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Warmes Blut gefriert nicht

LavixKanda
von

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Eine Welle..

Ein Schritt. Noch einen Schritt. Gleich, gleich hat er es geschafft, es war nicht mehr weit. Nein, nicht nachgeben, nein, nicht schwarz vor Augen werden. Weiter gehen. Er muss weitergehen. Die Ohnmacht bekämpfen, das Schwindelgefühl verdrängen. Die Tür, fast in greifbarer nähe. Das Fallen der roten Tropfen zu Boden ignorieren, nicht drum kümmern, nur etwas Schlaf und dann wäre alles wieder okay.

Die Tür erreicht. So gut wie geschafft. Durchhalten. Durchhalten. Eine Stimme? Durchhalten. Durchhalten. Die Tür endlich geöffnet. Durchhalten. Durchhalten. Warme Hände? Durchhalten. Durchhalten...
 

„Hm? Was ist das denn?“ fragte sich Lavi, als er die Treppe hochkam und vor sich auf dem Boden rote Flecken erblicken konnte. Neugierig wie er war trat er näher und als er sich runterbückte, weiteten sich seine Augen.

„Ist das etwa... Blut?!“ Erschrocken schaute er den Gang entlang und entdeckte eine Blutspur. Ohne zu zögern rannte er los und folgte den Blutflecken, die immer größer wurden. Er bog in den nächsten Gang ein, um gerade noch zu sehen, wie Kanda wankend an seiner Zimmertür stand.

„Yu!“

Lavi schluckte bei Kandas Anblick, er war weiß wie der Schnee, eine tiefe, stark blutende Wunde an der linken Seite und unzählige Kratzer und Schrammen zierten den jungen Mann.

Kurz bevor die Zimmertür geschlossen wurde, erreichte Lavi Kanda, der seinen Ruf vorhin ignoriert hatte und legte ihm besorgt die Hände auf die Schultern, da er wieder bedrohlich am wanken war.

„Verdammt Yu! Was machst du hier? Du gehörst in die Krankenstation!“

Lavi sah ihn besorgt an, doch kassierte er von Kanda einen kalten und erschöpften Blick.
 

„Nenn mich... nicht bei meinem.. Vornamen...!“

Was verstand Lavi schon davon? Er brauchte keinen Arzt oder dergleichen, nur etwas Ruhe, und dann wäre alles okay. Das war es früher auch. Er würde sich schon selber heilen, aber.. wieso dauerte es heute nur so lange? Er konnte es spüren. Dieses Mal war etwas anders, anders als sonst. Sein Körper gehorchte ihm nicht, irgendetwas schien ihn zu lähmen, er fühlte sich wie betäubt.

Kanda merkte, wie die Angst immer weiter in ihm empor kroch. War seine Zeit vielleicht abgelaufen? Sollte es jetzt enden? Nein, das durfte nicht sein. Er hatte die Person noch nicht gefunden die er suchte. Nein, dass durfte nicht das Ende sein! Noch nicht, noch nicht! Er würde okay sein, ganz sicher, nur etwas Schlaf, dann würde er okay sein. Durchhalten. Durchhalten.

Kanda versuchte sich loszureißen, doch war er zu kraftlos, um Lavis Griff zu entweichen. Das Schwindelgefühl wurde stärker, seine Sicht verschwamm und ein stechender Schmerz durchzog seinen Körper, der ihn etwas aus seiner Betäubung riss, aber auch seine Angst weiter aufkeimen ließ, dass er das Gefühl hatte, sie würde ihm die Kehle zuschnüren.
 

„Das ist doch nicht der Zeitpunkt, um so etwas auszudiskutieren! Mensch Yu! Was soll das denn?“

Bevor Lavi weiter auf ihn einreden konnte, bemerkte er, wie Kandas Knie nachgaben und er unter seinem Griff zusammensackte.

„Yu!“

Lavi spürte, wie eine Welle von warmen Blut aus Kandas Wunde schwebte, wie es zu Boden tropfte, aber auch durch seine Kleidung drang, denn er hatte Kanda an sich gedrückt, um ihn vor einem Sturz zu bewahren.

Ein Gefühl des Ekels erfasste ihn. Zwar hatte er schon hunderte Male so eine Menge Blut gesehen und es auch schon oft genug zu spüren bekommen, aber nie war es Kandas Blut gewesen. Lavi zögerte nicht lange und hob Yu hoch, ehe er mit ihm auf den Arm aus dem Zimmer rannte. Yu war leicht, erschreckend leicht, sodass es ihm nicht schwer viel, ihn zu tragen und zu rennen, wie schnell er nur konnte.

Keuchend erreichte er die Krankenstation und als er die Tür auftrat, sahen ihn die Krankenschwestern erschrocken an. Es dauerte einen Moment, bis realisiert wurde, was für ein Bild sich vor ihnen abspielte.

Lavi sah sie verzweifelt an.

„Hilfe... er braucht Hilfe...“
 

Lavi hatte sich Kanda schon immer irgendwie verbunden gefühlt. Er konnte sich nicht erklären warum. Aber von Anfang an hatte ihm Kandas kühler Blick gefallen, diese herrische Art die er hatte, das kämpferische Herz. Sie waren so verschieden und auch, wenn Kandas Temperament nicht ohne war und er ihm des Öfteren Angst einjagte, fühlte er sich zu seiner Nähe hingezogen.

Er seufzte leise, als er Yu ansah, welcher schlafend vor ihm im Krankenbett lag. Noch immer zierte sein Gesicht eine gewisse Blässe und auf seiner rechten Wange klebte ein Pflaster.

Lavi hatte zugesehen, wie sie Kandas, vom Kampf geschundenen, Körper verarztet hatten. Kleine Kratzer an Armen und Beinen, sowie Brust wurden ebenfalls mit Pflastern versehen, bei den größeren waren kleinere Verbände nötig.

Nur ein starker Verband hatte die Blutung der Verletzung an der linken Seite stoppen können.

Lavi hatte Yu so noch nie gesehen und es machte ihm Angst. Normalerweise heilten Kandas Wunden viel schneller, doch im Moment konnte er keine Anzeichen von Heilung erkennen. Was war mit Yu nur los?

Ein Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken und er schaute auf. Er konnte Komui an der Tür erblicken, welcher mit ernstem Schritt auf sie zukam.

„Lavi... verlass bitte das Zimmer.“

„Aber.. wieso denn? Ich will nicht gehen! Was soll das denn?“

Irritiert sah er Komui an. Er wollte nicht von Kandas Seite weichen, aber Komuis Blick verriet ihm, dass er keine Widerworte duldete.

„Jetzt!“

Lavi warf einen letzten Blick auf Yu, biss sich auf die Unterlippe, doch verließ er dann das Zimmer, wie es von Komui gewünscht wurde. Etwas unentschlossen blieb er vor dem Zimmer stehen und ließ seinen Blick ein wenig schweifen. Erst als ihm der Geruch des Blutes in die Nase stieg, setzte er sich in Bewegung und steuerte sein Zimmer an.

Dort angekommen, streifte er sich seine lederne Jacke ab und zog sein blau-grünes Shirt darunter aus. Er ließ sich auf seinem Bett nieder und starrte auf das Hemd in seinen Händen. Ein großer runder Blutfleck befand sich am unteren Teil.

„Yu...“ murmelte er leise und schloss dann das Auge. Er versuchte sich vorzustellen wie es war, wenn Yu nicht mehr da wäre. Es würde sehr still werden. Es würde keinen mehr beim Essen geben, der sich immer darüber aufregte, wenn ihn jemand störte. Es wäre keiner mehr da, der sich lautstark mit Allen streiten würde. Es würde keinen geben, der einen einen Schauer über den Rücken jagen würde mit seinen kalten Blicken. Es würde keinen mehr geben, der mit erhobenem Haupt nach einer Mission zurückkehrte. Es würde einfach einer fehlen. Die Welt wäre nicht mehr richtig.

Langsam öffnete Lavi das Auge und starrte wieder auf den Blutfleck. Er wollte sich keine Welt ohne Yu vorstellen, es wäre einfach nicht richtig. Er biss sich auf die Unterlippe, doch pfefferte er dann das Shirt in die Ecke und stand auf. Lavi löste sein Stirnband und strich sich durchs Haar, atmete einige Male tief durch und ging dann an seinen Schrank, um sich ein neues Hemd überzuziehen.

Nachdem er sich umgezogen hatte, verließ er sein Zimmer wieder und machte sich erneut zur Krankenstation. Er musste zugeben, dass er ziemlich neugierig war und vielleicht würde er ja etwas in Erfahrung bringen. An Kandas Zimmer angekommen, legte Lavi sein Ohr an die Tür und lauschte. Er konnte Komuis Stimme hören, er schien sehr aufgebracht zu sein, doch konnte Lavi nicht hören, mit wem Komui sprach. Redete er vielleicht mit Yu?

Einige Gesprächsfetzen drangen an sein Ohr, weswegen er aufhorchte.

„Nein! Das glaubst du doch selber nicht..“

„Vergiss es.. das Gift! Du wirst hier..“

„Hör mir zu..“

„...nicht zu spaßen...dein Leben.. „

„.. von Glück reden, dass.. dein Kör..“

Komuis Stimme wurde leiser, sodass Lavi nichts mehr verstehen konnte. Er wiederholte die gehörten Worte in seinem Kopf und versuchte, einen Zusammenhang zu finden, einen Sinn dahinter. Um was für ein Gift handelte es sich hier? Was für Auswirkungen hatte es? Wer war vergiftet worden? Doch nicht etwa Yu? Lavi schluckte. Er presste sein Ohr fester gegen die Tür, er musste unbedingt mehr erfahren! Doch im Zimmer war es still geworden. Er konnte rein gar nichts mehr hören.

Plötzlich wurde die Tür geöffnet und Lavi fiel vornüber in den Raum und direkt vor Komuis Füße. Dieser hob eine Augenbraue und schaute Lavi einen Moment fragend an, ehe sein Blick ein wenig zornig wurde.

„Lavi! Hast du etwa gelauscht?!“

Lavi setzte sich auf und kratzte sich etwas lächelnd am Hinterkopf.

„Nur ein wenig..!“

Komui schlug sich die Hand gegen die Stirn und schüttelte dann seufzend den Kopf.

„Ich hätte es ahnen müssen..“

Er warf Lavi einen mahnenden Blick zu, doch seufzte er dann erneut.

„Nun gut... wie viel hast du gehört?“

Lavi wurde ernst und stand auf.

„Leider nicht genug... um was für ein Gift geht es hier? Was hat das alles zu bedeuten?“

Dieses Mal würde sich Lavi nicht so leicht abspeisen lassen und dies schien auch Komui zu merken, denn er warf kurz einen Blick hinter sich, ehe er wieder Lavi ansah, aber die Tür dann hinter Lavi schloss.

„Es geht hier um ein uns relativ unbekanntes Gift. Wo fang ich nur am besten an?“

Komui ließ seinen Blick ein wenig schweifen.

„Vor einer Woche habe ich Kanda auf eine wichtige Mission geschickt. In einem Dorf trugen sich seltsame Dinge zu, die vielleicht auf eine Innocence deuteten. Aber dem war leider nicht so. Aus Kandas Bericht zu folge war dieses Dorf eine Akuma Brutstätte. Aber anscheinend war das noch nicht alles. Wir haben gerade herausgefunden, dass sie versuchen, euch Exorzisten auf eine neue, andere Art außer Gefecht zu setzen. Und zwar mit einem Gift. Dieses Gift soll eure Innocence töten.“

Er machte eine kurze Pause und sah Lavi ernst an.

„Zunächst scheint dies nur die Parasitentypen zu betreffen, dessen Innocence wahrscheinlich sofort zerstört würde, wenn sie mit dem Gift in Kontakt kämen, aber das Gift ist auch sehr stark. Es kann bei nicht Parasitentypen zum Tode führen, wenn es nicht sofort behandelt wird. Leider haben wir kein hundertprozentiges Gegengift. Es besteht eine 50 zu 50 Chance, ob der Vergiftete überlebt oder nicht. Kanda hatte ausgesprochenes Glück. Eigentlich hätte er tot sein müssen, aber durch die heilende Kraft die er besitzt, ist er noch am Leben. Im Moment arbeitet diese Kraft daran, dass Gift zu neutralisieren, weswegen seine Wunden im Augenblick nicht heilen. Wir können wirklich von Glück reden, dass Kanda eine so besondere Gabe hat und es nur ihn getroffen hat.“

Mit einem schweren Seufzen endete Komui. Er war wirklich sehr beunruhigt. Dieses Dorf und die Akuma mussten vernichtet werden, bevor das Gift in Umlauf kam. Aber wen sollte er nur schicken? Parasitentypen? Nein, das war viel zu gefährlich, sie durften keine Innocence verlieren, unter keinen Umständen. Aber es war egal wen er schickte, dass Risiko war zu hoch, dass einer der Exorzisten umkam. Kein anderer hatte die Fähigkeiten wie Kanda sie hatte. Doch alleine würde Kanda es nicht schaffen und in seinem jetzigen Zustand sowieso nicht. Es würde noch gründliche Überlegungen brauchen, bis er jemanden auf diese Mission schicken konnte. Noch hatten sie kein richtiges Gegenmittel und er wollte keinen seiner Exorzisten verlieren. Es war eine wirklich brenzlige Lage, in der sie sich befanden.

„Behalte diese Informationen noch für dich, bis ich meine endgültigen Entscheidungen getroffen habe.“

Mit diesen Worten verließ Komui das Zimmer.
 

„Er ist ein Narr..!“

Kandas Stimme ließ Lavi aufschrecken, der Komui hinterher gesehen hatte. Doch wandte er seinen Blick nun zu Kanda und trat an sein Bett.

„Ich bin der Einzige, den er schicken kann...“

Kandas Stimme klang schwach und müde, doch sein Blick war fest und entschlossen. Auch war eine leichte Wut daraus zu sehen.

„Aber doch nicht in dem Zustand. Im Moment heilen ja noch nicht einmal deine Wunden..“

Lavi konnte Komui nur Recht geben. Es wäre Selbstmord, wenn Yu sich jetzt auf eine Mission begeben würde.

„Tz...“ machte Kanda leise und schloss für einen Moment die Augen. Dann setzte er sich jedoch unter zusammengebissenen Zähnen auf.

„H-hey! Was soll das denn?“ fragte Lavi erschrocken als er sah, wie Yu versuchte, nun auch noch aufstehen zu wollen.
 

„Ich werde nicht hier bleiben...“ Yu warf Lavi einen bitteren Blick zu.

„Ich gehe in mein Zimmer..!“

Kanda hasste das Krankenzimmer. Hier fühlte er sich immer schwach und krank und einfach nur hilflos. Es gab nichts, was Kanda mehr hasste als diese Gefühle. Es war schon schlimm genug, dass Lavi ihn hatte hierher bringen müssen. Ihm war es peinlich und unangenehm, hatte er vor Lavi so eine Schwäche nie zeigen wollen. Und dann jetzt hier noch im Krankenzimmer liegen? Niemals! Er musste hier raus, egal wie, er musste einfach hier weg.

Als er seine Beine auf den Boden stellte und aufstand, knickten sie direkt ein und er fiel auf seine Knie. Er verzog das Gesicht und keuchte vor Schmerzen kurz auf, doch hatte er nicht vor, so einfach aufzugeben. Er würde hier schon rauskommen, irgendwie, auch wenn er hier raus kriechen müsste. Nichts und niemand würde ihn hier halten können.

Einen Moment holte er tief Luft, doch versuchte er dann erneut, mit Hilfe des Bettes, aufzustehen. Seine Beine fühlten sich wie Gummi an und schienen sein Gewicht noch immer nicht halten zu wollen.

„V-verdammt...!“ fluchte er leise und kniff die Augen zu, denn eine Welle des Schmerzes durchzog seinen Körper und eine unbekannte Schwärze drohte ihn zu verschlingen.

Gerade als er das Gefühl hatte zu fallen, spürte er einen Halt, der ihn vor diesem Fall schützte.

„Du gehörst ins Bett Yu! Du kannst nicht einfach gehen, nicht mit solchen Verletzungen.“

„Ich muss..“

„Aber wieso denn?“

„Geht dich nichts an..ich..ich kann nicht.. hier blei..ben...!“

Seufzen.

Plötzlich ging das Gefühl der Anstrengung verloren. Ein kurzer Schmerz, aber dann fühlte er sich leicht.

Yu öffnete die Augen einen Spalt und konnte in Lavis Gesicht sehen. Erst jetzt realisierte er, dass Lavi ihn erneut zu tragen schien.

„Lass.. lass mich run.ter..!“ fauchte Kanda und versuchte sich aus Lavis Griff zu befreien. Aber Lavi schien sich nichts draus zu machen, er schwieg, schien ihn zu ignorieren und ging einfach nur weiter. Kanda gab den Versuch auf, irgendwie von Lavis Armen zu kommen. Er war zu müde und zu erschöpft, um sich gegen Lavis Tun zu wehren. Innerlich verspürte er eine tiefe Wut gegen Lavi und ein Gefühl von Scham. Ihm war es so schrecklich peinlich, dass Lavi ihn schon wieder trug und er noch nicht einmal was dagegen tun konnte. Ihm war es so schrecklich peinlich, dass er seine Augen kaum aufhalten konnte und Lavis Körperwärme eine gewisse Ruhe und Geborgenheit in ihm ausbreitete. Ihm war es so schrecklich peinlich, dass er tief in seinem Inneren sogar dankbar war, dass Lavi ihn aus der Krankenstation brachte. Kanda verfluchte diesen Tag, an dem er sich so schrecklich schwach fühlte und vor Lavi zu viel Blöße gezeigt hatte. Er verfluchte diesen Tag, an dem das Gefühl in ihm hochkam, nicht alleine sein zu wollen.
 

Lavi wusste selber nicht genau warum er Kanda wirklich aus der Krankenstation trug, obwohl es doch eigentlich das Beste für ihn wäre, dort zu bleiben. War es vielleicht, weil er wusste, dass Yu eh gehen würde und er sich so wenigstens sicher sein konnte, dass er heil ankam wenn er ihn brachte? Oder wollte er ihm einfach schlicht nur seinen Wunsch erfüllen?

Er war sich nicht sicher, vielleicht war es ja auch eine Mischung aus beiden. Er seufzte leise und warf einen Blick auf Yu, welcher ihn jedoch nicht ansah, sondern stur zur Seite schaute.

Aber etwas anderes hatte er nicht erwartet, Lavi ahnte, dass Kandas Stolz angeknackst war und hielt es für klug, auf dem Weg lieber zu schweigen.

Vorsichtig legte er Yu auf seinem Bett ab, als sie sein Zimmer erreicht hatten.

„Geh.. verschwinde..“

Für einen Moment überlegte Lavi wirklich, zu gehen, doch entschied er sich dagegen.

„Jemand sollte hier bleiben, falls es dir schlechter gehen sollte oder so...“

Lavi lächelte ein wenig, doch kassierte er von Yu nur einen kalten Blick.

„Geh!“ klang es von Kanda nun fordernder und vor allem wütender als zuvor, auch wenn seine Stimme schwach war. Lavi konnte nur seufzend den Kopf schütteln, doch trat er aus dem Zimmer, wie Yu es wollte. Aber er hatte nicht vor wirklich zu gehen. Er lehnte sich gegen die Tür und wartete einige Minuten. Dann öffnete er sie wieder leise und schielte vorsichtig hinein. Wie er erwartet hatte, war Yu vor Erschöpfung schon eingeschlafen und mit einem leichten Grinsen auf den Lippen, betrat er das Zimmer wieder und schloss geräuschlos die Tür.

„Als ob ich dich in dem Zustand alleine lassen würde..“ flüsterte Lavi und ließ seinen Blick dann durchs Zimmer schweifen. Schon von Anfang an hatte er sich gewundert, wie dunkel es hier in Kandas Zimmer war. Das Fenster war mit dunklen Gardinen zugezogen, die nur schwach das Sonnenlicht hindurch ließen und das Zimmer so in ein dunkelblaues Licht tauchten. Wenn es Nacht gewesen wäre, hätte er es ja verstanden, aber es war helllichter Tag und draußen schien die Sonne, wie sie selten hier geschienen hatte. Da Yu jedoch schlief, ließ er die Vorhänge zugezogen und sah sich weiter um.

Viel Mobiliar hatte Kanda nicht gerade. Gegenüber vom Bett stand eine Kommode, auf der er die Umrisse einer Sanduhr erkennen konnte. Er konnte noch einen Stuhl ausmachen, aber ansonsten schien das Zimmer leer zu sein.

Lavi zuckte kurz mit den Schultern, Yu war ja schon immer seltsam gewesen, zog sich den Stuhl ans Bett und ließ sich dort nieder. Nun hieß es hoffen und warten, dass, wenn Yu wieder erwachte, es ihm besser gehen würde. Er schaute zu ihm und seine Gedanken begannen über das mysteriöse Gift zu kreisen, was Kanda so geschwächt hatte. Woraus bestand dieses Gift wohl? Wie stellten sie es her? Wie stark war es wirklich? Es gab nur eine Möglichkeit dies herauszufinden. Er müsste sich selber davon überzeugen. Er musste zu diesem Dorf. Aber ob Komui ihn gehen lassen würde? Lavi lächelte leicht. Das würde das geringste Problem werden

..Rot wie Blut..

„Was fällt dir ein?!“ war Kandas Stimme laut und bedrohlich zu vernehmen. Er kochte vor Wut. Hatte er Lavi nicht gesagt, dass er gehen sollte? Wie konnte er nur? Er hatte kein Recht hier zu sein!

Yu ballte die Hände zu Fäusten, ehe er die Decke weg schlug und langsam aufstand. Noch immer hatte er seine alte Kraft nicht zurück, aber er hatte wieder an Festigkeit gewonnen, sodass er ohne Probleme alleine wieder stehen und gehen konnte.

„Raus! Raus aus meinem Zimmer!“

„Yu jetzt beruhige dich doch!“ sagte Lavi ein wenig eingeschüchtert.

„Ich hab mir doch nur Sorgen gemacht. Du hast schließlich ganze zwei Tage durchgeschlafen!“

„Das interessiert mich nicht! Ich habe gesagt, dass du gehen sollst!“

„Was stört dich denn so daran, dass ich hier bin?“

Kanda öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch besann er sich rechtzeitig. Beinahe hätte er in seiner Rage etwas gesagt, was er hinterher bereut hätte.

„Und wieso ist es in deinem Zimmer immer so dunkel?“ hakte Lavi stattdessen weiter nach und wollte die Vorhänge aufziehen, doch Yu ergriff ihm am Handgelenk und hielt ihn davon ab.

„Das geht dich alles nichts an.. und nun verschwinde endlich!“

Kandas Blick war kühler als sonst und Lavi ahnte, dass er sich zu weit hinaus gewagt hatte.

„Ich wollte nur wissen, ob du in Ordnung bist, okay?“

Lavi warf ihm einen letzten Blick zu, doch verließ er dann das Zimmer. Kanda sah ihm nach.

„Tz..“

Er ließ sich langsam auf sein Bett nieder und schaute den Boden an. Er war froh, dass Lavi gegangen war, jedoch war gerade irgendetwas in Lavis Blick gewesen, was ihn seine harschen Worte einen kurzen Moment bereuen ließ. Yu schaute auf und ließ seinen Blick schweifen. Nur in diesen vier Wänden, in dieser Dunkelheit fühlte Kanda sich wirklich sicher. Hier war er vollkommen alleine, komplett für sich. Hier musste er nichts verbergen, hier lag seine ganze Seele offen. Hier musste er nichts rechtfertigen. Hier gab es nur ihn und seine Vergangenheit und seine Bestimmung. Hier traf alles zusammen. Er fühlte sich angegriffen, wenn eine andere Person den Raum betrat. Er fühlte sich seinem Schutz beraubt, bloß gestellt, ganz offen und er war froh, dass Lavi all das, was sein Zimmer ihm gab, alles was ihn ausmachte, nicht gesehen hatte. Er wollte sein Innerstes nicht preisgeben, niemanden. Alle sollten sie von seinem Zimmer fern bleiben, ihn in Ruhe lassen. Der einzige sichere Ort, der Ort, wo er alleine war. Mit seiner Vergangenheit, mit seinem Selbst, mit seiner Bestimmung.

Hier passte einfach kein Licht herein.

Zu ihm passte das Licht einfach nicht.
 

Einige Zeit später stand Kanda, gekleidet in seiner Uniform, vor Komuis Schreibtisch und schaute ihn gereizt an.

„Du weißt, dass wir keine Zeit haben! Ich muss jetzt aufbrechen, sonst ist es vielleicht zu spät!“

Komui, von Kandas Gereiztheit völlig unbewegt, schaute zu ihm hoch.

„Deine Wunden sind noch nicht verheilt. Es war eh schon die Höhe, dass du die Krankenstation verlassen hast! Ich werde wen anderes schicken.“

„Und wen? Du weißt ganz genau, dass du nur mich schicken kannst! Sei kein Narr!“

„Er wird mich schicken!“

Kanda wie auch Komui schauten überrascht auf und erblickten Lavi an der Tür, der sich an den Türrahmen gelehnt und die Arme verschränkt hatte.

„Jetzt nicht auch noch du Lavi..“ meinte Komui und seufzte leise.

„Ich als zukünftiger Bookman muss über alles in Bilde sein! Vielleicht kann ich ja auch helfen, wenn ich sehe, was sie da so fabrizieren!“

Lavi grinste die beiden fröhlich an.

„Tz.. lass mich alleine gehen Komui! Ich kenne das Dorf, ich war schon dort. Noch einmal wird mir kein Fehler passieren!“

Komui sah von einem zum anderen und seufzte dann erneut. Manchmal machten die beiden ihn wirklich fertig. Aber Kanda hatte Recht. Er musste endlich handeln, bevor es zu spät war.

Schweren Herzens stand er auf und sein Blick wurde ernst.

„Nun gut.. ihr werdet zusammen gehen. Versucht, das Gift irgendwie unschädlich zu machen. Es darf nicht in Umlauf gebracht werden. Aber wenn es zu gefährlich werden sollte, dann zieht ihr euch sofort zurück! Habt ihr verstanden? Und bitte… seid vorsichtig..“

Lavi grinste zufrieden und Kanda nickte leicht als Zeichen, dass sie verstanden hatten.

„In einer Stunde werdet ihr aufbrechen.“
 

Lavi ging neben Yu her und sah zu ihm rüber, während er die Arme hinter seinem Kopf verschränkte.

„Du solltest mal dein Fenster aufreißen und laut laut lachen.. das würde ich dir empfehlen, danach fühlt man sich gleich viel besser. Eine Welt wartet draußen auf dich Yu-chan.“

Lavi wusste, dass es gewagt war, noch einmal auf das dunkle Zimmer zurückzukommen, aber wenn ihn etwas neugierig gemacht hatte und interessierte, konnte er einfach nicht so schnell locker lassen. Und dieses Zimmer bedeutete mehr als man auf den ersten Blick sah, das hatte er verstanden.

Kanda blieb bei Lavis Worten abrupt stehen. Hatte Lavi vielleicht doch mehr gesehen? Er merkte, wie sich sein Magen ein wenig zusammenzog.

„Lass mich in Ruhe.. das alles geht dich nichts an, kapiert?! Und nenn mich nicht bei meinem Vornamen!“

Mit diesen Worten ging er weiter und ließ einen seufzenden Lavi zurück.
 

Jedes Mal wenn die Kutsche über eines der Schlaglöcher fuhr und sie somit einen kleinen Sprung machte, verzog Kanda das Gesicht. Die Fahrt mit der Kutsche war eine holprige Qual und wenn das nicht schon nervig genug wäre, dass seine Wunde bei dem Gewackel ständig schmerzte, hatte er auch noch Lavi gegenüber sitzen, welcher ihn permanent anstarrte und ihn mit seinem Gefasel nicht in Ruhe ließ.

„Nun komm schon Yu! Gib zu, dass du nicht hättest mitfahren sollen. Gib zu, dass Komui Recht hatte.“

„Noch ein Wort und ich schlitz dich auf!“ sagte Kanda wütend und hatte die Hand schon auf den Griff von Mugen gelegt. Lavi raubte ihm noch den letzten Nerv.

„Hehehe.. kein Grund gleich sauer zu werden Yu-chan..!“

Lavi drückte sich ein wenig tiefer in den Sitz, konnte er doch nicht abstreiten, dass Kanda ihm im Moment ein wenig Angst machte. Doch als Yu aus dem Fenster schaute, wurde sein Blick für einen kurzen Augenblick ernst. Wie wollte Kanda in so einem Zustand kämpfen? Was würde passieren, sollte er erneut vergiftet werden?

Lavi hatte sich von Yu erzählen lassen, was auf der Mission passiert war, auch wenn Kanda nicht gerade sehr erpicht darauf gewesen zu sein schien, ihm davon zu berichten.

Sie hatten das Dorf betreten und natürlich hatten die Akuma wie ganz normale Menschen ausgesehen. Freundlich hatten sie sie empfangen und sie dann zu der Kirche gebracht, die angeblich verflucht sein sollte. Nachts sollten Schreie aus der Kirche zu hören sein und jeder der die Kirche betrat, wurde nie wieder gesehen.

Am Ende stellte sich heraus, dass unter der Kirche geheime Räume lagen, in der das Gift hergestellt wurde. Menschen, die die Kirche betraten, waren gefangen genommen worden und dienten als Versuchsobjekte für das Gift.

Kanda hatte die Kirche mit den zwei Findern, die ihn begleitet hatten, betreten, um nach Innocence zu suchen, hatte sich diese doch schon in so vielen komischen Weisen gezeigt.

Es hatte nicht lange gedauert, bis sie die unterirdischen Gänge gefunden hatten und von einer Horde Level drei Akuma angegriffen worden waren. Yu hatte alles versucht, doch hatte er die Finder nicht beschützen können. Sie kamen in dem Gefecht um. Er selber wurde verwundet und wäre fast gefangen genommen worden. Im letzten Moment war er aus dem Labor, in der das Gift hergestellt worden war entkommen, jedoch nicht, ohne anscheinend zuvor von einem der Akuma vergiftet worden zu sein.

Nur durch seine heilende Gabe hatte er es geschafft, mit dieser Verletzung und der Vergiftung aus dem Dorf zu kommen und wieder zurückzukehren.

Lavi hatte Yu angesehen, dass er dieses Mal keine halben Sachen machen würde. Dieses Mal würde er nicht fliehen. Dieses Mal würde er jeden einzelnen jagen. Lavi konnte nur ahnen, wie es Kandas Stolz gebrochen hatte, zu fliehen, den Feind am Leben zu lassen und eine Niederlage zu kassieren. Nun war seine Wut natürlich ungebändigt und sein Stolz würde nicht zulassen, dass er noch einmal verlieren würde.

Aber genau diese Wut und dieser Stolz bereiteten Lavi Sorgen. Egal wie schlecht es Yu gehen würde, er würde nicht mehr fliehen. Er würde bis zum Ende kämpfen.
 

Sie stiegen aus der Kutsche, als sie vor einem kleinen Berg halt gemacht hatten. Ein schmaler Weg führte von hier direkt in das Dorf. Kanda war froh, endlich auf eignen Beinen zu stehen und aus dieser Kutsche gekommen zu sein. Mit kalten und erbarmungslosen Blick sah er den Weg hinauf. Ein beißender Wind wehte und der Gipfel des Berges war komplett zugeschneit. Das Dorf war soweit oben gelegen, dass auch dieses und ein Teil des Weges eingeschneit waren.

Eine leichte Gänsehaut legte sich auf Kandas Haut. Schon hier unten war es verdammt kalt.

Bevor sie aufbrachen, brachte ein Finder ihm und Lavi einen wärmenden Umhang, den sich beide umlegten. Ohne ein Wort des Abschieds ging Kanda dann auch schon los und folgte dem steilen Weg nach oben. Als er das erste Mal hier war, war dieser Weg kein Problem gewesen. Doch nun merkte er die Steile und die Länge des Weges umso deutlicher. Natürlich wollte er sich nichts anmerken lassen. Vor Lavi wollte er sich nicht noch mehr Blöße geben als er es schon getan hatte. So hielt er strikt sein Tempo ein, auch wenn ihm der Schweiß auf die Stirn trat und er vor Schmerzen die Zähne zusammenbeißen musste. Geredet wurde nicht.

Jeder Versuch von Lavi ein Gespräch aufzubauen, scheiterte sofort. Auch bevorzugte Yu es, ein kleines Stück vor Lavi zu gehen, sodass dieser ihm nicht ins Gesicht sehen konnte.

Nach einer Viertelstunde hatten sie den verschneiten Teil des Weges erreicht. Hier oben wehte ein noch viel kühlerer Wind als unten und Schneeflocken begannen, wild durch die Luft zu schwirren.

„Der Schnee hat uns gerade noch gefehlt..“ beschwerte sich Lavi, der sich wie Kanda die Kapuze überzog. Lavi ließ seinen Blick schweifen, der Weg erstreckte sich trostlos vor ihnen und bis auf einpaar kahlen Bäumen und schneebedeckten Felsen war nichts zu sehen.

Kanda ging unbeirrt weiter und er folgte ihm stillschweigend, aber mit Sorge in dem Auge. Die Art wie Kanda ging, hatte sich verändert. Er ging nicht mehr mit erhobenem Haupt voran, sein Kopf war schon seit geraumer Zeit ein wenig gesenkt. Seine Schultern waren ein wenig hochgezogen und schienen wie aufs äußerste gespannt. Sein Schritt war nicht wie gewöhnlich fest und bestimmend. Manchmal wirkte er sogar etwas unkoordiniert und seitdem sie den beschneiten Teil des Weges erreicht hatten, hob Kanda seine Füße nicht mehr so sehr wie vorher. Man konnte es eher ein Schleppen anstatt ein Gehen nennen und wahrscheinlich hätte selbst ein Blinder erkannt, dass da irgendetwas nicht stimmte.

„Hey Yu..“

„Klappe!“ unterbrach Kanda ihn scharf, der nichts von ihm hören wollte. Er musste sich auf das Gehen konzentrieren, da brauchte er Lavis Gerede nicht.

Er zog die Kapuze etwas tiefer, denn der Wind peitschte ihm erbarmungslos ins Gesicht.
 

„Yu…“

Lavis Flüstern ging in dem Tosen des Windes unter. Es war mit ihm doch immer das gleiche. Zu stolz, um um Hilfe zu fragen, ja sogar zu stolz, um Hilfe überhaupt anzunehmen.

Gerade als er ihn erneut ansprechen wollte, blieb Yu unerwartet stehen, und Lavi war sich nicht sicher, glaubte jedoch, Kanda für einen Moment schwanken zu sehen, ehe dieser sich an einen der Felsen abstützte und sich die Seite hielt.

„Yu! Ist alles okay?“

Besorgt legte er Kanda eine Hand auf die Schulter und konnte das erste Mal seitdem sie aufgebrochen waren, einen Blick auf sein schmerzverzerrtes Gesicht werfen.

Dieser Anblick verletzte ihn.

„Du brauchst eine Pause.. wieso sagst du denn nichts?“

„Lass.. lass mich in Ruhe..! Wir gehen.. weiter!“

„Nein! Es reicht jetzt Yu! Es reicht mir endgültig!“

Lavi hatte genug von Kandas überschwänglichen Stolz, von seinem Dickkopf und von seiner Verschlossenheit. Es reichte ihm. Er wollte Kanda nicht mehr leiden sehen. Er hatte sich jetzt lange genug Kandas Willen gebeugt, aber nun war seine Geduld am Ende.

Kanda sah ihn kühl an bei seinem Widerspruch, aber auch das ließ ihn unberührt. Er würde Yu so nicht weitergehen lassen.
 

Kanda verspürte den Drang, Lavi ins Gesicht zu schlagen. Aber das Schwindelgefühl und die bittere Kälte hielten ihn davon ab. Lavi verstand es einfach nicht. Er wollte der Schwäche nicht nachgeben, nicht noch einmal. Nicht vor Lavis Augen. Er musste durchhalten. Durchhalten. Sein Körper würde sich schon irgendwann vernünftig regenerieren. Solange musste er einfach durchhalten.

Und dennoch wünschte er sich jetzt in sein Zimmer, wo er alleine wäre, wo er sicher wäre, wo er nicht mehr durchhalten müsste. Kein Lavi, keine Kälte, kein Gift, keine Akuma, keiner, nichts.

Für einen Moment schloss er die Augen, um gegen den Schwindel, den er verspürte, anzukämpfen. Dann sah er Lavi kühl an.

„Geh mir aus.. dem Weg..!“

Die Sicherheit und Festigkeit, die er geglaubt hatte, zurück gewonnen zu haben als er die Augen geschlossen hatte, waren mit einem Schlag verschwunden, als er aufhörte, sich an dem Felsen abzustützen und einen Schritt gegangen war. Alles drehte sich, noch mehr als zuvor und die Kälte schien nun komplett Besitz von ihm ergriffen zu haben. Er suchte Halt und fand ihn auch an einer warmen Schulter und an zwei Händen, die ihn hielten.
 

Wenn Lavi ehrlich war, hatte er so etwas geahnt. Als er in Kandas Gesicht gesehen hatte, hatte er gewusst, dass Yu am Ende war. Seine Hautfarbe schien mit dem Schnee konkurrieren zu wollen und dass er überhaupt so weit gekommen war, fand Lavi auf der einen Seite wieder bewundernswert. Kanda hatte wirklich einen starken Willen und leider einen genauso starken Stolz. Dennoch huschte ein Lächeln über seine Lippen, als er Kanda wenigstens jetzt ein wenig Halt schenken konnte.

„Lass es gut sein Yu, okay? Lass uns eine Pause machen. Die Akuma rennen uns schon nicht weg!“

Lavi ließ seinen Blick suchend durch die Gegend schweifen und wurde dann auch fündig. Weiter vorne ragte ein Felsen hervor, der sie ein wenig vor dem Schnee und den Wind schützen würde.

„Wag… es ja nicht.. mich zu tragen..!“ hörte Lavi die kühle Stimme Kandas, als er diesen gerade hochheben wollte. Einen Moment zögerte er, doch legte er sich dann nur einen Arm von Kanda um die Schultern und stützte ihn. Er kannte ihn mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass alleine dies schon viel Überwindung für Yu gekostet hatte und er wollte nicht mehr verlangen, zumindest im Augenblick nicht.

Gemeinsam erreichten sie den schützenden Felsen. Vorsichtig setzte sich Lavi mit Kanda, welcher sich noch immer die Seite hielt.
 

Kanda würde nie zugeben, dass er ein klein wenig froh war, zu sitzen und das eine Pause vielleicht doch das richtige gewesen war. Noch immer herrschte ein leichtes Schwindelgefühl in ihm, doch seitdem er saß und nun auch die Augen schloss, wurde es langsam besser. Mehr als der Schwindel machte ihm jedoch die Kälte zu schaffen, welche trotz des wärmenden Umhangs und der Uniform darunter, seinen ganzen Körper fest im Griff hatte. Das einzige, was die Kälte ihm gutes tat war, dass sie ein wenig den Schmerz seiner Wunde betäubte.

Am liebsten würde er sich der Müdigkeit und der Trostlosigkeit hingeben, die mit der Kälte an ihm empor krochen. Sein Körper fühlte sich schwer wie Blei an und schien von Minute zu Minute schwerer zu werden. Kanda öffnete die Augen wieder und schaute in den bewölkten Himmel hoch. Schwer hingen die grauen Wolken über diesen Berg und es sah nicht so aus, als würde sich der Himmel bald lichten. Den Anblick von der grauen Monotonie satt, schloss er wieder die Augen. Nur noch einen Moment, noch einen kleinen Moment Ruhe. Gleich würden sie weiterkönnen, gleich würde es gehen. Wenn es doch nur nicht so kalt wäre.
 

Kurz hatte Lavi überlegt, nach Kandas Wunde zu sehen, doch Yu hatte schon die Arme um seinen Körper geschlungen und die Augen geschlossen. Lavi wünschte sich, dass die Verletzung endlich heilen würde. Dieses verdammte Gift schien es echt in sich zu haben und er wollte sich nicht ausmalen was passierte, wenn es wirklich in Umlauf kommen würde.

Auch er warf einen Blick in den nicht gerade Hoffnung versprechenden Himmel, ehe er zu Yu sah.

Kanda zitterte am ganzen Körper und hatte die Augen geschlossen. Auch Lavi fror und wünschte sich jetzt in ein warmes Bett. Am liebsten würde er jetzt weiter gehen und die Mission so schnell wie möglich hinter sich bringen, denn dann wären sie wieder schneller im Hauptquartier. Aber Yu brauchte dringend eine Pause. Eigentlich brauchte er jetzt ein warmes Bett und definitiv einige Tage Ruhe. Besorgt sah er ihn weiterhin an und rang mit sich selbst. Er war hin und her gerissen und es kostete ihm eine Menge Mut, denn bei Kanda konnte man nie wissen.

„Reiß mir jetzt nicht den Kopf ab, okay Yu-chan?“

Lavi schluckte kurz, zögerte noch einen Moment, ehe er Yu vorsichtig an sich zog und die Arme um ihn legte, sodass Kandas Rücken an seiner Brust lehnte. Wunderlicherweise kam von Kanda keine Gegenwehr, nicht mal ein Wort des Widerspruchs. Lavi fragte sich, ob Yu überhaupt mitbekommen hatte, was gerade passiert war.

„Yu…“

Vorsichtig drückte er ihn noch mehr an sich, um ihn mit seinem eigenen Körper zu wärmen.

Und tatsächlich, nach einer Weile hörte Kanda auf zu zittern. Noch immer kam kein einziger Mucks von ihm, er war ganz ruhig, er regte sich nicht, nur sein Brustkorb hob und senkte sich regelmäßig.
 

Kanda kniff die Augen zu und biss sich auf die Unterlippe, aber nicht vor Schmerzen sondern vor Scham, da er es wirklich zuließ. Er schämte sich so, dass er dies hier nicht alleine durchstehen konnte, dass er der Schwäche nachgab und somit auf Lavis Hilfe angewiesen war. Er wollte das nicht, nein, ganz und gar nicht. Er wollte nicht in Lavis Armen liegen, er wollte hier nicht rasten, er wollte nicht diese Kälte und Schwäche spüren. Innerlich wollte er weg von Lavi, alles in ihm schrie danach, aber sein Körper genoss es. Sein Körper sehnte sich regelrecht nach der Wärme, die Lavi ausstrahlte und plötzlich hatte er die Kontrolle verloren und sich eben dieser Wärme hingegeben. Sie schien ihn förmlich einzunehmen und ihn nicht nur von außen, sogar auch von innen zu wärmen. Der einzige Trost den er hatte war, dass Lavi ihm nicht ins Gesicht sehen konnte. Und auch wenn Kanda sich nur noch einen kleinen Moment hatte ausruhen wollen, saßen sie über eine Stunde bei diesem Felsen. Es hatte mittlerweile aufgehört zu schneien und zwischendurch war Yu für einige Minuten immer mal wieder eingeschlafen. Lavi hatte es sogar geschafft, all die Zeit ruhig zu bleiben und nichts zu sagen.

„Lavi.. wir gehen weiter..“ brach Yu dann selber die Stille.

Lavi nickte leicht und stand mit ihm auf, doch wurde er sofort von Yu weggedrückt als sie standen. Kanda würdigte ihm keines Blickes und ging ohne ein weiteres Wort zu sagen weiter. Lavi seufzte kurz, doch folgte er ihm dann. Von hier aus dauerte es nicht lange, bis ein altes Dorf in der Ferne vor ihnen aufragte.

..Vereint..

Um sie herum war es komplett still. Aus dem Dorf war kein einziges Geräusch zu hören. Jeder hielt seine Waffe in den Händen und war auf einen möglichen Angriff vorbereitet. Sie hatten versucht, im Schatten der Felsen das Dorf soweit zu umgehen wie nur möglich, denn die Kirche in die sie wollten, befand sich am Ende des Dorfes. Zuerst würden sie sich um das Gift kümmern und es vernichten, dann die Akuma. Lavi schielte hinter einem Felsen hervor und hatte freie Sicht auf die große und alte Kirche. Sie hatte Risse und einige Fenster waren zerbrochen.

„Das ist sie also.. was?“ fragte Lavi leise und sah wieder zu Yu.

„Ja. Der Eingang zu den unterirdischen Gängen befindet sich am Altar. Von dort gelangen wir direkt zu den Laboren.“

Lavi nickte verstehend und schaute erneut aus ihrem Versteck hervor.

„Alles ist ruhig. Ich kann niemanden sehen. Alle Straßen sind leer. Ich denke, jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um loszulegen.“

Kanda stand auf. Jetzt ging es um Schnelligkeit. Das Gift musste unter allen Umständen vernichtet werden. Die Akuma waren dieses Mal sogar zweitrangig.

Beide nickten sich noch einmal zu, doch liefen sie dann los und tasteten sich im Schutz der Häuser leise zur Kirche hervor. Unbemerkt drangen sie in das große Gebäude ein. Yu ignorierte die Schmerzen in der Seite und zögerte nicht lange und schritt auf den Altar zu. Jedoch blieb er kurz davor stehen. Lavi, der ihm gefolgt war sah, was Kanda stutzig gemacht hatte. Der Eingang stand offen und dennoch waren keine Spuren von Akuma zu sehen.

„Das riecht aber mächtig nach Falle. So dumm sind ja noch nicht mal die Akuma, dass sie die Tür einfach grundlos auflassen. Ob sie uns erwarten?“

Lavi schaute die Treppe hinab, die zu einem mit Fackeln beleuchteten Gang führten.

„Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als es herauszufinden.“

„Wie sag ich immer so schön? Probieren geht über studieren!“

Und mit diesen Worten und einem Grinsen auf den Lippen betrat Lavi als erster die Treppen.
 

„Urks… stinkt das hier!“

Lavi verzog angewidert das Gesicht, nachdem sie das erste Labor betreten hatten. Seltsame Chemikalien lagen auf Tischen ausgebreitet, undefinierbare Geräte befanden sich daneben und eine Liege stand in der Mitte des Raumes. Lavi trat zu dieser und ihm lief ein Schauer über den Rücken als er dort Hand- und Fußfesseln erblickte.

„Und das sollen alles die Akuma alleine getan haben?“

„Nein. Ich glaube, sie hatten Hilfe.“

„Die Frage ist nur, von wem?“

Beide sahen sich einen Moment stillschweigend an, doch ließ Kanda seinen Blick dann wieder schweifen.

Er konnte nichts entdecken, was irgendwie großartig einem Gift ähnelte. Die Chemikalien konnten es nicht sein. Als er das erste Mal hier war, hatte er keine davon berührt. Er war anders vergiftet worden, doch wie nur? Er konnte sich nicht erinnern, irgendwie ein Serum oder dergleichen verabreicht bekommen zu haben.

Es konnte nur eine Erklärung geben und es ärgerte ihn, dass er nicht früher darauf gekommen war.

„Das Gift.. es steckt in ihren Geschossen.“

„Was?!“

Lavi stand der Mund offen.

„Hier haben sie es vielleicht hergestellt. Aber damit bin ich nicht in Berührung gekommen. Das einzige was mich getroffen hat, waren die Akuma selber. Nur da kann ich mit dem Gift in Kontakt gekommen sein. Und wenn das der Fall ist, reicht es nicht, nur einfach die Labore zu zerstören. Wir müssen sie alle vernichten. Alle Akuma, die noch hier sind und die je hier waren. Und wahrscheinlich war das nur der Anfang. Dieses Gift könnte alle Exorzisten töten und ihre Innocence zerstören. Wer weiß, in wie vielen Mengen sie es hergestellt haben. Wenn wir Pech haben, existiert es nicht nur in ihren Geschossen. “

Lavi biss sich bei Kandas Worten auf die Unterlippe. Das war schlecht, verdammt schlecht. Dieses Gift durfte unter keinen Umständen in Umlauf kommen. Es wäre nicht auszumalen was passieren würde, würde dieses Gift ins Hauptquartier kommen und sich dort verbreiten.

„Hoffen wir, dass noch alle Akuma hier im Dorf sind, aber irgendwie bezweifle ich das. Sicher haben sich alle aus dem Staub gemacht! Mist!“

Yu presste die Lippen fest aufeinander. Hätte er sie nur alle vernichtet. Doch nun war es zu spät und Selbstmitleid war fehl am Platz. Sie hatten keine Zeit zu verlieren. Sie mussten handeln.

„Lass uns für Komui einige Proben mitnehmen, die anderen Räume durchsuchen und dann alles zerstören. Danach gehen wir auf die Jagd…!“

Ein stummes Nicken von Lavi und schon machten sich die beiden an die Arbeit. Vielleicht würden sie durch die Proben herausfinden können, wie dieses Gift zu Stande kam und dann ein geeignetes Gegenmittel finden können.

Sie durchsuchten alle Räume, doch bis auf weitere Chemikalien und seltsames Gerätschaften, war nichts zu finden. Auch waren sie die ganze Zeit ungestört geblieben, was das absolute Gegenteil zum letzten Mal war, als Yu hier gewesen war. Kaum hatte er mit den zwei Findern die Gänge erreicht, waren sie attackiert worden.

Ihm gefiel diese ganze Situation nicht. Er hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache, das hier war einfach zu leicht.

„Okay.. jetzt sind wir durch! Am besten jag ich meinen Feuerdrachen hier durch, dann war’s das mit der Kirche und diesen Laboren!“

Lavi grinste Kanda an, fand seinen Vorschlag gut und hoffte auf etwas Begeisterung von Kandas Seite aus, aber dieser nickte nur und schenkte Lavi weiter keine Beachtung. Lavi zog deswegen kurz eine Schnute, doch folgte er Yu dann schnell hinaus aus diesen Gängen.

Als sie wieder am Altar standen hallte ein kaltes Lachen durch die Kirche und bevor Lavi den Ursprung dieses Lachens ausfindig machen konnte, brach plötzlich eine Welle von Geschossen durch die Fenster und die Wände. Glas splitterte, Holzbalken und Steine fielen zu Boden, umgeben von unzähligen Geschossen der Akuma.

Lavi zögerte keine Sekunde, er legte Kanda einen Arm um die Hüfte und drückte ihn an sich, während der Hammer in seiner anderen Hand wuchs und wuchs und sie mit einem Schuss, durch das Dach, nach draußen preschten.

Yu biss sich auf die Unterlippe als Lavi ihn an sich drückte, doch es war nicht die Zeit, sich um seine Verletzung Gedanken zu machen. Sie schossen durch das Dach nach draußen, wo ein Heer von Akuma sie erwartete. Von Level eins bis Level drei hatten sich die Akuma um die Kirche gescharrt und auf sie geschossen, als sie die unterirdischen Gänge verlassen hatten.
 

„Die Jagd hat angefangen..!“

Ein kaltblütiges Grinsen huschte über Kandas Lippen, als er sich von Lavi löste, seine Innocence aktivierte und in das Heer der Akuma raste.

„Yu!“

Lavi sah ihm einen kurzen Moment nach, er hatte es ja irgendwie geahnt, dass Yu so reagieren würde. Jetzt ging es darum, die Rechnung zu begleichen und seine Niederlage wieder gut zu machen. Aber dieses Mal würde Kanda nicht alleine kämpfen müssen. Und schon schwang er seinen Hammer.
 

Es war das reinste Gemetzel. Trotz der Verletzung glitt Yu durch die Reihen der Akuma und schickte einen nach dem anderen mit seinem Schwert Mugen ins Jenseits. Geschickt wich er den Geschossen aus und ließ seine Hölleninsekten die Akuma jagen. Der Schweiß rann seine Stirn hinab, trotz der Kälte, und er merkte, wie die Erschöpftheit an ihm zerrte, aber sein Wunsch nach Vergeltung war größer. Er würde keinen entkommen lassen, er würde nicht noch einmal verlieren, dieses Mal würde er siegen. Er würde sich für die Vergiftung und für die Scham, die dadurch resultiert war, rächen.

Lavis Feuerdrache verschlang jeden Akuma, der sich ihm in den Weg stellte. Sein Hammer raste durch die Lüfte, um weitere Akuma zu töten oder sich vor ihren Geschossen zu schützen. Schon zweimal wäre er beinahe getroffen worden und war mehr durch Glück als durch Verstand dem Tod entronnen. Dennoch ließ er sich davon nicht abschrecken und stellte sich jedem Akuma. Wie nicht anders zu erwarten, waren die Level drei Akuma ganz schön hartnäckig und geschwind, und der Kampf mit ihnen war lästig und anstrengend. Mittlerweile war das halbe Dorf schon in Schutt und Asche gelegt worden und die Kirche stand schon lange nicht mehr.
 

Kanda lehnte an einer zum Teil zerbrochenen Hauswand und rang nach Atem. Kurz verschwamm seine Sicht. Er kniff für einen Moment die Augen zu und öffnete sie rechtzeitig wieder, um der Attacke eines Level drei Akumas auszuweichen. Die Level eins und zwei Akuma hatten sie schon alle den Erdboden gleich gemacht, jetzt tummelten sich nur noch einige wenige Level drei Akuma, die es zu besiegen galt. In der Ferne konnte er Lavis Himmelssiegel aufleuchten sehen, doch hatte er keine Zeit, sich um ihn zu kümmern. Er mobilisierte seine letzte Kraft und rief seine zweite Innocence-Stufe herauf. Mit zwei leuchtenden Schwertern in jeder Hand griff er an und verpasste dem Level drei einen mächtigen Schlag. Im nächsten Moment hatte er ihm seine Klinge in den Körper gerammt und spaltete ihn mit einem Hieb in zwei. Lange Zeit zum verschnaufen hatte er jedoch nicht. Ein Schlagabtausch fand mit einem weiteren Akuma statt. Dann rannte er auf eine Hauswand zu, lief diese zwei Schritte hoch, drehte sich und stützte sich mit seinen Füßen kräftig ab, sodass er direkt auf den Level drei zuraste und ihm den Kopf abschlug.

Als seine Füße den Boden wieder berührten, erlosch seine Innocence und er fiel schwer atmend auf die Knie. Seine Hand presste sich auf die linke Seite und wieder befiel ihn ein starkes Schwindelgefühl. Doch auf sein Gesicht trat ein zufriedenes Grinsen. Gerade hatte er den letzten zur Hölle geschickt.
 

„Yeah!“ rief Lavi aus und grinste über das ganze Gesicht.

„Sieg auf ganzer Linie!“

Er stand auf einem der wenigen Dächer die noch standen und ließ zufrieden seinen Blick schweifen. Hier regte sich rein gar nichts mehr. Der Kampf war anstrengend gewesen und für einen Exorzisten alleine sicher nicht zu schaffen. Aber zu zweit und mit vereinten Kräften sah so etwas schon ganz anders aus.

„Und die Kirche brauch ich auch nicht mehr platt machen, ist doch echt alles super gelaufen!“

Doch dann stockte er. Hatte er nicht irgendwas vergessen? Er sah an sich runter. Nein, bis auf Schrammen und Kratzer war er verschont geblieben und davon stammte keine von den Akuma, vergiftet war er also nicht. Nein, die Proben hatte er auch noch, er hatte sie also nicht verloren.

Er verschränkte die Arme und legte den Kopf etwas schief, ehe es ihm wie Schuppen von den Augen fiel.

„Yu!“

In seiner Freude, diese Überzahl besiegt zu haben, hatte er ganz vergessen, dass Yu verletzt war und vielleicht seine Hilfe brauchte.

„Verdammt..!“

Er ließ seinen Hammer wachsen und setzte sich auf die Stange, ehe er so das Dorf durchflog und sich auf die Suche nach Kanda begab.

„Yuuuuuuuuuu!“

Es dauerte nicht lange, bis er in einer kleinen Straße eine Person liegen sah. Lavi sprang von seinem Hammer, der in seiner Hand wieder klein wurde und rannte auf Kanda zu.

Bitte.. bitte nicht! schoss es ihm durch den Kopf, während Angst ihn ergriff. Das durfte einfach nicht sein. Nicht Yu, nicht Yu! Sein Herz raste in seiner Brust.

Lass ihn nicht tot sein!

Er erreichte Kanda und musste mit Erleichterung feststellen, dass Yu schlief. Er schlief.

Ein ganzer Berg fiel ihm vom Herzen und er ließ sich auf seinen Hintern fallen, ehe er leise lachte.

„Für einen Moment dachte ich wirklich…“

Er sah ihn an und lächelte, doch bildeten sich im selben Moment Tränen in seinem Auge und liefen dann über seine Wange. Selten hatte er so viel Angst verspürt wie heute. Und obwohl er wusste, dass Yu ihn nicht hören konnte, flüsterte er ihm zu:

„Jag mir nie wieder so viel Angst ein, hörst du? Ich dachte, ich hätte dich für immer verloren.. Ich dachte-“

Er brach ab und biss sich auf die Unterlippe. Einige Minuten blieb er einfach neben Kanda sitzen und schaute ihn an, musste den Schrecken erst einmal überwinden. Doch dann stand er auf und verließ, Yu Huckepack tragend, das Dorf. Als er sich auf den Weg zur Kutsche machte, warf er noch einmal einen Blick zurück.

„Mission erfüllt. Wir sind wirklich ein super Team, findest du nicht auch, Yu?“

Er lächelte und zog weiter, während sich über ihnen die dunkle Front der Wolken lichtete.

Es war vorbei.
 

Vorsichtig setzte er Yu in die Kutsche und anstatt sich wie auf die Hinfahrt ihm gegenüber zu setzen, setzte er sich neben ihn. Es war schon seltsam, aber irgendwie machte Yu beim Schlafen einen recht zufriedenen Eindruck und er fragte sich ob es daran lag, dass sie es den Akuma heute so richtig gezeigt hatten.

Lavi seufzte leise und lehnte sich etwas zurück, während die Kutsche losfuhr. Er war müde und er wollte sich gar nicht vorstellen, wie erschöpft Kanda sein musste. Sicher würde er wieder Tage durchschlafen und wenn man ihn dann fragte, wie es ihm ginge, wütend werden und einen verjagen. Ein Lächeln huschte über seine Lippen. Lavi freute sich darauf.

Doch nun wollte er sich selber eine kleine Pause gönnen. Er schloss das Auge und lehnte seinen Kopf leicht an Kandas. Und mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck schlief auch er ein.
 

Lavi konnte es kaum erwarten, Komui von ihrem Erfolg zu erzählen, doch zuvor brachte er den noch immer schlafenden Kanda in dessen Zimmer. Vorsichtig legte er ihn auf das Bett ab und er war froh, dass Kanda gerade den Schlaf der Toten zu schlafen schien, denn sicher wäre er jetzt einen Kopf kürzer, wenn Yu merken würde, wie er ihm den Umhang und den Mantel seiner Uniform auszog. Beides hing er über den Stuhl und sah dann zu Kandas Seite. Sein weißes Hemd zierte dort ein roter Fleck, was Lavi etwas schlucken ließ.

„Vielleicht sollte ich ihn doch zur Krankenstation bringen…“

Doch als er Kandas Hemd öffnete, und den Verband löste, stellte er mit Freuden fest, dass die Wunde sich von alleine wieder geschlossen hatte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass auch die Kratzer verschwunden waren. Mit einem fröhlichen Grinsen deckte er Kanda zu. Endlich begann Yu, sich selbst zu heilen.

„Ich denke.. es ist endlich Zeit. Findest du nicht auch, Yu?“

Er lächelte.

„Holen wir dich hier langsam raus. Denn dieses Zimmer ist nur eine schöne Lüge.“

Lavi trat an das Fenster und zog die Vorhänge einen kleinen Spalt auf.

Dies würde der Anfang sein.

Der Anfang seiner kleinen eigenen Mission.

..Die grausame Vergangenheit, die schmerzhafte Gegenwart..

Er lachte fröhlich.

„Mama! Mama schau doch mal was ich kann! Ich bin ein Superheld Mama!“

Er strahlte über das ganze Gesicht.

„Bist du jetzt stolz auf mich Mama?“
 

Ein Schlag. Das Kind lachte nicht mehr. Noch ein Schlag. Tränen.

„Mama hör auf! Das tut weh Mama!“

„Teufel! Teufel!“

Blut. Schmerz. Angst.

„Wieso.. Mama?“
 

Warum..?

Warum ist keiner da?

Warum rettet mich keiner?

….Beschütze mich.. bitte beschütze mich….

Kannst du mich retten, mich beschützen?

…..Beschütze mich…..
 

Weil es deine Bestimmung ist.

Du musst sie retten. Werde stark. Werde der Stärkste von allen.

Und stirb nicht, bevor du sie gefunden hast. Diese Person..

Diese Stimme..?

Es ist so hell.

Habe keine Angst. Du brauchst nicht weinen.

Ich schenke dir diese Blume und damit dein Leben.

Die Blume..

Rette sie.. rette diese Person

Weine nicht.

Erfülle deine Bestimmung

…die Liebe…hörst du.. Lie..
 

„Yu-chan! Hey Yu-chan!“

Nenn mich nicht bei meinem Vornamen…

„Allen ist eingeschlafen und da habe ich sein Gesicht angemalt! Willst du es sehen?“

Sein Lachen…Lavi..

Lavi
 

…Blut..?

Lavi?

Lavi?

„Yu…cha..n..“

Lavi!

Wieso…? Nein! Sein Blut.. Wieso seins? Wieso er? Bitte.. nicht..

Lavi…
 

Mit einem Ruck erwachte Kanda in seinem Bett. Schweißgebadet saß er kerzengerade und krallte sich mit seinen Fingern in die Decke. Panisch ließ er seinen Blick schweifen und als er erkannte, dass er in seinem Zimmer war und alles nur ein Traum, ließ er sich zurück in das Kissen sinken.

„Nur ein Traum.. ein böser Traum.. aber warum ausgerechnet jetzt..?“ murmelte Yu leise und strich sich einige verschwitzte Strähnen aus dem Gesicht. Er schloss für einen Moment die Augen, doch stand er dann auf. Wieder ließ er seinen Blick schweifen. Auf dem Stuhl konnte er Mantel und Umhang entdecken, so wie einen Blutverschmierten Verband. Er fasste sich kurz an den Kopf. Was war noch einmal passiert? Wie war er hierher gekommen?

Er war durcheinander und immer wieder kam ihm sein Traum in den Sinn. Es war lange her dass er geträumt hatte, es war lange her, dass er über seine Vergangenheit geträumt hatte. Aber wieso war Lavi ihm erschienen? Lavi hatte nichts mit seiner Vergangenheit zu tun. Lavi hatte rein gar nichts mit ihm zu tun.

Gedankenverloren stand er in seinem dunklen Zimmer und merkte nicht, wie ein kleiner Spalt zwischen seinen Vorhängen etwas Mondlicht auf seinen Rücken fallen ließ.
 

Nachdem Kanda duschen gewesen war und sich eine schwarze Hose und ein weißes Hemd übergezogen hatte, streifte er leise durch das stille und menschenleere Hauptquartier. Er traf niemanden in den endlos langen Gängen an, alle schliefen sie noch, war ja noch nicht einmal die Sonne aufgegangen.

Yu wanderte ziellos umher. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen und die tiefe Unruhe in sich zu bändigen.

Plötzlich hörte er einen Aufschrei und im nächsten Moment sprang eine Tür polternd auf und verfehlte ihn knapp. Und als ob dies nicht schon verwunderlich genug wäre, rannte plötzlich Lavi aus diesem Raum. Als Lavi ihn erblickte, hellte sich seine Miene auf, doch ein weiteres krachendes Geräusch ließ ihn erschreckend in den Raum zurückschauen, ehe er Kandas Hand ergriff und schon losrannte.

„Lauf Yu! Lauf so schnell du kannst! Komui hat wieder einer seiner Komurins erfunden! Ich glaube, dieser ist der Schlimmste!“

„W-was?“

Kanda war zu durcheinander gewesen, um rechtzeitig zu reagieren. So wurde er von Lavi weiter gezogen, während es hinter ihnen immer wieder mal laut krachte und polterte. Instinktiv griff Yu an die Stelle, wo sonst immer sein Schwert hing, um jedoch mit Schrecken festzustellen, dass er es im Zimmer gelassen hatte. Als er nach hinten blickte und sah, wie Komurin eine Säule rausriss und nach ihnen werfen wollte, gab er den Drang auf, sich von Lavi losreißen zu wollen und sich Komurin zu stellen.

Lavi zog ihn einfach weiter, raus aus diesem Gang, eine Etage tiefer und dann nach draußen in den Garten, der für die Exorzisten als Ort der Ruhe und Entspannung angelegt worden war. Hinter einem großen Baum blieb Lavi stehen und ließ Kandas Hand los, stützte seine Hände auf die Oberschenkel und schnappte erst einmal nach Luft.

„Man! War das knapp gewesen! Beinahe hätte er uns platt gewalzt!“

Er schaute zu Yu und grinste dann fröhlich, jedoch warf Kanda, der sich gegen den Baum gelehnt hatte, ihm einen mürrischen Blick zu.

„Bist wohl mit dem falschen Bein aufgestanden, was?“ fragte Lavi und grinste immer noch fröhlich vor sich hin. Mittlerweile bildete sich am Horizont ein roter Schimmer, der nach und nach größer wurde und den Garten in ein warmes Licht tauchte.

„Pah..“ machte Yu leise und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wie lange habe ich geschlafen?“

„Oh.. nicht so lange wie zuvor. Vor einen Tag sind wir zurückgekommen. Geht’s dir schon besser? Du siehst immer noch müde aus.“

Yu sah Lavi an, welcher sich mittlerweile hingesetzt hatte und sich gegen den Baum lehnte.

Langsam fiel es ihm wieder ein, ihre Mission, das Gift, die Verletzung, der Kampf, alles. Er schob sein Hemd ein Stück hoch, doch an seiner Seite war nicht mal eine Narbe zu sehen. Seine Wunde war vollständig verheilt.

„Na super! Bist ja wieder der Alte! Wir sollen übrigens bis morgen unsere Berichte abgeben. Ich hab meinen schon fertig, kannst von mir abschreiben wenn du willst.“

Kanda verdrehte etwas die Augen und verschränkte wieder seine Arme. So etwas hatte er nun wirklich nicht nötig. Er seufzte leise und sah dann auch zum Horizont, wo seine Gedanken wieder um seinen Traum zu kreisen begannen. Und obwohl die warmen Sonnenstrahlen ihre Haut streiften, empfand Kanda nur Kälte.
 

„Mama hör auf! Das tut weh Mama!“

„Teufel! Teufel!“
 

„..Beschütze mich…“

„Hm? Hast du was gesagt Yu-chan?“

Kanda schreckte aus seinen Gedanken, als er Lavis Stimme hörte.

„Nein.. nein habe ich nicht..“ murmelte er leise und ging.
 

„Hmmmmm… Yu-chan war heute aber seltsam drauf..“

Lavi verschränkte die Arme hinter dem Kopf und fragte sich, wo Kanda sich wohl rum trieb. Beim Essen hatte er ihn nicht gesehen.

„Vielleicht verzweifelt er ja an seinem Bericht.“

Lavi lachte leise, denn die Vorstellung, Yu schwer grübelnd an einem Schreibtisch zu sehen, fand er mehr als nur amüsant.

„Ich sollte unbedingt nachschauen, ob ich Recht habe!“ sagte er vergnügt und wollte sich schon auf den Weg zu Kandas Zimmer machen, doch einer Intuition folgend, trat er erst an das Fenster im ersten Stock, von wo man aus in den Garten sehen konnte.

„Oh…“

Lavi kratzte sich etwas am Hinterkopf, als er Yu sehen konnte, wie er im Garten stand, mit verbundenen Augen und Mugen in der Hand.

„Soviel zu meiner Ich-verzweifle-an-meinem-Bericht-Theorie.. aber dass er jetzt schon wieder trainiert…“ murmelte Lavi, stützte seinen Kopf auf der Hand ab und schaute Yu ein wenig zu.

Kanda führte langsame und gleitende Bewegungen durch, jeder seiner Muskeln war dabei angespannt und Lavi wusste, dass Yu gerade höchst konzentriert war und Übungen zum lenken und kontrollieren seiner Kraft machte. Und obwohl seine Bewegungen langsam waren, steckten sie dennoch so voller Energie. So einen Zustand zu erreichen war nicht einfach, vor allem nicht seine Energien so präzise zu lenken. Es sah beinahe so aus, als würde er die Luft zerschneiden.

Lavi gefiel es Yu dabei zu zusehen, wie geschmeidig, leicht und doch kraftvoll seine Bewegungen waren. Er hatte Yu schon des Öfteren beim trainieren zugesehen und es wunderte ihn wirklich nicht mehr, dass Kanda so stark geworden war.

Ein lautes Fluchen von Yu unterbrach jedoch die träumerische Stille und ließ Lavi etwas zusammenzucken. Kanda riss sich die Augenbinde ab und warf sie wütend zu Boden, ehe er einen Moment inne hielt, doch dann mit einer Bestimmtheit direkt zu Lavi hochsah und ihm einen kühlen Blick zu warf. Dann wandte er sich von ihm ab, ergriff sein Handtuch und wischte sich etwas den Schweiß von der Stirn.

„Uhh.. er ist aber mächtig wütend..“

Das hielt Lavi jedoch nicht davon ab, hinunter in den Garten zu springen und sich zu Yu zu gesellen.

„Warum hast du so einfach aufgehört, Yu? Sah doch super aus!“

„Ich war unkonzentriert.. und nun lass mich in Ruhe.“

„Irgendwie.. siehst du ganz schön unglücklich aus… Komm, lass uns was Witziges machen, damit du auch mal deine Lachmuskeln trainierst!“

Yu spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Lavi sollte aufhören damit. Er sollte nicht näher kommen, nicht genauer hinsehen.

„Lass mich endlich in Ruhe! Tz..!“

Mit diesen Worten ergriff Kanda erneut die Flucht vor Lavi und ließ ihn verdutzt dreinblickend zurück.
 

„Du glaubst also, sie hatten Hilfe?“

Kanda nickte.

„Und nicht nur irgendwelche Hilfe.. Ich glaube, wir haben einen Verräter. Jemand, der so ein Gift herstellen kann, muss verdammt gut über die Innocence und ihre Träger Bescheid wissen. Akuma sind für so etwas zu dumm. Auch die mit höherem Level. Sie wären zu so etwas nicht in der Lage, aber jemand, der Tag ein und Tag aus mit Innocence und Exorzisten zu tun hat, der schon.“

Komui senkte nachdenklich den Blick.

„Das ist ein harter Vorwurf..“

„Ich weiß.“

Kanda sah ihn durchdringlich an, aber Komui sah weiterhin nachdenklich auf seinen Schreibtisch. Er konnte es sich kaum vorstellen. Sie sollten einen Verräter haben? Wer würde so etwas nur tun? Doch dann fiel ihm der Fall mit Suman ein und er seufzte schwer.

Möglich wäre es, dass einer sie verriet, egal wie sehr ihm dieser Gedanke missfiel. Und Kandas Sorge war nicht unbegründet. Wenn sie wirklich einen Verräter hatten, dann waren die Exorzisten in größter Gefahr. Wenn sie hier vergiftet werden würden.. nein, das wollte sich Komui gar nicht ausmalen. Denn schon allein die Vorstellung, dass die Exorzisten noch nicht einmal in ihrem eigenen zu Hause, vor ihren eigenen Verbündeten sicher waren, ließ Übelkeit in ihm aufsteigen.

„Komui!“

Komui und Kanda sahen zu Reever, der gerade in das Büro gestürmt kam.

„Die Proben... die Proben die Lavi und Kanda mitgebracht haben.. es.. es sind exakt die gleichen, die letztens gefehlt haben! Irgendwer.. hat sie entwendet!

Und mit einem lauten Klirren war Komuis Tasse zu Boden gefallen und zerbrochen.
 

Die Liebe... die Liebe wird dich zu ihr führen.

Werde stark...

Weine nicht.. du wirst glücklich sein. Sie wird dir nicht wehtun.

Finde die Person und rette sie, dann wird sie auch dich retten.
 

„Stirb! Stirb Teufel!“

„Mama...“
 

„Yu!“

Lavi...

„Ach komm schon Yu-chan! Das wird witzig!“

Wieso lachst du immer..? Wieso bist du immer so glücklich?

„Yu..?“

Nein.. sieh mich nicht an! Geh weg! Lass mich alleine.. lass mich hier alleine.. in dieser Dunkelheit..

„Lass es gut sein Yu, okay? Lass uns eine Pause machen....“

Eine Pause.. tz..

„Du solltest mal dein Fenster aufreißen und laut laut lachen.....“

Ein Schrei? Sein Schrei!

Blut. Viel zu viel Blut.

„Yu...cha..n...“

NEIN!
 

„NEIN!“

Kanda schreckte erneut aus einem seiner Alpträume und hielt sich den Kopf.

„Nein.. nicht schon wieder... nicht schon wieder...“

Seit vier Tagen träumte er schon diesen Alptraum. Doch von Tag zu Tag wurde er schlimmer. Von Tag zu Tag spürte er die Schläge, die Schnitte, die Verbrennungen deutlicher. Von Tag zu Tag wurde Lavis Tod grausamer. Langsam konnte er nicht mehr. Er wollte sich nicht mehr erinnern, er wollte nicht mehr sehen. Es war genug, einfach genug.

Yu musste tief Luft holen, um sich etwas zu beruhigen und wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.

Er stand mit leicht zitternden Händen auf und sah sich in seinem Zimmer um. Das erste Mal gab ihm sein Zimmer keine Sicherheit mehr. Er fühlte sich angreifbar, verletzbar hier drinnen. Er fühlte sich eingesperrt, schon beinahe erdrückt in der Dunkelheit seines Zimmers.

„Bitte.. beschütze mich...“

Kanda biss sich auf die Unterlippe und versuchte auszuharren. Es war sein Zimmer, hier war er er selbst, hier war er sicher. Doch eine unbekannte Angst überfiel ihn und bevor er wusste was er tat, rannte er aus seinem Zimmer, raus aus der Dunkelheit, mit dem nur einen Wunsch, wegzurennen und etwas, jemanden zu finden, der ihn beschützen würde.

Erst als er den Garten erreichte, blieb Yu stehen und schaute sich suchend um, doch niemand war da, keiner. Er war alleine und nur der abnehmende Mond erhellte mit seinem schwachen Licht den Garten.

Nein, das hier, das hatte er nicht gesucht. Dennoch rührte er sich nicht vom Fleck, rannte nicht weiter, wohin sollte er denn auch? Hier gab es nichts, niemanden, zudem er hätte laufen können. Sein Herz zog sich zusammen. Seit er diesen Alptraum hatte, war es so schrecklich kalt geworden.
 

Irgendwann hatte sich Kanda an den Baum gesetzt und dort den Rest der Nacht nachdenkend, alleine und frierend verbracht. Die Sonne war schon seit einiger Zeit aufgegangen und strahlte in vollen Zügen. Sie schien ihm ins Gesicht, aber er fühlte ihre Wärme schon gar nicht mehr. Ja, es versprach ein wunderschöner Tag zu werden und Yu hasste es. Er hasste jeden wunderschönen Tag, der nur für ihn nicht schön sein wollte. Der ihn aus seiner Schönheit ausschloss.

Die Sonne war wirklich grausam. Das hatte er schon als kleines Kind so empfunden. Egal was passiert war, egal wie schlecht es einem ging, die Sonne lachte einfach schadenfroh weiter. Die Sonne lachte, als wäre es ihr vollkommen egal. Die Sonne verriet einen. Aber die Dunkelheit, die Dunkelheit litt mit einem. Sie lachte nicht, nein, die Dunkelheit lachte nie. Aber warum hatte er das Gefühl, dass nun auch die Dunkelheit ihn verraten wollte? Wo sollte er hin, wenn noch nicht einmal die Dunkelheit ihm Schutz bot?

Er machte sich etwas kleiner, denn es wurde nur noch kälter. Er verstand nicht warum, aber er schaffte es einfach nicht mehr, sich warm zu halten.

„Wieso ist es nur so kalt..?“

„Kalt? Dir ist kalt? Hier, dann nimm meine Jacke.“

Eine Jacke landete auf seinen Schultern, was ihn heftig zusammenzucken ließ. Er war so in Gedanken gewesen, dass er nicht gehört hatte, wie Lavi zu ihm getreten war.
 

„Haha! Du musst ja wirklich ganz weg gewesen sein! Ich hab dich schon von dort vorne gerufen.“

Lavi lächelte fröhlich, doch als Yu zu ihm hochsah, trat Sorge in sein Gesicht.

„Hey.. du siehst nicht gerade gut aus... Ist alles okay Yu-chan? Nicht das du krank wirst..“

Kanda sah schon seit einiger Zeit so müde und erschöpft aus, er hatte Augenringe und im Moment konnte Lavi noch nicht einmal Stolz in Kandas Augen erblicken. Das einzige was er noch in seinen Augen sehen konnte, war eine Leere, die ihm sein Herz durchbohrte.

„Yu?“

So hatte er Yu noch nicht erlebt. Irgendetwas war nicht in Ordnung, ganz und gar nicht.

„Ich brauch deine Jacke nicht..!“

Kanda stand auf und Lavi ahnte schon, dass Yu nur wieder flüchten würde, weswegen er ihm beide Hände auf die Schultern legte, ehe Kanda sich die Jacke abstreifen konnte, und ihn Richtung Ausgang schob.

„Was soll das? Lass mich los!“

„Nichts da! Ich mach mir Sorgen um dich Yu! Findest du nicht auch, dass es langsam Zeit wird..?“
 

Plötzlich war es warm geworden, für einen kleinen Moment, und als er aufsah, konnte er zu Lavi hochsehen. Er brauchte einige Momente bis er realisiert hatte, dass Lavis Jacke für den Augenblick der Wärme verantwortlich war. Doch warum hatte Lavi ausgerechnet jetzt auftauchen müssen? Warum jetzt, wo er sich so schrecklich schwach fühlte?

Nein, er musste schnell weg, Lavi sollte ihn nicht so sehen. Aber Lavi war schneller und schob ihn schon aus den Garten hinaus, mit bestimmenden Griff, und er wusste nicht wieso er sich jetzt nicht mit allen Mitteln wehrte, um von ihm loszukommen. Lag es vielleicht an seinen Worten? Es wurde langsam Zeit...? Zeit wofür? Aber diese Worte regten irgendetwas in ihm und ehe er sich versah, fand er sich in Lavis Zimmer wieder.

In diesem Zimmer war es sehr hell, die Sonne schien aus dem Fenster direkt hinein. Das Bett stand gegenüber von dem Fenster, links davon ein kleiner Schrank und ein Schreibtisch. Der Rest des Zimmers war übersehen von Büchern. Ihm fiel auf, dass er noch nie hier gewesen war.

„Yu.. nun erzähl mir doch endlich, was dich so quält! Denkst du denn wirklich, dass mir das nicht auffällt? Was ist los..?“

„Tz.. ich schlafe nur schlecht in letzter Zeit, das ist alles!“

Kanda verschränkte die Arme vor der Brust und sah zur Seite.

„Und das sicher nicht ohne Grund, oder? Hör endlich auf zu denken, du könntest mir etwas vor machen! Ich weiß, dass es dir nicht gut geht, also rede endlich mit mir! Bitte Yu.. ich will dir doch nur helfen!“

„Verdammt.. ich träume schlecht! Nun zufrieden?! Ich brauche deine Hilfe nicht, ich komme alleine zu recht!““

Yu merkte, wie Wut in ihm aufstieg. Lavi mit seiner aufdringlichen Art, er verstand doch gar nichts, er kannte ihn nicht, wie konnte er sich nur so anmaßen?

„Du weißt gar nichts! Du weißt nichts über mich! Also lass mich in Ruhe!“

„Dann erzähle mir von dir.. denn ich will mehr über dich wissen. Yu.. versuch es, okay? Erzähl mir was du träumst und was dich so bedrückt. Sollte ich dir nicht helfen können, dann werde ich dich auch in Ruhe lassen, in Ordnung? Gib mir eine Chance!“

„Pahh.. meinetwegen.. wenn du mich danach endlich in Ruhe lässt!“

Er lehnte sich gegen die Zimmerwand und ließ seine Arme verschränkt. Er würde Lavi nicht alles von seinem Traum erzählen, nur einen kleinen Teil und dann würde Lavi feststellen können, dass er nichts würde tun können und er würde ihn endlich in Ruhe lassen. Ja, genau das wollte er. Lavi sollte ihn endlich in Ruhe lassen.

„Ich träume von meiner Kindheit, von der Zeit, kurz bevor ich in den Orden gekommen bin. Zu der Zeit habe ich meine heilende Gabe entdeckt, nachdem ich beinahe in einem Fluss ertrunken wäre. Ich habe davon meiner Mutter erzählt. Sie hat es jedoch nicht als Gabe angesehen sondern dachte, der Teufel wäre in mich gefahren.. Sie hat mich geschlagen aus Wut und Verzweiflung und jedes Mal wenn meine Wunden heilten, wurde sie nur noch wütender und verzweifelter. Es ging so weit, dass sie versuchte mich umzubringen.“

Kanda versuchte so gleichgültig wie möglich zu klingen, wollte er Lavi doch nicht in sein Herz blicken lassen, doch während er sprach, spürte er jeden einzelnen Schlag, jeden einzelnen Messerschnitt, den seine Mutter ihm zugefügt hatte. Bilder von einem dampfenden Bügeleisen, wie es auf sein Gesicht zuraste, schossen ihm durch den Kopf und ließ seine linke Gesichtshälfte eine unglaubliche Hitze verspüren. Sein Körper konnte sich an alles erinnern. An alles, was seine Mutter ihm angetan hatte.

Seine Finger krallten sich leicht in seinen Arm und er war froh, dass durch seine Gabe keine Narben zurückgeblieben waren.

„Und bist du nun zufrieden? Jetzt weißt du mehr über mich! Tz..! Lach ruhig darüber.. ich weiß, dass es nichts als nur Schwäche ist, nach all diesen Jahren noch davon zu träumen!“

Doch Lavi lachte nicht. Er sah ihn an, mit einem traurigen und mitfühlenden Blick und dann tat er etwas, womit Kanda nicht gerechnet hätte.
 

„Yu...“

Lavi drückte ihn an sich, nachdem er die Arme um ihn gelegt hatte und würde ihn am liebsten nie wieder loslassen. Auch wenn Yu gleichgültig getan hatte, hatte er durch ihn hindurch gesehen und den tiefen Schmerz erkannt, die diese Erinnerungen in sich trugen. Er hatte seine Angst gespürt, so viel gelitten, er hatte so viel, zu viel, gelitten. Es war schrecklich, wie es ihn zur Waffe gemacht hatte.

Und dabei ahnte er noch nicht einmal, wie viel wirklich hinter diesem Traum steckte.
 

„Lass das! Ich brauch so etwas nicht, kapiert!?“

Yu drückte Lavi von sich, bevor dessen Wärme Besitz von ihm ergriff, denn er wusste, er wäre wie schon auf ihrer Mission zu schwach, um ihr zu widerstehen. Doch Lavi ergriff ihn am Handgelenk und zog ihn erneut an sich und hielt ihn dieses Mal fester.

„Yu.. du bist doch auch nur ein Mensch. Menschen können nicht immer nur kämpfen und vor allem nicht alleine. Du brauchst nicht mehr alleine zu kämpfen, Yu.. Lass mich für dich kämpfen und dich gleichzeitig beschützen. Lass mich dich beschützen.. Nicht weil du schwach bist, keiner, keiner hier denkt, dass du schwach bist. Und vor allem ich nicht. Ich will dich doch nur Lächeln sehen, dass wollen wir alle! Weil wir dich lieben.. Wir lieben dich Yu.. selbst Allen. Jeder liebt dich auf seine Art und Weise.“

Und ich... ich liebe dich ganz besonders.. fügte er in Gedanken hinzu.
 

Lavis Worte brachen durch seine Mauer hindurch und hinterließen ein reines Schlachtfeld in seinem Inneren. Seine Mauer, seine schützende Mauer, die ihn noch nie im Stich gelassen hatte, war zerbrochen, in tausende von Trümmern geschlagen. Und jetzt, wo seine Mauer nicht mehr stand, jetzt, wo er sich nicht mehr selber schützen konnte, erfasste Lavis Wärme ihn mehr als jemals zuvor.

Für wenigstens einen Moment wollte er Lavis Worten glauben, wollte glauben, dass es okay war, wollte glauben, dass er eine Pause von dem ständigen Kämpfen machen konnte und das Lavi, das Lavi ihn wirklich beschützen würde.

„Bitte... bitte beschütze mich..“ murmelte er leise, während er sich an ihn drückte und sein Gesicht in Lavis Halsbeuge verbarg. Und als Lavi ihn nicht losließ, fühlte er sich das erste Mal in seinem Leben wirklich beschützt.
 

„Yu.. ich beschütze dich...“ flüsterte Lavi leise in sein Ohr und fuhr mit seiner Hand sanft über Kandas Rücken. Er war so froh, dass Yu sich endlich ein klein wenig geöffnet hatte. Endlich konnte er für ihn da sein, ihm helfen. Ein kleines Lächeln umspielte Lavis Lippen bei diesem Gedanken. Er hatte sich wirklich lange gedulden müssen.

Nach einer Weile spürte er, wie Kanda sich mehr und mehr gegen ihn lehnte und als er genauer hinsah stellte er fest, dass Yu eingeschlafen war. Lavi konnte darüber nur etwas grinsen, doch hob er Yu dann hoch und legte ihn in sein Bett. Nach diesen Augenringen zu urteilen, waren die Nächte sicher schlaflos gewesen und er konnte sich vorstellen, wie müde Kanda sein musste. Für einen kurzen Moment überlegte er, die Vorhänge zuzuziehen, doch entschied er es sich anders. Wenn Yu sich ausgeschlafen hatte, sollte er in Licht erwachen. Die Zeit der Dunkelheit war vorbei. Ab heute würde er ihn nie wieder zurück in diese Dunkelheit gehen lassen.

Lächelnd sah er ihm zu wie er schlief. Seine Gedanken kreisten jedoch um Kandas Vergangenheit und je länger er darüber nachdachte, desto mehr verschwand sein Lächeln. Yu hatte es wirklich nicht einfach gehabt und er fragte sich, ob genau das der Grund war, wieso er sich so verschlossen hatte.

Kandas unruhige Bewegungen und sein gequältes Gesicht rissen ihn jedoch aus seinen Überlegungen. Lavi war sich sicher, dass Yu wieder schlecht träumte, weswegen er sich vorsichtig zu ihm legte. Sanft strich er ihm einige Strähnen aus dem Gesicht, ehe er einen Arm um ihn legte und Kanda sachte an sich drückte.

„Ich bin bei dir.. es ist okay. Ich beschütze dich Yu..“

Und tatsächlich, Kanda wurde langsam ruhiger und sein Gesicht entspannte sich wieder. Zufrieden schloss Lavi sein Auge.
 

Durch warme Sonnenstrahlen wurde Yu sanft aus seinem Schlaf gezogen. Er öffnete die Augen, doch musste er sie sofort wieder schließen, denn das Licht blendete ihn.

„So hell..“ murmelte er leise und öffnete die Augen erneut, dieses Mal langsamer und vorsichtiger. Ein Anflug eines Lächelns war auf seinem Gesicht zu erkennen.

„Es ist warm... so warm war es noch nie..“

Er fragte sich, ob er träumte. Das konnte doch nicht wahr sein, dafür war es zu schön. Warum sollte der Tag plötzlich auf seiner Seite sein? Warum sollte die Sonne ihn mit ihrer Schönheit beschenken?

Als er nach rechts sah, fand er die Antwort. Er war hier. Natürlich schien da die Sonne, sie schien immer, wenn er da war. Ja, Lavi war schon immer wie die Sonne gewesen. Hell, stark, schön und warm. Und es gab Zeiten, da hatte er ihn dafür gehasst, genauso wie er die Sonne gehasst hatte. Doch es war egal wie sehr er ihn und die Sonne hasste, am Ende hatte er sich dennoch nach ihnen gesehnt.

Beide waren wirklich grausam. Und dennoch war er hier und der Gedanke, dass er froh darüber war und er sich wünschte, für immer so neben ihm liegen zu können, ließ Hitze in seine Wangen steigen. War es denn wirklich okay? Er konnte es sich kaum vorstellen. Noch nie lag seine Seele so offen wie jetzt und er verspürte die Angst, dass er es bereuen würde. Lavi könnte ihn verletzen. Es wäre so einfach. Wollte er dieses Risiko wirklich eingehen?

Nein.

Es würde schief gehen. Er musste gegen diese Schwäche kämpfen. Kämpfen..? Schon wieder kämpfen? Hatte er dies nicht schon die ganze Zeit getan?

Er war es müde zu kämpfen.
 

Leise stand Kanda auf und trat ans Fenster. Er sah hinauf in den wolkenlosen Himmel. Wenn die Sonne doch nie mehr gehen würde. Wenn er diesen Moment einfrieren könnte, er würde es sofort tun.

„Bitte.. geh nie wieder..“

Langsam senkte Yu seinen Blick wieder. Er sollte aufhören sich etwas vorzumachen. Die Sonne würde untergehen und ihn wieder alleine in der Dunkelheit lassen. Und mit der Sonne würde er auch gehen. Er ballte die Hände zu Fäusten.

Drehe mir nicht den Rücken zu! Drehe mir nicht den Rücken zu! Nicht nachdem du mir das hier alles gegeben hast!

War es schon zu spät? Nein, wenn er der Sonne und Lavi den Rücken zudrehte, dann würde es so wie früher werden. Das Licht passte doch nicht zu ihm. Er hätte es beinahe vergessen. Zu ihm passte nur die Dunkelheit, nur die Zerstörung. An seiner Seite war sie schon immer gewesen, die Zerstörung. Und sie würde nicht so einfach gehen, nur weil er es sich wünschte.

Er wandte sich von dem Fenster ab.

„Willst du etwa schon gehen..? Willst du wirklich gehen Yu?“

Ein wenig erschrocken schaute er zu Lavi. Seid wann war er wach?

„Du wirst nie heilen, du wirst nie fühlen, solange du dir weiter ins Gesicht lügst.“

Mit ernstem Blick war Lavi aufgestanden und hielt ihm die Hand hin.

„Geh nicht.. ich bitte dich Yu. Bleibe bei mir und ich werde dir zeigen, wie schön das Leben ist. Ich werde dir das ganze Licht zeigen.“

Ein sanftes Lächeln legte sich auf seine Lippen.

„Nimm meine Hand.. und dann lass uns von hier aus zusammen gehen.“

..Und die hoffnungslose Zukunft..

Er sah auf Lavis Hand und zögerte. War es nicht das, was er sich insgeheim gewünscht hatte? Aber in ihm machte sich Unsicherheit breit. Er war doch all die Jahre auch alleine zurechtgekommen. Er war stark geworden. Ja, er war doch stark. Da brauchte er keine Hilfe. Da brauchte er niemanden an seiner Seite. Doch wieso war es in letzter Zeit so schwer geworden, alleine zu sein? Wieso war die Dunkelheit so kalt geworden, dass er es in ihr nicht mehr aushielt? Irgendetwas in ihm hatte sich verändert und er ahnte, dass Lavi der Schuldige dafür war. Lavi hatte etwas getan, etwas, dass ihn jetzt so sehnsüchtig und doch so abneigend hier stehen ließ. War er denn nicht schwach, wenn er Lavi jetzt seine Hand reichte? Würde es nicht sein Ziel verraten, stark zu werden, wenn Lavi ihn beschützen würde?

Yu hatte das Gefühl, innerlich gleich zu zerreißen.

„Ich weiß, dass du mich hasst, aber dass du dir auch nichts mehr wünscht, als bei mir zu sein. Ich bin dein Segen und dein Fluch, ich bin die Sehnsucht in dir, nicht wahr? Du kämpfst so sehr gegen deine Gefühle an, dabei willst du nichts anderes, als nicht mehr alleine zu sein. Du träumst, dass man dich beschützt, aber es wird nur ein Traum bleiben solange du dich deinen wahren Gefühlen nicht stellst, Yu. Was hast du schon zu verlieren? Dein Herz? Du hast es doch schon verloren..“

Noch immer hielt Lavi ihm die Hand hin, während Yu den Blick gesenkt hatte, da er Lavis Blick nicht standhalten konnte, denn er hatte das Gefühl, dort in einen Spiegel zu sehen, der ihm die bittere Wahrheit zeigte, die er nicht sehen wollte.

„Ich kann dir deinen Traum erfüllen, Yu. Ich werde dich beschützen. Das ist ein Versprechen. Und selbst wenn du jetzt nicht meine Hand nimmst und gehst, werde ich dich dennoch immer beschützen. Ich werde bei dir sein, egal was kommt.“

Kanda biss sich auf die Unterlippe und sah Lavis Hand an. Je länger sein Blick auf Lavis Hand ruhte, desto mehr verstand er, dass er nicht mehr alleine sein wollte. Es war so warm, bei ihm war es so warm, er war so warm, wärmer als die Sonne selbst.

Alles in ihm schrie, diese Hand zu nehmen. Es war ein Verlangen, das er noch nie zuvor in sich gespürt hatte. Ja, er wollte raus aus der Dunkelheit, er wollte bei ihm bleiben. Auch wenn es ihm nicht gefiel und er Lavi am liebsten für seine Worte den Kopf abgeschlagen hätte, er hatte Recht. Lavi hatte mit allem was er gesagt hatte Recht. Und auch wenn es schwer war, dies zu akzeptieren, zu verlieren hatte er wirklich nichts.

Als er seine Hand, und damit auch seine kleine Welt, in Lavis Hand legte, war er froh, dass Lavi ihn an sich zog und nicht mehr losließ.
 

Lavi schloss glücklich sein Auge, als er Yu endlich so in seine Arme schließen konnte. Wie lange hatte er darauf schon gewartet? Er wusste es nicht mehr, aber seiner Meinung nach eh viel zu lange.

„Yu...“

Er sah ihn an und strich ihm vorsichtig über die Wange, so, als wäre Kanda aus Porzellan und leicht zerbrechlich.

„Egal was passiert, ich werde dich nicht alleine lassen..“

Zärtlich nahm er Kandas Gesicht in seine Hände und küsste ihn. Er spürte, wie Yu erschrak und versuchte, sich ihm zu entziehen. Doch er hielt ihn weiter fest, jetzt, jetzt würde er ihn nicht mehr gehen lassen. Er würde ihm zeigen, wie schön das Licht sein konnte. Er würde ihm alles Schöne zeigen, er wollte in ihm wie ein Sturm wüten und alles offen legen. Das Alte, das Schlechte, einfach wegfegen und Platz für Neues, für ihn in Kandas Herzen schaffen.
 

Langsam hörte er auf, sich dagegen wehren zu wollen. Es hatte sowieso keinen Sinn. Lavi hatte ihn schon voll und ganz eingenommen. Zögerlich begann er, den Kuss zu erwidern. Dieses Gefühl war ihm fremd, noch nie war jemand ihm so nahe gekommen, nein, noch nie hatte er jemanden so nahe an sich rangelassen. Doch Lavis Lippen hatten irgendetwas anziehendes, wogegen er sich einfach nicht mehr wehren konnte. Noch immer war er unsicher, ob es wirklich okay war, aber er rief sich Lavis Worte in Erinnerung, alles, was er zu ihm gesagt hatte und versuchte, versuchte wirklich an diese zu glauben.

Er spürte, wie Lavis Arme sich ein wenig enger um seinen Körper schlangen und er fürchtete, dass Lavi dadurch bemerken würde, wie wild sein Herz schlug. So löste er den Kuss und drückte sich von ihm weg. Er konnte nur erahnen, wie rot sich seine Wangen gefärbt hatten, weswegen er es bevorzugte, den Kopf leicht zur Seite zu drehen und wegzuschauen.
 

Lavi lachte nur leise, als Yu, scheinbar peinlich berührt, sich etwas von ihm wegdrehte. Doch von heute an würde er nicht mehr zulassen, dass Kanda sich von ihm abwandte. Er ergriff Kandas Kinn und drehte seinen Kopf zu sich, ehe er ihn erneut küsste, dieses Mal inniger als zuvor. Sein anderer Arm legte sich um Kandas Hüfte und zog ihn so wieder an sich. Ihm so nahe zu sein, es war einfach zu schön, als das er es wieder missen wollte. Seine Lippen, seine Haut, sie waren weicher als er es sich erträumt hatte und seine kalten Hände ließen jedes Mal einen Schauer über seinen Rücken laufen. Und er wusste, irgendwann würde Yu sich nicht mehr dagegen sträuben ihm so nahe zu sein, irgendwann würde er ihn ansehen und lächeln. Ein Lächeln von Yu geschenkt zu bekommen hatte er sich schon immer gewünscht.
 

„Komm mit Yu! Gleich geht die Sonne unter, lass uns in den Garten gehen!“ meinte Lavi lächelnd, als sie auch den zweiten Kuss gelöst hatten und ergriff Kandas Hand. Ohne eine Antwort abzuwarten, zog er ihn aus dem Zimmer.

Yu, noch immer ganz aufgewühlt durch die Küsse, stolperte einfach hinter Lavi her und ließ sich in den Garten ziehen.

„Von hier kann man den Sonnenuntergang wirklich gut sehen. Ich schau ihn mir manchmal an.“

Ich weiß... dachte sich Kanda und folgte Lavis Blick in den Himmel. Er hatte Lavi schon öfter hier gesehen, wie er an den Baum gelehnt saß und sich alleine den Sonnenuntergang angeschaut hatte. Er war kein einziges Mal zu ihm gegangen. Er hatte nur ab und zu dagestanden und ihn ein wenig beobachtet, aber nie sonderlich lange, hatte er doch nie bemerkt werden wollen. Er wusste nicht genau wieso er Lavi immer mal wieder zugesehen hatte, wahrscheinlich weil Lavi selber fast wie die Sonne war. Er hatte immer mit gemischten Gefühlen da gestanden. Voller Hass, voller Sehnsucht. Und jetzt stand er wirklich mit ihm zusammen hier. Nie hatte er sich so etwas ausgemalt, kein einziges Mal daran gedacht, dass dies irgendwann passieren könnte.

Der Himmel färbte sich rot während die Sonne ihren Rückweg antrat, um Platz für die Nacht einzuräumen. In Yu stieg ein mulmiges Gefühl auf, endlich konnte er den Anblick der Sonne ertragen, die warmen Strahlen wieder spüren und nun wollte sie schon gehen? Was, wenn über Nacht wieder alles anders werden würde? Wenn die Sonne ihn am nächsten Tag wieder verhöhnen würde, oder wenn sie einfach gar nicht scheinen würde? Wer gab ihm die Sicherheit, die Garantie, dass es morgen nicht schon wieder wie gestern sein würde?
 

Lavi entging Kandas sehnsüchtiger und unsicherer Blick Richtung Sonnenuntergang nicht und schloss ihn deswegen von hinten fest in seine Arme.

„Keine Angst Yu, ich bin doch da. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.“

„Tz.. ich habe keine Angst!“

„Haha, okay, okay.. meinetwegen. Setzen wir uns?“

Wieder wartete Lavi keine Antwort ab und setzte sich einfach, zog Yu mit, sodass dessen Rücken an seiner Brust lehnte und er weiter seine Arme um ihn legen konnte.

Auf Kandas Wangen trat wieder eine leichte Röte, doch schwieg er und schaute der Sonne zu, wie sie sich weiter neigte. Auch Lavi schaffte es, zu schweigen und einfach nur dem Sonnenuntergang zuzusehen.
 

Die Sonne neigte sich ihrem Ende zu und der Garten wurde von einer sanften Dunkelheit erfasst. Kanda schaute weiter in den Himmel, auf dem sich die ersten Sterne abzeichneten und wo die silberne Flut des Mondes den Nachthimmel erhellte. Er spürte, wie Lavi ihn eine Spur mehr an sich drückte und wie sich dessen Hand auf seine legte.

„Yu..? Frierst du? Deine Hände sind heute besonders kalt...“

„Nein.. nein mir ist nicht kalt.“

Wenn er ehrlich war, war ihm noch nie so warm gewesen wie gerade in diesem Moment.
 

In dieser Nacht wurden heimlich alle Lebensmittel und Labore durchsucht. Zum Schrecken aller die von dem Gift wussten, waren die Nahrungsmittel tatsächlich vergiftet worden. Glücklicherweise schien noch keines dieser Lebensmittel verwendet worden zu sein. Unauffällig wurde alles entsorgt. Nun war es sicher, sie mussten einen Verräter in den eigenen Reihen haben. Komui traf diese Erkenntnis am meisten. Dennoch musste schnell gehandelt werden, bevor der Täter merkte, dass sie von dem Gift wussten. Am frühen Morgen fanden sich Reever, Kanda und Lavi im Büro von Komui ein.

„Wir haben nur diesen Tag.“ sagte Komui ernst und stand von seinem Stuhl auf.

„Nur diesen Tag, um herauszufinden, wer uns verrät. Wenn wir länger brauchen wird er wissen, dass wir von dem Gift wissen. Schließlich haben wir die vergifteten Lebensmittel entfernt. Lavi und Kanda, ihr werdet die Zimmer von allen Wissenschaftlern und Findern durchsuchen. Das ein Exorzist dahinter steckt ist unwahrscheinlich. Reever und ich werden in der Zwischenzeit dafür sorgen, dass ihr ungestört seid. Ich habe heute viele auf kleine Missionen geschickt, war gar nicht so einfach, sich was auszudenken..“

Komui ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen und seufzte leise.

„Für die, die noch hier sind, werden Reever und ich schon eine Beschäftigung finden.“

Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen und seine Augen bekamen einen verliebten Ausdruck.

„Komurin wird uns mit allen Mitteln unterstützen!“

Auf Lavis Gesicht bildete sich kurz ein entsetzter Ausdruck, als Komui Komurin erwähnte. Jedoch wäre dieser sicher in der Lage, ihnen einige Zeit zu verschaffen.

„Wonach sollen wir genau suchen Komui?“

„Nach allem verdächtigen was ihr finden könnt. Am Besten wäre es natürlich, ihr würdet das Gift finden. Wenn ihr glaubt, fündig geworden zu sein, dann meldet sich einer von euch bei mir. Wir werden dann sofort überprüfen, ob es das Gift ist oder einer der Substanzen, mit denen es hergestellt wurde.“

Lavi nickte verstehend.

„Ihr müsst euch beeilen, denkt daran. Wir haben nur diesen Tag. Ich befürchte, dass der Verräter mit den Noah oder gar mit dem Millennium Earl selbst zusammen arbeitet. Wir müssen diesen.. diesen Mistkerl unter allen Umständen finden!“

Komui ballte die Hand zur Faust und schaute in die ernsten Gesichter seiner Gegenüber.

„Fangt im zweiten Stock an, dieser ist leer.“

„Komui.. wir werden ihn finden. Und dann Gnade ihm Gott.“

Kandas kalte Stimme jagte selbst Komui einen kalten Schauer über den Rücken und mit gemischten Gefühlen sah er den beiden Exorzisten nach.

„Viel Glück...“
 

Kanda machte sich mit Lavi auf den Weg in den zweiten Stock, wo sich die Schlafräume der Finder und der Wissenschaftler befanden.

„Wir teilen uns auf, dann geht es schneller.“ sagte Kanda und war schon im ersten Zimmer verschwunden, hatten sie doch keine Zeit zu verlieren.

Es war wirklich eine mühselige Aufgabe. Die meisten Zimmer waren vollgestopft mit allem möglichen Kram und es dauerte lange, bis ein Zimmer gründlich durchsucht war, auch wenn sie alle nicht besonders groß waren. Es waren schon über fünf Stunden vergangen und sie hatten erst die Hälfte der Zimmer durch. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr, doch bis jetzt hatte sich einfach nichts ergeben. Es gab keine Anzeichen für irgendein Gift.

Kanda verließ das gerade durchsuchte Zimmer und widmete sich dem nächsten. Jedoch ließ sich dieses nicht öffnen, es war von innen zusätzlich verriegelt, was ihn stutzig werden ließ.

„Lavi? Ich glaube, ich habe was...“

„Hm?“

Lavi lugte aus einem anderen Zimmer hervor, ehe er dieses verließ, die Tür ordentlich schloss und zu Yu rüber ging. Er blieb neben ihm stehen und schaute die Tür an.

„Ich finde, sie sieht nicht verdächtig aus, die Tür mein ich. Sieht doch aus wie jede andere.“

Yu sah ihn leicht genervt an.

„Versuch sie zu öffnen!“

Lavi zuckte leicht mit den Schultern und versuchte nun ebenfalls sein Glück, doch kaum hatte er die Türklinge berührt verstand er, was Kanda gemeint hatte.

„Ein extra Schloss... so so.. das ist natürlich wirklich verdächtig.“

Ein Grinsen huschte über Lavis Gesicht.

„Meine Fertigkeiten als Bookman sagen mir, dass das hier das Zimmer ist was wir suchen! Lass mich nur machen! Ich bring uns schon unauffällig hier rein!“

Kanda verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn abwartend an, ehe Lavi sich auch schon ans Werk machte, das zusätzliche Schloss aufzubrechen.

Nachdem einige Minuten vergangen waren, wurde Kanda ungeduldig. Er schaute den leeren Gang entlang, ehe er sich genervt an Lavi wandte.

„Lass mich die Tür doch einfach eintreten!“ forderte Yu und schaute zu Lavi rüber.

„Und wenn wir falsch liegen? Wie willst du das dann erklären? Ich hab es doch gleich!“

Und schon war ein leises Klack zu hören und die Tür öffnete sich.

„Hab ich es nicht gesagt?“

Lavi schaute grinsend zu ihm rüber, ehe er schon das Zimmer betrat. Kanda folgte ihm.
 

In dem Zimmer sah es aus, als hätte ein Sturm gewütet. Bücher lagen auf den Boden, überall flog Papier herum, kleine Fläschchen und Scherben lagen verteilt, selbst auf dem Bett, das links an der Wand stand, waren Pergamente, Bücher und der gleichen zu finden. Gegenüber von dem Bett stand ein zugemüllter Schreibtisch. Kanda ging zu diesem rüber.

„Also wenn du mich fragst, haben wir hier den Richtigen gefunden..“ meinte Lavi und bückte sich, um einige der Zettel und Bücher aufzuheben.

Yu hingegen hatte einige Unterlagen zur Seite geschoben und darunter verborgen eine kleine Schatulle entdeckt, die er etwas eindringlicher musterte.

„Hey.. das sind Unterlagen zu den Exorzisten und ihren Innocence!“

Lavi schaute auf und sein Auge weitete sich.

„Nein Yu! Nicht!“

Noch gerade rechtzeitig war er aufgesprungen, um Yu von der Schatulle zu zerren, die er gerade geöffnet hatte. Und das keine Sekunde zu spät, denn schon im nächsten Moment explodierte die kleine Schatulle und setzte den Schreibtisch in Brand.

Kanda öffnete langsam die Augen und fand sich sicher in Lavis Armen auf dem Boden wieder. Lavi hatte ihn gerade noch rechtzeitig zu Boden geworfen, ansonsten hätte ihn die Explosion erwischt. Lavi richtete sich auf und hustete ein wenig, sammelte sich schon der Rauch in diesem Raum. Dennoch lächelte Lavi ihn an.

„Alles okay Yu?“

Kanda nickte leicht und erst als Lavi aufstand sah er, dass er am Arm verwundet war.

„Lavi.. dein Arm..!“

„Ach.. das ist nichts Yu!“ meinte Lavi nur dazu und lächelte wieder, ehe er seinen Hammer nahm, ihn wachsen ließ und mit dem Element Wasser das Feuer löschte.

„Puhh.. das war ganz schön knapp. Das vorhin war eine ganz besondere Schatulle. Sie jagt sich selber in die Luft, wenn man sie öffnet, ohne auf der Unterseite ein Passwort einzugeben. Aber die meisten Beweise sind wohl verbrannt.. so ein Mist.“

„Lass es mich sehen.“

„Hm? Was denn Yu-chan?“

Lavi wandte sich ihm zu.

„Was wohl?“ herrschte ihn Kanda an und ergriff vorsichtig aber bestimmend Lavis verletzten Arm.

„Wieso hast du das getan? Du weißt doch, dass ich mich selber heile!“

„Ja schon, aber dennoch empfindest du Schmerzen und das wollte ich nicht.“

Yu konnte Lavi bei diesen Worten nur ansehen, biss sich dann aber leicht auf die Unterlippe und senkte den Blick.

„Du bist ein Idiot!“

Er ergriff Lavi am Handgelenk und zog ihn aus dem Zimmer.

„Wo.. wo willst du denn hin, Yu-chan?“

„Ich bringe dich in die Krankenstation, den Rest werde ich übernehmen.“

„Aber..“

„Nichts aber!“

Kandas herrischer Ton ließ Lavi zusammen zucken und schweigen. Einige Momente sah er ihn einfach nur an, doch dann lächelte er etwas.

„Sag doch einfach, dass du dir Sorgen machst.“

„Halt die Klappe!“ kam es wütend von Yu, doch das Lächeln auf Lavis Gesicht weichte den erzürnten Worten Kandas nicht.
 

Während Lavis Arm, der kleinere Brandwunden aufwies, verarztet wurde, informierte Yu Komui und Reever. Beide sahen sich das Zimmer an, während die anderen arbeiteten oder Komurin sie in Schach hielt.

„Auch wenn wohl die wichtigsten Sachen verloren sind, besteht kein Zweifel. Taki ist der Verräter. Das.. das hätte ich nie gedacht. Ich frage mich, was ihn nur dazu getrieben hat..“

Komui seufzte schwer und hatte den Blick zu Boden gerichtet. Taki war zwar ein stiller, aber doch recht fröhlicher Wissenschaftler gewesen und hatte viel gute Arbeit geleistet.

„Was hat dein Herz nur so verdorben..?“ flüsterte er verbittert und Reever legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. Komui schenkte ihm ein mattes Lächeln.

„Ich weiß, dass es hart für dich ist Komui. Du hast dich gut mit Taki verstanden, oder?“

„Er.. er war für mich ein guter Freund. Ich hätte nicht im Leben daran gedacht, dass er uns alle mal verraten würde. Ich verstehe es nicht, was hat ihn nur dazu gebracht? Wieso habe ich nichts gemerkt?“

Er ballte die Hände zu Fäusten. Er hätte doch etwas merken müssen. Schließlich hatte er sich seinen Freund genannt. Aber noch schlimmer war es für ihn, dass er Taki nicht hatte helfen können. Man wurde nicht einfach so zum Verräter. Wieso hatte er ihm nicht helfen können?

Plötzlich spürte er Reevers Arme um sich, die ihn Halt bietend festhielten.

„Mach dich nicht fertig deswegen. Es ist nicht deine Schuld.“

Komui nickte leicht und schloss die Augen. Er war froh, dass Reever gerade bei ihm war, war es in solchen Situationen nicht immer leicht, der Verantwortliche zu sein. Er wusste, er konnte sich immer auf Reever verlassen und er hatte ihm schon oft einen Teil seiner Last genommen.

„Sag mir.. dass so etwas mit dir nicht passiert, dass du uns, mich nie verraten wirst..“

Reever lächelte.

„Das ist ein Versprechen.“
 

Einige Momente blieb es zwischen ihnen still, doch langsam fing sich Komui wieder und löste sich von Reever. Er sah ihn an und lächelte ein wenig, fühlte er sich durch Reevers Versprechen besser.

Gemeinsam verließen sie das Zimmer und machten sich auf den Weg zur Krankenstation, wo Lavi und Kanda noch immer warteten. Komui holte einmal tief Luft, ehe er den Raum betrat und mit gefasster Miene den beiden gegenüber trat.

„Lavi, bist du soweit in Ordnung?“

„Klar, alles kein Problem! Aber ist..“

Lavi musste nicht weiterreden, denn schon allein Komuis Blick verriet ihm die Antwort auf seine Frage. Taki hatte sie also wirklich verraten und mit ihren Feinden gemeinsame Sache gemacht.

„Oh man.. das hätte ich ihm wirklich nicht zugetraut. Wie man sich in Menschen täuschen kann.“

Lavi seufzte kurz.

„Deswegen sollte man sich auf sie auch nicht einlassen.“

Yu warf Lavi einen Blick zu, ehe er sich an Komui wandte.

„Was gedenkst du nun zu tun?“
 

Lavi bekam bei Kandas Blick ein unbehagliches Gefühl. Was wollte Yu ihm damit sagen? Sollte dies eine Art Rechtfertigung sein, dass er sich all die Jahre auf keinen Menschen eingelassen hatte, weil er es angeblich besser wusste? Oder wollte er ihm damit beweisen, dass es angeblich unklug war, sich auf andere einzulassen? Oder war es gar ein Zeichen, dass Yu es bereute, sich auf ihn einzulassen, weil er noch immer fürchtete, dass er ihn fallen lassen würde?

„Nein das ist Schwachsinn!“ kam Lavi Komui zuvor, der schon den Mund geöffnet hatte, um etwas zu sagen.

„Es stimmt schon, dass Menschen einen enttäuschen können. Aber nicht alle sind so. Und sich einfach von allem abzuwenden ist keinen Deut besser! Es gibt Menschen, denen man vollkommen vertrauen kann, Yu!“

Im ersten Moment sah Kanda ihn überrascht an, hatte er wohl nicht damit gerechnet, von Lavi Widerworte zu erhalten, doch dann verfinsterte sich sein Blick, ehe er weg sah.

Komui schaute von einem zum anderen und fragte sich, was denn hier gerade los war, doch es war deutlich zu merken, dass sich zwischen den beiden irgendetwas angebahnt hatte. Wenn diese Sache hier vorbei war, würde er aus Neugier die beiden Mal genauer unter die Lupe nehmen, doch im Moment gab es wichtigeres zu tun.

Er räusperte sich kurz, um die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken.

„Taki befindet sich gerade in den Laboren. Ich werde ihn dort herauslocken. Die Sache muss nicht jeder hier erfahren, ich will nicht, dass Panik oder dergleichen aufkommt. Dann werden wir ihn in Ruhe zu der ganzen Sache befragen. Was danach kommt.. das werden wir sehen. Ohne eine Entscheidung des Vatikans können wir nicht viel tun außer ihn wegzusperren, bis sie sein Urteil beschlossen haben. Gehen wir.“
 

Mit einem mulmigen Gefühl betrat Komui eines ihrer Labore. Lavi und Kanda warteten zwei Zimmer weiter auf sie, sollten sie bei der Befragung dabei sein. Reever stand an der Tür und er konnte seinen Blick auf sich ruhen spüren. Innerlich war er sehr aufgewühlt wegen der ganzen Sache, doch nach außen hin war er gefasst. Er schritt auf Taki zu, der gerade über Unterlagen brütete, und lächelte.

„Taki? Kann ich dich mal sprechen?“

Der braunhaarige, gut eins achtzig große Wissenschaftler schaute von seinen Unterlagen auf und schenkte Komui ein freundliches, wenn auch schüchternes Lächeln.

„Natürlich.. Worum geht es denn?“

Bei diesem falschen Lächeln zerriss es Komui beinahe das Herz.

„Komm mit, es geht um..“ Komui beugte sich zu ihm vor und wurde etwas leiser. „Um einen neuen Komurin. Ich will dir als erstes die Pläne zeigen!“

Taki war einer der wenigen gewesen, der recht viel Interesse an Komurin gezeigt hatte, vielleicht hatte er Taki deswegen so gerne gehabt? Sie hatten sich oft über Komurin und seine Funktionen unterhalten, hatte doch auch Taki mal den Wunsch gehabt, sich an so einen Bau zu versuchen. Aber diese Zeiten waren nun endgültig vorbei.

„Oh wirklich? Ja ich komme sofort!“

Taki stand auf und folgte Komui hinaus aus dem Labor.

„Weißt du Komui.. das war wirklich ein guter Versuch.“

Bevor sich Komui zu Taki umwenden konnte, wurde er von diesem von hinten gepackt.

„Aber nicht gut genug..“

Komui konnte noch nicht einmal einen Laut des Schmerzes geben, als sich das scharfe Messer in seinen Bauch rammte und Taki es einmal wand. Das einzige was er noch mitbekam war Reevers Stimme, die laut seinen Namen rief, bevor er zu Boden ging.
 

Obwohl es seine Pflicht gewesen wäre, Taki hinterher zu laufen und ihn aufzuhalten, brachte Reever es nicht übers Herz, Komui hier einfach liegen zu lassen. Er ließ sich neben ihn auf die Knie fallen und starrte auf das Messer, welches noch in Komui steckte.

„Komui.. Komui! Halte durch!“

Vorsichtig hob er ihn ein wenig an, seine Hände zitterten leicht. Komui brauchte Hilfe, und zwar schnell.

„LAVI! KANDA!“
 

Lavi schaute zu Kanda rüber, der seinen Blick nach draußen geheftet hatte.

„Was sollte das Yu-chan? Glaubst du etwa immer noch, ich würde dich einfach wieder so alleine lassen? Ich habe dir doch gesagt, dass-“

Reevers markerschütternde Stimme unterbrach Lavi und beide starrten einen Moment Richtung Tür, ehe sie schon hinaus auf den Gang stürmten.

„Reever was... Komui!“

Geschockt starrte Lavi die beiden an.

„Was.. was ist passiert?“

„Das erkläre ich euch später! Ihr müsst Taki hinterher laufen, bevor er das Hauptquartier verlassen hat! Beeilt euch!“

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, rannten beide los, um Taki aufzuhalten.

Mittlerweile waren die anderen Wissenschaftler durch den Lärm aufmerksam geworden und rannten nun ebenfalls auf den Gang. Danach ging alles sehr schnell. Komui wurde zur Krankenstation gebracht und Reever und die anderen wurden nach draußen verbannt, während man sich um Komui kümmerte. In Reever kam ein Hass hoch, den er selten so intensiv verspürt hatte. Sollte Komui nicht durchkommen, dann würde sich Taki wünschen, nie geboren worden zu sein. Er biss sich auf die Unterlippe und ging ungeduldig auf und ab. Nach einigen Minuten konnte er Kanda und Lavi erblicken, die mit leeren Händen wiederkamen. Taki war entkommen. Vor Wut biss er sich so fest auf die Unterlippe, dass sie zu bluten anfing, doch den Schmerz davon merkte er kaum. Es war nur der bittere Geschmack im Mund, der ihn wissen ließ, dass er blutete und weswegen er sich leicht mit seinem Handrücken über die Unterlippe wischte.

„Weiß man schon etwas..?“ fragte Lavi vorsichtig, entging es ihm doch nicht, wie angespannt und mitgenommen Reever war.

„Nein.. nichts...“

Lavi seufzte kurz.

„Tut mir Leid. Wir haben überall gesucht, aber er scheint sich in Luft aufgelöst haben. Wahrscheinlich hat er damit gerechnet, dass er bald auffliegt und hat sich einen schönen Fluchtplan zu Recht gelegt.“

Er warf einen Blick zu Yu rüber, dem man die Unzufriedenheit deutlich ansah. Mit verschränkten Armen lehnte er an der Wand und sein Blick sprach tausend Bände. Aber nicht nur Kanda war wütend, er selber war es auch. Da hatten sie schon herausgefunden, wer der Verräter war und dann passierte so etwas.
 

„Komui ist ein Idiot. Er hätte das sofort uns Exorzisten überlassen sollen!“

„Pass auf was du sagst!“

Reever ging auf Kanda zu und packte ihn am Kragen.

„Sprich nicht so über ihn! Er hat das alles doch für euch Exorzisten getan! Er wollte euch schützen!“

Kanda sah Reever mit gleichgültigem Blick an.

„Ich habe nie darum gebeten. Meine Aufgabe ist es, gegen die Akuma zu kämpfen und wer sich auf ihre Seite schlägt ist genauso mein Feind und muss vernichtet werden.“

„Aber Taki war sein Freund! So jemand wie du hat doch keine Ahnung wie so etwas ist!“

Kandas Blick wurde vernichtend, sodass Reever schlucken musste und Lavi ahnte, dass gleich eine Katastrophe passierte, wenn er nicht dazwischen ging.

„Beruhigt euch doch! Für so etwas ist nun wirklich keine Zeit!“

Lavi ging zwischen die beiden und hielt einen kleinen Abstand zwischen ihnen für klug.

„Außerdem hätte Komui das sicher auch nicht gewollt. Das ist nun mal eine schwierige Situation.. für uns alle.“

„Tz..“ Kanda drehte seinen Kopf zur Seite weg, doch sagen tat er dazu nichts mehr. Lavi legte ihm eine Hand auf die Schulter und versuchte ihn mit einem Lächeln etwas aufzumuntern, doch er hatte nicht das Gefühl, dass das nicht gerade viel brachte. Kurz seufzte er und sah auf die Tür, hinter der Komui behandelt wurde und gegen welche Reever seine Stirn gelehnt hatte.

Komm schon Komui.. du kannst uns nicht hängen lassen. Vor allem Reever nicht! schoss es Lavi bei diesem Anblick durch den Kopf.
 

Eine Viertelstunde später öffnete sich die Tür und die Krankenschwester kam mit einem Lächeln aus dem Zimmer.

„Er ist über den Berg!“ erklärte sie erleichtert den Wartenden und allen schien ein Stein vom Herzen zu fallen.

Reever war der Erste, der das Zimmer betrat und sich an Komuis Bett stellte. Vorsichtig strichen seine Finger über Komuis Hand.

„..Reever..?“ durchdrang Komuis schwache Stimme die Stille und Reever konnte sehen, wie Komui langsam die Augen öffnete.

„Ja.. ich bin es. Aber du solltest nicht reden, ruh dich aus.“
 

Komui wandte den Kopf ein wenig, damit er Reever ansehen konnte. Jedoch konnte er nur Umrisse erkennen, jemand hatte ihm seine Brille abgenommen und irgendetwas ließ seine Sicht zudem ganz schön verschwimmen. Er brauchte einen Moment bis er bemerkte, dass es seine eigenen Tränen waren. Er spürte, wie Reever seine Hand fest drückte und ihm dann einige Tränen wegwischte.

„..Okay.. schon okay Komui, es ist alles okay...“

Er erwiderte den Druck der Hand leicht und Komui war froh, dass Reever in diesem Moment bei ihm war. Er wollte nicht weinen, aber er konnte die Tränen einfach nicht zurückhalten. Insgeheim hatte er gehofft, dass es vielleicht einen guten Grund für Takis Vergehen gab, eine Lösung, dass sie doch noch Freunde bleiben konnten, doch all seine Hoffnung war zerplatzt. Taki hatte sich nicht nur gegen den Orden gewendet, sondern auch gegen ihn und das hatte er schmerzhaft erfahren müssen. So ein Verrat tat schrecklich weh. Und in diesem Augenblick fühlte er sich einfach nur machtlos und schwach.

„Wieso.. ist mir nichts...auf.. gefallen, wieso.. musste es soweit.. kommen..?“

„Es ist nicht deine Schuld. Hörst du? Du hast keinen Grund an dir zu zweifeln. Komui, wir können nicht immer alle beschützen die uns lieb sind, auch wenn wir es wollen.“
 

Reever seufzte leise, es schmerzte ihn, Komui so aufgelöst zu sehen, auch wenn er ihn gut verstehen konnte. Es war immer hart, von einem Freund verraten zu werden und es war noch harter, wenn dieser Freund dann auch noch versuchte einen umzubringen.

In diesem Moment schwor sich Reever alles nötige zu tun, damit Taki gefasst wurde und er für seine Sünden büßen musste. Und wenn er es selber war, der diese Sünden bestrafte.

Zärtlich strich er Komui durchs Haar und schenkte ihm ein kleines Lächeln.

„Du bist stärker als das, dass weiß ich. Und wenn das alles hier vorbei ist, dann schmeißen wir eine kleine Party. Lavi wird auf dieser Party wie immer einschlafen und Kanda wird als letztes kommen, mit seinem grimmigen Gesichtsausdruck. Und wir beide werden darüber lachen, so wie wir es immer tun.“
 

Komui konnte nicht anders, als das sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen legte, als er die Worte hörte, die er so ähnlich zu Allen gesprochen hatte. Und dieser Gedanke daran, dass es bald so sein würde, spendete ein wenig Kraft. Sachte nickte er.

„..Danke ...Reever.“

„Schlaf noch ein wenig, ich werde mich um den Rest kümmern.“

Noch einmal konnte Komui fühlen, wie Reever seine Hand drückte, doch dann verließ er das Zimmer.
 

Lavi hatte geahnt, dass Reever mit Komui lieber vorerst alleine sein wollte, weswegen er die anderen abgehalten hatte, in das Zimmer zu gehen. Als Reever wieder zu ihnen trat, schauten alle sofort auf.

„Wie geht es ihm?“

„Ganz gut soweit, aber er schläft jetzt wieder. Er braucht viel Ruhe.“

Reever seufzte leise, doch wandte er seinen Blick dann auf die beiden Exorzisten, während die Wissenschaftler erleichtert die Krankenstation verließen, um Komui die nötige Ruhe zu schenken.

„Wir müssen Taki so schnell es geht finden. Weit kann er sicher noch nicht gekommen sein. Ich bitte euch.. bitte seht noch einmal in der Umgebung nach. Vielleicht lässt sich irgendeine Spur finden.“

„Klar! Ist kein Problem Reever!“ sagte Lavi, bevor Yu auch nur den Mund aufmachen konnte und zog ihn dann auch schon mit sich.

„Du weißt genauso wie ich, dass das sinnlos ist!“

„Ja, das weiß ich. Aber Reever ist es wichtig. Hast du es denn nicht gemerkt? Reever mag Komui! Also ich kann ihn wirklich gut verstehen. Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, hätte ich uns auch darum gebeten. Und vielleicht finden wir ja doch noch etwas.“

Kanda konnte über Lavis Worte nur seufzen, dennoch machte er sich mit ihm auf den Weg, eine Spur von Taki zu finden.
 

Den restlichen Tag hatten sie damit verbracht, nach Taki zu suchen, jedoch vergeblich. Als die Sterne den Himmel bedeckten, kehrten sie ins Hauptquartier zurück. Lavi bestand darauf, noch einmal zu sehen, wie es Komui ging und Kanda folgte ihm ohne ein Wort dazu zu sagen.

In der Krankenstation trafen sie jedoch nur auf einen Reever an, der auf dem Stuhl neben Komuis Bett eingeschlafen war, sowie Komui selbst, der ebenfalls schlief. Lavi lächelte über dieses Bild, ehe sie leise das Zimmer verließen.

„Wir sollten auch langsam ins Bett, für heute hat es keinen Sinn mehr, irgendetwas zu unternehmen. Morgen werden wir weiter sehen.“

Lavi schaute zu Kanda rüber und zog ihn dann einfach in eine Umarmung. Er seufzte leise und schloss das Auge für einige Momente.

„Yu-chan.. ich bin wirklich froh dich zu haben.“

Kanda, der zuerst nichts getan hatte, lehnte sich langsam gegen ihn und schloss ebenfalls für kurze Zeit seine Augen. Sachte ließ Lavi seine Hand über Kandas Rücken gleiten, ehe er sie an Kandas Kinn legte und dieses leicht anhob. Dann verschloss er ihre Lippen zu einem Kuss, gegen den Yu sich erst etwas sträubte, dann aber doch zögerlich erwiderte.

Er lächelte Yu an, als sie den Kuss lösten und ergriff seine Hand. Gemeinsam mit ihm ging er zu seinem Zimmer, vor dem Kanda jedoch zögerlich stehen blieb als er die Tür öffnete. Lavi schaute ihn einen Moment fragend an, doch dann lächelte er und zog Yu einfach ins Zimmer hinein.

„Es ist schon okay Yu-chan! Du musst nicht mehr alleine in dein Zimmer zurück. Bleib hier, hier bei mir! Hier bei mir wird es nie dunkel sein.“
 

Als Yu erwachte, blendete ihn die Sonne so sehr, dass er die Augen zukneifen musste. Es war so hell, das war er gar nicht gewöhnt. Aber dennoch empfand er es nicht als unangenehm, ganz im Gegenteil. Es war warm und er fühlte sich wohl.

Ein Lachen riss Kanda jedoch aus seinen Gedanken und ließ ihn den Kopf wenden. Er blickte in das grinsende Gesicht von Lavi, der ihn gut gelaunt ansah.

„Guten Morgen Yu-chan!“

Bevor er etwas darauf erwidern konnte, drückte Lavi ihm schon seine Lippen auf. Yu merkte, wie ihm dabei die Hitze in die Wangen stieg. Lavi war immer so stürmisch und er wusste immer noch nicht so recht, wie er damit umgehen sollte. Dennoch war es genau diese stürmische Art, die ihn selber so verändert hatte und die er an Lavi mochte. Lavi war einfach immer so voller Leben, so voller Energie. Und wie gerne er es auch leugnen wollte, konnte er doch nicht abstreiten, dass er sich wünschte, dass etwas von diesem Leben, dieser Energie in ihm widerhallte.

Er schloss die Augen und legte zögerlich eine Hand in Lavis Nacken, um ihn unsicher etwas mehr an sich zu drücken. Langsam, so glaubte er, konnte er sich ja vielleicht doch daran gewöhnen, an diese Nähe, an diese stürmische Art, einfach an Lavi. Schließlich war dieser schon so sehr in sein Leben getreten. Er konnte sich nicht vorstellen, dass er ihn aus diesem wieder völlig verbannen könnte.
 

„Yu-chan..“ murmelte Lavi glücklich gegen die Lippen des anderen und lächelte dabei. Es war ein schönes Gefühl zu merken, dass Yu sich ihm nach und nach immer mehr öffnete und ihn mehr an sich ranließ. Und Lavi war sich sicher, bald, bald würde er sicher ein Lächeln von ihm geschenkt bekommen.

Lavi ließ es sich nicht nehmen, sich ein wenig an Kanda zu drücken und ihm etwas durch das Haar zu streichen. Doch lange hielt diese Zweisamkeit nicht an, denn es wurde laut auf den Gängen und Lavi konnte viele hektische Schritte und Stimmengewirr hören.

„Ich denke, es wird wohl langsam Zeit, sicher erwartet man uns schon.“

Und mit einem leisen Seufzen stand Lavi auf.
 

Als Lavi und Kanda das Zimmer verließen, herrschte überall große Hektik. Alle Finder wurden von Reever beauftragt, der kurzweilig die Führung übernommen hatte, nach Taki zu suchen. Die Exorzisten wurden von dem Gift informiert und gewarnt und überall herrschte eine verhaltene Panik, versuchte doch jeder, irgendwie die Ruhe zu bewahren, doch war es den meisten leicht anzusehen, dass die ganze Situation sie mehr als nur beunruhigte.

Auch Reever machte einen recht panischen und auch überforderten Eindruck, doch versuchte er weiterhin Komui so gut es ging zu unterstützen, der noch weiterhin in der Krankenstation liegen musste.

So bat Reever die beiden, dass wenn sie eine Spur gefunden hatten, Taki hinterher zu reisen und ihn in Gewahrsam zu nehmen. Ohne zu zögern stimmte Lavi zu, was Kanda jedoch ziemlich missfiel. Lavi schien Reever keinen Wunsch abschlagen zu können.

„Du engagierst dich ja sehr für ihn..“

Kanda war seine Missgunst deutlich aus der Stimme zu hören.

„Was denn Yu? Bist du etwa eifersüchtig?“

Lavi grinste Kanda an, der ihm einen vernichtenden Blick zuwarf.

„Pah!“

Dann verschränkte Kanda die Arme und sah zur Seite weg, noch unzufriedener als zuvor, was Lavi lachen ließ.

„Jetzt sei doch nicht sauer Yu-chan! Ich mach doch nur spaß!“

Er ergriff Kandas Hand und zog ihn mit in den Garten, um mit ihm ein wenig spazieren zu gehen.

„Weißt du Yu-chan, es liegt einfach daran, dass ich gut nachvollziehen kann, wie Reever sich fühlt. Obwohl Komui ihm so Nahe ist, ist er doch unendlich weit weg. Bei dir ging es mir genauso.“

Lavi schaute etwas in den Himmel und seufzte leicht.

„Du warst für mich so lange so weit entfernt, so unerreichbar wie der Himmel. Ich habe immer zu dir gesehen, aber du hast mich nie gesehen. Weißt du, das kann auf Dauer ganz schön schmerzhaft sein. Ich wollte dir immer so nahe sein, aber ich wusste nicht wie. Ich wusste nicht, wie ich zu dir durchdringen sollte, wie ich es dir sagen sollte, wolltest du von solchen Sachen doch nie etwas wissen. Und na ja.. als zukünftiger Bookman sind mir solche Gefühle eigentlich verboten. Eigentlich darf ich gar nichts fühlen, ich bin nur ein Beobachter, der nicht eingreift, der nichts tut, außer die Geschichte aufzufassen. Was so einfach klingt ist in Wahrheit verdammt schwer. Ich habs versucht, wirklich. Ich habe es immer wieder versucht, doch am Ende habe ich es nie geschafft. Ich bin von dir einfach nicht losgekommen.“

Ein trauriges Lächeln legte sich auf seine Lippen. Diese Zeit war wirklich hart gewesen. Er hatte sich keinem öffnen können, er hatte die ganze Zeit all seine Gefühle verstecken müssen, aber irgendwann, irgendwann hatte er dies einfach nicht mehr gekonnt. Und er bereute es nicht. Jeder Moment den er mit Kanda verbringen konnte war wie ein Geschenk. Jede Berührung von ihm, jedes Wort kostete er aus, wog es so hoch, als könnte es jedes Mal das letzte sein, was Yu ihm gab.
 

Ein wenig beschämt senkte Kanda den Blick. Er hatte den Schmerz in Lavis Auge sehen können und er wusste, dass Lavi zum größten Teil wegen ihm gelitten hatte. Er hatte doch nicht gewusst, er hatte nicht gewollt.. Kanda schüttelte leicht den Kopf. Langsam hatte er selber genug von seinen Ausflüchten. Er wusste es doch jetzt. Es gab keinen Grund mehr zu zögern, hatte er Lavi denn nicht lange genug leiden lassen?

Yu spürte, wie sein Herz heftig gegen seine Brust schlug. Jetzt war der Moment gekommen, sich endlich einzugestehen, dass er für Lavi doch so viel mehr fühlte, als er jemals zugeben wollte. Aber langsam ging es nicht mehr. Wenn er Lavi jetzt so sah, konnte er es nicht mehr leugnen. Es war Zeit, sein Herz offen zu legen und dieses Glücksgefühl zu akzeptieren was er fühlte, wenn er bei Lavi war und es anzunehmen.

Verdammt, er wollte nicht mehr alleine sein und er wollte auch nicht, dass Lavi es war.

Vorsichtig legte er seine Lippen auf Lavis, während seine Arme ihren Weg um Lavis Hals suchten. Er spürte, wie überrascht Lavi von ihm war, doch es dauerte nicht lange, bis er Lavis Arme um sich spürte, die ihn sanft an ihn drückten.
 

Es war das erste Mal, dass Yu ihn von sich aus küsste, was über Lavi eine Welle des Glücks zusammenbrechen ließ. Er legte seine Arme um den zarten Körper und drückte ihn an sich. Noch immer konnte Lavi sein Glück kaum fassen. Endlich, endlich war Kanda soweit. Wie lange hatte er darauf gewartet? Viel zu lange, doch es hatte sich gelohnt. Es war ein so unbeschreibliches Gefühl, er könnte platzen vor Glück.

Yu löste den Kuss, doch bevor er ihn ansehen konnte, hatte Kanda seine Hand über sein Auge gelegt.

„Yu..?“

„Sag nichts..“ hörte er ihn murmeln und spürte dann, wie er sich an ihn lehnte. Lavi tat Yu den Gefallen und schwieg, sprach nur mit seinen Händen, die über Kandas Rücken und seine Seiten glitten. Noch immer wurde ihm das Auge zugehalten und nach einigen stillen Momenten, konnte Lavi Kandas Lippen erneut auf seinen spüren. Er ergriff Kandas Hand, die auf seinem Auge ruhte, und drückte sie, ehe er sie runter zog und den Kuss löste.

„Hat das Leben dich zurück?“

Er konnte sehen, wie Yu einen Moment zögerte, ihn dann aber mit entschlossenem Blick ansah und nickte.

„Ja.“

Auf Lavis Lippen legte sich ein Lächeln.
 

Gemeinsam verließen sie den Garten und da von Taki noch keine Spur gefunden war, verzogen sie sich auf Lavis Zimmer.

Zärtlich strich Lavi Kanda eine Strähne aus dem Gesicht und sah ihm in die Augen.

„Ich liebe dich... Yu...“

Auf Kandas Wangen legte sich eine dezente Röte und er sah, wie er den Mund öffnete, um etwas zu sagen, ihn dann aber wieder schloss. Stattdessen küsste Yu ihn und das waren für Lavi genug Worte, sagte Yu doch so am deutlichsten, was er für ihn empfand.

Vorsichtig drückte er ihn auf das Bett runter ohne den Kuss dabei zu lösen. Kandas Arme legten sich um seinen Nacken und seine Finger strichen behutsam über die Nackenhaare. Dann wurde sein Stirnband gelöst und Yu strich ihm durch das nun offene und strubbelige Haar.

Zärtlich öffnete er Kandas Hemd, genussvoll Knopf für Knopf und strich dann über seine Brust. Lavi wusste, dass war der Moment, ihr Moment. Er wollte nicht mehr warten, Yu hatte ihn schon so lange warten lassen und als er in Kandas Augen blickte, wusste er, dass auch Yu nicht mehr warten wollte, war er doch schon viel zu lange ohne Liebe gewesen.

Doch Lavi würde sie ihm zeigen, seine Liebe zu ihm. Er würde ihm zeigen, wie sehr er ihn liebte. Mit jeder Berührung, mit jedem Kuss, mit jedem Atemzug. Dies war der Moment, dies war ihr Moment.
 


 

---------- Hier kommt in einem extra Chapter eine Yaoi-szene, das wird separat erscheinen, da ich nicht das ganze Chap auf Adult stellen wollte, damit die, die noch nicht 18 sind die Story Weiterlesen können x3 Liebe Grüße, Miyu ------------
 


 

Zärtlich glitten seine Finger seine Wirbelsäule entlang. Er konnte nur die Fingerspitzen spüren, wie sie ihn ganz sachte berührten und dieses Gefühl hinterließ ein angenehmes Kribbeln auf seiner Haut.

„Du siehst glücklich aus..“ konnte er Lavis Stimme leise an seinem Ohr hören.

„Das.. das bin ich auch.. irgendwie..“

Er hörte Lavi lachen, ehe er einen Kuss auf die Stirn gedrückt bekam.

„Ach Yu-chan..“

Kanda schmiegte sich ein wenig mehr an den warmen Körper, fühlte er sich im Augenblick so sicher wie nie zuvor in seinem Leben, doch öffnete er dann die Augen und schaute zu Lavi hoch.

„Du.. siehst auch glücklich aus..“

Ein kurzes Grinsen war auf Lavis Gesicht zu erkennen.

„Das bin ich auch.. irgendwie..“

Er hörte Lavi wieder leise lachen.

„Idiot..!“

Ein Klopfen ließ beide kurz aufschrecken und Yu warf einen Blick zur Tür. Lavi sprang auf, zog sich seine Boxershorts über und eilte schnell zur Tür. Leise seufzte Kanda. Er wäre nur zu gerne noch länger hier so liegen geblieben, aber er ahnte, dass sie für so etwas keine Zeit mehr haben würden. Und aus irgendeinem Grund, den er sich nicht erklären konnte, verspürte er ein drückendes Gefühl in seiner Brust. Es machte ihn unruhig.

Er wollte sein Glück nicht wieder verlieren.
 

Lavi konnte seinen Blick einfach nicht von diesem schönen Körper nehmen, und seine Finger konnte er erst recht nicht von ihm lassen. Yu war so schön, so göttlich schön und obwohl Yu nicht lächelte, hatte sich seine Mimik doch vollkommen verändert und er sah glücklich aus. Ein Ausdruck, den Lavi schon so lange auf Kandas Gesicht hatte sehen wollen. Und dass er der Grund dafür war, machte das alles noch eine Spur besser.

Umso mehr störte es ihn, als es plötzlich klopfte. Auch er ahnte, dass die Zeit der Zweisamkeit für sie nun vorbei war und bevor hier noch wer ungefragt reinplatzte, sprang er schnell auf, zog sich schnell die Boxershorts über und öffnete die Tür nur so weit, damit der Blick aufs Bett, indem Yu lag, nicht frei wurde.

„Ähm ja?“

Lavi blickte in das recht verdutzte Gesicht Reevers, welcher derjenige gewesen war, der geklopft hatte. Er sah, wie sich Reevers rechte Augenbraue hob und er konnte ihm deutlich ansehen, wie er einen Moment überlegte, wieso er ihm nur in Boxershorts gegenüberstand.

Dann wurde Reevers Gesicht aber wieder ernst.

„Wir haben ihn endlich gefunden. Wir wissen, wo Taki sich aufhält. In einer halben Stunde brecht ihr auf. Weißt du wo Kanda ist? Ich kann ihn nicht finden.“

„Hehe.. ich werde ihm schon Bescheid sagen, keine Sorge! Aber das sind echt gute Nachrichten. Mach dir keine Sorgen Reever, wir kriegen ihn schon! Kümmere du dich lieber ein wenig um Komui.“

Lavi zwinkerte ihm zu, ehe er die Tür schloss.

„Hast du gehört, Yu-chan? Sie haben ihn gefunden. Wir müssen los.“
 

Eine halbe Stunde später verließen die beiden Exorzisten das Hauptquartier. Etwas abweisend starrte Kanda in die Leere. Warum ausgerechnet dieser Ort? Wieso musste sich Taki ausgerechnet dort aufhalten? Die Welt war so groß, es gab so viele unzählige Plätze, aber Taki musste sich ausgerechnet den aussuchen, den Yu nicht mehr betreten hatte wollen.

Den Ort seiner Kindheit.

Und das drückende Gefühl in seiner Brust wurde stärker.

Liebe

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

With even stronger reason

„Yu! Hey Yu! Ich rede mit dir!”

„Was?“

Kanda schreckte ein wenig auf und schaute zu ihm rüber. Lavi seufzte leicht.

„Ich rede mit dir Yu-chan..“

Kurz musterte er Kanda, dann seufzte er erneut.

„Das hier ist dein Heimatort, oder? Zumindest steht das in deiner Akte.“

Kanda nickte.

„Ja.. gleich müssten wir das Dorf erreichen, in dem ich geboren wurde. Ich war seit über zehn Jahren nicht mehr hier.“

Lavi sah, wie Yu seinen Blick wieder aus dem Fenster der Kutsche gewandt hatte und sich erneut in Gedanken verlor. Es war ihm leicht anzusehen, dass er nicht hier sein wollte. Aber Lavi konnte es verstehen. Schließlich verband Yu nur schlechte Erinnerungen mit diesem Ort.

Er rutschte etwas näher und zog Kanda dann auch in seine Arme.

„Mach dir nicht so viele Gedanken, Yu-chan. Dir kann doch keiner mehr was anhaben. Auch deine Erinnerungen nicht. Ich bin doch bei dir.“

Lavi schenkte ihm ein Lächeln.

„Wir werden Taki schnappen und du wirst ihn allen deinen Rücken zeigen. Und dann.. dann wird es Zeit, damit endlich abzuschließen. Ich werde dich in den Arm nehmen, so wie jetzt und es wird alles gut sein.“

Er würde nicht zulassen, dass sich Kanda von diesen schlechten Erinnerungen zurück in die Dunkelheit ziehen lassen würde. Endlich ging es Yu mal so richtig gut und das sollte auch so bleiben. Yu hatte es verdient auch endlich mal glücklich zu sein.
 

Kanda schaute Lavi an, als dieser ihn in eine Umarmung zog und schloss dann auch die Augen. Er lehnte sich leicht an ihn und seufzte.

„Ja.. du hast Recht.“

Langsam kam die Kutsche zum stehen und Kanda stieg als erstes aus. Er schaute auf einen kleinen Berg hoch, der umgeben von einem Wald war. Das Dorf befand sich mitten auf dem Berg und war durch einen kleinen Trampelpfad leicht zu erreichen. Er konnte einige der Dächer von hier aus sehen und auch war das Rauschen eines Flusses zu vernehmen, der ganz in der Nähe des Dorfes war.

Er wandte sich zu Lavi um, der seinem Blick nach oben gefolgt war.

„Lass uns gehen.“

Lavi lächelte und ergriff dann auch schon seine Hand.

„Ehrlich gesagt bin ich ziemlich gespannt auf das Dorf, in dem du geboren bist! Ich war hier noch nie.“

Kanda wurde von Lavi schon eher gezogen, als dieser zügig den Trampelpfad entlang ging. So dauerte es nicht lange, bis sie dem Pfad bis zum Ende gefolgt waren und nun vor einem alten und kleinen Dorf standen. Es war kaum zu glauben, dass es zu dieser modernen Zeit noch solche Dörfer gab. Die Häuser waren aus Holz gebaut, in der Nähe gab es kleine Beete, wo Obst und Gemüse angebaut wurde. Das Wasser wurde aus dem Fluss geholt und neben diesem stand eine Mühle, die, als Lavi genauer hinsah, wohl für ein wenig Strom sorgte. Viele Häuser hier waren jedoch schon zerfallen, anscheinend lebten viele Menschen nicht mehr hier. Lavi konnte sich gut vorstellen, dass sie in die größeren umliegenden Städte gezogen waren.

Er schaute zu Kanda rüber, dessen Blick an einem der zerfallenen Häuser hängen geblieben war. Es war nicht schwer zu erraten, dass dies Kandas altes Haus gewesen sein musste.
 

Yu ließ Lavis Hand los und gab ihm mit einem Blick zu verstehen, dass er für einen Moment alleine sein wollte. Er betrat das Haus und das morsche Holz knarrte unter seinen Füßen. Langsam schritt er von Zimmer zu Zimmer, doch viel hatten diese nicht mehr zu bieten. Die wenigen Möbel die noch hier waren, waren genauso zerfallen und morsch wie das Haus. Es wurde alles mitgenommen, was man gebrauchen oder woraus man vielleicht Geld machen konnte. Das einzige Zimmer, was unberührt geblieben war, war sein Kinderzimmer. Er ließ seinen Blick durch diesen Raum schweifen. Es war alles noch wie früher. Das Bett stand noch immer unter dem Fenster. Links in der Ecke stand noch immer die kleine Kiste mit seinem Spielzeug. Daneben stand noch immer der kleine Schrank, wo sogar noch alte, mittlerweile von Motten zerfressene Sachen von ihm waren. Noch immer war es wie früher und von ihm hatte seine Mutter nichts mitgenommen. Und wo auch immer sie jetzt war, Yu war sich sicher, dass es dort nichts gab, was an ihn erinnerte. Sie hatte ihn vollkommen aus ihrem Leben gestrichen. Als wäre er nie da gewesen.

Vorsichtig hob er von dem kleinen Bett ein Stofftier auf, eine verstaubte kleine Katze. Es war sein Lieblingsplüschtier gewesen.
 

„Wie geht es dir?“

„Es geht mir gut, du musst nicht alle zwei Stunden danach fragen.“ meinte Komui und lächelte Reever an.

„Ich bin okay, wirklich.“

Reever lächelte ein wenig verlegen und nickte.

„Aber nun erzähl, wie läuft es? Ich habe fast alles verschlafen.“

„Wir haben Taki gefunden. Seltsamerweise bei Kandas Heimatort, er und Lavi sind schon auf den Weg, um ihn zu schnappen. Sicherlich werden sie sich schon bald melden und uns diese gute Nachricht vermitteln!“

Reever lächelte weiterhin, doch starb dieses Lächeln als er sah, wie Komui bleich wurde.

„Was.. was hast du denn Komui?“

„Ich weiß.. was.. was Taki vorhat! Ich muss unbedingt mit Kanda und Lavi reden!“
 

Lavi stand vor dem Haus und ließ Kanda die Zeit die er brauchte, doch war seine Neugier so groß, dass er durch die Fenster in das Haus hineinschielte. Als das Hauptquartier durch den Golem Kontakt aufnahm, schreckte er jedoch auf.

„J-ja? Was gibt’s?“

„Lavi? Hie spricht Komui!“

„Komui? Hey wie geht’s dir?“

„Für so etwas haben wir keine Zeit! Ist Kanda in der Nähe? Ich muss dringend mit ihm sprechen!“

Lavi entging nicht, wie ernst es Komui zu sein schien und auch wenn er Yu nicht stören wollte, er musste ihn dennoch rufen.

„Ja.. warte einen Moment. Yuuuu-chaaaan! Komui will dich sprechen!“ rief er durch die geöffnete Tür ins Haus hinein.
 

Als Lavis Stimme die Stille durchbrach, zuckte Kanda zusammen und ließ das Plüschtier fallen. Er brauchte einen Moment um sich zu sammeln, doch dann ging er los. Noch einmal blieb er am Türrahmen stehen und schaute auf das Kuscheltier am Boden.

„Den Yu von früher gibt es nicht mehr. Ich bin jetzt stark und.. ich bin nicht mehr alleine. Leb Wohl.. Dunkelheit.“

Mit diesen geflüsterten Worten drehte er sich um und verließ das Haus, wo Lavi ihn schon erwartete. Er nickte Lavi kurz zu und dieser verstand, schenkte ihm ein Lächeln, während er auf den Golem deutete.

„Ich bin hier. Was gibt es Komui?“

„Kanda, du musst dich beeilen! Er hat es auf Elvia abgesehen! Ich bin mir sicher, dass das Gift sie töten kann! Ihr müsst Taki finden, bevor er sie findet!“

Kandas Augen weiteten sich für einen Moment, dann hatte er sich jedoch wieder gefasst.

„Ich habe verstanden!“

Er zögerte keine weitere Sekunde und rannte dann auch los.

Etwas verdutzt sah ihm Lavi nach, ehe er schnell folgte.

„Hey, hey warte Yu!“

Er folgte Kanda, der zu dem Fluss rannte und diesem ein Stück folgte. An einer ganz bestimmten Stelle blieb er stehen und schaute sich um.

„Yu, erklär es mir! Wer ist Elvia?“

„Elvia.. Elvia ist so wie Hevlaska. Sie hat mir meine heilende Gabe gegeben, damit ich stark genug bin, um zu beschützen. Vor dreizehn Jahren. Elvia ist heilig.“

Kaum hatte Yu diese Worte ausgesprochen, begann das Wasser vor ihnen unnatürlich still zu werden und aus einer Lotusblüte erhob sich ein kleiner Wasserstrahl, der langsam eine Form annahm. Die Gestalt aus Wasser ähnelte sehr der Gestalt einer Frau. Elvia glänzte göttlich schön in dem Licht der Sonne und ein Gesicht formte sich in dem Körper aus Wasser, was ihnen zu lächelte.

„Yu... endlich bist du gekommen. Nach all diesen Jahren. Du bist groß geworden.. und stark.“

Während Lavi aus dem Staunen nicht mehr raus kam und Elvia anstarrte, schritt Kanda an den Rand des Flusses. Elvia legte ihre Arme um den Schwertkämpfer und es schien, als würde Yu von dem Wasser verschlungen werden.

Für einen Moment wollte Lavi hineilen und Kanda von Elvia wegziehen, wurde Yu doch ganz von dem Wasser umhüllt und er fürchtete schon, dass er keine Luft mehr kriegen würde. Doch als er Kandas ruhiges Gesicht sah, wusste er, dass alles in Ordnung war. Er fragte sich, was Elvia dort mit Yu machte, doch er blieb weiterhin der stille Beobachter. Elvia war wie Hevlaska ein heiliges Wesen, welches Yu die Gabe sich selbst zu heilen verliehen hatte. Jetzt konnte er auch verstehen, wieso Komui so besorgt war. Sie mussten Elvia vor Taki schützen, aber von diesem war weit und breit keine Spur. Ob Taki wirklich wusste, das Elvia hier war?
 

Yu schloss langsam die Augen als Elvia ihn umhüllte. Er konnte ihre Anwesenheit ganz deutlich spüren, sie drang bis in sein Herz ein und schien auch das zu umhüllen. Und es fühlte sich gut an. Man würde denken, dass Elvia ganz kalt wäre, schließlich schien ihr Körper aus Wasser zu bestehen, doch sie war ganz warm und sie erinnerte ihn sehr an Lavi.

„Du hast sie also gefunden..“ konnte er ihre Stimme hören.

„Du hast die Person gefunden die du liebst und die du beschützen musst. Ich kann es in deinem Herzen sehen, diese Gefühle sind echt und rein. So erfüllt sich also die Prophezeiung.“

Langsam löste sich Elvia wieder von Yu und schaute die beiden an.

„Lavi, so ist dein Name, nicht wahr? Du bist derjenige, den die Prophezeiung schon lange ankündigt. Vor langer Zeit wurde gesagt, dass ein Junge geboren wird, der mit einem Schwert die Dämonen vernichtet. Seine Jahre werden einsam sein und dunkel. Doch es wird jemand kommen, der diese Tage erhellt. Eine Person, dessen Licht heller scheint als die Sonne und den Jungen ins Licht führen wird. Und diese Person, die von dem Jungen geliebt wird, dessen Innocence ist so rein und so heilig, so hell, dass von ihr alles abhängt. Diese Innocence ist das Herz.“

Nicht nur Lavi, sondern auch Kanda schaute Elvia einige Momente sprachlos an.

„Ich.. ich soll das Herz haben?“ stammelte Lavi und starrte auf den kleinen Hammer in seiner Hand.

„Ja, es besteht kein Zweifel, denn die Gefühle von Yu sind echt. Vor Jahren habe ich Yu die Kraft gegeben, sich selber heilen zu können, damit er dich beschützen kann. So ist es vorhergesagt.“

Noch immer starrte Lavi ungläubig auf den kleinen Hammer. Er hätte nie gedacht, dass er das Herz haben könnte. Also lag alles in seiner Hand?
 

Kanda schaute zu Lavi. Endlich verstand er die ganzen Worte der Prophezeiung. Lavi war also die Person, die er mit seinem Leben beschützen sollte. Lavi hatte das Herz, Lavi hatte ihr Schicksal in seiner Hand.

Plötzlich spürte Kanda ein schmerzhaftes Ziehen in seiner Brust, was ihn auf die Knie gehen ließ. Er keuchte auf und krallte seine Hand in den Mantel, dort, wo sein Herz war.

„Yu! Yu, was hast du?!“ konnte er Lavis besorgte Stimme hören und spürte dessen warmen Hände auf seinen Schultern.

„Nhh.. ich..“

Doch weiter kam er nicht, denn ein schmerzerfüllter Schrei Elvias unterbrach ihn. Beide schauten zu ihr.

Elvia krümmte und wandte sich vor Schmerzen und schrie immer wieder aufs Neue auf. Es sah aus, als würde ihr Körper zu kochen beginnen, denn langsam stieg Dampf von ihr auf.

„Y-yu.. beschütze... beschütze ihn..!“

Bevor Kanda etwas darauf erwidern konnte, schrie Elvia noch einmal auf, lauter und markerschütternder als zuvor, ehe ihr Körper vollständig verdampfte.

Indem Moment, in dem Elvia starb, setzte sein Herz einen Augenblick aus, ehe sein ganzer Körper von einem Schmerz erfüllt wurde. Kanda sackte gänzlich zu Boden und sein Körper verkrampfte sich vor Schmerzen, es fiel ihm schwer zu atmen und er spürte, wie Schwindel ihn erfasste. Er wusste nicht was mit ihm passierte, doch schossen immer neue Wellen von Schmerz durch seinen Körper. Und das mit einer Wucht, die ihn jedes Mal von neuen zum Schreien brachte.
 

Lavi konnte nur zusehen. Er wusste nicht was passierte, doch jeder Schrei, egal ob von Elvia oder Kanda zerriss ihn innerlich fast. Er wusste nicht was er tun sollte, wie er helfen sollte.

„Yu! Halte durch..Yu..verdammt..verdammt!“

Er hob ihn vorsichtig hoch und drückte ihn an sich. Er spürte, wie sich Kanda in seine Jacke krallte und kurz darauf wieder aufschrie und sich vor Schmerzen etwas in seinen Armen wand.

„Hahaha.. du fragst dich was er hat?“

Die Stimme ließ Lavi aufschrecken, doch er erkannte sie sofort.

„Taki!“

Er sah sich um und konnte kurz darauf den Wissenschaftler entdecken, der mit einer kleinen Flasche in der Hand spielte.

„Soll ich es dir erklären?“

Ein Grinsen huschte über Takis Gesicht.

„Kanda und Elvia waren verbunden. Und jetzt, da mein Gift sie getötet hat, verliert er seine Heilkräfte. Dadurch, dass er seine Gabe verliert, scheint er all die Verletzungen, die er mal erlitten hat, erneut zu verspüren. Das muss ganz schön schmerzhaft sein.. beinahe tut er mir Leid. Vielleicht stirbt er daran ja..“

Taki lachte und warf einmal die kleine Flasche hoch, ehe er sie wieder auffing.

Lavi starrte ihn an und kochte vor Wut. Taki musste sie die ganze Zeit beobachtet und dann das Gift aus der kleinen Flasche in den Fluss gekippt haben. Da Elvia ähnlich einer Innocence war, war es kein Wunder, dass die Menge des Giftes sie getötet hatte. Wie hatten sie das nur nicht bemerken können? Wieso war ihm nichts aufgefallen? Nun musste Kanda wegen Taki und seiner eigenen Unaufmerksamkeit diese Höllenqualen erleiden.

„Du verdammter... wie kannst du nur?! Nicht nur, das Yu wegen dir wieder leiden muss, weißt du auch, was du Komui angetan hast?! Kannst du dir das vorstellen? Ihr wart doch Freunde! Wie konntest du ihn nur so verraten?!“

„Pahh! Halt die Klappe! Komui und ich waren nie Freunde! Er hat doch nur auf mich herab gesehen, weil ich nur ein gewöhnlicher Wissenschaftler bin! Ihr ganzen Exorzisten habt immer nur auf mich herabgesehen!“

„Wie kannst du nur so etwas denken? Komui.. er hat dich wirklich gemocht! Er hat sogar wegen dir geweint! Du warst ihm wichtig! Und er hat nie auf dich herabgesehen!“

„Tz..das..das bringt nichts...Lavi...“

Lavi schaute zu Yu, als er dessen Worte vernahm, der sich gerade von ihm löste und schwankend aufstand.

„Yu-chan!“
 

Kanda wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah schwer atmend zu Taki rüber, während er Mugen zog und dann auf wackeligen Beinen auf ihn zu ging.

„Mir ist..egal, was für Gründe.. du hattest.. Verrat.. ist Verrat. Das bedeutet..deinen Tod!“

Im ersten Moment wich Taki erschrocken zurück, ehe er erneut anfing zu Lachen.

„Lächerlich! Ich werde dich und das Herz vernichten!“

Wie aus dem Nichts erschienen zahlreiche Akuma und umkreisten die drei.

„Was wirst du jetzt tun, Kanda? Du kannst dich nicht mehr heilen und ab heute bist du auch anfällig für das Gift der Akuma. Deine größte Stärke hast du verloren.“

„Tz..was ich tun werde..? Die Prophezeiung erfüllen und dich.. töten!“

Kanda erweckte seine Innocence und hetzte auf die ersten Akuma seine Hölleninsekten. Ihm war es egal, dass er sich nicht mehr heilen konnte, dass sein Körper immer noch von Schmerzen durchzogen wurde, es gab nur eins was im Moment zählte. Er musste Lavi beschützen, egal was kam, auch wenn es ihn umbringen würde.

Denn jetzt, jetzt erst recht. Jetzt würde er Lavi erst recht beschützen. Keiner würde ihm sein Licht nehmen und er würde es nicht zulassen, dass das Herz zerstört würde. Zwei gute Gründe, sein Leben zu lassen wenn es sein musste. Zwei Gründe, die sich ebenbürtig waren.

Yu packte sein Schwert fester, ehe er sich zusammen nahm und sich für den Kampf wappnete. Jetzt war nicht die Zeit, zu schwächeln und sich wegen irgendwelcher Schmerzen zu verstecken. Jetzt war die Zeit zu kämpfen. Zu kämpfen und zu verteidigen. Für das einzige, was ihm im Leben wichtig war.
 

„Yu, nicht!“

Lavi war für einige Momente wie erstarrt gewesen, schien das alles hier doch eher einen Traum zu gleichen als der Realität. Das alles durfte doch nicht wahr sein! Er sollte das Herz haben, Elvia war Tod und Yu, Yu sollte seine heilende Gabe verloren haben. Wie konnte das nur wahr sein?

Doch Kanda hatte ihn aus seiner Starre gerissen, als er den Kampf gegen die Akuma antrat und schützend jedes Geschoss der Akuma abwehrte.

„Das werdet ihr alle büßen...“ murmelte Lavi hasserfüllt und stand auf. Nur weil er das Herz hatte, würde er sich sicher nicht verstecken. Er würde Yu nicht im Stich lassen, er würde an seiner Seite kämpfen, schließlich war Kanda nun so verletzlich. Hier würde keiner mehr sterben, außer die Akuma und Taki. Taki war wirklich zu weit gegangen und er hatte den Fehler begannen, ihn wirklich wütend zu machen, so wütend, dass er sich nicht mehr zurückhalten konnte. Keiner tat Yu so etwas an, keiner ließ Yu so leiden, ohne dafür bestraft zu werden. Und das gleiche galt auch für Komui.

Sein Hammer wuchs und raste im nächsten Moment schon auf einen der Akuma zu.
 

Kanda zerschnitt einen Akuma in der Mitte und landete schwer atmend wieder auf den Boden. Die Akuma schienen kein Ende zu nehmen. Er wusste nicht, wo sie alle her kamen, aber es war im Grunde eh egal. Kein einziger würde hier lebend raus kommen. Erneut sprang er hoch und teilte zwei Akuma in ihre Hälften. Direkt neben ihm kämpfte Lavi, der einen nach dem anderen mit seinem Hammer zerschmetterte. Taki war in der ganzen Aufruhr verschwunden.
 

Völlig erschöpft ließ Yu sich zu Boden sinken. Sein Körper fühlte sich zum zerreißen gespannt an, auch wenn die Schmerzen langsam nachgelassen hatten. Es war seltsam, doch er konnte spüren, wie sich sein Körper verändert hatte, nachdem er seine heilende Gabe verloren hatte. Aber das war jetzt unwichtig. Es zählte nur, dass die Gefahr für heute gebannt war. Sie hatten alle Akuma vernichtet und Lavi war in Sicherheit.

„Yu.. Ich.. bist du okay?“

Lavi kniete sich besorgt zu ihm, was Kanda aufschauen ließ.

„Tut mir Leid.. ich konnte nichts für dich tun. Ich..Ich wollte dich doch beschützen..“

„Nein.. Nein, es ist schon okay Lavi.“

Yu schaute Lavi in sein Auge und berührte vorsichtig seine Wange.

„Ab heute.. werde ich dich beschützen..egal was kommt. Ich werde alles tun. Ich werde die Prophezeiung erfüllen. Endlich.. hat mein Leben einen Sinn Lavi. Mein Leben für deines, egal was kommt.“

Er lächelte.
 

Yu im Zusammenhang mit diesen Worten das erste Mal lächeln zu sehen, zerriss Lavi das Herz.

„Nein! Nein!“

Er zog Yu an sich und hielt ihn eng an sich gedrückt.

„Das will ich nicht! Ich will nicht, dass du dein Leben für mich gibst! Ich will dich nicht verlieren Yu!“

Müde schloss Kanda seine Augen.

„Das ist schon okay.. Lavi. Du hast das Herz, du musst geschützt werden. Taki weiß es.. Taki weiß, dass du das Herz hast. Sie werden dich suchen...versteh das doch, du dummer Hase. Außerdem.. solltest du sterben, dann sterbe ich mit dir. Ohne Licht kann man.. nicht leben.“

„Yu-chan...“

Lavi merkte, wie ihm Tränen in das Auge schossen. Er drückte Kanda mehr an sich.

Lavi wusste nicht warum, aber Kandas Worte schmerzten so sehr, dass sie ihn weinen ließen.
 


 

_____________________
 

So... das wars dann auch^^

Ich weiß, das ist ein recht offenes Ende, aber da ich keine Ahnung habe, wie sich das mit dem "Herz" bei D.Gray-man auswirkt, belasse ich es lieber dabei XD

Ich hoffe, es hat euch gefallen ^^

Vielleicht schreib ich davon ja mal einen zweiten Teil, wenn ich wieder gute Ideen bekomme, denn bei dem Ende musste ich schon echt überlegen was ich tue.

Ich war sehr davon hingerissen, erst ein anderes ende zu nehmen und tendiere immer noch dazu, ein alternatives Ende zu schreiben XD

Einfach so XD
 

Naja.. genug gelabert XD

Danke fürs Lesen!

Liebe Grüße
 

Miyu



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Kommentare zu dieser Fanfic (11)
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Von:  Kuare
2012-08-25T18:21:29+00:00 25.08.2012 20:21
uuh, eine tolle FF.
Schade das sie schon zu Ende ist. - Die beiden sind so ein süßes Paar. ^^
Dein Schreibstil ist echt klasse. :3
Von:  Dante
2012-04-02T14:57:11+00:00 02.04.2012 16:57
ja stimmt
Von:  Kalahari
2010-11-14T01:03:05+00:00 14.11.2010 02:03
ein toller ff
das ende war zwar etwas nicht-zufrieden-stellend, weil es halt recht überraschend offen ist... aber auch nicht schlecht^^
die story an sich ist richtig gut aufgebaut
spannend, gefühlvoll und so viel symbolik
ok, vllt übertreibe ich da auch, aber ich fand dich sache mit licht und dunkelheit und lavi als sonne schon gut
das ist richtig toll rüber gekommen
die charakter hast du auch super dargestellt...die dramamtik war auch zu genüge da...und dann die sache mit kandas träumen ect....
ingesammt ist die story einfach super, da fällt mir einfach nichts weiter zu ein^^
Von:  JunAkera
2010-04-20T15:38:36+00:00 20.04.2010 17:38
Wui, das ist wirklich mal ein offenes Ende – wie böse *lach*
Aber auch wieder sehr schön geschrieben Q_Q
Die ganze FF – wirklich der Hammer! Da kann man ja gar nicht aufhören zu lesen, weil man immer weiter und weiter lesen will >///< (und jetzt isse fertig – so ein Mist xD *lach*)

Aber ja Q_Q
Wirklich schön – die ganze Story, wie sich die Gefühle entwickeln, wie sich Yuu öffnet Lavi gegenüber – einfach traumhaft <3
*seufz*

Da du drüber nachdenkst ne Fortsetzung zu schreiben, nehm ich an dass Yuu durchkommt ö.ö
N Bissl macht das nämlich den Anschein, dass er so verletzt ist dass er sterben könnte, aber gut dass dem nicht so ist >D *g*

So – ich würd gern noch auf die Story selbst eingehen, aber da ist so viel tolles, was man eigentlich erwähnen müsste, dass ich es lasse und sag, die FF ist wirklich insgesamt genial!
Ich lieb die Storyline (das mit dem Gift ist wirklich ne gelungene Idee!!), deinen Schreibstil sowieso >D und Lavi x Yuu – was will man mehr >D *hehe*
<333~

Einfach nur toll <3~
*fan desu*
Von: abgemeldet
2009-08-10T13:59:24+00:00 10.08.2009 15:59
Konichi wa,

also erst mal ich find deinen Fanfic voll schön! Er ist super geschreiben und die Story ist so süß, als Kanda sich endlich auf Lavi einlässt und dann doch noch mal gelächelt hat! *so kaweii*

Du musst noch ganz viele Geschichten schreiben!

*knuddel*
Sayu
Von:  YuuichirouHyakuya
2009-06-20T09:04:08+00:00 20.06.2009 11:04
*schmelz*
hach das is sooooo süß *liebt es*
Von:  Miroir
2009-04-28T16:37:58+00:00 28.04.2009 18:37
Wow! Dieses Kapitel ist ja nochmal besser als das erste, da muss ich [[Kanda]] zustimmen! Echt klasse geworden!!!
Ein ganz, ganz dickes Lob für die Beschreibung am Anfang, was Kanda's Zimmer ihm bedeutet. Einfach kreativ, einfallsreich, passend, gut formuliert, wundervolle Wortwahl und gut rübergebrachte Atmosphäre. Vor allem der letzte Satz dieses Absatzes: "Zu ihm passte das Licht einfach nicht" Das könnte echt von Yu Kanda höchstpersönlich stammen. Und klingt einfach toll *_*
Auch, als Lavi und Kanda sich ihren Weg durch Kälte und Schnee erkämpfen müssen beschreibst du die Gefühle der beiden wirklich fantastisch gut. Zum Beispiel als du Kanda's "Vorsichtsmaßnahmen" beschreibst, mit denen er versucht seine Schmerzen vor Lavi zu verbergen. Daran sieht man echt gut, wie toll du dich in die Personen in eben genau solchen Ausnahmesituationen hineinfühlen kannst, und zwar sogar in zwei so unterschiedliche Menschen wie Lavi und Kanda (auch Komuis Handeln passt absolut zu seinem Charakter und der Situation)
Zudem berücksichtigst du Lavis Aufmerksamkeit, die er als Bookman ja braucht. Er bemerkt die Veränderung in Kandas Gangweise, wie du es so schön beschreibst. Das zeugt von seiner scharfen Beobachtungsgabe, schließlich verhält Kanda sich nicht plötzlich anders, sondern schleichend im Laufe des Weges. Großes Lob auch hierfür!
Die wärmende Umarmung später ist einfach süß! Da schlagen Shonen-Ai-Fangirl-Herzen höher, wenn man so was liest. Echt gut, wie du von dramatischeren Szenen zu romantischeren wechselst, dabei aber die Atmosphäre der Geschichte behälst.
So, und was soll ich jetzt meckern? òO Ich kann mich eigentlich nur darüber beschweren, das ich nichts zum kritisieren finde! Wie gemein... ^^
Tja, da bleibt also nur zu sagen:
Weiter so (hoffentlich bald, es ist grad mega-spannend!!)
Inu
Von: abgemeldet
2009-04-27T20:53:45+00:00 27.04.2009 22:53
Ich mag die FF jetzt nochmehr..
Die Art wie du Kanda´s Inneres beschreibst gefällt mir, ich bin echt gespannt was noch so kommen wird.
Von:  Miroir
2009-04-24T19:35:13+00:00 24.04.2009 21:35
Sehr interessante Fanfiktion :D
Zusammengefasst kann ich schon mal sagen, das du einen guten Schreibstil hast. Außerdem gefällt mir die Idee, die du übrigens auch toll umsetzt. Vor allem auffallend gut ist, das du den Charakter der vorkommenden Personen super triffst.
Sooo, und jetzt zu den Details *böse grins*
Am Anfang gefällt mir schonmal sehr, das du das Wort "durchhalten" oft wiederholst. Das passt sehr schön, da man das Gefühl bekommt, das alle anderen Gedanken in Kandas Kopf unsortiert vorbeirasen und er versucht, sich nur eben aufs "durchhalten" zu konzentrieren.
Etwas später hast du geschrieben: >>Lavi schluckte bei Kandas Anblick, er war weiß wie der Schnee, eine tiefe, stark blutende Wunde an der linken Seite und unzählige Kratzer und Schrammen zierten den jungen Mann.<< An der Stelle mit der "tiefen, stark blutende[n] Wunde" würde ich auch ein Verb einsetzten, meiner Meinung nach klingt das besser. Du könntest zum Beispiel schreiben: "an der linken Seite klaffte eine tiefe....etc" Na ja, aber das ist wohl einfach Geschmackssache.
Kurz danach schreibst du >>wie eine Welle von warmen Blut aus Kandas Wunde schwebte<< Ich nehme an, das "schwebte" am Schluss sollte "schwabbte" heißen? Ansonsten gibt das nämlich keinen Sinn. Einfach vertippt, oder? ^^
>>Ein Gefühl des Ekels erfasste ihn<< kommt kurz darauf im gleichen Absatz. An dieser Stelle würde ich nicht "Ekel" schreiben, das klingt zu negativ und drückt nicht ganz Lavis Gefühle in diesem Moment aus, nämlich, wie du es beschrieben hast, Sorge um Kanda.
Sehr gut dagegen ist der Part >>Yu war leicht, erschreckend leicht, sodass es ihm nicht schwer viel, ihn zu tragen und zu rennen, wie schnell er nur konnte<< Vor allem der Anfang des Satzes klingt echt toll und der Satz ist flüssig geschrieben und mit seiner Logik sehr angenehm zu lesen.
Auch sehr gelungen ist diese Stelle: >> Aber von Anfang an hatte ihm Kandas kühler Blick gefallen, diese herrische Art die er hatte, das kämpferische Herz.<< Eine schlicht und einfach perfekte Beschreibung Kandas, trifft seinen Charakter und sein Auftreten einfach perfekt. Daran sieht man auch sehr schön, das du überhaupt kein OOC schreibst, wie oben erwähnt.
Ebenso die Szene, in der sich Lavi ausmalt, wie eine Welt ohne Kanda wäre. Du verschönst nichts, sondern schreibst die Dinge wie sie sind, und das ist bemerkenswert. Positiv aufgefallen ist mir dabei vor allem >>Die Welt wäre nicht mehr richtig.<< Kurz und präzise sind damit die zuvor beschriebenen Momente zusammengefasst, was diesen Teil sehr schön abrundet.
Etwas unglücklich gewählt ist vielleicht das Wort "neugierig" im Satz >>Er musste zugeben, dass er ziemlich neugierig war und vielleicht würde er ja etwas in Erfahrung bringen.<< Das klingt eher sensationslüstern als besorgt, ähnlich wie oben bei dem Wort "Ekel".
In dem Part, in dem Komui das mit dem Gift erklärt, schreibst du so, das der Leser alles versteht und die Situation ebensogut wie die Charaktere einschätzen kann. Allerdings spricht Komui an dieser Stelle vielleicht ein wenig zu lange. Ein paar Beschreibungen hier und da würden das ganze noch ein bisschen leichter zu lesen machen. Wie ist Komuis Gesichtsausdruck? Was denkt Lavi in dem Moment? Macht der Herr Abteilungsleiter eine Pause beim Sprechen, betont er etwas merkwürdig, stockt er, tritt er nervös von einem Fuß auf den anderen? All das kannst du als Schreiber einfangen und dem Leser erzählen, als würdest du mit einer Kamera versuchen, Details mit der Großaufnahme herauszufischen.
Einer meiner Lieblingssätze in deiner FF ist dieser hier: >>Kandas Stimme klang schwach und müde, doch sein Blick war fest und entschlossen. Auch war eine leichte Wut daraus zu sehen.<< Wieder mal, wie so oft bei dir auffällt, kein OOC sondern typisch Kanda. Stolz und entschlossen, selbst wenn er vor Schmerzen keinen Finger mehr bewegen kann.
Fast ebenso gut: >>Er verfluchte diesen Tag, an dem das Gefühl in ihm hochkam, nicht alleine sein zu wollen.<< So, wie du diesen Satz eingebaut hast, klang er kein bisschen kitschig, sondern auf eine merkwürdige Art aufrichtig, vor allem weil davor das mit dem "verfluchte" kommt.
Die wohl allersüßeste Szene ist allerdings die hier: >>Er lehnte sich gegen die Tür und wartete einige Minuten. Dann öffnete er sie wieder leise und schielte vorsichtig hinein. Wie er erwartet hatte, war Yu vor Erschöpfung schon eingeschlafen und mit einem leichten Grinsen auf den Lippen, betrat er das Zimmer wieder und schloss geräuschlos die Tür.<<
Typisch Lavi halt. Und sehr schöne Wortwahl! In diesen Sätzen gibst du dem Leser auch ein bisschen das Gefühl, "Mitverschwörer" in Lavis Kanda-Beschützen-Aktion zu sein.
Wow, so einen langen Kommentar hab ich schon des längeren nicht mehr geschrieben oO Ich bin echt unterbeschäftigt >___> Das ewige Gelaber da oben ist übrigens weniger als Kritik als viel mehr als Anregung, vielleicht für zukünftige Geschichten, zu verstehen.
Und: Je besser die Geschichte, desto strenger die Kritik!
Hättest du schlecht geschrieben, ich hätte mir nicht die Mühe mit solcher Erbsenzählerei gemacht.
Falls du dir den ganzen Käse hier wirklich durchgelesen hast, Respekt!
So, hier verabschiede ich mich endlich,
liebe Grüße und frohes Schaffen!
Inu
Von: abgemeldet
2009-04-24T11:16:32+00:00 24.04.2009 13:16
Der Anfang gefällt mir, bin mal gespannt wie es weitergeht.


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