Zum Inhalt der Seite

Der [D]Shin in der Wunderlampe

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Strudel aus Seifenblasen

Ein Sonnenstrahl der untergehenden Sonne fiel durch die staubige Luft und erhellte vereinzelt Stellen auf dem Boden. Die trockene, heiße Luft

machte ihm das Atmen schwer. Die Eisenketten brannten auf seiner weißen Haut

und hinterließen glänzenden Spuren. Knirschend bewegte er sein verletztes

Bein über den sandigen Boden. Er leckte mit seiner Zunge über seine Lippen

und schmeckte sein Blut. Er war bereits einige Tage in diesem Kerker

eingesperrt, bekam kaum Wasser und noch weniger Essen. Jedes Glied seines

Körpers brannte vor Schmerzen. Der schmächtige Mann sah sich nach seiner Wache um. Sie saß rechts von ihm neben den massiven Eisenstangen und schlief. Kein Wunder.

Er musste schließlich nur einen magielosen Dshin bewachen. Seufzend wandte er

seinen Blick ab und starrte seine goldene Wunderlampe an. Sie hing ihm

gegenüber an der Wand. Glänzte nur noch matt, sie war nicht gut gepflegt. Er konnte sie nicht erreichen, noch in ihr

verschwinden, selbst wenn er es gewollt hätte. Niedergeschlagen lehnte er

seinen Kopf an die Wand und drückte seinen Rücken durch, sodass die

Schmerzen etwas nachließen. Seine Augenlider flatterten und die Welt vor seinen

Augen verschwamm, verdunkelte sich. In der Welt hinter seinen Augen spielten sich

tragische Szenen ab. Warum hatte er es nicht verhindert? Weil es nicht in

seiner Macht lag, oder weil er nicht stark genug gewesen war? Er war sich

sicher, dass wenn er nicht ermordet werden würde, er von seinen

Schuldgefühlen gefressen wurde. Er sah sich, wie er seinem Herrn die drei

Wünsche erfüllte, die er ihm versprochen hatte. Seinem ehemaligen Herrn und

jetzigen Herrscher. Er hatte ihm zu ultimativer Macht verholfen, doch um

welchen Preis? Er spürte, wie es ihm eiskalt den Rücken runter lief und sah

für einen kurzen Moment die Kerkerwände mit Blut überströmt. Er schloss

seine Augen erneut, doch das nun folgende Leid konnte er nicht fernhalten. Es

schüttelte ihn und stumm rannen dem kleinen Dshin die heiße Tränen über die Wangen.
 

So vergingen die Stunden, doch er zählte sie nicht. Er wusste nur, dass

irgendwo in dem Gebäude über ihm schreckliche Dinge geplant und in die Tat

umgesetzt wurden.
 

„Bringt den kleinen Dshin hoch und die Wunderlampe mit.“, befahl er

mit tiefer Stimme und alle gehorchten. Zwei der anwesenden Männer erhoben

sich und rannten geschwind runter in die Kerker, um den kleinen Dshin aus

seinem Kerker zu holen. Ihre Schritte schallten über die alten Marmorböden durch

die kühlen Marmorgänge. Shin, der junge Dshin hörte die Männer bereits von weitem

und seine Wache auch. Diese schrak hoch und setzte sich sofort gerade hin und

versuchte den Schlaf aus seinen Augen zu reiben. Shin jedoch zeigte keine

Anzeichen, dass er die Männer bemerkte, die in diesem Moment den Kerker

betraten.

„Du, komm mit!“ rief ihm einer der beiden zu, während der andere die

Wunderlampe einsteckte. Er löste die Ketten von den Haken an der Wand und

zerrte ihn an diesen aus dem Kerker hinaus und hoch zu dem Saal, in dem

er wartete. Er hielt seine Augen nur einen Spalt breit geöffnet, deswegen

nahm er seine Umgebung kaum noch war. Er wurde mehr getragen, als das er aus

eigener Kraft ging. Nach einigen Augenblicken kamen sie in dem großen Saal an

und zwangen ihn vor dem fetten Mann, in mitten der vielen jungen Frauen, auf die

Knie zu gehen. Shin blickte stur auf den Boden mit geschlossenen Augen.

„So, mein Lieber.“ flüsterte er mit süßlicher Stimme. Er grinste breit, entblößte dabei gelbliche Zähne und eine große Zahnlücke. Ekelhaft, abstoßend.
 

Shin hörte ihm nicht zu, sondern konzentrierte sich auf seine Wunderlampe. Er wollte hier weg und wenn er es schaffte, sich gegen den Uhrzeigersinn einzudrehen,

würde ER nicht mehr in der Lage sein, ihn aus seiner Lampe zu holen, doch wie

sollte er es anstellen. Shin öffnete seine Augen etwas, hob seinen Kopf

an, sodass er ihn gerade so ansah. Ihm wurde augenblicklich schlecht beim

Anblick dieses dreckigen, tyrannischen Koloss. Doch, irgendwie musste er

gewisse Dinge ebenfalls erledigen, doch ihm war schleierhaft, wie. Er würde

die Erinnerungen der Menschen im Voraus versigeln müssen, sodass sich niemand

in die nun folgende Epoche des Blutvergießens erinnern würde.

Er konzentrierte sich so stark, dass die Luft zu knistern begann und die Hitze

noch heißer wurde. „Was ist nun los?“ fragte der Wächter neben ihm und

sah sich verwirrt um, um die Quelle der entstehenden Hitze zu finden. Shin

wurde von einem unheimlichen farbenfrohen Schimmer umgeben, der zur

Wunderlampe führte. Der Koloss stand von seinem erhöhten Thron auf und

bewegte sich stolpernd auf Shin, den Dshin, zu. Der Schimmer nahm immer mehr an

Größe zu und es wurde erkennbar, dass der Schimmer aus winzigen Seifenblasen

bestand, die strudelnd in der Wunderlampe verschwanden. Shin begann zu

schweben und löste sich auf und verschwand mit den Seifenblasen in der

Wunderlampe.

Mit einem gleißenden Schein verschwand die Wunderlampe aus der Mitte dieser

Männer und tauchte irgendwo in einem anderen Land auf, unauffindbar für jede

menschliche Seele.

Ungläubig starrten die Männer auf die Stelle, auf der bis vor einen Moment

noch Shin gesessen hatte.

Neuanfang

Er hatte es geschafft, sich in die Lampe zurück zubringen und auch die Lampe außerhalb der Reichweite des Kolosses. Mit einem lauten Plumps landete die Wunderlampe in feinem hellem Sand, welcher stoßweise von Wellen überschwemmt wurde. Würde die Lampe nicht entdeckt werden? Würden die Menschen in seinem Heimatland ihm die Schuld geben? Shin wird das nie erfahren…
 

Wie viel Zeit war vergangen bis der junge Mann die Lampe fand? Nao hob die Wunderlampe aus dem Sand vor dem Schiff seines Vaters. Bald würde das Schiff ablegen, zum Festland rüber segeln und er mit ihm. Nao besah sich die Lampe genauer und wog sie dabei in seinen Händen. „Schein alt zu sein“ sagte er zu sich selbst und stecke sie in seine Hosentasche. Er würde sie mitnehmen und sie verkaufen, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Er hatte es nur schwer verkraftet, als seine Mutter starb und war froh, seinem Vater nun zu helfen. Nicht viele hielten es für eine gute Idee, Pirat zu werden, doch die schweren Zeiten ließen nichts anderes zu. Es waren nun schon ganze 20 Jahre her, dass der Koloss vom Festland eine blutige Schlacht nach der anderen führte. ‚Wo soll das nur hinführen? ‘ fragte sich Nao in Gedanken und stieg aufs Schiff, klopfte ihrem Steuermann auf die Schulter und ging auf seinen Vater zu.

„Hey, wann werden wir ablegen?“ fragte er abenteuerlustig und setzte sich auf eine Fass mit Rum. Allein der Geruch machte Nao leicht beschwipst und er kippte leicht nach hinten um. „Bald. Aber dass du nichts verträgst, ist eine Schande.“ Antwortete sein Vater mit lauter und fester Stimme. Nao errötete leicht, denn die ganze Mannschaft brach in lautem Gelächter aus und sah säuerlich zu seinem Vater, doch nahm er sich das nicht zu sehr zu Herzen. Er würde schon noch Gelegenheiten bekommen, um etwas trinkfester zu werden. Sein Vater klopfte ihm auf die Schulter, blickte ihn sanft an, dann ging er in seine Kajüte zurück und besprach ein paar Dinge über die Seefahrt mit dem Steuermann und dem zweiten Kapitän. Es konnte ja immer etwas passieren. Nao sah sich um. Die Mannschafte trug Vorräte an Essen und Trinken an Bord und auch sonst wurde alles Wichtige herangeschafft.
 

Nao sprang vom Fass, setzte sich auf die Reling und ließ den Meereswind durch seine Haare wehen. „Hey, schöne Prinzessin? Kommst du mal zu uns runter und hilfst uns?“ rief ihm einer der Männer hoch. Nao sah ihn von oben herab an. Er nickte mürrisch und sprang zu ihnen runter. Er schleppte den halben Vormittag Kisten und koordinierte sie im Buk. Schweiß lief ihm den Hals und die Stirn runter. Er wischte sich den Schweiß mit dem Ärmel weg und blickte gen Himmel. Die salzige Luft und die frische Brise ließen seinen ganzen Körper kribbeln. Er ging wieder vom Schiff, denn noch würde er in ihrem Haus schlafen. Der weiche Sand war angenehm auf seiner Haut und so machte er noch einen Spaziergang am Strand, während sich der Himmel rot färbte und die Luft an Frische gewann. Er legte sich in den Sand. Er spürte die Brise auf seinen nackten Beinen, denn die Hose, die er trug, reichte nur knapp bis zu seinen Knien. Er schloss seine Augen und genoss das Rauschen des Meeres. Ob er es jemals so friedlich genießen konnte?
 

Nach einiger Zeit stand er dann doch wieder auf und stakste zum Haus. Es war leer. Fast leer zumindest. Nur ein paar Sachen standen noch rum, die auf See nicht gebraucht wurden und sein Rucksack. Es gab eh nicht genug Platz an Bord. Nao ging in den Waschraum und schüttete sich ein Eimer Wasser über den Kopf, um sich dann zu waschen. Mit triefenden Haaren ging er zu seiner Hängematte, zog die Lampe wieder aus der Hosentasche raus und betrachtete sie im Mondschein. Er legte sie auf den Boden, lies sich in sein Bett, besser Hängematte fallen und schrie auf. Er zog ein Messer unter sich heraus. Er hatte sich nicht geschnitten und auch sonst keine Verletzung davon getragen, doch war er total geschockt. „Wie kommt das Messer dahin?“ fragte er laut in den Raum rein und wunderte sich, ob er es vielleicht selbst dort hatte liegen lasen. Aber wer war denn schon so blöd? Fluchend warf Nao das Messer auf den Boden, welches nur knapp die Lampe verfehlte und legte sich wieder in seine Hängematte. Er schlief mit den Gedanken bei seiner verstorbenen Mutter ein.
 

Auf dem entfernten Festland lief der Sohn des Kolosses auf und ab, in seinem Zimmer. Er wusste, dass er der Sohn dieses Mannes war, doch hatte dieser seiner Vaterschafft nicht öffentlich zugegeben, noch war seine Mutter die Gemahlin. Seine Mutter war eine einfache Mätresse gewesen, die nun im Sterben lag. Er kämpfte mit den Nerven und wirbelte kleine Staubwölkchen auf, die nur sehr schwach durch das Mondlicht erleuchtet wurden. Er blieb stehen und blickte aus dem Fenster. Er betrachtete den Mond und lauschte in die Stille hinein. Diese Stille ließ ihn seine Einsamkeit und Angst nur deutlicher spüren.
 

Er drehte sich vom Fenster weg und wieder zu einem schrecklichen Anblick. Man hatte zwar Ärzte rufen lassen, doch hatten diese seit einiger Zeit nichts mehr bewirken können. Bald würde er ganz allein auf der Welt sein. Mit seinem Vater wollte er nichts zu tun haben, der behandelte ihn doch auch nur als einen Stallburschen. „ Isshi “ hauchte seine Mutter leise mit matter Stimme. Schnellen Schrittes ging er auf seine Mutter zu und nahm ihre Hand in die seine. Sie war eiskalt, kaum noch lebendig. „Sei tapfer…“ Es war nicht mehr als ein Flüstern, doch von jedem im Raum zu hören. „Nein. Geh nicht“ sagte Isshi zaghaft und Tränen füllten seine dunklen Augen. Er sah so sehr aus wie seine Mutter. Es dauerte einige Augenblicke, doch dann realisierte Isshi, dass sie ihre letzten Atemzüge bereits getan hatte. Sie würde nun nie wieder zu ihm sprechen. Er knickte ein und ließ seinen Kopf und sich selbst neben seine tote Mutter fallen. Das war zu viel für ihn und krallte seine Hände in die dünne Decke, mit welcher seine Mutter zugedeckt war. Er schluchzte in die Decke hinein und bemerkte somit nicht, dass die Ärzte das Zimmer bereits wieder verließen, um die Bestattung vorzubereiten. So in gekrümmter Haltung hielt er die Nacht aus, ohne dass sein Schluchzen und seine Tränen ein Ende nahmen.
 

„Wach auf!“ rief sein Vater in die Hütte. Er hatte einen großen Ledersack über der Schulter hängen. Nao rieb sich den Schlaf aus den Augen und setzte sich blinzelnd auf. „Planänderung. Wir stechen heute schon in See.“ Teilte ihm sein Vater kurzangebunden mit. Nao sprang auf, packte seine letzten Sachen ebenfalls in einen Ledersack und folgte seinem Vater raus zum Schiff. ‚Warum wurde der Plan geändert? ‘ fragte sich Nao in Gedanken versunken und sah den Strand immer näher kommen. Mit jedem Meter wurden ihre Schritte schneller, bis beide Männer zu dem Schiff rannten. Nao hätte nicht leiser sein können, denn rappelte die Lampe laut in seiner Tasche. Sie schien gegen irgendetwas Metallenes zu schlagen. Das Messer? Sein Vater warf ihm einen irritierten Blick zu, sagte jedoch nichts zu den Geräuschen aus Naos Rucksack. Sie waren nicht die ersten auf dem Schiff, klar sein Vater war nur gekommen, um ihn zu holen, aber dennoch fehlten einige. „Die kommen nicht mehr mit“ sagte sein Vater knapp, als sich Nao nach ihnen erkundigte. Merkwürdig. Sie hissten die Segel und stachen mit dem kalten Morgenwind in See. Nun begann das Abenteuer seines Lebens. Nao blickte aufs offene Meer und atmete hörbar tief ein. Er freute sich riesig auf die Dinge, die er erleben würde und die Menschen, die er treffen würde, doch wusste er da noch nicht, was auf ihn zu kommen würde, genauso wenig wusste er von Shin, in der Lampe, die er gefunden hatte. Es würde ein Neuanfang für alle werden.

Beginn einer Freundschaft

Seine Hände brannten die ersten Stunden, die sie auf See waren. Naos weiche Haut war so raues Klima nicht gewöhnt und so war sein Quengeln die ganze Zeit über zu hören.

„Maul nicht, in ein paar Tagen haben sich deine Hände schon an das salzige Wasser und die trockenen Stricke gewöhnt.“ Der Kapitän, sein Vater ging mit lauten Schritten an ihm vorbei. Nao sah ihm nach, wandte seinen Blick in Richtung Horizont. Die dunklen Gewitterwolken ließen dem jungen Mann die Haare im Nacken zu Berge stehen, obwohl ihm noch vereinzelte Sonnenstrahlen auf den blanken Oberkörper fielen.
 

„Rafft die Segel!“ Der Schrei des Kapitäns hallte über das ganze Schiff. Die Mannschaft hörte auf seinen Befehl und im Nu waren alle Segel eingeholt und an die Mäste gewickelt.
 

Ein Blitz erhellte die schwarzen Wolken und ein krachender Donnergroll folgte geschwind. Nao mochte den Wetterumschwung nicht und auch der Rest der Mannschaft blickte mir Unwohlwollen gegen den dunkeln Horizont, auch wenn sie natürlich alle sehr viele Erfahrungen mit und auf der See hatten und auch mit starken Unwettern. Allerdings verursachte so ein Unwetter direkt am Anfang einer so langen Reise eine ungute Vorahnung auf schwierige Zeiten. Seufzend stellte sich Nao hinter seinen Vater und blickte diesem über die Schultern. Der Braunhaarige wusste auch nicht, warum er so groß gewachsen war, waren doch sowohl seine Mutter als auch sein Vater von eher kleiner und stämmiger Figur.
 

„Zieh dir was über, Junge! Wenn du bei dem Wetter halbnackt rumläufst wirst du noch krank. Und Kranke können wir nicht gebrauchen.“ Die strengen Worte verärgerten den jungen Mann. Zwar war Nao das harte Wetter auf See nicht gewohnt, aber zart besaitet war er auch nicht. Und so stapfte der junge Mann missmutig in seine Kajüte und zog sich einen bunten, weiten Pullover über, sodass sein Vater nichts mehr zu bemängeln hatte. Nao drehte sich um und war schon im Begriff wieder auf Deck zurückzugehen, als sein Blick auf sein Spiegelbild fiel. Mit den langen Locken sah er wirklich etwas weibisch aus. Nao nahm sich eine Kordel von einer Kommode und band damit seine Haare zurück zu einem Zopf. Danach nahm er ein dunkelblaues Tuch und wickelte es sich um die Stirn und knotete es unter dem Zopf zusammen. Eine kurze Zeitlang stellte er sich in verschiedenen Posen vor den Spiegel, kicherte und ging schließlich doch noch auf Deck um festzustellen, dass der Wind an Geschwindigkeit gewonnen und es angefangen hatte, zu regnen. Der Wind peitsche über das Wasser, ließ die Wellen über die Reling schwappen und ein Wechselspiel aus Blitz und Donner visualisierten das Szenario. Nao rannte an das Hauptsegel und half zwei Männern, dass losgelöste Seil einzufangen und es diesmal so fest zu zurren, wie es nur möglich war. ‚Hoffentlich schlägt kein Blitz ein‘ dachte Nao, doch im gleichen Moment verfehlte ein Blitz das Schiff nur um wenige Meter. „Pass auf was du denkst…“ Sagte Nao leise zu sich selbst und sah zitternd zu den pechschwarzen Wolken empor.
 

Einige Stunden später herrschte Flaute und die Mannschaft lag erschöpft auf dem Deck. Das Unwetter war überstanden und der entstandene Schaden hatte ein geringes Ausmaß angenommen. Nao lag in einer Hängematte, welche sein Vatter für ihn hatte anbringen lassen und hielt seine Augen geschlossen. Er roch das salzige Meer und das feuchte Holz des Schiffes. Seine Lippen formten sich zu einem seelischen Lächeln, wenn er daran dachte, dass er endlich als Pirat übers Meer schippern konnte.
 

„Nao? Leistest du uns Gesellschaft? Unser Smutje hat was Tolles für uns zubereitet und nach den anstrengenden letzten Stunden, kann jeder eine stärkende Mahlzeit gebrauchen.“ Nao ließ sich das nicht zwei Mal sagen, sprang schwungvoll aus der Hängematte und folgte dem Steuermann unter Deck. Dort saßen alle, bis auf dem Kapitän, um den runden Holztisch rum und waren munteren Herzens. Nao nahm neben dem Smutje Platz und besah sich die Töpfe, die auf dem Tisch verteilt waren. „Also, Männer…“ Sie verstummten alle und widmeten ihre Aufmerksamkeit nun ihrem Kapitän, der als einziger noch stand. „Jetzt kommt eine ewig lange Ansprache, auf das Essen, das Unwetter, unsere Reise, Aufgaben und Gefahren, die noch auf uns zukommen mögen.“ Erklärte Chippie, der Smutje flüsternd Nao. „Guten Hunger und haut rein!“ Naos Vater hatte die Worte Chippies vernommen und hatte aus Trotz seine Rede hinunter geschluckt. Nao kicherte und hob seinen Krug, um mit den anderen anzustoßen.
 

„Jawohl Sir!“

Schallte die Antwort der Mannschaft durch den Raum und alle begannen eifrig mit der Nahrungseinnahme.
 

Zur gleichen Zeit bevor das Unwetter aufzog an einem anderen Ort:

Mit aufgequollenen Händen schrubbte er mit einem Lappen den alten Dielenboden. Der Schweiß verklebte seine schwarzen Haarspitzen, lief ihm durchs Gesicht und perlte ihm vom Kinn. Isshi hatte sich nach der Beisetzung seiner Mutter in Arbeit gestürzt. Zum einen, weil er den Schmerz über den Verlust seiner Mutter nicht ertragen konnte und zum anderen, weil er nicht von seinem Vater geschlagen werden wollte. Eigentlich war er dazu ja viel zu alt, aber seinem Vater waren er und sein Alter ja egal. Wenn es Isshi möglich wäre, würde er sich woanders Arbeit suchen, aber die Verwandtschaft zu seinem Vater bereiteten allen Angst und jeder fürchtete, bestraft zu werden, Wenn sie Isshi Arbeit anböten.
 

Wuttränen vermischten sich mit dem Schweiß auf seinen Wangen und rannen diese hinunter. Der Schwarzhaarige tunkte den Lappen wieder in den Eimer mit Wasser und setzte seine Arbeit fort. Als er diesen im Innenhof entleerte, fiel sein Blick auf den Hafen, der im Schatten des Palastes lag. Seufzend ließ er seine Schulter sinken und sein Blick verweilte auf den vielen Segelschiffen im Hafen, die neue Waren ans Land brachten und Menschen versuchten auf ihnen vor seinem Vater zu entkommen. Isshi stellte den Eimer zu Boden, sah sich vorsichtig um und rannte dann zu einer versteckte Tür bei dem Abort, stahl sich aus der Tür und sprintete die engen Gassen entlang, bis er am Hafen angekommen war. Hier am Hafen war das bunte Treiben groß. Auf der einen Straßenseite standen die Stände der Fischer, die ihren frischen Fang an den Mann bringen wollten und auf der anderen Straßenseite waren die üblichen Läden, Werkstätten und vereinzelte Wirtshäuser. In der nahe Schmiede arbeitete sein bester Freund Akiya. Akiya war ein Jahr älter als er und dank seiner Arbeit als Schmied etwas muskulöser als Isshi. Isshi lächelte bei dem Gedanken an seinen besten Freund, setzte sich wieder in Bewegung und war wenige Schritte später über die Schwelle zur Schmiede geschritten.

„Guten Tag.“

„Akiya ist im Hinterhof, Junge. Du kennst ja den Weg.“ Akiyas Vater hatte nicht ein Mal mehr aufgesehen. Er erkannte Isshis Stimme mittlerweile sofort und war ihm gegenüber immer freundlich gewesen und das obwohl sein Vater so grausam und schrecklich war.
 

„Ist gut, danke.“ Isshi schritt durch den Raum, durch die Tür hinaus in den Hinterhof. Er hörte seinen dunkelhaarigen Freund schon von weitem, da er die Steine zum Schmieden vorbearbeitete.

„Darf ich dich ein wenig bei deiner Arbeit stören, junger Herr?“ Isshi verbeugte sich galant, aber nicht sehr tief vor Akiya, welcher bei solch einer Anrede überrascht aufgeschaut hatte. Seine Gesichtszüge entspannten sich, als er seinen besten Freund erkannte. „Aber immer doch.“ Lachen stand Akiya auf und gab seinem Freund zur Begrüßung einen Klaps auf die Schulter.

„Du siehst schlecht aus. Was ist passiert? Wie geht es deiner Mutter?“ Akiya wusste alles über Isshi und hatte diesem schon oft mit Rat und Tat zur Seite gestanden und nicht weniger oft eine Schulter zum Ausweinen angeboten. Daher merkte er sofort, wenn es seinem Kumpel schlecht ging und es hatte den Anschein, dass es Isshi schrecklich schlecht ging, schlechter als sonst, wenn das überhaupt noch möglich war.
 

„Sie ist gestern Abend verstorben.“ Isshi senkte seinen Blick, denn seine Augen hatten sich erneut mit Tränen gefüllt. Akiya erbleichte, nahm seinen Freund in den Arm und drückte ihn tröstend an sich. „Mein Beileid.“ Mehr brachte Akiya auch nicht raus, denn jedes Wort des Mitleids oder der Trauer wäre einfach zu viel gewesen. Isshi legte seinen Kopf auf Akiyas Schulter, krallte sich in dessen Ärmel und fing an laut zu schluchzen. So standen sie im Hinterhof einige Minuten, bis sich Isshi wieder beruhigt, sich wieder aufgerichtet und mit seinem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht gewischt hatte.
 

“Entschuldigung…und…danke“ Verlegen sah Isshi seinem schwarzhaarigen Freund in die Augen, die einen sehr sanften Ausdruck angenommen hatten. „Du brauchst dich weder zu entschuldigen noch zu bedanken. Wofür hat man denn Freunde?“ Kichernd bückte sich Akiya wieder und hob den Schleifstein, an welchem er vorher gearbeitet hatte, hoch und trug diesen in die Schmiede. „Wenn ich den eingebaut habe, können wir ein wenig zu den Schiffen gehen, in Ordnung?“ „Ja.“ Akiya löste die Schrauben im abgenutzten Schleifstein, stellte diesen dann auf dem staubigen Boden ab, klemmte den neuen an die Stelle und drehte die Schraube wieder fest an.
 

„Wir gehen kurz zu den Schiffen.“ „Komm nicht zu spät wieder, Jungchen.“

Gemeinsam verließen die beiden schwarzhaarigen jungen Männer die Schmiede und traten auf die Straße, die waagerecht zum Hafen verlief und die zwei sogen die frische Meeresluft in sich ein. „Dein Vater nennt dich immer noch Jungchen?“ Isshi konnte sich ein Kichern nicht unterdrücken. „Ja, für ihn bin ich einfach noch ein Jungchen…“ Verlegen kratzte sich Akiya am Hinterkopf. Der ältere von beiden sah erst links, dann recht bevor er über die Straße ging, gefolgt von Isshi, setzten sich auf die Hafenmauer und ließen ihre Beine baumeln. In der Ferne nur das Meer. „Ich wünschte, dass ich eines Tages mal aufs Meer hinausfahren kann.“ Akiyas Augen wirkten bei seinen Worten sehr verträumt und Isshi konnte es ihm nicht verübeln. Das Meer war so weit, frei und voller Wunder und natürlich lagen dort überall Länder die sie nicht kannten, aber gerne einmal bereisen würden. „Irgendwann fahren wie gemeinsam aufs Meer und bereisen alle möglichen Länder und Inseln!“ Der jüngere Stieß die Faust in die Luft, um seinen Worten Stärke zu verleiten. „Irgendwann ja.“ Akiya seufzte so tief, dass die Hoffnungslosigkeit ihrer Situation zum Greifen nahe war.
 

„Ich kann euch ein paar Geschichten erzählen…und vielleicht sogar dafür sorgen, dass ihr ein Mal mit hinausfahren könnt.“ Ein junger Mann stand hinter Akiya und Isshi, die sich beide überrascht umgedreht hatten. Das runde Gesicht, welches von schulterlangen Haaren umspielt wurde, wirkte freundlich und keck.
 

„Ich bin Izumi und Fischer.“ Izumi der Fischer hatte seine Hände zu Fäusten geballt und in die Hüfte gepresst. Er lächelte auf die beiden jungen Freunde zu seinen Füßen hinab, kam sich dabei aber zu erhaben vor und kniete sich kurzum hinter die beiden. „Hallo Izumi. Ich bin Akiya, Schwertschmied und das ist mein bester Freund Isshi.“ „Freut mich dich kennen zu lernen, Izumi.“ Isshi gab Izumi die Hand und war überrascht, dass dieser kleine Kerl so einen festen Händedruck hatte. „Mich ebenfalls.“ Izumi hatte ein freundlich, lebhaftes Lächeln, das ansteckend war. „Was meintest du damit, dass du uns mit hinaus nehmen kannst?“ Akiya war neugierig. Ihn und Isshi interessierten die Geschichten weniger, als die Möglichkeit aufs Meer zu fahren. „Ich hab doch auch gesagt, dass ich Fischer bin.“ Der langhaarige schien eher kurzangebunden zu sein, aber dennoch hatten beide begriffen, was er damit sagen wollte. „Wir dürfen mit dir mit fahren?“ „Ich kann euch nicht irgendwohin bringen, aber ich könnte euch eben auf eine Tour mitnehmen. Oder reicht euch das nicht?“ Izumi meinte den Freiheitsdrang der beiden zu spüren. Akiya sah zu Isshi rüber. Es würde Isshi verdammt teuer zu stehen kommen, wenn er nach einem Tag auf hoher See wieder zurückkommen würde. Bei ihm würde es nicht ganz so schlimm sein, da ihm sein Vater für einen Tag ausnahmsweise frei geben würde. Isshi seufzte. „Erzähl doch lieber erst mal was von deinen Erfahrungen, ja?“ Izumi grinste und nachdem die zwei etwas auseinander gerückt waren, setzte er sich zwischen die zwei Schwarzhaarigen und erzählte ihnen ein wenig von seinen Erlebnissen mit blutrünstigen Piraten, schönen Händlerstöchtern auf fernen Inseln und auch von anderen Ländern. Isshi und Akiya lauschte gespannt und andächtig seinen Worten und mit jedem Wort stieg ihr Verlangen, selbst einmal auf See zu stechen ins Unermessliche.
 

„Ich kann euch heute leider noch nicht mitnehmen, aber wenn ihr wirklich mit mir hinaus wollt, können wir einen Tag abmachen, an dem ihr beide zu mir ins Boot steigt.“ „Auf jeden Fall!“ Akiya klatsche in die Hände uns seine Augen leuchteten alleine bei dem Gedanken daran von dem glitzernden Nass umgeben zu sein. „Ich wünsche dir für heute einen guten Fang und gutes Wetter.“ Isshi bedankte sich bei Izumi und hoffte, dass er zu einem ernsthaften Freund für sie werden würde, denn die Lebensfreude des kleinen Fischers hatte sein Herz erwärmt. „Vielen Dank. In der Ferne soll ein starkes Unwetter herrschen, wenn der Wind nicht dreht, werde ich Glück haben.“ „Und du fährst trotzdem raus?“ Ich habe keine andere Wahl. Ich lebe vom Fischfang und habe genug Erfahrung mit Unwettern. Wir sehen uns mit sicherlich morgen wieder.“ Mit einem letzten Zwinkern und Winken verabschiedete er sich von den zweien, lief über den Steg zu seinem kleinen Fischerboot und stach in See. Am Hafen standen immer noch die zwei jungen Männer mit ihren kurzen, schwarzen Haaren und ihrer verdreckten Kleidung und folgte ihrer neuen Bekanntschaft bis Izumi nicht größer als ein Stecknadelkopf war. „Hoffentlich kommt er heil zurück.“ „Du solltest besser dafür sorgen, dass du heil zurück kommst, Isshi. Im Palast wird dein Fehlen bestimmt schon aufgefallen sein.“ „Du hast recht. Es war schön heute und wir sehen uns hoffentlich auch morgen wieder.“ Mit einem Handschlag verabschiedeten sich die zwei Freunde von einander. Während Akiya zurück an seine Arbeit in der Schmiede ging, schlich sich Isshi geschwind zurück in den Palast um dort ebenfalls seiner Arbeit wieder nachzugehen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2010-02-20T22:09:10+00:00 20.02.2010 23:09
oh,ich find die story echt super!!
Die Idee ist mega knuffig :3

und der schreibstil ist total schön und einfach zu lesen!! Freu mich schon auf die nächsten Kapitel^.^
Von:  ma0am
2010-02-10T20:34:16+00:00 10.02.2010 21:34
sehr cool (° A °)
die idee is niedlich <3
.knuddel.
& dein schreibstil ist auch toll (* 3 *)
Von:  Byo
2009-05-13T16:55:58+00:00 13.05.2009 18:55
Oh, armer Isshi ;__;
*wein*

Nao ist so... dämlich XD Dass der sich nicht geschnitten hat ist ein Wunder XD
Wär aber lustig gewesen, wenn es ihm in den Arsch gepiekst hätte XDDD
Von:  Byo
2009-05-09T19:36:00+00:00 09.05.2009 21:36
aw<3
krieg ich auch nen Shin in ner Wunderlampe? *_*
(dann kann ich mir Isshi wünschen XD)

das klingt echt voll spannend ^_^


Zurück