärst Vaters neuer Liebling.“

Bei der Ungeheuerlichkeit dieser Worte stand Shay der Mund offen. Er war fassungslos und doch, ein niederer Teil seines Selbst dachte wirklich einen Moment lang über diese Worte nach. Sie hatte Recht, doch das spielte keine Rolle. Er würde seine Existenz nicht auf geplanten Leichen aufbauen. „Raus!“

Aufgebracht ging er zu seiner Schwester und gab ihr einen Stoß, so dass sie einige Schritte zurücktaumelte. „Raus! Und tritt mir in nächster Zeit nicht mehr unter die Augen.“

Empört sah ihn Susan an. „Ich werde so froh sein, wenn ich verheiratet und nicht mehr an diese Familie gekettet bin. Alle in dieser Familie sind so egoistisch!“

„Ja, Susan. Wir werden auch froh sein, wenn du endlich fort bist.“ Damit schlug er ihr die Tür seines Zimmers vor der Nase zu. Erschöpft lehnte er sich dagegen. Was für ein Tag und was für eine Familie. Die Möglichkeiten diese zu verlassen erschienen ihm immer verlockender.
 

„Ich benötige ein Bad, ich fühle mich so dreckig.“ Christian schüttelte sich angeekelt.

„Das ist nur verständlich.“ Rida folgte ihm mit einem leichten Lächeln.

Das waren zwei Stunden seines Lebens, die er mit einem sinnlosen, ungewollten Gespräch verschwendet hatte. Hoffentlich sah ihn Liam nun nicht als neuen, besten Freund an, denn dann würde er freiwillig die Flucht antreten. Manche Leute wussten einfach nicht, wann Höflichkeit endete und Unverschämtheit anfing und Shays Bruder gehört eindeutig dazu. „Ich denke, dass ich Benedikt anraten sollte, so rasch wie möglich zu verschwinden.“

„Das wäre wohl nur fair.“ Zustimmend nickte Rida und öffnete die Tür zu Christians Zimmer, wo er diesen zuerst eintreten ließ.

Es behagte Christian zwar nicht, aber er hatte Liams Bestreben mit ihm Geschäfte zu betreiben nur so im Keim ersticken können, indem er ihn an seinen Bruder verwiesen hatte. Außerdem hatte er nicht gelogen, sein Bruder leitete die Geschäfte, nicht er. Für ihn war das nur ein Besitz, mit dem er nichts anzufangen wusste. In dieser Hinsicht war er nicht der Einzige, wobei er schon wusste, wie man an Geld kommen konnte. Nur dass er von dieser Fähigkeit nicht Gebrauch machte, das war ihm zu anstrengend. Benedikt, Rida und er hatten die gleiche Ausbildung bekommen, da war es nur klar, dass keiner von ihnen mehr wusste als der Andere. Nur lagen bei jedem die Stärken in anderen Bereichen. So kam es auch nie zu Reibereien.

Er ließ sich in einen Sessel sinken, als es an seine Tür klopfte. Überrascht wechselte er einen Blick mit Rida. Es war schon seltsam, sie hatten auf dem Gang niemanden gesehen.

Rida öffnete die Tür einen Spalt und trat dann zur Seite.

Karen stand davor und schenkte ihm ein Lächeln. Unaufgefordert trat sie ein und ließ sich mit einem Seufzen in einen Sessel, Christian gegenüber, sinken. „Es ist schwer einen Jungen zu trösten, ohne seinen Stolz zu verletzen. Warum müsst ihr Männer nur so kompliziert sein?“

„Warum seid es ihr Frauen?“

„Frauen sind geheimnisvoll, nicht kompliziert.“

„Ich werde ein Bad vorbereiten.“ Mit diesen Worten ließ Rida die beiden alleine und ging ins Schlafzimmer.

Karen hob fragend eine Augenbraue. „Ein Bad? Um diese Uhrzeit? Ist das keine Beschäftigung für den Abend oder die Nacht?“

Bei diesen Fragen lächelte Christian nur nachsichtig. Seine Stimme klang spöttisch bei seiner Antwort. „Karen, du und ich wissen doch sehr gut, dass es bessere Beschäftigungen für die dunklen Stunden gibt.“ Dann seufzte er und wurde ernst.

„Aber ich fühle mich im Moment so dreckig.“

Man merkte, dass Karen eine Bemerkung auf der Zunge brannte, jedoch schwieg sie. Wenn auch nur für einige Minuten. „Manche würden ja annehmen, dass du dieses Gefühl gut genug kennen müsstest. Was ist passiert?“

„Ich habe Shays Bruder kennengelernt.“ Er warf ihr einen missmutigen Blick zu, was aber auch noch an der Bemerkung von zuvor lag.

Karen nickte verständnisvoll. „Ich verstehe. Er ist einfach nur abstoßend.“

„Oh, du kennst ihn?“ Eigentlich eine dumme Frage, schließlich kannte sie auch Shay. Irgendwann war sie Liam sicher schon begegnet.

„Leider, ich habe ihn schon vor einigen Tagen kennengelernt und ich mag ihn nicht. Auf seine Art ist er ebenso abstoßend wie Susan. Ich ertrage solche Menschen nicht einmal in meiner Nähe.“ Sie rieb sich mit einer Hand über den Oberarm ihres anderen Arms.

Christian war erstaunt seine Freundin so zu sehen. Natürlich war sie emotional, das waren alle Frauen, aber für ihn sah es so aus als wäre sie unsicher was Liam betraf. „War etwas zwischen euch?“

Karen sah ihn entsetzt an. „Was? Nein!“ Sie warf ihm einen unsicheren Blick zu, als wüsste sie nicht, ob sie weitersprechen sollte oder nicht.

„Es ist nur so, dass ich ihn während des Turniers von dir fernhalten wollte, um dir mit Shay zu helfen. Nur sieht es im Moment so aus, als könnte ich es nicht. Dieser Mann ist mir einfach zu widerlich.“

Das konnte Christian sehr gut verstehen. Aus diesem Grund unterließ er auch stichelnde Kommentare. Karen hatte nicht ihren Meister gefunden, sie hatte nur einfach etwas gefunden, wovor sie sich ekelte. Das konnte sicher jeder Mensch, der Liam kannte, gut nachempfinden. Jedoch gab sie ihm damit auch ein gutes Stichwort. „Ach ja, Karen, es gibt da etwas worüber ich mit dir reden muss. Ich habe es schon Juliet und Rida gesagt, bitte unterlass es, dich bei Shay und mir einzumischen, außer ich bitte dich darum. Shay ist deswegen schon ziemlich verunsichert. Es war schwer genug, nun eine Einigung zu erzielen.“

Ein abfälliges Geräusch kam von Karen. „Da hilft man dir einmal und das ist der Dank. Aber wenn du das willst, dann werde ich mich natürlich daran halten.“

„Danke.“ Christian wusste, dass sie nun eingeschnappt war. Doch damit konnte er leben, nicht alles ging nach Karens Willen und schon gar nicht er. Hoffentlich stand sie auch zu ihrem Wort. „Gibt es Vorschläge für heute Abend?“

Er wollte sie auf andere Gedanken bringen, außerdem war ihr Abendprogramm wirklich noch unsicher. Da er ihre Begleitung war, musste er sie begleiten, oder sie ihn, je nachdem. Allerdings würde er ihr, als Friedensangebot, heute die Auswahl überlassen. Das war auch nicht gefährlich, da er ihre Auswahl auch noch nie bereut hatte. Und es war eine nette Ablenkung während er auf darauf wartete, dass Rida das Bad vorbereitet hatte.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 37
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Was für ein anstrengender Tag. So viele Leute, so viele mögliche Gefahren und dann ging Christian auch noch so unbeschwert seinen Vergnügungen nach. Allerdings war es ja nicht so, dass er dieses Verhalten nicht gewöhnt war. Schon immer war dies für Christian das Wichtigste gewesen, warum sollte es sich nun ändern?

Rida öffnete die Tür zu seinem Zimmer. Als jemand, der die Tür selbst präpariert hatte wusste er, wie er sie öffnen musste, um keinen Laut zu erzeugen. Mit einem erleichterten Seufzen schloss er die Tür hinter sich, nur um einen Moment später zu erstarren. Er war nicht allein, wieder einmal. Dabei konnte er nichts erkennen, da der Mond, der durch das Fenster fiel, sein Zimmer nur spärlich erhellte, aber er spürte es einfach. Natürlich hatte er eine gewisse Ahnung, doch das würde er nicht wagen. Obwohl, er dachte hier an Alan, dieser würde es sicher wagen.

Lautlos zog Rida seinen Dolch, um eine Waffe zu Hand zu haben, nur zur Sicherheit. Seine andere Hand tastete nach der Kerze, die er immer neben der Tür bereitgestellt hatte. Schließlich konnte man nie wissen.

Auch entzündet erhellte sie das Zimmer nur minimal, doch es reichte, um seine Umgebung zu erkennen. Als sein Blick auf das Bett fiel, knurrte er leise. Er hatte es gewusst.

Mit einem gelassenen Lächeln saß Alan auf dem Bett und blickte ihm entgegen. „Einen schönen Abend, Rida.“

Dieser sah genervt Richtung Himmel, bevor er sich daran machte, die restlichen Kerzen in seinem Zimmer zu entzünden. Es waren nicht viele, doch genug, um auch die Ecken auszuleuchten. „Was willst du hier?“

„Mir ist langweilig. Benedikt ist der Meinung, dass meine Dienste nicht benötigt werden, wenn er anwesend ist.“ Der Blondhaarige hörte sich wie ein kleines Kind an, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte.

Rida konnte ein spöttisches Lächeln nicht unterdrücken, als er sich zu Alan umwandte. „Ach, sag bloß er hat dich aus seinen Diensten entlassen?“

Das würde seine sowieso schon hohe Meinung von Benedikt noch etwas verbessern. Allerdings glaubte Rida nicht, dass dies der Fall war.

„Eher vorübergehend außer Dienst gestellt. Er ist der Meinung seine Frau selbst beschützen zu können.“ Dabei zuckte Alan nur gelangweilt mit den Schultern. „Es ist mir ja egal, wenn er sich vor sie wirft um einen Armbrustbolzen abzufangen, nur wäre das für mich eher unangenehm. Aber das ist seine Entscheidung.“

Natürlich wäre das für ihn unangenehm, da dann seine Geldquelle versiegen würde. Nur war sich Rida nicht darüber im Klaren, warum er ihn deswegen aufsuchte. Obwohl der richtige Ausdruck wohl wäre, warum er nun von ihm heimgesucht wurde? „Schön und gut, doch das gibt dir noch lange nicht das Recht, in mein Zimmer einzubrechen.“

„Wie gesagt, mir ist langweilig.“

Mit einem Kopfschütteln stellte Rida die Kerze auf den Tisch und legte den Dolch daneben. Das war doch keine Erklärung, aber egal, er wollte sowieso mit ihm reden. Auch wenn Christian meinte, dass es nicht nötig wäre und ganz und gar dagegen war. Er war da anderer Meinung. „Wenn du schon einmal da bist, sollten wir über etwas reden.“

Nun trat wieder der spöttische Ausdruck in Alans Blick. „Meintest du bei unserem letzten Treffen nicht, wir hätten uns nichts mehr zu sagen?“

Das traf zu, doch Alan hielt sich sowieso nicht an seine Worte. Rida wünschte sich, dass dieser ihn ernst nehmen würde, doch das wäre dann wohl ein Wunder. Aus diesem Grund ignorierte er seinen Einwurf auch und kam gleich zum Punkt. „Ich will, dass du Christian in Ruhe lässt.“

Alan blinzelte einen Moment lang verwirrt, dann lachte er. „Was denn? Muss er nun schon dich vorschicken, weil er sich selbst nicht mehr behaupten kann?“

Das war genau die Reaktion, die Christian vorhergesehen hatte und vermeiden wollte. Rida wusste, dass er nun rasch kontern musste, um die Situation für Christian zu retten. Immerhin hatte dieser ihm auch untersagt für ihn einzutreten und Rida war das nur Recht gewesen. Warum also fing er jetzt mit diesem Thema an? Nun, dafür gab es eine ganz einfache Erklärung: weil er nicht tatenlos zusehen konnte wenn ein Freund beleidigt wurde. „Er schickt mich nicht vor, ich mache das aus freien Stücken. Du beleidigst meinen Freund, erwartest du, dass ich da einfach tatenlos zusehe?“

„Deinen Freund?“ Abermals lachte der Blondhaarige auf, wurde aber rasch wieder ernst. Mit einer raubtierhaften Bewegung stand er auf und näherte sich Rida. „Hältst du dich noch immer für seinen Freund? Ehrlich, ich habe dich immer für klüger gehalten, Rida.“

Selbstsicher erwiderte Rida den Blick des Anderen. Alan hatte keine Ahnung. Er wusste nicht, was Christian, ihn und auch Benedikt verband. Woher auch, er war erst später in Benedikts Dienste getreten und seit dem Tod von Christians Vater hatte dieser die elterliche Burg nicht mehr so oft besucht. Woher sollte Alan also wissen, dass er von den beiden als Bruder und fester Bestandteil ihrer Familie angesehen wurde? Auch wenn er nun die Rolle eines Dieners bekleidete, so war es eine Rolle, die er selbst gewählt hatte. Dass er einmal Christians Leibwächter werden sollte, war von Anfang an klar gewesen, doch die Rolle seines Dieners hatte er selbst gewählt. „Lass ihn in Ruhe, Alan. Du provozierst ihn sowieso nur, weil du willst, dass ich wieder mit dir rede.“

Und er war ihm bereitwillig in die Falle getappt, wie er gerade selbst bemerkte. Obwohl es keine totale Niederlage war, da Alan als Erster zu ihm gekommen war.

„Es hat funktioniert, nicht? Warum sollte ich eine so erfolgreiche Strategie aufgeben?“ Alan streckte die Hand nach ihm aus und ergriff eine Strähne seines Haars.

„Weil ich nicht denke, dass es Benedikt gefällt, wenn er erfährt wie du seinen Bruder behandelst.“ Das sicher nicht, nur würde er es sicher nicht von Rida erfahren. Er war niemand, der andere anschwärzte. Es war nur ein leerer Bluff, doch das konnte Alan nicht wissen.

„Du würdest mich also wirklich verraten? Nur zu. Ich frage mich aber wem Benedikt eher vertraut, mir seinem treuen Leibwächter, oder dir, dem Schoßhund seines Bruders?“

Die Selbstsicherheit in Alans Gesicht rang Rida nur ein hinterlistiges Lächeln ab. Wie er gedacht hatte, Alan wusste nichts von seiner Beziehung zu den beiden Brüdern. Benedikt würde seinen Worten sicher mehr glauben als Alans, schließlich hatten sie ihre Kindheit miteinander verbracht. Jedoch brachte ihn ein Wort in Alans Antwort nur zum Lachen. „Treue? Bitte, du weißt ja nicht einmal was dieses Wort bedeutet. Du läufst doch nur dem Geld nach, so etwas wie Treue kennst du nicht.“

„Oh nun tust du mir aber Unrecht.“ Alan beugte sich leicht vor, so dass sie nur mehr wenige Millimeter voneinander trennten. „Jeder meiner Herren kann sich meine Treue für die richtige Summe kaufen.“

Angewidert sah ihn Rida an. „Das ist keine Treue, das ist Heuchelei. Du verkaufst dich an jeden, der dir Geld anbietet. Du bist nicht besser als eine Hure.“

Die Hand des Anderen ließ Ridas Haar los, legte sich aber an dessen Wange. „Warum nimmst du dann meine Künste nicht einmal in Anspruch? Bei dir wäre das erste Mal sogar kostenlos.“

Diese Schamlosigkeit war doch der Gipfel. Rida beleidigte ihn hier und er nutzte das auch noch zu seinen Gunsten. Mit einer unwirschen Handbewegung stieß er Alans Hand weg. „Du widerst mich an.“

Rida versuchte so viel Abscheu in seine Stimme zu legen, wie er nur konnte. Hoffentlich reichte es.

„Du mich nicht, also was spricht dagegen?“ Die Stimme des Attentäters war kaum mehr, als ein angenehmes Schnurren.

Bei so viel Dreistigkeit konnte Rida nicht anders als ihn mit offenen Mund geschockt anzusehen. Woher nahm er nur diese Selbstsicherheit? Es gab eine Menge das gegen ihn sprach, jedenfalls in Ridas Augen. Alan war ein Mörder, gut das war er selbst auch wenn es darauf ankam, doch Alan empfand Spaß dabei, sonst würde er dieser Berufung kaum noch nachgehen. Aber was Rida am Schlimmsten fand war, dass er sich seine Herren nach deren Gebot aussuchte. Auf solche Leute konnte man sich einfach nicht verlassen.

Den offenen Mund als Einladung betrachtend, legte Alan eine Hand um Ridas Hüfte und zog ihn näher an sich. Bevor noch ein Laut des Protestes kommen konnte, ergriff er mit der noch freien Hand Ridas Handgelenk und senkte seine Lippen auf Ridas.

Geistesgegenwärtig zuckte dieser zurück und biss Alan in die Lippe. Ein weiteres Mal würde er sich sicher nicht überrumpeln lassen wie ein junges Mädchen. Alan hatte seinen Kuss bekommen, mehr stand ihm nicht zu. Außerdem suchte er sich noch immer selbst aus, wen er küsste. Und Alan stand nicht auf der Liste, der dafür infrage kommenden Personen.

Alan zuckte nicht zusammen, zog sich aber zurück. Mit der Zunge fuhr er über die lädierte Stelle. „Ich habe dich wohl unterschätzt. Das Schoßhündchen hat ja doch noch Zähne.“

Zufrieden sah Rida, dass der Andere blutete, wenn es auch nicht viel war. Allerdings würde es sichtbar sein. Es wäre sicher interessant, welche Ausrede er sich dafür einfallen lassen würde, wenn jemand nachfragte und Juliet würde nachfragen, das war sicher. „Das scheinst du öfter zu machen. Ich werde sicher nicht als dein Spielzeug dienen.“

Seine Augen funkelten bei diesen Worten entschlossen. Alan konnte das vielleicht mit Anderen machen, aber nicht mit ihm. Er war in der Lage sich zu wehren, wenn es auch einige Zeit benötigt hatte, damit er sich dessen wieder bewusst wurde.

„Wir werden sehen.“ Mit diesen verheißungsvollen Worten raubte er ihm noch einen kurzen Kuss, bevor er ihn losließ.

Rida wischte sich mit dem Daumen angeekelt über die Lippen, um den Geschmack loszuwerden. „Du weißt wo die Tür ist, benutze sie.“

Gelassen lächelte Alan, sein Blick lag belustigt auf dem Schwarzhaarigen. Seine Stimme hatte noch immer diesen verheißungsvollen Klang von zuvor. „Ich kann diese Niederlage verkraften, da ich weiß, dass ich den Krieg gewinnen werde. Bist du bereit dafür?“

Rida ergriff seinen Dolch und richtete dessen Spitze kurz auf Alan, bevor er ihn wieder einsteckte. „Willst du es ausprobieren?“

„Mit Vergnügen, meine Herausforderung steht.“

„Meinetwegen kann sie auch liegen, denn auf deine Spielchen werde ich nicht eingehen.“ Nur noch ein paar Wochen, dann wäre er ihn los. Solange das Turnier dauerte, hätten sie beide sowieso genug zu tun. Alan weil er seine Tarnung aufrechterhalten musste und er, weil er auf Christian aufpassen musste. Dann gingen sie wieder getrennte Wege und sein nächster Besuch bei Benedikt war noch ungewiss. Bei solchen Aussichten würde er ihn aber sehr weit in der Zukunft ansetzen.

Alan ging zur Tür, neben ihm stoppte er aber noch einmal. „Das ist kein Spiel, Rida, und das werde ich dir bald begreiflich machen.“

„Geh.“ Rida zwang sich seine Stimme fest klingen zu lassen, was ihm schwer fiel, wenn der Blonde in diesem verheißungsvollen Tonfall mit ihm sprach. Da kamen ungewollt bekannte Bilder hoch. Nein, er wusste eindeutig zu viel über dieses Thema und das alles nur wegen Christian und seinen nächtlichen Eskapaden.

Ein leises Lachen war zu hören gepaart mit der Tür, die sich schloss. Rida fuhr herum, um sich zu vergewissern, dass Alan auch wirklich das Zimmer verlassen hatte. Diesmal war es keinen Trick, er war alleine. Seufzend zog er sich sein Hemd aus und legte sich ins Bett. Die Stelle, auf der Alan gesessen hatte, war noch immer warm. Er musste hier einige Zeit auf ihn gewartet haben.

Mit einem lauten Fluch drehte sich Rida auf die andere Seite und zog die Decke über seinen Körper. Hoffentlich verschwand Alan bald.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 38
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Er war gut, aber nicht so gut, dass es ein Problem darstellen sollte. Zumindest hoffte er das. Es war nicht so, dass Christian bei diesem Kampf mitfieberte, doch er hatte schon einige Hoffnungen, was den Ausgang des Kampfes anging.

„Er wird schon nicht verlieren.“ Bei diesen Worten legte sich eine Hand auf seine Schulter.

Christian machte sich nicht die Mühe, sich zu dem Besitzer der Hand umzudrehen. „Vom Können her nicht, aber das Glück spielt hier auch eine nicht unwesentliche Rolle. Das solltest gerade du wissen.“

„Glück spielt nicht bei jedem Kampf eine Rolle.“ Raoul trat neben ihn und beobachtete die beiden Kämpfer.

Christian maß seinen Freund mit einem kurzen Blick. Er trug seine Rüstung, was eigentlich nur einen Schluss zuließ. „Du bist der Nächste?“

„Nein, der Übernächste. Warum man die Kämpfe nicht der Reihe nach durchführen kann, wird mir immer ein Rätsel bleiben.“

Damit nicht zufällig alle Favoriten an einem Tag kämpften? Das sollte Raoul eigentlich wissen. „Sag mal kann ich heuer mein Geld auf deinen Sieg setzen, oder muss ich damit rechnen, wieder darum erleichtert zu werden, so wie letztes Jahr?“

Diese kleine Stichelei konnte er sich einfach nicht verkneifen, auch wenn sie ungerecht war. Er wusste zwar keine Einzelheiten, doch was Raoul ihm nicht erzählt hatte, konnte er sich denken.

„Das musste nun sein, nicht?“ Raoul sah ihn missbilligend an, dann seufzte er. „Keine Sorge, dieses Jahr wird es eine sichere Investition sein. Schließlich weiß ich ja nun, wovor ich mich in Acht nehmen muss.“

„Sicher?“

„Nichts ist sicher bei diesem Turnier, aber ich habe nicht vor zu verlieren.“

Diese Absicht hatte sein Gegner wohl auch nicht, aber bei Raoul war das wie ein Versprechen. Etwas das Christian ziemlich beruhigte. Nicht, dass es ihm etwas ausmachte, eine größere Summe zu verlieren, doch es war immer besser etwas zu viel als zu wenig davon zu haben. „Es ist zu Ende.“

Christian hatte ein Wanken bei Shays Gegner bemerkt und einen Moment später verlor dieser wirklich das Gleichgewicht und fiel auf den Rücken. Soviel zur Rolle des Glücks bei diesem Turnier.

„Glück für ihn.“ Raoul nickte zufrieden.

„Genau das wünsche ich dir auch, mein Freund.“ Damit klopfte Christian ihm auf die Schulter und entfernte sich vom Eingang, von dem aus er sich den Kampf angesehen hatte. Er ging in die Richtung von Shays Zelt und betrat dieses. Da er die Wache kannte, war das kein Problem, außerdem gab es hier sowieso nichts zu stehlen. Geduldig nahm er auf dem Sessel Platz, jedoch musste er nicht lange warten, bis er Schritte hörte, die sich dem Zelt näherten.

Shay zog den Stoff über dem Eingang zurück und stockte kurz. Als er jedoch Christian erkannte, führte er die Bewegung zu Ende und trat ein.

„Das war ein guter Kampf.“

„Ich hatte Glück.“ Shay löste die Verschnürung an seinem Armschützer.

„Was natürlich auch wichtig ist.“ Allerdings konnte er verstehen, warum Shay über den Ausgang des Kampfes unzufrieden war. So ein Sieg war immer unbefriedigend, vor allem wenn man deswegen zuvor trainiert hatte. Erst mit der Zeit lernte man, auch solche Siege zu schätzen, denn egal wie man es wendete, ein Sieg war ein Sieg.

Shays Diener eilte herbei, um seinem Herrn aus der Rüstung zu helfen, doch Christian gab ihm nur ein Zeichen.

Unsicher blickte dieser zu Shay, der seinerseits verwundert zu Christian sah.

Dieser stand lächelnd auf. Ein spontaner Einfall, der aber gar nicht einmal so schlecht war. „Ich helfe dir.“

Noch immer verwirrt sah Shay ihn an, nickte seinem Diener aber zu. Dieser senkte den Kopf und verließ rasch das Zelt.

Christian trat zu Shay und begann die Verschnürungen an dessen Seite zu lösen.

Shay hob eine Hand, um es ihm leichter zu machen. „Es tut mir leid.“

„Was?“ In Christians Augen gab es nichts, wofür sich der Jüngere entschuldigen musste. Schon gar nicht wegen etwas, das bei ihrem letzten Treffen passiert war. Seitdem herrschten schließlich klare Fronten.

„Dass du gezwungen warst, das Angebot meines Bruders anzunehmen. Susan hat ihn alarmiert.“

Das hatte er sich eigentlich schon gedacht. Liam hatte auf ihn nicht den Eindruck gemacht, als würde er sich für seine jüngeren Geschwister interessieren. Von Shays Erzählungen her hatte er das schon angenommen, weshalb ihn sein Auftauchen im ersten Moment überrascht hatte. Susans Anwesenheit jedoch hatte einiges erklärt. Christian zuckte mit den Schultern und richtete sich auf, um nun an Shays Schulter fortzufahren die Schnüre zu lösen. „Das ist nicht so schlimm. Irgendwann hätte ich ihn sowieso kennengelernt. So habe ich das wenigstens schon hinter mir.“

„Hast du…“ Shay stockte, so als suche er nun nach Worten.

Christian lächelte wissend. „Ob ich ihm von dem Duell erzählt habe? Nein, ich bin nicht dumm.“

Dann hätte er vielleicht noch ein Duell austragen müssen, weil er sich weigerte Susan zu heiraten. Was Liam wohl nur allzu Recht gewesen wäre. Doch selbst wenn dieser eine Staatsaffäre daraus machen würde, so würde er sicher keine Zwangsehe eingehen. Christian war frei, solange bis er, und nur er, etwas anderes entschied.

Erleichtert atmete der Jüngere aus. „Danke.“

Schmunzelnd hob Christian seine Hand und strich Shay über die Wange. „Das habe ich nicht für dich getan.“

Fragend drehte Shay den Kopf und sah ihn an.

„Ich habe das getan, um mir weitere Unannehmlichkeiten zu ersparen. Außerdem hat diese Lüge deiner Schwester schon genug angerichtet.“ Auch wenn sie dazu geführt hatte, dass er Shay überhaupt erst wahrgenommen hatte. Ob das nun gut oder schlecht war, würde sich erst mit der Zeit zeigen.

„Egal weswegen es war, es hat auch mir geholfen.“

Christian sah in die grauen Augen des Jüngeren. „Soweit ich weiß, hat uns dein Bruder da bei etwas gestört.“

Etwas das er ihm noch viel übler nahm als das Gespräch, zu dem er ihn gezwungen hatte. Auch wenn er hier nicht allzu weit gehen konnte, so konnte man ihr Verhältnis doch etwas vertiefen. Er senkte seinen Kopf und küsste den Jüngeren fordernd. Christian wusste genau, dass Shay Temperament besaß, auch beim Küssen, und das wollte er spüren. Tatsächlich ging der Jüngere auf diesen Kuss ein und drehte sich etwas, sodass es für ihn etwas bequemer war. Eine Hand legte sich dabei in Christians Nacken.

In diesem Moment bedauerte es der Ältere, dass er seinem Versprechen nicht nachgekommen war und Shay wirklich geholfen hatte, die Rüstung abzulegen. Das würde ihm nun deutlich mehr Möglichkeiten bieten. Nun, er war ein Improvisationskünstler, er arbeitete mit dem, was ihm zur Verfügung stand. Seine Hand suchte die Stelle, an der er zuvor die Verschnürungen geöffnet hatte und glitt dort hinein. Diese Rüstung war wirklich nicht sein Freund, schon zum zweiten Mal beschränkte sie seinen Spielraum auf ein Minimum.

Shay jedoch waren solche Grenzen nicht gesetzt. Zuerst zögernd, dann aber immer mutiger, fuhr er über Christians Seite hinauf, bis sie auf seiner Brust zum Liegen kam.

Christian lächelte an Shays Lippen. Es wirkte fast so, als wüsste der Jüngere nun nicht, was er weiter machen sollte. Ehrlich gesagt, war es auch nicht ratsam, wirklich weiterzugehen. Nicht hier, wo jederzeit jemand kommen, oder verdächtige Geräusche nach außen dringen konnten. Aus diesem Grund löste er seine Lippen von Shays und strich ihm abermals sanft mit der Hand über die Wange. „Wenn du wissen willst, wie es nach dem Küssen weitergeht, komm heute Abend zu mir. Ich werde mit Karen das Bankett besuchen und danach stehe ich dir zur Verfügung.“

Wie automatisch nickte Shay, doch seine Augen blickten ihn unsicher an. „Ich werde darüber nachdenken.“

Das würde er bestimmt, das konnte man ihm ansehen. Immerhin war Shay es nicht gewohnt solche Angebote jeden Tag zu bekommen, oder auszusprechen. Für ihn hingegen war das keine große Sache mehr, das war Alltag. „Soll ich dir helfen, oder lieber deinen Diener rufen?“

„Wir haben damit angefangen, jetzt sollten wir auch damit aufhören.“ Mit einem entschlossenen Schritt trat Shay zurück und schuf so wieder etwas Abstand zwischen ihnen.

„Gut.“ Christian deutete Shay sich wieder umzudrehen und konzentrierte sich darauf ihm beim Ablegen zu helfen. Jetzt da er wusste, dass es heute Abend vielleicht eine Fortsetzung gab, fiel ihm das sogar erstaunlich leicht.
 

Rida betrachtete die Tür vor sich voller Widerwillen. Jede Faser seines Körpers stäubte sich dagegen, doch er wusste auch, dass sein Pflichtgefühl einen Rückzug nicht zulassen würde. Er fluchte in seiner Muttersprache und hob zum wiederholten Male die Hand, nur um sie wieder sinken zu lassen. Dass er es machen musste, stand außer Frage. Weder Benedikt, noch Juliet waren in ihren Räumen, auch keiner ihrer Diener, was eigentlich nicht der Fall sein sollte. Sie auf dem Turnier zu suchen, würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen, außerdem war das nicht seine Aufgabe. So blieb nur mehr dieser Ausweg. Der einzige Haken an der Sache war, dass es aufgrund der derzeitigen Lage ein Gefallen sein würde und Alan wusste das sicher zu nutzen. Egal, vielleicht war er ja auch nicht anzutreffen.

Die Hand ein letztes Mal hebend, klopfte er nach einem letzten kurzen Zögern an die Tür vor sich.

Es dauerte etwas, bis eine Antwort kam. Gerade als Rida erleichtert kehrt machen wollte, hörte er ein ‚Ja‘ aus dem Inneren des Zimmers. Widerwillig aber vorsichtig öffnete er die Tür des Zimmers. Wenn Alan auch nur ein wenig so wie er war, dann war diese Tür gesichert, wenn auch nicht unbedingt am Tag. Allerdings flog kein Dolch in seine Richtung oder andere spitze Gegenstände, weswegen er sie ganz öffnete. Das Zimmer sah so aus wie sein eigenes, nur dass man seinem Zimmer ansah, dass es dauerhaft bewohnt wurde. Er fand den Besitzer des Zimmers mit nacktem Oberkörper über einer Waschschüssel stehend.

Als dieser sah wer sein Gast war, legte er das Messer in seiner Hand neben die Schüssel. „Interessant, mit dir hätte ich eigentlich nicht gerechnet. Was verschafft mir die Ehre?“

Rida schloss die Türe hinter sich, blieb aber direkt davor stehen. Das geschah nicht aus Angst, aber er hatte auch nicht vor lange zu bleiben. „Ich suche deinen Herrn.“

Alan blickte ihn amüsiert an und drehte dann den Kopf nach links und rechts. „Nun hier ist er auch nicht. Pech.“

„Das weiß ich.“ Rida musste sich beherrschen, um nicht zu knurren. „Ich will auch nur, dass du ihm eine Nachricht überbringst.“

Ein Handtuch in die Hand nehmend, drehte sich Alan um. „Du willst also, dass ich deine Arbeit übernehme? Sehe ich etwa aus wie ein Schoßhund?“

„Nein. Das wäre nur eine Beleidigung für den Hund.“ Rida verzog keine Miene, wobei er sich innerlich zur Ordnung rief. Diese Antwort war ihm einfach so entschlüpft und das war sicher kein guter Anfang, wenn man um einen Gefallen bitten wollte.

Alan hob interessiert eine Augenbraue. „Interessante Art um einen Gefallen zu bitten, das muss ich zugeben.“

„Ich kann auch wieder gehen.“

„Hinter dir ist die Tür, lass dich nicht aufhalten.“ Mit einer lässigen Geste deutete der Blonde auf die angesprochene Tür.

Er sollte einfach wieder gehen, das wäre das Beste für ihn selbst. Doch sein selbst anerzogenes Verantwortungsbewusstsein hielt ihn davon ab. Eine so leichte Aufgabe würde er sicher nicht unerledigt lassen. „Hör zu, du siehst Benedikt bestimmt vor mir. Was also würde dich daran hindern, ihm eine kurze Nachricht auszurichten?“

Grinsend hob Alan eine Hand und zählte die Gründe an seinen Fingern ab. „Die Tatsache, dass es mir nichts bringt, dann noch das ich derzeit nicht im Dienst bin und die Art wie du darum bittest. Ich finde, das sind drei sehr gute Gründe.“

Er sah seine Finger an und nickte dann zustimmend.

Rida knirschte wütend mit den Zähnen. Er verachtete die Überheblichkeit des Anderen, doch in diesem Fall hatte er Recht. Selbst er würde bei diesen Gründen auch keinen Finger rühren. „Was also willst du?“

Nichts lief ohne Gegenleistung ab und bei Alan schon gar nicht. Außerdem beruhte ein Gefallen immer auf Gegenseitigkeit.

„Ah, wir kommen dem Kern der Sache langsam näher.“ Er warf das Handtuch über seine Schulter. Langsam kam er auf Rida zu, noch immer lächelnd.

Genau dieses Lächeln war es, das den Schwarzhaarigen beunruhigte. Leider kannte er Alan inzwischen gut genug, um zu wissen, dass dies kaum gut für ihn enden würde. Aber dass er nicht billig davonkommen würde, war ihm zuvor auch schon bewusst gewesen.

Inzwischen hatte Alan ihn erreicht und stützte seine Hand neben Ridas Kopf gegen die Tür. Das hatte auch den kleinen Nebeneffekt, dass dieser die Tür nicht mehr öffnen konnte. „Du kennst meinen Preis.“

Rida seufzte, auch wenn er gar nicht so gelassen war, wie er gerade tat. „Schon wieder ein Kuss? Das ist einfallslos.“

Doch Alan ließ sich davon nicht beeindrucken und lächelte nur unheilvoll. „Glaub mir, du kannst dich glücklich schätzen, dass ich meine Fantasie nicht an dir vergeude. Das Ergebnis wäre nicht erfreulich für dich. Denn dann könnte ich auf die Idee kommen, dass ich mich nicht nur mit deinen Lippen zufrieden gebe.“

Dabei legte er seine Hand blitzartig in Ridas Schritt.

Ridas Reaktion kam schnell und effektiv. Mit einer Hand stieß er Alans Hand zur Seite, während die andere bereits den Hals des Blonden umfasste und zudrückte. Nicht stark, aber doch so, dass sein Standpunkt unterstrichen wurde. Seine Stimme war nicht mehr als ein Zischen. „Komm nicht einmal auf den Gedanken, deine dreckigen Hände noch einmal auch nur in die Nähe dieser Körperregion zu bewegen.“

Alan schienen weder Ridas Reaktion, noch dessen Worte zu beeindrucken. „Also, was wählst du?“

Rida erwiderte seinen Blick entschlossen. „Ich denke, ich will die Tür hinter mir benutzen.“

Das war die Nachricht an Benedikt nicht wert. Nicht solche Nichtigkeiten, die er ausrichten sollte. Es war kaum anzunehmen, dass er Liam Feran in die Hände lief, weder noch dass er einfach abreiste, ohne noch etwas Zeit mit Christian verbracht zu haben.

„Oh und deine Aufgabe? Willst du die unerledigt lassen?“

Damit traf Alan einen wunden Punkt. Die Hand, die nicht an Alans Hals lag, ballte sich zur Faust. „Ich muss mir nicht von jemand wie dir etwas über Pflichterfüllung anhören. Ich gehe.“

Damit ließ er Alans Hals los und drehte sich um. „Nimm die Hand da weg.“

Es dauerte einen Moment, dann entfernte sich Alans Hand und gab die Tür wieder frei. „Weißt du, je störrischer du bist, umso interessanter wirst du für mich.“

Rida erschauderte, als er Alans Worte so dicht an seinem Ohr vernahm. „Je näher ich dich kennenlerne, umso mehr verabscheue ich dich.“

Die Tür öffnend, trat Rida einen Schritt zurück und stieß so gegen Alan. Überrascht sah er auf, doch Alan lächelte ihn nur spöttisch an.

Er legte Rida die Hände auf die Schultern. „Dann wird es ja nur umso unterhaltsamer.“

Mit diesen Worten gab er Rida einen leichten Stoß, der ihn aus dem Zimmer stolpern ließ. Hinter ihm schloss er die Tür wieder.

Verblüfft starrte Rida auf die geschlossene Tür. Das war jetzt nicht der Abgang gewesen, den er geplant hatte. Wie immer ließ ihn jede Begegnung mit Alan wütend zurück. Zu allem Überfluss musste er nun auch noch Benedikt suchen. Denn egal was er Alan erzählte, es war seine Aufgabe und die erfüllte er. Dieser Tag konnte nach diesem Start nur noch besser werden. Schlimmer ging es in keinem Fall mehr.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 39
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Oh Gott. Shay war sich sicher, dass sein Gesicht im Moment regelrecht glühte. Auf jeden Fall fühlte es sich so an. Ihm war heiß und das nur wegen dem, was Christian ihm vorgeschlagen hatte. Es war ein durchaus sündiger Vorschlag, auf den es eigentlich nur eine Antwort gab. Jedoch weigerte sich etwas in ihm diese voreilig zu geben, wenn sie auch am Ende so ausfallen musste. Und doch schrie ein Teil seines Verstandes, dass er sich dieses Angebot auf jeden Fall einmal überlegen sollte.

Shays Blick fiel auf den Zelteingang, durch den Christian erst vor ein paar Minuten verschwunden war. Wie konnte er ihm so einen Vorschlag derartig leichtfertig unterbreiten? Ihm war vor Scham nicht einmal eine angemessene Antwort eingefallen, auch wenn er die Situation ganz gut gemeistert hatte. Jedoch die Selbstverständlichkeit, mit der Christian diese Einladung ausgesprochen hatte, gab dem Jüngeren auch zu denken. War Christian wirklich so schamlos, oder war das einfach schon normal für ihn? Aber wenn es wirklich das Letztere war, was bedeutete das dann für ihn? Er wollte auf keinen Fall eine weitere Eroberung von dem Blonden werden. Das hatte er ihm auch gesagt, die Frage war nur, ob er das auch ernst nahm. Es wirkte nicht so, wenn dann ein solches Angebot kam.

Die Zeltplane bewegte sich und sein Diener warf einen fragenden Blick in das Innere.

Auch ohne, dass er etwas sagte, wusste Shay, was dieser von ihm wollte. Zustimmend nickte er ihm zu. „Ja, ich werde heute hier essen.“

Das war auf jeden Fall besser, als in seinen Räumen, wo er vielleicht Susans Gesellschaft ertragen musste. Mit der Zeit wurde seine Schwester immer mehr zu einer Bürde für ihn. Sie war ihm lästig und doch hing so viel für ihn davon ab, dass sie sicher und gut behütet war. Leider gab es niemanden, der ihm diese Aufgabe abnehmen konnte. Bis er eine Alternative gefunden hatte, musste er eben noch ihren Aufpasser spielen, um seiner Familie zu gefallen.

Sein Diener nickte und verschwand wieder.

Shay beschloss einen Spaziergang zu machen, während sein Diener alles vorbereitete. Vielleicht lenkte ihn das auch etwas von seinen Gedanken ab, die sich nur im Kreis drehten. So kam er zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. Obwohl es eigentlich gar keine Frage mehr war, wie seine Antwort auszufallen hatte. Jeder Mensch mit Anstand würde so etwas rundheraus ausschlagen und doch hatte er es nicht getan. Er hatte sogar noch zugesichert, es sich zu überlegen, was ja schon so etwas wie eine halbe Zusage war.

Shay schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. Die Blicke, die einige umstehende Ritter ihm daraufhin zuwarfen, beachtete er nicht. Er war eindeutig verwirrt gewesen, etwas das Christians Nähe oft bei ihm auslöste. Vor allem wenn dieser begann ihn zu berühren, verflüchtigte sich auch noch der Rest seines Verstandes und er reagierte nur noch instinktiv.

Die Hand sinken lassend, bemerkte er eine Gestalt, die sich suchend umsah. Shay lächelte, als er Christians Diener erkannte. Bis jetzt hatte er noch nie ein Wort mit ihm gewechselt, etwas das ihm erst jetzt wirklich auffiel. Dabei war er oft genug in Christians Nähe, wenn auch nie so, dass man ihn bemerken musste. Nun, es war eine gute Gelegenheit dies zu ändern.

Shay näherte sich dem Diener, wobei er zugleich versuchte sich an seinen Namen zu erinnern. Christian hatte ihn einmal genannt, das wusste er, leider war davon nicht viel hängengeblieben. Egal, dann musste er es einfach darauf ankommen lassen. „Sucht Ihr jemanden?“

Erstaunt sah ihn der Schwarzhaarige an und man sah schon, dass er dazu ansetzte den Kopf zu schütteln, dann jedoch nickte er. „Ich suche Lord Alrin.“

„Euren Herrn?“ Das überraschte Shay nun doch etwas. Er hatte nicht angenommen, dass ein Diener nicht wusste, wo er seinen Herrn finden konnte. Meistens gab es da nicht viele Möglichkeiten, wenn der Diener die Gewohnheiten seines Herrn kannte. Und sein Gegenüber schien seinen Herrn sehr gut zu kennen. Was Shay wiederum auf eine Idee brachte.

„Meinen …“ Der Schwarzhaarige sah ihn verwirrt an und brach ab. Dann schüttelte er lächelnd den Kopf, so als habe er gerade gemerkt, was der Jüngere meinte. „Nein, nicht Christian. Ich suche seinen Bruder.“

Christian? Shay hob verwundert eine Augenbraue. Das war eine ziemlich vertraute Anrede für einen Diener. Jedoch schien das für sein Gegenüber nichts Besonderes zu sein. „Tut mir leid, ihn habe ich heute noch nicht gesehen. Aber wenn Ihr wollt, helfe ich Euch gerne bei der Suche.“

Es war ein Angebot, das er nicht ohne Hintergedanken machte. Wahrscheinlich würde der Andere es sogar ablehnen, aber so hatte er es wenigstens versucht.

Verblüfft sah ihn der Ältere an. Dann würde sein Blick misstrauisch, auch wenn er nach einem kurzen Augenblick freundlich lächelnd nickte. „Gerne.“

Shay seufzte erleichtert. Der erste Schritt war also schon geschafft. „Gut. Das Beste wäre, wenn Ihr dann die Führung übernehmt, da ich nicht weiß, welche Orte der Gesuchte öfters aufsucht.“

Während er dem Anderen folgte, versuchte Shay sich noch immer an den Namen des Dieners zu erinnern. Es war schwer, ein Gespräch aufzubauen, wenn man nicht einmal wusste, wie man den Anderen anreden sollte.

„Rida. Ich glaube, das ist der Name, den Ihr sucht.“ Dabei blickte ihn der Schwarzhaarige nicht an, sondern betrachtete weiter seine Umgebung.

„Wie?“ Es dauerte einen Moment, bis Shay merkte, dass diese beilläufige Bemerkung an ihn gerichtet war. Verlegen wandte er den Blick ab.

„Ja, entschuldigt, er war mir entfallen.“

Rida zuckte nur gelassen mit den Schultern. „Weshalb solltet Ihr ihn Euch merken? Ich bin nur ein Diener, auch wenn mein Herr große Stücke auf mich hält, so ändert das nichts an meinem Stand. Ich bin nur einer von vielen anderen, die hier herumlaufen.“

Shay hörte Rida genau zu, doch auch wenn sich die Worte so anhörten, es schwang keine Bitterkeit in dem Tonfall des Älteren mit. Es klang so, als würde er nur Fakten aufzählen, die ihn nicht berührten. Shay wusste nicht, ob er in seiner Position auch so gleichgültig bleiben könnte. Ja, es war die Wahrheit, doch wenn sie einem so gesagt wurde, hörte sie sich ziemlich hart an. Vor allem wusste er nicht, was er darauf erwidern sollte.

Doch Rida nahm ihm diese Last ab, indem er weitersprach. „Was also wollt Ihr wissen?“

Abermals überraschte ihn der Andere, indem er seine Gedanken zu lesen schien. Wobei das wahrscheinlich keine Kunst war. Wann bot ein Adeliger auch schon einem Diener an, ihm zu helfen, wenn er nichts dafür wollte? Und ja, auch er wollte etwas von dem Diener. Er brauchte einen Rat. Nicht von Karen oder Juliet, die auf Christians Seite standen und seine Geschwister konnte er auch nicht diesbezüglich fragen. Mit Rida hatte er noch nie gesprochen und es bestand natürlich auch die Chance, dass dieser ebenfalls auf der Seite des Blonden stand, doch das Risiko musste er eingehen. „Es geht eigentlich nicht darum, dass ich Informationen will. Ich bin einfach nur verwirrt, was Christian angeht.“

Verstehend nickte Rida. „Ja, diese Reaktion löst er oft aus.“

Das war nicht unbedingt das, was Shay wissen wollte. Nein, das gehörte sogar in die Sparte von Dingen, die er nicht wissen wollte. „Es ist so, dass ich keine seiner Eroberungen sein will, andererseits ist es mir nicht zuwider in seiner Nähe zu sein. Aber ich habe Angst, dass er, wenn ich nachgebe das Interesse an mir verliert.“

Shay schüttelte den Kopf. „Und ich weiß auch nicht, warum ich Euch das überhaupt erzähle.“

„Weil Ihr darauf hofft, dass ich Eure Zweifel zerstreue.“ Rida seufzte tief, so als hätte er dieses Gespräch schon oft geführt. „Nur kann ich das nicht, weil Ihr Christian nicht kennt, sonst wüsstet Ihr die Antwort schon.“

Fragend blickte Shay den Älteren an. Wie meinte er das nun? Es stimmte, das er gehofft hatte, das Rida das alles abstritt, weswegen die Antwort im ersten Moment ein Schock gewesen war. Nun jedoch gab sie ihm Rätsel auf.

Der Schwarzhaarige blieb stehen und drehte den Kopf zu Shay. Seine grünen Augen blickten ihn eindringlich an. „Christian ist ein Mann, der alles hat, um von seiner Umgebung geliebt zu werden. Das Aussehen, die Macht und den Besitz. Er hat es nicht nötig sich eine Begleitung zu suchen, sie sucht sich ihn. Christian muss nur einen Raum betreten und schon scharen sich genug willige Damen und Herren um ihn, sodass er die freie Auswahl hat.“

Das waren auch Dinge, die Shay nicht hören wollte. Auch wenn sich ein Teil mit dem deckte, was er bereits von Karen gehört hatte. Wenn auch nicht in so klaren Worten. „Trotzdem gibt es Ausnahmen. Manchmal gibt es Menschen, die sich nicht von ihm angezogen fühlen, oder es nicht zugeben wollen. Meistens ignoriert er diese Menschen, er hat es nicht nötig jemanden nachzulaufen. Nur sehr selten bemüht er sich wirklich um einen Menschen und dann kann man sich wirklich etwas Besonderes nennen.“

Shay konnte nicht abstreiten, dass ihm das schmeichelte, aber seine Frage beantwortete das nicht. Sein skeptischer Blick sprach wohl Bände, da Rida leise seufzte.

„Was ich damit sagen will, ist das die Möglichkeiten sehr gut stehen, dass sein Interesse nicht nach dem ersten Mal verfliegt. Ich weiß ja nicht, auf was Ihr euch mit ihm geeinigt habt, doch er hält seine Versprechen immer ein. Außerdem liegt es an Euch, wie weit Ihr gehen wollt, Christian wird euch zu nichts zwingen. Das ist nicht seine Art.“

Das war wohl eher etwas, das er ebenfalls nicht nötig hatte. „Wir haben uns darauf geeinigt uns kennenzulernen. Bei unserem letzten Gespräch jedoch hat er mir ein Angebot gemacht, das nichts mit kennenlernen zu tun hat.“

„Doch hat es. Ich habe es nicht gehört, jedoch kann ich mir denken in welche Richtung es ging.“ Rida lächelte wissend und nickte.

„Das ist seine Art Dinge anzugehen, er verbindet sie gerne mit seinem Vergnügen. Manche steigen darauf ein, manche nicht. Manche werden seine Freunde, manche nicht. Aber das Interesse an Euch wird sicher nicht verfliegen, nur weil ihr einmal sein Bett mit ihm geteilt habt. Wenn sein Interesse verfliegt, dann nicht deswegen.“

Wenigstes war das eine klare Antwort und genau die, auf die Shay gewartet hatte. Wenn ihm Ridas Worte auch einen weiteren Einblick in Christians Wesen gestattet hatte und nicht nur auf die guten Seiten. Rida hatte ihm nur die Realität erzählt und nichts geschönt. Das zeigte wirklich, dass sie sich schon lange kannten und nahe standen. Natürlich warf das in Shays Kopf die Frage auf, wie nahe sie sich standen. Aber das war etwas, dass ihn nichts anging. Jedoch schien sein Gesicht deutlich zu zeigen, was er dachte.

„Ich kenne diesen Blick. Nein, ich bin tabu für Christian.“ Rida schüttelte entschlossen den Kopf.

„Entschuldigt.“ Shay wandte betreten den Kopf zur Seite. Auch wenn er nicht verhindern konnte, dass ihn diese rasche, entschlossene Reaktion doch erleichterte.

Das Gesicht des Älteren nahm wieder einen sanfteren Ausdruck an. „Es gibt viele, die das denken, aber ich teile Christians Vorlieben nicht. Ich akzeptiere seine Vorlieben und bin ihm gerne behilflich, seine Ziele zu erreichen, aber nicht mehr. Ich mische mich auch nicht ein, weshalb ich unser Gespräch heute so behandeln werde, als wäre es niemals passiert.“

Shay nickte zustimmend, als Zeichen, dass er verstanden hatte. Er akzeptierte das. Vor allem, da er nun wusste wie er sich heute entscheiden würde. Vielleicht war es nicht das, was sich Christian erhoffte, doch es war etwas, das er mit seinem Gewissen vereinbaren konnte.

„Oh, da ist ja Lord Alrin. Ich werde mich dann einmal verabschieden.“ Rida wirkte richtig erleichtert, als er die Hand in die Richtung ausstreckte, in der sich Benedikt aufhielt. Ziemlich hastig senkte er den Kopf noch einmal grüßend und eilte dann auf den Gesuchten zu.

Shay verwirrte dieser rasche Abgang zwar, aber er zuckte nur mit den Schultern. Er hatte ja was er wollte, eine Antwort. Nun konnte er sich auch wieder entspannen. Außerdem wartete sein Diener sicher schon mit dem Essen in seinem Zelt. Das wollte er nicht kalt werden lassen, wer wusste schon, wann er das nächste Mal in Ruhe essen konnte?
 

Christian konnte sich nicht für das Bankett erwärmen. Nun das Essen hatten sie bereits hinter sich gebracht und es war alles wie immer. Damen und Männer scharrten sich um ihn, oder er gesellte sich zu ihnen, und tauschten gemeinsam die neuesten Gerüchte aus. Das war informativ und vor allem notwendig, wenn man hier überleben wollte. Karen stand an seiner Seite und unterhielt sich prächtig, was auch dazu diente über seine Teilnahmslosigkeit hinwegzutäuschen. Heute schaffte er es irgendwie nicht, sich lange genug auf ein Thema zu konzentrieren, um bei einer Konversation mitzuhalten. Dabei konnte er sich sonst stundenlang über eine Nichtigkeit auslassen und totalem Unsinn zuhören. Heute hingegen nervte ihn das nur. Mein Gott, war er etwa ungeduldig?

Um sich von dieser erschreckenden Vorstellung abzulenken, reckte Christian den Hals und suchte einen Diener, der möglichst alkoholische Getränke herumtrug. Es war nicht schwer einen davon zu entdecken, deswegen entschuldigte er sich rasch bei der Gruppe. Jedoch ließ er sich dabei Zeit, nur um weiteren lästigen Gesprächen aus dem Weg zu gehen. Als er endlich sein Glas Wein hatte, nahm er erst mal einen Schluck davon, schon alleine deswegen weil Karen auf ihn zukam, die nicht sehr erfreut wirkte.

Mit einer in die Hüfte gestemmten Hand, blieb sie vor ihm stehen. Ihr Blick hätte Eisberge erschaffen können. „Kannst du mir einmal sagen, was heute mit dir los ist? Wenn meine Gesellschaft so ermüdend ist, warum gehst du dann nicht einfach?“

Weil sie das nicht zulassen würde, doch das sprach Christian klugerweise nicht aus. Alles was er nun noch machen konnte, war die Wogen zu glätten. „Das ist es nicht, Karen. Es bist nicht du, die mich langweilt, es sind die Anderen.“

Aufmerksam achtete er auf ihre Reaktion, um zu erkennen, wie wirksam diese Ausrede war.

Karen musterte ihn einige lange Augenblicke ausdruckslos, dann sah sie kurz überlegend zur Seite und nickte. „Ja, das ist durchaus wahr. Nur hat dich das bis jetzt auch nie gestört.“

Gestört schon, nur hatte es ihn nie stören dürfen. Man musste hier mit allen auskommen und sich jeden Unsinn anhören, wenn man aufsteigen wollte.

Sie seufzte und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Egal. So bist du mir jedenfalls keine Hilfe.“

„Tut mir leid.“ Christian schaffte es sogar betreten zu wirken. Jedoch wusste er, dass er in dieser Stimmung auf niemanden anziehend wirkte. Nur konnte er diese Unruhe kaum unterdrücken. Es war wie eine stille Vorfreude, so als wusste er, dass ihn heute noch etwas aufregendes erwartete und er wollte es lieber früher als später erleben. Dabei war das doch gar nicht so sicher, eher rechnete er schon mit einer negativen Antwort. Was aber nichts daran änderte, dass er es so rasch wie möglich hinter sich bringen wollte.

„Nun ja, ich kann nicht von dir verlangen, dass du deine Rolle immer perfekt spielst.“ Sie nahm ebenfalls einem vorbeieilenden Diener ein Glas ab. Misstrauisch roch sie am Inhalt, nur um dann missbilligend das Gesicht zu verziehen.

„Rolle?“ Unschuldig sah er seine Freundin an. Natürlich spielte er eine Rolle, die spielte jeder. Jedoch hatte er sich immer für perfekt gehalten.

„Deine Rolle. Die des Frauenschwarms, der zu jedem egal wie dumm und überheblich er ist, nett bleibt. So gefällst du mir besser. Wenn es auch nicht gerade hilfreich ist.“ Nachdenklich fuhr sie mit einem Finger über den Rand ihres Glases.

Etwas anderes als sich entschuldigen konnte er nicht, aus diesem Grund schwieg er. Plötzlich traf ihn etwas an der Schulter und Christian hielt geistesgegenwärtig das Glas etwas von sich, dessen Inhalt über den Rand schwappte und sich auf den Boden ergoss.

„Ups.“ Eine ganz und gar nicht schuldbewusste Stimme war hinter ihnen zu hören.

Christian seufzte tief. „Weißt du, ich war schon immer der Meinung, dass dein Gehirn für deine Kräfte zu klein ist. Aber ein wenig mehr Balance hätte ich dir schon zugetraut.“

Mit einem breiten Grinsen wandte er sich zu seinem Bruder um.

„Pure Absicht.“

„Das sagen sie dann alle, nicht?“ Diese Frage war an Karen gerichtet.

„Ich halte mich da raus.“ Stattdessen hielt sie nun nach einem Diener Ausschau, der etwas anbot, das ihr mehr zusagte als der Inhalt ihres aktuellen Glases.

„Du hast Rida heute ganz schon herumgejagt. Er war ziemlich erleichtert, als er mich fand und das nur wegen solcher Nichtigkeiten. Glaubst du wirklich, ich würde abreisen, ohne mich von dir zu verabschieden?“ Der vorwurfsvolle Tonfall seiner Stimme war nicht zu überhören.

„Es wäre nicht das erste Mal.“ Sein Bruder hatte einige leidliche Angewohnheiten und diese gehörte dazu. Benedikt mochte dieses ganze Abschiedsdrama nicht, weswegen er sich meistens still und leise aus dem Staub machte.

Benedikt verzog zustimmend das Gesicht und nickte. „Stimmt auch wieder. Ich werde mich diesmal mit dir in Verbindung setzen. Versprochen.“

„Gut.“ Darauf konnte er sich wenigstens verlassen, denn sein Bruder hielt jedes Versprechen, das er jemanden gegeben hatte. Sie schwiegen eine Weile und sahen dem Treiben im Saal zu. Jedoch war es kein Schweigen das unangenehm war. Manchmal war auch zwischen Geschwistern alles gesagt.

„Du bist so unruhig, gibt es dafür einen Grund?“

Christian verdrehte die Augen bei der Aussage seines Bruders, vor allem weil er nun auch Karens volle Aufmerksamkeit hatte. „Nein. Ich fühle mich heute nur nicht besonders motiviert.“

Seine Antwort fiel etwas unfreundlicher aus als geplant, doch schien keiner der Beiden daran Anstoß zu nehmen.

Benedikt hob die Hand und legte sie ihm an die Stirn. „Fieber hast du nicht. Vielleicht solltest du dich hinlegen?“

Da war sie, die Entschuldigung, die er benötigte. „Da hast du vielleicht Recht.“ Er warf einen Blick zu Karen, denn in erster Linie war sie es, die darüber entschied. Wenn sie dagegen war, würde er ihr nicht entkommen.

Die Schwarzhaarige spielte mit einer Strähne ihres Haars und ließ ihren Blick über die Menschen in ihrer Umgebung schweifen. Erst nach einigen Momenten richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die beiden. Desinteressiert zuckte sie mit den Schultern. „Du kennst meine Meinung zu deiner heutigen Verfassung. Keine Angst, ich habe bereits einen passenden Ersatz.“

Dabei richtete sich Karens Blick verheißungsvoll auf Benedikt.

Dieser beugte sich zu Christian und seine Stimme war auf ein Flüstern reduziert als er eine Frage an ihn richtete. „Soll man das als eine Drohung ansehen?“

Nachdenklich sah Christian auf zu Karen und nickte dann langsam. „Wäre wohl besser.“

Mit einem breiten Grinsen schlug er seinem Bruder auf die Schulter. „Aber du machst das schon, Großer.“

Damit überließ er Benedikt seinem Schicksal und verließ den Saal. Auf ihn wartete nun sein eigener Kampf und er war auf den Ausgang gespannt.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 40
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Rida öffnete die Tür zu seinem Zimmer und ließ ihn eintreten. Christian betrat den Raum, der für all seine Besucher zugänglich war und sah sich um. Zu sagen, dass er nicht aufgeregt war, wäre eine bloße Lüge. Deswegen beruhigte es ihn, als er den erwarteten Gast sah. „Du bist gekommen.“

Hörte sich seine Stimme wirklich so erleichtert an? Das musste er rasch ändern. Er war nicht erleichtert, dass Shay hier war, er war… erfreut.

Shay nickte und stand auf. Auch wenn er eben noch entspannt gewirkt hatte, so stand er nun fast etwas verkrampft da. „Ja. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob es die richtige Entscheidung war.“

Das hörte sich leider nicht sehr positiv an. Er deutete Rida, noch etwas zu bleiben. Wer wusste, vielleicht konnte er ja gleich wieder zu dem Fest zurückkehren. Schließlich musste er sich bei einer negativen Antwort ja irgendwie ablenken. Christian ging zu einer Anrichte und füllte zwei Gläser mit Wein. Eines davon reichte er Shay, der es aber dankend ablehnte. Mit einem Achselzucken stellte er es wieder zurück. „Das hört sich ganz nach einer Absage an. In diesem Fall hättest du aber nicht extra kommen müssen.“

Shay sah ihn überrascht an und schüttelte bedächtig den Kopf. „Das ist keine Absage.

Aber auch keine Zusage.“

Hastig fügte Shay den letzten Satz noch hinzu, so als wolle er nicht, dass sein Gegenüber sich falsche Hoffnungen machte.

Christian trank einen Schluck von seinem Wein und stellte ihn ebenfalls wieder zurück. Keine Absage, aber auch keine Zusage. Das bedeutete also, alles hing von ihm und seiner Überredungskunst ab. Dabei hätte es so einfach sein können, vor allem für Shay. Warum machte er es so kompliziert? „Welche Schlüsse darf ich nun daraus ziehen?“

Selbst in seinen Ohren hörte sich seine Stimme ziemlich ruhig an. So als ginge ihn das alles nichts an, was aber durchaus nicht der Fall war. Nur wollte er nicht, dass Shay sich von ihm beeinflusst fühlte.

Shay atmete einmal tief durch, so als kosteten ihn seine nächsten Worte selbst etwas Überwindung. „Wir müssen reden.“

Christian konnte gerade noch ein Verdrehen der Augen verhindern, aber das war seine normale Reaktion auf solche Worte. Ehrlich gesagt, war er ziemlich erstaunt diese Worte von Shay zu hören, normalerweise nutzten diese Phrase eher Frauen. Meistens aber nur, wenn diese das Unvermeidliche hinauszögern wollten. Gab es also doch noch Hoffnung? Nur warum kam Shay jetzt mit so etwas? Sie hatten doch schon miteinander geredet. Wenn diese Worte von einer Frau kamen, endete das meistens nicht gut, aber wie war das mit Männern? Bei Männern hatte Christian diese Erfahrung noch nie gemacht. Männer wollten nicht reden, genau deswegen waren sie eine gute Abwechslung zu den Damen. Man wusste immer woran man war, nur bei Shay war das anders.

Nun, Christian traute sich genug Geschick zu, um das zu meistern. „Und worüber?“

Der Jüngere wirkte etwas verunsichert. Sein Blick glitt zur Seite, dorthin wo Rida stand, wandte ihn aber gleich wieder ab. „Es geht darum…“

Er brach ab. „Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob du verstanden hast, was ich von dir will.“

„Du wolltest mich kennenlernen. Nicht als eine meiner Eroberungen, sondern als Freund.“ Das war ihm noch deutlich bewusst. Zwar hatte Shay ihm widersprochen, als er gemeint hatte, dass das Eine das andere nicht ausschloss, aber so war es. Wie konnte man sich besser kennenlernen, als auf diese Art? Worte waren nicht immer ehrlich, Taten schon eher. Wenn der Verstand sich nicht einmischte, konnte man nicht anders als ehrlich sein. „Allerdings kann es sein, dass ich dich wirklich falsch verstanden habe. Wenn du damit die platonische Freundschaft gemeint hast, die ich mit Karen oder Raoul teile, dann akzeptiere ich das auch.“

Es war leicht, das misszuverstehen. Er hatte viele Freunde, aber nur wenige, die ihm wirklich nahestanden und mit diesen verscherzte er es sich nicht nur wegen einer Nacht. Dafür gab es genug Andere, die zu ihm kamen. Was ihn aber nicht davon abhielt, es bei jedem am Anfang zu versuchen. Meistens machte man ihm sowieso gleich am Anfang klar, ob man interessiert war oder nicht. Nur bei Shay fiel ihm das schwer, einmal wandte er sich ihm zu und beim nächsten Treffen zog er sich wieder zurück. So wie gerade eben. Es wirkte so, als wüsste Shay selbst nicht, was er wollte.

„Ja…, nein.“ Shay seufzte und schüttelte verwirrt den Kopf. „Ich meine ja, ich will für dich ein so enger Freund sein wie Karen, auch wenn ich nicht ihre Qualifikationen haben mag, andererseits habe ich aber auch nichts gegen deine Berührungen. Ich fühle mich wohl in deiner Nähe, aber ich will auch nicht, dass du mich dann gleich wieder vergisst, wenn du hast was du willst.“

Nun konnte man ja darüber diskutieren, was es war, das er wollte. Jedoch lag es nicht in Christians Absicht dieses Gespräch noch weiter in die Länge zu ziehen, vor allem weil er sich die Antwort denken konnte. Was ihm aber zu denken gab, war, was für einen schlechten Ruf er haben musste, wenn man das von ihm glaubte. Er war kein Mann für eine Nacht, es ergab sich nur selten eine Gelegenheit für mehr. Dass Shay ihm das aber so offen sagte, zeigte deutlich wie sehr ihn diese Fragen beschäftigten.

Christian überwand den Abstand zwischen ihnen mit einigen Schritten und legte seine Hand auf die Wange des Jüngeren. Er wartete, bis dieser den Blick hob und ihn ansah. „Hör zu Shay, ich weiß zwar nicht, was Karens ‚Qualitäten‘ sein sollen, aber ich suche mir meine Freunde nicht nach bestimmten Kriterien aus. Und es mag sein, dass keiner meiner engsten Freunde jemals das Bett mit mir geteilt hat, aber das ist eher Zufall.“

Es war ja nicht so, dass Christian es damals nicht versucht hatte, doch das jetzt zu erwähnen, würde die Situation auf keinen Fall verbessern.

Shay seufzte tief und wandte abermals den Blick ab. „Es ist nur so, dass ich…“

Dieses plötzliche Stocken wurde von Christian nur mit einem sanften Lächeln zur Kenntnis genommen. „Du hast Angst, oder?“

Der Braunhaarige zögerte, nickte aber einen Moment später zustimmend.

„Das ist in Ordnung. Die hat jeder am Anfang. Aber du magst mich und ich mag dich, daran ist nichts Verwerfliches. Viele Leute machen das aus weitaus niederen Gründen und auch dann trifft sie kein göttlicher Zorn.“ Christians Vermutung war ein Schuss ins Blaue. Shay kam vom Land und er wusste genau, was man dort für eine gottesfürchtige Erziehung mitbekam.

„Das ist es nicht. Es stört mich nicht, dass es eine Sünde ist… nicht mehr. Mich ängstigt die andere Sache.“ Es war deutlich zu sehen, dass Shays Wangen nun deutlich röter waren und er schien es nicht zu wagen, Christian anzusehen.

„Wir müssen nicht den ganzen Weg gehen, wir müssen den Weg nicht einmal antreten, wenn du es nicht willst.“ Christian verstand Shays Bedenken, in dieser Hinsicht war er ja noch unerfahren, wenn er dann noch Erzählungen von den Falschen gehört hatte, war diese Angst durchaus berechtigt. Obwohl er nicht annahm, dass Shay mit irgendjemandem über dieses Thema geredet hatte, es war ihm ja sogar peinlich mit ihm darüber zu reden.

Christian beugte sich vor und berührte Shays Lippen mit seinen.

Überrascht weiteten sich dessen Augen und er unterbrach den Kuss. „Wir sind nicht alleine.“

Dabei glitt der Blick des Jüngeren zu Rida.

Christian wusste nicht, ob ihn das nun überraschen oder erfreuen sollte. Bis jetzt hatte sich niemand an Rida gestört, ja ihn nicht einmal zur Kenntnis genommen. Dass Shay dies machte, ließ ihn in Christians Anerkennung steigen. Auch wenn ihn der Grund dafür interessierte, doch das konnte er Rida später noch fragen. Leicht nickte er.

„Ich werde mich dann zurückziehen.“ Damit neigte Rida noch einmal den Kopf und verließ das Zimmer durch die Haupttür.

Es war besser so, auch wenn es durch Christians Schlafzimmer kürzer gewesen wäre. Nur war es klüger, Shay nicht daran zu erinnern, dass sein Schlafzimmer noch einen anderen Ausgang hatte.

„Sollen wir auch?“ Christian warf einen bedeutenden Blick Richtung Schlafzimmer. „Ich werde dich zu nichts zwingen.“

„Ich weiß.“ Shay atmete noch einmal tief durch, bevor er zustimmend nickte. Man merkte, dass ihm diese Entscheidung nicht leicht fiel.

Noch immer lächelnd löste der Ältere seine Hand von Shays Gesicht und ging zu seinem Schlafzimmer. Komisch, er war selbst etwas aufgeregt, doch das war sicher nur Einbildung. Seine Gefühle spielten heute allgemein etwas verrückt. Aber nur weil seine Emotionen verrückt spielten, würde er sein Vorhaben sicher nicht aufgeben. Schließlich wollte er selbst auch wissen, wie weit Shay bereit war zu gehen.
 

Als er Christian folgte, war Shay sich noch immer nicht so sicher, ob er das Richtige tat. Aber das war immer so, wenn man etwas Neues ausprobierte, nur hatte man da nie solche Bedenken, man machte es einfach. Vielleicht sollte er seinen Verstand auch einfach ausschalten, doch das ging nicht so einfach. Zumindest dachte Shay das, bis er wieder die Lippen des Älteren auf seinen spürte. Instinktiv erwiderte er diesen Kuss und öffnete seine Lippen. Nur einen Moment später spürte er Christians Zunge, die wieder seinen Mund erkundete. Es war nicht das erste Mal und wenn es nach Shay ginge, würde es auch sicher nicht das letzte Mal sein. Auch wenn er es nicht offen zugab, ihm gefielen diese Küsse. Sie waren mit keinem vergleichbar, die er bis jetzt erhalten hatte. Außerdem war es etwas vertrautes, dass ihm Sicherheit gab.

Shay spürte wie Christian sein Hemd öffnete und beschloss, dabei nicht zurückzustehen. Er wollte keineswegs unerfahren wirken. Ja, sie wussten beide dass er das war, nur musste er das nicht unbedingt demonstrieren. Immerhin hatte er ja Erfahrung, nur eben bei Frauen. Aber so verschieden konnte das auch nicht sein.

Seine Hände legten sich auf Christians Brust und strichen darüber, während sich ihre Lippen immer wieder für Sekunden trennten, nur um sich gleich wiederzufinden. Shay strich über die Brust des Älteren, bis er die Knöpfe an dessen Hemd fand und begann sie zu öffnen. So abgelenkt merkte er gar nicht, wie ihn der Ältere zu seinem Bett dirigierte. Das nahm er erst zur Kenntnis, als er die Kante in seinen Kniekehlen spürte und sich setzte.

Christian stand vor ihm und zog sich sein Hemd aus.

Auch Shay befreite sich von seinem Oberteil, was er nur machte, weil er Christian imitierte. Irgendwie wusste er nicht, was von ihm erwartet wurde, oder besser, wie es weitergehen sollte. Nur die Zusicherung, dass er jederzeit nein sagen konnte, nahm ihm etwas von seiner Unsicherheit.

Der Blonde setzte sich neben ihm auf das Bett und legte seine Hand wieder auf die Wange des Braunhaarigen. Doch sie blieb dort nicht lange, bevor sie über den Hals des Jüngern hinab zu dessen Brust strich.

Auch Shay hob die Hand an, stoppte dann aber, weil er nicht genau wusste, was er machen sollte. Er wollte sie schon wieder zurückziehen, als Christian sie ergriff und auf seine Brust legte.

„Mach einfach was dir in den Sinn kommt.“

Das war leichter gesagt als getan, denn das meiste, das ihm im Moment durch den Kopf ging, war, was er alles falsch machen konnte. Aufgrund seiner Unwissenheit war das zwar nicht viel, aber es reichte.

Christian beugte sich zu Shay und küsste ihn, dabei drückte er ihn sanft auf die Matratze unter ihnen. Seine Finger setzten ihre Wanderschaft über den Oberkörper des Jüngeren fort.

Shay überließ Christian nur zu gern die Führung, er wäre damit völlig überfordert. Und die Berührungen der Finger gefielen ihm, es war entspannend.

„Ich will wissen, was dir gefällt, also scheue dich nicht, es mir zu zeigen.“

Shay schloss erschaudernd die Augen, als er Christians Stimme so nah an seinem Ohr hörte. Die Lippen des Anderen glitten über seinen Nacken, den Hals hinab. Das gefiel ihm eindeutig. Seine Hände machten sich selbstständig, als sie sich auf Christians Schultern legten.

Dieser ließ sich davon nicht beirren, sanft biss er in Shays Halsansatz, bevor er weiter der Spur seiner Finger folgte, die ihren Weg bereits beendet hatten und auf Shays Seiten wieder hinaufwanderten.

Die Verbindung der Berührungen von Fingern und Lippen Christians ließ Shay leise aufstöhnen. Er war diese Art von Zärtlichkeit nicht gewöhnt, er war Zärtlichkeit im Allgemeinen nicht gewöhnt. Wie auch, wenn er diese nie kennengelernt hatte?

Christian unterbrach sein Handeln keinen Moment, erst als er beim Bund von Shays Hose angekommen war, stoppte er kurz.

Shay öffnete die Augen und begegnete dem Blick des Älteren, als er nach unten sah. Er wusste nicht genau, was der Andere von ihm erwartete, doch anscheinend hatte er genau das Richtige getan, da Christian damit begann, die Verschnürungen seiner Hose zu öffnen. Für einen kurzen Moment beschlich Shay doch ein ungutes Gefühl, da die Sache nun so aussah, als ob sie ernst werden würde. Er wollte zu einer unsicheren Frage ansetzen, nicht weil er wollte, dass der Andere aufhörte, sondern einfach nur um sich zu vergewissern, doch kam er nicht dazu. Überrascht sog er die Luft ein, als Christian seine intimste Stelle berührte. Nicht, dass ihn das erschreckte, er hatte sich schon öfter selbst Erleichterung verschafft, doch der Andere berührte ihn nicht mit der Hand, sondern mit seinen Lippen.

Fassungslos sah Shay nach unten, auch wenn er nicht viel sah, außer Christians Haaren. Doch er war schockiert über das was der Ältere gerade tat. Natürlich ging das, aber das bedeutete doch nicht, dass man es machen sollte.

Jemand stöhnte erregt und Shay benötigte einen Moment, um zu realisieren, dass dieser Laut von ihm kam. Was auch immer Christian gerade anstellte, es war gut. Seine Hand legte sich auf den Kopf des Älteren und fuhr ihm unkoordiniert durch die Haare. Das war eindeutig besser als alles, was er selbst mit den Händen machen könnte.

Als sich Christians Lippen um seine Erregung legten, musste Shay seine ganze Selbstbeherrschung aufwenden, um seine Hüfte nicht zu bewegen. Denn das konnte nur eines bedeuten und wenn er ihm nun entgegenkam, war das sicher nicht angenehm. Doch auch Christian hatte seine Hände an Shays Hüfte gelegt, wohl um das zu verhindern.

Shay hatte das Gefühl, dass sich sein Verstand verabschiedete. Seine freie Hand krallte sich in das Leintuch unter ihm und sein Atem kam immer stockender. Es fiel ihm immer schwerer sich nicht zu bewegen und Christians Hände, die seine Hüfte fixierten, wurden immer mehr zu einem Störfaktor. Shay hatte das Gefühl, dass sich seine gesamte Wahrnehmung nur mehr auf Christians Lippen und Zunge konzentrierte, die seine Erregung verwöhnten. Als der Blonde plötzlich schluckte und ihn so tiefer in sich aufnahm, konnte Shay nicht anders. Mit einem tiefen, erlösenden Stöhnen verströmte er sich in Christians Mund.

Keuchend und verwirrt wartete Shay, bis sein Höhepunkt wieder abebbte. So war es bis jetzt noch nie gewesen. Nicht als er selbst Hand angelegt hatte und auch nicht mit den Mädchen. Vielleicht lag es auch daran, dass er bei diesen immer selbst hatte arbeiten müssen, vielleicht hatte er aber auch einfach etwas falsch gemacht. Er wusste es nicht und im Moment war es ihm auch egal. Im Augenblick fühlte er sich einfach nur zufrieden und müde.

„Was hältst du davon, wenn wir es für heute dabei belassen?“ Christian war inzwischen wieder auf Augenhöhe gerückt und sah ihn fragend an.

Diese Frage ließ Shay den Älteren schuldbewusst ansehen. Stimmt, bis jetzt hatte ja nur er etwas davon gehabt. Sollte das nicht für beide Teile zufriedenstellend sein? „Soll ich…“

Shay brach ab. Ja, sollte er was? Das, was Christian gemacht hatte konnte er sicher nicht. Aber möglicherweise mit der Hand?

Der Blonde schüttelte den Kopf und lächelte. „Das musst du nicht. Ich denke, für heute reicht es.“

Sanft strich er Shay durchs Haar. „Wir sollten beim ersten Mal nichts überstürzen, schließlich können wir das jederzeit wiederholen.“

Konnten sie? Auch wenn er es ungern zugab, diese Worte beruhigten ihn ungemein. Das hieß, dass wirklich noch Interesse von Christians Seite bestand. Rida hatte Recht behalten. Er nickte zustimmend. „Einverstanden.“

Sollte er nun gehen? Immerhin waren sie ja fertig und Christian wollte sicher nicht, dass ihn jemand dabei beobachtete, wie er am Morgen sein Zimmer verließ.

Christian stand auf um nach seiner Hose zu greifen und auch Shay folgte seinem Beispiel, dabei seine Hose wieder richtend. Als er sich nach seinem Hemd bückte, sah er, wie Christian sich hinlegte. Das war wohl der richtige Moment, um sich zu verabschieden. Er trat einen Schritt zu dem Bett und öffnete den Mund, als Christian plötzlich nach seinem Arm griff und sich zu sich auf das Bett zog. Shay entglitt sein Hemd und es fiel wieder auf den Boden.

„Ich hoffe, du hast nicht vor, dich gleich wieder aus dem Staub zu machen? Denn wenn ja, dann müsste ich das verhindern.“

Bei diesen Worten lächelte Shay sanft, gerade weil der Ältere das ernst zu meinen schien. „Ich denke, dann muss ich wohl nachgeben.“

„Eine weise Entscheidung.“ Er hob die Decke etwas an und ließ Shay darunter schlüpfen. Dabei legte er einen Arm um den Jüngeren.

Die ganze Nacht konnte er sicher nicht bleiben, doch gegen eine kurze Erholung hatte bestimmt niemand etwas einzuwenden. Sobald er aufwachte, würde er gehen, bis dahin wollte er Christians Nähe noch etwas genießen. Mit einem zufriedenen Lächeln schloss er die Augen und schmiegte sich etwas näher an den Älteren.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 41
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Müde regte Christian sich und öffnete schläfrig die Augen. Es überraschte ihn, dass die Sonne zwar schon aufgegangen war, aber noch deutlich zu tief stand. Er war eindeutig zu früh aufgewacht, nun das konnte er ja ändern, indem er sich auf die andere Seite drehte und die Augen wieder schloss. Der Rest passierte dann von ganz alleine.

Eine plötzliche Bewegung neben ihm, ließ ihn jedoch erstarren. Nur einen Augenblick später fuhr sein Oberkörper in die Höhe und er sah sich panisch um. Wo war er und warum hatte Rida ihn nicht schon längst geweckt, wenn er nicht in seinem Bett schlief? Mit einem Mal hellwach sah er sich um. Nein, er war in seinem Zimmer, das stimmte schon. Was nicht stimmte, war die Person neben ihm im Bett, die sollte gar nicht mehr hier sein. Erst nach und nach drangen die Erinnerungen der letzten Nacht wieder an die Oberfläche. Gott, es war wohl doch etwas zu viel Wein gewesen. Aber wenn er sich richtig erinnerte, dann lag Shay neben ihm.

Ein kurzer Blick über seine Schulter, bestätigte Christians Annahme. Es war wirklich der Braunhaarige, dann konnte der Rest, an den er sich erinnerte, ja auch nicht so falsch sein. Trotzdem erklärte das nicht Ridas Nachlässigkeit. Nun ja, er würde sicher eine Erklärung dafür haben. Dafür und für einige andere Sachen, die ihm seit gestern seltsam vorkamen.

Christian legte sich noch einmal hin. Eigentlich war es gar kein so schlechtes Gefühl neben jemanden aufzuwachen, wenn für ihn auch ungewohnt. Er hatte sich in all den Jahren daran gewöhnt, dass die Bettseite neben ihm vielleicht noch warm, aber auf jeden Fall leer war. Das vermied eine Menge Probleme.

Bestimmt hatte Rida das nicht ohne Hintergedanken zugelassen, aber er empfand es nicht als unangenehm. Natürlich würde er das nicht zur Gewohnheit werden lassen, das war klar.

Shay murrte leise und rutschte näher zu ihm, so als suche er seine Körperwärme.

Christian legte einen Arm unter seinen Kopf und lächelte sanft. Auch wenn er gestern nicht zum Zug gekommen war, so fühlte er sich nun gar nicht so unzufrieden.

Die Tür zu seinem Ankleidezimmer öffnete sich lautlos und Rida warf einen Blick in das Zimmer.

Christian hob leicht einen Arm, um ihm zu zeigen, dass er bereits wach war. Erst dann stand er behutsam auf, um Shay nicht zu wecken. Ridas überraschten Blick nahm er mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis. Oft gelang es ihm ja leider nicht, ihn zu überraschen.

Er legte einen Finger auf die Lippen und deutete Rida wieder zurück ins Ankleidezimmer zu gehen, in das er ihm folgte. Heute würden sie es einmal dem Namen entsprechend nutzen. Als Rida ihm die Hose reichte, beschloss Christian das Gespräch zu beginnen. „Also, warum?“

„Warum was?“ Rida verzog keine Miene, als er die Knöpfe des Hemds öffnete.

„Warum hast du ihn schlafen lassen?“ Christian entledigte sich der Hose des Vortags, die er entgegen seiner Gewohnheiten angelassen hatte und schlüpfte in die, die Rida für ihn vorbereitet hatte.

„Weil er keine Frau ist. Außerdem war ich mir in Bezug auf ihn nicht sicher, ob die normalen Regeln gelten.“

Christian sah seinen Freund verdutzt an. Das Erste konnte er ja noch verstehen, nur das Zweite ergab keinen Sinn. „Es gelten immer die normalen Regeln.“

Wie kam Rida nur auf die Idee, das Shay eine Sonderbehandlung bekam? Ja, es störte ihn nicht, was ihm nun selbst auch komisch vorkam, aber sonst war nichts anders.

Rida senkte den Kopf leicht. „Dann habe ich einen Fehler gemacht. Entschuldige.“

Christian seufzte tief. Wie es ihn störte, wenn Rida so unterwürfig reagierte, nur brachte es ja nichts, ihn darauf hinzuweisen. Was das anging, war der Schwarzhaarige leider blind und taub. „Es ist ja nichts passiert.“

Christian versuchte die Sache abzuwiegeln und ließ sich von dem Älteren in sein Hemd helfen. „Ich werde durch dein Zimmer gehen.“

Rida nickte zustimmend. „In Ordnung.“

Gemeinsam sorgten sie dafür, dass Christian präsentabel aussah, was zum Glück nicht allzu schwer war. Als er das Ankleidezimmer verließ, legte er im Vorbeigehen eine Hand auf Ridas Schulter. „Übrigens, du wirst mir demnächst erklären was zwischen Shay und dir vorgefallen ist. Also lass dir eine glaubwürdige Lüge einfallen.“

Er würde ihn nicht anlügen, das verbot sich Rida selbst. Es war ja schon schwer genug ihn dazu zu überreden, für ihn zu lügen. Allgemein legte sich Rida selbst zu viele Zwänge auf, er könnte damit nicht leben, aber für den Älteren schien es zu passen. Warum sollte er sich dann einmischen?

Nun, dann sollte er einmal abwarten wann der Jüngere aufwachte.
 

Shay öffnete verschlafen die Augen, nur um einen Moment später überrascht hochzuschrecken. Wo war er?

Ein Blick auf die leere Bettseite gab ihm Aufschluss darüber. Genau, er hatte die Nacht bei Christian verbracht. Die Nacht?

Sein Blick fiel aus dem Fenster und gleich darauf auf die leere Stelle des Bettes. Wie spät war es? Am Sonnenstand konnte er das nicht genau erkennen, aber die Matratze neben ihm war noch warm. Obwohl das bei Christian nichts aussagte, da der Blonde ihm schon beim ersten Treffen klargemacht hatte, das er vor Mittag nicht aufstand.

Hastig stand Shay auf und schlüpfte in seine Kleidung. Notgedrungen nahm er sich die Zeit all die Knöpfe und Verschnürungen wieder ordnungsgemäß zu schließen. In dieser Hinsicht war die Kleidung der Männer von Vorteil, als Frau hätte er nun ernsthafte Probleme. Warum hatte Christian ihn nicht geweckt? Immerhin müsste ihm doch am Meisten daran gelegen sein, ihn so rasch wie möglich aus seinen Räumen zu bekommen. Das würde er verstehen, immerhin war das nur natürlich. Es war für niemanden am Hofe hilfreich, wenn am frühen Morgen noch der Partner vom Vorabend im Bett lag. Aus diesem Grund fanden nachts auch regelrechte Völkerwanderungen durch die Gänge statt.

Ob Christian noch irgendwo in der Nähe war? Shay öffnete die Tür zum Wohnraum und blinzelte einen Moment überrascht.

„Guten Morgen.“ Christian saß entspannt an einem gedeckten Tisch und hielt eine Tasse in der Hand. Anscheinend hatte er gerade dazu angesetzt einen Schluck zu trinken.

„Warum hast du mich nicht geweckt?“ Seine Frage klang wie ein Vorwurf, wenn das auch nicht in Shays Absicht lag. Nur konnte er seinen Tonfall nun nicht mehr zurücknehmen.

Christian schien ihm das nicht übel zu nehmen und warf einen Blick zu Rida. Ein schadenfrohes Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Tja, es scheint, als hätte da jemand seine Pflichten verabsäumt. Aber ich werde ihm das sicher nicht nachtragen. Ich hoffe doch, du auch nicht.“

Es war keine Frage sondern eine Feststellung, das fiel Shay schon auf. Aus diesem Grund schüttelte er den Kopf. Hoffentlich sah ihn keiner, wenn er den Raum verließ.

Christian deutete auf seinen Sessel ihm gegenüber. „Aber wenigstens gibt uns das die Möglichkeit gemeinsam zu frühstücken. Bitte, nimm doch Platz.“

Erst jetzt fiel Shay auf, das für zwei Leute gedeckt war. Langsam schüttelte er den Kopf. „Ich sollte nun wirklich gehen.“

„Ich glaube nicht, dass es bei der Tageszeit auf ein paar Minuten mehr, oder weniger ankommt. Fragen wirst du deiner Schwester sowieso beantworten müssen, was dir mit einem vollen Magen sicher leichter fallen wird.“

Susan. Dieses Problem hatte er bis jetzt erfolgreich verdrängen können. Natürlich, ihr würde das sicher auffallen und wenn nicht, würden ihre Diener sie davon unterrichten. Und sie würde wie immer ihre Schlüsse daraus ziehen, die in diesem Fall bestimmt nicht falsch waren. Wie betäubt ging er zu dem angebotenen Stuhl und ließ sich darauf sinken. Seine Hand hob sich betroffen zum Mund. „Was soll ich ihr sagen?“

Rida stellte eine Tasse Tee vor ihm ab.

Ein Stück Kuchen in die Hand nehmend, zuckte Christian nur gelassen mit den Schultern. „Das du die Nacht bei einer Frau verbracht hast, natürlich.“

„Das würde sie mir nie glauben.“ In Susans Augen war er asexuell. Keine Frau würde ihm ihrer Meinung nach einen zweiten Blick gönnen, demnach hatte er auch keinen Sex.

„Oh, ich bin sicher für die richtige Summe wird sich Ninja, oder eine ihrer Verwandten sicher als Zeugin hergeben. Natürlich nur, wenn Susan eine Zeugin benötigt. Rida wird das erledigen.“ Damit gab Christian dem Diener ein Zeichen, auf das nur ein Kopfnicken folgte.

Auch wenn ihm diese Möglichkeit nicht behagte, so würde Susan das eher schlucken, als die Eventualität, dass eine Frau freiwillig mit ihm das Bett teilte. So viel Aufwand nur wegen seiner Schwester, da fragte er sich wirklich, ob es das wert gewesen war?

Shay spürte wie ihm das Blut ins Gesicht schoss, als er an letzte Nacht dachte. Um das zu verdecken, hob er die Teetasse zu seinem Mund. Ja, das war diesen Aufwand definitiv Wert gewesen. Es war eine neue Erfahrung gewesen und er bereute keine Minute davon. Warum sollte er auch? Sünde war das gewiss keine.

Nun lächelte Christian wieder wie gewohnt freundlich. „Und wie sieht es aus, bist du bereit einen Schritt weiterzugehen? Zumindest bist du bis jetzt nicht panisch geflüchtet.“

„Bis jetzt.“ Shay erwiderte das Lächeln ebenso freundlich. Er setzte seine Tasse wieder ab und sah nachdenklich darauf. „Ich muss zugeben, es war nicht so schlimm, wie ich dachte.“

Es war peinlich darüber zu reden, doch leider gab es auch Gespräche, die geführt werden mussten. Dieses gehörte leider zu jenen, denn Shay war klar, das in dieser Sache Klarheit herrschen musste. „Doch das war sicher nicht alles.“

Zu diesem Schluss kam Shay eigentlich nur wegen Christians Worten. Dieser deutete ja die ganze Zeit an, dass es da noch mehr gab. Das was sie machten konnte eine Frau doch auch machen, es musste also etwas geben, das es rechtfertigte das zwei Männer dies praktizierten.

Christian lachte und schüttelte amüsiert den Kopf. „Nein, das war noch nicht alles. Das war bei weitem noch nicht alles. Aber für das erste Mal und um sich einen Eindruck zu verschaffen reichte es, oder?“

Das konnte Shay nicht abstreiten. Er hatte eindeutig einen Eindruck davon bekommen, wie Christian es nannte und er war neugierig was es da noch gab. Besser gesagt, was Christian mit seinen Andeutungen meinte. Schweigend nickte er deswegen bei dieser Frage.

Auch ohne eine gesprochene Antwort wurde Christians Lächeln tiefer, so als könnte er sich die Antwort selbst denken. „Aber da ich deine Chancen bei dem Turnier ja nicht verschlechtern will, sollten wir das vertagen.“

„Wieso verschlechtern?“ Das verstand Shay nun nicht so ganz. Warum sollte es seine Chancen verschlechtern, wenn er die Nächte mit Christian verbrachte?

Der Blonde warf einen wütenden Blick zu Rida, dem man deutlich anmerkte, dass er sich ein Lachen verkneifen musste. „Weil,… Rida!“

Das letzte Wort war scharf ausgesprochen, eine eindeutige Ermahnung.

„Entschuldigt. Ich werde vor der Tür warten.“ Damit beeilte sich der Schwarzhaarige das Zimmer zu verlassen.

Shay sah ihm fragend nach. „Habe ich etwas Dummes gesagt?“

Christian seufzte. „Nein. In letzter Zeit ist Rida allgemein etwas seltsam. Egal.“

Er machte eine wegwerfende Handbewegung. ¬„Es ist nichts dummes, aber eine Frage die wohl jeder stellt, der unerfahren ist. Sagen wir so, es könnte deine Beweglichkeit beeinflussen. Aus diesem Grund meine ich, dass wir das vertagen sollten.“

„Aha.“ Shay nickte nicht ganz überzeugt. Irgendwie wusste er nicht, was er von Christians Worten halten, noch wie er sie einordnen sollte. Wahrscheinlich würde er das erst verstehen, wenn es wirklich soweit war.

Es war erstaunlich, wie einfach ihm diese Entscheidung nun fiel. Immerhin hatte er gerade eben den ersten Schritt in eine ihm fremde Welt getan und nun gab es kaum mehr Zweifel. Zumindest nicht jetzt, wenn es wirklich soweit war, kam bestimmt wieder die Angst. Aber im Moment bestand kein Zweifel, dass er weitergehen würde, oder? Wenn er schon einmal damit begann, dann wollte er alles wissen.

„Es mag sein, dass das alles im Moment etwas komisch klingt, das kann ich verstehen. Das alles benötigt eben Zeit.“ Plötzlich leuchteten Christians Augen erfreut, so als wäre ihm eben eine Idee gekommen. „Mir kam gerade ein Gedanke, wie wir beide etwas von dem Turnier haben. Jedes Mal wenn du gewinnst, bekommst du von mir eine Belohnung. Ich hoffe doch, dass dies eine gute Motivation ist.“

„Und wenn ich verliere?“ Shay sah ihn verwundert an. Gab er dann seine Pläne auf? Einmal davon abgesehen, dass seine eigene Sturheit schon Motivation genug war. In seinen Augen gewann dabei nur der Ältere etwas. Aber das war wohl auch der Sinn.

„Nun, das kommt darauf an wie weit du kommst. Glaub mir manchmal kann Lust auch zur Qual werden. Man muss nur wissen wie man es machen muss.“

Shay schauderte leicht. Christians Lächeln in diesem Moment zeigte ihm, dass er genau wusste, wie man das machen musste. Das war keine gute Motivation, da er nun neugierig darauf war.

Allerdings versuchte er unbeeindruckt zu wirken, als er mit den Schultern zuckte. „Meinetwegen.“

„Einverstanden.“ Christian griff nach seiner Hand und schüttelte sie. „Dann hoffen wir, dass du noch viele Kämpfe gewinnst.“

Das hoffte er auch. Erst jetzt wurde Shay klar, auf was für eine unsinnige Abmachung er sich eingelassen hatte. Dabei hatte er doch gar keine Ahnung was ihn erwartete. Sieg und Niederlage wirkten in seinen Augen plötzlich gleich abschreckend und doch auch anziehend. Meine Güte, auf was hatte er sich da nur eingelassen?

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 42
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

„Morgen also?“ Christian tippte mit seinem Zeigefinger gegen den Rand seines Weinglases. Auch sonst wirkte er nicht sonderlich motiviert, was auch kein Wunder war.

Benedikt, der ihm gegenüber saß, nickte leicht. „Ja, leider. Ich kann ihn nicht noch länger warten lassen.“

Am Liebsten hätte Christian einen Fluch auf Benedikts Geschäftspartner losgelassen, andererseits musste er ihm auch dankbar sein. Denn ohne ihn wäre sein Bruder gar nicht erst gekommen.

„Sieh es einmal so, normalerweise wäre ich gar nicht gekommen.“ Benedikt lächelte wissend.

„Ich weiß.“ Dass der Ältere seine Gedanken aussprach, machte die Sache nicht unbedingt besser. Gut, es wurde leichter, wenn Benedikt wieder weg war, aber so wollte er gar nicht zu denken anfangen. Egal wie schwer manche Dinge werden würden, es war sein Bruder. Natürlich war es besser mit als ohne ihn. „Wer wird dich begleiten?“

„Meine Männer, mit denen ich hierhergekommen bin.“ Benedikt schien über diese Frage verwundert zu sein.

Christian sah auf, als zeitgleich mit seinem Seufzen ein zweites erklang. Jedoch klang Ridas Seufzen nicht so wie seines erleichtert, sondern eher unzufrieden. „Ist etwas, Rida?“

Fragend drehte er den Kopf zu seinem Freund.

„Wäre es nicht besser Alan mitzunehmen?“

„Nein, er hat eine Aufgabe, aus der werde ich ihn nun nicht herausreißen. Außerdem wer soll sonst meine Familie beschützen?“ Es schien nicht so, als würde der Blonde über dieses Thema diskutieren wollen. „Ich vertraue Alan.“

Christian teilte diese Einstellung. Solange er genug Geld bekam, konnte man ihm unbeschwert den Rücken zuwenden. Das Problem war nur, was passierte, wenn es nicht mehr genug war. Da setzte Christian lieber auf einen treuen Diener, bei dem er wusste, dass seine Loyalität ihm und nicht dem Gold galt.

Trotzdem nickte er bei Benedikts Worten nur.

„Ich sollte dann einmal gehen. Wie du weißt, hasse ich diese Abschiedsszenen.“ Damit trank Benedikt noch einen Schluck von seinem Wein und stand auf.

Auch Christian erhob sich. Ja, er wusste, dass sein Bruder nichts davon hielt und lieber einen schnellen und wenig emotionalen Abgang wählte. „Danke, dass du trotzdem gekommen bist.“

Der Ältere legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich habe es dir versprochen, oder? Und meine Versprechen breche ich nie.“

Christian zwang sich zu einem Lächeln. „Das stimmt.“

Er richtete seinen Blick auf den seinen Bruders. Geh nicht, bleib noch etwas. Verbringe noch mehr Zeit mit mir. Manchmal bin ich neidisch auf Juliet, weil sie so viel Zeit mit dir verbringen darf. Du bist mein Bruder, der wichtigste Mensch in meinem Leben. Ich liebe dich.

Das alles waren Dinge, die er ihm bei jedem Abschied sagen wollte, weil niemand wusste, ob sie sich wieder sehen würden. Schließlich gab es noch so vieles, das er seinem Vater hatte sagen wollen und das er nun nie wieder nachholen konnte. Diesen Fehler wollte er bei seinem Bruder nicht wiederholen und doch schwieg er jedes Mal aufs Neue. Einfach weil das Dinge waren, die Benedikt nicht hören wollte, die er nicht hören musste. Denn er wusste es und es ging ihm genauso. Christian sah es an seinem gequälten Blick. Jedes Mal fochten sie diesen stummen Krieg mit sich selbst aus und jedes Mal gewann ihr…. Ja was eigentlich? Stolz, Dummheit? Es lag alles so nahe beieinander.

Christian war der Erste, der die Stille zwischen ihnen wieder brach. Das war einfach das, was er am besten konnte. Reden und seine wahren Gefühle hinter einem fröhlichen Lächeln zu verstecken. Das war auch genau die Taktik, die er nun anwandte, auch wenn sein Bruder sie mühelos durchschauen konnte. „Ich werde euch nächstes Jahr besuchen, das ist mein Versprechen.“

Erleichtert lächelte nun auch Benedikt. „Mutter wird sich freuen.“

„Bestimmt.“ Seine Mutter, das war auch der einzige Mensch, zu dem er ehrlich sein konnte, einfach weil ihm keine andere Wahl blieb. Sie mochte es nicht angelogen zu werden und Christian nahm das als Ausrede, um seine Gefühle offen zeigen zu können. Die Frage ‚Du auch?‘ die seinem Bruder galt, verkniff er sich. Die Antwort war offensichtlich.

Betreten sah Benedikt sich ihm Raum um, bevor Christian einfach ruckartig an seine Brust zog und umarmte. „Das sind immer so blöde Momente. Ich… ach du weißt schon.“

Christian gestatte es sich für einen Moment die Augen zu schließen, als er die Umarmung erwiderte. „Ja, ich auch.“

Weiter kamen sie auch nicht, doch das war schon in Ordnung so. Solange sie wussten, was es bedeutete, bestand keine Notwendigkeit es offen auszusprechen. Erst nach einiger Zeit ließ Benedikt seinen Bruder wieder los. Deutlich zufriedener und beruhigter sah er zu, wie sich der Ältere auch von Rida verabschiedete, der die Umarmung wie immer etwas steif hinnahm, und dann das Zimmer verließ. Stumm sah er auf die Tür.

Eine Hand legte sich aufmunternd auf seine Schulter. „Keine Sorge ihr wisst doch wo ihr den Anderen findet.“

„Das ist ja das Problem, Rida. Wir wissen, wo wir uns finden.“ Christian seufzte tief und wandte sich von der Tür ab. In einer Welt, in der der Andere auf Dauer nicht überleben konnte.
 

„Karen, ich mache das alles nur dir zuliebe!“

Die Angesprochene trommelte genervt mit ihren Fingern auf die Tischplatte neben ihr. Ihre Stimme klang ruhig und gefasst. „Nein, Brian. Du machst das, weil du etwas von mir willst. Und ich bin bereit meinen Teil einzuhalten, also wage es nicht jetzt einen Rückzieher zu machen.“

Jeder Mensch, der sie kannte, wusste dass nun Vorsicht geboten war. Es war immer gefährlich, wenn sie so ruhig wurde, denn es war eine gefährliche Ruhe.

Auch wenn Brian das nicht wusste, so wich er instinktiv einen Schritt zurück, bevor er sich seines Handelns überhaupt bewusst wurde. „Ich kann das nicht.“

„Doch kannst du, du hast es oft genug gemacht. Verdammt, wenn sie mit dir schlafen will, dann tu ihr den Gefallen, nur lass dich nicht dabei erwischen. Ich sehe da kein Problem.“ Karen wusste gar nicht, warum ihr Cousin sich nun so anstellte. Als ob es das erste Mal war, dass es zu so etwas kam. Früher hatte er auch nicht gekniffen, zumindest nicht nach dem, was sie gehört hatte.

Brian sah sie geschockt an. „Weiß Tante von deinen Ansichten?“

Mit einem Seufzen zuckte Karen die Schultern. Natürlich, kaum sprach eine Frau so offen wie ein Mann, war das auch gleich wieder anstößig. Das Brian jedoch damit kam, war beinahe schon wieder amüsant. „Sie hat es mir beigebracht. Ich denke also schon.“

Als eine Frau, die von ihrem Mann dominiert wurde, hatte ihre Mutter ganz klare Ansichten. Wenn es Vorteile für sich selbst brachte, war jedes Opfer gerechtfertigt. „Hör zu. So wie ich die Sache sehe, hast du einige Optionen. Entweder du schläfst mit ihr und machst dasselbe durch wie Christian, oder schlimmeres wenn du in flagranti erwischt wirst. Nur halte ich dich nicht für so dumm.“

Dabei lächelte Karen freundlich, ihr Cousin sah auch so schon erbärmlich genug aus. „Du kannst natürlich auch ablehnen, nur wirst du danach wohl als impotent verschrien sein. Es sei denn, deine früheren Partnerinnen setzen sich für dich ein, worauf ich aber nicht hoffen würde. Dann kannst du sie noch hinhalten, wofür du dir aber gute Gründe überlegen solltest. Die letzte Möglichkeit, die ich aber nicht empfehlen würde, wäre, dass du dich über ihr Verhalten bei ihren Brüdern beschwerst, was aber durchaus seltsam und sehr unmännlich wäre.“

Nachdenklich legte sie einen Finger an die Lippen. „Bei der zweiten, dritten und vierten Möglichkeit wäre es aber möglich, dass sie sich von dir trennt und dann kannst du deinen Part der Vereinbarung nicht mehr einhalten. Das wäre zu dumm.“

„Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich denken, du arbeitest mit meiner Mutter zusammen. Sie will mich auch unbedingt an die Frau bringen.“ Genervt griff sich Brian an den Kopf.

Klar doch, sie wollte für immer mit dieser Familie verbunden sein. Gott, alles nur das nicht. Sie hatten schon genug Hunde, die um ihre Füße herumstrichen. Familie konnte man sich nicht aussuchen, aber man konnte bestimmen, wen man einheiraten ließ. Und Susan und ihre Familie wollte sie nicht einmal im Entferntesten Familie nennen. Mit einigen entschlossenen Schritten stand sie vor ihrem Cousin. Sie griff nach dem oberen Teil seines Brustpanzers und zog ihn zu sich hinab, so dass sie auf gleicher Augenhöhe waren. „Wage es nicht, dich erwischen zu lassen. Denn glaube mir, wenn du sie heiraten musst, mache ich dir dein Leben zur Hölle. Mehr noch als es Susan je könnte.“

„Ach das darf ich nicht, aber mit ihr schlafen, soll ich.“

„Ich sage nicht, dass du mit ihr schlafen sollst. Ich sage nur, dass du unsere Vereinbarung einhalten sollst. Welche Maßnahmen dafür notwendig sind, dies zu entscheiden, überlasse ich dir.“ Mit diesen Worten ließ sie ihn los und wandte sich von ihm ab. So als wäre er plötzlich völlig uninteressant geworden. Sie wusste gar nicht, warum er sie mit solchen Dingen belästigte. Wenn man bedachte, dass Karen nach seiner Nachricht wirklich gedacht hatte, dass es um etwas Wichtiges ging…. Was für eine Zeitverschwendung. Wenn er sich bei jemand ausweinen wollte, gab es dafür genug andere willige Frauen, die das gerne machten. Nur sie zählte nicht zu dieser Kategorie. Mit Freundlichkeit und Mitgefühl kam man hier nicht weit.

Brian fluchte und griff nach seinem Schwert. „Ich habe dafür keine Zeit, ich muss gleich kämpfen. Doch euch Frauen werde ich nie verstehen.“

Mit diesen Worten eilte er aus dem Zelt.

Karen legte eine Hand neben den Mund und lächelte freundlich. „Viel Glück, mach uns stolz!“

Es war purer Hohn, wenn man bedachte, dass sie sich eben gestritten hatten. Aber Brian war ehrgeizig genug, um seinen Kampf nicht von solchen Gefühlen beeinträchtigen zu lassen. Er hatte hohe Ziele und um diese zu erreichen, tat er alles. Das lag in ihrer Familie, jeder war so. Vom kleinsten Kind, bis hin zum ältesten Greis, sie alle hatten hohe Ziele, nur kamen sie sich dabei meistens gegenseitig in den Weg. Das war eben das Problem, wenn sich auch die Ziele meistens glichen. Karen kannte Brians Ziele und nutzte dieses Wissen schamlos aus. Auf dem Weg zu einer angesehenen und einflussreichen Braut konnte sie ihm den Weg ebnen und das würde sie auch, egal wie diese Sache ausging. Aber derzeit kam ihr seine Mitarbeit sehr gelegen, weswegen es praktischer war, ihn damit zu erpressen.

Sie verließ das Zelt und sah sich um. Seufzend glitt ihr Blick über die Ritter und ihre Bediensteten. Sie konnte nicht sagen, dass sie mit einem von ihnen näher bekannt war. Wenn man einmal diejenigen ausnahm, die sich sowieso das ganze Jahr hier aufhielten. Wie Christian konnte sie dem Ganzen keine Faszination abgewinnen, doch sie schwamm eben mit dem Strom. Solange sie daraus ihre Vorteile ziehen konnte und ihre eigene Meinung behielt, war daran auch nichts auszusetzen.

Karens Augen leuchteten auf, als ihr Blick auf ein Zelt fiel. Entschlossen ging sie darauf zu. Vorsichtig zog sie die Plane etwas zur Seite. „Ich hoffe, Ihr seid angemessen gekleidet.“

Ohne auf eine Antwort zu warten, zog sie den Stoff zur Seite und trat ein. Wenn man sie zulange vor dem Zelt eines Ritters sah, sorgte das nur für Gerede.

„Ja, warum?“ Erst jetzt schien Shay zu bemerken, wer sein Gast war. „Was macht Ihr hier?“

Sie seufzte bedauernd. „Schade.“

Einen Sessel bemerkend, nahm sie darauf Platz. „Ich bin hier, um Nachforschungen zu betreiben.“

„Ich habe bald einen Kampf.“ Shay machte eine verwirrte Geste in Richtung Eingang des Zeltes. Der Diener, der dabei war seinen Brustpanzer zu schnüren, verdrehte bei dieser störenden Geste nur die Augen.

„Ich weiß. Aber Ihr habt noch genug Zeit, so schnell gibt sich mein Cousin nicht geschlagen.“ Und dann waren noch zwei anderen Kämpfe dazwischen, also hatten sie wirklich noch genügend Zeit.

„Was wollt Ihr?“ Shay wirkte noch immer etwas verunsichert, bekam sich aber langsam wieder in den Griff.

„Ich habe gehört, dass Ihr eine Nacht außerhalb Eurer Räume verbracht habt?“ Karen präsentierte diese Aussage zusammen mit ihrem unschuldigsten Lächeln. Wenn man die Worte damit in Einklang brachte, war es pure Ironie.

„Von we…“ Shay brach ab und warf einen Blick auf seinen Diener. „Selbst wenn, das geht Euch nichts an.“

„Von Susan.“ Nun, nicht von ihr persönlich, doch Karen kannte jeden, mit dem Susan sprach und man mochte sie lieber als die Jüngere. Oder man hatte mehr Angst vor ihr, das war ihr eigentlich egal. Susan selbst sprach nicht mit ihr, sie schien ihr gegenüber eine Abneigung zu hegen. Karen war das nur Recht, es beruhte auf Gegenseitigkeit. Außerdem glaubte sie den Grund zu kennen. Susan war neidisch auf sie, weil sie das Privileg von Christians Nähe genießen durfte. Da war sie aber bei weitem nicht die Einzige. „Und es geht mich etwas an, wenn es mit dieser Sache zu tun hat.“

Für einen Moment erstarrte Shay dann warf er ihr einen bittenden Blick zu. „Können wir das ein anderes Mal besprechen? Ich muss mich wirklich fertig machen.“

„Ich bin Euch dabei gerne behilflich.“ Damit stand sie auf und gab dem Diener das Zeichen zu gehen.

Nachdem er sich bei Shay eine Bestätigung geholt hatte, verließ er das Zelt.

Karen griff nach einem Armschützer und hielt ihn Shay hin.

Dieser fuhr hinein und musterte Karen skeptisch. „Wisst Ihr auch wirklich, was Ihr macht?“

Sie seufzte leicht entnervt. Warum glaubten die Männer immer, dass sich ihre Frauen nicht damit auskannten? Es war keine Kunst einen Mann in eine Rüstung zu bekommen. Außerdem war Shay so gut wie fertig. „Ich habe einen kleinen Bruder, einen Vater, einen Ehemann und eine Menge männlicher Verwandter und nicht jeder von ihnen hat immer einen Diener zur Hand, der ihm behilflich ist.“

Das war der Nachteil einer Rüstung. Ohne Hilfe kam man weder hinein, noch heraus.

Sie zog die Bänder des Armschutzes straff und verknotete sie. „Also?“

Shay seufzte besiegt. „Ich war bei Christian.“

Karen lächelte, als sie sich nach dem zweiten Armschutz umdrehte. Die Wette hatte sie gewonnen. Raoul kam das Vertrauen in seinen Geschlechtsgenossen teuer zu stehen. Wenn man die Wahl zwischen Christian und einer Zigeunerin hatte, nun sie würde Christian nehmen. Aber sie war da auch etwas voreingenommen, schließlich war sie eine Frau.

Sie hielt ihm den zweiten Armschützer hin. „Und? Wie stehen die Dinge nun?“

„Wie meint Ihr das?“ Verwirrt sah sie der Jüngere an.

„Meine Bitte, könnt Ihr sie erfüllen?“ Wohl nicht, wenn sie ihn daran erinnern musste. Allerdings war das auch nichts, das man herbeiführen konnte. So etwas entwickelte sich von selbst, denn die Gefühle des Gegenübers konnte man nicht manipulieren. Mit genug Übung vielleicht, aber die hatte Shay nicht und Christian war ein Meister darin.

Karen seufzte ergeben. „Nein, das war falsch ausgedrückt. Wollt Ihr diese Position einnehmen?“

„Soweit waren wir eigentlich noch nicht.“ Verlegen sah Shay zur Seite. Erst nach einigen Momenten drehte er sich wieder Karen zu. „Aber selbst wenn ich sein Vertrauter werde, so ist das nicht, weil Ihr mich darum gebeten habt, sondern weil ich mich dazu entschieden habe.“

„Es ist Euer freier Wille, das ist mir schon klar.“ Karen verbiss sich ein Grinsen bei diesen Worten. Sie ließ ihm gerne diese Illusion, wenn es ihm half eine Entscheidung zu treffen. So kam er wenigstens auch nie auf den Gedanken eine Gegenleistung für die erfüllte Bitte zu fordern. Diese Einstellung kam ihr in jeder Hinsicht gelegen.

Sie befestigte das Schwert an seiner Hüfte und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Ich wünsche Euch viel Glück.“

Damit ging sie zum Eingang und verließ das Zelt. Wirklich erfahren was sie wissen wollte, hatte sie nicht. Aber es war schon erfreulich zu hören, das Shay dem Ganzen nicht mehr so abgeneigt gegenüberstand, wie noch vor einigen Wochen. Egal ob das Christian oder ihr zu verdanken war, es war auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht konnte es diesmal wirklich etwas werden. Sie wünschte es für Christian, aber wie gesagt, Gefühle konnte man oft nicht lenken. Deswegen sollte sie einfach auf das Beste hoffen. Es wäre schön, wenn Christian auch endlich jemanden finden würde, dem er vertrauen konnte. Jemand der mehr war als nur ein Freund und Shay hatte dafür gute Voraussetzungen. Es musste einfach klappen.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 43
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

„Ist er das?“

Christian nickte auf die Frage des Adeligen neben ihm abwesend. Noch vor dem Kampf hatte er mit ihm über Shay gesprochen. Schließlich hatte er dem Jüngeren versprochen, für ihn zu werben. Das war ja auch der Grund, warum sich Shay so anstrengte, damit er bemerkt wurde. Jetzt hatte er einen weiteren Kampf geschafft, was eine erstaunliche Leistung für jemanden mit seinen Fertigkeiten war.

Sein Blick glitt zu der Tafel der Teilnehmer. Nun ja, spätestens nach dem nächsten Kampf war sein Aufstieg zu Ende. Niemand mit Shays Fähigkeiten besiegte ihren Prinzen, dafür war Casey zu gut und zu entschlossen. Trotzdem hatte er schon einige Interessenten, die an seinen Fähigkeiten interessiert waren. Alles nur niedere Adelige, aber mehr als Shay zuvor gehabt hatte. Es entwickelte sich alles bestens für ihn. Warum nur freute ihn das nicht?

Karen stieß ihm leicht in die Seite und lächelte ihm aufmunternd zu, als er ihr einen Blick schenkte.

„Er würde gut in meine Gruppe passen.“ Der junge Adelige neben Christian nickte anerkennend. Zufrieden stand er auf und verließ die Tribüne.

Christian sah ihm einen Moment lang nach. Dann stand auch er auf und verließ die Tribüne, in die entgegengesetzte Richtung seines Gesprächspartners.

„Das ist doch toll, oder? So hat Shay große Chancen, auch nächstes Jahr wieder am Turnier teilnehmen zu können. Besser, er hat endlich die Möglichkeit auf ein selbstbestimmtes Leben.“ Karen, die ihm gefolgt war, lächelte fröhlich. Es war deutlich zu erkennen, dass sie sich für den Jüngeren freute.

„Ja, es ist toll.“ Mehr als ein leises Brummen war kaum von ihm zu verstehen. Genau, es war toll, dass Shay es soweit geschafft hatte. Es war gut, dass sich Adelige für ihn interessieren, denn genau das, war ihr Ziel gewesen.

„Lord Tiran ist auch kein unangenehmer Herr, außerdem ist er sehr freundlich. Wenn er Shay wirklich ein Angebot macht, hat er Glück. Man könnte es deutlich schlechter treffen.“ Unbekümmert sprach Karen weiter, so als merke sie Christians schlechte Laune gar nicht.

„Ich weiß!“ Christian hielt überrascht inne. Was war mit ihm los? So hatte er eigentlich gar nicht reagieren wollen. Karen so anzufahren zu werden, hatte sie nicht verdient. Aber er wollte einfach nichts mehr über dieses Thema hören und schon gar nicht darüber diskutieren.

Mit einem Seufzen sah er seine Freundin an. „Karen, können wir dieses Thema bitte lassen? Ich will nun wirklich nicht darüber reden.“

Karen sah ihn einen Moment erschrocken an, dann nickte sie zustimmend. „Du musst nicht gleich so aufbrausen.“

„Ich weiß, es tut mir leid.“ Das tat es wirklich. Seine Reaktion war unangemessen heftig ausgefallen und das jemanden gegenüber, der ihm wichtig war. Das war nicht richtig.

Karen warf ihm einen Blick über die Schulter zu. „Obwohl ich deinen Stimmungsumschwung ja seltsam finde. Hast du ihn zuvor nicht selbst so angepriesen?“

Es war klar, dass sie dieses Thema nicht ganz fallen lassen würde. Das lag einfach nicht in ihrer Natur. Karen war neugierig und das führte dazu, dass sie solange nachbohrte, bis sie hatte, was sie wissen wollte. Egal wie unangenehm es dem Anderen war, und er stellte da keine Ausnahme dar.

„Ich frage mich, ob es damit zu tun hat, dass Bastians Ländereien am äußersten Rand des Reiches liegen? Da die Reise von dort hierher lange dauert, ist es klar, dass er nur einmal im Jahr zum Turnier hierher reisen würde.“

Christian versuchte sich nichts anmerken zu lassen, doch sie hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Bastian Tiran besaß ausgedehnte Ländereien und gehörte eigentlich gar nicht mehr zu den niederen Adeligen. Da er jedoch ihre Grenze sicherte und sich so nicht um das Geschehen am Hofe kümmern konnte, hatte es seine Familie nie zu sonderlichen Einfluss gebracht. Und da Einfluss gleich Macht war und der Status einer Familie daran bestimmt wurde, zollte man ihm nicht besonders viel Aufmerksamkeit. Christian jedoch mochte ihn und fand ihn sympathisch. Vielleicht weil er sich nicht in die Geschehnisse des Hofes einmischte und ein einnehmendes Wesen hatte. Er wusste es nicht und es gab auch keine Veranlassung, dem auf den Grund zu gehen. Nur im Moment schwand diese Sympathie zunehmend. Allerdings war das eine Chance für Shay, die er ihm nicht verbauen wollte.

„Das ist wohl der Grund.“ Es war keine weitere Frage von Karen, sondern eine Feststellung.

Christian lächelte unschuldig. „Wenn es das wäre, dann hätte ich ihn Lord Tiran wohl kaum ans Herz gelegt, oder?“

Sie schüttelte entschlossen den Kopf. „Doch hättest du, weil du es Shay versprochen hast. Du bist zu ehrlich, Christian. Wenn du es kannst, dann hältst du deine Versprechen. Das ist deine Erziehung, da kann man nichts dagegen machen.“

Karen zuckte mit den Schultern, so als ginge sie das nichts an.

Manchmal verfluchte er Karens messerscharfen Verstand, der ihn oft genug in Bedrängnis brachte. Sie sah Dinge, die nicht für ihre Augen bestimmt waren und zog Schlüsse, die genau ins Schwarze trafen. Für eine Frau eine ausgesprochen lästige Eigenschaft. Teilweise war er auch selbst schuld, immerhin zog er sie ins Vertrauen und erzählte ihr so einiges. Aber sie vergaß ja leider nichts und schaffte es sogar aus Belanglosigkeiten das für sie Wichtige zu filtern. Wäre sie ein Mann, dann wäre sie ein ernstzunehmender Gegner. Die Welt und er hatten Glück, das sie als Frau geboren wurde und nur begrenzte Mittel hatte. Als Mann könnte sie die Welt erobern, als Frau beschränkte sie sich auf diesen Hof.

„Selbst wenn, spielt das keine Rolle. Er benötigt etwas, um sich von seiner Familie zu lösen und so gerne ich es auch würde, ich kann ihn nicht in meine Dienste nehmen.“ Ja, er hatte darüber nachgedacht, doch es ging nicht. Das würde nur Fragen aufwerfen, Fragen die Christian normalerweise ignorierte. Doch das ging nicht, wenn sie von Benedikt kamen. Ihn konnte er nicht anlügen, das hatte er noch nie und wegen einer solchen Sache würde er nicht damit anfangen.

Karen musterte ihn eingehend und seufzte dann tief. „Du hast so ein Glück, dass ich dich mag und auf deiner Seite stehe. Wie du mich gebeten hast, habe auch ich Interessenten für Shay gesucht. Wenn du Glück hast, nimmt ihn einer von ihnen in seine Dienste. Denn anders als du, habe ich Leute gesucht, die in der Nähe leben. Und einer zeigt sich sehr interessiert an Shay. Es würde mich nicht wundern, wenn er schon bald ein Angebot von ihm bekommt.“

„Wer ist es?“ Die Leute, die in der Nähe wohnten, würden kein Interesse an Shay haben. Das waren alles einflussreiche Persönlichkeiten mit genug Geld, um sich die besten Kämpfer im ganzen Land zu leisten. Shay ging da doch völlig unter.

Die Schwarzhaarige lächelte nur geheimnisvoll. „Das wirst du vielleicht schon bald sehen. Bis dahin bleibt es noch mein Geheimnis, ich will ja nicht, dass du dich einmischt. Shay soll seine eigene Entscheidung treffen. Das was für ihn das Beste ist und nicht für uns, oder?“

Christian knirschte mit den Zähnen. Sie hatte schon wieder Recht, auch wenn ihm das nicht gefiel. Bei dieser Sache ging es alleine um Shay und keiner von ihnen sollte ihn dabei beeinflussen. Schon gar nicht aus egoistischen Gründen, so wie er selbst. „Du hast Recht.“

„Du ahnst nicht, wie gerne ich das aus deinem Mund höre.“ Mit einem zufriedenen Seufzen wandte sich Karen wieder dem Weg vor ihnen zu.

Das konnte er sich vorstellen, schließlich gab er das auch nur sehr ungern zu. Er beschleunigte seine Schritte Richtung Schloss. Je eher wieder mehr potentielle Opfer um sie herum waren, umso besser war das für ihn. Das lenkte ihre Aufmerksamkeit wenigstens wieder von ihm ab. „Der Tag ist noch jung, wir sollten uns eine Beschäftigung dafür suchen.“
 

Shay schüttelte den Kopf, als er sein Zelt betrat. Das war kein guter Kampf gewesen, nicht in seinen Augen. Ein Sieg, ja, aber kein guter Kampf. Er war mit seinen Gedanken ganz woanders gewesen. Bei Dingen, an die er in einer solchen Situation gar nicht denken sollte. Daran hatte nur Christian mit seinen Worten Schuld. Er hatte sich mehr darüber Gedanken gemacht, was im Falle eines Sieges passieren würde, als sich darauf zu konzentrieren, wirklich zu siegen. Zum Glück war sein Gegner ungeübter als er selbst gewesen, entweder das, oder er war auch nicht bei der Sache gewesen. Shay war es gleich, da es sich zu seinen Gunsten ausgelegt hatte. Nur so würde er wohl kaum Interessenten finden und das war ja sein Ziel, er wollte sich gewinnbringend verkaufen. Laut Christian reichte es, wenn man weit genug kam, doch daran glaubte er nicht. Man würde doch auch seine Technik bemerken und bewerten. Dabei sein ist alles, das zählte hier nicht. Und wenn er weiterhin so unkonzentriert war, dann würde er auch sein Versprechen sich selbst gegenüber nicht halten können. Dabei wollte er doch unter allen Umständen sein Bestes geben.

Allein Christian konnte er daran aber auch nicht die Schuld geben, weil er selbst dem doch auch nicht so viel Bedeutung zollen musste. Wer wusste schon, ob das wirklich ernst gemeint war? Shay streckte die Arme automatisch von sich, als sein Diener das Zelt betrat. Es war ja auch in seinem Sinn, wenn er so rasch wie möglich aus dieser Rüstung kam.

Es war alles etwas kompliziert, seine Gedanken waren total durcheinander. Außerdem konnte er nicht leugnen wegen dieses Sieges nun aufgeregt zu sein. Einfach weil er nicht wusste, ob und wie Christian sein Versprechen wahrmachte. Aber es war eine Abmachung zwischen ihnen gewesen, oder? Sie hatte sich die Hand gegeben, demnach mussten sie es einhalten. Er hatte gerade eben seinen Teil eingehalten, nun lag es an Christian. Nur wollte er das?

Hastig schüttelte Shay den Kopf. Seinem Diener, der überrascht innehielt, deutete er nur weiterzumachen. Natürlich wollte er das, für Zweifel war es allgemein schon etwas zu spät. Den bedeutenden Schritt auf Christian zu, hatte er schon getan. Jedes Zurückweichen würde man nun als Schwäche werten. Nein, nicht man, sondern Christian und gerade vor ihm wollte er nicht als Schwächling, oder gar Feigling dastehen. Dass er dies war, dafür hatte er ja schon genug Beweise bekommen, da brauchte er nicht auch noch mehr. An diese Sache musste er keinen Gedanken mehr verschwenden, da schon alles geregelt war. Er hatte eingewilligt, mit Christian das Bett zu teilen, er hatte ihm gesagt, dass es nicht unangenehm war und deswegen gab es keinen logischen Grund, warum er nun einen Rückzieher machen sollte. Es sei denn er hatte Angst. Die hatte er zwar noch, doch diese würde er nicht als Ausrede gelten lassen. Schon gar nicht vor sich selbst.

Als der Brustpanzer von seinen Schultern genommen wurde, fühlte er sich sichtlich erleichtert. Die Rüstung wog doch so einiges, nur nahm er das immer erst wahr, wenn er sie wieder auszog. Von seiner plötzlichen Bewegungsfreiheit wollte er gar nicht sprechen.

Vor dem Zelteingang war ein leises Hüsteln zu vernehmen.

Shay sah fragend zu seinem Diener, der diesen Blick ebenso fragend erwiderte. Er kam der Frage seines Dieners zuvor. „Ich erwarte niemanden.“

Christian würde ihn doch nicht schon wieder in seinem Zelt aufsuchen. Wenn doch, dann musste er ihm klarmachen, dass das vielleicht nicht das Beste war. Schon Karens Besuch war mehr als unangenehm gewesen, vor allem wenn er an die etwaigen Folgen dachte. Wenn Christian ihn nun auch auffällig oft besuchte, würde das bald die wildesten Gerüchte geben. Susans Gerede reichte ihm jetzt schon, von ihren Eifersuchtsattacken ganz zu schweigen und das Letzte, was er wollte, war, dass Liam irgendetwas davon zu Ohren kam. Wer wusste schon, wie dieser darauf reagierte. Wenn er nicht mehr auf ihn angewiesen war, konnte er das gerne erfahren, aber nicht jetzt.

Allerdings würde Christian vor dem Zelt warten? Stirnrunzelnd sah er seinem Diener nach, der das Zelt verließ. Auch wenn viele Geräusche von draußen an sein Ohr drangen, so konnte er nicht verstehen mit wem, oder über was sein Diener sprach.

Nach einigen Minuten kam er wieder. „Vor dem Zelt steht ein Diener. Er meint, er hätte eine Nachricht an Euch, von einem anderen Lord.“

„Ich werde ihn empfangen, sobald ich fertig bin.“

Sein Diener verließ das Zelt wieder um seine Antwort dem Boten mitzuteilen. Währenddessen bückte sich Shay zu seinen Beinschützern, um die Verschnürungen daran zu lösen. Einen Moment später war sein Diener wieder da, um ihm dabei zu behilflich zu sein. Es dauerte noch einige Minuten, bis Shay wieder präsentabel war, um sich jemanden zu zeigen.

Er nahm in seinem Sessel Platz und zog einen Kelch zu sich. Noch war dieser leer, doch das konnte man rasch ändern. Jedoch hörte er sich lieber zuerst an, was dieser Diener ihm zu sagen hatte.

Die Zeltklappe öffnend, deutete sein Diener dem Anderen einzutreten. Dieser verbeugte sich höflich.

Shay musterte ihn aufmerksam. Er trug die Kleidung eines Palastdieners, was entweder hieß, dass derjenige, der ihm eine Nachricht schickte, nicht wollte, dass man seine Identität herausfand, zum Gefolge der Königsfamilie gehörte, oder einfach keinen seiner eigenen Diener entbehren konnte. Die Diener des Palastes waren Allgemeingut, jeder konnte sie mit einer Aufgabe betrauen, wenn es diese sie nicht von ihren eigentlichen Arbeiten abhielt. Doch Botengänge für einen Adeligen waren keine Seltenheit. Aus diesem Grund war alleine das nicht wirklich aufschlussreich.

„Lord Feran, mein Herr hat mir aufgetragen, Euch eine Botschaft zu übermitteln.“

Ob er ihn nach seinem Auftraggeber fragen sollte? Aber vielleicht würde er das sowieso gleich erfahren. Wenn nicht, konnte er danach noch immer fragen. Denn dass er ‚mein Herr‘ sagte bedeutet nicht unbedingt, dass es wirklich sein Herr war. Das war pure Höflichkeit. „Und welche wäre das?“

Der Diener richtete sich wieder auf und lächelte leicht. „Mein Herr, würde Euch gerne in seine Dienste nehmen, als einen seiner Ritter.“

Shay blieb bei dieser Nachricht für einen Moment die Luft weg. Natürlich war es möglich gewesen, nur hatte er nicht damit gerechnet. Konnte es wirklich so einfach sein? Aber Moment, nun musste er schon wissen, wer hinter all dem steckte. Einem Unbekannten konnte er nicht einfach so zusagen. „So eine Entscheidung kann ich nicht einfach so treffen. Schon gar nicht, wenn ich den Namen deines Herrn nicht kenne.“

„Mein Herr verlangt nicht sofort eine Antwort und auch der weitere Ausgang dieses Turniers für Euch ändert nichts an seinem Angebot. Ich darf Euch den Namen sagen, jedoch legt er Wert darauf, dass Ihr dieses Angebot verschwiegen behandelt.“

Das war ziemlich viel Aufwand, wegen eines solchen Angebotes, aber vielleicht war das ja normal? Shay nickte dem Diener zustimmend zu.

Er wollte nun wirklich wissen, wer ihm dieses Angebot machte.

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 45
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Erst nach einigen Minuten öffnete Shay wieder die Augen und sah Christian fragend an. „Soll ich auch…?“

Selbst wenn es sein zweiter Anlauf war, er brachte es einfach nicht über sich, diesen Satz auch zu Ende zu führen. Dabei war es doch nur eine einfache Frage. Für ihn war es jedoch peinlich über solche Dinge zu sprechen. In seiner Familie wurde auch nicht darüber gesprochen. Weder über die Dinge, die ein Mann mit einer Frau machte, noch über etwas anderes, denn das war sowieso undenkbar.

Christian lächelte sanft und legte eine Hand auf die Schulter des Jüngeren. „Nein, das muss nicht sein.“

„Ich will es aber.“ Von seiner eigenen Entschlossenheit überrascht, zuckte er zusammen. Etwas leiser und deutlich unsicherer fuhr er fort. „Ich will es. Sonst würde es mir so vorkommen, als hätte nur ich Vergnügen daran. Und das ist keine schöne Vorstellung.“

Bereits in seiner Kindheit hatte er gelernt, dass er für alles das ihm zuteilwurde einen Preis zahlen musste. Ob er wollte, oder nicht. Hier jedoch wollte er es. Er wollte Christian etwas zurückgeben, für das, was er von ihm bekommen hatte.

„So ist es aber nicht. Keine Sorge, ich bin auch auf meine Kosten gekommen.“ Der Ältere winkte leicht ab.

Also wenn er das an seiner Hüfte richtig interpretierte, dann log ihn Christian gerade an. Und der Spielraum ließ wirklich nur wenig Platz für andere Auslegungen. Vielleicht musste er nur das Offensichtliche aussprechen? „Du lügst.“

Die Hand, die durch sein Haar strich stoppte und Christian lächelte nun nachsichtig. „Ja, das stimmt. Aber ich will dich zu nichts zwingen, wenn du nicht soweit bist. Und du kannst die Sache ja nicht einmal beim Namen nennen.“

Lag da ein Vorwurf in der Stimme des Blonden? Ging es ihm etwa zu langsam? Shay unterdrückte diese unangenehmen Fragen in seinem Inneren, die nur auf Vermutungen basierten. Nur weil man jemanden zu nichts zwang, hieß das nicht, dass man bereit war zu warten. Und wenn das einzige Problem darin lag, dass er Probleme hatte es auszusprechen…

Shay befeuchtete seine Lippen, bevor er unsicher zu sprechen begann. „Ich will dir auch… Erleichterung verschaffen.“

Er atmete kurz durch, da er den letzten Teil des Satzes in einem Atemzug hervorgepresst hatte. Zum Glück war es bis auf die Strahlen des Mondes, die durch die großen Fenster fielen dunkel. Seine Gesichtsfarbe war schon nicht mehr als rot zu bezeichnen, sondern lag schon weit darüber.

Christians Hand glitt aus seinem Haar und blieb auf Shays Wange liegen. „Einverstanden. Aber du kannst jederzeit aufhören.“

Shay nickte zustimmend, obwohl er gar nicht wusste, ob der Ältere das sehen konnte. Er beugte sich zu ihm und küsste ihn innig. Inzwischen konnte er sich ja in diesem Gebiet schon auf einige Erfahrungen berufen. Seine Hand glitt über die Brust des Blonden, stoppte aber an dem Bund seiner Hose. Etwas zögernd und deutlich unerfahren löste er die Verschnürungen von dieser. Er war es gewohnt seine eigene Hose auszuziehen und manchmal musste er nicht einmal das, aber es war seltsam, das bei einem anderen zu machen.

Als er diese Hürde geschafft hatte, schob er mit Christians Hilfe die Hose etwas hinab. Seine Hand wieder von ihm lösend, hob er sie, ballte sie kurz vor dem Ziel aber noch einmal zur Faust. Shay wusste wie es ging, aber er fühlte sich so unwissend, immerhin hatte er das bis jetzt nur bei sich selbst gemacht. Dann aber gab er sich einen Ruck und ergriff Christian Erregung. Er würde einfach das machen, das ihm selbst auch gefiel. So falsch konnte das ja nicht sein.

Seine Finger glitten über die Erregung des Älteren, während er immer neue Küsse mit ihm austauschte. Shay hatte nicht wirklich große Hoffnungen, dass seine unerfahrenen Berührungen ihn sonderlich erregten, aber vielleicht reichte es ja doch. Er hoffte es jedenfalls.

Auf eine Reaktion musste er nicht lange warten, da sich Christians Atmung bereits beschleunigte. Plötzlich fühlte Shay wie sich eine Hand um seine eigene schloss. Sie war nicht fordernd oder ungeduldig, sondern ruhig und führend. Shay verstand was Christian damit bezweckte, er war keineswegs von seinen Künsten genervt, sondern wollte ihm einfach nur zeigen, was er wollte und auch was ihn erregte.

Langsam bewegte sich seine Hand von Christians geführt schneller. Eine Abfolge von streichelnden und fordernden Bewegungen, bis sich seine Hand vollends um Christians Erregung schloss.

Shay verfluchte nun die Dunkelheit, die ihm zuvor Deckung geboten hatte, da sie auch ihn nichts sehen ließ. Er würde zu gerne das Gesicht des Älteren sehen, welches Gesicht er machte, wenn er Lust empfand, wie sein Blick war. So eine Möglichkeit würde sich vielleicht nie wieder ergeben.

Ein leises Stöhnen war von Christian zu hören, ansonsten nur lautes Atmen.

Shay konnte das verstehen, auch er unterdrückte seine Stimme bei dieser Tätigkeit. Es war ihm sowieso unbegreiflich, warum er es bei Christian nicht so hielt, oder besser es nicht halten konnte.

Seine Hand bewegte sich immer schneller, auch wenn Christians Hand sich bereits zurückgezogen hatte. Der Körper des Älteren spannte sich mit einem Mal an und Shay spürte, wie etwas seine Hand und Unterarm traf. In Ermangelung einer Alternative, benutzte er die Bettdecke, um sich abzuwischen.

Shay legte sich wieder neben Christian, allerdings nur für kurze Zeit. Dann stand er auf und zog seine Kleidung wieder an.

„Bleibst du?“

Der Braunhaarige drehte sich zu der Gestalt im Bett und schüttelte den Kopf. „Nein, heute nicht. Es geht nicht.“

Eine weitere Nacht auswärts würde ihm seine Schwester nicht abkaufen. Allerdings würde es sicher nicht lange dauern, bis sie sich wieder trafen. Der Hof war groß, aber nicht so groß, das man jemandem aus dem Weg gehen konnte. Shay wusste das, immerhin hatte er es bereits versucht.

Als er fertig angezogen war, beugte er sich zu dem Älteren und küsste ihn noch einmal. Es war ein Kuss, der wirklich Ewigkeiten zu dauern schien.

Mit einem zufriedenen Lächeln und der festen Entschlossenheit nicht auf das Ziehen einer gewissen Körperstelle zu achten, verließ er Christians Zimmer. Das war wirklich ein gelungener Abend und nun hatte er auch endlich konkrete Vorstellungen, wie es danach weitergehen sollte. Zumindest hoffte er das diesmal.
 

Christian prostete grüßend einem Freund zu, der an ihm vorbeiging. Wie jeden Abend war der Saal wieder gut besucht, wie immer zu Zeiten des Turniers. Ritter und Adelige, beide benötigten Abwechslung und die fanden sie hier. Zum Glück war er im Moment nicht sonderlich gefragt. Er war das ganze Jahr hier, manche der Ritter nur ein paar Wochen und frisches Blut war hier sehr begehrt. Ihm war es nur Recht, das gab ihm einmal genug Ruhe, um sich den wirklich wichtigen Dingen zu widmen.

Er lächelte, als er Karen auf sich zukommen sah. Das war die Person, die ihn mit den wirklich wichtigen Dingen wie Informationen versorgte. Heute jedoch gebührte ihr seine Anerkennung.

Karen stellte sich wie zufällig neben ihn, ihr Blick glitt durch den Raum.

„Du bist gemein.“

Sie drehte ihm den Kopf zu und lächelte unschuldig. „Oh, du hast schon davon gehört?“

Christian verbeugte sich vor ihr, wobei er sein Glas leicht in ihre Richtung hielt. „Ich verbeuge mich vor deiner Bosheit. Lass mich bitte nie dein Feind sein.“

Amüsiert lachte die Schwarzhaarige. „Tja, das liegt ganz an dir und deinem Benehmen.“

Reumütig richtete sich Christian wieder auf und sah sie an. „Ich gelobe Besserung, was das angeht.“

Seufzend nippte sie an ihrem Glas. „Dabei ist das doch nichts Schlimmes. Es ist doch nur ein Hautausschlag.“

„Fakt?“ Das interessierte Christian nun wirklich. Nicht, dass er auf solche intimen Details scharf war, doch wenn er schon einmal mit der Quelle sprach, konnte er das auch fragen.

Karen sah ihn grinsend an. „Warum? Interessiert?“

„Brennend.“ Sie tauschten ein Grinsen aus, wie es sonst nur Kinder machten, denen soeben ein guter Streich gelungen war. Und eigentlich unterschied es sich kaum davon, sie hatten wirklich einen guten Streich geschafft.

Karen zuckte desinteressiert die Schultern. „Möglich, ich habe keine Ahnung. Doch das interessiert hier doch keinen. Hauptsache es ist eklig.“

Da hatte sie Recht. Je brisanter das Gerücht, umso schneller verbreitete es sich. Wer fragte schon nach der Wahrheit, wenn die nur halb so interessant war? Lange würde es sich aber nicht halten, es war ja nur ein Hautausschlag, wenn er auch nur durch zuviel Unzucht entstand. Außerdem an sehr intimen Stellen, was wiederum für Spekulationen sorgte. Doch das war nur ein Aufschub. Bei dem Hass, den Karen Susan jedoch entgegenbrachte, würde sie nicht einmal warten, bis sich dieses Gerücht im Sand verlief, bevor sie etwas nachschob. Wenn Christian Susan nicht schon kennengelernt hätte, dann würde er beinahe Mitleid mit ihr haben. Aber da er sie kannte, erübrigte sich das. Es wäre nur verschwendet, Susan verdiente es eher, dass auch er begann, Gerüchte zu streuen. Leider lag ihm das nicht so wie Karen. „Aber bringt das nicht auch Brian in Verruf?“

Nicht dass er sich um ihn sorgte, das war Karens Aufgabe, aber er war im Moment der Einzige, der sich um Susan bemühte.

„Er wollte, dass ich endlich aktiv werde. Wenn er nun irgendwelche Beschwerden hat, ist das sein Pech.“ Sie seufzte und schüttelte den Kopf. „Susan war bei den Zigeunern.“

„Ah.“ Verstehend hob Christian den Kopf. Wenn das bekannt war und sei es nur einer Hand voll Leuten und diese nun auch dieses Gerücht hörten, würden sie ihre eigenen Schlüsse ziehen. Das machte die Sache doch gleich noch etwas interessanter.

„Mir ist es ja egal, womit sich die Leute bei den Zigeunern eindecken. Ich halte es ja genauso. Aber der Spaß hört auf, wenn man meinem Cousin vielleicht ein Aphrodisiakum in den Wein mischen will. Ich will so etwas nicht in meiner Familie haben.“

„Hast du ihn gewarnt?“ Diese Gerüchte waren ja nichts auf das Brian hören würde. Einfach weil er damit gerechnet hatte, oder? Wie viel wusste ihr Cousin von Karens Plan?

Karen schnaubte genervt. „Natürlich. Außerdem weiß er, dass ich ihm eine Zwangsehe mit Susan niemals verzeihen würde. Das wirkt besser als jede andere Warnung.“

Karens lebenslanger Zorn? Christian wollte sich diese Möglichkeit nicht einmal vorstellen. Da half einem ja nicht einmal mehr die Flucht in ein Kloster, das für manche wirklich der letzte Zufluchtsort war. Eigentlich stellte er sich die Frage, warum Karen die Jüngere so hasste, anders konnte man es wirklich nicht mehr bezeichnen, es war doch sicher nicht nur wegen ihm. Aber etwas hielt ihn davon ab diese Frage zu stellen. Er hatte das Gefühl, dass er die ehrliche Antwort möglicherweise gar nicht hören wollte. „Irgendwie tut er mir leid.“

„Blödsinn.“ Karen winkte nur gelassen ab. „Er ist ein großer Junge, da sollte er schon wissen, worauf er sich einlässt. Und er wird immerhin fürstlich belohnt dafür.“

Nun, dann hielt sich sein Mitleid in Grenzen. Wenn er auch gerne wissen würde, was es wert war, sich längere Zeit mit Susan abzugeben. Sie war die Art Frau, die es schaffte einen Mann nach der Hochzeit zu zerstören, wenn er nicht schnell genug war und das unterband.

„Wie läuft es bei deinen Plänen?“

Christian merkte den kurzen Seitenblick, den sie ihm bei dieser Frage zuwarf. Wahrscheinlich hatte sie schon mit Shay gesprochen. Nein, bestimmt hatte sie schon mit dem Jüngeren gesprochen, eben weil sie wusste, dass er darüber meistens schwieg. So hob er auch diesmal nur das Glas etwas an. „Ein Ritter genießt und schweigt.“

Skeptisch ließ die Schwarzhaarige den Blick über die Anwesenden gleiten. Dann schüttelte sie leicht den Kopf, so als hätte sie ein Urteil getroffen. Ihre Stimme klang bei ihrer Antwort zweifelnd. „Nein. Also nein, ich glaube nicht. Selbst wenn, bist du eine seltene Ausnahme und außerdem kein Ritter.“

„Ich bin ein Lord.“ Christian schaffte es angemessen empört zu klingen. Seinen Titel hatte er zwar nur der Gnade seines Vaters zu verdanken, doch das schmälerte ihn nicht. Sein Vermögen war das seiner Familie und das war beträchtlich. Er konnte nichts dafür, dass er zu den wenigen Ausnahmen gehörte, wo der Bruder alles mit ihm teilte.

„Ja und das will ich dir auch nicht absprechen, aber du bist kein Ritter. Dein Tagewerk ist nicht der Schwertkampf. Du bist ein Adeliger mit Leib und Seele. Wo andere Schweiß am Schlachtfeld hinterlassen, hinterlässt du ihn bei anderen Tätigkeiten.“

Diese Umschreibung ließ Christian grinsen. Damit hatte seine Freundin den Nagel auf den Kopf getroffen, sie kannte ihn eben schon zu gut. „Wenigstens hinterlasse ich Schweiß.“

Die meisten Adeligen sahen das ja nur bei anderen.

„Wohl wahr.“ Karen neben ihm seufzte leise.

„Was hast du als nächstes vor? Wie werden die Gerüchte aussehen?“ Es war vielleicht eine seltsame Frage, doch Christian sprach von ganz speziellen Gerüchten und die kamen nun einmal von Karen.

„Im Bezug auf Susan?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Einmal sehen, wie sich alles entwickelt.“

„Dann wünsche ich dir viel Erfolg.“

„Danke.“ Lächelnd stieß sie mit ihren Glas an Christians an. „Den wünsche ich dir auch bei deinem Genuss.“

Den würde er haben, das war sicher. Bis jetzt entwickelte sich die Sache ja sehr vielversprechend. Wenn er auch hoffte, dass Mikaelas Worte von damals richtig waren. Dass sich alles wieder normalisierte wenn es erledigt war, vor allem er selbst.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 46
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Shay atmete einmal tief durch und sah auf den Turnierplatz. Heute würde sein letzter Kampf sein. Es war nicht so, dass er dies wollte, aber er war realistisch genug, um das zu wissen. Zwar hatte er seinen letzten Kampf ebenfalls gewonnen und die Zeit zwischen diesen Kämpfen zum Trainieren benutzt, doch Shay rechnete sich trotzdem keine großen Erfolge aus. Vielleicht hätte er mit ein paar Jahren Training mehr reelle Chancen aber nicht so. Allerdings hatte er sich auch nichts vorzuwerfen, da er nach seinem letzten Sieg sogar auf Christians Belohnung verzichtet hatte. Mehr konnte er nicht machen.

Seine Hand krampfte sich um das Schwert an seiner Hüfte. Egal, er würde den Kampf gleich durchstehen wie ein Mann und alles geben. Das war er seinem Gegner und sich selbst schuldig.

Shay zuckte zusammen, als sich eine Hand auf seine Schulter legte. Fragend drehte er den Kopf und schluckte, als er sah, wessen Hand da auf ihm lag.

Grüne Augen sahen ihn ernst an. „Wehe Ihr wagt es, heute einen Rückzieher zu machen. Wenn Ihr aufgebt, sorge ich dafür, dass Ihr diesen Hof sofort verlassen müsst.“

Im ersten Moment sah Shay den Prinzen nur perplex an. Eigentlich hatte er das nicht vorgehabt, wie kam Casey nur auf diese Idee? „Das hatte ich nicht vor.“

Seine Stimme klang aufgrund seiner Verwunderung nicht so sicher, wie er es gerne hatte. Sein Gegenüber schien das jedoch nicht wahrzunehmen.

„Gut. Ich erwarte mir von Euch einen guten Kampf also nehmt keine Rücksicht, ich werde es auch nicht. Ich habe diese Schwächlinge satt, die meine Macht mehr fürchten, als mein kämpferisches Geschick.“ Dabei starrte Casey finster auf eine Stelle, die auf der anderen Seite des Platzes lag.

Shay folgte seinem Blick, konnte aber nichts Besonderes erkennen.

Abrupt ließ ihn Casey wieder los und ging zu einem anderen Kämpfer. Diese Unterhaltung war damit wohl beendet.

Verwirrt blickte Shay ihm nach. Was war das nun gewesen? Eine Warnung, oder eine Drohung? Er war sich gar nicht so sicher, ob er es wissen wollte.

„Macht Euch nichts daraus, er hat einfach nur schlechte Laune. Das ist nichts, weswegen man sich Gedanken machen sollte.“ Raoul trat neben ihn und schüttelte lächelnd den Kopf.

„Das war also seine schlechte Laune?“ Es gab ja einige Geschichten am Hofe, die vor dem Temperament des Kronprinzen warnten, doch er hatte es noch nie erlebt. Er traf den Prinzen ja auch immer nur bei offiziellen Anlässen, da zeigte sich jeder von seiner besten Seite.

„Das?“ Raoul wirkte amüsiert bei dieser Aussage. „Glaubt mir, das ist noch die harmloseste Version. Der Prinz hat einen Großteil seines Lebens als Frau gelebt, da ist einiges hängengeblieben. Bedauerlicherweise nicht unbedingt die guten Seiten.“

Es überraschte Shay schon, dass Raoul es wagte, so über ihren Kronprinzen zu reden. Egal wie ihr Verhältnis war, es gab noch immer einen Ständeunterschied, den man zu beachten hatte. Oder war das etwa nur sein ihm anerzogenes Denken?

Raoul schien sein Schweigen nicht zu bemerken, oder hatte sowieso keine Antwort erwartet. „Ich glaube mit dieser Drohung muss von nun an jeder seiner Gegner rechnen. Seine letzten beiden Gegner haben vorzeitig aufgegeben, weil sie sich nicht mit dem zukünftigen König duellieren wollten. Eine unkluge Entscheidung vor allem für ihre Zukunft. Casey ist niemand, der vergisst.“

Es war gut das zu wissen. Je besser man den König kannte, umso leichter kam man hier zurecht. Es war wichtig niemanden zu verärgern, dessen Wohlwollen man einmal benötigen könnte. „Ich denke, jeder der hier mitmacht, will auch kämpfen. Denn um das Preisgeld kann es nicht gehen, da es sein eigenes ist. Warum sollte ich also nun einen Rückzieher machen?“

Raoul sah ihn einen Moment erstaunt an, dann lachte er amüsiert. Es dauerte einen Moment bis sich der Ältere wieder gefangen hatte. „Das ist eine gute Einstellung. Die würde sogar unserem Prinzen gefallen.“

Daran zweifelte Shay stark, wenn er den Blick sah, den Casey ihnen gerade zuwarf. Dabei wusste Shay nicht einmal weshalb er diesen Blick verdiente. Das Letzte, was er vor einem Kampf benötigte, war ein Gegner, der auf ihn wütend war.

Auch Raoul bemerkte diesen Blick, denn er warf Casey ein breites Grinsen zu, woraufhin dieser nur demonstrativ den Kopf abwandte.

Shay fand dieses Verhalten seltsam, sagte aber nichts dazu. Das war eine Sache, die, wenn überhaupt, nur die beiden anging. Seine Hand legte sich auf seine Brust. Natürlich spürte er nichts außer dem Stahl seiner Rüstung, doch er wusste das sich darunter die Kette der Zigeuner befand. Er hielt zwar nichts von diesen Dingen, doch es war immerhin ein Geschenk von Christian. Selbst wenn es nichts brachte, er benötigte gleich alles Glück, das er bekommen konnte.

Aufmunternd klopfte ihm Raoul auf die Schulter. „Macht Euch keine Sorgen wegen Casey. Er ist nur sauer, weil ich auf Euren Sieg gesetzt habe.“

„Was?“ Geschockt drehte sich Shay wieder Raoul zu. War er denn verrückt? Seine Chancen heute zu gewinnen standen mehr als schlecht, immerhin war sein Gegner sonst immer nur Erster oder Zweiter. Außerdem ahnte Shay, dass ihr Prinz ihm einen Sieg sehr übel nehmen würde. Da war ein Rückzieher, die schmerzlosere Möglichkeit. Doch er hatte ja sowieso nicht die Fertigkeiten heute zu gewinnen und zum ersten Mal, war er froh darüber. So konnte er alles geben, was er konnte, ohne ihren Prinzen zu verärgern.

Er sah seinen Vorgänger vom Platz kommen, dieser Kampf war beendet. Jetzt war er an der Reihe und ehrlich gesagt war das ein Kampf auf den er sich nicht freute. Auf das bisher Erreichte konnte er jedoch stolz sein. Noch nie war er soweit gekommen und das verdankte er nur Christians Training. So hatte er auf jeden Fall eine gute Ausgangsbasis für das nächste Jahr. Denn dass er nächstes Jahr teilnehmen würde, daran bestand kein Zweifel, nun hatte er ja auch ein entsprechendes Angebot. Er musste nur mehr zusagen und das würde er.

„Also dann.“ Raoul legte ihm eine Hand auf den Rücken. „Bessert mein Einkommen auf. Für die nötige Motivation habe ich ja gesorgt.“

Auf eine Einkommensaufbesserung sollte er nicht hoffen, aber er würde sein Bestes geben. Shay atmete noch einmal tief durch und betrat dann hinter Casey den Kampfplatz.
 

Wie dumm musste man sein? Gut, Shay machte es aus Unwissenheit, doch Raoul hätte er deutlich mehr Verstand zugetraut. Sogar er hier auf der Tribüne sah, wie gut sich die beiden verstanden. Wie sollte das dann Casey entgehen, der direkt danebenstand? Die Wut und das unbezähmbare Temperament ihres Prinzen waren doch allgemein bekannt, was bezweckte Raoul also damit, dass er diesen auch noch reizte? Jeder sah doch, dass sein und Shays Kontakt etwas zu eng war. Wollte er Shay umbringen?

Christian schlug sich die Hand vor das Gesicht, was ihm nur einen fragenden Seitenblick von Juliet einbrachte. In Karens Richtung wollte er gar nicht sehen, da sich diese darauf sicher wieder ihren eigenen Reim machen würde. Allerdings musste er diese Frage einfach jemanden stellen, weil er selbst keine Antwort darauf wusste. „Was denkt sich Raoul nur dabei?“

Juliet seufzte und fächelte sich mit einer Hand Luft zu. Anscheinend nahm sie nicht an, das diese Frage an sie gerichtet war.

„Vielleicht ist er lebensmüde?“ Karen zuckte nur mit den Schultern. „Aber an seiner Stelle würde ich auch in Zukunft den Dolch unter dem Kissen nicht entfernen.“

Christian warf seiner Freundin einen irritierten Blick zu. Woher wusste sie von diesem Dolch? Gute Spione, oder selbst erworbenes Wissen? Auch wenn es nichts Besonderes war, hier schlief kaum einer ohne Waffe in seiner Nähe. Schließlich wollte jeder den nächsten Tag erleben, was nie so sicher war.

Sie bemerkte seinen Blick und lächelte spöttisch. „Was? Auch ich war einmal jung.“

„Ja, aber so jung?“ Er schüttelte den Kopf. Eigentlich ging es ihn nichts an, welche Verfehlungen Karen in ihrer Jugendzeit begangen hatte. Trotzdem war es immer wieder interessant davon zu erfahren.

„Neidisch?“

„Nein, warum?“ Christian wüsste auch nicht weshalb. Er hatte das mit Raoul geklärt, warum jetzt noch etwas daran ändern? Außerdem war im Moment eine andere Frage dringlicher. Was bezweckte Raoul damit?

„Spielverderber.“ Karen verzog schmollend das Gesicht und richtete ihren Blick ebenfalls auf Raoul. „Er tut das sicher nicht ohne Grund.“

„Das will ich ihm auch geraten haben.“ Er merkte, dass er verärgert war und das ohne erkennbaren Grund. Karen, Raoul und er hatten schon oft andere Adelige in prekäre Situationen gebracht, ohne daran zu denken, welche Konsequenzen ihre Gegenüber daraus zogen. Das war nichts anderes und doch wollte er gerade nichts anderes als Raoul zu schütteln, bis wieder genug Verstand in seinem Kopf war.

Die Kämpfer traten auf den Platz und zogen ihre Schwerter.

Christian biss die Zähne zusammen. Casey war wirklich sauer, das sah man ihm deutlich an. Dieser Kampf würde nicht leicht werden für Shay und mit Nachsicht konnte er auch nicht rechnen.

Er sah zu Karen, da sie ihm noch immer eine Antwort schuldig war. Als er jedoch ihren Gesichtsausdruck sah, änderte er seine Meinung. Er brauchte keine Antwort.

Karen sah ihn nur erstaunt an, eine Hand lang an ihrer Brust. „Du bist besorgt. Du sorgst dich wirklich um Shays Wohlergehen.“

„Natürlich.“ Diese Antwort kam zu rasch und zu heftig, das war Christian im selben Moment klar, als das Wort seinen Mund verließ. Aus diesem Grund versuchte er zu retten, was noch zu retten war. „Schließlich habe ich noch Pläne mit ihm.“

Selbst in seinen Ohren hörte es sich als das an, was es war. Eine lahme Ausrede.

Unten auf dem Platz fing der Kampf an, doch Christian musste sich auf seinen eigenen konzentrieren, der hier gerade seinen Anfang nahm.

Karen musterte ihn eingehend, dann glitt ihr Blick zu Shay und anschließend zum Rand der Tribüne, wo Rida stand. Man sah regelrecht, wie sie ihre Informationen miteinander verknüpfte. „Du…“

Doch mitten im Satz hielt sie inne und lächelte mitfühlend. „Nein, das musst du schon selbst merken.“

„Wie gut, dass wir uns da einig sind.“ Was meinte sie bloß damit? Christian konnte der letzten Aussage nicht wirklich einen Sinn abgewinnen. Jedoch konnte er sie auch nicht fragen, denn dann würde er sich eine Blöße geben. Bei jemandem wie Karen war das gefährlich. Nur ließ ihm diese Sache nun keine Ruhe mehr. Was musste er selbst merken? Passierte irgendetwas, vielleicht mit ihm und Shay? Aber was sollte das sein?

„Weißt du, Männer sind in manchen Dingen etwas schwer von Begriff. Leider zählst du zu diesem Geschlecht. Wenn du eine Frau wärst, hättest du alles, um meine beste Freundin zu sein.“

Christian seufzte tief. Natürlich wusste sie, dass er keine Ahnung hatte, worauf sie anspielte. Also hielt er es für taktisch klüger, das Thema zu wechseln und Karen bot ihm da eine gute Möglichkeit. „Karen, du hast keine beste Freundin.“

Nur Bekannte und Leute, die gerne mit ihr befreundet wären. Als Freunde bezeichnete sie nur wenige und er gehörte zu dieser Gruppe.

„Ja, woran das wohl liegen mag?“ Noch immer lächelnd richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Kampf. „Ich denke, ich weiß nun was Raoul damit bezweckte.“

„Was?“ Christian sah auch auf die Kämpfenden. Es sah nicht gut aus für Shay. Casey tat alles, um den Jüngeren zu entwaffnen oder aus dem Tritt zu bringen.

„Was siehst du, Christian?“

„Casey, der auf seinen Gegner einschlägt. Eben das, was er immer macht, nur mit mehr Motivation als sonst.“ Nach diesem Kampf würde er einige Worte mit Raoul wechseln müssen. So etwas war unverantwortlich. Obwohl, wenn er mit dieser Begründung kam, würde es nicht nur Karen sein, die Vermutungen aufstellte.

„Ja.“ Karen wirkte nun etwas ungehalten. „Aber was noch?“

Christian folgte dem Kampf nun deutlich aufmerksamer. Wenn Karen meinte einen Sinn dahinter zu entdecken, dann gab es auch einen. Sie kam aus einer Familie, die seit Jahrzehnten Ritter aufzog. Natürlich hatte auch Karen über die Jahre einiges alleine durch zusehen gelernt. Leider fiel ihm das nicht so leicht auf, denn er war er mit seinen Gedanken nicht ganz bei dem Kampf. Oder doch, aber eher dabei wie Shay reagieren musste, um den nächsten Angriff zu parieren. Das Training zeigte hier deutlich Früchte, da der Jüngere wirklich so reagierte, wie Christian es getan hätte. „Das unser Training nicht umsonst war.“

Sie seufzte genervt und konzentrierte sich ebenfalls wieder auf die Kämpfenden. „Willst du wissen, was ich sehe?“

„Dann erleuchte mich.“ Christians Stimme klang bei diesem Kommentar uninteressiert, doch traf das nicht zu. Im Gegenteil, er war neugierig auf ihre Erklärung, vor allem weil er selbst keine fand.

„Das scheint meine Lebensaufgabe zu sein. Die Männer um mich herum aufzuklären.“

Christian wollte schon eine Antwort darauf geben, doch sie ließ ihm keine Gelegenheit dazu, da sie einfach fortfuhr.

„Was ich sehe sind zwei Kämpfer, die gegeneinander antreten, mit allem was sie können. Es gibt keine Rücksicht auf Verluste, jeder gibt alles, geht bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Das ist keine Vorführung bloßer Künste, sondern es ist beiden ernst.“

Mit neuem Interesse betrachtete der Blonde den Kampf nun genauer. Es stimmte. Dadurch das Casey wütend war, war Shay gezwungen alles zu geben, um nicht doch eine Verletzung davonzutragen.

Mit einmal Mal gelang Casey ein gut ausgeführter Schlag und Shays Schwert landete etwas entfernt von diesem auf den Boden.

„Oh und ich sehe gerade eine Wette, die ich gewonnen habe.“ Mit einem zufriedenen Lächeln öffnete Karen ihren Fächer und fächelte sich Luft zu.

Christian sparte sich die Mühe zu fragen, mit wem sie gewettet hatte. Es verbot sich schon alleine deswegen, weil Glücksspiel unmoralisch war. Was niemanden davon abhielt es zu machen, doch man redete nicht in der Öffentlichkeit darüber. Außerdem hatte er selbst einige Wetten am Laufen und er würde seinen Wettpartner auch nicht verraten. Manche hier wetteten sogar in solchen Ausmaßen, dass sie all ihre Wettpartner vergaßen, was fatale Folgen haben konnte.

„Du meinst also, dass Raoul ihn absichtlich provoziert hat, um Shays volles Potential abschätzen zu können?“

„Höchstwahrscheinlich.“

Karen und Christian sahen überrascht zu Juliet, von der diese Antwort kam.

„Was?“ Sie lächelte unschuldig und zuckte mit den Schultern. „Vielleicht verstehe ich nicht viel vom Schwertkampf, doch ich verstehe die Menschen. Diese Kämpfe hier eignen sich nicht um Ritter auszusuchen, da niemand hier alles gibt. Zu groß ist die Gefahr sich dauerhaft zu verletzen, oder den Ärger mächtiger Gegner auf sich zu ziehen. Vor allem bei dem Prinzen ist man da etwas gehemmt. Wahrscheinlich hat Raoul den Prinzen provoziert, weil er wollte, dass dieser Shay ernsthaft angreift. Nur in einer gefährlichen Situation gibt man alles was man hat, um sich selbst vor Schaden zu bewahren.“

Christian dachte eindringlich über Juliets Erklärung nach. Je mehr er aber darüber nachdachte, umso wahrscheinlicher erschien ihm diese. Es sähe auf jeden Fall Raoul ähnlich. Nur warum sollte er an Shays vollem Potential interessiert sein? Welche Pläne hatte Raoul mit dem Jüngeren?

Das war eine Frage, die Christian demnächst mit ihm klären sollte. Zuerst gab es jedoch eine Sache mit Shay, die noch erledigt werden musste und dieser sah er mit einer gewissen Vorfreude entgegen.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 47
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Er hatte verloren. Es war ja nicht so, dass er es nicht erwartet hatte, doch er hätte ja auch Glück haben können. Shay seufzte und lehnte sein Schwert an den Tisch, der in seinem Zelt stand. Sein Blick glitt durch dieses, welches er nun auch nicht mehr benötigte. Es war schon schade, doch es war ein Turnier, auf das er stolz sein konnte. Er hatte viel erreicht, mehr als bei allen anderen Turnieren zuvor. Egal ob nun kämpferisch oder gesellschaftlich. Ihm war klar, dass seine Familie das gewiss nicht anerkennen würde und er auch kein Lob zu erwarten hatte, doch er wusste selbst, welche Leistung er hier erbracht hatte und nur das zählte.

Sein Diener betrat das Zelt und half ihm beim Ablegen der Rüstung, das letzte Mal in diesem Jahr. Es sei denn, es brach ein Krieg aus, doch das war mehr als unwahrscheinlich. Selbst wenn, gab es dann eine Armee und er hatte keine militärische Stellung. Doch das hier war ein friedliches Land, das seine Grenzen gut sicherte. Das Volk war zufrieden und die Nachbarstaaten ließen sie aufgrund ihrer Größe zufrieden. Sie waren zu klein, um wirkliches Interesse zu erregen und zu groß, um sie einfach unbedacht anzugreifen.

Die Klappe des Zeltes öffnete sich und Raoul trat ein. „Entschuldigt mein Eindringen, aber ich wollte Euren Diener nicht von seinen Pflichten abhalten.“

Shay, der bei der Bewegung des Stoffes den Kopf gedreht hatte, hob zweifelnd eine Augenbraue. Raoul nahm sich ziemlich viel heraus, dafür dass sie nicht einmal befreundet waren. Mehr als eine Bekanntschaft und ein gemeinsamer Freund verband sie doch kaum. Einmal davon abgesehen, gehörte es zu den Pflichten seines Dieners, sich um seine Gäste zu kümmern.

Raoul, der nicht so wirkte als würde ihm sein Eindringen wirklich leidtun, grinste vergnügt. „Ihr habt einen guten Kampf bestritten.“

„Es tut mir leid, dass Ihr Eure Wette verloren habt.“ Dabei zeigte Shay ebenso viel Reue, wie Raoul bei seinem unaufgeforderten Eintreten eben. Schließlich hatte er getan, was in seiner Macht stand, wenn auch nicht für den Schwarzhaarigen, sondern für sich selbst. Er hatte sich selbst nichts vorzuwerfen. Es war nicht seine Schuld wenn der Andere unmögliche Wetten einging.

Raoul machte eine wegwerfende Handbewegung. „In letzter Zeit bin ich es gewohnt gegen Lady Karen zu verlieren. Allerdings sind es nur Summen, die kaum die Rede wert sind.“

Was wahrscheinlich noch immer mehr war, als Shay in seinem bisherigen Leben je besessen hatte. Aber das konnte sich in Zukunft ja ändern, wenn er die richtige Entscheidung traf. „Warum seid Ihr hier?“

Doch sicher nicht, um mit ihm über belanglose Dinge zu sprechen, oder ihm sein Bedauern auszudrücken. Shay entließ seinen Diener, der ihm gerade das letzte Rüstungsteil abgenommen hatte.

In Raouls Augen funkelte es kurz verspielt. „Erst einmal will ich mich entschuldigen. Ich muss zugeben, dass ich nicht so unschuldig an Eurer Niederlage bin.“

„Wie meint Ihr das?“ Misstrauisch sah Shay den Älteren an. War dieser Kampf etwa manipuliert gewesen? Allerdings hatte er nichts davon bemerkt. Einen Kampf vor so vielen Zuschauern zu manipulieren, war außerdem unmöglich, oder?

Die Hände beschwichtigend erhoben lächelte Raoul. „Nein, nicht was Ihr vielleicht denkt. Der Kampf war fair und ehrenhaft. Allerdings wusste ich, dass Casey wütend wird, wenn er meinen freundschaftlichen Umgang mit Euch bemerkt.“

„Ihr habt ihn absichtlich gereizt?“ Und Shay hatte sich schon gewundert, warum Raoul so vertraut mit ihm umgegangen war. Wie naiv von ihm zu glauben, dass es aus purer Freundlichkeit geschehen war.

„Ja. Ich wollte, dass er wütend wird und ernsthaft kämpft. Nur so konnte ich herausfinden, welches Potential in Euch steckt.“

„Mein Potential?“ Shay wurde immer verwirrter, irgendwie verstand er nicht, worauf der Ältere hinauswollte.

„Als Schwertkämpfer. Ich wollte wissen, wie viel noch in Euch steckt. Denn ich würde Euch gerne ein Angebot machen.“ Als Shay ihn verwirrt ansah, hob Raoul nur lächelnd eine Hand. „Ja, ich weiß, dass Ihr schon ein Angebot habt. Und ich habe auch nicht vor das zu überbieten. Deswegen biete ich die gleiche Bezahlung und auch, dass Ihr weiterhin an diesem Turnier teilnehmen könnt. Ich denke, das war eine Forderung von Euch, um dem anderen Angebot zuzustimmen.“

Shay nickte bestätigend, dass stimmte. Nur deswegen wollte er ja eine Stellung. Deswegen und weil er sich nun endlich von seiner Familie lösen musste, das war ihm in den letzten Wochen klar geworden. Bei seiner Familie würde er nicht glücklich werden, nicht wenn sich ihre Einstellung nicht änderte. Und Shay war zu alt, um noch an Wunder zu glauben.

„Euer Arbeitsplatz wäre hier am Hof und Ihr würdet zu meinen persönlichen Rittern gehören, die meinem Hauptmann untersteht. Befehle würden auch von ihm kommen und nur damit das klar ist, bei meinen Männern gelten keine Standesunterschiede. Ihr könnt Bauer oder König sein, wenn ihr zu meinen Männern gehört, seid Ihr nicht besser oder schlechter als jeder andere von ihnen.“ Der ernste Blick in Raouls grünen Augen machte klar, dass es über diese Sache keine Diskussionen geben würde.

„Ich verlange nicht, dass Ihr mit Eurer Familie brecht und ich denke auch nicht, dass sie Einwände dagegen hätte.“

Selbst wenn, würde sie diese nicht laut äußern. Shay wusste wie wichtig die Beziehungen mit den Trelains für seine Familie waren. Alles lief über sie. Selbst wenn man sich anderweitig umsah, man kam nicht an Raouls Familie vorbei, da jeder Händler oder Adelige mit ihnen Handel trieb oder von ihnen abhängig war. Der König regierte dieses Land, doch bei Raouls Familie liefen alle wirtschaftlichen Fäden zusammen. Und Raoul war eben der nächste Erbe, Shays Familie würde sich hüten, ihn zu verärgern. Das war keine schwere Entscheidung, die Shay da zu treffen hatte.

Doch der Ältere hob abermals die Hand um Shays Antwort zu verhindern. „Ich will nicht sofort eine Antwort. Schlaft darüber, wägt beide Angebote miteinander ab und denkt an Eure Zukunft, wie Ihr sie Euch vorstellt. Hört Euch auch noch andere Angebote an, wenn es welche gibt. Ich erwarte eine Antwort bis zum Ende des Turniers, dann ist diese Antwort aber bindend, egal wie sie ausfällt.“

Also wenn er ablehnte, dann war diese Tür zu. Shay nickte zögernd. Das hatte er verstanden, immerhin war er ja nicht dumm. „Das ist in Ordnung.“

Auch wenn er seiner Meinung nach nicht mehr nachdenken musste. Seine Entscheidung war gefallen, doch Raoul wusste es sicher besser als er.

Raoul lächelte erfreut und nickte. „Gut, dann empfehle ich mich. Ach und handhabt das bitte mit der gleichen Diskretion wie das andere Angebot. Ich will nicht das diese Sache von den falschen Leuten gehört wird.“

Damit drehte er sich um und verließ das Zelt.

Shay sah ihm einige Augenblicke nach. Nun, er hatte zwei Angebote, seine Zukunft sah jetzt ja gar nicht mehr so schlecht aus. Jetzt musste er sich nur noch entscheiden und es war keine Frage, bei wem er zusagen würde, auch wenn er wirklich noch einmal darüber nachdenken würde. Immerhin hatten alle zwei Möglichkeiten ihre Vor und Nachteile.
 

Er war der Richtige, das war eindeutig. Es gab keinen Anderen, der besser zu Christian passte, als Shay. Das musste Christian nur mehr klar werden. Allerdings würde das wohl die schwerere Aufgabe werden. Karen seufzte tief. Unruhig ging sie im Raum auf und ab.

Sie war darin geübt, Leute zusammenzubringen, den Rest erledigten diese selbst. Hier aber war es umgekehrt. Gefunden hatten sie sich selbst, aber der Rest war ein Problem. Alleine weil sie Christian kannte. Er hatte strenge Kriterien an einen festen Partner, so streng, dass sie kein Mensch, ungeachtet des Geschlechts, sie erfüllen konnte. Christian selbst ließ das auch gar nicht zu. Hatte Juliet damals so viel zerstört, oder gab es dafür auch einen anderen Grund? Christian war keiner dieser Adeligen, die nächtliche Vergnügungen als Sport ansahen. Gut, auch er ging dem nach, um sich nicht zu langweilen, doch er verstand auch ein ‚Nein‘, als das war es war. Eine Ablehnung und keine Aufforderung.

„Was sagst du?“ Sie wandte sich ihrem Gast zu, der ihr bis jetzt schweigend zugesehen hatte.

„Zu welchem Thema?“ Rida sah sie fragend an.

Karen wollte gerade auffahren, als ihr klar wurde, dass sie seit seinem Eintreffen noch kein Wort mit ihm gewechselt hatte. Sie ließ den Kopf hängen und schüttelte ihn, ein tadelndes Lächeln lag auf ihren Lippen. „Ich bin eine schlechte Gastgeberin. Vor allem da ich dich extra hierhergebeten habe, nicht?“

„Ihr seid eine Lady, da ist exzentrisches Verhalten durchaus entschuldbar.“

Bei dieser Bemerkung, die von jedem anderen eine Beleidigung gewesen wäre, lächelte sie nur. „Diese Spitze habe ich wohl verdient. Ich rede von Shay. Er ist doch der Richtige, oder?“

Es war nicht das erste Mal, dass sie Rida aus diesem Grund zu sich einlud. Einfach weil sie jemanden benötigte, mit dem sie reden konnte. Natürlich hatte sie ihre Zofen, doch mit ihnen würde sie nicht über Christian reden. Nicht über Gebühr, schließlich wusste sie, dass mindestens Eine von ihnen Karens Mann Bericht erstattete. Leider, wusste sie noch nicht welche.

Rida zuckte ratlos mit den Schultern. „Er scheint ihn zu mögen. Shay selber, ich muss sagen, ich kenne ihn nicht gut genug. Aber wenn Christian ihn mag, dann maße ich mir kein Urteil darüber zu. Es ist seine Entscheidung.“

„Leider. Nur Christian ist blind was das angeht. Jeder andere sieht, was er noch immer nicht begreift, oder zu leugnen versucht.“ Obwohl sie da eher auf die erste Möglichkeit tippte, immerhin war Liebe etwas, das Christian schon lange nicht mehr kannte. Nicht was eine seiner Eroberungen anging.

„Ich würde sagen, dass er gar nicht an diese Möglichkeit denkt. Liebe ist nichts, das in seiner Welt Platz hat.“

Karen biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. Und es war nichts, das sie ihm klarmachen konnte. Er musste selbst darauf kommen, ansonsten kam Christian vielleicht einmal irgendwann zu dem Schluss, dass sie ihn dazu gedrängt hatte. Außerdem brachte es nichts, wenn er es nicht selbst begriff, das hatten sie genug fehlgeschlagene Versuche gelehrt. So schlimm es war, außer ihm zuzureden konnte sie gar nichts machen. Nur zweifelte sie daran, dass sie damit Erfolg haben würde.

„Wir wissen, dass es sie einmal gab, also dass er fähig ist zu lieben.“

„Das habe ich ihm auch nie abgesprochen, Rida.“ Karen war ein wenig entsetzt darüber, das Rida ihr das anscheinend zutraute. Sie sah sich als Christian besten weiblichen Freund, natürlich wusste sie, dass er fähig war zu lieben. Vielleicht hatte er es aber mit der Zeit auch nur verlernt? Es gab solche Menschen, die sich wegen eines Fehlschlages für immer davon abwandten. Jedoch hielt sie Christian nicht für einen derart schwachen Menschen. Wegen eines Fehlschlages schwor er doch nicht einer Sache ganz ab.

„Was also soll ich machen?“

„Sollt Ihr denn etwas machen?“ Bei dieser Frage sah der Ältere sie eindringlich an.

Karen wollte schon etwas antworten, als sie Ridas Blick bemerkte. Ja, sollte sie etwas machen? War das überhaupt ihr Problem? „Willst du damit sagen, dass mich das nichts angeht?“

„Das würde ich nie.“ Rida schüttelte vehement den Kopf. „Ich meine nur, dass es Dinge gibt, die man nicht beeinflussen kann. Niemand, nicht einmal Ihr und dazu gehört auch, in wen sich ein anderer verliebt. Und das wollt Ihr doch, oder? Dass sich Christian verliebt.“

Ihr würde es reichen, wenn er jemanden finden würde, der ihm gab, was er brauchte. Was wohl auch nur eine Umschreibung dafür war. Aus diesem Grund nickte sie zustimmend. „Es liegt mir nicht, mich herauszuhalten und das weißt du.“

„Ich weiß.“ Mit einem milden Lächeln stimmte ihr Rida zu.

„Aber für Christian werde ich es wohl lernen müssen.“ Sie untermalte diese Antwort mit einem bedauernden Seufzen.

Rida warf einen kurzen Blick zur Tür und schien nachzudenken. Doch dann lenkte er seine Aufmerksamkeit wieder auf Karen. „Darf ich Euch eine persönlichere Frage stellen?“

„Du darfst, dass du eine Antwort erhältst, kann ich dir jedoch nicht versprechen.“ Diese persönlichen Fragen waren immer eine heikle Sache, vor allem wenn sie einen selbst betrafen. Jedoch überraschte es sie, dies von Rida zu hören. Schließlich wusste sie nicht mehr von ihm als Christian und Rida selbst sie wissen ließen.

„Wie wird man jemanden los, dessen Aufmerksamkeit einem unerwünscht ist?“

Das erstaunte Karen nun doch. Eigentlich hatte sie angenommen, der persönliche Bezug würde ihre Person betreffen. Doch damit schien Rida sich selbst gemeint zu haben. „Ich denke, wenn man das dieser Person klar gemacht hat, kann man nichts anderes mehr machen. Es sei denn handgreiflich zu werden, doch das würde ich keinem Mann einer Frau gegenüber raten. Eigentlich kann man nur weiter abweisend sein, irgendwann wird das Interesse verfliegen. In dieser Hinsicht sind wir Frauen sehr flatterhaft.“

Karen beobachtete Rida bei ihren Worten. So ganz zufrieden schien er mit ihrer Antwort nicht zu sein. Aber so war das eben. Es wäre umgekehrt leichter, da eine Frau mehr Mittel hatte, wenn ihr Mann oder ihre Familie ihre Ehre in Gefahr sähen. Aber als Mann musste man damit einfach fertig werden. Es war ungerecht, doch das Leben war nicht immer gerecht. „Hast du etwa eine Dame, deren Aufmerksamkeit du geweckt hast?“

Karen konnte nicht abstreiten, dass sie nun neugierig war, aber vielleicht konnte sie ja auch einmal mit dieser Dame reden. Rida schien das auf jeden Fall unangenehm sein und warum sollte, sie ihm nicht einmal helfen?“

„Was?“ Bei ihrer Frage sah der Ältere sie beinahe erschrocken an. Seine Gesichtsfarbe wurde etwas dunkler, als er den Kopf schüttelte. „Nein. Es tut mir leid, es war eher eine theoretische Frage.“

Er eilte zur Tür und verbeugte sich leicht. „Ich muss nun auch zu meinem Herrn zurück. Einen schönen Tag noch, Lady Karen.“

Bevor Karen noch etwas erwidern konnte, fiel die Tür auch schon ins Schloss. Sie blinzelte verwundert, doch dann legte sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Das war ja interessant. Ob sie vielleicht auch so herausfand, wer Ridas Verehrerin war? Wenn sie sich schon nicht bei Christian einmischen konnte, vielleicht konnte sie dann dem Schwarzhaarigen von Nutzen sein? Langeweile würde sie sicher nicht aufkommen lassen, dafür war ihr Leben viel zu kurz.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 48
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Christian seufzte und legte das geöffnete Buch auf seinen Schoss. Es war nicht das erste Mal, dass er nicht mehr genug Konzentration dafür aufbringen konnte. Seine Gedanken flogen immer wieder zu Shay und auch zu Karen und deren Worten. Warum konnten Frauen niemals sagen, was sie dachten? Aus allem mussten sie ein Geheimnis machen, erst Recht, wenn es ihrem Amüsement zuträglich war. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Menschen um einen herum eher wussten was los war, als der Betreffende selbst. Christian konnte nur hoffen, dass dies in seinem Fall nicht zutraf, denn dann wäre Karen in ganz großen Schwierigkeiten. Es gab Dinge, die gehörten sich einfach nicht und einen Freund ins offene Messer laufen zu lassen, gehörte dazu.

Die Tür des Raumes öffnete sich und Rida trat ein.

„Hast du meine Nachricht überbracht?“ Es war keine wirkliche Frage, da Christian die Antwort schon kannte. Rida wäre nicht zurückgekommen, wenn er seinen Auftrag nicht schon ausgeführt hatte.

„Schon vor einiger Zeit.“ Rida verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Sein Gesicht war so ernst wie immer.

„Ach?“ Interessiert hob Christian eine Augenbraue. Natürlich würde er nicht nachfragen, was ihn dann solange aufgehalten hatte. Rida war sein Freund, wenn er sich auch selbst als sein Diener sah. Aber Christian würde ihn niemals dazu drängen etwas zu erzählen, dass er nicht wollte. Allerdings musste er auch aufpassen, dass er ihm nichts verbot, oder einen Befehl gab, der Ridas Interessen zuwider lief, da sich der Ältere an seine Worte halten würde. Ihre Beziehung war einerseits so fragil und doch gab es nichts stabileres, wenn man nur aufpasste. Er würde nicht fragen, wo Rida war, aber es gab eine andere Frage, die er stellen musste.

Der Blonde warf noch einen Blick auf das geöffnete Buch, schloss es dann mit einem bedauernden Schulterzucken und legte es neben sich. „Rida, es widerstrebt mir dich zu fragen, aber was ist mit dir und Alan?“

Rida verzog keine Miene bei dieser Frage. „Was soll mit uns sein?“

Natürlich war es nicht leicht, das war es nie. Auch wenn Rida ihm nur selten eine Antwort verweigerte, so war er geschickt genug eine Frage diplomatisch zu umschiffen, wenn er nicht antworten wollte. Christian hob abwehrend eine Hand. „Weißt du, im Grunde geht es mich nichts an und ich will dich auch zu nichts zwingen, aber an diesem Thema werden wir nicht vorbeikommen.“

„Was soll mit uns sein?“

Redete er gegen eine Wand? Christian bekam langsam dieses Gefühl, vor allem da sein Gegenüber so viel Reaktion zeigte, wie eine Statue. „Ich will wissen, woher diese Abneigung kommt?“

„Warum? Wir mögen ihn beide nicht.“

Die blauen Augen des Jüngeren weiteten sich verwirrt. Irgendwie ließ ihn diese Aussage sprachlos zurück, oder zumindest die Bedeutung dahinter. Hieß das etwa Rida mochte Alan nur nicht, weil er ihn nicht mochte? Obwohl das anzunehmen wäre doch etwas zu vermessen von ihm. Rida hatte einen eigenen Verstand und diesen nutzte er auch. „Ja, aber das steht hier nicht zur Debatte. Weißt du, wir müssen mit ihm auskommen, schon alleine weil Benedikt ihn sicher noch länger in seinen Diensten behalten wird.“

Christian wusste selbst nicht, warum Benedikt so einen Narren an Alan gefressen hatte. Auf jeden Fall hatte er ihn nun schon einige Jahre durchgehend an seiner Seite, also musste er seine Sache gut machen. Und im Endeffekt zählte nur das, da war der Charakter egal.

„Wir müssen nicht mit ihm auskommen. Alles was wir müssen, ist, ihn zu tolerieren und das geht am besten, wenn man sich gegenseitig ignoriert. Von meiner Seite aus besteht da kein Problem. Und eines muss ich sagen, Benedikt hat einen schlechten Geschmack.“ Bei dieser Aussage schnaubte Rida genervt.

Christian lächelte bei dem letzten Zusatz. Auch wenn es nicht eindrucksvoll wirkte, es war ein großer Schritt, den Rida da auf ihn zukam. Sie standen nun auf der gleichen Stufe. Brüder, Freunde und nicht Herr und Diener, jetzt konnte man sich richtig unterhalten. „Hatte den unser Bruder nicht schon immer?“

Das war etwas das keiner von ihnen abstreiten, da sie ihn und seine Menschenkenntnis sowie Liebschaften kannten. Nur einmal hatte er die richtige Wahl getroffen, doch um die Stimmung nicht zu kippen, würde das auch keiner von ihnen ansprechen.

„Das lässt sich kaum bestreiten.“ Der Schwarzhaarige schmunzelte leicht, es schien, als würde er sich an etwas lang Zurückliegendes erinnern. „Aber um auf das ursprüngliche Thema zurückzukommen. Es liegt nicht an mir, dass Alan und ich nicht miteinander auskommen.“

Dazu gehörten immer zwei, doch Christian verkniff sich diesen Hinweis. „Ich habe auch nie gesagt, dass ich dir die Schuld daran gebe.“

Aus Alans Sicht war sicher Rida der Schuldige, das war immer so.

„Aber auch nicht, dass du sie mir nicht gibst.“ Nun verschränkte Rida die Hände vor der Brust. „Nein wir verstehen uns einfach nicht. Alleine unsere Auffassungen sind unterschiedlich. Wir verstehen unter Treue etwas gänzlich anderes.“

Das war es also. Langsam verstand Christian das Problem. Für Rida waren Verantwortungsbewusstsein und Treue wichtige Punkte seiner Persönlichkeit. Niemals würde er einen der beiden Punkte verraten. Das Alan dies tat, stieß ihn natürlich ab. Rida war treu, weil er es wollte, weil er sich dazu verpflichtet fühlte. Alan weil er dafür Geld bekam, es war klar, dass Rida dies nicht akzeptieren konnte. Christian nickte nachdenklich. „Ich verstehe.“

Einen Moment später lächelte er wieder. „Zusammenfassend ist also nur zu sagen, dass Alan eine Plage ist, die zum Glück auf Zeit begrenzt ist. Das Klügste ist, es einfach auszusitzen. Stimmst du dem zu?“

„Voll und ganz.“ Jetzt lächelte auch Rida wieder entspannter.

Es erklärte zwar nur einiges, doch das war wohl alles, zu dem Christian seinen Freund bewegen konnte. Vor allem war es mehr als er eigentlich erwartet hatte. Mit seinen persönlichen Gefühlen ging Rida nicht oft hausieren. Aus genau diesem Grund ließ er es auf sich beruhen. Rida hatte ihm erzählt, was er als wichtig erachtete, wenn er nun weiter in ihn vordrang würde das nur ihre gute Beziehung belasten. Egal was noch zwischen Alan und Rida passiert war, es konnte nicht so wichtig sein wie ihre Freundschaft. Wenn der Zufall es wollte, würde er es sowieso irgendwann erfahren. Es gab da noch ein zweites Thema, das er mit Rida besprechen sollte, doch das konnte auch noch warten. Vielleicht war es in einiger Zeit sowieso nicht mehr so relevant wie jetzt.
 

Als sich Christian abermals in sein Buch vertieft hatte, klopfte es wieder an die Tür. Er zwang sich nicht aufzusehen. Das würde seltsam wirken, wenn sein Gast nicht der Erwartete war. Vor allem wenn es Karen war, würde das wieder zu spitzen Bemerkungen ihrerseits führen. Manche Dinge sollte man vermeiden, wenn man konnte.

Rida öffnete die Tür einen Spalt, nur um sie einen Moment später weiter zu öffnen und den Gast eintreten zu lassen. Dabei räusperte er sich leicht, um Christians Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Dieser hob den Kopf und legte das Buch neben sich.

Shay stand im Zimmer, nur schien er heute unsicherer zu sein als sonst. Er warf einen kurzen Blick zu Rida, bevor er mit den Schultern zuckte. „Ich habe verloren.“

„Ich habe es gesehen.“ Und mit einem anderen Ausgang hatte er auch gar nicht gerechnet. Der Gegner war immerhin kein Anfänger gewesen, sondern ein geübter Kämpfer.

Christian stand auf und ging zu dem Jüngeren. Sanft legte er eine Hand an dessen Wange. „Du hast dich gut geschlagen.“

„Es war nicht gut genug.“ Shay senkte den Blick und fixierte einen Punkt auf dem Boden.

„Schämst du dich für deine Niederlage?“ Christian sah ihn verwundert an. Dafür gab es keinen Grund. Der Kampf war von Anfang an nicht fair gewesen, dank Raouls Einmischung. Er hatte dem Anderen wirklich zu viel gelernt, was das Manipulieren seiner Mitmenschen anging, auch wenn Raoul darin von Anfang an ein Naturtalent gewesen war. Doch trotz all dem hatte Shay sich gut geschlagen, das war nichts, das man verstecken musste.

Sofort hob Shay den Blick wieder und sah ihn erstaunt an. „Nein, natürlich nicht. Es war ein guter Kampf, ich habe alles gegeben und mir nichts vorzuwerfen.“

Christian lächelte und seine Hand wanderte von der Wange des Jüngeren hinab zu dessen Kinn und hob es leicht an. „Na also. Warum würdigst du dann deine Leistung herab?“

Das war der Fehler von Leuten, die so wie Shay erzogen worden waren. Sie neigten dazu ihre eigenen Leistungen immer klein zu reden, egal wie großartig sie waren. In einer Welt wie der des Hofes war das jedoch genau die falsche Taktik. Im Gegenteil, hier musste man auf kleine Dinge stolz sein und sie groß reden. Aber das war etwas, das man erst mit der Zeit lernen konnte.

„Weil ich mir vorgenommen hatte zu gewinnen.“ Die Stimme des Braunhaarigen klang wirklich niedergeschlagen. „Ich wusste, dass ich nicht gewinnen kann, immerhin bin ich kein Träumer. Aber ich hatte den Entschluss gefasst, es ist nur natürlich, dass ich nun niedergeschlagen bin.“

Diese Rechtfertigung und wie sie hervorgebracht wurde, konnte man ja fast niedlich nennen, wenn Christian auch wusste, dass man einen solchen Begriff besser nicht mit einem Mann in Verbindung brachte, weswegen er auch schwieg. „Manchmal muss man realistisch sein, auch wenn die Realität weh tut.“

Hoffnungen und Träume waren schön und gut, wenn man wusste wo seine eigenen Grenzen lagen. Sie waren eine gute Motivation, doch wenn man sie sich zu hoch steckte, war die Enttäuschung danach nur umso größer. Christian hatte das am eigenen Leib erlebt, in dieser Hinsicht war Shay um einiges intelligenter gewesen, da er wusste, wo seine Grenze lag.

Entschlossen schüttelte Christian den Kopf. Er würde sich nun sicher nicht wieder diesen Erinnerungen hingeben. Es lag in der Vergangenheit und aus diesem Grund war er schon lange darüber weg. Die Situation nun war gut so wie sie war und jeder war an dem Platz, der für ihn am besten war.

Er spürte nun seinerseits eine Hand an seiner Wange und sah verwundert zu Shay. Der Blick den ihm der Jüngere zuwarf, war warm und auch ein wenig mitfühlend. Doch nicht so sehr, dass es seinen Stolz verletzt hätte.

„Ich träume gerne, das muss man sich gestatten. Sonst geht man irgendwann an der Realität kaputt. Früher oder später holt sie einen sowieso ein, bis dahin will ich mich gerne meinen Illusionen hingeben.“

Das war vielleicht gar keine so schlechte Einstellung, für einen Menschen wie ihn aber kaum denkbar. Christian war ein Realist, er sah die Welt so wie sie wirklich war. Eine andere Sichtweise konnte er sich auch gar nicht erlauben. Aber eine solche Sichtweise wäre sicher bemerkenswert.

Christian warf einen Blick zu Rida, der zufrieden lächelte, so als teilte er Shays Einstellung. Oder war zumindest der Meinung, dass es für seinen Freund eine gute Einstellung wäre.

Als er Christians Blick auffing, nickte er verstehend. Ohne ein weiteres Wort verließ er beinahe lautlos den Raum.

Es war zwar nicht das, was Christian gewollt hatte, doch sein Verschwinden war vielleicht gar nicht einmal so schlecht. Sein Blick richtete sich auf Shay. Eigentlich hatte er sich darauf eingestellt, den Jüngeren trösten zu müssen, doch dieser benötigte gar keinen Trost. Shay schien mit diesem Ausgang zufrieden zu sein. Wahrscheinlich war es wirklich so, wie am Anfang dieses Gesprächs behauptet: Es war ein wirklich guter Kampf gewesen. Er hatte mehr geschafft, als Christian ihm zugetraut hatte. Selbst mit seinem Training.

Der Blonde senkte seine Hand, die bis jetzt noch immer unter dem Kinn des Jüngeren geruht hatte und küsste ihn. Es war kein leidenschaftlicher oder fordernder Kuss, sondern sanft, fast liebevoll. Etwas das Christian selbst erstaunt hätte, wenn er es bemerkt hätte, doch im Moment erschien es ihm auf diese Weise einfach richtig.

Shay ging auf diesen Kuss ein und erwiderte ihn. Wenn auch er keine Anstalten machte, diesen Kuss zu intensivieren, das war nicht notwendig sie verstanden sich auch so.

Erst nach einer, wie es schien, kleinen Ewigkeit lösten sie sich wieder voneinander. Christian griff nach der Hand des Braunhaarigen und führte ihn so in Richtung seines Schlafzimmers. Dabei lächelte er verheißungsvoll. „Dann hast du also verloren. Soweit ich weiß, habe ich dir für diesen Fall eine Strafe versprochen. Außerdem müssen wir das letzte Mal noch nachholen, das du nicht eingehalten hast. Ich hoffe, du hast dich auf eine lange Nacht eingestellt.“

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 50
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Shay biss die Zähne zusammen, als er auf dem Weg zu seinem Zimmer war. Jeder Schritt schmerzte, das war eindeutig neu. Das letzte Mal hatte er dahingehend keine Beschwerden verspürt. Aber das war diese Nacht eindeutig wert gewesen. Auch wenn er Dinge getan und gelernt hatte, die ihm vor einigen Wochen noch die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätten. Allerdings hatte sich seit damals ja so einiges geändert. Es war erstaunlich, wenn man sich diesen Wandel ansah. Gesellschaftlich und charakterlich hatte er sich deutlich geändert und das nur zum Besseren.

Den Wohnraum betretend, den er sich mit seiner Schwester teilte, steuerte er sein Zimmer an. Mit einem erleichterten Seufzen schloss er die Tür hinter sich, eine Auseinandersetzung mit Susan war das Letzte, was er gebrauchen konnte.

„Ein wenig spät um heimzukommen, nicht? Oder gar zu früh? Ich bin mir da nicht so sicher.“

Überrascht sah Shay in die Richtung, aus der die Stimme kam. Susan saß am Rand seines Bettes und fixierte ihn mit einem wütenden Blick.

Was für eine gute Position, so fiel sie einem natürlich nicht gleich auf, wenn man den Raum betrat. Shay jedoch wunderte es, dass sie bereits wach und angekleidet war. Um eine solche Uhrzeit pflegte sie sonst noch eine enge Freundschaft mit ihrem Kopfkissen. „Darf ich also annehmen, dass dich die Sorge um mich, so früh aus deinem Bett getrieben hat?“

„Sorge um dich?“ Sie lachte gehässig auf. „Mach dich doch nicht lächerlich, Shay.“

Dann jedoch verebbte ihr Lachen schlagartig und sie musterte ihn durchdringend. „Wo warst du die Nacht über?“

„Das hast du mich schon einmal gefragt und auch diesmal hat sich die Antwort nicht geändert.“ Shay hatte gewusst, dass es keine gute Idee war, in Christians Armen einzuschlafen. Nur war er nach dieser Nacht zu müde gewesen, um den Weg in seine Räumlichkeiten anzutreten.

Susan schlug mit der geballten Faust auf die Matratze neben sich. „Du warst bei ihm!“

„Mach dich doch nicht lächerlich, Susan.“ Er benutzte absichtlich die gleichen Worte wie sie zuvor. Sie sollte verstehen, dass der Gedanke ebenso grotesk war wie der, dass sie sich Sorgen um ihn machte. Wäre er vor einigen Wochen ja noch gewesen.

Shay verzichtete absichtlich darauf sich hinzusetzen, da er nicht glaubte, das ohne Schmerzen zu schaffen. Und er wollte Susan keinen Grund geben, noch misstrauischer zu werden, als sie sowieso schon war.

„Ich denke nicht, dass Liam darüber erfreut sein wird, wie eng du mit Christian befreundet bist.“

„Er hat mir selbst aufgetragen, mich mit Christian anzufreunden. Für ihn ist es doch nur gut, wenn ich eng mit ihm befreundet bin.“ Lächelnd zog sich Shay seine Jacke aus, wandte seiner Schwester so den Rücken zu. Mit der Liam betreffenden Drohung schüchterte sie ihn nun nicht mehr ein. Es war nun ihr Problem, dass sie nichts mehr gegen ihn in der Hand hatte.

„Verdammt, du bist für mich zuständig, Shay. Jemand verbreitet Lügen über mich, es ist deine Aufgabe meine Ehre zu verteidigen.“ Das war wohl der Hauptgrund ihrer Anwesenheit hier, das merkte man an ihrem aufgebrachten Tonfall.

Shay lächelte mitleidig. Das nannte mal wohl Ironie. Jetzt wollte sie genau das, wofür sie ihm vor einigen Wochen noch gezürnt hatte.

Er drehte sich zu ihr um, von dem Mitleid, das er eben noch empfunden hatte, war nichts mehr zu sehen. Der Blick mit dem er sie musterte war kalt. „Wenn ich dich daran erinnern darf, Susan, warst du es die mir vor einigen Wochen noch verboten hat, eben das zu tun. Jetzt verlangst du es von mir?“

Er seufzte leise und schüttelte den Kopf. „Den Wankelmut der Frauen werde ich wohl nie verstehen.“

Hätte Susan bereits die Gewandtheit ¬besessen, die Frauen wie Karen zu Eigen war, hätte sie diese Bemerkung wohl mit einem Lächeln und einer amüsierten Bemerkung gekontert. Da Susan diese Fähigkeit allerdings nicht besaß, sprang sie nur auf und sah Shay zornig an. „Wage es nicht, dich über mich lustig zu machen, Bruder!“

Nun war es an Shay aufzulachen. Sie hatte nichts mehr gegen ihn in der Hand und das war ein gutes Gefühl. Nun war er endlich einmal obenauf, ein Gefühl das neu für ihn war, aber an das er sich durchaus gewöhnen könnte. „Und wenn doch? Gehst du dann zu Liam, dich beschweren? Bei der Gelegenheit kannst du ihn ja auch gleich bitten, deine Ehre zu verteidigen. In meine Fähigkeiten hast du ja nicht allzu viel Vertrauen, wie man gesehen hat. Aber weißt du was? Das wirst du nicht machen, liebste Schwester. Weil du genau weißt, dass Liam deine Bitte abweisen wird. Dein Wert ist nicht so hoch, als dass er dafür sein Leben riskieren würde.“

„Du befindest dich doch in derselben Position!“ Man merkte es Susan deutlich an, dass sie sich in die Ecke gedrängt fühlte. Ihr gingen eindeutig die Argumente aus und das versuchte sie verzweifelt hinter ihrem Verhalten zu verbergen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und auch ihre Stimme wurde immer lauter.

„Nein, bin ich nicht. Ich bin keine von Liams Spielfiguren, nicht mehr. Diese Rolle bleibt nun alleine dir überlassen.“ Es war ein gutes Gefühl das auszusprechen, wenn Shay auch nicht wusste, ob das eine so gute Idee war. Allerdings würde er das sowieso bald publik machen müssen, warum also nicht hier anfangen? „Wenn du mich nun entschuldigst. Ich habe eine anstrengende Nacht hinter mir und würde mich nun gerne ausruhen.“

Susan starrte ihn teils wütend, teils fassungslos an. „Ich werde es trotzdem Liam sagen.“

Damit stürmte sie aus dem Raum.

„Tu was du nicht lassen kannst.“ Mit diesen Worten schloss er die Tür hinter ihr. Sie würde schon sehen, was sie davon hatte.

Shay zog sein Hemd aus und lockerte den Bund seiner Hose, bevor er sich auf sein Bett fallen ließ. Wobei er es jedoch vorzog sich auf den Bauch zu legen, den Rücken würde er wohl für einige Tage nicht mehr benutzen können. Aber wie schon gesagt, das war diese Nacht wert gewesen.

Shay war sich sicher, dass es von nun an nur mehr besser werden konnte.
 

Christian schlenderte gelassen durch die Gänge des Palastes. Zu sagen, dass er ein Ziel hatte, wäre gelogen. Eigentlich suchte er nur eine Beschäftigung, um den Nachmittag totzuschlagen. Jetzt war es nicht mehr notwendig, das Turnier zu verfolgen und Karen hatte sich auch noch nicht gemeldet, weswegen er nun zuviel freie Zeit hatte. Nun im Grunde war er sehr froh darüber, Karen war seine beste Freundin, doch es war anstrengend, wenn sie in der Nähe war. Bei ihrem Scharfsinn musste man immer auf seine Worte und Gesten aufpassen, sonst konnte es passieren, dass sie etwas mitbekam, das nicht für sie bestimmt war.

Christian passierte eine Gruppe kichernder und tuschelnder Damen. Er gönnte ihnen nur einen kurzen Blick, jedoch ohne zuviel Interesse zu zeigen. Das war niemals ratsam bei einer größeren Gruppe des weiblichen Geschlechts, das merkte jeder Mann hier schnell. Sprich Damen an wenn du willst, aber nie wenn sie im Rudel auftreten. Es sei denn, du kannst eine dieser Damen deine Schwester oder Frau nennen, wobei das letztere mehr Sicherheit versprach.

Es überraschte ihn nicht, als sich eine Hand um seinen Oberarm schlang und dessen Besitzerin schweigend den Weg an seiner Seite fortsetzte. Worte waren auch unnötig, schließlich hatte er gesehen, welche Dame sich aus der Gruppe gelöst hatte und an seine Seite gewandert war. Erst nach einer Weile machte er sich die Mühe sie anzusprechen. „Habt Ihr gar keine Angst vor den Gerüchten?“

„Ohne Gerüchte wäre es hier sehr langweilig meint Ihr nicht, Lord Alrin?“

Christian schmunzelte bei dieser Antwort. „Also tragt Ihr zum allgemeinen Unterhaltungsprogramm bei?“

„Warum nicht?“ Sie zuckte gelassen mit den Schultern. „Es ist ermüdend, nur über das Turnier zu reden. Wie abwechslungsreich es auch sein mag, dieses Thema nutzt sich zu schnell ab.“

„Ihr erstaunt mich, Lady Mikaela. Normalerweise sind es doch gerade die Damen, die daran Gefallen finden.“ Zumindest eine gewisse Altersklasse aber in diese fiel sie nicht mehr unbedingt hinein, wenn auch nicht aufgrund ihres Alters.

Sie lachte amüsiert. „Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Was bringt es mir nun noch, schwitzenden Männern zuzusehen, die sich gegenseitig die Köpfe einschlagen. Wer gewonnen hat, wird mir sowieso auf die eine oder andere Art zugetragen. Ich habe meine Pflichtkämpfe und mehr werde ich mir nicht ansehen.“

„Das Alter ändert die Prioritäten, schön das zu wissen.“ Christian löste sich von ihrem Griff und hielt ihr die Tür zu einem der Salons auf. Um diese Tageszeit waren sie so gut wie alleine in dem Raum. Nur einige Männer hielten sich hier um einen Tisch versammelt auf und testeten ihr Glück bei einem Kartenspiel. Das waren genug Anstandsdamen, befand Christian.

Mikaela ging zu einem Tisch auf dem ein Schachbrett von seinen vorherigen Benutzern achtlos zurückgelassen worden war. „Erweist Ihr mir die Ehre eines Spieles?“

„Habe ich jemals die Bitte einer Dame abgewiesen, wenn ich sie erfüllen konnte. Gerne spiele ich mit euch das Spiel, in dem die Dame die meiste Macht hat.“ Dabei half er ihr bereits sich zu setzen.

Mikaela lächelte und ordnete die Spielfiguren, sobald sie saß. „Auch wenn es schon aus der Mode ist, es ist das einzige Spiel, das man als Hofdame des Prinzen wirklich beherrscht. Casey mag keine Kartenspiele.“

„Weil er verliert.“ Es war ein Schuss ins Blaue, allerdings hatte er den Prinzen einmal spielen sehen und das reichte um zu wissen, dass er kein Profi war.

„Das auch.“ Mit einem amüsierten Lächeln nahm Mikaela einen Bauern und begann diese Partie.

„Welchen Umstand habe ich es eigentlich zu verdanken, dass Ihr heute ganz ohne männlichen Schutz unterwegs seid?“ Christian wusste, dass die Antwort darauf ziemlich banal sein würde, doch es war hilfreich ein Gespräch in Gang zu bringen. Das hier war ein Spiel um die Zeit totzuschlagen, so war es nicht notwendig seine ganze Konzentration darauf zu verwenden.

„Was bringt Euch zu der Annahme, dass ich männlichen Schutz benötige?“ Sie warf ihm einen geheimnisvollen Blick zu. Dann jedoch seufzte sie nur und legte ihren Kopf auf die aufgestützte Hand. „Mein Mann war der Ansicht, dass unser Ältester alt genug für einen eigenen Falken sei. Und mit diesem muss man ihn ja gleich vertraut machen, was ich mit vier Jahren doch etwas zu früh finde. Der Jüngere ist bei seinem Kindermädchen.“

„Der erste Falke ist ein bedeutendes Geschenk. Euer Sohn kann sich glücklich schätzen.“ Bei seinem ersten Pferd war er fünf Jahre gewesen. Da seine Familie auf ihrem Land kaum jagte, waren Geschenke wie Hunde oder Falken sinnlos, aber ein Pferd, das war wirklich wertvoll.

„Solange er es zu schätzen weiß, habe ich ja auch nichts dagegen. Nur will ich vermeiden, dass er so verwöhnt wird wie manch andere hier.“ Dabei glitt ihr Blick kurz zu dem Tisch mit Spielern in der Nähe der Tür.

„Das ist natürlich immer die Gefahr.“ Gelassen setzte auch er die erste Figur. Christian machte sich um solche Dinge keine Gedanken. Von ihm wurde nicht erwartet, Kinder in die Welt zu setzen und das hatte er auch nicht vor. Nach seinem Tod würden die Ländereien seiner Familie wieder zusammenfinden, ein Kind von seiner Seite würde das nur erschweren. Weder sein Bruder, noch seine Mutter sprachen dieses Thema an und dafür war er ihnen dankbar. Vielleicht erahnten sie seine Entscheidung, oder sie machten sich bei seinem Alter noch keine Sorgen darum.

Mikaela schien zu bemerken, dass dies kein Thema war, über das er gerne redete. Aus diesem Grund tat sie das, was alle Frauen in einer solchen Situation machten: sie wechselte zu einem noch unbeliebteren Thema. „Was wurde eigentlich aus dieser Sache? Ist Eure Eifersucht verebbt?“

„Ich weiß es nicht, bis jetzt gab es keinen Anlass mehr dazu.“ Das stimmte. Seit er sich wieder um Shay bemühte, hatte sich keine Frau mehr an seiner Seite blicken lassen. Eigentlich hatte er auch gar nicht mehr daran gedacht. Es kam ihm vor als läge sein letztes Gespräch mit Mikaela schon Jahre zurückliegen.

„Aber Ihr habt es doch zu Ende gebracht, oder?“ Auch wenn Mikaela versuchte ihr Interesse zu verbergen, so schaffte sie es nicht ganz.

Das war eine neue Seite an Mikaela, die Christian noch nicht kannte. Jedoch war er sich bei ihr sicher, dass es nicht aus Neugier geschah, sondern aus ehrlichem Interesse. Was sie hier sprachen blieb unter ihnen. Sie war wohl der einzig diskrete Mensch, den er außer seiner Familie kannte. „Ja, habe ich. Allerdings hat es nicht wie Ihr sagtet nachgelassen.“

Und diese Tatsache erschreckte ihn ehrlich gesagt doch etwas. Normalerweise ebbte das Verlangen ab, nachdem er sein Ziel erreicht hatte. Gut, es konnte jederzeit wieder aufflammen, doch nicht sofort wieder. Meistens hatten seine Partner auch kein Interesse an eine sofortige Wiederholung, da diese die gleichen Grundsätze hatten wie er. Keine Bindungen, nur Vergnügen. Vor allem hatte bis jetzt niemand die Nacht bei ihm verbracht. Schon gar nicht auf seine eigene Aufforderung hin, schließlich war es diesmal auch wieder er gewesen, der Shay davon abgehalten hatte, zu gehen.

Einen Finger mahnend hebend, berichtigte ihn Mikaela. „Ich habe nie gesagt, dass es danach abebbt. Ich habe gesagt, dass es möglich sein könnte. Es ist doch schön, wenn Ihr weiterhin Gefühle für ihn habt.“

„Solcherlei Gefühle sind nichts, das ich mir leisten könnte. Ich habe der Liebe abgeschworen.“ Schon vor einigen Jahren und seitdem hatte er auch niemals wieder etwas in dieser Richtung verspürt. So schön es auch war, am Ende schmerzte die Liebe immer und das wollte er sich ersparen. Das Glücksgefühl am Anfang, wog die Schmerzen am Ende kaum auf.

Diese Bemerkung entlockte Mikaela allerdings nur ein Lachen. „Weiß die Liebe das auch?“

Sie schüttelte mitfühlend den Kopf. „Christian, du kannst nicht etwas abschwören, auf das du keinen Einfluss hast. Liebe ist nichts, über das man bestimmen kann, dass passiert einfach.“

So sehr sie auch gereift war, ihre romantischen Gefühle hatte sie scheinbar noch immer nicht abgelegt. Manche Dinge änderten sich wohl nie, das war etwas, das Christian doch beruhigte. „Mikaela, Liebe hat in meinem Leben keinen Platz und das wird sich auch nie ändern.“

„Das mag deine Meinung sein, aber wie sieht das dein Partner? Vielleicht will er ja dein Herz gewinnen? Hast du daran schon einmal gedacht.“ Ihr Blick lag konzentriert auf dem Spielbrett und sie machte wieder einen Zug. Wenn das Spiel auch schon in den Hintergrund getreten war, so lief es noch immer weiter.

Christian schüttelte den Kopf und wollte schon verneinen, als er inne hielt. Es war eine absurde Idee, Shay würde so etwas nie in Erwägung ziehen. Schließlich hatte er ihm von Anfang an klar gemacht, was sein Ziel war, oder? Christian war sich da nicht mehr so sicher, aber wenn man sich nur ein wenig für ihn interessierte, dann wusste man das doch. Hieß das nun, dass er in Schwierigkeiten war? Er selbst empfand nichts für Shay, da war er sich sicher, etwas anderes war undenkbar. Er war ein guter Freund, doch für Christian kam eine Beziehung nicht in Frage. Nur wie stand es um Shay? Um irgendwelche Probleme von Anfang an zu vermeiden sollte er das wohl so schnell wie möglich klären.

Mikaela musterte ihn mit einem wissenden Lächeln. Ihre Hand bewegte eine Figur in Christians Richtung. „Ich denke meine nächsten Worte treffen nicht nur auf dieses Spiel zu. Schach matt, der König fällt.“

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 51
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Sie hatte doch tatsächlich ernst gemacht.

Shay seufzte tief und schloss kurz die Augen. Natürlich hatte sie ernst gemacht, immerhin war hier von Susan die Rede. Sobald sie eine Möglichkeit sah, ihn schlecht zu machen, ergriff sie diese, vor allem, wenn es nebenbei noch dazu diente, sie besser darzustellen. Aus diesem Grund hatte er kaum genug Schlaf bekommen, um sich richtig auszuruhen. Doch seine Wut über die Aufforderung seines Bruders, schaffte es seine Müdigkeit zu vertreiben. Es war an der Zeit diese Sache endgültig aus der Welt zu schaffen.

Er klopfte an die Tür, machte sich aber nicht die Mühe, auf eine Antwort zu warten. Auf diese würde er sowieso vergebens hoffen und er hatte wirklich nicht die Geduld, auf einen Diener zu warten, der die Tür öffnete. Jetzt wo er eine Entscheidung gefällt hatte, wollte er sie so schnell wie möglich den Betreffenden mitteilen. Das war immer einer seiner Schwachpunkte gewesen, impulsiv zu handeln ohne vorher nachzudenken. Doch was gab es hier noch viel nachzudenken? Er hatte eine Entscheidung gefällt, er hatte Absicherungen, bei denen er nur noch zusagen musste, es gab nichts mehr zu überdenken. Jetzt musste er nur noch alte, längst überfällige Bande kappen.

Liam stand in seinem Zimmer vor dem Bett und war gerade dabei, sich ein Hemd überstreifen zu lassen. Bloß keinen Finger selbst krümmen, das war eines der Dinge, die Shay kaum fehlen würden. Anders als sein älterer Bruder war er zur Selbstständigkeit erzogen worden, oder besser gesagt, er hatte es lernen müssen, so ganz sich selbst überlassen.

„Oh, du bist da. Hat ja auch lange genug gedauert.“

„Ich habe noch geschlafen.“ Shay setzte sich auf einen der Sessel, die zur Einrichtung des Zimmers gehörten. Wie er es gewohnt war, wartete er nicht auf eine Aufforderung.

„Da habe ich von deiner Schwester aber etwas anderes gehört.“ Liam wartete geduldig, bis sein Diener ihm das Hemd zugeknöpft und den Kragen gerichtet hatte. Danach scheuchte er ihn mit einer unwirschen Geste weg.

„Susan erzählt viel, wenn der Tag lang ist. Ich habe sie wohl verärgert, aber das ist mir gleich. Ich bin es leid.“ Es war seltsam, seine Gefühle Liam gegenüber so offen auszusprechen, nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen. Egal was er sagte, es hatte keine Konsequenzen mehr für ihn.

„Leid?“ Liam hob eine Augenbraue, so als könnte er ihm nicht ganz folgen. Er legte eine Hand auf die Lehne des Stuhles, der sich vor ihm befand. Einen Moment maß er ihn mit einem nachdenklichen Blick, so als überlege er, ob er sich setzen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Sein Blick richtete sich wieder auf Shay. „Was bist du leid?“

„Susans Aufpasser zu sein.“ Susan im Speziellen, diese Familie im Allgemeinen, er war sie alle leid. Unter anderen Umständen hätte Shay sich vielleicht für diese Gedanken geschämt, aber wenn man bedachte, was er dieser Familie zu verdanken hatte, verflog jeder Gedanke an Scham sofort. Von nichts kam nichts. Sie hatten ihm nichts gegeben, also war auch jede Gefühlsregung von ihm an sie vergeudet.

„Aber das ist deine Aufgabe. Zu was bist du denn sonst nütze?“

Der letzte Kommentar war ein wohlgesetzter Schuss und Shay konnte nichts dagegen machen, dass er auch traf. Es schmerzte zwar nicht mehr so wie früher, doch völlig ungerührt ließ ihn das auch nicht. Jedoch schaffte er es, keine Gefühlsregung zu zeigen.

Liam betrachtete ihn völlig ungerührt, nur in seinen Augen konnte man sehen, dass er enttäuscht war, keine Reaktion zu bekommen. „Ich meine, es war ja Vaters Anweisung, dass du auf Susan aufpassen sollst.“

Shay wollte die Arme vor der Brust verschränken, doch unterließ er es. Das war eine Abwehrhaltung und er musste Liam nicht mehr abwehren und sich auch nicht vor ihm rechtfertigen. „Wenn ich dich daran erinnern darf, dann waren Vaters Worte, Susan an den Mann zu bringen, damit er nicht weiterhin ein unnötiges Maul stopfen muss.“

Selbst nach all der Zeit wusste er noch den genauen Wortlaut, da der Blick seinen Vaters eine noch deutlichere Sprache als seine Worte gesprochen hatte. Eine Botschaft, die an seine Person gerichtet war. Schließlich war auch er in den Augen seines Vaters ein unnötiges Maul. Nun, diese Belastung konnte er ihm abnehmen.

„Das stimmt, doch es ändert nichts an der Bedeutung. Du bist für sie verantwortlich, bis wir jemand anderen dafür gefunden haben.“

Shay konnte sich nur nicht vorstellen, dass sie jemanden fanden, der so dumm war. Einmal abgesehen von ihrem derzeitigen Verehrer, doch dieser war mit Karen verwandt. So richtig einen Reim konnte er sich darauf nicht machen, aber es war gut möglich, dass Karen ihm im Nacken saß. Und das war ein gutes Argument etwas zu machen, das man sonst besser unterließ. „Sie ist eine Bürde und ich will mich nicht länger mit ihr umgeben. Sie hört sowieso nicht auf mich und ich habe keine Lust mehr, ihre Fehler auszubessern. Soll sie doch selbst sehen, wo sie bleibt.“

Er sah seinem älteren Bruder fest in die Augen. „Susan ist mir lästig.“

Gegenworte waren etwas, mit dem Liam nicht umgehen konnte, das war Shay bewusst. Wie hätte er das auch lernen sollen, wenn er niemals welche bekam? Derzeit würde er sich aber gerne als Lehrmeister anbieten.

Der Ältere glich einer Statue. Bewegungslos stand er da, den Blick starr auf Shay gerichtet. Man merkte, wie die Rädchen hinter seiner Stirn arbeiteten, die Frage war nur, zu welcher Antwort sie kommen würden. „Nun…“

Liam stockte, auch wenn man es nicht wirklich ein Stocken nennen konnte, da er mit seiner Antwort nie weiter gewesen war. Dieses Wort war die einzige Möglichkeit, noch einige kostbare Sekunden zu gewinnen. Dann seufzte er tief und sah Shay tadelnd an. „Es ist möglich, dass wir dir mit Susans Aufsicht etwas zuviel zugemutet haben. Aber keine Sorge, es wird nicht mehr lange dauern, bis sie verheiratet ist. Dieser Junge scheint ihr sehr zugetan.“

Es war klar, dass Liam dies wieder als seine Schwäche auslegte, Shay hatte es ihm in dieser Hinsicht ja auch leicht gemacht. Dass eine Heirat schon beschlossene Sache war, das bezweifelte der Jüngere jedoch. Karen hatte da bestimmt noch das eine oder andere Wort mitzureden, da war er sich sicher. Sie war die Herrscherin ihrer Familie, wenn auch nicht die Älteste von ihnen, das war Shay bereits klar.

Sein Bruder schien von seinen Gedankengänge nicht mitzubekommen, da er unbekümmert weitersprach. Jetzt wo er wieder zu seiner normalen Art gefunden hatte, folgte er seinen gewohnten Pfaden. „Deswegen ist es an der Zeit für dich, deine Sachen zu packen. Du reist demnächst ab, wieder zurück zu unserer Familie. Ich werde noch die Formalitäten regeln und dann ebenfalls die Heimreise antreten. Das Turnier hast du doch schon hinter dir, oder?“

„Nein.“ Bei dieser Antwort klang Shays Stimme fest und entschlossen. Das war ein Wort, das er schon immer zu seinem Bruder hatte sagen wollen und das mit genau dieser Bedeutung.

„Was ‚nein‘? Du bist doch ausgeschieden oder nicht?“ Stirnrunzelnd sah Liam ihn an.

„Ja, das bin ich, aber ich habe nicht vor zurückzukehren. Ich werde nicht mehr heimkommen.“ Es erleichterte Shay irgendwie das zu sagen, was auch sein befreites Lächeln in diesem Moment erklärte. Er stand auf, um mit seinem Bruder zumindest halbwegs auf Augenhöhe zu sein, schließlich hatte er jahrelang auf diesen Moment gewartet, jetzt wollte er ihn auch auskosten.

„Mach dich nicht lächerlich, Shay. Du kannst dich unserer Anweisung nicht widersetzen, wovon willst du leben?“ Auch wenn er lächelte, so wirkte das Lächeln des Älteren nicht wirklich sicher.

Shays Lächeln hingegen war siegessicher. „Oh, das muss nicht mehr eure Sorge sein. Aber falls es euch interessiert, ich bin gut versorgt.“

„Du wagst es, dich mir zu widersetzen?“

Jetzt wurde er laut, anscheinend hatte er einen wunden Punkt getroffen. Ja, auch ein zahmes Haustier konnte wieder ausgewildert werden und Shay hatte den richtigen Lehrer dafür getroffen. Jetzt konnte er die Zähne zeigen. Shays Lächeln erlosch und er wurde ernst. „Nein, ich wage es nicht, mich dir zu widersetzen.“

Liam lächelte nun wieder triumphierend, jedoch kam er nicht zu einer Erwiderung, da Shay einfach weitersprach und ihm dabei fest in die Augen sah.

„Denn wenn es nur darum ginge es zu wagen, dann hätte ich diesen Schritt schon vor Jahren getan. Der einzige Unterschied jetzt ist, dass ich es kann. Ja, ich widersetzte mich dir. Dir, Vater, der ganzen Familie und ich fühle mich gut dabei. Ich will nicht mit euch brechen, aber wenn ihr euch zu diesem Schritt genötigt fühlt, nur zu. Der Einzige, mit dem ich mich verstehe, ist Sebastian und das auch nur weil ich ihn seit fünf Jahren nicht mehr gesehen habe und nur sporadischen Briefkontakt mit ihm habe.“

Die Gesichtsfarbe seines Bruders nahm einen ungesunden Rotton an. Diesen nahm Shay als Zeichen das Zimmer zu verlassen. Er verbeugte sich noch einmal knapp. „Leb wohl, Liam. Du warst mir zwar nie ein Bruder, aber eine Warnung für die Zukunft.“

Damit verließ er rasch aber mit gemessenem Schritt den Raum. Erleichtert schloss er die Tür hinter sich. Wenigstens jetzt am Schluss hatte sich Liam beherrscht.

Ein nie gekanntes Hochgefühl erfasste ihn, er war stolz auf sich selbst. Endlich hatte er das geschafft, was er sich all die Jahre nur in Gedanken ausgemalt hatte.

Trotz dieser Euphorie arbeitete sein Verstand so klar und präzise wie selten zuvor. Er benötigte eine neue Unterkunft, denn selbst wenn Liam ihn nicht aus seinem Zimmer werfen ließ, so wollte er keinen weiteren Moment mit Susan verbringen. Dann musste er Raouls Angebot annehmen, vielleicht konnte man diese Punkte sogar verbinden. Und dann… ja, was dann? Dann musste er sich einfach nur auf sein neues Leben freuen und sich darauf einstellen. Auch wenn ihn der Gedanke daran Angst machte, so verspürte er auch eine gewisse Vorfreude. Aber nun würde er das alles einmal fixieren.
 

Es war gut so, so konnte er alles auf einmal erledigen. Allerdings fühlte sich Shay nicht wirklich wohl in seiner Haut. Seit der Diener zuvor das Zimmer betreten hatte, war sicher schon eine Ewigkeit vergangen.

Unsicher trat er von einem Bein aufs andere, von seiner Selbstsicherheit war nicht mehr allzu viel geblieben. Es war eine Sache seinem Bruder Paroli zu bieten, aber eine andere den Prinzen mit seinem Berater bei ihrer Arbeit zu stören. Schon gar nicht wegen einer privaten Sache, doch es ging sie beide etwas an. Es war einer der wenigen freien Tage, die Raoul und Casey hatten, kein Wunder, dass sie sich dann um die bürokratische Arbeit kümmern wollten. Auch wenn der Prinz auf ihn gar nicht so pflichtbewusst wirkte.

Die Tür zum Arbeitszimmer öffnete sich wieder und der Diener deutete ihm einzutreten. Hinter ihm schloss sich die Türe wieder.

Casey und Raoul waren bei Schreibtisch. Casey hielt einige Blätter in der Hand, die er genervt betrachtete, während Raoul neben ihm stand und lächelte. Er war es auch, der sich an Shay wandte. „Lord Feran, was verschafft uns die Ehre Eures Besuches?“

„Es geht um Euer Angebot, ich habe eine Entscheidung getroffen.“

Jetzt sah auch Casey interessiert auf. „Schon? Ich habe Euch doch noch etwas Zeit gegeben.“

Shay nickte leicht. „Ja, bis zum Ende des Turniers, doch für mich ist dieses Turnier schon zu Ende. Deswegen gibt es keinen Grund mehr, das aufzuschieben.“

Shay hielt inne. Er wusste nicht genau, wie er seine nächsten Worte formulieren sollte, ohne jemanden vor den Kopf zu stoßen.

„Nun, dann teilt sie uns mit.“ Raoul machte eine Geste, die Shay anwies fortzufahren. „Allerdings möchte ich Euch bitten, trotzdem noch bis zum Ende des offiziellen Turniers darüber Stillschweigen zu bewahren. Auch zu Eurem eigenen Besten.“

Noch einmal Luft holend sah er Casey an. „So gerne ich auch der Palastwache beitreten würde, ich muss dieses Angebot leider ablehnen.“

Das war das erste Angebot gewesen, das er erhalten hatte. Auch wenn ihm dieses Angebot im Namen des Prinzen unterbreitet worden war, so kam es sicher von Raoul. Aus diesem Grund hatte es ihn auch nicht erstaunt, dass Raoul von seinem ersten Angebot wusste und deswegen hatte ihn dessen eigener Vorschlag auch irritiert.

„Ihr wisst, dass dies ein einmaliger Vorschlag war? Es gibt genug Adelige in Eurer Position, für die ein solches Angebot ein Gottesgeschenk wäre.“

Shay lächelte zufrieden. Casey schien nicht wirklich wütend zu sein, nein, er wirkte sogar ziemlich beherrscht. „Ja, deswegen will ich keinen von ihnen diese Möglichkeit nehmen. Stattdessen nehme ich das Angebot von Lord Trelain an.“

„Ach?“ Langsam drehte sich Casey zu dem Mann neben sich um.

„Du bietest also gegen mich?“ Casey sah Raoul empört an. Die Unterlagen in seinen Händen schienen mit einem Mal vergessen zu sein.

Raoul seufzte und schüttelte den Kopf. „Da es meine Aufgabe ist, das Personal für die Wache auszusuchen…“

Er stockte, bevor er breit lächelte und fröhlich nickte. „Ja, ich biete gegen dich und wie es aussieht, habe ich den Zuschlag bekommen.“

Casey schnappte nach Luft, was wahrscheinlich nötig war, bei dem was er vorhatte. Denn so wie es aussah, stand wieder ein Ausbruch seines berüchtigten Temperaments bevor.

Shay beschloss, dass nun der richtige Zeitpunkt war, sich zurückzuziehen. Er verbeugte sich leicht. „Ich werde mich nun empfehlen. Es tut mir leid, Hoheit.“

Auch wenn es unhöflich war, zog Shay es vor, den Raum fluchtartig zu verlassen, ohne eine Antwort abzuwarten. Das war ganz alleine Raouls Fehler und den musste dieser ausbaden, er hatte damit nichts zu tun. Nach einer Unterkunft konnte er auch ein andermal fragen, oder er trat an Christian oder Karen mit dieser Bitte heran. Diese wussten sicher eine Möglichkeit, oder zumindest eine vorübergehende Lösung. Aber nur wegen einer solchen Lappalie würde er sich sicher nicht zwischen die Fronten begeben. Jedoch würde er über seine Entscheidung stillschweigen bewahren, so wie Raoul es wollte. Auch wenn er es nicht verstand, es würde sicher einen Grund haben.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 52
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Christian stand vor seiner Staffelei und malte an dem Bild weiter, das er vor einiger Zeit angefangen hatte. Er zeichnete nur, wenn er zur Ruhe kommen musste, oder seine Stimmung einfach passte. Und die Szenerie, die sich ihm von seinem Balkon aus bot, änderte sich ja nicht, nur die Protagonisten darin und diese waren nicht mehr als farbliche Schemen für ihn.

Heute zeichnete er, um wieder zur Ruhe zu kommen, sich wieder konzentrieren zu können. Mikaelas Worte hatten etwas in ihm bewegt, ihn auf Gedanken gebracht, die er bisher vermieden hatte. Nun wo man sie ihm gegenüber aber angesprochen hatte, musste er sich damit auseinandersetzen, egal ob er wollte oder nicht.

Ein Klopfen an der Tür seiner Räumlichkeiten irritierte ihn für einen Moment, allerdings schenkte er ihm keine weitere Beachtung. Rida würde sich schon um den Besucher kümmern.

Allerdings hielt das Klopfen an, ohne dass sich jemand darum kümmerte. Christian legte genervt den Pinsel neben sich auf den Tisch. Das war es dann mit seiner inneren Ruhe. Wo war eigentlich Rida? Von ihm selbst hatte er keinen Auftrag bekommen und Rida wusste auch, dass er beim Malen keinerlei Störungen wünschte. Normalerweise kümmerte sich sein Freund auch sehr pflichtbewusst darum.

Christian ging zur Tür und öffnete diese, in der festen Absicht seinen Besucher gleich abzuweisen. Zumindest hatte er das vor, bis er seinen Gast erkannte.

Shay stand vor der Tür. Er wirkte irgendwie entspannter als sonst, zumindest war das Christians Eindruck. Lächelnd sah er ihn an. „Darf ich eintreten?“

Eigentlich nicht, da er noch nicht die nötige Ruhe und Erkenntnis hatte, um sich mit ihm zu unterhalten. Jedoch war er niemand, der Entscheidungen und seien sie noch so unangenehm auf die lange Bank schob. Sein Vater hatte seinen Brüdern und ihm beigebracht sich jeder Herausforderung zu stellen, sobald sie sich zeigte. Das war wohl einer dieser Fälle.

Er trat zur Seite und ließ Shay eintreten. Es war seltsam einmal Ridas Aufgabe auszuführen, sonst war er eher derjenige der wartete. „Natürlich. Setz dich doch.“

Christian selbst ging zu seiner Anrichte und goss sich ein Glas Wein ein. Mit diesem in der Hand schritt er zur gepolsterten Bank und setzte sich darauf.

Shay setzte sich neben ihn, den Körper in seine Richtung gewandt. Sein Blick streifte die Staffelei und in seine Augen trat ein interessierter Ausdruck. „Du malst?“

„Gelegentlich.“ Christian machte eine abwertende Handbewegung. Seine Freizeitbeschäftigung war eigentlich nichts, das er publik machen wollte. Das war seine Möglichkeit sich zurückzuziehen und zur Ruhe zu kommen, das sollte niemanden interessieren. Außerdem wenn es einmal publik werden würde, dann hätte er sicher sofort alle möglichen Anfragen für Porträts, egal wie schlecht er war und er wollte sich die Mühe ersparen, diese abzuweisen. „Was führt dich zu mir?“

Shay richtete seinen Blick wieder auf Christian. „Ich habe eine Bitte an dich. Für die restliche Dauer des Turniers würde ich eine Unterkunft benötigen. Deswegen wollte ich dich bitten, ob du nicht mit Raoul deswegen sprechen könntest. Ich war gerade eben bei ihm, nur kam ich nicht dazu, dieses Thema anzusprechen und ich will nicht aufdringlich erscheinen.“

Überrascht hob Christian eine Augenbraue. Einerseits hatte er nicht mit einem solchen Anliegen gerechnet und zweitens würde er gerne wissen welche Umstände zu diesem überstürzten Quartierwechsel führten. Allerdings war dieses Anliegen so gut wie unerfüllbar. Wie Shay schon sagte, das Turnier war in vollem Gange. Jeder Adelige, der ein Zimmer hatte, blieb bis zum Ende des Turniers und dementsprechend waren auch alle Räume des Schlosses belegt.

Nachdenklich runzelte Christian die Stirn. Dann jedoch kam ihm ein Gedanke, der ihn lächeln ließ, eigentlich eine gute Idee und es war ja nicht so, dass die zwei sich nicht verdient hätten. Um diesen Plan aber überhaupt an Raoul herantragen zu können, benötigte er noch einige Informationen von dem Jüngeren, schließlich wollte er ihm nicht unnötige Probleme machen. „Das ist sehr schwierig, vor allem während des Turniers. Das Schloss ist bis unter das Dach belegt. Gibt es einen Grund, warum du dir das Zimmer nicht mehr mit deiner Schwester teilen kannst?“

Der Jüngere seufzte und sah kurz zu Boden, bevor er den Blick wieder hob und Christian entschlossen ansah. „Ich ertrage sie nicht mehr.“

Das hatte ja lange gedauert. Christian erstaunte diese Entwicklung nicht sonderlich, immerhin war das durchaus verständlich. Nur dass es so lange gedauert hatte, bis Shay soweit war. Wenn Susan seine Schwester gewesen wäre, hätte er sie schon vor Jahren beim Spielen, natürlich völlig unabsichtlich, ertränkt. Nur das sie als seine Schwester niemals so geworden wäre, das hätte seine Mutter zu verhindern gewusst. „Nun das ist nachvollziehbar, aber die kurze Zeit, die dieses Turnier noch dauert, wirst du ihr doch aus dem Weg gehen können, oder?“

Es steckte mehr dahinter, das ahnte Christian einfach. Egal was seine Schwester getan hatte, es konnte nicht so schlimm sein, das Shay nun auf einmal die Geduld mit ihr verlor. Nicht nachdem er sie solange ertragen hatte.

Shay wich seinem Blick kurz aus, bevor er ihn wieder ansah. Er schluckte einmal, so als bereiteten ihm die nächsten Worte Probleme. „Ich habe mit meiner Familie gebrochen.“

Diese Worte waren so leise gesprochen, dass Christian im ersten Moment dachte, er hätte sich verhört. Hatte Shay eben wirklich gesagt, dass er mit seiner Familie gebrochen hatte? Nun, das er von seiner Familie nicht allzu begeistert war, das war ihm bewusst, schließlich hatte er diese Unzufriedenheit erst heraufbeschworen. Schuldig fühlte er sich deswegen aber nicht, die Missstände hatte es ja gegeben, er hatte sie nur aufgedeckt. „Oh. Das heißt, du hast eine Anstellung?“

Shay nickte zustimmend. „Ja. Seit einigen Stunden und es gibt keine Möglichkeit mehr, das rückgängig zu machen. Aber ich darf noch nicht sagen bei wem, oder wo sie ist.“

Das gefiel Christian nicht. Ihm gefiel es nicht, dass Shay solche Entscheidungen ohne ihn traf, ja, ihn nicht einmal nach seiner Meinung fragte. Schließlich war der Jüngere nur durch ihn auf diese Idee gekommen. Wenn er die Sache mit ihm besprochen hätte, dann… Ja, was dann?

Christian trank nun wirklich einen Schluck von seinem Wein. Verdammt, er fing an, für seine Verhältnisse völlig ungewohnt zu denken. Shay musste das nicht mit ihm absprechen, das war ganz alleine seine Entscheidung. Der Braunhaarige wusste das und hatte auch dementsprechend gehandelt. Er musste nichts mit ihm besprechen, ihn nicht nach seiner Meinung und schon gar nicht Erlaubnis fragen, da er ihm in keinster Weise verpflichtet war. Sie waren weder Geliebte, noch miteinander verwandt, alles was sie verband war eine lockere Freundschaft. Es gab also gar keinen Grund für ihn, sich nun verletzt oder hintergangen zu fühlen. Verdammt, er musste das sofort klären, sonst wurde er noch verrückt.

„Shay, ich glaube, wir müssen reden.“ Oh Gott, nun fing er so an, wie der Jüngere vor einiger Zeit.

Der Jüngere sah ihn bei diesen Worten überrascht an. Anscheinend empfand er diese Worte ebenso unheilbringend, wie Christian als er sie von ihm gehört hatte. Doch dann wurde sein Blick interessiert. „Worüber?“

„Über diese Nacht und das was nun ist.“ Zum ersten Mal wusste Christian nicht, wie er diese Dinge formulieren sollte. Normalerweise sprach er die Dinge so aus wie sie waren, egal wie sie auf sein Gegenüber wirkten. Jetzt jedoch wollte er Shay nicht verletzen.

„Ja?“ Leicht verunsichert sah ihn der Jüngere an. Man merkte deutlich, dass er nicht wusste, worauf der Blonde hinauswollte.

Christian nahm noch einen Schluck von seinem Glas. Jetzt verfluchte er seine gute Konstitution, die verhinderte, dass der Alkohol schon nach wenigen Schlucken Wirkung zeigte. Dann würde ihm die Sache sicher einfacher fallen. „Du weißt, dass ich keine Beziehungen eingehe, oder?“

Die Stirn nun runzelnd sah Shay ihn an. Er wirkte nun deutlich verwirrt. „Natürlich, aber worauf willst du hinaus?“

Natürlich wusste er das. Das waren alles Dinge, die er ihm am Anfang schon erklärt hatte, aber Menschen neigten auch dazu, unangenehme Sachen schnell zu vergessen. „Ich will nicht… ich will einfach nicht, dass du dir Hoffnungen machst.“

Warum fiel es ihm nur so schwer, das auszusprechen? Aber es musste gesagt werden, das war klar.

Shay sah ihn verständnislos an, dann trat langsam Verstehen in seinen Blick. „Das war der Grund für dein Verhalten eben? Das wolltest du mir sagen?“

Er lächelte beinahe mitleidig. „Aber das weiß ich doch. Ich meine, ich habe das auch nie von dir verlangt, oder? Alles was ich wollte, war dein Freund zu sein und wie das gemeint war, habe ich doch klar gemacht.“

Erleichtert atmete Christian bei Shays Worten auf. Gleichzeitig fühlte er sich schäbig, weil er erleichtert war, und getroffen, weil Shay das wohl nie in Betracht gezogen hatte. Es war wirklich kein Wunder, dass er sich bei so widersprüchlichen Gefühlen solche Gedanken machte. Das Problem lag eindeutig bei ihm, er sollte mit seinen Gefühlen rasch wieder ins Reine kommen. Nur hatte er keine Ahnung, wie er das machen sollte.

„Nachdem das geklärt ist, was ist mit meiner Bitte?“

Das war wohl das wichtigere Anliegen nun, da hatte Shay Recht. Schließlich konnte er ihn schlecht bei sich einquartieren, wenn ihnen das auch einige Dinge erleichtern würde. Dafür würden aber andere Probleme auftreten, hauptsächlich für Shay. „Ich werde mit Raoul darüber sprechen. Am Ende des Tages hast du ein Zimmer, das verspreche ich dir.“

Immerhin wusste er schon, wo er eines herbekam und Raoul würde ihm dabei sicher mit Freude behilflich sein. Noch dazu wo er ihm noch einiges schuldig war.

„Danke.“ Shay sah ihn noch einen Moment lang abwartend an, dann stand er auf. „Ich werde dich nun wieder deiner Kunst überlassen.“

Dabei flog sein Blick kurz zu der Staffelei.

Christian nickte geistesabwesend, sein Blick lag auf seiner Hand. Was war nur los mit ihm? Er hatte genau gewusst, worauf Shay gewartet hatte und er hätte dem auch beinahe nachgeben. Fast hätte er seine Hand auf die Wange des Jüngeren gelegt und ihn geküsst. Dass er noch so ein Verlangen fühlte, war doch nicht mehr normal, er erkannte sich selbst nicht mehr.

Das Geräusch der sich schließenden Tür riss ihn wieder aus seinen Gedanken. Er sollte sich wirklich wieder seinem Bild widmen. Vielleicht fand er doch wieder zu seiner inneren Ruhe. Es war zwar unwahrscheinlich, doch Christian konnte im Moment nicht sonderlich wählerisch sein, wenn es um eine Ablenkung ging. Ihm war dabei alles Recht, wenn es ihn vom Nachdenken abhielt.
 

Shay schloss die Tür hinter sich. Er wusste nicht genau, wie er das beschreiben sollte, was er in diesem Moment fühlte. Enttäuschung, Gleichgültigkeit, Schmerz? Nun, Gleichgültigkeit war es sicher nicht, aber die anderen beiden Beschreibungen passten auch nicht wirklich. Schließlich hatte er gewusst, wie die Dinge lagen, er war ja oft genug vorgewarnt worden und von einer Beziehung war zwischen ihnen niemals die Rede gewesen. Wieso sollte er auch auf mehr hoffen, als Andere bekamen? Weil er sich wirklich Hoffnungen in diese Richtung gemacht hatte, egal wie dumm sie auch gewesen waren. Allerdings hatte er das, was er gewollt hatte, er war doch Christians Freund, oder?

Erst jetzt wurde Shay bewusst, dass er auf diese Frage keine Antwort bekommen hatte. Das hatte er selbst verhindert, doch das Schweigen zwischen ihnen war ihm unangenehm gewesen. Jetzt fragte er sich ob das an seinen Worten, seiner Frage gelegen hatte?

Shay seufzte tief. Aus einem der Räume vor ihm erklang die Melodie eines Liedes. Ob sich Christian nach einer Nacht immer so benahm? Aber das konnte er sich irgendwie nicht vorstellen. Warum also bei ihm, sie hatten doch zuvor geklärt was sich jeder davon erwartete und nun wirkte er ihm gegenüber so … abweisend. Auch wenn Shay diese Beschreibung nicht gefiel, ihm fiel kein anderes Wort dafür ein. Natürlich zeigte es der Ältere nicht offen, doch Shay konnte es fühlen. Er wollte ihn auf Abstand halten, ob das nur wegen der Sache war, die sich besprochen hatten, oder an etwas anderem lag, das konnte er nun noch nicht sagen. Da blieb ihm wohl nur die Möglichkeit abzuwarten und zu hoffen, dass seine erste Vermutung der Grund war. Wenn es die zweite war, nun er wollte sich niemanden aufdrängen, selbst wenn es ihm schwerfiel.

Er passierte eine offene Tür und blieb stehen, als er das Bild sah, das sich ihm bot. Einige Damen saßen auf dem Boden, oder standen in Gruppen beieinander, doch jede konzentrierte ihre Aufmerksamkeit auf den Barden, der auf dem Fensterbrett saß. Dieser hatte seine Laute in der Hand, ein Bein stand leicht abgewinkelt auf dem Fensterbrett, auf dem Gesicht lag ein konzentrierter Ausdruck. Shay kannte den Barden, das war Juliets Begleitung, nur dass er sie nicht unter den Damen erkennen konnte, dafür ein anderes bekanntes Gesicht.

Auch Karen sah ihn und schenkte ihm ein freundliches Lächeln.

Eigentlich wollte er seinen Weg fortsetzen, doch etwas hielt ihn davon ab. Einerseits war Juliets Barde gar nicht einmal so schlecht, andererseits ahnte er, dass Karen ihn nicht ohne Grund zugelächelte hatte.

Und wirklich löste sie sich aus der Gruppe Frauen und kam zu ihm. Sanft berührte sie ihn am Arm und deutete mit einer Kopfbewegung auf den Gang.

Ebenfalls schweigend drehte sich Shay um und folgte ihr. Erst als die Melodie nur mehr leise zu hören war, begann er zu sprechen. „Ihr interessiert Euch für Musik?“

„Gelegentlich.“ Sie hatte ihre Arme hinter dem Rücken verschränkt und ihr Blick schien sich auf das Muster des Bodens zu konzentrieren. All dies ließ sie in Gedanken versunken wirken.

Shay fragte sich schon, ob er ihre Gesten falsch eingeschätzt hatte, doch für ihn war es schon mehr als nur eindeutig gewesen. So etwas konnte man doch nicht missverstehen oder?

„Ich denke allerdings nicht, dass Ihr ein Liebhaber der schönen Künste seid. Christians Zimmer liegt in der Nähe, darf ich also Grund zur Freude haben?“ Karen hob den Kopf und sah ihn fragend an.

Freude? Irritiert sah Shay sie an. Warum sollte sie sich freuen. Erst nach einigen Augenblicken fiel ihm Karens Bitte wieder ein.

Langsam schüttelte er den Kopf. „Nein, ich glaube nicht. So wie es aussieht, wurden wir beide enttäuscht. Ihr von mir und ich von… meinen Hoffnungen.“

Christian trug keine Schuld, da er nichts getan hatte außer dem, was er immer machte. Für ihn war es die Normalität, der er folgte.

Sie seufzte leise und schüttelte den Kopf. „Das habe ich befürchtet. Es scheint, als hänge er noch immer der Vergangenheit nach. Vielleicht ist es an der Zeit, dass diese ihn einmal heimsucht.“

Auch wenn Karen enttäuscht wirkte, so hörten sich ihre letzten Worte in Shays Ohren schon wieder sehr kämpferisch an. Selbst wenn sie in seinen Ohren keinen Sinn ergaben. Wie meinte sie das, dass Christian von seiner Vergangenheit heimgesucht werden sollte? Das war doch unmöglich, selbst für jemanden mit Karens Willen.

Mit einem Ruck drehte sich Karen zu ihm um und lächelte. „Es scheint, als könntet Ihr eine Aufmunterung vertragen. Wenn Ihr glaubt, die Anwesenheit von drei Damen auszuhalten, würde ich auch gerne zu einem Ausritt einladen. Wir beißen auch nicht, auch wenn man das junge Männer anscheinend glauben lässt.“

Shay dachte einen Moment über diesen Vorschlag nach, bevor er den Kopf zustimmend senkte. „Es wäre mir eine Ehre, Euch zu begleiten.“

Vor allem wäre es eine willkommene Ablenkung, nach alldem was heute bereits passiert war. Ihm war natürlich auch klar, dass diese Einladung nur ein Vorwand von Karen war, um ihn ungestört auszufragen, doch es konnte auch nicht schaden, mit jemanden darüber zu reden. Karen kannte die Situation ja immerhin schon.

Aus diesem Grund folgte er der Schwarzhaarigen auch, als sie nun in Richtung der Ställe ging.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 53
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

„Ihr begleitet mich doch heute Abend auf diese langweilige Musikdarbietung, oder?“ Karen sah ihn fragend an, doch ihr Tonfall hörte sich eher wie eine Feststellung an.

Shay schüttelte leicht den Kopf. „Ich denke nicht.“

Im Moment hatte er wirklich andere Sorgen als seine Vergnügungen. Zum Beispiel wo er heute Nacht schlafen sollte. Bei ihrem Ausritt hatte er Karen über sich und seine derzeitigen Familienverhältnisse in Kenntnis gesetzt. Warum auch nicht, es würde sich sowieso bald herumsprechen. Zumindest bei denen, die sich dafür interessierten. So hatte Karen nur einen kleinen Wissensvorsprung, der ihr kaum etwas nützte, auch wenn sie über den Bruch mit seiner Familie ziemlich erfreut gewirkt hatte.

„Ihr benötigt Freunde, Shay. Selbst wenn diese nur so tun als ob. Die bekommt Ihr nicht, wenn Ihr Euch in Eurem Zimmer verkriecht.“

„Das will ich auch gar nicht. Nur interessiert mich im Augenblick eher meine derzeitige Unterbringung.“ Er war deswegen nicht sonderlich beunruhigt. Christian hatte gesagt, dass er sich darum kümmerte, also würde er das auch machen. Allerdings hatte er auch angemerkt, dass es schwer werden würde.

„Deswegen besuchen wir nun ja auch Christian.“ Lächelnd streckte Karen die Hand aus und machte eine beiläufige Handbewegung, in die besagte Richtung. „Im schlimmsten Fall quartieren wir eben meine Zofen aus.“

Das war natürlich auch eine Möglichkeit, nur würde er diese nur ungern in Betracht ziehen, schon alleine wegen der Gerüchte, die daraus entstehen würden.

Karen sah ihn an und begann zu lachen. „Ihr seht besorgt aus. Keine Angst, mein Mann wird Euch sicher nicht zu einem Duell herausfordern.“

An das hatte er ehrlich gesagt noch nicht einmal gedacht, aber es stimmte. Karen hatte ja auch noch einen Ehemann, den man nicht verärgern sollte. Für dieses Jahr hatte er genug Duelle ausgefochten und war nur den Besten unterlegen gewesen, dabei sollte er es belassen.

Karen schwieg für den Rest des Weges, sie schien ihren Gedanken nachzuhängen.

Shay überraschte das nicht sonderlich. Sie war schon die ganze Zeit ziemlich ruhig, auch wenn das ihren Begleiterinnen bei dem Ausflug anscheinend nicht aufgefallen war. Entweder das, oder sie waren nicht so eng miteinander befreundet, dass sie Karen darauf ansprachen. Vielleicht hatte das auch seine Gegenwart verhindert. Nur wusste Shay, dass er ebenso kein Recht hatte, sie nach dem Grund dafür zu fragen. So gut kannten sie einander nicht und selbst wenn er eine Antwort bekommen würde, war er sich nicht sicher, ob er sie hören wollte.

Er war erleichtert, als Christians Tür in Sichtweite kam und Karen geduldig anklopfte. Es dauerte einige Momente bis sich diese öffnete und sie Rida gegenüberstanden.

„Ist er da?“

Rida warf einen Blick hinter sich, so als wüsste er die Antwort nicht genau. „Ja, ist er.“

Damit trat er zur Seite und öffnete die Tür weit genug, damit sie eintreten konnten.

Shay bemerkte, dass die Staffelei noch immer im Zimmer stand, auch das Bild hatte sich nicht verändert. Anscheinend hatte Christian nicht allzu große Fortschritte gemacht.

Die Tür zum Schlafzimmer öffnete sich und Christian betrat den Wohnraum. „Ah, Karen, Shay.“

Als er die Namen nannte, nickte er den betreffenden Personen kurz lächelnd zu. „Es freut mich, dass ihr kommt. Wenn mich diese Konstellation auch etwas beunruhigt.“

Karen lächelte und näherte sich ihm. „Du musst keine Angst haben, ich vergreife mich schon nicht an fremdem Eigentum. Wenn ich auch nicht glaube, dass du hier Besitzansprüche geltend machen wirst, oder?“

Christian nahm eine ihrer Hände und führte sie an seine Lippen. „Du kennst mich einfach schon zu gut, Karen.“

Sie seufzte bedauernd. „Ich weiß, wirklich tragisch, denn ansonsten könnte ich dich richtig nett finden.“

Shay sah dem freundschaftlichen Geplänkel schweigend zu. Das war nichts, das ihn etwas anging und deswegen würde er sich auch nicht einmischen, das verbot ihm die Höflichkeit.

Endlich wandte Christian sich ihm zu. „Ich habe auch mit Raoul gesprochen und eine passende Unterkunft gefunden.“

Das hörte sich gut an, wenn er sich auch die Frage stellte, was das für eine Unterkunft war. Jedoch wäre er momentan für alles dankbar, das weich und trocken war und so etwas ließ sich hier sicher finden. „Danke.“

„Kannst du uns kurz entschuldigen, Karen?“

Karen winkte nur ab. „Ich war nur der Begleitschutz, nehmt euch ruhig alle Zeit der Welt.“

Dann jedoch hob sie drohend einen Zeigefinger. „Allerdings will ich ihn heute Abend präsentabel an meiner Seite vorfinden. Er ist nämlich meine Begleitung.“

Verwundert hob Christian eine Augenbraue, nickte aber zustimmend. „Das wird sich bestimmt einrichten lassen.“

Mit diesen Worten legte er eine Hand um Shays Hüften und führte ihn aus dem Raum. Auf dem Gang löste er sich wieder von ihm. „Du begleitest sie heute Abend?“

Shay kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Bis jetzt habe ich noch nicht zugesagt.“

„Doch hast du. Sie hat diese Entscheidung schon für dich getroffen und du solltest dich daran halten.“

„Das habe ich befürchtet.“ Shay seufzte tief. Eigentlich störte es ihn nicht, mit Karen auf diese Veranstaltung zu gehen, nur die Art wie diese Verabredung zustande gekommen war. Er hatte sich von seiner Familie gelöst, um seine eigenen Entscheidung zu treffen und nun war die erste Entscheidung in seinem neuen Lebensabschnitt wieder fremdbestimmt. Allerdings war es Karen, da galten andere Maßstäbe.

Christian führte ihn einen Weg entlang, der ihm unangenehm bekannt vorkam. Raoul hatte ihn doch hoffentlich nicht in der Nähe seines Bruders einquartiert, oder? Schließlich hatte er Christian doch erzählt, dass er mit seiner Familie gebrochen hatte. Sie jetzt so unterzubringen, dass sie sich gezwungenermaßen über den Weg laufen mussten, würde nur unnötige Aggressionen schüren.

Shays Unbehagen wurde noch größer, als Christian wirklich in den Gang einbog, in dem sich das Zimmer seines Bruders befand. „Christian? Ich denke das ist keine so gute Idee.“

Der Ältere jedoch antwortete nicht und blieb vor einem Zimmer stehen, deren Tür er öffnete.

Die grauen Augen des Jüngeren weiteten sich ungläubig. Er kannte diese Tür, schließlich war es erst wenige Stunden her, seit er sie selbst geöffnet hatte. Unsicher folgte er Christian, doch im Inneren des Zimmers ließ nichts mehr darauf schließen, dass es noch am Vormittag dieses Tages bewohnt gewesen war. Vor dem Bett standen seine Kisten, die man anscheinend aus seinem früheren Zimmer geholt hatte.

Shay schloss die Zimmertür hinter sicher. „Aber wie…“

Christian lächelte und drehte sich zu ihm um. „Nun, man hat deinem Bruder erklärt, dass dieses Zimmer für einen wichtigen Gast benötigt wird und er für die restliche Dauer seines Besuches mit seiner Schwester zusammenleben soll. Immerhin ist dort ein Zimmer freigeworden.“

Liam und Susan, die gezwungen waren sich ein Gemach teilen? Shay musste sich ein Lächeln verkneifen, als er sich das vorstellte. Zu gerne hätte er Susans Gesicht gesehen, als Liam, bestimmt wütend, zu ihr gezogen war. Nun, die beiden hatten einander verdient.

„Außerdem wurde beiden nahegelegt, den Zeitpunkt ihrer Abreise vorzuverlegen. Ich denke, nach einigen Tagen des erzwungenen Zusammenlebens werden sie mehr als froh darüber sein.“

Wenn sie dann noch lebten. Bis jetzt hatten sich weder Susan noch Liam direkt miteinander befassen müssen. Er hatte immer als Dämpfer zwischen ihnen gedient, doch diese Zeit war vorbei. Sollten sie doch übereinander herfallen, das war nun nicht mehr sein Problem, nie wieder. Er war frei und es lag an ihm, ob er sich ihnen wieder annähern wollte oder nicht. Derzeit benötigte er diesen Abstand jedoch. Erst jetzt wurde ihm aber klar, was Christians Worte wirklich bedeuteten. „Du hast sie rausgeworfen?“

Christian lächelte spöttisch, schüttelte aber den Kopf. „Nein. Auch wenn ich es gerne hätte, ich habe nicht die Macht, zu bestimmen wer hier bleiben darf und wer nicht. Allerdings habe ich Raoul diesen Gedanken nahegelegt und auf wen muss Raoul schon Rücksicht nehmen?“

Auf niemanden, bei dem Stammbaum, den er hatte. Er hatte einen großen Namen, hinter dem sich eine einflussreiche Familie verbarg und er war der Erstgeborene und Erbe des Ganzen.

Erfreut näherte er sich dem Älteren und umarmte ihn glücklich. „Danke.“

Er war erleichtert, dass er sich so nicht noch länger mit seinen Geschwistern auseinandersetzen musste. Eine Aufgabe, die er jahrelang hatte erfüllen müssen, aber jetzt konnte er sich ganz auf sich selbst konzentrieren. Auf sich und dieses Problem, das er jetzt hatte. Oh ja, er merktem dass Christian diese Umarmung nicht erwiderte, ja anfangs sogar zusammengezuckt war und sich erst langsam wieder entspannte. Das mochte ja eine normale Reaktion bei Männern sein, aber nicht bei dem, was sie schon miteinander geteilt hatten. Nicht, bei einem Mann wie Christian. Was nur bedeuten konnte, dass er dies absichtlich machte. Das war eine Erkenntnis, die ihn hart traf, vor allem weil er sich keine Erklärung dafür wusste. Erst als die Dauer dieser Umarmung wirklich schon peinlich wurde, hob Christian eine Hand und klopfte ihm auf die Schulter. „Ist schon gut.“

Shay beschloss es dabei beruhen zu lassen, mehr würde er jetzt nicht bekommen. Seine Euphorie von eben war wie weggeblasen. Vermied er nun schon jeglichen Körperkontakt zwischen ihnen? Zuvor hatte er den Griff um seine Hüfte auch wieder rasch gelöst, wobei Shay da gedacht hatte, dass er das wegen möglichen Beobachtern gemacht hatte. Jetzt war er sich dessen nicht mehr so sicher.

Mit einem leisen Seufzen löste er sich von dem Blonden und sah zur Seite. Er wollte ihn nicht ansehen, aus Angst was er vielleicht in dessen Gesicht lesen würde. „Auf jeden Fall noch einmal vielen Dank dafür.“

Christian winkte nur beiläufig ab. „Dank ist unnötig. Wenn ich ehrlich bin, dann bin ich auch froh, dass sie endlich abreisen. So wird es angenehmer für uns alle.“

In diesem Moment hasste sich Shay dafür, dass Christians Worte wieder so leicht Hoffnung in ihm wecken konnten. Bedeuteten diese Worte etwa, dass er sich nur so distanziert verhielt weil seine Familie dahinter steckte, oder war es nur ungeschickt formuliert gewesen. Allerdings was konnte seine Familie Christian schon androhen, um ihn von sich fernzuhalten.

„Ich lass dich jetzt lieber alleine. Schließlich musst du deine Sache ausräumen und dich für heute Abend herrichten.“ Christian neigte zum Abschied den Kopf, eine Geste die etwas zu förmlich wirkte und verließ den Raum.

Shay wollte ihn eigentlich noch etwas fragen und hob die Hand um ihn aufzuhalten, doch dann unterließ er es doch in letzter Sekunde. Er floh vor ihm, waren sie wirklich schon soweit? Doch er konnte ihn auch nicht fragen, was dieses Verhalten zu bedeuten hatte, denn er hatte Angst vor einer für ihn negativen Antwort. Aber er hatte doch das Recht auf eine Erklärung, schließlich betraf es ihn genauso wie Christian. Er litt unter dessen Verhalten, obwohl er nicht einmal den Grund dafür kannte.

Frustriert ließ er sich auf eine seiner Kisten sinken und schlug die Faust auf den Deckel. Ob Karen ihm dabei helfen konnte? Im Moment war er wirklich so verzweifelt ihre Hilfe anzunehmen. Sie erhoffte sich doch schließlich auch etwas davon, dann sollte sie ihm auch helfen. Jetzt war er selbst mit seiner Weisheit nämlich am Ende.
 

Christian verlangsamte seinen Schritt erst wieder, als er einige Gänge von dem Zimmer entfernt war. Verdammt, körperlicher Kontakt war das Letzte, das er benötigte. Ein für ihn völlig ungewöhnliches Verhalten, doch bei Shay nötig. Schließlich wollte er diesen auf Abstand halten, musste diesen auf Abstand halten. Denn das Verlangen, das er für ihn empfand, war völlig unangebracht, nicht nach dem was sie schon miteinander geteilt hatten. Eigentlich sollte seine Lust nun schon abgeflaut sein, sich beruhigt haben, doch das Gegenteil war der Fall und das verwirrte ihn. Nein, es machte ihm sogar Angst. Das war etwas, das er nicht verstand, nicht verstehen wollte. Er wusste zwar ein Wort für diesen Zustand, doch würde er sich eher die Zunge abbeißen, als es auszusprechen. Denn sobald er es aussprach, war es ihm nicht mehr möglich, es zu ignorieren.

Sein Blick glitt aus dem Fenster, das einen guten Ausblick auf die Gärten des Schlosses bot. Bis jetzt hatte er mit seiner bisherigen Einstellung keine Probleme gehabt. Keine Gefühle außer denen die kurzweilig waren. Lust, Verlangen, Freude und Langweile, das waren Gefühle mit denen er umgehen konnte, da er wusste, dass sie nach einiger Zeit wieder vergingen. Auch Liebe war von kurzer Dauer, aber anders als der Rest hinterließ sie Wunden und den damit verbundenen Schmerz. Und wenn man Pech hatte, verheilten diese Wunden nie. Die Glücklichen mussten sich nur mit lebenslangen Narben herumschlagen. Nein, Liebe war nichts, mit dem er sich ein zweites Mal belasten würde. Schon gar nicht, wenn er im Vorhinein wusste, dass es zum Scheitern verurteilt wurde.

Christian wurde langsamer, als er sich seinem Zimmer näherte. Er hörte Stimmen aus seinem Zimmer, wenn diese auch zu gedämpft waren um sie zuzuordnen. Doch Rida hätte niemanden eingelassen, wenn er nicht da war.

Ein Seufzen kam über seine Lippen. Es sei denn natürlich, dieser Gast hatte das Zimmer nie verlassen.

Christian öffnete die Tür, nicht sonderlich überrascht über das Bild, das sich ihm bot. „Ich dachte, du müsstest dich präsentabel herrichten?“

Karen, saß am Tisch und warf ihm bei seinen Worten einen herablassenden Blick zu. „Denkst du wirklich ich benötige dafür einen ganzen Nachmittag? Außerdem hat Rida diesen wunderbaren Tee aufgetrieben.“

„Ja, wirklich toll.“ Christian warf seinem Freund einen vielsagenden Blick zu. Darüber würden sie später noch reden, im Moment wollte er allerdings nur seine Ruhe. Etwas das ihm in Karens Nähe kaum vergönnt sein würde.

Den sarkastischen Unterton in Christians Antwort einfach übergehend, führte Karen ihre Tasse zum Mund. Nach einem Schluck, bei dem sie genießend lächelte, fuhr sie unbeeindruckt mit ihrer Konversation fort. „Jedoch überrascht es mich, dich schon wieder hier zu sehen. Ich dachte, du würdest Shay helfen sich einzuleben.“

Christian war sich nicht sicher, ob ihm Karens Unterton bei den letzten Worten gefiel. Es war klar, was sie mit einleben meinte, doch das war nicht das, wonach Christian im Moment der Sinn stand. Er ging zu dem Tisch und nahm ihr gegenüber Platz. Gelassen ein Bein über das andere schlagend, lehnte er sich zurück. „Auch wenn es dir scheinbar entgangen ist, das hier sind noch immer meine Räumlichkeiten. Deswegen habe ich jedes Recht, mich hier aufzuhalten.“

„Eigentlich sind es die Räumlichkeiten des Königs, aber da du dich so gut mit dem Freund seines Sohnes verstehst, sieht er sicher über diese kleine Ungenauigkeit hinweg.“ Karen lächelte unschuldig, doch dann wurde sie ernst. „Also was ist los?“

Gelangweilt erwiderte er ihren Blick. „Was soll los sein? Wenn es um das Geschehen am Hofe geht, müsstest du doch am besten informiert sein.“

Das war nicht die Antwort, die sie hören wollte. Zufrieden nahm Christian zur Kenntnis wie sich ihr Blick zornig verdunkelte. Er nahm lieber ihren Zorn in Kauf, als ihre Neugier. Leider hatte er Karens Dickköpfigkeit vergessen. Wenn sie ein Thema wirklich interessierte, dann ließ sie nicht davon ab, bis sie eine Antwort erhalten hatte.

„Du weißt genau, wovon ich rede. Aber bitte, ich werde gerne etwas genauer. Was ist zwischen dir und Shay vorgefallen. Warum benimmst du dich nun wie ein Esel?“

Auch wenn diese Bezeichnung eine Beleidigung darstellen sollte, brachte sie Christian zum Lachen. Selbst wenn ihm Karens Neugier lästig war, so hatte sie das seltene Talent, ihn zu wirklich zu unterhalten. Zwar schien das ziemlich leicht zu sein, doch in Wirklichkeit gab es nur wenig, das ihn noch wirklich amüsieren konnte. Auch Shay gehörte zu den Menschen mit diesem Talent, wenn auch eher unwissentlich. Nein, er sollte nun nicht an ihn denken.

Sein Lachen verstummte und er sah Karen lächelnd an. „Auch wenn mir deine charmante Beschreibung durchaus schmeichelt, weiß ich nicht, wovon du redest. Ich verhalte mich Shay gegenüber wie bei jedem anderen auch.“

„Nein.“ Karens entschiedene Antwort ließ Christian nicht einmal die Möglichkeit weiterzusprechen. Sie schüttelte heftig den Kopf, um ihrer Meinung noch mehr Nachdruck zu verleihen. „Das tust du nicht. Sogar Leute die dich nicht kennen, sehen wie du Shay von dir wegstößt. Man könnte meinen, er hätte eine Krankheit, mit der du dich nicht anstecken möchtest, weswegen du sogar Berührungen mit ihm vermeidest.“

Wie kam sie nur auf diesen Gedanken? Dabei hatte er doch extra wegen ihr, beim Verlassen des Raumes einen Arm um Shays Hüfte gelegt. Eine Geste, die ihn eine Menge Willenskraft gekostet hatte, vor allem weil er so viel mehr hatte machen wollen. Vielleicht sollte er seiner Fantasie das nächste Mal etwas mehr Freiraum lassen? Wenn es nur dazu diente Karen zu täuschen, konnte er es sicher mit seinem Gewissen vereinbaren. Eigentlich wollte er es leugnen, doch was für einen Sinn hätte das, sie kannte doch sowieso schon die Wahrheit. „Weil ich mich nicht auf etwas einlassen will, das keinen Sinn hat. Shay hat ein Angebot und wird dieses Schloss sicher bald verlassen.“

Auch das war nur eine Ausflucht und nicht der Hauptgrund, doch das Einzige, das er ihr nennen konnte.

Karen sah ihn gelangweilt an. „Sagt der Mann, der kurz vor der Hochzeit noch die Braut verführt. Komm schon Christian das kann doch nicht der Hauptgrund sein.“

Dass Karen plötzlich verstummte, ließ Christian annehmen, dass sie fertig war. Dabei entging ihm leider der leicht erstaunte Ausdruck auf ihrem Gesicht. Mit einer Hand winkte er ab. „Das war nur einmal, Karen. Wann wirst du endlich aufhören, mir das vorzuhalten?“

„Nie. Schließlich war es meine Cousine.“ Doch ihre Antwort klang eher uninteressiert, so als würde sie gerade an etwas anderes denken.

Erst jetzt sah Christian seine Freundin wieder an. Unsicher musterte er sie, man merkte wie ihr Verstand alle Fakten und Informationen auswertete und zusammenfügte. Erst nach wenigen Momenten, richtete sich ihr ungläubiger Blick auf Christian. „Ich fasse es nicht. Christian, du lie…“

Bevor sie weitersprechen konnte, unterbrach sie der Blonde barsch. „Wage es nicht, diese Vermutung auszusprechen! Du liegst vollkommen daneben. Ich habe und werde mich nicht verlieben. Mit diesem Thema bin ich durch und gerade du solltest das wissen!“

Seine Antwort kam zwar entschieden, aber viel harscher als er beabsichtigt hatte. Doch alleine der Gedanke daran erschreckte ihn, erst Recht wenn ihn andere aussprachen. Das zeigte nur, wie offensichtlich die Angelegenheit war.

„Glaubst du wirklich, das macht die Sache leichter für dich? Wenn du dich in Selbstverleugnung übst?“

Momentan klappte es sehr gut und daran änderte auch Karens empörter Blick nichts. „Ja.“

Mehr hatte er ihr nun nicht mehr zu sagen und das schien Karen auch zu spüren.

„Gut.“ Sie stand auf, ihr Blick glitt zu Rida. „Ich danke dir für den Tee, er war wirklich gut.“

Rida neigte nur den Kopf. Ein Zeichen, dass er es zur Kenntnis nahm, sich aber nicht in ihre Auseinandersetzung einmischen wollte.

„Und du mein Lieber…“ Dabei glitt ihr Blick wieder zu Christian. „… solltest endlich aufhören deine Wunden zu lecken. Denkst du, du bist der Einzige, der nicht den bekommt, den er liebt? Du hast dich doch mit der Situation angefreundet, besser als es jeder Andere in deiner Position könnte. Ich denke eher, dass du einer Illusion nachläufst und darüber hinaus übersiehst, was sich dir sonst bietet.“

„Bist du fertig?“ Desinteressiert erwiderte Christian ihren Blick. Er war kein kleines Kind, das man belehren musste. Seine Gefühle würde er selbst wohl am Besten kennen. Das konnte man mit nichts vergleichen, das andere vielleicht durchmachten, weil niemand er war.

Karen seufzte und schüttelte verständnislos den Kopf. „Ja. Ja, das bin ich.“

Christian sah ihr nach, bis Rida die Tür hinter ihr schloss.

Mit einem kurzen Blick auf Rida stand er auf und ging zu seiner Staffelei. Bis jetzt war er nicht dazugekommen sein Bild zu vollenden. Auch wenn es nun bereits dunkel wurde, er kannte den Ausblick gut genug um ihn aus dem Gedächtnis zu malen. Und im Moment ging es ihm nicht um künstlerisches Geschick, sondern um Ablenkung.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 54
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Seine Laune hatte einen Tiefpunkt erreicht, doch es war so, wie Christian gesagt hatte. Vor Karen gab es kein Entrinnen. Aus diesem Grund fand Shay sich nun an ihrer Seite wieder auf dem Weg zu einer Musikdarbietung. Was genau er sich darunter vorstellen musste, wusste er noch nicht so genau. Sein Blick glitt über die Menge der Adeligen, die sich auf dem Platz eingefunden hatte.

Aufgrund des warmen Wetters, hatte man entschieden diese Vorführung in den Gärten zu zeigen. Die Bühne dafür gab es ja, laut Karens Erklärungen. Seit sie ihn abgeholt hatte, hatte sie sich eigentlich ununterbrochen mit ihm unterhalten, so als wolle sie ihn um jeden Preis ablenken. Auch wenn er ihr dafür dankbar war, so war Shay froh, dass sie nun bereits seit einigen Minuten schwieg.

„Er wird nicht kommen.“

Bei ihren Worten sah Shay sie fragend an. „Wer?“

„Christian. Er ist kein Freund der Musik, egal welcher Art.“

„Wie kommt Ihr darauf, dass ich ihn suche?“ Natürlich war das der Fall, doch Karen musste nicht alles wissen.

Karen warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Gut, dann sucht Ihr ihn nicht. Trotzdem wird er nicht kommen.“

Shay seufzte leise und konzentrierte sich wieder auf seine Begleiterin. In diesem Fall interessierten ihn die anderen Gäste nicht. Unter ihnen hatte er auch seine Schwester entdeckt, noch immer an der Seite von Karens Cousin und das reichte ihm. Mehr als nur sehen, wollte er sie sowieso nicht. Auch wenn es ihn interessieren würde, wie sie Liams Einzug aufgefasst hatte, doch das ging nicht. Schließlich konnte er sich nicht von seiner Familie lossagen und sich trotzdem noch immer für ihre Angelegenheiten interessieren. Entweder ein klarer Schnitt, oder gar keiner.

„Ich denke, dagegen muss ich etwas machen, der arme Junge.“

Shay sah zu Karen und folgte ihrem Blick. Sie beobachtete gerade Susan, die sich an Brians Arm gehängt hatte. Er war ganz ihrer Meinung, doch was konnte sie schon dagegen machen? Das war doch ganz alleine die Entscheidung ihres Cousins, um wessen Hand er warb. Wenn er hier auch einen Fehler machte, doch es musste jeder selbst entscheiden, ob man das Risiko einer Heirat einging. „Ist das nicht seine Entscheidung?“

„Natürlich.“ Karen lächelte mitleidig und tätschelte seinen Arm. Dann wurde ihr Blick ernst. „Ihr glaubt das wirklich, oder? Brian hat feste Vorstellungen von seiner zukünftigen Braut, doch die haben seine Mutter und ich auch. Wir wissen genau, welche Frau zu ihm passt und diese wird er eines Tages heiraten. Zum Glück passen Brians und meine Vorstellungen zusammen. Er hat seine Wahl bereits getroffen und ich kann dem nur zustimmen.“

Shay sah zweifelnd zu dem Paar und dann zu Karen. Er wollte eine betreffende Frage stellen, doch sie schüttelte bereits den Kopf, bevor er auch nur einen Ton hervorbrachte. „Und nein, es ist nicht Eure Schwester.“

Das hätte ihn auch gewundert. Da sie Nachbarn waren, kannte er Karens Familie und auch deren Meinung über sie. Oberflächlich waren sie nett und pflegten ein freundliches Verhältnis zu ihnen. Andererseits aber sahen sie auf seine Familie hinab und belächelten sie mitleidig, das hatte Shay oft genug mitbekommen. Als dritter Sohn wurde einem nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt nicht einmal von den Gästen, woher sollten sie auch von ihm wissen, wenn er nicht einmal vorgestellt wurde?

Aber nein, jemanden wie Susan würden sie nie in ihren Reihen dulden. Jedoch war es auch klar, das Liam eine solche Verbindung anstrebte. Schließlich brachte sie ihm nur Vorteile.

„Bitte entschuldigt mich kurz, ich muss nur schnell etwas besprechen.“ Karen tätschelte ihm leicht den Arm und löste sich von ihm.

Shay sah ihr einen Moment nach, bevor sein Blick über seine Umgebung schweifte. Er fühlte sich immer so unsicher, wenn er alleine gelassen wurde. Es war ja auch eine Unart seinen Begleiter einfach stehenzulassen, aber hier anscheinend alltäglich. Auch in seiner Umgebung fand sich niemand, den er kannte und mit dem er ein Gespräch beginnen konnte. Was ja auch kein Wunder war, bis vor einigen Wochen hatte er sich für niemanden hier interessiert und jetzt interessierte sich noch immer niemand für ihn. Manche Dinge änderten sich wohl nie. In Ermangelung einer Alternative richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Karen.

Diese hatte ihr Ziel erreicht und unterhielt sich verschwörerisch mit Juliet. Dabei blickte sie manchmal bedeutungsvoll zu Shay und auch ihre Gestik wurde eindringlicher.

Sie sprachen über ihn, das war klar. Über ihn und Christian, denn ansonsten würde Karen wohl kaum so auf Juliet einreden. Wie immer hatte Juliet ihren Barden dabei, der desinteressiert danebenstand und die anderen Gäste musterte, so als ginge ihn dieses Gespräch nichts an, was ja auch stimmte.

Erst nach einer kleinen Weile, in der sich Shay wie ein Idiot vorkam, weil er einfach nur in der Menge stand, warf Karen ihm wieder einen Blick zu. Shay verfluchte sich stumm, er musste wirken wie ein kleiner Hund, der von seinem Herrn verlassen wurde und nun nicht wusste, wohin er gehen sollte. Nun, vielleicht traf es ja auch zu, er hatte keinen Ort an den er gehen konnte, noch nicht.

Karen lächelte und winkte ihn zu sich.

Während er sich einen Weg zu ihr durch die Menge bahnte, nickte Juliet ihr nur zu und setzte ihren Weg fort. Anscheinend hatte sie keine Lust mit ihm zu reden. Ob das nun aufgrund von Christians Verhalten so war, oder ob sie einfach jemand Interessanteren gesehen hatte, konnte Shay nur vermuten.

Karen hängte sich wieder bei ihm ein. „So ich denke, nun sollten wir meinen Cousin aus seiner misslichen Lage befreien. Was meint Ihr?“

Er zuckte nur mit den Schultern. Was sollte er schon davon halten, er wusste ja nicht einmal, was sie vorhatte. Wobei es vielleicht sogar von Vorteil war, kein Mitwisser zu sein.

Sie steuerte zielstrebig den jungen Mann an, der an Susans Seite stand und nicht sehr interessiert an dem Geschehen um sich herum wirkte. Erst als er sie bemerkte, leuchtete es in seinen Augen kurz erfreut auf.

Shay fragte sich, was sie nun von ihnen wollten, vor allem weil er kein Verlangen hatte seiner Schwester gegenüberzutreten. Es war nicht so, dass er Angst vor ihr hatte, jedoch war ihm ihre Nähe unangenehm. Wenn es möglich war, dann würde er ihre Nähe meiden, was im Moment aber unvermeidlich schien.

Auch Susan bemerkte sie und das ließ das Lächeln auf ihrem Gesicht einfrieren, bis es mit einem Mal ganz verschwand. Sie war es auch die als Erste das Wort ergriff, als sich ihre Gruppen trafen. „Was willst du?“

Dabei klang ihre Stimme angewidert, da sie dabei aber keinen von ihnen ansah, konnte diese Abscheu sowohl ihm als auch Karen gelten. In Anbetracht der letzten Ereignisse, galt diese Gefühlsregung aber wohl ihm. „Ich will gar nichts von dir.“

Bei Shays gleichgültigem Ton, hob sie nun doch den Kopf und funkelte ihn zornig an. „Gut, mit Verrätern spreche ich nämlich nicht.“

Shay schüttelte nur mitleidig den Kopf. Wieder einmal widersprach sie sich selbst, da sie ihn eben als Erste angesprochen hatte. Das Einzige, das Shay sich fragte, war jedoch ob Susan wirklich so dumm war, oder ob man sie zur Dummheit erzogen hatte? Das Ergebnis konnte sich auf jeden Fall sehen lassen.

„Nachdem das geklärt wäre, würde ich gerne mit dir reden, Brian.“ Karen würdigte Susan dabei keines Blickes, sondern sah ihren Cousin ernst an.

Shay hatte das Gefühl einer stillen Konversation zu folgen, als er zu den Beiden sah. Es wurden weder Worte, noch Gesten ausgetauscht. Ja nicht einmal ein Muskel bewegte sich und doch schien ein Austausch an Informationen stattzufinden.

Nach einigen Augenblicken nickte Brian zustimmend. „Einverstanden.“

Er wollte sich von Susan lösen, doch diese sah ihn nur empört an. „Du kannst mich doch nicht einfach stehen lassen!“

Er konnte schon, wie Shay bemerkte und er hätte es auch gerne. Doch richtete Karen bei diesen Worten ihren Blick auf Susan. Sie sah sie nachdenklich an, so als überlege sie, ob sie die Mühe wert wäre. Dann zuckte sie gleichgültig mit den Schultern. „Warum nicht, nimm sie mit.“

Brian sah sie einen Moment überrascht an und anschließend zu Susan, die triumphierend lächelte. „Meinetwegen.“

Shay verstand nicht, wie Susan so zufrieden sein konnte? Sie hatte sich in ein Gespräch gedrängt, das sie nichts anging, nur was erhoffte sie sich davon? Das die Familie, in die sie einheiraten wollte sie für aufdringlich hielt, etwas anderes erreichte sie durch diese Aktion nicht. Doch das schien ihr nicht bewusst zu sein. Ihm fielen mit einem Mal so viele Fehler an ihr auf, dass es ihn erschreckte. Hatte seine Sicht sich so sehr geändert, oder bemerkte er erst jetzt ihr wahres Wesen? Nun, dass sie hinterhältig war, das hatte er schon immer gewusst, aber ihre Dummheit… wie hatte er gegen sie nur immer den Kürzeren ziehen können? Das war ja beschämend.

Karen führte sie weiter in den Garten hinein, weg von dem Trubel der höfischen Gesellschaft. Was auch immer sie mit Brian zu besprechen hatte, sie wollte nicht, dass andere es mitbekamen. Shay bekam immer mehr das Gefühl, dass er und Susan nur störten. Er hätte auf dem Fest bleiben sollen und seine Schwester ebenso.

Die Schwarzhaarige stoppte auf einem Platz, der von Büschen umgeben wurde. Trotzdem war es nicht ganz verwildert, sondern wirkte ziemlich gepflegt. In einem Kreis waren steinerne Bänke angeordnet worden, die so von Abständen unterteilt den Platz umschlossen.

Shay war gespannt was nun kam. Er wollte vielleicht nicht hier sein, doch nun konnte er auch keinen Rückzieher machen. Und leugnen, dass er neugierig war, konnte er auch nicht.

Lächelnd wandte sie sich an ihren Cousin. „Okay Brian, du kannst das Spiel beenden.“
 

Ob er sie verstanden hatte? Geduldig wartete Karen darauf, dass Brian reagierte. Normalerweise verstanden sie sich ohne Worte, doch Brian war da immer etwas langsamer. Dass Susan und Shay hier waren beeinträchtigte die Sache nicht sonderlich. Shay war egal, da er sicher nicht für seine Schwester einstehen würde und Susan konnte auch ruhig dabei sein, da es sie ja betraf.

In den Augen ihres Cousins leuchtete es erleichtert auf und er entzog Susan seinen Arm. Diese sah ihn nur verständnislos an.

„Bist du dir sicher, Karen?“

Sie lächelte ihn mitleidig an. Wenn sie nicht sicher wäre, dann hätte sie sich nicht mit ihm von dem Fest abgesondert. „Was denkst du?“

Brian musterte sie misstrauisch. „Es ist also alles in Ordnung? Unsere Abmachung?“

Karen hob beteuernd eine Hand und lächelte. Er hatte aus seinen Fehlern gelernt, das war gut. Langsam war er bereit dafür, sein eigenes Leben zu leben, ohne immer auf die Hilfe seiner weiblichen Verwandten angewiesen zu sein. Auch wenn die Männer ihrer Familie dachten, die Zügel in der Hand zu haben, so trugen auch sie ebensolche, deren Ende in den Händen ihrer Frauen lagen. In ihrer Familie gab es keine Versager, das ließen sie nicht zu. „Morgen nach dem Turnier erwartet dich Lady Elisabeth zum Tee.“

„Ganz sicher nicht!“ Nun meldete sich auch Susan wieder zu Wort. Sie sah Karen empört an.

Brian ignorierte sie und erwiderte stattdessen ernst Karens Blick. „Wie schätzt du die Chancen ein?“

Karen warf einen raschen Blick zu Shay, doch dieser beobachtete das Geschehen nur schweigend. Er schien bemerkt zu haben, dass seine Rolle die eines Zaungastes war. Eigentlich hatte Karen ihn nur mitgenommen, damit er sich nicht mehr so unwohl fühlte. Es war ja wirklich traurig gewesen, wie er zuvor so verlassen dagestanden hatte. Nicht gerade vornehm oder adelig. Solche Dinge sollte man einfach vermeiden, doch im Moment war Shay dank Christian auch nicht ganz auf der Höhe. „Die Chancen? Gut.“

Schließlich hatte sie Lady Elisabeth von ihm vorgeschwärmt. Natürlich hatte sie ihr nur die Hälfte geglaubt, sie war ja nicht dumm, immerhin war sie Valerians Schwester. Aber sie hatte einem Treffen zugestimmt um sich selbst ein näheres Bild von ihm zu machen. Wenn es klappte war es für beide Seiten eine vorteilhafte Partie. Elisabeths Familie würde wieder zu Geld kommen und ihre Familie wäre mit dem Königshaus verwandt. Damit hätte Brian alles erreicht, was er wollte. Höher konnte man im Moment nicht hinaus, wenn der Erbe des Thrones männlich war und bereits vergeben. Einmal davon abgesehen, dass ihre Familie sowieso keine ledigen Töchter mehr zur Verfügung hatte.

„Das lasse ich nicht zu!“ Susan stemmte die Hände in die Hüften. „Brian ist mit mir liiert.“

Das war ja niedlich, wie sie sich gegen etwas stellte, auf das sie keinen Einfluss hatte. Leider hatte Karen nicht viel Geduld mit dummen Adelstöchtern. Aus diesem Grund griff sie sich nur an die Schläfe und massierte sie leicht. „Brian, könntest du?“

Er lächelte boshaft. Dies war ein Moment, auf den er anscheinend lange gewartet hatte. Aus diesem Grund gönnte sie ihm diesen auch. „Zum Glück ist deine Zustimmung nicht vonnöten. Denn ich trenne mich hier und jetzt von dir.“

Das war hart, aber vielleicht verstand Susan es so gleich beim ersten Mal? Karen war auf jeden Fall auf ihre Reaktion gespannt.

Susan blinzelte nur verwirrt, bevor ihr die Bedeutung der Worte klar wurde. Sie sah ihn entsetzt an und wich einen Schritt vor ihm zurück. „Was? Wieso?“

Dann drehte sie sich zu Shay um. „Tu doch was!“

Shay zuckte nur ratlos die Schultern. „Was soll ich in so einem Fall großartig machen? Außerdem hast du mich vor wenigen Momenten noch als Verräter bezeichnet. Als solchen berührt mich das nicht wirklich.“

Das war die richtige Antwort, auch wenn Karen sie Shay gar nicht zugetraut hätte. Doch er zog die Trennung von seiner Familie wirklich konsequent durch. Sie könnte das nie, schon alleine weil ihre Familie das nie zulassen würde.

„Das werdet ihr noch bereuen. Erstrecht wenn ich Liam davon erzähle!“ Damit wandte Susan sich um und lief davon in Richtung des Festes.

„Liam wird ihr die Schuld geben.“ Shay seufzte tief.

„Wahrscheinlich, aber das ist nicht mehr unser Problem. Außerdem war es an der Zeit. Unsere Familie kann mit niemand in Verbindung stehen, der in Ungnade gefallen ist. Denn das ist es, was man denken wird, auch wenn wir die Gründe für den Rauswurf kennen.“

Shay nickte verstehend. „Das ist mir klar. Auch wenn eine Rechtfertigung in meine Richtung sinnlos ist. Derzeit verbindet mich nichts mit ihnen außer dem Namen.“

„Das ist eine sehr gesunde Einstellung.“ Karen klopfte ihm auf den Rücken und reichte Brian einen Arm, den er bei sich unterhakte.

So auf beiden Seiten flankiert machte sich Karen wieder auf den Rückweg. Insgeheim musste sie Raoul dankbar sein, da er ihr so eine Menge Arbeit abgenommen hatte. So musste sie Susan nicht mehr fertig machen und konnte sich auf eine andere Aufgabe konzentrieren. Und diese würde ziemlich schwer werden. Allerdings war sie noch nie vor einer Herausforderung zurückgeschreckt und sie war ja nicht alleine. Heute hatte sie sich wirkungsvolle Hilfe besorgt, wenn diese nichts brachte, dann musste sie wohl ihre erste Niederlage seit langen verkraften. Doch das war ein Ausgang, an den sie nicht einmal denken wollte.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 55
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Stöhnend hielt Christian sich den Kopf und beobachtete Rida dabei, wie er ihm wieder dieses schreckliche Hausmittel gegen einen Kater zusammenmischte. Wie so oft wusste er aber, dass er es selbst zu verschulden hatte. Wie hatte das nur so aus dem Ruder laufen können? Eigentlich war es ein ganz ruhiger Abend wie alle anderen gewesen. Während der Rest des Hofes sich diese sinnlose Musikvorführung angesehen hatte, hatte er sich mit einigen Adeligen zum Glücksspiel getroffen. Natürlich war auch Alkohol dabei gewesen und es waren einige Flaschen geleert worden, aber so viele? Ehrlich gesagt, erinnerte sich Christian nicht mehr an die genaue Anzahl.

Rida stellte das Glas vor ihm auf den Tisch. „Trink.“

Abermals stöhnte der Jüngere, hob aber das Glas und leerte es mit einem Schluck. Danach schüttelte er sich angewidert, während er das Glas wieder abstellte. „Wie viel habe ich verloren?“

Rida nahm das Glas und betrachtete es kurz. „Mehr als du anfangs gewonnen hast, aber weniger, als wir uns leisten können.“

„Gut.“ Er hatte also nicht über die Stränge geschlagen. Er selbst machte sich nie Gedanken darüber, wie viel er setzte, verlor, oder gewann, aber dafür hatte er ja Rida, der die Summe im Auge behielt. Meistens gab er ihm ein Zeichen, doch das half auch nichts, wenn er so betrunken war, dass er es nicht mehr mitbekam.

Er betrachtete das Frühstück vor sich. Schon alleine beim Anblick rebellierte sein Magen, weswegen er sich mit einer Tasse Tee zufrieden gab. Vielleicht ging ja später etwas Festeres, wenn dieses ekelhafte Mittel endlich zu wirken begann.

Als er seinen Tee trank und aus dem Fenster sah, klopfte es an seine Tür. Es gab nur wenige Leute, die ihn um diese Uhrzeit störten, wobei Karen wenn sie das vorhatte, sicher schon hier wäre.

Christian hörte wie Rida jemanden begrüßte und wandte sich seinem Gast zu. Erfreut stellte er die Teetasse ab und stand auf. „Juliet, was für eine Überraschung so früh am Morgen.“

Juliet hob nur eine Augenbraue und musterte ihn skeptisch. „Morgen? Bei solchen Aussagen zeigt sich, dass du keine Kinder hast.“

Diese Bemerkung brachte ihn zum Lachen, auch wenn sie wahr war. Nur dass er damit kein Problem hatte. Wie so vieles hatte ihm Benedikt auch diese Aufgabe abgenommen. Er sorgte für Nachwuchs und sicher auch bald für einen männlichen Erben.

Alan, der ihr wie immer wie ein Schatten folgte, stellte sich neben die Tür.

Rida warf ihm nur einen kurzen Blick zu, schloss diese und stellte sich provokativ auf die andere Seite der Tür.

Es hätte ja beinahe komisch sein können, wenn Christian sich die Mühe gemacht hätte, dem zu folgen. Doch er konzentrierte sich eher auf Juliet, die ihn ernst ansah.

Dann lächelte sie plötzlich und setzte sich ihm gegenüber. „Scheint eine schwere Nacht gewesen zu sein.“

„Nein, die Nacht war angenehm, aber der Morgen ist schwer.“ Das entsprach sogar der Wahrheit. Soweit er sich an die Nacht erinnern konnte, war sie erfreulich gewesen und das war ja sein Ziel gewesen, sich abzulenken. Scheinbar hatte er das besser geschafft, als geplant. Wenn nur nicht die Folgen so unangenehm wären. Auch er setzte sich wieder an den Tisch.

Juliet lächelte noch immer, doch ihr Blick blieb ernst. Sie drehte den Kopf zur Tür, wo Rida und Alan standen. „Könntet ihr uns alleine lassen?“

„Natürlich.“ Rida öffnete die Tür und warf Alan einen auffordernden Blick zu. Dieser sah noch einmal zu den Beiden und verließ dann mit einem Schnauben den Raum.

Juliet wartete, bis die Tür wieder geschlossen war und wandte sich dann abermals Christian zu. „Karen hat mich angesprochen.“

Der Blonde seufzte tief. Er hatte schon ein unangenehmes Gefühl gehabt, als sie Alan und Rida gebeten hatte, den Raum zu verlassen. Nun wurde diese Vermutung zur Gewissheit, es war ein unangenehmes Thema, eines über das er nicht reden wollte. Denn was Karen wollte, das wusste er seit gestern nur zu genau. Jedoch hatte er nicht damit gerechnet, dass sie so hartnäckig sein würde und Juliet in die Sache mithineinzog. „Juliet, ich…“

Doch weiter kam er nicht, da sie bestimmend die Hand hob. „Nur damit das klar ist, ich bin nicht hier, weil Karen es wollte. Sie war eher die treibende Kraft, die mich dazu bringt, etwas mit dir zu besprechen, das längst überfällig ist.“

„Ach?“ Christian sah sie nur mäßig interessiert an und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und das wäre?

Auch wenn er uninteressiert wirkte, so hatte er ein ungutes Gefühl. Juliet war nicht so wie andere Frauen, die nur redeten damit ihnen nicht langweilig wurde. Wenn Juliet etwas zu sagen hatte, dann war es wirklich wichtig. Das war einer der Gründe warum er sie li…

Christian hielt mitten in dem Gedanken inne und seufzte leise. Er sollte wirklich damit aufhören. Erst Recht, wenn solche Gedanken in Juliets Richtung gingen, denn das war sinnlos.

„Um auf diesen Punkt zu kommen, musst du mir zuerst eine Frage beantworten, Christian. Warum stößt du Shay von dir weg?“

Also doch. Der Blonde legte kurz eine Hand an die Stirn und seufzte. „Warum interessiert dich das?“

Juliet war die Letzte, die sich in diese Dinge einmischte. Ja, sie war ihm behilflich, doch wenn es um diese Sachen ging, speziell mit einem Mann, mischte sie sich nicht ein. Am Anfang schon, doch was danach kam interessierte sie nicht. Auch eine ihre sympathischen Eigenschaften.

Sie lächelte, doch war dieses Lächeln eher geschäftsmäßig, als wirklich freundlich. „Ich sagte doch, es ist eine eigennützige Frage. Auch das hat nichts mit Karens Bitte zu tun, es deckt sich nur damit.“

„Nein, wie praktisch.“ Er konnte sich den sarkastischen Unterton seiner Antwort leider nicht verkneifen. Jeder Besuch seiner Schwägerin freute ihn, jedoch nicht, wenn sie über dieses Thema sprechen wollte. Noch dazu, wo ihm seine Kopfschmerzen derzeit noch genug Probleme bereiteten. Allerdings würde sie keine Ruhe geben, bevor sie eine Antwort hatte und im Gegensatz zu Karen wollte er sie nicht verärgern. „Weil ich hatte, was ich wollte. Spaß und keinerlei Verpflichtungen.“

Ungläubig sah Juliet ihn an. Es dauerte einige Zeit, bis sie eine Antwort hatte und auch wenn ihre Wortwahl empört klingen sollte, so war ihr Tonfall nur ernst. „Christian Alrin, ich hätte nie gedacht, dass du so ein Mistkerl bist.“

Bevor Christian sich jedoch verteidigen konnte, schüttelte sie auch schon den Kopf. „Aber das bist du auch nicht. Du stößt niemanden zur Seite, nur weil du bekommen hast, was du wolltest. Nicht auf diese Weise, die du nun Shay zuteil kommen lässt, du sagst ihnen nur, wie die Dinge liegen. Zwar auf eine Art, die durchaus verletzend sein kann, aber unmissverständlich.“

„Hast du mit Shay gesprochen?“ Seine Stimme war schärfer, als er es beabsichtigt hatte. So einen Ton hatte er der Älteren gegenüber noch nie an den Tag gelegt, doch im Moment hatte er sich nicht ganz im Griff. Wenn sie nicht mit Shay gesprochen hatte, dann hatte dieses Gespräch keinen Sinn. Zwar lag sie richtig, doch das musste er ihr gegenüber nicht zugeben.

„Nein. Weil es nicht nötig war.“ Auch ihre Stimme wurde schärfer. „Selbst ein Blinder sieht, was du hier versuchst. Du stößt Shay von dir, weil du ihn mehr magst als deine bisherigen Eroberungen. Du liebst ihn.“ Auch wenn Juliet diese Erkenntnis zu erstaunen schien, zögerte sie keinen Moment, sie auszusprechen.

Mit einem Mal schien alle Kraft aus Christian zu weichen. Er seufzte nur und sah auf die Tasse vor ihm. „Du irrst dich. Ich liebe ihn nicht. Er passt nicht ins Bild, es ginge nicht.“

Und das nicht einmal weil er Benedikt nichts davon erzählen konnte. Er passte nicht in ihre Gruppe, das würde nur Probleme ergeben. „All meine Liebe gilt meiner Familie.“

„Das ist aber nicht richtig!“ Juliets Hand schlug auf den Tisch. „Hör zu Christian, wir lieben dich alle. Du bist Sohn, Bruder, Onkel und Schwager, aber das war es auch schon. Wir geben dir gerne Halt und Unterstützung, ebenso wie all die Liebe die du benötigst, doch das reicht nicht.“

„Sollte das nicht lieber ich beurteilen? Ich bin mit dem, was ich bekomme und euch entgegenbringe vollkommen zufrieden.“ Ja, das stimmte. Schließlich hatte es ihm nie an etwas gefehlt. Er lebte hier sein Leben wie er wollte, weil seine Familie ihm den Rücken freihielt. Benedikt und seine Mutter liebten ihn, Annabelle vergötterte ihren Onkel und Juliet sah ihn als Bruder an und er liebte jeden von ihnen. Damit war er vollkommen zufrieden.

Ein leises Seufzen war von ihr zu hören. „Entschuldige.“

Überrascht sah Christian auf und zu ihr. Warum entschuldigte sie sich? Gut, es gab eine Menge Gründe, alleine schon in diesem Gespräch, doch auf das bezog es sich bestimmt nicht. Juliet entschuldigte sich nie für ihre Worte.

Sie hob den Kopf und begegnete seinem Blick. „Ich habe damals wohl mehr zerstört, als mir selbst bewusst war. Bitte verzeih mir.“

„Es ist nicht deine Schuld.“ Ein leichtes Lächeln legte sich auf Christians Lippen, auch wenn ihm gar nicht danach zumute war. Wieso kam sie nun wieder mit diesem Thema, das war doch längst erledigt. Verfiel sie nun in die Angewohnheit aller Frauen, längst verheilte Wunden wieder aufzureißen? Außerdem war es wirklich nicht ihre Schuld, sie hatte nur das Beste gewählt. Für sich selbst und im Nachhinein auch für ihn. „Selbst wenn du es gewusst hättest, hättest du dich anders entschieden?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Du kennst meine Gründe.“

„Dann gibt es nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.“ Denn wenn man sowieso so gehandelt hätte, machte das eine Entschuldigung nur zu einer verlogenen Geste. Er benötigte kein Mitleid, von niemand. „Aber ich habe dir auch nicht lange gegrollt, wenn es etwas zu entschuldigen gäbe, dann hätte ich dir schon lange verziehen. Nur warum sollte ich wütend auf dich sein, nur weil du logisch gehandelt hast.“

„Mit anderen Worten hätte es vielleicht nicht so hart geklungen.“ Sie wirkte zerknirscht als sie ihn anblickte.

„Doch das Ergebnis wäre das Gleiche geblieben, oder?“ Es waren nicht die Worte, die ihn damals verletzt hatten, sondern ihre Bedeutung. Dass sie Benedikt, dem sie von Anfang an versprochen gewesen war, ihm vorzog. Einmal in seinem Leben hatte er seinen Bruder überflügeln wollen und war gescheitert. Es war die Niederlage, die ihm so zu schaffen gemacht hatte, nicht dass Juliet seine Liebe abwies. Jetzt war ihm das klar, damals nicht. Natürlich hatte er sie geliebt, das stand außer Frage, doch nie in dem Ausmaß, das sie verdiente. „Du bist glücklich, oder?“

„Natürlich.“

Diese Antwort kam ohne Zögern, weswegen Christians Lächeln nun etwas freundlicher wurde. „Dann gibt es nichts zu bereuen, nichts zu verzeihen, nichts zu entschuldigen. Wenn du glücklich bist, dann hast du die richtige Entscheidung getroffen. An meiner Seite wäre dir das versagt geblieben.“

Ihr fragender Blick legte sich auf ihn. „Bist du glücklich?“

Christian wollte schon zu einer Antwort ansetzen, schwieg dann aber. Das war schon Antwort genug und obwohl er das wusste, musste er seine Position einmal überdenken. Er wollte seine Schwägerin nicht anlügen. War er glücklich? Eigentlich schon, es fehlte ihm ja an nichts. Er hatte Einfluss, Macht, Geld, Schönheit. Das alles waren Dinge für die manche andere hier töten würden, um nur eines davon zu bekommen. Eigentlich konnte er sich nicht beschweren. Allerdings fühlte er sich oft einsam, wenn er auch ständig unter Leuten war. Und da halfen ihm weder Karen, noch Raoul, ja, nicht einmal Rida, auch wenn dieser ihm eine große Stütze war. „Weder noch.“

„Bitte?“ Diese Antwort schien Juliet wirklich zu irritieren.

Es war klar, dass sie damit nichts anfangen konnte, schließlich war das nicht die normale Antwort auf so eine Frage. „Ich bin weder sonderlich glücklich, noch sonderlich traurig. Ich denke, ich halte ein gutes Mittelmaß.“

„Das ist keine Antwort, Christian. Es gibt nur zwei mögliche Antworten. Entweder man ist glücklich oder nicht. Es gibt kein ein bisschen oder ein vielleicht bei dieser Antwort. Also, bist du es?“

Man merkte, dass sie ein Kind hatte, im Moment hörte sie sich wie seine Mutter an. Und das Schlimmste war, dass sie mit ihren Belehrungen Recht hatte. „Nein. Im Moment nicht, ich bin nicht glücklich, aber dieses Wissen hilft weder dir noch mir.“

Es führte nur dazu, dass er sich schlechter fühlte also sowieso. Denn er sollte glücklich sein, wo es soviele Menschen gab, die sich um ihn sorgten und nur sein Glück im Sinn hatten.

Juliet stand auf und ließ sich neben seinem Sessel in die Hocke sinken. Ihre Hände legte sie auf seine Armlehne. „Und? Warum nicht?“

Christian zuckte mit den Schultern. Woher sollte er das wissen? Oder warum sollte er das aussprechen? Trotzdem wollte er es Juliet mitteilen, warum wusste er selbst nicht. „Ich fühle mich einsam. Obwohl ich von hunderten Menschen umgeben bin. Kannst du dir das vorstellen?“

Er lachte, doch hörte es sich irgendwie verunglückt an.

„Ja. Ja das kann ich mir sehr gut vorstellen. So habe auch ich mich gefühlt. Dann habe ich dich kennen gelernt. Dich und Benedikt, seitdem nicht mehr. Ich denke, du benötigst einfach jemanden an deiner Seite. Ich sage nicht, dass es Shay sein muss, aber wenn du es nicht ausprobierst, wirst du es nicht wissen.“

Christian seufzte tief. „Du verlangst viel.“

Sie schenkte ihm ein mitleidiges Lächeln. „Ich verlange nichts von dir, von dem ich nicht weiß, dass du es geben kannst.“

„Ich soll die Liebe zulassen?“ Nachdem er sich so sehr dagegen gewehrt hatte, fiel es ihm schwer, einen Kampf einfach so aufzugeben. Er hatte sich solange darauf konzentriert nur seine Familie zu lieben und alle anderen für sein Vergnügen zu benutzen.

„Du sollst es probieren.“

„Was, wenn ich wieder enttäuscht werde?“ Das war seine größte Sorge. Er wollte diesen Schmerz nicht mehr spüren, nie mehr.

Mit einem leicht genervten Laut erhob sich Juliet und sah ihn erbost an. Sie beugte sich etwas zu ihm, was sie noch bedrohlicher aussehen ließ. „Dann wirst du eben enttäuscht, na und? Jeden Tag werden Menschen von ihren Liebsten verletzt, gedemütigt und enttäuscht. Wenn es jeder so machen würde wie du, dann gebe es gar keine Paare mehr. Aber weißt du, was diese Menschen machen? Sie versuchen es wieder und wieder. Es mag da draußen vielleicht nicht immer den passenden Menschen geben, aber wenn man nicht sucht und probiert, wird man es niemals erfahren.

Du jedoch sitzt hier und kultivierst deinen Schmerz. In deinen Vorstellungen glorifizierst du mich und nährst deine Illusion, mich zu lieben. Dabei gibt es soviele Menschen um dich herum, die dir helfen wollen, aber du siehst sie nicht oder stößt sie von dir fort. Das ist nicht richtig, Christian.“

Als ob er das nicht wusste. Er wusste, dass es falsch war, dass er in diesem Fall zu sehr auf sich selbst fixiert war, doch er konnte nicht aus seiner Haut. Allerdings konnte er es versuchen. Shay von sich wegzustoßen hatte sowieso nicht funktioniert, also konnte er ebenso gut auf ihn zugehen. Was konnte schon passieren, wenn er es riskierte, schlimmer als jetzt konnte es nicht werden. „Ich werde es probieren.“

„Mehr will ich auch nicht.“ Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und lächelte herzlich. „Ich will nur dein Bestes. Zwar maße ich mir nicht an zu wissen was das ist, aber ohne es probiert zu haben kannst auch du es nicht wissen.“

Er lehnte seinen Kopf an ihren Körper und vergrub sein Gesicht einen Moment in den Rockfalten ihres Kleides. Er würde sich niemals so benehmen, wenn es nicht Juliet wäre, die hier stand. Das war ein Bild, eine Gefühlsregung, die er nur ihr zeigen konnte. Gegenüber Karen oder Raoul würde er sich nie so geben, diese hatten ein anderes Bild von ihm und das wollte er aufrechterhalten. Deswegen war er auch über Juliets Anwesenheit so erfreut.

„Wenn wir schon einmal bei unerfreulichen Dingen sind. Ich werde bald nach dem Finale abreisen. Ich denke, das wird das Beste sein, zumindest für Rida.“

„Rida?“ Verwirrt sah er Juliet an, als er sich wieder von ihr löste.

Sie schüttelte mitfühlend den Kopf. „Du hast es wirklich nicht mitbekommen, was? Nun, auch ich habe es nur durch etwas Druck auf Alan erfahren, also ist das wohl nicht verwunderlich. Egal.“

Juliet schüttelte den Kopf. „Richte es ihm einfach nur aus, okay?“

„Werde ich machen.“ Auch wenn er lieber eine Erklärung hätte. Doch wenn er diese bis jetzt nicht bekommen hatte, würde er sie auch nicht mehr bekommen.

„Ich muss jetzt gehen. Annabelle müsste inzwischen schon präsentabel sein, sodass wir uns die heutigen Kämpfe ansehen können. Sie mag die Pferde.“ Juliet verdrehte die Augen.

„Immer noch besser, als wenn sie die Ritter mag.“

Juliet lachte amüsiert. „Oh, bis dahin haben wir noch einige Jahre, aber das kommt auch noch.“

Ja, wenn sie an ihm vorbeikamen, hieß das. Denn wenn er sich vorstellte, dass Annabelle an jemanden wie ihn geriet,… Nun danach wäre derjenige sicher nicht mehr so beliebt bei den Damen.

„Bis dann.“ Damit öffnete die Ältere die Tür und ließ diese gleich offen.

Es dauerte aber nur einige Sekunden bis Rida wieder eintrat und die Tür hinter sich schloss.

Christian warf seinem Freund einen nachdenklichen Blick zu. „Ich glaube, jetzt will ich doch etwas Nahrhafteres als nur Tee. Kannst du etwas besorgen?“

„Bestimmt.“ Rida nickte und wandte sich schon wieder zum Gehen um.

„Ach und Rida… nimm auch etwas für dich mit. Wir frühstücken heute zusammen.“ Seine Stimme erlaubte keinen Widerspruch. Anders würde Rida wieder nach einer Ausflucht suchen.

„In Ordnung.“ Den Kopf senkend verließ der Schwarzhaarige den Raum.

Und dann würden sie reden. Wenn er das erledigt hatte, konnte er sich immer noch um Shay kümmern. Christian war klar, dass es nur ein kurzer Aufschub war, doch er benötigte noch etwas, um sich darauf vorzubereiten. Veränderungen passierten schließlich nicht über Nacht.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 56
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Misstrauisch beäugte Rida den Mann auf der gegenüberliegenden Seite der Tür. Seit sie aufgefordert worden waren, das Zimmer zu verlassen, schien Alan viel entspannter. Anscheinend legte er sehr viel Wert darauf, vor Juliet als professionell zu gelten. Dass sie ihn nun nicht mehr im Blick hatte, machte es leichter für Alan und gefährlicher für ihn.

Er traute der Ruhe nicht, Alan hatte ihn viel zu lange in Ruhe gelassen - nun für die Verhältnisse des Blonden jedenfalls. Nicht, dass Rida darüber traurig war, nein, es machte ihn nur vorsichtiger.

„Keine Sorge, ich habe versprochen, mich zurückzuhalten.“

Bei diesen Worten drehte Rida den Kopf zu Alan. „Versprochen?“

Was und vor allem wem hatte er etwas versprochen? Wenn es um sie beide ging, würde das doch nur bedeuten, dass jemand wusste, was zwischen ihnen war. Besser gesagt, was außer unverhohlener Feindschaft zwischen ihnen war und das gefiel ihm nicht. Rida wäre es lieber, wenn niemand etwas davon wüsste.

„Juliet. Sie hat es herausgefunden.“ Alan schien das nur sehr widerwillig zuzugeben. Er sah Rida dabei nicht an, so als wolle er seine Reaktion verbergen.

Aus seinen Reaktionen schloss Rida, dass er Juliet das nicht freiwillig gesagt hatte. Allerdings hatte er das auch nie angenommen, so dumm war nicht einmal der Blonde.

Ridas Blick flog zur Tür, als ihm ein erschreckender Gedanke kam. Würde sie es Christian sagen? Wahrscheinlich nicht, es sei denn, sie glaubte, ihm damit zu helfen. In diesem Fall würde sie aber sicher zuerst mit ihm reden um herauszufinden, ob er Hilfe benötigte. Sie war niemand, der über den Kopf eines Anderen hinweg über dessen Glück entschied. Davon war Rida überzeugt. „Wie?“

Das war auch eine wichtige Frage, da er sicher war, dass sie dabei nie beobachtet worden waren. Soviel Umsicht musste er Alan schon zugestehen. Schließlich brachte es sicher keine Sympathiepunkte, wenn man den Diener des Bruders seines Arbeitgebers ärgerte. Nicht, wenn der Diener bei diesem Bruder so beliebt war, wie er bei Christian. Wenn auch aus Gründen, die kaum jemanden bekannt waren.

Alan zuckte nur desinteressiert mit den Schultern. „Keine Ahnung. Wie Frauen eben immer die Dinge erfahren, die sie nichts angehen. Jedenfalls hat sie mich freundlich aufgefordert, diese Dinge in Zukunft zu unterlassen.“

Er wusste, dass er es nicht sollte, doch Rida konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. Der Gedanke, dass Juliet geschafft hatte, was er nicht schaffte, war zwar ein Armutszeugnis für ihn, aber durchaus verkraftbar, wenn er sich die Szene ausmalte, wie sie Alan erklärt hatte, dies zu unterlassen. Vor allem der Blonde kam dabei nicht besonders gut weg. Doch Juliet war eine Gewalt, gegen die Alan derzeit machtlos war. Natürlich hatten sie sich gegenseitig in der Hand, immerhin bezahlte ihn Juliet dafür ab und zu wegzusehen, nur die Frage war, auf wenn Benedikt eher wütend sein würde? Auf seine Frau, die manchmal ihre Privatsphäre haben wollte, oder den Mann, der ihm davon erzählte und gleichzeitig zugab seine Aufgabe vernachlässigt zu haben? Wie gesagt, Alan war nicht dumm.

„Das ist nicht lustig.“ An Alans gereizten Tonfall merkte man, dass ihm dieses Thema unangenehm war. Natürlich, keinem Mann gefiel die Tatsache, dass eine Frau ihm überlegen war. Nicht, wenn es für andere so offensichtlich war.

Rida hörte nur langsam auf zu Lachen. „Doch, ist es.“

Mit einem genervten Schnauben wandte Alan den Kopf von ihm ab und schwieg. Es gab nicht gerade viel, das er darauf erwidern konnte, ohne zu lügen. Erst nach einigen Momenten erklang seine Stimme wieder. „Du kannst ja doch lachen.“

Auch wenn Rida eben noch amüsiert gewesen war, nun wurde er schlagartig wieder ernst. Seine Antwort klang schärfer als beabsichtigt. „Ja. Menschen lachen nun einmal.“

„Du kaum.“ Noch immer sah Alan ihn nicht an.

„In deiner Gegenwart habe ich keinen Grund zu lachen. Außer es ist über dich. Du lachst auch oft.“ Wenn es auch eher ein spöttisches Lächeln war, das er Rida schenkte. Er gab es ungern zu, aber auch wenn es ihn aufbrachte, übte es einen gewissen Reiz auf ihn aus, der nichts mit Aggression zu tun hatte. Es war durchaus auch anziehend und zum Glück lächelte er nun nicht.

So als hätte er seine Gedanken gelesen, drehte Alan seinen Kopf zu ihm und präsentierte eben jenes spöttische Lächeln. „Ja, über dich. Du gibst mir viel Anlass dazu, mich zu amüsieren.“

„Ich weiß, du hast eben einen schlechten Charakter.“ Es war seltsam, das er sich so ungezwungen mit Alan unterhalten konnte. Scheinbar sah er nun keine Bedrohung mehr in ihm, also musste er sich ihm gegenüber auch nicht mehr verteidigen.

„Wir…“ Dabei deutete Alans Finger zuerst auf Rida und dann auf sich. „…haben einen schlechten Charakter. Du lachst auch über mich.“

Rida wollte schon wiedersprechen, aber wie sollte er eben bewiesene Tatsachen widerlegen? Das war unmöglich. „Das ist alles dein schlechter Einfluss.“

„Oh, ich hätte gerne noch mehr Einfluss auf dich.“ Dabei kam Alan einen Schritt näher.

Rida wich instinktiv einen Schritt zurück. Der Abstand zwischen ihnen war noch immer groß genug, es war nicht nötig zurückzuweichen, doch bei Alan war dieser Abstand nicht ausreichend. Es war wohl unmöglich, ihn wirklich zu zähmen, das schaffte nicht einmal Juliet.

In diesem Moment öffnete sich die Tür und Juliet verließ den Raum. Sie hob nur fragend eine Augenbraue, als sie die Szene betrachtete. Missverstehen konnte sie es kaum, ihre Haltung war eindeutig.

„Tja, das nenne ich Pech.“ Alan grinste unverschämt in Juliets Richtung.

Diese erwiderte das Lächeln zuckersüß. „Oh ja, das kannst du laut sagen. Anscheinend sollten wir die Unterhaltung von letztens noch einmal führen. Wir gehen.“

Die letzten Worte waren scharf gesprochen, doch dann wandte sie sich noch einmal an Rida. Sanft legte sie einen Arm auf seine Schulter. „Er wird jetzt deinen Beistand benötigen. Gib ihm diesen bitte.“

Rida nickte zustimmend. Was immer Christian benötigte, würde er ihm geben, wenn es in seiner Macht stand. Das war seine Aufgabe als Diener und erst Recht als Freund.

Er betrat das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Dabei unterwarf er Christian einer raschen Musterung. Er wirkte nicht niedergeschlagen, sondern eher nachdenklich. Juliet hatte sich scheinbar geirrt, oder sie meinte eine andere Art von Beistand als er. Trost war es jedenfalls nicht, den der Blonde benötigte.

„Ich glaube, jetzt will ich doch etwas Nahrhafteres als nur Tee. Kannst du etwas besorgen?“

„Bestimmt.“ Bei dieser Frage nickte Rida erleichtert. Was auch immer er mit Juliet besprochen hatte, es hatte seinen Appetit geweckt und das war nur positiv. Er war schon wieder fast bei der Tür, als Christian ihn noch einmal zurückhielt.

„Ach und Rida… nimm auch etwas für dich mit. Wir frühstücken heute zusammen.“

Rida wollte schon wiedersprechen, doch die Stimme seines Freundes zeigte jetzt schon, dass er keine Ausrede gelten lassen würde.

„In Ordnung.“ Resigniert den Kopf senkend, eilte Rida aus dem Raum. Das war auf jeden Fall kein gutes Zeichen. Rida wusste zwar nicht, wie er es zu deuten hatte, doch positiv war es sicher nicht.

Rida ging in die Küche und stellte ein kleines Frühstück zusammen, wobei er auch etwas für sich auf das Tablett stellte. Dabei ließ er sich mehr Zeit als gewöhnlich, nur um einige Minuten mehr herauszuschinden.

Sein letztes Frühstück mit Christian war schon einige Zeit her, denn meistens taten sie das nur, wenn es ernste Dinge zu besprechen gab. Dass er dies nun wollte hieß nur, das Juliet ihm etwas erzählt hatte, die Frage war nur was. Betraf es ihn selbst, oder Christian, das galt es herauszufinden.

Rida machte sich wieder auf den Rückweg zu Christians Zimmer, ein Tablett auf seinen Händen balancierend. Das war etwas, das er inzwischen genauso gut konnte, wie mit einem Dolch umgehen. Zum Glück, seine ersten Versuche in diesem Gebiet waren mehr als nur ungeschickt gewesen. Aber jeder Leibwächter benötigte eine Tarnung und als Diener hatte man einen Grund, ständig bei seinem Herrn zu sein. Dagegen war Alans Tarnung schon seltsam, aber bei jemandem wie Alan würde man eine Tarnung als Diener sofort durchschauen. Dafür war er zu stolz, etwas das ihm bei seiner Tätigkeit einmal das Leben kosten könnte.

Als er das Zimmer betrat, saß Christian noch immer auf dem Stuhl. Es wirkte nicht so, als hätte er sich in den letzten Minuten bewegt, nur sein Kopf hatte sich gedreht und er blickte aus dem Fenster. Nicht einmal sein Eintreten riss ihn aus seinen Gedanken, oder er beachtete ihn einfach nicht.

Schweigend machte sich Rida daran den Tisch vor Christian zu decken, wobei er so leise wie möglich war, um ihn nicht zu stören. Wenn er nachdachte, störte er ihn nie, da es meistens keine Notwendigkeit dafür gab. Selbst konnte er ja nur selten zu einer Lösung beitragen. Die Dinge über die Christian nachdachte, waren meistens Dinge, über die er sich nie den Kopf zerbrechen würde.

Auch wenn er für sich selbst mitaufgedeckt hatte, wollte Rida sich danach zurückziehen. Vielleicht hatte Christian sein Ansinnen ja bereits vergessen. Es war unwahrscheinlich, aber einen Versuch auf jeden Fall wert.

Allerdings kam er nicht weit, denn da hielt Christian ihn bereits auf. „Rida.“

Den mahnenden Tonfall könnte Rida nicht einmal missverstehen, wenn er wollte. So gab er nach und setzte sich mit einem Seufzen dem Jüngeren gegenüber an den Tisch.

Jetzt wandte auch dieser seine Aufmerksamkeit Rida zu. „Ich habe mit Juliet geredet.“

Rida nickte zustimmend. Ja, das war nicht zu übersehen gewesen, er würde es sogar merken, wenn er nicht dabei gewesen wäre. Nach den Gesprächen mit ihr war er meistens nachdenklich, oder gut gelaunt. Beides waren durchaus positive Einflüsse für Christian.

Er nahm ein Messer in die Hand und strich sich Butter auf sein Brot. Mehr als dieses Stück hatte er sich nicht mitgenommen, da er schon alleine in aller Frühe gegessen hatte. Er erledigte solche Dinge immer, bevor der Blonde aufwachte, das war praktischer. Außerdem hatte er von morgens bis mittags sonst sowieso nicht viel zu erledigen.

„Ich werde versuchen mit Shay eine Beziehung einzugehen. Wenn er es noch will.“

Es dauerte einen Moment, bis der Schwarzhaarige diesen Gedanken verarbeiten konnte, dann entglitt ihm sein Messer und fiel klirrend auf den Teller. Rasch nahm er es wieder in die Hand, um den Krach zu unterbrechen. „Entschuldige. Was?“

So wirklich konnte er nicht glauben, was er da eben gehört hatte. Christian war ein Feind von Beziehungen, egal welcher Art. Freundschaften, ja die ging er ein, aber nicht mehr. Schon gar keine Liebesbeziehungen und wenn er von Shay sprach, konnte er nur das meinen. Natürlich wusste Rida, weswegen das so war, doch da er ihm nicht helfen konnte, sprach er dieses Thema nie an. Liebe war etwas, das er nur in der Mitte seiner Kindheit erfahren hatte. Was dieses Gefühl anging, war er ebenso skeptisch veranlagt wie sein Freund.

„Ja, du hast richtig gehört.“ Christian griff sich gequält lächelnd an die Stirn. „Ich fasse es nicht, dass ich das sage, aber Juliet hat mich überzeugt. Wenn ich es nicht probiere, dann kann nicht wissen, ob es funktioniert.“

„Da hat sie Recht.“ Ehrlich gesagt wusste Rida nicht, was er sagen, wie er reagieren sollte. Erwartete Christian nun Glückwünsche, Anfeuerungen, oder Gegenargumente von ihm? Aus diesem Grund hielt er seine Antwort so neutral wie möglich. Auf jeden Fall war er erleichtert. Das war wirklich ein Grund für ein gemeinsames Frühstück, also ging es dabei nicht einmal um ihn, das war beruhigend.

„Ich weiß.“ Christian biss ein Stück von seinem Kuchen ab und betrachte dabei Rida musternd. Nach einigen Minuten schien er endlich zu einem Schluss zu kommen. „Aber Juliet hat mir auch andere Dinge erzählt. Dinge, die dich betreffen.“

„Ach ja?“ Der Schwarzhaarige versuchte sich nichts anmerken zu lassen, auch wenn er sich innerlich unwohl fühlte. Nun war die Frage, was sie ihm erzählt hatte. Solange er das nicht wusste, würde er sich nicht dazu äußern.

„Ja, sie meinte, es würde dich beruhigen zu erfahren, dass sie gleich nach dem Turnier abreisen wird. Sie meinte, das sei besser für dich.“ Der Blick des Jüngeren machte klar, dass er keine Erklärung dafür hatte, aber nun eine forderte.

Nun, Juliet hatte zwar nicht gesagt, was passiert war, Christian jedoch einen Hinweis gegeben, dem er auf jeden Fall nachgehen würde. Vielleicht sollte er dankbar sein, dass sie ihm so die Chance gab, die Sache selbst zu erklären, doch das war er nicht. Das war nur eine Sache, die nur Alan und ihn anging, jeden anderen hatte das nicht zu interessieren. Und da war es egal, wie gut es der Betreffende meinte. „Ja, es beruhigt mich. Anderseits bedauere ich es, ich weiß wie gerne du Zeit mit ihr verbringst.“

„Ja, das stimmt. Aber das ist im Moment egal. Hat es mit Alan zu tun?“

In diesem Moment war es von Nachteil, dass er nicht Lügen konnte. „Ja, auch.“

„Auch?“ Fragend hob Christian eine Augenbraue. „Es ist mehr als das, was du mir erzählt hast, oder? Belästigt er dich?“

Es widerstrebte Ridas Stolz das einfach so zuzugeben, andererseits vertraute er Christian auch. „Ja. Aber das ist nichts, womit ich nicht fertig werden kann.“

„Warum hört er dann nicht damit auf?“

„Weil ich ihm nicht so seine Grenzen aufzeigen kann, wie es sich gehören würde.“ Das konnte er wirklich nicht, eben weil er Rücksicht üben musste. Ansonsten würde sich Alan jedes weitere Treffen zweimal überlegen. Er war ein ebenbürtiger Gegner, aber nicht unbesiegbar.

Christian nickte langsam, so als würde er es verstehen. „Der Grund dafür?“

„Du. Ich will dir keine Probleme bereiten. Schließlich ist er der Attentäter deines Bruders und er ist gut in dem was er macht. Es wäre ein großer Schaden, jemanden wie ihn zu verlieren.“

„Verdammt, Rida, das spielt keine Rolle!“ Die Hand des Blonden traf krachend den Tisch.

Rida griff hastig zu der Kanne in der Mitte, um sie daran zu hindern umzufallen.

„Hör zu, wenn dich Alan belästigt, dann ist es deine Pflicht, das zu unterbinden. Du musst dich wehren und das trifft nicht nur auf Alan zu. Jeder der dich belästigt, ist mit der gleichen Härte zu bestrafen. Du kannst dich wehren und das solltest du jeden spüren lassen, der dir das nicht glaubt. Dabei ist es egal, was es für Auswirkungen auf mich haben kann. Es geht um dich und es macht mich nicht glücklich, wenn du dich wegen mir zurückhältst. Du bist wie mein Bruder und deswegen verdienst du den gleichen Respekt wie ich.“

Genau solche Worte waren es, die immer ein warmes Gefühl in seinem Inneren auslösten. Mit solchen Worten schafften Christian und Benedikt es, ihre Umwelt für sich einzunehmen. Sie waren einfach nur ehrlich und deswegen waren ihre Worte auch so kostbar. Rida lächelte leicht. „Danke.“

„Du musst dich nicht bedanken, sondern mir nur versprechen, dass du auch danach handelst. Tu, was du tun musst, wer sich danach mit uns anlegen will, soll nur kommen.“ Dabei hielt Christian ihm eine Hand entgegen.

Bei jedem anderen würden diese Worte wie pure Angeberei wirken. Doch Rida kannte die Mittel dieser Familie und auch ihren Zusammenhalt und gerade dieser machte ihn so stark. Wenn sie untergingen, dann zusammen, aber das war ihnen lieber, als tatenlos dem Scheitern eines Familienmitgliedes zuzusehen.

Die Hand ergreifend, schlug er ein. „Ich verspreche es.“

Dabei verschwieg er aber, dass Juliet diese Sache längst geregelt hatte. Das musste Christian nicht wissen. Jedoch hatte die Erlaubnis zur Gegenwehr, wenn Alan wieder glaubte, sich über Juliets Gebot hinwegsetzen zu können. Und das war ein wirklich gutes Gefühl.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 57
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Shay sah aus dem Fenster auf den Hof hinunter, wo Diener gerade dabei waren, die letzten Kisten auf den Kutschen zu verstauen. Es war seltsam. Noch vor einigen Tagen war eine dieser Kutschen für ihn reserviert gewesen und er hätte diesen Hof verlassen müssen. Es war erstaunlich wie sehr sich das Blatt gewendet hatte.

Eigentlich bestand keine Notwendigkeit, die Abreise seiner Geschwister zu beobachten. In ihren Augen würde es wahrscheinlich wie Hohn wirken, wenn sie ihn überhaupt bemerkten. Doch wenigstens das war er seiner Familie schuldig, das nannte man Respekt vor seiner Abstammung. Außerdem wollte er sicher gehen, dass sie auch wirklich abreisten. Obwohl er nicht glaubte, dass sie sich gegen eine Anweisung von ganz oben sträuben würden. Das konnten sie auch gar nicht, schließlich kam die Aufforderung des Königs einem Rausschmiss aus seinem Haus gleich.

Ab und zu gingen Leute an ihm vorbei. Manche warfen ebenfalls einen interessierten Blick aus dem Fenster, andere ignorierten ihn und das Treiben einfach. Nur ein Adeliger blieb neben ihm stehen. Jedoch sprach Shay ihn nicht an, er hatte ihm ja nichts zu sagen, jedenfalls nicht im Moment.

Endlich kamen auch die Leute, wegen denen dieser ganze Aufwand betrieben wurde. Susans Gesichtsausdruck konnte er nicht erkennen, da sie sich die Kapuze ihres Mantels über den Kopf gezogen hatte. Ohne diesen Schutz würde sie wahrscheinlich vor Scham im Boden versinken, denn für einen Mantel war es definitiv zu warm. Liam folgte ihr mit verkniffenem Gesichtsausdruck und dem verzweifelten Versuch auch bei diesem erzwungenen Abgang würdevoll zu wirken. Leider versagte er bei diesem Versuch, doch das tat er immer, wenn er Eigenschaften vortäuschen wollte, die er nicht besaß.

Die Türen der Kutsche schlossen sich und der Kutscher ließ die Peitsche knallen. Die zweite Kutsche folgte ihnen mit kurzem Abstand.

Damit waren sie also weg. Seltsam, Shay fühlte sich dabei gar nicht so erleichtert, wie er gehofft hatte.

„Und? Fühlst du dich nun besser?“

Shay blickte den Kutschen nach, die auf der Straße nur mehr schwach zu erkennen waren und neigte leicht den Kopf. „Ja, ich denke schon. Es wird nun auf jeden Fall einfacher.“

Ja, er musste nicht immer aufpassen, ob er einem von ihnen über den Weg lief. Und wenn das der Fall war, sich verbal verteidigen.

„Kann ich mit dir reden?“

Shay drehte nun seinen Kopf zu Christian, der neben ihm stand. „Ach, auf einmal willst du wieder mit mir reden?“

Er konnte nicht verhindern, dass sein Ton einen sarkastischen Klang annahm. Aber momentan wollte er zu dem Älteren auch gar nicht nett sein.

Christian lächelte etwas unglücklich. „Ich schätze, das habe ich verdient. Können wir trotzdem kurz miteinander reden?“

Warum sollte er ihm nicht eine Chance geben? Die letzten Tage hatte er doch immer auf so ein Zeichen gewartet, ein Zeichen, dass Christian wieder zugänglicher wurde, was ihn betraf. Jetzt wollte er diese Chance nicht verstreichen lassen, weswegen er zustimmend nickte.

Erleichtert lächelte der Ältere und deutete in eine Richtung, ging dann aber gleich los wobei er die Führung übernahm.

Shay bemerkte, dass sie in Richtung von Christians Zimmer gingen. Wahrscheinlich wollte dieser die Unterhaltung lieber auf bekanntem Terrain und ungestört führen. Wobei Shay sich noch immer nicht vorstellen konnte, worüber er reden wollte. Doch, eigentlich konnte er es sich schon vorstellen, nur gab es zwei Szenarien und nur eines ging positiv für ihn aus. Auch wenn er dieses Gespräch herbeigesehnt hatte, jetzt hatte er Angst davor.

Sie betraten Christians Zimmer und Shay fiel auf, dass jede Spur von Rida fehlte. Das war nicht unbedingt aussagekräftig, hinterließ aber ein ungutes Gefühl in ihm.

„Willst du etwas zu trinken haben?“

Shay betrachtete Christian misstrauisch. Versuchte er etwa Zeit zu schinden? Das sähe ihm gar nicht ähnlich, irgendwie wirkte er auch nervös. Was war hier los? „Weswegen wolltest du mit mir reden?“

Christian, der gerade dabei war, sich ein Weinglas zu füllen, stockte kurz und ließ dann seufzend die Flasche sinken. Ohne dem gefüllten Glas Beachtung zu schenken, wandte er sich zu ihm um. „Ich denke, erst einmal sollte ich dich um Verzeihung bitten. In den letzten Tagen war ich nicht gerade nett zu dir.“

Shay schüttelte den Kopf. „Nein, das stimmt nicht. Denn um unfreundlich oder nett zu sein, hättest du mich beachten oder wenigstens mit mir reden müssen.“

„Du hast nicht vor, mir das einfach zu machen, was?“ Diese Bemerkung wurde nicht bösartig, sondern eher in einem leidenden Tonfall vorgebracht. Er schüttelte den Kopf und kam so jeder Antwort Shays zuvor. „Ja, schon gut. Es tut mir leid, wie ich dich behandelt habe.“

„Nun, Karen hat mich etwas besänftigt. Zumindest denke ich, dass sie es mir erklären wollte, doch dann ist sie irgendwie in eine Erklärung über Esel und ihren Starrsinn abgerutscht.“ Irgendwie war ihm während dieses Gesprächs allerdings die Ahnung gekommen, dass sie sich dabei nicht auf die Tiere bezog. Allerdings hatte er das nicht näher hinterfragen wollen.

„Diesen Vortrag kenne ich nur zu gut.“ Christian seufzte und sah sich kurz im Zimmer um. „Wir sollten das nicht im Stehen besprechen. Setzen wir uns doch.“

Damit ging er schon zu seinem Sofa und nahm darauf Platz. Abwartend sah er zu dem Jüngeren.

Es konnte ja nicht schaden, wenn er sich alles anhörte, was Christian zu sagen hatte. Zwar war er noch wütend, doch er wollte den Kontakt zu ihm ja nicht abbrechen. Aus diesem Grund nahm auch Shay auf dem Sofa Platz, wenn auch mit etwas Abstand. Schließlich wusste er noch immer nicht, was Christian eigentlich von ihm wollte.

„Ich weiß nicht, wie viel Karen dir gesagt hat, um meine Ehre zu retten, oder wie viel du vorher schon wusstest. Um dir mein Verhalten in den letzten Tagen zu erklären, muss ich weiter ausholen, als ich eigentlich möchte. Was du wissen musst ist, dass ich vor einigen Jahren einmal verliebt war. So verliebt, dass ich bereit war eine riesengroße Dummheit zu begehen.“

„In Juliet, oder?“ Erschrocken hob Shay eine Hand zum Mund. Das hatte er eigentlich nicht laut aussprechen wollen. Er hatte es sich gedacht, weil er da ja noch immer keine Sicherheit hatte.

Christian sah ihn überrascht an, lächelte dann aber traurig. „Ja, in Juliet, die Frau meines Bruders. Nur war sie damals noch nicht seine Frau, sondern nur Verlobte. Die Vorgeschichte ist egal, wichtig ist nur, dass ich sie genug geliebt habe, um mit ihr weglaufen zu wollen. Ich wollte mich von allem lösen, meiner Familie, meinem Titel, egal solange ich sie nur für mich gewinnen konnte. Zum Glück war Juliet klug genug, mir das auszureden und mir meinen ersten Korb zu geben.“

„Hat sie dich geliebt?“ Shay wusste nicht, warum ihn diese Frage interessierte, da es ihn nun wirklich nichts anging. Doch bei ihrem Umgang miteinander merkte man doch, dass sie einander mochten. Nur passte dann ihr Korb nicht.

Christian schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Sie war hin und hergerissen zwischen Benedikt und mir, die beide ihre Zuneigung gewinnen wollten. Welche Frau wäre da nicht verwirrt? Aber ich denke, dass sie in mir immer nur einen kleinen Bruder gesehen hat und ich habe diese Liebe einfach verwechselt und als Aufforderung gesehen. Was meine Geschichte betrifft, spielt das aber keine Rolle. Ich blieb also bei meiner Familie, war aber nicht mehr wirklich glücklich dort. Das war wohl der Grund, warum mich mein Vater hierher an den Hof schickte. Hier gibt es genug, was einen ablenkt und ich habe mich rasch eingelebt, Freunde gefunden und gelernt aus diesem Leben das Beste zu machen.“

Christian endete und Shay sah ihn fragend an. Das sollte sein Verhalten nun erklären? Eher erklärte das, wie er zu dem wurde, der er nun war und wie seine Beziehung zu Juliet war, aber nicht mehr.

Bei seinem Blick lächelte der Blonde. „Soviel zur Vorgeschichte. Was du aber noch nicht weißt, ist, dass ich nach Juliets Ablehnung und Zurückweisung einen Schwur abgelegt habe. Ich werde mich nicht mehr verlieben und jede intime Beziehung nur mehr für mein Vergnügen nutzen. Bis jetzt habe ich mich auch immer daran gehalten.“

„Bis jetzt?“ Natürlich der Schwur war dumm, das hätte er ihm gleich sagen können. Man konnte nicht steuern, ob man sich verliebte oder nicht, doch darum ging es nicht. Es ging um diese beiden Worte, die in ihm wieder Hoffnung weckten. Hoffnung, dass es vielleicht doch ein positives Ende für ihn geben konnte. So etwas erzählte man doch nicht, wenn man sich von jemanden distanzieren wollte, oder?

Christian seufzte abermals tief und sah kurz zu Boden. „Ja, bis jetzt. Ehrlich gesagt, wollte ich es bei dir auch so halten. Nur hat das nicht funktioniert.“

Christian hob den Kopf und erwiderte Shays Blick ernst. „Ich…“

Er räusperte sich einmal, bevor er noch einmal ansetzte. „Ich liebe dich…“ Es wirkte so, als wollte er noch etwas hinzufügen, unterließ es aber. Stattdessen fuhr er mit etwas anderem fort.

„Das ist der Grund, warum ich mich in den letzten Tagen so idiotisch verhalten habe. Ich wollte wohl nicht wahrhaben, was ich innerlich schon wusste. Jetzt ist die Frage nur, ob du einen weiteren Versuch mit mir wagen willst?“

„Gut.“ Das war wohl nicht die Antwort, die Christian erwartet hatte und Shay wusste selbst nicht, auf was er da gerade antwortete. Er war wie erstarrt seit Christians Geständnis. Eigentlich war er sich sicher, dass er sich verhört hatte. Der Andere konnte ihm doch nicht wirklich gerade seine Liebe gestanden haben. Doch nicht Christian! Das war mehr als er sich je erhofft hatte, mehr als er je erwartet hatte. Was sollte er nur darauf antworten? Jede Antwort erschien ihm momentan so banal.

„Shay?“

Christians fragende Stimme riss ihn wieder aus seiner Lethargie. „Du liebst mich und willst mit mir zusammen sein?“

Auch wenn der Ältere bei seiner Antwort zögerte, so war sie eindeutig. „Ja. Ja, das will ich.“

Shay nickte, so als würde er jetzt erst alles verstehen. „Ja, das will ich auch. Natürlich will ich.“

Erleichtert lächelte er, als er Christians Blick erneut erwiderte. Er wollte ihm nun nicht so einfach ein Liebesgeständnis zurückwerfen, das würde ihm dann nur wertlos vorkommen. Dafür wartete er lieber den richtigen Moment ab.

„Gut.“ Auch der Blonde wirkte sichtlich beruhigt, nun da er seine Antwort bekommen hatte. „Ich denke, da wird auch die Entfernung keine Rolle spielen.“

„Entfernung?“ Verwundert sah Shay den Anderen an. Im Moment wusste er wirklich nicht, wovon dieser sprach.

„Du hast doch diese Stelle angenommen. Auch wenn ich nicht weiß bei wem, so bin ich mir sicher, dass du nicht hierbleiben kannst.“

„Ach das.“ Er sprach die Stelle bei Raoul an. Der Jüngere konnte sich ein Lächeln gerade noch verkneifen. Nun, die Entfernung würde nicht ganz so weit sein, wie Christian vermutete. „Das ist natürlich gut möglich, aber das wird sich noch zeigen.“

Warum sollte er ihn nicht noch etwas unwissend lassen. Das schien ein Thema zu sein, über das er sich den Kopf zerbrach, sollte er ruhig. Ein wenig Rache wollte Shay sich schon gönnen.

Dann stand er lächelnd auf und nahm Christians Hand in seine. „Nun hast du mir gesagt, was du für mich empfindest. Aber ich hätte gerne Handlungen, die das auch beweisen.“

Als Christian ihn fragend ansah, machte Shay eine Kopfbewegung Richtung Schlafzimmer.

Auf die Lippen des Älteren legte sich ein wissendes Lächeln. „Ach, solche Handlungen. Mit Vergnügen.“

Dabei stand Christian auf und ließ sich von Shay ins Schlafzimmer führen.

„Ich wusste, wir verstehen uns.“ Nun konnte er ja wieder einfordern, was er schon die ganze Zeit vermisste und einfordern würde er es. Christian musste sich anstrengen, wenn er wiedergut machen wollte, was er angerichtet hatte. Denn nun wollte er mehr als das letzte Mal, schließlich hatte er deutlich mehr nachzuholen als damals.

Titel: Love me,… Devil?

Teil: 58
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Zufrieden und zum ersten Mal sein langer Zeit auch erschöpft lag Christian in seinem Bett und sah zu wie die Morgensonne langsam sein Zimmer füllte. Auch das war schon lange nicht mehr der Fall gewesen, da er um diese Zeit zu schlafen pflegte, wie jeder normale Mensch hier am Hofe auch. Doch heute war ein besonderer Tag, nach einer ebenso besonderen Nacht. Es war schon einige Jahre her, seit Christian eine derartig lange Zeitspanne im Bett verbracht hatte, doch sie waren irgendwie nicht aus dem Bett gekommen. Sie hatten es aber auch gar nicht gewollt. Shay hatte wirklich alles eingefordert, was ihm zustand und Christian hatte keine Einwände dagegen gehabt, ihm das auch zu geben. Eigentlich hatte Christian Bedenken gehabt, ob er sich nun nur auf einen einschränken könnte und auch wenn er diesbezüglich noch keine Entscheidung gehabt hätte, diese Nacht hätte ihn überzeugt. Allerdings wusste er bereits, dass es ihm möglich war, schließlich hatte er seit einiger Zeit keine amourösen Abenteuer mit jemand anderem als Shay gehabt. Treue war etwas absolut unbekanntes für ihn aber auch wenn es von vielen so verächtlich abgetan wurde, hatte er sich bereits daran gehalten, als es noch gar nicht nötig gewesen war. Er empfand es nicht einmal als Zwang.

Der Körper neben ihm bewegte sich und als Christian den Kopf senkte, begegnete er Shays grauen Augen, die ihn noch etwas verschlafen ansahen. „Ich liebe dich.“

Unter anderen Umständen und bei jemand anderem, hätte Christian nur zweifelnd die Augenbraue gehoben und danach hastig das Weite gesucht. Doch hier in dieser Situation wirkte es so natürlich, dass es nur richtig sein konnte.

Sein Griff um Shays Schulter festigte sich und er zog ihn näher an sich. Das war in seinen Augen Antwort genug. Schließlich hatte er ihm gestern seine Gefühle gestanden und auch wenn er sich darauf eingelassen hatte, so fiel es ihm noch immer nicht so leicht, das Wort Liebe in den Mund zu nehmen. Dafür war es einfach noch zu ungewohnt.

Doch Shay schien auch so zu verstehen, da er lächelte und sich an Christians Schulter kuschelte.

„Dann darf ich annehmen, dass dich meine Handlungen überzeugt haben?“ Christian konnte nicht anders, er musste nachfragen selbst, wenn er das Ganze in einem belustigten Tonfall fragte. Er war immerhin auch nur ein Mann.

„Vollkommen. Du hast dir diese Worte eindeutig verdient.“ Auch Shay konnte nicht verbergen, dass er ebenfalls amüsiert war.

Sanft strich Christian mit den Fingerspitzen über die Schulter des Jüngeren. „Was hältst du davon, wenn ich Rida anweise, uns ein Bad herzurichten.“ Zusammen konnten sie es zwar nicht nehmen, doch es würde zumindest ihre Lebensgeister wieder ankurbeln. Und auch wenn er dem Geruch ihrer beiden Körper durchaus ihren Reiz abgewinnen konnte, so, roch man, womit sie sich in den letzten Stunden, nur unterbrochen von einigen Stunden Schlaf, beschäftigt hatten.

„Noch nicht.“ Grummelnd schmiegte Shay sich enger an ihn.

Anscheinend war der Jüngere ein Morgenmuffel, das war gut zu wissen. Es war erstaunlich, was man alles entdeckte, wenn man neben der Person aufwachte, mit der man die Nacht verbracht hatte und das war sicher nicht das Letzte, das er an ihm entdecken würde.

Ein Klopfen an der Tür ließ Christian aufstöhnen. Wieso kamen diese Unterbrechungen immer so früh am Morgen? Obwohl es schon seltsam für Rida war, ihn so früh zu wecken. Gut, der Morgen war schon soweit fortgeschritten, dass man ihn schon Vormittag nennen konnte, doch für ihn war das sehr früh am Morgen. Allerdings würde Rida ihn nicht stören, wenn es nicht wichtig wäre, vor allem da er wusste, wen er bei sich hatte.

„Ja?“

„Bist du angezogen und alleine?“ Es war nicht Ridas Stimme, sondern Karens, die durch die Tür erklang.

„Weder das Eine noch das andere.“ Das war wohl das Ende ihres gemütlichen Morgens. Er hörte eine kurze Auseinandersetzung durch die Tür, an dessen Ende Rida eintrat und sie rasch hinter sich schloss. „Lady Karen ist hier.“

„Das war nicht zu überhören.“ Grummelnd löste Christian sich von Shay und setzte sich auf. Karen hatte in letzter Zeit die unangenehme Eigenschaft immer in den unpassendsten Momenten aufzutauchen. Was ihn zu der Frage brachte, was sie zu dieser Zeit schon zu ihm brachte. Sie war zwar immer früher wach als er, doch so früh? Das war schon ungewöhnlich.

„Rida, könntest du bitte für Shay ein Bad vorbereiten? Und anschließend für mich, wenn ich das mit Karen erledigt habe. Auch wenn ich nicht weiß was sie will.“

Rida nickte zustimmend und verließ das Zimmer durch den Durchgang im Ankleidezimmer. Christian stand auf und hob sein Hemd auf, das gestern irgendwann auf dem Boden gelandet war. Dabei bemerkte er Shays Blick, der auf ihn gerichtet war. „Was ist?“

Shay lächelte und kuschelte sich etwas tiefer ins Kissen. „Nichts, ich genieße nur die Aussicht.“

Christian erwiderte das Lächeln. „Wie gut, dass du dich daran noch nicht sattgesehen hast.“

Er schlüpfte in seine Hose und schloss sie, während er schon zur Tür ging. „Ich werde dann einmal versuchen, Karen nicht allzu sehr zu schocken. Wenn du willst, kannst du dich ja dazugesellen.“

„Vielleicht.“ Die Art wie Shay die Decke noch weiter über sich zog, war eigentlich schon Antwort genug.

Mit einem amüsierten Lächeln betrat Christian seinen Wohnraum, in dem Karen schon bei einer Tasse Tee saß. Dass sie sich damit begnügen musste, lag einzig und alleine daran, dass Rida noch nicht mit Gästen gerechnet hatte. Welcher Diener konnte auch ahnen das sein Herr so früh schon Gäste empfing?

Sie sah ihn an und lächelte wissend. „Ich nehme an, du hattest eine angenehme Nacht.“

Christian fragte sich, wieviel sie bereits wieder wusste. „Ja, ebenso wie einen angenehmen Nachmittag.“

Überrascht hob Karen eine Augenbraue, als sie ihn musterte. „Oh, willst du nun wieder an deine jugendlichen Höchstleistungen anschließen? Dabei hatte ich dich als viel ruhiger und erwachsener eingeschätzt.“

Mit einem Lächeln setzte er sich ihr gegenüber an den Tisch. „Dafür benötigt man nur den richtigen Partner, wie ich herausgefunden habe. Dann spielt das Alter keine Rolle.“

„Das mag sein.“ Nachdenklich nickte sie. „Aber das erklärt auch, warum ich dich gestern vermisst habe.“

„Ach? Dann hat dich die Sorge um mich zu diesem frühen Besuch getrieben?“ Das wohl kaum. Karen wollte etwas von ihm und da sie aus ihren Wünschen nie einen Hehl machte, würde er wohl bald erfahren, was ihr Anliegen war.

Karen blickte ihn einen Moment lang verwundert an und lachte dann amüsiert. „Nein, das nicht. Ich war nur früher wach, da das Essen gestern nicht wirklich aufregend war und ich es viel zu früh verlassen habe.“

Christian nickte verstehend. So gab sie ihm nur zu verstehen, dass er gestern nichts versäumt hatte. Wenn es anders wäre, dann würde er es spätestens jetzt erfahren. Schließlich sah es die Schwarzhaarige als ihre Pflicht an, ihn mit allen Neuigkeiten des Hofes zu versorgen, wenn er sie nicht schon selbst erfahren hatte. „Also, was führt dich dann zu mir?“

„Dein Versprechen.“ Als Karen sein verwundertes Lächeln sah, lächelte sie und hob die Teetasse zu ihrem Mund. Allerdings führte sie die Bewegung noch nicht zu Ende. „Als meine Begleitung zu fungieren. In zwei Tagen ist das Finale, da benötige ich deine Dienste, die du mir zugesichert hast. Wir ahnen zwar schon, wer gewinnt, doch es gilt wie immer gesehen zu werden.“

Da hatte sie leider Recht und das wusste Christian nur zu gut. Auch wenn er das Turnier für Zeitverschwendung hielt, so sah er sich immer das Finale an. Wenn auch nur um gesehen zu werden und weil dieser Kampf dann zwei Tage lang Hofgespräch sein würde. Es sah seltsam aus, wenn man da nicht mitreden konnte. „Einverstanden. Aber von da an musst du wohl auf meine Dienste verzichten.“

„Warum?“ Fragend sah sie ihn an, während sie einen Schluck von ihrem Tee nahm.

Christian wartete mit der Antwort, bis sie die Tasse wieder abgestellt hatte. Sicher war sicher, vor allem weil er sich noch zu gut an Ridas Reaktion erinnern konnte. Erst dann lächelte er, als er ihr antwortete. „Weil das meinem Geliebten nicht gefallen könnte. Aber vielleicht kannst du ja eine Übereinkunft mit ihm treffen.“

Schockiert starrte Karen ihn an, in ihren grünen Augen konnte man den Unglauben deutlich sehen. „Du scherzt, oder?“

Langsam und entschlossen schüttelte Christian den Kopf, sodass sie nicht an seiner Ernsthaftigkeit zweifeln konnte. „Nein, ich habe beschlossen eine Beziehung einzugehen. Mit Shay.“

Es war eine Wohltat Karen einmal so schockiert zu sehen. Das war etwas, das er bei seiner Freundin bis jetzt nie erreicht hatte, egal mit welchen Enthüllungen er kam. Es war Ironie, dass er es nun mit etwas so harmlosem schaffte, wo schlimmere Dinge immer versagt hatten.

Jedoch hielt sich ihr Schock nicht lange. Nach einigen Augenblicken klatschte sie die Hände zusammen und sah dankend zum Himmel. „Endlich.“

„Was?“ Das war nicht die Reaktion mit der er nun gerechnet hatte. Außerdem verpasste es seinem kleinen Triumph einen gehörigen Dämpfer.

Sie sah ihn ernst an und senkte die Hände wieder. „Endlich. Ich wusste ja nicht, was ich noch hätte tun sollen, um dir endlich die Augen zu öffnen. Shay war wie gemacht für dich, aber das wolltest du ja nicht sehen. Doch es ist schön, dass ihr am Ende doch zueinander gefunden habt.“

Christian konnte nicht anders als über diese Worte erstaunt zu sein. Das hieß, alles was er gemacht hatte, diente nur dazu Karens Plan zu erfüllen. Einen Plan, von dem er nichts gewusst hatte. Obwohl, sie hatte ja Andeutungen gemacht, doch er hatte sie nicht ernst genommen. „Heißt das, es war alles von dir geplant?“

„Würde es etwas an dem Ergebnis ändern, wenn die Antwort ja wäre?“ Aufmerksam sah sie ihn an.

Würde es? Nein, würde es nicht. Er hatte seine Entscheidung getroffen und würde es auch nicht bereuen, denn nicht alles war von Karen geplant worden. Auf seine Gefühle hatte sie schließlich keinen Einfluss und über diese war er sich mehr als nur sicher. Er empfand mehr für Shay, als für irgendjemanden zuvor, seine Familie einmal ausgeschlossen. Ob es Liebe war, das musste sich erst noch zeigen, doch Christian war bereit das Risiko einzugehen. Aus diesem Grund fiel es ihm leicht den Kopf zu schütteln. „Nein, würde es nicht.“

„Warum interessiert dich dann die Antwort? Wichtig ist doch nur, dass du glücklich bist. Bist du es?“

Es war seltsam, dass sie die gleiche Frage stellte wie Juliet vor gar nicht so langer Zeit. Doch diesmal konnte er ohne zu zögern antworten. „Ja. Im Moment bin ich glücklich.“

Sie lächelte sanft und legte eine Hand auf Christians. „Nun, dann ist alles andere unwichtig, meinst du nicht?“

Das aus Karens Mund zu hören, die normalerweise nicht viel Wert auf so etwas wie Gefühle legte, war schon seltsam, bekam aber dadurch eine enorme Bedeutung. Lächelnd nickte er. „Ja. Danke, Karen.“

Karen erwiderte dieses Lächeln nur liebevoll. „Ich bin deine Freundin, Christian. Es ist nur natürlich, dass ich will, dass du dein Glück findest. Dass ich dir dabei behilflich sein konnte, freut mich nur noch mehr.“

Das war vielleicht das ehrlichste Geständnis, das ihm Karen in ihrer ganzen gemeinsamen Zeit gemacht hatte. Dass er sich auf sie verlassen konnte, das hatte er schon immer gewusst, doch nun eine Bestätigung dafür zu bekommen war doch sehr beruhigend. Dafür würde er sich erkenntlich zeigen, irgendwann wenn sie ebenfalls Hilfe benötigte. Doch er war sich sicher, dass dieser Tag niemals kommen würde. Karen brauchte niemals Hilfe, das war so etwas wie ein Naturgesetz.

Momentan konnte alles so bleiben wie es war, er hatte nichts daran auszusetzen.

Epilog

Titel: Love me,… Devil?

Teil: Epilog
 

„gesprochene Worte“

‚Gedanken’
 

Disclaimer: Die Personen gehören alle mir. Sollte es Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen geben, so ist das reiner Zufall.
 

Um sie herum waren Diener dabei, hastig die Kutschen ihrer Herren zu beladen. Auch wenn es heute Abend noch ein Fest gab, reisten viele der Gäste heute Nachmittag ab. Einige wegen geschäftlicher, andere wegen persönlicher Pflichten und einige auch nur, weil sie keinen Wert auf solche Arten von Festlichkeit legten. Morgen Mittag würde sich das ganze Chaos dann noch einmal wiederholen und dann kehrte wieder der Alltag am Hofe ein. Christian freute sich bereits darauf, wenn das auch hieß, dass er sich nun von einem geliebten Menschen verabschieden musste. Eigentlich von zweien, aber nur einer von ihnen machte es ihm wirklich schwer.

Sanft strich er Annabelle übers Haar und versuchte sie zu beruhigen. Diese umklammerte seine Beine und schluchzte, nachdem es ihr nichts genutzt hatte, ihre Mutter trotzig anzuschreien. Soweit Christian es mitbekommen hatte, sah sie nicht ein, warum sie sich nun schon wieder von ihrem Onkel trennen musste. Christian vermutete, dass sie eher hier am Hofe bleiben wollte, anstatt in ihr Schloss am Land zurückzukehren. Nun, wenn sie mit fünf Jahren schon solche Vorlieben zeigte, war es leicht zu ahnen, wohin sie ihr Weg einmal führen würde. Aber wahrscheinlich wollte sie sich einfach nur nicht von ihren Freunden trennen, denn an ihm konnte es nicht liegen. Diesmal hatten sie wirklich nicht viel Zeit füreinander gehabt.

Juliet seufzte, während sie ihre Tochter betrachtete. Mehr konnte sie nicht machen ohne elterliche Strenge einzusetzen und sie war keine Mutter, die ihre Tochter mit Gewalt zu etwas zwang. „Wenn das so weitergeht wird sie wohl nie die Dame werden, die Benedikt sich erhofft.“

„Sie ist noch jung, das kann alles noch werden.“ Christian lächelte, da er Juliets Absicht erkannt hatte.

„Meinst du? Das hier wirkt nicht sehr damenhaft, wenn du mich fragst.“

„In ein paar Jahren wird sie merken wie kindisch ihr Verhalten jetzt war und sich dafür schämen.“ Er merkte das Annabelle ihnen aufmerksam zuhörte, da das Schluchzen aufgehört hatte. Natürlich, wenn man selbst Geräusche machte, konnte man nicht hören, was die Anderen sagten.

Juliet seufzte nur theatralisch. „Wie soll ich das nur ihrem Vater beibringen? Eine richtige Dame wird sie bei diesem Verhalten nie und da hilft es auch nichts, wenn du es schönredest.“

Mit einem letzten Schluchzen löste Annabelle sich von Christians Beinen und wischte sich mit dem Unterarm über die Augen. Dann sah sie auf und in ihren Augen stand eine eindeutige Bitte.

Christian kam dieser gerne nach und beugte sich zu hinunter. „Ja?“

Annabelle küsste ihn auf die Wange und umarmte ihn. „Ich hab dich lieb, komm mich bald besuchen.“

Er konnte nicht anders, als bei diesen Worten zu lächeln. Als sie sich trennten stupste er ihr mit dem Zeigefinger auf die Nase. „Das werde ich sicher. Im Frühling werde ich euch besuchen und dann werde ich meine ganze Aufmerksamkeit nur dir widmen.“

Das schien sie zu freuen, da sie fröhlich lächelte. „Einverstanden.“

Als sie sich umwandte und zur Kutsche ging, streckte sie ihrer Mutter noch die Zunge heraus, bevor sie rasch einstieg.

Juliet schüttelte nur tadelnd den Kopf. „Sie wird an meinen ersten grauen Haaren schuld sein.“

„Ja, aber erst in ein paar Jahren. Und ich bin sicher, sie wird es dann nicht mehr alleine sein.“ Denn Annabelle würde sicher nicht ihr einziges Kind bleiben, da war Christian sich sicher.

„Das befürchte ich auch.“ Dann wurde sie wieder ernst. „Du hast dich verändert. Du wirkst zufrieden.“

Christian nickte langsam, auf ihre Frage. „Ja, das bin ich auch.“

„Glücklich?“

Diesmal kam seine Antwort schneller als bei ihrem letzten Gespräch und mit einem Lächeln. „Ja.“

„Das ist gut.“ Auch Juliet lächelte zufrieden und nickte bestätigend mit den Kopf. „Benedikt wird erfreut sein, das zu hören.“

„Sag ihm, dass ich ihn vermisse und mich schon auf unser nächstes Treffen freue.“ Er wusste durchaus, wie sich seine Worte anhörten und welchen Ausdruck er wohl gerade zeigte, doch das war ihm egal. Juliet hatte sich schon lange damit abgefunden, dass niemand zwischen Benedikt und ihm stehen konnte. Sie hatte auch nichts dagegen, solange sie noch genug Aufmerksamkeit von Benedikt bekam.

„Das werde ich.“ Sie warf einen raschen Blick zur Kutsche, wo Annabelle sie noch immer keines Blickes würdigte. „Ich glaube, wenn ich nicht bald einsteige, steigt sie mir wieder aus.“

Das konnte gut sein, aber Christian traute ihr das nicht zu. Was Sturheit betraf hatte sie eindeutig eine Menge von ihren Eltern mitbekommen und im Moment ging Annabelle ganz darin auf zu schmollen. Mit einem Lächeln, legte er seine Hände auf Juliets Oberarme und küsste sie auf die Wangen. „Mach es gut, wir sehen uns bald wieder.“

„Ihr Männer habt eine ziemlich weite Auffassung was das Wort bald betrifft.“ Juliets Lächeln war warm, was ihrem Tadel ziemlich viel an Schärfe nahm. Doch hob sie bei ihren nächsten Worten ermahnend den Zeigefinger. „Vergiss bloß nicht zu Weihnachten wenigstens zu schreiben. Bridget wartet jedes Jahr sehnsüchtig auf deinen Brief.“

Er sah sie gespielt empört an. „Als ob ich das jemals vergessen hätte.“

„Nein, aber ich fungiere gerade als Sprachrohr deiner Mutter. Auf Wiedersehen, Christian. Wir gehen.“ Die letzten Worte waren an Alan gerichtet, der die ganze Zeit neben ihr gewartet hatte.

Nun drehte er sich ruckartig um und folgte Juliet zur Kutsche.

Als sich diese sich langsam in Bewegung setzte, folgte Christians Blick ihr, bis sie nicht mehr zu sehen war. Nein, er machte sich keine Sorgen, sie würden sicher heil in ihrem zuhause ankommen. Dafür würde Alan sorgen, dessen war sich Christian sicher. Genug Lohn bekam er ja dafür. Trotzdem, es war immer so wenn jemand, den er liebte, abreiste. Er wusste, dass sie gut geschützt wurden, doch ein wenig sorgte er sich trotzdem immer.

„Konntest du die Sache regeln?“ Diese Frage war an Rida gerichtet, wenn er ihn auch nicht ansah.

Rida trat neben ihn, sodass er ihn aus den Augenwinkeln sehen konnte und schüttelte den Kopf. „Das war nicht mehr nötig. Ich denke, Alan hat seine Lektion gelernt, dafür hat Juliet gesorgt.“

„Mit genügend Geld, da bin ich sicher.“ Kopfschüttelnd wandte sich Christian von dem Getümmel auf dem Hof ab und betrat wieder das Schloss. Hier in der Eingangshalle war das Chaos noch viel schlimmer als auf dem Hof. Überall standen Kisten, die von Dienern umhergeschoben wurden, während sie sich einen Weg durch die Gepäckstücke bahnten. Es wunderte Christian immer wieder, wie man es trotz des Durcheinanders schaffte, dass jeder mit den gleichen Kisten heimfuhr, mit denen er gekommen war. Er hätte hier schon längst den Überblick verloren. Das war auch einer der Gründe, warum er nur verreiste, wenn sonst niemand auf diese Idee kam. Mit einigen Ausnahmen natürlich, aber dann verließ er sich ganz auf Rida.

Erleichtert atmete er auf, als er die Halle hinter sich ließ und sich weiter in die ruhigeren Bereiche des Palastes bewegte.

Nach einigen Metern stand Karen vor ihm an die Wand gelehnt und erwartete ihn mit einem Lächeln. Sich von der Wand abstoßend schloss sie sich ihm an, als er an ihr vorbeiging. „Und hast du dich verabschiedet?“

Er nickte nur. Was sollte er schon sagen, schließlich hatte sie sich zuvor hier von ihm getrennt. Wahrscheinlich um ihm einige private Momente zu gönnen, sonst hätte sie nicht hier auf ihn gewartet.

„Wann siehst du sie wieder?“

„Im Frühling werde ich sie besuchen.“

Nachdenklich nickte Karen. „Ja, ich denke, das wäre dann auch für mich eine gute Zeit, um meinen Ehemann wieder einen Besuch abzustatten.“

Schweigend gingen sie weiter und es dauerte eine Weile, bis Karen die Stille durchbrach. Sie schnaufte genervt. „Ich fasse es nicht, dass mich Raoul um mein Geld gebracht hat. Wie konnte er nur verlieren?“

„Ja, das könnte man ihm wirklich übel nehmen.“ Christian war dankbar für diesen Themenwechsel, der ihn auf andere Gedanken brachte. Grinsend sah er zu seiner Freundin, die sich neben ihm künstlich aufregte. „Aber ich denke, dass wir unseren Prinzen langsam wirklich als ernsthaften Gegner für Raoul sehen müssen. Entweder das, oder Raoul lässt nach.“

Karen dachte kurz nach und grinste dann schadenfroh. „Ich bin für zweiteres, denn das wird seinem Stolz mehr zusetzen als die erste Möglichkeit. Und wie heißt es so schön: wer den Schaden hat…“

Auch wenn sie den Satz nicht zu Ende führte, wusste Christian, was sie sagen wollte. Das war ein Spruch, den wohl jeder kannte, weil er anders als viele andere wahr war.

„Oh, da ist ja unser Verlierer.“

Christian sah bei ihren Worten auf und sah Raoul, der in ein Gespräch mit Shay vertieft war. Genau Shay war jemand, den er im Moment nicht sehen wollte. Natürlich freute er sich darüber ihn zu sehen, doch er hatte sich gerade erst von geliebten Menschen verabschiedet, da musste er nicht daran erinnert werden, dass ihm das bald wieder bevorstand. Immerhin würde auch Shay in den nächsten Tagen abreisen müssen.

„Da ist ja der Mann, der mir im Moment lieber aus dem Weg gehen sollte.“

Kaum hatten sie Karens Stimme vernommen, sahen Raoul und Shay alarmiert auf. Dann warfen sie sich einen unsicheren Blick zu, anscheinend wusste keiner von ihnen, wer sich nun Karens Zorn zugezogen hatte und warum.

Christian lächelte amüsiert bei einer solchen Reaktion. Es zeigte nur, wieviel Respekt Karen hier selbst unter den Männern besaß. Natürlich war sie nicht wirklich wütend auf einen der beiden, doch das konnten sie nicht wissen.

„Du kannst dich entspannen, von dir will ich nichts.“ Damit machte sie eine abweisende Handbewegung in Shays Richtung. Dafür richtete sich ihr Zeigefinger drohend auf Raoul. „Wegen dir habe ich eine Menge Geld verloren.“

Raoul zuckte nur unbeeindruckt mit den Schultern. „Du hättest ja nicht wetten müssen.“

„Das mache ich aber nun einmal gerne.“ Karen lächelte bei ihren nächsten Worten spöttisch. „Aber den Fehler mache ich nur einmal. Wenn du nachlässt muss ich von nun an eben immer auf deinen Gegner wetten. Es war klar, dass auch du unter dem Alter zu leiden hast.“

Raoul schnappte kurz nach Luft, bei dieser Woge an Beleidigungen.

Shay trat zu Christian und beugte sich zu dessen Ohr. „Hat sie viel verloren?“

Der Blonde schüttelte nur lächelnd den Kopf. „Nicht soviel, dass sie es nicht verschmerzen könnte. Schließlich ist sie nicht dumm.“

Das war keiner von ihnen, einer der Gründe warum sie sich so gut verstanden.

Neben ihnen gingen die Neckereien - denn nichts anderes war diese kleine Auseinandersetzung zwischen Karen und Raoul nicht - ungebremst weiter. Zumindest bis Raoul sich einem anderen Thema zuwandte.

Lächelnd sah er zu Shay und nickte ihm zu. „Shay, ich denke, nun kannst du es ihm sagen.“

Das schien auch Karens Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, zumindest erwiderte sie nichts mehr auf Raouls Worte.

Auch Christian sah zuerst Raoul und dann Shay fragend an. Was sollte Shay ihm sagen? Denn er zweifelte keine Minute daran, dass Raoul mit seinen Worten ihn gemeint hatte.

Shay selbst sah Raoul nur einen Moment verwirrt an, bevor er verstehend nickte. „Oh ja, das.“

Mit einem erfreuten Lächelnd wandte er sich Christian zu. „Du hattest doch Bedenken, dass ich für meine neue Stellung weiter weg muss, oder?“

„Ja?“ Natürlich wusste er das, seit er seine Entscheidung getroffen hatte, ging dieser Gedanke kaum mehr aus seinem Kopf. Allerdings verstand er nicht, warum Shay das nun ansprach. Wenn es nach ihm ginge, könnte man dieses Thema ruhig noch etwas weiter hinausschieben.

„Also ich denke, das dürfte kein Problem mehr darstellen, da ich eine Stellung bei Raoul angenommen habe.“

„Und ich habe nicht vor, mich von diesem Hof zu entfernen, nicht bei meiner verantwortungsvollen Aufgabe.“ Raoul grinste belustigt, als er Christian ansah.

Christian hingegen benötigte eine Minute, um diese Information zu verarbeiten. „Du bleibst also hier?“

Es war keine wirkliche Frage, da er die Antwort selbst wusste. Er wiederholte das nur, um sich selbst klarzumachen, dass er sich nicht verhört hatte. Doch dann wandte er sich verärgert an Raoul. „Und das konntest du mir nicht früher sagen?“

Der Schwarzhaarige zuckte nur unschuldig lächelnd mit den Schultern. „Nun, ich wusste nicht, dass es dich interessiert.“

Von wegen, das wusste er ganz genau. Doch diesmal hatte Raoul es wirklich geschafft, ihn zu überrumpeln und er konnte ihm nicht einmal böse sein deswegen. Schließlich bedeutete das, dass Shay bei ihm bleiben konnte.

„Komm, du schuldest mir etwas, mindestens ein paar Gläser Wein.“ Dabei berührte Karen Raoul am Unterarm und machte eine Kopfbewegung den Gang hinunter. Das war ihre Art Shay und Christian etwas Privatsphäre zu gönnen.

Raoul sah nicht wirklich so aus, als würde er gehen wollen, nickte dann aber doch zustimmend. Mit ihr am Arm entfernten sie sich von ihnen.

„Du hättest es mir sagen können.“ Nun wo Raoul nicht mehr da war, richtete er diesen Vorwurf an Shay, den ungefähr genauso viel Schuld daran traf.

Dieser schüttelte leicht den Kopf. „Nein, denn Raouls Bedingung war, dass ich bis zum Ende des Turniers darüber schweige. Und das Turnier endete erst heute.“

Eigentlich konnte er auf niemanden richtig wütend sein. Christian fühlte sich einfach nur erleichtert.

Er legte seine Arme in Shays Nacken und sah ihm in die Augen. „Das heißt also, dass du auch weiterhin in meiner Nähe bleibst?“

Eine Hand auf Christians Oberarm legend lächelte Shay liebevoll. „Wie könnte ich den Teufel, der mich so fasziniert nach all dem alleine lassen?“

„Ja, das würde dir dieser Teufel auf jeden Fall nachtragen.“ Ohne darauf zu achten, ob und wer sie dabei sah, zog er Shay zu sich und verschloss seine Lippen mit einem zärtlichen Kuss. Nein, Shay würde er sicher nicht so schnell wieder loslassen, wenn er es bewerkstelligen konnte sogar niemals wieder. Dafür war ihm der Jüngere viel zu wertvoll geworden und wenn er etwas liebte, gab er es freiwillig sicher nicht mehr aus der Hand.
 

ENDE
 

An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen die diese Geschichte gelesen, kommentiert oder favorisiert haben. Auch möchte ich mich bei meiner Betaleserin bedanken, das sie all meine Fehler verbessert hat.

Wer aber nun glaubt, dass es nun wirklich endet, den muss ich enttäuschen. Es gibt eine weitere Geschichte, voller Mittelalterromantik, wobei da durchaus etwas Abenteuer enthalten sein wird.

Vielleicht liest man sich ja wieder in Love me,… Assassin?, ich würde mich freuen.



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Von:  Luca191
2011-11-01T22:06:44+00:00 01.11.2011 23:06
Was soll ich nur sagen....
ich habe die Story verschlungen und fand sie genauso klasse und niedlich wie Love me..Princess. Die Beiden waren wirklich süß und passen so gut zusammen. Dein Schreibstil gefällt mir gut und auch hier gilt, eigentlich bin ich kein großer Fan vom Mittelalter, aber wenn sich dabei zwei schnucklige Typen verlieben, wird es doch interessant.:D
Danke fürs schreiben und hochladen. Werde die nächste Geschichte auf jedenfall lesen.
LG Luca
Von:  Fye-chan
2011-10-30T20:28:09+00:00 30.10.2011 21:28
Ach Herrje... da kommt man ein paar mal nicht dazu, zu lesen, und schon ist es vorbei...*seufz*

Hach ja, aber was soll man dazu sagen? Es ist und bleibt einfach eine wundervolle Geschichte. Ich hab die Charaktere sehr lieb gewonnen und bin sehr erleichtert, dass wir zumindest ein paar von ihnen denke ich mal wiedersehen werden...:)
Ich bin sehr sehr gespannt darauf, wir werden uns also definitiv wieder lesen :P
Zum Ende bleibt mir nur zu sagen: Ich danke der Autorin für diese sehr schön geschriebene, spannende und mitreißende Story und hoffe, dass man noch viel von dir hört! ;)

LG
Von:  chaos-kao
2011-10-29T22:56:49+00:00 30.10.2011 00:56
Ohhh, jetzt ist es aus ... aber das letzte Kapitel ist nochmal richtig gut gelungen ^^

Und jetzt freu ich mich auf deine neue Geschichte ^.^
Lg
Kao
Von:  Tshioni
2011-10-29T20:52:04+00:00 29.10.2011 22:52
NEIN ... ;(
jetzt ist die Geschichte wirklich aus.. Sie wächst einem so richtig ans Herz, man merkt gar nicht, das sie eigentlich schon soooo lang ist. ich habe mich auf jedes Kapitel gefreut und war immer begeistert!!
dein Schreibstil hat sich, im Verhältnis zum Anfang von "Love me...Princes?", so extrem verbessert! Jetzt ist er echt super - wunderbar zum Lesen und macht Lust auf mehr ;)

Schade das es so wenig von Rida und Alan gegeben hat, aber dem Anschein nach bekommen wir da in nächster Zeit doch wieder was von ihnen zum Lesen!? ;) Das werde ich natürlich auch hautnah mitverfolgen!!
Ich hoffe du baust auch wieder Casey und Raoul ein (oder machst vll ein paar OS *lieb guck*)! Ich liebe die beiden einfach!!

So. wohl das letzte Kommentar zu Love me...Devil. (ehrlich gesagt hab ich immer geglaubt, dass mit dem Devil Shay gemeint ist xD), außer ich schreibe noch ein paar beim 2. Mal Lesen. (hab ja leider nicht immer einen Beitrag hinterlassen)

Dann hoffe ich mal, dass dich die Muße und der Schreibwille bald packt, und wir schnell was neues zum Lesen von dir bekommen!!!

lg
Tshioni

Von:  TinaChan
2011-10-28T16:58:56+00:00 28.10.2011 18:58
Ein sehr schönes Ende :)
Ich freue mich zwar nicht, dass diese FF jetzt endet, aber ich freue mich, dass dadurch auch eine weitere anfängt x3
Und natürlich werde ich auch die nächste FF fleißig kommentieren :D
Solang sie mir gefällt zumindest ;) Was aber bestimmt so sein wird :)
Ich freu mich! Denn es verspricht spannend zu werden ^-^
Grüßchen, Tina
Von:  Arisa_abukara
2011-10-28T13:07:37+00:00 28.10.2011 15:07
waaaaaaaaaaaa~ah
einfach tolles ende x3
ich find deine storys einfach geil!
die sind nicht so: er trifft ihn, sie lieben sich und ende!
bei dir muss immer i-was dazwischen sein,
und das ist echt das tolle *.*

ich freu mich schon auf das nächste >w<
ich kann mir ja denken um wenn es dann geht xDDDDD

lg Arisa^^
Von:  Tshioni
2011-10-24T19:57:24+00:00 24.10.2011 21:57
ach.... enldich!! :D
die beiden sind so süß. ich bin schon gespannt was noch passieren wird. aber im moment freue ich mich einfach nur, dass es zwischen den beiden so gut läuft.
Ich bin ja schon mal gespannt wer im finale stehen wird. eine vermutung hab ich da aber schon ;)
lg
Tshioni
Von:  TinaChan
2011-10-24T16:02:25+00:00 24.10.2011 18:02
Hihi, das Kapitel ist ja niedlich :)
Ich bin froh, dass es zwischen Shay und Christian nun zu einem Happy End kam x3
Aber jetzt kommt ja nicht mehr viel :(
Grüßchen,Tina
Von:  2you
2011-10-22T07:14:32+00:00 22.10.2011 09:14
Ein schönes Kapitel :-)

Ich freu mich, dass Beide sich so sicher in ihren Gefühlen und so , naja wundervolle zusammengefunden haben :-)

Und cih freu mich auf Weiteres über die schöne Zeit, die sie jetzt sicher habenwerden ;-)

Deine Fanfiction sind echt toll!!

Ich freu mich auf viele weitere Geschichten:-)
LG :-)
Von:  TinaChan
2011-10-21T11:13:36+00:00 21.10.2011 13:13
Haha gutes Kapitel :)
Ich finde du hast die richtigen Worte gefunden...ich wüsste gar nicht, wie ich sowas schreiben sollte :D
Shay ist ja schon ein kleines wenig sadistisch oder XD Bin ja gespannt wie Christian dann darauf reagiert, dass Shay "so weit" weggehen wird xD
Aber nun nähert sich die FF wohl langsam dem Ende, wie du schon meintest :/ Das ist schade, es macht Spaß die FF's von dir zu lesen und zu verfolgen, immerhin hast du mich dazu gebracht mal bei einer FF für jedes Kapi n Kommi dazulassen, was ich sonst niiiie mache x'D
Ich freu mich aufs nächste Kapi :)
Grüßchen,Tina


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