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Panakeias Segen

von

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1. April

Serie: Reborn!

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS

Pairings: Die stehen noch nicht 100%ig fest. Aufgrund der Länge wird es jedoch eine Fülle an Pairings geben und es sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein. Wir sind im Übrigen auch noch für Vorschläge offen, solange sie in unser Plot-Konstrukt passen. Zusätzliche Charaktere werden allerdings nicht noch eingefügt. Das lässt unsere Planung leider nicht zu.

Autor: Allrenn und Antiana

Warnungen: AU, Crossover, (In späteren Kapiteln) Shonen-Ai

Rating: Ich denke es bleibt bei PG-13, maximal PG-16, mal sehen wie es sich entwickelt
 

Panakeias Segen
 

1. April
 

Tsuna zuckte zusammen, als die Tür der U-Bahn hinter ihm zuschlug und er seinen Koffer gerade noch rechtzeitig zurück ziehen konnte, bevor er darin stecken blieb. Es war schon früher Abend und auf dem Bahnhof befanden sich nur wenige Menschen. Eigentlich hätte er schon am frühen Nachmittag hier ankommen und abgeholt werden sollen, jetzt allerdings, musste er den Weg zum Dorm Wohl alleine finden und das im Dunkeln und allein, bepackt mit zwei großen Koffern.

Der braunhaarige Junge entfernte sich zunächst von den Gleisen und zog einen kleinen Zettel aus der Tasche, auf dem eine kurze Wegbeschreibung stand. Vollbepackt machte er sich auf den Weg, nachdem er die einzelnen Stationen auswendig aufsagen konnte, denn Tsuna befürchtete den Zettel zu verlieren.

Irgendwie hatte er sich das ganze anders vorgestellt. Diesbezüglich fiel ihm so einiges ein und keines der Wörter entsprach der momentanen Situation. Die Lichter des Bahnhofs leuchten grell, während er die Koffer die Treppe nach unten schleppte und Mühe Not hatte sie nicht fallen zu lassen. Der Weg draußen lag in einer fast erschreckenden und alles verschluckenden Dunkelheit, die nur von Zeit zu Zeit von einigen Lichtern unterbrochen wurde. Damit stelle sie einen krassen Gegensatz zum Bahnhof dar. Das war es also, seine neue Heimat für die nächsten zwei Jahre? Verängstigt umklammerte er die Griffe seiner Taschen fester und ging den Weg mit den großen glatten Steinplatten entlang. Eigentlich wirkte es ja ganz nett, wenn man es sich heller vorstellte, belebter und nicht so totenstill.

Totenstill. Ein Schauer jagte ihm über den Rücken als er das dachte und er beschloss seine eigenen Gedanken in Zukunft etwas zu zügeln. Wie armselig war er eigentlich, dass er vor seinen eigenen Gedanken Angst hatte? Okay, sehr armselig. Verdammt! Wieso antwortete er sich sogar auf seine eigenen rhetorischen Fragen?

Tsuna würde sich am liebsten in den Hintern beißen, für sein eigenes, nicht vorhandenes, Selbstbewusstsein. Irgendwie hatten seine ehemaligen Klassenkameraden schon Recht gehabt. Er war ein Verlierer, auf ganzer Linie, aber jetzt, an der neuen Schule, würde sich das sicher ändern. Tsuna hatte sich ganz fest vorgenommen, hier, wo ihn noch keiner kannte, einen ganz neuen Start hinzulegen. Es konnte doch nicht so schwer sein, sich von seinem alten Image zu verabschieden. Hier würde er kein Verlierer mehr sein, sondern ein Gewinner, jawohl! Keine Schussligkeiten mehr, dachte er, während er mit seinem Rollkoffer in einem Kanaldeckel hängen blieb.

Ja genau. So eine Art von Gewinner war er. Die Art die alles falsch machte und das Durchsetzungsvermögen einer Kaulquappe hatte. Mit einem Ruck zog er seinen Rolli von dem Deckel weg zurück auf den Gehweg. Für einen Moment, in dem er seinen Koffer mit erdrückender Realisation anstarrte, wollte er wieder die Treppen hochgehen und zurück zu seinen Eltern fahren, zurück zu seinem Verlierer Leben.

Doch dann erfasste ihn wieder der einzelne Funke Kampfesgeist.

Er schaffte das! Es war nichts weiter als eine neue Stadt, eine neue Schule und vollkommen neue Menschen in seiner Umgebung! Nichts wovor man sich fürchten musste. Sicher waren alle sehr nett. Ein tiefes Gebell wie Donner ertönte plötzlich aus der Seitengasse an der er vorbeiging und Tsuna ließ einen schrillen Schrei los der die Fähigkeit besaß Glasfenstern Angstattacken zu bescheren.

Tsuna hasste Hunde, weil Hunde ihn hassten. Kurz spielte er mit dem Gedanken seinen Koffer einfach da stehen zu lassen, wo er sich befand und fortzurennen, dann jedoch packte er den Koffer fest und zog ihn hinter sich her, während er eiligen Schrittes die Straße bis zum Ende ging und dann nach rechts in den Lilienweg einbog... oder hatte auf dem Zettel Veilchenstraße gestanden? Nein Lilienweg. Er war sich ganz sicher.

Die Straße endete in einer Sackgasse und kein Wohnheim war in Sicht, also kehrte er doch um und bog in die Veilchenstraße und nach einer weiteren Biegung wurden die Straßenlaternen häufiger und die Straßen belebter, was ihn gewissermaßen beruhigte. Diesmal, so glaubte er, war er auf dem richtigen Weg und war erleichtert, als er endlich vor einem Schild stand, auf dem in großen Lettern „Namimori-Highschool Dorm“ zu lesen war.

Die Schrift war feinsäuberlich angebracht worden und wirkte wie das ganze Gebäude gepflegt und ordentlich. Unfreiwillig drängt sich Tsuna das Bild eines übereifrigen Ordnungsratsmitglieds auf, das jeden Morgen herumging und die Sauberkeit der Dorms inspizierte. Einmal tief Einatmen. Ganz tief.

Die Welt um ihn herum verlor für einen Moment alle Farbe, während er die Augen schloss und langsam bis zehn zählte. Als er sie wieder öffnete, hatte seine Hand schon ganz selbstständig die Klinke niedergedrückt. Durch den kleinen Spalt drang warmes, weiches Licht das ihm freundlich zu sagen schien:

“Komm herein.”

Dies war Tsuna Zeichen genug. Mit an den Boden getackertem Blick stupste er die Tür an, die dann ohne jegliche Geräusche nach hinten schwang und Einblick ins Innenleben des Hauses schenkte.

Das erste was Tsuna auffiel war, dass der Boden hinter der Tür mit einem kleinen Läufer bedeckt war, an dem man sich die Schuhe abstreichen konnte. Als er den Blick etwas hob, sah er, dass hinter dem Läufer ein dunkler, massiver Fliesenboden begann, der, wenn man ihn betrat, höchstwahrscheinlich ein Geräusch von sich geben würde. Dieses Gebäude konnte also niemand unbemerkt infiltrieren, zumindest wenn man sich keine Pantoffeln anzog und welcher Dieb ging schon mit Pantoffeln auf Streifzug?

Tsuna hob den Blick etwas höher und entdeckte als nächstes einen großen Fernseher, der in Sichtweite einer Sitzecke stand, die nicht nur aus zwei großen Sesseln, sondern auch aus zwei überdimensionalen Sofas und einem großen Tisch bestand.

Hinter dem Fernseher, befand sich eine fast durchsichtige Trennwand, die den Blick auf einen langen Küchentisch preisgab. Und an eben jenem Tisch saßen, obwohl es schon so spät war einige Menschen und redeten, zumindest solange bis sie die kühle Abendluft bemerkten, der durch die offene Tür in den warmen Raum strömte.

Fünf Paar Augen lagen nun auf ihm und Tsuna hatte das Verlangen in den Läufer zu versinken auf den er soeben getreten war. Röte brannte auf seinen Wangen wie Feuer in einem Leuchtturm, das verirrten Schiffen den Weg wies. Er wusste wirklich nicht was er sagen sollte, denn jemanden zu sehen, vor allem um diese späte Stunde, war wirklich und wahrhaftig irritierend.

“Ent...Entschuldigung...” flüsterte er leise und schloss die Tür hinter sich um sich davon abzuhalten einfach wieder fortzulaufen. Seine Hände zitterten leicht vor Nervosität und fast schon unterwürfig blickte er die Gestalten an, die den starken Eindruck machten als würde Tsuna sie gerade bei etwas stören was wichtiger war als er selbst.

Einen weitern Moment lang herrschte Schweigen, dann wurden, Tsuna konnte es ganz deutlich sehen, Blicke ausgetauscht. Dann, ganz plötzlich, erhob sich ein blonder Mann, und eilte mit schnellen Schritten auf ihn zu. Tsuna wollte schon die Tür hinter sich wieder aufstoßen und hinausstürmen, aber die Panik in ihm war so groß, dass er seinen eigenen Körper kaum unter Kontrolle hatte. Wie ein Baum stand er da und betrachtete den Blonden, der eben hinter der Trennwand hervortrat und lächelte... Moment... Er lächelte?

„Du musst Tsuna sein.“ sagte er mit einer Stimme, die dem Angesprochenen einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. Sie klang schon erwachsen, fast wie die eines großen Bruders und machte, dass es Tsuna schlagartig besser ging. Seine Züge entspannte sich ein wenig und atmete ein paar Mal tief ein und aus, bis ihn der Blonde erreicht hatte.

Das Gesicht des andern hatte sanfte besonnene Züge und wirkte schlagartig vertraut, einfach ein Gesicht dem man vertrauen mochte. Erleichterung breitete sich immer mehr in ihm aus während er sich kurz verneigte um den anderen zu grüßen.

“Wir haben uns schon gesorgt das dir etwas passiert ist.” flötete der Blonde und blieb einen guten Meter von Tsuna entfernt stehen. Musternde Augen glitten an seinem Körper hinab, ganz so als würde er seine Kleidergröße zu erraten versuchen. Tsuna war wirklich nicht der Größte, diese Art von Blick hatte er schon so manches Mal bekommen.

“Entschuldigung wegen der Verspätung, ich bin Tsunayoshi Sawada. Es war nur...ähm also... Die Bahn hatte Verspätung und... freut mich dic-euch kennen zu lernen.” stammelte er etwas verloren und fasste sich so gut es ging wieder.

Der Blonde schien Tsunas Unsicherheit zu übergehen und verneigte sich ebenfalls etwas nachdem er seinen Namen genannt hatte. „Giotto Vongola. Ich bin sehr erfreut.“, meinte er und der erneute Klang seiner Stimme, nahm jegliche Unsicherheit von Tsuna und schafft es ein Lächeln auf die Lippen des Braunhaarigen zu zeichnen. „Wir helfen dir dann deine Koffer raufzutragen, komm erst einmal mit, ja.“, meinte er gelassen, nahm nun auch den letzten Meter Entfernung, um Tsuna seine Hand auf die Schulter zu legen und ihn mit sanften Druck mit ihm zu führen.

Er brachte ihn, zu Tsuna Entsetzen, schnurstracks hinter die Trennwand, wo man ihn neugierig musterte. Tsunas Blick fiel zunächst auf zwei düster aussehende Männer, die sich glichen und trotz Giottos warmer Berührung auf seiner Schulter, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken.

Der eine saß am Tisch und brütete über etwas was scheinbar eine Tageszeitung war. Tsuna konnte undeutlich die Gesichter einiger Leute erkennen, die er zuvor schon mal auf den Wahlplakaten in der Stadt erblickt hatte. Der Mann trug scheinbar trotz der späten Stunde noch seine Schuluniform und schenkte ihm anstatt der Zeitung nun seine Aufmerksamkeit. Nachdenklich runzelte er nur seine Stirn und schwieg vorerst. Ihm gegenüber saß sein vernarbtes Spiegelbild.

Sie sahen sich wirklich unglaublich ähnlich und das erste was Tsuna durch den Kopf ging war, dass es sich nur um Zwillinge handeln konnte. Der junge Mann mit den vielen Narben hatte einen Blick in den Augen der einem das Gefühl gab winzig klein zu sein. Es war noch schlimmer weil er in seinem Stuhl hing wie ein wahrhaftiger König.

“Lass dich nicht einschüchtern, sie tun nur so.” lachte Giotto hinter ihm und klopfte ihm kumpelhaft auf den Rücken.

Tsuna jedoch war kein bisschen beruhigt. Ehrlich gesagt wollte er sich am liebsten im Boden verkriechen. Hatte er nicht gehofft, dass er viele Freunde finden würde? Die Männer vor ihm, erschienen ihm alle so alt und reif, fast so als gingen sie gar nicht mehr zur Schule. „Das ist Amicelli, oder Mice, wie ich ihn zu nennen pflege und das sein Bruder Xanxus.“, deutete Giotto an und ließ die Hand dann auf einen älteren Mann im schicken Anzug wandern. „Das ist Reborn, der Leiter des Dorms. Er passt ein bisschen auf uns auf und holt uns auf den Boden der Tatsachen, wenn wir es mal wieder zu bunt treiben.“, erklärte Giotto dem Braunhaarigen. Tsuna verneigte sich leicht, als er darauf keine Antwort bekam, lenkte er seine Aufmerksamkeit auf den Vierten in Bunde.

Der Junge, der lässig auf seinem Stuhl lungerte, grinste ihn breit an und grüßte ihn mit einer lockeren Handbewegung, die Tsuna erleichtert erwiderte.

“Und ich bin Gokudera, bin auch neu hier.” Tsuna strahle nun zum ersten mal seit Tagen wieder richtig als Gokudera sich seiner annahm und das Gespräch im lockeren Plauderton fortsetzte während Giotto sich gegen den Tisch lehnte und Amicelli so zwang aufzustehen um ihn zu sehen. “Wir gehen in dieselbe Klassenstufe, ich nehme dich morgen mit zur Schule, wenn du willst.”

Trotz des aschgrauen Haars wirkte Gokudera erstaunlich jung und Tsuna war wirklich froh zu hören, dass sie dieselbe Stufe besuchten und insgeheim hoffte er, dass es auch dieselbe Klasse werden mochte. Tsuna war wirklich schüchtern und rannte aus Gewohnheit lieber davon, aber wenn er Gokudera eh immer im Dorm sehen würde, dann würde es ihm sicher leichter fallen Freundschaft zu schließen. “Das wäre, das wäre wirklich toll.”

Giotto blickte Amicelli erleichtert an und tippte Tsuna noch einmal auf die Schulter, bevor er sich etwas vom Tisch wegbewegte. „Mice und ich haben noch etwas zu erledigen. Zeigt Tsuna doch bitte sein Zimmer und bringt seine Sachen rauf.“ meinte Giotto ruhig und blickte Xanxus an, der immer noch mürrisch aussah.

„Und seid nicht so schlecht gelaunt, Reborn, Xanxus. Tsuna soll sich hier doch wohl fühlen und nicht gleich am Anfang total verschreckt werden. Wir sind doch alles nette Menschen, auch wenn wir nicht danach aussehen.“, seufzte Giotto und begab sich zum anderen Ende des Tischs.

Tsuna vermisste seine Anwesenheit schon, als er nur wenige Schritte gegangen war und rückte etwas weiter von Reborn weg und etwas näher zu Gokudera, neben den er sich schließlich niederließ und beobachtete, wie Amicelli seine Zeitung faltete.

Der Mann in dem schwarzen Anzug der bisher nur grimmig geschwiegen hatte stieß einen genervten Seufzer aus und schenkte Tsuna eine Art grimmiges Lächeln.

“Es ist schon spät. Ich halte es für das beste diese Unterhaltung morgen fortzusetzen. Xanxus, zeig' Tsuna sein Zimmer. Und...” er blickte zu Amicelli und Giotto. Die beiden zogen bereits ihre Mäntel an, welche zuvor über den Stuhllehnen gelegen hatten. “Ihr beeilt euch.” Giotto machte ein Gesicht als hätte er in etwas Ekliges gebissen, wurde aber von seinem Partner bereits Richtung Tür gezogen. Die Szene machte den Eindruck auf Tsuna als wäre sie nicht das erste Mal so abgelaufen.

Xanxus tippte Tsuna schmerzhaft gegen die Stirn und nahm ihm seinen Koffer ab. Als Tsuna ihn verwirrt erblickte verstand er warum, er mochte wohl genauso wenig warten wie sein Bruder.

“Tempo.” war das einzige was er von sich gab während er das Esszimmer schon halb Richtung Treppe durchquert hatte.

Tsuna beeilte sich, nahm seinen zweiten Koffer selbst in die Hand und folgte Xanxus, dicht gefolgt von Gokudera, der ebenfalls aufgesprungen war. Offenbar war er unwillig Tsuna mit Xanxus allein zu lassen und Tsuna konnte nicht leugnen, dass ihn das sehr beruhigt. Xanxus, der vernarbte der beiden Brüder, machte ihm nämlich mehr Angst, als alle Anderen. Er hatte zwar noch nicht viel von ihm gehört, aber Tsuna fand, dass er irgendetwas Unsympathisches ausstrahlte. Es war eigentlich nicht sein Ding voreilige Schlüsse zu ziehen, aber manchmal, da sagte ihm sein Gefühl einfach, was er tun sollte, und von was er besser die Finger ließ.

Bei der Treppe angekommen, die Xanxus, trotz seinem schweren Koffer, mühelos erklomm, half Gokudera ihm beim tragen. Dennoch war Tsuna froh, dass sie nur bis in den ersten Stock mussten.

Xanxus wartete natürlich schon, mit dem Fuß ungeduldig auf den Boden tappend, und öffnete die erste Tür direkt an der Treppe. Sie gab ein leises Pfeifen von sich als das Schloss öffnete, aber Gokudera hielt Tsuna davon ab einfach hinterher zu gehen.

Wenige Sekunden später verstand er warum.

Mit einer schwarzgerahmten Lesebrille auf der Nase und einem aufgeschlagenem Buch in der Hand kehrte Xanxus aus dem Zimmer zurück und Tsuna folgte ihm nun noch verwirrter ganz bis zum Ende des Flurs wo Xanxus erneut eine Tür aufschloss. “Das ist dein Zimmer.” erklärte Gokudera sachlich, ließ Tsunas Ärmel aber keinen Moment los. Unnützerweise wie man anmerken konnte, denn er hatte wirklich nicht vor hirnlos vorzupreschen.

“Also, “ begann der Vernarbte und Tsuna konnte nun deutlich die dicke Überschrift über Aufgeschlagenem lesen. ‘DORM REGELN’ Na super, genau das hatte ihm noch gefehlt. Es gab einen eigenen Regelkatalog für seine Unterkunft.

Gokudera verdrehte die Augen, als Xanxus anfing jede einzelne Regel herunter zu beten. Von „Die Küche wird um 8 Uhr Abends geschlossen.“, bis „In den Gängen darf nicht gerannt werden.“ Tsuna kam sich vor, wie ein kleiner Junge bei einer Standpauke.

Es war so dumm, dass selbst er mit den Augen rollen musste, doch anders als Gokuderas blieb seine Geste nicht unbemerkt und Xanxus versetzte ihm einen erneuten Fingerstoß gegen die Stirn. „Hör gefälligst zu, sonst darfst du sie abschreiben. Reborn ist streng, was ihre Einhaltung angeht. Sei froh, dass ich sie dir vorlese und nicht der...“ er schien mit sich selbst zu ringen. Offenbar hatte er vor etwas Ausfälliges zu sagen und schluckte es schließlich herunter. „...Reborn selbst.“, erklärte er und in der Art, wie er das tat, blieben Tsuna keine Zweifel, dass dem wirklich so war.

Unbeirrt fuhr Xanxus fort und endete seinen kleinen Vortrag mit einem abschließendem: “Zu guter letzt hast du bis Mitternacht Ausgang, nach Mitternacht wird die Tür abgeschlossen und du kannst draußen pennen. Es sei denn du mutierst zu Süß und Knusprig, dann hast du Sonderregeln.” Die Abscheu in seiner Stimme machte klar das er von der Sonderbehandlung von, Tsuna konnte hier nur raten nahm es aber stark an, Giotto und Amicelli nichts hielt.

“Da...danke...” druckste Tsuna eingeschüchtert heraus und ließ den Zimmerschlüssel fallen den Xanxus ihm zuwarf. Das Augenrollen sah er nicht mehr weil er schon auf dem Boden kniete.

“Mein Zimmer ist direkt gegenüber.” sagte Gokudera aufmunternd und reichte Tsuna den Schlüssel mit seinem freundlichen Lächeln.

Tsuna war erleichtert, dass Gokudera den Schlüssel hatte. Er dachte schon er wäre dumm, weil er ihn am Boden nirgends hatte finden können. Seine Finger waren noch immer fahrig, deshalb schloss er das metallische Objekt fest in seine Hand, damit es ihm nicht erneut entglitt.

„Hast du Fragen?“ Tsuna zuckte fast zusammen. Xanxus, der immer noch mit seinem Fuß auf den Boden tippte. Diese Geste gab Tsuna en vagen Hinweis, dass er besser keine Frage mehr stellen sollte, deshalb schüttelte er den Kopf und schenkte Xanxus dann ein schüchternes und sehr unsicheres Lächeln. „Nein, danke.“, erwiderte er und verbeugte sich leicht. „Gut.“, war die einzige Antwort darauf, dann drängte er sich zwischen Gokudera und Tsuna hindurch und verschwand wieder in dem Zimmer, aus dem er die Brille und das Buch geholt hatte, nur diesmal schloss er die Tür hinter sich. „Oh Mann...“, meinte Tsuna und schüttelte sich etwas. Auf seinen Armen lag eine Gänsehaut.

“Der ist immer so, mach dir echt keinen Kopf. Leg dich einfach nur nicht mit ihm an, wenn er seine Tage hat.” Gokudera schob den Koffer in Tsunas Zimmer und eilte direkt zu den Fenstern um sie zum Lüften zu öffnen, ganz wie seine Mutter es getan hätte. Tsuna hatte eine Art sonderbares Déjà-vu während er Gokudera ein wenig verstört beobachtete.

Der Raum sah überraschend gemütlich aus, für ein Zimmer in einem Wohnheim. Das Bett war frisch bezogen, es gab einen Fernseher und einen Computer, über der kleinen Waschnische hing ein sauberpolierter Spiegel aus dem ihn sein müdes Spiegelbild beobachtete und man konnte deutlich sehen dass der Raum von seinem Vorbesitzer gut gepflegt worden war. Das war viel besser als das Horrorszenario das Tsuna sich vorgestellt hatte.

Als schließlich auch die leicht stickige Luft aus dem Zimmer gezogen war, fühlte sich Tsuna fast heimisch und schob seine beiden großen Koffer ins Innere. Wo er sie zunächst abstellte, ohne sie weiter zu beachten und lief zu Gokudera ans Fenster, um aus diesem hinauszusehen. Es war zwar schon dunkel, aber es gab auch nicht viel zu sehen. Nur ein kleines, aber grünes Karree und auf der gegenüberliegenden Seite ein anderes Wohnheim. Dennoch war es wirklich nett hier. „Ich leg mich mit dem ganz sicher nicht an. Er macht mir... Angst...“, sagte er ehrlich, dann kam ihm eine andere Frage in den Sinn: „Ist sein Bruder, auch so? Dann weiß ich wenigstens von wem ich mich fernhalten muss.“, meinte er neugierig und stellte die Tasche, die er über den Schultern getragen hatte auf das Bett und begann darin rumzukramen.

“Amicelli?” Gokudera sah ihn amüsiert an bevor er leise gluckste und sich gegen den Fenstersims lehnte. “Ne, er ist cool. Sieht böser aus als er wirklich ist. Im Gegensatz zu Xanxus hat er sogar seine guten Tage. Du bist nur definitiv... an keinem guten Tag gekommen, heute sind nämlich alle etwas gereizt.”

Tsuna war sich nicht sicher ob er Gokudera glauben sollte, aber eigentlich wirkte er als wüsste er wovon er spricht. Auch wenn das Verhalten des Älteren vorhin andere Töne gesprochen hatte. Allerdings... Huch?

Wirklich sonderbar er konnte seinen Glücksbringer einfach nicht finden. Tsuna drehte seine Tasche abrupt um, so dass ihr Inhalt sich auf dem Bett verteilte, jedoch half ihm das bei seiner Suche nicht wirklich weiter. Hatte er ihn Zuhause liegen lassen? Dabei hatte seine Mutter ihn extra noch einmal daran erinnert.

Oh man... Das war wieder mal so typisch von ihm.

Zu Hause anrufen würde wohl wenig bringen. Seine Eltern mussten arbeiten und er hatte keine Ahnung, wann sie zurück nach Hause kehrten und bis der Anhänger dann bei ihm angekommen war vergingen Tage. Dabei fühlte er sich mit ihm so viel sicherer als ohne. Und was sollte er in der Schule machen? Wie konnte man nur so dämlich sein? Tsuna wollte seinen Kopf am liebsten irgendwo anschlagen, ließ es aber bleiben. „Sag mal... ähm... Hayato? Darf ich dich so nennen?“, fragte er etwas unsicher, sprach aber trotzdem weiter. „Gibt es hier in der Nähe einen Tempel? Kannst du mir vielleicht eine Karte malen oder ihn mir zeigen? Also morgen, meine ich?“ fragte er interessiert, während er noch einmal die Sachen, die jetzt kreuz und quer auf dem Bett verteilt lagen, nach seinem Glücksbringer durchsuchte.

Gokudera grinste ihn an. “Natürlich gibt’s einen, aber ich hab keine Ahnung wo der ist, bin ja selber noch neu hier. Am besten fragst du morgen mal Giotto oder Amicelli, die kennen sich hier ziemlich gut aus.” Gut gelaunt schwang er sich von der Fensterbank weg und verstrahlte dabei eine gute Laune die ansteckend wirkte.

“Oh...okay... Aber ich glaube dann halte ich mich an Giotto...eristnichtsounheimlich...” Mit geröteten Wangen stopfte Tsuna das Zeug was er in der Eile herausgerissen hatte wieder zurück. Wahrscheinlich hatte er noch mehr vergessen, aber er hatte seine Prioritäten und der Anhänger stand weit, weit oben auf seiner Liste. Immerhin neigte er dazu, unter schlimmen Dingen zu leiden wenn er ihn nicht bei sich hatte. Schlimme Dinge wie zum Beispiel offene und total unauffällige Gullideckel in die man reinlaufen konnte - wenn man es schaffte die Absperrung nicht zu sehen...nicht das ihm das jemals passiert wäre.

„Unheimlich? Amicelli ist eigentlich korrekt.“ Meinte Gokudera lässig und machte eine herunterspielende Geste mit der Hand. „Sein Humor ist nur ein wenig seltsam, aber wenn du lachst, wenn er lacht, solltest du keine Probleme mit ihm haben.“, versicherte Gokudera und grinste dabei aufmunternd. „Aber Giotto ist natürlich netter. Ich denke er wird uns eh die Stadt zeigen, dann kannst du ihn gleich fragen, wo der Tempel ist. Was willst du da überhaupt?“, fragte er weiter. „Hoffst du auf Glück fürs kommende Schuljahr?“

Tsuna war die Frage etwas unangenehm, dennoch nickte er leicht. „Auf jeden Fall mehr Glück als im Letzten.“, sagte er ruhig, während er seinen Schlafanzug unter die Decke schob, damit der Andere ihn nicht zu Gesicht bekam.

Das süße Bärenmuster auf dem hellblauen Grund war nämlich mehr als nur einen Lacher wert. Seit nun mehr drei Jahren hoffte Tsuna, aus seinem Schlafanzug herauszuwachsen, das einzige was dagegen war, war sein Körper. Er unternahm alles um Tsuna wohl bis ans Ende seines Lebens mit dem Schlafanzug zu foltern.

“ Allerdings kann es wohl auch kaum schlimmer werden.”

Schelmisch zwinkernd legte Gokudera erneut seine Hand auf Tsunas Schultern und klopfte sanft auf sie.

“Wird schon alles klargehen. Dir wird’s hier gefallen, glaub mir. Aber wir sollten morgen weiterreden, sonst reißt Reborn uns den Arsch auf. Er kann echt streng sein. Und ganz im Vertrauen, es ist besser sich nicht mit ihm anzulegen.” Unsicher nickte Tsuna nur. Zwar bezweifelte er, dass der Mann im Anzug schlimmer sein konnte, als die Gebrüder Grimsegram, aber auf Gokuderas Urteil schien man sich verlassen zu können.

„O...Okay. Dann reden wir morgen früh.“, sagte er beruhigt und lächelte Gokudera freundlich an, bevor dieser auf den Weg zur Tür ging, sich freundlich verabschiedete und die Tür hinter sich schloss. Tsuna setzte sich daraufhin auf das Bett und blickte ihm noch nach. Das er Gokudera hätte fragen sollen, wann er aufstehen musste, leuchtete ihm gar nicht erst ein. Ohne seine Koffer weiter auszupacken, ließ er sich nach einer Katzenwäsche und dem umziehen, in sein Bett fallen und war schon wenige Minuten später eingeschlafen.
 

Fortsetzung folgt...

2. April: Morgens

Serie: Reborn!

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS

Pairings: Hibari/Ryohei, ansonsten grundsätzlich noch offen; Wir sind auch noch offen für Vorschläge; Das meinen wir vollkommen ernst. (Tsuna ist im übrigen auch noch nicht vergeben)

Autor: Allrenn und Antiana

Warnungen: AU, Crossover, (In späteren Kapiteln) Shonen-Ai, Speziell in diesem Kapitel: sehr viel schlechter Humor

Kommentar: Nur eine kurze Bemerkung. Wir mögen Kommentare und beißen auch nicht. Ja, wenn wir ganz ehrlich sind, würden wir uns über etwas Feedback sogar sehr freuen.
 

2. April: Morgens
 

Die Vögel zwitscherten und die ersten Strahlen der Sonne fanden ihren Weg durch die frisch geputzten Fensterscheiben. Tsuna stieg der Geruch von Waschmittel in die Nase, als er seine Decke über sein Gesicht zog, um die ersten Zeichen des Tages besser ignorieren zu können.

Er war noch immer müde und geschafft von der Reise und hätte noch zwei Stunden schlafen können. Tsuna war schon wieder in einen Dämmerschlaf gesunken, als ein plötzliches, heftiges Klopfen an der Tür ihn aus seinen Träumen riss. Er ließ ein unwilliges Knurren hören und drehte sich auf die Seite, weg von der Quelle seines Unmuts, der Wand zu, drückte sich dabei das Kissen fest auf die Ohren, um das Gepolter besser ignorieren zu können. Erst als ihn eine Hand berührte und man ihn heftig schüttelte und er den nervigen Eindringling daher nicht mehr ignorieren konnte drehte er sich zurück auf den Rücken.

Noch in demselben Moment überkam ihn der intensive Wunsch sich die Decke wieder weit übers Gesicht zu ziehen. Giottos strahlendes Lächeln nahm einen Großteil seines Blickfeldes ein und Tsuna war fest davon überzeugt, dass nur Junkies und Wahnsinnige so früh morgens gut drauf sein konnten. Irgendein Naturgesetz verbot es beim Aufstehen gute Laune zu haben. Genau wie es verbot auf kleine Kätzchen zu schießen oder dass Tsuna auch mal etwas Glück hatte.

“Guten Morgen.” tschirpte die ekelerregend quirlige Stimme und zog Tsuna seine warme, kuschelige Decke weg. Aus irgendeinem Grund kam Tsuna sich dadurch sonderbar entblößt vor, bevor die Frage nach dem ‘Warum?’ sich ihm aufdrängen konnte beantwortete Giotto sie mit einem Herzlichen:

“Netter Schlafanzug.”

Tsuna fühlte sein Gesicht glühen und das lag diesmal nicht an den Sonnenstrahlen. Er wollte etwas sagen, doch aus seinem Mund kam nur ein peinlich berührtes Quietschen. In diesem Moment wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass er gleich auf das Klopfen reagiert hätte. Seine Wangen glühten rot, als er panisch nach der Decke griff, heftig daran riss und diese wieder über sich zog. „Yiiih, das ist... das ist nur...“, stammelte er und bohrte seinen Blick verschämt in die Bodendielen. „Geschenk von deiner Mutter? Oder eine Erinnerung aus Kindertagen?“, erwiderte Giotto amüsiert und trat nun, da er die Decke nicht mehr halten musste vom Bett zurück, um Tsuna von oben herab anzublicken. „Es ist Zeit für die Schule.“, brachte er fast schon melodisch hervor, ganz so als würde er sich auf den anstehenden Schultag freuen.

Das wirklich traurige war wohl, das es wahrscheinlich auch so war. Giotto schien zu der Sorte Mensch zu gehören die es genossen tagtäglich von Lehrern gequält und unterdrückt zu werden. Wobei... Die Lehrer ihn wahrscheinlich anbeteten, nicht das Tsuna sie nicht verstehen könnte.

“Da...Danke fürs wecken.” nuschelte er leicht beschämt und der andere grinste nur noch eine Spur breiter als er beobachtet wie Tsuna über seine Bettdecke stolperte und mit einem sanften ’Flop’ auf den Teppichboden fiel. Für ein paar Sekunden fragte Tsuna sich ob es nicht einfacher wäre auf allen Vieren zu bleiben, so wie er sich kannte würde es nicht beim einzigen Missgeschick des Tages bleiben.

Aus der geöffneten Tür kam der Duft von frischem Kaffee und dem Gezeter zweier genervt klingenden Stimmen. Giotto machte eine eher unnette Geste Richtung Tür bevor er sich Tsuna noch einmal kurz zuwandte. “Beeil dich lieber. Du willst doch nicht zu spät kommen.”

Oh nein, natürlich wollte er nicht zu spät kommen. Am liebsten wollte er gar nicht erst gehen. Tsuna blicke Giotto nach, der seine Augen verdrehte, als er sich endlich auf den Weg zur Tür machte. Er winkte ihm noch einmal aufmunternd zu, dann schloss er die Tür hinter sich.

Tsuna beschloss sich wirklich zu beeilen. Der Kaffeeduft und der Hunger war allerdings das Einzige, was ihn aus seinem Zimmer lockte. Aus einem Koffer zog er seine Schuluniform. Sie hatte etwas ungünstig gelegen, so dass das Hemd vollkommen zerknittert war, aber darauf konnte und wollte er jetzt keine Rücksicht nehmen. Er zog sich alles an, band sich ungeschickt die Krawatte und begab sich dann, bewaffnet mit seiner noch leeren Schultasche, den Flur entlang ins Erdgeschoss. Als er das Ende der Treppe erreichte wurde er fast von einer Tasse erschlagen, die relativ nah an seinem Kopf vorbeisauste und schließlich von der Wand abprallte. Sie schien aus unzerstörbaren Porzellan zu sein, denn sie zersprang glücklicherweise nicht, sondern landete nur vor seinen Füßen.

Verdattert hob Tsuna die quietschgelbe Tasse auf, deren Inhalt sich mittlerweile großzügig über den Boden verteilt hatte. Mit zitternden Händen sah er zu den beiden sich ankeifenden Brüdern, die nun dazu übergegangen waren sich mit Buttermessern zu bedrohen, die Tatsache dass das Besteck auf Plastik war gab der Szene eine gewisse Absurdität.

“Stell sie einfach auf den Tisch. Wenn die beiden mit herumkeifen und zicken fertig sind, wird der Besitzer sie schon einsammeln.” verkündete Giotto in einem gelangweilten Tonfall, der deutlich machte, dass das nicht die erste Streiterei zwischen den beiden war. Immer noch irritiert befolgte Tsuna den Ratschlag und tauschte die Tasse so schnell wie möglich mit einem Brötchen und einem Glas Milch.

Er ließ sich mit diesen beiden Genüssen in der Sitzgruppe, weit weg von der Essecke nieder. Gokudera konnte er nirgendwo sehen, nur Giotto, der sich ebenfalls etwas zum Essen vom Tisch stahl und sich dann zu dem Neuankömmling gesellte. „Keine Sorge, das ist nicht jeden Morgen so.“. Er schien beruhigen zu wollen, war damit aber wenig erfolgreich. Tsuna Blick wanderte zu den beiden Streithähnen. Er konnte nicht einmal sagen, welcher von ihnen wer war, geschweige denn worum es bei dem Streit ging, aber so, wie die Fetzen flogen, schien es etwas tiefsitzendes zu sein. Eigentlich wollte er nicht neugierig sein, aber da Giotto sich so bereitwillig neben ihn setzte, beschloss er schließlich doch nachzufragen. „Warum streiten sie sich überhaupt? Ich habe immer gedacht, dass Zwillinge sich immer blendend verstehen.“, erklärte er, wusste aber das diese Annahme naiv war.

Giotto wedelte mit seinem Toast als er anfing zu sprechen. Irgendwie wirkte alles was er macht überzeugend, selbst wenn er als Überzeugungsmittel einen Streuseltoast missbrauchte.

“Sie sind Zicken, alle beide, das ist ihr Problem, wenn du mich fragst. Vor allem Amicelli ist eine Oberzicke,” er hob seine Stimme damit die Brüder ihn auch ja hörten. ”weil er als Älterer eher ein Auge auf seinen Bruder werfen sollte, als ihn anzumotzen.”

Tsuna schluckte sein Brötchen hastig herunter während er ihm zuhörte und stellte für sich fest, dass die Erklärung ihm so viel half, als wenn Giotto erst gar nichts erzählt hätte.

“Also... Mögen sie sich einfach nicht?”

“Na, ist so ein Erbschaftsdings. Glaub mir, absolut uninteressant, aber sie reden gerne darüber. Besonders deshalb, WEIL SIE GERNE IHRE STIMMEN HÖREN.”

Giottos Stimme dröhnte noch in seinen Ohren. Er hatte die Augen fest geschlossen, da er mit Giottos plötzlichem Geschreie nicht hatte rechnen können. Außerdem hatte er Angst gehabt dass Giotto ihm gleich sein Toast ins Gesicht spuckte, bei seinem Glück konnten solche Dinge durchaus passieren, aber diesmal war nichts dergleichen geschehen.

Erst als er die Augen öffnete, sah er in was für eine gefährlich Situation er sich da manövriert hatte. Ein bedrohlicher Schatten hatte sich über ihn und Giotto gelegt und während der Blonde grinsend zu dem Mann aufblickte, der jetzt direkt vor ihnen stand, schrumpfte Tsuna nur noch mehr zusammen und wagte es nicht aufzublicken. „Dir auch einen schönen, guten Morgen, Giotto.“, knurrte der Mann, den Tsuna schließlich als Amicelli identifizieren konnte. Der Streit war offenbar abrupt abgebrochen.

Giotto zwinkerte ihm keck zu als er ihm ebenfalls einen wunderschönen, ausgeglichenen und ruhigen Morgen wünschte. Das einzige was Tsuna sich wünschte war spontan von der Couch gefressen zu werden.

“Du solltest etwas essen, sonst fällst du noch vom Fleisch. Oh und du solltest dein Wurfgeschoss wegstellen, ich weiß es war deine Tasse. Die von Xanxus hat ein kleines Kätzchen am Rand.”

Amicellis Gesicht ließ sich eigentlich nur mit ‘Absolut, einhundertprozentig entnervt’ beschreiben. Hätte er Giotto erwürgt, dann hätte Tsuna dafür Verständnis aufgebracht.

“Ihrsollteteuchnichtstreiten...” nuschelte er in sein Milchglas, aber Giotto lacht nur herzlich. Er war offiziell in einer Irrenanstalt gelandet.

Unruhig huschte sein Blick umher und er entdeckte Xanxus, der sich jetzt in einer erstaunlichen, stoischen Ruhe am Küchentisch niedergelassen hatte und an einer Tasse Kaffee nippte. Giotto grinste noch immer den Dunkelhaarigen an, der sich jetzt auf dem Sessel, der, wie Tsuna fand, viel zu nah an der Couch stand, niederließ und die gelbe Tasse, ohne Kätzchen, auf den Wohnzimmertisch stellte. „Ein Kätzchen, dass mal zum Nagelstudio müsste.“, meinte er und lachte. Tsuna glaubte das der Zwilling einen Witz gemacht hatte, auch wenn er ihn nicht verstand und stimmte deshalb in das Lachen mit ein, was Amicelli nur noch lauter Lachen ließ. Giotto blieb still, Tsuna glaubte aus den Augenwinkeln zu sehen, dass er die Augen verdrehte, wollte sich dafür aber nicht verbürgen.

Er schreckte zusammen, als sich plötzlich eine Pranke von Hand aufs eine Schulter legte. „Hast ‘nen klasse Humor, Kleiner.“, meinet Amicelli noch immer lachend. Tsuna hatte auf einmal das dumpfe Gefühl, dass er wohl der erste Mensch seit langer Zeit war, der über einen von Amicellis Witzen gelacht hatte.

“Du musst nicht lachen, wirklich nicht. Seine Witze fallen schon unter seelische Grausamkeit.” erklärte Giotto und kassierte damit einen schnellen, heftigen Schlag gegen die Stirn. Tsuna lächelte gekünstelt. Also war er nun auf Amicellis guter Seite und Giotto hatte seinen Respekt für ihn verloren. Das war okay, damit konnte er leben. Immerhin war er es gewohnt, dass niemand Respekt für ihn hatte.

“Hör nicht auf ihn. Giotto besitzt einfach keinen Humor. Weißt du, in einigen Kulturen gilt das als Charakterfehler.”

“Und in andern gilt schlechter Humor als Geisteskrankheit.” erwiderte der Blonde und streckte ihm die Zunge raus. Wie schon so oft bekam Tsuna das Gefühl irgendwas verpasst zu haben. Er war eine Station zu früh ausgestiegen und nun redeten alle von der Endstation, nur er stand im Regen. Ohne Schirm.

Tsuna versuchte sich dumpf an die Prospekte der Schule zu erinnern, die seine Eltern ihm gezeigt hatten, kurz bevor sie entschieden hatten, dass er herkommen sollte. Was stand gleich darauf? ‚Unser hochkompetentes Lehrpersonal und unsere wohlerzogenen Schüler werden ihren Kindern ein gutes Vorbild sein.‘ oder so etwas in der Art. Ja... Ausgezeichnet erzogen. Er hatte hier gerade das beste Beispiel für Kindergartenspielchen vor Augen und nicht nur, dass die beiden Parteien dabei wesentlich älter waren als er selbst, nein Tsuna hatte sie vor dieser überraschenden Wendung der Ereignisse sogar respektiert, ja sogar bewundert. Das Gefühl in einen schlechten Film geraten zu sein, wurde langsam immer stärker.

„Tch. Tsuna hat ganz sicher einen besseren Humor als du. Du bist humorlos, seit du auf die Highschool gekommen bist, Herr Klassensprecher. Nicht mal der Homo erectus, bringt dich noch zum Lachen, du Spießer.“, erwiderte Amicelli beleidigt und verschränkte die Arme vor der Brust.

Tsuna musste erneut lachen, nicht aufgrund des peinlichen Witzes, aber wegen der geradezu absurden Unterhaltung, die da vor seinen Augen ablief. Diese verdammten Broschüren, genauso gut hätten sie Märchenbücher verteilen können.

“Ich bin halt älter als 13. Leute werden erwachsen und... tun... erwachsene Dinge... Jetzt hör schon auf mich so anzusehen. Miiceeeee...guck mich wieder an.” Giotto schob seine Unterlippe nach vorne, was Amicelli nur dazu brachte seinen Kopf wegzudrehen. “Jetzt sei keine beleidigte Leberwurst! Miiiiceeeeee... Guck mich an sonst kitzel ich dich, ich weiß wo du kitzelig bist!” Ein weiteres ‘Hmpf’ brachte ihn dazu aufzuspringen und sich auf seinen Gegenüber zu stürzen.

Tsuna drehte sich hilfesuchend in Richutng von Xanxus dessen Gesischtsausdruck verriet, dass er sich nichts sehnlicher wünschte als ein Einzelkind zu sein.

Er konnte ihn verstehen, wirklich verstehen. Er aß sein Brötchen so schnell er konnte, dann sprang er von seinem Sitz auf und schnappte sich seine Schultasche. Irgendwie würde er den Weg zur Schule schon alleine finden. Ja. Es war sicher ganz einfach, unter dem lauten Gegluckse von Amicelli, stahl er sich zur Tür und hatte diese gerade geöffnet, als er eine andere Präsenz in seinem Nacken spürte. „Ich begleite dich.“, meinte eine dunkle, ihm bekannte Stimme, die ihm gestern auch die Dorm-Regeln vorgetragen hatte und drängte ihn fast gewaltvoll hinaus ins Freie. Tsuna konnte nicht leugnen, dass er darüber zwar einerseits sehr froh, aber andererseits auch sehr verängstigt war. Mit Xanxus, allein. Das war etwas wonach er nicht gerade strebte.

Verängstigt verschwand Tsuna geradezu zwischen seinen Schultern, so hoch hob er sie und nur sehr vorsichtig sah er zu dem Größeren. Alles war okay, sie waren hier auf einer öffentlichen Straße und alles war gut beleuchtet. Es gab nichts zu befürchten! Er würde hier leichten Smalltalk führen und ganz nebenbei sogar den Schulweg erfahren, wirklich alles war gut.

“Könntest du es verstehen wenn ich ihn absteche und seine Leiche in einem Fluss versenke?”

Ja... Smalltalk... Was man halt so auf offener Straße besprach. Allerdings...

“Ja, das könnte ich verstehen... auch wenn er natürlich sehr nett scheint und i..ich niemanden be-beleidigen möchte!” stottere er schnell heraus und hielt abwehrend seine Schultasche zwischen sich und Xanxus.

„Gut zu wissen, wirklich gut zu wissen.“, knurrte Xanxus zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und ballte seine Faust, entspannte sich dann jedoch ganz plötzlich wieder. Er lächelte nicht, aber Tsuna fand, dass das zumindest ein Anfang war und wagte es, sich jetzt auch selbst wieder etwas zu entspannen. Seine Augen ruhten halb auf dem Weg und halb auf Xanxus, der jetzt, da er sein Lieblingsthema schon verbraucht hatte, offenbar auf dem Schlauch stand und nicht wusste, was er sagen sollte.

Tsuna überlegte einen Moment, dann fragte er: „Go... Gokudera, wo ist er? Ich hab ihn heute noch nicht gesehen...“, erneute Spannung kroch in Xanxus‘ Gesicht, „Er wollte mir zeigen, wo der Tempel ist.“, versuchte Tsuna kleinlaut zu erklären. „Und nach dem was eben geschehen ist, will ich lieber keinen der Anderen fragen.“, erklärte er ruhig.

Xanxus grummelte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart bevor er sich räusperte und in einer Lautstärke sprach, die für das menschliche Gehör wahrnehmbar war.

“Wir haben Mittwoch. Er hat wohl Clubaktivitäten. Einige sind vor der Schule. Wenn du Pech hast landest du auch in einem.”

Eine erdrückende Stille erfüllte den Raum zwischen ihnen und Tsuna versuchte sich nicht zwanghaft mit Gräsern, Ampeln und Pflastersteinen davon abzulenken mit wem er hier redete. Nana hatte gesagt, man musste sich seiner Angst stellen.

“Ah... Ach so... also...”

“Ist das mit dem Tempel wichtig?” Xanxus klang launisch, schien aber so was wie ein Angebot zu machen, zumindest betete er das er es sich nicht nur einbildete.

Tsuna überlegte einen Moment, bevor er den Kopf schüttelte. „Nicht so wichtig nein. Ich kann es mir andermal zeigen lassen, wenn wir mehr Zeit haben. Ich... Ich hatte heute schon genug Unglück. I...Ich m... muss nicht auch noch zu spät kommen, an meinem ersten Tag, mein ich.“, sagte er beschwichtigend und fand, dass das fast diplomatisch klang. Seine Antwort war so unklar, dass sie alles bedeuten konnte, also konnte Xanxus sich angesprochen fühlen oder nicht und er musste nicht um sein Leben fürchten. Irgendwie beruhigte ihn das. In Zukunft würde er nur noch solche Antworten geben, beschloss er in Gedanken und blickte zu dem Dunkelhaarigen auf.

Sein Gesicht war noch genauso mürrisch wie vorher. „Er ist ganz in der Nähe vom Dorm. Ich zeig ihn dir auf dem Rückweg.“, sagte er schnell und knapp, dann herrschte wieder Schweigen. Diesmal jedoch ein wesentlich Angenehmeres.
 

Der Schulgebäude sah genauso aus wie es auf den Broschüren ausgesehen hatte; Ordentlich, adrett, modern. Allerdings war Tsuna misstrauisch geworden nachdem er seine tollen Dormkollegen kennen gelernt hatte. Wahrscheinlich war das Gebäude ihn Wahrheit aus Esspapier gebaut.

Xanxus führte ihn in die Einganghalle welche gesäumt mit Spinden und Schülern, die sich wild durcheinander unterhielten, war. An der Seite waren einige Pinwände an denen Listen mit Klassen und Lehrern hingen, wie er beim Näherkommen bemerkte. “Such deinen Namen und dann melde dich immer Lehrerzimmer.” Xanxus zögerte. “Ich bin in der 3-E, wenn du Fragen hast... Wende dich besser an mich als an Süß und Knusprig.”

Ah... Tsuna verstand. Süß und knusprig war also irgendeine Art Deckname für Giotto und Amicelli. Nach den Ereignissen heute Morgen konnte er diese Bezeichnung durchaus nachvollziehen. Xanxus Ratschlag hörte sich unter Anbetracht der Tatsachen sehr vernünftig an, auch wenn er dem Anderen noch nicht wirklich über den Weg traute... Irgendwann musste ja mal ein Anfang gemacht werden.

Tsuna nickte und brachte ein kleines, kurzes Lächeln zustande. „Das werde ich, danke schön, Xanxus.“, murmelte er und war erfreut, als Xanxus ebenfalls einen eher neutralen Gesichtsaufdruck aufsetzte. Das kam ja beinahe einem Lächeln gleich. Tsuna verbeugte sich dann, höflich wie er war und suchte zunächst, wie Xanxus ihm geraten hatte, das Lehrerzimmer auf, dass er, nach einigem Durchfragen auch fand. Als er davor stand und Klopfen wollte, drangen, ganz überraschend laute Stimmen daraus. Schon wieder ein Streit? Yiiih, was war das nur für eine Schule?

Der Anblick der sich ihm bot war Gold wert, und wenn nicht Gold, dann zumindest ein paar herzliche Kopfschläge gegen die nächstbeste Wand. Vor ihm sah er eine junge Frau mit Hochsteckfrisur und Brille die einem älteren Herren im Kittel ein Klassenbuch über den Schädel gezogen hatte.

Langsam ging Tsuna so unauffällig wie möglich rückwärts, doch bevor er die Tür schließen konnte hatte die Frau schon in seine Richtung gesehen und richtete, freundlich dreinschauend, ihren Haarknoten.

“Ich...ich soll... mich hier melden wurde mir gesagt...Ich bin Tsunayoshi Sawada.” spulte er schnell wie vom Tonband ab und augenblicklich wurde ihm bewusst, dass es nur eine Person geben konnte, die seine Klassenlehrerin war und zwar diese Dame. Jemand der einen Schularzt niederschlug und einen leicht geistig verwirrten Eindruck machte?

Ja, hier konnte er nur richtig sein.

Die Lehrerin packte den, offenbar noch benommenen, Schularzt resolut am Oberarm und zog ihn mit sich zur Tür, dort angekommen, schmiss sie ihn förmlich hinaus und machte eine erneute drohende Geste mit dem Klassenbuch, sagte aber nichts.

Ihr angespanntes Gesicht löse sich augenblicklich und sie lächelte so freundlich, wie sie nur konnte, ja sie strahlte fast, trat dann zur Seite und bat Tsuna nach drinnen. Dieser kam dem Hinweis schnell nach und setzte sich im Inneren auf einen Stuhl. „Tsunayoshi, also...“, sagte sie und schlug die eben noch benutzte Mordwaffe auf, um hineinzublicken. „Ah, natürlich, der Neuzugang, herzlich willkommen an unserer Schule, Tsunayoshi.“, sagte die Lehrerin freundlich und setzte sich ihm gegenüber. „Frau Oregano, ist mein Name, ich freue mich, dich kennenzulernen.“ Sagte sie freundlich und streckte ihm die Hand entgegen.

Ah also eine Europäerin, dachte sich Tsuna als er schüchtern den Handschlag erwiderte. “Ähm...ja... Es freut mich auch sie kennen zulernen. Das ist alles sehr... aufregend hier...”

Oregano zwinkerte ihn zu. “Du musst nicht nervös sein. Die Schüler sind alle sehr nett, nur vor dem Schularzt musst du dich in Acht nehmen. Warst du schon in deinem Dorm? Du bist doch bei unserem Schulsprecher.”

Tsuna nickte und insgeheim wünschte er sich aus tiefster Seele das es anders war. Aber wahrscheinlich hätte er es noch schlimmer treffen können. “Ja, glaube ich. Wenn sie Giotto meinen, dann ja.” Oregano nickte, während sie die Notizen in seiner Schulakte überflog.

“Das ist sehr gut, er ist ein gutes Vorbild. Erwachsen, befolgt die Regeln, intelligent, du kannst nur von ihm lernen.” Urplötzlich bekam Tsuna Zweifel an der Kompetenz seiner Klassenlehrerin und es gab nichts was den Umstand besser machen konnte. “Warte hier einfach noch einen Moment, ich habe jemanden beauftragt dich hier abzuholen, er sollte jeden Moment hier sein. Deine Klasse ist übrigens die 2-F, du wirst es mögen. Meine Schüler sind so zuvorkommend.”

Tsuna nickte und da er sich selbst als störend empfand, stellte er sich in eine Ecke, neben ein Regal und wartete dort, mit der Schultasche ins einer Hand. Er versuchte möglichst unauffällig zu sein. Er wusste zwar nicht, was genau seine Lehrerin so aufgebracht hatte, aber eins wusste er, nämlich dass er mit der Mordwaffe Klassenbuch nichts zu tun haben wollte und sie deshalb auch nicht weiter nerven wollte. Es dauerte auch nicht mehr lange, da wurde die Tür zum Lehrerzimmer aufgerissen und ein ohrenbetäubendes: „VOOOOOOOOOOOOOOOOOOIIIII. Wo ist der Kerl!?“, war zu hören. Tsuna schrie erschrocken auf, während sich Frau Oregano die Hand an die Brust hielt, so sehr hatte sie sich erschreckt. „Squalo, also wirklich.“, schalt sie ihn und schüttelte entsetzt den Kopf, nachdem sie ihre Gesichtszüge wieder unter Kontrolle gebracht hatte. „Sei doch etwas leiser.“

Squalo war augenscheinlich ein junger Mann mit kurzen silberfarbenen Haaren, die den erstaunlichen Eindruck machten eine Windböe würde sie fließen lassen. Ein Anblick der nur von dem Erscheinungsbild seiner wild gebleckten Zähne zu überbieten war. Eine gewisse Ähnlichkeit zu einem psychopathischen Massenmörder war dabei nicht von der Hand zu weisen. Tsuna entschied, dass nun der ultimative Moment gekommen war, die geheime Technik des ‘In die Wand absorbiert werden’ zu erlernen.

“VOOOOOOIIIIII, wieso sollte ich?! Sie haben mich doch SELBER gebeten den abgefuckten Knirps mitzunehmen damit diese Pussy sich nicht in der Schule verläuft.” schrie er mit einer beeindruckenden Lautstärke. Die anderen Lehrer gingen ihren Arbeiten weiter nach, während Oregano resignierend seufzte.

“Er steht hinter dir. Tsunayoshi, dies ist Squalo, ich bin sicher ihr werdet gute Freunde werden...”

Absorbiere.

Absorbiere!

ABSORBIERE!!!

Squalos Kopf wandte sich so schnell, so dass es für Tsuna aussah, als würde er eine 180 Grad Drehung machen, etwas erschrocken schluckte er und drückte sich so fest gegen die Wand hinter sich. Wieso war er kein Chamäleon? Wieso konnte er nicht einfach die Farbe der Wand annehmen? Er hörte sein Herz in den Ohren schlagen, als Squalo sich ihm ganz zuwandte und ihn wie ein verrückt gewordener Mörder angrinste und auf ihn zutrat.

Als er seine Hand hob, hob Tsuna zum Selbstschutz seien Hände vor sein Gesicht, so dass er nur noch zwischen den Armen hindurch blicken konnte, zumindest wenn er die Augen wieder öffnete. „Nein!“, brachte er atemlos hervor, doch der erwartete Schlag oder Messerstich kam nicht. Stattdessen hörte er Squalos durchdringende Stimme: „Hey, Neuer! Sei keine verfickte Pussy und gib mir deine scheiß Hand!“

Verblüfft schielte Tsuna zu ihm hoch und bevor er regieren konnte hatte Squalo sich schon seine Hand gekrallt und schüttelte sie so heftig, dass sein Arm für einige Momente taub wurde.

“Ha...Hallo...” würgte er hinter dem Kloß in seinem Hals hervor und es war ihm nicht einmal möglich sich dagegen zu wehren sofort aus dem Lehrerzimmer heraus mitgezogen zu werden. Andere Schüler die auf dem Gang standen warfen ihm mitleidvolle Blicke zu, wurden aber augenblicklich von Squalo angekeift, welcher so viel redete und fluchte, dass Tsuna Probleme hatte ihm zu folgen.

“Bist verfickt spät dran für ‘nen Schulwechsel.” sagte Squalo dann aus dem Blauen heraus, nachdem er ein paar weitere Schüler zur Schnecke gemacht hatte.

„Yiiih. Das tut mir Leid.“, sagte Tsuna leise. Er hatte das Gefühl sich entschuldigen zu müssen. Squalo jagte ihm so viel Angst ein. Er konnte die Schläge, die sein Herz machte schon gar nicht mehr zählen. Seine Finger fühlten sich taub an, denn Squalo hatte einen unglaublich festen Händedruck.

Er hörte das Lachen des Weißhaarigen und wurde von ihm näher herangezogen, bekam schließlich sogar den Arm des anderen auf die Schulter gelegt. „Jetzt sei mal nicht so ein verfickter Angsthase. Du musst echt nicht schüchtern sein. Ich stell dich vor!“ gab Squalo lautstark zu hören, zog Tsuna eine Treppe hinauf und bog dann links in einen Gang ab. An einem Schild über der Tür, sah Tsuna die Klassenbezeichnung 2-F. Squalo riss die Schiebetür zu eben jenem Zimmer auf. „Hey! Alle mal herhören! Wir haben einen neuen Schüler! Das ist...“. Er schien nach dem Namen zu fischen, den er nur kurz gehört hatte. „Ach verfickt nochmal! Sag es selbst!“ meinte er und schob Tsuna vor.

“Äh...ich...ich bin Tsunayoshi Sawada...” stammelte er hervor und lief unter den versammelten Augen der Klasse knallrot an. Wie war das noch gleich? Er wollte Würde ausstrahlen und den anderen zeigen, dass er ein vollwertiges Mitglied ihrer Gemeinschaft war. “Ihr...ihr könnt mich a...aber Tsuna nennen....”

An der Würdensache würde er wohl noch arbeiten müssen.

Die Klasse begrüßte ihn vereinzelt mit ein paar Hallos bevor sich alle wieder ihren eigenen Dingen widmeten. Scheinbar wurde er nicht für voll genommen. Wie ein Ritter in glänzender Rüstung wirkte Gokudera daher auf ihn, als er ihn zu sich hinwinkte. Einer Aufforderung die Tsuna nur zu gerne nachkam. Die Tatsache, dass Squalo ihm folgte, gab seiner Erleichterung jedoch einen gewissen Dämpfer.

„Yo Tsuna! Da bist du ja!“, rief er erfreut aus, packte den braunhaarigen Jungen am Handgelenk und zog ihn auf den Platz neben sich. „VOOOOOIII! Das ist mein verfickter Platz!“ protestierte Squalo lautstark, doch Gokudera schubste einfach seine Sachen von der Bank. „Sorry Squalo, setz dich hinter mich.“, meinte Gokudera grinsend, deutete mit dem Daumen nach hinten und wandte dann seine Aufmerksamkeit wieder Tsuna zu, dem jetzt schon wieder der Atem stockte.

Wie konnte Gokudera diesen Typen nur so behandeln? Sollte er keine Angst vor ihm haben? „Oregano, die dumme Kuh, ich hatte sie extra gebeten, dass ich dich abholen darf und dann hetzt sie dir diesen Typen auf den Hals, nur weil sie ihre Brille nicht aufhatte. Mann...“, grummelte er unzufrieden und legte ihm kumpelhaft die Hand auf die Schulter. „Sorry, ich hatte vergessen dass ich Training habe, Giotto hat mich raus gescheucht, sonst wär ich trotzdem gekommen.“, entschuldigte er sich, während Squalo hinter ihnen lautstark einen Schüler von seiner Bank vertrieb und sich dessen Stuhl einverleibte.

“Schon...Schon okay Gokudera. Xanxus war so nett mich zur Schule zu bringen.” Hinter ihm fing Squalo hysterisch an zu lachen und Gokudera strafte Squalo mit einem Augenrollen. Tsuna konnte verstehen warum Squalo lachte, er fand die Vorstellung selber absurd, aber es war nun mal so gewesen.

“Wie... sonderlich... nett von ihm. Aber ich sag ja, er kann ganz okay sein.” Irritiert nickte Tsuna und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als ein Baseball durch die Fensterscheibe flog. Die Splitter bedeckten den Boden knapp vor seinen Tisch wie ein Schneegestöber die winterliche Landschaft. Der Ball drehte sich langsam kreiselnd auf dem Boden und wenn er nicht sehr unter Wahnvorstellungen litt, dann kräuselten kleine Rauchsäulen an seinen Seite hoch.

Tsuna starrte den Ball entsetzt an, fast so als würde er jede Sekunde explodieren, aber nichts geschah. Stattdessen war wenige Momente später ein lautes Lachen von der Tür zu hören, dem Tsuna sich zuwenden musste. Die Stimme der lachenden Person war derartig durchdringend und laut, dass man mit Ignoranz nicht weit kam. Im Türrahmen entdeckte er einen großgewachsenen, schwarzhaarigen Jungen in einem Baseballoutfit, der sich peinlich berührt am Kopf kratzte. „Ahahahahahaha, sorry.“, meinte dieser, lief schnurstracks durch Zimmer und hob den Ball auf und ließ ihn in seine Tasche verschwinden. „Hey! Dich kenn ich ja gar nicht!“, sagte er dann und wandte sich an Tsuna. „Du Baseball-Idiot!“, schimpfte dieser zu ihm, bevor er sich wieder Tsuna zuwandte. „Ignorier ihn am besten, mit dem willst du nichts zu tun haben.“, meinte er abwertend.

Der Braunhaarige sah von Gokudera, zu dem Neuen und wieder zurück. Irgendwie war hier eine seltsame Spannung in der Luft und er hatte Probleme sie richtig einzuordnen. Sonderlich zu mögen schien Gokudera den anderen ja nicht.

“Ähm...hi... Ich bin neu, ich bin Tsuna.” stellte er sich trotz des Ratschlags vor und sogleich wurde seine Hand erneut geschüttelt. War er wirklich noch in Japan? Was war nur mit all dem Händegeschüttel? Tsuna kam das ganze unheimlich vor.

“Ah, das ist super! Ich bin Yamamoto! Gokudera und ich sind BFFs! Sicher hat er schon von mir erzählt! Spielst du Baseball?”

Vollkommen überfordert starrte Tsuna ihn an und das einzige was er rausbringen konnte war ein fassungsloses: “Beh Äf Äfs?”

„Na Buddies! Du verstehst schon! Ahahahaha!“, sagte Yamamoto und lachte wieder so, dass Tsuna sich am liebsten die Ohren zu halten wollte. „Baddies?“. Tsuna war alles, aber keine Leuchte in Englisch. „Wie? Was?“, fragte er an Gokudera gewandt, der mit den Augen rollte. „Hör einfach nicht auf ihn. Er hat keine Ahnung was abgeht. Ist total wirr im Kopf, Gehört eigentlich in eine Zwangsjacke.“, erklärte Gokudera abwertend und Tsuna konnte nicht anders, als hm das so zu glauben, wie er es gesagt hatte, da er Yamamoto tatsächlich für ein wenig geistig verwirrt hielt, so wie er hier auftrat. „Seid ihr schon Freunde, Gogo? Mann! Ich will auch! Hey, Tsuna! Ab jetzt bist du auch mein Buddy!“, sagte der Baseballer erfreut und grinste die beiden Sitzenden breit an.

Baddie... Baddie... Gott Tsuna kannte das Wort... Natürlich! Entsetzt eröffnete sich ihm wovon Yamamoto sprach: Body! Körper! Es war eine der wenigen Vokabeln, die Tsuna gelernt hatte. Dieser Yamamoto wollte seinen Körper! Deshalb benahm er sich wie ein Wahnsinniger!

Tsuna kannte sich aus! Er hatte genügend Science Fiction Filme gesehen in denen Aliens die Körper von armen kleinen Jungen übernommen hatten um sich zu tarnen. Ja! Er kannte sich wirklich aus und deshalb fand Tsuna es vollkommen angebracht aufzuspringen und soweit wie es nur möglich war nach hinten zu stolpern, bis er gegen Squalo stieß.

“Du bekommst meinen Körper nicht!” quiekte er dermaßen hoch, dass seine Stimme erstaunlich sehr wie die eines Mädchens klang.

„Wer würde dieses schmächtige Ding denn auch haben wollen, jetzt bild‘ dir mal nicht so viel ein!“, meckerte Squalo hinter ihm, der Tsuna jetzt ein ganzes Stück von ihm wegschob, da er ihm auf den Fuß getreten war. „Verfickt nochmal! Ich hatte die Schuhe gerade geputzt!“, meckerte er und betrachtete sich seine schwarzen Ledertreter, die jetzt schmutzig waren. „Ent... Entschuldigung!“ quietschte Tsuna und stolperte wieder nach vorn. Tsuna konnte kaum sagen, wie sehr er sich jetzt Xanxus an seine Seite wünschte, alles war besser als diese Verrückten. Seine ganze Klasse machte ihm Angst, zumal alle, bis auf drei Leute ihn für verrückt hielten. „Er meint, dass ihr jetzt Freunde seid. Der Baseball-Idiot ist Amerika-Fan. Und ist zu dumm, um sich japanische Wörter zu merken.“, sagte Gokudera, noch immer augenrollenderweise. Er schien allerdings nicht über Tsuna so entsetzt zu sein, sondern eher über Yamamoto, der noch immer vor ihrem Tisch stand und dümmlich lachte.

“Ah... Ach so...” nun kam er sich wirklich dumm vor, noch dümmer als sonst, aber zumindest schien er keine Angst mehr um seinen Körper haben zu müssen. Das war eine Art Fortschritt. “Ich bin.... Gerne? Dein Freund...Yamamoto.”

Eigentlich war das einzige was er nun wirklich gerne tun wollte, schnellstens nach Hause zurück zu kehren und sich dort von seiner Mutter mit Kekse und heißem Kakao trösten zu lassen. Heute Abend musste er wohl eine langes Telefonat führen um den seelischen Schock wieder loszuwerden.

Das Läuten der Schulglocke, die den Anfang der ersten Stunde bedeute, klang in seinen Ohren schöner als jede Liebeserklärung der Welt. Dann wurde ihm bewusst, dass er seine klassenbuchschwingende Lehrerin wiedersehen würde und ein mulmiges Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus... Aber es war definitiv das kleinere Übel.
 

Fortsetzung folgt

2 April: Nachmittags

Serie: Reborn!

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS

Pairings: Hibari/Ryohei, ansonsten grundsätzlich noch offen; Wir sind auch noch offen für Vorschläge, das meinen wir vollkommen ernst. (Tsuna ist im übrigen auch noch nicht vergeben)

Autor: Allrenn und Antiana

Warnungen: AU, Crossover, (In späteren Kapiteln) Shonen-Ai, Speziell in diesem Kapitel: sehr viel schlechter Humor

Kommentar: Zunächst möchte ich noch einmal erwähnen: Wir schreiben hier zu zweit und hätten auch gern, dass das anerkannt wird.

Außerdem möchten wir unserer Kommentatorin danken. Wir haben uns sehr gefreut.
 

Panakeias Segen
 

2 April: Nachmittags
 

Tsuna musste feststellen dass der Unterricht bei Frau Oregano nicht so schlimm war, wie er anfangs vermutet hatte. Sie war eigentlich ganz nett. Offenbar hatte sie sich im Lehrerzimmer nur in einer Notsituation befunden, wenn er ganz ehrlich war, hatte der Mann im Kittel auch sehr verdächtig ausgesehen. Mal ganz davon abgesehen, dass er die Schule hasste, verlief sein erster Schultag mehr oder weniger glimpflich. Als Neuer hatte er wohl noch Schonfrist. Glücklicherweise.

Am Ende des Schultages, Tsuna war gerade dabei seine Sachen zusammen zu packen, klingelte Gokuderas Handy, und der Weißhaarige Junge blickte etwas verwirrt auf das Display. „Huch... Wir müssen unseren Tempelbesuch verschieben. Giotto hat Order gegeben, dass wir gleich ins Dorm zurückkommen.“, erklärte er Tsuna und vom Nachbartisch, war ein dümmliches Lachen zu hören. „Voll schade. Ich wollte was Cooles mit euch machen.“.

“Oh wie Schade.” sagt Gokuderas Mund, sein Gesicht sprach aber ganz andere Töne. Da dieses ‘Coole’ wahrscheinlich etwas mit Baseball zu tun hatte, teilte Tsuna Gokuderas Begeisterung. Sport war wirklich noch nie sein Ding gewesen. Die Wahrscheinlichkeit verletzt zu werden oder sich zu blamieren war für seinen Geschmack nämlich viel zu hoch.

“Wir können das ja ein andern mal nachholen. Ich bin sicher was auch immer Giotto will ist sehr wichtig.” sagte Tsuna ausweichend. Yamamoto lachte nur wieder so laut das es Tsuna beinahe einen Herzinfarkt bescherte. Wenn er dieses Jahr überleben wollte, würde er starke Beruhigungstabletten brauchen.

Ob für sich oder seine Klassenkameraden wusste er aber noch nicht.

Er war froh als Gokudera ihn einfach schnappte und nach draußen zog. Außer einem kurzen Bye und einem dümmlichen Lachen war von dem anderen dann nichts mehr zu hören. Squalos Protestrufe hörte man noch etwas länger, aber auch diese verebbten, als sie die Treppe hinunter gingen. Vor den Schuhregalen hielt Gokudera an, auch Tsuna nahm seine Straßenschuhe aus der Schublade und zog sie an, dann ging er unbeirrt schon einmal nach draußen. Gokudera folgte ihm und führte ihn zur U-Bahn-Station. Tsuna hatte schon am Morgen versucht sich den Weg zu merken, aber mit Xanxus im Nacken war das relativ schwierig gewesen, jetzt fiel es ihm wesentlich leichter.

Er atmete auf, als sie endlich dem erdrückenden Schatten der Schule entkommen waren und genoss die blumige Luft, die ihm entgegen strömte, als sie den Blumenladen passierte. „Hat Giotto denn gesagt, was er will?“ fragte er neugierig und betrachtete Gokudera von der Seite.

Augenblicklich legte sich ein düsterer Schatten auf Gokuderas Züge und Tsuna bereute es sofort nachgefragt zu haben. Vielleicht war es etwas Ernstes... Vielleicht war jemand krank geworden oder... Das Bild vom zufrieden grinsenden Giotto sprang ihm ins Gedächtnis und er verwarf seien Sorgen wieder. Für so etwas Dramatisches war es ganz eindeutig noch zu früh.

“Er hat gesagt... Er und Amicelli hätten etwas lustiges geplant um dich willkommen zu heißen.” die Grabesstimme passte nicht zum Inhalt des Gesagten und Tsuna wurde nicht wirklich aus dem Jungen schlau, der sich gerade eine Zigarette anzündete.

“Das klingt doch ganz nett... Oder nicht?”

Gokudera lachte trocken. Tsuna bekam das Bedürfnis etwas zu trinken und sah sehnsüchtig zu einem Getränkeautomaten. Als er wieder zu Gokudera blickte, nahm dieser gerade einen kräftigen Zug von seiner Zigarette. „Du kennst sie ja noch nicht so gut, aber wenn deine Willkommensparty nur halb so peinlich wird wie meine, wirst du spätestens in zehn Minuten bereuen, was du gerade gesagt hast.“, meinte er gelassen und zog erneut.

Tsuna wollte fragen, was genau ihn denn erwartete, aber da Gokudera so genervt aussah, schluckte er seine Frage herunter und versuchte stattdessen vom Thema abzulenken. „Dieser Yamamoto...“ Gokuderas Gesicht wurde bei der Erwähnung des Namens noch düsterer und Tsuna verkniff sich auch diese Frage. „Danke, dass du dich so um mich kümmerst.“, sagte er schließlich, um dem Schweigen aus dem Weg zu gehen.

Gequält lächelnd nahm Gokudera einen tiefen Zug von seinem Glimmstängel und stieß den Rauch durch seine Zähne nach draußen an die frische Luft. Der Rauch kräuselte sich gemächlich gen Himmel und Tsuna beobachtete ihn hustend.

“Hey mach ich echt gerne. Irgendwer muss dich ja vor diesen Irren beschützen. Glaub mir, sie mögen alle ganz nett sein, aber ich würde nachts nicht gerne alleine mit denen in einem Zimmer sein. Oder zusammen mit Amicelli und Giotto, das wäre wohl noch schlimmer.” er zwinkerte Tsuna zweideutig zu und begann wieder in seiner Tasche zu kramen. Nach einigem hin und her fischte er das lädierte Päckchen Zigaretten heraus und hielt es Tsuna hin.

“Auch eine?”

„N...Nein danke. Ich rauche nicht.“, stotterte Tsuna und schüttelte abwehrend den Kopf. „Außerdem kommt die U-Bahn gleich.“, fügte er mit einer Handgeste auf die elektronische Zeitanzeige hinzu und lächelte Gokudera dann freundlich an. „Was ist mit Giotto und Amicelli eigentlich. Sie... Ich dachte, also ich habe gehört, Giotto sei der Schulsprecher, aber so wie er sich heute Morgen verhalten hat, kann ich das nicht wirklich glauben. Ich meine... es war wie... Kindergarten.“, sagte Tsuna, der sich in Gokuderas Nähe jetzt endlich sicherer fühlte. Er hustete noch einmal, als Gokudera ihm seinen Rauch erneut ins Gesicht blies. „Das willst du nicht wirklich wissen, das kannst du mir glauben. Süß und Knusprig sind seltsam.“, meinte er seufzend.

“Wenn du sie getrennt erwischt sind sie ganz normal, man kann sogar intelligente Unterhaltungen mit ihnen führen, aber wenn sie zusammen sind... Dann ist es als ob ihre Wellenlängen ihre Gehirne gegenseitig beeinflussen. Und nicht zum Guten das kannst du mir glauben.” er drückte seine Zigarette gegen die Wand so dass sie erlosch und ließ den Stummel achtlos zu Boden fallen.

Tsuna konnte nicht bestreiten, dass es leichtes Unbehagen in ihm auslöste. Für achtloses Wegwerfen von Kippen musste man Busgelder zahlen, wenn man erwischt wurde.

“Also haben sie keine mentalen Krankheiten oder so von denen ich wissen sollte? .... Ich bin gerne vorgewarnt...” fragte er schüchtern lächelnd.

„Nein, nicht das ich wüsste. Sie sind eigentlich ganz in Ordnung nur eben manchmal total beschränkt. Ab und zu kann ich Xanxus wirklich verstehen. Ich wäre wohl auch wie er, wenn ich so jemanden zum Bruder hätte.“, sagte er murrend. Ich weiß nicht an wem es liegt, dass sie ihre Hirne abschalten, wenn sie zusammen sind, aber es ist definitiv gruselig. Versuch es einfach zu vergessen. Und zu ignorieren, sollte es dir wieder einmal unterkommen. Es ist der beste Weg damit fertig zu werden.“, schlug Gokudera vor und Tsuna beschloss sich an diesen Ratschlag zu halten. Er würde versuchen den Giotto, den er am ersten Tag kennen gelernt hatte im Gedächtnis zu behalten.

Gemeinsam mit Gokudera quetschte er sich in die U-Bahn, da so viele Schüler die Schule verließen war es ziemlich voll. Er stand neben Gokudera und atmete seinen Zigarettenduft ein, während er nachdenklich aus dem Fenster blickte. Was würde ihn wohl im Dorm erwarten?
 

Wieso hatte er nur gefragt...

Warum musste er sich nur Erwartungen machen, wenn die Chance damit auf die Nase zu fallen so phänomenal groß war?

Tsuna stand in der Tür und bewegte sich keinen Millimeter weiter vorwärts. Gokudera, der neben ihm im Türrahmen stand, hatte einen Gesichtsaufdruck drauf der deutlich schrie: ICH WUSSTE ES!

“Gokudera... Haben wir noch Zeit ganz langsam rückwärts aus der Tür der zu gehen und wegzulaufen?” fragte er mit von Hoffnung belegter Stimme. Fragen kostete ja nichts und er wollte wirklich nicht hier sein bei all den... Luftschlangen.... und Ballons.... und den Partyhütchen...

“Es tut mir leid, aber ich glaub dafür ist es bereits zu spät. Sie haben uns gesehen.” antwortete Gokudera mit einem Tonfall der Steine zum Weinen hätte bringen können.

Tsuna schrie erschrocken auf, als Giotto ihn überschwänglich in die Arme nahm und drückte und ihm ein freudiges „Herzlich Willkommen an der Namimori-Highschool!“ ins Ohr brüllte. Als er ihn wieder los ließ, zog er eine goldene Papierkrone hinter seinem Rücken hervor und setzte sie Tsuna auf den Kopf, während er Gokudera mit dem Gummi eines Papphütchens quälte, bis dieser schließlich nachgab und ihn sich aufsetzen ließ. „Hah. Die Überraschung scheint geglückt.“, sagte Giotto erfreut, legte seine Hände auf Tsunas und Gokuderas Rücken und schob sie nach drinnen, hinein in die Hölle. Die restlichen Bewohner des Dorms hatten sich auf der Sitzecke im Wohnzimmer eingefunden, aber keiner von ihnen, machte einen so fröhlichen Eindruck wie Giotto, der strahlte wie eine kleine Sonne.

Amicelli saß mit überschlagenen Beinen in einem Sessel und aß irgendwelche Süßigkeiten und Xanxus... Tsuna wagte es kaum ihn anzublicken.

“Lach und du wirst es bereuen.”

Tsuna lachte nicht. Nein, das war mit Sicherheit das letzte was er tun würde und so wie die andere aussahen war ihnen auch nicht zum Lachen zu Mute. Giotto nahm Drogen. Vorher war er sich noch nicht so sicher gewesen, aber nun könnte er seinen rechten Arm darauf verwetten.

Schweigend ließ er sich neben Xanxus nieder, der damit begonnen hatte ausgesprochen lustlos einen Zahnstocher zu kauen, der vorher ein Teil des Käseigels gewesen war. Der Käseigel besaß keinen Klopf mehr und Tsuna hatte das Gefühl, das es ihm nicht anders ergehen würde, wenn er etwas Falsches sagte.

“Alsoooo...” rief Giotto hochmotiviert als er mit einem Tablett voller quietschbunter Getränke wieder gekommen war. “Worauf habt ihr Lust? Sackhüpfen? Topfschlagen? Wir haben sogar frische Eier fürs Eierlaufen!”

„Übertreib es nicht.“, zischte Xanxus so ausdrücklich und gab Giotto einen Blick, der jeden normalen Menschen dazu bewegen würde um sein Leben zu flehen, aber Giotto schien davon unbeirrt. „Naja.. Dann spielen wir ‚Ich packe meinen Koffer‘ oder wie wäre es mit dem Spiel wo man Schokolade essen muss, mit Handschuhen und Schal? Was denkst du, Mice?“ fragte er den Anderen, der jetzt auf einem Schokoladenröllchen herum kaute. „Frag doch Tsuna. Ich bin sicher er kennt ein paar tolle Spiele. Spiele mit Niveau.“, meinte er, verdrehte die Augen, dann jedoch begann er zu lachen und Tsuna ahnte schon, dass das wieder einer seiner Scherze war, die niemand verstand.

Tsuna dachte angestrengt nach. Seit seinem letzten Kindergeburtstag waren schon einige Jahre vergangen und er bezweifelte auch stark das irgendwer außer Giotto wirklich an spielen interessiert war, aber Giotto macht den Eindruck das er eine Antwort wollte. In seinen Augen lag so ein Funkeln, dass Tsuna nicht richtig einordnen konnte und deshalb als spontanen Anfall von Wahnsinn einstufte.

“Naja wir haben Zuhause bei solchen Partys... Immer nur Flasch-Ich mein wir haben nichts gespielt. Irgendwer hat Brettspiele mitgebracht und dann haben wir uns damit unterhalten. Ganz normal halt...”

Das war immerhin zum Teil wahr.

„Hach, wie langweilig. Brettspiele und reden? Ich dachte wir spielen zumindest Stift in die Flasche.“, erwiderte Giotto enttäuscht und setzte sich jetzt, etwas ruhiger, auf das Sofa. Amicelli schien zufrieden. „Das verschieben wir auf Silvester. Ich weiß ja, wie sehr du das Spiel magst.“, meinte er gespielt beschwichtigend. Tsuna stellte fest, dass er Mühe hatte nicht laut los zu lachen. „Wir haben April! Bis Silvester ist es noch so lange und letztes Jahr, da hast du dich die ganze Zeit gedrückt.“, sagte Giotto. Im Gegensatz zu Amicelli wirkte ernst und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ja, ich hab mich gedrückt, aber nur vorm Stift in die Flasche.“. Der Satz stand ein paar, ewig lang erscheinende Sekunden unkommentiert im Raum, dann begann Amicelli so laut zu lachen, dass die Wände zu Beben schienen. Giotto schien in der Couch fast zu versinken.

Irritiert sah Tsuna von Giotto zu Amicelli und wieder zurück. Es war ein Witz, er war sich ganz sicher, dass es ein Witz sein sollte, aber er konnte den Witz einfach nicht erkennen. Neben ihm vergrub Xanxus sein Gesicht in seinen Händen und murmelte vor sich hin wie sehr er sich wünschte sein Bruder würde in Flammen aufgehen.

Ein gequältes Lächeln schlich sich auf Tsunas Lippen, zwar triefte es geradezu vor Mitleid, aber Amicelli schien es als Zustimmung aufzufassen.

“Bitte, Mice...” stöhnte der Blonde fast schon verzweifelt. “Lass die Witze. Ich glaub das hat gerade einen Teil meiner Seele getötet. Einen in der Größe des Mondes.”

“Was sind das für schöne... bunte Getränke?” streute Tsuna ein um das herannahende Schweigen schon im Vorweg zu unterbrechen. Es war ein kläglicher Versuch, aber immerhin ein Versuch.

Amicelli lachte noch immer und er bekam kaum Luft, als er erneut begann zu sprechen. „Weißt du Giotto, ich habe an Silvester meist Besseres einzustöpseln, als Stifte in Flaschen.“. Er presste sich die Hände auf den Bauch und lachte noch lauter. Tsunas trauriger Versuch abzulenken, ging in Amicellis Gelächter vollkommen unter.

Giotto machte jetzt der alkoholfreien Bloody Mary Konkurrenz, die vor ihm stand. Dass er das Glas in die Hand nahm und versuchte sich hinter dem quietsch gelben Papierschirmchen zu verstecken, machte die Situation weder für ihn, noch für Tsuna irgendwie besser. Es herrschte Schweigen, bis

Erleichtert sah Tsuna ihn an und versuchte die Welt um Xanxus und ihn herum vollkommen zu ignorieren. Besonders den Teil der Welt der den Witzbold beinhaltete.

“Oh es war... sehr aufregend. In meiner Klasse sind viele... Geisteskranke... Und meine Lehrerin scheint gewalttätig zu sein... da sie den Schularzt mit dem Klassenbuch verprügelt hat... Aber es war eigentlich ganz nett...”

Nach einigen zögernden Momenten schlug Xanxus Tsuna aufmunternd auf den Rücken, wobei er nicht bedachte wie schwächlich Tsuna war und ihn damit fast auf den Käseigel schleuderte.

“Du wirst dich dran gewöhnen.” Er redete nun etwas leiser, in einem fast schon resignierenden Tonfall. “Es könnte schlimmer sein, stell dir vor du würdest eine Klassenstufe über dir besuchen müssen.”

„Ja.. das wäre in der Tat wesentlich schlimmer, meinte Tsuna leise und bemerkte, dass sich jetzt auch Gokudera, der neben ihm saß, in das Gespräch drängte. „Wir sollten fliehen, jetzt. Sofort. Sie sind abgelenkt.“, schlug er flüsternder Weise vor und gestikulierte wild in Richtung Giotto, der noch immer versuchte sich selbst wieder von seinem Schock herunterzubringen. Tsuna war von der Idee Abzuhauen ganz angetan und nickte schnell. „Hilfst du uns, Xanxus?“, fragte er den Dunkelhaarigen, der daraufhin nickte. „Dir ist hoffentlich bewusst, dass das in einer Kamikaze-Aktion enden kann und wir dann sehr lange Stift in die Flasche spielen müssen, wenn es schief geht?“, fragte er. Tsuna fand, dass er fast geschmeichelt wirkte. Vielleicht hatte Tsuna ja an seinen Beschützer-Instinkt appelliert.

“Ich sage, das Risiko ist es wert eingegangen zu werden. Die Alternative besteht darin den restlichen Tag Amicellis Witze hören zu müssen UND von Giotto zu Kinderspielen gezwungen zu werden.” stachelte Gokudera und Tsuna nickte eifrig.

Es war durchaus überzeugend und ein Blick auf die beiden anderen bekräftigte seinen Entschluss.

So unauffällig wie möglich erhoben sie sich von der Couch während Amicelli noch immer lachte wie ein Berserker. Es schien zu funktionieren. Sie durften nur keine schnellen, fluchtartigen Bewegungen machen. Ein schneller Blick über die Schulter sagte Tsuna das zur Not auch noch ein Fenster offen stand. Sie waren im Erdgeschoss, nicht einmal er konnte sich bei so einer Höhe etwas tun, sollte er da herausklettern müssen.

Xanxus lief vorneweg, Tsuna in der Mitte und Gokudera am Ende der Reihe. Tsuna erinnerte das alles an die Olsen Bande, aber es schien zu funktionieren. Unter Amicellis Lachen und Giottos peinlich berührten Blicken, schafften sie es im Gänsemarsch die Treppen hinauf.

Tsuna hörte sein Herz bis in den Kopf schlagen, aber sie hatten es ja fast geschafft. Nur noch ein paar... „Tsuna? Wo bist du?“, Giottos Stimme von unten ließ ihn in Panik geraten. Ein erschrockenes „Yiiih!“, drang aus seiner Kehle und er spürte Gokudera, der ihn gegen Xanxus schubste, der wiederrum gerade dabei gewesen war seine Zimmertür zu öffnen.

Zu dritt stolperten sie in den Raum, fielen schließlich alle drei aufeinander und Gokudera war geistesgegenwärtig genug, mit dem Fuß die Tür zuzustoßen und sie zuzuhalten.

Ächzend tastete Tsuna nach seinen Rippen um zu sehen ob etwas gebrochen war bevor ihm wieder bewusst wurde wo er sich befand und erschrocken Xanxus Rücken anstarrte. Gokudera hingegen hatte es bereits geschafft sich aufzurappeln und den Schlüssel, der wie immer in Xanxus Schlüsselloch steckte, umzudrehen.

Erleichterung durchströmte ihn, als er das Klicken hört und zwei Hände packten ihn unter den Armen noch bevor er etwas anderes tun konnte.

“Da...Danke.” stieß er aus, nachdem er wieder auf beiden Beinen stand. Gokudera grinste ihn nur an.

“Kein Problem.” Ein tiefer Seufzer entkam seinen Lippen. “Boah wir haben es überlebt. Unglaublich.”

„Ja. Wir haben es, überlebt.“, erwiderte Tsuna erleichtert und legte seine Hand auf sein noch immer aufgeregt, pochendes Herz. Xanxus war für einen Moment vergessen und er erinnerte sich erst wieder an ihn, als er sich aufrappelte und sich sein bedrohlicher Schatten über sie legte. Erschrocken wich er zurück und stammelte ein aufgeregtes: „Entschuldigung.“, während er versuchte sich so weit wie möglich hinter Gokudera zu verstecken.

Doch Xanxus schien im Moment nicht einmal schlecht gelaunt. Sein Gesichtsausdruck war neutral und er betrachtete nur Gokudera etwas abschätzig. „Wenn ihr schon einmal hier seid, macht’s euch bequem.“, meinte er ruhig und setzte sich auf einen Designer-Stuhl, der vor einem kleinen Glastisch stand.

in wenig pikiert blickte Tsuna sich in dem Zimmer um. Es hatte denselben Schnitt wie sein eignes, aber es war bereits vollkommen möbliert und dekoriert. Das Bett war bezogen mit seidener, fliederfarbener Bettwäsche, die sich von dem schwarzen, polierten Bettgestell deutlich abhob. Der Schreibtisch war ebenfalls schwarz wie das Bett und der Schreibtischstuhl war aus schwarzem Leder. Tsuna bekam einen Eindruck davon, welche Farbe Xanxus wohl bevorzugte.

Vorsichtig ließ er sich auf einen rosafarbenen Sitzsack nieder, der vor dem Bett stand und den Eindruck machte nicht oft benutzt zu werden. Augenblick fühlte Tsuna sich noch ein ganzes Stück kleiner. Die ganze hochstylische Einrichtung schaffte dem Gefühl keinerlei Abhilfe.

“Du hast ein sehr... Schönes Zimmer...”

„Irgendetwas in diesem dämlichen Wohnheim muss ich mir ja schön machen.“, meckerte er desinteressiert und betrachtete Gokudera abschätzig, der sich den Stuhl vom Schreibtisch zum Tischchen schob und sich darauf niederließ und grinste, als wäre er ein König. Tsuna fand, dass er in dem großen Chefsessel sogar fast so aussah. Er lächelte ihm zu, dann wandte er sich an Xanxus. „Danke, dass wir uns verstecken dürfen.“, sagte er freundlich und lauschte dem Rascheln des Sitzsackes, als er sich bewegte.

Er fühlte sich fast geborgen hier. Xanxus‘ Zimmer war wesentlich freundlicher als er es sich vorgestellt hatte, von der Dartscheibe, in deren Mitte ein Foto von ‚Süß und Knusprig‘ prangte, einmal abgesehen.

“Es war zu meinem eignen Besten. Du hattest ja noch nicht das Vergnügen mit den beiden spielen zu müssen und du tust dein bestes daran, dass das auch so bleibt.” Ein düsterer Schimmer legte sich auf seine Züge. “Lass dich vor allem auf keine Runde Twister ein oder es werden sich dir Abgründe eröffnen die du nie wieder vergessen kannst.”

Nickend machte Tsuna es sich in dem Sack noch etwas bequemer und betrachtete interessiert die Dartscheibe. Xanxus schien Probleme damit zu haben den mittleren roten Punkt zu treffen, dafür hatten die beiden Abgebildeten zielsichere Löcher in ihren Schädeln.

“Wieso? Sind die beiden so gut darin?”

Xanxus und Gokudera tauschten einen Blick aus und schwiegen.

„Okay...“, sagte er verwirrt und klimperte mit den Augen.

Er kannte Twister, aber er hatte nicht einmal gewusst, dass man in diesem Spiel besonders gut sein konnte. Andererseits hatte er mal wieder das Gefühl irgendetwas falsch zu verstehen. Er wollte sich besser nicht weiter damit beschäftigen.

Er überlegte einen Moment lang, dann betrachtete er die Anderen beiden fragend.“ Die Beiden, sind sich sehr nah, oder?“, fragte er neugierig und betrachtete zunächst Xanxus, als der aber angewidert das Gesicht verzog, an Gokudera. „Sie sind Jugendfreunde, aber das ist alles, was ich weiß. Sie verhalten sich auch wie Kinder.“, erklärte Gokudera und stützte sie Hände auf die Armlehnen.

“Das hab ich schon bemerkt... Sie wirken sehr glücklich und sorglos. Muss schön sein so eine feste, unerschütterliche Freundschaft zu haben.” Seine Stimme klang nicht so überzeugt wie sie sein sollte, aber Tsuna fand, dass er schon gewaltige Fortschritte machte im überzeugend sein. Xanxus machte zu seinem Bedauern ein Gesicht als hätte er in eine Zitrone gebissen.

“Diese ‘Freundschaft’ ist vergleichbar mit einem Super GAU, schädlich, langanhaltend und sie frisst sich durch alles was es gibt, vor allem Nerven.” knirschte Xanxus unwillig und zog aus einer Schublade ein Feuerzeug -Tsuna hoffte zumindest das es trotz der Pistolenform eines war- und begann es zu polieren.

Er schluckte hart und lauschte in den Raum. Tsuna versuchte zu erhaschen, ob Giottos Schritte noch im Flur zu hören waren, konnte es aber nicht feststellen. Auch wenn Xanxus so weit okay war, ehrlich gesagt, wollte er sich nicht länger als nötig in seinem Zimmer aufhalten. Besonders dann nicht, wenn der Andere so gereizt war und Tsuna keine Gesprächsthemen einfielen. Etwas ratlos blickte er zunächst Gokudera an, dann sah er sich im Zimmer um, um vielleicht irgendein Hobby zu entdecken, über dass sie reden könnten, aber sein Blick fiel nur wieder auf das mögliche Feuerzeug in Waffenform. „Äh... Rauchst du?“ fragte er schließlich und versuchte interessiert zu klingen.

Xanxus sah ihn für einen Moment ungläubig an, bis sein Blick auf die Waffe in seiner Hand wanderte. Unschlüssig ob er lachen oder die Augen verdrehen sollte, entschied er sich dafür Tsuna einfach nur anzusehen und zu schmunzeln.

“Ich rauche nicht. Ich sammle...” ein erneuter Blick auf die Waffe. Langsam bekam Tsuna ein mulmiges Gefühl im Bauch. “...Feuerzeuge. Wie du gut erkannt hast.”

Vollkommen ungerührt von der seltsamen Stimmung im Raum griff Gokudera nach einer perfekten Abbildung einer Magnum und lies sie aufflammen. Irgendwie konnte Tsuna nicht bestreiten, dass er erleichtert war eine Flamme zu sehen.

“Das ist wirklich... Wirklich cool! Ich sammle nichts... Ich verliere nur Dinge.”

„Wir wissen alle, dass du ein Trottel bist und jetzt leg das sofort wieder hin, bevor du mit deinen Fettfingern da Schlieren drauf machst.“, knurrte Xanxus aufgebracht, langte über den Tisch und ergriff die echt aussehende Waffe mit dem Wischtuch und polierte sie gleich wieder sauber. Tsuna bemerkte, dass er diese Tätigkeit mit einer gewissen Hingabe ausführte. Erst als sie seiner Meinung nach, wieder ganz sauber war, legte er sie zurück auf ihren angestammten Platz und warf Gokudera einen Blick zu, der sagte, er solle das ja nicht noch einmal wagen. Tsuna hätte diesen definitiv nicht widersprochen, Gokudera jedoch nahm einen weiteren Revolver in die Hand und betrachtete ihn begeistert. „Der hat ja Sandelholzgriffe! Boah, guck dir das an, Tsuna!“, rief er begeistert und warf, ohne Vorwarnung, den Revolver in Tsunas Richtung.

Zielsicher schlug der Revolver gegen seine Stirn und augenblicklich konnte er kleine Sterne sehen die um seinen Kopf herum Schlittschuh liefen. Seine Stirn pochte, als hätte man direkt darauf geschossen, aber immerhin... Die Waffe lag in seinem Schoß also würde Xanxus ihn vielleicht nicht umbringen, weil er sein Eigentum schändlich behandelt hatte.

“Oh Tsuna! Das tut mir echt leid!” rief Gokudera erschrocken und stürzte sich sofort auf ihn um zu sehen ob er ernsthaften Schaden angerichtet hatte.

“Schon ok...” wimmerte der niedergeworfene Junge und drückte den Revolver fest an sich, damit ihm nichts passieren konnte. “Mein Kopf ist nicht so hart, ich glaub das Feuerzeug ist noch heil.”

Gokudera bekam augenblicklich, nachdem er sich wieder erhoben hatte, einen harten Schlag auf den Hinterkopf, so dass er taumelte und zur Seite wankte, dann beugte sich Xanxus über Tsuna, so dass diesem ein erschrockener Schrei aus der Kehle drang. Xanxus jedoch interessierte sich nur für den altertümlich anmutenden Revolver, nahm ihn aus Tsunas Händen und betrachtete ihn schnell von allen Seiten. „Mach das nochmal und ich reiß dir den Arsch auf. Der war teuer. Das ist ein verdammter Filmrevolver.“, Knurrte Xanxus, legte ihn auf den Tisch und packte Gokudera und auch Tsuna am Kragen. Ohne Umschweife zerrte er sie zur Tür und warf sie raus. Zu Tsunas Glück, geisterte Giotto nicht mehr vor der herum und hatte es wohl in Zwischenzeit aufgegeben. „Lasst euch nicht wieder hier blicken. Das Zimmer ist tabu.“, knurrte Xanxus, bevor er die Tür zuknallte und Tsuna und Gokudera im Flur alleine ließ.

Der noch immer betroffene Gokudera tastete Tsunas Stirn mit mütterlicher Vorsicht ab und betrachtete ihn fachkundig. Verletzungen dieser Art schien er schon öfters gesehen zu haben. Die Erinnerung an den baseballwerfenden Jungen kam ihm augenblicklich ins Gedächtnis und machte aus dem Verdacht eine Gewissheit.

“Ich glaube ich sollte jetzt ins Bett gehen.” murmelte Tsuna und befreite sich aus dem eisernen Klammergriff.

Der heutige Tag war viel zu chaotisch für seinen Geschmack gewesen und er betete zutiefst, dass der nächste ruhiger sein würde. Aber für heute hatte er nur noch eines vor:

Seine Tür abschließen.

Giottos glückliches Grinsen sollte morgen nicht das erste sein was er sehen musste.
 

Wird fortgesetzt

3. April

Serie: Reborn!

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS

Pairings: Hibari/Ryohei, ansonsten grundsätzlich noch offen; Wir sind auch noch offen für Vorschläge, das meinen wir vollkommen ernst. (Tsuna ist im Übrigen auch noch nicht vergeben)

Autor: Allrenn und Antiana

Warnungen: AU, Crossover
 

Panakeias Segen
 

3. April
 

Der nächste Morgen verlief sehr viel ruhiger als der Vorige. Das Zimmer abschließen war eine großartige Idee gewesen. Giotto klopfte zwar wie verrückt, aber Tsuna konnte sich einfach umdrehen und weiterschlafen. Erst nach gut zwanzig Minuten und nach Gokuderas aufgeregtem Klopfen, entschloss er sich schließlich aufzustehen und sich anzuziehen.

Noch verschlafen begab er sich in den Aufenthaltsraum, der heute wesentlich ruhiger war, als gestern. Der Frühstückstisch war schon gedeckt und Xanxus trank gelassen eine Tasse Kaffee. Giotto wuselte um den kleinen Tisch im Wohnzimmer, auf dem sich noch die Reste der gestrigen Party befanden. Er schien aufzuräumen. „Guten Morgen.“, meinte Tsuna leise, in der Hoffnung Giotto würde ihn einfach überhören.

Eine vollkommen unsinnige Hoffnung wie sich schnell herausstellte, denn Giotto wirbelte augenblicklich herum. Er hat nicht das bekifft, selige Lachen vom vorherigen Tag, aber auch an diesem Tag schien er enthusiastisch gegenüber zu sein.

“Guten Morgen, Tsuna.” begrüßte er ihn und entsorgte dabei einiges Zeugs vom Tisch in einen Müllbeutel. “Hast du gut geschlafen? Ihr wart gestern so schnell verschwunden, da haben Mice und ich uns schon Sorgen gemacht.”

Bedrückt sah Tsuna zu Giotto und spürte wie ihm das Blut der Scham ins Gesicht schoss. Es war ihm wirklich unangenehm vor seiner eigenen Begrüßungsfeier weggelaufen zu sein. Immerhin hatte sich Giotto solche Mühe gegeben.

“Entschul...dige bitte... Ich mag wirklich... Keine Feiern...”

„Ah. Wie Schade.“ Giotto seufzte herzerweichend und hatte Tsuna schon erwischt. Sein schlechtes Gewissen wuchs innerhalb von wenigen Sekunden auf doppelte Größe an. Er hatte das Bedürfnis irgendetwas zu sagen, aber er wusste nicht was und so setzte er sich stillschweigend an den Tisch, ohne irgendjemanden anzublicken. „Nun ja.“ Giotto warf eine Luftschlange in die Mülltüte, dann ließ er diese neben dem Tisch fallen und begab sich ebenfalls an den Frühstückstisch. „Iss wenigstens noch was vom Käseigel. Mice und ich haben ihn nicht mehr geschafft.“, sagte er lächelnd und schob dem Braunhaarigen den Igel über den Tisch, der halb aufgegessen war. Tsuna nahm sich sofort eine Hand voll Spießer und schob sie sich in den Mund, schon allein um seinem schlechten Gewissen abzuhelfen.

Xanxus schnaufte sarkastisch, als er die Kaffeetasse abstellte. „Jetzt tu nicht so, als hättest du gestern nicht mehr deinen Spaß gehabt. Ich hab euch bis rauf gehört.“, knurrte er, entlockte Giotto aber nur ein höfliches Lächeln. „Mit euch wäre es sehr viel lustiger gewesen.“.

“Ihr seid auch ohne uns ganz gut klar gekommen, da bin ich sicher. Mehr Informationen über eure Art von Spaß brauche ich nicht.” antwortete Xanxus kaltschnäuzig. Tsuna hatte irgendwie das Gefühl wieder mal etwas verpasst zu haben. In näherer Zukunft würde er sich mehr Informationen über seine Dormkollegen besorgen. Irgendwo würde er schon eine Zusammenfassung herbekommen.

Stumm schluckte er die Käsestücke herunter und beobachtet den Schwarzhaarigen ein wenig aus den Augenwinkeln. Es war seltsam ihn so sonderbar... entspannt zu erleben. Vielleicht hatte es etwas mit Amicellis Abwesenheit zu tun. Wenn sie zusammen waren, war da immer diese unangenehme Spannung.

Xanxus schlürfte seinen Kaffee weiter, während Giotto sich ein Brötchen mit den Käsewürfeln belegte und dann begann es zu essen. „Das geht dich auch gar nichts an, was wir alleine für Spaß haben. Hmpf.“, sagte er dann barsch und verspeiste sein Brötchen innerhalb von drei Bissen. Tsuna wüsste zu gern worum es ging, wenn es Giotto derartig beleidigte darüber zu sprechen. Er war ja fast schnippisch. Er betrachtete beide nachdenklich, und als er hintergekaut hatte, fragte er in die Runde: „Wo ist denn Gokudera? Er hat heute Morgen an meine Tür geklopft.“

Xanxus knurrte. „Er traut sich wohl nicht runter, der kleine Bastard. Entschuldige bitte, dass ich gestern so überreagiert habe. Was ich sagte, gilt nur für Gokudera.“, sagte er ruhig, bevor er sich ein Schokohörnchen nahm und es mit einem fast provozierendem Blick in Richtung Giotto zerbiss. „Mmh... Süß und knusprig.“, ergänzte er grinsend, nachdem er hintergekaut hatte.

Giotto nahm augenblicklich einen so intensiven scharlachroten Ton an, dass ihm die Hälfte seines Blutes in den Kopf gestiegen sein musste. Sein Glas fiel ihm aus der zitternden Hand auf den Boden und rollte dort ihm Kreis. Zum Glück war es vorher ausgetrunken worden, so dass sich nur noch Tröpfchen darin befanden. Der Teppich hier im Wohnheim musste wohl sehr oft leiden.

“Sag diesen Namen nicht. Du weißt nicht wovon du sprichst.”

Xanxus blickte selbstgefällig drein. Die Situation in der Hand zu haben war absolut sein Ding. Tsuna hatte niemals die Situation in seiner Hand, deshalb konnte er nur tiefes Mitgefühl mit Giotto empfinden.

“Doch. Von einem leckeren, süßen und knusprigen Schokohörnchen. Aber ich weiß ja, dass du es nicht süß und knusprig magst, du magst es heiß und scharf.”

„Wir sind hier nicht unter uns, also lass das Xanxus.“, räusperte sich Giotto schließlich und hob sein Glas wieder vom Boden auf. Er schien noch immer nervös und blickte etwas verunsichert zu Tsuna und dann gleich wieder auf sein Glas. „Tsuna... Erzähl doch... Irgendetwas, ja? Was hast du heute für Fächer?“, fragte er augenzwinkernd, aber der Braunhaarige reagierte nicht darauf. „Worum genau geht es hier?“ fragte er mit hochgezogener Augenbraue, in der Hoffnung vom Schwarzhaarigen eine Antwort zu erhalten. Aber der schien sich ausschweigen zu wollen und schlürfte nur seinen Kaffee, also wandte sich Tsuna an Giotto. „Ich verstehe gar nichts mehr.“

“Darum, das Xanxus ein Ekel ist. Halte dich bloß vom ihm fern, sonst wirst du noch genauso. Am besten hörst du gar nicht zu wenn er seinen Mund aufmacht.” lenkte Giotto ab um der Frage nicht antworten zu müssen. Ganz offensichtlich war er unwillig darüber zu reden, aber jetzt war Tsuna wirklich verdammt daran interessiert dieses kleine düstere Geheimnis herauszufinden.

Xanxus brachte seinen leeren Becher zu der Spüle und stellte ihn hinein. Aus jeder Pore seines Körpers tropfte Selbstgefälligkeit. Niemals zuvor hatte er jemanden gesehen, der so von sich selbst überzeugt eine Tasse ausspülen konnte.

“Warum so panisch, Giotto? Angst Tsuna könnte es weitererzählen? Ich bezweifle das es irgendwen an unserer Schule gibt der es nicht weiß. Ist ja nicht so als wäre dezent dein zweiter Vorname.”

„Solange es nur ein Gerücht ist, ist es nur ein Gerücht und es soll eins bleiben, denn es ist... absolut nicht wahr.“ Giotto wandte sich an Tsuna. „Hör einfach nicht drauf, was man in der Schule munkelt. Es stimmt nicht. Da hat man Dinge falsch verstanden. Und Flaschendrehen-Einsätze falsch interpretiert.“, erklärte er fast schon panisch und Tsuna beschloss sich daraufhin einmal in der Schule umzuhören. Was auch immer es war, es war interessant. Um Giotto zu beruhigen, sagte er jedoch schließlich: „Okay...“ und lächelte bestätigend.

Dieser schien erleichtert und lehnte sich zurück. Er atmete ein paar Mal tief ein und aus, dann grinste er wieder wie ein Honigkuchenpferd. „Ich glaube Gokudera kommt gleich runter. Dann müsst ihr euch beeilen. Wir Älteren haben heute später an.“, erklärte er zufrieden.
 

Sein zweiter Schultag unterschied sich nicht sehr von den Schultagen die er von seiner alten Schule gewöhnt war. Die Fächer waren fast gleich, er hatte noch keine besonderen Kurse und mit den Klassenkameraden unterhielt er sich eigentlich nur oberflächlich. Aber immerhin schienen sie alle recht nett zu sein, bis auf das kleine Problem das neunzig Prozent der Schülerschaft geistesgestört zu sein schien.

Alles in allem war es aber ein eher kleines Hindernis.

“Vooooooooooooiiiiiiiiiii!” rief eine mittlerweile viel zu gut bekannte Stimme direkt neben Tsunas Ohr, so dass er sich erschrocken die Ohren zuhielt. Squalo hatte ein bösartiges, breites Grinsen auf den Lippen und zeigte seine prächtigen weißen Zähne. “Na Knirps. Du willst heute mit mir weggehen.”

„Wa... Was? N...Nein, ich meine, also ich würde schon gerne...“. stotterte Tsuna erschrocken, da fühlte er auch schon Squalos kräftige Hand an seinem Arm spürte, die ihn, ohne ihn widersprechen zu lassen mit zerrte. „Wusste ich es doch! Vooooiiii! Wir gehen eine Nudelsuppe essen!“, entschied er und zerrte ihn zu den Schuhregalen. Hilfesuchend, hielt Tsuna nach Gokudera Ausschau, aber der hatte ihm schon erklärt, dass er heute Training hatte und wohl erst spät am Nachmittag im Dorm aufkreuzen würde. Auch Yamamoto hatte Training und damit schien sein Schicksal besiegelt. Noch immer nach Hilfe suchend, zog er sich die Schuhe an, musste aber schließlich Squalo folgen, der sich in genau der selben Lautstärke unterhielt, in der er auch schrie.

“Ich muss doch ‘nen kleinen verfickten Hintergrund Check mit dir machen. Du könntest ja mal nützlich werden.” erklärte er selbstgefällig, als wäre es das normalste in der Welt und Tsuna hatte wirklich liebe Not ihm folgen zu können. “Hast nicht mal ‘nen kleinen elenden Tadel in deiner Akte. Man war echt scheiße langweilig zu lesen. Meine ist fast doppelt so dick wie deine.”

Tsuna schluckte unsicher. Bisher hatte er es immer als eine gute Leistung empfunden keine Verweise oder ähnliches bekommen zu haben, Squalo ließ es so wirken als hätte er die Hälfte seines Lebens verpasst.

“Ich...ich...mag halt keinen... Ärger...” wand er atemlos heraus. Wenn die eigenen Beine ein ganzes Stück zu kurz waren, hatte man nämlich immer gut zu laufen, vor allem bei Typen wie Squalo.

Hastig rannte Tsuna hinter ihm her. Er kam sich vor wie ein gejagter, zumindest fast, nur dass sich sein Jäger direkt vor ihm befand. Aber abhauen konnte er jetzt nicht mehr. Es war zu spät. Er hatte seine Chance wohl endgültig verpasst, denn ehe er sich versah stand er mit Squalo zusammen in der U-Bahn und hörte das Signal zum Aussteigen. „Boah! VOOOI! Endlich frei!“ rief Squalo erleichtert und hatte wieder sein Mördergrinsen aufgesetzt. „Du magst also keinen Ärger. Tja. Dann hast du dir jetzt gerade welchen eingehandelt, Knirps!“, meinte er und führte Tsuna, der hinter ihm her rannte, zu einer übersichtlichen Shoppingmeile, auf der sich mehrere kleine Geschäfte befanden.

Bisher hatte Tsuna es noch nicht geschafft sich in seiner Nachbarschaft genauer umzusehen. Genau genommen kannte er außer seinem Wohnheim, der Schule und dem Weg von beiden Orten, gar nichts von der Umgebung. Die Shoppingmeile war angefüllt mit Menschen die eilig ihre Besorgungen machten, aber es war nicht überfüllt, man konnte sich recht gut durch die Massen drängeln. Man hätte es aber vielleicht noch besser geschafft, wenn Squalo einen nicht wie ein Irrer angetrieben hätte. Tsuna war wirklich erleichtert, dass die gewundenen Treppen nicht sonderlich lang waren, denn er pfiff langsam wirklich aus dem letzten Loch.

“Wieso... wieso...” keuchte er angestrengt und hielt sich die Seiten. “Mussten wir... hierher... kommen? Gegenüber der... Schule ist doch... auch ein Nuddelladen...”

Squalo lachte lautstark. Da sie auf einer kleinen Empore standen, die wie ein Balkon nach vorne ragte, blickten einige Leute überrascht nach oben. Tsuna kam sich vor wie in diesem Film. Wie hieß der noch gleich? Ach ja. Evita. Nur gut, dass Squalo nicht sang. Er glaubte, dass das wohl noch gruseliger wäre, als sein Lachen. „Wir sind hergekommen, Knirps, weil dieses Nudelrestaurant hier, das Beste der ganzen Stadt ist. Nirgendwo findest du bessere Nudeln, mit diesem speziellen Geschmack!“, rief er überzeugt aus und die Leute, die nach oben blickten, schienen jetzt sehr beeindruckt. Tsuna war das alles sehr peinlich. Er kam sich vor, wie ein Werbeträger. Wie peinlich. „Außerdem ist der Mangaladen nebenan.“, ergänzte Squalo beiläufig und leiser und schenkte Tsuna dann eines seiner Mördergrinsen.

“Ah... na...natürlich...”

Das war zumindest ein Argument das Tsuna verstehen konnte. Er selber las auch ganz gerne Mangas, so wie gut 80 Prozent der männlichen Teenagerbevölkerung Japans. Aber Tsuna musste seine Bedenken beiseite lassen, als er in das, gut besuchte, Innere des Restaurants trat und ihm der volle, saftige Geruch von frischer Nudelsuppe entgegen schlug. Augenblicklich lief ihm das Wasser im Munde zusammen und sein Bauch knurrte als hätte er seit Tagen nichts gegessen. Squalos Grinsen wurde nur noch eine ganze Spur breiter.

“Einmal Misosuppe und für den abgebrochenen Gartenzwerg Schwein, er braucht etwas Fleisch auf den verfickten Rippen.” forderte er selbstgefällig und schwang sich auf einen der Hochstühle am Tresen. Tsuna hatte seine liebe Mühe es ihm gleich zu tun.

Er musste sich auf dem Tresen aufstützen um endlich nach oben klettern zu können. Er versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie peinlich ihm das war. Zwei Versuche nur um auf einen Barhocker zu klettern. Er war wirklich ein abgebrochener Riese. Als er endlich über die Theke sehen konnte, beobachtete er wie der Koch gerade das Schweinefleisch in eine Pfanne warf und begann es anzubraten. Der köstliche Duft stieg ihm in die Nase und irgendwie gefiel ihm seine Situation zunehmend besser. „Freu dich. Ich lad dich ein Knirps. Aber nur heute, hast du kapiert? Weils dein erstes Mal hier ist.“, ließ Squalo lautstark hören und schien erstaunlich gut gelaunt. „Du scheinst interessant zu sein, Kleiner.“, meinte er gut gelaunt und betrachtete den Koch vor sich mit einem breiten Grinsen.

“Inter... Interessant?” fragte Tsuna leicht verunsichert und behielt seine Schultasche auf seinem Schoß liegen, als Schutz, sollte er es wieder mal schaffen sich die Schweinefleischsuppe über den Schoß zu kippen. Nicht das er das jemals gemacht hätte. Höchstens ein-, zweimal.

“Voooiiii! Namimori ist ein verficktes Kaff im Vergleich zu Tokyo. Wer freiwillig herkommt hat entweder Verwandte oder was ausgefressen. Verwandte haste keine, also...” Squalo zog auf eine Art die Augenbrauen hoch die offenbarte ‘Ich weiß was du getan hast’ nur hatte Tsuna keine Ahnung worauf er hinaus wollte.

“Meine... Eltern sind nur... ins Ausland gezogen... Und die Schule sah auf dem Prospekt nett aus...” druckste er herum und beobachte wie Squalos Misosuppe zubereitet wurde. Der Koch mit den wilden braunen Haaren, die er in einem Zopf gebändigt hatte machte dabei ein Gesicht als wollte er jemanden erstechen.

„Einmal Schweinefleisch und einmal Miso.“, sagte er ganz überraschend und stellte zwei Schüsseln vor sie. Der Duft der daraus aufstieg war betörend und Tsunas Magen begann zu knurren. Er beobachtete die Naruto die in der Schüssel schwammen, nahm sich dann zwei Stäbchen aus dem Halter und brach sie auseinander. „Guten Appetit!“ rief er aus, so wie es üblich war und fing sich dann ein Naruto mit den Stäbchen. Hungrig stopfte er es in seinen Mund und spülte mit ein paar Nudeln nach. Der Geschmack, der sich auf seiner Zunge ausbreitete war atemberaubend. Squalo hatte durchaus recht gehabt, als er behauptet hatte, dass dieses Nudelrestaurant das Beste war. Das war himmlisch. „Gut nicht?“, fragte Squalo und stupste in von der Seite an. „Und jetzt erzähl mal. Was machst du so. Hobbytechnisch?“, fügte er interessiert an, während er seien Suppe schlürfte.

Tsuna kräuselte nachdenklich seine Stirn während er darüber nachdachte womit er eigentlich seine Freizeit totschlug. Er machte keinen Sport oder hatte irgendwelche künstlerischen Hobbys, wenn er so drüber nachdachte, dann war er wahrscheinlich schrecklich langweilig.

“Ich... Also ich hab keine richtigen Hobbys. Zuhause hab ich immer gebabysittet, das hat den größten Teil meiner Freizeit beansprucht. Unsere Nachbarn hatten zwei kleine Kinder. Einen Jungen und ein Mädchen, ich hab fast immer auf sie aufgepasst. Nett aber... sehr, sehr nervig.”

Tsuna lachte glücklich bei der Erinnerung und Squalo lachte auch, wenn auch aus anderen Gründen. Seine strahlend weißen Zähne blitzen im Licht der Lampe wie die eines weißen Hais.

„Babysitten... Mann. Du kannst Hobbies haben. Machst du Sport? Ich mach mittelalterlichen Schwertkampf. VOOOI. Vielleicht solltest du mitmachen. Macht verfickten Spaß. Ich kann‘s dir beibringen. Ist eigentlich total einfach.“, meinte er grinsend. „Ich könnte mal wieder eine neue Herausforderung brauchen.“, sagte er grinsend, aber Tsuna hob sofort abwehrend die Hände. „Nein... Das... Das ist mir zu gefährlich.“, meinte er leise und bedrohte Squalo praktisch mit seinen Essstäbchen.

Der Weißhaarige lachte nur und schlürfte wieder seine Misosuppe. „Hab mir schon gedacht, dass du zu feige bist, Knirps.“, sagte er und schien Tsuna provozieren zu wollen.

Jedoch ließ Tsuna das kalt. Er hatte schon schlimmere Beleidigungen hören müssen und er hing wirklich an seiner Haut. Sein festes Ziel war es das achtzehnte Lebensjahr zu erreichen ohne lebensbedrohliche Verletzungen zu erleiden. Und Squalo sah aus als könnte er dieses Ziel sehr leicht zunichte machen.

“Haha... Ja ich bin ein Feigling... Haben meine Freunde zuhause auch immer gesagt. Ich wurde wohl nicht ohne Grund das Hühnchen des Viertels genannt.” scherzte er flüchtend und beuge sich tiefer zu seiner Suppenschüssel während Squalo das ganze nur gut gelaunt aufnahm. Sein Humor war etwas verquer, aber noch lange nicht so schlimm wie der von Amicelli.

“Du solltest wirklich mal was ausprobieren, sonst bekommst du den abgefuckten Spitznamen schneller wieder als die lieb ist, voooooooooooi!”

Tsuna lachte leise. „Ich... ich wird vielleicht einen anderen Sport machen. Vielleicht Schwimmen oder so etwa sin der Art oder Volleyball.“, erklärte Tsuna freundlich Lächelnd und brachte Squalo wieder zum feixen. „Hey. Das ist keine schlechte Wahl, da sind ein paar süße Mädels im Schwimmclub, aber auch Hibari, dieser Hurensohn. Der lässt sich auf keine Herausforderung ein, dabei ist er seit der Mittelschule berühmt und berüchtigt. Ich würd vieles dafür geben, wenn ich den Mal so richtig fertig machen könnte, vooooiiii! Aber er lässt sich auf nichts mehr ein.“, meckerte Squalo offen und schlürfte ein wenig genervt seine Nudeln.

„Be... berüchtigt?“, fragte Tsuna ein wenig irritiert und betrachtete Squalo von der Seite. Vielleicht war der Schwimmclub doch keine so gute Idee.

“Ja, dieser Wichser hat 'nen heftigen Schlag. Sportlich bis in die letzte verfickte Faser seines Körpers, aber seit er sein Haustier hat regt er sich über nichts mehr genügend auf. Echt, probier's mal mit dem Schwimmklub, vielleicht bekommt du ihn dazu mal wieder richtig auszuflippen. Alle Kämpfer unserer Schule würden dich unterstützen. Du musst dich nur gut ducken können. Er zerbricht Kiefer.”

Tsuna fiel ein Mund voll Nudeln zurück in die Suppenschüssel. Wenn es etwas gab was er jetzt wusste, dann war es, dass er kein Interesse am Schwimmklub hatte.

“Wenn ich so ... drüber nachdenke... Ich war schon immer großer Fan von Trecking.”

„Dazu kann ich dir nicht raten. Wirklich nicht. Der Leiter vom Treckingklub, der ist ein Idiot. So’n blondes Pony, das zwei linke Füße und Hände hat. Da kannst du dich auch ins Aquarium zu den Haien ins Becken setzen und kommst gesünder wieder raus, als da. Außerdem gibt’s da keine Mädels. Trecking ist bei Mädels unbeliebt.“. erklärte Squalo grinsend und stellte seine Schüssel auf die Theke. „Noch eine!“ rief er dem Koch zu, der lautlos nickte. „Sonst haben wir noch Kendo, Fechten und Bogenschießen. Nicht schlecht, aber auch nicht toll, wenn du mich fragst. Also? Wie wär’s mit Schwertkampf?“, fragte er und schien nicht gewillt so leicht aufzugeben.

“Ich hab auch zwei linke Hände und Füße.” nuschelte Tsuna wieder in seine Suppe und versuchte Squalo so wenig wie möglich anzusehen. “Aber ich würde sie gerne behalten, wenn du verstehst was ich meine. Schwerter sind so... scharf...”

Verunsichert schob er seine leere Schüssel vor sich auf dem Tresen nach vorne und beobachtete wie die übrige Suppe sich auf dem Schüsselboden kräuselte.

“Bwhahahahaha... So gefährlich ist es gar nicht. Du bist echt 'nen Schisser. Vielleicht solltest du es dann beim Fechten probieren, diese Pussy Xanxus, der bei dir im Dorm wohnt ist da drin. Kann dir sicher den einen oder anderen Trick beibringen.”

Xanxus als Pussy zu bezeichnen war schon ziemlich verwegen. Tsuna konnte nicht anders als Squalo ein bisschen dafür zu bewundern. Ob er ihm das auch ins Angesicht sagen würde? Squalo war erstaunlich. Aber Tsuna glaubte auch das Fechten nichts für ihn war, besonders wegen Xanxus. „Ist Giotto in irgendeinem Sportklub?“ fragte Tsuna unsicher und betrachtete den Weißhaarigen wieder etwas schüchtern von der Seite. „Giotto? Herr piekfeiner Pinkel im Nadelstreifenanzug, meinst du? Der ist der verfickte Schulsprecher, hat keine Zeit für Sport, frisst nur den ganzen Tag irgendwelchen Süßkram rum. Dass der nicht fett wird ist erstaunlich. Ständig Waffelröllchen, Pralinen, Pudding, Götterspeise. Man der Kerl hat echt Probleme.“, meinte Squalo entnervt. „der pisst mich echt an, weißt du? Der gibt den Sportklubs viel zu wenig Budget.“

Die Sache mit den Süßigkeiten war Tsuna auch schon aufgefallen, obwohl er noch nicht sonderlich lange im Dorm lebte, begegnete er Giotto fast nie und in seiner unmittelbaren Nähe etwas Süßes zu sehen. Es war als würde seine Umgebung sie automatisch produzieren, wenn er sich ihr näherte, aber da gab es eine Sache die er nicht vergessen konnte.

“Bist du sicher?” fragte Tsuna dann doch etwas verwirrt. Egal wie sehr er drüber nachgrübelte, er kam nämlich auf keine Antwort. Vielleicht hatte seine Mutter recht gehabt, er konnte einfach nicht tief genug blicken um die tiefere Bedeutung in den Dingen zu sehen, die die Leute sagten. “Amicelli hat nämlich gesagt das Giotto abends immer reiten würde und Xanxus hat gelacht. Ich dachte ich könnte es auch im Reitklub probieren. Reiten... Kann ich nämlich...”

Squalos Zähne blitzen so sehr im Schein der Lampen, dass Tsuna für einen kurzen Moment dachte er sei geblendet worden. Dann jedoch starrte er direkt in Squalos Rachen und sah wie sich sein Gaumen melodisch zu seinem bellenden Lachen bewegte. Dann beugte sich der Weißhaarige vor und hielt sich den Bauch vor Lachen. „Oh Gott, oh Gott. Ach du großer Gott, schenk diesem Jungen Erleuchtung!“, rief er amüsiert aus, während er noch immer bellend lachte.

Tsuna verstand gar nicht, warum Squalo jetzt so abdrehte. Mit hochgezogener Augenbraue betrachtete er den Weißhaarigen der sich gar nicht mehr beruhigen konnte. „W... Was... Ich... Ist es etwa schwer in den Reitklub zu kommen?“, fraget er unwissend. „Oder kostet es Beitrag?“

“Bwahahhahahahahahahahaa...” Squalo wischte sie mit einer Hand die Tränen aus den Augenwinkeln und für einen Moment konnte Tsuna so etwas wie Verschlüsse am Handgelenk sehen, aber Squalos Ärmel rutschte zu schnell wieder darüber, als das er es genauer hätte betrachten können. Leicht irritiert beobachtete der braunhaarige Junge wie sein Essgefährte sich an der Tischplatte abstützte und nach Atem rang.

“Glaub mir... Bwhahahaha... In diesen Reitklub willst du nicht. Gott wie kann man nur so naiv sein. Bwahahahahahahahaha.... Die ... Pferde die der Reitklub hält sind sehr bockig und fressen nur das süßeste Futter. Außerdem würde dir alles weh tun wenn du einen... Ausritt... Kekekeke... genossen hättest.”

Tsuna schob seine Unterlippe nach vorne.

“Ich sah' vielleicht nicht so aus. Aber ich kann sogar große Pferde reiten ohne runterzufallen. Und schmerzen hatte ich bisher weder beim noch nach dem Reiten. Egal wie sehr sich das Pferd aufgebäumt hat.”

Squalo biss in seine Lippe und ließ ein seltsames prustendes Geräusch hören, dass von seinem unterdrückten Lachen herrührte. „Lass... Lass es mich mal so sagen.“, meinte er schließlich außer Atem und musste sich erneut die Lachtränen aus den Augen wischen. „Es gibt keinen Reitklub an dieser Schule. Er ist... privat und beschränkt sich auf Indoor-Aktivitäten. Giotto und Amicelli sehen sich öfter mal Dressurreiten an, vom Bett aus.“, sagte er schließlich. Er unterdrückte sein Lachen noch immer, schien sich gar nicht mehr beruhigen zu können. „Wenn du Sport machen willst, halt dich an die Schulklubs, okay?“, fügte er schließlich an und klopfte ihm auf die Schulter.

Tsuna seufzte, hatte er sich doch vollkommen umsonst Hoffnungen auf einen leichten Sport gemacht.

“Wirklich schade. Ich hab lange nicht mehr geritten, dabei macht es Spaß, all das schöne auf und ab. Es ist so beruhigend. Hast du schon mal geritten?”

Squalo machte ein Gesicht als müsste er noch immer stark mit sich kämpfen und leere den Rest seiner Nudelsuppe mit einem mal. Nun war sich Tsuna sicher, dass in dieser Stadt absolut alle ihren Verstand verloren hatten. Vielleicht wollten seine Eltern damit einen dezenten Hinweis äußern, aber eigentlich hatte er immer gedacht mental in Ordnung zu sein.

“Oh ja, das schöne auf und ab. Ich glaube schwimmen ist der ideale Klub für dich. Zwar musst du Hibari fürchten, aber wenn du ihm einen Beißring mitbringst ist er ganz umgänglich. Näher dich ihm einfach nicht wenn er mit dem Klubleiter eine Diskussion im Managerbüro hat.”

„Einen... Beißring? Und... Mit dem Klubleiter? Er leitet den Klub gar nicht? Ist er nur Mitglied?“ fragte er neugierig und legte den Kopf schief. Vielleicht war es ja nicht so schlimm wie gedacht. Mitgliedern konnte man immer aus dem Weg gehen, außerdem hatte er nicht vor seinen Sportklub so oft zu beehren. Er war noch nie wirklich eine Sportskanone gewesen und hatte auch nicht vor es zu werden, ganz besonders dann nicht, wenn irgendwelche Leute mit zweifelhafter Berühmtheit dort eine entscheidende Rolle spielten.

„Ja. Nein. Hibari ist der Manager und sein Haustier ist der Leiter. Mit dem könntest du dich ganz gut verstehen. Er ist sehr engagiert.“, meinet Squalo grinsend. „Ich kenn ihn persönlich. Er boxt auch.“, erklärte der Weißhaarige.

“Ich... Bin eh kein großer Sportfreund... “ nuschelte Tsuna nur ausweichend. Die Entscheidung mit welchem Sport er sich foltern müsste konnte er ja zum Glück noch etwas heraus zögern. Gokudera hatte erwähnt, dass die Kurse erst in zwei Monaten oder so vergeben wurden und er hatte nicht vor falsches Interesse zu zeigen.

“Sag mal,” wechselte er abrupt das Thema und betrachtete die Scharniere an Squalos Handgelenk, welche er nun deutlich sehen konnte. “ist das so eine Art Armreif?”

Der verwirrte Blick auf Squalos Gesicht wandelte sich in Erkenntnis als er sah was Tsuna anstarrte. Er grinste schief.

“Ne du Knirps. Das ist ne verfickte Prothese.”

Tsuna schlug sich die Hand vor den Mund. Mit der Antwort hatte er nicht gerechnet.

„Hey jetzt mach Keinen auf entsetzt. Die hab ich schon seit ich 14 bin. Unfall. Nichts Tragisches. Nur zum Schwertkämpfen unpraktisch. Die binden mir das Schwert an den Unterarm. Krass oder?“ fragte er grinsend.

Tsuna fand das ganze gar nicht krass. Ganz im Gegenteil er war ziemlich entsetzt darüber. „Darf ich fragen, wie das passiert ist? Und... Kann ich es mir mal ansehen?“, fragte er neugierig und war erstaunt, als Squalo ihm die Hand entgegenstreckte und Tsuna die Hand ohne Probleme zu machen zeigte. „Ein Unfall, wie ich schon sagte. Von ‘ner Glasscherbe abrasiert, bei 'nem Autounfall.“, erklärte er und Tsuna fühlte sich geehrt, dass Squalo ihm so viel persönliches von sich verriet. Er fühlte sich ihm fast ein ganzes Stück näher.

Squalo mochte ein seltsamer Kerl sein, aber er war wirklich in Ordnung. Ein schüchternes Lächeln huschte auf Tsunas Lippen, als ihm bewusst wurde, dass er hier wirklich so etwas wie eine Freundschaft geschlossen hatte. Diese Schule hielt für ihn wirklich einiges an Überraschungen offen.

Nur wusste er noch nicht wie viele es wirklich sein würden.
 

Wird fortgesetzt...

15. April

Serie: Reborn!

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS

Pairings: Hibari/Ryohei, ansonsten grundsätzlich noch offen; Wir sind auch noch offen für Vorschläge, das meinen wir vollkommen ernst. (Tsuna ist im Übrigen auch noch nicht vergeben)

Autor: Allrenn und Antiana

Warnungen: AU, Crossover

Kommentar: Und noch ein Kapitel, weil es so schön war. Es wird zukünftig immer kleiner Zeitsprünge geben, sonst halten wir uns nur ewig auf.
 

Panakeias Segen
 

15. April
 

Tsuna hatte sich mittlerweile ganz gut in Namimori eingelebt. Die Schule war anstrengend und es fiel ihm relativ schwer dem Unterrichtsstoff zu folgen, deswegen verbrachte er die Abende meist mit Lernen. Am Nachmittag zog er mit Squalo oder Gokudera durch die Gegend. Probierte mal das Nudelrestaurant, mal das kleine Café in der Mall und mal den Takoyaki-Stand. Es war sehr angenehm seine Zeit mit Freunden zu verbringen und außerdem war es gut, wenn er allen anderen Bewohnern des Dorms auf diese Weise aus dem Weg gehen konnte. Er mochte Giotto, aber mit Amicelli war er unerträglich. Xanxus war allgemein unerträglich, obwohl er sich bemühte. Er war schrecklich. Tsuna ließ den Blick über die kleinen Weidenkätzchen streifen, die vor dem Fenster blühten und wandte dann seien Aufmerksamkeit wieder Frau Oregano zu, die am Pult vor der Klasse stand und schon seit geraumer Zeit über die Beugung von Verben sprach.

“Also jetzt hört mal alle her.” zwitscherte sie in einem eigentlich für sie eher zu fröhlichem Tonfall. Normalerweise war Frau Oregano nämlich immer etwas sehr steif und förmlich. Tsuna hatte augenblicklich das Gefühl das irgendwas im Busch war und sah seine Lehrerin leicht verzweifelt an. Schon allein aus Prinzip.

“Wir ihr alle wisst, oder zumindest wissen solltet, fangen in genau einem Monat die Zwischenprüfungen an und ich erinnere mich noch sehr gut daran wie schlecht einige von euch bei den letzten abgeschnitten haben. Wobei ich hoffe das ihr euch auch noch daran erinnert.”

Es dauerte keine zwei Sekunden bis sämtliche Farbe Tsunas Gesicht verlassen hatte, seine letzten Prüfungen waren ein einziges Desaster gewesen und der reine Gedanke daran ließ ihn Panikattacken bekommen.

Ein heißerer Schrei entkam seiner Kehle, den aber zum Glück niemand anderer außer Squalo bemerkte, der ihn von hinten antippte und grinste.

Tsuna hatte sich schlagartig daran erinnert, dass er es noch immer nicht geschafft hatte zum Tempel zu gehen, um sich einen neuen Glücksbringer zu kaufen. Verdammt. Und gebetet hatte er auch nicht mehr, seit der letzten Prüfung. Das würde ein totales Desaster werden, wenn er nicht sofort wieder damit anfing.

Wo sich der Schrein befand wusste er mittlerweile. Gokudera hatte es ihm mehr als einmal gezeigt, deswegen kannte er mittlerweile sogar den Weg dahin. Er beschloss gleich heute nach der Schule hinzugehen und das nachzuholen.
 

Der Tag schlich sich aber mehr oder minder von Fach zu Fach und schien nicht enden zu wollen. Die Nervosität hatte Tsuna voll im Griff und so bekam er nicht einmal sonderlich viel vom Schultag mit, wobei er doch so viel Wissen wie möglich ansammeln musste, wollte er die Prüfungen überstehen ohne einen Nervenzusammenbruch zu erleiden.

So war es auch kein Wunder, dass er voller Begeisterung aufsprang, als die Schulglocke vernahm und geradewegs aus der Tür stürmte, nur um in den wie üblich hochgradig genervten Xanxus zu laufen.

“Ha....Hallo Xanxus... Kann ich bitte vorbei?”

„Warum denn so eilig? Wo geht’s denn hin? Man sieht dich ja kaum noch im Dorm.“, sagte er mit einer Stimme, die nicht viel Traurigkeit darüber ausdrückte. Tsuna erschreckte sich etwas, als er die große Pranke des Dunkelhaarigen auf seiner Schulter spürte und dieser ihn bestimmt den Gang entlang drückte. „Gehen wir gemeinsam nach Hause.“, sagte er, ohne Tsuna zu fragen und schob ihn mit in Richtung Bücherregale. Sie wechselten die Schuhe und begaben sich dann langsam in Richtung U-Bahn. Tsuna musste sowieso zurück in Richtung Dorm und im allgemeinem machte es ihm nichts aus mit Xanxus Zeit zu verbringen. Sie sprachen nie viel, liefen nur nebeneinander her und schwiegen sich an, es sei denn natürlich die Sprache kam auf Amicelli oder Giotto, dann sah das ganze anders aus, aber so im Allgemeinen, war es in Ordnung.

“Also, wie geht’s dir so?” begann Xanxus den eher müden Versuch einer Unterhaltung. Wenn es etwas gab in dem er nicht sonderlich mit Talent gesegnet war, dann handelte es sich um die hohe Kunst der Kommunikation. “Schon eingelebt in Namimori? Viel zu bieten haben wir ja nicht.”

Tsuna zwang sich dazu einen fröhlichen Tonfall anzunehmen und nicht durchsickern zu lassen wie erdrückt er sich von der Präsenz des Anderen fühlte. “Ich fühl mich... Hier wirklich wohl. Und ich versteh mich sehr gut mit... Squalo und Gokudera... Sie sind sehr nett... Danke der Nachfrage....”

Das alles schien Xanxus nicht wirklich zu interessieren, Tsuna konnte nicht anders als sich zu fragen warum er sich überhaupt die Mühe machte mit ihm zu reden.

Xanxus erwiderte wenige, sehr lange Minuten gar nichts, dann sagte er. „Kein Problem. Du lässt dich in letzter Zeit so selten blicken, da war ich... etwas... ach vergiss es.“, sagte er und winkte ab. Tsuna betrachtete ihn von der Seite. Es interessierte ihn wirklich, was der Andere zu sagen gehabt hätte, aber er fragte nicht nach. Aus Selbstschutz.

Wieder herrschte Schweigen. Es war erdrückend und so begann Tsuna schließlich: „Wie war es in der Schule?“, die einzige neutrale Basis, die ihm im Moment einfiel. Er wusste, dass das Thema ein zweischneidiges Schwert war, aber einen Versuch war es zumindest wert. Wieder erhielt er einige Zeit keine Antwort, dann kam ein träges „Okay.“, von dem Größeren, der heute ziemlich gelassen schien. Tsuna war gewissermaßen erleichtert darüber.

“Das ist, das ist doch toll.” quasselte Tsuna drauf los und hielt seine Schultasche fest mit seinen leicht zitternden Händen umfasst. Diese Unterhaltungen waren immer so schleppend, aber Tsuna wollte den Älteren nicht vor den Kopf stoßen. Amicelli hat des Öfteren erwähnt das Xanxus ein paar Probleme hat. Zwar glaubte der Junge das diese Art von Erwähnungen nur dem Niedermachen seines jüngeren Bruders galt, aber man konnte ja nie wissen.

“Und wo willst du jetzt hin? Wieder mit Gokudera oder dieser Pest weg?” Xanxus ließ einen Laut seinen Lippen entkommen der eine Mischung aus einem Knurren und einem Zischen war. Ein Zeichen für gute Laune nach seinen Verhältnissen.

“Ich wollte... Zum Tempel. Die Prüfungen und so...”

„Ah... Zum Tempel. Solltest du dir nicht eher die Bücher anschauen. Ich bezweifle das göttlicher Beistand dir da hilft. Vielleicht solltest du dir Nachhilfe geben lassen.“ Tsuna erwartete schon so etwas wie ‚Ich bin gerne dazu bereit‘ oder ‚ Ich könnte es dir anbieten.‘, aber er hatte schon wieder fast vergessen mit wem er da redete. „Ja. Das sollte ich vielleicht tun. Kennst du jemanden, der das übernehmen könnte?“ Ehrlich gesagt, wäre es ihm am liebsten, würde er von jemandem Nachhilfe bekommen, den er schon kannte. Vielleicht von Giotto, er glaubte sogar Nachhilfe von Xanxus könnte ganz angenehm werden. Er mochte den Schwarzhaarigen soweit ganz gern. Er war vielleicht etwas cholerisch, aber einen Freund konnte man in ihm dennoch, irgendwie, tief drinnen, sehen.

Die Frage war nur ob Xanxus das genauso sah.

Die Minuten vergingen wieder, nicht viele, das gewiss nicht, aber in dieser besonderen Begleitung konnte einem jede Minute wie eine Ewigkeit vorkommen. Schließlich räusperte sich Xanxus und begann wieder zu sprechen. Jedes Wort gut überdacht wie er es immer zu tun pflegte.

“Ich glaub ich kenn da jemanden. Aber du musst sie selbst überreden. Sie mag mich nicht.” Tsuna blickte ihn überrascht an.

“Ta...tatsächlich? Wen... wen denn?”

“Ihr Name ist Daniela.” Xanxus Stimme wurde noch eine Spur dunkler. “Sie geht in meine Klasse. Früher hat sie Giotto Nachhilfe gegeben. Und du bist ihm... Irgendwie ähnlich.”

Geschockt blickte Tsuna ihn an. Damit hatte er nun keineswegs gerechnet. Er war... Giotto ähnlich? Das war ja schon fast eine Beleidigung aus dem Mund des Schwarzhaarigen. Also sah Xanxus die ganze Freundessache komplett anders. Was hatte er sich auch erhofft? Manchmal konnte er wirklich dämlich sein.

„Ah. Und wo kann ich sie treffen? Ich kann ja mal mit ihr sprechen. Es wäre wirklich großartig, wenn mir jemand helfen könnte, der davon Ahnung hat, sonst sehe ich ziemlich schwarz für meine Prüfungen.“, sagte Tsuna frei heraus und schnell. Im Moment wollte er Xanxus so schnell wie möglich los werden. Wenn die Sprache auf Giotto kam, schlug die Stimmung schnell von sonnig auf Gewitterwolken um.

Xanxus musterte ihn mit einem sonderbar amüsierten Blick auf dem Gesicht. Dadurch wirkte er gleich eine ganze Spur jünger und wesentlich freundlicher, der Jüngere hatte nicht schlecht staunen.

“Du musst nicht so verkrampft sein. Ich meinte den alten, tollpatschigen, über-seine-eigenen-Füße-stolpernden Giotto. So wie er war bevor er zu Mr. Speichellecker mutierte.” Trotz seiner Worte wusste Tsuna nicht so recht wie er das Gesagte aufnehmen sollte, aber Xanxus schien wirklich heute um Höflichkeit bemüht zu sein. “Ah... Also....” Xanxus schüttelte schief lächelnd bei dem Gestotter seinen Kopf und durchwuschelte Tsunas Haar.

“Und Daniela findest du entweder in meinem Klassenzimmer, oder im Chemie Raum. Das ist ihr Club.”

„Ah.... Also Chemie. Okay. Ich werde es mir merken und mal bei ihr vorbei sehen.“, meinte Tsuna und lächelte den Anderen erfreut an. Diese freundschaftliche Geste hatte ihm irgendwie Mut gemacht. Xanxus hatte wirklich eine sehr angenehme Auswirkung auf ihn, das konnte er einfach nicht bestreiten. Weil er so vertieft in ihr Gespräch gewesen war, hatte er nicht einmal bemerkt, dass sie sich bereits in der U-Bahn befanden und gerade die Haltestelle ausgerufen wurde, an der er aussteigen musste, wenn er zum Dorm wollte. „Ich muss noch Eine weiter fahren.“, erklärte er Xanxus, welcher daraufhin verstehend nickte. „Wir sehen uns dann heute Abend im Dorm.“, meinte er freundlich und knetete etwas nervös seine Hände.

Xanxus nahm seine Tasche die er neben die Haltestange abgestellt hatte, um sie nicht selber halten zu müssen und für einen Moment sah es so aus als müsste er sich zu etwas durchringen. Dann, verließ er das Abteil und drehte sich noch einmal mit diesen sonderbar befremdlich, schiefen Lächeln um und sah Tsuna an.

“Ja bis heute Abend und du...” er zögerte einen Moment. “Nimm dir die Prüfungen nicht so zu Herzen, lächelnd gefällst du mir besser.”

Damit schlossen sich die Türen bevor Tsuna auch nur irgendwas antworten konnte, nicht dass ihm etwas sonderbar Intelligentes dazu eingefallen wäre. Neben ihm gackerte ein blonder Junge mit einem seltsam kitschigem Haarreif, der wie ein Diadem aussah vor sich hin. Wahrscheinlich hatte er die Situation falsch verstanden.

Es war Tsuna peinlich und ihm schoss die Röte ins Gesicht. Nicht nur wegen der ungewohnten Situation, sondern auch weil er sich fühlte, als hätte er sich Xanxus ein ganzes Stück angenähert.

Der Ältere strahlte Kraft und Stärke aus. Tsuna fühlte sich von ihm fast ein bisschen unterstützt, wenn auch gleichzeitig erdrückt. Noch waren die Gefühle die in ihm herrschten sehr durchwachsen, aber sie könnten sich durchaus in eine positive Richtung entwickeln. Tsuna ignorierte den Blonden und blickte aus dem Fenster, bis seien Haltestelle ausgerufen wurde, dann begab er sich aus der Bahn und die Treppen hinauf. Ein paar Häuserecken später stand er vor dem Torbogen des Tempels und erklomm auch diese Treppen mühelos. Er kramte nach seinem Portemonnaie und ging geradewegs auf die Spendenbox zu, die im Zentrum der Tempelanlage stand. Er würde zuerst etwas beten und sich dann einen Glücksbringer kaufen und dann wieder nach Hause verschwinden.

Der Tempel war sehr hübsch, viel hübscher als der in Tokyo den er immer zu besuchen pflegte. Der Weg zu ihm war aus alten Steinen und führte durch ein Reihe von Bögen zu einer Gebetsstatuette oder auf direktem Weg zu der Spendenbox. Direkt daneben war ein Kinderspielplatz, welcher im direkten Gegensatz total neu war, selbst die Farben leuchteten noch, was aber vielleicht auch daran lag, dass sich die Mönche darum kümmerten. Ein knallgrünes Klettergerüst, eine Rutsche, eine Schaukel und das alles unter den vollen Bäumen von denen die Kirschblüten segelten. Es war auf eine romantische Art und Weise idyllisch.

Tsuna trat zu der Spendenbox und warf 100 Yen hinein. Er konnte wirklich alle geistige Unterstützung gebrochen die er bekommen konnte, aber sein Taschengeld war begrenzt.

Tsuna kniete sich vor die Box und faltete die Hände zu einem kurzen Stoßgebet. Es dauerte nicht viel länger als zwei Minuten, aber mehr als ‚Bitte, bitte, lass mich bestehen.‘, fiel ihm oftmals nicht ein. Dann erhob er sich wieder, verbeugte sich nochmal vor der Box und trat dann unter dem Torbogen hervor. Er ging nach links zu einem kleinen Holzregal, das rechts daneben angebracht war. Es beinhaltete Zukunftsvoraussagen und auch Glücksbringer. Auch hier steckte er einen 100 Yen Schein in die kleine Kasse des Vertrauens und nahm sich dann wahllos aus einem der Kästen eine kleine Papierrolle. Er rollte sie aus und das Ergebnis freute ihn gewissermaßen. ‚Mittelmäßiges Glück‘ und ein kleiner Anhänger waren dabei herausgekommen. Damit ließ sich doch schon einmal etwas anfangen, dachte er erfreut und betrachtete die beiden Zettelchen Gedankenversunken.

Daher überraschte es ihn vollkommen als er plötzlich eine Stimme hörte die nach ihm rief und irritiert blickte er sich um. Auf den ersten Blick konnte er niemanden sehen. Hier am Schrein war es vollkommen leer aber bei genauerer Betrachtung konnte er sehen, dass jemand auf der Parkbank saß und ihm müde zuwinkte.

Schnellen Schrittes eilte Tsuna zu der Person hin und staunte nicht schlecht als in das vertraute Gesicht eines alten Freundes schaute.

“La-Lanchia!” stieß er überrascht aus und kippte fast aus den Latschen.

Der ältere Mann sah müde aus und kaputt, versuchte es aber dem Anschien nach zu unterdrücken.

“Hallo Tsuna... Mit dir hab ich ja nicht gerade gerechnet. Bist du im Urlaub hier?”

Der Braunhaarige war unglaublich erstaunt, als sein Blick über den schwarzhaarigen Mann glitt, der sich trotz seiner beachtlichen Größe auf der kleinen Bank ausgestreckt hatte und auf dieser irgendwie fehl am Platz wirkte.

Lanchia hatte schwarzes Haar, das nach hinten gekämmt und gegelt war und dunkle Augen, von denen Tsuna immer dachte, das sie durch jede Lüge hindurchschauten. Sein blasses Gesicht hatte etwas Beängstigendes, da auf der rechten Wange zwei riesige Narben prangten, aber gleichzeitig lag darin etwas Freundliches, dass einen Vertrauen schöpfen ließ. Tsuna freute sich unglaublich sehr, den älteren Mann zu treffen. Er lachte freundlich und konnte sich nicht zurückhalten. Er trat auf ihn zu und schloss ihn in die Arme. „Lanchia.. Das ist ja ewig her.“, meinte er, ohne auf die Frage des Schwarzhaarigen einzugehen. Dafür war er noch etwas zu sehr durch den Wind.

“Ja, wirklich. Wie lange jetzt? Drei Jahre? Es ist schön dich zu sehen.” Lanchia drückte Tsuna fest gegen seine Brust und küsste seine Wange zur Begrüßung. Ursprünglich kam er aus Italien und es gab einige Sitten die er einfach nie hatte ablegen können. Jedoch störte Tsuna das nicht, immerhin kannte er Lanchia schon seit eigentlich immer.

Zuhause hatte er als Polizist gearbeitet und den kleinen Tsuna des Öfteren mal vor älteren Kindern gerettet die ihn verhauen wollten, ein Umstand der des Öfteren vorgekommen war. Irgendwann war er dann weggezogen, weil er versetzt worden war, aber ihm war nie klar gewesen das er hierher versetzt worden war.

“Es ist auch schön dich zu sehen. Ich... Ich wohne jetzt hier, aber das ich dich hier sehe. Wow das ist so toll!”

„Ich hab gar nicht vermutet, dass du das bist. Ich hab dich von Weitem gesehen und hab gedacht, das könntest du sein, also hab ich versucht dich zu rufen. Ich bin noch immer total baff.“, erklärte Lanchia und deutete auf den Platz neben sich, auf den Tsuna sich bereitwillig setzte.

„Das vermutet man ja auch nicht, das man sich nach so vielen Jahren, so plötzlich wiedertrifft.“, sagte Tsuna grinsend und betrachtete den blassen Riesen eingängig. „Ich gehe hier zur Schule und wohne im Wohnheim.“, erklärte er schließlich, noch bevor Lachia fragen konnte, was genau er hier tat und wo er wohnte. Tsuna kannte den ehemaligen Polizisten nur zu gut. „Und was machst du hier?“, fragte er neugierig weiter.

Lanchia hustete einmal kläglich und rieb sich die Brust bevor er ihm antwortete. Je länger Tsuna ihn ansah, desto blasser kam er ihm vor, ganz besonders für einen Italiener. Früher hatte er immer so sonnengebräunt ausgesehen, wie frisch aus dem Studio.

“Ich genieße meine Pension. Hahaha...” ein weiteres Husten entkam seiner Kehle, es klang als würde man Schmirgelpapier gegen einen Stein reiben. “Eigentlich nehme ich eine Auszeit... Mir geht’s momentan nicht so gut, aber wahrscheinlich ist es nichts Ernstes.”

Tsuna ließ ein leises ‘Oh’ vernehmen und obwohl Lanchia den Eindruck machte es ernst zu meinen, kam er nicht drum herum, ihm nicht glauben zu können. Seine Körperhaltung sprach von jemanden der schon lange kämpfen musste.

“Ist es... Was ist es denn?”

Lanchia lächelte. Tsuna fand, dass er mit diesem freundlichen Grinsen auf dem Gesicht gleich einen ganz anderen Eindruck machte. „ Weißt du Tsuna, wenn ich das wüsste, dann wäre ich beruhigt. Dann könnte mir jemand sagen...“. Lanchias Stimme entschwand für einen kurzen Moment in ungeahnte Höhen. So heiser wie er war, musste er sich zunächst räuspern, um sie wieder unter Kontrolle zu bringen. „Dann könnte mir jemand sagen, wie man es heilen kann. Aber noch sind die Ärzte ratlos. Ich gehe jeden Tag ins Krankenhaus, lass zigtausende Tests über mich ergehen und gefunden wird trotzdem nichts.“, meinte er, dann holte er ein, zweimal tief Luft und hustete gleich darauf noch einmal heftig.

Tsuna fand, dass sein Husten so gefährlich klang, wie das Kreischen einer Kreissäge. Sorge breitete sich in ihm aus und er betrachtete Lanchia mitleidig und traurig.

“Du musst wirklich nicht so dreinschauen wie ein getretener Welpe.” tadelte er ihn und brachte einen weiteren kläglichen Versuch eines Lächelns zustande. “Ich hatte nicht vor dich runterzuziehen, es ist nur sehr... nervenaufreibend wenn man nicht weiß was einem fehlt. Es ist als würde mir irgendwas die gesamte Energie entziehen.”

Tsuna blickte betroffen zu Boden. Ihn so schwach und krank zu sehen hatte etwas Absurdes an sich. Eigentlich war Lanchia immer ein so starker Mensch gewesen, wenn er bereits gebrochen genug war, damit er von seinem Leben in einem so hoffnungslosen Tonfall sprach, dann musste die Krankheit schon länger wüten.

“Seit wann... Seit wann hast du das?”

„Noch nicht so lange, zwei Monate in etwa, wie lange es vorher schon in mir geschlummert hat, keine Ahnung, aber vor zwei Monaten wurde mir Urlaub verordnet. Seitdem geht es stetig bergab. Ohne meine Arbeit, bin ich einfach nicht die selbe Person. Ich bin total gereizt. Entschuldige schon einmal im Voraus, sollte ich irgendwie ausfällig werden.“, meinte er besänftigend und legte den Kopf zurück auf die Bank, um in den Himmel zu sehen.

Tsuna lächelte freundlich und betrachtete den Älteren von der Seite, der für einen kurzen Moment so aussah, als würde er jeden Moment einschlafen. „Das ist schon in Ordnung. Du warst schon immer etwas aufbrausend.“, erklärte er um ihn zu beruhigen und ließ es sich nicht nehmen mit der Hand über seinen Oberarm zu streichen. Lanchia lächelte. „Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin dich zu sehen. Das kannst du dir sicher nicht einmal vorstellen.“

Für einen Moment hatte Tsuna das Gefühl ein wenig von der Atmosphäre erdrückt zu werden, bis sich endlich der Knoten in seinem Hals wieder löste. Lanchia so sehen zu müssen war einfach etwas seltsam.

“Ich bin auch froh dich zu sehen, immerhin warst du für mich immer so was wie mein großer Bruder. Wenn ich dir... Du weißt schon, irgendwie helfen kann, dann musst du das nur sagen. Ich glaub ich schulde dir einiges.”

Lanchia drehte seinen Kopf vom Himmel weg wieder zu Tsuna, wobei sich auf seinem Gesicht kaum eine Regung zeigte. Irgendwie hatte Tsuna nicht das Gefühl ihm helfen zu können.

“Dich mal wiedergesehen zu haben war schon aufbauend genug.”

Tsuna ließ den Blick über die strengen Züge des Mannes gleiten. Ein trauriges Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. „Bist du öfter hier?“ fragte er ruhig und Lanchia sah ihn etwas überrascht an. „Ja. Fast täglich. Das Krankenhaus ist hier in der Nähe, wenn die Untersuchungen durch sind, komme ich für gewöhnlich her. Hier ist es so ruhig und besinnlich und manchmal spielen Kinder hier, das freut mich immer ganz besonders. Sie erinner mich so an früher, an dich.“, erklärte er, bevor seine Stimme wieder in Husten überging.

„Dann komme ich ab jetzt öfter vorbei.“, sagte Tsuna grinsend und erhob sich vor Lanchia zu stellen und ihm ins Gesicht sehen zu können. Dieser schien ein wenig überrascht, dann winkte er energisch ab. „Nein. Das ist nicht nötig. Mach dir nur keine Umstände.“.

“Ach Quatsch.” Nun strahlte Tsuna übers ganze Gesicht und konnte sogar Lanchia wieder ein Lächeln abringen. Gute Laune war wirklich ansteckend. “Ich freu mich doch auch dich zu sehen und irgendwer muss dich doch davon abhalten meine finsteren Geheimnisse von Zuhause herumzuerzählen.”

Er gluckste leise und fühlte eine Welle Nostalgie in sich hochkommen. Irgendwie war es schön jemanden in seiner Nähe zu wissen, dem er ohne Vorbehalte vertrauen konnte. Vor allem wenn derjenige so ein Fels in der Brandung war wie Lanchia.

“Du meinst all das Erpressungsmaterial das ich von dir gelagert habe? Und ich dachte du wolltest dich vielleicht in deiner Schule interessant machen.”

Tsuna lachte, nicht so lautstark wie Squalo, aber unglaublich glücklich. „Nein, danke. Ich bin schon interessant genug. An unserer Schule herrscht ein einziges riesiges Chaos. Ich bin im Moment der normalste Schüler da. Ich. Kannst du das glauben?“, fragte er lachend und Lanchia stimmte mit ein. „Nein, kann ich nicht wirklich. Das wo du schon immer total ausgeflippt warst.“, meinte er scherzhaft. Tsuna erschreckte sich fast, als sein melodisch Lachen in ein ungesundes Husten überging und Lanchia sich nach vorn beugen musste, um sich zu beruhigen. Als er sich gar nicht mehr beruhigen konnte, setzte sich Tsuna wieder auf die Bank und begann ihm auf den Rücken zu Klopfen. Tatsächlich schien ihm das zu helfen und das Husten stoppte kurz darauf.

„Wie geht es den Kleinen?“, fragte er, nachdem die Röte aus seinem Gesicht verschwunden war und er offenbar wieder normal reden konnte.

“I-Pin und Lambo? Oh es geht... geht ihnen gut. Sie sind dieses Jahr in den Kindergarten gekommen. Ihre Mutter ist so erleichtert. Aber wer wäre das nicht, wenn man Lambo für ein paar Stunden zu anderen Leuten geben kann.” erzählte Tsuna und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Die beiden Kinder waren der Schrecken der Nachbarschaft gewesen, weil sie immer irgendwas anstellten was außerordentlich laut oder gefährlich war. Abgesehen davon war der Jüngere, Lambo, eine Heulsuse wie sie im Buche stand und hörte erst wieder auf wenn man ihn mit Bonbons bestach.

Obwohl Lanchia immer schon etwas böse ausgesehen hatte, mochten Kinder ihn. Er war halt der gutmütige Onkel von gegenüber.

“Das glaub ich dir gerne.” Ein weiteres Husten. “Schön zu hören, dass sie fit sind.”

„Ist es gut, wenn du mit diesem Husten hier draußen sitzt? Ich mein. Es ist zwar warm, aber...“ Lanchia lachte. „Mach dir keine Sorgen. Ich denke nicht, dass so ein bisschen Frischluft mir schadet und ich habe ja eine Jacke.“, sagte er besänftigend und schloss die Augen. Er schien erleichtert zu hören, dass in Tokio alles in Ordnung war. „Aber ich glaube ich sollte wirklich langsam nach Hause. Meine Freundin wartet sonst wiedermit dem Essen.“, meinte er ruhig und erhob sich.

Tsuna konnte nicht verhindern, dass er etwas errötete. Lanchia hatte eine Freundin, das war irgendwie... cool. „Dann solltest du sie nicht warten lassen, nicht wahr?“, sagte er grinsend und freuet sich als Lanchia ihm das Haar durchwuschelte. „Nein, das sollte ich nicht.“

Es war etwas beklemmend zuzusehen wie Lanchia die Treppen hinunterging, gequält von einem Hustenanfall der den nächsten jagt. Aber Tsuna fühlte sich zutiefst erfüllt von Dankbarkeit ihn überhaupt gesehen zu haben. Seine Schultasche schulternd machte sich auch Tsuna zurück auf den Weg zum Dorm.

Mittlerweile hatte der Himmel einen Rotstich angenommen, Tsuna hatte total vergessen wie schnell die Zeit vergehen konnte, dabei war die Unterhaltung nicht mal eine besonders Amüsante gewesen. Summend stieg er die Treppen hinab und folgte dem Weg im trüben Dämmerlicht und dem Zirpen von vereinzelten Grillen.
 

Wird fortgesetzt...

1. Mai

Serie: Reborn!

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS

Pairings: Hibari/Ryohei, ansonsten grundsätzlich noch offen; Wir sind auch noch offen für Vorschläge, das meinen wir vollkommen ernst. (Tsuna ist im Übrigen auch noch nicht vergeben)

Autor: Allrenn und Antiana

Warnungen: AU, Crossover
 

Panakeias Segen
 

1. Mai
 

Es waren knapp zwei Wochen vergangen, seit Tsuna erfahren hatte, dass sie Mitte Mai schon Zwischenprüfungen hatten und genauso lange war es her, dass er seinen alten Freund Lanchia am Tempel getroffen hatte. Seitdem war Tsuna jeden Tag, wirklich jeden einzelnen Tag nach der Schule zum Tempel gefahren, hatte dort zunächst für seine guten Noten gebetet und dann einen kleinen Plausch mit Lanchia gehalten.

Gokudera hatte ihn zwar oft gefragt, ob er nicht mit ihm in der Bibliothek lernen wolle, aber Tsuna hielt sich lieber an das Prinzip: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe ruhig auf morgen und hatte sich auch bis jetzt davor gedrückt diese Daniela aufzusuchen, die Xanxus erwähnt hatte.

Lernen war einfach nicht sein Ding. Er glaubte schon, dass es genügte, wenn er am Abend in den zehn Minuten vor dem Schlafen gehen einen Blick in seine Hefter warf.

Die andere Sache die er schon seit geraumer Zeit vor sich hinausgeschoben hatte, war der Eintritt in einen Sportclub. Nun stand er hier, im Klassenzimmer, mit seinem Formular für die Wahl und hatte es tatsächlich geschafft keinen einzigen Sportclub vorher besucht zu haben um sich ein gründliches Bild zu machen. Wie schon so oft hatte sich ein großer Stein in seinem Magen gebildet, als er seine Schultasche schnappte und sich aufmachte um die Sporthallen zu finden. Rein theoretisch sollten sie sich irgendwo auf dem Schulgelände befinden, zumindest klang es so wenn die anderen von ihrem Training sprachen.

Zweifelnd sah er auf die Liste in seiner Hand. Am besten fing er mit Trecking an, er hatte zwar gehört das der Leiter des Clubs ein verwöhntes Papa-Kind war, der dachte die ganze Welt würde sich um ihn drehen und der das Taktgefühl eines Bulldozers hatte, aber es war besser als das was er von dem Schwimmklub oder dem Kendoclub gehört hatte.

Er musste eine ganze Weile suchen, bis er schließlich den kleinen Seitengang, neben der Abstellkammer fand, durch den es zu den Sporthallen ging. Die überdimensionalen Wegweiser waren ihm vorher nie aufgefallen, aber er hatte es ja immerhin gefunden, das erleichterte ihn ungemein.

Vor ihm lagen, als er den Gang durchquert hatte, drei Türen, vor denen unterschiedliche Gerätschaften standen. Er ging gleich geradeaus zu der Tür, vor der die Hürden standen und öffnete sie vorsichtig. Die führte in einen weiteren Schmalen Gang mit zwei Türen. Tsuna ging geradewegs in die Jungenumkleide und von dieser hinaus auf den Sportplatz von dem er Pfeifen hörte. Er war also richtig.

Mit dem Zettel in der Hand begab er sich nach draußen und wurde zunächst von der Sonne geblendet, dann hörte er die Pfeife direkt neben seinem Ohr und fuhr erschrocken zusammen.

“Yo, Frischling.” erklang die melodische Stimme ein Stück über ihm und Tsuna sah direkt in das gut gelaunte Gesicht eines Jungen mit blonder Strubbelmähne, der eine abschreckend lilafarbene Laufuniform trug. Nicht auf die fast vollkommen freiliegenden Schenkel starren zu müssen war ein Akt der höchsten, körperlichen Anstrengung. Tsuna zwang sich ihm wieder ins Gesicht zu blicken.

“Ha...Hallo... Ich wollte... Mir das Training einmal kurz ansehen... Ich suche einen Kurs.” stotterte er unsicher und spürte wie der andere ihn von oben bis unten wie ein Stück Frischfleisch musterte.

“Cool, bist du schon mal gelaufen?” Tsuna kräuselte auf die Frage seine Stirn.

“Naja... Irgendwie muss ich mich ja fortbewegen.”

Der blonde lachte amüsiert und machte einen Schritt auf den Neuankömmling zu, im nächsten Moment lag er flach auf dem Boden und maß die Laufstrecke. „Au... meine Nase.“, jammerte er und rappelte sich wieder auf. Ein kleines Rinnsal von Blut tropfte von seinem Riechorgan und er legte die Hand darauf, um es zu verbergen. „Ich meinte Trecking, Hürdenlauf.“, sagte er durch die Hand gedämpft und deutete auf die Rennstrecke, auf der einige Sportler ihre Runden drehten. Um seinen offenen Schnürsenkel schien er sich nicht kümmern zu wollen.

Tsuna fragte, um höflich zu bleiben: „Alles in Ordnung?“. Als er ein Nicken bekam, sprach er weiter: „Und nein. Ich bin noch nicht gelaufen, also... so.“, erklärte er und deutete mit einer Handbewegung auf die Läufer.

“Na das ist kein Problem. Wir haben immer Neulinge dabei und frisches Blut ist gut fürs Team. Also hi noch mal, ich bin Dino Cavallone, wir werden sicher viel Spaß zusammen haben.” stellte er sich nun doch erst einmal vor und hielt Tsuna die Hand hin, obwohl er es noch immer befremdlich fand wie sehr sich dieses unjapanische Ritual in der Umgebung ausgebreitet hatte, erwiderte Tsuna freundlich den Händedruck. Was ihn seine Höflichkeit brachte war eine Hand voller eingequetschter Finger, Dino hatte einen wirklich harten Händedruck.

“Oh äh... Hi... Ich bin Tsuna.”

“Hübscher Name, also, hast du eine gute Krankenversicherung?”

Tsuna starrte Dino stumm an.

Die Frage kam unerwartet.

„Ich... ich denke schon, also meine Eltern haben mich ganz gut versichert, glaube ich.“ Sagte er leise und betrachtete den Blonden noch immer überrascht. „Wieso?“, setzte er unwissend nach, aber Dino grinste nur. „Komm wir laufen ne Runde.“, schlug er vor. „Beim Laufen lässt sich‘s besser reden.“, meinte er lachend und stieß Tsuna an der Schulter an. Tsuna, der nicht damit gerechnet hatte, wurde von dieser kurzen Berührung von den Füßen gerissen und landete, wie Dino zuvor mit dem Kopf im Sand. Er musste Husten und hatte Probleme sich wieder aufzurichten. Dino lachte. „Deswegen. Ich bin ein wenig ungeschickt, musst du wissen.“, meinte er ruhig und mit einem freundlichen Gesichtsausdruck „Und wenn ich in der Nähe bin...“

Tsuna hörte sie, wie hinter ihm jemand schrie. Als er sich umwandte sah er, dass einer der Läufer auf der Rennbahn ganz nah bei ihnen über eine Hürde gestolpert war und dass der, der ihm folgte über dessen Beine fiel. „... dass dann auch andere Leute oft Unglück haben.“

“Das klingt wirklich... gefährlich.”

Augenblicklich bekam Tsuna das starke Verlangen seine Lauffähigkeiten im Flüchten unter Beweis zu stellen, aber sein Sinn für Höflichkeit verbot ihm so etwas zu tun. Immerhin hatte seine Mutter versucht einen ganzen Mann aus ihm zu machen. Die Schande, dass sie versagt hatte musste er nicht auch noch mit Feigheit unterstreichen. Mit federnden Schritten näherte sich Dino der nächsten Hürde und Tsuna sah ihn schon vor seinem inneren Auge drüber stürzen, als aus dem nicht ein Drachen mit abgerissener Schnur vom Himmel stürzte, Dino am Hinterkopf traf und ihn damit stolpern ließ. Er fiel geradewegs mit dem Kopf gegen die Hürde, die bei der leichtesten Berührung in zwei Teile zerbrach und Dinos Hand aufspießte.

Tsuna blieb stehen und holte den Zettel mit den Wahlmöglichkeiten der Kurse auf seiner Tasche.

Dinos Teamkameraden kamen zu ihm und verarzteten ihn. Ein Verbandskasten lag schon bereit. Tatsächlich schien das alles nicht zum ersten Mal vorgekommen zu sein. Er hätte nicht geglaubt, das Squalo recht behalten konnte, aber er hatte es getan. Bei diesem Kerl wollte er definitiv nicht bleiben. Er war gerade dabei rauszugehen, als er noch einen Schüler hörte der rief: „Dino.. lass das Feuerzeug los! Dein Vater sieht deine Leuchtsignale nicht!“, dieser Satz bewog ihn dazu endgültig aus dem Treckingraum zu verschwinden und stattdessen den Raum zu wechseln, ums ich mal das Kendo-Training anzusehen.

Kendo war nicht gefährlich, die Waffen waren stumpf und man trug dicke Rüstungen, vielleicht war das ja eher was für ihn. Er klopfte an die Tür und trat dann erneut in einen Umkleidegang und von dort aus in die Sporthalle, in der bereits einige maskierte miteinander kämpften. An der Seitenlinie stand ein Mädchen mit einem Block mit langem, gewellten, kastanienfarbenen Haar, dass einen Block in der Hand hielt. Sie war wohl die Managerin.

“Ha...Hallo...” flüsterte er kleinlaut in der Hoffnung sie würde ihn nicht hören, aber er hatte sich zu früh gefreut und sie sah ihn direkt mit stechendem Blick an. Irgendwie hatte Tsuna das Gefühl, dass sie allein mit ihren Augen Walnüsse knacken konnte.

“Willst du eintreten?” fragte sie ohne Umschweife nachdem ihr Blick auf den mittlerweile zerknitterten Wahlbogen in Tsunas Hand gefallen war, an den er sich klammerte wie ein Ertrinkender.

Der Brünette nickte unglücklich, sich ernsthaft fragend ob das hier alles überhaupt einen Sinn hatte, wenn die Managerin ihn so ansah verließ ihn jede Art von noch vorhandenem Selbstbewusstsein.

“Am besten versuchst du es einfach mal, wir haben Rüstungen im Umkleide raum, du musst einfach nur-” doch bevor sie ihren Satz beenden konnte hörte Tsuna eine ihm nur allzu gut bekannte Stimme.

“Das war ein echter Blowout! Du braucht extra Innings, wenn du mit so einer schwachen Technik kämpfst bleibst du immer ein Junkball Pitcher.”

„Das ist Kendo, kein Baseball!“, schrie die Managerin entrüstet und noch ehe Tsuna genau hinschauen konnte, war sie schnurstracks auf einen der Kämpfenden zugelaufen, hatte ihm die Maske vom Kopf gerissen und ihm mit ihrem Block einen Schlag auf den Hinterkopf gegeben. „Aber Hana!“, sagte dieser schmollenderweise und rieb sich den Hinterkopf. „Ich sag es dir jetzt zum einhunderttausendesten Mal: Ich. Will. Beim. Kendo. Keine. Baseballbegriffe. Hören!“ „Aber wenn er die Base...“, weiter kam Yamamoto nicht und viel mehr wollte Tsuna auch nicht hören. Er war schneller aus dem Raum verschwunden, als er sich selbst bewusst war. Ehe er sich versah stand er wieder im Gang und stand vor einer Tür mit einem sehr bunten, sehr freundlich aussehenden Schild auf dem ‚EXTREMER Schwimmklub‘ stand. Die Schrift war die eines jungen, die kleinen Bilder, um die Schrift herum, kleine Herzchen, Bärchen und Sternchen sprachen eher für ein Mädchen.

Egal, vollkommen egal was ihn hier erwartete, es konnte nicht so schlimm sein wie in den beiden anderen Kursen. Schnurstracks betrat Tsuna die Schwimmhalle und sah sich neugierig und eine ganze Spur auch verängstigt um. Im Wasser schwammen einige Schüler, Jungen wie Mädchen. Alles in allem machte es einen normalen Eindruck, ganz so wie Zuhause.

Vorsichtig sah er sich um und hielt nach dem Manager Ausschau, vor dem Squalo ihn so intensiv gewarnt hatte, aber auf den ersten Blick konnte er niemanden sehen der auf Squalos Beschreibung passen würde.

“Suchst du jemanden?” erkundigte sich plötzlich jemand der wie aus dem nichts aufgetaucht war. Tsuna sah mitten in zwei hellbraune freundliche Augen, die den seinen nicht unähnlich waren.

Ein Mädchen stand vor ihm, gekleidet in einen niedlichen Badeanzug. Sie war gerade dabei ihre Badekappe abzuziehen und darunter kamen kurze, hellbraune Haare zum Vorschein. Squalo hatte recht gehabt. Im Schwimmklub gab es ganz offensichtlich süße Mädchen. Tsuna war irgendwie erleichtert, hier einen so guten ersten Eindruck zu gewinnen und lächelte das Mädchen etwas unsicher an. „Ich... ich wollte vielleicht dem Club beitreten, daher wollte ich mir alles mal ansehen und vielleicht mit dem Klubleiter sprechen.“, erklärte er. Das Mädchen nickte. „Mein Bruder und Hibari sind noch im Büro, aber ich bin sicher sie kommen gleich zurück, dann kannst du gleich mit beiden sprechen.“, sagte sie freundlich. Sie war wirklich liebenswürdig. „Ich bin Kyoyko Sasagawa. Mein Bruder ist der Klubleiter.“, erklärte sie Tsuna. „Vielleicht kann ich dir ja auch weiter helfen.“

Tsuna fühlte augenblicklich wie sich eine leichte Röte auf seine Wangen legte. Der Umgang mit Mädchen war nicht gerade sein Fachgebiet, normalerweise schlugen sie ihn immer oder wollten ihn auf sonst eine Art und Weise quälen.

“Das wär... Das wäre wirklich toll!” stieß er angetan aus und Kyoko lächelte zuckersüß, sie war ganz offensichtlich ein wundervolles Mädchen. Das war ihm schon mit einem Blick klar. “Wie...wie läuft das denn hier so?”

“Hmm...” Kyoko legte ihren Kopf zur Seite und tippte mit ihrem Zeigefinger auf ihre Unterlippe. “Also Training ist Dienstag und Donnerstag. Du musst dir eine Badekappe kaufen, weil die hier Pflicht sind, und du solltest pünktlich kommen. Hibari mag es nicht wenn man zu spät kommt.”

Hibari, da war er, der Name. Vor ihm sollte er sich in Acht nehmen, aber diese Information von Kyoko war schon Mal gut. Also wenn er pünktlich war, gab es keinen Ärger? Das war großartig. Pünktlich war er eigentlich immer. „Ah... Okay. Ich denke das schaffe ich.“, sagte er Lächelnd und setzte sich gemeinsam mit Kyoko auf eine Bank, auf der ein paar Handtücher bereit lagen. „Mein großer Bruder schwimmt sehr gerne und er ist unheimlich lieb. Nur manchmal ein bisschen laut, aber ich bin sicher, du wirst gleich mit uns Schwimmen wollen, wenn du ihn triffst. Er schafft es andere ganz schnell zu motivieren.“, erklärte sie weiter freundlich, während sie begann mit einem Handtuch ihre Haare trocken zu rubbeln.

Tsuna fand, dass sich das alles ganz wunderbar anhörte. Der Zettel in seinen Händen fühlte sich schon so gut wie ausgefüllt an.

“Und gibt es ansonsten irgendwas was... Ich wissen sollte? Squalo, äh ein Junge aus meiner Klasse, hat gesagt, das ... Nun ja... also dass ich mich vor Hibari in Acht nehmen sollte, weil er... nicht viel Geduld hat.” Kyoko hielt sich die Hand vor den Mund während sie zuckersüß kicherte. Mit ihr zu sprechen hatte fast schon etwas seelenreinigendes.

“Ach, Hibari ist wirklich nett, du musst dir keine Gedanken machen. Mein Bruder lenkt ihn außerdem meistens ab, wenn er einen schlechten Tag hat, also mach dir einfach keine Gedanken. Soll ich dir helfen das Formular auszufällen? Ich weiß nicht wie lange mein Bruder und Hibari sich noch unterhalten und du musst den Zettel doch bald abgeben. Hihihi...”

In diesem ;Moment war sich Tsuna nicht ganz sicher, ob ihr Kichern etwas Gutes, oder eher etwas Schlechtes verhieß, aber er deutete es mal ein gutes Zeichen, wenn es aus dem Mund eines so lieben Mädchens kam.

Er zeigte ihr den zerknitterten Zettel in seiner Hand uns zog dann einen Stift aus der Brusttasche seines Hemdes. „Das wäre sehr nett.“, meinte er lächelnd und begann gemeinsam mit Kyoko das Formular auszufüllen.

Als sie fertig waren, fühlte er sich schon fast heimisch in diesem Klub. Kyoko war nett und die Anderen Schwimmer, die, wenn sie zu den Sprungtürmen liefen immer freundlich grüßten, waren auch ganz nett. Tsuna konnte sich nicht beschweren. Zufrieden hielt er den Zettel vor sich und betrachtete, wie die blaue Tinte, mit der ‚Schwimmklub‘ geschrieben war langsam trocknete. Er bemerkte gar nicht, wie sich ein bedrohlicher Schatten über ihn legte. Erst als man ihm den Zettel aus der Hand riss, blickt er zu dem Jungen auf, der sich jetzt das Papier unter die Nase hielt. „Ich nehme an, der ist für mich.“

Stahlgraue Augen lasen sich das Formular mit einer beeindruckenden Ruhe durch. Schnell huschten sie über der Geschriebene und Tsuna konnte nicht anders als den Jungen eingeschüchtert anzustarren.

Er war ein gutes Stück größer als er selbst, aber das waren die meisten, sonderlich groß war er trotzdem nicht. Das Haar war schwarz wie Pech und bewegte sich bei jedem noch so kleinem Lüftchen wie lose Spinnweben, die sich aus ihrem Netz gelöst hatten. Im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern des Schwimmklubs trug er keine Badeklamotten, sondern einen der Sportanzüge die die Manager der Clubs hier für gewöhnlich trugen. Man musste nur zwei und zwei zusammenzählen um zu erkennen wen er hier vor sich hatte.

“Äh ja... Ich äh... Ich wollte beitreten...wenn es...keine Umstände macht...”

Der Schwarzhaarige nickte, sagte aber nichts und winkte stattdessen in die Richtung aus der er gekommen war. Tsuna folgte seiner Handbewegung und erblickte einen anderen Jungen, der neu hinzugekommen war. Er war gerade dabei sich ein überdimensionales Pflaster auf eine ungesund aussehende Bisswunde auf seiner Schulter zu kleben.

Er hatte recht kurzes weißes Haar, das ungeordnet wirkte, so als hätte es noch nie einen Kamm gesehen. Sein Gesicht war kantig und er wirkte recht männlich, nicht zuletzt wegen seiner muskulösen Figur, die gut zu erkennen war, da er nur eine knappe Badehose trug. Und sonst nur eine Taucherbrille um seinen Hals hängen hatte.

Auf das winkende Zeichen des Anderen hin, kam er zu ihnen und blickte über die Schulter des Schwarzhaarigen auf das Blatt. „Ein.... neues Mitglied! Wie EXTREM!“, rief er aus und Tsuna wurde schlagartig bewusst, wer das Schild draußen geschrieben hatte.

Hibari blickte über seine Schulter zu dem laut redendem Jungen und machte ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Wahrscheinlich war er genauso chronisch schlecht gelaunt wie Xanxus. Das schien hier so Regel zu sein, entweder war man hyperaktiv oder zog immer eine Flappe.

“Schrei nicht, oder ich beiß dich tot.” giftete er ihn an und Tsuna ging einen Schritt zurück um sicher hinter Kyoko zu verstecken. Er mochte zwar ein Junge sein, der sich natürlich selbst verteidigen konnte, aber in dieser speziellen Situation hatte er das Gefühl, dass es vollkommen angebracht war, sich wie eine neunjähriges Mädchen zu benehmen.

„Entschuldige!“ rief der Junge erneut lautstark aus, so dass seien Stimme in der gesamten Schwimmhalle wiederhallte, dann trat er am Schwarzhaarigen vorbei direkt auf Tsuna zu. Kyoko lachte du trat einen Schritt beiseite. Tsuna fing fast an zu schreien, als sich der Weißhaarige zu ihm beugte. „Ryohei Sasagawa! Leiter des EXTREMEN Schwimm- und des EXTREMEN Boxklubs der Schule!“ rief er erfreut aus. Anders als der Klubleiter zuvor schnappte er nicht nach seiner Hand. Sasagawa? Oh.. dann war das wohl Kyokos Bruder... „Herzlich willkommen! Es freut mich EXTREM dich kennenzulernen,...“ er schien einen Moment zu überlegen und unterbrach seine äußerst enthusiastische Rede dafür.

Eigentlich hatte er seinen Namen doch gerade auf dem Zettel gelesen, oder nicht? Sollte er sich da nicht daran erinnern? Aber egal wie lange er grübelte, er schien ihn nicht rekapitulieren zu können. „Naja! Herzlich willkommen, jedenfalls! Wir werden sicher EXTREM viel Spaß haben!“

“Entweder das, oder dir sterben nach drei Wochen die Trommelfelle ab.” murrte der Manager und steckte das Formular in seine Jackentasche, wahrscheinlich damit er es nicht verlor. Tsuna versuchte sich weder von der negativen Aura noch von der überenthusiastischen anstecken zu lassen, wenn er sich bedeckt hielt waren seine Überlebenschancen wahrscheinlich am größten.

“Ich... Ich freu mich wirklich...aber ich bin nicht sonderlich gut im schwimmen.” Kyoko lächelte auf Tsunas Wort nur und hängte sich an den Arm ihres Bruders.

“Mach dir keine Sorge, Bruderherz ist ein wirklich toller Schwimmlehrer, du wirst es Nullkommanichts raushaben.” Vielleicht hatte Tsuna es sich nur eingebildet, aber für einen Moment hatte er das Gefühl ein abfälliges Schnaufen aus der Richtung des Griesgrams gehört zu haben.

„Genau! DU wirst es in EXTREMER Geschwindigkeit lernen und dann werden wir an den EXTREMEN Schulmeisterschaften teilnehmen und alle Preise abräumen!“, sagte der Klubleiter mit dem sonnigen Gemüt und grinste so breit und glücklich, als wolle er alle zweifel an seinen Worten einfach aus Tsunas Hirn brennen. Tatsächlich schien es ein wenig zu helfen und Tsuna fühle sich zumndest ein klein wenig sicherer.

„Trainings ist immer dienstags und donnerstags, am Samstag sind wir auch hier, aber da solltest du nicht reinkommen! Das ist EXTREM privat!“, erklärte der Clubleiter und Kyoko, die an seinem Arm hing lächelte zuvorkommend. „Du kannst kommen, wann du willst. Der Kurs ist keine Pflicht.“, fügte sie an, aber ihre Worte schienen Ryohei nicht sonderlich zu begeistern. „Aber du solltest kommen! Training ist EXTREM wichtig! Und wenn du Zeit und Lust hast, Es gibt noch Plätze im EXTREMEN Boxklub! Der braucht dringend Mitglieder!“, ließ er lautstark vernehmen.

Hibari schnaufte erneut und verschränkte seine Arme vor der Brust während er Tsuna musterte, sein Gesicht allein verriet, dass er den anderen für unwürdig hielt überhaupt zu atmen, geschweige denn ihren Club zu besuchen.

“Er soll sich erst mal bemühen schwimmen zu lernen. Du musst nicht jeden in den Boxclub drängen den du kennen lernst.”

Mit einem begeisterten Glühen in der Augen drehte er sich feurig schreiend um und boxte ein paar mal in die Luft. Nur vage konnte Tsuna das aufmunternde Klopfen wahrnehmen, das Kyoko ihm schenkte. Viel zu geschockt war er darüber, zu sehen wie Hibari den anderen Jungen mit einem geschickten Schlag gegen sein Kinn ins Wasser des Schwimmbeckens beförderte, noch während er lautstark schrie:

“Aber Boxen ist EXTREM!!!”

Danach konnte Tsuna zusehen, wie der extreme Clubleiter in einem sehr, sehr abstrakten Froschschwimmstil begann einige Runden zu drehen. Er schwamm schnell, aber nicht wirklich formvollendet. Ehrlich gesagt hatte sein Schwimmstil etwas äußerst albernes und auch beängstigendes an sich und wenn Hibari sein Formular nicht schon fest in seinen Klauen gehalten hätte, dann hätte er es ihm wieder weggenommen und es auf der Stelle zerrissen. Aber jetzt schien es ganz eindeutig zu spät zu sein. nachdem auch Kyoko sich verabschiedete, um ein paar Bahnen zu schwimmen und Tsuna drohte mit Hibari allein am Beckenrand stehen zu bleiben, entschied er sich das Schwimmtraining vorzeitig zu verlassen, da er ja eh keine Schwimmsachen dabei hatte und machte sich stattdessen auf den Weg ins Dorm, in dem ihm heute hoffentlich einmal keine bösen Überraschungen erwarteten.

Stattdessen fand er nur einen hochgradig amüsierten Amicelli und einen auf einem gleichen grad beschämten Giotto, die zusammen vor dem Fernseher saßen und mit etwas spielten was verfluchte Ähnlichkeit mit einer Playstation hatte. Nur hatte Tsuna noch nie eine Im Puddingdesign mit silbernen Controllern gesehen. Oder eine die in unregelmäßigen Abständen leuchtete wenn man bestimmte Tastenkombos lieferte.

Neugierig trat Tsuna vor um zu sehen was die beiden spielten, und musste zugeben nicht schlecht überrascht zu sein ein Prügelspiel zu sehen. Scheinbar kontrollierte Giotto ein weißes Kaninchen während Amicelli das Kaninchen mit einer hinreißenden, axtschwingenden Alice verprügelte.

„Das sieht ja amüsant aus.“, rutschte es ihm schmunzelnd hervor und sofort lag Giottos gesamte Aufmerksamkeit auf ihm. „Tsuna!“, rief er erfreut und beachtete gar nicht, das Amicelli sein Kaninchen ins Nirvana beförderte. „Das ist „Alice im Wunderland – Vengeance.“ Willst du auch eine Runde spielen?“, fragte Giotto überschwänglich und noch eher wusste, wie ihm geschah, hatte er auch schon einen Controller in der Hand und saß auf Giottos vorgewärmten Couchplatz neben Amicelli, der sich die Personenauswahl betrachtete. Er wählte nach einem hin und her den Hutmacher und bestätigte, während Tsuna noch etwas verloren auf den Bildschirm starrte und Giotto ihm sehr wirre Anleitungen ins Ohr flüsterte, die ihm in etwa so viel halfen wie eine Gebrauchsanweisung auf chinesisch.

“Also du kickst mit X und mit B blockst du, Schlagen tut man mit A und springen mit Oben Y. Unten Y aktiviert einen Angriff nach unten und Unten, oben, unten rechts, rechts A führt einen Hutwurf aus. Wenn du eine Sprungattacke machen will springst du und drückst im Sprunge oben, oben, rechts, links, unten ABY. Also das sind die Basics, damit solltest du dich bewegen können. Appropo, du bewegst dich mit dem linken Analogstick und deinen Guardian Angel mit den linken Steuerkreuz.”

Tsuna kam gar nicht dazu auf die Tipps zu hören und hackte nur blindlings auf die Tasten ein, was es für Amicelli sehr einfach machte ihn schnellstens die Hälfte seiner Lebensanzeige abzuziehen. Irgendwie empfand Tsuna tiefen Respekt vor die übermenschlichen Reflexen die der andere haben musste, aber im Grunde genommen war Tsuna einfach nur entsetzlich schlecht.

Als er nach zwei Runden vernichtend geschlagen war und Giotto ihm enttäuscht ins Ohr seufzte, schaffte er es endlich auch einmal zu Wort zu kommen. „Ihr mögt Computerspiele?“. Tsuna war ein wenig erstaunt, denn das war das erste halbwegs normale Hobby, dass er mit Giotto und Amicelli verbinden konnte. Ein gutes Gefühl zu wissen, dass die beiden nicht total verrückt waren.

Mice lacht neben ihm laut auf und legte seinen Controller in Giottos Schoß, um anzudeuten er solle eine Runde mit ihm spielen. „Wir sind fast schon Freaks. Wir haben eine riesige Spielesammlung oben, aber der Fernseher ist so klein. Auf der Mini-Kartoffelkiste lässt es sich nicht gut spielen, daher tun wir das hier unten. Giotto ist nur leider genauso untalentiert wie du, im Umgang mit dem Controller, deswegen schafft er es nie mich zu schlagen und spielt immer nur Rollenspiele...“, meinte Amicelli amüsiert.

Schmollend streckte Giotto ihm die Zunge raus während er Tsuna ein Match ‘Looser vs. Looser’ lieferte. Es fielen kaum Treffer da beide Probleme hatten ihre Figuren anständig zu bewegen.

“Dafür stirbt Mice bei Rollenspielen so oft, du glaubst er lässt seine Charaktere Selbstmord begehen. Ich erinnere mich noch gut an den Monat als wir Lucifer’s Call gespielt haben. Oh Gott war das eine Qual.” Giottos Gesicht machte einen Ausdruck vollkommenen Leides während das Weiße Kaninchen und der Hutmacher auf dem Bildschirm aneinander vorbeisprangen, unfähig sich zu treffen. “Mice hat sieben Controller zerstört. Den letzten hat er in den MIXER gesteckt weil der weiße Reiter ihn etwa 200 mal getötet hat.”

„Dieses verdammte Spiel hat mich mehr Nerven gekostet als Xanxus‘ komplette Sticheleien, der letzten zehn Jahre. Grah. Wie ich es hasse, dieses vermaledeite Spiel.“ Er verschränkte die Arme beleidigt vor der Brust und konzentrierte sich nun wieder auf den Hasen und den Hutmacher, die wild durcheinander sprangen. „Der Hase hat bestimmt sieben Wodka intus und der Hutmacher drei. Bwuaahahah.“, kommentierte er und Tsuna, der schon gelernt hatte: Wer lachte lebte länger, stimmte in sein amüsiertes Gelächter mit ein.

Giotto stupste ihn daraufhin in die Seite und starrte ihn bitterböse an. Dafür dass die beiden Freunde waren, standen sie in einem seltsamen Konkurrenzkampf zueinander. „Lass den Jungen doch. Im Gegensatz zu dir hat er wenigstens Humor, Knusper.“, meinte Amicelli und seine Lippen kräuselten sich zu einem hinterhältigem Grinsen, dass auch eine gewisse Hinterlist erkennen ließ.

“Er ist einfach nur nett,” grummelte Giotto und ließ das weiße Kaninchen mehrmals gegen eine Wand springen, was ihm zum Glück keine LP abzog, während der Hutmacher verzweifelt versuchte auf den Vorsprung zu hüpfen. “Nett und höflich, deshalb lacht er. Und das Spiel war cool. Am besten waren die Kalpa, da konnte man so richtig gut leveln!”

Tsuna hatte keine Ahnung von welchem Spiel die beiden sprachen, er hatte noch nie zuvor davon gehört und hatte das Gefühl, dass das auch gut so war. Er selber war großer von Sonic, Geschicklichkeitsspiele waren die einzigen in denen er wirklich gut war. Zu Sterben war nie so sein Ding gewesen. Mit Schrecken erinnerte er sich an das Vampirspiel bei dem er regelmäßig von Wasserdampf, Pfützen und Regentropfen getötet worden war.

„Ach verdammt. Gib her!“ Amicelli war ungehalten, als er nach Tsunas Controller griff und das Spiel mit ein paar einfach anmutenden Tastenkombinationen beendete, dann legte er den Controller auf den Tisch und lehnte sich zurück. „Das kann man ja nicht mit ansehen. Tsuna, du brauchst dringend Training. Wie wär’s? Jeden Dienstag Abend hab ich frei, da kommst du doch eher nach Hause, nicht? Ich bring dir bei, wie du Giotto vernichtend schlagen kannst.“, erklärte der Dunkelhaarige mit einem gehässigen Grinsen in die Richtung des Blonden. „Hmpf. Dann zeige ich dir zehn Wege um Mice zur Weißglut zu treiben.“, tönte es aus der anderen Richtung und Giotto klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Von mir kannst du sicher viel mehr lernen, als von ihm.“, meinte er und steckte seinem Freund die Zunge heraus. Es war also schon fast wieder so weit, das sie sich kindisch benahmen. Tsunas Augen suchten angestrengt nach einem Fluchtweg.

Das einzige was sich ihm allerdings auftat war ein ungutes Gefühl in der Magengegend, als er plötzlich einen schwarzen Haarschopf durch die Tür huschen sah. Xanxus War umgeben von einer Aura aus zutiefst schlechter Laune, was nicht ungewöhnlich war, jedoch zwang er sich zu einem Nicken als er Tsuna auf der Couch erblickte.

“Spielen sie wieder mal ihre kindischen Spiele? Du solltest dich wirklich nicht mit ihnen abgeben. Sie verschwenden den ganzen Tag über nur ihre Zeit mit diesem Kram.” Giotto legte Amicelli beschwichtigend eine Hand auf die Schulter bevor er ihm zuvorkam und antworte:

“Sie sind nicht kindisch. Sie sind taktisch und lehrreich.”

Xanxus Lachen war mehr ein Grunzen und er goss sich ungestüm ein Glas Traubensaft in ein Glas, so dass dieser über den Rand schwappte und er den Tisch massiv bekleckerte. Wenn er nicht so schlecht gelaunt gewesen wäre, wäre Tsuna mit ihm gemeinsam geflohen, aber im Moment hatte er das Gefühl sich besser von Xanxus fernzuhalten war angenehmer. Lieber redete er noch ein bisschen mit Amicelli und Giotto, die ja im Grunde nicht unsympathisch nur seltsam waren. Als er den Kopf zu Amicelli drehte, war seine spontane Lustigkeit jedoch komplett von ihm gewichen. Stattdessen strahlte er eisige Kälte aus und beobachtete jeden Schritt seines Bruders aus Adleraugen. Im Gegensatz zu Giotto sagte er nichts und brodelte nur still vor sich hin, wie Tsuna vermutete.

Beschwichtigend hob Giotto die Hände und machte ein verkrampft lächelndes Gesicht. Die Situation schien ihm nicht unbekannt, aber definitiv unangenehm. Wahrscheinlich sogar unangenehm bekannt.

“Jungs, Jungs. Bitte zofft euch nicht. Es gibt doch nichts worüber es sich zu streiten lohnt. Vor allem nicht immer und immer wieder. Ihr wollt das doch sicher nicht vor Tsuna ausfechten, sonst zieht er sicher gleich wieder aus.” Der Blick den die Brüder Tsuna zuwarfen sprach deutlich, dass es größrer Probleme als das geben würde. Das war deutlich ein Risiko das sie bereit waren einzugehen um sich gegenseitig zu Zerfleischen. Tsuna wünschte sich einfach nur von der Couch in sein Zimmer teleportiert zu werden.

“Du hast doch selber keine Ahnung wovon du redest. Du bist genauso Abschaum wie mein verfickter Bruder.”

„Du dummes Arschloch! Lass Giotto da raus, das ist eine Sache zwischen uns.“. Amicelli war so schnell aufgestanden, dass er Giottop umgeworfen hatte, der den anderen Noch festgehalten hatte. Der Blonde lag jetzt halb auf ihm und versuchte Amicelli mit einer Hand am Zipfel seiner Jacke festzuhalten, damit er nicht gleich auf Xanxus zustürmte. Tsuna wand sich so gut er konnte unter dem blonden hervor und versuchte zu erkennen, wie er auf dem besten Wege zur Treppe kommen könnte, aber Xamnxus stand so ungünstig im Weg, dass eben jenes nicht so einfach werden würde. „Deine Machtgier ist grenzenlos. Es kann nicht immer alles nach deinem verfickten Willen laufen!“ Giotto sah so hilflos aus, wie er sich emsig bemühte Amicelli zurückzuhalten. Aber Tsuna spürte nicht das Bedürfnis zu helfen. Er hatte das Gefühl es könnte ihm jeden Moment ans Leben gehen und er wollte einfach nur raus. Das Dorm verlassen schien ein Plan, aber ob er sich bis zur Schließzeit wieder rein wagen konnte, war eine andere Frage.

“Einer von uns muss ja Ahnung vom verfickten Geschäft haben. Du ziehst ja lieber deinen Schwanz ein um dich mit deiner Sissi von Freundin nicht zu streiten.” Zischte Xanxus und schmetterte seine Tasse vom Tisch auf den Boden. Der Saft spritze nicht nur auf den Teppich sondern auch Teile der Tapete. Die Tür schien unendlich fern, aber Tsuna war sich sicher, dass er schnell genug laufen konnte um nicht allzu viel abzubekommen.

Giotto war inzwischen aufgestürzt und hielt Amicelli mit all seiner Körperkraft zurück, jedoch hatte der andere rund 20 Zentimeter Vorteil und nutzte diese auch. “Bitte Miceeeeee, lass dich doch nicht provozieren, das will er doch!”

Noch herrschte eiskaltes Schweigen. Wie vor einem Westernduell. Tsuna fiel die knisternde Spannung gleich auf und er ließ seinen Blick über Xanxus gleiten, dert ganz offensichtlich auf nichts anderes fixiert war, als auf seinen Bruder. Der Hass sprühte förmlich aus seinen Augen und Tsuna vergaß ganz sich zu fragen um was für Geschäfte es hier eigentlich ging.

Tsuna hatte die Angst, die Situation könnte jeden Moment eskalieren und er zog sich so gut es ging hinter die Lehne der Couch zurück, ohne Xanxus aus den Augen zu verlieren. Die Zwillinge schienen gar nichts mehr um sie herum zu bemerken und Tsuna war ganz froh darüber, dass er zumindest einen halbwegs sicheren Platz ergattert hatte.

Und plötzlich fiel ein Schuss. Tsuna zuckte hinter dem Sofa vollkommen erschüttert zusammen und zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub. Die Kugel hatte mit tödlicher Präzision eine Vase zerschmettert und das Schweigen das noch immer herrschte wurde mit einer schneidenden Stimme durchbrochen.

“Hört ihr wohl auf euch wie Kinder zu benehmen! Ich hab es wirklich satt mich mit euren Hahnenkämpfen auseinander setzen zu müssen.”

Von der Neugierde getrieben lugte Tsuna hinter der Couch hervor und sah einen äußerst entnervten Reborn, der seine Waffe mit der Lockerheit eines Profikillers in der Hand hielt. Irgendwie wurde Tsuna mulmig zumute. “Ich hab keine Ahnung wer der Auslöser war, aber ihr hört augenblicklich beide auf. Oder ich erschieße euch und Giotto gleich dazu.”

Eigentlich hätte Tsuna in dieser Situation geschrien, aber er konnte an sich halten und klammerte sich in seiner Angst nur panisch an die Sofalehne. Tatsächlich stoben Giotto und Amicelli auseinander und letztgenannter packte den Blonden am Handgelenk und zog ihn, an Reborn vorbei mit die Treppe nach oben, um einer weitern Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Er schien in dieser Hinsicht recht vernünftig, wenn ihn nicht gerade die Wut packte. Anders als Xanxus, der ihnen noch hasserfüllt nachblickte und sich dann, in aller Seelenruhe noch ein Glas Wein eingoss. Tsuna erhob sich jetzt, mit dem größten Respekt vor Reborn und Xanxus wieder von hinter dem Sofa und schnappte sich seien Schultasche, um endlich nach oben gehen zu können.

Aus den Augenwinkeln sah Tsuna wie Reborn Xanxus das Weinglas wegnahm und seinen Kopf schüttelte. Angst packte ihn als er die Szene war, weil er fürchtete Xanxus würde gleich in die Luft gehen.

“Kein Wein. Kein Alkohol. Tu etwas sinnvolles, hilf Tsuna beim lernen, ich hab die Resultate seines letzten Englisch Tests gesehen und du bist sein Oberklässler, also hilf ihm.” Zu Tode erschrocken blieb Tsuna wie angewurzelt stehen und starrte Reborn voller Entsetzen an. Hätte er sich nicht einen noch schlechteren Zeitpunkt für Nachhilfe aussuchen können?!

Xanxus schnalzte genervt mit der Zunge und ging wie ein schnaubender Ochse auf Tsuna zu. “Tss... meinetwegen.“

Noch ehe er wusste wie ihm geschah, hatte Xanxus seine Hand auf seine Schulter gelegt und ihn die Treppe nach oben geschoben. Tsuna wusste nicht ob er in diesem Moment mehr Angst davor haben sollte, das Reborn wusste, was er in seinem Test hatte oder mehr Angst vor Xanxus, dessen Laune so schlecht war, dass er einem aus dem Winterschlaf geweckten Bären damit hätte Konkurrenz machen können. Wahrscheinlich würde er ihn jeden Moment zerfleischen udnd ass er tatsächlich mit ihm lernen würde, glaubte Tsuna überhaupt nicht. Allerdinsg lief alles ganz glimpflich ab, als sie Tsunas Zimmer erreichten. Tsuna Finger zitterten als er aufschloss und er sah Xanxus aus scheuen Augen an, bevor er eintrat. „Du musst nicht, wenn du nicht willst. Ich kann schon allein lernen.“, meinte er besänftigend.

Xanxus schnalzte erneut mit der Zunge, langsam bekam er das Gefühl das es wie eine art Geigenzähler war, je starker Xanxus schnalzte, desto genervter war er. Momentan schnalzte er sehr laut.

“Schon okay, zeig mit deine Hausaufgaben, ich half dir dabei.” grummelte er genervt und ließ sich aus Tsunas Bett nieder, wobei er ihn die ganze Zeit musterte. Nervös öffnete er seine Tasche und kramte seine Englischmappe heraus. Das war mit Abstand sein meistgehasstes Fach und dementsprechend sah auch seine Heftführung aus.

“Äh... Wir sollen... Unregelmäßige Verben wiederholen...”

Xanxus besah sich den Hefter einen Moment lang, dann verlangte er: „Gib mir dein Buch.“, un ließ sich von Tsuna das Englischbuch in die Hand drücken, dass er noch vom letzten Jahr sehr gut kannte. Er schlug die letzte Seite auf, auf der eine riesige Liste Verben war. „Fangen wir mit schlafen an.“. Tsuna wollte nicht wissen, wieso er sich gerade dieses Verb zuerst wählte, aber er sagte die Formen, die noch relativ einfach waren, da man sie zwar anders schrieb, aber sie den regelmäßigen ähnlich waren.

Aber Pause oder Lob gab es nicht, Xanxus las einfach das nächste Verb vor, dass Tsuna auch noch wusste. Er versuchte sich Mühe zu geben, aber als sie zum Wort singen kamen, gingen ihm die Ideen aus. „Singed?“ fragte er daher unwissend und betrachtete Xanxus genau.

Xanxus Gesicht verzog sich zu einer Fratze des Entsetzens. “Total falsch. So falsch, dass es mir die Zähne wegätzt. Hast du dir die Verben überhaupt jemals zuvor angeguckt?” giftete er feindselig und Tsuna ließ zutiefst beschämt seinen Blick zu Boden gleiten. Unglückliche nickte er und erntete damit nur ein abwertendes Kopfschütteln. Xanxus ging einfach zum nächsten Wort über, aber Tsuna fühlte sich wirklich alles andere als motiviert.

Im Grunde genommen war ihm eigentlich zum Heulen zumute. Die Scham trieb ihm einen großen Kloß direkt in den Rachen und es fiel ihm immer schwerer sich überhaupt an irgendein Wort zu erinnern. Resignierend klappte Xanxus das Buch wieder zu.

„Tch. Das hat überhaupt keinen Sinn. Sieh sie dir nochmal an und komm heute Abend bei mir vorbei, dann gehen wir sie nochmal durch. Und streng dich ein bisschen an, wenn ich nur ein falsches Verb höre...“. Er beendete seinen Satz nicht und drückte Tsuna nur das Buch in die Hand. „Ich erwarte dich gegen neun. Klopf dreimal und ich mache dir auf. Aber nur du... alleine. Hast du kapiert?“

Tsuna konnte nicht anders als willenlos zu nicken und Xanxus hinterher zu blicken, der sein, zugegebenermaßen, sehr chaotisches Zimmer nur zu gern wieder verließ, um in seiner eigenen Bärenhöhle auf sein neuestes Opfer zu warten.
 

Wird fortgesetzt

1. Mai: Abends/ 2. Mai: Morgens

Serie: Reborn!

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS

Pairings: Hibari/Ryohei, ansonsten grundsätzlich noch offen; Wir sind auch noch offen für Vorschläge, das meinen wir vollkommen ernst. (Tsuna ist im Übrigen auch noch nicht vergeben)

Autor: Allrenn und Antiana

Warnungen: AU, Crossover

Kommentar: Wir danken unseren Kommentatoren, speziell Trauerglocke und Belphegor ^^, und freuen uns sehr über eure Kritik. Der erste Pairingwunsch wurde aufgenommen. Ob wir es einbauen können, werden wir sehen... (Aber da es eines unserer Lieblingspairings ist, wird sich da schon eine gewisse Eigendynamik entwickeln, bzw. hat sich bereits entwickelt. >___>)
 

Panakeias Segen
 

1. Mai: Abends
 

Tsuna hatte sich tatsächlich dazu durchringen können den kompletten Nachmittag mit seinem Englischbuch zu verbringen. Xanxus Drohungen wirkten wahrlich Wunder. Statt seine Lernarbeit aufzuschieben, wie er es für gewöhnlich zu tun pflegte, wollte er heute Abend vor Xanxus glänzen. Er fühlte sich zwar durch das bloße Starren auf die unregelmäßigen Verben nicht gerade viel schlauer. War das jetzt sing, sang, sung oder sing, sung, sang? Auch egal. Wenn es klappte hatte er Glück und wenn nicht, dann... Moment... Eine plötzliche Panik überfiel ihn als er an den Nachmittag zurückdachte. Er war zu schockiert über die Situation gewesen, aber dieser Reborn, der Hausherr... Er hatte tatsächlich eine scharfe Waffe besessen. Eine Schusswaffe... mit echten Patronen und Xanxus‘ Zimmer war voll mit Waffen, was wenn nur diese Eine, die Xanxus ihnen gezeigt hatte ein Feuerzeug war und alle anderen... Sein Atem stockte und er blieb wie angewurzelt im Flur stehen. Das Bedürfnis sofort wieder umzukehren war groß.

Vor seinem inneren Auge lief sein Leben bereits ab, all die jämmerlichen Momente in denen er sich wie der letzte Idiot verhalten hatte, all die Zeit in der er um sein Leben bangte... Er konnte nicht sagen, dass es ein sonderlich erfülltes Leben war, aber Leben war dem Tod mit Sicherheit vorzuziehen.

Leise und möglichst unauffällig drehte es sich auf der Stelle um und tapst so leise wie es ihm möglich war zurück zu seinem Zimmer. Erstaunlicherweise lief alles glatt und er konnte den ganzen Gang bis zu seiner Tür gehen ohne von einer plötzlich vorbeifliegenden Kugel getroffen zu werden.

“Das ist die falsche Tür.” Tsuna erstarrte augenblicklich.

„Ich... Ich hab nur...“ stammelte er und sah die Materialien durch, die er in seiner Hand hatte. „Ich hab meinen Lieblingskuli vergessen!“, rief er schließlich peinlich berührt aus und holte aus seinem Zimmer einen kleinen pinken Kugelschreiber, mit einem Wasserfenster in dem Glitzerdelfine schwammen.

Natürlich war dieses Monstrum keineswegs sein Lieblingskuli. Vielmehr ein Geschenk seiner Mutter, die, glaubte zumindest Tsuna, sich eine Tochter gewünscht hätte. Natürlich war sie für Tsuna die beste Mutter der Welt, sie war lieb, kümmerte sich immer um ihn und half ihm bei seinen Problemen, aber manchmal, da war ihre Erziehung einfach speziell.

Mit hochroten Wangen, begab er sich schließlich den Flur entlang und trat zu Xanxus, der ihm bereitwillig die Tür aufhielt und sie hinter ihm schloss. Tsuna hoffte sich das Klicken des Schlosses einzubilden.

Vollkommen verängstigt ließ er sich in dem Sitzsack nieder, der an den kleinen Glastisch herangezogen worden war, und legte seine Unterlagen auf die glatte, durchsichtige Oberfläche. Die Platte war so sehr poliert, das Tsuna sein eigenes feiges Gesicht darin gespiegelt war.

Xanxus zog dunkelviolettes Sitzkissen von einem Stapel unter dem Bett hervor und ließ sich darauf nieder, wobei er einen wesentlich gelasseneren Eindruck machte als noch am Mittag. Sein Gesicht hatte die übliche Härte, aber zumindest knirschte er nicht mehr mit den Zähnen und schnalzte abfällig mit der Zunge.

“Gelernt?” fragte er knapp und nahm sich mit einem langen Blick auf den Kuli Tsunas Buch. “Süß.” War sein einziger grinsender Kommentar. Tsuna spürte wie ihm die Röte in die Wangen stieg als er stockend nickte.

„Gut, dann fangen wir an.“. Xanxus nahm sich Tsunas Buch und das Blatt, auf dem er seine Vokabeln, um sie schneller zu lernen, geschrieben hatte. Zielsicher schlug er die Seite mit den unregelmäßigen Verben auf und überflog die Liste kurz. Tsunas Blick hob sich jetzt, da er dem Älteren nicht mehr in die Augen sehen musste und ihm fiel auf, dass Xanxus sich umgezogen hatte und einen legeren Pullover mit Dreiviertelärmeln trug. Er war türkis. Ein hübscher, gedeckter Farbton. Irgendwie fand Tsuna es passend. Er selbst hockte hier noch in seiner Schuluniform. Er hatte sich nicht die Zeit nehmen wollen sich umzuziehen, bei dem Druck unter dem er stand. Er nutzte die Zeit in der Xanxus noch überlegte, um seine Krawatte etwas zu lockern und sich nochmals umzusehen.

Als Xanxus plötzlich „Schießen.“, sagte zuckte er heftig zusammen und auf einmal war der Tisch wieder sehr interessant für ihn.

Seine Hände zuckten automatisch zu seinem Kopf hoch und er duckt sich merklich, was Xanxus nur dazu brachte noch breiter zu grinsen und das Verb zu wiederholen. Es dauerte einen Moment bis Tsuna verstand, dass es keine Warnung sondern eine Aufforderung war.

“Shoot, shot, shot!” plärrte er heraus und zuckte noch einmal heftig zusammen als sein Gegenüber das Buch passend zum letzten ‘shot’ zuschlug, nur um es direkt danach wieder zu öffnen.

“Angst das Reborn reinkommt?” erkundigte er sich scheinheilig und seine Augen glitten über die Liste. Das dumme Gefühl, dass sich in Tsunas Bauch ausbreitete, ließ ihn sich augenblicklich an die professionell zerschossene Vase erinnern.

“Ich... ein bisschen...”

„Hab ich mir gedacht.“, meinte Xanxus amüsiert. „Leg dich besser nicht mit ihm an. Ein gut gemeinter Rat. Nicht einmal ich bin so dämlich. Wenn er dich einmal in die Mangel nimmt, dann singst du wie eine Nachtigall. Wobei wir beim nächsten Verb wären. Singen bitte.“, sagte Xanxus gelassen und überflog die Liste bereits nach dem nächsten Verb, während Tsuna noch einen Moment lang überlegt. „Sing, sang, sung.“. Da Xanxus nichts sagte, nahm er an, dass es richtig war und das erleichterte ihn.

„Gibt es eine Karaoke-Bar in der Stadt?“, fragte Tsuna, dem es bei der Stille unwohl war. Xanxus‘ Blick schnellte nach oben und er grummelte etwas, das schwer verständlich war. Tsuna konnte daraus etwa soviel entnehmen wie: „Ja, gibt es. Geh mit Giotto hin.“, mehr nicht. „Gehen?“, war die nächste laute Frage und Tsuna musste einen Moment überlegen. Das war knifflig.

Es hatte dieses rhythmische: ‘Do Den Don’, was ihm immer Probleme machte wenn er die Verben aus seinem Gedächtnis ziehen wollte. Langsam ratterten die Rädchen in seinem Kopf bis er schließlich “Go....went....gone...?” stotterte. Das antwortende Schweigen erleichtere ihn zutiefst und ließ ihn erst mal wieder richtig durchatmen.

“Singst du nicht gerne? Ich auch nicht... Ich sing ganz fruchtbar schlecht, aber mit Freunden macht es doch wirklich Spaß.” stotterte Tsuna um die gespannte Stimmung im Raum etwas zu lockern.

Vergebens.

“Sehe ich aus wie jemand der gerne singt und tanzt? Ich hoffe ich hab mich bei deiner Frage einfach nur verhört. Hören.”

Tsuna runzelte die Stirn. “Hear, heard, heard.” Das war wesentlich leichter als ‘Singen‘.

Tsuna war direkt stolz auf sich, das lief ja wie geschmiert. Xanxus war noch ganz ruhig und gelassen, man konnte ihm Fragen stellen ohne böse Blicke zu ernten. Er wurde etwas mutiger und seine Stimme etwas weniger zittrig. Wenn er jetzt noch einen Tee hätte, wäre er einhundertprozentig entspannt. „Singen vielleicht nicht, aber ich... ich hab gedacht du tanzt vielleicht, also Tango und Walzer und so, mit deiner Freundin, vielleicht.“. Xanxus schnaubte, ob genervt oder amüsiert konnte Tsuna nicht richtig feststellen. „Hassen.“. Aus diesem Wort bestand seine Abwehr vor der neugierigen Frage und Tsuna war sich ziemlich sicher, das das nicht auf der Liste stand. Zunächst wollte er etwas sagen, antwortete dann aber brav: „Hate, hated, hated.“. Xanxus wollte zu dem Thema offenbar nichts sagen. Schade eigentlich. Dabei hätte es Tsuna interessiert.

“Ich denke das reicht. Du hast deine Vokabeln anscheinend gelernt.” bemerkte Xanxus trocken und schob sein Buch wieder zu ihm herüber. Irgendwie hatte Tsuna das Gefühl, Xanxus auf den Schlips getreten zu sein, aber im Grunde gab er einem immer diese Ahnung. Es war als ob Xanxus einem durch einen bloßen Blick ein schlechtes Gewissen bereiten konnte.

“Da...Danke fürs Abfragen...” wisperte Tsuna und schenkte ihm ein herzzerreißend süßes Lächeln, das er immer aufsetzte wenn er nervös war und nicht wusste was er sagen sollte. Das einzige was es ihm brachte war, dass Xanxus seine Augen verdrehte. Ganz offensichtlich hatte er nichts übrig für treuherzige Rehaugen.

Schweigen... Kein Buch mehr. Tsuna war das Ganze unangenehm. Er raffte seine Sachen in Windeseile zusammen und klemmte sie sich unter den Arm. „Ich.. Also... ich geh dann.“, sagte er schnell und als er sich aus dem Sitzsack erhob stolperte er über eben diesen und landete bäuchlings auf dem flauschigen Teppich. Wie unangenehm und peinlich. Tsuna wollte jetzt am liebsten ein Chamäleon werden und die Farbe vom Teppich annehmen, aber da ihm das nicht möglich war, versuchte er seine Sachen, die sich durch den Sturz über den ganzen Boden verteilt hatten, so schnell wie möglich zusammen zu raffen. Ordnen konnte er seine lose Zettelsammlung später immer noch. Er wollte einfach nur weg.

Mit hochrotem Kopf stopfte er sich den letzten der Zettel in den Haufen auf seinem Arm und stolperte den Tränen nahe zur Tür. Sein Blick klebte wie Leim an der Türklinke als ihm bewusst wurde, dass er so überladen war, dass er sie nicht herunterdrücken konnte. Neben ihm ließ Xanxus ein amüsiertes Grunzen hören und zwei starke Arme griffen nach dem Papierstapel und nahmen ihm die Sachen ab. Laut quietschend sprang Tsuna vor Schreck zur Seite und prallte ungeschickt gegen den Schrank.

“Mach nicht so ein Gesicht. Ich helf’ dir nur das Zeug rüber zutragen du kleine Krabbe. Also mach die Tür auf.” spottete Xanxus und so schnell er konnte tat Tsuna wie ihm geheißen. Sein Herz pochte so laut in seiner Brust vor Scham, er glaubte fast es würde platzen.

„Du solltest dir einen Locher zulegen und ein bisschen Mut, wenn du einmal dabei bist, einzukaufen.“, sagte er trocken. Tsuna versuchte den bissigen Kommentar zu überhören und drückte die Türklinke nach unten, damit sie das Zimmer endlich verlassen konnten. Er fühlte sich wesentlich wohler, als er endlich der bedrückenden Enge entkommen war und sich im Flur befand. Dass der Ältere noch neben ihm lief, machte ihm wenig aus, jetzt waren sie immerhin in der Öffentlichkeit, jetzt könnte nichts mehr geschehen. Wenn er schrie, dann kam sicher jemand. Allein dieser Umstand machte ihn viel gelassener.

Er öffnete seine Tür mit dem Schlüssel und ließ dann Xanxus in sein Zimmer eintreten, beobachtete wie er den Stapel auf dem Tisch ablegte und sich noch einmal kurz umsah.

“Schon fast drei Wochen hier und noch immer kaum eingerichtet?” erkundigte er sich und deute auf den eher spärlich dekorierten Raum. Nicht einmal Fotos hatte er aufgestellt, oder Poster angehängt. Als er gepackt hatte, hatte er offensichtlich vergessen entsprechende Gegenstände mitzunehmen.

“Ähm... Ich also...” nuschelte er verlegen und spielte mit seinen Händen. “Ich... hab irgendwie... bin irgendwie nicht.. dazugekommen... Es gab so viel anderes zu tun, weißt du.”

Xanxus schüttelte nur seinen Kopf und musterte ausführlich die grüne “Lucky*Star” Bettwäsche. Ein amüsiertes Lächeln kräuselte augenblicklich seine Lippen.

Tsuna versuchte ruhig zu bleiben und schloss die Tür, die er eigentlich aufgehalten hatte, damit Xanxus gleich wieder gehen konnte, aber daraus wurde wohl nichts. Xanxus Grinsen verhieß zwar nichts Gutes, aber Fanbettwäsche war doch nichts Schlimmes. Er würde sich dafür nicht schlecht fühlen. „Ich... ich mag den Anime.“, sagte er ruhig.

In seinem eigenen Terrain fühlte er sich etwas sicherer, daher lächelte er. „Ich weiß er ist nicht besonders sinnvoll, aber..“. Ein plötzlicher Gedanke kam Tsuna und er betrachtete Xanxus mit fragenden Augen. Wenn er ihn kannte, dann: „Schaust du auch?“, fragte er neugierig. „Oder... äh... Was schaust du überhaupt gern?“. Er wusste nicht wieso, aber er fühlte sich nach Small Talk. Wieso genau konnte er nicht erklären und warum ausgerechnet mit Xanxus, das war noch weiter hinter seinem Verständnis. Jedoch hatte er die starke Hoffnung mit ihm auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Schon allein um die peinlichen und mit Pausen durchzogenen Gespräche etwas aufzulockern. Sie beide hatten ja scheinbar so etwas wie eine Gesprächsblockade.

“Ich schaue keine Animes.” erklärte Xanxus deutlich besser gelaunt, während er das Zimmer weiter erkundete. “Früher habe ich mal Monster geschaut, aber es wurde wirklich langweilig. Aber ich lese Mangas. Battle Royale, Gantz, Vampire Hunter D, Hellsing, Berserk. Das übliche halt.”

Tsuna kannte alle Mangas, las aber keinen davon, obwohl er auch eine ergiebige Sammlung besaß. Kurz hatte ihn das Verlangen gepackt sie Xanxus zu zeigen. Jetzt war es weg. Mit Kamikaze Kaito Jeanne, +Anima und Vampire Miyu konnte Xanxus wahrscheinlich wenig anfangen. Zudem beinhaltete seine Sammlung Chobits.

Xanxus würde nur lachen, wenn er es sah, deswegen hielt er sich zurück mit Kommentaren und ließ den Älteren weiter durch sein Zimmer streifen und seine wenigen Besitztümer begutachten. „Ja... Das Übliche...“, sagte er, um das Gespräch nicht so krass unterbrechen zu müssen. Er kannte nicht alle, aber zumindest Hellsing hatte er im Fernsehen gesehen. Er hatte es gruselig gefunden und nicht mehr als 2 Folgen geschaut, aber...

„Hellsing ist... ziemlich cool.“, erklärte er und knetete seine Hände.

“Der Manga? Ja, ziemlich. Aber der Anime ist für Pussies. Obwohl er nicht so schlimm ist wie diese verfickten OVAs. Tss... Als hätten sie den Manga noch mehr vergewaltigen können.” Eine seltsame Mischung aus Ehrfurcht und Panik kroch in Tsunas hoch als Xanxus sein Regal mit einem faszinierten Blick musterte und sich sofort auf die Unterlippe beißen musste. Nur zu gut wusste er warum und er wäre so gerne auf der Stelle gestorben um den peinlichen Moment zu überrücken, allerdings hatte er nicht so viel Glück.

“Oh wie nett. Du bist Cosplayer?”

Tsuna schwieg und fixierte den Boden mit einem geradezu verzweifelten Blick.

“Ne...nein... eine... Freundin hat das Kostüm für sich gemacht und... ich hab ihr beim Abstecken geholfen.” wimmerte er und konnte einfach nicht hochsehen. Das Bild von ihm im Sailor Moon Kostüm starrte ihn geradezu gehässig an. Es gab einen Grund warum er keine Fotos aufgehängt hatte.

Xanxus unterdrückte sein Lachen offenbar, zumindest hatte er noch keine Tränen in den Augen und kugelte sich auch noch nicht am Boden. Anders als andere, Tsuna dachte daraufhin an Gokuderas Reaktion, der das Bild auch dahin gestellt hatte, war er zumindest höflich, obwohl er das Bild eine ganze Weile betrachtete.

„Nette Beine.“, kommentierte er schließlich ungerührt. Sein Grinsen wurde ein kleines Stück breiter.

Tsuna konnte nicht erahnen, was er dachte und wollte es auch gar nicht wissen. Sein größtes Problem war im Moment seine Schamesröte zu verbergen. „Da...Danke...“ stotterte er unsicher und fasste seine Hände hinter dem Rücken. Im Moment überlegte er krampfhaft, ob er noch irgendetwas Peinliches im Zimmer hatte, aber ihm fiel nichts ein. Er drückte die Daumen, dass dem auch so war.

Bevor er sich aber weiter sorgen musste, wurde er von einem dezenten Klopfen an seiner Zimmertür aus seinen Gedanken gerissen. Überrascht über das so ungewohnt leise Geräusch drehte er sich wieder der Tür zu, die sich nach einem verstörtem “Herein.” langsam öffnete.

Das war das erste Mal, dass er Reborn in etwas anderem sah als mit Anzug und Hut und Tsuna wusste nicht so wirklich was er sagen oder denken sollte. Der Schwarzhaarige trug einen dunkelvioletten Rollkragenpullover zu einer beigefarbenen Hose und einen Breiten Ledergürtel, irgendwie wirkte er direkt zehn Jahre jünger.

“Guten Abend.” sagte er knapp und höflich. “Xanxus, dein Vater ist am Telefon. Du solltest ihn nicht warten lassen.”

„Tch...“ Xanxus schien nicht erfreut. Das Lächeln das sich auf seinen Lippen kräuselte verschwand in einem Sekundenbruchteil und er warf dem Foto noch einen letzten Blick zu. Er verließ das Zimmer ohne ein weiteres Wort. Tsuna war darüber sehr enttäuscht, blickte ihm noch nach, dann fiel sein Blick auf Reborn und wieder überkam ihn die panische Vision vom Nachmittag. Er ließ ihn allein, allein mit dem Schießwütigen? „Gu...Guten Abend...“, brachte er stotternd zusammen und warf einen Blick auf die Uhr. Es war zum Glück noch nicht Mitternacht, also sollte er nichts zu befürchten haben.

Reborn straffte seine Schultern und Tsuna konnte undeutlich an seinem Hosenbund für einen Augenblick einen Pistolengriff sehen, aber der Pullover rutschte fast augenblicklich zurück und verbarg ihn. Er konnte nicht anders als einmal zu schlucken, hoffentlich hatte er nichts falsch gemacht.

Das einzige was Reborn jedoch sagte, nachdem er Tsunas Zimmer abschätzig angesehen hatte war ein seltsam kritischer Ratschlag, der ihm wirklich nichts als Verwirrung brachte. “Du solltest darauf achten wen du dir zum Freund und wen du dir zum Feind machst.”

Irritiert öffnete Tsuna seinen Mund um zu fragen ob etwas mit Xanxus nicht stimmte, aber er blieb lieber stumm. Wahrscheinlich würde er früher oder später eh rausfinden was hier vor sich ging.
 

2. Mai: Morgens
 

Der nächste Tag begann regnerisch und dieser Zustand änderte sich im Laufe des Tages auch nicht. Das Klassenzimmer war düster und die Schüler unmotiviert. Tsuna erging es nicht anders. Eigentlich hatte er, wie jeden Tag, vorgehabt zum Tempel zu gehen, aber bei dem Regen würde Lanchia sicher nicht da sein, daher erschien es ihm sinnlos nur zum Beten hinzugehen. Umso erfreuter war er, als Gokudera ihm in der Pause anbot, nach der Schule mit ihm in der Bibliothek zu lernen.

Zu zweit lernen konnte eine wirkliche Erleichterung sein. Bei Xanxus half es, wieso nicht auch bei Gokudera? Also sagte er zu und so gingen sie direkt nach dem Unterricht ins Untergeschoss der Schule.

Tsuna hatte nicht einmal gewusst, wo sich die Bibliothek befand. Dabei war sie sogar direkt gegenüber vom Lehrerzimmer, einem Bereich den man öfters aufsuchen musste, wenn man Frau Oregano als Klassenlehrerin hatte. Sie hatte nämlich die großartige Angewohnheit ihre Sachen dort zu vergessen und den nächstbesten Schüler loszuschicken um besagte Unterlagen zu besorgen.

Die Bibliothek an sich war sehr niedlich. Blaue Tische standen in der Mitte um daran zu arbeiten, die Regale waren schwarz gehalten und die Wände weiß. Er herrschte eine ruhige Atmosphäre, was wahrscheinlich daran lag das mit ihm und Gokudera nur knapp fünf Schüler sich hier aufhielten. Viele Sportclubs liefen gerade, aber Tsuna schwänzte und Gokudera hatte immer nur vormittags Training.

“Ich hab Reißbällchen mitgebracht, dann wird es nicht so langweilig.” eröffnete ihm sein Lernpartner und warf seine Schultasche auf den Tisch.

Tsuna war es neu, dass man in der Bibliothek auch essen durfte, aber diese Regel fand er angenehm. Er hatte noch keinen richtigen Hunger, aber da er immer recht spät aufstand, schafte er es meist nur ein spärliches Frühstück zu sich zu nehmen. Um sich selbst ein Bento zu machen hatte er meist keine Zeit, aber manchmal, äußerst selten, stellte ihm jemand eins hin. Es war Tsuna ein wenig unangenehm, wenn er es einsteckte, denn obwohl sein Name darauf stand, stand nie ein Macher dabei und wenn er dann in die Runde fragte, leugneten alle die Bento Box je angefasst zu haben.

Vielleicht sollte Tsuna mal die Fingerabdrücke überprüfen lassen. Seine alte Detektivausrüstung hatte er aber dummerweise zu Hause gelassen.

„Hey, Tsuna!“, rief Gokudera aus und lenkte die Aufmerksamkeit des Braunhaarigen so auf sich. „Was willst du lernen?“, fragte er enthusiastisch und schob sich eine Brille auf die Nase.

Tsuna überlegte für einen Moment. Irgendwie war er in fast allen Fächern schlecht. Das einzige was ihm lag war Japanisch und früher war er ganz gut im Hauswirtschaftskurs, aber hier an der neuen Schule hatte er noch nicht Gelegenheit gefunden einen zu besuchen.

“Also... mit Xanxus lerne ich meistens Englisch... Also... vielleicht Mathe? Ich hasse Trigonometrie. “ erzählte Tsuna während er seine Schreibsachen auspackte. In der Tasche sah er zu seiner Verwunderung wieder eine Bento Box, dabei war er sich sicher heute keine eingesteckt zu haben. Er hatte vollkommen verspätet das Haus verlassen und sich die Tasche nur von der Kommode gekrallt ohne ihr weiter Beachtung zu schenken. Aufgewühlt holte er die mitternachtsblaue Box heraus, stellte sie auf den Tisch und musterte sie verholen.

„Ah... Du hast auch was zu essen.“, sagte Gokudera grinsend und holte seine eigene Box raus, die er auch sogleich öffnete. Die Reisbällchen die darin lagen sahen selbstgemacht aus, nicht besonders hübsch, aber Tsuna war sich sicher sie schmeckten ganz fabelhaft. Er wagt es gar nicht seine eigne Box zu öffnen. Anders als die seines Freundes, war sie nämlich durchaus ansehnlich. Reis, Fisch und sogar Oktopuswürstchen, die Tsuna abgöttisch liebte waren ordentlich darin aufgeschichtet. Wenn sie ein Mädchen im Dorm hätten, dann wüsste Tsuna von wem die Box wäre, aber... Er schob seien Box mit Gokuderas zusammen und lächelte. „Bedien dich ruhig.“, sagte er freundlich und zog sein Mathebuch und einen Block heraus.

Neugierig warf Gokudera einen Blick hinein und erbleichte sofort, dann grinste er Tsuna übers ganze Gesicht an und schlug ihm kumpelhaft auf die Schultern. Er schien die Situation natürlich falsch zu verstehen.

“Wow, hast du ein Mädchen? Du gehst ja ganz schön ran, Alter, hätte ich dir gar nicht so zugetraut.” lachte er herzlich und Tsuna wurde rot um die Nase. Wie kam er nur auf so wahnwitzige Ideen, als ob die Mädchen sich um ihn reißen würden.

“Yiiiiih! Na-Natürlich nicht!” quiekte er nervös und versteckte sich hinter seinem Mathebuch um sein rotes Gesicht zu verbergen. “Ich glaub es ist... ein... ein Scherz oder so. Vielleicht von Giotto und Amicelli... aber es schmeckt immer gut... also will ich es gar nicht so genau wissen...”

Neugierig warf Gokudera einen Blick hinein und erbleichte sofort, dann grinste er Tsuna übers ganze Gesicht an und schlug ihm kumpelhaft auf die Schultern. Er schien die Situation natürlich falsch zu verstehen.

“Wow, hast du ein Mädchen? Du gehst ja ganz schön ran, Alter, hätte ich dir gar nicht so zugetraut.” lachte er herzlich und Tsuna wurde rot um die Nase. Wie kam er nur auf so wahnwitzige Ideen, als ob die Mädchen sich um ihn reißen würden.

“Yiiiiih! Na-Natürlich nicht!” quiekte er nervös und versteckte sich hinter seinem Mathebuch um sein rotes Gesicht zu verbergen. “Ich glaub es ist... ein... ein Scherz oder so. Vielleicht von Giotto und Amicelli... aber es schmeckt immer gut... also will ich es gar nicht so genau wissen...”

Gokudera brach in schallendes Gelächter aus. „Glaub mir, wenn dich Giotto bekochen würde wärst du tot und wenn Amicelli die Box gemacht hätte, wäre nur Ökofraß drin. Tofu und Zeugs, der steht auf sowas... auf sowas und Süßigkeiten.“, erklärte Gokudera ruhig und nahm sich ein Stück Fisch und den dazugehörigen Reis. „Hecht.“, kommentierte er glücklich als er es sich in den Mund schob. Tsuna nahm sich eines seiner Reisbällchen und eines von den Würstchen und begann ebenfalls zu essen. „Aber wenn es die beiden nicht waren, wer war es dann? Haben wir noch ein Mädchen im Dorm?“, fragte er interessiert und als er sein Würstchen verspeist hatte, schlug er sein Mathebuch auf der Seite mit den Hausaufgaben auf.

“Ein Mädchen? Bei uns?! Bwhahahahahahaha... Du hast echt Humor, Tsuna!” stieß er lachend aus und spuckte dabei fast den Hecht wieder nach draußen. “Die einzigen, die bei uns im Dorm leben sind du, ich, Amicelli, Giotto und Xanxus. Oh und Reborn ist so oft da, das er fast schon als Mitbewohner zählt. Also ich mache dir die Boxen nicht.” während er das sagte deutete er auf seine eigene Box, um zu verdeutlichen, dass sein Bento ansonsten wohl kaum aussehen würde, wie es aussah.

Tsuna verstand nicht genau worauf er hinaus wollte.

“Also bricht bei uns fast jeden zweiten Tag jemand ein, stellt eine Bento Box für mich hin und verschwindet wieder? Ist das nicht ein wenig seltsam?”

„Vielleicht macht dir ja Reborn eine oder Xanxus.“. Er unterbrach sein Gelächter erstaunlicherweise und statt dem amüsierten Lächeln schlich sich ein Grinsen auf seine Lippen. „Wir könnten uns ja morgen früh auf die Lauer legen, dann sollten wir schon rausfinden, wer dir die Boxen macht.“ Schlug er vor und bediente sich noch einmal am Fisch in der Box. „Ich würde zu gern sehen, wie Xanxus in der Küche steht und dir ein Bento macht.“. Für einige Momente war es still, bis Gokudera hintergekaut hatte, dann brach er wieder in heftiges Lachen aus.

Tsuna konnte über seien Reaktion nur die Augen verdrehen. „Ich glaub nicht, dass Xanxus mir Bento macht. Vielleicht haben wir eine Haushälterin oder jemand verwechselt meine Tasche mit der eines Anderen.“, waren Tsunas Ideen.

“Und schreibt deinen Namen Rein zufällig auf diese süßen kleinen “Guten Appetit ;P”-Karten? Ich habe meine Zweifel.” Sein Lachen wurde stärker, Tsuna wich aus Sicherheitsgründen ein wenig vom Tisch weg. Man wusste nie, wann ein Mensch spontan explodierte. “Stell es dir einfach nur vor! Xanxus, in einer rosa Schürze, wie er an der Küchentheke steht und die die Würstchen in Tintenfischform schnitzt! Bwhahahahahahha...! Ich glaube ich sterbe vor lachen!”

Dem konnte Tsuna nur zustimmen, nur fand er die ganze Vorstellung nicht lustig sondern beängstigend. Xanxus würde so was nicht tun, Bento Boxen machen war etwas was nur Mädchen so kunstvoll vollbringen konnten.

“Bitte Gokudera, das ist eine fürchterliches mentales Bild... Er würde uns töten wenn er dich hören könnte.”

„Na und? Soll er doch... bwuahahahaha... Mit diesem Bild in meinem Kopf sterbe ich gern.“ Gokudera lachte mittlerweile so laut, dass die ersten Schüler ihm genervte Blicke zuwarfen und bisweilen aus der Bibliothek verschwanden.

„Sei doch etwas leiser.“, bat er ihn wispernder Weise.

Tsuna mochte es nicht, wenn man über andere Leute lästerte. Und wenn Xanxus von diesen Lästereien Wind bekam, würde er ihnen bestimmt den Hals umdrehen oder eines seiner Feuerzeuge dazu benutzen, sie grausam zu verbrennen. Tsuna hatte auf jeden Fall keine Lust es herauszufinden.

„Xanxus hat gar keinen Grund mir Bentos zu machen. Er mag mich ja nicht einmal. Ich bin sicher er ist es nicht.“, sagte er leise und versuchte die kleine Stimme aus seinem Kopf zu verdrängen die ihre Bedenken an dieser Theorie äußerte.

“Hey immerhin hilft er dir freiwillig beim lernen. Vielleicht sieht er in dir so etwas wie einen kleinen Bruder.” gackerte Gokudera und schob sich ein kunstvoll geschnittenes Karottchen in den Mund. Für ihn war das ganze wiedermal nur ein großer Scherz, Tsuna wünschte sich alles auch so locker sehen zu können. Jedoch würde ihm das wohl nie möglich sein, denn er hatte die dumme Angewohnheit an seiner Haut zu hängen und es gab zu viele Menschen die ihn davon trennen wollten. War es auf diese oder jene Weise.

“Ich will nicht sein Bruder sein... Wenn ich nur daran denke wie er und Amicelli sich streiten wird mir schon ganz schlecht...”

„Hehe. Da hast du irgendwie Recht. Vielleicht besser doch kein kleiner Bruder, aber es ist trotzdem erstaunlich, dass er freiwillig so viel Zeit mit dir verbringt. Sonst motzt er immer alle nur an.“, meinte Gokudera und griff nun endlich auch nach seinem Mathebuch. Tsuna hatte Hoffnungen, dass ihr Gespräch dann bald in eine andere Richtung laufen würde.

„Als wäre das mit mir groß anders. Mich motzt er auch nur an, sobald ich etwas Falsches sage.“, sagte er kleinlaut. „Und ich weiß nie, was ich sagen kann und was nicht. Er macht mir Angst.“, erklärte er seinem Freund und senkte den Blick peinlich berührt. Er war wirklich ein Angsthase. Gokudera fand das sicher lachhaft, aber seine alten Gewohnheiten ließen sich so schwer ablegen.

Jedoch zuckte sein Gegenüber nur mit den Schultern, um Tsunas Furcht als nichts Besonderes abzutun. Gokudera war wirklich ein netter Kerl, erstaunlich wie jemand so großzügig über diese massiv verkorkste Feigheit hinwegsehen konnte.

“Na, Xanxus kann schon unheimlich sein, aber weißt du, ich glaub er mag dich wirklich. Oder akzeptiert dich zumindest als Lebewesen derselben Spezies. Das ist für seine Verhältnisse ein ziemlicher Fortschritt.”

Tsuna starrte mit geröteten Wangen auf sein Mathebuch und hoffte es würde ihm einen Fluchtweg ermöglichen. Die Schüler die außer ihnen sonst noch hier waren hatten angefangen zu tuscheln und ihm war das irgendwie unangenehm.

“Können wir bitte das Thema wechseln?” nuschelte er verzweifelt und biss in die Kappe seines Kulis.

„Klar!“. Gokudera strahlte auf einmal und schlug sein Mathebuch punktgenau auf der Seite auf, die auch Tsuna geöffnet hatte, was wohl daran lag, dass sein Buch voller bunter Zettelchen war, auf denen das jeweilige Themengebiet stand.

Innerhalb kürzester Zeit hatte Gokudera ihr vorheriges Gesprächsthema komplett verdrängt und sprach jetzt von Trigonometrie, allerdings in einer Art und Weise, die Tsuna kaum helfen würde das Gebiet in irgendeiner Weise zu verstehen. Es ermüdete ihn nur und nach zwanzig Minuten ziellosen Geredes langweilte er sich, da er sich aus den Erklärungen seines Freundes wenig nehmen konnte.

Er war äußerst erleichtert als Gokudera seine Hausaufgaben für ihn machte und sie dann entschieden nach Hause zu gehen.

Der Tag war wirklich lang genug gewesen und als sie dann dort nach Hause gingen, munter schwatzten und Tsuna alles Tat um das Thema Xanxus nicht wieder anzuschneiden, hörte er plötzlich ein leises Röcheln. Zuerst konnte er nicht einmal zuordnen woher es kam, so unglaublich schwach war es.

Pfeifend und zischend.

Unruhig und krank.

Verunsichert drehte Tsuna sich auf der Stelle um und blickte trotz seiner Furcht in die Seitengasse hinein, aus der eine Gestalt wankte. Sie hatte ihr Herz fest umklammert und ein Rinnsal aus Blut lief ihr über das Kinn. Wie angewurzelt konnte er nur wortlos starren, bis die Person plötzlich zusammenbrach.

“Lanchia!”

Die Welt blieb für einen Moment stehen.
 

Wird fortgesetzt

2. Mai: Nachmittags

Ab heute gibt es das Kapitel ohne lange Vorrede, bis auf den Disclaimer, es sei denn es gibt Änderungen, die mitzuteilen sind.

Die Disclaimer sind noch immer: Akira Amano, ATLUS

Unseren Kommentatoren möchte ich in unser beider Namen herzlich danken. Wir freuen uns sehr über die Tatkräftige Unterstützung. Es fällt viel einfacher zu schreiben, wenn man weiß, dass man auch gelesen wird. Vielen Dank.
 


 

Panakeias Segen
 

2. Mai: Nachmittags
 

Tsuna war verängstigt, fast erstarrt, als er den großen, sonst so starken Mann au dem Boden liegen sah. Er konnte sich kaum rühren, seine Glieder waren erstarrt, bis der Schock ein wenig abklang, dann trugen ihn seine Beine in einem enormen Tempo zu dem Älteren und er kniete sich neben ihn.

Er wusste nicht was zu tun, daher hob er Lanchias Kopf an und legte ihn auf seine Oberschenkel. „Lanchia! Lanchia?“, fragte er panisch und versuchte ihn wachzurütteln, aber er schien ihn nicht zu hören.

Auch Gokudera trat jetzt näher heran und beugte sich über den Älteren. „Was... Was ist los?“, fragte er besorgt und schien nicht recht zu wissen, was zu tun war.

„Ich...ich weiß es nicht...” stotterte Tsuna verzweifelt und versuchte Lanchia nicht weh zu tun, doch der andere wurde nur von einem starken Hustenanfall erschüttert, so dass sein ganzer Leib bebte. Die nackte Panik kroch in ihm hoch als er dieses Bild des Schreckens vor sich sah und mit zunehmender Panik sah er Gokudera direkt in die Augen.

„Warte ich ruf einen Krankenwagen.” brachte er mit erstickter Stimme hervor und kramte sein graues Handy aus seiner Schultasche, während Tsuna nur wie paralysiert sitzen und starren konnte. Das alles war wie aus einem schlechten Traum oder einem fürchterlichen Roman. Man begegnete nicht Menschen einfach so wieder nur um sie sterben zu sehen, das Schicksal konnte doch nicht so grausam sein.

Es kam ihm vor als würde Gokuderas Anruf eine halbe Ewigkeit dauern. Er hörte die Worte die er sprach in normaler Geschwindigkeit, dennoch kamen ihm die zwei Minuten vor, wie zwei Stunden. Die Angst in ihm war groß.

Er spürte wie Tränen sich den Weg über seine Wangen bahnten und er Lanchia noch fester hielt. Es fiel ihm schwer sich zu konzentrieren. Er war erleichtert, dass Gokudera die Führung der Situation übernahm und ins Dorm stürmte, um, Hilfe zu holen. Was darauf folgte entglitt seiner Kontrolle. Giotto und Amicelli kamen heraus gestürmt und ergriffen Lanchia, um ihn nach drinnen zu tragen. Tsuna, der nicht fähig war ihn loszulassen, hielt seine Hand und tapste aufgelöst hinter ihnen her und kniete sich drinnen neben das Sofa, auf dass sie den Älteren legten.

„Tsuna hör mir gut zu.” sagte Giotto in einem beruhigenden Tonfall und kniete sich vor ihm hin, damit er ihm in die Augen sehen konnte. Tsuna war nämlich nicht in der Lage seinen Blick von der gebrochenen Mann zu wenden. „Weißt du ob er eine Krankheit hat? Braucht er bestimmte Medikamente? Weißt du irgendwas darüber?”

Dicke Tränen kullerten seine geröteten Wangen hinunter und er musste immer wieder schlucken um das Gefühl zu vertreiben qualvoll zu ersticken, so zugeschnürt war sein Hals mittlerweile.

„Ich weiß es nicht, ich weiß es einfach nicht.” schluchzte er angsterfüllt. Was sollte er nur tun? Was konnte er nur tun? Warum war er heute nicht zum Tempel gegangen?! Warum war er ausgerechnet heute nicht für ihn da gewesen?!

„Alles was Tsuna wusste, war das Lanchia krank war und dass er das Krankenhaus oft aufsuchte, ob er Medikamente nahm wusste er nicht. „Er... Er weiß ja selbst nicht, was er hat.“, schluchzte Tsuna schließlich und drückte die Hand seines Freundes fest gegen seine Brust und hoffte, dass seien Nähe und Besorgnis ausreichen würde, um Lanchia die Lebenskraft zurückzugeben.

Er wollte das Giotto ihn in Ruhe ließ, er wollte nicht gestört werden, während er seine kurzen Stoßgebete zum Himmel schickte und um Gnade flehte.

Unter seinen Fingern konnte er es spüren, das Pochen, das Poltern, das Klopfen seines Herzens, so unregelmäßig und sprunghaft. Mal setzte es aus, mal fing es wieder an. Mal schneller, mal langsamer, doch immer unregelmäßiger werdend. Der rasselnde Atem dröhnte in seinen Ohren wie das Geräusch einer Kettensäge, die man direkt neben seinem Ohr angeschmissen hatte. Es war das einzige was er hören konnte und auch das einzige was er hören wollte.

Solange er noch atmete war alles gut. Das Atmen durfte nur nicht stoppen. Nicht stoppen, nicht stoppen. Immer weiter. Immer weiter. Wie das Herz, ob unregelmäßig oder nicht, nur aufhören durfte es nicht.

Denn das Aufhören wäre das Ende.

Der Tod.

Er kniff die Augen fest zusammen und nahm Lanchias Hand nun in beide Hände. Sein stummes Flehen wurde hörbar und wie ein Mantra wisperte er: „Nicht sterben, nicht sterben, nicht sterben...“ und versuchte stark zu sein und seine Tränen zu trocknen. Er hatte Vertrauen in Lanchia. Er würde durchhalten. Er war stark. Ja. Tsuna durfte keine Zweifel an ihm haben.

Als endlich der Krankenwagen kam, machte Tsuna Platz für die Ärzte und beobachtete die ganze Szene aus einiger Distanz. Sie verfrachteten ihn in den Krankenwagen, ohne Erklärungen abzugeben, Tsunas Besorgnis verringerte die ganze Prozedur nicht wirklich. „Ich will ins Krankenhaus...“, sagte er noch immer aufgelöst zu niemand Speziellen. Er hatte es einfach so in den Raum gesagt und hoffte jemand würde darauf reagieren.

Einer der Rettungsassistenten drehte sich um und sah in sein tränenüberströmtes Gesicht. Es fiel ihm recht schwer seine eigene Besorgnis zu unterdrücken, das sah Tsuna mit einem Blick, aber er versuchte trotzdem beruhigend zu sein.

„Bist du mit ihm verwandt?” erkundigte er sich und ließ seine beiden Kollegen die Trage in den Krankenwagen schieben. Tsuna schnäuzte sich nur laut und schüttelte seinen Kopf. Selbst in einer solchen Situation konnte er nicht lügen, er brachte es einfach nicht über sich etwas unrechtes zu tun.

„Nei...nein... aber ich bin ein guter Freund von ihm. Er... er hat mich praktisch mit großgezogen.” Seine Stimme verließ ihn noch beim Sprechen, so dass es am Ende wirklich schwer war zu verstehen was er gemurmelt hatte.

Der junge Mann schien Mitleid zu haben. Einen Moment rang er, ganz offensichtlich mit sich, dann winkte er Tsuna zu, der seine Chance nutzte und zu ihm aufschloss. Aufgelöst drängte er sich an Xanxus vorbei, der gerade vom Training heimgekommen war, beachtete ihn aber gar nicht sondern kletterte nur in den Wagen und ergriff sobald er die Gelegenheit hatte wieder die Hand seines Freundes, um sich zu versichern, dass er noch lebte.

Erst als der Sanitäter die Tür schloss und Lanchia verkabelte wurde ihm wirklich klar, wo er sich befand und er beruhigte sich wieder ein bisschen.

„Mach dir nicht so viele Sorgen.“, sagte die sanfte Stimme des Arztes besonnen und er versuchte mit einem Lächeln seinen Mitfahrer etwas zu beruhigen. „Er schwebt nicht in Lebensgefahr.“, meinte er besänftigend.

Tsuna schluchzte herzerweichend und nahm ein Taschentuch das ihm angeboten wurde dankbar an.

„Aber er... Er sieht so schwach aus... und sein Atem.... Und sein Herzschlag... Er.... er... Wie kann das nicht lebensgefährlich sein?!” ihm völlig unbemerkt hatte seine Stimme sich erhoben und klang schrill im Wagen nach. Der Sanitäter schien sich aber nichts daraus zu machen. Immerhin war er ein Profi und diese Situationen gewohnt.

„Wir kennen ihn. Mach dir keine Sorgen, Dr. Angelus ist eine sehr fähige Ärztin und sie behandelt ihn schon seit einiger Zeit. Also wird sie sicher etwas gegen das Leiden deines Freundes machen können.” beruhigte er ihn und ließ ein kurzes Lächeln auf seine Gesichtszüge wandern.

Tatsächlich beruhigte Tsuna diese fachkundige Meinung und nachdem er die Tränen getrocknet und einmal tief ausgeschnaubt hatte, blieben nur seine geröteten Wangen als Zeichen seiner Tränen zurück.

Lanchias Herzschlag schien sich wieder halbwegs normalisiert zu haben, zumindest fühlte es sich so an. Sein Atem war jetzt stetig und ruhig. Er schien nur zu schlafen. Tsuna machte sich zwar noch immer Vorwürfe, aber es war jetzt nicht mehr ganz so schlimm. „Ist... ist das... nicht zum ersten Mal passiert?“, fragte er schließlich interessiert und war erstaunt wie leicht es ihm fiel mit dem Fremden zu sprechen, wäre der junge Sanitäter Xanxus, wäre ihr Gespräch längst zum erliegen gekommen.

„Oh nein, schon ein paar mal. Ich dürfte das eigentlich nicht erzählen, aber der Patient kommt mehrmals die Woche zu uns. Da passiert es öfters, das er einen diesen Anfälle bekommt.” Tsuna wusste nicht, was er von dieser neuen Information halten sollte, die er so eben bekommen hatte. Zwar hatte Lanchia erwähnt, dass er oft ins Krankenhaus musste, aber Anfälle dieser Art hatte er bei ihren zahlreichen Treffen nie erwähnt. Wahrscheinlich hatte er ihn einfach nur nicht beunruhigen wollen, so war Lanchia schon immer gewesen. Nur auf das Wohl anderer bedacht. Immer bemüht anderen das Leben leichter zu machen.

Der Sanitäter klemmte sich die kinnlangen blonden Haare hinter die Ohren und Tsuna erkannte an jedem von ihnen fünf klimpernde Stabohrringe. Wenn er nur daran dachte dass er fast ohnmächtig geworden war als er nur ein einziges Ohrloch gestochen bekommen hatte... Damals war es Lanchia gewesen, der ihn sicher nach Hause gebracht hatte, weil er sich kaum auf den Beinen halten konnte.

Erst jetzt fiel Tsuna die Sirene auf, eigentlich erst kurz nachdem sie stoppte, denn auf einmal wurde es im Wagen erstaunlich still. Er hörte den Motor leise summen und sah zu, wie der junge Sanitäter die Hintertüren öffnete und hinaussprang. Tsuna tat es ihm gleich.

Neben dem Wagen standen bereits zwei Pfleger bereit. Ein kräftiger Mann mit weißem Haar am Ende der Trage, eine erstaunlich hübsche, blonde Frau...oder... „Geh bitte aus dem Weg...“, bat er oder sie, mit einer Stimme wie aus purem Honig und Tsuna gehorchte ohne Umschweife und sah den zwei.. Männern, Tsuna war sich mittlerweile recht sicher, zu, wie sie Lanchia vom Krankenwagen auf die neue Trage umlagerten. „Nehmt den Jungen mit, er gehört zu ihm.“, sagte der Mann aus dem Krankenwagen und lächelte freundlich.

„Folg uns einfach, Bursche.” rief der weißhaarige Mann und Tsuna versuchte seinem Ratschlag zu befolgen. Alleridngs stellte es sich als außerordentlich schwer heraus mit den beiden Schritt zu halten, und das obwohl Xanxus ihm im Nachlaufen ein gutes Training geliefert hatte. Denn der andere ließ einen nie vergessen wer von ihnen die längeren Beine hatte.

Tsuna war es nicht.

Sie erklommen im Eiltempo mit dem Fahrstuhl die Stockwerke bis sie im Zehnten angekommen waren und Tsuna schlussendlich von einer Glastür aufgehalten wurde. Niemand, der nicht vom Personal war, durfte sie durchschreiten und so blieb ihm nichts anderes übrig als verloren vor ihr stehen zu bleiben.

Tsuna wünschte sich im Moment, dass jemand mit ihm warten könnte, aber er kannte die Telefonnummer von Lanchias Freundin nicht und konnte sie daher auch nicht anrufen, obwohl sie es sicher noch mehr interessieren würde, wie es dem Mann ging. Tsuna seufzte und besah sich wieder die Glastür. Lange Zeit regte sich nicht viel, außer das Pfleger hinein und hinausstürmten, mit vollen und mit leeren Tragen. Tsuna wusste nicht, wie lange er schon wartete, als ein junges Mädchen um die Ecke bog. Sie hatte dunkles Haar und war recht hübsch. Tsuna nahm an, sie war eine Pflegerin, denn sie trug eine Karte um ihren Hals, aber statt in die Intensivstation einzutreten, schlug sie einen Bogen und setzte sich zu Tsuna in den Wartebereich. Er war erstaunt, dass sie ihn plötzlich ansprach. „Du siehst aus wie jemanden, den ich kenne.“, erklärte sie lächelnd.

Tsuna konnte nicht anders als spontan rot zu werden. Mit Mädchen zu sprechen war einfach immer so ungewohnt. In den seltenen Fällen wo er mal Gelegenheit dazu hatte, benahm er sich meistens wie ein Vollidiot.

„I-Ich?” würgte er mit seiner trockenen Kehle hinaus und starrte sie mit offenen Mund an. “Ich sehe jemanden ähnlich den du kennst?”

Sie grinste amüsiert und für einen Moment hatte sie eine geradezu erstaunliche Ähnlichkeit mit Xanxus, wenn Xanxus weiblich und nett gewesen wäre.

„Ja, ein Junge um den ich mich früher mal gekümmert habe. Ein absoluter Loser und Schussel. Hat nie was auf die Reihe bekommen und war genauso ein abgebrochener Gartenzwerg wie du. Wirklich unglaublich wie sehr du ihm ähnelst.”

Tsuna wünschte sich in diesem Moment er könnte im Boden versinken. War er so leicht zu durchschauen? Oh Gott, wie peinlich ihm das war. Sein Gesicht wurde noch eine ganze Spur dunkler und er hatte Mühe seine Fassung zu bewahren. „So? Aber... Ich bin‘s sicher nicht, wenn das schon so lange her ist.“, meinte er leise und wagte es nicht sie anzusehen.

„Ist aus ihm, den, den du kennst, denn was geworden?“, fragte er interessiert. Irgendwie war er froh, dass jemand gekommen war, selbst wenn er sich dabei unwohl fühlte.

Er versuchte sich wieder zusammenzureißen und hob den Blick nun erneut, um das Mädchen anzusehen. Sie war tatsächlich in Xanxus‘ Alter. Ihr Haar war Pechschwarz und auf ihrer linken Gesichtshälfte hatte sie eine Art Tätowierung oder Zeichnung, die Blumenranken darstellte. Ihre Augen waren freundlich und warm und sie hatte ein nettes Lächeln.

„Oh ja, er ist jetzt Schulsprecher. Beliebt bei allen Mitschülern, in festen Händen, hat einen guten Job in Aussicht, wenn er die Schule verlassen wird. Er hat sich wirklich gemacht.” Erleichterung durchströmte ihn bei diesen Worten, also konnte auch aus solchen Schusseln wie ihm etwas werden. Jedoch musste er sagen, dass ihm die Beschreibung irgendwie bekannt vorkam, wahrscheinlich bildete er es sich nur ein.

Unruhig sprang Tsuna wieder auf seine Füße und ging auf und ab, die Flügeltür zur Intensivstation fest im Blick.

„Ein Freund von mir ist da drin.” brach es aus ihm hervor. Es kam ihm falsch vor hier mit einem hübschen Mädchen zu reden während Lanchia... Während Lanchia... Überlebte. Ja, ganz genau, überlebte...

Das Mädchen blickte etwas überrascht Tsunas Rücken an, dann lächelte sie. „Wenn dein Freund da drin ist, dann ist er in guten Händen.“, sagte sie und klang dabei sehr überzeugt. Als Tsuna sich wieder zu ihr umdrehte, sah sie, das sie durch die Glastür blickte. „Meine Eltern sind Ärzte, sie sind jetzt auch da drin.“, erklärte sie freundlich. „Und ich bin sehr stolz auf sie, jeden Tag tun sie ihr Bestes um Menschenleben zu retten. Ich kann dir natürlich nicht versprechen, dass dein Freund in den Händen meiner Eltern ist, aber glaub mir, der Anspruch jeden Arztes ist es, Menschen zu helfen, also egal, wo dein Freund jetzt gerade ist, er wird sicher sehr gut versorgt.“, erklärte sie freundlich und Tsuna spürte, dass die Unsicherheit aus seinem Herzen wich. Es war als ob die Ansprache des Mädchens, auch wenn sie nicht einmal ihren Namen kannten, sie näher zusammengebracht hatte.

Immer noch bedrückt aber mit etwas mehr Hoffnung zwang Tsuna sich zu einem Lächeln und nickte ihr zu. Sicher würde alles gut werden, Ärzte wurden doch immerhin dafür bezahlt, dass sie Leben retten, da würden sie auch Lanchia helfen können. Egal was für eine Krankheit er auch immer haben mochte, irgendeinen Ausweg würde es sicherlich geben.
 


 

Das Abendrot war längst vergangen und durch das Fenster in dem Krankenzimmer konnte er die kleinen hellen Sterne am Firmament erblicken. Vor ihm im Bett lag Lanchia, noch immer war er nicht bei Bewusstsein, aber Herz und Atmung war wieder halbwegs normal. Scheinbar war alles sogar soweit wieder okay, dass er nicht mal künstlich beatmet werden musste, obwohl die Ärzte es befürchtet hatten. Tsuna wagte es trotzdem nicht von seiner Seite zu weichen. In seinem Kopf sah er noch immer die Bilder aus der Gasse.

Lanchia hatte kaum äußere Verletzungen. Nur sein Ellenbogen war ein wenig zerschrammt. Der nette, aber stumme Arzt mit dem sympathischen Lächeln hatte ein Pflaster darauf geklebt und die blonde Ärztin bei ihm hatte dann versichert, dass man durch so einen geringen Blutverlust nicht sterben könne. Auch wenn es ein Scherz gewesen war, er war nicht lustig gewesen.

Seine Besorgnis hatte nicht abgenommen. Seit Stunden hielt er Lanchias Hand und versuchte sowohl ihm, als auch sich selbst Mut zu machen. Er musste Vertrauen haben, aber das war leichter gesagt als getan. „Sei stark, Lanchia“, wisperte er und war sehr erstaunt als Lanchia sich in diesem Moment regte und die Augen ganz langsam öffnete.

Vollkommen verdattert fiel Tsuna bei diesem Anblick fast vom Stuhl, konnte sich im letzten Moment aber noch vor einer näheren Bekanntschaft mit dem Boden retten. Lanchia hustete und selten war er mehr erleichtert dieses pfeifende Geräusch zu hören. Zwar mochte es müde und todkrank klingen, aber es war das deutlichste Lebenszeichen dass der Kranke seit langer Zeit von sich gegeben hatte. Blinzelnd blickte Lanchia ihn an und es fiel ihm deutlich schwer seine Umgebung zu erkennen.

Nachdem er sich bewusst geworden war, wo er sich befand ließ er seinen Kopf zurück ins Kissen sinken und stöhnte unter Schmerzen auf.

„Es ist also wieder geschehen.” murmelte er mit belegter Stimme und sah Tsuna nicht an.

„Ja. Ist es...“,sagte Tsuna und war schon wieder den Tränen nahe, als er seine Hand an sich nahm. „Du... Du hast mir Angst gemacht.“, wisperte er und blickte ihn traurig an. „Du hast mir Angst gemacht!“, sagte er etwas lauter und in seinen Augen lag eine gewisse Verzweiflung, die Verschwand als Lanchia den Kopf drehte und ihn mit geschlossenen Augen anlächelte. Seine große Hand legte sich auf seinen Kopf und wuschelte ihm schwach durch das Haar. „Es tut mir Leid.“, wisperte er schuldbewusst und sein Lächeln verschwand. Er schwieg.

„Was... Was wolltest du beim Dorm, Lanchia? Wolltest du mich sehen?“, fragte Tsuna leise. Es tut mir Leid, dass ich nicht am Tempel war, heute. Ich dachte, wenn es regnet dann... dann bist du auch nicht da.“, erklärte er.

Lanchia verzog bei Tsunas verzweifeltem Ton das Gesicht zu einer gequälten Grimasse, drückte aber so gut es ihm möglich war seine Hand.

„Das ist nicht deine Schuld, Tsuna.” wisperte er und ein Schatten zog über sein Gesicht. “Mir war nicht einmal klar... Das dein Dorm in der Nähe war. Ich war... Jemanden gefolgt. Jemanden von dem... Ich diese Krankheit wohl habe.”

Der Satz stand im Raum wie ein Donnerschlag, der die dunkle Nacht für eine Sekunde erhellt und einen Baum gespalten hatte. Bedeutungsschwer lag er in der Luft und Tsuna konnte nicht so recht begreifen, was er da gerade gehört hatte.

„Jemand von dem du die Krankheit hast?!”

Lanchia hustete. „Ja... Aber, ich habe keine Beweise, nur einen Verdacht und ich weiß auch nicht wie, wie er es gemacht hat. Ich...“ Lanchia hustete. Tsuna schien es als wolle das schnarrende Geräusch gar nicht mehr enden.

„Und... und wer ist es? Wo wohnt er, wenn er bei unserem Dorm lebt?“, fragte er leise. „Ich könnte doch für dich ermitteln, wenn du mir nur alles sagst.“, schlug er vor, doch Lanchia schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht wer er ist und habe seine Spur verloren. Ich hatte in der Gasse gewartet, ob er vielleicht wieder vorbeikommt, dann sah ich dich.“, erklärte Lanchia und hielt weiterhin den Blick von ihm abgewandt. „Du darfst nicht für mich ermitteln. Es ist viel zu gefährlich. Lass mich das alleine in die Hand nehmen...“, Lanchia versuchte noch weiterzusprechen, da wandte Tsuna ein. „Du bist doch viel zu schwach! Wenn du mir sagst, wen du verdächtigst, dann mache ich das doch alles. Ich verspreche es und ich erstatte dir jeden Abend Bericht. Ich kann einen Freund fragen, ob er mir hilft, wenn du Angst hast.“, erklärte Tsuna leise.

„Nein, Tsuna!” herrschte der ältere Mann ihn an und packte Tsunas Handgelenk mit einer, für seinen Zustand, erstaunlichen Härte. In seinen nun aufgerissenen Augen lag ein Schimmer der Wut und auch ein Stückchen Angst. Offensichtlich sorgte er sich um den Jungen, aber in diesem Moment hatte Tsuna nicht nur um ihn sondern auch vor ihm Angst. „Diese Sache ist nichts für ein Kind! Du denkst vielleicht, dass du dem gewachsen bist, aber ich schwöre dir, du bist es nicht. Ich hab diese Krankheit bekommen ohne dass ich gemerkt habe wie er mich angesteckt hat, die Wahrscheinlichkeit dass er auch dich umlegt, wenn du dich einmischt ist viel zu groß.”

So hatte er Lanchia noch nie erlebt. Was auch immer die Krankheit mit ihm anstellte. Es war etwas schlimmes, etwas wirklich schlimmes.

Tsuna wollte nicht verstehen, dass es zu gefährlich war, aber Lanchia jetzt noch einmal zu fragen, erschien ihm dumm, also schwieg er. Er würde damit warten, bis er nicht mehr so wütend war. „Ist gut.“, sagte er daher, um Lanchia zu beruhigen und blickte in die müden, dunklen Augen.

„Ich mache mir wirklich große Sorgen um dich, Lanchia. Bitte, wenn du einen Verdacht hast, dann sag es doch der Polizei... Du bist doch selbst Polizist... Du weißt doch, was zu tun ist.“, schlug er vor und hoffte, dass auch Lanchia das einsehen würde, der aber schwieg. „Niemand würde mir glauben, ohne Beweise. Außerdem bin ich suspendiert. Das habe ich doch erwähnt.“

„Trotzdem, du bist doch ihr Kollege... Sicher hören sie auf dich, wenn du...” Lanchia brachte ihn mit einer unwirschen Handbewegung zum Schweigen. Zwischen ihnen baute sich eine so unangenehme Stille auf, wie er es zuvor noch nie erlebt hatte. Normalerweise war Lanchia immer so ein geduldiger und lieber Kerl. Was auch immer an ihm fraß, Tsuna war fest entschlossen es zu finden. Lanchia mochte ihn für ein Kind halten, aber auch er hatte seinen Wert.

„Tsuna, was ich dir jetzt sage meine ich ernst: Halte dich aus dieser Sache heraus. Ich werde klären was ich klären kann in der Zeit dir mir noch bleibt und du solltest die ganze Sache einfach vergessen. Am besten vergisst du mich auch gleich mit. Denn ich weiß nicht wie viel Kraft mir noch bleibt, und du sollt meinen Tod nicht bedauern.”

Lanchias Worte waren für Tsuna wie ein Dolchstoß. Er wusste nicht genau, was Lanchia damit bewirken wollte, aber beruhigend ihn waren sie überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil, sie machten ihn wütend und gleichzeitig traurig. Tsuna erhob sich und beugte sich über Lanchia, damit der andere ihn ansehen musste. „Hör zu Lanchia. Du bist einer meiner besten Freunde, du bist wie ein großer Bruder für mich und ich werde ganz sicher nicht, niemals, werde ich dich vergessen.“, sagte er ernst und auch der Andere schien jetzt erstaunt von Tsunas Optimismus und Überzeugungskraft. Den schüchternen Tsuna so zu sehen, war sehr gewöhnungsbedürftig, aber veranlasste Lanchia auch dazu zu lächeln. „Aus dir kann wirklich mal was werden.“, meinte er sanft und legte seine Hand auf Tsunas Kopf, um sein Haar durchzuwuscheln.

„Ich bleibe halt nicht immer ein Kind.” meinte er bedrückt und beobachtete mitgenommen wie Lanchia sich wieder von ihm wegdrehte, Richtung Fenster. Draußen waren die Straßenlaternen angegangen und warfen grelles Licht auf den Bürgersteig. Keiner war draußen und das einzige Geräusch das hineindrang, war das Rattern einer vorbeifahrenden Bahn und der Schrei eines verirrten Käuzchens.

„Das weiß ich Tsuna. Gerade deshalb musst du dich darauf vorbereiten, dass nichts ewig währt, vor allem nicht das Leben. Sei einfach darauf gefasst, dass ich nicht mehr lange hier sein werde.”

Dies Wore waren das letzte was Tsuna hören wollte, wirklich das allerletzte. Genauso gut hätte er ihm erzählen können dass seine Mutter im Sterben lag, es hätte nicht minder wehgetan.

„Ich gebe nicht auf, aber falls ich es nicht schaffe Tsuna, dann sei nicht traurig. Ich habe gekämpft und wenn ich den Kampf verliere, dann bin ich schwach.“, meinte Lanchia und Tsuna sah förmlich, wie die Müdigkeit seine Augen dazu zwang sich zu schließen. „Mach dir, nicht so viele Sorgen, ja? Versuch stark zu sein, für mich. Du machst mir ein schlechtes Gewissen, wenn du mich so ansiehst.“, meinte Lanchia und seufzte, bevor sich seine Augen ganz schlossen. „Ich.. Ich muss mich ausruhen.“, sagte er schließlich. Lanchias Hand sank nach unten auf das Bett und blieb dort still liegen. „Ich... ich verspreche es.“, wisperte Tsuna noch, war sich aber nicht sicher, ob Lanchia es hörte. Irgendwie hatte er ja recht. Er musste stark sein für Lanchia und auch für sich selbst. Er musste glauben und Kraft geben können, nicht nur Kraft nehmen. Lanchia brauchte jetzt seinen Zuspruch und nicht seine Sorge.

So leise wie es ihm möglich war verließ er das Zimmer wieder und sah den leeren Krankenhausgang hinunter. Niemand war hier, fast wirkte es so wie ausgestorben. Obwohl aus den meisten Zimmern Geräusche drangen, konnte Tsuna sie nicht hören. Er vernahm nur sein Herzschlag, wie er gleichmäßig melodisch klopfte. Hinunter ins Erdgeschoss, raus aus diesem sterilem Ort.

Die Nacht fraß seine Gedanken.

Die Nacht fraß seine Gestalt.

Und als er unter den Laternen entlang ging, beschienen von ihrem hellen Schein, verlor er sich darin und fühlte ganz vage wie etwas in ihm erwachte. Eine unsichtbare Hand führte ihn nach Hause Meter für Meter in Sicherheit. So konnte er in seinem künstlichen Schutz auch nicht erkennen, dass aus den finsteren Schatten, zwei Augenpaare stur auf ihm lagen und jeden Schritt verfolgten.
 

Wird fortgesetzt...

11.-16. Mai

In kleinen, aber feinen Schritten geht vorwärts im Plot. Ich weiß, es geht unheimlich langsam voran, aber wir lassen unsere Leser gern leiden. Mwuahahahaha...

Lol... Nein, das ist natürlich nicht wahr, aber es muss ja alles sorgsam vorbereitet werden, damit am Ende die Zusammenhänge klar werden. Im Moment rechnen wir noch mit einem Gesamtausmaß dieser Geschichte, dass so knapp oberhalb von 200.000 Worten liegt, aber Wetten werden angenommen. =D

Vielen Dank für die lieben Kommentare und GB-Einträge. Wir bemühen uns, unsere Kapitelproduktion in etwa der Geschwindigkeit beizubehalten.
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

Panakeias Segen
 

11.-16. Mai
 

Die Tage von Lanchias Krankenhausaufenthalt ab, waren so schnell vergangen, dass Tsuna kaum zeit gehabt hatte etwas anderes zu tun, als seinen angeschlagenen Freund täglich zu besuchen. Mittlerweile war er auch wieder entlassen worden und sie trafen sich am Tempel, wo Tsuna noch immer für eine halbwegs gute Prüfung betete. Aber erst am Morgen des 15. Wurde ihm wirklich bewusst, dass die Zwischenprüfungen am heutigen Tag begannen.

Die Sportkurse warenschon die ganze letzte Woche ausgefallen und immer mehr Schüler hatten sich in den Bibliotheken getummelt, Gokudera hatte ihn etwa zehn mal pro Tag gefragt, ob sie nicht zusammen lernen wollten und Tsuna hatte seine Besorgnis nicht verstanden. Jetzt sah er sich Frau Oregano gegenüber, die ihm einen Prüfungsbogen reichte und ihm viel Glück wünschte. Ein merkwürdiges Gefühl breitete sich in Tsunas Bauch aus.

Angst, Panik, der dringende Wunsch aus dem Raum zu fliehen und sie alle tanzten auf der Leiche der Hoffnung. Das Arbeitsblatt mit den Geschichtsfragen lächelte ihn mit der Freundlichkeit einer Bulldogge an, leider hatte Tsuna schon immer ein Problem mit Hunden gehabt.

Wie konnte er nur vergessen wann die Prüfungen waren?

Wie beschränkt konnte man denn sein?

Voller Wut auf sich selbst biss er auf das Ende seines Kugelschreibers und sah aus den Augenwinkeln wie seine Klassenkameraden bereits eifrig ihre Kreuze machten. Er würde sich wohl auf sein Glück verlassen müssen und nach Gefühl ankreuzen. Ganz so als ob Fortuna ihn nicht hassen würde.

Yamamoto, links vor ihm, schien genauso ratlos wie er und er stöhnte leise auf, während er begann seine Kreuze zu setzen. Tsuna tat was er konnte, riet sich durch die Prüfung und betete inständig, das alle weiteren diese Woche nicht ganz so schlimm wurden, aber dem war nicht so. Die nächsten fünf Tage, klammerte sich Tsuna fest an seinen Glücksbringer vom Tempel und hoffte diese würde ihn retten, aber außer in Englisch, wo er einiges wusste, hatte er nicht viel Hoffnung auf ein gutes Ergebnis. Aber das würde er ja dann spätestens am nächsten Montag sehen. Tsuna konnte jedenfalls seine Erleichterung kaum unterdrücken, als es endlich Samstagmittag war und er die letzte Prüfung, Mathe, hinter sich gebracht hatte. „Endlich!“, rief er fröhlich aus, obwohl sein Herz überschattet war von Besorgnis.

Die Ergebnisse würden sie erst am Montag erhalten und bis dahin hatte er noch viel Zeit, okay eher ein wenig Zeit, um sich darüber bewusst zu werden, dass es nicht seine letzten Prüfungen gewesen sein würden. Mit Sicherheit hätte er noch viele Chancen seien hier gebotenen Nicht-Leistungen zu unterbieten.

Der bloße Gedanke was Reborn mit ihm anstellen würde, wenn er Wind davon bekam, ließ seine Knie schlottern. Der Mann hatte Tsuna schon das ein oder andere Mal vorgeführt wie er mit Versagen umzugehen pflegte und Vergebung war nicht sein Ding.

“VOOOOOOOOOOOOIIIIII! Auf deiner Stirn steht in verfickter roter Schrift: Ich habe versagt! Tritt mich fest ich liege auf dem Boden.” schrie Squalo viel zu laute Stimme ihm plötzlich ins Ohr, als er seine Schuhe aus seinem Fach holen wollte.

„Yiiiih!“ Tsuna war es mittlerweile gewohnt und unterdrückte sein Zucken, aber sein Schreien konnte er nicht unterdrücken. „Du bist gemein Squalo...“, meinte Tsuna leise und errötete. „So.. So schlecht lief es nicht.“, log er und versuchte Squalos breites Grinsen zu ignorieren. Er war jetzt nicht in der Stimmung über seine Prüfungen zu reden. „Also ich fand die Prüfungen einfach. Sowas simples hab ich noch nie geschrieben. VOOOOI!“, erklärte er stolz und Tsuna hätte am liebsten die Augen verdreht, unterdrückte es aber. „Ist ja auch schon dein zweites Mal, nicht wahr, Squalo?“, fügte plötzlich jemand arrogant an und als Tsuna den Kopf drehte, erblickte er Xanxus, der sich auf Squalos Schulter gelehnt hatte. „VOOOOI! Xanxus du verfickter Bastard!“, rief der Weißhaarige aus und stieß den Älteren weg von sich.

Der grinste nur so breit wie Squalo es eben noch getan hatte und schulterte seine Schultasche. Tsuna brauchte ihn nicht einmal anzusehen um zu wissen, dass seine Prüfungen ganz hervorragend gelaufen waren. Zwar beschränkte Xanxus’ Lernenthusiasmus sich auf das Nötigste, aber er wusste wie man punktete. Eine Fähigkeit über die Tsuna nicht verfügte, wohl eher überhaupt nicht verfügte.

“Du hast schon einmal... Ich mein... Ihr kennt euch?!” rief er überrascht, doch jetzt wo er so darüber nachdachte war die Frage vielleicht überflüssig. Squalo kannte wirklich ungewöhnlich viele Details über die Oberklässler, vor allem für einen Mittelstufenschüler.

“Hat der Bastard es nie erwähnt? Wir waren letztes Jahr noch in derselben Klasse. Aber jemand war zu bescheuert anständig zu spicken.” lachte Xanxus bellend und erntete einen hassdurchtränkten Blick von Seiten Squalos.

Squalo fletschte seine glänzenden Zähne und stieß Xanxus seinen Ellenbogen in die Seite. „Wir sind sowas wie befreundet.“, sagte er schließlich, Tsuna fand es klang irgendwie abwertend. „Das.. das ist doch schön... Dann will ich mal, nicht weiter stören.“, sagte er leise und wollte sich schon abwenden, als Squalo ihn an der Schulter Packte und zurückzog. „Warte mal, du kleiner Feigling! VOOOOI! Ich wollte mit dir Nudeln essen und in den Mangaladen!“, rief er aus und zerrte ihn zu sich.

„Was für ein fantastischer Zufall, da wollte ich auch hin.“, sagte Xanxus noch immer gut gelaunt und grinste Tsuna von oben herunter an. „Wir haben eh lange nichts mehr zusammen gemacht, Squalo...“, meinte er gelassen, Squalo hingegen, sah das ganze anders: „Nur weil du ein untreuer Bastard bist! Hattest viel zu viel zu tun mit deinem verfickten Pussy-Bruder und seinem Pinkelfreund!“ Tsuna verstand in diesem Moment ganz genau, warum Squalo und Xanxus befreundet waren. Sie waren ganz offensichtlich beide auf derselben Wellenlänge geistesgestört. Tsuna hatte schon vor einiger Zeit erkannt, dass sich Freundschaften auf genau diese Art und Weise hier bildeten. Leute die auf derselben Wellenlänge waren, zogen sich irgendwie an. Momentan versuchte er noch zu erkennen welche Geisteskrankheit er selber hatte, immerhin musste selbst er hier ein Gegenstück haben. Das war es jedoch nicht, was ihn Momentan beschäftigte, vielmehr war es die Tatsache, dass er den Nachmittag mit diesen beiden Spinnern zusammen verbringen sollte.

“Aawww... Hast du mich vermisst?” neckte Xanxus den Langhaarigen und legte ihn seinen Arm mit einem dämonischen Grinsen um die Schulter.

“Das kannst du verfickt noch mal vergessen.” blaffte der daraufhin nur und versuchte vergebens Xanxus wieder abzuschütteln.

Squalo meckerte lautstark und er sah so aus, als würde er Xanxus jeden Moment den Arm abbeißen, aber er wehrte sich nur heftig, bis er es schließlich schaffte sich zu befreien. Er machte einen Schritt auf das Schuhregal zu und grinste breit, dann packte er Tsuna an der Schulter und stieß den überraschten Jungen in Richtung Xanxus. „Hier! Schmus mit dem Früchtchen, passt besser zu dir!“, knurrte er und nahm dann seine Schuhe aus dem Regal.

Tsuna taumelte aufgrund des Stoßes in Xanxus Arme und wurde von diesem mehr oder minder sanft gefangen. Natürlich löste er sich, so schnell es ging wieder und starrte dann mit hochrotem Gesicht auf den Boden. Er hatte das Bedürfnis Squalo anzuschreien, aber er schwieg, da er um sein Leben fürchtete, falls er es tat.

Das einzige was Xanxus machte, war Squalo seine Wasserflasche gegen den Hinterkopf zu werfen. Zu Tsunas Überraschung schien er das aber erst dann zu bemerken, als die Flasche scheppernd zu Boden fiel und vor Tsunas Füße rollte.

“Fuck! Xanxus du bist so ein Wichser und ich dachte schon du hättest dich verfickt noch mal gebessert.” herrschte er Xanxus an, konnte sich aber ein spielerisches Lächeln nicht verkneifen.

“In deinen Träumen.” war das einzige was Xanxus dazu sagte und zog seine Stiefel an. Erst jetzt fiel Tsuna überhaupt auf dass er welche trug, obwohl sie eigentlich schwer zu übersehen waren, da er sie über der Hose seiner Schuluniform trug. Sie passten zu ihm, zumindest besser als die blauen Turnschuhe die Tsuna grade anzog und farblich überhaupt nicht zu der Schuluniform passten.

Erstaunlicherweise lachte Squalo und grinste sie dann wieder an. „Zum Glück. Ich dachte schon du wärst eine Pussy geworden, wie dein verfickter Bruder. Nur wegen dem Arschloch muss ich Montag nachsitzen, dieses Aas, Ich könnte ihn umbringen!“, schrie er und beobachtete Tsuna, der Mühe hatte seine Schuhe zuzubinden, da sein Schnürsenkel abgerissen war. „VOOOOOI! Vielleicht sollten wir bei Gelegenheit mal in ein verficktes Schuhgeschäft!“, meinte er als er den Braunhaarigen beobachtete und bedachte Xanxus mit einem vielsagenden Blick, dann gab er Tsuna einen kleinen Stoß gegen die Schulter und grinste ihn mörderisch an. „N...Nein.. das ist nicht... nö...“, nötig hatte er sagen wollen, da hatte Xanxus ihn schon an der Schulter gepackt und ihn Richtung Tür geschoben. „Komm schon du Lahmarsch.“, rief er Squalo zu. „Und wenn du mich noch einmal mit meinem Bruder vergleichst, kriegst du eins in die Fresse.“, ergänzte er angepisst.

“Du wirst heute eine wichtige Lektion lernen.” erklärte Squalo Tsuna im Gehen, beziehungsweise Laufen für Tsuna. “Die Lektion wie man sich ein paar Schuhe kauft in denen man nicht wie ein verdammter Loser aussieht. Du hast diese Lektion nämlich scheinbar dringend nötig.”

Die einzige Lektion die Tsuna lernen wollte war die in der man erfuhr wie man ‘Nein’ sagte oder unbemerkt verschwinden konnte. Unglücklicherweise schien aber niemand bereit, ihm die wirklich wichtigen Dinge des Lebens erklären zu wollen. Also musste er es wohl wieder mal auf die harte Tour lernen.

“Aber...” stotterte er sichtlich unwohl in seiner Haut. “Es gehen doch nur Mädchen freiwillig Schuhe kaufen.”

Xanxus machte ein abwertendes Geräusch und Squalo sah ihn böse an. „Hör mal zu, du kleiner Besserwisser.“, knurrte er und Tsuna hatte kurz das Gefühl dass er ihn am Schopf packen und hochziehen wollte. „Wenn du bei den Chicks punkten willst, dann musst du verfickt nochmal gut aussehen. Und so wie du im Moment aussiehst, bekommst du nicht mal ne Hässliche ab, also mecker, verfickt nochmal nicht rum. Auch Kerle sollten auf ihr Aussehen achten.“, meckerte er ihn an.

Und Xanxus verfestigte seinen Griff um seine Schulter noch. „Da muss ich ihm ausnahmsweise mal zustimmen. Deine Schuhe sind eine Katastrophe. Wenn man Schuhe braucht, sollte man sich auch welche kaufen und du brauchst welche. Wenn‘s regnet hast du doch nasse Füße.“

Der Rotschimmer auf Tsunas Wangen war kaum mehr ein Schimmer sondern viel mehr ein ausgewachsenes Leuchten im Bereich einer Neonlampe. Eigentlich hatte er sich ja schon längst neue Schuhe kaufen wollen, aber bisher hatte er das noch nie ohne seine Mutter machen müssen und er hatte keine Ahnung worauf man beim Schuhkauf achten musste.

“Meine... Meine Schuhe gehen immer schnell kaputt...” versuchte er sich herauszuwinden, aber natürlich ohne Erfolg. Xanxus brach einfach nur in Gelächter aus und Squalo stimmte mit ein. Die beiden verstanden sich etwas zu gut für seinen Geschmack.

“Dass liegt daran du solche Null-Qualität Schuhe trägst. Natürlich fallen die abgewichsten Dinger auseinander. Selbst Xanxus trägt anständige Treter, selbst wenn es hässliche Nuttenstiefel sind.”

„Hast du dich selbst mal angesehen, du Wichser? Du trägst ja wohl die nuttigsten Schuhe überhaupt.“ Tsuna warf einen Blick auf Squalos Schuhe, die er, wegen dem Fell, im ersten Moment für Winterschuhe gehalten hatte, aber jetzt, da er näher hinsah, war der Fellrand nur Verzierung. „Ach halt deine Klappe, das sind Armani-Treter und die waren verfickt nochmal teuer. Sowas trägt Mann heutzutage.“, sagte er schnippisch.

„Ich... ich glaube nicht...“, wollte Tsuna einwenden, da wurde er schon durch eine Glastür geschoben und auf einem Stuhl platziert. „Schuhgröße!“, forderte Squalo lautstark und besah sich schon mal die Regale. Xanxus tat es ihm gleich.

Nur Tsuna kam sich absolut verloren und hilfsdürftig vor. Am besten würde es sein, wenn er sich einfach auf den Stuhl setzen und warten würde. Vielleicht hatte er Glück und könnte sich später ungesehen herausschleichen, wenn die beiden abgelenkt waren.

“36...” nuschelte er also notgedrungen und Squalo bellte lachend auf.

“Du brauchst also Mädchenschuhe.” lästerte er und bekam von Xanxus eine gegen den Hinterkopf gepfeffert. “Man musst du mich immer schlagen, du Wichser! Das tat verfickt noch mal weh! Es war doch nur ein Witz.”

Tsuna sank tiefer in dem Stuhl zusammen.

„Da findet man ja nur was in der verfickten Kinderabteilung, oder wir lassen sie Maßanfertigen.“, sagte Squalo nach einer Weile und ging tatsächlich hinüber in die Kinderabteilung. „Ah wow... Die wären doch was.“, meinte er und zerrte einen Karton unwirsch aus dem Regal. Er schmiss ihn Tsuna vor die Füße. „Anprobieren.“, sagte er.

Tsuna zog aus der Pappschachtel schließlich ein paar dunkle Lederschuhe, die im Licht glänzten. Sie waren hübsch poliert und Tsuna musste gestehen, dass sie ihm irgendwie gefielen. Wie Squalo befohlen hatte, streifte er sie über und fand, dass sie erstaunlich gut passten. „Die sind doch ganz schön.“ Meinte er lächelnd und blickte zu Xanxus, der noch in seiner Reihe suchte.

Scheinbar hielt er nach etwas Bestimmten Ausschau, Tsuna hoffte nur, dass es keine Stiefel waren. Stiefel waren nicht direkt seine besten Freunde, er neigte dazu aus ihnen herauszurutschen, weil seine Beine so dürr waren.

Squalo machte ein selbstgefälliges Gesicht und ließ ihn ein paar Mal in den Schuhen auf und ab laufen. Man konnte sich gut darin bewegen, sie drückten nicht und man rutschte nicht hin und her. Wenn es nach Tsuna ging, dann hätte er sie direkt mitgenommen.

Zwei große Hände packten ihn an den Schultern und drehten ihn um. Erschrocken quiekte Tsuna auf, bis er sah, dass es nur Xanxus war, der ihn genau musterte.

“Nicht schlecht. Sogar ohne Pelz.” Tsuna wünschte sich wirklich, dass er ihn wieder loslassen würde, aber wahrscheinlich befürchtete Xanxus, dass er weglaufen würde.

Xanxus stellte die Stiefel, die er in der Hand gehabt hatte wieder an ihren Platz und betrachtete sich Tsuna genau. „Passen sie?“. Tsuna nickte. „Drücken sie nicht?“ Tsuna schüttelte den Kopf und antwortete leise... „Ne.. nein sie drücken nicht.“. Xanxus war einen Moment still, schien ihn von oben bis unten zu mustern. „Wir kaufen sie.“, sagte er und bückte sich nach dem Karton. „Ein Spottpreis für diese Marke.“, meinte er erfreut und drückte Tsuna die Schachtel in die Hand, als dieser einen Blick auf den Preis warf, fielen ihm fast die Augen raus. „Da... Das... Das kann ich mir nicht leisten, unmöglich!“, rief er aus und senkte beschämt seinen Blick. Seine Wangen glühten rot.

Squalo zog eine Augenbraue hoch und sah zu dem Schwarzhaarigen.

„Ich.. ich zieh sie gleich wieder aus.“ Meinte Tsuna und versuchte sich aus Xanxus‘ Griff zu lösen.

“Red’ keinen Unsinn.” blaffte Xanxus ihn an und ließ ihn los damit Tsuna die Schuhe eiligst ausziehen und zurück in die Schachtel stellen konnte. Die ganze Sache war ihm so fürchterlich unangenehm und es kam ihm vor als müsste er sterben vor Scham. Seine Familie war nicht arm, aber definitiv nicht reich genug um sich solche Schuhe leisten zu können. Bevor er mit der Schachtel weglaufen konnte, hatte Xanxus ihn schon wieder am Handgelenk gepackt und zog ihn mit Richtung Kasse.

“Ich kann mir das unmöglich leisten!” jammert er voller Panik, doch seine Worte blieben unerhört.

“Jetzt mach kein verficktes Fass auf, ich kauf sie dir und jetzt hör auf dich wie eine beschissene Pussy zu benehmen. Ist ja nicht zum aushalten.”

Tsuna fühlte sich so schlecht, als Xanxus seine goldene Kreditkarte auf den Tresen legte und der Kassierer sie freundlich lächelnd entgegennahm. „Ich nehme an, die alten kann ich entsorgen?“ fragte er und deutete auf Tsunas alte Turnschuhe, die noch auf dem Boden vor der Ankleide lagen und denen Squalo gerade einen kräftigen Tritt versetzte. „Weg mit den verfickten Krüppeln, VOOOOIII.“, meinte er lautstark. Tsuna konnte die ganze Szene nur mit einer gewissen Wehmut betrachten. Seine alten Schuhe und er hatten so viel durchgemacht. „N... nicht wegwerfen.“, wisperte er schließlich und hielt den leeren Karton in Richtung Squalo. „Tu... Tu sie bitte da rein, ja? Und.. natürlich werde ich die Schuhe abstottern, Xanxus, danke.“, wisperte er peinlich berührt.

“Jetzt hör mir mal zu.” blaffte Xanxus ihn mit seinem gewohnt schlecht gelauntem Tonfall an. “Das war ein beschissenes Geschenk und du wirst mir keinen Cent zurückzahlen, ansonsten bin ich verfickt noch mal beleidigt. Du hast ein Paar elender Schuhe nötig gehabt, und die hier halten zumindest.”

Squalo kam mit dem eingepackten Paar alter Schuhe wieder und stopfte sie Tsuna unwirsch in die Hände. “Stell dich nicht an. Sag ‘Danke lieber Xanxus’ und zieh nicht so ein Gesicht.”

Unglücklich starrte Tsuna auf die Schuhe in seiner Hand und wurde das Gefühl einfach nicht los, dass irgendwas hier ganz fürchterlich schief lief.

Er ließ den Blick zwischen Squalo, dem Verkäufer hin und her wandern, aber nur das Lächeln der Ladenkraft beruhigte ihn ein wenig, seiner Scham tat das ganze aber keinen Abbruch. Er reagierte nicht, als Squalo sich in Bewegung setzte und wurde daher von Xanxus mitgezogen. Als sie draußen angekommen waren, erinnerte er sich an Squalos Worte, er überlegte nicht lange und wisperte dann: „Da... danke... lieber Xanxus.“

Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, brachen sowohl Xanxus als auch Squalo in simultanes Gelächter aus. „Kein Problem,...“ es klang als wolle er noch etwas sagen, aber er unterdrückte es mit seiner furchtbaren Lachen.

Tsuna wurde wieder knallrot, als die Erkenntnis die Erkenntnis durchsickerte, dass Squalo aller Wahrscheinlichkeit nach einen seiner Scherze gemacht hatte. Irgendwann musste er anfangen das zu begreifen bevor er wehrlos in die Fallen lief.

Es dauerte ein paar Minuten bis die beiden Kindsköpfe sich wieder eingekriegt hatten und in der Lage waren eine einigermaßen normale Unterhaltung zu führen. Da das Wort ‘normal’ hier eine recht lockere Bedeutung hatte, konnte man es auch durchaus benutzen.

Während er noch nachdachte, wurde sich Tsuna plötzlich bewusst, was für ein Gefühl es war, dass er schon den ganzen Tag nicht zuordnen konnte. Es war das Gefühl beobachtet zu werden. Argwöhnisch blickte er sich um, aber es gab nichts Ungewöhnliches zu entdecken.

„VOOOOOIIII!!! Ist was?“ fragte Squalo lautstark, als er bemerkte, dass Tsuna in der Gegend umherblickte. Er steuerte jetzt schnurstracks auf den Mangaladen zu, der sich nur unweit von ihnen befand. „Nichts... denke ich. Ich hab nur ein seltsames Gefühl.“, meinte Tsuna leise. Mal ganz davon abgesehen, dass er ein schlechtes Gewissen hatte, sobald er auf seine Füße blickte.

„Pussy.“, grinste Squalo und wurde erneut geschlagen. Tsuna wusste nicht, ob er Xanxus dankbar sein, oder ob ihm sein Verhalten Angst machen sollte. Erneut blickte er sich um, konnte aber nichts entdecken und ließ sich daher von Xanxus in den Buchladen ziehen, in dem sich die beiden Älteren sofort auf die Abteilung mit den Jungen-Mangas stürzten, während Tsuna noch etwas planlos im Raum stand.

Mit Squalo war er zwar schon öfters hier gewesen und musste sich dessen Spott über seine Shojo Mangas anhören, aber Xanxus wollte er nicht unbedingt auf die Nase binden wofür er sein Taschengeld aus dem Fenster warf. Möglichst unauffällig verdrückte er sich also in den hinteren Bereich, der so nah wie nur möglich bei der Mädchenabteilung war. Wahllos griff er einen der Mangas heraus und schlug ihn auf, während er über den Rand des Buches in die gegenüberliegende Abteilung stierte und versuchte zu erkennen ob der neue Loveless Band schon im Regal stand.

“Verdammt.” grummelte er in seinen nicht vorhandenen Bart und lehnte sich etwas zurück um sein Sichtfeld zu erweitern, mit mäßigem Erfolg.

„Ohoooooo! VOOOOOI! Squalo war hinter ihn getreten und starrte auf das Heft, dass er in der Hand hielt. Er schien erstaunt und kurz vor einem erneuten Lachanfall. „Haben wir unsere Interessen verlagert?“, fragte er interessiert und sein Grinsen entblößte seine Zähne. Tsuna interessierte es wirklich, ob er sie so spitz feilte, oder ob die einfach nur so waren.

Auch Xanxus wurde jetzt auf Tsuna aufmerksam und blickte von der anderen Seite über seine Schulter. Das Grinsen das seine Lippen umspielte war weniger hämisch als amüsiert, aber das half über diese peinliche Situation auch nicht hinweg. Hätte er nur mal hingesehen in welcher Abteilung er sich befand. „Fake, nett...“, kommentierte schließlich Xanxus und Squalo fing zu lachen an.

Mit Grauen starrte Tsuna auf den Manga in seiner Hand, aber egal wie lange er starrte, es war und blieb ein verfluchter Shonen Ai Manga! Oh verdammt! Er hatte das Gefühl tausend Tode zu sterben, während der den Manga mit hochrotem Kopf zurück ins Regal schob und sich fragte, wie er aus dieser Situation mit auch nur einem bisschen Stolz wieder herauskommen konnte.

Die Antwort war einfach, es war unmöglich.

“Ich hab... mich vergriffen...” wimmerte er und versuchte weder Squalo noch Xanxus anzugucken, die sich vor Lachen bogen. In diesem Moment wollte er die beiden erwürgen, auch wenn er seine eigene Dummheit selbst noch viel mehr hasste

“VOOOOIIIII! Das muss dir doch nicht peinlich sein! Bwahahahahahah...” brachte Squalo zwischen zwei Lachanfällen heraus, die die Bedeutung seiner Worte ziemlich schmälerte.

„Genau, das muss dir wirklich nicht peinlich sein. Squalo hat die komplette SIlver Diamond Reihe zu Hause stehen oh und Wild Adapter auch.“, meinte Xanxus, jetzt wieder hämisch grinsend.

Tsuna senkte den Blick auf den Boden und trat ein paar Schritte zurück, damit Squalo ihm nicht so ins Ohr brüllen konnte. „Was du elender Bastard! Das ist eine infame Lüge! Eine verfickte LÜGE!“, schrie Squalo aufgebracht. Anders als bei Tsuna legte sich nicht einmal ein Rotschimmer aufs eine Wangen. Diesem Jungen war echt nichts peinlich. Tsuna hatte eben jene Mangas auch in seinem Schränkchen stehen und ihm war es unangenehm.

Keifend und zischend meckerte Squalo Xanxus an, der nur über ihn lachen konnte. Am liebsten würde Tsuna einfach rückwärts aus der Abteilung des Mangaladens verschwinden, aber die beiden Idioten versperrten ihm den Weg und er konnte sich unmöglich an ihnen vorbeiquetschen.

“Abgesehen davon lasse ich mich hier von niemandem von der Seite anmachen der Angel Sanctuary liest!” VOOOOOIIII! Und du musst es gar nicht bestreiten ich hab gesehen wie du ihnen verfickte SCHUTZUMSCHLÄGE verpasst hast, du Oberpussy!” Xanxus wedelte nur abfällig mit der Hand und schien Squalo nicht für voll zu nehmen. Der ganze Laden starrte sie mittlerweile an und Tsuna war irgendwie froh dass man ihn nicht sehen konnte.

Xanxus starrte, ja er starrte Löcher in Squalos Kopf und Tsuna, der direkt neben ihm stand, konnte ganz deutlich erkennen, dass seine Hand zuckte, wie als hätte er eine Schusswaffe in der Hand.

Tsuna wollte weg, jetzt, und drängte sich daher an Xanxus vorbei zum Ausgang. „Ich... ich gehe heim...“, murmelte er kaum hörbar, da hatte Squalo ihn auch schon wieder eingeholt und ihn aus dem Laden geschoben. „Wir gehen Nudeln essen! VOOOIII!!!“, verkündete er und schob Tsuna ins Nachbargeschäft. Xanxus war ihnen gefolgt. Der Streit schien bereits vergessen.

Tsuna quälte sich wieder auf einend er viel zu hohen Barhocker und fühlte sich unwohl als Squalo sich links und Xanxus sich rechts neben ihn setzten. Jetzt war er gefangen, ja geradezu eingesperrt ohne eine Möglichkeit zu fliehen. „Was darf’s sein?“, fragte der Koch mit dem braunen Zopf vom letzten Mal unwirsch und legte eine Karte vor Tsunas Nase.

“Einmal bitte Rind...” nuschelte Tsuna unglücklich und ließ seine Schultasche aus seinen Händen zu Boden gleiten. Der Tag würde kaum schlimmer werden können, und wenn er es doch tat, dann würde er viel Kraft brauchen. Vielleicht hätte er sich heute Morgen Red Bull kaufen sollen, dann hätte er eventuell die Energie gehabt heute Mittag vor Squalo wegzulaufen, oder zumindest die Voraussicht. Tsuna seufzte schwer.

Überraschte quiekte er auf, als plötzlich eine Hand an ihm vorbei griff und Xanxus an der Schulter packte. Grob wurde an ihm gezogen, so dass er nicht anders konnte als sich umzudrehen. Xanxus' eben noch so entspanntes Gesicht verfinsterte sich.

“Xanxus, wir müssen reden. Du hast scheinbar den Deal vergessen.” zischte ihn niemand geringeres als sein Zwillingsbruder an.

„Ich weiß nicht wovon du sprichst. Verpiss dich. Ich bin mit meinen Freunden unterwegs.“, zischte Xanxus und legte, da Tsuna am nächsten war, provokativ seinen Arm um die Schulter des unglücklichen Jungen. „Xanxus, Du Bastard, nimm die Griffel...“, er unterbrach sich und bedachte ihn mit einem wütenden Blick.

Squalo blickte Amicelli böse von der Seite an, Tsuna spürte nur seine Präsenz im Nacken. Wahrscheinlich war das die gruseligste Situation. „Wir reden später, im Dorm. Keine Sorge. Ich kenne den Deal und das hier, hat absolut gar nichts damit zu tun. Und jetzt mach die Fliege sonst setz ich dich vor die Tür.“ Xanxus klang ernst und sah auch so aus, aber Amicelli war es auch. Er packte Xanxus Arm und zerrte ihn gewaltvoll von Tsuna weg, so dass dieser fast vom Stuhl fiel. „Komm mit!“, schrie er und ließ Xanxus keine Wahl.

Unter Zetern und Fluchen verschwanden die beiden aus dem Restaurant und ließen einen sehr verdatterten Tsuna und einen hochgradig genervten Squalo zurück. So hatte er Amicelli noch nie erlebt. Normalerweise war der junge Mann immer gut gelaunt, es sei denn er stritt sich mit Xanxus, aber selbst dann war er nicht so dermaßen aggressiv. Irgendwas lief hier ganz eindeutig schief und er wollte wirklich wissen was.

“Was für ein Deal...?” fragte er Squalo, doch der zuckte nur mit den Schultern und schlürfte seine Suppe mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.

“Keine Ahnung, der Sack redet nicht über seine Probleme.”

Tsuna seufzte. Es hatte einerseits etwas Gutes, dass er jetzt wieder allein mit Squalo war, andererseits besorgte es ihn, dass Xanxus und Amicelli gemeinsam verschwunden waren. Das konnte doch nur in Mord und Totschlag enden und was hatte es mit dem Deal auf sich? Sollte er Giotto danach fragen oder war das ganze eine Sache zwischen den Brüdern? Irgendwie... „Hier Squalo... Ist für dich.“, sagte Tsuna, als der Koch seine Suppe vor ihn stellte und Tsuna sie gleich zu Squalo rüberschob. Er legte Geld auf den Tisch und hüpfte dann von seinem Stuhl. „Entschuldige. Wir sehen uns am Montag in der Schule.“, sagte er und versuchte besänftigend zu klingen. Squalo jedoch, sah ihm nur verwirrt nach, als er aus dem Restaurant stürmte.

Diese ganze Sache war doch einfach nur suspekt und langsam bekam er fast das Gefühl, dass hier etwas vor ihm verheimlicht wurde. Nie sprach jemand in diesem Dorm etwas aus, immer wurden nur Andeutungen gemacht und jetzt hatte er schon wieder dieses Gefühl, dass ihn jemand belauerte. Irgendwas stank ganz gewaltig zum, Himmel.

Sich schon fast paranoid vorkommen blickte er sich um und musste wieder feststellen, dass niemand in seiner Umgebung auch nur halbwegs in seine Richtung sah. Unwirsch schlug er sich die flache Hand in den Nacken um das widerliche Kribbeln zu vertreiben und versuchte stattdessen Xanxus zu entdecken. Weit konnten er und sein Bruder ja noch nicht gekommen sein.

Der einfachste Weg die beiden zu finden war wahrscheinlich ganz still zu sein und zu lauschen. Laute Stimmen, Rumgezanke. Das hörte man doch sonst Meterweit, aber er hörte nichts dergleichen, nur das Gemurmel der anderen Passanten, dass ihm nicht besonders viel weiterhalf. „Xanxus?“, wagte er leise auszurufen, vielleicht war er ja noch in der Nähe, aber Antwort bekam er keine. Er fühlte sich fast schlecht, dass er Squalo allein im Restaurant zurückgelassen hatte, machte sich aber doch schlussendlich auf den Rückweg ins Dorm. Vielleicht konnte er so dem Gefühl entfliehen, dass ihm im Nacken hing und vielleicht war auch Xanxus schon zurückgekehrt.

Als er den Absatz zum Wohnheim hochstieg und in seiner Tasche nach den Hausschlüsseln kramte, hörte er auch schon von Innen die hysterischen Stimmen, die gar nicht mehr aufhören wollten zu schreien. Tsuna schüttelte seinen Kopf und steckte seinen Schlüssel ins Schloss, gerade wollte er sie aufstoßen, als er vernahm wie etwas zu Bruch ging, und zwar genau an der Tür. Kurzerhand beschloss er, dass dieser Weg absolut tabu war und schlich sich zum Hintereingang, der so gut wie nie benutzt wurde. So leise wie nur möglich schlüpfte er durch die massive Brandschutztür. Die Treppe zum oberen Stockwerk war keine 10 Meter von der Tür entfernt, das würde er mit Sicherheit schaffen. Tapsend huschte er an der Bar entlang und war schon fast an seinem Ziel angekommen, als er einen besonders lauten Knall hörte und er sich erschrocken umdrehte.

Im Eingangsbereich hatte Amicelli seinen Bruder mit einem Schlag gegen das Gesicht an die Wand geschmettert und hielt ihm den Brieföffner vom Empfangstisch an den Hals. Selbst aus der Entfernung konnte Tsuna die Aura des Hasses wie eine alles verschluckende Welle wahrnehmen.

“Du bist so dumm Xanxus!” herrschte er ihn an und das spitze Metall schnitt fest genug an der Haut, damit sich ein dünnes Rinnsal aus Blut seinen Weg über den geschundenen Hals bangen konnte. “Lass die Finger von dem Jungen oder ich schneid‘ sie dir ab.”

Und irgendwie blieb die Zeit stehen.

Tsuna hatte plötzlich eine Antwort, nur leider zu einer Frage, die er sich nie gestellt hatte.
 

Wird fortgesetzt...

16. Mai: Abends

Wie ihr unten seht haben wir uns festgelegt >__> Tsuna/Xanxus wird definitive seinen Platz finden. Für alle anderen Leser tut es mir Leid, aber zwei von drei Kommentatoren haben uns danach gefragt und es ist die Mehrheit. Wir entscheiden jetzt einfach spontan, da für eine Beziehung ja Grundsteine gelegt werden müssen und wir das vorausplanen müssen. Und wie es so schön heißt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

Zum Glück habt ihr keine Ahnung, was ihr euch damit eingehandelt habt. >__>
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS

Pairings: Xanxus/Tsuna, HIbari/Ryohei
 

Panakeias Segen
 

16. Mai: Abends
 

Tsuna beobachtete die Szene, die sich vor ihm abspielte fassungslos. Was genau ging hier vor sich? Was wurde hier gespielt. Aufmerksam spitzte Tsuna die Ohren und wollte mehr hören, aber dazu kam es nicht mehr. Ganz überraschend legten sich zwei sanfte Hände, über eben jene Ohren und hielten sie verschlossen, so fest, dass nur unverständliches, leises Gemurmel von den beiden Streithähnen zu ihm herandrang. Die Hände übten sanften Druck aus und führten ihn langsam zur Treppe und hinauf, bis zu seinem Zimmer. Fast mechanisch öffnete Tsuna die Zimmertür und trat, gefolgt von dem Anderen, der ihm die Chance genommen hatte Näheres zu erfahren, ein. Erst als sie drinnen angekommen waren, entfernte er seine Hände von den Ohren und schloss die Tür hinter sich. An den speziellen Handschuhen, konnte Tsuna jetzt auch endlich erkennen, um wen es sich dabei handelte. „Giotto!“, rief er leicht verwirrt aus und wandte sich dem Älteren zu, der eine erstaunlich ernste Miene aufgesetzt hatte.

“Wie viel hast du gehört?” fragte er und stellte sich wie eine undurchdringbare Wand vor Tsunas Zimmertür. Sein ganzes Gehabe wirkte sonderbar steif und förmlich, nicht nur seine Worte, sondern auch seine Körperhaltung.

“Nichts...!” stammelte Tsuna und stand, sich vollkommen verloren fühlend, im Raum als hätte man vergessen ihn abzuholen. Wieso nur waren alle in letzter Zeit so seltsam? Hatte es irgendwas mit der Jahreszeit zu tun? Standen sie gerade unter einem schlechten Stern? Irgendeine logische Erklärung musste es ja geben. “Ich bin grade erst nach Hause gekommen und hab gesehen wie Amicelli Xanxus den Hals aufschlitzen wollte.”

„Hast du gehört, was sie gesagt haben?“, fragte Giotto auf einmal sichtlich nervös und knetete sich die Hände. „Wie viel hast du gehört?“, fragte er leise und ganz offensichtlich besorgt und lehnte sich zurück, um etwas zum anlehnen zu haben.

Tsuna wusste nicht genau, wie er reagieren sollte, was er sagen sollte, ob die Wahrheit besser war und schwieg eine ganze Weile. Giotto schien ihm die Zeit zum nachdenken zu gönnen und wartete angespannt.

„Nur... Nur dass es um einen Jungen ging. Ich nehme an, dass ich damit gemeint war.“, sagte er schließlich wahrheitsgemäß und blickte Giotto von unten herauf neugierig an. „Aber ich weiß nicht in welchem Zusammenhang oder warum. Er hat verlangt das Xanxus sich fernhält, aber ich verstehe nicht weshalb.“. Seine Augen waren klar, als Giotto hineinblickte und er ahnte, dass es Zeit war endlich eine Erklärung abzugeben.

“Nun gut...” sagte Giotto schlussendlich seufzend und schob Tsuna zu seinem Bett. “Wir hätten es dir eigentlich von vornherein erzählen müssen, aber es ist eine heikle und wichtige Angelegenheit, deshalb wollten wir dir erst mal Zeit lassen dich einzugewöhnen. Damit dir der Abschied nicht so leicht fällt.”

Verblüfft ließ sich Tsuna auf seinem Bett nieder. Also war dieses seltsame Gefühl, dass er nun schon eine ganze Weile hatte, nicht von ungefähr gekommen. Hier steckte wirklich mehr im Busch als man auf den ersten Blick sehen konnte.

“Aber bevor wir anfangen... Möchtest du es von mir hören oder soll ich Mice mit dazu holen?” Tsuna kräuselte seine Stirn und fragte sich warum er Xanxus gleich von vornherein ausgeschlossen hatte.

„Worum geht es denn überhaupt?“, platzte es aus ihm heraus. Er konnte sich nicht spontan entscheiden. Er wusste ja nicht einmal, welche Rolle Amicelli in diesem ganzen Spiel spielte. „Ich hab doch überhaupt keine Ahnung, wenn du auf Amicellis Anwesenheit wert legst, dann hol ihn, aber...“, wahrscheinlich war es besser, wenn er nicht kam, immerhin wusste er doch, wie die beiden wurden, wenn sie zusammen hingen, aber...

„Warte hier... Es ist mir lieber, wenn er dabei ist.“, sagte Giotto schließlich und verließ noch einmal den Raum.

Das Gepolter und Gezeter im unteren Stockwerk war noch in vollem Gange und Tsuna versuchte zu erhaschen, was die beiden Streithähne schrien, aber durch die Wände war es so gedämpft, dass er nichts verstehen konnte. Außerdem verstummte es, nach wenigen Minuten schlagartig. Er hörte im Gang eine Tür knallen, die nebenan, die von Xanxus, dann leise Stimmen, die näher kamen und schließlich sah er Giotto und Amicelli in seiner Tür stehen.

Sie tauschten noch einen sonderbaren Blick aus bevor sie eintraten und die Tür fest hinter sich verschlossen. Die Atmosphäre im Raum schien geradezu erdrückend gespannt und Tsuna war erleichtert, als sie sich endlich hinsetzten. Amicellis Gesichtsausdruck verriet, dass er den Zeitpunkt für dieses Gespräch anders gewählt hätte, aber Giotto schien ihn überstimmt zu haben.

“Was... Was genau ist denn jetzt los?” erkundigte sich Tsuna nachdem er die Stille einfach nicht mehr aushalten konnte. Egal wie schlimm die Nachrichten sein mochten, sie konnten nicht so schlimm sein wie das Schweigen.

“Tsuna... Vielleicht hast du dich schon mal gefragt, warum deine Eltern darauf bestanden haben, dass du auf diese Schule gehst... Der Grund... Wie soll ich dir das nur sagen?” Giotto rang nach Worten, so dass Amicelli ihm das Reden abnahm.

“WIR sind der Grund.”

„Genau, wir.“, bestätigte Giotto nickend und räusperte sich. Tsuna nahm an, dass er seinen Hals für eine etwas längere Erklärung bereit machen wollte. „Also... Es ist so, dass wir wollten, dass du herkommst.“, der Fakt stand einige Sekunden wie ein Marterpfahl im Raum und Tsuna schluckte schwer und setzte sich jetzt aufrecht auf sein Bett, um besser lauschen zu können. „Vielleicht... ist es dir ja nicht entgangen, unsere entfernte Ähnlichkeit.“, begann er zu erklären. „Deine Eltern wollten dich an dieser Schule, weil ich sie ihnen empfohlen habe und weil sie hofften, dass wenn ich mit da bin, dass du dich dann schneller einlebst.“ Amicelli verdrehte die Augen und sagte dann kurz und präzise. „Was er damit sagen will ist: Ihr seid Cousins und dass eure Verwandtschaft der ausschlaggebende Punkt war, warum du hier bist, denn Tsuna, du hast Fähigkeiten.“. Tsuna nickte Amicelli zu und sah wieder zu Giotto, dem das ganze Gespräch unangenehm schien.

“Fähigkeiten wie sie Giotto auch hat und genau diese sind es, die wir brauchen. Ist dir einmal aufgefallen, dass du durch Leute hindurchschauen kannst? Dass du Dinge sehen kannst die andere nicht sehen können oder wollen?”

Tsuna schüttelte wild seinen Kopf. “Ich sehe keine Geister oder so!” Wovon redeten die beiden nur? Er war sich sicher, dass er bis zum heutigen Tag noch nie an Halluzinationen gelitten oder Dinge gesehen hatte, die nicht da waren. Er war ein ganz normaler Mittelschüler der versuchte sich durch den Schulstoff zu kämpfen.

“Das meinen wir nicht.” Amicelli gluckste, wurde aber von Giotto in die Rippen gestoßen, damit er den dummen Witz runterschluckte, der auf seiner Zunge brannte. “Wir reden von etwas was man Hyper Intuition nennt. Man könnte auch sagen, du bist hochgradig empathisch ohne dir dessen bewusst zu sein.”

Tsuna verstand nicht und vielleicht wollte er es auch gar nicht verstehen. Was sollte das bedeuten? Er konnte durch andere hindurchsehen? Er konnte durch niemanden hindurch sehen und er konnte auch nicht besonders gut mit Menschen umgehen, ihm war bisher niemals etwas in der Art aufgefallen. „Ihr.. Also ihr... „. Tsuna wusste nicht ob er wütend, erfreut oder einfach nur überrumpelt sein sollte. Er konnte gar nicht begreifen, was vor sich ging. „Du wirst noch nie etwas davon gehört haben, aber ich entstamme einer Traditionsreichen Mafiafamilie, der Vongola.“, sagte Giotto schließlich seufzend und blickte zu Amicelli. „Und Mice, hier, entstammt der Familie Cialda. Unsere Familien waren einst verfeindet, sind aber seit der letzten Generation immer näher zusammen gewachsen und stehen jetzt kurz vor der Vereinigung. Wir sind zufrieden, Mice und ich, das Problem ist, Xanxus ist es nicht.“, erklärte Giotto und blickte an die Wand, fast so, als könne er den Übeltäter auf der anderen Seite sehen. „Die Vereinigung wäre, nein ist für Xanxus ein herber Verlust, er kommt nicht damit zurecht, dass er seine Stelle als Stellvertreter einbüßt, da Mice diese innehat und er kommt nicht damit zurecht, dass ich der neue Anführer werde, deswegen hatten wir uns in diesem Punkt anders geeinigt. Wir hatten entschieden, jemandem meine Position zu geben, der neutral ist und vorher noch nichts von all dem gehört hat, der aber gleichzeitig in der Lage ist...“, „Unser beider Familien würdig zu vertreten.“, endete Amicelli. Er hatte offenbar kurzen Prozess mit der langen Erklärung machen wollen.

Fassungslos starrte Tsuna die beiden an, als wären sie von allen guten Geistern verlassen, was in seinen Augen absolut unbestreitbar war. Die hatten doch wohl einen an der Murmel. Wenn er richtig deute was sie ihm da sagten dann...nein... Er musste das falsch verstehen.

“Und was...was hab ich damit zu tun?” fragte er in einem letzten hoffnungsvollen Versuch die Situation als eine andere zu enttarnen. Eine Situation, die ihn nicht in einen derartigen Mittelpunkt rücken würde.

“Nun ja,” fuhr Giotto fort. “Du bist diese neutrale Person für die wir uns entschieden haben. Dein Vater ist bereits beeinflusst und andere Verwandte kommen kaum in Frage. Und Xanxus ist sowieso ausgeschlossen. Das stand von vornherein fest.”

„Aber... Aber warum? Warum nicht Xanxus?“, fragte Tsuna etwas verwirrt . „Und warum ich? Ich habe doch... überhaupt keine Ahnung.“ Giotto warf Amicelli einen vielsagenden Blick zu und betrachtete dann wieder Tsuna. „Nun, das wissen wir und deshalb, deshalb haben wir eine Art Probe vorbereitet. Als wir deinen Freund Lanchia..:“ Tsuna reckte den Kopf als der Name fiel und Giotto war einen Moment irritiert, dann sprach er weiter. „Also als wir deinen Freund sahen, da wussten wir, was mit ihm los ist. Die Krankheit, an der er leidet ist in unseren Kreisen als Apathie-Syndrom bekannt. Es ist eine Krankheit die im Mafia-Millieu ihr Unwesen treibt, aber niemand weiß, wie sie entstand, bzw. warum sie sich immer weiter verbreitet.“ Amicelli sprach für Giotto weiter, fast so als hätten sie sich abgesprochen. „Lanchia ist nicht der Einzige, der erkrankt ist, nur einer der Ersten. Im frühen Stadium ist die Krankheit nicht weiter auffällig, Giotto und ich haben bereits eine Untersuchungskommission eingerichtet. Sie heißt PERSONA.“, erklärte der Schwarzhaarige nüchtern und weniger einfühlsam.

Tsuna konnte nur total hibbelig auf seinem Stuhl sitzen... Diese beiden... sie wussten was Lanchia fehlte, sie hatten die Antwort! Wo Lanchia doch so verzweifelt nach einer Antwort suchte, lag die Antwort hier direkt vor seiner Nase. Und vielleicht nicht nur diese sondern eventuell auch eine Lösung!

“Und diese... Persona... Sucht sie nach einem Heilmittel? Wisst ihr wie man die Krankheit aufhalten kann?!” Amicelli schüttelte seinen Kopf nur.

“Tsuna, diese Seuche ist noch ganz frisch, wir waren uns bisher nicht mal sicher ob es überhaupt eine Krankheit ist. Wir wissen nicht mal wie sie übertragen wird. Bitte halte deine Hoffnungen auf einem realistischen Level.”

Tsuna seufzte und blickte Amicelli enttäuscht an. „Und was ist jetzt die Probe? Was hat dieses Persona damit zu tun?“, fragte Tsuna ernüchtert. „Nun...“ Giotto setzte die Rede fort. „Amicelli und ich, haben beschlossen, dass wir dir die Leitung von Persona übergeben. Ich weiß, es ist dein persönliches Anliegen deinem Freund zu helfen und wir dachten, dass du die Ermittlungen deshalb vielleicht gerne in die Hand nehmen möchtest.“, sagte er ruhig.

Tatsächlich leuchteten Tsunas Augen bei diesen Worten auf. Genau das wollte er, ja genau das... ermitteln und Lanchia retten, ihn beschützen, ihn wieder lachen sehen. „Das wäre einfach...“, er suchte nach einem Wort, doch als in seinem Kopf das Bild von Lanchia erschien, der ihn bat keine falschen Schritte zu unternehmen, ebbte sein Enthusiasmus ab.

“Großartig? Das wäre es in der Tat. Mach nicht so ein Gesicht, dein Freund wird sich sicher freuen, wenn du ihm das Leben rettest, selbst wenn du d dich dafür seinen Anweisungen wiedersetzten musstest.” Giotto lächelte ihn aufmunternd zu, aber Tsuna wurde das Gefühl nicht los, wieder ein Puzzelteil übersehen zu haben. Ein Puzzelteil das direkt vor seiner Nase lag, um die Sache noch schlimmer zu machen.

“Also... Soll ich diese Persona leiten, als Test ob ich eure... Familien anführen kann?” seine Stimme klang zögerlich, aber nicht so zögerlich wie sie noch vor einem Monat geklungen hätte. Diese ständige Anwesenheit von Geisteskranken in seiner Nähe hatte ihn ein wenig abgehärtet.

“Du hast es erkannt, Tsuna.”

Tsuna starrte Giotto nur ungläubig an. Okay... Tsuna konnte dem Drang nicht wiederstehen laut loszulachen. „Also...Wo ist die versteckte Kamera?“, fragte er die Beiden, die nicht in sein Lachen mit eingestimmt hatten. „Kommt schon. Haha. Nur ein Witz. Darüber sollte man... keine.. Scherze..“, sein Lachen verebbte und er sank zurück auf das Bett. „Das kann ich nicht glauben. Das ist doch total... verrückt.“, wisperte er. „Ihr seid alle total verrückt, die ganze Schule ist verrückt. Xanxus, Squalo, Yamamoto. Sogar Gokudera und ihr beide auch und...“ Giotto war aufgestanden und hatte seine Arme auf Tsunas Schultern gelegt. „Das ist kein Scherz. Ich schwöre es und wir sind auch nicht verrückt. Alles, was wir dir gesagt haben ist die Wahrheit.“, meinte er ruhig.

„Aber Xanxus ist verrückt, da hast du recht.“, wandte Amicelli von der Seite ein und veranlasste Tsuna dazu ihn erneut fragend anzublicken.

“So ungern ich ihm auch zustimme,” meinte Giotto um Tsunas Aufmerksamkeit wieder auf sich selbst zu lenken. “aber Xanxus ist wirklich ein schlechter Umgang für dich. Wenn du dich soweit wie möglichst von ihm fern hältst, wird es das beste sein. Er hat eh unseren Deal gebrochen, weil er dir so auf die Pelle gerückt ist. Das war unverzeihlich.” Da war er wieder, dieser ominöse Deal, von dem Amicelli schon in der Nudelbar geschimpft hatte. Wenn Tsuna seine bisherigen Puzzleteile richtig zusammensetzte, kam er zu dem Ergebnis, dass er fragen musste wenn er es verstehen wollte. Nichts war hier so wie es schien, und er wollte nicht noch einmal mit dem Kopf gegen eine Wand rennen, weil er sich verdacht hatte.

“Und dieser Deal? ... Ihr habt mir das immer noch nicht erklärt.”

„Nun... Es ist so. Unsere Familien. Es war unsere Idee sie zu vereinigen. Also Mices und meine.“, erklärte Giotto sanft. „Xanxus hat seine Position als Stellvertreter verloren wie ich schon sagte und du sollst uns als neutrale Person nachfolgen. Unser Anliegen ist es uns aus allen weiteren Geschäften herauszuhalten, wenn du die Familie erst einmal übernommen hast, dann wirst du alles nach deinem Bild umstrukturieren und deswegen, soll niemand, der vorher damit zu tun hatte, dich beeinflussen können. Das ist der Deal. Keiner von uns, sollte dir zu nahe treten. Auch Xanxus nicht.“, meinte er leise.

„Ja. Dieser Bastard erhoffte sich wohl eine gute Position, aber er hat es ein wenig übertrieben.“, ergänzte Amicelli aufgebracht.

Tsuna verstand die ganze Problematik nicht. Es war ja nicht so, als ob Xanxus überaus freundlich zu ihm gewesen wäre oder ihn anders als alle anderen behandelt hätte. Eigentlich war er immer nur gereizt, schlecht gelaunt und außerordentlich gehässig.

“Aber... Xanxus macht sonst nie was mit mir...außer mir manchmal beim lernen zu helfen. Und heute hat mich Squalo eigentlich mitgeschleift... Wir, also Squalo und ich, sind befreundet, glaube ich. Xanxus versucht nie... Sich einzuschleimen oder so...” versuchte er ihn also zu verteidigen, stieß jedoch nur auf taube Ohren. Amicelli brachte es sogar zustande noch genervter auszusehen.

“Er hat dir ein paar Schuhe gekauft, das würde ich schon schleimen nennen.”

„Er... Er hat sie mir doch nur gekauft, weil ich nicht genug Geld dabei hatte. Ich werde es ihm zurückzahlen. Nur weil er sie mir vorerst gekauft hat.“. Tsuna wurde auf einmal die Absurdität der Situation bewusst und die Röte kehrte in sein Gesicht zurück. „Er hat sie dir geschenkt. Wir wissen alles.“, sagte Giotto schließlich.

„Ich weiß, für dich ist das nichts besonderes. Ein Freundschaftsdienst und nicht mehr, aber für Xanxus ist es mehr, Für Xanxus muss alles irgendeinen Sinn haben. Er freundet sich nicht zum reinen Spaß mit dir an. Er wird dich ausnutzen, kann ich dir prophezeien.“, knurrte Amicelli und starrte, wie Giotto vor ihm die Wand an, hinter dem der Übeltäter jetzt saß.

Das ganze war doch absolut übertrieben, fand Tsuna. Niemand konnte so böse sein, wie die beiden Xanxus gerade darstellten. Man freundete sich doch nicht mit jemanden wie ihm an, wenn man mit Erpressung und körperlicher Gewalt so viel mehr erreichen konnte. Außerdem... Erkannte er jetzt das Puzzlestück, das er vorhin noch nicht gesehen hatte.

“Aber wenn ich diese Hyper Intu-irgendwas besitze... Dann müsste ich doch erkennen, dass Xanxus ein böser Kerl ist. Bisher fand ich ihn zwar unheimlich, aber auch nett und nicht teuflisch und durchtrieben. Kann es nicht sein, dass ihr euch einfach irrt?” Giotto und Amicelli sahen sich bei diesen Worten stumm an bis sie synchron antworten:

“Nein.”

„ Aber wieso nicht? Das könnt ihr doch gar nicht wissen. Habt ihr Xanxus überhaupt Mal gefragt. Was sagt er denn dazu. Er hat doch auch ein Recht sich zu äußern. Holt ihn her. Es ist unfair, wenn er ausgeschlossen ist.“, meinte Tsuna dessen Unrechtsbewusstsein außergewöhnlich groß war. „Ich glaube euch nicht, dass Xanxus so... hinterhältig ist. Er war netter zu mir als Andere und wenn er böse wäre und es stimmt was ihr sagt, dann hätte ich es merken müssen, also gibt es nur zwei Möglichkeiten.“ Xanxus ist nicht so böse wie ihr glaubt, oder ihr erzählt Schwachsinn, ja.. totaler Schwachsinn. Und ich tendiere zu letzter Möglichkeit. Tsuna packte sich seinen Englischhefter vom Tisch und wollte sich an Amicelli vorbeidrängen. „Ich gehe lernen.“, sagte er leise, doch Amicelli hielt ihn fest. „Es gibt noch Möglichkeit drei, eine die ich auch besitze.“, sagte er, ohne es zu erklären.

“Und was soll das für eine Möglichkeit sein?” fragte Tsuna schnippisch nach und schüttelte Amicellis Griff von seiner Hand. Er hatte es satt die ganze Zeit über bevormundet zu werden. Es war ja nicht so als wäre er ein kleines Kind, immerhin war er 16 zum Teufel noch mal. Sie trennten nur drei Jahre von einander, drei Jahre waren gar nichts. “Besitzt er irgendwelche Superkräfte die meine angeblichen Superkräfte außer Funktion setzen? Ist er so was wie mein Kryptonit?”

“Im Grunde genommen,” begann Giotto und strahlte plötzlich. “hast du das sehr gut erkannt. Die Familie Cialda war gerade deshalb mit der Vongola verfeindet, weil unserer Kräfte sich gegenseitig aufheben, dass hatte schon immer zu Spannungen geführt.”

Tsuna schüttelte bei den Worten nur seinen Kopf und drückte die Türklinke herunter. “Ich hab keine Lust mehr auf diese Verarschung. Seit ich hier bin streitet ihr euch nur mit Xanxus und ich will nicht, dass ihr das auf meinem Rücken austragt. Ich will mit Xanxus reden.”

Die Tür war abgeschlossen. Tsuna hatte ganz vergessen, dass Amicelli mit dem Schlüssel hantiert hatte und ihn wahrscheinlich noch einstecken hatte. „Ich hab geahnt, dass so etwas passiert.“, meinte dieser resignierend und wedelte mit dem Objekt, dass Tsuna so begehrte. Seine Augen ruhten darauf und wanderten dann zu Amicellis Gesicht. „Ihr könnt mich nicht einsperren. Gib mir den Schlüssel.“; sagte Tsuna mit aller Überzeugungskraft, die er aufbringen konnte, aber der Schwarzhaarige reagierte nicht.

„Ich bin kein Freund von Deals, aber ich geb ihn dir, wenn du versprichst brav in deinem Zimmer zu bleiben und dich Nussi nicht zu nähern. Im Moment würde er dir eh nur den Hals umdrehen, wenn du an seiner Tür klopfst.“, erklärte er gelassen und legte die Füße auf Tsunas Schreibtisch.

Augenblicklich nahm Tsunas Gesicht einen puterroten Farbton an und diesmal nicht wie so oft aus Scham, sondern aus Wut. So viel zum Thema Bevormunden. Jetzt sperrten sie ihn auch noch in sein eigenes verfluchtes Zimmer ein. Was zur Hölle dachten sie sich das ihnen das helfen könnte ihn auf ihre Seite zu ziehen? Eigentlich hatte er jetzt viel mehr Lust morgen einfach abzureisen und seine letzten Schuljahre im Ausland zu verbringen, selbst wenn sein Englisch miserabel war.

Gerade wollte er seinen Mund öffnen, um laut zu fluchen, da hörte er von unten aus der Eingangshalle eine laute quäkende Stimme, und sie gehörte ganz sicher nicht zu Xanxus.

“Verdammt.” fluchte Giotto und sprang vom Bett auf. “Wir haben vergessen das er heute einzieht.”

„Ja verdammt nochmal. Das haben wir.“, grummelte Amicelli missmutig und blickte Tsuna musternd an. „Wie sieht es aus, mit Persona. Wirst du es tun?“ Tsuna wollte ihm am liebsten ins Gesicht springen, aber da sich diese... Gruppe... als nützlich erweisen könnte, nickte er stumm und ernst, aber ohne die beiden Eindringlinge aus seinen Augen zu lassen.

„Und hältst du dich von Xanxus fern? Bitte versprich es uns Tsuna. Wir wollen dich wirklich nur schützen.“. Giotto klang besorgt und musterte Tsuna mit traurigen Augen. Zähneknirschend wollte Tsuna antworten, da hörte er im Gang hinter sich die quäkende, bekannte Stimme erneut. „Hey! Die Base ist unbesetzt? Wie soll ich da meinen Homerun machen?!“, danach ertönte ein schallendes Lachen und Tsuna ließ den Schlüssel fallen, den Amicelli ihm zuwarf. „Mach auf.“, sagte er seufzend und erhob sich von seinem Stuhl.

Wütend biss er sich auf die Innenseite seiner Wangen und öffnete die Tür, nachdem er den Schlüssel wieder vom Boden aufgesammelt hatte. Diese ganze Situation gefiel ihm nicht und auch wenn er Yamamoto dankbar war, dass er aufgetaucht und ihn indirekt aus seinem eigenen Zimmer befreit hatte, konnte er sich nicht freuen seine Stimme zu hören.

Giotto und Amicelli schubsten ihn zur Treppe, damit er nicht auf dumme Ideen kommen konnte, wie zum Beispiel bei Xanxus zu klopfen. Dabei hätte er das auch gar nicht machen müssen, denn die schlichte Tür stand einen Spalt weit offen und Tsuna konnte nur allzu leicht hineinsehen, aber Xanxus konnte er in dem penibel aufgeräumten Raum nicht entdecken.

“Steh nicht so rum. Du willst deinen neuen Mitbewohner doch sicher auch kennen lernen.” summte Giotto in einem ekelhaft gut gelauntem Tonfall.

„Wir... kennen uns schon. Wir gehen in eine Klasse. Hi, Yamamoto.“, sagte Tsuna leise und wagte es nicht Yamamoto direkt anzublicken. Er hatte Angst, dass man sah wie wütend er war. Der einzige, dem er sich so präsentieren würde wäre Xanxus, aber da dieser nicht da war...

„Tsuna! Alter Kumpel. Wir wohnen zusammen. Das find ich korrekt.“, lachte der Schwarzhaarige und berührte ihn freundschaftlich an der Schulter. Tsuna hauchte ein leises: „Entschuldigung.“, etwas lauter, aber murmelnd fügte er dann an. „Ich geh runter und schau fern.“. Ehe ihn irgendwer aufhalten konnte, war er die Treppen auch schon hinuntergelaufen und blickte sich im Wohnzimmer nach Xanxus um. Sein Bedürfnis mit ihm zu sprechen war noch nie so groß gewesen und jetzt war er nirgends aufzutreiben. Er hatte wirklich Pech, manchmal.

Sein Blick wanderte umher, doch weder bei der Couch, noch bei er Bar oder beim Empfangstresen war der Ältere zu entdeckend. Niemand konnte sich so einfach in Luft auflösen, irgendwo musste Xanxus hier stecken, immerhin hing sein Mantel noch an der Garderobe. Fest entschlossen nicht wieder hoch zu gehen drehte Tsuna sich im Flur um und stapfte zum Badezimmer, seine Gereiztheit sprudelte dabei geradezu aus seinem Körper wie Wasser aus einer Quelle.

Jedoch fiel sie praktisch sofort von ihm ab, als er in den weiß gekachelten Raum trat und sich gerade demjenigen gegenübersah, den er eben noch gesucht hatte.

“Xanxus!” plärrte er heraus, bevor ihm eine große Hand auf den Mund gelegt und die Tür zugezogen wurde.

“Sei doch ruhig. Seh‘ ich aus als wollte ich meinen verfickten Bruder auf den Plan rufen?”

Tsuna war erleichtert, ja geradezu froh Xanxus zu sehen und schüttelte, in der Mangelung seiner Stimme, mit dem Kopf, woraufhin der Ältere von ihm abließ. „Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte Tsuna leise, diesmal wispernd und legte seine Englischsachen auf die Waschbeckenarmatur. „Es sah gefährlich aus, als Amicelli dich mit dem Brieföffner angeritzt hat.“, fügte er besorgt an und versuchte einen Blick auf Xanxus Hals zu erhaschen, den dieser aber gut versteckt hielt. „Ich kann es mir mal ansehen, wenn du willst. Ich hab sehr viele Wunden verarztet. Das Kind, das ich gebabysitted habe, Lambo, das hat mir viele Erfahrungen damit beschert.“, erklärte er leise.

„Ist schon in Ordnung.“, grunzte Xanxus schlecht gelaunt. „Es war nicht das erste und nicht das letzte Mal.“, fügte er schlecht gelaunt an.

Besorgnis machte sich in Tsuna breit, genauso wie die Gewissheit, dass Xanxus kein ganz schlechter Kerl sein konnte. Amicelli und Giotto sahen einfach Gespenster, wo es nicht einmal Kettenrasseln gab. Wahrscheinlich konnten die Brüder sich seit ihrer Kindheit schon nicht leiden und Amicelli hatte es geschafft Giotto in seinem Wahn mit anzustecken.

“Bitte lass mich einfach nur einen Blick drauf werfen, am Ende entzündet sich das noch...” bat er und schaute Xanxus mit seinen großen Rehaugen an. Zwar versuchte der sich gegen ihn zu wehren, aber dann schaffte Tsuna es doch noch, ihn auf dem Toilettensitz zu bugsieren. Vorsichtig zog er den Rollkragenpulli herunter, den Xanxus sich übergeworfen hatte um nicht allzu viel Aufmerksamkeit auf den Schnitt zu ziehen, der noch immer leicht blutete.

Tsuna blickte er sich suchend nach einem Erste Hilfe Schränkchen um, wurde aber nicht fündig. „Wo habt ihr das Verbandszeug, fragte er daher leise und blickte Xanxus neugierig an. Irgendwie... war es angenehm, ihn so auf einer Höhe zu haben, wenn man ihn direkt ansehen konnte. Es war viel weniger kompliziert. Als Xanxus keine Miene verzog und sich auch nicht regte, fügte er beschwichtigend hinzu: „Ich kann das, wirklich.“ Und lächelte brillant.

„In der Küche, da ist ein Kasten. Aber lass dich nicht erwischen.“, sagte Xanxus schließlich schlecht gelaunt, Tsuna fand aber auch, dass er resignierend klang. „Okay. Warte hier, ja?“, bat er und huschte in die Küche. Giotto und Amicelli waren noch oben, man hörte sie gemeinsam mit Yamamoto lachen. Erneut schwellte die Wut in Tsuna auf, aber er unterdrückte sie. Er musste auf den Küchenschrank klettern, um das Desinfektionsmittel und die Verbände zu erreichen, aber als er sie schließlich hatte, eilte er so schnell es ging zu seinem unwilligen Patienten zurück.

Dieser war wieder aufgestanden und hatte die Schnittverletzung gerade ausgiebig gemustert, als Tsuna wieder hinein kam. Wie konnte man seinem eigenen Bruder nur die Kehle aufschneiden wollen? Er verstand es einfach nicht, egal wie groß die Missverständnisse zwischen den beiden auch sein mochten, er war doch immer noch mit ihm verwandt...

Ohne das Tsuna etwas sagen brauchte, ließ Xanxus sich wieder auf dem bunten Überzug nieder und sah ihn von unten aus genau an, während der Junge das Desinfektionsmittel auf einen Tuch auftrug und es vorsichtig auf dem Schnitt verteilte. Obwohl es ziehen musste wie die Hölle, ließ Xanxus sich nichts anmerken und schloss ganz so die Augen, als könnte er ihn einfach nicht ansehen.

“Macht ihr... so was oft?”

Xanxus schwieg. Eine ganze Weile. Dann sagte er schnippisch: „Dreimal darfst du raten.“ Er schien weder besonders angetan, noch besonders gekränkt zu sein. Tsuna hatte fast das Gefühl, diese ganze Schose war für ihn normal und er wollte es nur nicht zugeben. Tsuna nutzte seien Gelegenheit und musterte Xanxus ausgiebig, während er seine Wunde nach bestem Wissen und Gewissen behandelte. Im Moment spürte er nicht einmal das Bedürfnis zu reden. Erst, als er sich die Kompresse nahm und sie vorsichtig gegen den geschunden Hals drückte, überkam es ihn wieder.

Er wusste nicht wie anfangen und druckste daher etwas herum. „Sie... also Amicelli und Giotto... sie haben mich gerade aufgeklärt.“, wisperte Tsuna schließlich leise und wickelte mit einer Hand den Verband ab.

Xanxus schnaufte, sagte aber nichts und ließ sich nur weiter von ihm behandeln.

“Sie haben... Ziemlich viel dummes Zeug erzählt... Wenn man ihnen so glauben kann, dann bist du der Teufel und trinkst in deinem Zimmer das Blut von Jungfrauen.” erzählte er mit einem schiefen Lächeln, das von sonst wo herkam, aber ganz sicher nicht vom Herzen. Xanxus schwieg nur weiterhin beharrlich. Scheinbar war ihm nicht danach, sich gegen die Beschuldigungen zu wehren.

“Aber ich... Ich glaub das nicht. Weißt du Xanxus... Ich... Mag dich und sie sollten so was nicht sagen.”

Schweigen.... Weiterhin... Es machte Tsuna ganz wuschlig. Natürlich waren die Unterhaltungen zwischen ihnen nie sonderlich berauschend, jedoch musste Xanxus meistens irgendwann etwas loswerden und man konnte es dann direkt als Gespräch betrachten.

Natürlich konnte Tsuna vollkommen verstehen, dass er aufgebracht und wütend warf, aber das er deshalb gar nicht mit einem sprach. „Was ich... Was sich eigentlich nur damit sagen wollte... ist, dass ich nicht auf sie hören werde und dass ich mich trotzdem weiter mit dir treffen möchte... Ja? Und wir lernen zusammen Englisch. Ich glaube... mein Englischtest lief ganz gut. Ich werde zumindest nicht durchfallen. Du hast mir wirklich sehr.. geholfen.“, sagte Tsuna leise und spürte, wie sehr es ihn frustrierte, dass Xanxus ihm nicht antwortete. Er klebte den letzten Rest des Verbandes mit einem Pflaster fest. „So. Fertig.“, murmelte er und zwang sich zu einem Lächeln. Dann entfernte er sich und nahm seinen Englischhefter wieder auf. „Ich glaube ich geh noch ein bisschen... zum Karaoke oder so.“, teilte er Xanxus mit und vermied es ihn anzusehen.

Man konnte die Räder in Xanxus Kopf geradezu rattern hören, während er offensichtlich mit sich selbst und seinem Stolz kämpfte. Dieses ganze Freundschaftsgetue war einfach nicht sein Ding und es war schon nervtötend genug, wenn er gute Laune hatte.

Noch ehe Tsuna aus dem Badezimmer flüchten konnte, wurde zum zweiten mal an diesem Tag sein Handgelenk ergriffen um ihn am Abhauen zu hindern. Tsuna wollte gerade den Mund öffnen um zu sagen, dass er nicht hier bleiben würde um angeschwiegen zu werden, da brach Xanxus endlich die Stille.

“Ich sollte dir wohl danken.” sagte er viel ruhiger als er schien und Tsuna schluckte nervös.

“Ich hab doch gesagt, ich hab das früher öfters gemacht. Es ist wirklich keine große Sache!” Xanxus wimmelte ihn ab bevor er sich weiter um Kopf und Kragen reden konnte.

“Nicht deshalb, stell dich nicht an wie ein verfickter Idiot.”

Es dauerte eine ganze Weile bis es Tsuna dämmerte. Dann lächelte er und nickte Xanxus wohlwollend zu. Er wusste nicht, was er sagen sollte und blieb deshalb still. Als sie sich wieder anschwiegen, ergänzte er doch noch: „Ist keine große Sache. Ich kann es nicht leiden, wenn man hinter dem Rücken Dinge erzählt, die nicht wahr sind, oder übertrieben. Zu mir warst du immer... ganz okay. Ich will nicht sagen nett, aber... Ich fühle mich gut in deiner Gegenwart.“, erklärte Tsuna freundlich und blickte nun schüchtern zu Xanxus auf. „Ich wäre ganz froh, wenn du...“ Tsuna biss sich auf die Lippe und senkte den Kopf wieder zu Boden. „Ach.. vergiss es.“, meinte er und schüttelte lachend den Kopf.

Zögerlicher als sonst streckte Xanxus seine Hand aus und wuschelte Tsuna durch die braune, wilde Haarmähne. Er gab sich ganz offensichtlich alle Mühe, einigermaßen erträglich zu sein. Beim besten Willen, Tsuna verstand nicht, wie Amicelli und Giotto das als Einschleimen interpretieren konnten.

“Also... lernen wir morgen wieder Englisch? Wir wollen doch, dass deine Prüfungen das nächste mal besser laufen.” Tsuna riss erstaunt seine Augen auf und konnte sich gerade noch so davon abhalten, Xanxus um den Hals zu fallen. Das Glück dass durch ihn strömte war geradezu überwältigend, vor allem, weil er nach der Ansprache in seinem Zimmer nicht damit gerechnet hatte.

“Na-Natürlich!”

Tsuna konnte nicht beschreiben, wie unglaublich glücklich er war. Er lächelte zufrieden. „Das wird... unser kleines Geheimnis.“, wisperte er, grinste abenteuerlustig und umklammerte seine Englischsachen.

Xanxus nickte, brachte aber kein Lächeln zustande. Tsuna glaubte auch nicht, dass es Xanxus‘ erstes Geheimnis vor Giotto und Amicelli war. Aber es war sein Erstes und das war irgendwie... aufregend.

Tsuna hörte wie die Stimmen von oben lauter wurden und wie sich, im gleichen Zug, Xanxus‘ Griff um seinen Arm lockerte. Er nickte ihm noch einmal zu, dann huschte er durch die Tür und lümmelte sich mit seinen Englischsachen auf die Couch. Tat so als hätte er schon die ganze Zeit so dagesessen und erfreute sich daran, dass Giotto und Amicelli gar keine Ahnung hatten, von seiner geheimen Vereinbarung.

Soweit würde es noch kommen, dass er sich von zwei Verrückten vorschreiben ließ, mit wem er sich anfreundete. Natürlich würde er sich nichts anmerken lassen. Er würde schweigen und tun als würde er ihre Anweisungen befolgen, denn immerhin konnte diese Persona Gruppe der Schlüssel für Lanchias Heilung sein. Tsuna wäre nicht so dumm, diese wichtige Karte einfach so zu verspielen.

Summend öffnete er seine Vokabelliste und sah sie sich an.

“To keep a secret”

Wie passend.
 

Wird fortgesetzt...

18. Mai: Teil 1

Ich muss mich entschuldigen. Das Kapitel hat leider ein wenig länger gedauert, da bei mir momentan Prüfungszeit ist und ich nebenher etwas lernen muss. Dafür werde ich gleich morgen Teil 2 von diesem etwas zu lang geratenen Kapitel posten.

Da meine Konzentrationsspanne im Moment nicht besonders groß ist, möchte ich mich allerdings für den fehlenden Plot im Kapitel entschuldigen. Ich werde wieder ruhiger sein, wenn das Gröbste hinter mir ist und dann gibt es wieder Hintergrundinfos, nicht nur oberflächliche Zoten und schlechten Humor, versprochen. ^___^
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

Panakeias Segen
 

18. Mai: Teil 1
 

Es war der Tag der Prüfungsergebnisse und Tsuna hatte kein gutes Gefühl dabei. Außerdem war er schlecht gelaunt, da Giotto und Amicelli ihn gestern den ganzen Tag beschattet hatten und er natürlich nicht dazu gekommen war mit Xanxus Englisch zu lernen. Sie nahmen diese ganze Sache wirklich ein bisschen zu ernst für seinen Geschmack, dabei hatte er sich so darauf gefreut. Manchmal, da konnte er wirklich...

Er zog seine Schuhe aus und stellte sie in sein Fach, dann ging er zu den Tafeln an denen die Prüfungsergebnisse aufgelistet waren. Er sah zunächst nur die Oberklässler und entdeckte Giotto und Amicelli an deren Spitze. Xanxus folgte dicht hinter ihnen auf dem vierten Platz, gleich nach einer gewissen Daniela.

Die Liste der unteren Klassen, hing daneben und auch hier fing er von oben an zu lesen. Es hätte ihm klar sein müssen, dass es von hinten einfacher gewesen wäre. Er entdeckte Gokudera, erstaunlicherweise an erster Stelle. Yamamoto sah er eine ziemlich lange Zeit nicht, dann entdeckte er seinen Namen, unter seinem Eigenen. Das war irgendwie beruhigend.

Wenn es ihn auch nicht direkt mit Stolz erfüllte. Zumindest hatte er seine Prüfungen bestanden, dass erleichterte ihn zutiefst. Wahrscheinlich hatte ausgerechnet Englisch ihm den Gnadenschuss von Reborn erspart. Er musst Xanxus wirklich irgendwie danken, am besten kaufte er ihm Kekse oder so was. Irgendwas, was man unauffällig überbringen konnte. Am besten gab er sie einfach einem Mädchen aus Xanxus’ Klasse, damit sie sie für ihn weitergeben konnte, ohne das seine Wachhunde misstrauisch wurden.

Fest entschlossen seinen Plan direkt in die Tat umzusetzen, drehte er sich um und sah in das strahlende Gesicht von Giotto, als hätte der Tag nicht schon schlimm genug begonnen.

„Du bist aber heute früh da.“. flötete er fröhlich und ließ seinen Blick nur sehr kurz über die Liste der Oberklässler schweifen. Er hatte offenbar mit seinem Ergebnis gerechnet, dann blickte er auf due Unterklässlerliste und entdeckte Tsuna im unteren Drittel. Er schien im ersten Moment nicht erfreut, dann ein wenig amüsiert und wuschelte Tsuna schlussendlich durch das Haar. „Komm mal mit.“, meinte er freundlich und deutete auf die Treppe neben sich nach oben. Er war so ekelhaft gut gelaunt, dass es schon fast unheimlich war und Tsuna fragte sich ernsthaft, was hier vor sich ging. Dennoch folgte er ihm die Treppe nach oben, in den Gang in dem sich auch sein Klassenzimmer befand. Eigentlich sogar bis direkt vor sein Klassenzimmer. Tsuna wusste nicht was das sollte und sah Giotto mit großen Augen an, der einen Schlüssel aus der Tasche zog und die Tür auf der anderen Seite des Ganges aufschloss an der groß: „Schülerrat“ prangte.

Panik machte sich in ihm breit. Waren seine Ergebnisse wirklich so schlecht, dass er schon eine eigene Schülerratssitzung bekommen muss? Oh Gott, was würden seine Eltern nur dazu sagen, wenn ist das hören würden. Bisher hatte er noch nie Probleme gemacht, zwar waren seine Noten nie die besten, aber immerhin reichten sie aus um sich so durchs Schuljahr zu mogeln.

“Du musst keine Angst haben.” gackerte Giotto gut gelaunt und schob ihn in das Zimmer hinein. “Ich dachte es ist an der Zeit, dass du etwas für deine Noten tust und der Schülerrat ist eine ausgesprochen gute Möglichkeit dies zu tun.”

Tsuna konnte nicht anders als das Gefühl zu bekommen, dass er nun endgültig seinen Realitätssinn verloren hatte.

Es war noch niemand im Raum und Tsuna wurde von Giotto auf einen der leeren Stühle gedrängt, die mit dem Rücken zur Tür standen. Der Blonde setzte sich ihm gegenüber und grinste ihn an. Er tippte mit dem Finger auf den Tisch, warf dann einen Blick auf die Wanduhr, dann zählte er plötzlich. „Fünf, vier, drei, zwei, eins.“. Punktgenau klopfte es, dann wurde die Tür von jemandem geöffnet und Tsuna drehte den Kopf.

Er erschrak sich etwas, als er sich dem Mädchen aus dem Krankenhaus gegenübersah, dass ihm Mut gemacht hatte. Schlagartig wurde er puterrot und versuchte seine Fassung zu bewahren. „Tsuna, darf ich dir Daniela vorstellen.“, erklärte Giotto und erhob sich, als das Mädchen zu ihm kam und ihn stürmisch umarmte.

Tsuna erinnerte sich an sie. Sie war die Nummer drei auf der Liste und außerdem hatte sie Xanxus bereits vor einiger Zeit erwähnt, in Zusammenhang mit Nachhilfe.

“Ha-Hallo!” rief er erschrocken aus, als das Mädchen ihn wieder, strahlend wie ein Sonnenschein, los ließ und ihn genau musterte. In ihrer Körperhaltung lag etwas Strenges, was ihn automatisch an Frau Oregano erinnerte. Sie machte ganz offensichtlich Sport und wenn sein Eindruck nicht komplett falsch lag, dass war sie mit größter Sicherheit im Kyudo Klub. Wenn er nach der Schule bei den Sporthallen vorbeischaute, sah er sie nämlich manchmal auf dem Schießplatz.

“Das ist er also, lange nicht mehr gesehen, Kleiner. Ich wusste doch, dass er dir nicht ohne Grund so ähnlich sieht.” Daniela stieß Giotto freundschaftlich in die Rippen, jedoch scheinbar etwas zu kräftig, denn der verzog unter Schmerzen das Gesicht.

„Äh... Hi...“, sagte Tsuna ein wenig steif dann reichte er ihr die Hand. Das Mädchen jedoch ergriff gleich seinen ganzen Arm und drückte ihn an sich. Schön dich wiederzusehen.“, sagte sie erfreut und stellte sich dann vor. „Nenn mich Daniela, einfach so. Keine Förmlichkeiten.“, meinte sie aufgeweckt und lächelte sanft. „Du musst Tsuna sein. ich hab deine Prüfungsergebnisse gesehen.“, meinte sie und trieb Tsuna die Röte in die Wangen. Sie lachte. „Mach dir keine Sorgen. Wir kriegen das schon hin. Das hier...“, sie deutete auf Giotto, „...ist übrigens mein Meisterstück.“, meinte sie und ließ auch Giotto mit diesem Kommentar erröten. „Wenn ich ihn hingekriegt habe, krieg ich dich auch hin. Glaub mir, er war eine harte Nuss.“, sagte sie.

Tsuna fand sie redete wie ein Wasserfall. Er konnte ihr kaum folgen.

“Ich war natürlich schon immer großartig.” unterbrach Giotto sie, doch Daniela lachte nur und nahm ihn nicht für voll. Man konnte sehen, dass die Beiden dick befreundet sein mussten.

“Glaub ihm kein Wort. Bevor ich ihn unterrichtet habe, war er ein absoluter Tunichtgut. Ständig über die eigenen Schnürsenkel gestolpert, alle Tests verhauen die man verhauen konnte und auch die bei denen das nicht möglich sein sollte und er war in etwa so charmant wie ein Kartoffelsack. Und nun sieh ihn dir an, unseren Schulsprecher! Gib mir ein paar Monate, und alle liegen dir zu Füßen, außer vielleicht ein gewisser Griesgram. Aber du hast sicher eh höhere Ziele.”

Geschockt von dem Wortschwall stolperte Tsuna ein paar Schritte zurück gegen die Wand. Alles in seinem Kopf drehte sich.

Er war etwas überfordert und wusste nicht genau, ob er jetzt dankbar oder geschockt sein sollte. „Ich... also ich weiß nicht ob... ich so werden will.“, wisperte er kaum hörbar. Sein Anspruch ging in dem lauten Gekicher natürlich unter. „Mach dir keine Sorgen.“, meinte Daniela und trat auf ihn zu. „Auch wenn es so aussieht, als hätte ich Giotto bis zum äußersten getrimmt, aber es ist vollkommen schmerzfrei.“, erklärte sie lächelnd und blickte Tsuna direkt an. „Den besten Anfang machen wir, wenn du zunächst einmal regelmäßig zum Schülerrat kommst. Danach kann ich dir dann Nachhilfe geben.“ Giotto war jetzt auch wieder näher getreten und gab Tsuna eine kleine Karte. „Wir treffen uns immer montags, mittwochs und freitags, kommt deinem Sporttraining also nicht in die Quere. Du solltest übrigens öfter hingehen, ein bisschen Training kann dir nicht schaden.“, fügte er lächelnd an und wurde erneut von Daniela in die Seite gestoßen.

“Das sagt der Richtige. Dein Sportklub hat dich sicher 6 Monate nicht mehr gesehen!”

Tsuna warf einen sehnsuchtsvollen Blick zur Tür, die keine zwei Meter von ihm entfernt war. Auf diese Scharade hatte er wirklich keine Lust. Schon vor einiger Zeit hatte er seine Hoffnung aufgegeben, es könnte mal etwas gutes aus ihm werden. Wenn Daniela ihm Nachhilfe geben konnte, reichte ihm das vollkommen aus. Schon allein weil er keinerlei Interesse an einer Position wie Schulsprecher hatte.

“Also mein Guter, wo liegen denn die Hauptprobleme? Mathe? Englisch? Physik?” Giotto lachte wieder und antwortete gut gelaunt an Tsunas Stelle.

“Alles irgendwie.”

Tsuna kaute sich nervös auf der Unterlippe. Das konnte er doch nicht auf sich sitzen lassen. So Eine Frechheit und dann auch noch von Giotto, auf den er sowieso schlecht zu sprechen war. Auch wenn ein Mensch wie Tsuna nicht nachtragend war. Er konnte einfach nicht vergessen, wie gemein Giotto und Amicelli mit Xanxus umgesprungen waren. Er seufzte. Er musste sich etwas schlagfertiges überlegen, etwas, dass einschlug wie eine Bombe.

„In Englisch bin ich ganz gut.“, wisperte er schließlich. Das war nicht ganz das, was er gesucht hatte, aber es war besser als nichts. Daniela lächelte und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Dann bist du besser als Giotto es war.“, flötete sie und brachte Giotto damit in eine gewisse Verlegenheit.

“So schlecht war ich nun wieder auch nicht.” grummelte er und Tsuna konnte sich durch sein Gegrummel unauffällig der Tür nähern. Langsam war er es satt, dass er fast jedes mal, wenn er einen Raum betrat, diesen verlassen musste ohne, dass ihn jemand bemerkte. Dieses Herumgeschleiche hatte zwar einen gewissen James Bond Charme, aber er war einfach ungeeignet als Geheimagent.

“Ja, natürlich. ‘Ei heit ju. Ju telld Leis abaut mi.’ Ich erinnere mich noch sehr gut an deine katastrophalen Aufsätze. Sie waren wie ein verbombtes Schlachtfeld.” Während Danilea damit weitermachte alte Aufsatzfehler zu zitieren, schlich sich Tsuna aus der Tür und sah sich gründlich im Gang um. Hoffentlich wurde er nicht schon wieder abgefangen.

Er durchquerte den Gang so schnell er konnte und schlüpfte in sein Klassenzimmer. Er hatte schon Hoffnungen allem entkommen zu sein, da hörte er Gokudera seinen Namen rufen und auch Yamamoto lachte erfreut auf. „Du hattest es ja gestern eilig, Tsuna!“, rief er aus und lachte sein stupides, dämliches Lachen noch etwas lauter.

Gokudera, der bei ihm saß und schon sehr genervt aussah, verdrehte die Augen. „Wo auch immer du gestern gesteckt hast, Tsuna, du bist Schuld, dass ich jetzt alle Baseballer der letzten zwanzig Jahre kenne.“, grummelte er unzufrieden. Offenbar hatte Yamamoto sich ungesund auf ihn fixiert… Nicht dass er schon vorher nervig gewesen wäre.

Tsuna hatte noch gar nicht darüber nachdenken können, dass Yamamoto jetzt bei ihnen lebte. Die Wut des Vortages hatte jeden klaren Gedanken blockiert.

Jetzt wo die Information aber einsinken konnte, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich bewusst zu werden, dass er diesen nervigen Quälgeist jetzt ständig in seiner Nähe haben würde. Wenn er im Dorm genauso laut war wie in der Schule, dann würden entweder er oder Xanxus seinem Leben ein baldiges Ende bereiten. Mit Sicherheit würde Gokudera ihnen helfen. Dem Ausdruck auf seinem Gesicht zufolge, war er nämlich gerade dabei ähnliche Pläne zu entwickeln.

“Entschuldige Gokudera, ich musste wirklich für meinen Englisch Test lernen. Wir schreiben doch später und ich wollte nicht wieder eine fünf bekommen. Xan-Ich meine Reborn würde mich sicher häuten.”

Gokudera nickte aufgeregt. „Das hast du gut erkannt. Aber Reborn wird dich sowieso häuten, wenn er sieht wie deine Testergebnisse sind. Sei froh, dass Yamamoto noch schlechter ist. Er ist als erster dran und du kriegst nur die Nachwirkungen ab und die sind nicht ganz so schlimm.“, meinte er und grinste. Er mit den zweitbesten Noten aus der Unterstufe hatte gut reden. Tsuna bemerkte erst jetzt das Grinsen, dass er auf den Lippen hatte, als er Yamamoto anblickte. Er freute sich ganz offensichtlich geradezu mörderisch darauf, dass Reborn ihm die Haut abzog.

Yamamoto konnte über ihr Gespräch allerdings nur lachen. „So schlimm, wird’s nicht werden. Ich bin ein schneller Läufer. Von Base zu Base im Eiltempo.“, kommentierte er glücklich grinsend.

“Er hat Reborn also noch nicht richtig kennen gelernt.” meinte Tsuna nur trocken und setzte sich auf seinen Platz zu seinen Gesprächspartnern. Man lernte Reborn immer nur dann richtig kennen, wenn man etwas besonders Dummes tat. Nur leider definierte Reborn die meisten Ausfälle als besonders dumm.

Schön, dass er jetzt noch einen anderen Punchingball hatte.

“Nein, aber er wird es. Ich hab mir für heute Abend schon Popkorn besorgt, das wird mit Sicherheit ein Fest. Bwhahahaha...” lachte Gokudera und Yamamoto, der scheinbar nicht mitbekommen hatte dass es um etwas für ihn Schädliches ging, stimmte mit ein, nur Tsuna brachte keinen Laut zustande. Er hing wirklich an seinem Leben.

Tsuna warf einen Blick auf seine Uhr und setzte sich dann auf seinen Sitzplatz. Er hatte sich fest vorgenommen heute Lanchia zu besuchen und danach mit Xanxus Englisch zu lernen und wenn er sich ein Loch in die Wand bohren musste, um mit ihm sprechen zu können. Niemand, auch nicht Giotto und Amicelli, hatte das Recht ihn fernzuhalten.

Zwischen ihm und seinem, mehr oder minder, Vergnügen lag nur noch ein anstrengender Schultag und natürlich Yamamoto und Gokudera. Ihrem Griff nach der Schule zu entkommen, so motiviert, wie die beiden waren, würde es ein echtes Problem darstellen, sie nach dem Unterricht abzuschütteln.
 

Er war ein Ninja! Lautlos und unauffällig schlich sich Tsuna, mit dem Rücken an die Wand gepresst, den Flur entlang. Genial wie er war, hatte er sich aus dem Unterricht fünf Minuten vor Ende entschuldigt, seine Schultasche geschnappt und nun würde er sich heimlich vom Schulgelände stehlen.

Nichts konnte ihn aufhalten!

Niemand konnte ihn bemerken!

Er war unsichtbar!

So leise kreischend wie möglich stürmte Tsuna in die nächste Tür, als er am Ende des Flurs eine nur allzubenannte platinblonde Haarmähne entdeckte. Wenn Ryohei ihn entdecken würde, wäre das Geschrei viel zu groß, als das irgendwer im Stockwerk ihn nicht bemerken würde. Mit klopfenden Herzen presste Tsuna sich gegen die Innenseite der Tür und starrte stumm auf das Innere der Mädchentoilette.

Verdammt... Wie war er hier rein geraten? Nervös blickte er sich um. Es schien niemand hier zu sein. Zum Glück. Aber er sollte in Alarmstellung bleiben.

Langsam drehte er sich um, stellte sich auf Zehenspitzen und sah aus dem kleinen Fenster hinaus in den Gang. Ryohei stand noch im Flur und wartete vor dem Zimmer des Ordnungsdienstes. Wie lange würde es wohl noch dauern? Er sollte verschwinden und zwar schnell, bevor ihm noch jemand anders auflauerte. Tsuna schrie fast, als Kyoko vor dem Fenster vorbeimarschierte und zu überlegen schien, ob sie nicht auf Toilette müsse. Zum Glück ging sie an der Tür vorbei und lief auf ihren Bruder zu. Der daraufhin mit ihr verschwand. Tsuna war unglaublich erleichtert und griff sich ans Herz. Puh. Jetzt musste er nur noch aus der Mädchentoilette ohne gesehen zu werden.

Seine zitternde Hand legte sich auf den kühlen Stahl der Türklinke. Alles war gut, alles lief super! Er war ein Ninja! Ein Superheld! Ein Spion! Ein Assasine! Es gab keinen Grund Angst davor zu haben auf einen leeren Flur zu treten. Das hier war die Mädchentoilette, nicht ein geheimes Labor in dem Atomsprengsätze aufbewahrt werden... Jeder konnte mal die falsche Tür erwischen, schon immer fand Tsuna, dass rosa eine sehr dezente Farbe war, die konnte man sehr leicht mit hellblau verwechseln!

Langsam schwang die Tür nach außen auf und Tsuna drückte sich möglichst dezent hinaus ohne groß auf sich aufmerksam zu machen. Erleichtert seufzte er aus und sah wieder hoch, direkt in das grinsende Gesicht von Xanxus.

“Ich wusste doch, dass Jungs niemals freiwillig Sailormoon Kostüme anziehen. Bwahahahahahaha...”

„Yiiii..mpf.“ Tsuna hatte seinen eigenen lauten Aufschrei mit seiner Hand gedämpft und blickte sich panisch um. Niemand schien ihn gehört zu haben und außerdem war ja eh noch für zwei oder drei Minuten Unterricht. Er musste ruhig bleiben, ganz, ganz ruhig. Sein Blick wanderte nur langsam wieder zu Xanxus‘ Gesicht und er blickte ihn mit stark geröteten Wangen an. „Ich... Ich bin ein Junge, ich hab mich nur... also ich bin nur... Ich bin auf der Flucht.“, wisperte er leise und versuchte einen Blick an Xanxus vorbei in den Gang zu erhaschen. Die Schiebetüren würden jeden Moment aufgehen und dann war er geliefert. „Auf der Flucht? Vor was denn? Deinem eigenen Schatten?“, fragte Xanxus grinsend und brach wieder in schallendes Gelächter aus, das Tsuna heftig zusammenzucken ließ. Am liebsten würde er Xanxus auch den Mund zu halten.

Eilig packte er Xanxus am Ärmel seines Hemdes und zog ihn mit den Flur entlang. Das schlimmste was jetzt passieren konnte, war wenn nicht nur Gokudera und Yamamoto ihn entdeckten, nein viel schlimmer wäre noch, sollten sie zusammen von Giotto gesehen werden. Auf eine Weitere Aufführung von ‘Xanxus ist der Teufel, bleib fern von ihm’ hatte Tsuna wahrlich keine Lust.

“Ich...also ich fliehe vor meinen... Klassenkameraden...” erklärte Tsuna im Gehen und konnte aus seinen Augenwinkeln das breite Grinsen auf dem Gesicht des anderen sehen. Warum musste er sich nur immer so peinlich benehmen? Wahrscheinlich steckte es ihm in den Knochen. “Sie haben mich eingespannt, aber ich wollte... wirklich nicht...”

„So, so. Deine Klassenkameraden. Man sieht dir gar nicht an, dass du so antisozial bist.“, meinte Xanxus lachend, wobei sein Lachen eher klang wie ein amüsiertes Grunzen. Es war merkwürdig und Tsuna wollte lieber nicht weiter darüber nachdenken, was das denn bedeutete. „Ich mache schon gern was mit anderen Leuten, aber... aber heute habe ich einfach nicht den Nerv auf Yamamoto und Gokudera. Es tut mir ja sehr Leid für sie...“

„Kein Wunder, dass du keine Lust hast, auf die Beiden hätte ich auch keine Lust.“, sagte Xanxus schließlich amüsiert und überholte Tsuna indem er seine eigenen Schritte beschleunigte und nun den Braunhaarigen mitzog. „Nun... Ich bin ja ein netter Mensch. Ich weiß wo wir uns verstecken und gleichzeitig abgöttischen Spaß haben können.“, meinte er und stoppte am Schuhregal, um sich umzuziehen.

Bei diesen Worten wurde Tsuna ein wenig flau im Magen. Mittlerweile hatte er mitbekommen, was für eine Art Humor Xanxus hatte und besonders Lustig fand er es meistens dann, wenn jemand zu Schaden kam. Jemand der nicht er war selbstverständlich. Nur zu gut erinnerte sich Tsuna an einen gewissen Unfall im Chemie Labor, wo die Anwesenden schlimme Verbrennungen erlitten hatten. Xanxus kam aus dem Lachen gar nicht mehr heraus. Zwar war Tsuna sich nicht sicher ob er oder sein Zwillingsbruder den schlechteren Humor hatten, aber er tippte trotz allem auf Amicelli.

“Sp-Spaß?” fragte er ängstlich.

„Ja. Spaß.“, antwortete Xanxus grinsend und stieg in seine Stiefel. „Riesenspaß.“, fügte er an und wartete bis Tsuna in seine schicken, neuen Schuhe gestiegen war. Er schien sichtlich erfreut, dass der Jüngere sie jeden Tag trug. „Los komm. Sonst verpassen wir den Anfang.“, sagte er dann und schien äußerst amüsiert. Tsuna wusste nicht, was ihn erwartete, aber es war besser als mit Yamamoto und Gokudera irgendetwas verrücktes zu tun, wenigstens dessen war er sich sicher, denn immerhin nahm Xanxus sich den Anspruch heraus, erwachsen zu sein und war es auch, solange Squalo nicht dabei war...

Sie verließen das Schulgelände, liefen aber nicht zur Bahn, wie üblich sondern zum Bus, mit dem Tsuna bisher noch nie gefahren war. „Wo gehen wir denn hin?“, fragte er, als sie an der Haltestelle warteten und wieder kein Gespräch aufkommen wollte.

Xanxus blickte ihn von oben herab an und Tsuna konnte seine Zähne glitzern sehen. Sie waren nicht so spitz und fies wie die von Squalo, aber die machten den deutlichen Eindruck, in der Lage zu sein, einem ein Stück aus dem Arm herauszubeißen, ohne sich groß dabei anzustrengen.

“Warst du schon mal bei Squalos Schwerttraining am Montag?” erkundigte er sich und lehnte sich gegen einen der Pfosten der Haltestelle. Selbstsicherheit und Schadenfreude strömten aus jeder Pore seines Körpers. Irgendwann wollte Tsuna auch mal so eine erhabene Haltung haben, aber wahrscheinlich war das Beste was er sich erwünschen konnte, ein bisschen weniger wie ein getretener Welpe auszusehen.

“Ne-Nein... Ich hab... Angst vor spitzen Dingen die mich erstechen können.”

„Keine Sorge. Bei Squalos Schwerttraining am Montag ist nichts spitz...“, das Grinsen auf seinen Lippen wurde noch ein wenig breiter. Die Pause, die er ließ war bedeutungsschwanger, dann setzte er hinzu: „Außer vielleicht er selbst.“.

Tsuna trieb es die Röte ins Gesicht und er biss sich auf die Lippe um nicht schon wieder schreien zu müssen. Dieser Scherz ging wirklich unter die Gürtellinie. „Was... Was macht er denn am Montag?“

Tsuna wurde ganz flau im Magen. So wie das klang arbeitet er in irgendeinem seltsamen Laden... Vielleicht sogar... vielleicht sogar einem Laden wo unanständige Artikel verkauft wurden. Irgendwie traute er Squalo alles zu, genau wie Xanxus.

„Bevor du fragst. Nein. Ich sag es dir nicht. Du wirst es schon sehen.“, sagte der Größere und trat ein Stück vor, da der Bus an der Haltestelle stoppte.

Mit gerunzelter Stirn stieg Tsuna nach Xanxus in den Bus und drängte sich durch die Menschenmassen in eine der Ecken bei der Kinderwagenbucht. Busfahren fand er schon immer schrecklich. In Tokyo war es wesentlich schlimmer als hier, aber es war immer noch schlimm genug um ihm heute Abend Alpträume von zu viel Nähe bereitet zu haben. Wie auf Stichwort stolperte er beim Anfahren direkt nach vorne gegen Xanxus’ Brust, da er von hinten geschubst worden war.

“Einsam?” Das Grunzen von vorhin drang wieder an seine Ohren, jedoch nicht so schnell wie das Blut, dass mit der Geschwindigkeit eines Jets in seinen Kopf schoss.

“Entschuldigung... Es ist... so voll...”

Xanxus gab keinen weiteren Kommentar ab, schob ihn ein Stück von sich und griff dann nach einem der Haltebügel über seinem Kopf, während Tsuna nach einer Stange Ausschau hielt, an der er sich festklammern konnte, aber natürlich waren alle belegt, schließlich begann er sich an den Fahrscheinautomat zu klammern, da dieser seine einzige Haltemöglichkeit darstellte. Er fragte sich, wie dumm er wohl aussehen musste, aber er war schon froh, dass er in diesem Bus einen Platz zum frei stehen...

Als die nächste Haltestelle kam wurde ihm auch dieser genommen, da der Bus sich noch weiter füllte, aber niemand ausstieg. Jetzt wo die Schule zu Ende war wollten natürlich alle Schüler nach Hause. Es wurde unangenehm voll und Tsuna wurde wieder gegen Xanxus gedrängt, der dies diesmal aber unkommentiert ließ. Es war ihm wohl ebenso unangenehm, wie Tsuna selbst.

Er war froh, als Xanxus schließlich die Hand auf seine Schulter legte und leicht zudrückte, um ein Zeichen zu geben, dass sie jetzt aussteigen müssten.

Außerhalb des Busses erschien ihm die Welt plötzlich viel größer und weiter als zuvor. Die Farben waren bunter, die Geräusche lauter und der Geruch nach frischen Frühlingsblumen intensiver. Nie wieder würde er in eine dieser Sardinenbüchsen steigen. Sicher gab es hier irgendwo in der Nähe eine Haltestelle zur S-Bahn, die ihm sein Leben um so vieles leichter machen würde.

“wir müssen hier lang.” rief Xanxus ihm zu, der schon einige Meter von ihm entfernt stand und anscheinend auf ihn wartete. In diesem Bereich der Stadt war er noch nie gewesen. Tsuna hatte keine Ahnung gehabt, dass es hier so etwas wie ein südländisches Viertel gab, aber es war interessant. Lauter italienische Cafes, Salsa Bars und Restaurants, vom Griechen bis zum Brasilianer, säumten sich hier aneinander. Und vor fast jedem Geschäft standen Kübel mit Blumen, etwas was man hier vor den japanischen Geschäften eher selten sah.

Vielleicht würde er doch ab und zu mit diesem Bus fahren. Wenn er es sich recht überlegte war das vielleicht gar nicht so schlecht.

Tsuna beeilte sich und lief hinüber zu Xanxus, der dann in seinem normalen Gehtempo, welches für Tsuna ein Lauftempo war, die kleine Gasse entlang zu schlendern, die vor ihnen lag. Es gab nicht nur Cafés, sondern auch Restaurants und Spezialitätengeschäfte, Weinfachhändel und Geschäfte mit Krimskrams. Tsuna kam sich ein wenig vor, wie in einem europäischen Film.

Er beschloss für sich ein anderes Mal in all den Geschäften stöbern zu gehen. Alles was es hier gab schien wahnsinnig interessant zu sein und es konnte nicht schaden, sich etwas über seine Nachbarschaft zu informieren. Er erschrak sich, als Xanxus plötzlich die Hand wie ein Schraubstock um seinen Arm schloss und ihn in einen Häusereingang zog. Vor lauter Schreck hatte er nicht einmal mitbekommen, worum es sich bei dem Laden handelte, daher blickte er sich, als er sich einem großen Spiegel gegenübersah etwas verwirrt um.
 

Fortestzung in Teil 2

18. Mai: Teil 2

Hier wie angekündigt der zweite Teil des Riesenkapitels. Ich danke allen Kommentatoren, Lesern und allen die uns auf ihre Fav-Liste gesetzt haben, denn das sollte man auch ab und zu tun, auch wenn ich es gelegentlich vergesse. Wir freuen uns sehr über den Zuspruch und bemühen uns euch zu amüsieren. (und ich entschuldige mich vielmals für unser Sidepairing. Es hat sich irgendwie... verselbstständigt. Ignoriert es einfach, wenn es nicht euer Geschmack ist, es wird im weiteren Verlauf keine größere Rolle spielen, denke ich... Es dient nur zur Befriedigung unserer inneren Fangirls)
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

Panakeias Segen
 

18. Mai: Teil 2
 

Außer ihnen war noch niemand da, abgesehen von einem jungen Mädchen mit hellem lilafarbenem Haar, dass sie mit einem niedlichen roten Kopftuch mit Froschmuster zähmte. Sie trug, Tsuna korrigierte sich, ER trug eine schwarze Hose mit einem lustigen roten Tuch, dass er sich an den Gürtel geknotet hatte, ein ebenfalls schwarzes halb offenes Hemd und rotschwarze Schuhe. Geschäftig huschte er im Raum umher und baute ein altes Grammophon in der Ecke auf. Als sie eintraten drehte er sich nur für ein kurzes “Buenas tardes.” und kämpfte dann wieder mit dem störrischen Gerät.

Tsuna blickte Xanxus verwirrt an.

“Squalo besucht einen Aerobic Kurs?” Anders konnte er sich den großen Spiegel nicht erklären.

„Bist du blind? Herr Gott. Das ist eine Tanzstunde. Squalo besucht einen Tanzkurs. Schon seit fast zwei Jahren. Glaub mir, wir werden uns ganz köstlich amüsieren. Squalo behauptet immer seine Eltern würden ihn zwingen, aber dafür geht er mir viel zu gern hierher.“, meinte Xanxus ruhig und setzte sich auf eine Bank. „Los komm, setz dich hin und genieße das Schauspiel.“, meinte Xanxus grinsend und verschränkte die Arme vor der Brust, während er wartete.

Tsuna war schon wieder ganz flau im Magen. Sein Blick folgte dem... Jungen, der noch immer versuchte das Grammophon zum Laufen zu bringen und fiel dann auf einen anderen Jungen, der gerade den Raum betrat. „Hola Francesco!“, rief er fröhlich und winkte ihm zu. Gleich nach ihm folgten zwei weitere Jungen. Einer von ihnen schien nörglig zu sein, der andere äußerst begeistert. Sie alle grüßten den Jungen am Grammophon, de freundlich zurück winkte und sich dann wieder der Technik widmete.

Tsuna kam sich ein wenig fehl am Platz vor, als er all die hübschen Mädchen und ein paar weitere vereinzelte Jungen sah, die langsam aber stetig das Tanzstudio füllten. Im Hintergrund lief das leise Plappern und Schnattern der Anwesenden und Tsuna erkannte an einigen Gesprächsfetzen, dass es hier ein ziemlich internationales Publikum geben musste. Spanisch, Italienisch, Türkisch, Englisch und einige Sprachen deren Klang er nicht mal zuordnen konnte, vermischten sich zu einem einzigen unverständlichen Gebrabbel. Xanxus kümmerte das alles nicht, Tsuna wusste, dass er sechs Sprachen sprechen konnte, wahrscheinlich verstand er sogar was hier beredet wurde.

Zuletzt schaffte der Junge mit dem Froschkopftuch es sogar das Grammophon zum Laufen zu bekommen und schlagartig verstummte die Menge. Irgendwie war es beeindruckend. Tsuna sah sich nun etwas genauer um, Squalo schien sich aber zu verspäten.

Der Junge mit dem Kopftuch blickte zunächst zu den Mädchen und machte eine Verbeugung, dann grüßte er die Jungen auf dieselbe Weise. „Hola!“, rief er fröhlich und betätigte einen Schalter am Grammophon, der den Lautsprecher vorerst zum Schweigen brachte. „Willkommen zu unserer dritten Stunde zum Merengue, sagte er fröhlich und mit einem breiten Lächeln auf den Lippen, dann hob er seine Hand und zählte kurz durch. „Jeder Herr zu einer Dame bitte, wir wollen gleich anfangen.“, meinte er und wartete bis alle einen Partner gefunden hatten und nur noch er allein im Raum stand. „Estella ist leider heute verhindert, ihr müsst heute mit mir...“ „VOOOOOOOOOOOOOOOOOOI!“, der Schrei fuhr allen Anwesenden im Raum durch Mark und Knochen und alle blickten, wie vom Donner gerührt zur Tür der Umkleide, aus denen jetzt, mit leichter Verspätung und nur halb angezogen Squalo gestürmt kam und noch im Laufen sein dünnes, weißes Hemd über die Schulter zerrte.

“Diese verfickte Lehrerin hat mich aufgehalten. Gott die Schnalle sollte sich echt mal bügeln lassen und ihren abgefuckten Stress nicht an ihren Schülern auslassen! VOOOOOIIIIII!!! Hab ich was verpasst?!” ein leises Kichern ging durch die Runde, offensichtlich war Squalo hier mehr als nur bekannt und man hatte sich an ihn gewöhnt. Dies bewies wieder mal, dass Menschen erstaunlich flexibel sein konnten, wenn es darum ging tolerant zu sein. Der Tanzlehrer gluckste amüsiert und schüttelte nur seinen Kopf.

“Wir wollten gerade anfangen. Du wirst heute mit mir tanzen müssen, Estella konnte nicht.”

Tsuna warf einen vorsichtigen Blick auf Xanxus, der aussah wie ein Fünfjähriger dem man das Keksglas zum Bewachen in die Hand gedrückt hatte.

Squalo winkte mit der Hand. „Kein Problem VOOOOI!“. Dann begab er sich zu dem Tanzlehrer und postierte sich neben ihm. „Weißt du, Tsuna. Estella ist ein wenig kränklich. Sie fehlt häufiger.“, meinte Xanxus von der Seite und grinste. Tsuna erwiderte nichts und betrachtete die Gruppe nur, die jetzt langsam Aufstellung nahm. Er fragte sich wirklich ob Squalo das konnte, Tanzen... Jedenfalls schien er es gerne zu machen, so aufgebracht, wie er gewesen war. Sein Blick wanderte wieder zu dem Weißhaarigen, der den Tanzlehrer gerade in seine Arme schloss, während dieser noch mit einer Hand nach dem Grammophon langte, um die Lautsprecher wieder anzustellen.

„Also... Wir wiederholen zunächst die Grundschritte. Zunächst für die Damen.“, der junge Tanzlehrer ließ es zu, dass Squalo einen Arm auf seien Hüfte legte und die Hand fasste, so dass sie in Tanzhaltung standen.

“Und die Herren können gleich mit aufpassen, also kein Desinteresse vortäuschen! Im Takt der Musik geht es immer mit kleinen Steps, nach rechts erst mal. Step, schließen, Step, schließen, Step schließen und immer schön im Takt der Musik bleiben. Den Oberkörper dabei schön grade lassen und nur die Hüften schwingen. Seht ihrs alle?”

Tsuna war mehr als nur erstaunt, dass Squalo sich gar nicht mal so dumm anstellte. Zumindest bei den Grundschritten zeigte er große Sicherheit und schaffte es, anders als Tsuna es bewerkstelligt hätte, seinem Tanzpartner trotz der vielen Minischritte nicht auf die Füße zu latschen.

Neben ihm grunzte Xanxus leise und unterdrückt, Tsuna konnte es trotzdem deutlich hören und irgendwie zwang es ihn dazu auch zu schmunzeln.

„Alle tanzen den Grundschritt, bitte. Ich komme rum und sehe es mir an.“, rief Francesco in die Runde und begann sich im Takt der Musik, gemeinsam mit Squalo in die Tanzfläche zu bewegen. Dabei machte er leichte Drehungen und Steps, so dass es aussah, als würde er seinen Tanz gar nicht unterbrechen. Squalo tat es ihm gleich und ließ sich von der ungewohnten Bewegung offenbar gar nicht stören. „Bitte die Beine zusammen auf vier.“, meinte Francesco zu einem Mädchen im Kleid und lächelte sie an, sie kicherte leise und nickte, schien es aber noch immer falsch zu machen, denn Francesco schüttelte den Kopf. „Squalo, zählst du bitte? Ich wechsel kurz ein.“ Damit tauschte er mit dem Tanzpartner des Mädchens. Squalo aber weigerte sich mit ihrem Partner weiter zu tanzen.

Wie bestellt und nicht abgeholt stand er mit überkreuzten Armen neben dem armen Tropf mit dem er eigentlich tanzen sollte und betrachtete stur wie das Mädchen Privatunterricht bekam. Tsuna glaube es sich nur eingebildet zu haben, aber es kam ihm so vor als würde Squalo genervt mit der Zunge schnalzen.

“Ich kann doch die Frauenschritte nicht.” murrte er und Francesco warf ihm einen tadelnden Blick zu. Ein Blick der auf äußerst unfruchtbaren Boden stieß.

Etwas irritiert beobachtete Tsuna die anderen Tänzer, die völlig unbeeindruckt waren und da fiel ihm etwas auf. Xanxus nickte ihm wie zur Bestätigung zu und der Groschen rollte. Vom Fall war er noch weit entfernt, doch zumindest bewegte er sich schon mal. “Die Schritte... Sind doch gleich...”

„Herr Gott!“ Xanxus schlug sich mit der Hand gegen den Kopf und schüttelte mit Selbigem, dann verschränkte er wieder die Arme und widmete seine ganze Aufmerksamkeit Squalo, der jetzt ungeduldig, aber auch taktvoll mit dem Fuß auftippte und nebenbei laut den Takt mitzählte. Der Junge neben ihm schien eine gehörige Portion Respekt zu haben und Tsuna glaubte, er könnte die Frauenschritte, wagte es aber nicht das zu sagen und wartete stattdessen lieber, bis Francesco seine Partnerin wieder freigab, was dieser nach einer kurzen Erklärung auch tat.

Squalo griff sich den Tanzlehrer wieder und hatte den Takt schnell wieder gefunden. Sie tanzten gemeinsam zum nächsten Paar, an dem es aber nichts auszusetzen schien und daher gleich zum Nächsten, welches Francesco eine ganze Weile beobachtete.

“Weißt du Xanxus,” nuschelte Tsuna möglichst leise um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ganz besonders nicht von Squalo, der das feindliche Pärchen scheinbar den bösen Blick auf den Hals jagen wollte, nachdem er diesmal die Partnerin gereicht bekommen hatte und sie mit mürrischem Gesicht drehte. “Ich werde das Gefühl nicht los... Das Squalo nur tanzen kann wenn der Tanzlehrer dabei ist... Dabei ist er sonst nicht so schüchtern... das ist doch komisch. Hat er Angst vor den Mädchen im Kurs?”

Xanxus vergrub stumm sein Gesicht in seinen Händen und antwortete ihm nicht. Er grunzte nicht mal. Tsuna war leicht irritiert.

Squalo konnte die Schritte, Tsuna konnte es ganz deutlich sehen, aber jetzt, da er mit der Frau tanzte, war er vollkommen lustlos und obwohl er richtig und im Takt tanzte, wollte keine Stimmung aufkommen, zumindest nicht die Art Stimmung, wie sie beim Tanzlehrer geschah. Mysteriös. Tsuna legte den Kopf schief, als könnte eine Änderung des Blickwinkels Licht in die Situation bringen, aber es half ihm wenig, auch nicht beim überlegen.

„Er war doch vorher so begeistert... Oh vielleicht ist es weil... seine Tanzpartnerin krank ist.“, meinte Tsuna und schlug sich mit der Faust auf die Hand.

Xanxus verzog das Gesicht zu einer Grimasse und für einen kurzen Moment sah es so aus, als wolle er ihn jeden Moment gegen die Wand hinter sich knallen, aber er schien sich mühsam zu beherrschen.

“Ja ganz genau. Weißt du, Tsuna, Squalo empfindet sehr viel für seine Tanzpartnerin. Sie ist kaum da, sie reden nie miteinander, er kennt weder ihren vollen Namen noch ihre Adresse... Wie du siehst ist es eine tragische einseitige Liebe. Nein, was sag ich, von wegen einseitig. Sie verstecken es nur, weil niemals eine Spanierin etwas mit einem Italiener anfangen darf. Es ist praktisch wie in Romeo und Julia.” erstaunt über die neuen Informationen sah Tsuna einem Fisch nicht unähnlich. Sein Kiefer drohte auf den Boden zu fallen und er war sich sicher, das wäre ein schreckliches Schicksal... Ohne Kiefer zu leben... Er würde niemals seinen ersten Kuss haben...

“Ich...ich wusste nicht, dass Squalo so ein schweres Schicksal hat. Das ist ja furchtbar!”

„Grah!“. Xanxus war jetzt wirklich ungehalten. Er sah aus, als würde er jede Sekunde von der Bank springen und jemanden anschreien, wahrscheinlich ihn. Aber Tsuna wusste nicht einmal, was er verbrochen hatte. „Ich unterrichte dich zukünftig auch in Literatur. Du solltest lernen was Sarkasmus bedeutet.“, knurrte Xanxus leise. Er hielt sich offenbar zurück, um die Tanzstunde nicht zu stören. Tsuna hatte im Moment aber nur das Gefühl, dass Xanxus ihn am liebsten erwürgen würde und damit hatte er gar nicht mal so unrecht.

Tsuna sah, wie die Frau, mit der Squalo tanzte, ihm zwei oder dreimal auf den Fuß trat und wie erleichtert Squalo war, als er sie endlich wieder gegen den Tanzlehrer eintauschen konnte, der sich wieder von seinem Schulungsobjekt losgerissen hatte.

Es war leicht zu verstehen, dass er lieber mit ihm tanzte. Tsuna würde sich auch eher ungern auf den Fuß trampeln lassen beim tanzen. Aber es sah aus als würde es wirklich Spaß machen, vor allem die Drehungen und die witzigen Schrittfolgen sahen direkt machbar aus. Ob sie wohl noch Platz im Kurs hatten? Er besuchte seinen Schwimmkurs eh nie und ansonsten hatte er montags nichts zu tun...

“Kannst du tanzen, Xanxus?” fragte er ohne jede Hintergedanken und lange Zeit bekam er überhaupt keine Antwort bis ein kurzes scharfes “Nein!” von seinem Gegenüber kam.

“Wolltest du es je lernen?”

Gleiche Antwort. Nur noch etwas schärfer.

Tsuna war ein wenig enttäuscht, irgendwie bekam er gerade Lust auch zu tanzen, aber er konnte es ja gar nicht und wahrscheinlich würde er auch allen auf die Füße treten. Er kannte sich ja selbst. Er konnte nicht anders, als die tanzenden Paare mit einer gewissen Sehnsucht zu betrachten. „Ich könnte ja mit Squalo tanzen.“, meinte Tsuna lachend und beobachtete, wie Squalo den Tanzlehrer eine Drehung machen ließ. Er glaubte zu wissen, dass das schon nicht mehr zum Grundschrift gehörte. Wahrscheinlich war das hier schon ein Fortgeschrittenenkurs.

Es war wirklich beeindruckend, als auch die anderen Paare langsam anfingen leidenschaftlicher zu tanzen und ebenfalls Drehungen in ihren Grundschrift einzubauen.

“Es sieht aus als würde es wirklich Spaß machen. Schade, dass wir keine Tanzkurse an der Schule haben. Das wäre sicherlich ein lustigerer Sportkurs als Schwimmen oder Trecking.....” Xanxus’ Schnauben war ein dezenter Hinweis dafür, dass er es anders sah. Aber wie sollte das jemand der so gut in seinem Sportkurs ist auch verstehen? Das unendliche Leid, dass der Sportunterricht mit sich bringen konnte. Der Muskelkater war wirklich noch das am wenigsten Schlimme daran.

“Ganz hervorragend,” zwitscherte Francesco gut gelaunt, während er die andern Pärchen begutachtete. “Trennen, zusammen, beugen... Ganz einfach nachmachen, es ist nicht sonderlich schwer.” Bei ihm sah es sogar wirklich sehr einfach aus, aber bei den anderen Paaren sah vor allem das Beugen nach einer eher schmerzhaften Angelegenheit aus.

Da konnte man ja fast neidisch werden. Francesco bog sich wie ein Gummibärchen, während einige der Mädchen stöhnten und ächzten und ein Paar sogar komplett das Gleichgewicht verlor. „Nicht aufgeben. Aufstehen und nochmal versuchen...“, rief Francesco ihnen zu, bevor er heftig nach hinten gebogen wurde und gleich im Anschluss auf die andere Seite gedreht, als wolle Squalo verhindern, dass er weiter mit dem gefallenen Paar sprach. Er war schon... ein wenig seltsam, manchmal.

„Hast du‘s jetzt bald mal? Wie naiv kann man eigentlich sein?“, fragte Xanxus, den das ganze jetzt gar nicht mehr so zu amüsieren schien, wie er es zuvor versprochen hatte.

“Oh...” die Silbe hing wie ein Todesurteil mitten im Raum, während Tsuna sich zurecht puzzelte was er hier sah. Squalo tanzte hier, weil seine Eltern ihn dazu zwangen. Seine Tanzpartnerin war krank, deshalb war er gezwungen mit dem Tanzlehrer zu tanzen. Die anderen Paare störten ihn, weil sich sein Partner davon ablenken ließ. Er sorgte aktiv dafür, dass Francesco nicht sprechen konnte beim Tanzen und Xanxus war genervt obwohl er eigentlich gesagt hatte, es würde Spaß machen... Das alles ließ nur einen Schluss zu!

“Xanxus...” flüsterte er leise in sein Ohr. “Kann es sein dass Squalo nur als Tarnung hier ist, weil in Wirklichkeit DU in seine Tanzpartnerin verliebt bist, die zufälligerweise die Zwillingsschwester vom Tanzlehrer ist. Und deshalb versucht Squalo ihn zum Schweigen zu bringen, damit man den Unterschied nicht merkt?”

Xanxus knurrte. Es war ein tiefes Knurren, das tief aus seinem Rachen gerollt kam und es klang gefährlich. Außerordentlich gefährlich. Tsuna wollte schon zurückweichen, da wurde er am Arm gepackt und nach oben gezogen. Eigentlich wollte er schreien, aber er ließ es doch lieber bleiben. Obwohl er unglaubliche Angst hatte, dass Xanxus ihn jeden Moment umbringen würde. Aber Xanxus zerrte ihn nur nach draußen und ließ ihn dann los. „Du brauchst dringend Nachhilfe. In allem Möglichen.“, schimpfte er genervt und ging die Straße vor. Er murmelte etwas vor sich hin, Tsuna glaubte es hatte etwas mit Blinden zu tun. „Also was... Sag doch einfach was los ist...“, meinte er schließlich und rannte ihm nach.

Xanxus machte eine Geste mit der Hand als wollte er nervige Fliegen vertreiben, die um seinen Kopf schwirrten und er bekam das ungute Gefühl, selber eine der imaginären Fliegen zu sein. Dabei wollte er Xanxus wirklich nicht nerven! Irgendwie musste er sich ein Verständnis für Sarkasmus und unterschwellige Bemerkungen aneignen. Ansonsten würde sein Leben auf entsetzliche Art und Weise enden, getötet und ausgeweidet vom eignen Dormmitbewohner.

“Du wirst es irgendwann schon selbst verstehen.” Xanxus schüttelte seinen Kopf resignierend. Mittlerweile war Tsuna sich zumindest sicher, dass Giotto und Amicelli Mist redeten. Wenn es etwas gab, was Xanxus ganz sicher nicht versuchte, dann war es, sich bei ihm einzuschleimen.

Ganz im Gegenteil. Tsuna hatte eher das Gefühl sich bei Xanxus einschleimen zu müssen. Sein eigenes Unverständnis machte ihm ein unglaubliches schlechtes Gewissen. Er wusste nicht was er falsch gemacht hatte und konnte es auch nicht mehr feststellen. Was sollte er tun? Ein Geistesblitz durchzuckte ihn und er fasste Xanxus am Ärmel, um ihn aufzuhalten: „Hast du... Hast du nicht Lust etwas essen zu gehen? Auf meine Kosten natürlich.“, meinte er leise und blickte sich um. Bei der großen Auswahl war doch sicher etwas dabei, was Xanxus mochte. Vielleicht würde ihn das ja wieder ein wenig runterbringen. Er hatte nicht vorgehabt, es sich mit ihm zu verderben und Giotto damit einen Gefallen zu tun.

Xanxus blieb so abrupt stehen, dass Tsuna es schaffte direkt in ihn hinein zu laufen ohne auch nur halbwegs reagieren zu können. Zum Glück war Xanxus zu stark gebaut, sonst wäre er mit Sicherheit auf dem Boden gelandet. Nachdenklich ließ der andere seine Augen über die Läden schweifen, scheinbar unentschlossen.

“Du musst nicht mit mir essen gehen.” erklärte er knapp und Tsuna erkannte, dass er nicht über ein Restaurant gegrübelt hatte. “Ich bin nicht sauer.”

Tsuna fühlte wie sich ein Klumpen aus Unwohlsein in seinem Magen bildete. Auch wenn Xanxus das Gegenteil behaupten mochte, so sprach sein Körper eine ganz andere Sprache.

“Ich-Ich weiß...” unsicher stotterte seine Stimme leicht während er sprach. “Aber ich... würde mich gerne mit dir... Anfreunden.”

Das Schweigen das folgte war für sie beide unangenehm. Tsuna hätte am liebsten seine Zeigefinger gegeneinander getippt oder sich hinter einem Laternenmast versteckt. Xanxus schien Lust zu haben zu schreien oder laut zu lachen. Tsuna konnte es nicht genau sagen. „Das da ist nett.“, meinte er schließlich und schritt, ohne auf Tsuna zu achten auf ein italienisches Restaurant zu, dessen Tagesangebot Pasta mit Schrimps für eine horrende Summe waren. Tsuna überlegte kurz, ob er genug Geld dabei hatte, aber er hoffte schon. Es war ja nur ein Mittagessen. Er beeilte sich, Xanxus zu folgen und setzte sich dann mit ihm an einen der kleinen Tische unter den riesigen Sonnenschirmen.

Da es schon fast Frühsommer war, schien die Sonne warm vom Himmel auf die Schattenspender, jedoch war es noch nicht heiß genug als wären die zarten Strahlen nicht willkommen. Aus dem Inneren des Restaurants drangen die leisen Töne eine italienischen Oper, Tsuna hatte keine Ahnung um was es ging, aber es klang recht fröhlich. Also starb wahrscheinlich gerade jemand.

Xanxus hatte sich eine der Menükarten vom Tisch gesteckt und sein Gesicht darin verborgen, um ihn nicht ansehen zu müssen, wie Tsuna vermutete. Hoffentlich war er nicht allzu lange so genervt. Vor allem Xanxus zu lernen konnte die Hölle sein, wenn die Stimmung auf dem Gefrierpunkt war. Seufzend nahm Tsuna sich die andere Karte und versuchte bei den Preisen nicht in Ohnmacht zu fallen.

Er sah sie kurz durch und beschloss dann einen einfachen Teller Spaghetti mit Tomatensoße zu nehmen, da dies das billigste auf der Karte war. Beim Getränk blieb er wohl bei Wasser Leitungswasser, wenn er sich die Preise so ansah.

Tsuna blinzelte über den Rand seiner Karte und versuchte einen Blick auf Xanxus‘ Gesicht zu erhaschen, sah aber nichts. „Hast du.. dich schon entschieden?“, fragte er neugierig und bekam als Antwort zunächst ein leises Grummeln. Dann antwortete Xanxus: „Einen Teller Spaghetti und ein Glas Leitungswasser.“ Und Tsuna zog die Augenbraue hoch. „Du.. Du kannst gerne etwas... teureres nehmen.“, meinte er sanft: „Ich zahle doch.“, fügte er an und Xanxus blickte nun seinerseits über den Rand seiner Karte. „Ein Teller Spaghetti und ein Glas Wasser, hab ich gesagt.“ Und Tsuna nickte eifrig und legte seine Karte beiseite.

Zwischen ihnen kam wieder diese besondere Stille auf, und Tsuna bekam langsam aber sicher den Verdacht, dass Xanxus sich normalerweise mit Telepathie unterhielt. Niemand konnte immer so stumm dasitzen und es nicht nicht unangenehm finden. Nervös spielte Tsuna mit der Karte in seinen Händen, während ihnen die Bestellung abgenommen wurde. Das Lokal war wirklich schön und er nahm sich vor, sollte er es jemals schaffen sich eine Freundin anzulachen, dann würde er sie auf ein Date hier ausführen. Kerzenlicht, italienische Musik, wenn man nicht gerade mit Xanxus aß, war es mit Sicherheit außerordentlich romantisch.

“A-Also... Ich... Magst du Spaghetti?” und damit startete sein fünfzigster Versuch seit er Xanxus kannte, eine Unterhaltung zu führen.

„Ja. Sonst hätte ich mir ja kein bestellt.“, die Antwort war eindeutig und klar und damit war ihr Gespräch auch eigentlich schon wieder beendet. Aber Tsuna hatte noch nicht vor aufzugeben. Noch nicht... Noch nicht.

„Also... Also ich mag Spaghetti sehr gern. Ich.. Es ist das Einzige, was ich kochen kann.“, meinte Tsuna leise und lächelte sanft. „Kannst du... kochen?“, fragte er den Älteren, der sich die Karte noch einmal nahm und darin herum las. „Ein bisschen.“.

„Ja? Wirklich? Was.. Was kannst du denn so? Ob du mir das beibringen könntest? Wenn ich koche, geht meistens der Rauchmelder an, früher oder später.“, erklärte Tsuna peinlich berührt und hoffte Xanxus auf diese Weise wenigstens zu einer Gefühlsregung zu bewegen. Sonst fand er solche Missgeschicke auch immer lustig. Also würde es doch diesmal sicher auch funktionieren.

Allerdings zwang Xanxus sich nur zu einem mittelmäßig amüsiertem Grinsen, das eher Mitleid wiederspiegelte. Heute war ganz definitiv nicht sein sozialster Tag, vielleicht wäre es besser gewesen den Nachmittag mit Yamamoto und Gokudera zu verbringen. Nach zwei Sekunden des Zögerns verwarf Tsuna diese Idee wieder, so verzweifelt war er noch nicht.

“Ich glaube... da solltest du lieber ein Mädchen aus deiner Klasse fragen. Meine Kochkünste beschränken sich ziemlich.” erklärte Xanxus unwirsch. Resignierend seufzte Tsuna.

“Hab ich etwas falsch gemacht? I-Ich wollte dich wirklich nicht mit Absicht nerven...”

Grummeln war seine Antwort. „Du... nervst nicht.“, presste Xanxus zwischen seinen Zähnen hervor. Tsuna fand des seltsam, wenn er ihn nicht ansehen konnte, andererseits war es auch irgendwie angenehm, das machte das Gespräch ein wenig leichter.

Aber warum versteckte er sich dahinter? Tsuna hatte manchmal das Gefühl, dass es ihm unangenehm war mit ihm gesehen zu werden. Das traurige war.. er könnte das sogar verstehen.

„Ich... ich hab‘s nicht so mit Mädchen. Ich bin... so schüchtern.“, meinte Tsuna stotternder Weise. „Außerdem kenne ich noch so wenig Leute aus der Schule.“, meinte er leise. „Ich bin froh, dass... mein geheimer Gönner mir ab und zu Bentoboxen zukommen lässt, aber ich will mich nicht immer auf ihn verlassen müssen. Ich kann ihm ja nicht einmal was zurückgeben, weil ich nicht weiß wer es ist.“

Xanxus hob bei seinen Worten eine Augenbraue und schien angestrengt über Tsunas Worte nachzudenken. Als er schließlich zu einem Ergebnis gekommen war, das ihn befriedigte, lehnte er sich im Stuhl zurück und grinste Tsuna wohlwissend an.

“Du hast eine geheime Verehrerin?” seine Stimme klang süffisant und deutlich besser gelaunt als zuvor. “Von wegen du kannst nicht mit Mädchen.” Tsuna wurde schlagartig feuerrot im Gesicht. Jetzt fing Xanxus auch schon so an wie Gokudera, mussten wirklich alle immer auf ihm herumhacken?

“Nei-Nein... Ich weiß nicht von wem sie kommen... Vielleicht spielt Gokudera mir auch nur einen Streich oder so...” trotz seiner dürftigen Erklärung klang er nicht überzeugt. Alles andere als das.

„Vielleicht macht Gokudera dir auch das Bento. Bwuahahahaha. Voller Verehrung stellt er es dir jeden Morgen auf seinen Platz.“, meinte Xanxus amüsiert und Tsuna errötete erneut heftig, wie schon einige Tage zuvor. Er wollte zunächst gar nichts sagen und schwieg. Der Kellner brachte unterdessen das Wasser und nahm ihnen die Karten wieder ab.

Tsuna trank einen Schluck und beobachtete wie auch Xanxus sein Wasser trank und während er diese noch tat, denn Xanxus trinken zu sehen, machte ihn ein bisschen mehr menschlich, entschloss sich Tsuna doch etwas zu sagen. „Er hat das selbe von dir behauptet.“, wisperte er peinlich berührt.

Gekonnt verschluckte sich Xanxus am Wasser und spuckte es über den halben Tisch, als er Tsunas Worte registriert und verstanden hatte. Auf seinem Gesicht stand das blanke Entsetzen geschrieben und sofort bereute Tsuna etwas gesagt zu haben. Angefüllt mit Besorgnis langte er hinüber und klopfte Xanxus kräftig auf den Rücken, damit er wieder normal atmen konnte.

“Er hat WAS behauptet?!” spuckte er förmlich aus und scheuchte Tsuna damit zurück in seinen Platz. Wimmernd öffnete er seinen Mund um sich zu entschuldigen, wurde aber von Xanxus hysterischem Lachen unterbrochen. “Ja ganz genau, du hast mich durchschaut. Ich stehe jeden morgen in der Küche und bereite dir ein Bento mit all meiner Liebe zu. Bwhahahahahahahahahaha! Und ich dachte Gokudera hätte keinen Humor!”

Tsuna, der den kurzen Moment, in dem er um sein Leben bangte schnell überwand, stimmte in sein Lachen mit ein. „Ich hab ihm auch gesagt, dass es Schwachsinn ist. Das ist doch total abwegig.“, meinte er leise. „Wieso solltest ausgerechnet du Bentos machen.... Du kannst mich ja nicht mal... besonders gut leiden.“, meinte er amüsiert und lachte noch immer, auch als Xanxus‘ Lachen bereist schlagartig verstummt war.

Erst, als es für ihn bereits peinlich wurde, hörte er auf zu lachen und blickte Xanxus fragend an. Er sah ernst aus, sehr, sehr ernst und hatte die Stirn in Falten gelegt.

Erneut hatte Tsuna das Gefühl irgendetwas falsch gemacht zu haben, konnte sich aber nicht erklären was und blickte ihn daher nur stumm an.

“Ich habe nichts gegen dich.” erklärte Xanxus mit einem ersten Tonfall in der Stimme. Seine Finger klopften unruhig gegen die Lehnen des Stuhls und bereiten Tsuna ein schlechtes Gefühl in der Magengegend.

“Ich-Ich wollte ni-”

“Versteh mich nicht falsch,” unterbrach er Tsuna angefangene Entschuldigung. “ich bin kein Menschenfreund, aber du bist okay. Selbst wenn ich das nicht so zeigen kann. Wenn ich dich nicht leiden könnte, würde ich keine Zeit mit dir verbringen.” So wie er es sagte machte es peinlich viel Sinn. Doch die Worte ließen sich schlecht mit seinem Verhalten verbinden. Tsuna zog es vor aus Sicherheitsgründen zu schweigen.

Genauso schweigend nahmen sie dann auch ihr Essen ein. Tsuna war immer wieder erstaunt, wie erdrückend, deprimierend und unangenehm simple Stille sein konnte. Schlimmer als Spinnen, Schlangen und Zombies zusammen.

Tsunas Bedürfnis mit den Menschen zu reden, die er gut leiden konnte, war viel zu groß, als dass er das Schweigen so einfach ignorieren konnte. Es war eine furchtbare Qual für ihn, nicht mit Xanxus reden zu können. Auch, weil er Xanxus irgendwie bewunderte, weil er gerne mehr von ihm wüsste und ihn näher kennenlernen wollte. Aber vielleicht war es auch nur, wie in einem dieser schmalzigen Liebesfilme und Xanxus würde sich langsam, mit der zeit öffnen. Vielleicht musste er nur geduldig sein. Tsuna glaubte, dass es wirklich sehr spaßig sein könnte, wenn er Xanxus so nahe stehen könnte, wie Squalo... Alles was er dafür brauchte war ein doppelt so großes Ego... Vielleicht konnte er ja daran arbeiten.

Auf jeden Fall würde er es erst mal auf seine mentale To-Do-Liste setzen. Irgendwo nach Englisch lernen und zum Sporttraining gehen, würde er es mal einschieben, auch wenn es eine Problematik war, an der man konstant arbeiten musste.

Erschöpft von der ganzen Atmosphäre erschrak Tsuna sich fast zu Tode, als sein Handy plötzlich laut anfing zu quäken und mit einer unwirschen Handbewegung bracht er es zum Schweigen. Auf dem Display sah er das kränkliche Bild von Lanchia und mit einer knappen Entschuldigung sprang Tsuna von seinem Platz auf, legte Xanxus sein Portemonnaie zum Bezahlen hin und verschwand mit seinem Handy auf der Herrentoilette.

Er konnte den reuevollen Blick nicht sehen, mit dem Xanxus ihm hinterher sah und das war auch ganz gut so.
 

Wird fortgesetzt...

19. Mai

So die Prüfungen sind vorbei. Hier ist ein neues Kapitel. Wie ihr vielleicht gesehen habt, gab es eine kleine Veränderung in der Crew. Wir haben beschlossen Spanner rauszuwerfen und ihn mit Ginger zu ersetzen, aus dem einfachen Grund, weil unsere Spanner-Manie in letzter Zeit sehr abgeebbt ist. Ich hoffe einfach, das schreckt niemanden ab.

Weil die Frage aufkam und ich vergessen habe sie zu beantworten. Es ist nicht nötig für die Geschichte Persona zu kennen. Wir haben uns nur das Setting und auch mehr oder weniger die Stadtplanung herausgenommen. Vielleicht kann man es sich besser vorstellen, wenn man das Spiel kennt, aber wir versuchen auch nicht mit Beschreibungen zu sparen. Wir werden nur zwei Charaktere aus dem Spiel selbst benutzen und sie haben Rollen, die sich von selbst erklären.

Wir sind erfreut, dass unser Nebenpaar so... positiv aufgenommen wurde. Wir sind zurzeit ein klein wenig davon besessen und es tut uns Leid, dass so etwas mit in den Verlauf der Geschichte fließt, aber es hat sich einfach angeboten.

Und jetzt entschuldige ich mich für die lange Vorrede und Wünsche viel Spaß beim lesen.
 

Panakeias Segen
 

19. Mai:
 

Der Vortag hatte damit geendet, dass Tsuna, gemeinsam mit Xanxus das Restaurant verlassen und zum Dorm zurückgefahren war. Wegen Tsunas Besorgnis und Xanxus‘ allgemeinem Hang zur Schweigsamkeit war es auf dem Rückweg nur zum nötigsten Gespräch gekommen. Die Spaghetti standen jetzt im Kühlschrank und warteten noch darauf vertilgt zu werden. Tsuna wusste nicht, ob er es am heutigen Tag noch tun würde.

Der Schultag verging quälend langsam, am liebsten wäre er bereits nach der ersten Stunde gegangen. Denn in seinem Telefonat mit Lanchia hatte er ausgemacht, dass sie sich heute, am Nachmittag treffen würden, am Tempel, so wie immer. Er war bereits vor einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen worden, aber Tsuna machte sich dennoch Sorgen.

Zu seinem größten Bedauern gingen seine Pläne aber auch an diesem Tag nicht so auf, wie er es sich vorgestellt hatte. Anstatt nach der Tsuna dezent und unauffällig zu verschwinden, sah er sich dem zweiköpfigen Problem entgegen, dass er liebevoll Yamamoto und Gokudera nannte. Die beiden hatten sich schneller an seien Fersen geheftet, als er gucken konnte, fest davon überzeugt, dass er mit ihnen dringend Zeit verbringen musste.

Es war nicht schwer zu erraten, dass Giotto ihnen aufgetragen hatte ein Auge auf ihn zu werfen. Immerhin hatte er gesehen, dass Xanxus und Tsuna zusammen nach Hause gekommen waren.

“Schau nicht so deprimiert, Tsuna!” lachte Yamamoto ihm ins Ohr und ihm wurde noch elender zu Mute. Die beiden sollte er allen Ernstes zu Lanchia mitnehmen? War er nicht schon mit seiner Krankheit gestraft genug?

Tsuna seufzte. „Ich möchte heue Lanchia besuchen, am Schrein. Ich wollte gerne ein wenig mit ihm reden. Ihr kennt ihn ja gar nicht und weil er doch so krank ist...“, wollte Tsuna einwenden, aber Gokudera legte einen Arm aufs eine Schulter. „Hey. Wir werden uns schon mit ihm verstehen. Wir halten uns im Hintergrund.“, sagte er laut und in Tsunas Ohr flüsterte er: „Und den Baseballidoten werden wir in der U-Bahn los.“. Tsuna fand dass das eine... recht intelligente Idee war, wenn er danach auch noch Gokudera loswerden könnte, wäre es perfekt...

Aber er sollte weder das eine, noch das andere Glück haben. Als sie den Schrein erreichten waren sowohl Yamamoto als auch Gokudera noch da und erklommen mit ihm die Stufen. Tsuna würde sich, aufgrund seiner Begleitung das Beten heute sparen und lief gleich auf die grasgrüne Bank hinter dem Klettergerüst zu, auf der Lanchia saß und in den Himmel starrte.

“Ha-Hallo Lanchia...” begrüßte er ihn schüchtern und ließ sich neben ihm nieder. Die Luft war erfüllt mit dem zarten Duft von Blumen, die in den Beeten erblüht waren. Man konnte deutlich merken, dass es sommerlicher wurde. Nicht mal mehr ein Monat und dann würde es offiziell sein. Sonne, Sommer, Ferien... Aber so sehr er sich auch darauf freute, umso mehr zog es ihn herunter wenn er nun in Lanchias Gesicht sah, das müder und kränker als je zuvor wirkte.

“Wie geht es... dir...Tsuna?” fragte Lanchia hustend und hielt sich ein Taschentuch vor den Mund. Tsuna konnte deutlich die roten Flecken darauf sehen. Ältere und neuere sprenkelten das Tuch wie das Fell eines Geparden.

“Du siehst schrecklich aus...”

Lanchia sagte zunächst nicht, hustete dann noch einmal und nickte. „Ich weiß. Es geht stetig bergab und noch gibt es keine Hilfe. Aber ich verliere die Hoffnung nicht:“, sagte er leise und steckte das Taschentuch jetzt weg. Er schien Tsuna nicht noch mehr beunruhigen zu wollen, als er es eh schon hatte. „Hast du Freunde mitgebracht?“ Tsuna sah kurz zu Yamamoto und Gokudera, die winkten, überlegte kurz dann nickte er. „Ja... Mehr oder weniger freiwillig.“ Und verdrehte die Augen, Lanchia verstand offenbar und nickte. „Mir geht es... ganz gut soweit...“, sagte er dann noch und berührte Lanchia kurz an der Schulter, um zu zeigen, wie sehr er sich sorgte. „Ich hab... meine Prüfungen bestanden. Es tut mir Leid, dass ich in den letzten zwei Wochen so selten da war.“, meinte er, um sein schlechtes Gewissen endlich zu erleichtern.

Lanchia lächelte aber nur matt und schüttelte seinen Kopf.

“Es ist… wichtig dass du lernst… Du musst… dein Leben weiterleben egal was passiert. Und jetzt… mach nicht so ein Gesicht. Manchmal ist das Leben eben unfair, da… kann man nichts gegen machen… außer immer weiterzugehen.” Mit einem müden Husten verstummte er wieder und lehnte sich gegen die Wand. Sein Blick wanderte in die Ferne unsicher und fragend schauend. In seinen Augen konnte man deutlich sehen wie sie stumpfer wurden und ein ungutes Gefühl beschlich Tsuna als er es sah.

“La-Lanchia… kannst du… ich meine… bist du…?” er verstummte und drückte den Riemen seiner Tasche. Wie sollte er so etwas fragen? Neben sich ließ sich ein breit grinsender Yamamoto nieder und obwohl er noch kein Wort gesagt hatte, bekam Tsuna urplötzlich das Verlangen ihm den Mund zuzuhalten.

„Sie sehen nicht so gut aus Mister. Vielleicht sollten sie mehr Sport machen.“, lachte er. Tsuna wünschte sich er hätte seinen Gedanken von eben wahr gemacht. „Halt deine Klappe du Riesenidiot! Der Mann ist krank! Das sieht doch ein Blinder!“, rief Gokudera aufgebracht dazwischen und setzte sich, nach einem kurzen Zögern neben Lanchia, da sonst kein Platz mehr auf der Bank war.

Lanchia lachte. „Ich wünschte ich könnte wieder Sport machen. Ich vermisse mein wöchentliches Rudern.“, meinte er leise und lehnte sich zurück. „Es scheint ewig her zu sein, dass ich das letzte Mal auf dem Wasser gefahren bin.“, seufzte er und starrte in den Himmel. Tsuna betrachtete ihn traurig von der Seite und strich ihm über den Arm. „Ich bin sicher, du kannst bald wieder fahren...“, meinte er aufbauend.

Ein schwaches Lächeln umspielte Lanchias Lippen während sein Blick sich in die Ferne wandte. Er sah nichts direkt an sondern versuchte mit seinen Gedanken eine Erinnerung zu ergreifen, die schon in weiter Ferne lag. Tsuna konnte das leicht erkennen, nicht umsonst hatte der Mann ihn praktisch mit großgezogen. Hätte Tsuna einen Bruder zu der Zeit gehabt, dann wäre es Lanchia gewesen.

“Ich hoffe es… ich hoffe es wirklich sehr… Tsuna…Doch… ich möchte, dass du mir einen Gefallen tust… sollte ich nicht mehr sein.”

“Bitte sag so-” Lanchia brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.

“Tsuna… du musst mir versprechen,”, ein erneuter Hustenanfall. Tsuna konnte die roten Sprenkel auf dem weißen Tuch nur allzu deutlich sehen. “du must mir versprechen, dass du auf dich aufpasst. In dieser Stadt geschieht etwas… etwas wirklich Schlimmes. Das sagt mir mein Instinkt als Polizist.”

Tsuna nickte schnell und hörte Yamamoto neben ihm lachen. „Etwas Schlimmes?“, fragte Gokudera von der anderen Seite interessiert und zückte einen Notizblock. Tsuna wusste nicht wieso, aber er hatte auf einmal so ein seltsames Gefühl in der Magengegend. Misstrauen vielleicht. Irgendwie hatte er eine ganz starke Vermutung, dass er Gokudera und Yamamoto heute nicht zufällig nicht losgeworden war.

Er konnte nicht sagen warum, und hatte auch keine Beweise aber...

Er hoffte das Lanchia bei seiner Haltung bleiben würde und nicht erzählen würde, was ihn bedrückte und wen er verdächtigte. Das sollte er lieber tun, wenn sie alleine waren und wenn nur Tsuna es hören konnte, denn er wollte nicht dass Yamamoto und Gokudera vorerst von seinem Verdacht Wind bekamen, geschweige denn, dass Giotto irgendetwas davon erfuhr.

So erleichterte es Tsuna auch ungemein, dass Lanchia nun Gokudera und Yamamoto genauestens musterte, ganz so, als würde er sie jetzt erst richtig wahrnehmen. Seine Augen hatten wieder die Schärfe, die sie immer bei Verhören gehabt hatten, Tsuna kannte das nur zu gut. Wenn Lanchia früher etwas wissen wollte, fühlte er sich immer genötigt alles zu erzählen, bis ins letzte Detail.

“Ich… kann es dir nicht erklären. Es ist nur so eine Ahnung, dass es hier jemanden gibt der Fürchterliches plant. Irgendwer versucht… Tsuna… ich kann… ich kann es dir nicht erzählen. Versprich mir nur… dass du dich fernhältst vom Abschaum… Erinnerst du dich noch daran, als ich dich… von diesen Rowdys am Bahnhof weggeholt habe?” Tsuna nickte, die Erinnerung war noch immer frisch, obwohl es schon einige Jahre her war.

Damals war er wirklich in Bedrängnis geraten. Einer von den Typen hatte ihm etwas zuschieben wollen, was er verstecken sollte, als er das nicht gewollt hatte, hatten die Rowdies ihn dazu zu drängen versucht, aber Lanchia hatte ihn zum Glück vor Schlimmeren bewahrt.

Er erinnerte sich noch gut an die Jungen mit den zerrissenen Hosen und den halbrasierten Köpfen. Den stacheligen Armbändern und ihren großen, gefährlich aussehenden Hunden. „Ja.“, meinte er nickend und sah Lanchia fragend an.

„Du hast mir danach erzählt, dass du so ein Gefühl hattest. In deinem Bauch. Ich möchte, dass du in Zukunft auf dieses Gefühl hörst. Es mag nicht die verlässlichste Methode sein, aber lass dich nicht mit Leuten ein, bei denen du ein schlechtes Gefühl hast oder die komisch auf dich wirken.“, meinte Lanchia ruhig, diesmal nicht unterbrochen von Husten.

“Weißt du Tsuna, das wahre Böse wirst du nicht auf den ersten Blick erkennen können. Die Leute die die vormachen deine Freunde zu sein, nett und harmlos aussehen und dir scheinbar nur Gutes wollen, wenn du bei solchen ein schlechtes Gefühl hast, dann musst du umso besser… auf dich aufpassen. Teufel sind trickreiche kleine Bastarde, sie… verstecken sich meistens hinter lächelnden Gesichtern, vergiss das niemals.”

Irritiert sah Tsuna zu seinen zwei Begleitern und brachte Lanchia damit zum Lachen. “Ich wollte nicht andeuten, dass die beiden Dreck am Stecken haben, sie sind nur zu neugierig für… meinen Geschmack.” er zwinkerte ihnen kameradschaftlich zu.

Tsuna musste nun auch lachen und nickte überschwänglich. „Ich werde es mir merken. Auf jeden Fall.“ Tsuna konnte nicht sagen warum, aber Lanchias Tipp erleichterte ihn irgendwie. Es war eigentlich nichts besonderes, aber dennoch etwas, an das man sich halten konnte. Eine Art Faustregel und Tsuna hatte vor, auf dieses kleine Gefühl in seinem Bauch zu hören.

Lanchia schien für den Moment in dem er so offen und frei lachte wieder ganz gesund. Sogar seine Wangen nahmen ein wenig Farbe an. Es erleichterte Tsuna ungemein und vielleicht stimmte es ja auch irgendwie, dass Lachen die beste Medizin war. So siehst du gleich ganz anders aus.“, meinte er, nachdem er sich ein wenig beruhigt hatte und betrachtete ihn fröhlich, noch immer halb lachend.

“Tsuna… ich will dich nicht drängen, aber es gibt da etwas, was du noch für mich tun musst. Später, wenn ich es nicht mehr tun kann.” Zwar wollte Tsuna sagen, dass Lanchia das selber machen könnte, immerhin würde er wieder gesund werden, aber er spürte, dass dies nicht der richtige Moment war, um sich mit ihm über solche Wortklaubereien zu streiten, also tat er das einzige was ihn nicht aufbringen würde und nickte.

“Na-Natürlich Lanchia… was ist es denn?” Lanchia lächelte.

“Ich… kümmere mich um einen Jungen, der hier auf der Straße lebt. Er ist… er ist ein guter Junge, aber er weiß nicht wann man Schluss machen sollte. Wenn ich… nicht mehr auf ihn achte, wird er sicher viel Mist bauen. Bitte… schau ab und zu bei ihm vorbei und erinnere ihn daran… dass Schule nicht nur für Versager ist. Und das man seine Finger von kleinen Pillen lässt, die einen denken lassen aus dem eigenen Kopf würden blaue Flammen kommen. “

Tsuna wusste nicht genau was Lanchia meinte, aber es hörte sich nicht gut an und es hörte sich auch so an, als müsse man sich um so jemanden kümmern. „Okay. Ich versprech‘s. Ich werd‘ mal vorbeigehen. Wo finde ich ihn denn? Und wie heißt er?“, fragte er interessiert und zog seinen Notizblock heraus, um sich den Namen zu notieren, aber er erhielt zunächst keine Antwort.

„Nun... ich bin sicher es ist nicht sein echter Name, aber unter den Jugendlichen nennt man ihn, Herb. So finde ich ihn auch immer. Er mag angsteinflößend aussehen, aber er ist in Ordnung, das kannst du mir glauben. Er hängt meist vor dem Spielsalon hinter dem Einkaufszentrum rum, aber meist nur abends. Ich möchte aber nicht, dass du da abends hingehst. Ich weiß nicht genau, ob er da arbeitet, aber er ist öfter in dem kleinen Restaurant im Stadtzentrum. Da kannst du ihn abpassen. Ich hab ihm von dir erzählt. Er sollte dich also erkennen, wenn er dich sieht und dich nicht dumm anmachen.“, erklärte Lanchia freundlich und auch sehr geduldig, da Tsuna mitschrieb.

Die Beschreibung die er hier hörte erinnerte ihn unweigerlich an eine Reportage über Kleinkriminelle und Tsuna hoffte umso mehr, dass Lanchia ihm noch lange erhalten bleiben würde. Sein Gesprächskatalog für jugendliche Straftäter war eher begrenzt. Vielleicht wäre es eine gute Gelegenheit mal mit Xanxus zu reden. Wenn es jemanden in seinem Bekanntenkreis gab, der sich mit Sicherheit schon den einen oder anderen Gangster zur Brust genommen hatte, dann war er es.

“Ich… ich werde bei ihm vorbeischauen… ich verspreche es dir Lanchia…” Mit wieder müden Augen und hängenden Schultern nickte er. Das ganz Gerede hatte ihn deutlich Energie gekostet und er sah nicht aus, als hätte er noch viel Lust sich weiter zu unterhalten.

„Nun.. Du solltest nach Hause gehen. Du siehst sehr müde aus.“, meinte Tsuna sanft und lächelte freundlich und erhob sich. Und ich sollte auch nach Hause. Ich hab wahnsinnig viel zu tun.“, meinte Tsuna schließlich und erhob sich von der Bank. Auch Gokudera und Yamamoto standen langsam auf und grinsten ein wenig peinlich berührt. „Ich komm so bald ich kann wieder vorbei.“, meinte Tsuna und umarmte Lanchia, so wie er es gewohnt war.

Sein älterer Freund nickte und drückte ihn vorsichtig. Yamamoto und Gokudera winkte er nur kurz zu, bevor er sich ebenfalls langsam erhob. „Ich sollte auch los. Ich hab ‚Herb‘ versprochen noch kurz vorbeizusehen. Vielleicht braucht er ja noch ein Nachtlager.“, erklärte er und wankte ein wenig, als er sich in Bewegung setzte.

Tsuna wurde, von seinen zwei schattengleichen Begleitern Richtung Bahn getrieben, bevor er sich im Klaren darüber war, was überhaupt gerade geschehen war. Die Gespräche mit Lanchia zogen ihn immer so runter, wenn er die nächsten Tage nicht als depressives Wrack verbringen wollte, musste er sich ablenken. Gespräche über Baseball oder Rumgezicke würden ihm nicht dabei helfen. Welche Möglichkeit blieb ihm, wenn er die beiden loswerden wollte?

Das sollte wirklich kein Problem werden. Sein Plan war makellos. Perfekt! Geradezu unaussprechlich genial!!! Er sollte gleich morgen dem Schachklub beitreten, bei dieser genialen Finte, würde er sofort zu dessen Manager gemacht werden!

Tsuna konnte nicht verhindern, dass sich ein Grinsen auf seinen Lippen ausbreitete, als er sich in den Kinderwagenhof der U-Bahn stellte und sich dort an die Stange klammerte, um nicht umzufallen. Auch Yamamoto und Gokudera gesellten sich zu ihm und hielten sich wesentlich weiter oben an der Stange fest. „Was grinst du denn so, Tsuna? Du siehst aus wie Xanxus, wenn er dabei ist Amicelli den Kopf abzureißen.“, meinte Gokudera beiläufig und Yamamoto lachte. „Da hast du allerdings recht. Hahahahaha!“

“Oh es ist nichts… rein gar nichts.” kicherte Tsuna zuckersüß und warf einen Blick auf die Anzeige, die groß verkündete, der Zug träfe in einer Minute ein. Sie sagte das zwar immer, aber diesmal hatte Tsuna Glück und die S-Bahn kam pünktlich mit quietschenden Bremsen an.

Gemächlich betrat Tsuna das Abteil, dicht gefolgt von Gokudera und Yamamoto, die ihn beobachteten. Giotto hatte sie also wirklich auf ihn angesetzt. So etwas Lächerliches. Was sollte er schon großartig tun? Mit Xanxus durchbrennen und in Vegas heiraten? Also echt, manchmal konnte er wirklich paranoid sein.

Ein plötzlich strahlendes Lächeln legt sich auf seine Züge, als er jemanden entdeckte und mit einem “Entschuldigt mich kurz, da ist ein Freund dem ich hallo sagen will” ließ er seine Wachhunde stehen. Er drängte sich durch die Sitzreihen ans andere Ende des Wagens wo ein Junge gelangweilt Gameboy spielte und offensichtlich verlor. Wahrscheinlich auch nicht zum ersten mal, wenn man seinen Gesichtsausdruck richtig deutete.

“Entschuldigung, kannst du kurz so tun als wenn du mich kennst und dich mit mir unterhalten?” fragte Tsuna schnell, während er sich neben die offene zweite Tür des Wagens stellte. “Ich versuche meine Freunde loszuwerden und will gleich durch die Tür verschwinden wenn das Warnsignal zum Schließen kommt. Aber das dauert ja hier immer etwas und ich will nicht, dass sie hier rüber kommen oder noch aussteigen können, wenn sie sehen dass ich den Zug verlasse.”

Tsuna wusste nicht, ob der Junge ihn oder seine Begleiter ansah, da sein Blick hinter einer dicken Mähne aus blondem Haar versteckt war, aber sein irgendwie wahnsinnig klingendes “Ushishishishishi…” klang wie eine Zustimmung.

„Äh, also... Was spielst du?“, fragte Tsuna leise und versuchte über die Schulter des Jungen, einen Blick auf das Spiel zu erhaschen. „Ushishishishi“. Tsuna lief bei diesem Lachen ein Schauer über den Rücken. „Princess Maker.“. Tsuna war ein bisschen erstaunt. Das war doch eigentlich ein Mädchenspiel... Eines wo man ein Kind zu einer Prinzessin erziehen musste. Tsuna schaffte es, nach einigen Momenten einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen, auf dem tatsächlich eine Prinzessin zu sehen war.

Tsuna war irgendwie erstaunt, dass jemand wie dieser Junge tatsächlich ein derartiges Spiel spielte.

Er besah sich das Mädchen etwas genauer. Sie hatte braunes, schulterlanges Haar, ein kleines, silbernes Krönchen auf dem Kopf. Sie sah schüchtern aus und hielt ein Mathebuch in ihren Händen umklammert. „Sie ist fast perfekt. Ushishishishi.“, sagte der Junge leise. „Ich muss ihren Geiz nur noch aufs Maximum trainieren.“.

Tsuna kam das ganze ein wenig sonderbar vor, aber er wollte mal lieber nichts sagen. Immerhin war der Junge hier sein Alibi damit er… und da war auch schon sein Signal. Beim lauten Warnton, dass die Türen sich schließen würden, schlüpfte Tsuna durch eben jene und sah noch während er sich umdrehte, wie Gokudera und Yamamoto ihn mit offenen Mund anstarrten, während die S-Bahn beschleunigte und davon zischte. Ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit erfüllte Tsuna zum ersten Mal seit langem und beschwingten Schrittes betrat er die Bahn, die in die entgegen gesetzte Richtung fuhr. Am besten fuhr er einfach zur Einkaufspassage mit dem Kino, bisher hatte er es eh noch nicht geschafft sich dort genauer umzusehen und es sollte da einen sehr guten Blumenladen geben. Wenn er mal eine Freundin haben würde, wäre es von Vorteil zu wissen ob die Gerüchte stimmten.

Tatsächlich fand er dort das Kino vor, aber es liefen nur langweilige Dokumentationen, auf die er, zumindest alleine, keine Lust hatte. Er nutzte den Getränkeautomaten und zog sich eine Cola. Er öffnete die Dose und schlenderte damit gemütlich über den Platz mit den Springbrunnen, bis er die ersten Blumen sah. Es war also war, hier gab es tatsächlich einen Blumenladen.

Tsuna passierte einen Kübel mit ein paar Tulpen, der direkt neben der Treppe zur Bahnstation stand und bog dann um die Ecke, nur um fast mit der Verkäuferin des Ladens zusammenzustoßen. Der Schock saß ihm noch in den Gliedern, als auch schon das Lachen des jungen Mädchens an seine Ohren drang. „Hallo Tsuna.“, meinte sie erfreut und hinter einem riesigen Strauß Margeriten kam das freundliche Gesicht von Kyoko zum Vorschein.

Vor lauter Verblüffung stolperte Tsuna beinahe über einen der hinter ihm stehenden Kübel und konnte sich gerade noch so davon abhalten ein Unglück heraufzubeschwören. Das letzte was er jetzt brauchte war eine Rechnung für zerstörte Blumen, wenn er Xanxus jemals das Geld für die Schuhe zurückzahlen wollte.

“Ky-Kyoko was machst du hier?” fragte er sie immer noch verwirrt und erntete ein weiteres Glucksen. Irgendwie nahm ihn wieder mal niemand ernst. Von wegen in der neuen Schule würde alles anders werden. Er steckte einfach zu tief in seiner Haut fest.

“Ich jobbe.” erklärte sie ihm und stellte die Margeriten in einen, bis auf das Wasser darin, leeren Kübel. “Kann ich dir etwas bringen? Blumen für deine… Freundin?”

Tsuna wurde augenblicklich knallrot und hob abwehrend die Hände. „N... nein! Ich brauche keine Blumen... Also... äh ich meine... ich hab gar keine Freundin.“, rief er nervös auf und wollte sein Gesicht am liebsten in den Händen vergraben.

Kyoko lachte leise und rückte den Kübel ein bisschen zurecht, damit er in der Sonne stand.

„So selten, wie du beim Training bist, könnte man das aber denken.“, meinte sie und obwohl ihre Stimme kein bisschen vorwurfsvoll klang, bereitete sie Tsuna ein schlechtes Gewissen. „Ich... Ich hatte wegen der Prüfungen viel zu lernen und aufzuholen.“, redete er sich schließlich heraus und versuchte mühevoll seine Gesichtsfarbe wieder unter Kontrolle zu bekommen.

“Oh ich verstehe.” Sie schwieg. Tsuna fühlte wie sein schlechtes Gewissen mit dem Gewicht eines Sumoringers auf seine Brust sprang und ihm den Atem nahm. Kyoko war so ein liebes Mädchen, für sie würde er schon zum Training kommen, aber ihr Bruder und dieses Monster von Manager waren die reinsten Teufel. Sie schafften es einem den Wunsch zu geben sich in der Dusche zu ertränken und zwar noch bevor man überhaupt die Schwimmhalle betreten hatte.

“A-Aber ich werde jetzt ganz sicherlich öfter kommen! Jetzt wo… die Prüfungen vorbei sind und so…”

“Du musst dir wirklich keine Gedanken machen. Bruderherz vergisst eh immer nach zwei Stunden wer beim Training war. Hihihihi…”

„Aber Hibari tut es sicher nicht. Er führt immer so viele Listen und schreibt die ganze Zeit.“ Und Tsuna konnte es nicht leugnen: Er hatte immer noch Angst vor dem Manager des Grauens.

Kyoko lachte. „Mach dir keine Sorgen. Hibari schreibt nie Teilnehmerlisten. Hihihihi. Er ist nur immer so inspiriert, wenn Brüderchen schwimmt, da schreibt er sich kleine Geschichten auf. Er ist immer so konzentriert, dass er auf keinen anderen achtet. Die Teilnehmerlisten führe ich.“, meinte sie lächelnd. „Und ich hab dir für die letzten drei Wochen ein Häkchen gemacht.“, erklärte sie freundlich. „Aber ab und zu solltest du schon kommen, sonst solltest du dich wieder austragen. Es ist doch traurig, wenn du nie da bist. Schwimmen macht so viel Spaß.“, sagte sie lachend und zupfte ihre Schürze zurecht.

Sie wusste wirklich, wie man einem ein schlechtes Gewissen machte.

“Ich-ich verspreche wirklich zu kommen…” nuschelte er kleinlaut und sah sich in dem Laden um. Es war wirklich ein nettes Geschäft. Obwohl es direkt neben der S-Bahn Station lag, strahlte es eine wundervolle ruhige Atmosphäre aus, die einen förmlich dazu nötigte einen Strauß Blumen zu pflücken. Ganz so, als ob Blumen das einzige wären, was die eigene Seele vor den Flammen der unerbittlichen Hölle retten konnte. Vielleicht war es das ja auch.

Oder es lag einfach an diesem schrecklich netten Lächeln das Kyoko zur Schau trug, und das einem das Gefühl gab ein schlechter Mensch zu sein.

“Möchtest du vielleicht einen Strauß Blumen? Man kann auch seinen Kumpels einen schenken. Das kommt sicher sehr gut an und zeigt dass man ein echter Kerl ist.” Tsunas Körper nickte. Drei Minuten später bemerkte sein Kopf, dass er sich verselbstständigt hatte. Aber da war es bereits zu spät und Kyoko summte leise vor sich hin, während sie ein paar bunte Frühlingsblumen, deren Namen Tsuna nicht kannte in einem kleinen Strauß zusammenfasste und diesen in niedliches, buntes Blumenpapier hüllte.

Tsuna hatte Lust einfach zu sagen, dass sie für Kyoko wären, beschloss aber, dass das wahrscheinlich ziemlich dumm herüber kam und entschied sich dann doch dagegen.

Tsuna hatte keine Ahnung, was er mit einem Strauß Blumen anfangen sollte, nahm ihn aber, als er fertig war entgegen und bezahlte ihn bei Kyoko, die so nett war ihm einen winzigen Rabatt zu geben.

„Tut mir Leid, dass ich wenig Zeit zum Plaudern habe. Außerdem kommt mich mein Brüderchen gleich abholen, meine Schicht ist gleich vorbei, aber wir sehen uns ja sicher beim nächsten Training, oder?“ fragte sie freundlich, während sie ihre Gärtnerschürze öffnete.

Tsuna nickte ruhig und antwortete dann: „Ja klar. Wir sehen uns beim Training. Ich freu mich schon.“

Mit dem Blumenstrauß in der Hand, und dem Gefühl wieder mal total überrumpelt worden zu sein, machte Tsuna sich auf den Heimweg. Was sollte er jetzt nur mit den Blumen machen? Länger als ein paar Tage würden sie sich nicht halten, und es wäre eine Schande sie einfach so in seinem Zimmer verwelken zu lassen. Ob es wohl noch zu früh war Daniela einen Strauß Blumen zu schenken?

Ja… egal wie lange er warten würde, es wäre immer zu früh. Daniela spielte in einer anderen Liga als er. Eigentlich war es sogar eher so, dass er in gar keiner Liga spielte, er war der Wasserjunge, der den anderen die Getränke brachte.

Plötzlich aber, kam ihm die Idee.

Eigentlich war es ganz simpel, er schenkte sie seinem geheimen Bento Macher. Er schrieb einfach auf die Karte “Für denjenigen, der mich davor rettet in der Schule zu Hungern. XXX Tsuna” und alles wäre perfekt. Summend erklomm Tsuna die Stufen und küsste den Blumenstrauß liebevoll, in der Hoffnung, dass seine Dankbarkeit dadurch seinen rätselhaften Gönner erreichen mochte.

Wer auch immer es war.
 

Wird fortgesetzt...

5. Juni

Halli, Hallöchen, heute gibt’s mal Grüße von der Co-Autorin. Wie ihr vielleicht sehen könnt, gibt’s die Kapitel jetzt wieder regelmäßig, je nach Motivation sind wir mehr oder minder aktiv. Wenn ihr genau hinseht, werdet ihr vielleicht erkennen, dass es nun auch langsam aber sicher mit dem Plot voran geht. Wir versuchen beim Schreiben nicht all zu sehr davon abzukommen.

Wir danken allen Kommentatoren, Lesern und Fav-Listenbesitzern, die sich für unsere FF interessieren und wünschen viel Spaß beim nächsten Kapitel.
 

5. Juni
 

Manchmal bereute Tsuna es wirklich, dass er so pflichtbewusst war. Nach seinem Treffen mit Kyoko im Blumenladen war er natürlich in den folgenden zwei Wochen regelmäßig zum Training gekommen. Unter Hibaris strengen Blicken und Lästereien hatte er trainiert, bis er seine Muskeln spüren konnte und das ganze dreimal die Woche.

Es war schrecklich.

Das Einzige, was ihm im Schwimmkurs ein wenig aufheiterte war Kyoko, die sich lieb um ihn kümmerte, genau wie um ihren Bruder, der ebenfalls unter diesem Teufel von einem Trainer zu leiden hatte. Die zahlreichen, blutigen Bisswunden auf seinem Körper schienen sich geradezu täglich zu vermehren. Auch jetzt waren sie unter dem weit ausgeschnittenen Yukata gut sichtbar.

Der Schwimm- und der Boxclub, der allerdings nur aus Ryohei bestand, hatten nämlich beschlossen, oder besser gesagt Kyoko hatte beschlossen, dass sie auf dem Schulfest in traditioneller Kleidung für den Club werben sollten. Sie fand das machte einen guten Eindruck und Hibari hatte das ähnlich gesehen, deswegen standen sie jetzt an ihrem kleinen Holzstand und präsentierten Ryoheis Medaillen und Pokale.

Allein das Herschleppen hatte eine halbe Ewigkeit gedauert, da Ryohei scheinbar grundsätzlich alle Wettbewerbe zu gewinnen schien, an denen er teilnahm. Manche Leute wurden wirklich bei ihrer Geburt mit Talent für so was gesegnet. Sollte er jemals Kinder haben, hoffte er sie hätte bei der Vergabe von Talenten mehr Glück als er.

“Steh gerade.” herrschte Hibari ihn an als er es sich etwas gemütlicher machen wollte und knallte Tsuna eines seiner treuen Tonfas genau in den Rücken. “oder bist du ein Angelhaken?!” Tsuna stöhnte vor Schmerzen auf und sah sich verzweifelt in der Menge nach jemanden um, an den er sich hängen konnte um von dieser Versammlung Halbwahnsinniger zu verschwinden. Im Grunde genommen war es ihm egal wer es war, auch wenn er Xanxus bevorzugt hätte. Er hatte den anderen schon seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen.

Aber es kam niemand. Die Minuten schlichen nur so vor sich hin und schienen Stunden zu werden. Niemand beachtete ihren Stand. Nicht einmal Kyokos liebevoll gestaltete Werbung zog irgendwen an, der sich Ryoheis Pokale ansehen wollte. Es war eine pure Tortur und Tsuna hoffte, er hoffte so sehr, dass seine Schicht endlich vorbei war.

Ganz plötzlich riss ihn ein lautes Quietschen aus seinen Gedanken.

Ein Schatten hatte sich über ihn gelegt und als er sein Hirn dazu anwies wieder zu denken, erblickte er vor sich einen Blonden Jungen mit einem Hexenhut, der sich, mit strahlenden Augen, Sterne schienend darin zu funkeln, zwar nicht die Pokale, aber ihn besah. „Wow! Sind das tolle Verkleidungen! Und dieser Stoff!“, rief er mit einer fröhlichen, melodischen Stimme aus, die einen sehr starken Akzent hatte.

Tsuna kannte ihn nicht und er wollte diesen Umstand nach Möglichkeit auch nicht ändern, wurde ihm schmerzlich bewusst, als der Junge seine Finger über den Stoff seines Kimonos gleiten ließ und mit dem Blick eines Profis die die Nähte seiner Ärmel begutachtete. Bis zu dem Zeitpunkt wusste Tsuna nicht einmal, dass er überhaupt Nähte hatte.

“Das ist wirklich eine tolle Arbeit. Hast du den selbst genäht? Ich bin Ginger. Ich leite den Hausarbeitsklub. Warst du schon mal da? Nein oder? Es kommen nicht oft Leute hin. Dabei ist Hausarbeit super spannend! Wir nähen Kostüme! Wenn du gerne so was trägst solltest du wirklich mal bei uns vorbeischauen.” Der Wortschwall hämmerte auf Tsuna ein, als käme er direkt aus einem Maschinengewehr. Wenn nicht jemand einen Sanitäter rief, würde sein Hirn wahrscheinlich vor Überlastung zusammenbrechen.

Hibari, der neben ihm stand entfernte Gingers Hände von Tsuna, indem er sein Tonfa auf sie schnellen ließ. „Du machst unsere Dekoration kaputt.“, gab er von sich und ließ sich vom schmollenden Gesicht des Jungen nicht beeinflussen. „Hau ab!“, befahl er kühl, aber Gingers Blick ruhte schon auf seinem Yukata. „Dieser... Dieser Stoff...“. Der Junge mit dem Hexenhut schien vollkommen fasziniert. „Wo kann man denn so etwas kaufen. Könnt ihr nicht Mal beim Club vorbeikommen? Ich möchte wirklich gerne so etwas nähen. Sicher gibt es Märchen wo solche Dinge vorkommen. Tihihihihi.“, lachte er fröhlich und versuchte nur ein einziges Mal, auch Hibaris Kimono zu berühren.

Tsuna war ehrlich gesagt erstaunt, dass der Blonde seine Finger nicht verlor, sondern nur einen Schlag auf die Stirn kassierte, der ihm das Bewusstsein nahm.

„Hibari! Der schien EXTREM interessiert!“, rief Ryohei entrüstet und Tsuna nutzte den Streit der beiden Clubleiter, um sich an Hibari vorbei zu schleichen und, bei Gelegenheit, nach dem Blonden zu sehen, der vor dem Stand auf dem Boden lag.

Benommen und vollkommen verwirrt darüber was er denn so schlimmes getan haben mochte, rieb dieser sich die Stirn und betrachtete fassungslos das Blut auf seinen Händen. Tsuna zog rasch ein Taschentuch heraus, dass er sich in den Obi gestopft hatte und presste es Ginger gegen die Stirn.

“D-Das, tut mir wirklich sehr leid. Unser Manager mag es nicht, wenn man ihn anfasst, er ist nicht so der Typ fürs Körperliche.” erklärte er dem Jungen nachsichtig, der aber hatte schon wieder das Interesse an seiner Wunde verloren und betrachtete Tsunas Kimono, als wäre dieser eine Erscheinung. Tsuna fühlte sich plötzlich deutlich unwohl in seiner Haut. War er etwa so etwas wie eine Schaufensterpuppe? Das letzte Mal als er nachgesehen hatte, war er noch menschlich gewesen.

„Wah! Das ist so toll. Ich möchte auch solchen Stoff haben. Daraus kann man sicher tolle Prinzessinnenkleider nähen.“, sagte der Junge aufgeregt und richtete sich schnell wieder auf. „Oh... ich hab ganz vergessen. Ich heiße Ginger... Ginger Bread.“, meinte er und schüttelte Tsunas Hand. Tsuna hatte das Gefühl ihm würde gleich der Arm abgerissen.

„Ich bin ein Austauschschüler. Ich bin erst seit zwei Monaten hier und bin auf der Suche nach Freunden. Tihihihi.“, sagte er überschwänglich. Es fiel Tsuna teilweise schwer den Akzent des Jungen zu verstehen.

„Ich hätte nie gedacht hier so hübsche Kostüme zu sehen, ich meine ich hab gehört man kann sich verkleiden, auf dem Schulfest, aber dass man so etwas hübsches Anziehen darf. Ich wünschte das hätte ich gewusst. Tihihihi.“, meinte er ruhig und betrachtete Tsuna noch immer mit diesem, leicht gierigen, Blick.

Tsuna nahm seine vorherige Annahme zurück, er war keine Schaufensterpuppe, ganz offensichtlich war er eher ein Stück köstliches Fleisch im Gourmet Restaurant. Das Gefühl Kochware zu sein, machte seine Lage nicht gerade besser. Ihm war sofort klar, warum der Hauswirtschaftskurs gemieden wurde, wenn der Leiter so ganz offensichtlich durchgeknallt war.

Nicht dass das nicht auch auf den Rest der Schule zutreffen würde, aber Selbstverleumdung war eine tolle Sache.

“Da-Das sind keine Kostüme…das sind… Kimonos, die trägt man traditionell zu solchen Festen…” versuchte Tsuna ihm begreiflich zu machen, aber Ginger schien ihn nicht richtig verstehen zu können oder zu wollen. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus beidem.

„Traditionell? Aber man hat mir gesagt auf dem Fest könne man sich... verkleiden. Und ich war ganz erstaunt, als niemand ein Kostüm anhatte. Ihr seid die ersten die ich so sehe. Veralber mich doch nicht. Tihihihi.“, sagte Ginger grinsend. „Kennst du nicht ein Geschäft wo man solchen Stoff herbekommt?“

Tsuna schüttelte den Kopf und blickte sich im selben Moment hilfesuchend um. Hibari betrachtete sie beide mit böser Miene, offenbar hatten Ryohei und er ihren Streit schon wieder beigelegt.

„Tsuna! Bring den Kerl hier weg. Er blockiert unseren Stand.“, befahl Hibari ganz plötzlich, als ihre Blicke sich trafen und Tsuna wusste nicht, ob er über diese Worte froh, oder betrübt sein sollte, aber er entschloss sich diesem Befehl auf alle Fälle nachzukommen. Schon aus dem Grund, dass er sein Leben gerne behalten wollte.

Überhetzt schnappte er sich Gingers Hand und zog ihn mit sich mit. Alles war voller Menschen und so wurde es ein recht komplizierter Akt sich mit Ginger im Schlepptau durch die Menge aus Gaffern und Neugierigen zu kämpfen. Der süße Duft des Waffelstandes lockte ihn zu sich, doch Tsuna beschloss, dass er keinen Hunger hatte, als er bei dem Stand Giotto erblickte, der lautstark seine zehnte Waffel bestellte. Amicelli neben ihm rollte im Sekundentakt seine Augen nach oben. Ihnen jetzt ins Gehege zu kommen schien ihm eine besonders dumme Idee zu sein.

Erst als sie bei der Treppe Zuflucht fanden, blieb er nach Atem ringend stehen und ließ seinen Blick über die hier dünner werdende Menge gleiten um sicher zu gehen, in niemanden hineinzulaufen den er kannte.

“Also,” zwitscherte Ginger gut gelaunt. “möchtest du dem Hauswirtschaftskurs beitreten?”

„Ich.... Also ich hab eigentlich gar keine Zeit. Es gibt schon so viele Kurse die ich...“, antwortete Tsuna ausweichend und versuchte sich herauszureden, aber Ginger ließ ihn nicht so einfach vom Haken. „Aber die Auswahl für den Kunstkurs ist doch erst übernächste Woche und ich hab dich bisher nur beim Schwimmen gesehen. Tihihihihihi. Du hast doch sicher mittwochs und samstags noch Zeit. Ich suche ganz, ganz dringend Mitglieder. Mitglieder und Freunde. Ich fühle mich so allein.“, sagte der blonde Junge traurig. Seine funkelnden Augen verloren ihren Glanz fast gänzlich.

Da war es wieder. Ein einziger Satz und Tsuna hatte ein schlechtes Gewissen. Ein furchtbar schlechtes Gewissen. Er seufzte leise und überlegte einen Moment, dann sah er ihn an und zwang sich zu einem Lächeln. „Ich.. ich kann ja mal sehen ob ich Zeit finde, aber ich kann dir nichts versprechen. Ich habe wirklich viel zu tun.“, sagte er leise.

Sofort hellte sich Gingers Gesicht wieder auf wie eine Lampe die man mit einem einzigen Klick an und wieder ausschalten konnte. Tsuna hatte so das Gefühl zu wissen, in welchem Kunstkurs Ginger bei seiner alten Schule gewesen war. Diesem elenden Schauspielerpack konnte man auch gar nicht entkommen. Aus zuverlässiger Quelle wusste Tsuna, dass der Leiter des hiesigen Theaterklubs die schlimmste Diva aller Zeiten war und das schlimmste daran war, es war auch noch ein Junge.

Tsuna war leider Gottes weder ein Künstler noch ein großer Sänger, also sah er den Schauspielkurs auch an dieser Schule wieder vor seinem inneren Auge als den letzten Fluchtweg.

“Oh das ist wirklich großartig! Komm einfach wenn du Zeit hast. Ich bin fast immer im Hausarbeitsraum. Ganz allein. Und nähe. Und warte. Ganz allein.”

Jetzt musste Tsuna auf alle Fälle vorbei sehen. Der Junge tat ihm so leid. Es war doch gemein ihn ganz allein zu lassen, wo es doch für Austauschschüler sowieso so schwer war Freunde zu finden.

„Ich kann nicht versprechen dass ich gleich am Mittwoch da bin, aber ich versuche es. Und für die Zukunft solltest du dir merken, dass man nicht einfach jeden anfasst, den man sieht. Das ist sehr, sehr unhöflich und das wird dir nicht helfen Freunde zu finden.“, meinte Tsuna freundlich und richtete sich jetzt wieder auf.

Seine Sandalen waren unbequem und er wünschte sich jetzt sich ordentlich hinsetzen zu können oder sie auszuziehen. „Wenn ich in den Club komme, kann ich dir auch zeigen, wo es den Stoff für Kimonos gibt.“, schlug er vor und brachte Ginger erneut zum strahlen. „Ich heiße übrigens Tsuna...“, fügte er an, da ihm eingefallen war, dass er sich noch nicht vorgestellt hatte.

Ihre Unterhaltung fand ein abruptes Ende, als Tsuna etwas hörte, was so gar nicht in die Atmosphäre des geschäftigen Treibens der Festmenge passte. Ein zischendes, wütendes Flüstern kam von Oberhalb der Treppe, die zum Dach führte. Von seinem Standpunkt aus, konnte Tsuna die schwere Eisentür nicht sehen, die für den Fall eines Brandes das Dach absichern sollte, aber er ahnte, dass sie offen stand.

So leise er konnte ließ er Ginger alleine stehen und schlich sich die Treppen hoch. Irgendwas war hier faul, das spürte er und wo Lanchia ihm doch geraten hatte, dass er auf seinen Instinkt hören sollte, fand Tsuna das nun die beste Gelegenheit war diesen Rat auch in die Tat umzusetzen.

“Bist du nicht mehr ganz dicht?!” herrschte einer der Stimmen den anderen wütend an, Tsuna erkannte sie nicht und war sich auch ziemlich sicher sie noch nie zuvor gehört zu haben. Dieses tiefe animalische Grummeln blieb einem in Erinnerung.

„Rede nicht so mit mir. Ich weiß was ich tue.“. Die zweite Stimme war kalt und berechnend und als er das obere Ende der Treppe erreichte, sah er einen großen Jungen, der einen weißen Beanie trug und gerade seine Brille zurück auf die Nase schob. Sein Haar war kinnlang und schwarz und auf seiner Wange hatte er eine charakteristische Tätowierung, einen Strichcode.

„Tch! Du weißt nicht was du tust! Weißt du überhaupt auf was du dich da eingelassen hast?“, knurrte die andere Stimme erneut und als der große Junge einen Schritt zurücktrat, konnte er auch einen Blick auf den Besitzer dieser werfen. Ein blonder Junge mit einer großen Narbe auf der Nase. Er trug die Schuluniform einer anderen Schule.

“Im Gegensatz zu dir weiß ich, was das Beste für mich ist. ICH habe unser Ziel nicht aus den Augen verloren, nur weil ich mit so einem dummen kleinen Mädchen rumturtel, dass tot besser dran wäre.” fauchte der schwarzhaarige Junge und wurde vom anderen gegen den Türrahmen geknallt und mit einem Schlag direkt in die Magengrube dazu gebracht sie hustend vorzubeugen.

“Lass Chrome da raus! Sie hat nichts mit alle dem zu tun! Du hast dich mit einem Wahnsinnigen eingelassen! Dieser Kerl ist so kaltblütig dass sein eigener Bruder ihn verstoßen hat obwohl sie im selben Gewerbe arbeiten! Du hast deine Seele an den Teufel verkauft und es tut dir nicht mal leid!”

Verängstigt presste Tsuna sich gegen die Wand, war aber viel zu gefesselt um wegzuhören. War das? Ein Hinweis? Ging es vielleicht sogar um die Leute die diese schreckliche Krankheit verbreiteten?!

Tsuna versuchte sich im Schatten zu halten, aber sein Herz pochte so laut, dass er glaubte es war auch für die beiden Jungen hörbar, die ihm jetzt so nahe waren. Zusätzlich war da unten immer noch Ginger, der neugierig zu ihm aufblickte und offenbar das Bedürfnis hatte zu ihm aufzuschließen. Er versuchte jetzt nicht darüber nachzudenken, seinen Herzschlag zu verlangsamen und weiter zu zuhören.

„Wie ich bereits sagte. Ich weiß was ich tue und ich habe alles gut durchdacht. Du wirst mich auch nicht mit roher Gewalt davon abhalten können. Ich werde mit ihm zusammen arbeiten, egal was du sagst. Ich werde meine Träume, nein mein Leben, nicht wegwerfen. Wenn du das tust, ist es mir egal.“, erklärte der Junge kaltherzig und schob den Blonden von sich.

Die Narbe auf den Wangen des Jungen leuchtete nun rosa , wahrscheinlich weil ihm so viel Blut vor Zorn in den Kopf gestiegen war. Seine Körpersprache konnte man so leicht lesen wie die eines zornigen Tieres. Bebende Schultern, heftiger Atem, Tsuna fühlte sich unangenehm an eine hungrige Hyäne erinnert.

“Kaki-Pi, tu das nicht. Wir sind schon so lange Freunde, du kannst doch nicht so einen Scheiß bauen. Das ist, als würdest du dein Todesurteil selber unterschreiben. Willst du denn unbedingt krank werden?! Alle wissen doch was passiert wenn man in der Nähe von diesem Zeug arbeitet.” Der Schwarzhaarige drückte ihm mit seiner Hand den Mund zu und funkelte ihn wütend an.

“Nenn mich nicht so. Wir waren Freunde als wir Kinder waren, wird erwachsen Ken, es ist nichts mehr so wie es war. Und ich werde ganz sicher nicht krank. Ich bin immun. Total immun, also sei still wenn du von Zeug redest dass in deinen Kopf keinen Platz findet.”

Tsuna spitzte die Ohren noch etwas mehr. Ging es hier vielleicht tatsächlich um das was er dachte. Konnte das möglich sein. Sein Herz schlug so wild und unbändig wie noch nie in seinem Leben und er versuchte sich ein wenig vorzulehnen, um zu sehen, ob sich noch wer auf dem Dach befand, da legte sich eine große Hand über seinen Mund und eine weitere um seinen Oberkörper und zog ihn zurück. Tsuna schrie, aber sein Schrei wurde von der Hand gut gedämpft und war kaum zu hören. Tsuna hatte Angst um sein Leben und so zappelte er und biss dem Mann, der ihn gegriffen hatte schließlich heftig in die Hand, so dass dieser anfing zu fluchen. „Hör auf Tsuna, Verdammt nochmal!“, sagte eine ihm wohlbekannte Stimme und als er sich umdrehte, sah er Xanxus, der seine geschundene Hand schüttelte.

“Xanxus!” quiekte Tsuna aufgeregt und starrte ihn mit großen Augen an. Von allen Zeitpunkten in denen er ihn wieder sehen konnte, wählte er ausgerechnet den aus, der am ungünstigsten war. Ausgerechnet da wo er etwas herausfinden konnte, was ihm Hinweise auf Lanchias rätselhafte Krankheit geben konnte! So ein Ärgernis aber auch. Um seine Chancen gänzlich zunichte zu machen, kamen in diesem Moment auch die beiden Jungen vom Dach herunter und verschwanden in der Menge.

Nur mit Mühe wandte Tsuna Xanxus wieder seine Aufmerksamkeit zu und realisierte, dass er Xanxus gerade seine Zähne in die Hand gerammt hatte.

“E-Es tut mir so leid! Bitte gib sie mir mal…” stotterte Tsuna und griff danach, aus dem Zahnabdruck sickerten sogar kleine Blutströpfchen. Was hatte seine Mutter noch gleich gesagt? Irgendwas von wegen Wunden würden besser heilen wenn man sie küsste. Bevor Xanxus ihn abschüttelt konnte, presste Tsuna seine Lippen auf das gerötete Fleisch und leckte das Blut fort.

Es dauerte einen Moment bis er begriff was er da tat.

„Es tut mir Leid!“, rief Tsuna aus und vergrub das Gesicht in seinen eigenen Händen. Xanxus zog seine Hand schnell zurück, nachdem Tsuna das realisiert hatte und ließ sie in seine Tasche verschwinden. Seine Miene war wie immer, ernst und verschlossen. Es zeigte sich keine Regung darin.

Er schien einen Moment lang zu überlegen was er sagen sollte, dann sagte er: „Du solltest dich nicht da rumtreiben, wenn sich zwei schlagen. Die hätten dich windelweich geprügelt hätten sie dich gesehen.“

Tsuna war ein bisschen gerührt. „Ich... ich hab mich doch versteckt... Aber danke, dass du dir Sorgen machst.“, meinte er leise und blickte ihn von unten herauf schüchtern an.

“Um dich kann man sich ja auch nur Sorgen machen. Einfach so kopflos zu handeln, also wirklich. Irgendwann nagelt dich jemand gegen die Wand weil du nicht aufpasst und dann ich das Gejammer groß weil dir alles weh tut.” Xanxus schüttelte seinen Kopf und Tsuna linste ihn durch seine Finger hindurch an.

“Darfst du überhaupt mit mir sprechen? Ich hab Giotto und Amicelli vorhin im Gang gesehen.” Der Blick den Xanxus ihm bei der Erwähnung seines Bruders zuwarf hätte reißende Flüsse gefrieren können. Oder wahlweise auch die Hölle. Irgendwann musste Tsuna sich abgewöhnen diesen Namen zu erwähnen wenn er in der Nähe war.

“Giotto ist bei den Waffeln. Mein Loser von Bruder wird ihn also eine ganze Weile nicht von dort wegbekommen.”

„Das... das ist großartig.“, wisperte Tsuna leise und brachte es jetzt endlich über sich, die Hände von seinem Gesicht zu entfernen. Er war zwar noch immer feuerrot, aber das war er in Xanxus‘ Gegenwart eigentlich ständig. „Finde ich auch.“, antwortete Xanxus grinsend. Dann ließ er den Blick über Tsuna schweifen. „Du hast dich ja richtig hübsch gemacht.“.

Tsuna nickte stockend. „Es war wegen dem Schwimmklub. Wir wollten uns richtig präsentieren.“, sagte er leicht peinlich berührt und schon seinen Ärmel dahin zurück, wo er hingehörte. Er kam sich auf einmal so nackt vor.

Xanxus trug, im Gegensatz zu ihm, seine Schuluniform. Allerdings gab es auch daran eine klitzekleine Veränderung. Eine Frühlingsblume hing aus seiner Brusttasche. „Hast du... ein Date?“, fragte Tsuna interessiert und deutete auf die einsame kleine Blume, um sich verständlich zu machen.

Xanxus grinste krokodilsgleich, breit über sein Gesicht und stupste dagegen. “Nein, sie wurde mir geschenkt weil ich mich mal nicht wie ein Arschloch benommen habe. Ich fand es angemessen sie zu tragen.”

Tsuna nickte mit leicht geöffnetem Mund, was ihn ein bisschen dumm aussehen ließ, Xanxus aber ungemein erheiterte. Natürlich war ihm klar, dass er manchmal seine netten Augenblicke hatte, aber Tsuna hatte bisher angenommen, dass er sich nicht gegenüber Mädchen zu zeigen pflegte. Hätte er es nicht besser gewusst, hätte Tsuna gedacht dass er für einen Moment ein bisschen eifersüchtig gewesen wäre.

“Oh! Wie-Wie heißt sie denn?”

„Sag ich dir nicht.“, sagte Xanxus grinsend. „Das geht Keinen etwas an, nicht einmal dich.“. Tsuna war ein wenig enttäuscht und blickte Xanxus von unten herauf an. „Sch... Schade.“, sagte er leise. „Wenn’s dich interessiert gebe ich dir einen kleinen Tipp, aber ich sag‘s dir ganz sicher nicht offen. Tch. Dann wäre ich ja dumm.“, grinste Xanxus gut gelaunt und wartete auf Antwort. Tsuna überlegte einen Moment, dann nickte er. „Okay. Dann gib mir einen Tipp. Ich rate.“

Xanxus grinste überlegen. „Du kommst eh nie drauf. Aber gut. Der Tipp ist: Sie mag gutes Essen.“

Tsuna wusste nicht genau, wie er nach dieser genauen Beschreibung schaute, aber er glaubte zu wissen, dass es bescheuert aussah. „Das trifft auf die halbe Schule zu.“, antworte er genervt und konnte nicht verhindern, dass er die Augen etwas verdrehte.

Xanxus' große Hand durchwuschelte seine üppige Haarmähne, die sich wie immer voller Stolz empor streckte. Die Geste hatte etwas Tröstendes an sich, was schlicht und ergreifend erzwungen wirkte. Ganz so, als ob Xanxus es nicht ernst meinte. Was im Grunde genommen, auch der Wahrheit entsprach.

“Nimm’s nicht so tragisch, Tsuna. Sie ist ein wenig dumm und kann Offensichtliches nicht erkennen. Sie erkennt Avancen nicht einmal, wenn man sie ihr mit einer Bentobox in den Schädel hämmern würde. Also wird das zwischen uns sicherlich nichts werden und ich kann dir weiterhin Englischnachhilfe geben ohne von unpassenden Gedanken abgelenkt zu werden.” Tsuna schmollte ihn bei den Worten an. Er war doch kein kleines Kind, dass auf seine tägliche Stunde ungeteilte Aufmerksamkeit bestand.

„Ich krieg schon noch raus, wer es ist.“, sagte er noch immer schmollend. „Genau wie ich rausbekomme, wer mir die Bentoboxen macht. Wo du es schon einmal ansprichst.“, sagte Tsuna von sich selbst überzeugt. Xanxus lachte und wuschelte ihm erneut durch das Haar. „Das wirst du ganz sicher.“, meinte er zufrieden und blicke dann zu den Buden hinüber. „Wollen wir uns in die Massen stürzen?“, fragte er und schien gut gelaunt. „Wir meiden den Waffelstand, aber sonst können wir überall hin. Ich hab im Moment sowieso nichts Besseres vor und ich finde, dafür dass wir, wie nanntest du es noch so schön, „so etwas wie Freunde“ sind ist einmal im Monat reichlich selten.“

Enthusiastisch nickend heftete Tsuna sich an Xanxus Fersen und stürzte sich zurück in das Getümmel. Obwohl es bereits nachmittags war und das Fest schon seit einigen Stunden voll im Gange war, trieben sich immer noch viele Schüler hier herum. Die Einheimischen hatten sich ebenfalls dazu gesellt, wodurch es noch voller wurde.

Beim Anblick der Menge, schnappte Xanxus sich flink Tsunas Hand und behielt ihn so in seiner Nähe, während er mit sicheren Schritten den Stand mit den Goldfischen ansteuerte. Tsuna quiekte erfreut auf als er ihn sah.

“D-Die hatten wir auch bei uns Zuhause. Das war immer der einzige Stand wo ich was gewonnen habe.” lachte er gut gelaunt und kaufte sich von Standhalter die kleinen Werkzeuge fürs Fischen.

„Du gewinnst da etwas?“, grummelte Xanxus und beobachtete wie Tsuna seine Ärmel hochkrempelte und sich vor das Fischbecken hockte. Xanxus beobachtete ihn von oben Geschickt fuhr Tsuna schließlich ins Wasser und schaffte es einen Fisch in den kleinen Becher zu bekommen, den er dazu bekommen hatte. „Ha!, rief er aus und reckte ihn, wie eine Trophäe in die Luft. Xanxus klatschte mehr oder weniger begeistert und beglückwünschte ihn zu seinem Fang. „Vielleicht solltest du Fischer werden.“, setzte er nach. Und trieb Tsuna wieder den Schmollmund ins Gesicht. „Du bist wirklich gemein.“, schimpfte er leise und brachte seinen Fisch zum Verkäufer, der ihn in eine Tüte abfüllte und ihm in die Hand drückte.

Verzweifelt rammte der kleine Goldfisch mit gewaltiger Sturheit sich immer wieder gegen die durchsichtige Tüte. Er sah wirklich niedlich aus. Der Körper war mattorange und die Sprenkel hinterließen ein Muster auf den Schuppen, das ihn sehr auffällig machte. Wenn man ihm genau ins Gesicht schaute, konnte man sogar den wütenden Blick auf seinen Zügen sehen. Soweit Goldfische halt dazu in der Lage waren wütend dreinzuschauen.

“Er sieht ein bisschen aus wie du.” lachte Tsuna und hielt Xanxus die Tüte hin, damit er sich den kleinen Goldfisch mit der schlechten Laune ansehen konnte. “Ich glaub ich fang noch einen, er ist sicher einsam wenn ich ihn alleine halte.” Xanxus rollte mit den Augen und beugte sich übers Becken. Seine Augen suchten die umher schwimmenden Goldfische ab, bis er auf einen deutete, der kleiner als alle anderen war und einen durchgängig braunen Farbton hatte. Er schwamm im Kreis herum und beobachtete fasziniert wie seine eigene Schwanzflosse sich im Wasser bewegte.

“Verwirrt, klein und leicht abzulenken. Dich scheint es auch als Fisch zu geben.”

„Den fang ich. Wirst sehen. Dann teilen wir uns ein Marmeladenglas.“, sagte Tsuna fast vorwitzig und ließ sich noch ein Papiernetz und einen Becher geben. Er brauchte zwei versuche, dann hatte er auch den kleinen Kerl eingefangen, der ein wenig verängstigt wirkte. Er ließ ihn mit in die Tüte zu dem Größeren geben und hielt sie sich vor das Gesicht. Jetzt braucht ihr nicht mehr grummelig sein. Ihr seid zu zweit.“, sagte er lachend und sah zu, wie der Größere davon abließ gegen die Wand zu schwimmen und stattdessen voraus schwamm, während der kleinere Fisch ihm in kleinen Kreisen folgte.

„Sie verstehen sich.“, sagte Tsuna erfreut und reichte Xanxus den Beutel, damit er ihn auch auf seiner Höhe betrachten konnte.

Xanxus beobachtete die beiden Fische voller Abscheu. “Es ist als ob ich zusehen kann wie ich mich wenn ich senil und siebzig bin verhalten werde. Das mag interessant sein, aber ich finde es hauptsächlich verstörend.” Tsuna knuffte ihn bei seinen harschen Worten in die Seite und streckte ihm die Zunge raus.

“Das sind jetzt unsere Fische, alle zwei Tage bekommt sie der andere. So sehen wir uns zumindest öfter.” er kicherte und Xanxus verdrehte nur die Augen. Das ganze war drei Stufen auf der Kitschskala zu viel für ihn, aber Tsuna ließ sich nicht reinreden. “Das ist doch eine lustige Idee. Lass uns ihnen Namen geben. Hmm…ich finde zu dem Gesprenkelten passt Nussi. Wie wollen wir den Kleinen nennen?”

“Filet.”

„Du bist so gemein!“, meinte Tsuna und nahm ihm die Fische ab. Ich nenne ihn Tsu. Und fertig.“, sagte er schmollend und drückte die beiden Fische schützend an sich. Dann bekommst du sie eben nicht. Behalte ich sie nur für mich.“, sagte Tsuna leise und betrachtete die beiden Fische neugierig. Er hob die Tüte gen Himmel und blickte durch das Wasser hindurch Xanxus an.

„Aber wir sollten uns etwas überlegen, wie wir uns öfter sehen können. Wegen dem Englisch, meine ich.“, sagte er leise und war froh ihn nicht direkt ansehen zu müssen. „Meine Noten haben sich schlagartig verschlechtert, seit ich dich nicht mehr als Lernhilfe habe. Verstohlen wippte er auf seinen Füßen und wandte sich dann um, damit sie die Gasse weiter entlang gehen konnten.

“Findest du? Deine letzten Tests liefen doch ganz gut.” erklärte Xanxus und betrachtete die Stände an denen sie vorbeigingen mit eher mildem Interesse. “Ich schau mir öfters mal eure Klassenliste an, aber du musst wirklich mehr lernen wenn du nicht wieder abrutschen willst. Ich dachte Daniela lernt jetzt mit dir.”

Tsuna druckste ein wenig herum und konzentrierte sich auf die Fische, die in seinen Augen eine willkommene Ablenkung waren. Wie sollte er Xanxus denn dezent klarmachen, dass er ihre Freundschaft etwas kitten wollte, ohne dabei aufdringlich zu klingen?

“Na ja, sie bringt mir so viel bei, aber… wenn du mir etwas erklärst… dann merk ich mir das einfach viel besser.”

Xanxus war einen Moment still, besah sich einen Zuckerwattestand, auf den er gleich darauf auch zutritt. Er kaufte eine Zuckerwatte und drückte sie Tsuna in die Hand, dann schien er über das nachzudenken, was ihm der Andere eben gesagt hatte. Ganz überraschend lachte er los. „Bwuahahahahaha. Unfassbar. Du magst es mit mir zu lernen? Seit du in Namimori bist, erlebe ich wirklich immer wieder Überraschungen.. Eine kurze Pause. „Jetzt iss schon. Ich hab dich eingeladen. Du stehst doch auf so süßes Zeug.“, sagte Xanxus mit ernster Miene. „Da... Danke...“, sagte Tsuna etwas verunsichert und biss in die rosa, flauschige Watte, die unter seinen Zähnen knirschte.

Der intensive Erdebeergeschmack breitete sich in wenigen Sekunden in seinem Mund aus und betäubte seine Sinne geradezu. Die Macher beim Stand hatten eine Extradosis Geschmacksverstärker rein getan und das schmeckte man auch. Und zwar deutlich. Tsuna hatte das Gefühl, seine Zähne um Erbarmen betteln zu hören, aber er liebte Zuckerwatte wirklich abgöttisch und konnte einfach nicht aufhören.

“Die ist wirklich wundervoll süß, wirklich großartig! Du musst sie unbedingt probieren!” lacht Tsuna herzlich und riss ein Stück der klebrigen Zuckerwatte ab, um sie Xanxus hinzuhalten. Der rollte zwar, wie so oft, mit den Augen, beugte sich aber genervt herunter und ließ sich die Zuckerwatte in den Mund schieben, wo sie zu einer klebrigen rosa Masse schmolz. Grinsend packte Xanxus Tsunas Handgelenk und leckte ihm die restliche Zuckerwatte von den Fingern.

Tsuna schoss der Blut mit der Geschwindigkeit einer Rakete in den Kopf als er seine pinke Zungenspitze über seine empfindlichen Fingerkuppen gleiten spürte.

“Du hast recht, sie ist wirklich süß.”

Tsuna wurde feuerrot. Er machte einem Feuerwehrauto Konkurrenz. „Das ist die Rache, für vorhin. DU solltest nicht immer andere Leute in Verlegenheit bringen.“, meinte Xanxus amüsiert und leckte sich geschmeidig über die Lippen. „Ich möchte, denke ich noch ein Stück.“, sagte er, doch diesmal war Tsuna schlauer und hielt ihm den Wattebausch direkt unter die Nase. Er war noch unfähig etwas zu sagen, aber natürlich konnte er Xanxus verstehen. Er hatte ihn mit seiner Kussaktion wahrscheinlich wirklich etwas... verstört... „Ent... Entschuldige...“, wisperte er leise. „Ich mach es nie wieder.“ Daraufhin lachte Xanxus. „Manchmal bist du wirklich wie ein kleines Kind.“, meinte er und wuschelte durch sein Haar. Erneut hatte Tsuna das Gefühl, dass sich das merkwürdig anfühlte, künstlich und gespielt und vielleicht auch ein wenig enttäuscht?

Xanxus war wirklich ein komplizierter Kerl, Tsuna konnte nie so richtig einordnen, was er dachte oder fühlte. Sein Pokerface war wirklich ganz ausgezeichnet.

Gedankenverloren sah Tsuna den jungen Mann an, der sich nun über den Schießstand gebeugt hatte und mit dem Gewehr auf einen kleinen Hasen zielte. Wenn er ihn ansah, bekam er so ein seltsames Gefühl in der Magengegend, er konnte nicht direkt zuordnen ob es gut war oder schlecht, im Grunde genommen erinnerte es ihn an die Zuckerwatte in seiner Hand.

Es war süß und klebrig und schmeckte im ersten Moment so intensiv dass es einem Angst machte und wenn man zu viel davon verschlang, bekam man Magenschmerzen. Doch obwohl man das nur allzu gut wusste, konnte man einfach nicht aufhören.

Und wollte mehr.

Und mehr.

Und viel, viel mehr…
 

Wird fortgesetzt...

10. Juni

Ich kann nicht anders als peinlich zu hüsteln. >___> Ich möchte für dieses Kapitel in unser beider Namen ausdrücklich entschuldigen. Wir haben ein wenig... über die Stränge geschlagen. Ich wünschte, wir würden unser Hauptpairing nicht so vergöttern.

Aus Gründen, die am Ende offensichtlich werden, ist das Rating dieses Kapitels PG 16.

Sonst bedanke ich mich wieder herzlich bei allen Kommentatoren und anderen Lesern. Ihr motiviert uns wirklich ungemein.
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS

Rating: PG 16
 

Panakeias Segen
 

10. Juni
 

Der 10 Juni. Der Tag den Tsuna gefürchtet hatte. Die Auswahl für die Kunstclubs stand an. Schon seit etwa 10 Minuten stand er im Gang mit der Auswahl und hatte, auf seinem Zettel den Handarbeitsclub bereits durchgestrichen. Blieben noch der Zeichen, der Musik und der Schauspielclub übrig. In allen drei Disziplinen war er miserabel und so war es wohl eine Wahl zwischen Pest und Cholera.

Bevor er jedoch die Flinte ins Korn warf, würde er versuchen sich in irgendeinen Club einzufinden. Kurz entschlossen ging er in einem Raum vor dem Notenständer standen und fand sich in einem kleinen Orchestersaal wieder, in dem schon reges Treiben herrschte.

Viele Leute rannten durcheinander und bauten Musikinstrumente auf, schlugen Sachen in ihren Notenheften nach oder standen einfach nur herum und redeten ganz angetan über das neuste aus der Musikszene. Tsuna war nie sonderlich musikalisch gewesen, in der Grundschule hatte man ihn zum Haupt-Triangelspieler ernannt und er war niemals über diesen Stand hinausgekommen. Abgesehen davon, dass er kein Musikinstrument spielen konnte, hatte er eine Stimme, die fürs Singen absolut nicht gemacht war. Alles was übers summen hinausging übertraf seine Fähigkeiten.

An der Wand sah Tsuna eine schwarze Liste mit Namen drauf auf der groß oben drüber stand. “VOM KLUB WEGEN UNMUSIKALITÄT AUSGESCHLOSSEN” Ein schlechtes Gefühl überkam ihn als er die Namen auf der Liste überflog und die dick, rot umkringelten Namen “Xanxus Cialda” und “Squalo Superbia” las.

„Hallo.“, kam es plötzlich von hinten und Tsuna wirbelte erschrocken herum. Er blickte in das Gesicht eines Jungen, der eine Brille trug. Sein Haar war kupferfarben und er hatte ein freundliches Lächeln aufgesetzt. „Bist du ein neuer Bewerber? Herzlich willkommen.“, sagte er freundlich und... Tsuna wusste nicht warum, er fühlte sich gleich heimisch in diesem Club: „Äh... Ja... Eventuell. Ich wollte mich mal umsehen.“, erwiderte Tsuna, zwar noch etwas verunsichert, aber auch sehr freundlich und zauberte ein Lächeln auf das Gesicht des Jungen. „Shoichi mein Name und du?“, fragte der Junge ihn und schob seine Brille zurück auf die Nase. „Tsu... Tsuna.“, antworte der angesprochene lächelnd. Tsuna konnte es kaum fassen. Ein normaler Mensch an dieser Schule.

“Bi-Bist du real?!” fragte er mit zittriger Stimme und rieb sich die Augen während er Shoichi ganz genau ansah. Er wirkte so… so echt… Tsuna wagte es nicht seine Hand auszustrecken und ihn zu berühren in der Angst, er könnte wie eine Seifenblase einfach zerplatzen. Shoichi betrachtete ihn mit genau demselben Gesichtsausdruck.

“J-Ja, bist du es auch? Ich hab… so selten jemanden hier gesehen… der normal ist? Ist dir aufgefallen…”

“Dass die ganze Schule mit Verrückten bevölkert ist?!” beendete Tsuna seinen Satz und nickte heftig. Tränen der Rührung und der Erleichterung traten in Shoichis Augen. Der Moment der Rührung wurde von einem lauten “TSUNA!” unterbrochen, das vom Klavier her kam.

Tsuna wandte sich in Richtung Stimme und sah Gokudera am Klavier sitzen und ihm zu winken. „Kommst du in den Musikklub?“, fragte er aufgeregt lachend und wollte von seinem Stuhl aufspringen, da knallte ihm ein Mädchen einen Block auf die Finger. „Du bleibst sitzen. Ich kontrolliere jetzt die Anwesenheit! Und an alle neuen Mitglieder, sucht euch ein Instrument. Ich werde euch testen.“, rief sie ernst aus und blickte im Raum umher. Dann deutete sie mit ihrer Flöte auf Tsuna. „Mit dir fangen wir an.“, rief sie in einer Art Militärton und setzte sich auf einen Stuhl. „Was spielst du?“, fragte sie gleich weiter und deutete auf das Instrumenten-Ensemble. „Das ist die Managerin. M.M., Such dir einfach irgendetwas aus und spiel was.“, riet ihm Shoichi und deutete auf die Regale mit den Instrumenten.

Voller Grauen stellte Tsuna fest: Es gab keine Triangel!

“Also… ich wollte wirklich… einfach nur erst mal zusehen… ein Instrument kann ich nicht wirklich spielen, es sei denn es ist aus Metall und besteht aus einer gebogenen Eisenstange…” erklärte er verunsichert und bekam sogleich einen Klaps mit der Flöte verpasst. Der Klub schien ihm gleich um einiges fürchterlicher zu sein.

“Tss, tss, ein Sänger also. Kein Problem. Kennst du ‘Walking on sunshine’? Jeder kennt das Lied! Gokudera, spiel! Der Junge will singen!” Von Wollen konnte nicht gerade die Rede sein, aber zumindest glaubte Tsuna sich an den Liedtext zu erinnern… Das WAR doch das Lied aus der Cornetto Werbung, oder etwa nicht?

Tsuna sang, so gut wie er konnte einige Mitglieder des Musikklubs hielten sich die Ohren zu, andere sahen gequält aus, und wieder andere schockiert. Es konnte nur grauselig sein. Tsuna konnte nicht singen, hatte es nie gekonnt. M.M. wies Gokudera nach etwa acht Takten des Liedes an aufzuhören, dann fragte sie streng. „Name?“ Tsuna antwortete ihr schnell und sie kritzelte ihn nieder, dann zog sie aus ihrer Brusttasche einen Roten Edding und umkringelte den Namen damit genau drei Mal. Dann reichte sie das Blatt einem Schüler neben ihr und dieser platziere es an der Pinnwand, direkt unter Xanxus Namen. „Und jetzt raus!“, rief M.M. wütend und Shoichi schickte ihm noch einen traurigen Blick nach.

Enttäuscht strich Tsuna das “Musikklub” auf seinem Ankreuzbogen durch und sah sich in dem Flur um. Einige Neugierige hatten sich versammelt um zu erfahren wer im Musiksaal auf so fürchterliche Art und Weise zu Tode gefoltert wurde und ein amüsiertes Raunen ging durch die Menge, als sie erkannten, dass es nur ein besonders jämmerlicher Singversuch gewesen war. Tsuna seufzte schwer.

Der Zeichensaal lag dem Musikzimmer direkt gegenüber, bemalte Staffeleien reihten sich davor aneinander und wiesen einen Pfad zu der künstlerisch verzierten Tür. Mit einem schlechten Gefühl im Bauch trat Tsuna durch den Wald aus Farbe, Leinen und Holz, bis er die Tür erreichte und hinein linsen konnte. Im Inneren stand eine Gruppe von Schülern in einem Kreis um ihr Modell. Als Tsuna auf sie zutrat, wurde ihm schmerzlich bewusst, dass Aktzeichnen wohl gerade das Semesterthema war.

Das war viel mehr als er jemals von Dr. Shamal hätte sehen wollen!

Tsuna beschloss, dass dieser Club, trotz seines freundlich aussehenden, kleinen, rosahaarfarbigen Clubleiters, der herumging und sich die Bilder besah, auf Zehenspitzen, nicht der richtige für ihn war Noch bevor er richtig eingetreten war, machte er kehrt, wurde aber kurz vorm Verlassen des Raumes aufgehalten. „Wolltest du zu mir?“, fragte das Mädchen mit dem rosa Haar und lächelte einladend. „N...Nein... Ich denke...nicht dass ich hier...“ Das Mädchen lachte. „Jeder kann zeichnen. Komm her!“, sagte sie und reichte ihm Papier und Stift.

„Ich bin übrigens Nosaru, der Clubleiter. Sieh dir das Bild genau, verinnerliche es und lass es deine Hand führen.“.

Tsuna war den Tränen nahe. Wenn es etwas gab was er sich nicht verinnerlichen wollte, dann war es das Bild vom doch sehr nackten Schularzt, der sich in aufreizender Pose auf einem roten Ledersofa räkelte. Wahrscheinlich musste er wegen diesem Anblick zum Psychologen, damit er das Trauma jemals verarbeiten konnte. Seine Hand zitterte als er zu einer noch leeren Leinwand geführt wurde.

“Ich… ich kann das nicht zeichnen…” weinte er verzweifelt und Nosaru lachte.

“Keine Sorge, wir sind nicht der Musikklub, jeder der mit dem Herzen dabei ist wird aufgenommen, selbst wenn er nur Strichmännchen zeichnen kann. Siehe dir das Modell an, betrachte seine Vollkommenheit und lasse es auf dein Bild fließen.”

Das einzige was im Moment floss war der, nicht enden wollende, Strom aus Tränen, der sich seinen Weg über Tsunas Wangen bahnte.

Tsuna schloss in dem Prozess die Augen und kritzelte ein paar wüste Striche aneinander. Sie hatten nicht einmal eine Verbindung zueinander, aber als er den Stift weglegte und den Blick vor lauter Ekel abwandte. Nosaru nahm ihm das Bild aus der Hand und betrachtete es, indem er es vor sich hielt und dann näher an das Gesicht heranführte. „Das ist ja... genial!“, rief er aus und lachte. Absolut genial. Seht euch das an! Er ist ein Naturtalent!“, sagte der, wenn Tsuna das richtig verstanden hatte, Junge mit dem rosa Haar. Tsuna wusste allerdings noch gar nicht, was genau er da vollbracht hatte.

“Diese Strichführung! Diese Energie! Er hat es geschafft das tiefere Wesen des Modells zu sehen und zu erfassen! Mit seiner leidenschaftlichen Führung hat er es auf das Papier gebannt, es ist wie ein Einblick in die Seele des Modells! In die Seele des Künstlers! Nicht nur das Modell hat er dort auf das Papier gebannt, nein es ist sogar ein Teil seiner eigenen Liebe. Seiner eigenen Passion! Das ist das Beeindruckendste was ich bisher an dieser Schule gesehen habe!” schwärmte der Klubleiter, und die Traube aus Mitgliedern die sich um ihn versammelt hatte, stimmte in zustimmendes Gemurmel ein. Anscheinend war er der nächste Da Vinci oder Van Gogh, aber ihn konnte das nicht wirklich interessieren. Verzweifelt blickte er sich in dem Saal um, um seine Augen von diesem schrecklichen Anblick zu erholen.

Und als seine Augen über die Portraits an den Wänden glitten, kräuselte sich seine Stirn zweifelnd. Sah er da wirklich was er sah? Hatte der vorherige Schock ihn ins Delirium geschickt? Mit zweifelndem Blick trat er näher an eine Reihe von ebenfalls Aktbildern, auf denen ein sehr, sehr nacktes männliches Modell sich wie eine Katze auf einem roten Laken räkelte. Das Licht glitzerte auf den Perlenketten die auf seinem Körper platziert waren und unterhalb seiner wohl trainierten Bauchmuskeln… Tsuna wurde knallrot, aber er konnte einfach nicht von diesem sehr lebensechten Bild wegsehen.

Für einen Kerl, dachte Tsuna, sah Xanxus unglaublich attraktiv aus.

Hoffentlich fand er niemals heraus, dass er diese Bilder gesehen hatte.

Kurzzeitig hatte Tsuna das Bedürfnis das Bild einfach nur unter seinem Pullunder verschwinden zu lassen, aber er hatte ja einen starken Geist. Wenn er dem Kunstklub beitrat, ob Xanxus da auch noch einmal für ihn Modell stehen würde?

Kurzzeitig dachte er daran, dass das etwas Gutes war, dann dachte er daran, dass er Xanxus sein Bild wahrscheinlich zeigen müsste und plötzlich bekam er das Bedürfnis zu fliehen erneut. So lange die anderen noch mit seinem Bild beschäftigt waren, machte er sich auf den Weg, schlich hinter ihnen an der Wand lang und flüchtete aus der Tür, direkt in den Raum, der nur eine Tür nebenan lag. Die Tür des Schauspielclubs. Seine letzte Wahl. Der Raum sah eigentlich aus wie ein normales Klassenzimmer. Nichts war daran speziell. Nur ein paar der Tische waren verrückt und eine relativ kleine Gruppe Menschen hockte in einem Halbkreis mitten im Raum. In ihrer Mitte stand eine Person mit blauem Haar, die Tsuna zunächst nur von hinten sah.

Der Junge hielt in seiner linken Hand ein Buch, aus dem er etwas vortrug und mit seinem ganzen Körper unterstrich er das Gesprochene. Obwohl er kein Mikrophon hatte, erfüllte seine Stimme den gesamten Raum und packte einen geradezu. Seine Ausstrahlung war selbst dann fantastisch, wenn man ihn nur von Hinten sehen konnte.

“Glaub unsereinem: dieses Ganze, ist nur für einen Gott gemacht! Es findet sich in einem ewigen Glanze, uns hat er in die Finsternis gebracht, und euch taugt einzig Tag und Nacht.” Neugierig trat Tsuna näher und lauschte seinen Worten. Theater bestand bisher für ihn eher aus Märchen in denen man Hexen in Backöfen schubste, und nicht aus Vorträgen aus Büchern.

Ein violetthaariges Mädchen unterbrach ihn mit einem kurzen “Allein ich will!” bevor der Junge erneut begann zu sprechen. Diesmal noch kraftvoller als zuvor.

“Das lässt sich hören! Doch nur vor einem ist mir bang: Die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang. Ich dächt’, Ihr ließet Euch belehren. Assoziiert Euch mit einem Poeten, lass den Herrn… können wir dir helfen?”

“Ich… also ich…” stammelte Tsuna, konnte seinen Satz jedoch nicht beenden, da der Junge wieder das Wort an sich riss.

“Mein vielsichtig Aug’ erblicket es dort in der deinen Händen ein Formular zur Knechtschaft in den unsren Reihen? Ich bin verzückt, gar verzaubert. Wo uns das niedere Volk doch sonst nicht mit ihrer Anwesenheit beehrt. Tret’ näher junger Freund und lasse dich anblicken. Nur keine falsche Scheu, tritt vor, tritt vor!” „Ein Neubewerber, wie wunderbar!“, rief der Junge aus und winkte einem Mädchen mit lila Haar zu, dass daraufhin aufsprang und einen Block schnappte. „Wie lautet dein Name?“, fragte sie verschüchtert und Tsuna nannte ihn leicht stotterig. Das Mädchen schrieb ihn mit und schon stand er auf der Liste und war eingetragen in den Schauspielclub. Der Junge löste sich jetzt und trat einen Schritt von Tsuna weg, stellte sich ihm gegenüber und maß ihn, aus der Entfernung mit zugekniffenem Auge. „Ah. Wunderbar. Genau so jemanden, haben wir gesucht. Du machst dich großartig als kleiner Junge.“; sagte Mukuro erfreut und Tsuna erschrak sich als die anderen Mitglieder begannen zu klatschen.

“Als-Als kleiner Junge?” fragte Tsuna verunsichert und verwirrt darüber, ob das jetzt eine gute Sache war, oder eine schlechte. Schauspieler verstörten ihn. Im Allgemeinen verstörten ihn alle Menschen, aber das Theatervolk war eine Truppe, die er noch weniger durchschaute als den Rest. Genau das war zwar ihr Job, aber das hieß ja noch lange nicht, dass Tsuna das unterstützen musste.

“Oh ja, das wird ganz fan-tas-tisch, Kufufufufufufu… wenn ich mich vorstellen darf, ich bin der großartige, atemberaubende, unglaublich talentierte Mukuro. Solange ich Mephistopheles spiele, darfst du mich aber auch Herr und Meister aller Sünde und Zerstörung nennen.” charmant lächelnd erhaschte er sich weiteren Jubel seiner Zuhörer. Alle waren ungemein von ihm fasziniert.

Tsuna ließ den Blick über den Jungen gleiten und als er an seinem Gesicht hängen blieb, stockte ihm fast der Atem. Er hatte doch tatsächlich zwei verschiedenfarbige Augen? Wie speziell... und gruselig. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken als Mukuro ihn musterte. „Gib Chrome doch nachher deinen Zettel, sie wird ihn dir unterschreiben. Kufufufu. Wir sind gerade dabei unser neues Stück zu besprechen. Nimm ruhig Platz und hör zu. Natürlich werden wir das Schuljahr mit Goethe beginnen, wie immer. Es ist bereits Tradition.“, erklärte Mukuro und hielt sein Buch in die Luft. „Mukuro-san... Wir haben dieses Jahr wirklich sehr viele Mitglieder.“, meldete sich das lilahaarfarbene Mädchen zu Wort, das vorher Tsunas Name aufgeschrieben hatte. „Wenn wir Glück haben müssen wir nicht einmal wen doppelt besetzen.“, sagte sie mit einer sanften und eingängigen Stimme und Mukuro lächelte zufrieden.

“Das ist ja auch kein Wunder, dass die Mitglieder uns in Scharen beitreten wollen! Nach unserer fantastischen, geradezu außergewöhnlichen Vorstellung im letzten Jahr, sind sicher alle von unserem Klub begeistert! Es wurde auch Zeit, dass man erkennt, dass das Theater einen viel höheren Stellenwert in der Kunst hat, als Musik oder Malerei, kufufufufufufu…!” theatralisch zog Mukuro einen Fächer aus seinem Gürtel und fächelte sich wie einen verwöhnte Diva frische Luft zu. Das dürre Mädchen lächelte ihn milde an und las die Namen der Jungen und Mädchen vor, die dem Klub beitreten wollten.

Es waren nicht mal annähernd so viele wie Kunst oder Musikklub, das erkannte Tsuna ziemlich schnell, aber der Klubleiter schien über alle Maße damit zufrieden zu sein.

„Hach. Wundervoll. Einfach fantastisch. Großartig! Nun... Wir wollen nächste Woche mit den Proben beginnen, daher haben wir für jeden ein Textbuch. Nehmt es mit nach Hause, lest es, lernt es, lebt es. Das Casting für die Rolle des Faust beginnt nächste Woche. Ich möchte das alle perfekt vorbereitet sind. Wer am besten spricht darf gemeinsam mit MIR im ganzen Stück spielen. Ich bin sicher, wir werden ein großartiges Stück aufführen.“, meinte er theatralisch und das Mädchen, das Chrome hieß, dieser Name ließ irgendwie Glocken in Tsunas Kopf klingeln, nickte beipflichtend.

„Mukuro-san möchte dieses Jahr nicht wieder beide Hauptrollen spielen müssen, also bitte strengt euch an.“, sagte das Mädchen sanft.

Tsuna nahm sich vor, das Textbuch genau zu studieren und sich die allerkleinste Rolle rauszusuchen die es gab. In seinen bisherigen Stücken hatte er erfolgreich die Rollen eines Baums, eines Steins und, seiner persönlichen Starrolle, eines Lamms zum Besten gegeben. Jede war ein voller Erfolg, hauptsächlich deshalb, weil er keinen Text hatte und einfach nur auf der Bühne stand.

Als Lamm hatte er ein Kostüm bekommen dass aus knappen engen weißen Shorts, einem kurzen T-Shirt, großen wuscheligen Lammohren und weißen flauschigen Arm und Beinschonern bestand. Dazu hatte er noch ein kleines Steißchen am Gürtel und eine große rote Schleife um den Hals getragen. Damals fand er das Outfit einfach süß und knuffelig, wenn er sich heute die Fotos anguckte kam er sich vor als hätte er damals für einen Shota Manga posiert.

Auf jeden Fall hatte Tsuna fest vor wieder so eine tragende Rolle zu spielen. Ein Passant der Äpfel kauft oder ein Zimmermädchen das den Müll raus bringt, solche Rollen erfüllten ihn mit Stolz - weil nicht mal er sie vermasseln konnte.

Nach dieser Ansprache las ihnen Mukuro noch etwas aus dem Buch vor, zeigte dabei etwas von seinem schauspielerischen Talent, das, dass musste Tsuna neidlos zugeben, wirklich beeindruckend war. Mukuro war einfach sehr talentiert, wenn auch eine Diva, aber solche Menschen waren die richtigen für solche Rollen.

Nach einer Stunde endete der Schauspielkurs und alle anderen Mitglieder verließen den Raum, nur Mukuro, das Mädchen, Chrome, und Tsuna blieben zurück. Das Mädchen kam freundlich lächelnd zu ihm und nahm ihm den Zettel aus der Hand, den er die ganze Zeit fest gehalten hatte. „Ich fülle ihn dir schnell aus.“, sagte sie freundlich und klemmte ihn auf ihr Klemmbrett und setzte sich neben Tsuna auf einend er Stühle um besser schreiben zu können. „Ich bin übrigens Chrome, freut mich dich kennen zu lernen:“, sagte sie sanft, während sie den Zettel ausfüllte.

“Da-Das freut mich auch. Der Klub scheint ja… sehr nett zu sein… ich-also ich war vorher ja bei den anderen beiden und das war sehr… hektisch dort. Geradezu als würde es dort nur… Wahnsinnige geben…” erzählte Tsuna und steckte das Formular sicher weg, als Chrome es ihm zurückgab. Sie schenkte ihm ein schüchternes Lächeln und da erst fiel Tsuna auf, dass sie nur ein Auge hatte, das andere lag unter einer großen schwarzen Augenklappe mit einem Totenkopf aus Silber drauf verborgen.

“Seit Mukuro-san den Klub leitet machen wir auch richtig was und vertrödeln unsere Zeit nicht nur… er ist…” sie wurde ein wenig rot um die Nase. “Wie ein Gesandter Gottes… Er ist praktisch selber schon ein Gott, des Schauspiels meine ich. Hihihi…”

Tsuna zog die Augenbraue nach oben und betrachtete das Mädchen etwas verwirrt, Hatte sie Mukuro gerade mit Gott auf eine Stufe gestellt? So gut war er nun auch wieder nicht. „Er... Er spielt sicher ganz fantastisch.“, sagte Tsuna leise und Chrome nickte freundlich, während ihr Blick zu Mukuro schweifte, der dabei war ein Buch aus einem Stapel zu suchen. „Kufufufu.“, lachte er erfreut, als er sich umwandte und auf Tsuna zuging. „Ich möchte, dass du die Rolle von Faust spielst, Tsuna. Du wärst perfekt. Wir sind so gegensätzlich.“, sagte er erfreut und reichte ihm das Textbuch, während er Tsuna eingehend musterte. „Eigentlich brauchen wir gar kein Casting. Ich habe mich schon entschieden. Du sollst es sein!“, rief er aus und Tsuna nahm, mit zitternden Händen das Buch entgegen. „Mukuro-san, das können wir nicht machen...“, widersprach ihm Chrome und lächelte sanft. „Die Anderen müssen auch eine Chance bekommen.“

Mukuro hielt ihr einen Finger vor die Lippen und brachte sie damit zum Schweigen. Dramatisch streckte er die andere Hand in den Himmel als wollte er nach den Sternen greifen und schloss sie, vor Theatralik nur zu überschwappend.

“Papperlapapp meine süße kleine Chrome.” sie kicherte und Tsuna konnte nur schwer dem Drang widerstehen seine Augen zu rollen. “Ich sah in die Augen dieses verwirrten Lammes und was sah ich da drin meine süße kleine Chrome?! Sag mir was ich sah!”

Chrome fiepte aufgeregt und erinnerte Tsuna für einen Moment an seinen Hamster, bevor seine Mutter ihn aufgesaugt hatte. “Was hast du gesehen, Mukuro-san?”

“Ich sah meinen Faust! Ein helles Licht schien vom Himmel als die Wolken ihre Pforten öffnete und ich wusste! Das ist mein Faust! Ich muss niemanden mehr sehen, ich muss niemanden mehr ertragen! Faust! Faust! Wurde mir gesagt, mein Faust steht vor mir, in Form dieses schwächlichen Jünglings! Und so spreche ich zu dir, meine kleine, süße Chrome, und teile dir den Willen des Schauspielgottes mit! Das ist UNSER Faust!”

Tsuna fiepte nun auch. Nach langer Zeit war einmal wieder sein „YIIIIH!“ zu hören, dass bis in den Gang vordrang.

„Hör dir das an! Das ist der Schrei eines Faust! Der charakteristische Schrei, den er vor seinem Tode äußert. YIIIIH! YIIIH!“, rief Mukuro aus und Chrome lachte leise und klatschte in die Hände. „Lern deinen Text, oh kleiner Faust, damit du ihn nächste Woche kennst. Denn auf dich möchte ich nicht verzichten.“, sagte Mukuro und beugte sich zu Tsuna herunter, um ihm direkt in die Augen sehen zu können. Tsuna wich ängstlich zurück und wollte sich am liebsten hinter seinem Stuhl verkriechen. Jemand musste ihn retten. Jetzt. In seinem Geiste hatte er schon die Silbe Xa... geformt, als die Tür aufgerissen wurde und ein animalisches Knurren ertönte. „Chrome!“, rief jemand sehr ungehalten und dann trat ein blonder Junge mit einer Narbe auf der Nase in den Raum, der Tsuna erschreckend bekannt vorkam.

“Du unnützes Weib, flirte nicht immer mit deinen Senpais und komm her. Ich hab Dir Kekse gekauft und wenn du nicht augenblicklich herkommst esse ich sie selber.” grummelte der Junge und verschränkte seine Hände vor seiner Brust, wobei eine Ader auf seiner Stirn wütend zu pulsieren begann. Bei dem Klang der Stimme fiel es Tsuna wie die Schuppen von den Augen. Kein Wunder dass ihm der Junge bekannt vorkam. Das war einer der Kerle, die er auf dem Dach während des Festes hatte streiten hören! Dann war das Mädchen von dem der andere Junge geredet hatte wohl Chrome… man die Welt war wirklich klein.

Chrome schenkte bei den Worten Mukuro und Tsuna noch ein breites Lächeln und kicherte zuckersüß. “Wir sehen uns dann morgen. Es hat wieder ganz viel Spaß gemacht, danke Mukuro-san, dass ich die Managerin werden durfte. Ich arbeite so gerne für dich, es ist mir eine Eh-”

“CHROME!” bellte der Junge wütend und stapfte nun zu ihr hin. Tsuna trat aus Sicherheitsgründen ein paar Schritte zurück.

Der Blonde schien keine Lust zu haben, zu reden und packte das Mädchen am Handgelenk. Es sah aus, als würde es wehtun, aber Chrome verzog keine Miene, und griff stattdessen nach dem Arm des Jungen, um sich bei ihm einzuhaken.

Tsuna nutzte den Moment der Verwirrung und floh, vor Mukuro, zur Tür, um den Raum verlassen zu können. Irgendetwas sagte ihm, dass er nicht allein mit diesem Jungen in einem Raum sein wollte.

Gleich nach ihm folgten Chrome und ihr Freund. Der Blonde zog das hilflose Mädchen mehr mit sich, als dass er mit ihr gemeinsam lief, aber da Chrome lächelte, machte Tsuna sich keine Sorgen... Andererseits... Wirkte der Junge ein wenig brutal... Ob er etwas mit ihrer Augenklappe...

Tsuna schaffte es nichts einen Gedanken zu Ende zu denken, da sah er auch schon Mukuros rotes Auge erneut vor sich sah. „Yiiih!“ rutschte es ihm heraus und sein Schrei brachte den Anderen erneut dazu zu lachen.

“Möchtest du vielleicht ein bisschen mit mir, kufufufufu… üben? Ich bin ein außerordentlich guter Lehrer wenn es ums Theater geht. Unter meiner Führung wirst du nicht nur WIE Faust. Nein! Du WIRST Faust!” erklärte Mukuro ihm übers ganze Gesicht strahlend und stupste mit dem Zeigefinger gegen Tsunas magere Brust. Weinerlich quiekend schüttelte dieser heftig seinen Kopf und ging immer weiter rückwärts bis er auf dem Gang stand, noch immer mit Mukuro genau vor seiner Nase.

“D-Das ist s-sehr nett… aber ich muss… ich muss…Oh! Xanxus!” Erleichterung durchströmte ihn, als er den jungen Mann aus der Flügeltür zur großen Halle kommen sah. “Ich muss noch mit Xanxus lernen! Aber das war wirklich ein-ein nettes Angebot! Wir sehen uns bei der nächsten Probe!”

Mukuro starrte ihm noch nach, dann zuckte er ein wenig enttäuscht mit den Schultern und verschwand erneut im Klubraum.

Tsuna lief unterdessen zu Xanxus der ein wenig verwirrt die Augenbraue hochzog. „Was schreist du schon wieder so rum?“, fragte er den Jungen barsch und musterte ihn von oben genau, fast so als würde er ihn auf Verletzungen untersuchen. Auch Tsuna musterte ihn. Er wusste nicht wieso er das vermutete, aber er glaubte Xanxus kam gerade vom Training. Er sah viel lockerer aus als sonst. Ausgepowert. Seine Haare waren nass. Sein Hemd war nur halb zugeknöpft und seine sonst so fest gebundene Schleife hing nur lose und offen um seinen Hals.

Tsuna musste sich zwingen die Augen abzuwenden. Schon allein weil Xanxus‘ Anblick jetzt, so etwas Friedliches an sich hatte und weil ihm gleichzeitig durch seine Gegenwart das Bild aus dem Kunstsaal wieder ins Gedächtnis gerufen wurde und ihm die Röte in die Wangen trieb. „Ni.. Nichts...“, antworte er auf Xanxus Frage hin und mied den Blick in seine Augen.

Xanxus schnipste ihm schmerzhaft gegen die Stirn und zwang ihn, indem er seine Hand unter Tsunas Kinn schob und es mit dem Daumen hoch drückte, ihn anzusehen.

“Du quiekst mich also an wegen nichts? Spucks aus, früher oder später finde ich es eh heraus und es ist mit Sicherheit besser, wenn ich es von dir erfahre, als wenn es mir zugetragen wird.” Tsuna kniff die Augen fest zusammen um Xanxus nicht anzusehen, denn in dem Moment wo er sein Gesicht hoch gedrückt hatte, rann ein Wassertropfen aus Xanxus Haaren seinen Hals herunter über seine wohlgeformte Brustmuskulatur und verschwand anschließend im Stoff seines Hemdes. Tsuna kam sich vor wie eine Art Stalker weil der Anblick ihn so… fasziniert hatte.

“Es-Es ist wirklich nicht… ich hab, also… ich hab heute nur… meinen Kunstkurs gewählt und ich war im Kunstsa- Ich mein ich-ich bin dem Theaterkurs beigetreten!”

„Ah. Du warst m Kunstsaal.“ Xanxus hatte es natürlich wieder sofort verstanden worum es Tsuna gegangen war. Er grinste jetzt wie ein... Wie sollte Tsuna das beschreiben? Wie ein... Honigkuchenpferd passte nicht wirklich, denn sein Grinsen hatte etwas Obszönes, dass die Lage des Braunhaarigen Jungen nicht unbedingt verbesserte. Er versuchte den Körperkontakt zu Xanxus zu lösen, aber es gelang ihm nicht und er versuchte daher die Augen auf etwas weniger wichtiges zu lenken. Weg von seiner nackten Haut, hinunter zu seinem leicht nassen, halb durchsichtigen Hemd. Tsuna begann zu glühen.

Als Xanxus sich zu ihm herunterbeugte, bildeten sich kleine Schweißperlen auf seiner Stirn. „Hübsch nicht? Die Künstler sind wirklich talentiert.“, meinte er grinsend.

Knallrot leuchteten Tsuna Wangen bei diesen Worten auf und nur eine heisere Mischung aus Quieken und stöhnen entkam seiner Kehle. Er hatte das Gefühl seine Beine wären aus Pudding, und das er jeden Moment einfach nach hinten umfallen würde, aufgrund eines massiven Hitzeschocks. Er räusperte sich beim aussichtslosen Versuch seine Fassung wieder zu erlangen.

“J-Ja… also… die haben dich wirklich gut getroffen vor allem die Details weiter unten…ich mein oben! Bei-bei den Perlen-ich mein, ich mein! Bei deinen Federn! Es war so so… detailgenau!” röchelte Tsuna und starrte verzweifelt an Xanxus vorbei auf die Wand.

„Hast du dich gefragt, ob das alles echt ist? Ob es wirklich so aussieht?“ Tsuna reagierte nicht und kniff nur wieder die Augen zusammen. War dass da Xanxus‘ Atem auf seiner Wange? Oder bildete er sich das ein.

Was war das für eine Situation? Wo war er hier hinein geraten? Tsuna wollte Schreien, weglaufen, aber kein Ton kam aus seiner Kehle und rühren konnte er sich auch nicht.

„Willst du es sehen?“, Xanxus trug nicht gerade zu seiner Beruhigung bei. Tsuna schaffte es schwach den Kopf zu schütteln, sein Atem ging mittlerweile so schnell, er hätte ein Windrad antreiben können. „Aber ich könnte es dir zeigen... Wir sind doch unter Männern.“, grinste Xanxus. „Und die Duschwand ist noch warm.“

“Ja-Ich meine… Nein! Ich meine, das geht nicht!” schrie Tsuna heiser und spürte wie sein Blut zu zirkulieren begann. “Du-Du bist mein Senpai und das ist… das ist! Zu viel… also deine Privatsphäre auch wenn wir beide Männer sind und… und! Und ich hatte ja gar keinen Sport also muss ich ach nicht duschen. Ich… also ich…”

Seine Stimme stotterte so schlimm wie noch nie in seinem Leben und auf seinen Lippen konnte er Xanxus heißen Atem spüren.

Er konnte ganz unmöglich in derselben Dusche sein wie Xanxus. Vor allem nicht, damit Xanxus ihm beweisen konnte, wie sehr das Bild der Realität entsprach. Wenn Tsuna nur daran dachte, wie das heiße Wasser der Dusche über seinen Körper rinnen würde. Er stünde mit dem Rücken gegen die gekachelte Duschwand gepresst und Xanxus direkt vor ihm. Nur ein kleines Stück müsste er sich vorbeugen um über ihm zu stehen. So nah, dass er die Körperwärme des anderen spüren konnte… Seine Hitze… seine Hände..sei-”YIIIIIIIIEEEEEH!” heftig keuchend sprang Tsuna einen Schritt zurück und presste sich seine Schultasche gegen seinen Körper, der mittlerweile zitterte wie Espenlaub.

„Na gut. Dann vielleicht ein anderes Mal.“, meinte Xanxus grinsend und stolzierte an Tsuna vorbei. „Ich gehe jetzt nach Hause, kommst du mit?“, fragte er beiläufig und blieb ein paar Schritte weiter, im Gang stehen. Er wartete, bis Tsuna sich von seiner Zitterattacke erholt hatte und zu ihm gelaufen kam.

Er war reserviert und außergewöhnlich still und heute ausnahmsweise nicht gewillt ein Gespräch zu beginnen. Schweigend lief er neben dem Größeren her und versuchte sich selbst zu beruhigen. „Deine Hormone sind ganz schön aktiv.“, meinte Xanxus nach einer Weile des Schweigens. Er grinste noch immer. Mit so guter Laune hatte Tsuna ihn noch nie gesehen, aber irgendwie... war das auch kein Wunder.

Wahrscheinlich war die ganze Angelegenheit für ihn nur ein einziger großer Spaß, aber für ihn war es der pure Horror. So… so dachte man nicht von seinen Senpais und von seinen Freunden noch viel weniger.

In diesem Moment wusste Tsuna nicht viel, aber über was er sich mit großer Sicherheit im Klaren war, war die Tatsache, dass er sein Zimmer heute nicht ohne eine große Packung Clenex betreten würde.

Hormone waren das schlimmste was Teenager durchleiden mussten, denn sie waren unerbittlich und kannten weder Freund noch Feind.
 

Wird fortgesetzt...

12. Juni

Halli, Hallöchen, hier meldet sich Allrenn mal wieder. Aus gegebenem Anlass wollte ich mal ein paar Hintergrundinformationen geben. Also zuerst einmal: Unser Plot ist fertig ausgearbeitet, wir haben einen über 10 Monate gestreckten Plan, den wir beim Schreiben verfolgen. Dabei setzten wir unsere Kapitel aus Events und Kitten zusammen. (Nein, keine Kätzchen, ich mein Beziehungen kitten, die für den späteren Verlauf wichtig sind.) Das ist auch der Grund, warum unsere Kapitel so recht zügig kommen, immerhin wissen wir worauf es hinausläuft.

So außerdem >__> Ich weiß gar nicht wie ich das erzählen soll, ohne mir dumm vorzukommen… also die FF spielt NICHT in der Reborn Welt, sondern in dem Persona Universum. Wenn Tsuna ein paar Wollhandschuhe anzieht, werden diese kein Feuer fangen und er wird sich auch nicht in Unterwäsche von Dach zu Dach stürzen. (Auch wenn Xanxus mit Sicherheit dafür wäre. *chuckle*) Wenn Tsuna kämpfen lernt, wird dies auf eine etwas unspektakuläre Weise geschehen. Höchstwahrscheinlich, mit einer Schusswaffe.

Die Schüler unserer netten Schule können _nicht_ kämpfen, abgesehen von Schwertkampf, Fechten, etc. was sie in den Schulkursen lernen. Die Ausnahmen sind natürlich unsere späteren Feinde, von denen wir aber natürlich noch nicht sagen wer das sein wird.

Wenn ihr die FF lest im Glauben Tsuna wird irgendwann seinen “Dying Will” herausschreien, müssen wir euch enttäuschen. Diese FF ist AU und spielt in einem Universum, wo Schusswaffen, in der Tat, tödlicher sind als Wollhandschuhe. Tsuna WIRD auf eine Art kämpfen lernen, denn nein, wir werden die Action nicht völlig außen vor lassen. Immerhin ist Tsuna auch in der Persona Welt der zukünftige Pate. Aber er wird wahrscheinlich auf eine andere Art und Weise seine Ziele erreichen als ihr denkt.

Ich hoffe das klang nicht zu harsch, aber wir möchten wirklich keine falschen Hoffnungen bei unseren Lesern wecken. Wir sind euch übrigens wirklich dankbar für eure treue Unterstützung. Wenn wir euch nicht hätten, wären wir sicher nicht so motiviert zügig weiter zu schreiben. ^__^ Jeder Kommentar hebt ungemein unsere Laune und damit unsere Schreiblust.
 

PS: (weil das ja noch nicht lang genug war. *augenroll*) Werft ab jetzt auch ruhig mal nen Blick auf die Kapitelübersicht. Wir setzen demnächst mal nen Link für unsere Leser rein, die nicht das Vergnügen hatten Persona zu spielen. Damit die ein besseres Bild von der Schule und so weiter bekommen.)
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS

Rating: Dank Squalo immer noch auf PG 16 >////>
 

Pankeias Segen
 

12. Juni
 

Es war ein wundervoller Tag. Der Sommer hielt langsam Einzug. Die Sonne war warm, die ersten Bäume begannen zu blühen und verbreiteten einen angenehmen Duft. Tsuna blickte aus dem geöffneten Fenster und träumte davon auf der Wiese zu liegen und die Wolken zu beobachten, aber statt seinen Träumen nachzuhängen, musste er Daniela zuhören, die gerade versuchte ihm Mathe zu erklären.

Sie gab sich alle Mühe, aber Tsuna half es kaum und was ihm noch viel weniger half war Giotto, der an der anderen Seite des Tisches saß, einen Pudding aß und immer versuchte nützliche Tipps zu geben, die ihn nur noch mehr verwirrten.

„Das hat doch alles keinen Sinn.“, seufzte er frustriert und legte seinen Stift aus der Hand und raufte sich die Haare. „Ich verstehe gar nichts.“

Und damit untertrieb er sogar noch. Irgendwo nach einer halben Stunde hatte sein Gehirn sich abgeschaltete und aufgegeben, verstehen zu wollen, was Daniela ihm hier so begeistert beizubringen versuchte. Es gab so viel bessere Dinge, über die man sich Gedanken machen konnte, zum Beispiel wie er jemals die Rolle des Faust auswendig lernen sollte oder ob Chrome ihm vielleicht diesen blonden Jungen vorstellen konnte, oder ob Xanxus heute wieder Sporttraining hatte.

In Gedanken strich er den letzen Satz knallrot durch.

Er konnte sich wirklich nicht erklären wo der hergekommen war.

“Ach es ist doch wirklich ganz einfach, ist ja nicht so als wäre Algebra sonderlich schwer.” summte Daniela gut gelaunt und schob ihm die nächste Übungsaufgabe hin.

Tsuna wollte nicht mehr, aber er hatte bereits Erfahrungen damit gesammelt, was Weigerung ihm einbrachte und das war nichts als Ärger.

Seufzend nahm er das Blatt an sich und begann die Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen durchzurechnen. Am Ende bekam er -123456 heraus und hatte schon ein vages Gefühl, dass das nicht ganz stimmen konnte. Seufzend schob er Daniela die Aufgabe hin. Dies lächelte, zückte den Rotstift und begann schon in der ersten Zeile anzustreichen. „Da ist doch schon viel Gutes dabei...“, kommentierte sie fröhlich lächelnd, während sie den ganzen letzten Teil seiner gelösten Aufgabe durchstrich. „Erinnerst du dich was wir über binomische Formeln gesagt hatten?“ fragte sie nebenbei und begann eine kleine Melodie zu summen. „Hast du sie wieder vergessen, Tsuna? Dabei sind die wichtig!“, warf Giotto von der Seite ein. Tsuna wünschte sich, dass der Boden ihn einfach verschlucken und auf der nächsten Wiese wieder ausspucken würde.

“Es-Es tut mir leid Daniela, ich kann heute einfach nicht mehr… also ich... Ich hab die Formeln gelernt und alles, aber nach drei Stunden bin ich einfach… einfach alle… Können wir nicht einfach heute Schluss machen?” flehte Tsuna sie verzweifelt an, wobei sich kleine Tränen in seinen Augenwinkeln bildeten. Sein Hirn fühlte sich an wie Mus, wenn er nicht aufpasste, würde es ihm aus seinen Ohren herauslaufen und mit Sicherheit würde dieser Ordnungsfetischist Amicelli ihn dazu zwingen die Sauerei selber wegzumachen.

Daniela klopfte ihm leicht mit dem Mathebuch auf den Kopf und schüttelte energisch ihren hübschen Kopf. “Nein, nein, nein. Tsuna, wenn du so schnell aufgibst, wirst du immer ein Versager bleiben. Wo ist dein Rückgrat? Wo ist den Enthusiasmus?!”

“In meinem Schrank, da wo er keinen Schaden anrichten kann.”

Daniela blickte ihn einen Moment lang entsetzt an, dann lächelte sie. „Wir werden ihn schon da rausholen. Ausmisten ist angesagt.“, meinte sie fröhlich und suchte eine neue Aufgabe aus dem Buch heraus.

Tsuna wollte nicht mehr und Giotto, der sich jetzt seinen dritten Pudding nahm, machte das ganze auch nicht besser, als er sagte. „Hach Tsuni. Du musst dich wirklich mehr anstrengen.“

Tsuna verdrehte die Augen und wünschte sich in diesem Moment Nichts sehnlicher, als dass ein Engel vom Himmel kam und ihn vor seinen Schulaufgaben rettete, aber natürlich geschah das nicht. Er seufzte und nahm das neue Blatt entgegen.

Gerade wollte er sich über das Blatt mit den neuen Übungsaufgaben beugen und beginnen diese zu lösen, als die Tür aufflog und ein melodisches Geräusch erklang, das in Tsunas Ohren wie die Töne einer himmlischen Okarina klangen. Er jauchzte fast, als durch den Türspalt einen Schopf silbernen, engelsgleichen Haares sehen konnte und erneut die himmlische Melodie erklang. „VOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOIIIIII!!!“

Er war gerettet! Squalo würde ihn vor dem nahenden Hirntot sicher bewahren.

“Nimm deine dreckigen Wichsgriffel von mir du abgefuckter Arsch! Ich hab nichts getan wofür ich hier durch den verfickten Gang an meinen verfickten Gaffern von Mitschülern geschleift werden müsste! Voooooi!!! Verfickte Scheiße noch mal! Loslassen!” fluchte er gereizt, als Amicelli ihn hinter sich, am Kragen gepackt, in das Schülerratszimmer schleifte.

“Du weißt genau was du getan hast!” keifte Amicelli ihn an und schubste ihn vor sich her. “Du siehst aus wie ein Penner, das Hemd ist nicht in der Hose, du trägst die Schulschleife nicht um deinen Hals und bei deiner Haarlänge ist es vorgegeben einen Zopf zu tragen aus Hygienegründen!” Wie aus dem Nichts zauberte er plötzlich ein blaues Band hervor und hielt es Squalo unter die Nase.

Es war mit kleinen glitzernden Strasssteinchen besetzt und funkelte im Licht.

Squalo schnappte danach, machte aber keine Anstalten ihn sich ins Haar zu flechten. „Fass meine Sachen nicht nochmal an, du Penner! Wie du siehst hatte ich meinen verfickten Haargummi dabei! Aber ich hatte gerade geduscht! Weil man das nach dem verfickten Sporttraining nun mal so macht und du verfickter Bastard, hast nicht die geringste Ahnung, wie es ist, wenn man so langes Haar in einem verfickten Zopf trocknen lässt!“; Squalo bebte vor Wut und blähte seine Nasenflügel gefährlich auf. Sein Organ hatte alle Anwesenden dazu bewegt ihre Hände auf die Ohren zu legen und obwohl Tsuna fühlte, dass sein Trommelfell und sein Sprachschatz fast vor einem Kollaps standen. Hörte er Squalos Reden zu, als wären es die zehn Gebote.

Sein Engel! Sein Retter! Sein Weg in die Freiheit! Noch ehe er wusste, was er eigentlich tat, hatte er sich von seinem Platz erhoben, um auf sich aufmerksam zu machen.

“Squalo! Es ist so schön dein engelhaftes Gesicht zu sehen!” jauchzte er voller Freude und schnappte sich seine Schultasche, während er auf ihm zutrat, wobei funkelnde Sternchen aus seinen Augen stoben. Squalo blickte ihn an, als wäre er von allen guten Geistern verlassen. Wahrscheinlich entsprach das auch der Wahrheit.

“Was… hast du bitteschön verfickt noch mal geraucht?” fragte er irritiert, doch Tsuna schnappte sich seine Hände und drückte sie strahlend. Seine Erlösung! Er würde diese Chance nicht ungenutzt lassen!

“Ich habe nichts geraucht. Aber deine elfengleichen Züge sind die Rettung meiner verzweifelten Seele!” Nun sah Squalo mit gerunzelter Stirn zu den anderen im Raum, aber die schienen so verwirrt zu sein wie er selber.

„Hast du ein verficktes Textbuch verschluckt oder was zur Hölle ist los mit dir?“, sagte er genervt und ließ sich mitziehen, bis sie bei den Schulregalen angekommen waren. „Amicelli, dieser Sack wird dir den Hals umdrehen, wenn er dich in die Finger kriegt. Er wollte mir ne verfickte Verwarnung schreiben.“, meinte Squalo, während er seine Schuhe aus dem Regal zog und in sie schlüpfte. „Aber scheiß drauf. Du hast mich gerettet, also lass uns abhauen.“, sagte er und ging voraus, während Tsuna noch seine Schuhe überstreifte.

Er beeilte sich ihm zu folgen und lief am Schultor wieder neben ihm. „Mann dieser Bastard. Er passt Leute vor der verfickten Dusche ab um sie zu bestrafen! VOOOOI!“, meinte er genervt. „Ich hab noch nie eine verfickte Schleife getragen und hab es auch nicht vor. Schulregeln sind Scheiße.“

“I-Ich muss dir danken… Daniela foltert mich seit Stunden mit ihren schrecklichen Matheaufgaben und ich hab nicht da Gefühl irgendwas begriffen zu haben.” seufzte Tsuna und passte sich Squalos Gehtempo an, als sie zum Schultor gingen. Der warme Sonnenschein hob seine Laune gleich deutlich, als er auf ihn nieder brannte und ein leicht warmes Gefühl auf seiner Haut hinterließ. Der Himmel war heute so blau, Tsuna konnte einfach nur erleichtert sein und war umso überraschter, als Squalo plötzlich stehen blieb.

“FUCK!” schrie er aufgebracht und ließ seine Tasche wieder zuschnappen, in der er eben noch gewühlt hatte. “Wir müssen noch mal zurück. Ich hab meinen verfickten Skizzenblock im Kunstsaal liegen lassen. So ein Bullshit.”

„Ku... Kunstsaal?“, meinte Tsuna etwas überrascht. Seien Wangen röteten sich ein wenig, aber er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. „Klar... Gehen wir nochmal zurück...“, meinte er etwas verunsichert und blickte Squalo von der Seite an. „Du kannst zeichnen?“, fragte er in bisschen beeindruckt. Natürlich wusste er, dass jeder Schüler einen Kunst- und einen Sportklub belegen musste, oder zwei Sport- oder Kuntsklubs, wenn man partout einen von Beiden nicht belegen wollte, aber dass Squalo in einem Kunstklub war, hätte er nicht vermutet.

„Klar doch! VOOOOI! Sogar gar nicht schlecht! Ein paar meiner Bilder hängen im verfickten Kunstraum rum! Du hast keine Ahnung, wie stolz einen das macht!“, meinte er grinsend.

“Wow! Das ist wirklich cool!” sagte Tsuna, Squalo musste ja richtig gut sein, wenn seine Bilder dort hingen wo alle sie sehen konnten. Die Bilder die dort ausgestellt wurden, waren alle durchgehend großartig, Tsuna war wirklich gespannt darauf zu sehen, welche von ihm waren.

Ohne groß anzuklopfen stieß Squalo einfach die Tür zum Malersaal auf und schritt mit vor Stolz geschwollener Brust quer durch den Raum bis zu einem Platz am Fenster, wo auf der Fensterbank eine Vielzahl an Skizzen verteilt rum lag. Neugierig warf Tsuna einen Blick drauf und erbleichte, als er den jungen Tanzlehrer wieder erkannte. Er sah genauso aus, wie er ihn in Erinnerung hatte, nur mit viel weniger Klamotten…

Er räusperte sich etwas, konnte aber nicht leugnen, dass Squalo Talent hatte und auch Perspektiven ganz gut traf. „Wow...“, lobte er ihn und Squalo grinste. „Mein neues Lieblingsmodell. Du solltest ihn ja kennen! VOOOOI! Glaub ja nicht, ich hab nicht bemerkt, dass du mich ausgelacht hast! Das gibt noch verfickten Ärger, das kann ich dir versprechen. Aber im Moment hab ich zu gute Laune, und Xanxus soll auch verfickt nochmal drunter leiden, dass er dir das gezeigt hat. Und sowas schimpft sich bester Freund. VOOOI!“

Tsuna sah ihn etwas ängstlich an, dann meinte er schüchtern: „Ich hab nicht gelacht. Ich finde, dass du wirklich talentiert bist, wenn auch nicht immer. Du bist so an deinen Tanzpartner gewöhnt, dass du mit anderen nicht tanzen kannst.“, sagte er schüchtern.

“Ich tanze halt gerne mit Franni. Er hat den… richtigen Hüftschwung den ich brauche um so richtig in Fahrt zu kommen.” erklärte Squalo während er seine Skizzen zusammensammelte und sie in eine große Mappe steckte. Selbst auf der Mappe waren mit Edding lauter Zeichnungen gemacht worden und irgendwie erinnerte Tsuna das Zeichenstil an etwas.

“Also… die sind wirklich gut… vor allem das mit der Milch, auch… wenn ich mir nicht erklären kann, wie man sich die Milch so dermaßen übers Gesicht kippen kann…” Squalo grinste obszön und Tsuna wurde ganz mulmig in der Magengegend.

“Ja, das mit der … MILCH! Bwhahahahahahaahha!” er schüttelte lachend seinen Kopf und stopfte seine Zeichenmappe in seine offene Schultasche.

Tsuna wandte sich von ihm ab und betrachtete noch einmal die Wand mit den Gemälden. Das Bild mit Xanxus stach ihm regelrecht ins Auge und er errötete erneut spontan, als er sich die Details noch einmal betrachtete. „Na... Dreimal darfst du raten. Welche sind von mir?“, fragte Squalo grinsend, legte seien Hand auf Tsunas Rücken und schubste ihn auf die Wand zu, damit er sie sich näher betrachten konnte. Eigentlich ist es nicht schwer! VOOOOI! Aber bei deiner hohlen Birne kommst du vielleicht nicht drauf.“

Tsuna wusste nicht recht, was Squalo meinte, aber er schritt die Reihe entlang und betrachtete sich die Bilder neugierig. „Wie viele sind es?“, fragte er unwissend und versuchte den Tanzlehrer auf einem der Bilder zu finden.

“Es sind fünf, aber du solltest dir zumindest bei einem ganz sicher denken können, dass es nur von mir sein kann.” Das krokodilgleiche Grinsen auf seinen Zügen hatte etwas Schlüpfriges und Tsuna hielt nun nach einem Bild auf, das einen leicht perversen Touch hatte… Die Bilder hier waren alle… Aktbilder… und irgendwie sahen sie alle anrüchig aus, ganz besonders dieses Bild. Das schreckliche Bild, was ihn die Schamesröte auf die Wangen trieb und bei dem es ihm so unglaublich schwer fiel, fortzusehnen.

“D-Das da…” stotterte er mit hochrotem Kopf und deutete auf Xanxus. “We-Wenn irgendwer ihn so komplett… KOMPLETT nackt hatte zeichnen dürfen… dann war das wohl sein bester Freund.”

Squalo durchwuschelte sein Haar. “Ist ja doch was drin in deiner hohlen Birne. Jub, das ist verfickt noch mal von mir. Es wurde mit einem abgefuckten Preis belohnt.”

Nun war Tsuna hundertprozentig beeindruckt. „Mit.. Mit einem Preis?“, fragte er unsicher nach und bereite es im nächsten Moment auch schon, als Squalo grinste wie ein Hai, der dabei war einem das Bein abzubeißen.

„Ja. ein verfickter Preis. Der größte und schönste Preis auf meinem Regal.“, grinste er. „Ich wusste Xanxus zu fragen würde kein Fehler sein. Dass er‘s gemacht hat, erstaunt mich zwar immer noch. Aber es war nicht zu unserem Schaden. Vor Xanxus haben alle, die den Kunstsaal nur einmal betreten haben Respekt. Nur sein verfickter Bruder war noch nicht hier. Ich frag mich echt, ob er genauso gut bestückt ist.“ Tsuna wurde mit jedem Wort röter und seine Fantasie begab sich auf Reisen in ihm noch unbekannte Gebiete.

Er musste ganz schön dämlich aussehen, wie er so da stand, mit geröteten Wangen und leicht geöffneten Mund. Das war doch… das war doch einfach peinlich, wie Squalo das so locker sagte, als wäre nichts dabei! Wie konnte man nur so unbeschreiblich unsensibel sein? Er sprach von Xanxus wie von einem Zuchthengst! Tsuna starrte auf das Bild… und biss sich auf die Unterlippe.

Er hätte einen bessren Vergleich wählen sollen.

“Schau nicht so geschockt, ist das das abgefuckte Erste auf das man schaut, wenn man das Bild sieht. Es springt einem ja regelrecht ins Auge. Bwhahahahahaha… vielleicht hätte ich ihn zeichnen sollen wenn er geil ist, das wäre dann ein WIRKLICH beeindruckendes Bild geworden. Bwahahhahahahahaha-Au! Du schlägst mich?!”

Tsuna sah zu den anderen Bildern an der Wand. Er wollte das nicht mehr hören, für eine solche Unterhaltung war er zu jung.

„Also ich denke... dass hier ist noch von dir.“ Und damit deutete er auf das Porträt von einem Mädchen, das nur von Rosenblättern bedeckt war. Es hatte einen ähnlichen Stil und Squalo nickte. „Richtig. Und noch drei.“ Tsuna lief die Reihe noch einmal entlang und entdeckte ein weiteres Bild. Anders als die anderen, die er von Squalo bisher gesehen hatte, hatte es nichts Obszönes an sich. Es war ein Akt, aber aus einer anderen Perspektive. Die Person darauf war schlank, fast filigran Man sah sie von schräg hinten. Es könnte ein Junge, aber auch ein Mädchen sein. Das Haar war kurz und hell lila und um den nackten Körper war nur eine rote Schärpe geschlungen. Eine... Tänzerschärpe. Tsuna deutete auf das Bild und Squalo nickt. „Exakt, das ist mein Meisterstück... Auch wenn ich dafür kein richtiges Modell hatte... Aber das hole ich nach.“, grinste Squalo. Tsuna wusste nicht, ob er es sich einbildete, aber er glaubte Squalos Wangen wurden für einen kurzen Moment dunkler.

Neugierig was er noch finden würde, betrachtete er die restlichen Bilder. Er ging auf und ab, bis er vor einem stehen blieb, dass geradezu “SQUALO” schrie, denn auf ihm war, im wahrsten Sinne, er selber abgebildet. Er saß im Schneidersitz inmitten von Kissen auf einem unbezogenen Bett. Auf dem Boden lagen verstreute Blätter mit Zeichnungen und er hielt einen Zeichenblock auf dem er malte. Man musste nicht erwähnen, dass er nackt war, statt Kleidung trug er sein Haar offen, es umspielte seine Figur und verbarg, ganz anders als bei Xanxus, seine wichtigsten Teile.

“Da-Das da ist auch von dir, auch wenn ich nicht weiß, wie du das gemacht hast…” nuschelte Tsuna. Das Bild war sehr ästhetisch, aber es war ihm unangenehm seinen Freund so entblößt zu sehen.

“Verfickt genau! Und das Zauberwort heißt Spiegel, ich hab mich mein zeichnen gemalt.” erklärte er ihm mit vor Stolz triefender Stimme.

Tsuna schritt die Reihe noch einmal ab, aber das fünfte Bild konnte er nicht identifizieren. Und zuckte daher schließlich mit den Schultern. Squalo zeigte ihm das Bild, das anders als alle anderen Bilder hier zwei Personen zeigte. „Da ist die Fantasie mit mir durchgegangen, VOOOOI! Aber es ist hübsch geworden nicht?“ Tsuna tat es mit einem kurzen, zustimmenden Kommentar ab. Das Bild zeigte ganz eindeutig eine sexuelle Handlung und er wollte nicht näher darauf eingehen. Nicht bei Squalo. „Zeichnest du nur so etwas?“, fragte er neugierig. „Also Akt?“

„VOOOOI! Nein! WO denkst du hin! Es macht mir nur Spaß!“, rief Squalo aus und grinste breit. Am liebsten zeichne ich Doujinshi. Das bringt echt Kohle.“, meinte er zufrieden.

Wieso verwunderte ihn das nur nicht? Wieso verwunderte ihn diese Antwort nur so was von überhaupt nicht? War ja klar, dass Squalo sich auf diese Art und Weise bereicherte. Wenn er zeichnen könnte würde er… nein er würde keine perversen Doujinshi zeichnen, ganz allein der Gedanke daran ließ ihm das Blut in den Kopf schießen und ihm schwanden fast die Sinne.

“Weißt du, so wie du Xanxus’ Bild angesehen hast.” begann Squalo und wackelte wie ein perverser Greis mit den Augenbrauen. “sah es so aus als hättest du Interesse daran, dass ich dir einen Douji mit ihm zeichne. Für das entsprechende Honorar wäre ich durchaus gewillt dem nachzukommen.” Ein schriller Schrei entkam Tsunas Kehle und er schüttelte wild seinen Kopf. Squalo war einfach so fürchterlich!

„Ich zeichne dir eine Testseite, dann kannst du gerne selbst entscheiden. VOOOOI! Mit wem hättest du es gern? Soll er’s Sich selbst machen? Soll ich dich gleich mit einbinden, Herzchen? Ich zeichne gern Milchbilder.“, gab Squalo zum Besten und schlagartig wurde Tsuna bewusst was für Milch da gemeint war.

Sein Kopf war mittlerweile so rot, man hätte ihn mit einem Feuerwehrauto verwechseln können. „Bitte Squalo. Ich.. ich will gar nichts mit Xanxus. Absolut nichts.“, wisperte der schüchterne Junge, während sein Blick unermüdlich über den Boden schweifte. „Das Bild ist einfach... schön gezeichnet. Es geht mir gar nicht um Xanxus.“, wisperte er und hoffte damit alles weitere abzuwenden.

“Man du bist verfickt noch mal verklemmt. Echt das ist total kein Problem einen Douji über ihn zu zeichnen, wenn er sich nach dem Sport duscht hält er sich ja schon allein nicht gerade bedeckt. Nicht alles von seinem Körper zu wissen ist ne verfickt noch mal größere Kunst. Ich könnte die einen Klondouji machen, dann bekommt der Ausspruch ‘ Fick dich!’ doch gleich ne ganz andere Bedeutung. Bwhahahahaahhahah…!” Tsuna hielt sich die Ohren zu um das alles nicht mehr zu hören. Er brauchte Squalo nicht um sich schlecht zu fühlen, das konnte er schon ganz allein ohne Hilfe von außen.

“Bi-Bitte Squalo hör auf… Xanxus ist doch kein… kein Sexobjekt…”

„Er ist ein Mann. Männer stehen drauf, wenn man sie für das bewundert, was sie haben. VOOOI Und Xanxus sowieso. Du solltest ihn mal loben, wenn es dir gefällt.“

Tsuna war jetzt kurz davor wegzulaufen. Er wollte das alles nicht mehr hören. Wie grausam konnte man eigentlich sein?

„Bitte, lass uns jetzt nach Hause gehen und das Thema wechseln. Es ist wirklich nicht so, wie du denkst. Das... ist einfach nur Neid.“, wisperte er und begab sich langsam zur Tür. Squalo folgte ihm und summte leise. Er schien ausgesprochen gute Laune zu haben. Es war schon fast beängstigend. „Worüber willst du denn sprechen?“, fragte Squalo amüsiert.

Tsuna drückte den Griff seine Tragetasche so fest er konnte und schluckte die Worte ‘Darüber ob das wirklich alles echt ist’ mit einem Klumpen aus Selbsthass, Selbstzweifel und Fassungslosigkeit herunter. Stattdessen sagte er nur: “Über… irgendwas… was nicht gerade mit Xanxus zu tun hat.”

“Du siehst aber aus, als würdest du wirklich abgefuckt gerne genau darüber sprechen. Ich kann-” Tsuna unterbrach ihn indem er ihn mit seiner Tasche gegen Squalos Knie schlug.

“Irgendwas was nicht mit Xanxus zu tun hat. Bitte Squalo… sei nicht so gemein… du bist doch auch sein Freund… und solltest mehr Respekt haben…”

„Wer Respekt vor Xanxus hat ist selber Schuld. Er hat doch auch keinen Respekt vor mir. Erzählt dir brühwarm dass ich gern was mit meinem Tanzlehrer hätte!!! VOOOOOI! Das ist verfickt nochmal nicht fair. Es ist mein gutes Recht ihn auch vor dir zu blamieren!“, rief Squalo aufgebracht und folgte ihm.

Tsuna wurde noch ein bisschen röter. „Du willst was... von deinem Tanzlehrer?“, fragte er unwissend und starrte zu Boden. Schlagartig wurde ihm bewusst, was Xanxus ihm damals hatte mitteilen wollen. Die beiden waren echt super Freunde... Einer war schlimmer als der Andere. Tsuna wusste nur noch nicht wer der Schlimmste von ihnen war.

“Sag mir nicht, dass du das nicht gerafft hast, vooooooiii! Fuck du bist echt so was von naiv!” Squalo schüttelte lachend seinen Kopf. “Ich dachte das würde man vom verfickten hinsehen allein schon merken. Kein Wunder dass Xanxus dich mag, du bist so was von überhaupt keiner Gefahr. Ein weißes Kaninchen mitten in der verfickten Wolfgrube.”

Tsuna beschloss sich die harschen Worte nicht zu Herzen zu nehmen. So war Squalo nun mal… ein Mistkerl, ein Perverser und mit Xanxus befreundet. Wahrscheinlich ergab das eine einfach das andere.

“Ken-Kennst du deinen Tanzlehrer schon lange?” Etwas Besseres fiel ihm im Moment nicht ein, um von dem leidigen Thema abzulenken.

„Seit drei verfickten Jahren und bisher ist nichts passiert, nur falls du das gleich fragen wolltest. Es pisst mich an. Ich bin total scharf auf ihn, aber bei ihm tut sich nichts. Nicht beim Lambada, nicht beim Salsa, nicht mal bei einem verfickten Bachatta. Entweder ist er ein Mädchen, hat Nerven aus Stahl oder steht nicht auf mich und wahrscheinlich ist Letzteres der Fall! VOOOOI!“, sagte Squalo offen und laut und vor allem ohne jegliche Scham.

Tsuna konnte dazu nur „Oh...“ sagen und die Augenbraue hochziehen. „Hast du denn schon einmal mit ihm geredet?“; fragte er neugierig und Squalo machte ein abfälliges Geräusch durch die Nase. „Bin ich verrückt Ich will nicht aus der verfickten Schule fliegen.“ Tsuna blickte ihn von der Seite an. Er zog aus Squalos Worten den logischen Schluss: „Aber dann kann er ja gar nicht wissen, was du denkst.“.

So abrupt wie er gesprochen hatte, blieb Squalo stehen und starrte Tsuna mit offenem Mund an. Tsuna fühlte sich richtig intelligent, da hatte er doch einmal etwas an etwas gedacht, was Squalo nicht bedacht hatte. Tja, manchmal überraschte er sich selbst, wenn er mal etwas Schlaues von sich gab.

“Es gibt keine Möglichkeit, und ich meine verfickt noch mal wirklich gar keine, dass er es einfach so übersehen haben könnte. Ich mein, er ist nicht dumm, glaub ich. Ist nicht so, als würden wir sonderlich viel gemeinsam machen, außer tanzen.” Tsuna schüttelte seinen Kopf als er das hörte. Squalo erwartete wirklich zu viel von seinen Mitmenschen. Wenn man etwas nicht hörte, dann glaubte man es auch nicht. Dann gab es natürlich auch noch Dinge die man nicht mal glaubte, wenn man sie hörte. Aber das war wieder etwas anderes.

Tsuna wollte nicht zu besserwisserisch rüberkommen, dennoch sagte er leise. „Also ich denke... Wenn du es ihm nicht sagst, ist es auch kein Wunder, dass er nicht reagiert. Er kann es doch gar nicht wissen, dass du ihn magst.“, meinte er leise und blickte Squalo von der Seite an.

„VOOOOI! Wenn er nicht reagiert, reagiere ich auch nicht! So einfach ist das. Es gibt noch andere Frösche im Teich. Ich brauche Franni nicht. Ich tanze nur gern mit ihm.“, sagte er aufbrausend, dann grinste er wieder. „Wenn sich was ergibt, ergibt es sich halt. Ich flirte immerhin genug mit ihm! VOOOI Aber ich glaube er hat genug andere Angebote. Da hat man‘s nicht so einfach! Ich bin geduldig! VOOI!“

Dazu sagte Tsuna lieber einfach mal gar nichts, wenn es eine Person gab, denen man ihren eigenen Irrglauben nicht unter die Nase reiben wollte, dann war das Squalo. Bevor er aber dazu ansetzten konnte, noch etwas anderes zu sagen, wurde er durch das laute Klingeln seines Handys unterbrochen.

Ohne groß drüber nachzudenken klappte er es auf und fragte den Anrufer nach seinem Namen. Doch als ihm bewusst wurde, mit wem er da sprach, wünschte er sich nichts sehnlicher, als einfach nicht drangegangen zu sein…
 

Wird fortgesetzt...

18. Juni

Nun. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Hier ist also das nächste Kapitel. Ich.... äh muss gleich am Anfang eine Warnung aussprechen. Das Kapitel wird nicht wirklich schön, soviel kann ich schon einmal verraten. Keine dummen Witze diesmal, sondern purer Ernst und ein großer Schritt im Plot. Es wird wahrscheinlich für einige sehr überraschend kommen, aber es war von vornherein so festgelegt und es muss sein und ab und zu muss es auch Opfer geben. (Wir wünschen dir trotzdem einen schönen Geburtstag jlp.)
 

18. Juni
 

Als Tsuna, fünf Tage zuvor, am Telefon eine Frauenstimme gehört hatte, hatte er zunächst nichts damit anfangen können. Er kannte keine Frauen, zumindest keine Frauen, die sich schon so alt anhörten und wie sich wenig später herausgestellt hatte, hatte er die Dame noch nie persönlich getroffen. Es war Lanchias Freundin gewesen, die ihn, aus lauter Sorge kontaktiert hatte.

Tsuna hatte nichts von dem gewusst, was sie dann wenig später erzählt hatte. Lanchia war im Krankenhaus und das schon seit dem 11. Juni. Sein Zustand hatte sich drastisch verschlechtert und dass innerhalb weniger Stunden. Er war nur noch selten wach und so schwach, dass er sich kaum bewegen konnte. Sein Husten war schlimmer geworden und jetzt kam bei jedem Mal Blut. Die Ärzte gaben ihm nicht mehr lange, auch sie konnten kaum etwas tun und sahen hilflos zu, wie Lanchia litt.

Das Zimmer war abgedunkelt, die weißen Wände von der Dunkelheit grau gefärbt. Ein tiefer Farbton, dessen Anblick müde machte. Bedrückt. Hoffnungslos. Doch niemand fühlte sich bereit dazu, die Vorhänge aufzuziehen und das Tageslicht hereinzulassen. Denn das Licht der hellen Mittagssonne, hätte den Anblick Lanchias noch um so vieles schlimmer gemacht.

Die Schatten unter seinen Augen waren tief, verschlangen förmlich sein Gesicht. Er sah aus wie tot. Hätte man ihm die Haut abgezogen und blickte nur auf de nackten Schädelknochen, so wäre es kaum schlimmer gewesen, als sein momentaner Zustand. Tsuna saß allein im Zimmer. Die junge Frau die ihn angerufen hatte war in die Kapelle gegangen.

Beten.

Aber beten, beten das brachte jetzt wahrscheinlich auch nichts mehr. Zwar betete Tsuna, still und leise vor sich hin, während er Lanchia betrachtete, der gerade einen seiner Wachen Momente hatte und leise vor sich hin hustete. Lanchias Freundin hatte solche Angst um ihn. Die arme Frau war ständig in Tränen aufgelöst und hatte sich schon so oft bedankt, dass Tsuna hier war um sie zu trösten, dass er ihr so gut es ging half, auch wenn er selbst den Tränen nahe war.

Die Luft im Zimmer war stickig und von Krankheit erfüllt. Lanchia durfte man nicht einmal mehr anfassen, wegen der Ansteckungsgefahr hatte man eine Plane um ihn herum gespannt und durfte ihn nur mit den darin angebrachten Handschuhen berühren. „Lanchia...“, seufzte Tsuna leise und blickte zu dem Schwarzhaarigen Mann.

Schon vor einiger Zeit hatte er aufgehört zu antworten, seinen Blick nur immer in die Ferne gelenkt. Jeder Muskel schien ihm zu schmerzen. Jede Bewegung war eine Qual. Die Schwestern meinten es wäre leichter wenn er sich vom Leben lösen würde, doch Tsuna wollte das nicht hören. Er wollte das alles nicht hören müssen.

Im Hintergrund lief leise ein Radio, das dumpfe Geräusch drang aus einem der Nebenzimmer. Man hörte von Zeit zu Zeit Kinder lachen, die auf dem Flur rannten, offensichtlich nur Besuch. Keine Patienten.

Tsuna hatte seine Hände fest geschlossen und drückt sie so sehr, dass seine Fingerknöchel weiß unter seiner Haut hervortraten. Der innere Druck schien ihn zerreißen zu wollen und es gab einfach nichts was er machen konnte.

Schon vor einiger Zeit hatte er aufgehört zu antworten, seinen Blick nur immer in die Ferne gelenkt. Jeder Muskel schien ihm zu schmerzen. Jede Bewegung war eine Qual. Die Schwestern meinten es wäre leichter wenn er sich vom Leben lösen würde, doch Tsuna wollte das nicht hören. Er wollte das alles nicht hören müssen.

Im Hintergrund lief leise ein Radio, das dumpfe Geräusch drang aus einem der Nebenzimmer. Man hörte von Zeit zu Zeit Kinder lachen, die auf dem Flur rannten, offensichtlich nur Besuch. Keine Patienten.

Tsuna hatte seine Hände fest geschlossen und drückt sie so sehr, dass seine Fingerknöchel weiß unter seiner Haut hervortraten. Der innere Druck schien ihn zerreißen zu wollen und es gab einfach nichts was er machen konnte.

Seufzend blickte er wieder den Mann an, der totengleich die Tür anstarrte. Manchmal hatte er schon geglaubt, Lanchia war im sitzen einfach... gestorben, aber seien Augenlider bewegten sich noch, er blinzelte ab und zu, schwach und langsam. So als wolle er die Augen für immer schließen, aber sie gingen immer wieder auf, fast so, als würde er noch auf etwas warten.

„Lanchia...“, wisperte Tsuna noch einmal leise und richtete den Blick auf ihn. „Du darfst nicht sterben, Lanchia. Ich... ich hab mir doch geschworen... dich nicht sterben zu lassen.“, sagte er wispernd. Er wusste nicht Mal, ob der Andere ihn in seinem Zustand überhaupt verstehen konnte, ob es überhaupt etwas brachte noch mit ihm zu sprechen, oder ob es sinnlos war.

Das einzige was ihm blieb war zu hoffen, aber eigentlich, hatte er sogar das aufgegeben. Seine Fingerknochen knacksten als er seine Finger wieder lockerte und streckte. Nur noch unterbewusst konnte er das Piepen der Monitore hören, die seinen Herzrhythmus überwachten. Viel lauter schallte in seinen Ohren das Geräusch des flachen Atmens nach.

Wie konnte es nur so weit kommen… Nur aus den Augenwinkeln konnte er sehen wie die Tür geöffnet wurde und jemand hereinwollte. Jedoch schloss sich die Tür wieder bevor jemand eintreten konnte. Tsuna konnte deutlich die Stimme von Lanchias Arzt hören, der erklärte, dass das Zimmer nur von Verwandten betreten werden durfte.

Danach schepperte es, ein Getöse war von draußen zu hören, dann öffnete er die Tür doch und ein großer Junge mit blondem Haar und einem Beanie trat in den abgedunkelten Raum. Ohne zu fragen stürmte er ins Zimmer und zog die Vorhänge auf, drehte sich dann vom Fenster weg und musterte zunächst Lanchia, dann Tsuna, der einen auffälligen, bunten Pullover trug mit einem strengen Blick und befahl mit kalter Stimme. „Raus!“

Tsuna reagierte gar nicht, erhob sich von seinem Stuhl und betrachtete den Jungen ei bisschen fassungslos. „Du kannst mich doch nicht...“, „Raus hab ich gesagt!“, befahl der Junge noch einmal, diesmal deutlicher und mit ein wenig mehr Druck in der Stimme.

Tsuna war vollkommen perplex, als der Junge ihn einfach am Kragen packte und vorwärts trieb immer weiter aus dem Raum heraus, bis er die Tür hinter ihm zuknallen konnte. Für ein paar Sekunden verstand Tsuna die Welt nicht mehr, dann schlug die Realität ihm mitten ins Gesicht und er drehte sich wieder zu Tür um, um hineinzustürmen. Da stellte er voller Gram fest, dass sie verschlossen war.

Was bildete dieser Junge sich eigentlich ein?!

Aus dem inneren des Raumes hörte er nun wieder die Stimme des Jungen. Er schrie. Was genau er sagte konnte er nicht verstehen, aber es kam ihm so vor, als würde er von Zeit zu Zeit eine schwache Antwort seitens Lanchia hören.

“AUFMACHEN!” rief Tsuna durch die geschlossene Tür und hämmerte energisch dagegen.

Nichts passierte. Tsuna legte den Kopf gegen die Tür, konnte aber immer noch nicht verstehen, was geredet wurde, daher versuchte er durch das Schlüsselloch zu schielen, aber das brachte ihm genauso wenig. Er sah nur den weinroten Mantel des Jungen hindurch leuchten.

Tsuna versuchte sich daher nun auf den Klang der Stimmen zu konzentrieren, wenn er schon nicht verstand was sie sagten. Der Blonde redete schnell und in seinem Ton lag etwas, Aggressives, ja geradezu feindseliges, aber teilweise auch Verzweiflung und Trauer. Zumindest bildete sich Tsuna das ein.

Lanchias war schwach und matt und Tsuna fand es gewissermaßen erstaunlich, dass er sich noch motivieren konnte etwas zu sagen. Mit ihm hatte er seit drei Tagen nicht geredet. Ob er sich die Kraft für den Jungen aufgespart hatte?

War das vielleicht der Junge von dem Lanchia ihm erzählt hatte? Wie hieß er noch gleich… Herb? Ja, Tsuna glaubte sich daran zu erinnern, dass der Name so gewesen sein mochte. Er hatte es extra in seinem Englisch Wörterbuch nachgeschlagen und raus gefunden das aus ‘Kraut’ bedeutete, wahrscheinlich eine Anspielung auf sein kleines Drogenproblem.

Aber wenn Lanchia sich um den Jungen gekümmert hatte, für ihn wie ein Vater gewesen war… wieso sollte er Lanchia dann so anschreien? Das war doch einfach dumm, wo er doch eh schon so schwach war. Tsuna fragte sich wirklich, wie Lanchia sich um einen Jungen kümmern konnte, der so störrisch war…

“Mach dir keine Sorgen. Herby ist ein bisschen grob, aber er ist kein schlechter Junge.” sagte plötzlich eine traurige Stimme neben ihm. Lanchias Freundin war wohl gerade aus der Krankenhauskapelle gekommen.

Ein bisschen war untertrieben fand Tsuna. Der Junge schien immer Zimmer schon ziemlich Heftig zu reagieren. So wie er schrie war er vollkommen von der Rolle und konnte sich kaum noch beherrschen. Tsuna würde es nicht wundern, wenn er es gleich klirren hörte und eine Vase zu Bruch ging.

„Sie kennen ihn?“ fragte er die Frau, um sich etwas näher zu informieren und sich gleichzeitig etwas von den Vorgängen im Zimmer abzulenken. Sie nickte und lächelte. „Lanchia hat ihn sehr gern. Ich glaube... manchmal sogar lieber als mich. Er hat sich so rührend um ihn gekümmert und ihn unterstützt. Aber Lanchia ist nun einmal so... man muss es einfach akzeptieren.“, meinte sie seufzend und blickte auf die Tür. „Herby hat Lanchia sehr, sehr gern. Ich denke er kann es nicht ertragen ihn... so zu sehen. Vielleicht kann er ihn ja zum kämpfen motivieren, wenn die Ärzte und wir es schon nicht können.

Man konnte deutlich in ihrem Gesicht ihren Zweifel an den eigenen Worten ablesen, sie hatte, genau wie Lanchia bereits aufgegeben an ein Wunder zu glauben. Denn genau das war es, was Lanchia jetzt brauchte, ein Wunder. Im Grunde genommen war ein überhaupt schon ein Mysterium wie Lanchia überhaupt so lange hatte überleben können. Die Ärzte hatten von andere Fällen dieser Krankheit berichtet und niemals überlebte ein Patient länger als ein paar Tage sobald die ersten Symptome aufgetreten waren. Lanchias Fall war allen ein Rätsel.

“Lanchia… Lanchia ist so ein lieber Kerl… Stark, schlau, hat einen Gerechtigkeitssinn, kann bei üblen Machenschaften nie wegsehen und dazu ist er noch so kinderlieb… Weißt du Tsuna, wir wollten immer Kinder haben, aber als dann… diese Krankheit kam…” sie hörte auf zu reden und wischte sich die Tränen mit ihrem Ärmel von den Wangen.

Tsuna konnte nicht anders und legte ihre Arme um die Frau, die so lange, so stark gewesen war. Sie durfte weinen, sie musste sogar. Auch Tsuna, so groß seine Hoffnungen auch waren, wusste dass Lanchia nicht mehr lange leben würde. Er hatte die letzten drei Tage die Schule geschwänzt. Zumindest inoffiziell. Offiziell hatte Giotto etwas für ihn gedreht, so dass er krank geschrieben war. Nur er, Amicelli und seines Wissens auch Xanxus wussten davon, dass er hier war und seine Zeit Lanchia widmete. Tsuna hatte sich innerhalb der letzten Tage allerdings häufiger gewünscht, nicht hier zu sein. Lanchias Gegenwart war bedrückend, fast angsteinflößend. Der einzige Grund, warum er geblieben war, war die fragile, junge Frau, die jetzt in seinen Armen weinte. Tsuna konnte sie einfach nicht mit ihrem Schmerz allein lassen.

So vertieft war er darin war die Schwarzhaarige zu trösten, dass es ihm beinahe einen Herzinfarkt bescherte, als die Tür zum Zimmer wieder aufgerissen wurde und der Junge aus dem Zimmer stürmte. Den Beanie tief ins Gesicht gezogen, schenkte er weder Tsuna noch Lanchias Freundin sonderlicher Beachtung. Eigentlich schien er gar nichts um sich herum zu bemerken, so auch nicht die kleine runde Dose, die aus seiner Jackentasche fiel und klirrend wegrollte.

Tsuna sah ihm einen Moment nach bevor er sich aufraffen konnte und in das nun sonnendurchflutete Zimmer trat. Das helle Licht verspottete die Situation mit seinem fröhlichen Strahlen. Lanchia hatte die Augen geschlossen, erschrocken stellte Tsuna fest, dass er sich die Sensoren einfach abgezogen hatte, die seine körperlichen Funktionen überwachen sollten.

Da die Plane um ihn herum gezogen worden war, bezweifelte Tsuna, dass Herb etwas damit zu tun hatte, Lanchia hatte es wohl selbst getan und das erschreckte ihn noch ein wenig mehr. Sofort lief er aus dem Zimmer und rief einen Arzt, der ihm die Sensoren wieder anbringen sollte.

Es war eine Ärtztin, mit langem blonden Haar, die seiner Bitte schließlich nachkam, schnell ihre Schutzmontur anzog und dann zu Lanchia unter die Plane schlüpfte. Es dauerte keine Minute, da kletterte sie wieder hinaus und nahm ihren Mundschutz ab. „Es tut mir Leid.“, beteuerte sie und legte, als sie sich ihrer Handschuhe entledigt hatte die Hand auf Tsunas Schulter. „Es tut mir Leid.“, beteuerte sie noch einmal und musterte den Jungen, der den Tränen nahe schien.

Die Welt hörte für einen Moment auf sich zu drehen.

Eben noch, da war… war da nicht… Er konnte noch Lanchias Husten in seinen Ohren hören. Das leise Röcheln während er sprach, das müde Blinzeln seiner Augen, alles war so klar und frisch. Wie konnte… Wie konnte die Welt nur einfach so stehen bleiben? Wie konnte jemand zu mir nichts, dir nichts sterben, ohne auch nur einen Laut von sich zu geben?!

Alles um ihn herum schien sich plötzlich langsamer zu bewegen. Die Ärztin, die versuchte ihm etwas zu erklären, Lanchias Freundin die weinend neben seinem Bett in die Knie gegangen war, die anderen Besucher und Patienten. Alles war wie in Zeitlupe, als wäre er der einzige, der sich noch normalschnell bewegen konnte.

Es überraschte Tsuna, als er über seine Wangen strich und keine Tränen spüren konnte. Er war traurig… aber… es war, als wäre alles plötzlich so viel klarer. Gedankenversunken hob er das kleine Döschen auf das dem Jungen aus der Tasche gefallen war und rollte es zwischen seinen Fingern während er wie taub den Gang entlang zu Treppe ging. Immer dem Dach des Gebäudes entgegen.

Zu seiner ungemeinen Scham, stellte er fest, dass er erleichtert war. Erleichtert das es vorbei war. Erleichtert Lanchia nicht mehr leiden sehen zu müssen. Erleichtert, dass Lanchia, wo auch immer er war, nicht mehr leiden musste.

Eigentlich… war das doch eine gute Sache.

Nicht mehr leiden zu müssen.

Tsuna war ein wenig erstaunt, als er die Tür zum Dach wirklich offen fand und er hinaustreten konnte. Ein frischer Wind schlug ihm entgegen, als er die Tür öffnete und erfrischte ihn, blies in sein Gesicht. Er kühlte und trocknete die heißen Tränen, die sich lautlos und still über seine Wangen geschlichen hatten, ohne das Tsuna es gemerkt hatte. Er hatte stark bleiben wollen, aber es fiel schwer, sehr schwer.

Die frische, kühle Luft jedoch tat gut. Sie beruhigte ihn und war etwas ganz anderes, als die Stickige, Kranke in Lanchias Zimmer. Tsuna atmete tief durch. Einmal, zweimal, danach ging es ihm zumindest körperlich ein wenig besser. Er musste auch nicht mehr weinen, auch wenn es in seinem Magen rumorte.

Er stieg auf die Absperrung des Dachs und blickte hinunter auf die Straße. Zum Glück war Höhenangst etwas, mit dem er sich nicht rumschlagen musste. Unter ihm toste die lebende Stadt, gedankenlos strömte sie dahin, sich nicht darum kümmernd, ob ein kleiner Teil von ihr stehen bleiben musste. Das Leben ging weiter, unaufhaltsam, unveränderlich, niemals blieb der Strom stehen.

Tsuna schraubte die Dose auf und war nicht überrascht, darin eine recht große Anzahl kleiner Tabletten mit spiralförmiger Oberfläche zu sehen, ein großes ‘T’ befand sich überhab des runden Mustern. Nachdenklich rollte Tsuna eine von ihnen zwischen seinen Finger, bis er sie anschließend wegschnippste und beobachtete, wie sie auf der Straße landete und im wilden Verkehr verschwand. Langsam nahm er eine zweite Pille heraus.

Er betrachtete sie von allen Seiten, wusste aber nichts damit anzufangen. Das mussten wohl die Dinger sein, die einen dazu brachten, zu glauben, dass blaue Flammen aus seinem Kopf schossen. So ein winziges Ding... So ein winziges, gefährliches Ding.

Tsuna spielte nur sehr kurz mit dem Gedanken, eine von den Pillen zu probieren, dann landete auch die zweite Pulle unten auf der Straße, auf dass sie von den Autos zu Staub zermahlen werden würde. Wie kam ein Junge wie dieser Herb zu solchen Sachen? Wieso nahm er sie? Ob man ihm helfen konnte? Ihn aufhalten? Was würde er tun, wenn er jetzt keine mehr hatte? Tsuna schmiss auch die dritte Pille hinunter auf die Straße, dann schloss er das Döschen. Nein. Er durfte nicht weitermachen. Es waren ja Herbs Pillen und nicht seine. Er sollte sie ihm besser zurückgeben.

Er hoffte nur, nicht erklären zu müssen warum drei fehlten, allerdings konnte er ja auch einfach behaupten, dass er die Dose mit ihrem Inhalt schon so vorgefunden hatte. Sie lag immerhin mitten auf dem Gang, jeder hätte sie aufmachen und etwas rausnehmen können.

Tsuna seufzte und setzte sich auf die Umrandung die das Dach und die Straße voneinander trennte. Seine Füße klopften rhythmisch gegen die Wand. Rechts, links, rechts links… es hatte etwas Tröstendes an sich, so ein gleich bleibender Takt…

“Ich hoffe doch du willst nicht runterspringen.” sprach Daniela neben ihm und lehnte sich gegen die Abschirmung. Besuchte sie ihre Eltern hier oder hatten Amicelli und Giotto es ihre erzählt? Eigentlich, machte das auch keinen Unterschied.

„Mmh.. Nein. Ich spring schon nicht.“, gab Tsuna leise zu hören und ließ seine Füße weiter baumeln. „So... So schlecht geht es mir gar nicht.“, gab er leise zu und betrachtete die Autos die unten entlang fuhren. Am liebsten wollte er Daniela einfach ignorieren, aber wenn sie ihn jetzt schon einmal angesprochen hatte. „Ich glaube für Lanchia ist es besser so. Er hat sich doch sowieso nur gequält. Es sah so schmerzhaft aus. Es war so grausam.“, erklärte er seufzend und wandte nun den Kopf, um Daniela wenigstens aus den Augenwinkeln kurz erblicken zu können. „Wieso bist du mir gefolgt?“, fragte er sie, doch sie zuckte nur mit den Schultern. „Ich hab mich nur gefragt, wie es dir geht. Ich wollte dich trösten.“, gab sie zu.

Tsuna drehte seinen Kopf wieder herum und schaute in den Himmel. „Ich glaube, ich muss nicht getröstet werden.“

Danielas zarte aber mit, vom Kyudo Training, Schwielen übersäte Hand, strich freundlich über seinen Rücken. Egal wo sie wahr, sie strahlte immer so eine unglaubliche Ruhe aus, selbst wenn sie einen anschrie blieb sie dabei gelassen.

“Weißt du Tsuna,” fing sie an und blickte in den Himmel wo langsam ein paar Wolken aufzogen. “Du bist ganz anders als ich zuerst gedacht hatte. Als ich dich kennen lernte, war ich mir sicher, dass du wärst genau wie Giotto, aber du… bist viel stärker als er.”

“Wa?!” Tsuna konnte sie nur sprachlos anstarren, nicht sicher was er darauf erwidern sollte.

“Giotto war, als ich ihn kennen gelernt habe ein totales Wrack. Ich mein, er hat wirklich gar nichts auf die Reihe bekommen. Seine Familie hat ihn von klein auf dazu erzogen die Chefposition in ihrer Firma einzunehmen und er war mit allem einfach nur überfordert. Sport, Schule, soziale Kontakte, egal was es war, er versagte jämmerlich. Aber du hast, eine wirklich ganz unglaubliche innere Stärke. Man sieht sie nur immer erst dann, wenn man nicht damit rechnet.“

Tsuna errötete etwas. So ein Kompliment von einem Mädchen zu bekommen war ihm ein wenig unangenehm, aber irgendwie machte es ihn auch stolz. Er lächelte schwach, dann wandte er sich Daniela ein Stück zu. „Das ist nett, danke. Und ich glaube auch, ich bin ganz anders als Giotto. Ganz, ganz anders. Ich werde wahrscheinlich nie werden wie er.“, sagte er leise und Danielas Hand strich beruhigend über seinen Rücken. „Das weiß ich. Das ist auch nicht das Ziel meiner Lehrstunden.“, sagte sie sanft. „Ich gebe dir nur Nachhilfe. Alles schulische kann man nämlich lernen. Und alles andere... wird sich entwickeln. Da bin ich sicher.“, sagte sie sanft und strich durch Tsunas Haare.

“Das-Das ist wirklich nett von dir… Ich hab nur irgendwie das Gefühl… überhaupt keine Fortschritte zu machen. Ich sehe immer nur wie andere etwas anpacken und puff, es hat funktioniert… manchmal ist das wirklich sehr… nervig…” er seufzte. In seinen Gedanken war er immer noch bei Lanchia und er fragte sich, ob er wohl jetzt durch den Test gefallen war, den Giotto und Amicelli ihn gegeben hatten. Er würde es nicht schade finden, nur wenn er hier wegmüsste deshalb… Irgendwie hatte er sich bereits eingewöhnt, in dieser Nachbarschaft voller Verrückter.

“Mach dir mal keine Gedanken Tsuna. Vielleicht hinkst du momentan den anderen noch einen Schritt hinter, aber sicher holst du bald auf, und dann siehst du, egal wo man geht, es ist eigentlich überall das gleiche. Vorne an der Spitze hat man nur das Gefühl etwas besseres zu sein. Und zwar solange, bis einem das Gegenteil beweisen wird.”

Tsuna nickt verstehend und lächelte wieder in sich hinein. „Das hört sich gut an. Denn eigentlich... eigentlich will ich mich nicht so sehr verändern. Ich will gar nicht so werden wie Giotto. Er ist so... so... perfekt.“, meinte er leise und Daniela lachte. „So ein Unsinn. Er ist längst nicht perfekt. Er stellt sich nur gerne so hin. Eigentlich ist er genau der selbe, alte, faule, verfressene Giotto von früher.“ Tsuna lachte leise. „Da hast du... irgendwie recht.“, sagte er und drehte sich jetzt vom Abgrund weg und Daniela ganz zu, so dass er wieder mit den Füßen auf festem Boden stand. „Können wir in Zukunft nicht alleine lernen? Ohne Giotto? Er macht mich verrückt. Ich habe immer das gefühl er will mich zu einem kleinen Giotto machen.“, meinte Tsuna, der es sich in Danielas Nähe erlaubte offen zu reden. Er vertraute ihr und wusste, dass sie Giotto nicht gleich alles weitererzählen würde.

Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Kopfnicken und führte ihn den Weg vom Dach wieder herunter zu dem Krankenhausflur, den er eigentlich nicht so schnell wieder betreten wollte. Vor Lanchias Tür schüttelte er auf ihren fragenden Blick nur den Kopf und sah zu der Frau im Inneren des Zimmers die noch immer leise weinte.

“Ich glaube, sie sollte jetzt etwas Zeit für sich selbst haben. Ihr Verlust… war der größere…” Daniela verstand ihn, er sah das in ihren Augen. Es war sonderbar, aber wenn er sie direkt ansah, war es als wüsste er genau was ihr so durch den Kopf ging.

“Da hast du wohl recht und keine Bange, das nächste mal schmeiß ich Giotto raus. Er will sich eh nur vor seinen Pflichten als Schulsprecher drücken.”

„Da.. Danke.“, meinte Tsuna leise und blickte noch einmal zu Lanchia, der auf seinem Bett lag und friedlich zu schlafen schien. Seine Schmerzen waren vorbei und die Schmerzen die er zurückgelassen hatte, würden vergehen auch wenn es Zeit brauchte. Viel, viel Zeit. Sein Blick glitt wieder zu der weinenden Frau. „Wenn sie geht... Sag ihr, dass sie mich immer anrufen kann.“, meinte Tsuna leise und lächelte traurig. „Aber... ich denke es ist Zeit für mich zu gehen. Lanchia hätte nicht gewollt dass ich mir die Augen aus dem Kopf weine. Er hätte gewollt, dass ich weitermache.“ Daniela nickte, verabschiedete ihn und ließ ihn dann gehen.

Weitermachen, ja... weitermachen war das Stichwort. Jetzt da Lanchia nicht mehr da war ging es nicht mehr darum Lanchia zu retten, sondern den zu finden, dessen Schuld das alles war und dadurch Andere zu schützen.

Erst jetzt wurde Tsuna bewusst, welch interessante Möglichkeit Giotto ihm da geboten hatte und ihm war klar, dass er sie nutzen musste.
 

Wird fortgesetzt...

19. Juni

Halli, Hallo, wow das ist jetzt ja schon eine halbe Ewigkeit her aber wir werden unseren faulen Ärsche mal wieder in Bewegung setzen und weiter schreiben.

Ich möchte mal ganz dezent Werbung für unsere HP machen, die wir eröffnet haben um eventuelle Hintergrundinformationen zu ergänzen. Schaut einfach mal in die Kapitelübersicht, der Link sollte nicht zu übersehen sein. Wenn ihr Fragen habt die wir klären sollen, oder Vorschläge was wir noch zusätzlich darauf ausstellen sollen, immer her damit.

Und noch eine letzte Sache. Wie es ja eh angegeben ist, ist das hier nicht nur AU sondern auch ein Crossover. *chuckle* Anti und ich machen uns immer einen Spaß daraus unsere Nabencharas mit Charakteren aus anderen Serien und Spielen zu besetzen. In diesem taucht auch einer auf und falls es in euren Ohren klingeln sollte, tut es das nicht ohne Grund. Allerdings ist das nur für Leute interessant, die die SMT Reihe kennen oder ein halbwegs ausgeweitetes Spiele Wissen haben. Eines das über Final Fantasy hinaus geht.

Das war‘s von mir. Viele liebe grüße vom Seitenrand,

Allrenn
 

19. Juni
 

Der Freitagmorgen begann wie jeder andere Tag. Sein Wecker klingelte bis er ihn ausstellte und sich herumdrehte. Dann kam Giotto, klopfte an seiner Tür und bat ihn aufzustehen, aber er presste sich nur das Kissen auf die Ohren, erst als Xanxus ungeduldig an seine Tür hämmerte und ihn praktisch zwang aufzustehen, brachte er es fertig sich aus dem Bett zu quälen und sich anzuziehen. Ein kurzes Fünf-Minuten-Frühstuck, dann machte er sich auf den Schulweg, fuhr in der vollgestopften Bahn und schlenderte dann allein die Allee entlang, die zum Schultor führte.

Erst, als er im Klassenzimmer auf seinem Platz saß konnte er den vorherigen Tag Revue passieren lassen. Heute würde er Lanchia nicht besuchen können, nicht mit ihm sprechen, nicht mit ihm lachen. Traurig starrte er auf die Tafel. Seine Gefühle waren ein einziges Durcheinander, dennoch war er froh in der Schule zu sein und nicht allein sein zu müssen, das lenkte ihn wenigstens ein bisschen ab.

Trauern... das war etwas was er lange nicht mehr getan hatte. Sein Leben war immer ziemlich durchschnittlich verlaufen, keine besonderen Vorkommnisse. Die üblichen Höhen und Tiefen, die jeder Mal hatte. Aber niemand den er kannte, war gestorben, oder ernsthaft krank gewesen. Irgendwie wusste er nicht, wie er mit dieser ganzen Todesangelegenheit umgehen sollte. Die Worte von seiner Lehrer im Unterricht nahm er nicht wirklich wahr und genauso fiel es ihm schwer seinen Mitschülern und Freunden zuzuhören. Vielleicht war irgendwas seltsam an ihm. Diese tiefe Verzweiflung die er empfinden sollte war nicht da, ihm war im Grunde nicht mal nach weinen zumute. Und im Inneren fühlte er sich leer und taub, ausgelaugt, als hätte er mehrere Wochen gehungert und nun lag das Bankett vor ihm und er konnte nichts runter bekommen weil ihm so schlecht war vor lauter Hunger.

Was sollte er tun? Wieso konnte er nicht einmal weinen. Schon gestern nicht und auch heute war der Drang nach Tränen einfach nicht da. Lanchia war einer sehr ältesten und besten Freunde gewesen, sein großer Bruder im Geiste, sein Retter in der Not. Sein gruseliges Lächeln hatte ihn immer aufgeheitert, seine Art hatte immer dazu eingeladen sich an seine Schulter zu lehnen und alles raus zu lassen. Wie konnte er so grausam sein und einem Menschen, dem er so nahe stand nicht eine Träne schenken?

Tsuna wusste es, tief in sich, aber es einzugestehen, fiel ihm schwer. Lanchia hätte nicht gewollt, dass er Tränen vergoss und vielleicht war das allein der Grund, weshalb er sich zurückhielt. Lanchia hatte ihn gewarnt. Er hatte gewusst, was passieren würde und ihn gebeten stark zu sein. Tsuna wollte stark sein und seine Erwartungen erfüllen. Das Leben musste weiter gehen.

Draußen schien die Sonne und versprach einen herrlichen Tag mit ihren warmen Strahlen, die die Fensterscheiben passierten und das Klassenzimmer erstrahlen ließen. Es würde das Beste sein sich auf solche Dinge zu konzentrieren, freundliche, simple Sachen. Sonnenschein, blauer Himmel, grünes Gras. Einfache Sachen die einen mit Freude erfüllten, und dieses kleine Loch in seinem Herzen stopften. Ohne sich auch nur halbwegs Mühe zu geben auf den Unterrichtsstoff zu achten, zog Tsuna seinen Stundenplan aus dem grellorangen Hefter und besah sich seiner Stunden. Heute hatte er Theaterklub, entgegen seiner Abneigung von Kursen hatte er es tatsächlich geschafft regelmäßig zu den Proben zu erscheinen. Auch wenn es am Lernen des Textes noch mangelte.

Auf jeden Fall lief es viel besser als erwartet und Mukuro war auch ganz nett. Zumindest wenn man sich an seine überdramatische Art und Weise gewöhnt hatte. Mitunter wollte man sich nämlich den Kopf irgendwo gegen schlagen, wenn er wiedermal übertrieb.

Die Rolle des Faust hatte er natürlich bekommen. Mukuro hatte die anderen Interessenten nicht einmal einen ganzen Satz sagen lassen. Der, der es am Weitesten geschafft hatte, war bis Juristerei gekommen, dann hatte Mukuro ihn abgewürgt. Der Blauhaarige hatte sich schon am ersten Tag für ihn entschieden. Keine Diskussion möglich. Es tat Tsuna irgendwie Leid für die Anderen, und Leid für sich selbst, denn immerhin musste er jetzt das halbe Buch auswendig lernen und Bühnenpräsenz zeigen, andererseits fand er es aufregend, zusätzlich machte es Spaß. Also würde er sich auch nicht beschweren.

Und natürlich gab es da auch noch Chrome, die süße kleine Chrome. Sie war genau wie der Sonnenschein und es war niedlich zu sehen wie sie sich immer darüber freute wenn Mukuro etwas sagte. Etwas tat oder einfach nur da war. Außerhalb des Klubs war die Ansicht weit verbreitet, dass die beiden eine Beziehung hatten und nur niemanden davon erzählten. Niemand der sie kannte, dachte das allerdings lange, denn es war keine Liebe sondern vielmehr Vergötterung. Tsuna hatte noch nie jemanden gesehen, einen anderen Menschen so rückhaltlos vergöttern konnte.

Heute würde er eine Szene mit Mukuro proben, die im Studierzimmer. Gestern Abend hatte er noch den Text gelernt, um es heute nicht zu vermasseln.

„Nur mit Entsetzen wach ich morgens auf, ich möchte bittre Tränen weinen. Dein Tag zu sehn, der mir in seinem Lauf, nicht einen Wunsch erfüllen wird, nicht einen...“ murmelte er gedankenverloren vor sich hin und versuchte sich an den Rest des endlosen Monologs zu erinnern. Das Stück war interessanter als er erwartet hatte. Und immer wenn er Mukuro spielen sah, lief ihm eine Gänsehaut über den ganzen Körper.

Er bog in den Gang ein, in dem sich die Kunstklubs befanden und lief an den zusammengeklappten Staffeleien vorbei, die vor dem Zeichenraum aufgestellt waren. Im vorbeigehen entdeckte er auf einer davon eine Art Graffiti. Das obszöne Motiv ließ Tsuna gleich an Squalo denken, aber er wollte sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Er musste ein wenig schmunzeln, hielt sich aber damit aber nicht weiter auf und schob die Tür zum Theaterklub auf. Er war etwas erstaunt, als er den Raum fast vollkommen leer vorfand.

Chrome stand am Fenster und hielt eine Zeitung in den Händen, die sie aufmerksam zu studieren schien. Mukuro stand neben ihr und bewegte seine Hände in einer theatralischen Weise. „Chrome, meine liebe, liebe Chrome, Du musst das verstehen. Unsere Probe muss heute ausfallen. Oder möchtest du mir zumuten dass ich krank werde? Das ich ausfalle? Dass ich den Mephistoteles nicht so perfekt spiele, wie es sein soll? Das kannst du mir nicht antun, Chrome.“, rief er aus. Tsuna war etwas perplex. Die Welt musste untergegangen sein, und er hatte es nicht gemerkt. Das Theatertraining ausfallen? Das war bisher noch nie geschehen.

„Ist irgendwas schlimmes geschehen?“ fragte Tsuna verunsichert und trat an sie heran. Chrome schenkte ihm ein knappes Lächeln und schüttelte dann mit einem Gesichtsausdruck den Kopf, den er zuvor noch nie bei ihr gesehen hatte. Streng, tadelnd und irgendwie genervt. Hätte er nicht einhundertprozentig gewusst, dass es nur ein Mädchen mit lila Haaren und einer Augenklappe mit Totenschädel an dieser Schule gab, dann hätte er gedacht im falschen Klub zu sein.

„Oh Hallo Tsuna. Nein, nein. Alles ist in Ordnung, Mukuro-sama glaubt nur die Beulenpest, Cholera und die Pocken hatten einen flotten Dreier und ihr gemeinsames Baby geht nun draußen herum und tötet Leute. Bitte nimm dir einfach dein Textbuch und mach dich bereit. Wir fangen gleich an.“ Ein empörtes Schnauben kam von Seiten Mukuros. Er war nicht mit der Situation zufrieden und stellte das nur zu gerne zur Schau.

„Chrome, meine liebe, liebe Chrome...“ Mukuro seufzte, nahm ihr die Zeitung aus der Hand und zeigte sie Tsuna. In großen roten Lettern stand über einem Foto, auf dem eine strenge Ärztin zu sehen war, die Tsuna erschreckend bekannt vorkam: „Neue Seuche? Wie kann man sich schützen?“ Tsunas Blick auf das Logo der Zeitung sagte ihm, dass dies ein Klatschblatt war, das man nicht allzu ernst nehmen sollte, Mukuro jedoch blickte ihn voller Angst an. „Ist das nicht schrecklich? Furchtbar geradezu. Ich muss in die Apotheke. Ich muss Medikamente besorgen. Tsuna du kommst doch auch mit, oder? Wir müssen uns schützen. Sonst wird die Seuche unseren großen Auftritt ruinieren!“, sagte er und bewegte sich hinter ihm, um ihm den Arm um die Schultern zu legen. Offenbar wollte er seine Zustimmung um jeden Preis erringen.

„Bitte lass dich nicht von ihm einwickeln, Tsuna. Mukuro-sama ist nur ein großer Hypochonder der denkt dass jede noch so harmlose Bakterie sein sicherer Tod ist.“ sagte Chrome mit ruhiger Stimme. Doch der geradezu perfekt verzweifelte Blick Mukuros zweifarbigen Augen, waren überzeugender. Außerdem könnte er heute eh nicht spielen, wenn sein Gegenstück in der Szene fehlte und Mukuro schien fest entschlossen, heute nicht zu schauspielern. Zumindest nicht mehr als er es im Alltag machte.

„Vielleicht, können wir ja nach der Probe gehen.“ schlug Tsuna diplomatisch vor, aber Mukuro verbarg in einem gespielten Anfall der Panik sein Gesicht in seinen Händen und krümmte und bog sich vor imaginären Schmerzen. „Oh ich spüre es! Es kommt! Die Krankheit hat auch ich erfasst. Knochen und Fleisch meines Körper sie brennen! Brennen wie Feuer! Wie von Säure zerfressen. Ach all Leid dieser Welt, was suchest du mich heim? Ich treue Seele, ich frommes Lamm. Welch Gift jagt durch die meinen Venen?!“

Chrome verdrehte ihr eines Auge. Es war kaum sichtbar, aber obwohl sie sonst jeden von Mukuros Schritten zu billigen schien, diesmal war sie nicht einverstanden. Sie war ja immerhin auch die Managerin des Klubs. Sie sorgte sich wohl um ihre Stundenzahl. „Mukuro-sama.“, seufzte sie und schien etwas verzweifelt. „Meinetwegen kannst du in die Apotheke gehen, aber Tsuna lässt du hier. Er muss noch viel Text lernen, anders als du spielt er das Stück zum ersten Mal und er braucht er jede Probe die er bekommen kann.“, versuchte sie ihn zu besänftigen und wandte sich dann an Tsuna. „Keine Sorge Ich lese Mukuros Text einfach aus dem Textbuch.“, schlug sie vor und lächelte freundlich.

Tsunas Herz machte einen kleinen Hüpfer und er wollte schon zustimmend nicken, da erhob Mukuro wieder das Wort. „Nein, Chrome, nein. So viele Leute und sieh dir an, wie fragil er ist. So zart, so verletzlich. Eine verpasste Probe ist nichts gegen ein Leben in Leid, in Schmerzen, unter der andauernden Pein einer Krankheit. Er wird mit mir kommen!“

Tsuna kam sich augenblicklich überstimmt vor, es lag einfach in Mukuros Art, andere mit seiner Meinung zu überstimmen. Als er seine Worte hörte, klingelte es erst ganz leise und dann immer lauter in seinen Ohren. Ein Leben in andauernder Pein... natürlich. Die Zeitung berichtete über Lanchias Tod, keine Frage. Irgendwie wunderte es ihn, wie lange er gebraucht hatte um das zu erkennen. Diese vermaledeite Krankheit, Tsuna wusste aber eines ziemlich sicher, sie konnte sich kaum von Mensch zu Mensch übertragen, ansonsten hätte Lanchia ihn längst angesteckt.

Ein lauter Seufzer entkam Chromes Lippen und sie ließ ihr wachsames Auge über die anderen Mitglieder des Theaterklubs schweifen, die sie voller Mitleid ansahen. Künstlerallüren waren für wahr etwas schrecklich nerviges.

„Ist es okay für euch, wenn wir heute ohne die Hauptrollen proben?“ fragte sie den Rest der einstimmig nickte. Niemand hatte Lust auf eine weitere Neufassung des sterbenden Schwans in all seiner Glorie.

Tsuna wurde, ein wenig unwillig, nach draußen geschoben. An den Schuhregalen legten sie einen kurzen Stopp ein, damit Mukuro seine Wohlfühlschauspielschuhe gegen seine normalen Straßenschuhe tauschen und sich einen langen, weißen, wuscheligen Schal um den Hals binden konnte, der auch seien Mundpartie verdeckte. „Sicher ist sicher.“, kommentierte er seine Handlungen und lief dann neben Tsuna her, der sich in Bewegung setzte.

Die Apotheke war im Polownia Mall, einen Ort den er normalerweise nur aufsuchte, um die Spielhalle zu besuchen und den er sich vorgemerkt hatte, sollte Xanxus oder irgendein Anderer sich doch irgendwann einmal entscheiden mit ihm zu Karaoke zu gehen. Zu Fuß war es von der Schule aus nur ein Katzensprung bis zur Einkaufspassage. Tsuna erwartete als erstes den Springbrunnen zu sehen, der im Licht der Sonne fröhlich schillerte, aber heute sah er nur eine große Menschentraube, die sich laut schreiend und kreischend einem der Geschäfte entgegen drängte.

Noch nie zuvor hatte Tsuna so viele panische Menschen gesehen. Hier waren normalerweise alle Leute immer eher gefasst und kreischende Mengen erlebte man nur bei Konzerten. Letztens hatte er eine TV-Übertragung über ein Konzert von dem kleinen Idol Viper gesehen, die hoch von allen Mädchen verehrt wurde. In dem Konzertsaal hatte es nach der Show gebrannt und Krankenwagen mussten ohnmächtige Zwölfjährige abtransportieren, die wahrscheinlich den schönsten Tag ihres jungen Lebens hatten.

Beim Nähertreten bemerkte Tsuna, dass die aufgebrachte Menge sich vor der Apotheke versammelt hatte, an der nun ein „GESCHLOSSEN“ Schild hing. Das überraschte Tsuna etwas, normalerweise, war sie immer geöffnet. Aber normalerweise ging auch kaum jemand hinein... Der Apotheker war etwas seltsam und es roch immer nach sonderbaren Kräutern. Squalo meinte er würde sein Gras hier kaufen weil er mit dem Apotheker recht Dicke war. Aber Tsuna konnte darüber nur den Kopf schütteln. Am Ende der Einkaufsmeile befand sich ein Gartengeschäft, wenn man sich Gras kaufen wollte, würde man es da sicher billiger bekommen als in der Apotheke. Warum verkaufte eine Apotheke überhaupt Gras? Konnte man damit irgendwelche Leiden behandeln?

Abgesehen vom Hunger der heimischen Meerschweinchen vielleicht.

Mukuro war über das Drängeln und die Menschenmassen kein bisschen erfreut. Zwar stellte er sich gemeinsam mit Tsuna am Ende der Schlange an, aber dort standen sie keine zwei Minuten. Mukuro hatte ihn an der Schulter gepackt und schob und drängelte sich durch die Massen, bis das Geschlossen-Schild direkt vor ihnen hing. Mukuro klopfte, gespielt zaghaft und ließ dann eine schmeichelnde Stimme hören, die Tsuna noch nie bei ihm gehört hatte. „Naito-san? Naito-san. Hier ist Mukuro. Ich komme um meine Medikamente abzuholen.“, sagte er erstaunlich freundlich. Daraufhin klopfte er ein wenig fester.

Tsuna erschrak sich als im Fenster kurzzeitig ein Gesicht zu sehen war, dann öffnete sich die Tür einen Spalt breit und sie wurden hereingelassen.

Desinfektionsmittel vermischt, so dass einem bloßes Einatmen Schmerzen bereitete und die Tränen wie einen Pumpe hoch förderte. Blinzelnd sah Tsuna durch den Tränenschleier und erkannte wenige Schritte vor sich einen beschäftigen jungen Mann mit knallrotem Haar und einem sehr unpassenden Stachelhalsband, dass er zu seinem weißen Kittel trug.

„Mu-chan, warte einen Moment. Ich hab deine Medikamente schon zur Seite gestellt. Deine neuen Augentropfen sind auch da, aber ich rate dir immer noch davon ab. Zweifarbige Iris zu haben ist selten, aber sicher keine Krankheit.“ erklärte er mit geistesabwesendem Ton und verschwand hinter dem Tresen um eine kleine Papiertüte mit den Medikamenten zu holen.

„Ich weiß, ich weiß. Es liegt bei uns in der Familie. Mein Bruder ja auch. Dennoch sollte ich auf meine Augen aufpassen. Hast du auch die Medikamente gegen Kopf- und Gliederschmerzen? Und das Nasenspray. Das ist wichtig, das weißt du doch, Naito-san. Jeden Abend bekomme ich diese schreckliche Nasenverstopfung und kann kaum mehr atmen. Ich habe Angst zu ersticken.“, erklärte er und lief zum Tresen. Tsuna folgte ihm notgedrungen und schaffte es einen Blick auf den Apotheker zu werfen, der im hinteren Teil der Apotheke herum wuselte und Schubladen auf und zu machte. „Außerdem sollten wir dringend über diese Seuche sprechen, Naito-san. Gibt es irgendetwas um dem vorzubeugen?“, fragte Mukuro und lächelte schmeichelnd, als Longchamp zum Tisch zurückkehrte.

Tsuna erkannte einen Schatten auf Longchamps Gesicht, der so knapp und schwach war, dass er dachte er würde es sich einbilden und doch war es, als hätte jemand einen Gedanken in seinen Kopf gepflanzt.

Es gab kein Gegenmittel, es gab keine Impfung und wahrscheinlich gibt es nicht Mal eine Seuche. Menschen sind dumm und wie Tiere, rennen ständig weg wenn sie Angst haben und glauben mit einer Hand voll Tabletten und einer Salbe kann man sich gegen alles schützen. Wenn es so einfach wäre, wäre doch niemand krank. Sonst kümmert sich niemand um seine Gesundheit, aber wehe wenn mal irgendwas Ernsteres kommt. Dann wird gleich gefragt warum nicht von vornherein etwas dagegen unternommen wurde. Warum man ihnen nicht helfen kann. Menschen sind einfach nur dumm.

Tsuna sah sich verwirrt im Raum um und erschrak richtig, als der Apotheker Mukuro antwortete. Seine Stimme war dabei weich und nett. Weit entfernt von grummelig und menschenverachtend. Langsam machte Tsuna sich Sorgen um seine geistige Gesundheit. Es war nicht so als hätte er eine Stimme gehört, es war vielmehr ein geballtes Gefühl, das in seinem Kopf aufgeblüht war und einen Eindruck hinterlassen hatte. Irgendwie war ihm unwohl in seiner Haut.

„Nein Mu-chan, kein Gegenmittel, keine Impfung, wahrscheinlich gibt es nicht Mal eine Seuche. Achte einfach nur wie immer gut auf deine Gesundheit.“ Ein kalter Schauer lief über Tsunas Rücken.

Mukuro wirkte enttäuscht und beugte sich dem Apotheker ein Stück entgegen. „Ganz sicher nicht? Ich bin besorgt, sehr besorgt, Naito-san. Die Zeitung sagt, dass es bereits einige Todesfälle gab. Und dass die Ärzte nicht wissen, was es ist. Gibt es da nicht irgendetwas ums ich zu schützen?“

Tsuna blickte zum Apotheker, der den Kopf schüttelte. „Mu-chan, Mu-chan. Du erwartest, dass ich ein Heilmittel für etwas habe, von dem noch nicht mal die Ärzte wissen, was es ist. Jede Woche kaufst du dir einen großen Beutel Tabletten, gegen alles Mögliche. Über Pestbeulen, Typhus und Hepatitis bis zu Hustensaft und Kopfschmerztabletten. Ich glaube, Mu-chan, du bist rundum geschützt, gegen alles was da kommen möge. Du solltest dir nicht so viele Gedanken machen und vor allem nicht so viele Medikamente nehmen. Du weißt, dass das gefährlich sein kann.“, sagte der Apotheker freundlich.

Mukuro griff sich melodramatisch ans Herz und spielte überzeugend echt einen Herzinfarkt vor. „Aber Naito-san! Meine Gesundheit ist mir nun Mal sehr wichtig und ich halte mich immer stets an die Dosis die in der Verpackungsbeilage steht. Ich will nicht enden wie mein Bruder der sich sicher schon sonst was eingefangen hat. Da fällt mir ein, Kondome brauche ich auch noch.“

Tsuna errötete stark als er das hörte und drehte sich von Mukuro weg, er hatte keine Ahnung für wen Mukuro diese... speziellen Accessoires brauchte. Soweit er wusste war Mukuro nicht vergeben, aber vielleicht hatte das Informationsnetzwerk der Schule -Es hörte auf den Namen Kyoko- ihn diesmal in Stich gelassen. Dabei wusste sie sogar welche Unterwäsche ihre Lehrer trugen. Informationen die Tsuna lieber niemals erhalten hätte.

Er würde Dr. Shamal nie wieder in die Augen sehen können.

„Sind schon in der Tüte, ich hab mir gedacht, dass es wieder Zeit ist. Du bist pünktlich wie ein Uhrwerk. Wer ist überhaupt der kleine Sunshine den du mitgebracht hast?“

„Das? Oh. Das ist mein perfekter Faust, Naito-san. Du musst unbedingt dafür sorgen, dass er nicht krank wird. Sieh in dir mal an, schau ob alles in Ordnung mit ihm ist, und gib ihm, was er braucht. Er darf auf keinen Fall, unter keinen Umständen krank werden.“, erklärte Mukuro und reckte die Arme theatralisch in die Höhe, wobei die Plastiktüte in seinen Händen die Situation irgendwie absurd erschienen ließ. „Ich hatte gehofft du hast bereits etwas gegen die Seuche. Du bist immer so versiert in diesen Dingen, Naito-san. Bitte ruf mich doch an, wenn du ein Mittel geliefert bekommst. Du hast doch meine Telefonnummer.“, sagte er, während er Tsuna einen Arm und die Schulter legte und ihn wieder näher zum Tresen zog. „ich werde es dir sagen, wenn du mich anrufst. Mu-chan. Das tust du doch sowieso jeden Abend.“, meinte Naito leicht lachend und warf dann einen Blick auf Tsuna. „Also er sieht für mich kerngesund aus. Hast du irgendwelche Beschwerden?“, fragte er nach.

„Zwei Senpai die mich stets kontrollieren wollen, eine Nachhilfelehrerin die nie weiß wann man mit den Nerven komplett am Ende ist, einen Box Fanatiker der mich beim Schwimmen regelmäßig fast ertrinken lässt, ein Mitschüler der mir sexuelle Angebote bezüglich eines Freundes macht... oh und natürlich Xanxus der scheinbar unter Stimmungsschwankungen leidet. Haben sie etwas dagegen?“ Tsuna wusste nicht genau wo das hergekommen war, aber scheinbar hatte sich mehr Ärger in ihm aufgestaut, als der gedacht hatte. Er war der Postbote der jeden Tag die Bisse und das Gebelle der Hunde stumm ertrug ohne sich zu beschweren. Bis er irgendwann die Schrotflinte mitnahm und alle erschoss die sich ihm entgegenstellen.

„Ich könnte dir eine Familienpackung Arsen geben.“ sagte Longchamp lachend „Aber das wäre bei Xanxus, ich nehme an wir reden vom demselben der Name ist ja nicht sehr häufig, Verschwendung. Bei seinem Asthma reicht es aus ihn einfach sehr aufzuregen. Er ist ja zu stolz seinen Inhalator mit sich rumzuschleppen.“

Xanxus hatte Asthma? Das war... eine neue Information, die Tsuna erst einmal verarbeiten musste. Einen Moment schwieg er. Er hätte ja nicht geglaubt an Xanxus irgendwann mal irgendeine Schwäche zu finden, aber jetzt war es tatsächlich so weit. „Das... Das sollte er lieber tun, es ist gefährlich ohne.“, meinte er ein wenig unsicher und Mukuro bestätigte ihn, in dem er ausladend nickte. „Ja, ja. Ich gehe nie ohne meinen Inhalator aus dem Haus.“, sagte er stolz und zeigte seine Sprühflasche in die Runde.

Der Apotheker lachte daraufhin. „Ja. Und du hast nicht einmal Asthma.“, sagte er amüsiert und hatte kurz das Gefühl er wollte Mukuro wie einem kleinen Jungen durch das Haar wuscheln. Aber nichts geschah. Für einen kurzen Moment herrschte Schweigen, dann lachte Longchamp. „Am besten ihr nehmt den Hinterausgang. Am Velvet Room vorbei, passt auf dass ihr nicht gesehen werdet, sonst rennen mir die Leute den Shop ein.“, meinte er und sah dabei ein wenig gestresst aus.

Tsuna nickte verstehend und packte Mukuro am Handgelenk, da er Mukuros interessierten Blick in Richtung von den antiseptischen Pflastern gesehen hatte. So nett der Apotheker auch war, seine Nase schrie verzweifelt nach frischer Luft und hier musste er mal ganz egoistisch sein. Atmen ging vor Nächstenliebe. Freundlich hob er noch mal die freie Hand zum Abschied und zog Mukuro durch den Hinterausgang hinaus in die Wärme des Nachmittages. Es war heute schwül und wahrscheinlich würde es in der Nacht regnen. Das war gut, denn die Atmosphäre war in den letzten Tag so schwer geworden. Nach einem ordentlichen Regenschauer war alles immer so viel klarer und leichter.

Neben ihm summte Mukuro und presste die Papiertüte mit den Medikamenten an seine Brust. Heute war ein guter Tag, ein schöner Tag. Ein gesunder Tag. Morgen würde auch wieder ein heiler, gesunder Tag kommen und munter würde er die Probe nachholen. Munter, gut gelaunt und gesund. Es war ein guter Tag.

Tsuna beobachtete ihn eine Weile von der Seite. Mukuro wirkte sehr glücklich und das, fand Tsuna war gut. Er hatte ihn selten so glücklich Lächeln sehen, so ehrlich glücklich. So viele positive Schwingungen waberten zu ihm herüber, dass es ihm im Moment sogar ganz angenehm war, mit ihm zusammen zu sein. Ein kleines Gespräch entwickelte sich, während sie die Polownia Mall in Richtung Bahn verließen. Sie stiegen ein ohne ein Bestimmtes Ziel im Auge zu haben. Erst als sie die Haltestelle passierten, die vor dem Tempel war, wurde Tsuna bewusst, dass er viel zu weit gefahren war. Er war etwas überrascht. „Wo fahren wir hin?“, fragte er Mukuro schließlich, der ebenfalls etwas verwirrt drein schaute. „Oh... Ich denke, zu mir nach Hause.“. Ein falsches Lächeln zierte seine Lippen und an der nächsten Haltestelle stieg er aus. Da Tsuna sich außerhalb des Schulviertels kaum in der Stadt auskannte, folgte er ihm notgedrungen.

Jetzt hatte er sich schon wieder mitschleifen lassen, das war wirklich eine schlechte Angewohnheit von ihm. Sicher würde Giotto sich wieder totlachen, wenn er ihm erzählte warum er wiedermal so spät nach Hause kam. Der gute Herr fand es nämlich immer unglaublich komisch, dass Tsuna ein Durchsetzungsproblem hatte.

Die Gegend durch die sie nun gingen war ihm unbekannt. Nicht allzu reich, aber sicher auch nicht arm. Es erinnerte ihn ein bisschen an sein Zuhause, alles klassisch Mittelständig mit einem leichten Hang für Schnick Schnack, der den Garten aussehen ließ als würden reichere Leute darin wohnen. Tsuna fand die Gegend automatisch sympathisch und entdeckte sogar ein zwei Häuser, die wie sein eigenes aussahen. Vor einem etwas kleineren Haus mit knallrotem Dach blieben sie stehen. Vor der Tür saß ein Junge, der aussah als hätte er seine Hoffnung aufgegeben. Erst als sie näher kamen, fiel Tsuna die Tätowierung auf, die er scheinbar am ganzen Körper hatte. Es waren simple schwarze Streifen mit grün leuchtender Umrandung die ein komplexes Muster bildeten. Da er einen Sweater und eine schwarze Caprihose anhatte, die so eng anlag, dass es eine Leggins hätte sein können, konnte Tsuna das Muster aber nur am Gesicht und auf den Waden sehen.

Mukuro lächelte, als sie näher kamen, er zog einen Schlüssel aus der Tasche, der leicht klimperte und so die Aufmerksamkeit des Jungen auf sich zog. Er sprang sofort auf und verbeugte sich tief. „Mukuro-san!“, rief er aus und verneigte sich noch einmal. „Hat er dich wieder ausgesperrt?“, fragte Mukuro amüsiert und der Junge nickte und seufzte dann leicht. „Er reagiert nicht auf mein Klopfen und hat alle Fenster zugesperrt.“, sagte er reumütig und blickte zur Tür. „Er hat nur wieder eine seiner Phasen. Warte. Ich lass dich rein.“, sagte Mukuro amüsiert und wandte sich an Tsuna. „Ich erklär dir gleich alles, komm erst einmal rein, ja?“, meinte er und schloss die Tür auf.

Tsuna nickte ansatzweise, sein Interesse galt aber vielmehr dem Innenleben von Mukuros Haus. Gleich im Eingangsbereich kamen ein paar alte, fast antike Möbel zum Vorschein. Eine Couch mit nur einer Lehne stand in dem großen Vorraum. Sie war aus glänzend poliertem, roten Holz und lud dazu ein, sich die Schuhe auszuziehen, was Mukuro auch gleich nach dem eintreten tat.

Eilig folgte er seinem Beispiel und stellte seine Schuhe weg und sah sich nach Gasthausschuhen um. Die Tatsache, dass er keine fand schockierte ihn. Jedoch nicht halb so sehr, wie als er erkannte, dass der tätowierte Junge seine Schuhe zwar ausgezogen hatte, aber einfach barfuß, ohne Gastslipper, das Haus betrat. Dabei konnte er sich davon überzeugen, dass das Tattoo wohl wirklich überall an seinem Körper war, selbst an seinen Fußsohlen und in den Handinnenflächen. Das Stechen musste fürchterlich geschmerzt haben.

„Komm einfach, wir haben keine Hausschuhe.“ erklärte Mukuro als er seinen irritierten Blick bemerkte und Tsuna sah wie er am Ende einer Wendeltreppe stehen blieb und hoch sah. „Louis!“ rief er mit lauter theatralischer Stimme und von Oben flog eine Tasse die Treppe herunter. Mukuro wich ihr spielend leicht aus.

„Benimm dich nicht wie ein Kleinkind. Ich habe doch dabei, was du wolltest.“, sagte Mukuro laut. „Außerdem haben wir Besuch, den du begrüßen solltest, zeig dich zumindest kurz. Ich möchte dich vorstellen.“, sprach er weiter. Von oben regte sich nichts.

Nur der Junge mit dem schwarzen Haar wuselte herum und ehe Tsuna schauen konnte, hatte er Handfeger und Schaufel besorgt und die Reste der Tasse weggefegt. „Tut mir Leid, Tsuna. Ich wollte dir gerne meinen Bruder vorstellen, aber wie du siehst ist er unwillig. Ich gebe dir eines von seinen vorgefertigten Autogrammen.“, erklärte der Blauhaarige mit stolz geschwellter Brust. Tsuna wusste gar nicht, was vor sich ging? Autogramme? „Dein Bruder ist berühmt?“, fragte er ein wenig verwirrt.

Mukuro schenkte ihm daraufhin eines seiner strahlendsten Lächeln. Offensichtlich war er nicht nur auf sich sondern auch auf seinen Bruder stolz. Seine positive Energie hätte Magneten umpolen oder Glühbirnen zum Platzen bringen können.

„Natürlich ist er das. Hast du noch nie etwas von Louis Cypher gehört? Er hat „Amala“ geschrieben und natürlich „Erinnerung an Eden“ und „666“. Hast du wirklich noch nicht von ihm gehört? Das wundert mich, seine Bücher sind wirklich bekannt.“ Irgendwie... sagten ihm die Buchtitel schon etwas, aber er konnte es nicht wirklich greifen. Tsuna war einfach nicht der Typ der sich für Bücher interessierte, es war schon schlimm genug, dass er sie in der Schule lesen musste. Die meisten Bücher waren doch eh nur lang und dazu langweilig.

„Tut mir leid, ich hab es wirklich nicht so mit Büchern...“ Mukuro lachte nur. Kam wahrscheinlich nicht all zu oft vor, dass jemand seinen Bruder nicht kannte.

„Du bekommst trotzdem ein Autogramm.“, beschloss Mukuro und wollte sich gerade wieder der Treppe zudrehen, als von oben Schritte zu hören waren. Schon wenig später sah man schwarz glänzende Herrenschuhe, dann schwarze Hosenbeine. Nach und nach kam ein schwarzer Anzug zum Vorschein und eine schlanke Gestalt. Um die letzte Drehung herum verschwand der Neuankömmling hinter der Mittelsäule und von dort trat er hervor.

Wie Mukuro hatte der hoch gewachsene Mann, der, zumindest aus Tsunas Sicht, wesentlich älter war als dieser, zweifarbige Augen. Eines rot und Eines blau. Sein schmales Gesicht war umrahmt von blondem Haar und auf seinen Lippen lag ein ebenso falsches Lächeln wie auf denen seines Bruders. „Du hast sie?“, fragte er, ohne sich vorzustellen, aber in einem sehr schmeichelnden Tonfall, schenkte aber weder Tsuna, noch dem schwarzhaarigen Jungen keine Beachtung. „Da bist du ja.“, sagte Mukuro erfreut und schob Tsuna etwas vor, damit er mit ihm reden konnte.

Es war erstaunlich wie einige Leute es fertig brachten komplett durch einen hindurchzusehen und nicht mal ansatzweise wahrzunehmen dass man sich direkt vor ihnen befand. Tsuna hatte das schon des Öfteren bei Mukuro erlebt, dass er einen nicht wahrnahm wenn er mit sich selbst und seiner Rolle beschäftigt war, aber er nahm stark an, dass dahinter keine Bosheit steckte. Trotzdem war es nicht gerade ein angenehmes Gefühl.

„Ja ich hab sie. Wenn du schon runter kommst sag doch wenigstens Hallo. Manchmal glaube ich, dass ich die Manieren für zwei abbekommen habe, während du leer ausgegangen bist.“ sagte Mukuro spitz und kramte in der Papiertüte. Sein Bruder nahm seine Worte ebenso wenig für voll wie Tsunas Anwesenheit.

„Gib sie einfach. Der Tag ist auch ohne deine Besserwisserei ein Schandfleck sonders gleichen. Aufzustehen war einer der bedeutendsten Fehler die ich begangen habe.“ Ein intensiver Hauch von Melodramatik schwappte zu Tsuna rüber und nahm ihm für einen Moment fast die Sinne.

Er wurde einen Augenblick lang gemustert, als er taumelnd im Raum stand, dann erschöpfte sich das Interesse für ihn auch schon. Louis rührte sich nicht einmal vom Fleck, sondern stand wie angewurzelt am Treppenaufgang. Wusste er, dass er kein Fan war? Oder waren das nur Starallüren? Sollte ein Autor nicht froh sein, wenn er Fans hatte, sollte er sich nicht um seine Käufer bemühen? Tsuna fand ihn ziemlich unhöflich.

„Ich arbeite gerade am Höhepunkt meines neusten Meisterwerkes. All diese Störungen, diese elenden, Nerv tötenden Störungen schlagen mir auf das Gemüt. Wie soll ein Künstler sich konzentrieren können, wenn er den ganzen Tag nur gestört wird?“

Tsuna schluckte heftig und blicke sich hilfesuchend um. Sein Blick blieb an dem tätowierten Jungen hängen, der aus der Küche zurückgekehrt war und nun Louis‘ Kehrseite betrachtete. Auf seinen Lippen lag ein seliges Lächeln, welches sich Tsuna nicht erklären konnte.

„Bitte Meister, Ihr solltet euch nicht so aufregen. Die Deadline war bereits vor zwei Wochen, also braucht Ihr alle Kraft die Ihr aufbringen könnt, wenn Ihr nicht wieder zwei Monate daraus machen wollt.“ zwitscherte der Junge und Tsuna hatte einen dermaßen schlimmen „Was zur Hölle?!“-Moment, dass er fast wieder umgekippt wäre.

Meister? ...

...

Und er hatte gedacht, dass Chrome mit ihrem, Mukuro-sama‘ seltsam war!

Louis schenkte dem Gesagten keine Beachtung und nahm Mukuro die Packung ab, nachdem er sie aus der Tüte geholt hatte. Tsuna brauchte ein paar Momente, bis ihm bewusst wurde, dass es die Kondome waren. Das erklärte zumindest, wofür er sie geholt hatte.

„Du würdest vielleicht schneller vorankommen, wenn du weniger von den Dingern brauchen würdest. Nur so als Vorschlag.“ sagte Mukuro mit so honigsüßer Stimme, dass einem die Zähne davon faulig wurden.

Louis rümpfte die Nase, steckte die Schachtel in die große Tasche seines hüftbetonten Anzuges und musterte Mukuro mit scharfem Blick. „Das könntest du Shura einmal sagen: Es ist zum größten Teil seine Schuld.“, meinte Louis und strich mit einer Hand die Falten auf seinem Anzug glatt, die durch die Bewegung hineingekommen waren.

Mukuro lachte leise. „Du kannst mich nicht belügen, Bruder. Shura ist nur ein sehr pflichtbewusster Assistent, der jeden deiner Wünsche erfüllt. Er kann für deine Launen und deine ständigen, niederen Bedürfnisse gar nichts. Wenn ich nicht wüsste, dass du nur Bücher über den Teufel schreibst, würde ich denken, du wärst es persönlich.“, lachte Mukuro leise.

Tsuna beobachtete in der Zwischenzeit den Schwarzhaarigen Jungen, der etwas auf sie zugekommen war, aber offenbar bei der Erwähnung seines Namens wie angewurzelt stehen geblieben war. Die Röte war ihm ins Gesicht gestiegen und er glühte im Moment wie ein Glühwürmchen in einer klaren Herbstnacht.

Er tat ihm augenblicklich leid. Tsuna konnte nur all zu gut verstehen, wie er sich gerade fühlen musste. Wahrscheinlich genauso wie er sich immer fühlte, wenn Squalo irgendwelche dummen, unpassenden und ausgesprochen peinliche Bemerkungen machte, und das machte er oft.

„Mein dummer kleiner Bruder. Ich BIN der Teufel, mir glaubt es nur niemand, weil ich so talentiert und gutaussehend bin. Du solltest dir ein Beispiel nehmen. Talent, Perfektion, Grazie, Stärke. Wenn du nur in einem Bereich halb so gut wirst wie ich könntest du es zu etwas bringen.“ erklärte er lässig und bevor Mukuro etwas darauf erwidern konnte verschwand er auf der Treppe und man hörte aus dem zweiten Stock das Zuknallen einer Tür.

„Er ist so ein Kindskopf.“ seufzte Mukuro und drehte sich wieder zu Tsuna um. „Ach ja. Und wenn ich vorstellen darf; Tsuna, das ist Shura, der persönliche Assistent meines Bruders. Shura, das ist Tsuna, mein perfekter Faust.“

„Das... Also das ist schön. Schön dass du jemanden gefunden hast, der deinem Niveau entspricht.“ Sagte der Junge lächelnd und schüttelte, nach kurzem Zögern Tsunas Hand, die dieser ihm bereitwillig entgegenstreckte. Nachdem er ihn losgelassen hatte, warf er einen langen nachdenklichen Blick zur Treppe und sah dann wieder zurück zu Mukuro, der ein wenig zwielichtig lächelte. „Du solltest rauf gehen. Sonst wird er wieder ungehalten. Du weißt doch wie er ist.“, meinte Mukuro besänftigend.

Shura verbeugte sich wieder leicht. Er schien sehr auf Höflichkeit bedacht. „Danke, Mukuro-san und viel Vergnügen.“, meinte er und begann wieder rot zu glühen, als Mukuro ganz gelassen „Gleichfalls.“, erwiderte.

Tsuna war es, als würde er in sein Spiegelbild sehen, denn er glaubte zu wissen, dass auch er puterrot war.

„Lass uns auf mein Zimmer gehen.“ schlug Mukuro vor und betrat die Wendeltreppe bevor Tsuna überhaupt zustimmen konnte. Zur seiner unendlichen Erleichterung ging Mukuro die Treppe nicht hoch sondern herunter, direkt in den Keller. Es überraschte ihn nicht gerade gering, eigentlich hatte er Mukuro immer für einen Menschen gehalten, der in einem Zimmer voller Fenster wohnte und im Sonnenlicht badete. Als sie das Ende der Treppe erreicht und durch die verglaste Schiebetür getreten waren, kamen sie in einen fensterlosen Raum, der aber von vielen Scheinwerfern erleuchtet war. Es dauerte einen Moment bis Tsuna begriff, dass es tatsächlich Theaterscheinwerfer waren.

Der Raum war zugemüllt mit allerlei antiken Möbeln, so dass man nur durch einem geschlungenen Pfad durch den Möbeldschungel folgen konnte. Der Raum war kreisrund und rundherum an der Wand fand sich ein Aquarium, dass einem den Eindruck vermittelte unter Wasser zu sein. Irgendwie war es erdrückend.

Daran änderten auch die vielen bunten, tropischen Fische nichts, die hinter der Verglasung langsam ihre Bahnen zogen. Sie strahlten keine Ruhe aus, sondern machten alles nur noch beklemmender. „Das ist... ein interessantes Zimmer.“, meinte Tsuna wenig lobend, zauberte aber ein Lächeln auf Mukuros Gesicht. „Vielen Dank. Es ist besser als oben zu wohnen, dass Wasser ist wie ein Geräuschpuffer, es schirmt alles ab.“, meinte er lachend und lief zu einem Schränkchen, dass an der Wand angebracht war. Dort begann er die Medikamente aus der Apotheke aufzufüllen.

Tsuna sah sich unterdessen im Raum ein wenig um. Es gab hier nicht viel, einen Kleiderschrank, das Medizinschränkchen, ein Sofa mit einem Beistelltisch, auf dem ein Telefon stand. Unter dem Aquarium lief an der ganzen Wand entlang ein kleines Regal, in dem sich Bücher über Bücher stapelten. Theaterstücke zum größten Teil, aber auch einige Romane, deren Namen Tsuna vorhin erst gehört hatte. Die Bücher seines Bruders. Hinter einem Ausläufer des Aquariums, der wie ein Raumteiler funktionierte fand er schließlich auch ein ausladendes Bett, in dem locker drei Personen Platz fanden.

„Wie du dir vielleicht denken kannst, kann ich den Geräuschschutz gut gebrauchen, sonst könnte ich mich überhaupt nicht auf meine Proben konzentrieren.“, erklärte Mukuro, der die Plastiktüte in einen Mülleimer warf, sich dann auf die Couch setzte und die Beine übereinanderschlug.

„Dein Bruder ist wohl sehr...“ Tsuna errötete stark. Warum landete nur ausgerechnet er immer in solchen Situationen? Als wäre es nicht schon Strafe genug, dass Squalo ihn immer mit seiner Unwissenheit und Unerfahrenheit in diesen Bereichen des Lebens aufzog und drangsalierte. Bevor er jedoch weitersprechen konnte kam Mukuro ihm zuvor und Tsuna setzte sich lieber aufs Sofa bevor er noch vor lauter Scham umkippte.

„Jaja, zu aktiv. Es wird immer schlimm wenn er seine Abgabetermine überschreitet, ansonsten spielt er den lieben langen Tag nur Schach, sollte er nicht ausnahmsweise mal arbeiten. Sein Verlag hat ihm deshalb einen persönlichen Assistenten zur Verfügung gestellt. Irgendwann habe ich auch einen persönlichen Assistenten. Er darf dann meine Preise polieren und mich auch mit Meister ansprechen, Kufufufufufufu...“

Tsuna schluckte kurz. Für einen kurzen Moment hatte er das Gefühl, dass Mukuro ihn bei diesen Worten ganz genau musterte, dass er vielleicht sogar ihn meinte, aber er versuchte diesen Fakt zu umgehen und lächelte freundlich, während er überlegte, wie er vom Thema ablenken konnte. „Wieso nennt er ihn eigentlich Meister? Ich meine. Ist das nicht etwas zu dick aufgetragen?“, fragte er, brachte Mukuro damit dazu heftigst zum Lachen. „Mein Bruder ist ein Genie. Er hat es verdient so angesprochen zu werden. Und irgendwann werde ich so genial sein, wie er. Die ganze Welt wird zu mir aufblicken und mich nur so überhäufen mit Ruhm und Ehre.“, sagte er und hob dabei theatralisch seine Arme.

Er hatte Talent, das konnte nicht einmal Tsuna abstreiten, aber dass er solche wahnwitzigen Pläne hegte, war fast ein wenig verrückt. Geradezu größenwahnsinnig.

Mukuro schien seine Argwohn zu bemerken und strahlte gleich noch ein ganzes Stück heller. Kleine Funken schienen aus seinen zweifarbigen Augen zu stoben und er hatte eine nicht zu übersehende Ähnlichkeit mit einer Wunderkerze vom Kindergeburtstag. Vielleicht war das wieder so ein Geschwisterding. Amicelli und Xanxus waren beide sportlich, hochgewachsen und skrupellos. Ryohei und Kyoko waren beide freundlich, fröhlich und ein bisschen naiv, sehr sehr sehr naiv, wenn man es genau nahm. Wahrscheinlich lag hier in dieser Familie der Größenwahn und die Selbstverherrlichung zu Grunde.

„Siehe nicht so zweifelnd drein, mein getreuer Faust. Ich werde erstrahlen im hellsten Licht! Blitzlicht und Scheinwerfer säumen meinen Weg in die Zukunft, die so fern und doch so nah. So zu greifen nah! Wir werden unser Schauspiel zum Leuchten bringen! Alle werden es sehen! Das Talent! Die Ausstrahlung! Die Würde! Auch deine mein Bester. Sie werden Seiten sehen, die noch nie ein Mensch zuvor an dir gesehen hat! Traue mir und meinem Auge für die Kunst. Wenn du auf der Bühne stehst und der beste Faust aller Zeiten sein wirst, wird sich dein Blick erweitern. Du wirst sehen, was du niemals dachtest sehen zu können. Hören was du dir nicht einmal vorstellen wagtest und natürlich erkennen! Die Wahrheit erkennen. Die Wahrheit hinter den Dingen, denn das ist die Magie, der wahren Schauspielerei!“

Tsuna sollte aber noch mehr erkennen können, als die bloße Magie der Schauspielerei. Während er noch da saß und nachdachte, hörte er gelb.

Schmeckte Musik.

Und sah ein Gefühl.
 

Ihm war schwindelig.
 

Wird fortgesetzt...

27. Juni

Erneut möchte ich meinen Dank an unserer Leser richten. Wir freuen uns noch immer sehr über eure Kommentare und Favoriten ^__^ Vielen Dank.

Für dieses Kapitel muss ich eine Warnung aussprechen. Für jeden, der sich etwas mit Kochen auskennt, wird das Kapitel wahrscheinlich eine Qual. Versucht es mit Humor zu nehmen, ja? Viel Vergnügen!
 

Disclaimer: Akira Amano und ATLUS
 

27. Juni
 

Irgendwie hatte Tsuna heute kein Glück gehabt. Er verließ die U-Bahn allein, weil er einfach niemanden gefunden hatte, der Zeit hatte mit ihm nach Hause zu gehen. Das war schon fast ein Ereignis mit Seltenheitswert, denn sonst drängte man sich darum ihn zu begleiten. Irgendwie hatte er das Gefühl gehabt, dass niemand heute so schnell nach Hause gehen wollte, konnte sich aber nicht erklären warum.

Er dachte an die vielen Hausaufgaben die auf ihn warteten und schlurfte etwas unwirsch die Treppen zum Dorm hinauf. Nichts ahnend öffnete er die Tür, ging am Tresen vorbei und erstarrte als ihn jemand von der Sesselgruppe aus, begrüßte. Normalerweise übernahmen der fröhliche Giotto oder manchmal auch Amicelli diese Aufgabe. „Willkommen zurück!“ oder „Na? Schönen Tag gehabt?“, waren die üblichen Sprüche, aber „Wo bist du gewesen?“ und das auch noch mit dieser Grabesstimme war definitiv neu.

Sein suchender Blick traf auf ihren Dormleiter, der seinen üblichen falsch freundlichen Gesichtsausdruck zur Schau trug wie eine Porzellanpuppe. Immer gleich, unheimlich und wie aufgemalt. Tsuna wünschte sich nur, dass Reborn allgemein ebenso zerbrechlich wäre wie eine Porzellanpuppe, aber das war leider Gottes nicht der Fall. Allerdings musste er zugeben, dass Reborn heute wirklich besser gelaunt aussah als sonst.

„Yiiiiieh! I-Ich war in der Schule!“ stammelte Tsuna und trat zu der Sofagruppe auf der Reborn es sich gemütlich gemacht hatte. Auf dem Tisch lag seine Pistole und allerhand Mittel zur Reinigung von Waffen. Der bloße Anblick ließ Tsunas Knie schon schlottern. Er zweifelte nicht im Geringsten daran, dass Reborn wusste wie man damit umging.

„Und wo ist der Rest?“, fragte Reborn ohne ihn eines Blickes zu würdigen und nahm ein Bauteil seiner Pistole und polierte es mit einem weißen Tuch.

Tsunas Beine schlotterten und deswegen setzte er sich, um nicht unhöflich zu erscheinen auf den Sessel, der dem von Reborn gegenüber lag. „Also... äh... das weiß ich nicht, wo die anderen sind. Irgendwie wollte niemand nach Hause kommen, sie hatten alle etwas zu tun.“, erklärte er mit zittriger Stimme und sah zu, wie Reborn seine Pistole wieder zusammensetzte. „Ungünstig.“, kommentierte der schwarzhaarige Mann und drehte das Kugellager, um zu testen ob es funktionierte. „Ich muss mit Giotto über seine Einkaufspolitik reden. Der Kühlschrank quillt über, das ist nicht im Budget. Seinen ganzen Pudding muss er sich selbst bezahlen.“

Das Bild vom überfüllten Kühlschrank drängte sich sofort vor sein inneres Auge. Schokopudding, Vanillepudding, Wackelpudding, Grießbrei und Milchreis standen in kleinen, hohen Türmen aneinander gereiht um den restlichen Inhalt des Kühlschranks verteilt und stellten eine Art Barriere zwischen allem da. Wenn man an den Aufschnitt wollte, musste man vorher drei Reihen durchbrechen und eine vierte geschickt umgehen. Tsuna hatte sich bisher nichts weiter dabei gedacht, wenn er frühstücken wollte, nahm er eh immer nur Cornflakes und wenn es Brötchen gab, hatten die anderen immer schon den Aufschnitt rausgestellt.

„Tu-Tut er das nicht selber?“ erkundigte er sich schüchtern und schon als die Worte seinen Mund verließen, bereute er es augenblicklich, denn Reborn schenkte ihm einen Blick der vor Abscheu förmlich triefte.

„Nein.“ war die einzige Antwort die er bekam, aber in ihr schwang viel mehr mit, als nur eine simple Ablehnung. Es war gerade zu gespenstig.

„Dann...“ Tsuna wirkte einen Moment ratlos, schien zu überlegen, aber sein Gedankengang wurde von Reborns Stimme unterbrochen. „Er zweigt die Gelder, die für Anschaffungen im Wohnheim sind einfach ab. Ich sollte ihn dafür bestrafen.“, meinte Reborn tonlos und richtete seine Waffe auf den gegenüberliegenden Sessel, in dem Giotto normalerweise zu sitzen pflegte. Zwar zog er sie schnell wieder zurück, aber Tsuna konnte sich durchaus vorstellen, dass er tatsächlich geschossen hätte, wenn Giotto dagehockt hätte. Er konnte wirklich verstehen, warum nicht einmal Xanxus mit ihm nach Hause hatte gehen wollen.

Etwas verloren blickte er den Mann an, der auf einmal ein Lächeln aufsetzte, das seiner schlechten Laune in keinster Weise entsprach. „Wir hatten noch gar keine Gelegenheit uns näher kennen zu lernen. Man sieht dich selten im Gemeinschaftsraum und wenn dann immer nur schleichend. Eine ziemlich feige Art sich rar zu machen, du könntest wenigstens Guten Tag sagen.“, meinte Reborn in gelassenem Tonfall, was seien Ansprache noch unheimlicher machte.

Eine intensive Röte kroch auf Tsunas Wangen, er hatte nämlich eigentlich gedacht, dass er clever gewesen wäre und das Reborn ihn auf seinen Fluchtmissionen nicht bemerkt hätte. So wie es aussah, war das eine gewaltige Fehleinschätzung gewesen. Reborn musste wirklich eine gute Wahrnehmung von seiner Umgebung haben. Immerhin war Tsuna manchmal sogar mit Tarnung an ihm vorbei geschlichen. Xanxus hatte selber gesagt dass er Tsuna hinter der Stechpalme gar nicht hatte sehen können wie er die Treppe hochgegangen und gestolpert ist!

Reborn war wirklich ein teuflisches Genie!

„Ähm... also ich...“ stotterte Tsuna etwas unbeholfen und spielte mit seinen Fingern. „Du...Sie...sind etwas.....yiiiieeeh! Etwas angsteinflößend-YIIIEEEH! Bitte tun sie mir nicht weh!“ weinte er gleich hinterher, betend dass Reborn nicht auf ihn schießen würde.

„Ich habe nicht vor jemanden zu erschießen. Nicht wenn es nicht unbedingt sein muss. Ich verliere nicht einfach die Kontrolle, also darfst du vorerst in Sicherheit wiegen.“, er steckte die Waffe in seinen Schultergurt, der neben den Reinigungsmitteln auf dem Tisch lag und verschloss die Tasche mit dem dafür vorgesehen Druckknopf. Während er das tat sagte er nichts, dann ganz plötzlich, als wäre es ihm ohne nachzudenken herausgerutscht: „Du bist ziemlich erbärmlich.“ Reborn lachte nicht, obwohl ihn jeder normale Mensch auslachen würde, wenn man so etwas sagte. Als Tsuna durch seien Finger schielte, sah er, dass noch immer dieses eingefrorene Lächeln auf seinen Lippen lag. Tsuna konnte darauf nichts erwidern, auch wenn er das sollte. Zum Einen war es wohl die Angst, die ihn lähmte, zum Anderen wusste er tief in sich, dass Reborn nicht ganz unrecht hatte.

Nur zu deutlich konnte er Reborns Überdrüssigkeit spüren. Das unaufgeräumt Dorm, die nervigen Schüler die nicht tun was sie sollen, die ständigen Unterredungen mit den Eltern die sich nach dem Wohlergehen ihrer „Kleinen“ erkundigten. Ständig fehlte irgendwas. Ständig war irgendwas kaputt. Ständig waren irgendwelche Noten zu schlecht. Ständig war irgendwer krank. Ständig. Ständig. Ständig! Von wegen beruhigender Job, von wegen ruhiger Job, von wegen, von wegen, von wegen! Und dann waren das alles solche erbärmlichen Feiglinge. Besonders Tsuna, der war der schlimmste, dabei hatte er ihm nicht Mal weh getan. Noch nicht zumindest. Vielleicht sollte er das mal tun. Ein paar Knochen brechen. Ein bisschen Fleisch verbrennen. Eine Kugel hier oder dort... Das würde ihn sicherlich zu einem Mann machen...

Tsuna schüttelte sich. Sicher war Reborn nicht so gemein. Niemand würde so was wirklich denken.

Er schüttelte den Kopf ein bisschen um die verrückten Gedanken zu vertreiben, da hörte er von der Tür her einen Radau. Gleich darauf stürzte Gokudera ins Dorm, gefolgt von einem lachenden Yamamoto. „Tsuna! Du lebst noch!“, rief Gokudera sogleich aus und bedachte Reborn mit einem misstrauischen Blick, bevor er sich auf das Sofa neben Tsuna fallen ließ und Tsuna musterte, der ihn milde anlächelte. „Na... Natürlich. Wieso sollte ich auch nicht mehr leben?“, fragte er etwas verwirrt, dann kam es ihm und er warf einen eingeschüchterten Blick zu Reborn. Dessen schmale Lippen jetzt noch fester aufeinander gepresst waren. Auch das Lächeln war von ihnen verschwunden.

Auch Gokudera machte jetzt eine Kopfbewegung in Richtung des Schwarzhaarigen und Tsuna nickte verstehend, aber auch dankbar. Er fand es rührend, dass Gokudera sich so aufrichtige Sorgen um ihn machte. „Wir haben etwas zum Kochen mit, Tsuna! Wir sollten noch für Hauswirtschaft üben! Immerhin will der Lehrer das Essen kosten.“, meinte er ein wenig aufgeregt. Tsuna erinnerte sich jedoch nur dumpf daran, dass der Lehrer das gesagt hatte. Der Sportplatz war in der sommerlichen Nachmittagsstunde wesentlich interessanter, als der Unterricht.

Im Grunde genommen war der Sportplatz immer interessanter als der Unterricht, egal welches Wetter oder welche Uhrzeit man hatte. Vor allem war er dann interessant, wenn andere auch wirklich darauf Sport hatten. Tsuna hatte so manche vergnügliche Minute damit verbracht zuzusehen wie andere von Bällen gefoltert wurden. Andere Leute die nicht er selber waren! Seine Beziehung zu Bällen hatte sich seit dem schicksalhaften Sommer 97 dramatisch verschlechtert. Nachdem er eine schmerzhaft enge Beziehung zwischen einem Fußball und seinen Fortpflanzungsorganen hergestellt hatte.

„Was kochen wir denn?“ fragte Tsuna wie um die schmerzlichen Gedanken aus seinem Verstand wieder zu vertreiben besonders laut und deutlich, so dass Gokudera zweifelnd die Stirn kräuselte bevor er sich dazu herabließ zu antworten.

„Consommé Celestine.“ erklärte er gut gelaunt, bevor Tsuna aber fragen könnte ob Gokudera den Verstand verloren hatte, unterbrach ihn Yamamoto.

„Kosohmä Zählestien? Hahahahaha das ist aber nichts Japanisches! Kann man das überhaupt essen? Warum machen wir nicht Sushi?“ Gokudera seufzte daraufhin nur.

„Das ist Zwiebelsuppe mit Pfannkuchenkringeln, du Barbar.“

Tsuna legte den Kopf leicht schief. „Aber das hört sich wirklich kompliziert an, du weißt doch wie schlecht ich in Hauswirtschaft bin.“, meinte er ein wenig kleinlaut und setzte in Gedanken hinzu: Genau so schlecht wie ihr Beiden auch, wagte es aber nicht es auszusprechen. Er war nicht so naiv. „Komm schon Tsuna ich hab ein Rezept Das ist nicht kompliziert.“, meinte Gokudera aufmunternd und lief schon Mal in die Küche. Yamamoto folgte ihm und auch Tsuna erhob sich, um ihnen nachzugehen. Er hatte Reborn nur ein verabschiedendes Kopfnicken geschenkt. Er war noch ein wenig zu sehr durch den Wind, um den Mann direkt anzusprechen, außerdem hatte die Anwesenheit von Yamamoto und Gokudera ihm offenbar eine ganze Menge seiner Entspannung genommen. Er wollte einfach noch nicht sterben.

In der Küche angekommen packte Gokudera bereits die prall gefüllte Einkaufstasche aus, die ausgesehen hatte als würde sie nichts lieber als platzen wollen und ihren Inhalt über den Boden verteilen.

„Ich hab alles genau geplant.“ erklärte Gokudera während er die Tulpenzwiebeln neben etwas legte was wie Lorbeer aussah, aber nach nichts roch und gleich darauf Wurzeln herausholte und Ingwerpulver. „Zuerst machen wir die Suppe dann kochen wir die Brühe und zu guter letzt braten wie die Pfannkuchen. Wenn man das aufteilt ist das Rezept ganz einfach. Außerdem sind wir zu dritt, was kann da schon schiefgehen?“

Die Antwort war: Eine ganze Menge.

Aber Tsuna wollte nicht extra darauf hinweisen als er die Erdbeermilch sah, hatte er bereits beschlossen, dass Hopfen und Malz bereits verloren waren.

Gokudera grinste zufrieden als er alles ausgepackt hatte und betrachtete die Zutaten sorgfältig. Er nahm eine der Zwiebeln und warf sie in die Luft. „Wer sie fängt muss sie schneiden.“, grinste er und warf sie Yamamoto zu, der sie auch prompt in seinen Händen hielt. Ein seltsamer Ausdruck lag in seinen Augen, als er die Zwiebel packte, sich zur Seite drehte und wie ein Baseballspieler das Bein hob. Tsuna konnte gar nichts mehr erkennen. Yamamoto schien voller Feuereifer, holte Schwung und warf die Zwiebel, mit einer erstaunlichen Treffsicherheit, wie Tsuna feststellte, gegen Gokuderas Kopf. Sein einziger Kommentar dazu war: „HOMERUN!“ und dann drehte er eine Runde um den Tisch. Tsuna konnte nicht anders als sich die Hand vor das Gesicht zu schlagen. Spätestens jetzt war jeglicher Optimismus, der noch in ihm gewesen war, von ihm gewichen.

Yamamoto mit ausgestreckten Händen nachzulaufen. Blutgier funkelte in seinen Augen, doch der andere rannte nur weiterhin lachend um den Tisch und schrie seine Siegesschreie heraus. Tsuna seufzte tief und hob die Zwiebel hoch, die von Gokuderas Kopf mit einem hohlen „Klonk“ abgeprallt war. Nachdenklich wog er sie in der Hand und beobachtete aus den Augenwinkeln wie Gokudera Yamamoto gegen die Tischplatte gepresst hatte und ihn herzlich würgte. Yamamoto lachte nur weiter.

Er war wirklich im Irrenhaus... vielleicht sollte er Reborn fragen ob er kochen kann... So schnell wie der Gedanke gekommen war, verschwand er auch wieder. Das war doch lächerlich, außerdem hatte er doch beschlossen an seinem Leben zu hängen.

Sorgsam nahm er den Beuteln mit den restlichen Zwiebeln auf dem groß und rot: MEIERS BESTE TULPENZWIEBELN stand... irgendwas erschien ihm falsch.

„Sag mal Gokudera, meinst du wirklich wir können die für unsere Suppe verwenden?“

„Na klar Tsuna. Wo Zwiebel draufsteht is‘ auch Zwiebel drin. Schälst du bitte? Ich hab hier noch was zu tun! Argh! Halt die Klappe!“, schrie er Yamamoto an und drückte offenbar so fest zu wie er konnte, aber das Lachen verstummte nicht. Tsuna begann die Zwiebeln zu schälen... Wenn man es denn so nennen konnte. Tsuna fand den Begriff zerfleischen passender. Ihm kam der Verdacht, dass irgendetwas mit diesen Dingern nicht stimmte. Aber was sollte er sagen? Auf ihn hörte doch sowieso keiner und im Kühlschrank gab es nur Fertigpudding und keinen Ersatz.

Gokudera ließ Yamamoto erst nach einer ganzen Weile wieder los, dann drückte er ihm den Ingwer in die Hand und funkelte ihn wütend an. „Reiben!“, befahl er und kramte sich aus dem Schrank mit den Töpfen einen großen heraus auf dem groß die Buchstaben WMF eingraviert waren. Das Zeichen funkelte so, nur deshalb fiel Tsuna es überhaupt auf. „Ich wusste nicht Mal, dass wir Töpfe haben...“, meinte er, um ein Gespräch in Gang zu bringen.

„Türlich haben wir welche,“ erklärte Gokudera lässig und holte die marinierten Rippchen aus ihrer Plastikhülle, es stand zwar drauf, dass sie zum Grillen waren, aber ob grillen oder kochen, das machte sicher auch keinen Unterschied. „Amicelli kocht öfters, er hat die Töpfe irgendwann mal gekauft. Wir müssen sie deshalb später irgendwie saubermachen oder so, am besten stellen wir sie einfach in die Spülmaschine, die kriegt auf Turbo mit ordentlich Waschmittel alles sauber.“ Er warf einen Blick ins Kochbuch und warf das Fleisch hinein, danach verschloss er das ganze mit dem Deckel und Tsuna stellte fest das es ein Schnellkochtopf war, irgendwie hatte er das Gefühl dass neben dem Fleisch aber noch irgendwas rein musste...

Nervös quiekte er auf und schrie: „Gokudera! Du musst doch noch Wasser in den Topf tun!“ doch der andere winkte nur ab.

„Ne Tsuna, das dauert immer so lange bis das Wasser kocht. Wir kochen das Fleisch ohne Wasser vor und schütten es dann drauf wenn das Fleisch durch gekocht ist, so muss dass ganze dann nicht mehr so lange ziehen.“ Bewundernd starrte Tsuna ihn an. Darauf wäre er nie gekommen.

Gokudera schien wirklich irgendwie Ahnung zu haben. Das war irgendwie beruhigen. Tsuna zerfleischte die letzten paar Zwiebeln und tat sie auf einen Teller, dann nahm er sich das Suppengrün, das verdächtig aussah wie Löwenzahn und Gras von der Wiese vor dem, Haus, aber Tsuna hielt sich normalerweise nicht in der Gemüseabteilung des Supermarktes auf deswegen konnte er nicht wirklich sagen, ob das so richtig war. „Gokudera? Wie soll ich das schneiden?“, fragte er interessiert und pflückte ein Gänseblümchen aus dem Grasbüschel.

„Naja.. das ist Suppengrün, also alles was nicht grün ist ab und den Rest kleinhäckseln. Das werf ich dann gleich zum Fleisch. Das muss auch mit durch kochen, steht im Rezept.“, sagte Gokudera, der mit einem Kochlöffel bewaffnet neben dem Herd stand und darauf wartete, dass das Fleisch endlich kochte.

Yamamoto war jetzt auch mit der Ingwerknolle fertig. Er tat das kleingeriebene Substrat auf einen Teller und öffnete dann die beiden 500g Tüten mit den Pfefferkörnern und den Lorbeerblättern und streute den kompletten Inhalt obendrüber. „Hier ist die Kräutermischung. Haha!“, sagte er lachend und wurde von Gokudera böse angeblickt. „Bist du verrückt? Doch nicht so viel!“, meinte er aufgebracht, lief zu ihm und sammelte drei der Blätter und eine Handvoll Pfefferkörner wieder vom Teller. „Es soll doch nicht nur nach Pfeffer schmecken.“

Tsuna tat wie ihm geheißen, entfernte alles Andersfarbige und zerhäckselte das grün indem er grob mit dem Messer drauf einklopfte bis alles eine halbwegs geschnittene, halbwegs breiige Masse ergab. Ein intensiver Geruch nach Minze und Limone drang an seine Nase und war überraschend angenehm, außerdem roch es sehr gesund. Diese Franzosen hatten wirklich interessante Ideen wie man Zwiebelsuppe aufmotzen konnte. Nachdem auch die letzen stücke verkleinert waren, tat Tsuna das Suppengrün gemeinsam mit der Kräutermischung in eine Schüssel.

„Hmm das sieht doch schon ganz gut aus.“ erklärte Gokudera und studierte das Kochbuch. „Jetzt tun wir einfach alles in ein Handtuch und tun das zum Fleisch in den Topf und lassen es ziehen. Wenn wir es jetzt schon in das Handtuch tun, dann sparen wir später nämlich richtig Zeit weil wir das Suppengrün und so nicht aus der Suppe raus sieben müssen.“ Tsuna wurde nun langsam doch etwas mulmig als er die Handtücher betrachtete mit denen sie normalerweise das Geschirr oder ihre Hände abtrocknen. Seit er hier war, kam es ihm vor, dass sie noch nicht einmal ausgetauscht worden waren... Aber vielleicht hatten sie auch einfach viele von derselben Sorte.

„Welches Handtuch nehmen wir?“ fragte er verunsichert. „Das fürs Geschirr oder die Hände?“

Gokudera überlegte kurz. „Mmh.. ich denke das Geschirrtuch. Ich meine das kommt ja in den Topf. Und das Handtuch ist ja für die Hände.“, meinte er altklug und Tsuna nickte. Er wagte es kaum das Handtuch anzufassen. Seit er hier wohnte, hatte er die Küche nur drei oder vier Mal aufgesucht und das ganz sicher nicht zum Abtrocknen. Er glaubte Amicelli tat das normalerweise. Immerhin war die Küche so etwas wie sein Reich. Sein ganzer Biokram musste immer ewig lange kochen.

Tsuna schnappte sich das Handtuch mit zwei Fingern und hielt es so weit weg von sich wie möglich, während er es zum Küchentisch trug. Yamamoto breitete es aus und schüttete die Kräuter hinein, dann schlang er die Enden zusammen und band sie mit einem Faden zusammen. „Ein ziemlich großes Kräuterpaket, haha.“. Seine Augen begannen zu funkeln. „Es sieht aus wie ein Ball“, meinte er dann und Gokudera schrie: „Tsuna! Halt seien Hände fest!“

Panisch warf Tsuna sich auf Yamamoto und tackelte ihn zu Boden, zwar war er nicht sonderlich groß oder schwer, aber er hatte den Überraschungsmoment auf seiner Seite. So konnte er Yamamoto solange zu Boden drücken, bis Gokudera den Topf schnell geöffnet und den Kräuterball hineingeworfen hatte. Dunkler Qualm stieg aus dem Topf empor und Gokudera suchte nach dem Mineralwasser, dass er sich extra zur Seite gestellt hatte, weil es mit den Leitungen hier im Dorm so eine Sache war und man lieber nicht draus trinken sollte, wenn man nicht gerade auf Durchfall stand.

„Nimm einfach Limo. Hahaha...“ riet Yamamoto ihm und Gokudera nickte halbwegs irritiert. „Naja, nass ist nass. Macht sicher auch keinen Unterschied, sicher verliert das Zeug seinen Geschmack. Alkohol ist ja geschmacklos wenn man ihn kocht oder so.“ Und damit landete die Erdbeerlimo im Topf, sogar ohne Flasche, obwohl Gokudera zuerst nicht sicher schien. Mit einem leisen Klacken verschloss er den Topf wieder. „Na dann machen wir uns mal an die Brühe. Wo das schon so super lief!“

Tsuna nickte und warf einen Blick ins Rezept. „Mirepoicks“, als er vor und Gokudera berichtigte ihn. „Mirepoix.“ Sein Französisch war ganz fantastisch. „Tsuna du schneidest wieder, Yamamoto du kümmerst dich um die Eiweiße.“, sagte Gokudera, der bestimmer und schwang seinen Kochlöffel, wie ein König seinen Regentenstab.

Yamamoto lachte und verschwand einen Moment lang aus der Küche, als er wiederkam hatte er einen weißen Behälter in der Hand, der irgendwie medizinisch aussah.

Er öffnete den Deckel, aus dem es ein wenig stiebte, dann nahm er sich einen Löffel und tat etwas von dem Pulver in eine Schüssel. „Gib mir mal die Limo, Goku. Hahaha!“, meinte er erfreut und lachte den Hellhaarigen an, als dieser ihm grummelnd die Flasche reichte.

Das weiße Pulver wurde zusammen mit der Limo eingerührt und fachmännisch ging Yamamoto dazu über das Zeug sogar zu kosten. Er verzog zwar das Gesicht, aber das lag wohl eher an der starken Kohlensäure der Limo. Zuversichtlich begann Tsuna nun noch eine Tulpenzwiebel und eine Wurzel zu zerhacken. Da er die Zwiebel diesmal nicht schälen musste, zumindest hatte Gokudera nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, ging es diesmal wesentlich flotter und die Mirepoix landeten in der Eiweiß-Limo Pampe. Es sah... nicht wirklich gesund aus, aber es war ja auch noch nicht fertig.

Mit großem Trara zauberte Gokudera aus den Untiefen der Tasche eine Tube Streichmett heraus und drückte die Tube solange aus, bis sie vollkommen leer war. Die gräulich, rosafarbene Masse blickte Tsuna unglücklich an. Er konnte ihr Leid irgendwie nachvollziehen.

„So, jetzt fehlt nur noch der Estragon und dann kann die Brühe kochen. Man ich versteh nicht warum unser Hausarbeitslehrer wollte, dass wir Spaghetti kochen, das ist doch total unter unserer Würde!“ Seine zwei Mitkocher stimmten ihm freudig zu. Es lief wirklich hervorragend!

Gokudera warf ein bisschen Grünzeug in die Schüssel dann blickte er auf den Herd. „Ich denke wir sparen ein paar Energiekosten und machen das Zeug einfach in der Mikrowelle. Ich meine das muss ja nur kurz aufkochen.“, sagte er, packte die Schüssel und stellte sie in das Gerät über dem Kühlschrank. „Tsuna, mach schon Mal das mit dem Mehl. Also das Mehl und die Eier in die Schüssel und dann mit Milch aufgießen, bis es zähflüssig ist.“, erklärte Gokudera und es klang als wüsste er was er tat, daher nickte Tsuna und blickte sich in der Küche um. „Haben wir einen Maßbecher?“, fragte er in die Runde und Gokudera schnaubte. „Mann, Eierkuchen gehen mit Augenmaß, mach einfach bis es zähflüssig ist.“, meinte er und wedelte mit der Hand.

Tsuna war nun wirklich nicht überzeugt, seine Mutter hatte immer einen Maßbecher genommen, egal wie oft sie schon Pfannkuchen gemacht hatte. Aber wie hieß es doch so schön? Andere Länder andere Sitten. Trotzdem wurde ihm etwas komisch als er die Wachteleier und das Vollkornmehl zur Erdbeermilch in die Schüssel gab und alles kräftig verrührte Die Klumpen in der Schüssel weigerten sich, sich wieder aufzulösen, aber es war dann doch halbwegs zähflüssig und mit den ganzen Pfefferkörnern, dem groben Salz und den ganzen Petersilienstängeln, nahm der Teig durchaus eine interessante Konsistenz an. Ganz anders als der Pfannkuchenteig, den er bisher gesehen gesehen. Eigentlich sogar ganz anders als alle Teigsorten die er jemals erblickt hatte.

„Ha. Das sind deftige Eierkuchen, die müssen so aussehen:“, erklärte Gokudera ihm, als er ihm die Schüssel brachte und er eine Pfanne aufsetzte. Er tat etwas Öl hinein und wartete, bis es langsam warm wurde. Als er so nah am Herd stand, konnte er nicht anders als zu bemerken, dass ein bestialischer Gestank aus dem Schnellkochtopf stieg. „Ist da irgendetwas angebrannt?“, fragte er Gokudera, doch der schüttelte nur den Kopf: „Das liegt an den Zwiebeln, die dünsten aus.“, meinte er und beruhigte Tsuna damit ungemein. Er setzte sich an den Küchentisch und blickte zu Yamamoto, der bei der Mikrowelle stand. „Hey Yamamoto! Bring mir mal das Zeug aus der Mikrowelle. Ich kläre die Brühe jetzt.“, meinte er und fischte den Beutel mit den Kräutern und dann das Fleisch aus dem Topf, das an der Unterseite ein wenig schwarz aussah. „Du kannst in der Zwischenzeit das Fleisch schneiden. Das können wir wieder verwenden.“, wies er Tsuna an.

Mit einer schnellen Handbewegung öffnete Gokudera das Handtuch, legte es über den Topf und goss die Brühe drüber aus, bis der Topf leer war. Durch kräftiges Drücken ließ er dann so viel Flüssigkeit wie möglich aus dem Kräuterballen und kippt das ganze Zeug in den Mülleimer, jetzt wo sie es nicht mehr brauchten. Gewissenhaft spülte er den groben Dreck vom Handtuch und hängte es wieder zurück an seinen angestammten Platz, immerhin wollten sie Amicelli ja nicht verärgern, weil irgendwas in der Küche nicht am rechten Fleck war.

Währenddessen hatte Tsuna sich bereits die Schere geschnappt und das Fleisch in mehr schlecht als recht gleichmäßig große streifen zerschnitten. Er hatte keine Ahnung wofür Gokudera das wieder verwenden wollte, aber als Aufschnitt würde es sicherlich noch taugen. Überraschenderweise schaffte Yamamoto es sogar die Pfannkuchen nicht anbrennen zu lassen und nachdem diese zu Kringeln verarbeitet wurden, landeten sie in der... einigermaßen klaren Suppe die ein sehr, man konnte wohl sagen einmaliges, Aroma hatte. Etwas Derartiges hatte Tsuna noch nie gerochen!

Und er hoffte intensiv, dass das auch weiterhin so bleiben mochte...

Als Gokudera nun stolz die Suppe betrachtete, in der die Reste der Tulpenzwiebeln schwammen grinste er breit. „So. Mann, wenn das nicht Mal einschlägt wie ne Bombe, dann weiß ich auch nicht.“, meinte er zufrieden und schwang den Kochlöffel. Er rührte um, grinste glücklich und wies seine Kochgehilfen dann an ihm Teller zu bringen. Tsuna brachte zwei. Er wusste nicht wieso, aber im Moment hatte er keinen Hunger. Es reichte, wenn zunächst Yamamoto und Gokudera probierten.

Er deckte den Tisch, während Gokudera ihnen auftat und zu guter Letzt die Pfannkuchen in die Suppe schmiss. Irgendwie fand er es schade, dass er jetzt nichts essen konnte. Immerhin hatten sie sich so viel Mühe gegeben. Nun ja... Er nahm sich vor zum Abendbrot etwas davon zu probieren.

Zwanzig Minuten später, als die heulenden Sirenen des Krankenwagens wieder leiser wurden und das blaue Licht um die Ecke verschwand, war er froh keinen Hunger gehabt zu haben. Wenn ihrem Lehrer nicht auch der Magen ausgepumpt werden sollte, mussten sie sich wohl was anderes überlegen. Vielleicht doch Spaghetti. Tsuna würde morgen dafür einkaufen gehen. Sicher fanden sie dann auch eine Verwendung für den Rest des Fleisches.
 

Wird fortgesetzt...

27. Juni Abends

Wohooo! 50 Kommentare und Kapitel 20! Das ist ein Anlass zur Freude und verdient eine kleine interaktive Festlichkeit. Wir beide haben beschlossen, dass wir unseren Lesern zu diesem kleinen Jubiläum eine kleine Freude machen und eine kleine Wunschaktion ins Leben rufen. Das nächste Kapitel ist zwar schon geplant, aber für das übernächste würden wir gern unsere Leser entscheiden lassen, um wen es da gehen soll. Wir haben ja eine winzig kleine Liste von Charakteren und auch einige steckbrieflose Nebencharaktere, die ab und zu eingestreut wurden.

Aus all denen dürft ihr euch gern jemanden aussuchen. Der Person mit den meisten Stimmen widmen wir dann ein ganzes Kapitel. Sollte es einen Gleichstand geben, müssen wir uns noch was überlegen. Wir sehen es als eine Art Challenge. Also: Jeder Kommentar zählt! Wählt fleißig. ^^
 

27. Juni - Abends
 

Der beißende Gestank nach Schießpulver und frischem Feuer drang an seine Nase, lange bevor er das Pfeifen der Kampfflieger hörte oder die Trompete die zum Angriff blies. Die Luft war flirrig, nicht sehr heiß, aber staubtrocken. Trocken wie sein Mund sich nun anfühlte nachdem seine Augen über das Schlachtfeld geglitten waren. Seine treuen Kameraden lagen im morastigen Wasser des Schützengrabens, eitrig braungelbe Flüssigkeit drang aus ihren offenen Stellen, tropften unnachgiebig. Sie schimmerte im dumpfen Licht der untergehenden Sonne.

Der Gestank raubte ihm fast die Sinne.

Seine Hand krallte sich in seine Brust, in der ein stechender Schmerz sich ausbreitete und ihm die Fähigkeit zum Atmen nahm. Der Kriegsschauplatz lag einfach nur da, niemand kümmerte sich um die Verletzen, die Missbrauchen... Die Sterbenden...

Niemand...!

Tränen des puren Entsetzens strömten über seine Wangen, als Amicelli den Zustand seiner Küche sah.

„Me... Mein... Meine... Küche...“. Amicelli brachte diesen Satz nur stotternd heraus. Seine Tränen nahmen ihm den Atem, seine Unterlippe bebte. Verzweifelt betrachtete er den Küchentisch und die Überreste der Zutaten. Verschüttete Erdbeermilch, die wie Blut über die Tischkante rann und den Boden volltropfte. Seinen klinisch reinen Fußboden! Die Mikrowelle stand offen und offenbarte einen widerlichen Dreck, der aussah, als könne man ihn nie mehr abwaschen.

Geschockt und atemlos, wandte sich Amicelli dem Herd zu. Was auch immer darauf gekocht hatte, war mehr als nur einmal übergekocht und bis in die Backröhre gelaufen. Es sah so widerlich aus... einfach eklig, aber das war noch nicht das schlimmste. Das schlimmste war sein geliebter Markentopf. Der Topf den er sich für teures Geld extra aus Europa bestellt hatte. Er stand noch auf der Kochfläche, die in Betrieb war. Die Reste von dem, was darin gekocht worden war, waren noch darin. Mittlerweile war jedoch alles Wasser verdampft und im Topf befand sich nur noch eins schmieriger, brauner Schleim, der sich verhielt wie Karamell. Noch immer atmete er heftig ein und aus und grollte dabei ein wenig.

Das hier war entweder ein Alptraum, das erste Zeichen das Apokalypse oder ein Grund jemanden auf schreckliche Art und Weise zu Tode zu foltern. Niemand würde es ihm verübeln können. Er würde Fotos vom Zustand der Küche machen, viele Fotos und Proben vom Schleim nehmen, die er luftdicht verpacken würde. Und wenn er dann wegen Mord und Folter angeklagt wurde, würde er sagen: „Hier, das ist was sie mit meiner Küche machten! Mit meinem Herd! Meinen Markentöpfen! Seht her und betrachtet das Übel!“

Und dann würden die Geschworenen anfangen zu weinen, beim Anblick von einer solchen Unmenschlichkeit. Ihre Tränen würde für sie sprechen und sie könnten nur sagen: „Gut! Gut dass du dieses Scheusal bestraft hast! Gerecht war deine Tat, ehren soll man dich!“ Und alle würden es verstehen.

Mit einer teuflischen Gelassenheit ging Amicelli zu seinem Messerblock und zog das Beil heraus, seine Klinge glitzerte im Licht anrüchig und verführerisch wie die Perlen einer Edelhure. Sie versprach ihm Schmerzen und Blut, seine Finger zuckten.

„Mice? Weinst du?“, die helle Stimme die von der Tür drang zog seien Aufmerksamkeit auf sich. Er wandte sich fast augenblicklich um. In seinen Augenwinkeln funkelten kleine Tränchen, doch in seinen Augen brannte ein rachsüchtiges Feuer. Giotto zuckte ein wenig zusammen und wäre fast rückwärts aus der Tür gewichen, weil er Angst hatte, Amicelli würde das Beil auf ihn schleudern, aber nichts geschah. „Was ist denn mit dir kaputt?“, fragte er unwissend, als er jedoch ganz in die Küche trat, verstand er. „Woah... Was ist denn hier passiert?“ Giotto war erstaunt, als er sich auf dem Schlachtfeld umsah. Sein Mund blieb offen stehen, als er die umgekippte Erdbeermilch bemerkte und er beschloss sofort erste Hilfe zu leisten und sie aufzuheben. „Mann! Sie ist fast leer!“, sagte er enttäuscht und betrachtete die süße, hellrosa Flüssigkeit auf dem Boden, die sich immer weiter ausbreitete.

„Giotto...“ grölte Amicellis Stimme wie direkt aus den Tiefen der Hölle, rau, hart und durchtränkt von Zorn und Hass. Selbst ausgewachsene Teufel hätten bei ihrem Klang nach ihrer Mutter geschrien und wären dann vor Angst gestorben, wenn sie sich daran erinnerten, dass sie keine hatten. Das Beil sang wie eine Sängerin in der Oper ihr schönstes Stück, als Amicelli den Schleifstein über sie rieb mit einer heftigen Handbewegung. Lange noch hing der Ton in der ansonsten komplett stillen Küche und klagte sein Leid. Giotto ließ die Milch in den Mülleimer fallen und wich sicherheitshalber ein paar Schritte zurück, um nicht in der Reichweite zu bleiben, die das Beil mühelos überwinden konnte ohne auch nur Amicellis Hand verlassen zu müssen.

„Mice! Ich schwör ich bin vollkommen unschuldig!“ verteidigte er sich und hob abwehrend die Hände, wohlwissend, dass diese ein eher schwacher Schutz gegen die Waffe wären. Sicherheitshalber griff er nach dem Topfdeckel und hielt ihn vor sich.

Wie ein Ritter streckte er dem feuerspeienden Drachen nun sein Schild entgegen und suchte selbst nach einer Waffe, um sich zu verteidigen, erwischte aber nur einen Kochlöffel. „Wir waren den ganzen Tag zusammen! Sind zusammen hier los und zusammen wiedergekommen. Ich war es nicht.“, erklärte er mit zittriger Stimme. Amicelli schien einen Moment irritiert, dann jedoch schien er einzusehen dass er recht hatte und ließ das Beil wieder sinken. Er sagte nichts, grollte nur leise und wandte sich erschrocken um, als eine weitere Stimme von der Tür herdrang. Es war Reborn, der mit seiner Waffe hantierte und diese nachlud. „Das war Tsuna und seine beiden besten Freunde. Sie wollten für Hauswirtschaft üben.“, erklärte er und sah zufrieden zu, wie die Wut in Amicellis Gesicht wieder aufflammte und dieser an ihm vorbeirauschte und Giotto alleine stehen ließ. Er ließ seine Waffe klicken und richtete sie auf Giotto. „Wir müssen reden.“, meinte er und grinste.
 

Bei seinem raschen Gang durch das Wohnheim kam es Amicelli vor, als würden Flammensäulen sich aus dem Boden erheben, wo er zuvor aufgetreten war. Er sah die Welt durch einen roten Schleier des Hasses und der Wut. Für diesen Frevel würden diese Tunichtgute bezahlen mit ihrem Blut, ihren Körpern und ihren Seelen! Alles würde er ihnen entreißen bis nicht einmal mehr ihre Hoffnung überlebte und der Preis für das Leid seiner Küchenutensilien gerächt wäre!!!

„Tsunalein~ Tsunalein~,“ rief er mit künstlicher fröhlicher Stimme während seine Zunge über seine Oberlippe fuhr, wobei sie sein mordlüsternes Lächeln nur noch unterstrich. „Alles muss versteckt sein! Augen auf, ich kommeeeee....“

Tsuna, der eben noch dem Krankenwagen nachgesehen hatte und grade erst ins Haus gekommen war, blieb wie versteinert in der Tür stehen, mit der Hand immer noch den Griff fest umklammert haltend. Ein ihm unbekanntes Grauen erfasste ihn und lähmte seinen Körper mit Todesangst.

Die Stimme kam von oben. Er hatte also noch Zeit zu... „Tsunaleeeeeeein~“ „YIIIIIH!“, sein Schrei hallte durch die Eingangshalle und seine erste Amtshandlung war sich hinter der Couch zusammen zu kauern.

Wo kam Amicelli her? Sie mussten durch die Hintertür hereingekommen sein. Die Hintertür, die direkt durch die Küche führte und sicher hatte Amicelli das Chaos gesehen. Tsuna atmete heftig. Ängstlich aus und wieder ein. Er musste sich beruhigen. Ganz ruhig bleiben, sicher gab es irgendeine Möglichkeit... Er hörte ein zischendes Geräusch über seinem Kopf Als er nach oben blickte, sah er das Küchenbeil in der Holzvertäfelung über ihm stecken. Amicelli hatte wirklich gut gezielt. Er rutschte ein Stück zur Seite, zum anderen Ende der Couch und schielte um die Ecke, konnte aber nichts sehen.

Sein Herz pochte heftig in seiner Brust, das Adrenalin wurde im Eiltempo durch seine Adern gepumpt, damit seine Sinne geschärft waren. Er war noch zu jung um zu sterben! Er hatte noch so vieles vor sich! Eine Frau bauen, ein Haus pflanzen und einen Baum heiraten! Wie sollte er seinen Ahnen im Himmelreich unter die Augen treten, wenn er nicht Mal das geschafft hatte?! Zitternd krabbelte er an die Seite der Couch von der er Amicelli nicht sehen und konnte und nachdem er ihn auch von da aus nirgendwo entdecken konnte, macht er sich bereit um los zu sprinten. Doch wie aus dem Nichts kam Plötzlich eine Hand von oben, packte Tsuna am Kragen und hielt ihn hoch. Mordlüstern funkelten ihn Amicellis Augen an und versprachen ihm Qualen, jenseits seiner Vorstellungskraft.

Tsuna hatte die starke Befürchtung, dass seine Blase diesem Stress nicht gewachsen sein würde.

„Ami-Amicelli!“ wimmerte er und versuchte möglichst heroisch ihn anzusehen, sich keine Furcht anmerken zu lassen. Er scheiterte kläglich.

„Meine Küche.“, grollte dieser und funkelte ihn an, zog ihn, mit nur einer Hand, so hoch, dass Tsuna den Boden unter den Füßen verlor und ihm direkt in die Augen blicken konnte. Sein Training war ganz offensichtlich sehr wirksam. „Ich... Ich wollte doch noch aufräumen!“, versuchte Tsuna zu erklären und atmete heftig ein, während seine Beine, wild strampelnd, nach festem Untergrund suchten. „AUFRÄUMEN!?“, Amicelli klang hysterisch. „Du wirst die Küche mit einer Zahnbürste schrubben. Und mit Desinfektionsmittel einreiben. Was zur Hölle habt ihr euch dabei gedacht?“, fragte der Schwarzhaarige wütend und zog Tsuna noch ein bisschen näher an sich heran.

Tsunas Atem beschleunigte sich noch etwas mehr. Seine Hände zitterten heftig und er betete insgeheim, dass jemand kommen würde, um ihn zu retten. Es musste ja kein Prinz auf einem weißen Ross sein... nur... „Amicelli, lass den Jungen runter.“.

Sein Ritter stand da mit der Schultasche locker über der Schulter und seiner Hand auf Amicellis Oberarm. Er hatte einen deutlich genervten Gesichtsausdruck auf den vernarbten Zügen und ein Glitzern in den Augen, das dem seines Bruders in nichts nachstand. Noch nie war Tsuna so unbeschreiblich froh Xanxus zu sehen, wäre es ihm möglich, hätte er sein Gesicht mit Küssen bedeckt und ihn mit Goldstücken überschüttet.

„Halt dich da raus Xanxus. Ich werde nur dafür sorgen dass diese kleine unnütze Krabbe seine Schuld abarbeitet und der armen, geschändeten Küche seinen Blutzoll zahlt!“ zischte Amicelli, musste aber seinen Griff um Tsunas Kragen lockern, nachdem Xanxus schmerzhaft stark sein Handgelenk gedrückt hatte. Zwischen den beiden flogen die Funken, wäre ein Strohdach in der Nähe gewesen, wäre es entflammt.

Tsuna entkam dem Griff des einen Zwillingsbruders und trat ein paar Schritte zurück, so dass er ein Stück hinter Xanxus stand, der sich noch immer ein Blickduell mit seinem Zwillingsbruder lieferte. „Komm erst Mal wieder runter. Du bist total durchgeknallt. Zügel dich, wir reden dann.“, knurrte Xanxus und wandte sich von seinem Bruder ab. Er warf seien Schultasche in den Sessel und packte Tsuna, indem er den Arm um seine Schultern legte und ihn zur Tür zog. „Und wir gehen kurz an die frische Luft.“, sagte er und warf die Tür hinter sich ins Schloss.

Tsuna war froh die frische Abendluft auf der Haut zu fühlen und atmete ein paar Mal tief ein und aus, damit sie auch seine Lungen füllte. „Danke...“, wisperte er und war erstaunt als Xanxus ihn weiter vom Dorm wegzog.

Da war es schon wieder, diese Angewohnheit sich immer und überall mit hin schleifen zu lassen, aber diesmal nicht! Diesmal würde er nicht einfach mitlaufen wir ein kleiner Welpe, der sein Herrchen keine zwei Schritte entfernt wissen konnte, dachte sich Tsuna während er trotzdem mit Xanxus mitging ohne sich zu wehren.

„Wo gehen wir hin?“ fragte er irritiert und Xanxus bedachte ihn mit einem nicht zu entzifferbaren Blick. Irgendwas nachdenkliches, wenn nicht gar irritiertes lag darin. Da war wohl etwas was ihn störte oder was ihm auf der Seele lag, auch wenn Tsuna es nicht direkt fassen konnte.

„Erst mal weg von diesem verfickten Wichser, der angeblich mein Bruder ist.“ erklärte Xanxus trocken und nahm seinen Arm doch noch von Tsunas Schulter. „Könnte gesünder für dich und deine Haut sein, Krabbe.“

„Nenn mich nicht so. Mein Sternzeichen ist nicht Krebs!“, meinte Tsuna ein bisschen beleidigt und blickte nach oben. Er betrachtete Xanxus ernstes Gesicht von der Seite, dann sagte er leise: „Ich... ich möchte gern wohin.“.

Xanxus schien einen Moment lang irritiert, dann nickte er. „Dann gehen wir dahin.“. Tsuna wusste selbst nicht genau, wie er gerade auf diese Idee kam, aber er plante schon eine Weile einen Besuch bei einem alten Freund zu machen. Immerhin hatte er keine Gelegenheit gehabt sich richtig zu verabschieden.

„Danke nochmal, dass du mir geholfen hast. Ich dachte schon ich könnte meinem Leben hinterher winken.“, meinte Tsuna schließlich leise und atmete erleichtert aus. „Er ist wirklich beängstigend.“

„Tss... du hast aber auch selber Schuld, was verwüstest du auch ausgerechnet die Küche? Das ist sein verficktes Allerheiligstes. Du hättest seine Tagebuch lesen können und das wäre weniger schlimm gewesen. Das hättest du wissen müssen, bist doch nicht erst seit gestern hier.“ Zwar waren seine Worte harsch, aber er schien trotzdem gut gelaunt. Wenn sein Bruder sich aufregte und um etwas trauerte was ihm lieb und teuer war, dann war ihm das nur recht. Immerhin war er eine lebende Pest.

„Aber...“ stammelte Tsuna, er wusste nicht so recht was er sagen sollte, immerhin hatte Xanxus Recht mit dem was er sagte. „wir mussten wirklich für den Hausarbeitskurs üben...“
„Tss, was habt ihr überhaupt versucht zu kochen? Püriertes Baby mit Eitersauce und frittierter Niere? Danach roch es zumindest.“ Tsuna drehte sich bei der Erwähnung des Essens der Magen um... er hatte die Reste in einer Tupperdose in den Kühlschrank gestellt. Vielleicht konnte er es irgendwann mal als Massenvernichtungswaffe einsetzen.

„Co... Konsumä...“; Tsuna überlegte kurz, aber der ganze französische Name fiel ihm nicht mehr ein. „Zweibelsuppe mit Pfannkuchenkringeln.“, sagte er daher schließlich. „Zumindest wollten wir das machen, aber ich glaube Gokudera und Yamamoto haben schon die falschen Zutaten eingekauft.“, erklärte er ein wenig kleinlaut. „So bestehen wir Hauswirtschaft nie.“, seufzte er leise. „Ich kann kein bisschen Kochen.. ich dachte wenigstens Gokudera kann es. Ob Daniela mir auch da Nachhilfe geben kann?“, fragte er murmelnd, mehr so sich selbst. „Glaub ich nicht. Daniela hat Hauswirtschaft nie belegt, bzw. doch, hat sie. Aber der Lehrer hat sie nach der zweiten Woche freigestellt. Aus dem Krankenhaus.“. Xanxus klang ein wenig überheblich und auch selbstzufrieden. „Es gibt auch Dinge, die sie nicht kann.“

Tsuna hatte schon vor einiger Zeit festgestellt, dass Xanxus sich eigentlich mit Niemanden richtig gut verstand, abgesehen von Squalo, der keinen Deut besser war als er. Er legte nicht viel Wert auf die Meinung von anderen und ließ das alle Menschen um sich herum nur zu deutlich spüren. Egal in welcher Klassenstufe sie waren oder selbst wenn es sich um Lehrer handelte, Tsuna fand es zwar bewundernswert, dass er so selbstständig war, aber manchmal fragte er sich wirklich, ob Xanxus sich nicht zumindest ab und zu einsam fühlte.

„Kan-Kannst du kochen, Xanxus?“ fragte er schüchtern und befürchtete wenige Sekunden später auf grausame Art und Weise erschlagen zu werden, aber Xanxus lachte nur.

„Na ja, die verdammten Grundbegriffe gehen Omelette, Nudeln, so was. Wenn du was Anspruchsvolleres willst, musst du meinen abgefuckten Bruder fragen. Du solltest zumindest etwas kochen können, sonst ernährst du dich wie diese Pussy Giotto irgendwann nur von Fertigpudding. Der kann nämlich auch nicht kochen, dieser Versager.“

Tsuna sah seine Chance. Das war ein halbes Angebot aus Xanxus Mund. Sowas gestand man, vor allem, wenn man Xanxus hieß, nicht einfach so. „Kannst du mir nicht, also natürlich im Geheimen, sowas einfaches beibringen? Unser Lehrer hat uns Nudeln angeboten. Wir... Wenn wir die halbwegs hinbekommen, dann bestehen wir.“, meinte er hoffnungsfroh und blickte zu seinem Begleiter auf. Er sah mürrisch aus und Tsuna rechnete schon mit dem Schlimmsten, zog den Kopf ein. Xanxus gab ein wütendes Grummeln von sich. „Aber nur verfickte Nudeln. Das ist echt kein Ding und deine beiden, kleinen Anhängsel bleiben der Aktion fern.“

Er war wieder wortkarg und klang gemein, aber Tsuna wusste, dass er es nicht so meinte. Freudig nickte er. „Klar. Es reicht, wenn du es mir zeigst. Ich will mich nämlich nicht mein Leben lang von Schokopudding ernähren.“

Xanxus grummelte etwas Undefinierbares, aber das war er ja gewohnt. Solange er nicht schrie oder einen mit Gegenständen bedrohte die spitz und gefährlich waren, dann war man immer noch auf der sicheren Seite bei ihm. Etwas überrascht drehte Tsuna sich um, als er sehen musste, dass er bereits vor den großen schwarzen Toren des Friedhofes standen. Sie waren noch offen, aber nur noch etwa für eine halbe Stunde. Wo er schon Mal hier war, wollte er Lanchia auf jeden Fall verabschieden.

Zum Glück hatten sie bereits Juni, so war es trotz der Uhrzeit noch nicht dunkel, sondern nur leicht düster. Die Laternen die den Weg des Friedhofs erhellten waren außerdem schon an und strahlten ein freundlich gedämpftes Licht aus. Tsuna versuchte zwanghaft nicht daran zu denken, dass überall hier tote Menschen lagen...

„Stell dich nicht so an,“ griente Xanxus und blies ihm ins Ohr, was ihn erschaudern ließ. „Oder glaubst du sie kommen heraus und fressen dich?“

Tsuna wippte auf den Füßen leicht hin und her und entfernte seinen Kopf ein wenig von Xanxus. Kurz hatte er das Gefühl gehabt, dass der Schwarzhaarige ihm gerne ins Ohr gebissen hätte, um ihm die Fressorgie vorzuführen. „Man... Man weiß ja nie... Bei so vielen Zombiefilmen, die es gibt.“ Xanxus lachte. „Du willst mir doch nicht sagen, dass du ernsthaft einen Zombiefilm geschaut hast. So viel Angst wie du vor allem hast, traust du dir doch nicht Mal Nosferatu alleine anzuschauen.“, meinte Xanxus amüsiert.

Tsuna zog einen Schmollmund und ballte die Fäuste. Er entfernte sich ein Stück von Xanxus und schritt durch die Tore. „Bleib doch draußen und schau mir zu. Ich hab keine Angst!“, erklärte er von einer Welle Selbstbewusstsein erfasst und marschierte den Hauptweg entlang. Xanxus folgte ihm grienend.

Während er da so langging, im Schein der Laternen, schienen die Schatten die die Grabsteine zogen nur noch länger zu werden. Ein Käuzchen rief im Hintergrund und begrüßte die nahende Nacht mit einer unnatürlichen Fröhlichkeit, einer Fröhlichkeit, die Tsuna gerade an diesem Ort vollkommen unbegreiflich war. Aber er würde sich nicht benehmen wie ein kleines ängstliches Häschen und erhobenen Hauptes zu Lanchias Grab marschieren!

... Vielleicht hätte er Knoblauch mitnehmen sollen. Dann wäre er zumindest vor den Vampiren geschützt die, zumindest wenn es nach Kresley Cole ging, auf jedem Friedhof zu Haus lebten. Nicht dass Tsuna solche Bücher lesen würde, immerhin war er momentan immer noch ausgelastet mit der Biss Reihe.

Ein lauter Schrei entkam seiner Kehle als er plötzlich wie aus dem Nichts einen Schlag auf den Hintern bekam. Kreischend sprang er einen Satz nach vorne und Xanxus, der hinter ihm ging, lachte bellend.

„Achtung perverse Grapscherzombies.“, lachte er und schloss wieder zu Tsuna auf, dem das Blut in den Kopf geschossen war. Er verdrehte leicht die Augen und ließ ein erleichtertes, aber auch ein wenig wütendes Schnaufen hören. „Du bist gemein.“, grummelte Tsuna schmollend und steckte die Hände trotzig in die Hosentaschen. „Du bist nur viel zu schreckhaft. Vielleicht solltest du Mal was dagegen tun. Wenn man sein ganzes Leben in Angst verbringt, endet man früher hier, als Andere.“

Das war ein verkapptes Sprichwort, dass Tsuna schon aus Lanchias Mund öfter gehört hatte. Er hatte auch schon versucht etwas daran zu ändern, aber so einfach, wie sich das anhörte, war das nun Mal nicht. „Du hast gut reden.“, gab er als Antwort und brachte Xanxus zum Lachen. „Vielleicht sollte ich dir in mehr Nachhilfe geben, als Englisch. Du brauchst ne Hand voll Optimismus.“

Optimismus war das letzte was Tsuna brauchte, was er wirklich nötig hatte, war eine Schubkarre voll Mut und einen Lastwagen voll Selbstvertrauen. Optimismus war etwas für solche, die schon alles hatten und bei denen einfach nichts schief laufen konnte, solche Personen wie Giotto oder Kyoko. Selbst Mukuro!

„Ich bleib lieber bei Realismus, damit fällt man nicht so tief...“ Mit den Händen tief in seinen Hosentaschen vergraben funkelte Tsuna so böse wie möglich Xanxus an, der das ganze aber nicht für voll nahm und nur grinste. Er war manchmal so ein selbstgefälliger Mistkerl...

„Du klingst fast wie mein Bruder, sei ein bisschen lockerer.“ Er grinste noch ein Stück breiter als er Tsuna den Arm um die Schulter legte. „Vielleicht solltest du Squalo mal fragen ob er mit dir einen Schneemann baut.“

„Dafür bin ich wirklich zu alt.“ antwortet Tsuna knapp und blickte stur von Xanxus weg, als dieser wieder anfing zu lachen.

„Was hältst du davon, wenn wir am Wochenende mal ins „Escapade“ gehen? Du weißt der Club in der Stadt.“, Tsuna kannte die Disko nur vom Hörensagen, sie hatte nur Abends geöffnet und für gewöhnlich ging er nach 20 Uhr nicht mehr aus dem Dorm. Manchmal würde er zwar gern, aber zum Karaoke hatte sich noch immer niemand gefunden, was ärgerlich war. Tsuna konnte zwar nicht singen, aber es machte immer Spaß, auch wenn man falsch sang. Ob Diskos etwas für ihn waren wusste er nicht, aber vielleicht war es mit Xanxus und Squalo ja ganz lustig, daher zuckte er mit den Schultern. „Warum nicht? Wenn man uns gehen lässt.“. Xanxus grinste. „Keine Sorge. Das richte ich schon ein. Wird sicher lustig. Also nächstes Wochenende?“. Da Tsuna eh nichts vorhatte nickte er und ließ sich von Xanxus durch die Gräberreihen führen.

Frische Blumen säumten das saubere Grab, der Stein war auf Hochglanz poliert und selbst die Kieselsteine des Weges sahen aus als hätte sie jemand fein säuberlich geordnet. Rote Schleifen hielten die Blumensträuße zusammen, alle Bänder waren rot, wie Tsuna überrascht feststellte. War das Lanchias Lieblingsfarbe? Wenn er so drüber nachdachte, hatte er ihn nie danach gefragt. Tsuna hatte nie einen Gedanken daran verschwendet.

Schweigend zündete er eine der Kerzen am Grab an und schloss seine Hände zum Gebet, damit er Lanchia seine Grüße aus dem Reich der Lebenden schicken konnte. Ohne auch nur einen Laut von sich zu geben, berichtete er Lanchia pflichtgemäß was es so Neues gab und erzählte sogar ein bisschen von seiner Beerdigung. Für den Fall, dass Lanchia an dem Tag etwas Besseres im Himmel zu tun gehabt hatte, als dieser beizuwohnen.

Tsuna kam sich durchaus ein wenig morbide dabei vor.

Xanxus stand nur stumm hinter ihm und beobachtete ihn. Tsuna machte das nichts aus. Er hatte Lanchia ja nicht gekannt. Fast kam er sich ein bisschen schlecht vor, weil er Xanxus mit hierher geschleift hatte. Andererseits schien er auch nicht unzufrieden mit der Situation und ließ ihn machen, blieb still und wirkte nicht ungeduldig.

Tsuna erhob sich schließlich, nach nicht ganz fünf Minuten und trat wieder zu seinem Begleiter. Xanxus sagte nichts, legte wieder den Arm um ihn und geleitete ihn zurück zum Hauptweg. Schweigend und in Mondlicht getaucht, liefen sie auf den Ausgang zu. Die Stimmung hier war irgendwie zu gedrückt, um zu sprechen. Erst als sie die Tore des Friedhofs durchschritten hatte, fühlte er sich wieder nach reden. „Ob Amicelli sich schon wieder beruhigt hat?“

Xanxus zuckte mit den Schultern. „So wie ich ihn kenne wird er sich einen Kräutertee gekocht haben und dann hat er solange geheult bis seine Wut ein annehmbares Maß hat. Wahrscheinlich ist er grade dabei euer Chaos zu beseitigen und Giotto anzuschnauzen weil der nicht hilft. Du solltest die Hintertür benutzen und direkt die Treppe hoch verschwinden.“ riet er ihm, ziemlich gelassen sogar dafür, dass er über die Person redete, die er wie niemanden sonst auf der Welt hasste. Ein Hass der Dinge zum Schmelzen bringen konnte.

„Dabei wollte ich wirklich noch saubermachen...“ räumte Tsuna kleinlaut ein und stierte unglücklich auf seine Schuhe, die in der Dunkelheit mit den schwarzen Pflastersteinen zu verschmelzen schienen.

„Du hast praktisch auf den Altar seiner Gottheit gepisst. Kannst froh sein, dass er dich dafür nicht gehäutet hat. Meine Pussy von Bruder versteht da echt keinen Spaß. Wenn du das nächste Mal jemand sauer machen willst, nimm Giotto. Diese Obermemme bekommt Schluckauf wenn er sich aufregt und dann erstickt er immer fast daran.“ Xanxus musst vor lauter Lachen grunzen bei der Erinnerung daran.

Tsuna verdrehte die Augen. Dieser Humor war einfach... ungesund. „Ich will eigentlich niemanden sauer machen. Es war auch nicht meine Absicht... Ich dachte Gokudera wüsste, was er tut.“, meinte er ruhig und trottete neben Xanxus her. „Der Kerl weiß doch nicht Mal was er tut, wenn er läuft. Lass ihn einfach nicht mehr in die Küche. Ich bring dir bei wie man Nudeln kocht und du betrittst die Küche danach einfach nie wieder. So ersparst du dir einen Haufen Ärger.“, meinte Xanxus und Tsuna nickte verstehend. Das sah er ein und er würde sich daran halten. „Alles klar. Danke, Xanxus.“, meinte er lächelnd und auch ein wenig erleichtert.

Es war angenehm mit Xanxus mal ganz ruhig zu reden, so ruhig wie Xanxus nun mal sein konnte. Ohne Erwartungsdruck, ohne überhaupt irgendwelche Erwartungen, nur mit dem üblichen Spott, an den er sich aber mittlerweile gewöhnt hatte. Die ganze Situation war ihm manchmal einfach zu viel, bei der ganzen Nachhilfe die er bekam und dem ständigen Druck, dass er alles besser machen sollte. Nichts war gut genug, immer 110 Prozent!

Dabei hatte er meistens schon bei 50 Prozent Schwierigkeiten...

Nachdenklich betrachtete Tsuna schweigend das Wohnheim und fragte sich was ihm dieser Ort wohl noch alles bringen würde. Auf seiner Schulter spürte er immer noch Xanxus Arm, den er locker um sie gelegt hatte. Eines wusste er zumindest, er hatte hier Freunde gefunden. Mit einem tiefen Gefühl der Erleichterung stahl sich ein Lächeln auf seine Züge und ließ seine Zähne glitzern wie die Sterne am Firmament. 
Niemand sah es.

Und es war gut so.
 

Wird fortgesetzt...

4. Juli: Teil 1

Die Wünsche wurden aufgenommen und sind in Arbeit. Allerdings... muss ich gestehen, dass wir uns bei diesem Kapitel wieder ein wenig ausgelassen haben und dass es daher aus zwei Teilen bestehen wird. Deswegen werden die Charakterwünsche erst ab Kapitel 23 erfüllt. Entschuldigt den Verzug. Den zweiten Teil dieses Kapitels gibt es wahrscheinlich ab Sonntag oder Montag zu lesen. Viel Spaß beim Lesen. ^^
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

4. Juli: Teil 1
 

Draußen war herrliches Wetter. Die Sonne strahlte vom Himmel, Vögel zwitscherten und die Bäume rauschten in dem lauen Lüftchen, dass in regelmäßigen Abständen leichte Kühlung verschaffte. Vor Tsuna auf dem Schreibtisch stand eine Flasche mit warmem, abgestandenem Wasser, das mittlerweile untrinkbar war. Seine nackten Oberschenkel, er war froh, dass man die Sommeruniformen wahlweise auch mit kurzen Hosen tragen durfte, klebten am ungemütlichen Holz des Stuhls. Noch drei Minuten. Dann war die Stunde rum. Er seufzte leise vor sich hin. Würde er in Amerika leben, hätte er heute den ganzen Tag frei gehabt. Erstaunlicherweise waren Feiertage etwas, mit dem Tsuna sich unglaublich gut auskannte. Er wusste, dass wenn man alle Feiertage, jedes Landes zusammennahm, musste man nur noch ein paar Tage im Jahr irgendetwas tun. Das wäre doch mal eine nette Anregung für die Regierung.

Er streckte sich und sah nochmal zur Uhr, die über der Tür zum Klassenzimmer hing. Immer noch drei Minuten. Wieso verging die Zeit immer langsamer, wenn man wollte dass sie schneller verging? Es war wohl die Vorfreude, die alles hinauszögerte. Denn es war endlich wieder Samstag. Tsuna hatte sich die ganze Woche über auf diesen Tag gefreut, nicht nur weil er sich gleich nach der Schule mit Xanxus und Squalo treffen würde, sondern auch, weil sie heute den ganzen Abend miteinander verbringen wollten.

Sich darauf zu freuen freiwillig Zeit mit Xanxus UND Squalo zu verbringen, war für sich genommen eigentlich ein handfestes Zeichen für einen tiefverwurzelten Masochismus. Die beiden waren so etwas wie die schwarzen Schafe der Familie, man verbrachte nur Zeit mit ihnen weil man musste und dann stellte man fest, dass man sie irgendwie lieb gewonnen hatte. Genau wie den blinden Goldfisch oder den Hamster der nur noch ein Bein übrig hatte, nachdem er mit dem Staubsauger Verstecken gespielt hatte.

Amicelli hatte ihm versichert, dass es sich dabei um eine intensive Charakterschwäche handelte, aber Tsuna dachte sich nichts dabei. Egal was alle anderen auch immer sagen mochten. Zeit mit Squalo und Xanxus zu verbringen war vielleicht nicht sonderlich gut für die Seele, aber es war definitiv immer sehr lustig. Auf eine peinliche und selbstzerstörerische Art und Weise.

Außerdem war es besser, als den ganzen Abend nach Hause zu hocken. Zwar war der Club „Escapade“ in den sie heute Abend gehen würden, nicht wirklich ein Ort, den er in seiner Freizeit besuchen wollte, aber deswegen ging er ja auch nicht alleine hin. Zwar glaubte er nicht daran, dass Xanxus sich in irgendeiner Weise auf die Tanzfläche begeben würde, aber Squalo war immerhin Tänzer, da konnte man viel erwarten. Außerdem hatte er den Weißhaarigen schon seit einer ganzen Weile nicht mehr länger als zehn Minuten in der Pause gesehen und ihn interessierte brennend, wie es ihm so mit seinem Tanzlehrer ergangen war, ein Thema auf dass er sich in der Schule nicht einließ.

Er beobachtete wie sich der große Zeiger der mühsam auf die zwanzig schob und als dies endlich geschehen war, ertönte die erlösende Glocke und das erleichterte Seufzen der Schülerschaft, sowie des Lehrers, der sich die ganze Stunde über mit einem Fächer Luft zugefächelt hatte.

Man merkte dem Wetter richtig an, dass es Sommer war und man sich dem Hochsommer mit großen Schritten näherte. Wenn die Temperatur weiterhin so dramatisch stieg, dann konnte man ihre gekochten Innereien in den Sommerferien von den Gehwegen schaben. Tsuna konnte sich wirklich schönere Tode vorstellen, als diesen.

Eifrig stopfte er seine Schulsachen in seine Tasche und ließ diese mit einem leisen „Klickklack“ zuschnappen. Ein Blick ins Fach unter seinem Schultisch offenbarte ihm, dass die Safttüte, die er seit einigen Wochen dort lagerte, mittlerweile auf doppelte Größe angeschwollen war und ein verdächtiges Glucksen aus ihren Tiefen hallte. Tsuna gab ihr noch drei Wochen, dann musste entweder der Saft genug gegoren sein damit er sich damit betrinken konnte, oder die Tüte würde vorher platzen.

Für heute beschloss er sie zu ignorieren.

„Wo ist Squalo?“. Xanxus Frage kam überraschend und Tsuna zuckte heftig zusammen, da er nicht damit gerechnet hatte, dass Xanxus sich so anschlich. „Er war heute nicht in der Klasse. Ich glaube er hat blau gemacht und trifft uns dann vor dem Schulgebäude.“, erklärte er und Xanxus nickte verstehend. Er ließ den Blick über Tsuna wandern, der mit seinen kurzen Hosen und seinen Sandalen aussah, wie ein Grundschüler, aber das störte ihn heute nicht. Er grinste den größeren an. „Bist ja gut gelaunt.“, meinte dieser ein wenig amüsiert und schloss sein Schuhfach ab. „ich hab ja auch einen Grund dazu, erklärte Tsuna zufrieden und ging schon mal zum Ausgang vor. Xanxus würde sowieso mit zwei Schritten zu ihm aufschließen.

„Hab ja auch allen Grund dazu.“ flötete Tsuna gut gelaunt als er Xanxus‘ Präsenz in seinem Nacken spürte. Die Härchen auf seinen Armen richteten sich immer auf, wenn der andere sich direkt hinter ihm befand. Vor allem lag das daran, dass Xanxus eine Schwäche dafür hatte, ihm ins Ohr zu blasen. Ein ekliges Gefühl, was ihn immer wieder laut Quieken ließ.

„Nur weil du heute von Squalo und mir etwas drangsaliert werden kannst? Die Art von Spaß gefällt mir.“ Tsuna streckte ihm bei seinen Worten die Zunge raus. Heute würde er sich von Nichts und Niemanden die gute Laune nehmen lassen. Abgesehen davon wollte Xanxus ihn ja eh nur etwas foppen. Seine Mutter hatte ihm erklärt, nachdem es ihn zutiefst verwundert hatte warum Xanxus das immer tat, dass das „neckische Hänseleien“ wären. Kleine Stiche um seine Zuneigung zu zeigen. Hoffentlich nahm Xanxus‘ Zuneigung nicht zu, manchmal gingen die Bemerkungen nämlich wirklich unter die Gürtellinie. Tief unter die Gürtellinie.

Ihm war schon aufgefallen, dass Xanxus ihn gern in Verlegenheit brachte. Manchmal war das ärgerlich, aber man gewöhnte sich dran und irgendwie wurde Tsuna den Verdacht nicht los, dass Xanxus ihm damit auch unterschwellig helfen wollte seien Schüchternheit etwas zu überwinden. Es half zwar nicht wirklich, aber vielleicht dauerte es auch einfach nur. Schocktherapie war halt nicht sofort wirksam.

Tsuna trat aus dem Schulgebäude und sofort hüllte ihn der seichte, erfrischende Wind ein, den er in den Baumwipfeln hatte beobachten können. Er genoss diesen Moment und ging dann schnell voran. Am Schultor sah er bereits Squalo stehen und winkte ihm zu. Squalo winkte mit seinem Skizzenblock zurück und griente breit, als sie näher kamen. Allerdings galt dieses Lächeln weniger Tsuna, als Xanxus, der hinter ihm lief und eine obszöne Geste machte.

„VOOOOOIIIIIIII!“ ertönte seine alles durchdringende Stimme so laut, dass alle Schüler auf dem Schulhof sich zu ihnen umdrehten, bis sie sahen, dass es nur wiedermal Squalo war, der so einen Rabatts machte. Das Seltsame war nur solange seltsam, bis man sich daran gewöhnt hatte. Danach war es schon wieder normal, vor allem gewöhnte man sich leicht daran, wenn alle ein wenig verrückt waren. „Yo Xanxus, brav in der Schule gewesen? Was für ein guter, braver Junge. Dein Wichsbruder ist sicher verfickt noch mal stolz auf dich!“ Xanxus schlug in die ihm angebotene Hand ein und grinste genauso breit zurück wie Squalo selber es tat.

„Und du? Hast du Pussy deinen Unterricht dafür geschwänzt zu tanzen und dir danach einen von der Palme zu wedeln? Du bist abgefuckt schwach.“ Tsuna beschloss für ein paar Minuten taubstumm zu sein, bis sich das Alphatier Gegrunze der beiden gelegt hatte.

„VOOOOOI!“; grinste Squalo schließlich und griff sich Tsunas Hand, um diese auch zu drücken. „Du warst auch ein braver Junge wie ich sehe.“, grinste Squalo. Tsuna verdrehte die Augen leicht, nickte aber. Es war ihm etwas unangenehm Squalos Hand zu nehmen, nach dem Gespräch von eben, aber er nahm es einfach mal nicht für voll. „Bevor ich es vergesse Xanxus. Ich hab da noch was für dich.“ Damit öffnete er seinen Skizzenblock und reichte ihm ein Heft mit einem glänzenden Umschlag. Ein Doujinshi, wie Tsuna bei genauem Hinsehen erkannte. „Der sollte ganz nach deinem perversen Geschmack sein.“, meinte Squalo stolz und stopfte seinen Skizzenblock in seine Umhängetasche, die noch offenstand. „Hab‘ deine Überweisung gekriegt, also gehört er ganz dir. Hoffe du hast verfickt viel Spaß damit! VOOOI!“, erklärte er und auch Tsuna versuchte einen Blick auf das Buch zu werfen, dass Xanxus da in den Händen hielt. Es musste von Squalo gezeichnet worden sein.

Neugierig reckte Tsuna seinen Hals um das Cover besser zu erkennen, aber Xanxus hob einfach seinen Arm und brachte das Heft damit weit, weit außerhalb von Tsuna Reichweite, nicht mal wenn er hüpfte kam er auch nur in die Nähe. Manchmal war seine Körpergröße wirklich eine Frechheit sonders gleichen. Er verfluchte die Gene seines Vaters, die sich nicht gegen die seiner Mutter hatten durchsetzen können. Wahrscheinlich blieb er auf immer ein Knirps der Tretleitern verwenden musste. Tretleitern!

„Alles drin was reingehört?“ Squalo schnaufte empört als wäre seine Künstlerehre in Frage gestellt worden.

„Natürlich und auch Zeugs was da sicher nicht reingehört. Aber, VOOOI, es war deine eigene abgefuckte Liste, also wehe du beschwerst dich. Einiges von dem Zeug ist echt krank, du hast keine verfickte Ahnung wie schwer es war Referenzmaterial zu finden, VOOOOOIIII!“

Tsuna schwante, worum es in diesem Heft gehen könnte und er musste sich beherrschen, um nicht schon wieder seine Augen zu verdrehen. „Zu welchem Manga ist er?“, fragte er neugierig, daraufhin richteten sich sowohl Xanxus als auch Squalos Blick auf ihn und sie begannen beide bellend zu lachen. „Zu „Real Life“, wurde er schließlich von Squalo aufgeklärt und während dieser noch mit ihm sprach, verschwand das Heft in Xanxus‘ Schultasche. „Das ist nichts für naive, kleine Jungs.“, meinte er amüsiert und schulterte seinen Rucksack wieder. „VOOOOI! Da das jetzt geklärt ist, gehen wir ne verfickte Nudelsuppe essen. Ich hab Kohldampf.“, meinte Squalo lautstark. Tsuna hörte, wie zwei Schüler neben ihnen, ihre Pläne ins Nudelrestaurant zu gehen kurzfristig änderten.

„Also, Squalo, wo warst du denn?“ fragte Tsuna fröhlich während er neben ihm die Straße zur Einkaufsmeile herunter wanderte. Wo auch immer sie gingen, niemand rempelte sie an oder versuchte ihren Weg zu schneiden. Mit Xanxus und Squalo zu gehen, hatte definitiv seine Vorteile. Auch wenn die Vorteile auf den eher unvorteilhaften Ruf von ihnen beruhten.

„Zu Tee und Gebäck im Wunderland bei der Grinsekatze, während mir Alice einen geblasen hat. Was denkst du denn?“ Tsuna verdrehte nun wirklich seine Augen und versuchte die mentalen Bilder aus seinem Kopf zu vertreiben. Dieses schreckliche Mundwerk hatte ihn schon in so manchen Zustand der höchsten Scham getrieben.

„Squalo du bist widerlich.“ murmelte er etwas schwach in seinen nicht vorhandenen Bart und stierte ihn gespielt böse an. Er war schon wirklich gut darin geworden, Gefühle nachzumachen wenn er sich konzentrieren konnte. Mukuro mochte etwas durchgeknallt sein, aber er verstand etwas von seinem Handwerk und dem Unterrichten.

„Ich hatte ein verficktes Date, Mann! Ist doch klar. Ich hab mir deinen verfickten Vorschlag zu Herzen genommen.“, grinste Squalo zufrieden. „Und danach hab ich gezeichnet, hab von jemandem ‘nen Auftrag gekriegt und der zahlt verfickt gut! VOOOOI!“, erklärte er weiter und schlug Tsuna auf die Schulter. „Ich... also ich hab zwar gesagt du sollst es ihm sagen, aber vielleicht... solltest du die Schule nicht schwänzen...“, meinte Tsuna vorsichtig und erschrak sich etwas, als Xanxus neben ihm anfing so heftig zu lachen, dass er stehen blieb uns ich vorbeugte. „Bwuahahahahaha! Du hast Tipps von TSUNA angenommen? Von TSUNA!? Beziehungstipps auch noch? Mann du musst so verzweifelt sein!“, meinte er lautstark und Tsuna fühlte sich etwas unwohl, als sich noch mehr Leute zu ihnen umdrehten, als das sowieso schon der Fall gewesen war.

Am Besten würde er würde er einfach so tun, als würde er die beiden Schreihälse gar nicht kennen. Er war nur jemand der rein zufällig hier war und rein zufällig neben ihnen herging. Die Leute fingen an zu tuscheln und ein paar Mädchen vor ihnen kicherten hinter vorgehaltener Hand, das war genau das was er noch gebraucht hatte. Manchmal wollte er Xanxus nur in den Hintern treten, leider war die Wahrscheinlichkeit dass ihm selber dann ein gutes Stück aus eben jenem fehlte, ziemlich groß.

„Alter, besser Tipps von Tsuna als von Mr. Zwei-Wochen-Sind-Lang-Genug. Wenn ich Ratschläge fürs Ficken brauch frag ich dann dich. Aber Tsuna hatte verfickt noch mal recht gehabt! Vielleicht solltest du dir mal Nachhilfe von ihm geben lassen.“ Squalo grinste, Xanxus zeigte ihm den Mittelfinger. Oh ja, Beste Freunde waren doch wirklich etwas Tolles...

Einen ganzen Moment lang grinsten sich die beiden nur an, dann drehten sie sich um und liefen einfach weiter. Tsuna musste rennen um wieder zu ihnen aufzuschließen. Die Beiden hatten echt eine Schraube locker. Tsuna überlegte einen Moment lang, wie er am besten das Thema wechseln konnte. „Wie... Also wie lief es denn; Squalo?“, fragte er dann und er war in der Tat neugierig.

Squalo legte den Kopf schief, dann zuckte er die Schultern. „Naja... Eigentlich verfickt miserabel, aber für meine Verhältnisse schon wieder ganz gut, VOOOOI! Es ist praktisch, wenn man mit jemandem ausgeht, der einen schon kennt!“ Xanxus lachte wieder, Tsuna versuchte ihn zu ignorieren. „Bist du abgeblitzt?“, fragte er weiter und Squalo zuckte nochmals mit den Schultern. „Nicht so richtig. Verfickt nochmal! Ich hab keine Ahnung was abgeht!“ Er wandte den Kopf ab und schien das Schaufenster der Apotheke im Moment interessanter zu finden.

Tsuna wollte nicht in offenen Wunden bohren und schwieg daher lieber, Xanxus dagegen hatte keine Probleme damit schlug Squalo heftig mit der flachen Hand auf den Rücken. Das Klatschen klang schmerzhaft, aber immerhin war Squalo ja keine Memme was Schmerzen anging.

„Also hat er dich nicht rangelassen.“ meinte Xanxus sichtlich gut gelaunt und kassierte dafür einen Schlag in die Rippen. Tsuna wich aus Sicherheitsgründen ein paar Schritte zurück, sollten die beiden sich die Köpfe einschlagen, er hatte damit nichts zu tun. Rein gar nichts.

„Natürlich nicht,“ Squalo klang recht gekränkt als er das sagte. „Immerhin war‘s unser verficktes erstes Date. Nur solche Wichser wie du gehen anderen beim ersten Date an die Wäsche.“ Xanxus lachte darüber nur und Tsuna verschwand so schnell es ging im Nudelrestaurant. Drinnen stand die Luft förmlich. Sie war so schwer und erdrückend, dass man in den ersten Sekunden dachte man musste ersticken. Schlagartig verging ihm jedwede Lust auf Suppe.

Ihre eigentlichen Plätze an der Ecke der Nudelbar waren blockiert und so setzte er sich notgedrungen an die Stirnseite. Squalo und Xanxus waren ihm gefolgt und setzten sich zu seinen beiden Seiten, so dass er eingekesselt war. Tsuna war dabei etwas unwohl zumute, denn sonst saß er an der Ecke, so dass er jederzeit fliehen konnte, jetzt gestaltete sich das ganze ein wenig schwierig.

Der Koch mit dem unwirschen Gesichtsausdruck und dem braunen Pferdeschwanz, der hier immer kochte, signalisierte durch einen Wink mit seiner Kelle, dass er sie gesehen hatte und löste sich, offenbar nur ungern von seinem Gespräch mit einem anderen Gast, der durch seien knallrote Weste ins Auge stach. Er war es auch, der ihre Plätze besetzt hielt. Tsuna schoss kurz durch den Kopf, dass er erschreckende Ähnlichkeit mit Ryohei hatte, verdrängte den Gedanken jedoch sofort wieder und wandte sich stattdessen der Karte zu. Vielleicht durfte er ja heute ausnahmsweise mal selbst bestellen.

Aus den Augenwinkel sah er wie Squalo bereits zum sprechen ansetzte, doch bevor auch nur eine Ton seine Kehle verlassen konnte, funkte Tsuna ihm dazwischen. Heute würde er nicht wieder Squalo die Vorherrschaft des Aussuchens lassen. Der Hauptgrund warum er das nicht wollte, lag darin, dass Squalo für ihn immer irgendwelche Suppe mit extra Fleisch, extra Nudeln oder extra Sonstwas bestellte, so dass er sich hinterher immer total voll gefressen vorkam.

„Bitte dreimal die 23.“ platzte es aus ihm heraus. Er hatte keine Ahnung was die 23 war, aber es war weder Schwein noch Rind, und das war die Hauptsache. Außerdem hatte Amicelli ihm geschworen, dass die 23 die Beste Suppe des ganzen Ladens wäre und sicherlich wusste er wovon er redete. Neben ihm erstarrte Xanxus praktisch zu Eis und er warf ihm einen so ungläubigen Blick zu, dass Tsuna befürchtete, dass er grade Suppe mit gehäckselten Kätzchen bestellt hätte.

Der Koch blickte sie kurz irritiert an, dann zuckte er mit den Schultern und machte sich ans Schneiden. „Gesagt, getan.“, murmelte er, als Squalo versuchte Einspruch zu erheben und grinste hämisch als er dreimal Vegetarische Bio-Nudeln mit Tofu servierte. „Guten Appetit.“, wünschte er gespielt höflich und begab sich wieder zurück zu seinem Gesprächspartner an der Tresenecke.

Tsuna blickte etwas überrascht in seine Schüssel, nahm dann aber die Stäbchen und begann die vegetarische Suppe zu schlürfen. Sie schmeckte wirklich wahnsinnig gut. Das Aroma schmeichelte der Zunge nur allzu sehr, obwohl dass alle Suppen irgendwie taten. Neben ihm waren Xanxus und Squalo jedoch weniger begeistert. „Biofraß...“, knurrte Squalo nicht begeistert und blickte Tsuna von der Seite an. „Wieso bestellst du uns Biofraß? Ich hab Hunger, verfickt nochmal!“, schrie er und rührte mit seinen Stäbchen in der Suppe herum.

„Esst sie, sie schmeckt.“ sagte Tsuna so bestimmt wie es ihm möglich war. Es war wirklich überraschend, aber der Geschmack war wirklich einmalig. Im Gegensatz zu Amicelli, der gerne vergaß Gewürze ans Essen zu tun, hatte die Suppe ein sehr ausgewogenes und volles Aroma, das einem praktisch einen oralen Höhepunkt bescherte. Widerwillig und nur unter Protest probierte Squalo neben ihm die Suppe und hörte auch nicht auf darüber zu meckern, obwohl sie ihm offensichtlich schmeckte. Nur Xanxus weigerte sich auch nur zu probieren.

„Vergiss es. Ich bin nicht mein verfickter Bruder!“ zischte er angesäuert und schob die Schüssel von sich weg. Tsuna zuckte nur mit den Schultern und zog das verstoßene Essen zu sich hin.

„Wenn du dich wie ein Kind verhalten willst, ess' ich sie.“ Noch bevor die Worte seinen Mund vollständig verlassen konnten, biss Tsuna sich auf die Zunge und bereute es augenblicklich. Für einen Moment hatte er tatsächlich vergessen mit wem er redete.

Rote Augen lagen auf ihm und funkelten ihn an. Tsuna wäre jetzt gerne auf seinem Eckplatz, um vom Hocker herunterzuspringen und wegzulaufen, doch von hier gab es keinen Ausweg. Er war eingekesselt. Er kniff die Augen fest zusammen.

Die Schüssel, die eigentlich sicher in seiner Hand gelegen hatte, war innerhalb weniger Sekunden daraus verschwunden und als er die Augen wieder öffnete hatten die ersten Nudeln ihren Weg auch schon in Xanxus Mund gefunden.

Tsuna war etwas erstaunt. Er zog die Augenbraue in die Höhe und machte sich einen mentalen Vermerk. Vielleicht war Xanxus doch nicht so schwierig, wie er immer geglaubt hatte. Vielleicht waren seine Knöpfe ja ganz einfach zu drücken. Er konnte nicht verhindern, dass sich ein Grinsen auf seine Züge schlich.

Xanxus sagte zwar nichts, sondern grummelte nur in die Nudelschüssel voller Inbrunst hinein, aber Tsuna nahm es als gutes Zeichen, dass es ihn schmeckte. Immerhin hatte er die unangenehme Angewohnheit Essen was ihm nicht mundete ausgesprochen unpassend zu entsorgen, wobei er hier das Gesicht des Kochs bevorzugte. Mit dem kleinen Grinsen auf den Lippen beendete Tsuna sein Mahl und ließ seine Augen über die andere Kundschaft des Restaurants wandern, die im hinteren Teil des Lokals speisten.

Sonderlich voll war es nicht, nur eine Schülergruppe aus der Nachbarschule war da und der Junge, den er morgens immer in der Bahn sah. Sein blondes Haar verdeckte wie immer seine Augen und er war vollauf damit beschäftigt mit seinem Gameboy zu spielen. Neben ihm stand eine kaum angefasste Suppenschüssel, deren Inhalt bereits kalt zu sein schien. Doch bevor Tsuna weitere Gedanken dazu formen konnte, hörte er zwei erschreckend bekannte Stimmen, direkt hinter ihm von der Tür aus erschallen.

„Lass uns Miso-Suppe essen, oder ein Beef Bowl. Am besten beides!“, tönte es von da und als sein Blick zur Tür geisterte, sah er Giotto, der rückwärts ins Lokal getreten war und an Amicellis Hand zog, um ihn auch dazu zu bewegen ins Innere zu kommen. „Und danach einen Pudding.“ Er sprach fast so lautstark wie Squalo, der sich, wie aufs Stichwort auch herumdrehte, als wäre er in seiner Ehre als lauter Redner gekränkt worden. „Ach du ahnst es nicht.“, meinte er und schien negativ überrascht. „Was wollen die denn hier?“, fragte er, über Tsunas Kopf hinweg, seine Frage war aber an sie alle gerichtet. Tsuna zuckte die Schultern und auch Xanxus, der noch über seiner Suppenschüssel hin schien ratlos. „Einfach ignorieren. Pestbeulen verschwinden irgendwann.“, meinte er gelassen und aß die Reste seines Tofus.

Sein Plan ging auch solange gut, bis Amicelli und Giotto sie entdeckten und schnurstracks zu ihnen hingingen. Giotto hatte die Arme hinter seinem Kopf verschränkt und machte einen lockeren Eindruck, ganz anders als seine Begleitung. Schon jetzt konnte Tsuna die dicke Luft wahrnehmen, die sich systematisch im Raum aufbaute und eine Art Kampfesaura bildete.

„Na wen haben wir denn hier?“ zwitscherte der Blonde gut gelaunt und setzte sich auf den freien Platz neben Squalo. Kleine Fünkchen der Belustigung schienen aus seinen Augen zu stoben und die Sonne konnte kaum mehr Wärme ausstrahlen als er selbst in diesem Augenblick. „Wenn dass nicht Tsuni-chan, der Haargummiverweigerer und dein süßer kleiner Bruder sind.“ Amicelli warf einen Blick auf die drei und schüttelte dann demonstrativ seinen Kopf als er die Reste in Xanxus‘ Schüssel sah.

„Das ist nicht mein Bruder. Mein Bruder ist ein Steinzeitmensch und isst nur Dinge die noch bluten.“

„Hallo Giotto, Amicelli.“, grüße Tsuna freundlich und lächelte beide kurz an. „VOOOOI! Ich hab auch einen Namen Herr Schülersprecher! Benutz ihn, verfickt nochmal!“, schrie Squalo genervt und zwar direkt in Giottos Gesicht. Der Blonde jedoch lachte nur und zeigte mit einer seiner Hände begeistert auf den Stuhl neben sich, auf den Amicelli sich schließlich widerwillig platzierte. „Was macht ihr hier?“, flötete er daraufhin gut gelaunt und bestellte sich zunächst ein Beef Bowl, während Amicelli mit der Nummer 23 Vorlieb nahm.

Da weder Squalo noch Xanxus Giotto antworten wollten, übernahm Tsuna diesen Schritt und erklärte dass sie hier waren, um etwas zu Essen bevor sie in den Club in der Polownia Mall gehen würden.

„Ins Escapade?“ fragte Amicelli stirnrunzelnd und schob seine Suppenschüssel ein Stück weit von sich weg. „Na ja, solange es kein Date ist. So wie ihr ausseht geht ihr wohl nur dahin um euch vollaufen zu lassen und Tsuna soll euch besoffenes Pack wohl nach Hause bringen. Ja... wenn ich eure Klamotten so ansehe, kann es nur das sein. Wer geht schon in Schuluniform in die Disco? Tss... abgesehen natürlich von dir, Squalo, du siehst nuttig wie immer aus.“ Voller Unbehagen sah Tsuna an sich herunter und fragte sich, warum er nicht an Wechselkleidung gedacht hatte. Immerhin gingen sie ja wirklich in einen Klub und er würde es niemals zu einer Freundin bringen, wenn er wie ein Waldschrat rumlief.

„VOOOOOI! Was hast du gesagt?!“ giftete Squalo quer über den Tisch und zerbrach vor lauter Wut so stark seine Stäbchen, dass Splitter davon in seiner leeren Nudelsuppenschüssel landeten.

Bevor Squalo antworten konnte, wandte sich Xanxus an Giotto, der wahrscheinlich ahnte, dass die Situation hier gleich eskalieren würde. „Wir hatten vor noch einkaufen zu gehen, nicht wahr Tsuna?“, fragte er an den Braunhaarigen gewandt, der davon zwar nichts wusste, aber dennoch nickte. Bis der Klub öffnete verging immerhin noch einige Zeit, da hatten sie genug Zeit um auch noch einen Shoppingbummel zu machen.

„Ah ja. Wow. Shopping, das hab ich seit Ewigkeiten nicht gemacht.“, sagte er lächelnd, und behielt dieses Lächeln auch bei, als er sich Squalo zuwandte, um ihm zu antworten: „Ich habe nur gesagt, dass du aussiehst wie immer, entschuldige, nuttig wie immer.“ Dann angesprochene packte ihn daraufhin am Kragen und zog ihn ein Stück näher. „VOOOOOI! Was soll das du kleines Arschloch? Willst du dich mit mir anlegen!? Legst du es auf einen Streit an! VOOOI!“, brüllte er ihm ins Gesicht.

Amicelli baute sich in seiner vollen Größe vor Squalo auf und schnaubte diesem ins Gesicht, da er wie Xanxus einen Kopf größer als Squalo war, stellte sich das auch als nicht sonderlich schwer heraus. Die beiden anzusehen, hatte etwas Beängstigendes. Der laute Knall von Metall auf Holz brachte die beiden Streithähne erst dazu Abstand zu halten und sich nur finster anzufunkeln. Der Koch hatte mit der Kelle auf den Tresen geschlagen und deutete nun mit eben jener unmissverständlich auf die Tür, während der kleine Shiba Inu, der sonst nur faul vor der Küchentür lag, laut knurrte.

„Wenn ihr euch schlagen wollt, tut es draußen. Nicht in meinem Restaurant, sonst ruf ich die Polizei und dann ist die Kacke am dampfen.“ sagte er um die Geste der Kelle nur noch überflüssigerweise zu unterstreichen.

Tsuna seufzte tief während er sich seine Tasche schnappte und den anderen resignierend nach draußen folgte. Wenn diese beiden sich heute Abend zu ihnen gesellen würden, dann endete der Abend mit Sicherheit in einer einzigen Katastrophe. Kaum hatte er einen Schritt auf die Straße gesetzt, da explodierte ein kurzes Stück von ihm entfernt auch schon eine Slushmaschine und verteilte einen feinen Nieselregen über sie alle.

Jetzt brauchte er wirklich Klamotten und wo er schon dabei war, am besten noch einen Hammer.

Ob für seinen Kopf, oder den der anderen, das stand noch in den Sternen.
 

Wird fortgesetzt...

4. Juli: Teil 2

Disclaimer: Akira Amano/ATLUS
 

4. Juli: Teil 2
 

Nach einem ausgedehnten Shoppingbummel in der Stadt, der allerdings dank der Überwachung von Giotto und Amicelli zu einer Tortur geworden war standen sie nun zu Siebt vor dem Club Escapade aus dem schon wummernde Technomusik stand. Tsunas Füße schmerzten, was einerseits an der vielen Herumlauferei lag, andererseits an seinen neuen Turnschuhen, die er sich geleistet hatte. Er hatte sich diesmal geweigert, sich von irgendwem etwas ausgeben zu lassen, immerhin hatte er genug Taschengeld. Außerdem hatte er die Fetzen, die Squalo und Xanxus ihm ausgesucht hatten und die biederen Rollkragenpullis, die Giotto und Amicelli ihm hatten andrehen wollen eh nicht angezogen. In einem günstigen Geschäft hatte er schließlich ein simples schwarzes Hemd und dazu eine weiße Krawatte gefunden. Seien Hose war trotz der Hitze lang. Der Wetterbericht hatte verkündet, dass es abends kühl werden könnte. Er persönlich fand, er hatte mehr Geschmack als Squalo bewiesen, der jetzt wirklich nuttig aussah und auch mehr als Xanxus, dessen Kleidung eigentlich nur der Hervorhebung seiner Nacktheit diente.

Es war wirklich schlimm anzusehen, besonders schlimm war es allerdings, wenn Xanxus direkt neben Amicelli stand. Amicelli sah so ordentlich aus, mit seinem Pullunder und der karierten Stoffhose. Zwar sah er nicht discotauglich aus, aber zumindest war seine Haut größtenteils bedeckt, wohingegen Xanxus... definitiv zu wenig Stoff am Körper hatte und den Stoff den er trug, der saß zu eng.

Ganz besonders diese Hosen, diese extrem engen Lederhosen, die sich an seine Beine schmiegten und glänzten. Diese Hose zeigten trotz Länge wirklich zu viel und so war es kein Wunder, dass ganze Mädchengruppen stehengeblieben waren um ihn näher zu mustern. Nicht dass das notwendig gewesen wäre um etwas zu erkennen.

Tsuna beschloss den restlichen Abend nur in Xanxus Augen zu gucken, damit würde er wahrscheinlich am sichersten fahren.

Giotto sah eigentlich aus wie immer. Er stand auf Nadelstreifen und hatte das in seinem Diskooutfit deutlich gemacht. Wenigstens passte die Weste und die dazu passende Hose in seinen Kleiderschrank. Gokudera und Yamamoto waren im Laufe des Nachmittags zu ihnen gestoßen. Tsuna nahm an, dass Giotto sie kontaktiert hatte. Sie hatten Klamotten von zu Hause mitgebracht und sahen ausgehtauglich aus, zumindest sollten sie keine Probleme haben ins „Escapade“, wie noch einmal in blauen Neonlettern über dem Eingang stand, hineinzukommen. Es gab nämlich nicht einmal einen Türsteher.

Drinnen war es im ersten Moment einfach nur laut, dann dunkel. Nur langsam gewöhnten sich Tsunas Augen an das grelle Blitzlicht und die durchweg hellblaue Beleuchtung. Yamamoto schien beeindruckt und gab ein ersticktes „Whoa!“ von sich.

Der Rest ihrer kleinen Gruppe gab sich gelassen, aber in Tsunas Augen konnte man, da war er sich sicher, seine Aufregung ablesen wie aus einem Buch. Wohl oder Übel musste er zugeben, dass er eigentlich noch nie auf „Clubbing Tour“ gewesen war. Das war immer etwas, was er lieber den anderen überlassen hatte, schon allein weil diese großen Menschenmengen meistens dazu führten, dass er sich fürchterlich blamierte und zwei Wochen lang mit einer Papiertüte über dem Kopf rumlaufen musste.

„Das ist... also das ist wirklich toll!“ schrie er, aber wegen der lauten Musik konnte man ihn kaum verstehen. Die Band die momentan gerade live auf der Bühne spielte, tat dies in einer Lautstärke, dass man selbst Probleme hatte Squalo zu verstehen und dessen Stimmbänder waren wirklich hervorragend trainiert!

„Mach dir nicht ins Hemd.“ antwortete Xanxus ihm nur ungerührt. „Das hier ist ja wohl nichts gegen das Nachtleben in Tokyo.“

Das Nachtleben in Tokyo? Das kannte Tsuna noch viel weniger als das Nachtleben hier. Von ihm konnte man in dieser Hinsicht einfach nichts erwarten. Laute Musik, von der ihm am nächsten Morgen der Kopf schmerzte war einfach nichts für ihn. „VOOOOOI!“ Tsuna zuckte erschreckt zusammen, als Squalo sich zu Xanxus und ihm beugte. Wenn er so nah am Ohr war, war er doch wieder mehr als nur laut. „Ich lass mal meine Beziehungen spielen! Dann können wir rauf!“, erklärte er und deutete auf eine Treppe, die ins Obergeschoss führte. „Ja. Mach das! Und reservier‘ nur drei Plätze!“, schrie Xanxus zurück und Squalo grinste, als wäre er einverstanden. Dann verschwand er für einen Moment im Nebel auf der Tanzfläche. Nach ein paar Minuten kehrte er zurück und winkte ihnen allen zu. Also folgte die ganze Gruppe ihm, wie im Gänsemarsch die Treppen nach oben, wo eine Art Lounge, mit kleinen Tischchen und einer langegezogenen Couch war.

Von hier oben hatte man einen großartigen Ausblick auf die Bühne mit der Band und der restlichen Tanzfläche, das einzige was man nicht sehen konnte war die Bar, da diese sich direkt unter der Lounge befand. Ein paar Leute standen am Geländer und tranken Cocktails die verdächtig blubberten und Tsuna sah bei mehr als nur einer Person die gedrehten kleinen Pillen, die Herb aus dem Krankenhaus bei sich gehabt hatte. Der Anblick ließ Tsuna das Blut in den Adern gefrieren. Bisher hatte er noch nie einen Ort besucht an dem die Besucher so offensichtlich und ohne Scham Drogen konsumierten. Das Ganze war ihm unheimlich.

„Starr nicht so.“ riet Giotto ihm und platzierte Tsuna, bevor dieser etwas dagegen sagen konnte, zwischen sich und Gokudera, der ihm auch gleich die Getränkekarte vor die Nase hielt. Alles war alkoholisch. Ob es wohl zu spät war zu erwähnen, dass er praktisch immun gegen Alkohol war? Es war ein ganz erstaunliches Gen dass er von seiner Mutter geerbt hatte. Die konnte auch trinken wie ein Fass ohne Boden, ohne dass es sie auch nur angeheitert hätte.

Die Karte war so umfangreich, das Tsuna sich nicht entscheiden konnte. Schließlich deutete er auf einen Cocktail der mit dem Namen „Früchtetraum“ ausgezeichnet war. Gokudera schrieb ihn auf einen Zettel. Offenbar hatte er sich dazu bereit erklärt, die Getränke zu bestellen. Er schrieb auch die Wünsche der Anderen auf, dann winkte er Yamamoto zu, der ihn nach unten begleitete. Tsuna beschloss die große Lücke auf der Bank jetzt zu schließen und rutschte zu Squalo und Xanxus auf, die zusammen in der Ecke saßen. Giotto schloss auch gleich wieder zu ihm auf.

„VOOOOI! Schau mal wer wieder da ist, Xanxus!“; grinste Squalo neben ihm und legte einen Arm um Tsuna. „Mann! VOOOOI! Bei all diesen Leuten ist das eigentliche Ziel dieser ganzen verfickten Veranstaltung eigentlich nichtig! VOOOI! Immerhin wollten wir ‘nen schönen Abend haben.“

Tsuna wollte ihm eigentlich zustimmen, aber bei der akuten Nähe von Giotto, wollte er lieber kein Unglück heraufbeschwören. Er hatte schon mitbekommen, dass der Blonde gerne mal eine Szene machte, wenn ihm etwas missfiel, mindestens eben so gerne warf er sich auf den Boden und benahm sich wie ein kleines Kind, den man den Lutscher weggenommen hatte.

„In so einer... großen Gruppe... kann man doch auch viel Spaß haben.“ sagte er also diplomatisch und betete inständig dass Gokudera und Yamamoto sich mit den Getränken beeilen mochten. Es machte ihn mehr als nur ein wenig nervös, so zwischen den befeindeten Parteien zu sitzen.

„Da hört ihr es, Tsuna ist erleichtert, dass er mit euch beiden Abartigen nicht allein sein muss. Wirklich Tsuna, wenn mein Bruder dich noch mal zu so etwas zwingen will, sag uns einfach Bescheid, Giotto und ich retten dich vor dem Scheusal.“ seufzend versuchte Tsuna sowohl Amicelli als auch Xanxus vollständig auszublenden. Das konnte ja lustig werden.

Yamamoto und Gokudera hatten sich offenbar tatsächlich beeilt und kehrten mit den Getränken schneller zurück als gedacht. Tsunas Cocktail war groß und bunt und dekoriert mit tropischen Früchten und einem Schirmchen. Alle anderen hatten einen eher dezentes Getränk, ein dezentes, hochprozentiges Getränk. „Squalo?“, fragte er den Weißhaarigen neben sich und der grinste ihn gleich breit an. „Was für Leute kennst du hier, dass sie uns alkoholische Getränke ausschenken? Wir sind doch noch lange nicht 21.“, meinte er ein wenig schüchtern, Squalo jedoch grinste nur. „Ich kenn die verfickte Clubleitung, VOOOOOI! Sehr, sehr gut sogar. Immerhin bin ich ein verfickt erfolgreicher Geschäftsmann und verschiffe Sachen, von denen man nicht gerne möchte, dass man sie weitererzählt, nicht wahr Xanxus?“, grinste er den Schwarzhaarigen an, dessen Mundwinkel daraufhin einen Fall nach unten antraten. „Halt ja die Fresse.“, kommentierte er, „Und grins nicht so hinterfotzig.“

So wie die beiden miteinander umgingen, war es wirklich schwer zu sagen, ob sie sich mochten oder nicht, zumindest wenn man die beiden nicht kannte. Vielleicht, dachte Tsuna sich, hasste Xanxus Amicelli ja gar nicht wirklich, sondern versuchte nur durch offene Feindseligkeit und Abscheu seine Gefühle für ihn kund zu tun. Vielleicht deutete Amicelli ihn ja einfach nur falsch und wenn sie sich mal richtig aussprächen, würde sich alles in Wohlgefallen auflösen. 
Tsuna seufzte.

So verblendet war nicht mal er.

„Abgesehen davon,“ fügte Giotto neben ihm hinzu und zog an seinem Strohhalm die leuchtend rosa Flüssigkeit hoch. „werden die Barkeeper hier nach verkauften Getränken bezahlt um ihre Arbeitsmoral anzukurbeln. Den meisten ist es hier ziemlich egal wie alt man ist. Zwar ist die Polizei nur drei Geschäfte weit entfernt, aber im Gegensatz zu den Barkeepern, haben die keinerlei Arbeitsmoral.“ Bei Giottos Worten rollte Squalo nur demonstrativ mit den Augen.

„Du bist echt der einzige der denkt dass die nich‘ arbeiten. Die verfickten Drecksbullen tauchen hier oft genug auf um ihr Bestechungsgeld abzuholen.“

„Für solche Äußerungen kann man ins Gefängnis kommen. Beamtenbeleidigung.“, meinte Amicelli trocken. „Nicht dass du da nicht hingehörst, immerhin bist du ein Drecksack aller erster Güte.“, ergänzte Giotto und lachte dabei zuckersüß. „Er wandte sich an Tsuna, während er an seinem Cocktail schlürfte. Das schmeckt wie Kaugummi.“, meinte er glücklich und trank das halbe Glas in einem Zug durch den Strohhalm leer. Squalo, neben Tsuna, brodelte offensichtlich vor sich hin und knallte sein Glas Wodka-Irgendetwas auf den Tisch. „Haltet eure verfickte Fressen, alle beide. Wir sind hier um Spaß zu haben, und nicht einen verfickten Streit anzufangen.“, sagte er aufgebracht. „Wenn ihr weitermacht, gehen wir gleich, verfickt nochmal, vor die Tür.“ Tsuna war froh darüber, was Squalo sagte und noch ein bisschen froher, dass Yamamoto und Gokudera auf die kleinen, gepolsterten, aber lehnenlosen Hocker umzogen, die vor dem Tisch standen. „Wir können euch gar nicht hören.“, erklärte Gokudera und nippte an seinem Getränk.

„Ich kann euch auch nicht hören, wenn ihr so weiter macht.“ sagte Tsuna mit einer Stimme die nur vor Missbilligung nur so triefte. Langsam war er es wirklich satt, dass diese Streithähne auch nicht einmal ihr Gezicke sein lassen konnten. Nicht Zuhause, nicht in der Schule und nicht mal wenn sie ausgingen. Immer und überall müsste sie ihre Zähne fletschen und wie tiefer gelegte Kampfdackel aufeinander losgehen. Irgendwann würden sie sich nur tot beißen und wer die Fetzen aufsammeln durfte war ja klar.

Amicelli runzelte seine Stirn und wollte etwas dagegen sagen, wurde aber nur von Tsunas kalter Schulter gehört. Da dieser aufstand, sich kurzerhand einen Hocker schnappte und sich zwischen Gokudera und Yamamoto setze. Er war die Schweiz. Er war neutral. Die konnten ihn alle mal gern haben.

„Hahaha... ihr solltet eure Gesichter mal sehen.“ lachte Yamamoto gut gelaunt. „Als hätte die ganze gegnerische Mannschaft eure Home Plate gestürmt.“

Gokudera lachte. „Ja, genauso seht ihr aus. Will nicht wer tanzen?“, nach dieser Frage herrschte allgemeines Schweigen, nur Squalo schien einen Moment lang begeistert, reihte sich dann aber in die Reihe der Griesgrämigen ein. „Dann sollten wir vielleicht ein Spiel spielen, hahaha... Damit wir alle etwas warm werden, miteinander. Es ist immerhin das erste Mal, dass wir alle zusammen weggehen.“, sagte Yamamoto motiviert. „Ein Spiel?“, fragte Tsuna und fand das dass eine gute Idee war. “Ein Spiel? Ein verficktes Spiel? Sehen wir aus wie 12? Gleich schlägst du noch Wahrheit oder Tat vor, du Wasserkopf.“, knurrte er und wünschte sich offenbar gleich darauf das nicht gesagt zu haben. „Das find‘ ich, ist eine tolle Idee.“, sagte Giotto glücklich und grinste breit, während er den Rest seines Cocktails schlürfte.

Das Schweigen, das von Amicelli und Xanxus ausging, war so dicht und intensiv, dass man es locker an der Hand greifen und einen eleganten Walzer damit tanzen konnte. Zumindest waren sie mal einer Meinung, nämlich dass Giotto als Kind nicht oft genug zusammengeschlagen worden war, und dass sie diesen misslichen Umstand gerne selber beheben würden.

„Ich find auch... dass, das eine gute Idee ist. Vi-vielleicht mögen und verstehen wir uns alle viel besser, wenn wir uns etwas kennen. Immerhin hatten wir nie so wirklich Gelegenheit bisher und alle gemeinsam kennenzulernen.“ Tsuna atmete tief durch und vermied es zwanghaft Xanxus anzusehen. Diesen zweifelnden Blick angefüllt mit Abscheu konnte er wirklich jetzt nicht ertragen. Erst recht nicht, weil ihm die Idee selber bescheuert vorkam.

„Also ist es abgemacht, wir spielen Wahrheit oder Pflicht. Wer beim Lügen erwischt wird oder sich weigert seiner Pflicht nachzukommen, bekommt eine Strafe vom Spielleiter. Und das Zepter des Spielleiters,“ Giotto hob eine leuchtende Knack-Kunststoffröhre vom Tisch in die Höhe. „bekommt natürlich derjenige der am Reifsten von uns allen ist, das bin natürlich i-“

Gokudera nahm ihm, bevor er eine weitere Silbe bilden konnte, die Röhre ab und drückte sie Tsuna in die Hand.

„I... ich?“, fragte Tsuna erschrocken und betrachtete die leuchtende Röhre in seinen Händen. Gokudera lacht. „Na klar Tsuna. Du. Du bist zwar nicht der Reifste, aber zumindest der Netteste.“, meinte er glücklich und grinste. „Aber wenn du‘s nicht willst, holen wir uns von unten ne Flasche und lassen das Los entscheiden. Aber Tsuna schüttelte den Kopf. „Nein, ich mach’s.“, erwiderte er und schwang den Stab gekonnt. Der Spielleiter zu sein hatte einen Vorteil. Man musste nichts tun, was peinlich wäre, es sei denn an wurde dazu gezwungen. Das machte Tsuna gewissermaßen glücklich. Er atmete erleichtert aus, dann schwang er die Neonröhre und deutete damit auf Squalo. „Wahrheit oder Tat?“, fragte er den Weißhaarigen, der noch etwas missmutig, aber auch entsetzt dreinblickte und an seinem Glas nippte. „VOOOOOOI!!! Ich denke ich bin ein Mann der Tat!“

Tsuna lächelte sein strahlendstes Lächeln während er überlegte, was zu so einem „Mann der Tat“ wohl passen würde. Immerhin war Squalo sein Freund, und er wollte ihn nicht blamieren... er korrigierte sich. Eigentlich hatte er mehr als nur einen Grund am Squalo in Grund und Boden zu blamieren, aber er war ja ein netter Junge. Ein freundlicher, gut erzogener Junge und außerdem war das erst die erste Runde.

Er hatte viel Zeit... Der Abend war jung.

„Okay Squalo, da wir befreundet sind und du immer so nett zu mir bist... Hmm... geh runter zum Personaleingang, hol dir einen Mopp vom Hausmeister und tanz mit ihm einen flotten ChaChaCha in der Mitte der Tanzfläche. Drei Minuten mindestens, keine Sekunde kürzer. “

Squalo sah ihn etwas entgeistert an und bekam von Xanxus einen aufmunternden Klapser auf den Rücken. „Na dann schwing mal dein Tanzbein, bwahahahaha.“

„VOOOOI! Verfickter Arsch.“, murmelte Squalo zu Xanxus Richtung, dann hüpfte er die Treppen hinunter und Tsuna stand auf, damit er über das Geländer hinunter auf die Tanzfläche sehen konnte. Der Rest folgte ihm. Squalo kam wenige Minuten später aus einem Hinterzimmer. Er hatte zwar keinen Mopp bekommen, aber einen Besen, den er jetzt aufrecht hinstellte und die Arme um ihn schlang.

Man sah Squalo an, dass er ein Tänzer war. Sogar mit dem Besen als Partner, machte er auf der Tanzfläche eine halbwegs gute Figur und tanzte seine drei Minuten stolz und ohne Scham. Dann kam er die Treppen wieder hochgelaufen und strich sein Haar zurecht, bevor er die Neonröhre ergriff und sie über die anwesenden wandern ließ. „Na? Wen soll ich nehmen. Wer möchte verfickt nochmal was Nettes machen?“, meinte er grinsend.

Sein Blick wanderte wie ein Geier über die Anwesenden, die sich allerdings nichts draus machten und seinen Blick mutig erwiderten. Wobei Tsunas Mut hauptsächlich darauf basierte, dass er als Spielleiter eh nicht genommen werden konnte, immerhin war er neutral, die Schweiz! Man hätte sogar sagen können er wäre der Scheintot! Voller Stolz schwoll seine Brust ein ganzes Stück an. Zum Glück schien niemand außer ihm selber das zu bemerken.

Xanxus hatte sich in seinem Platz zurückgelehnt und sah Squalo herausfordernd an, doch er wurde ignoriert. Stattdessen ließ er das Zepter zwischen Gokudera und Yamamoto hin und her gleiten, seine Zunge leckte tückisch wie eine Schlange über seine Lippen. Schließlich blieb er Gokudera, der aussah als würde sich ein riesiger Kloß in seinem Magen bilden.

„Na Wahrheit oder Tat, Mein bester, VOOOOI!“, fragte Squalo ihn breit grinsend und Gokudera schien einen Moment lang wirklich scharf zu überlegen. Schließlich brachte er ein kümmerliches „Wa... Wahrheit“ heraus. „Wusst‘ ich‘s doch. Wahrheit ist für Pussies.“, grinste Squalo und setzt sich wieder auf seinen Platz, dann überlegte er einen Moment lang. Es schien ihm schwer zu fallen sich eine Frage auszudenken. Tsuna sah schon fast, wie die Rädchen ins einem Kopf sich drehten und ratterten. Dann zuckte er mit den Schultern, gab sein Grübeln auf und fragte das erste was ihm in den Sinn kam. „Schon mal mit wem gefickt?“. Squalos Frage trieb Gokudera die Röte ins Gesicht und für einen Moment lang war Tsuna in Sorge sein Kopf könnte gleich explodieren, dann antwortete er leise und kaum hörbar: „Nein.“ Und wurde noch eine ganze Spur dunkler.

Natürlich ließ Squalo es sich nicht nehmen und lachte laut und schallend, bis Gokudera ihn unter dem Tisch gegen das Schienbein trat, die Wangen rot leuchtend und mit dem Zepter der Macht energisch wedelnd. War schon schlimm genug, dass er sich hier auf die Knochen blamierte, da musste Squalo nicht auch noch darauf herumreiten. nach ein paar Sekunden des Sich-Überwindens zeigt er schließlich auf Amicelli, der ihn ganz überrascht anblickte.

„Wahrheit.“ meinte er nur ganz trocken, Squalos Kommentare, dass Wahrheit nur etwas für Pussies und Kleinkinder sei, gänzlich ignorierend.

„Also gut...“ Gokudera brauchte einen Moment um sich zu sammeln und nachzudenken. Seine Augen ruhten eine ganz Weile auf Amicelli, glitten zu Giotto und dann zum feixenden Squalo. Er machte einen mentalen Vermerk sich früher oder später an ihm zu rächen. „Über wen von uns würdest du am Ehesten herfallen, abgesehen von deinem Herzblatt.“

„Was ist das denn für ne Frage?“, Amicelli war so cool, dass Tsuna fast die Eiskristalle erreichten, die seine Stimme aussendete und er kurz fröstelte. Dennoch warf er einen Blick in die Runde. Voller Abscheu blieb sein Blick an seinem Bruder hängen, glitt über die jüngere Riege und dann überlegte er einen Moment lang. „Ich denke, wenn ich die Auswahl aus all denen hier hab und ich Giotto nicht wählen darf dann... wahrscheinlich Squalo.“ Sein Gesicht zeigte dabei keine Veränderung. Alle, wirklich ausnahmslos alle und besonders Squalo schienen geschockt. Einige Sekunden lang rührte sich niemand und es lachte auch keiner. Eigentlich warteten alle auf eine Erklärung, aber die kam nicht. Stattdessen nahm Amicelli Gokudera nur das Zepter aus der Hand und deutete sofort auf Xanxus. Dieser antwortete, ohne die obligatorische Frage abzuwarten: „Wahrheit.“. Amicelli grinste breit, ein selbstsicheres und höhnisches Grinsen. „Machst du Tsuna Lunchboxen?“

Alle Augen richteten sich automatisch auf Xanxus, der in ein abruptes Schweigen verfallen war und seinen Bruder voller Hass anblickte. Jeder der Anwesenden wusste von Tsunas ominösem Boxenmacher, genauso wie, dass sich niemand schuldig bekannt hatte. Tsuna fühlte wie sein Blut anfing heftiger zu pumpen und sein Herzschlag ordentlich laut wummerte. Er wollte nicht sagen, dass er hoffte, es wäre Xanxus, aber bestreiten konnte er es auch nicht. Von allen Personen, die im Wohnheim lebten, war das die verlockendste Möglichkeit. Wenn man seine Stalker von Außerhalb Theorie mit in Betracht zog, auch die, die am Wenigsten angsteinflößend war.

„Ja.“ und das war es dann. Ein simples Wort und Tsuna wurde das Gefühl einfach nicht los, dass eine Bombe voller Schmetterlinge in seinem Bauch explodiert wäre. Amicelli blickte verdrießlich zu Giotto und nickte ihm zu. Keiner der beiden sagte etwas dazu.

Mit funkelnden Augen schnappte sich Xanxus die Leuchtröhre und deutete so energisch auf Giotto, dass ihm fast der Stab aus der Hand rutschte und Giottos Schädel sauber gespalten hätte. Kaum hatte Giotto ein eher zögerliches „Tat“ herausgebracht, verschwand Xanxus nach unten zu der Bar, holte einen Streuer mit Pfeffer und stellte ihn mit einem lauten „Klonk“ auf den Tisch.

„Snief eine Line voll Pfeffer.“

Giotto sah angeekelt aus und auch Amicelli schien das grummelnde Gefühl in seinem Magen nicht unterdrücken zu können und blickte voller Ekel auf den Pfefferstreuer. „Das kannst du doch nicht ernst meinen.“, sagte er und wurde dabei ganz bleich. Xanxus jedoch grinste nur und gab ihm einen Blick, der besagte, dass es ihm todernst war. Dann öffnete er sein Portemonnaie und holte einen Geldschein heraus, den er Giotto reichte. „Fröhlichen Rausch.“, wünschte er und setzte sich auf seinen Platz, während er Giotto dabei beobachtete, wie er sich unprofessionell eine Linie aus Pfeffer auf den Tisch zeichnete, dann den Geldschein zurecht rollte und den Pfeffer in der Nase hochzog.

Tränen quollen aus seinen Augen, nachdem er geendet hatte und er hustete und nieste mehrmals heftig, bis er den Schock wieder verdaut hatte. Amicelli nahm ihn daraufhin in den Arm und versuchte ihn wieder zu beruhigen. Schließlich, nachdem seine Hustenanfälle vorbeiwaren, nahm Giotto den Stab und deutete mit ihm auf Yamamoto, der lachte und schnell mit „Tat.“, antwortete.

Giottos pfeffergeplagtes Hirn brauchte etwas länger als sonst um in die Gänge zu kommen und immer noch quollen ihm Tränen aus den Augen. Tsuna war so unglaublich froh die Schiedsrichter Rolle zu haben, wenn er so was hätte machen müssen, hätte er wahrscheinlich Rotz und Wasser geheult.

„Also gut, such dir jemanden von uns aus und wechsel für den Rest des Abend Klamotten mit ihm, vollständig, selbst die Unterwäsche. Morgen in der Schule dürft ihr dann wieder tauschen.“ Damit war er, wie Tsuna fand, wirklich gut weggekommen. Zum Glück war Giotto netter als Xanxus. Yamamoto lachte sorglos und legte ohne Umschweife seinen Arm um Gokudera und zog ihn mit sich auf die Toilette. Noch von fern aus den Waschräumen hörte man Gokuderas keifende Stimme und seinen Unmut dessen Klamotten tragen zu müssen.

Mit einem Ausdruck des ultimativen Ekels verließ der Grauhaarige wieder das Bad und Tsuna nahm vorsorglich einen großen Schluck von seinem Getränk damit er nicht laut anfing zu lachen.

Gokudera sah so falsch aus mit diesen sportlichen Klamotten. Sonst trug er immer kurze Sachen mit Totenköpfen und Pailletten darauf, so ein einfaches T-Shirt und das blaue Hemd darüber wirkten falsch, ganz zu schweigen von der Jeans, die ihm viel zu lang war. Yamamoto hingegen sah verboten aus. Immerhin trug er ein Shirt, das ihm viel zu kurz war und seinen Bauch entblößte. „Hahahaha. Sieht doch klasse aus, meinte er und setzte sich wieder hin, dann nahm er den Stab und fuchtelte wild damit herum. „Eigentlich waren alle schon dran.“, meinte Tsuna leise und sah in die Runde. „Wollen wir noch einmal?“, fragte er gelassen und war erschreckt, als Yamamoto mit dem Stab auf ihn zeigte. „Alle außer du. Für den Spielleiter. Hahahaha. Zurück zur Home Base.“; kommentierte er und Tsuna war etwas erschreckt. „Aber ich dachte ich...“, begann er zu stottern. Er war gar nicht darauf vorbereitet irgendetwas zu tun und wusste gar nicht, was zu antworten.
 

Letzten Endes, war Tsuna glimpflich davon gekommen und musst nur aus vollem Hals das Opening von „Ah my Goddess“ trällern. Das mochte für ihn peinlich gewesen sein, aber für die anderen war es körperlich schmerzhaft und dass geschah ihnen ganz recht. Immerhin hatten sie ihn ausgelacht, dabei waren zumindest Xanxus und Squalo fast genauso schlechte Sänger wie er selber.

Momentan war das Gesinge aber seine letzte Sorge. Er hatte keine Ahnung, wie Xanxus es geschafft hatte sich so sehr zu betrinken, aber wenn man nicht mehr ohne Hilfe gehen konnte, war das ein verdammt noch mal deutliches Zeichen, dass man aufhören sollte zu trinken! Das war doch unverantwortlich! Natürlich war der Rest ihrer illustren Runde nicht viel besser dran. Gokudera und Yamamoto schliefen unten auf der Couch weil sie keine Treppen mehr gehen konnten, Giotto sang auf seinem Zimmer und Amicelli war die Kellertreppe runtergefallen und einfach eingeschlafen, mitten im Schmutz.

Zumindest bei Squalo war er sich sicher, dass er in guten Händen war, nachdem Tsuna auf dem Heimweg in den jungen Tanzlehrer gelaufen war, der sich gerne bereit erklärt hatte ihn heim zu bringen. Das war auch bitter nötig, denn Tsuna hatte beide Hände damit voll, Xanxus auf dem Gehweg und seine Hände fern von unangebrachten Stellen zu lassen.

Mit dem Fuß kickte Tsuna die Tür auf während er seinen Ballast ins Zimmer bugsierte, Betrunkene waren die Pest!

Wenn man immun für Alkohol war, dann ganz besonders, denn man musste sich um die, die es nicht waren, kümmern. Mühselig setzte Tsuna Xanxus auf einen der Sessel im Wohnzimmer, um die Tür abschließen zu können, bevor er Xanxus wieder seine Schulter anbot, um ihn noch das letzte Stück die Treppen hoch zu bringen. Es war sicher keine gute Idee ihn im Aufenthaltsraum zu lassen, sonst würde er morgen nur Gokudera und Yamamoto anmeckern. „Noch ein kleines Stück.“, erklärte er Xanxus, legte die Hand unterstützend um seine Hüfte und lief gemächlich, wirklich sehr gemächlich, mit ihm die Treppen nach oben. Zum Glück war sein Zimmer das erste im Flur. Tsuna erschrak sich etwas, als ihm Xanxus alkoholischer Atem in die Nase steig und er bemerkte, dass der Betrunkene seinen Kopf auf seine Schulter gelegt hatte und sich jetzt, mehr oder minder mitschleifen ließ, während Tsuna sich fast einen Bruch hob.

„Urgh! Xanxus!“ rief er erschrocken und sammelte alle Energie die noch in seinen Knochen steckte, diese Aktion würde seinen ganzen HP aufzehren wenn dass so weiterging. „so unglaublich stark mich dass Schwimmtraining auch gemacht hat, ich kann dich nicht tragen, bitte, bitte benutz deine Beine und geh weiter, ja so ist das fein, immer weiter, einen Fuß vor den anderen, nicht aufhören zu gehen. Nein, nein, nein! Das ist die falsche Richtung, komm immer schon mit. Gleich sind wir da, hier ist schon die Tür, immer weiter, noch ein paar Schritte. Das machst du fein, du bist ein guter Junge. Jetzt gib mir nur noch deinen Zimmerschlüssel.“

Lachend fischte Xanxus den kleinen Schlüssen mit dem Pistolenanhänger aus seiner Tasche und hielt ihn so über Tsuna, dass dieser danach hüpfen musste und trotzdem nicht ankam. Xanxus gackerte noch etwas lauter und das einzige was Tsuna davon abhielt ihn die Treppen runterzuschubsen, war sein Wissen, dass er es morgen bereuen würde.

„Komscht nischt ran wasch?“, fragte Xanxus lallend und Tsuna hörte auf, wie ein Idiot herum zu hüpfen, blickte ihn stattdessen nur böse, zumindest im Rahmen seiner Möglichkeiten, an und zog einen Schmollmund. „Ist das nicht offensichtlich?“, fragte er, bekam als Antwort ein Lachen und hatte jetzt gleich noch viel mehr Lust Xanxus einfach umzuschubsen. „Wenn du ihn mir nicht gibst, dann schläfst du eben im Flur. Ich jedenfalls, gehe auf mein Zimmer.“, gedanklich fügte er den Vermerk an. „Und schließe die Zimmertüre doppelt ab.“, nur um sicher zu gehen, dass keiner seiner Besoffenen Mitbewohner heute Nacht bei ihm Zuflucht finden konnte. „Tch. Langweiler.“, Xanxus schien nicht begeistert. Er schien zu überlegen ob er Tsuna den Schlüssel geben, oder einfach nur hier stehen bleiben und vor sich hin schwanken sollte. Schließlich senkte er seien Hand soweit, dass Tsuna nach dem Schlüssel greifen konnte, ließ ihn aber nicht los.

„Dasch isch meinaaaa...“ erklärte er voller Stolz und schwankte so stark, das Tsuna befürchtete zwischen ihm und der Tür zerquetscht zu werden. „Nu-Nussis Schlüschel tschu Nussis Zimmer. Gantsch allleeeeeeiiiiin Nusschis Zimmer. Da darf nüü nümaaand rein weil das Nuschis Schimmer isch!“ Tsuna gab sich alle Mühe seinen sorgsam aufgebauten Respekt für Xanxus nicht wegen seinem besoffenen Gelalle zu verlieren und zog an dem Schlüssel, jedoch vergebens. Trotz seines Zustandes, war Xanxus‘ Griff erstaunlich fest. Zu fest für Tsunas Geschmack.

„Bitte Xanxus, lass mich dir die Tür aufschließen damit ich dich ins Bett bringen kann. Hier auf dem Flur schläft es sich doch schlecht.“ Er lächelte milde und umklammerte den Schlüssel stur.

„Waaaasch, bekommt Nuschi dafüüüühr?“ erkundigte er sich und lehnte sich so weit vor, dass Tsuna seine volle Fahne abbekam. Gott... er hasste Alkohol... „Nuschie will ein ChuChu, bwahhaahahahahah...!“

„ChuChu?“ Tsuna war ratlos. Sowas wie eine Eisenbahn? Aber wieso sollte Xanxus eine Eisenbahn verlangen? Er blickte etwas ratlos, versuchte nochmal am Schlüssel zu ziehen, bekam ihn allerdings nicht aus Xanxus Hand und blickte ihn verwirrt und nachdenklich zugleich an. Eine Eisenbahn? Er hasste Besoffene so sehr, wenn sie sich wenigstens halbwegs klar... Auf einmal rammte Tsuna die Erkenntnis wie der Zug, über den er die ganze Zeit nachdachte. Ein Kuss... Xanxus wollte, um es mit Squalos Worten auszudrücken, der im Laufe des Abends noch Gokudera hatte küssen müssen, einen verfickten Kuss? Von ihm? Wusste er, mit wem er hier sprach? „Xanxus ich... Ich denke nicht, dass...“ Tsuna schoss die Röte in die Wangen und er sah sich ein wenig hilflos um. Er war in dieser Situation mehr oder weniger gefangen. Konnte weder an den Schlüssel kommen und Xanxus so loswerden, noch einfach gehen, da Xanxus seine Hand in einem recht festen Griff hatte. Was sollte er also tun? So besoffen wie Xanxus war, würde er am nächsten Morgen nichts mehr davon wissen und Tsuna konnte auch nicht leugnen, dass ihm ein solches Angebot, wenn Xanxus in einer anderen Verfassung gewesen wäre, geschmeichelt hätte, aber so...?

Das ganze viel, viel zu vertrackt und am liebsten würde er eine Nacht darüber schlafen bevor er sich entschied, aber in Anbetracht seiner gegenwärtigen Lage, hatte er nicht wirklich eine Nacht dafür, es sei denn er wollte sie auf dem Flur verbringen. Warum stellte er sich überhaupt so an? Es war doch nur ein Kuss, ein kleiner simpler Kuss und immerhin war es nicht mal sein erster! Ja... denn seinen ersten Kuss hatte er bereits eingebüßt. Wobei er nicht wusste, ob er da wirklich stolz drauf sein sollte.

Durch den Stoff seiner Klamotten konnte er plötzlich Xanxus‘ Körper spüren, der ihm nun so nah gekommen war, dass er sich direkt gegen ihn drückte. Seine Wangen waren vom Alkohol gerötet und seine Augen blickten vernebelt drein, Tsuna wusste nicht, ob er ihn durch den Schleier der Trunkenheit überhaupt erkennen konnte. Seine Narben zeichneten sich dunkel von seiner Haut ab und bevor Tsuna überhaupt wusste was er tat, hatte er schon seine Hand ausgestreckt und über die weiche Haut der verheilten Wunden gestrichen. Es fühlte sich viel zarter an, als er gedacht hatte.

Tsuna wusste, dass Xanxus Erinnerung, so betrunken wie er war, nicht mehr als ein Nebelschleier sein würde. Vielleicht würde er sich noch dran erinnern, dass sie Wahrheit oder Tat gespielt hatten, aber an mehr wahrscheinlich nicht. Er schlug kurz die Augen nieder. Es war ihm nicht wirklich peinlich, ihm kam es eher vor, als würde er Xanxus ausnutzen, immerhin war ihm die Vorstellung nicht unangenehm... Nur Xanxus war nicht ganz bei Sinnen. Er seufzte leise. „Aber nur ein Kleiner, dann gehst du ins Bett.“, sagte er leise und stellte sich auf Zehenspitzen, so dass ihre Gesichter auf einer Höhe waren. Einen Moment justierte er seine Position, dann zielte er und beugte sich nach vorn. Seine Zehenspitzen fühlten sich seltsam an, wegen der ungewohnten Position, aber vielleicht kribbelten sie auch nur, weil ein Schauer durch seinen ganzen Körper lief, als er seine Lippen federleicht auf Xanxus Mundwinkel drückte.

So schnell wie der Kontakt entstanden war, verschwand er auch wieder, nur die Röte auf Tsunas Wangen sprach davon, dass er etwas getan hatte, was er nicht hätte tun sollen. Den ganzen Abend über hatte er schon dieses Kribbeln im Bauch, schon seit er erfahren hatte, wer sein rätselhafter Bentomacher war. Jetzt wo er drüber nachdachte, war jetzt wohl Schluss mit Bento Boxen, das fand er direkt etwas Schade. Es war nicht nur die Tatsache, dass das Essen gut geschmeckt hatte, es war auch so, dass das Gefühl sie immer morgens zu finden wirklich sehr schmeichelhaft war. Wo er drüber nachdachte... jetzt wo Xanxus nicht bei Sinnen war... Wie hieß es doch so schön?

Trunken Mund tut Wahrheit kund.

„Xanxus?“ wisperte er leise. „Warum hast du mir immer die Boxen gemacht?“

Xanxus schien verwirrt. Seine Augen hatten einen seltsamen Schimmer angenommen. Das lag höchstwahrscheinlich am Alkohol. Es hatte wohl keinen Sinn ihn jetzt zu fragen. Er verstand ihn sowieso nicht. Tsuna seufzte leise und zog dann erneut an dem Schlüssel. „Gibst du ihn mir jetzt?“, fragte er ruhig nach und Xanxus Griff löste sich und er gab den kleinen Pistolenanhänger frei. Tsuna nahm ihn fest in die Hand und drehte Xanxus dann den Rücken zu, während er die Tür zu seinem Zimmer aufschloss. „Tschuna hat... hat sisch immer gefreut.... über wasch, dass isch gemacht hab. Tschuna hat sisch... gefreut.“, nuschelte Xanxus hinter ihm. Er musste heftig schlucken und sein Bauch rumorte vor sich hin. Es war ein seltsames Gefühl, fast schmerzhaft und zur gleichen Zeit warm, dazu kam eine Aufregung, die das nur noch zu verstärken schien. Sein Herz konnte in seinem Kopf schlagen fühlen, sein ganzer Körper schien im Takt seines Herzens zu pulsieren.

Als die Tür zu Xanxus Zimmer offen stand, brachte er den Älteren noch hinein und wartete, bis er sich in sein Bett gelegt hatte. Er machte keinen Mucks mehr. Tsuna war froh, dass er schlief. Seine Präsenz im Nacken zu spüren, hatte ihn nervös gemacht. Tsuna strich sich über die Nackenhaare. Das seltsam, schmerzhafte Gefühl, welches er in seinem Bauch gespürt hatte und welches jetzt verschwunden war, er wusste es war Misstrauen. Irgendetwas stimmte nicht. Nachdenklich betrachtete er den Schlafenden, aber jetzt, da er da so ruhig lag, regte sich in ihm nichts mehr.

Tsuna bedachte den Schlafenden mit einem letzten Blick, dann machte er sich auf den Weg ins ein Zimmer.
 

Wird fortgesetzt...

Bonuskapitel 1: Gokudera und Chrome

Dies ist eines der Wunschkapitel, das wir angeordnet hatten. Wir haben beschlossen es jetzt nicht in den Zeitfluss einzubinden, sondern stattdessen, als Spezial unten ran zu hängen. Dieses Kapitel ist für Trauerglocke und Neven. Auch wenn Chrome am Ende doch nur eine kleine Rolle bekommen hat, und wir einige Probleme mit Gokudera hatten. =___= Ich entschuldige mich im Voraus dafür, was wir mit ihm anstellen. Belphegors Spezialkapitel ist bereits vorbereitet (Es hat über 10000 Wörter >___>) aber wir können es erst on stellen, wenn wir im August sind, daher müsst ihr noch etwas Geduld haben. Und dasselbe gilt für „Herb“. Er braucht erst Mal eine Rolle im Plot, bevor er ein Spezialkapitel kriegen kann, also Geduld bitte, Geduld. ^__^
 

Bonuskapitel 1: Gokudera und Chrome
 

„Meh...“, Gokuderas Seufzen war durchdringend und laut und verklang erst im Rascheln der Bäume im Frühlingswind. Zum Glück war er, hier oben auf dem Schuldach, heute allein. Er brauchte ein bisschen Zeit zum Nachdenken. Nach ihrem kleinen Ausflug ins „Escapade“ am Samstag und dem dämlichen Spiel, das sie dort gespielt hatten, fühlte er sich irgendwie, extrem frustriert. Dieser dämliche Squalo, dummer Idiot. Er hatte ihm schmerzhaft ins Gedächtnis gerufen, dass er noch immer keine Freundin hatte. Er seufzte erneut. Das war doch nicht fair. Immerhin sah er ganz passabel aus und war sympathisch... Wieso also bekam er niemanden ab? Sogar dieser Idiot Yamamoto bekam gelegentlich Liebesbriefe und solches Zeug, wieso also er nicht? Gokudera grummelte schlecht gelaunt vor sich hin und sah auf seine Uhr. Schon zehn Minuten zu spät. Dieser Kerl konnte was erleben.

Nicht dass er sonderlich scharf drauf gewesen wäre seine Zeit mit jemanden zu verbringen, der vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, über gut gelaunt war und dem es offenbar nicht möglich war einmal nicht an Baseball zu denken. Allerdings war Tsuna wiedermal nirgendwo auffindbar, was meistens hieß er war bei Squalo oder schon beim Theaterklub und wenn es etwas gab, auf das Gokudera noch weniger scharf war als auf Yamamoto, dann war es ein Besuch bei Mukuro. Jeder an der ganzen Schule wusste, dass dem Jungen irgendwer ganz gewaltig an den Kopf gefasst hatte.

Er seufzte erneut und blätterte in dem Magazin, das auf seinem Schoß lag. „Skulls&Rivets“ war das heißeste Magazin was seinem Sinn für Mode entsprach, das einzig wirklich Schlechte an dem Magazin war, dass seine Schwester es herausbrachte. Modegeschmack hatte sie, dass konnte er nicht abstreiten, leider gab es sonst nichts Positives, was er über sie sagen konnte.

Vertieft in die Lektüre seines Magazins, bemerkte er gar nicht, wie sich die Tür hinter ihm öffnete und sich ihm jemand näherte. Erst als Yamamoto sich über seien Schulter lehnte und ihm lauthals ins Ohr lachte, schrak er zusammen, rollte die Zeitung im Schock-Zustand zusammen und klatschte es Yamamoto ins Gesicht, als wäre er eine große, nervige Schmeißfliege, die ihn belästigte.

Yamamoto fiel taumelnd nach hinten und landete auf seinem Hosenboden, Gokudera drehte sich halb herum und betrachtete seine erlegte Beute einen Moment voller Schrecken, dann jedoch breitete sich ein Siegesgrinsen auf seinen Lippen aus. Yeah! Er hatte ihn auf die Bretter geschickt. Sieg auf ganzer Linie!

„Da bist du ja endlich!“, sagte er genervt, aber noch immer grinsend.

Natürlich hielt der Zustand in dem er sich befand Yamamoto nicht im Geringsten davon ab, immer noch wie ein Idiot zu lachen, noch trübte es seine Laune auch nur ansatzweise. Gokuderas Finger kribbelten vor Verlangen, die Zeitung noch ein paar mal in das glückliche Gesicht zu klatschen, bis ihm das dümmliche Lachen vergangen war, aber er riss sich zusammen und rollte die Zeitung wieder auf. Die Zeitung konnte immerhin nichts dafür und das war auch nicht ihr Verwendungszweck, vielleicht sollte er mal einen der Baseballschläger von Yamamotos Team ausleihen...

„War doch keeeeiiiiin Problem oder? Hahahahaha... Das Team hatte länger Training und ich kann es doch nicht im Stich lassen! Hahahahaha!“ Gokudera rieb sich die pochende Stirn, dieser Kerl war sein ganz persönlicher Nachtmahr.

„Jajaja. Verdammt. Ich hab’s gesehen.“, mit einer Kopfbewegung deutete er nach hinten. Von hier oben hatte man einen guten Blick auf den Sportplatz. „Außerdem kann man das Geschreie der leidenden Spieler nicht überhören. Hast mindestens Dreien den Ball voll an den Kopf geknallt.“, stellte er fest und schloss einen Moment lang die Augen, um tief durchzuatmen. „ Aber ich hasse es warten gelassen zu werden.“, gab Gokudera genervt an und steckte das Heft wieder in seine Schultasche. Er setzte sich in Schneidersitz, um Yamamoto betrachten zu können. „Hahahahaha! Worum geht’s denn? Du bist so ungeduldig.“, meinte er freudig lachend und setzte sich auch in einen Schneidersitz, damit sie von Mann zu Mann reden konnten...

Gokudera war einen Moment lang nervös, dann atmete er tief durch. „Du hattest doch schon Mal ‘ne Freundin, wird zumindest gemunkelt. Wie hast du die bekommen?“, fragte er peinlich berührt.

Es dauerte einen Moment bis Yamamoto überhaupt reagierte, als die Information dann von seinem Gehirn zur Genüge verarbeitet worden war, legte er freundschaftlich seinen Arm um Gokudera, am liebsten hätte Gokudera ihn dafür gewürgt, aber er rang mühsam um Zurückhaltung. Schließlich war er derjenige, der hier etwas wollte und für den Fall das Yamamoto wertvolle Informationen hatte, wollte er diese nicht wegen seiner Ungeduld verlieren.

„Natürlich hatte ich schon ne Freundin! Hahahahaha... Du musst doch einfach nur ein bisschen baggern und dann kommst du total schnell zur Third Base! Wirklich, das ist total einfach, hahahaha... Du musst nur charmant sein und witzig und ‘nen guten Spruch bringen, und dann geht alles wie von selbst!“ Yamamoto musste seine Erklärung nicht mal beenden, da war Gokudera schon klar, dass diese Informationen nicht gerade sonderlich gehaltvoll waren. Aber wen sollte er sonst fragen? Etwa Tsuna?

Der verstand davon doch noch weniger.

„Baggern?“ fragte Gokudera dennoch interessiert weiter und versuchte die Hand auf seiner Schulter zu ignorieren. Erstand nicht auf Körperkontakt. Er drehte schon durch, wenn man ihm auf die Schulter tippte, dass hier ging an die Grenzen seiner Belastbarkeit. „Ja. Hahahahahaha! Erzähl von deiner Homebase und deinem Team. Mädchens stehen voll auf Sport!“, erklärte Yamamoto unfachmännisch und Gokuderas Laune wurde mit jedem Wort schlechter. „Du weißt genau, das sich in keinem Sportklub bin.“, grummelte er und blickte Yamamoto von der Seite an. „Und ich glaube von meinem Piano zu erzählen, macht nicht annähernd so viel her. Vielleicht sollte ich mich doch noch für einen Sportklub einschreiben...“, überlegte er laut und versuchte sich in Erinnerung zu rufen, was an der Schule angeboten wurde.

Er konnte nicht Schwimmen, also fiel der Schwimmklub von vornherein weg.

Beim Trecking war Dino der Leiter, zwar war Gokudera nicht sonderlich schlecht im Laufen, aber er glaubte nicht, dass seine Krankenversicherung die anfallenden Kosten decken könnte.

Kendo war absolut nicht sein Ding, stundenlang mit einem Stock auf die Luft einzudreschen, war etwa so verlockend, wie sich selber mit seiner Zeitung zu verprügeln. Abgesehen davon gab es dann nur noch die Ballsportkurse Baseball, Basketball, Fußball und Federball. Gokudera war ein ganz passabler Federballspieler, aber irgendwas sagte ihm, dass das nicht gerade der eindrucksvollste Sport war den es gab.

„Allerdings sind die Sportkurse an der Schule alle Müll.“ Bei Gokuderas Worten schlug Yamamoto sich begeistert in die Hand.

„Dann musst du dich einfach schlau machen über Zeugs was ALLE Mädchen mögen, hahahaha! Du weißt schon: Kochen, Putzen, Klamotten, Schminke, Kätzchen... Dann kannst du darüber reden!“

Bei dem Gedanken an ihre kürzliche Kochaktion, drehte sich Gokudera schlagartig der Magen um. Putzen hasste er wie die Pest und Schminke? Er war doch nicht schwul. Sein Klamottenstil war ziemlich gut, vielleicht konnte man darüber ja... Momentan Mal... „Kätzchen...?“ fragte er verwirrt. Yamamoto lachte. „Ja... Die Mädchen stehen doch auf „Hello Kitty“ und so einen Kram. Ich glaub die mögen Kätzchen. Hahahaha.“, meinet Yamamoto gut gelaunt. Gokudera überlegte einen Moment. Konnte ein Katzenbaby sein Weg zu, Herzen einer Frau sein? Waren die wirklich so einfach gestrickt? „Also... Wenn ich jetzt zu ‘nem Mädchen gehe und sage: ‚Hey! Ich hab ein Katzenbaby es heißt... äh... Uri. Willst du’s sehen?‘ Dann würde das Mädchen mitkommen?“, fragte er interessiert nach.

Yamamoto nickte aufgeregt und vollkommen überzeugt so wie auch gleichzeitig überzeugend. Wow! Nach der Schule musste Gokudera unbedingt in eine Tierhandlung, immerhin waren im Dorm Tiere erlaubt, da konnte er das doch so richtig auskosten! Er würde sich ein süßes Mädchen angeln und dann endlich zur „Third Base“ vorstoßen! Squalo konnte ihn dann mal gern haben, dann war er nämlich ein ganzer Mann und musste sich keine dummen Witze bezüglich männlicher Jungfrauen anhören. Aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass da noch mehr war, dass es noch eine Kleinigkeit gab die man machen musste bevor das Mädchen zustimmte die Hauskatze anzugucken.

„Aber vorher muss man die Mädchen natürlich mit einem flotten Spruch beeindrucken.“ erklärte Yamamoto selbstsicher. „Etwas witziges und einfallsreiches, weil Mädchen so was total mögen!“

Das hörte sich doch schon besser an. Also witzige Sprüche. Das sollte nicht so schwer sein. Gokudera war ein cooler Typ und hatte eigentlich immer einen guten Spruch auf den Lippen. Außerdem war er ja Klassenbester, da würde ihm schon was Intelligentes einfallen. „Vielleicht sollten wir das mal ausprobieren.“, meinte er an Yamamoto gewandt der grinsend nickte. „Klar. An unserer Schule gibt’s doch einen Haufen flotte Mädels, da können wir vielleicht wirklich ein bisschen rumprobieren.“. Er grinste zweideutig. „Gibt wohl schon wen, den du ins Auge gefasst hast?“, fragte er und ließ seien Augenbraue hüpfen, wie ein alter Greis der eine indezente Frage gestellt hatte. Gokudera hätte ihm am liebsten Eine rein gehauen. „Nein, Mann. Ich will‘s einfach ausprobieren. Wenn‘s hier klappt, klappt‘s auch wo anders. Ist doch klar.“

Er war erleichtert, dass Yamamoto sich diesmal dumme Seitenkommentare sparte und einfach nur einverstanden mit Eifer nickte. Gokudera hatte ein richtig gutes Gefühl bei der Sache immerhin waren die Mädchen hier alle ziemlich nett und es konnte ja nicht so schwer sein bei einer zu landen, immerhin hatten hier viele schon feste Freunde und das hieß ja, dass sie sich rumkriegen ließen. Die Logik war einfach und ging natürlich total gut auf. Anders konnte es ja auch nicht sein und Gokudera stellte fest, dass seine Mangel an Freundinnen wohl daran lag, dass er einfach noch nie diese Grab-Sache versucht hatte.

Als sie die Treppe herunter gingen ließ er seine Augen über die Schüler gleiten die im Flur standen und redeten. Was er brauchte war ein Zielobjekt das alleine war und hübsch genug, damit er sich für sie interessierte. Mit geschwollener Brust ging er auf das Mädchen seiner Wahl zu. Selbstgefälligkeit stand breit über sein Gesicht geschrieben, als er sich gegen die Wand lehnte und sich ihr damit in den Weg stellte.

Gokudera kannte die Schönheit, die jetzt vor ihm stand nicht, das bedeutete wohl sie musste in einer höheren oder niedrigeren Klasse sein. Sie sah aber sehr erwachsen aus, daher tippte er auf höher. „Hallo, Senpai.“, meinte er daher freundlich und die Dunkelhaarige, die ihn noch gar nicht bemerkt zu haben schien, blickte von ihrem Stundenplan auf, den sie gerade eingängig studiert hatte. „Äh, ja? Kann ich dir helfen?“, fragte Daniela ein wenig verwundert, setzte aber ihr freundlichstes Lächeln auf. Eben hatte sie überlegt, was sie heute Nachmittag mit Tsuna durchnehmen sollte, jetzt war sie ein bisschen verwirrt. „Brauchst du Nachhilfe?“, fragte sie daher an den ihr unbekannten Jungen gewandt. Es war das einzig logische, was ihr einfiel, da sie öfter danach gefragt wurde.

Das war die Chance! Augenblicklich fiel Gokudera ein, was er sagen konnte. Es war clever, charmant und total witzig, Sie würde seinem Charme keine Minute stand halten können, da war er sich sicher. Ein wenig nervös räusperte er sich, strich sich durch das mausgraue Haar und versuchte möglich verführerisch dreinzublicken.

„Wollen wir heut zusammen Mathe üben? Wir könnten dich und mich addieren, unsere Kleidung subtrahieren, deine Beine teilen und dann werd ich dich malnehmen...“ Im Schulflur breitete sich automatisch eine beängstigende Stille aus und eine Schüler fingen an zu tuscheln, Gokudera war sich sicher, dass sie von seiner cleveren Anmache beeindruckt waren. Daniela runzelte verwirrt die Stirn, ungläubig dass sie das grade wirklich gehört hatte. Sie sah sich um, erblickte Yamamoto der Gokudera grinsend beobachtete und zählte zwei und zwei zusammen.

„Oh, eine Wette? Na jetzt hast du es ja hinter dich gebracht.“ sagte sie freundlich, klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter und vertiefte sich beim Weitergehen wieder in ihren Stundenplan. Gokudera sah ihr irritiert nach.

Wieso hatte das nicht geklappt? Dieser Spruch war doch einfach Weltklasse, wieso war sie nicht... Aber sie schien ihn auch nicht übel genommen zu haben, also schien er anzukommen, oder etwa nicht? Noch etwas verwirrt lief er zu Yamamoto zurück, der breit grinste. „Wow... So ein cooler Spruch wär mir nie eingefallen.“, sagte er und Gokudera bleckte augenblicklich die blendend weißen Zähne. „Kein Wunder...“, ‚...du bist ja auch dämlich.‘, fügte er in Gedanken an. „Aber weggegangen ist sie trotzdem.“ Yamamoto lachte herzlich und klopfte ihm auf die Schulter. „Du warst wohl nicht ihr Typ. Sie hat dir zumindest Keine gescheuert.“, meinte er aufbauend und deutete im selben Moment in den Gang hinter Gokudera. „Schau mal, da sind Hana-san und Kyoko-chan.“

Natürlich kannte Gokudera die beiden Mädchen, vor allem Kyoko. Im Grunde genommen, kannte jeder auf der Schule das brünette Mädchen. Das lag nicht nur daran, dass sie so nett war und alle sich gerne in ihrer Nähe aufhielten, sondern auch an ihrem Bruder, der mehr berüchtigt als berühmt war. Ryohei war immerhin eine Persönlichkeit, die man nicht so leicht übersehen und vor allem nicht überhören konnte. Als er damals im Musikklub vorgesungen hatte... Gokudera wachte immer noch nachts schweißgebadet auf mit diesem grässlichen Klang in den Ohren, während sein Herz wummerte und ihm Tränen über Gesicht rannen wie kleine Flüsse.

„Dann zeig mir, wie du es machen würdest.“ forderte Gokudera Yamamoto auf und trat sorgsam einen Schritt zurück.

„Aber das sind doch zwei Mädchen, da kann ich doch nicht alleine hingehen. Hahahaha.“, meinte Yamamoto amüsiert und noch ehe Gokudera sich versah, hatte ihn der Schwarzhaarige auch schon in Richtung der beiden gezerrt. „Hallo Hana-san, Kyoko-chan.“, sagte er freundlich und ließ seine unfreiwillige Begleitung wieder los. „War lustig gestern beim Kendo nicht wahr?“, fragte er das Schwarzhaarige Mädchen, welches sichtlich die Augen verdrehte. „Ja. Wahnsinnig lustig. Vor allem der Teil an dem ich dich schlagen durfte. Der hat mir tatsächlich ein wenig Freude bereitet.“, erklärte Hana abgebrüht. Yamamoto begann zu lachen und Hana sah schon nach den ersten beiden Tönen, die von diesem Lachen an ihre Ohren drangen aus, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. Gokudera konnte die Qualen des Mädchens gut verstehen. Er selbst sah sich Kyoko gegenüber, die Yamamoto lächelnd betrachtete und ihn gar nicht zu beachten schien, der sich kurz darauf zu Wort meldete. „Also äh... Du bist im Schwimmklub richtig?“, versuchte er es eben auch mal auf die Sporttour.

Kyoko lächelte süß und nickte unverfangen. Es war unglaublich wie unterschiedlich Geschwister sein konnten, denn sie ähnelte Ryohei wirklich nicht im Geringsten. Wahrscheinlich war das aber auch besser so, für einen grauenvollen Moment musste er daran denken, wie es wäre, wenn er so wäre wie Bianchi... Ein Alptraum sondergleichen.

„Ja, genau und im Schützenverein. Macht ihr eine Umfrage über die Sportklubs?“ fragte sie gut gelaunt und Gokudera schüttelte nur irritiert seinen Kopf. Wie war sie jetzt wieder darauf gekommen? Vielleicht flirtete er falsch, was hatte Yamamoto noch gleich gesagt wofür Mädchen sich interessieren?

„Äh ihr seid doch auch... in unserem... Hausarbeitsklub.“ brachte er stockend hervor. „Kocht und putzt ihr oft zuhause?“

„Ich helfe meinen Eltern schon gelegentlich, aber eigentlich macht Putzen mir keinen Spaß und Kochen auch nicht so wirklich. Ich nähe lieber.“, sagte Kyoko fröhlich, dann schien ihr ein Licht aufzugehen. „Wenn ihr was übers Kochen lernen wollt, wegen dem Hausarbeitsklub, dann solltet ihr mit meinem Bruder reden. Er kocht ganz ausgezeichnet. Kyoya-san isst sein Essen mit Vorliebe. Ich und Kyoya bekommen jeden Tag ein Bento und sie sind ganz fantastisch, er hat es von jemandem aus seiner Klassenstufe gelernt, Mu... Ich hab den Namen vergessen.“, erklärte sie fröhlich lächelnd. Gokudera war nicht nur wegen der Aussage ihres Satzes irritiert. Hana schien genervt und zog Kyoko ein bisschen näher. „Ob wir zu Hause putzen und kochen, geht die doch nichts an, Kyoko. Ich glaube die machen uns hier gerade ganz dämlich an.“, erklärte sie ihr.

„Oh!“ rief sie überrascht aus und lächelte sie dann so mitleidig an, als hätten sie einen schlimmen Ausschlag und eiternde Wunden auf der Stirn. „Das tut mir wirklich leid, aber ihr seid wirklich nicht mein Typ. Das soll jetzt nicht gemein sein, allerdings mag ich keine Jungs... in meinem Alter mein ich. Und graue Haare sind auch nicht so mein Ding, muss ich leider sagen, das sieht nämlich so verwaschen aus. Natürlich gibt es Mädchen die so was gerne mögen. Oh und ich hasse Baseball, ich finde das ist ein schrecklich langweiliger Sport und erinnert mich viel zu sehr an Brennball. Aber natürlich bin ich sicher er gibt Mädchen die so etwas gerne mögen. Oh und natürlich seid ihr mit Tsuna-kun befreundet und Tsuna-kun und ich sind auch befreundet, also sind wir indirekt dadurch auch Freunde und mit Freunden soll man nicht ausgehen, weil das die Freundschaft kaputt macht. Das versteht ihr sicher.“ Gokudera konnte nicht anders als sie mit offenem Mund anzustarren, während sein Mund nach passenden Worten suchte.

„Fest steht, dass wir jetzt gehen. Kein Interesse, danke.“, meinte Hana kurz angebunden, schnappte sich die Hand ihrer Freundin und zog sie mit den Flur entlang. „Das war ‘ne ziemlich direkte Abfuhr. Hahahahahaha! Naja, kann nicht immer klappen.“, meinte Yamamoto lachend und fuhr sich mit der Hand durch das Haar. „Vielleicht sollten wir’s fürs Erste gut sein lassen. Und uns nochmal Gedanken über unsere Taktik machen.“, schlug Yamamoto vor und Gokudera musste ihm ausnahmsweise einmal voll und ganz zustimmen. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu den Schuhregalen und verließen nach dem Schuhwechsel das Gebäude. Doch weit kamen sie nicht, denn Gokudera hatte einen Engel erblickt. Das lilahaarige Mädchen, das dort am Rand des Weges stand und offenbar auf jemanden wartete... Genau die musste es sein.

„Ziel auf zwölf Uhr!“ zischte er Yamamoto zu und deutete in die Richtung des wartenden Mädchens. Sein Begleiter bedeutete ihm, dass er ihm den Vortritt überließ und so kratze er all seinen Mut zusammen und ging auf sie zu. In seinem Kopf rasten seine Gedanken und es fiel ihm schwer sich zu entscheiden, was er mal eben so locker vom Stapel lassen sollte, um sie um seinen Finger zu wickeln. Die witzige Masche hatte nicht gezogen, genauso wenig wie die Sportliche oder die auf Interessen ausgelegte. Also probierte er es einfach mal mit seinem spritzigen sympathischen Charme, da konnte ja nichts schief gehen.

„Du musst nicht länger warten, dein Prince Charming ist hier um dich zu erretten. Kann ich der verirrten Maid einen flotten Ritt anbieten?“ Sieh sah ihn an, wobei ihm zum ersten Mal auffiel, dass sie nur ein Auge hatte. Irgendwoher kannte er sie doch... aber woher nur?

Chrome lachte schüchtern. „Tut... Tut mir Leid. Ich bin schon verabredet.“, sagte sie leise. „Aber sehr nett, dass du dir Sorgen machst.“. Einen Moment lang schien sie die Situation eben noch einmal rekapitulieren, dann sagte sie mit einem freudigen Lächeln auf den Lippen. „Du solltest mal zum Theaterklub kommen. Wir haben des Öfteren Prinzenrollen zu besetzen, weil Mukuro-sama immer die bösen Hexenmeister oder die Drachen spielen möchte. Ich denke du wärst gut dafür geeignet. Ich habe mich eben richtig geschmeichelt gefühlt.“, meinte sie lächelnd und umklammerte ihre Schultasche ein bisschen fester.

Theaterklub? Ah. Daher kannte er sie also. Sie war die Managerin. Sollte er die Strategie ändern? Nein. Er blieb bei der Prinzenlinie. „Wenn du die Prinzessin bist, komme ich gern vorbei und spiele mit dir ein Märchen.“

„Oh ich, ich spiele nicht Theater...“ winkte sie schnell ab und fixierte ihre Hände mit geröteten Wangen. „ich hab wirklich... wirklich kein Talent dafür... aber du solltest wirklich mal vorbeikommen. Wirklich, es macht Spaß...“ Gokudera musste sagen, er fand es sehr süß wie sie sich wand. Ganz offensichtlich mochte sie ihn, warum sollte sie sonst so darauf bestehen, dass er ihren Klub besuchte? Das war doch ein eindeutiges Zeichen. Und wenn sie hier auf eine Freundin wartete die noch nicht vergeben war, hätte er vielleicht sogar eine Chance Yamamoto loszuwerden. Das waren doch mal ganz fantastische Aussichten!

„Ich kann dich auch außerhalb des Klubs besuchen. Dann bin ich dein Prinz für dich allein, wir könnten unser eigenes Märchen schreiben.“

„Ne.. nein... Ich.. also ich denke, das ist keine gute Idee... Also ich meine ich...“, unbeholfen stotterte sie vor sich hin und Gokudera sah seien Chance gekommen. Es war Zeit. Er trat ein Stück näher an sie heran und lächelte sein schönstes, strahlendstes Lächeln. Das Mädchen wollte zurückweichen, wurde aber von der wegsäumenden Hecke hinter ihr davon abgehalten. Gerade wollte er ihre Hand ergreifen, da spürte er einen harten, unerbittlichen Schmerz im Arm und wurde von diesem fast zu Boden gedrängt. Jemand hatte seinen Arm gegriffen und ihn hinter den Rücken geschoben und dass in einer Geschwindigkeit, die Wahnsinn gewesen sein musste.

„Ken!“, rief Chrome etwas ängstlich und besorgt, aber mit einem Lächeln auf den Lippen aus.

„Was denkst du, was du hier tust, Punk?!“ fragte die Stimme des Jungen direkt an seinem Ohr und Gokudera schrie vor Schreck fast laut auf, als ihm der Arm um noch ein weiteres Stück verdreht wurde. Sein Zielobjekt war scheinbar eine schlechte Wahl gewesen. Er wimmerte etwas als er auf den Boden gestoßen wurde und die Knie seiner Hose auf dem harten Boden des Schulhofs aufrissen.

„Es ist... Es ist alles okay, Ken.“ versuchte Chrome ihn zu beruhigen und schlang ihre Arme um den seinen. Zwar machte er ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, aber er nahm ihr ihre Tasche ab. Gokudera spürte den harten Tritt direkt in sein Gesäß bis durch in seine Knie und wimmerte leicht. Keine zehn Meter von ihm entfernt konnte er das gut gelaunte Lachen Yamamotos hören. Dieser Bastard, sollte er jemals wieder die Courage finden aufzustehen, würde er ihn häuten.

Ken starrte finster auf den Jungen der am Boden kniete, Gokudera war sich dessen sicher, auch wenn er es nicht sah. Seine Wut quoll, wie eine dunkle Wolke, einfach auf ihn zu und umschloss ihn so fest, dass er nicht mehr atmen konnte. „Lass gefälligst deine Drecksgriffel von Chrome, hast du das kapiert, du Sack? Chrome ist meine Freundin, Meine! Meine! MEINE!“, meinte der Blonde aufgebracht und starrte Gokudera weiter böse an, bis der seinen Blick zu ihnen wandte und sie von unten herauf betrachten konnte. Chromes Gesicht war noch immer hochrot, allerdings hatte das in diesem Fall sehr wenig mit Gokudera zu tun, sondern eher mit der Tatsache, dass Ken sie gerade als seine Freundin bezeichnet hatte. Sie schien etwas durch den Wind zu sein. „Hab’s... Kapiert...“, brachte er stockend heraus und entging so einem weiteren Tritt.

Während er da lag und den Boden von fünf Zentimeter Entfernung betrachtete, beschloss er sich auf dem Heimweg eine Katze zuzulegen. Mit dem Flirten klappte es ja offensichtlich nicht bei ihm, also besorgte er sich eine Katze.

Katzen waren Mädchen sehr ähnlich, launisch, starrsinnig und kratzbürstig. Bis er sich das nächste Mal wieder auf die Jagd begabt, würde er sich abhärten! Seinen Geist darauf vorbereiten ständig abzublitzen und sich den schwankendsten Launen anzupassen. Vielleicht hatte er dann mit etwas Training beim nächsten Mal mehr Glück. Und wenn nicht, hatte er zumindest ein süßes Kätzchen zuhause, das ihn trösten würde.

Mit Sicherheit würde er das süßeste, anhänglichste und liebenswürdigste Kätzchen aller Zeiten bekommen. Einen goldigen kleinen Tiger und ihr Name wäre:

Uri
 

Ende

18. Juli

So hier ist wiedermal Allrenn. Hat ja wieder ne Weile gedauert, bis ihr wieder was Neues zu lesen bekommt, aber wir waren nicht untätig. >___> Eigentlich ist es eher so, dass wir unsere Timeline vergewaltigt haben und die Hälfte des Augusts deshalb schon fertig getippt ist. Ich weiß, das nützt auch jetzt nichts, aber wenn wir im August sind, bekommt ihr die Kapitel dann wohl im 2 Tage Rhythmus. ^__^ Das ist doch auch etwas.

Das Kapitel zieht sich etwas, aber lasst euch nicht stören, wir haben uns nicht ohne Grund so lange davor gedrückt es abzutippen. Freut euch auf das nächste Kapitel, denn glaubt es oder nicht: ES PASSIERT MAL WAS!
 

18. Juli
 

Der Tag hatte, wie üblich öde, mit Schule begonnen. Tsuna wartete schon seit endlosen Minuten auf das erlösende letzte Klingeln. Anders, als an anderen Samstagen, hatte er heute sogar schon etwas vor. Hinter ihm raschelte Squalo nervös mit seinen Blättern. Tsuna wusste nicht genau, was er zu besprechen hatte, aber als er ihn in der Pause auf das Dach bestellt hatte, hatte er ein wenig nervös und aufgebracht gewirkt, also musste es wohl etwas Wichtiges sein. Ein weiteres Anzeichen dafür war, dass Squalo ihm gesagt hatte, dass Xanxus nicht mitkommen sollte. „Auf gar keinen Fall! VOOOOIII!“, hatte er gebrüllt und Tsuna verstand das. Xanxus konnte wirklich sehr indiskret sein. Tsuna war schon sehr gespannt.

Squalo hatte ihm vorgeschlagen etwas trinken zu gehen und das würden sie nach der Schule auch tun.

Es sei denn natürlich, es lief wie üblich nicht so wie geplant, aber Tsuna war hoffnungsfroh. Die letzen Wochen waren ungewöhnlich entspannt gewesen, niemand war gestorben, niemand hatte Anfälle und selbst seine Noten waren angenehmer Durchschnitt. So wagte Tsuna es sogar, direkt mal hoffnungsfroh zu sein, dass er die schlimme Eingewöhnungsphase endlich überstanden hatte. Sie hatte zu seinem absoluten Elend ja auch lange genug gedauert.

Es hatte nicht einmal zu Ende geklingelt, da wurde er auch schon am Kragen gepackt und mitgezogen. Gokudera rief etwas im Protest, aber Tsuna konnte ihm nur etwas machtlos zuwinken. Wenn Squalos Krise bewältigt war, musste er sich mal mehr um seinen Freund kümmern. Langsam hatte er nämlich das Gefühl, Gokudera und Yamamoto zu vernachlässigen... Jedoch musste er sich verteidigen, war Squalo auch sehr besitzergreifend.

„Ist ja schon gut, Squalo! Ich hab doch gesagt, ich komme gerne mit.“, meinte Tsuna, der noch etwas erschrocken war, aber erleichtert als Squalo an den Schuhregalen hielt und seine Straßenschuhe in Windeseile rausholte. „Mach hin, verfickt nochmal, bevor uns jemand sieht VOOOOI!“, erklärte er und drückte Tsuna auch seine Schuhe in die Hand. Tsuna schlüpfte hinein und band sich die Schnürsenkel. Dann eilte er mit Squalo aus dem Schulgebäude und erst, als sie in den Bus eingestiegen waren, der glücklicherweise gerade kam, legte Squalo seien Nervosität wieder etwas ab. „Ich wollte nicht, dass dieser verfickte Xanxus uns behelligt! VOOOI! Es geht nämlich um was privates, und dieser dumme Arsch, wäre mir dabei keine, verfickte Hilfe!“, erklärte er und Tsuna nickte verstehend. „Das kann ich wirklich nachvollziehen. Xanxus ist nie eine Hilfe.“

Resignierend dachte Tsuna an die unangenehme Stille, die sich in letzter Zeit immer öfter zwischen ihnen ausbreitete und was noch viel schlimmer war: Der Mangel an Bentoboxen. Tsuna vermisste sowohl die eher ,lockeren‘ Unterhaltungen als auch sein köstliches Mittagessen, hätte er gewusst, das Xanxus sich die Sache so zu Herzen nehmen würden, dann hätte er erst gar nicht wissen wollen, von wem die Boxen kamen.

„Also.... Squalo... Worum geht’s denn?“ fragte Tsuna nun doch etwas neugierig und hielt sich an den Haltebändern des Busses fest. Seit seinem gewaltigen Wachstumsschub von fünf Zentimetern konnte er sie sogar erreichen ohne sich auf die Zehenspitzen zu stellen, es war famos!

„Nicht hier, Krabbe.“ herrschte Squalo ihn mit diesem schrecklichen Spitznamen an und erntete sich dafür von Tsuna einen bösen Blick der Marke getretener Welpe. „Das ist wirklich verfickt privat und wenn ich sage verfickt dann meine ich VERFICKT, VOOOOOIIII!“

Tsuna zog eine Augenbraue in die Höhe und nickte. Also war es wohl noch schlimmer als er sich ausgemalt hatte. Was zum Teufel hatte Squalo zu verbergen? Tsuna kam eine vage Ahnung. „Geht... Geht es um deinen Tanzlehrer?“, fragte er leise und Squalo starrte ihn für einen Moment überrascht und leichenblass an. Ganz offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, dass er so offensichtlich war. Seine Wangen nahmen gleich darauf einen etwas rosigeren Farbton an: „VOOOOOOOI! Ich sagte doch, nicht hier!“

Nun wusste er, dass er sich schon einmal darauf einstellen konnte in Details von Squalos Liebesleben eingeweiht zu werden. Ob er sich darauf freuen oder darüber geschockt sein sollte. Aber irgendwie... hatte er schon geahnt, dass es früher oder später mal zu so etwas kommen würde. Immer wenn sie zu dritt unterwegs waren, ärgerte Xanxus Squalo damit und der reagierte immer auf die gleiche Weise. Squalo war wohl in solchen Dingen... Einfach schüchtern.

Tsuna musste fast selbst über seine Gedanken lachen.

Jedoch waren sie durchaus zutreffend. In den letzten Monaten hatte er wirklich sehr viel Zeit mit Squalo verbracht und das hatte zwei Dinge bei Tsuna bewirkt: Erstens, konnte er mittlerweile jemanden über Sex reden hören ohne einen halben Schlaganfall zu bekommen und zweitens, kannte er Squalo gut genug um zu erkennen, wenn ihm etwas unangenehm war. Da Squalos gesamtes Emotionsfeld mit lautem Geschrei begleitet wird, war das sogar einen Kunst für sich. Tsuna war vorher nie aufgefallen, wie gut er darin war sich in Menschen einzufühlen. Man konnte sagen was man wollte, aber das war auf jeden Fall ein sehr nützliches Talent. Eine Schande, dass ausgerechnet Xanxus ihm so ein Mysterium war.

Als der Bus stehen blieb, folgte Tsuna dem davon schreitenden Squalo, der gar nicht schnell genug durch die Menschenmengen hindurch kommen konnte. Schon von weitem sah Tsuna die blau leuchtende, verschnörkelte Tür und doch war es das erste Mal, dass sie ihm bewusst auffiel. Und das obwohl sie direkt neben der Apotheke war, die er, dank Mukuro, schon oft hatte besuchen dürfen. „Ist das nicht... eine Bar?“, fragte Tsuna etwas überrascht. Squalo blickte sich nicht um und bestätigte seinen Einwand nur Lautstark. „Ich hab doch gesagt, wir gehen was trinken, verfickt nochmal VOOOI!“, meinte Squalo nervös, öffnete die Tür und offenbarte einen düsteren Raum.

Tsuna fand die Einrichtung sehr stimmig. In der Mitte des Raumes standen viele kleine, kreisrunde Tische, um die Stühle mit blauem Lederbezug. Nur wenige waren davon besetzt, aber Squalo steuerte nicht auf einen der runden Tische, sondern auf einen der eckigen zu, die nahe bei den Wänden standen und von Bänken umringt waren, die denselben Lederbezug hatten wie die Stühle. Tsuna wollte es sich schon auf einer der Bänke bequem machen, da entschied Squalo sich doch nochmal anders und setzte sich auf einen Barhocker

Dieses ganze Hin und Her, Squalo musste wirklich mehr als nur nervös sein. Wahrscheinlich hatte es nur etwas mit seinem angekratzten Stolz oder so zu tun. Der Silberhaarige nahm es immer ganz persönlich, wenn irgendwas es wagte seine Ehre zu beflecken. Dabei war grundsätzlich alles und jeder in der Lage, diesen Zustand bei ihm vorzurufen.

Hinter der Bar stand eine hübsche Dame mit weißen Haar und gruselig goldgelben Augen. Sie hatte etwas an sich, was einem einen Schauer über den Rücken jagte und doch konnte man nicht wegsehen. Ihr marineblaues Kleid lag dich an ihrem Körper, enthüllte aber praktisch nichts und wurde begleitet von einem süßen Hut und ebenfalls blauen Handschuhen die bis zu ihren Ellenbogen reichten.

„Was kann ich euch beiden denn bringen?“ erkundigte sie sich gut gelaunt und polierte Nebenbei ein Glas.

„Sex on the beach und ein Toast, für mich.”, meinte Squalo und sah zu Tsuna. „Für mich bitte auch.“, sagte er ruhig und war stolz auf sich. Er war beim Namen des Cocktails nicht errötete. Er machte offenbar tatsächlich Fortschritte. „Man sollte nicht am frühen Vorabend schon trinken.“, sagte die junge Frau und anstatt hohe Gläser aus dem Regal zu nehmen, nahm sie ein paar flache und goss Limonade in beide. Außerdem, seht ihr mir nicht so aus, als ob ihr das schon dürft.“, sagte sie geflissentlich und machte sich dann wieder daran, die Gläser zu polieren. „Zwei Mal Toast Hawaii, Igor.“, sagte sie beiläufig, aber Tsuna konnte nicht feststellen, mit wem sie da sprach. Stattdessen betrachtete er die Limonade, die vor ihm stand und nippte daran. Sie war selbstgemacht und schmeckte himmlisch.

„Also, Squalo?“, fragte er an seinen Freund gewandt, der sein Glas in den Händen hin und her wiegte.

Squalo schwieg ihn allerdings nur geflissentlich an. Es war ihm peinlich, wirklich absolut peinlich bis ins Mark seiner Knochen. Warum wollte er überhaupt mit Tsuna darüber reden? War das nicht schon fast masochistisch? Wieder daran denken zu müssen... darüber reden zu müssen... Es jemand anderen wissen zu lassen! Aber verfickt noch mal er musste reden, wenn er nicht mit einem lauten „VOOOIII“ platzen wollte!!! Und Tsuna war.... Tsuna war harmlos... Tsuna war ein Lamm, ein Lämmchen eher. Der verriet niemanden was, niemals würde er jemanden was erzählen, dafür war er viel zu nett. Dieses nette, kleine Lämmchen...

Tsuna schüttelte seinen Kopf irritiert und versuchte seinen Kopf wieder frei zu bekommen. Das war etwas zu emphatisch für seinen Geschmack. Er sollte nicht versuchen, sich so sehr in jemanden reinzuversetzen, dass er sich dessen Gedanken vorstellte. Vor allem nicht so schrecklich verdreht.

„Also...“ Tsuna bemerkte sofort, dass Squalo versuchte leise zu sprechen, sogar zu flüstern. Er hätte niemals gedacht das je zu sehen. Er war ein wenig erstaunt und beugte sich zu Squalo herüber, um den Grad der Vertrautheit noch zu steigern. Es interessierte ihn wirklich brennend, was Squalo zu sagen hatte. „Du... Du hast mir damals gesagt, ich soll mutiger sein, erinnerst du dich?“, fragte Squalo leise. Tsuna überlegte kurz, dann nickte er. Es ging also tatsächlich um den Tanzlehrer. „Hast du ihn gefragt?“. Tsunas Blick ruhte neugierig auf dem Weißhaarigen, der den direkten Augenkontakt jedoch mied. „Nein! Verfickt nochmal! VOOOOI!“, Tsuna erschreckte sich, als Squalo ihm so überraschend ins Gesicht schrie. Er presste sich die Hände auf die Ohren, um seine Trommelfelle zu beruhigen. Er konnte sein Herz bis in die Ohren schlagen hören, so sehr hatte Squalo ihn überrascht.

Einige Momente lang konnte Tsuna gar nichts mehr hören, bis sein Gehör den Schock überwunden hatte und er sich wieder sammeln konnte. Er sah Squalo ein wenig verärgert, ein wenig mitleidig an, dann klopfte er ihm tröstend auf den Rücken. Für jemanden wie ihn musste es eine ganz schöne Schande sein, sich so feige zu verhalten. Tsuna war es ja gewohnt, aber für jemanden der immer alles sofort und voller Eifer machte... Nein, Squalo hatte eigentlich kein Mitleid verdient. Er hatte selber Schuld.

„Wieso hast du es denn nicht gemacht? Hast du rausgefunden, dass er einen Freund oder eine Freundin hat?“ Tsunas mildes Lächeln verging ihm gleich wieder, als er Squalos erschütterten Gesichtsausdruck sah.

„Er ist vergeben?! Was weißt du?! Spuck es verfickt noch mal aus oder du wirst es bereuen!“ herrschte er seinen Gegenüber an und bedrohte ihn, recht unbeeindruckend, mit einem Strohhalm.

„Unsinn... ich dachte nur.. du hättest ihn wenigstens das gefragt.“, meinte Tsuna beschwichtigend und legte die Hand auf Squalos Arm, der den Strohhalm daraufhin sinken ließ. „NEIN! VOOOI! Immer wenn er allein und in meiner Nähe ist, krieg‘ ich verfickt wackelige Knie! VOOOOI! Und... In der Tanzstunde, will ich ihn nicht vor allen Leuten blamieren, VOOOI! Tsuna! Du musst mir verfickt nochmal helfen und mir nochmal Mut machen! VOI! Ich brauch ein paar Tipps, von jemandem der Ahnung hat, im schüchtern sein! Und das hast du, verfickt nochmal, Krabbe!“, erklärte Squalo lautstark.

Tsuna war das ganze ein bisschen peinlich, aber er glaubte zu wissen, dass das alles noch viel peinlicher für Squalo war.

„Squalo... ich weiß wirklich nicht... was ich dir da raten soll... Abgesehen davon, dass du ihn einfach mal drauf ansprechen solltest. Ich bin nicht gerade... ein Beziehungsexperte. Frag ihn doch einfach... ob ich mal was zusammen machen könnt, also kein Date sondern... na ja eine Verabredung halt. Ihr könnte ja...“ Tsuna dachte angestrengt nach. Die Stadt war recht groß, es gab eigentlich viel zu machen, aber Pärchendinge waren ihm fremd. Mit wem sollte er auch weggehen? Er hatte zwar schon mal drüber nachgedacht Kyoko einzuladen, aber das traute er sich dann doch nicht. Schon allein weil sie meistens Begleitung hatte, entweder ihr Bruder, Freunde oder was am schlimmsten war: Hana

Das Mädchen war bissig wie ein Pitbull...

„Lad ihn doch einfach ins Aquarium ein... Jeden Dienstag gibt es Haifütterung, das ist ziemlich cool...“

„VOOOOI! Haifütterung. Das hört sich extrem gut an! Und... romantisch!“ Schlagartig tat Squalos Tanzlehrer unendlich leid. Er hatte ja geahnt, dass Squalo nicht der Romantischste war, aber so unromantisch? Das war ja schon fast ein Armutszeugnis. Er seufzte leise, widersprach Squalo aber nicht und betrachtete den Weißhaarigen, der sich eine Art Plan zurecht zu legen schien Er erschrak sich etwas, als ihn ein Ellenbogen am Rücken streifte. Er fuhr herum und erblickte ein Liebespaar, das sich neben ihnen niedergelassen und wild turtelte. Squalo beäugte die beiden einen Moment lang kritisch und sah etwas verdattert aus, als der Mann ihn ansprach. „Willst du deine Süße in ein Hotel mitnehmen?“, fragte er aus heiterem Himmel. Squalo zuckte daraufhin mit den Schultern. „Vielleicht.“

Tsuna kam sich vor als wäre er Luft. Natürlich war es nicht so als ob er jemanden hätte, aber der Mann hätte auch genauso gut ihn fragen können! Etwas grummelig nippte er an seiner Limo und hörte dem Gespräch nur halbherzig, aber voll beleidigt zu.

„Dann kann ich dir aber nicht das Lovehotel bei der Port Island Station empfehlen. Meine Süße und ich waren gestern da und es ist total spooky. Scheinbar geht da irgendein Virus um und die Kunden werden krank. Nicht wahr meine süße Honigblume?“ Sie kicherte hoch und nervtötend.

„Ja mein Fünkchen. Hihihihihi... Das war wirklich ärgerlich für unsere Abendplanung. Kihihiihihihihi...“ Tsuna schwieg beharrlich und sparte es sich einen Kommentar zu bringen. Wenn man in ein Lovehotel musste, hatte man selber Schuld.

„Ein Virus?“, fragte Squalo. Er schien daran interessiert. „Ja, Mann. Ein Virus. Sie wissen noch nicht was es ist, aber vielleicht erinnerst du dich ja an den Fernsehbericht neulich. Von dem Polizisten.“

Tsuna wurde, ganz plötzlich mehr als nur hellhörig und spitzte die Ohren. „Meinen... meinen sie den, der im Krankenhaus gestorben ist?“, fragte er leise. Der blonde Mann war für einen Moment irritiert, dann nickte er. „Ich denke schon: War nur ein toter Polizist, in den Nachrichten, oder? Na ja, jedenfalls sagt man, die Krankheitssymptome, die die Lovehotel-Besucher hatten, seien denen des Polizisten sehr ähnlich und der ist dran verreckt. Also würde ich ein bisschen aufpassen.“ und damit lehrte er seinen Martini und ließ danach die Olive gekonnt in seinem Mund verschwinden.

Ein großer Klumpen bildete sich in Tsunas Hals und schnürte ihm die Luft ab. Dieselben Symptome? Konnte es wirklich sein, dass die Krankheit sich hier ausbreitete? Aber hatte Lanchia sich nicht damals in Tokyo angesteckt? Er war doch nur hier, um sich zu erholen. Vielleicht hatte auch er jemanden diese Krankheit angehängt... bei dem Gedanken daran wurde Tsuna ganz schlecht. Er hatte so gelitten bevor er gestorben war. Niemand sollte dasselbe durchmachen wie er.

Hatte Lanchia ihm nicht auch von anderen Fällen erzählt? Ja... er erinnerte sich... Es gab noch andere Opfer, nur schritten bei denen die Symptome wesentlich schneller und heftiger voran, als sie es bei Lanchia getan hatten...

„VOOOI! Das werde ich!“, meinet Squalo lautstark an den Mann gewandt, der sich wieder seinem Honigbienchen, oder wie auch immer er sie genannt hatte, zuwandte und sie küsste. Tsuna blickte etwas betreten auf die Bar. Er hatte geglaubt das mit Lanchia war vorbei, aber es schien, ganz im Gegenteil erst richtig loszugehen. „Also nicht ins Love Hotel...“, sagte Squalo murmelnd und strich diese Möglichkeit von seiner Liste. „Ist es nicht auch ein bisschen zu früh dafür? Du traust dich ja nicht Mal ihm anzusprechen.“, sagte Tsuna und verdrehte die Augen, aber Squalo jedoch hörte gar nicht auf ihn und murmelte irgendwelche Dinge vor sich hin, um sein Date zu planen. Er war zwar sehr engagiert, aber offenbar hatte er keine Ahnung. „Weißt du Squalo. Vielleicht reicht es ihm ja auch, wenn du ihm eine deiner Zeichnungen schenkst. Dann fühlt er sich bestimmt geschmeichelt.“

„Meinst du?“ Squalo klang überrascht und verzog nachdenklich das Gesicht. Tsuna verstand nicht, was es da so intensiv drüber nachzudenken gab. Er würde es sehr schmeichelhaft finden, wenn jemand sich die Mühe machen würde um ihn zu zeichnen, weil er die Augen nicht von ihm lassen konnte. Allerdings...

„Aber kein Milchbild.“ fügte er schleunigst mit einer intensiven Röte auf den Wangen hinzu. Das war nämlich die Sorte von Bildern, die eher Kranke oder allgemein Perverse machten. Also Leute wie Squalo, jedoch, musste er das ja nicht so raushängen lassen. „Schenk ihm eins wo er tanzt. Wenn er stolz auf seine Arbeit ist, dann gefällt ihm das sicherlich.“

„Hmm... Ich hab mal ein verfickt geniales Bild gezeichnet wo er Bachata tanzt. Nur bekleidet vom Schatten den die Abendsonne auf ihn warf.“

Tsuna hatte verdrängt, dass die meisten Bilder, die Squalo malte nur wenig Kleidung und dafür viel nackte Haut beinhalteten, aber wenn man es ästhetisch zeichnete und das konnte Squalo ja, die Bilder die im Kunstsaal hingen beweisen das unzweifelhaft, dann konnte auch das eine Ehrung sein. „Das.. das hört sich doch schon fast romantisch an. Ich denke, dass es eine gute Idee wäre, ihm sowas zu schenken. Zumindest würde ich mich sehr darüber freuen, weil ich dann wüsste, dass man die Augen nicht von mir lassen kann.“, erklärte Tsuna höflich und Squalos Augen begannen wie Sterne zu funkeln. „Das... Das mach ich- VOOOOI! Verfickt nochmal! Dass ich da nicht eher drauf gekommen bin!, er schlug seien Faust ins eine flache Hand, als wäre ihm ein Licht aufgegangen.

„Ich muss das sofort vorbereiten!“ rief er zufrieden aus, schnappte sich seine Schultasche und wuschelte Tsuna einmal kräftig durchs Haar. Zwar war es ein Zeichen von Dankbarkeit, aber Tsuna wünschte sich wirklich, dass seine Freunde das lassen würden. In dieser Frisur steckte eine Menge Arbeit! Die sollte man nicht einfach so zerstören, nur weil man sich nichts dabei dachte. Erst als Squalo bereits aus der Tür der Bar gestürmt war, wurde ihm bewusst, dass er auf der Rechnung sitzen gelassen worden war. Manchmal wollte er den anderen einfach nur einmal kräftig ins Gesicht schlagen. Tsuna seufzte und trank seine Limo aus.

„Na Kleiner? Wurdest du sitzen gelassen?“ fragte die weißhaarige Bardame und räumte Squalos Geschirr weg. „Wenn du Probleme mit dem Bezahlen hast, hätte ich sicher die eine oder andere Arbeit mit der du deine Unkosten begleichen könntest.“ Sie zwinkerte ihm zu.

„Nein.. Keine Sorge, Es reicht schon noch.“, meinte Tsuna beschwichtigend und wusste sofort, dass er niemals hier arbeiten wollen würde. Diese Frau war unheimlich, nein , sogar mehr als das. Sie war richtig, richtig gruselig. Als sie lachend den Kopf zur Seite legte und Tsuna so betrachtete noch mehr als vorher.

Tsuna, der die junge Frau aufmerksam betrachtete war etwas überrascht, als er eine dunkle Männerstimme hörte und aus einer Durchreiche ein kleiner Herr mit einer unglaublichen langen Nase schielte, der zwei Teller mit Toast in der Hand hielt. „Die Bestellung von eben.“, erklärte er der jungen Frau vor sich, die ihm die Teller abnahm. „Danke, Igor, sagte sie freundlich, und stellte einen der Toasts auf Tsunas Platz, den anderen auf den leeren von Squalo. „Guten Appetit.“, wünschte sie und lachte. „Und vielleicht möchtest du ja ein paar Informationen zu deinem Essen.“

Informationen? Tsuna musste schmunzeln, da er sich automatisch wie ein Spion oder ein FBI Agent vorkam. Vielleicht aber auch wie einer dieser Helden in Videospielen, die die Bardame nach Hints fragen konnten, wenn sie im Gameplay feststeckten. Wenn es nur im wirklichen Leben so einfach wäre, dann wäre alles wunderbar.

„Ja gerne. Können sie mir sagen, was hinter der seltsamen Krankheit steckt, die meinen alten Freund und einige Leute in dieser Stadt befallen hat?“ fragte er nonchalant und sie tippte sich nachdenklich mit dem Zeigefinger gegen die Unterlippe.

„Ich glaube, diese Information lieg oberhalb deiner Preisklasse.“ erklärte sie nach ein paar Momenten des Überlegens und Tsuna hob ungläubig eine Braue.

„Sie wissen es?“ fragte er nicht überzeugt.

„Natürlich. Ich bin Elizabeth. Es ist doch allgemein bekannt, dass nur Bardamen alles wissen, alles können und die letzte Rettung sind.“ Obwohl ihr Humor etwas schwarz und absonderlich war, konnte Tsuna es sich nicht verkneifen und musste lachen.

„Das ist kein Scherz. Junge.“. ihren gruseligen gelben Augen bestätigten ihre Aussage. Sie waren todernst. Für Hochrangige Informationen dieser Art, müsstest du Stammkunde sein oder eine Menge Geld haben. Aber wie wär’s wenn du mit etwas kleinerem anfangen würdest. Dem Love Hotel, zum Beispiel.“, schlug sie vor. „Und weil du heute das erste Mal da ist, kostet es nur 200 Yen.“

Tsuna zog die Augenbraue hoch. Verkaufte Elizabeth tatsächlich Informationen für Geld? Das war ja ungeheuerlich. Dennoch musste Tsuna nicht lange überlegen und nickte ihr zustimmend zu. Sie lachte leise und hielt ihre Hand auf. Tsuna drückte ihr zwei 100 Yen Münzen in die Hand, die sie betrachtete und schließlich in ihre Rocktasche verschwinden ließ. „Nun, was ich weiß ist, dass es Paare gibt die krank wurden und andere die nicht krank wurden. Du weißt doch, dass die 13 eine Unglückszahl ist oder nicht?“, danach schwieg sie. Tsuna starrte sie fragend an, sollte da... nicht noch ein bisschen mehr kommen? Aber Elizabeth hatte ganz offensichtlich nicht vor mit weiteren Informationen herauszurücken. „Jeder muss seine eigenen Antworten finden.“, meinte sie freundlich lächelnd und nahm Tsunas leeren Teller entgegen.

Das hatte ihm jetzt irgendwie nichts gebracht. Vielleicht sollte er sich eine Dose mit Glückskeksen kaufen, danach wäre er genauso schlau wie vorher, aber immerhin hatte er einen leckeren Keks über den er sich freuen konnte. Dieses Lovehotel musste er aber trotzdem mal unter die Lupe nehmen. Zwar war er noch keine 18, aber vielleicht konnte er ja einen von Squalos zahlreichen Kontakten nutzen. Zur Not würde er Xanxus fragen, der kam immer und überall rein, ohne dass man auch nur daran denken würde nach seinem Ausweis zu fragen. Tsuna brauchte Antworten und wenn es diese in dem sonderbaren Hotel gab, dann würde er sie sich holen!

Er hoffte nur, dass sein Enthusiasmus ihn nicht frühzeitig verlassen würde.

„Na- Na ja, trotzdem Danke für den Hinweis. Ich bin sicher ich finde meine Antworten noch.“ sagte er und hüpfte von dem Barhocker. Der Tag war noch jung, also konnte er sein Gewissen erleichtern und mal was mit seinen Mitbewohnern unternehmen.

Gokudera und Yamamoto schienen recht häufig das Bedürfnis zu haben etwas mit hm zu unternehmen, aber irgendwie fand Tsuna selten Zeit für die Beiden. Er fand das fast ein wenig traurig, aber bei so vielen Freunden und vor allem Beschäftigungen, wie er jetzt auf einmal hatte, war es schwer alle Termine in eine Reihe zu bringen, aber... Wenn er so darüber nachdachte. Gokudera war ja eigentlich ziemlich schlau, vielleicht könnte er mit Elizabeths nebulösem Hinweis ha etwas anfangen. Er würde ihn fragen, sobald er nach Hause kam und was Yamamoto anging... er war im Kendoklub, das könnte sicher noch nützlich sein. Tsuna hatte den Beschluss gefasst, dass wenn er in das Love Hotel gehen würde, dann zumindest nicht allein. Davor hatte er viel zu viel Respekt. Yamamoto und Gokudera sollten ihn begleiten und auch Xanxus würde eine nützliche Hilfe sein. Er musste nur noch alle unter einen Hut bringen. Mit diesen Gedanken, stieg er in die S-Bahn.

Dritter Wagon, zweite Tür hinten, wie immer. Und wie immer saß ganz hinten der blonde Junge mit dem langen Pony. Neben ihm lag eine PSP aus der in voller Lautstärke „Keisan suru onna no ko, kitai shiteru otoko no ko, tokimeiteru onna no ko, ki ni shinai furi otoko no ko... CHOCOLATE DISCO!“ quakte, während der Junge auf seinen Nintendo DS einhackte, offensichtlich nicht über das erfreut, was sein Spiel ihm lieferte.

Tsuna ließ sich ihm gegenüber nieder und legte seine Schultasche auf den freien Platz. Er hatte mittlerweile rausgefunden, dass er den Blonden nicht grundlos immer in der Bahn traf, wenn er damit fuhr. Denn Belphegor, so hieß der Junge, verbrachte sage und schreibe seine gesamten Nachmittage und frühen Abende damit, in der S-Bahn zu sitzen und im Kreis zu fahren. Er war das ultimativ unterfordertste Individuum, dass Tsuna jemals getroffen hatte. Aber sie verstanden sich ganz gut, denn sie teilten dieselbe Einstellung zum Sportunterricht.

„Na, will deine Prinzessin nicht?“ fragte er gut gelaunt und rang seinem gegenüber ein Lächeln ab, das seine gesamten Zähne offenbarte.

Zugegeben, er war ein wenig creepy...

„Ushishishishishi. Ein hässlicher Prinz hat gerade um sie geworben, aber er bekommt sie nicht, nein. Nein, nein, nein. Niemals. Prinzessin Viper kann nur von Prinz Belantes gefreit werden, nur von ihm und ihm allein. Ushishishi.“, erklärte Belphegor und ließ seinen Gameboy keine Sekunde aus den Augen, aber momentan spiele ich nicht „Princess Maker“, sondern „Candycane Paradise 2“. Es kommt nächste Woche raus und ich bin gerade beim finalen Endboss.“. Tsuna kannte den blonden Jungen noch nicht so gut, aber er wusste, dass er immer das Neuste hatte, das Neuste vom Neusten und meist das, was noch nicht Mal auf dem Markt war. Er war total fanatisch, was Videospiele anging, erstaunlicherweise nur Mädchenspiele. Tsuna hatte schon einmal im Laden nachgeschaut und alle Spiele die Belphegor gerbe spielten hatten rosa Hüllen, aber jeder musste ja... irgendwelche Hobbies haben und wenn das nun Mal Mädchenvideospiele waren...

„Und wie ist das Spiel so?“ erkundigte er sich und nahm die Bananenchips an, die Belphegor ihm mit einem bedeutungsschwangeren Zucken seiner Schulter angeboten hatte. Er musste eine halbe Stunde fahren, da konnte er es sich auch genauso gut bequem machen. Wie auch immer Belphegor es jeden Tag mehrere Stunden hier aushielt, war ihm unbegreiflich.

„Frustrierend, usishishishi... Halt ein SULTA Spiel. Nur zwei Speicherpunkte im gesamten Spiel, auf der Weltkarte ist speichern ebenfalls nicht möglich. Für die Bossmonster braucht man spezielle Zauber, Elemente und eine Überlevelung von rund acht Stufen, damit man mit viel Glück gewinnen kann. Man hat durchgehend nur 300 TP, während die Endgegner um die 85.000 haben. In den Labyrinthen tauchen die Monster nach zwei Schritten regelmäßig auf und.... Hmm... Oh und es gibt Instant-Kill Zauber, ushishishishishi...“ offenbarte Belphegor ihm und hackte wie besessen auf die Tasten ein.

„Oh...“ stammelte Tsuna nur etwas irritiert. Ihm war nicht klar, wieso sich irgendwer so eine Folter von einem Spiel freiwillig antun sollte. „Also ist es schrecklich?“

Belphegor pausierte das Spiel um ihn fassungslos durch den dichten Haarvorhand anzusehen. „Bist du verrückt, ushishishishishi? Es macht wahnsinnig viel Spaß!“

Tsuna war etwas irritiert, zuckte dann aber mit den Schultern. Er musste Belphegor nicht verstehen. Tsuna nutzte beschloss die Pause in Belphegors Spiel zu nutzen, um einen Blick auf den Bildschirm zu werfen. Das Spiel war ganz offensichtlich ein Rollenspiel. Alle Kämpfer standen in einer Reihe, eine Gruppe von Kuscheltieren? Angeführt von einem Mädchen in einem rosa Kleid, dass offensichtlich mit zwei Zuckerstangen kämpfte. Das Bossmonster war eine Spinne, wie überraschend. Irgendwie waren viele Bosse in Rollenspielen Spinnen. In jedem Spiel mindestens einer. „Ist ja ne süße Kämpferin.“, meinte er und deutete auf das Mädchen in rosa. „Ja. Nicht wahr? Ihr wurden magische Zuckerstangen geschenkt von einem alten Mann Namens Lu, nachdem die Zuckerstangenwelt ins Chaos gestürzt wurde. Jetzt kann sie damit Kämpfen und durch sie Magie lernen.“. Tsuna verstand nur Bahnhof. Irgendwie schien ihm der Plot abstrus.

Es erinnerte ihn ein wenig an eine alte Fernsehserie, die er als Kind geseh- zu der er als Kind gezwungen wurde sie sich anzusehen. Niemals hatte er auch nur eine Folge vom Hochzeitspfirsich freiwillig angesehen! Aber das war auch gar nicht der Punkt, eigentlich wollte er nur darauf hinaus, dass das wohl so ein Mädchenseriending war. Plot dünner als Seidenfäden, Charaktere flacher als Backpapier, Waffen dümmer als solarbetriebene U-Boote. Wo sonst konnte man mit Zuckerstangenschwertern, Füllern oder Armbanduhren kämpfen?

Mädchenserien belogen einen von vorne bis hinten! Tsuna hatte mehrmals probiert mit SEINER Armbanduhr, die er extra dafür rosa angemalt hatte, die Strahlen der Liebe zu verschießen, aber was hatte es ihm gebracht? Einer der Jungs, die ihn in der Grundschule immer um sein Pausengeld erleichtert hatten, hatte einen so schlimmen Lachkrampf erlitten, dass er in einen offenen Gulli gestolpert war .Das war auch schon alles! Niemals würde Tsuna die tiefe Enttäuschung darüber vergessen, dass er keine Strahlen der Liebe verschießen konnte...

Andererseits brauchte man vielleicht gar keine dumme Armbanduhr, um die zu verschießen. Immerhin, schaffte es sogar Squalo das zu tun. Er musste sich nur en passendes Opfer suchen. Vielleicht keinen gruseligen Dämon, sondern eher ein hübsches Mädchen... Er wusste nicht genau, weshalb ihm Xanxus in den Sinn kam, aber der fiel doch eher in die Kategorie gruseliger Dämon. Ob man durch die Strahlen der Liebe bewirken konnte, dass er mit einem großen Kristallherz kollidierte und alle bösen Intentionen aus ihm wichen? Die bösen Intentionen die Giotto und Amicelli ihm andichteten. Tsuna bezweifelte es.
 

Wird fortgesetzt...

19. Juli

Wow. Und schon wieder ein neues Kapitel. Geht ja direkt schnell. Heute mal wieder mit vielen Gastcharas. Mal sehen ob sie wer kennt und erkennt. *chuckle*

Zu Trauerglockes Frage kann ich nur sagen: Nein. Es ist nicht notwendig das erste und das zweite Spiel der Reihe zu kennen. Da die beiden Spiele nicht zu kriegen sind, haben sie nicht mal Allrenn und ich gespielt, aber wen es wirklich brennend interessiert, auf Let’s Play gibt es einen Bericht dazu, auch zu Persona 3, das Spiel auf dass sich diese Geschichte stützt.

Und jetzt wünsche ich viel Spaß beim Lesen.
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

19. Juli
 

Tsuna war ein wenig beeindruckt von den blinkenden Lichtern und dem großen, leuchtenden Herz, das über dem Eingang schwebte. Eine milde Röte schlich sich auf seine Wangen, doch im Dunkeln und im roten Licht des Lokals vor ihm, war das zum Glück nicht zu sehen.

Tsuna hatte nicht gedacht, jemals an so einen Ort zu gehen, aber jetzt stand er hier, begleitet von seinen beiden Schulfreunden, Yamamoto und Gokudera, die sich bereiterklärt hatten mitzukommen. Keiner von ihnen sprach, sie alle standen still, in der dunklen Gasse am Bahnsteig Port Island Station und betrachteten voller Ehrfurcht das Love Hotel, dass vor ihnen lag. Yamamoto war es, der als erstes das Wort ergriff, sogar auf seinen Wangen konnte man eine gewisse Scham ablesen. „Hahahaha, Tsuna... Ist das nicht ein spezielles Hotel?“, fragte er. Der letzte Teil des Satzes wirkte schon wieder unbekümmert.

Tsuna wusste nicht wirklich, was er darauf erwidern sollte, immerhin hatte er beide vorgewarnt wo sie hingehen würden. Aber wahrscheinlich, hatte Yamamoto das gar nicht bewusst registriert und einfach nur zugestimmt, weil er eh nichts Besseres vorhatte. Am liebsten wäre es Tsuna ja gewesen, wenn Xanxus ihn begleitet hätte, aber er konnte es einfach nicht über sich bringen, den Älteren zu fragen. Das wäre ihm einfach zu peinlich gewesen und abgesehen davon, auch zu zweideutig.

Mit all seinem zusammengekratzten Mut trat Tsuna durch die große rote Tür und er duckte sich automatisch um nicht gesehen zu werden. Was wäre nur... wenn er hier jemanden aus der Schule treffen würde? Andererseits... wäre es für den, den er treffen würde, dann ebenso peinlich und würde wohl nie den Weg in die Gerüchteküche der Schule finden.

Wenigstens konnte er sich dessen sicher sein und das war in gewisser Weise ein Trost. Die Lobby, wenn man den kleinen Vorraum in dem die Rezeption stand, überhaupt als solche bezeichnen konnte, war jedoch vollkommen leer. Keine alten Männer mit jungen Mädchen am Arm und auch keine wildknutschenden Liebespaare, es war... anders als er sich vorgestellt hatte und gleichzeitig besser. Es beruhigte ihn sehr.

Hinter dem Tresen saß ein junger Mann mit blondem Haar und gebräunter Haut. Er wirkte etwa so alt wie Xanxus, wenn er ganz ehrlich war sogar jünger, denn er hatte nicht so männliche Züge, Tsuna glaubte aber zu wissen, dass es ein Student war. Das lag vor allem daran, dass er sein Buch „Jura leicht gemacht: Das juristische Basiswissen“ in den Händen hielt und aufmerksam darin las. Die Füße hatte er dabei auf dem Tresen liegen und er hatte sich, in dem bequem aussehenden Sessel zurückgelehnt, der leicht vibrierte. Er hätte auch gut ein Popstar sein können, bei dem Aussehen. Tsuna musste schon jetzt schlucken. Ein Jurastudent also? Der würde sie doch niemals rein lassen.

„Keine Sorge Tsuna.“ sagte Gokudera gut gelaunt. „Ich werde das regeln. Mir sagen ständig Leute wie erwachsen ich rüberkomme. Sicherlich ist das in Null Komma nichts geregelt. Verlass dich einfach auf mich und sieh mir zu.“ Damit trat er breitbeinig und mit herausgestreckter Brust, er sah dadurch aus wie ein Mädchen dass imitierte ein Junge zu sein, auf den Schalter zu und lehnte sich „cool“ daran.

„Also wir hätten gern ein Zimmer für drei Personen, Zimmer 13 wenn‘s geht. Wenn es besetzt ist warten wir!“ Der Jurastudent blickte von seinem Buch hoch in Gokuderas Gesicht und senkte seinen Blick keine Sekunde später wieder auf das Geschriebene. Er schien Gokudera entweder gar nicht wahrzunehmen oder er hatte beschlossen ihn zu ignorieren. So bekam Tsuna das ungute Gefühl, dass das doch schwerer sein würde, als er gehofft hatte.

Tsuna trat jetzt zum Tresen hin. Seine Knie wackelten, aber er würde es versuchen. „Wir... also wir haben genug Geld mit und wir bleiben nicht länger als fünf Minuten.“, versuchte er zu erklären, aber der junge Mann hörte gar nicht auf ihn. Tsuna erkannte wenig später auch warum. Er trug Kopfhörer und hörte Musik in einer beachtlichen Lautstärke Tsuna war ein wenig ratlos und auch Yamamoto, der zu ihnen trat und lachte, war ihm keine Hilfe. Erst als der Student sein Buch zuklappte, die Füße vom Tresen nahm und schließlich auch die Kopfhörer aus den Ohren zog. „Jungs... Ihr seht mir ein bisschen jung aus.“, meinte er mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen und betrachtete die drei Jungen, die der Größe nach angeordnet vor dem Tresen standen.

„Wir brauchen wirklich nicht lange!“ Der junge Mann sah die drei an und lächelte künstlich sympathisch.

„Da bin ich mir sicher.“ Es dauerte einen Moment bevor Tsuna begriff, was der andere damit meinte und als die Botschaft endlich angekommen war, errötete er heftig. So was... so was peinliches einfach so zu sagen!

„Da-Das meinte ich nicht. Wir sind nur... wir sind nur hier um etwas nachzusehen, sie können uns ja begleiten, wenn sie uns nicht glauben. Wir-wir suchen etwas für... für eine Freundin... Die hier... etwas verloren hat? Und es... ist ihr zu peinlich selber herzukommen... Wi-Wir wollten nur nett sein. Weil es... eine wirklich... gute Freundin von uns ist?“ Tsuna war ratlos. Seine Geschichte war löchriger als ein Stück Käse.

„Hahahahaha. Aber Tsuna, hast du nicht gesagt, wir erforschen etwas? Ein Geheimnis?“, fragte Yamamoto lachend. Tsuna verdrehte die Augen, das half kein bisschen weiter. Der junge Mann vor ihnen schenkte ihnen ein mildes Lächeln. „Nanana, Lügen haben kurze Beine, wären wir jetzt vor Gericht, wärt ihr wegen Meineides dran.“, sagte er sanft. Er lächelte noch immer. „Beziehungsweise Stirni hätte euch dran gekriegt. Ich hätte euch dann angeklagt.“. Er war so gelassen, es war fast gruselig. „Na... Nein. Bitte nicht... anklagen.“.

Tsuna war nervös. „Was wollt ihr denn, im Zimmer 13?“, fragte er weiter „Und nicht mehr lügen, sonst erhebe ich ganz sicher Einspruch.“, meinte der junge Mann, der sich über den Tisch lehnte und Tsuna ganz nahe kam

„Um ehrlich zu sein...“ Tsuna war nicht davon überzeugt, ob es gut war, einen Fremden in ihr Geheimnis einzuweihen, aber was hatten sie schon für eine Auswahl? Entweder sie sagten die Wahrheit, oder sie kamen erst gar nicht in die Nähe des Zimmers. „Jemand den wir, na ja, jemand den ich kenne, ist krank geworden... Und mir wurde ein... nebulöser Hinweis gegeben, dass in diesem Hotel, in Zimmer Nummer 13 dieser Virus übertragen wird... Wir wollten, na ja wir wollten nach Hinweisen suchen...“ Sobald die Worte seinen Mund verlassen hatten, kam er sich direkt ein Stück dümmer vor. Jetzt wo er so drüber nachdachte, war ihr Plan ganz schön dumm. Sie wussten ja nicht mal im Entferntesten, was die Krankheit übertrug.

„Ah...“ das Gesicht des Blonden hellte sich auf. „Mmmh ich weiß nicht ob es Herrn Kitaki gefallen würde, wenn ich jemanden hier rumschnüffeln lasse. Allerdings, seid ihr ja nur ein paar Kids.“

„Mmmhhhh. Der blonde Mann legte den Kopf zurück, wiegte den Kopf leicht von rechts nach links und entschied sich schließlich, hinter sich zu greifen und ihnen den Schlüssel für Zimmer 13 zu geben. „Ich bin gerne bereit euch zu helfen, euren Fall aufzuklären. Ich als angehender Staatsanwalt weiß es zwar nicht, aber mein lieber Stirni beschwert sich immer wieder, wie schwer es doch ist, Beweise zu sammeln, wenn man nirgends hinein darf. Ich kann das also verstehen.“, sagte er lächelnd und schob ihnen den Schlüssel über den Tisch. „Aber nur zehn Minuten und ihr müsst mir versprechen euch nicht von Herr Kitaki erwischen zu lassen Er ist da oben für den Zimmerservice zuständig und streift gelegentlich durch die Gänge, aber es ist leicht sich dort zu verstecken, also haltet ein, oder zwei Äuglein offen, ja?“, meinte der Student und zwinkerte.

Tsuna lachte nervös und nickte, bevor er von Gokudera, der vor Tatendrang nur so strahlte, Richtung Treppe geschoben wurde. Ihm machte die ganze Angelegenheit offensichtlich viel, viel Spaß. Irgendwie wünschte Tsuna sich, dass er die ganze Sache auch so locker sehen könnte. Irgendwann musste er lernen weniger verklemmt zu sein. Hatten sie nicht sogar so einen selbstbewusstseinssteigernden Kurs in der Volkshochschule angeboten? Die knallroten Plakate dafür hingen überall in der Stadt rum und waren schwer zu übersehen. Und ihr Aufdruck war nur schwer aus dem Kopf zu bekommen.

„Sind sie zu schüchtern? Möchten sie unwiderstehlich und sexy werden? Dann melden sie sich jetzt an für das Sommerseminar bei Professor Isaac, dem Experten in allen Liebesangelegenheiten! Lernen sie noch heute wie auch SIE charmant und hinreißend werden!“

Tsuna hatte die Schrift so oft gelesen, dass es sich in sein Gehirn gefressen hatte.

Sie war ja auch sehr eingängig... Aber wahrscheinlich hätte so ein straffer Kurs ihm auch nichts genutzt. Er musste in kleinen Schritten anfangen. Das hier war schon zu viel, Xanxus war zu viel, Squalo überstieg seine Fähigkeiten auch noch. Er musste bei irgendwem anfangen, der etwas weniger pervers war. Tsuna beschloss in naher Zukunft mal etwas mit Giotto und Amicelli zu unternehmen. Vielleicht würde das ja helfen. Immerhin waren die beiden spezi...“. Tsuna schaffte es nichts einen Gedanken zu Ende zu denken, da riss Yamamotos Lachen ihn aus seinen Gedanken. Seine Füße hatten sich wohl ganz automatisch bewegt, denn er sah, dass er vor einer roten Tür stand, auf der ein rosanes Herz mit der goldenen Nummer 13 prangte. Das war es also? Das Zimmer, dass ihnen durch einen beherzten Tipp einer kecken Bardame ans Herz gelegt worden war? Es sah nicht absonderlich aus.

Er hatte etwas anderes erwartet, etwas wie ein Tor zu einer Höllendimension oder eine Tür unter der die Schwefeldämpfe des Teufels hervorkrochen... Nicht so eine große Tür mit einem Herz, sie sah so... normal aus. Ohne weitere Gedanken darüber zu verschwenden, schloss Tsuna die Tür auf und trat in den Raum, in dem, nicht sonderlich überraschenderweise, eine rote Beleuchtung vorherrschte. Die Röte umspielte das herzförmige Bett in der Mitte des Raums mit einer Art von sinnlichen Erotik, zumindest würde sie das tun, wenn Tsuna in anderer Begleitung hier gewesen wäre...

Etwas hilflos sah er sich um und Yamamoto und Gokudera begannen das Zimmer auf den Kopf zu stellen, während er bis zu den Knochen beschämt war. Gerade als er unter das Bett gekrabbelt war, begann dieses plötzlich zu vibrieren und er hörte Yamamoto gut gelaunt lachen. „Wie lustig, ein Massagebett! Hahaha...“

„Yiiih! Lass mich raus!“, jammerte Tsuna, der Angst hatte unter dem Bett hervorzukrabbeln, wenn es vibrierte Yamamoto drückte auf den Schalter und der eingesperrte beeilte sich damit zu fliehen. Er war froh als er wieder draußen war und sich neben Gokudera aufrichtete. „Wow! Tsuna du hast was gefunden.“, mit diesen Worten bückte sich sein hellhaariger Freund und nahm eine kleine, blaue Tablette vom Boden auf. Tsuna wusste Er betrachtete sie zunächst selbst, ohne Yamamoto und ihm eine Chance zu geben, sie auch zu identifizieren.

Dann senkte er die Hand und hielt sie vor sich. „Sicher nur ‘ne Kopfschmerztablette.“, meinte er schulterzuckend, aber Tsuna erkannte die kleine runde Tablette mit dem Spiralmuster und dem „T“ in der Mitte sofort. Diese Dinge hatte er schon einmal gesehen. Im Juni, am 18. Juni, um genau zu sein, an dem Tag, an dem Lanchia starb und zwar in einer kleinen Metalldose, die ein gewisser Junge verloren hatte. „Herb...“, rutschte es ihm heraus.

„Was ist herbe? Hahahaha... ist das ein Zitronenbonbon?“ erkundigte sich Yamamoto gut gelaunt, nahm die Tablette in die Hand und hielt sie ins spärliche Licht des Zimmers. Gokudera verdrehte die Augen und schlug den schwarzhaarigen Jungen mit der geballten Faust auf den Hinterkopf.

„Du Idiot, wenn das irgendwas ist, dann ist es kein Bonbon!“ schrie er Yamamoto an und schlug ihn ein weitere mal gegen den Kopf. Panisch hob Tsuna die Hände und versuchte Gokudera wieder zu beruhigen, jedoch meckerte der Junge weiterhin in einer unpassenden Lautstärke.

„Gokudera sei doch ruhig, wenn dich je-“ Sein Satz blieb unvollendet, da die Tür zum Zimmer aufgeschlossen wurde.

„Das is‘ nen‘ ordentliches Lovehotel! Schnauze sonst zieht’s in den Zahnreihen! ... Ein paar... Kids?“

„Was macht dieser elende Piano am Tresen! Ich hab ihm gesagt er soll keine Kids rein lassen. Letztens hatten wir voll den Stress mit den elenden Bullen, alles wegen ihm!“ Der Hotelbesitzer war ein junger Mann, der eine Schürze mit einem großen, freundlich aussehenden Fuchs darauf, er selbst hatte aber nichts Nettes an sich. Und sein überdeutlicher Slang trug ihren Teil dazu bei, ihn unsympathisch zu machen. „Was studiert der überhaupt Jura, dieser Gangsta! In Zukunft stell ich nur noch echte Gangsta ein!“, meckerte er lautstark und zwirbelte, während er redete, die orange-gelb-braune Locke seines Haares. Dann, ohne noch große Umschweife zu machen, packte er Tsuna am Arm und Yamamoto am Kragen und zerrte heftig an beiden. „Raus hier, Kids! Raus! Sonst gibt’s was auf die Kiemen!“

Mit viel Geschrei, Gezeter und Flüchen schubste er die Gruppe vor sich her durch das Hotel und Tsuna hörte mit Schimpfwörter, als er sich jemals erträumt hatte. Sie waren bunt und farbenfroh. Und, das musste er zugeben, außerordentlich vielschichtig.

„Lasse doch die jungen Burschen gehen. Ich bin sicher ihr Begehr war nicht von finsterer Natur und die Ordnungshüter dieser Stadt sind nicht ihre Lehnsherren, denen sie Rechenschaft schuldig sind.“ Die Stimme war unglaublich sanft, aber ihr Tonfall war bestimmend genug, damit der Besitzer des Lovehotels die Junge losließ und die Treppe hinunter sah. Am Ende war Herb, es war nicht schwer ihn wieder zu erkennen mit seinem tiefroten Mantel und dem schwarzen Beanie, den er schon beim letzten Mal getragen hatte. Seine Hände steckten tief in den Taschen des Mantels, wodurch seine Körperhaltung etwas Bedrohliches an sich hatte.

„Du schon wieder! Du kleiner Gangsta!“, der Hotelbesitzer biss die Zähne fest aufeinander und zog die Augenbrauen zusammen. So versuchte er sein Gesicht furchteinflößender wirken zu lassen, aber das misslang, kläglich. Was auch teilweise an dem freundlichen Comicfuchs lag, der von seiner Schürze auf den Blonden hinabblickte.

„Lasst sie gehen, oh Wirt! Sie sind schuldig, das wissen wir beide, aber ich selbst werde für ihre Bestrafung sorgen. Ich kenne sie und wäre untröstlich wenn diesen Recken etwas geschehen würde. Sie haben nur getan, was ihnen aufgetragen wurde.“.

Tsuna verstand kein Wort mehr, sah aber erleichtert zu, wie der Hotelbesitzer sich langsam beruhigte. Seine Wut schien zu verfliegen. „Aber du kümmerst dich um sie, du Gangsta, klar? Die sollen ja nicht nochmal herkommen. Das is’n ordentliches Hotel. Wenn die Bullen hier rumschnüffeln, ob wegen irgendwelchen Krankheiten oder Minderjährigen, macht mir das ‘nen schlechten Ruf!“

„Für wahr, für wahr, ein sittsames Etablissement in der Tat. Wenn ihr denn gestattet, so führe ich die Knaben raus aus diesem Lusthaus. Es wird nicht der eure Schaden sein, dass versichere ich euch. Kommt, Burschen, dies ist nicht der rechte Ort, für solch junges Volk.“ Tsuna war sehr erleichtert, als er von dem seltsamen Hotelbesitzer in Herbs Obhut übergeben wurde und verließ so schnell ihn seine Füße trugen das Lovehotel. Hierher zu kommen war keine seiner brillanteren Ideen gewesen. Vielleicht war es sogar eine der Dümmsten die er bisher hatte.

„Was habt ihr euch nur dabei gedacht, ins Haus der Freuden einzudringen und dann so dass Augenmerk auf euch zu lenken? Seid ihr von Sinnen? Solch leichtsinnig Verhalten führt leicht zum Tod, wenn nicht gar zu Schlimmeren.“ grummelte ihr Retter missgelaunt und versenkte seine Hände wieder tief in seinen Taschen.

Tsuna fühlte sich wie in einem Verhör. Herbs Blick ruhte auf ihm, durchdrang ihn förmlich und machte ihm, gelinde gesagt, ein wenig Angst. Er hatte den impulsiven Jungen bisher nur ein einziges Mal gesehen und da hatte er den todkranken Lanchia wütend angeschrien. Jetzt wirkte er ruhig und sanft und gefasst, alles bis auf seine Augen. Die sie alle stechend musterten. „Also.. Wir.. Wir haben... etwas ermittelt.“ Tsuna wurde ein bisschen unwohl. Er wusste nicht genau ob das, was er plante zu sagen ihnen gut tun würde, aber er beschloss alles auf eine Karte zu setzen. „Wir sind hier, weil wir etwas ermitteln. Etwas das... mit Lanchias Tod in Verbindung steht.“, sagte er und wagte es dem Blonden direkt in die Augen zu sehen.

Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, dass Herb nicht eine Miene verzog, trotz der sicher schmerzhaften Erinnerung, die ihn sicher übermannt hatte. Stattdessen blickte er die Gruppe von Jungen vor sich nur unzufrieden an. Tsuna war wirklich unwohl zu Mute...

„Die Toten soll man ruhen lassen. Du bist doch sicher dieser Bursche, den Lanchia unter seinen Fittichen hatte. Tsuna? Wenn dir etwas an Lanchia liegt, so stürze dich selbst nicht ins Unglück nur um dein neugierig Seel‘ zu befriedigen.“ Irritiert sah Tsuna ihn an. Ihm war nicht klar, dass Lanchia irgendwem von ihm erzählt hatte, auch wenn es natürlich nichts gab, was dagegen sprach.

„A-Aber ich tue das für Lanchia! Er wollte sicher nicht, dass noch mehr Leute krank werden.“
„Wer den Kuss des Todes erhält, der hat auch danach gesucht.“

Das konnte er nicht ernst meinen. Das war doch unmöglich. Immerhin war er es gewesen, der sie aus dem Zimmer gescheucht hatte und Lanchia mit Vorwürfen bombardiert hatte. Tsuna hatte durch die verschlossene Tür wenig verstanden, aber er war sich ziemlich sicher, dass ihr Gespräch sich um Lanchias herannahenden Tod gedreht hatte. Herb hatte nicht gewollt dass er starb, darüber hatte er mit ihm gestritten... Konnte es sein, dass er sich getäuscht hatte? Nein. Nein, das glaubte er nicht. Tsuna nahm all seinen Mut zusammen und entgegnete „Das hörte sich damals noch ganz anders an.“

Nun konnte er beobachten, wie sich das Gesicht des Blonden verfinsterte. Seine blauen Augen bohrten sich nur so in die Tsunas und er fletschte die Zähne, als wolle er ihn beißen. „Das ist etwas Anderes. Ich habe dazu gelernt.“.

„Wie... wie kannst du so etwas nur sagen? Lanchia war... Lanchia war doch auch dein Freund! Er wollte nicht sterben und genauso wenig wollen es die anderen, die unter dieser schrecklichen Krankheit leiden. Ich bin sicher, wenn du tief in dich hinein gehst dann... dann siehst du das. So etwas erleben zu müssen... ist doch einfach schrecklich! Ich möchte nicht, dass es auch nur noch einen Menschen gibt, der dasselbe durchmachen muss wie Lanchia-san, deshalb werde ich das Geheimnis dieser Krankheit lösen und wenn ich es ganz allein machen muss!“

Zu seiner absoluten Verblüffung, fing Herb an zu lachen, hell und freundlich und seine Augen funkelten gut gelaunt. Was auch immer er so lustiges gesagt hatte, der Effekt war wünschenswert.

„Du bist wirklich genauso, wie Lanchia dich beschrieben hat.“

Tsuna hielt in seiner enthusiastischen Rede inne und blickte Herb etwas verwirrt an, dann verengten sich seien Augen ein wenig. Er fand das gar nicht lustig. Kein bisschen, aber er versuchte gute Miene zum bösen Spiel zu machen und freundlich zu lächeln. „Lanchia und ich waren ja auch, sehr gute Freunde, Er kannte mich seit ich in der Grundschule war.“, erklärte Tsuna ruhig. Er hat mich um etwas gebeten und ich kann und werde es ihm nicht verwehren. Ich weiß, dass du uns dabei helfen kannst.“.

Hilfesuchend blickte er zu Gokudera, der neben ihm stand und noch nichts gesagt hatte. Er hatte die Tablette vorhin in der Hand gehabt. „Zeig ihm, was wir gefunden haben.“, meinte er, fast im Befehlston. Gokudera nickte und öffnete die Hand, um erneut allen umstehenden einen Blick auf die kleine, blaue Tablette zu gewähren.

„Oh...“ für einen Moment schien er sprachlos, dann fasste er sich wieder, wobei er es wieder schaffte, keine Miene zu verziehen. „Das ist eine Tartride.“ erklärte er schließlich und nahm sie Yamamoto ab um das kleine ovale Objekt zu mustern. Seine Fingerkuppen glitten prüfend über die spiralförmige Oberfläche und nach einigen Sekunden ließ er sie wie durch einen Zaubertrick verschwinden.

„Hey! Das war ein Indiz!“ protestiere er, doch Herb schüttelte abweisend seinen Kopf.

„Tartriden sind nichts was in die Hände eines Kindes fallen sollte. Gefährliche kleine Dinger, aber krank machen sie nicht. Nur abhängig. Wenn ihr auf der Suche nach einem Auslöser für die Krankheit seid, würde ich nach etwas suchen, was Lanchia auch betrifft. Er war nicht so dumm, um so etwas zu nehmen er war nicht...“ Er sprach nicht weiter, aber Tsuna wusste wie der Satz enden musste: Er war nicht, wie ich.

Es war Tsuna nur recht und teuer, dass Herb sein Geheimnis nicht ausplauderte. Wenn Seine beiden Begleiter es wüssten würden sie anders von ihm denken. „Was bedeutet „Tartride“?“, fragte Tsuna, während er noch versuchte herauszufinden, wo Herb die Tablette hingesteckt hatte. Er musste sie wieder haben. Er hätte wissen sollen, dass es keine gute Idee war, sie jemandem zu zeigen, der sie in einem kleinen Metalldöschen mit sich durch die Gegend trug.

Tsuna beschloss sich einen mentalen Vermerk über den Namen zu machen und bei nächster Gelegenheit den Apotheker zu befragen, mit dem Mukuro so gut befreundet war. Er würde ihm sicher ein bisschen was dazu sagen können, denn ehrlich gesagt rechnete er nicht damit, dass Herb ihm antworten würde.

„Es bedeutet ,Tor zum Himmel‘, mehr müsst ihr nicht wissen. Es hat nichts mit Lanchia zu tun, sogar rein gar nichts. Und wenn Lanchia wüsste, in welchen Gefilden du dich herumtreibst, so würde er sich im Grabe umdrehen.“ mehr war aus ihm nicht mehr herauszuholen. Aber Tsuna freute sich, dass er zumindest irgendwas erzählt hatte. 
Diese kleinen Kapseln waren ganz offensichtlich Drogen irgendeiner Art und auch wenn sie selber nichts mit der Krankheit zu tun hatten, vielleicht hatte einer ihrer Konsumenten Informationen über Krankheit X. Es war eine vage Vermutung, aber was sollte er sonst tun? Hinweise hatte er nicht gerade massenweise, aber es überraschte ihn, dass die Bardame tatsächlich recht gehabt hatte...

„Wir... wir halten uns fern... So fern wie es geht...“ Herb lächelte, ganz offensichtlich erleichtert.

„Gut. Denn ich habe, milde gesagt, keine Zeit auf so umtriebige Burschen aufzupassen. Solltet ihr noch einmal in Schwierigkeiten geraten, kann es sein, dass ich nicht da bin. Ihr habt heute nur unaussprechliches Glück gehabt, da ich euch in das Freudenhaus hineingehen sah und euch erkannt habe.“, erklärte er in seiner seltsamen Weise. Er sprach wie jemand aus dem zwölften Jahrhundert.

Auf einmal schreckte Tsuna noch einmal auf und betrachtete Herb fragend. „Du... Du kennst uns? Woher?“ Er sah, wie Herbs Gesicht bleich wurde und sein Gesichtsausdruck sich gleich darauf verhärtete. „Verzeiht mir, aber ich denke dieses Wissen ist euch nicht von Nutzen, daher sehe ich davon ob, es euch zu erklären. Ich kenne euch eben, und es ist gut, dass ich dies tue, denn andernfalls wäret ihr jetzt noch immer in den Fängen des werten Herrn Wirtes.“

Darauf konnte Tsuna nichts erwidern und er war froh, dass seine Begleiter es auch nicht taten. Immerhin wollte er nicht komplett unhöflich sein, wenn man ihm schon so geholfen hatte, denn auf seine lächerlich komische Art und Weise, war dieser Hotelbesitzer recht unheimlich gewesen.

„Da-Danke auf jeden Fall... für deine Hilfe...“ ließ er dann etwas lasch verlauten und Herb zuckte nur mit den Schultern und zog sich den Beanie tiefer ins Gesicht.

„Du tust, was du denkst, was Lanchia glücklich machen würde. Ich... ich tue dasselbe.“ damit verschwand er in der Seitengasse und verlor sich im Dunkel der aufragenden Gebäude. Die Sonne war schon seit einiger Zeit untergegangen und so konnten sie ihm nur nachsehen, getaucht im Licht der Straßenlaternen. Niemand sagte etwas, das einzige was man hörte war ein raues Husten, tief unten aus der Gasse.
 

Wird fortgesetzt...

28. Juli

Und schon wieder ein Kapitel. Wir verwöhnen unsere Leser diese Woche ja richtig. ^___~

Herzlichen Glückwunsch an Trauerglocke. Sie hat Kantilen richtig rausgefunden, lol. Er „Stirni“ und „Herr Kitaki“ sind aus Apollo Justice, nur falls es jemanden interessiert. Vielleicht fällt uns ja noch ein Preis für dich ein.

Viel Spaß beim Lesen.
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

28. Juli
 

Wie genau war er schon wieder hierher geraten? Tsuna konnte nicht fassen, dass er sich wirklich dazu hatte überreden lassen. Dabei war heute nicht einmal Theaterkurs. Tsuna betrachtete Mukuro, der neben ihm lief von der Seite. Der Blauhaarige hatte eine große Liste in der Hand, die er kurz überblickte und dann in seine Jackentasche stopfte. „Danke dass du mitkommst, Tsuna. Ich hatte schon geglaubt, ich müsste alleine gehen, dabei kann ich alles, was ich mir kaufen muss wahrscheinlich gar nicht alleine tragen.“, erklärte Mukuro der nervös wirkte. „Als erstes kaufe ich mir einen Mundschutz. Und Louis kaufe ich auch einen, nur zur Sicherheit.“, fügte er an. „In letzter Zeit häufen sich Krankheitsfälle, es ist wirklich gefährlich.“

Tsuna wusste, dass sich Mukuro nur so aufregte, weil heute in der Zeitung ein paar Statistiken über Krankenhäuser gestanden hatten. Natürlich war der plötzliche Ansprung von Krankheitsfällen seltsam, aber Mukuro machte mal wieder ein riesiges Drama daraus.

Es war ja nicht so, als wäre eine Epidemie oder so ausgebrochen, es waren nur eine Hand voll Patienten mit den Lanchia Symptomen und ansonsten waren aus hauptsächlich Grippe Patienten, die die Statistiken in die Höhe trieben. Natürlich hatte Mukuro sich alles so zurechtgelegt, wie er es deuten wollte und so war es kein Wunder, dass auf seiner Einkaufsliste sogar ein Mittel gegen Pest und Pocken stand. Im Klub hatte eines der Mitglieder am vorherigen Tag gehustet und wurde prompt von Mukuro dazu verdonnert zum Schularzt zu gehen.

Ein Besuch bei Doktor Shamal war nichts, was man einem anderen Menschen antun sollte, aber Mukuro war kalt und herzlos, wenn es um seine eigene Sicherheit ging.

„Bist du sicher... dass du das ganze Zeug brauchst?“ fragte Tsuna mit deutlicher Skepsis in der Stimme und versuchte nichtmal einen Hehl daraus zu machen.

„Natürlich, Tsuna, natürlich! Ich bräuchte noch mehr als das, wenn ich mich optimal schützen wollen würde. Aber ich weiß, dass Naito-san mir nicht einmal die Hälfte geben wird. Er ist so knauserig. Er sagt er macht sich Sorgen um meine Gesundheit, aber wenn er das tun würde, dann würde er mir Medizin geben.“. Mukuro schmollte, Tsuna konnte es ganz deutlich sehen, auch wenn er das alles hinter seinem perfekten Lächeln verbarg.

Herr Naito hatte ganz recht, wenn er Mukuro nicht so viel Medizin gab, denn mehr noch als irgendeine Krankheit, waren die vielen Pillen, die er schluckte, eine Bedrohung für Mukuros Gesundheit. Es war erstaunlich, dass er noch nicht an irgendwelchen Nebenwirkungen verendet war.

„Wenn du das sagst, dann.. wird es wohl stimmen.“, gab Tsuna schließlich nach, nahm sich aber fest vor sich diesmal keine Medizin andrehen zu lassen. Nicht einmal Kopfschmerztabletten. Er würde Mukuros Wahn ganz sicher nicht unterstützen.

Nie wieder würde er Mukuro es sagen, wenn er sich auch nur in irgendeiner Art und Weise unwohl fühlte. Das letzte mal hatte er den enormen Fehler begangen und ihm gegenüber erwähnt, dass er sich leicht fiebrig fühlte, es endete dann damit, dass Mukuro sein eintausend Seiten Medizinlexikon heraus gekramt hatte. Anschließend ging er jede der Krankheiten in dem Buch, die von Fieber begleitet wurden, mit Tsuna durch und kam zu dem Endergebnis, dass Tsuna eindeutig unter Malaria litt. Tsuna hatte im Spaß gesagt, dass das sicher von der Banane kam, die er am Mittag gegessen hatte.

Seit dem hatte Mukuro nie wieder einen Banane auch nur angeguckt.

„Es ist doch eine Frechheit, dass die Regierung versucht diese Seuche von der Bevölkerung geheim zu halten! Wir könnten alle sterben nur weil wir uns nicht schützen konnten!“ Tsuna gelang es nur mit Mühe und Not seine Augen nicht bis in seinen Hinterkopf zu verdrehen.

„Vielleicht ist es ja auch gar keine natürliche Seuche. Vielleicht haben die Illuminaten damit zu tun. Das ist doch alles mysteriös. Alles so plötzlich. Wahrscheinlich steckt eine riesige Verschwörung dahinter, die alle großartigen, jungen Talente von der Welt tilgen soll, damit sie in der grausamen Mittelmäßigkeit endet, die ich zu bekämpfen versuche.“, sagte er und machte dabei wieder eine seiner theatralischen Gesten.

Tsuna rollte so stark mit den Augen, dass er das Gefühl hatte, sie mussten aus seinem Kopf fallen. Mukuro war der Leiter eines Schultheaterklubs und kein gefeierter Weltstar. Er übertrieb so maßlos, dass es beinahe beängstigend war. „das glaube ich nicht Mukuro. Es ist nur eine Krankheit, wie die Grippe.“, versuchte er den Blauhaarigen zu besänftigen.

„Nein Tsuna, du musst der Realität ins Gesicht sehen, dies ist alles eine große Verschwörung. Vielleicht sogar von... vielleicht sogar von Aliens! Das wäre doch nicht das erste mal, dass berühmte und talentierte Persönlichkeiten entführt werden damit sie Völker mit ihrem überragenden Talent unterhalten. Dieser... dieser einen Musikgruppe ist doch genau das passiert, sicherlich wollen die Außerirdischen mich schwächen damit sie leichteres Spiel mit mir haben!“ Mukuros Erklärungen waren so unrealistisch und wahnsinnig, dass Tsuna sein losprusten mit einem gekonnt eingestreuten Pfeifen unterdrücken musste.

„Du redest nicht zufällig von Interstella 5555?“ erkundigte er sich. „Du weißt schon, dass ist nie wirklich passiert, das war nur eine Geschichte, nichts weiter...“

„Das ist was die Politiker dich glauben lassen wollen!“

Es war eigentlich ein Anime, der mit Musik unterlegt worden war. Mukuro nahm das alles wirklich viel zu ernst. Wann immer Tsuna mit ihm redete hatte er das Gefühl sein Kopf müsste explodieren. Seine Schläfen pochten jetzt schon wieder. Vielleicht doch ein paar Kopfschmerztabletten?

Tsuna war erfreut, als endlich die Apotheke in Sicht kam. Anders als beim letzten Mal stand diesmal keine Traube davor. Außerdem stand die Tür offen. Daran hing ein Schild auf dem „Heute Ausverkauf!“ in großen, roten Buchstaben stand. Graffiti-Buchstaben. Tsuna fand das ziemlich cool. Es sah aus, als hätte jemand viel Liebe in das Design gesteckt.

Mukuro ignorierte das Schild jedoch gänzlich und spazierte seelenruhig ins Innere. „Naito-san.“, zwitscherte er charmant und hielt nach dem rothaarigen Apotheker Ausschau.

Im hinteren Teil des Laden hörte man einiges Gepolter und das schabende Geräusch von hin und hergerückten Kisten. Es dauerte ein paar Minuten, bis der der Rothaarige gut gelaunt wie eh und je an den Tresen trat und sich ein paar Spinnweben vom Mantel klopfte. Der hintere Teil des Ladens musste wohl sogar noch seltener saubergemacht werden, als Tsuna es mit seinem Zimmer tat. Irgendwie war er froh, dass zumindest der Kundenbereich blitzeblank war.

„Mu-chan, ich würde ja gerne sagen ,Das ist ja lange her‘, aber immerhin warst du vorgestern erst hier. Also was kann ich für dich tun?“ seine Stimme hatte einen tadelnden Klang, aber entweder hörte Mukuro ihn nicht, oder er wollte ihn einfach nicht hören. Bei Mukuros Ichbezogenheit, war das sogar eher anzunehmen.

„Ich hätte da ein paar Medikamente die ich ganz dringend brauche für die schreckliche Epidemie der Illuminaten Aliens!“

Der Apotheker zog die Augenbraue in die Höhe und starrte Mukuro an als wäre er geisteskrank, noch geisteskranker als sonst. „Mu-chan brauchst du vielleicht die Adresse von einem Psychologen? Ich kann mich da für dich kundig machen.“, sagte Longchamp mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Tsuna bereute wenige Sekunden später, dass er es überhaupt gesagt hatte. „Ja, Naito-san. Ich denke das ist eine gute Idee. Ich hab schon seit einiger Zeit das Gefühl ich habe vielleicht Verfolgungswahn oder so etwas. Und ich habe seltsame Fantasien.“, meinte er nachdenklich.

Longchamp schüttelte den Kopf. „So ein Unsinn, Mu-chan. Jetzt dichte dir nicht noch mehr Krankheiten an, als du sowieso schon tust.“, meinte er lachend und klopfte ihm auf die Schulter. Mukuro schien davon jedoch nicht überzeugt.

Bevor er sich auch noch eine Palette aus psychologischen Problemen andichten konnte, schnappte Tsuna sich Mukuros Liste aus dessen Hand und hielt sie dem jungen Apotheker hin. Longchamp schenkte ihm ein warmes Lächeln, nahm sie ihm ab und ließ seine Augen drüber gleiten, während die Furche zwischen seinen Augen immer tiefer und deutlicher wurde.

„Puuuuh, Mu-chan, Mu-chan, Mu-chan, das ist aber eine lange Liste und ich könnte dir nichtmal die Hälfte davon geben ohne dass es illegal wäre.“ erklärte er ihm und holte eine Packung Aspirin und Nasenspray, die er ihm geradezu feierlich überreichte. „Das ist alles was du bekommst, deine restlichen Medikamente sollten für den Rest des Monats... und zwei weitere Monate, ausreichen.“

Voller Entsetzen starrte Mukuro ihn an, während seine Augen sich mir Krokodilstränen füllten.

„Aber Naito-san! Ich könnte ernsthaft krank werden!“

„Mu-chan. Ich sage es dir immer wieder. Dein Immunsystem arbeitet auch ohne vorbeugende Medikamente ganz fantastisch. Du hattest in deiner Kindheit gerade mal die Masern und vielleicht ein, zweimal eine Erkältung. Damals hat es dich auch nicht gestört. Wieso bist du jetzt so versessen auf Medikamente?“ Longchamp seufzte und griff in das Regal hinter sich, um noch eine Packung Kondome in die Tüte zu legen. Diesmal ganz diskret. Tsuna errötete trotzdem.

„Naito-san. Ich bin der zukünftige Star am Schauspielerhimmel. Ich MUSS mich schützen. Das bin ich meinen Fans schuldig.“; den Fans, die er nicht hatte, dachte Tsuna trotzig.

„Natürlich, Mu-chan, natürlich.“, Longchamps Augen rollten in den Höhlen, dennoch behielt er das verrückte Lächeln, dass er trug bei. „Aber du wirst nicht krank werden, dass kann ich dir praktisch versichern.“

Mukuro zog eine Schnute und packte die Medikamente und die Kondome in seine ananasförmige Tragetasche, die geschmückt mit einem kleinen Dreizackanhänger war. Manchmal fragte Tsuna sich, wie er damit durchkam keine richtige Schultasche zu haben, aber fragen würde er Mukuro mit Sicherheit nicht. Am Ende würde er ihm noch eine Erklärung liefern und nach Mukuros Erklärungen hatte er immer das Bedürfnis sich entweder das Hirn rauszuschießen oder mit Xanxus darum zu bitten mit ihm und Amicelli Vater, Mutter, Kind zu spielen, Beides war ähnlich tödlich und unterschied sich nur im Bereich der Grausamkeit.

„Das kannst du gar nicht wissen, Naito-san. Mit Sicherheit wird irgendwas ganz schlimmes passieren und dann steht mein perfekter Faust ohne seinen perfekten Mephistoteles auf der Bühne.“ Nun ganz richtig war das so nicht, denn wenn Mukuro ausfallen würde, würde Chrome einfach seine Rolle spielen.

„Du wirst nicht krank werden, Mu-chan. Ich sagte doch. Ich kann es dir praktisch versichern. Du bist doch ein starker Junge, so eine kleine Krankheit kann dich ganz sicher nicht bezwingen, oder Mu-chan?“.

Mukuros Augen fingen, nach diesen Worten, in einer Weise an zu leuchten, die Tsuna noch nie gesehen hatte. „Du denkst... Ich bin stark?“, fragte er gerührt und Tsuna glaubte, dass sich kleine (Krokodils-)Tränchen in seinen Augenwinkeln bildeten. Was... war das für eine extreme Reaktion? Damit hatte Tsuna überhaupt nicht gerechnet. Fast so als hätte man einem Mädchen, dass einen schon seit Ewigkeiten anhimmelte endlich das Kompliment gemacht hatte, das sie hören wollte. „Na... Natürlich bin ich stark,. Naito-san. Ich bin sehr stark.“, meinte er mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen und lehnte sich halb über den Tresen.

Den Apotheker bezirzen zu wollen um Medikamente zu bekommen? Na ja sollte Mukuro nur machen, wenn er sich dadurch besser fühlte und wenn es ihn davon abhielt wieder mal den sterbenden Schwan zu spielen. War Medikamentensucht nicht eigentlich ein schlimmes Problem? Im Biounterricht hatten sie doch mal darüber geredet.... Bevor seine Gedanken weiter abdriften konnten, erinnerte Tsuna sich daran, dass er Longchamp eigentlich sowieso etwas fragen wollte und wo er schon mal hier war, bot es sich doch geradezu an.

„Umm Naito-san, da gibt es etwas worüber ich mich schlau machen wollte, aber irgendwie finde ich nirgendwo Informationen darüber... Wissen sie vielleicht was Tartriden sind?“ Innerhalb weniger Sekunden gehörte ihm seine komplette, ungeteilte Aufmerksamkeit.

Es war ihm ein wenig unangenehm, als sowohl Longchamp, als auch Mukuro ihn anblickten, ja regelrecht anstarrten. Hatte er etwas Falsches gesagt? „Ist das... Ist das vielleicht ein neues Medikament, Naito-san? Es hört sich gesund an. Ja. So ein hübscher Name, Tartriden. So klangvoll.“, meinte Mukuro glücklich und setzte sich auf den Tresen.

Longchamps Gesichtsausdruck war ernst geworden. Jegliches Lächeln war von ihm gewichen. In seinem Kopf schien es zu rattern, offenbar hatte er keine Ahnung, was er dazu sagen sollte. Er schien seine Gedanken zu ordnen.

Tsuna empfing einen gewissen Grad von Verwirrung und Angst. „Ist alles in Ordnung, Naito-san?“, fragte Mukuro besorgt, über seien lange Schweigephase.

„Das ist... eigentlich nichts wovon du wissen solltest.“ sagte er in einem unmissverständlichen Tonfall. „Eine Droge mit der man angeblich den Himmel und die Hölle zur selben Zeit sehen kann. Weshalb auch immer du dich dafür interessierst, lass es sein. Ich habe zwar noch nie welche gesehen, aber man soll sofort abhängig werden und die Entgiftung bringt den Körper beinahe um. Wieso fragst du?“ Tsuna zuckte unter dem ungewohnt bohrenden Blick zusammen und betrachtete die Tapete mit neu gewonnenem Interesse. Wenn er gewusst hätte, dass das so ein empfindliches Thema ist, dann hätte er es niemals angeschnitten. Im war einfach nicht klar, warum man so ein Theater um ein paar Drogen machen sollte, wenn es doch so viele andere gab.

„Ein Freund hat sie... erwähnt. Und ich konnte nichts mit dem Begriff anfangen... Warum sind diese Tartriden Dinger denn so ein rotes Tuch?“

„Nicht die Drogen sind das Problem, sondern die Verkäufer und manchmal selbst die Kunden. Frag nicht, du bist zu jung um das Gesamtbild sehen zu können.“

Die Verkäufer und die Kunden? Was? Wie stand das denn mit dem ganzen im Zusammenhang? Longchamp hatte wohl recht, er konnte das Gesamtbild nicht verstehen. Dennoch interessierte es ihn. Tartriden waren also Drogen? Herb würde ihnen darüber wohl noch Auskunft geben müssen. Tsuna wusste nicht wieso, aber er traute sich nicht Longchamp danach zu fragen. Er hatte schon auf diese eine kleine Frage viel zu geschockt reagiert. Ein Verdacht streifte Tsuna kurz und sollte ihn noch eine ganze Weile beschäftigen. Könnte es sein, dass Longchamp etwas mit diesen Drogen zu tun hatte? Wenn er so abwesend reagierte, machte ihn das irgendwie verdächtig...

Mukuros Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Der Blauhaarige hatte sich wieder vom Tresen erhoben und sich noch eine Packung Hustenbonbons aus der Auslage genommen. „Mit Drogen will ich nichts zu tun haben. Das würde meinem perfekten Ruf nur schaden.“, meinte er hochmütig. „Ich werde mich vor diesen... Ta... Torten in Acht nehmen, Naito-san. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn sich jemand um mich sorgen würde.“

„Das hätte ich auch nicht von dir erwartet.“, erwiderte Longchamp nur moderat und schenkte Tsuna einen Blick voller Mitgefühl, in dem klar abzulesen war, dass es ihn erleichterte, wenn Mukuro wieder ging. Tsuna konnte das wirklich verstehen, immerhin war der Gute mehr als nur anstrengend. Selbst mit seinen mehr als nur belastbaren und durchaus erprobten Nerven, wollte Tsuna Mukuro manchmal einfach nur zum Schweigen bringen.

„A-Also ich glaub wir müssen dann auch wieder gehen... Mukuro bist du soweit?“ Wie aufs Stichwort begann der Angesprochene schrecklich zu husten und wie ein getretener Dackel dreinzuschauen. Bevor er allerdings nach noch mehr Medikamenten verlangen konnte, hatte Tsuna ihn bereits an der Hand gepackt und ihn nach draußen gezogen. Er gehörte weder zu den Leuten die gerne zum Arzt gingen, noch zu denjenigen die Apotheken sonderlich interessant fanden.

„Tsuna, ich wollte doch noch...“, protestierte der Blauhaarige, aber Tsuna schüttelte nur den Kopf. „Ich gebe Longchamp recht, du hast genug Medikamente. Und du wirst sicher nicht krank werden. Davon bin ich fest überzeugt.“. Denn Unkraut verging nicht. Tsuna wusste gar nicht, wieso er heute so negativ auf Mukuro eingestellt war. Sonst ertrug er seine Allüren immer, ohne groß darüber nachzudenken. Wahrscheinlich hatte er einfach nur schlechte Laune. Er seufzte.

„Ich bring dich noch nach Hause.“, entschied er und schlug den Weg in die Vororte ein, in denen Mukuro mit seinem Bruder lebte. Vielleicht blieb der ja heute in seinem Zimmer und hatte keine von seinen Allüren. Tsuna glaubte selber nicht, was er da dachte. Da er Mukuro öfter zur Apotheke begleitete und dann nach Hause brachte, wusste er, dass der Bruder seines Freundes ein wandelndes Allürenbündel war.

Er schaffte es tatsächlich schlimmer als Mukuro zu sein und das war eine Hürde, die man normalerweise nur mit viel Anlauf und einem Trampolin überwinden konnte. Bei jedem der Male die Tsuna bisher in diesem Haus war, hatte Louis irgendwas Seltsames gemacht, was Tsuna in Erstaunen versetzte. Das letzte Mal hatte er den ganzen Boden mit schwarzer Lackfarbe angemalt und den Kühlschrank in den Garten gestellt, weil er das Chakra des Hauses durcheinander gebracht hatte. Aber das war immer noch besser als das eine Mal, wo er komplett unbekleidet durch Haus gelaufen war um so „Kreative Energie zu tanken“, ein Anblick den Tsuna nicht so schnell vergessen würde. Hoffentlich waren heute nur die Möbel oder etwas ähnlich Triviales an dem er sich ausgelassen hatte.

„Bitte geh du vor, ich komm nämlich lieber nicht rein, wenn dein Bruder wieder Kreativität tanken muss...“, murmelte Tsuna als sie das Haus von Weitem sehen konnten.

Mukuro grinste auf eine höhnische, überhebliche Weise, nickte aber und schloss die Tür mit dem Schlüssel auf. Wenigstens stand Shura heute nicht vor der Tür. Der arme Kerl tat Tsuna schon sehr Leid. Immerhin musste er sich mit diesem... Kerl abgeben. Dabei schien er so nett und vor allem halbwegs normal zu sein. Er sollte einfach kündigen.

Mukuro war schon im Inneren verschwunden, kam dann aber gleich wieder und winkte Tsuna rein. „Er hat ein Geschäftsgespräch und sitzt, noch angezogen, auf der Couch, also komm rein.“, meinte Mukuro beschwichtigend. Tsuna nickte, entledigte sich seiner Schuhe und trat dann ins Innere. Der Boden war noch immer schwarz und die Möbel waren umgeräumt worden. Louis saß tatsächlich auf der Couch, naja, nicht richtig. Eigentlich saß er auf Shuras Schoß und hatte die Arme fest um ihn geschlungen. „Ein „Geschäftsgespräch“ also? Tsuna verdrehte die Augen.

Aber was sollte er sich beschweren? Immerhin war er ausnahmsweise mal vollständig bekleidet und das war mehr als man normalerweise erwarten konnte. Zu seiner grenzenlosen Überraschung, schien er jedoch tatsächlich sein nächstes Buch zu besprechen und Tsuna hielt es für ratsamer sich im Hintergrund zu halten. Wenn Erwachsene mal ihrer Arbeit nachkamen, dann sollte man sie nicht daran hindern. Schweigend folgte er Mukuro in die Küche, wo neben dem wieder eingebauten Kühlschrank, der Medizinschrank stand. Es war geradezu unglaublich, wie viele Medikamente ein einzelner Mensch lagern konnte...

„Mukuro... warum hast du solche Angst krank zu werden?“ Mukuro sah ihn überrascht an und hielt inne beim Einsortieren.

„Das hab ich dir doch schon gesagt. Ich will nur nicht, dass meine Fans sich Sorgen um mich Wunderkind machen müssen.“

„Aber Mukuro... Du hast Angst vor Krankheiten, die schon seit Jahrzenten ausgestorben sind und die nicht mehr entstehen können.“, meinte er und versuchte einfühlsam zu klingen. Mukuro sah ihn fragend an, während er die Kopfschmerztabletten und das Nasenspray einräumte. Dann kurz zur Küchentür hinausschaute und seinem Bruder die Kondome zuwarf. „Das kann niemand beweisen, vielleicht kommen sie wieder und dann werde ich geschützt sein, oder Medikamente da haben. Ich werde arbeiten können. Ich werde die Welt, die in einen Sumpf aus Krankheit vergeht, überwinden können. Nur die Starken überleben, das sagte schon Darwin. Und weil ich nicht stark bin, werde ich eben gut vorbereitet sein.“. Tsuna blickte ihn etwas erstaunt an. Hatte er gerade etwa... eine Schwäche preisgegeben? Wieso glaubte Mukuro denn, dass er schwach war? „Aber, Mukuro-san. Wieso solltest du schwach sein?“

„Weil... weil alle Menschen schwach sind. Schwach und jämmerlich. Alle denken sie sind so stark und so allmächtig und dann BAMM! Kommt eine Bazille und drei Wochen später ist man tot. Ich werde sicherlich nicht so enden, wie solche dummen Menschen, die denken dass sie keine Vorsorge brauchen.“ Mukuro konnte ihn nicht ansehen während er das sagte, stattdessen war sein Blick stur auf das Innere des Medizinschranks gerichtet. Er klang unglaublich verletzt, wenn er so drüber nachdachte, war es das erste Mal, dass er Mukuro so verletzlich und angreifbar sah. Normalerweise war er doch immer so glücklich...

„Gibt es ... einen Grund warum du das glaubst? Ich mein... normalerweise stirbt man nicht einfach weil man sich einen Grippevirus einfängt.“ Obwohl Tsuna zugeben musste, seit der Sache mit Lanchia, stand er Krankheiten auch respektvoller gegenüber.

Mukuro schwieg. Eine ganze Weile lang schwieg er beharrlich. Tsuna kamen es vor wie Stunden, aber es waren wohl höchstens zwei Minuten, in denen es ganz still war und man nur hören konnte, wie Mukuro die Döschen im Arzneischrank ordnete. Tsuna rechnete schon nicht mehr damit, dass er noch etwas sagte, da sagte er, kaum hörbar: „Meine Eltern. Meine Eltern sind gestorben. Diese schwachen, schwachen Menschen sind gestorben. Einfach so, weil sie krank wurden. Wochenlang lagen sie in ihren isolierten Betten im Krankenhaus und sind vor sich hin vegetiert, bis sie nur noch Schatten ihrer selbst waren und Louis und ich mussten alles mit ansehen. Sie haben uns zusehen lassen, wie sie dahin gesiecht sind und alles nur... alles nur wegen einer einzigen kleinen Bazille.“. Er klang so verbittert, dass Tsuna ein Schauer über den Rücken lief.

Er hatte keine Ahnung gehabt, dass Mukuros Eltern an einer Krankheit gestorben waren, eigentlich wusste er vorher nicht Mal mit Sicherheit, dass seine Eltern tot waren. Tsuna hatte naiver Weise einfach gedacht, dass sie wohl im Ausland arbeiteten oder so. Er hatte einfach die Angewohnheit, nicht gleich vom Schlimmsten auszugehen. Jetzt wo er so drüber nachdachte und die Fakten abwog, war es wohl kein Wunder, dass Mukuro solche Angst davor hatte krank zu werden.

„Das.... Das tut mir sehr leid Mukuro...“ flüsterte Tsuna schuldbewusst, weil er das Thema angeschnitten hatte ohne groß drüber nachzudenken. Getragen von einer Welle aus schlechtem Gewissen und Mitleid, trat er einen Schritt vor und umarmte den Rücken seines Freundes. „Das tut mir wirklich sehr, sehr leid Mukuro. Bitte entschuldige, ich wollte dir... keinen Kummer machen.“

Mukuro erwiderte zunächst nichts und ließ sich einen Moment lang halten. Da Tsuna sein Gesicht nicht sehen konnte, wusste er nicht, wie er es auffasste, aber da er nichts dagegen unternahm, nahm Tsuna an, dass es in Ordnung war. Schließlich löste er sich wieder und trat etwas von Mukuro zurück, der noch immer mit den Medikamenten im Schrank herumspielte. „Ist schon in Ordnung. Das... das konntest du ja nicht wissen.“. Er klang so gelassen, dass es Tsuna Angst machte und als er sich umdrehte, hatte er sein alt bewährtes Lächeln aufgesetzt, welches jedoch diesmal die Trauer in seinen Augen nicht verbergen konnte. „Aber lass uns nicht über die Geister der Vergangenheit sprechen. Lass es uns nicht wieder tun. Ich trauere nicht mehr. Die Zeit der Trauer ist längst überwunden. Und ich habe ja noch Louis. Ich bin also nicht allein.“, sagte er gelassen.

Tsuna hatte das Gefühl, dass wohl noch nie jemand wirklich mit ihm darüber gesprochen hatte. Er wollte da ein wenig nachhaken. Von wegen Geister der Vergangenheit, für Mukuro schien das alles noch sehr präsent zu sein.

Allerdings war heute wohl nicht der Tag dafür. Mukuro hatte sich bereits dem Thema gegenüber gesperrt und ließ seine Schauspielkünste glänzen. Ein deutlicheres Zeichen, dass er sich nicht in der Lage sah darüber zu sprechen, konnte er gar nicht senden. Tsuna blieb nichts anderes übrig, als die Entscheidung des anderen zu akzeptieren und sich einen mentalen Vermerk dafür zu machen, es bei Gelegenheit erneut anzusprechen.

Wie aus dem Nichts zauberte Mukuro das Textbuch ihres Stückes aus der Tasche und strahlte ihn noch ein ganzes Stück breiter an. „Wollen wir etwas üben? Dann können wir morgen bei der Probe alle in den Schatten stellen, mit unserem unbeschreiblichen Talent und gutem Aussehen!“

Tsuna konnte daraufhin nur schmunzelnd zustimmen.

Mukuro brachte es wie üblich auf den Punkt.
 

Wird fortgesetzt...

30. Juli

Puh! Endlich. Wir haben es geschafft! Dieses Kapitel war eine äußert schwere Geburt, weil wir nicht genau wussten, wie wir anfangen sollen. Im Endeffekt haben wir einfach drauf losgeschrieben. Leider mal wieder kein Plot, aber trotzdem ein wichtiges Kapitel. Viel Spaß beim Lesen, wünsche ich.
 

Disclaimer: Akira Amano/ ATLUS
 

30. Juli
 

Es war wieder einmal ein ausgesprochen schöner Sommertag und Tsuna freute sich schon auf die Ferien, die immer näher rückten, die Prüfungen, die ihnen zuvor lagen, ignorierte er geflissentlich und konzentrierte sich nur auf das Schöne. Tsuna hatte es heute doch tatsächlich geschafft, ohne von irgendjemandem aufgehalten zu werden aus der Schule geschafft. Er mochte Tage an denen Mal alle etwas zu tun hatten, auch wenn Yamamoto ihm Leid tat, der für das zerbrechen einer Scheibe nachsitzen musste. Das Bahngleis war heute fast leer, da viele ihren Clubaktivitäten nachgingen und auch im Zug, in den Tsuna einstieg war nicht viel los. Das lag sicherlich an dem schönen Wetter. Er wollte sich schon entspannt auf einend er Viererplätze nahe der Tür fallen lassen, als er im hinteren Teil des Wagens eine Bekannte Gestalt entdeckte und beschloss, dass es lustiger wäre sich auf der Heimfahrt mit jemandem zu unterhalten. „Hey, Bel!“, rief er dem jungen fröhlich zu und marschierte zu ihm.

Der andere reagierte gar nicht und sah stattdessen geistesabwesend aus dem Fenster. Von seinem Platz aus, konnte Tsuna die perlmuttfarbende PSP sehen, aus der ein weißes Kabel nach oben zu seinen Ohren führte. Wie ungewöhnlich, normalerweise hörte Belphegor seine Musik einfach ganz ohne Ohrstöpsel, allerdings wirkte er heute auch anders als sonst... Irgendwie gereizt, geradezu schlecht gelaunt, vielleicht bildete er sich das aber auch nur ein. In letzter Zeit hatte Tsuna immer irgendwelche Wahnvorstellungen, die ihn glauben ließen seine Mitspieler durchschauen zu können. Sicherlich war das nur ein Wahn, der auf dem Bockmist basierte den Giotto und Amicelli ihm ins Ohr gesetzt hatten. Von wegen er wäre irgendeine Art Empfänger für emphatische Strahlungen oder so, wer glaubte schon solchen Bockmist?

„Hey Bel! Jetzt ignorier mich nicht und sag mir warum du schmollst.“ gluckste er gut gelaunt und zog seinem Gegenüber die Stecker aus dem Ohr.

„Hey du kleine Made wie kannst du es wagen?!“, knurrte der Junge, der heute eine schwarze Kapuze über den Kopf gezogen hatte und Tsuna, obwohl der es wegen den Haaren nicht sehen konnte, wütend anfunkelte. Dann jedoch wurde sein Blick sanfter und das Grinsen auf seinen Lippen breiter. Tsuna war erleichtert... Er hatte Bel noch nie so wütend erlebt. „Sheshe. Oh, du.“, meinte er, nicht entschuldigend, aber das hatte Tsuna auch nicht erwartet. Belphegor war immer von dem überzeugt was er tat. „Ich war in Gedanken.“, lachte er leise und bot Tsuna den Platz ihm gegenüber an. Tsuna lächelte, betrachtete den Jungen und wunderte sich ein wenig. „Hast du deinen Gameboy gar nicht dabei?“, fragte er neugierig, denn sonst, wenn er Bel sah, dann spielt er immer und pausenlos Princess Maker oder Zuckerstangen-Fangen, gelegentlich auch irgendein Musikspiel, dessen Titel Tsuna nicht kannte. Er wusste nur dass die Sängerin eine äußerst quietschige Stimme hatte.

„Meinen was?“ Bei dieser Frage wusste Tsuna nicht genau, was er sagen sollte. Das war... wohl eine Art Scherz? Tsuna verstand ihn nicht. Natürlich wusste er, dass Belphegors Humor etwas Gaga war, aber normalerweise erkannte man zumindest halbwegs einen Witz, wenn er einen machte. 
„Du weißt schon, den Gameboy... Princess Maker? Ahahaha... Bel, alles okay mit dir?“ Der Junge fing gackernd an zu lachen und nagte an einem seiner Fingernägel, die überraschenderweise schwarz lackiert waren. Das war das erste mal, dass er Bel irgendeine Art von Schminke tragen sah, so eitel er auch war, eigentlich stand er über solchen Dinge.

„Ushesheshesheshe... ach mein Gameboy, sag das doch gleich. Usheshesheshesheshe... den hab ich zuhause vergessen, als ich mich mit meinem klugen, charmanten, gutaussehenden und königlichen Bruder gestritten habe.“

Tsunas Augenbraue wanderte in die Höhe. „Dein... Bruder? Den du nicht leiden kannst?“, fragte er leicht verwirrt nach und betrachtete Bel etwas überrascht. „Natürlich kann ich ihn nicht leiden, Shesheshe. Aber königlich ist er dennoch, viel königlicher als ich es je sein könnte.“, kicherte er lautstark und steckte seine Kopfhörer, sowie seine Playstation in die Tasche seines Hoodies. „Hör mal, Kleiner. Wie wär’s wenn wir aussteigen und irgendetwas Spaßiges machen. Shesheshe. Sowas was wir sonst auch immer machen.“, meinte Belphegor und nun war Tsuna vollends verwirrt. „Du meinst... so Sachen wie, hier sitzen und reden?“. Hier stimmte etwas nicht. Tsuna spürte es mehr als nur deutlich. „Eigentlich hatte ich daran gedacht, irgendetwas essen zu gehen. Shesheshe.“

Verblüfft starrte Tsuna Belphegor mit halb offenem Mund an, vollkommen verwirrt von diesem plötzlichen Sinneswandel. Ihm war irgendwie schon klar, dass Belphegor theoretisch gesehen die Bahn auch mal verlassen musste, aber bisher war er einfach noch nicht Zeuge von diesem seltenen Ereignis geworden. Konnte es wirklich sein, dass er nicht an seinem Sitz festgewachsen war? Eine Schande, dass er keine Videokamera dabei hatte, Tsuna hätte gerne einen Beweis für die Nachwelt gemacht.

„Äh... K-klar Bel... warum nicht... ich habe eh noch nichts gegessen.“ Erfreut über seine Worte sprang Belphegor aus dem Sitz und legte eine Arm um Tsuna Schultern, wodurch er ihn zurück zu den Türen des Abteils drängen konnte. Ein unglaublich starker Geruch nach Pfefferminzbonbons ging von ihm aus und brachte Tsuna fast dazu nach hinten umzufallen.

„Groooßartig. Ich kenne das ideeeaaale Restaurant, sheshesheshe...“

Das Lachen des Anderen klang in seinen Ohren nach. Es war so energetisch wie immer. „Ja? Das ist schön ich hoffe es ist nicht so teuer, ich hab nicht so viel Geld dabei.“, meinte er ruhig. Es war ihm ein wenig unangenehm als Bel den Arm auf seine Schulter legte und mit seinen Schwarzen Fingernägeln über seine Wange streichelte. „Shesheshe, nur keine Angst, mein Kleiner. Die Rechnung geht natürlich auf mich. Süße Jungs wie dich, lädt der Prinz gerne ein, äh...“. Er schien nach einem Namen zu suchen, kam aber nicht drauf und überspielte seinen angefangenen Satz in dem er Tsuna an sich drückte, so dass die Haare, die aus seinem Hoody kamen ihn leicht kitzelten. „Shesheshe, Soll ich dir deine Schultasche abnehmen?“, meinte er ruhig. Ihm wurde ganz mulmig. Hätte er gewusst, dass Bel so seltsam drauf ist, dann hätte er sich dagegen entschieden mit ihm zu gehen.

„Da-Danke Bel, aber das tut wirklich nicht nötig.“ murmelte er beunruhigt, traute sich aber irgendwie nicht ihn darauf hinzuweisen, dass das ein bisschen viel Körperkontakt war. Normalerweise war er gar nicht so scheu, aber Belphegor hatte des Öfteren bewiesen, dass einige Drähte in seinem Kopf falsch verbunden waren, was allgemein oft zu seltsamen Kommentaren oder Taten führte. Wenn er sich jedoch nicht total täuschte dann... dann flirtete Bel gerade mit ihm und das war mehr als nur unheimlich.

„Wirklich Süßer, dass ist kein Problem, ein Prinz sollte auch immer ein Gentleman sein, also lass mich deine Tasche tragen. Shesheshe, das würde mich sehr glücklich machen und wenn ich glücklich bin, kann ich auch dich glücklich machen, usheshesheshe...“ summte er gut gelaunt und bevor Tsuna auch nur ein Wörtchen sagen konnte, befreite Bel ihn auch schon von seiner Tasche. Langsam fing Tsuna an sich zu fragen, ob Belphegor vielleicht rollig war.

Bel betrachtete seine Tasche von allen Seiten. Wieso konnte Tsuna nicht sagen, aber sein Grinsen wurde breiter, als er das kleine Namensschild entdeckte, dass an der Tasche angebracht war. Da die Tasche zur Schuluniform gehörte und jeder die gleiche hatte, war es Pflicht den kleinen Zettel auszufüllen, der den Besitz einer Tasche bestätigte. „Shesheshe. Wie war dein Tag, Tsuna? Du siehst dunglaublich gut aus, heute. Wie ein Shota, mit deinen kurzen Hosen.“, meinte er gut gelaunt und kitzelte Tsunas Wange erneut mit seinem Finger. „Wie... ein Shota?“ Tsuna entschloss sich spontan dazu, diese Hose nie wieder anzuziehen. „Mein Tag war eigentlich, okay. Ich hatte heute kein Mathe, das ist sehr angenehm.“, meinte er und nutzte Belphegors Unachtsamkeit, um sich ein wenig von ihm wegzustoßen. Die Hand auf seiner Schulter, wurde er allerdings nicht los. Er hatte geglaubt wenn Xanxus das tat, war es unangenehm, aber wenn Bel es tat, war es furchtbar. Geradezu abstoßend. Nicht zuletzt weil Bel der widerliche, frische Geruch von Pfefferminzbonbons anhaftete.

Das war zu viel. Tsuna beschloss jetzt, hier, einen klaren Strich zu ziehen. Er atmete tief ein und wieder aus und noch einmal ein, um Mut zu tanken, dann sagte er mit einer Stimme, die zwar ein wenig Autorität missen ließ, aber dennoch sehr fest klang: „Bel, tut mir Leid, du bist... überhaupt nicht mein Typ.“.

Seine Worte schienen den Blonden etwas zu überraschen, aber irritieren ließ er sich nicht. „Tsuna, Tsuna, Der Prinz ist jedermanns Typ. Shesheshe. Wenn du mich erst einmal richtig kennenlernst, dann wirst du bald erkennen, dass du mich sehr magst. Sheshe. So ein süßes Früchtchen, kann ich mir nicht entgehen lassen.“ Sein Fingernagel strich wieder über seine Wange und Tsuna hatte kurz Angst, dass Belphegor ihn noch einmal beißen würde, aber er drückte ihm nur einen Kuss auf die Wange. „Jetzt sei nicht so schüchtern, wir kennen uns doch jetzt schon, eine ganze Weile. Shesheshe.“

Doch bei Weitem nicht so gut! Allerdings, konnte man das ja ändern, immerhin war Belphegor ein Prinz. Charmant, gutaussehend und klug, wieso sollte irgendwer ihn nicht wollen? Er war mehr als bloß ein gutes Los, er war geradezu ein perfektes Los und ihn nicht zu wollen, wäre doch schon fast ein Frevel. So ein Angebot bekam man nicht jeden Tag, es war eine Chance die vielleicht einmal in hundert Jahren kam und er wollte das einfach so abschlagen? Niemand konnte sich dem Prinzen verwehren oder seinem Charme widerstehen, man wollte sich einfach nur in seine Arme fallen lassen und sich verschlingen lassen mit Haut und Haar.

Wimmernd hielt Tsuna sich seinen Kopf und versuchte seine Gedanken zu reinigen. Das kam... das kam nicht von ihm. So was dachte er nicht... er war gar nicht der Typ der so was denken konnte, immerhin war er ein lieber Junge. Geradezu unschuldig und rein, genau was der Prinz mochte...

Tsuna wimmerte noch etwas mehr, irgendwas war hier kaputt.

Er presste eine seiner Hände gegen seine Schläfe und nutzte so gleichzeitig seinen Ellenbogen, um ein wenig Abstand zwischen sich und Belphegor zu bringen. Das kam definitiv nicht von ihm. Das war wieder so etwas, was er schon in der Apotheke gehabt hatte, bei Mukuro und auch bei Squalo. Wenn er genau darüber nachdachte, dann hatte er auch bei Reborn schon so ein Gefühl gehabt. Das musste sein, wovon Amicelli und Giotto ihm erzählt hatten. Das erste Mal wurde es ihm richtig bewusst. Er schüttelte den Kopf ein wenig. Diese Realisation hatte lange gebraucht, aber wenigstens hatte er es endlich verstanden. Und noch etwas hatte er verstanden. Er war es zwar gewohnt, dass Bel von sich selbst in der dritten Person sprach, aber diese Gedanken... Das waren nicht Belphegors. Darauf könnte er seine Schultasche verwetten. Mit einem Mal stieß er sich von dem anderen los und betrachtete ihn ernst. „Wer... wer bist du?“, fragte er an den Blonden gewandt, der etwas erstaunt über die plötzliche Frage zu sein schien.

„Shesheshesheshe... was ist dass für eine unsinnige Frage, Tsu-chan? ich bin Belphegor, das ist doch klar. Erkennt du deinen Freund nicht wenn er vor dir steht? Shesheshesheshesheshe...“ jetzt wo er besser aufpasste, fiel ihm auch auf, dass sogar seine Lache ganz anders war und auch seine Stimme. Sie wirkte tiefer und rauer als Belphegors. Belphegors Stimme war sehr markant, ob er lachte oder redete, es war leicht festzustellen, dass es seine Stimme war. Die Tatsache, dass er immer einen Touch Wahnsinn an sich hatte, erleichterte diese Sache sogar noch. Dieser Junge aber, er war nicht wie Bel. Sie sahen gleich aus, aber sie konnten nicht die gleiche Person sein, selbst ihre Körpersprache war unterschiedlich. Wie er ihn überhaupt mit seinem Freund verwechseln konnte, war ihm vollkommen unbegreiflich.

„Du bist... du bist nicht Bel... Also sag mir endlich wer du bist und... und was du von mir willst. Du kannst mir nichts vormachen, ich... ich kenne Belphegor!“

„Sheshesheshe. Du hast ja lange gebraucht, um das mitzukriegen.“, meinte der Junge, der nicht Belphegor war, und ließ Tsunas Schultasche in seinen Händen schwingen. Du scheinst meinen absolut unköniglichen Bruder überhaupt gar nicht zu kennen, shesheshe, du süßes, kleines Früchtchen. „Dabei hab ich mich nicht Mal bemüht, wie er zu sein. Wer würde auch schon sein wollen, wie dieser absolut unkönigliche Idiot, tch. Er ist nur der Zweitgeborene.“, meinte der Falsche Belphegor und nahm nun endlich seine Kapuze ab. Darunter kam schulterlanges Haar zum Vorschein, das wohl schon lange nicht mehr geschnitten worden war. Jetzt hatte er wirklich keinerlei Möglichkeit mehr mit Belphegor. Tsuna fragte sich, wie er sie überhaupt hatte verwechseln können. „Es tut mir wirklich Leid, Tsu-chan. Ich hatte nicht vor dich reinzulegen, aber es ist immer wieder amüsant, wenn Leute merken, dass sie es mit dem Zwilling zu tun haben. Shesheshe.“, sagte er, nahm unvermittelt Tsunas Hand und bückte sich, um sie zu küssen. „Jill, mein Name. Ich bin Belphegors Zwillingsbruder.“

Angeekelt zog Tsuna schnell seine Hand zurück und schnappte sich seine Schultasche, um sie wie einen Schutzschild vor sich zu halten. „Jill...? Ich dachte Bels Bruder heißt Rasiel...“ meinte er etwas grummelig und ging noch einen Schritt von Jill weg. Sicherheitsabstand war das aller Wichtigste, wenn man es mit solchen Psychopathen zu tun hatte. So wie es schien, hatte Belphegor wirklich nicht übertrieben, als er seinen Bruder beschrieben und über ihn gemeckert hatte. Dieser Kerl war geradezu widerlich aufdringlich.

„Tss, tss, tss, das ist mein voller Name. Aber so süße kleine Shotas wie du dürfen mich Jill nennen. Ich kann dich sehr glücklich machen, mein Süßer.“ Belphegor hatte ja so recht gehabt, sein Bruder war nicht nur ein Schleimer, sondern auch aufdringlich und unsensibel.

„Das-Das tut mir leid... aber ich hab schon einen Freund und er ist... er ist sehr be-besitzergreifend, also.. versuch es erst gar nicht.“

„Ein Freund ist vielleicht ein Grund, aber kein Hindernis, mein Süßer. Ob besitzergreifend oder nicht. Ich, der Prinz, werde ihn in jeder Hinsicht ausstechen können. Shesheshe.“, meinte der Blonde mehr als nur selbstgefällig und strich sich das Haar hinter das Ohr. Während der kurzen Pause schien er zu überlegen. Ganz plötzlich grinste er. „Wie ist er denn so, dein besitzergreifender Freund. Erzähl mir doch von ihm. Ich könnte darauf wetten, dass du den Prinzen gerade eiskalt belogen hast. Shesheshe.“, meinte Rasiel und verschränkte die Arme vor der Brust. Tsuna wäre am liebsten einfach weggelaufen, aber wahrscheinlich hätte ihm das nichts gebracht. Jill hätte ihn wahrscheinlich verfolgt und aufgehalten und sofort enttarnt, dass et gelogen hatte, also... „Mein... mein Freund ist groß und... ziemlich kräftig, er ist im Fechtclub der Schule. Er hat eine Waffensammlung. Und... er...“. „Ushishishishishishis Shishishishi. Du hast ihn also endlich gefragt, Tsuna?“, fragte eine bekannte Stimme hinter ihm plötzlich hochgradig amüsiert und erneut legte sich ein Arm um seine Schultern. Diesmal stieg Tsuna der Duft von extrem süßem Parfüm in die Nase.

Belphegor war umgeben von einer Wolke aus ,Peach Princess Dream‘, einem Parfüm für Mädchen zwischen zwölf und dreizehn. Die Tatsache, dass Tsuna es sofort erkannte lag allein daran, dass er seit einiger Zeit in der Parfümabteilung des Kaufhauses aushalf und dort Kartons aus und Waren einpacken musste. Der penetrante Geruch dieses speziellen Parfüms hatte ihm beim Auspacken fast die Nasenschleimhaut gekostet und einen guten Teil seines Verstandes.

„J-Ja ich hab ihn gefragt!“ log Tsuna unter Atemnot und betete intensiv, dass Xanxus davon nichts erfahren würde. Mit großer Wahrscheinlichkeit, würde er sich über ihn totlachen.

„Ushishishishishishi... Na Brüderchen, dann würde ich mich fern halten denn vor dir steht das Privateigentum von Xanxus, Der Name sollte selbst einem Trottel wie dir etwas sagen.“

Tatsächlich schluckte Jill und schien einen Moment lang total irritiert, dann jedoch grinste er. „Shesheshe, na dann... Ziehe ich meine Ansprüche wohl zurück. Verzeih mir, dass ich dich belästigt habe, Tsu-chan.“, meinte er immer noch selbstzufrieden, aber offensichtlich ein wenig verunsichert. Er funkelte Bel an, versuchte noch etwas zu sagen, gab aber schließlich auf und kehrte ihnen dann den Rücken zu. „Wir sehen uns zu Hause, Bruderherz. Sheshesheshe.“, meinte er mehr als nur zufrieden und verschwand. Tsuna atmete erleichtert aus und wandte sich nun an den richtigen Belphegor, er ihn jetzt wieder losließ und einen Schritt von ihm zurücktrat. „Danke, dass...“, Tsuna wollte weitersprechen, brachte aber kein Wort mehr heraus, als er Belphegors Aufzug sah. Wie immer trug er einen Haarreifen, doch sein heutiger war knallig pink und hatte ein Logo darauf. Sein Pullover war rosa und war gekrönt von einem großen „V“ in lila. Seine Hose war einfarbig schwarz und auch seine Schuhe sahen normal aus, aber an seinem Gürtel hingen mehrere Schlüsselanhänger, die aussahen wie kleine Frösche. „Bel, was...?“, fragte Tsuna überrascht und musterte seinen Freund von oben bis unten.

„Was ist Tsuna, hat der Prinz dich überrascht? Ushishishishishi....“ Tsuna wusste nicht was er sagen sollte, er war vollkommen sprachlos, denn dieser Anblick war auf eine bestimmte Art und Weise das Schlimmste, was er jemals gesehen hatte. Eine Werbefigur für Mädchenartikel, nur dass das Model in diesem Fall ein Junge war und kein kleines Mädchen oder zumindest eine junge Frau.

„Warum... um alles in der Welt... woher... wurdest du überfallen und genötigt dir das anzuziehen?“ fragte er stockend und konnte seinen Blick einfach nicht von dem rosa Haarreif lösen, der ihn so lächerlich anfunkelte.

„Ushishishishi.... was redest du für Unsinn? Der Prinz hat sich die neuste CD von seiner geliebten Prinzessin gekauft.“

Geliebte... Prinzessin? Tsuna blickte den Jungen vor sich fragend an und warf dann einen Blick auf die CD, die Belphegor ihm Stolz entgegen hielt. „Ushishishi. Endlich, die ganze Wartezeit hat sich gelohnt. Ushishishishishi. Viper hat endlich ein neues Album und es ist fantastisch. Nicht dass ich es nicht schon vor zwei Wochen gehabt hätte. Ushishishi. Denn der Prinz hat Verbindungen, aber er kauft sich Vipers Album natürlich trotzdem. Ushishishi. Schon allein, weil ich ein Autogramm in das Heft haben möchte.“, meinte er glücklich und steckte die noch eingepackte CD wieder in seine Tasche. „Und du hast ganz offensichtlich meinen widerlichen Bruder kennengelernt. Hmpf. Tut mir Leid, dass er dich angefasst hat. Du solltest dich ganz schnell waschen gehen und vor allem die Spuren vom Lippenstift abwischen, bevor Xanxus sie sieht. Ushishishishi. Glaube nicht, dass er es mag, wenn du von anderen geküsst wirst. Ushishishi.“, meinte er grinsend. Tsunas Gesicht legte deutlich an Farbe zu. „Das... war doch nur... eine Notlüge.“

Trotzdem holte er schnell ein Taschentuch aus seiner Tasche und begann mithilfe der Spiegelung einer Fensterscheibe sein Gesicht von dem Lippenstift zu befreien. Das fehlte ihm noch, dass einer seiner Dormkameraden das sah, dann würde er die dummen Fragen nämlich solange nicht loswerden, bis er irgendeine Erklärung liefern konnte, die sie auch zufrieden stellte.

„Ushishishishi... eine Notlüge? Dabei hab ich dir direkt geglaubt, du bist besser im lügen geworden, shishishishishi.... Hast du heimlich trainiert?“ Belphegors Grinsen wuchs in die Breite uns seine Zähne funkelten in all ihrer dämonischen Pracht. Wenn Tsuna es nicht besser wüsste, würde er annehmen, Bel wäre der böse Zwilling. Andererseits waren sie wahrscheinlich beide böse, nur dass Rasiel noch böser war. Wahrscheinlich hatten die beiden schon Wohnungen in der Hölle reserviert.

„Ich wollte nur nicht, dass er mich weiter... anmacht.“, meinte Tsuna leise und seufzte erleichtert auf. „Zum Glück ist er weg.“. „Ushishishishi. Glaub mir Tsuna, ich würde dich niemals anmachen. Du bist gar nicht mein Typ, also wenn er‘s wieder versucht, dann weißt du, dass der es ist. Ushishishshi.“, erklärte Bel und stemmte die Hand in die Hüfte. Einen Moment schien er unschlüssig was zu sagen, dann jedoch grinste er. „Wusstest du dass Notlügen oft ein Körnchen Wahrheit enthalten, Tsuna? Ushishishi.“, fragte Belphegor, aber Tsuna schüttelte abwehrend den Kopf. „Die hier nicht. Ich wollte ihn nur loswerden, wirklich.“, meinte er erklärend und überlegte fieberhaft, wie er am besten das Thema wechseln konnte, aber er hatte die Antwort ja direkt vor Augen. „Du bist also Viper-Fan? Ist das nicht etwas... für kleine Mädchen?“, fragte er unsicher nach. Das ganze rosa, der Glitzer, das süße Parfüm... Tsuna hatte beim Kisten ausräumen einiges von ihrem Merchandise gesehen und das war ihm alles sehr kindisch vorgekommen.

„Nein natürlich nicht! Viper ist eine Künstlerin, eine Magierin, eine Wunderheilerin! Wenn sie singt dann geht die Sonne auf, dann explodieren Sterne, dann heilen Herzen, sie ist die einzig wahre! Die einzig wahre Prinzessin für diesen Prinzen hier.“ schwärmte Belphegor leidenschaftlich und sein Blick entrückte wie in weite Ferne. Momentan sah er wahrscheinlich viele Blumen, Schmetterlinge und Regenbögen. Tsuna hatte keine Ahnung gehabt, dass er auch eine solche Seite hatte und wenn er so drüber nachdachte, war es wahrscheinlich auch gut, dass er es nicht gewusst hatte.

„Wow... dass ist... überraschend... aber weißt du Bel, ich muss... jetzt wirklich heim... Xanxus wollte mir nämlich noch Englisch Nachhilfe geben und wir schreiben morgen einen Test weißt du...“

„Wie der Prinz bereits sagt: Ein Körnchen Wahrheit ist immer dabei. Ushishishishishi...“

Belphegor kam ihm ein ganzes Stück näher und grinste Tsuna direkt ins Gesicht. Die Haltung musste für ihn ziemlich unangenehm sein, denn er musste sich ein ganzes Stück herunterbeugen. Es kam dem Braunhaarigen fast so vor, als könnte er durch den Haarvorhang in die Augen des Jungen blicken, aber natürlich konnte er das nicht. „Ich hab euch neulich gesehen, in der Bahn, ich hab zwar gespielt, aber das hält mich nicht davon ab, anderen Leute zu beobachten. Ushishishishi. Besonders wenn es Leute sind, die ich kenne. Wenn du mich fragst... Ushishishishi... dann hat Xanxus mehr als nur ein Auge auf dich geworfen. Du solltest wirklich aufpassen, mit wem du flirtest, sonst reißt er dir noch den Kopf ab Ushishishishi. Denn er ist wirklich besitzergreifend.“, damit zog Belphegor ein Stofftaschentuch mit Spitzenrand aus der Tasche und wischte Tsuna damit über die Wange. Tsuna konnte darin Spuren von hell rosa Lipgloss sehen, der wohl noch auf seiner Wange gewesen war.

„Wi-Wie kommst du denn da-darauf? Xanxus sieht ihn mir.... wohl so was wie ein nerviges kleines Haustier, oder der unfähige kleine Bruder den er nie hatte. Du hast dich einfach total verguckt.“ protestierte Tsuna und zupfte seinen Shirt zurecht, obwohl das vollkommen überflüssig war. Der Gedanke, dass Xanxus etwas von ihm wollte, war absolut absurd. Natürlich war da dieser eine Kuss gewesen, aber Xanxus war zu dem Zeitpunkt sternhagelvoll gewesen und hatte ihn wahrscheinlich sogar mit jemanden verwechselt.

„Ushishishishi... ich weiß was ich gesehen habe und Xanxus hat dich ganz sicher abgecheckt. Du solltest lieber auf dich und deinen kleinen Hintern aufpassen, ushishishishi... wenn Squalo keinen Unsinn erzählt, dann kann Xanxus ziemlich hart... drauf sein.“

„Schon.. schon allein deshalb, würde ich nicht von Xanxus‘ wollen. Und außerdem... gibt es da dieses Bild im Kunstraum. Wenn du das gesehen hast, dann weißt du, dass du das nicht willst.“, meinte Tsuna und versuchte die aufsteigende Röte in seinem Gesicht zu unterdrücken.

Er beschloss, dass es jetzt Zeit war um zu gehen, denn erstens hatte er Hunger und zweitens, wollte er mit Belphegor nicht über so ein Thema reden. Selbst wenn es so wäre, dann ginge das nur Xanxus und ihn etwas an. Xanxus kam ihm auch nicht wie eine Person vor, die sich schüchtern vor einem Geständnis drückte. Wenn er ihm etwas zu sagen hatte, dann würde er es sicher tun. Was sollte ihn davon abhalten? Xanxus nahm sich sonst ja auch alles was er wollte, wenn sein Zwillingsbruder ihn nicht davon abhielt. „Ich denke, ich gehe jetzt Heim.“, fügte Tsuna noch an.

Ein Blick auf reichte ihm allerdings um sich dafür zu entscheiden, doch lieber den Bus zu nehmen. Was auch immer für Gestalten er dort treffen würde, es konnte nicht schlimmer sein als Belphegor oder Rasiel. Zwei Psychos an einem Tag waren mindestens einer zu viel und wenn er auf noch einen traf, wäre das nicht gut für seine Psyche. Der heutige Nachmittag hatte ihm aber zumindest eine Sache gezeigt und zwar, dass es also tatsächlich Leute gab, die ihn für begehrenswert hielten. Zugegebenermaßen, wer das fand war weniger schmeichelhaft, aber irgendwie befriedigte es das Ego ja schon.

Wenn er zuhause war, würde er sich aber erst Mal gründlich das Gesicht mit dem Stahlschwamm schrubben.

Nur so... zur Sicherheit.
 

Wird fortgesetzt...

9. August: Teil 1

So. Nach einer etwas längeren Pause (Entschuldigung dafür) ist hier der erste Teil des neuen Kapitels. Der neue kommt wahrscheinlich Sonntag oder Montag, aber ich will mich besser nicht dafür verbürgen. Allrenn ist in Urlaub und ich habe Prüfungen, also kann es sich eventuell auch noch eine Weile hinziehen. Mal sehen. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.
 

Disclaimer: Akira Amano/ATLUS
 

9. August: Teil 1
 

Als Tsuna die Tür zum Dorm öffnete und ein fremdes und doch irgendwie bekanntes Lachen hörte, stutzte er zunächst ein wenig irritiert. Offensichtlich hatten sie Besuch, beziehungsweise Giotto hatte Besuch, denn auch seine Stimme konnte er aus dem Lachwirrwarr, dass ihm entgegenschlug heraushören.

Eigentlich wollte Tsuna nicht neugierig sein, aber da er sowieso ein bisschen Hunger hatte...

Wieso rechtfertigte er sich eigentlich noch, wenn er sowieso schon auf dem Weg war?; fragte er sich kurz. Er hatte gar nicht bemerkt, wie er sich in Bewegung gesetzt hatte. Als er in den Durchgang zwischen dem Aufenthaltsraum und dem Esstisch trat, war der erste den er erblickte Amicelli, der an der Wand lehnte und ein gut gelauntes Grinsen aufgelegt hatte, ein Umstand, der schon an sich erstaunlich war. Noch erstaunlicher allerdings fand Tsuna den Jungen mit dem schwarzen Beanie, der mit dem Rücken zu ihm gewandt am Tisch saß und offenbar heiter mit Giotto schwatzte. Tsunas Augen weiteten sich ein wenig und er fragte ohne richtig zu wissen, was er tat: „Herb?“.

Nun blickten alle der Anwesenden sich um, was ihrer guten Laune keinen Abbruch tat. Stattdessen winkte Giotto ihm nur zu, damit er nähertreten sollte und etwas verunsichert, kam Tsuna dieser Aufforderung nach. Es war das erste Mal, das er jemanden seine beiden älteren Mitschüler besuchen sah, normalerweise waren die einzigen Besucher, die hierher kamen für Tsuna. Manchmal brachte Yamamoto auch Leute aus seiner Baseballmannschaft mit, aber das war auch eher die Ausnahme als die Regel. Jetzt wo er so drüber nachdachte, wusste er gar nicht mit was für Leuten Amicelli und Giotto rumhingen, außer vielleicht Daniela und Xanxus.

„Ihr kennt euch?“ fragte Giotto gut gelaunt und schlug die Beine übereinander, was ihn aussehen ließ wie einen bösen Herrscher der Unterwelt. Es war einfach diese Mischung aus überzogener Pose und dem üblichen Nadelstreifenanzug. Wie konnte man bei diesem Wetter überhaupt einen Anzug tragen? Tsuna war selbst in seinen „Shota-Shorts“ unglaublich heiß.

„Flüchtig“ antworte Herb und brachte tatsächlich ein Schmunzeln zustande. „Wir sind uns im Lovehotel begegnet. Er war da mit seinen zwei kleinen Freunden, ganz schön frühreif das Früchtchen.“

Tsuna errötete heftig und schüttelte abwehrend den Kopf. „Na... Nein... Es ist nicht so wie es sich anhört, Wir waren da, weil... wegen...“. Während Tsuna noch händeringend nach einer Erklärung für ihren Besuch dort suchte, winkte Giotto schon wissend ab und lächelte gut gelaunt. „Das geht uns doch gar nichts an, Tsuna.“, meinte er, offenbar zufrieden und warf Amicelli einen Blick zu, den Tsuna nicht deuten konnte, aber es war keiner von diesen typischen ‚Der Junge wird aber schnell erwachsen‘-Blicken. Tsuna beschloss ihn zu ignorieren.

„Naja, ich werde mal raufgehen und Hausaufgaben machen. Entschuldigt, dass ich gestört habe.“, meinte er ein wenig kleinlaut und noch immer etwas peinlich berührt. Weit kam er aber nicht. „Wenn du willst, kannst du dich auch ein bisschen zu uns setzen und mitreden.“, meinte Giotto beiläufig und Tsuna fand das dieses Angebot geradezu verlockend klang, im Gegensatz zu Hausaufgaben.

„Ja gern.“ stimmte er also leichtherzig zu und setzte sich zu der Gruppe in die Küche. Es herrschte eine seltsame Stimmung, nicht bedrückt oder so, sondern einfach nur schwer zu verstehen, sonderbar und anders, besser konnte Tsuna es nicht beschreiben. Vielleicht lag das auch einfach nur daran, dass er Herb nicht kannte und noch misstrauisch war, was ihn anging. Der andere Junge mochte noch so nett sein, aber bisher hatte Tsuna ihn nur zweimal gesehen, einmal im Rotlichtviertel und beim anderen Mal hatte er sein Drogendöschen verloren. Man mochte sagen was man wollte, aber das waren nicht die optimalen Momente, um ein gutes Licht auf sich zu werfen.

„Worüber redet ihr denn?“ erkundigte er sich neugierig und nahm sich eine Coke aus dem Kühlschrank. Sie war noch lauwarm, weil der Kühlschrank schon seit längerer Zeit kaputt war, aber kühl genug, für einen solch heißen Augusttag.

„Oh. Wir haben alte Erinnerungen ausgegraben.“, sagte Giotto leichtfertig und lachte und auch Herb musste leicht schmunzeln. „Ja. Erinnerungen aus wilden Jugendtagen. Nicht so wild wie deine, Bursche, aber wild genug.“, ergänzte Basil in seiner typischen, leicht antiquierten Sprachweise.

Amicelli löste sich jetzt von der Wand und nahm ebenfalls am Tisch Platz, wo er ein Glas stehen hatte, aus dem er trank. „Wir waren gerade an dem Tag angekommen, an dem Giotto und ich uns kennen gelernt haben, aber vielleicht solltet ihr etwas weiter ausholen, wenn ihr Tsuna daran teilhaben lassen wollt, sonst versteht er es nicht.“, sagte er. Tsuna fand es fast erstaunlich, dass er so eine gute Laune hatte. Offensichtlich waren die drei, die hier vor ihm saßen enge Freunde.

Irgendwie erstaunte es ihn fast schon mehr, dass er überhaupt keine Ahnung gehabt hatte und vor allem, dass es ihn nie wirklich interessierte. Er lebte jetzt schon seit April hier, das waren schon vier Monate und er hatte sich nie über ihre Familien oder Freunde erkundigt. Tsuna wusste von Gokuderas Familie, seiner toten Mutter, seiner Schwester die er hasste und von den Freunden, die er in seiner alten Heimatstadt zurückgelassen hatte. Yamamotos Vater kannte er sogar persönlich, weil er schonmal bei ihm Sushi essen war und seine Baseball Kumpel, kannte Tsuna durch die Schule. Gott! Er kannte sogar die Familien von Belphegor und Mukuro und mit den beiden hatte er nicht mal viel zu tun, außer das sie Freunde waren.

Mit dem guten Vorsatz sich zu bessern und nicht davon abgeschreckt zu sein, dass Giotto und Amicelli Mafiakinder waren, lauschte Tsuna aufmerksam dem, was ihm erzählt wurde.
 

Giotto war gerade seinem Hauslehrer entwischt und rannte nun eilig durch den Vorgarten ihres Anwesens. Seine Uhr sagte Viertel vor um zwei. Eine Viertelstunde würde, aber ganz sicher reichen, um ins Stadtzentrum kommen. Er schlüpfte durch das Eingangstor, das er vorsorglich präpariert hatte, um jederzeit hinauszukommen.

Seine Eltern gingen, was ihren geliebten Spross anging, viel zu gerne auf Nummer sicher. Natürlich war er das Kind einer sehr reichen und einflussreichen Familie, die viele Feinde hatte, aber das war noch lange kein Grund, um ihn einzusperren und ihn nur in ihrem riesigen Garten spielen zu lassen, fand zumindest Giotto.

Der blonde Junge, der vor ein paar Tagen 15 geworden war, schnappte sich eine Jacke zum Überziehen und eine Mütze aus seinem Geheimversteck in einem ausgehöhlten Baum und zog sie sich über den Kopf.

Es war eine geniale Tarnung, ohne seine Massen von buschigem Haar, war er praktisch nicht zu erkennen und mit einer Mütze ließ es sich sehr gut bändigen. Giotto schenkte seinem Zuhause noch einen letzten Blick, bevor er sich umdrehte und die Straße bergauf lief. Beim Laufen achtete er nicht sonderlich auf seine Umgebung, er war diesen Weg schon tausendmal gegangen und würde es wahrscheinlich noch ebenso oft wieder machen müssen. Hier in der Gegend veränderte sich eigentlich nie etwas und Autos konnten hier auch nicht längs fahren. Wahrscheinlich gab es keinen Ort auf der Welt, der langweiliger war.

Eine gewisse Zufriedenheit übermannte ihn, als er die Hauptverkehrsstraße erreichte und ihrem Verlauf zum Stadtzentrum folgte. Heute war sein Lieblingstag: Mittwoch

Mittwochs waren die mit Abstand besten Tage der Woche, schon allein, für den Unterhaltungsfaktor. Giotto liebe Sport, er liebte ihn sehr!

Allerdings beschränkte sich seine abgöttische Liebe auf das Zusehen und nicht auf das mitmachen. Giotto musste leicht Grinsen, als die ersten Häuser der italienischen Kleinstadt in Sicht kamen. Sie waren solide und hatten große Fenster. Die Fassaden waren bunt angestrichen und begrüßten und verabschiedeten jeden Besucher freundlich. Das mediterrane Flair war der Stadt auf den ersten Blick anzumerken. Den letzten Rest zur Stadt ging es bergab, auf der anderen Seite ging es wieder steil bergauf. Die Südseite der Stadt, auf der er sich jetzt befand gehört der Vongola-Familie, seiner Familie, während die nördliche Hälfte der Stadt, genau wie die reichen und schönen Weinberge dort der Cialda-Familie gehörten. Ihren eingeschworenen Todfeinden.

Giotto wusste nicht genau ob er, wie sein Vater, die gegnerische Familie selbst hassen sollte, oder die Fehde, die zwischen ihnen tobte, aber fest stand eines von beiden hasste Giotto, denn dieses Ding war der Grund dafür, warum er nicht auf eine normale Schule gehen und das Haus nicht immer dann verlassen konnte, wann er wollte.

Giotto mochte seine Freiheit, und dass sie so massiv eingeschränkt wurde, ging ihm gegen den Strich und zwar ganz gewaltig. Seine Familie pflegte ihm unter die Nase zu reiben, dass er ein besonders talentierter Spross war, der gut gedüngt und gepflegt werden musste. Unglücklicherweise konzentrierte sein Talent sich einzig allein auf seine emphatischen Fähigkeiten, die es vollkommen unmöglich machten, ihn anzulügen oder etwas vor ihm geheim zu halten. Er war praktisch ein großer, laufender Lügendetektor. Er wünschte sich wirklich, auch für etwas anderes nützlich zu sein, aber er war unsportlich, lernte langsam, war künstlerisch zurückgeblieben und konnte nicht mal spielen. Im Großen und Ganzen, war er ein Versager. Davon ließ er sich selbstverständlich nicht demotivieren, aber es war schon hinderlich in einigen Situationen.

Eigentlich sogar in vielen Situationen. In allem was irgendwie von Belang war. Er war nicht besonders schusselig, sondern einfach nur unbegabt. Aber egal. Man konnte von solchen Dingen ja einfach ablenken, wenn man halbwegs Schauspielern konnte. Und darin war Giotto wiederrum ziemlich gut oder zumindest relativ passabel.

Stolzen Schrittes marschierte Giotto die Hauptstraße entlang, bis der Springbrunnen in sein Sichtfeld kam, an dessen Seite bereits sein Freund wartete. „Basil!“, rief er dem Jungen zu, den man nach seinem Lieblingsgewürz benannt hatte, und winkte ihn zu sich hinüber, denn die Stadtgrenze sollte er hier nicht überqueren. Auch wenn er verkleidet war, es hier zu wagen wäre purer Selbstmord. Irgendeiner von den Cialdas würde ihm auf die Schliche kommen, wenn er es direkt vor ihnen tat und das wollte er dann doch nicht provozieren.

„Du solltest nicht so laut deine Stimme erschallen lassen. Ob nah oder fern, du lenkst Aufmerksamkeit auf dein so leicht zu tötendes Selbst. Hier ist weder Ort noch Zeit, um gar das Volumen deiner Sprechorgane auszutesten. Sei trotzdem gegrüßt mein Freund, es ist gut dich gesund und munter wieder zusehen.“ Giotto nahm sein Gerede über die Vorsicht nur am Rande wahr und klopfte seinem Freund zur Begrüßung auf den Rücken, als dieser sich ihm näherte. Flugs verließen sie den gefährlichen Grenzbereich und gingen durch die schönen Gassen ihrer Heimatstadt.

„Und was steht heute auf dem Programm? Gibt es was besonders lustiges was wir uns ansehen können?“ fragte er hochgradig interessiert nach und bekam dafür ein sattes, warmes Lächeln. 
„Oh ja, eine Delikatesse, wenn es darum geht die Eleganz des menschlichen Köpers zu bewundern. Eine Sportart so elegant und graziös, dass wir an einem schrecklichen Tod durch Humor dahinsiechen werden. Wir besuchen das Handballtraining.“

Giotto konnte sein Lachen schon jetzt kaum verhindern. „Handball? Ernsthaft?“, fragte er hochgradig amüsiert und griente wie ein Honigkuchenpferd. Schon allein dafür hatte es sich gelohnt, sich heute von zu Hause wegzuschleichen. Handball war eine der weibischsten Sportarten, die Giotto kannte und wer sie spielte, der war in Giottos Augen mehr als nur armselig. Handball war, fand er, noch viel idiotischer als Fußball. Hochzufrieden setzten er und Basil ihren Weg zum Sportstation auf der Grenzstraße fort.

„Ja mein teurer Freund. Handball.“, bestätigte Basil, der genauso unsportlich war, wie er selbst. Es war immer gut zu wissen, dass man nicht der einzige war, der lieber Süßes aß, anstatt sich irgendwo abzurackern.

„Die Heimmannschaft bereitet sich auf das anstehende Turnier vor. Ein bisschen positive Unterstützung wird unseren edlen Vertretern sicher nicht schaden.“, meinte Basil, der jetzt in eine kleiner Seitenstraße abbog, an dessen Ende das Stadion bereits überdeutlich zu sehen war.

Das Stadion war riesig, was auch kein Wunder war, immerhin war es der Austragungsort von allen Sportturnieren und Festen, die diese Stadt zu bieten hatte. Von allen sieben! Giotto betrat das Stadion nur wenn er zu den Bundesjugendspielen genötigt wurde, oder um den Sportlern mit Basil beim Training zuzusehen und herzlich zu lachen.

Gut gelaunt ging er durch den Gang zur Trainingsfläche und erklomm sogleich die Tribüne. Es dauerte einen Moment, bis er und Basil die optimalen Plätze gefunden hatte, die sowohl gute Sicht als auch einen schönen Platz in der Sonne boten. Der Coach des Teams hielt gerade eine enthusiastische Rede darüber, dass das Stadtteam es dieses mal ganz sicher über den Vorentscheid hinaus schaffen würde, wenn alle nur ihr Bestes gäben. Die Spieler wirkten nicht überzeugt, eher beschämt. Abgesehen von einem Jungen mit schwarzen langen Haar, der seine Arme vor seiner Brust gekreuzt hatte und einen grimmigen Eindruck machte.

Giotto fand gleich, dass er erwachsener wirkte, als die ganzen pubertären Langweiler, die sonst da standen. Er stach irgendwie aus der Menge hervor. Er bettelte praktisch darum ausgelacht zu werden. Schon alleine, weil er mit all seinem Ernst und seinem ganzen Stolz und Herzblut bei der Sache zu sein schien.

Als das Probespiel anfing, die zehn Jungs hatten sich dafür in Fünfergruppen aufgeteilt, war er es, der sich zuerst auf den Ball stürzte und mit ihm in der Hand auf die andere Seite des Spielfeldes jagte. Giotto beschloss daraufhin mit etwas einfachem anfangen. „Schneller!“, rief er lautstark: „Schneller! Sonst reißt dich das Mittelfeld in Stücke!“, grölte er förmlich. Sie fingen immer nett an, bevor er richtig gemein wurde. Erst einmal sollten sie Hoffnung schöpfen. Sie danach am Boden zerstört zu sehen, war viel, viel lustiger.

Was sie taten mochte nicht sonderlich nett sein, lustig war es aber allemal und man musste nach dem Training nur schnell genug abhauen, damit die Spieler einen nicht abfangen konnten um einen ein paar Knochen hier und da zu brechen. Diesen Fehler machte man vielleicht ein oder zwei Mal, aber sicher nicht öfters, schon allein, weil es immer schwer war den Eltern zu erklären wie man sich im sicheren Hausgarten so verletzen konnte. Am Ende fanden sie noch raus, dass er sich immer fortschlich, sobald sich im die Möglichkeit dazu bot, das wäre fatal. Wahrscheinlich würden sie eine bessere Nanny und ein höheres Tor besorgen oder ihn gleich bis er volljährig war Hausarrest geben.

„Was war das denn? Du willst in unserer Heimmannschaft sein und kannst nicht mal so einen einfachen Ball halten? Streng dich mal an!“ Der Spieler, der den Ball hatte durchgehen lassen wurde feuerrot im Gesicht und Basil und Giotto grienten sich zufrieden an.

„Wenn du deine Schnürsenkel nicht zumachst, dann wirst du hinfallen!“, rief Giotto im weiteren Verlauf des Spiels und brachte einen Spieler damit zum Stolpern. Er lachte, lauthals, als der arme Tropf auf die Nase fiel und ein anderer ihm aufhelfen musste. „Komm schon! Sei keine Pussy!“, rief er, als man ihm den kleinen Blutstrom von der Nase abwischen musste. Zufrieden gluckste der Blonde und bemerkte so gar nicht, dass hinter ihm auf einmal ein Schatten auftauchte. „Hey! Ihr Scheißkerle!“, knurrte eine überraschend tiefe und ungewöhnlich angespannte Stimme, dann wurden sowohl er, als auch Basil am Kragen gepackt und nach oben gezogen. „Habt ihr irgendein Problem?!“, sagte der grimmige Junge, der vorher noch wie der Teufel gerannt war. Giotto hatte nicht gesehen, wann er das Spielfeld verlassen hatte, aber dass er jetzt hier war, war ein Problem.

Der Junge mit dem langen schwarzen Haar hatte einen Blick, der einen Löwen oder einen Puma in die Flucht jagen könnte. Finster, gemein und einhundertprozentig tödlich, irgendwie wurde Giotto bei diesem Anblick Angst und Bange, aber er tat, was er am Besten konnte und plusterte sich mit aller heißen Luft auf, die er zusammensammeln konnte. Seine schmale Brust hob sich kaum merklich und Basil warf ihm einen verzweifelten Blick zu. Das war eine dumme Idee, eine sehr dumme! Das wollte er ihm mitteilen und Giotto hatte keine Probleme seine Körpersprache zu deuten, aber hier stand seine Ehre als Buh-Rufer auf dem Spiel.

„Das einzige Problem ist eure Mannschaft. Bei so einem jämmerlichen Team ist es kein Wunder, dass wir nicht mal über den Vorentscheid hinauskommen.“ Die gespreizt gezupften Augenbrauen seines Bedrohers rutschten noch ein ganzes Stück tiefer und wäre das möglich gewesen, wäre Giotto in Flammen aufgegangen. Stolz grinste Giotto ihn an.

„Du suchst wirklich Ärger, was? Du kleiner, verfickter Nörgler.“ Der Junge ließ die beiden los und hüpfte über die Bänke in den etwas breiteren Gang in der ersten Reihe. Er stand Giotto und Basil nun gegenüber und so konnte Giotto einen noch deutlicheren Blick auf den Schwarzhaarigen werfen. Seine Augen waren grün wie Gras und unglaublich intensiv, strahlten im Moment aber eine unglaubliche Unruhe und Wut aus. Giotto versuchte seine Gedanken aufzufangen, scheiterte aber daran und war darüber ein wenig verwundert. Gerade dachte er noch er wäre gut darin und schon wurde er enttäuscht. „Ich nörgle nicht. Ich sage nur die Wahrheit. Ihr spielt furchtbar schlecht.“. Er rümpfte die Nase hochnäsig. „Ach und dein Mundwerk ist eine Katastrophe, wollte ich dir nur sagen.“, meinte Giotto beiläufig, aber noch immer besorgt um seine versagenden Fähigkeiten.

Das war nicht normal! Giotto konnte immer, überall und von jedem die Gedanken und Gefühle lesen, nicht umsonst wurde er so hart darauf gedrillt, geradezu abgerichtet. Immer wieder wurde ihm vorgehalten, dass noch niemand so klare und deutliche Signale empfangen konnte wie er und das erfüllte ihn irgendwie mit Stolz. Wenn andere Mitglieder seiner Familie vage Eindrücke von Gefühlen empfangen konnten, dann war das für ihn nur lachhaft, denn wenn er sich genug anstrengte, las er ganze Gedanken. Das Ganze war für ihn nicht schwerer, als ein einen Film anzumachen und ihn zu verstehen, eigentlich war es sogar noch einfacher, weil Gedanken so einprägend und echt waren. Die wenigsten Leute logen in ihrem Geist und so erfuhr man manchmal mehr von seinen Mitmenschen, als man wissen wollte. Trotzdem empfand er seine Gabe immer als Segen und niemals als Last. Auch wenn es deprimierend sein konnte, wenn man wusste dass alle Mädchen einen für einen Versager hielten.

„Sag das noch mal, du kleine beschissene Kröte und ich lass die Luft aus dir raus!“ knurrend kam er einen Schritt auf Giotto zu und seine Schultern vibrierten vor lauter Zorn.

Giotto fischte noch immer nach Gedankenfetzen von dem Schwarzhaarigen, aber er konnte keine empfangen, nicht mal ein Fitzelchen. Seine Gefühle standen ihm zwar deutlich ins Gesicht geschrieben, aber Giotto wäre es dennoch lieber, wenn er sie direkt lesen könnte. Angestrengt versuchte er es noch einmal, aber nichts. Da kam absolut nichts an. Er biss sich kur auf die Lippe, dann überlegte er, ob er es noch weiter treiben konnte. Wenn man Gedanken lesen konnte, fiel einem diese Entscheidung viel leichter.

Noch einmal plusterte Giotto sich auf und setzte sein keckes, übermütiges Grinsen auf. Einmal ging noch. Der konnte ihn doch nicht einfach schlagen. Wenn sein Trainer das sah, würde er ihn aus dem Team schmeißen. „Dein Mundwerk ist so schmutzig wie die städtische Müllhalde, da würde ich mal mit Seife...“ Giotto brachte seinen Satz nicht mehr zu Ende. Er sah nur noch Sterne.

9. August: Teil 2

Und hier ist der zweite Teil. Etwas verspätet, wie immer =P Ich war zu faul die Posts aus den ENS herauszusuchen. Aber besser spät als nie. Danke an alle Kommentatoren, btw. ^^ Es wird mal wieder Zeit für ein großes Dankeschön.
 

9 August: Teil 2
 

Der Faustschlag kam geübt, schnell und präzise. Viel präziser, als man es von einem Teenager erwartet hätte, vor allem von einem Handballspieler. Damit hatte Giotto nicht gerechnet, wirklich nicht! Normalerweise wusste er, wenn jemand die Schwelle übertreten würde, aber in diesem Fall war alles so verschwommen, dass er sich regelrecht blind vorkam. War das so, wenn man kein Empath war? So schrecklich kurzsichtig, um nicht zu sagen, blind? Vielleicht war der Junge ja in Wirklichkeit ein Roboter, das würde den Mangel an Gefühlen und Gedanken erklären und um nichts zu vergessen, auch die Härte des Schlags.

„Au...au...au...“, jammerte er wehleidig und hielt sich die schmerzende Wange, die unangenehm pochte. „Wie konntest du mich einfach so schlagen? Ich hab dich gar nicht angefasst, du Rowdy!“ Dicke Tränen kullerten über seine Wange und er schniefte herzzerreißend wie ein gefolterter Welpe.

Der Schwarzhaarige vor ihm stand da wie ein Stock. Die Faust hatte er noch erhoben, er senkte sie aber langsam wieder. Auch Basil rührte sich nicht. Er hatte mit dem Schlag noch weniger gerechnet, als Giotto, denn... Basil wusste, dass Giotto wusste was er tat, wenn er jemanden reizte, zumindest normalerweise. So hatte Basil ihn noch nie gesehen. Auch dem fremden Jungen schien die Situation jetzt ein wenig unheimlich zu sein. Die Wut aus seinen Augen verschwand und binnen weniger Sekunden hatte er sich zu Giotto hinunter gekniet, um ihn betrachten zu können. Dieser jedoch weinte noch immer bitterlich. „Du... Du hast mich beleidigt, das konnte ich doch nicht... auf mir sitzen lassen.“, versuchte er sich zu rechtfertigen. „Bei der großen Klappe die du hattest, hätte ich gedacht, dass du wehrhafter bist.“, meinte er und klang dabei ein wenig ernüchtert. Basil zuckte schon zusammen, als er seine Hand erneut ausstreckte, aber der Junge schnappte sich nur Giottos Kinn und murmelte: „Lass mal sehen.“, zu sich selbst.

„Das ist sicher eine Platzwunde“, weinte Giotto jämmerlich und presste noch ein paar mehr Tränen raus, so dass sie wie kleine Flüsse unermüdlich über seine Wangen liefen. Zum Glück besaß er keinerlei Ehrgefühl, sonst wäre ihm die Situation vielleicht sogar peinlich gewesen. „Und wegen dir werde ich jetzt verbluten. Wahrscheinlich habe ich eine Hirnverletzung und leide von nun an an einer schrecklichen zunehmenden Verdummung. In drei Wochen habe ich wahrscheinlich vergessen wie man atmet und werde jämmerlich ersticken.“

Basil hielt ihm hilfsbewusst ein Taschentuch hin, in das Giotto schnaubte und sich die Tränen wegwischte. Der Effekt hielt jedoch nicht lange, da seine Wangen kurze Zeit später wieder feucht waren. Dieser Junge war definitiv ein Monster. Ein Monster, das ihn umbringen wollte und das nur weil Giotto ein paar harmlose Witze gerissen hatte. Das Leben war doch nicht fair!

Man konnte nur allzu deutlich sehen, wie Amicellis Augen rollten. Jetzt übertreib mal nicht. Das wird höchstens ein blauer Fleck, wenn überhaupt. Du hast nicht mal einen Zahn verloren.“, meinte er besänftigend, aber das trieb Giotto nur noch mehr Tränen in die Augen. „Das kommt alles noch. Und dann kann ich nur noch Brei essen.“, schluchzte er bitterlich.

Amicelli konnte es nicht fassen, was für ein Idiot. Aber es tat ihm schon ein wenig Leid, dass er so die Beherrschung verloren hatte. Er war eigentlich nicht der Typ der zuschlug, aber nach einem Streit mit seinem Bruder war er immer so gereizt. „Okay. Das reicht.“, knurrte er fast genervt und griff nach Giottos Arm. „Okay Prinzessin...“, als Giotto sich nicht bewegte, packte er ihn Kurzerhand an der Hüfte und warf ihn sich über die Schulter. „Ich bring dich zu unserem Teamarzt. Der macht dir ein Pflaster drauf und dann ist alles wieder gut und wenn das auch nicht hilft, bekommst du noch ein Küsschen.“, meinte er sarkastisch und hoffte dass ihn das endlich beruhigen würde.

Giotto fand, das es geradezu eine Frechheit war, wie ein Sack über die Schulter geworfen zu werden, aber momentan beunruhigte es ihn mehr, dass er vielleicht einen ernsthaften Hirnschaden erlitten haben könnte. Vielleicht war das, das endgültige Aus für seine Fähigkeiten. Jetzt war er endgültig nutzlos für seine Familie und konnte sich gleich ertränken. Ein Herzzerreißendes Schluchzen entkam seinen Lippen und er ließ sich nur wiederstrebend, zu dem Arzt bringen, der Amicelli einen zweifelnden Blick zuwarf.

„Das hätte ich nicht von dir gedacht, Amicelli.“ sagte er, schmunzelte dabei aber und betrachtete Giottos schwere Verletzung prüfend. Nach einigen Sekunden schüttelte er nur amüsiert seinen Kopf und tätschelte Giotto den Kopf. „Tut mir Leid Junge, daraus wird keine Kriegsnarbe. Das schwillt etwas blau an, und mehr steckt nicht dahinter.“

Giottos Lippe bebte erbarmungswürdig und er verbarg sein Gesicht in seinen Händen. Seine Verletzung war also so schlimm, dass der Arzt ihm die Wahrheit nicht mal ins Gesicht sagen konnte!

Amicelli verdrehte die Augen erneut und als der Arzt sie wieder hinausschickte und Giotto noch immer herzerweichend schluchzte. „Was zur Hölle ist los, verdammt nochmal?! Ich hab dir eine rein gehauen, weil du ein verfickter Nervsack bist. Davon stirbt man nicht. In was für einem Vakuum bist du bitteschön aufgewachsen? Bei der Vongola im Vogelkäfig oder was?“, sagte er leicht genervt und verschränkte die Arme vor der Brust. „Komm mal klar. Bist du ein Mann oder eine Memme? Nein warte... Sag‘s mir nicht. Ich kann es mir denken“, meinte der Schwarzhaarige augenverdrehend und seufzte. „Was hältst du davon, wenn ich dich als Entschuldigung auf ein Eis einlade? Ich wollte dich nicht schlagen. Mit mir sind einfach die Pferde durchgegangen.“, erklärte er ein wenig reumütig.

Keine Sekunde später blühte Giottos Gesicht vor Begeisterung auf und er hängte sich automatisch an den Arm des anderen Jungen. Jetzt war alles wieder gut! Da seine Eltern ihm eigentlich alles kauften, was er haben wollte, bekam er kein Taschengeld und mit Eis sah es immer schlecht aus. Aus irgendeinem Grund, verboten seine Eltern ihm allen Süßkram. Deshalb stopfte Giotto sich so viel davon rein, wie er auftreiben konnte, wenn er den heimischen Fängen entkommen konnte. Am meisten mochte er Pudding, immer wenn Giotto einen Pudding aß, bekam er solche Glücksgefühle, dass er nur laut aufseufzen konnte.

„Ab jetzt liebe ich dich offiziell! Ich bin Giotto und ich möchte Puddingeis, drei Kugeln mit extra Sahne und Streuseln und einer Waffel!“ verlangte er und hüpfte beim Gehen munter auf und ab. Basil war mittlerweile wieder zu ihnen gestoßen und schenkte Amicelli einen mitleidigen Blick.

„Mein Beileid, jetzt möchte er dich heiraten. Ich bin übrigens Basil.“

„Hey...“, begrüßte Amicelli den Braunhaarigen und versuchte sein Augenrollen zu vermeiden. „Amicelli.“, stellte er sich knapp und kurz vor und vermied es seinen Familiennamen auszusprechen. Er hoffte niemand würde ihn danach fragen. „Wo bekommt man denn dieses... Puddingeis?“, fragte er an Giotto gewandt, der summend und lachend neben ihm herlief und sich noch etwas fester an ihn schmiegte, als er das Eis erwähnte. Amicelli hatte diese Heiratssache für einen Scherz gehalten, aber ganz offensichtlich hatte Basil sie mehr als nur ernst gemeint. „In der Sühüüüüdstadt“, summte Giotto melodisch und zog ihn mit, bemerkte kaum, dass Amicelli das Gesicht bei der Ortsangabe leicht verzog. „Okay... also in der Südstadt.“, bestätigte er schließlich, schien aber ein wenig unruhig zu sein.

Giotto sah das gar nicht, sondern führte seinen besten Freund und seinen Zukünftigen, voller Vorfreude in die Eisdiele „Malato Stomaco“. Diese Eisdiele war die Beste der ganzen Südhälfte der Stadt und hatte solch abenteuerliche Eissorten wie: Pudding, Aspirin und Farblack. Nicht alle waren Bestseller, aber es war immer wieder ein Geschmackserlebnis, immerhin boten nicht viele Eisdielen solch ein unterschiedliches Arsenal an.

„Hier sind wiiiiiiiiiir~!“ summte er gut gelaunt und zog Amicelli, der seltsam aufgekratzt schien, hinter sich her, hinein in den gekühlten Laden. Die Verkäuferin schenkte Giotto augenblicklich ihr wärmstes Lächeln und grüßte ihn sogar beim Namen. Es war wirklich sehr schwer zu erkennen, dass Giotto hier Stammgast war. „Hallo Pureza! Ich hab dir einen neuen Kunden mitgebracht und er möchte mir unbedingt ein Eis ausgeben! Dreimal Pudding mit dem Üblichen bitte!“

„Dann setz dich doch mein Herz, dein Platz ist wie immer reserviert und für... die nette Begleitung...“, sie schenkte Amicelli einen wilden Blick, „...findet sich in deiner Ecke schon auch noch ein Platz, ansonsten ist mein Schoß immer frei.“, meinte die Frau gut gelaunt und deutete auf einen Tisch im hinteren Teil des Ladens. Amicelli hatte kurz Angst, die Frau könnte ihn gleich anspringen, doch Giotto zog ihn aus der Gefahrenzone mit auf die Bank. „Mann, bist du anhänglich.“, grummelte er, als Giotto seinen Arm noch immer nicht loslassen wollte und verdrehte erneut die Augen. Irgendwann würden sie ihm in den Kopf rollen, das wusste er jetzt schon. Wen hatte er sich da nur eingefangen? Wenigstens hatte er aufgehört zu flennen, das war immerhin schon einmal etwas.

„Also ich bin 15, Wassermann und habe die Blutgruppe A. In der Schule bin ich im Window Color Klub und in der Mode AG. Meine liebsten Motive sind Nadelstreifen, aber meine Eltern verbieten sie mir im Haus anzuziehen, weil ich dadurch aussehe wie ein billiger Mafiosi. Mein letzter Zeugnisdurchschnitt war bei stolzen 3,9 und bei den Bundesjugendspielen belege ich immer den vorletzten Platz, wobei der einzige, der noch schlechter ist als ich, Asthma hat. Eines Tages möchte ich mal ein eigenes Puddingrestaurant führen, wo es nur Puddings gibt! In allen Geschmackssorten! Und jetzt erzähl mir etwas von dir!“ Giottos Strahlen ließ die Eislöffel auf dem Tisch funkeln und Amicelli musste sich für einen Moment wegdrehen um nicht zu erblinden.

Basil war das ganze schon gewohnt und nahm es mit einer abgestumpften Akzeptanz hin, so wie man sich mit der Zeit an einen abgeschlagenen Arm oder ein fehlendes Bein gewöhnte. Es dauerte seine Zeit, aber irgendwann hatte man verstanden, dass sich nichts ändern würde.

Amicelli wusste nicht was all die sinnlosen Dinge sollten, aber er beschloss in gleicher Weise zu antworten. „Ich bin Waage, spiele Handball und Basketball... Habe einen Zwillingsbruder. Er hat Asthma. Mein Notendurchschnitt liegt bei 1,7, aber mein Bruder und ich haben einen Hauslehrer, das macht es vielleicht einfacher. Wenn ich erwachsen bin... würde ich gerne Polizist werden, aber ich weiß das kann ich nicht, also werde ich die Traditionen unserer Familie weiterführen.“, meinte er weniger begeistert als Giotto und setzte dabei wieder seinen grummeligen Gesichtsausdruck auf. Das war doch alles albern, albern und dumm. Manchmal wünschte er sich, er könnte so hochgestochene Ziele haben, wie der Junge der ihn jetzt wieder anstrahlte, aber dem würde wahrscheinlich nie so sein. Als ältester Sohn hatte er Verantwortung zu tragen. Sein Vater predigte ihm das immer und immer wieder und zu seinem Leidwesen würde er wohl auf ihn hören müssen.

„Na das wollen meine Eltern auch, aber unser Familienunternehmen ist so langweilig, da könnte ich ja gleich Zahnarzt werden! Du kannst gerne in mein Puddingunternehmen einsteigen, wenn du möchtest! Du rührst den Pudding an und ich stehe vorne am Tresen und verkaufe ihn. Mir wird immer nachgesagt, wenn ich auch sonst nichts kann, habe ich ein gewinnendes Lächeln.“ Wie um das zu beweisen, strahlte er wieder übers ganze Gesicht.

Pureza brachte ihm summend und Hintern schwingend den Eisbecher mit dem Puddingeis und schickte Amicelli noch einen Luftkuss und ein zweideutiges Zwinkern, bevor sie nach Hinten verschwand. Giotto schenkte dem Ganzen keine sonderliche Aufmerksamkeit, sondern machte sich über seinen Eisbecher her. Bevor Amicelli sich wehren konnte, schaufelte er ihm einen gehäuften Löffel mit dem überraschend süßen und klebrigen Eis in den Mund.

Es schmeckte überraschend gut, aber eigentlich nicht wirklich nach Pudding, sondern eher nach einem seltsamen Mix aus Vanille- und Schokoladeneis. Amicelli mochte nicht so gern süße Sachen, aber dem Jungen zuliebe, dessen Wange schon wieder fast abgeschwollen war, nahm er seinen eigenen Löffel und schaufelte sich noch etwas davon in den Mund. „Ich wünschte ich wäre so optimistisch, wie du.“, meinte er leicht lächelnd. Ein bitteres und eher betrübtes Lächeln, an dem selbst das süße Eis nichts ändern könnte. „Aber mein Vater ist ziemlich streng. Mein Bruder hätte die Stelle gern, aber weil ich drei Minuten älter bin, muss ich diese Bürde auf mich laden.“, meinte Amicelli seufzend und rührte in seiner Sahne. Er wusste gar nicht wieso er das alles erzählte, er kannte Giotto immerhin gar nicht. Andererseits beruhigte es ihn wohl, dass Giotto aus sehr ähnlichen Umständen zu kommen schien.

Giotto schluckte seinen Löffel voll Eis herunter und nuckelte etwas nachdenklich an seinem Löffel, bevor er noch einen nahm und befand, dass er wohl antworten könnte. Die ganze Problematik war ihm natürlich mehr als nur gut bekannt und er fühlte wirklich mit ihm. Seine Eltern wollten ja auch, mehr oder minder, dass er eines Tages ihr ,Unternehmen‘ weiterführte, natürlich nur mit einem guten Beraterstab. Ohne Berater läge die Familie wohl noch drei Wochen in Trümmern und das ganze Vermögen würde der Polizei in die Hände fallen.

„Wenn dein Bruder nur drei Minuten älter ist als du, seid ihr sicher Zwillinge. Warum tauscht ihr nicht einfach Identitäten?“ fragte er wieder mit vollem Mund und leckte sich zufrieden etwas Sahne aus den Mundwinkeln. Für ihn lag der Fall klar und deutlich auf der Hand, aber er war auch nicht der Beste, wenn es ums Hinterfragen ging.

Amicelli seufzte. „Das... geht nicht mehr. Mein Bruder... er wurde durch einen Unfall entstellt, den ich verursacht habe. Seitdem hasst er mich. Und wir sehen uns auch überhaupt nicht mehr ähnlich.“, meinte Amicelli niedergeschlagen und hob dann die Hand um abzuwinken. „Bitte lasst uns nicht darüber sprechen, das ist... ein unangenehmes Thema.“, bat er und stocherte ein wenig in seiner Sahne herum. Amicelli wusste nicht, ob er nicht vielleicht schon zu viel gesagt hatte. Jeder Idiot konnte zwei und zwei zusammenzählen und jetzt wissen, dass es hier nicht um ein Geschäft im allgemeinen, sondern ein Geschäft im speziellen Sinne handelte und dass der Junge, der hier vor ihnen saß der Spross einer Mafiafamilie war, aber Giotto schien es entweder nicht zu kapieren, oder er vermied es zu hinterfragen. Das erleichterte ihn irgendwie. Basil jedoch schien schon seit geraumer Zeit etwas beunruhigt und stupste jetzt auch Giotto an, damit er ihn ansah.

Verwirrt blickte Giotto ihn dann endlich an und legte fragend seinen Kopf schief, er war so abgelenkt von dem Jungen gewesen, das er gar nicht auf Basil geachtet hatte. Irgendwie war er ein ganz schön kümmerlicher bester Freund, wenn man so drüber nachdachte. Um sein Gewissen zu erleichtern konzentrierte es sich deshalb ganz und gar, auf den braunhaarigen Jungen, der augenblicklich erleichtert aussah.

,Das ist eine schlechte Idee.‘ Was war eine schlechte Idee? Giotto verstand ihn nicht und zuckte nur mit den Schultern. ,Du kennst ihn!‘ Giotto schüttelte seinen Kopf und war sich sicher, dass ihre stumme Unterhaltung seltsam aussehen musste. Basil konnte seine Gedanken nicht lesen, aber seine Körpersprache konnte er zumindest deuten. ,Er ist von der Mafia, du Depp!‘

Hochgradig erstaunt drehte Giotto sich wieder zu dem schwarzhaarigen Jungen neben ihm. „Du bist von der Mafia?“

Basil stöhnte und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. „Entschuldigung, er ist nicht mit Absicht so dumm.“

Amicelli konnte es nicht fassen. Hatte dieser Kerl ihn tatsächlich gefragt...? Er wollte seine Augen jetzt am liebsten in den Hinterkopf rollen, doch leider verbot ihm sein Körper ein derartiges Unterfangen. „Bist du denn des Wahnsinns? Das einfach so anzusprechen? Tickst du noch ganz richtig?“, fragte er und schlug sich die Hand vor die Augen. „Und das auch noch hier, auf Feindgebiet, bete dass das niemand gehört hat, der für die Vongolas arbeitet.“, murmelte er leicht genervt und gleichzeitig geschockt und versuchte seine Gedanken zu ordnen. „Du solltest mal lernen nicht alles auszuplappern, was man dir sagt.“, fügte er an und wischte sich den angespannten Gesichtsausdruck vom Gesicht um wieder einen grummeligen aufzusetzen. „Aber ja, es stimmt. Ich hab keine Schusswaffen dabei, also bleibt ruhig sitzen. Ich tue euch nichts, ignoriert den Umstand einfach.“, fügte er zur Sicherheit an.

„Ach, nimm‘s locker! Von meiner Famiglia bringt niemand jemanden um weil er ein Eis isst, das wäre viel zu umständlich wieder aus der Welt zu schaffen. Die Vongolas sind gar nicht so schlimm, wie immer gesagt wird, ich sollte das wissen, immerhin bin ich der Nachfolger meiner Mutter.“ lachte Giotto gut gelaunt, als wäre nichts dabei und verspeiste den Rest seines Eises. Er verstand nicht, warum Basil langsam und rhythmisch seinen Kopf gegen die Tischplatte schlug. Manchmal hatte er einfach diese Macke, dass er das nicht länger zurückhalten konnte.

Giotto selbst glaubte nicht an solch Selbstverstümmelung, warum sollte er auch? Es war schon schlimm genug, wenn andere ihm weh taten, da musste er ihnen diese Aufgabe nicht auch noch abnehmen oder sie unterstützen. Basil war einfach ein seltsamer Kerl, immer wenn er dieser Tischplattenmisshandlung nachkam, sagte er, er täte es weil er unter einem schlimmen Fall von Fremdschämen leide. Wenn Giotto nur wüsste, für wen er sich so schämte...

Amicelli, der sich gerade noch einen Löffel von dem süßen Eis in den Mund geschoben hatte, spuckte ihn fast wieder aus und starrte Giotto mit einem mehr als nur entgeisterten Blick an. Vongola? Hatte er gerade Vongola gesagt? Er war der Sohn der Vongolas? Amicelli ließ den Löffel fallen und der landete mit Geschepper auf dem Tisch. Noch ehe das Geräusch ganz verklungen war, war er aufgestanden und fischte nach seinem Portemonnaie. Er zog einen Geldschein heraus und legte ihn auf den Tisch. „Ich sollte jetzt wirklich gehen. Sofort. War nett mit euch.“, meinte er kurz angebunden und schien auf einmal furchtbar gehetzt. „Hey, jetzt warte doch mal!“, rief Giotto ihm schmollend hinterher und sprang ebenfalls auf. Auch Basil erhob sich, aber nur um Giotto am Handgelenk zu fassen und ihn zurückzuhalten. „Du solltest ihm nicht nachgehen. Ist dir nicht klar, Giotto, wer er ist? Der Schrecken des Nordens.“.

Nein, Giotto verstand nicht.

Das einzige, was Giotto verstand, war dass er schon wieder jemanden vergrault hatte, nur wegen seiner dummen Familie. Warum reagierten nur immer alle so gereizt darauf, wenn er sie erwähnte? Es war ja nicht mal so, als ob es eine besonders schlimme Familie wäre. Sie töteten nicht grundlos, zumindest nicht oft und außerdem waren viele ihrer Mitglieder sehr, sehr nett! Die Leute hatten einfach zu viele Vorurteile und rannten gleich weg, nur weil sie das bloße Wort „Mafia“ hörten.

„Aber! Aber...!“ beschwerte er sich und sprang ebenfalls aus seinem Sitz auf. „Ich wollte ihm keine Angst einjagen! Ich bin sicher, wenn wir uns erstmals kennen lernen, dann werden wir gute Freunde. Komm schon Basil, wir müssen ihm hinterher und dieses schreckliche Missverständnis aufklären!“

„Giotto, bitte. Der hat schon alles richtig verstanden. Aber... streng mal deinen Kopf ein bisschen an. Er hat einen Bruder, der entstellt ist und der Asthma hat. Erinner dich an die Bundesjugendspiele. Der Junge den du besiegt hast, war Xanxus Cialda. Er hat Narben überall, das würde ich als Entstellung bezeichnen und außerdem... Außerdem sieht er dem Typ zum verwechseln ähnlich. Sein Haar ist kürzer, aber wenn du mal scharf überlegst dann...“, Basil erschrak sich, als Giotto eine erstaunliche Kraft entwickelte und ihn mitzog. Er schien nicht einmal über Basils Worte nachdenken zu wollen. „Ist doch unwichtig. Er war sehr nett.“, meinte er stattdessen nur und lief aus dem Laden. Amicelli war noch nicht weit gekommen, aber mit Basil im Schlepptau und dank seiner unglaublich schlechten Kondition würde es nicht so einfach sein ihn vor der Grenze wieder einzuholen.

Die ganze Angelegenheit artete in einen „wilden Sprint“ aus, wie Giotto es bezeichnete, in Wirklichkeit war es aber eher eine Art schneller Gang mit regelmäßigen Pausen um die Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. Giotto hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er nichts von Sport hielt, aber in diesem Moment fand er es schon ein wenig störend. Gerade als Amicelli die Grenze passierte, setzte Giotto zum finalen Sprint an und tackelte den Jungen zu Boden. Schwer atmend setzte er sich auf und schmollte ihn demonstrativ an, hätte Amicelli nicht gerade auf dem Boden gelegen, wäre das mit Sicherheit sehr effektiv gewesen.

„Du MUST mich anhören! Ich bin wirklich kein übler Kerl, auch wenn meine Eltern Gangster sind, wirklich du musst mir glauben! Ich finde dich so nett und wir können sicher gute Freunde werden, wenn du mir nur eine Chance gibst.“

Amicelli wirkte unsicher und ein wenig überfordert. Er lag hier immerhin mit dem Rücken auf der Straße, über ihm saß ein Junge, der schon wieder kurz davor war bitterliche Tränen zu vergießen, man sah sie förmlich aus seinen Augenwinkeln quellen. "Hör... Hör zu. Das ist nichts gegen dich. Du bist sehr nett und alles und ich kann mich auch gar nicht beklagen. Ich würde dir gerne eine Chance geben, aber wenn mein Vater das herausfindet, dann wird er mich umbringen. Oder dich. Wahrscheinlich würde er beides versuchen. Eins von beiden wird schon klappen und wenn nicht.", meinte Amicelli seufzend und blickte Giotto von unten herauf an. "Hast du denn wirklich... überhaupt keine Ahnung wer ich bin? Ein Dreijähriger hätte das rausbekommen."

„Nein! Wie-Wie sollte ich denn auch auf diese geringe Wahrscheinlichkeit kommen, dass du der Sohn des schlimmsten Rivalen meines Vaters bist? Wir sind wie... wie Romeo und Julia! Na ja, nur ohne das Ende mit dem Sterben. Weißt du, ich hab überhaupt kein Interesse an den Geschäften meiner Eltern, also können wir uns auch total anfreunden! Wir machen das total geheimagentmäßig, mit Codewörtern und so. Mein Tarnname ist ... Knusperkügelchen und du bist Schokostange!“ Giottos Augen funkelten nun und er strahlte übers ganze Gesicht.

Noch nie in seinem Leben, hatte er so etwas Aufregendes und Verbotenes getan. Jetzt war der Beginn einer neuen Ära, der Beginn von etwas Großem! Diese Freundschaft würde sein Leben und das von Amicelli auf ewig verbinden und es prägen. Vor seinem inneren Auge malte er sich die Zukunft aus und sie war puddingfarben!

"Bist du verrückt oder so? Bist du sicher, dass du noch alle Tassen im Schrank hast?", Amicelli wusste nicht recht, ob er diesen Kerl noch ernst nehmen sollte, oder ob er jetzt wahrlich und ernsthaft an seinem eigenen Verstand zweifeln sollte. Bot ihm der Junge, dem er heute Nachmittag eine rein gehauen hatte gerade an mit ihm zusammen zu kommen? Der Junge, der Giotto Vongola war, sein eingeschworener Todfeind? "Knusper...kügelchen?", als Amicelli das aussprach begann Giotto wie eine 100 Watt Birne zu strahlen. "Genau, genau! Und du bist Schokostange. Wir beide sind das perfekte Paar!", rief er fröhlich aus.

Amicelli gab, wie Basil vorher auch, dem Verlangen nach und schlug seinen Kopf gegen die Gehwegplatte auf der sein Kopf ruhte. Der Schmerz kam schnell und gnädig, leider brachte er Giotto nicht zum Verstummen, stattdessen ging dessen Gerede von Freundschaft, Zukunft und Pudding immer und immer weiter. Am Ende gab Amicelli sich geschlagen und schrieb Giotto seine Handynummer auf, wenn auch nur unter der Voraussetzung, dass er sie nur in Notfällen benutzen durfte. Bald schon durfte er feststellen, dass die Auslegung eines Notfalls sehr unterschiedlich ausfallen kann. Sehr, sehr unterschiedlich.
 

Tsuna musste zugeben, er war wirklich baff. Ihm war schon klar gewesen, dass die beiden sich irgendwie kennengelernt haben mussten, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass es so eine unspektakuläre und dumme Gelegenheit war. Unspektakulär und dumm, war Giotto früher wohl allgemein gewesen. Daniela hatte nicht untertrieben, als sie sagte er wäre noch unfähiger gewesen als Tsuna.

Es war ja beinahe schmerzhaft, wie naiv Giotto gewesen war und jetzt fand er es auch kein Wunder mehr, dass Amicelli und Giotto meist alles zusammen taten. immerhin musste man auf den Blonden acht geben, sonst würde er noch alles, was ihm in die Quere kam in Schutt und Asche legen. So hatte es sich in der Erzählung, die die drei gerade mit einem fröhlichem Lachen beendeten, zumindest angehört. Keine Rücksicht auf Verluste. Vielleicht war er auch ein bisschen größenwahnsinnig, wer wusste das schon? "Mach mir keine Vorwürfe Schokostängchen. ich mag Notfall ja großzügig ausgelegt haben, aber im Endeffekt hat das doch nur zu etwas sehr, sehr Gutem geführt.", meinte Giotto teils amüsiert und teils schmollend, auf den letzten Teil der Geschichte hin, den Amicelli erzählt hatte.

Tsuna floh sicherheitshalber, bevor das Geturtel ihn packen und bewusstlos schlagen konnte. Die beiden mochten noch so nett sein, aber dieses ständige Herumgeflirte, konnte einem einsamen Single wie ihm so manche Übelkeitsattacke bereiten. Als sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter legte, erlitt Tsuna fast einen Herzinfarkt. Dafür, dass Basil so müde aussah, war er leise und unauffällig wie eine Raubkatze.

„Wa-Was ist denn, Basil?“ fragte er nach und drehte sich zu ihm um. Im Hintergrund erschallte Giottos helles Lachen und verlieh dem ganzen Haus eine heimische Atmosphäre. Unglücklicherweise machte Basils Miene den Effekt wieder gänzlich zunichte.

„Ich weiß, dass Giotto jetzt auf sich aufpassen kann, aber du solltest das auch lernen. Wenn du diese Lektion nicht ebenso gründlich lernst wie dieser sympathische Trottel, dann landest du irgendwann im Meer mit ein paar Betonschuhen.“ Tsuna hatte keine Ahnung, was er darauf sagen sollte, also nickte er nur verwirrt.

Basil wandte sich so prompt von ihm ab, wie er gekommen war und ging zurück zum Esstisch. Tsuna sah ihm noch einen Moment nach, bevor er sich den Treppen zuwandte und nach oben stieg. Er sollte auf sich aufpassen lernen? Als Tsuna Xanxus‘ Zimmer passiert, fragte er sich vor was er sich in Acht nehmen sollte? War das was Giotto ihm da aufgebürdet hatte denn wirklich so gefährlich? Mafia, also? Zum ersten Mal blieb der Gedanke, der ihn bisher nicht weiter beschäftigt hatte, wirklich in seinem Kopf hängen und bereitete ihm eine unruhige Nacht.
 

Wird fortgesetzt

16. August

Dieses Kapitel war eine schwere Geburt. Es tut mir Leid wegen der ganzen Wartezeit, aber da ich momentan in Edinburgh bin und nach der Arbeit immer ziemlich kaputt bin, war es schwer sich zu motivieren. Ich hoffe ihr freut euch dennoch darüber.
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

Panakeias Segen
 

16. August
 

Manche Ideen sind so einmalig dumm, dass man automatisch weiß, dass sie niemals umgesetzt werden sollten. Von vornherein ist einem bewusst, dass man auf keinen Fall zulassen darf, dass sie in die Realität entlassen werden oder was noch schlimmer wäre, dass man mit hereingezogen wird. Eine besonders dumme Idee war Tsuna vor einigen Tagen begegnet und der Fluchtreflex in seinen Beinen hatte beinahe automatisch seinen Körper übernommen. Seine Weltansicht war aufs Schlimmste zerstört worden, zu schlimm als das tröste Worte sie hätten heilen können.

Wie jedes Jahr war in der Mitte der Sommerferien die Sportwoche, die Woche der Folter und Qual, an deren Ende wie immer ein Sportfest mit seinen gierigen Geifern darauf lauerte ihn zu zerfleischen und seine Selbstachtung zu meucheln. Dieses Jahr hatte er sich fest vorgenommen einfach nicht hinzugehen. Seine Eltern waren nicht hier um ihn dazu zu zwingen, und den anderen würde er es einfach verschweigen. Eine simple Lösung, wäre da nicht ausgerechnet Kyoko gewesen. Sie hatte ihm ein tolles Angebot gemacht, eine Art kleine Wette und der Gewinn war großartig, unglücklicherweise, war das Einsatz es auch.

Ihm war noch immer nicht klar, warum er zugestimmt hatte. Vielleicht lag es an Kyokos harmlosen Lächeln oder an seinem schlechten Gewissen. Ganz vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass er ein Idiot war.

Bei genauerer Betrachtung, lag es mit großer Sicherheit an nichts anderem...

Als er Kyoko und Hana vor dem großen Platz stehen sah, der mit Holzzäunen umgeben war stehen und winken sah, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Die großen, bunten Letter, die mit Farbklecksen an die Wand geschossen worden waren, denn sie waren auf keinen Fall gepinselt worden, das sah man genau, konnten einfach nichts gutes für ihn bedeuten. Besonders dann nicht, wenn Hana mit im Spiel war.

Eigentlich kannte Tsuna das Dunkelhaarige Mädchen nicht besonders gut und sie war ihm nur als Kyokos beste Freundin geläufig, andererseits hatte er allerdings gehört, dass sie ein sehr engagiertes Mitglied im Ordnungsdienst der Schule war und dass sie wohl ein gutes Auge für alles hatte was weit entfernt lag und schon die eine oder andere Kyudo-Jugendmeisterschaft gewonnen hatte. Sie hier zu sehen, machte ihn ausgesprochen nervös und augenblicklich wünschte er sich an einen anderen Ort.

„Hallo Tsuna“, grüßte Kyoko ihn warmherzig, von Hana bekam er nur einen kurzen durchdringenden Blick in dem eine tiefere Art von Missgunst mitschwang, ebenso wie eine geradezu ernüchternde Selbstzufriedenheit. Dies hier war ihr Gebiet, ihres und Kyokos und so ein kleiner schwächlicher Junge hatte keinerlei Überlebenschance. Sie war nicht glücklich darüber, dass sie ihre beste Freundin auf ihrem Spielplatz mit so jemanden teilen musste. Einem Jungen, der für seine Unfähigkeit in der Schule verschrien war. Warum hatten sie ihn überhaupt mitgenommen? Das war nichts für Angsthasen und Luschen die sich ausgerechnet hinter Xanxus zum Schutz verstecken mussten. Wahrscheinlich gab kein größeres Zeichen dafür, dass jemand keine Menschenkenntnis hatte.

Tsuna verzog das Gesicht. Empathische Schwingungen so früh am Morgen bedeuten normalerweise nichts Gutes. Das letzte mal als der Tag so angefangen hatte, hatte er von Reborns unsterblicher Liebe zu Schafskäse erfahren und dass er dieses Geschmackserlebnis auch gerne an andere weitergab. Hinterher hatte Tsuna sich mehrere Minuten lang die Zunge mit seiner Zahnbürste geschrubbt. Wenn man den Geschmack von etwas Totem im Mund hatte, dass wollte man das normalerweise schnell wieder loswerden, es sei denn man war pervers veranlagt... Angeekelt konzentrierte er sich wieder auf den Feind.

Er konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf Kyoko und begrüßte sie ebenso freundlich, wie sie ihn begrüßt hatte. Die sympathischen und freundlichen Wellen, die ihm dabei entgegenschwappten beruhigten ihn ein wenig, auch wenn er Hanas, leicht eifersüchtigen Blick noch auf seiner Wange kleben spürte. „Hast du das schon mal gemacht, Tsuni?“, fragte Kyoko fröhlich und lächelte ihn an, als wäre sie der Sonnenschein persönlich.

Tsuna zuckte, bei der Erwähnung dieses Spitznamens, ein wenig zusammen. Tsuni, so nannte ihn seine Mutter… Irgendwie war es kein wirklich gutes Gefühl von einem Mädchen das man mochte so bezeichnet zu werden. Tsuna schüttelte das ungute Gefühl ab und auch die Schwingungen die Hana ihm sendete. Schadenfreude.

Tsuna konnte nicht sagen wieso, aber bei ihr schienen die empathischen Schwingungen besonders stark zu sein.

„Äh… Ne.. Nein Kyoko. Ich hab so was noch nie gemacht.“, musste er ein wenig kleinlaut zugeben, aber Kyoko nahm es ihm nicht übel. Sie lächelte fröhlich und hakte sich gleich darauf bei Hana ein. „Macht nichts, wir zeigen es dir.“, summte se fröhlich und ging, mit einer stolzen Hana am Arm auf den Eingang zu.

Der Eingang war nicht mehr als eine Art Kioskhütte, in der ein hellhaariger junger Mann saß und an einem Laptop arbeitete. Rundherum um das Gebiet, in das sie gleich vordringen würden, war ein mehrere Meter hoher Zaun, der zum Schutz der Umwelt und gleichzeitig als Grenzmarkierung diente. Irgendwie beunruhigte der Anblick Tsuna ein wenig, auch wenn er sich nicht wirklich erklären konnte warum. Vielleicht lag es an dem Geräusch von schnellem Gewehrfeuer und den Überraschungsschreien, die wie Hintergrundmusik bei jedem Schritt zu dem Gebiet lauter wurde. Kyoko stellte ihren scheinbar ziemlich schweren Beutel auf dem Tresen ab und durchsuchte ihre Taschen nach ihrem Ausweis und nach einigem Hin und Her, legte sie ihn dann endlich zu der Tasche.

„Hallo Naoya-kun“, sagte sie freundlich und schenkte dem Jungen ein warmes Lächeln. „Wir sind heute zu dritt und haben eine Verabredung mit Team Blue. Sie sollten eigentlich schon da sein.“ Naoya klappte den Laptop zu und sah hoch, wobei Tsuna bei seinem leicht wahnsinnigen Blick ein Schauer über den Rücken lief. „Kyoko… Hana…“, begrüßte sie der Mann mit einem wissenden Grinsen auf dem Lippen und einem Funkeln in seinen Augen, die einen seltsam dunkelroten, fast schon blutigen Glanz hatten. „Wollt ihr sie wieder auseinander nehmen? Ich würde aufpassen, sie waren heute gut gelaunt. Dann sind sie gefährlicher.“, warnte er und blickte kurz in den Inhalt der Tüte vor sich. Dann gab er sie Kyoko zurück. „Ihr wisst, wo die Gastausrüstungen sind.“, meinte er noch immer grinsend. Tsuna fand ihm fehlte nur eine Schlangenzunge, dann könnte er ein Dämon aus der Hölle sein. Er war unglaublich froh, als sie den Mann passieren und weiter nach drinnen gehen konnten.

Ein mit Farbe bekleckstes Schild wies den Weg zu den Ankleiden und Kyoko und Hana schlugen ihn ganz automatisch ein. Tsuna wurde es jetzt erst richtig mulmig im Bauch. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? Irgendwie ahnte er schon jetzt, dass es nichts gutes war.

Für ihn war es das erste mal, dass er auf einem Paintballgelände war und um ehrlich zu sein, überraschte es ihn, dass er überhaupt hier war. Vor allem weil ausgerechnet Kyoko ihn hierher mitgeschleift hatte. Die süße, unschuldige Kyoko, die immer nett und höflich war... und sie war wie sich herausstelle nicht nur Mitglied im Backklub der Schule, sondern war auch praktizierendes Mitglied im Schützenverein. Paintball war eine Art Ausgleichssport um im ,Gleichgewicht‘ zu bleiben, hatte sie ihm erklärt und wenn er so drüber nachdachte, wunderte ihn das nicht im Geringsten. Kyoko war einfach zu nett und normal gewesen, als dass der Schein hätte Wirklichkeit sein können.

„Keine Sorge Tsuna, das wird wirklich lustig werden.“ erklärte ihm Kyoko mit einem beunruhigenden Schmunzeln. „Wir kennen Team Blue von einer LARP und sie sind ziemlich schlecht im Schießen, wenn du nicht die Reflexe einer Schaufensterpuppe hast, hast du eine geringe Überlebenschance.“

Tsuna erstarrte. Die Art wie Kyoko das gesagt hatte, schüchterte ihn irgendwie ein, so sehr, dass sogar sein Atem stockte. Wie eine Taktikerin. „Okay, Kyoko… Ganz wie du meinst.“, erwiderte er ein wenig missmutig und folgte den beiden, die ihn zu einem Ankleidebereich führten, wo es Helme, Capes und Schutzausrüstung gab. Kyoko fischte Knie und Armschoner für Tsuna heraus und Hana reichte ihm eines der Capes, die Farbe abhalten sollten. Auch sie selber begannen sich damit einzukleiden.

Tsuna fand, dass sie alle ein wenig albern aussahen, aber wenigstens konnte einem so nicht so viel passieren. Die Rüstungen wirkten stabil. Vielleicht erhöhten auch sie die Chancen zu überleben. Schließlich musste er sich noch einen eklig stinkenden Helm über den Kopf streifen, aber dann war er fast fertig. Er sah zu wie Kyoko zu einem Schalter geht und dort eine Waffe entgegennahm, die sie Tsuna brachte und ihm feierlich überreichte. „Das ist Deine, ich zeig dir gleich wie es geht.“, summte sie fröhlich und ging zu Hana die in der Plastiktüte herumkramte.

Zu Tsunas grenzenlosen Überraschung war in der Tüte tatsächlich eine Waffe und irgendwie sah sie nicht wirklich aus wie eine Paintball Pistole. Kyoko nahm die Waffe heraus und kontrollierte sie augenscheinlich, ob alles an ihr heil war, bevor sie Tsuna bedeutete mitzukommen. Hinter der Eingangshütte führte eine kleiner schmaler Weg zu einem Übungsplatz, der über und über mit Farbklecksen bedeckt war. Die Baumstämme sahen bunter aus als eine Kinderserie auf Crack und das hieß schon einiges.

„Wie du siehst haben wir uns für ein Woodland Spiel entschieden, das ist wirklich viel lustiger, als Sup‘Air Spiele. Wir spielen ein Szenario, das ist genau das wonach es klingt. Unsere Teams bestehen aus jeweils drei Personen, zwei Angreifer und eine Geisel. Das Ziel des Spiels ist es die gegnerische Geisel zu entführen und die eigene zu behalten. Bei uns spielt heute Hana die Geisel. Wir müssen sie also verstecken, und das Versteck der anderen Gruppe finden. Oh und natürlich dabei nicht sterben.“

„St.. Sterben?“, Tsuna brachte das Wort nur zögerlich heraus. Hana grinste wissend. „Na, Kleiner? Hast du schon Angst?“, fragte sie erfreut und legte den Arm um ihn, als wären sie beste Freunde, zumindest musste es für Kyoko so aussehen. In Wahrheit drückte sie extrem fest zu und hätte ihm wahrscheinlich auch noch eine Knopfnuss gegeben, hätte man sie nicht beobachtet.

Sie machte aus ihrer Abneigung keinen Hehl. „Mach dir keine Sorgen, der eine Spieler der anderen Mannschaft ist auch ein Newcomer, er ist auch das erste Mal hier.“, und ich hab immerhin auch eine Waffe.“, meinte sie grienend.

Kyoko grinste ebenfalls und zwinkerte Hana zu. „Ich glaube du kennst den anderen Mitspieler sogar. Der Leiter des Musikclubs, er gibt Blue wohl Nachhilfe in… na ja. In allem außer Biologie.“, erklärte sie lächelnd.

Die Informationen brauchten ein paar Sekunden bis sie in seinem Kopf aufblühten und ein Bild ausspuckten. Rote Haare, grüne Augen und eine Brille die verboten gehörte. Alles in allem wahrscheinlich neben Tsuna der einzige Mensch in ganz Namimori, der einen Realitätssinn besaß und zur Krönung noch nett war. Sie hatten leider keine Kurse zusammen, aber Tsuna aß manchmal mit ihm zu Mittag.

„Oh ja... I-ich kenn ihn.“ murmelte er verunsichert und sah wie Kyoko die Übungspuppe anvisierte und sie zielsicher am Kopf, am Herz und zwischen den Beinen traf. Urplötzlich überkam ihn das Verlangen nach einem besseren Schutz oder zumindest einer dickeren Hose. Mit zitternden Händen hielt er seine Waffe fest und ließ sich zeigen wie er anvisieren musste, auch wenn er daran zweifelte, dass er jemals treffen konnte.

„Na dann wird das ganze noch lustiger. Er ist die gegnerische Geisel.“

„Ziemlich gemein, aber dann ist er einfacher zu schnappen. Blue bietet ihn uns praktisch auf dem Servierteller an, wir wären dumm, wenn wir da nicht zuschlagen meinte Hana grinsend. Dann kam sie näher und legte erneut einen Arm um Tsunas Schultern, diesmal jedoch auch um Kyokos und zog sie in eine Art Tuschelkreis. „Also wir bewegen uns erst einmal in Dreiecksformation vorwärts, an Position 3B, das ist die Fahne da hinten, Tsuna, teilen wir uns auf.“ und versuchen sie von den Seiten zu überraschen. Tsuna, du bleibst in jedem Fall bei mir. Du musst mich beschützen.“, meinte Hana und in ihrer Stimme schwang ein gewisses Amüsement mit.

Als müsste die beschützt werden, dachte Tsuna voller Missmut und sah auf ihre Waffe, die anders als seineigene nicht dem Standard zu entsprechen schien, sondern von allen Seiten aufgerüstet worden war.

„Sie ist einer Remington Model 870 nachempfunden.“ erklärte Kyoko in ihrem gewohnt freundlichen Ton, als sie seinen verwirrten, und um nicht zu sagen erschütterten, Gesichtsausdruck sah. Der Name sagte ihm aber nichts, rein gar nichts um es genau zu nehmen. Sein Wissen über Waffen war in etwa so beschränkt wie sein Wissen über höhere Mathematik. Er hatte zwar durchaus schon gehört, das sie existierte, aber hatte bisher alle Begegnungen vermieden.

Wie um dieses Drama noch lächerlicher zu machen, zog Kyoko eine Dose mit einer braunen Paste aus ihrer Tasche und begann sie großzügig aus ,Tarnzwecken‘ wie sie ihm erklärte, auf seinem Gesicht aufzutragen. Sonderbarerweise roch es nach Minze und Salbei, ein extra scharfer Kaugummi hätte seine Atemwege nicht besser freimachen können. „Du musst schleichen wie ein Gepard, lauschen wie ein Luchs und mit den Augen eines Adlers sehen!“ Tsuna fühlte sich eher wie eine Möwe... Dennoch nickte er stumm… Vielleicht war doch eher wie ein Fisch auf dem Trockenen… Tsuna erschrak sich als Hana den Kreis plötzlich auflöste und Tsuna zur Seite nahm. „Also. Team Blue besteht aus drei Leuten, Blue selbst, wie ihr Name schon sagt hat sie blaues Haar. Es ist unglaublich lang und damit ist es ihr unmöglich sich zwischen den Bäumen zu tarnen, halte ein Auge offen. Dann haben wir Shoichi, die Geißel, du weißt wie er aussieht, also keine Instruktionen nötig. Das letzte Ziel hat feuerrotes Haar, wenn du sie siehst, schieß, sofort. Sie ist extrem gefährlich.“, meinte Hana verschwörerisch und klopfte ihm auf die Schulter. „Und jetzt hör auf zu zittern, das ist Paintball und kein Spiel auf Leben und Tod. Nur um Ehre und Ruhm.“, sagte sie in einem Tonfall, zu dem ein Augenrollen gut gepasst hätte, aber offenbar verkniff sie es sich.

Tsuna wusste gar nicht wie ihm geschah, als er plötzlich in den Wald getrieben wurde und Hana nachlief, die zumindest aussah als wüsste sie, was sie tat. Ihnen voran hatte sich Kyoko in die Wälder geschlagen und so gut er auch aufpasste, konnte er sie trotzdem weder hören noch sehen. Überall raschelten die Blätter und Farbkugeln klatschten gegen Baumstämme, so dass es schwer war bestimmte Geräusche herauszufiltern. Hana hatte so locker gesagt das blaue Haar der Teamleiterin würde auffallen, aber hier wimmelte es nur so vor blauen Farbklecksen und wenn man rann, verschwammen die ganzen verschiedenen Farben.

„Sie sind ganz in der Nähe.“ zischte Hana ihm zu und presste sich gegen einen Baumstamm, die Waffe fest an ihre Brust gedrückt. geradezu verschwörerisch sah sie sich um und duckte sich schneller als Tsuna gucken konnte, da schlugen auch schon die neongelben Farbpatronen in den Baum und ins Gebüsch ein.

Tsuna musste sich zusammenreißen um nicht laut aufzukreischen, wie er es gewöhnlich getan hätte. Aber Hanas strenger Blick verhinderte seinen Gefühlsausbruch mit Leichtigkeit. Wenn er eines nicht wollte, dann war es von ihr zerfleischt zu werden. Immerhin hatte er gesehen, was sie mit Yamamoto machte und das war nicht gerade nett.

Hana drängte ihn weiter nach hinten, bis der Beschuss vorerst stoppte, dann zog sie ihn wieder mit nach vorne. „Wir sind dabei sie einzukesseln. Kyoko müsste schon auf der anderen Seite sein. Wir gehen jetzt noch ein Stück geradeaus und dann gehen wir geradewegs rechts auf das Zentrum zu, wo sie alle drei sein müssten. Ich geb‘ dir Feuerschutz und du schnappst dir die Geisel, verstanden?“, meinte Hana im Kommandoton und schlug eine scharfe Rechtskurve ein. Tsuna nickte zunächst, dann rückte er mit einem zögerlichen „Ja, Mam.“, heraus, welches Hana zu amüsieren schien.

Das niedrige Gras und die Sträucher kratzten an seinen Klamotten und sein Herz flatterte wie ein kleiner Kolibri in seinem Brustkorb. Gemeinsam mit Hana stürmten sie in die Richtung vor, aus der das Feuer gekommen war, doch das einzige was sie fanden war Kyoko, die aus der entgegen gelegenen Richtung geprescht kam. Nur durch viel Glück und gute Körperbeherrschung konnten sie einen Zusammenprall vermeiden. Ehe Tsuna wusste was los war, ließen Kyoko und Hana sich auf den Bauch fallen und eine Salve aus Paintballpatronen donnerte über die Lichtung aus drei verschiedenen Richtungen. Ohne auf die Warnungen seiner Begleiter zu hören nahm Tsuna seine Beine in die Hand und rannte direkt in die Gegend, aus der er einen gewaltigen Schwall gespürt hatte.

Ich will hier nicht sein! Ich will hier nicht sein! Oh Gott lass mich das überleben... Ich will hier nicht sein! Ich will hier nicht sein! Oh Gott lass mich das überleben... Ich will hier nicht sein! Ich will hier nicht sein! Oh Gott lass mich das überleben... Ich will hier nicht sein! Ich will hier nicht sein! Oh Gott lass mich das überleben...

Das Mantra erinnerte ihn so stark an sein eigenes Gedankenmuster, dass er zuerst Probleme hatte es zu erkennen, aber dann wurde ihm schlagartig bewusst, dass es nur von Shoichi kommen konnte. So schnell wie seine Beine ihn trugen rannte er immer weiter und die zwei anderen aus der feindlichen Gruppe, schienen sein Vorhaben durchschaut zu haben und preschten jetzt auch auf ihn zu. Ich will hier nicht sein! Ich will hier nicht sein! Oh Gott lass mich das überleben...

Tsuna rannte und wäre fast über Shoichi gestolpert der sich, in einer Position auf den Boden gekauert hatte, die schon fast bewundernswert war. Er sah fast aus wie ein Ball, so rund hatte er sich gemacht. Als eine Farbsalve über seinen Kopf rauschte steckte er ihn zwischen die Knie und machte die Kugel perfekt. Sein stetiges Murmeln aber stoppte nicht. „Sho… Shoichi!“, rief Tsuna atemlos und kauerte sich zu ihm. „Shoichi, die kommen her, lass uns verschwinden.“, wisperte er aufgeregt und vielleicht auch ein bisschen panisch und zupfte an seinem T-Shirt. Die grünen Augen des anderen schnellten so überraschend nach oben, dass Tsuna die Luft anhielt um nicht zu schreien. Es schien als hätte der andere ihn erst jetzt wahr genommen. „Du…?“, murmelte er gedankenverloren und noch ehe Tsuna realisierte was geschah, war er aufgesprungen und zog Tsuna hinter sich her.

Hinter ihnen hörte er eine Mädchenstimme aufgeregt „Deserteure!“, schreien, aber er würde einfach so tun, als hätte er es nicht gehört.

Mit Shoichi im Schlepptau, Tsuna war überrascht jemanden gefunden zu haben der sich noch stolpriger durchs Gebüsch bewegen konnte, floh er so schnell ihn seine Füße trugen zum Eingang. Diesem Irrsinn war er nicht gewachsen. Lieber quälte er sich die nächste Woche beim Sportfest, als das er sich hier von ein paar verrückten Weibern abknallen ließ. Sein eigentlicher Deal besagt, dass Kyoko seine Tabellen der Sportwoche ausfüllen würde, ohne das er dafür aufkreuzen musste, dafür musste er nur ein Spiel gewinnen. Niemand hatte erwähnt, dass dieses Spiel ausgerechnet Paintball war. Tsuna hing an seinem Leben und der Nervenkitzel beschossen zu werden verkürzte seine Lebensspanne um ein paar wertvolle Jahre. Allein die letzen zehn Minuten hatten ihm das Gefühl gegeben um zehn Jahre gealtert zu sein.

„Komm Shoichi, egal was sie dir zahlen, DAS ist es nicht wert.“ Hinter ihm brach Shoichi in Tränen der Dankbarkeit aus. Zumindest klang es so.

Tsuna warf den geborgten Helm, und die Schutzausrüstung in de Nähe des Paintballgeländes auf den Boden und sah zu, wie auch Shoichi sich von dem unnötigen Ballast befreite. Irgendwer würde es schon aufheben, da war Tsuna sich sicher. Noch einmal wagte er sich nicht hinter den bunten Bretterzaun, so viel wusste er. Shoichi warf seine Sachen mit auf den Haufen und als er sich allen Kleidungsstücken entledigt hatte, entlud sich auch noch der letzte Rest seiner Verzweiflung und er fiel Tsuna um den Hals. „Du hast mir das Leben gerettet!“, schluchzte er aufgeregt und drückte Tsuna so fest, dass ihm fast die Luft wegblieb. „Ich hab echt gedacht ich sterbe, dieses furchtbare Mädchen. Ich wusste das früher oder später so etwas passiert, aber…“

Tsuna, der etwas erstaunt über die Reaktion war, tätschelte Shoichis Kopf und versuchte ihn wieder etwas zu beruhigen. Wie hatten sie ihn überhaupt dazu gebracht, herzukommen, wenn er sich so dermaßen fürchtete?

Shoichi schien seinen fragenden Blick richtig zu deuten und hielt sich den Bauch, als ein Schwall an Erinnerungen ihn übermannte und die Panik ihn sich fast übergeben ließ. Tsuna verfluchte diesen Tag, wo er scheinbar jeden Mist wahrnehmen konnte den jeder ausstrahlte und erlebte dieselbe Panik wie Shoichi sie erlitt, nur durch den dankbaren Filter des dritten Auges.

„Blue ist... sie ist ein Mitglied unseres Kunstklubs, sicher hast du schon von ihr gehört, sie ist das Mädchen mit der... Allergie... gegen künstliche Fasern jeder Art, alle Sorten von Wolle und na ja.. eigentlich alles aus dem man Klamotten machen kann. Außerdem bekommt sie Erstickungserscheinungen wenn mehr als 5 Prozent ihres Körpers bedeckt sind... Ich bin mir sicher du hast von ihr gehört...“ Irgendwas war da wirklich. Es klopfte leise und dumpf an die Tür zu seinem Gedächtnis... irgendwas... großes...

Auf einmal fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. „Du meinst.. Amicellis Nemesis?“. Wenn er bei Daniela Nachhilfe nahm, geschah es des Öfteren, dass Amicelli mit irgendeiner Person einfach im Zimmer erschien. Manchmal Squalo, manchmal ein armer Tropf der im Gang gerannt war, und meistens war es dieses Mädchen gewesen. Natürlich hatte sie blaue Haare und immer wenn er sie gesehen hatte, hatte sie einen großen, schwarzen Trenchcoat getragen, deswegen hätte er auch nie vermutet, dass sie zur Schule gehörte. Eigentlich hatte Tsuna gedacht, sie sei eine Herumtreiberin, die sich öfters aufs Schulgelände stahl weil sie einen Jungen stakte oder so etwas. „Du… Du meinst… sie ist eine Schülerin an unserer Schule?“, fragte er ungläubig nach.

Mit einem Gesicht das seine Magenkrämpfe nur zu gut widerspiegelte nickte Shoichi voller Leid und Furcht. „J-Ja... Sie geht in meine Klasse und sitzt direkt vor mir. Es ist einfach schrecklich.“ Schluchzen erstickte seine Stimme für einen Moment. „In der Klasse trägt sie nichtmal ihren Mantel, dieses Mädchen sollte längst von der Schule fliegen, aber sie erpresst die Lehrer. Wenn sie sie nicht ihren Abschluss machen lassen, klagt sie sie wegen sexueller Nötigung an, sie ist einfach schrecklich!“

Voller Mitgefühl zog Tsuna eine Packung Taschentücher aus seiner Tasche und reichte eines dem flennenden Junge. Wenn er Zuhause war, musste er sich bei Amicelli mal nach dieser jungen Dame erkundigen. Es war immer gut zu wissen, von wem man sich fernhalten musste, ganz besonders dann, wenn seine Hausherren diese Leute nicht ausstehen konnten.

Da Kyoko und Hana sie offensichtlich nicht verfolgten und sich ihnen auch kein anderer näherte, machten Tsuna und Shoichi sich schließlich auf den Nachhauseweg. Tsuna konnte nicht sagen, wie froh er war endlich mal jemanden zu treffen, der genauso normal war wie er selbst. Von Shoichi erfuhr er, dass dieser wie er ein Transferschüler, aber schon vor einem Jahr nach Namimori gekommen war. Er hatte sich an der Schule wohl ganz gut eingelebt, aber kam mit den seltsamen Hobbys und Eigenarten, der anderen Schüler wohl nicht so ganz klar. Tsuna konnte seine Erleichterung über diesen Umstand kaum in Worte fassen. Er war nicht alleine! Es gab andere wie ihn, Normalos, die dazu verdamm waren unter diesen ganzen verrückten zu leben. Bevor sie sich an der großen Straßenkreuzung trennen mussten, tauschten Shoichi und er Telefonnummern und versprachen sich hoch und heilig, so bald wie möglich etwas gemeinsam zu machen.

Doch jetzt stand ihm erstmal eine Woche der reinsten Qual bevor. Eine Woche die ihn demütigen und erniedrigen würde. Eine Woche, die ihm jede Art von Selbstachtung nehmen würde, die er sich in den letzten Monaten hart erarbeitet hatte.

Noch ahnte er das nur.

Noch war es nur eine Befürchtung... aber nicht mehr lange...
 

Wird fortgesetzt….

17. August: Teil 1

So, endlich gibt es mal wieder ein neues Kapitel. Wir mussten einfach mal wieder eine Auszeit nehmen, ich denke die hat uns ganz gut getan. Aber jetzt geht es definitiv weiter mit Panakeias Segen. Ich wünsche allen Lesern, auch denen die nicht mehr geglaubt haben, dass es noch weiter geht, viel Spaß beim lesen. Und hoffe die Qualität hat unter der langen Pause nicht gelitten.

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

Panakeias Segen

17. August: Teil 1
 

Die Nachmittagssonne brannte heute und Tsuna war ziemlich heiß. Es war geradezu unglaublich, dass er aus der Flucht vor seiner Sportstunde mittlerweile selbst einen Sport gemacht hatte. Es wurde immer schwieriger Hibari, Ryohei und Kyoko auszuweichen, aber heute konnte er definitiv nicht zum Training, denn immerhin hatte er sich heute schon verabredet. Er quetschte sich, mit ein paar anderen Schülern in die U-Bahn und fuhr zur Ladenstraße.

Schon von Weitem sah er Belphegor vorm Wild Duck Burger stehen, doch als er winkte wurde er nicht beachtet. Belphegors nicht vorhandene Augen waren fast krankhaft auf ein Plakat in der Fensterscheibe geheftet, das groß und rosa war, und wenn Tsuna nicht alles täuschte sogar glitzerte. „Was ist los?“, fragte er, als er den Blonden erreicht hatte und nun Gelegenheit bekam das Poster genauer zu betrachten.

Auf dem Plakat war das hiesige Pop Idol abgebildet, dass mit seiner zuckersüßen Stimme alle Pop Fans in den Bann ziehen konnte und wahrscheinlich mehr Geld in einem Monat verdiente als Tsuna es jemals, egal wie lange er arbeitete, tun würde. In glitzernder Lila Schrift stand groß “VIPER” über dem Bild und tropfte geradezu vor falscher Freundlichkeit. Es war die Sorte von Pop Idol, bei dem Tsuna nur die Augen verdrehen konnte. Er mochte zwar Mädchenmangas lesen, aber so tief würde er niemals sinken, als das er jemanden anhimmeln würde, der ein rosa Rüschenkleid trägt.

“Man die machen ja wirklich überall Werbung. Ich dachte wir wären dem letzten pinken Sturm endlich entkommen. Wirklich schrecklich oder Bel? … Bel?”

„Oh Viper, geliebte Viper.“, seufzte der Junge entrückt und legte seine Hände auf die Fensterscheibe, direkt neben das Bild des Mädchens. Tsuna war ein wenig verwirrt und betrachtete Belphegor etwas überrascht. Scheinbar hatte er ihn nicht einmal bemerkt.

Tsuna beschloss auf sich aufmerksam zu machen und klopfte dem Blonden vorsichtig auf die Schulter. „Bel? Ist alles in Ordnung?“, fragte er vorsichtig und erschrak sich etwas, als sich Belphegors Haarschopf sich drehte und er sich von seinen unsichtbaren Augen beobachtet fühlte.

„Ah. Hi Tsuna. Es tut mir Leid. Ich hab heute einen wichtigen Termin vergessen. Ich muss gleich nach Hause und dann habe ich noch etwas vor. Wir müssen unser Essen auf ein anderes Mal verschieben. Ushishishishi“, sagte er, aber nicht in seinem gewöhnlichen gelangweilten Tonfall, sondern fast begeistert, ja geradezu erfreut. Sein Gefühl sagte ihm, dass es etwas mit eben jenem Plakat zu tun hatte.

Tsuna kam sich vor wie Sherlock Holmes! Er würde Belphegors finsteres Geheimnis aufdecken, man könnte geradezu sagen, er würde es ans Licht zerren und in die abscheuliche Fratze der Wahrheit schauen! Wer weiß… vielleicht plante er ja etwas Teuflisches wie zum Beispiel die Übernahme der Welt, indem er sich selbst fünf mal klonte, sich gedankenkontrollierende Piercings einsetzten ließ und dann die Menschheit unterjochte mit der Hilfe von genmanipulierten Terrortieren!

Manchmal hatte er wirklich das Gefühl zu viele schlechte Mangas zu lesen.

“Was ist es denn, Bel? Es scheint ja etwas wirklich Wichtiges zu sein, wenn du unser lange geplantes Treffen dafür verschieben willst.” Der Versuch Schuldgefühle so zu erwecken wie Kyoko es immer machte, scheiterte kläglich.

Verständnis- und ausdruckslos betrachtete Belphegor ihn für einen Moment. Mittlerweile konnte Tsuna seine Handlungen wirklich gut deuten und verstand die Gefühlsregungen, die Belphegor nur durch Körpersprache und vor allem Mundbewegungen zeigte.

Für einen kurzen Moment schien er zu überlegen, dann konnte Tsuna sein Gefühl nicht deuten. So hatte er den Blonden noch nie erlebt. Hätte er Belphegors knallrote Wangen sehen können, wäre es sicher einfacher gewesen sein Gefühl zu deuten. „Nun also... Ich... Versprich mir, dass du nicht lachst. Ushishishishi“, lachte der blonde Junge und spielte nervös mit seinen Fingern.

Tsuna konnte nur eine Augenbraue hochziehen und ihn mit schief gelegtem Kopf betrachten. „Wir sind doch Freunde.“, erklärte er halb lächelnd und wartete auf eine Antwort.

Eine Antwort für die Belphegor sich wirklich alle Zeit der Welt ließ. Tsuna vermutete, dass er versuchte ihn mit dem bösen Blick zu verhexen, damit er auch ja nicht mal andeutungsweise lachen konnte. Aber das machte die ganze Situation nur noch abstruser.

“Also… ushishishishishi… du kennst doch sicherlich, die wundervolle, atemberaubende, hübsche, bezaubernde, verlockende, verzaubernde, großartige Viper?” fragte er und biss sich auf die Unterlippe.

Tsuna sah auf das knallpink Plakat und nickte. Viper nicht zu kennen wäre die größere Herausforderung gewesen. Immerhin machte sie so viel Werbung, dass man darin ertrinken konnte, wenn man nicht aufpasste.

“Also ich… Ushishishishishi… ich bin ihr allergrößter Fan!”

Das war... überraschend. Tsuna wusste nicht genau, ob sein Mund offen stand und wenn ja, für wie lange, aber nach diesem Geständnis war ihm definitiv die Kinnlade heruntergefallen.

Er wusste ja das Belphegor einen speziellen Geschmack hatte, sowohl beim Essen, als auch in anderen Dingen, aber mit so etwas hatte er im Leben nicht gerechnet. Ausgerechnet Viper? Das Idol aller dreizehnjähriger Mädchen? „Tatsächlich?“, fragte Tsuna noch ganz überrascht und musste zusehen, wie Belphegor überschwänglich nickte. Jetzt hatte er keine Zweifel mehr daran, dass der Blonde es ernst meinte.

Das war... definitiv eine ganz neue Seite an ihm.

„Ihr Fan? Also du meinst so richtig? Du gehst auf ihre Konzerte und alles?“, fragte Tsuna interessiert.

“Ja!” kam die stürmische Antwort und Tsuna sah sich einem plötzlichen Angriff gefährlicher rosa Killerherzchen gegenüber, die Belphegor, einem Glücksbärchi nicht ganz unähnlich, verströmte. Wäre er ein Duftspender gewesen, hätte Tsuna jahrelang nichts mehr riechen könnten aufgrund eines massiven Traumas seiner Riechmuskeln.

“Sie ist großartig! Sie ist fantastisch! Ihre Stimme ist so niedlich und sie selber ist so süß. Wenn sie auf der Bühne tanzt flattert mein Herz und ich kaufe alles was sie an Merchandise herausbringt, selbst die Zahnbürsten! Auf der Bühne ist sie einfach unvergleichlich!” Es war einfach unmöglich, Tsuna konnte ein leises Glucksen nicht zurückhalten, als Belphegor immer weiter ausholte. Sowas nannte man wohl Begeisterung.

“Wow… ich dachte immer, dass nur kleine Mädchen und perverse alte Säcke sie mögen.”

„So ein Unsinn. Ushishishishi. Viper ist bei Jung und alt beliebt, jeder mag sie, weil sie einfach niedlich ist.“. Belphegor kicherte mädchenhaft und auf seinen Lippen breitete sich gleich darauf wieder dieses überbreite Grinsen aus.

„Sie gibt heute eine Autogrammstunde und ich muss auf alle Fälle hin. Ich darf keine Gelegenheit auslassen, mich ihr zu nähern. Hätte ich gewusst, dass die Autogrammstunde ist, stünde ich seit gestern Abend vor dem Geschäft. Jetzt muss ich mich sicher hinten anstellen.“, erklärte Belphegor ein wenig enttäuscht. „Und ihr Album habe ich auch nicht dabei. Ich muss mir wohl ein Neues kaufen.“

Tsuna verstand das ganze Trara nicht. Das lag wahrscheinlich daran, dass er kein Fan von derartiger Popmusik, beziehungsweise irgendeines speziellen Künstlers war, aber er konnte nicht leugnen, dass Belphegors seltsames Verhalten ihn in gewisser Weise interessierte.

“Ich begleite dich… gerne… wenn du möchtest. Das Warten ist sicher nicht so langweilig, wenn man zu zweit ist. Und du kannst mir ja… etwas von ihr erzählen oder so. Ich kenn mich wirklich nicht mit Pop Idolen aus.” Während Belphegor sich seine Worte durch den Kopf gehen ließ, hatten seine Füße sich bereits auf den Weg zur Busstation gemacht, offenbar wollte er keine Zeit verlieren wenn er nachdachte.

“Na gut… aber du darfst mich nicht blamieren, ich bin in ihrem Fanklub die Nummer drei! Von fast vier Millionen! Ich bin praktisch der Prinz ihres Fanklubs, also darfst du nichts Peinliches sagen oder tun.”

Der Prinz ihres Fanklubs… Fans konnten wirklich gruselig sein. Zumindest wusste Tsuna nun, warum er bisher nicht von Belphegor zu sich nach Hause eingeladen worden war. Wahrscheinlich war sein Zimmer mit Postern tapeziert.

„Ich werde mich schon zu benehmen wissen. Ich werd einfach bei dir stehen und so tun als... würd ich sie auch abgöttisch lieben, oder so. ich kopiere dich einfach.“, meinte Tsuna und Belphegor schien sich damit zufrieden zu geben und nickte. „Gut mach das.“, meinte er leicht abwesend und blickte aus dem Fenster.

Tsuna betrachtete ihn neugierig und fragte dann nach einer Weile des Schweigens: „Sag mal... Wie kommst du dazu? Ich meine... Wie kommst du ausgerechnet auf dieses Idol?“.

Das war etwas, was Tsuna wirklich interessierte, denn obwohl Viper gut aussah, es wurde gemunkelt, dass sie eine äußerst schwierige Persönlichkeit darstellte.

Belphegor schnaufte, ganz so, als ob er Tsuna Gedanken lesen konnte, und böse Worte gegen sein über alles verehrtes Idol waren ganz offensichtlich eine schlechte Idee, wenn man ein Gespräch mit ihm anfangen wollte. Allerdings war das wohl auch kein Wunder, immerhin mochte das wohl niemand.

“Sie ist… sie ist einfach wunderbar. Viper hat so eine… schroffe, abweisende Art wenn sie Interviews führt. Auf der Bühne ist sie immer unglaublich süß und umwerfend, aber ich… also ich mag sie am liebsten nach den Auftritten, wenn sie die Journalisten anmeckert die sich fragen warum sie noch keine Brustvergrößerung hatte. Oder wenn sie einfach wortlos an allen vorbeizieht ohne sich umzusehen. Ganz so als lebe sie auf einer höheren Ebene. Sie ist einfach so charmant…” das einzige was Tsuna darauf erwidern konnte war ein flaches “Aha” und eine übermäßig gekräuselte Stirn.

“Das klingt wirklich sehr… charmant.”

„Ach. Du musst sie in live erleben. Sie ist so unglaublich niedlich, du wirst schon sehen.“, meinte er leise und stieg aus dem Bus, gefolgt von Tsuna, der sich dem lauten Geschrei, dass gleich nach Verlassen des Gefährtes an seine Ohren drang, zuwandte. Vor einem Schallplattengeschäft stand eine riesige Menschentraube und eine Schlange die noch zwei Häuser weiter reichte. Sie bestand vornehmlich aus jungen Mädchen, die noch mit ihren Schulranzen dastanden. Einige von ihnen hatten kleine Fähnchen mit dem Namen Viper darauf, andere bunte Plakate mit Fotos. Belphegor schien die Schlange zu durchsuchen. „Verdammt... Die stehen natürlich alle schon im Geschäft.“, meinte er enttäuscht und meinte damit wahrscheinlich irgendwelche Bekannten, die ihm einen Platz hatten freihalten sollen. Da er diese aber nicht fand, begab er sich zum Ende der Schlange und stellte sich, gemeinsam mit Tsuna, an.

Die kleinen Mädchen die vor und hinter ihnen standen schnatterten aufgeregt durcheinander und Tsuna konnte einigen Gesprächsfetzen entnehmen, dass die Liveshows von dieser Viper wirklich der Oberknaller sein mussten. Feuerwerk, Lasershows und Zuckerwatte die im Dunkeln leuchtet. Tsuna konnte sich den Sinn von Letzterem nicht wirklich erklären, aber es war wohl so ein Pop-Idol-Ding. Das musste man nicht verstehen.

Neben sich kaute Belphegor aufgeregt auf seinen Nägeln. Eigentlich wollte Tsuna ihn darauf hinweisen, dass das ungesund war, aber er schien ihn nicht zu hören. Wie ein Habicht starrte er auf die sehr weit entfernte Tür, und den Abstand der partout nicht kleiner wurde. Drinnen im Laden schien es einen Tumult zu geben, denn immer wieder traten verängstigte Mädchen von der Schaufensterscheibe fort, nur um gleich wieder vorzutreten, damit sie ihren Platz nicht einbüßten.

„Es ist noch so weit. Normalerweise bin ich immer, der dritte in der Schlange.“, jammerte Belphegor auf einmal und tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden auf. Es schien für ihn einfach schrecklich zu sein, jetzt so weit hinten zu stehen. Wahrscheinlich schwänzte er sogar die Schule, um so weit vorn wie möglich zu stehen.

„Keine Sorge. Es geht sicher gleich weiter.“, versuchte Tsuna ihn zu beruhigen. „Je näher man dem Ende einer Schlange kommt, desto schneller scheint es voran zu gehen.“, sagte er, wusste aber selbst nicht genau, warum das so war und Belphegor schien das auch kein bisschen zu helfen.

„Wenn wir überhaupt noch drankommen...“, wisperte er verzweifelt und stellte sich auf Zehenspitzen, obwohl das eigentlich nicht nötig war, bei der Größe ihrer Mit-Warter, um über deren Köpfe hinweg sehen zu können.

Leise hörte Tsuna wie Belphegor die Leute vor sich abzählte, als er bei dreiundfünfzig angekommen und noch immer nicht alle gezählt hatte, gab er ein verzweifeltes Stöhnen von sich. Diese ganze Autogramsache schien ihm wirklich wichtig zu sein. So wichtig sogar, dass er fast sein Handy in zwei Teile brach, als er versuchte es aufzuklappen.

“Mist, das schaffen wir nicht. Das schaffen wir niemals.” Er blickte sich um und plötzlich wurde Tsuna am Handgelenk gepackt und in eine Seitengasse gezerrt. Die flachen Absätze Belphegors klapperten vor ihm auf dem Kopfsteinpflaster und das Wasser der sich hier sammelnden Pfützen durchnässte den Saum seiner Hose. Tsuna hatte keine Ahnung was das jetzt schon wieder sollte, beschloss aber dass es das Beste sein würde, einfach nichts zu sagen.

„Okay. Du musst mir helfen, Tsuna. Ushishishishishi. Vipers Autogramstunden enden eigentlich immer früher, als sie angesetzt sind, weil Viper nach ein, zwei Stunden keine Lust mehr hat zu schreiben. Aber... ich will ein Autogramm, unbedingt, deswegen schleichen wir uns von hinten rein. Meine Freunde haben mir gerade einen Lageplan geschickt und es gibt eine Hintertür. Ushishishi... Die ist aber von Vipers Bodyguards bewacht, das heißt, irgendjemand muss sie ablenken, damit ich mich heimlich rein schleichen kann. Ushishishi.“, sagte Belphegor schnell und Tsuna schwante jetzt bereits Böses. „Du... Du meinst.... Ich soll...“, wollte er fragen, wurde aber von Belphegors Grinsen davon abgehalten es auszusprechen.

„Ganz genau. Ushishishishi. Wir sind doch Freunde, oder nicht?“

Und da wurde Tsuna bewusst, dass wohl in jedem Menschen ein Stück Kyoko steckte. In jedem Menschen außer ihm, denn er besaß ganz offensichtlich nicht diese Fähigkeit, anderen durch einen kleinen simplen Satz ein schlechtes Gewissen zu bereiten. Oder in Xanxus Fall, durch einen einfachen Blick.

“Al-Also gut… aber ich bin wirklich nicht gut darin… also Leute hinter Licht zu führen… oder zu lügen… oder so…” auf seine Worte schüttelte Belphegor nur seinen Kopf und verstecke sich hinter einem der großen Müllcontainer.

“Geh einfach hin und lock sie ans andere Ende der Gasse. Ich brauche nur 10 Sekunden um in der Tür zu verschwinden. Ushishishishishi…”

Tsuna fühlte wie das Herz in seiner Brust wummerte als er die Hand hob und vorsichtig klopfte. Seien Kehle fühlte sich auf einmal staubtrocken an und er wollte am liebsten gleich weglaufen, da wurde die Tür auch schon geöffnet und ein großer Mann stand vor ihm. Er betrachtete ihn von oben herab mit strengem Blick. Sein schwarzes Haar sah aus als hätte er gerade in eine Steckdose gefasst. Er erinnerte ihn irgendwie ein klein wenig an Lanchia. Nur nicht so nett. „Hier ist heute kein Eingang.“, sagte er streng. Tsuna nahm seinen ganzen Mut zusammen, dann stammelte er. „Ich bin der... äh... Autogrammkartenlieferant. Ich habe zwei neue Kisten da hinten stehen.“, sagte er leise und deutete ans Ende der Gasse.

Der Blick des Mannes folgte seiner Hand und für einen Moment sah es aus, als wolle er ihn gleich köpfen, dann nickte er und trat aus der Tür heraus, um Tsuna ans Ende der Gasse zu folgen, der allerdings noch nicht wusste, was er tun würde, wenn sie dort angekommen waren.

So langsam wie es ihm nur möglich war schlenderte er den Weg entlang und hielt zwischendurch dreimal an um sich die Schleife an seinen Schuhen zu binden. Die Schuhe die Xanxus ihm geschenkt hatte, mittlerweile waren es die einzigen die er überhaupt noch anzog, da sie wirklich super bequem waren.

Am Ende der Gasse angekommen starrte Tsuna so theatralisch auf den Boden, wie Mukuro es ihm beigebracht hatte, künstlich, unglaubwürdig und absolut nicht überzeugend wenn man auch nur einen Teelöffel voll Realitätssinn besaß. Bei Mukuro überzeugte es, bei ihm nicht.

“Al-Also wirklich! Eben standen sie hier noch… Da muss wohl… jemand gekommen sein… und sie geklaut haben…” hinter sich spürte er wie sich eine Gewitterwolke zusammenbraute. Der Bodyguard schien nicht von seiner schauspielerischen Leistung überzeugt.

Tsuna hoffte, dass es zumindest Belphegor bis nach drinnen geschafft hatte, aber der Ruf eines Mannes, der gleich darauf an seine Ohren drang, ließ ihn daran zweifeln: „Levi! Schnapp ihn dir!“.

Tsuna gefror das Blut in den Adern, als sich die große Pranke des Mannes auf seine Schulter legte und ihn unsanft zurück zog. Noch ehe er sich versah stand er vor einem rosa Vorhang. Durch eine Lücke konnte er die Schlange sehen, aus der Belphegor und er ausgebrochen waren, aber die Hand des Mannes schob ihn nicht hindurch, sondern ein Stück weiter nach rechts zu Belphegor, der in einem Nebenraum auf einem Stuhl hockte und von einem weiteren Bodyguard bedrängt wurde. „Aber Schätzchen. Jeder muss sich ordentlich anstellen, auch du.“

“Aber ich bin der Prinz ihres Fandoms, ushishishishishishi… ich bin das DRITTE Mitglied. Ein Prinz muss sich nicht anstellen. Ich will doch nur ein Autogramm, wenn die Autogramstunde auf der Homepage angekündigt gewesen wäre, hätten wir alle kein Problem.” erklärte Belphegor und Tsuna konnte nicht anders als ihn ein Stück weit zu bewundern. Wenn man ihn mit einer Federboa bedroht hätte, hätte er Angst gehabt, vor allem bei dem Grinsen, das der pinkhaarige Bodyguard mit dem Halbirokesen dabei zur Schau trug.

“Schätzchen, so läuft das eben. Das Leben ist hart und ungerecht. Hier sind Fans die kommen aus Städten die fünf Stunden entfernt sind, wenn du keine Plakate lesen kannst, ist das nicht unser Problem. Und Viper muss sich wirklich nicht mit so nervigem Fan-Pack abgeben.”

Von dem anderen Bodyguard wurde er auf einen Stuhl gesetzt. Danach wandte sich der Pinkhaarige auch zu ihm um. „Das gilt natürlich auch für dich Schätzchen. Vordrängeln gibt es nicht. Alle müssen sich brav anstellen und warten. Viper ist eine vielbeschäftige Frau.“

Tsuna fühlte sich fehl am Platz: Er war nicht einmal wegen diesem zweifelhaften Idol hier und musste sich jetzt eine Belehrung anhören, warum er ihr nicht zu nah kommen durfte. Das war doch einfach nur verrückt. Etwas verwirrt und unwissend betrachtete er den zweiten Bodyguard, der sich wieder dem Blonden zuwandte.

„Ushishishishishi. Ich habe keine Poster gesehen. Es wurden sicher wieder viel zu wenige gedruckt. Und im Newsletter stand es auch nicht. Das ist ein Verrat an den Fans! Wer ist dafür verantwortlich? Ushishishishi. Der Prinz wird ihn bestrafen.“

Der Bodyguard mit der Federboa lachte schrill und schnipste Belphegor gegen die Stirn. Die ganze Situation war unter seinem Niveau, mit so dummen Jungen hatte er sich seit Jahren nicht mehr beschäftigen müssen. Idole hatten es wirklich schwer, von solchen Freaks verehrt zu werden.

“Tja, das ist wohl ein typischer Fall von selber Schuld. Wenn du ein echter Fan wärst hättest du das Premium-Spezial-Magazin gekauft, das seit letztem Monat in ausgewählten Geschäften zu haben ist.”

Tsuna runzelte die Stirn, bei den Worten hatte etwas geklickt. “Ist das… nicht das Magazin wo die Bilder mit den ganzen Liebestötern drin sind… Meine Mutter hat es sich gekauft weil sie die Bilder so hübsch fand…” noch bevor Tsuna den Satz beendet hatte, wusste er, dass er das falsche gesagt hatte.

„Tsuna! ich muss es haben! Um jeden Preis! Ich zahle alles was du willst!“, wandte Belphegor auf einmal aufgeregt ein und unterbrach sogar den Bodyguard, der sich gerade abfällig über Tsunas Bemerkung hatte äußern wollen.

Tsuna betrachtete den Blonden etwas überrascht und legte dann den Kopf schief. „Ich frag mal... ob sie‘s noch hat. Ich geb es dir... wenn du willst.“

Der Bodyguard schien von diesem Kommentar entsetzt. „Was bist du für ein Fan? Wenn man dieses Heft hat, gibt man es doch nicht wieder aus der Hand! Es wurde nur in einer Miniauflage verlegt! Und Viper modelled darin nicht für altmodische Reizwäsche! Sie stellt ihre neue Serie vor! Princess Viper.“, sagte er ganz aufgebracht. Er selbst schien der größte Fan seines Schutzobjektes zu sein.

“Naja…” sagte Tsuna und wusste in dem Moment wirklich nicht ob er das richtige tat, aber viel schlimmer konnte seine Lage ja eh nicht mehr werden. “Ich bin ja…auch kein Fan… ich bin nur hier um ihm Gesellschaft zu leisten… und Serien über kleine Mädchen in Unterwäsche haben mich noch nie interessiert.”

Keine drei Sekunden später musste er sich einen Vortrag über die Großartigkeit der Serie, Viper und überhaupt Magical Girls anhören. Am liebsten wäre er in diesem Moment implodiert, aber trotz monatelangem Training hatte er die momentane Teleportation noch immer nicht gemeistert.

“Und außerdem ist Viper das größte Pop Idol seit CherryBlossom! Sie hat sogar einen festen Fankreis außerhalb Japans! Du kleiner Ignorant!”

Tsuna wollte nicht mehr. Er konnte nicht mehr. Er konnte doch nichts dafür dass er ein Junge war und zu alt, um ein Pop Idol anzuhimmeln. Er wusste nicht ob er losheulen, oder herumschreien sollte, daher schwieg er und bereute, dass er kein dreizehnjähriges Mädchen war, das in der Lage war Viper abgöttisch zu lieben.

„Wie spät ist es Levi?“, fragte der pinkhaarige Bodyguard auf einmal und überraschte damit alle ein wenig. Dieser sah auf seine Uhr. „Gleich ist eine Stunde rum. Wir sollten rausgehen.“, meinte er und war auch schon auf dem Weg zu dem Rosa Vorhang, durch den er nach draußen huschte. Der andere verstand und folgte ihm, schloss aber die Tür hinter sich ab und nahm Belphegor und Tsuna so die Möglichkeit der Flucht.

Draußen hinter dem Vorhang hörte Tsuna die hohe und wirklich sehr mädchenhafte Stimme Vipers, die sich darüber beschwerte, dass ihre Hand wehtäte. Die kleinen Mädchen seufzten enttäuscht und fingen an zu murren. Dieses ganze Theater war doch bescheuert. Hätte er gewusst, dass Fans so fürchterlich nervig sein könnten, hätte Tsuna sich niemals angeboten mitzukommen.

“Ihr habt es gehört meine Lieben.” erklang wieder die Stimme des Bodyguards. “Es tut mir sehr leid aber wir müssen die Hand unserer kleinen Viper schonen. Habt einen guten Heimweg und schaut alle ab nächster Woche dienstags um 20 Uhr 15 ‘Princess Viper’! Wir zählen auf euch!”

Jubelrufe, Schreie der Begeisterung und der Verzückung. Es war wie auf einem Rockkonzert.

Der Jubel verstummte wenig später und man konnte hören, wie die Fans langsam das Geschäft verließen. „Es ist schon vorbei. Ushishishishi.“, sagte Bel und Tsuna fand, dass dies das traurigste Lachen war, dass er je von dem Blonden gehört hatte.

Viper war gemeinsam mit ihren Bodyguards offenbar in einen Nebenraum gegangen, denn man konnte ihre leisen gedämpften Stimmen durch die Wand hören. Naja... Eigentlich nur die der Bodyguards, die entsprechend laut waren und ab und zu ein leises Säuseln, das wohl von Viper kam, das man aber nicht verstand.

Tsuna glaubte etwas von Polizei zu hören und auf einmal stockte ihm der Atem und das Blut gefror ihm in den Adern. Er hatte noch gar nicht daran gedacht. Aber das was Belphegor und er getan hatten, grenzte wahrscheinlich an eine Art Hausfriedensbruch. Was sollten sie tun, wenn die Bodyguards die Polizei riefen? Dann wären sie sicher geliefert.

Er wollte nicht angeklagt werden. Seine Weste war so wunderschön blütenrein, da sollten keine Flecken drauf, vor allem nicht für so etwas! Er war noch zu jung und süß um im Jugendgefängnis Steine klein zu klopfen. Wahrscheinlich würde er dort der Punchingball von seinen Mitgefangenen werden und seine Jungfräulichkeit in einer Gemeinschaftsdusche verlieren, weil ihm ein Stück Seife runter gefallen war. Ihm war wirklich zum Heulen zu Mute.

Dann wurde urplötzlich, und vollkommen ohne Vorwarnung, der Vorhang beiseite geschoben und er sah in zwei Schokobraune Augen, die ihn gelangweilt musterten. Viper war… nicht gerade wie auf den Postern. Ihr Haar war zerzaust, durch das scheinbar rasche Entfernen ihres üppigen Haarschmucks aus Spangen, Federn und Bändchen, sie hatte sich eine Hose angezogen und trug von ihrem Auftritt Outfit eigentlich nur noch das pinke Oberteil mit der großen Schleife auf dem Bauch, die rosafarbenen Lackschuhe und die dazugehörigen Kniestrümpfe. Der Blick in ihren Augen ließ sie dazu aussehen wie jemand Mitte Zwanzig und kein zwölfjähriges Mädchen.

„Ushishishi Ushishishishishi“. Belphegor neben ihm konnte sich kaum auf dem Stuhl halten. Tsuna hörte das aufgeregte Scharren von Fingernägeln auf Holz. Belphegor hatte seine Finger nämlich in den Sitz eingehakt, offenbar um sich selbst daran zu hindern auf Viper zu zuschießen und sie überschwänglich zu küssen oder sich selbst vor einer drohenden Ohnmacht zu bewahren. Tsuna glaubte zu wissen, dass Belphegor Viper noch nie in seinem Leben so nahe gewesen war.

„Zwei Schwerverbrecher, tch. Sie sehen aus wie Kinder. Kinder die versucht haben sich rein zu schleichen um ein Autogramm zu ergattern. Mehr nicht. Was machst du nur immer für ein Drama. Wenn wir wegen so einer Lappalie die Polizei rufen, kostet das den Staat nur unnötig Geld.“, sagte das Mädchen ein wenig unwirsch und kräuselte ihre Lippen zu einer Art Dreieck, dass sie unglaublich schlecht gelaunt aussehen ließ.

Tsuna bekam so ein Gefühl, ein Gefühl dieser Art auf das Giotto ihn versucht hatte zu trimmen und irgendwie kam ihm eine Erkenntnis, als er auf diesen verzogenen Mund starrte. Eine Erkenntnis die Belphegor mit Sicherheit nicht gefallen würde. Aber neben seiner Eingebung war ihm eine Sache ziemlich klar geworden, dieses Mädchen war eher eine Frau.

Ohne den ganzen Firlefanz war es sehr deutlich zu sehen, die Lebenserfahrung in den Augen, die Schärfe in der Stimme und die Körperhaltung die alles andere als mädchenhaft war. Tsuna konnte nicht direkt einschätzen wie als sie sein mochte, aber als Mädchen würde er sie nicht mehr bezeichnen.

“Also Jungs, was kann ich für euch tun. Ihr wollt doch sicher ein Autogramm und draußen war die Schlange einfach zu lang.”

„Ganz... ganz genau!“, rief Belphegor überschwänglich aus. Es fiel ihm offenbar schwer seine Stimme unter Kontrolle zu halten. Noch immer klammerte er sich krampfhaft an seinen Stuhl und schien, obwohl er Viper so nah war, nicht gewillt ihn loszulassen.

Tsuna war sich seiner beiden Theorien jetzt nicht mehr so sicher. Seine neueste Idee war, dass Belphegors ich an den Stuhl klammerte, um nicht etwas absolut Dummes zu tun oder war er vielleicht geschockt? Weil er das selbe sah wie er? Nicht die süße, kleine Viper, sondern die strikte Frau, Viper? Mysteriös...

„Nun... ich denke für euren...“ Tsuna bemerkte, dass sich an ihr etwas änderte. Der strenge Blick verschwand und auf ihre Lippen legte sich ein, wahrscheinlich falsches, Lächeln. Ihre Augen begannen kindlich zu strahlen. „Ich denke ich muss euch für euren Mut ein wenig belohnen.“, kicherte sie leise und entlockte dem pinkhaarfarbenen Bodyguard hinter ihr ein entsetztes Stöhnen, doch noch bevor er sie aufhalten konnte, hatte sie die Tür hinter sich zugeschlagen und sich eben diese gelehnt, so dass sie jetzt mit Belphegor und Tsuna allein im Raum stand.

“Wisst ihr Jungs, es gibt so etwas wie Regeln. Regeln sind dafür da, dass man sie befolgt. Ich weiß, ich mach das selber nicht immer, aber wenn man es nicht tut, kann man großen, großen Ärger bekommen. Das wollt ihr sicher nicht.” Belphegor schüttelte seinen Kopf. Ob er die Worte wirklich wahrnahm oder nur vom Klang ihrer Stimme verzaubert war, konnte Tsuna beim besten Willen nicht feststellen. “Ihr wollt doch sicher nicht, dass ihr Ärger bekommt. Das wäre nämlich wirklich schade, ihr seid noch so jung.”

Das Klacken des sich umdrehenden Schlüssels jagte Tsuna einen kalten Schauer über den Rücken. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn die Bodyguards die Polizei gerufen hätten. Langsam bekam er es nämlich wirklich mit der Angst zu tun.
 

wird fortgesetzt...

17. August: Teil 2

Und schon wieder wir. Ist schon wahr, dass wir mit dem Manga so weit abgeschlossen haben, aber bei Panakeia wird es trotzdem weitergehen. Die Story ist unser Baby und wir wollen sie in jedem Fall beenden. Wir sind zwar jetzt schon leicht über unser eigentliches Ziel von 120000 Wörtern hinausgeschossen (>_>), aber da das schreiben noch immer Spaß macht und unser Plan für die Geschichte fest steht, wird es hier auch weitergehen. (Und seien wir mal ehrlich... unsere Charaktere sind sowieso ein wenig OOC >_>)
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

Panakeias Segen
 

17. August: Teil 2
 

Tsuna hielt es jetzt nicht mehr auf dem Stuhl und er erhob sich ganz langsam, um an seiner. ‚Ich-verschwinde-durch-die-Wand‘-Technik zu arbeiten, die er schon lange nicht mehr trainiert hatte. Belphegor jedoch, blieb wie angewurzelt sitzen als Viper sich ganz frei durch den Raum bewegte und sich an einem Teller Kekse bediente, der in der Mitte eines kleines Tischchens stand. „Mann, ich habe solchen Hunger.“, meinte sie ruhig und schob sich einen der Kekse in den Mund. „Ich muss gestehen, dass ich dich...“, sie blickte Tsuna scharf an, „...noch nie auf einem meiner Konzerte gesehen habe, aber dich kenne ich.“, erklärte sie und umrundete Belphegors Stuhl, um diesen anblicken zu können. Diesem entfuhr ein schriller Schrei und er löste die Hände nun endlich vom Stuhl, um sie sich über den Mund zu halten. Gedämpft von ihnen, hörte man sein Charakteristisches Psychopatenlachen. „Ushishishishishishi.“ Tsuna konnte es zwar wegen der vielen Haaren nicht sehen, aber er glaubte zu wissen, dass Belphegor feuerrot war.

Bei dem Geräusch verzog Viper ihren Mund wieder zu einem Lächeln. Sie hatte eine nicht zu verleugnende Ähnlichkeit mit einer Katze die den Wellensittichkäfig umkreiste und ganz genau wusste, wie man ihn öffnete. Wenn Belphegor nicht aufpasste, würde sie ihn wahrscheinlich mit Haut und Haaren verschlingen. Sollte es soweit kommen, musste Tsuna ihn wohl retten, denn er war mit Sicherheit nicht in der Lage zu erkennen, dass das keine gute Sache war.

“Was für ein süßes Lachen.” sie grinste noch ein Stück breiter. “Ja jetzt bin ich ganz sicher, du stehst immer in der ersten Reihe und machte Fotos als würde es kein Morgen geben. Und du hast mir Pralinen auf die Bühne geworfen. Rumtrüffel und Whiskey-Cherry, ich erinnere mich sehr gut. Normalerweise werfen die Fans Stofftiere auf die Bühne.”

Belphegor lachte noch immer unterdrückt und es fiel ihm sichtlich schwer sich wieder zu beruhigen. Sein Gesicht glühte wahrscheinlich. Würde über seinem Kopf eine Fackel hängen, hätte er sie mit Sicherheit nur mit seiner Körperwärme entflammt.

„Ushishishishi...“, lachte Bel und nahm nun endlich die Hände weg. „Der Prinz hat sie selbst gemacht. Der Prinz hofft sie haben dir geschmeckt. Ushishishishi. Er dachte weil die Tour ‚I want chocolate‘ heißt, dass es vielleicht ein hübsches Geschenk wäre.“, meinte er leise und Tsuna wusste jetzt ungefähr, wie es um Belphegors Geisteszustand bestellt war. Nicht gut, wenn er schon von sich selbst in der dritten Person sprach und sich als Prinz bezeichnete. „Außerdem dachte der Prinz...“ Belphegor kicherte leise, aber schien nicht fähig seinen Satz zu beenden.

Viper kicherte hinter vorgehaltener und lehnte sich gegen den Tisch mit den Plätzchen. Ihre schneeweißen Schneidezähne bissen mit der Gefährlichkeit eines Alligators ein Stück aus einem der Kekse. Wahrscheinlich war sie in Wirklichkeit eine Schlange die in Tarnung die Welt bereiste um besonders dumme Fans zu fressen. Belphegor gehörte definitiv in diese Kategorie.

“Was dachte der Prinz? Weißt du, sie waren wirklich köstlich. Viel besser als die, die ich normalerweise in den Geschenkkörben bekomme. Sie schmolzen förmlich auf der Zunge, da würde es mich wirklich interessieren was du dir dabei gedacht hast. Wünscht du dir dafür ein Autogramm? Ich gebe dir eines wenn du lieb fragst und bitte, bitte sagst.”

„Ich... also... Der Prinz möchte gern ein Autogramm. Und der Prinz dachte. Ushishishishi... Er dachte, dass das Geschenk ein Geschenk zum White Day ist. Ushishishishi.“. Bel stammelte diesen Satz offenbar mit den letzten Resten seiner geistigen Gesundheit. Er schien jeden Moment in Ohnmacht zu fallen.

„Es.. Es freut den Prinzen sehr, dass sie geschmeckt haben. Und er möchte... Möchte bitte, bitte ein Autogramm. Nur deswegen ist er hergekommen.“, wiederholte er sich und Tsuna sah, wie seine Waden zitterten. Hätte er gestanden wäre er spätestens jetzt umgefallen.

Viper konnte es wohl auch sehen, denn ein liebliches Kichern verließ ihre Lippen, scheinbar gewillt Belphegor in einen frühen Herztod zu treiben. Tsuna fragte sich ob er eher einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall bekommen würde wenn sie so weiter machte.

“Hmm wenn du mich so lieb fragst, kann ich ja gar nicht nein sagen.” erklärte sie ihm gespielt nett grinsend und zog einen Edding aus einer der vielen Taschen ihres Oberteils, er war pink. Tsuna war nicht überrascht. Erstaunlich bestimmt lehnte sie sich über den sitzenden Belphegor, so dass ihr Dekolleté direkt vor seinem dichten Pony hing und mit einer flotten Handbewegung setzte sie ihre Unterschrift quer über den Haarreif.

Belphegor quietschte aufgeregt. Tsuna konnte nicht sagen, wohin er schaute. Wahrscheinlich direkt in ihren Ausschnitt, auch wenn es da nicht viel zu sehen gab. Tsuna musste gestehen, dass Viper flach war wie ein Brett, wenn sie keine Mädchenkleider getragen hätte, hätte er sie für einen Jungen gehalten.

Belphegor lachte, kicherte und schien fast keine Luft mehr zu bekommen. Sein stetiges Ushishishishishi, schien gar kein Ende mehr zu nehmen. „Da... Danke...“stotterte er schließlich und krallte seine zitternden Hände in sein Hosenbein.

Er war wirklich, wirklich froh, dass es von ihr nicht bemerkt wurde. Offenbar zeigte sein Ninja-Training endlich Früchte. Er konnte sich tarnen wie ein Chamäleon.

Vielleicht konnte er sich jetzt sogar in die Mädchenumkleide schleichen ohne von einer Traube keifender und zischender Mädchen zur Hölle gejagt zu werden… Nein… so sicher war er sich seiner Fähigkeiten dann doch nicht. Die Mädchen seiner Schule konnten gefährlicher sein Als Ninja-Astronaut-Profikiller… okay, Tsuna sah es ein, das war wahrlich kein sonderlich guter Vergleich gewesen.

Viper strich mit seinen beringten Fingern durch die dicken Strähnen von Belphegors Haar und lächelte schief, Tsuna war froh nicht zu wissen was sie dachte. Sein unschuldiger Geist hätte möglicherweise Schaden davon genommen.

“Kein Problem, Kleiner. Es ist ja nur eine Unterschrift. Und du Junge? Möchtest du auch ein Autogramm?” So viel zum Thema Chamäleon.

Tsuna schüttelte fast panisch den Kopf, aber Viper blickte ihn nicht einmal an, deswegen unterstrich er seine Antwort mit einem kräftigen „Nein.“, nur zögerlich setzte er an: „Ich möchte aber gerne gehen... Und wenn es möglich ist... ohne Polizei...“, meinte er und entrang Viper ein kurzes Lachen.

„Keine Sorge. Meine Bodyguards haben nur etwas übertrieben. Sie wussten ja nicht, wen sie hier eingefangen haben.“.

Viper grinste jetzt bereits so breit, wie Bel es eigentlich zu tun pflegte, wenn er etwas ausheckte, während Bel seine strahlend weißen Zähne zu einem nervösen Lächeln bleckte.

Viper schob vorsichtig die Haare Belphegors ein Stück zur Seite, die aussahen, als wären sie aus Beton, mit so viel Gel waren sie zugekleistert.

Das war das erste Mal, dass Tsuna seine Augen sah und er wünschte sich nichts mehr, als das es auch das letzte mal sein mochte. In seinem bisherigen Leben hatte Tsuna noch niemals einen Albino gesehen, aber er war sich ziemlich sicher, dass Belphegor etwas Ähnliches war. Seine Augen waren von einem sonderbaren lilafarbenen Ton und umrandet von dichten, dicken Wimpern. In ihnen steckte etwas, was Böse wirkte. Ein Blick in diese Augen war wie ein Blick in den Wahnsinn persönlich. Hätte die Verrücktheit eine körperliche Form, so läge sie hier vor ihm. Doch Viper hielt nur mit ihren schmalen Händen sein Haar zurück und musterte sie interessiert. Die Frau hatte wirklich Mumm in den Knochen.

“Wirklich, einzigartig.”

Erst jetzt schien Belphegor überhaupt zu bemerken, dass Viper seine Haare angehoben hatte. Tsuna sah wie sein Gesicht zu glühen begann, feurig rot und wie er gleich darauf seinen Blick senkte, die Augen zusammenkniff und versuchte sich selbst wieder hinter seinem Haar zu verstecken. „Ushishishishishishi. Danke.“, säuselte er aufgeregt und ging dann wieder dazu über dümmlich zu kichern.

„Denkst du es wäre für den Prinzen in Ordnung, mir seinen Namen zu verraten?“, kicherte Viper fröhlich.

Tsuna war offenbar schon wieder vergessen und er war froh darüber. Er wollte mit dieser ganzen Situation gar nichts mehr zu tun zu haben.

Ob es wohl auffallen würde, wenn er sich jetzt aus der Tür schlich? Was dachte er überhaupt drüber nach, sein schlechtes Gewissen würde ihn hinterher umbringen. Wer wusste schon, was diese Viper seinem Freund antun würde. Vielleicht fütterte sie ihn mit Keksen bis er platzte oder zwang ihn in einer Schokoladenfabrik zu arbeiten, damit sie immer einen frischen Vorrat Pralinen hatte.

“Der Prinz heißt… Belphegor!” quiekte er aufgeregt und sein Atem beschleunigte sich merklich. Bei seinem Blutdruck konnte er froh sein wenn nicht einfach eine Ader platzte und ihn innerlich verbluten ließ.

“Das ist ein schöner Name. Bel, möchtest du noch ein Geschenk von mir haben? Du darfst es aber keinem sagen.” zwitscherte sie gut gelaunt.

Belphegor schien unsicher, was er sagen sollte. Er war so nervös wie ein Kaninchen dem ein Jäger einen Gewehrlauf unter die Nase hielt. Schließlich nickte er aufgeregt, unfähig etwas zu sagen, und schluckte, obwohl sich nicht einmal Spucke in seinem Mund befand, die Bewegung lief seine Kehle hinunter und gab ihm das Gefühl, dass sich ein riesiger Kloß darin befand.

Er hätte niemals zu träumen gewagt irgendwann ein Geschenk von ihr zu erhalten, geschweige denn Viper je so nahe zu kommen. Er hatte heute das Höchstmaß an Schock, Überraschung und weltlicher Freude erreicht. Er war der festen Überzeugung, dass niemand, absolut niemand glücklicher sein könnte als er.

Viper sah das wohl ähnlich. Sie hatte sicher so viel mit Fans zu tun, dass sie sie im Schlaf um ihren kleinen Finger wickeln konnte. Diese Art von Frau war die Gefährlichste die es gab, denn sie wusste wie ihre Mitmenschen zu beeinflussen waren.

“Also mein junger Prinz, dann schließ mal deine Augen, sonst ist es ja keine Überraschung, nicht wahr?” Belphegor nickte unsicher und seine unheimlichen Augen verschlossen sich fest, er presste sie so stark aufeinander, dass es direkt schmerzhaft aussah. Viper schmunzelte nur und beugte sich zu dem Jungen herunter. Tsuna musste seine Weitsicht nicht einsetzen um zu erkenne was sie gleich machen würde. Und obwohl er es wusste, schockierte es ihn doch unbeschreiblich, als sie ihre pinken Lippen auf Belphegors legte und ihm einen kleinen trockenen Schmatzer aufdrückte.

Belphegor hatte das Gefühl gleich in Ohnmacht fallen zu müssen. Er konnte nicht mehr. Er hielt es nicht mehr aus. Es war nur ein ganz einfacher simpler Kuss. Es war nichts dabei, aber... aber... gleich nachdem Viper sich gelöst hatte, konnte man ihn leise gebetartige Sprüche murmeln hören. Tsuna glaubte: OhmeinGottOhmeinGottOhmeinGott zu verstehen und als er Vipers Grinsen sah, wusste er, dass es wohl das war.

Belphegor war nicht mehr fähig irgendetwas anderes hervorzubringen, dessen war er sich bewusst und vielleicht war es besser, wenn er jetzt die Führung der Situation übernahm, bevor sie noch ganz aus dem Ruder lief. Genau so, wie Daniela es ihm beigebracht hatte.

Mit geschwollener Brust trat Tsuna, vor Testosteron nur so überlaufend, vor und packte Belphegor an den Schultern, um ihn mit einer schnellen Bewegung wieder auf die Beine zu ziehen. Jetzt war der Zeitpunkt wo sie gehen mussten, wenn nicht ein Unglück geschehen sollte.

“Also.. Es wird wirklich spät und wir sollten längst zurück zu unseren Wohnheimen gegangen sein…” erklärte er nuschelnd und gab sich alle Mühe Belphegor halbwegs gerade zu halten, damit dieser nicht das Gleichgewicht verlor. Viper nickte verstehend und ging an ihnen vorbei zur Tür, damit sie sie aufschließen konnte. Angestrengt trieb Tsuna seinen Begleiter an seine Füße zu bewegen, mit dem einzigen Ergebnis, dass dieser stolperte und direkt in die Arme der überraschten Viper fiel. Tsuna fand es ganz erstaunlich, dass sie ihn halten konnte und nicht einfach mit ihm umfiel.

Belphegors Gesichtsausdruck nach zu urteilen fand er etwas ganz anderes überraschend, als er da gegen ihren Körper gepresst stand und von Viper gehalten wurde. Seine Gesichtsfarbe durchlief das ganze Farbschema von kirschrot bis kalkweiß, als ihn die Erkenntnis traf wie ein Backstein aus dem fünften Stock.

“Mist…” war das einzige was Viper noch sagen konnte.

Auf einmal hatte Belphegor es sehr, sehr eilig. Er befreite sich aus Vipers Armen und betrachtete ihn ein wenig überrascht. Dann fasst er, Tsuna wäre vor Scham fast im Boden versunken, an eine Stelle an die man normalerweise nicht fasste und bekam auch prompt eine gescheuert. „Wie kannst du es wagen?“, fragte Viper ganz Diva. Ihr standen Tränen in den Augen.

Noch bevor irgendwer anders reagieren konnte, wurde die Tür aufgerissen und Vipers Bodyguard stürmte ins Innere des Raumes. Der Pinkhaarige sah sich nur kurz um, dann sah er Bel, der seine Wange hielt und Tsuna, der völlig entgeistert auf die Szene starrte.

Ohne irgendwelche Umschweife zu machen, packte er Bel am Kragen und zerrte Tsuna am Arm aus dem Raum und setzte sie dahin, von wo sie gekommen waren. Vor die Hintertür, die er gleich darauf zuknallte.

„Ein... Ein Junge...“, wisperte Belphegor leise und schaute ungläubig auf die Mülltonne, hinter der er sich vorher versteckt hatte.

Tsuna wusste nicht so recht was er sagen sollte, er hatte es geahnt seit er Viper das erste Mal gesehen hatte, aber wie hätte er das Belphegor klarmachen sollen? Es einfach sagen? Nein, so abgestumpft war Tsuna nicht und Viper hätte eh alles geleugnet.

“Bel?” fragte er vorsichtig und legte dem erschütterten Jungen eine Hand auf die bebenden Schulter. Für ihn war gerade eine Welt zusammen gebrochen, nicht nur eine Welt, sondern sein gesamtes Weltbild. Sicherlich hatte er sich in seiner Phantasie eine kleine süße Zukunft zusammen mit Viper und einem Haus im Grünen ausgemalt und jetzt musste er die bittere Realität einsehen.

“Viper ist… wie kann… wie kann Viper denn ein Junge sein? Das ist doch… das ist doch…”

Belphegor schob nur seine Haare zurecht und lachte leise. „Ushishishishishi. Ein Junge. Viper ist ein Junge.“. Mehr brachte er ganz offenbar nicht heraus.

Von hinter der Tür drangen seltsame Geräusche. Es klang als würde Vipers rabiater Bodyguard jeden Moment wieder herauskommen, daher beschloss Tsuna Belphegor nach oben zu ziehen und ihn nach Hause zu schaffen, bevor doch noch die Polizei kam und sie wegen sexueller Belästigung verhaftete. Außerdem konnte Tsuna ihm da sicher besseren Beistand geben. Den brauchte er jetzt nämlich dringend, so wie er aussah. Es war sicher nicht leicht zu verkraften von einem Jungen verführt worden zu sein.

Belphegor sagte auf dem Heimweg nicht viel, eigentlich sogar gar nichts. Er starrte nur aus dem Fenster der Bahn und schwieg vor sich hin, wo seine Gedanken waren, war leicht zu erraten. Seine Hände hielten seinen Gameboy fest umklammert, dessen Stand-By Leuchte wie immer grün blinkte, zum Zeichen, dass er noch an war. Belphegor macht ihn niemals aus. Immer wenn er nichts zu tun hatte öffnete er ihn und spielte mit seiner kleinen Prinzessin. Jetzt sah er so aus als würde selbst sein Gameboy ihn anwidern. Noch bevor Tsuna etwas dagegen machen konnte, öffnete Belphegor die Fensterklappe des Wagen und warf das Gerät in der Fahrt schlicht und ergreifend hinaus. Tsuna konnte nicht anders als ihn fassungslos anzustarren.

“Ist das… nicht etwas rabiat?”

„Meine Prinzessin heißt Viper und sieht aus wie sie...“, meinte er nur kurz und knapp. Ich will nicht mehr weiterspielen.“ Tsuna ahnte bereits, dass er diesen Schritt später bereuen würde, aber jetzt ließ sich nicht mit ihm reden.

Er wusste wo sie aussteigen mussten, aber als sie das vollbracht hatten, wusste er nicht weiter. Er war noch nie bei Belphegor gewesen, daher führte ihn der Blonde zu seinem Haus. Ein großes, erstaunliches Haus mit einem riesigen Garten. Bel führte ihn eine lange Kiesstraße entlang und öffnete die Flügeltür mit einem Schlüssel.

Tsuna wurde seltsam angeblickt, als er mit dem Blonden gemeinsam die Halle betrat, aber er versuchte sich nicht daran zu stören. Er wusste ja nicht einmal was all diese Leute in den seltsamen Hausmädchenkostümen hier taten. Er ging mit ihm nach oben auf sein Zimmer, das wie vermutet mit Viper-Postern, Fotos, Postkarten und sogar einem Starschnitt tapeziert war, die Bel abzureißen begann, als Tsuna die Tür geschlossen hatte.

Die Sammlung war wirklich erstaunlich, Belphegor hatte wohl alles gesammelt was jemals zu Viper erscheinen war, selbst ihre Kleiderbügel besaß er, obwohl diese kleine Flügelchen an den Enden als Verzierung hatten. Nun aber warf er alles in die Mitte seines Zimmers auf einen großen Haufen und begann sein Zimmer gründlich von allem zu reinigen, was auch nur halbwegs an Viper erinnerte.

“Bel… vielleicht solltest du nicht so… rabiat alles wegwerfen… Viper ist zwar ein Junge, aber ansonsten hat sich doch nichts verändert… Die Musik bleibt gleich, er sieht immer noch genauso aus und der Fan Krimskrams ist immer noch so... nutzlos wie zuvor. Sicher bereust du es alles weggeworfen zu haben, wenn du dich wieder beruhigt hast…”

Angesäuert drehte Belphegor sich nicht mal um sondern warf nur seinen Wecker auf den immer größer werdenden Haufen. “ALLES hat sich verändert” fluchte er aufgebracht. “Ich hab mir sogar Bettwäsche gekauft! Ich habe Bettwäsche von einem Jungen!”

Tsuna verstand das Problem nicht. Er verstand es eigentlich ganz und gar nicht. Hatte Belphegor Viper etwa nur wegen ihrer... oder besser gesagt seines Aussehens gemocht, nur wegen irgendwelcher seltsamer Fantasien, die er in sich gehabt hatte? Er war ihm nie so oberflächlich vorgekommen.

Tsuna musste das stoppen. Er musste es wirklich stoppen. Schnell fasste er Belphegors Arm und zog ihn zurück, um ihn auf einen Stuhl zu drücken, der mit einem Viper-Überzug bezogen war. „Hör auf!“, bat er ihn ruhig und hielt ihn fest. Er ist ein Junge, das ist alles. Du kannst doch auch Fan von einem Jungen sein. Oder magst du... ihre... seine Musik gar nicht. Warst du nur in sie... verliebt?“, fragte er neugierig. Er musste gestehen das interessierte ihn wirklich.

“Du kannst… das echt nicht verstehen… Viper war mein Engel. Ich hab mir alles ausgemalt. Ich kannte sie in meiner Phantasie. Ich mein… ich kannte ihre Musik und wie sie sich bewegt, wie sie redet. Du kannst… einfach nicht verstehen… sie… er… das geht einfach nicht.” er ließ den Kopf hängen und starrte wahrscheinlich auf seine Füße. So genau wusste man das ja nie bei ihm.

Seine Intuition sagte Tsuna deutlich was er wissen musste. Belphegor versuchte zwar es zu kaschieren, aber hier war mehr als nur sein Stolz als Fan verletzt. Das war eine Herzenssache.

“Du warst… wirklich ganz schlimm in Viper verknallt nicht wahr?” Er bekam keine Antwort und das war Antwort genug.

„Ich hätte nie geträumt ihr...ihm je so nahzukommen. Als sie mich so angemacht hat. Ich dachte ich sterbe. Ich war kurz davor in Ohnmacht zu fallen. Sie war genauso. Hat genauso geredet, genauso gehandelt, sie war so süß. Ihre Augen haben gefunkelt, als sie mir auf den Haarreif geschrieben hat.“ Tsuna hörte Bel schluchzen und er wusste, dass es schlimm um ihn stand.

„Und dann... und dann... Sie hat mich die ganze Zeit belogen, die ganze Zeit. Und ich bin seit zwei Jahren ein Fan von ihr. Seit zwei Jahren hänge ich einem Mädchen nach, dass gar kein Mädchen ist, hab mich nach ihr gesehnt, geradezu verzehrt hab ich mich nach ihr. Ich wollte sie treffen, sie beeindrucken ich wollte sie... ganz allein für mich.“, schluchzte er leise. „Und es sah so aus als wollte sie... er mich auch... Aber das war alles nur Lüge, Fassade. Sie... Er... hat nur gespielt.“

Tsuna sah ein, dass dieser Zweifel wirklich, wirklich begründet war. Er begann Bel zu verstehen.

Aber gleichzeitig sprang ihm die Idiotie der Situation wieder ins Gesicht. Bel hatte diesen Jungen nie wirklich gekannt, er war ein Fan und Viper war mit ihm wie mit allen Fans umgegangen. Es war sein Job ihre Fans zu unterhalten und man konnte nicht behaupten, dass sie dies nicht auch getan hätte. Und immer noch tut wenn Belphegor keinen allzu großen Wirbel macht.

Tröstend legte Tsuna seinen Arm um ihn, auch wenn er nicht glaubte ein wirklich Trost sein zu können. “Aber Bel… sie… naja das war doch nichts Persönliches… Wahrscheinlich hat sein Manager ihm gesagt dass er mit seiner Stimme als Mädchen besser ankommen würde oder so. Natürlich belügt er seine Fans, aber trotzdem ist er in dem was er macht doch gut.” Belphegor schüttelte nur seinen Kopf, das wollte er alles nicht hören. Zu hören dass er auch nur einer von vielen Idioten war, tat nur noch mehr weh.

„Hör zu Bel. Am Besten, bevor du das alles weg wirfst, legst du dich erst einmal hin und denkst über alles nach. Schläfst eine Runde und vielleicht sieht die Welt morgen ja schon ganz anders aus. Er ist ein Junge, aber er singt noch immer gut. Und er schauspielert gut. Er ist hübsch und niedlich und süß und noch genauso wie immer. Er wird den Reportern noch immer meckernd erklären, dass er keine Brustvergrößerung will und dass...“, mühselig versuchte sich Tsuna zu besinnen, was Belphegor ihm erzählt hatte, aber ihm fiel nichts mehr ein.

„Hätte sie mich nur niemals so abgegraben. Hätte sie mich nie geküsst, dann wäre alles halb so schlimm.“, schluchzte Bel leise vor sich hin. Tsuna wusste nicht, ob er gehört hatte, was er versucht hatte zu erklären.

“Er hat… wahrscheinlich nur etwas Spaß gewollt… so grausam das auch klingt. Sieh es doch so, Bel, du wurdest von deinem großen Idol geküsst. Er mag zwar nicht das sein, was du gedacht hast, aber dieser Kuss war ein kleines Geschenk.”

Belphegor lachte nur trocken. “Das war ein Geschenk… auf das ich hätte verzichten können.”

Seufzend zog Tsuna eine der vielen CDs aus einem Stapel und tat sie in die Stereoanlage dessen Anzeigefenster blau blinkte. Nach wenigen Sekunden erklang die glockenreine Stimme von Viper, der seine leicht melancholische Hitsingle trällerte. Belphegor hielt sich jedoch nur die Ohren zu. Tsuna konnte nicht anders und rollte mit den Augen. Jetzt reichte es ihm wirklich, wenn Belphegor sich wie ein Idiot benehmen wollte, würde er das nicht unterstützen. Kurzerhand schnappte er sich die Hände des blonden Jungen und zog sie von seinen Ohren weg.

“Es ist immer noch dasselbe Lied oder? Sieh mich an und sag mir das es jetzt anders klingt als vorher, wenn du das so siehst und ich helfe dir persönlich beim Zusammenpacken.”

Belphegor seufzte. „Natürlich ist es das selbe Lied, aber es ist nicht mehr die selbe Person, die es singt. Es ist nicht mehr... Viper, sondern die verräterische Schlange Viper, der Lügner Viper, ja, genau. Ein Lügner. Wenn er nur nicht... so süß wäre.“

Tsunas Gesicht erhellte sich etwas. Da war noch nicht alles verloren. Er durfte jetzt nicht aufgeben.

„Leute wie er sind immer an gewisse Konditionen gebunden... Er konnte wahrscheinlich einfach nicht sagen, dass er ein Junge ist, weil es ihm verboten worden ist. Eigentlich hat er dich nicht belogen, sondern dir nur etwas verschwiegen. Vielleicht weil er es musste.

Und er schien in jedem Fall interessiert an dir... Fändest du es denn so schlimm, wenn er ein Junge wäre? Ich meine... heutzutage ist doch da nichts mehr dabei. Er schien dich zu mögen. Vielleicht will er dich wieder sehen, vielleicht solltest du nochmal mit ihm sprechen... irgendwie.“

Ein schwaches Lächeln huschte über Belphegors Züge, fast so als hätte Tsuna einen besonders lustigen Witz gemacht in seiner mentalen Krise.

“Du hast doch gesehen wie schwer man an sie… ihn… rankommt. Ständig sind seine Bodyguards in der Nähe und er zieht von Stadt zu Stadt. Es ist fast unmöglich ihn mal zu erwischen und außerdem… bezweifle ich echt… dass er mich sehen will. Ich glaube ich habe seine Privatsphäre etwas verletzt.”

Tsuna fand das war die großzügigste Beschreibung für ‘Ich habe ihm in den Schritt gefasst’ die er jemals gehört hatte. Wahrscheinlich hatte er recht, wenn es jemanden gab den Viper ganz sicher nicht sehen wollte, dann war es die Person, die sein Geheimnis kannte.

“Sicher kommt… früher oder… später eine Gelegenheit wieder mit ihm zu reden, du musst nur die Augen offen halten. Und jetzt zieh nicht so ein Gesicht. Vielleicht ist er ja gar kein so übler Kerl, diese bösartige Schlange. Am Besten räumst du dein ganzes Fan Zeugs erst mal in den Schrank in eine Kiste… oder auch drei, und holst sie erst wieder raus, wenn du alles gründlich überdacht hast.”

Bel nickte und stimmte Tsunas Vorschlag so zu. Im Moment würde er den ganzen Kram am liebsten in Brand setzen, aber Tsuna hatte definitiv recht. Er sollte erst einmal alles überdenken. Nur langsam erhob er sich wieder, ging zum Schrank und zog eine zusammengefaltete Umzugskiste heraus.

Er klappte sie auf, verstaute all das Zeug darin und schob sie in den Schrank zurück. Dann legte er neue Bettwäsche heraus und setzte sich auf den Bettrand. „Lässt du mich... ein bisschen allein Tsuna? Ich wird auch... nichts mehr anstellen, Ich versprech’s. Ushishishishi.“, meinte Bel noch leicht frustriert. „Ich glaub ich werde wirklich eine Runde schlafen. Ich fühl mich... ganz müde.“.

Der Tag war wirklich stressig gewesen, stellte Tsuna fest, während der die grüne Allee bei der S-Bahn entlang ging. Zu seinem Wohnheim war es nicht weit und er entschloss sich zu gehen und den Abend noch etwas zu genießen. Das trübe Licht der Straßenlaternen hüllte ihn in einen milden Schein und Tsuna konnte den restlichen Glitter von Belphegors Merchandise auf seinen Händen glitzern sehen. Der Anblick war witzig und vermittelte den Eindruck zaubern zu können.

Wenn er Morgen nicht von Hibari gehäutet werden wollte, brauchte er definitiv ein wenig Magie in seinem Leben. Eigentlich, brauchten sie alle doch ein wenig Magie, um die Wahrheit zu verkraften, die sie umgab. Wen kümmerte schon diese erdrückende Macht, wenn Einbildung und Träume doch so viel schöner waren. Manchmal, war es besser, nichts zu wissen.
 

Wird fortgesetzt...

22. August

Hurrhurrhurr, Allrenn weiß nichts davon, aber ich poste jetzt ganz im Geheimen das neue Kapitel. >D Ich hoffe sie wird mich dafür nicht meucheln. Aber das werdet ihr ja sehen, wenn keine neuen Kapitel mehr kommen.

Es freut uns im Übrigen, dass unsere kleine Überraschung gelungen ist. Wir haben euch absichtlich in die Irre geführt.Aber für uns wird Viper immer ein Junge bleiben und die neusten Bilder bestätigen unsere Theorie.
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

Panakeias Segen
 

22. August
 

Endlich war er gekommen. Der letzte Tag des Sportevents. Für Tsuna eine Befreiung. Er hatte nichts gewonnen und auch Belphegor war wenig erfolgreich aus dem Wettkampf hervorgegangen, aber Ryohei hatte eine Medaille im Freistil-schwimmen und eine im Boxen bekommen. Wie er es geschafft hatte an zwei Wettkämpfen teilnehmen zu dürfen, war Tsuna allerdings immer noch nicht klar. Die Namimori-Highschool feierte eine kleine Party, aber Tsuna setzte sich gleich nachdem er mit angestoßen hatte und von Kyoko ein Stück Kuchen bekommen hatte von der Gruppe ab, um Belphegor zu besuchen, dem es noch immer nicht besonders gut zu gehen schien, nach dem Schock von vor ein paar Tagen. „Bel!“, rief er freudig aus, als er den Blonden vor der Umkleide traf. „Glückwunsch zum vorletzten Platz.“, sagte er amüsiert und rang Bel ein kurzes Lachen ab. „Und dir Glückwunsch zum Letzten.“

“Wir sind großartig.” Er grinste und hielt Belphegor die Hand hin, in die dieser auch gleich einschlug. Tsuna war wirklich erfreut, dass sie sich angefreundet hatten. Alle anderen die er kannte waren so angetan vom Sport und konnten es nicht verstehen wenn er abends nach dem Training einfach nur Sterben wollte. Belphegor hatte diesbezüglich total seine Wellenlänge, sie waren die Vereinigung-Der-Anonymen-Sporthasser. Vielleicht sollten sie eine Partei gründen, zum Kampf sinnloser Schulsportstunden!

“Oh ja wir sind die Besten. Glanz und Gloria für uns, bringt die Lorbeerkränze. Zum Glück ist es endlich vorbei, der Prinz kann seine Muskeln spüren, ein Zustand den er nicht gerne hat.” Tsuna gluckste. Er verstand ihn nur zu gut.

„Ziehen wir uns um und gehen eine Eis essen?, fragte Tsuna ruhig und war nicht erstaunt als Belphegor grinste und nickte. „Aber heute zahlst du.“, meinte er lachend und ging in die Umkleide vor, dicht gefolgt von Tsuna, der gut gelaunt vor sich hin summte. Ab Morgen hatte er wirklich Ferien und musste sich keine Gedanken mehr um irgendetwas machen. Kein Lernen mehr, kein Sport mehr. Nur noch Freunde treffen und Spaß haben. Er würde mit Yamamoto und Gokudera ins Schwimmbad gehen. Mit Belphegor Eis essen, vielleicht machte er sogar etwas mit Ginger. Auch wenn er nervig war, aber so eine Kostümparty konnte doch sicher auch lustig sein. Ob Xanxus was mit ihm machen würde? Etwas das nichts mit Lernen zu tun hatte? Natürlich wieder insgeheim, vielleicht ging er mit ihm ins Kino. Irgendwann in den Ferien gab es einen Klassikermarathon. In Gedanken war er schon dabei seine kompletten Ferien auszuplanen.

Seine Freizeit war so knapp bemessen aufgrund der ganzen Leute die dachten zu wissen was das Beste für ihn sein würde, dass er schon seit einer halben Ewigkeit sein Leben nicht mehr voll auskosten konnte. Die Gelegenheit die sich ihm hier bot war so selten, dass Tsuna vor Glück hätte weinen können. Er musste wirklich mal lernen sich gegen Giotto und Reborn durchzusetzen, oder zumindest nur gegen Giotto, er wollte ja nicht Größenwahnsinnig werden.

In der Umkleidekabine saß bereits ein Junge, er war ziemlich schmächtig, hatte zottiges blaues Haar und trug eine kariert rote Hose mit schwarzer Weste und darunter ein rotes Hemd. Seine großen braunen Augen lagen neugierig auf ihnen und Tsuna überlegte angestrengt, ob er ihn schon mal gesehen hatte.

“Ist er von deiner Schule?” fragte er Belphegor wispernd, doch der zuckte nur mit den Schultern.

Tsuna hatte ein seltsames Gefühl. Kein unbedingt schlechtes Gefühl, aber auch kein wirklich Gutes. Er musterte den Jungen einen Moment lang, ließ den Blick über die Mütze schweifen, die er nervös in der Hand knetete und begab sich schließlich zu seinem Schließfach, aus dem er sein Handtuch herausholte und zu den Duschen ging.

Er beeilte sich damit. Er wollte nicht zu viel Zeit vertrödeln, dennoch verließ Belphegor die Dusche eher als er und begab sich zu seinem Spint, wo er sich in seine Klamotten warf. Der Junge, der auf der Bank saß beschäftigte ihn aber dennoch. „Wartest du auf Jemanden? Ushishishishishi.“, fragte er interessiert und sah zu, wie Tsuna an ihm vorbei zu seinem Schrank huschte.

Nach einigen Momenten in denen er seinen Kopf hin und her gewogen hatte, und seinen Blick mehrmals über die Uhr schweifen ließ, nickte er und schaltete die schnelle, harte Heavy Metall Musik aus, die von den Kopfhörern her dröhnte, welche lose um seinen Hals baumelten.

“Ja, aber ich scheine… versetzt worden zu sein…” erklärte er gelangweilt und streckte sich. Seine Stimme hatte fast gar keinen Bass und war recht mädchenhaft, aber Tsuna wollte nichts sagen, immerhin war er selber Besitzer einer hellen Stimme.

“Das ist ja sehr nett, ushishishishishi…” gackerte Belphegor und zog sich seinen gestreiften Pulli über seine Hühnerbrust. Neben ihm zu stehen gab Tsuna nicht ohne Grund das Gefühl nicht ganz so mager zu sein wie Xanxus ihm immer weismachen wollte.

Sein ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit und sein mifühlender Geist verboten es Tsuna, den Jungen da einfach so sitzen zu lassen. „Ich weiß nicht ob du noch Zeit hast, oder weiter warten willst, aber wenn du Lust hast, kannst du mit uns ein Eis essen gehen. Die Rechnung geht auf mich.“, sagte er freundlich und zauberte ein kurzes, aber kühles Lächeln auf sein Gesicht.

„Das hört sich... ganz fantastisch an. Ich würde gern mitkommen.“, sagte er in seiner hellen Stimme und erhob sich von seinem Platz. „Ich glaube nicht, dass er noch kommt.“, fügte er leicht deprimiert an und zupfte seine Kleidung zurecht, während Tsuna sich nur ein lockeres T-Shirt überwarf. Manchmal fragte er sich, wie Leute bei so hohen Temperaturen in so dicken Klamotten rumlaufen konnten.

Wahrscheinlich hatte es irgendwas mit Modesinn oder so einem Schwachsinn zu tun. Giotto lief auch egal bei welchem Wetter im Nadelstreifenanzug herum, wenn er irgendwann mit einem Hitzschlag tot umfallen würde, wäre das total seine eigenen Schuld und niemand konnte behaupten er wäre nicht oft genug gewarnt worden.

“Also ich-ich bin Tsuna und das ist Belphegor. Wir sind die zukünftigen Goldmedaillengewinner im Nicht-Am-Sportkurs-Teilnehmen. Und wer bist du?” erzählte Tsuna während er seine Sportsachen in den Beutel stopfte und diesen mit dessen Band zuzog.

“Ich bin Mammon, der dessen Handynummer sich scheinbar niemand zum Absagen merken kann.” ein Lächeln kräuselte seine Lippen und Tsuna konnte nicht anders als ihn irgendwie sympathisch zu finden.

„Das ist ja nicht nett, dass man dich einfach vergisst. Ushishishishi. Komm einfach mit Ushishishi.“, fügte er an und begab sich, gefolgt von Tsuna schon einmal zur Tür.

„Bist du auch mitgeschwommen, oder bist du nur Besuch? Wir haben dich gar nicht gesehen... Aber du warst wohl nicht in unserer Altersklasse.“, fragte Tsuna als sie den Flur entlang liefen. Er versuchte einen Blick auf Das Gesicht des Jungen zu erhaschen, der dieses durch seine Mütze und seinen gesenkten Gang aber ganz offensichtlich zu verbergen versuchte. „Sag mal... Kennen wir dich nicht doch von irgendwo her? Du kommst mir so bekannt vor.“

“Vielleicht kennen wir uns aus einem früheren Leben. Wiedergeburten sind eine seltsame Sache, man weiß vorher nie was man wird. Aber ich glaube in dieser… Form haben wir uns noch nicht gesehen.” Tsuna konnte sehen wie er seine Lippen amüsiert kräuselte. Der Junge war ein wenig seltsam. Das letzte mal wo er über Wiedergeburten geredet hatte, war am Sterbebett seines Großvaters, der gar nicht mehr aufhören wollte davon zu erzählen, dass er ganz sicher ein Regenwurm werden würde. Zu dem Zeitpunkt war er aber schon mehr als nur etwas senil.

“Oh und ich bin nur Besuch, zur Schule gehe ich schon länger nicht mehr.” Nun doch etwas überrascht öffnete Tsuna den Mund um etwas zu sagen, wurde aber von Belphegor unterbrochen.

„Ushishishishishi. Mir kommst du auch bekannt vor. Vielleicht kannte ich dich als Regenwurm. Ushishishishi.“, meinte er amüsiert und streckte sich umständlich, als sie endlich in die Sonne traten. Ushishishishi. Ich bin frei!“, rief er aus und lachte verrückt.

Tsuna musterte den Blauhaarigen Jungen noch immer und legte den Kopf schief. „Du gehst nicht mehr zur Schule? Du siehst so jung aus. Du solltest aufpassen... Das ist strafbar.“, meinte Tsuna ruhig und lächelte ihm zu.

„Ushishishishi, du machst dir viel zu viele Sorgen, Tsuna. Ist doch seine Sache, wenn er nicht mehr zur Schule will. Ich geh nur hin, weil man im Unterricht so fantastisch schlafen kann. Ushishishishishishi.“, meinte Belphegor und streckte sich erneut.

Die Sonne war heute einfach fantastisch, schon beim Wettkampf hatte er sich über den blauen Himmel und die warmen Strahlen gefreut, die die Welt so viel bunter aussehen ließen. Der Sommer war wirklich die Schönste aller Jahreszeiten, auch wenn man riskieren musste, wie ein Spiegelei gebraten zu werden, wenn man nicht aufpasste.

“Ich bin 23, also ist es wirklich okay, außerdem bin ich berufstätig.”

“Wow!” Tsuna schaute ihn mit offenen Mund an, also das hätte er jetzt wirklich nicht gedacht. Sein Gefühl sagte ihm, dass der Junge nicht log, aber wahrscheinlich verschwieg er die Hälfte der Wahrheit. “Das sieht man dir wirklich nicht an.” Mammon summte nur, das hatte er schon des Öfteren gehört.

„Ushishishishi. Mir glaubt auch keiner, dass ich 19 bin. Ushishishishi,“, meinte Belphegor amüsiert und stolzierte neben Tsuna her. Aber das wunderte Tsuna ehrlich gesagt nicht. Wenn man in der S-Bahn Gameboy spielte und eine Viper-Tragetasche hatte, Tsuna hatte sie in Belphegors Zimmer auf dem Tisch liegen sehen, wunderte ihn das absolut gar nicht.

„Das ist ja... geradezu blutjung.“, sagte Mammon ruhig und lächelte. Tsuna bemerkte, dass es ein wenig gequält aussah, konnte aber nicht sagen warum. „Ushishishishi. Sind wir dir zu jung?“, fragte Bel gut gelaunt und bog so scharf um eine Ecke, dass er Tsuna fasst gegen die Wand presste.

Mammon schüttelte seinen Kopf und ein kleiner Schatten huschte über seine Züge als er weiter sprach. “Nein, ach so ein Quatsch Ich… arbeite nur normalerweise mit Leuten zusammen die deutlich älter oder jünger sind als ich, es ist ungewohnt mit jemanden zu reden, der so in etwa in meiner Altersklasse ist.”

Tsuna fand, dass Mammon etwas sonderbares an sich hatte. Was genau es war konnte er nicht sagen, aber er wirkte wie Atlas, der die Last der Welt au seinen Schultern trug. Für so eine Aufgabe war er definitiv zu jung.

“Als was arbeitest du denn?” erkundigte sich Belphegor und stieg die Treppen zum Plaza mit Leichtigkeit empor. Seine Schritte federten beim Gehen und man konnte es kaum hören, wenn er sie aufsetzte.

„Also... Mmh.. Wie soll ich das sagen? Als... so eine Art Animateur.“, sagte er ruhig und starrte Bels Kehrseite an, so dass es schon fast auffällig war. Tsuna wusste nicht recht wie er das deuten sollte, und beschloss es zu ignorieren. Stattdessen überlegte er, was er sich unter einem Animateur vorstellte.

„Das heißt du verkleidest dich und hüpfst vor Leuten rum und singst alberne Lieder um Stimmung zu machen?“, fragte er neugierig und rutschte etwas näher an Mammon heran, da Belphegor vorlief und am Ende der Treppe lachend auf sie wartete. „Beeil dich Tsuna, ich hab Hunger!“, rief er von oben und grinste verrückt.

Tsuna aber dachte nicht daran sich zu beeilen und wartete stattdessen auf Mammons Antwort. „Du hast es... ziemlich gut getroffen. Ich glaube das ist was ich mache.“ Mammons Antwort überraschte ihn etwas, aber er wusste nicht was er darüber denken sollte.

Wenn man als etwas arbeitete sollte man doch eigentlich mit großer Sicherheit wissen, was man tat um sein Geld zu verdienen. Außer vielleicht man war sein Vater, der ihm immer nicht erklären konnte wie man seinen Beruf überhaupt nannte. Manchmal wünschte er sich genauso sorglos zu sein wie seine Mutter, dann würden ihm diese Dinge wahrscheinlich gar nicht erst auffallen. Nana hatte nämlich die unbeschreiblich praktische Fähigkeit einfach nicht zu sehen, was sie hätte hinterfragen müssen.

“Du… glaubst… dass du das machst?” Mammon zuckte auf die Frage nur mit den Schultern.

“Ich wurde bisher einfach noch nie um eine Definition gebeten. Normalerweise trage ich meine Arbeitsuniform und alles erklärt sich von allein. Oh was für ein süßes Café.“

„Ja nicht wahr? Das ist so eine Art Geheimtipp.“, sagte Tsuna lächelnd und setzte sich zu Belphegor an einen Tisch, der schon damit begonnen hatte die Karte zu studieren. „Wir essen hier öfter, wenn wir den Sport schwänzen. Immer dienstags und donnerstags.“, erklärte Tsuna und wollte mit der Nennung des genauen Datums schon andeuten, dass Mammon gerne wieder vorbeikommen könnte, wenn er Lust hätte. Tsuna wusste nicht genau warum, aber er fand den Jungen nett. Auch wenn er noch nicht genau wusste, was nicht mit ihm stimmte. Er war sich sicher es war etwas, das nicht so schlimm war. „Ich nehme einen Fruchtbecher. Ushishishishishi!“, sagte Bel schließlich und reichte Mammon die Karte, die dieser gleich an Tsuna weiterreichte. „Nur einen Cappuccino. Mein Diätplan lässt kein Eis zu, also...“

Belphegor ließ ihm seinen Satz nicht einmal beenden. „Er nimmt einen Schokobecher, Tsuna. Ushishishishishi.“ Tsuna grinste und nickte und nahm die Karte entgegen.

Wenn man in einem Cafè wie diesem war und kein Eis aß, begann man damit praktische eine Todsünde. Der Genuss des Eises hier, konnte einem die Tränen in die Augen treiben. Es wurde frisch gemacht, mit Liebe dekoriert und mit einem Lächeln serviert. Die paar zusätzlichen Kalorien war es absolut wert, Mammon musste das selber testen, wenn er ein Stück des Himmels erleben wollte.

Aufmerksam besah Tsuna sich die verschiedenen Eissorten und entschied sich schlussendlich für den Mango-Tropenbecher mit frischer Ananas. Seiner Meinung nach einer der besten Eisbecher die jemals erfunden worden.

“Das werde ich morgen sicherlich bereuen…” nuschelte Mammon aber Belphegor winkte nur ab.

“Papperlapapp, das ist es wert, wirst du schon sehen.”

„Außerdem bist du doch schlank. Und ich wette dir ist total heiß in diesen Klamotten. Es ist Hochsommer, du solltest dir wirklich mal Gedanken um deine Kleidung machen.“, meinte Tsuna leicht amüsiert und der Junge blickte an sich herunter. „Ich... ich hatte nichts anderes da. Nichts anderes was passend wäre.“, sagte dieser dann leise und etwas peinlich berührt. Seine Wangen röteten sich sehr offensichtlich.

Tsuna konnte auf diesen Kommentar hin nur noch die Augenbraue hoch. Du hast... keine Sachen?“, fragte er verwirrt, aber Mammon schüttelte nur den Kopf. „Ich hab sogar sehr viele Sachen, aber alles andere schien mir unpassend. Ich wollte mich... ein bisschen verkleiden, damit man mich nicht gleich erkennt.“

Belphegor lachte und grinste ihn an. „Wolltest dich wohl mit deinem heimlichen Schwarm treffen? Ushishishishishi.“, fragte er konkret.

Mammon lächelte gequält und spielte mit den Kabeln seiner Kopfhörer, das Thema war ihm sichtlich unangenehm, jedoch mühte er sich trotzdem dazu zu antworten. Es überraschte Tsuna immer wieder, wenn er jemanden in dieser Stadt traf der um Höflichkeit bemüht war.

“Das kann man so nicht sagen… Ich wollte mich eigentlich bei jemanden… entschuldigen. Ich hab etwas nicht sehr nettes gemacht und ihn damit wohl ziemlich verletzt.” Das Kabel entrollte sich mit einem sirrenden Geräusch wieder von alleine, als er es losließ und klatschte gegen den giftgrünen MP3 Player an seiner Brust.

“Und dann ist er nicht gekommen? Das ist… nicht sehr nett…” Mammon schüttelte auf Tsunas Worte nur seinen Kopf.

„Hä? Aber hast du nicht gesagt, du wurdest versetzt?“, fragte Tsuna ein wenig überrascht und zog jetzt auch die andere Augenbraue hoch. Er blickte Mammon fragend an und erschrak sich etwas, als er einen Eisbecher vor die Nase gestellt bekam, der ihm seine freie Sicht nahm.

„Sagen wir es mal so... Ich war nicht... wirklich verabredet. Ich hab nur gehofft, dass derjenige vorbeikommt... und das ist passiert.“, sagte Mammon, der sich hinter seinem Eisbecher versteckte.

„Hat er dich abgewiesen? Ushishishishi.“, fragte Bel und obwohl er lachte, soviel wusste Tsuna bereits, war sein Kommentar nicht böse gemeint.

Mammon tauchte seinen Löffel in die Schokoladeneiscreme und betrachtete die braune Köstlichkeit voller Begierde. Als Animateur zu arbeiten musste wohl wirklich eine sehr strenge Diät beinhalten, wenn er einen Löffel Eis so verführerisch ansehen konnte.

“Na ja… er hat mich nicht erkannt und ich war bisher zu feige ihn anzusprechen… Manchmal kann ich wirklich ganz schrecklich sein. Ein richtiges Hühnchen. “ Seufzend schleckte er seinen Löffel ab und mit der freien Hand musste er sich die kleinen Tränen wegwischen, die sich nach dieser Geschmackssensation in seinen Augenwinkeln gebildet hatten. “Das ist wirklich ganz fantastisch.”

„Nicht wahr? Einfach großartig. Ushishishishishi. Das ist das Beste Eis, dass es in der Stadt gibt.“, sagte Belphegor und nahm eine Scheibe Honigmelone um sie in sein Vanilleeis zu tauchen. „Von wegen Diät. Dieses Eis ist jede seiner Kalorien wert. Ushishishishi.“ Mammon konnte ihm auf diesen Satz hin nur nickend zustimmen und ein weiteren Löffel des köstlichen Eises in seinen zarten Mund Schaufeln.

Auch Tsuna aß sein Eis gierig und blickte an seinem Eisbecher vorbei den Jungen an. „Vielleicht können wir dir ja helfen, deinen Freund anzusprechen, wenn du dich nicht traust. Wir müssen ihn ja nur auf dich aufmerksam machen. Wenn du dich entschuldigen willst ist es doch sicher sehr wichtig, dass du dich aussprichst.

Darauf erwiderte Mammon erst mal gar nichts, sondern löffelte nur hungrig sein Eis, das er sehr zu genießen schien. Erst nach einigen Momenten in denen er seine Worte genau abzuwägen schien, begann er wieder seine Stimme zu erheben.

“Ich glaube es wäre… seltsam wenn ihr ihn ansprecht. Ich bin mir nämlich wirklich, wirklich sicher, dass ihr ihn kennt. Sogar ziemlich gut, wenn der Schein mich nicht sehr täuscht.”

“Wir kennen ihn?” Belphegor klang so überrascht wie Tsuna sich fühlte. Mit gekräuselter Stirn blickte Tsuna in den rehbraunen Augen seines Gegenübers und ihm blieb die Eiscreme im Hals stecken. Oh Gott… das konnte doch nicht wahr sein!

Belphegor schien zu überlegen, dann zuckte er mit den Schultern und sah zu Tsuna. Als er dessen geschocktes Gesicht erblickte, legte er den Kopf schief, das Zeichen für Tsuna, dass er fragend angeblickt wurde. „Was... schaust du so? Ushishishishi.“, fragte er verwirrt und blickte zu Mammon, der leicht nickte. „Ja... Ich... seh‘ ein bisschen anders aus. Aber ich bin es.“, meinte er leicht peinlich berührt. „Ihr kennt euch., Ushishishishi?“, fragte Belphegor und blickte zwischen ihnen beiden hin und her. Tsuna jedoch schüttelte den Kopf. „Ich kenne ihn nicht wirklich gut... Aber du... Du solltest ihn kennen.“, meinte er noch immer etwas geschockt über Vipers Wandlung. Kaum zu fassen, dass hier vor ihnen das Magical Girl, Princess Viper saß. Beziehungsweise, der Magical Boy, Prince Mammon oder wie auch immer er es ausdrücken sollte. Ein wenig verlegen rang Tsuna sich mit Händen und Füßen ab um Belphegor das Offensichtliche begreiflich zu machen, das er einfach nicht sehen wollte. Wie konnte ein einzelner Junge nur so blind sein?! Manchmal könnte Tsuna alle Leute um sich herum einfach nur ins Gesicht schlagen.

“Bel schieb deine Haare beiseite und sieh ihn einmal richtig an, so schwer ist das wirklich nicht.” zischte er dem Blonden aus seinen Mundwinkeln zu und nickte so heftig in Mammons Richtung, dass er das Gefühl hatte sein Kopf würde jeden Moment abfallen.

“Vielleicht hilft das ja…” sagte Mammon schüchtern lächelnd und schob seine Mütze nach hinten, so dass ihm das zottelige blaues Haar über um die Wangen fiel und sein Gesicht einrahmt. Belphegors Gesicht versteinerte sich im Bruchteil einer Sekunde. “Viper…”

„Es heißt Mammon. ICH heiße Mammon.“, sagte er leise und verschüchtert und vermied es Belphegor anzusehen. „Ich... ich will euch nicht lange aufhalten. Es war lustig mit euch und ich bedanke mich für das Eis...“, meinte er leise und legte seinen Löffel zurück in den Eisbecher, dann wandte er sich Belphegor zu. „Und bei dir möchte ich mich... entschuldigen. Ich weiß es ist falsch, was ich gemacht habe... und es war nicht meine Absicht dich so an der Nase herumzuführen. Normalerweise mache ich so etwas nicht. Ich weiß nicht, was mich geritten hat.“, wisperte er mit feuerroten Wangen und hielt den Blick auf seien Füße gesenkt.

Belphegor antwortete ihm nicht sondern hatte ihn nur fest ins Visier genommen, ganz so als würde er die “Dinge durch einen Blick in Brand setzen” Technik einsetzten, die Xanxus ganz hervorragend beherrschte. Die Temperatur in ihrer Umgebung schien auf eisige Minus 10 Grad zu sinken während das Schweigen sich immer mehr ausbreite und schließlich durch ein Hüsteln von Tsuna unterbrochen wurde, der in seiner Zeit hier in Namimori bereits zu viel Schweigen ertragen musste.

“Du wolltest… dich… bei mir entschuldigen?” Belphegors Stimme klang wie eine Mischung aus Unglaubwürdigkeit und hartem Zweifel. Mammon nickte.

“Ja… es tut mir wirklich leid. Es ist doch… mein Job meine Fans glücklich zu machen, und ich hab… da wirklich keine gute Arbeit geleistet… Wirklich normalerweise halte ich immer Abstand damit… so was nicht passiert.”

„Hättest du‘s dieses Mal nur auch getan. Ushishishishi.“, zischte Belphegor. Er wollte wütend Klingen scheiterte aber. Es klang eher kläglich und traurig.

Tsuna konnte nicht deuten, wo er gerade hinsah, aber wahrscheinlich entweder auch auf seine Füße oder er versuchte noch immer Mammon mit seinem Blick zu durchbohren. „Ich..ich weiß. Ich bereue es auch. Ich bereue es sehr und ich kann verstehen, wenn du wütend bist. Du warst Fans eines Mädchens und nicht von... jemandem wie mir. Natürlich bist du wütend. Du möchtest mir wahrscheinlich gerne den Hals umdrehen, aber auch wenn dem so ist und wenn du mich gleich noch mehr hasst. Ich muss dich um etwas bitten. Um etwas sehr Wichtiges.“

Belphegor öffnete seinen Mund um die bitte wahrscheinlich direkt abzuschlagen, verschloss seine Lippen jedoch wieder fest und nickte nur stumm. Es musste ihn einiges an Kraft kosten, nicht einfach aufzuspringen und wegzulaufen, oder Mammon zu würgen bis er schlicht und ergreifend tot umfiel. Wenn er daran dachte wie rabiat er sich seines Gameboys entledigt hatte, und das nur, weil die Prinzessin in dem Spiel nach Viper aufgebaut war. Ja wenn er daran dachte, dann zeigte Belphegor hier eine geradezu erstaunliche Reife.

“Schieß los, ich höre. Auch wenn der Prinz äußerst ungewillt ist.” Wie um das zu unterstreichen verschränkte er seine Arme vor seiner Brust und rümpfte die Nase.

„Ich bin gleich weg. Du musst mich nie wieder sehen, wenn du nicht willst, also bitte. Lass uns normal reden. Nur noch dieses eine Mal.“, meinte Mammon besänftigend und seufzte.

Bel erwiderte nichts und wartete. Mammon seufzte erneut. „Ich.... ich möchte dich darum bitten, es niemandem zu erzählen. Also... dass ich ein Junge bin.“, sagte er leise und Bel setzte zu einem gereizten Lachen an. „Ushishishishishi. Wieso sollte ich nicht? Ist doch eine tolle Neuigkeit. Jeder sollte es wissen. Ushishishishi.“, sagte Bel abweisend und lachte Mammon von oben herab aus.

Tsunas Stirn legte sich in Falten und zupfte an Belphegors Ellenbogen. „Sei doch nicht. So gemein.“, sagte er leise, aber Bel schüttelte seinen Arm ab. „Doch. Er war auch gemein zu mir.“

“Bitte versteh,” gab Mammon zu Bedenken und versuchte an Belphegors Gewissen zu appellieren. “Es ist… nun mal meine Rolle… Meine Fans sind Fans von einen Mädchen das halb so alt ist wie ich, doppelt so naiv und die Schule dafür sausen lässt Filme zu drehen, zu singen und dessen größter Traum es ist im Zuckerwatteland zu leben. Wenn… bekannt wird dass dieses Mädchen nicht existiert, dann werden alle so reagieren wie du es tust. Die Leute mögen dieses kleine Mädchen mit dem IQ einer Klobürste weil sie süß und dumm ist. Sie mögen weder mich noch meine Musik sondern… den Schein… Ich bin sicher du kannst das verstehen, denn immerhin warst du selber ein Fan von diesem Mädchen.”

Während er sprach verzog Mammon seinen Mund zu diesem schmollenden Dreieck, das auch Viper aufgesetzt hatte als sie mit ihnen gesprochen hatte. Es tat Tsuna leid, das Belphegor so stur war. Aber es war ja wirklich eine Art Hochverrat an den Fans.

„Natürlich mögen sie den Schein. Ich hab auch den Schein gemocht. Ushishishi. Aber du willst mir doch nicht erzählen... Ushishishi. Dass du es magst in Liebestötern durch die Gegend zu hüpfen und dass du es magst Quietschlieder zu singen. Ushishishi. Du magst nicht was du machst. Das kann ich mir nicht vorstellen. Du bist ein Junge, nein, ein Mann und der Prinz würde so etwas Peinliches nur fürs Geld machen. Der Prinz weiß durchaus wie geizig Viper ist und dass sie... er alles für Geld tun würde. Ushishishishi. Wenn ich es einfach erzählen würde. Ushishishi... Hätte ich vielen Menschen einen Gefallen getan. Der Prinz ist ein Genie.“, sagte Belphegor grinsend.

Tsuna wusste dass jenes Grinsen nichts Gutes verhieß. Er biss sich auf die Unterlippe und überlegte geradezu fieberhaft, ob er diese Situation irgendwie retten könnte.

Mammon schnappte sich Belphegors Hand und drückte sie fest, wobei er ihn mit finsterem Blick anstarrte. Das ganze war kein Spiel, für ihn war es ernst, und konnte wahrscheinlich mehr als nur seine Karriere zerstören. Einen solchen Skandal… so etwas überlebten nur die wenigsten mit Selbstachtung.

“Du kennst mich nicht. Sieh mir in die Augen und begreife das. Du.kennst.mich.nicht! Ich mag meine Arbeit. Das Verkleiden, das Gesinge, das Getanze, es ist dämlich und stupide, aber es ist meine Arbeit und ich mache sie gerne. Menschen beunruhigen mich und das einzige dem ich vertraue ist Geld, aber das ändert nichts daran, das ich meine Fans mag. Tu nicht so, als wüsstest du was das beste für alle ist, wenn nur dein gebrochener Stolz aus dir spricht.” herrschte er ihn an und ließ ihn nicht los.

Belphegor schien etwas verdutzt und für einen kurzen Moment glaubte Tsuna so etwas wie Mitgefühl in seinen Zügen erkennen zu können. Oder täuschte er sich da?

„Du machst das gern?“, fragte er ein bisschen überrascht. Mammon antwortete ihm einem Nicken. „Ja.. ich mache das gern, sehr gern sogar.“, meinte Mammon leise und schien jetzt bereit Belphegor wieder anzusehen, hob den Blick und blickte ihm direkt durch den Haarvorhang. „Nicht alles was ich tue ist automatisch eine Lüge. Es ist nur so, dass ich... Dass ich als Junge wesentlich weniger Erfolg haben würde. Und auch dass ich das wahrscheinlich nicht mit meiner Würde vereinbaren könnte. Ich meine ich bin 23...“, Mammon seufzte, zwang sich aber offenbar dazu seinen Blick oben zu halten und Belphegor festzusetzen, damit er nicht fliehen konnte. „Bitte. Bitte, bitte. Erzähl es Keinem. Mehr verlange nicht. Es kam ihm schwer über die Lippen, aber er sagte schließlich noch: „Ich würde dir auch... Schweigegeld zahlen.“

Das verblüffte nicht nur Belphegor, sondern auch Tsuna, der mittlerweile mitbekommen hatte, dass Mammon nichts mehr hasste als Geld sinnlos zu verschwenden. Es musste ihn einiges an Überwindung gekostet haben diese Worte auszusprechen. Wahrscheinlich hatte sein Manager ihn dazu überredet damit Belphegor auch auf jeden Fall seinen Mund hielt. Von selbst war ihm diese Idee sicherlich nicht gekommen.

“Du willst … mir allen Ernstes… Geld zahlen… damit ich dein Geheimnis nicht verrate?” Belphegor klang hochgradig verstört, damit hatte er wahrscheinlich nicht gerechnet.

“Ja… bitte… es ist mir wirklich wichtig. Ich hänge wirklich an meiner Arbeit und… bitte lass mich nicht dafür büßen, dass ich für einen Moment verdrängt hatte, dass ich kein zwölfjähriges Mädchen bin…”

„Du hast es.... Du hast es vergessen? Einfach vergessen? Wie konntest du das vergessen? Ushishishishi.“, fragte Belphegor ein wenig überrascht. Mammon wurde wieder rot und blickte einen Moment zur Seite.

„Nun... also...“ Er ließ jetzt Belphegors Hände los und erhob sich von seinem Stuhl. Offenbar wollte er dem weiteren Gang des Gespräches entfliehen. Er kramte in seiner Tasche und zog ein Bündel Geldscheine heraus. Tsuna wusste nicht wie viel es war, aber wahrscheinlich eine ganze Menge. „Nimm es. Und sag es keinem weiter. Ich bitte dich... inständig.“ Gerade wollte er das Bündel in Belphegors noch ausgestreckte Hände legen, da zog dieser sie zurück. „Ich will dein Geld nicht Ushishishishi, aber ich verspreche es nicht zu verraten, wenn du mir sagst, wie du vergessen konntest, dass du kein Mädchen bist.“

Mammon wand sich unglücklich unter seinem Blick und wollte am liebsten weglaufen, um das zu erkennen, musste man nicht sonderlich gescheit sein. Jedoch zeigte Belphegor kein Erbarmen sondern linste durch seinen dichten Pony hindurch zu dem jungen Mann. Ein resignierendes Seufzen verließ Mammons Lippen.

“Bevor ich… also… Bitte verzeih dass ich dir das jetzt sage, weil es dich sicher schockieren wird oder anwidern, oder schlimmeres… also, bevor ich zu Viper wurde… besaß ich so was wie ein Leben außerhalb von Zuckerwatteland und Ponys. Da… war ich erwachsen und… und ich… du wärst einfach… genau mein Typ gewesen.” bei den Worten leuchteten seine Wangen als könnten sie damit einen Preis gewinnen.

Belphegor hustete. Tsuna hustete ebenso. Selbst das Lachen war Belphegor in den Kehle stecken geblieben. Mammon sah das als den Moment an, indem er seinen Abgang planen sollte. Natürlich hatte er sich durch das Geständnis nichts erwartet, aber jetzt da er es ausgesprochen hatte, war es ihm doch hochgradig unangenehm und er wollte auf jeglichen weiteren dummen Kommentar verzichten. Er schob seine Mütze wieder tief ins Gesicht. Verabschiedet hatte er sich ja bereits. Er würde jetzt einfach... er war schon zwei Schritte vom Tisch entfernt, da wurde seine Hand ergriffen und er gewaltvoll zurück auf seinen Stuhl gezogen. „Nochmal das selbe, für uns alle!“, rief Bel dem Kellner zu und grinste wie ein Verrückter.

Wie passend. Denn immerhin trug Belphegor seinen Verstand auch verkehrt herum im Kopf. Es war nur höflich, dass er seiner Umwelt, das auch auf verständliche Art und Weise mitteilte. Mammon sah aus als wäre Belphegors Geisteskrankheit momentan das Geringste seiner Probleme. Wahrscheinlich war dem auch so. Innerlich machte er sich darauf gefasst jetzt gedemütigt zu werden. Um jemanden zu demütigen, der sein Geld damit verdiente sich wie ein kleines Mädchen zu verkleiden, brauchte man schon wirklich harten Tobak. Denn um so eine Arbeit zu machen brauchte man eine sehr niedrige Hemmschwelle für Peinlichkeiten.

“Also… verspotte mich nur… ich bin bereit.” er klang todunglücklich.

„Eigentlich wollte ich nur Fragen, ob du einen Kalender hast. Wenn ja, dann gib ihn mir.“ Mammon nickte und zog aus seiner Tasche einen kleinen Taschenkalender, der über und über angefüllt war mit kleinen Zettelchen. „Mathekalender.“, las Belphegor vor und brach in Gelächter aus.

Tsuna wusste beim besten Willen nicht, was Belphegor jetzt mit dem Kalender wollte und rutschte mit seinem Stuhl etwas näher an ihn heran, um ihn beobachten zu können. Er zog einen Stift aus einer Hosentasche und schlug mit der anderen Hand den Kalender in der Folgewoche auf. „Interview 10 Uhr , Interview 12 Uhr, Auftritt im ‚Velvet Room‘ 20 Uhr.“, las Belphegor vor zog den Stift hervor. Zwischen das Interview um 12 und den Auftritt um 8 Uhr schrieb er in einer außergewöhnlich feinen Handschrift: Treffen mit dem Prinzen am Eiscafé am Plaza 16 Uhr.

Dann gab er Mammon seinen Kalender wieder in die Hand und grinste breit. „Und du zahlst diese Runde Eis.“

Mammon starrte ihn verblüfft an bis er es begriff und seine Wangen wieder einen deutlichen rosafarbenen Ton annahmen, mit dieser Entwicklung hatte er nicht gerechnet. Und Tsuna auch nicht, musste er gestehen.

Der Tag verlief recht angenehm und endete mit zwei weiteren großen Portionen Eis und der Erkenntnis, dass Magie immer dann auftauchte, wenn man am wenigsten mit ihr rechnete.

Magie war wie eine Explosion, überraschend, schnell und nicht aufzuhalten.

Tsuna sollte noch früh genug erfahren, dass echte Explosionen, noch viel mehr waren, als nur das.
 

Wird fortgesetzt

24. August: Teil 1

Hi, hier meldet sich Allrenn zur Abwechslung mal und wir haben eine total ernsthafte Mitteilung zu machen:

Wir möchten an dieser Stelle anmerken, dass wir weder den Kauf, Verkauf oder Genuss von Drogen fördern. Nein, wir sind sogar dafür, dass alle Drogen verboten werden. Angefangen mit Kaffee, Schokolade und Alkohol. Drogen sind böse! Nehmt keine Drogen!!! D=

So, nachdem dieses ernste, ernste Thema abgeschlossen ist: Viel Spaß beim Kapitel.

Edit: Uh.. Danke Neven. Wir hatten das mit Tsuna vollkommen vergessen. Wir sollten nicht mehr so lange Schreibpausen machen. Danke, dass du uns drauf hingewiesen hast.
 

24. August
 

Irgendwie war es hier im Wohnheim ziemlich still geworden, seit Yamamoto und Gokudera zu ihren Eltern in den Sommerurlaub gefahren waren. Das Zimmer nebenan und das auf der gegenüberliegenden Seite waren leer und nun sollten auch die Zimmer über ihm noch verwaisen. Zwar nur für ein paar Tage, aber Tsuna fühlte sich irgendwie allein gelassen.

Giotto, Amicelli und auch Xanxus trafen seit einigen Tagen Vorbereitungen, um in ihr Heimatland Italien zu reisen. Wenn die drei auch noch wären, dann müsste er den Rest der Ferien allein verbringen, nein, noch schlimmer, allein mit Reborn und dazu kam noch dass Kyoko ihn zur Geburtstagsfeier ihres Bruders eingeladen hatte, ein Ereignis, dem er nicht unbedingt beiwohnen wollte, aber ohne einen seiner Mitbewohner, hatte er kaum eine Ausrede um nicht hingehen zu müssen.

Die Sache mit Ryohei war immer die, dass es schön war in seiner Nähe zu sein, zumindest solange man taub und vorübergehend dumm war. Dumm genug um die Schmerzensschreie der verzweifelten Muskeln nicht zu hören, die sich dagegen wehrten auf so unbekannte Art und Weise benutzt zu werden. Letztens hat er Tsuna dazu überredet morgens eine Runde mit ihm zu joggen, Tsuna wusste nicht warum er zugestimmt hatte, aber es hatte zweifelsohne etwas mit Kyoko zu tun, die ihn auf diese bestimmte Art und Weise angesehen hatte. Auf jeden Fall war diese „kleine Runde“, wie Ryohei sie titulierte, wahrscheinliche die schlimmste und schmerzhafteste halbe Stunde seines Lebens gewesen. Tsuna konnte fünf Tage später immer noch das Ächzen seiner Muskeln vernehmen, wenn er so etwas Herausforderndes tat wie sich zu bücken. Der bloße Gedanke an einer Geburtstagsfeier teilzunehmen die für Ryohei gedacht war ließ ihn erschaudern.

Wahrscheinlich gab es lauter ... Spiele... bei denen man rennen musste...

Tsuna seufzte leise, streckte sich und gähnte leicht. Er hatte sich den ganzen Tag in seinem Bett geräkelt und es war herrlich gewesen, jetzt fühlte er sich doch danach aufzustehen, und mal nach den verbliebenen Wohnheimmitbewohnern zu sehen, die jetzt wahrscheinlich alle fleißig dabei waren, ihre Koffer zu packen.

Was ihn besonders ärgerte war, dass auch Xanxus mit den beiden mitfahren würde. Er schien sich zwar gewehrt zu haben, aber sein Protest hatte ganz offensichtlich nichts bewirkt: Aus diesem Grund war er die letzten paar Tage auch total schlecht gelaunt gewesen.

Giottos Reise hatte nur ein was Gutes. Er musste nicht jeden Tag um sieben Uhr aufstehen und konnte sich die nächsten Tage so einteilen, wie er es gerne wollte. Das hieß schlafen bis um zwölf, Mittagessen aus dem Imbiss, fernsehen, fernsehen, fernsehen und dann schlafen gehen.

Er hatte sich das Fernsehprogramm des heutigen Tages schon genau eingeteilt. Zuerst lief ein Marathon für Pandora Hearts, dann gab es ein paar Folgen Fushigi Yuugi, zu Abend würde er sich dann etwas Anspruchsvolles reinziehen. Squalo hatte ihm eine DVD mit Bible Black gegeben, Tsuna hatte bisher noch nie einen Anime über die Bibel gesehen, aber Squalo hatte ihm versichert er würde die ganze Zeit über „Oh mein Gott!!!“ sagen und manchmal kannte Squalo sich wirklich aus!

Mit seinen bequemen Hausklamotten ausgestattet trottete Tsuna die Treppe herunter und wäre fast über einen der Koffer gestolpert, die fies und hinterhältig auf den Stufen lauerten. Nur durch seine außerordentlich guten Reflexe und Giottos Hand an seiner Schulter, konnte er einen schmerzhaften Zusammenprall vermeiden.

„Nanana, ein bisschen vorsichtiger, Tsuni.“, summte dieser gut gelaunt und grinste ihm, fröhlich wie immer, ins Gesicht. Er sah wie immer total geschniegelt aus, in seinem Nadelstreifenanzug und gerade heute schien er noch mehr zu strahlen und zu glänzen als gewöhnlich.

„Wie sieht‘s aus, hast du die nächsten Tage schon verplant? Gehst du zu der Geburtstagsfeier?“, fragte er summend, und räumte die Stolperfalle von einem Koffer hinter die Treppe, damit er nicht mehr im Weg stand.

Tsuna schüttelte energisch den Kopf. „Nein, nein, ich geh auf keinen Fall zu der Feier. Ich begehe doch keinen Selbstmord.“, meinte er abwehrend und sah zu, wie Giotto, bewaffnet mit einer Sporttasche, den Weg zur Küche einschlug. „Du bleibst also ganz allein hier?“, fragte er neugierig, öffnete den Kühlschrank und begann, zu Tsunas Erstaunen, seine Puddingbecher in die Tasche zu stapeln.

„Rechnest du mit einer plötzlichen Puddingknappheit in Italien?“ fragte Tsuna und übte sich in Ironie. Oben in seinem Zimmer hatte er ein Buch dazu stehen und das befand, dass man sie nur beherrschen konnte, wenn man sie regelmäßig gebrauchte. „Aber stimmt, ich hab schon davon gehört. Große Puddingschwärme von dem schrecklich ansteckenden Pudding Fieber befallen und ganze Landstriche stehen jetzt ohne ihr Hauptnahrungsmittel da.“

Zu Tsunas Verblüffung starrte Giotto ihn mit einem so entsetzten Gesichtsausdruck an, dass er ihn nicht schauspielern konnte. Wahres Grauen schimmerte in seinen Augen und sein Mund war ein wenig zu einem verzweifelten stummen Schrei geöffnet. Wenn es um seinen Pudding ging, verstand Giotto keinen Spaß. Auf eine sehr niedere Art und Weise fühlte Tsuna sich ungeheuer erheitert, aber der größte Teil von ihm schämte sich einfach nur.

„Der Kleine hat dich nur verarscht.“, meinte plötzlich eine wesentlich tiefere Stimme von hinter ihnen. „Und das nicht mal schlecht.“, fügte der Neuankömmling leicht anerkennend hinzu und Tsuna konnte das fiese Grinsen in seinem Nacken förmlich triefen spüren. Xanxus‘ Hand legte sich lobend auf seine Schulter und Tsuna durchzuckte ein Schauer puren Stolzes. Ein Grinsend bildete sich auch auf seinen Lippen, als Xanxus Finger sich etwas fester an diesem Platz verankerten.

Xanxus‘ Kopf senkte sich und Tsuna konnte von der Seite seine strahlend weißen Zähne sehen, die sich voller Vorfreude zwischen seinen Lippen hervorgewagt hatten, um einen gemeinen Ausdruck auf Xanxus‘ Gesicht zu zaubern. „Pass auf, jetzt bring ich ihn zum heulen.“, wurde ihm zugeraunt, dann erhob sich die Stimme wieder. „Tsuna wollte natürlich sagen, dass durch das Auftreten der Rindergrippe, die Milchproduktion eingestellt wurde, weil Kühe extrem anfällig für das Virus sind. Wenn nicht bald ein Heilmittel gefunden wird, wird es wahrscheinlich einen Milchengpass geben, der länger als zwei Jahre dauern kann. Haben sie zumindest in den Nachrichten erzählt.“

Es war interessant das Spiel von Unglauben und Verzweiflung auf Giottos Gesicht zu sehen. Wie bei einer Ansammlung von Fotos konnte man Schritt für Schritt in aller Ruhe betrachten, während er in sich zusammenbrach und mit einem plötzlichen erstickten Schrei griff Giotto sich an die Brust. Kleine Tränen hatten sich in seinen Augenwinkeln gebildet und in einer Mischung aus Schnappatmung und Erstickungstod traten seine Augen panisch hervor.

„Das war nur ein Scherz! Nur ein dummer Witz!“ räumte Tsuna sofort ein und als Giottos Zustand sich nicht besserte, griff er verzweifelt nach einem Pudding, riss den Deckel ab und hielt ihn dem anderen direkt unter die Nase. Hinter ihm lachte Xanxus bellend und grinste wie ein Wahnsinniger der eine blutige Axt schwang. So gut es ging versuchte Tsuna ihn zu ignorieren und konzentrierte sich stattdessen darauf den Pudding hin und her zu schwenken.

Es schien nichts zu helfen. Panisch sah sich Tsuna nach etwas um, mit dem er den Pudding in Giottos Mund schaufeln konnte, entdeckte schließlich den Ständer mit dem Besteck und nahm einen Löffel heraus.

Als die süße, weiße Masse, Giottos Zunge berührte, schlossen sich Giottos Augen und die kleinen Tränchen schienen zu stoppen. Die zitternden Hände des Blonden, griffen langsam nach dem Becher und dem Löffel und nahmen sie Tsuna schließlich aus der Hand, was diesen gewissermaßen erleichterte. Aber erst als zwei weitere Löffel in Giottos Mund verschwunden waren, schien dieser sich langsam wieder zu beruhigen. Er entspannte sich und atmete erleichtert durch.

Als er seine Augen wieder öffnete, hatten sie einen bösen Schimmer in sich und richteten sich gleich auf Xanxus. „Du bist ein Riesenarschloch, weißt du das?“, meckerte er und Xanxus lachte bellend. Seine knappe Antwort war: „Ja.“

Tsuna kämpfte mit dem Verlangen die Augen zu rollen. Es war wie immer, einer der üblichen Tage im Tollhaus und er fragte sich ernsthaft, warum er auch nur einen Moment daran gedacht hatte, die drei Wahnsinnigen zu vermissen. Wenn sie weg waren, würde er einen Zustand der vollkommenen Ruhe erlangen. Ultimatives Zen!

Jetzt wo er so drüber nachdachte, konnte er vielleicht auch Basil besuchen, der junge Mann hatte auch immer etwas tief Entspanntes an sich, wenn man unter den dicken Mantel des allgemeinen Zorns schaute, der ihn umgab wenn ihm etwas nicht passte.

„Bitte streitet euch nicht.“ sagte Tsuna mit halbwegs fester Stimme und ging die restlichen Treppenstufen herunter um das Gepäck in Augenschein zu nehmen. Er konnte eine Tasche mit Tennisschlägern erkennen und vor seinem geistigen Auge sah er Xanxus spielen. Ein finsterer, böser Teil seines Geistes fügte die zehn Minuten nach dem Spiel hinzu, in welchen er unauffällig versuchte nicht zu ersticken während er sein Asthma Spray suche.

Die Vorstellung brachte ihn dazu leise zu kichern und war froh, dass es keiner der beiden hörte. Das hätte nur zu dumme Fragen geführt. „Wie lange seid ihr weg?“, fragte er und betrachtete das andere Gepäck, konnte aber nichts weiter Besonderes entdecken. Er entschloss sich schließlich auch, in die Küche zu gehen. Dort setzte er sich auf den Küchentisch. Xanxus folgte ihm und lehnte sich an die Wand. „Du wirst uns nicht vermissen, Tsuni. Nur ein paar Tage.“, summte Giotto, der wieder glücklich schien und seiner zuvor angefangenen Tätigkeit wieder nachging. Tsuna hatte irgendwie das Gefühl, dass diese Tasche sein Handgepäck werden würde.

„Bis dahin hast du das Dorm ganz für dich allein.“, fügte Giotto summend an.

Ganz für sich allein, die Vorstellung war schon nett, dass musste Tsuna zugeben, aber ein kleiner Teil von ihm war... einsam? Er war sich nicht sicher ob das die zutreffende Bezeichnung war, aber es würde schon irgendwie leer werden. Wenn er niemanden auftreiben konnte, der ihn besuchte, würde er wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und seine Eltern mal wieder anrufen müssen. Natürlich liebte er seine Eltern, aber er konnte nicht gut genug lügen um zu behaupten, dass sie ihn nicht nervten.

Er schob die Gedanken beiseite, immerhin waren es ja nur drei Tage, und solange würde er es wahrscheinlich grade noch so aushalten.

Tsuna hörte ein Poltern im Flur, dann kam Amicelli herein, er zog einen kleinen Koffer hinter sich her, den er vor Tsunas Nase abstellte. „Du wirst diesen Koffer packen. Ich werde dich nie, niemals, nie, nie, nie, niemals hier allein mit meiner Küche lassen.“, meinte Amicelli und seine Augen bohrten sich so in Tsunas, das dieser es nicht wagte ihm zu widersprechen. Er wusste nicht genau, was Amicelli mit ihm vorhatte, aber als er noch am selben Abend in einem weichen, gepolsterten Sessel eines Privatfliegers saß und in Xanxus leicht genervtes Gesicht blickte, das ihm gegenüber war, wusste er dass er die nächsten drei Tage überhaupt nicht allein sein würde.
 

Die Landung am Flughafen Catania, verlief völlig problemlos. Giotto, dessen Handgepäck nach dem Flug wesentlich leichter geworden war, führte sie voller Vorfreude zum Gate, an dem drei, in schwarz gekleidete Männer warteten, die sie zu einer Limousine führten. Zum Glück war diese groß genug, so dass sie alle bequem darin Platz fanden.

Wenn Tsuna jedoch ehrlich mit sich war, dann hätte wahrscheinlich eine ganze Fußballmannschaft in dieser Limousine genug Platz gehabt, wenn alle sich etwas zusammengedrängt hätten. Auf seinem Schoß lag eine kleine Tasche, in der er sein Handgepäck verstaut hatte. Sie war eine schwarze Sammlertasche mit einem kleinen Snoopy drauf und in ihrem Inneren schlummerte das Wichtigste, was Tsuna in der Eile zusammenraffen konnte. Sein Handy, sein Portemonnaie, eine Tube Sonnencreme, Labello und sein MP3Player, dessen Batterien sich langsam gefährlich dem Ende neigten. Während des Fluges hatte er die ganze Zeit Musik gehört, hauptsächlich lag das daran, dass er sich von dem kindischen Gezanke ablenken wollte.

Wie konnten Menschen, die so nah an der großen 20 standen, dass ihre Zehen sie praktisch schon berührten, sich nur so kindisch und dumm verhalten? Momentan ging es gerade um... Tsuna lauschte für zwei Sekunden, mehr brauchte er nicht zu hören. Momentan ging es gerade um Brötchen. Diese Brüder waren wirklich ein Fall für sich.

Die Fahrt dauerte, Tsunas Meinung nach, viel zu lange. Der Streit der Brüder ebbte nicht ab und nachdem sein Mp3 Player den Geist aufgab, war das ganze unerträglich, besonders da, die beiden recht weit auseinander saßen und sich praktisch durch den ganzen Innenraum anschrien.

Er versuchte sich daher auf das Fenster zu konzentrieren. Obwohl sie in Catania gelandet waren, verließen sie die Stadt bald darauf und fuhren in eine eher ländliche Gegend. Tsuna sah Weinberge und Felder. Die Landschaft war hügelig. Tsuna fand sie interessant. Sie war so vollkommen anders als Japan. Schon die Farbe der Sonne machte einen ganz anderen Eindruck. Er wusste nicht genau wie das kam, aber vielleicht lag es daran, dass er sich hier auf der komplett anderen Seite der Erde befand. Wenn seine Eltern das wüssten...

Als die Limousine endlich anhielt, verließ Tsuna sie so schnell wie möglich und genüsslich rekelte er sich in den warmen Mittagsstrahlen. Der kleine Koffer den er sich fürs Wochenende gepackt hatte war ausgesprochen leicht, weil Tsuna sich fest vorgenommen hatte in Italien eine Menge Souvenirs zu kaufen. Vor allem für Gokudera und Yamamoto wollt er etwas besorgen, in letzter Zeit hatte er das Gefühl die beiden zu vernachlässigen und sein Gewissen war ziemlich streng was das betraf.

Die Villa war in etwa so wie Tsuna sie sich vorgestellt hatte, hauptsächlich groß und in einem blassen Sonnengelb mit schwarzen Schindeln auf dem Dach. Der große stählerne Zaun, der das Grundstück umgab, war vor einiger Zeit mal terrakottafarben gestrichen worden, aber jetzt platzte an vielen Stellen die Farbe auf und hässliche Risse schmückten es. Früher hatte irgendwer sich mal sehr sorgfältig um das Anwesen gekümmert, aber hier und da sah man noch weitere deutliche Zeichen, dass das im Moment nicht angesagt war.

Das Gras war getrimmt worden, aber es war trotzdem ungleichmäßig lang und viele Grassorten wuchsen gemischt durcheinander. Einige Meter von sich entfernt konnte Tsuna einen Fischteich sehen, der von Kois bevölkert wurden, zumindest vermutete Tsuna das, unter dem Entenflott ließ sich nicht sonderlich viel erkennen.

Es war in der Tat eine edle Villa, aber der Gärtner streikte wohl momentan.

„Ah, Trautes Heim, Glück allein!“, ließ Giotto vernehmen und lachte zufrieden. Er streckte sich den warmen Sonnenstrahlen entgegen und Tsuna fand, dass er im Moment aussah wie ein kleiner Junge. Er hatte ihn, seit er ihn kannte, noch nicht so lächeln sehen. Amicelli gesellte sich zu ihm und legte die Hand in sein Haar, um kurz hindurch zu wuscheln, dann wandte er sich an Tsuna. „Wir haben hier noch ein paar Dinge zu klären. Du kommst doch ‘ne Weile ohne uns aus, oder?“ Giotto ergänzte: „Dein Zimmer ist im zweiten Stock, such dir das aus, dass dir am besten gefällt, die werden sowieso alle nicht genutzt. Dann kannst du dir ja mein zu Hause ansehen.“ Tsuna war etwas verwirrt, dann nickte er kurzerhand und zuckte mit den Schultern. „Klar, geht nur. Ich komme schon zurecht.“, meinte er und war etwas erstaunt, das Xanxus nicht einmal angesehen wurde, obwohl der, genau wie er selbst, unwissend vor seinem Gepäck stand.

Wie sich herausstellte, war Xanxus jedoch nicht sonderlich lange verwirrt. Kurzerhand schulterte er seine Tasche, im Gegensatz zu seinem Bruder und Giotto brauchte er keinen Koffer voller Klamotten, und winkte Tsuna zu, damit er ihm folgte. Mit dem Koffer, der hinter ihm über die Kopfsteine hüpfte, hatte der Junge ein paar Probleme mit Xanxus Schritt zu halten und so ließ er alle dreißig Schritte ein verzweifeltes Keuchen hören. Die Art und Weise auf die Xanxus ihn über die Schulter hinweg ansah, machte ihm wieder Beine. Es gab einfach Menschen, die waren dafür bestimmt Leute mit einem einzigen Blick rumzuscheuchen und dann gab es Menschen die sich durch einen Blick rumscheuchen ließen. Tsuna wusste genau in welche Kategorie er gehörte.

„Nimm dieses Zimmer.“ wies Xanxus ihn an und schubste ihn hinein. Verwirrt blinzelte Tsuna in die trübe Dunkelheit und versuchte etwas zu erkennen.

„Warum?“ fragte er verwirrt und drehte sich wieder um. Xanxus grinste ihn nur an.

„Weil ich es sage und jetzt beweg deinen verfickten Arsch, lass den Koffer hier und komm verdammt nochmal mit.“

Wieder dieser Blick und schon hatte Tsuna seinen Koffer abgestellt und folgte Xanxus, der schlecht gelaunt, aber immerhin enthusiastisch den Gang entlang stiefelte und die Treppe wieder nach unten nahm. Tsuna wagte kaum zu fragen, dennoch erhob er die Stimme, als sie nicht durch die Eingangstür gingen, sondern stattdessen die Küche durchquerten. „Wo gehen wir hin?“, fragte er und schloss jetzt zu dem Älteren auf, er offenbar genau wusste, wo er hinlief. „Nur weg von den Idioten.“, grummelte Xanxus und öffnete von der Küche aus eine Tür, die in den hinteren Teil des Gartens führte, der, wie Tsuna fand, wesentlich gepflegter aussah, als der auf der Vorderseite. Ein Springbrunnen war wohl die größte Zierde, dieser war umgeben von vier Büschen, die in Formen geschnitten worden waren. Dazwischen wuchsen Blumen in diversen Farben. Es war in jedem Fall ein hübscherer Anblick.

Mit verblüffter Mine wanderte Tsuna zwischen den Beeten umher und warf einen Blick in den Springbrunnen, dessen makelloses Erscheinungsbild geradezu glänzte und glitzerte im Sonnenlicht. Bei genauerer Betrachtung konnte er erkennen, dass die kleinen Kerben im Stein sorgfältig ausgebessert worden waren. Irgendwas hatte hier mal eine ziemliche Delle reingeschlagen, Tsuna fragte sich ob Giotto dafür verantwortlich zu machen war...

„Was wollen wir hier draußen?“ fragte Tsuna schließlich und scharte unruhig mit den Füßen am Boden. Es machte ihn nervös allein mit Xanxus zu sein, wenn er kein Schulbuch in seiner Nähe hatte aus dem er hätte lernen müssen.

„Wir machen einen kleinen Ausflug aufs Gestüt.“ Tsuna sah ihn mit großen Augen an.

„Es gibt hier Pferde?“ Er klang unsicher und die Befürchtung Reiten zu müssen trat in greifbare Nähe. Es war nicht so dass Tsuna etwas gegen Pferde hatte... Solange sie nicht in seiner Nähe waren zumindest. Xanxus lachte nur bellend.

„Wir sind nicht zum Reiten hier, das kann ich dir verfickt noch mal versichern. Es sei denn, dir ist nach einem kleinen Ausritt.“

Tsuna wusste nicht wieso er errötete, er konnte es weiß Gott nicht sagen, aber er tat es. Innerhalb von Sekunden glühte sein Gesicht vor Scham. Wie verdorben war er eigentlich? Xanxus hatte den Satz so trocken gesagt, das man ihn kaum hätte missverstehen können und doch schlichen sich diese Bilder in seinen Kopf. Er beschloss in Zukunft weniger Zeit mit Squalo zu verbringen und auch mit Xanxus. Das war doch nicht normal.

Tsuna schob seine schmutzigen Gedanken beiseite und nickte Xanxus schließlich zu. „Ich will ganz sicher nicht reiten. Pferde sind nicht ganz, meine Welt. Ich bin ja kein Mädchen.“, meinte er ruhig und versuchte gelassen zu wirken. Es schien zu funktionieren, auch wenn Xanxus ein Grinsen auf den Lippen hatten, aber das war nichts Besonderes. Das hatte er ja ständig, zumindest wenn Giotto und Amicelli nicht in der Nähe waren.

„Das hätte ich auch niemals gedacht.“ erwiderte er grinsend und ließ einen musternden Blick über Tsuna schweifen, der seine Aussage praktisch revidierte. Tsuna plusterte sich auf und ging erhobenen Hauptes neben Xanxus daher und versuchte einen möglichst männlichen Eindruck zu machen. Aus dem richtigen Blickwinkel konnte man das geballte Testosteron sehen, dass in ihm schlummerte, da war er sich sicher.

„Du solltest es aber vermeiden so zu stolzieren.“ flötete Xanxus geradezu ekelhaft gut gelaunt. „Wenn man seine Brustmuskeln hervorheben möchte, sollte man auch welche vorzuweisen haben.“ Tsuna verschränkte die Arme vor seiner Hühnerbrust und streckte ihm die Zunge entgegen. Heute hatte sein Wegbegleiter wiedermal einen seiner total sympathischen Tage.

Zumindest war er nicht mehr schlecht gelaunt. Das war ja schon mal ein Anfang. Trotz seiner leichten Aversion mit Xanxus allein zu sein schlug er den Weg ein, den der Ältere ihm vorgab Er war erstaunt, wie groß ein Garten sein konnte, denn offenkundig hatten sie das Gelände noch immer nicht verlassen. „Was machen wir auf dem Gestüt? Pferde striegeln?“, fragte er Xanxus und versuchte dabei den Sarkasmus in seiner Stimme hochzuschrauben. Vielleicht konnte er nicht mit seiner Männlichkeit beeindrucken, aber zumindest mit seinen Fortschritten auf dem Terrain des Sprachgebrauches. Ja! Damit konnte er ihn wahrscheinlich sogar noch mehr beeindrucken. Immerhin hatte es ihm schon einmal eine kräftige Portion Lob von dem Älteren eingebracht. Auch wenn er es bei Giotto natürlich übertrieben hatte.

„Das kannst du gerne machen. Ich begnüge mich währenddessen mit Giottos Pot.“ sagte Xanxus gelassen und schob die Tür zu den Ställen auf und trat durch, Tsuna musste sich dranhalten, damit sie nicht vor seiner Nase wieder zu schwang. Im Inneren roch es nach Heu und vielen Pferden mit einer etwas zu gesunden Verdauung. Ein stetes Wiehern und Schnaufen kam aus den Boxen und Tsuna ging einen Schritt schneller um dem Starren der Vierbeiner nicht ausgeliefert zu sein. Eigentlich war er es ja gewohnt von Pferdeaugen verfolgt zu werden, denn in seiner Kindheit war er viel geritten. Sein Pferd "Lotusblüte", hatte ihn zu jedem nur erdenklichen Ort getragen, aber hier in diesem beengtenn Steinstall waren ihm die Blicke der fremden Pferde unangenehm. Besonders da er Lust bekam einen Ausritt zu machen. Und Xanxus sollte sein dunkles Geheimnis mit Sicherheit nicht herausfinden.

Erst jetzt realisierte er, was Xanxus gerade gesagt hatte.

„Was... meinst du mit Pot?!“

Xanxus lachte und ging zum hinteren Ende des Stalls. Hinter der dort befindlichen Pferdebox befand sich Steinwand, die eigentlich recht robust aussah, aber als Xanxus sich hinunter bückte und eine bestimmte Stelle berührte, fiel dort sofort ein Stück heraus. „Was ich meine? Wonach hört es sich denn an?“, fragte er zurück, und entfernte noch ein paar Steine. „Giotto ist längst nicht so unschuldig, wie er immer tut.“, fügte er an und zog aus dem Loch schließlich eine in Tücher gewickelte Flasche. Tsuna konnte es kaum fassen. „Du.. Du meinst, Giotto hat...“ „Gekifft, ja. Sogar ‘ne ganze Menge. Aber er war zu feige es seinen Eltern zu sagen, deswegen hat er das Teil da versteckt, wo‘s hoffentlich keiner findet.“ Aber natürlich wusste Xanxus, wo der Pot war. Tsuna ahnte, dass er es von Amicelli erfahren hatte, oder dass er bei diesen Späßchen auch mitgemacht hatte. Irgendetwas würde schon richtig sein.

In der Flasche konnte Tsuna deutlich die zerbröselten Pflanzenteile sehen und er starrte sie fassungslos an. Nicht nur, dass Giotto Drogen besaß, nein, es war auch noch eine ganze halbe Literflasche! Was konnte jemand mit so viel Koks wollen?! Tsuna versuchte sich vorzustellen wie viele Joints man mit dem Zeug drehen konnte, da drückte Xanxus ihm die Flasche auch schon in die Hand und holte aus seiner Jackentasche Zigarettenpapier. Sorgfältig zählte er drei der kleinen Papierchen ab und begann sie fachmännisch zu verkleben und leicht vorzubiegen.

„Jetzt steh da nicht so unnütz rum und dreh die Flasche auf.“ befahl er Tsuna und er gehorchte. Was sollte er denn auch sonst tun? Mit milder Faszination beobachtete er wie Xanxus das Koks in die richtige Form legte und mit einem Filter das eine Ende verschloss, bevor er anfing das Gebilde zu drehen. Tsuna hatte noch nie gesehen wie jemand einen Joint baute, aber das war definitiv nicht das erste Mal, dass Xanxus es tat.

Er rollte und rollte und rollte, bis das kleine Papier aussah wie eine Tüte. So wie man sie aus Filmen kannte. Er stopfte den Stoff noch etwas tiefer ins Papier, dann formte er eine kleine Kappe aus dem überstehenden Papier und präsentierte Tsuna das Teufelsding stolz. Tsuna wagte es kaum, das Teil anzufassen, aber als Xanxus genervt sagte: „Jetzt nimm schon!“; nahm er es ihm hastig aus der Hand und hielt es zwischen zwei Fingern, wie eine Zigarre, in der Hoffnung nichts zu zerstören. Er sah zu, wie Xanxus in seinen Taschen wühlte und schließlich in seiner linken Jackentasche fündig wurde. Tsuna verschluckte sich fast, als die Pistole von seiner Kommode zum Vorschein kam. „Wa... Was zur Hölle?“, stotterte er. Er konnte kaum glauben was hier vor sich ging. Sicher träumte er das alles nur.
 

Wird fortgesetzt....

24. August: Teil 2

Aufgrund von intensiven Weihnachtsbasteleien, hat dieses Kapitel leider ein wenig länger gedauert. Wir entschuldigen uns bei allen Lesern für die lange Wartezeit.

Wir möchten uns auch nochmal für die zahlreichen Kommentare bedanken. 100 Stück sind es mittlerweile, 106, wenn man die auf FF.de mitzählt. Einfach unfassbar! Wir hätten nie geglaubt, dass wir je soweit kommen.

Aufgrund des Jubiläums wollen wir, wie bei 50 Kommentaren, eine kleine Aktion ins Leben rufen. Wir werden wieder ein Extra-Kapitel schreiben, für den Charakter der die meisten Stimmen bekommt. Ihr könnt euch, wen auch immer ihr wollt aus der Liste aussuchen und der mit den meisten Stimmen gewinnt, wenn es mehrere Charas mit derselben Stimmzahl werden, versuchen wir sie alle irgendwie einzubauen...

Viel Spaß beim Lesen und beim voten (Ganz abzockfrei, alles was es kostet ist ein Kommentar oder eine ENS ;))

Oh und... Wir wünschen allen frohe Weihnachten! ^__^
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

24. August: Teil 2
 

„Jetzt setz dich schon hin.“ blaffte Xanxus ihn an und zog ihn ins Stroh der leeren Box. Tsuna fühlte wie Unbehagen seine Brust zuschnürte und er klammerte sich an den Joint wie an eine Rettungsleine, das alles war wie ein Alptraum. Seine Eltern hatten ihn immer wieder darauf hingewiesen, dass man keine Drogen nehmen sollte und jetzt tat Xanxus so als wäre das das Natürlichste auf der ganzen Welt!

Seine Glaubenskrise ignorierend nahm Xanxus ihm wieder die Tüte ab und ließ eine Flamme aus der Pistole schießen. Mit genügend Sicherheitsabstand zündete er das gedrehte Ende an und grinste auf eine geradezu verbotene Art und Weise. Ohne groß drauf zu achten ließ er das Feuerzeug einfach im Stroh liegen und zog an dem Gebilde. Nur zuzusehen ließ Tsunas Gewissen aufflammen und laut empört schreien.

Tsuna betrachtete Xanxus als wäre er ein aussätziger Verbrecher, als der begann genüsslich an dem Joint zu ziehen. „Das kleine Hütchen des Joints verschwand und stattdessen kam darunter das Gras zum Vorschein, dass vor sich hin kokelte. Tsuna betrachtete die Glut und fand den Anblick aus irgendeinem Grund faszinierend. Aber er konnte sich nicht vorstellen, dass das gut schmecken sollte... Außerdem sah der dunkle Qualm, der daraus auch nicht gerade lungenfreundlich aus. Umso mehr erschreckte es ihn, als Xanxus nach seinem langen Zug plötzlich absetzte und ihm das Teufelsding wieder unter die Nase hielt. „Der Anfang ist gemacht, jetzt bist du dran, Krabbe.“, raunte er grinsend und versetzte Tsuna den Schock seines Lebens. „Ich.. ich soll auch?“, fragte er und versuchte dabei so verletzt wie möglich zu klingen, so als wäre es vollkommen ausgeschlossen, dass er das auch nur probierte.

„Was bist du? Ein Mann oder eine Memme?“ erkundigte sich Xanxus mit herausforderndem Tonfall und versetzte Tsuna damit einen Stich direkt in die Brust. Sie beide kannten die Antwort auf diese Frage und sie war definitiv nicht Mann. Das Problem war nur, dass Tsuna keine Memme sein wollte. Natürlich versuchte Xanxus ihn nur herauszufordern, aber ihm war wirklich nicht danach den Schwanz einzuziehen. Sein Gewissen oder sein Stolz? Sein Gewissen war wie üblich wesentlich lauter als das leise Wispern seiner Selbstachtung, trotzdem nahm Tsuna mit zitternden Fingern den Joint und betrachtete ihn wie eine hochgradig vernichtende Mischung aus Nitroglyzerin und Glasscherben. All seinen Mut aufbrauchend setzte er die Pseudo Zigarette an die Lippen und atmete tief ein. Nur um direkt danach so heftig zu husten, dass er den Joint fast fallen gelassen hätte.

Xanxus ergriff jedoch seine Hand uns stabilisierte sie, so dass das kleine Ungetüm keinen Großbrand in Gang setzen konnte. „Das war zu tief.“, meinte er grinsend und führte Tsunas Hand erneut zu seinem Mund. Versuchs nochmal und atme ganz normal. Das ist nur ‘ne Zigarette, du musst das Zeug nicht wie ein Staubsauger reinziehen.“, meinte er, wahrscheinlich in erklärender Absicht, aber Tsuna, der noch nie eine Zigarette in der Hand gehabt hatte, konnte damit auch nicht viel anfangen.

Tsuna betrachtete das kleine, weiße Ding direkt vor seinem Mund. Xanxus drückte seine Hand seinem Mund entgegen, doch bevor er noch einmal ziehen musste, drehte Tsuna den Kopf zur Seite. Lieber eine Memme als ein Verbrecher oder ein bekiffter Idiot. Tsuna hatte noch nie viel von Drogen gehalten.“Ich will nicht.“, sagte er in einem strengen Tonfall und schob seien eigene Hand weg von seinem Mund.

Mit so viel Willenskraft und Ausdrucksstärke, wie er aufbringen konnte, stand Tsuna aus dem Heuhaufen auf und klopfte sich die Halme von den Klamotten. Er vermied es tunlichst Xanxus anzusehen und beschloss zu flüchten. Xanxus war schon im nüchternen Zustand schwierig, aber wenn er es nicht war... Da wollte er einfach einen Sicherheitsabstand zwischen sie bringen.

„Ich äh...“ stammelte er leicht unsicher während er nach einer guten Ausrede fischte. „Ich hab Amicelli versprochen, dass äh... wir etwas ähm... zusammen tun. Kochen, genau, er wollte mir zeigen wie man Pudding kocht!“

Xanxus grinste breit und zog am Joint, natürlich schluckte er diese mehr als nur dünne Ausrede nicht, aber er ersparte Tsuna fiese Kommentare. Wahrscheinlich erlitt er gerade eine vorübergehende Phase der Nettigkeit. Von diesem mysteriösen Ereignis hatte Tsuna schon gehört, auch wenn er ihm bisher noch nie selbst beiwohnen durfte.

„Na, dann koch mal Pudding. Sicherlich kann Giotto sich keinen schöneren Tod vorstellen als eine akute Puddingvergiftung.“ Tsuna nahm seine Vermutung zurück.

„Er würde sich sicher mit seinem letzten Atemzug noch bedanken.“, meinte Tsuna ein bisschen unruhig lachend, dann wandte er sich ab und ging an den Ställen vorbei zur Tür, ohne sich noch einmal zu Xanxus umzudrehen. Es reichte den stechenden Blick des anderen in seinem Nacken zu spüren, und er war froh, dass der Schwarzhaarige nichts mehr sagte und sich seinen Teil dachte. Tsuna schob die schwere Stalltür auf und lief den kleinen Weg zurück über den sie gekommen waren, bis er den Springbrunnen im Garten des Anwesens sah. Auf einer Bank sah er Amicelli sitzen. Während Giotto um den Brunnen herum wuselte. „Hey ihr beiden!“, rief Tsuna gewissermaßen erfreut. Er hatte sich auf dem Rückweg beobachtet gefühlt, jetzt war dies allerdings verschwunden. Amicelli nickte ihm leicht grummelig zu, Giotto lachte erfreut. „Hast du dich umgesehen, Tsuni? Ist es nicht schön?“, fragte er voller Tatendrang und Tsuna sah, dass er dabei war Münzen in das leicht trübe Brunnenwasser zu werfen. Amicelli beantwortete seine ungestellte Frage: „Er wünscht sich Glück in der Liebe.“.

Für ein paar Sekunden starrte Tsuna Giotto an, der sich wie üblich wie ein Kleinkind verhielt und die Münzen kräftig schüttelte bevor er hin und wieder mal eine ins Wasser warf, wo sie mit einem Platschen unterging. Es war schwer sich vorzustellen dass Giotto älter war als er. Im Grunde war es schon schwierig sich vorzustellen, dass Giotto aus dem Kindergartenalter herausgewachsen war. Seine Augen, ja die hatte einen gewissen Glanz der von Erfahrung und Reife zeugte, aber leider wurden diese Signale nicht an seinen restlichen Körper übermittelt.

„Ah...“ meinte er schließlich etwas schwach und steckte seine Hände in die Taschen. Deutlich fühlte er eine Hand voll Münzen, das Wechselgeld, das er am Flughafen bekommen hatte nachdem er sich Kopfschmerztabletten gekauft hatte. Was würde er sich wünschen, fragte er sich und ließ nachdenklich die Münzen klimpern.

„Es funktioniert wirklich!“ erklärte Giotto und zwinkerte ihm wissend zu.

Tsuna überlegte einen Moment, dann griff er nach der kleinsten Münze in seiner Tasche und warf sie in das klare Brunnenwasser. Sie spritzte ein bisschen, dann versank der kupferne Cent in den Fluten. Tsuna wusste warum er sich wünschte, dass Xanxus jeglichen Drogen abschwor, auch dem Alkohol.

Er griff in die Tasche und zog einen weiteren blitzenden Cent heraus, diesmal einen Goldenen, auch den warf er ins Wasser. Ohne eigentlich richtig zu wissen, was er sich wünschte. Vielleicht hatte er ja, wenn er jetzt das Geld in den Brunnen warf, später mal einen Wunsch frei, das wäre ja nicht schlecht. Tsuna bezweifelte sowieso, dass er sich hier in Italien noch irgendetwas kaufen musste. Hier in Giottos Villa schienen sie alle gut versorgt zu sein, besonders da sie Amicelli dabei hatten, der bekannter maßen ein unglaublich begabter Koch war.

Das Geld wechseln hätte er sich sparen können, schoss es ihm wie eine Fußnote durch den Kopf und mit einem Kopfschütteln vertrieb er den Gedanken wieder. Das Anwesen war toll, seine Begleitung war nett, wenn er sie einzeln traf, und die italienische Sonne strahlte ihn mit dieser typisch freundlichen Ausstrahlung an, die man nur in südlichen Ländern beobachten konnte. Wie eine träge Katze räkelte er sich im Licht und zog seine Jacke aus, die er bei den Temperaturen wirklich nicht benötigte.

„Also... was macht man hier so?“ erkundigte er sich neugierig und ließ sich im getrimmten Gras nieder. Giotto und Amicelli tauschten einen Blick aus, offenbar überlegten sie, was sie ihm sagen konnten und was nicht.

„Also wir... Sport, ja wir machen hier gerne Sport.“ antwortete Amicelli ausweichend. „Du weißt schon, Ballsport, Reiten, Gärtnerarbeiten.“

„Gras schneiden.“ fügte Giotto weniger hilfreich hinzu.

„Ja, wie gesagt, wir mögen Gartenarbeit total.“

„Ihr macht... Gartenarbeit als Hobby?“, fragte Tsuna ein wenig überrascht und beschloss die beiden ab sofort noch seltsamer zu finden, als er es vorher getan hatte, zumindest solange bis ihm die Erleuchtung kam... „Ja Gras schneiden, wahrscheinlich beim Stall.“ meinte er leicht sarkastisch und setzte sich auf den Brunnenrand. „Ich steh nicht auf Gartenarbeit, besonders nicht auf Rasenmähen. Wenn‘s okay ist, dann spann ich die nächsten paar Tage einfach faul aus und lass mich ein bisschen von der Sonne bräunen.“, sagte er zufrieden, schloss die Augen und wand sein Gesicht dem Himmel zu.

Amicelli zuckte mit den Schultern. „Im Endeffekt ist das hier Urlaub, aber eigentlich wollten wir morgen mal in die Stadt, einen kleinen Ausflug zu Giottos Lieblingseisdiele machen.“ „Ja genau. „Malato Stomacho“ ist wirklich ein toller Ort um abzuhängen. So viele leckere Eissorten. DU solltest wirklich mit uns kommen.“, sagte Giotto glücklich strahlend und nahm Tsuna die Sonne indem er sich vor ihn stellte.

Aus irgendeinem Grund gingen bei Tsuna die Alarmglocken los, da er aber kein Italienisch sprach, wusste er nicht, dass das durchaus seinen Grund hatte und nicht allein auf Wahnvorstellungen beruhte. Folge dessen ignorierte er das Gefühl in seiner Magengrube und nickte nur ein wenig genervt aufgrund des Sonnendiebstahls.

„Klar, wenn ihr hingeht komm ich mit. Ich mag Eis auch gern.“ Ein Gedanke der dem Geschehen wie üblich etwas hinterher hinkte holte auf und machte sich auf seiner Zunge breit bevor ihm klar war, was er sagen würde. „Aber Eis essen ist keine Metapher für irgendwas oder?“

Giotto sah ihn verwirrt an, Amicelli ließ sich davon nicht irritieren und grinste nur breit. „Doch du hast uns durchschaut. Wir möchten dich zu Eissex verführen in einem Kühlhaus, das ist so heiß, man holt sich Gefrierbrand! Hahahahahaha...“

Tsuna verzog das Gesicht. Manchmal brachte er es fertig Amicellis schlechten Humor zu vergessen und dann kam so was.

„Wo ist Nussi?“, fragte Giotto plötzlich aus heiterem Himmel. Seine gute Laune stand ihm noch deutlich ins Gesicht geschrieben. Tsuna hatte diesen Spitznamen für Xanxus noch nie wirklich wahr genommen, obwohl ihn Leute, besonders Squalo, gelegentlich benutzten, wenn Xanxus nicht in der Nähe war. Jetzt, da Giotto ihn jedoch so direkt angesprochen hatte, verfiel Tsuna in einen spontanen Zustand des Fremdschämens. Wahrscheinlich hätte Xanxus sich nichts daraus gemacht, aber Tsuna fiel es schwer sich vorzustellen, dass er sich mit diesem peinlichen Namen arrangiert hatte, besonders da Amicelli schallend darüber lachte. „Keine Ahnung, wo ist die hohle Nuss, Tsuna? Er hat dich doch sicher mitgenommen.“, meinte er amüsiert.

Tsuna dachte an den benebelten Xanxus im Stall und zuckte nichtssagend mit den Schultern. „Keine Ahnung. Er ist ohne mich los.“

„Na dann gehen wir ohne ihn.“, meinte Giotto und wirkte gleich noch ein bisschen beschwingter. „Wer nicht will, der hat schon.“

Nur widerwillig stand Tsuna auf und klopfte den Schmutz von seiner Kleidung, ihm war so oder so klar, dass er keine Wahl hatte. Amicelli und Giotto hatten es sich in den Kopf gesetzt ihm ihre Heimatstadt zu zeigen und davon würden sie sich kaum abhalten lassen.

Die Stadt war nett, einfach nur ziemlich nett. Sie war nicht sonderlich aufregend oder bepflastert mit Statuen und architektonischen Meisterwerken, stattdessen war es eine sympathische kleine Stadt wie man sie oft fand. Die Gebäude strahlten ein ruhiges Flair aus, die Straßen waren alt aber gepflegt und die Leute grüßten sich auf der Straße. Alle paar Meter hielten sie an, weil irgendwer seine beiden Begleiter anhielt und sich nach Gott-Weiß-Was erkundigte. Tsuna musste zugeben, dass er das Gefühl hatte Teil des Gesprächs zu sein, aber er wurde nie vorgestellt und das kleine verräterische Nicken in seine Richtung konnte genauso gut Einbildung gewesen sein.

Giotto war hier ganz offensichtlich bekannt wie ein bunter Hund. Tsuna konnte nicht von sich behaupten viel mehr italienisch als Ciao, Bella zu verstehen, aber aus der Art, wie Giotto mit den Leuten umging, konnte er lesen, dass er sie wohl zumindest flüchtig kannte, oder zumindest sie ihn. Amicelli wurde auch gelegentlich gegrüßt, mischte sich aber nicht in die Plaudereien des redefreudigen Blonden ein und stand stattdessen etwas abseits. Tsuna wusste nicht, was er mit ihm reden sollte, sonst hätte er wohl ein Gespräch angefangen, so jedoch, ließ er es besser sein.

Aufgrund der vielen plauderhaften Italiener, war der Gang durch die Stadt wie ein Spießrutenlauf und bis sie es endlich zu dem Eiscafé geschafft hatten, schienen Stunden zu vergehen. Eine große, bunte Eiswaffel stand vor der Tür und ein überdimensionales Schild im Eingang verkündete, dass das Geschäft „aperto“ sei. Tsunas Reiseführer, besserwisserisch wie er war, sagte ihm dass es geöffnet bedeutete.

Tsuna hatte nicht wirklich Gelegenheit sich groß umzusehen, da wurde er schon quer durch das Lokal geschleift und an einen Tisch gesetzt, direkt am Fenster, fern von jeder Fluchtmöglichkeit. Aus einer Musikbox in der Nähe des Tresens erklangen die Noten irgendwelcher alter Musikstücke die kaum ein gesunder normaler Teenager gerne hörte, weil sie ihn an seine Eltern erinnerten.

Resignierend studierte Tsuna die Karte mit den verschiedenen Eissorten, natürlich war sie auf Italienisch geschrieben, trotzdem war er sicher gewesen, zumindest Schokolade oder Erdbeere entziffern zu können. Stattdessen sah er sich mit „Il Pasticcio Di Fegato d‘oca“, „Il Musone“, „Il Vino brûlé“ und auch „l'ammorbidente“ konfrontiert. Dieses Lammordingsens klang nach Amore, was er noch zuordnen konnte, beim Rest streikte seine Vorstellungskraft.

Er betrachtete die Karte ein bisschen ratlos und blickte dann Giotto hilfesuchend an. „Äh... Kannst du mir vielleicht mit der Karte helfen?“, fragte Tsuna ihn und deutete etwas hilflos auf eins der Wörter, dass er nicht erkennen konnte.

„Weißt du nicht was du willst, Tsuni? Keine Sorge. Ich mach das für dich, du bekommst meinen Lieblingseisbecher. Der schmeckt Jedem!“, erklärte Giotto, ein Blick zu Amicelli, sagte Tsuna, dass er diesen Vorschlag besser verneinen sollte, denn der schüttelte abwehrend den Kopf. Offenbar bestand über das Eis in diesem Laden allgemeine Uneinigkeit. Tsuna jedoch, der Amicellis Gestik als Warnsignal verstand, handelte daher schnell und sagte, noch bevor Giotto seinen Mund öffnen konnte um das Eis zu bestellen: „Ich nehme glaube ich, das was Amicelli nimmt.“

Giottos Gesicht entwich für einen Moment all die gute Laune, die sich sonst darin spiegelte, als hätte ihm jemand von hinten einen Dolch ins Herz gerammt. Tsuna tat es schon fast ein bisschen leid, das verursacht zu haben.

Jedoch musste er zugeben, was Essen anging, hatte Giotto nicht gerade den großen Durchblick. Sein kulinarischer Horizont begann bei Pudding und endete mit Roter Grütze. Im Allgemeinen gab es nichts dagegen einzuwenden, aber wenn einem mal Spaghetti mit Puddingsauce serviert wurden, dann wurde man vorsichtig. Es gab in Giottos kleiner Welt nur wenige Dinge, die Pudding nicht verfeinern konnten. Steine zum Beispiel, oder Stöcke, aber ansonsten... Nun, man durfte sich einfach nicht darauf einlassen mit ihm zu essen, dann war alles gut.

Amicelli bestellte für sie und während die Kellnerin sich alles aufschrieb, hatte Tsuna das Gefühl flüchten zu müssen. Wieso, das war ihm nicht ganz klar, aber in dieser Eisdiele hing der Duft der Gefahr. In den letzten Monaten hatte Tsuna gelernt dieses eigenwillige Aroma wahrnehmen zu können, es war eine gute Warnung, wenn Reborn ihnen einen Besuch abstattete.

„Du musst nicht so nervös dreinschauen, Tsuni. Dir kann nichts passieren, wir passen schon auf dich auf.“ zwitscherte Giotto und begann die Bierdeckel zu stapeln.

„Genau, diese Eisdiele ist unser Hauptquartier, sozusagen.“, bestätigte Amicelli und setzte ein Grinsen auf. Tsuna machte sich bereit falsch zu lachen. „Unser cooles Mafiaquartier.“, meinte er und lachte lauthals los. Auch Tsuna lachte, auch wenn das seit langem der traurigste Scherz war, den er je von Amicelli gehört hatte. Giotto schien das ähnlich zu sehen, denn seine Mundwinkel bewegten sich nicht einmal einen Millimeter nach oben.

„Was denn? Es ist wegen dem Eis. Eis – Cool... Verstehst du nicht?“, versuchte Amicelli seinen Witz zu erklären. Das machte die Situation nur noch peinlicher, als sie auch so schon war.

„Ich hab schon verstanden...“, sagte Giotto nüchtern und verdrehte die Augen. Tsuna hatte kurz Angst sie würden in seinen Kopf rollen. Er rang sich ein kurzes „Hahaha“, ab, dass mehr als nur falsch klang, Amicelli aber zu beruhigen schien. Für die nächsten zwei Minuten herrschte am Tisch eisiges Schweigen (Hahaha), dann kam das Eis.

Sein Eis war in einem seltsamen matschigen Weißton und hatte undefinierbare Stücke drinnen, der Ekel des Anblicks brachte Tsuna fast dazu einer Welle der Übelkeit zu erlegen, bis er auf einmal dieses warme Gefühl hatte. Liebe, ja es konnte nur wahre Liebe sein. Der Anblick dieser Köstlichkeit, der verführerische Geruch, oh wie sehr es begehrte. Schon so lange hatte er sich nach diesem schmackhaften Schatz verzehrt, nachts träumte er davon. Oh ja, wie er träumte, wenn er die Augen schloss schmeckte er es geradezu auf der Zunge, diese süße Nostalgie. Das Eis hier, es war besser als Küsse, besser als Anerkennung, sogar besser als Sex. Nun, zumindest nahm er das an, obwohl, natürlich wusste er, wie es sich anfühlte. Wie konnte er auch nur einen Moment daran zweifeln? Voller Hingabe und Lust warf er Amicelli einen Blick zu, bis sein Gesicht sich versteifte.

Mühsam drehte er sich zu Giotto um und starrte ihn wütend an, bis er voller Zorn dessen Eisbecher wegnahm und die Botschaften des Verlangens ein abruptes Ende fanden.

„Und das beim Essen!“ grummelte er und hielt den Eisbecher von Giotto fern.

„Gib ihn mir wieder!“ rief Giotto entsetzt und hechtete fast über den Tisch, als Amicelli den Becher noch ein Stück weiter von ihm wegzog. „Ich will mein Eis. Es ist meins!“, quengelte der Blonde, wie ein kleines Kind und streckte die Hände nach der süßen Köstlichkeit aus. Amicelli jedoch hielt sie so hoch, dass er sie nicht so einfach erreichen konnte.

„Du solltest dich besser unter Kontrolle haben, wesentlich besser.“, meinte der Schwarzhaarige streng und rangelte ein wenig mit dem Anderen.

„Du bist nur wieder eifersüchtig!“, konterte Giotto und hielt Amicellis Hände beschäftigt, während er versuchte mit seiner freien Hand an den Eisbecher zu kommen.

„Ich bin nicht eifersüchtig auf Eis.“, grummelte Amicelli leicht genervt und schnipste Giotto gegen die Stirn. Aber Tsuna ist hier und du weißt, was passiert, wenn du deinen Gedanken so freien Lauf lässt.“ Ganz leise, kaum hörbar fügte er an: „Vielleicht isst er einen Löffel von dem widerlichen Zeug.“

Giottos Gesicht entgleiste für einen Augenblick bis er sich in enthusiastische Freude verwandelte. 
„Aber das wäre gut für ihn, das ist ein Eis für echte Männer. Davon wachsen ihm Haare auf der Brust!“

Tsuna betrachtete sein eigenes weißes Matscheis eine Weile lang bevor er es vorsichtig von sich wegschob. Die Aussage Giottos war wiedermal eine der Sorte „Hätte er sie sich mal besser verkniffen.“ Wenn es jemanden gab, der mit Sicherheit keine Haare auf der Brust hatte, dann war es Giotto. Der Blonde war nur eine Nuance männlicher als Tsuna selbst, und das war bei aller Liebe nicht sonderlich beeindruckend. Wenn er so darüber nachdachte, war Xanxus wohl der einzige dem er so was zutraute. Und Xanxus war so eitel, dass er sich wahrscheinlich die Brust wachste, damit seine Muskeln richtig glänzen konnten.

Tsuna verdrehte seine Augen als die Erinnerung an das Heißwachs seiner Mutter wieder hochkam. Als er noch jünger war, hatte sie den Topf mal im Badezimmer stehen lassen als das Telefon klingelte und Tsuna hatte sich die Arme damit eingeschmiert. Nur wenige Erinnerungen waren schmerzhafter als die darauf folgenden.

Fest stand jedenfalls das Giottos „männliche“ Ausstrahlung wahrscheinlich von seinem Nadelstreifenanzug herrührte, denn nichts war männlicher als ein ordentlicher, schicker Anzug. Tsuna konnte, wenn er sich selbst einen besorgte, sicher dreimal so männlich aussehen wie Giotto und sich wahrscheinlich auch seinem Aussehen entsprechend verhalten, anders als gewisse andere blonde, junge Männer, die im Moment auf dem Tisch lagen und ihren Freund wie ein Kleinkind um ihr Eis anbettelten.

Tsuna fand die ganze Situation äußerst peinlich und wäre, als die hübsche Kellnerin zu ihnen rüber schielte und ihm zuzwinkerte, am liebsten im Boden versunken. Wieso war er nur mit diesen Idioten hier? Tsuna seufzte, nahm dann seinen Eisbecher und schob ihn ein Stück von sich weg. „Du kannst meinen Becher haben.“, meinte er leicht resignierend und sah wie Giottos Gesicht erstrahlte.

Vielleicht wäre es besser gewesen einfach mit Xanxus in der Scheune zu bleiben und genüsslich einen Joint zu rauchen. Der andere mochte schrecklich sein, wenn er nicht bei Sinnen war, aber zumindest war er nicht peinlich und man musste sich nicht für ihn schämen, zumindest meistens. Er hätte einfach nur im Stroh gelegen und die Decke angestarrt, während das warme Gefühl des Glücks in ihm herum schwappte.

„Du wirst Tsuna nicht sein erstes, echtes italienisches Es wegfuttern, du neunköpfige Raupe.“ tadelte Amicelli Giotto und gab ihm widerstrebend seinen Eisbecher wieder. „Iss nur Tsuna, ich bin sicher es wird dir schmecke. Das ist die einzige Eisdiele in der ganzen Stadt, in der man Tofu Eis bekommt. Es ist eine richtige Delikatesse.“

Tsuna blickte die weiße Schwabbelmasse angeekelt an. Sein Tag wurde einfach immer und immer besser.

Unter den immerwährenden „Gib mir mein Eis!“-Rufen von Giotto, brachte es Tsuna schließlich fertig ein paar Löffel von dem Eis in seinen Mund zu schieben. Es schmeckte seltsam, weder gut noch schlecht, einfach nur seltsam und man konnte sich daran gewöhnen, glaubte er zumindest, dennoch zog er es vor, das Eis nicht aufzuessen und Giotto den Rest zu überlassen, der es gierig herunter schlang und schließlich auch noch das Eis aß, dass er sich selbst bestellt hatte, obwohl es schon längst geschmolzen war. Dann bestellte er sich noch einen Nachschlag. Tsuna fand es erstaunlich, wie viel er von dem Eis verdrücken konnte.

Das Bedürfnis zu erfahren, was sonst noch für Eissorten auf der Karte waren, hatte sich nach Amicellis Tofueis auch erledigt. Tsuna wollte es lieber nicht wissen. Es konnte nichts Gutes sein, vor allem weil Amicelli so ein Theater darum gemacht hatte. Als er zusah, wie Giotto das quietschgrüne Eis, Sorte Erba in sich hinein schaufelte, konnte er auch verstehen warum. Das sah einfach nicht gesund aus... Zumal Amicelli ein Fan der gesunden Ernährung war.

„Also...“ begann er und versuchte den Anblick des schlingenden Giottos aus seinem Sichtfeld zu verbannen. „Was kann man denn hier so in seiner Freizeit machen?“ Es war eine reine Verzweiflungsfrage um das Geschmatze zu übertönen. Giotto konnte manchmal wirklich widerlich sein. Amicelli schien seine Meinung diesbezüglich zu teilen und trommelte genervt mit den Fingern auf der gläsernen Tischplatte.

„Eigentlich nicht viel, Eis essen, schwimmen gehen, Sportkurse besuchen. Wer hier wohnt und zur Schule geht, der sucht sich meistens einen Job um die Langeweile zu vertreiben. Es gibt ein recht großes Einkaufszentrum in dem sich die Jugendlichen treffen und wenn man etwas mit dem Bus fährt, kommt man zu einem Berg auf dem man wandern kann.“ erzählte er Tsuna, dessen Begeisterung so ziemlich nicht existent war. Er war also von einem Kaff, zu einem noch viel größeren gefahren.

Wie lange würden sie noch gleich hier bleiben? Zwei Tage? Tsuna erschien das auf einmal viel zu lange und er wünschte sich, er hätte sich nicht zu dieser dämlichen Tour überreden lassen. Wenn er daran dachte, dass er jetzt alleine im Aufenthaltsraum hocken und Anime schauen könnte, ging ihm das Herz auf. Schon die Vorstellung allein das Dorm ganz für sich zu haben, machte ihn unwahrscheinlich melancholisch.

Wieso hatte er sich nur dazu überreden lassen? Das nächste Mal würde er ganz forsch sagen: NEIN! Und einfach nicht mitfahren. Tsuna schwor es sich bei dem Barte seines Vaters. Er musste endlich lernen sich durchzusetzen. Und damit meinte er nicht vor Xanxus, diesem eitlen Gockel zu strahlen, sondern auch vor allen anderen, sonst würde er ewig der Spielball von allen bleiben.

Seufzend stellte er fest, dass er sich bereits des Öfteren vorgenommen hatte. Vielleicht musste er sich einfach selbst strafen, wenn er In Zukunft weich wurde. Jedes Mal wenn er nachgab, obwohl er es gar nicht wollte, würde er sich freiwillig melden um das Dorm Badezimmer sauberzumachen. Bei genauerer Betrachtung, war das aber vielleicht eine zu harte Strafe.

Zwanzig Vokabeln für jeden Schwächeanfall, das schien ein gerechter Preis zu sein und auf diese Weise lernte er auch mal was für Englisch.

Resignierend betrachtete er seine Begleiter und stützte den Kopf auf seine Hände während sein Blick nach draußen wanderte und die Straße in den warmen Sonnenstrahlen betrachtete. Heute war ein schöner Tag, begleitet von anstrengenden Strapazen, aber es war noch immer ein schöner Tag. Was konnte er mehr wollen?

Für einen Augenblick kehrten seine Gedanken zum Dorm zurück, zu der verlassenen Couch und dem einsamen Fernseher, dann beschloss er aufzuhören zu jammern. Mit Sicherheit gab es in der Villa auch irgendwo einen Fernseher und wenn nicht, dann konnte er sich immer noch sonnen. Wer weiß, vielleicht stand ihm so ein kleiner Sonnenbrand ja ganz gut.
 

Wird fortgesetzt...

29. August

Das Kapitel ist mehr oder minder ein off-Kapitel. Es geht zwar um Tsuna, aber eigentlich hat es nichts mit dem Plot zu tun. Wir hatten nur unsere helle Freude daran es zu schreiben. Ich hoffe ihr amüsiert euch eben so gut wie wir.

Das Spezialkapitel mit Daniela und Squalo kommt irgendwann demnächst, aber falls noch jemand Charawünsche hat, kann er sie weiterhin äußern.
 

Disclaimer Akira Amano/ATLUS
 

29. August
 

„Princess Viper!

Frog Princess Viper!

She’ll save

the world

for yooooooooouuuu!”
 

Tsuna fand des gruselig, dass Belphegor den Titelsong einer Serie mitsingen konnte, von der heute die erste Sendung lief, aber er ließ sich seine Verunsicherung und die Vergewaltigung seiner Trommelfelle nicht anmerken, versuchte sich stattdessen mit aller Macht auf Belphegors Game Boy zu konzentrieren. Er hatte sich das Ding geschnappt, als Belphegor mit der Drohung, er würde jetzt die neue Sendung von seiner geliebten Viper schauen, zum Fernseher gegangen war. Eigentlich hatte er gehen wollen, aber Belphegor konnte sehr überzeugend sein, wenn er verrückt lachte und einen praktisch auf das Sofa zwang. Er wollte diese Sendung nicht schauen, aber nachdem der Titelsong verklungen war, nahm der Blonde neben ihm, ihm auch noch seine letzte Zuflucht, den Game Boy, aus der Hand und klammerte sich aufgeregt an Tsunas arm. „Da ist sie!“, quiekte er aufgeregt und lachte. Tsuna nahm sich vor nie wieder im Leben mit zu Belphegor nach Hause zu gehen, auch wenn er einem Kuchen anbot.

Dann musste er seinen Blick wohl oder übel auf den Bildschirm richten, auf dem ein junges Mädchen mit blauem Haar in einer wahnsinnig kurzen Schuluniform, gerade die Straße entlang schlenderte.

Sie war hübsch, man konnte nicht drum herum kommen und feststellen, dass Viper wohl das niedlichste Mädchen war, dass er jemals gesehen hatte, sogar niedlicher als Kyoko oder Chrome. Das hieß einiges, denn die beiden waren richtige Goldstücke und es hieß sogar noch mehr, wenn man wusste, dass Viper eigentlich kein kleines Mädchen war sondern ein erwachsener Mann. Nichts desto trotz, konnte man die Tatsache nicht übersehen, dass er in der indigofarbenen Uniform sehr gut aussah.

Viper summte lieblich während sie durch die Stadt ging und in der Ferne klingelte eine Schulglocke, trotzdem beschleunigte sie ihre Schritte nicht, sondern begann das Titellied zu singen, das eben erst verklungen war. Ihre hochhackigen Schuhe klapperten sorglos auf dem Pflaster der Straße und sie hüpfte gut gelaunt ein Himmel und Hölle Spiel hoch. Nichts in der Welt konnte sie aus ihrem eigenen Rhythmus bringen und niemand wunderte sich darüber, dass jemand ganz offen auf der Straße sang. Der Himmel war blau und wolkenlos, alles war sorglos und frei, man konnte geradezu sagen, es war perfekt.

Das Mädchen stoppte ganz plötzlich streckte sich und winkte überschwänglich einem jungen Mädchen, dass die langen, blonden Haare zu zwei Zöpfen zusammengefasst hatte und den Pony wie einen Vorhang über den Augen trug. „Belle!“, rief Viper fröhlich und Tsuna hätte fast den Saft, den er getrunken hatte über den Fernseher gespuckt. Er musste sich regelrecht zwingen, ihn im Mund zu behalten. „Du? Er hat dich...?“, aber Tsuna kam nicht mehr dazu seine Frage auszusprechen. Belphegor drückte ihm den Finger auf die Lippen. Er war total auf die Folge konzentriert. Auch Tsuna wandte sich ihr wieder zu. Und sah jetzt wie sich die beiden Mädchen, ganz mädchenhaft, fest in die Arme schlossen und so zelebrierten, dass sie beste Freundinnen waren. „Ich bin froh dich zu sehen.“, sagte das blauhaarige Mädchen und Bel antwortete ihr prompt: „Shishishi. Ich bin auch froh dich zu sehen.“

Tsuna starrte den Fernseher mit offenen Mund an, während ihm der Saft übers Kinn lief, aber davon merkte er nicht viel, denn er war absolut paralysiert von der Tatsache, dass Belphegor in eine Shojo Serie hineingeschrieben worden war!

Die beiden Mädchen folgten gut gelaunt plappernd dem Weg, den Belle eben erst heruntergekommen waren und sie machten nicht den Anschein, als wäre die Schule auch nur im Entferntesten ihr höheren Ziel. Stattdessen näherten sie sich zielsicher einem kleinen Eiscafé, das überraschender und völlig unlogischer Weise, schon offen hatte. Tsuna versuchte nicht mehr drüber nachzudenken als er dazu gezwungen war.

„Basil hat mich gefragt ob ich mit ihm gehen will,“ erzählte Belle zwitschernd und Tsuna fragt sich für einen Moment, ob Mammon wohl den Basil kannte, den er kannte. „aber natürlich habe ich ihm einen Korb gegeben, ushishishishishi... Er ist viel zu jung.“ Viper nickte verstehend und bestellte sich einen vierfachen Schokobecher.

„Das kann ich verstehen immerhin ist er unser Kouhai. Was denkt er sich überhaupt?“

Belle lachte. „Weiß ich auch nicht. Ich steh jedenfalls auf ältere Männer. Welche die trotzdem süß sind. Ushishishishi.“, erklärte das weibliche Pendant zu seinem Freund und wenn er es nicht schon zuvor gewollt hätte, hätte dann wäre spätestens jetzt der Moment gewesen, wo Tsuna seinen Kopf auf die Tischplatte knallen wollte. Das durfte doch nicht wahr sein. Das war doch... unfassbar. „Du hast heute einen extrem süßen Haarreif, Belle.“, sagte Viper fröhlich und während sie wartete bis ihr Eisbecher und er Eiskaffee für ihre Freundin kam, redeten sie weiterhin sinnlosen Shojo-quatsch, den Tsuna nicht nachvollziehen konnte. Brauchten Mädchen denn wirklich so VIEL Selbstbestätigung?

Nachdem die beiden ihre Eise gegessen hatten, eine Szene die nicht länger als 30 Sekunden dauerte und wahrscheinlich witzig gemeint war, ihren Zweck aber nicht erfüllte, machten sich die beiden Mädchen auf den Weg in die Stadt und liefen dabei, mit der Begründung es sei eine Abkürzung, durch eine kleine, dunkle Gasse.

Tsuna zählte innerlich bis zehn, länger konnte es ja kaum dauern, bis die Bösen ihren Auftritt machen würde. Als er bei acht angekommen war, hörte er bereits das manische und ach so offensichtlich böse Lachen. „Nyaahahahaahahahahahahahah...!“ schallte es aus dem Surround Sound System, so das man es wahrscheinlich durch alle vier Stockwerke der Villa hören konnte. Es ging gar nicht anders; Tsuna musste einfach die Augen verdrehen.

Eine große dunkle Gewitterwolke manifestierte sich plötzlich vor den beiden vollkommen überraschten Mädchen die ängstlich quietschen als die wahrscheinlich heißeste Feindin aller Zeiten aus der Wolke trat. Ihr schwarzes Haar war zu einem Wirbel hochgesteckt und schlängelte sich elegant wieder an ihrem Rücken herunter. Das mitternachtviolttblaue Kleid saß extrem eng an ihrem Körper und war an der Vorderseite so tief geschnitten, dass man nicht nur ihre halben Brüste sondern auch ihren Bauchnabel sehen konnte. Zudem war der Fetzen an den beiden Außenseiten der langen, langen Beine bis zur Hüfte hoch aufgeschnitten und offenbarte einen perfekten Ausblick auf die perfekten Schenkel und ein neckisches Strumpfband, in dem ein Dolch steckte. Das Highlight waren jedoch die Stilettos die so hohe Absätze hatten, dass die Schauspielerin praktisch die ganze Zeit auf Zehnspitzen lief.

Tsuna war sprachlos und warf einen Blick auf die Fernsehzeitung.

„Ohne Altersfreigabe“

„Wer... Wer bist du?“, fragte Viper erschrocken und wurde sogleich von einem Windhauch, der aus einer Handbewegung der Feindin herrührte gegen eine Wand geschleudert. „Lady Bornette!“, rief Belle dagegen erschrocken aus und wich taumelnd zurück, bis sie, unerklärlicherweise, denn eigentlich hatte sie eben noch mit dem Rücken zum Gassenausgang gestanden, gegen eine der Seitenwände stieß. „Princess Charming, oder sollte ich besser Prinzessin Belle sagen?“, meinte die Feindin und ein grausames Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen. „Ihr solltet mich begleiten.“. Mit diesen Worten griff Lady Bornette nach dem Handgelenk des Mädchens, das jedoch Kampfeswillen zeigte und der Feindin auswich, in dem sie unter ihrem Arm hindurch tauchte und zu ihrer Freundin taumelte. Aus der Tasche zog sie ein kleines Ding, dass ihr aus der Hand rutschte, als Lady Bornette sie schnappte und sie sich unter den Arm klemmte. Sie war erstaunlich kräftig. Dann öffnete sie eine Art Dimensionstor und verschwand mit dem zappelnden Mädchen, ohne dass Viper noch etwas tun konnte. Erschrocken und noch unter Schock stehend, richtete sie sich auf und betrachtete den Platz, an dem ihre beste Freundin verschwunden war. „Belle!?“; rief sie erschrocken, „Belle?“; fragte sie noch einmal, leise in die Dunkelheit hinein, aber ihre Freundin war verschwunden. Das Mädchen starrte einige Sekunden lang planlos in die Leere, dann hörte sie auf einmal eine andere Stimme. „Belle? Beeeeelleeeee? <3“, hörte sie jemanden fragen und als sie sich umblickte, entdeckte sie das Armband ihrer Freundin auf dem Boden, dass jetzt hell aufleuchtete.

Ängstlich hob sie das güldene Band mit der Edelsteinverzierung hoch, das, wenn es echt gewesen wäre, wahrscheinlich so teuer gewesen wäre wie ein Jahreslohn von Tsunas Vater. Dumm wie ein Stück Brot betrachtete sie das Band eine ganze Weile, bis sie zufällig auf den grünen Edelstein drückte, was scheinbar den Anruf annahm.

„Ha-Hallo Frau Armband?“ fragt sie schüchtern wie jemand der noch nie ein Telefon in der Hand gehalten hatte und nun überwältigt von der ERSTAUNLICHEN Technologie war.

„Wer ist da?“ fragte das Armband zurück und Tsuna versuchte sich mittlerweile mit den stumpfen Fingernägeln seine Augen auszukratzen, nicht länger gewillt sich andummen zu lassen.

„Hier ist Viper! Belle wurde entführt von einer Frau die aus einer dunklen Wolke gekommen ist und die sich Lady Bornette nannte. Ich konnte nichts dagegen tun aber ich möchte Belle retten, denn sie ist meine allerbeste Freundin auf der ganzen Welt!“ Das Armband nickte verstehend, wie auch immer es das machte, bevor es erschrocken aufschrie.

„Nein! Diese böse Lady Bornette! Sicher will sie von meiner armen Patentochter, der Prinzessin der Ebene der schimmernden Lichter den Schlüssel der einem Macht über die mächtigste Waffe aller Welten gibt! Das kann ich nicht zulassen!“ In diesem Moment entwickelte Tsuna einen Masterplan, der so genial war, dass er ihn selbst verblüffte. Er würde sich ein paar Folgen von Magic-Cyber Frog Princess Viper aufnehmen, Xanxus, Amicelli und Giotto an Stühle fesseln und sie dazu zwingen die aufgenommen Folgen einige Tage lang zu sehen. Nach einer guten Woche musste ihr IQ so sehr gesunken sein, dass sie sich nicht mehr über seine Noten beschweren konnten!!!

Er nahm sich vor diesen Plan in naher Zukunft in die Tat umzusetzen und wenn er schon einmal dabei war, dann konnte er Reborn auch noch dazusetzen. Dann hätte er noch ein Problem weniger. Tsuna wusste dass er selbst gelegentlich seltsame und dumme Serien schaute, aber so etwas Dämliches hatte er wirklich noch nie gesehen.

Das Blauhaarige Mädchen im Fernseher nickte, endlich, verstehend. „Also... Ist Belle eine Prinzessin?“ Tsuna knallte sich die Hand gegen die Stirn so dass es klatschte. Belphegor, neben ihm quietschte nur aufgeregt, als die Kamera näher an sie heran zoomte. „Ja! Mein Name ist Lulu! Ich bin die Königin der Ebene des Lichts und gleichzeitig das Orakel der heiligen Göttin Fantasma.“, erklärte das Armband in einem aufgeregten Quietschton.

„Das ist Mammons Haustier, sein Frosch.“, erklärte Belphegor und lachte leise, während er sich weiterhin an Tsunas Arm krallte.

Das hätte er Tsuna aber nicht unbedingt erklären müssen, die hässliche Kröte mit den großen roten Augen, die speziell für Mammon importiert worden war, begleitete diesen auf Schritt und Tritt. Gezwungenermaßen allerdings, denn der Sänger hatte die Angewohnheit das Tier in seine Jackentasche zu stopfen...

„Du bist die Auserwählte! Die einzige die meine Tochter, das ganze Reich des schimmernden Lichts und deine eigenen Welt retten kann! Es muss Schicksal sein, dass du dieses magische Armband gefunden hast. Nimm mein Geschenk an, es wird dir große Stärke geben, die in der Lage ist die Macht der Dunkelheit zurückzuschlagen! Mein kleiner Bote wird dir von nun an immer mit Rat und Quak“ Tsuna verzog bei dem schlechten Witz das Gesicht und fühlte sich automatisch an Amicelli erinnert. „zur Seite stehen. Drück einfach deine Daumen auf die magischen Zeichen die ich dir gebe und sprich die magische Formel „Schoki-Schoka-Schokotraum“ und die Macht wird sich dir öffnen! Du bist die Auserwählte Heket!“ War es schon zu spät sich dezent zu übergeben?

Auf einmal ging ein gleißendes Licht von dem Armreif aus und Viper ließ ihn auf den Boden fallen, um sich die Hände auf das Gesicht pressen zu können. „Schoki-Schoka-Schokotraum?“, fragte das Mädchen unwissend, noch während sie die Hände auf das Gesicht presste und aus diesem Grund setzte automatisch die Verwandlung ein. Eine gut gemachte Computeranimation, in der man der superflachen Viper-Silhouette ein paar kleine Brüste gegeben hatte. Sie wurde von Schokoladenherzen umschwebt, die nach und nach auf ihrer Haut zerplatzten und so ihr Kostüm formten. Am Ende trug sie ein bauchfreies, offenbar ausgestopftes Oberteil, einen Liebestöter, der mit einer Schleife am Hintern verziert war. Ihre Stiefel gingen bis kurz unters Knie und endeten in zwei Schwimmflossen. An ihrem Gürtel hing ein hellblauer Spielzeugphaser und in der Hand hielt sie einen überdimensionalen Hammer. Alles in allem, war sie, zumindest für Tsuna, ein furchterregender Anblick.

Sie war praktisch die knuddelige Personifizierung des Teufels, wenn er geneigt war Menschen durch einen grausamen Zuckerschock zu töten. Abgesehen davon war Tsuna nicht klar, wie jemand von Vipers Körpermaßen einen echten Hammer von dieser Größenordnung auch nur anheben, geschweige denn schwingen sollte. Aber die Fernsehviper hüpfte nur aufgeregt auf und ab, zwei nicht zu übersehende lila Dreiecke zierten nun Vipers Wangen. Es waren seine normalen Tattoos, die man in den vorherigen Szenen wohl retuschieren musste.

„Wow! Ich bin eine Kriegerin!“ rief sie erfreut aus und schwang probeweise den quietsch bunten Hammer, der in der Bewegung Glöckchenläuten und einen glitzernden Schimmer hinterließ.

„Das ist Mjölnir, es ist eine magische Waffe, die alles was sie trifft mit heiligem Licht erfüllt und das Böse vertreibt! Benutze ihn weise, denn Mjölnir kann nur mit einem reinem Herzen und reinen Absichten geführt werden. Für alle die ihn mit bösen Absichten ergreifen, ist er mehrere Tonnen schwer!“

Wenigstens brachten sie eine Erklärung, dachte Tsuna mürrisch und sah zu wie Viper die Spielzeugpistole an ihrem Gürtel abmontierte und damit auf eine Mülltonne zielte. „Diese Waffe schießt pures Licht. Sie reinigt böse Herzen und ist in der Lage Dämonen, sowie Menschen vom Bösen zu befreien. Benutze ihn weise, Helket. Die heilige Froschgöttin Fantasma und auch ich, Lulu, Orakel des Tempels, werden dir immer zur Seite stehen, wenn du Hilfe brauchst. Du bist nicht allein. Andere werden sich zu dir gesellen, schon bald. Ich bitte dich, inständig. Rette meine geliebte Tochter.“, damit versiegte das Licht des Reifens und er blieb auf dem Boden liegen. Viper nahm ihn auf und machte ihn sich um das Handgelenk. Er würde sicher noch einmal nützlich sein. Aber anstatt zu hinterfragen, was eben geschehen war, war das einzige was sie sagte: „Und wie krieg ich jetzt das Kostüm wieder los?“

Der Frosch, der zuvor aus dem Armband geploppt war, hüpft mit einem Satz auf Vipers Kopf und hielt sich scheinbar an ihrem Haarreifen fest. Er machte es sich wohl da oben bequem, bis er beschloss dem zweifelnden Mädchen Frage und Antwort zu stehen.

„Du verwandelst dich automatisch zurück, wenn du eine bestimmte Anzahl von Finsternis in dieser Welt gereinigt hast, bis du das gemacht hast, kannst du dich nicht zurückverwandeln.“ Tsuna fand, dass das wahrscheinlich die bescheuertste Regelung war, die er jemals gehört hatte. Und er hatte Wedding Peach geguckt!!!

„Oh und wie viel Böse muss ich von dieser Welt denn tilgen?“ fragte Viper ohne wohl auch nur eine Sekunde ihr hübsches Köpfchen zu benutzen.

„Einhunderttausend Dioptrien Böses!“ erklärte der Frosch, Tsuna nahm die Fernbedienung und schlug sie sich gegen den Kopf.

Es war schmerzhaft, aber er konnte zumindest ein paar Sekunden lang wieder klar denken. Er musste an Xanxus denken und wie er diese Sendung wohl aufnehmen würde. Wahrscheinlich hätte er sich längst erhängt. Tsuna musste voller Stolz feststellen, dass er, zumindest in dieser Hinsicht, ziemlich stark war. Seine klaren Gedanken währten jedoch nicht lange, denn Bel quiekte leise, als Prinzessin Viper, oder Helket, wie sie als Superheldin hieß, eine Kampfpose einnahm und voller Inbrunst verkündete: „Ich werde das Böse vernichten!“ Nicht dass sich da jemand mit vollen Händen bei Sailor Moon bedient hatte. Er konnte jetzt beobachten, wie Viper sich, mit der Hilfe eines Froschsonars, das die kleine Kröte auf ihrem Kopf aus dem Nichts erscheinen ließ, auf den Weg machte, um ihren ersten Feind zu erlegen.

Die Szene wechselte und man sah ein Mädchen mit langen, weißen Haaren, die in einer viel zu kurzen Schuluniform, die auch noch schlampig aussah, sorglos die Straße entlang schlenderte. Zumindest so lange sorglos, bis ein dunkler Schatten vor ihr erschien.

Der Schatten verfolgte sie einige Minuten lang, in denen man sehen konnte wie das Mädchen sich ein paar Ohrringe kaufe und eine SMS schrieb, offenbar ließen die Monster sich hier Zeit. Erst als die Schülerin sich bückte und den Zuschauern einen perfekten Blick auf ihren Schlüpfer lieferte, nahm der Schatten endlich Gestalt an und wurde zu einem Schönling von einem jungen Mann. Blonde Haare bis zu den Fußknöcheln, die glitzerten und funkelten wie Strähnen aus Gold. Er trug irgendeine Art von rosa Haori mit roten Bommeln und einer lila Hose. Anscheinend litt diese Serie an Bishonitis, einer im Endstadium.

Das... Monster? Das Monster holte eine Flöte heraus und als er begann zu spielen, kam sofort eine helle Lichtkugel aus dem Mund des Mädchens und sie brach bewusstlos zusammen. Ein triumphierendes Lachen entkam den Jüngling als er ausrief: „Oh Darling, das war keine Herausforderung. Ohohohohoho...“

Warum genau der Feind aufgetaucht war und was er von dem Mädchen wollte, war irgendwie nicht ganz klar, denn statt auf sie zuzugehen und sie zu packen, schien es ihm zunächst erst einmal wichtig zu sein eine Prophezeiung zu machen. Er blies eine kurze Melodie auf seiner Flöte, dann ballte er die Hand zu einer Faust und spreizte nur den Zeige- und den kleinen Finger ab und verkündete: „Ein Frosch ist geboren, oh Baby!“ und schien sich anschließend über seine eigenen Worte zu wundern. „Das Schicksal wird zeigen, was das zu bedeuten hat.“, meinte er und steckte seine Flöte wieder ein. Dann stand er ein paar Sekunden bewegungslos auf dem Gehsteig und betrachtete das Weißhaarige Mädchen auf dem Boden.

Wie aus dem Nichts kam plötzlich die Schwimmflosse von Viper, Heket... wie auch immer, ins Bild und kickte den Dämonen direkt ins Gesicht, so dass dieser mit einem „Plop“ umfiel und sie entgeistert von Boden aus anstarrte. Viper baute sich zu ihrer vollen Größe von 1,58 auf und stemmte ihren Hammer mit beiden Händen in die Höhe. Das Hammer fing augenblicklich an zu glitzern und sonderte eine rosa Wolke aus die sie umgab, jedoch nichts verhüllte. Tsuna war erstaunt über den Nutzen, es war ja geradezu überwältigend...

„Mein Name ist Heket und ich bin nun wirklich ein wenig erzürnt! Im Namen Fantasmas werdeeee ich dich erleuchten!“ während sie das sagte, führte sie einen kleinen Tanz auf in dem der Hammer noch mehr Pheromone ausströmte und der Dämon entsetzlich schrie.

Er verdeckte sein Gesicht mit den Händen und versuchte den Liebesstrahlen, Tsuna fand dass sie eher wie Todesstrahlen aussahen in diesem hellen rosa, auszuweichen. Es schien ihm auch zu gelingen. Er hüpfte in die Höhe zog zunächst seine Flöte aus dem Gürtel, aus der ein gleißend heller Lichtstrahl kam. Bei „Star Wars“ hatte man sich also auch bedient. Tsuna verdrehte die Augen. „Du willst einen Kampf, Darling? Dann let’s go! <3“, erklärte der Bishi mit einem breiten Lächeln auf den Lippen und begann das blauhaarige Mädchen anzugreifen. Tsuna fand eigentlich,. Das Viper wesentlich beängstigender aussah, als der blonde, junge Mann, aber das wollte er vor Belphegopr besser nicht laut äußern, daher beobachtete er schweigend den Kampf der beiden Giganten.

Zum Glück und zur Schonung seiner Nerven, dauerte der Kampf nicht sonderlich lange. Die beiden hüpften eine Weile umeinander herum und immer wenn der Hammer auf das Lichtschwert traf, stoben tausende von Sternen davon und alles wollte einfach nicht aufhören zu funkeln. Wenn man die Show lange genug betrachtete, wurde man mit großer Sicherheit blind oder dumm oder beides. Ja, sehr wahrscheinlich beides. Als der Dämon letztendlich am Boden lag, holte Viper die Strahlenkanone heraus, doch statt einen Strahl abzufeuern, schoss sie ein fliederfarbenes Thermometer direkt in den Mund des Dämonen. Während dieser sich noch wunderte was das sollte, holte Viper weit mit dem Hammer aus und rammte ihm das Messgerät direkt in den Schädel.

Tsuna starrte den Fernseher mit offenen Mund an, als Viper zu dem ... „bewusstlosen“ Körper hin hüpfte, das Thermometer herauszog und es strahlend in die Kamera hielt. Deutlich konnte man nun erkennen, wie eine schwarze kleine Säule in die Höhe schoss und direkt bei „100.000“ stehenblieb.

Daraufhin verschwand das Froschkostüm und Viper war wieder sie selbst. Nur der Frosch saß noch auf ihrem Kopf und wandte sich nun dem Mädchen zu, das noch immer auf dem Boden lag und nur langsam das Bewusstsein wieder erlangte. „Was... Was... Was verdammt nochmal ist hier passiert?“, fragte sie und zupfte an ihrer sowieso schon unordentlichen Uniform so lange herum, bis sie noch schlimmer aussah und das Hemd liederlich aus der Rock hing. Tsuna hatte schon in der Eingangsszene eine gewisse Ähnlichkeit zu jemandem festgestellt den er kannte, aber als Viper sie nach ihrem Namen fragte und sie sich selbst als „Squalis“ bezeichnete, war ihm klar nach welchem Vorbild dieser Charakter entstanden war. Squalo hinterließ wohl sogar bei Stars einen bleibenden Eindruck.

Auch wenn es mit Sicherheit kein sonderlich Guter war. Tsuna hoffe nur, dass es nicht auch einen Charakter gab, der nach ihm gestaltet war. Würde Xanxus das rausfinden, würde er ihm wahrscheinlich persönlich ein Cosplayoutfit zu dem Charakter kaufen und ihn dazu nötigen, dass er sich darin fotografieren ließ. Immerhin war er ein Vollblutbastard, das würde ihm nur all zu viel Spaß machen.

„Wow coole Tattoos!“ lachte Squallis gut gelaunt und hatte ihren Angriff von einem Monster Bishonen wohl bereits vergessen. Wenn Squallis wirklich Squalos Gegenstück war, dann war das sogar „in character“. Viper schien auch nicht drüber nachzudenken und strich sich nur verwundert über die Wangen, als Squallis überrascht auf ihre Uhr schaute und mit einem „Bin spät dran!“ davon stürmte. Es gab eine lange bedeutungsschwangere Pause, bis die Kröte ausrief:

„Sie muss eine der heiligen Gottestierkriegerinnen sein! Sie hat den heiligen Blick um die heiligen Zeichen der heiligen Froschgöttin zu sehen!“

Was für ein Cliffhanger.

Leider war es noch nicht das Ende der Serie, sondern nur ein Cliffhanger bis zum Ende der Werbung. Tsuna waren die letzten 15 Minuten wie die grausamsten seines bisherigen Lebens vorgekommen. Noch während Viper fröhlich erzählte, dass jegliche Orte, Ereignisse und Personen und Magic-Cyber Frog Princess Viper frei erfunden und mit realen Personen nichts gemein hatten, schmiedete er an einem Plan Bels Haus so schnell wie möglich zu verlassen. Er erinnerte sich nicht mehr so richtig an den Weg zur Tür, aber es gab Winkel zum verstecken, wenn er einfach auf Toilette... Bel drückte seinen Arm voller Inbrunst. „Er ist so süüüüüß! Ushishishishishishi!“, lachte er aufgeregt. „Ja, ER...“, antwortete Tsuna ein wenig verstört und der Gedanke daran, dass Mammon tatsächlich ein Junge war, er hatte ihn sogar schon als Junge gesehen, verdammt, vergrößerte diese Verstörtheit noch.

„Er war wirklich... toll?“ Tsuna konnte es einfach nicht so überzeugend rüberbringen, wie Mukuro es ihm beigebracht hatte, aber das war auch gar nicht nötig, denn Belphegors Verstand weilte irgendwo auf einer höheren Ebene, wo nichts ihn erreichen konnte. So war es auch nicht verwunderlich, dass Belphegor seine verzweifelten Bitten auf Klo gehen zu dürfen gar nicht wahrnahm und nur immer weiter von Viper schwärmte.

Eine Stunde und fünfundvierzig Minuten später, war Tsunas Gehirn auf kleiner Flamme gegart und er hatte mehr über Schulmädchenprobleme erfahren, als er jemals wollte. Aber immerhin... der Nachmittag war nicht total fruchtlos gewesen, dachte er sich, als er die Stufen zum Dorm hochging und die schwere Holztür aufdrückte.

Wie erwartet, fand er seine drei Senpais im Wohnraum vor, Amicelli und Giotto spielten irgendein Playstation Spiel und Xanxus las den Wirtschaftsteil der Tageszeitung. Summend zog Tsuna eine Videokassette aus seiner Tragetasche und strahlte seine Mitbewohner an.
 

„Wollen wir wetten, dass ich euch alle zum Weinen bringen kann, in nur einer halben Stunde?“
 

Wird fortgesetzt…

Bonuskapitel 2: Daniela und Squalo

Ich kann euch sagen, dieses Kapitel war eine extrem schwere Geburt, deswegen hat es auch so lange gedauert, dazu kommt dass das Semester bei mir ein bisschen stressig war und der lange Winter uns ein wenig deprimiert hat. . Außerdem brauchten wir mal wieder eine kleine Auszeit. Es hat uns recht gut getan, das mal wieder eine Weile ruhen zu lassen, deshalb sind wir jetzt auch wieder voller Elan.

Nun das ist wie gewünscht das Kapitel mit Daniela und Squalo. Ich hoffe ihr habt Spaß.
 

Bonuskapitel 2: Squalo und Daniela
 

1. September
 

Es war ein schöner sonniger Nachmittag in Namimori. Die Sonne schien und doch war im Kunstraum der Schule alles dunkel. Ein ganz eifriger Künstler hatte die Rollläden heruntergezogen und sogar ein Tuch vor die Tür gehängt, damit auch niemand durch die Glasscheibe im Türrahmen in den Raum blicken konnte, in dem jetzt das Licht anging.

Squalo hatte sein langes weißes Haar zu einem Zopf zusammengebunden und trug eine weiße Künstlerschürze über seiner üblichen Kleidung. Hinter dem Ohr hatte er einen schwarzen Kohlestift stecken. Er war gerade dabei sich die Ärmel seines Hemdes hochzukrempeln und beachtete dabei kaum die junge Frau, die sich mit ihm im Raum befand und die ihm ein wenig interessiert bei dieser Prozedur zuschaute.

„Alles okay? Noch was zu meckern?“, fragte Squalo ein wenig ungestüm und kam langsam auf sie zu.

Daniela musterte ihn halb amüsiert, halb kritisch und ließ ihren Blick über Squalo gleiten, sie machte ihm das Leben schon den halben Nachmittag zur Qual und es sah aus, als würde es ihr eine teuflische Freude machen.

„Hmm also ich weiß nicht, ob mir die Beleuchtung wirklich schmeichelt, wie wär‘s mit anderen Glühlampen?“ fragte sie halb im Scherz und schlug die Beine übereinander. Das breite, zähnebleckende Grinsen, welches sie dafür erntete, zeugte davon, dass er ihre Bitte so ernst nahm, wie sie ernstgenommen werden sollte. Daniela wusste nicht genau, warum sie sich darauf eingelassen hatte, aber es hatte viel damit zu tun, dass sie Squalo mochte, auch wenn sie das ihren Co-Mitgliedern des Aufsichtsrates nicht unter die Nase reiben würde. Ein anderer Grund war schlicht und ergreifend, dass sie sich von dem Angebot geschmeichelt fühlte. Selbst wenn man einen so guten Ruf hatte wie sie und sich immer vorbildlich benahm, war es schon ganz nett von Zeit zu Zeit das Ego gestreichelt zu bekommen.

„Na dann.. kann‘s ja losgehen! Voooooii!“ Squalo wirkte enthusiastisch und kniete sich zu seiner Künstlertasche, die offen auf dem Boden stand. Er zog eine Farbpalette heraus und stellte die Farben auf einen kleinen Tisch neben sich. Ein paar unterschiedlich große Pinsel stellte er daneben. Ein Glas Wasser hatte er schon geholt. Er streckte sich und betrachtete dann die blendend weiße Leinwand vor sich. „Und? Hast du dir Gedanken gemacht? Irgendwelche Wünsche? Willst du allein, oder mit jemandem auf das Bild? Und willst du was anbehalten, willst du eine Vorder- Rücken oder Seitansicht? Das ich dich für meine Doujinshi benutze, stand ja in den AGBs...“, sagte er geschäftstüchtig und ließ die Hand über die Borsten eines mittelgroßen Pinsels gleiten, um ihn zu enthaaren.

„Mir wäre eine halbe Rückansicht lieb und ein Einzelbild, den Rest überlass ich dem Künstler.“ antwortete Daniela bestimmt und stand aus dem Stuhl auf um sich zu entkleiden. Ihre Freundinnen hatten sich gekugelt, als sie erzählt hatte, dass Squalo sie als Modell wollte, aber sie fand die Idee gar nicht so schlecht. Das Modellsitzen brachte ihr etwas Geld, ihr Ego wurde geschmeichelt und es war auch nichts so übles in Squalos Doujis aufzutauchen. Zugegeben, sie waren meistens ziemlich pervers und man würde auf eine Art und Weise dargestellt werden, die nicht sehr schmeichelhaft war, aber man sah zumindest gut dabei aus und dem Ansehen in der Schule tat es auch keinen Abbruch.

Xanxus hatte einen Ruf bekommen, der nur schwer anzugreifen war und er war so ein großer Egomane, dass er sogar damit angab ohne rot zu werden.

Squalo achtete nicht weiter auf sein Modell, während er seine Farben heraussuchte und schon einmal das tiefe Blauschwarz für Danielas Haare heraussuchte. „Dann dreh dich so zu mir, dass ich deine Tätowierung sehen kann, die brauch ich nämlich für die Folgearbeit.“, erklärte er gelassen und zog den Kohlestift hinter seinem Ohr hervor. „Obwohl ich immer noch erstaunt bin, dass du zugesagt hast. Ich dachte du bist ne verfickt prüde Schnepfe.“, meinte er und kümmerte sich nicht darum, ob das was er sagte beleidigend klang. „Aber war ja klar, dass du dich nur vom Besten malen lässt.“, grinste er selbstbewusst. Du weißt eben wo auf Qualität geachtet wird.“, fügte er zufrieden an und sah zu, wie Daniela sich in Position setzte. „Ich wollte dich schon lange mal malen, du hast echt nen hübschen Körper, auch wenn du ihn verfickt gut zu verstecken weißt. VOOOI!“

Daniela lächelte ihn selbstbewusst an und drehte sich so hin, dass man ihren Oberkörper halb von der Seite sah, während sie ihr Bein anhob und ihren Kopf auf ihr Knie abstützte. Squalos Worte amüsierten sie, denn im Grunde, war sie überhaupt nicht prüde oder verklemmt, sie gab sich in der Schule nur von ihrer besten Seite. Der Gedanke ihrer Mitschüler oder Lehrer wüssten, wie sie sich mit Freunden gab, war ihr ein Gräuel.

„Man muss halt wissen, wie man verpackt was man hat, damit man beim Auspacken noch überraschen kann.“ erklärte sie schmunzelnd und richtete sich das Haar, während Squalo noch mit seinen Pinseln spielte. Sie hatte sich das Haar heute extra mit Volumenshampoo gewaschen, für ihre Verhältnisse war das schon ein Akt der Eitelkeit, denn sie trug weder Schminke noch Parfüm. Daniela hatte einen gut entwickelten Sinn fürs Praktische, Schminke war ihrer Meinung nach etwas für Clowns und Mädchen deren einziges Ziel im Leben eine baldige Hochzeit war.

„Überrascht bin ich wirklich...“, meinte Squalo als er den Rücken seines Modells ausgiebig betrachtete und den Blumenranken, die sich von ihrer Wange hinunter schlängelten mit den Augen folgte. Sie mündeten in einer wunderschönen dezenten Blüte auf ihrem Schulterblatt, von dort aus gingen noch einige der Ranken weiter nach unten, endeten aber nur ein paar Zentimeter weiter. „Hast du dir Platz Für mehr Tätowierungen gelassen? Voooooi!“, fragte Squalo neugierig und zog den Stift hinter seinem Ohr hervor, um mit der Skizze zu beginnen.

Er war wirklich überrascht wie hübsch Daniela war. Natürlich war sie eine sehr ansehnliche junge Frau, auch ohne dass sie ihre Kleider auszog, das hatte er schon gesehen, als er sie und Xanxus kennengelernt hatte, aber ohne Kleidung wurde das alles noch einmal multipliziert. Es war ein harter Kampf gewesen, Daniela davon zu überzeugen für ihn Modell zu sitzen, aber jetzt war er sich sicher, es lohnte sich.

„Machen du und Xanxus eigentlich noch viel zusammen, jetzt wo du ein kleiner Unterklässler bist?“ fragte Daniela im neckenden Tonfall und ließ ihre Augen über Squalo gleiten, der konzentriert an der Arbeit war. Er konnte richtig gut aussehen im richtigen Licht, fand sie, aber er war nicht ihr Typ.

Sie hatte ja eher etwas für Südländer übrig, einen heißen Flirt am Strand, etwas Nettes für den Urlaub, dass man mit nach Hause nehmen konnte oder auch nicht. Ohne Grenzen, ohne Verpflichtungen, dafür mit viel Leidenschaft und Temperament, leider liefen solche Männer nicht gerade in einen herein, wenn man darauf wartete. „Seit du uns im Stich gelassen hast, kommen wir auch selten dazu zusammen abzuhängen, zu zweit ist es einfach nicht dasselbe, als wenn man zu dritt ist.“ Zu dritt war man eine kleine Clique, zu zweit nur ein Paar und wenn man nicht aufpasste, wurde man zu einem Liebespaar abgestempelt.

Daniela konnte wirklich darauf verzichten in diese Schublade gesteckt zu werden.

„Jo... Wir haben ein neues Opfer. So’n kleiner Transferschüler. Xanxus ist ganz vernarrt in ihn.“, meinte Squalo schulterzuckend. „Tsuna heißt er. Er ist ziemlich nett und man kann mit ihm über alles reden. Wenn du willst kannst du ja auch wieder dazu kommen. Wir treffen uns meist nach der verfickten Schule, wenn wir keine Clubs haben, versteht sich.“, erklärte er, dann stockte er einen Moment. „Ich glaub du kennst ihn auch, oder? Er geht doch mit in den Schülerrat, seit Giotto in mitschleppt.“, meinte Squalo und begann eine der Farben auf seine Palette zu tun, um das Bild mit einer hellen Farbe zu grundieren. „Wär sicher lustig, dich wieder dabei zu haben, immerhin, sind wir ein Dream-Team.“, fügte er lachend an. Er bemerkte kaum, dass er durch diese Äußerungen Danielas Unmut auf sich zog.

„Ach, ich hab in letzter Zeit eh so viel zu tun, die Prüfungen stehen ja auch schon wieder vor der Tür und ich jobbe in letzter Zeit recht häufig.“ winkte sie ab. Es würde einfach nicht dasselbe sein wie früher, sie war sich dessen ziemlich sicher und außerdem war es Zeit die Vergangenheit hinter sich zu lassen, wenn sie immer nur den Erinnerungen nachhing, dann brachte sie das kein Stück weiter. Daniela hatte ein Ziel, und dieses Ziel würde sich nicht erreichen lassen, wenn sie nicht stetig daran arbeitete. Sie war nicht wie andere Leute die einfach nur vor sich hinlebten und akzeptieren was das Leben ihnen zuwarf.

„Aber vielleicht komm ich ja mal vorbei, wer weiß wie voll mein Stundenplan in nächster Zeit ist. Das Kyuudoturnier ist immerhin auch im nächsten Monat und ich hänge im Training schon so hinterher. Wenn ich nicht aufpasse werde ich noch so sportfaul wie Giotto.“ klagte sie im Scherz. Um so faul zu werden wie Giotto, dazu brauchte es mehr als nur die gewöhnliche Faulheit, man musste sie dafür eher heranzüchten in luftdichten Gefäßen bis sie gereift war.

„Bwuahahahaha! Um so faul zu werden wie der, müsstest du einen Pakt mit der Faulheit schließen. Oder die personifizierte Faulheit sein.“, lachte Squalo lautstark und begann sorgfältig damit eine etwas dunklere Nuance der Farbe, die er eben schon benutzt hatte, auf die Leinwand aufzutragen. „Aber es wäre sicher nicht schlecht, wenn du mal wieder mit dabei wärst. Wir haben uns immer ganz fantastisch amüsiert, als du noch dabei warst. Tsuna ist mehr unser Opfer, als unser Freund.“, meinte er abwertend und wedelte mit dem Pinsel umher, so dass ein paar Kleckse der Farbe in seinem Gesicht landeten. „Wir ziehen ihn nur gerne auf. Er ist ‘ne kleine, schwache Krabbe, die man gut rumschubsen kann. Ganz anders als du. Deine Rolle ist noch frei.“, meinte er glucksend und mischte seine Farbe noch eine Nuance dunkler.

„Ich werd mal gucken ob ich Zeit finde.“ räumte Daniela ein und beobachtete Squalo beim Malen. Eine Haarsträhne hatte sich frech aus seinem Zopf gelöst und hüpfte munter auf und ab, jedes Mal wenn er seinen Kopf heftig bewegte oder besonders laut lachte. Einige kleine Farbtropfen fielen vom Pinsel auf den Boden, als er für einen Moment den Pinsel zwischen den Zähnen hielt und mit dem Spachtel etwas Farbe entfernte. Sein ganzes Gesicht leuchtete geradezu vor angestrengter Konzentration und tiefe Furchen zeigten sich auf seiner Stirn, scheinbar unzufrieden mit dem was er fabrizierte.

„Was macht ihr so mit Tsuna, der kleine wirkt nicht wie jemand der sonderlich abenteuerlustig ist. Ihr... zwingt ihn doch zu nichts oder?“ Vor ihrem inneren Auge konnte Daniela geradezu sehen, wie die beiden Fieslinge den Kleinen rumschubsten.

„Ach... Quatsch ich lad ihn zu Nudelsuppen ein. Ich bin doch ein ganz Netter.“, griente Squalo und ließ dabei seine blitzenden Zähne sehen. „Naja. Vielleicht machen wir ab und zu mal ein paar anzügliche Scherze...“, er betonte das ab und zu so, stark, dass man ihm das auf keinen Fall abnehmen konnte und Daniela fast ein bisschen mitleidig den Kopf zur Seite neigte. „...aber ansonsten sind wir eigentlich recht friedlich. Auch wenn es Spaß macht ihn aufzuziehen. Er ist so schüchtern und unbedarft, da muss man doch verdammt noch mal was dagegen tun. Außerdem wollen Giotto und Mice ihn zu so ner Art Musterschüler machen, hat Xanxus mir erzählt, das geht ihm gewaltig gegen den Strich.“. Daniela schmunzelte ein wenig. Sie wusste genau, warum Xanxus sich für den Jungen interessierte. Sie mochte ein wenig unbedarft in dieser Hinsicht sein, aber sie wusste, dass Xanxus es tat um sich gegen seinen Bruder und seinen nervigen Freund aufzulehnen. Das war seit jeher sein liebstes Hobby gewesen.

„Xanxus wird auch nie erwachsen werden.“ schmunzelte sie amüsiert. „Er könnte auch ein Musterschüler sein, wenn er einen besseren Charakter hätte, und netteren Humor. Ein angepassteres Wesen würde auch helfen und vielleicht eine neue Garderobe.“

„Du meinst, zusammengefasst: Wenn er so wäre wie sein Wichser von Bruder? Ja, das wär doch verfickt noch mal was. Stell ihn dir vor, wie er in Cordhose und selbst gestrickten Pulli und mit Amicellis glänzenden Schuhen in der Küche steht und Tofu brät. Bwhahahahahaahahah...! Und dann wenn er das Haus verlässt trägt er Amicellis Tweedjacke und die große rote Haarschleife mit der diese Pussy sich immer das Haar zurückbindet!“ Daniela musste sich bei der Vorstellung die Hand auf den Mund pressen um nicht zu lachen. Xanxus und Amicelli mochten Zwillinge sein, aber sich Xanxus in diesen Spießerklamotten vorzustellen, das war einfach unbeschreiblich. Wenn er von ihren Lästereien wüsste, würde er sie mit Sicherheit erschießen wollen.

Aber er war jetzt nicht hier und Daniela, die einen kurzen Seitblick zu der kleinen Bildergalerie zu ihrer linken warf, bezweifelte dass das wundervolle Ausstellungsstück, das hier an der Wand hing eine eingebaute Kamera oder ein Mikrofon hatte. Um das zu tarnen, war auf dem Bild gar kein richtiger Platz. Sie wusste das Squalo bei seinen Bildern, besonders bei seinen Doujinshis, gerne übertrieb, ob er das bei diesen Bildern auch getan hatte, wusste sie nicht. „Pass lieber auf was du sagst, er beobachtet dich.“, meinte sie dennoch leicht amüsiert und obwohl sie es nicht sehen konnte, wusste sie dass sich für einen kurzen Moment ein entsetzter Ausdruck auf sein Gesicht geschlichen hatte. „Verarsch mich nicht, Daniela! VOOOOI! Das ist gar nicht lustig!“, meinte er leicht aufgebracht. „Außerdem würde es dir sicher nicht gefallen, wenn dich dieser verfickte Arsch halb nackt hier rumstehen sehen würde. Er würde nur dämliche Kommentare ablassen.“

„Als hätte er das recht irgendwas zu sagen, außerdem weiß ich das ich gut aussehe, egal was er sagt.“ Squalo öffnete den Mund um etwas zu antworten, überlegte es sich aber dann doch anders und grinste nur zähnebleckend. Daniela wusste, worauf er heraus wollte, er wollte sie daran erinnern, dass es auch nicht das erste Mal wäre, dass Xanxus sie derartig entblößt sah. Immerhin waren sie früher oft genug zusammen schwimmen gewesen, wenn die Sommersonne einen das Hirn im Kopf briet, hatte man in einer Stadt wie Namimori nur bedingte Möglichkeiten sich zu kühlen. Die Dorms verfügten über keine Klimaanlagen, das konnte bei fast vierzig Grad unangenehme Folgen haben.

„Hast du eigentlich vor, dieses Jahr wieder am Zeichenwettbewerb teilzunehmen? Ich hab gehört das Thema ist „Tierbabys“. Mir fallen da einige ein die mit Hasenohren sehr süß aussehen würden.“

Squalo schien einen Moment lang zu überlegen, dann zuckte er mit den Schultern. „Mmh. Vielleicht. Das ist zwar ein verfickt langweiliges Thema aber... An wen denkst du denn?“, fragte er neugierig. Irgendwie wollte sich zu dem Thema nicht wirklich ein Bild in seinem Kopf formen, aber es war ja auch kein Ding mal den Hinweis von jemand anderem anzunehmen. „Jemand den du gerne mal mit Tierohren sehen möchtest?“, grinste er und durchbohrte mit seinen Augen neugierig ihren Rücken.

Ehrlich gesagt, hatte er keine Ahnung auf was für einen Typ Mann Daniela eigentlich stand. Irgendwie war darüber nie etwas an die Öffentlichkeit gedrungen, obwohl sie alle mal sehr gut befreundet gewesen waren. Das interessierte ihn jetzt schon ein bisschen.

„Ach ich witzel nur rum, ich dachte du hast schon einen Plan.“ blockte Daniela ab. Das war eine Unterhaltung die sie nicht führen wollte, besonders nicht mit Squalo, außerdem war es nicht das, worauf sie mit ihrer Andeutung hinaus wollte. Manchmal hatte sie wirklich das Bedürfnis Squalo zu schlagen, weil er scheinbar mit voller Absicht andere falsch verstand, nur um ihnen auf den Wecker zu gehen.

In der Ferne hörte sie das dumpfe Läuten einer Schulglocke, der Sprecher im Zeichenraum war schon seit Jahren kaputt und niemand scherte sich darum ihn zu ersetzen. Der reguläre Unterricht war längst vorbei und nur die Schulkurse waren noch in den Gebäuden oder auf dem Schulhof anzutreffen. Innerlich ging Daniela bereits ihre Route ab, heute würde sie nochmal im Krankenhaus bei ihren Eltern vorbeischauen und vielleicht etwas zu Essen kaufen. Ansonsten hatte sie nichts geplant, immerhin wusste sie ja nicht wie lange Squalo brauchen würde.

„Na wenn du meinst.“, meinte Squalo ein wenig enttäuscht und machte noch ein paar Striche, dann trat er zwei Schritte zurück. „Es ist schon verfickt spät. Ich komm zu spät zu meiner verfickten Tanz... Er biss sich selbst auf die Lippe und suchte verzweifelt nach einem Wort, das zumindest ein bisschen ähnlich klang, da sein Gehirn aber recht selten Mal benutzt wurde, fiel ihm nicht auf Anhieb etwas ein, deshalb entstand eine unangenehm lange Pause. „Meiner Tanzmaus...“, sagte er schließlich, weil im nichts Besseres einfiel. Er wusste nicht an wie viele Leute Xanxus sein kleines Geheimnis schon weitergegeben hatte, aber irgendwie hoffte er, dass Daniela nichts von all dem wusste. Es hatte ihn so dermaßen angepisst, dass Xanxus Tsuna mit zur Tanzstunde gebracht hatte, das er ihm das bis heute nicht verziehen hatte.

Daniela bedachte ihn mit einem langen Blick aufgrund seiner übertriebenen Pause und runzelte die Stirn. „Deiner Tanzmaus? Du hast dir wen angelacht?“ fragte sie ein wenig überrascht. Es fiel ihr einfach schwer sich jemanden vorzustellen, der freiwillig mit Squalo ausging, das kam einer sehr ausgeprägten Form des Masochismus‘ gleich, wenn es nach ihr ging. Squalo konnte ein lustiger Kerl sein, aber die Betonung lag definitiv auf konnte, genauso wie Xanxus charmant sein konnte. Konnte war ein tolles Wort, es zeigte so viele Möglichkeiten an, die aber zum größten Teil niemals eintreffen würden.

„Die verfickt süßeste Tanzmaus die es gibt.“ prahlte Squalo und seine Brust schwoll an wie bei einem Gockel der seinen Kamm aufblähte. Es war ein bisschen lächerlich und wirkte ein wenig dumm, also war es durchaus eine passende Gestik für ihn. Xanxus und er waren schon immer so gewesen. Sie plusterten sich auf wie eitle Gockel, aber bei Squalo war es nur nervig, bei Xanxus hatte es zumindest eine Art Berechtigung. Er war Jemand, wohingegen Squalo sich nur mit heißer Luft füllte und in die Luft abhob, weil er mit jemandem zusammenhängen durfte, der drei Klassen über ihm schwebte. „So, so... Ne Tanzmaus, also.“, meinte sie und fragte sich, wie wenig Hirn sie wohl haben musste oder ob sie wohl taub war. Vielleicht wusste sie aber auch, wie man Squalo unter dem Scheffel hielt. Sie überlegte einen Moment, dann kam ihr eine etwas seltsame Idee. „Sag mal, nur so aus Interesse... Ist deine Tanzmaus zufällig die Hauptdarstellerin von dieser Mädchenserie, die nachmittags im Fernsehen läuft? Snake Princess Viper, oder so? Da spielst du doch eine Rolle.“, meinte sie und konnte sich ein zähnebleckendes Grinsen nicht verkneifen. „Squalis, oder so.“

Für einen Augenblick machte Squalo ein entsetztes Gesicht, bis er sich wieder fing und eifrig abstritt was Daniela da so frech behauptet hatte. „Fragst du etwa ob ich gegen die verfickten Schulregeln verstoße und einen abgefuckten... NEBENJOB habe? Daniela ich bin von dir enttäuscht, natürlich jobbe ich nicht verfickt nochmal nebenbei! Besonders nicht bei Magical Cyber Frog Princess Viper, das ist doch eine beschissene Mädchenserie und obwohl es da einen Charakter gibt der in der Tat einen verfickt ähnlichen Namen hat wie ich, ist es absolut verfickt dumm anzunehmen, dass ich Squalis spielen würde. Außerdem sehe ich ihr nicht mal ähnlich, ihr Haar ist nämlich viel fluffiger als meins und sie hat eine ganz anders klingende Stimme, zumindest halbwegs anders!!! Also, das hab ich zumindest gehört, ich kann mich natürlich nicht damit aus und - Nein, natürlich geh ich nicht mit Viper aus! Ich bin doch nicht verrückt! VOOOOOOOIIIII!“

Auf Danielas Lippen schlich sich ein gemeines, kleines Grinsen und sie blickte über ihre Schulter um einen Blick auf das verwirrte und in Erklärungsnot geratene Gesicht des Weißhaarigen zu werfen, der auf einmal sehr vertieft in sein Bild war. „Kann ich mich eigentlich wieder anziehen, du sagtest doch du bist gleich fertig.“, meinte sie und beobachtete ihn sehr genau. Es war zum Glück nicht schwer den anderen zu Durchschauen. Daniela war schon seit Jahren Meister darin und Xanxus auch und das auszunutzen war immer einen Lacher wert. „Natürlich. Das hab ich mir nur eingebildet. Aber die Ähnlichkeit war irgendwie überwältigend. Sie hat sogar so ein schlechtes Mundwerk wie du, auch wenn es aussieht, als würde sie sich anstrengen, aber sie muss wohl noch ein bisschen daran arbeiten nicht dauernd verfickt zu sagen.“, meinte sie gehässig.

„Du kannst dich verfickt nochmal anziehen. Einfach so einen Bullshit zu behaupten, du solltest dir an den Kopf fassen, eine verfickte Unverschämtheit ist das!!!“ grummelte Squalo mit deutlich rotem Kopf, ob vor Zorn oder vor Scham, stand dabei auf einem anderen Blatt. Leise summend schlüpfte Daniela in ihre Klamotten.

„Weißt du, ich hab mich immer gefragt wie du in einer Mädchenschuluniform aussehen würdest, immerhin hast du so langes, langes Haar und so feminine geschwungene Wimpern. Ich bin sicher du würdest genauso aussehen wie diese Squalis, vielleicht solltest du dich für den Tierbaby Wettbewerb selbst zeichnen. Du besorgst dir einfach ein Bunnygirl Kostüm oder eines für Catgirls. Du musst dir ja nicht mal die Beine rasieren, das machst du ja so schon. Ahahahahahaha....“ Lachtränen rollten aus Danielas Augenwinkeln, als sie an die wohlgeformten und sauber rasierten Beine von Squalis denken musste.

Squalo betrachtete sie mit einem herabwürdigenden Blick. Seine hübsch gezupften Augenbrauen vollführten dabei einen etwas seltsamen Tanz. Sie schienen nicht zu wissen ob sie Wut oder Ertapptheit zeigen sollten. Schließlich schienen sie sich für die drastischste Version zu entscheiden. Squalo kniff die Augen zusammen und raunte aus den Tiefen seiner Kehle: „Raus hier! Das Bild zeig ich dir, wenn du dich wieder beruhigt hast.“, knurrte er entnervt und deutete auf die Tür. „Es muss eh noch trocknen.“, fügte er etwas ernüchtert an und schien es nicht zu wagen, Daniela noch einmal anzusehen. Er hatte noch nie Spaß verstanden, zumindest nicht solchen, der gegen ihn selbst gerichtet war.

Breit grinsend schnappte sich Daniela ihre Tasche und blies Squalo einen Luftkuss zu, bevor sie die Tür öffnete und vom nachmittäglichen warmen Schein der Sonne aus den Fenstern an der gegenüberliegenden Seite begrüßt wurde.

„Immer schön geschmeidig bleiben, Squalo.“ verabschiedete sie sich und schloss in dem Moment die Tür, als ein Wasserbecher mit Pinsel von Innen dagegen knallte. Wahrscheinlich malte Squalo dem Bild jetzt einen gekringelten Schnurrbart, aber das, war die Sache wirklich wert gewesen. Leise glucksend ging sie den Gang herunter und schwenkte dabei ihre Tasche.

Das war es wirklich wert gewesen.

2. September

Hier ist also ein weiteres Kapitel, wie versprochen mal wieder etwas zeitnaher. Wir hoffen ihr habt Spaß dran. Das nächste Kapitel ist schon geplant.
 

Disclaimer: Akira Amano, ATLUS
 

2. September
 

„Ist das nicht traumhaft? Tihihihi.“, sagte der Junge neben ihm kichernd. Sein Blick lag, fast schon schmachtend auf einem glitzernden, blauen Kleid, das über und über mit Pailletten bedeckt war und sich, auf der sich bewegenden Schaubühne immer im Kreis drehte. „Irgendwann nähe ich so ein Kleid. Ich muss nur mein Budget beim Schülerrat etwas erhöhen. Aber jetzt da ich ein festes Mitglied hab, werden sie sicher nicht nein sagen, tihihihi!“, lachte der blonde Junge neben ihm und schob seinen großen Hexenhut ein Stück zurück, damit er ihm nicht die Sicht auf das atemberaubende Prinzessinnenkleid nahm.

Als Ginger vorgeschlagen hatte zusammen mit ihm auf eine Kostümmesse zu gehen, hatte er das für eine lustige Idee gehalten. Er hatte nichts gegen ein bisschen Cosplay, solange es nicht unbedingt Sailor Moon war... Das Drama hatte er schon hinter sich.

Wie sich herausstellte war seine Vorstellung von einer Kostümmesse jedoch wesentlich anders als die von Ginger. Zum einen gab es auf dieser Messe keine Cosplayer, zumindest keine aus Serien die er kannte, viel mehr liefen hier Leute in Kostümen rum, die man eher in die Grimms Märchen Abteilung stecken würde oder auf eines dieser Mittelalterfestivals, die es in Europa öfters gab. Prinzessinnen unterhielten sich mit Wölfen, Rotkäppchen rückten ihre Strumpfbänder zurecht - Ginger hatte ihm bei dieser Gelegenheit erklärt, dass es im ursprünglichen Märchen um Vergewaltigung und Prostitution ging, was Tsuna dazu brachte zehn Minuten entsetzt eine Wand anzustarren- und gestiefelte Kater kämpften mit ihre falschen Ohren.

Dazu kam noch, dass überall in Schaukästen, wahrscheinlich sehr teure, Kostüme ausgestellt wurden. Das Kleid dass Ginger grade mit funkelnden Augen betrachtete gehörte zur Cinderella, einen Kasten daneben stand das Kleid der Schneekönigin. Tsuna untertrieb, wenn er sagte, dass er sich fehl am Platz vorkam. Ginger hatte ihm zwar versichert, dass es nicht nötig war sich zu verkleiden, aber bisher war er in der deutlichen Minderheit was zivile Kleidung anging.

Er hatte schon überlegt, ob er sich nicht vielleicht ein paar Katzenohren oder einen Mantel kaufen sollte. An einigen der Ständen gab es solches Equipment, aber er hatte sich bisher noch nicht dazu durchringen können etwas zu kaufen, aus dem einfachen Grund weil er nicht wusste, was er danach damit anstellen sollte. Und warum sollte er jetzt sinnlos Geld ausgeben, wenn es am Ende sowieso nur verschwendet war. Andererseits würde es ihm ja vielleicht doch helfen sich besser zu fühlen. Und so ein paar Katzenohren... damit könnte man ja vielleicht mal ein Cosplay gestalten... „Es ist wirklich wunderschön.“, meinte er leicht desinteressiert und sah sich nach dem nächsten Verkäufer um. Vielleicht war es doch ganz praktisch, dass er sich heute, aufgrund des strömenden Regens, Gummistiefel angezogen hätte, auch wenn sie nicht leuchtend rot waren, wie die Stiefel im Märchen, sondern mausgrau und unauffällig.

„Dieses Kostüm stammt aus einer weltberühmten Schneiderei und ist über zwei Millionen Yen wert, ist der nicht erstaunlich?“ fragte Ginger atemlos und umkreiste nun das Kleid der Schneekönigin. Tsuna blieb für einen Moment die Luft im Hals stecken, als er die Summe hörte und die Augen traten ihm ein Stück. Zwei Millionen Yen.... zwei Millionen... und das für ein Kleid dass aussah als hätte ein Blinder es wahllos mit einer Schmucksteinpistole beschossen. Vielleicht hatte Ginger ja recht und der Beruf des Schneiders war doch profitabler als er sich vorgestellt hatte. Unglücklicherweise war Nähen nicht gerade sein Fachgebiet, seine Vergangenheit beinhaltete nur ein paar eher dramatische Hausarbeitsunterricht, in denen er zahlreiche Nähnadeln durchgebrochen, seinen Ärmel an den Stoff genäht und Stoffstücke so zusammengeführt hatte, dass eine Naht immer außen und die nächste innen lag. Irgendwie hatte er das Gefühl von ihm kreierte Kleider waren eher nicht zum Anziehen geeignet. Aber vielleicht sollte er ja ein Ausnahmekünstler werden, immerhin gab es auch Leute die mit Kleidung aus Müll ihr Geld verdienten. So ein paar Flaschenverschlüsse auf ein Band zu fädeln, konnte ja nicht so schwer sein. Dazwischen ein paar Dosenverschlüsse und fertig war das 500.000 Yen Kleid. Vielleicht war das tatsächlich eine Alternative zum Job Mafiaboss, oder zumindest eine Art Nebenbeschäftigung oder Hobby. Aber immerhin hatte Giotto ihm angedroht, dieses Amt an ihn weiterzugeben. Irgendwann mal. Er hoffte noch immer, dass das nicht mehr als ein übler Scherz war. Andererseits... nach seinem Besuch in Italien... schien es ihm doch ein wenig wahrscheinlicher, dass das, was die beiden ihm erzählt hatten, wirklich stimmte. „Ginger? Kann ich mir ein paar Katzenohren holen?“, fragte er schließlich, als der Verkäufer mit dem Bauchladen sie wieder passierte. Er hatte ein grünes Stirnband mit einem Herz in der Mitte auf und winkte mit einem grünen Plastikzepter auf dem MCFPV stand, ein Kürzel das Tsuna mittlerweile sehr gut bekannt war. Das schlimme an diesem Aufzug war, dass er, trotzdem er diesen Mädchenkram trug, kräftig und muskulös war und eher aussah wie ein Bodybuilder, als wie ein Magical Girl.

Tsuna versuchte zwanghaft sich nicht andere Personen, die ebenfalls recht muskulös waren, in diesem Outfit vorzustellen, aber es gelang ihm eher schlecht als recht. Um seinen Blick nicht weiter über das enge Muskelshirt und die Shorts schweifen zu lassen, fixierte Tsuna seinen Blick auf die Katzenohren und entschied sich dann für ein sehr struppiges gelb-dunkelbraunes Exemplar mit Tigerstreifen und einem dazugehören Schwanz den man sich an die Gürtelschleife klemmen konnte. Ginger neben ihm wippte aufgeregt auf den Füßen auf und ab und half Tsuna dann dabei die Ohren aufzusetzen und den Schwanz anzubringen.

„Jetzt bist du ein kleiner Liger, thihihihihi...“ kicherte Ginger gut gelaunt und ging mit wippenden Schritten zu einem ausgestellten Kleid, dass laut Schildchen aus Blaubart stammte. Tsuna hatte noch nie etwas von dem Märchen gehört, scheute aber davor zurück Ginger danach zu fragen.

Aber er musste auch nicht fragen, denn wenn immer Ginger das Gefühl hatte, Tsuna kannte etwas nicht, dann fühlte er sich dazu verpflichtet, es ihm zu erklären... auch wenn er Tsuna nicht fragte, ob er dieses Märchen kannte, aber er schien mittlerweile schon bemerkt zu haben, dass Tsuna keine Ahnung hatte um was es hier im allgemeinen eigentlich ging. Also erzählte er ihm das Märchen und Tsuna versuchte nicht so genau hinzuhören, denn als Ginger zu dem Teil mit dem Geheimzimmer kam, hatte er kurzzeitig das Gefühl sich übergeben zu müssen. Irgendwie hatte er schon geahnt, das wieder so etwas blutrünstiges auf ihn zukommen würde... Irgendwie kannte Ginger diese lieben, netten Märchen, die seine Eltern ihm als Kind erzählt hatten nicht. Aschenputtel ohne die abgehackten Füße, Rapunzel ohne das Drama mit den Dornenbüschen, oder Dornröschen ohne dass der Prinz von einem blutrünstigen Drachen auseinander gerissen wurde. Aber Ginger war ja Experte, er musste ja wissen, wie die Märchen wirklich gingen.

Als Kind hatte Tsuna gerne Märchen gehört, aber seine Mutter hatte darauf geachtet, sie so lieb wie möglich zu erzählen, selbst das Märchen von den Sieben Geißlein war bei ihr harmlos gewesen. Tsuna wollte gar nicht wissen, um was es in dem Märchen wirklich ging. Die Erleuchtung dass die blutige Spindel in Frau Holle für die eintretende Menstruation und Reife galt, hatte ihn gelehrt, dass man definitiv nicht alles wissen musste. Tsuna musste sich unweigerlich vorstellen wie Ginger seinen Kindern die Märchen eines Tages vorlesen würde, und wie verstört die kleinen davon sein würde.

„Und dann bekam die fleißige Tochter ihre Regel, dass überraschte sie so sehr, dass sie die Spindel mit dem Blut erst mal im Brunnen auswaschen wollte...“ Tsuna schüttelte sich, irgendwie schockierte ihn das mehr als die Blutrünstigkeit des Drachens. Es war einfach so... so unnatürlich ohne richtigen Grund zu bluten! ... Auch wenn er derartige Kommentare niemals laut sagen würde, besonders nicht vor einer Frau.Das würde ihm nur extrem unangenehme Blicke bescheren.

Tsuna hatte keine Ahnung, wie er mit seinem improvisierten gestiefelter Kater Kostüm aussah, aber irgendwie gewann er den Eindruck, sich ein bisschen sicherer zu fühlen, zwischen den ganzen Kostümierten hier. Ihm war nie wirklich klar gewesen, wie viele verrückte Leute es gab, die Märchen mochten und sich auch als Märchenfiguren verkleiden wollten. Eigentlich hatte er gedacht so etwas war Kinderkram, aber es gab hier auch viele Erwachsene, die sich in hübsche Kleider bzw. Zaubererroben. Gelegentlich gab es auch ein paar leicht bekleidete, die ihren kompletten Körper mit Bodyglitter eingerieben hatten. Diese freakigen Fans tauchten aber irgendwie überall auf. Sogar auf Anime-Conventions. Sie hatten den Sinn für die Realität einfach komplett verloren, oder vielleicht waren sie nur einfach exhibitionistisch veranlagt.

Ab und zu sah man sogar künstliche Brustwarzen in zwei unterschiedlichen Größen die manchmal mehr und manchmal weniger professionell aufgeklebt waren. Zuerst waren sie Tsuna gar nicht aufgefallen, bis er einem jungen begegnete, dessen Brustwarze verrutscht war, so dass er nun über drei verfügte, Ginger konnte ihm nicht erklären von welchem Märchen sie inspiriert waren, aber Tsuna hatte da so einen Verdacht.

Die plötzlich laute MCFPV Musik die wie aus dem Nichts kam und die ganze Halle flutete, brachte Tsuna dazu ein paar Schritte zu stolpern, bis er sich wieder fing und voller Entsetzen zu der Live-Action Bühne starrte, die ihm zuerst gar nicht aufgefallen war. Nun blinkte sie und leuchtete wie der Himmel bei Sylvester. Was machte Viper bei einer Märchen-Messe? MCFPV war vieles, aber sicher kein Märchen!

„Sie sind Co-Sponsoren von der Messe.“ erklärte Ginger neben ihm, als hätte er seine stumme Frage gerochen.

Tsuna musste sich beherrschen, damit ihm nicht die Kinnlade herunter fiel. Er wollte die Augen abwenden, als Viper, gekleidet in einen überdimensionalen rosa Liebestöter, der über und über mit blinkenden und funkelnden Pailletten bedeckt war, die Bühne betrat und ihrem Publikum mit ihrem Honiglächeln zuwinkte. Wenn man Mammon einmal als Junge gesehen hatte, dann war dieser Anblick das seltsamste, was man sich vorstellen konnte. Es sah einfach... so falsch aus und man musste sich beherrschen es nicht laut heraus zu posaunen. Immerhin hatte man sich ja zum Schweigen verpflichtet. „Herzlich Willkommen!“, rief Viper und ihre Stimme klang wie immer zuckersüß und weiblich sowieso. Tsuna fragte sich, ob Mammon so hoch sprechen konnte, ohne dass er ein Eunuch war. Trotzdem dies eine Märchenmesse war, erklangen aus dem Publikum kreischende und quietschende Laute, sowie schallender Applaus. Tsuna zweifelte nicht daran, das Belphegor in der Menschenmenge vor der Bühne stand, höchstwahrscheinlich in der ersten Reihe.

Ginger neben ihm holte kichernd eine Digitalkamera heraus und machte ein paar Fotos von Viper, der auf den Bühne auf und ab hüpfte und von Zeit zu Zeit ein paar Tanzschritte vollführte. Im Hintergrund lief die Quietschmelodie, die Tsuna mittlerweile als die Titelmusik der Serie identifizieren konnte ohne auch nur ein Wort des Textes zu hören. Das war im Grunde genommen auch keine große Kunst, das Lied war so einprägend, dass man Schwierigkeiten hatte es jemals wieder aus seinem Kopf zu bekommen, wenn man es auch nur einmal gehört hatte.

Auf der Bühne standen ebenfalls die anderen vier Candy Dandy Gods, Squalis, Wrench, Lambia und Blue. Tsuna musste gestehen, dass er sie alle zuordnen konnte, sogar ihre Verwandlungsnamen und dabei hatte er nichtmal die Folgen gesehen. Allerdings rief Belphegor ihn jeden Tag an nachdem die tägliche Folge gelaufen war um ihm davon zu berichten. Man konnte die Uhr danach stellen.

Er hatte sich mittlerweile daran gewöhnt und fand es nur noch halb so nervig wie am Anfang. So war er wenigstens nicht gezwungen, die Serie selbst anzusehen, denn das war wahrlich eine Qual. Seine Video-Session mit den anderen, hatte nämlich tatsächlich den Effekt gehabt, den Tsuna schon prophezeit hatte. Amicelli war in Ohnmacht gefallen und Xanxus war nach drei Minuten auf die Toilette verschwunden, ums ich zu übergeben. Gokudera und Yamamoto hatten die ganze Folge, zwar wie versteinert, aber ohne größeren Schaden davon zu tragen durchgehalten, der einzige, der davon begeistert gewesen war, war Giotto gewesen. Man konnte ihn noch nicht als richtigen Fan bezeichnen, so wie Belphegor, aber zumindest gelegentlich trug er jetzt, unter seiner Nadelstreifen-Weste einen Lady Bornette-Button. Warum er sich ausgerechnet die Böse herausgesucht hatte, wusste Tsuna noch immer nicht.

Tsuna verstand diesen ganzen Hype nicht wirklich, aber irgendwie breitete diese Serie sich an Stellen aus, wo er es nie für möglich gehalten hatte. Letztens hatte er ausgerechnet an Squalos Federtasche einen Squalis Schlüsselanhänger gesehen, was Tsuna für einen Moment schockiert hatte, bis ihm klar wurde, dass Squalo alles Recht der Welt hatte, sich mit dem aufgedrehten Mädchen zu identifizieren. Aus Gründen des Selbstschutzes hatte er allerdings vermieden Squalo darauf anzusprechen, er fürchtete was die Antwort sein würde.

Bei Giotto... nun das war nicht verwunderlich, er war manchmal dämlich genug um selbst einen guten Candy Dandy God abzugeben. In seinem Geist hörte Tsuna schon ein schrilles „Pida-Puda-Pudding-Traum!“ als Verwandlungsformel. Tsuna schüttelte heftig seinen Kopf um das geistige Bild von Giotto in einem Göttinnen Kostüm im MCFPV Stil zu verbannen.

Er betete, dass nie irgendein Talentsucher ihr Dorm aufsuchen und Giotto beim Puddingessen sehen würde, sonst, und dabei war er sich ziemlich sicher, würde er ihn vom Fleck weg casten. Bei dem Enthusiasmus den er an den Tag legte, wenn es um Puddingessen ging. Und immerhin, das sah man ja an Blue, waren auch Jungen von diesem Götterquatsch nicht ausgeschlossen. Aber Blue hatte immerhin eine... recht ansprechende Götterfigur bekommen, auch wenn das bedeutete, dass er die halbe Serie über nackt herum lief. Natürlich war immer ein Zensierbalken, oder seine erstaunlich langen Haare über das Malheur gelegt, aber ein wenig seltsam war es schon. Neugierig fixierten seine Augen Squalis, die jetzt nach vorne gekommen war und ihren Einzeltanz vorführte. Er beobachtete die gekonnten Bewegungen seiner Hüfte und dachte dabei, ganz unschuldig natürlich: „Die nimmt bestimmt Tanzstunden“. Erst nach einer kurzen Denkpause wurde ihm bewusst, das Squalo auch ebenfalls in einem Tanzstudio angemeldet war.

Kopfschüttelnd wand Tsuna sich von der Bühne ab und drehte sich zu Ginger, der sich bereits wieder den Kostümen gewidmet hatte. Er atmete einmal tief durch und fragte ihn dann die Frage, die ihn in diesem Moment grade wirklich sehr erdrückte.

„Du bist nicht zufällig Fan oder?“ Hinter seinem Rücken drückte Tsuna seine Daumen, in der Hoffnung, dass die Antwort Nein sein mochte. Irgendwie fiel es ihm einfach schwer jemanden ernst zu nehmen, der Fan war, besonders wenn man schon vorher so einen Dachschaden hatte wie Ginger.

„Ich? Nein, nicht wirklich, tihihihihi... Ich find nur die Kostüme hübsch, die Kostümbildner sind ziemlich gut, sie sorgen sogar dafür, dass Viper aussieht wie ein Mädchen.“ antwortete Ginger unbedarft und machte ein paar Fotos von einer prunkvollen Königsrobe, die mit einem dicken Goldsaum geschmückt war.

Tsunas Augen weiteten sich ein wenig, dann musste er einfach den Kopf schief legen und Ginger ein wenig verwirrt anblicken. „Du... Du weißt dass er ein Junge ist?“, fragte er ein wenig überrascht, ohne darauf zu achten, dass er sich damit selbst verriet. Nichts desto trotz fand er die Tatsache, dass es noch jemand wusste, außer Belphegor und ihm, irgendwie beruhigend.

Ginger lachte leise und machte sich ein paar Notizen in ein kleines Buch, das über und über mit Sternen bedeckt war. „Jeder der zwei gesunde Augen hat und nicht gerade ein dreizehnjähriges Fangirl ist, das nichts anderes sehen will, sieht dass er ein Junge ist, Tihihihi. Außerdem ist meine Gastmutter spirituell veranlagt, tihihihihi. Sie hat neulich ein paar Prophezeiungen gemacht, da war das mit dabei. Wenn man es einmal weiß, dann kann man auch die Zeichen deuten. Tihihihi.“, erklärte er lachend und klappte sein Buch zu.

Tsuna überlegte und stellte fest, dass es wirklich so war. Wenn man die Wahrheit nicht wusste, sah man es nicht, aber sobald man es wusste, fiel es einem wie die Schuppen von den Augen. Einen letzten Blick warf er zurück auf die Bühne, dann ging er mit Ginger weiter durch die Ausstellung die mittlerweile deutlich leerer war, seit die Show angefangen hatte. Wie er feststellen durfte, konnte man sich mit Ginger doch besser unterhalten, als er gedacht hatte, zumindest wenn der andere nicht anfing über Märchen zu reden. Tsuna hatte bereits mehr erfahren als er wollte und ging dem Thema deshalb so gut es ging für den Rest des Nachmittags aus dem Weg. Alles in Allem war der Tag wesentlich weniger anstrengend verlaufen als er befürchtet hatte und er beschloss, Ginger vielleicht doch mal im Hausarbeitsklub zu besuchen, vielleicht konnte er ja zumindest lernen, wie man Knöpfe annähte.
 

Als er aus der Bahn ausstieg, stellte Tsuna für sich selber fest, dass er sich auf der Kostümmesse eigentlich doch ganz gut amüsiert hatte. Ginger war lustig, und auch wenn es auf den ersten Blick nicht so schien, er war in gewisser Weise normal... zumindest normaler als andere. Trotz seines Dauercosplays, war die ganze Kostümsache und die Näherei für ihn doch nur ein Hobby und steigerte sich nicht so hinein, wie Leute die ihr ganzes Zimmer mit Viper-Postern tapezierten und das auch noch toll fanden. Den Anblick von Belphegors Zimmer würde er wahrscheinlich nie wieder aus seinem Kopf bekommen. Dagegen war Xanxus‘ rosa Bettwäsche ja männlich gewesen... Auch wenn er mittlerweile davon überzeugt war, das Xanxus einfach nur irgendetwas rotes mit seiner blütenweisen Bettwäsche in die Maschine getan hatte. Dass er sich wissentlich so etwas gekauft hatte konnte, oder wollte er sich eigentlich gar nicht vorstellen.

Tsuna atmete einmal tief ein und genoss die kühle, aber nicht unangenehme Abendluft, des gerade mal zwei Tage jungen Septembers. Auf dem Gehweg lagen Flyer wild verteilt, die für den Nachtklub in der Stadt warben und ein paar andere waren für eine Signierstunde, die in nächster Zeit wohl stattfinden sollte. Hier in der Gegend waren die Wände oftmals geradezu tapeziert mit Plakaten und Flyern, dass Tsuna den Anblick mittlerweile gewohnt war. Durch die vielen Schüler die hier in den Wohnheimen lebten, war die Gegend gut fürs Werben geeignet.

Kurz vor dem Dorm blieb Tsuna stehen und sah die Straße herunter, die gespickt war mit Häusern aller Art und Blumenkübeln, die mittlerweile mit blütenlosen Blumen protzten. Eigentlich hatte er noch nicht wirklich Lust heim zu gehen, wo der Abend so schön war. Tsuna überlegte für einen Moment und beschloss dann Gokudera oder Yamamoto zu suchen und sie auf einen Spaziergang einzuladen, alleine war es ja doch nicht gerade aufregend. Sein Plan fand ein schnelles Ende, als er die lauten Schreie hörte, die direkt von der Tür hinter ihm stammten.

Er überlegte kurz, ob ein Spaziergang alleine nicht doch eine Option war, entschied sich aber dagegen und suchte stattdessen lieber nach seinem Schlüssel. Wenn jemand umkam,. Wollte er nicht unbedingt wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt werden. So aufgebracht, wie die Stimmen klangen, konnte das durchaus passieren. Er schloss die Tür auf, trat ein und sah erst einmal gar nichts. Das Wohnzimmer war leer, aber hinter dem Paravent, der die Küche abtrennte, waren im Neonlicht der Küchenstrahler zwei Gestalten zu sehen, die sich offensichtlich gegenüber standen. Wer das war konnte Tsuna nicht sagen, zumindest nicht auf Anhieb. Erst als Giotto mit erstaunlicher Überzeugungskraft: „Du machst dich kaputt!“, rief, erkannte er zumindest einen der beiden.

„Was ist hier los?“ fragte er mit überraschend fester Stimme, nachdem er einmal tief durchgeatmet und seinen Mut zusammengekratzt hatte. Im Grunde genommen wusste er, dass es ihn wahrscheinlich nichts anging, aber er wollte nicht, dass sich Leute in seinem Wohnheim stritten, besonders nicht Giotto, der war unerträglich wenn er sich mit jemanden gestritten hatte. Der Anblick eines böse funkelnden Basils, warf Tsuna dann jedoch für ein paar Sekunden aus der Bahn, mit ihm hatte er hier zu dieser Uhrzeit nicht gerade gerechnet. Außer ihnen war niemand im Raum und das verblüffte Tsuna noch mehr, es war selten Giotto ohne Amicelli anzutreffen.

Niemand sagte etwas für mehrere Momente lang, bis Tsuna sich verlegen räusperte und sich fragte, ob er sich möglicherweise besser doch hätte einmischen sollen.

„Also umm... ich mein, ihr wart so laut dass ich-“ versuchte er sich zu erklären, verstummte jedoch jäh, als Basils stechender Blick sich auf ihn richtete.

„Nichts, ich wollte grade gehen.“

Er wich ein paar Schritte zurück, so als hätte ihn eine unsichtbare Ramme am Kopf getroffen. Er würde sich lieber außen vorbeischleichen, mit diesem Streit wollte er nichts zu tun haben. Dagegen waren die kleinen Rangeleien der beiden Chaos-Brüder ja harmlos. Er atmete ein paar Mal tief aus und ein, als er weit genug zurückgegangen war, um außer Sichtweite zu sein. Er wollte sich gerade umdrehen und verschwinden, da setzte Basil wieder zum reden an. Er hatte sich offensichtlich noch kein bisschen beruhigt. „Was geht es dich an. Es ist mein eigenes Geschick. Was ich tue, das tue ich. Und du kannst mich nicht daran hindern. Du bist nicht mein Ritter in strahlender Rüstung...“, sagte er ungehalten. Tsuna wunderte sich, dass er es trotzdem schaffte so höflich zu breiten. Eigentlich hatte er sich etwas... squaloigeres vorgestellt. Aber das Wortgefecht war noch nicht zu Ende. Giottos Antwort kam Schlag auf Schlag: „Dass dein Lover abgekratzt ist, ist nicht meine Schuld und auch nicht deine, deswegen musst du dich nicht mit diesem Dreckszeug zu Grunde richten.“

Ein Knall. Ein Schlag und dann Taumeln, Stille die erdrückte und die Luft aus dem Raum zu saugen schien. Niemand sagte ein Wort und nur das Ticken der Küchenuhr war wie eine Kanone die mit jeder Sekunde einmal abgefeuert wurde. Giotto hielt sich die geschwollene Wange und ein kleines Rinnsaal Blut floss aus seinem Mund. Er starrte Basil an, unfähig zu sprechen, geradezu gelähmt von dem plötzlichen Treffer der ihn zu Boden geschickt hatte.

„Wage es nicht.... Wage es nicht über etwas zu reden was du nicht verstehst, was du nicht verstehen kannst! Du hast keine Ahnung vom Gesamtbild und trotzdem... trotzdem sagst du etwas so infantil dummes!“ zischte er zwischen seinen Zähnen hindurch und hielt sich die Hand mit der er zugeschlagen hatte. Seine Stimme war rau und kalt, so erfüllt mit Hass, dass es einen blendete und die Worte von der Zunge verbannte. Egal was man sagte, man sagte das falsche, anders ging es gar nicht.

„Behandle mich nicht als wärst du für mich zuständig Giotto, das ist etwas, was dich nichts angeht.“

Auch Tsuna taumelte zurück. Im Moment hatte er das Gefühl, dass sein Atem das lauteste war in diesem ganzen Raum. Er hatte Angst er könnte Basil damit provozieren und drückte aus diesem Grund seine Hand auf den Mund und wandte sich schließlich doch ganz um. Seine Füße trugen ihn so schnell sie konnten in den schmalen Gang, der an der Küche vorbei direkt zu den Treppen führte. Er wollte nur noch weg, so schnell wie möglich, bevor er auch noch etwas abbekam, und bevor er noch genauer erfuhr, um was es hier eigentlich ging, das wollte er nämlich eigentlich nicht wissen. Zwischen den beiden war es noch immer ganz still, zumindest bis Giotto begann leise zu lachen. Kein freundliches Lachen, eher eines das man lachte, bevor man sich selbst in die Luft sprengte.

Er scheute kurz, bevor er vor den kleinen Durchgang zur Küche passierte, immerhin konnten ihn die beiden dann für einen kurzen Augenblick sehen, aber er wollte in jedem Fall aus dem Erdgeschoss raus. Doch als er in das Licht der Neonröhren trat, wünschte er, er hätte es nicht getan. An seinem Kopf zischte ein kleines Metalldöschen vorbei, das neben ihm an der Wand aufschlug

Wenig später hörte er einen zweiten Knall, diesmal von der Haustür, die so laut ins Schloss geknallt wurde, dass die getönten Glasplatten im oberen Teil der Tür gefährlich knacksten. Zu seinen Füßen rollten kleine blaue Pillen aus der aufgeplatzten Dose über den Boden. Einige hüpften wahnwitzig davon und stürzten sich unter Möbel, während andere nur regungslos dalagen. Niemand machte Anstalten sie einzusammeln, niemand schien sich um das Chaos kümmern zu wollen. Tsuna sah versteinert zu den Pillen und in der Küche hörte er ein leises Klagen. Es war ein Klagen ohne Worte, ohne Schluchzer, ohne Weinen, einfach nur ein Klagen, dass sich überall verteilte und den stillen Raum mit den stummen Geräuschen des Bedauerns und der Wut füllte.

Ein Geräusch, welches man nicht hören konnte, nur fühlen, denn es surrte in den Ohren und erzeugte diesen Ton, den man nur selten im Leben hörte; den Ton von ehrlicher Reue.

Tsuna konnte nur auf den Boden blicken und versuchen zu verstehen, was grade vorgefallen war. Die Antwort war so offensichtlich, aber in diesem Augenblick, hörte er nur das Surren, das alles in ihm lähmte.
 

Wird fortgesetzt...

11. September

Und hier sind wir nochmal mit einem Kapitelchen. Ein relativ kurzes, aber ich denke ihr werdet euren Spaß damit haben. Allerdings gibt es dazu noch eine schlechte Nachricht. Allrenn und ich werden die nächsten beiden Wochen wahrscheinlich nicht zum Schreiben kommen, weil wir uns gegenseitig besuchen. Deshalb gibt es das nächste Kapitel wohl erst in 2/3 Wochen, aber es ist schon fast fertig, also sollte es dann wenn wir wieder Zeit haben keine Ewigkeit dauern. ;)
 

11. September
 

Helles Licht erfüllte seine Sinne und machte es fast unmöglich, weiter als bis zum Bühnenrand zu sehen. Tsuna spürte wie seine Finger nervös kribbelten und ihm deutlich wärmer wurde, während er dort oben stand und seinen Blick über die Bühne glitt. Das Bühnenbild für die Szene war so gut wie fertig, die Requisiten waren ins Gesamtbild eingearbeitet und er trug... sogar schon ein Kostüm, auch wenn es noch nicht ganz komplett war. Außer ihm war noch niemand da, abgesehen von dem Jungen aus seiner Parallelklasse, der für das Licht zuständig war. Tsuna war heute eher hergekommen, sogar eher noch als Mukuro, was an sich ein Wunder war, um etwas mehr Gefühl für die Bühne zu bekommen. Sie hatten erst kurz nach den Sommerferien die Erlaubnis bekommen die Bühne zu benutzen, vorher hatten sie immer in dem leeren Klassenraum geprobt. Aus diesem Grund war Tsuna noch etwas überwältigt von der Erfahrung so weit oben zu stehen und eine derartig große Halle zu überblicken, ohne dabei wirklich etwas sehen zu können.

Noch waren die Plätze der Schulaula leer, aber schon in wenigen Tagen, Tsuna zählte sie durch Striche in seinem Kalender, würden sie gefüllt sein. Gefüllt mit nackten Menschen... Ack! Tsuna schlug sich selbst gegen die Stirn und versuchte das Bild, das Xanxus ihm heute Morgen in den Kopf gesetzt hatte wieder daraus zu entfernen. Er bereute es mittlerweile beim Frühstück erzählt zu haben, dass er ein wenig Lampenfieber und Angst hatte, seinen Text zu vergessen. Großkotzig wie sein älterer Mitschüler war, hatte er ihm sofort einen guten Tipp gegen das Lampenfieber geben wollen, und gemeint, er solle sich das Publikum nackt vorstellen. Tsuna hatte so dämliche Hinweise sonst nur in dummen Filmen gehört und wie er beim Schauen eben dieser schon vermutet hatte, half er ihm kein bisschen. Jetzt war er sogar noch nervöser als zuvor.

Er hatte seinen anderen Mitbewohnern erst mal verboten zur Aufführung zu kommen, woran sie sich aber sicher nicht halten würden. Sich zu blamieren, nun damit rechnete er fast, aber es vor Leuten zu tun die er jeden Tag sehen musste, nun das war schon etwas anderes. Mukuro versicherte ihm zwar immer wieder, dass er ein großartiger - ein FABULÖSER! - Faust war, aber irgendwie zweifelte Tsuna daran, auch wenn er seinen Text mittlerweile gut kannte. Dieser Umstand war hauptsächlich Chrome zu verdanken, die ihm immer so mitleidige Blicke zuwarf, wenn er seine Zeilen durcheinander brachte.

Tsuna atmete einmal tief durch, dann begann der stumm seinen Text zu sprechen und dabei auf seine Gestik zu achten. Sein Faust war ein wenig sonderbar, weil Tsuna ihm Macken bei der Gestik gegeben hatte, die er sich ausgerechnet bei Squalo, Giotto und Ryohei abgeschaut hatte. Sein Faust war SEHR sonderbar.

Aber Mukuro hatte ihm versichert, sonderbar sei gut. Wenn ein Talentsucher im Publikum saß, was Tsuna nicht hoffte, dann würde der ganz besonders auf das Besondere achten, das Außergewöhnliche, auf das ganz Spezielle. Er hatte ihn förmlich dazu gedrängt seinen Faust in irgendeiner Weise besonders zu gestalten und das hatte Tsuna ganz definitiv getan.

Ob Mukuro das stolz oder genau das Gegenteil machen würde, das würde er sehen, wenn es so weit war, aber meist war sein Mephisto ja sowieso nur mit sich selbst beschäftigt. Tsuna glaubte, die einzige die er beschämen könnte, wäre Chrome, die sich immer so nett für ihn einsetzte. Dennoch hatte er sich vorgenommen das durchzuziehen. Er war Faust.... Wenn es nach Mukuro ging sogar der perfekte Faust! Diesem Ruf wollte er, zumindest nach seinen Möglichkeiten, alle Ehre machen.

Bis zur Aufführung waren es ja noch ein paar Tage, bis dahin konnte er sich den letzten Schliff antrainieren. Der Theaterklub war sogar extra für eine Woche vom Unterricht befreit, damit sie sich aufs Proben konzentrieren konnten. Zuerst hielt Tsuna das für eine nette Geste, bis ihm klar wurde, dass die Lehrer sie nur aus dem Unterricht kriegen wollen, da sie eh nur ihren Text durchgingen und nicht zuhörten was es zu lernen gab.

Einen Moment hielt er inne und zählte von acht herunter bis er die Spannung genug aufgebaut hatte und beendete dann seinen stummen Monolog. Sein Blick hing wie in weiter Ferne, theatralisch und ausdrucksstark, eigentlich versuchte er aber nur vergeblich etwas unterhalb der Bühne zu erkennen. Von den anderen war immer noch keiner da, langsam fragte Tsuna sich, ob für heute überhaupt eine Probe angesetzt war, oder ob Mukuro vielleicht einen seiner theatralischen Anfälle erlitten hatte. Das kam von Zeit zu Zeit mal vor.

Als Faust hatte er natürlich auch keine Armbanduhr, dennoch sollte es langsam Zeit werden. Er tippte ein paar Mal kurz mit dem Fuß auf den Boden. Mukuro war so eine schreckliche Diva, aber bei dem Bruder war das auch irgendwie kein Wunder. Dennoch hoffte er, dass die anderen bald kommen würden. So ganz allein, auf so einer riesigen Bühne, war schon irgendwie... „Sieh ihn dir an! Ist er nicht perfekt!“. Seine Gedanken wurden jäh unterbrochen als die schrille Stimme durch die Aula hallte. Als er zur Tür blickte, sah er Mukuro, dessen Gesicht schon zur Gänze mit weißer Theaterschminke bedeckt war und dessen Lippen einen kirschroten Ton hatten. Er sah gar nicht aus wie ein Teufel, aber das hatte Tsuna auch nicht erwartet. Kleine Teufelshörnchen und ein buschiger Schwanz, waren für so eine ersthafte Aufführung wohl fehl am Platz.

„Hallo Mukuro...“ grüßte er ihn eher wortkarg und hob zum Gruß seine Hand. Er war dankbar für die Entfernung die noch zwischen ihnen lag, Mukuro hatte die unangenehme Angewohnheit an ihm herumzufummeln und Dinge zu Recht zu zupfen, von dessen Existenz Tsuna nicht mal etwas geahnt hatte. Irgendwie fand er immer eine Falte oder eine Schleife, manchmal einen Knopf der nicht symmetrisch zu den andern geschlossen war. Hinter Mukuro kam nun auch Chrome herein, sie schien allerdings beschäftigt und schrieb eifrig auf ein Klemmbrett, auf dem, wie Tsuna wusste, Kostümzeichnungen waren. In den letzten Wochen hatte Chrome immer irgendwas daran geändert, was den Hausarbeitskurs langsam in den Wahnsinn trieb, weil sie dadurch nie vollständig fertig wurden. Tsuna warf einen letzten nervösen Blick auf die Bühne von der er eben herunter geklettert war, dann sammelte er sich wieder.

„Ihr seid spät.“

Mukuro lachte leise, trat auf ihm zu und rückte, wie schon befürchtet, zunächst erst einmal Tsunas Krawatte zurecht. „Nein, nein, nein. Du bist früh, mein lieber Faust.“, meinte er sanft lächelnd und betrachtete ihn voller Stolz. „Außerdem muss ein Mephisto wie ich, doch gut aussehen. Ich kann es mir nicht erlauben, dass auch nur ein Fehler an meinem Kostüm zu finden ist. Was würde das Publikum denken?“, meinte er ruhig, richtete sich wieder auf und musterte Tsuna nun ein wenig von oben herab.

Dieser hingegen unterdrückte den Zwang mit den Augen zu rollen. „Wir haben doch noch gar kein Publikum, außer Chrome...“, formulierte er etwas unsicher, wünschte sich aber gleich darauf, dass er es nicht zur Sprache gebracht hätte. Mukuro stellte sich in einer extrem theatralischen, aber beleidigten Posen und bedachte ihn mit einem Blick, der Bände sprach. „Auch wenn das Publikum nur aus einem einzigen besteht, Tsuna, wir, die Künstler, müssen dennoch unser Bestes geben. Etwas anderes wird in keinem Fall akzeptiert!“

„Natürlich, Mukuro, natürlich.“ würgte Tsuna ihn schnell ab, bevor es zu einem Monolog Deluxe Mukuro Edition ausarten konnte, von der Sorte Tsuna in den letzten Monaten so einige gehört hatte. Mukuro konnte über alles einen Monolog halten. Über den Unterricht, über die Medien, über Socken... Er war sehr anpassungsfähig was Monologsthemen anging. „Ich werde mir für Chrome besondere Mühe geben.“ Auch wenn sie wahrscheinlich momentan eh nichts mitbekam.

„Das ist die richtige Einstellung mein Lieber! Heute werden wir Schauspielgeschichte schreiben! Wir werden so gut sein, dass die Götter unser Bildnis in die Sterne hängen, ich sehe es schon von mir! Das Sternenbild des großen Mukuros! Es wird das prächtigste und schönste und größte Sternenbild von allen sein und wenn die Leute es erblicken, werden sie niederknien und seine Pracht anbeten! Höre, junger Faust, hör meine Stimme! Die Zukunft sie liegt so deutlich vor mir und in einer Woche, da ist es so weit. Die Stadt - NEIN! - die ganze WELT wird von unserer Glanzleistung erfahren! Oh die Lobpreisung, sie wird kein Ende finden!“

„Ja... Wir strengen uns richtig... an...“, Tsuna machte dabei eine Geste, die aussah als hätte er gerade eingewilligt, dass jemand ihm ein Klavier auf den Kopf werfen wollte und hatte ein mehr oder minder falsches Lächeln aufgesetzt. Mittlerweile konnte er sich über Mukuro ganz gut amüsieren, auch wenn er ihm das niemals zeigen würde. Wahrscheinlich würde der andere ihm den Kopf abreißen, wenn er es wüsste, aber er konnte seine Gedanken mittlerweile ganz gut für sich behalten.

„Wollen wir auf die Bühne?“, fragte er und ging schon wieder einen Schritt rückwärts die Treppe hinauf. Mukuros Lächeln wurde noch etwas breiter. „Ja. Auf die Bretter, die die Welt bedeuten.“, sagte er in fast schwärmerischem Ton und reckte die Nase in die Höhe, während er die erste Stufe des Bühnenaufgangs betrat und schnell an Tsuna vorbeischritt.

Selbstverständlich musste Mukuro derjenige sein der zuerst auf der Bühne war, er war immer der Erste der sie betrat und der Letzte der sie verließ. Und wehe jemand klatschte nicht mehr mit, nur weil er sich schon fünfmal verbeugt hatte, dann wurde Mukuro wirklich zornig und begann zu schmollen. Ein schmollender Mukuro war so ziemlich die Verkörperung des vollkommenen Schreckens für Tsuna, er sagte nichts, aber er produzierte schnaufende Geräusche die einen den Verstand rauben konnten, wenn man sie länger als fünf Minuten ertragen musste.

„Oh Faust! Mein getreuer Faust, komm zu mir und lass und spielen! Spielen wir niemand zuvor! Lass und zaubern, uns übertreffen und nach den Sternen greifen. Die Welt! Die Welt ist nur unser Spielplatz, unsere Bühne die darauf wartet von uns übernommen zu werden. Hörst du sie? Kannst du sie hören? Ihr Klatschen, ihre Rufe, sie sind außer sich vor Begeisterung!“

Tsuna wollte schon sagen: Aber es ist doch gar niemand da, aber er biss sich auf die Lippe und verkniff sich den Kommentar. Stattdessen schritt er würdevoll auf die Bühne und betrachtete die fast leeren Stuhlreihen vor sich. Ein paar Mitglieder des Clubs saßen da und bliesen Trübsal. Sie hatten es entweder nicht ins Stück geschafft oder durften heute nicht proben, weil heute nur Mephisto, Faust und Gretchen ihre Auftritte proben durften. Alle Nebendarsteller waren für Mukuro unwichtig und durften erst einen Tag vor dem großen Auftritt vorsprechen. Wer dort nicht gut war, wurde, sofern möglich, von Mukuro ersetzt. Er hoffte das Gretchen den Ansprüchen seines Clubkapitäns gerecht wurde, denn Tsuna wollte die Liebesszenen mit großer Sicherheit nicht gemeinsam mit Mukuro spielen.

Apropos Gretchen, Tsuna sah sich beunruhigt um und stellte dann verblüfft fest, dass ihr Gretchen tatsächlich schon im Raum war. Er hatte keine Ahnung, wann sie herein gekommen war, wahrscheinlich als Mukuro anfing von Sternbildern mit seinem Antlitz zu reden oder so. Ihr Gretchen war Kyokos beste Freundin Hana. Tsuna hatte schon einige Male mit ihr geprobt und sie hatte ihre Rolle, man konnte wohl sagen, etwas reifen lassen. Hier und da wurde Gretchen der Schauspielerin etwas angepasst um ein, natürlicheres Feeling‘ entstehen zu lassen. Im Klartext hieß das: Gretchen ließ sich nur noch mit Grete ansprechen und trug neuerdings Hosen.

Chrome hatte gemeint, das wäre okay, Tsuna hoffte, dass Mukuro das auch so sah.

Hana trug ihr Kostüm bereits und Tsuna stellte voller Unbehagen fest, dass das liebliche Gretchen männlicher aussah als er.

Hana war wirklich eine ganz spezielle Person, nicht dass es Tsuna stören würde, aber... irgendwie konnte man schon ein bisschen Angst vor ihr haben. Yamamoto hatte ihm erzählt, dass sie im Kendotraining auch gnadenlos war... und einmal hatte er ihren Umgangston ja schon miterleben können. Wie sie die Rolle in diesem Theaterstück bekommen hatte, war Tsuna noch immer unklar, aber manchmal hatte Mukuro eben seine Vorstellungen und wenn sie nicht erfüllt wurden, dann war er gleich wieder eingeschnappt. Wahrscheinlich hatte Hana ein solches Drama vermeiden wollen und deshalb lieber gleich gekuscht. Der Theaterkurs schien nicht gerade ihr Lieblingskurs zu sein. Das hatte selbst Tsuna schon gemerkt. Wahrscheinlich war sie nur hier, damit sie nicht zwei Sportkurse machen musste, denn um ehrlich zu sein, hielt er sie für einen ebenso großen Sportmuffel wie sich selbst.

„Ihr seid ja schon da.“ sagte sie in einem leicht gereizten Tonfall und band sich das Haar zu einem Pferdeschwanz, der sie ein ganzes Stück reifer und härter aussehen ließ. Wenn Tsuna es nicht besser gewusst hätte, hätte er sie für einen hübschen Jungen gehalten. Es war kein Wunder, dass die anderen Mitglieder das Schauspielklubs liebevoll von Faustine und Gretius sprachen, wenn sie über ihre Rollen redeten.

„Mukuro und Chrome sind-sind auch eben erst gekommen.“ erklärte Tsuna ihr ein wenig aufgekratzt und spielte mit den Knöpfen an seinen Ärmeln. Er war sich im Klaren darüber, dass er sich nicht vor ihr fürchten musste, zumindest theoretisch, aber praktisch war das etwas ganz anderes. Praktisch überragte Hana ihn nämlich um einen Kopf und auch wenn sie nicht zuschlug, konnte sie auf andere Art und Weise sehr verletzend sein. Hana war die Meisterin des Sarkasmus, ungeschlagen und unangefochten.

Er hoffte das Hana ihm nicht noch seine Rolle als Faust streitig machte. Das Zeug dazu hatte sie in jedem Fall und manchmal hatte er schon so etwas in der Art zwischen die Reihen munkeln hören, aber wenn er Gretchen spielen musste, dann würde er sich lächerlich machen. Mehr als er es jetzt schon tat. Als Faust hatte er ja zumindest... ein bisschen Respekt verdient. Er war die Hauptrolle, der Held. Das war doch schon etwas, auf das man neidisch werden konnte. Und er hatte eigentlich auch vor so gut zu spielen wie nur möglich. Wenn er schon von all seine Bekannten beobachtet wurde, dann wollte er wenigstens nicht wissentlich schlecht spielen.

Glücklicher wäre er natürlich, wenn er alles perfekt machen würde und ihm seine Freunde zujubeln würde für seine gute Leistung. Es war ja nicht so, dass er irgendeinen Schmalz spielen musste. Das war ja ein ernstes Stück... Wäre das Romeo und Julia, wäre es sicher ein ganzes Stück unangenehmer, besonders weil er wusste, dass er in diesem Fall die Julia hätte sein müssen.

Manchmal wachte er nachts schweißgebadet auf, geweckt von seinen eigenen Schreien der Furcht und des blanken Entsetzens. Es waren die Nächte in denen er träume Mukuro hätte sich spontan umentschlossen und er müsste den Text der Julia nun in einer Woche lernen. Noch schlimmer war es, wenn er träumte Xanxus wäre mit ihm im Schauspielkurs, schon so manche Nacht wurde er von Träumen geplagt, in welchen er von den vollen Lippen geküsst wurde.

Die Erkenntnis, dass Xanxus über ausgesprochen volle und schön geschwungene Lippen verfügte, verdankte er Squalo. Dieser erzählte ihm nämlich mit einer geradezu krankhaften Begeisterung, die Details wenn er zeichnete, egal ob es Xanxus, sein Tanzlehrer oder Frau Oregano war. Tsuna hatte einmal neben ihm gesessen und sich mit seinen Matheaufgaben gequält, während Squalo an einem seiner Doujis mit Xanxus als Darsteller arbeitete. Tsuna konnte Xanxus die ganze Woche danach über nicht ansehen.

Leider erzählte Squalo bei seinen Zeichnungen nicht nur davon. Das Gespräch über die großen Tatsachen hatte er mehr als nur einmal gehabt und mittlerweile wurde er auch darüber aufgeklärt warum Xanxus so kräftige Oberarme und so einen sexy Sixpack hatte. Es war fast als würde er das absichtlich machen. Andererseits wusste Tsuna nicht, was er eigentlich davon haben sollte. Es sei denn natürlich er wurde von Xanxus bezahlt... oder wollte einen Doujinshi über sie beide machen.

Tsuna hatte mittlerweile realisiert, das Squalo extrem leicht bestechlich war. Es war nicht so, dass er alles für Geld tat, aber alles was nicht irgendwie illegal war, machte er für ein paar bunte Scheinchen.

Aber trotzdem hatte Xanxus es gar nicht nötig Squalo seien Reize anpreisen zu lassen. Die sprachen immerhin auch ohne darauf hinzuweisen für sich... zumindest... wenn man ein Mädchen war.

Für Jungs wie er einer war, waren die sinnlichen Hüften, die geschwungenen Lippen, die festen Schenkel und die Bauchmuskeln natürlich nur etwas, was man nebenbei wahrnahm. Ebenso wie die goldbraune Haut, die dazu einlud sie einzuölen und die Finger über die ausgeprägten Muskeln fahren zu lassen, während man dabei das tiefe animalische Stöhnen vernahm. Selbstverständlich war das nur für Mädchen interessant, Tsuna hatte auch nie weiter darüber nachgedacht.

„Meine Lieben!“ damit unterbrach Mukuro Tsunas Gedankengang, der irgendwo da gelandet war, wo er nicht hingehörte. „Für heute, habe ich Großes geplant! Drama! Romantik! EMOTIONEN! Ich möchte dass wir heute funkeln- FUNKELN wie wir es bei der großartigen - fantastischen! - Aufführung tun werden! Hört zu! Lauschet meinen Worten! Ich hatte einen Traum, einen Traum von unendlicher Schönheit! In diesem Traum liefen wir frohlockend durch einen düsteren Wald. Sonnenstrahlen kamen durch das Dickicht und wir FUNKELTEN und strahlten! Wie Diamanten im Licht! Oh die Schönheit, noch immer sehe ich sie vor mir!“

Tsuna warf Hana einen langen Blick zu. Glitzernd und frohlockend und wahrscheinlich nackt durch den Wald laufend. Mukuro hatte scheinbar wieder zu viele seiner Vitamindrops genommen.

Oder zu viele Medikamente auf einmal. Da Tsuna seinen Medikamentenschrank gesehen hatte, und er nicht wusste ob der Blauhaarige alle Medikamente von seinem Stammapotheker bekam, schloss er auch Nebenwirkungen dieser nicht unbedingt aus. Vielleicht waren es auch die Nebenwirkungen der Präsenz seines Bruders. Brrr... Tsuna schüttelte es noch immer, wenn er an den blonden Egozentriker dachte. Auch wenn er mit Mukuro befreundet war, diesem Kerl wollte er nie wieder begegnen. Dagegen war Mukuro ja ein zahmes, kleines, bescheidenes Lämmchen.

Aber Tsuna musste ehrlich sein, er hatte noch nie eine... leidenschaftlichere Abwandlung der Rede Martin Luther Kings gehört. Wäre der Menschenrechtler jetzt hier gewesen und hätte sie gehört, wäre er vor Begeisterung sicher geklatscht. Besser hätte er es kaum machen können. Mukuro war wirklich ein großartiger, charismatischer Redner.

Leider war der Inhalt seiner Rede in etwa so sinnvoll wie ein Aufsatz über Schmuckperlen, aus irgendeinem Grund kam überraschend oft das Wort ,glitzernd‘ vor und wenn Tsuna sich nicht verhörte, dann hatte Mukuro mittendrin angefangen von den ,großartigen Werten von Freilufteiern‘ zu reden. Tsuna stellte sein Gehirn auf Durchzug und hörte nicht weiter zu, während Mukuro einen Griff nach den Sternen nachstellte und weiter und weiter und weiter redete. Hana neben ihm verdrehte so stark die Augen, dass er nur noch das Weiße sehen konnte.

Möglichst unauffällig schloss Tsuna die Augen und stellte sich vor auf einem weiten, weißen Sandstrand zu stehen. Überall gab es Wasser und ein paar Kokosnusspalmen. Er stand angelehnt an einem Baum voller Bananenstauden und atmete tief den Duft der frischen Meeresluft ein. Nichts konnte ihn hier stören, nichts konnte ihn hier belästigen-

„Und dann werden wir singen!“

In Tsunas Traumwelt zog ein plötzlicher Sandsturm auf und ein Öltanker kenterte vor der Küste. Er konnte nicht an sich halten und schrie laut und schrill heraus. „Singen!? Da.. Davon war nie die Rede! Ich kann nicht singen! Kein bisschen. Sie haben mich ausgeworfen aus dem Musik...“; der Blick der sich auf Tsuna heftete war grausam und durchbohrend. Für einen kurzen Moment schien sein Herz auszusetzen und wollte einfach nur sterben, um diesem gemeinen Blick zu entrinnen, aber um auf der Stelle zu sterben, war er noch nicht trainiert genug. „Faust, mein Faust! Soll das etwa heißen, der Schauspielclub war nicht deine erste Wahl?“, fragte Mukuro und ein gefährliches Grollen hatte sich in seine Stimme gelegt.

Momentan klang er wirklich wie ein Teufel und Tsuna kräuselten sich die Nackenhaare. „Do.. Doch.. ich.. äh.. Ich wurde.. zum Vorsingen gezwungen!“, versuchte sich Tsuna herauszureden und zu vermeiden, dass Mukuro ihm näher kam. Er hatte Angst um sein Leben

„Hör-Hör mir zu Mu-Mukuro!“ stotterte er und hob abwehrend die Hände während er ein paar Schritte rückwärts ging. „Ich liebe die Schauspielerei! Es war schon i-immer mein innigster Traum gewesen zu Schauspielern! Natürlich wa-war der Schauspielklub meine erste Wahl, ich mein, was sollte ich sonst wählen? Immerhin bist DU der Klubleiter! Für jeden wäre es eine Ehre mit dir zu arbeiten! Oh Mukuro! Großartiger Mukuro, ich würde alles für dich tun.“ Er unterbracht sich, hüstelte und korrigierte sich dann. „Es sei denn ich muss mich dafür ausziehen oder singen.“

Für einen Moment zögerte Mukuro, auf seinem Gesicht war sein Denkprozess deutlich abzulesen wie auf einem Neonschild, dann entspannte er sich und lächelte wieder. Tsuna atmete erleichtert aus, die Nummer hatte ihn wahrscheinlich fünf Jahre seines Lebens gekostet.

„Oh sag das doch gleich Tsuna, für einen Moment hab ich schon furchtbar dumme Sachen gedacht, Kufufu fu fu fu ...“.

„Ja... Entschuldige...“, meinte Tsuna schüchtern und hatte kurzzeitig das Bedürfnis sich hinter Hana zu verstecken, aber er wusste, dass ihm das nicht mehr als eine Kopfnuss einbringen würde. Also blieb er stocksteif an seinem Platz stehen und versuchte den Blick von Mukuros zweifarbigen Augen zu widerstehen, der offenbar immer noch ergründen wollte, ob er gelogen hatte. „Tsuna. Das Schauspiel muss dein Leben sein! Dein Ein und Alles, sonst wirst du niemals etwas erreichen. Ich weiß du hast das Zeug dazu! Auch du kannst Funkeln und strahlen! Vielleicht nicht so hell wie ich, aber du kannst dich in meinem Ruhm sonnen und dein eigenes Talent so erstrahlen lassen. Du bist der perfekte Faust! Und du wärst noch in so vielen anderen Rollen perfekt! Du wärst ein großartiger Karl und ich dein Spiegelmann, oder ein wundervoller Jedermann... Natürlich würde ich in diesem Stück den Teufel spielen. Ach Tsuna, an meiner Seite bist du wirklich perfekt aufgehoben, das kannst du mir glauben, also zweifle nicht an deinem Talent!“

Tsuna lachte verlegen, eher aus Panik als aus Scham und brachte ein paar weitere Zentimeter zwischen sich und Mukuro um dessen Klauen besser entkommen zu können. Mukuro schien von der Reaktion gar nichts zu bemerkten, sondern redete nur immer und immer weiter. Bald schon hatte Tsuna vollkommen den Faden verloren und setzte sich auf den Bühnenboden neben Hana, die ein Buch herausgeholt hatte. Der ständige anhaltende Monolog verschmolz nach ein paar Minuten mit den anderen Hintergrund Geräuschen. So tat Tsuna das Einzige was er in so einer Situation tun konnte, und lernte noch mal den Text, proben, würde er ihn heute sicherlich nicht mehr können.

Aber vielleicht morgen, denn morgen war ja auch noch ein Tag.
 

Wird fortgesetzt...

16. September

Lang, lang ist’s her. Aber endlich gibt’s mal wieder ein neues Kapitel hierzu. Es ist sehr zuckrig, also haltet einen Salzstreuer bereit, liebe Leser. Viel Spaß beim Lesen :D
 

16. September:
 

„Schneller!“, rief Amicelli lautstark, als er durch die Hecke nahe dem Springbrunnen stürzte und gerade noch rechtzeitig zum Stehen kam, bevor er kopfüber in das kühle Nass des Brunnens stürzte. Er atmete schnell und schwer, denn er war aus der Eingangshalle bis hierher gerannt, ohne sich auch nur einmal umzusehen. Er glaubte zwar nicht, dass ihr Kindermädchen ihnen folgen würde. Diese Schlafmütze war bestimmt schon ins Bett gegangen, nachdem er und sein Zwillingsbruder weggelaufen waren. Sie verfolgte die Kinder nie, das war ihr viel zu anstrengend. Amicelli grinste zufrieden, erschrak sich aber heftig, als man ihn von hinten anrempelte und noch ein Stück gegen den Brunnenrand drängte. „Wah!“, war das einzige, was er dazu sagen konnte, bevor er doch noch einen Salto über den Brunnenrand machte und kopfüber im Brunnen landete. Genau wie Xanxus, der mit viel zu viel Schwung gegen ihn gekracht war.

Das Wasser durchnässte seine karierten Shorts und das Jackett in das man ihn gezwängt hatte. Wie eine zweite Haut, klebten die Kleidungsstücke an seinem Körper und machten das Bewegen schwer, noch schwerer als es in dem dicken Stoff eh schon gewesen war. Prustend richtete sich Amicelli so gut auf, wie es ihm mit seinem Bruder auf seinem Rücken möglich war. Sein ganzer Mund war voll mit dem Wasser des Springbrunnens und ein widerlicher Geschmack nach Wiederaufbereitung und Reinigungsmitteln lähmte seine Geschmacksnerven.

„Ent-Entschuldige, Mice.“ stammelte sein Zwillingsbruder schüchtern und versuchte sich wieder aufzurichten, was allerdings nur dazu führte, dass seine Hände auf den glitschigen Steinen abrutschen und er erneut gegen seinen Bruder prallte. Amicelli gluckste amüsiert und wartete bis Xanxus es geschafft hatte sich halbwegs ohne Knochenbrüche zu erheben.

Auch er richtete sich wieder auf, drehte sich zu seinem Bruder um und spuckte ihm das Wasser, dass er während er ganzen Aktion in den Mund bekommen hatte entgegen. Xanxus schrie erschrocken auf, verklang aber in einem kindlichen Lachen, dass sich mit dem von Amicelli mischte. „Macht nichts.“, sagte Letzterer schließlich, nachdem sie sich wieder etwas beruhigt hatten und legte ihm die Hand brüderlich auf die Schulter. „Wir sind entkommen, jetzt können wir machen was wir wollen.“, sagte er grinsend, bevor er sich wieder aufrichtete und über den Brunnenrand zurück kletterte. Dann hielt er Xanxus die Hand hin und half ihm über die glitschigen Steine aus dem Wasser. „Du bist so ein Tollpatsch, Nussi.“, meinte er dennoch lachend und strich erst Xanxus, dann sich selbst ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Glucksend kicherte Xanxus und schlüpfte aus seinem durchweichten Jackett, das er einfach vor dem Brunnen liegen ließ. Früher oder später würde jemand vom Personal hier vorbeikommen, es einsammeln und waschen lassen. Bei so vielen Bediensteten die hier immer rumliefen, war die Wahrscheinlichkeit dafür sehr, sehr hoch. Amicelli behielt seines an, insgeheim hoffte er nämlich darauf, krank zu werden, so könnte er unangenehmen Pflichten leicht aus dem Weg gehen.

„Du Nussi?“ fragte er lieb während sein Bruder seine Hand wie gewöhnlich nahm und sie nicht wieder losließ. Zwar war er nur zwanzig Minuten jünger als Amicelli, aber er war wirklich sehr schüchtern und leicht zu verängstigen. „Schreibst du mir den Mathetest? Ich geb‘ dir auch meinen Pudding der ganzen Woche. Das sind sieben Puddings für einen Test!“ Ein wie er fand, mehr als nur faires Angebot. Immerhin war der Pudding das Beste an dem ganzen Essen.

Xanxus überlegte einen Moment, dabei rollten seine roten Augen von einer Seite auf die Andere und dann wieder zurück. „Das hört sich gut an, also ja.“, meinte er und nickte bestätigend. „Alles klar. Ich schreib ihn für dich und dafür krieg ich deinen Pudding.“, meinte er und drückte seine Hand, wie ein richtiger Geschäftsmann. Genauso wie es ihr Vater immer tat, wenn er ein Geschäft erfolgreich abschloss. „Es ist total praktisch, dass wir gleich aussehen. Es soll nie anders sein.“, meinte Amicelli zufrieden, nahm nun auch Xanxus‘ Hand und zog ihn mit sich. „Wollen wir noch ein bisschen im Baumhaus rumtoben? Oder uns zum Trocknen in die Sonne legen? Vielleicht sollten wir wieder die Bediensteten Ärgern und sie mit Kirschkernen bespucken...“, schlug Amicelli vor und wartete auf Antwort seines Bruders. Sie taten immer alles zusammen und entschieden auch immer zusammen, was sie tun würden. Sie waren immerhin Zwillinge. Sie gehörten untrennbar zusammen.

Sie hatten schon beschlossen, wenn sie mal heiraten würden, würden sie Zwillinge nehmen und dann lebten sie alle zusammen in einem großen Haus. Sie würde sich von ein paar blöden Mädchen nicht trennen lassen, nur weil Ihre Eltern sicher wollten, dass sie irgendwann heiraten. Zwillinge konnte nichts und niemand trennen, immerhin teilten sie sich sogar das Bett, obwohl ihre Erzieher schon lange versuchten dass zu ändern. Xanxus konnte allerdings nicht alleine in einem Bett schlafen und Amicelli mochte es auch nicht. Obwohl er als Älterer natürlich reifer war. reif genug um zu verstehen, dass sie bald ein größeres Bett brauchten, wenn sie weiterhin so wuchsen.

„Ich willllll...“ summte Xanxus und runzelte die Stirn, während er auf den Fußballen auf und ab wippte. „was essen! Seit wir die Sahnetorte heute Mittag geklaut haben, hab ich niiiiiiichts mehr gegessen. Und mein Bauch tut schon ganz doll weh.“ Amicelli hatte selber keinen Hunger, aber die Küche war lustig und man konnte gut darin spielen.

Amicelli lachte, dann zog er an Xanxus Hand. „Na gut. Dann müssen wir uns was zu essen machen. Wir können uns ja was kochen und was vorbereiten für Morgen, damit Mama sieht, dass wir beim Kochunterricht brav gelernt haben. Auch wenn ich schon nicht mehr aussprechen kann, was wir gekocht haben. Französisch ist so schwer.“, meinte er und schämte sich etwas dafür das nicht zu wissen. Er war immerhin der Ältere. Er sollte es wissen. „Ist auch egal wie es hieß, es war vooollll lecker. Mommy wird es bestimmt schmecken:“, meinte Xanxus fröhlich und schloss zu seinem Bruder auf, der seine Schritte ein bisschen verlangsamt hatte. „Ja sie wird sich sicher freuen, wenn wir morgen das Mittagessen kochen. Die Zutaten dafür sind sicher noch im Kühlschrank. Was von dem leckeren Fleisch und dem bunten Gemüse.“

„Oh fein, fein! Das wird sicher lustig! Ich schäle die Kartoffeln und du kochst die Nudeln und dann machen wir was mit dem leckeren Tofu. Fleisch ist voll eklig.“ erklärte Xanxus und Amicelli strahlte ihn verzückt an. Es war toll, dass sein Bruder Fleisch genauso wenig mochte wie er. Ihre Eltern würden früher oder später auch noch auf den Geschmack von Tofu kommen. Man musste keine süßen kleinen Tiere töten nur um satt zu werden. Ihre Kochlehrerin hatte sie einmal am Wochenende mit auf einen Bauernhof genommen und der Anblick von lebenden Osterlämmern, hatte ihren Geschmack auf Fleisch ziemlich abgetötet. Auch wenn das nicht gerade Begeisterungsstürme beim Rest ihrer Familie hervorrief.

Der Weg zur Küche führte die große Wendeltreppe im Erdgeschoss hoch, und dann drei lange Gänge entlang, die Brüder zogen es allerdings vor sich den Weg abzukürzen, indem sie einfach den Essenslift im Speisezimmer als Abkürzung missbrauchten.

Zusammengekauert hockten sie in dem kleinen, dunklen Kämmerlein und hielten sich in den Armen, bis die Tür sich wieder öffnete und das Licht der hellen weißen Neonröhren ihnen entgegen schlug. Wie immer kletterte Amicelli zuerst und reichte seinem Bruder dann die Hand, um ihm auch aus dem Lift zu helfen. „Tofu, Tofu, Tofu...“, summte dieser fröhlich vor sich hin. Die Bediensteten waren heute alle in der anderen Küche. Hier, im Hinterhaus, wurde eigentlich nur bei großen Feiern gekocht. Außerdem wurde hier der Großteil der gefrorenen Sachen gelagert, weil es hier eine Rampe gab, an der große Trucks andocken und Waren anliefern konnten und sie brauchten immer viel Essen, denn immerhin hatten sie immer viel Besuch. Ihr Vater kannte auch sehr viele Leute, die alle viel Geschäftliches mit ihm klären wollten.

Amicelli wusste nicht genau, worum es bei den Geschäften ihres Vaters ging, aber er meinte, wenn sie beide alt genug wären, würden sie es von allein verstehen. Immerhin wusste Amicelli genug um zu verstehen, dass er nicht mit Polizisten reden durfte, wenn er sie nicht schon mal auf einer der Feiern gesehen hatte. Polizisten waren hinderlich für ihren Vater, weil sie seine Waren oft beschlagnahmen wollten.

Die Gedanken daran verdrängend, öffnete Amicelli den Kühlschrank und suchte das reichlich gefüllte Innere ab nach dem Tofu, dass wie immer aufs oberste Fach, ganz nach hintern verbannt worden war. Hinter ihm holte Xanxus frische Kartoffeln aus der Speisekammer, die zum Zerbersten vollgestopft war mit allerhand Zeugs. Dann brauchten sie nur noch etwas Leckeres, was gut zum Tofu und den Kartoffeln passte... Nachdenklich blickte er sich um, er war sich sicher, dass er irgendwo hier einen frischen Bottich mit Sauerkraut gesehen hatte. Er wollte schon immer mal wissen, wie das wohl schmecken mochte.

Tatsächlich sah er den Bottich nicht mehr, aber während er das Zimmer durchsuchte, stieg ihm ein. Ihm unbekannter, Geruch in die Nase. Er folgte ihm, bis zu einer weiteren Tür und fand dort drin das gesuchte Fass, auf dem groß. „Echtes Spreewälder Sauerkraut“ stand. Amicelli wusste nicht, was das bedeutete. Die Sprache war ihm fremd, aber er Sauerkraut kannte er. Also öffnete er den Bottich, schöpfte sich davon etwas ab und tat es vorerst in eine Schüssel, die er, nachdem sie voll war auf dem Tisch abstellte.

Xanxus hatte in der Zwischenzeit die Kartoffeln geschält. Er war noch nicht ganz fertig, aber Mice beschloss ihm zu helfen und holte einen großen Topf aus dem Schrank, den er mit Wasser füllte und schon mal auf den Herd hievte. Der Topf war schwer und Amicelli bemerkte, dass er ein wenig wacklig auf dem alten Gitternetz des Gasherdes stand, dachte aber das war nicht weiter schlimm und entzündete daher fachmännisch das Gas, nachdem er die Zufuhr aufgedreht hatte.

Normalerweise kochten sie nur unter der Aufsicht ihrer Lehrerin Fräulein Drosselmeier, aber was konnte beim Kartoffelkochen schon großartig schief gehen? Amicelli war noch zu jung um zu verstehen, dass es einen Grund gab, warum sie nicht alleine in die Küche sollten, dass es immer gefährlich war, egal wie simpel die Aufgaben erschienen und wie oft man sie schon gemacht hatte. Später würde er sich für diese Sorglosigkeit hassen. Später, viel später, würde er begreifen, welchen Einfluss eine kleine Unachtsamkeit, auf das ganze Leben haben konnte. Doch zu diesem Zeitpunkt, waren es nur ein paar gekochte Kartoffeln.

Gut gelaunt wartete Amicelli, bis das Wasser zu blubbern begann und warf dann anschließend die Knollen in ihr heißes Bad. Xanxus stand neben dem Herd und streckte sich um in den Topf sehen zu können, es sah aus wie immer.

„Plop!“, machte Amicelli, immer wenn er eine von den Kartoffeln im Topf versenkte und ließ sich dann von Xanxus eine neue anreichen, die er dann wieder mit einem „Plop!“, im siedenden Wasser versinken ließ. Sein Bruder lachte über die Geräusche die er machte und Amicelli war stolz ihn zum Lachen zu bringen. Nicht, dass er das nicht regelmäßig tat, aber es machte ihm immer wieder Freude.

Erneut griff er nach einer von den Kartoffeln und ließ sie von oben in den Topf platschen. Das Wasser spritze leicht und ein kurzer Schmerz durchzuckte seine Hand, als ein paar der Tropfen seine Hand streiften. Wegen des Schmerzes zog er sie ruckartig zurück und stieß dabei leicht den Topf an, der zu wackeln begann. Noch während Amicelli die leicht verbrühte Hand an seinen Körper zog, rutschte der Topf auf einer Seite von dem Gasgitter, was zur Folge hatte, dass er sich leicht nach vorne neigte. Amicelli sah noch, wie das Wasser heftig schwappte und die Gasflamme löschte, bevor er vollends umkippte und die bereits geschälten Kartoffeln, sowie das blubbernde Wasser, sich über dem Jungen ergossen, der aussah, wie er selbst.

Xanxus schrie zuerst nicht einmal, er keuchte nur verwirrt, als er auf das Wasser starrte, dass an seinem Körper herunter rann und rote Schlieren hinterließ, die überall auf seinem Körper aufflammten wie bei einem Waldbrand. Einige unendlich lange Sekunden vergingen, bis Xanxus endlich schrie, so laut schrie, dass man es durch den ganzen Raum hören konnte, wahrscheinlich sogar, durch das ganze Haus. Panisch hielt Amicelli seinem Bruder den Mund zu während heiße Tränen über dessen Gesicht rannen.

Er wand sich.

Er schrie.

Und die nackte Panik machte sich auf seinen Zügen breit. Verzweifelt versuchte er aus seinen Klamotten rauszukommen, die angeheizt vom heißen Wasser gegen seine verbrühte Haut drückte. Amicelli ließ ihn nicht los. Dämpfte seinen Schrei und überlegte fieberhaft was er tun konnte. Seine Eltern durften nicht sehen, dass er so einen dusseligen Fehler gemacht hatte, sicherlich würde er Ärger bekommen. Er musste nur irgendwas machen, damit Xanxus ruhig werden konnte, es war ja nur Wasser.

Sein Atem ging schnell und schwer und er blickte sich ein wenig panisch im Raum um. Hörte er da Schritte? „Ich weiß... Es ist heiß Xanxus. Pass auf! Ich bring dich ins Kühlhaus, und da bleibst du ne Weile. Da drin ist’s kalt. Da kannst du abkühlen und ich hol dich dann später ab.“, erklärte er, während er Xanxus zu der großen Eisentür brachte und diese dann öffnete. Kalte Luft schlug ihm entgegen und er hoffte, dass sie auch Xanxus gut tun würde. Gegen Hitze half Kälte, nicht? Das war ganz einfach. Er half Xanxus, der ganz erschöpft und schlaff, aber auch ängstlich wirkte sich hinzusetzen und kniete sich dann vor ihn. „Ich lenk die Köche ab und das Kindermädchen und dann komm ich zurück um dich zu holen.“, versprach er. „Es ist doch schon wieder besser nicht? Es ist schon wieder kalt.“, meinte er leise und sah Xanxus schwach nicken, dennoch rannen Tränen seine Wangen hinunter und sein ganzer Körper wehrte sich gegen die Hitze, die in seinen Kleidern und auf seiner Haut lauerte.

In der Küche wurden die Stimmen lauter und Amicelli warf einen letzten Blick auf Xanxus, bevor er die Hand vom Mund seines Bruders löste und zurück zur Tür ging, diese hinter sich schloss. In diesem Augenblick kamen zwei Köche in die Küche und betrachteten den umgestürzten Kartoffeltopf etwas überrascht, dann besorgt, bis einer von ihnen Amicelli erblickte. „Hast du wieder Unsinn gemacht?“, fragte eine der Frauen und schüttelte ihren Kopf, während sie seufzte.

Amicelli schüttelte heftig seinen Kopf und trat schnell von der Tür des Kühlraums fort um die Aufmerksamkeit nicht auch noch darauf zu lenken. Seinem Bruder würde es sicher besser gehen, wenn er erst mal kalt war und dann würde keiner von ihnen Ärger bekommen, weil sie ohne Aufpasser in der Küche waren. So ein kleines Missgeschick konnte doch jedem Mal passieren, aber ihre Eltern waren so streng und so spießig...

Seufzend hob die Köchin den umgestürzten Topf hoch und stellte ihn auf die Ablageplatte der Spüle, sie arbeitet schon recht lange hier, deshalb wusste sie, dass die beiden Jungen immer nur Unsinn im Kopf hatten. Ein Grund mehr für ihn, super unauffällig zu sein. Amicelli ging schnell zu ihr hin und half der Köchin, die klobig geschnittenen Kartoffeln einzusammeln, die sich quer über den Boden verteilt hatten.

„Also Mice, sag Tante Dantia doch mal, was du hier suchst. Wenn du Hunger hast hättest du doch einfach fragen können, du kleiner Satansbraten.“ Amicelli brachte es einfach nicht über sich, in dass neugierige Gesicht der weißblonden Frau zu blicken und konzentrierte sich deshalb voll und ganz aufs Einsammeln.

„Ich wollte ausprobieren, was du uns beigebracht hast, Tante Dantia. Ich wollte Mama und Papa überraschen.“, erklärte Amicelli und setzte sein unschuldigstes Lächeln auf. Die hellhaarige Frau seufzte leise, dann lachte sie und schüttelte den Kopf. „Das nächste Mal fragst du mich. Ich sag deinen Eltern auch nicht, das ich geholfen habe.“, meinte sie sanft und zwinkerte den Dunkelhaarigen an. „Du weißt, dass da viel passieren kann. Du hättest dich schlimm verbrennen können, mit dem kochenden Wasser.“, sie betrachtete den Jungen, der nur ein paar rote Flecken vom Spritzwasser an der Hand hatte von oben bis unten und seufzte erleichtert, als sie nichts feststellen konnte. „Geh jetzt auf dein Zimmer. Ich mach das hier sauber. Dein Kindermädchen hat dich schon vermisst.“. Damit legte sie dem Jungen beide Hände auf die Schultern und schob ihn sehr bestimmt zur Küchentür hinaus.

Ein Gefühl geballten Unwohlseins breitete sich in Amicelli aus, als er die Flure der Villa zu seinem Zimmer ging, beschienen vom Sonnenlicht, dass durch die Fenster drang. Konnte er seinen Bruder einfach so zurück lassen? War es nicht vielleicht gefährlich? Er wusste es nicht, nein, er wusste es wirklich nicht...

Ihm war nicht klar, wie kalt es war, oder wie sehr es schmerzte. Nicht einmal im Entferntesten konnte er sich vorstellen, wie ängstlich sein Bruder in der Kammer wartete und wartete, während seine Körpertemperatur immer mehr sank und das Wasser auf seiner Haut zu Eis wurde. Wie sollte so ein kleiner Junge denn auch wissen, was Kälte mit einem anstellen konnte, wenn er selber nie lange genug im Schnee gewesen war, um sich überhaupt erkälten zu können?

Amicelli hatte keine Ahnung was Xanxus an diesem Tag angetan hatte und so war es ihm auch lange Zeit unbegreiflich, warum sein Bruder ihn nicht mehr ansehen konnte, ohne dass seine Augen getränkt waren vor Hass und dem Schatten der Einsamkeit, der sich in der kalten Kammer, in seine Augen gefressen hatte...
 

Tsuna blickte Giotto an, ein wenig verblüfft, ein wenig verstört und ein wenig erschüttert von der Geschichte die er ihm erzählt hatte. Die Neugier hatte ihn heute gepackt, als er von der Theaterprobe heimgekommen war und Amicelli und Xanxus wiedermal streitend vorgefunden hatte. Heimlich, still und leise hatte er sich an ihnen vorbei in die Küche geschlichen, wo Giotto mit einem Pudding redete. Er lobte seine schöne Form und Farbe und wie zierlich er wackelte, wenn man ihn anstupste. Ein wenig pikiert hatte Tsuna sich geräuspert und sich zu ihm gesetzt, natürlich war es Giotto in keinster Weiser peinlich gewesen. Sie hatten sich etwas unterhalten und weil die Gelegenheit es so angeboten hatte, hatte Tsuna gefragt, ob die beiden Brüder sich schon immer gehasst hatten.

Die Antwort die er bekommen hatte, hatte ihn ein wenig aus der Bahn geworfen.

„Nun... dann war es ein Unfall...“ sagte er etwas stockend und blickte seinen Gegenüber stirnrunzelnd an.

„Aber ein Unfall mit Folgen, seit diesem Tag hatten die beiden sich voneinander entfernt und mit der Zeit sammelten sich immer und immer mehr Sachen an, die die beiden aneinander hassen. Wie ein Schüssel Puddingpulver, die zu einem wunderschönen Pudding anschwillt.“ erklärte Giotto mit überzeugter Stimme.

Sein Vergleich hinkte irgendwie, aber vielleicht lag das auch nur an Tsuna.

„Ja… Ein Pudding.. der immer mehr anschwillt.“, meinte er dennoch bestätigend und erntete ein breites Grinsen, während Giotto sich den Rest des mittlerweile vierten Puddings in den Mund schob. „Gibt es denn keine Möglichkeit, wie sie sich wieder vertragen können?“, fragte Tsuna ernst weiter und wiegte den Kopf leicht hin und her, während er versuchte seine grauen Zellen anzustrengen. „Ich fürchte nicht, nein. Da ist so viel Hass angestaut und aufgebaut, dagegen ist kein Kraut gewachsen und kein Pudding gerüstet.“, sagte der blonde Mann und leckte den Löffel sauber. „Es gab schon viele Versuche sie wieder zu versöhnen, doch es geht nicht und seit Amicelli mit mir zusammen ist, da führt überhaupt kein Weg mehr dahin, fürchte ich.“, erklärte er bedauernd. „Xanxus gibt Mice an allem die Schuld, egal ob es ein Unfall war oder nicht.“

„Da kann man wohl nichts machen.“ seufzte Tsuna ein wenig resignierend. Das ständige Gestreite und Gezicke ging ihm auf den Wecker, eine Möglichkeit sie abzustellen fiel ihm jedoch auch nicht ein. Immerhin war er keine Fee die Wunder vollbringen und Wünsche erfüllen konnte. Kennen tat er auch keine, selbst wenn Mukuro sich manchmal ein wenig wie eine „Fairy“ benahm...

„Am besten lernst du einfach es zu ignorieren, also ich esse immer einen Pudding wenn sie anfangen zu streiten.“ sagte Giotto und setzte eine erste Miene auf. „Streiten ist die einzige Form von Konversation die sie beide kennen, versuch dich einfach nicht da einzumischen, sonst bekommst du nur ein blaues Auge.“

Und wie zur Bestätigung flog ein Handy durch den Flur in die Küche und zerschellte auf dem Boden, gefolgt von einem lauten: „Amicelli, du verfickter Wichser!“

Tsuna seufzte noch einmal, blickte dann zu dem Pudding, den Giotto verführerisch in die Luft hielt und beschloss es seinem älteren Mitschüler gleichzutun und auch einen zu essen, während er den Schimpftiraden der beiden Streithähne zuhörte. Er wusste nicht einmal worum es ging, aber im Wohnzimmer flogen die Fetzen, als wäre der jeweils andere für den Weltuntergang zuständig.

Giotto schien ihm die Frage von der Stirn abzulesen und sagte unbekümmert: „Sie konnten sich nicht einigen welchen Fernsehsender sie schauen und dann hat Xanxus ein paar recht uncharmante Dinge gesagt, die sein Interesse an der Damenwelt betreffen.“. Giotto ließ zwischen den letzten paar Worten ein paar Bedeutungsschwangere Pausen in denen er, ganz offensichtlich, überlegte wie er es am besten ausdrückte, so dass es möglichst missverständlich klang. Tsuna konnte sich aber nicht denken, was er vor ihm verbergen wollte.

„Oh.“ sagte Tsuna schlicht, er hatte des Öfteren mitbekommen wie Xanxus derartige Äußerungen von sich gab. Besonders der Tag an dem er Amicelli vorwarf ein „Puddingficker“ zu sein, würde Tsuna noch längere Zeit in Erinnerung bleiben. Yamamoto, Gokudera und er hatten sogar ein kleines Spiel laufen, das da hieß: Wer sammelt die meisten Made-By-Xanxus Schimpfwörter. Bisher war Tsuna ungeschlagen an der Spitze, was das eine oder andere über seinen Umgang sagen mochte.

„Naja,“ fuhr Giotto fort. „Und dann hat Mice gesagt, dass er sich das von einem elenden Streifenhörnchen nicht sagen lassen würde und Xanxus hat ihn angeschrien und dann flog eine Fernbedienung und irgendwann war mein köstlicher Pudding fertig und ich hab nicht mehr zugehört.“

„Ich glaub das ist auch besser so. Bei den beiden muss man nicht unbedingt zuhören, man weiß auch so was sie sagen.“, sagte Tsuna resignierend und schenkte Giotto ein kurzes Lächeln. „Trotzdem wäre es viel schöner, wenn sie sich vertragen würden. So wie früher. So, wie du sie beschrieben hast, waren sie richtig süß und zuckrig.“ Kurz überlegte Tsuna. „Aber vielleicht sind Geschwister einfach nicht dazu gemacht, sich zu verstehen, zumindest Zwillinge. Ich kenne noch einen Zwilling der seinen Bruder abgrundtief hasst.“, sagte er deprimierend und das Bild von Belphegor erschien vor seinem geistigen Auge. „Das ist doch traurig. Ich stelle es mir toll vor einen Zwillingsbruder zu haben.“. Tsuna leckte seinen Puddinglöffel genüsslich ab. „Ich mir auch!“, lachte Giotto lauthals und grinste breit. „Einen mit dem man den ganzen Tag Pudding essen kann!“. Tsuna fühlte regelrecht wie Giottos Blick ihn von oben bis unten musterte.

Spontan kam ihm das Bild von sich in den Sinn, wie er aufquellen würde unter der Last der Puddings, bis er selbst aussah wie ein Pudding. Ein Pudding mit Tsuna Geschmack...

Schnell legte er den leeren Puddingbecher und seinen Löffel hin bevor Giotto seinen Gedankengang beenden konnte.

„Äh ich muss noch dringend meinen Text durchgehen.“ haspelte er eifrig, sprang von dem Küchenstuhl und rannte die Treppe hoch. Giotto musste sich gar keine Mühe geben, Tsuna hatte seinen bösartigen Plan durchschaut ihn zu puddifizieren! Hinter sich hörte er ein leises: „Warte Tsuna, ich hab eine Idee!“ Da fiel seine Tür schon ins Schloss.

Nie wieder Pudding!

Nie mehr!
 

Wird fortgesetzt…

18. September

Und noch eins, weil’s so schön war. Wir danken allen Lesern für ihre Treue und Geduld. Viel Spaß beim Lesen.
 


 

18. September
 

„Zum Augenblicke dürft' ich sagen:

Verweile doch, du bist so schön!

Es kann die Spur von meinen Erdetagen

Nicht in Äonen untergehn. –

Im Vorgefühl von solchem hohen Glück

Genieß' ich jetzt den höchsten Augenblick.“

Tsuna sprach seine letzten Worte und sank mit einer EXTREMEN theatralischen Geste nach hinten in den schon vorbereiteten Sarg sinken, der Dank der Bühnentechnik nur wenige Sekunden später im unteren Teil der Aula verschwand und ihn aus dem ganzen geschehen holte. Er hatte es geschafft! Er hatte es hinter sich gebracht. Und er glaubte zumindest, dass er nicht so eine schlechte Figur gemacht hatte. Er hatte seinen Text fast nicht durcheinander gebracht und seine Art zu spielen, schien das Publikum in gewisser Weise überrascht zu haben. Er war froh, dass er die Bühne jetzt verlassen und sie nur zur Verbeugung noch einmal betreten musste. Oben hörte er Mukuro mit dem Chor der Engel debattieren und begab sich zufrieden zur Bühnentreppe, an der Hana schon auf ihn wartete.

„Gute Vorstellung.“ sagte sie schlicht und krempelte die Arme von Gretes Hemd hoch. Sie war überraschend gut gewesen als Grete, wenn sie es auch geschafft hatte Faust ein wenig wie ein kleines Würstchen wirken zu lassen. Trotzdem hatte sie alle eine gute Vorstellung abgeliefert, das Stück war sehr... neuartig ausgelegt, wenn man es so sagen wollte.

„Ja war es wirklich, selbst das Licht hat funktioniert. Das hat es nicht mal bei den Proben!“ wisperte Tsuna aufgeregt und ging mit Hana die Wendeltreppe hoch, damit sie hinter der Bühne beim Vorhang landeten um auf die Stelle für den Applaus zu warten. Vorne auf der Bühne beendete Mukuro grade seine Szene und die vorderen Vorhänge gerieten ins Wackeln, bis sie Schwung nahmen uns sich leise quietschend schlossen. Aus allen Ecken und Enden kamen die Schauspieler und stellten sich schnell in Position bevor der Vorhang erneut aufging. Tsuna spürte wie seine Wangen rot leuchteten als das helle Licht der Scheinwerfer auf sie nieder schien und Beifall aus den Zuschauerreihen quoll.

Sein Herz schlug schnell und aufgeregt, solche Begeisterung hatte er noch nie zuvor gespürt und es war ein unglaublich befriedigendes Gefühl es geschafft zu haben und dafür so viel Lob zu bekommen. Er verneigte sich mit den anderen, die Vorhänge schlossen sich, er verneigte sich nur mit den wichtigeren Schauspielern, die Vorhänge schlossen sich erneut und dann verbeugten sich nur Mukuro, Hana und er ganz alleine. Kleine Freudentränen der Rührung und Erleichterung kitzelten in seinen Augenwinkeln und er blinzelte glücklich, sehen konnte er danke des Scheinwerferlichts eh nicht und als die Vorhänge sich zum letzten Mal schlossen taumelte er trunken vor Glück hinter die Bühne. Sein Bauch fühlte sich an als würde ein Feuerwerk in ihm explodieren und sich in einen Schwarm Schmetterlinge verwandeln. Seine Knie zitterten, seine Stimme war rau vom ganzen sprechen, aber die Freude kannte keine Grenzen. Tsuna fragte sich ob seine Eltern es geschafft hatten herzukommen, wenn nicht würde er ihnen das Videoband schicken, dass sie von der Aufführung gemacht hatten.

Neben ihm lachte Mukuro laut und zufrieden und heute, machte es Tsuna nicht einmal etwas aus.

„Ich wusste du würdest der perfekte Faust sein. Oh Tsuna, Glanz und Gloria über dich!“. Mukuro nahm seinen Lorbeerkranz ab und setzte ihm Tsuna auf, der über diese Ehrung glücklich lachte. „Ich bin zufrieden, mit euch allen!“, posaunte Mukuro heraus und selbst er schien sich eine Träne der Rührung aus den Augenwinkeln zu wischen, bevor er zu einer Gruppe kleinerer Schauspieler lief und sich von ihnen belobigen ließ. Hana hatte Tsuna auch schon allein gelassen und sich zu Kyoko gesellt, die etwas Abseits stand, im kurz zuwinkte und dann Hana umarmte, um sie zu beglückwünschen. Tsuna fragte sich, ob jemand den er kannte die Aufführung gesehen hatte, einer seiner Freunde vielleicht, aber er hatte keine Gelegenheit gehabt einen Blick ins Publikum zu werfen. Er würde sich wohl gedulden müssen. Irgendwie hatte er das Bedürfnis gelobt zu werden. Immerhin war die Aufführung viel besser gelaufen als er es je für möglich gehalten hatte.

Eine kräftige Hand schlug auf seinen Rücken und überrascht stolperte Tsuna ein paar Schritte nach vorn, bis er von der anderen Seite gedrückt wurde und eine Hand durch sein Haar wuschelte. Gokudera und Yamamoto hatten ihn in die Mangel genommen und drückten ihn kumpelhaft.

„Super Leistung, Tsuna! Hahahaha!“ lachte Yamamoto unbekümmert und wurde von Gokudera abgewürgt der ihm ins Wort fiel.

„Wirklich super! Wir hatten gar keine Ahnung, dass du so gut bist! Wow also damit hat sicher niemand gerechnet!“ seine Stimme war voller Feuer und Flamme. Tsuna strahlte etwas schüchtern aber sehr zufrieden mit sich und der Welt. Was ein tolles Gefühl.

Er schwellte die Brust ein bisschen, wenn auch nicht so sehr wie Mukuro und lächelte seine Klassenkameraden an.“Ich hab mir Mühe gegeben. Offenbar hat alles so funktioniert wie es sollte.“, sagte er und lächelte.

Fast drei Wochen hatte er den Text über und über geübt. Selbst auf Toilette hatte er sein Textbuch mitgenommen und in unwichtigen Fächern wie Mathe hatte er auch nur Texte gepaukt. Zwar hatten sie schon eine stark gekürzte Version der beiden Faustteile gespielt, Aber selbst das war extrem viel Text gewesen, besonders wenn man die Hauptrolle spielte. Dank der Souffleuse war er auch kaum über seinen Text gestolpert. Nur zweimal am Anfang hatte er sich verhaspelt, als die Nervosität noch überwogen hatte. „Ihr fandet mich gut?“, fragte Tsuna und wollte ungläubig klingen, aber er hatte das Gefühl das gelang nicht so ganz. Eigentlich wollte er es nur nochmal hören. „Klar, Tsuna! Du warst einfach super!“, rief Gokudera aus und umarmte ihn beglückwünschend. Yamamoto wuschelte nochmals durch sein Haar. „An deiner Leistung gab es absolut nichts auszusetzen.“

„Haha... danke.“ kicherte Tsuna verlegen und beschloss diesen Moment tief in seinem Herzen zu versiegeln, damit er sich immer daran erinnern konnte, wenn es ihm mal nicht so gut ging. Er fühlte sich, als würde er ein paar Zentimeter über den Boden schweben, sein Körper war federleicht und überschwemmt von reiner Ekstase. Aus den Augenwinkeln sah er wie Amicelli und Giotto sich nun auch zu ihm gesellten als sie durch den Hintereingang rausgingen um etwas frische Luft zu schnappen, noch immer im Kostüm.

„Beide Daumen hoch.“ sagte Amicelli schlicht, auf seine etwas verstockte „Ich bin eine Amtsperson hier in der Schule“ Art und Weise. Giotto warf sich ihm einfach um den Hals und knuddelte ihn herzlich durch während er immer wieder wiederholte wie toll die Aufführung gewesen war und wie stolz sie alle auf ihn wären. Tsuna kam sich vor wie in einer anderen Welt.

„Ich denke wir sollten das heute feiern! Mit Cola und Popcorn und jeder Menge Pudding!“, rief Giotto glücklich aus und bemerkte die Blicke nicht, die ihm zugeworfen wurden. „Eine Feier wäre toll.“, sagte Tsuna gerührt und grinste. Ich muss nachher noch beim Aufräumen helfen, aber danach komm ich direkt nach Hause.“, sagte er glücklich. Eine Feier, nur für ihn, ganz allein. Amicelli lächelte ein wenig, gab dann aber mit erhobenen Zeigfinger zu bedenken: „Aber heb nicht ab, sonst wirst du nur noch wie Mukuro. Immer mit dem Kopf in den Wolken.“. Giotto zog die Hand herunter und blickte ihn böse an. Jetzt lass ihm seinen Spaß. Tsuna hat all das Lob verdient. Soll er doch mal ein bisschen auf den Wolken tanzen.“, sagte er fast schon streng und steckte Amicelli die Zunge heraus.

Tsuna spürte bereits wie der Altersdurchschnitt der beiden mit jeder Sekunde plötzlich sank, es konnte sich nur noch um Minuten handeln, bis sie sich kitzelten und an den Haaren ziehen würden. Tsuna beschloss das einzig sinnvolle zu tun und einen taktischen Rückzug einzuschlagen solange er noch konnte.

„Also...“ sagte er leise lachend und ging ein paar Schritte rückwärts. „Ich räum dann schnell auf und wir sehen uns Zuhause.“ sein Strahlen war wie eine kleine Minisonne als er sich umdrehte und wieder ins Innere rannte. Überall kribbelte es wie verrückt und Tsuna wollte seine gute Laune soweit wie möglich auskosten. Die Aula war mittlerweile fast leer und seine Mitschauspieler hatten begonnen aufzuräumen, abgesehen natürlich von Mukuro, der sich irgendwo lobpreisen ließ.

Forsch schnappte Tsuna sich einen Tisch der Requisite und trug ihn in den Raum hinter der Bühne. Er war so extrem glücklich. Er glaubte nicht, dass sein Tag noch irgendwie besser werden konnte. Glücklich summend verließ er den Raum wieder und schnappte sich zwei Stühle die er ebenfalls in den Raum trug. Er würde sich auf jeden Fall die Videoaufzeichnung vom Auftritt kaufen… nur damit er sich selbst mal sehen konnte. Wahrscheinlich würde er sich gar nicht erkennen. Zumindest erschien es ihm ziemlich unwahrscheinlich. Irgendwann in der Mitte des Stücks war er regelrecht Faust geworden. Es beeindruckte ihn noch immer. Noch in Gedanken versunken verließ er den Requsitenraum wieder und schrak heftig zusammen, als ihn plötzlich jemand ansprach. „Na, Krabbe? Du strahlst ja wie ‘ne kleine Sonne.“

„Yiiiiiehhh!“ quiekte Tsuna laut auf und musste lachen, als er erkannte, dass es nur Xanxus war, der ihn da so überrascht hatte. Xanxus sah gut es, extrem gut mit dem weißen Hemd das leicht geöffnet war, so dass man seine Brust sehen konnte und den engen Lederhosen die sich an seine Beine schmiegten. Aufgeregt und ein wenig nervös strich er sich durchs Haar und nickte peinlich berührt. „Ja irgendwie schon, hahaha... du hast... dir die Aufführung angesehen?“

„Klar,“ er steckte seine Hände in seine Hosentaschen und grinste breit. „du denkst doch wohl nicht das lass ich mir verfickt noch mal entgehen, wo ich mir den Text die letzten drei Wochen durch die Zimmerwand anhören durfte.“

Tsuna lachte nervös: „Das.. tut mir leid. Ich dachte ich wäre leise gewesen.“, meinte er entschuldigend und fand das Grinsen auf Xanxus Lippen äußerst unbehaglich. „Unsere Wände sind dünn wie Papier. Man kann praktisch…“ Xanxus legte ganz besondere Betonung auf das nächste Wort und leckte sich dabei ganz kurz über die Lippen. Wahrscheinlich hatte er es selbst nicht bemerkt, aber Tsuna, der bei jedem Wort an seinen Lippen klebte, merkte es ganz genau. „… alles hören.“, endete er und grinste zweideutig, zauberte eine zarte rosa Färbung auf Tsunas Gesicht. „Tut man das?“, fragte er nach und lachte leise. „Oh ja… wenn man sich nicht gerade ein Kissen aufs Gesicht drückt, dann tut man das.“

„Oh...“ sagte Tsuna bedeutungsschwanger und überlegte fieberhaft ob er wohl immer noch laut das aussprach, was er grade in sein Tagebuch schrieb, jedoch war er sich ziemlich sicher, dass er es sich abgewöhnt hatte. Natürlich gab es da noch... andere Aktivitäten bei denen er nicht gehört werden wollte, aber für gewöhnlich war Tsuna schlau genug und machte Musik dabei an. Die sehr clevere Idee hatte er von Squalo der ihm riet „Je T‘aime“ laufen zu lassen, niemand könnte ihn heraushören oder sich denken was er tat. Was so was anging hatte Squalo wirklich den Durchblick.

„Also dann... sollte man vielleicht im Wohnheim mehr Kissen verteilen.“

Xanxus lachte. „Ja da solltest du vielleicht. Ganz dringend sogar. Wenn die beiden Turteltauben von oben loslegen, dann wünschte ich mir immer ich könnte sie mit einem ersticken.“, sagte Xanxus und grinste zweideutig. Immerhin haben sie nur so schrecklich laute Gesellschaftspiele. Tabu und so was.“, fügte er an. Tsuna hasste ihn dafür, dass er genau wusste wie er tickte. Die Röte auf seinen Wangen versteckte sich noch, als er feststellte, dass er an etwas ganz Anderes gedacht hatte.

Er wollte ablenken und verhaspelte sich fast als er fragte: „Wie fandest du das Stück?“. Xanxus lachte. „Ich fand die Besetzung allgemein ziemlich gut. Mukuro hat mal wieder ein gutes Auge für seine Schauspieler gehabt.“

Tsuna nickte eifrig und räumte ein paar Kisten in den Requisitenraum die etwas verloren auf der Bühne rumstanden.

„Er hat uns auch ganz schön gedrillt, aber ich glaub es war die Mühe wert, alles ist ohne Probleme vonstattengegangen und wir haben sogar Beifall bekommen!“ lachte Tsuna aufgeregt und ließ fast die Kiste auf seinen Fuß fallen, sein Kostüm erschwerte das Bewegen wirklich sehr. Nicht nur einmal hatte er sich gefragt, wie man früher solche schweren Fetzen hatte freiwillig anziehen können.

„Chrome hat aber die meiste Arbeit geleistet, sie hat alles organisiert. Die Kostüme, das Bühnenbild, die Bühne, die Auftritte, selbst die Proben.“

„Hab mir schon gedacht das Mukuro sich nicht die Hände schmutzig macht mit solchen Sachen. Er räumt ja auch nicht mit auf.“ Xanxus Stimme war auf einmal so nah, dass Tsuna fast ein bisschen erschrak. Tsuna der sich bemüßigt hatte geschäftig zu wirken, war jäh erstarrt, als Xanxus seine Hände auf die Kiste legte und sie ihm aus der Hand nahm. „Und heute Abend gibt es eine Puddingparty?“, fragte er mit neckendem Unterton und machte sich auf den Weg zu der Kammer. „Ja. Eine Puddingparty. Aber ich glaube ich halte mich an die anderen Snacks. Ich hab mir geschworen nie mehr Pudding zu essen.“, erklärte Tsuna schnell. Und nahm eine weitere Kiste, um nicht nur dumm in der Gegend herumzustehen.

„Nie wieder Pudding? Hast du etwa gesehen wie Giotto sich versucht selbst welchen zu kochen? Da kann einem aber auch wirklich der verfickte Hunger vergehen.“ sinnierte Xanxus ein wenig amüsiert und räumte die Kiste in das oberste Regal, wo er ohne Probleme rankam. Tsuna jedoch schüttelte nur seinen Kopf und machte ein ernstes Gesicht, die Augenbrauen tief ins Gesicht gezogen.

„Nein, ich bin der festen Überzeugung, dass Giotto ein Puddingalien ist. Er ist gekommen um uns alle zu puddifizieren und dann ein Festmahl zu haben. Es ernährt sich praktisch nur von Pudding, es ist die einzig logische Erklärung.“ sein Ton klang dabei als hätte er grade verkündet er plane ein Beerdigungsinstitut auszurauben.

Xanxus blickte ihn einige Minuten lang an dann fing er laut an zu lachen und entlockte Tsuna damit ein kleines Grinsen.

„Dein Humor ist wirklich gut geworden in den letzten paar Monaten. Du hast mit den richtigen Leuten abgehangen, da kann ich dir nur ein Kompliment machen.“, lachte Xanxus lauthals. Tsuna hatte kurz das Gefühl er zog die ganze Aufmerksamkeit auf sie, früher hätte er das unangenehm gefunden, jetzt machte es ihm nichts mehr aus zu wissen im Mittelpunkt zu stehen. Xanxus hatte recht. In den letzten paar Monaten, hatte er sich wirklich sehr verändert. Aus dem verschüchterten, ängstlichen, selbstzweifelnden Tsuna, war jemand geworden, der in einer Theateraufführung die Hauptrolle spielen und dabei noch glänzen und strahlen konnte. Im April hätte er sich so etwas noch nicht einmal erträumen können. Er war nur ein etwas hilfloser Austauschschüler gewesen. „Das hab ich wohl.“, sagte Tsuna und grinste dabei leicht. Er hatte zwar noch nicht das sprühende Selbstbewusstsein eines Squalos oder eines Xanxus, aber er machte große Schritte in die richtige Richtung.

„Hoffentlich kommt die Puddingfresse nur nicht auf die verfickte Idee dämliche Partyspiele zu spielen, die Nummer von deiner Willkommensfeier hat mir zur Genüge gereicht.“ grummelte Xanxus, bei dem Gedanken an „Stift-in-die-Flasche“ verringerte sich seine Laune zusehends. Tsuna lachte unbekümmert und stellte die letzte Kiste, welche die Perücken beinhaltete in das Regal und schloss die Tür des Requisitenraumes hinter sich.

„Wenn er es tut, dann... dann werden wir uns unauffällig entfernten.“ Tsuna hatte ebenfalls keine Lust auf Spiele in der Gruppe. Das letzte Mal Flaschendrehen... nun es hatte einen bleibenden Eindruck hinterlassen. „Bist’n guter Kerl Tsuna. Dass du mich in meinen schändlichen Fluchtplänen unterstützt, dabei wollen Amicelli und Giotto doch nur das Beste für dich.“, Xanxus schnaubte und brach dann in Gelächter aus. „Sie machen einen Trara um dich als seist du der Papst persönlich, dabei bist du auch nur ein normaler Junge mit Bedürfnissen.“. Tsuna war etwas erstaunt. Er hatte Xanxus selten so aufgebracht gesehen, zumindest in einer solchen Weise. Normalerweise schwieg er entweder, oder wurde ausfallend, dieses Mal beschwerte er sich einfach nur. Vielleicht begann er ja ihm zu vertrauen? „Ja, das bin ich wohl. Ich glaube sie stellen zu hohe Ansprüche an mich.“, meinte er sanft.

„Egal,“ grummelte Xanxus etwas genervt als versuche er ein lästiges Insekt mit seinem Tonfall zu vertreiben. „Willst du dich nicht umziehen? Oder ist das dein neuer Look?“ scharfe Zähne blitzen im Licht der Lampen und Tsuna schüttelte eifrig seinen Kopf.

„Nein, nein, natürlich nicht. Gib mir zehn Minuten.“ wehrte er schnell ab und suchte seine Tasche mit den Alltagsklamotten, die er bei den Kisten gelassen hatte, da es keine wirklichen Umkleiden gab und der Requisitenraum dafür missbraucht wurde. Seine Tasche hatte den sehr modernen Müllmannlook, mit einem eleganten Orange und einem Leuchtstreifen, es war eine notwendige Sicherheitsmaßnahme um vor Taschendiebstählen sicher zu sein.

„Weißt du,“ griente Xanxus und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich bin sicher ich würde dich in zwei daraus bekommen.“

Tsuna streckte ihm die Zunge raus. „Danke, ausziehen kann ich schon allein.“

Er grummelte, öffnete die Tür zum Requisitenraum und verschwand darin. Hatte er nur das Gefühl oder wurde Xanxus‘ immer geschmackloser? Seine Scherze waren ja schon immer auf der sexuellen Schiene gefahren, aber in letzter Zeit… wurden es immer mehr und sie wurden auch immer konkreter. Jetzt waren sie schon beim ausziehen: Sicher konnte Tsuna sich bald darauf gefasst machen, dass sie noch ein wenig weiter gingen, das traute er Xanxus ohne weiteres zu, da musste er nicht einmal überlegen. Er streifte die schwere Jacke ab, und auch die enge Weste, die er unter dem Gehrock getragen hatte, dann begann er sein Hemd aufknöpfen. Das hätte Xanxus sicher nicht in zwei Minuten geschafft, bei so vielen Knöpfen; sinnierte Tsuna etwas naiv und begann in seiner Tasche nach der Kleidung zu kramen.

Es war mittlerweile schon recht frisch abends, wenn auch nicht unbedingt kühl, aus diesem Grund hatte Tsuna ein ellenbogenlanges Shirt dabei und eine Jeans. Auf dem Shirt war hinten Squalos Logo und vorne stand „Pin me up!“ es war Tsunas Notfall-Shirt ,das er nur anzog, wenn er nichts anderes mehr zum anziehen hatte. Unglücklicherweise hatte er es nämlich in den letzten Wochen versäumt zu waschen, vor lauter Proben und Textlernerei. Notgedrungen zog er den leuchtend roten Stoffsack über und hüpfte in seine Jeans die er schnellstmöglich schloss, immer schön mit dem Rücken zur Tür. Nicht das er paranoid wäre oder so.

„Es sind schon 12 Minuten.“ zwitscherte Xanxus gutgelaunt durch die Tür und Tsuna zog rasch seine Schuhe an. „Schon fertig! Schon fertig!“

Xanxus betrachtete ihn als er rauskam. Er hatte sich extra in Position gestellt um ihn empfangen zu können, wenn er herauskam. Tsuna sah, dass er den Spruch auf seinem T-Shirt las. Und er las ihn auch ein zweites Mal. Gedanken, nicht jugendfreier Natur schienen sich hinter seiner Stirn zu bilden, doch er schwieg, was Tsuna erstaunte. Eigentlich hatte er einen Spruch der Marke ‚Ist das ein Angebot?‘, erwartet, aber er blieb tatsächlich aus, auch als Tsuna die Tasche schulterte und sich an Xanxus‘ Seite gesellte. „Mit dem Ausziehen, wäre ich trotzdem schneller gewesen.“, beharrte er und grinste breit.“Hat Squalo dich mit seinen Werbeartikeln ausgestattet?“, fragte er beiläufig, wahrscheinlich um die erste Bemerkung untergehen zu lassen.

„Ja...“ ein wenig pikiert dachte Tsuna an die anderen Werbeartikel die er bekommen hatte. Einige von ihnen hatten ein hübsches „Skull Fun House“ Logo drauf, Tsuna hatte von der Marke vorher nie etwas gehört, jetzt kannte er sie ziemlich gut. Squalo ließ seine Doujinshi ebenfalls von der Skull Fun House Group drucken, meinte er würde dort besondere Preise bekommen, da er den Besitzer recht gut kannte. Die meisten Werbegeschenke nahm Tsuna vor lauter Bestürzung nicht an, aber es gab in der Tat lustige Kugelschreiber mit einem kleinen Oktopus in Bondageklamotten hinten drauf die wackelten wenn man sie anstieß. Der Oktopus war das Maskottchen der Skull Fun House Group, sein Name war Oktopussy.

Tsuna hatte sich die Hand gegen den Kopf geknallt als er den Namen das erste Mal gehört hatte.

„Squalo meinte ich würde ihm damit wirklich helfen...“

„Oh, das tust du sicher, das tust du sicher. Und nebenbei lieferst du noch etwas Fanservice. Mittlerweile bist du recht beliebt geworden, nicht nur unter den Doujinshi-Fans.“, sagte Xanxus grinsend. Vielleicht bildete Tsuna es sich nur ein, aber auf seinen Lippen stand geschrieben: Ich besitze jeden Einzelnen. Er könnte nicht verstehen warum. „Na dann hoffe ich, es sind keine von den schlimmen Doujinshis.“, sagte er zurückhaltend. Squalo würde ja hoffentlich so viel Takt besitzen, seine Freunde nicht in so extremen Posen zu zeichnen ohne sie vorher zu fragen, oder? Sicher zeichnete er auch ein wenig nettere Sachen. Dennoch lachte Xanxus lauthals. „Klar sie sind nicht so schlimm, total ästhetisch und so. Squalo kann das richtig gut, wenn er will.“

Ein kleiner Schatten zog über Tsunas Gesicht, hin und hergerissen was er tun sollte, entschied er sich Xanxus in die Seite zu knuffen, anstatt ihm auf den Fuß zu treten.

„Nur dass du es weißt, du bist unmöglich.“ rügte Tsuna ihn und grummelte leicht. Xanxus war einfach schrecklich manchmal. Und das schlimmste war, dass er das ganz genau wusste und es trotzdem machte!

„Das ist doch das Charmante an mir.“ Xanxus machte einen gelösten Eindruck, so wie er lachte, schien er heute wirklich mal gut drauf zu sein. Solche Tage waren wertvoll, immerhin kamen sie deutlich seltener vor als die Schlechten.

„Sag mal Xanxus...“ begann er, nicht sicher wie er seine Frage formulieren sollte. „Ist dir das nicht peinlich? ... Dass Squalo dich so zeichnet mein ich...“

Xanxus lachte. „Ich hab doch nichts, was mir peinlich sein müsste. Du hast das Bild doch gesehen, im Kunstsaal, oder nicht`? Squalo hat es dir sicher ganz stolz gezeigt und dir gesagt dass es Originalgröße ist. Außerdem bin ich nicht so spießig wie Puddingfresse oder Stockimarsch. Mir macht es Spaß die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, besonders wenn sie dann von diesen beiden Pappnasen abgelenkt ist.“, erklärte Xanxus gut gelaunt. „Dir sollte es auch nicht peinlich sein. Immerhin ist es fast schon ‘ne Ehre. Squalo zeichnet nicht jeden. Nur die, die ihm gut gefallen.“. Tsuna war dennoch pikiert. Er konnte mit sowas einfach nicht so locker umgehen wie Xanxus. „Mit wem… werde ich denn so gezeichnet?“, fragte er Interesse halber.

„Viel mit Giotto.“ fing Xanxus an aufzuzählen und ein amüsiertes Grinsen zierte seine Lippen, als konnte er sich etwas Abstruseres kaum vorstellen. „Und mit Mukuro.“

Tsunas Lippen kam ein entsetzter Schrei und er starrte Xanxus mit offenem Mund an.

„Mit Mukuro?! MIT MUKURO?!?!“ Es war die Antwort mit der Tsuna in tausend Jahren nicht gerechnet hätte. Ausgerechnet mit Mukuro... das war so... er dachte an den überdramatischen jungen Mann mit der Glitzerfunkelaura und dem Selbstbild eines Gottes... es war demütigend. Als würde er jemals... ausgerechnet Mukuro...

„Und natürlich mit diesem Schönling von Schwimmklubmanager. Der mit dem Windhaar, wie hieß er noch gleich? Tibari oder so. Auch öfters mit beiden zusammen.“

Tränen quollen aus Tsunas Augen, er presste sich beide Hände auf die Ohren und sah aus als hätte er einen schweren Schockzustand erlitten.

Xanxus grinste wissend. „Aber das ist nur der kleinste Teil. Ein paar Ausnahmen aus Fanservice Gründen. Die meisten Doujinshis die so umherfliegen sind mit einer bestimmten Person: ich freu mich immer wenn ich einen in die Finger bekomme, muss ich gestehen.“. Tsuna wusste nicht genau, ob er das hören wollte oder nicht. Er hatte die Hände noch immer auf die Ohren gepresst, während er Xanxus, dadurch gedämpft sprechen hörte. Es machte ihn nervös und irgendwie hatte er im Gefühl dass die Antwort weder Chrome noch Kyoko lauten würde. „Der mit dem du am meisten zusammengebracht wirst…“ Tsuna presste sich die Hände auf die Ohren und begann zu summen. Er hörte nichts, absolut gar nichts und nahm die Hände erst wieder weg, als der gedämpfte Klang von Xanxus Stimme ganz verklungen war. Gott sei Dank.

Mit rotem Gesicht räusperte er sich und warf Xanxus einen bösen Blick zu.

„Das will ich gar nicht wissen.“ sagte er eingeschnappt und beschleunigte seine Schritte, Xanxus lachte nur amüsiert und legte den Arm um ihn. Egal was die Antwort war, Tsuna wollte nicht wissen zu wem Xanxus sich einen runterholte, dafür wohnten sie einfach zu nah nebeneinander und wahrscheinlich könnte er diesen ominösen Partner aus den Doujis nie wieder ins Gesicht sehen. Am Ende war es noch Fräulein Oregano, das wäre schrecklich, nicht in Worte zu fassen schrecklich.

„Warum ärgerst du mich nur so gerne?“ fragte Tsuna und klang ein wenig eingeschnappt, auch wenn er es sich nicht wirklich zu Herzen nahm.

„Weil du dich ärgern lässt, Tsunalein, weil du dich ärgern lässt.“, sagte er amüsiert und zog Tsuna ein Stück zu sich. Und weil ich es mag wenn du dein Krabbenrot aufgesetzt hast. Das gibt dir so einen niedlichen Touch, Krabbe.“. Tsuna rammte ihm, unverschämter Weise den Ellenbogen in die Rippen. „Sag sowas nicht. Du machst mich ganz verlegen.“, grummelte er leise und blickte zu Boden. Xanxus war wirklich unmöglich. „Vielleicht solltest du Squalo mal fragen, ob er dir einen gibt: ich wette du fändest ihn hoch interessant. Davon kannst du noch viel lernen, Tsuna.“, meinte Xanxus und seine Finger strichen sanft über seine Schulter. Es bereitete ihm eine Gänsehaut.

„Ja,ja und jetzt hör auf mich zu ärgern, ich weiß schon wie das mit den Blumen und Bienen geht und den Blumen und Blumen und den Bienen und Bienen. Dank Squalo weiß ich sogar wie das mit den Blumen, den Bienen und den Blumenbienen geht. Nicht zu vergessen die Bienenblumen. Und den Rankengewächsen. Ganz besonders die Rankengewächse.“

Xanxus pfiff anerkennend durch die Zähne.

„Da schwillt meine Brust ja richtig vor verficktem Stolz. Der kleine Tsuna ist ein richtiger Mann geworden, oder zumindest ein Männlein.“ Tsuna ließ sich nicht noch weiter ärgern und zog seinen Schlüssel aus der Tasche.

„Ja da siehst du es mal, ich bin erstaunlich.“

„Und ein schneller Lerner bist du außerdem.“, Xanxus sah ein bisschen stolz aus, als Tsuna die Tür aufschloss und von der feiernden Meute stürmisch empfangen wurde. Tsuna hörte von irgendwo ein „Auf unseren großartigen Faust!“ und fühlte sich wieder ein bisschen über den Boden schweben. Heute war einfach ein großartiger Tag. Ein wundervoller, perfekter und erfolgreicher Tag und das Xanxus ihn ein bisschen neckte, das stieß ihm eigentlich gar nicht so bitter auf, wie er immer tat. Eigentlich fand er es ganz unterhaltsam. Gefolgt von seinem Begleiter betrat er das Wohnzimmer, das zwar nicht groß dekoriert war, aber dafür ein reichhaltiges Angebot an (vegetarischen) Speisen und Pudding eröffnete.

Es sollte eine gute Nacht werden, mit viel Lachen, viel Essen und auch ein paar Partyspielen. Die Musik war lustig und leicht, die Stimmung durchweg hoch und die ganze Zeit über fühlte Tsuna sich ein bisschen wie der König der Welt. Für heute Abend, war er es auch. Er ließ sich feiern, ließ sich gehen und als Mitternacht anbrach und der Zauber noch immer nicht gebrochen war, feierte er noch etwas mehr. Die Nacht war jung, das Leben war leicht und manchmal, da fiel einem die Glückseligkeit einfach in den Schoß. Und wenn das geschah?

Na, dann hielt man sie fest, trank etwas Cola und bot ihr was vom Käseigel an, denn geteilte Freude, war doppelte Freude.
 

Wird fortgesetzt….

21. September

Hallo liebe Leser. Wir bedanken uns für die zahlreichen Kommentare der letzten beiden Kapitel und beglücken euch deswegen schon wieder mit einem Neuen. Für dieses hier ist allerdings eine ernsthafte Altersempfehlung auszusprechen. Es ist definitiv ab 16. Keine Sorge nichts schlimmes, aber beschwert euch nicht wenn wir euch verderben. =D
 

21. September
 

In dem Moment, in dem Squalo ihn am Arm packte und nach der Schule aus dem Klassenzimmer zog, nachdem er seine Sachen in seine Tasche gestopft hatte, ahnte Tsuna, dass etwas faul war. Es stand auf Squalos feixenden Zügen und in der Art, wie er ihn nötigte eines seiner Werbeshirts anzuziehen. Das Bild einer Banane und zwei Pflaumen die in einer Milchpfütze lagen und oben drüber prangte ein „Fruity enough?“ in gut sichtbaren Lettern. Tsuna ersparte es sich zu protestieren und betrachtete das Shirt nur mit einem Gesichtsausdruck als würde es verlangen seine Seele fressen zu dürfen.

„Lass mich raten, auf den Frauenshirts ist ein gespaltener Pfirsich abgebildet.“ sagte er mit extra viel Lustlosigkeit in seiner Stimme, Squalos gute Laune ließ sich davon jedoch nicht vertreiben und er zog Tsuna nur einfach weiter mit sich.

Umso mehr erstaunte es ihn, als er ihn in dem Raum des Schülerrates zog. Der Schülerrat und Squalo? Die waren sich doch nicht grün. Nicht einmal ansatzweise. Immerhin war Giotto hier der Boss. „Da sind wir! VOOOI!“, platzte es aus Squalo heraus, als er den Raum betrat und die Schiebetür hinter sich zugeknallt hatte. Endlich ließ er Tsunas Arm los und ihm wurde die Möglichkeit geboten sich umzusehen. Der Schülerraum war leer, bis auf eine Gestalt am Fenster, die Tsuna nachdem sie aus den Schatten getreten war, als Daniela identifizieren konnte. Sie lächelte sanft und die Blumen, auf ihrer Wange schienen dabei größer zu werden und aufzublühen. „Heute lasse ich dir keine Chance, Tsuna. Du wirst nicht noch einmal die Nachhilfe schwänzen.“, meinte sie gelassen und trat auf sie zu. Ihre Stimme war regelrecht bestimmend, so, dass man keinen Widerstand leisten wollte. Tsuna lief ein kalter Schauer über den Rücken.

„Äh aber... Daniela...“ begann er etwas stockend und versuchte ihrem bohrenden Blick auszuweichen. Auf Nachhilfe hatte er heute wirklich keine Lust, schon allein weil keine Arbeiten anstanden und ihm die Motivation fehlte sich aufzuraffen und sie hatte Squalo angestiftet um ihn herzuholen?! Tsuna war schwer enttäuscht, Squalo ließ sich wirklich für alles kaufen, wenn er nur genügend Geld dafür bekam. Wo war seine Ehre? Wo seine Nächstenliebe?!

Ah stimmt ja, er besaß weder das eine noch das andere.

„Nun dafür hab ich ihn nicht hergebracht, VOOOOOIIIIIIII!“ verkündete Squalo mit ekelhaft guter Laune und drückte Daniela ein Shirt in die Hand. „Ihr habt das große Vergnügen den einzigartigen, fantastischen Squaldini auf eine Reise ins Wi-Wa-Wunderlander zu begleiten. Ein verfickter Ort der Freuden und Entzückungen!“

Daniela schien ihm gar nicht zuzuhören und starrte nur stumm auf das Shirt.

Tsuna sah den gespaltenen Pfirsich, Danielas angeekeltes Gesicht und Squalos Grinsen, der keine Widerrede duldete, sich das Shirt schnappte und es Daniela mehr oder weniger gegen ihren Willen über den Kopf zog. „Ich brauche euch beide. Für eine kleine Werbetour.“, meinte er zufrieden grinsend und hakte sich bei Daniela ein. „Mein Verleger möchte mal ein paar meiner Modelle kennenlernen.“, verkündete er und nahm auch Tsuna an den Haken. Etwas umständlich schob er sie alle aus der Tür und ging breit grinsend den Schulflur entlang. „Ihr seid meine beliebtesten Opf… VOOOOI! ich meine Kunstobjekte. Da dachte ich, ich nehme euch mit.“, meinte er zufrieden. Tsuna glaubte sich gerade verhört zu haben…Er hatte nicht einmal gewusst dass auch Daniela ihm das okay gegeben hatte, sie zu verwenden… andererseits… hatte Tsuna das auch nicht.

„Du willst mich wohl veraschen.“ blaffte Daniela ihn fassungslos an, viel vulgärer als sie sich sonst ausdrücken würde. Die Sache schien sie mindestens genauso zu begeistern wie Tsuna, wenn nicht sogar noch mehr. Tsuna fragte sich gar nicht, wieso Squalo ausgerechnet die stolze und rechtschaffende Daniela ausgesucht hatte, immerhin waren die Argumente dafür offensichtlich, sie war hübsch, sehr hübsch sogar und verfügte über eine nette Oberweite. Für einen Hentai Douji hatte sie damit alle Voraussetzungen erfüllt.

„Nein nicht im Geringsten, mein verfickter Verleger meinte ich soll mitbringen wen ich will und ihr seid abgefuckt großartig geeignet, VOOOOI!“ Irgendwie hatte Tsuna so seine berechtigten Zweifel daran. Squalos Sicht der Dinge unterschied sich von seiner gewaltig.

„Und was sollen wir da?“ fragte Tsuna etwas schockiert, er wusste nicht, wie Squalos Verleger war... aber wenn man Squalos Zeug gut fand, musste man auf gewisse Weise gestört sein...

„Nur ‘n bisschen rumstehen und gut aussehen, ganz einfach. Macht ein bisschen Werbung für mich und sagt wie stolz ihr seid in meinen Doujins vorzukommen dass es Qualitätsarbeit ist oder so was. Ihr könnt mich auch ein bisschen loben: das man gut mit mir arbeiten kann oder so etwas. Ich bin ja ‘ne verfickt umgängliche Person.“, meinte Squalo und klang erschreckenderweise sehr überzeugt von dem was er da sagte. Sein Selbstbild musste noch viel falscher sein, als Tsuna es je erwartet hätte. „Aber ich hab nie… freiwillig mit dir zusammengearbeitet… zumindest nicht das ich wüsste, du hast mich einfach genommen… ohne zu fragen.“, meinte er etwas schüchtern, aber dennoch mit fester Stimme. Immerhin war das eine Beschwerde.

Squalo blickte ihn an, als ob er grade erklärt hätte er wäre in Wirklichkeit der Teufel und sei auf die Erde gekommen um sein Haar zu blondieren, ein paar Mädels aufzureißen und eine schwarze Lilie aus dem Garten Eden zu klauen. Jedoch meinte Tsuna es vollkommen ernst, immerhin HATTE Squalo ihn nie gefragt, er war nie einen Vertrag eingegangen und mündlich hatte er es ihm auch nie gestattet!

„Tsuna, wir sind Kumpel oder, Voooooi?!“ fragte Squalo in einem Tonfall der nichts anderes als eine Bestätigung zuließ. Tsuna überlegte angestrengt ob man ihm daraus einen Strick drehen konnte, aber ihm fiel nicht ein, wie das möglich sein sollte.

„Nun... ja... ja schon...“ gab er nach einigen Minuten irritiert zu.

„Siehst du! Also ist 'ne abgemachte Sache! Du könntest mir einfach mal Modell sitzen.“ fuhr er weiter fort und irgendwo hörte man ein nahes Grollen eines Gewitters. „Dann kann ich deine verfickten Maße besser einschätzen und muss mich nicht auf die abgefuckten Eindrücke aus der Dusche verlassen, voooooi!“

„Modell sitzen? Du meinst wie… wie… wie Xanxus!?“. Tsuna war entsetzt und hielt sich die Hand vor den Mund, während er an das Bild im Kunstsaal dachte. Das könnte er nie, niemals… und dann würde Squalo seine Bilder stolz anderen zeigen und g9rinsen, so wie er es bei Xanxus Bild getan hatte. Nein, nein, nein! Auf keinen Fall! Auch wenn er innerlich sehr aufgebracht war, kam über seine Lippen nur ein leises… „Ich würde es schätzen, wenn... du aufhören würdest.“, sein leiser Protest entrang Squalo aber nur eines seiner nervigen, lauten, Lachen. „Klar! Ich hör auf. Is ja nicht so als würdest du dich am besten verkaufen. Jetzt wo ich den richtigen Partner für dich gefunden habe.“, lachte Squalo und grinste breit. „Den Gedanken kannst du mal schön wieder beiseiteschieben. Absolut unmöglich.“

Tsuna ließ enttäuscht den Kopf hängen und verabschiedete seine naive Hoffnung, die auf einen Sprung vorbeigekommen um mal Hallo zu sagen und zu melden, dass sie, in der Tat, noch nicht vollständig tot war. Das aufmunternde Klopfen dass Squalo ihm laut lachend spendete war nicht wirklich eine Hilfe, vielmehr hatte er das Gefühl man würde sich über ihn lustig machen.

„Dann möchte ich...“ fing Tsuna an und kämpfe mit sich selbst. Er und Giotto hatten darüber gesprochen und er fand Squalo sollte von dieser eklatanten Marktlücke erfahren die er da schuf. „Wenn du mich einfach so missbrauchst, will ich zumindest nicht immer so... passiv sein.“ Seine Stimme klang nervös und beschämt, immerhin war er es auch. Squalo sah ihn verdutzt an, einige Zahnräder in seinem Kopf klapperten, dann machte es Klick.

„Super Seme Tsuna - Special Edition! Bwhahaahahahahahahah!“ Kleine Lachtränen bildeten sich in seinen Augen und er bracht in so schallendes Gelächter aus, dass Tsuna für einen Augenblick dachte, er würde sein Gehör verlieren.

„Das ist nicht zu lachen, ich mein das ernst. Ich hatte ein sehr ernsthaftes Gespräch darüber mit Gi- einer sehr ernstzunehmenden Person, die das versteht. Ich bin ein Mann!“ informierte Tsuna ihn und klang dabei ein wenig wie ein empörtes Meerschwein.

Squalo lachte und lachte und lachte und es schien als wolle er gar nicht mehr aufhören bis Daniela ihm einen harten Schlag auf den Hinterkopf verpasste. „Jetzt hör verdammt nochmal auf, das ist ja nicht zum aushalten. Du kannst es dem Kleinen nicht übel nehmen, das er etwas mehr Ehre verlangt, so wie du ihn verunstaltest, teilweise. Das ist doch schon nicht mehr schön.“, grummelte sie genervt und entzog ihren Arm jetzt endlich Squalos Haken. Tsuna war froh, dass er aufhörte zu lachen und sich stattdessen den Kopf rieb. „Du verstehst auch echt keinen Spaß.“, murmelte Squalo geschlagen und blickte sie genervt an. „Tja. Hättest du mich nicht mitgenommen. Du bist selbst schuld, meinte sie schulterzuckend und stolzierte neben ihnen her.

„Keine Chance, Vooooooi! Ich schwör verfickt nochmal, das wird euch gefallen, das Hauptgeschäft ist super krass. Da gibt es jeden noch so abgefuckten Scheiß den man sich vorstellen kann!“ verkündete Squalo mit stolz geschwellter Brust und plötzlich wusste Tsuna zu welchem Laden sie gingen. Er lag vor ihnen, vielleicht noch fünfhundert Meter entfernt und stach aus den anderen Gebäuden hervor wie ein Pfau im Hühnerstall. Das Gebäude war erst einmal lila, knalllila mit schwarzen Streifen. Dann kamen aus den Seiten des Gebäudes Tentakel die aussahen als würden sie das Haus stützen und mit dem abgerundeten Dach wirkte es sogar ein wenig wie ein gigantischer Oktopus. Die Schaufenster waren gut beleuchtet und priesen... die Waren an, die da so bunt und farbenfroh ausgestellt waren. Vor dem Geschäft lief ein großer Tintenfisch rum, beziehungsweise ein Mann in einem derartigen Kostüm. Tsuna konnte ihn als das Maskottchen Oktopussy identifizieren, denn er trug auch die obligatorische Bondagekluft.

„Da sind wir auch schon!“, rief Squalo grinsend aus und winkte dem Mann im Kostüm zu, der seinen Tentakel müde zum Gruß hob. Und dann den Kopf ein Stück nach oben schob. Ein Junge steckte in dem Kostüm, wahrscheinlich ein Schüler oder junger Student. Die Haare waren Schokoladenbraun und die Augen hatten ein kräftiges grün. Er war nicht besonders hübsch, aber ansehnlich, fand Tsuna. Wäre er jünger gewesen und vielleicht ein bisschen niedlicher, hätte er gesagt, er gäbe einen guten Sohn ab. „Onkel Skull ist drinnen.“, meinte der Junge, seine Stimme war sanft wie Honig. „Redet mit seinem Finanzberater, dabei weiß er genau, dass sich ihm die Bücher für weniger Lohn genauso gut auswerten könnte.“, grummelte er und seufzte leise. „Aber ich lass mich ja gern unterdrücken.“, fügte er meckernd an, dann ließ er den Kopf des Oktopusses wieder über sein Gesicht gleiten. „Er lässt sich wirklich gern unterdrücken.“, sagte Squalo bedeutungsschwanger an seine beiden Begleiter gewandt. Hätte er noch gezwinkert, wäre das ein filmreifer Hinweis gewesen, den Tsuna aber nicht verstand.

Das Innere des Ladens erinnerte an ein Geschäft für Süßigkeiten, alles war bunt und es roch süß, fröhliche Musik kam aus den Lautsprechern und die Verkäufer trugen lustige Uniformen. Der einzige Unterschied zu einem Süßigkeitenladen war, dass es in denen für gewöhnlich keine Sexspielzeuge und Pornos gab, ansonsten war die Ähnlichkeit verblüffend! Tsuna sah zu einem der Monitore auf denen Werbung gebracht wurde, ein gut aussehender Soldat pries dort die wunderbare Wirkung von „*~+Engelstränen+*~“ an, dem Getränk zum vollwertigen Mann! Hebt die Potenz um siebzig Prozent! Kopfschüttelnd drehte Tsuna sich wieder zu Squalo, der scheinbar mit einem Biker-Goth-Emo sprach. Der Mann hatte lilanes Haar, Pflaster auf dem Gesicht und ein tränenförmiges Tattoo unter dem Auge. Der ebenfalls violette Bikeranzug biss sich irgendwie mit dem Lidschatten und grünen Lippenstift... und den Piercings... den vielen, vielen Piercings...

„YO Skull!“ grüßte Squalo ihn und schlug in seine Hand ein. Ich hab dir meine Models mitgebracht, wie abgemacht. Machen wir das mit den Fotos dann heute?“

Tsunas Hirn fror für eine Sekunde ein.

„Fotos?!“

‚Skull‘, Tsuna bezweifelte stark, dass das sein echter Name war, lachte und nickte. Ich hab das Set schon bereit gemacht, der Fotograf ist auch schon da. Allerdings ist das Set im Moment noch belegt. Eins meiner Models macht Aufnahmen für die neue Dessous-Kollektion.“, erklärte er, nickte dann aber in Richtung Hinterzimmer. „Pass auf den Laden auf, Sofia. Und kicher nicht so viel, das verscheucht die Kunden.“, meinte er zu der Angestellten an der Kasse, die die Hand vor den Mund hielt und erst einmal gepflegt kicherte. Irgendwie schien ‚Skull‘ hier nicht den Respekt zu genießen, den er sich gerne wünschte.

Etwas unwillig folgte Tsuna dem Violetthaarigen, der sie in einen hellen, relativ großen Raum, führte, in dem man seine eigenen Schritte hören konnte, wenn nicht gerade das Geklicker des Fotoapparates lauter war. Im Hinterzimmer des Ladens war ein kleines Fotostudie aufgebaut. Vor dem weißen Vorhang, der die hässliche, graue Steinwand verdeckte, räkelte sich eine unglaublich hübsche, blonde, langhaarige Frau, in ultraknappen, schwarzen Lederdessous. Tsuna riss die Augen auf und konnte nicht verhindern, dass sein Blut auf einmal in die ganz falsche Richtung schoss…

Seine Wangen färbten sich feuerrot.

Beschämt blickte er weg zu Daniela, die einen Eindruck machte als würde sie eine Scheibe Vollkornbrot angucken, Tsuna beneidete sie und versuchte nicht auf das Geräkel im Hintergrund zu achten. Aus diesem Grund kniff er Squalo in den Arm und funkelte ihn böse an.

„Fotos? Was genau heißt hier Fotos?“ giftete er ihn an und fühlte sich betrogen, betrogen und hintergangen! Und Squalo schimpfte sich sein Freund...

„Ach das ist nur für die verfickte Werbung, ich bekomm meinen eigenen abgefuckten Stand für meine Comics hier bald im Laden und ihr habt die Ehre auf mein Werbeplakat zu dürfen. Dass kommt mit echter Haut nämlich besser meint der verfickte Experte.“ mit einem Kopfnicken zeigte er zu Skull, dem so genannten Experten.

„Squalo... nur zum Mitschreiben... du willst, dass wir Werbung... für deine... pornographischen Doujis machen... in einem Laden... wo das jeder sehen kann...“

Squalo sah ihn verständnislos an. „Hey, hier kommt man erst ab 18 rein, das kann nicht JEDER verfickte Idiot sehen, VOOOOIIII!!!“

„Aber jeder ‚verfickte‘ Idiot, der in diesen Laden kommt und das ist etwa jeder zweite Junge der auf unsere Schule geht und etwa jedes fünfte Mädchen.“. Danielas Stimme grollte wie ein fernes Gewitter und sie fasste Squalos Ohr und zog daran. „Was zur Hölle denkst du dir eigentlich dabei? Ich hab dir erlaubt mich zu verwenden, aber nicht Mich als deine dämliche Werbeikone zu verbrauchen und dann vielleicht auch noch halb nackt!“. Squalo schrie und Skull drehte sich langsam zu ihnen herum. „Nein, nein. Von nackt ist keine Rede. Wir haben ein paar nette Sachen vorbereitet. Außerdem bekommt ihr auch ein kleines Honorar, für eure Mühen. Falls euch das ein wenig beruhigt.“, meinte er gelassen. „Außerdem könnt ihr euch was aus dem Laden aussuchen, egal wie teuer es ist, als kleines Geschenk, sozusagen.“, lachte er. Er war überraschend freundlich, und diplomatisch. Tsuna war erstaunt.

„Egal was es ist?“ Zu Tsunas grenzenloser Überraschung und Entsetzen klang Daniela plötzlich wesentlich offener was die Idee von dem Modeln-für-Squalos-Schundheftchen anging. Er fragte sich ernsthaft, was eine Frau wie Daniela aus einem derartigen Laden haben wollen könnte. „Also wenn es wirklich keine Nacktaufnahmen sind und wir uns wirklich aussuchen können was wir wollen, dann sind wir einverstanden. Ich wiederhole: KEINE Nacktaufnahmen, nicht mal einen Nippel! Außer ihr wollt Tsunas, dagegen hab ich nichts.“

„Wie bitte?!“ Tsuna hatte das Gefühl seine Kinnlade war auf den Boden gefallen und hatte ihn durchbrochen um im Keller aufzuschlagen. „Wir sind einverstanden?!“

„Tsuna bedenke nur,“ sagte sie im ruhigen eindringlichen Tonfall als würde sie mit einem Senilen sprechen. „Wirklich ALLES aus dem Laden. Wir können uns irgendwas von ALLEM aussuchen.“ Egal wie oft sie es sagen mochte, für Tsuna machte es nicht mehr Sinn als beim ersten Mal.

Skull lachte freundlich. „ich sehe schon, die Dame weiß unser Sortiment zu schätzen.“, sagte er freundlich und wandte sich nun Tsuna zu. „Mmh. Du scheinst aber doch noch ein wenig zurückhaltend. Kann man dich denn nicht ein bisschen locken? Wir haben ein so reichhaltiges Angebot und…“, er lachte, „Ich glaube auch was in deiner Größe.“, er zwinkerte. Tsuna verstand nicht. „Äh…“, sagte er verwirrt. Skull lachte. „Er ist wirklich süß, genau wie in den Doujis.“, meinte er und wandte sich wieder ab. Vielleicht sollten wir uns mal die Klamotten ansehen. Ich glaub unsere Garderobenfrau hat was Süßes für ihn, vielleicht mit Tierohren. Hasel!“, er klatschte in die Hände. „Ich hab hier einen schweren und einen leichten Fall für dich.“

Du bist in einem Laden für Sextoys. Hier werden sogar kleine mechanische Tentakelmonster verkauft.

Die Angestellten sind alle knapp bekleidet um die Kundschaft besser zu locken, dich sollte die Kleidung hier wirklich nicht überraschen. Das sagte Tsuna sich innerlich immer und immer wieder, während er von der Garderobenfrau in ein Nebenzimmer verschleppt wurde und zwanghaft versuchte sie nicht anzusehen. Scheinbar hatte dieser Skull nur Frauen eingestellt die einen gewissen Sexappel hatten, was natürlich Sinn machte, wenn man bedachte dass 70% der Kunden Männer waren. Trotzdem... Sein Blick schweifte kurz über die Dame in dem doch recht durchsichtigen Kostüm und hing an der Perlenkette fest. Sie war bunt und hübsch, Tsuna konnte seinen Blick nicht davon abwenden und fragte sich ob Daniela so was tragen würde...

„Also Süßer, der Chef will dich fotogen machen, was stellen wir denn mit dir an?“ Tsuna konnte die Tierkostüme und die Schulmädchenuniformen von seinem Standort sehr gut sehen und schüttelte eiligst den Kopf.

„Ich zieh keine Mädchenkleider an!“ sagte er stur und kreuzte die Arme um sein Statement zu unterstreichen.

Sie wirkte für einen Moment entsetzt, dann lächelte sie. „Na dann etwas anderes. Wir haben hier seeeeeeehr viele schöne Sachen.“, ihr Kichern wurde ein donnerndes, aufdringliches Lachen, dann begann sie in einem der Kleiderständer zu wühlen. „Ich glaube ich habe genau hier, das richtige für dich.“, meinte sie zufrieden. Bevor Tsuna wusste, was überhaupt geschah, hatte er ein paar Engelsflügelchen auf seinen Rücken geschnallt und trug eine süße, weiße, aber leicht durchsichtige, Toga, die auf der einen Seite so weit herunterhing, dass seine Hühnerbrust herauslugte, dazu weiße Römerstiefel. Seinen Kopf ziert ein goldener Heiligenschein. Als sie fertig war, schien sie davon jedoch auch nicht mehr überzeugt. Sie betrachtete ihn kritisch. „Nein, nein, nein…“, sagte sie unzufrieden und entriss ihm die schützende Kleidung wieder. Tsuna versuchte sich so stark auf die Wand gegenüber zu konzentrieren, damit er die Frau ja nicht ansehen musste.

Nach weiteren 15 Minuten des Klamotten Raussuchens und Anziehens, war er dann aber endlich fertig. Auch wenn es ihm nicht behagte. Tsuna trug jetzt eine kurze schwarze Weste, die seinen Bauch hervor blitzen ließ und dazu eine lederne, schwarze Hotpants. Lange Stiefel, ohne Absätze und eine graue Federboa um seinen Hals. Die Hose hatte als neckisches Accessoire einen kleinen Dämonenschwanz. Die schwarzen Flügelchen waren sehr klein und man sah sie nur wenn man sich zur Seite drehte. „So, mein Süßer, du bist fertig.“, sagte die junge Frau und gab ihm einen Klaps auf den Hintern.

Tsuna sah sich im Spiegel mit einer Mischung aus Selbsthass und tiefer Erschütterung an, ihm fehlte nur noch ein Schild auf der Stirn auf der „Uke im Training“ stand. Ein lauter Seufzer entkam seinen Lippen und er kratzte seine übrig gebliebene Männlichkeit zusammen, die man ihm noch gelassen hatte und trollte sich heraus zu dem Fotobereich, in dem Daniela schon wartete. Natürlich sah sie blendend aus, in dem roten chinesischen Kleid, das ein ähnliches Muster aufwies wie ihr Tattoo, die Stäbchen ihn ihrem hochgebundenen Haar hatten kleine Glöckchen dran und klimperten laut, wenn sie ihren Kopf bewegte.

„Wurde aber auch Zeit.“ rügte sie ihn, als wäre es seine Schuld gewesen und Tsuna ließ den Kopf hängen. „Nettes Kostüm, du siehst süß aus.“ Tsuna verzog das Gesicht.

„Ich bin ein Mann.“ informierte er sie, manchmal hatte er das Gefühl die Welt um ihn herum vergaß das gelegentlich.

Squalo lachte bellend und zog Tsuna an sich heran: „Xanxus wird mich so verfickt sehr beneiden!“ Er legte den Arm auch um Daniela und posierte vor dem Fotografen, der ein Foto von ihnen allen schoss. „Ihr seht beide gut aus, muss ich sagen. Ziemlich heiß. Und man sieht keine Nippel.“, lachte er und zwickte Daniele leicht in die Seite, während er Fotograf einige Bilder machte, und sie immer wieder anwies zu Lächeln.

Tsuna fiel das aber unheimlich schwer. Im Moment wünschte er sich Lachklammern, denn zum Lächeln war ihm im Moment gar nicht zumute. Er fühlte sich so dermaßen gedemütigt. Und das alles… nur für einen dämlichen Artikel aus dem dämlichen Geschäft.

„Okay das war es auch schon.“ verkündete der Fotograf nach einer unendlich langen halben Stunde, der wahrscheinlich längsten seines Lebens. Die Geschwindigkeit in der er sich wieder umzog, übertraf dabei all seine Rekorde, er wollte nie wieder ein dämliches Dämonenkostüm sehen! Grummelnd richtete er seine Klamotten als er wieder herausging und erntete ein breites Grinsen von Squalo, Tsuna trat ihm dafür auf den Fuß und machte ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.

„Jetzt guck nicht so verfickt emohaft, 'nen echter Kerl muss auch so was tragen können! VOOOOIIIII! Jeder kann Flanell und Jeans tragen, es braucht einen verfickten echten Mann um sich in Hotpants reinzuzwängen, VOOOOOOIIII!“ erklärte Squalo gut gelaunt und irgendwie munterte es ihn wirklich ein wenig auf, auch wenn es nur die übliche heiße Luft war, die aus seiner großen Klappe strömte.

Daniela kam etwas später wieder. Sie hatte sich noch abschminken müssen. Tsuna hatte kurz vor einen Kommentar zu machen, weil sie länger gebraucht hatte als er. Neben Squalo stand Skull, der zwei unglaublich dezente, lilane Umschläge mit einem Oktopussy vorne drauf in der Hand hielt und sowohl Daniela als auch ihm einen in die Hand drückte, als sie neben Squalo stehen blieben. Tsuna linste kurz hinein und war geschockt darin drei recht große Scheine vorzufinden. Kurz wollte er fragen ob es nicht ein Irrtum war, steckte ihn dann aber wortlos weg. Das Geld konnte er gut gebrauchen. Dafür hatte sich die Demütigung ja fast gelohnt. „Also gehen wir ins Geschäft. Ihr dürfte auch aussuchen, was ihr wollt, wie versprochen.“, meinte Skull zwinkernd und führte sie wieder in den Laden.

Daniela ging zielsicher an ihm vorbei und verschwand bei den DVDs, zu Tsunas großer Erschütterung, während Squalo ihn hilfsbereit beiseite nahm und ihn durch die Gänge mit den Toys und Puppen führte. Seine Wangen fingen an rot zu glühen, als er die Ansammlung an buntem Spielzeug sah, dass sich hier türmte und Squalo ließ es sich nicht nehmen ihn ausreichend zu beraten. Verwirrt blieb Tsuna vor einem Regal mit... Dingern stehen. Er blickte sie an und nahm eines in die Hand, wog es hin und her und wurde trotzdem nicht schlauer daraus.

„Ist das... Deko oder so was?“ fragte er und betrachtete das pilzähnliche Gebilde, er drehte es hin und her, und strich über die raue Oberfläche des Pilzkopfes. Squalo neben ihm grinste so breit, dass seine Mundwinkel aussahen, als würden sie seine Ohren besuchen wollen.

„Ich zeig es dir.“ bot er selbstlos an, nahm den Pilz und steckte zwei Finger in eine kaum sichtbare Öffnung auf dem Pilzkopf. Mit einem schmatzenden Geräusch zog er sie wieder heraus.

Tsunas Gesicht entgleiste völlig.

„Ich glaube ich… äh… ich nehme was anderes.“, sagte Tsuna schnell und eilte davon, ließ Squalo alleine zurück. Er brauchte einfach ein bisschen Ruhe. Ruhe und Frieden. Er musste überlegen, was er wollte, denn er glaubte nicht, dass er Fan des Spielzeugs werden würde, das Squalo ihm da anpries. Lieber suchte er sich eine echte Freundin… oder vielleicht auch einen Freund, dessen war sich Tsuna nicht sicher. Er lief durch den Laden und versuchte etwas halbwegs Harmloses zu finden, aber außer essbarer Unterwäsche, die er selbst nicht anziehen konnte und wollte und ein paar Feuerzeugen mit nackten Frauen drauf, konnte er nichts dergleichen finden… und das war schon ein bisschen wenig, immerhin durfte er sich aussuchen, was er wollte.

Daniela hingegen war sogar schon bei der Kasse gewesen und hatte sich ihre Wahl einpacken lassen. Neugierig, was die coole und so berechnende Daniela sich ausgesucht hatte, kam Tsuna näher und schenkte ihr ein freundliches Lächeln. War es unangebracht ein Mädchen so was zu fragen? Andererseits hatte sie ihn mit ihrer Entscheidung genötigt ein elendes Teufel-Stripper Kostüm anzuziehen, das war das Geringste was sie ihm schuldig war!

„Was hast du dir ausgesucht?“ fragte er höflich und zu seiner grenzenlosen Überraschung zeigte sie ihm die DVD Box mit den 15 Filmen, die adrett in einer Reihe standen. Stirnrunzeln nahm Tsuna eine der DVDs aus der Box und sah sich das Cover an. „Flut der Ekstase“ stand oben drüber und man sah einen schwarzhaarigen Mann und eine hübsche Frau mit langen Locken in viktorianischen Kleidern vor einer Flutwelle weglaufen. „Mit Überlänge!“ stand unten drunter.

Tsuna drehte verwirrt auf die Rückseite wo immer noch „65 Minuten“ stand.

Was war daran bitte Überlänge?

Es machte nicht klick, dennoch stand Tsuna noch immer vor der schweren Entscheidung was er jetzt mitnehmen sollte. Unentschlossen lief er durch die Regale und blieb schließlich vor einem Regal mit Zeitschriften und Büchern hängen. Er ließ den Blick lustlos darüber streifen, als er plötzlich in sein eigenes Gesicht blickte. Es war sein eigenes… da war er sich ziemlich sicher. Neugierig nahm er den großen Packen, in dem sich etwa 20 Doujinjis befanden, heraus und drehte ihn um. Auf der Vorderseite prangte ein kleiner dezenter Kleber auf dem in goldenen Lettern geschrieben stand: ‚Yambus/Tuna – Fanedition‘. Tsuna hätte sich die Hefte gern einmal angesehen, aber das Paket war zugeschweißt. Fasziniert drehte er es in den Händen hin und her, wandte sich dann nach links und rechts um und hechtete mit dem Paket in den Händen zur Kasse, um sich eine Tüte geben zu lassen.

„Bist du sicher dass du nicht lieber etwas mit Qualität haben möchtest?“ erkundigte sich Daniela spöttelnd, Tsuna schüttelte aber nur seinen Kopf und drückte die doch sehr auffällig violette Tüte an sich. Er war wirklich schon gespannt was ihn erwarten würde, wenn er zuhause war, würde er sich in sein Zimmer einschließen und die Doujinshis sorgfältig durchleuchten. So im Nachhinein war es doch irgendwie schon cool, der Star einer Comicreihe zu sein, auch wenn besagte Reihe ein wenig versaut war und nicht gerade jugendfrei. Ein paar Hefte von Squalo hatte er ja schon gesehen, die mit seinem Tanzlehrer hatte Squalo Tsuna immer pflichtbewusst gezeigt und ihn gefragt was er davon hielt, auch wenn es dem Jungen immer ein wenig peinlich war.

Leise summend ließ Tsuna die Tüte rascheln, er war wirklich schon gespannt und es blieb nur die Frage: Wer verbarg sich wohl hinter dem rätselhaften Synonym „Yambus“?

Daniela trug ihre Tüte locker über die Schulter geworfen. Sie schien sich kein bisschen zu schämen, auch wenn sie sich gerade eine Pornobox, mit Nicht vorhandener Überlänge gekauft hatte. Tsuna wurde bewusst, dass er gar nicht wusste wie lang Pornos im Normalfall waren. Vielleicht waren 65 Minuten ja wirklich lange und er wusste es nur einfach nicht. Squalo war mit Skull im Laden geblieben, um die Fotos auszusuchen. „Was meinst du denn mit mehr Qualität?“, fragte er ahnungslos nach und sah Daniela fragend an. „Naja… vielleicht die Raffaello/Bounty-Reihe. Die hat ein bisschen mehr Klasse, aber ernsthaft. Im Laden gab es so viel Zeug und du nimmst diese lächerlichen Hefte. Da geht Einem doch keiner ab. Dir schon gar nicht.“, meinte sie gelassen.“ Sie war offensichtlich so zufrieden, dass ihr gutes Sprachbild sich verabschiedet hatte.

„Ich bin sehr zufrieden mit meiner Wahl.“ verteidigte Tsuna sich und lächelte sonnig vor sich hin. Daniela konnte nur mit den Schultern zucken und ihren Kopf schütteln, sie verstand ihn nicht, aber das war auch völlig unnötig. Tsuna war glücklich und hatte das Gefühl, wertgeschätzt zu werden, immerhin kauften die Leute ja das Zeugs, das Squalo zeichnete massenhaft und seine Reihe war beliebt! 
Fröhlich immer lauter summend stellte er sich vor wie er durch die Magazine blättern würde, entspannt auf seinem Bett lag und Popcorn futterte.

Und wer weiß, vielleicht fand er sogar heraus wer sein rätselhafter Pairingpartner war.
 

Wird fortgesetzt…

27. September: Teil 1

Nun… ich sehe die Wand hinter mir ist mit Tomaten und rohen Eiern bedeckt… aber ich bin ganz sicher, dass das nichts damit zu tun hat, dass wir fast ein Jahr pausiert haben. *räusper* Nun… Unser schlechtes Gewissen hat nun, nach diversen Anfragen von (enttäuschten Fans) endlich dem Druck nachgegeben und wir haben uns aufgerafft. Danke an all die treuen Fans, die uns so oft versucht haben zu überreden weiterzuschreiben. >///< Es tut uns sehr Leid. Damit so etwas nicht wieder vorkommt, haben wir uns ein Ziel für die Zukunft gesetzt, dass wir hoffentlich einhalten können. Wir wollen unser klitzekleines Werk beenden, koste es was es wolle. Und nun bleibt mir nur noch zu sagen. Viel Spaß beim Lesen.
 

27. September: Teil 1
 

Es war Sonntagmorgen, kurz vor 11. Vor dem Fenster zwitscherten die Vögel heftig und Tsuna lag noch in seinem Bett. Seit etwa einer Stunde war er wach und starrte an die Decke. Durch die zugezogenen Vorhänge fiel das schummrige Licht der Morgensonne herein und erhellte den Raum leicht. Tsunas Augen hatten sich aber schon an die Dunkelheit gewöhnt, deswegen hatte er auch keine Lust sie aufzuziehen. Außerdem starrte er im Moment eh nur die Decke an, da war es nicht nötig viel zu sehen. Nur manchmal wanderte sein Blick ein Stück zur Seite, auf die Ecke seines Bettes und dann wieder zurück. Er genierte sich etwas, gab sich dann aber trotz der Scham vor sich selbst einen Ruck und griff darunter. Er zog wahllos eines der Hefte aus dem Stapel und holte es herauf. Eigentlich plante er schon seit fast einer Woche sich eines davon anzusehen, aber… nachdem er gesehen hatte, worum, beziehungsweise um wen es ging, hatte ihm das ein schlechtes Gewissen gemacht und er war noch nicht in der Lage gewesen sie sich genauer zu betrachten. Dabei war er ursprünglich so neugierig, wer denn wohl sein geheimnisvoller Pairingpartner war, aber als er dann in das vernarbte Gesicht auf der Rückseite des Covers gesehen hatte, war ihm die Neugier irgendwie vergangen, und das gründlich. Ehrlich gesagt zitterten ihm die Finger, wenn er die Hefte ansah. Und er wusste nicht einmal genau warum. Vielleicht hatte er einfach nur Angst, dass… er auf dumme Ideen kam…auf sehr dumme Ideen, seinen störrischen Zimmernachbarn betreffend.

Mit roten Wangen betrachtete er das Cover, heute zum etwa zwanzigsten Mal und schob das Heft dann wieder unter das Bett. Er seufzte tief und stand nun endlich auf und warf sich in seine Klamotten für den Tag. Irgendwie hatte er nicht das Gefühl dass heute ein guter Tag werden würde. Er wusste nicht, woher es kam. Wahrscheinlich nur Einbildung…

Seine Augen wanderten über seine Spiegelung, die dunklen Augenringe verrieten, wie schlecht er geschlafen hatte und sein stumpfes Haar hing heute irgendwie herunter, trotz der Menge an Haarwachs dass er sich immer ins Haar knetete. So wie er aussah konnte man annehmen er wäre ein Zombie. Leise seufzend stopfte Tsuna sein Portemonnaie in seine Tasche und öffnete seine Zimmertür, der Duft frischer Pfannkuchen wehte ihm entgegen und ließ seinen Bauch laut rumoren. So wie es duftete konnte nur Amicelli in der Küche stehen und zaubern. Erschöpft schlurfte Tsuna die Treppe herunter und schielte in den Raum der tausend Versuchungen hinein. Die Pfannkuchen stapelten sich verlockend neben einem Teller mit frischen Waffeln und einem Blech Muffins, von Amicelli war aber weit und breit nichts zu sehen. Wenn man es genau nahm war sogar überhaupt niemand zu sehen. Tsuna war allein mit dem Essen, ganz allein... Ob das eine Falle war? ... Vielleicht war dieses köstliche Frühstück ja vergiftet...

„Amicelli?“ rief er verwirrt und wartete auf Antwort.

Es kam keine Antwort, zumindest keine die Tsuna ernst nehmen konnte. Nur die verlockenden Stimmen der Pfannkuchen und Waffeln riefen ihm verführerisch und leise zu: „Iss uns! Iss uns! Wir sind heiß, frisch und lecker!“ Tsuna zögerte noch einen Moment. „Hallo?“, rief er noch einmal in die Küche, aber es regte sich nichts. Nun selbst wenn die Pfannkuchen für jemand anderen reserviert waren, es würde sicher nicht so sehr auffallen, wenn er sich ein oder zwei davon nahm. Er musste sich nur beeilen, bevor Amicelli merkte, dass er sich etwas genommen hatte. Wie ein Spion schlich er zum Tisch, nahm sich einen sauberen Teller und tat sich zwei Pfannkuchen und zwei Waffeln darauf. Damit verschwand er hinter dem Berg, ans Ende des großen Tisches und nahm sich ein Glas Marmelade mit. So geheimnisvoll, wie das hier alles war, könnte man meinen sein ehemals geheimer Lunchboxenmacher, wäre heute Morgen hier gewesen, um ihn glücklich zu machen.

Wobei er ja mittlerweile nicht mehr so geheim war, Tsuna vermisste die Lunchboxen ein wenig, seit Xanxus es gezwungenermaßen zugeben musste hatte er es sich ja verkniffen weiterhin welche für ihn zu machen, obwohl es Tsuna nichts ausgemacht hätte. Das Schulessen in der Kantine war nämlich wirklich auf der untersten Sprosse der Geschmacksleiter. Tsuna beschmierte einen Pfannkuchen sorgfältig mit Erdbeermarmelade und rollte ihn zusammen. hungrig betrachtete er die Teigzigarillo und schnitt sich ein Stück ab. Der süße Dampf kitzelte seine Nase und ließ ihm das Wasser in seinem Mund zusammenlaufen bevor er das Stück hungrig zerkaute. Feine Aromen vermischten sich in seinem Mund, Süße mit einem Hauch von Schärfe und im Nachgeschmack etwas erquickend fruchtiges, dies war eindeutig Amicellis Werk, außer ihm kannte Tsuna niemanden der sonst solche kleinen Meisterwerke aus Teig zaubern konnte.

Weitere Stücke verschwanden in Tsunas Mund und dann nahm er sich die Waffel vor. Genüsslich biss er in den weichen, luftigen Teig und genoss die Süße die seine Zunge überströmte. Der Puderzucker den er darauf gestreut hatte, tat sein Übriges. Er musste die Augen schließen. Ein genüssliches „Mmmmmmmhhhh“, entkam seinen Lippen und er lehnte sich entspannt zurück. Wenn es nach Tsuna ginge, könnte es so ein Frühstück jeden Tag geben, oder zumindest an jedem Wochenende. In der Woche hatte man wegen der Schule ja sowieso selten Zeit ausgewogen zu essen, geschweige denn zu kochen. Vielleicht sollte er mal mit Amicelli reden und ihn darum bitten. Er würde sich sogar bereit erklären ihm zu helfen… natürlich nur unter strikter Anleitung, denn die Küche durfte er aus freien Stücken nicht einmal mehr betreten.

Amicelli hatte ihm sogar verboten Küchenutensilien zu benutzen die über den Schwierigkeitsgrad eines Buttermessers hinaus gingen. Im Grunde war das Tsuna ganz lieb, denn wenn er an das Zwiebelsuppenmassaker zurückdachte drehte sich sein Magen immer noch um und rebellierte. Genüsslich verschlang Tsuna das Festmahl welches ihm geboten wurde und trank dazu die frische Milch aus dem Kühlschrank. Seine Lebensgeister erwachten langsam und als er wieder auf die Uhr sah war es schon 12.

Belebt von dem guten Frühstück räumte Tsuna sein Geschirr weg und ging durchs Wohnzimmer, wo ebenfalls kein Mensch war, nur der Fernseher war an und beschallte die Lobby mit der Anfangsmelodie vom Shoppingkanal. Im Vorbeigehen sah er den Verkäufer, einen Jungen mit rotem Haar und er blieb für einen Moment stehen. Der Junge war in seinem Alter und machte den Eindruck in seinem Anzug unterzugehen. Neben ihm saß eine quietschvergnügte Viper die gerade ihre neuen Produkte anpries, während der Moderator immer wieder versuchte etwas zu sagen, aber jedes Mal abgewürgt wurde.

Ihm tat der Junge ein wenig Leid, der diesen Job wohl neben der Schule machen musste, so wie er aussah: Vielleicht machte er auch nur ein Praktikum beim Fernsehsender und musste vertretungshalber den Platz des echten Moderators einnehmen. Verschiedene Szenarien formten sich in seinem Kopf, während er den Blick abwandte und umher sah. Irgendwie war es gruselig. Alles wirkte, als wäre es spontan verlassen worden. War irgendetwas vorgefallen, was so eilig gewesen war, dass man fluchtartig sein zu Hause verlassen musste? Irgendwie.. gruselig. „Hey! Leute! Wo seid ihr denn alle?“, rief er durch das leere Wohnzimmer und machte sich auf den Weg zur Treppe. Er wurde langsam etwas nervös. Vielleicht.. sollte er mal an Xanxus‘ Tür klopfen, auch wenn er dadurch vielleicht seinen sonntagmorgendlichen Zorn auf sich ziehen würde.

Woanders brauchte er es aber eigentlich gar nicht erst zu versuchen, Gokudera und Yamamoto waren ausgeflogen, schon seit gestern und sie hatten gesagt wie würden Montag von da aus direkt zur Schule fahren. Wo genau es hinging wusste Tsuna nicht, er hatte das Ganze auf der Türschwelle erfahren als sie bepackt mit Campingrucksäcken an ihm vorbei gestiefelt waren. Vielleicht hatte Yamamoto seine Drohung nun endgültig wahr gemacht und Gokudera zum Zelten mitgenommen. Angeblich war das ja sehr lustig, Tsuna selber konnte darauf verzichten. Seine frühkindlichen Erinnerungen an seinen Campingausflug mit seinem Vater und den Nächten mit ihm im Zelt waren ihm genug für eine ganze Lebenszeit. Wie ein einzelner Mensch so schnarchen konnte war ihm immer noch unbegreiflich.

Tsuna atmete tief durch und klopfte dann zaghaft an Xanxus Tür. Innerlich betete er, dass Xanxus zumindest schon halb wach war.

Zu seinem Erstaunen öffnete Xanxus die Tür verhältnismäßig schnell. Er wirkte wach und fit, obwohl er nur halb angezogen war. Tsuna konnte nicht anders als seinen schönen, braungebrannten Oberkörper zu bemerken, der sich direkt auf Augenhöhe befand. Vielleicht glänzten hier und da auch ein paar Schweißperlen, denn trotz des ausklingenden Sommers, war es draußen noch ziemlich warm. Tsuna konnte seine Freizügigkeit gut verstehen und war sogar ein wenig dankbar dafür. „Na, Krabbe? Ausgeschlafen?“, fragte der älterer Schüler und setzte ein breites Grinsen auf, als er bemerkte, dass sich Tsunas Blick noch nicht ganz auf sein Gesicht fixiert hatte. Als hätte er es geplant, ihn mit seinen Reizen zu bestechen. Zu allem Ärger musste Tsuna auch noch zugeben, dass es ihm gelang. Er nickte ein wenig geistesabwesend und sah ihm dann ins Gesicht. „Äh… ich wollte dich was fragen.“, meinte er und blinzelte, er bemerkte Xanxus‘ fragenden Blick und sein angedeutetes Nicken. Doch statt der Frage folgte nur eine peinlich lange Pause, die, zumindest in Tsunas Vorstellung, mehrere Minuten währte. Dann schüttelte er den Kopf verwirrt. „Ich weiß… nur nicht mehr was.“, fügte er peinlich berührt hinzu.

Verdammt, er wusste es wirklich nicht mehr... Das einzige was momentan in seinem Kopf herrschte war ein statisches Rauschen und die Information dass die maximale Arbeitsspeicherkapazität überschritten wurde. Tsuna musste schlucken und sein Blick schweifte immer wieder tiefer zu der braunen Haut, nur um wie am Gummiband zurück zu springen zu seinem Gesicht. Xanxus‘ Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und er trat einen Schritt zur Seite. „Komm rein, Krabbe. Vielleicht fällt es dir dann wieder ein.“ spöttelte er leicht und wie unter Hypnose stolperte Tsuna herein. Was wollte er noch gleich? Sein Blick glitt über das leicht chaotische Bett und die frische Wäsche im Wäschekorb die vor dem Kleiderschrank lag, nur Hosen und Shirts, Unterwäsche konnte er keine sehen.

Tsuna schollt sich in Gedanken.

Er hatte es so lange unterdrückt, aber nun schien die Pubertät doch zuzuschlagen. Seltsame Gedanken formten sich ins einem Kopf nur um gleich drauf noch viel größere und seltsamere Gedanken heraufzubeschwören, die wahrscheinlich eine logische kette bilden sollten. Es machte das überlegen nach seiner vergessenen Frage nicht gerade viel einfacher. Es war eine Weile her, seit er das letzte Mal in Xanxus‘ Zimmer gewesen war. Die kleine Waffensammlung war noch genauso beeindruckend, wie beim ersten Mal. Tsuna passierte sie voller Ehrfurcht und ließ sich dann auf den kleinen Schemel nieder, der vor dem Bett stand. Es roch nicht als hätte Xanxus noch geschlafen, das Zimmer war frisch gelüftet, das Fenster stand sogar noch auf und aus der schräg gegenüber liegenden Küche, zog der Duft von Pfannkuchen herauf… oder kam der von Xanxus? Tsuna richtete den Blick wieder auf ihn und starrte ihn an.

Doch eindeutig, der Duft von frischen Pfannkuchen kam von ihm, wenn man genau aufpasste konnte man es gar nicht übersehen, oder überiechen wenn man es genau nahm. Dass Xanxus kochen konnte wusste Tsuna ja, aber er hätte nicht gedacht, dass er auch so süße Sachen machen würde.

„Umm... Xanxus... hast du das Essen unten gemacht?“ erkundigte er sich zögernd und sah ihn verwirrt an, er guckte noch verwirrter als Xanxus sich gelassen auf dem Bett fallen ließ, direkt neben ihm, was irgendwie eindeutig zu nah war. Der süße Duft wurde sogar noch stärker, wenn das denn möglich war.

„Meinst du ich würde so ein Pussy Essen machen wie verfickte Pfannkuchen?“ Sein Grinsen präsentierte ihm alle seinen gut gepflegten hämischen Zähne.

Tsuna betrachtete ihn, dann sah er weg. „Na.. natürlich nicht für dich. Also.. aber wenn du sie für wen anders gemacht hast, der so „Pussy Essen“ mag. Vielleicht.. uhm wolltest du ja wem eine Freude machen.“, meinte er ruhig und blickte zu Boden. „Mir zum Beispiel.“, fügte er an und bekam keine Antwort. Er kam sich albern vor. „Na.. also.. ich hab mich jedenfalls gefreut. Es war sehr lecker und… ich wird nachher noch mehr essen. Wenn ich wieder Hunger hab.“, fügte er etwas trotzig an. Er mochte es nicht wenn Xanxus nicht mit ihm redete und sich nur stumm über ihn lustig machte. Das war eine elende Gemeinheit. Er war nicht in Xanxus‘ Zimmer gekommen, um sich von ihm ärgern zu lassen. „Du.. hast wohl keine Lust zu reden…“, grummelte er daher leise und streckte die Beine von sich.

„Ich wollte nur sehen wie du Knirps dich um Kopf und Kragen redest bwahahahahahaha!“ lachte Xanxus ausgelassen und schlug Tsuna auf den Rücken. Er konnte so ein Ekel sein, ganz anders als sein Bruder der auf andere Art und Weise nerven konnte. Ach ja... Sein Bruder!

„Xanxus, wo sind die anderen? Im Haus ist niemand außer uns, ist irgendwas vorgefallen?“ Ein kleines bisschen Sorge nagte an ihm, wurde aber zum größten Teil von seiner Wut beiseite gedrückt. Manchmal war Xanxus so charmant und dann konnte er wieder so ein unverschämtes Arschloch sein. Ein anderer Gedanke schlich seinen Nacken hoch und packte ihn mit kaltem Entsetzen.

Er war allein.

Ganz allein mit Xanxus.

Und niemand war da im ganzen Haus.

Und das allerschlimmste war… dass er sich auch noch freiwillig in die Höhle des Löwen begeben hatte. Er war allein mit Xanxus und in seinem Zimmer, neben seinem Bett. Schlagartig stand er auf und stand Kerzengerade da. Er musste hier raus… und… zwar sofort. Er erschrak sich als Xanxus Hand ihn zurück drückte und ihn neben sich auf das Bett schob. „Hyperventilier nicht, Krabbe. Ich tu dir schon nichts. Und ich weiß nicht wo die anderen sind. Ich hab sie nicht umgebracht, auch wenn ich manchmal den Drang dazu verspüre: genießen wir doch einfach mal, das wir mal ungestört sind. Und mach nicht so ‘ne Panik“, grummelte der Ältere und schlang seinen Arm um Tsunas Schultern. Bleib brav sitzen.“

Tsuna schluckte etwas. Irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl… oder war es ein gutes? Es war schwer einzuschätzen. Seine Augen glitten langsam über seinen Körper zu seinem Gesicht. So schlimm ist’s doch nicht, oder?

Er kannte Xanxus jetzt schon fast ein halbes Jahr und so nah war er ihm selten gekommen. Nun aber kribbelte seine Haut als würden tausend Ameisen über seinen Körper laufen. Irgendwie war es aufregend und der herbe Eigengeruch von Xanxus kam unter dem Duft der Pfannkuchen hervor. Tsunas Beine fühlten sich ein wenig an wie Pudding, wie albern, es passierte ja nicht mal was, sie saßen nur neben einander und unterhielten sich. Beziehungsweise, sie schwiegen sich an. Xanxus Hand auf seiner Schulter strich allmählich seinen Arm herunter und er beugte sich selbstzufrieden grinsend zu ihm rüber.

„Xanxus... umm..... nun...“ stotterte er und schluckte erneut. „Also das ist ja wirklich sonderbar... also dass... dass die anderen weg sind... und so.....“ Sein heißer Atem verließ seinen Mund nur noch stoßweise. Sie waren Freunde... Einfach nur Freunde, aber diese Nähe machte ihn irgendwie wuschig.

„Ja… sehr seltsam, wirklich, aber eigentlich Tsuna, ist mir das vollkommen egal…“, meinte er leise und lachte. Er streichelte weiter seinen Arm hinunter und dann langsam wieder hinauf. „Lass uns doch die Zeit nutzen, die wir gemeinsam haben, Tsuna.“. Dem Angesprochenen lief ein kalter Schauer über den Rücken, keiner der wirklich unangenehm war. Es hatte ihn nur ein wenig erschreckt. Er wusste nicht einmal. Ob Xanxus ihn je mit seinem richtigen Namen angesprochen hatte, bis jetzt. Er war eigentlich immer nur die Krabbe gewesen, für ihn und Squalo. „Was… Was machst du?“, fragte er unsicher. Er blickte Xanxus fragend an. Die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf, war das vielleicht nur… eine dumme Wette? Oder wollte er ihn ärgern? Irgend so etwas musste es doch… „Du bist wie ein kleines Reh, mein kleiner Tsuna.“, „Seit wann bin ich denn deiner?“ nuschelte Tsuna nervös und atmete tief ein und aus. Alles war in Ordnung, es gab keinen Grund sich aufzuregen oder zu erschrecken. Er war 16 verdammt! da sollte er sich nicht von Xanxus so auf die Schippe nehmen lassen. Nervös legte er seine Hand auf Xanxus Schenkel und brachte ein kleines freches Grinsen zustande. Wenn Xanxus mit ihm spielte, dann musste er halt mitspielen. Es sei denn natürlich er trieb das Spiel zu weit, aber soweit wollte er mal nicht denken.

Vorsichtig streichelt seine Hand über seinen Schenkel hoch bis zu seinen Bauchmuskeln, die er nur ganz zart mit den Fingerkuppen berührte. „Weißt du, eigentlich bin ich schon länger kein Reh mehr.“ hauchte er leise in Xanxus Ohr und sah vergnügt wie der andere erschauderte. Er sollte in definitiv nicht mehr unterschätzen.

Xanxus schien einen Moment zu brauchen um sich wieder zu fangen. Mit dieser Schlagfertigkeit hatte er wohl nicht gerechnet. Tsuna erfüllte es schon fast mit kindlicher Freude, ihn ein wenig aus der Bahn geworfen zu sehen. „Stimmt, du bist ganz schön gewachsen in den letzten Monaten, man sieht schon ein bisschen dein Geweih, durchblitzen, wenn man ganz, ganz genau hinschaut.“, meinte Xanxus ruhig und strich durch sein Haar. Er hatte eine leichte Gänsehaut, Tsuna spürte sie deutlich an seinem Arm. Tsuna fand Gefallen an diesem Spielchen, wenn er in der Lage wäre Xanxus noch einmal so zu necken. „Ja. Und wenn es noch etwas größer wird, dann muss ich damit anfangen es mir abzustoßen.“, wisperte er und sah ein seltsames Licht in Xanxus‘ Augen aufleuchten. Er wusste nicht genau, ob es ihn beunruhigen sollte. Wäre sein gegenüber nicht Xanxus, dann könnte er es mit seiner Intuition erkennen, aber so. musste er sich auf seine eigenen Gefühle verlassen.

Langsam legte er seine Hand auf Xanxus Brust und strich über die deutlich abgezeichneten Muskeln die sich an die Haut seiner Hand schmiegten. Das Braun zeichnete sich deutlich unter seiner eigenen Blässe ab und die Narben hoben sich so noch deutlicher hervor. Seine Haut fühlte sich warm und geschmeidig an, es überraschte Tsuna ein wenig, aber besonders die vernarbte Haut war weich. Diverse Pflegeprodukte mussten wohl tagtäglich daran glauben damit diese Zartheit zustande gebracht werden konnte. Er hatte sich eh schon immer gefragt, wem die ganzen Cremes und Lotions im Badezimmer gehörten, bisher hatte er immer angenommen Giotto wäre der Schuldige, aber dass musste er vielleicht noch mal überdenken.

„Du musst sie dir abstoßen? Meinst du dass du kleine Krabbe dazu überhaupt in der Lage bist?“ Xanxus klang als wollte er ihn herausfordern, vielleicht tat er das sogar.

Tsuna wiegelte den Kopf leicht hin und her und lachte dann ein wenig: „Jeder junge Hirsch ist dazu in der Lage. Auch.. ein so scheuer wie ich.“, meinte er leise und ließ seine Hand noch etwas höher gleiten. Er hätte... nicht gedacht dass sich die Haut eines Mannes so gut anfühlen würde unter seinen Händen. Es ließ seinen Körper kribbeln. In seinem Magen breiteten sich Schmetterlinge aus. Was er da tat, wusste er nicht genau: Auch wenn ihm dieses enge Beisammensein im ersten Moment unangenehm war, jetzt fühlte es sich gut an, sehr gut sogar. Er schmiegte sich nah an ihn lehnte sich hoch. Er fühlte sich aufgestachelt. Tsuna wollte es tun. Er wollte es zumindest einmal versuchen. Niemand würde davon erfahren, so viel Verschwiegenheit traute er Xanxus zu. Er spitzte die Lippen etwas und schloss die Augen halb, rechnete aber noch immer damit, dass Xanxus gleich anfing ihn auszulachen.

Doch zuerst passierte erst mal gar nichts. Tsuna spürte nur die warmen vollen Lippen des Älteren, wie sie sanft auf die seinen pressten. Es war nicht mal das erste mal dass sie sich küssten, aber das letzte Mal war Xanxus so hacke dicht gewesen, dass das kaum zählte. Nun schmeckte der Kuss schon mal nicht nach Alkohol, sondern ein wenig nach Schlagsahne und Puderzucker. Von wegen Pussy Essen, Xanxus mochte es also genauso gerne wie Tsuna auch und da spielt er sich so auf!

Tsunas Hand wanderte auf Xanxus Nacken und streichelte durch die feinen Härchen die sich dort aufstellten. Sie waren ganz fein und kitzelten seine Finger wie der Flaum eines Kükens. Nervös öffnete Tsuna seine Augen einen Spalt um zu sehen ob Xanxus ihn spottend ansah. Zu seiner Überraschung tat er es nicht, er sah ihn genau genommen gar nicht an.

Seine Augen waren fest geschlossen, sein Gesicht wirkte ganz entspannt. Er schien etwas erwartungsvoll, aber dieser Eindruck konnte auch leicht täuschen. Als Xanxus Augen sich ebenfalls einen kleinen Spalt öffneten, kniff Tsuna die Augen fest zusammen, aus Überraschung. Er hatte noch nie vorher jemanden bei vollem Bewusstsein geküsst, aber er hatte gehört dass es unhöflich war, die Augen dabei aufzulassen: Er spürt wie Xanxus‘ Hand seinen Rücken entlang kroch und ihn näher schob. Seine Lippen bewegten sich leicht gegen seine. Eine Hitzewelle ging von seinen Lippen aus und durchströmte von da seinen ganzen Körper. Es fühlte sich gut an. Heiß… So viele Eindrücke strömten auf ihn ein, es fiel ihm schwer sich auf einen einzigen davon zu konzentrieren. In seinem Kopf drehte es sich und die Stärke seiner Gänsehaut, hatte ein neues ungeahntes Limit erreicht. Xanxus‘ Lippen schmeckten herb und waren ein bisschen rau, sie kratzten auf seinen und er genoss es, er genoss es sogar sehr.

So sehr wie er sich im Kuss verlor, so sehr riss es ihn auch wieder heraus als sein Handy plötzlich laut anfing zu klingeln. Die Melodie Fushigi Yuugi röhrte ihm wie aus dem Nichts um die Ohren und Tsuna hasste sich, hasste sein Handy und hasste den Anrufer als vollem Herzen. Nur widerwillig löste er sich von Xanxus der ein genervtes Grummeln ausstieß und kramte hektisch in seiner Tasche um das vibrierende und läutende Monster herauszuholen.

„Hallo? Wer ist da?!“ blaffte er erzürnt ins Telefon und wollte schon anfangen zu schimpfen, als Giotto am anderen Ende zu sprechen anfing. Seine Stimme klang gedrungen und ernst. Tsuna hatte ihn noch nicht oft so erlebt und es bereitete ihm irgendwie einen Kloß im Hals.

„Hallo Tsuna, hier ist Giotto. Kann ich dich um einen Gefallen bitten?“ fragte Giotto. „Bitte bring mir die grüne Tasche aus meinem Zimmer ins Krankenhaus, es ist wichtig.“

Die jähe Erwähnung des Wortes Krankenhaus machte ihm ein schlechtes Gewissen. Eben verfluchte er Giotto noch und jetzt... „Ist… ist was mit Mice?“, stammelte er besorgt und warf Xanxus einen besorgten Blick zu. Er wurde jedoch vom jungen Mann an der anderen Seite beruhigt. „Nein, nein, ihm geht‘s gut: Bitte bring mir einfach die Tasche, ja? Du musst dich auch nicht beeilen, aber. Ich brauch sie hier.“. „Um… um wen geht es denn? Ist es etwas Schlimmes?“, fragte Tsuna noch einmal, doch er bekam keine Antwort. Giotto wirkte am Telefon nur besorgt und irgendwie aufgelöst. Seine morgendliche Intuition konnte er damit wohl als bestätigt ansehen. „irgendwer.. ist im Krankenhaus…“, klärte Tsuna Xanxus auf und biss sich auf die Lippe. Nun konnte er sich auch zusammenreimen, wo alle abgeblieben waren, und wieso das Haus wie kurzfristig verlassen aussah.

„Wer ist es?“ fragte Xanxus zähneknirschend, er war von der plötzlichen Störung offensichtlich immer noch verbittert, aber ein Hauch Sorge schwang in seiner Stimme mit, den man aber auch nur heraushören konnte wenn man Xanxus sehr gut kannte.

„Ich weiß es nicht, hat Giotto nicht gesagt, nur dass ich ihm irgendeine grüne Tasche aus seinem Zimmer bringen soll.“ antwortete Tsuna, wobei er den Eindruck machte den Tränen nahe zu sein. Das Krankenhaus brachte die gut verbuddelten Erinnerungen an Lanchia zurück, denen er sonst lieber ausgewichen war. Seit jenem schicksalhaften Tag hatte er das Krankenhaus nicht wieder betreten und im Grunde hatte er auch vorgehabt es dabei zu belassen. Tsunas Beine fühlten sich an wie Gummi als er aufstand um die Tasche zu holen. Die Erleichterung die ihn durchströmte als Xanxus ihm den Arm um die Schulter legte.

„Ich begleite dich, musst nicht allein hingehen, Krabbe. Sonst stolperst du Trottel nur vor eine Bahn so durcheinander wie du bist.“

„Das ist... das ist nett von dir, danke Xanxus.“, wisperte Tsuna, tatsächlich ein bisschen durcheinander. Es würde wirklich besser sein, wenn man ihn begleitete. Auch wenn Xanxus im Moment vielleicht nicht die beste Wahl darstellte. Durch diese unerwartete Störung, gab es zwischen ihnen jetzt noch ein Ding mehr, das unausgesprochen blieb, bis einer von ihnen sich ein Herz fasste und es ansprach.

Tsuna konnte jetzt auch nicht darüber nachdenken. Er war besorgt und aufgebracht, besonders da er nicht wusste, wen es getroffen hatte. Fest klammerte er sich an die kleine grüne Tasche und verließ mit Xanxus das Wohnheim.
 

Wird fortgesetzt….

27. September: Teil 2

So. Hier ist der zweite Teil vom letzten Kapitel, der offensichtlich schon sehnsüchtig erwartet wurde.

Viel Spaß beim Lesen und vielen Dank für eure Treue ^^
 

Panakeias Segen
 

27. September: Teil 2
 

Es war unangenehm den vertrauten Weg zum Krankenhaus zu gehen. Als Tsuna und Xanxus gemeinsam aus dem Bus stiegen, stellte sich in Tsunas Bauch ein unangenehmes Gefühl ein. Lanchias Tod war schon eine Weile her, aber noch nicht vollkommen überwunden. Immerhin war er ein guter Freund gewesen.

Tsuna hatte gehofft den Weg, durch die breite Auffahrt, die mit Rhododendron Büschen gesäumt war, nicht mehr so schnell entlang zu kommen.

Das Krankenhaus war ein großer Klotz, mit einer hübschen, glänzenden Fassade. Die Sonne des schönen Tages spiegelte sich in den Scheiben und blendete ihn gelegentlich.

Tsuna war wirklich froh in Gesellschaft hier zu sein, er fühlte regelrecht wie die Besorgnis ihn langsam erfüllte. Xanxus‘ Nähe dagegen hatte einen beruhigenden Effekt auf ihn.

Die grüne Tasche in seiner Hand fühlte sich nicht allzu schwer an, nur etwa wie eine Tasche mit Klamotten sich anfühlen mochte. Tsuna hatte nicht hereingesehen, das hätte er also zu unhöflich empfunden, aber Gewicht und Weichheit der Tasche sprachen für sich. Irgendwie war es irritierend zu wissen, dass Giotto immer eine Krankenhaustasche bereitstehen hatte, ganz so als wäre es etwas Alltägliches herbestellt zu werden. Im Grunde genommen hätte er Xanxus ja fragen können was hinter diesem Spiel steckte, aber er konnte sich nicht dazu bringen den Mund aufzumachen. Es besorgte ihn zu sehr, dass die Antwort vielleicht lauten könnte dass einer seiner Freunde unter einer ernsthaften Krankheit litt.

Das machte ihn vielleicht zu einem Weichei, aber damit hatte er noch nie Probleme gehabt.

Die Türen des Krankenhauses öffneten sich mit einem leisen Pfffft Geräusch als würde sie versuchen die Luft aus der Umgebung weg zu saugen und das grelle Licht dass durch die Fenster an der Ostseite strömte kitzelte seine Nase. Weiß in weiß mit einem Tupfer grau lag alles vor ihm und während Tsuna durch die Empfangs und Wartehalle ging, hielt er instinktiv nach Giotto Ausschau, dieser war aber nirgendwo zu sehen. Allgemein war es ein wenig beängstigend leer, kein Mensch war hier und am Empfangsschalter stand nur das „Zur Zeit nicht besetzt“ Schild herum. Tsuna war der Sinn dieser Schilder nie klar gewesen, als könnte man sich nicht selbst denken, dass der Schalter nicht besetzt war. Sollte man etwa annehmen ein unsichtbarer arbeitete an dem Tresen? Im Hintergrund hörte man ein Radio irgendwo hinter der Glasscheibe eine dunkle Metal-Nummer spielen.

„Hallo?“ fragte Tsuna in die Leere hinein, aber natürlich antwortete niemand. Nur ein leises rhythmisches Pochen war im Hintergrund zu hören. Bumm Bumm Bumm kam es aus dem Archiv hinter dem Schalter und Tsuna spähte irritiert und neugierig zugleich durch den Spalt der offen stand. Ein paar geflochtene Zöpfen konnte er vor und im Rhythmus Wippen sehen und ein Stück eines Stuhls der vor und zurück kippte. So leise wie möglich ging Tsuna etwas näher, die Tür fest im Blick und langsam streckte er seine Hand aus um sie weiter aufschwingen zu lassen.

Das Kuhfleckenmuster irritierte ihn irgendwie. Bei der Musik und dem Ambiente hatte er entweder mit einer Schwesterntracht oder aber mit schwarzen Lederklamotten, Nieten vielleicht einem langen dunklen Mantel gerechnet, aber nicht mit einem Kuhfleckenhemd, einer dicken Jacke mit Fellkragen und enganliegenden Stoffhosen. Der junge Mann war ungefähr Mitte 20 und wirkte in dem Schwesternzimmer so fehl am Platz, wie ein Springbrunnen in der Wüste. Er hatte schwarzes Haar und seine geflochtenen Zöpfe machten einen ordentlichen Eindruck. Er schien sowieso sehr auf sein äußeres zu achten. Er sah eher aus wie ein Model, als wie eine Krankenschwester. Tsuna hätte ihm jede Art von Parfüm, Klamotten oder sogar Schminke sofort abgekauft. Erst Xanxus‘ Berührung an seiner Schulter, riss ihn aus seinen Gedanken. Hatte er etwa gestarrt? Ja. Das hatte er.

„Äh... Ent... Entschuldigung?“ sprach Tsuna ihn schüchtern an und in seinem Kopf hörte er eine Werbemelodie losklingeln als der Schönling aufsah und ihn mit seinen klaren grünen Augen ansah, die von einem Kranz langer Wimpern umrahmt waren. Eine Brise imaginäres Parfüm glitt durch die Luft und Tsuna wartete noch auf das Logo der entsprechenden Marke. „Wir... wir suchen jemanden....“

Ein langes Gähnen war die Antwort als der junge Mann sich bequemte aufzustehen, sich erst mal gemächlich zu strecken und dann ohne großen Elan zu dem Schalter zu gehen. In aller Ruhe nahm er das Schild herunter und zog seinen Mantel aus, dann endlich fragte er offensichtlich mehr als nur lustlos: „Was kann ich für sie tun?“

„Wir suchen einen Freund, also er ist hier nicht Patient, nun das glaube ich zumindest... er begleitet wohl jemanden her der krank ist... denke ich... vielleicht... Er sollte auf jeden Fall hier irgendwo im Krankenhaus sein und... ähm... Wir sollen ihm eine Tasche bringen?“ Als Tsuna es so sagte wurde ihm bewusst dass Giotto nicht gerade verschwenderisch mit den Informationen gewesen war.

Der Mann hinter dem Schalter gähnte müde und wiegte den Kopf hin und her, als schien er zu überlegen. Er schien nicht wirklich enthusiastisch zu sein, ganz im Gegenteil. Er wirkte ermüdet. „Ah.. ja.. Mei, mei…“, sein Ton war so dermaßen unbeeindruckt, dass es schon fast gruselig war, als würde er seine Umwelt gar nicht wahrnehmen. Vielleicht tat er das auch nicht… Es fiel Tsuna schwer das zu sagen. „ach.. ja ich glaub... der Kerl hatte…“, der Mann gähnte mitten im Satz. „… mir Bescheid gesagt.“, er begann in einem Haufen bunter Post-it’s zu wühlen, die wüst auf der Schreibtischunterlage verteilt waren. „Ich hab‘s.. mir aufgeschrieben.“, fügte der Pfleger hinzu und entdeckte schließlich einen grell grünen Zettel auf dem nur eine Nummer stand. „Der Kerl heißt Giotto… oder?“. Xanxus ließ ein Zischen zwischen seinen Lippen hervordringen und als niemand etwas sagte, schien er seinen Kommentar nicht zurückhalten zu können. „Ja, Puddingfresse, ganz genau.“, Tsuna stieß ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen, der Pfleger fuhr jedoch gähnend und vollkommen unbeeindruckt fort: „Er wartet im dritten Stock vor Zimmer 317. Hat er… zumindest gesagt.“

„Dankeschön.“ sagte Tsuna kurz angebunden und ging zum Fahrstuhl, welcher gerade unten angekommen war. Xanxus trottete hinter ihm her, mit einem selbstzufriedenen Grinsen auf den Lippen, zwar konnte er es nicht sehen, aber er spürte das Grinsen in seinen Nacken brennen. Dazu wollte er gar nichts sagen, schließlich wusste er, dass Xanxus nur ein paar dumme Witze über Giotto loswerden wollte die er eben noch nicht raus lassen konnte. Die Fahrstuhltüren öffneten sich und Tsuna wäre fast wieder umgedreht, als er sah wer drinnen stand. Ausgerechnet dieser Freak der sich Mukuros Bruder schimpfte, das hatte ihm grade noch gefehlt.

Louis stand auf der Seite gegenüber vom Spiegel und unterhielt sich mit einem großen schwarzen Mann mit weißen Haaren im ebenfalls weißen Anzug, wobei er jedoch nicht seinen Gegenüber ansah sondern sein eigenes Spiegelbild fasziniert betrachtete und sich immer wieder selbstverliebt die Haare richtete. Tsuna ging instinktiv auf die Seite des Fremden als Xanxus ihn in den Fahrstuhl schubste. Irgendwie hatte er das Gefühl hier am sichersten zu sein.

„Trödel nicht so rum Krabbe.“ neckte Xanxus ihn als er ihn hinein befördert hatte, Tsuna hätte ihm am liebsten auf den Fuß getreten, riss sich aber zusammen und vermied es Mukuros Bruder anzusehen. Stattdessen starrte er auf seine Füße während der dichte Duft eines schon fast erdrückenden Blumenparfüms ihm die Schleimhäute verstopfte.

Normalerweise war es üblich im Fahrstuhl nicht zu sprechen, wenn jemand mit drinnen stand, den man nicht kannte, aber Mukuros eitlen Bruder und seinen Begleiter schien das nicht zu stören und so setzten sie ihr Gespräch über Gartenarbeit fort, als sich die Türen wieder geschlossen hatten. Tsuna sah zu Xanxus hoch und verdrehte die Augen, als das langweilige Gespräch seinen informativen Höhepunkt erreichte, als es um die Zucht von verschiedenfarbigen Lilien ging. Der dunkelhäutige hochgewachsene Mann lachte etwas, als er schwarze Lilien erwähnte und Louis ein Gesicht zog wie sieben Tage Regenwetter. Dann betonte Louis die Nützlichkeit von Dornenbüschen und ihre Vorzüge bei der Abschreckung nerviger Fans. Tsuna konnte darüber nur den Kopf schütteln. So ein Unsinn. Er war froh, als das Vehikel schließlich im dritten Stock ankam und sie aussteigen konnten. Im Rausgehen erhaschte Tsuna noch einen Blick auf das Ziel der beiden Tratschonkel im Fahrstuhl und sah, dass sie auf dem Weg auf das Dach waren, von dem man angeblich einen guten Blick auf die Stadt hatte. Wahrscheinlich wollten sie in dem Café da oben einen Kaffee trinken oder so etwas. Zumindest konnte er sich das gut vorstellen, obwohl ihn schon irgendwie interessierte, warum Louis sich hier herumtrieb. Vielleicht recherchierte er nur für sein neues Buch.

Gegenüber vom Fahrstuhl sah Tsuna direkt Zimmer 310, er sah nach links und rechts und ging dann den rechten Gang herunter auf der Suche nach 317. Vielleicht hätte er vor dem Einsteigen mal drauf achten sollen welche Abteilung das hier war, schoss es ihm durch den Kopf als er das Zimmer suchte. So neutral wie es hier aussah konnte er zumindest davon ausgehen nicht auf der Intensivstation zu sein und das war ja schon mal ein gutes Zeichen. Einige Meter vor ihm ging gerade eine Tür auf und Giotto guckte heraus. Sein Haar war noch zerwühlter als sonst und er machte einen ziemlich gehetzten Eindruck mit seinen zerknitterten Klamotten die er eindeutig schon am Vortag getragen hatte. Jetzt wo Tsuna so drüber nachdachte wurde ihm klar, dass er den Blonden am gestrigen Tage auch schon nicht gesehen hatte. Das kam zugegebenermaßen öfter vor, deshalb hatte er sich auch nichts dabei gedacht.

„Giotto... da bist du ja...“ hüstelte Tsuna um auf sich aufmerksam zu machen.

„Tsuna! Endlich!“, rief der blonde Mann und seine Stimme klang genauso gehetzt, wie Tsuna es sich vorgestellt hatte. Er trat aus dem Zimmer und riss ihm die grüne Tasche beinahe aus der Hand. „Oh endlich. Ich stinke schon wie ein Bock.“, sagte er und verschwand mit der Tasche den Gang nach hinten in eine Tür. Es war wahrscheinlich eine Toilette, zumindest verriet das der unangenehme Duft der daraus hervorquoll: Ganz plötzlich sehnte er sich nach dem Blumenparfüm aus dem Fahrstuhl. Tsuna wusste nicht genau, wieso, aber irgendwie schafften Herrentoiletten es immer zu stinken, egal, wie sauber und blank sie geputzt waren. Jetzt da Giotto weg war, war das Krankenzimmer unbewacht. Er wagte es ein paar Schritte vor zu gehen und warf einen Blick auf die Krankenakte, die dort steckte. Den Namen darauf hatte er noch nie gelesen. Er erinnerte ihn an ein mediterranes Gewürz. „Kennst du den?“, fragte er an Xanxus gewandt und drehte sich zu dem Älteren um.

Xanxus sah auf die Akte und kräuselte seine Stirn kurz.

„Klar, dass ist doch der kleine abgefuckte Freund von Puddingfresse. Waren zusammen in einer Klasse oder so ein Mist.“ verkündete er in seinem gewohnt liebenswürdigen Tonfall. „So ein abgebrochener Gartenzwerg wie Giotto, braune Haare, ein richtiger Penner, hat nur Scheiße im Kopf. Oder hatte, hab ihn ewig nicht gesehn‘, dachte der wär‘ längst verreckt.“

Die Beschreibung half Tsuna nicht gerade großartig weiter, er kannte einige Leute mit braunen Haaren, aber niemanden aus Giottos Klasse, außer vielleicht Daniela, aber die passte ja nicht gerade auf die Beschreibung. Irritiert sah er sich in dem Zimmer um, außer dem zerwühlten Bett war aber nichts zu sehen, nicht mal irgendwelche persönliche Gegenstände. In der Luft hing nur dieser starke Geruch nach Erbrochenen und Desinfektionsmittel. Wer auch immer hier lag, dessen Magen ging es wohl nicht allzu gut.

Langsam trat er ins Zimmer. Es war ein Einzelzimmer, so viel stand fest, also entweder hatte derjenige der hier lag jede Menge Geld, oder Giotto war für das Zimmer aufgekommen. Wenn es ein Freund von ihm war, dann konnte Tsuna sich Letzteres sogar vorstellen. Nachdenklich ging er zum Bett und erschrak sich, als er plötzlich einen Stoß von Seite bekam und zur Seite taumelte.. „Lass mich fort, Giotto! Ich habe keinerlei Lust, hier noch länger zu verweilen. Mir geht es… wieder blendend!“, der seltsame Ton in der Stimme des anderen, ließ in Tsuna etwas klingeln.

Ein Freund von Giotto braunes Haar, ein Penner mit seltsamen Sprachbild. Tsuna war ihm sogar schon selbst begegnet, nur seinen echten Namen hatte er noch nie gehört. Er richtete sich wieder auf und suchte einen festen Stand. Der Bewohner des Zimmers war unterdessen auf seinem Fluchtversuch in Xanxus Arme gelaufen und geschnappt worden. „Du bist es… Herb!“, rief Tsuna überrascht und sah den anderen an, den er ohne seinen Beanie kaum erkannt hatte.

Von allen Menschen die er hier zu treffen erwartet hatte, stand er definitiv nicht auf der Liste. Wenn man es genau nahm, hatte er Herb überhaupt nicht mehr auf der Liste gehabt, schließlich hatten sie sich auch nur ein paar Mal gesehen und noch seltener gesprochen.

„Er heißt Basil.“ korrigiert ihn Giotto, packte Basil am Kragen und verfrachte ihn mit sanfter Gewalt ins Bett, ganz zu dessen ungezügelter Begeisterung. Es überraschte Tsuna ein wenig wie gut Giotto sich durchsetzen konnte, wenn er wollte. Immerhin war er ja auch eher von der Hänfling Fraktion. „Und du bleibst gefälligst liegen und hältst deine Klappe, immerhin ist es deine eigene Schuld, dass du jetzt hier liegst und du liegst hier gefälligst so lange, bis die Ärzte dir erlauben aufzustehen. Wie kann man sich nur so dämlich verhalten, kannst du mir das erklären? Ich bin wirklich schwer von dir enttäuscht. Sehr schwer von die enttäuscht.“

Der Streit von neulich war offensichtlich noch nicht ausgestanden, kaum angekommen, lagen sich die beiden Streithähne schon wieder in den Haaren. Offensichtlich ab es zwischen ihnen eine Art Hassfreundschaft oder so etwas in der Art, sonst würden sie sich ja nicht immer wieder treffen. Nachdem der kleine Streit wieder etwas abgeklungen war, und Basil sich widerwillig wieder ins Bett gelegt hatte, wagte Tsuna es, seien Stimme zu erheben. „Was ist… eigentlich passiert?“ Basil war der erste, der seine Stimme wiederfand und blaffte ihn höflich an. „Ich glaube nicht, dass dies eine deiner Angelegenheiten ist. Also bitte, tu mir den Gefallen und misch dich nicht ein. Es ist schon ärgerlich genug, das Giotto es weiß.“. Tsuna hatte noch nie jemanden so höflich über seine Situation meckern hören. Herb war schon eine Nummer für sich.

„Oh ich wollte nicht-“ begann Tsuna doch Giotto unterbrach ihn.

„Er kann es ruhig wissen, immerhin ist er ein Freund und er steckt ja auch in der Sache mit drin, wenn er schon hier ist. Und du hast es selbst verschuldet, deshalb hast du im Grunde genommen kein Recht überhaupt irgendwas zu sagen.“ Tsuna hob abwehrend die Hände und schüttelte heftig seinen Kopf. In diesen Zwist wollte er eindeutig nicht hereingezogen werden, es reichte ihm schon wenn er sich Amicellis und Xanxus‘ Zickereien Zuhause immer anhören musste. Sein Maß an Streithammeln war ein für allemal erfüllt.

„Ich muss es nicht wissen, wenn es ihm unangenehm ist.“ sagte er beschwichtigend.

Es war so beschämend, dass plötzlich so viele Leute hier waren, einfach nur beschämend und durchaus, so konnte man wohl sagen, sogar erzürnend! So war es doch Giotto, den er um Hilfe bat und nun sollte er die seinen unerquicklichen Geheimnisse in die Welt hinaustragen? So einfach sollte seine Schande an die Öffentlichkeit gezerrt und verspottet werden? Diese Schmach war geradezu unaussprechlich. So mochte sein Getreuer im Zorne handeln, trotz Allem war es ihm nicht erlaubt dies zu tun. So hatte er ihm doch auch in so mancher Misselage die Hand gehalten und in so mancher vertrackten Situation als Waffenbruder seine Ehre verteidigt!

Tsuna schüttelte irritiert seinen Kopf als die Eindrücke von Basil auf in einströmten. Es war jetzt schon länger nicht mehr vorgekommen, weshalb es ihn noch mehr als üblich verwirrt hatte.

Vor allem wenn man mit so seltsamen Gedanken konfrontiert wurde. Tsuna hatte ja gewusst das Herb, oder Basil, wie sich nun herausgestellt hatte, so sprach, aber dass er auch so seltsam dachte, das hätte er niemals vermutet. Verwirrt schüttelte er den Kopf um die Gedanken abzuschütteln, aber es fiel ihm schwerer als gedacht, besonders da Herb sich momentan in so einer besonders gefühlsintensiven Lage befand. Er konzentrierte seien Gedanken auf Xanxus, der sich auf einen Stuhl zurückgezogen hatte und er spürte, wie sich die Gedanken aufgrund seiner Immunität langsam verflüchtigten. Xanxus war für ihn wie ein leeres Blatt und darüber war er unendlich froh. Seien Gedanken wollte er absolut nicht lesen können. Tsuna atmete erleichtert aus. „Ich muss es wirklich nicht wissen, ist schon okay.“ Giotto konnte es ihm später immer noch sagen, wenn sie allein waren und Basil nicht neben ihnen saß. Er konnte die Scham des anderen deutlich nachvollziehen.

„Ent... Entschuldigung?“ kam es plötzlich fiepsend von der Tür und Tsuna drehte sich erschrocken um. Noch mehr Besucher? Giotto hatte wohl den halben Hausstand herzitiert. Bei näherer Betrachtung stellte sich aber heraus, dass er überhaupt niemand von ihrer kleinen Gruppe war, sondern ein kleiner braunhaariger Junge, vielleicht neun Jahre alt oder zehn. Er trug einen weißen Rollkragenpulli mit einer beigen Shorts, weißen Kniestrümpfen und weißen Turnschuhen mit grünen Streifen. Dazu hatte er einen gelb-grünen breiten Schal um seinen Hals geschlungen und ein großes Buch an seine Brust gepresst. Ein Freund von Basil? Dafür sah er eigentlich noch zu jung aus... Tsuna war verwundert.

„Herr Vongola? Ob sie vielleicht einen Moment Zeit hätten um mit mir zu reden?“ Alle Augen im Zimmer wandten sich zu Giotto, er selber aussah als wüsste er nicht, was ihn erwarten sollte.

Giotto wirkte etwas verwirrt, dann zuckte er mit den Schultern und winkte den Jungen ins Zimmer. „Klar, komm rein Fuuta.“, sagte er ruhig und betrachtete den Jungen fragend. „Was machst du denn hier?“, fügte er offensichtlich überrascht an und sah zu, wie der Junge das Zimmer betrat. Er wirkte unsicher und ein wenig nachdenklich. Schien aber etwas auf dem Herzen zu haben. Er trat in die Mitte des Raumes und sah sich unsicher um. „Darf ich.. ganz offen sprechen?“, fragte er an Giotto gewandt, der sich daraufhin im Raum umschaute. Er taxierte Xanxus einen Moment misstrauisch, nickte dann aber. „Sag mir was du auf dem Herzen hast. Weswegen bist du überhaupt hier, ich dachte du seist noch in Italien.“ Fuuta schüttelte den Kopf und senkte den Blick traurig. Er scharrte nervös mit den Füßen. „Bin ich… schon seit einer ganzen Weile nicht mehr. Ich.. bin mit Basil hergekommen.“, sagte er ruhig und drückte das Buch an sich wie ein Schutzschild.

Giottos Blick wanderte von Fuuta zu Basil, der bestätigend nickte und dann wieder zurück zu dem Jungen, welcher den Eindruck machte das Gewicht der Welt würde auf seinen Schultern lasten.

„Davon hatte ich gar keine Ahnung, ist etwas geschehen drüben? Mir wurde nichts gesagt.“ Giotto sah aus als würde ihn dieser Umstand hochgradig missfallen. Die Dinge liefen wohl nicht so wie sie sollten. Tsuna war sich immer noch nicht sicher wie viel Macht Giotto überhaupt hatte. Hier kannte er ihn nur als normalen Schüler, okay, das war eine Lüge. Er kannte ihn als schwer gestörten, puddingverrückten Schüler, aber der Punkt war, dass er ihn eigentlich nie als jemanden betrachten konnte, der in irgendeiner Form das Sagen hatte. Nicht mal seine Position im Schülerrat half da weiter.

„Es gab... einige Zwiste... Meine Eltern sind dabei zwischen die Fronten geraten, ich habe es jedoch geschafft ihre Unterlagen rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.“ erklärte Fuuta und Tsuna sah ihn erschüttert an. Der Junge hatte ihnen grade offenbart, dass seine Eltern verstorben waren und seine Priorität lag bei irgendwelchen Unterlagen?!

Und er verzog nicht einmal eine Miene, als er das große Buch Giotto überreichte. „Ich.. ich musste aus Italien fliehen. Ich hatte kein zu Hause mehr und die Unterlagen waren in Gefahr. Ich.. konnte das Opfer meiner Eltern doch nicht umsonst sein lassen, da hab ich mich Basil angeschlossen und er hat mich hergebracht, weil er wusste, wo sie waren, aber... als ich dann hier war… und.., ich, mich hat die Angst gepackt. Ich dachte, ihr wärt sauer, weil… ich diese wichtigen Daten einfach so ungesichert mit mir herumtrage. Also… hat Basil mir geholfen ein Versteck zu finden. Ich hab eine ganze Weile bei einem netten Polizisten gewohnt, der mir geholfen hat mich einzuleben und in… in letzter Zeit da hat Basil mich bei sich versteckt, aber ich kann mich jetzt wohl nicht mehr länger verstecken…“, sagte Fuuta leise und blickte schuldbewusst zu Boden.

Das Schweigen dass sich ausbreitete erfüllte in kürzester Zeit den ganzen Raum und Giotto ging auf und ab wie eine Katze auf Beutezug, mit tiefen Denkerfalten auf der Stirn. Mit dieser Entwicklung hatte er wohl in seinen kühnsten Träumen nicht gerechnet und Tsuna konnte das gut nachvollziehen. Nach einigen weiteren Runden blieb Giotto dann endlich stehen und drehte sich Fuuta zu.

„Es tut mir sehr leid wegen deines Verlusts Fuuta.“ fing er ruhig an und ging zu ihm herüber, wobei er wieder sein normales freundliches Lächeln auf den Lippen trug. „Du hättest gleich zu mir kommen können, es war sehr mutig was du getan hast, aber so wie es ist, kann es natürlich nicht bleiben. Basil muss von nun an strenger überwacht werden und ich denke nicht, dass wir es uns erlauben können, dass er weiterhin allein lebt-“

Basil öffnete den Mund um zu widersprechen, wurde von Giotto aber kurzerhand übergangen.

„Deshalb wird es das Beste sein, wenn du von nun an bei uns wohnst. Nach Ende des Jahres werden wir weitersehen, aber solange Amicelli und ich hier sind, ist das die sicherste Möglichkeit. Dich und die Informationen zu schützen.“

Fuuta schien verunsichert nickte aber. „Das. Das denke ich auch, wenn sie in ihrer Nähe sind, Herr Vongola, dann sind sie auf jeden Fall sicher. Sicherer als sonst irgendwo. Immerhin steht in dem Buch wahnsinnig vieles… was sehr wichtig ist. Und ich habe auch schon ein paar neue Informationen zusammen getragen. Besonders über eine Krankheit, die es hier in der Stadt gibt. Als ich gehört habe, das herb im Krankenhaus liegt, habe ich zuerst gedacht… er ist deswegen hier, aber wenn er das wäre, dann würde es ihm viel schlechter gehen, so wie dem Mann, bei dem ich gewohnt habe.“, erklärte Fuuta leise und betrachtete Basil der sich auf dem Bett aufgesetzt hatte, mit der Fürsorge eines größeren, verantwortungsvolleren Bruders. Tsuna fiel der intensive Blick gleich auf, auch wenn er nie einen Bruder gehabt hatte. Er malte sich aus, dass er bei den Kindern, die er gebabysitted hatte einen ähnlichen Blick drauf gehabt hatte.

Die Erzählung des Jungen blieb ihm allerdings noch etwas schleierhaft, auch wenn er sich, zumindest ein wenig, denken konnte, wen Fuuta mit der Umschreibung: „freundlicher Polizist“, meinte. Er wusste ja, dass Lanchia Herb gekannt hatte in dem Zuge hatte er wohl auch Fuuta kennengelernt und bei sich aufgenommen. Er war schon immer äußerst kinderlieb gewesen.

Tsuna betrachtete die neue Situation die sich entwickelt hatte: Er hatte tausend Tode der Angst durchlitten, weil Giotto Wechselwäsche wollte, er hatte Herb wiedergetroffen und seinen wahren Namen erfahren, er hatte Fuuta kennengelernt und nun zogen anscheinend beide bei ihnen ein. Wie genau Giotto das der Schulleitung erklären wollte war Tsuna noch schleierhaft.

Was aber noch viel wichtiger war, waren die Möglichkeiten die sich ihm hier eröffneten. Basil, der im direkten Kontakt zu diesen sonderbaren Pillen war und Fuuta, der Informationen hatte, nicht nur über die Krankheit, sondern scheinbar auch über diese ganze Familie, die Tsuna hier einzuspannen versuchte. Das war das erste Mal seit Monaten, dass er richtige Fortschritte machen konnte, zumindest in der Theorie.

Da blieb nur noch die Frage:

Wie gelangte er an die Informationen?

Vielleicht war es an der Zeit seine sonderbare Fähigkeit mal gezielt einzusetzen.
 

Wird fortgesetzt…

4. Oktober

Huch was ist das? Ein Kapitel hat sich angeschlichen und euch nach einem Monat Abstinenz überfallen und niedergeschlagen! D= Nachdem Anti und ich von einer Band Space Ninjas verschleppt wurden um ihrer Schneckenkönigin geopfert zu werden und wir uns nur durch die Hilfe von Unterwassersamurais befreien konnten... Was guckt ihr so? Okay, nun vielleicht ist die Wahrheit nicht ganz so aufregend. Ich hatte meinen letzten Monat von meinem FSJ und noch zwei Seminare, Anti hatte, wenn ich denn mal da war Spätsdienst, es hat diesen Monat einfach alles ganz super zusammen gepasst. Tut uns wirklich leid, aber wer von euch schon arbeitet weiß: Seine Schicht kann man sich nicht aussuchen, ist scheiße, ist aber so. Jetzt geht es aber wieder weiter, wir sind etwas erschöpft aber willig und es wird jetzt hoffentlich nicht wieder etwas dazwischen kommen. Drückt uns die Daumen!
 

4. Oktober
 

Eine Kiste? Das war‘s also?

Es gab Menschen die es schafften sämtliche Besitztümer, inklusive Klamotten, in nur eine Bücherkiste zu packen und dabei nichtmal stopfen mussten? Tsuna blickte das Häuflein in der Kiste an, die schon fast fertig gepackt war, während Basil in der kleinen Einzimmerwohnung herumstromerte und kontrollierte ob er nicht noch irgendwo etwas vergessen hatte. Neben der Kiste saß Fuuta, auf dem Schoß eine Tasche in der sein Reisegepäck war, das große Buch, das er sonst mit sich herumgeschleppt hatte, hatte er bereits an Giotto ausgehändigt. Tsuna war sich aber ziemlich sicher, dass Fuuta eine Kopie auf einem USB Stick irgendwo in Körpernähe bei sich trug. In den letzten Tagen in denen er den Kleinen kennengelernt hatte, durfte er feststellen, dass er die Neigung hatte Fakten zu zitieren und sie aufzuzählen, es war völlig undenkbar, dass er sich selbst der Möglichkeit beraubte seine Behauptungen zu beweisen.

Tsuna saß in einem zerfledderten alten Sessel, der ihm aus irgendeinem Grund bekannt vorkam. Der weiche Stoff, die dunkel Textur. Eine Erinnerung aus Kindertagen beschlich ihn, und ihm wurde klar, dass dieser Sessel einmal Lanchia gehört hatte. Er selbst war als Kind auf ihm herumgetollt, manchmal zusammen mit Lambo und I-Pin, als er dann älter war. Lanchia hatte wirklich schon immer etwas für Kinder übrig gehabt, kein Wunder, dass es ihm eine Freude gewesen war Fuuta und auch Basil zu helfen.

Tsuna sah sich in der Wohnung um, entdeckte aber sonst nichts mehr, was ihn erinnerte. Der Rest der in der Wohnung stand hatte keinerlei persönliche Note. Die Möbel schienen zusammengewürfelt und teilweise vom Sperrmüll zu kommen. Es gab keine Dekorationen, nicht einmal ein paar schnöde Plastikblumen, nur kahle, nackte Wände. Das hier war wohl wirklich nur eine Notunterkunft.

„Hast du jetzt alles?“ fragte er den aufgekratzten Basil, dem man die Entzugserscheinungen deutlich ansah, obwohl es mittlerweile schon besser war als in den ersten Tagen. Besagte Erscheinungen waren aber auch der Grund, warum Tsuna Babysitter für ihn spielen durfte, nur um sicher zu gehen, dass er nicht irgendwo aus einem Geheimversteck in seiner Wohnung sein Pillendöschen zauberte. Giotto hatte Vertrauen in ihn, Vertrauen, dass er keine Selbstbeherrschung besaß, wenn es darauf ankam zum Beispiel.

„Ngh.“ kam die vielsagende Antwort, während Basil auf die Kuppe seines Zeigefingers biss und die Stirn in Falten legte. „Mir dünkt es sei mir Entfallen etwas wichtiges zu Vollenden, dessen Vollendung von größter Wichtigkeit sein könnte. Doch so sehr ich auch grüble und grüble in dieser muffigen Gruft, so kommt mir doch kein Einfall. So muss ich dir wohl vermitteln, dass es im Bereich des Möglichen läge nun aufzubrechen.“

Tsuna atmete erleichtert aus. „Du bist doch auch nicht aus der Welt, wenn dir einfällt was du noch tun wolltest, dann können wir ja nochmal zusammen zurückkommen und es holen.“, meinte er beschwichtigend und klopfte Basil auf die Schulter, der daraufhin erneut auf seinem Finger kaute. Tsuna fiel auf, dass er die Nägel bereits abgekaut und jetzt auf dem Fleisch seiner Finger herum biss, seiner linken Hand war das schon nicht besonders gut bekommen, das sah man ganz eindeutig an den blutigen Stellen: Tsuna verspürte das Bedürfnis ihm die Hände in Verbände einzuschlagen und Schutzhandschuhe darüber zu ziehen, oder vielleicht zur Sicherheit gleich eine Zwangsjacke? Wer wusste wie Basil reagierte, wenn man ihm sein einziges Mittel zum Abbau von Aggressionen stahl. „Gehen wir jetzt, es wird schon dunkel draußen, und wenn Giotto sich Sorgen macht, dann rückt er uns noch auf die Pelle.“, meinte Tsuna. Dies schien nun endlich auch Basil zu überzeugen, dass es gut war so schnell wie möglich wieder zu gehen. Er zog die Stirn in Falten und sagte dann: „Nun denn, brechen wir auf. Bevor mein treuer Freund noch auf die Idee kommt, uns hier aufzusuchen. Mir dünkt wir sind bereit, nicht wahr Fuuta?“

Der kleine Junge nickte, stand von seinem Platz auf und nahm seine blaue-schwarze Reisetasche, aus der ein Stück seines Schals herausguckte. Von Basil hatte Tsuna erfahren, dass es ein Schal war, dem ihm seine Mutter gestrickt hatte. Kein Wunder, dass Fuuta ihn zu schade zum Tragen fand, andere Erinnerungstücke hatte er wohl nichtmal mitnehmen können, bei seiner übereilten Flucht. Wie man es in dem Alter schaffen konnte mit dem Tod der Eltern umzugehen, mit deren Ermordung, um die Sache noch schlimmer zu machen. Wenn er sich vorstelle es wären seine eigenen Eltern gewesen... er konnte es sich nicht mal vorstellen. Der bloße Gedanken gruselte und bestürzte ihn zugleich auf eine unbeschreibliche Art und Weise. Vielleicht war er auch einfach nur zu emotional, dennoch erschien ihm das einfach menschlich.

Vor der Tür wartete er auf die beiden anderen und ging dann vor ihnen die Treppe herunter, während das Tack-Tock ihrer Schritte ihn verfolgte.

In dem engen, mit Graffiti beschmierten Treppenhaus, wirkten die Bewegungen der anderen irgendwie beklemmend. Tsuna war froh sie aus so einer Umgebung herauszuholen. Natürlich wäre Basil eigentlich alt genug, um auf sich selbst aufzupassen, aber in seiner besonderen Situation fühlte sich Tsuna auch für ihn verantwortlich. Er fühlte sich fast wie eine Mutter. „Im Dorm wird‘s euch gefallen, da habt ihr beide genug Platz um euch auszubreiten.“, sagte er fröhlich, als sie die Straße betraten und streckte sich im Sonnenlicht. „Und Amicelli macht am Wochenende immer Frühstück und außerdem…“, er schwieg als er bemerkte dass seine Werberede für das Dorm auf mehr oder minder taube Ohren stieß: Fuuta wirkte zwar interessiert, aber er kramte nebenbei in seiner Tasche nach irgendetwas und konzentrierte sich hauptsächlich darauf und Basil, ja… Basil zog eine Schnute wie sieben Tage Regenwetter. Tsuna konnte das verstehen. Er würde auch so weit weg von Giotto bleiben, wie möglich, wenn er die Wahl hätte, aber Basil hatte nun einmal keine. „Kommt schon. Ich.. hab doch bisher auch überlebt.“, meinte er aufmunternd und lachte.

Basils Mundwinkel wanderte, sobald das überhaupt möglich war, noch mehr Richtung Boden als würden sie versuchen aus seinem Gesicht davonzulaufen um sich anderswo ein schöneres, Giotto-freieres Leben aufzubauen. Von Fuuta kam gar nichts, er wühlte nur weiterhin in seiner Tasche auf der Suche nach dem mysteriösen Gegenstand X. Tsuna seufzte resignierend und machte sich auf den Weg zum Bus. Die Haltestelle konnte er auch schon aus dieser Entfernung sehen, es behagte ihm überhaupt nicht, als er die Werbung sah, die sich auf der Haltestellenwand befand. Abrupt blieb er stehen und wollte die Richtung wechseln, doch es war schon zu spät. Basil hatte es bereits entdeckt und Fuuta mit einem Ellenbogenstoßer darauf hingewiesen.

„Wir können ja mal zu Fuß gehen!“ verkündete Tsuna laut und enthusiastisch um abzulenken, vergebens.

„So mögen meine Augen im Begriff sein mich zu täuschen, jedoch ist mir gar so als würde ich dort dich sehen, Tsuna, mit wie mir scheint, einer sehr beachtlichen jungen Dame. Mir scheint des weiteren diese Shorts hätten auch etwas länger gemessen werden können. Um das Mindestmaß des Anstandes zu erfüllen.“

Tsuna lief rot an und fand, das dies eigentlich der Moment wäre um mal wieder an seiner „ich-verschwinde-in-der-nahegelegensten-Wand“-Technik zu arbeiten. Dieses Mal würde er wahrscheinlich sogar den Boden vorziehen. Tu dich auf Loch! Tu dich auf!, betete er mit geschlossenen Augen, aber nichts geschah. Er blieb stehen und musste mit ansehen, wie Basils Gesichtsausdruck sich langsam veränderte. Seien Mundwinkel zogen sich nach oben und ein kleines lachen stahl sich über seine Lippen. Auch Fuuta begann leise zu lachen. „Tsuna sieht aus, wie eine Tomate.“, kicherte er leise und drückte Basils Hand, die er die ganze Zeit gehalten hatte. „Ich kann es kaum glauben, Tsuna, oh Tsuna, mein treuer Freund… Das ausgerechnet du… auf solch einem schändlichen Plakat abgebildet bist.“; Basils leiser Protest ging in lachen unter. Tsuna schämte sich zu Tode. „Hö… Hört auf; Squalo hat mich gezwungen…“, Und das Geld hat auch gelockt, fügte eine kleine, gehässige Stimme in Gedanken hinzu und machte sich über ihn lustig.

Natürlich, weil es auch gar nicht anderes sein konnte, weil Murphys Gesetz allgegenwärtig und ständig aktiv war, hörte Tsuna zu allem Überfluss auch noch die Stimme desjenigen, der an allem Schuld war. Diese schnarrende, durchdringe, alles übertünchende Stimme und sie kam direkt von der Bushaltestelle.

„VOOOOOOOIIIIII! Was soll verfickt noch mal heißen ich hätte dich gezwungen du kleiner Lügner? VOOOIIIIIIIIIII! Ich würde niemals jemanden dazu zwingen abgefucked geile Fotos zu machen. Abgesehen davon war es zu deinem Besten und ich habe immer Recht! VOOIIII!“ Squalo kam wenige Augenblicke nachdem er angefangen hatte rumzuschreien nach vorne und sein Anblick toppte fast das aufreizende Foto in dem Teufelskostüm. Er wirkte nicht billig, nein das durfte man wohl nicht sagen, aber er wirkte auf sonderbare Art und Weise total überstyled, mit der engen schwarzen Markenjeans, den Stiefeln, dem hippen Shirt und dem... Halstuch? Tsuna hatte diese Dinger vor ein paar Jahren an jeder Ecke gesehen, aber nun konnte er sich nichtmal mehr an den Namen erinnern. Und dann, Tsuna musste zweimal hinsehen und etwas näher gehen um auch ganz sicher zu sein, war das Eyeliner? Und...Lipgloss?

„Was starrst du verfickt nochmal so?!“ blaffte Squalo ihn an. „Hast du noch nie nen Kerl gesehen der weiß wie man sich abgefucked anzieht?!“

Tsuna wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Squalo sah einfach so... ungewohnt... seltsam, er wollte nicht weibisch denken, aus. Er blinzelte zweimal um sicher zu gehen, dass er auch nicht träumte, aber das war Squalo, wie er leibt und lebte. „Wa…was machst du denn… hier?“, stotterte Tsuna überrascht und ertappt. Er betrachtete Squalo etwas entgeistert, der frech grinste. „ich decke deine verfickten Lügen auf; Krabbe! VOOOOOOOIII!!!!!“; rief er laut und zog an seinem Ohr. „Von wegen gezwungen, ganz freiwillig gemacht hast du die Fotos und sogar noch Kohle dafür gekriegt! VOOOIIII!!!“. Tsuna schrie ein wenig aufgrund des Schmerzes an seinem Ohr, aber versuchte sich zu rechtfertigen. „Es war nicht abgemacht, dass die Poster in der ganzen Stadt hängen! Ah!“ Squalo lachte bellend und feixte. „Du bist echt naiver als ich dachte, es waren doch Werbeaufnahmen, du hast sogar den Vertrag unterschrieben! VOOOI!“. Tsunas Augen weiteten sich überrascht. „Ve… Vertrag? Wann?“, fragte er überrascht: Er hatte nie etwas in Skulls laden unterzeichnet.

„VOOOOIIIIIII! Natürlich der Vertrag! Hast du abgefuckte Krabbe das etwa schon vergessen?! VOOOOOOOOOOOOOOOOOOOIIIII! Dabei war ich so verfickt nett dir den verfickten Vertrag zur verfickten Schulte zu bringen!“ Tsuna Augenbrauen wanderten herunter mit sie fast seinem Nasenflügel Guten Tag sagen konnten. In der Schule? Hatte er in der Schule etwas unterzeichnet? Hochgradig irritiert dachte er nach und nach, doch das einzige was ihm einfiel, was er unterzeichnet hatte war dieser Vertrag für den Schulausflug...

„Squalo...“ sagte Tsuna leise im drohenden Zufall. „Als wir in der Schule... unterschreiben mussten wegen dem Ausflug...“

„Ja genau Bwhahahahahaahahahahah ganz schön bescheuert wenn man sich nicht ordentlich durchliest was man unterschreibt nicht wahr? Bwhahahahahahahahahahaha! Dein Arsch gehört jetzt mir, erstmal stadtweit und wer weiß... VOIIIIIIIIIIIIIIII!“

„Squalo!“; schnaubte Tsuna und wirkte für einen Moment unendlich böse. Er hatte das bedürfnis ihm auf den Fuß zu treten, oder ihm eine Kopfnuss zu verpassen, doch nichts dergleichen geschah, stattdessen legte er seien Hände ineinander und drückte sie fest. Er atmete tief durch und nahm sich vor darauf zurückzukommen. Bei Gelegenheit. Seine Augen verengten sich ein klein wenig, dann sah er zu ihm auf: „Dann bekomme ich hoffentlich auch 40% aus den Werbeeinahmen.“, sagte er streng und versuchte zu klingen wie ein Geschäftsmann. Ob es ihm gelang wusste er nicht genau, aber Squalo schien für einen Moment irritiert. Dann begann er zu lachen. „Bwuahahahahaha. Mal sehen.“, meinte er. „Erstmal gucken ob du auch die nötige Wirkung erzielst! Bwuahuahuahaua…“

Auf einmal spürte Tsuna ein leichtes Ruckeln an seinem Ärmel. Fuuta war zu ihm gekommen und sah ihn von unten herauf mit großen Augen an. „Tsuna-nii? Basil und ich, wir gehen jetzt zum Dorm. Ich passe auf, dass er auch hingeht, okay? Sonst fährt der Bus nämlich ohne uns.“, sagte er schüchtern und lachte leise.

Tsuna sah auf zu Squalo und dann wieder zurück zu dem Jungen. Tsuna nickte. „Ist okay… ich hab hier noch etwas zu klären. Lass ihn ja nicht abhauen, ja? Ich vertraue dir.“, sagte Tsuna ruhig und wuschelte durch sein Haar. Fuuta nickte. „Und ich pass auf, dass er nichts anstellt, danke dass du mir vertraust, Tsuna-nii.“, sagte er lachend und nahm dann Basils Hand, um mit ihm in den Bus zu steigen.

Kaum waren die Beiden im Inneren des Busses verschwunden, drehte Tsuna sich langsam um und er taxierte Squalo mit einem durchdringenden Blick. Er würde sich ganz sicher nicht übers Ohr hauen lassen, das hatten schon zu viele mit ihm gemacht und irgendwann musste mal Schluss sein, besonders wenn man sich so viel herausnahm wie Squalo.

„Ich mein es ernst Squalo, das war nie abgemacht und ich... ich will meinen Stück vom Kuchen abhaben. Wenn du... wenn du mein Gesicht... und meinen Körper... schon vermarktest... Weiß Daniela überhaupt davon?“ fiel es ihm siedend heiß ein. Wenn sie nichts davon wusste und eines dieser Plakate einfach so ein freier Wildbahn vorfand... Nur Gott wusste, zu was für einem Blutbad sie sich hinreißen lassen würde. Immerhin gingen die Aufnahmen ja schon ein wenig unter die Gürtellinie, auch wenn Daniela überraschenderweise bedeckter war als er selbst.

„VOOOIIIIIII!!! Natürlich weiß sie davon, sie hat den verfickten Vertrag ja auch…“ Squalo brach mitten im Satz ab, als Tsuna ihn taxierte. „Es gab nie einen Vertrag, den ich wissentlich unterzeichnet habe Squalo und selbst wenn, dann wollte ich ihn sehen.“, sagte er streng und wenn er groß genug gewesen wäre, dann hätte er sich jetzt Squalos Ohr geschnappt und daran gezogen. Aber richtig fest. Stattdessen sah er den Weißhaarigen nur an, und machte ein Gesicht, das dem anderen einen Schauer über den Rücken laufen ließ. „Na gut.. na gut und wie viel willst du? Skull bekommt aber schon verfickte 25%“, meinte er nachgiebig… und wenn Daniela es herausfindet will sie sicher auch was abhaben.“, meinte er grummelnder Weise und verschränkte die Arme vor der Brust.

Tsuna überlegte kurz, er war nie ein Matheass gewesen, aber wenn er 100 durch vier teilte, dann… „Dann will ich auch 25%.“, meinte er geschäftig und verschränkte die Arme stur vor der Brust.

„VOOOOIII!!!!!???? 25% bist du verrückt?“, fragte der ältere etwas entsetzt. „Weißt du wie viel…“, er unterbrach sich wieder mitten im Satz und versuchte zu neuer Fassung zu kommen.

„Wie viel was, Squalo? Wie viel Geld das ist? Nein, denn du hast mich ja nicht aufgeklärt um wie viel es eigentlich geht.“ grummelte Tsuna missmutig und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Zeit des Versager Tsunas näherte sich ihrem Ende und er war nicht länger gewillt sich alles gefallen zu lassen! Außerdem konnte er etwas Extrageld gut gebrauchen, immerhin war sein Taschengeld nicht gerade das berauschendste. Davon konnte man nicht direkt auf großem Fuß leben, im Grunde konnte er nichtmal auf kleinem leben, aber er schlug sich durch.

„VOOOOOIIIIIIII! Das steht völlig außer Frage, immerhin stecke ICH all die verfickte Arbeit darein! VOOOOIIIIIIIIII! Es dauert ewig bis man mit dem Zeichnen fertig ist und ich muss auch für die Werbekosten und Druckkosten aufkommen, völlig ausgeschlossen, 25% ist abgefuckt viel zu viel! VOOOOOOOIIIIIIIIII!“

„Nun wenn du mir sagst um wie viel es geht, dann könnte ich ja vielleicht auch mit etwas weniger leben.“, meinte er ruhig. Er hatte Squalo in der falle in eine Ecke gedrängter hatte fast schon gewonnen! Nur noch ein bisschen, nur noch ein ganz kleines Bisschen. Squalo biss sich auf die Unterlippe. Er verdrehte die Augen leicht und grummelte dann etwas zwischen den Zähnen hervor, das man kaum verstand. Tsuna lauschte genau, aber er verstand es nicht. Er hatte nur das dumpfe Gefühl, dass es mehr Nullen hatte, als er Finger an einer Hand. Er überlegte wie teuer es wohl war, Dinge drucken zu lassen oder ob Squalo das überhaupt selbst bezahlte. Machte sowas nicht ein Verleger? „dann.. äh wie wäre es mit 15% und Daniela, bekommt die auch… und du sagst ihr persönlich, dass man sie jetzt an jeder dritten Bushaltestelle in der Stadt sieht in einem… nun doch etwas leicht knappen Kleid…“, sagte Tsuna streng. Und wenn er es ihr sagte, dann.. wollte Tsuna dabei sein. Ein bisschen Schadenfreude hatte noch nie jemandem wehgetan und er fand Squalo hatte es sich redlich verdient dass man sich über ihn lustig machte. Zumindest was diese Sache anging. Auch wenn es noch andere Sachen gab, bei denen Squalo wahrscheinlich sehr verwundbar war, wie sein kleiner Tanzlehrer, zum Beispiel, in den er ganz offensichtlich mehr als nur ein bisschen verknallt war, aber an so einem empfindlichen Punkt, würde nur jemand, der so gemein war wie Xanxus angreifen. Tsuna blieb bei den Sachen, die sich ihm direkt anboten.

„Du kleine Mistkrabbe...“ knurrte Squalo und biss sich auf die Lippe, die Fäuste deutlich geballt, er erwiderte nichts weiter, was Tsuna als einen Punkt für sich zählte. „Was soll‘s verfickt noch mal, es geht ja nur um die Werbeeinnahmen. Steig ja auf kein zu hohes Ross.“

Tsuna grinste leicht und verschränkte die Finger hinter seinem Rücken ineinander. Squalo war heute wohl nicht in Höchstform und mit einem kleinen Stirnrunzeln fragte er sich, wohin er in der Aufmachung überhaupt wollte. Wenn man ihn genauer ansah, bekam man ein wenig den Eindruck einem Pornosternchen gegenüber zu stehen, oder einem selbstverliebten Autor... Der Gedanke an Mukuros schrecklichen Bruder wurde schnell in eine Schublade gestopft und der Schlüssel weggeworfen. Dieses Überstylte kannte er sonst nur von Reborn, wenn er in seinen piekfeinen Anzügen herumlief. Wo war Reborn überhaupt geblieben? Tsuna konnte sich nur schwerlich daran erinnern, wann er ihn das letzte mal gesehen hatte, obwohl das wahrscheinlich ganz gut so war.

Irritiert schüttelte Tsuna seinen Kopf, aus irgendeinem Grund konnte er sich nicht mehr auf einen festen Gedanken konzentrieren. Normalerweise hatte er das nur, wenn Xanxus in der Nähe war... und das hatte sehr wahrscheinlich seine ganz eigenen Gründe. Hauptsächlich waren es niedere Instinkte die ihn ablenkten, über die er jetzt aber noch weniger nachdenken wollte.

Und dann wurde ihm augenblicklich klar, dass nicht er derjenige war, der durch den Wind war, sondern Squalo, dessen wirre Stimmung sich angeschlichen, ihn niedergeschlagen und dann sein Bewusstsein übernommen hatte.

Er wirkte nervös und aufgebracht und die Art wie er sich zu Recht gemacht hatte… Tsunas Augen weiteten sich für einen Moment. „Du hast ein Date, oder? Mit deinem Tanzlehrer… Nicht wahr?“ In dem Moment als er es aussprach verstand Tsuna die Bedeutung des Sprichwortes: „Jemandem fällt alles aus dem Gesicht“, denn genau das geschah mit Squalos Gesicht. Sein freches Grinsen, seine leichte Genervtheit, sogar seine übliche Überheblichkeit verschwanden zugunsten eines absolut blanken Ausdrucks. Der bloße Gedanke daran, das Tsuna sein Geheimnis gelüftet hatte, ließ den Weißhaarigen aus allen Wolken fallen. Tsuna war überrascht als er ihn an der Schulter packte und etwas zur Seite zog, neben die Bushaltestelle und hinter den Papierkorb. „Sa.. Sag das ja nicht weiter… vor allem nicht Xanxus. VOOOOOOIIIIIIIII!!!!!!!!!!!!“, meinte er und durch sein lautes Gebrüll wurde jedes Illusion, dass er das für sich behalten wollte zerstört.

Tsuna hob beschwichtigend die Arme und konnte ein kleines freches Grinsen nicht unterdrücken,, dass sich überwitzig auf seine Lippen schlich. Ein Date also, ein Date mit dem schicken, feschen Tanzlehrer. Ein super geheimes Geheimdate irgendwo in der Stadt. So eine große Stadt und Tsuna hatte es geschafft Squalo genau in dem Moment und an diesem Ort zu treffen und das Beste war: Squalo hatte sich selbst in den Mist geritten, immerhin hatte er seine Klappe nicht halten können und musste Tsuna unbedingt ansprechen. Was für ein fataler Fehler, haha!

„Also Squalo... wohin geht dieses geheime Date? In die Oper? Zum Ballett?“ sein Grinsen wurde breiter. „Essen und anschließend in ein Lovehotel?“

Squalos Gesicht nahm einen satten Rotton an, aufgrund von Scham oder von Wut war schwer zu erkennen, nur sein japsen verriet, dass er um eine Antwort zu ringen schien. „Das geht dich gar nichts an, VOOOOOOOOOIIIIIIIII!“ blaffte er letztendlich zurück und das dermaßen aufgeregt, dass seine Stimme rauf und runter ging wie bei einer Achterbahnfahrt.

Er hatte nicht einmal gewusst das Squalo so etwas wie Schamgefühl besaß, aber hier stand er und sah dem hochroten Schüler zu, wie er versuchte im Boden zu versinken und sich so unsichtbar wie möglich zu machen. „Wir sind doch Freunde, oder Tsuna? VOOOOOOOOOIIIIIII!“, fragte er, diesmal nicht in diesem Tonfall, den er schon einmal benutzt hatte, den Freunde-machen-schmutzige-Fotos für meine Werbekampagne Tonfall. Diesmal war es ein flehender Tonfall und auch sein Blick verriet, dass er auf keinen Fall wollte, dass sein kleines Geheimnis irgendwem preisgegeben wurde. Er tat Tsuna fast ein wenig Leid, wie er da so stand, also legte er die Hand auf seine Schulter und lächelte. „Ja sind wir.“, sagte er mit fester Stimme und schaffte es, das Squalo ihn für einen Moment noch verdutzter ansah als vorher schon: Dann stabilisierte sich sein Zustand wieder ein bisschen und sein übliches arrogantes Getue kehrte zurück.““Dass du ausgerechnet… hier auftauchen musst! Voooooi! Verfickter Scheißdreck nochmal.“, sagte er genervt und verschränkte die Arme.

„Du hast mich angesprochen, du hast selber schuld.“ ärgerte Tsuna ihn ein bisschen und wippte auf den Fußen auf und ab. Neugierig, wohin ihn dieses Gespräch wohl noch führen würde. Er fühlte sich ein wenig wie ein Abenteurer der neue Höhlen in unbekanntem Gebiet gefunden hatte und sich nun aufmachte ihre dunklen Tiefen zu erforschen. Mochte ein Alligator in der nächsten Ecke lauern? Oder vielleicht ein Kamel? Wer weiß, vielleicht würde ihn sogar ein gefährlicher Eingeborener überraschen mit gebräunter Haut und Narben vom vielem Kampf, roten Augen und schwarzen kurzem Haar, mit kräftigen Muskeln, die- Tsuna trat sich in Gedanken. Unterhaltung. Squalo. Jetzt.

„Also wohin geht‘s?“ fragte er noch mal nach und hoffte Squalo nicht so angesehen zu haben wie er immer dreinschaute, wenn seine Fantasie einen kleinen Ausflug ins LalaXanxusLand machte. Die Pubertät konnte so grausam sein.

„Zu einem Tanzwettbewerb. VOOOOOIIIIIII! Hör auf zu lachen du kleiner, mieser Versager!“

„Zu einem echten Wettbewerb? Wie krass...“, meinet Tsuna jetzt ganz überrascht und sah ihn an. Und mit wem tanzt du? Einem Mädchen?“, fragte er neugierig, da er sich nicht vorstellen konnte, dass solche verschnupften Leute von so einer Tanzjury es zulassen würden, dass zwei Männer miteinander tanzten, auch wenn Squalo natürlich gewisse Attribute hatten, die es erleichterten… Tsuna unterbrach sich in seinen eigenen Gedanken. Die Vorstellung von Squalo in Drag hatte seinem Hirn jetzt erst einmal den Rest gegeben. War wahrscheinlich auch besser so.

Squalo unterdessen ereiferte sich schon wieder lautstark. „VOOOIIII!!! Natürlich ein echter, was sonst. Und natürlich tanze ich nicht mit einem Mädchen.“, brüllte er. „Ich hasse Mädchen!“, rief er so laut dass man es noch bis auf die andere Straßenseite verstand. Die Welt schien plötzlich ein bisschen leiser geworden zu sein und alle Aufmerksamkeit lag auf einer kleinen Bushaltestelle inmitten einer belebten Straßenkreuzung.

Ein leises Räuspern seitens Tsuna unterbrach die sich annähernde Stille, konnte aber nicht die neugierigen Augen dazu bringen wieder wegzusehen. Es gab Dinge die man laut in die Welt herausschreien konnte und es gab Dinge die man lieber in normaler Lautstärke sagt, oder sie wie in Tsunas Fall sogar lieber flüsterte, in der frohen Hoffnung, dass es niemand mitbekam.

„Ähem... ja nun... aber solche Veranstaltungen werden doch kaum zwei Männer...“ stammelte er etwas sprachlos. Squalo schien sein kleiner Fauxpas gar nicht aufzufallen oder gar nicht zu stören. Der junge Mann hatte ein wirklich sonderbares Schamgefühl.

„VOOOOOOOOIIIIIIIIII! Natürlich geht das! Ich bin zu den verfickten Veranstaltern gegangen und hab ihnen verfickt noch mal gesagt, dass ich NICHT mit einem abgefuckten Mädchen tanzen werde und dass diese abgefuckten Pisser froh sein können, dass so ein geiler Tänzer wie ich überhaupt auf ihre lächerliche Veranstaltung gehen will! Also haben diese kleinschwänzigen Flachwichser natürlich gesagt, dass das verfickt nochmal in Ordnung geht! VOOOOOOIIIIIII!“

Tsunas Augen weiteten sich angesichts der vielen Schimpfwörter, die diesen Satz zu einem einzigen großen Schmutzfleck verkommen ließen. Jeder Linguist wäre sprachlos gewesen, und ungläubig, angesichts der Tatsache dass man so viele Schimpfwörter in nur einem Satz unterbringen konnte. Das musste ein neues Weltwunder sein, zumindest für Leute die sich mit Sprache beschäftigten. Auch die Blicke der Passanten wurden zusehends überraschter: Tsuna sah wie sich einige Augen weiteten und wie eine Mutter ihrem Kind die Ohren zuhielt. Er hoffe der Kleine hatte nichts gehört. Das würde ihn für das Leben schädigen: „Ziemlich… äh… clever…“, kommentierte Tsuna Squalos Ausbruch und irgendwie war es ihm unangenehm so angestarrt zu werden: Er hoffte plötzlich der Bus möge bald kommen. Und blickte sich nervös danach um.

Zu seiner unglaublichen Erleichterung kam sogar ein Bus. Nun, zugegeben, es war nicht sein Bus, der Bus ging nicht in seine Richtung, eigentlich sogar fast in die genaue gegenteilige, aber das war ihm egal. Tsuna presste nur ein kurzes „Bye Squalo“ heraus, sprang in den Bus und kämpft sich zu den leeren Sitzen im hinteren Teil des Busses durch. Dass Squalo auch immer so peinlich sein musste!

Kopfschüttelnd ließ Tsuna sich auf den Plätzen in der vorletzten Reihe fallen, sein Auge glitt kurz über das obszöne Graffiti, das immer noch mehr Klasse hatte als Squalos Wortwahl und dann über die Mitreisenden im Bus, er kannte niemanden. Der Junge zwei Reihen vor ihm hatte zwar gewisse Ähnlichkeiten mit dem Verkäufer aus dem Fernsehen, aber ganz sicher war er sich nicht. Tsuna schüttelte seinen Kopf und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Am Besten fuhr er irgendwo hin, wo ihn niemand kannte, irgendwohin, wo er noch nie jemanden gesehen hatte und dann fing er ein neues Leben an, ein tolles Synonym hatte er auch schon: Anust Adawas!

Niemand würde diese clevere Neuschöpfung jemals durchschauen! Was für Dracula klappte, klappte für ihn erstrecht!

Der Bus fuhr weiter seinen Weg, unbeirrt von den wirren Gedankengängen die in ihm vorgingen. Er fuhr und fuhr die Straßen entlang und weit weg von peinlichen Klassenkameraden und noch viel peinlicherer Werbung. Tsuna wusste nicht, wohin der Bus ihn bringen würde und wer denselben Weg schon vor ihm gemacht hatte, doch die Antwort lag in keiner allzu weiten Ferne. Presste man die Augen zusammen, konnte man sie schon sehen.
 

ganz klein
 


 


 

ganz fern

4. Oktober: Abends

Halli, Hallo!
 

Wir melden uns auch mal wieder. Nach einem Umzug und dem Start des neuen Schuljahrs ist unser Kapitel als Entwurf liegen geblieben und hat erst jetzt den Weg zurück in unsere Finger gefunden. Es tut uns Leid, dass es mal wieder so lange gedauert hat, aber Arbeit geht nun mal vor Vergnügen.

Wir hoffen, dass ihr nicht so viel Arbeit habt und euch stattdessen über unser frisches Kapitel amüsieren könnt. Viel Vergnügen beim Lesen.
 

4. Oktober: Abends
 

Fern war das richtige Stichwort gewesen. Als Tsuna die Augen öffnete, blickte er in das Gesicht einer hünenhaften Busfahrerin. Sie blickte ihn etwas verwirrt an, machte aber trotz ihres breiten Kreuzes und ihres leicht genervten Gesichtsausdruck gute Miene zum bösen Spiel.

Dass sie eine Busfahrerin war fiel Tsuna nur durch die genaue Betrachtung ihres Namensschildes auf. Das kleine Fr. in der obersten linken Ecke wirkte fast wie ein Druckfehler. Das würde zumindest die massive Genervtheit der Person vor ihm erklären. „Aussteigen, Kleiner. Endstation.“, sagte sie harsch und deutete auf die weit geöffnete Bustür.

Tsuna rieb sich verwirrt die Augen. „Endstation?“, fragte er neugierig und blickte aus dem graffitibeschmierten Fenster auf die Umgebung. Die schmutzige Straße war mit diversen Fastfoodrestaurantüberbleibseln bedeckt, die sobald ein Windstoß kam über den Boden wirbelten und in einem kleinen Mülltornado nach oben flogen nur um bei Windstille an einer anderen Stelle auf die Straße herunter zu segeln. Tsuna wusste sofort dass er in keiner guten Gegend gelandet war. „Äh… Wo… Wo sind wir?“, fragte er die Dame vor sich, die den Blick zu einem Baseballschläger schweifen ließ, der neben einer Handtasche neben dem Fahrersitz des Busses lehnte. In Tsuna kochte die Angst hoch, als ihr Blick wieder auf ihn fiel.

Die Busfahrerin verdrehte die Augen und deutete auf das schmutzige Haltestellenschild, das mit obszönen Zeichnungen bedeckt war, der Name war kaum mehr zu entziffern. „Tetves Negyed“ las er heraus, aber das machte irgendwie keinen Sinn, davon hatte er noch nie gehört, vielleicht hatte sich auch nur jemand einen Spaß mit dem Schild erlaubt, in so einer Gegend wunderte ihn das nicht. Zögernd verließ Tsuna den Bus, zu feige um nachzufragen, wann denn der nächste Bus kommen möge, ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es bereits kurz vor zehn war. Wie hatte er solange im Bus dösen können? Er musste wirklich die volle Strecke durchgefahren sein, hoffentlich war er überhaupt noch in Namimori...

Die Geschäfte vor ihm hatten allesamt ein etwas schmieriges Aussehen, was nicht nur an den oftmals schmutzigen Scheiben lag, sondern vor allem an dem was sich hinter den Scheiben verbarg. Zu seiner Rechten konnte er einige, in Ermangelung eines Besseren Begriffes, Damen sehen, die bei der Straße standen und rauchten, wenn ein Auto vorbeifuhr kamen sie erst in Bewegung. Tsuna musste schlucken. War er wirklich im verdammten Rotlichtviertel gelandet? Er wusste nicht mal dass Namimori eines besaß.

Wo konnte er jetzt nach dem Weg fragen? Tsuna starrte zu den „Damen“ und seine Knie wurden weich. Nein, das war sicher eine schlechte Idee... Andererseits war die Auswahl hier ganz schön beschränkt.

Er erinnere sich noch dumpf an seinen Besuch in… dem… Hotel, der auch schon einen unangenehmen Beigeschmack bei ihm hinterlassen hatte. Seine Träume nachts waren manchmal nicht mehr so unschuldig, wie sie früher gewesen waren. Alles nur wegen dieses schrecklichen Hauses. Was sollte nur werden, wenn er jetzt in einem ganzen Viertel voller solcher Häuser war? Er schlang die Arme um sich selbst, da ihn etwas fröstelte und ging die Straße langsam entlang. Ein Auto erregte seine Aufmerksamkeit. Ein dicker Schlitten, der vor einer schmierigen Bar geparkt war. Es kam ihm bekannt vor, er wusste aber nicht genau woher und der Name der Bar, „In Vino Veritas“, zog ihn wegen seines italienischen Touches gerade zu magisch an. Vielleicht konnte er da drinnen ja jemanden finden, der ihn mitnahm, wenn er überhaupt reinkam, verstand sich. Er wandte sich der Tür zu, die anders als andere Türen auf dieser Straße nicht von einem Türsteher bewacht wurde. Ein weiterer Punkt um gerade diese Bar zu betreten. Die Knie schlackerten, als er die Tür öffnete und ihm der dunstige Geruch von Zigaretten und der Gestank von verschüttetem Alkohol in die Nase stieg. Die Luft innendrin war so dick dass man sie schneiden konnte und einige Männer, die nahe der Tür saßen fühlten sich von dem kühlen Luftzug der durch das öffnen der Tür hereinstieg ganz offensichtlich gestört, da sie ihn genervt anblickten.

Das war nicht sein Viertel, es war nicht sein Tag und vielleicht war das nicht mal sein Leben. Tsuna gab sich einen mentalen Arschtritt, machte den Rücken grade und ging etwas weniger waschlapppig durch den Raum Bei Prolls war es wie mit Hunden, man durfte ihnen keine Angst zeigen. Zwar fand er, dass man aussah als hätte man sich in die Hose gemacht, wenn man breitbeinig ging, aber Mukuro hatte ihm geschworen, dass das sehr männlich wirkte. Natürlich konnte man nicht gerade sagen, dass Mukuro der männlichste Typ war den es gab. Einige mochten vielleicht sogar behaupten, dass er ein wenig schwul rüberkam. Es gab auch nicht wenige die ihm eine Beziehung mit seinem verhassten Rivalen Hibari unterstellten, aber Tsuna wusste es besser. Es gab nur eine Person die Mukuro mit grenzenloser Liebe bedachte, die er umsorgte und betütelte, für die er wirklich alles tun würde und diese Person war er selbst. Seine Selbstliebe wurde nur noch überboten von seiner Selbstvergötterung.

Es gab nicht viele Menschen die sich im Spiegel ansehen und dann sagen konnte: „Man, ich finde wirklich man sollte mir einen Schrein bauen.“

Tsuna vertrieb die Gedanken an Mukuro ab und schüttelte sich bei als ihm einfiel, dass die einzige Person für die er noch so viel Interesse zeigte der Apotheker in der Paulownia Mall war, zu dem er eine mehr als merkwürdige Beziehung pflegte. Tsuna war nie wieder mit Mukuro dorthin gegangen, einfach wegen des Merkwürdigkeitsfaktors… und dem unglaublich selbstverliebten Geflirte. Es schüttelte ihn wenn er daran dachte.

Der Dunst der Zigaretten verzog sich etwas, als er näher zur Bar kam. Die Beine taten ihm weh, vom breitbeinig laufen und er entdeckte einen freien Barhocker, den er zielstrebig ansteuerte. Seine Schritte wurden ein wenig schneller und mit etwas Mühe hatte er sich nach zwei Versuchen auf den viel zu großen Stuhl gehievt und war nun mit dem Barkeeper auf Augenhöhe. „Kannst gleich wieder gehen.“, sagte der blonde Mann und strahlte. „Ich schenke nicht an unter 21-jährige aus.“, sagte er freundlich aber bestimmt und deutete auf die Tür.

„Ich will auch gar nichts trinken.“ entgegnete Tsuna leise resignierend und sah sich die Bar genauer an. Überraschenderweise sah sie gar nicht so übel aus, wie die Gegend annehmen ließ, sogar recht stilvoll. Die Möbel waren gepflegt und das Personal sah zwar ein wenig merkwürdig aber nicht schäbig aus. Nur die Massen an Rauch ließen das Lokal gleich deutlich schlechter wirken. Tsuna hatte gar nicht gedacht, dass es überhaupt noch Bars gab in denen man drinnen rauchen durfte, bei dem Viertel sollte ihn das wahrscheinlich jedoch nicht weiter wundern.

Sein Blick wanderte über die anderen Besucher der Bar, allesamt machten sie einen finsteren Eindruck, wie ein Haufen Krimineller die gerade ihren Geschäften nachgingen. Nach dem dutzendsten Besucher fiel Tsuna dann die Kinnlade fast auf den Boden. Der Mann der dort saß war ohne Zweifel Reborn. Auf den ersten Blick hatte er ihn gar nicht erkannt, wie er da so an der Wand mit dem Stuhl lehnt, den Hut tief ins Gesicht gezogen, fast sah es so aus als würde er schlafen, wenn er nicht immer mal wieder einen Schluck aus seinem Glas nehmen würde.

Ob er wohl seine Waffe dabei hatte? Tsuna wusste nicht ob das eine Begegnung der glücklichen Art war. War das Glück im Unglück oder doch eher ein Fall vom Regen in die Traufe?

In seinem Kopf lief ein Abwägeprozess ab, den er versuchte mit logischen Argumenten zu füllen. Reborn war der Leiter des Wohnheims und sicher sah er es ungern wenn seine Schäfchen nachts, allein in zwielichtigen Bars unterwegs waren. Vorausgesetzt natürlich es waren seine minderjährigen Schützlinge und nicht Xanxus. Er könnte ihn problemlos wieder mit zurücknehmen, ohne das Tsuna vollkommen orientierungslos durch die halbe Stadt wanken musste. Andererseits war Reborn cholerisch, könnte vollkommen ausrasten und wild um sich schießen, ihn am Ohr aus der Bar schleifen und ihn dann zu Hause, im Wohnheim vollkommen bloß stellen…

Tsuna wog die Möglichkeiten ab und beschloss dass seine Verzweiflung größer war als seine Scham, sprang vom Hocker und ging auf den Mann in der Ecke zu, an dessen halbvollen Bierglas sich Kondenswasser gesammelt hatte. Als er dem Tisch näher kam, schien der Rauch in der Bar kurzzeitig still zu stehen. Die Stimmen in der Umgebung verstummten und selbst das atmen hörte für den Moment auf, an dem Tsuna an den Tisch trat. „Reborn?“, wisperte er leise und der Name schien durch den halben Laden zu hallen.

Reborn war der Reaktion nach hier also schon bekannt, das machte die Sache auch nicht besser. Sicherlich hatte er schon den einen oder anderen hier drin bedroht oder schlimmeres gemacht, sein sonstiges Verhalten ließ zumindest darauf schließen. Wie in Zeitlupe hob Reborn seinen Kopf und sah Tsuna direkt in die Augen, für einen Moment sah er ziemlich verklärt aus, das löste sich aber schnell wieder und er nickt zu dem Stuhl der ihm Gegenüber stand. Wortlos ließ Tsuna sich nieder und wartete auf das große Donnerwetter, welches überraschenderweise ausblieb. Im Grunde passierte gar nichts, Reborn trank nur aus seinem Glas und starrte ihn an, starrte ihn an als würde er ihn mit seinem Blick langsam aber sicher durchbohren wollen. Mit jeder verstreichenden Sekunde war Tsuna bereit alles zu gestehen was er jemand getan und nicht getan hatte.

„Was machst du hier?“ fragte Reborn nach gefühlten zwei Stunden, auch wenn es in Wirklichkeit keine fünf Minuten gewesen waren. Tsuna musste schlucken, und er hatte immer gedacht von Daniela verhört zu werden wäre schlimm.

Tsuna hätte gelogen, denn die Geschichte im Bus eingeschlafen zu sein war peinlich, aber bei dem stechenden Blick und in dieser Situation brachte er es nicht fertig auch nur in Betracht zu ziehen zu lügen. „Nun ich bin im Bus eingenickt und… bis hierher gefahren.“, erklärte er schüchtern und senkte den Blick. Er hätte jetzt gern ein Getränk, in das er starren könnte und wie von Geisterhand stand plötzlich ein bunter Cocktail vor ihm, verziert mit Schirmchen und frischem Obst. Als er aufblickte entdeckte er den Barkeeper der lächelte und wortlos wieder hinter seine Bar ging.

„Danke…“, rief er ihm hinterher und wusste nicht genau, womit er das verdient hatte. Vielleicht lag es an Reborn. oder der Mann war einfach nett. Auf jeden Fall sah der Cocktail gut aus, und als Tsuna kostete, schmeckte er nicht einmal Alkohol, nur frischen Fruchtsaft. Erleichterung machte sich in ihm breit und er nahm einen kräftigen Schluck.

„Ziemlich dämlich.“ kommentierte Reborn und stellte sein eigenes Glas wieder ab. Tsuna sah ihn über seinen bunten Fruchtdrink hinweg an. Nicht sein bestes Timing, soviel stand fest. War heute echt nicht sein Tag, erst der Mist am Morgen, dann die Neuigkeiten aus Italien und dann konnte man nicht mal in Ruhe etwas trinken ohne, dass eine der Gören ihm über den Weg lief. Da wollte man einmal einfach nur seinen Frust ertränken und das in der wohl abgelegensten Bar der Stadt und trotzdem wurde man aufgespürt. Und wer war der Schuldige? Der verdammte Zufall, dem konnte man nicht mal eine Pistole in den Rachen schieben. Es würde ihm wohl nichts Anderes übrig bleiben als den Kleinen zum Wohnheim zurückzubringen, was sollte er ihm für eine Standpauke halten? Auswahl hatte er genug, Lust aber eigentlich keine. Das einzige, worauf er momentan Lust hatte war noch mehr Alkohol, ein schönes Weiches Bett und vielleicht ein netter kleiner Film.

„Warum war dein Tag so schlecht...?“ fragte Tsuna schüchtern, wenn seine Intuition es ihm so offensichtlich in den Geist schrieb, dann konnte er die Informationen auch einfach schamlos benutzen.

Tsuna wusste nicht wie er das Geräusch beschreiben sollte, dass Reborn von sich gab, aber er würde es mal als missmutiges Grummeln abstempeln: „Lies meine Gedanken nicht. Das macht Giotto auch ständig und ich kann es nicht leiden. Meine Gedanken und Gefühle gehen keinen anderen etwas an. Besonders nicht kleine, besserwisserische Naseweiße wie dich nicht.“, meinte er gelassen und ließ sich zurück sinken. Tsuna beobachtete, wie er einen großen Zug aus seinem Drink nahm und sich dann versuchte zu entspannen. „Es ist viel passiert. Einiges was mir nicht wirklich zusagt.“, sagte Reborn schließlich, wieder nach einer halben Ewigkeit. „Ich habe das Gefühl, dass heute wirklich alles schief geht.“, sagte er ruhig und zog seinen Hut wieder ins Gesicht, wahrscheinlich um zu verhindern dass Tsuna wieder seine Gedanken las und atmete tief aus. „Ich habe schon gehört dass du hartnäckig bist, wenn du was wissen willst.“

„Eine meine besseren Eigenschaften, wie Xanxus meint.“ sagte Tsuna ein bisschen pikiert weil ihn das wirklich ein wenig schmeichelte. „Ich will wirklich nur helfen, auch wenn ich es meistens nicht kann. Aber nun... es zu versuchen ist doch ein Anfang. Ich bin sicher ich versteh nicht alles was grade so los ist, aber ich bin ziemlich gut im Zuhören.“ Das entsprach sogar der Wahrheit, die Leute luden gerne ihren Mist bei ihm ab, sobald sie ihn ein bisschen besser kannten. Er sah einfach zu harmlos aus, als das man glauben konnte er würde etwas Böses tun.

„Ich weiß nicht ob es etwas bringen würde, wenn ich es dir erzähle.“ räumte Reborn ein und trank aus seinem Glas. Er schwieg kurz und stellte es dann wieder geräuschlos ab. „Andererseits schadet es wahrscheinlich genauso wenig... Dieser Junge, der ins Dorm zieht, was weißt du über ihn?“ Tsuna dachte kurz nach, meinte er Basil oder Fuuta? Wahrscheinlich ersteren.

„Über Basil? Nun er ist mit Giotto befreundet... irgendwie... und er hat ein kleine Drogenproblem... und er kommt aus Italien... Das war‘s eigentlich.“

„Und trotzdem lässt du ihn im Dorm einziehen? Du bist wirklich wahnsinnig naiv. Man sollte dir mal den Schädel einschlagen, damit du merkst, wie unheimlich leichtgläubig du bist. Auch wenn du es nicht hättest verhindern können, dass er einzieht, du hättest dich zumindest informieren können.“, Reborn schüttelte den Kopf. „Bei dir ist wirklich Hopfen und Malz verloren. Lässt einfach einen Junkie einziehen, ohne etwas über ihn zu wissen. Auch wenn er ein Freund von Giotto ist, solltest du mehr in Erfahrung bringen. Du hast noch viel zu lernen. Bin ich froh dass ich nichts damit zu tun habe.“, meinte er und grinste etwas. „Das hat er sich alle selbst aufgehalst.“. Er wirkte unheimlich selbstzufrieden.

„Wen meinst du mit ,er‘? Etwa Giotto?“ Die Frage kam etwas zögerlicher als er geplant hatte, eigentlich wollte er ja bestimmter auftreten um seinen Standpunkt zu unterstreichen. „Sag mal Reborn... wie... wie stehst du eigentlich zu Giotto und Amicelli und dieser ganzen... Lage. ich hab immer noch Probleme zu glauben dass all das real ist. Ich mein... die Mafia... und sie wollen mich zum Oberhaupt irgendeiner Familie machen mit der ich angeblich über fünf Ecken verwandt bin. Das ganze scheint mir so aus der Luft gegriffen... und schwachsinnig.“

Reborns Miene verfinstere sich leicht, er sah frustriert aus, ganz so als hätte er sich dieselbe Frage auch schon oft stellen müssen.

„Es ist real, das ist das Hauptproblem. Eigentlich ist Giotto das Hauptproblem, oder noch besser Giotto und Amicelli. Sie haben diesen dämlichen Plan ausgeheckt der dafür bestimmt ist in die Hose zu gehen, aber in die Entscheidungen der Chefs mische ich mich nicht ein.“ Er nahm einen weiteren großen Schluck. „Ich bin nur da um die Trottel zu beschützen während sie sich ins Unglück reiten und auch noch stolz darauf sind.“

Er wirkte wirklich unglücklich. Tsuna wusste nicht, dass er in die ganze Sache überhaupt verstrickt war, aber wenn er viel mit Giotto und Amicelli zu tun hatte, dann verstand er wieso er so cholerisch auf einige Dinge reagierte. Und wenn es ihm nicht passte das Tsuna diese Rolle übernahm, obwohl er sich gelegentlich selbst realistischer als Giotto einschätzte. Aber Giotto war zu all dem erzogen worden und er hatte keinerlei Erfahrung. Diese ganze Sache war wahnsinnig kompliziert. „Dir gefällt es also nicht, das sie. diese Aufgabe auf mich abwälzen wollen?“, Reborn gab wieder das Geräusch von sich, das missmutiges Grummeln symbolisierte und blickte ihn dann an. „Nicht mal ein bisschen. Nur weil sie ihre romantischen Ideen verwirklichen wollen, geben sie diese wichtige Aufgabe an jemanden weiter, der nicht einmal ansatzweise die Anlagen hat, sich durchzusetzen. Da wäre mir Xanxus noch lieber und der würde uns in den Ruin wirtschaften.“. Tsuna wäre vielleicht verletzt gewesen, wenn er nicht genauso fühlen würde. Er antwortete nichts auf seine Ausführungen und starrte nur seinen Drink an. Reborn war weitaus weiter in diese Dinge verwickelt als Tsuna geglaubt hatte.

„Reborn, sag mal,“ fing Tsuna an und trat sich mental in den Hintern um den Mut dafür aufzubringen. Der Mann war nicht gerade ein offenes Buch und ein Versuch die Seiten durchzublättern konnte gut möglich für Knochenbrüche und Schussverletzungen sorgen. „Wie genau stehst du zu Giottos Familie? Ich mein... du hast ja gesagt, dass du sie beschützen musst, aber das ist doch mit Sicherheit nicht alles. Bist du... mit ihnen verwandt oder so?“ Die Worte sprudelten nur so aus Tsunas Mund heraus wie Wasser bei einem Dammbruch. Schallartig fluteten sie den Raum und wurden dann zu einem Rinnsal, nachdem der Druck verschwunden war.

Der Blick den Reborn zur Schau trug zeigte einen Hauch von Verblüffung, aber auch nicht mehr als einen Hauch. Niemand konnte hier Wunder erwarten.

Beim Warten auf die Antwort ließ Tsuna seine Finger über die polierte Fläche des Tisches kreisen. Angenehm kühl fühlte es sich unter seinen Fingerspitzen an, fast schon wie Glas, man konnte sich sogar leicht darin spiegeln. Jemand hatte sich mal in dem Tisch verewigen wollen, doch man konnte den Schriftzug nur erahnen, so sorgsam war er ausgebessert worden. Mit Sicherheit war der Barbesitzer ziemlich akribisch und pingelig, obwohl das so ein mieses Viertel war.

Die Antwort ließ erneut auf sich warten. Reborn schien, anders als andere die Tsuna kannte, vorher zu überlegen was er von sich preisgab und zog die Stirn in nachdenkliche Krausen. „Ich kenne Giottos Vater, schon sehr lange, schon seit er ein junger Mann war.“, sagte Reborn ernst und mit strenger Miene. Ich war damals noch ein Kind, aber ich bewunderte ihn, also beschloss ich mich ihm anzuschließen, als ich alt genug war.“ Tsuna spürte tief in sich, das Reborn etwas verheimlichte, aber obwohl er es versuchte, konnte er seine Intuition nicht benutzen um intensiver in ihm zu lesen. Es gelang ihm nicht in Reborns Kopf einzudringen, denn er musste sie irgendwie verschlossen haben. Dennoch lauschte er gebannt den Ausführungen. „Ich habe mich ihm verpflichtet. Der Eid, den man der Familie leistet, ist eine einmalige Sache. Einmal geleistet, kann man ihn nie mehr zurücknehmen, auch nicht, wenn derjenige dem man sich eigentlich verpflichtet hat stirbt.“, sagte Reborn und schloss die Augen beim reden. „Giotto ist de Nachfolger des Mannes, den ich bewunderte und ich diene ihm, nicht aus Leidenschaft, sondern weil ich es muss.“, sagte er trocken. Tsuna war mittlerweile an diesen Tonfall gewöhnt.

Die Folgerung war ziemlich deutlich, Reborn fand es schon schlimm genug Giotto zu dienen und wenn er sein Amt an Tsuna abtrat, dann musste er die bittere Pille schlucken und ausgerechnet ihm dienen. Er, der keine Ahnung von dem Geschäft hatte, der von den Sitten und Gepflogenheiten, von der Moral und den Gesetzen nicht den Hauch einer Ahnung hatte. Kein Wunder, dass er immer so aggressiv war. Wenn Tsuna sich als professioneller Mafiosi dienen sollte, dann wäre seine Laune auch nicht gerade hell und blumig und voll Sonnenschein.

„Dann wäre es dir wohl lieber wenn ... stattdessen Xanxus die Führung übernimmt? Er ist echt professionell und so... gute Führungsqualitäten.“

Reborn fing an schallend daraufhin zu lachen. Er lachte so stark, dass ihm die Tränen in die Augen traten und er sich über die Tischplatte beugen musste, während das Lachen aus ihm herausbrach. Der Raum wurde davon erfüllt und die Personen an den Nachbartischen sahen verwundert herüber.

Der Laden wurde wieder so still wie er geworden war als Tsuna sich ihm genähert hatte. Alle blickten sie an und es machte den Eindruck als hätten sie Reborn noch niemals lachen gesehen. Tsuna wunderte des nicht. Er betrachtete sein Gegenüber nur einen Moment und begann dann mit ihm zu lachen. Das lenkte die Aufmerksamkeit wieder von ihnen ab. „Xanxus ist ein verbitterter Trottel, er ist nicht mal in der Lage eine Spielzeuglok zu führen.“, meinte Reborn außer Atem und wischte sich eine Träne aus dem Auge. Sein Lachen verstummte noch nicht, sondern setzte sich in einem dumpfen Unterton fort, der in seiner Stimme weilte. „Nun er sähe zumindest gut aus, in einer Führungsposition, aber das macht ihn noch lange nicht zu einem guten Boss.“, meinte er amüsiert und lehnte sich zurück. „Da bin ich mit dir noch besser bedient.“, fügte er an und rieb sich den offensichtlich schmerzenden Bauch.

War das jetzt ein Kompliment, eine Beleidigung oder vielleicht doch gar eine Drohung? Gänzlich sicher war Tsuna sich da nicht und so entschied er sich dafür zu lachen, aber nur leise, um keine schlafenden Hunde zu wecken. Bei seinem Glück würde Xanxus in dem Moment hinter ihm erscheinen, wenn er auch nur ein schlechtes Wort über ihn verkünden würde oder einer von Xanxus Kumpels wäre am nächsten Tisch, nicht dass er paranoid war. Wirklich nicht!

Vielleicht nur ein klitzekleines bisschen übervorsichtig...

Neben sich legte Reborn Geld auf den Tisch und stand auf. „Komm steh auf, ich bringe dich zurück in das Wohnheim. Es ist schon spät und kleine Jungs sollten nicht alleine draußen herumstromern.“ Kleine Jungs! Was für eine Frechheit, Tsuna war sicher im letzten halben Jahr sieben- vielleicht sogar acht Zentimeter gewachsen!

Mittlerweile ging er Xanxus fast bis zur Nase und e war stolz, dass er so viel zugelegt hatte, auch wenn er so ein bisschen aussah wie ein Stock, weil er so schlank war. Aber das störte ihn nicht. Hauptsache er hatte jetzt eine halbwegs annehmbare Größe, das machte ihn in einigen Situationen sogar richtig stolz: Zum Beispiel wenn er die Tafel abwischen konnte, ohne sie vorher herunter zu ziehen, oder wenn er sein Schließfach erreichen konnte ohne sich auf Zehenspitzen stellen zu müssen, das gab Squalo und Xanxus nämlich viel weniger Angriffsfläche ihn zu ärgern, oder ihm an den Hintern zu greifen. Tsuna errötete ein wenig, auch wenn er noch nicht herausbekommen hatte wer derartige Sachen mit ihm anstellte. Irgendwann würde er groß genug sein um sich zu wehren.

Er trank den letzten Rest von seinem Cocktail und lief dann hinter Reborn her, der hinaus zu seinem schwarzen, italienischen Flitzer ging und die Tür öffnete. Tsuna setzte sich auf den Beifahrersitz und zog den Gurt stramm. Er blickte nach rechts und sah Reborn beim Einsteigen zu. Er schien noch immer gut amüsiert, was ihn freute.

Tsuna liebte dieses Auto, die Ledersitze, die edle Innenausstattung, es war ganz anders als der Kombi mit dem sein Vater rumkurvte oder der kleine Fiat mit dem Squalo manchmal fuhr, wenn er das Auto von seinem Tanzlehrer ausgeliehen bekam. Auch wenn es Tsuna ein Rätsel war, wie er das überhaupt verantworten konnte. Squalo war ein fast so katastrophaler Fahrer wie Gokudera. Einmal war Tsuna zu ihm ins Auto gestiegen und das war einmal zu viel!

Der Motor schnurrte leise wie ein Kätzchen auf und Reborn parkte ohne Probleme aus und fuhr durch das miese Viertel, das heute Nacht ganz ruhig war. Entspannt ließ Tsuna sich in die Polster sinken und genoss das sanfte Brummen, das leise Quietschen beim Kurven und die zärtliche Wärme der Heizung die in seine Haut kroch.

Er bereitete sich geistig auf die nächste Woche vor: Die Woche der Prüfungen.

Diesmal war er ganz gut vorbereitet, dank Danielas und Xanxus‘ Hilfe, die er gründlich ausgenutzt hatte. Vielleicht kam er so auf gut durchschnittliche Noten, das wäre ein echter Gewinn! Mit etwas weniger Panik als sonst blickte Tsuna auf die kommende Woche.

Hals und Beinbruch, oder wie hieß das noch gleich?

12. Oktober: Tag des Sports

Halli Hallo,
 

Und das sind wir schon wieder. Oh ja wir sind ganz böse Verführer. Wir bekennen uns schuldig :D Und wir tun es gerne.

Heute schon wieder mit einem neuen Kapitel.

Danke dass ihr uns noch immer die Stange haltet, auch wenn es bei unserer Schreibmoral auf und ab geht :D

Um Trauerglocke zu antworten. Wir haben einen festen Zeitplan und auch schon festgesetzte Ereignisse auf die wir hinarbeiten. Manchmal fällt uns Zwischendrin noch was ein was wir gerne noch hinzufügen möchten und manchmal schieben wir auch Termine hin und her, aber vom Prinzip haben wir alles schon vorgeplant: Ein Viertel Jahr (Geschichtenzeit) müsst ihr wohl noch mit uns auskommen. :D

Ansonsten wie Üblich: Viel Spaß beim Lesen.
 

12. Oktober: Tag des Sports
 

Kalte Luft wehte an diese Montagmorgen zu seinem Fenster hinein und brachte das aufgeschlagene Buch, das auf Tsunas Schreibtisch lag dazu seine Seiten durchzublättern und den eifrigen Lerner aus seinem wohlverdienten Schlaf zu wecken.

Tsuna saß mit einer Decke bedeckt am Schreibtisch und hatte den Kopf auf der Tischplate abgelegt. Sein Rücken ächzte, als er sich aus dieser mehr als unbequemen Position aufrichtete und seinen Wecker bemerkte, der schon seit knapp 30 Minuten munter vor sich her tutete. Tsunas müde Augen flogen auf, und die Streifen seines Stiftes auf seiner Wange wirkten größer als er den Mund offen stehen ließ.

Oh verdammt, das Sportfest. Tsuna sprang auf und betrachtete sich. Er hatte seine Sachen von gestern noch an und beschloss, dass er nur das Hemd schnell tauschen würde, bevor er zur Schule aufbrach.

Zum Glück war er so intelligent gewesen seine Sporttasche am Vortag schon zu packen, also schnappte er sie sich nur und öffnete die Tür. Erstaunt bemerkte er eine Plastiktüte, die am Türgriff hing. Die Henkel waren mit einem kleinen bunten Band zusammen gebunden und auf einer kleinen Karte stand in Filigraner Schrift ein freundliches ‚Verhunger nicht‘. Tsuna betrachtete die Lunchbox nur kurz ein wenig verwundert, dann breitet sich ein wohlig warmes Gefühl in seinem inneren aus, Ein Moment verging in dem er die kleine Plastikbox nur anblickte, dann warf er sie zufrieden ins eine Tasche, und obwohl er sich eigentlich beeilen sollte, ging er in einem beschwingten Schritt aus dem Dorm in Richtung Schule, wo er sich mit Belphegor treffen wollte. Er hatte einen Plan wie sie sich vor der sportlichen Aktivität die heute stattfand drücken konnten.

Dieser Plan war sorgfältig ausgearbeitet und über Wochen hinweg vorbereitet worden. Akribisch hatten sie alle Details bedacht, Alibis abgesprochen und ihre Geschichten einstudiert, es war nicht leicht gewesen, aber ihr Plan war makellos, vorausgesetzt natürlich, dass Belphegor nicht schwach geworden war und Mammon mitgeschleppt hatte. Hoffentlich drehte dieser gerade irgendwas und war schwer beschäftigt, Belphegor war ausgesprochen willensschwach, ganz anders als Tsuna!

Gut das niemand seine Gedanken lesen konnte...

An der Kreuzung beim Kindergarten konnte Tsuna Belphegor schon sehen, scheinbar wurde er von einem kleinen Jungen mit einem Plastikschwert bedroht. Dieser fuchtelte heftig damit rum und stupste Belphegor immer wieder ins Bein.

„Soll ich dich retten, holde Maid?“ erkundigte sich Tsuna mit einem kleinen schelmischen Lächeln das mit dem großen, breiten Grinsen Belphegors erwidert wurde.

„Keine Sorge Tsuna, ein Prinz hat seine eigenen Waffen.“, sagte der Blonde frech, doch statt etwas zu tun, ließ er den Jungen nur weiter auf seine Beine einpieksen und wandte sich nur auf die andere Seite, so dass er eine andere Stelle traf. Offenbar war seine größte Waffe totale Ignoranz. „Hast du alles dabei?“, fragte Belphegor und deutete auf Tsunas überdimensionale Sporttasche. „Ja und sogar noch etwas mehr.“, sagte er selbstzufrieden und nickte in Richtung Tasche. „Es sollte kein Problem sein zu machen, was wir machen wollen.“, sagte Tsuna geheimnisvoll und grinste.

„Dann sollten wir los. Bevor sie uns noch vermissen, in 10 Minuten geht es los.“, erwiderte der andere und wandte sich so um, dass das kleine Plastikschwert nun in seine Waden stach. Tsuna nickte und ging vor. Er fragte sich ernsthaft wer der kleine Hosenmatz war, der den Prinzen da so quälte. Andererseits wusste er nicht, ob er es wirklich wissen wollte.

„Julie!“ schrie eine Frauenstimme und aus dem Kindergarten kam ein Mädchen herausgestürmt, ihr Haar war in einem Pferdeschwanz gebändigt und sie- Tsuna starrte. Natürlich war ihm absolut bewusst, dass das unhöflich war, aber es war einfach so überhaupt nicht zu übersehen. Wie zwei riesige Medizinbälle waren sie unter ihrer Schuluniform eingequetscht, so eng, dass sie sich kaum rührten, auch wenn sie schnell ging. Waren das vielleicht kleine Heißluftballons? Wie konnte sie sonst gerade gehen? Wie konnte sie auch nur stehen?! Und das auch noch als wäre sie beim Militär, physisch sollte es ihr nicht möglich sein ohne ein Stützkorsett. Zwar konnte Tsuna nicht sehen wohin Belphegor sah durch seinen Pony, aber das Schweigen zwischen ihnen sprach eine eigene Sprache.

Die junge Frau packte den kleinen Jungen am Arm und zog ihn zu sich. „Was denkst du dir dabei?“ keifte sie ihn an, der Junge schien die Gefahr nicht zu erkennen in der er schwebte und strahlte sie nur an.

„Ich habe das Monster für Adelheit besiegt!“ Dafür bekam der Junge einen Schlag auf den Kopf und das Mädchen drehte sich zu Belphegor und Tsuna um. Ihre Augenbrauen waren so sehr auf Tauchstation gegangen, dass es ihn wunderte, dass sie sich nicht schon auf ihre Nase geschlichen hatten.

„Hat er euch weh getan?“ Ihr Tonfall klang als wollte sie ein „Ja“ als Antwort hören, damit sie den kleinen Raufbold ordentlich bestrafen konnte. Sehr sorgfältig formulierte Tsuna seine Antwort in seinem Kopf und rasselte sie ein paar Mal runter, damit er sich auch nicht verhaspelte und es zu Peinlichkeiten kam. Diese Adelheit sah nämlich wirklich nicht aus, als hätte sie irgendeine Art von Humor. Außer vielleicht den Humor den Leute haben die lachen, wenn sie Hamster in Mikrowellen stecken.

Nein, er musste einfach nur nein sagen. Tsuna atmete tief ein, das Ziel fest vor Augen sah er sie an und sprach aus voller Überzeugung: „ Brüste!“

Sie starrte ihn an. Für einen Moment war ihr Gesicht vollkommen blank und zwischen ihnen knisterte die Luft wie Butterbrotpapier, das man zerknüllt auf dem Tisch liegen gelassen hatte. Dann sah Tsuna Sterne und spürte einen dumpfen Schmerz in seinem linken Auge pochen. Als er nach hinten umkippte sah er wogende Brüste und Belphegor, der einem Kinnhaken geschickt auswich und vom Schlag in die Magengrube getroffen wurde, der ihn gezielt ausschaltete. Der Junge in ihrem Armen warf das Schwert in die Luft und jubelte. „YAAAAAYYYY Adelheid hat den Drachen und die böse Prinzessin beide besiegt!“, rief er lautstark und schlang seine Arme um den Hals des Mädchens. Tsuna war neidisch als er seinen Kopf auf ihren überdimensionalen Brüsten bettete und sich an sie schmiegte, blieb aber lieber am Boden liegen, bevor noch etwas Schlimmeres geschah.

Mit empört stampfenden Schritten kehrte Adelheit in die KiTa zurück mit dem strahlendsten kleinen Jungen auf der ganzen Welt. Wimmernd rieb Tsuna sich seinen Kopf und stand erst dann auf, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass die Tür auch definitiv wieder fest verschlossen war. Neben ihm räusperte Belphegor sich und sie kamen zur schweigenden Übereinkunft dass sie erstens: ,Niemals darüber reden würden‘ und zweitens: ,Diesen Weg und Zukunft mieden als wohnte hier der Teufel persönlich‘.

„Ähm... also bleibt es bei unserem Plan?“ die Frage war nur ein Lückenbüßer um das Gespräch wieder in Gang zu bringen.

„Klar! Der Prinz hat extra die Ballons, den Ketchup und das Gummihuhn besorgt. Er trägt es nicht zum Spaß mit sich herum.“ Tsuna konnte den Kopf des Gummihuhns aus der Tasche rausschauen sehen. Aus irgendeinem Grund hatte es eine Krone. „Du hast hoffentlich an den Rest gedacht. Der perfekte Prinzenplan kann nicht schief gehen.“

Tsuna nickte. „Ja ich habe den Rest, die Majo, das Teebaumöl und zwei Feuerzeuge, außerdem jede Menge Papier und den Knallfrosch vom letzten Neujahr: ich hatte ihn tatsächlich noch in meiner Tasche.“, erklärte Tsuna dem Prinzen, der zufrieden grinste. „Das wird der beste Prinzenplan den es jemals gegeben hat. Du hast hoffentlich auch das Popcorn?“, fügte er zur Sicherheit an und Tsuna nickte. „Gut, dann los. Wir müssen zum Schulgelände.“, meinte Belphegor streng und packte seine Tasche. Dann machte er sich auf den Weg in Richtung Schulgelände und schlüpften durch das große Tor.

Tsunas Auge pochte noch immer und der Schmerz schien sich nach und nach auf sein ganzes Gesicht auszubreiten. Er hoffte nicht in die Apotheke zu müssen, auch wenn sein Gesicht ganz offensichtlich langsam anschwoll.

„Meinst du, dass das wirklich eine gute Idee ist? Ich mein wir könnten... echt viel Ärger kriegen und-“ Belphegor legte einen Finger auf Tsunas Lippen und schüttelte glucksend seinen Kopf.

„Ushishishishishi.... du unterschätzt den Prinzen. Es ist mein Plan, als ist er genial und niemand wird etwas herausfinden.“

Der Fakt dass er das schon beim letzten Mal gesagt hatte, als sie die Schule für ein wichtiges Ereignis - ein Magical Cyber Frog Princess Viper Konzert - die Schule geschwänzt hatten. Dieser Tag hatte Tsuna davon überzeugt, dass es Viper singen konnte, aber man Kopfschmerztabletten brauchte, für den unwahrscheinlichen Fall, dass man nicht auf Girly Pop stehen sollte. WIe kam es überhaupt zu einem Konzert? War Viper nicht ein Fernseh-Idol... oder so etwas in der Art? Wahrscheinlich verschwammen die Grenzen einfach bei diesem Bockmist.

Vor der Tür des Wissenschaftsklubs blieben sie stehen und klopften das vereinbarte Zeichen, woraufhin die Tür aufgeschlossen wurde. Verde, der klügste und gleichzeitig durchgeknallteste Junge der Schule lotste sie in sein Heiligtum.

„Aber nichts anfassen!“ War es nicht schön, so viel Vertrauen entgegengebracht zu bekommen?

Tsuna betrachtete die vielen merkwürdigen Gerätschaften Marke Eigenbau und blieb schließlich vor einer Maschine stehen, die aussah wie eine Waschmaschine gekreuzt mit einem Fahrrad. Verde deutete darauf und auch auf den elektrischen Schaltkreis, der aussah als könnte er einen erwachsenen Menschen bei lebendigen Leibe grillen, wenn man auch nur mit dem kleinen Finger daran stieß und verkündete dann: „Das ist sie.“. Tsuna wusste nicht was, aber Belphegors… klangvolles Lachen verriet ihm, dass sie richtig waren. Ihn schauderte. „Das ist sie also? Und sie funktioniert tatsächlich?“ „Einhundertprozentig!“; antwortete Verde überzeugt und sah beide streng an. „Meine Bezahlung!“ fügte er an und streckte die Hand aus. Belphegor deutete auf Tsuna. „gib ihm den Knaller eins von den Feuerzeugen und das Popcorn!“

Tsuna suchte das was der Prinz verlangte aus der Tasche und gab es Verde in seine gierigen kleinen Hände. Belphegor zog unterdessen das Gummihuhn aus der Tasche und warf es in die Wäschetrommel.

„Und das wird auch wirklich, wirklich klappen?“ Tsunas Stimme zitterte vor Aufregung. Als Belphegor ihm von dem Plan erzählt hatte, war er total überzeugt gewesen, was zugegebener Maßen auch was mit Belphegors Art zu tun hatte, die sehr einschmeichelnd sein konnte. In etwa wie eine Kreissäge, ganz liebevoll einschmeichelnd.

Verde winkte hochnäsig mit seiner Hand und er schob seine Brille hoch. „Die Pockenfix 9000 ist ein Geschenk von dem Gott der Wissenschaft - Mir! Sie ist ein Meisterwerk in allen Bereichen, du ignoranter Fool. Mit dieser Maschine werden wir es schaffen die Vogelgrippe über die ganze Schule zu verbreiten!!! Jeder Schüler, jeder Lehrer wird es hautnah miterleben wie sich das Virus in die Luft erheben wird!!!“

Bildete Tsuna sich das ein oder hatte Verde die Sache ein wenig zu ernst genommen? „Aber du weißt schon... was der Plan war...“

„Ushishishishishishi.“ Belphegor lachte und kippte die Flasche mit dem Ketchup in den kleinen Spalt in den Eigentlich der Weichspüler gehörte. „natürlich weiß er was der Plan ist Tsuna. Wir haben ihn zusammen entwickelt, obwohl die geniale Idee natürlich von mir kam. Verde hat nur die Maschine entwickelt. Die zugegebenermaßen auch ziemlich genial ist.“ Tsuna sah förmlich wie Belphegor in seinem Kopf anfügte: ‚Aber nicht so genial wie der Prinz Ushishishishishi‘ Es war fast wie ein kleiner Schub seiner Fähigkeit gewesen, aber nicht so ein Redefluss wie sonst, sondern stattdessen nur die gezielte Aussage, an die Tsuna gedacht hatte.

Nachdenklich wiegte er den Kopf hin und her. Konnte es sein, dass er lernte diese ganze Sache zu steuern? Er musste das ganze wohl weiter beobachten. „Los Fool! Rein mit dem Zeug!“ drängte Verde und deutete auf die Mayonnaise in Tsunas Hand, die er mit Wasser verdünnt und zwei Tage am Fenster hatte stehen lassen. Tsuna ahnte bereits, das ein bestialischer Gastank den Raum fluten würde, schon allein wenn er das Glas aufdrehte, also drückte er es Belphegor in die Hand und hielt sich vorsorglich die Nase zu. „Mach du das… bitte.“, sagte er und trat vorsichtshalber einen Schritt zurück, nur für den Fall dass es explodierte. .

„Dann mach dich nützlich und füll die Ballons.“ wie Belphegor ihn an und Tsuna trottete zu den großen Heliumflaschen. Die durchsichtigen Ballons fühlten sich angenehm fest und anschmiegsam an. Wenn Man Verdes Theorie glauben schenkte, wären die durchsichtigen Ballons praktisch unsichtbar, wenn man sie in den Himmel schicken würde. Zwar hatte Tsuna den Verdacht, dass man sie durchaus sehen konnte, aber wer war er, dass er die beiden Genies kritisierte? Also füllte er Gehorsam die Ballon und klemmte sie mit klammern zu, damit die Luft nicht wieder herauszischte.

Inzwischen waren seine Komplizen fertig geworden mit der Maschine des Verderbens und voller Ehrfurcht ging ein leises Raunen durch ihren Halbkreis, als Verde sie anstellte und das Monstrum anfing sich zu schütteln und zu rütteln. Dabei entstand ein Krach, dass es sie fast aus den Latschen haute.

Er wollte gar nicht hinsehen und vor allem nicht hinriechen, also füllte er drei der Ballons mit Luft und band sie an Fäden fest. Die Maschine rüttelte noch immer, als er sich den Beiden anderen zuwandte stoppte aber als er sie erreicht hatte. „Es ist fertig. Hol es raus!; kommandierte Verde erwartungsvoll und betrachtete aufgeregt die Trommel, , die von beiden Seiten mit roter und weißer Farbe beschmiert war.

Belphegor öffnete die Trommel nur mit Fingerspritzen, um sich nicht vollzuschmieren und zog dann langsam das Gummihuhn heraus, das jetzt einen unangenehmen Geruch, als auch eine interessante Farbgebung dazugewonnen hatte. „Es ist perfekt! Ushishishishshishi!“, lachte Belphegor und drehte das Huhn in seinen Händen.

„Natürlich ist es perfekt, es ist ja auch von mir!“, griente Verde und betrachtete das rot weiß gesprenkelte Huhn.

„Und nun wird es fliegen! FLIEGEN! Und eine Panik von nie gesehenem Ausmaß verursachen! Hahahahahaha!“ lachte Verde, ballte seine Faust und streckte sie gen Decke, Belphegor stimmt mit einem „Ushishishishishi!“ ein.

Sorgfältig wurde das Huhn mit Angelschnur an den Ballons befestigt und zum Fenster getragen. Unten konnte man das große Sportgelände sehen, dass von den Schulen der Nachbarschaft zum Sporttag gemeinsam genutzt wurde. Unten tummelten sich die Schüler, eher weniger begeistert aufgrund der Kälte, auch wenn ein paar der Sportasse die Chance nutzten um mit ihren Fähigkeiten zu prahlen.

„Das wird mein wissenschaftlicher Durchbruch...“ murmelte Verde in seine Stoppeln und mit einem kräftigen Schwung beförderten sie das Hühnchen mitsamt Ballons in die Freiheit, wo sie nach einem kurzen Preschflug zur Ruhe kamen und vor sich hindümpelten. In diesem Moment fiel Tsuna ein kleiner, winziger Fehler auf, der den Plan heimsuchte.

„Sagt mal...“ begann er und starrte auf das sonderbare Flugobjekt. „Wie bringen wir eigentlich alle dazu das Pockenhühnchen zu sehen?“

Verde starrte blank auf das Huhn Belphegor unterbrach sein Lachen für einen Moment und kurz herrschte komplette Ruhe im Raum. Man merkte förmlich wie die Zahnrädern in ihren Köpfen ineinander hakten, die Maschine stoppten und durchbrannten. Tsuna wartete nur darauf, dass aus ihren Ohren Qualm stieg. Dann jedoch schien Belphegor eine Idee zu haben. Er hob die Hände zum Mund und formte einen Trichter. Dann füllte er seine Lungen mit Luft und schrie mit einer erschreckend weiblichen Stimme: „KYIIIAAAAAAAAAAA Die VOGELGRIPPE!“, er drückte Tsuna und Verde vom Fenster weg und versteckte sich im hinteren Teil des Zimmers, aber auch wenn Tsuna nicht sehen konnte was geschah, hörte er den Aufschrei mehrere Mädchen auf den Sportplatz und wüstes Getrappel unten, als die Schüller panisch den Sportplatz verließen. „Ushishishishishishi! Es hat geklappt.“

Ein Blick auf den Sportplatz verriet jedoch, dass das nicht an Belphegors Kampfschrei sondern an dem brutalen Absturz des Hühnchens gelegen hatte. Irgendwie musste es aus den schnüren gerutscht sein, oder ein Ballon war geplatzt, auf jeden Fall hatte das nasse und gut gefüllte Hühnchen einen spontanen Sturzflug Richtung Boden unternommen und hatte beim Aufprall sein widerliches Inneres auf die Schüler im Umkreis verteilt. Die Einschlagstelle sah aus, als hätte jemand einen Feuerwerkskörper mit Gedärmen verwendet. Die getroffenen Schüler schrien angeekelt und die Lehrer versuchten Ordnung in das Chaos zu bringen. Nun es hatte auf jeden Fall für Verwirrung gesorgt, wahrscheinlich war es nun sicher abzuhauen. Tsuna wollte nicht in der Nähe sein, wenn jemand auf die Idee kam noch den Hühnerwerfern zu suchen.

Obwohl man sagen musste, so durchgeknallt wie die Schüler hier waren, war es gut möglich, dass wirklich jemand auf die Idee kam ein infiziertes Hühnchen wäre explodiert. Das wäre nicht das seltsamste Vorkommnis hier gewesen. Tsuna dachte da nur an den Toilettenyeti oder die Anakonda im Bienenstock...

Belphegor sah der Verwirrung zufrieden zu dann packte er Tsunas Hand und zog ihn mit. „Jetzt ist die Gelegenheit um abzuhauen, ich muss unbedingt in die Paulownia Mall.“, sagte er bestimmend und streckte sich. „Wieso denn das?“, fragte Tsuna neugierig und erschrak sich als Belphegor frech grinste. „Hast du noch nicht gehört? Beim neuen Viper Spiel kann man sie das Geschlecht wechseln lassen, es kommt heute raus, und ich will es bevor es ausverkauft ist.“, griente er vergnügt und lief pfeifend ein Stück vor.

Auch wenn Tsuna keinerlei Interesse an Vipers neuem Spiel hatte, so traf es sich trotzdem gut das sie in die Stadt gingen. Nachdenklich fuhr er über den Rand der kleinen Metalldose, die er schon seit geraumer Zeit in seiner Jackentasche trug. Einerseits um sie vor Herb zu verbergen, andererseits um sie irgendwann zu Mukuros Lieblingsapotheker zu bringen. Heute könnte der beste Moment zu sein. Reborns Rat sich etwas besser zu informieren hatte ihn aufgerüttelt und ihm klar gemacht, dass er wirklich etwas tun musste, wenn er, zumindest vorübergehend, Giottos Platz einnehmen sollte, auch wenn er es noch immer nicht wollte.

Wenn es erst soweit war, konnte er immer noch einen Ausweg finden, vielleicht tauchte er einfach ab und zog in ein exotisches Land wo ihn niemand kannte. Wie wäre es mit Holland? Oder die Schweiz, die nahmen einen flüchtigen Mafiaboss mit Sicherheit auf. Zumindest, wenn es ihm gelingen würde, vor seiner Flucht etwas Geld auf die hohe Kante zu legen.

So schlugen sie ihren Weg zur Mall an, Belphegor mit ekelhaft guter Stimmung und Tsuna nachdenklich. Diese Pillen gehörten irgendwie ins große Ganze, aber die ganzen Schulaktivitäten, der Rummel, seine Freunde, all das ließ das Bild verschwommen aussehen. Es waren zu viele Eindrücke die er gesammelt hatte, dennoch wurde er das Gefühl nicht los, mit diesen Pillen schon seit geraumer Zeit auf einem bedeutenden Hinweis zu hocken. Ob es nun Einbildung war oder nicht, eine kleine Überprüfung konnte nicht schaden. Schlimmstenfalls hatte es nichts mit irgendwas zu tun und die Pillen bestanden nur aus Zucker.

Sie erreichten die Mall mit der Bahn, als sie ausstiegen, kam die Sonne hinter den Wolken hervor und wärmten die kühle Herbstluft ein wenig auf. Er atmete erleichtert aus, als sie die Bahnhofsluft hinter sich ließen und in das Shoppingviertel eintauchten: An einem Montagmorgen war zum Glück nicht viel los und so hatten sie genug Zeit und Platz um überall herumzuschauen. Belphegor machte sich gleich nach der Ankunft auf den Weg in die Spielhölle und griente zufrieden, als er die riesigen Viper Werbeaufsteller sah, die die Vitrine rahmten in der noch ein ganzer Berg Spiele darauf wartete von ihm gekauft zu werden.

Tsuna fiel auf das links neben der Vitrine eine weibliche Viper in ihrem Liebestöter und einem niedlichen blauen Kleidchen stand, während auf der anderen Seite ein kleiner Viper in einer Latzhose platziert war, der sein Gesicht frech hinter einem überdimensionierten Lolli versteckte. Da hatte sich Vipers Management ja richtig was einfallen lassen.

Heute wollte er sich zur Abwechslung mal nicht auf den Wahnsinn einlassen, der sich Magical Cyber Frog Princess Viper nannte, dafür hatte er ausnahmsweise mal wirklich nicht die Nerven. So lustig und nett Belphegor zu manchen Gelegenheiten sein konnte, so ungemein verrückt wurde er, wenn es um sein Lieblingsidol ging.

„Wir treffen uns dann draußen am Springbrunnen, ich muss noch mal in die Apotheke.“ Ob Belphegor ihn wirklich verstanden hatte wusste er nicht, nahm es einfach nur an. Als stände er unter einer fremden Macht starrte der sogenannte Prinz nämlich wie ein liebestoller Zombie auf die Spiele. Tsuna entschied, dass es keinen besseren Moment geben würde sich dezent zurückzuziehen. Zum Glück war die Apotheke nur zwei Geschäfte von der Spielhalle entfernt, so war der Fluchtweg kurz genug um ohne Probleme überwunden zu werden. Das sanfte Plingele-Bing der Türglocken grüßte ihn fröhlich wie ein warmer Sonnenstrahl beim Eintreten.

„Hello there!“, das Kauderwelsch aus Sprachen traf Tsuna allerdings eher wie ein Schlag. „Guten Morgen Herr Naito.“, sagte Tsuna und betrachtet den fröhlichen Apotheker hinter der Theke. „Oh hey Boy. Ist schon ‘ne ganze while her.“, sagte er glücklich und setzte sich auf den Schemel hinter seinem Verkaufstisch. „Hast du Mukuro gar nicht with you?“, fragte er und streckte den Kopf etwas paranoid nach links und rechts, als würde der Blauhaarige gleich hinter einem Regal hervorspringen. Tsuna jedoch schüttelte den Kopf. „Ich bin mit einem anderen Freund hier, er ist aber drüben in der Spielhölle.“, erklärte der Junge sich und trat etwas schüchtern zum Tisch. „Und ich möchte sie um etwas bitten, Herr Naito…“, fügte er in verschwörerischem Tonfall an und zog das kleine Döschen aus seiner Tasche, nachdem er sich versichert hatte, dass niemand anders in der Apotheke war.

„Du hast ein Quest for me? How interessant!“ er strahlte über beide Ohren als Tsuna zu ihm ging und das Döschen mit einem verschwörerischen ,Klonk‘ auf den Tresen legte. Longchamp griff enthusiastisch nach der Dose und ließ sie aufschnappen, nur um sie gleich sofort wieder zu schließen und zurückzulegen. Eilig schnappte er sich Tsunas Hand und zog ihn hinter den Tresen zum Hinterraum, wo die frische Medizin angemischt und die fertige aufbewahrt wurde.

„Where hast du das from?“ flüsterte Longchamp, aber erst nachdem er die Tür verschlossen hatte. Wie es schien hatte Tsunas Instinkt ihn nicht getäuscht, die Pillen waren definitiv nicht ganz koscher. Die Sache stank zum Himmel.

„Von einem... einem Freund.“ Den Begriff konnte man zum Glück ja sehr dehnen und strecken. „Mir wurde gesagt sie hätten... Möglichkeiten herauszufinden was das genau ist... nun ich... ich muss das echt dringend wissen.“

„Nun... Ich know what that ist und was it does. Und I hope, dass du es nicht angerührt hast.“, seine Stimme klang ernst und er zog Tsuna näher an sich, um ihm in die Augen zu sehen. Tsuna wusste dass er erkennen wollte ob er log oder nicht: Erwachsene hatten manchmal solche Ticks. „Ich habe es nicht angefasst. Es gehörte einem Freund und ich… mache mir Sorgen. Deswegen muss ich genau wissen.“, meinte er und versuchte seine Lüge nicht in den Augen widerspiegeln zu lassen. „Dein Freund hat das Zeug genommen? How is he?“, fragte Der Apotheker offensichtlich beunruhigt und ließ Tsuna wieder los. Er wiegte das kleine Döschen nervös in den Händen: „If they captured you damit… Dann hätte die police dich ins jail gesteckt.“, meinte er und legte das Döschen auf den Arzneitisch. Tsuna sah das er ausgesprochen nervös war.

„Niemand weiß, dass ich die habe... eigentlich nicht mal der Besitzer und er... na ja grade geht es ihm nicht so gut, er ist auf Entzug oder so... Die Polizei weiß davon nichts und... also können sie mir helfen?“ Die ganze Lage wurde kontinuierlich ernster als er es erwartet hatte. Ins Gefängnis wollte er nicht, wirklich nicht. Was die Knastordnung anging stände er auf unterster Stufe, mit keinerlei Recht irgendwas zu tun, außer Seife fallen zu lassen. Keine allzu verlockende Aussicht.

„Well... I guess ich kann dir helpen, aber das muss absolutely Top Secret bleiben. Sonst gehts uns beiden an den Kragen. That‘s wirklich kein Game for kleine Jungs.“ Naito biss sich auf den Daumennagel und stierte das Döschen an als könnte er es so durchbohren. „That‘s my first time, dass ich diese Things in die Finger bekomme... You have no idea, was du da hast.“

„Genau das ist mein Problem… Deswegen möchte ich, dass sie mir helfen, Herr Naito. Damit ich.. schlimmeres verhindern kann.“, sagte er ernst und sah den erwachsenen Mann nachdenklich an: „Wenn ich etwas darüber wüsste, könnte ich vielleicht einige Dinge in Erfahrung bringen.. Wer sie herstellt zum Beispiel.“ „Are you crazy? Wenn du was rausbekommst then you gehst zu the police, sofort!“, sagte Naito ernst und packte Tsuna an den Schultern. „Promise! You musst es mir promisen!“, sagte der Rothaarige ernst und hielt Tsuna in einem so kräftigen Griff, dass er sich kaum bewegen konnte. „ich verspreche es, keine Sorge…“ sagte Tsuna und biss die Zähne zusammen. Naito war richtig panisch: Wahrscheinlich sollte er sich doch Sorgen machen in was er hier rein geraten war.

„Dann go, go und tell nobody darüber. Wenn ich ready bin, gebe ich Mu-chan eine Message for you mit. Komm dann wieder.“ damit schob er Tsuna aus der Tür und setzt wieder sein fröhlichstes Lächeln im Laden auf. „Goodbye, Aufwiedersehen. Beehre uns bald wieder!“

So kam der Schneeball ins Rollen, langsam purzelte er den Berg hinab. Noch war nicht viel dabei, doch in allzu naher Ferne konnte man schon das Grollen der Lawine hören, die sich gemächlich aufbaute. Tsuna hörte sie noch nicht, alles was er sah war der rollende Schneeball.

24. Oktober: Teil 1

So, da sind wir wieder. Dieses Kapitel hat etwas länger gedauert, dafür ist es aber auch Xtra-large und mit besonders schweinischem Inhalt, also alle Kinderchen sollten jetzt ins Bett =D Es sei denn natürlich ein paar kleine, versaute Fantasien stören euch unschuldige Kinderlein nicht. Wir wollen ja nicht für euren Sittenverfall verantwortlich gemacht werden.

Trotzdem wünschen wir allen Lesern viel Spaß.
 

Panakeias Segen
 

24. Oktober: Teil 1
 

Tsuna streckte sich am ersten freien Tag nach den Zwischenprüfungen in seinem Bett und blickte aus dem Fenster. Er hatte keine Ahnung wie spät es war, aber die Sonne war bereits aufgegangen und tauchte die goldenen, vom Herbst gefärbten Kronen der Bäume in einen schönen Schimmer.

Tsuna rang sich dazu durch endlich aus seinem Bett aufzustehen, auch wenn ihn die kühle Luft, die zum leicht geöffneten Fenster hereinkam fast sofort wieder ins Bett trieb, aber er blieb stark, schloss das Fenster und ließ den Blick dabei über seinen Schreibtisch bleiben. Seine Prüfungsarbeiten lagen noch dort und er betrachtete stolz die 77 Punkte, die er in der Gesamtwertung im Durchschnitt erreicht hatte.

Die ganze Büffellei hatte sich ausgezahlt und auch die Nachhilfestunden von Daniela und Xanxus hatten einen echten Beitrag dazu geleistet, dass er jetzt gute Chancen hatte, das nächste Schuljahr gut zu überstehen.

Neben den Arbeiten lag ein kleines Paket, das früher einmal in Geschenkpapier eingewickelt war. Wenn seine Eltern ihn nicht daran erinnert hätten, hätte er während der Prüfungszeit seinen eigenen Geburtstag vollkommen vergessen.

Er hatte keinen große Wirbel darum gemacht, während der Prüfungen hatte er keine Gelegenheit gehabt zu Feiern und er wollte auch nicht, dass deshalb ein Fass aufgemacht wurde, es reichte dass seine Freunde ihm gratuliert hatten, mehr erwartete er gar nicht. Jetzt war er schon 17 Jahre alt, konnte man das glauben? Seine Brust schwoll ein bisschen an bei dem Gedanken nur noch ein Jahr von Drogen, Alkohol und Sexshops entfernt war!

Zugegebenermaßen, Drogen waren dann immer noch illegal und Alkohol konnte er jetzt schon bekommen, wenn er einfach an Xanxus Vorrat ging... außerdem kannte er die Besitzer eines Sexshops und hatte deshalb keine Probleme reinzukommen... Aber es ging hier ums Prinzip!

Tsuna griff nach dem Paket und öffnete die Schachtel. Im Inneren befand sich eine Uhr, ganz altmodisch mit Ziffernblatt, aber Tsuna gefiel sie. Sie sah so erwachsen aus, aber der kühle Schnitt, das elegante Schwarz mit den silbernen Mustern und die filigranen Zeiger die in zwei winzigen Edelsteinen endeten sahen sehr modern aus. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen, seine Eltern hatten sicher nicht wenig dafür gezahlt.

Er öffnete das Band und schlang sich die Uhr ums linke Handgelenk. Heute war der Tag an dem er sie das erste Mal ausführen würde. Er wusste zwar noch nicht genau, was er heute unternehmen würde, aber an einem schönen Herbsttag gab es sicherlich bessere Dinge zu tun, als im Zimmer zu sitzen und sich zu langweilen.

Er huschte zu seinem Kleiderschrank und warf sich eine Jeans und einen Sweater über, dann kämmte er sich vor dem Spiegel die Haare und putzte Zähne.

Erfrischt und sauber verließ er das Zimmer und nahm im Gang einen verführerischen Duft wahr. Hatte Xanxus etwa wieder süße Leckereien für ihn gekocht? Er wollte ihn wohl wirklich mit seinem Essen verführen. Tsuna schmunzelte bei dem Gedanken etwas und machte sich zufrieden auf den Weg in die Küche.

Xanxus‘ Geburtstag war auch noch nicht so lange her. Er hatte nur vier Tage vor ihm und war jetzt schon 20 geworden. Tsuna hatte lange überlegt, was er ihm schenken sollte und war im Endeffekt zu keinem Ergebnis gekommen. Dabei kannte er den Anderen mittlerweile so gut… fast ein wenig zu gut, wenn er so darüber nachdachte. Vor ein paar Monaten hatte er es nicht einmal für möglich gehalten ein vernünftiges Gespräch mit ihm führen zu können und jetzt… Ja jetzt…

Erst jetzt bemerkte er dass er die Treppen zum Speiseraum längst hinter sich gebracht hatte.

Er durchquerte die letzten Meter zur Küchentür und betrat den Herkunftsort des anziehenden Duftes. Xanxus konnte er nicht sehen, dafür aber Giotto, der mit Sicherheitsabstand zum Herd stand und scheinbar Sahne schlug, oder es zumindest versuchte. Mit ihm war Amicelli in der Küche, die Laune die in der Luft lag, war erheitert und die beiden schienen sich gut zu amüsieren.

„Was macht ihr denn? Gibt es einen Grund zum Feiern?“ fragte Tsuna und betrachtete die Kuchen, Kekse und sogar selbst gemachte Pralinen, die auf dem Küchentisch standen und einem Hunger in unvorstellbarem Maße bescherten. Wann hatte er das letzte Mal so etwas Köstliches gesehen? Wahrscheinlich waren es die Waffeln gewesen. Wenn er nur an diese Waffeln dachte wurde ihm ganz warm in diversen Körperbereichen.

Giotto gluckste amüsiert. „Ist das nicht offensichtlich? Die sind für die große Feier heute. Ich dachte so selbstgebackener Kuchen für die Geburtstagskinder wäre doch viel toller als so langweiliger gekaufter.“

Selbstgebacken von einem der Geburtstagskinder. Kein Wunder das Giotto das vorgeschlagen hatte, er selber konnte ja nicht backen. Oder kochen, oder sonst irgendwas in der Küche anfassen ohne dass sie explodierte und sich in Form von Feenstaub im restlichen Dorm verbreitete.

„Xanxus besorgt grade die Getränke.“ fügte Amicelli hinzu während er einem Kuchen eine perfekte Schokoglasur verpasste und sie mit Erdbeeren, Mandeln und Sahne zu einem Kunstwerk verzierte.

Der Kuchen sah so wahnsinnig lecker aus, dass Tsuna am liebsten hineinbeißen wollte. Amicelli der seinen Blick bemerkte, reichte ihm jedoch den Löffel mit der Schokolade zum Ablecken. „Jetzt wo die Prüfungen vorbei sind und wir das ganze Wochenende frei haben, können wir endlich unsere Geburtstagsfeier nachholen.“, sagte Amicelli lächelnd und schien beschwingt und fröhlich. Aus dem Wohnbereich hinter dem Paravent klang das laute Fluchen von Gokudera und ein verärgertes: „Halt das jetzt fest, du elende Doofnuss!“, ebenfalls aus seinem Munde. Gleich hinterher hörte man Yamamoto lachen. Tsuna wandte sich dem Durchgang zu und sah Gokudera auf einer Leiter stehen, während Yamamoto ihm bunte Girlanden anreichte. Ein „Happy Birthday“-Banner überspannte den kleinen Couchtisch. „Guten Morgen Tsuna!“, rief Gokudera erfreut und sprang von der Leiter, so dass die halb aufgefangene Girlande herunterfiel und Yamamoto auf den Kopf klatschte.

„Hallo Leute.“ grüßte Tsuna zurück und ging zu ihnen herüber. „Ihr helft also mit, das ist echt nett von euch.“ Gokudera strahlte breit bei seinen Worten und schob die Brust vor. Es tat Tsuna richtig leid, dass er in letzter Zeit so wenig mit den Beiden hatte unternehmen können, aber er hatte einfach viel um die Ohren. Zum Glück nahmen Gokudera und Yamamoto es ihm nicht krumm, sie hatten ja sowieso beide selber Clubaktivitäten und andere Freunde mit denen sie etwas unternahmen.

Wie schafften Squalo und Belphegor es eigentlich Tsuna so oft bei sich einzuspannen? Es war ja nicht mal so, als ob er es darauf anlegen würde, doch die beiden schafften es immer ihn zu sich zu locken. Tsuna wusste nicht mehr wie vielen Fanaktionen für Magical Cyber Frog Princess Viper er hatte über sich ergehen lassen, wie viele Stunden er von Squalo genötigt wurde irgendwas für seine Doujis zu machen. Es war immer lustig, und ausgesprochen abhärtend, inzwischen war seine Schamesgrenze schon sehr tief gesunken, auch wenn er noch immer zusammenzuckte, wenn er sich auf den Plakaten sah. Xanxus hatte eines davon ins Badezimmer des Wohnheimes gehängt und Tsuna durfte es nun jeden Tag beim Duschen sehen.

Er versuchte nicht darüber zu spekulieren, warum es gerade gegenüber der Dusche hing.

Er hoffte dass nur Xanxus die Anwesenheit des Bildes so in Anspruch nahm, wie er dachte dass er es tat. Er hoffte es sehr stark. Das nächste Mal würde ihm der Duschstrahl einfach ein wenig ausrutschen, wenn das Poster nass würde, dann würde es ja hoffentlich verlaufen, oder vielleicht sogar zerfallen. Ja… es würde ihm einfach ganz ausversehen passieren. „Wir helfen gerne, außerdem freuen wir uns auch auf die Party, hahaha!“ sagte Yamamoto und gesellte sich nun zu ihnen. „Wir haben auch ein Geschenk für dich Tsuna, wir hoffen dass es dir gefällt.“, sagte er glücklich und bekam von Gokudera einen Ellenbogen in die Seite gerammt. „Klappe zu, du Trottel, das sollte eine Überraschung sein!“, fuhr er ihn an und trat ihm gleich noch einmal auf den Fuß.

Tsuna lachte ein wenig über die beiden, dann klopfte er beiden auf die Schulter. „Ich helfe euch beim Aufhängen.“, sagte er glücklich lächelnd und ging voraus zur Leiter.

Heute versprach ein wirklich schöner Tag zu werden.

Allerdings, sollte er vielleicht wirklich noch einmal losfahren und ein Geschenk für Xanxus besorgen, für Amicelli hatte er ein Kochbuch gekauft, schon vor zwei Wochen hatte er es in der Buchhandlung gesehen, als er mit Ginger ein Buch mit Schnittmustern gesucht hatte. Beziehungsweise, Ginger hatte es gesucht und Tsuna hatte professionell in der Nähe gestanden und sich umgesehen, weil er keine Ahnung hatte, was genau Ginger gewollt hatte. Bei dieser Gelegenheit war ihm das Buch „100 süße Ideen für Schokolade“ aufgefallen. Drinnen waren diverse Backrezepte, aber auch... nun man konnte wohl sagen ,kreative Ideen für Schokosauce‘. Es war Tsuna nur ein bisschen peinlich gewesen es zu kaufen. Zum Glück hatte die Verkäuferin keine dummen Kommentare beim Einwickeln gemacht.

Was ihn wieder zu seinem Problem zurückführte: Was konnte er Xanxus schenken?

Eigentlich hatte der andere ja schon alles was man sich wünschen konnte.

Und wenn er sich etwas wünschte dann war es mit Sicherheit so teuer, dass Tsuna es nicht bezahlen konnte. Erst hatte er ja an ein Feuerzeug für seien Sammlung gedacht, aber er hatte nichts Richtiges gefunden, was so gut und echt aussah, wie die Waffen in seiner Vitrine und er wollte ihm auch kein billiges Plastikspielzeug schenken. Er war in einer Zwickmühle… andererseits… hatte Xanxus ihm ja auch nichts geschenkt… zumindest nicht das er wüsste. Auch kein geheimes Geburtstagslunchpaket oder etwas in der Art. Mmhh.. die Situation war wirklich vertrackt. Er musste wohl wenn die Girlanden hingen noch einmal in die Stadt gehen und nach etwas suchen, auch wenn es nur ein Notgeschenk war, aber ganz mit leeren Händen wollte er dann doch nicht dastehen.

Als Xanxus einmal sehr betrunken war, hatte er ihm erzählt, dass er schon immer mal eine Maid für einen Tag ganz für sich haben wollte. Wie teuer war wohl eine Maid aus einem der Cafés im Bahnhofsviertel? Obwohl Xanxus wahrscheinlich nicht an den Mädchen aus den Cafés interessiert war. Vielleicht sollte er sich ein Maidkleid für einen Tag ausleihen... Tsuna stellte sich vor eines der knielangen, schwarzen Kleider anzuziehen und Xanxus mit Whiskey zu bedienen, sich auf seinen Schenkel zu setzen und ihn mit geschälten Trauben zu füttern.

Tsuna schluckte hart und hängte die Girlande auf, irgendwie wusste er nicht, ob der Gedanke erschreckend oder erregend war.

Kopfschüttelnd versuchte Tsuna den Gedanken zu vertreiben und überlegte was Xanxus sonst noch mochte. Vielleicht eine Flasche mit Whiskey? Andererseits war das auch nicht gerade originell. Angestrengt konzentriert befestigte Tsuna eine weitere Girlande in leuchtend rot und grün.

Nun er konnte ja noch einmal darüber nachdenken. Die Feier würde sicher erst am Nachmittag stattfinden, bis dahin hatte er noch etwas Zeit und eine Flasche Whiskey war immerhin eine Alternative. Falls ihm wirklich nichts anderes einfiel. Aber er war ja kreativ. Ihm fiel ganz bestimmt noch etwas anderes ein, als ein dummes Maidkleid oder eine Flasche Whiskey… Trotzdem war es sicherer sich alles offen zu halten. „Sag mal Gokudera…? Du willst dich doch an Halloween als Maid verkleiden, oder?“, fragte er seinen Freund, der ihm gerade eine Girlande hinhielt. Dieser nickte und grinste. „Wieso fragst du, Tsuna?“, entgegnete er keck und sah sich um ob Yamamoto gerade beschäftigt war. Tsuna lief etwas rot an. „Nun… vielleicht.. weil ich es mir mal ausleihen wollte... nur… uhm für ein Experiment,“, sagte er ruhig, „aber das muss unter uns bleiben.“

Gokudera grinste und zwinkerte zweideutig. „Klaaaaar Mann, Aber für deine Freundin ist es vielleicht etwas zu groß. Ich kann es dir aber in dein Zimmer legen. Ich brauch es nur bis Halloween zurück.“, sagte er zufrieden grinsend.

Seine Freundin? Hatte Tsuna da irgendwas verpasst? Die Person die ihm emotional am nächsten stand wäre Xanxus gewesen und- Tsuna erbleichte als ihm das mentale Bild von Xanxus in einem Maidkleid, mit Schürze, Spitzen-Haarband, Stockings und Strumpfband vor sein geistiges Auge sprang. Hätte Gokudera ihn nicht schnell genug festgehalten wäre Tsuna eiskalt von der Leiter gefallen, mit Schaum vorm Mund und Hirnschlag.

Er konnte regelrecht spüren wie sein Hirn innerlich implodierte, das war einfach zu viel gewesen.

„Deine Biene muss ja echt ein heißes Gerät sein, wenn du so austickst bei der Vorstellung. Hehe...“ verkündete Gokudera breit grinsend und Tsuna machte eine Mischung aus Nicken, Kopfschütteln und Schulternzucken. Die geistige Überlastung war einfach zu viel für ihn gewesen.

„Ich wusste gar nicht, dass du eine Freundin hast.“ mischte sich Yamamoto laut lachend ein.

„Hab... hab ich auch nicht! YIIIH!“, rief Tsuna und lief rot an. Gokudera grinste wie ein allwissender Mönch, der genau wusste was in ihm vorging.“Wir wissen alles Tsuna, du bist seit neuestem so beschwingt und fröhlich. Wir wissen ganz genau, dass du eine Freundin hast.“, sagte er freudestrahlend und berührte ihn an der Schulter. Und du hast auch schon mit ihr... IÜIÜ, du weißt schon, stimmt‘s?“, fragte er und kam Tsuna mit seinem Gesicht so nahe dass es unheimlich war: Das Geräusch, dass er bei dem IÜIÜ machte, ähnelte dem eines quietschenden Bettes.

Tsunas Hirn arbeitete. Auf Hochtouren.

Eine Wolke warmer Luft schoss durch Tsunas Teenagerkörper und manifestierte sich im unteren Bereich seines Körpers. Seine Augen weiteten sich, seine Fantasie drehte eine kleine Runde mit ihm und hatte nicht vor sobald wieder zurückzukommen.

Laut räuspernd schüttelte er bestimmt seinen Kopf. „Natürlich nicht! Und selbst wenn, würde ich das nicht einfach so rumerzählen. So was... also... also das ist doch privat!“ Seine Stimme klang verdächtig hoch und das wusste er, konnte es jedoch nicht ändern. Was fragte Gokudera auch so etwas Indiskretes? Er sollte sich schämen! So sehr wie Tsuna sich über seine sehr bunten und sehr lebendigen Gedanken schämte.

Nervös pustete Tsuna in eine Luftschlange und ließ sie sich über die Trennwand schlingeln, wo sie farbenfroh hängen blieb und von guter Laune zeugte. Der Raum sah allgemein schon sehr feierlich aus. Auf dem Fernseher standen Partyhüte und irgendwer war auf die grandiose Idee gekommen mit Konfetti den Tisch, den Boden und auf irgendeine Art und Weise auch die Wand zu verschönern.

Tsuna fand, dass es jetzt genug dekoriert war. „Ich denke ich gehe nochmal in die Stadt. Ich.. guck mich mal um, nach ein paar Kleinigkeiten. Knabberzeugs und so.“, sagte er ernst und zog seien Jacke über, sowie einen Schal. Draußen war es jetzt doch schon recht kühl. „Ich.. also Gokudera, wenn das mit dem Kleid… klappt.. leg es mir doch einfach.. ins Zimmer okay?“, fragte er ein wenig schüchtern und sah ihn dabei nicht an. Er wollte das Grinsen nicht sehen, dass das Gesicht des Grauhaarigen zierte. Er wartete nicht auf eine Antwort sondern schlüpfte gleich durch die Tür nach draußen.

Ein bisschen Geld hatte er noch, dafür musste sich doch etwas Nettes für Xanxus finden lassen. Er war fest entschlossen und begab sich auf den Weg in die Innenstadt.

Er blickte sich nachdenklich in der Ladenstraße um und versuchte ein geeignetes Geschäft ausfindig zu machen. Vielleicht sollte er einige der kreativen Ideen für Schokoladensoße zu verwirklichen? Nein.. Lieber doch nicht, das war zu peinlich.

Skulls Funhouse war in der Nähe, aber das wäre wahrscheinlich noch schlimmer als einfach eine Flasche Alkohol. Obwohl... nun ein Blick konnte nicht schaden, bei seiner Ideenlosigkeit musste er nach jedem Strohhalm greifen, der sich ihm bot, egal ob der Strohhalm nun Strapse trug oder nicht. Das Maskottchen Oktopussy verteilte draußen Flyer für eine erotische Kreuzfahrt zur Weihnachtszeit, die der Laden verloste. Wie genau sollte man sich das überhaupt vorstellen? Hatte das Kreuzfahrtschiff obszöne Zeichnungen auf dem Rumpf? Oder gab es ein Striplokal auf dem Deck?

Die warme Luft hüllte ihn ein wie eine weiche Decke als er den Laden betrat, draußen war es mittlerweile wirklich schon fies kalt, kein Wunder, dass sie die Heizungen in den Geschäften auf Hochtouren liefen.

Skulll stand heute selbst hinter der Theke und benutzte die Preispistole um günstige Preise auf ein paar Videos anzubringen. Als er Tsuna im Eingang erblickte wollte er schon zu seinem „Erst ab 18“-Spruch ansetzen, als er jedoch Tsuna sah, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Jo, mein kleiner Goldesel! Na? Auf den Geschmack gekommen? Kann ich dich für Sextoys begeistern?“, fragte Skull glücklicher als er sollte und lief zu ihm. Er verpasste ihm zur Begrüßung einen Faustschlag gegen die Schulter und grinste. „Siehst gut aus. Lust auf noch ein Fotoshooting?“

Tsuna schüttelte abwehrend den Kopf und hob die Hände. „Bi.. Bitte nichts dergleichen ich… Äh. Will mich nur etwas umsehen.“, sagte er und wurde ein wenig rot.

Er fand es nicht schlecht Skull zu kennen, aber er wusste nicht, dass sie seit ihrem letzten Treffen schon beste Freunde geworden waren.

„Nur umsehen also, hehe... nun ich kann dich gerne beraten, ich kenne das Sortiment sehr gut. Schon ne Ahnung was du suchst?“ fragte er und folgte Tsuna, der sich verlegen auf den Weg durch die Regale der Perversitäten machte. Der erste Gang führte ihn durch ein wildes Sortiment aus Lederwaren. Hosen, Korsagen, Oberteile, es gab alles Mögliche, aber das war definitiv nichts, was Tsuna verschenken wollte. Er wusste ja nicht mal, welche Größe Xanxus hatte. Außerdem war das nicht sein Stil. Obwohl er durchaus Lederhosen im Schrank hatte, nur waren bei diesen die Backen nicht frei und es gab keinen „praktischen“ Eingriff für den Schritt.

„Es ... nun ein Geschenk ... für einen Freund.“ Das klang dermaßen nach einer Ausrede um nicht zuzugeben, dass man etwas für sich selbst kaufte, das es fast weh tat. „Also zum Geburtstag!“

„Aha, aha.. Zum Geburtstag also?“ Skull grinste, so wie Tsuna es sich vorgestellt hatte und glaubte ihm natürlich kein Wort. „Worauf steht dein Freund denn so? Hast du eine Ahnung?“, fügte Skull an und hakte sich bei Tsuna ein. „Nun also. Er steht auf schmutzige Fotos, wie das, was du von mir gemacht hast… und das jetzt überall in der Stadt hängt… denke ich mal. Zumindest mag er das Bild von mir sehr gerne.“, sagte er schüchtern und fühlte sich etwas unwohl in seiner Haut. Skull hatte so ein freches Grinsen aufgesetzt. „Er steht also auf schmutzige Fotos von dir? Hehehehe…“ Skull grinste. „Wir können da gerne noch mehr davon machen. Natürlich nur für dich und ihn ganz privat. Das versteht sich ja von selbst. Ich habe da so ein süßes Schäfchenkostüm, das würde dir sicher ganz fantastisch stehen.“.

Tsuna stellte sich vor wie er Xanxus sein Geschenk übergab und sagte: „Hier Xanxus, ein Fotoalbum mit Wichsvorlagen von mir für dich!“ Irgendwie war er sich nicht vollkommen sicher, ob das so eine gute Idee war. Natürlich wäre Xanxus davon begeistert, aber er wollte irgendwie nicht, dass Squalo diese Fotos in die Hände bekam und eines war sicher, wenn Xanxus die Fotos hatte, würde Squalo sie sehen. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche.

Nein, Fotos waren sicher eine schlechte Idee. Lieber etwas, mit dem man ihn nicht noch in einigen Jahrzehnten erpressen konnte. „Ähm also, das ist wirklich... eine nette Idee... aber lieber etwas... etwas anderes.“

Tsuna betrachte das Spielzeug vor ihm. Bunt und manchmal sogar leuchtend lag es vor ihm. Seine Arme fühlten sich plötzlich sehr schwer und sein Gesicht sich sehr heiß an. Ob Xanxus sich über einen „Kingkong“ freuen würde?

Ob Xanxus an so etwas überhaupt Interesse hatte. Er war wahrscheinlich eher der Typ für die andere Seite, mit seinem überdimensionalen Argument. Eine wirkliche Lösung stellte das also auch nicht dar. Vielleicht ein Douji? Aber Xanxus besaß, soweit Tsuna wusste alle Doujis die Squalo je gezeichnet hatte, als wäre das auch kein guter Plan. Dann fiel sein Blick auf das Präservativregal. Tsuna hatte nie so eine riesige Auswahl an verschiedenen Kondomen gesehen und war ein wenig fasziniert von den bunten, genoppten, mit Stacheln besetzten, neonfarbenen, singenden Glücklichmachern.

Tsuna glaubte zu wissen das Xanxus in dieser Hinsicht doch recht aktiv war, daher könnte das das richtige Geschenk sein. Etwas peinlich berührt wandte er sich an Skull. „Gibt es die auch…. In.. ganz, ganz groß?“, fragte er und Skull lachte. Er zwinkerte hinterlistig und Tsuna schnappte einen fetzen seiner Gedanken auf.

Ich denke S reicht, es sei denn natürlich...., dann brachen seine Gedanken vollends ab. „Pass auf. Ich stell dir einen kleinen Mix zusammen und du gehst dich derweil umsehen ob du nicht noch etwas findest. Dein Freund wird sich ganz sicher drüber freuen.“, fügte er grinsend an.

Tsuna konnte nicht fassen wie geschäftstüchtig er war. „Also ich.. ich hab doch nur gefragt…“ meinte er beschwichtigend, aber Skull schien von seiner Idee ganz begeistert.

Resignierend verdrückte Tsuna sich in die Ecke mit den Spielfilmen mit begrenzter Handlung und sah sich ein wenig um. So vielversprechende Titel wie „Age of Sexempires“, „Nights - Journey of Bondage“ und „Devil may cum“ standen dort rum und Tsuna griff nach einer besonders stylischen Hülle mit dem Titel „Asssasins Orgy II“ an irgendwas erinnerte ihn der Titel, er kam nur nicht darauf. Die Handlungsbeschreibung, sobald man sie so nennen konnte war genauso großartig wie der Titel, aber Tsuna konnte nicht abstreiten, dass der Titelheld durchaus attraktiv war. Hüstelnd stellte er den Film wieder weg und sah sich weiter um, aber er hatte keine Ahnung auf was für Filme Xanxus stand. Hätte Giotto Geburtstag, dann wüsste er es allerdings sofort.

„Sklaven des Puddingmonsters“ ein billiger Hentai mit Tentakeln aus Pudding, schien ein hundertprozentiger Treffer in diesem Bereich zu sein.

Das Regal war so voll, dass es aus allen Nähten zu platzen schien, aber entscheiden konnte er sich nicht. Eher nahm er noch Modell „Kingkong“ mit und wenn Xanxus es nicht wollte, konnte er es immer noch als Raumdekoration auf den Wohnzimmertisch stellen und Giotto sagen es sei moderne Kunst. Er war sich ziemlich sicher dass diese Ausrede ziehen würde. Giotto war in solcher Hinsicht ziemlich dämlich.

Eigentlich… war das sogar eine ganz witzige Idee. Vielleicht sollte er es wirklich tun. Es zog ihn noch einmal zu dem Regal mit den Vibratoren und er betrachtete das Modell neugierig. Diese Größe musste ungefähr die von Xanxus sein. Er streckte den Finger neugierig aus und berührte das weiche Gummi. Es gab kurz nach und rutschte dann wieder in Form. Er hatte auch einen Schalter, also konnte er sich wohl zusätzlich bewegen. Tsuna stieg die Röte ins Gesicht. Wer benutzte denn so etwas?

Er konnte es bei Mädchen noch vollziehen aber- nun wenn man es aus dem Winkel betrachtete, dann konnte er es vielleicht doch nachvollziehen warum man so was benutzte, dennoch für ihn wäre das nichts. Tsuna hielt das Monster in seinen Händen und sah sich links und rechts um, ob Skull auch bloß nicht in der Nähe war. Es war ein ziemlich massives Gefühl und als er neugierig den Schalter umlegte und das Monster sich rührte und den Kopf hin und her warf, schrie Tsuna überrascht auf und ließ Kingkong fast fallen. Er war sich hundertprozentig sicher, dass seiner niemals den Kopf so verbog!

Niemals!

Tsuna kam sich vor wie die größte Jungfrau aller Zeiten, wegen einem Pürierstab der extra realistischen Sorte so einen Anfall zu kriegen. Dabei war es ja nicht mal so als hätte er noch nie so etwas in der Hand gehabt.

Natürlich hatte er mit seinen Freunden schon mal die Schublade ihrer Eltern durchsucht. Jedes Kind wusste wo sie war und mit Rückendeckung traute man sich auch hineinzusehen. Aber so einen großen hatte sicher keine Mutter. Tsuna leckte sich ein wenig über die Lippen. Den bekam man doch nicht einmal ansatzweise in den Mund. Nicht mal ein Stück. Nicht mal die Spitze… Yiiiih! Tsuna musste sich selbst rügen. Wie konnte er nur an so etwas Verdorbenes denken!? Er schämte sich schrecklich und es wurde nicht besser weil Kingkong noch in seiner Hand vibrierte. Den Kopf wild hin und her warf… Tsuna schluckte und schrak zusammen als er plötzlich Skulls Stimme von hinten hörte. „Für den brauchst du aber noch jede Menge Gleitgel hehehehe… Zum Glück hab ich dir einen kleinen Präsentkorb zusammen gepackt.“, meinte er gehässig.

Am liebsten hätte Tsuna ihm das Monsterteil in den Rachen geschoben, damit Skull endlich aufhörte ihn zu piesacken und zu triezen. So ging man doch nicht mit seinen Kunden um, wenn man ihnen etwas verkaufen wollte!

„Ich will ihn gar nicht!“ verteidigte Tsuna sich und versuchte etwas zu übereifrig das Monster auszustellen, was nur darin endete, dass er noch stärker vibrierte. Mit zittrigen Fingern drehte Tsuna den Knopf am Ende der Stange nun schnell in die andere Richtung. Wenn man als Kind Angst vor dem Monster unter dem Bett hatte, hatte man keine Ahnung, dass es noch viel furchteinflößendere Monster gab. Nervös stellte Tsuna Kingkong weg und betrachte seine kleineren Brüder die um ihn herumstanden. Ob er vielleicht einen kaufen sollte?

Die Röte in seinem Gesicht wurde noch schlimmer. War er wirklich so frustriert dass er darüber nachdachte? Vielleicht wäre ein Fleshlight die bessere Wahl.

Ja vielleicht wäre das wirklich eine bessere Idee…. „Hast du auch.. was für Männer?“, fragte er daher und wagte es nicht sich zu Skull umzudrehen. „Wenn du ein Fleshlight nimmst schenke ich dir einen Kingkong ganz umsonst dazu.“, meinte Skull flötend. Er fand es wohl lustig wie fasziniert er den Großen betrachtet hatte. „Dann nehme ich gar nichts.“, grummelte Tsuna und ging zur Kasse. „Ich will lieber bezahlen.“ Und so schnell wie möglich gehen. Fügte er in Gedanken genervt dazu und ging zur Kasse. Skull kam erst später nach. Er hatte einen großen Karton in den Händen. „Ich packe dir deinen Präsentkorb ein. Dann kannst du ihn gut transportieren.“, meinte Skull zwinkernd und Tsuna musste gestehen, das kleine Bastkörbchen, dass er gepackt hatte sah hübsch aus. Damit würde Xanxus auf jeden Fall etwas anfangen können, da war er sich ziemlich sicher. Auch wenn das Geschenk hochgradig peinlich war.

Während Skull mit großem Trara den Karton mit seinem Inhalt füllte, wippte Tsuna auf den Füßen auf und ab und betrachtete die Auslage an der Kasse. Duftkerzen in lustigen Formen, Beutel mit Rosenblättern, Badesalze, Massageöle und aus irgendeinem Grund Bilderrahmen standen dort herum zu billigen Preisen und verführten dazu noch eine Sache oder zwei mehr mitzunehmen, wie die Süßigkeiten an der Kasse im Supermarkt, aber Tsuna war standhaft. Auch wenn es ihm natürlich nur schwerlich gelang dem sirenengleichen Gesang von einem Doppelpack „Oktopussy und Fallmödler“ Duftkerzen zu widerstehen.

Den Fallmödler hatte Tsuna schon öfters gesehen, jedoch nicht in einem Sexshop. Er war das Warenzeichen von Colonellos alter Militäreinheit. Eigentlich sollte es ein Falke sein, aber er sah eher aus als hätte eine Möwe eine heiße Nacht mit einem Falken und einem Adler gehabt und das war das Ergebnis.

Skull bemerkte seinen Blick offenbar und werkelte extra lange. „Einen Pack unserer prämierten Duftkerzen, Schatz?“, fragte er und tippte den Preis für den Korb in die Kasse. Tsuna wollte nein sagen, aber ein kleines „ja“ rutschte über seine Lippen und schon stand der Artikel in der Kasse. „Du kennst sie wohl schon, es sind die besten der besten.“, meinte Skull zufrieden. Und sie duften herrlich und regen die erotische Stimmung an. Also benutz sie, wenn du dein Geschenk übergibst.“, meinte er augenzwinkernd. Dein Freund hat echtes Glück weißt du?“, meinte er während er die Kerzen auch noch in das Paket warf und es verschnürte. „Ich bin verdammt neidisch, ich würde dich gern als dauerhaftes Model anheuern. Das Gesicht für meine nächste Werbekampange, wäre das nicht toll?“, fragte Skull begeistert und drückte auf die Summetaste der Kasse. Der Preis war angenehm günstig, also bekam er wohl wirklich Rabatt bei Skull.

„Nein, ... ich glaub dann streichen meine Eltern mich aus ihrem Testament...“ Eigentlich war das nicht wahr. Sein Idiot von Vater würde es bestimmt lustig finden, wenn er in Reizwäsche irgendwo posieren würde und seine Mutter fände es niedlich. So eine Frau war sie, als sie ihn in dem Sailormoonkostüm wegen der Wette gesehen hatte, hatte sie es so niedlich gefunden, dass sie es fotografiert und als Weihnachtskarte verschickt hatte. So war seine Verwandtschaft, komplett hirnverbrannt und zurückgeblieben. Es war ein Wunder, dass er so normal war wie er war.

„Du verpasst wirklich was, es wären auch ganz harmlose Sachen, bist ja noch minderjährig, aber du hast ein hübsches Gesicht, wenn man dein Haar runter kämmen und dich in ein paar passende Klamotten stecken würde, wärst du großartig geeignet.“

Tsuna schüttelte energisch seinen Kopf.

„Keine Chance! Ich werde nie wieder so peinliche Sachen anziehen. Und niemals, niiiieemals werde ich Frauenklamotten tragen!“ Abgesehen von dem Maidkleid. Er hatte sich entscheiden Xanxus sein Geschenk darin zu überreichen, dann wäre es vollkommen ausreichend und er musste es auch keinen ganzen Tag tragen.

Ja, ganz genau. Heute nach der Party, wenn Xanxus nicht zu betrunken war, würde er seinen Plan in Angriff nehmen. Wenn er betrunken war würde er es auf morgen verschieben. Tsuna wollte aber gerne seine wahre Reaktion auf sein Geschenk erleben. Xanxus würde sich betrunken zwar freuen, aber betrunken freute er sich einfach über alles. Er hoffte einfach das Xanxus sich selbst nicht so viel Alkohol mitbrachte. Es war ja eine Feier mit Amicelli und Giotto. Vielleicht konnte er sich da etwas beherrschen.

Tsuna bezahlte und nahm das Paket dann unter den Arm. Zufrieden machte er sich auf den Heimweg. Jetzt hatte er alles was er brauchte, die Feier konnte endlich losgehen. Sicher waren alle schon bereit. Er konnte die frischen Kuchen in seiner Fantasie schon wieder riechen. Heute war ein fantastischer Tag.
 

Wird fortgesetzt

24. Oktober: Teil 2

Hallo,
 

Allrenn hier. Damit hat sicher niemand mehr gerechnet, ein neues Kapitel. Um die die Wahrheit zu sagen hab ich schon nicht mehr damit gerechnet dass wir überhaupt weiter schreiben. Zum einen hatten wir viel zu tun für die Schule, zum anderen haben wir irgendwann schlicht und ergreifend aufgehört Reborn zu lesen und dann waren wir beide auch noch krank. Tina hatte ihr Kreuz zu tragen, ich hatte im Januar eine Tumorentfernung und war danach einige Monate lang auf Medis. War kein allzu gutes halbes Jahr. Anti hat mir aber in letzter Zeit hart in den Arsch getreten und wir haben die letzten 50 Kapitel aufgelesen. Die neue Arc hat uns wirklich von den Socken gehauen, nach einem Marathon-Lese-Abend haben wir also weitergeschrieben.

Wird es weitergehen? Auf jeden Fall, soweit sind wir gesund und zudem ganz heiß auf die neue Arc. Gott verdammt, solange diese Ferien anhalten bin ich so was von bereit und ihr seid es hoffentlich auch! Vielen Dank für eure Geduld mit uns.
 


 

24. Oktober: Teil 2
 

Tsuna stand endlich wieder vor der Tür des Wohnheims und er war ein wenig erstaunt, dass sein Entschluss noch immer feststand. Er war entschlossener als jemals zuvor. Sein Paket hatte er fest unter den Arm geklemmt. Und seine Hand lag auf der Türklinke. Er drückte sie herunter und betrat die Eingangshalle, die jetzt vollständig dekoriert war. Es sah lustig aus, bunt und fröhlich. Es gefiel ihm und lud ihn gleich ins Innere ein. Zum Glück sah er niemanden und so konnte er unbemerkt am Aufenthaltsraum vorbei in sein Zimmer huschen und das prekäre Paket abstellen. Als er auf sein Bett blickte, sah er das Gokudera seiner Bitte nachgekommen war, und ihm sein Kostüm vorbeigebracht hatte. Dann war ja alles vorbereitet. Tsuna nahm einen tiefen, ruhigen Atemzug.

Nach der Feier würde er es in Angriff nehmen, solange würde sein Entschluss hoffentlich standhalten. Die Gäste würden auch bald kommen, Tsuna wusste nicht genau wen Giotto und Amicelli eingeladen hatten, aber sicher würden sie auch dran gedacht haben für ihn ein paar Leute mit einzuladen... Jetzt wo er so drüber nachdachte, vielleicht sollte er Belphegor anrufen und fragen ob er kommen wollte, sicher würde er es ihm übel nehmen, wenn er ihm es nichtmal anbot. Andererseits so auf den letzten Drücker war das auch nicht die feinste Masche. Tsuna wippte unentschlossen auf den Fußballen auf und ab während er den Schrank nach etwas zum Anziehen durchsuchte. Gokudera hatte ihn vor den Prüfungen mal mit Einkaufen geschleppt um ihn etwas „aufzustylen“, bisher hatte er aber noch nicht die Muse gehabt die Klamotten einzuweihen.

Das hatte etwas damit zu tun, dass er sich darin vorkam wie ein Stricher. Seine Mutter hatte ihm die Hosen immer zusammengenäht, wenn sie einen Riss hatten, Hosen zu kaufen dir mit Absicht Risse hatten, war irgendwie gegen seine Erziehung. Aber wenn Gokudera drauf schwor, dann glaubte er ihm mal. Was Stil angeht hatte er eindeutig mehr Erfahrung.

Ja… Tsuna uns Stil waren nicht die besten Freunde, deswegen musste er auf die Aussagen anderer vertrauen. Gokudera hatte Ahnung, Tsuna fand, dass er immer cool angezogen war. Er zog die Hose aus dem Regal und warf sich in Schale, ein lockeres T-Shirt, mit der Aufschrift “Party Boy” in bunten, verschnörkelten Lettern, rundete sein Partyoutfit ab. Zufrieden setzte er sich auf sein Bett und zog sein Handy aus der Tasche. Bels Nummer erschien als erste, als er auf den Anrufknopf drückte. Sie telefonierten doch recht häufig, vor allem da Belphegor ihm jeden Freitag brandheiß von der neusten Folge Magical Cyber Frog Princess Viper berichtete, wenn er sie nicht mit ihm gemeinsam geschaut hatte.

Manchmal musste er sich auch anhören, wie seien Dates gelaufen waren… Bel hatte in letzter Zeit recht viele davon. Mammon schien ihn wohl, trotz des holprigen Starts in sein Herz geschlossen zu haben. Tsuna hob den Kopf und dachte nach… Bei ihm hatte es auch geklappt. Der Prinz hatte wohl ein Talent dafür.

Wie genau er in diese Freundschaft gestolpert war, war ihm im Nachhinein immer noch unklar, sie waren sich so unähnlich, abgesehen von ihrem gemeinsamen Hass auf Sport, aber irgendwie kamen sie zurecht. Wenn er so drüber nachdachte, kam er mit den meisten irgendwie zurecht, obwohl er schon vor langer Zeit festgestellt hatte, dass alle Bewohner Namimoris geisteskrank waren.

Ob es nun irre Schauspieler mit Gottkomplex, Waffennarren mit Autorität über Jugendliche, Schneider die sich für Hexen halten, irre Zeichner die ihre Freunde zu Pornodarstellern verunglimpfen oder sonst was für Wahnsinnige waren, wenn man sich lange genug mit ihnen beschäftige, waren sie alle irgendwie ganz cool, auf ihre individuelle Art und Weise.

„Shishishishishishi... der Prinz gibt sich die Ehre.“ kicherte es plötzlich aus seinem Handy und riss Tsuna aus seinen Grübeleien.

“Bel!” Tsuna verhaspelte sich fast bei dem Namen. Immer dieses gruselige Kichern, dass er nicht einfach normal lachen konnte. “Ich bin’s Tsuna.”. Belphegor kicherte am anderen Ende der Leitung. Er klang zufrieden. “Der Prinz ist erfreut, dass du deine Erfahrungen mit ihm teilen willst.”, sagte er glücklich. “War es nicht total fantastisch, wie Viper dieses Monster erlegt hat? Ich meine ein Pizzamonster! Wer hätte gedacht, dass dieser tollpatschige Wissenschaftler solche Genexperimente in seinem Labor durchführen kann.”, Bel erzählte eifrig und Tsuna war plötzlich froh, sich die gestrige Folge nicht angesehen zu haben. Diese Sendung wurde immer verrückter und das wollte was heißen. Er unterbrach Belphegors Redefluss indem er tief durchatmete. “Ich rufe eigentlich nicht wegen Viper an, sondern… Meine Mitbewohner feiern heute eine Geburtstagsparty für Xanxus und mich. Willst du nicht vielleicht vorbeikommen?”, fragte er direkt heraus, er wollte nicht lange drum herum drucksen.

„Shishishishishi! Du hattest Geburtstag?“ Tsuna hörte das Fragezeichen förmlich, aber es klang vielmehr nach einer Anschuldigung. „Das hast du dem Prinzen gar nicht erzählt, shishishishihi! Jetzt ist der Prinz gar nicht vorbereitet.“

Tsuna lachte ein wenig nervös, ein wenig erleichtert, er hatte schon gedacht Belphegor würde überdramatisch reagieren, aber es hielt sich alles im Rahmen der Normalität. „Also umm... du musst mir nichts schenken, ich würde mich nur freuen, wenn du herkommst. Ich bin sicher es wird lus-“ Tsuna dachte spontan an Giottos geliebte Partyspiele. „Ich bin sicher es wird ein ... interessanter... Abend.“

„Shishishishishi... nun der Prinz wird dir die Ehre erweisen ushishishishishi... Wann und wo?“ zufrieden teilte Tsuna ihm die Adresse mit und sagte ihm, dass er einfach gleich vorbeikommen konnte. Immerhin wusste er selber nicht genau, was wann und wie geplant war. Als er auflegte und das Handy in seine Hosentasche schob, ging er zur Zimmertür und öffnete sie, unten hörte er schon ein paar Stimmen, die ersten Gäste waren wohl bereits eingetrudelt.

Er beschloss auch nach unten zu gehen und zumindest mal einen kleinen Blick zu riskieren. Vorher schnappte er sich das Kochbuch für Amicelli, denn dies konnte er gefahrlos ja schon jetzt überreichen. Er ging an Xanxus Zimmer vorbei die Treppe hinunter und spähte in die Küche. Giotto und Amicelli hatten bereits aufgetafelt. Die Speisen, die Amicelli gekocht hatte, sahen wie immer wahnsinnig lecker aus. Tsuna lief förmlich das Wasser im Munde zusammen. Die Geburtstagstorte war jetzt auch fertig und stand in der Mitte des Tischs. Sie war ziemlich groß, aber das war auch gut so, denn immerhin galt sie für drei Geburtstagskinder. Er schlich sich an der Küche vorbei in den Aufenthaltsraum. Die fleißigen Vorbereiter hatten sich in der Sitzecke niedergelassen und genossen ein paar kühle Getränke. Einige Gäste waren auch schon da, aber Tsuna kannte keinen von ihnen näher. Es schienen Bekannte von Giotto und Amicelli zu sein. Langsam näherte er sich der kleinen Runde und lächelte zufrieden. Wenn viele ältere Gäste da waren, konnten sie Giotto vielleicht von peinlichen Patyspielen abhalten. Das beruhigte ihn ein wenig.

über so etwas wie Taktgefühl oder Anstand oder Scham besitzen würde. Andererseits konnte Amicelli mal beweisen, dass er auch was zu sagen hatte in ihrer verdrehten Beziehung. Tsuna versuchte es sich einfach einzureden. Die Hoffnung fand bekanntermaßen immer zuletzt einen qualvollen Tod.

„Um hi. Ich wollte dir nur alles Gute nachträglich wünschen.“ verkündete er lächelnd und überreichte Amicelli das ordentlich eingepackte Buch, eine süßer kleiner Marshmellow war in der Schleife wie in einem kleinen Käfig drapiert, mit Wackelaugen und aus 100% Plastik, das Warenzeichen der Marshy Mello Buchhandlung.

„Danke Tsuna.“ Amicelli nahm ihm das Geschenk ab und wog es in der Hand als würde er überlegen, ob er es wohl wagen konnte es vor seinen Gästen aufzumachen. Tsuna konnte sich leider nicht in ihn rein fühlen, aber er war sich ziemlich sicher, dass Amicelli überlegte ob es etwas Peinliches war. Immerhin hatte er da einige einschlägige Erfahrungen mit Xanxus gemacht und der hatte Tsuna ja gewissermaßen unter seinem Einfluss.

Tsuna versuchte zwar es sich nicht so anmerken zu lassen, aber mittlerweile hatte es wohl jeder, außer Gokudera und Yamamoto, mitbekommen, dass er Xanxus gelegentlich schöne Augen machte und dass er gewissermaßen fasziniert war von ihm. Tsuna wollte es sich am liebsten selbst nicht eingestehen, aber da war etwas, tief in ihm drin und in letzter Zeit strebte es häufiger danach hervorzubrechen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, denn er hatte wenig bis keine Erfahrung mit Liebesdingen. Vielleicht war er auch nur leicht beeinflussbar. Xanxus hatte einfach so einen… Tsuna wollte es nicht Charme nennen, denn Xanxus war so einfühlsam wie ein Elefant im Porzellanladen, aber es war zumindest so etwas in der Art.

“Es ist nichts schlimmes.”, sagte er an Amicelli gewandt und lächelte. Dieser nickte und begann die Schleife zu öffnen. Giotto, der seien Unterhaltung abgebrochen hatte grinste neugierig und sah über Amicellis Schulter. Er schien aufgeregter zu sein, als Mice selbst.

Als das Buch zum Vorschein kam machte Giotto ein enttäuschtes Gesicht, er hatte wohl etwas aufregenderes erwartet, Amicelli schien sich aber zu freuen und blätterte ein wenig darin herum. Er hatte eindeutig die schnellere Auffassungsgabe als Giotto, denn er hatte schnell erkannt was für süße Versuchungen man mit dem Buch zusammenkochen und wohl auch zusammen kochen konnte.

„Danke, ich werd bei Gelegenheit mal etwas davon nach kochen. Warte, Giotto und ich haben auch ein Geschenk für dich, von uns zusammen, ich hol es mal eben aus dem Zimmer.“ Und auf und davon war er schon die Treppen hochgeeilt, das Buch hatte er gleich mitgenommen, scheinbar wollte er nicht, dass Giotto doch noch auf die Idee kam ein wenig drin zu stöbern.

War wohl auch besser, wenn Giotto erst einmal nicht Bescheid wusste, was genau das für ein Kochbuch war. Tsuna nahm sich die Freiheit und ließ sich in den breiten Sessel sinken, zwischen dessen dicker Polsterung er fast verschwand. Ein Geschenk also? Das klang ja vielversprechend. Er musste ganz ehrlich sein, dass er nicht damit gerechnet hatte. Gokudera und Yamamoto hatten ihm ja ihre Geschenke schon direkt an seinem Geburtstag gegeben. Deswegen hatte er gedacht die anderen hätten es über die Prüfungen einfach vergessen. Das sollte ja vorkommen. Schule war einfach manchmal schrecklich anstrengend.

Zufrieden blickte er in die kleine Runde. Giotto sprach wieder mit seinen Gästen. Gokudera blickte unterdessen ihn grinsend an. Tsuna zwinkerte. “Danke.”, sagte er lachend und sein Freund verstand sofort. “Kein Ding, Mann, kein Ding. Hauptsache es passt.” Tsuna nickte. “Das werden wir sehen.” Yamamoto blickte etwas bedröppelt drein und verstand nicht. “Gokudera hat mir nur was vorbeigebracht.”, erklärte er, ging aber nicht näher darauf ein. Die beiden konnten alles essen, mussten aber nicht alles wissen. Das war Privatsache.

Die einzigen die davon erfahren sollten waren er und Xanxus und, so realistisch war er einfach mal, natürlich Squalo, der davon erfahren würde, selber wenn keiner der beiden Beteiligten ihn auch nur mit einem Wort davon berichten würde. Manchmal glaubte Tsuna Squalo hatte das Dorm mit Wanzen gespickt. Vielleicht war Xanxus aber auch einfach eine größere Plaudertasche als er sich anmerken ließ.

„Da ist es.“ Tsuna hatte gar nicht mitbekommen, dass Amicelli schon wieder zurückgekommen war. Das Päckchen war klein, aber recht schwer und in dem wahrscheinlich kitschigsten Papier eingeschlagen das ein Mensch kaufen konnte ohne spontan in Regenbogenflammen zu implodieren. Abgebildet waren lachende Puddings die mit Einhörnern um ein glitzerndes Lagerfeuer tanzten. Das Papier sah selbstgemalt aus. Tsuna hatte da so eine Vermutung, wer der Künstler war.

Eine ganz vage...

Neugierig zupfte er an dem Bändel, welches das Papier noch mit seiner grellen oragangen Farbe komplimentierte und mit ein paar geübten Handgriffen riss Tsuna das Papier von dem Geschenk.

Ein Jahresplaner?

Natürlich war es ein verdammter Jahresplaner, was hatte er sich denn auch sonst vorgestellt? Von den beiden größten Strebern der Schule.

„Äh.“ sagte er schwach und öffnete das von Giotto selbst verschönerte Meisterwerk. „Danke?“

Nun… dann musste e sich wenigstens kein Hausaufgabenheft kaufen. Irgendwie musste man es sich ja schön reden. “Ich werde ihn in Ehren halten. Er ist so… persönlich.” Tsuna betrachtete mit Graus die selbstgemalten Zeichnungen, die das Geschenk auf eine ganz besondere Weise verzierten.

Hatte Lambo nicht bald Geburtstag? Er war sich sicher das Vorschulkinder den Kalender liebend gern als Malvorlage hätten.

Giotto schien ganz verzückt. “Bitte, bitte. Gern geschehen. War gar nicht so leicht.” *kommentierte er lachend und von seinen Augen ging so ein Strahlen aus. Immer wenn Tsuna ihm böse sein wollte, vertrieb er seine Gedanken mit seiner leichten und lockeren Art. Es war… erfrischend und erleichterte ihn ein wenig. Er wusste ja, dass die beiden es nicht böse meinten.. Sie waren nur einfach so. “Ich hab übrigens noch einen Freund eingeladen. Ich hoffe das ist nicht so schlimm.”, fügte er an. Er hätte vielleicht vorher fragen sollen.

„Oh wen denn?“ erkundigte sich Amicelli interessiert und hob eine Augenbraue. „Ich dachte eigentlich Gokudera und Yamamoto hätten deinen Freunden Bescheid gesagt.“

„Er geht nicht auf die Schule, Belphegor und ich... gehören demselben Sportklub an.“ erzählte Tsuna ausweichend. Nun ihre Sportart hieß zwar Erfolgreich Drücken vor körperlichen Betätigungen, aber irgendwie konnte man es wohl als Klub bezeichnen. Wenn man beide Augen zudrückte und sich die Finger in die Ohren schob. „Er ist ein ... wirklich einzigartiger Kerl, glaubt mir.“ Das war nicht gelogen, nichtmal sein Zwillingsbruder war so unglaublich verrückt wie Belphegor. Nun, verrückt war er schon, aber auf eine andere Art und Weise.

Giotto lachte. “Das klingt toll! Je mehr, desto lustiger!”. Mit dieser Äußerung waren Amicellis Zweifel aus dem Weg geräumt. Ihm wurde auch nicht die Gelegenheit gelassen zu widersprechen. “Kommt Xanxus noch runter?”, fragte Tsuna und legte den Kopf schief* “Weiß nicht…”, grummelte Amicelli und ließ durchblicken, dass es ihm lieber war, wenn er oben blieb. Nun, man konnte es ihm nicht verübeln.

Die Türglocke läutete und Tsuna hüpfte aus seinem Sessel. “Ich geh schon!”; meinte er glücklich und öffnete. Vor der Tür stand zwar nicht Bel, aber dafür Squalo mit einem breiten Grinsen auf den Lippen “VOOOOIIIIIIIII! Hey Tsuna!”, brüllte er und drückte ihm ein Geschenk in die Hand. Tsuna fühlte den Holzrahmen der Leinwand durch das dünne Geschenkpapier und bemerkte gar nicht, das Squalo sich an ihm vorbei schob und nach oben verschwand. Er ging auf direktem Weg zu Xanxus Zimmer und versuchte ihn durch klopfen und schreien zum herunterkommen zu bewegen.

Tsuna unterdessen riss das Papier ein Stückchen auf und linste auf das Bild, das Squalo ihm mitgebracht hatte, sein Atem stockte ein wenig, als er sah, dass es ein richtiges, klassisches Ölgemälde war. Und sogar ein dezentes Bild. Tsuna war tatsächlich überrascht.

Mit derselben fehlenden Grazie, die er schon zuvor bewiesen hatte, entfernte Tsuna das Papier und betrachtete das Bild. Darauf abgebildet sah man natürlich Xanxus, Squalo kannte Tsuna einfach zu gut. Man konnte nur ein Stück seines Rückens und teilweise die rechte Seite seines Gesichts sehen. Xanxus stand gelehnt an ein offenes Fenster, sein Blick ging in die Tiefe, wo man die hellen Lampen der Straße wie Glühwürmer leuchten sah. In der sichtbaren Pupille spiegelte sich ihr Schein wieder. Sein linker Arm stützte ihn sich am Fensterrahmen ab, während seine rechte Hand eine offene Flasche Whiskey am Hals festhielt, der Schatten verschluckte die Flasche dabei fast. Es war als stände man direkt hinter ihm, Tsuna strich gedankenverloren über die deutlichen Narben, die selbst im Schattenwurf der nächtlichen Dunkelheit gut zu sehen waren.

Am liebsten hätte er seine Wange gegen den muskulösen Rücken gedrückt und gehört wir das Blut durch seine Adern rauschte, während die Stille der Nacht sie umgab.

Es war ein wunderschönes Geschenk. Dass ein Mann, der solche Kunst zeichnen konnte seinen Lebensunterhalt damit bestritt, billige Pornocomics zu zeichnen war Tsuna auch ein Rätsel. Squalo hätte echte Chancen auf eine Karriere als Künstler. Er war einfach wahnsinnig gut darin, die Atmosphäre von Situationen einzufangen. Tsuna fand das beeindruckend.

Er ahnte auch schon, was auf der zweiten Leinwand war, die Squalo dabei gehabt hatte Er hoffte nur, dass das Bild eine ähnliche Eleganz besaß, wie dieses.

Er würde Xanxus bei Gelegenheit einmal danach fragen. Tsuna lehnte das Bild hinter den Empfangstresen. Er würde es später rauf in sein Zimmer bringen. Als er das getan hatte, klingelte es erneut, diesmal war es wirklich Belphegor, der ihn mit seinem breiten Grinsen fast ein wenig erschreckt hatte. “Shishishishishi. Da bin ich!”, sagte er zufrieden und die Augen, die man nicht sehen konnte, von denen Tsuna aber spürte das sie auf ihn gerichtet waren, jagten ihm einen eisigen Schauer über den Rücken. “Schön dich zu sehen, Bel, komm doch rein.”, sagte er und schloss die Tür hinter ihm.

Belphegor legte seine Jacke zu denen der anderen Gäste auf den Tresen und wie auch immer er es geschafft hatte das zu organisieren, er hatte ein Geschenk dabei. Das Papier war nichtmal Pink oder mit Vipers Markenzeichen, das versprach doch eigentlich schon mal nichts Schlechtes. Andererseits sollte man ein Buch nie nach dem Einband beurteilen.

„Shishishishi... der Prinz musste improvisieren, aber ich bin sicher es wird dir gefallen.“ Tsuna nahm das Geschenk entgegen und wog es in seinen Händen, es fühlte sich nicht nach einem Kalender oder einem Hausaufgabenheft an, das war schon mal vielversprechend. „Mach es auf, mach es auf.“ drängte Belphegor ihn und sein Grinsen wurde breiter. Tsuna bekam ein flaues Gefühl in der Magengegend als er das Papier vorsichtig entfernte.

Die kleinen Augen, die ihn anblickten, ließen Tsuna die Lippen fest zusammenpressen, da sich ein sehr unmännliches Quieken schlagartig in seiner Kehle ausbreitete und verlangte mit den anderen Anwesenden geteilt zu werden. Belphegor hatte ihm eine Handysocke ausgestopft und sie mit Klebe, Filzstiften und Wackelaugen zu einem Hamster umgemodelt. Tsuna hatte in seinem Leben noch nie etwas dermaßen niedliches gesehen. Es überraschte ihn nicht, dass Belphegor sich mit so was auskannte, immerhin sammelte er Merchandise von Viper und das war immer sehr girlyhaft.

Aber das... Tsuna fand keine Worte dafür.

“Ich wusste gar nicht… dass du basteln kannst.”, sagte Tsuna überrascht und drückte as kleine Stofftier an sich. “Es sieht total toll aus!”, fügte er lobend hinzu und sah, dass Belphegors Brust vor Stolz anschwoll. “Ich mache keinen Sport, dafür habe ich andere Hobbys. Ushishishishishi!”, kommentierte Belphegor und trat einfach zur Sitzecke. Er ließ sich auf die Couch sinken, so dass Tsuna wieder in seinen Sessel konnte, und machte es sich bequem. Tsuna setzte sich wieder zu den anderen. “Es wird ein richtiges Festessen geben. Amicelli hat für uns alle gekocht.”, erklärte er und grinste. “Er kocht für uns alle im Dorm er ist echt nett.”. Amicellis Gesicht bekam einen leichten Rosé-Ton und er wiegelte Tsunas Lob mit der Hand ab. “Ist ja mein Hobby…”; fügte er mürrisch an. Es war ihm sichtlich unangenehm, aber Tsuna fand er hatte mal ein Lob verdient. Immerhin nahm man es im Wohnheim als selbstverständlich. “Es ist allgemein cool mit Älteren zusammenzuwohnen.”, fügte Gokudera an, so dass sich ein kleines Gespräch entwickeln konnte.

Wirklich aufpassen konnte Tsuna jedoch nicht, da er von Oben recht deutlich die Stimmen von Xanxus und Squalo hören konnte, was sie genau sagten konnte er nicht verstehen, aber Xanxus klang genervt, Squalo dafür umso fröhlicher. Es war recht eindeutig, was da vor sich ging.

„Ushishishishi was für ein Radau.“ kicherte Belphegor „Du wohnst ja in einem interessanten Wohnheim shishishi...“ Tsuna lachte ein wenig überrascht. Dabei war das heute noch ein normaler Abend. Da fiel es ihm siedend heiß ein, eigentlich musste immer der Dormleiter dabei sein, wenn eine größere Feier ausgerichtet wurde, sozusagen um die dummen Jugendlichen vor ihrer eigenen Dummheit zu bewahren.

„Äh... sag mal Giotto, Reborn kommt heute aber nicht, oder?“ So sehr er Reborn auch respektierte, er war manchmal doch etwas zu freigiebig mit dem Herumgeballer und außerdem war es Tsuna immer noch unangenehm, dass er in seinen Gedanken rumgestöbert hatte. Beziehungsweise, dass Reborn gemerkt hatte, das er es getan hatte.

„Ne unwahrscheinlich.“ flötete Giotto gut gelaunt. „Er schert sich nie darum, wenn wir feiern. Nichtmal wenn wir ihn einladen kommt er. Hat wohl nichts für Partys übrig.“ Tsuna dachte an die kleine Spelunke in der Reborn allein getrunken und gegrübelt hatte, das war wahrscheinlich eher sein Ding.

Oder vielleicht kannte er Giotto einfach zu gut um sich darauf einzulassen, das war auch eine Möglichkeit.

Nichtsdestotrotz war es gut, das Reborn nicht da war. Dann konnten sie ungestört feiern und mussten nicht auf andere Rücksicht nehmen. Reborn hätte sicher um 12 alle Glühbirnen ausgeschossen und verlangt, dass alle in ihre Betten verschwinden. Entspannt ließ Tsuna sich in seinen Sessel sinken.

Dieser Abend würde mit Sicherheit etwas ganz besonderes werden. Er hoffte nur, dass Xanxus, wenn er ein Geschenk hatte, damit auch wartete, bis sie unter sich waren, denn Tsuna konnte sich schon denken, wie dieses aussehen würde, auch wenn er Xanxus nichts unterstellen wollte, aber wenn er an sein Geschenk für Amicelli dachte, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken.

Auch wenn es beeindruckend war. Der Marzipankünstler, der Giottos abgetrennte Hand, sogar mit dem “Verlobungsring” am Finger, (Tsuna wusste nicht, ob die Ringe wirklich das bedeuteten oder ob Mice und Giotto sie sich nur gemeinsam gekauft hatten), nachgestellt hatte, hatte wirklich ganze Arbeit geleistet.

Und Xanxus hatte den Moment der Übergabe so gut abgepasst, dass Mice ganz bleich geworden war und vor Sorge fast umgekommen wäre. Xanxus hatte wirklich einen merkwürdigen Humor.

Tsuna schaute sich um, mittlerweile waren mehr Leute gekommen und er war überrascht wie wenige er doch kannte. Nun er hatte im Grunde ja nichts mit der Oberstufe zu schaffen, aber viele der Gesichter, da war er sich sicher, hatte er noch nicht einmal irgendwann in der Schule gesehen.

„Sind das Freunde von außerhalb?“ erkundigte er sich neugierig und Giotto sah ihn verblüfft an, ganz so als wäre es lächerlich, dass er hier nicht jeden mit Namen und Geburtstag kannte. Sicherheitshalber warf Tsuna noch mal einen Blick auf die Anwesenden, aber er kannte sie wirklich nicht. Waren es vielleicht Verwandte oder so? Sollte er hier irgendeine Ähnlichkeit feststellen können? Wenn dem so war, war er mit kategorischer Blindheit geschlagen.

Giotto machte ein Gesicht wie die sprichwörtliche Katze mit dem Kanarienvogel, was Amicelli dazu brachte nur die Augen zu verdrehen und zu seufzen. „Du musst niemanden kennen, es sind fast nur Leute aus unserer Stufe und ein paar... alte Freunde. Mach dir einfach keine Gedanken, niemand ist dir hier feindlich gesonnen.“ Die beruhigend gemeinten Worte ließen Tsuna jedoch nur noch misstrauischer werden. Waren das hier am Ende alles Mafiosi? Nun es würde natürlich Sinn machen, aber wer würde Mafiosi zu seiner Geburtstagsfeier einladen?

Nun die Antwort war recht einfach: Andere Mafiosi.

Es war einfach nur so sonderbar, wenn einem bewusst wurde, dass Giotto... Er konnte es nichtmal in Worte fassen. Jemand der so eine Affinität für Pudding hatte, sollte kein Bösewicht sein.

Nun ja.. Ein Bösewicht in entferntesten Sinne, denn immerhin wollten die beiden ihre Pflichten ja deshalb an Tsuna abtreten, weil sie sich zu höherem berufen fühlten. Der Eröffnung eines Eiscafés mit den abenteuerlichsten Eissorten, die die Welt jemals gesehen hatte. In “Harry Potter” gab es Pastillen mit Popelgeschmack, aber das war gar nichts gegen die Eissorten, die Giotto sich erträumte. Er hatte seine geheime Wunschliste in einer alten Schuhschachtel unter dem Küchentresen gefunden. Die normalste Sorte, die er darauf gelesen hatte war Tabasco gewesen.

Wenn er so darüber nachdachte war Giotto vielleicht doch ein Bösewicht. Er wollte die Welt mit ekligen Eissorten überschwemmen und die Leute ausnehmen. Ein böser Plan, wie aus einem Comicbuch. Tsuna stellte sich Giotto in einer schwarzen Uniform vor, in jeder Hand drei Tüten Waffeleis. Der “Regenbogen-Eismann” wäre sicher ein guter neuer Gegner für Viper, vielleicht sollte er Mammon mal ein Script mitgeben.

Giotto benahm sich allgemein manchmal wie ein Bösewicht aus einem Comic für Kinder, angefangen bei seiner Lache die manchmal durchs ganze Dorm schallte, wenn er einen seiner Momente hatte. Zum Glück hatte er die nicht sehr oft in der Nacht, denn das konnte einem Alpträume bereiten, vor allem wenn man es hörte, wenn man gerade schlief.

So oft wie Tsuna seinen Gedanken nachhing, wunderte er sich, dass die Leute um ihn herum ihn nicht darauf ansprachen. Allerdings war es besser so, wenn er sich vorstellte die Menschen in seiner Nähe würden jedes mal „HEY TSUNA“ schreien, wenn er nachdachte, er würde mit Sicherheit innerhalb von einer Woche Amok laufen.

„Nun das beruhigt mich, denke ich...“ Tsuna lächelte ein wenig gekünstelt und widmete sich wieder Belphegor, der inzwischen eine Unterhaltung mit Gokudera aufgenommen hatte, ein Blick auf Gokudera genügte um sich über das Thema im Klaren zu sein.

“Ein Pizzamonster war’s am Freitag also?”, fragte Tsuna und lenkte Belphegors Aufmerksamkeit zurück auf sich. Gokudera sah erleichtert aus und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Seine Augen ruhten jetzt auf Bels glitzernden, rosa Haarreifen, auf dem Vipers Verwandlungsspruch stand. Er schien allgemein ein wenig verwirrt zu sein, was den Prinzen anging, aber Tsuna hatte nicht zu viel versprochen, er war eine interessante Person.

Vertieft in das Gespräch mit seinen Freunden, hatte Tsuna gar nicht bemerkt, dass das Geschrei aus dem Obergeschoss verstummt war und ein äußerst missgelaunter Xanxus gemeinsam mit Squalo den Festraum betrat. Es hatte Squalo offensichtlich einiges an Überredungskraft und Nerven gekostet, ihn dazu zu bewegen herunter zu kommen. Sein Haar war zerzaust, die obersten zwei Knöpfe seines Hemdes abgerissen und außerdem rieb er sich beständig eine Beule am Kopf. Offenbar hatte Xanxus mit etwas nach ihm geworfen. Es war ganz offensichtlich nicht die beste Idee einen mürrischen Mistkerl aus seinen Träumen zu wecken.

„Tss.“ das war alles was Xanxus zu sagen hatte, bevor er sich ein Stück Kuchen schnappte es deutlich genervt hineinbiss. Es war verdammt schwer wütend zu sein, wenn man in die kleinen Stücke Himmel biss, die Amicelli da kreiert hatte, aber Xanxus brachte es fertig sein missmutiges Gesicht zu behalten ohne auch nur zu zucken, er hatte wohl wirklich geschlafen.

„VOOOOOIIIII! Du bist so abgefuckt nervig Xanxus! Du solltest verpisst noch mal dankbar sein, dass du überhaupt mitfeiern darfst! Hehehe denk doch an das Luschenduo und wie sehr es sie stört, dass du hier bist!“ auf seine Worte brachte Xanxus eine Art halbes Halblächeln zustande. Natürlich freute er sich immer darüber seinem Bruder Unzufriedenheit zu bereiten. Jeder brauchte irgendein Hobby.

Xanxus‘ war nur ein bisschen erbärmlicher, als die der meisten.

Giotto machte auf Squalos Äußerung hin ein missmutiges Gesicht, Vielleicht hätte er ihren “geheimen” Plan nicht so in die Welt hinausschreien sollen, jetzt wussten es alle und sogar Giotto hatte realisiert, dass hier eins schmutziges Spiel gespielt wurde. Andererseits hätten sie sich das auch vorher denken können. Zumindest Amicelli war ja kein Idiot.

Aber auch wenn Xanxus schlecht drauf war und offensichtlich keine Lust hatte den Feierlichkeiten beizuwohnen. Tsuna freute sich sein angenervtes Gesicht zu sehen. Er beobachtete ihn schon wieder, er wusste es genau, aber er konnte es einfach nicht abstellen. Und er konnte sich auch nicht auf Bel konzentrieren, dessen breites Grinsen ganz nah an sein Ohr rückte. “Das ist er also, Ushishihihi?”, fragte er neugierig und Tsuna lief ein Schauer über den Rücken. Tsuna hatte selten ein Wort darüber verloren, dass er Interesse an jemandem hatte, aber wie Tsuna schon festgestellt hatte, hatte Bel ein Talent sich bei anderen einzumischen und so wusste er zumindest grob davon.

„Umm... nun... vielleicht.“ antwortet Tsuna vage und verriet damit wahrscheinlich mehr über seine Gefühle als er vorhatte. Dabei wusste er selber nichtmal genau welcher Art seine Gefühle für den anderen waren. Wenn er an ihn dachte, dann wurde ihm heiß und kalt, seine Haut fühlte sich an wie elektrifiziert und wenn er ihn berührte rollte er immer unterbewusst die Zehen zusammen. War er verknallt oder einfach nur körperlich angezogen? Er war sich nicht sicher, diese ganze Geschichte war für ihn verwirrend und je mehr er drüber nachdachte, umso dümmer kam er sich vor.

„Ushishishishishishi... nun man kann sehen, was du an ihm findest. Ushishishi... ein richtiger Sonnenschein.“ Bels lästern ließ Tsuna etwas pikiert hüsteln. „Er ist eigentlich ganz in Ordnung, er... ist nur manchmal schwierig... anstrengend.... sagen wir herausfordernd.“ Aber die Herausforderung war es wert bestanden zu werden.

“Shishishishi Du bist ja verdammt mutig. Ich würde es nicht wagen… Shishi, aber ich kann es verstehen, auch wenn es nicht mein Geschmack ist.” Das hatte sich Tsuna schon vage gedacht, wenn man auf ältere Jungs stand, die aussahen wie Teenager-Mädchen dann hatte man wohl nicht allzu viel für Xanxus übrig und das sollte er auch nicht. Tsuna erhob ein Anrecht auf ihn und seine Aufmerksamkeit. Seine Zehen kringelten sich schon wieder zusammen. Es war ein unangenehmes Gefühl. “Nun, äh, danke.”; meinte Tsuna, unsicher, was er auf Bels Kommentar erwidern sollte. Er wusste ja das sein Geschmack nicht der Beste war. Aber gegen seine Gefühle konnte man sich irgendwie schwer wehren, auch wenn sie manchmal absurd waren. “Vielleicht solltest du ihn mal daten, shishishishi, ganz allein!”, Bel grinste.

Das klang zumindest nach einem Plan.

„Ich... ich kann ihn ja kaum einfach fragen.“ wehrte Tsuna halbherzig ab. Zumindest wenn Giotto und Amicelli in der Nähe waren, konnte er auf keinen Fall einfach zu ihm gehen und ihn um ein Date bitten. Ganz abgesehen davon, dass er für so einen Schritt erstmal seinen Mut zusammenkratzen musste. Er fing damit an Xanxus heute sein Geschenk vorbeizubringen, vielleicht konnte er ihn dann auch fragen ob er mal irgendwann Zeit hätte. Ganz ohne Verpflichtungen und so... Man warum war das nur so schwer?

„Und warum nicht? Ushishishishi... er sieht nicht aus wie jemand der oft ausgeführt wird ushishishi...“ Natürlich nicht, Xanxus sah ja auch aus wie jemand der von seinem Bewährungshelfer regelmäßig betreut werden musste, aber das hieß nicht, dass es deshalb einfacher war. Eigentlich erschwerte es alles nur noch mehr.

Tsuna seufzte etwas, besann sich dann aber etwas. Das war seine Feier, es lief Musik und er sollte fröhlich sein. “Komm Bel! Lass uns unsere Beine bewegen!”, meinte er und zog Bel zum relativ leeren Teil des Wohnraumes, wo schon einige zum Takt der Musik wippten. Tsuna gesellte sich dazu und versuchte so wenig unnötige Bewegungen zu machen wie möglich. Einfach nur den einen Fuß nach rechts, den anderen ranziehen und dann den anderen Fuß nach rechts und den ersten ranziehen. So konnte man sich beim Tanzen wenigstens nicht blamieren. Und so tanzte man als Junge, wenn man kein Mädchen beeindrucken wollte. Simpel und einfach und möglichst nicht peinlich. Bel musste mitmachen, ob er wollte oder nicht, denn das “tanzen” lenkte ihn zumindest eine Weile von Xanxus ab.

Belphegor tanzte auch.

Nun, Tsuna nahm zumindest an, dass es tanzen war, er war sich nicht vollkommen. Man konnte Belphegors Tanzschritte vielleicht als eine Art von Ausdruckstanz bezeichnen. Oder eine Art musische Begleitung durch Gebärdensprache. Tsuna konnte etwa folgendes erkennen.

1.Man greife nach den Sternen (Hand nach oben strecken)

2.Man man ziehe sie nach unten (Hand zum Bauch)

3.Man drücke sie in den Boden (Hand öffnen und bis unter die Knie schieben)

4.Man öffne eine Tür (rechter Arm wird nach rechts ausgestreckt)

5.Und schließe sie wieder (rechter Arm wird an den Körper gezogen)

6.Man kicke jemanden in die Eier (rechtes Knie wird angezogen)

7.Man wiederhole das ganze mit der linken Körperhälfte

War es vielleicht ein Tanz von MCFPV? Anders konnte er es sich einfach nicht erklären.

Nun… Es war zumindest interessant Belphegor zuzusehen. Es heiterte ihnen wenig auf und er wusste ja das Bel so gut wie nichts peinlich war. Nicht einmal wenn er in einer Autogrammkartenschlange anstand und die anderen Fans um mindestens einen Meter überragte war ihm peinlich. Tsuna wünschte sich manchmal auch eine so abgehärtete Psyche. Das würde ihm das Leben um einiges erleichtern. Vor allem, wenn man mit Squalo und Xanxus befreundet war, wäre es eine ungemeine Hilfe kein Schamgefühl mehr zu besitzen. Das wäre himmlisch.

“Sag mal? Ist dass was von Viper?”, fragte er, während er sich schlurfend zum Takt der Musik bewegte. Bel nickte. “Ja! Das ist der Tanz von Nanna. Ist er nicht toll? Sie ist eine Tänzerin.”, erklärte Bel, Tsuna bezweifelte aber, dass eine solche freiwillig so tanzen würde.

Die anderen Tänzer bewegten sich eher auf normalen Terrain und Tsuna fragte sich, wie Xanxus wohl tanzen mochte. Bei genauerer Überlegung, tanzte er wahrscheinlich gar nicht, höchstens an einer Stange, wenn er damit etwas erreichen wollte.

In der Sekunde in der die Musik wechselte, wusste Tsuna schlagartig, dass er fliehen sollte, er konnte aber nicht, denn Giotto hatte die Gewalt über die Tanzfläche an sich gerissen und verkündete strahlend: „Und alle machen mit!“

Es war zu grausam um es zu beschreiben, Wörter konnten die Qual auf den Gesichtern der Versammelten nicht fassen, selbst Film hätte den Schrecken nicht in seiner Vollkommenheit bannen können. Derjenige, der aber alle in den Schatten stellte mit dem Gesicht der Ultimativen, war Amicelli. Sein Gesichtsausdruck konnte Milch sauer werden lassen, nachdem er damit fertig war ein Tor zur Hölle aufzureißen.

Giotto ließ sich von der allgemeinen Stimmung nicht beeindrucken und strahlte mit der Beleuchtung um die Wette. Die Tatsachte, dass die Anwesende sich seinem Wunsch fügten und tatsächlich mitmachten, verreit Tsuna, dass die Anwesenden tatsächlich der Mafia angehören und Giotto unterstellt sein mussten. Denn das Lied das spielte... das Lied das spielte...

Giotto wackelte glücklich und zufrieden mit den Armen.

Es war der Ententanz.

Tsuna hatte auf einmal das Bedürfnis klammheimlich in die Küche zu verschwinden. Er malte sich schon den Fluchtweg aus… Nur schnell vorbeischleichen an den Sesseln, ohne das Giotto ihn sah und dann hinter dem Paravent verschwinden, der die beiden Bereiche voneinander trennte. Es war so leicht und nur ein Katzensprung. Tsuna atmete tief ein und ging zwischen den tanzenden Mafiosi auf Tauchstation. Die Tanzfläche hatte sich merklich gefüllt, daher war es ein wenig schwierig, zwischen den ganzen Menschen zu manövrieren, aber er wusste ja die grobe Richtung. Er musste nur versuchen nicht aufzufallen.

Er fühlte sich fast wie ein Geheimagent. 00 Tsuna auf geheimer Mission. Bei dem Gedanken musste er leicht schmunzeln. Auch wenn es armselig war, dass er vor Giotto floh.

„Hiergeblieben.“ hörte er Amicelli dicht an seiner rechten Seite knurren. Tsuna sah ihn an. Wackel wackel. Er sah finster drein. Wackel wackel. Tsuna fühlte sich umso bestärkter abzuhauen. Kurzerhand schlüpfte er unter den Buffettisch und krabbelte auf allen Vieren zum anderen Ende, so sah zumindest sein Plan aus.

„Xanx-!“ Xanxus presste ihm die Hand auf den Mund und tippte sich energisch mit dem Zeigefinger auf die Lippen. Scheinbar war Tsuna nicht der einzige der die Flucht als beste Möglichkeit ersonnen hatte. Allerdings war Xanxus hier allein, das hieß dann ja-

„VOOOIIII! NEIN! Nein ihr könnt mich nicht zwingen! Ich bin nur wegen dem verfickten Arschgesicht hier! NEEEIIN VOOOOOI VOOOOOOOOIIIII!“ Squalo war in die Hände der Entenzombies gefallen, es war nur eine Frage der Zeit bis sie ihn zu einem der ihren gemacht hatten.

„Es wird dir Spaß machen. Du tanzt doch gerne.“ Das war Giotto.

„Wer erzählt diesen verfickten Scheiß?! VOOOOIIIII!“

„Ich hab meine Quellen, oder heißt das etwa der große Squalo kann den Ententanz nicht tanzen? Ist er zu schwer?“

“VOOOOOOOOOOOIIIIIIIII! Natürlich kann ich den Ententanz!!!!”, rief Squalo übermütig und sein Protest war damit gestorben. Tsuna lugte unter dem Tisch hervor und sah, dass Squalo diesem dämlichen Tanz stattdessen eine gewisse Eleganz geben konnte. Kaum zu fassen.. Er war wohl tatsächlich ein echter Tänzer, der das bei jedem Tanz konnte.

Er selbst hingegen presste sich fest gegen Xanxus, damit sie so klein und unauffällig wie möglich unter diesem Tisch waren. Nur falls Giotto patrouillierte. Er durfte sie um keinen Preis finden. Tsuna hatte keine Lust sich zum Affen zu machen. Er hatte vorgehabt heute nicht peinlich zu sein, es war immerhin seine Geburtstagsfeier. Er atmete tief ein und aus und begann sich wieder etwas zu beruhigen.

Xanxus saß im Schneidersitz da und sah genervt, aber nicht so bitterböse wie Amicelli aus. Das war mit Sicherheit nicht das erste mal, dass Giotto das abzog, Tsuna konnte sich wohl glücklich schätzen, dass er nicht allzu viele Feiern miterlebt hatte. Nervös kniete er sich kauernd hin und überlegte wie er von hier wegkommen konnte, seine Wegsperrung machte nicht den Anschein seine Würde bei einem Fluchtversuch aufs Spiel setzen zu wollen.

„Hat er das schon mal gemacht?“ fragte er wispernd während draußen die Entenzombies ihre Runden watschelten.

„Jedes mal wenn er die Chance dazu hat. Eigentlich verbannt Amicelli alle Kopien des Liedes aus dem Dorm, aber Giotto scheint eine reingeschmuggelt zu haben.“

„Kannst du den Tanz etwa auch?“

Xanxus packte Tsuna an den Schultern und schubste ihn Richtung Tanzfläche. Panisch klammerte Tsuna sich an ein Tischbein. „Es war doch nur eine Frage!“ rief er erschrocken aus.

“Giotto.. Ist wirklich eine Pest.”, seufzte Tsuna und setzte sich wieder zu Xanxus. Der Tisch war einfach zu schmal um sich an der Seite vorbeizuquetschen, außerdem hatte er das Gefühl, dass Giotto wahrscheinlich Wachposten aufgestellt hatte. Vor der Treppe, vor der nächsten Toilette, vor dem Ausgang… Tsuna traute ihm alles zu, vor allem, weil heute seine ganzen Mafiakollegen zu Besuch waren. Da war er noch gefährlicher als sonst.

“Hah.. Jetzt hocken wir hier, dabei ist das unsere Feier. Können wir Giotto nicht wegsperren?”, fragte er leicht geknickt im Flüsterton und setzte sich ebenfalls in Schneidersitz. Das war echt verdammt nervig.

„Wir müssen nur das Lied abwarten.“ grummelte Xanxus und Tsuna linste unter der Tischdecke durch. Die Tänzer machten sich immer noch zum Affen, oder zur Ente, wenn man es genau nehmen wollte. Giotto war der eifrigste Tänzer, aber das war auch kein allzu großes Wunder. Irgendwie hatte Tsuna den Verdacht, dass nicht alle traurig darüber waren, dass Giotto und Amicelli ihr Amt abgeben wollten.

„Ich dachte immer in der Mafia würden alle viel Wert auf ihr Ansehen legen... Respekt und so...“

„Du kennst die beiden Pisser jetzt wie lange? Zieht nicht wirklich bei Gehirnampuntierten.“ erwiderte Xanxus und hatte damit im Grunde genommen schon recht. Giotto hatte ihm keinerlei Grund gegeben an dieser Theorie festzuhalten. Amicelli, der wirkte wie ein finsterer Ganove, Giotto hingegen machte den Anschein ein Zwölfjähriger auf Zucker zu sein.

Er hoffte seine Gene waren ein wenig reservierter und er würde nicht auch so werden, wenn er einmal so alt war wie Giotto. Diesen Gedanken fand er äußerst gruselig. “Erschießt du mich, wenn ich auch so werde, Xanxus?” Er meinte es eigentlich nicht ernst, aber nachdem er es ausgesprochen hatte, fühle es sich sehr falsch an, es gesagt zu haben. “Also.. Ich meine .. Das war nur rhetorisch..”, fügte er unsicher an und angelte sich vom Tisch über ihnen ein Stück Kuchen. Wenn sie schon in dieser blöden Situation waren, dann sollten sie zumindest das Beste daraus machen. “Ich bin gerade nicht ganz bei mir.” Tsuna knabberte an dem Stück Kuchen und versuchte Xanxus so wenig wie möglich auf die Nerven zu gehen. Mittlerweile machte es ihm eigentlich nichts mehr aus, mit dem Älteren allein zu sein, aber heute war irgendwie eine seltsame Stimmung zwischen ihnen, Tsuna konnte nicht genau sagen, was es war.

Vielleicht lag es daran, dass er die ganze Zeit im Hinterkopf hatte, wie er ihm sein Geschenk überreichen wollte. Hoffentlich nahm Xanxus es als Einladung eines davon auch gleich zu benutzen. Nicht! Wir konnte er nur das nicht vergessen?! Knallrot verschluckt Tsuna sich am Kuchenstück und begann zu husten. Das war wohl ein Freudscher Verdenker. Wenn er so weitermachte, würde er noch in Teufelsküche landen.

„Also äh... ich wollte dir auch noch ein Geschenk geben und so... Also ich bring es dir später auf dein Zimmer. Weißt du es ist hier ja so voll und nun also die Luft ist grade so schlecht und irgendwie... Also ich bin sicher im Licht deines Zimmers sieht es viel besser aus.“

Xanxus kräuselte seine Lippen zu einem arroganten Grinsen.

„Aha.“

Tsuna bemühte sich den Blick zu ignorieren, war aber erleichtert, dass die Stimmung sich plötzlich verändert hatte, Xanxus schien neugierig. Tsuna konnte nicht sagen wie glücklich er war, dass er die Fähigkeit zum Gedankenlesen nicht besaß. “Ich bleibe auch nicht mehr all zu lange, glaube ich. Wenn Giotto und Amicelli da sind ist das irgendwie so ein Stimmungstöter.” Tsuna knabberte aufgeregt an seinem Stück Kuchen und wagte es nicht Xanxus anzusehen. Er würde nur rot anlaufen und sich schämen. “Ich sag dir nur Bescheid weil ich nicht will, dass du einschläfst und mich bedrohst, wenn ich zu dir komme, also.. Ich.. Ich hab dich vorgewarnt, klar?”, meinte er aufgeregt. Er war wohl leicht durchschaubar, auch wenn Xanxus seine Gedanken nicht lesen konnte. Tsuna spürte, dass sein Grinsen immer breiter wurde.

„Oh das Lied ist vorbei!“ sagte Tsuna deutlich erleichtert als die Musik erstarb und so schnell er konnte floh er hinaus auf die Tanzfläche und landete direkt in Giottos Armen, er strahlte immer noch über beide Wangen.

„War das nicht lustig Tsuna?“ fragte er summend und zwinkerte ihm zu. Tsuna schüttelte seinen Kopf und antwortet dabei: „Oh ja, sehr lustig, hahaha.“ Sein Lachen klang noch gekünstelter als das von Mukuro, wenn er mit Hibari sprach und so tat als wäre er gut gelaunt.

„Du musst mitmachen, sonst ist es auch nur lustig!“ Der Tadel traf auf taube Ohren, stattdessen schnappte Tsuna sich Giottos Hand und zog ihn mit in die Küche, er war wahrscheinlich die einzige Person die er fragen konnte und die auch über genügend Informationen verfügen sollte.

„Giotto... also... hmm ich hab eine sehr theoretische Frage... rein theoretisch.“

Giotto lachte und aus seinen Augen strahlte die pure Naivität. Tsuna war zufrieden, das war genau das, was er jetzt brauchte. “Theoretisch bin ich sehr gut! Da kann mir keiner was vormachen!”, sagte Giotto glücklich und setzte sich auf einen der Barhocker vor dem Küchentresen. “Ist es denn etwas Wichtiges?!” Tsuna nickte. “Und.. Etwas Geheimes?”. Auch diese Frage bejahte Tsuna mit einem Nicken. “Ich glaube, du bist der einzige, der mir helfen kann, also vielleicht.”, meinte er leise und atmete tief durch.

Er hatte sich das irgendwie viel einfacher vorgestellt. Giotto hatte immerhin die Gedächtnisspanne eines Goldfischs, er sollte sich also einfach nicht so anstellen. Morgen hatte sein Cousin das Ganze sicherlich eh wieder vergessen. Hoffte er.

„Also stell dir folgendes - vollkommen absurde und ausgedachte - Szenario vor. Du bist 17 Jahre als und hattest noch nie einen Freund. Da ist aber dieser Typ für den du dich rein theoretisch interessierst. Er ist im Gegensatz zu dir aber schon erfahren und begehrenswert und sexy... Außerdem hat er Wutanfälle, wird schnell ausfallend und reagiert sehr schnell über wenn ihm etwas nicht gefällt. Rein theoretisch. Wie es aber kommt hast du aber halt ein rein theoretisches Interesse an ihm, du hast aber ein wenig Sorge, dass er dich auslachen würde, wenn du ihm Avancen machst... Theoretisch. Wie würdest du theoretisch vorgehen, sagen wir, wenn du allein in der Nacht auf sein theoretisches Zimmer gehst. Theoretisch.“ Tsuna sah Giotto erwartungsvoll an.

In Giottos Kopf schien es zu rattern. Seine Stirn legte sich in Falten. Er dachte nach. Tsuna hoffte dass seine Zahnräder gut geölt waren, damit sie bei so kräftiger Aktivität, die ihnen ja sonst eher selten zugemutet wurden, nicht kaputt gingen. “Mmmh..” Tsunas Hände falteten sich erwartungsvoll. “Also…”, er stellte sich auf Zehenspitzen und wippte leicht hin und her. Die Aufregung machte sich in seinem ganzen Körper breit.

Tsuna erwartete eine Antwort, doch stattdessen wurde Giottos Gesichtsausdruck düster und mit einem kleinen Handgriff hatte er einen Schlüssel aus der Tasche gezogen. Tsuna an der Hand genommen und zog ihn die Treppe zum Obergeschoss hinauf. Tsuna war etwas perplex, als seine Zimmertür vor seiner Nase zuknallte und der Schlüssel sich drehte. “Tut mir Leid, Tsuna. Ich kann dich… heute Nacht nicht zu Xanxus lassen.” Giotto schien ein wenig geknickt. “Das ist nicht in unserem Sinne…”, fügte er an, dann entfernten sich seien Schritte. Tsuna starrte die Tür fassungslos an. Das war doch jetzt nicht wirklich passiert, oder?

aus den Augen verloren.

Tsuna lehnte seine Stirn gegen das Holz der Schranktür und schloss die Augen, in diesem Moment hatte er das Gefühl die schillernde Blase, in der er sich die letzen Wochen befunden hatte, wäre von einem harten Stich zum platzen gebracht worden. Um ihn herum sah er die Seife zu Boden tropfen, die die Welt verzerrt hatte, die sie hatte schillern lassen. Er war hier, weil sein Cousin ihn für einen aberwitzigen Plan auserkoren hatte, nicht weil er selber es sich ausgesucht hatte.

Schon seit Monaten wurde er von seiner Umwelt von Situation zu Situation gestoßen, das er hier eingeschlossen war, war nur ein weiterer Stoß. War es das für ihn? Würde es immer so weiter gehen?

Von Tag zu Tag, an einer Leine geführt werden, lag darin seine Zukunft? Tsuna öffnete seine Augen.

Nein.

Er war niemandes Schoßhund.

Er war niemandes Spielzeug.

Er war kein Kind mehr.

Und ganz sicher war er keine verdammte Prinzessin die in ihrem Turmzimmer auf ihren Prinzen wartete! Dieses Spiel ging nun lange genug ohne das er mitspielen durfte, es war die Zeit die Würfel zu nehmen und sein eigenes Spiel zu eröffnen.

24. Oktober: Teil 3

Hallo,

Diesmal bin ich es wieder, Anti. Wollte nur Viel Spaß beim Lesen wünschen. ^__^ Danke für eure Treue.
 


 

24. Oktober: Teil 3
 

Von unten drang Musik und die Stimmen der Feiernden zu ihm herauf. Tsuna lehnte noch mit der Stirn gegen seinem Schrank und atmete tief und gleichmäßig. Tsuna konnte sich nicht erinnern schon jemals ins einem Leben so wütend gewesen zu sein. Ins einem Bauch tobte ein Löwe, der nur darauf wartete herauszuspringen und jemanden anzufallen.

Tsunas Zähne knirschelten angespannt. Wie konnte Giotto es wagen? Wer gab ihm das Recht dazu?

Tsuna ließ sich nicht einsperren. Tsuna ließ sich nicht reglementieren. Er war sein eigener Herr und war alt genug selbst zu entscheiden was er wollte und was nicht.

Seine gute Stimmung war vollkommen im Eimer. Ein Besuch bei Xanxus stand für heute außer Frage, auch wenn es möglich gewesen wäre. Im Moment wollte er nur Rache. Keine blutige Rache, sondern eine intelligente, eine die Giotto und Amicelli das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Vielleicht war Rache hierfür das falsche Wort, aber er wollte die Genugtuung haben, dass er ihre kleinen Pläne durchkreuzt hatte. Er war nicht mehr der hilflose schüchterne Junge von vor sieben Monaten. Er war immer noch schüchtern, aber er wollte nicht mehr fliehen, wenn er mit jemanden sprach der ihm Angst machte. Er hatte sich verändert, ganz langsam aber sicher und nun war er an dem Punkt angekommen, dass er für seine Taten die Verantwortung übernahm ohne zu zögern.

Tsuna stieß sich von dem Schrank ab, zog seine Zweitjacke und ging zum Fenster, Giotto war ein Idiot, ein intelligenter Idiot um die Sache noch schlimmer zu machen. Mit einem Ruck öffnete er das Fenster und befestigte es damit es nicht einfach zuknallte. Draußen stand nach wie vor der Baum, dessen Äste fast ans Fenster reichen. Tsuna war nicht sonderlich sportlich, aber dafür reichte es allemal. Mit einem Satz sprang er vom Fensterbrett ab, die kühle Abendluft küsste sein Gesicht als er sich in die Freiheit begab und mit beiden Händen den Ast zu fassen kriegte. Adrenalin rauschte durch seine Adern und in seinen Augen lag ein Funkeln, das man sonst nie zu sehen bekam.

Als er dort so im Baum hing, fühlte er sich gut. Er fühlte sich frei und er fühlte, dass sich irgendetwas in ihm verändert hatte. Das erste Mal, als Giotto ihn eingeschlossen hatte, hatte er sich fügen müssen, heute war dies anders. Heute würde er nicht tun, was ihm gesagt wurde. Er war ein freier Mensch und er war erwachsener geworden. Er durfte tun, was er wollte, solange es sich in einem gesetzlichen Rahmen bewegte. Tsuna wollte noch immer kein Mafiosi werden und das sollte Giotto auch erfahren.

Er würde nicht mehr nach seiner Pfeife tanzen. Tsuna ließ den niedrigen Ast los und landete im Gras des kleinen Gartens im Hinterhof. Sollte er zur Küchentür ins Haus, oder sollte er nach vorn herum laufen und klingeln? Es wäre sicher eine ganz besondere Überraschung, wenn er einfach vor ihrer aller Nasen auftauchen würde. Tsuna atmete tief aus und ein Grinsen bildete sich aufs einem Gesicht, als er sich auf den Weg zum Vordereingang machte.

Seine Schritte waren federnd, als wandle er auf luftigem Boden, etwas Bestimmtes lag in seinem Gang und wenn man ihn nicht besser wüsste, hätte man ihn für einen Eroberer halten können, der in einem neuen Land einmarschierte. Ihm war etwas klar geworden, etwas essentiell wichtiges. Giotto und Amicelli waren auf ihn angewiesen, nicht umgekehrt. Niemand hinderte ihn daran einfach wegzugehen, seinen Abschluss woanders zu machen und dann irgendwo in einem Büro anzufangen. Er hatte inzwischen Freunde gefunden die ihn unterstützen, selbst wenn sie so verrückt sein mochten wie die ganze Teeparty zusammen. Einige von ihnen hatten sogar Kontakte. Belphegor hatte massenhaft Geld und war mit einem verdammten Fernsehidol zusammen, Mukuro hatte bereits seit seinem ersten Jahr einen festen Platz an einer der renommiertesten Universitäten des Landes und zudem einige Angebote von Theatern die ihn gleich mit Kusshand nehmen würden, Squalo würde sicher mal ein gottverdammter Berühmter Künstler werden, sobald er aus seiner Pornphase rausgewachsen war und-! Er war mit vielen großartigen Leuten befreundet die ihn alle mochten.

Und was war das wichtigste?

Er war selber gar nicht so schlecht. Er mochte nicht der Klügste sein, oder der Sportlichste, und mit Sicherheit auch nicht der Gerissenste, aber eine Sache war ihm aufgefallen. Er... verstand Menschen. Er wusste was sie hören wollten, auch wenn es ihm meistens zu unangenehm war dies auszunutzen, aber er wusste es. Und was kam noch dazu? Die Leute fingen an ihn unglaublich zu mögen, da er sich mit ihnen beschäftige, denn das hatte er verstanden, was alle Menschen verband, was sie alle mehr oder minder wollten war Anerkennung. Wenn man ihnen zeigte, dass man sich für sie ernsthaft interessierte, fingen sie an an einem zu hängen.

Sie mochten einen und sie vertrauten einem. Sogar jemandem wie Xanxus konnte man leicht näher kommen, wenn man sich mit ihm beschäftigte. Hinter seiner rauen Schale war er auch nur ein Mensch. Vielleicht ein anstrengender, manchmal leicht nerviger, mürrischer Mensch, aber auch er hatte Wünsche und Träume. Tsuna hatte ihn auch ohne, dass er seine Gedanken in irgendeiner Weise lesen oder verstehen konnte von sich überzeugen können und Xanxus mochte ihn, irgendwie. Auf eine spezielle Art und Weise.

Auch wenn das Gefühl nicht definierbar war, das zwischen ihnen stand, so war es dennoch da und es wollte weiter wachsen und gedeihen und nicht von zwei selbstsüchtigen Idioten immer und immer wieder gestutzt werden.

Tsuna stand nun vor der Eingangstür und streckte die Hand nach der Klingel aus. Er fühlte sich sicher. Er war im Recht und niemand konnte ihn vom Gegenteil überzeugen, auch wenn er noch so gute Gegenargumente hatte. Er klingelte und sein Blick festigte sich. Sein Atem war ruhig und kräftig.

Giotto sollte kommen.

An die Tür kam er zwar nicht, aber das war egal. Ohne ein Wort zu sagen ging er an dem Mafiosi vorbei, der die Tür geöffnet hatte und ohne einen Moment des Zögerns ging er durch die Ansammlung der Partygäste durch zum Büfett von wo er Giottos wie üblich gut gelaunte Stimme hörte, er erzählte irgendeine Anekdote, die ihm jedoch im Hals stecken blieb als er Tsuna erblickte.

„Tsuna was machst du-“ fing er an, doch Tsuna unterbrach ihn.

„Es ist doch auch meine Feier, oder etwa nicht?“ fragte er und in seiner Stimme lag ein vollkommen fremder süffisanter Unterton. „Tss, so überrascht, ich dachte du hast alles durchgeplant, gehörte das hier nicht dazu?“ Tsuna stemmte eine Hand in de Hüfte und machte mit der anderen eine wegwerfende Geste. „Ich will Xanxus abholen, wir haben heute Abend noch etwas vor.“

Seine Augen trafen die von Giotto und wichen nicht, als diese seinen Blick perplex erwiderten.

Es herrschte Schwiegen im Raum. Das Radio lief zwar, aber man hätte dennoch eine Stecknadel fallen hören können. Einen ewig scheinenden Moment lang traute sich niemand etwas zu sagen. Der Unterton in Tsunas Stimme schien alle gelähmt zu haben.

Es war nicht Giotto, der sich zu Wort meldete, er schien zu perplex. Amicelli wagte sich vor und räusperte sich. Seine Stimme war sanft und Tsuna merkte, dass e versuchte ihn zu beruhigen. “Tsuna ich denke nicht, dass Xanxus der richtige Umgang…” Tsuna winkte ab.

“Ich werde in Zukunft selbst entscheiden, was der richtige Umgang für mich ist. Ihr habt kein Recht mir da hineinzureden. Wenn ich meine Zeit mit Squalo. Belphegor, Xanxus, Yamamoto oder Gokudera verbringen will, dann werde ich das tun, auch wenn ihr ein Problem damit haben solltet.”

Tsuna sah Xanxus, der sich, erstaunlicherweise süffisant grinsend, aus der Menge löste und näher kam.

Tsuna war jedoch hier noch nicht fertig. Er wandte den Blick wieder zu Giotto und streckte fordernd die Hand aus. “Gib mir den Schlüssel!”, forderte er leicht ungeduldig. Der Angesprochene reagierte nicht. “Gib mir den Schlüssel zu meinem Zimmer, Giotto. Das ist meine Privatsphäre!”, sagte Tsuna mit fester Stimme. Er war selbst ein wenig erstaunt, wie abgebrüht er war.

Sobald er von dem Adrenalinschub runter war, würde er sicher ein paar Sachen bereuen, die er hier tat, aber im Moment war er noch voll drauf und alles war absolut richtig. Außerdem war er im Recht, Giotto war nicht sein Vater, er sollte nicht aufspielen als wäre er in dieser Position.

„Sei nicht albern Tsuna.“ sagte Giotto schließlich, als er seine Fassung wieder gefunden hatte. „Ich weiß nicht was mit dir los ist, aber-“

„Ich hab wirklich keine Lust auf dieses Spielchen und ich denke nicht, dass du in dieser illustren Runde mit mir darüber diskutieren willst.“ Er ließ seinen Blick durch die Menge schweifen und hob leicht das Kinn. „Tss... ich hab kein Interesse hier mit dir einen Schwanzvergleich anzufangen, außerdem will auch gar nicht mit die streiten, immerhin sind wir eine Familie und Blut ist doch dicker als Wasser.“ Giotto öffnete den Mund und verstummte wieder. Tsuna sah ihn an und dachte an das, was er bei Reborn in der Bar gelesen hatte und vor allem an das, was er bei der Fahrt gelesen hatte. Er dachte sehr fest daran. Giotto biss sich auf die Unterlippe.

„Außerdem wird Reborn sich nur wieder aufregen wenn wir streiten, ich hab keine Lust auf eine Standpauke. Gib mir einfach den Schlüssel.“

Giotto schien nervös. Er sah sich um, dann griff er in seine Tasche und holte den Schlüssel heraus, den er von seinem Zimmer einbehalten hatte. Tsuna nahm ihn entgegen und steckte ihn ein.

Tsuna sagte nichts mehr und das obwohl er in der Lage gewesen wäre, noch andere Forderungen zu stellen, aber er hatte was er wollte und deshalb machte er kehrt und lief in einem moderaten Tempo in Richtung Eingangstür. Die Gäste bildeten eine kleine Gasse, die er passieren konnte und erst jetzt fiel ihm Daniela auf, die ebenso perplex wie Giotto und Amicelli in der Menge stand und ihn beobachtete.

Er war ein wenig stolz auf sich. Sein Coup war gelungen und hinter ihm durch die Gasse folgte ihm Xanxus, auf dessen Lippen ein dreckiges Grinsen lag. Er schnappte sich das Jackett eines Gastes aus dem Eingangsbereich und verließ dann hinter Tsuna das Gebäude. Er schien nicht einmal hinterfragen zu wollen, wo es hinging.

Tsuna hatte es schon fest vor Augen und so ging er weiter vor, es war nicht weit und er war noch nicht bereit mit Xanxus zu besprechen was eben passiert war oder was allgemein los war. Gleich wäre die Zeit dafür, aber im Moment wollte Tsuna nur einen Augenblick haben um sich zu sammeln. Die Sterne leuchteten am Himmel wir die Laternen auf Squalos Bild, ihr Funkeln wirkte wie ein neckisches Zwinkern, nur gedacht um sie aufzuziehen, oder vielleicht um sie zu aufzubauen. In dieser Nacht, die so einzigartig und besonders war, lag ein Säuseln in der Luft, es sprach von der der frühen Morgensonne, die noch in so weiter Ferne lag, von süßen Geheimnissen, die versteckt im Dunkeln ihre Verführungskraft wirkten und von zärtlicher Hoffnung, die in den Ästen der Bäume hockte und sie beobachte wie ein Raubtier. Der Schrein lag ein Stück vor ihnen und im Sternenlicht warf das Klettergerüst einen Schatten wie eine gigantische Spinne in ihrem Netz. Es war ein Ort voller Erinnerungen für ihn, ein wichtiger Ort, wichtig genug für diese Unterhaltung, die so dringend geführt werden musste.

Tsuna nahm die lange Treppe zum Gipfel des Berges problemlos und durchschritt das Tor des Schreins mit den gleichen federnden Schritten, die er schon im Garten gehabt hatte. Die Leichtigkeit die er ins ich fühlte, schien sich für Außenstehende als Größe darzustellen.

Xanxus schien zumindest einen Teil davon zu verstehen und folgte ihm, ohne auch nur ein einziges Wort zu verlieren zu der Bank, auf der Lanchia viele seiner letzten Stunden verbracht hatte, auch mit der Gewissheit dem Tode geweiht zu sein.

Im Moment besaß Tsuna eine ganz ähnliche Stärke, die jedoch anderer Natur war. Mit Lanchia hatte alles angefangen und hier musste nun endlich, nach so vielen Monaten, ein neuer Entschluss gefasst werden. Tsuna wusste, dass er sich das bewahren musste, was ihm jetzt innewohnte. Denn diese Entschlossenheit würde in naher Zukunft zu einem wichtigen Schlüssel zu dem werden, was ihm noch bevorstand.

Voller innerer Ehrfurcht setzte er sich auf Lanchias Platz und nahm einen tiefen Zug der kühlen, frischen Sommernachtsluft.

„Ich weiß vieles nicht, manchmal glaube ich, dass ich gar nichts weiß.“ fing er an und sah in den perfekten Sternenhimmel. „Aber heute... heute ist mir einiges bewusst geworden. Diese ganze Mafiageschichte, ihr meint das ernst. Ich mein, das habt ihr ja von Anfang an gesagt, aber es ist durch recht surreal, wenn man in einer stinknormalen Familie aufgewachsen ist. Von der Verwandtschaft meines Vaters wusste ich immer nur, dass sie große Tiere sind und das war’s, es hat mich auch nie interessiert. Bisher hab waren meine größten Sorgen gewesen meinen Abschluss zu bekommen irgendwie und nun, bin ich bei einem Haufen Ganoven, die sich aber nicht anders verhalten, als meine Klassenkameraden. Ich hab keine Ahnung wie das Mafialeben ist, das alles ist mir ziemlich fern und um ehrlich zu sein, bin ich immer noch nicht sicher, ob das die Welt ist, zu der ich gehören möchte. Du bist damit aufgewachsen, Giotto und Amicelli auch, für euch ist das sicher etwas ganz normales, aber ich kann es mir kaum vorstellen.“ Tsuna verschränkte die Finger ineinander und sah nun Xanxus an.

„Es kann sein, dass ich diese Familie in den Ruin treiben werde. Ich bin kein Anführer und erst recht kein Pate, ich bin 17 Jahre alt und bis Giotto mich heute eingesperrt hat, hab ich nur daran gedacht, wie ich mich dir gegenüber verhalten soll.“

Xanxus, der immer noch grinste, wurde ein wenig ernster. Seine Augen hatten sich auf den Jungen gesenkt, der neben ihm saß und er schien zuzuhören, wenn auch widerwillig.

“Mir gegenüber?”; grummelte er und machte einen neugierigen Eindruck. Tsuna bemerkte die ungewohnte Tonlage seiner Stimme. Xanxus hatte so etwas wie Respekt für ihn gefunden. Wenn auch nur ein Quäntchen.

Tsuna nickte, ging aber nicht weiter auf das Thema ein. Wenn er es wissen wollte, dann sollte er fragen. “Giotto und Amicelli, sie nutzen mich nur aus. Sie benutzen mich, genauso, wie sie dich am liebsten benutzen wollen. Mich benötigen sie, um den Platz einzunehmen, den sie selbst nicht besetzen wollen. Und sie brauchen dich, damit ich lerne, mich gegen andere durchzusetzen. Sie haben darauf vertraut, dass wir uns bis aufs Messer streiten um die Position. Du als älterer, rechtmäßiger Nachfolger. Sie wollten mich etablieren, faktisch über die Leiche deiner Ehre hinweg. Sie haben nicht damit gerechnet, dass wir uns…”, Tsuna musste einen Moment überlegen welches Wort hier am günstigsten wäre, entschied sich dann jedoch für das Neutralste. “…verstehen könnten.”.

Xanxus streckte sich faul und verschränkte die Hände hinter seinem Kopf während er sich zurücklehnte. Er ließ sich die Worte durch den Kopf gehen, das konnte man deutlich daran sehen wir er leicht seine Stirn kräuselte und die Augen kurzzeitig abwendete.

„Die beiden haben so einiges nicht bedacht, tss sie sind ja auch verfickte Idioten. Haben so viel in der Birne, dass ihnen die Augen rausgefallen sind und sie nichts mehr sehen können was verfickt noch mal offensichtlich ist.“

„Ich... ich weiß das wird kompliziert werden, aber ich denke ich brauche dich, Xanxus.“ Nun runzelte Xanxus definitiv die Stirn. „Ich will dich nah bei mir wissen, sollte ich mich wirklich entscheiden diesen wahnwitzigen Weg zu gehen. Du verstehst diese irre Welt, du kennst sie und... ich vertraue dir. Ich vertraue dir, weil ich dich verstehe, weil... ich dich kenne.“ Tsuna sah ihm fest entschlossen an. Sein Blick war sonderbar klar und offen.

Xanxus schien nicht genau zu wissen, was er erwidern sollte und so setzte Tsuna fort, ohne auf eine Antwort zu warten. Die Situation war allgemein ein wenig prekär, aber es musste sein, und es musste jetzt sein.

”In Anbetracht dieser Tatsache muss ich etwas wissen, Xanxus. Etwas, dass mir sehr wichtig ist.”, Tsuna war selbst erstaunt, wie ruhig er war, aber im Moment waren seine Gedanken so klar, wie eine ruhende Schneekugel. Er hatte weder Angst, noch Bedenken und er würde auch mit einer Niederlage zurechtkommen. “Du hast viel Zeit mit mir verbracht. Mehr als ich je für möglich gehalten hätte, ganz am Anfang. Ich dachte du hasst mich und das hast du vielleicht auch. Und ich dachte ich habe Angst vor dir, es mag sein, dass ich das auch hatte. Du bist manchmal… verrückt, aberwitzig, tollwütig. Aber seit wir uns kennen, hast du mich nicht ein einziges Mal schlecht behandelt, du hast dich sogar um mich gesorgt.” Tsuna hatte die ganze Zeit den Himmel angesehen, doch jetzt wandte er seinen klaren, aber ernsthaften Blick zu Xanxus. “Ich muss wissen, ob du mich auch brauchst.”, seine Stimme flatterte nicht einmal uns ein Blick ruhte fordernd auf Xanxus. Die Situation war endgültig. Zu einer weiteren dieser Art würde es nicht kommen. Tsuna verlangte Alles oder Nichts.

Die Würfel waren gefallen.

Rien ne va plus!

„Ich hab also die Wahl, ob ich dich bekriege, wie mein verpisster Bruder es sich vorgestellt habe, oder ob ich mich dir anschließe.“ Fasste Xanxus sachlich zusammen, auch seine Augen waren klar und zielgerichtet. Er hatte diese Sache eindeutig schon vorher bedacht und war zu einer Entscheidung gekommen. Der Kloß in Tsunas Hals erschwerte es ihm ruhig zu bleiben, aber er gab sein Möglichstes es sich nicht anmerken zu lassen. Ein Krieg mit Xanxus konnte nur mit Opfern enden.

„Nur das das verpisst noch mal klar ist, ich brauche niemanden, hab auch noch nie jemanden gebraucht, aber...“ er kämpfte mit den Worten als wären sie die schlimmsten Widersacher denen er jemals begegnet war. „Ich bin lieber auf deiner Seite, als auf der Seite die mein abgefuckter Bruder für mich auserkoren hat.“

Das war nicht alles. Im Raum stand ein riesiger Elefant und alle Beteiligten gaben sich die größte Mühe in die andere Richtung zu schauen.

Nun das war eine Aussage mit der Tsuna leben konnte. Zumindest war es ein Anfang. Tsuna hatte versucht cool zu bleiben, aber sein pochendes Herz machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Xanxus blieb ihm die Antwort absichtlich schuldig. Er wollte nicht darüber reden. Auch Tsuna befürchtete, dass einem solchen Geständnis nichts Gutes folgen konnte. “Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest.”

Vielleicht war es besser so. Eine professionelle Beziehung. Tsuna ahnte, auch wenn er es nicht hoffte, dass sein spezieller Wunsch nicht förderlich sein würde, für die Aufgaben die ihnen bevorstanden.

Immerhin war dass hier, so merkwürdig es auch war, die Realität und kein dummer Schnulzenfilm. Zwei gegen den Rest der Welt. Nur eine dumme Kinderfantasie.

Tsuna bemühte sich klar zu denken. Wenn es niemals ausgesprochen wurde, konnte es auch niemandem im Weg sein. Auch wenn die nächsten paar Jahre vermutlich mit einer gewissen Qual verbunden sein würden.

Zwischen ihnen breitete sich Schweigen aus, ein tiefes Schweigen während dem sie beide in die Ferne starrten, den Berg herunter auf die Stadt die so hell schimmerte wie der Tannenbaum zu Weihnachten.

„Du weißt, dass wir verpisst noch mal drüber reden sollten.“ sagte Xanxus und bewies damit mehr Mut als Tsuna aufbringen konnte. War mit Sicherheit aber auch nicht das erste mal für ihn so ein Gespräch zu führen.

„Ich weiß, aber ich weiß die Antwort nicht.“ wisperte Tsuna in die Stille der Nacht und drehte ihm das Gesicht zu. Xanxus Narben schienen heute ausgeprägter zu sein als sonst, wir Furchen zogen sie sich über sein Gesicht und zeichneten es mit den Farben seines Lebens. Ihre Blicke trafen sich erneut und Tsuna musste schlucken. „Ich hab keine Ahnung was ich fühle, oder denke...“

“Das ist schlecht.”, Xanxus wirkte resignierend. “Denn ich weiß es genauso wenig. Tch. Ich weiß nur, dass du mir manchmal auf die Eier gehst und manchmal auch nicht. Und ich weiß dass wir in Squalos Schundblättern gut zusammen aussehen. Könnt mir gefallen.”. Tsuna musste etwas lachen. Er konnte es sich nicht verkneifen. “Find ich auch…”, meinte er etwas amüsiert und blickte Xanxus wieder an.

Es knisterte zwischen ihnen. Die Luft hatte eine eigenartige Spannung. Sie waren so verschieden und doch… brauchten sie einander. Trotz Xanxus’ leicht seltsamen Äußerungen hatte er die Situation nicht ins Lächerliche gezogen. Es schien ihm ernst zu sein. Tsuna atmete tief ein. Er mochte jünger sein, aber im Moment fühlte er sich herausgefordert, wie an dem Tag an dem Giotto sie unterbrochen hatte.

„Wer weiß, vielleicht... finden wir ja noch eine Antwort.“ sagte er und musste ein wenig Schmunzeln. Als er sich das ganze ausgemalt hatte, war es irgendwie anders gelaufen, kitschiger, mit Liebesschwüren und heißen Worten. Die Realität jedoch war weniger glitzernd, weniger theatralisch, aber dafür ehrlicher. Gefühle waren kompliziert und auch wenn er gehofft hatte, das Xanxus mehr wusste als er, war er nicht enttäuscht.

Ein wenig pikiert legte Tsuna die Fingerspitzen seiner zehn Finger zusammen und ließ sie nervös gegen einander tippen, als würde er die Melodie eines Liedes im Takt begleiten. Doch war das einzige Lied das er Hören konnte, war das Rauschen seines Blutes mit dem kräftigen Taktschlag seines Herzens.

„Ich glaube... nun es ist das Beste, wenn Giotto und Amicelli nicht von dem erfahren, was auch immer es sein mag.“

Sie ahnten es ja sicherlich schon, aber es würde klüger sein die beiden und auch Xanxus ein wenig auf Abstand zu halten. Es war gesünder für alle Beteiligten. Es war anstrengend über solche Themen zu reden.

Tsuna wusste aber eines mit Sicherheit. Er wollte Xanxus bei sich wissen. Als unterstützenden Helfer. Er würde vielleicht keinen kühlen Kopf bewahren und auch manchmal überreagieren, aber Tsuna war sich sicher, dass er ihm unter die Arme greifen würde, sollte es zu brenzligen Situationen kommen.

Die kleine Pflanze, die zwischen ihnen gekeimt war, war noch lange kein Baum, sondern musste erst langsam gedeihen.

Tsuna wollte sich aber darum bemühen, dass sie wuchs und wenigstens zu einer festen Freundschaft werden könnte.

Er hatte sich heute sich albern verhalten, er wollte nicht, dass so etwas noch einmal geschah. Er würde lernen müssen sich in Zurückhaltung zu üben und vor allen Dingen in Dezenz. Tsuna atmete tief aus. “Vielleicht sollten wir in den nächsten Wochen und Monaten mal darüber nachdenken, wie die Chancen stehen.”, meinte er leise und blickte wieder zu den Sternen auf. “Und sie dann abwägen.” Er fühlte sich so erwachsen.

Xanxus und er waren einfach so ein ungleiches Paar.

Wer wusste schon wie die Dinge sich entwickeln würden, vielleicht waren sie wirklich eines Tages ein Paar, jedoch nicht heute, nicht in diesem Moment. Unter ihnen sah man das Dorm in der nahen Ferne hell erleuchtet zwischen den anderen Häusern stehen. Hatten Giotto und Amicelli ihre Verwunderung bereits überwunden? Tsuna war sich im Klaren, dass er ihre Beziehung heute ein wenig auf den Kopf gestellt hatte. Hoffentlich ließen sie ihn nicht dafür einsacken und nach Italien verschleppen. Obwohl das wahrscheinlich gegen den Deal von Giotto und Amicelli verstieß.

„Wär vielleicht das verfickt Beste. Auch wenn es mich einen Scheißdreck interessiert was diese Wichser denken oder meinen. Sie können sich ins verpisste Knie ficken.“

So positiv wie Xanxus immer daherredete, war es schwer zu glauben, dass er vielleicht doch manchmal so etwas wie Zuneigung für seinen Bruder empfinden konnte. War es ihm überhaupt möglich? Manchmal hatte Tsuna Probleme zu glauben, dass man den eigenen Bruder so verabscheuen konnte.

Er wusste, dass Amicelli die Verachtung für seinen Bruder nicht unbedingt teilte. Es war nur schwierig für ihn, mit Xanxus dreister Art zurecht zu kommen, wo er doch so ein Saubermann war. Aber Tsuna hatte bemerkt, dass Amicelli Schuldgefühle zu überkommen schienen, wenn er an Xanxus dachte. Vielleicht vermied er es deshalb, näher mit ihm in Kontakt zu treten. Vielleicht hatte er auch Angst, dass Xanxus ihm niemals vergeben würde, wenn das Thema irgendwann zwischen ihnen zur Sprache kam. Es war einfach kompliziert, zumal Tsuna in diesem Fall keinerlei Gefühle lesen konnte.

“Ich werde… dir wohl ein anderes Geschenk besorgen, dass was ich jetzt hab.. Ist sehr unpassend, also musst du dich noch etwas gedulden… aber…” Tsuna lächelte ihn an. “Alles Gute zum Geburtstag, nachträglich.”, sagte er sanft, bevor er sich von der Bank erhob.

„Dir auch.“ Auf Xanxus Gesicht stand ein breites Grinsen, das für sich selbst sprach, Tsunas Antwort bestand aus einem kleinen Schmunzeln.

Ohne auf Xanxus zu warten oder ihn einzuladen ihn zu begleiten begab Tsuna sich auf den Weg die steilen Treppenstufen des Tempelwegs hinab. Für heute hatten sie ihre Beziehung genug ergründet und es gab auch nichts, was zu dieser späten Stunde, in dieser einen Nacht, noch gesagt werden musste. Der Takt des ungehörten Liedes wurde kräftiger und fester, geradezu, als würde er Tsunas neu gefundenen Tatendrang wieder spiegeln wollen. Vielleicht war es auch einfach die Aufregung, die seinen Herzschlag vorantrieb und ihn gleich mit.

An der Kreuzung blieb Tsuna stehen. Gen Westen ging es zum Bahnhof, der erste Ort, den Tsuna von Namimori je gesehen hatte, gen Süden kam er zur Schule, wo er so einiges gelernt und viele seiner neuen Freunde gefunden hatte, gen Osten lag der Tempel, wo er reifte und vor ihm lag der Norden.

Die Ampel schlug um auf Grün und er ging voran, immer voraus, ohne zu vergessen, wo er hergekommen war.



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Kommentare zu dieser Fanfic (164)
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Von:  DanteRedgrave
2013-08-20T23:04:37+00:00 21.08.2013 01:04
sieht wohl so aus als hätte Tsuna ein nuen Social Link geschlossen, nur welcher Arcaner würde zu Squalo passen?

Von:  DanteRedgrave
2013-08-07T08:58:36+00:00 07.08.2013 10:58
das ist so gut geschrieben, besonders gefällt mir das es nicht einfach die gleiche Geschichte wie in Persona ist nur mit anderen Charakteren
Von:  S-A_K-U_R-A
2013-03-27T12:42:02+00:00 27.03.2013 13:42
Wann geht es den weiter ?????
Von:  Ginko89
2012-09-13T20:25:01+00:00 13.09.2012 22:25
Ihr seid klasse! :D Ich konnte gar nicht aufhören zu lesen (geschweige denn aufhören zu lachen - an einigen Stellen) und ich hoffe ihr schreibt bald weiter. Wäre schade drum, wenn ihr es nicht tun würdet. ^^

lg,
Ginko

Von:  Paddy25
2012-09-07T18:08:02+00:00 07.09.2012 20:08
Ihr seid sooo Großartig! Ich schätze eure Arbeit sehr und hoffe doch, dass ihr weiterhin so toll weiter schreibt. Man merkt auch gar nicht, dass ihr gleich zwei Personen seid, da ihr anscheinend den gleichen Schreibstil besitzt. Mir gefällt eure Geschichte sehr, daher hoffe ich doch inständig, dass ihr weiter macht. Natürlich ist es eure Entscheidung wann ihr anfängt, aber hört bloß NICHT auf zu schreiben! Sonst muss ich heulen :'(. Und super das ihr das Paar genommen habt, da ich zur Zeit dieses Paar sehr gerne hab :3. Also dann freue ich mich wirklich schon auf das nächste Kapitel ^^. :DDDD
Von:  Neven
2012-07-02T22:49:30+00:00 03.07.2012 00:49
Wah, es geht weiter wie cool! :D
Und gleich zwei Kapitel, noch besser.

Ich musste so lachen, als die Szene mit dem Ententanz kam. XD
Man konnte es sich so richtig schön vorstellen, wie Tsuna und Xanxus sich unter dem Tisch versteckt haben.

Aber ich fands echt dreist von Giotto, Tsuna einfach so einzusperren. ö ö
Umso besser fand ich es dann, dass Tsuna einfach aus dem Fenster geklettert ist und unten geklingelt hat. XD
Sowieso gefällt es mir echt gut, dass Tsuna hier immer taffer und selbstbewusster wird.

Bin auch sehr gespannt darauf, wie es mit Tsunas und Xanxus "Beziehung" weiter gehen wird (mir hat ihr Gespräch echt sehr gut gefallen) und auch, wie die anderen auf Tsunas Reaktion auf das Wegsperren reagieren. ô o

Von:  AmuSuzune
2012-07-01T20:29:07+00:00 01.07.2012 22:29
OWWWWWWWWW!!!
>.< Das war irgendwie sß, auch wenn es vermutlich nicht so sein sollte^^
Tja, bin mal gespannt wie das mit den beiden Chaoten weiter läuft. Tja, da wird in nächster Zeit die 'Romance' *Hüsstel* auf der strecke bleiben.
Was Giotto und Amicelli wohl noch machen werden? Sicher lich werden die alles andere als begeistert sein! Oh ja, ich sehe den Stress schon kommen XD Wie Daniela wohl reagieren wird? Und Squalo? Haben siche ralle nicht mit solch einer reaktion gerechnet!
Oh Teufel, ich freu mich echt schon auf den nächsten Teil!

LG
Suzu
Von:  AmuSuzune
2012-07-01T13:44:41+00:00 01.07.2012 15:44
Bin ich froh das es weiter geht!
Ich hoffe, dass es bei euch besser wird. Das schien für euch wirklich ein schreckliches halbes Jahr gewesen zu sein.

Oh Gott, ich hab mir wegen Squalo fast nicht mehr eingekriegt! Da tanzt er wirklich mit XD Oh Himmel!
Tja und nun ist Tsuna eingesperrt, ich kann nur hoffe, dass er wirklich noch rauskommt und seinen Plan umsetzen kann, oder amer das Xanxus ungeduldig wird und ihn befreit!
Wie dem auch sei, ein schönes Kapitel und ich freu mich shcon darauf wie es weiter geht!

LG
Suzu
Von: abgemeldet
2012-07-01T08:39:23+00:00 01.07.2012 10:39
Damit hab ich ehrlcih gear nciht mehr gerechent, aber es war eine schöne überraschung mal wieder ein Kapitel zu lesen. Ich hab lagnsam den verdacht ihr schreibt die FF unter einnahme von starker Drogen. xD aber ich beschwer mich nicht, hab immer was zum lachen.

Bin aber wirklcih ganz baff, Tsuna hat wohl die geduld verloren, Giotto hats aber auch übertrieben. Finds aber irgendwie schade :D ich hatte mich auf Maid!Tsuna gefreut, das wäre sicher unterhaltsam gewesen.

Wann kommt denn das nächste kapitel? Oder habt ihr das noch nicht so geplant?

~Trauerglocke
Von:  AmuSuzune
2011-11-15T14:57:22+00:00 15.11.2011 15:57
Oh gott, tsuna tut mir soooo schrecklich Leid XD
Ich hoffe das er nicht vor scham stirbt.
Nun will ich aber wirklich wissen wie es weiter geht!
Ich hoff eihr schreibt bald weiter.

LG
Suzu


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