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toot gayi...

zerbrochen
von

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Prolog

Wütend schaute Raj zwischen seinen Eltern hin und her und rief: “Das kann jetzt nicht euer Ernst sein!” “Die Hochzeit findet nächste Woche statt, ob du nun willst oder nicht. Wir sind immer noch deine Eltern und entscheiden, was das Beste für dich ist. Bei deinem Lebenswandel mussten wir irgendwann eingreifen. Du hast in deinem Leben doch keine anderen Inhalte als Frauen und Feiern. Das hört jetzt auf.”, sagte sein Vater streng. “Aber das könnt ihr doch nicht einfach so entscheiden. Und außerdem habe ich diese Piya noch nie gesehen!”, versuchte Raj sich zu verteidigen, doch sein Vater schnitt ihm das Wort ab. “Es reicht. Wir haben es so entschieden und Schluss. Piya wirst du noch früh genug bei der Hochzeit sehen und dann habt ihr ein ganzes Leben Zeit euch kennenzulernen.”
 

******************
 

“Also gut, ich werde ihn heiraten.”, sagte Simran schließlich, nachdem ihre Mutter eine Stunde auf sie eingeredet hatte. Sie kannte Dev schließlich schon seit ihrer Kindheit und sie würden schon irgendwie klar kommen, auch wenn sie sich nicht liebten. Ihre Mutter umarmte sie. “Danke, Beti. Ich weiß, dass dieser Schritt sicher kein leichter für dich ist, aber es war ein Versprechen, das sich eure Väter gegeben haben. Und auch, wenn dein Vater nicht mehr lebt, sollten wir seinen Wunsch erfüllen.” Simran nickte. “Ich werde so schnell wir möglich einen Termin bei einem Priester machen. Am besten ist es, wenn wir die Hochzeit nicht so lange vor uns herschieben.” Simran nickte wieder und sagte: “Ich werde mich dann morgen mit Dev treffen und alles mit ihm besprechen.” Dann wünschte sie ihrer Mutter eine gute Nacht und ging schlafen.
 

Am nächsten Tag trafen sich Simran und Dev auf dem Spielplatz, auf dem sie als Kinder immer zusammen gespielt haben. “... Bist du glücklich über diese Entscheidung?”, fragte Simran und starrte auf den Boden. "... Tja, glücklich? ... Also wir hätten es jedenfalls wirklich schlimmer treffen können. So einen gutaussehenden und sympathischen Kerl wie mich findest du schließlich nicht alle Tage.”, meinte Dev und streckte seine Brust raus. Dann musterte er Simran von oben bis unten und sagte grinsend: “Und du bist ja auch nicht soo übel...” Sie sah ihn böse an, zog eine Augenbraue hoch und stieß ihm ihren Ellenbogen in die Seite. Er stöhnte kurz auf, fing dann aber kräftig an zu lachen. Sie verdrehte die Augen, doch sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er hatte recht, es wird schon werden, schließlich verstanden sie sich wirklich prima und vielleicht würde mit der Zeit aus ihrer Freundschaft Liebe werden. Man konnte ja nie wissen...

„Bist du denn bald mal fertig?! Wir müssen wirklich langsam los!“, rief Simran und klopfte genervt an die verschlossene Badezimmertür. Als Dev aus dem Badezimmer heraus kam, grinste er sie an. „Ist ja schon gut. Ich bin fertig.“ „Es ist unglaublich, wie lange du jedes Mal im Bad brauchst.“, meinte sie und schaute ihn verständnislos an. „Und nachher siehst du kein bisschen anders aus als vorher.“, stellte sie nach einer ausführlichen Musterung fest. Dev zupfte am Kragen seines Anzuges. „Ignorantin.“ Simran verdrehte die Augen und zog ihn am Arm zur Haustür hinaus. Dann schloss sie ab. „Wir müssen uns jetzt wirklich beeilen. Wir hätten schon vor fünf Minuten da sein sollen. Naina wird bestimmt sauer sein, wenn wir schon wieder zu spät zu ihrem Geburtstag kommen!“ Die beiden setzten sich ins Auto und fuhren los.
 

Nachdem sie geklingelt hatten, öffnete Naina ihnen die Tür und strahlte sie an. „Alles Gute zum Geburtstag!“, riefen Simran und Dev gleichzeitig und hielten ihr ihr Geschenk hin. Naina freute sich sichtlich und umarmte beide herzlich. Dann bat sie sie herein und meinte, dass sie sich doch unter die Leute mischen sollten. Simran schaute sich um und es waren sicher um die 40 Gäste da, doch der erste, den sie sah, war Karan. Er kam schnurstracks auf sie zu und umarmte sie. Sie freute sich, schließlich war er ihr bester Freund und sie hatten sich leider aus Zeitgründen seit drei Wochen nicht gesehen. „Wie geht’s dir? Du siehst gut aus. Bist du allein hier?“ Simran musste grinsen, da er sie schon wieder mit so vielen Fragen überfiel. „Nein, ich bin mit Dev...“ Sie schaute sich um und sah ihren Ehemann in einer Ecke mit ein paar Kumpels stehen. „Eigentlich bin ich mit Dev hier, aber der hat schon wieder die Fliege gemacht.“, sagte sie schließlich in einem gleichgültigen Ton und zuckte mit den Schultern.

Die beiden holten sich etwas zu trinken und gingen raus auf die Terrasse. Nainas Wohnung befand sich im zehnten Stock und wurde für die Zeit ihres Studium von ihren reichen Eltern bezahlt und war dementsprechend üppig.

„Und wie läuft es bei euch so?“, fragte Karan. „Nicht anders als sonst. Dev ist viel mit der Arbeit beschäftigt, aber er nimmt sich auch oft Zeit für uns...“ „... Und die Liebe?“ Simran dachte kurz nach. „Was soll ich darauf antworten? Liebe wird das wohl nie werden. Aber es gibt schlimmeres als mit seinem zweitbesten Freund verheiratet zu sein…“, lächelte sie schließlich. Karan sagte daraufhin nichts und schaute auf die im Dunkeln durch viele Lichter funkelnde Stadt.

„Ach, da fällt mir noch was ein. Ich will nächste Woche Samstag eine Feier für einen guten Freund von mir geben. Er ist gerade erst mit seiner Frau von Pune nach Mumbai gezogen und ich dachte, dass ich ihnen gleich mal ein paar Leute vorstellen könnte, damit sie hier schnell Anschluss finden. Ich würde mich freuen, wenn du und Dev kommen würdet.“, meinte Karan euphorisch. Simran war einverstanden, da sie sowieso noch nichts vorhatte.
 

Der Rest der Party verlief recht unspektakulär. Simran unterhielt sich mit ein paar Leuten und amüsierte sich ganz gut. Dev bekam sie nur selten zu Gesicht, da er sich die meiste Zeit mit ein paar Freunden oder mit Naina beschäftigte.

Als sie schließlich nach Hause wollte, murrte Dev ein wenig herum, da er gerne noch geblieben wäre, aber er gab schließlich nach. Die beiden verabschiedeten sich von Naina und bedankten sich für die schöne Feier.

Im Auto erzählte Simran Dev von der Party, die Karan geplant hatte. „Hast du vergessen, dass ich nächstes Wochenende eine Weiterbildung in Jaipur habe und erst am Sonntag Abend wiederkomme? Da musst du dann wohl oder übel alleine zu Karan gehen.”, meinte Dev. Daran hatte Simran tatsächlich nicht mehr gedacht und war nun enttäuscht, dass sie alleine gehen musste. Dev sah ihr trauriges Gesicht und sagte, während er ihre Schulter streichelte: „Tut mir wirklich leid, aber das steht ja schon eine ganze Weile fest… Außerdem hast du ja Karan und ein paar von den Leuten, die er einlädt, kennst du sicher auch.” Simran nickte und lächelte. „Aber wenn du eine gute Ehefrau wärst, würdest du natürlich das ganze Wochenende zu Hause bleiben, mich vermissen und still in dich hinein weinen”, grinste er. „Das hättest du wohl gern!”, lachte Simran und boxte seine Schulter.

Die Woche ging schnell rum. Nachdem Simran Dev am Samstagmorgen verabschiedet hatte, machte sie noch ein paar Besorgungen, räumte die Wohnung auf und telefonierte noch kurz mit Naina, die zur Feier am Abend auch eingeladen war, aber nun absagen musste. Simran sollte Karan Bescheid geben, da sie ihn im Moment nicht erreichen konnte.

Am Abend machte sich Simran http://i38.tinypic.com/2m5hsls.jpg für Karans Party fertig. Nachdem sie mit sich zufrieden war, rief sie sich ein Taxi und fuhr zu Karans Wohnung. Als er ihr die Tür öffnete, begrüßten sie sich gleich mit einer herzlichen Umarmung. „Nanu, wo ist denn Dev?“, fragte Karan verwirrt. „Er hat leider keine Zeit wegen einer Weiterbildung in Jaipur, aber ich soll schöne Grüße bestellen.“, meinte Simran. „Ach ja! Ich soll dir noch ausrichten, dass Naina leider auch nicht kommen kann.“ Karan seufzte. „Naja, was soll’s?! Hauptsache du bist da.“, meinte er augenzwinkernd und nahm sie in den Arm. Dann führte er sie zu einem Pärchen http://i38.tinypic.com/2a9so0j.jpg , das am Wohnzimmerfenster stand und sich unterhielt. „Raj, Piya, darf ich vorstellen? Das ist meine liebe Simran.“, sagte Karan und präsentierte Simran stolz, was ihr irgendwie peinlich war. Die drei begrüßten sich höflich und Piya meinte dann lachend: „Karan hat schon so viel von dir erzählt. Man könnte meinen, ihr beide wärt verheiratet.“ Simran sah Karan ungläubig an und musste dann ebenfalls lachen. „Ich kenne ja seine geheimsten Wünsche nicht, aber ich lehne dankend ab.“, meinte sie und gab ihm einen leichten Schlag auf die Schulter. Karan sah sie böse an. „Wer will denn mit so einer Kratzbürste wie dir freiwillig verheiratet sein?!“ Er wollte sie gerade in den Schwitzkasten nehmen, als es an der Tür klingelte. Karan entschuldigte sich kurz und ging.

Raj, Simran und Piya standen da und keiner sagte etwas bis Simran das Wort ergriff. „Karan sagte, ihr seid gerade erst von Pune hergezogen. Was war denn der Anlass?“ „Ich wurde von meiner Firma in die hiesige Filiale versetzt und zur PR-Leiterin befördert. Ein Umzug ließ sich leider nicht vermeiden.“ Die beiden plauderten ein wenig über Piyas Beruf bis Piyas Handy klingelte und sie sich kurz für ein Gespräch entschuldigte.

Simran bemerkte, dass Raj auf der Fensterbank saß und gelangweilt aus dem Fenster schaute. Außerdem fiel ihr auch plötzlich auf, dass sie ihn ziemlich attraktiv fand. Sie schüttelte leicht den Kopf, um den Gedanken zu verwerfen. „Deine Gattin ist ja eine echte Karrierefrau, was?!“, sagte sie und lächelte. Er schaute sie an, als ob er gerade erst bemerkt hätte, dass sie überhaupt da war. „Ich meine, nicht jeder Mann würde es tolerieren, wenn die Frau der Arbeit wegen in eine andere Stadt ziehen will.“, hakte sie nach, doch er schaute sie immer noch einfach an und sagte nichts. Langsam fühlte sie sich etwas unwohl. „Ehe besteht aus Kompromissen. Das lernt man irgendwann…“, antwortete er schließlich, doch in dem Moment kam auch schon Piya wieder. „Es tut mir wirklich leid, aber Vijay hat gerade angerufen. Ich muss noch mal los. Es gibt Probleme mit der Raumbuchung für den Kongress am Montag. Ich nehme mir ein Taxi, damit du noch hier bleiben kannst. Wir sehen uns dann zu Hause.“, meinte Piya etwas gehetzt, gab Raj einen flüchtigen Kuss auf die Wange und war dann auch schon verschwunden. Raj verdrehte die Augen. „Kompromisse sind das A und O einer funktionierenden Ehe.“, sagte er und zwinkerte Simran zu. „Und was war dein Kompromiss?“, fragte sie. „Nun ja, ich habe für sie meinen Job in Pune aufgegeben und muss hier nun vollkommen neu anfangen.“ Er stand auf, stellte sich dicht neben Simran und legte seinen Arm um sie. Dann sagte er, während er die Nachtansicht Mumbais betrachtete: „Aber diese Stadt hat durchaus auch ihre Vorzüge, wenn man genauer hinschaut.“ Sie verstand nicht genau, was er ihr damit sagen wollte, doch sie spürte, wie ihr Herz plötzlich schneller schlug. „Wie ich sehe, versteht ihr euch ja schon prächtig.“, platzte Karan dazwischen und Simran ergriff dankbar die Gelegenheit, um sich aus Rajs Umarmung zu befreien. „Wo ist denn Piya?!“, fragte Karan überrascht. „Hat sie sich gar nicht von dir verabschiedet?!“, wunderte sich Raj und Karan schüttelte mit dem Kopf. „Tut mir wirklich leid. Es gibt wohl ein Problem in ihrer Firma und sie musste schnell weg...“, entschuldigte sich Raj, dem das Verhalten seiner Frau sichtlich unangenehm war. Karan winkte ab und fing ein neues Gespräch an. Der Abend wurde für alle Beteiligten noch recht lustig, auch, wenn Piya schon weg war.

Simran, Raj und Karan verstanden sich prima und hatten viel Spaß zusammen. Als alle anderen Gäste bereits seit über einer Stunde gegangen waren, saßen die drei immer noch auf der Couch und unterhielten sich. Simran war schließlich die erste, die sich verabschieden und ein Taxi nehmen wollte. Doch Raj winkte ab und bot ihr an, sie mitzunehmen und zu Hause abzusetzen. Sie wollte erst ablehnen, doch dann stimmte sie nach kurzem Zögern zu. Sie verabschiedeten sich und bedankten sich bei Karan für die Feier.

„Piya scheint sehr nett zu sein. Ich würde mich gerne mal auf einen Kaffee mit ihr treffen.“, meinte Simran, als sie und Raj im Auto saßen. „Sie ist erträglich, wenn sie nicht gerade an ihre Arbeit denkt. Ich gebe dir unsere Telefonnummer, dann kannst du dich ja mal melden.“

Als sie vor Simrans Wohnung standen, schrieb Raj ihre Telefonnummer auf und gab ihr den Zettel. „Wow, wie kannst du es dir leisten, in so einem teuren Haus zu leben?“, fragte er erstaunt, als er sich das fünfstöckige Haus mit der reichverzierten Fassade ansah und Simran die Wagentür öffnete. „Mein Mann verdient recht ordentlich. Da geht das schon.“, erwiderte sie lächelnd nachdem sie ausgestiegen war. „... Du... Du bist verheiratet?!“, Raj schien ziemlich baff zu sein. „Ja, wieso nicht?!“, fragte sie verwirrt, doch er schüttelte nur mit dem Kopf. „Na gut... Vielen Dank für den Taxiservice. Man sieht sich sicherlich. Ich werde mich dann demnächst bei Piya melden. Gute Nacht!“, sagte sie lächelnd und verschwand im Haus. Raj sah ihr noch nach mit einem Gesichtsausdruck, der nicht zu deuten war.

Simran freute sich als Dev am Sonntagabend wieder nach Hause kam. Sie umarmte und küsste ihn. Dev war von dieser Begrüßung mehr als überrascht. „Mensch, womit hab ich denn das verdient?”, fragte er fröhlich und legte seine Hände auf ihre Hüften, nachdem er seinen Koffer abgestellt hatte. „Ich weiß nicht.”, entgegnete sie frech. „Mein Liebhaber hatte dieses Wochenende leider keine Zeit und da musste ich jetzt die ganze Zeit auf dich warten.” „Ach, tatsächlich?! Na, dann kannst du dich jetzt auf etwas gefasst machen, meine Liebe.”, meinte Dev entrüstet und hievte sich Simran über die Schulter. Im Schlafzimmer angekommen, warf er Simran auf das Bett und legte sich neben sie. Sie rollte sich auf ihn, schob den Kragen seines Hemdes beiseite und küsste seinen Hals. Plötzlich hörte sie ein Geräusch, das sich verdächtig nach Schnarchen anhörte. Sie schaute hoch und Dev war tatsächlich eingeschlafen! Ihr entglitten ihre Gesichtszüge. „Also darauf war ich wirklich nicht gefasst…”, grummelte Simran leise vor sich hin als sie aufstand und ins Wohnzimmer ging, um noch ein wenig fernzusehen. Sie verstand ja, dass Dev von der langen Fahrt müde war, aber gerade dann einzuschlafen, wenn sie ausnahmsweise mal zärtlich zu ihm war, fand sie doch ein bisschen unverschämt.

Das ließ sie ihn auch am nächsten Morgen beim Frühstück spüren. Normalerweise machte sie ihm sein Lunchpaket für die Arbeit immer, doch dieses Mal musste er ohne aus dem Haus gehen. Kurz bevor er die Wohnung verließ, versuchte er nun bereits zum gefühlten 100. Mal, sich zu entschuldigen, doch Simran hatte beschlossen, ihn noch eine Weile schmoren zu lassen.

Nachdem er weg war, räumte sie ein wenig die Küche auf. Dann langweilte sie sich. Sie beschloss, Piya anzurufen. Als sie die Nummer gewählt und es ein paar Mal geklingelt hatte, meldete sich eine männliche Stimme. „Oh, ähm, Raj? Hallo, hier ist Simran. Ich wollte eigentlich mit Piya sprechen.” „…… Hi! Die ist gerade eben zur Tür raus.” „Mist, ich wollte sie eigentlich fragen, ob wir heute einen Kaffee zusammen trinken wollen… Ich komme sonst um vor Langeweile.”, meinte Simran leicht verzweifelt. „Das sieht schlecht aus. Piya wird sicher nicht vor 21 Uhr zu Hause sein…” Stille. „Aber wenn du willst, kann ich mich anbieten. Ich hab auch gerade nichts zu tun und du könntest mir die Stadt zeigen.”, schlug Raj schließlich vor. Simran überlegte kurz und wog in Gedanken die Argumente ab, die dafür und dagegen sprachen, sich alleine mit Raj zu treffen. Doch sie entschied sich dafür und sagte zu. „Wunderbar, dann würde ich sagen, ich hole dich elf Uhr bei dir zu Hause ab?!” Sie war einverstanden und legte auf, nachdem sie sich verabschiedet hatten.
 

Als es an der Tür klingelte, schnappte sich Simran ihre Tasche und lief nach unten. Sie und Raj begrüßten sich und er meinte dann: „So, und was hast du nun mit mir vor?“ „… Äh… Ich mit dir vor?!“ „Du wolltest mir doch die Stadt zeigen. Da wirst du dir doch überlegt haben, wo wir als erstes hingehen?!“ „Du hast doch gesagt, ich soll dir die Stadt zeigen…!“, antwortete sie empört, sagte dann aber nach kurzem Nachdenken: „Okay, gut. Ich weiß schon, wo wir hingehen.“ Sie nahm seinen Arm und zog ihn mit sich. Als erstes schleifte sie ihn zum Gateway of India und dann zu verschiedenen anderen Sehenswürdigkeiten, wie den hängenden Gärten, dem Rajabai Glockenturm oder dem Crawford Markt. Nachdem sie etwa fünf Stunden die Stadt besichtigt hatten, setzten sie sich in ein kleines Café, in dem sie eine wunderbare Aussicht auf den Hafen hatten. Sie saßen schweigend nebeneinander, tranken ihren Kaffee und starrten auf das Meer.

„Und wie lange bist du schon verheiratet?“, fragte Raj schließlich. „Vor vier Monaten waren es genau zwei Jahre, aber Dev und ich kennen uns schon seit wir Kinder waren. Unsere Väter haben sich versprochen, dass wir heiraten und das haben wir dann auch gemacht.“, meinte Simran und lächelte. „.... Und ihr liebt euch?“, wollte er wissen. Sie überlegte, ob sie ihm solch persönliche Dinge erzählen sollte, doch sie hatte das Gefühl, dass sie ihn nicht anlügen konnte und sagte schließlich gar nichts. „Keine Antwort ist auch eine Antwort...", meinte Raj darauf, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und trank einen Schluck von seinem Kaffee. Simran zog die Augenbraue hoch und beäugte ihn misstrauisch. „Die Liebe wird schon irgendwann kommen, wenn…” „Da bin ich mir absolut sicher.”, unterbrach Raj sie und sah sie eindringlich an. „Aber was machst du, wenn sie dich nicht innerhalb deiner Ehe erwischt…?!” Simran wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Ständig machte er so merkwürdige doppeldeutige Andeutungen, von denen sie nicht wusste, wie sie gemeint waren. Sie beschloss, es einfach zu ignorieren und fragte stattdessen schnippisch: „Und wie ist es bei dir? Liebst du denn deine Piya?!” Er antwortete nicht und schlürfte seinen Kaffee. Simran lehnte sich zurück und setzte ein selbstgefälliges Grinsen auf. Sie hatte ihn mit seinen eigenen Waffen geschlagen. Plötzlich fixierte er sie mit seinem Blick, was sie ein wenig erschreckte. „Die Liebe hat es schwer, wenn man mit einer Frau verheiratet wird, die man erst am Tag der Hochzeit zum ersten Mal gesehen hat und die sich mehr für ihre Arbeit interessiert als für ihren Ehemann.”, platzte er heraus. Damit hatte sie nicht gerechnet und es war ihr peinlich, gefragt zu haben. Sie schaute betreten zu Boden nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. „Aber mach dir keine Sorgen. Ich habe mich damit abgefunden und kann damit leben.”, sagte er und zwinkerte ihr zu. Doch ihr war es immer noch unangenehm. Als sie durch Zufall auf die Uhr schaute, bekam sie einen Schreck, da es schon so spät war und Dev sicher bald nach Hause kommen würde. „Ist es okay, wenn ich mich jetzt verabschiede? Dev kommt bald nach Hause und ich möchte da sein, wenn er kommt.” Raj winkte ab und sie legte ihm das Geld für ihren Kaffee hin. Dann verabschiedete sie sich und verschwand. Raj sah ihr nach und stieß einen leisen Seufzer aus. Nachdem er seinen Kaffee ausgetrunken und bezahlt hatte, machte auch er sich auf den Weg nach Hause in seine leere Wohnung.

Kurz nachdem Simran zu Hause angekommen war, kam auch schon Dev. Sie umarmten sich und während er ihr von seinem Tag erzählte, bereitete sie das Abendessen vor.

„Und was hast du heute so die ganze Zeit gemacht?“, fragte er als sie anfingen zu essen. „Ich… Ich wollte mich eigentlich mit Piya auf einen Kaffee treffen, aber sie war arbeiten und da hat mich ihr Mann Raj gefragt, ob ich ihm die Stadt zeigen könnte.“, antwortete sie unsicher, da sie nicht wusste, ob es Dev vielleicht stört, wenn sie sich alleine mit einem anderen Mann trifft. „Piya und Raj? Sind das die beiden, die gerade aus Pune hergezogen sind?“ Simran nickte. „Sehr gut… Also ist meine Frau jetzt unter die Stadtführer gegangen.“, grinste Dev und wackelte stolz mit dem Kopf. Sie lachte erleichtert und sagte: „Ja, vielleicht werde ich das ja jetzt professionell machen.“
 

Als Simran und Dev später am Abend ins Bett gehen wollten, klingelte das Telefon. Simran ging ran und am anderen Ende meldete sich Piya: „Hallo Simran, hier ist Piya. Raj hat mir erzählt, dass du dich mit mir treffen wolltest? Ich hab morgen frei. Wenn du möchtest, kannst du bei uns vorbei kommen.“ Simran freute sich und sagte zu. Nachdem Piya ihr ihre Adresse gegeben und sie sich eine Zeit ausgemacht hatten, legte sie auf und ging dann zu Dev ins Bett.
 

Nachdem Simran am nächsten Morgen Devs Lunchpaket gemacht und ihn verabschiedet hatte, legte sie sich noch mal hin und schlief bis Mittag, was sie sonst nie tat, aber im Moment einfach das Bedürfnis danach hatte.

Nachdem sie sich etwas zu Essen gemacht hatte, ging sie einkaufen und machte sich dann gegen 15 Uhr auf den Weg zu Piya. Diese empfing sie auch gleich herzlich und bat sie herein. Piya führte sie ins Wohnzimmer und ging dann schnell Tee und ein paar Laddoos holen. Auf der Couch saß schon Raj und schaute kurz von seiner Zeitung hoch als er bemerkte, dass Simran gekommen war. Sie begrüßten sich kurz und sie setzte sich auf den Sessel, der gegenüber der Couch stand. Simran saß da und fühlte sich etwas unwohl, da sie in Rajs Nähe immer so ein Gefühl bekam, von dem sie nicht wusste, was es war. Sie wollte irgendetwas sagen, aber ihr fiel nichts ein, über das sie hätte reden können. In dem Moment kam auch schon Piya mit einem voll beladenen Tablett wieder und stellte es auf den Tisch. Raj warf einen kurzen Blick darauf und sagte dann: „Und ich bekomme keinen Tee?” „Oh, du willst wohl auch welchen? Tut mir leid, ich hole schnell noch einen.”, meinte sie und lief wieder in die Küche. Er seufzte und vertiefte sich dann wieder in seine Zeitung. Simran starrte peinlich berührt auf den Boden und hoffte, dass Piya schnell wiederkommen würde.

Nachdem sie eine Weile zusammengesessen, geplaudert und sich wirklich gut verstanden hatten, klingelte Piyas Handy mal wieder. Sie entschuldigte sich und verließ das Zimmer.

„An so was muss man sich gewöhnen, wenn man mit Piya zusammen ist.”, meinte Raj und hob seinen Blick von der Zeitung und schaute Simran an. Es war das erste, was er sagte seit Piya ihm seinen Tee gebracht hatte. Ansonsten hatte er die ganze Zeit neben den beiden gesessen und war in seine Zeitung vertieft gewesen. Simran sah ihn fragend an. „Dass man hinter ihrer Arbeit zurücksteht, meine ich. Selbst an ihrem freien Tag hat sie ihr Berufshandy immer an und ist jederzeit erreichbar. Man hat sie nie für sich alleine.”, meinte er und senkte seinen Blick wieder. Simran spürte, wie sehr ihn Piyas Verhalten verletzte, aber sie wollte das Thema wechseln, da es ihr ein wenig unangenehm war, dass er ihr solche privaten Dinge erzählte. „…. Ähm… Steht denn irgendwas Interessantes in der Zeitung oder was liest du dir da die ganze Zeit durch?”, fragte sie schließlich, da ihr nichts Besseres einfiel. „Ich schaue die Stellenanzeigen durch, da ich keine Lust habe, die ganze Zeit auf Kosten meiner Frau zu leben. Außerdem langweile ich mich, wenn ich den ganzen Tag zu Hause hocke und nichts zu tun habe.” „Da sagst du was! Geht mir ganz genauso. Ich würde auch gerne arbeiten oder studieren, aber Dev möchte das nicht. Also sitze ich den ganzen Tag zu Hause und schiebe Langeweile…”, meinte Simran darauf und verdrehte die Augen. „…. Tatsächlich?! Wenn du Lust hast, können wir ja…”, fing Raj an, doch in dem Moment kam Piya wieder. Sie entschuldigte sich und nahm dann das Gespräch an der Stelle wieder auf, wo sie und Simran aufgehört hatten. Raj beobachtete Simran noch eine Weile und bevor er seinen Blick wieder auf die Stellenanzeigen richtete, huschte ein Lächeln über seine Lippen.

Gegen Abend verabschiedete sich Simran schließlich und Piya meinte, dass sie dieses Treffen unbedingt wiederholen müssten, wo sie sich doch so gut verstanden hatten. Simran freute sich über das Angebot und meinte, sie solle sich einfach melden, wenn sie Zeit hatte.
 

Als Simran zu Hause war, dachte sie über Rajs Worte nach. Es tat ihr leid, dass seine Ehe so unglücklich für ihn war und sie wollte ihm ein wenig helfen, doch sie wusste nicht, wie.

Sie bereitete schließlich das Abendessen vor und wartete auf Dev, doch er kam erst gegen 22 Uhr nach Hause. Sie war enttäuscht, dass er sich nicht gemeldet und ihr nicht Bescheid gesagt hatte, dass er Überstunden machte. Das Essen war mittlerweile kalt und Simran war schon ins Bett gegangen. Als er sich zu ihr legte, umarmte er sie von hinten und legte seinen Kopf auf ihre Schulter. „Es tut mir wirklich leid…“, sagte er leise, doch er bekam nur ein „Gute Nacht.“ als Antwort.
 

Die nächsten zwei Wochen bestanden nur aus Alltagstrott. Jeder Tag glich dem anderen und nichts passierte. Simran traf sich am Wochenende mit Karan, der ihr erzählte, dass er eine große Holi-Feier plante. Sie war überrascht, da noch gute zwei Monate Zeit waren, aber er meinte, dass man so etwas nicht früh genug planen konnte. Sie willigte ein, ihm bei den Vorbereitungen zu helfen und dann auch mit Dev zur Feier zu kommen.

Simran kam auch nicht umhin, ab und zu an Raj zu denken. Irgendwie hatte sie das Gefühl, ihn wiedersehen und ihm helfen zu wollen.

Außerdem hatte sie gehofft, dass Piya sich melden würde, doch sie hatte wahrscheinlich so viel mit ihrer Arbeit zu tun, dass sie für andere Dinge keine Zeit hatte.

Als Simran mal wieder an einem Vormittag alleine zu Hause saß und sich langweilte, beschloss sie, sich ein Buch und eine Decke zu schnappen und in den Park zu gehen. Das Wetter war herrlich und frische Luft tut schließlich immer gut.

Gerade als Simran ihre Decke ausgebreitet hatte und sich hinsetzen wollte, sah sie Raj. Er lief den breiten Parkweg entlang und schien in Gedanken vertieft. Sie fasste sich ein Herz und lief zu ihm. „Hallo! Was machst du denn hier?“, fragte sie ihn fröhlich. Sie schien ihn erschreckt zu haben und er schaute sie verwirrt an. „Oh, Simran!? Ich… Mir war langweilig zu Hause…“ „Was für ein Zufall!“, lachte sie und schlug ihm auf die Schulter. „Mir auch, deswegen hab ich mir eine Decke gegriffen und wollte mich grad hier niederlassen. Willst du mir vielleicht ein wenig Gesellschaft leisten?“ Raj grinste verschmitzt. „Sehr gerne.“

„Und wie geht es dir? Hast du schon eine passende Arbeitsstelle gefunden?“, fragte Simran nachdem sich die beiden auf ihre Decke gesetzt hatten. „So schnell geht das hier leider nicht. Aber wenn ich noch länger zu Hause rumsitze, versauere ich noch. Also bin ich weiter auf der Suche…“ „Das kann ich wirklich gut verstehen…“, meinte Simran und starrte ins Leere. „Ja, aber dein Dev kommt ja auch irgendwann nach Hause, hai na?! Piya hat sich in letzter Zeit angewöhnt manchmal über Nacht im Büro zu bleiben, da es sich wegen der vielen Arbeit angeblich nicht lohnen würde nach Hause zu kommen.“ „Oh…!“, brachte Simran nur heraus. So schlimm war es bei ihr bei Weitem nicht, auch, wenn Dev in letzter Zeit mehr Überstunden machte.

„Und wenn du ihr einen Grund gibst, dass sie nach Hause kommen muss?!“, schlug Simran vor und Raj schaute sie fragend an. „Ich meine, wenn du ab und zu kleine Überraschungen für sie vorbereitest. Dann hätte sie einen Grund, um heim zu kommen und sich auf dich zu freuen.“ Er schien immer noch nicht ganz zu verstehen. „Dekho, wenn sie weiß, dass zu Hause etwas Schönes auf sie wartet, freut sie sich doch darauf. Du könntest zum Beispiel… für sie kochen oder… hm… ihr mal einen Blumenstrauß schenken. Darüber würde sie sich sicher freuen.“, erklärte sie ihm fröhlich. „Und du glaubst, dass das funktioniert?!“, fragte er skeptisch. „Sie ist eine Frau. Jede Frau freut sich über so etwas!“ „Und Dev macht so was für dich?!“ Sie fühlte sich überrumpelt, denn Dev machte so etwas nicht, aber das fand sie nicht schlimm. Es reichte, wenn er pünktlich nach Hause kam und Zeit mit ihr verbrachte, da sie sonst den ganzen Tag alleine war. Raj schien ihre Gedanken lesen zu können, denn er sagte: „Aber du würdest dir wünschen, dass er es machen würde, hai na?!“ Sie schaute zu Boden und ihm dann wieder ins Gesicht. „Es geht hier nicht um mich, sondern um deine Probleme und wenn du meine Hilfe nicht willst, musst du es nur sagen.“ Raj grinste schelmisch. „Nein, ist schon gut. Ich werde auf jeden Fall versuchen, deinen Vorschlag umzusetzen. Schaden kann es ja nicht.“

„Du musst mir dann aber auch unbedingt erzählen, wie es gelaufen ist. Dann könnte ich nämlich über meine weitere Karriere als Beziehungsratgeberin nachdenken.”, scherzte Simran und wackelte leicht mit dem Kopf. Raj musste grinsen, doch er verkniff sich seinen Kommentar. Stattdessen legte er sich auf den Rücken, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und schaute in den blauen Himmel. Simran beobachtete ihn dabei und fragte dann: „Und habt ihr euch eigentlich mittlerweile eingelebt?” Raj sah sie an. „Piya auf jeden Fall. Durch ihre Arbeit ist sie mittlerweile komplett involviert. Bei mir geht es auch ganz gut. Karan hilft mir und durch deine kleine Stadtführung habe ich auch eine ganz gute Orientierung bekommen.”, meinte er und zwinkerte ihr zu. Simran wurde daraufhin plötzlich rot und drehte sich weg. Ihre Gedanken rasten. Was war denn jetzt mit ihr los?! Er hatte ihr doch nur zugezwinkert. Sie musste sich zusammenreißen, schließlich war sie verheiratet.

Raj bemerkte ihr Verhalten und konnte einfach nicht widerstehen. Er setzte sich auf und hauchte ihr ins Ohr: „Was ist denn los?” Sie drehte sich ruckartig um und sah ihn geschockt an. Was hatte er denn jetzt vor?! „…. Raj….?!”, brachte sie ungläubig hervor. Je näher er ihr kam desto weiter lehnte sie sich zurück bis sie sich auf ihre Ellenbogen aufstützen musste. Sein sinnlicher Blick fixierte sie und ihr Herz schlug immer schneller. Sie verstand einfach nicht, was das werden sollte. Als sein Gesicht sich ihr immer weiter näherte und sie schon beinahe seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte, drehte sie leicht ihren Kopf zur Seite und meinte: „Raj, wenn das jetzt ein Scherz sein soll, finde ich ihn nicht witzig!” Er hielt inne. „Nicht?! Mist, dabei hab ich mir solche Mühe gegeben.” Er fing an zu lachen und setzte sich wieder normal hin. Simran schloss die Augen und atmete ein Mal tief ein. Das war grad zuviel gewesen. Was fiel ihm ein mitten in einem öffentlichen Park so ein Theater zu veranstalten und warum um alles in der Welt hatte ihr Herz plötzlich so schnell geschlagen.

„Wir sind beide verheiratet und wenn uns jetzt jemand gesehen hat, dann gnade dir Gott!”, drohte sie ihm. Doch er lachte weiter und meinte: „Mein Gott, jetzt hab dich nicht so. Das war nur Spaß.” Sie verdrehte die Augen und stieß ihn mit ihrem Ellenbogen in die Seite, was ihn aber nicht groß störte. Stattdessen sagte er augenzwinkernd: „Ich mach das nie wieder, das schwöre ich dir. Und um auf das eigentliche Thema zurückzukommen, ich werde deinen Rat befolgen und was Schönes für Piya vorbereiten, wenn sie nach Hause kommt. Ich würde sagen, wir treffen uns in zwei Tagen wieder hier um die gleiche Zeit und ich erzähle dir dann, wie es gelaufen ist. Was hältst du davon?” Simran war über den Vorschlag überrascht, aber freute sich auch gleichzeitig und sagte zu.

„Und sag mal, was hattest du hier eigentlich alleine vor auf deiner Decke?”, fragte Raj sie. Simran zeigte ihm daraufhin ihr mitgebrachtes Buch. Er nahm es in die Hand und blätterte es nachlässig durch. „Den dicken Schinken hab ich schon durch. Soll ich dir das Ende verraten?”, grinste er. „Wag es dir nicht!”, drohte Simran ihm erneut. „Also folgendes…”, begann er, doch sie hielt ihm blitzschnell den Mund zu, sodass er nicht weiter sprechen konnte. Dann gab sie ihm einen bitterbösen Blick und er war still.

Sie setzte sich selbstzufrieden hin und schlug ihr Buch an der Stelle auf, wo sie zuletzt gewesen war und fing an zu lesen. Raj schaute sie an und begann hämisch zu grinsen. Er bewegte seine Lippen ganz nah an ihr Ohr und flüsterte: „Die jüngste Tochter hat das Komplott geschmiedet und alle gegeneinander ausgespielt.” Simran riss die Augen und den Mund auf und wollte gerade losschimpfen als Raj eiligst aufstand und wegrannte. Er rief ihr noch grinsend zu: „Als bis dann in zwei Tagen” und verschwand dann.

Simran saß da und war einfach sprachlos.
 

Als Simran zwei Tage später zum verabredeten Zeitpunkt im Park erschien, sah sie Raj schon von Weitem. Er hatte einen Blumenstrauß in der Hand und grinste ihr zu. „Du meintest doch jede Frau freut sich über so etwas.“, sagte er und hielt ihn ihr hin. Sie schüttelte leicht den Kopf, als Zeichen dafür, dass sie nicht verstand, was er ihr sagen wollte. Er verdrehte die Augen und meinte: „Der ist für dich!“ „Was? Wieso? Ich…“ Sie verstand immer noch nicht. „Als Dank für den Tipp mit Piya. Eigentlich wollte ich ja sehen, wie du dich darüber freust, aber das ist mir anscheinend misslungen...“ „Oh, achso! Danke! Aber das wäre doch nicht nötig gewesen.“ Sie nahm den Strauß lächelnd entgegen und ihre Wangen röteten sich leicht. Raj musste sich ein Grinsen verkneifen, da er auf genau diese Reaktion gehofft hatte.

Nachdem die beiden sich auf eine Parkbank gesetzt hatten, schaute Simran Raj gespannt an und fragte: „Also erzähl, wie ist es gelaufen?“ „Ich habe ihr ein heißes Bad eingelassen, alles mit Kerzen und Blumen dekoriert und eine Flasche Sekt hingestellt.“, erzählte er gelassen. Sie wurde ein wenig neidisch, aber ließ es sich nicht anmerken. „Hat sie sich gefreut?“ „Es war genau das Richtige für sie. Nach dem langen und stressigen Arbeitstag konnte sie perfekt entspannen. Und sie hat sich so gefreut, dass ich gleich mit in die Wanne hüpfen durfte.“, meinte er verschmitzt und schaute sie von der Seite an. Sie riss die Augen auf und schaute ihn geschockt an. Wieso erzählte er ihr so etwas? Und warum spürte sie da einen kleinen Funken Eifersucht?

Er lachte als er ihren Gesichtsausdruck sah. „Keine Angst! Das war nur ein Spaß!“ Sie atmete aus und meinte genervt: „Also ich muss sagen, ich mag deine Witze nicht...“ „Ach ja!? Aber ich mag deine Reaktionen darauf, also werde ich sie wohl auch weiterhin machen.“ Sie kniff die Augen zusammen und schaute ihn böse an, doch er ignorierte das und sagte: „Auf jeden Fall war dein Rat sehr hilfreich... Hast du vielleicht noch mehr davon auf Lager?“ „Hmm... Das sollte jedenfalls nicht das einzige Mal gewesen sein, dass du sie überraschst. Ab und zu eine Kleinigkeit oder liebe Worte halten die Liebe frisch.“ Raj hob bei dem Wort `Liebe´ die Augenbrauen und schaute überrascht, aber sagte nichts weiter. Er schien zu überlegen und legte dann seinen Arm um sie. „Liebe Worte also? Du meinst Sachen wie `Ich liebe dich, Sanam. Du bist so wunderschön, dass selbst die Sonne vor dir erblasst und der Mond dich beneidet. Ich danke Gott jeden Tag dafür, dass er dich zu mir geführt hat...´“ Während er ihr diese Worte ins Ohr hauchte, strich er sacht mit seiner Hand an ihrer Wange, ihrem Hals und ihrer Schulter entlang. Simran schaute ihn skeptisch an und nahm seinen Arm von ihren Schultern. „Ganz genau so etwas! Das hört sich bei dir aber sehr routiniert an, muss ich sagen...“ Raj lehnte sich zurück und meinte: „Vor meiner Hochzeit war ich bei Frauen sehr... beliebt, um es mal so auszudrücken.“ „.... Und jetzt nicht mehr?!“ Er schaute ihr tief in die Augen und meinte: „Sag du es mir...“ Sie drehte ihren Kopf weg. „Woher soll ich das wissen?! Ich bin verheiratet und andere Männer interessieren mich nicht!“ „Alles klar. Eine sehr gute Einstellung“, meinte er und zuckte mit den Schultern.

Simran sah auf die Uhr und sagte dann: „Also gut, ich mache mich dann mal los. Dev kommt bald nach Hause.“ Während sie aufstand, schaute Raj sie argwöhnisch an. „Aber ich möchte bitte weitere Berichterstattung okay?!“, sagte sie fröhlich und verabschiedete sich.

Er schaute ihr nach während sie sich langsam aus seinem Blickfeld entfernte. Seine Gedanken schwirrten in seinem Kopf herum. In Simrans Nähe fühlte er sich wohl und war ein vollkommen anderer Mensch als bei Piya.

Er beschloss, die Freundschaft zu Simran gut zu pflegen, denn durch sie fühlte er sich so lebendig wie schon lange nicht mehr.

Das Wochenende hätte Simran gerne mit Dev verbracht, doch seine Firma hatte einen wichtigen Auftrag bekommen und Dev wurde davon die meiste Arbeit aufgehalst. Das hieß also, dass er die meiste Zeit in seinem Arbeitszimmer verbrachte und Simran ihn kaum zu Gesicht bekam. Ab und zu schaute sie bei ihm vorbei und brachte ihm einen Tee oder eine Kleinigkeit zu essen, aber ansonsten schaute sie Fernsehen oder las ihr Buch, auch wenn sie Dank Raj schon das Ende wusste. An Raj selbst dachte sie auch einige Male. Sie hatte viel Spaß mit ihm und er vertrieb ihr die Langeweile. Die Frage, wann er sich denn wohl das nächste Mal bei ihr melden würde, schwirrte ihr die ganze Zeit im Kopf herum. Sie hatte Dev gegenüber deswegen ein bisschen ein schlechtes Gewissen, doch ihre Beziehung zu Raj war rein freundschaftlich und stellte somit keine Gefahr für die Ehe dar. Sie beunruhigte eher, dass Dev in letzter Zeit so viel arbeiten musste und kaum noch Zeit für sie hatte. Raj gab sie schlaue Tipps und selbst hatte sie die gleichen Probleme wie er und konnte sie nicht lösen.
 

Nachdem Dev am Montag ausnahmsweise pünktlich nach Hause kam, offenbarte er Simran, dass er das gesamte nächste Wochenende mal wieder eine Tagung in Delhi hatte und somit mal wieder nicht zu Hause war. Er nahm seine Frau entschuldigend in den Arm und versprach ihr, dass er bald wieder mehr Zeit für sie haben würde. Simran zwang sich, zu lächeln und zu nicken, aber innerlich verletzte es sie und sie war enttäuscht.

Umso mehr freute es sie, dass sich Raj am Ende der Woche bei ihr meldete. Er rief sie an und fragte nach einem weiteren Tipp. „Mensch, sei doch mal ein bisschen kreativ!” „Wieso?! Ich hab doch dich!”, antwortete er frech. „.... Super! Na gut.... Du könntest... ihr was Schönes kochen.”, schlug sie vor. „Schlechte Idee. Im Kochen bin ich eine totale Niete” „Das ist doch ganz einfach. Wenn du willst, zeig ich es dir und koche dir ein Gericht vor.” „.... Gerne, aber bei mir geht es nicht. Ist ja dann keine Überraschung mehr, wenn Piya das sieht...” „Kein Problem! Ich bin das Wochenende über alleine zu Hause. Du kannst morgen gerne vorbei kommen, wenn du möchtest.” Raj sagte zu und die beiden legten auf.
 

Nachdem Simran am nächsten Morgen Dev verabschiedet hatte, wälzte sie ihre Kochbücher und suchte ein passendes Rezept für Raj heraus. Dann ging sie die Zutaten einkaufen, duschte als sie wieder zu Hause war und zog sich um. Sie war gerade rechtzeitig fertig als es an der Tür klingelte. Sie öffnete und begrüßte Raj. „Gut siehst du aus.”, meinte er und grinste. Simran war überrascht das zu hören und lächelte verlegen.

Dann führte sie ihn in die Küche und erklärte ihm, was sie kochen würden. „Was?! Das klingt doch viel zu schwer. Das krieg ich doch nie hin!” „Immer mit der Ruhe. Deswegen bist du ja schließlich hier: Damit ich es dir zeigen kann. Und so schwer ist es gar nicht. Du musst nur alles schön der Reihe nach machen. Also du schneidest zuerst mal das Gemüse.”, meinte sie und legte es ihm hin. Er schaute sie hilflos an, doch er gab keine Widerworte. Während er unbeholfen seine Aufgabe erledigte, erklärte Simran ihm, was als nächstes kam und was sie machte. Er hörte aufmerksam zu, doch insgeheim bezweifelte er, dass er das alleine hinbekommen würde. Während der Vorbereitung musste Simran immer wieder lachen, da Raj sich wirklich tollpatschig anstellte, auch, wenn er sich sichtlich Mühe gab. Es sah teilweise so aus, als ob er noch nie in einer Küche gestanden hätte. Doch obwohl sie ihn auslachte, machte es ihm Spaß und er genoss die Zeit mit ihr zusammen.
 

Als sie mit Kochen fertig waren und anfingen zu essen, bemerkte Raj: „Das war ja doch gar nicht soo schwer. Ich werd das dann schon irgendwie hinbekommen. Vielen Dank nochmal.” Er hob seine Hand vor das Gesicht und bedankte sich. Simran lächelte. „Gern geschehen.”

„Wie kommt es eigentlich, dass du alleine bist? Wo ist denn Dev?” „.... Auf einer Tagung in Delhi. Er kommt erst morgen Abend wieder...” „Na, nicht, dass dein Dev noch eine männliche Piya wird.”, lachte Raj, doch das fand Simran gar nicht komisch. Er bemerkte es und entschuldigte sich kleinlaut. „Ich weiß, dass es nur Spaß war, aber ich hab Angst, dass das stimmt.... In letzter Zeit macht er ständig Überstunden und Geschäftsreisen. Ich sehe ihn kaum noch.”, meinte sie bedrückt. „Das kenne ich ja nur zu gut.” Dann kam ihm plötzlich eine Idee. „Hey, wie wäre es, wenn wir heute ein bisschen um die Häuser ziehen? Da bringen wir uns auf andere Gedanken. Na, was hältst du davon?!” Sie wusste nicht ganz, ob sie darauf Lust hatte. „Ach, komm schon! Das wird bestimmt lustig.”, drängte er sie und sie sagte schließlich zu. „Aber sag mal, wartet Piya nicht auf dich?”, wollte sie wissen. Er sah sie skeptisch an. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass sie merken wird, wann ich nach Hause komme?!”, sagte er ironisch und Simran zuckte mit den Schultern.

Als sie mit Essen fertig waren, räumten sie den Tisch ab und machten den Abwasch. Simran war beeindruckt von Raj, da sie es nicht gewohnt war, dass man ihr half. Dev ließ sie die Küchenarbeit immer alleine machen.

Nachdem sie mit dem Aufräumen fertig waren, bürstet Simran noch einmal schnell ihre Haare durch und frischte ihr dezentes Make-up auf. Raj steckte den Kopf zur Tür herein und meinte grinsend: „Das hast du doch nicht nötig. Du bist auch so wunderschön!” Sie machte daraufhin eine wegwerfende Handbewegung in seine Richtung, doch insgeheim freute sie sich über seine Worte.

Als sie im Bad fertig war, machten sich die beiden auf den Weg zu einem Club, von dem Raj meinte, dass er wirklich super war. Simran war ein wenig aufgeregt, da sie schon so lange nicht mehr ausgegangen war, dass sie sich nicht einmal an das letzte Mal erinnern konnte.
 

Der Türsteher ließ sie ohne Probleme herein und drinnen angekommen, steuerte Raj als erstes auf die Bar zu und bestellte sich einen Wodka-Energy. „Und was willst du trinken?”, rief er Simran ins Ohr, da es wirklich laut war. „Nichts, danke!”, rief sie zurück, doch Raj ließ nicht locker und bestellte für sie einen kleinen Fruchtcocktail. Während er sein Geld aus der Tasche kramte, wurde Simran schon von einem halb besoffenen Typen angebaggert. Er legte seinen Arm um sie und lallte: „Na, Sanam, ganz alleine hier?” Sie wollte gerade etwas erwidern, als Raj sich einklinkte. Er nahm den Arm des Typen von Simrans Schultern und legte seinen eigenen um sie. „Nein, ist sie nicht. Außerdem ist sie verheiratet.”, meinte er provokant. Der Typ grunzte und verschwand fluchend. Simran lächelte und bedankte sich bei Raj. Er grinste sie nur an und hielt ihr den Cocktail hin. Sie nahm ihn, aber fragte misstrauisch: „Was ist da drin?” „Hauptsächlich Fruchtsäfte und ein ganz kleiner Tropfen Alkohol.” Sie hob eine Augenbraue und trank einen Schluck. Da sie keinen Alkohol schmeckte, befand sie den Cocktail für gut und trank weiter. Raj grinste und nahm einen großen Schluck seines Drinks. Die beiden setzten sich auf eines der Sofas, die rings um die Tanzfläche platziert standen und beobachteten die tanzenden Leute. Simran schmeckte ihr Cocktail immer besser und hatte ihn bald ausgetrunken, was Raj mit großem Erstaunen registrierte. Er holte ihr sofort einen neuen und brachte sich auch gleich einen neuen Drink mit.

Langsam bemerkte sie, dass anscheinend wirklich Alkohol drin war, denn sie merkte, wie er ihr zu Kopf stieg. Sie redete auf einmal noch mehr als sonst und drängte Raj zum Tanzen. Sie fühlte sich so gut, wie schon lange nicht mehr und dachte keine einzige Sekunde an Dev. Raj war mittlerweile auch ziemlich gut unterwegs und die beiden waren nur noch am Lachen. Warum wussten sie selbst nicht.

Als der Club gegen um drei zu machte, hatten Simran und Raj noch keine Lust nach Hause zu gehen und setzten sich auf die Treppe einer alten Villa, die in der Nähe von Simrans Wohnung stand. Die beiden waren ziemlich angetrunken und schauten mit verklärten Blicken die Sterne an. Simran legte ihren Kopf auf Rajs Schulter und sagte: „Sind die Sterne nicht wunderschön wie sie da am Himmel stehen und geheimnisvoll funkeln…?” Sie lallte ein wenig. Raj sah sie an und sagte leise: „Ja.... Wunderschön.…” Sie hob langsam ihren Kopf und schaute ihn an. Sie verloren sich in ihren Blicken. Kaum merklich bewegten sie ihre Gesichter immer näher zueinander bis sich ihre Nasenspitzen berührten. Raj löste seinen Blick von Simrans Augen und senkte ihn zu ihrem Mund. Er legte seinen Kopf leicht schräg und ihre Lippen berührten sich ganz sacht und zaghaft. Beide schienen noch zu zögern, doch dann zog Raj Simran an sich und küsste sie richtig. Sie legte ihre Arme um ihn und vergrub ihre Hände in seinem vollen Haar. Die anfangs zaghaften Berührungen ihrer Lippen wurden immer leidenschaftlicher. Er küsste ihren Hals und fand seinen Weg zurück zu ihren Lippen. Er zog sie fester an sich und wollte sie mit jeder Faser seines Körpers....

Am nächsten Morgen wachte Simran in ihrem Bett auf und hatte unglaubliche Kopfschmerzen. Sie setzte sich auf und sortierte erstmal ihre Gedanken. Was war gestern passiert und wie war sie nach Hause gekommen? Vor allem die Antwort auf die letzte Frage interessierte sie, da ihre Erinnerung nur noch soweit reichte, dass sie im Club mit Raj getanzt hatte. Das war ihr erster Blackout und das gefiel ihr gar nicht. Sie hoffte inständig, dass sie nichts angestellt hatte. Dann kam ihr eine Idee. Sie musste einfach nur Raj anrufen. Der würde es schon wissen. Als sie aufstehen wollte, setzte sie sich sofort wieder hin, da ihr plötzlich unglaublich schwindelig wurde. Langsam versuchte sie es erneut und bemerkte dabei, dass sie ihre Schlafsachen trug. Sie hatte letzte Nacht also noch geschafft, sich umzuziehen. So schlimm konnte es demnach gar nicht gewesen sein.

Sie schlurfte zum Telefon und wählte Rajs Nummer. Als er sich am anderen Ende nach langem Warten endlich meldete, bemerkte Simran, dass sich seine Stimme genauso verknittert anhörte wie ihre eigene. Sie fragte ihn, wie es ihm ging und ob er sich noch erinnern konnte, wie sie nach Hause gekommen war, doch er war genauso ratlos wie sie. Auch er konnte sich an nichts mehr erinnern und hatte einen üblen Kater. Nachdem sie sich gegenseitig noch einen schönen Sonntag und gute Besserung wünschten, legten sie auf.

Simran machte sich einen Tee und aß etwas Zwieback, da sie nichts anderes herunter bekam, dann setzte sie sich auf die Couch und versuchte den gestrigen Abend zu rekonstruieren. Aber sie kam einfach nicht weiter als bis zum Club, also redete sie sich ein, dass, wenn etwas Wichtiges passiert wäre, sie sich sicher noch daran erinnern würde. Ein etwas flaues Gefühl in der Magengegend blieb ihr aber trotzdem.
 

Als Dev am Abend nach Hause kam, ging es ihr wieder gut und sie beschloss, nichts von der gestrigen Nacht zu erzählen, da er sie sicher nur auslacht hätte und darauf hatte sie keine Lust.

Ansonsten hielt Dev aber sein Versprechen. Er hatte wieder mehr Zeit für sie und nahm sich sogar eine Woche Urlaub, den sie zusammen verbrachten. Als Überraschung hatte er einen Vier-Tages-Trip nach Goa gebucht und Simran freute sich wirklich sehr darüber. Das war es, was sie so an Dev schätzte. Wenn er etwas versprach, hielt er es auch.

Die Tage in Goa gingen sehr schnell um, da die beiden ständig unterwegs waren und sich alles anschauten, was es so zu entdecken gab. Doch immer wieder glitten Simrans Gedanken ungewollt zu Raj ab und sie fragte sich, was er wohl gerade machte. Dass sie an ihn denken musste, ärgerte sie, da sie sich voll auf Dev konzentrieren wollte. Also verbannte sie die Gedanken sofort aus ihrem Kopf, wenn sie aufkamen.

Als sie am Wochenende wieder zu Hause waren, luden sie Karan zu sich ein. Sie erzählten ihm von ihrem Urlaub und er von seiner Woche. Er war gerade dabei, beim Studium sein Diplom abzulegen und hatte viel Stress.

Um das Ende seines Studiums zu feiern, wollte er auch die Holi-Party geben. Sie verabredeten sich für nächstes Wochenende, um schon mal mit der Planung in groben Zügen zu beginnen, dann verabschiedete sich Karan.
 

Auch die nächsten Wochen nahm sich Dev viel Zeit für Simran. Er kam schon am frühen Nachmittag von der Arbeit nach Hause und danach unternahmen sie etwas. Ob es nur ein langer Spaziergang war oder der Besuch eines Restaurants.

So sehr sie sich über die Zeit mit ihrem Mann freute, vermisste sie aber auch die Treffen mit Raj und sie fragte sich, warum er sich nicht mehr meldete. Hatte er etwa eine Anstellung gefunden? Sie beschloss einfach, ihn anzurufen. Das konnte ihr ja schließlich niemand verbieten.
 

Nachdem Simran Rajs Nummer gewählt hatte und es läutete, fing plötzlich ihr Herz an, schneller zu schlagen. Sie atmete zur Beruhigung mehrmals tief ein und aus, doch als sie plötzlich am anderen Ende seine Stimme hörte, hielt sie die Luft an. Sie brauchte einige Sekunden bis sie ihre Stimme wiederfand. „Hallo, Raj! Hier ist Simran. Ich... wollte nur mal fragen, wie es dir geht, wo ich jetzt schon so lange nichts mehr von dir gehört hab...” Stille. „Ich hatte vor zwei oder drei Wochen mehrmals versucht, dich zu erreichen, aber es war niemand rangegangen, deswegen...“ „Oh, achso! Da war ich mit Dev in Goa Urlaub machen. Ich hätte dir vielleicht bescheid sagen sollen...“ Raj lachte. „Ach was! Das ist doch dein gutes Recht. Aber wenn du wieder da bist.... Wollen wir heute vielleicht etwas unternehmen?” Simran freute sich und war einverstanden. „Okay, wie wär’s, wenn wir ins Kino gehen?” „Oh ja! Das wollte ich auch schon lange mal wieder machen.”, meinte sie begeistert. Sie verabredeten sich in zwei Stunden am Bahnhof und legten auf.

Simran war ganz aufgeregt und durchkramte ihren Kleiderschrank nach etwas passendem zum Anziehen. Als sie fertig war, machte sie sich auf den Weg zum Bahnhof. Als sie ankam, wartete Raj bereits auf sie. Sie strahlte ihn an und sein Lächeln war nicht weniger fröhlich. „Schön, dich endlich mal wieder zu sehen.”, meinte er und zwinkerte ihr zu. Sie grinste daraufhin bloß. „Wollen wir?”, fragte er und deutete auf den gerade eingefahrenen Zug. Nachdem sich riesige Menschenmassen aus dem Zug herausgequetscht hatten, drängten mindestens genauso viele wieder hinein. Simran und Raj konnten sich gerade so noch mit hinein drücken bevor die Türen geschlossen wurden. Drinnen war es so eng wie in einer Sardinenbüchse, überall war man zwischen Menschen eingequetscht. Raj stand mit dem Rücken an die Tür gedrückt und vor ihm stand Simran. Da sie von den Menschen um sie herum ganz dicht an Raj gedrückt wurde, konnte er ihren weichen Körper mit allen Rundungen an seinem spüren. Das machte ihn beinahe wahnsinnig, also versuchte er, sich abzulenken, doch das gelang ihm nicht. Am liebsten hätte er sie in seine Arme geschlossen, doch das durfte er nicht. Diese Gedanken verunsicherten ihn, da er schließlich verheiratet war. Wie konnte er so etwas nur denken? Das musste aufhören... Doch wenn er genauer darüber nachdachte, wollte er das eigentlich gar nicht.... Für Simran hatte er Gefühle, die er für Piya noch nie gehabt hatte.

Auch Simran machte diese eingeklemmte Situation zu schaffen. Ihr war es unangenehm so fest an Raj gedrückt zu werden. Sie war ihm so nahe, dass sie sein Herz schlagen spüren und seinen Duft riechen konnte. Außerdem spürte sie die Wärme, die von ihm ausging. Am liebsten hätte sie die Augen geschlossen und ihren Kopf auf seine Brust gelegt, doch das durfte sie nicht. Sie schimpfte innerlich mit sich und holte sich Dev in Erinnerung. Solche Gedanken dürfte sie doch nur bei ihm haben...

Nachdem sie endlich bei ihrer Haltestelle ausgestiegen waren, atmeten sie erstmal tief durch und streckten sich. Die Mumbaier Züge waren immer so furchtbar voll.

Die beiden sahen sich zaghaft an und lächelten. Jeder hoffte, der jeweils andere habe nicht bemerkt, wie sehr die Situation im Zug ihn beschäftigte. „Also, wollen wir dann gehen?”, fragte Raj schließlich und die peinliche Stille zwischen ihnen verflog.

Am Kino angekommen, diskutierten sie kurz, welchen Film sie sehen wollten und entschieden sich schließlich für eine Komödie. Der Kinosaal war sehr gut gefüllt und Simran hatte mal wieder das Glück, neben einem aufdringlichen alten Kerl zu sitzen, der sie die ganze Zeit anglotzte und sich dabei mit der Zunge über die Lippen fuhr. Simran schaute Raj flehend an, woraufhin er den Kerl misstrauisch beäugte und sich dann ein Grinsen nicht unterdrücken konnte. Sie gab ihm einen Schlag auf die Schulter und er entschuldigte sich kleinlaut. Provozierend legte er seinen Arm um sie und achtete auch darauf, dass der Kerl das mitbekam. Der glotzte daraufhin nur enttäuscht und ließ von seinen Anmachversuchen ab.

Eigentlich hätte Raj nun seinen Arm von Simrans Schultern nehmen können, aber er tat so, als hätte er nicht mitbekommen, dass der Kerl bereits aufgegeben hatte. Simran wollte gerade etwas sagen, doch sie fühlte sich wohl und beschloss den Mund zu halten. Bis zur Pause saßen beide so da und genossen still die Nähe zueinander, doch als das Licht anging, räusperte Raj sich hastig und nahm seinen Arm zurück.

Sie saßen nebeneinander und trauten sich nicht so recht, sich anzuschauen, da sie nicht wussten, wie sie mit den langsam aufkommenden Gefühlen umgehen sollten. Sie waren beide verheiratet und was sie hier taten, war nicht recht. Doch schuldig fühlten sie sich auch nicht, da sie dachten, dass die Gefühle von ihrer Seite aus nur einseitig waren und somit keine Gefahr bestand.

Als die Lichter wieder aus waren und er Film weiter ging, schaute Raj verstohlen zu Simran und beobachtet sie. Er liebte ihr Lachen. Ihr ganzes Wesen war so vollkommen anders als das von Piya. Sie war die meiste Zeit fröhlich und kümmerte sich um ihre Mitmenschen.

Nachdem der Film zu Ende war, setzten sie sich noch in ein Café in der Nähe des Kinos. „Kommt ihr eigentlich auch zu Karans Holi-Party?”, fragte Simran und nippte an ihrem Mango-Lassi. „Also ich auf jeden Fall, aber Piya wird da wohl mal wieder auf Geschäftsreise sein...“ „Oh.” „Ach, ist nicht schlimm. Sie feiert Holi sowieso nicht gern. Also wäre sie sowieso nicht mitgekommen oder sie hätte mir die Laune verdorben und die ganze Zeit gedrängelt, dass sei nach Hause will.”, grinste Raj. „Na, wenn das so ist... Du kannst dich dann gerne Dev und mir anschließen, wenn du möchtest. Aber wir werden schon vorher da sein, weil wir noch bei den Vorbereitungen helfen.”, meinte sie. „Achso?! Kein Problem, dann werde ich meine helfende Hand auch gerne zur Verfügung stellen.”, sagte er großzügig und grinste. „Aber weißt du, was mir gerade auffällt?! Du redest immer über Dev und dabei hab ich ihn noch nie gesehen!” Sie dachte kurz nach. „Du hast Recht! Ist ja ulkig. Aber das wird sich zu Holi ändern.”

Sie plauderten noch ein Weile, leerten ihre Getränke und machten sich dann auf den Weg zum Bahnhof. Da sie genau in den Nachmittagsverkehr gerieten, war der Zug beinahe noch voller als auf dem Hinweg. Wieder wurden sie eingepresst wie in einer Sardinenbüchse. Simrans Körper schmiegte sich erneut dicht an Rajs, doch dieses Mal nahm er seinen Mut zusammen und legte seine Hand auf ihre Hüfte. Er rechnete fest mit einer Ohrfeige, doch sie ließ ihn gewähren. Als sie seine Berührung spürte, fühlte sie sich wie elektrisiert und schloss die Augen. Noch nie hatte sie solche Gefühle und sie wusste auch nicht, wie sie mit ihnen umgehen sollte. Es durfte doch schließlich nicht sein.... Sie hob ganz langsam ihren Blick und schaute Raj direkt in die Augen. Sie sah darin unendliche Liebe und großes Verlangen. So standen sie da. Aneinander gedrückt, sich in die Augen sehend und doch wissend, dass es nicht sein durfte.....
 

Als Karan am nächsten Wochenende bei Simran und Dev wegen der Planung des Holi-Festes vorbeikam, brachte er zu Simrans Überraschung Raj mit. Nachdem sich alle begrüßt und im Wohnzimmer Platz genommen hatten, konnte sich Simran die Frage nicht verkneifen, was Raj denn nun hier wollte. „Ich habe Karan meine Hilfe angeboten. Da ist doch nichts Verwerfliches dran oder?!”, fragte er und sah sie eindringlich an. Simran war die Situation unangenehm, doch Dev bekam das nicht mit. „Natürlich nicht. Je mehr Leute helfen desto besser.”, lachte er. Simran stand schließlich auf und entschuldigte sich, um Tee zu holen. In der Küche stützte sie sich auf der Anrichte ab und schloss die Augen. Das war ihr gerade einfach zu viel. Als sie beim Türöffnen Raj hinter Karan stehen gesehen hatte, wäre ihr fast das Herz stehen geblieben. Jedes Mal, wenn sie ihn sah, spielten ihre Gefühle verrückt und ihr ganzer Körper kribbelte. Sie versuchte es zu unterdrücken, aber es gelang ihr immer weniger. Sie spürte, wie ihre Gefühle für ihn immer größer wurden und dass sie nichts dagegen tun konnte. In letzter Zeit schaffte sie es kaum noch, Dev richtig in die Augen zu schauen vor lauter Schuldgefühlen. Was sollte sie nur tun?!

Simran atmete mehrmals tief ein und wieder aus und öffnete schließlich wieder ihre Augen. Sie musste sich zusammenreißen. Für diese kleine Schwärmerei konnte sie doch nicht ihre Ehe aufs Spiel setzen. Insgeheim fragte sie sich, ob es wirklich nur eine Schwärmerei war, aber diesen Gedanken verdrängte sie sofort wieder.

Sie stellte eine Teekanne und vier Tassen auf ein Tablett und ging zurück ins Wohnzimmer. Die drei Männer verstanden sich prächtig, wie Simran feststellte. Sie lachten laut und scherzten die ganze Zeit miteinander. Wirklich viel weiter kamen sie mit der Partyplanung allerdings nicht. Zum Abschied umarmten sich alle herzlich, auch Raj und Simran. Ihr Herz schlug so stark, dass sie Angst hatte, jemand könnte es hören. „Dev ist wirklich nett. Du hast einen guten Ehemann.”, flüsterte Raj ihr ganz leise ins Ohr. Er war ihr so nahe, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. Dann schaute er ihr intensiv in die Augen und Karan und er verabschiedeten sich.

Später im Bett grübelte sie über seine Worte nach. Wieso hatte er ihr das gesagt und warum hatte er es ihr zugeflüstert?! Was wollte er damit bezwecken? Darum kreisten ihre Gedanken bis sie in einen unruhigen Schlaf fiel.
 

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Auch Raj lag noch eine ganze Weile wach. Wie konnte das passieren? Er hatte sich in Simran verliebt, aber wie konnte er das rechtfertigen. Er und sie waren verheiratet und das nicht miteinander. Er wusste nicht, was er tun sollte. Sein Verlangen nach ihr wurde mit jedem Tag größer. Bei dem Gedanken daran, dass sie mit einem anderen in einem Bett schlief, wurde er wütend. Und es machte ihn noch wütender, dass er diesen anderen auch noch mochte. Er war heute nur mit zu den Planungen gegangen, um Dev kennenzulernen und er hatte gehofft, dass er ein schlechter Kerl war, aber ganz im Gegenteil.

Wie es nun mit ihm und seiner ehe mit Piya weitergehen sollte, wusste er nicht. Das Einzige, worüber er sich im Klaren war, war, dass er mit Simran leben wollte und das dies unmöglich war.

In der nächsten Zeit meldeten sich Raj und Simran nicht mehr beieinander, um ihre Gefühle füreinander nicht noch mehr wachsen zu lassen, doch die Sehnsucht die beide nacheinander hatten, war immens. Auch wenn sie von den Gefühlen des jeweils anderen nicht wussten, war das Verlangen riesig.

Simran dachte ständig an Raj und war oft versucht, ihn anzurufen, wenn sie alleine zu Hause saß, doch sie riss sich zusammen. Es hätte alles niemals soweit kommen dürfen und nun hatte sie den Salat. Dev gegenüber verhielt sie sich seltsam, da sie ihre Schuldgefühle beinahe wahnsinnig machten. Wenn er sie fragte, was los war, winkte sie nur ab und meinte, dass er sich das nur einbildete. Sie fühlte sich so schlecht, doch sie wusste nicht, wie sie aus dieser Situation entkommen konnte. Ihre Liebe zu Raj konnte sie vor sich selbst nicht mehr leugnen. Die einzige Möglichkeit ihre Ehe noch zu retten, war, den Kontakt mit Raj abzubrechen, auch, wenn sie es nicht wollte.
 

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Rajs Gedanken waren ähnlich. Es gab keinen Moment, wo er nicht an Simran dachte und sie sehen wollte. Er wusste, dass es Piya gegenüber nicht fair war, aber wenn er ehrlich zu sich war, war seine Ehe sowieso am Ende. Wäre es nicht besser, die Scheidung einzureichen? Aber er brachte es nicht übers Herz, diese Entscheidung zu fällen. Außerdem wusste er nicht, wie Piya reagieren würde. So, wie er es beurteilen konnte, liebte sie ihn nicht, aber ansonsten schien sie mit der Ehe zufrieden zu sein. Sie hatte sich zumindest noch nie beschwert. Doch wollte er sein Leben und seine Liebe zu Simran wirklich für eine Ehe aufgeben, die ihn nicht erfüllte und für eine Frau, die er nicht liebte und die ihn auch nicht liebte? Objektiv schien die Lösung auf der Hand zu liegen, doch Raj wusste weder ein noch aus.

Und vor allem wusste er nicht, was Simran fühlte. Ihre Ehe schien schließlich intakt zu sein und Raj wollte nicht derjenige sein, der dieses Glück zerstörte. Aber ihre Gefühle sollten nicht der ausschlaggebendes Punkt für oder gegen eine Scheidung seiner Ehe sein. Es wäre nicht fair gegenüber Piya, wenn er sie behielte, nur, weil Simran ihn nicht wollte.

Seine Gedanken kreisten nur um diese Überlegungen und es machte ihn fast wahnsinnig, denn er kam zu keinem Ergebnis. Seine Sehnsucht nach Simran verzehrte ihn und er konnte es kaum noch abwarten bis zu Karans Holi-Feier, wo sie sich endlich wiedersehen würden.
 

Die Holi-Feier sollte am frühen Nachmittag beginnen, also trafen sich Simran, Karan und Dev am Vormittag, um alles vorzubereiten und herzurichten. Die Party fand im Garten von Karans Eltern statt, wo Platz für über 60 Leute war. So viele waren auch eingeladen, denn große Feiern waren für Karan ein Muss und er liebte sie.

Simran war in der Küche und richtete das gelieferte Essen auf Tellern und Tabletts an, während Dev und Karan im Garten Tische, Stühle und Bänke zurecht rückten. Als es an der Haustür klingelte, rief Karan Simran zu, dass sie doch bitte öffnen sollte. Doch als sie sah, wer es war, setzte kurz ihr Herzschlag aus. Rajs Blick war nicht minder verdutzt, als er Simran sah, doch er fing sich schnell wieder und umarmte sie zur Begrüßung liebevoll. Als er sich von ihr löste, strich er wie zufällig sanft mir seiner Hand ihren Rücken entlang. Sie schloss kurz die Augen und musste sich zusammenreißen, dann zwang sie sich zu lächeln und fragte, was er denn hier machte. „Ich hab doch gesagt, dass ich helfen werde.“, meinte er beiläufig und drängte sich an ihr vorbei ins Haus. Er lief in die Küche, stellte einen mitgebrachten Korb voll Tüten mit buntem Pulver auf den Tisch und sagte dann: „Ich bin gerade nochmal so davon gekommen. Draußen ist wirklich die Hölle los. Man sieht kaum noch die Hand vor Augen, soviel Pulver fliegt überall rum.“ Simran zuckte gleichgültig mit den Schultern, doch in ihr drin brodelte es. Wenn sie ihn nur ansah, fing ihr Herz so stark an zu pochen, dass sie dachte, es würde gleich herausspringen.

Raj beobachtete sie indessen, wie sie ihre Tätigkeit das Essen anzurichten wieder aufnahm. Selbst diese simple Tätigkeit brachte ihn auf Gedanken, die man nicht mehr als „anständig“ bezeichnen konnte... „Sind Karan und Dev im Garten? Ich werde mal schauen, ob ich ihnen helfen kann…“, sagte er schließlich und verschwand. Als er weg war, atmete Simran tief durch. Wie konnte es sein, dass er sie so aus dem Konzept brachte?! Sie musste sich zusammenreißen, damit Dev nichts mitbekam. Außerdem beschloss sie, den Kontakt mit Raj nach dem heutigen Tag abzubrechen. Das war das einzig Richtige, was sie tun konnte, um ihre Ehe nicht zu gefährden.

Während sie das Essen weiter vorbereitete, schaute sie aus dem Fenster und beobachtete die drei jungen Männer, wie sie da im Garten herumwerkelten. Auf jeden fall schien es anstrengend zu sein, denn Raj zog plötzlich seine Kurta aus. Simran staunte nicht schlecht, ob des wirklich gut gebauten Körpers, der sich da offenbarte. Sie wurde rot und schimpfte mit sich selbst wegen der Gedanken, die ihr gerade in den Sinn gekommen waren... Als sie sah wie Dev und Karan Raj neidisch von der Seite beäugten, musste sie lachen. Sie hätte zu gern die Gedanken der beiden gelesen. Auch Raj bemerkte die Blicke der beiden und fing an, wie ein Bodybuilder zu posieren. Auch wenn Simran nicht verstehen konnte, was die drei sagten, sprach ihre Körpersprache doch Bände. Dev rollte den Ärmel seiner Kurta nach oben und zeigte seinen Bizeps. Simran kam aus dem Lachen kaum noch raus. Als Raj bemerkte, dass sie sie beobachtet hatte, zwinkerte er ihr frech zu und widmete sich dann wieder seiner Muskeldiskussion mit Karan und Dev. Simran verging in diesem Moment das Lachen. Wieso tat er ihr das an?! Ihre Sehnsucht nach ihm fraß sie beinahe auf.

Als die Männer mit dem Aufbauen der Tische und Bänke fertig waren, drückte Simran ihnen die Tabletts und Teller mit dem Essen in die Hände, damit sie alles auf die Tische verteilten. Als das alles erledigt war, dekorierte sie alles noch ein wenig mit Blumen. Bald darauf kamen schon die ersten Gäste.

Nach und nach kamen immer mehr Leute und das Haus und der Garten füllten sich. Die meisten von ihnen waren schon über und über mit buntem Puder bedeckt, auch Naina war nicht verschont geblieben. Zur Begrüßung drückte sie Simran fest an sich und rieb ihr eine ganze handvoll rotes Pulver ins Gesicht. Diese bedankte sich daraufhin, indem sie Naina durch den ganzen Garten jagte und mit grünem Pulver einstäubte. Schutzsuchend versteckte sich Naina hinter Dev, doch das war für Simran kein Hindernis. Sie warf die beiden händevoll Pulver kurzerhand einfach über beide und grinste sie frech an. Dev hob die Augenbraue, nahm seine Frau über die Schulter und trug sie quer durch den Garten zu einer Bank, auf der Karan und Raj saßen und sich unterhielten. Dev stellte Simran mit den Worten „Könntet ihr bitte auf meine Frau aufpassen? Sie dreht mal wieder durch.“ ab und ging vor sich hin grinsend wieder zu Naina. „Was war das denn?!“, fragte Karan verwirrt. Simran zuckte mit den Schultern, nahm sich ein Häppchen vom nebenstehenden Tisch und setzte sich neben die beiden. „Arre, Karan, sag mal, woher kennst du eigentlich diese ganzen Leute?“, fragte sie schließlich mit vollem Mund. „Tja, wer hat, der kann, hai na?!“, meinte er überheblich und zupfte sich am Kragen seiner Kurta. „Jetzt übertreib mal nicht. Ich wette, die Hälfte der Leute sind nur Gäste deiner Gäste und du kennst sie gar nicht.“, sagte Simran und winkte ab. Er sah sie böse an und nahm sie in den Schwitzkasten. Sie griff schnell in ihre Tasche und verteilte eine handvoll Pulver in Karans Gesicht, woraufhin er sie noch fester packte. Raj wollte diese friedliche Idylle ja eigentlich nicht stören, aber er tippte Karan auf die Schulter und sagte: „Tut mir wirklich leid, euch zu unterbrechen, aber da wird nach dir verlangt.“ Er deutete auf die Terrasse, wo jemand heftig winkte und Karans Namen rief. „Zu dir komme ich später noch, junge Dame.“, meinte Karan mit erhobenem Zeigefinger zu Simran und verschwand. Sie streckte ihm daraufhin die Zunge heraus, aber das hatte er schon nicht mehr mitbekommen.

„Ihr beide seid echt wie Kinder.“, meinte Raj abschätzig und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Oh, na Gott sei Dank, bist du ja so erwachsen.“, antwortete sie und gab ihm einen Klaps auf die Schulter. Da sie ein ungezwungenes Gespräch aufbauen wollte, fragte sie: „Wie läuft es eigentlich mit Piya? Alles wieder im Lot?“ Er senkte seinen Blick und meinte: „Da sie auf Geschäftsreise ist, hab ich sie seit einer Woche nicht gesehen und das wird sich für die nächsten zwei Wochen auch nicht ändern. Aber ansonsten ist alles in Butter...“ Das war jetzt nicht so ungezwungen, wie sie es gehofft hatte und so wusste sie nicht, was sie antworten sollte. „Aber ist denn bei euch alles okay?“, fragte Raj, was Simran überraschte. „Ähm... Ja, wieso nicht? Alles in Ordnung...“ „Aha... Und wieso flirtet Dev dann die ganze Zeit mit dieser Frau?!“ Sie sah sich erschrocken um und sah Dev bei Naina stehen. „Achso! Das ist Naina, sie ist eine gute Freundin von uns. Er flirtet nicht mit ihr. Das ist rein freundschaftlich.“ „Ah ja... `freundschaftlich´...“, meinte er und beobachtete sie weiter. Seine Bemerkung verunsicherte Simran und sie schaute die beiden jetzt auch etwas genauer an. Flirteten sie wirklich miteinander?! Sie konnte nichts feststellen, außer, dass sie sich wie immer verhielten.

„Weißt du, nur, weil deine Ehe nicht so läuft, musst du anderen nicht auch noch Probleme einreden.“, meinte sie etwas säuerlich, was sie aber sofort wieder bereute, als sie seinen Blick sah. „Ah! Ich meine... Es tut mir leid. Das war nicht so gemeint...“ „Ist schon gut.....“, meinte er leise und ging. Simran ärgerte sich über ihr mangelndes Feingefühl und lief ihm hinterher. Sie stellte sich vor ihn und verbeugte sich: „Es tut mir wirklich leid. Das war gerade wirklich dumm von mir...“ Raj legte seine Hände auf ihre Schultern und sagte: „Nein, du hast ja Recht. Nur weil ich nicht glücklich bin, sollte ich das Glück anderer nicht zerstören.“ Dann lächelte er sie etwas geknickt an und ging ins Haus. Sie schaute ihm nach und schüttelte ganz leicht den Kopf. Dann ging sie zu Karan, der gerade wieder von der Terrasse gekommen war.
 

Simran und Karan unterhielten sich gerade angeregt als einige Gäste Wasserbomben rausholten und quer durch den ganze Garten warfen. Die mit farbigem Wasser gefüllten Ballons wurden mit einer ganzen Menge buntem Pulver beantwortet. Es begann eine richtige Farbschlacht, von der keiner verschont blieb. Zu allem Überfluss holte Karan dann auch noch den Gartenschlauch raus und hielt ihn zuerst auf Simran und dann in die Menge. Raj war gerade damit beschäftigt, jemandem eine ordentliche Ladung von grünem Pulver im Gesicht zu verteilen als sein Blick zufällig auf Simran fiel. Sie wurde immer noch von Karan mit dem Wasserschlauch attackiert und war mittlerweile vollkommen durchgeweicht. Ihr ursprünglich weißer Salwar, der durch das ganze Pulver und farbige Wasser nun bunt war, klebte an ihrem Körper und betonte ihre Rundungen ungemein. Raj konnte seinen Blick nicht von ihr abwenden und starrte sie unverhohlen an. Er fand sie so wunderschön und hätte sie am liebsten an sich gerissen und .... Nein, daran durfte er nicht denken. Er zwang sich, seinen Blick zu senken und ging in eine stillere Ecke des Gartens, um zu überlegen, wie es weitergehen sollte.

Nachdem sich der kleine Farbenkrieg ein wenig beruhigt hatte, hielt Simran nach Dev Ausschau, da sie ihn schon seit einer Weile nicht gesehen hatte. Sie ging auf die etwas höher gelegene Terrasse und ließ ihren Blick über den gesamten Garten schweifen. Als sie ihn in einer Ecke entdeckt hatte, schnappte sie sich zwei Hände voll blaues Pulver und lief zu ihm. Da er mit dem Rücken zu ihr stand, umarmte sie ihn von hinten und verteilte das Pulver auf seinem gesamten Oberkörper. Sie drückte sich fest an ihn und sagte: „Das ist dafür, dass du die ganze Zeit verschwunden warst, mein Lieber.” Dann löste sie sich von ihm und zog an seinem Arm, sodass er sich zu ihr umdrehen musste. Simran riss die Augen auf, denn es war Raj! „... Oh! Das... Das tut mir leid. Ich... dachte, du wärst Dev. Ich…”, stotterte sie hilflos und ging einen Schritt zurück. Raj schaute sie einfach nur an und sagte dann leise: „.... natürlich…” Sie standen einfach nur da und blickten einander in die Augen. Dann machte Raj einen Schritt auf sie zu, packte sie am Arm und zog sie hinter ein Gebüsch. Sie schaute ihn entsetzt an, doch sein Gesicht zeigte keine Regung. Langsam, aber bestimmt drückte er sie gegen den Baum, der hinter ihr stand. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Was hatte er vor? Was, wenn sie jemand gesehen hatte?! Sie wollte weg, doch er hielt sie fest, indem er sie mit seinem Körper an den Baumstamm drückte. Sie waren sich so nahe, dass sie sicher war, dass er ihr Herz schlagen spüren konnte. Einerseits war ihr diese Situation nicht unangenehm, doch andererseits hatte sie beißende Schuldgefühle gegenüber Dev und sie machte sich Sorgen, ob sie jemand gesehen haben könnte. Raj schien das jedoch vollkommen egal zu sein.

Es war ihm nicht egal, doch er hatte sich nicht mehr beherrschen können. Als sie ihn gerade so innig umarmt hatte, war es einfach über ihn gekommen. Er wollte Simran spüren, ihr nahe sein, egal, welche Konsequenzen es hatte. Er lebte nur für diesen Moment, auch, wenn er es vielleicht später bereuen würde. Er sah ihr tief in die Augen und wünschte sich, ihre Gedanken darin lesen zu können. Er bemerkte, wie sie anfing, leicht zu zittern. Zur Beruhigung strich er ihr zärtlich über ihr volles Haar und ihre zarten Wangen. Sollte er es einfach wagen.…?

Seine sanften Berührungen brachten sie beinahe um den Verstand. Wieso tat er das? Es durfte nicht sein und trotzdem quälte er sie so sehr. Egal, was er mit ihr vorhatte, sie hatte einfach keine Kraft sich zu wehren. Ihr Kopf sagte ihr, dass es falsch war, doch ihr Herz und ihr Körper waren da anderer Meinung. Sie hielt seinem Blick stand und als sie bemerkte, dass sich sein Gesicht ihrem immer weiter näherte, schloss sie langsam die Augen. In diesem Moment kamen die Erinnerungen wieder hoch. Die Bar. Die Treppe der alten Villa. Der Sternenhimmel. Der Kuss! Sie riss die Augen auf und schaute ihn entsetzt an.

Ihre Lippen waren nur noch Millimeter voneinander entfernt, doch als Raj Simrans Blick bemerkte, hielt er inne und schaute sie fragend an. Sie drehte den Kopf ein wenig zur Seite, aber blickte ihm weiterhin in die Augen, dann schob sie ihn langsam von sich weg. „Raj, wir....?” Er wusste erst nicht, was sie meinte, doch an ihrem Blick konnte er es ablesen. „.... damals auf der Treppe...?”, fragte er leise. Sie schaute ihn entsetzt an. Hatte sie da gerade richtig gehört? Er wusste es also noch? Aber er hatte doch gesagt, dass auch er sich an nichts mehr erinnern konnte. Hatte er sie angelogen? Ihre Gedanken wirbelten nur so in ihrem Kopf umher. „Du weißt es also noch? Aber du sagtest doch... Wieso hast du mir nichts gesagt?!”, brachte sie flüsternd heraus und schaute ihm fest in die Augen. Er erwiderte ihren Blick und antwortete: „Hättest du es denn wissen wollen?” Darauf wusste sie keine Antwort. Sie hatten sich damals geküsst, aber was war danach passiert? Wie sie nach Hause gekommen war, wusste sie noch immer nicht. Sie hatte doch nicht etwa mit ihm...? Er schien ihre Gedanken lesen zu können und sagte: „Keine Angst, mehr als der Kuss ist nicht passiert...” Sie schloss die Augen und atmete aus. Wenigstens das. Aber selbst der Kuss war Betrug an Dev und sie konnte nicht fassen, dass sie das getan hatte. Sie nahm die Hände vor ihr Gesicht und musste aufsteigende Tränen unterdrücken. Raj stand da und sah sie an. Ihr ganzer Körper strahlte Verzweiflung aus. Er wollte sie trösten und legte die Arme um sie. Die Kraft, sich zu wehren, hatte sie nicht. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und atmete schwer. Er strich ihr über den Kopf und streichelte ihren Rücken. „Wenn du nicht willst, dass es etwas bedeutet, dann tut es das auch nicht...“, sagte er leise. Sie schaute ihn an und löste sich aus seiner Umarmung. „Was heißt `Wenn ich es nicht will´. Es ist einfach so. Es bedeutet nichts.”, sagte sie mit zitternder Stimme. „Wir sind beide verheiratet und das ist nur passiert, weil wir angetrunken waren. Das war einfach der Moment und weil wir uns beide alleine gefühlt haben...” Raj stand nur da mit ausdrucksloser Miene und schaute sie an. Simrans Gedanken rasten und sie glaubte selbst nicht an die Worte, die sie gerade gesagt hatte. Natürlich hatte der Kuss eine Bedeutung, aber das konnte und durfte sie sich nicht eingestehen. „Wirst du es Dev erzählen?”, unterbrach Raj ihre Überlegungen. „... Äh, ich... Nein. Das war ein dummer Fehler und es würde ihn nur unnötig aufregen...“, dachte sie laut. „Ich habe es Piya auch nicht erzählt.”, sagte er und Simran nickte ohne ihn anzusehen. Wie sollte es nun weitergehen? Sie wusste, dass sie Dev nie wieder in die Augen schauen konnte. Auf einmal drängten sich Gedanken in ihren Kopf, die sie bisher nicht hatte wahr haben wollen. Sie hatte den Kuss mit Raj genossen. Das Gefühl, dass seine Lippen bei ihr ausgelöst hatten, war unvergleichlich gewesen und es wäre gerade beinahe wieder passiert. Sie konnte einfach nicht mehr leugnen, dass ihre freundschaftlichen Gefühle für ihn zu Liebe geworden waren. Doch fühlte er genauso oder war sie nur eine kleine Abwechslung zu seiner drögen Ehe mit Piya. Sie wollte die Antwort nicht wissen, denn so oder so hätte sie ihr das Herz gebrochen. Sie strich sich die Haare zurück und sagte dann: „Ich... Ich werde jetzt gehen.” Dann ging sie und schaute ihn nicht nochmal an.

Er schloss die Augen und atmete ein Mal tief ein und wieder aus. Dann lehnte er sich mit dem Rücken an den Baum und ließ sich auf den Boden sinken. Es war mittlerweile dunkel geworden und er starrte in den dunklen Himmel. Raj bereute nicht, dass er versucht hatte, Simran zu küssen, denn sie hatte sich nicht gewehrt und er war sicher, dass sie seine Gefühle durchaus erwiderte, doch das änderte nichts daran, dass er Ehebruch begangen hatte und Simran dazu verführen wollte. Er überlegte hin und her und kam doch zu keiner Lösung. Er beschloss abzuwarten, was Simran als nächstes tun würde... Nur daran konnte er festmachen, wie sein weiteres Schicksal aussah.
 

Simran lief quer durch den Garten und suchte Dev überall. Sie wollte einfach nur nach Hause. Als sie ihn nirgends fand, sagte sie Karan, dass er Dev Bescheid sagen sollte, dass sie gegangen war und rief sich dann ein Taxi.

Nachdem sie in ihrer Wohnung angekommen war und die Tür hinter sich geschlossen hatte, sank sie zu Boden und brach in Tränen aus. Sie stütze ihr Gesicht in ihre Hände und versuchte sich zu beruhigen, doch es gelang ihr nicht. Zu verzweifelt war sie im Moment, zu verwirrend waren ihre Gefühle und Gedanken. Sie saß einfach nur da und ihr rannen Tränen die Wangen herunter.
 

Als Dev gegen Mitternacht nach Hause kam, hatte Simran sich bereits ins Bett gelegt. Ihre Tränen waren versiegt, doch schlafen konnte sie nicht. Sie lag da und starrte in die Dunkelheit. Dev zog sich um und legte sich zu ihr ins Bett. „Bist du wach?”, flüsterte er leise, woraufhin sie einen zustimmenden Laut von sich gab. „Wieso bist du denn vorhin einfach verschwunden? Die Stimmung war doch so toll...” Simran atmete tief ein. „Ich... Mir ging es nicht so gut…”, ihre Stimme versagte fast. „Es tut mir so leid.”, brach es aus ihr hervor. Sie drehte sich zu Dev um und schlang ihre Arme um ihn. Ihre Tränen konnte sie nicht mehr zurückhalten. Dev war überrascht und wusste nicht, wie er reagieren sollte. „Hey, schon gut... So schlimm ist es nun auch wieder nicht.”, versuchte er sie zu beruhigen und strich ihr über den Kopf. Doch Simran schluchzte weiter und hielt Dev ganz fest. Nach einer Weile schlief er ein, aber Simran fand keinen Schlaf. Sie machte sich selbst solche Vorwürfe, dass sie und Raj sich geküsst hatten. Wie hatte sie so schwach sein können? Doch am meisten ärgerte es sie, dass sie es nicht wirklich bereute. Ihre Gefühle für Raj waren um ein Vielfaches größer als sie für Dev jemals hätten sein können. Wieso hatte sie das Schicksal zusammengeführt, wenn ihre Beziehung sowieso unmöglich war? Sie versuchte, sich einen Ausweg aus ihrer Situation zu überlegen, doch sie kam einfach zu keiner Lösung. Schließlich fiel auch sie in einen unruhigen Schlaf.
 

Am nächsten Morgen beschloss Simran nach dem Frühstück zu Karan zu fahren und ihm beim Aufräumen zu helfen. Er freute sich, sie zu sehen und gab ihr auch sofort Aufgaben, die sie erledigen sollte. Sie war wirklich mehr als dankbar für diese Ablenkung und vertiefte sich darin, die Küche aufzuräumen. Ihre Gedanken an Dev und Raj versuchte sie beiseite zu schieben. Später half sie Karan im Garten die Bänke und Tische wieder an ihren ursprünglichen Platz zu stellen oder sie in den Keller zu verfrachten. Kurz nach 12 waren sie damit fertig. Da beide zu faul zum Kochen waren, bestellten sie sich eine Pizza und verschlangen sie dann gierig.

„Vielen Dank für deine Hilfe. Ich hatte ja gehofft, dass vielleicht noch irgendjemand anderes zum Helfen kommen würde, aber da hab ich mich ja anscheinend irgendwie getäuscht...”, sagte Karan schließlich und verdrehte die Augen. „Tja, da sieht man mal wieder, wer die wahren Freunde sind.”, lachte Simran und schlug ihm auf den Rücken, sodass er sich an seinem Pizzastück verschluckte. Nachdem er das Stück herunter gewürgt hatte, fragte er: „Wieso warst du gestern eigentlich so schnell verschwunden? Ging es dir nicht gut? Du sahst so blass aus...” Simran schaute zu Boden und wusste nicht, was sie sagen sollte. Karan war ihr bester Freund. Sollte sie ihm von der Sache mit Raj erzählen? Sie wollte sich endlich jemandem anvertrauen, aber sie hatte Angst, dass er sie verurteilen würde. Er riss sie aus den Gedanken, indem er mit seiner Hand vor ihrem Gesicht herumwedelte. „Ich... hatte schreckliche Kopfschmerzen. Ich musste einfach nach Hause und mich ein bisschen hinlegen”, log sie schließlich. Irgendwann würde sie es ihm erzählen, aber nicht jetzt. Nicht, solange sie keine Lösung für ihr Dilemma gefunden hatte. Danach plauderten sie noch ein Weile über die neusten Gerüchte im Freundeskreis bis sich Simran am späten Nachmittag nach Hause machte.
 

Als Simran zu Hause ankam, hörte sie Stimmen aus dem Wohnzimmer und ging nachschauen. Dort saßen Dev und Raj auf der Couch und lachten laut! „Oh, Simi, schon zurück?! Ich hoffe, es stört dich nicht, dass ich Raj eingeladen habe. Wo du doch den ganzen Tag bei Karan warst, dachte ich, ich könnte mir auch mal Besuch einladen.”, sagte Dev als er auf Simran zukam und ihr einen Kuss auf die Stirn gab. Sie war vollkommen verwirrt, murmelte etwas Unverständliches und verschwand ins Schlafzimmer. Nachdem sie die Tür geschlossen hatte, setzte sie sich auf das Bett und versuchte sich zu beruhigen. Dass sie Raj so schnell wiedersehen würde, hätte sie nie gedacht. Wie sollte sie Abstand zu ihm gewinnen, wenn Dev sich jetzt ständig mit ihm traf? Sie konnte ihm den Umgang mit Raj schließlich schlecht verbieten. Nachdem sich ihre Atmung wieder normalisiert hatte, ging sie in die Küche und machte sich einen Tee. Wie sollte es jetzt bloß weitergehen? Ihre Gefühle spielten verrückt und sie wusste sich einfach nicht zu helfen....

Nachdem sie sich ihren Tee gemacht hatte, gesellte sich Simran zu Dev und Raj ins Wohnzimmer, um keinen Verdacht wegen ihres seltsamen Verhaltens zu erregen. Sie fühlte sich mehr als unwohl, doch sie versuchte es zu überspielen und beteiligte sich ungezwungen am Gespräch der beiden. Raj in die Augen zu sehen, vermied sie jedoch vehement. Da es schon recht spät geworden war, lud Dev Raj noch zum Abendessen ein. Raj wollte ablehnen, doch Dev ließ ihm keine Wahl.

Nach dem Essen saßen die beiden Männer noch ein wenig zusammen, während Simran die Küche aufräumte. Gerade als Raj gehen und Dev ihn zur Tür bringen wollte, klingelte Devs Handy und er bat Simran ihren Gast zu verabschieden. Sie willigte ein, auch, wenn ihr ganzer Körper sich dagegen sträubte.

„Was war heute los mit dir?”, fragte Raj als sie an der Haustür standen. Simran schaute ihn nicht an, aber sie spürte, wie er sie musterte. „... Du sagtest doch, dass... es nichts bedeutet hat. Wieso verhältst du dich dann so anders?”, hakte er nach. Sie sagte immer noch nichts. Was sollte sie denn auch erwidern? Dass es ihr doch etwas bedeutet und der Kuss ihr gefallen hatte? Wie konnte sie? Also atmete sie tief durch und sagte leise: „Du hast Recht, aber an der Tatsache, dass ich mich schuldig fühle, ändert das auch nichts. Ich belüge Dev und ich fühle mich schlecht...” „Dann sag ihm doch die Wahrheit, wenn du dich schlecht fühlst.” Sie antwortete nicht. „Ich verstehe schon... Wir haben beide einen Fehler gemacht und bereuen es. Dass es nie wieder vorkommen wird, wissen wir auch, also sollten wir es vergessen und begraben. Es ist nur eine unnötige Last mehr, die wir unseren Ehen aufbürden.” Simran nickte, aber schaute ihn nicht an. „Ich hoffe, dass der Vorfall unsere Freundschaft nicht gefährdet hat, denn sie ist mir wirklich sehr wichtig.”, ergänzte Raj und legte seine Hand unter ihr Kinn, damit sie ihn ansehen musste. Sie schloss die Augen und öffnete sie kurz darauf wieder. „Nein.... Es ist alles okay... Aber gib mir Zeit. Das ist alles nicht so einfach für mich.” Raj lächelte sanft und umarmte Simran liebevoll. „Dann ist ja gut. Ruf mich einfach an, wenn du mal wieder Lust hast, mich zu sehen, okay?!”, sagte er und löste seine Umarmung wieder. „Also wir sehen uns dann, versprochen?”, meinte er und wandte sich zum Gehen um. Simran zwang sich zu einem Lächeln und sagte leise „Versprochen...” Sie stand noch eine Weile da und schaute ihm hinterher, auch, wenn er schon längst verschwunden war.

Als Simran ins Schlafzimmer kam, lag Dev bereits im Bett und schlief. Sie legte sich zu ihm, aber sie war zu wach, um einzuschlafen. War es wirklich in Ordnung, wenn sie sich weiterhin mit Raj traf? Die Tatsache, dass sie sich geküsst hatten, war nicht wegzudiskutieren, aber es war schließlich nur ein Ausrutscher gewesen, der durch Alkohol verursacht worden war. Im nüchternen Zustand wäre das nie passiert. Auf einer freundschaftlichen Ebene sprach also nichts gegen ihre Treffen. Sie musste nur darauf achten, dass niemand zu weit ging. Und mit der Zeit würden ihre Gefühle für Raj auch verschwinden. Sie redete sich ein, dass es nur eine kleine Schwärmerei war, die wieder verfliegen würde. Raj war anders als Dev und deswegen fand sie ihn anfangs interessant, aber das würde sich schon wieder legen. Liebe konnte das gar nicht sein, versuchte sie sich einzubläuen. Mit diesen Gedanken schlief sie ein, doch ob sie wirklich an sie glaubte, konnte sie nicht sicher sagen....
 

Als Piya von ihrer Geschäftsreise zurück war, versuchte Raj, sich ganz auf sie zu konzentrieren. Sie gingen essen, ins Kino oder trafen sich mit Freunden, da Piya sich eine Weile Urlaub genommen hatte. Er fand es schön, nach langer Zeit mal wieder Zeit mit ihr zu verbringen, doch er merkte, dass etwas fehlte. Früher war er mit diesen kurzen und seltenen Momenten glücklich gewesen, doch seit er Simran kannte, reichte ihm das nicht mehr. Seine einseitige und verfahrene Ehe reichte ihm nicht mehr. Er wollte geliebt und wider geliebt werden und er wollte Zeit mit der geliebten Person verbringen. Nur diese Person war dummerweise Simran und er musste sie sich einfach aus dem Kopf schlagen. Indem er sich auf Piya konzentrierte, versuchte er, weniger an Simran zu denken, doch das funktionierte nicht so, wie er sich das gedacht hatte. Mit jedem Tag vermisste er sie mehr und wollte sie anrufen, doch sie hatte gesagt, dass sie Zeit brauchte und die wollte er ihr geben. Er wusste, dass ihre Beziehung unmöglich und seine Liebe verboten war, doch auf ihre Gesellschaft und Freundschaft wollte und konnte er nicht verzichten. Er wusste, dass es schwer werden würde, doch er nahm sich vor, keine Annäherungsversuche mehr zu starten, da es so oder so nicht sein durfte und er Angst hatte, Simran endgültig zu verschrecken. Er war sich zwar sicher, dass er ihr ebenfalls etwas bedeutete, doch genauso wusste er auch, dass sie die Ehe mit Dev niemals beenden würde. Damit musste er leben, auch, wenn es ihm schwer fiel.
 

Ein Monat verging, in dem sich Simran und Raj nicht sahen. Raj verging beinahe vor Sehnsucht, doch er riss sich zusammen und ließ sich gerade in Piyas Anwesenheit nichts anmerken. Indem er sich auf die Jobsuche stürzte, lenkte er sich ab und tat gleichzeitig auch etwas Sinnvolles.

Bei Simran sah das anders aus. In der Zeit, wo Dev auf Arbeit war, saß sie zu Hause und langweilte sich zu Tode. Sie las sehr viel, schaute Fernsehen und ging ab und zu ein bisschen spazieren. An Raj dachte sie oft, aber die Gedanken schob sie dann sofort wieder beiseite. Sie musste ihn einfach aus dem Kopf bekommen.

Gedankenverloren lief sie eines Vormittages mal wieder ein wenig durch die Stadt, als sie plötzlich bemerkte, dass sie vor Rajs Haus stand. Sie verfluchte sich insgeheim, dass sie sich unterbewusst hierher gezogen gefühlt hatte, drehte auf der Stelle um und wollte gerade verschwinden, als sie plötzlich hörte, wie jemand ihren Namen rief.. Sie ignorierte es und lief etwas schneller, doch dann spürte sie schon eine Hand auf ihrer Schulter. Simran schloss kurz die Augen und drehte sich dann um. Wie es nicht anders zu erwarten war, war es Raj, der sie gerufen hatte. Er trug einen schicken Anzug und hatte ein dickes Grinsen im Gesicht. „Hi!” Simran lächelte nur und fragte sich insgeheim, warum das Schicksal so gemein zu ihr war. „Was machst du denn hier? Wolltest du zu mir?”, fragte er mit einem kleinen Schimmer Hoffnung in der Stimme, den er nicht verbergen konnte. „Äh... Nein, ich habe nur einen kleinen Spaziergang gemacht und bin zufällig hier vorbei gekommen.”, antwortete sie und als sie die Enttäuschung in seinen Augen sah, zupfte sie an seinem Kragen und fügte schnell hinzu: „Und wo kommst du her? Du hast dich ja richtig schick gemacht...” Sein Grinsen kehrte zurück. „Ich komme gerade von einem Vorstellungsgespräch und ich habe den Job bekommen!”, rief er überglücklich und umarmte Simran stürmisch. Diese fühlte sich erst überrumpelt, doch da sie sich ehrlich für ihn freute, erwiderte sie seine Umarmung. Er drückte sie fest an sich und sog ihren Duft ein. Am liebsten hätte er sie noch eine Weile so gehalten, doch er zwang sich, sich von ihr zu lösen. „In zwei Wochen kann ich anfangen.... Aber das heißt leider auch, dass unsere vormittäglichen Treffen vorbei sind...” Dieser Satz verursachte bei Simran einen kleinen Stich, doch das ließ sie sich nicht anmerken und meinte fröhlich: „Ach, Hauptsache ist doch, du hast endlich eine Stelle gefunden! Das ist doch das Wichtigste, hai na?” Sie gab ihm einen Schulterknuff. „Und was hat Piya gesagt? Sie hat sich sicher sehr gefreut oder?!” „Du bist die Erste, die es erfährt. Ich komme ja gerade erst von dem Gespräch. Ich habe zwar versucht, sie anzurufen, aber ich erreiche sie nicht, also werde ich es ihr erst heute Abend sagen, wenn sie nach Hause kommt.” Es herrschte kurz Stille. „Was sagst du: Hast du Lust zur Feier des Tages kurz mit rauf zu kommen und eine Flasche Sekt zu köpfen?”, fragte Raj schließlich erwartungsvoll. Simran sah ihn mit einer Mischung aus Skepsis und etwas Angst an, was er bemerkte und noch schnell anfügte: „Wir können auch in ein Café gehen, wenn du willst... Ich meine...” „Das wäre mir lieber...”, entgegnete Simran und schaute etwas verlegen zu Boden.

Diese Antwort enttäuschte Raj ein wenig, doch er verstand es und ging schließlich mit Simran in ein kleines Café ganz in der Nähe. Nachdem sie ihren bestellten Sekt erhalten hatten, redeten sie über belanglose Sachen. Raj war glücklich, Simran endlich wieder zu sehen und genoss ihr kleines Treffen. Simran hingegen fühlte sich unwohl. Sie hatte so sehr versucht, ihn zu vergessen und ihre Gefühle für ihn zu unterdrücken, doch nun kam alles wieder hoch. Sein Lachen, seine Stimme, seine liebevollen Augen ließen ihr Herz schneller schlagen. Sie kämpfte innerlich gegen sich selbst und ihre Schuldgefühle, aber Rajs Charme umgarnte sie so sehr , dass sie sich nicht mehr wehren konnte. Während des Gespräches blühte sie regelrecht auf und fühlte sich so glücklich wie schon seit längerer Zeit nicht mehr. Raj bemerkte das und freute sich umso mehr. Die beiden vergaßen für den Moment all ihre Probleme und Sorgen und genossen einfach nur die Gesellschaft des jeweils anderen. Sie mussten sich eingestehen, dass sie einander sehr vermisst hatten und nun die gemeinsame Zeit so lange und gut wie möglich nutzen wollten.

Nachdem sie ihren Sekt ausgetrunken und gezahlt hatten, schlug Raj Simran vor, ihr seine zukünftige Arbeitsstelle zu zeigen. Sie war einverstanden und die beiden machten sich auf den Weg. Da es nicht weit war, gingen sie zu Fuß. Das Gebäude war ein schönes Hochhaus und Raj meinte, sein Büro würde in einem der oberen Stockwerke liegen und man würde von dort aus einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt haben. Simran beglückwünschte ihn noch einmal und verabschiedete sich dann schweren Herzens, um sich auf den Heimweg zu machen.

Während sie lief, stellte sie plötzlich fest, wie glücklich sie sich auf einmal fühlte und dass die ganze Zeit ein kleines Lächeln ihre Lippen umspielte. Rajs Gesellschaft hatte ihr gut getan.... Mit diesem Gedanken kehrten die Schuldgefühle zurück. Wieso fand sie dieses Glück nur außerhalb ihrer Ehe und warum gab Dev ihr dieses Gefühl nicht? Es konnte nur daran liegen, dass sie sich einfach nicht liebten. Mittlerweile war sich Simran auch sicher, dass sich das nicht mehr ändern würde, denn sie hatte ihr Herz endgültig an Raj verloren. Das war ihr heute klar geworden. Nur was sollte sie nun tun? Dev die Wahrheit sagen und das Ende ihrer Ehe riskieren? Raj ihre Liebe gestehen und eine Abfuhr kassieren oder wenn er ihre Gefühle erwiderte, seine Ehe zerstören? Egal, wie Simran es drehte und wendete, es gab keinen akzeptablen Ausweg, außer alles beim Alten zu belassen und eine lieblose Ehe zu führen. Doch auch das kam ihr falsch vor, da sie Dev damit belügen würde. Sie wollte ihm nichts vorspielen, doch sie wollte ihn auch nicht verletzen.... Sie beschloss, abzuwarten, denn im Moment wäre einfach jede Entscheidung falsch gewesen. Und es hieß ja schließlich: Kommt Zeit, kommt Rat.
 

Zu Simrans Verwunderung musste Dev in letzter Zeit wieder mehr arbeiten. Er war selten vor 22 Uhr zu Hause und kündigte an, dass er demnächst wieder auf einwöchige Geschäftsreise musste. Sie war enttäuscht, aber da sie es mittlerweile gewöhnt war, sagte sie nichts weiter dazu.

Nachdem Dev seit zwei Tagen fort war und sich Simran alleine zu Tode langweilte, rang sie sich dazu durch, Raj anzurufen. An einem harmlosen Anruf war ja nichts auszusetzen, redete sie sich ein. Als bei ihm zu Hause niemand ans Telefon ging, fiel ihr ein, dass er ja bereits seit vier Tagen seine neue Arbeitsstelle angetreten hatte. Nun wusste sie nicht, was sie tun sollte. Ihn auf dem Handy anrufen und bei der Arbeit stören, wollte sie nicht. Sie überlegte, wer sonst noch Zeit haben könnte, als plötzlich das Telefon klingelte. Erst erschrak sie ein wenig, doch sie ging ran und es war Raj. „Hey, na, wie geht es dir? Ich habe gerade Mittagspause und dachte ich rufe dich mal an.”, sagte er fröhlich. „Was für ein Zufall. Ich habe auch gerade an dich gedacht.”, rutschte es ihr heraus. Sie biss sich auf die Zunge und fügte schnell hinzu: „Ich meine, ich habe mich gerade gefragt, wie es dir geht und ob dir deine Arbeit gefällt...” „Oh ja, es macht wirklich Spaß. Piya hat sich auch sehr für mich gefreut und hat mich überraschenderweise sogar schon besucht.” Simran wusste nicht, was sie darauf sagen sollte und schwieg. Stille „Ähm.... Hast du nicht vielleicht auch Lust mal vorbeizukommen? Wenn es dunkel ist, hat man von meinem Büro aus eine wunderschöne Aussicht auf die beleuchtete Stadt…”, fragte Raj schließlich und hoffte inständig, dass Simran zustimmen würde. „Ja, okay, kann ich machen. Wann wäre es dir denn recht?” Er freute sich diebisch über ihre Antwort und sagte ihr dann eine Uhrzeit. Sie verabschiedeten sich und legten auf. Raj konnte sein Glück kaum fassen und hatte nun etwas, worauf er sich nach Feierabend freuen konnte. Auch Simran hatte beim Auflegen ein breites Grinsen im Gesicht. Sie war aufgeregt und konnte es kaum erwarten, Raj wiederzusehen. Ihre Schuldgefühle piesackten sie zwar immer noch, doch sie verdrängte sie in den hintersten Teil ihres Kopfes und hoffte, dass sie dort bleiben würden. Das war schließlich nur ein rein freundschaftliches Treffen in einem neutralen Bürogebäude. Was sollte also schon groß passieren?

Sie schaute auf die Uhr und sah, dass sie noch gute sechs Stunden Zeit hatte. Da konnte sie noch in ganz Ruhe den Einkauf erledigen, die Wohnung ein wenig auf Vordermann bringen, sich duschen und fertig machen. Bei der Kleiderwahl brauchte sie im Gegensatz zu sonst ziemlich lange, denn sie wollte hübsch für Raj aussehen, doch nicht zu überstylt. Am Ende entschied sie sich für eine einfaches hellgelbes Outfit. Als sie sich auf den Weg machte, ging die Sonne schon langsam unter und es war ein wunderschönes Abendrot zu sehen. Um es zu genießen, entschied sich Simran zu laufen, anstatt den Bus zu nehmen. Von Weitem schon war das Hochhaus zu erkennen und als sie näher kam, sah sie, dass Raj bereits am Eingang auf sie wartete.

Raj hatte die Hände in die Hüften gestemmt und schaute sie grinsend an. Simran war kurz sprachlos, da sie nicht glauben konnte, wie gut er aussah. Anzüge und Westen standen ihm unverschämt gut. „Hallo, schöne Frau!”, begrüßte er sie, woraufhin sie ihn angrinste und mit den Augenbrauen wackelte. „Ich hoffe, für Dev ist es okay, dass du mich besuchen kommst. Ich meine, es...” „Ist schon okay.”, unterbrach sie ihn und winkte ab. „Er ist mal wieder auf Geschäftsreise. Du nimmst mich ihm also nicht weg.” Raj nickte und dachte über die Doppeldeutigkeit dieses Satzes nach und er fragte sich, ob sie das überhaupt selbst bemerkt hatte. Aber wahrscheinlich bildete er sich das nur ein.

Er führte sie ein wenig im Gebäude herum und zeigte ihr die verschiedenen Abteilungen. Sie war sehr angetan davon, wie modern und luxuriös alles war. Die Einrichtung war zwar einfach, aber dafür elegant. Schließlich fuhren sie mit dem Fahrstuhl in Rajs Büro, dass im vorletzten Stock lag. Als er die Tür öffnete, war sie überwältigt. Erstens war der Raum riesig und zweitens war die Aussicht wirklich atemberaubend. Die Fenster gingen von der Decke bis zum Fußboden und ließen einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt zu. Simran schaute sich ein wenig im Zimmer um und blieb dann am Fenster stehen und blickte hinaus. Die Sonne war mittlerweile untergegangen und hatte nur noch ein schmales goldenes Band am Horizont hinterlassen, das die funkelnde Stadt in ein schönes Halbdunkel tauchte. Raj lehnte sich an seinen Schreibtisch und beobachtete Simran. Sie sah so wunderschön aus, dass er plötzlich das Verlangen hatte, sie umarmen zu wollen. Er wendete seinen Blick von ihr ab und versuchte sich abzulenken. `Reiß dich zusammen! Wir sind beide verheiratet und nur weil Dev nicht da ist, hast du nicht das Recht...´, redete Raj sich selbst ein, aber wurde von Simran aus den Gedanken gerissen. „Du hast so einen schönen Ausblick hier... Da könnte ich gar nicht arbeiten, weil ich den ganzen Tag aus dem Fenster schauen würde.”, scherzte sie. „Ja, da hast du Recht. Es ist schon nicht ganz einfach.…. Willst du vielleicht irgendwas trinken?”, fragte er, um sich abzulenken. Sie wollte ein Wasser und er war dankbar, da er deswegen den Raum verlassen konnte. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte er sich an und atmete tief durch. „Du darfst nicht. Du darfst nicht. Du darfst nicht…”, redete er leise vor sich hin, als plötzlich die Tür geöffnet wurde und er nach hinten umfiel. Simran schaute ihn erschrocken an, wie er da auf dem Boden lag und fing dann laut an zu lachen. Raj rappelte sich langsam wieder auf, doch sie konnte nicht mehr aufhören und hielt sich den Bauch. Er strafte sie daraufhin mit einem bösen Blick und ging ihr Wasser holen.

Als er wieder ins Büro kam, hatte Simran es sich auf dem kleinen Sofa bequem gemacht, dass in einer Ecke des Zimmers stand und von wo aus man sehr gut den Ausblick genießen konnte. Er gab ihr das Wasser und setzte sich neben sie. Eine Weile herrschte Stille, doch dann legte Simran ihren Kopf auf Rajs Schulter. Beide schwiegen weiterhin und starrten einfach nur gedankenverloren aus dem Fenster. In diesem Moment wurde ihnen bewusst, dass sie für einander dieselben Gefühle hatten. Doch diese Erkenntnis machte ihre Situation nicht einfacher, sondern eher noch komplizierter.... Wie es nun weitergehen sollte, wussten sie nicht. Simran nahm Rajs Hand in ihre Hände und legte sie in ihren Schoß. „Wieso muss die Welt nur so kompliziert sein..…?”
 

Sie saßen noch eine ganze Weile schweigend nebeneinander. Jedes Wort wäre zu viel gewesen. Was hätte es auch zu sagen gegeben? Das Problem lag auf der Hand und eine Lösung hatte keiner von beiden. Es war, als ob sie stillschweigend einen Kompromiss geschlossen hatten, der es ihnen nicht ermöglichte über ihre Gefühle zu sprechen und sie stattdessen zu verstecken. Was hätten sie auch anderes tun sollen? Nachdem einige Zeit vergangen war, stand Simran auf und ging ohne Raj noch einmal anzusehen oder etwas zu ihm zu sagen. Er war ihr deswegen nicht böse und blieb einfach sitzen. Die Gewissheit, dass seine Liebe erwidert wurde, machte ihn einerseits glücklich, doch zeigte ihm andererseits nochmals deutlich seine unglückliche Ehe auf. Die einfachste Möglichkeit wäre gewesen, sich scheiden zu lassen, doch konnten sie das Dev und Piya antun? Die ganze Zeit hatte er nur an sich gedacht, aber was würde aus Piya werden? Er wusste nicht, ob sie ihn liebte, da sie darüber noch nie gesprochen hatten, doch geschiedene Frauen standen in der indischen Gesellschaft nicht gerade gut da. Auch, wenn er sie nicht liebte, konnte er sie nicht diesem möglichem Spott aussetzen, schließlich hatte er sie geheiratet und damit ein Versprechen abgegeben... Je mehr Raj über seine Situation nachdachte desto verfahrener kam ihm alles vor.

Als er schließlich einen Blick auf seine Uhr warf, fiel ihm auf, dass es schon sehr spät geworden war und er langsam nach Hause musste. Er rappelte sich also von der Couch hoch, packte seine Sachen zusammen und schloss das Büro ab. Als er zum Fahrstuhl lief, sah er dort zu seiner Überraschung noch jemanden stehen. Eigentlich hatte er angenommen, dass er der letzte gewesen wäre. Plötzlich sah er, dass es Simran war. Er stellte sich neben sie und drückte den Knopf. So standen sie schweigend nebeneinander bis der Fahrstuhl kam. Als sie eingestiegen waren, stellte sich Simran mit dem Rücken zu Raj. Er schaute sie einfach nur an und wusste nicht, was er tun sollte. Schließlich fasste er sich ein Herz, stellte sich dicht hinter sie und legte seine Hände auf ihre Schultern. Sie zuckte leicht zusammen, da seine Berührung ihren ganzen Körper elektrisierte. Als er mit seinen Händen ganz sanft an ihren Armen herunterfuhr, schloss sie die Augen und bekam eine wohlige Gänsehaut. Raj schob ihr Oberteil etwas zur Seite und küsste zärtlich ihren Hals und ihren Nacken. Dann drehte er sie zu sich um und drückte sie sanft gegen die Wand des Fahrstuhls. Er hielt ihr Gesicht in seinen Händen und näherte sich ihr immer mehr bis sich ihre Nasenspitzen berührten. Sie schauten einander in die Augen und sahen die Sehnsucht darin.... Die Fahrstuhltür öffnete sich und die beiden erschraken. Simran schaute Raj noch einmal an und verschwand dann ohne ein weiteres Wort zu sagen. Raj trottete langsam in Richtung Ausgang und fühlte sich ein wenig vor den Kopf gestoßen. Da hatte er endlich den Mut aufgebracht und dann kam ihm so eine blöde Fahrstuhltür in die Quere.... Aber vielleicht war es auch besser so gewesen. Er wusste im Moment einfach nicht mehr, was er denken sollte. Das war heute alles zu viel gewesen. Endlich hatte er Gewissheit, dass seine Gefühle erwidert wurden, doch das brachte nur noch mehr Probleme als er ohnehin schon hatte.

Zu Hause angekommen, machte sich Simran einen Tee und setzte sich auf die Couch. Obwohl es draußen dunkel war, schaltete sie das Licht nicht ein und saß alleine in der Dunkelheit. Sie konnte nicht begreifen, was da gerade geschehen war. Raj erwiderte ihre Liebe. Raj liebte sie. Alles könnte so schön sein, doch das Schicksal wollte es anscheinend anders. Simran dachte an Dev, den sie so sehr liebte , doch auf eine andere Weise, wie sie Raj liebte. Sie wollte ihren Ehemann nicht verletzen, doch sie konnte diese Ehe auch nicht weiterführen, wenn sie einen anderen liebte. Egal, wie sich Raj entscheiden würde, sie musste mit Dev reden und die Karten offen auf den Tisch legen. Das war das einzig Richtige, das sie tun konnte, auch wenn es weh tat. Sobald Dev wieder da war, musste sie das Thema ansprechen. Das stand fest und sie nahm es sich fest vor. Doch bis dahin waren noch fünf Tage Zeit. Was sollte sie so lange tun? Ihr Gewissen würde sie bis dahin umbringen.

Plötzlich klingelte es an der Tür. Simran schrak aus ihren Gedanken hoch und wunderte sich, wer das so spät noch war. Als sie die Tür öffnete, bekam sie fast einen Schlag. Raj! Sie starrte ihn an und brachte kein Wort heraus. Auch er sagte nichts, sondern packte sie am Handgelenk und zog sie mit sich. Sie war so überrascht, dass sie nicht in der Lage war sich zu wehren und ihm gehorsam folgte. Nachdem sie eine Weile gelaufen waren, kamen sie an einem kleinen verlassenen Strand an, der von Felsen umringt war und den Simran bisher noch nicht gekannt hatte. Während sie sich fragte, was er hier mit ihr vorhatte, schlug plötzlich ihr Herz schneller und sie wurde immer aufgeregter. Jetzt erst bemerkte sie, dass er eine Decke bei sich hatte, die er ausbreitete und auf die sie sich setzten.

„Was werden wir jetzt tun?”, fragte er schließlich nachdem sie eine Weile still nebeneinander gesessen hatten. Sie wusste darauf keine Antwort und schaute zu Boden. Trotz der Dunkelheit bemerkte sie, wie er sie ansah und auf eine Antwort wartete. „.... Ich weiß es nicht, Raj. Wir...” „Ich liebe dich.”, unterbrach er sie. Sie schaute ihn erschrocken an und ihr Herzschlag beschleunigte sich um ein Vielfaches. „Auch wenn du das sicher bereits bemerkt hast... Ich musste es einfach aussprechen.” „Raj, ich....” Doch sie konnte ihren Satz nicht beenden, da er ihr seinen Finger auf den Mund legte. Er schaute ihr in die Augen und zog sie an sich. Seine Hände glitten langsam ihren Rücken hinunter und verursachten bei Simran erneut Gänsehaut. Ihre Gesichter näherten sich einander bis sich ihre Lippen schließlich sanft vereinigten. Sie tauschten zaghafte Berührungen aus, die bald leidenschaftlicher wurden und mehr forderten. Simran schlang ihre Arme um Raj und er drückte sie fest an sich. So lange hatten beide auf diesen Moment gewartet und nun konnten sie nicht genug voneinander bekommen. Sie vergrub ihre Hände in seinem Haar und genoss die zarten Küsse, die er auf ihrem Hals und ihrem Dekollete verteilte. Langsam öffnete sie die Knöpfe seiner Weste und seines Hemdes und streichelte über seine Brust. Schließlich entledigte er sich seines Hemdes ganz und machte sich wieder daran, Simran zu küssen. Sie gab seinen fordernden Berührungen nach und zog ihr Oberteil aus. Nach und nach entkleideten sie sich völlig und gaben sich ihrer Liebe hin, von der nur sie und diese Nacht etwas wussten. Sie gaben einander all das, was sie in den letzten Jahren in ihren Ehen vermisst hatten. An Dev und Piya dachte keiner von beiden, da in diesem Moment nur sie beide zählten und die Welt ausgeblendet wurde. An das `Morgen´ mochte keiner denken...
 

Am nächsten Morgen wachte Simran in ihrem Bett auf und fühlte sich wie gerädert. Sie setzte sich auf und fuhr sich mit den Händen über ihr Gesicht. Dann kamen die Erinnerungen an die letzte Nacht zurück und ein kleines Lächeln huschte über ihre Lippen. Ihr war, als konnte sie Rajs Berührungen und Küsse noch spüren und bekam eine leichte Gänsehaut.

Nun war es also geschehen. Sie hatten Ehebruch begangen und es gab keine Ausflüchte mehr. Sie wünschte, es wäre nicht so weit gekommen, doch gestern Nacht wurden beide von ihren Gefühlen überwältigt und es gab kein Halten mehr. Außer ihnen hatte nichts anderes mehr gezählt. Und jetzt hatten sie den Salat. War das eine einmalige Sache gewesen? Sollten sie Dev und Piya davon erzählen? Es gab so viele wichtige Fragen zu klären. Bevor sich Raj und Simran in der letzten Nacht verabschiedet hatten, machten sie sich aus, sich heute vor einem Hotel ganz in der Nähe zu treffen. Sie wollten alles an einem neutralen Ort, an dem sie nicht gestört werden konnten, bereden und versuchen, eine Lösung für ihr Dilemma zu finden.

Simran schaute auf ihre Nachttischuhr und erschrak, da es schon um Eins war. Aber was wunderte sie sich, schließlich war sie auch sehr spät nach Hause und ins Bett gekommen. Nachdem Raj und sie sich innig geliebt hatten, lagen sie noch lange nebeneinander und genossen ihr Beisammensein. Simran hatte sich noch nie so glücklich gefühlt wie in jenem Moment. Auch wenn sie gewusst hatte, dass dieser nur von kurzer Dauer war.

Den ganzen Tag über fühlte sie sich unruhig und konnte sich auf nichts konzentrieren. Außerdem schien es ihr, als ob die Zeit viel langsamer verging als sonst. Sie versuchte sich mit Fernsehen abzulenken, doch das funktionierte auch nicht. Schließlich hatte sie es doch geschafft, den Tag rumzukriegen und machte sich fertig für das Treffen mit Raj. Nachdem sie sich ausgiebig geduscht und angezogen hatte, machte sich auf den Weg. Dieses mal war sie als Erste da, doch sie musste nicht lange warten bis Raj kam. Sie erkannte ihn schon von Weitem, obwohl es bereits dunkel war. Sie schauten sich an und lächelten verlegen. „Wollen wir?”, fragte er schließlich und machte eine Handbewegung in Richtung Hoteleingang. Simran nickte und sie gingen hinein. Raj buchte ein Zimmer, in das sie dann auch sofort gingen. Der Raum war schlicht, aber elegant eingerichtet. Es gab ein Bett, eine kleine Sitzecke mit Couch, Sessel und Tisch und man hatte einen schönen Ausblick auf die Stadt. Die beiden nahmen auf der Couch Platz. Wieder einmal saßen sie schweigend nebeneinander, da keiner wusste, wo er anfangen sollte. Es gab so viel zu klären und zu bereden, doch eigentlich sehnten sie sich nur nach der Nähe des anderen.....

Raj hielt es schließlich nicht mehr aus und machte den ersten Schritt. Ohne ein Wort zu sagen, hob er Simran in seine Arme und trug sie zum Bett. Er legte sie hin und platzierte sich dann neben sie. Er schloss sie in seine Arme und sog den süßlichen Duft ihrer Haare ein. Simran schloss die Augen und fühlte die Geborgenheit, die Raj ihr gab, doch sie konnte sie nicht genießen, solange es so viele ungeklärte Fragen gab. Also löste sie sich aus seiner Umarmung, stand auf und ging zum Fenster. Sie lehnte ihre Stirn gegen das kühle Glas und berührte es mit den Fingerspitzen. Die Augen hatte sie geschlossen, als sie spürte, wie Raj seine Arme um ihren Bauch schlang. „Wir haben auch das Recht glücklich zu sein...”, hauchte er ihr sanft ins Ohr. „... Aber nicht um den Preis, dass wir andere verletzen...”, meinte Simran daraufhin traurig. Raj drehte sie zu sich herum und drückte sie gegen das Fenster. Ihre Handgelenke hielt er fest und er fixierte ihre traurigen, braunen Augen. Er konnte diesen Blick nicht ertragen und streichelte ihre Wange. Dann küsste er sie sanft. Sie fühlte sich wie elektrisiert und ihr ganzer Körper kribbelte. Was machte er nur mit ihr? Sie konnte ihm einfach nicht widerstehen und schlang ihre Arme um ihn. Ihre Küsse wurden leidenschaftlicher und er presste ihren Körper fest an sich. Er wollte sie mit jeder Faser seines Körpers spüren. Also hob er sie hoch und sie legte ihre Beine um seine Hüften. Erneut trug er sie zum Bett und sie legten sich hin. Langsam entkleideten sie einander und Raj war von Neuem betört von ihrem wunderschönen Körper. Er erforschte ihn mit seinen Händen und verteilte großzügig sanfte Küsse. Simran liebte seine Zärtlichkeiten und verging beinahe vor Verlangen bis sie sich endlich vereinigten und leidenschaftlich liebten.

Sie liebten sich mehrere Male. Sie bekamen nicht genug voneinander und ihre Körper ergänzten sich perfekt. Am Ende lagen sie erschöpft, aber glücklich nebeneinander und Raj hatte seinen Arm um Simrans Schultern gelegt. Ihr Kopf ruhte auf seiner Brust und seine gleichmäßigen Herzschläge beruhigten sie. Sie genossen diesen Moment so sehr, doch Simrans Gedanken holten sie in die Realität zurück. „Es ist falsch, was wir tun... Wie können wir hier liegen und unsere gemeinsame Zeit genießen, wenn wir damit anderen Menschen weh tun?”, sprach sie ihre Gedanken zaghaft aus. Raj seufzte leise und setzte sich auf. „Ich weiß, dass du Recht hast, doch wieso dürfen wir nicht glücklich sein? Das Schicksal...” „Das hat nichts mit Schicksal zu tun. Wir haben diese Entscheidungen getroffen und müssen dafür gerade stehen und die Konsequenzen tragen.”, unterbrach sie ihn traurig. Er nahm sie in den Arm und streichelte über ihr Haar. Er liebte sie so sehr und konnte es nicht ertragen, sie so niedergeschlagen zu sehen. „Wir müssen es ihnen sagen. Wir müssen Piya und Dev die Wahrheit sagen.”, meinte sie leise und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Raj schloss die Augen und wusste, dass sie Recht hatte, doch was würde dann geschehen? Würden sie ihre Ehen fortsetzen oder sich scheiden lassen? Hatten er und Simran eine Chance zusammen glücklich zu werden? Diese Gedanken ließen in ihm die Angst aufsteigen, Simran zu verlieren und aus einem Impuls heraus drückte er sie fester an sich. Er küsste ihre Stirn, ihre Wangen und fand schließlich seinen Weg zu ihren Lippen. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und erwiderte seinen Kuss auf eine leidenschaftliche, aber verzweifelte Weise. Als ob er ihre letzte Rettung vor dem Ertrinken war. Ihre Angst, dies könnte ihr letzter Kuss sein, wuchs immer mehr. Schließlich lösten sie sich langsam wieder voneinander und Raj stand auf, um sich anzuziehen. Simran beobachtete ihn gedankenverloren bis er meinte: „Es tut mir wirklich leid, aber ich muss jetzt los. Piya wartet sicher schon auf mich. Es ist schon ziemlich spät geworden....” Sie senkte ihren Blick und nickte. Nachdem er fertig war, setzte er sich neben sie auf die Bettkante, nahm ihr Gesicht in seine Hände und gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. „Ich werde mit Piya sprechen. Wirst du das gleiche auch mit Dev tun?” „Ja, aber er wird erst in ein paar Tagen zurück sein. Also...” „Kein Problem. Du meldest dich einfach, wenn ihr alles besprochen habt und dann sehen wir weiter, okay?”, meinte er verständnisvoll und gab ihr erneut einen Kuss. Dann stand er auf, lächelte ihr noch einmal zu und verschwand dann. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, schaute Simran noch eine Weile mit einem leeren Blick darauf. Dann hielt sie die Hände vor die Augen und Tränen rannen ihre Wangen hinunter. Ihre Situation schien ihr so ausweglos, dass sie sie einfach nicht mehr zurück halten konnte und ihre Gefühlen freien Lauf ließ. Als ihre Tränen schließlich versiegt waren, stand sie auf und zog sich an. Dann machte sie sich auf den Weg nach Hause in ihre leere Wohnung.
 

In den Tagen bis Devs Rückkehr war Simran sehr unruhig. Sie fühlte sich nervös und zerbrach sich den Kopf darüber, wie Dev wohl auf ihr Geständnis reagieren würde. Doch egal, welches Szenario sie sich in ihrem Kopf durchspielte, vom besten bis zum schlimmsten, wie es dann tatsächlich werden würde, konnte sie nicht abschätzen. Was hatte sie sich auch nur dabei gedacht, mit Raj zu schlafen? Wieso hatten sie nicht warten können bis sie Dev und Piya von ihren Gefühlen füreinander erzählt hatten? Nun hatten sie sie betrogen, nicht mehr nur psychisch, sondern nunmehr auch physisch und es gab daran nichts mehr zu leugnen. Simrans Angst vor Devs Reaktion wuchs mit jedem Moment, in dem die darüber nachdachte.

Um sich abzulenken, rief sie Naina an und wollte sich nach langer Zeit mal wieder mit ihr treffen, doch sie war einfach nicht erreichbar. Also meldete sie sich schließlich bei Karan, der sie herzlich in seine Wohnung einlud. Sie war heilfroh über die Ablenkung, die er ihr bot. Er hatte immer etwas zu erzählen und verstand es wirklich, Leute gut zu unterhalten. Sie hatte etwas Angst, dass das Thema auf Raj fallen könnte, doch das geschah zu ihrem Glück nicht. Sie hätte einfach nicht gewusst, was sie hätte sagen sollen. Alles war so kompliziert und sie fragte sich, was Karan wohl von ihr halten würde, wenn er von ihrer Affäre mit Raj erfahren würde. Sie wollte sicht, dass ihr bester Freund schlecht von ihr dachte, doch sie hätte es ihm nicht verübeln können, da sie ja deswegen selbst schlecht von sich dachte.

Nichtsdestotrotz genoss sie den Tag mit Karan, da sie sich in seiner Gegenwart einfach immer wohl fühlte und er es schaffte, ihrem Herz eine gewisse Leichtigkeit zu verleihen.

Diese Leichtigkeit verflog schnell, als Simran wieder alleine in ihrer Wohnung stand. Am nächsten Tag würde Dev nach Hause kommen. Bei dem Gedanken daran, begann ihr Herz schneller zu schlagen und ihre Hände fingen an zu schwitzen. Schließlich machte sie sich bettfertig und legte sich hin, doch Schlaf fand sie nicht.
 

Als am nächsten späten Nachmittag ein Schlüssel in das Haustürschloss gesteckt wurde, saß Simran gerade auf der Couch und las zur Ablenkung ein Buch. Als sie das Klicken hörte, legte sie es sofort zur Seite und lief zur Tür. Dev trat ein, begrüßte sein Frau mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange und brachte dann seinen Koffer ins Schlafzimmer.

Während Dev sich duschte, bereitete Simran das Essen vor. Ihre Nervosität stieg mit jeder Sekunde. Sollte sie mit ihrem Geständnis einfach so herausplatzen oder auf den richtigen Zeitpunkt warten? In diesem Moment kam Dev in die Küche. Sie gab ihm ein nervöses Lächeln, das er flüchtig erwiderte und dann den Tisch deckte. Während des Essens saßen sie schweigend nebeneinander und Simran traute sich nicht, Dev anzuschauen. Nachdem sie abgeräumt und noch einen Tee serviert hatte, herrschte weiterhin unbehagliche Stille zwischen ihnen und beide starrten gedankenverloren vor sich hin.

„Ich denke, wir müssen reden.”, meinte er schließlich und schaute sie ernst an.

Devs Worte ließen Simrans Herz für einen Moment still stehen. Wieso wollte er mit ihr reden? Hatte er von selbst von der Affäre erfahren? Sie hatte das Gefühl einen großen Klumpen im Hals zu haben und nicht sprechen zu können. Also nickte sie einmal kurz und schaute ihn wie gebannt an. Dev starrte auf seine Tasse, um die er seine Hände gelegt hatte und stieß einen leisen Seufzer aus, dann sagte er: „Simran, es gibt da etwas, das wir klären müssen...“ Sie hielt bei seinen Worten den Atem an und spürte, wie ihr Herz beinahe explodierte. Auf der einen Seite wollte sie unbedingt wissen, was er zu sagen hatte, doch auf der anderen Seite würde sie es am liebsten niemals hören... „Ich muss dir etwas gestehen... Und ich kann es einfach nicht mehr länger herausschieben.“ Sie schaute ihn an und war sich nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte. Er wollte ihr etwas gestehen? Sie starrte ihn gespannt an und hing regelrecht an seinen Lippen. „Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll und es fällt mir wirklich schwer.“ Er hob seinen Blick von der Tasse und schaute ihr in die Augen. „Ich habe mich verliebt, Simran.“ Ihre Augen weiteten sich. Wie meinte er das? Hatte er sich in sie verliebt oder in jemand anderes? „... In Naina. Und die letzten beiden Tage war ich nicht mehr auf Geschäftsreise, sondern habe sie mit ihr verbracht...“ Sie schaute ihn fassungslos an und konnte nicht begreifen, was sie gerade gehört hatte. Er registrierte ihren Gesichtsausdruck und fuhr fort: „Aber ich habe dich nicht betrogen, zumindest nicht körperlich. Ich kann das einfach nicht tun und dich anlügen. Allein dass ich die letzten Tage heimlich mit Naina verbracht habe, brachte mich beinahe um. Aber das soll keine Entschuldigung sein. Ich weiß, dass mein Verhalten nicht zu entschuldigen ist, aber was soll man gegen die Liebe tun.....?“ Er sah sie flehend an und bemerkte, dass Tränen ihre Wangen herunter liefen. Seine Stimme versagte fast, also nahm er sie in den Arm und brachte heiser heraus: „Es tut mir so leid. Ich wollte dich nicht verletzen, aber die Wahrheit...“ Simran schniefte und löste sich aus seiner Umarmung. „Du hast Recht. Und du bist so ein viel besserer Mensch als ich.“, schluchzte sie und schaute ihm in die Augen. „Auch ich habe mich in jemand anderes verliebt... Aber ich war nicht so stark wie du...“ Tränen bahnten sich unaufhörlich ihren Weg über ihr Gesicht. „Ich habe dich betrogen, Dev. Ich wollte es dir sagen bevor es passierte, doch ich hatte Angst und war zu feige.“ Es herrschte Stille zwischen ihnen. Sie schauten sich in die Augen, doch die Gedanken des anderen blieben ihnen verborgen. „Simran, hör bitte auf zu weinen.“, sagte Dev sanft und legte seinen hand auf ihre. „Wie könnte ich dir böse sein, wo ich doch beinahe dasselbe getan hätte? Wir haben uns gegenseitig verletzt, obwohl wir es nicht wollten. Vielleicht war das vom Schicksal vorprogrammiert. Wie kann auch eine Ehe ohne Liebe funktionieren...?“ Er nahm ihre Hand fester und wischte mit der anderen Tränen von ihren Wangen. „Und was sollen wir jetzt tun?“, fragte Simran mit erstickter Stimme. „Ich will nicht zwischen deiner und Nainas Liebe stehen. Ich freue mich wirklich für euch.“ „Wir haben nur zwei Möglichkeiten und... Du musst mir nicht erzählen, wer dein Auserwählter ist, doch wenn du glaubst, dass ihr eine gemeinsame Zukunft habt, dann will ich ebenfalls nicht zwischen euch stehen. Also denke ich, dass wir...“ „... die Scheidung einreichen.“, beendete sie seinen Satz. Er nickte und damit war es beschlossene Sache. Ihre Ehe war hiermit beendet.

„Aber Simran, bitte versteh das alles nicht falsch. Ich liebe dich wirklich sehr... Aber auf eine andere Weise als Naina. Und ich wünsche mir mehr als alles andere, dass wir Freunde bleiben, wie wir es schon unser gesamtes Leben lang waren. Ich will dich nicht verlieren.…“ Simran lächelte und umarmte Dev. „Das wünsche ich mir auch. Wie könnte ich denn ohne dich und deine blöden Scherze leben?“, neckte sie ihn. „Blöd?! Die sind einfach nur zu hoch für dich!“, antwortete er mit gespielter Empörung und umarmte sie ebenfalls. „Ich bin so froh, dass ich dich habe.“, wisperte er leise.
 

Simran und Dev saßen noch lange zusammen und redeten über alles. Dev sprach ihr die Wohnung zu und sie beschlossen, dass ihre Scheidung so schnell wie möglich von Statten gehen sollte. So würden sie sich viel Kummer und Ärger ersparen. Nach wie vor waren sie schließlich Freunde und das würde sich auch nie ändern.

Am nächsten Tag, nachdem Dev auf Arbeit gegangen war, fasste sich Simran schließlich ein Herz und rief Raj an, doch es nahm niemand ab. Weder zu Hause, noch am Handy oder im Büro. Sie probierte es mehrere Male, doch er war einfach nicht erreichbar. Langsam machte sie sich Sorgen... `Piya wird ihn doch wohl nicht umgebracht haben?!´, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf, doch dann musste sie wegen dieses dummen Gedankens lachen. Sie fragte sich, wie das Gespräch zwischen Raj und Piya wohl verlaufen war, doch sie konnte es sich absolut nicht vorstellen. Dazu kannte sie Piya nicht gut genug. Schließlich beschloss Simran, am nächsten Tag nochmal zu versuchen, Raj zu erreichen. Irgendwann musste er ja schließlich ans Telefon gehen. Sie überlegte auch, ob sie nicht einfach zu seiner Wohnung gehen sollte, doch das traute sie sich nicht...

Zu Simrans Erstaunen war Raj auch in den folgenden Tage nicht erreichbar. Sie probierte es sehr oft und sprach ihm Nachrichten auf die Mailbox, doch es kam keine Antwort von ihm. Sie konnte sich einfach nicht erklären, wieso sie ihn nicht erreichen konnte. Ihm war doch nicht wirklich etwas zugestoßen? Diesen Gedanken schüttelte sie sofort wieder ab und wollte gar nicht daran denken.

In der Zwischenzeit regelte sie mit Dev alle Formalitäten wegen der Scheidung und seinem Umzug. Naina kam zum Umzugskartonpacken vorbei und wusste nicht, wie sie Simran gegenüber treten sollte. Sie traute sich nicht, ihr in die Augen zu schauen, doch Simran umarmte sie und meinte: „Mach dir keine Sorgen. Es ist nicht deine Schuld. Unsere Ehe stand nie unter einem sehr guten Stern. Ich freue mich wirklich für euch und hoffe, dass du ihn glücklich machst. Mehr als ich es konnte.“ Naina lächelte erleichtert und versprach es ihr. Dann packten sie ordentlich mit an und an einem Nachmittag waren Devs Sachen zusammen gepackt und bereit dazu in Nainas Wohnung gebracht zu werden. Die drei verabschiedeten sich voneinander und wünschten sich noch einen schönen Tag.

Nachdem Simran die Tür geschlossen hatte, ließ sie sich erschöpft auf die Couch fallen und schloss die Augen. Sie hätte sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen können, dass die Trennung mit Dev so komplikationslos ablaufen würde. Es gab nicht das kleinste Problem zwischen ihnen und sie hatte das Gefühl, die Freundschaft zu ihm sei durch alles noch stärker geworden. Das Einzige, worum sie sich Sorgen machte, war Raj. Wieso war er die ganze Zeit über nicht erreichbar? Ihre Gedanken wurden jäh durch ein Klopfen an der Haustür unterbrochen. Sie stieß einen Seufzer aus und ging zur Tür. Als sie öffnete, starrte ihr Karan entgegen, der sich sofort an ihr vorbei in die Wohnung drängte. Er fasste sie ans Handgelenk und zog sie mit sich ins Wohnzimmer auf die Couch. „Wieso hast du mir nichts erzählt?“, platzte er schließlich heraus. „Oh Gott, Karan, es tut mir wirklich leid!“, meinte sie ehrlich und fügte hinzu: „Ich wollte es dir schon so lange erzählen, aber ich... Ich hatte einfach nicht den Mut dazu. Und in den letzten tagen ging alles drunter und drüber. Da habe ich nicht dran gedacht.“ Sie schaute ihn besorgt an und fragte zögerlich: „ Und was denkst du jetzt von mir? Ich...“ „Was soll ich denn von dir denken?!“, unterbrach er sie. „Du bist meine beste Freundin und einer der wichtigsten Mensch in einem Leben und das nicht ohne Grund. Ich bin mir sicher, du weißt, warum du es getan hast. Ich werde dich nicht verurteilen. Vor allem nicht, da ich weiß, dass du dich immer nach Liebe gesehnt hast, die dir Dev leider nicht geben konnte und die du aber anscheinend bei Raj gefunden hast....“, sagte er sanft und umarmte sie. Nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten, sagte Simran zaghaft: „Raj.... Du weißt nicht zufällig, wo er ist? Ich versuche seit Tagen, ihn zu erreichen....“ Karan sah sie mit einem merkwürdigen Blick an und sie ahnte Schlimmes.

„Hast du es noch nicht gehört?“, fragte Karan verwirrt. Simran schüttelte mit einem Gefühlgemisch aus Verzweiflung, Angst und Spannung den Kopf. „Er ist mit Piya weggefahren und keiner weiß, wohin. Er hat mir nur eine kurze Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen.“ Er schaute sie fragend an und fuhr schließlich fort: „Ich hätte eigentlich gedacht, dass er dir Bescheid gesagt hätte. Wo ihr beide doch...“ Er sprach den Satz nicht zu Ende. Sie starrte ihn einfach nur an und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Raj war mit Piya weggefahren? Wozu? Und warum hatte er ihr nicht Bescheid gesagt? Sie fragte sich, ob er ihr überhaupt von ihrer Affäre erzählt hatte, denn wenn er es getan hätte, wären sie sicher nicht zusammen verreist. Das ergab alles keinen Sinn. „Karan, ich verstehe das nicht... Wieso...“ Er legte einen Arm um sie und tätschelte ihr Schulter. „Mach dir keine Sorgen. Er wird bestimmt seine Gründe haben. Da bin ich mir sicher. Es bringt nichts, wenn du dich jetzt verrückt machst...“ Sie nickte und atmete tief durch. „Du hast Recht.“ Daraufhin stand sie auf und ging in die Küche, um Tee zu machen.
 

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Raj und Piya saßen schweigend nebeneinander auf der Couch in Goa im Ferienhaus von Piyas Vater. Raj hatte ihr alles von Simran, seinen Gefühlen für sie und ihrem Verhältnis erzählt, doch seitdem hatte Piya kein Wort mehr mit ihm gesprochen. Also hatte er beschlossen, dass sie alles in Ruhe in einer neutralen Umgebung klären mussten. Doch egal, wie oft er ein Gespräch mit ihr beginnen wollte, sie ignorierte ihn. Langsam verzweifelte er. Was wollte sie mit ihrem Verhalten bezwecken? Sie konnte schließlich nicht ewig so weiter machen. Irgendwann musste sie mit ihm reden und alles klären. Mittlerweile waren zwei Tage vergangen, in denen sie in Goa waren und Raj bekam ein schlechtes Gewissen gegenüber Simran. Er hatte ihr nicht Bescheid gesagt und sie hatte sicher versucht, ihn zu erreichen und nun bestimmt durch jemand anderes erfahren, dass er mit Piya verreist war. Er hoffte inständig, dass sie das nicht in den falschen Hals bekommen und ihm vertrauen würde. Etwas anderes blieb ihm im Moment nicht übrig, denn er konnte sich einfach nicht bei ihr melden, solange er sie nicht vor vollendete Tatsachen stellen konnte, egal, wie diese nun aussehen würden.

„Wie lange ging das schon mit euch?“, unterbrach Piya seine Gedanken. Er starrte sie entgeistert an und konnte nicht glauben, dass sie gerade mit ihm gesprochen hatte. Sie schaute ihm direkt in die Augen und erwartete eine Antwort. „Ähm.... Piya, was soll ich sagen, wir... Es ist nicht so, dass wir es geplant hätten. Es ist einfach passiert und wir...“ „Liebst du sie?“ Er starrte sie an, unschlüssig, ob er die Wahrheit sagen sollte. Dann senkte er seinen Blick und sagte: „Ja, ich liebe sie.“ Piya nickte und starrte geradeaus. Es war nicht auszumachen, was sie gerade dachte. Raj wusste nicht, was er tun sollte. Sollte er ihr alles erklären oder würde sie das verschrecken? Er fragte sich, ob sie vielleicht unter Schock stand und sich deswegen so komisch verhielt. Er wurde erneut aus seinen Gedanken gerissen, als sie aufstand und zum Fenster ging. Sie schwieg, doch sein Blick haftete voller Spannung auf ihr. „Wieso hast du mir nie gesagt, dass du unglücklich bist?“, fragte sie schließlich. „Ich... Ich habe doch versucht, aber wann hattest du denn schon mal für etwas anderes Zeit als deine Arbeit?“, fragte er ungläubig und versuchte den vorwurfsvollen Ton in seiner Stimme zu unterdrücken. Es trat kurz Stille ein. „Vielleicht hast du Recht, aber so bin ich nunmal. So hast du mich geheiratet.“ „Diese Hochzeit war nicht meine Idee.“, meinte er und bereute es sofort wieder. Er war es, der sie betrogen hatte und sie hatte alles Recht der Welt auf ihn wütend zu sein, doch er sah es nicht ein, die Alleinschuld für das Scheitern ihrer Ehe zu tragen, schließlich hatte sich in ihre Arbeit vergraben und nichts in die Ehe investiert außer ihr verdientes Geld, was nicht ausreicht, um eine erfolgreiche Beziehung zu führen. Wieder trat Stille ein. Schließlich drehte sie sich um und kam auf ihn zu. Sie kniete sich vor ihn hin und nahm seine Hände in ihre. „Es stimmt, ich habe Fehler gemacht, aber ich kann mich ändern.“ Raj schaute sie fragend an. „Ich verzeihe dir, Raj. Bitte gib mir noch eine Chance. Ich weiß, dass wir es schaffen können.“ Er schaute sie an und wusste nicht, was er sagen sollte. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. „Aber Piya, ich....“, begann er, doch sie unterbrach ihn: „Einer Scheidung werde ich jedenfalls nicht zustimmen.“
 

Raj konnte nicht glauben, was Piya da gerade gesagt hatte. Er hatte ihr gerade gestanden, dass er eine andere liebte und trotzdem wollte sie einer Scheidung nicht zustimmen? Was ging bloß in ihr vor, dass sie mutwillig mit jemandem leben wollte, der sie nicht liebte? Sein Blick schien seine Gedanken zu verraten, denn Piya meinte: „Ich weiß, dass du meine Entscheidung nicht verstehst, aber ich will wirklich an dieser Ehe arbeiten und bin mir sicher, dass es funktionieren kann, wenn wir uns beide Mühe geben.“ „Aber ich...“, fing er wieder an, doch sie unterbrach ihn erneut: „Willst du es denn nicht wenigstens versuchen? Seit fünf Jahren sind wir verheiratet und ich bin nicht bereit, diese Zeit einfach aufzugeben und wegzuwerfen. Ich weiß, dass wir nicht die beste Zeit miteinander hatten, doch das kann sich alles ändern. Nun weiß ich schließlich, wie unglücklich du bisher warst und ich kann es ändern, denn ich wünsche es mir wirklich....“ Sie war den Tränen nahe, doch Raj konnte ihr nicht in die Augen sehen. Was sollte er denn nun tun? Sollte er wirklich seine Liebe zu Simran aufgeben und an seiner Ehe arbeiten? War er dazu im Stande? Aber er hatte eigentlich keine andere Wahl, denn er wusste, wenn Piya sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, zog sie es durch, egal, was da kommen mochte. Ohne ihr Einverständnis zur Scheidung war er ohnehin machtlos.

Wenn er daran dachte, Simran gehen lassen zu müssen, brach ihm das Herz, doch fast genauso sehr schmerzte es ihn, Piya so verzweifelt zu sehen. Er wollte nicht der Grund für ihre Trauer sein. Doch konnte er es auf der anderen Seite verantworten, Simran das Herz zu brechen? Ihr erst die großen Liebe zu schwören und sie nun wieder fallen zu lassen? Er war am Verzweifeln und legte sein Gesicht in seine Hände. Was konnte er denn jetzt nur tun?

Piya saß vor ihm und beobachtete ihn. Sie sah, wie verzweifelt er war und wie er versuchte, eine Lösung zu finden, doch darauf konnte und wollte sie keine Rücksicht nehmen. Er war schließlich ihr Mann und sie hatte ein Anrecht darauf, dass ihre Ehe funktionierte. Sie war sich sicher, dass er Simran mit der Zeit vergessen würde....

Raj hob seinen Kopf und schaute Piya in die Augen. Sein Blick war voller Verzweiflung und seine Gesichtszüge wirkten angespannt. Langsam öffnete er seinen Mund und sagte: „Wir werden an unserer Ehe arbeiten.“

Es zeriss Raj beinahe das Herz diese Worte auszusprechen, doch er hatte Piya vor dem Gesetz ein Versprechen gegeben, dass er einhalten musste, wenn sie es von ihm verlangte. Er wusste nicht, wie er ohne Simran leben sollte, doch er hatte keine andere Wahl und hoffte, dass mit der Zeit der Schmerz ein wenig nachlassen würde, auch wenn er wusste, dass er nie ganz verschwinden würde.

Piyas Gesicht erhellte sich und Freudentränen stiegen ihr in die Augen. „Wir haben in der Vergangenheit beide Fehler gemacht, aber lass uns den heutigen Tag als einen Neuanfang sehen. Ich weiß, dass wir unsere Ehe retten können und ich danke dir, dass du uns noch eine zweite Chance gibst.“ Mit diesen Worten fiel sie ihm um den Hals. Raj erwiderte diese Umarmung allerdings nicht. Zu tief saß die Wut und die Trauer, dass er seine Liebe aufgeben musste. Als sie sich schließlich wieder von ihm löste, konnte sie seine Gefühle an seinem Gesicht ablesen und senkte den Blick.

„Ich muss mit Simran reden.“, meinte Raj plötzlich. „Wenn wir zurück sind, muss ich alles mit ihr klären.“ Piya passte das nicht und meinte etwas gereizt: „Also gut, aber ich möchte dabei sein. Ihr beide habt schließlich....“ „Nein.“, schnitt Raj ihr auf der Stelle das Wort ab. „Ich muss das alleine mit ihr bereden.“ Sein Tonfall signalisierte ihr, dass er keine Widerworte duldete und sie schwieg schließlich, auch, wenn es in ihr brodelte. Sie war eifersüchtig und es wäre ihr lieber gewesen, wenn er den Kontakt mit Simran ohne ein weiteres Wort zu ihr abgebrochen hätte, doch sie konnte nichts tun und beruhigte sich damit, dass sie schließlich gewonnen hatte und Raj bei ihr bleiben würde.

Piya versuchte noch ein Gespräch mit Raj aufzubauen, doch er winkte ab und gab ihr zu verstehen, dass er heute nicht mehr reden wollte. Kurz darauf stand er auf und ging ins Schlafzimmer. Er wollte nichts mehr sehen und nichts mehr hören. Er hatte gerade eine der wichtigsten Entscheidungen in seinem Leben getroffen und er wusste nicht, ob es die richtige gewesen war. Wie sollte er Simran beibringen, dass er sich für Piya entschieden hatte? Es würde ihm das Herz brechen, wenn er sie zum Weinen bringen würde. In diesem Moment fiel ihm ein, dass er ja gar nicht wusste, wie Simrans Gespräch mit Dev verlaufen war. Ob sie die gleichen Probleme hatte wie er? Er konnte sich einfach nicht vorstellen, wie Dev wohl reagiert hat.

Schließlich ging Raj ins Bad und nahm eine ausgiebige heiße Dusche. Das Wasser ließ seinen Körper etwas entspannen, doch seine Gedanken waren nach wie vor aufgewühlt und es war ihm nicht möglich, sie zu ordnen. Er beschloss, dass sie am nächsten Tag zurück nach Mumbai fahren würden. Mit Piya war nun schließlich alles geklärt, auch, wenn er es sich anders gewünscht hätte. Nun musste er mit Simran eine Lösung finden. Am liebsten hätte er sie sich geschnappt und wäre mit ihr geflohen, doch sein Pflichtbewusstsein gegenüber seiner Ehe hielt ihn von der Umsetzung dieses Plans ab.

Raj lag noch wach als Piya ins Zimmer kam, doch er hatte keine Lust mit ihr zu sprechen, also tat er so, als ob er schlafen würde.
 

Nachdem sie am nächsten Morgen gefrühstückt hatten, packten sie ihre Sachen und fuhren nach Mumbai zurück. In ihrer Wohnung angekommen, sah Raj, dass er etliche Nachrichten und unbeantwortete Anrufe von Simran auf dem Anrufbeantworter und seinem Handy hatte. Er hatte beißende Schuldgefühle ihr gegenüber und rief sie sofort an, nachdem er ausgepackt hatte. Ein wohliges Gefühl durchströmte ihn, als er ihre Stimme hörte, doch die Realität holte ihn sofort wieder auf den Boden zurück und er meinte: „Simran, ich... Können wir reden?“
 

Simran und Raj saßen sich schweigend in Simrans Wohnung gegenüber. Sie schauten einander in die Augen und waren unfähig, das in Worte zu fassen, was sie gerade dachten. Simrans Herz schlug wie wild und sie hatte in dem Moment, als Raj sie vorhin angerufen und sie seine Stimme gehört hatte, gewusst, dass etwas gewaltig schief gelaufen war. Sie wollte es hören und wollte es doch nicht. Ihre Angst war nicht in Worte zu fassen.

Raj musste ihr die Wahrheit sagen, doch er konnte es nicht. Er schaffte es nicht, es über sich zu bringen und dann Simrans Reaktion sehen zu müssen. Als er ihre Wohnung betreten hatte, war ihm sofort aufgefallen, dass einige Möbel fehlten und hatte darauf geschlossen, dass die Trennung von Dev bereits von Statten gegangen war. Diese Erkenntnis machte es ihm nun noch schwerer zu sprechen. Ein Kloß schien ihm im Hals zu stecken, der es ihm unmöglich machte zu reden.

So saßen sie sich also gegenüber bis Simran schließlich ihren ganzen Mut zusammen nahm und mit fast versagender Stimme meinte: „Dev hat der Scheidung zugestimmt.... Er hat sich selbst ebenfalls in jemand anderes verliebt. Also...“ Diese Worte trafen Raj wie ein Schlag ins Gesicht. Sie hatte ihre Ehe aufgegeben und nun würde er sie ebenfalls enttäuschen. Er war verzweifelt, doch als er ihren Blick sah, wusste er, dass er es nicht länger herauszögern konnte. Er musste ihr die Wahrheit sagen. Simran hatte ein Recht darauf, egal, wie bitter diese Wahrheit auch war.

„Simran, ich....“, begann er, doch er hatte das Gefühl, niemals die richtigen Worte für das finden zu können, was er nun sagen musste. „Ich habe mit Piya geredet.... Doch sie will unsere Ehe nicht beenden, sondern daran arbeiten.“ Er beobachtete Simran ganz genau, doch ihr Gesicht zeigte keine Regung, also sprach er weiter: „Ich habe lange darüber nachgedacht und.....“ „... wirst bei ihr bleiben.“, beendete sie seinen Satz. Er nickte nur langsam und senkte seinen Blick. Es war ihm nicht möglich, sie anzusehen, zu sehr quälten ihn seine Gedanken. Eine Weile herrschte Stille. Als Raj Simran wieder anschaute, sah er, dass ihr Gesicht tränenüberströmt war. Sofort stand er auf und kniete sich vor sie. Langsam nahm er ihre Hände in seine und drückte sie. „Simran, bitte versteh das nicht falsch. Ich liebe dich und nur dich.“ Er machte eine Pause. „Aber ich habe Piya ein Versprechen gegeben und wenn sie es einfordert, muss ich es halten. Ich kann einfach nicht...“ Simran legte ihre Hand auf seinen Mund. „Du musst dich nicht rechtfertigen. Ich verstehe deine Entscheidung....“, sagte sie leise mit tränenerstickter Stimme. „Simran.....“ Raj setzte sich neben sie auf die Couch und schloss sie fest in seine Arme. Am liebsten würde er sie nie wieder loslassen. Er spürte ihre Wärme und atmete ihren Duft ein. Wohlwissend, dass dies das letzte Mal sein würde. Er wollte diesen Moment so lange es ging festhalten, denn er musste den Rest seines Lebens von ihm zehren. Simran lehnte ihren Kopf gegen seine Brust und schluchzte hemmungslos. Sie hatte keine Kraft mehr, um ihre Tränen zurückzuhalten. Wie eine Ertrinkende schlang sie ihre Arme um ihn und hielt sich an ihm fest. Auch Raj konnte sich nicht länger beherrschen und Tränen flossen seine Wangen herunter. Er drückte Simran fester an sich und streichelte über ihr Haar, ihren Rücken. Sie saßen lange so da und wussten weder ein noch aus.

Schließlich versiegten Simrans Tränen und sie löste sich als erste aus dieser verzweifelten Umarmung. Sie schaute Raj an und sagte leise: „Ich liebe dich und ich hoffe, dass du das nie vergisst.“ Ein letztes Mal berührten sich ihre Lippen und verschmolzen zu einem langen und leidenschaftlichen Kuss. „Es ist besser, wenn du jetzt gehst. Piya wird sicher schon auf dich warten....“ Diese Worte trafen ihn schwer und nun wollte er erst recht nicht mehr gehen, doch er hatte keine andere Wahl und stand auf. Simran brachte ihn noch zur Tür und schenkte ihm ein Lächeln, bei dem ihm sein Herz brach. Dann schloss sie die Tür und ließ ihn allein auf dem leeren Flur stehen.

Nachdem Simran die Tür hinter sich geschlossen hatte, ging sie zur Couch zurück und setzte sich. Wie hypnotisiert starrte sie vor sich hin und versuchte zu realisieren, was gerade geschehen war. Ihr Traum von der großen Liebe und einem glücklichen Leben war so eben geplatzt und alles, was sie sich erträumt hatte nichtig geworden. Doch sie war nicht wütend, weder auf Raj noch auf Piya. Wahrscheinlich hätte sie in deren Situation genauso reagiert, versuchte sie sich einzureden. Rajs und ihre Beziehung stand nie unter einem guten Stern und nun war sie beendet.

„Es ist vorbei.“

Diese Worte sprach sie leise vor sich hin, um es endgültig zu machen und somit einen Schlussstrich zu ziehen.

Nach einer Weile stand sie auf und aß eine Kleinigkeit, dann duschte sie und legte sich ins Bett. Sie musste unwillkürlich an Raj und seine liebevollen Berührungen und sanften Küsse denken. Eine Gänsehaut bedeckte ihren ganzen Körper und sie schlang ihre Arme um sich selbst. Tränen traten in ihre Augen und bahnten sich den Weg über ihre Wangen. Sie konnte nicht anders. Ihr Schmerz saß so tief, dass sie sich nicht länger selbst belügen konnte. Sie würde ihn so sehr vermissen und an ein Leben ohne ihn mochte sie im Moment schon gar nicht denken.
 

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Als Raj die Haustür aufschloss, wartet Piya bereits auf ihn. Sie schaute ihn mit einem erwartungsvollen Blick an, doch Raj ging ohne ein Wort an ihr vorbei. Er konnte im Moment einfach nicht mit ihr reden. Seine Trauer um Simrans Liebe und seine Wut auf alles und jeden waren im Augenblick zu groß und er wollte Piya nicht anschreien. So ging er schnurstracks ins Schlafzimmer und legte sich ins Bett. Alle Gedanken, die mit Simran zu tun hatten, verschob er in die hinterste Ecke seines Gehirns und er hoffte, dass sie dort bleiben würden, denn es war einfach alles zu schmerzhaft für ihn.
 

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In den nächsten Tagen wollte Simran niemanden sehen oder hören. Ans Telefon und an die Tür ging sie nicht, wenn es klingelte. Sie brauchte diese Zeit für sich alleine, um sich über ihre neue Situation klar zu werden und ihr Leben neu zu ordnen. Da sie nun auf sich allein gestellt sein würde, konnte sie ihr Leben so gestalten, wie sie wollte und sie beschloss, endlich zu studieren. Diesen Wunsch hatte sie schon lange. Dann musste sie sich einen Nebenjob suchen, schließlich würde sich die Wohnung nicht von selbst bezahlen, auch, wenn Dev ihr Versprochen hatte, ihr finanziell unter die Arme zu greifen, wollte nicht von ihm abhängig sein.

Nach gut einer Woche war sie wieder bereit, mit jemandem zu sprechen. Sie war mit sich selbst im Reinen und wollte ihren Freunden von ihren Entscheidungen berichten. Also lud sie Karan, Dev und Naina zu sich ein und erzählte ihnen alles. Die drei wussten nicht, wie sie reagieren sollten und vor allem Dev hatte Schuldgefühle. Das Thema Raj wurde gemieden, nachdem Simran ihnen erzählt hatte, wie ihr Gespräch verlaufen war und er sich entschieden hatte.

Nachdem sie sich verabschiedet und Simrans Wohnung verlassen hatten, berieten sie sich noch, was sie nun tun sollten, da sie sich sicher waren, dass Simrans gute Laune und Selbstsicherheit nur Fassade waren, um ihren Schmerz zu verbergen. Sie wollten ihr helfen, ihren Kummer über Rajs verlorene Liebe zu lindern, nur wie sie das anstellen sollten, wussten sie noch nicht so genau.

Simran schrieb sich an einer Universität ein und bekam auch einen Studienplatz. Sie war aufgeregt und fieberte ihrem ersten Tag entgegen. Sie hoffte, viele neue Leute kennenzulernen und somit ihren Schmerz, der sie vor allen in den Nächten plagte, zu vergessen. Es waren mittlerweile mehrere Wochen vergangen, aber die Gedanken an Raj taten noch genauso weh, wie am ersten Tag, doch sie konnte ihnen einfach nicht entkommen. Egal, was sie tat, alles erinnerte sie an ihn. Karan, Dev und Naina versuchten sie aufzuheitern und abzulenken, doch sobald sie wieder alleine war, kamen die Erinnerungen an ihre Zeit mit Raj wieder hoch und quälten sie.

So hoffte Simran also auf Ablenkung durch ihr Studium
 

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Es war kein Tag vergangen, an dem Raj nicht an Simran gedacht hatte. Er vermisste sie viel mehr, als er es sich hätte vorstellen können, doch er versuchte, seine Gefühle vor Piya zu verstecken, denn er hatte sich schließlich für sie entschieden. Sie hatte sie zur Eheberatung angemeldet und er ging auch brav jede Woche mit, doch hatte er das Gefühl, dass das alles zu nichts führte. Er wusste, dass es an ihm lag. Solange er noch Gefühle für Simran hatte, war kein Platz für Piya in seinem Herzen. Nur war er unsicher, ob er seine Liebe wirklich vergessen wollte. Seine ganze Situation machte ihm stark zu schaffen und er vergrub sich in seine Arbeit, um sich abzulenken.

Piya bemerkte, wie es in Raj brodelte und versuchte Verständnis aufzubringen. Sie war sicher, dass sein Herz irgendwann wieder erweichen würde und dass ihre Ehe glücklich werden konnte. Alles, was sie brauchten, war nur ein bisschen Zeit.
 

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Simran hatte an ihrem ersten Tag verschlafen und kam zu spät zu ihrer Vorlesung. Als sie die Tür zum Hörsaal aufriss und eilig hinein stürmte, drehten sich alle nach ihr um. Es war ihr unglaublich peinlich und sie wurde auf der Stelle puterrot. Sie entschuldigte sich kleinlaut, nahm schnell auf der erstbesten Bank platz und legte ihre Sachen auf den Tisch.

„Das war ein Auftritt, den sich der werte Herr Professor sicher merken wird.“, flüsterte ihr eine amüsierte männliche Stimme zu. Simran drehte sich erschrocken zur Seite und schaute in das spitzbübische Gesicht eines junges Mannes. „Mein Name ist übrigens Prem. Und du bist...?“ Er hielt ihr die Hand hin, die sie erleichtert ergriff und meinte: „Ich bin Simran. Freut mich.“ Sie lächelte ihn an und sagte dann etwas bedrückt. „Einen schlechteren Start hätte ich ja gar nicht haben können. So ein Mist...“ Prem grinste: „Aber jetzt kennen wenigstens alle dein Gesicht, das, verzeih mir, wenn ich aufdringlich bin, wunderschön ist.“ Ihre Augen weiteten sich und sie wurde rot. Sie konnte nicht glauben, dass er gerade mit ihr flirtete. Oder bildete sie sich das nur ein? Sie versuchte, ihre Fassung zurückzugewinnen und flüsterte schließlich augenzwinkernd: „Wir sollten langsam mal zu hören, was der gute Professor da vorne erzählt. Der eine schlechte Eindruck, den er von mir hat, reicht für heute. Ich will nicht, dass er auch noch denkt, ich wäre eine Schnattertasche.“
 

Die Zeit flog nur so dahin und das Studium erfüllte Simrans Erwartungen. Es machte ihr Spaß und sie hatte viele neue Menschen kennengelernt. Am besten verstand sie sich jedoch mit Prem. Sie hatten sich schnell angefreundet und mittlerweile das Ritual nach jeder Vorlesung einen Kaffee zusammen trinken zu gehen. Es tat Simrans gut, mit Prem ungezwungen reden zu können, da er nichts von ihrer Vergangenheit wusste. Natürlich hatte sie auch noch Kran, Dev und Naina, doch wenn sie mit ihnen zusammen war, hatte sie immer das Gefühl, dass sie sie noch immer bemitleideten. Sie konnte ihre Blicke nicht mehr ertragen, die von Mitgefühl nur so strotzten. Sie liebte die drei, doch manchmal wollte sie etwas Abstand und ungezwungene Gespräche führen. Und das konnte sie mit Prem wunderbar. Er war zwei Jahre jünger als sie, doch er brachte sie zum Lachen und war ein wahrer Charmebolzen. Sie fühlte sich wohl in seiner Nähe und vergaß für diese Zeit ihren Kummer. Doch sie bemerkte auch, wie Prem sie anschaute. Seine Augen verrieten, dass er sich durchaus mehr als Freundschaft mit ihr vorstellen konnte, doch dazu war sie nicht bereit.

Sie liebte Raj immer noch wie wahnsinnig und wünschte sich zurück in seine Arme, vor allem wenn sie am Abend allein in ihrem Bett lag. Es waren mittlerweile mehrere Monate vergangen, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, doch ihr war, als ob sie seine Berührungen noch spüren konnte. Ihren Schmerz über die Trennung hatte sie noch lange nicht verarbeitet und langsam bezweifelte sie, dass das jemals geschehen würde, denn sie war sich sicher, dass er der Eine für sie war und sie wollte keinen anderen. Manchmal fragte sie sich, ob er wohl noch ab und zu an sie dachte oder ob er nun eine glückliche Ehe mit Piya führte, in der kein Platz mehr für Gedanken an sie waren. Antworten fand sie darauf natürlich nicht, aber die wollte sie eigentlich auch nicht, denn was hätten sie ihr gebracht? An ihrer Situation und ihrem Kummer hätte es nichts geändert.

Immer und immer wieder dachte Simran über all das nach und konnte sich einfach nicht von all ihren Erinnerungen an Raj lösen. Sie wusste, dass sie nach vorne schauen und dem Leben eine Chance geben musste, doch es fiel ihr wirklich schwer.
 

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Mit der Zeit schaffte es Raj, sich Piya etwas zu öffnen und ihrer ehe wieder eine Chance zu geben. Es war alles andere als leicht für ihn, doch er riss sich zusammen und versuchte es, auch wenn er meist mit den Gedanken woanders war. Er fragte sich, wie es seiner geliebten Simran wohl ging und ob bei ihr alles in Ordnung war. Am liebsten hätte er sich bei ihr oder wenigstens Karan danach erkundigt, doch was hätte es geändert? Er musste einfach versuchen, sein Leben ohne sie zu führen und sie Stück für Stück zu vergessen. Nur war er sich sicher, dass ihm das niemals gelingen würde. Seine Liebe und seine Sehnsucht nach ihr, ihrem wunderschönen Körper, ihrer Stimme, ihrem Lächeln und ihren Berührungen war einfach zu groß, um sie einfach aus dem Gedächtnis löschen zu können.

Nachdem Simran und Prem mal wieder eine unglaublich spannende Vorlesung überlebt hatten, beschlossen sie, ihren gewöhnlichen Kaffee ausfallen zu lassen und stattdessen ein wenig im Park spazieren zu gehen, da das Wetter so wundervoll war. Sie unterhielten sich über alle möglichen Dinge und verstanden sich wie immer prächtig. Als sie an einer freien Bank vorbei kamen, setzten sie sich und genossen die Sonne und die Aussicht auf den Park mit dem grünen Rasen und den vereinzelten Bäumen.

Jedoch fiel Simran plötzlich auf, dass das die gleiche Bank war, an der sie sich damals mit Raj getroffen und er ihr den Blumenstrauß geschenkt hatte. Erinnerungen überfluteten sie und sie wurde plötzlich schweigsam. Prem schaute sie an und wunderte sich über den traurigen Gesichtsausdruck, den sie auf einmal hatte. Er hätte gern seinen Arm um sie gelegt und sie getröstet, doch er wusste nicht, wie sie darauf reagieren würde und ließ es bleiben. Er hatte in der Zeit, in der sie sich kennen, bemerkt, dass sie, wenn es um körperliche Nähe ging, abweisend war. Jedoch wusste er nicht, ob es nun an ihm lag oder ob sie allgemein so reagierte. Das Einzige, was er wusste, war, dass seine Gefühle für sie immer stärker wurden. Er hatte sich langsam in sie verliebt und war nun der Meinung, dass es der richtige Moment war, um es ihr zu sagen. Er atmete tief ein und sagte dann: „Simran? Kann ich... dir etwas sagen?“ Sie schaute ihn an und nickte mit einem leichten Lächeln. „Ohje, das ist wirklich nicht leicht für mich. Weißt du...“ Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und versuchte die richtigen Worte zu finden. „Ich habe mich in dich verliebt, Simran. Ich habe noch nie jemanden, wie dich getroffen. Du bist so lebensfroh und liebenswürdig. Ich freu mich auf jede einzelne dieser langweiligen Vorlesungen, weil ich weiß, dass du da bist und....“ Er stoppte, als er ihren Blick sah. Sie schaute auf den Boden und spielte nervös mit ihren Fingern. „Wie denkst du darüber?“, fragte er schließlich. Sie biss sich auf die Unterlippe und schaute ihm ins Gesicht. „Was soll ich sagen, Prem, ohne, dass es sich anhört, wie ein Klischee? ....... Du bist mir wirklich wichtig und ich genieße die Zeit mit dir, aber... Ich bin nicht bereit für die Liebe. Noch nicht.“ Er nickte enttäuscht und lehnte sich zurück. „Es tut mir wirklich leid, doch alles, was ich dir anbieten kann, ist meine Freundschaft.“, sagte sie leise und schaute ihn an, um seine Reaktion zu sehen. Plötzlich grinste er. „Wie könnte ich denn da `nein´ sagen? Dich um mich zu haben, macht mich glücklich und darauf will ich nicht verzichten. Also vergessen wir das Ganze und haben weiterhin unseren platonischen Spaß zusammen, okay?!“, meinte er fröhlich und zwinkerte ihr zu. Sie war froh, dass er es so gelassen nahm und schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln. „Oh, da fällt mir ein, ich muss los und meine kleine Schwester von der Schule abholen. Wir sehen uns dann übermorgen!“, sagte er und rannte eiligst davon.

Simran schaute ihm nach und machte sich dann auf den Weg nach Hause. Ihr tat es leid, dass sie ihm eine Abfuhr erteilt hatte, aber ihr Herz war noch gefüllt mit der Liebe zu Raj und es gab im Moment einfach keinen Platz für jemand anderes. Hätte sie Prem zu einem anderen Zeitpunkt kennengelernt, hätte sie sich vielleicht auch in ihn verliebt, doch es war nun einmal so, wie es war und sie liebte Raj und niemand anderes. Als sie gedankenverloren um die nächste Ecke bog, stieß sie plötzlich mit jemandem zusammen. Sie rieb sich den Kopf und wollte sich entschuldigen, doch als sie die Augen öffnete, setzte ihr Herzschlag kurz aus. Sie war mit Raj zusammengestoßen! Simran war wie versteinert. Sie starrte ihn an und brachte kein Wort raus. Plötzlich bemerkte sie, dass Piya neben ihm stand und sich bei ihm eingehenkelt hatte. Dieser Anblick brachte sie in die Realität zurück und nun bemerkte sie, dass auch Raj sie anstarrte. Sie schauten einander in die Augen und waren unfähig Worte zu finden. Schließlich fand Simran ihre Besinnung wieder, drängte sich an Raj und Piya vorbei und wollte nur noch flüchten. Plötzlich spürte sie, wie eine Hand ihr Handgelenk umgriff und sie festhielt. Sie drehte sich geschockt um und blickte erneut in Rajs Gesicht. „Simran...“, brachte er leise hervor, doch dann bemerkte er, was er gerade getan hatte und ließ sie erschrocken wieder los. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie sich langsam von ihm abwendete und dann davon rannte.

Piya stand nur da und beobachtete die ganze Szenerie fassungslos . Sie sah, wie ihr Mann Simran wie in Trance hinterher schaute und wusste, dass die ganze Arbeit, die sie in den letzten elf Monaten in ihre Ehe gesteckt hatte, gerade mit einem Schlag zunichte gemacht worden war.
 

Als Simran an ihrer Wohnung war, brauchte sie mehrere Anläufe, um ihre Haustür aufzuschließen. Ihre Augen waren ganz tränenverschleiert und sie schluchzte unaufhörlich. Als sie endlich aufgeschlossen hatte, rannte sie in ihr Schlafzimmer, warf sich aufs Bett und weinte bitterlich. Wieso musste sie ihm jetzt begegnen? Seit ihrem letzten Treffen war beinahe ein Jahr vergangen und sie war zuversichtlich gewesen, dass ihr Schmerz bald nachgelassen hätte, doch nun war alles wieder da. Der Kummer. Ihre Sehnsucht. Die Liebe zu ihm. Wie sollte sie denn jemals in der Lage sein, ihn zu vergessen, wenn ständig die Chance bestand, dass sie ihm zufällig begegnete? Das Einzige, was sie tun konnte, war, die Stadt zu verlassen, doch das brachte sie nicht fertig. Hier in Mumbai waren alle ihre Freunde. Sie hatte gerade erst ihr Studium begonnen, das sie nicht einfach aufgeben wollte. Doch was konnte sie tun, damit so etwas, wie gerade eben nicht wieder geschehen würde? Ihr fiel einfach keine Lösung ein und vor Verzweiflung begann sie heftiger zu weinen und schaffte es kaum noch, ihren Körper ruhig zu halten, der von Schüttelkrämpfen geplagt wurde.
 

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Piya und Raj saßen schweigend auf dem Sofa in ihrem Wohnzimmer. „Was war das gerade eben?“, fragte Piya schließlich. Raj schloss die Augen und drehte seinen Kopf von ihr weg. Was das gerade eben war? Er wusste es nicht. Simrans Anblick hatte alle Vernunft in seinem Kopf ausgeschalten und sein Herz hatte vor Sehnsucht nach ihr gebrüllt. Er hatte sie berühren wollen und deswegen ihr Handgelenk festgehalten.

Er öffnete seine Augen wieder, doch er konnte seine Frau nicht anschauen. „Piya, es tut mir leid. Es war einfach...“ „Was war es?“, schnitt sie ihm das Wort ab. „Wieso hast du sie festgehalten und ihren Namen geflüstert? Warum habt ihr euch so lange angestarrt?!“ Raj fand keine Worte und schwieg. Sie stand auf und ging ans Fenster. „Soll ich dir sagen, warum?“, fragte sie leise und ihre Stimme bebte. Sie wartete so lange, bis er sie anschaute und sagte dann: „Weil du sie noch immer liebst.“ Er stand auf und kam auf sie zu. „Piya...“ „Nein, hör auf.“, sagte sie und machte eine abweisende Handbewegung als er sie in den Arm nehmen wollte. Tränen standen in ihren Augen, als sie ihn ansah und mit heißerer Stimme meinte: „Ich bin selbst Schuld. Ich habe gedacht, dass du sie vergessen würdest und wir eine normale Ehe führen können. Doch im Endeffekt war unser Zusammenleben damals schon lange gescheitert. Ich wollte es nicht wahr haben und habe dich gezwungen, deine Liebe aufzugeben.“ Sie machte eine kurze Pause und schluckte schwer. „Was bin ich für ein schlechter Mensch, dass ich mich zwischen euch gestellt habe? Woher habe ich mir dieses Recht genommen? Es tut mir leid, Raj.“ Er starrte sie einfach nur an und konnte nicht glauben, was sie da gerade gesagt hatte. Gab sie ihn wirklich frei? Dieser Gedanke machte ihn unsagbar glücklich, doch als er sie genauer betrachtete, bekam er Mitleid. „Piya, aber ich...“ Sie legte einen Finger auf seinen Mund und flüsterte kaum hörbar: „Ich stimme unserer Scheidung zu.“ Er schloss sie in seine Arme und fand vor Glück keine Worte mehr. „Es tut mir so leid, Raj, es tut mir so leid. Ich war egoistisch.“ Er drückte sie etwas von sich weg, sodass er in ihre Augen sehen konnte. „Es ist schon okay. Ich kann dich verstehen. Wer weiß, wie ich reagiert hätte. Und schließlich bin ich derjenige von uns beiden, der eine Affäre hatte...“ Sie löste sich schließlich ganz von ihm und wischte sich die Tränen von ihren Wangen. „Und jetzt geh zu Simran.“ „Aber ich...“ „Mach dir um mich keine Sorgen, ich werde schon klar kommen. Ich will nicht schon wieder Schuld sein, wenn ihr nicht zueinander findet.“, sagte sie mit einem bitteren Lächeln. Raj küsste sie auf die Stirn und schenkte ihr ein dankbares Lächeln. Dann machte er sich auf den Weg zu Simran.

Piya blieb in der Wohnung zurück. Sie hatte ein Jahr lang gekämpft und nun doch verloren. Doch wem machte sie etwas vor? Von Anfang an war klar gewesen, dass es irgendwann so enden musste. Sie wusste, dass sie Raj nicht liebte, doch sie fühlte sich wohl bei ihm und er gab ihr Sicherheit. Nur ihre Angst davor allein sein zu müssen, hatte sie dazu veranlasst, diese Ehe fortführen zu wollen. Und nun, da es doch soweit gekommen war, versuchte sie die positiven Seiten zu sehen und nach vorn zu schauen.

Simran hatte zur Beruhigung eine heiße Dusche genommen und saß nun mit einem alten T-Shirt und nassen Haaren auf der Couch und starrte vor sich hin. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass alles in ihrem Leben schief lief oder zumindest anders als sie es plante. Was sollte sie nun machen? Die Türklingel riss sie aus ihren Gedanken. Sie hatte keine Lust aufzustehen geschweige denn mit jemandem zu reden, also blieb sie sitzen und hoffte, dass derjenige möglichst schnell wieder verschwand. Doch zu dem Klingeln kam bald noch ein penetrantes Klopfen, sodass sie irgendwann doch genervt aufstand und die Tür öffnete. Sie traute ihren Augen nicht. Raj! Wieder fühlte sie sich wie versteinert und starrte ihn einfach nur an, doch er drängte sich in die Wohnung und schloss die Tür hinter sich. Er schaute sie an und ihm stiegen Tränen in die Augen. Endlich gehörte sie ihm. Er legte seine Arme um sie und drückte sie fest an sich. Wie sehr er dieses Gefühl und ihren Duft vermisst hatte. Simran verstand die Welt nicht mehr. Sie löste sich von ihm und schaute ihn entsetzt an. „Es ist alles gut.“, meinte Raj und zog sie wieder an sich. „Piya hat heute gesehen, dass man uns nicht trennen kann. Sie hat in die Scheidung eingewilligt....“ Simran traten Tränen in die Augen. Sie glaubte, sich verhört zu haben und blickte ihn hilfesuchend an. Er nickte nur und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

Schließlich gingen sie ins Wohnzimmer und Simran fragte noch immer ungläubig: „Du meinst.... wir können endlich...“ Doch Raj ließ sie nicht ausreden und küsste sie. Seine Lippen fühlten sich so weich an und sie verlor sich in seinem Kuss. Sie war so glücklich, dass sie vor Freude weinte. Raj umarmte sie erneut und drückte sie so fest an sich, wie es ging. Er konnte es immer noch nicht glauben. „Ich liebe dich, Simran. Ich habe dich die ganze Zeit geliebt und jede einzelne Sekunde an dich gedacht. Ich habe dich so sehr vermisst.“ Er küsste sie erneut und sie erwiderte es mit voller Hingabe. „Heirate mich.“, sagte er atemlos und schaute in ihre brauen Augen. Ein Glücksgefühl durchströmte sie, dass sie nicht hätte beschreiben können. Überglücklich nickte sie und fiel ihm um den Hals. „Ich würde nichts lieber tun, Raj...“ Als sie sich wieder von ihm löste und ihn anstrahlte, registrierte er erst, dass sie nur ein T-Shirt trug. Lange unterdrücktes Verlangen stieg in ihm auf und er begann, ihren Hals zu küssen. Ein Seufzer entrann ihrer Kehle, der Raj noch mehr anspornte. Seine Hände glitten ihren Rücken hinab zur Hüfte und ihren nackten Beinen. Seine Berührungen auf ihrer Haut zu spüren, machte sie verrückt. So lange hatte sie sich danach gesehnt, doch sie stoppte seine Hände, die gerade im Begriff waren, unter ihr T-Shirt zu verschwinden. „Ich möchte, dass wir bis nach der Hochzeit warten.“, flüsterte sie ihm ins Ohr. Genau diese Worte hatte er jetzt nicht hören wollen. „Aber wieso? Wir haben doch bereits...“ „Ja, aber beim nächsten Mal soll es offiziell sein. Ich möchte, dass du mich dann als deine Frau begehrst.“, sagte sie etwas schüchtern. Sie machte ihn verrückt. Wie konnte sie ihn erst soweit gehen lasse, um dann abzubrechen? Doch er verstand. Nun hatte er ein Jahr gewartet, da konnte er es auch noch bis zur Hochzeit aushalten. „Aber hier schlafen darf ich doch? Jetzt zu Piya in unsere Wohnung zurückzugehen, wäre...“ Doch Simran grinste nur und zog ihn an seiner Krawatte hinter sich her ins Schlafzimmer. Sie knöpfte langsam sein Hemd auf und zog es ihm aus. Sie tupfte sanfte Küsse auf seinen Oberkörper und streichelte sacht mit ihren Fingerspitzen über seine Haut. Sie musste kichern, als sie sah, dass er Gänsehaut bekam. Dann öffnete sie langsam seine Hose und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss. Plötzlich jedoch ließ sie von ihm ab, legte sich ins Bett und sagte: „Also kommst du dann schlafen?“ Aber das war nun wirklich das Letzte, woran er denken konnte. Am liebsten hätte er eine kalte Dusche genommen, doch das ging jetzt nicht. Er zog sich also seine Hose aus und legte sich in Boxershorts zu Simran ins Bett. Sie kuschelte sich an ihn und legte ihren Kopf auf seine Brust. Er schloss sie in seine Arme und fühlte sich so glücklich, dass er keine Worte dafür fand. Endlich hatte ihre Liebe gesiegt und sie waren zusammen. Sie schliefen schließlich Arm in Arm ein und träumten von der großartigen Zukunft, die nun vor ihnen lag.
 

˙·•● ENDE ●•·˙



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  annalena
2013-04-28T20:00:55+00:00 28.04.2013 22:00
Tolle Geschichte *-*
Von: abgemeldet
2009-12-14T16:54:29+00:00 14.12.2009 17:54
TT_TT
Die Storry war Genial *_*


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