Zum Inhalt der Seite

Wöchentliche Schreibaufgabe

auf www.storysammlung.de
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

BRÜCKE - Beziehungen

Der gerade aufgegangene Mond hing hell und groß am Himmel. Er war schon zu dreiviertel gefüllt und leuchtete über eine sanfte Winterlandschaft. Mit weichen Schritten, die durch den Schnee zusätzlich gedämpft wurden, lief ich durch die angehende Nacht. Ich nahm den Geruch der Bäume um mich herum war und horchte auf das Nachtlied des Waldes. In der Nähe erklang der Schrei eines Kauzes, weiter weg bellte ein Fuchs. Ich ignorirte sie und lief zügig weiter. Mein Ziel war ein alter Baum, der für Außenstehende wohl wenig interessant gewirkt hätte. Schon von Weitem schallte das Stimmengewirr zu mir herüber. Beim Näherkommen erblickte ich die vielne Gestalten, manchmal nur schemenhaft, da das Mondlicht unter dem Bätterdach nur noch schwach zu Boden fiel. Ich sollte sie wohl „Gefährten“ oder besser "Brüder" nennen, doch meine Beziehung zu ihnen konnte man eher als gemischt bezeichnen. Einige der Mitglieder mochte ich mehr, andere weniger, manche gar nicht. Zu meinen Freunden zählte ich dort niemanden.

Nun ging ich angespannt an den Gestalten vorbei und versuchte einen Platz möglichst weit weg von den Gruppen zu finden, die sich bei dem Baum gebildet hatten. Unser Sprecher hatte schon begonnen zu sprechen und seinen Stimme erhob sich über die anderen.

"Zu welchen Ergebnisen seid ihr im letzten Jahr gekommen?"

Eine piepsige Stimme meldete sich zu Wort: "Sir, ich habe mit der Familie, die Laborratten züchtet und verkauft, Kontakt aufgenommen, doch blieben alle Versuche, sie davon abzubringen erfolglos."

"Tierversuche sind abscheulich! Warum testen diese Leute das Zeug nicht an sich selbst?", antwortete ein anderer im missbilligenden Ton.

Mehrere wütende Stimmen erhoben sich.

"RUHE!", donnerte der Sprecher, "Wir müssen das Problem anders angehen. Rasin, nehme dir Felia und gehe noch einmal auf diese Menschen zu. Felia kann dabei im Geheimen agieren und dir helfen, die zu verteidigen."

Als mein Name erklang, wollte ich am liebsten unsichtbar werden. Ich sollte mit Rasin zusammenarbeiten! Sein ständiges Rumgewusel ging mir auf den Geist und überhaupt... warum ich?
 

Die Versammlung endete spät in der Nacht und ich versuchte, mich davonzustehlen, bevor es jemand bemerkte. Noch ehe ich den Wald verlassen hatte, hörte ich ihn hinter mir rufen und blieb resigniert stehen.

"Felia! Warte kurz!" Er kam neben mich. "Schön, dass wir zusammenarbeiten. Ich habe schon einen Plan. Wenn ich dort bin und es schaffe..."

Er redete, ohne mich auch einmal zu Wort kommen zu lassen. Am liebsten würde ich ihn erwürgen und dann zu meinem warmen Bett laufen.

"...jedenfalls würde ich sagen, wir treffen uns in zwei Nächten wieder und besprechen Weiteres."

Ich knurrte nur als Antwort, zu müde um etwas anderes darauf zu erwidern.

Fröhlich und voller Elan sprang er davon. Welcher Teufel ritt den nur immer?
 

Wir setzten die Aktion drei Tage nach unserem Treffen an. Das Haus der Familie war groß und sah teuer aus. Wahrscheinlich verdienten sie gut mit ihrem Handel.

Ich klingelte an der doppelten Eichentür und wartete. Mir wurde von einer hageren Frau geöffnet, die aussah als hätte sie in eine Zitrone gebissen.

"Was wollen Sie?" Ihre Stimme klang nicht anders als sie aussah. Ihr Blick fiel mit unverborgenem Abscheu auf die Ratte auf meiner Schulter.

"Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie mit Laborratten handeln."

"Was geht Sie das an? Ich kann Ihnen versichern, dass die Zucht absolut legal ist. Ich habe die entsprechenden Bescheinigungen bei mir."

"Wir aber sagen, dass es Ihnen nicht gestattet sei, diese sogenannte 'Arbeit' fortzusetzen. Zeigen Sie mir die benannten Papiere."

Sie sah mich unfreundlich an, sagte allerdings aus Protest: "Natürlich. Warten Sie einen Moment."

Als sie mir die Papiere gab, sah ich sie scheinbar beschäftigt durch. Anschließend gab ich sie der Ratte, wer sollte es anderes sein als Rasin, der sie sogleich verspeiste. War ich froh, dass die Rollen nicht anders verteilt waren.

Die Frau sprang sogleich auf Rasin zu, doch ich krümmte mich zusammen, wobei Rasin auf den Boden sprang und mit den restlichen Papieren zwichen den Zähnen außer Reichweite lief. Ich spürte, wie meine Kleider zu warmem Fell wurden und sich mein Körper geschmeidig bog. Aus meiner Kehle kam ein Fauchen und ich schlug meine Krallen in die Hand der Frau.

"Wer oder WAS sind Sie?" Panisch wich sie zurück.

Schweren Herzens wurde ich wieder ein Mensch und sah, dass auch Rasin wieder größer wurde.

"Wir sind die Brückentiere, dazu verdammt, halb Mensch, halb Tier zu sein und auf beiden Seiten zu leben. Wir stellen die Verbindung beider her, damit es möglich ist, allen Lebewesen einen Platz auf dieser Welt zu geben."

Während Rasin sprach, hörte ich die Polizei vorfahren, die wir im Vorhinein gerufen hatten.

Als diese das Haus stürmte, waren wir schon lange fort. Rasin wuselte wieder neben mir her.

"Danke Felia, du hast deine Rolle sehr gut gespielt."

"Ich beneide dich nicht um deine."

Rasin hatte nach der Aktion erst mal massig Schnee verdrückt.

"Ohne die Papiere konnte die Zucht nicht mehr als legal gelten. Es wird dort keine neuen Ratten geben."

Ich stimmte ihm brummend zu. Vielleicht war der Kerl doch nicht so schlecht wie zuvor angenommen.

FARBEN - Vom Sehen und Nicht-Sehen

Neulich, ich war mit meinen Eltern gerade auf einem Planeten außerhalb unserer Karten gelandet, lernte ich eine außergewöhnliche Rasse kennen. Er war trist, der Planet, die Bäume, solange man das dürre Gesteck, dem man gelegentlich über den Weg lief, so nennen konnte, waren grau, so wie der Himmel und die Erde. Nach ein wenig Herumgehen und sich die Beine vertreten konnte man schnell die ungewöhnlichen Gebilde, die, wie wir später herausfanden ihre Häuser waren, ausmachen. Nun, "sie" lernten wir erst kurz später kennen.
 

Gerade war ich aufgestanden (eine "Nacht" konnte man nur an der unterscheidenden Temperatur ausmachen) und trat gähnend in die Kammer unseres Living-Home-Shuttles, die von meiner Mutter liebevoll "Küche" genannt wurde. Als letztere mir eine heiße Schokolade vor die Nase stellte, kam von draußen ein undefinierbares Brummen unterteilt in unterschiedliche Längen und Tonhöhen. Wir hielten beide inne und auch mein Vater kam aufgrund der anhaltenden Töne in die Küche.
 

Nach dem ersten Kontakt stellten sich die Außerirdischen dieses Planeten als sehr freundlich und zuvorkommend heraus. Ihre Anatomie war allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. So waren sie beispielsweise sehr groß, fast riesig. Ihr plumper, irgendwie eckiger Körper wollte nicht recht zu den langen dünnen Armen und Beinen passen. Aber das ungewöhnlichste waren ihre Augen. Nun, sie hatten eben keine Augen, das war das Ungewöhnliche.
 

Nachdem uns eine besonders nette Ausgabe ihrer Spezies in sein "Gebilde" eingeladen hatte, kamen wir mithilfe des stets praktischen "Übersetzers-in-allen-Reiselagen-des-Universums" ein wenig ins Gespräch. Neugierig wie ich war stellte ich ihm allerhand Fragen, um so viel wie möglich über seine Rasse herauszufinden.

"Warum ist bei Euch alles so grau in grau?"

- "Grau? Was meint Er damit?"

"Nun… hier ist alles so trist so… farblos."

- "Ich kann Ihm nicht folgen. Er verwirrt mich mit Seinen Fragen."

"Aber seht doch nur den Himmel vor Eurer Türe"

- "Er verwendet Worte, die mir nicht bekannt sind"

Irgendwie kam ich darauf, dass dieses Gespräch zu nichts führte. Aber es fiel mir schwer, mich besser auszudrücken.

"Aber… wisst Ihr denn nicht, was Farben sind? Ein Sonnenaufgang in allen erdenklichen Rottönen? Ein Meer in tiefem Blau bis Grün? Habt Ihr noch nie eine Blume gesehen, die es in allen möglichen Farben gibt?"

- "Nein, diese Dinge sagen mir nichts. Kann man es hören?"

"Ja! Das Meer! Es ist ein wundervolles Grollen, sich bei jeder Welle immer wieder wiederholend-"

- "Er meint das große Rauschen!"

"Die Sonne kann man nicht hören, nur fühlen. Sie strahlt auf die Erde und wärmt die Seele."

- "Die allmächtige Wärme. Sie heizt unsere Häuser und auch unser Wasser."
 

Am Ende war ich um eine Erfahrung reicher. Ich verließ den Planeten mit der Erkenntnis, dass ein Lebewesen ohne die Gabe des Sehens glücklicher leben kann. Denn sie werden nicht von Illusionen verwirrt und getäuscht, was durch Farben zusätzlich verstärkt wirkt. Nach einigem Nachdenken über diese seltsame Spezies kam ich trotz vieler Einwände zu dem Schluss, dass kein Lebewesen, so wie der Mensch, von seiner Gabe des Sehens abhängig sein dürfe, wo sich auch zum Überleben nicht notwendig ist. Wer vertraut schon noch auf sein Gehör oder sein Gefühl? Seit dieser Zeit auf dem fremden Planeten bereitet es mir einen außerordentlichen Spaß mit verbundenen Augen durch die Gegend zu laufen, auch wenn ich nicht selten gegen die normalen Hindernisse des Alltags stieß. Solche unnützen Dinge hatte es in den Häusern des fernen Planeten natürlich nicht gegeben.
 

Aus: Der Bericht einer Reise, verschollen im Universum und weiter



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück