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Zehn Fragen - Zehn Oneshots

One Shot Sammlung
von

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Nur du

Nur du
 

Seit dem Sophie mit ihrem Kuss den Fluch von den Prinzen des Nachbarlandes genommen hatte, waren mehrere Wochen vergangen. Der Prinz – sein Name war Edmund – kehrte in sein Königreich zurück und klärte dort die Gründe seines Verschwindens auf. Nun, da er ja wieder zurückgekehrt war gab es keinen Anlass mehr den Krieg fortzusetzen und beide Königreiche führten Verhandlungen, wie denn die schweren Verluste auf beider Seiten am Besten entschädigt werden könnten, knüpften gleichzeitig neue Handelsverträge und schlossen weitere wichtige Bündnisse.

Es gab nur einen Ort – oder viel mehr ein Gebäude, mit magischen Verbindungen zu mehreren Orten – an dem es niemanden interessierte, was hinter den Türen der königlichen Säle diskutiert wurde. Dieser Ort war Hauros wandelndes und nun auch fliegendes Schloss.

Nach dem es während eines Angriffs durch Flugmonster und Gummimenschen bis auf das Grundgestell zerstört worden war, baute Hauro es mit Magie und Calcifers Hilfe wieder auf. Schöner, größer und noch viel geheimnisvoller, als es jemals zuvor gewesen war. Hier lebten sie nu alle glücklich und friedlich zusammen, wie eine Familie - Hauro, Calcifer, die alte Hexe aus dem Niemalsland, Mackel, Hin der Hund und Sophie.
 

„Sophie…“, wieder dachte er an sie. Obwohl sie doch immer in seiner Nähe war, schien das nicht zu reichen. Nein, sie war auch in jedem seiner Gedanken. Hauro lächelte vor sich hin, während er sich in seinem Bett räkelte. Er konnte nicht anders.

„Die Wirklichkeit ist manchmal noch viel fantastischer, als man es sich erträumen kann!“, schon seit Tagen beschäftigte er sich mit der Vergangenheit. Eigentlich mit einer bestimmten Nacht aus seiner Vergangenheit. Die Nacht des Sternschnuppenregens. In dieser lernte er zwei Wesen kennen, die sich im Laufe der Zeit zu den wichtigsten Personen in seinem Leben entwickeln sollten.

Die Erinnerung an diese Nacht zeichnete sich ganz deutlich vor Hauro ab und er erlaubte sich selbst einen Rückblick:

„Wer bist du? Ich kann dich hören aber nicht sehen. Bist du unsichtbar oder … vielleicht ein böser Zauberer?“, die Stimme seines jüngeren Ichs klang sehr zittrig und verängstigt. Er war hinaus auf die Wiese gegangen, weil er jemanden hatte rufen hören. De Junge konnte nicht verstehen WAS gerufen wurde, aber es klang panisch.

Jetzt, hier draußen, konnte er hören wie eine mit Angst erfüllte Stimme schrie: „Hey, du da unten! Fang mich auf! Bitte fang mich …“

In diesem Moment sah Hauro ihn. Einen fallenden Stern und er wusste sofort, dass diese panische Stimme zu diesem strahlenden Licht gehörte. Der Stern raste genau auf ihn zu. Hauro öffnete wie von selbst sine Arme um den Geist, der wohl diesen wundervollen Leuchten innewohnte vor einem Aufprall mit der harten Erde zu bewahren.

Der Stern oder der Geist, damals wusste er es noch nicht so genau, landete in seien Armen. Die Funken, die von ihm sprühten, verbrannten Hauros Haut, doch der kleine, strahlende Feuerball in seinen Händen war nur angenehm warm. Hauro spürte Wellen sehr mächtiger Energie, die von diesen seltsamen Ding oder auch Wesen ausgingen. Der Rhythmus der Wellen kam ihm bekannt vor.

„Es … fühlt sich an … wie ein Herzschlag“, dachte er.

In genau diesem Moment sah er SIE zum ersten Mal. Hauros jüngeres Ich kannte weder ihren Namen, noch wusste er wie diese Frau hier hingekommen war, denn dieses Häuschen gehörte seinem Onkel und niemand außer ihm wusste wo es lag oder wie man an diesen Ort gelangte.

„Sie ist wunderschön… silberne Haare, wie das Mondlicht“, für den kleinen Jungen gab es keinen Zweifel, diese Frau musste ein Engel sein. Die sanften, braunen Augen ruhten auf ihm, während sie auf ihn zulief. Der Schwarzhaarige konnte Tränen in ihren Augenwinkeln erkennen. Er erkannte, dass sie immer mehr im Boden zu verschwinden schien, je näher sie ihm kam.

„Warte auf mich Hauro!“, konnte er sie rufen hören. Genau in diesem Moment, sprach auch die Stimme aus dem Licht in seiner Hand zu ihm.

„Rette mich, gib mir etwas von dir, dass in dieser Welt überleben kann. Als Dank, werde ich dir helfen, damit du diesen Engel wieder sehen kannst und ich werde dir mit all meiner Macht und Magie beistehen. Egal was du willst, wenn du mir das Leben rettest, dann werde ich dir dienen.“

Er stimmte diesem Vorschlag stillschweigend zu. Instinktiv wusste Hauro was zu tun war. Der Junge führte die Hand, in der dieses seltsame Wesen war zu seinem Mund und schluckte die Lichtkugel hinunter. So gewährte er dieser fremden Kreatur, die Möglichkeit, einen Teil seiner Lebensenergie zu nehmen. Hauro konnte die Hitze und die Energie des Sterns in sich fühlen. Ein heftiger Schmerz in der Brust ließ ihn nach Luft schnappen. In genau diesen Moment trat eine blaue Lichtkugel aus seiner Brust.

Ein letztes Mal hörte er die Stimme der Frau: „Warte auf mich Hauro!“

Dann schien es so, als ob die Erde sie verschluckt hätte.

Erst jetzt wurde dem Jungen bewusst, dass das Wesen in seiner Hand sich verändert hatte. Aus der blauen Lichtkugel war eine kleine Flamme geworden. Neugierige Augen blickten ihn an und ein kleines Lächeln wurde dem Schwarzhaarigen geschenkt.

Es war ein seltsames Gefühl. Der angehende Magier wusste zwar nicht was sich dieser Sternengeist genommen hatte, aber sein Innerstes fühlte sich leer an.

„Ich habe mir das genommen, was am meisten Leben in sich hatte. Dein Herz. Ich werde es bewahren, bis du sie findest und sie es auslösen wird“, beantwortete das Sternenwesen seine unausgesprochene Frage.

Der schwarzhaarige Junge nickte nur. Er verstand was der Geist ihm sagen wollte.

„Gib mir einen Namen, um unseren Vertrag zu bestätigen. Durch die Namensgebung machst du mich zu deinen getreuen Diener“, das kleine Wesen in seinen Händen sprach weiter und erklärte ihm so, was Hauro nun zu tun hatte.

Der Zauberlehrling überlegte nur kurz, dann flüsterte er: „Calcifer.“

Hauro hörte seine eigene Stimme widerhallen, immer leiser werden und zum Schluss ganz verklingen. Helles Licht brannte in seinen Augen und er wusste dass der Traum vorbei war.
 

Mit geschlossenen Augen lag der erwachsene Hauro in seinem Bett. Er hatte absolut keine Lust jetzt schon aufzustehen. Lieber wartete er das allmorgendliche Weckritual ab. Der Schwarzhaarige lächelte, als er die Schritte vor seiner Tür hörte.

Sophie trat leise ein. Schritt vorsichtig zu seinem Bett und setzte sich auf die Kante.

Lächelnd beugte sie sich herunter und streifte mit seiner Nasenspitze über die Wange.

Gespielt grummelte Hauro vor sich her. Er schlug mit der Hand in die Luft – immer darauf bedacht, Sophie nicht zu treffen – dann lag er wieder ganz still da.

Das silberhaarige Mädchen gluckste leise. Hauro war aber auch zu kindisch, wenn er nicht aufstehen wollte. Sie beugte sich ein zweites Mal über ihn und küsste ganz sanft seine Wange.

Als er daraufhin nur etwas vor sich hin murmelte, dass sich anhörte wie: „Nur noch fünf Minuten“ und zur Seite drehte, blieb Sophie nichts anderes übrig als ihre Geheimwaffe einzusetzen.

Ein drittes Mal beugte sie sich zu ihm herunter und drückte ihre Lippen auf seinen weichen Mund. Als Sophie bemerkte, dass der Zauberer in den Kuss schmunzelte, wusste sie, dass er sie reingelegt hatte – mal wieder.

Empört schlug das Mädchen ihm mit der Hand auf die Brust und stand vom Bett auf. Hauro setzte sich auf und murmelte nur: „Schade…“

Erst an der Tür drehte sich Sophie noch einmal um bevor sie verstimmte sagte: „Beeil dich und komm zum Frühstück, wenn du nicht bald runterkommst, werde ich deine Portion einfach an Hin verfüttern.“

Sie sagte das sehr bestimmt und aus Erfahrung wusste der Schwarzhaarige, dass diese Warnung ernst gemeint war.

Als Sophie den Raum verlassen hatte blickte Hauro ihr noch einen Moment hinterher.

„Ob sie überhaupt weiß, wie sehr sie mein Leben verändert hat…wie sehr ich sie liebe – nur sie“, dachte der Magier.

Der Vertrag

Der Vertrag
 

Hauro saß nun seit mindestens einer halben Stunde in seinem Zimmer und langweilte sich. Sophie war mit Mackel und der Hexe aus dem Niemalsland in die Hafenstadt gegangen um dort Lebensmittel zu kaufen und Stoffe zum Nähen von Kleidern.
 

Nach kurzem Überlegen entschloss er sich, runter in die Küche zu gehen. Selbst wenn niemand anders da war, einen Gesprächspartner hatte er sicher.
 

Wie er es erwartet hatte, fand er Calcifer an seinem alt eingesessenen Platz in der Feuerstelle. Der Magier verstand den ehemaligen Sternengeist nicht wirklich. Gut, er hatte versprochen das Schloss durch seine Magie am Laufen zu halten und Hauro war klar, dass wenn Calcifer irgendwann keine Lust mehr auf ihre Gesellschaft hatte, dann konnte er sich eine neue Antriebsquelle für sein wandelndes Schloss suchen. Doch der Feuerdämon hatte selbst erzählt, dass er so mächtig sei und das Schloss selbst dann bewegen konnte, wenn er sich sehr weit weg davon befand. Deswegen verstand der Schwarzhaarige ihn auch nicht, wenn er dass doch konnte, warum verließ er dann trotz seiner neu gewonnen Freiheit so gut wie nie seine Feuerstelle?
 

„Na Calcifer? Wieso bist du eigentlich hier geblieben?“

Der Schwarzhaarige beschloss, dass er sich heute die Antworten auf seine Fragen holen würde.
 

Widererwarten bekam er sogar eine ehrliche Antwort. Der Dämon mochte es zwar nicht wissen – oder wollte es nicht wahrhaben – aber er war ein schlechter Lügner.

Man sah an seinem Farbwechsel immer, wann er die Wahrheit sagte und wann nicht.
 

„Macht der Angewohnheit“, sagte er leise. „Ich war mehr als sieben Jahre an diesen Ort gebunden und auch wenn du es mir nicht glaubst, ich fühle mich ganz wohl hier.“
 

„Wird es dir denn nicht langweilig?“

„Nein, ich bin ja nie wirklich allein hier“, erklärte der Feuerdämon. „Außerdem muss ich in letzter Zeit häufig an früher denken…weißt du noch unser Vertrag…?“, sinnierte Calcifer verträumt vor sich her.
 

„Ja…ich träume in letzter Zeit auch sehr oft von unserer ersten Begegnung. Hast du damals schon gewusst, dass Sophie uns beiden helfen würde?“

„Mag sein“, antwortete der Angesprochene geheimnisvoll.

„Warum hast du damals überhaupt den Vertrag mit mir abgeschlossen? Warum konnten weder du, noch ich uns an die Abmachung erinnern?“
 

„Weißt du denn jetzt wieder was in unserem magischen Vertrag stand?“

Hauro nickte.

„Dann sind doch deine Fragen bereits beantwortet.“

„Nein, denn deine Gründe verstehe ich nicht. Könntest du es mir also erklären?“

„Nun gut“, erklärte sich Calcifer bereit, „ du weißt, dass ich vor unserer ein sterbender Sternengeist war?“

Nachdem der Magier ihm mit einen Nicken geantwortet hatte, redete er weiter: „Ich war voller Panik und hatte mit meinem Leben schon abgeschlossen. Doch dann kam ich diesem Planeten immer näher und spürte deine Kraft. Unsere Magie…sie war identisch. Deine und meine. Da wusste ich, wenn ich es schaffe dich zu erreichen, dann würde ich überleben. Dann hätte ich eine Chance. Also habe ich geschrieen und du hast mich tatsächlich gehört.“
 

„Du hast mir eine Heidenangst eingejagt mit deinem Geschrei“, schmunzelte Hauro vor sich hin. „Als du dann bei mir gelandet bist, war ich erst überrascht, dass so etwas Kleines so eine laute Stimme haben kann. Dann hast du mir mein Herz genommen.“
 

„Ich brauchte doch etwas von dir, damit ich überhaupt überleben konnte. Dein Herz war das Zentrum deiner Magie und sie stimmte mit meinem Zauber überein. Dort war die größte Energie – das meiste Leben – doch als ich es mir einverleibte, da war dein Herz bereits an Sophie vergeben. Liebe auf den ersten Blick“, der Feuerdämon schmunzelte bei diesen Worten.
 

„Deswegen war sie die Einzige, die es auslösen konnte. Die Unwissenden auf dieser Welt haben dich „Den Mann ohne Herz“ genannt, dabei war dein Herz nur seit langer Zeit an jemanden vergeben.“
 

„Ja, du hast gesagt, du würdest mein Herz bewahren, bis sie es sich holt. Du würdest mir deine Magie zur Verfügung stellen, wenn ich dir mein Herz überlasse und das hast du auch getan, aber warum wussten wir beide nichts mehr davon? Ich konnte mich nicht einmal an diese Nacht erinnern…“, murmelte der schwarzhaarige Magier leise.
 

„Das ist ganz einfach. Das Vergessen sollte uns beide davor bewahren den jeweils anderen zu betrügen. So konntest du nicht dein Herz von mir zurückverlangen und so mein Leben beenden und ich konnte nicht einfach mit deinem Herz abhauen. Wir wussten nur, dass wir auf einander angewiesen waren und dieses Mädchen finden mussten, um diesen Vertrag zu lösen.“
 

„Ich hätte selber nie gedacht, dass es schaffe zu überleben, wenn sie dir dein Herz zurückgibt“, meinte Calcifer zum Schluss.
 

Die Beiden beendeten ihr Gespräch, als die verzauberte Tür aufging und der Rest ihrer bunt zusammengewürfelten Familie endlich wieder eintraf.
 

Hauro beeilte sich damit Sophie den Korb mit den schweren Einkäufen abzunehmen.
 

Der Magier musste selbst immer wieder staunen welche Sachen das zierliche, silberhaarige Mädchen vollbringen konnte. Sein Gespräch mit Calcifer hatte ihm dies wieder bewusst gemacht. Er war sich sicher, dass er sie nie wieder gehen lassen würde.

Der vielversprechendste Schüler

Der vielversprechendste Schüler
 

Die alte Dame saß in ihrem Rollstuhl vor einem der großen Fenster in ihrem privaten Salon. Sie genoss zum wiederholten Mal die atemberaubende Aussicht auf den Garten. In solchen Momenten dachte sie gerne an die Zeit zurück, in der sie als Mentorin tätig war.
 

Es lag nun schon mehr als ein halbes Jahrzehnt zurück. Doch würde sie nie diesen einen Tag vergessen, an dem sie den Neffen ihrer großen Liebe als Schüler begrüßen konnte.
 

Wehmütig seufzte die alte Dame und griff nach einer Tasse Tee vor sich. Die Szene, die sich vor ihrem inneren Auge abspielte, machte sie immer wieder glücklich.
 

**********
 

Es war nun fast sieben Jahre her. Damals kam ihr Verlobter auf sie zukam. Seine Haare waren so schwarz wie das Gefieder eines Rabens – und das trotz seines Alters. Sie hatte gelächelt, als er sie umarmt hatte.
 

„Es ist immer wieder eine Freude dich zu sehen Henrie.“

„Es ist auch immer wieder eine Freude, dich besuchen zu dürfen, Annabelle“, hatte er geantwortet. Er hatte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen gegeben und ihr ein Lächeln geschenkt, das den ganzen Raum erhellt hatte.
 

„Ich möchte dich um etwas bitten“, begann er dann das Gespräch, wegen dem er sie hier in der Zauberakademie aufsuchte. „Es geht um meinen Neffen. Er ist ein sehr talentierter, junger Magier. Leider hat er in früher Kindheit schon seine Eltern verloren. Bis jetzt habe ich mich um ihn gekümmert“, erzählte der Schwarzhaarige.
 

„Hauro. Ja ich erinnere mich, du hast ihn mehrmals mir gegenüber erwähnt. Was ist mit ihm?“, fragte nun die Magierin.
 

„Ich habe kürzlich sein Talent für die Magie entdeckt. Da du ja weißt, dass ich die nächste Zeit für den König unterwegs sein muss, würde ich ihn gern in deine Obhut geben. Er soll hier auf die Akademie gehen und wenn er alt genug ist, soll er in meine Fußstapfen treten. Ich habe bereits mit ihm geredet, Hauro möchte unbedingt als Zauberer in den Dienst des Königs treten.“
 

„Nun, wenn es dein und sein Wunsch ist. Dann bring ihn in den nächsten Tagen zu mir, ich werde ihn in die Akademie aufnehmen.“
 

**********
 

Den Tag darauf traf sie Hauro. Der vierzehnjährige Junge stand vor ihr. Er war so still. Doch damals ging die Lehrerin davon aus, dass es daran lag, dass sein Onkel bereits abgereist war und an seinem ersten Tag in der Akademie nicht erleben würde. Er hatte bereits den Treue – Eid für den König abgelegt.
 

Sie lächelte den Schwarzhaarigen an, doch dann gefror dieses Lächeln auf ihren Lippen.
 

Annabelle Suliman war geschockt, denn ihre Magie ließ sie zwei Dinge erkennen. Das erste war im Grunde eine gute Sache. Der Junge zeigte wirklich eine außergewöhnliche Begabung für die Zauberei. Er hatte sowohl ein hohes Potential, als auch die Fähigkeit dieses umzusetzen. Alles in einem war er ein viel versprechender Schüler.
 

Doch die zweite Sache, die sie erkannte, ließ sie eben diese Magie fürchten, denn der Junge hatte kein Herz. Im wahrsten Sinne des Wortes.
 

Die Lehrerin sah den Einfluss einer fremden Macht. Die eines Dämons! Dem Jungen schien dies noch nicht aufgefallen zu sein.
 

Trotz dieser Tatsache unterrichtete sie Hauro. Ganz zu Anfang war es die Hoffnung, aus dem Jungen einen getreuen Diener des Königs zu machen und vielleicht würde es der Dämon, der das Herz des Jungen in seinen Klauen hielt, dann nicht wagen, ihn für seine Machenschaften auszunutzen.
 

Wenige Wochen später wurde der Grund ein anderer. Auf seiner Reise verstarb ihr Verlobter und Hauros Onkel. So nahm sie die Erziehung des Jungen auf, um dem Mann, den sie liebte einen letzten Beweis ihrer Hingabe zu zeigen.
 

Vier Jahre lang ging es auch gut, dann fing der Schwarzhaarige an, an den Entscheidungen des Königs zu zweifeln. Er widersetzte sich den Befehlen und nach seinem Abschluss verschwand er spurlos.
 

Es wäre ein Leichtes für Madam Suliman gewesen, ihn zu finden, doch die Zweifel, die er zum Schluss seiner Ausbildung geäußert hatte und das Widerstreben seinerseits, den Befehlen des Königs zu folgen, ließen sie glauben, der Dämon hätte nun von ihm Besitz ergriffen.
 

**********
 

Hätte sie schon damals gewusst, dass es dieser Junge sein würde, der einmal den Krieg zwischen beiden Königreichen entscheiden würde – er und die Menschen um ihn herum – hätte sie niemals Zweifel an ihm gehabt und seine Entscheidungen respektiert.
 

Wieder seufzte sie schwer. Der Tee in ihrer Tasse war bereits geleert und die Sonne war dabei unterzugehen.
 

Ein leises Klopfen an der Tür ließ sie den Blick vom Fenster abwenden. Ein Junge mit goldblonden Haaren betrat den Raum.
 

„Ich bin ich hier um sie abzuholen“, sagte er mit leiser Stimme. „Die Friedensverhandlungen mit dem Botschafter des Nachbarlandes beginnen in wenigen Minuten. Seine Majestät möchte das daran teilnehmen.“
 

Sie nickte zustimmend und der Junge nahm dies als Aufforderung und schob die Frau in ihrem Rollstuhl, zu dem Festsaal, in dem die Verhandlungen stattfanden.

Das andere Mädchen

Das andere Mädchen
 

Sophie kochte gerade einen Eintopf. Das sollte das Abendessen für den heutigen Tag sein. Das Kochen sollte sie ablenken, denn seit einigen Tagen quälte die junge Frau eine Frage. Nie würde sie es vor den anderen eingestehen, denn ihr Leben mit Hauro war sehr glücklich.
 

Deswegen konnte sich Sophie auch nicht erklären, warum ausgerechnet jetzt diese Frage und die tief sitzenden Zweifel, in ihr aufkeimten.
 

Leise seufzte sie. Ihr Blick war ins Nichts gerichtet.

„Sophie? Sophie? Ähm…der Eintopf kocht über…“, versuchte Calcifer sie aus ihrer Trance zu holen.
 

Verwirrt blickte sich das Mädchen mit den silbernen Haaren um. Erst da realisierte sie, dass der Feuerdämon sie davor warnen wollte, dass das Abendessen bald ruiniert sein würde, wenn sie nicht darauf aufpasste.
 

„Ist irgendetwas nicht in Ordnung Sophie?“, fragte der Dämon. „Du machst schon seit Tagen so einen abwesenden Eindruck…“
 

„Calcifer, würdest du mir von diesem Mädchen erzählen? Von dem, welches Hauro abgewiesen hat und er daraufhin die Geister der Schattenwelt gerufen hat.“
 

Der Angesprochene lächelte wissend. „Also darum geht es dir? Warum? Ich meine warum jetzt? Unser Leben ist doch perfekt und so friedlich. Er ist bei dir, also warum?“

„Ich weiß es nicht…vielleicht, weil er es mir noch nie gesagt hat. Diese drei besonderen Worte…“
 

„Ach darum geht es. Nun, wenn es das ist was dich zweifeln lässt, dann werde ich dir erzählen, wie das damals mit diesem Mädchen war.“
 

Sophie nahm den Topf von der Feuerstelle, stellte ihn auf dem Steinboden ab und setzte sich auf einen der Stühle um dem Feuerdämon zuzuhören. Dieser saß wie immer auf seiner Feuerstelle und half beim Kochen oder viel mehr war es so, dass er dafür sorgte, dass das Essen gar wurde.
 

Calcifer begann zu erzählen:
 

„Hauro war gerade siebzehn Jahre alt geworden. Er war in diesem Alter, wo man sich zum ersten Mal verliebt. In diesem Jahr sehnte er sich sehr stark nach diesem geheimnisvollen Mädchen, das ihn bei dem Häuschen seines Onkels begegnet war. Sein Onkel war tot und dieser war die einzige Person, der er vertraute – außer vielleicht mir.
 

Hauro beschloss also für sich, dieses Mädchen zu suchen. Dich zu suchen. Er konnte einfach diese ganzen verliebten Pärchen um sich herum ertragen. Viele junge Magier an der Akademie fanden um diese Zeit herum ihre ersten Freundinnen.
 

Nicht das er nicht beliebt gewesen wäre bei den Mädchen, doch für Hauro gab es aber nur diese Unbekannte. Ich versuchte ihm gut zuzureden, dass diese Fremde doch gesagt hätte wir sollten auf sie warten. Doch ich stieß auf taube Ohren. Zu groß war die Sehnsucht in ihm jemanden zu lieben. Dich zu finden und zu lieben.“
 

Strategisch geschickt, setzt Calcifer immer wieder hinzu, dass Sophie es gewesen war, die der Magier gesucht hatte. Nicht nur irgendwen, sondern genau sie. Er betonte es auch immer extra.
 

Sophie, die dies leider nicht wahrnahm, lauschte weiter seinen Erzählungen.
 

„Na ja, also hat er begonnen zu suchen. Mehrere Monate lang“, der Feuerdämon lächelte entschuldigend, als er den nächsten Satz aussprach: „Hauro war jung, dass darfst du nicht vergessen. Nach etwas drei oder vier Monaten hat er es dann aufgegeben nach seiner schönen Unbekannten zu suchen und hat sich mit anderen Mädchen getröstet. Egal wie oft ich versucht habe ihm zu erklären, dass er bei keiner von ihnen das finden würde, was er suchte – die große Liebe – er hörte nicht auf mich. Vielleicht war das, aber auch seine Art zu suchen. Getreu dem Motto: Küsse viele Frösche, vielleicht ist dein/e Prinz/essin dabei.
 

Irgendwann sah er dann dieses Mädchen. Sie hatte platinblonde Haare. So hell, das wenn die Sonne darauf fiel, man meinen Konnte, sie wären silbern. Ihre Augen waren braun, aber nicht so schön tiefbraun wie deine, sondern eher so, wie Karamell.
 

Wenn du mich fragst, war der einzige Grund, warum Hauro von Jetzt auf Gleich so begeistert von diesem Mädchen war, die leichte Ähnlichkeit, die sie mit dir hatte.
 

Also umwarb er sie richtig. Schenkte dieser Schnepfe Blumen, zeigte ihr seine Lieblingsorte, öffnete sich ihr, wie keinem, anderen Menschen.
 

Doch je mehr Zeit verstrich, desto mehr verstand er glaube ich, dass dieses Mädchen nicht die war, auf die er – nein, wir warteten. Als nun die Zeit verging und Hauro keine Anstalten machte, ihr einen Heiratsantrag zu machen, da wurde das Fräulein sehr ungehalten.
 

Du musst wissen, er war ein sehr begabter Magier und durch seine Leistungen in der Akademie und seinen Verbindungen zu Madam Suliman auch am Hof des Königs sehr geachtet und beliebt.
 

Das Mädchen wiederum, von dem wir hier sprechen war ein sehr verwöhntes Kind. Sie war es gewohnt zu bekommen was sie wollte und sie wollte Hauro. Eigentlich viel mehr, das, was eine Heirat mit ihm ihr gebracht hätte, aber für sie war es dasselbe.
 

Unser kleiner Magier war aber nicht dumm. Ihm war klar, dass er sie niemals so lieben konnte, wie das fremde Mädchen, aus seinen Erinnerungen. Trotzdem brachte er es nicht übers Herz sich von ihr zu trennen, war sie doch etwas, was ihm zumindest das Gefühl gab, dieser Unbekannten näher zu sein. Dir näher zu sein. Einen Schritt weiter, wollte Hauro aber auch nicht gehen.
 

Als dieses Mädchen nun einsah, dass sie nie das bekommen würde, was sie wollte, da hat sie ihn verlassen. Sie hat ihm gesagt, er sei herzlos und könne nicht lieben. Er wäre der größte Fehler gewesen, den sie je begannen hatte.
 

Ich weiß, dass ihre Worte ihn zwar verletzt haben, doch war er auch nicht wirklich am Boden zerstört, als sie weg war“, endete Calcifer mit seiner Erzählung.
 

„Aber wenn das so war, warum hat er dann diese Geister damals beschworen?“, fragte die Silberhaarige.
 

„Einige Tage nachdem die Schnepfe ihn verlassen hatte, hat er zu viel gegrübelt. Ihm ist dabei ein Gedanke gekommen: Wenn schon dieser billige Abklatsch seiner Traumfrau ihn nicht wollte, ihn für herzlos hielt und nicht fähig zu lieben, was würde dann die Frau zu ihm sagen, auf die er so sehnsüchtig wartete? Würde sie auch so enttäuscht von ihm sein?
 

Diesen Gedanken konnte er nicht ertragen, also rief er in seiner Verzweiflung diese Schattenwesen.
 

Ich sage dir, es hat mich einiges gekostet ihn wieder zur Vernunft zu bringen. Hauro zu erklären, dass er doch nur geduldig sein sollte, ist so, als würdest du versuchen einem bockigen Kind zu erklären, warum es nichts Süßes vor der Mahlzeit essen darf. Zumindest verhält er sich dann häufig so. Trotzig und bockig, wie ein Kleinkind.“
 

Der Feuergeist grinste breit und Sophie erwiderte das Lächeln.
 

„So“, sagte sie, „ich werde jetzt das Essen auftischen, nicht dass sich hier noch wer beschwert.“ Damit begann sie den Tisch zu decken.
 

„Ach, Sophie?“, setzte Calcifer an.

„Hmm?“, erwiderte die Angesprochene eintönig.

„Egal ob er es dir sagt oder nicht, sei dir versichert, Hauro liebt dich. Niemand – außer ihm selber – kann es dir so genau sagen wie ich. Du hast sein Leben verändert und er kann nun nicht mehr ohne dich sein.“
 

Verdutzt sah Sophie Cacifer an, dann nickte sie langsam. Auch wenn sie es nicht sagen würde, aber dieses Gespräch hatte sie doch sehr beruhigt und bestätigt.
 

Trotzdem…dieser kleine Zweifel…er nagte noch an ihr…

Der Fluch

Der Fluch
 

Ein weiterer Abend brach an. Sophie nähte gerade eines der Hemden, die Mackel sich beim Spielen mit Hin kaputtgemacht hatte, wieder zusammen. Sie lächelte glücklich. Das Leben, das sie lebte war wie ein Traum.

Nur manchmal wurde sie etwas wehmütig, wenn sie daran dachte, dass der Mann, den sie liebte, ihr seine Liebe noch nicht gestanden hatte. Sophie hatte es ihm seit ihren ersten Kuss jeden Tag gesagt, in der Hoffnung, dieser würde es ihr irgendwann auch sagen. Doch bis jetzt blieb diese Reaktion aus.

Sophie versuchte Verständnis dafür aufzubringen, doch je mehr Zeit verging, desto mehr wurde der Zweifel in ihr. Der junge Magier war vor ihrer Zeit, hier im Schloss, dafür bekannt gewesen, dass er schönen Mädchen das Herz stahl.

Egal wie oft Calcifer der jungen Frau auch erklärte, dass sowohl er, als auch Hauro nur auf der Suche nach IHR gewesen waren, wenn Hauro es nicht schafte, diese drei Worte herauszubekommen, konnte sie den Worten der anderen nicht glauben. Wer wusste schon genau, was der Schwarzhaarige dachte? Vielleicht war er in Endeffekt davon enttäuscht von dem, auf das er so lange gewartet hatte?

Ein tiefer Seufzer entfuhr Sophies Lippen und sie zwang sich, diese schwermütigen Gedanken fortzuschieben.
 

„Was ist mit dir Sophie?“, frate eine krächzende alte Stimme hinter ihr.

„Oh, Großmütterchen du bist es“, sagte die Angesprochene, nachdem sie sich von dem ersten Schrecken erholt hatte.

„Nichts ist mit mir. Ich bin nur schrecklich müde“, log das Mädchen.

„Ach komm Sophie, wenn willst du hier etwas vormachen? Vielleicht glaubt der Kleine dir das oder auch Hauro – er ist ja selber noch ein kleiner Kindskopf, aber weder mir, noch Calcifer kannst du etwas vormachen. Ich weiß, dass du mich nicht mehr so siehst, wie noch vor einigen Tagen. Ich weiß, dass Calcifer dir alles über mich erzählt hat. Dieser kleine, selbsternannte Dämon konnte mich noch nie leiden. Noch nicht einmal damals, als er und Hauro meine Hilfe gesucht haben.

Auch wenn ich ihn nicht gesehen habe, so habe ich immer gewusst, dass da jemand war, der Hauro geleitet hat, ihm Ratschläge gegeben hat und mich gehasst hat. Du brauchst aber keine Angst vor mir zu haben. Eigentlich hatte ich gedacht, dass du schon längst durchschaut hast, dass ich nicht so mächtig bin, wie ich behauptet habe.“
 

Die alte Frau schaute zu dem Mädchen, welches einen sehr verwunderten Gesichtsausdruck an den Tag legte.

„Wie…wie meinst du d…das?“, fragte sie stockend.

„Na ist dir denn nicht aufgefallen, wie mein Fluch immer nachgelassen hat? Wundert es dich denn überhaupt nicht, dass du nun schon seit etlichen Monaten jung bist. Selbst deine Haare sind nicht grau, sondern silbern. Nicht einmal dort konnte sich mein Fluch festsetzen.
 

Weißt du, eine jede Hexe ist nur so stark, wie sie es jemanden glauben machen kann. Das war etwas, das mich der Dämon, it dem ich mich zusammengetan habe gelehrt hat. Die Magie und die Zaubersprüche sind das eine, doch die wahre Kraft einer jeden magischen Beschwörung liegt in dem Glauben, der Menschen, denen sie gilt.
 

Als ich dich verflucht habe, hast du daran geglaubt, dass du verflucht warst. Nur deswegen warst du eine alte Frau. Deine gesamten Gedanken waren von dem Wissen erfüllt, mit meinem bösen Zauber belegt zu sein. Versteh mich bitte nicht falsch, die Beschwörung, die ich verwendet habe, war schon sehr schwierig und mächtig und sie hat mich jede Menge Kraft gekostet, doch hättest du an meine Macht nicht geglaubt, wäre gar nichts passiert.“
 

„Aber das ist doch Unsinn Mütterchen! Willst du mir ernsthaft sagen, dass wenn ich nur einmal nicht an diesen Zauber gedacht hätte, ich wieder die alte hätte sein können? Dann wäre ich gar nicht auf diese beschwerliche Reise gegangen und hätte mich nicht so oft in Gefahr gebracht!“
 

„Nun, vielleicht war es ja Schicksal, wärest du nicht auf die Suche nach Hauro gegangen, damit er den Fluch löst, hätte er sein Herz nicht wiederbekommen. Der Dämon hätte mich wahrscheinlich noch in seinen Fängen oder noch schlimmer ich würde im königlichen Gefängnis sitzen. Ach ja, wir hätten auch immer noch Krieg, da ja niemand diesen hübschen, jungen Prinzen zurückverwandelt hätte.
 

Überleg doch einmal genau Sophie. Als wir bei Madam Suliman waren, da bist du auch wieder jünger geworden, weil deine Gedanken von der Sorge um deinen Liebsten und der Empörung über diese List erfüllt waren und natürlich mit der Wut darüber, was sie mir angetan haben. Da hattest du keine Zeit mehr – nicht einmal unterbewusst – an meinen Fluch zu denken.
 

Als du versucht hast uns alle in Sicherheit zu bringen und Hauro zu retten, da warst du auch wieder die „junge“ Sophie, weil der Fluch in deinen Gedanken gar nicht mehr existiert hat. Auch wenn du geschlafen hast, warst du wieder normal, da deine Träume sich um etwas anderes gedreht haben. Je mehr du das Bewusstsein des Fluches vergessen konntest, desto jünger bist du geworden.
 

Du siehst also, du brauchst dich vor mir nicht zu fürchten, denn so mächtig, wie ich getan habe, war ich gar nicht. Außerdem, du bist es gewesen, die die stärkste Magie von allen anwenden konnte. Du warst es, die drei Leben, gerettet und verändert hast und du warst es gewesen, die selbst eine alte Frau, wie mich verändert hat. Das alles hast du nur durch dein ehrliches und liebendes Herz geschafft. Die Liebe, ist deine Art der Magie.
 

Also gräme dich jetzt nicht und zweifle nicht an Hauros Liebe zu dir. Es wird alles gut. Du hast es selbst gesagt, er ist noch wie ein Kind. Sein Herz ist noch das eines Kindes, also wird er einige Zeit brauchen, um diese bedeutsamen Worte zu sagen. Doch das eine kann ich dir auf jeden Fall versichern, er wird sie dir sagen!“
 

De alte Frau tätschelte Sophie aufmunternd die Schulter und diese lächelte diese dafür sanft an.

„Jetzt sei ein liebes Kind Sophie und hilf mir armen, alten Großmütterchen wieder ins Bett. Ich bin müde und dieses Gespräch war auch sehr anstrengend für mich.“
 

Mit diesem Satz erhob sie sich schwerfällig und ließ sich in ihr Kämmerlein begleiten.

Die Hexe aus dem Niemalsland

Die Hexe aus dem Niemalsland
 

Die alte Frau ächzte leise, als Sophie ihr half die Beine ins Bett zu heben. Das silberhaarige Mädchen deckte sie zu und wünschte ihr eine gute Nacht. Sophie ging aus dem winzigen Zimmer, das gerade mal Platz für ein Bett und ein Tischen bot. Sonst war es eigentlich für zwei Personen schon fast zu klein. Hauro hatte es nur Sophie zu Liebe bei dem Aufbau des Schlosses einbauen lassen, damit die Hexe aus dem Niemalsland einen Ort hatte, um sich zurückziehen zu können.
 

Die Silberhaarige ging noch einmal zu der Feuerstelle von Calcifer. Sie wollte ihm noch einige Holzscheite für die Nacht hinlegen. Als dieser sie sah blitzen seine Augen erfreut auf.
 

„Sophie, warte! Bleib noch ein bisschen hier. Lass mich dir noch etwas erzählen. Etwas, was du vielleicht wissen solltest, weil du ja auch die Geschichte über dieses andere Mädchen hören wolltest. Es geht um das alte Mütterchen, um das du dich so aufopferungsvoll kümmerst. Es wundert mich, dass du auf eine absolut Fremde eifersüchtig warst, aber ausgerechnet die Frau, die dich verhext hat, behandelst du wie deine eigen Mutter.“
 

„Warum wundert dich das? Ich habe keinen Grund, auf die Hexe eifersüchtig zu sein. Hauro hat mir erzählt, dass er sich einige Zeit für sie interessiert hat, aber dann Angst vor ihr bekommen hat. Warum sollte ich denn jetzt eifersüchtig auf sie sein?“
 

„Bist du denn überhaupt nicht böse auf sie. Wegen ihrem Fluch warst du für sehr lange Zeit eine alte Frau. Du musstest dich von deiner Familie trennen, musstest deine geliebte Arbeit aufgeben und ich will gar nicht wissen, was du durchmachen musstest, bevor du uns gefunden hattest.“
 

„Nun, es scheint mir, du willst eine Geschichte erzählen Calcifer. Ich habe Zeit, also fang an“, forderte Sophie ihn auf. Dem Feuerdämon war anzusehen, dass ihm diese Geschichte auf der Zunge brannte.
 

Mit einem selbstzufriedenen Lächeln schnappte er sich einen Holzscheit und verschlang diesen genüsslich, während Sophie auf einem der Stühle platz nahm. Sie war zwar müde, aber sie freute sich jedes Mal darüber, wenn Calcifer ihr etwas aus Hauros Vergangenheit erzählte. Von dem Magier selbst erfuhr sie ja nichts.
 

„Also, was ich dir schon immer erzählen wollte, ist die Sache, wie wir damals zu dieser Hexe kamen. Wolltest du das denn niemals wissen? Wolltest du nie wissen, warum sie wie verrückt hinter ihm hergejagte und warum er sich versteckt hatte? Warum er so eine Angst hatte?“
 

„Natürlich hat es mich immer interessiert, aber weißt du was Calcifer? Ich glaube du willst mir das nur unbedingt erzählen, weil du tratschen willst! Manchmal bist du schlimmer als jedes Waschweib“, grinste das Mädchen ihm wissend entgegen.
 

Der ehemalige Sternengeist plusterte seine Wangen auf und spielte für wenige Sekunden auf beleidigt, doch dann konnte er sich nicht mehr beherrschen, denn Sophie hatte mit ihrer Behauptung direkt ins Schwarze getroffen. Der Feuerdämon wollte auf jeden Fall tratschen.
 

„Also,“ begann Calcifer zu erzählen, „die Hexe aus dem Niemalsland, war einmal eine Hofdame im Königsschloss. Sie hatte eine unwahrscheinlich große Begabung für die Magie. Deshalb rekrutierte Madam Suliman für die Zauberakademie. Na ja, wie gesagt, sie war sehr talentiert, ihr Problem war nur, dass so ruhmsüchtig war. Sie verlangte immer nach Aufmerksamkeit und wollte immer im Mittelpunkt stehen.

Dies fiel auch Madam Suliman auf und sie wies die Frau zurecht.
 

Weißt du, das alles passierte Jahrzehnte bevor Hauro an dies Schule kam, daher konnte sich niemand mehr an den richtigen Namen dieser Hexe erinnern. Was aber jeder wusste, war dass die Frau vom Ehrgeiz zerfressen war. Sie wollte Madam Sulimans Stelle in der Akademie und am Königshof einnehmen. Damals war diese zwar nur Lehrerin, aber beim ehemaligen König wurde sie als Beraterin hoch geachtet. Er vertraute ihrer Meinung und ließ sie sogar seine Söhne unterrichten. Der Älteste ist im Übrigen nun der König dieses Landes.
 

Auf jeden Fall wollte die Hexe aus dem Niemalsland diesen Posten innehaben. Sie wäre auch als Nachfolgerin vorgeschlagen worden, doch leider war sie zu ungeduldig. Sie hat gegen Madam Suliman intrigiert, hat versucht sie bloß zu stellen und sie vor dem König schlecht zu machen. Als das nicht funktionierte, hat sie probiert sie zu verfluchen und zu guter Letzt auch zu vergiften. Deswegen wurde sie vom Hof verbannt.
 

Es mag sein, dass sie talentiert gewesen war und viel Macht hatte, doch ihre Geltungssucht hat ihr alles genommen, was sie sich hätte aufbauen können. Erst nach der Verbannung tat sie sich mit einem Dämon zusammen um die ewige Jugend zu erlangen. Der Dämon nahm ihr Herz und ihren Körper in Besitz und von da an, war sie zusätzlich zu ihrer Geltungssucht, besessen davon Herzen zu sammeln. Herzen von jungen Männern, um den dunklen Geist in sich zu ernähren.“
 

Das entsetzte Aufkeuchen seiner Zuhörerin ließ Calcifer kurz in seiner Erzählung innehalten. Fragend sah er Sophie an.

„Warum…warum war Hauro dann bei ihr gewesen, wenn du es doch gewusst hast Calcifer?“, stammelte sie verschreckt.
 

„Machst du dir jetzt wirklich Sorgen? Du weißt doch, dass alles gut ausgegangen ist. Hauro hat sie doch nur aufgesucht, weil er neugierig war. Er hat gedacht, sie könnte ihm einige Zaubersprüche beibringen, die ihm helfen konnten dich zu finden. Madam Suliman wollte ja die entsprechenden magischen Formeln ja nicht lehren, weil es in keiner Weise dem König von nutzen war. Außerdem dachte er damals, dass die Hexe freiwillig vom Königshof gegangen war, weil sie mit den Entscheidungen der Königsfamilie nicht einverstanden war.
 

Ich muss dir sagen, die Hexe war natürlich sehr interessiert an ihm. Er war schon immer etwas Besonderes gewesen. Was glaubst du wie frustriert die alte Frau war, als sie bemerkte, dass sie Hauros Herz nicht haben konnte? Wieso? Na weil ich es bewacht habe und gegen meine Magie konnte nicht einmal das dunkle Wesen, welches sie besessen hatte, etwas tun.
 

Sie hat getobt, hat gebrüllt und ist im wahrsten Sinne des Wortes die Wände hochgegangen. Doch sie konnte das was sie wollte nicht haben – sein Herz.
 

Als sie dich mit ihm zusammen sah, wusste sie, dass sich etwas verändert hatte. Das wir beide kurz vor unserem Ziel standen. Ich hätte zu gerne gesehen, wie sie ausgerastet ist, dass ausgerechnet der Fluch, mit dem sie dich belegt hatte, dich zu uns führt und unser Schicksal dadurch erfüllt.“
 

Nach einer kurzen Pause sprach Calcifer dann ganz unverwandt weiter: „So dann habe ich auch genug getratscht für heute gute Nacht.“ Nach diesem Satz gähnte er herzhaft und wollte schon die Augen schließen, als Sophie noch einmal das Wort ergriff.
 

„Warte, schlaf noch nicht ein. Du kannst mir doch nicht erzählen, dass das alte Mütterchen mal von einem bösen Dämon besessen war oder noch ist und dann einfach einschlafen. Was ist mit diesem bösen Geist passiert?“
 

„Das müsstest du doch wissen. Du warst doch dabei, als Madam Sulimann ihn exorziert hat. Etwas anderes war diese Sache mit der Treppe und der Lampe nicht. Eine sehr einfache und primitive Art des Exorzismus, aber trotzdem ein Exorzismus. Sei unbesorgt, von diesem Dämon haben wir nichts mehr zu befürchten.“
 

Langsam erhob sich das silberhaarige Mädchen und löschte das Licht in der Küche. Der ehemalige Sternengeist war bereits dabei leise vor sich hin zu schnarchen. Auf dem Weg die Treppe hinauf, warf sie noch einen letzten Blick, auf die geschlossene Tür, des Zimmers der alten Frau.
 

Egal wie harmlos und liebenswert die alte Frau jetzt auch war, nach dem, was sie von Calcifer erfahren hatte, würde sie das alte Mütterchen nie mehr so sehen, wie sie es noch vor diesem Gespräch getan hatte.
 

Irgendetwas sagte ihr, dass Calcifer genau das damit beabsichtigt hatte.

Die Zeit als Vogelscheuche

Die Zeit als Vogelscheuche
 

Prinz Edmund war nervös. Er wartete auf einen seiner königlichen Hofzauberer. Eigentlich misstraute er jedem Zauberer, seit dem er mehrere Monate in der Gestallt einer Vogelscheuche verbracht hatte. Doch dieser Magier war ein Bekannter aus Kindheitstagen und von ihm erwartete der Prinz eine wichtige Nachricht.
 

Der Hofmagier hatte durch diverse Kontakte im Nachbarland, herausgefunden, wo sich das wandelnde Schloss des Zauberers Hauro aufhielt. Eigentlich war es ja nicht das Schloss an sich, das er gefunden, sondern nur das Tor, um Verbindung mit dem Magier aufzunehmen.
 

Doch das war wenigstens ein Anfang. Als er als Botschafter in das Land eingereist war, mit dem sie bis jetzt Krieg geführt hatten, konnte er von seiner Verhandlungspartnerin nichts über den Aufenthaltsort des Schwarzhaarigen – und für ihn viel wichtiger, von Sophie erfahren.
 

Er musste sie wiedersehen. Edmund war besessen von dem Gedanken, sie für sich zu gewinnen. Nicht das er nicht Respekt und Dankbarkeit gegenüber Hauro empfand, doch von seinem Fluch befreit hatte ihn Sophie.
 

Der Prinz war einfach felsenfest davon überzeugt, dass er die bessere Wahl für das silberhaarige Mädchen wäre. Er würde ihr mehr Liebe und Aufmerksamkeit zukommen lassen, als dieser Mann, der über die Landesgrenzen hinaus, dafür bekannt war, jungen Frauen die Herzen zu brechen.
 

Edmund ließ seine Gedanken einen kurzen Moment lang schweifen – er hatte ja sowieso nichts Besseres zu tun, während er wartete. Vor seinem inneren Auge sah er den Tag, als er dem Mädchen zum ersten Mal begegnet war.
 

Der Thronfolger hatte schon längere Zeit auf diesem Berg gelegen. Er wusste nicht wer ihn verflucht hatte oder warum er es getan hatte, doch die Tage, Wochen – oder waren es sogar Monate? – die er dort in diesem Gebüsch gelegen hatte waren seine Gedanken nur mit dieser Frage beschäftigt gewesen.
 

Es gab so viele Möglichkeiten. Die erste und wahrscheinlichste, die ihm in den Sinn gekommen war, lief darauf hinaus, dass jemand unbedingt diesen Krieg zwischen den beiden Ländern gewollt hatte und sein Verschwinden als Ausrede für einen offensiven Angriff verwenden wollte. Sollte er mit dieser Annahme Recht haben, so war derjenige, der diesen bösen Zauber über ihn ausgesprochen hatte, jemand aus seinem Hofstaat, denn der erste Angriff erfolgte von ihrer Seite.
 

Natürlich konnte es auch sein, dass dies alles eine doppelte List war. Der Feind konnte auch einen Spion in seinen Palast eingeschleust haben, um ihn – den Prinzen – zu verfluchen und dann den ersten Schlag des herrscherlosen Königreichs abzuwarten. So würde der Verdacht nie auf den eigentlichen Kriegsführer fallen.
 

Dies waren die politischen Gründe, aus denen er dort auf dem Berg gelegen haben könnte, doch es gab auch private, die für seinen damaligen Zustand verantwortlich gewesen sein könnten. Vielleicht war der Krieg nur eine Art Nebeneffekt, der aus seinem Verschwinden resultierte und derjenige, der ihn verzaubert hatte zog einfach nur seine Vorteile daraus?
 

War er etwa das Hauptziel dieser Aktion gewesen? Ging es nur darum ihn aus dem Weg zu räumen? Jeder seiner drei Brüder hatte einen Grund dafür, denn obwohl er nicht der älteste Sohn war, hatte sein Vater ihn zum Erben ernannt. Mit allen Pflichten und Privilegien.
 

Neid und Habgier waren immer ein gutes Motiv, doch warum hatte man ihn nicht getötet, sondern nur in eine Vogelscheuch verwandelt? Das machte beide Theorien doch etwas unlogisch. Natürlich konnte es sein, dass die Drahtzieher dieser Intrige weitere Pläne für ihn hatten, von denen er nichts wusste und diese waren der einzige Grund für das Überleben des Prinzen, doch je mehr er überlegte, desto mehr kamen ihm Zweifel an diesen Theorien.
 

Edmund selbst, erschien es wahrscheinlicher, dass dies ein Racheakt war. Derjenige, der den Fluch ausgesprochen hatte, wollte ihn demütigen und seine Macht beweisen. Diese Person wollte den Thronfolger unbedingt am Boden sehen.
 

Der Prinz hatte keine Feinde, die es speziell auf seine Erniedrigung abgesehen hatten. Auf sein Leben – ja, da gab es sicher viele. Dieser Plan war jedoch sehr perfide und war minuziös vorbereitet worden.
 

Der Prinz war in einen dunklen Raum gelockt worden. Da er in Erwartung eines Treffens mit einer der Hofdamen war, hatte er auf die Anwesenheit seiner persönlichen Leibwächter verzichtet. Ein böser Fehler, wie sich herausstellte. In dieser Dunkelheit wurde dem Blonden ein Tuch mit einem Betäubungsmittel vor die Nase gehalten, noch während er nach der Person suchte, die ihn zu diesen Treffen eingeladen hatte.
 

Danach war alles schwarz. Das nächste was er wusste, war, dass er auf irgendeinem Berg lag. Wahrscheinlich weit ab, von seinem Schloss und die Gestalt dieses Dings hatte. Der Prinz konnte sich nicht rühren. Derjenige, der diesen Zauber über ihn gelegt hatte, ließ ihn, mit dem Gesicht zum Boden, hier liegen.
 

Da seine Arme nur aus Stroh bestanden und er auch keine Beine, sondern nur einen Stecken hatte, konnte er sich nicht aufrichten. Zu seinem Glück, musste Edmund in dem Zustand, in dem er sich befand, nicht atmen.
 

Je länger er darüber nachdachte, desto mehr glaubte er, dass eine seiner früheren Affären sich so an ihm gerächt hatte. Da gab es mehrere, die nicht akzeptieren konnten, dass er ihre Beziehungen nach seiner Ernennung zum Thronfolger gelöst hatte. Mindestens zwei dieser Frauen, waren versessen darauf, Königin zu werden. Genau diese zwei Weibsbilder hatten ihm gedroht, dass er es bereuen würde, sie so behandelt zu haben.
 

Damals, auf diesem Berg, da hatte er sich bereits damit abgefunden gehabt, dort zu vermodern. Niemand würde ihn je finden und in einer besonders düsteren Stunde, fragte der ehemalige blondgelockte Jüngling sich, ob es wohl schmerzhaft wäre, bei lebendigem Leib zu verwesen.
 

Dann kam sie. Sophie. In ihrer verfluchten Form hatte sie zwar das Äußere einer alten Frau, aber da er selbst ja auch verflucht war, konnte er ihre wahre Erscheinung sehen. Warum sie es bei ihm nicht sehen konnte, wusste Edmund nicht, doch es war ihm auch herzlich egal.
 

Als er Sophie zum ersten Mal sah, strahlte sie wie ein Stern. Sie behandelte ihn auch gut. Nicht nur, dass sie ihm aufgeholfen hatte, nein, sie redete mit im auch wie mit einem Menschen. Tief in seinem Inneren wusste der junge Prinz ab da, dass sie es sein würde, die seinen Fluch brechen würde.
 

Gut, sie hatte ihn zu Anfang fortgeschickt. Das konnte der Thronfolger aber gut verstehen, da auch er nach seiner Rückverwandlung jeglicher Magie misstrauisch gegenüber stand.
 

Wenn Edmund ehrlich zu sich selber war, so musste er sich eingestehen, dass der Fluch auch etwas Gutes an sich hatte, denn die Zeit als Vogelscheuche war die glücklichste seines Lebens gewesen. Er hatte Freunde gefunden, hatte gelernt hart zu arbeiten und das Mädchen kennen gelernt, von dem er sicher war, dass er es liebte.
 

Sophie hatte seinen Fluch durch einen Kuss gelöst und dafür war er ihr sehr dankbar. Mehr als das, denn Edmund wusste, dass er den Augenblick, in dem sich ihre Lippen berührt hatten, niemals vergessen würde.
 

Mochte ja sein, dass die schöne, junge Frau mit den silbernen Haaren glaubte den Magier Hauro zu lieben, doch er würde sie davon überzeugen, dass er der Einzige war, der ihr geben konnte, was sie wollte. Tiefe Liebe, ewige Treue und wohlige Geborgenheit. Wie hatte die alte Frau gesagt?

„Das herz eines jeden Menschen verändert sich…“

Nun, dann würde er es bestimmt schaffen, dass sich Sophies Gefühle ihm gegenüber ändern würden.
 

Ein Klopfen an der Tür ließ Edmund aus seinen Gedanken hochfahren. Endlich war er da. Endlich würde er erfahren, wo er das Mädchen finden konnte, welches er so tief und innig liebte.

Fische oder Kanarienvögel?

Fische oder Kanarienvögel?
 

Annabelle Suliman saß in ihren Räumen, die sie im Palast des Königs erhalten hatte. Sie langweilte sich fürchterlich. Ohne Hin war ihr Leben nicht mehr dasselbe. Man konnte über diesen verräterischen Hund sagen, was man wollte, aber ihr Leben hatte dieses kleine Fellknäul wirklich bereichert und sie selbst auf Trab gehalten.

Hin war ein wundervoller Spion. Er war unauffällig und zuverlässig. Viele Leute unterschätzten den Hund und viele der Personen, auf die Madam Suliman ihren kleinen Spion angesetzt hatte, nahmen ihn sogar aufgrund seines Alters mit nach Hause.

Obwohl die ältere Dame ihr Haustier deswegen geschätzt hatte, so hatte sie ihn für eine Treue und die Lebenslust, die er in ihr weckte geliebt.. Doch ihr lieber Hin hatte sie verlassen. Sie konnte ihn sogar verstehen. Bat doch das Leben bei Hauro und seinen Freunden mehr Aufregung und Spannung, als die täglichen Spaziergänge, die sie mit Hilfe eines Pagen, mit dem Hund machte.

Sie hatte es schon allein deswegen gewusst, weil Hin sich so lange nicht meldete. Er weigerte sich standhaft, Madam Suliman den Aufenthaltsort des wandelnden Schlosses und des schwarzhaarigen Magiers preiszugeben. Doch die alte königliche Ratgeberin war nicht wütend oder traurig deswegen. Nein, denn jetzt, wo sie Hauros Weigerung in diesem Krieg mitzukämpfen verstand und seine Mitwirkung an der friedlichen Lösung des Konflikts anerkannte, wusste Madam Suliman, dass ihr kleiner Hin eine gute Menschenkenntnis hatte.

Er war damals Sophie gefolgt um bei ihr zu sein, dass begriff die alte Zauberin. Am Anfang dachte sie noch, der Hund wäre dem Mädchen aus eigenen Stücken gefolgt, um ihr Informationen über Hauro zu bringen, um ihr zu helfen ihn zu inhaftieren, doch schnell hatte sie verstanden , dass er dem Mädchen gefolgt war, weil er sie mochte.

Es tat fast weh, sich eingestehen zu müssen, dass dieses braune, bepelzte Etwas ihr einziger, richtiger Freund war. Den anderen Menschen hier im Palast vertraute Annabell nicht wirklich. Selbst ihre goldblonden Pagen waren ihr suspekt. Eigentlich vor allem diese. Auf den König konnte man nicht wirklich zählen.

Sie hatte ihn zwar unterrichtet, seitdem er ein kleiner Junge war, doch konnte der jetzige König nicht mit seinem Vater mithalten. Er war sehr aufbrausend und immer nur all zu gern bereit einen Krieg zu führen. Ein vernünftiger Diplomat hätte auf die Behauptung, sein Land wäre für die Entführung und Geiselnahme des Prinzen des Nachbarlandes besonnener reagiert. Er hätte jegliche Beteiligung an diesen schweren Verbrechen abgestritten und alles nur Menschenmögliche dafür getan, den Prinzen zu finden.

Doch der regierende König fühlte sich beleidig, durch diese Aussage und so ließ er sich auf den Krieg ein. Das Nachbarland behauptete sie wären für das Verschwinden des Thronfolgers verantwortlich und ihr eigenes Königreich verhielt sich wie ein kleines, stures Kind. Keiner hatte sich um den verschwundenen Edmund gekümmert. Keiner hatte ihn gesucht.

Welch Ironie es doch war, dass ausgerechnet Sophie ihn gefunden hatte und ihn zu dem einzigen Magier in diesem Land gebracht hatte, der sich von Anfang an gegen den Krieg ausgesprochen hatte.
 

All diese Zusammenhänge wurden Madam Suliman aber erst bewusst, als Hin ihr endlich Bericht erstattete. Viel zu spät, wie sie feststellen musste. Erst als sich die ganze Angelegenheit in kleinem Kreis aufgelöst hatte.

Verflucht. Der Prinz war verflucht worden. Aller Wahrscheinlichkeit nach von jemanden, der unbedingt diesen Krieg gewollt hatte. Wer es war, wusste nur Prinz Edmund und nur er allein, war dazu berechtigt, diesen Missetäter zu bestrafen.

Langsam schlich sich ein Lächeln auf das Gesicht der älteren Dame. Sie hatte das Interesse des Prinzen an dem silberhaarigen Mädchen bemerkt. Während ihrer gemeinsamen Friedensverhandlungen hatte der blonde Jüngling sich häufig nach Sophie erkundigt. Ob sie – die Beraterin des Königs – nicht wüsste, wo man denn das Schloss finden könnte.

Das Lächeln in ihrem Gesicht, kam daher, das sie sich fragte, ob Hauro es wohl schaffen würde für seine große Liebe zu kämpfen. Dies würde bestimmt die größte Herausforderung für den jungen Zauberer sein. Er hatte ja noch keine wirkliche Erfahrung darin, Gefühle zu zeigen und es gab auch niemanden mehr, den er hätte fragen können.

Madam Suliman war gespannt, wie er sich wohl in diesem Kampf schlagen würde. Der Gedanke an die Einwohner des wandelnden Schlosses, brachte sie wieder zurück zu Hin. Sie musste sich jetzt wohl oder übel ein neues Haustier besorgen.

Obwohl sich alles in ihrem Inneren dagegen wehrte, denn Annabell war klar, dass kein anderes Wesen ihren kleinen Spion ersetzen konnte. Auch wenn sie es niemanden gesagt hatte, so hing ihr Herz doch sehr an dem Hund.

Ein leises Klopfen an der Tür, erlöste sie für kurze Zeit von ihrem Wehmut. Sie öffnete die Tür, doch alles was sie vorfand war eine große Kiste. Aus den Augenwinkeln konnte sie einen der Pagen um eine Ecke verschwinden sehen. „Bleib hier. Was hat dies zu bedeuten?“, rief sie ihm hinterher, doch der Junge war schon weg.

„Seltsam, seltsam…“, murmelte Madam Suliman vor sich her. Der obere Teil des Paketes war mit silbernen Klammern an dem Boden befestigt. Darunter schien eine Art kleines Podest zu sein. Madam Suliman stellte das Paket auf einem kleinen Tisch in ihrer Nähe ab und öffnete die Klammern.

Ein kleiner Brief glitt langsam zu Boden, während sie den oberen Teil entfernte. Wie die königliche Beraterin vermutet hatte, befand sich darunter ein kleines Podest mit einer Einsenkung. Darin gebetet stand ein mit Schnörkeln verzierter Messingkäfig. Einzelne der Drahtstäbe waren zu kleinen Blüten geformt. Im Inneren des Käfigs saßen zwei Vögel und begannen in genau den Moment zu singen, als das helle Licht des Raums auf sie fiel.

Mit einer kleinen Handbewegung, ließ Madam Suliman den Brief in ihre Hand fliegen. Wer schenkte ihr denn Tiere? Vor allem gerade dann, als sie sich ihrer Einsamkeit ohne Hin bewusst wurde? Sie las die wenigen Zeilen, die auf einem blütenweißen Stückchen Papier, in sauberer Handschrift, geschrieben standen.
 

Liebe Madam Suliman,
 

dies ist mein kleines Geschenk an Sie.                 Ich habe lange überlegt, ob ein kleines Aquarium mit Fischen oder zwei bunte Kanarienvögel wohl ein passendes Geschenk wären. Dann hat das Mädchen, das mir mein Herz zurückgebracht hatte mich auf diese Idee gebracht.                                    

Viel Freude an den beiden Nachtigallen. Dies ist der Dank für die Jahre, die Sie mit meiner Ausbildung verbracht haben.                          Hochachtungsvoll

Hauro
 

Liebevoll blickte sie auf die kleine Karte. Die beiden Vögel sangen eine sanfte und herzzerreißende Melodie und die ältere Dame hoffte, dass ihr letzter und liebster Schüler sein Glück halten konnte.

Eifersüchtig

Eifersüchtig
 

„Warum bist du so schlechte gelaunt, an einem so schönen Tag?“, fragte Calcifer den schwarzhaarigen Magier, der mit gerunzelter Stirn und grimmiger Mine in der Küche auf und ab tigerte.
 

Hauro sah den Feuerdämon mit ausdruckslosem Gesicht an und deutete mit der Hand zum Fenster. Von seinem Platz aus konnte Calcifer direkt durch das Glas auf einen Hügel sehen. Ein Zeichen dafür, dass die Tür zum Häuschen des Magiers aktiviert war.
 

Das Wichtigste an dem Ausblick, waren jedoch die zwei Personen, die dort standen. Sophie und dieser seltsame, blondgelockte Prinz, der sich eine Zeit lang, als Vogelscheuche bei ihnen untergekommen war. Die Beiden unterhielten sich angeregt
 

Das wissende Lächeln, welches sich auf dem Gesicht des Dämons abzeichnete, ließ ihn abstrakt wirken.

„Kann es sein, dass du eifersüchtig bist?“, fragte der Dämon. Seine Stimme hatte einen Unterton, den Hauro nicht deuten konnte und der ihm nicht gefiel.
 

„Lass dich doch durch die Anwesenheit dieses Schönlings nicht einschüchtern. Er kann ihr nicht das bieten, was sie will. Das was Sophie will bist DU!“

Calcifer schrie ihm den letzten Satz entgegen, da der junge Magier bereits in Richtung Treppe gegangen war. Hauro reagierte gar nicht auf diese Worte viel zu sehr war er mit seinen Gedanken beschäftigt. Er nuschelte etwas absolut unverständliches vor sich her und verschwand in die oberen Räume des Hauses.
 

Das Lachen, welches ihm die Treppe hinauf folgte hörte Hauro schon gar nicht. Viel zu sehr war mit seinen Gedanken beschäftigt. Seine Zweifel kamen wieder hoch. Die Ängste, die ihn schon so gequält hatten, als er die Abfuhr von diesem anderen Mädchen erhalten hatte.
 

Damals, als dieser Prinz, sich von der Vogelscheuche wieder in einen Menschen verwandelt hatte, da dachte er sich noch nichts dabei. Hauro war selbst zu benommen, weil er sein Herz wiederbekommen hatte und weil die Umwandlung aus der Form des Riesenvogels ihn zu sehr beansprucht hatte. Körperlich und seelisch.
 

Erst später hatte Mackel ihm erzählt, dass der Fluch des Prinzen nur durch einen Kuss der Liebe gelöst werden konnte und dass es Sophie war, die den Zauber gebrochen hatte. Als wäre diese Aussage nicht schon schlimm genug, erzählte der kleine Junge ihm auch noch, dass dieser blondgelockte Schnösel versucht hatte, Sophie zu überreden mit ihm zu gehen.
 

Der Zauberer fühlte noch heute den heißen Blitz der Wut durch seinen Körper fahren, wenn er nur daran dachte. Was fiel diesem Fatzken ein? Sophie war für ihn bestimmt! Nur für ihn! Sonst hätte sie Hauro ja gar nicht sein Herz wiedergeben können oder Calcifer ein eigenständiges Leben ermöglicht.
 

Der Zauberer wusste, dass es egoistisch war so zu denken und noch im selben Moment bereute er schon den Gedanken. Hauro überlegte, ob es nicht besser wäre, dass Mädchen einfach gehen zu lassen. Mit diesem Prinzen.
 

Edmund konnte ihr so viel mehr bieten als er selbst. Doch die kleine, egoistisch Stimme in seinem Inneren – oder vielleicht war sie gar nicht so egoistisch, sondern nur vernünftig – fragte ihn, was er den tun wollte?
 

Hauro dachte an den heutigen Morgen zurück. Er hatte am Tisch gesessen und Sophie stellte gerade einen Teller mit Rühreiern darauf. Der Zauberer hatte gerade nach ihrer Hand gegriffen und sie auf seinen Schoß gezogen, um ihr einen kleinen ‚Guten – Morgen – Kuss’ zu stehlen, da hatte es an der Tür geklopft.
 

In Erwartung eines neuen Kunden, der irgendeinen Zauber haben wollte, öffnete Mackel die Tür. Doch statt eines normalen Besuchers, stand dort Prinz Edmund mit zwei seiner Wachen.
 

Er fragte nach Sophie und diese erhob sich und ging auf den Prinzen zu. Das Mädchen hatte seine Stimme wieder erkannt und begrüßte ihn höfflich. Der Blonde schickte seine Begleiter vor die Tür und fragte sie, ob er mit ihr unter vier Augen sprechen könnte.
 

Der Thronfolger sagte zwar nicht worum es ging, doch konnte Hauro in seinen Augen und seinem gesamten Verhalten den Grund für sein Kommen erkennen. Er wollte sie fragen, mit ihm zu gehen. Er wollte von Sophie wissen, ob ihr Herz sich verändert hätte. Ob sie nun bereit war, noch einmal über ihre Entscheidung nachzudenken.
 

Sophie schenkte Edmund ein Lächeln, welches Hauro wünschen ließ, dass der Prinz tot umfallen möge. Dieses Lächeln gehörte ihm! Der Blond hatte kein Recht ihm seine Liebe wegzunehmen.
 

Die Tatsache, dass Sophie den geheimen Ort, an dem sie sich trafen, für ihre Aussprache mit Edmund wählte, trug nicht gerade dazu bei, dass Hauro bessere Laune bekam. Den gesamten restlichen Morgen, war er wie ein gefangener Tiger in der Küche herumgelaufen und hatte gebockt.
 

Der Zauberer hatte sich selbst immer wieder zugeflüstert, dass er den Prinzen doch einfach wieder verzaubern sollte, weil dieser die Frechheit besaß, ihm Sophie wegnehmen zu wollen. Das konnte dieser Schönling nicht einfach so machen! Sie hatte doch ihre Entscheidung schon getroffen. Sophie hatte sich für ihn – Hauro – und seine kleine Familie entschieden.
 

Je länger er so gegrübelt hatte, desto mehr war ihm die Richtung seiner Gedanken klar geworden. Er verhielt sich wie ein kleines, bockiges Kind, dem man das liebste Spielzeug wegnehmen wollte.
 

Vielleicht sollte er ihr ja die Wahl lassen? Sophie sagen, dass sie sich entscheiden konnte, zwischen ihm und dem Königssohn. Doch tief in seinem Herzen, wusste er, dass er das nicht wollte. Was sollte er tun, wenn sie sich für den Blonden entscheiden würde?
 

Sollte sie mit dem Prinzen gehen, dann würde er sein Herz wieder verlieren, denn sie würde es mit sich nehmen. Zwar gehörte all seine Liebe Sophie und würde es auch ewig tun, doch das hieß ja noch lange nicht, dass sie dasselbe für ihn empfand.
 

Liebe gab es in vielen verschiedenen Variationen und jede war anders, aber dadurch nicht weniger wahr und ehrlich gemeint. Genauso konnte es natürlich auch sein, dass die Liebe, durch die seine silberhaarige Schönheit, den Prinzen befreit hatte, nur die ehrliche und wahre Liebe zu einem guten, treuen Freund war und nicht die, die Edmund ihr gegenüber empfand.
 

Für wen sie nun diese tiefe Zuneigung empfand, die sie nicht ohne den anderen Leben ließ, dass musste er noch herausfinden. Hauros Entschluss stand fest, er würde Sophie eine Entscheidung treffen lassen. Er oder der Königssohn.
 

Das Ergebnis musste auch er dann akzeptieren, selbst wenn es dem Zauberer das Herz brechen würde. Der Schwarzhaarige sah wieder aus dem Fenster. Dort sah er die Liebe seines Lebens mit seinem Rivalen.
 

Dieser griff nach ihrer Hand und hielt sie fest. Die Geste war so vertraut und warm, dass Hauro wieder den heißen Stich der Eifersucht in seiner Brust fühlte. Ein tiefes Grollen entfloh seiner Kehle und seine Hände ballten sich zu Fäusten.
 

Obwohl er Sophie die Entscheidung überlassen würde, hatte er vor zu kämpfen. Dieser eingebildete Thronfolger solle bloß nicht glauben, er würde den einzigen Menschen auf dieser Welt, den er wirklich liebte einfach so hergeben. Er würde kämpfen!

Das, was ich hören wollte…

Das, was ich hören wollte…
 

Sophie wusste nicht, warum sie hier auf dem Hügel stand und sich noch immer das Gerede des Prinzen anhörte. Wie oft hatte sie sich schon wiederholt? Wie oft hatte sie schon gesagt, dass ihr Entschluss feststand?
 

Doch je mehr er sprach, desto mehr wurde der Gedanke in ihr geweckt, dass sie Edmund doch eine Chance geben konnte. Er war nett und seine Gefühle zu ihr schienen tief zu sein.
 

Er sagte ihr, wie sehr er sie liebte. Das sie der Grund dafür war, dass er wieder sein normales Leben führen konnte. Immer und immer wieder. Edmund war sehr euphorisch. Er schien davon überzeugt zu sein, dass sie mit ihm in sein Königreich gehen würde.
 

„Gib mir ein wenig Bedenkzeit…bitte?“, bat Sophie. Sie wollte dem Königssohn nicht sofort eine Absage erteilen. Das Mädchen war sich sicher, dass sie niemals jemanden anderes lieben können würde, als Hauro. Allerdings waren ihre Gedanken derzeitig durcheinander. Sollte sie bleiben? Sollte sie gehen?
 

Beide Varianten hatten ihre Vor – und Nachteile. Würde sie gehen, so wäre sie fort von hier. Fort von Hauro. Das war sowohl ein Vorteil, als auch ein Nachteil. Sophie liebte den Magier, keine Frage, doch war sie sich nicht sicher, wie dieser für sie fühlte. Er hatte ihr bis heute noch nicht gesagt, was er für sie empfand
 

Sicher, sie tauschten Zärtlichkeiten aus und küssten sich. Allein wenn Sophie an seine Küsse dachte, wurde ihr ganz schwummerig vor Augen und ihr Herz begann schneller zu schlagen, doch die wichtigen drei Worte fehlten immer noch.
 

So wurde ihr Zweifel jeden Tag größer. Die Angst davor, dass Hauro sie irgendwann verlassen würde und sich jemanden anderes suchen würde, wurde stärker. Sophie wusste, dass sie es nicht ertragen würde, wenn sie es mit ansehen müsste, wenn er sich einer anderen Frau zuwenden würde.
 

Daher wäre es ein Vorteil, wenn sie das wandelnde Schloss und somit ihn verlassen würde. Der Nachteil wäre, sie würde nicht mehr in seiner Nähe sein können. Sophie liebte dieses Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Vertrauen, welches sie immer empfand, wenn Hauro bei ihr war. Die Wärme und Zufriedenheit, die ihr nur eine einzige Umarmung von ihm geben konnte, würde sie bei niemand anderem, jemals fühlen können.
 

********************
 

Das silberhaarige Mädchen seufzte einmal tief auf. Es war früh am Abend und der Prinz hatte sich bereits vor einer Weile verabschiedet.

Er würde in zwei Tagen wiederkommen und ihre Antwort erwarten. Sie saß nun auf einem Stuhl und sah auf den Koffer, den sie geöffnet auf ihr Bett gestellt hatte.
 

Sophies Entscheidung war noch nicht gefallen, doch die geöffnete Reisetasche zeigte ihr, wie endgültig es sein würde, wenn sie ihre Wahl treffen würde.
 

Wahl…wie das klang. Als ob sie wirklich aussuchen konnte, wen sie liebte und wen nicht. Ganz tief in ihrem Herzen wusste Sophie, wenn sie gehen würde, würde sie Edmund nur ausnutzen. Er wäre immer nur ein Ersatz. Eine Notlösung, weil der den die Silberhaarige liebte, sie nicht wiederliebte.

Zum zweiten Mal an diesem Abend entfloh ihrer Kehle ein tiefer und wehmütiger Seufzer.
 

Ein leises Klopfen an der Tür riss Sophie aus ihren wirren Gedanken. Nach einem kurzen Moment, trat Hauro herein. Er warte nie ab, dass Sophie ihn herein bat.

„Sophie ich wollte…“

Der Magier hielt mitten im Satz inne, als sein Blick auf den geöffneten Koffer fiel.
 

„Du…du willst mit ihm gehen?“, fragte der Schwarzhaarige mit tonloser Stimme, doch eine Antwort wartete er nicht ab.

„Ich werde dich nicht aufhalten, wenn es das ist, was du wirklich möchtest…nur bitte…“, er hielt kurz inne und sah sie an. Durfte er es überhaupt wagen, sie darum zu bitten?
 

Seine Hände ballten sich zu Fäusten und als Hauro ihren fragenden, braunen Augen begegnete, nahm er seinen Mut zusammen und sprach weiter.

„Bevor du packst…bevor du deine Wahl triffst, gib mir nur einen Moment und dann begleite mich. Ich will dir etwas zeigen. Warte vor der Tür auf mich.“
 

Wieder warte er nicht ab, bis sie ihm antworten konnte und verschwand mit schnellen Schritten aus ihrem Zimmer.

Sophie saß verdattert auf ihrem Stuhl. Sie hatte ja noch nicht einmal die Chance bekommen, ihm zu erklären, dass ihre Wahl schon von Anfang an auf ihn gefallen war.
 

Das Mädchen erhob sich und ging langsam zur Tür. Sie hatte keine Ahnung, was Hauro ihr zeigen wollte, daher blieb sie einfach stehen und wartete auf ihn. Nur wenige Sekunden später stand er auch schon neben der Silberhaarigen. In den Händen hielt er eine warme kuschelige Decke, die er wohl aus seinem Zimmer geholt hatte.
 

Mit einem sanften Lächeln stand er hinter ihr und griff an Sophie vorbei, um den Ausgang zum Haus seines Onkels zu öffnen. Die junge Frau konnte die Wärme hinter sich spüren, die von Hauros Körper ausging und seinen Duft einatmen. Kräuter und Hönig. Würzig und süß.

„Passt zu ihm“, dachte sie schmunzelnd. Einen kleinen Augenblick schloss sie die Augen und genoss dieses Gefühl.
 

Da öffnete Hauro auch schon die Tür und sie gingen hinaus auf die von Sternen erhellte Wiese. Es war ein Sichelmond am Himmel zu sehen und keine Wolke trübte die Sicht auf die funkelnden Himmelskörper.
 

An einer Stelle, von der aus man den kleinen Fluss mit dem Häuschen sehen konnte, breitete der Schwarzhaarige die Decke auf und forderte sie mit einer Handbewegung auf, sich zu setzten.
 

Eine kleine Weile saßen sie nebeneinander. Ohne ein Wort zu sagen. Ohne sich zu rühren und genossen den Anblick, der sich ihnen bot.

Dann begann Hauro ganz leise und sanft zu reden.

„Weißt du, als ich dir diesen Platz zeigte, da wollte ich etwas ganz Persönliches mit dir teilen. Ein Geheimnis, dass sonst niemand kannte außer mir. Dir wollte ich es zeigen.“
 

Während er sprach griff er ganz zart nach ihrer Hand und drückte sie auf seine Brust. Genau an die Stelle, an der sein Herz schlug. Sophie fühlte das stetige Pochen unter ihren Fingerspitzen.
 

„Fühlst du es schlagen? Das tut es nur wegen dir. Mein Herz schlägt nur wegen dir und nur für dich. Solltest du gehen, wirst du es wieder mit dir nehmen.“

Hauro sah Sophie tief in die Augen und streifte ihre Lippen ganz kurz mit seinen.
 

„Ich werde dir diese Worte, die du wohl hören willst, noch nicht sagen können, aber gib mir nur ein bisschen Zeit und ich werde dies auch tun können…verlass mich bitte nicht…ich brauche dich.“
 

Sophie sah auf ihren Magier. Sie liebte ihn und das was er ihr nun sagte, war mehr, als sie jemals erwartet hatte. Die Wahrheit stand in seinen Augen geschrieben. Sophie konnte sie deutlich darin lesen.
 

Sie nahm ihn in den Arm und schmiegte sich an ihren Magier. Da er es nicht sagen konnte, war sie es, die ihm ganz sanft ins Ohr flüsterte: „Ich liebe dich!“
 

Was brauchte sie schon diese vergänglichen Worte, wenn das, was Hauro für sie fühlte doch in jeder Geste, in jedem Blick und in jeder Berührung zu lesen war.



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  RubyPond
2012-03-02T23:33:55+00:00 03.03.2012 00:33
Prinz Edmund? Klingt als hätte da jemand gerade Narnia geguckt. :D Du meinst sicher den Prinzen, der zuvor eine Vogelscheuche war. Im Buch handelt es sich um Prinz Justin. (Obwohl sich Edmund passender anhört xD)
Dieses ständige "die silberhaarige" find ich nicht schön formuliert. Bleib bei Sophie. xD
Du hast Howl/Hauro sehr gut getroffen. Man muss die drei Worte nicht sagen, nur in seinen Handlungen spüren. Denn darauf kommt es ja an. :)
Daumen hoch! xD


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