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Das Bildnis der Lilie

L'image du lis
von

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Prépare

Als er erwachte und sich aus Reflex aus dem Lichtschein wegdrehte stieg ihm nach kurzer Zeit ein süßlicher Duft in die Nase, der ihn nach und nach immer mehr aus seiner Traumwelt zurück in die Realität holte. Während sein Kopf noch etwas mehr in die Kissen einsank griff er mit der Hand unter der dünnen seidenen Decke hervor und tastete vorsichtig nach dem Blütenkopf - den er neben sich vermutet und richtig – nach dem seine Fingerkuppen einige Sekunden den glatten, angenehm kühlen Stoff abgesucht hatte stießen sie auf etwas neues. Die Blüte fühlte sich weich an, zart – zerbrechlich. So ließ er einen Moment länger als es die Gewohnheit zuließ seine Augen geschlossen und erforschte die Blüte mit den Fingern, ehe er schließlich den schmalen Stil griff und die Augen aufschlug.
 

Wieder hatte die Blüte eine Farbe die er nicht vermutet hätte, so wie eigentlich fast jeden zweiten Morgen. Unweigerlich fühlte er sich durch die Blüte dazu genötigt aufzustehen und behielt sie die ganze Zeit über in der Hand und achtete sorgsam darauf, dass ihr auch nicht das Geringste geschah. Mit der anderen Hand griff er nach der Decke und zog sie mit sich als er sich halb auf dem Bett fallen lies.
 

Im vorbeigehen stellte er die Lilie behutsam in ein schon fast wartendes kleines Glas voll Wasser und betrachte sie einen Moment. Kleine Luftblasen bildeten sich an dem dünnen Stiel und huschten so schnell es ging an die Wasseroberfläche. Wie verdurstend schien die Blüte das Wasser aufzusaugen und einige Wassertropfen am Rand des Glases glitzerten in den ersten Sonnenstahlen – genau diesen die ihn erst vor Minuten geweckt hatten. Das Sonnenlicht schien schon fast bunt zu sein und etwas zu tanzen.
 

Die hauchdünne Bettdecke die er noch immer wie einen Mantel trug tauschte er jetzt gegen seine Hose ein, so wie er war trug er die Decke sogar noch zum Bett zurück und legte sie fast akkurat zusammen. So früh am morgen schien es schon fast als wäre auch die Natur noch verschlafen, der feine Nebel der am Horizont noch wie ein Schleier hing, zog sich wie eine Daunenbett zurück in den Himmel um stetig am Abend zurückzukehren und alles wieder von neuem zuzudecken. Die Vögel sangen mit zaghaften ruhigen Stimmen, als wollten sie ihre Lieder erst testen bevor sie sie in den Parks und Wäldern den Menschen zum Besten gaben.
 

Als er mit den nackten Füßen den Balkon betrat wurde es kalt unter seinen Fußsohlen, nicht nur das es seinem Wärmeliebendenwesen nicht zusagte nein auch ein kribbeln durchfuhr ihn und lies ihn kurz einen Schauer über den Rücken jagen.

Und immer wenn er in solch einer Stunde ins freier trat hatte er das Gefühl das die doch recht kühle Luft noch unverbraucht war, freier als es sonst der Fall war auch wenn sie den Lungen einen kleinen Stich versetzte. Er war sich sicher keinen Ton verursacht zu haben als er herausgetreten war und doch wusste er das der, der dort mit dem Rücken zu ihm stand wusste das er da war und nun fast genau hinter ihm stand.
 

„Irgendwann wird der Gärtner einen Stacheldraht um die Beete ziehen oder dich mit der Heckenschere bewerfen…wenn er dich erwischt!“
 

„Die Betonung liegt auf wenn!“
 

Nie hatte er es geschafft in Erfahrung zu bringen wann und wie der andere es schaffte aufzustehen, die Blüte zu beschaffen, wieder einzutreten und eben besagte zu platzieren und das ohne auch nur ein Geräusch zu verursachen das ihn selbst weckte. Er hob die Hand etwas an und spielte in den blonden Haaren des anderen die ihm etwas unkoordiniert über den Rücken fielen. Bald würden sie nicht mehr die einzigen sein die wach waren.
 

„Ich mach dich wieder Gesellschaftsfähig-„
 

Er zog etwas an einer losen Strähne und musste dabei an seine eigenen wohl sehr zerzausten Haare denken.
 

„- und dann lass uns Fechten – deine Deckung ist immer noch grauenhaft!“
 

Gab er zu bemängeln und drehte sich dabei wieder halb -

als er spürte wie ein kühler Wind seine Haut streifte, doch nicht das verursachte ihm eine erneute Gänsehaut sondern die fast nicht spürbare Berührung des anderen und seine Nähe, der Mund dicht an seinem Ohr.
 

„Ach echt? So schlecht fand ich die gar nicht!

Aber wenn ihr das sagt Graf….“

Mémoires

Geschickt zog er eines der blonden Haare aus der Bürste, bevor er sie zurück auf den kleinen Nachtschrank vor sich legte. Nie und nimmer würde er die Ordnung im Zimmer des blonden verstehen und um ehrlich zu sein hatte er es schon vor Jahren aufgeben. Als Gino noch jünger gewesen war, hatte er besagte >Ordnung< immer darauf abgewälzt das er eben noch so jung war und Kanon hatte auch nie versucht ihn in dieser und gewisser anderen Ansicht zu erziehen. Immerhin hatte er sich auch nie als einen Lehrer für ihn gesehen auch wenn er ihm als genau das immer und immer wieder gegenübergestanden hatte, mit dem Degen oder dem Schwert in der Hand oder auf dem Sattel eines stattlichen Pferdes. Der Graf war stetig der Meinung gewesen das er nicht dafür da war den jungen Knight zurechtzuweisen oder ihm irgendwelche gesellschaftlichen Formen anzuerziehen – zumal er schon nach wenigen Stunden mit dem kleinen Blondschopf bemerkt hatte wie froh er darüber war weinigsten im Training diese ablegen zu können und nicht den prüfenden Blicken der Umgebenen ausgesetzt zu sein. Kanon selbst kannte das nur zu gut egal wie jung man auch war, wenn man dem Adel angehörte – eine gewisse gesellschaftliche Schicht vertrat wurde alles was man tat genau seziert. Mit einem kaum wahrnehmbaren schmunzeln erinnerte er sich daran, wie man sie einander vorgestellt hatte.
 

Gino gerade einmal ein Kind von 12 Jahren, unschlüssig und noch voller Neugier auf die Welt. Und vor allem unsicher im auftreten gegenüber anderen, als man ihm dann den Grafen vorgestellt hatte. Kanon hatte gelernt dem Blick von höher gestellte auszuweichen und dabei dennoch stumm zu lächeln, der blonde damals hatte das noch nicht gekonnt und schüchtern auf den Boden gesehen und beim ersten Training mit dem Degen hatte er diesen kaum halten können ohne ihn fallen zu lassen wenn Kanon ihm eine Anweisung gab. Zudem der Ton beim Training auch immer etwas harscher war. Doch eines hatte er an diesem Tag schon bewiesen – Durchhaltevermögen und Zielstrebigkeit. Auch wenn es wohl, alleine durch den Altersunterschied durchaus denkbar gewesen wäre das der Graf Gino als eine Art kleinen Bruder ansah war es nie so gewesen – nicht einmal im Ansatz. Kanon selbst konnte sich das auch nicht erklären. In laufe der Jahre hatte sich das wohl auch irgendwie verwachsen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Das nun der rosahaarige zu Gino aufblicken musste hatte ihn aber auch nicht gestört – der Beziehung der beiden haftete etwas seltsames an das man nicht beschrieben konnte. Es bewegte sich auf einen Level das keiner der beiden richtig deuten konnte oder auch wollte. Und das Gino definitiv kein kleiner Junge mehr war wurde Kanon wieder in dem Moment bewusst als dieser mit einem Handtuch um die Schultern aus dem Badezimmer kam. Genau das riss den Grafen auch wieder aus seinen Gedanken. Ruhigen Schritten trat er an dem anderen vorbei und richtete vor dem Spiegel sein Halstuch und seine Uniformjacke bis sie so aussahen wie jeden Tag – penibel genau.
 

Wie immer, Gino hatte das stets bewundert wie er das schaffte jeden Tag genau das selbe Gesicht aufzusetzen, das selbe gnädige lächeln, sich immer korrekt und adrett zu geben, ganz wie es die Etikette und alle anderen verlangten. Egal was wirklich in ihm vorging, was er dachte oder fühlte ob es ihm schlecht ging niemand würde das merken. Der blonde selbst hatte Jahre gebraucht bis er sich selbst zu denen zählte die wussten das das alles doch nur eine Maske war und Graf Kanon Maldini nicht mehr war als ein fühlender Mensch. Ein fühlender Mensch mit außerordentlichem Pflichtbewusstsein das man ab und zu als sehr hinderlich empfand und zudem auch erstmal überwinden musste wenn man eben diesen Menschen dahinter sehen wollte. Etwas stolz darauf war Gino schon, immerhin hatte er ihn schon lachen gehört, schon verzweifelt gesehen und gespürt das er auch einmal Hilfe brauchte. Nur weinen hatte er ihn noch nie gesehen – wieder eine neue Erkenntnis. Trotz all der Jahre die er ihn kannte hatte er fast täglich mindestens einen Gedanken über ihn der ihm noch nicht gekommen war.
 

Etwas wie Routine konnte gar nicht aufkommen, vor allem seit der Knight damit begonnen hatte Kanon jeden morgen mit der Lilienblüte zu wecken. Nur er selbst wusste wie lange er fast schon trainiert hatte leise aufzustehen. Den eines seiner Laster konnte er dann wirklich nicht ablegen, er konnte ein Trampel sein und schaffte es teilweise wirklich über alles zu stolpern was in reichweite lag. Ob sich nun seine Füße im Bettlaken verhedderten oder er über seine eigenen Klamotten fiel – die er wie immer trotz Bewusstsein dessen- nicht weggeräumt hatte – immer hatte er fluchend mitbekommen wie der andere wach geworden war. Doch nun klappte es von Mal zu Mal immer besser. Außerdem bekam er so auch wieder die Gelegenheit den anderen beim schlafen zu beobachten.
 

„Training ist gegen 17 Uhr nehme ich an, es sie den bei den die Vorbereitungen verschiebt sich etwas! Ich lass dir bescheid geben!“
 

und auch das war wie immer, nie würde Kanon so etwas sagen wie „Hey bis später!“ oder „Wir sehen uns!“ das war schon fast wieder etwas zu rational. Kurz, informativ alles was man wissen musste.
 

„So wie immer!“
 

nickte der blonde ab und befühlte seine Zöpfe die Kanon vor weinigen Minuten noch sorgsam eingeflochten hatte. Er trat etwas dichter an ihn heran und stupste das Pagenhüttchen an welches der Graf auf dem kopf trug so das es etwas schief saß. Schon lange nahm der rosahaarige das hin und lächelte flüchtig, wusste genau das es das war was Gino wollte. Sehen ob er das immer noch schaffte und natürlich schaffte er es.
 

Als der Graf auf dem Flur stand und die Tür so leise als möglich hinter sich geschlossen hatte richtete er das Hütchen wieder und horchte kurz – was schon fast eingefleischt war. Was musste es nur für ein Bild abgeben wenn er am Abend das Zimmer des anderen betrat und es erst in den frühen Morgenstunden wieder verließ. Gäbe es jemanden der sie beobachtete hätte, irgendwen der es bemerkt hätte – Kanon hatte sich das schon einige Male vorgestellt auch wenn er es nicht wirklicht wollte, sogar davon geträumt hatte er schon. Der Graf wüsste nicht was er sagen sollte immerhin, Menschen waren oberflächlich und nahmen oft das an was sie vermuteten und sahen – das was zusammenpasste und er selbst nahm sich davon nicht aus. Hätte er es von außen beobachtete er hätte nichts anderes gedacht. Und doch so surreal es schien, obwohl sie Nacht für Nacht im selben Bett schliefen, schliefen sie nicht miteinander.

Dem was sie miteinander hatten haftete nichts von einer derartigen Beziehung an.
 

Gino startete den Tag von je her immer etwas gelassener und ruhiger, ging wieder hinaus auf den Balkon während er sich sein Hemd überwarf. Sein Tagesablauf hatte sich nie so furchtbar strukturiert wie bei dem anderen und zugegeben hatte er auch weniger Verpflichtungen worüber er zugegebener Maßen froh war. Umso älter er geworden war umso mehr hatte sich sein Verständnis gegenüber gewissen Dingen verändert. Dinge die für anderen nicht normal waren, sogar unnatürlich. Seit einigen Jahren sahen sie sich nicht nur am Tag zum Training sondern nun auch jeden Abend, jede Nacht und nur in den seltensten Fällen hielten sie sich nicht an diese fast schon stumme >Versprechen<. Wobei das bei dem blonden Knight äußerst schlechte Laune hervor rief und er hoffte inständig das es bei Kanon genauso war, genau wissen tat er es nicht.
 

Damals hatte sich Gino beim Training verletzt, etwas das sich ab und zu nicht vermieden lies. Wenn er wieder mal etwas zu stürmisch und unkoordiniert war was durchaus öfters vorkomme konnte. So hatte ihn Kanon mit zu sich genommen um die Wunde zu versorgen, warum genau Gino sich dann hatte auf Bett fallen lassen auf dem er die Zeit zuvor gesessen hatte wusste er schon gar nicht mehr genau. Nur das er sehr müde gewesen war, erschöpft und das Kanons Bett weich gewesen war und es hatte nach ihm gerochen. Warum war der Graf eigentlich damals so lange weg geblieben? Hatte er nicht nur den Verbandskasten wegbringen wollen? Als Gino wieder aufwachte war es mitten in der Nacht gewesen und es hatte etwas gedauert bis er realisiert hatte das er in Kanon´s Bett lag und vor allem, dass Kanon auch neben ihm lag! Nja im großen und ganzen war das zu verstehen immerhin war´s sein Bett und er an seiner Stelle hätte auch nicht auf dem unbequem kleinen Sofa schlafen wollen. Irgendwie war im die Situation peinlich gewesen – einfach so eingeschlafen und dann das. Aber irgendwie hatte er zugeben müssen das er es nicht schlimm empfand, obwohl es ein Mann war, jemand den er gut kannte und doch im nächsten Moment fragte er sich was daran jetzt so verwerflich war? In der Nähe des Grafen hatte er sich von je her sehr wohl gefühlt und genau diese Gefühl übertrug sich dann auch darauf. Am nächsten Abend hatte er vor der Tür des anderen gestanden, ihn besucht einfach so nach dem Training. Darüber geredet hatten sie nicht groß und das machte es dann schon fast wieder zu einer außergewöhnlichen Sache. Kanon hatte ihm einen Tee auf den Nachttisch gestellt und war seiner Arbeit nachgegangen und auch beim Training kein Wort, alles war Routine gewesen. Am Abend dann aus einer Laune heraus raffte der blonde ein Kissen an sich und knuffte es vor der Brust zusammen und blickte verschmitzt zum Grafen.

„Das behalte ich!“ hatte er spielerisch gesagt.

„Von mir aus!“ Kanon hatte sich abgewendet um etwas wegzulegen. Einfach so, spielerisch wie zuvor begann Gino weiterzureden, ein Test – ein Versuch.

„Dann bleib ich eben heut Nacht wieder hier!“ und wieder ein.

„Von mir aus!“ auch wenn der Blonde das Gesicht des anderen nicht sehen konnte ein erfolgreicher Versuch.

Und je öfter er zu ihm ging, je öfter er neben ihm einschlief und aufwachte und vor allem als Kanon dann auch zu ihm kam desto vertrauter wurde auch das und wurde zu einem festen Bestandteil dessen was sie verband.
 

Die Gedanken des Blonden schweiften ab, er hatte noch nie davon gehört das zwei Männer im selben Bett schliefen und dann nicht auch Zärtlichkeiten austauschten, sich küssten oder Sex hatten. Aber das… schon beim Gedanken daran wurde er rot und räusperte sich auch wenn er mehr oder minder mit sich selber darüber nachdachte. Auch wenn er nur mit dem Gedanken spielte, wenn er daran dachte das er und Kanon....

Im ersten Moment erschien ihm das als wirklich und ernsthaft absurd doch einen Augenaufschlag später musste er an den rosahaarigen denken an den Ausdruck in seinen Augen wenn er einfach nur da saß ohne etwas zu sagen und ihn musterte und dann doch lächelte. Sein ruhiger und regelmäßiger Atem wenn er schlief und sein Gesicht, die kleinen Falten bevor er die Augen aufschlug. Je mehr er darüber nachdachte desto mehr fiel ihm ein. Die sehnigen Bewegung des anderen wenn er den Degen in der Hand hielt oder ein kurzer Moment, kaum bemerkbar für andere – wenn Kanon etwas missfiel lag für einen Moment etwas Unmut in seinen Augen. Nur kurz aber der blonde fand lang genug um es zu bemerken. Es gab soviel was er hätte in Gedanken durchgehen können und alles brachte ihn irgendwie dazu zu schmunzeln.
 

Seufzend lehnte sich Gino gegen die Brüstung des Balkons und sah hinaus auf den weitläufigen Park der sich vor seinen Augen erstreckte. Nicht das der Anblick nichts für sich gehabt hatte und doch, jemand der anschient heute Gefallen an einem Morgenspaziergang gefunden hatte änderte die Auffassung des blonden zum Ausblick. Nun war es nicht so, dass es an der Person an sich lag, er an dem was sie tat – an seiner Begleitung. Durchaus für alle hier nichts ungewöhnliches und doch, irgendwie rief es in dem Knight etwas hervor das er garnicht mochte und schlagartig war der morgen etwas geteilter Stimmung. Nicht das er sich nicht gefreut hätte Kanon so schnell „wiederzusehen“ auch wenn nur aus der Ferne – aber das lächeln auf den Lippen des Grafen und vor allem der dem er sich zuwendete – das freute Gino überhaupt nicht.
 

Irgendwie hatte Gino heute etwas gegen Prinz Schneizel.

Noir

Erfahrungsgemäß brauchte er selbst für sich immer einige Minuten um seinen inneren Modus von >nachts schlafen bei Gino< auf >Arbeit< umzustellen. Warum das, dass einzige war das ihn dermaßen aus seinem wohl geplanten Alltag reißen konnte wusste er nicht. Es war wirklich als würde man etwas sehr wichtiges sortieren und dann jedes Mal aufs Neue mit Freude zulassen das der Wind es durcheinander brachte. Und nichts anderes war es – als Kind war Gino ein wahrer Wirbelwind gewesen und auch jetzt brachte er den Grafen regelmäßig aus dem Konzept und wirbelte seine Gedanken durcheinander. Und doch dürfte er sich während seines Dienstes nichts anmerken lassen, zumal Prinz Schneizel ein sehr aufmerksamer Beobachter sein konnte und an manchen Tagen reges Interesse an Kanon´s Verfassung zeigte. Gut, er war seine Rechte Hand und auch der einzige der sich ihm so nähern dürfte – der ohne gefragt worden zu sein offen und frei sprechen dürfte und dessen Meinung sogar gefragt war. Solche Privilegien hatten nicht viele und schon gar nicht beim Prinzen. Doch der rosahaarige hatte sich selbst nie als privilegiert in diesem Sinne empfunden – Ein Privileg besaß er schon seit seiner Geburt – es war wie seine drei Vornamen. Einfach da und manchmal nur von geringer Bedeutung in anbetracht dessen das es andere gab die ganz anderen von Geburt an inne hatten. Während er und der blonde Prinz auf dem Weg durch den Park spazierten, ihre Schritte auf dem loses Kies leicht knirschten, sprachen sie über Regierungangelegenheiten, Strategien für Schlachten, alles – alles war nur nicht persönlich war.
 

Doch Gino hätte in diesem Moment alles dafür gegeben auch nur ein Wort von dem was sie sagten zu verstehen. Fast schon akribisch genau sah er jede Regung im Gesicht von Kanon und versuchte sie zu deuten. Wie er mit hinter dem rücken verschränkten Armen neben Schneizel lief und ab und zu nickte. Was nickte er da ab? Über was sprachen sie? Als der Prinz plötzlich etwas lauter lachte und stehen bleib horchte der Knight noch weiter auf, er hob den Kopf leicht sodass es schon fast überheblich wirkte und begann auf seiner Unterlippe zu kauen. In beschleich der Gedanke das sie über ihn lachten. Über den jungen Ritter, der sich zwar durch herausragende Leitung auszeichnete aber dennoch wohl in den Augen mancher immer noch ein Jungspund war. Es war nie so gewesen das Gino den Prinzen nicht leiden konnte aber wenn er sich recht entsann war es schon immer so gewesen – hatte der Prinz dem Training beigewohnt oder ihn auf irgendeine Art und weise geprüft dann hatte er sich unbehaglich gefühlt. Hatte sich nicht nur beobachtete gefühlt sondern regelrecht durchbohrt von den Blicken. Hektisch versuchte der blonde für seine eigenen Gedanken eine Erklärung zu finden. Vielleicht lag das seltsame empfinden auch daran das der Prinz mit Kanon nach seine Besuchen immer die Fehler des Knight besprochen hatte – völlig normal wenn man bedachte das der Graf ihn unterrichten sollte.

Nein nicht wirklich eine passende Erklärung – oder wie hieß es in diesen Kreisen >keinesfalls Akzeptabel< Mit den Fingern schabte er auf der Balustrade entlang als wollte er irgendwas kompensieren, er verstand sich schon selbst nicht mehr! Was war den los? Er fühlte sich wirklich angefressen und wusste nicht mal genau warum und zu allem Überfluss kam ihm nur ein Gedanken >Warum hört er nicht einfach auf mit dem Prinzen zu reden?< Vielleicht weil es seine Aufgabe war mit ihm zu reden, weil er das Tag ein – Tag aus tat, es immer so gewesen war und Gino noch nie so empfunden hatte. Verdammt noch eins. Der Knight raufte sich die Haare und drehte sich herum, er wollte gar nicht mehr hinsehen. Und doch, bemerkte er so vieles eigentlich völlig sinnloses an den beiden. Der Prinz wendete sich beim gehen zu Kanon wenn er sprach – schenkte er selbst dem Grafen auch so viel Aufmerksamkeit wenn sie sprachen? Und…lachte er selbst auch? Schaffte der andere es ihn zum lachen zu bringen? Im Moment wusste er es nicht. Mit festen Schritten verließ er den Balkon, er musste was essen. Frühstück und dann weiter sehen…weiter denken, weiter empfinden.
 

Die frische Luft hatte zugegebener Maßen gut getan und als Kanon mit einen Staple Papiere in der Hand den Flur zum Arbeitszimmer entlang ging bemerkte er es erst gar nicht aber dann stoppte er abrupt und blickte zur Seite. Ein süßlicher, wenn auch reichlich schwerer Duft erfüllte den Gang. Sein Blick blieb an einem Strauß weißer Lilien hängen, der in einer Kunstvollen Vase drapiert in einer Nische stand. Kanon blinzelte – schon die bloße Erinnerung an etwas das mit Gino in Verbindung stand reichte aus um ihn etwas aus seinem Ablauf zu reißen. Er bemerkte nicht das einige Minuten verstrichen in denen er nur da stand und die Blumen betrachtete – zögerlich berührte er mit der behandschuhten Hand einen der Blütenköpfe. Erst das etwas laute schließen einer Tür holte ihn wieder aus den Gedanken zurück und brachte ihn dazu seinen Weg fortzusetzen und kurze zeit später wieder an seinem Schreibtisch zu sitzen. Auch wenn während der Arbeit zeitweilig ein heilloses Chaos herrschte und der Graf teilweise nicht mal sein eigenes Wort verstand so bemerkte er doch ganz genau wann und vor allem wie Gino den Raum betrat. Ohne weite umschweife und doch irgendwie ein bisschen langsam ging er zu Kanon und lehnte sich an die Ecke des Tisches.

Dieser sah von der Seite her zu ihm mit einen völlig ruhigen Gesichtsausdruck.
 

„Es trifft sich das du da bist!“
 

Kanon sprach leise. Normalerweise duzte er Gino nicht, zumindest nicht vor anderen. Einfach eine Frage der Regeln, an die er sich immer zu halten pflegte. Anschient erachtete er diese Situation nicht so das er den Schein waren musste. Keiner hörte ihnen zu oder beachtete sie übermäßig. Aber heute kam es dem blonden Knight vor alle wollte Kanon schon fast nicht das irgendwer hörte das sie sich unterhielten, das er wollte das keiner wusste das sie sich kannten. Hätte der rosahaarige das gehört, hätte er Gino wohl den Stempel den er gerade in der Hand hatte an den Kopf geworfen. Für ihn war alles wie immer, nur der Duft der Lilien schien immer noch präsent zu sein. Und warum war es überhaupt gut, dass er da war? Nein…das konnte eigentlich nur eins heißen!

Nicht heute…
 

„Das Training?“
 

begann Gino fast noch etwas hoffungsvoll und als Kanon den Kopf und den Blick hob und etwas nickte atmete der blonde unbewusst etwas tiefer ein und murmelte dann nur etwas in Richtung dessen was er nie aussprechen würde.
 

„Es ist sehr viel zu tun, deswegen werde ich es leider nicht schaffen!“
 

„O-kay…gut aber ich wollte dich eigentlich Fragen ob du heut Abend etwas früher kommen würdest und wir…nja…zusammen essen wollen?!

Ich könnte irgendwas kochen?!?“
 

Der Graf legte den Stift aus der Hand, kein besonders gutes Zeichen wie Gino gleich darauf feststellen musste.
 

„Das Bankett, wird wie ich befürchte sehr lange dauern und der Prinz hat mich noch dazu darum gebeten das ich…-„
 

„Ich versteh schon!“
 

Der Knight rutschte von der Tischkante und Kanon horchte auf, den Ton kannte er doch und er passte gerade überhaupt nicht zur Situation. So gerne er es auch selbst gewollt hätte er konnte ihn jetzt hier nicht ausfragen ob irgendwas nicht in Ordnung sei. Kanons Blicke wanderten prüfend aber nicht besonders auffällig durch den Raum.
 

„Also sehen wir uns dann nachher!“
 

Was für ein gnädiger umfassender Begriff, dachte Gino während er einen zustimmenden Ton machte und sich umwendete. Das ging natürlich vor, obwohl der eigene Sarkasmus Gino schon fast ansprang. Natürlich ging eine Anordnung des Prinzen vor, egal wie sehr er sich wünschte, dass Kanon auf der Stelle nur für ihn dagewesen wäre! Seit wann war er so besitzergreifend? Seit wann hatte er solche Gedanken?
 

So gerne Kanon auch aufgestanden war, er bleibt sitzen und beobachte wie die Tür sich hinter dem Knight schloss. Dann senkte er den kopf und nahm den Stift wieder als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Es war nicht selten, dass der Prinz ihm so nahe kam aber diesmal erschauderte der Graf doch um einiges mehr als er direkt neben seinem Ohr sprach.
 

„Ich müsste mit dir reden!“
 

Danach ließ er ihn sofort wieder los und drehte sich herum um wieder in sein eigenes Zimmer zurückzugehen. In gebührenden Abstand folgte ihm Kanon. In Gedanken, so ungern er es auch zugab mehr bei Gino als bei seiner Arbeit. Das war ihm schon einige Male passiert und wenn er jetzt genau darüber nach dachte dann nahm es in seinen Gedanken immer mehr den Charakter einer Liebesbeziehung an. Als sie sich einmal gestritten hatten und er die ganze Nacht nicht zur Ruhe gekommen war, war er völlig unbrauchbar für die Arbeit gewesen. Für alles brauchte er dreimal so lange und konnte auch nicht wirklich denken. Etwas das ihn damals sehr belastet und zugegeben auch geängstigt hatte. Etwas schaffte es doch tatsächlich seine wohl aufgebaute Fassade zu durchbrechen und ihn nach außen zerbrechlich wirken zu lassen.
 

Es war lange her das er in den Ställen war und seine Stimmung war auch nicht die beste also war es für Gino nur eine sinnvolle Schlussfolgerung mal wieder auszureiten. Sein Umhang störte eh nur, sowohl bei auf als auch beim absteigen also hängte er ihn achtlos über eines der Gatter auf seinem Weg. Eine der wenigen Bediensteten schickte er weg, er hatte schließlich nicht umsonst monatelang als Kind nur Pferd pflegen und Ställe ausmisten dürfen nur um sich jetzt alles von anderen vorbereiten zu lassen. Allerdings hatte er nicht besonders viele Streicheleinheiten für das Rabenschwarze Tier übrig, als er es auf den Stallgang führte und sattelte. Immer noch beherrschte ihn ein Gedanke, der Gedanke an eine Person – besser gesagt der an zwei Personen, deren Verbindung er schon seit dem morgen ausgiebig auseinander nahm. Immer wieder neue Wege in seinen Überlegungen beschritten nur um sie dann wieder ebenso schnell zu verwerfen. Wenn er an den Prinzen dachte stieg ihm schon wieder aus unerfindlichen Gründen das Blut in den Kopf.
 

„Dieser…was bildet er sich überhaupt ein…!“
 

noch beim sprechen zog er den Sattelgurt fest, etwas zu fest. Das wurde ihm schlagartig klar als sich die Stute schnaubend beschwerte und einen Schritt zur Seite trat. Und den Knight damit unbewusst etwas schubste.
 

„Noch einer der heute schlechte Laune hat, was!“
 

grummelnd fuhr er fort und führte das Pferd aus dem Stall in Richtung des Park, es dauerte eine Weile bis er sich überlegt hatte wohin er reiten wollte. Möglichst eine Strecke auf der er keinen anderem begegnen würde.
 

Kanon stand vorm Schriebtisch des Prinzen und sah zu wie dieser sich, wie immer so würdevoll als möglich setzte, die Hände in den Schoß legte und dann wissend lächelnd zu ihm sah.
 

„Gefallen sie dir?“
 

Der Graf sah einen Augenblick ungläubig zu dem blonden Prinzen und wollte wohl gerade zu einer Frage ansetzten als der andere fortfuhr.
 

„Ihr Duft ist sehr ansprechend nicht wahr?“
 

Mit diesen Worten öffnete er eine Schublade an seinen Schreibtisch und holte etwas heraus und legte es vorsichtig auf die Tischplatte vor sich. Es war der Blütenkopf einer schwarzen Lilie. Kanons Augen weiteten sich und er versuchte den naheliegendsten Gedanken gar nicht erst aufkommen zu lassen.
 

„Eine Farbe die in der Natur nicht vorkommt, etwas sehr unnatürliches…!“
 

Mit diesen Worten erhob er sich und umrundete den Grafen, hielt ihm als er hinter ihm stand die Blüte vors Gesicht.
 

„Möchtest du sie nicht?“
 

Gino hatte schon die ganze Zeit das Gefühl das, dass Pferd irgendwie nicht unbedingt Lust auf einen Ausritt hatte. Zum wiederholten Mal zog er hektisch an der Zügel um dem Tier klar zu machen in welche Richtung er nun wollte – obwohl er das selbst manchmal nicht genau wusste. Der Schaum am Mund der Stute und die Art wie sie auf ihrem Gebiss herumkaute verhieß nichts Gutes, als würde das Tier spüren das sein Reiter nicht alle seine Gedanken bei sich hatte. Und das letzte Mal ziehen an der Zügel war zuviel, abrupt stoppte das Tier und warf den Kopf in alle Richtungen bevor es stieg und mit den Vorderhufen nach vorne schlug. Die Aktion schien von Erfolg gekrönt, den das Tier spürte wie es das störende Gewicht auf dem Rücken losgeworden war und auch der zug auf die Zügel gänzlich verschwunden war.

Das schwarze Tier schüttelt sich einmal und schnaubte, dann war es still.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Illumina
2009-06-30T20:40:32+00:00 30.06.2009 22:40
So.. Du weißt ja dass ich deine FFs liebe, außerdem telefonieren wir eh grade.
Gino muss weiter leben!! <.<
Von:  DKelli
2009-06-25T19:04:36+00:00 25.06.2009 21:04
Sorry, dass ich erst jetzt reviewe u.u Hatte keine Zeit...
Zu dem neuen Kapitel:
Ich finde die Gedankengänge und Gefühle, die bei beiden aufkeimen und der damit verbundene Weg der Erkenntnisse total super dargestellt.
Auch wie Schneizel / Ginos Pferd darauf reagieren *lach*
Wieso können bei Code Geass eigentlich alle reiten? (rhetorische Frage)
Mach weiter so!
Von:  DKelli
2009-06-18T16:04:13+00:00 18.06.2009 18:04
Hi!
Ich bin wirklich beeindruckt von deiner FF!
Dein Schreibstil ist wunderschön, ich hab viele schöne Bilder m Kopf^^
Die Story an sich reizt mich auch ziemlich und hoffe, dass es bald weiter geht~
Besonders der letzte Satz war interessant... Freue mich, was noch kommen wird!
Mach weiter so!
Chuchu
DT
Von:  Illumina
2009-06-16T20:58:03+00:00 16.06.2009 22:58
Naahh.. verdammt... ich war grad so schön im lesen drin, da hörts wieder auf <.<
ich will auch das morgens blumen neben mir liegen... o.o
und du hast mir grad nen anlass gegeben an deinem bild weiter zu arbeiten~


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