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An Angels Passion

News
von

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News

Vorweg sei gesagt, dass die Wortwahl in dieser FF nicht unbedingt die gesittetste ist, was allerdings hauptsächlich daran liegt, dass die Redewendungen auch zu den Personen passen müssen, die sie benutzen. Ganz wichtig und absolut unbedingt erwähnen muss ich, dass ohne Nikis Hilfe einige Dialoge so sicher nicht zu standegekommen wären. Soll heißen: Ohne sie wäre es nicht so gut geworden. Aber ... selber lesen und dann meckern ... oder loben.
 

YUMA NEWSPAPER – V-ANGEL ERNEUT ZU GESCHLAGEN
 

SHORTYNEWS–V-ANGEL LÄSST MUSEUMSWÄCHTER WIE HOHLKÖPFE AUSSEHEN
 

YUMA–MAGAZIN – V-ANGEL ÜBERFLIEGT NEUES SICHERHEITSSYSTEM
 

JOURNAL OF YUMA – V-ANGEL – MUSEEN BANGEN UM IHRE SCHÄTZE
 

„Diese Meldungen müssen enden“, erklärte der Kommandant verstimmt und schob die Zeitungen zu einem unordentlichen Haufen zusammen. Dann blickte er Saber Rider an. „Sagt Ihnen der Name Various etwas?“ fragte er. Saber nickte. Dafür fragte Colt: „Wer oder was ist ein Versus?“ und auch Fireball outete sich als Kunstbanause. „Hat der Rennwagen gebaut?“ April schüttelte tadelnd den Kopf und erklärte ihnen.
 

„Various war der Künstlername von Thomas Valerius. Der Mann war einer der begnadetsten Künstler, Bildhauer und Dichter gewesen, die es je gegeben hatte. Er war mit Shakespeare vergleichbar, was die Genialität seiner Werke betraf. Sein Hobby war die Archäologie gewesen und auch auf diesem Gebiet hatte er beachtliche Erfolge zu verzeichnen. In den Wirren des letzten Outrider-Krieges waren sowohl er als auch seine Arbeiten von der Bildfläche verschwunden.“
 

Der Kommandant nickte. „Über sein Privatleben ist jedoch nichts bekannt. Er verstand es meisterhaft, es vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Jetzt, da einige Museen seine Stücke ausstellen, kommt V-Angel ins Spiel.“ Er spie den Namen fast aus, so frustriert war er über die Angelegenheit. „Ein genialer, bisher nicht zu fassender, Dieb, der ausschließlich seine Werke entwendet.“ Das Team nickte verstehend. Durch die großen Fenster strömte helles Sonnenlicht herein und wärmte den kleinen, spartanischen Raum mächtig auf. Der Tag draußen war noch heißer und die Klimaanlage war außerstande das erträglich zu machen. Die Anwesenden schwitzten höllisch. „Ich mache es kurz“, fuhr der Kommandant fort. „Ich will, dass ihr euch darum kümmert. Aber Undercover. V-Angel ist leider sehr gerissen und würde jedes offizielle Eingriffen nur zum Vorteil nutzen.“ – „Haben wir Anhaltspunkte?“ fragte der Schwertschwinger sachlich. „Bis jetzt noch nicht. V-Angel liebt es, die Beutezüge anzukündigen. Bis jetzt haben wir noch keine Informationen dazu. Suchen Sie sich so lange ein passendes Quartier. Wir melden uns, sobald eine Nachricht eintrifft.“
 

Die Straße war viel befahren, lag nah an der Stadtgrenze zu Yuma und war daher ideal für den Rasthof, auch wenn er klein war. Aber die Fernfahrer hielten zum Tanken, Reifenwechseln, Übernachten und Essen. Der Umsatz konnte sich daher sehen lassen und die Betreiberinnen hatten alle Hände voll zu tun. Außerdem waren die vier jungen Frauen wegen ihrer unkomplizierten Art und ihrer hübschen Gesichter sehr beliebt bei ihrer Kundschaft. Die Regeln waren klar. Wer seine Hände nicht bei sich halten konnte, flog im hohen Bogen. Da waren die Ladies nicht zimperlich. Für Witze, auch wenn sie etwas derber ausfielen, und flotte Sprüche waren sie jederzeit zu haben. Egal, zu welcher Tages- oder Nachtzeit man hereinschneite, die Stimmung auf dem Rasthof war immer gut. Auch heute Abend war die Stimmung ausgelassen. Die Kleine mit dem dunkelroten Haar und den rosa Strähnen darin, balancierte geschickt mehrere Teller durch die Menge der Gäste und pfiff fröhlich vor sich hin. Dann verschwand sie hinter der Theke und schob die Teller durch eine Luke in der Wand in die Küche. Sie rief der Blondine in der Kochnische noch etwas zu und wand sich zu den vier Gästen am Tresen, die eben herein gekommen waren. „Hey, was kann ich für euch tun?“ Munter klimperte sie sie an. Der Typ mit dem Cowboyhut lehnte sich zu ihr. „Wir suchen ein Bett für ein paar Nächte“, erklärte er und lächelte sie charmant an. „Na, davon wird in meinen Unterlagen sicher keins frei“, meinte sie. „Vielleicht doch. Sieh mal nach, “ gab er lächelnd zurück. „Jo, mach ich doch glatt.“ Damit verschwand sie unterhalb des Tresens und suchte die Fächer nach dem Übernachtungsbuch ab. Von einem der Tisch her brüllte ein Trucker durch den Raum. „Passion, mein Schatz. Wo bist du? Was treibst du grad?“ – „Das geht dich gar nichts an“, kam es von unterhalb der Bar zurück. „Aber ich hätt‘ gern noch nen Kaffee, “ erklärte der Mann. „Warte, ich komm gleich, “ rief die Rothaarige noch immer nach dem Buch suchend zurück. „Könnte ich vorher meinen Kaffee haben?“ Sie fuhr in die Höhe und schaute verdattert in das zweideutig grinsende Gesicht des Gastes. Das Lokal bebte vor Lachen. Die Kunden grölten. Sie schaute über den Thekenrand, als hätte er sie tatsächlich dabei gestört. Auf ihrem Gesicht erschien ein munteres Grinsen. „Wenn du mir jetzt zur Hand gehen willst, kastrier ich dich, das steht mal fest“, versetzte sie heiter. „Oho“ ertönte es im Restaurant. „Mit den Mädels muss man vorsichtig sein“, erklärte irgendwer aus dem Gastraum. Passion schlug das Buch auf den Tresen und blätterte darin. „Ah, zwei Doppelzimmer, “ bemerkte sie. „Ist das okay?“ fragte sie dann das Quartett. Die nickten. „Na, da kann ja wohl doch einer zaubern.“ Mit dieser Feststellung drehte sie sich zur Seite und kramte die entsprechenden Schlüssel hervor. „Wollt ihr noch was futtern oder haut ihr euch gleich in die Koje?“ – „Ich denke, wir gehen erstmal auf die Zimmer“, erwiderte der Blonde und nahm ihr die Schlüssel ab. „Alles klar. Da zur Tür wieder raus. Zweimal links und ihr steht vor dem Moteleingang. Die Zimmer sind im zweiten Stock. Wenn ihr was braucht, einfach ansagen, “ informierte sie locker, schnappte sich die Kaffeekanne von der Warmhalteplatte und marschierte zu dem Gast, der das Getränk geordert hatte.
 

Das Quartett traf sich in dem Zimmer, welches sich der Blonde und der Cowboy teilten. „Wo ist euer Zimmer?“ fragte der Blondschopf die beiden Eintretenden. „Gleich neben an, “ erwiderte das Mädchen. Ihr Begleiter schloss die Zimmertür und setzte sich auf das Bett neben dem Cowboy. „Man hier geht was“, stellte er fest. Sein Nebensitzer schaute ihn grinsend an. „Wenigstens fallen wir in dem bunten Haufen nicht auf, Niki Lauda“, meinte er. „Na, ich weiß nicht“, wiegte der daraufhin den Kopf. „Unser Oberheld ist doch etwas zu vornehm für den Laden hier. Was meinst du, April?“ Die Gefragte nickte. „Ich schätze ja.“ – „Ich arbeite dran“, seufzte der Recke. Dass seine gute Kinderstube mal zu seinem Nachteil gereichen würde, hätte er nicht gedacht. „Und jetzt?“ wollte April wissen. „Halten wir uns zurück“, erwiderte Saber. „Der Auftrag lautet: Undercover. Also sehen wir zu, was wir aus den vergangen Überfällen an Informationen über V-Angel bekommen können und dabei so wenig wie möglich auffallen.“ Colt ließ sich auf Bett sinken. „Ich hasse dieses bekloppte Abwarten, bevor wir was tun können, “ meinte er. „Aber die Matratzen sind super.“ Fireball grinste. „Du bist und bleibst ein Faultier.“ Sofort fuhr der Kuhhirte hoch. „Stimmt gar nicht. Ich werde jetzt nämlich arbeiten und ein paar allgemeingültige Infos über V-Angel sammeln gehen.“ Damit stand er auf und verließ das Zimmer. Verwundert schaute April ihm nach. „Seit wann recherchiert er denn so gern?“ Der Rennfahrer lachte. „Seit es da unten ein rothaariges, schlagfertiges Mädchen namens Passion rumspringt.“ Saber runzelte die Stirn. „Vielleicht sollten wir auch runtergehen. Etwas essen und darauf achten, dass unser Casanova sich nicht wieder in Schwierigkeiten bringt und dadurch am Ende unsere Tarnung platzen lässt, “ schlug er vor. „Einverstanden, Boss. Was zu futtern, kann ich gut vertragen.“ Fireball erhob sich und folgte seinem Vorgesetzen und April.
 

„Junge, halt die Griffel bei dir, oder es setzt was.“ Die Erklärung des grünhaarigen Punkgirls war eindeutig, aber der Angesprochene offensichtlich begriffsstutzig. Er langte prompt nach ihrer Sitzfläche. „Stell dich nicht so an, Girlie“, meinte er dreckig grinsend. Kaum hatte er die Hand ausgefahren, da griff das Mädchen nach seinem Hemdkragen und beförderte ihn über ihre Schulter auf den Boden, dass es knallte. Er stöhnte. „Ist dir jetzt klar, was ich meine, wenn ich sag: Griffel weg?“ fragte sie forsch, hielt ihm immer noch am Arm und bog die Finger seiner Hand in Richtung seines Ellenbogens. „Jjaja“, stammelte der. Sie ließ ihn los. „Na, da kannst du aber von Glück sagen.“ Sie trat einen Schritt zurück und wies zur Tür. „Und jetzt raus, bevor ich dir die Oliven zu deinem Martini nehme.“ Der Langfinger erhob sich ächzend und trollte sich. Man, die Frauen hier hatten echt Power. Anerkennend pfiff Colt vor sich hin und wand sich wieder zu Passion an der Bar. Die lachte munter über die Szene. „Faith, was ist los? Gab es nix in der Garage zu tun, dass du noch soviel Energie hast?“ Der grüne Strubbelkopf wurde geschüttelt. „Nö, da war genug los, Passi.“ Faith setzte sich neben Colt an die Theke. In dem Moment kamen dessen Kollegen herein. Die wirren Strähnen der Schlagkräftigen fuhren herum. Sie musterte die drei und wollte dann wissen. „Wo kommt der Stockfisch her?“ Passion stellte das eben getrocknete Glas ab und warf ihr einen tadelnden Blick zu. „Die vier sind Gäste. Heute gekommen, also reiß dich.“ Die Kritisierte rollte die Augen. „Wenn das tatsächlich ein Stockfisch wär“, grinste die Barmaid. „würde er schon längst bei Love in der Pfanne liegen.“ Damit reichte sie der anderen ein Tablett. „Los, mach dich nützlich und hilf mir beim Abräumen.“ Noch einmal rollte die die Augen und trotte los. Passion schob sich hinter der Theke vor und an Colt vorbei. Der konnte sich bei dem Anblick ihrer entzückenden, rückwärtigen Rundung in der engen Jeans nicht beherrschen und gab ihr einen Klaps darauf. Prompt fuhr sie herum und griff zielsicher an die empfindliche Stelle zwischen seinen Beinen. „Hah“, entfuhr es ihm geschockt. Mit aufgerissenen Augen schaute er sie an. „Nur gucken, Cowboy. Nicht anfassen, “ erklärte sie trocken. „Oh, okay, “ versicherte er hastig. „Kapiert.“ Sie ließ los und kümmerte sich um das Geschirr auf den Tischen. Fireball schlug grinsend seinem Kameraden auf die Schulter. „Das ist die erste Frau, die dir nicht alles durchgehen lässt“, meinte er amüsiert. „Waren ja nicht deine Heiligtümer“, knurrte der zurück. Von einem der Tische krähte die Punklady. „Wenn ihr eure Kauleisten noch bewegen wollt, sagt gleich Bescheid, bevor Love Feierabend macht.“ Während sie aßen, leerte sich das Restaurant. Passion deckte die Tische ab. Faith folgte ihr und wischte die Tischplatten sauber.
 

In der Küche wurde mit Geschirr geklappert und ausgenommen der vier, waren keine Gäste mehr im Lokal. Da ging die Tür auf und eine große, schlanke Frau trat ein. Sie trug ein dunkelblaues Kostüm und hatte ihr weißes Haar zu einem scheitellosen Dutt aufgesteckt. Sie sah sich kurz um, registrierte das Quartett an der Bar und lächelte, als sie Passion und Faith erblickte. „Diva“, ertönte es gleichzeitig aus deren Mündern. Sie legten ab, was sie in den Händen hatten und kamen auf sie zu. Die Frauen umarmten sich zur Begrüßung. „Wie geht’s dir, Search. War ja ein langer Tag?“ meinte Faith. Besonders ihre Erscheinung hob sich extrem von der, der Weißhaarigen ab. Ihr wirres, grünes Haar, das helle Shirt unter dem übergroßen beigeen Hemd und die schlabbrige, schwarze Hose mit den seitlich aufgesetzten Taschen unterstrichen ihr punkiges Aussehen genauso wie ihr taffes Mundwerk und die rüden Umgangsformen, die sie seither an den Tag gelegt hatte. Passion war ebenfalls etwas weniger elegant, aber genauso modebewusst gekleidet, wie die Hochgewachsene. Ihre hautenge Hüftjeans betonte sowohl ihre schlanken Beine und den wohl geformten Po, wie auch die schwungvollen Kurven ihrer Taille. Unter dem knappen, schwarzen Top zeichneten sich auch die höheren Rundungen klar ab. Sie hatte ein Nabelpiercing, dessen rote Steine gelegentlich im Licht aufblitzen. Vier schlichte, schwarze Linien waren darum tätowiert, so dass es wie das Glaubenssymbol der Christenheit aussah. Unwillkürlich fragten sich die Vier, ob sie tatsächlich an Gott glaubte oder das Kreuz schlichtweg als modisches Assecoir mochte. Die Küchentür öffnete sich und eine, etwas kräftiger gebaute, Blondine trat in den Gastraum. „Diva“, grüßte auch sie fröhlich. Search breitete ihre Arme aus und drückte sie an sich. „Na, alles klar?“ Die Gefragte wickelte ihre Küchenschürze ab und nickte. Trotz ihrer etwas dicklicheren Erscheinung stimmten die Proportionen. Praktischerweise war sie mit einem weiten Poloshirt und einer bequemen Hose bekleidet. Beides war weder sonderlich chic, noch figurschmeichelnd, doch es erfüllte sicher seinen Zweck bei der Küchenarbeit. „Vielleicht bin ich jetzt übertrieben neugierig“, begann April. „Aber wie gehört ihr zusammen?“ Die Blondine lächelte ihr zu. „Wir sind Schwestern“, erklärte sie. „Das ist Search. Sie arbeitet im Museum of Art als Sachverständige. Unseren Struwwelpeter Faith kennt ihr schon. Sie ist hier am Rasthof unsere Mechanikerin. Ich bin Love und kümmer mich um die Küche. Unser Nesthäkchen Passion hilft mir im Restaurant und mit den Gästezimmern.“ April nickte langsam. „Ihr seht euch so gar nicht ähnlich. Ich kenne kaum unterschiedlichere Schwestern, als euch, “ stellte sie fest. „Von kennen kann keine Rede sein, „ versetzte Faith prompt. „Du siehst uns heute schließlich zum ersten Mal.“ Aus irgendeinem Grund missfiel der Blonden die Antwort. Weniger wegen des patzigen Tonfalls, viel mehr deshalb, weil der Kommentar so rasch gekommen war. Wie bei jemanden, der einer Lüge ertappt worden war. Search schaltete sich dazwischen und wies ihre Schwester in die Schranken. „Sei nicht immer so unhöflich. Sie sind Gäste, “ mahnte sie. „Ich hatte einen beschissen, stressigen Tag, “ rechtfertigte sich der Zauskopf. „Den hatten wir alle, “ gab die Große zurück, ruhig und sachlich ohne eine Miene zu verziehen. „Aber da kann sie nichts dafür.“ Dann hakte sie sich bei Passion unter. „Wie lief es heute in der Uni?“ fragte sie und zog den Rotfuchs mit sich fort. Love räumte die leergegessen Teller ab und verließ mit der unwirschen, weil müden, Faith und dem Quartett das Lokal. Sie verabschiedeten sich und wünschten einander eine gute Nacht.

Schatz der Prärie

„Ich hole mir heute Nacht den ‚Schatz der Prärie‘ – V-A“
 

Mehr stand nicht auf der Visitenkarte, welche Commander Luza der Ramrodcrew reichte. „V-Angel“, knurrte er dabei. „Dreist genug, das Verbrechen anzukündigen.“ – „Beinahe, als gäbe er uns die Chance ihn aufzuhalten. Wenn wir es nicht schaffen, das zu verhindern, sind wir mit schuld an der Tat, “ überlegte Saber laut. „Bereiten wir uns also vor, “ entschied Fireball. Colt nickte. „Wie ist der Raum gesichert?“ fragte er. Luza breitete auf dem Tisch vor ihnen einen Raumplan aus. „Wir haben Bewegungsmelder hier, hier und hier.“ Er tippte auf die entsprechenden Punkte. „Dann noch Lichtschranken in den Bereichen und ein Lichtfeld vor dem Objekt der Begierde, das sich an dieser Wand befindet.“ Er wies auf die Stelle. „Damit das Gemälde keinen Schaden nimmt ist ein Abstand von fünfzig Zentimetern zwischen Feld und Bild und endet knapp sechzig Zentimeter unterhalb der Glaskuppe“, erklärte er dann. Das Team nickte. „Machen wir uns bereit.“
 

Die Nacht war mondlos und schwarz. Ohne die künstlichen Lichter wäre alles in unwirklichen Schatten verschmolzen. Doch sehr viel realer schien das, was sie sahen auch nicht. Die Gestalt war am Glasdach kaum auszumachen. Sie war ebenso schwarz wie der Himmel hinter der Scheibe. Geräuschlos und geschmeidig glitt sie hinab, schob sich problemlos durch die Lücke zwischen Lichtfeld und Raumdecke und landete behände in dem schmalen Raum hinter dem Schutzschild und dem Objekt ihrer Begierde. Einen Augenblick lang betrachte die Erscheinung das Gemälde, dann hob sie es behutsam von der Wand und löste es fachmännisch und lautlos aus dem Rahmen. Dann wurde die Leinwand zusammengerollt und sorgsam in eine Bilderrolle. Die Rolle schnallte sich die Gestalt auf den Rücken und wollte eben den Weg, den sie gekommen war, zurückverfolgen, als jemand rief: „Denk nicht mal dran.“
 

Aus den vier Ecken des Ausstellungsraumes traten Colt, Fireball und April. Saber trat hinter dem Täter auch aus seinem Versteck. Der Dieb wand sich überrascht nach allen Seiten. Die Starsheriffs näherten sich ihm. Er musste handeln. Mit zwei schnellen Schritten stieg er die Wand hinauf und sprang von dort aus elegant über die Lichtmauer. Lautlos landete er auf der anderen Seite und hatte das Überraschungsmoment für sich. Mit solch akrobatischem Geschick hatten sie nicht gerechnet. Im schwachen Schien der Leuchtwand war nur die schwarze Kleidung zu erkennen, die ihn einhüllte. Colt zog seinen Blaster. „Nur keine Zicken“, mahnte er. Der Dieb glitt aus dem Schussfeld und warf sich auf den Boden. Von dort stützte er sich mit den Händen ab und ließ seine Beine durch die Luft sausen. Der Tritt, den der verdatterte Rennfahrer umwarf, war nicht kräftig, aber schwungvoll. Der Scharfschütze schaute verblüfft zu seinem Hombre, da bekam er ebenfalls zwei Kicks ab. Der erste riss ihm die Waffe aus der Hand. Der Zweite sorgte für eine unsanfte Landung neben dem Kameraden. Der Einbrecher sprang über die beiden hinweg und flüchtete in Richtung des Museumsvorraums. Saber und April nahmen die Verfolgung auf. Colt und Fireball rappelten sich hoch und setzten ihnen nach. Der Dieb war schnell und schien seinen Weg zu kennen, denn er sich den verborgenen Lichtschranken geschickt aus, als wüsste er genau, wo sie verborgen waren. Längst hatten die Bewegungsmelder die Sirenen ausgelöst. Doch versagte hier die Zusammenarbeit zwischen den Museumswächtern und der Ramrodcrew. Die Wächter waren davon ausgegangen, dass die Besatzung des Friedenswächters V-Angel fassen würde und hatten ihre Posten verlassen. Deshalb waren sie nicht zur Stelle um den Dieb im Vorraum abzufangen. Im Laufen riss Saber seine Beine vor, glitt dem Flüchtigen zwischen dessen und brachte ihn hart zu Fall. Der Recke erhob sich. Gleichdarauf erreichten Fireball und Colt den Raum. April fand den Lichtschalter und knipste die Beleuchtung an.
 

Sie rissen die Augen auf. Der enge, langärmlige Overall verriet deutlich, dass es sich bei V-Angel um eine Frau handelte. Ihr Gesicht war jedoch vollständig maskiert. Man konnte nicht mal ihre Augen sehen, da eine Sonnenbrille, oder etwas, dass so aussah, sie bedeckte. Der Dieb V-Angel war eine Diebin. Kein Zweifel. Saber starrte fassungslos auf die Liegende. Hinter ihm meldete sich Colt tadelnd: „ Das ist dir doch hoffentlich jetzt peinlich, Säbelschwinger.“ Der Gefragte wurde rot und knurrte zurück. „Was für eine Frage.“ V-Angels nutze die Gunst des Augenblickes und feuerte einen kleinen Haken aus dem kleinen, dunklen Kasten an ihrem Arm in die Höhe des, ebenfalls glasüberdachten, Vorraumes. Ein Drahtseil spannte sich und rollte sich an einer Spule innerhalb des Kastens auf. So schoss V-Angel mit den Beinen voran durch die Luft und die Scheibe in deren Rahmen der Haken steckte. Dann verschluckte die Nacht sie. „Und das ist dir jetzt hoffentlich noch peinlicher!“ ließ sich der Cowboy vernehmen. „Colt, wenn du nichts nettes zu sagen hast, halt einfach den Mund“, gab der Blondschopf zurück und schüttelte fassungslos über sich selbst den Kopf. Fire klopfte grinsend Colt auf die Schulter. „Ich wette, du kriegst als nächstes die Chance, es besser zu machen.“ Der grinste zurück: „Besser auf jeden Fall. Im Gegensatz zu unserm Oberheld schlag ich die Frauen nicht in die Flucht. Und schon gar nicht so wortgetreu.“ Der Rennfahre lachte: „Ja, du kriegst von den Weibern nur ordentlich eine auf die Rübe.“ Prompt meldete April. „Das letzte Mal ging es ja eher in die Hose.“ Der Scharfschütze errötete. Saber wand sich zu ihnen um. „Leute, bitte! Könnt ihr euch wieder auf den Diebstahl konzentrieren?“ Gespielt unschuldig fragte der Scharfschütze nach: „Was gibt es da noch zu konzentrieren. Das Bild ist weg.“ – „Und die Diebin auch, “ fasste Fireball zusammen, aber weder er noch Colt konnten sich das Lachen verkneifen. „Und wenn du sie dir nicht so genau angesehen hast, wie es ausgesehen hat, dann haben wir nicht einmal einen Hinweis, “ ergänzte April munter. Neckend erwiderte Fire: „Das wird ihm nicht viel nutzen. Bei den Kurven ist ihm sicher schwindlig geworden.“ April stieß ihren Freund an und grinste schelmisch. „Ja, nicht jeder hat so eine gute Kurvenlage wie du, Matchbox.“ Der Schwertschwinger unterbrach die unangenehmen Scherze seiner Kollegen. Am liebsten wäre er nämlich vor Scham im Boden versunken. „Ich geh mir die Aufzeichnungen der Überwachungskameras ansehen. Vielleicht geben die ja Aufschluss, “ sagte er und verließ den Raum. Mit einem immer noch erheitertem „Ich komm mit, die Kurven will ich mir auch noch mal genauer ansehen“, folgte Colt ihm.
 

Am folgenden Morgen war Passion die erste, die in die Stadt fuhr. Da die Vorfälle der letzten Nacht den Blondschopf nicht hatten schlafen lassen, bat er sie ihn mit zu nehmen. Er sagte ihr jedoch nicht, warum er mitfahren wollte, schließlich war die Sache eine Undercover-Mission. Schon bald nach dem sie losgefahren waren, stellte Saber fest, dass dies nicht seine klügste Entscheidung gewesen war. Nicht nur, dass Passions Fahrweise, gelinde formuliert, recht schwungvoll war, sie fluchte zu dem noch wie ein Rohrspatz über die anderen Verkehrsteilnehmer. Die Stimmung des Recken, die schon nicht die beste war an diesem Morgen, litt darunter sehr. An einer kleineren Kreuzung nahm ein anderer Autofahrer ihnen die Vorfahrt, worauf hin Passion herzhaft „Du blöder, kleiner Flachwichser“ fluchte und Sabers Geduldsfaden zum reißen brachte. Entsetzt entfuhr es ihm: „Ich glaub, ich hab mich grad verhört? Nicht mal der Rennfahrer flucht so derb. Passion, das gehört sich doch nicht für eine junge Frau.“ Die amüsierte sein Tonfall. „Bitte? Ich nenn die Dinge beim Namen. Was ein ‚Scheißklavier‘ ist, bleibt eins auch wenn man es ‚Kotflügel‘ nennt.“ Damit mochte sie Recht haben, dennoch beharrte er: „Ein bisschen bessere Umgangsformen könnten dir nicht schaden.“ – „Darüber hat sich noch keiner beschwert“, entgegnete sie leichthin. „Dann hast du den falschen Umgang“, stellte er fest. Skeptisch hob sie die Augenbrauen und schielte zu ihm hinüber. Kritisierte der gerade ihre Schwestern? So lange kannte er sie doch nicht. Was fiel dem also ein. „Hast du was an meinem Umgang auszusetzten?“ hakte sie deshalb nach. „Wenn du mich so fragst: Ja! Ein hübsches Mädchen wie du sollte nicht so reden. Das passt doch nicht, “ erklärte er und sah aus dem Fenster. „Was bitte hat das jetzt mit meinem Aussehen zu tun?“ fragte sie, dann bremste sie scharf, weil jemand ohne zu blinken aus einer Parklücke fuhr, und schrie durchs geöffnete Fenster auf ihrer Seite: „Erst den Kopf aus der Erde ziehen und dann fahren.“ Das war ja nicht zum aushalten. Genervt erwiderte er: „Weil man das von einer jungen Dame nicht erwartet. Und bitte hör endlich zu fluchen auf.“ Schon zum Trotz tat sie es nicht. „Verdammt noch mal. Faith hatte Recht. Du bist ein Stockfisch, “ stellte sie klar. Trocken antwortete Saber: „Nein, nur gut erzogen.“ Lachend gab Passion zurück: „Oh, bitte. Gut erzogen würd ich das nicht nennen, wenn jemand mit einer Latte im Arsch durch die Gegend läuft.“ So viel Unverschämtheit trieb dem Recken die tiefe Schamesröte ins Gesicht. Beinahe wäre er aus dem Sitz gerutscht. „Oh Gott, wo bin ich da bloß rein geraten? Schon mal was vom blauen Blut gehört?“ Sie verstand die Andeutung auf seine adlige Herkunft sofort, war aber kaum dadurch zu beeindrucken. „Blaues Blut. Ach du Scheiße, “ lachte sie auf. „Was hockt denn da in meinem Auto. Da ist meine Granny gar nicht vornehm genug für deine Visage.“ Granny war der Name ihres Autos, weil dies schon recht altes Model war. „Noch eine, die ihrem Auto Namen gibt?“ Er verdrehte die Augen. „Es würde mir schon vornehm genug sein, wenn du anstatt zu fluchen, den Mund halten würdest.“ Ungerührt erhielt er zur Antwort: „Willst du mir in meinem Auto den Mund verbieten. Dann steig aus. Aber bilde dir nicht ein, dass ich extra für dich anhalten werde.“ Da sie gerade auf der Stadtautobahn fuhren, entgegnete er: „Ich verzichte aufs Aussteigen, aber das nächste Mal nehm ich mir Ohrstöpsel mit.“ Er hatte keinen Zweifel daran, dass sie ihn bei voller Fahrt rausschmeißen würde. „Oho“, ertönte es nun munter von der Fahrerseite. „Das ist lustig. Du willst freiwillig noch mal Taxi Passion nutzen. Hart im nehmen was?“ grinste sie vieldeutig. Sein Blick blieb unverändert aus dem Fenster gerichtet. „Die drei Chaoten schon gesehen, mit denen ich unterwegs bin? Das härtet ab.“ Jetzt lachte sie laut auf. „Das sind doch keine Chaoten. Da hab ich es schon mit ganz andern Kalibern zu tun gehabt. Du willst abgehärtet sein? Du Weichei.“ Spätestens jetzt war klar, dass sie vor Adligen oder anderweitig bessergestellten Personen überhaupt keine Achtung hatte. Saber hatte ihr mit dem Hinweis auf seine Herkunft nur eine gute Angriffsfläche geboten und sie nutzte sie sofort gnadenlos. „Abwarten, bis sie volle Fahrt aufnehmen, dann weißt du, wovon ich rede“, gab er lahm zurück. „Kannst du jetzt endlich weniger aggressiv fahren? Die anderen haben auch ein Recht, die Straße zu nutzen, “ wollte er dann ungeduldig wissen. Ungerührt konterte sie: „Ich fahre, nicht du, also Klappe halten. Du bist doch angeschnallt.“ Prompt gab sie doch glatt noch ein bisschen Gas und überholte recht riskant das Fahrzeug vor ihnen. „Ein Hobbyrennfahrer?“ Er begann schon religiös zu werden. „Ich will lebend in der Stadt ankommen, ansonsten hätt ich auch mit meinem Kumpel herfahren können.“ Kaum hatte er das ausgesprochen, fragte er sich, warum er nicht gewartet hatte, bis Fireball ausgeschlafen war. Die Fahrt wäre nur halb so schlimm geworden, da der Pilot wesentlich weniger fluchte. Passion amüsierte die ganze Fahrt immer mehr. „Ich hab schon immer das Gegenteil gemacht, von dem, was man mir gesagt hat. Das war viel lustiger. Regeln sind schließlich dazu da um gebrochen zu werden, “ erklärte sie munter. „Ok, dann bring mich jetzt bitte um, “ versetzte der Blondschopf trocken und testete gleich ihre Worte auf den Wahrheitsgehalt. Der Rotfuchs grinste breit: „Nö. Es ist besser, wenn du lebst. Wenn du tot bist, kann ich dich ja nicht mehr quälen.“ Na, wenigstens ein kleiner Lichtblick. Dennoch hielt der Säbelschwinger sich die Hand vor den Kopf. „Ich muss vollkommen übergeschnappt sein“, stellte er fest und wollte dann wissen: „Wie viele Verkehrsunfälle hast du heute schon verursacht?“ Vergnügt gab sie Auskunft. „Hab meine Quote noch nicht erfüllt, aber der Tag ist ja noch lang.“ Der Recke schüttelte den Kopf. „Ist deine ganze Familie so ...verquer?“ – „Verquer?“ wiederholte sie. „Wo hast du die abgedroschen Redensart her. Wir haben Willis Jahrhundert schon längst verlassen, falls es dir noch nicht aufgefallen ist.“ Gereizt entgegnete er: „Ja, wenn ich dir so zuhöre, sind wir wieder im tiefsten schwarzen Mittelalter gelandet.“ Sie runzelte die Stirn. „So weit zurück meinte ich eigentlich nicht. Willi hat doch nicht im Mittelalter gelebt.“ Worauf wollte der jetzt hinaus? Da folgte auch schon die Antwort auf ihre unausgesprochene Frage. „Ich rede ja auch von deiner und nicht von meiner Ausdrucksweise, Passion.“ Verstehend grinste sie. „Ach so, du hoffst darauf, dass die Hexenverbrennung wieder eingeführt wird.“ Der Recke nickte. „Du wärst die erste, die ich auf den Scheiterhaufen schmeiße.“ Wieder lachte sie laut und herzlich. „Meine persönlich Bestleistung. Du kennst mich kaum einen Tag und hasst mich mit der Glut von tausend Sonnen.“ Er grinste: „Tausend und einer.“
 

Damit hatte sich das Blatt gewendet. Passion, die grundsätzlich jeden Schlagabtausch genoss, weil sie darin immer überlegen war, hatte eben ihren Meister gefunden. Denn die gute Kinderstube brachte auch eine gute Bildung mit sich und Saber verfügte über beides. Passion beschlich das unangenehme Gefühl, ihn unterschätzt zu haben. Sie war ein intelligentes Mädchen, dem man nur schwer gleich kommen konnte, doch Saber, so schien es nun, war ihr ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen. „Klugscheißer. Müsst ihr Snobs immer das letzte Wort haben?“ gab sie zurück und versuchte sich das leise Unbehagen nicht anmerken zu lassen. „Unbedingt“, antwortet er und musterte sie. „Das verträgst du wohl nicht?“ Volltreffer. Er hatte sie kalt erwischt. „Ich muss nicht das letzte Wort haben“, parierte sie sofort und er besaß genug Menschenkenntnis um zu wissen: Sie musste wohl. „Es sei denn es kommt von so einem blaublütigen Softie wie dir“, fügte sie hinzu. „Wenn du meinst“, sagte er leicht hin und lehnte sich zurück. Das ganze fing an ihm Spaß zu machen. In sich hinein grinsend registrierte er die kleine, unwillige Falte auf ihrer Stirn, die ihren Trotz verriet. Er fand, dass in gewisser Weise sogar recht nett und wartete gespannt auf ihre Fortsetzung des Streitgesprächs. Unauffällig linste sie zu ihm und fragte beiläufig: „Bequem so?“ Im nächsten Moment überholte sie noch weit knapper als beim ersten Mal einen anderen Verkehrsteilnehmer, so dass es Saber tatsächlich im Sitz herumriss. Doch es hob ihn nicht an, wie sie erwartet hatte. Sie konnte ja nicht wissen, dass er es durch Fireball Beschleunigungen in Ramrod schon gewöhnt war. „Ich mag Angstschweiß“, kommentierte er das Manöver gelassen. „Hast du überhaupt einen Führerschein?“ – „Logo, letztes Jahr beim Oktoberfest geschossen.“ Er nickte. „Das wollt ich hören. Hoffentlich bezahlt meine Lebensversicherung, wenn du mich umgebracht hast.“ – „Ich dich umbringen? Vorher erfrierst du an deiner eignen Coolness.“ Aus dieser Antwort klang auch hervor, wie sehr es sie ärgerte, dass er ihr nicht länger eine Angriffsfläche bot. Immer breiter in sich grinsend gab Saber zu: „Die ist angeboren. Und nebenbei bemerkt: ziemlich nützlich.“ Vor allem jetzt, da es ihm ermöglichte sie nun ihrerseits aus der Reserve zu locken Doch gab sie den Versuch bei ihm auch nicht auf. „Nützlich. Die dürfte nur Frostbeulen verursachen. Pass auf das du bei dem Sonnenschein draußen nicht schmilzt, du Schneemann, “ konterte sie. „Pass auf, dass dich die Sonne nicht blendet, die von mir abprallt, “ schlug er verbal zurück. Ihrer unterkühlte Feststellung „An dir prallt so einiges mehr ab, als die Sonne“ begegnete er mit einem lockeren „Das weiß ich“ und brachte sie so immer näher an ihre Grenzen. „Und ist das Leben ohne Freund schön?“ versuchte sie ihn erneut zu provozieren. „Ich hab Freunde. Vielleicht nicht so gut, wie ich dachte, “ Dabei dachte er daran, wie sie ihn in der vergangen Nacht gepisakt hatten. „aber sie sind da, wenn man sie braucht.“ – „Wie viel zahlst du ihnen dafür?“ hakte sie nach. Da musste doch noch irgendwo ein wunder Punkt sein? Doch er lachte nur. „Nicht genug“ Passion schwieg frustriert und konzentrierte sich auf den Straßenverkehr. Nein, mit so einem Duellgegner auf der Kommunkationsebene hatte sie wirklich nicht gerechnet. Die meisten Männer stellten für sie keine Herausforderung dar. Tatsächlich langeweilten sie sie schon nach einem kurzen Gespräch, weshalb Passion noch nie eine Beziehung geführt hatte. Die Liste ihrer Verabredungen war dafür umso länger. Ganz selten war ein Mann es ihr wert gewesen, sich ein weiteres Mal mit ihm zu treffen. Spätestens nach dem dritten Rendezvous konnte er ihre Ansprüche nicht mehr erfüllen. Ihr Hauptanspruch war der, dass sie von ihm etwas lernen konnte, dass er sie geistig forderte. Doch so ein Mann war ihr nie begegnet. Bis zu dem, der da neben ihr im Auto hockte und der war dummerweise aus der, für sie so verachtenswerten, besseren Gesellschaft.
 

„Wie schmerzhaft ist das, sich Metall durch das Fleisch zu bohren? Und das auch noch freiwillig?“ fragte der nach einer Weile der Stille und deutete auf ihr Piercing. Sie trug Hüftjeans, die so tief saßen, dass sie sich lieber nicht darin bückte, sonst würden sie etwas entblößen. Dazu eine helle Seidenbluse, die unter der Brust verknotet war. Freie Sicht also auf ihr Schmuckstück. „Tut nicht mehr weh, als sich ein Ohrloch stechen zu lassen. Aber so Memmen wie du würden es doch nicht verkraften. Das Tatoo schon dreimal nicht.“ Endlich sah sie eine Chance ihn wieder anzugreifen. „Ich steh nur nicht drauf, meinen Körper zu verunstalten. Der gefällt mir so, wie er ist, gut genug, “ gab er trocken zurück. „Ah ja. und ist das auch noch so, wenn du dich ausgezogen hast?“ Na also, es ging doch. „Klar. Aber das wirst du nie sehen.“ Von wegen. Die Antwort war gut gewesen. „Bilde dir bloß nicht ein, dass ich das will. Eher leg ich mir einen Keuschheitsgürtel an, “ versetzte sie und konnte den gereizten Unterton nicht unterdrücken. „Brauchst du nicht, “ setzte Saber nun noch eins oben drauf. „Dafür hast du deine große Klappe.“ Durch ihre verschlechterte Stimmung war ihr nächster Konter nicht der Beste. „Die meisten Männer mögen sie.“ Doch hatte sie ihm nun eine Schwachstelle präsentiert. „Nur, wenn sie einen Weg finden, sie dir zu stopfen.“ Er gestand sich selbst ein, dass das etwas unter die Gürtellinie geraten war, aber da sie dies zuvor pausenlos mit ihm gemacht hatte, fand er den Ausrutscher nicht so tragisch. Sie hingegen schon, wie er feststellte, als sie mitten auf der Fahrbahn eine Vollbremsung hinlegte. Hupend und schimpfend wichen die anderen Autos aus. Doch sie hatte kein Gehör dafür. Ihr Beifahrer hatte gerade gewaltig an ihrem Stolz gekratzt. „Noch so einen Spruch und ich stopf dir deine auch“, drohte sie böse. Irgendwie wirkte sie aber gerade jetzt ausgesprochen anziehend. Der beste Beweis dafür, dass Passion nicht nur Name sondern auch Programm war. Es reizte ihn, sie zu ärgern. „Versuchs nur“, forderte er sie auf, unterdrückte aber das Lächeln. Ein hübscher Vulkan. Passion fuhr auf den Seitenstreifen, schnallte sich ab, stieg aus, ging ums herum Auto und riss die Beifahrertür auf. „Das kannst du haben.“ Damit versuchte sie ihn abzuschnallen und aus dem Auto zu werfen. Hier und jetzt. Sollte er zusehen wie er in die Stadt und wieder zurückkam. Ihr war es egal. Doch damit verschätzte sie sich bei Saber gewaltig. Der ahnte, was sie vorhatte und packte ihr Handgelenk, ehe sie auch nur in die Nähe des Gurtes damit kam. Schwungvoll riss er sie zu sich auf den Schoss. „Der Versuch ist daneben gegangen“, erklärte er und grinste überheblich, was sie zusätzlich auf die Palme trieb. „ Jetzt sieh zu, dass du mich in die Stadt bringst“, forderte er sie auf. Sie versuchte sich zu befreien, doch sein Griff lockerte sich nicht. „Lass mich los“, fauchte sie. Er amüsierte sich köstlich, dass konnte sie an seinem Gesicht erkennen. „Sag bitte“, stichelte er. „Flott“, rief sie barsch. Aber er hatte noch immer die Oberhand. „Hab ich das magische Wort schon gehört?“ Jetzt riss ihr der Geduldsfaden endgültig. Mit der freien Hand langte sie ihm eine. „BITTE.“ Nicht, dass ihm die Ohrfeige sonderlich weh getan hätte, dafür war sie nicht kräftig genug, aber für die Tatsache, dass sie zu geschlagen hatte, gestand er: „Durchschlagendes Argument.“ – „ Du kannst noch mehr davon haben, wenn du mich nicht loslässt“, bot sie ihm böse an. „Verzichte.“ Er ließ ihre Hand los. „So verquere Fantasien hab ich nicht.“ Damit schob er sie von seinem Schoss. „Snob“, zischte sie. „Kleines Biest.“ – „Weichei.“ Er beschloss, ihr das letzte Wort zu lassen. Sie musste schon mit der Erkenntnis leben, dass er nicht aussteigen würde und sie ihn zwangsläufig in die Stadt mitnehmen musste. Das reichte ihm als Genugtuung. Saber blickte aus dem Fenster, als sie losfuhr und hielt sich dabei die Hand vor den Mund, damit sie nicht sah, wie er vor sich hin lächelte. Erst als sie ihn in der Stadt an der Bibliothek raus ließ und mit quietschenden Reifen davonstob, begann er zu lachen. Nicht allzu laut, aber befreiend. Von dem Parkplatz der Bibliothek aus machte er sich, jetzt wieder gut gelaunt, auf den Weg zur Polizeistation. Da war neuer Ärger sowieso schon vorprogrammiert, aber so lang genoss er die gute Laune.

Erst das Vergnügen, dann die Arbeit

Die Aufzeichnungen gaben nichts her, was er nicht schon wusste. Erneut stieg Frust in ihm hoch. Der einzige Fortschritt bei diesem Fall, war die Erkenntnis, dass V-Angel eine Frau war. Das war nicht sehr brauchbar. Wie sollten sie nur vorgehen? Die Diebin wusste genau, was sie tat. Sie kannte die Sicherheitssysteme, die Räumlichkeiten, die Wachmänner, die Objekte und war technisch perfekt für jeden Beutezug gerüstet. Die Frau musste einiges drauf haben. Das war beeindruckend. Es gab auf keinem Film oder Foto Hinweise auf ihr Aussehen. Wenn, dann waren die Aufnahmen unscharf oder ihr Gesicht zu gut verhüllt, als das man hätte Rückschlüsse ziehen können. Die nächste Frage lag ihm noch schwerer im Magen. Warum nur Werke von Various? War sie ein Fan? Sie war ausgesprochen behutsam, fast zärtlich mit dem Gemälde umgegangen. Warum? Es musste eine persönliche Verbindung zwischen ihr und dem Künstler geben. Welche galt es herauszufinden. Darin lag der Schlüssel zur Lösung des Falles. Das stand fest. Nur leider war Various als Privatperson so gut wie unbekannt. Außer seinem Geburtsnamen und den üblichen öffentlichen Daten wies nichts auf sein Leben hin, dass gesagt hätte, ob er vielleicht Familie gehabt hatte. Künstler seines Genies waren schon recht seltsam. Wonach sollte er bloß suchen? Search. Auf einmal fiel ihm ein, was Love gesagt hatte: „Sachverständige im Museum of Art“. Vielleicht wusste sie mehr. Aber wie sollte er mit ihr reden ohne sich als Starsheriff zu enttarnen. Obwohl, überlegte er weiter, bei dem vorherrschenden öffentlichen Interesse an V-Angel war es vielleicht doch nicht so schwierig.
 

Er kam spät zum Rasthof zurück. Im Museum hatte er Search Wisdom nicht erreicht und sich daher allein in die Recherche gestürzt. Allerdings erfolglos. Es schien, als hätte der Mensch Thomas Valerius nur auf dem Papier existiert und die Papiere sagten nichts über ihn. Irgendwann hatte Passion ihm mal was zu trinken hin gestellt. Ihm war das gar nicht aufgefallen, so vertieft war er in seine Gedanken. Dass sich das Lokal geleert und er mit ihr allein war auch nicht. Schließlich sprach sie ihn an. „Na Fußgänger, war der Weg zulang für deine blaublütigen Füße?“ Er hob den Kopf. „Wie bitte?“ Wenigstens war ihr Gesicht ein hübscherer Anblick als die Theke, auch wenn das, was sie sagte nicht sonderlich nett war. „Ach Gott, auch noch schwerhörig. Ihr Adligen seid solche Zimperliesen.“ – „Gib mir lieber was zu trinken, bevor du noch zu philosophieren anfängst, “ erwiderte er und hielt ihr das leere Glas hin. Passion meinte spitz: „Champagner haben wir nicht im Haus.“ Müde gab er zur Antwort: „Ich nehm auch Whiskey, oder zur Not ein Bierchen.“ Während sie ein Bier einschenkte, stichelte sie weiter. „ Was war denn bloß so schlimm, dass du es im Alk ersäufen musst? Hier. Whiskey verträgst du ja doch nicht.“ Sie stellte das Glas vor ihn. Er konterte trocken. „Die Fahrt mit dir.“ Scheinheilig lächelte sie ihn an. „Oh, armes Baby. Ist das Leben zu hart für dich.“ Aber ihre Gehässigkeit prallte an ihm ab. „Wenn ich es dauerhaft mit dir verbringen müsste, wäre es das“, gab er unbeeindruckt zurück. „Oh, man, du musst echt fertig sein. Heut morgen hattest du mehr drauf. Das ist ja so was von lahm, “ entgegnete sie, aber ihr Unterton verriet ihm, dass er sie schon an einem wunden Punkt erwischt hatte. „Ich hab keine Lust auf ein unsinniges Geplänkel mit dir, “ meinte er und wechselte das Thema. „Wie sieht es mit was zu essen aus?“ Sie reichte ihm die Karte. „Lies selber nach, wenn du lesen kannst.“ Er hob die Augenbrauen und tat irritiert. „Was? Gar keine persönliche Empfehlung von der netten Bedienung?“ fragte er neckend. „Klar“, parierte sie sofort. „Es ist alles lecker. Und der Service endet beim vorkauen. Deine Adelszähne kannst du selber ansträngen.“ Er studierte die Karte flüchtig und tippe dann auf ein Gericht, das ihm zu sagte. „Aber bitte warm und nicht so unterkühlt wie die Kellnerin, wenn es geht.“ Das reizte sie doch sehr. „Soll ich es noch flambieren?“ Sie fühlte sich durch seine Art herabgesetzt und das vertrug sie nicht. Ganz besonders seid sie von seiner Abstammung erfahren hatte. Schon als er eingetreten war, hatte sein Anblick genügt um sich mit ihm anlegen zu wollen. Jetzt hakte er nach: „Kannst du überhaupt irgendetwas oder jemanden einheizen?“ Das war fast zu viel für sie. Was bildete sich dieser Fatzke eigentlich ein? „Ich kann dir mal einheizen“, kündigte sie an. „Dann lass ich dich die Zimmer putzen, damit du mal weißt, was Arbeit ist.“ Er lehnte sich leicht zurück. „Oho. Mach du mal einen Tag meinen Job, Kleines. Aber das geht ja nicht, weil du das verbale Durchsetzungsvermögen dafür nicht hast.“ Gedanklich fragte er sich, wie lange es wohl dauern würde, bis sie über den Tresen langte. „Ich hab jedenfalls mehr drauf, als du.“ Damit holte sie aus, in der Hand eins der Tabletts, die sie eben gestapelt hatte. Er fing das Tablett ab und zog sie an dem Arm über den Tresen, ehe sie richtig begriff, wie ihr geschah. „Wann fängt deine Demonstration an?“ In einer so unbequemen Lage hatte sie sich noch nie befunden. Heftig zappelte sie um sich zu befreien und schimpfte: „Muss du mich ständig antatschen?“ – „Warum musst du mir dauernd eine runterhauen wollen?“ fragte er zurück und ließ ihre Hand los. „Das nächste Mal versuch es hinter meinem Rücken“, schlug er nüchtern vor. „Da hab ich keine Augen. Es könnte also vielleicht klappen.“ Das klang schon einigermaßen überheblich, was sie noch mehr aufbrachte, so dass sie augenblicklich noch mal ausholte. Wieder fing er ihren Schlag ab und zog das Fliegengewicht auf den Tresen. „Versuch es mal, wenn ich nicht hinsehe“, wiederholte er grinsend. Sie sah schon lustig aus, wie sie da so zappelte. Mit einem innerlichen Hoch auf seine gute Ausbildung stoppte er auch den Schlag mit der anderen Hand, zu dem sie angesetzt hatte. „No way, Baby! Dieses Mal nicht.“ Wütend strampelte sie. „Lass mich los, du Snob.“ Sie hasste es, sich derart unterlegen zu fühlen. Das war zu oft vorgekommen, als sie jünger war. Immer noch grinsend fragte er. „Wie heißt das Zauberwort?“ – „FLOTT“, tobte sie. Aber das hatte wenig Wirkung und noch weniger die von ihr gewünschte. Stattdessen zog er sie noch weiter zu sich, wobei ihre Zappelei dafür sorgte, dass sein Bier umkippte. „Nein, noch nicht ganz. Sei ein braves Mädchen, “ mahnte er lächelnd. „Zu dir sicher nicht. Du denkst doch, du bist was besseres, als die andern. Aber das ist nicht so. Du bist ...“ Ihr ging die Puste aus. Gleichzeitig zetern und um sich treten konnte sie nicht. Amüsiert hob er die Augenbraue. „Was bin ich? Zu gut für dich?“ Er war sicher, dass die Frage sie erst recht auf die Palme trieb. „Ein Körper ohne Seele“, fauchte sie und versuchte nach ihm zu treten. Er wich aus und verlor das Gleichgewicht. Beide plumpsten auf den Boden. „Und du bist ein schwerer Körper ohne Geist“, entgegnete er erheitert. Sie rappelte sich sofort wieder auf und versuchte wiederholt ihn zu treten. „Schnösel.“ Doch er war schnell zu Seite gerollt. „Ja, immer wieder gerne“, versicherte er, als er sich erhob. Sie ging hinter die Bar zurück und nahm das umgefallene Bierglas von der Thekenplatte. Plötzlich änderte sie ihre Taktik. Freundlich fragte sie: „Noch ein Bier?“ Zögernd näherte er sich dem Schanktisch. Das konnte nichts Nettes werden. „Gerne?“ Sie schenkte ihm ein frisches Bier ein. „Bitte.“ Im nächsten Moment hatte sie es ihm übergegossen. Im ersten Augenblick verdattert, sah er an sich herunter. „Ich würde sagen jetzt ist Hopfen und Malz verloren.“ Er schaute zu ihr und fing zu grinsen an. War der denn gar nicht aus der Reserve zu locken? Frustriert warf sie das Glas nach ihm. Er duckte sich darunter weg und wand sich zu ihr um. Der Humpen blieb bis auf einen Sprung unversehrt. „Du musst deshalb nicht gleich rabiat werden. Da werde ich dir leider das Trinkgeld streichen müssen.“ Sie straffe die Schultern. „Wunder dich aber nicht, wenn dein Essen vergiftet ist.“ Freundlich lächelte er sie an. „Dann lass ich dich Vorkosten, “ konterte er leichthin. Sie drehte sich auf dem Absatz um und verschwandt in der Küche.
 

Eine Weile hörte er sie Handtieren, etwas was brutzelte und Geschirr klapperte. Als sie wieder hinaustrat, knallte sie ihm den appetitlich angerichteten Teller vor die Nase. „Friss oder verreck“, meinte sie frostig. Er hielt er die Gabel hin. „Vorkosten“, forderte er sachte. Sie beugte sich drohend zu ihm und funkelte ihn finster an. „Nimm sie weg, bevor sie dir im Hals steckt.“ Passion erntete jedoch ein unschuldiges Lächeln. „Ich muss doch sichergehen, dass mein Leben nicht in Gefahr ist.“ – „Was ist dir lieber: Gift im Essen oder die Gabel im Arsch?“ knurrte sie zurück. „Keines von beidem“, gestand er. „Aber du könntest dein T-Shirt richten, sonst muss ich dir beim Essen dauernd in den Ausschnitt gucken.“ Sie hatte nicht bemerkt, dass es bei dem Gerangel mit ihm verrutscht war. Da sie ihn so rüde behandelte, sah er keinen Grund, sie galanter darauf hinzuweisen. Zudem gefiel ihm der Anblick dann doch sehr. Er musste zugeben, dass er bei dieser Kratzbüste nicht erwartet hatte einen verspielt bestickten BH-Saum zu sehen. Passion wurde so rot wie ihr Haar. „Idiot“, fluchte sie und ordnete das Shirt wieder dorthin, wo es hingehörte. Dann schnappte sie sich ein Tablett und kam aus dem Barbereich um die Tische abzuräumen. Für die Bloßstellung eben holte sie jedoch hinter ihn noch einmal mit dem Tablett. Aber Saber war eben ein Starsheriff und auf so etwas immer gefasst. Er fuhr herum, hielt das Handgelenk mit dem Servierbrett fest und ihr die Gabel an den Hals. „Das würd ich lassen“, meinte er ungerührt. Vollkommen perplex riss Passion die Augen auf, starte auf das Besteck und ließ das Brett fallen. Zufrieden schmunzelte er. „Braves Kind.“ Noch immer auf das Esswerkzeug starrend presste sie hervor. „Nimm das Ding da weg.“ Sie schien Angst zu bekommen und so legte er die Gabel rasch auf den Tisch zurück. „Die Dinger sind zu stumpf, um jemandem wehzutun.“ Dann ließ er auch ihr Handgelenk los. „Darf ich jetzt weiteressen und danach verrecken?“ – „Von mir aus gern.“ Sie hob das Tablett auf und schaffte es diesmal ihm „versehentlich“ eins überzuziehen. „Dein Service hinterlässt einen bleibenden Eindruck“, stellte er fest und rieb sich die getroffene Stelle mit der Hand. „Hast du einen Vertrag mit dem hiesigen Krankenhaus und kriegst Provision, pro Patient, den du da anbringst?“ fragte er. Sie parierte bissig: „Nein, für Tote.“ Aber er ließ sich nicht provozieren. Es bedurfte schon mehr, als ein Tablett über den Kopf gezogen zu bekommen, um ihn aus der Fassung zu bringen. „Dann hab ich ja noch eine Chance. Ich kenne mich mit Gift aus. Wenn es jetzt noch nicht wirkt, wird das mit dem Sterben heute nix mehr.“ Sie schnappte: „Wer sagt, dass es dich heute trifft?“ Seufzend setzte er sich. „Ich bin zum ersten Mal unendlich dankbar dafür, dass ich mir ein Zimmer teilen muss. So hab ich wenigstens eine Leibwache während ich schlafe.“ Sie zuckte mit den Schultern und begann abzuräumen. Während er aß, schwiegen beide.
 

Er war froh, dass sie hinter seinem Rücken hantierte und nicht sehen konnte, wie amüsiert er doch über den neuerlichen Schlagabtausch war. Sie hatte ihn auf andere Gedanken gebracht und, trotz ihrer Handgreiflichkeiten, zum Lachen. „Sag deiner Schwester, dass es trotz deines Giftanschlages lecker war“, meinte er, als er alles aufgegessen hatte. „Love ist mit der Buchhaltung beschäftigt“, kam es vom hintersten Tisch zurück. „Ich hab es gekocht.“ Verwundert wand er sich zu ihr um. „Du bist doch nicht häuslich veranlagt“, neckte er. „Der Kerl, der dich mal abkriegt, kann sein Testament mit der Heiratsurkunde gleich mitunterschreiben.“ Postwenden flog ein leerer Teller an seinem Kopf vorbei und zerschellte hinter der Theke. Auf sein „Genau das meinte ich“ warf sie ein „Halt bloß den Mund“ hinterher. Warum kam sie auch nicht gegen ihn an? Aber das war nicht das einzige, was sie störte. „Wenn ich mal einen finden würde, der das bleiben wert ist, “ gab sie zur Antwort. Er drehte sich zu ihr um und sah ihr zu, wie sie das Geschirr aufs Servierbrett stapelte. „Du hast den falschen Umgang. Die Kerle, mit denen du dich rumtreibst, sind wohl keine Männer, sonst hätten sie dich schon längst gebändigt.“ Etwas bekümmert antwortete sie: „Du weißt gar nichts über mich.“ Jetzt baute Saber die unnahbare Fassade auf. „Und du nichts über mich, “ gab er düster zurück. Sie wussten beide, dass es nun mal die Wahrheit war. Trotz des heftigen, ihrerseits bösartigen, Disputes, hatte diese Stille nichts Feindliches. Die Kühle, die sich im Gastraum ausbreitete, lag an der Nacht draußen und der, durch die letzten Sätze hervorgerufenen, Erinnerungen der beiden Duellanten. Doch beruhigender weise galt sie nicht dem anderen. Bald verschwand Passion in der Küche und begann dort Ordnung zu schaffen. Saber trollte sich auf sein Zimmer. Irgendetwas sagte ihm, dass es unhöflich war, sie die ganze Arbeit allein machen zu lassen. Aber er war sicher, dass er etwas, diesmal besser gezieltes, an den Kopf bekommen würde, wenn er Hilfe anbot. An dem Punkt konnte er sie schon recht gut einschätzen.
 

In den folgenden Tagen gingen die Schwestern ihrer Arbeit nach, wie sie es gewohnt waren. Passion war nicht zu sehen, wenn sie nicht im Rasthof zu tun hatte. Während sie bediente, lieferte sie sich immer wieder Wortduelle mit Saber, wenn er anwesend war. Sehr zur Freude aller anderen Gäste, die es ausgesprochen lustig fanden, dass es jemanden gab, der ihr Paroli bieten konnte. Was den Fall jedoch betraf, kam die Ramrodcrew keinen Schritt weiter. Saber hatte noch nicht die Möglichkeit gehabt, mit Search zu reden, wie er es vorgehabt hatte. Auf der Polizeistation hatten sie einen Raum mit Magnettafeln und Aktenbergen, die sie durchsuchten um irgendetwas zu finden. Doch V-Angel ging nie nach dem gleichen Schema vor, so dass es schwer war, ihre Schritte vorauszusehen. April stellte schließlich fest. „Sie variiert alles.“ Colt horchte auf. „Ach deshalb V-Angel. Various-Angel, “ meinte er. Nun gut, das Wortspiel dabei war klar. Der Name gab sowohl Aufschluss über ihr Verhalten als auch den Mann, dessen Werke sie entwendete. Also nichts, was sie nicht schon wussten. Frustriert wanden sich die Jungs wieder den Unterlagen zu, als April noch eine Feststellung in den Raum warf. „Sie hat eine Verbindung zu ihm.“ – „Das vermute ich auch“, gab Saber zu. „Ihr meint, sie ist ein Fan?“ fragte Fireball. Saber nickte, während April den Kopf schüttelte. „Nein, nicht bloß ein Fan. Sie tut es aus Liebe.“ Auf die fragenden Gesichter ihrer Kollegen hin erklärte sie: „Die ganze Art, wie sie an ihre Beutezüge geht, variiert. Various hat sich weder auf einen Bereich noch auf einen Stil festgelegt. Er war sehr experimentierfreudig, so wie sie. Es ist fast schon eine Hommage an ihn. Jeder Künstler hat eine Muse, die ihn inspiriert. Eine Geliebte, eine Frau oder vielleicht sogar eine Familie. In Various Fall würde ich von letzterem ausgehen. Er hatte sicher Frau und Kinder. Er wollte sie aber nicht in die Öffentlichkeit ziehen. Nur deshalb gab er sich so wahnsinnig viel Mühe, sein Leben vor den Augen der Leute zu verbergen. Von mir aus lacht darüber, aber ich bin da sicher, wenn wir die Person finden, die ihm nahe stand, haben wir V-Angel, “ schloss sie ihre Überlegungen ab. Die Jungs nickten. Das war einleuchtend.

Neugier

April beobachtete die Schwestern so genau und unauffällig wie möglich. Seit Faith ihr am ersten Abend so harsch über den Mund gefahren war, war ihre Neugier erwacht. Weibliche Intuition – anders war das wohl nicht zu erklären, aber April war sich sicher, dass es ein Geheimnis um die Schwestern gab. Was für eines wollte sie herausfinden. Das nächste, was sie stutzig machte, war der liebvolle Umgang, den ganz besonders Faith und Love miteinander hatten. Unter dem Gesichtspunkt der Blutsverwandtschaft, war das vollkommen abwegig, sonst hätte April Stein und Bein geschworen, dass die beiden Frauen ein Paar waren. Ein Liebespaar. So aber schloss die Blondine, dass ihr Instinkt sie hier belog.
 

Also, welches Geheimnis hüteten die Vier? Als hätte sie die Frage ausgesprochen und in der Breitschaft ihr eine Antwort darauf zu geben, setzte sich Passion zu ihr an den Tisch. Verwundert blickte April die Rothaarige an, die eben die Post geholt hatte und die Briefe nun auf den Tisch legte. Die Blondine las die Namen. An: Search Wisdom. An: Faith Mallory. An: Love Hodges. An: Passion Sumatra. Komisch. „Ihr seid alle schon verheiratet?“ fragte sie verblüfft, wegen der verschiedenen Nachnamen. Passion musste lachen. „Himmel, nein. Das sind unsere Geburtsnamen, “ erklärte sie. Das ging dem weiblichen Starsheriff nicht ganz auf. „Entschuldige, aber was verbindet euch dann als Schwestern? Ihr seht so unterschiedlich aus und vier unterschiedliche Geburtsnamen? Das kann kein übertrieben treuer Vater gewesen sein.“ Passion nickte. „Ich weiß, wir könnten kaum unterschiedlicher sein. Aber Papa war treu. Wir vier sind allesamt adoptiert. Love und ich haben am gleichen Tag Geburtstag und liegen genau 12 Monate auseinander, vom Alter her. Das funktioniert biologisch gar nicht. Unsere Eltern haben unsere Geburtsnamen so belassen, damit wir, wenn wir alt genug sind, unsere leiblichen Eltern ausfindig machen können.“ April wurde rot vor Verlegenheit. „Heute löse ich Colt mit dem Fettnäpfchen erwischen offenbar ab, “ stammelte sie. „Das wusste ich nicht. Verzeih, ich hab mich, wie gesagt, so gewundert, weil ihr vier so unterschiedlich seid.“ Doch Passion war in keinster Weise eingeschnappt oder verletzt. „Schon okay“, grinste sie munter. „Steht uns ja nicht auf der Stirn geschrieben.“ – „Aber wenigstens versteht ihr euch alle gut. Ist ja nicht mal bei blutsverwandten Geschwistern garantiert, dass sie sich mögen, “ meinte die Blondine darauf. Passion spielte mit einer Strähne ihres Haares und antwortete unbestimmt. „Was wir durchgemacht haben, verbindet ...“
 

Seltsam. Man konnte glatt den Eindruck gewinnen, dass sie einen auf was hinweisen wollte. Oder doch nicht? Vorsichtig hakte Ramrods Navigatorin nach. „Ich stell mir das wahnsinnig schwierig vor, herauszufinden, dass man adoptiert wurde.“ Die Angesprochene lehnte sich im Sitz zurück. „Hm, ich war 12, als uns es unsere Eltern gesagt haben. Wir waren alle vier auf einem Internat. Der gleiche, der gezahlt hat. Vier unterschiedliche Mädchen. Das war ein interessantes Gesprächsthema und sorgte für viel Wirbel. Zwangsläufig mussten sie es uns sagen. Aber das hat halt auch sehr verbunden. Wir waren viel Spott und Hohn ausgesetzt, aber wir leben noch, “ informierte sie. April nickte langsam und verstehend. Das erklärte wohl auch ihre Abneigung gegen Adlige und Reiche, die Passion Saber gegenüber an den Tag legte. „Das glaub ich dir aufs Wort. Aber ich bin fasziniert davon, wie gut ihr euch versteht. Das ist schön zu sehen, wenn ich ehrlich bin, “ gab sie zurück und dachte lächelnd daran, dass es fast wie bei der Ramrodbesatzung war. Auch der Rotschopf lächelte versonnen. „Im Internat hatten sie es ganz besonders auf Love abgesehen. Sie war nicht die schlankste und sportlichste. Ich hatte da mehr Glück. Mich haben sie bald in Ruhe gelassen.“ April lachte vergnügt. „Ich hab schon von Saber gehört, dass du ziemlich schlagkräftig bist.“ Sofort verzog Passion den Mund. Das passte zu einem Snob, wie dem. „Tratscht der alles breit?“ fragte sie verstimmt und schüttelte den Kopf. Das musste sie klar stellen. „Ich war in der Sportgruppe für rhythmische Gymnastik und nicht beim Kampfsport.“ Die Navigatorin nahm ihren Boss in Schutz. „Saber hat keine Geheimnisse vor seinen Freunden. Und auch, wenn es ihm peinlich ist, dass es eine Frau geschafft hat, ihm eins überzuziehen, erzählt er es,“ sagte sie. „Kein Kampfsport also? Ich hab Karate gelernt, ist bei den dreien manchmal ziemlich hilfreich.“ Das berichtete sie, damit Passion nicht den Eindruck gewann, sie befände sich im Verhör.
 

„Na, wenigstens war es ihm peinlich,“ grinste die und wechselte in Aprils eingeschlagene Richtung. „Hast du Titel gewonnen, mit Karate?“ Die Gefragte schüttelte den Kopf. „ Titel hab ich keinen. Ich hab nie an Wettkämpfen teil genommen.“ Verlegen lächelnd fuhr sie fort. „Trotz meines schwarzen Gürtels, legt mich Fire spielend auf die Matte.“ Spitzbübisch grinste Passion. „Auf welche?“ Ihr war nicht entgangen, dass da etwas zwischen der Blondine und dem erwähnten jungen Mann lief. Sie zwinkerte heiter. „Ich hab an Wettkämpfen teilgenommen, vom Internat aus“, meinte sie dann, als sie die tiefere Röte im Gesicht der Frau ihr gegenüber sah. „Auf die Sportmatte.“ Das musste April einfach noch dazusagen bevor sie sich erkundigte: „Warst du gut?“ Passion wiegte den Kopf und schob beiläufig die Briefe zu einem Stapel zusammen. „Ich denke schon. Ich war Jugendmeisterin der rhythmische Gymnastik.“ Es sollte nicht so eingebildet klingen. Anerkennend pfiff April leise. „Wow. Wieso findet man dich heute als Kellnerin in einer Raststätte? Wo du doch so gut warst?“ Bei der folgenden Antwort spürte sie beinahe körperlich das Ausweichen der anderen und runzelte innerlich die Stirn. Hier gab es eindeutig etwas zu verbergen. „Da gab es viele Gründe. Der Ruhm beim Sport kann schnell verblassen, wenn man Pech hat. Ich wollte ein zweites Standbein. Also habe ich angefangen zu studieren und ich liebe Literatur. So ein Studium bezahlt sich nicht von allein, wie du dir ja denken kannst, darum jobbe ich hier. Der Rasthof gehört eigentlich Faith und Love und die waren gern bereit, mir einen Job zu geben.“ Gut, das klang plausibel. Trotzdem manifestierte sich in April der Verdacht, dass unter den Schwester etwas nicht stimmte. „Der geht eigentlich ganz gut, was ich bis jetzt so mitbekommen hab.“ Sie hoffte, dass sie bei Passion keinen Verdacht erregte, der ihre Tarnung gefährden würde. „Wir können nicht klagen. Na ja, die beiden hätten manchmal gern mehr Freizeit, aber sonst, “ Passion seufzte bei dem Gedanken an die Klagen der Schwestern, was diesen Punkt betraf. Dann fragte sie: „Was arbeitest du?“ Beinahe wäre April vor Schreck zusammen gezuckt. Mist, warum war sie auf eine solch selbstverständliche Frage nicht vorbereitet gewesen? Die universale Antwort „Ich bin Wissenschaftlerin“ reichte Passion nicht. Sie wunderte sich, weshalb eine Wissenschaftlerin, die ganz sicher ein vernünftiges Einkommen hatte, länger als nötig auf einem Rasthof blieb, wenn sie in einem weit bequemeren Hotel bleiben konnte. Doch ehe sie April deshalb empfindlich in die Mangel nehmen konnte, wurde sie von Love gerufen und verschwand.
 

Unweigerlich atmete die Blondine auf. Das war knapp gewesen. Und interessant. Sie bemerkte die Briefe, die Passion hatte liegen lassen, und einen Block, mit Aufzeichnungen aus der Uni, wie sie beim durchblättern feststellte. Eine Seite erregte ihre Aufmerksamkeit besonders. „Worte an einen Angehörigen“ – so lautete das Thema.
 

Dein

Ich bin dein Engel

Anders hast du mich nie genannt

Ich gleite durch Tag und Nacht

Um bei dir zu sein

Ich finde dich nicht

Dein Engel leidet

Hörst du mich?

Dein

Engel

Leidet

Dein Engel ist stark

Dein Engel wird gleiten

Durch Tag und Nacht

Um bei dir zu sein

Ich bin dein
 

Ohne darüber nach zu denken, riss April das Blatt aus dem Block und blätterte die Seite um. Dort stand ein weiterer Vers. Er fiel ihr auf, weil er hastig geschrieben und kaum zu entziffern war.
 

Ich will dich nicht mögen

Du gehörst zu denen, die meist lügen

Wir stehen auf Augenhöhe

Aber du bist nicht wie ich

Dass gestatte ich dir nicht

Also lächle mich nicht an

Und bring mich nicht dazu

Zu handeln und zu sprechen

Wie ich es in deiner Gegenwart tu

Ich will dich nicht mögen

Ich hasse dich

Leider nicht
 

Gut, dass war nicht ausgereift und fertig, aber grinsend wurde April klar, dass diese Zeilen wohl Saber galten. Auch dieses Blatt riss sie raus. Das würde sie ihm bei Gelegenheit zeigen.

Der Pax-Dolch

Der „Pax-Dolch“ ist mein – V-A
 

Woher wusste sie von dem Pax-Dolch? Er war eines der kostbarsten Ausgrabungstücke, die Thomas Valerius entdeckt hatte. Das History-Museum hatte ihn erworben und wollte ihn anlässlich seines 25jährigen Bestehens auch erstmals der Öffentlichkeit zugänglich machen – als Überraschungsclou des Abends. Wollte sie ihn tatsächlich vor den Augen der vielen geladenen Gäste entwenden? Das war so forsch wie dreist. Aber ihre Angewohnheit, ihre Beutezüge anzukündigen, gab ihnen die Möglichkeit die Sicherheitsvorkehrungen zu überdenken. Jeder Winkel des Raumes wurde mit Überwachungskameras ausgestattet. Sie würde sich diesmal unmaskiert zeigen und so hatten sie sicher ein Bild von ihr, das sie brauchen konnten. Außerdem standen Wachposten vor bei der Stromversorgung im Keller. Es sollte zu keinen unvorhergesehenen Stromausfällen kommen. Unter die Gäste würden sich auch Posten in zivil mischen und das Geschehen unauffällig beobachten. Auch Ramrods Crew musste an diesem Abend vor Ort unter den Besuchern sein. Egal wie sehr Colt es störte, er wurde in einen schwarzen Anzug gesteckt. „Men in Black“, lachte April, als sie die drei sah. Sie hätten alle samt auch prima Wachen abgegeben, denn die Anzüge waren recht neutral und daher denen sehr ähnlich, welche die Sicherheitsbeamten trugen. Sie selbst wählte ein schlichtes, knielanges Kleid aus schwarzem Satin. Es lies die Schultern frei und schränkte ihre Bewegungsfreiheit nicht ein. Das Haar trug sie hochgesteckt. So standen die vier nun, als würden sie einfach auf den Beginn eines netten Abends warten, im Eingangsbereich und beurteilten die ankommenden Gäste.
 

Sehr zu ihrer Überraschung stiegen aus einem der ankommenden Taxen Search und Passion aus. Was machten die denn hier? Search trug ihr Haar ebenfalls aufgesteckt, aber ein paar feine Strähnen umrahmen ihr dezent geschminktes Gesicht malerisch. Ihr Abendkleid war nachtblau, bodenlang und hatte einen Seitenschlitz am linken Bein. Eben schob sie einen der Spagettiträger zurück auf die Schulter und wand sich an Passion. Die trug ein cremefarbendes, bodenlanges Neckholderkleid, das unglaublich elegant aussah. Keiner der Vier hätte erwartet sie in so einer Aufmachung zu sehen. Wie ihre Schwester auch, hatte sie nur einen Hauch von Make-up aufgelegt. Ihre rote Mähne hatte sie heute gebändigt und zu kleinem Kunstwerk von einem Dutt aufgesteckt. Feine rosa Löckchen ringelten sich daraus hervor. Jetzt kamen die beiden Schönheiten auf sie zu und grüßten freundlich. „Als ehrlich“, meinte April. „Euch hätte ich hier nicht erwartet.“ Search lächelte. „Die Museen laden untereinander gegenseitig zu solchen Veranstaltungen ein. Natürlich auch ihre Mitarbeit und mit Begleitung. Dummerweise hat mein Freund heute Dienst hier, weshalb ich Passion gebeten habe mitzukommen.“ Passion lächelte nur leicht und bemühte sich wirklich sehr, keinen frechen Kommentar an Saber zu geben. Der bemerkte grinsend, was in ihr vorging und neckte leicht. „Nun, es wird sicher ein schöner Abend. Lasst uns schweigen und genießen.“ Passion begriff genau, worauf er hinauswollte und hätte ihm sehr gern einen Konter gegeben, doch Search schenkte ihr einen mahnenden Blick. Deshalb reckte der Wildfang nur stolz den Kopf und wand sich zum gehen. „Man sieht sich später“, verabschiedete sie sich knapp und präsentierte den tiefen Rückenausschnitt ihres Abendkleides, der definitiv nicht einen Zentimeter tiefer sein durfte. „Auch ein schöner Rücken kann entzücken“, stellte Colt fest. „Es hat mich schon gewundert, dass sie so brav daherkommt.“ Fireball starrte genauso ungeniert hinter Passion hinterher, wie seine Kollegen. Saber schmunzelte. Das Kleid passte in jeder Weise zu seiner Trägerin. April räusperte sich vernehmlich. „Wir sind nicht zum Vergnügen hier“, erinnerte sie leise und stieß ihren Freund dezent, aber kräftig an. „Meine Aufmerksamkeit gilt nur dir“, versicherte der prompt treuherzig und fügte spaßend hinzu. „Passion.“ Das Kichern seiner Kameraden wurde deutlicher, als sie ihm dafür auf den Fuß trat. Mit ihren Pumps eine wirklich fiese Aktion. Dann konzentrierten sie sich wieder auf die Schar der Eintreffenden.
 

Zwischenfälle blieben aus. ‚Bis jetzt‘, verinnerlichte Saber sich, als er scheinbar an der Ausstellung interessiert, durch die Räume schlenderte und im Eingangsbereich Passion erblickte. Sie hielt einen Sektkelch in der Hand, an dem sie gelegentlich nippte, und stand mit dem Rücken zu ihm. Schmunzelnd näherte er sich ihr. „Gefällt es Ihnen hier, Mylady?“ fragte er lächelnd. „Ich bin nicht deine Lady“, gab sie schnippisch zurück. Er nickte leicht amüsiert. „Stimmt. Das Kleid täuscht darüber hinweg, dass du überhaupt keine Lady bist.“ Sie wusste nicht, was sie mehr zur Weißglut trieb: Seine Aussage oder sein Lächeln. „Ich bin nicht auf der Welt, um zu sein, wie du mich gern hättest“, versetzte sie gereizt. „Oh, dann tut es mir aufrichtig leid für dich, dass du genauso bist, wie ich es gern hätte“, grinste er freundlich. Sie wand sich ab und schritt rasch durch den Raum auf eine der Vitrinen zu, die unweit der Raummitte und des abgedeckten Sockels mit der Kostbarkeit des Abends, stand. Er folgte ihr. „Ich hätte nicht erwartet, dass du dich für Geschichte interessierst“, gestand er. „Tu ich aber“, erwiderte sie trotzig. „Aber mehr noch für Literatur.“ – „Oh, dass kann ich gut verstehen, “ lächelte er. „ Wer könnte sich da zügeln, der ein Herz voll Liebe hat …“ – „… und in diesem Herzen Mut die Liebe zu beweisen, “ beendete sie das Zitat und wand sich zu ihm um. Sie lächelte überrascht. „Macbeth ist wohl eines der beeindrucktesten Werke Shakespeares“, meinte er, erfreut darüber, dass sie ihn nicht anfuhr oder ihm etwas überkippte. Sie nickte. Dann erinnerte sie sich daran, dass sie entschieden hatte, ihn nicht zu mögen und ihr Lächeln erlosch. „Einen schönen Abend noch.“ Damit ließ sie ihn stehen. Schmunzelnd sah er ihr nach. Search trat auf ihn zu. Begleitet von einem der, in Zivil erschienen, Polizisten. „Sie wäre weniger abweisend, wenn nicht adlige Töchterchen ihr und vor allem Love im Internat das Leben so schwer gemacht hätten“, sagte sie und wies auf den Mann neben ihr. „Darf ich vorstellen? Detective Andrew Hearth.“ Saber reichte ihm die Hand. Hearth war kein umwerfend schöner Mann. Auf den ersten Blick hin schien es merkwürdig, dass eine so attraktive Frau, wie Search, etwas mehr in ihm sah, als einen guten Freund. Doch nach wenigen Minuten Gespräch und den Blicken, die die beiden für einander hatte, war klar, dass sie sich liebten und dass es vor allem seine Intelligenz war, die Search so fasziniert hatte.
 

Auf einmal erlosch das Licht. Erschrecktes Aufschreien folgte der Dunkelheit. Saber sah sich in der Finsternis um. Warum ging die Notbeleuchtung nicht an? Leute begannen zu husten. Ihm selbst drang beißender Geruch in die Nase. Er hob den Arm vor sein Gesicht. Die Notbeleuchtung flackerte auf. Jemand rief: „Raus hier.“ Doch auch ohne den Ruf stürmten die Menschen nach draußen. Die Sicht war durch das matte Licht schlecht. Zusätzlich erschwerten dicke Nebelschwaden die Wahrnehmung. Man konnte nur ungenau ausmachen, wie die Leute zu den Türen eilten und in Freie drängten. Team Ramrod blieb zurück und näherte sich hustend dem Sockel in der Mitte des Raumes. Ein Tuch deckte die Vitrine ab. War sie schon da gewesen? Kühn riss Colt den Stoff weg. Der Schaukasten war leer. Der schlanke, schlichte Bronzedolch verschwunden, obwohl das Glas unbeschädigt war. „Scheiße“, fluchte der Cowboy und hustete. Fire stellte keuchend fest: „Weit kann sie noch nicht sein.“ – „Aber ehe wir hier raus sind schon“, erkannte April. „Sie hat es geschafft.“
 

Die Rauchbombe war gefunden und analysiert worden. Keine Fingerabdrücke darauf. Zusammengesetzt aus jederzeit zur Verfügung stehenden Bestandteilen. Problemlos und überall erwerbbar. Die Menge war gering genug um beim Kauf keinen Verdacht zu erregen und dennoch ausreichend um die Wirkung zu erlangen, die sie erzielt hatte. Keine verwertbare Spur zu V-Angel. Die Stromzufuhr war direkt im Kraftwerk unterbrochen worden. Die Sicherheitsbeamten an der Kellerleitung waren für nichts auf dem Posten gewesen. Sie musste es gewusst haben. Das war nur möglich, wenn sie die nötigen Verbindungen hatte. Sie brauchte also Kontakte zu den Museen und der Polizei, sonst wäre es ihr nicht möglich, an solch entscheidende Informationen zu kommen. Es gab irgendwo eine undichte Stelle. Doch wo?

Verdächtig

Search hatte ihm versprochen, den Katalog mit den Werken und sämtliche Informationen, die das Museum über Thomas Valerius hergab, zu kopieren. Er hatte sie direkt um Mithilfe gebeten, da die Schwestern nun wussten, wer ihre vier Gäste waren, und Search war bereit ihnen die Unterlagen des Museums zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hatte an den Informationen mitgearbeitet. Saber traf sie auf dem Parkplatz des Unigeländes, wo sie ihm die Kiste mit den Akten zeigte und auf Passion wartete, welche sie dort abholen wollte. Der Recke zog die erste Mappe aus dem Karton und überflog sie. Schon jetzt wurde seine Neugier geweckt. Während Search sich in die Universität begab um dort nach ihrer jüngeren Schwester zu suchen, studierte Saber die Blätter doch eingehender. In der Mitte des Hefters fand er einen Brief an einen sehr bekannten Profiler. „… ersuchen Sie dringend um Hilfe … Erstellung eines Profils des Künstlers … Various … anhand seiner Werke … hoffen inständig … erbitten Händeringend …“ Saber runzelte die Stirn, als er die übrigen Schriftstücke betrachtete. Keines gab Aufschluss über die Ergebnisse einer solchen Arbeit. Es schien, als hätte man dieser Anfrage keine Beachtung geschenkt und obwohl deutlich die Bedeutung der Bitte für das Museum aus dem ersten Brief hervorging, schien der Profiler nicht erneut angeschrieben worden zu sein. Sehr merkwürdig. Warum hatten sie aufgegeben? Er blätterte die Seiten zurück zu dem Anschreiben und las es erneut durch. „i.A., S. Wisdom“ . Search Wisdom. Was hatte sie damit zu tun? Er stopfte die Mappe zurück zu den anderen und schloss den Kofferraum des Wagens. Dann wand er sich um und sah eben Passion und Search auf sich zukommen. „Na, noch nicht vor Scham gestorben, du Versager,“ stellte der Rotfuchs prompt bissig fest. „Du lebst ja auch noch,“ gab er zurück. So sehr er die Wortgefechte mit ihr genoss, in seinem Kopf spukten wichtigere Dinge herum. Es beruhigte ihn, dass Search fuhr, so würden sie heil auf dem Rasthof ankommen. Kaum hielten sie, sprang Saber auch schon heraus und holte die Kiste heraus. Er dankte knapp und verschwand im Motel. „Glaubst du, er wird fündig?“ fragte Passion, die ihm verwundert nach sah. Search nickte, wunderte sich kein bisschen. „Wenn jemand was herausfindet, dann die Vier. Sie sind die einzigen, die den richtigen Instinkt dafür haben.“ Dann sahen sie einander an. „Und wenn sie V-Angel finden? Was dann?“ wollte Passion wissen. Search hob die Schultern. „Ganz ehrlich. Ich hab keine Ahnung.“
 

„Moment mal – Search?“ April schaute fassungslos auf ihren Vorgesetzten. Der nickte langsam. „Nur so passt alles zusammen,“ erklärte er. „Sie hat die Verbindungen zum Museum UND zur Polizei.“ Fireball warf einen skeptischen Blick auf den Karton mit seinen Akten. „Sie würde uns nicht helfen, wenn sie etwas zu verbergen hätte,“ meinte Colt, der den Blicken seines Hombres gefolgt war. „Doch, würde sie,“ gab der zurück und legte grüblerisch die Hand unters Kinn. „Sie hat an den Unterlagen mitgearbeitet. Das heißt, sie hatte die Möglichkeit alle Spuren, die vielleicht auf eine Verbindung zwischen ihr und Various hingewiesen hätten, zu beseitigen,“ fügte er dann hinzu. „Oder nicht, Boss?“ Der Angesprochenen nickte langsam. „Ja, die hatte sie,“ bestätigte er. „Das glaub ich aber keinen Meter,“ protestierte April heftig. „Nicht Search. Sie ist viel zu ehrlich für so was.“ – „Ach und wie lautet deine Theorie?“ wollte Colt wissen. „Ich glaube, Passion steckt dahinter,“ antwortete die Blondine. „Wie kommst du darauf?“ Saber überraschte diese Verdächtigung mehr, als seine Kollegen. Der Gedanke, dass Passion etwas mit allem zu tun haben könnte, missfiel ihm und als er mehr in sich hinein horchte, stellte er fest, dass dies einzig an den Gefühlen lag, die er für sie zu entwickeln begann. „Kannst du das beweisen?“ fragte er deshalb. April zückte ein Blatt. Die Seite, die sie vor kurzem aus Passions Lesungsmitschriften genommen hatte. „Worte an einen Angehörigen: Dein … Ich bin dein Engel … Anders hast du mich nie genannt… Ich gleite durch Tag und Nacht … Um bei dir zu sein … Ich finde dich nicht … Dein Engel leidet … Hörst du mich? … Dein … Engel … Leidet … Dein Engel ist stark … Dein Engel wird gleiten … Durch Tag und Nacht … Um bei dir zu sein … Ich bin dein,“ las sie vor. „Alle vier sind Adoptivschwestern.“ Damit holte April vier leere Briefumschläge hervor und warf sie auf die Kiste mit den Akten. Fireball nahm sie und las die Namen vor. „An: Search Wisdom. An: Faith Mallory. An: Love Hodges. An: Passion Sumatra.“ Stirnrunzelnd sah er auf. „Sollten auch Adoptivkinder nicht den gleichen Nachnamen haben, wie ihre Eltern?“ Seine Kollegen nickten. „Sollten,“ pflichtete Saber ihm bei und kämpfte gegen die Kälte, die sich in seinem Bauch ausbreitete. „Haben sie aber nicht,“ setzte April erneut an. „Passion selbst hat mir gesagt, dass man ihre Geburtsnamen belassen hat, damit sie, im Falle sie wollten überhaupt, ihre biologischen Eltern wiederfinden. Passion war außerdem Jugendmeisterin der rhythmischen Sportgymnastik. Sie ist die einzige, die das akrobatische Geschick hat, die Beutezüge auszuführen. Ihr habt selbst gesehen, wie gelenkig V-Angel ist. Denkt an unser erste Begegnung.“ April strich sich hektisch durchs Haar. Sie wollte lieber auch nicht daran glauben, was sie da sagte, aber jedes Wort, das sie aussprach, erhärtete ihre eigenen Befürchtungen. „Passion kommt über Search an die Informationen, die sie braucht. Sie benutzt Search um die Raubzüge zu planen,“ erläuterte sie. „Das Gedicht ist ein Beweis. Sie schreibt, dein Engel. V-Angel steht für Various Angel. Braucht ihr mehr als das, um einen begründeten Verdacht zu haben?“ Fireball und Colt tauschten Blicke. Das waren ziemlich gute Argumente. Auch Saber musste zu geben, dass April da nicht so Unrecht hatte. Egal, wie sehr er sich auf einmal wünschte, sie hätte es. Der Raum begann sich zu drehen. Passion. Er war doch nicht wirklich dabei, tiefere Gefühle für eine Diebin zu entwickeln. Langsam setzte er sich aufs Bett und wartete darauf, dass die Welt wieder anhielt. „Und das Motiv?“ presste er dann hervor. „Um dich zu finden,“ zitierte April die Zeilen aus dem Gedicht. „Sie hat Sehnsucht nach ihrem Vater.“ – „ Das ist nur deine Theorie,“ gab Saber zu bedenken. „So lange wir keine Beweise haben, sollten wir vor den Schwestern nicht darüber reden.“ Colt stimmte ihm zu. „Sonst wirft uns Faith schneller raus, als wir ihren Namen aussprechen.“ Auch dem Kuhhirten behagte der Gedanke nicht, dass Passion etwas damit zu tun haben sollte. Er mochte das Mädchen und wie bei jedem, den er ins Herz geschlossen hatte, ließ er auch auf sie nichts kommen. April seufzte unterdrückt. Wieso sahen die beiden nicht ein, was für sie selbst so völlig logisch war? Ein kurzer Blick zu ihrem Freund verriet ihr, dass er ihrer Meinung war. „Okay,“ meinte sie schließlich und lenkte das Thema auf die Fakten zurück. „Sehen wir uns an, was die Akten da hergeben.“
 

„Was hat dich stutzig gemacht?“ wollte April wissen, als sie und Fireball sich mit der Hälfte der Akten aus dem Karton auf ihr Zimmer zurückzogen. „Ich habe Faith bei der Arbeit gesehen“, sagte der. „Die Frau hat unglaublich was drauf, wenn es um Elektronik und Mechanik geht.“ April horchte auf. „Und?“ – „Na ja, nach allem was ich weiß, muss man schon recht fit in dem Bereich sein, um so zielgenau ein Gebäude vom Strom abzuklemmen, wie es im Museum passiert ist. Weder Search noch Passion wissen genug. Aber Faith wäre nicht gelenkig genug, um ein Bild so zu stehlen, wie es im Fall vom „Geschenk der Prärie“ geschehen ist. Deshalb glaube ich, dass die Zwei wahrscheinlich zusammen arbeiten. Vielleicht auch zu alle drei. Aber, dass ist nur eine fixe Idee, “ erklärte Fireball ihr. „Das ist nicht mal die blödeste Idee, “ gab April zu. „Passt Love da auch hinein?“ – „Woher soll ich das wissen?“ Er warf sich auf das Bett. „Ich hab nur meine Gedanken kreisen lassen. Sonst nichts. Ich hab doch gar nichts Genaues wie du. Nur einen Verdacht und keinen Beweis.“ April nickte leicht. „Vorläufig sollten wir nur die Augen offen halten“, fügte er hinzu. Erneut nickte sie. „Ich wette die Bilder enthalten Hinweise auf Various‘ Leben als Thomas Valerius. Fangen wir mit den Katalogen an, “ schlug sie vor. Fireball hockte sich mit dem selbigen zu April aufs Bett und begann die darin enthaltenen Bilder mit ihr durchzusehen.

Annäherung

Saber hatte es nicht mehr im Rasthof ausgehalten. Nach zwei Tagen, die er und sein Team nun den Karton mit den Museumsunterlagen durchsahen, fiel ihm die Decke auf den Kopf. Er musste sich ablenken. Er brauchte Ruhe und frische Luft um auf klare Gedanken zu kommen. So hatte er sich auf den Weg in die Stadtgemacht und war, ohne groß darüber nachzudenken, in der Bibliothek gelandet. Geistesabwesend durchstöberte er die Regale. Nicht ein Buch und doch alle gleichzeitig sprachen ihn an. So lief er die Reihen der Büchergestelle entlang ohne wirklich fündig zu werden und landete schließlich in der hinteren Leseecke des Büchersaales. Bequeme Sessel standen hier in Sitzgruppen bereit vor einem riesigen Panoramafenster, von dem aus man einen herrlichen Überblick über die Stadt hatte. Sonnenlicht flutete herein und zeichnete klare Konturen in das Auge des Betrachters, ließ die Skyline beinahe unwirklich hell erscheinen. Saber trat auf die Scheiben zu und genoss das Bild, das sich ihm bot. Gerade wollte er sich in einen Sessel fallen und seine Augen auf dem Anblick ruhen lassen, da hörte er ein leises Schniefen hinter sich. Er blickte sich um. In einer der Sitzgelegenheiten nahe den Regalen hockte Passion Sumatra und weinte still vor sich hin. Sie schien ihn ebenso wenig bemerkt zu haben, wie er sie, denn auf dem Boden vor ihr lagen zwei zerknüllte Papiertücher. Er musste also an ihr vorbeigegangen sein ohne sie gesehen zu haben. Warum weinte sie? Im Gegensatz zu dem, was er bisher von ihr erlebt hatte, wirkte sie hilflos und unsicher. Er schritt langsam auf sie zu. Sie schnaubte erneut in ein Taschentuch. Tränen kullerten ihr über ihre Wangen. Er reichte ihr ein sauberes Tuch. Sie griff dankbar danach, ließ die Hand aber sofort wieder sinken, als sie sah, wer es ihr reichte. Die unwillige Falte zeichnete sich auf ihrer Stirn ab. „Ich bin keine dieser verzogenen, adligen Gören“, erklärte er und setzte an, ihr die Tränen abzutupfen. Doch ehe seine Hand ihr Gesicht erreichte, griff sie danach und bot ihm Einhalt. „Ihr seid alle gleich“, gab sie zurück. Mit der freien Hand drückte er ihre von seiner hinunter. „Ich bin nicht so“, erwiderte er sachlich und wischte ihre Tränen behutsam fort. Diesmal erhob sie keinen Protest. „Was ist passiert?“ fragte der Recke dabei. „Nichts“ erhielt er trotzig zur Antwort. „Ich hab schon gedacht, ich musste mir Sorgen machen.“ Er unterdrückte den leisen Spott so gut es ging. Hinter ihren Tränen funkelte sie ihn düster an. „Du bist der Letzte, mit dem ich darüber reden will“, versetzte sie patzig. „Jemand wie du kann das nicht verstehen, weil er kein Herz hat.“ Saber hielt in der Bewegung inne. So erheiternd er sonst ihren Trotzkopf fand, jetzt war er unangebracht. Er steckte das Taschentuch ein. „Das war wohl mein Stichwort.“ Damit wand er sich ab und verschwand durch die Regalreihen ohne sich umzusehen. Sie schaute ihm nach und bereute ihre Worte. Hätte er tatsächlich kein Herz, hätten ihre Tränen ihn nicht interessiert und ganz sicher, hätte er ihr nicht so tröstend das Gesicht getrocknet. Er hatte ihr die Hand gereicht und sie hatte nichts Besseres zu tun, als danach zu schnappen, wie ein bissiger Hund. Bei soviel Ablehnung erwartete er gar nichts mehr von ihr. Umso mehr überraschte es ihn, dass sie ihn am Fahrstuhl einholte. Das war schon eine Art Entschuldigung, auch wenn sie es nicht aussprach. Stattdessen sagte sie: „Einer unserer Professoren ist heute Vater geworden. Er hat jedem aus unserem Semester einen Flasche Rotwein spendiert.“ Erstaunt blickte er sie an. „Sag nicht, du hast deshalb geweint.“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, aber der Grund reicht um die Flasche zu köpfen. Dein Fall wohl auch. So weit ich weiß“, meinte sie. Er schmunzelte. „Das ist das erste Mal, dass mich eine Frau auf einen Wein einlädt.“ – „Ich bin nicht wie die anderen.“ – „Ich weiß“, lächelte er.
 

Mit der Flüssigkeitsmenge in der Flasche sank auch die Sonne immer tiefer. Sie hatten sich in einen Park zurückgezogen und saßen im Gras neben einander an einen Baum gelehnt. Schweigend hatten sie die Passanten beobachtet, die Wind genossen und ihre Blicke schweifen lassen. Jetzt da die Flasche geleert war, sollten sie eigentlich gehen, aber keiner von beiden hatte große Lust dazu. Gelangweilt drehte Passion die Flasche immer wieder auf dem Gras zwischen ihnen. Als der Flaschenhals auf Saber gerichtet liegen blieb, fragte sie unvermittelt: „Wahrheit oder Tat?“ – „Warum wundert mich das jetzt noch?“ Er schüttelte den Kopf. „Wahrheit.“ Sie fragte ohne ihn anzusehen. „Wie viel bildest du dir wirklich auf dein blödes, blaues Blut ein?“ Auch sein Blick ging in die Ferne. „Gar nichts. Aber es verschafft einem manchmal den nötigen Respekt. Ich bin nichts Besseres als unser Kuhtreiber oder unser Rennfahrer, “ antwortete er wahrheitsgemäß. Wie er erwartet hatte, nickte sie. „Stimmt, bist du nicht.“ – „Und du?“ Der Blondschopf drehte nun die Flasche. „Wahrheit oder Tat?“ Sie grinste ihn an. „Wahrheit. Bei Tat handle ich mir sonst noch ein Verbot ein, an das ich mich halten muss.“ – „Weshalb benimmst du dich mir gegenüber so? Ich meine, warum hast du eine solche Abneigung gegen mich?“ wollte er wissen. Passion lehnte sich an den Baumstamm und wiegte den Kopf. „Ich glaube, dass ihr alle gleich seid. Ihr vom Leben begnadeten. Ihr kriegt meist alles, was ihr wollt und bildet euch ein, ihr hätte es verdient. Andere werden wie Dreck behandelt. Aber ihr seid einen Scheiß besser. Meist wisst ihr gar nicht zu schätzen, was ihr da eigentlich habt, “ erklärte sie und es klang ein wenig frustriert. Er blinzelte zu ihr rüber. „Ich habe für das, was ich habe hart arbeiten müssen und ich weiß es sehr wohl zu schätzen. Geld allein und ein Adelstitel machen nicht glücklich, das kann ich dir schriftlich geben. Und woher kommt deine Abneigung gegen Bessergestellte?“ Das Spiel schien schnell nebensächlich geworden zu sein. Sie schaute ihm ins Gesicht. „Damals im Internat waren alle besser gestellt. Hat dir schon mal jemand, das Essen vor die Füße gekippt und verlangt, dass du es vom Boden isst? Hat man Sportbälle aller Art nach dir geworfen, weil dein Team in einem Übungsspiel verloren hat? Ich kann dir noch mehr, solcher Aktionen aufzählen, aber keine davon hatte Love verdient, verstehst du?“ Oh, sie konnte sich offenbar an jeden Vorfall so deutlich erinnern, als wäre er erst gestern passiert. Diese Ungerechtigkeit machte sie noch immer furchtbar wütend. Ihre Stimme hatte das deutlich verraten. Saber hob die Flasche auf und spielte damit herum. „Keiner hat so was verdient“, stimmte er ihr dabei zu und linste in die Öffnung des Gefäßes, als könne er darin noch etwas zu trinken finden. „Und was ist mit dir? Was haben dir diese Snobs getan, dass du härter zu einem Menschen geworden bist, als eine ganze Felswand? Bist du auch gedemütigt worden?“ Innerlich zuckte sie zusammen. Ja, auch sie persönlich hatte ihre Gründe. Sie nahm ihm die Flasche aus der Hand, legte sie aufs Gras und drehte sie. „Ich will nicht drüber reden.“ Wieder deutet der Hals auf Saber. „Wahrheit oder Tat?“ – „Die Wahrheit, “ grinste er und fügte hinzu, „aber die will ich von dir hören.“ Diesen Zusatz überhörte sie geflissentlich. „Hast du noch deine Eltern?“ erkundigte sie sich stattdessen. „Ja, hab ich. Aber meine Mutter ist schwer krank. Soviel zum Thema privilegiert, “ entgegnete er. Ihr Blick hing an der untergehenden Sonne, die ihre letzten, warmen Strahlen auf das Land warf und alles in glühend rotes Licht tauchte. „Meine Mummy war“, begann sie gedankenverloren „Sie hatte einen Autounfall. Search war dabei, als es passiert ist. So ein Idiot hat ihr die Vorfahrt genommen. Mummy starb am Unfallort. Search hielt ihre Hand.“ Saber ergriff ihre Hand und drückte sie einfühlsam. „Das tut mir leid, Passion“, sagte er zärtlich. „Colts Eltern sind von Outridern umgebracht worden“, fügte er dann hinzu. „Dieser bekloppte Outrider-Krieg hat hohe Verluste gefordert. Seitdem kam unser Vater auch nicht mehr zurück.“ Sie entzog ihm ihre Finger. Das hatte sich seltsam vertraut angefühlt und sie war nicht sicher, wie sie damit umgehen sollte. Auch er legte seine Hand zurück auf seinen Schoss. „Ja, der Krieg hat viele Menschenleben gefordert, schon vor achtzehn Jahren hat er das. Deshalb war es richtig, ihn endlich zu beenden. Ich hab so viele Menschen sterben sehen.“ Bevor sich die Trauer über die Verluste der Vergangenheit zwischen ihnen zu weit ausdehnen konnte, drehte Passion wieder die Flasche.
 

„Wahrheit oder Tat?“ fragte sie und weil sie sich sicher war, dass er Wahrheit wählen würde, schickte sie die zweite Frage gleich hinterher. „Warum tust du das? Warum bist du Starsheriff geworden?“ Die ersten Sterne blinkten am Firmament auf. „Weil ich den Frieden liebe“, gab er zurück. „Ich hatte das Glück, dabei die besten Freunde zu finden. Wir haben die Hoffnung ins Neue Grenzland hinausgetragen und aus dem Traum, in Frieden zu leben, Wirklichkeit gemacht.“ Sie schmunzelte leicht. So etwas angeheitert wurde er wohl philosophisch. „Weißt du, dass find ich gut. Die meisten denken nur an sich und die, die ihnen nahe stehen. Aber für Leute zu kämpfen, die man nicht kennt, die man wahrscheinlich nicht mal leiden könnte, wenn man sie kennen würde, dass bedeutet sehr viel Liebe im Herzen zu haben.“ Das war wohl das netteste, das sie seither zu ihm gesagt hatte. Er musste lächeln. „Es erfordert mehr als nur Liebe im Herzen für andere zu kämpfen.“ Er lehnte sich an den Baumstamm und schaute in die Sterne. „In unserem Fall muss man auch einen leichten Schaden haben, ansonsten verliert man irgendwann das aus den Augen, was eigentlich wichtig ist.“ Irritiert wollte sie wissen: „Was meinst du?“ – „Kommt drauf an, was du wissen willst. Meinst du die Erkenntnis, dass wir alle einen Schaden haben oder das, was wichtig ist?“ Sie beugte sich vor und musterte ihn von der Seite. „Was für dich wirklich wichtig ist? Dass wir alle einen Schaden haben, weiß ich, “ entgegnete sie. „Es gibt ein Leben nach dem Krieg, aber das verlieren viele Soldaten aus den Augen. Sie gewöhnen sich ans kämpfen, können damit nicht mehr aufhören. Ich hatte das große Glück mit drei guten Freunden zu kämpfen, die alle dasselbe Ziel hatten und sich gegenseitig immer wieder daran erinnert haben. Eine Familie zu haben und in Frieden leben zu können. Das ist es, was wirklich zählt. Es ist nicht Geld oder Ruhm, wirklich wichtig ist die Liebe, “ erklärte er nachdenklich. „Liebe“, wiederholte sie und sah verträumt in den Himmel. „Es muss schön sein, verliebt zu sein.“ Oft genug hatte er gesehen, wie Beziehungen in die Brüche gegangen waren. Nicht nur seine eigenen, sonder auch Frauen, die ihren Mann im Kampf verloren hatten. „Es kann auch sehr weh tun“, erwiderte er ernst. Nicht weniger ernst gab sie zurück: „Ich war lange und oft genug einsam, um zu wissen, dass es besser ist für einen Tag geliebt zu werden, als gar nicht geliebt zu werden.“ Mit einem leicht erstaunten Blick gestand er: „Das ist wohl wahr. Aber es tut schrecklich weh, einen geliebten Menschen zu verlieren. Ich habe viele Menschen gesehen, die an ihrem Schicksal beinahe zerbrochen wären. Für mich steht fest: Ich werde erst heiraten und eine Familie gründen, wenn der Frieden für immer gewährleistet ist.“ Bitter lächelte Passion und strich sich durchs Haar. „Und ich werde wohl nie heiraten. Es wird so ausgehen, dass Faith Recht behält. Sie meint, ich würde als alte, einsame Jungfer sterben und sie würde mir dann auf den Grabstein meißeln: Ungeöffnet zurück.“ Saber lachte leicht. „Irgendeiner wird dich schon wollen. Einer ist immer blöd genug, das kannst du mir glauben. Sogar April hat einen abbekommen, unser Dampfhammer.“ Unwillig verzog sie das Gesicht. „Ich bin nicht April. Und ich will ganz sicher keinen Idioten. Davon könnt ich hundert haben. Jeden Tag einen andern, wenn ich nur wollte. Aber ich will sie nicht. Ich will jemanden, der mich fordert, von dem ich lernen kann, der mich in Frage stellt - wenigstens manchmal - und mit meinen Macken klar kommt, weil er weiß, dass es im Grunde nur halb so ernst zu nehmen ist, wenn ich austicke.“ Er lächelte sie warm an. „Doch, du bist April in gewisser Weise sehr ähnlich. Nur nicht ganz so naiv und blauäugig.“ Dann ergänzte er sie necken wollend „Du bräuchtest keinen Mann, der dich fordert, sondern einen, der dir Manieren beibringt.“ Damit hatte er ihren wunden Punkt erwischt. Trotzig versetzte sie: „Wenn ich keine Manieren hätte, hättest du für den Spruch jetzt die Flasche über die Rübe gekriegt.“ Das reizte ihn zum grinsen. „Dann hätte ich dich wieder aufs Kreuz gelegt, bevor du mit der Flasche überhaupt in der Nähe meines Kopfes gewesen wärst.“ Seine Selbstsicherheit und die Wirkung des Alkohols provozierten sie. „Das hättest du nicht. Du hast nämlich genauso einen an der Waffel, wie ich grad.“ Dabei kam sie auf ihn zu und versuchte tatsächlich ihm eins mit der Flasche über zu braten. Aber es kostete ihn kaum Mühe ihr die Pulle abzunehmen, das Ding wegzuschleudern und den Rotfuchs rücklings ins Gras zu drücken.
 

„Was hab ich dir gesagt?“ triumphiert er über ihr. „Wahrheit oder Tat? Warum machst du das immer mit mir?“ Er betrachtete ihr Gesicht. Ihre großen, grünen Augen, die kleine Nase und die verführerisch vollen Lippen. „Wahrheit, weil ich dich gerne umlege. Und Tat: Deswegen.“ Damit drückte er ihr einen Kuss auf den Mund. Obwohl sich dieser Kuss warm und sanft anfühlte, wehrte sich Passion dagegen. Sie zappelte unter ihm, boxte ihm in die Seiten und schaffte es, den Kopf wegzudrehen. „Lass mich los und hör auf mich zu verarschen. Ich bin nicht so leicht zu haben, wie du denkst, “ fauchte sie. Doch es war nur halb so ernst gemeint, wie es sich anhörte. Ohne es zu ahnen, war der Recke in einen Test geschlittert und bestand ihn mit Bravour. Er ließ sie augenblicklich los. „Das hatte ich auch nicht vor.“ – „Ach nein, was sollte das dann gerade?“ Es war ihm anzusehen, dass es ihm unangenehm war. Schnell versuchte er seiner Missetat ein besseres Gesicht zu geben. „Ich wollte dich fordern. War wohl nix.“ Passion hob die Augenbrauen. „Fordern? Ich denke, ich brauch keinen Mann, der mich fordert.“ Er versuchte das alles ins Komische zu retten, damit nicht noch mehr zwischen ihnen stand. Wenn sie schon etwas gegen seinen Status hatte, sollte sie ihm nicht noch vorwerfen können, dass er sie zu etwas zwingen würde, was sie nicht wollte. „Na ja, wenn ich dir Manieren hätte beibringen wollen, dann hätte ich die Haselrute ausgepackt.“ Sie schenkte ihm einen skeptischen Blick. War Haselrute etwa eine der vielen Metaphern für seinen kleinen Freund? Saber schaute sie verwundert an. Was hatte er falsches gesagt? Hat sie etwa nie mit der Haselrute eins auf die Finger gekriegt? „Was denn?“ Sie wand den Blick von ihm ab, leicht errötet, und versicherte hastig. „Nichts.“ Da ging ihm auf, dass das zweideutig geklungen hatte. „Oh.“ Er wurde ebenfalls rot. „Schande. Das hab ich nicht damit gemeint, Passion.“ – „ Hab ich irgendwas gesagt? Nein. Also, Thema abgehakt, “ gab sie knapp zurück. Die Beleuchtung der Parkanlage war längst eingeschaltet und erhellte die warme Nacht. Außer ihnen schien niemand mehr im Park zu sein. Schon seit einer Weile, war niemand mehr an ihnen vorbeigegangen. „Okay, weiter im Text.“ Saber lenkte das Gespräch wieder zum Spiel zurück.
 

„Wahrheit oder Tat?“ fragte er. „Wahrheit.“ – „Weshalb stiehlst du?“ Hätte Passion nicht gesessen, hätte ihr diese unvermittelte Frage glatt den Boden unter den Füßen weggerissen. Ihre Augen weiteten sich unter seinem forschenden Blick. „Was stellst du für Fragen?“ kam es empört zurück. „Sag einfach nur die Wahrheit, Passion. Ich bin mit Fragenstellen dran, “ antwortete er ruhig und musterte sie aufmerksam. „Das ist eine Unverschämtheit, mich sowas zu fragen.“ Aufgebracht sprang sie auf. „Du bist doch der Idiot, für den ich dich die ganze Zeit gehalten hab. Wie kommst du dazu mir sowas zu unterstellen?“ Noch immer ruhig gab er zurück: „Weil ich Augen im Kopf habe und außerdem so einiges dafür spricht. Dein Verhalten zum Beispiel. Du stiehlst, Passion. Du stiehlst die Werke von Valerius. Warum?“ Sie protestierte nicht ganz so heftig, wie er erwartet hatte. „Das ist nicht wahr.“ Diese Reaktion verwunderte ihn. Herausfordernd erhob er sich ebenfalls „Ach, beweis mir das Gegenteil. Beweis mir, dass ich mich irre, “ verlangte er. Sie atmete tief durch um sich zu beruhigen. Zögernd fragte sie. „Wie soll der Beweis aussehen?“ – „Das überlass ich ganz dir. Passion, zwing mich nicht, dich zu verhaften. Gib mir keinen Grund dafür, “ bat er inständig und hoffte, dass die eben ausgesprochene Anschuldigung falsch war. Überrascht musterte sie ihn wieder. „Du lieber Himmel, was ist denn mit dir los? Du klingst ja grad so, als würde dir das leid tun, mich einzubuchten, egal für was, “ stellte sie dann fest. Er griff nach ihren Handgelenken, umschloss sie sanft und zog sie näher zu sich. Zärtlich blickte er sie an „Vielleicht tut es mir auch leid. Ich würde gerne sehen, dass du nicht V-Angel bist. Aber du bist es. Und das nächste Mal werden wir dich erwischen, Passion. Ich kann dich nicht laufen lassen.“ Das bohrende Gefühl, dass sich seine Worte bewahrheiten würden, versuchte er dabei zu ignorieren. Das durfte nicht sein. Passions Herz begann unkontrolliert zu schlagen. So hatte sie noch nie ein Mann angesehen. So hatte sie noch nie ein Mann behandelt. So hatte noch nie einer mit ihr geredet. Wie viel länger wollte und konnte sie das noch ignorieren? „Warum?“ flüsterte sie. Er drehte den Kopf weg. „Weil ich gern derjenige wäre, der dich fordert“, raunte er zurück. Auf ihr inständiges „Warum?“ hin, wich er mit einem „Warum nicht?“ aus. Dann lenkte er wieder auf den Fall und zog sie noch näher zu sich. „Du bist die einzige von euch Schwestern, die dazu in der Lage ist, einen Diebstahl zu begehen“, sagte er dann und sah ihr fest ins Gesicht. Sie senkte den Blick. „Wahrheit oder Tat?“ murmelte sie. „Was soll das jetzt, Passion?“ fragte er irritiert. Noch immer hielt sie den Kopf gesenkt. „Tat“, schnaubte er daraufhin. „Küss mich“, forderte sie ihn auf. Wie bitte? „Warum sollte ich?“ Er konnte beim besten Willen nicht nachvollziehen, was sie damit erreichen wollte. „Tu es einfach. Bitte.“ Er spürte, dass sie das nicht ohne Grund sagte. Er umfasste liebevoll ihr Kinn und schob es zu sich herauf. In diesen Kuss legte er alle seine Gefühle für sie – seine Zuneigung, seine Wärme, seine Leidenschaft und die Befürchtung, dass sein Verdacht sich bestätigen könne. Beinahe endlos schien dieser Kuss und nur widerstreben ließ Passion zu, dass sich seine Lippen von ihren lösten. „Und? Besser?“ Benommen erwiderte sie: „Ja.“ Ihr Herz spielte noch mehr als zu vor verrückt und ihre Knie waren ganz weich geworden. Das hier war mit nichts, dass sie früher erlebt hatte, vergleichbar. Sie versuchte sich zu fassen und sagte schließlich: „Weißt du, Various' ‚5 reasons to live‘ ist wirklich ein beeindruckendes Werk.“ Dann trat sie zwei Schritte zurück. Saber erkannte den Hinweis, als würde er in Neonlampen vor ihm leuchten. Aber wie kam sie jetzt darauf? „Ach wirklich? Das kenn ich gar nicht.“ Sie entfernte sich noch einige Schritte. „Die Kataloge enthalten auch Skizzen“, informierte sie unbestimmt.
 

„He, he, warte.“ Er folgte ihr und nahm wieder ihre Hände. „Wahrheit oder Tat?” Er schaute ihr tief in die Augen. Sie wand sich. Das war zu viel Nähe. Noch zu ungewohnt diese Gefühle, so schön sie auch waren. „Tat“, gab sie zurück. Er zog sie in seine Arme und küsste sie wieder. Jeder Widerstand in ihr löste sich auf. Sie erwiderte seine Umarmung. „Hoffentlich tut dir das nicht mal leid“, murmelte sie zwischen zwei Küssen. „Es tut mir spätestens morgen leid, weil ich mich in einen Dieb verliebt habe“, raunte er zurück und presste sie so nah er konnte an sich. Seine Hände glitten über ihren Rücken und streichelten sie sanft. „Du bist der Dieb.“ Passions Mund fand sein Ohrläppchen und knabberte sanft daran. „Hast mir den Verstand geraubt und mein Herz dagelassen.“ Den wolligen Schauer, der ihm über den Rücken jagte, quittiere er mit innigeren Küssen. „Du warst auch nicht besser. Du hast mein Herz, also bitte gib es mir wieder.“ Ihre Hände wanderten ebenfalls seinen Rücken hinab. „Nur, wenn ich meins wiederbekomme.“ Ihre Lippen schweiften an seinem Hals entlang über die Schulter. „Das war das schlimmste, was passieren konnte.“ Es war schwer sich zu beherrschen. Für beide. Sabers Hände glitten über ihren Bauch und unter ihr Shirt während er ihren Hals mit berauschenden Küssen bedeckte. „Hör auf, Passion. Hör auf zu stehlen, “ murmelte er dabei. Ihre Knie wurden noch weicher. Sie sank auf die Wiesen und zog ihn ebenfalls in die Knie. Ihre Hände knöpften ungeduldig sein Hemd auf. „Es ist alles nicht so einfach wie du glaubst.“ Er zog ihr das Shirt über den Kopf und drücke sie behutsam auf den Boden. Seine Küsse bedeckten ihre Haut, dort wo sie unbekleidet war. Den Mund an ihrem Nabel flüsterte er heiser: „Ich kann dich nicht verhaften. Ich will es nicht tun müssen. Gib mir die Chance, ein anständiges Mädchen zu lieben, keine Diebin.“ Sie strich ihm das Hemd über die Schultern. „Ich würd so gern“, gab sie zurück und umschlang ihn innig. „Ich hab keine Wahl“, wisperte sie in sein Ohr. Gleich darauf folgte ein wolliges Seufzen ihrerseits. Seine Liebkosungen brachten sie völlig um den Verstand. „Du hast eine Wahl. Jeder kann selbst entscheiden.“ Er grub seine Hände in ihre seidige rote Mähne. Es kostete ihn einige Mühe noch länger brauchbare Antworten zu geben. Sie fühlte sich so gut an. Das alles fühlte sich so gut an, so wunderbar und vor allem richtig. Er durfte sich nicht irren. Sein Herz konnte ihn nicht so belügen. „Ich enttäusche entweder dich, oder andere, die mir nahe stehen. Egal, wie ich mich entscheide.“ Die Worte waren nur noch schwer zu verstehen unter den genüsslichen Lauten, die er ihr mit seiner Zärtlichkeit entlockte. „Enttäusch mich nicht... Du kannst ein... ehrliches Leben führen... Mit mir.“ Dabei begann er sich an seiner Hose zu schaffen zu machen. „Später“, flüsterte sie zurück. „Wenn du alles verstehst.“ Sie küsste ihn stürmisch auf die Lippen. „Ich hab schon zu viel verraten.“ Aber das bekam der Recke schon gar nicht mehr mit. Er war schließlich auch nur ein Mann und das, was gleich geschehen würde, wollten beide zu sehr. „Ja... später... Lass uns später darüber... reden.“ – „Ja …“ Passion war nicht nur ein Name. Das wusste Saber längst. Aber dieser Beweis dafür, war ihm mit Abstand der Liebste. ‚Ich liebe dich, Passion. ‘ „Ich liebe dich.“ Als es ihm über die Lippen kam, wurde ihm bewusst, dass es genau das war, was er für sie empfand. Sie durfte keine Diebin sein. Das könnte er wohl kaum ertragen.
 

Den Rückweg über hatten sie geschwiegen. Keiner wusste, warum. Aber keiner hatte etwas sagen können. Weder Passion noch Saber wussten, weshalb sie nicht einfach nur glücklich waren. Es war, als hinge ein Damokles-Schwert über ihnen, das drohte jeden Augenblick zu trennen, was sie eben verband.

Unangenehme Erkenntnis

Am folgenden Morgen saßen die Starsheriffs in Colts und Sabers Zimmer zusammen und durchforsteten die Kataloge mit Various‘ Werken, die er fertiggestellt oder auch nur skizziert hatte. Nach was sie suchten, hatte Saber ihnen nicht gesagt. Nur, dass sie die Entwürfe nicht unberücksichtigt lassen sollten. Die Stimmung war einigermaßen gespannt, seit April ihnen ihre Theorie über Passion offen gelegt und Fireball das ganze mit seinen Vermutungen über Faith gewürzt hatte. Colt und Saber wollten sich nicht davon überzeugen lassen. Beide nur deshalb, weil sie gefühlsmäßig noch stärker an Passion gebunden waren, als Fire und April. Vor allem sah die Blondine es objektiver, als ihre Kollegen, da Faith ihre Skepsis gleich am ersten Tag erregt hatte. Saber war so vertief in seinen Katalog, dass er zunächst nicht mitbekam, wie sich ein Streit zwischen Colt und Fire und April entspann.
 

Fireball legte seufzend sein Exemplar aus der Hand. „So geht das nicht“, meinte er. Colt hob den Kopf. „Was meinst du?“ Fireball lehnte sich gegen das Bett vor dem er saß. „Ich meine, dass du und der Recke ein Problem mit dem Kreis der Verdächtigen habt. Du ganz offenbar, weil vor dir eh kein Rock sicher ist und Saber, weil er Passion noch ein bisschen mehr mag, als er zugibt, “ erklärte er. Der Cowboy hob die Schultern. „Wie auch immer du darauf kommst, es stimmt nicht. Es ist einfach so, dass ihr keine Beweise für eure lustige Theorie habt, “ versetzte er lässig. Jetzt schaltete sich April ein. „Wäre die Theorie auch nur halb so lustig, wie du meinst, würde ich drüber lachen. Siehst du mich lachen? Nein, also. Streng deine grauen Zellen an, Cowboy, “ schlug sie sich auf Fireballs Seite. „Vielleicht bist du nur voreilig, Süße? Oder neidisch. Eine Art Zickenterror der besonderen Art, “ grinste der Angesprochene. „Neidisch? Worauf?“ Die Blondine runzelte die Stirn. „Search ist mit einem Polizisten zusammen. Der gibt ihr unabsichtlich die richtigen Infos und sie hat Zugang zu Museumsunterlagen. Faith bastelt nicht nur gerne mal an Autos sondern auch an Stromleitungen rum. Und unsere ehemalige Jugendmeisterin Passion ist verdammt gelenkig. Die Mädels wissen genau, was und wie sie es machen müssen. Sei doch nicht blauäugiger als du ohnehin bist, wenn es um Frauen geht, “ führte sie ihm noch einmal ihre Theorie vor Augen. Colt quittierte das mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Und das Motiv?“ hakte er nach. „Keine von den Dreien hat auch nur im Ansatz ein Motiv für die Diebstähle. Geld kannst du streichen. Die sind ja so arm nun auch wieder nicht.“ Fireball legte seinen Arm um seine Freundin und unterstützte die gemeinsame Überzeugung. „Aber irgendwas verbindet sie. Das kannst du nicht abstreiten. Ich tippe da auf Valerius. Sie haben ein Motiv, ich weiß nur nicht, welches. .Die Schwestern sind ein eingespieltes Team, Colt. Egal, ob im Rasthof oder bei Diebstählen.“ Doch der Scharfschütze beharrte auf seinem Standpunkt wie die beiden ihm gegenüber. „Ich fass es nicht, wie sehr sie dir das Hirn damit vernebelt hat. Matchbox, ehrlich. Aber nicht immer hat die Frau Recht, mit der du durch die Laken turnst.“ April biss sich auf die Lippe. Das war fies. Sofort nahm der Rennfahrer sie in Schutz. „Dir vernebeln eher Frauen das Hirn, mit denen du durch die Laken turnen willst, Kuhtreiber. Ich bin nicht Aprils Meinung, weil ich auch heute noch meinen Spaß haben will, sondern weil sie Recht hat. Du willst es nur nicht sehen. Da hat sich wohl schon einiges nach oben hin zu stauen angefangen, “ konterte er ebenso unkameradschaftlich. Colt schnappte sofort. „Was soll denn das wieder heißen, du Turbopfeife? Mein Verstand ist völlig klar. Die Schwestern sind ein Haufen toller Mädels und sie haben ganz sicher nichts damit zu tun. Da kommen noch ganz andere Leute in Frage. Wir wissen nur noch nicht welche.“ Tatsächlich fiel dem Temperamentvollen die sachliche Debatte schwer, da er die kleine Rothaarige sehr ins Herz geschlossen hatte. „War ja klar, dass du wieder keine Gegenargumente hast“, griff Fireball augenblicklich die Schwachstelle an. „Ein Haufen toller Mädels sieht auch anders aus. Die benutzen den Rasthof nur als Tarnung, Partner! Und wie gut sie dabei sind, merkt man an Säbelschwinger hier. Der sieht gleich noch weniger als du!“ Der ließ den Katalog fallen, welchen er in der Hand hatte, und starrte mit aufgerissenen Augen darauf. Er hatte das Bild gefunden, von dem Passion gestern gesprochen hatte. „Was ist, Boss?“ Colt sah ihn erstaunt an.
 

„Ich glaube, da ist grad ein Groschen gefallen.“ Mit diesen Worten angelte April sich das Nachschlagewerk. „Das sind die fünf Gründe zum leben, “ meinte Saber atemlos. Seine Kollegen starrten auf die offene Seite. Die Skizze zeigte eine Frau, die an einem Tisch in einem Raum saß. Sie trug eine Kette mit einem Kreuz um den Hals. Auf dem Tisch lag ein aufgeschlagenes Buch. Hinter ihr im Kamin brannte ein Feuer und an der Hand, auf der sie das Kinn stützte, steckte ein Ehering. „Das muss seine Familie sein“, vermutete April. „Da, das Kreuz, der Glaube – Faith. Das Buch auf dem Tisch – eine Metapher für Wissen und lernen – Search. Das Feuer im Kamin, ein Symbol für Leidenschaft – Passion. Und der Ring steht für die Liebe – Love. Die Frau auf dem Bild muss seine Ehefrau gewesen sein. …“ Bevor April das weiter ausführen konnte, und noch näher an unangenehme Wahrheiten kam, unterbrach Colt sie. „Und was sagt uns das?“ Saber antwortete sachlich: „Das sagt uns nur, dass sie eine Familie sind.“ Dabei versuchte er dieses unschöne Gefühl zu verdrängen, dass ihn beschlich. Woher hatte Passion davon gewusst? Sie hatte das Bild nicht ohne Grund erwähnt. Aber was war der Grund? Fireballs skeptische Frage war auch nicht erwünscht in Sabers Ohren. „Warum grade das Bild?“ Irritiert kam es zurück. „Was meinst du?“ Der wies auf die aufgeschlagenen Kataloge, die im Zimmer verstreut lagen. „ Wie kommst du grad auf das Bild da? Es gibt wohl mehr als tausend Bilder, die auch in Frage kommen könnten.“ Der Blondschopf wusste, dass dies eine Berechtigung hatte. „Passion hat es gestern erwähnt“, gestand er. Sein Pilot nickte nüchtern. „Ah ja! Sie hat sich verraten.“ Colt erhob Protest. „Das ist doch unlogisch. Warum sollte sie?“ Fire rollte die Augen. „Jemand zuhause?“ wollte er wissen und wies auf dessen Oberstübchen. „Weil sie es stehlen wird vielleicht“, meinte er dann. Colt versetzte hitzig. „ V-Angel kündigt ihre Raubzüge per Visitenkarte an. Das passt doch nicht ins Schema, “ brauste der Scharfschütze doch mit einer gewissen Logik auf, bevor er böse wurde. „Außerdem ist das eine Skizze und kein fertiges Bild. Siehst du das nicht? Was ist los mit dir? Hat April das letzte bisschen Hirn raus geblasen?“ Der Rennfahrer sprang auf und riss den Cowboy am Kragen auf die Füße. Das war ganz eindeutig zu viel des Guten. April und Saber sprangen ebenfalls auf. Energisch fuhr der Recke zwischen die beiden Streithähne. „Das reicht. Auseinander. Fireball, lass ihn los.“ Der gehorchte mit düsterer Miene dem Befehl. „Dass dir mal deine Gefühle im Weg stehen, hätte ich nicht gedacht.“ Enttäuscht blickte der Rennfahrer auf seinen Vorgesetzten. „Nein“, wies der den Vorwurf so gut er konnte von sich. „Ich halte mich nur an die Fakten. Und Fakt ist wohl nur, dass dieses Bild auf eine Verbindung zwischen Various und den Schwestern hinweist. Das müssen wir prüfen. Aber noch hat keiner V-Angel gesehen. Wir wissen noch nicht, wer sie ist. So lange wir nichts als Indizien haben, sind weder Search noch Faith noch Passion schuldig an den Verbrechen. Können wir uns darauf einigen?“ Was für eine Gradwanderung. Saber staunte über sich selbst. Er wollte noch nicht glauben, dass Passion in diese Angelegenheit involviert war. April schob ihren noch brodelnden Freund in Richtung Tür. „Ja“, sagte sie. „Ich hoffe für dich, Saber, dass wir Unrecht haben.“ Damit verschwanden die Beiden aus dem Raum. Wenn die Gefühle ihres Vorgesetzten das waren, wofür April sie hielt, konnte sie nur zu gut verstehen, was in ihm vorging. Er hatte sich womöglich in eine Diebin verliebt. Wenn sich das bewahrheiten würde, musste es ihm gewaltig den Boden unter den Füßen wegziehen, vor allem da er ein sehr aufrichtiger Mensch war. Es musste ihn in Gewissenskonflikte bringen. Dass ihm die Vorstellung nicht behagte, musste selbst der größte Idiot verstehen.
 

„Madonnas Freude“ ist mein – V-A
 

„Heute Nacht erwischen wir sie. Dann werden wir sehen, wer sie ist, “ meinte Saber. Die Falle war ausgeklügelt und sie alle hofften, sie würde zuschnappen. Ähnlich wie beim Diebstahl des „Schatz der Prärie“ glitt eine Gestalt von der Decke hinab. Die elektrischen Sicherheitsvorkehrungen überwand die Erscheinung behände und ohne Probleme. Ebenso fachkundig und lautlos wurde das Gemälde aus dem Rahmen genommen und in die Bildrolle verstaut. Die Wachen in der Dunkelheit erwarteten, dass der Rückzug über das Dach erfolgte, da auf dem Weg zum Eingangsbereich zwei verschiedenen Fallen aufgestellt waren. Tatsächlich spannte sich ein Drahtseil durch den Raum zur Glasdecke, wo es im Rahmen zwischen zwei Glasscheiben verankert war. Geräuschlos trafen die Füße auf der Scheibe auf. Dann wurde das Stück nach außen gedrückt und der Dieb schlüpfte hin durch. Darauf hatten sie gewartet. Kaum erhob sich die Gestalt in der Dunkelheit, gewahrte sie drei Männer mit Jetpacks um sich herum. Das Zögern machte deutlich, dass V-Angel darauf nicht gefasst war. Aber … das waren doch Männer. Bis eben hatte die Diebin einen unförmigen Umhang umgehabt, jetzt fiel der auf die Kuppe. Im Mondlicht zeichnete sich ihre schöne, weibliche Figur ab. Sie würden nicht wagen, eine Frau anzugreifen. Einen Momentlang belauerten sie sich gegenseitig. Dann schlug V-Angel einen Salto durch die Lücke zwischen Saber und Colt. Im blendenden Licht eines Scheinwerfers verloren sie sie aus den Augen. Aber sie kannten den Plan und flogen in die Richtung, in der sie die Diebin vermuteten. Der kleine Vorsprung und die Dunkelheit gaben der Flüchtigen einen Vorteil. Jedoch verrieten Kampfgeräusche ihnen, dass sie April in die Arme gelaufen war. Als Colt, Fireball und Saber ihre Kollegin erreichten, war von der Kriminellen nichts zu sehen. „Folgt mir“, rief die Blondine. Je näher sie dem Rasthof kamen, desto unbehaglicher fühlte sich Saber. Er betete um einen Irrtum von April und Fireball.
 

Mit Schwung traten sie in die Küche der Gaststätte, die als einziger Raum noch erleuchtet war. „Habt ihr sie noch alle.“ Faith stellte sich ihnen in den Weg. Außer ihr waren noch Love, Passion und Search anwesend. Die kräftige Blondine drückte dem Rotfuchs ein Kühlkissen auf die Stirn. „Was ist los?“ wollte Fireball wissen und ignorierte Faith‘ Frage. „Ach“, erwiderte Love gedehnt. „Passion hat sich an der Arbeitsplatte den Schädel gestoßen.“ Die vier Starsheriffs sahen sich um. Kein Hinweis auf eine Diebin, ihre Ausrüstung oder ihre Beute. Sie setzten ihre Helme ab. April fixierte Passion. Warum trug sie nicht wie sonst, eines ihrer bauchfreien Tops? Sie trug ein ganz gewöhnliches Poloshirt, wie auch Love, wenn sie in der Küche arbeitete. „Wir haben gerade V-Angel verfolgt“, antwortete sie. „Ich hab die Diebin getreten. Ich hab sie am Bauch erwischt.“ Damit trat sie rasch auf Passion zu und schob deren Shirt nach oben. Allen Anwesenden klappte der Kiefer nach unten. Da prangte ein leuchtendes, und sicher schmerzhaftes, Hämatom leicht links von Passions Piercing zwischen der oberen und der linken Linie ihres Kreuz-Tatoos. Der Fleck hatte die Form vom Absatz des weiblichen Starsheriffs. „Sie hat sich am Wasserhahn gestoßen“, versuchte Faith das sofort zu erklären. „Das glaub ich nicht“, gab Fireball ruhig zurück. Nicht mal Colt und Saber konnten der Erklärung etwas Glaubhaftes abgewinnen und letzterer versuchte es wirklich sehr. Passion und Search tauschten einen Blick. „Du bist V-Angel“, stellte April schließlich fest. Passion sah zu Boden. „Ja.“ Dieses kleine Wort schlug ein wie eine Bombe. Jeder aus dem Team Ramrod hatte sich gewünscht, das alles ein Irrtum war. Doch Passion bestätigte den unangenehmsten Verdacht. Saber hatte das Gefühl den Halt zu verlieren. Jetzt ging ihm auf, was all diese Andeutungen bedeutet hatte. Jetzt musste er der Tatsache ins Gesicht sehen. Sie war wirklich die Diebin. Ihm lagen so viele Fragen auf der Zunge, die er stellen wollte, doch nicht ein Ton kam aus seinem Mund. Das konnte er nicht fassen. Die Enttäuschung in seiner Miene konnte er nicht verbergen. Der Rotschopf schaffte es nicht, ihm in die Augen zu sehen. Keiner der Starsheriffs brachte es fertig, dass zu tun, was getan werden musste. Es tat allen weh. Der Blondine gelang es als erstes, ihre Gedanken etwas zu ordnen. Leicht seufzend fragte sie. „Du weißt, dass ich dich verhaften muss?“ Passion nickte schlicht. April zückte ihre Handschellen. „Wo ist das Gemälde?“ Ihre Niedergeschlagenheit machte sie distanziert und sachlich. „Kein Wort ohne einen Anwalt.“ Passion hielt ihr die Arme hin. Die Fesseln klickten. April schob ihre Gefangene aus der Küche und damit an den Jungs vorbei. Verlegen sah die zu Saber, wand aber den Blick ab, als sie in seinem Gesicht nur Trauer und Bedrückung lesen konnte. Es war schwer zu sagen, wem von beiden das Herz mehr blutete. Auch April fühlte sich schlecht dabei. Sie schätzte ihren Boss, nicht nur als solchen, sondern auch als Freund. Sie wollte nicht, dass er verletzt wurde. Aber genau das, war eben passiert. Colt starrte fassungslos auf den Rotfuchs. Wie hatte er sich in ihr nur so täuschen können? Er war bereit gewesen sogar seinen Hombre zu verprügeln, hätte der weitere Verdächtigungen ausgesprochen. Unbewusst schüttelte der Scharfschütze den Kopf. Wieso? Faith im Hintergrund wollte Einspruch erheben, doch Search hielt ihr den Mund zu und schenkte ihr einen bedeutungsvollen Blick.

Wie gewonnen so zerronnen

Passion saß am Tisch des Verhörraumes. Die grauen Fliesen wirkten in dem bläulichen Licht der Neonröhren noch trister, als der Raum ohnehin schon war. In der Mitte stand der Tisch mit zwei Stühlen. Ihr Platz befand sich gegen über des Spiegels hinter dem Colt, Fireball und April standen und sie unbemerkt beobachteten. Neben dem Spiegel war ein kleiner weißer Kasten mit zwei Knöpfen angebracht. Passion wusste, dass über diese Anlage das Gespräch mitgehört werden konnte. Saber trat ein. Ohne sie anzusehen setzte er sich auf den Stuhl ihr gegenüber. Er schwieg. Seine Miene war versteinert. Die Stimmung zwischen ihnen war kalt. Beide fühlten sich unwohl bei dem Gedanken an die bevorstehende Vernehmung. Der Recke sprang auf und begann vor dem Spiegel auf und ab zu tigern. Der Rotfuchs hatte den Blick auf den Tisch geheftet. Kaum hörbar flehte sie. „Sag was.“ Er musterte sie. Sein Herz raste unkontrolliert. Tausend Fragen strömten auf ihn ein, die er ihr stellen wollte. Sie formten sich zu einer schlichten. „Warum?“ Passion rutschte unbehaglich auf dem Stuhl herum. Die Hände vor sich auf dem Tisch verschränkt, ohne Handschellen. „Ich hab keine Wahl“, flüsterte sie. Er fuhr herum, baute sich ihr gegenüber am Tisch auf und stützte seine Hände auf die Platte um das Zittern zu unterdrücken. „Doch hast du“, fuhr er sie an. „Du kannst es ganz einfach lassen.“ Sie schwieg. Er atmete tief durch. Dann wand er sich zur Sprechanlage und schaltete sie ab. Dass, was er ihr zu sagen hatte, ging niemanden was an. Vorläufig, auch seine Freunde nicht. „Ihr seid die Adoptivtöchter von Thomas Valerius“, stellte er dann sachlich fest. „Stiehlst du deshalb die Gemälde?“ Er erhielt keine Antwort darauf. Sie starrte unverwandt auf den Tisch. „Antworte mir“, forderte er. „Warum?“ Stille. Passion würde ohne ihren Anwalt nicht einen Ton zu diesem Punkt sagen. Er seufzte und lehnte sich gegen den Spiegel. „Was für eine Rolle spiele ich dabei? War ich Teil deines Plans? Hast du mich benutzt um mich von der Suche nach V-Angel abzulenken?“ fragte er tonlos und flehte innerlich, Bitte sag nein‘. Sie hob den Blick und sah ihm fest ins Gesicht. „Nein“, erwiderte sie. „Was zwischen uns passiert ist, hat überhaupt nichts mit dem hier zu tun.“ Sein hämmerndes Herz wollte ihr glauben. Sein Verstand sagte ihm, vorsichtig zu sein. Sie hatte ihn schon mal belogen. „Wie soll ich dir das glauben?“ fragte er bekümmert zurück. „Ich weiß es nicht.“ Sie stand auf und kam auf ihn zu. „Ich kann dich nur bitten, mir zu vertrauen“, flüsterte sie. Dabei griff sie nach seiner Hand. Er entzog sie ihr. Ihre Berührung konnte er nicht ertragen. „Vertrauen ist eine sehr zerbrechliche Sache“, gab er zurück und entfernte sich von ihr in Richtung Tür. Bevor er die Klinke hinunter drückte, drehte er sich noch einmal zu ihr um. „Für wahr, ich lieb dich mit den Augen nicht, die tausend Fehler ja an dir betrachten. Mein Herz ist’s, das den Augen widerspricht. Und das vergöttert nun, was sie verachten.“ Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. „Gefühle sind nicht planbar“, flüsterte sie. „Dass ausgerechnet ich mich verliebe schon zweimal nicht.“ Eine Träne rann über ihr Gesicht.
 

Der Anwalt der Schwestern war rhetorisch geschickt. Er schaffte es an den entsprechenden Stellen mit den passenden Worten alles zu entkräften, was Passion hätte schaden können. Sie hatte sich tatsächlich am Wasserhahn gestoßen. Der war auf Höhe des Hämatoms angebracht und hatte dieselbe Form, wie Aprils Absatz. Dass er am gleichen Tag ausgetauscht worden war, an dem der Überfall stattgefunden hatte, war nichts, als ein dummer Zufall. Niemand konnte das Gegenteil beweisen. In dubio pro reo. Sie mussten Passion gehen lassen, wenn sie auch nicht die Stadt verlassen durfte. Die Kaution wurde gestellt und der Rotschopf kehrte zum Rasthof zurück. Ramrods Crew war über diese Entscheidung verstimmt. Aber auch April hatte während der Auseinandersetzung nicht das Gesicht ihrer Gegnerin gesehen. Außerdem konnte Passion ihr Geständnis abstreiten und die Schwestern würden sie unterstützen, so dass es am Ende Aussage gegen Aussage stünde. Einzig, dass jetzt alle vier von Aprils Theorie überzeugt waren, war der Gewinn an der Sache. Colt und Saber waren maßlos enttäuscht. Kleinlaut meinte der Scharfschütze. „Irren ist männlich, was.“ Verlegen kratzte er sich am Kopf und sah Fireball und April aufrichtig geknickt an. „Dann bin ich wohl kein Mann.“ Fireball grinste schief. Colts Blick wanderte zu April. „Ich meine es ernst“, versicherte er. „Es tut mir leid. Was ich gesagt hab, war scheiße und unfair.“ April schaute auf den Boden. Ja, dass war sehr verletzend gewesen. Aber sie verstand ihn auch. „Schon klar, Colt.“ Sie sah ihn an. „Ich mag Passion wirklich und ich hätte mich auch lieber geirrt.“
 

Saber hatte das Gefühl sein Herz wäre in tausend Splitter gesprungen, als Passion Aprils Frage so schlicht mit „Ja“ beantwortet hatte. So sehr hatte er gehofft, dass er falsch lag und sich seine schlimmsten Befürchtungen nicht bestätigen würden. Doch das Gegenteil war geschehen. Passion war eine Diebin. Sie hatte es zugegeben. Er fühlte sich nicht in der Lage sich auf sie noch länger einzulassen. Er war Starsheriff und damit jemand der die Guten vor den Bösen beschützte. Ganz simpel formuliert. Es ging dabei nicht nur darum, Outridern in den Hintern zu treten und Frieden zu schaffen. Der Friede musste gewahrt werden. Gehegt und gepflegt wie ein Kind von seiner Mutter. Doch Passion störte den Frieden und die Ordnung darin. Er hatte sein Leben riskiert für das Neue Grenzland und sie trat es mit Füssen. Er wusste nicht, was schlimmer war. Menschen, die den Frieden nicht zu schätzen wussten, so wie Passion. Oder die Tatsache, dass er sie dennoch liebte. Sein Herz schrie nach ihr. Er wollte sie in den Arm nehmen, ihr durchs Haar fahren und ihre Nähe genießen. Doch im selben Moment graute ihm davor sie zu sehen. In der Nacht im Park hatte sie ihn ihre Liebe spüren lassen. Oder hatte sie sich da auch nur verstellt? Sie hatte das verneint. Doch konnte er ihr noch glauben?

Hinter der Maske

YUMA NEWSPAPER – V-ANGEL DEHNT JAGDGEBIET AUS
 

Mit dieser Schlagzeile in der Hand marschierte April wutentbrannt im Restaurant auf. Jetzt am frühen Sonntagnachmittag war es wie leer gefegt. Nur die Schwestern saßen dort an einem der Tische zusammen. Love schmiegte sich an Faith. Ihnen gegenüber saßen Search und Passion. Die Schwestern schraken auf, als der weibliche Starsheriff, mit den Kollegen im Schlepptau, auf sie zukam und ihnen die Zeitung auf den Tisch schleuderte. Verwundert blickten sie erst auf die Gesetzeshüter, dann auf das Blatt. Stirnrunzelnd schlug Passion die Seite auf und las den dazugehörigen Artikel. In einer kleineren Stadt nahe Yuma war eines von Various Werken entwendet worden. Der Raub trug V-Angels Handschrift, inklusive der Visitenkarte, die man am Tatort gefunden hatte. „Hinter der Maske“, eines der hochgelobtesten Gemälde, war weg. „Wir haben den Artikel geprüft“, erklärte April scharf. „Er beruht hundertprozentig auf den Fakten.“ Sie baute sich drohend vor Passion auf, stützte die Hände auf die Tischplatte und giftete sie an. „Du darfst Yuma im Umkreis von 10 Meilen nicht verlassen. Die Stadt“ Sie tippte auf den Artikel. „liegt außerhalb dieses Bereiches. Ich muss dich wegen Verstoßes gegen die richterliche Verfügung verhaften.“ Ruhig antwortete Passion. „Das war ich nicht.“ – „Wie bitte?“ brauste Ramrods Navigatorin auf. „Das ist ja wohl deine Vorgehensweise, oder nicht.“ Passion schaute offen auf die Ramrodcrew. „Fast“, gab sie zu. „Wer auch immer das getan hat, hat mich gut kopiert. Bis auf eines. Ich hinterlasse meine Visitenkarte nicht am Tatort, sondern schicke sie an die zuständige Polizeistation, “ erklärte sie sachlich. „Vielleicht war dir das diesmal zu riskant, “ bohrte April unbeeindruckt. „ ‚Hinter der Maske‘ ist eines von Various Werken und passt genau in dein Beuteschema.“ – „Ich war das nicht. Ich hab mich an die Auflage gehalten. Ich wusste nicht mal, dass das Werk dort ist, “ verteidigte sich die Rothaarige heftig. „Lüg uns nicht so kackfrech ins Gesicht.“ Colt konnte sich nicht länger zurückhalten. Nach allem was vorgefallen war, lagen seine Nerven blank. Search, die aus dem Fenster gesehen hatte, wand sich jetzt zu Passion um. „Es ist wohl Zeit, die Maske fallen zu lassen“, sagte sie zu ihr.
 

Die Starsheriffs spitzten die Ohren, zogen sich von den umstehenden Tischen Stühle heran und setzten sich. „Also, wir hören“, meinte April und verschränkte die Arme vor der Brust. Schnippisch warf Faith ein: „Was genau wollt ihr alles hören? Als ich sieben war, hab ich einen Kaugummi geklaut.“ – „Haha, soweit brauchst du nicht auszuholen, sonst wirst du die nächsten 200 einsitzen! Wieso klaut ihr die Dinger?“ Colts Tonlage verriet deutlich, wie wenig witzig er das alles fand. „Wieso man Kaugummis klaut?“ Der grüne Struwwelpeter wollte ihn weiter provozieren, doch Searchs mahnender Blick brachte sie zum Schweigen. „Zieh es nicht ins Lächerliche, Sister. Das ist zu ernst, “ erinnerte sie die Punkerin und sah dann Passion an. „Sag es ihnen.“ Passion räusperte sich kurz und informierte dann: „Ihr habt Recht. wir sind die Adoptivtöchter von Thomas Valerius.“ Doch einigermaßen überrascht schauten die vier aus der Wäsche. Der Verdacht wurde unumwunden bestätigt. Das hätten sie nicht erwartet. Offenbar wollten die Schwestern tatsächlich die Maske fallen lassen. Der Scharfschütze fand als erster die Sprache wieder. „Und warum klaut ihr die Dinger jetzt? Tochter hin oder her, aber ich hätte nie die Sättel meines Dads zurückgeklaut.“ – „Wir tragen nicht Vaters Namen. Deshalb, “ entgegnete Passion. Search half ihr das zu verdeutlichen. „Im Falle seines Ablebens haben wir keinen rechtlichen Anspruch darauf. Aber sie gehören uns. Es sind die Werke unseres Vaters.“ Fireball schnaubte verächtlich. „So kann man den Rechtsstaat natürlich auch bescheißen. Mensch, ihr werdet doch irgendwo als seine Adoptivkinder erscheinen und somit seid ihr leiblichen Kindern gleichgestellt. Das ist überall so im Neuen Grenzland, Yuma macht da keine Ausnahme, “ erklärte er gereizt. „Nein, tun wir nicht, “ stellte die Rothaarige richtig. Eine widerspenstige rosa Strähne fiel ihr ins Gesicht. „Wenn man es ganz genau auseinander nimmt, ist er unser Vormund und somit sind wir eben NICHT leiblichen Kindern gleichgestellt. Egal, auf welchem Schriftstück unsere Namen stehen. Vater hat uns aus solchen Unterlagen herausgehalten. Er wollte sicher gehen, dass sie nicht in die falschen Hände geraten und jemand seine Familie ins Licht der Öffentlichkeit zieht. Wir sollten so normal wie möglich aufwachsen.“ Der Rennfahrer lehnte sich wieder zurück. „Okay, eins zu null für euch. Aber das ist noch lange kein Grund so was zu machen. Es gibt doch sicherlich irgendwo ein Testament, wo die Erbfolge festgelegt wurde. Für so klug halt ich Valerius dann doch, “ wand er ein. „Wir haben kein Testament, “ meinte Search. Passion ergänzte: „Es geht auch nicht um die Erbfolge und den ganzen Mist. Es geht dabei ausschließlich um Vaters letzten Wunsch.“ Love nickte bestätigend. Faith konnte sich eine weitere Provokation nicht verkneifen. „Oder haltet ihr uns für so Geldgierig?“ – „Na, wegen dem sentimentalen Wert werdet ihr das kaum machen“, konterte der Cowboy trocken. Augenblicklich brauste Faith auf. Hätten Love und Search sie nicht zurückgehalten, wäre sie Colt wohl an die Kehle gesprungen. Love legte Faith die Hand auf die Schulter. „Beruhige dich, Liebling“, raunte sie ihr sanft zu. Offensichtlich war sie die einzige, die den Zauskopf besänftigen konnte. Wenn auch widerwillig, so gehorchte die Hitzige doch.
 

„Tatsächlich geht es nur um Sentimentalitäten“, entgegnete Passion. April nickte. „Dann ist es einfach nur Dummheit gewesen, sie zu stehlen.“ Es fiel ihr schwer dafür Verständnis aufzubringen. Die vier Schwestern machten es sich an dem Punkt scheinbar recht leicht. „Nein, nicht Dummheit“, begehrte Passion auf. „Wir erfüllen Vaters letzten Wunsch. Geht das nicht in eure Köpfe?“ Fireball lehnte sich zurück und schwieg. Irgendwie verstand er das schon. Er sah sich um und stellte fest, dass Saber bisher noch nicht ein Wort gesagt hatte. Sein Vorgesetzter musste sich wirklich schlecht fühlen, was wohl an Passion lag. Als Colt nun zu Passion sagte: „In mein Köpfchen passt mehr, als du glaubst!“ richtete sich Fireballs Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch. „Ich kapier einfach nicht, wie man die linke Tour fahren kann, bevor man es überhaupt irgendwie anders und auf rechtlich astreinem Terrain versucht?“ meinte der Scharfschütze und schüttelte verständnislos den Kopf. „Wir haben alles im rechtlichen Bereich versucht. Wir haben kein Recht, keinen Anspruch auf das, was uns gehört, “ klärte Search ihn auf. Passion strich sich eine rosa Strähne aus dem Gesicht und berichtigte ihre Schwester leise. „Na ja nicht ganz. Du weißt, was Paps dazu gesagt hat.“ Jetzt schaltete sich der Recke ein. „Was hat er denn dazu gesagt? Dass ihr euch wie die schlimmsten Verbrecher nehmen sollt, was er hinterlassen hat?“ Sein Tonfall war mehr als bissig. Die Schwestern schnappten alle vier empört nach Luft. Hätte Search sich nicht eingeschaltet, wäre diesmal Passion aufgebraust. „Nein, er hat gesagt, dass es nicht seine Werke sind. Seine Arbeit wurde durch seine fünf Engel inspiriert, deshalb gehören sie ihnen, “ erwiderte sie dann beherrscht. „Ich sehe nur vier und das sind keine Engel, “ versetzte Saber spitz. „Der fünfte Engel ist Mummy.“ Search blickte zum Fenster hinaus. So deutlich, als wäre es gestern geschehen, erinnerte sie sich an den Moment, als die Hand ihrer Mummy ihre Kraft verlor und sie müde die Augen schloss. Saber schnaubte, schwieg jedoch. Colt und Fire bemühten sich, nicht den Anschluss zu verlieren. April half ihnen dabei. Sie senkte betroffen die Augen. „Ich verstehe“, flüsterte sie. „Sie ist nicht mehr bei euch, weil sie wirklich ein Engel ist.“ Urplötzlich schrie Faith „Ja, du Genie. So ist es. Und jetzt halt die Klappe und hör auf noch mehr Salz in die Wunden zu streuen.“ Love nahm ihre Hand und zog sie langsam aber bestimmt aus der Bank. „Ich glaube, Liebling, wir zwei gehen mal lieber raus und lassen deinen Hitzkopf ausrauchen.“ Sie verließen das Lokal, hörten aber noch, Aprils Verteidigung „Das wollte ich nicht. Ich weiß, wie das ist, ich…“ Dann fiel die Tür ins Schloss. Fire legte seiner Freundin den Zeigefinger auf den Mund, damit sie still war und nicht selbst auch noch traurig würde, wenn sie an den Verlust ihrer eignen Mutter dachte. Unwirsch meldete der Cowboy sich zu Wort. „Familie zu verlieren ist scheiße. Aber immer noch kein Grund zum Stehlen! Sonst wär ich der schlimmste Kriminelle im Neuen Grenzland.“ Er machte nicht den Eindruck, als ließe er sich von dieser Einstellung abbringen. „Ich ... wie soll ich euch nur klar machen, dass wir keine andere Wahl hatten?“ versuchte Passion erneut, die Dinge begreiflich zu machen. „Erklär es uns. Mit simplen, einfach Worten, die nach Möglichkeit der Wahrheit entsprechen, “ gab Saber kühl zur Antwort. Betroffen senkte die Angesprochene die Augen. Diese Lieblosigkeit war ihr unangenehm, um es vorsichtig zu sagen. „Ich hab dich nicht belogen“, verteidigte sie sich schwach. „Das kann man sehen, wie man will.“ Der Blondschopf wurde jedoch gleich wieder sachlich. „Also, warum hattet ihr keine andere Wahl?“ – „Ich glaube kaum, dass ihr das versteht.“ Passion klang, als wollte sie aufgeben. Nein, wie sollten sie das begreifen. Sie wussten ja nichts. Bis jetzt machten sie auch nicht den Eindruck, als würden es dann einsehen können, wenn alle Karten auf dem Tisch lagen. „Hör auf, Sister.“ Search legte den Arm um Passions Schulter. „Um das zu verstehen, muss man eine Vorstellung haben, wie man sich als adoptiertes Kind fühlt“, wand sie sich dann an die Ramrodcrew. „Mummy und Paps haben uns aufgenommen, uns geliebt und ein Zuhause gegeben. Uns vier, die niemand sonst wollte. Sie haben so viel für uns getan. Sie haben uns eine gute Ausbildung ermöglicht, zu Faith und Love gehalten, als klar wurde, dass ... na, das habt ihr ja gesehen. Und für Passion waren sie nach der ganzen, furchtbaren Sache im Internat auch da.“ Ihre Worte klangen zärtlich und dankbar. „Sie haben sich wie Eltern verhalten“, fasste der Rennfahrer es sachlich zusammen. Search nickte. „Was war im Internat?“ hakte April nach. Das hatte sie doch stutzig gemacht. Passion schenkte der Weißhaarigen einen flehenden Blick. „Bitte nicht“, flüsterte sie. „Doch“, entschied diese und richtete ihre Worte an die Vier. „Ihr wisst, dass Passion Jugendmeisterin der rhythmischen Sportgymnastik war. Als sie mit dem Titel zurückkam, kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihr und ihrer schärfsten Rivalin. Die schlug mit einer Hantelstange nach Passion und verletzte ihren linken Oberschenkel sehr schwer. Passion brauchte lange um sich davon zu erholen. Sie kann ihr Bein auch wieder normal belasten. Nur der Traum von der Sportlerkarriere war ausgeträumt.“ Betroffenes Schweigen trat ein und die große Erkenntnis folgte. „Deswegen das zweite Standbein mit dem Studium“, stellte April fest. „Zickenterror mal anders“, kommentierte Fireball. Colt warf die Hände in die Höhe: „Weiber!“ Und auch Saber klappte der Kiefer auf. „Also deshalb.“ Kein Wunder war sie so widerborstig. Die Rivalin war sicher adlig gewesen. Wahrscheinlich war sie wenigstens vom Internat geflogen, aber das änderte nichts daran, dass sie Passions Leben verpfuscht hatte. „Wir haben unseren Eltern sehr viel zu verdanken“, fuhr Search nun fort. „Wir hatten eine sehr liebevolle Familie. Als Mummy starb, traf uns das alle sehr schwer. Vor allem Vater. Er sagte, die Frau, die seine Werke mehr noch als wir Töchter inspiriert hat, für die er gezeichnet hat, solle die Werke eines Tages wiederbekommen. Er hat sie nur für sie erschaffen. Versteht ihr. Wir sind es Vater schuldig, ihm diesen letzten Wunsch zu erfüllen.“ Passion ergänzte flüsternd: „Es ist unsere einzige Chance zu beweisen, dass wir ihnen gute Töchter sind. Nur kommen wir legal nicht an die Werke. Was hätten wir denn tun sollen?“ Der letzte Satz klang sehr hilflos.
 

Doch Saber hatte im Augenblick kein Ohr für diesen Ton. „Rat einholen und euch Hilfe suchen“, antwortete er nüchtern. „Es gibt, soweit ich weiß, viele Organisationen, die dabei helfen. Legale Organisationen.“ Die weißhaarige Frau schüttelte traurig den Kopf. „Vater war zu gut darin, die Verbindung zwischen uns zu verdecken, dass es jetzt unser Fluch ist.“ Ramrods Pilot wiegte den Kopf hin und her. „Wie gut kann er schon gewesen sein?“ fragte er nachdenklich. „Irgendwo hat er sich bestimmt verraten, zu hundert Prozent! Man muss nur gründlich genug suchen. Stimmt es, Boss?“ Auf Passions Stirn bildete sich ihre unwillige Falte. Es schien ihr, als wollten sie das nicht verstehen. „Du musst es ja wissen. Ich hab vergessen, dass du unseren Vater persönlich gekannt hast, “ gab sie düster zurück. Der Schwertschwinger unterstützte die Ansicht seines Freundes jedoch. „Er hat aber Recht“, meldete er. Die Rothaarige fuhr sich hastig durch ihre Mähne. „Natürlich hat er das. Natürlich wisst ihr es besser. Ihr seid ja so wunderbare Starsheriffs.“ Aber hinter dieser Ironie verbarg sich nicht nur ihre Verletztheit darüber, dass sie es scheinbar nicht begriffen, sondern auch das Bewusstsein, dass der Weg nicht die beste Lösung war. „Hey, Baby, fahr die Krallen wieder ein.“ Colt war inzwischen schon wieder friedlicher gestimmt. Er wusste, aus eigener Erfahrung, wie sich die Mädchen fühlen mussten. Langsam begann er sie zu verstehen. Er selbst hatte schon oft genug aus Liebe heraus Fehler gemacht. „Ja, wir sind die Star Sheriffs und ja, wir sind die besten. Egal, worum es geht, “ fügte er dann hinzu und grinste schief. Es musste doch eine Alternative geben, die die Schwestern übersehen hatten? Er war so weit, dass er besonders Passion verzeihen und helfen wollte. Doch die fühlte sich überfordert von der Situation. Sie erhob sich. „Lass mich durch. Ich will raus.“ Damit rutschte sie aus der Bank, schob sich an Colt, dessen Stuhl direkt daneben stand, vorbei und wollte zur Tür. Search rief ihr nach: „Bleib da.“ Passion schüttelte heftig den Kopf. „Nein, ich kann nicht. Ich halt das nicht aus.“ Dann blickte sie kurz auf Saber. Es war klar, dass sie seine Anwesenheit und vor allem seine Ablehnung am allerwenigstens ertrug. „Ich würd es auch nicht aushalten, wenn ich jemanden ins Gesicht gelogen hätte und der im Raum säße“, knurrte der. An der Tür drehte sich Passion um. „Ich hab dich nicht belogen. Ich hab dir nur nicht die ganze Wahrheit gesagt, “ rechtfertigte sie sich schwach. „Passion, bleib da! Wir finden einen Weg“ Doch Aprils Ruf wurde ignoriert. Die Tür fiel zu.
 

Ramrods Navigatorin sah ihre Jungs fragend an. Auch sie wollte gerne helfen, jetzt, da sie wusste worum es sich bei all dem drehte. „Ist halt jetzt die Frage, wobei sie nicht die ganze Wahrheit gesagt hat“, meinte Colt beinahe schon heiter. Search nahm das Nesthäkchen in Schutz. „Sie ist eben loyal, sehr loyal.“ Unbeeindruckt und mit schiefem Lächeln deutete der Scharfschütze auf Saber. „Sind andere auch. Aber die hätten es lieber wahrheitsgemäß loyal, “ gab er zurück. Search lehne sich in der Bank zurück. „Offensichtlich konnte sie sich nur falsch entscheiden. Entweder verletzt sie ihn“ Dabei wies sie ebenfalls auf Saber. „oder uns. Das konnte nicht gut gehen.“ – „Ich bin noch da, “ meldete der düster. Die Weißhaarige wand sich ihm direkt zu. „Ich weiß und ich hoffe, du hörst mir gut zu. Denn Passion hat dich wirklich nicht belogen. Aber sie hat bei Mummys Grab - wie wir alle - geschworen, dass sie mit niemandem außer uns darüber redet. Und ein Schwur bedeutet bei uns sehr viel, “ versuchte sie erneut ihre Schwester zu erklären. Der Angesprochene blinzelte finster. „Ein Schwur bedeutet auch uns viel“, antwortete er und deutete auf seine Freunde. Innerlich gewann er seine Ruhe wieder. Es war leichter, über alles zu reden, wenn Passions Gegenwart ihm nicht länger Herzklopfen verursachte. „Schön, dass es für euch das selbe bedeutet“, stellte Search nüchtern fest. Sie erhob sich ebenfalls aus der Bank und trat auf den Recken zu. „Dann lass sie nicht dafür bezahlen, dass sie liebt.“ Diese Aussage war vielschichtiger, als man im ersten Moment glaubte. Aber dem Säbelschwinger ging jede einzelne auf. Search erkannte es an seinen Augen und wand sich zufrieden zum Gehen. „Heute sind wohl alle vor uns auf der Flucht“, kommentierte Colt und rief dann. „Hey, Search, setz dich wieder und lass uns reden. Wir wollen euch doch nur helfen.“ – „Und wie?“ Kritisch hob diese die Augenbraue. Mit einem leichten Lächeln entgegnete Fireball. „Das überlass uns. Wir sind schließlich hier die Guten.“ Search unterdrückte ein Schmunzeln und nahm wieder Platz. „Nein, ich will wissen wie. Es geht hier schließlich um sehr viel für uns Schwestern, falls ihr das noch nicht verstanden habt.“ Verlegenes Schweigen entstand. An dem Punkt waren ihnen die Ideen ausgegangen. Aber dann begann die ersten, wenn auch noch nicht so realistischen, Vorschläge durch den Raum zu fliegen. „Wir zaubern einfach ein bisschen“, schlug der Rennfahrer vor. „Das haben wir zwar seither noch nicht, aber das gelingt uns auch noch.“ Lachend stieg Colt darauf ein: „Klar. Ich bin schließlich Großmeister im Verzaubern schöner Mädchen. Nur bei Passion wird wohl Saber den Zauberstab schwingen müssen.“ Der fasste das als Stichwort auf und verabschiedete sich.
 

Es war recht viel auf ihn eingestürmt und er wollte das alles zunächst einmal sortieren und auswerten. Am liebsten war es ihm für einen Moment, wenn er irgendwo Beweise finden würde, die die Schwestern überführten. Dann würde man sie verhaften und er musste Passion nie wieder sehen. Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gebracht, meldete sich sein Herz zu Wort und sagte, dass er es weder ertrug ihr Handschellen anzulegen, noch auf diese Weise von ihr getrennt zu werden. Sein Weg führte ihn an der Werkstatt vorbei. Wahrscheinlich wäre er ganz daran vorüber gelaufen, wäre ihm die geöffnete Hintertür nicht aufgefallen. Wenn Faith für die technische Ausstattung verantwortlich war, würde er hier vielleicht etwas finden. Mit dieser Überlegung trat er ein. Die Werkstatt war recht groß und anders als er erwartet hatte, herrschte hier Ordnung. Links von ihm standen Schränke. An der Wand, die zum Haupttor führte stand eine riesige Werkbank. Davor befand sich der Stellplatz für die Autos mit der Hebebühne und gegenüber an der Wand stürmten sich verschieden Reifen. Eine gut geführte kleine Garage. Zwischen den Reifen gewahrte er einen rotrosanen Schopf. Passion. Eine Windbö wehte herein und schlug die Tür gegen die Wand. Das Mädchen hob den Kopf und blickte ihn an. „Oh, sorry, “ brachte er zerstreut hervor. „Schon gut, “ erwiderte sie trüb. „Schock mich ruhig zu Tode. Dann hab ich den Mist wenigstens hinter mir.“ Er trat ein paar Schritte auf sie zu. „Ich hatte nicht vor, dich zu schockieren“, versicherte er dabei. „In letzter Zeit ist es mit meinem Feingefühl wohl nicht sehr weit her.“ Sie richtete ihren Blick wieder auf den Boden und schniefte leicht. „Mach dir nichts draus. Von Typen wie dir bin ich nichts anderes gewöhnt.“ Innerlich versuchte sie sich ein Schutzschild zu errichten. So schnell durfte er ihr nicht wieder zu nahe kommen. Das hatte weh getan. „Die anderen Typen haben doch keine Ahnung“, gab er zurück. „Die wissen nicht, was Leid ist, Passion.“ Aber er wusste es ziemlich gut. Besonders jetzt, da sie so kleinlaut und hilflos vor ihm in einer Lücke zwischen den Reifentürmen hockte. Die Knie angezogen, die Arme darum geschlungen, doch jetzt den Kopf trotzig zu ihm hochwerfend. „Ach, aber du ja, “ fauchte sie und schüttelte den Kopf. „Vergiss es. Ich war so eine Idiotin, dass ich das zugelassen hab.“ Sie legte den Kopf wieder auf die Knie. Das zwei rosa Strähnen ihr über die Augen hingen, war ihr gerade egal. „Dass du was zugelassen hast?“ bohrte er nach. „Gefühle für einen anderen Menschen? Ich bedaure nur, dass du nicht die bist, für die ich dich gehalten habe, “ erklärte er verstimmt. „Und du bist nicht der, für den ich dich gehalten hab, “ warf sie das Gesagte wieder zurück. Sie sah noch mal zu ihm auf. „Weißt du, irgendwann, neulich im Park, hab ich doch echt geglaubt, du würdest es vielleicht verstehen. Ich hab dir ...“ Sie brach ab und fuhr fort auf den Boden zu starren. Leichte Röte im Gesicht.
 

„…Vertraut?“ beendete er ihren Satz. „Ja, Passion, das nennt man Vertrauen und das kann man auch Menschen, die nicht mit einem verwand sind. Ich hatte auch Vertrauen, in dich.“ – „Die Vergangenheitsform. Ich versteh schon. Aber nicht nur dein Vertrauen in mich ist Vergangenheit.“ Jetzt war Saber beinahe davon überzeugt, dass es nur darum ging und dass sich beide in dem anderen sehr geirrt hatten. Einzig sein Herz flüsterte ihm an der Stelle ein „Vergiss es, Kumpel. Es geht um mehr als das“ zu. „Du hast mir ja auch allen Grund dazu gegeben, das Vertrauen in dich zu verlieren“, rechtfertigte er sich und führte aus. „Ich weiß nicht, wie du es gemacht hast, Passion. Aber du hattest mich soweit, dass ich nicht einmal mehr auf meine Freunde gehört hab. Ich hab ihnen nicht geglaubt.“ Das hatte ihn selbst am meisten überrascht, weil es noch nie vorgekommen war. „Oh, ja. Vergiss an der Stelle nicht, dass das alles nur Berechnung von mir war. Nur Teil meines Planes, “ knurrte sie zurück und dachte an das, was er sie während des Verhör gefragt hatte. „Es hatte natürlich nichts mit meinen Gefühlen für dich zu tun. Ich bin einfach nur bereit alles zu opfern um an mein Ziel zu kommen.“ Jedes Wort davon strotze nur so vor Ironie und Bitterkeit, weil es gar nicht wahr war. „Vielleicht bist du so. Woher soll ich das wissen, Passion? Ich kenne dich nicht, auch wenn ich es gerne glauben würde, dass ich weiß, wer du wirklich bist. Fakt ist, ich kenne dein wahres Ich nicht. Du hast es mir nicht gezeigt.“ Während er das aussprach, fragte er sich warum er diese Konversation überhaupt führte? Denn was immer er von ihr hörte, würde ihm nur noch mehr weh tun und ihn immer weiter in Gewissenskonflikte bringen. Ganz leise flüsterte Passion. „Doch, hab ich.“ Tränen stiegen ihr in die Augen. „Hast du das wirklich nicht gemerkt?“ Verbittert meinte er: „Das war wohl eher der Alkohol, der im Park aus dir gesprochen hat. Niemals könntest du einen Adligen, einen wie mich, lieben.“ Hatte er doch gewusst, dass dieser Dialog nur Schmerz enthielt. Über Passions Wange kullerte eine Träne. „Du hast es wirklich nicht gemerkt.“ Fassungslos schlug sie sich die Hände vors Gesicht. „Wie konnte ich nur so naiv sein?“ Er setzte sich neben ihr auf zwei gestapelte Reifen. „Ich weiß nicht, was du mir vorgespielt hast und was wahr war“, erwiderte er aufrichtig. „Ich kann es nach den ganzen Ereignissen nicht mehr voneinander trennen.“ Passion schluckte tapfer die Tränen runter, wischte die geweinten von den Wangen. Während sie sich langsam erhob, gewann sie ein wenig Fassung zurück. Dann sah sie ihm fest ins Gesicht. Zittrig und traurig klang ihre Stimme, als sie sagte. „Du warst der Erste.“ Dann wollte sie gehen, doch Saber hielt sie am Handgelenk fest. „Warte.“
 

Seine Augen weiteten sich, je mehr er die Tragweite dieser Worte begriff. „Du warst...“ Er suchte nach einer angemessenen Umschreibung. „vorher noch nie mit einem Mann zusammen?“ Sie stand mit dem Rücken zu ihm und wand sich auch nicht zu ihm um, um diese Frage zu beantworten. Tonlos erinnerte sie ihn. „Ich sagte doch, keiner war es Wert.“ Also war das doch keine Einbildung gewesen. Er hatte es gemerkt und es hatte ihn kurz irritiert. Aber ihre Küsse hatten ihn davon abgehalten sich weiter darüber Gedanken zu machen. „Ich hoffe, du freust dich über diesen Erfolg.“ Passion wollte nur noch raus und fort von ihm. Der Recke hielt sie jedoch nur noch fester. „Denkst du, du bist eine Trophäe?“ wollte er fassungslos wissen. Wollte sie ihm das wirklich unterstellen? Er trat auf sie zu, so nah, dass er den Duft ihres Haares einatmen konnte. „Ich, und das betone ich für dich extra noch einmal: Ich bin nicht so jemand, der Frauen nicht achtet oder das als Sport ansieht, “ raunte er ihr eindringlich ins Ohr. „Nein, das vielleicht nicht. Aber wenn sie aus dem Gefühl heraus handeln und die falsche Entscheidung treffen, sind sie für dich auch nicht sehr viel wert, “ murmelte sie unglücklich. „Das stimmt nicht, “ protestierte er sofort. „Hast du daran gedacht, dass ich mich von dir deswegen hintergangen fühle? Meine Gefühle für dich haben mich in eine missliche Lage gebracht.“ Jetzt horchte sie auf. Auf den Gedanken war sie wirklich nicht gekommen. „Inwiefern?“ fragte sie vorsichtig. „Ich konnte meine Pflicht nicht mehr erfüllen. Denkst du, ich hätte dich verhaften können? Hast du gesehen, dass ich es getan habe? Ich habe es nicht fertig gebracht, obwohl ich es hätte tun müssen.“ Es gelang ihm nicht zu verbergen, wie sehr es ihn aufwühlte und in Zwiespalt brachte. Was dachte sie denn nur von ihm? Hielt sie ihn für so unmenschlich? Passion erinnerte sich an seine versteinerte Miene, als April die Handschellen hatte klicken lassen. Ja, genau. April hatte sie abgeführt. Sie wand sich zu ihm um. „Deine Pflicht“, wiederholte sie und musterte ihn genau. „Deine Pflicht steht über allem. Dein Ehrgefühlt auch. Ich fange an, zu verstehen…“Sie schluckte kurz. Passion begriff wirklich, was es für ihn bedeuten musste. Betreten senkte sie den Blick. „Es tut mir leid, dass ich es über den Haufen geworfen habe. Behalte es lieber.“ Argwöhnisch hob er die Brauen. „Sind Pflichtgefühl und Ehre bedeutungslos für dich?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein“, widersprach sie. „Kostbar und sehr selten. Bewahre dir diese Eigenschaften bloß.“ Damit riss sie sich los und ging. Er folgte ihr. „Warte, Passion. Lauf nicht immer weg.“ Tatsächlich blieb sie stehen. „Warum? Ich tu dir nicht gut. Ich bin eine Diebin. Du bist ein Starsheriff. Sag mir, wie soll das gut gehen?“ Auch wenn sie das ruhig und nüchtern aussprach, in ihrem inneren tobten die Gefühle. Die einen, die sie an den Wunsch ihres Vaters banden und die, die sie zu dem Recken hinter sich zogen. Beide Empfindungen brannten. „Hör auf zu stehlen“, bat er sie. Nun fuhr sie doch herum. Sie hatte ihn nicht ansehen wollen, aus Angst zusammen zu brechen. „Verstehst du nicht, was dass für mich bedeutet?“ kam es verzweifelt über ihre Lippen. „Ich kann Vaters Wunsch nicht unberücksichtigt lassen. Könntest du das?“ – „Nein“, antwortete er ehrlich. „Aber, Passion, nicht so. Nicht auf diese Weise, “ mahnte er eindringlich. „Wie dann?“ Hilflose Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie begann zu zittern. Saber trat nah an sie heran und nahm ihre Hände. „Ich weiß es nicht“, gab er zu. „Noch nicht. Aber du warst bereit, mir zu geben, was sonst keiner haben konnte.“ Er schluckte verlegen. „Bitte. Alles, was ich von dir will, ist dein Versprechen, nichts zu tun, bis wir eine andere Möglichkeit gefunden haben. Tu es für mich.“ Er hauchte ihr einen kurzen, zarten Kuss auf die Hand. Der Blondschopf wusste genau, was er von ihr verlangte. Aber hatte sie nicht jemanden gewollt, der sie forderte und manchmal in Frage stellte? Er tat genau das. Jetzt lag es an ihr. War sie stark genug um einen solchen Schritt zu wagen? Passion sank in seine Arme. Wie beschützt sie sich da fühlte. Es tat so gut ihm nachzugeben. Seine Wärme. Seine Liebe. „Alles, was du willst“, flüsterte sie. „Alles, was du willst.“ Erleichtert zog er sie in seine Arme und presste sie innig an sich.

Von Plänen und Schlachten

Unterdessen saßen Search und die verbliebenen drei Starsheriffs zusammen. Auf Colts zweideutigen Kommentar, dass Saber bei Passion den Zauberstab schwingen sollte, erwiderte die Weißhaarige, nachdem der Schwertschwinger gegangen war: „Also, vielleicht schwingt er lieber gar nichts. Ich hab das Gefühl, der tut Passion nicht gut.“ Schließlich hatte sie den Verlauf des Gespräches genau verfolgt und ihr war nicht entgangen, dass Sabers Worte Passion sehr zugesetzt hatten. „Hör mal, Süße“, begann Colt seinen Vorgesetzten zu verteidigen. „Unser Säbelschwinger tut jedem gut; vor allem kleinen, rothaarigen Kratzbürsten.“ Prompt hob die Angesprochene die Augenbrauen. „Du sprichst in der Mehrzahl. Was hat das zu bedeuten?“wollte sie skeptisch wissen. Sie machte sich als älteste Schwester natürlich Sorgen um Passion und der schien es im Moment gar nicht gut zu gehen. Dank des blonden Recken. Fireball sprang ein. „Der Kuhtreiber schließt immer von sich auf andere, Search. Das hat gar nichts zu bedeuten. Saber wird schon auf Passion aufpassen, “ versuchte er sie zu beruhigen. Auf ihren kritischen Blick hin, nickte er eifrig. „Glaub mir ruhig. Saber ist ein ganz Lieber.“ Leicht grinsend ergänzte er. „Vor allem zu Passion.“ Aber die Wirkung war nicht die, die er haben wollte. Search wusste schließlich nicht, was wirklich zwischen den beiden Abwesenden vor sich ging. „Irgendwas sagt mir, dass ich sie ins Kloster stecken sollte“, überlegte sie.
 

April entschloss sich das Thema zu wechseln und wieder ernsthafter zu werden. Wenn Passion ihren Schwestern noch kein Wort über ihr Verhältnis zu Saber gesagt hatte, hatte das sicher einen Grund. Sie war nicht bereit, ihr dabei womöglich in den Rücken zu fallen. „Und ihr wart wirklich nicht an diesem Raub beteiligt?“ fragte sie deshalb und wies noch mal auf die Zeitung. „Nein“, stieg Search auf den Wechsel ein. „Ich hatte die Bestätigung von dem Museum noch nicht. Ich hatte ein Schreiben, im Auftrag meines Vorgesetzten, verfasst und darum gebeten, ‚Hinter der Maske‘ für Ausstellungszwecke als Leihgabe zu bekommen. Aber ehe sie geantwortet haben, hat der Raub statt gefunden. Normalerweise warten wir, bis die Werke in Yuma sind. Das ist vertrautes Terrain. Wenn ich weiß, wo und wie die Bilder ankommen, entwirft Faith die technische Ausrüstung und ich spreche mich mit Passion ab. Love hält das Verbandszeug bereit. Kann ja immer etwas Unvorhergesehenes passieren, “ führte sie die Vorgehensweise und Aufgabenverteilung dabei aus. „Dann ist das vielleicht nur ein Trittbrettfahrer, “ grübelte die Blondine. „Aber dafür war das Ding zu professionell abgezogen. Hm...“ Search rief ihr etwas ins Gedächtnis. „Du vergisst, dass dies eines der kostbarsten Stücke aus Vaters Sammlung ist.“ Fire schaltete gleich. „Hm. Dürfte auf dem Schwarzmarkt viel wert sein.“ Irritiert hakte Colt nach: „Wie kommst du jetzt auf den Schwarzmarkt?“ Dass mit dem Trittbrettfahrer hatte er ja noch kapiert, aber der Sprung zum Schwarzmarkt war ihm zu groß. Na über leg doch mal. Various ist verschwunden, “ begann der Rennfahrer zu erklären. „Seine Bilder waren schon immer gut. Wer so ein Stück als eine Zierde für das schmucke Eigenheim haben will, blättert einiges dafür hin. Ist doch was zum angeben zumal es um das Verschwinden des Künstler so viele ungeklärte Punkte gibt. Das lässt den Wert der Stücke sicher in die Höhe schnellen.“ April studierte das Bild des Zeitungsartikels. „Die Silhouette sieht nach einem Kerl aus, wenn ich raten müsste“, meinte sie. Search nickte bestätigend. „Ein ziemlich großer Kerl ...“ erweiterter Colt die Feststellung seiner Kollegin. Auch Fireball warf einen längeren Blick darauf. „Der Kerl ist gelenkig und gut trainiert. Fast wie ein... Reckturner... Der ist mit Vorsicht zu genießen und ich wage zu bezweifeln, dass er allein arbeitet, “ überlegte er laut. „Ich kenn nur eine Person, die vergleichbar gut ist, “ erklärte Search. „Dann mal raus mit der Sprache, ich sitz auf Kohlen, “ drängte April. „Na, Passion natürlich.“ Der Kuhhirte rollte die Augen. Er hatte verstanden, dass Search von einem Gegner des Räubers sprach und da war Passion die einzige, die über ähnlich turnerisches Können verfügte. „Passion ist kein Kerl, Blödmann!“ lachte Fireball. „ Das hätte Saber schon erwähnt.“ Die Weißhaarige runzelte verwirrt die Stirn. „Irgendwie hab ich das Gefühl, ich hab an der Stelle was verpasst. Ihr tut ja grad so, als liefe da was zwischen den beiden.“
 

Damit war sie wieder bei dem vorherigen Thema gelandet. Doch Colt und Fireball folgten ihr dahin nicht zurück. „Eine Person! Kann also auch weiblich sein, “ gab der Scharfschütze an seinen Teamkameraden zurück. „Ja, aber die Statur ist maskulin. Und die Frau, die einen solchen Bizeps hinbringt, futtert Hormone und die willst du des Nächtens nicht auf der Straße treffen, “ informierte der Pilot fachkundig aus seiner Zeit als aktiver Sportler. Search, noch immer abgelenkt von den Gedanken um den Säbelschwinger und ihre Schwester, fragte dazwischen: „Hallo? Frage nicht gehört? Läuft das was zwischen den Beiden?“ Doch irgendwie kam die Frage nicht durch. „Du kapierst nicht, was ich meine, Fire. Die eine Person, die es mit dem Vogel da,“ Der Cowboy tippte auf Bild in der Zeitung. „aufnehmen kann, ist Passion.“ April warf auf Searchs Frage ein vages „Nicht offiziell“ ein, aber das klärte die nicht auf, sondern brachte Colt aus der Bahn. „Was ist nicht offiziell?“ – „Ich würde da eher unseren Dampfhammer ins Rennen schicken. Die verdrischt ja ohnehin alles, was sich ihr in den Weg stellt, “ meldete noch Fireball und hatte Glück, dass in der allgemein entstanden Verwirrung, diese Stichelei gegen seine Freundin unterging, sonst hätte sie ihm wohl eine Kopfnuss verpasst. Schließlich stellte Search frustriet fest: „Ich komm nicht mehr mit.“ Im Gegensatz zu Colt und April hatte sie völlig den Anschluss verloren, während die beiden, wenn auch stolpernd, aber doch Fires Überlegungen folgen konnten. „Ich hab eine Idee“, verkündete der eben. „Aha?“ Die Weißhaarige sah ihn völlig überfahren an. „Lass hören, Matchbox“, forderte Colt ihn auf. „Am besten fängt man einen Dieb, indem man ihm einen anderen auf den Hals hetzt. Da von uns dreien keiner kriminell veranlagt ist, würde ich die vier Schwester zu Rate ziehen. Vielleicht können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Wir sollten abwarten, was der Kerl da, “ Er deutete wieder auf die Zeitung deutet, damit es nicht noch mehr Missverständnisse gab. „als nächstes stiehlt.“ Da sie sich jetzt ignoriert fühlte, meldete Search mit einem „Hallo?“ das sie noch anwesend sei, aber auch das blieb einigermaßen unbeachtet. Colt war von dem Vorschlag seines Kollegen begeistert. „Das ist eine gute Idee. Vermitteln wir ein Treffen zwischen dem Vogel da und Passion.“ – „Sagt aber Saber, dass das rein geschäftlich ist“, warf April grinsend ein. Ihr Freund hob abwehrend die Hände. „Das überlass ich dir, Schätzchen. Ich hab die Woche schon eine auf die Nuss bekommen, “ erklärte er. „Wir sollten uns an die Fersen von dem Knilch heften. Schön unauffällig und vielleicht...“ Jetzt kam ihm noch eine Idee. „lassen wir ihn das zu Ende bringen, was ihr vier angefangen habt und erst danach buchten wir ihn ein.“ Er blickte erwartungsvoll auf Search. „Ich versteh grad nur Bahnhof“, gestand die. „ Ganz einfach: Wir lassen die Bande die Werke eures Vaters fertigstehlen, schieben denen auch eure Raubzüge in die Schuhe und die Kunstwerke sind verschwunden. Nichts, was man sicherstellen könnte, “ fasste die Ramrods Navigatiorin das alles zusammen.
 

Jetzt schaltete Search. „Die Kunstwerke sind verschwunden? Soll das heißen, ihr überlasst sie uns?“ hakte sie nach. „Ich hab nix gehört und gesehen.“ Colt begann demonstrativ zu pfeifen und schaute aus dem Fenster. „Ich hab nur Augen für April.“ Fireball beugte sich vor und betrachtete diese so genau, als hätte er sie noch nie gesehen. April meldete: „Ich bin zu vertieft in meine Aufzeichnungen.“ Damit nahm sie die Zeitung in die Hand und tat, als läse sie sie ganz aufmerksam. Dass sie das Blatt falsch herum hielt und somit die Buchstaben auf dem Kopf standen, reizte Search zum Lachen. „Eine wichtige Frage hab ich noch“, meinte sie dann. „Was willst du denn wissen, schönes Kind?“ Colt setzte sich wieder bequemer hin. „Läuft da was zwischen eurem Boss und meiner Schwester?“ Endlich hörte ihr mal jemand zu. „Da hab ich auch nix gehört und gesehen, absolut nichts, noch weniger als nichts, gar nichts“, versicherte Colt. „Ich glaub dir kein Wort“, bekundete Search und hob eigen die Augenbrauen. Lachend zog der Rennfahrer das in weniger ernste Bahnen. „Na, dabei war er sicher nicht.“ – „Beide sind erwachsen“, hielt April an der Stelle fest. „Was muss ich tun um eine klare Antwort zu bekommen?“ fragte Search ungeduldig. „Die beiden fragen“, antwortete Colt gelassen. Die Weißhaarige warf die Hände in die Luft. „Man, ihr seit Marken.“ Colt entschied sich, die Fragerei abzuwürgen. „Auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt wieder als unsensibel gelte. Aber solltest du nicht jemanden anrufen und auch ihm was beichten?“ Die Gefragte errötete. Andrew Hearth, ihr Freund der Polizist. Auch er hatte ein Recht darauf, dass sie ihm gegenüber mit offenen Karten spielte. „Entschuldigt mich.“ Damit verschwand sie. „Und ich geh mir etwas Ruhe gönnen“, entschied Colt beiläufig ehe er auch ging. Fireball und April blieben Allein zurück. „Na, der hat einfach zu viel Sehnsucht nach Robin“, stellte Fireball fest.
 

„Dabei bräuchte der feige Kerl sie nur anrufen!“ Verständnislos schüttelte er den Kopf. „Du sei mal ganz still. Feigheit ist doch dein zweiter Vorname, “ konterte April und erinnerte ihn daran, wie lange er gebraucht hatte um ihr seine Gefühle zu gestehen. „Nö, “ lächelte er zurück. „Feigheit kommt in meinem Namen nicht vor. Außerdem weiß ich überhaupt nicht, wovon du redest.“ Er wusste es natürlich genau, wollte das aber lieber verdrängen. April versetzte neckisch: „Du hast heute deine grauen Zellen offensichtlich überstrapaziert. Soviel Scharfsinn kenn ich ja gar nicht von dir.“ Naiv wollte er wissen: „Wie kommst du darauf?“ Sie schenkte ihm ein vielsagendes Lächeln. „Ich habe keine Ahnung.“ Dann stand sie langsam auf und räumte die Stühle zurück an ihre Plätze. Fireball erhob sich ebenfalls, schob seinen Stuhl zurück und zog sie von dem weg, dessen Lehne sie noch in der Hand hatte. „Wie meinst du das? Ich wäre sonst nicht scharfsinnig?“ hakte er nach und strich ihr sanft über die Arme. „Das ist doch dein genialer Tag. Erklär du es mir. Professor, “ gab sie lächelnd zurück. Sein Blick glitt musternd über sie. Seit sie den Fall übernommen hatten, trugen sie andere Kleidung, als sonst. April hatte auf einen engen Minirock und tief zu knöpfende Blusen gewechselt. Nicht unanständig tief, aber ahnungsvoll auf das, was sich wohl darunter noch verbarg. Ihm gefiel der Look. „Hör auf, mich aufzuziehen, April“, mahnte er sie mit Blick auf ihr Dekolleté. „Sonst schlüpf ich heute Nacht vielleicht doch lieber zu Colt und Saber ins Bett.“ Damit zog er sie an sich. Sie legte ihrerseits die Arme um seine Taille und begann ihm sanft den Rücken zu streicheln. „Das wäre schade. Ich mag Männer mit Köpfchen.“ Ihre Stimme klang sanft und verlockend. „Dann musst du mich heute ja geradezu lieben“, stellte er fest. „Obwohl ich das sonst auch verdient hätte.“ – „Ich weiß nicht. Sonst, “ Sie löste sich vorsichtig von ihm und trat ein wenig zurück. „bist du eher eine dumme Nuss.“ Er hielt sie noch an der Hand und drehte sie zu sich herum. „Mein Körper allein wird es wohl nicht sein, der dich bei mir hält.“ Sie entzog sich ihm wieder. „Süße, geh nicht weg.“ Sie hatte ihn so eingeladen, dass er sich jetzt nicht mehr abweisen lassen wollte. Erneut zog er sie zu sich. „Nein, nicht nur dein Körper. Auch deine schönen braunen Augen.“ Wieder löste sie sich von ihm. Sie fand es lustig, aus dem Kuschelbedürftigen ein Jo-Jo machen zu können. „Dann sieh meine braunen Augen auch mal an und dreh dich nicht immer weg.“ Wieder nahm er sie in die Arme. „Also ich weiß wirklich nicht ...“ Sie befreite sich endgültig von ihm und verschwand durch die Küchentür. Durch die großen Fenster im Lokal konnten sie schließlich gesehen werden, wenn jemand draußen vorbeiliefe. Fireball folgte ihr.
 

„Was? Hey, warte doch!“ Er hörte sie kichern. „Böse auf mich?“ Er suchte die Küche nach ihr ab, sah unter die Arbeitsplatten. „Hab ich denn einen Grund böse zu sein?“ fragte er, als er sie auch in der Spülnische und der Ecke, in welcher der Kühlschrank stand, nicht entdeckte. „Ja“ lachte sie und stob hinter dem Herd hervor. Er griff nach ihr, doch sie war zu flink. „Jetzt bleib doch da, Süße“, maulte er ungeduldig. „Sonst werd ich nicht nur böse sondern sauer.“ Sie kam auf der anderen Seite des Herdes zum Vorschein. „Als saure Gurke werde ich dich auch mögen, “ versicherte sie scherzhaft. Doch als er versuchte sie zu fangen, entwich sie wieder. Der Herd hinderte ihn. „Du bleibst jetzt sofort bei mir“, forderte er jetzt wieder forsch. „Sonst...“ begann er zu drohen, doch er kam nicht weit. Gehorsam setzte April sich auf eine Arbeitsplatte, auf der Dessertsoßen bereit standen. Sie ließ ihre Beine baumeln und schaute ihn unschuldig an. „War ich wirklich so unartig, Professor?“ Er kam zu ihr. „Ich würde sagen, du musst heute Nachsitzen“, lächelte er zufrieden und strich ihr über die Schenkel. „Sieht also so aus, als brächte ich etwas Nachhilfe in gutem Benehmen“, flüsterte sie und klimperte unschuldig mit den Augen. „Etwas? Eine ganze Nacht Nachhilfe würde noch nichts helfen. Behandelt man so seinen Mann, wie du es gerade getan hast?“ gab er mit gespielt strafender Miene zurück. Verführerisch unerfahren erklärte sie. „Ich weiß nicht, Professor. Sagen Sie es mir.“ Dann umschlang sie ihn mit Armen und Beinen „Bitte.“ Der Schmollmund tat sein übriges. Fire grinste verschmitzt. „Sieht so aus, als müsste ich dir eine kleine Lektion erteilen.“Er schob ihr Becken zu sich, da sie ziemlich weit hinten auf der Arbeitsfläche saß. „Lektion eins: Immer hübsch lächeln und zärtlich mit mir sein, “ fuhr er fort und küsste sie auf die Stirn. „In etwa so, “ flüsterte sie und begann seinen Rücken zu streicheln und ihm behutsam am Ohrläppchen zu knabbern. Ein wolliger Schauer lief ihm über den Rücken. „Das darfst du auch noch weiter unten machen, dann werden die Noten besser“, murmelte er und schob den Mini nach oben. „Wo unten?“ fragte sie naiv. „Bei dir oder bei mir?“ Fireball gefiel das Spiel. „Bei mir natürlich, Süße“, belehrte er sie und führte ihre Hand. „Lass mich dir was beibringen.“ Er öffnete ihre Bluse und schob das Kleidungsstück über ihre Schultern. Dann strich er auch die BH-Träger zurück. Er griff nach einer Flasche mit Schokosoße und ließ die Flüssigkeit über dem entkleideten Körperteil tropfen. „Wenn du böse wirst, werde ich dich bestrafen“, murmelte er, als er die Soße genüsslich ableckte. Im ersten Moment hatte April überrascht die Augen aufgerissen. Was hatte er denn vor? Da gab es nur eins um das herauszufinden. „Was zählt als böse? Das?“ Sie stieß ihn von sich. „Oh ja, “ bestätigte er. Mit dem freien Arm schnappte er sie und wirbelte sie herum. Dann platzierte er sie auf dem gegenüberliegenden Arbeitstisch, wobei der Stapel Töpfe darauf auf den Boden polterte. „Ab jetzt wirst du brav sein.“ Er drückte sie sanft und doch stürmisch auf den Tisch. „Du kennst ja die Strafe.“ Erneut kam die Soße zum Einsatz. April seufzte auf. Auf ähnliche Ideen war er noch nie gekommen. Er gab April die Flasche, zog sich ebenfalls das T-Shirt aus. Sie richtete sich auf. Fireball umfasste ihr Kinn und drückte ihr einen ungestümen Kuss auf die Lippen. „Ich bin gespannt, ob du die Lektion verstanden hast“, raunte er ihr ins Ohr. „Unterziehen Sie mich einer Prüfung, Professor.“ Damit goss sie nun ihm die flüssige Schokolade über um sie dann wieder abzuschlecken. Fireball legte den Kopf in den Nacken. „Im mündlichen Teil bekommst du ein Eins.“ – „Und in der Theorie?“ – „Die Praxis ist wichtiger“, murmelte er und presste sie ungestüm an sich.
 

Die Praxis bedeutete jedoch nicht nur eine leere Flasche Dessertsoße und ein paar umgeworfene Töpfe, sondern auch einen Stapel von etwa fünfzehn Tellern, der im Eifer des Gefechts zu Bruch ging. Als sie dann auch noch hörten, wie Love und Faith durch die Restauranttür traten, hielten sie es für angebrachte erst mal durch den hinteren Kücheneingang zu flüchten. Bei Faith‘ Temperament konnte das Ganze sonst richtig peinlich werden. Die Gute würde beiden auch die Köpfe waschen, wenn Gäste anwesend wären, und das sicher nicht zu knapp. Tatsächlich blickten Faith‘ und Love reichlich ungläubig über das Chaos in der Küche. Was um alles in der Welt war denn hier passiert? Die Antwort darauf gab Aprils BH, den Love aus einem der Kochtöpfe fischte.

Geplänkel

Ähnlich wie Passion musste auch Search erkennen, wie zerbrechlich Vertrauen war. Zwar hatte Andrew Hearth geahnt, was los war, doch darauf gewartet, dass sie es von sich aus beichtete. Die Beziehung zwischen ihm und Search hatte mit V-Angels auftauchen begonnen. So fühlte sich Andrew erst recht betrogen und benutzt. Als Search zum Rasthof zurückkehrte, sah sie sehr unglücklich aus und verzog sich für den Rest des Abends in ihr Zimmer. Faith folgte ihr. So blieb die Arbeit im Lokal an Love und Passion hängen.
 

Es gab viel zu tun. In der Hektik fiel Passion erst auf, dass Team Ramrod eingetreten war, als sie an deren Tisch stand und die Bestellung aufnahm. Trotz des Stresses riss Passion ihre gewohnten Sprüche. Nichts von den Vorfällen war ihr anzumerken. Das war bei ihrem Job hinderlich. Als sie die leeren Teller vom Tisch der Freunde abräumte und zu Love in die Küche schob, verließ diese den Arbeitsplatz. Mit zwei Küchenschürzen in der Hand trat sie zu den Starsheriffs und schob April und Fireball je eine zu. Verwundert blickten die beiden sie an. „Ich könnte etwas Hilfe in der Küche gebrauchen“, meinte sie grinsend. „Es sind heut nämlich schon Teller zu Bruch gegangen und jetzt geht mir das Geschirr aus.“ Ihr Zwinkern verriet, dass sie Bescheid wusste. Mit hochroten Köpfen und ohne einen Mucks erhoben sich die beiden und traten zum Küchendienst an. In der Küche fragte April: „Wieso wir?“ Grinsend hielt Love ihr den BH vor die Nase. „Keine meiner Schwestern trägt so etwas. Ihr vier seid die einzigen Gäste, die hier rein und raus spazieren, als wären sie zu Hause. Außerdem glaube ich nicht, dass Colt oder Saber das tragen. Wer bleibt da noch?“ Rasch und verlegen steckte April das verräterische Kleidungsstück weg und begann mit der Arbeit. „Wer weiß das noch?“ wollte Fireball wissen, während er sich die Schürz umband. „Außer mir und Faith? Niemand. Und so wird es auch bleiben. Komm, hilf mir mit den Beilagen.“ Love wies auf die Friteuse.
 

Der Typ an der Bar starrte Passion unentwegt nach. Egal, wo sie war, seine Blicke klebten an ihr. Sie war es gewöhnt, aber bei Saber und Colt löste es Unbehagen aus. Männer, die dermaßen gierig hinter einer Frau herschauten, hegten meist gewisse Gedanken. Passion kanzelte seine Sprüche überlegen ab und hatte die Lacher auf ihrer Seite. Aus ihren grünen Augen blitzte der Schalk. Sie nahm den Mann nicht eine Sekunde ernst. Irgendwann blieben nur noch er und die beiden Freunde übrig. Alle anderen Gäste waren gegangen. Passion begann die Tische abzuräumen und zu säubern. Der Barhocker erhob sich, nahm sein Glas und schlenderte ihr hinterdrein. Saber und Colt rutschten auf ihrer Bank vor und beobachteten die Szene. „Subtrahier dich“, meinte Passion gelangweilt, als der Typ sein Glas auf die eben gereinigte Tischplatte stellte. Auf seinen irritierten Blick hin grinste sie „Zieh ab. Ich hab zu tun“ und wollte sich an ihm vorbeischieben, doch er griff nach ihrem Arm und hielt sie fest. Da sie in der anderen Hand das Tablett hielt, hatte sie jetzt ein Problem. Ihren so gefürchteten EKG konnte sie nicht anwenden. „Was soll das?“ Sie versuchte sich zu befreien. „Stell dich nicht so an, Puppe“, grinste er dreckig und legte seinen anderen Arm um sie. Er roch nach Bier. Angewidert verzog sie das Gesicht. „Du bis ja dicht“, stellte sie fest und versuchte sich von ihm abzuwenden. Er hielt sie jedoch umklammert. Colt und Saber erhoben sich und kamen auf die beiden zu. Passion hob ihr Knie, doch trotz seiner Trunkenheit reagierte der Mann schnell genug, fing ihr Bein ab und hielt es fest. „Du kleine Wildkatze.“ – „Pfoten weg“, fauchte sie böse. „Du hast sie gehört“, schaltete sich Saber ein. Der Kerl ließ Passion los und schob sie unsanft zur Seite. „Hast du `n Problem?“ fragte er angriffslustig. „Ja, wenn du dich an meiner Lady vergreifst“, erklärte der Blondschopf ruhig. Passion sah überrascht auf ihn. Hatte er Lady gesagt? Der Trunkenbold lachte dreckig. „Eine Lady? Die?“ Abfällig wies er auf Passion. „Und dann noch deine?“ Das schien ja noch viel lustiger zu sein. „Du hast doch nichts zu bieten, du Weichei.“ Er musterte Saber geringschätzig. Sie waren etwa gleich groß, doch er beinahe doppelt so bereit, wie der Schwertschwinger. Nicht alles an ihm waren Muskeln. Jetzt drehte er sich wieder zu Passion um. „Hör mal, Puppe, wenn der es nicht bringt, und das tut er sicher nicht, komm zu mir. Damit du weißt, was echte Männer leisten können.“ – „Nein, danke. Auf Rohrkrepierer keinen Bock, “ versetzte sie frech. „Das wirst du nicht mehr sagen, wenn du ihn erst mal hattest, “ grinste der Macho zurück. „Okay, das reicht.“ Saber wies auf die Tür. „Die Nacht ist noch jung. Such dir eine andere und hör auf, Passion zu belästigen, “ wies er den Bullen zurecht. „Oh, ich zittere schon.“ Verächtlich lachend verließ er das Lokal. „Er sollte mal der Stadtmatratze einen Besuch abstatten. Die nimmt jeden auf, “ bemerkte Passion bissig. „Wie bitte? Stadtmatratze?“ fragte Colt verwundert. „Ja. Sissi heißt sie. Auf der hat jeder schon gelegen.“ Sie brachte das Tablett hinter die Bar. „Eine bemerkenswerte Frau“, fuhr sie mit der Erklärung fort. Colt und Saber hoben fragend die Brauen. „Ich meine es ernst“, versicherte Passion. „Sie vereint vier Tiere in sich.“ Amüsiert grinsten die Freunde sich an. „Wie?“ fragte Colt und ahnte, dass er gleich lachen würde. „Na ja, “ begann Passion und räumte die Gläser in die Spülmaschine. „Sie treibt es wohl gern wie die Hunde. Hat Zähne wie ein Kaninchen, Höcker wie ein Kamel und einen Arsch, dass jedes Brauereipferd neidisch wird.“ Der Cowboy prustete los. Saber grinste unterdrückt und schüttelte, ihre Wortwahl tadelnd, den Kopf. „Ich hab nur zitiert, was die Leute sagen“, rechtfertigte sie sich munter, wohlwissend, was seine Geste bedeutete.
 

Als Saber im Bett lag, wunderte er sich, dass Passion nichts zu seinem Eingreifen gesagt hatte, als der betrunkene Gast sie belästigt hatte. Er wunderte sich überhaupt, wie eine impulsive, vom Gefühl geleitete Frau es schaffte, so professionell vor der Kundschaft zu überspielen, dass sie Probleme hatte. Oder, so regte sich ein leiser Zweifel in ihm, hatte sie ihm was vorgespielt? Er hoffte nicht. Er wollte an die Echtheit ihrer Gefühle glauben. Er genoss ihre Nähe zu sehr. Colt fing, im Bett gegenüber, leise zu schnarchen an. Saber grinste. Der war ja schnell ins Reich der Träume gesegelt. Hoffentlich blieb der Schnarcher so leise, sonst würde das Einschlafen schwierig. Der Mond schien durch das Fenster und erleuchtete den Raum. Ein Geräusch an der Tür ließ Saber auffahren und aufhorchen. Stille. Nichts geschah. Er sank ins Kissen zurück. Doch dann öffnete jemand behutsam die Tür, schlüpfte hindurch und schloss sie rasch wieder. Im Schein des Mondes erkannte er: „Passion.“ Bekleidet mit Panties und einem hellen Shirt huschte sie zu ihm. „Was machst du hier?“ flüsterte er überrascht. „Ich konnte nicht schlafen. Darf ich zu dir?“ gab sie leise zurück. „Aber…“ begann er, doch sie beugte sich zu ihm hinunter und legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen. „Bitte sag einfach Ja, “ wisperte sie. Er rutschte ein wenig zurück und hob die Decke, damit sie darunter schlüpfen konnte. „Ich bin nicht allein hier“, erinnerte er sie, damit sie nicht auf unanständige Ideen kam. „Das hör ich“, kicherte sie gedämpft und schmiegte sich an ihn. Er sog ihren Duft ein und seufzte leise. „Ich hab mich noch gar nicht für deine Hilfe bedankt“, flüsterte Passion. „Wegen dem Typ. Schon gut.“ Sie kuschelte sich noch näher an ihn. Unwillkürlich hielt er den Atem an. „Ich war beeindruckt. Du bist nicht gleich auf ihn los gegangen, wie die meisten anderen das getan hätten.“ – „Ich bin nicht wie die anderen, “ zitierte er sie „Hmhm.“ Er spürte ihren warmen Atem auf seiner Brust. „Hast du überhaupt was an?“ fragte sie sanft. „Shorts“, raunte er zurück. „Es sollte auch so bleiben“, fügte er hinzu, als sich ihre Hände tastend nach unten bewegten. „Hmhm“, kam es zurück. „Du bist so warm“, murmelte sie an seiner Brust. Er strich ihr mit einer Hand durch das Haar. „Du auch.“ Doch sie schlief schon. Er lächelte leicht. Es war schön, sie zu spüren. Wohlig schloss er die Augen.
 

Als er die Augen am folgenden Morgen aufschlug, blickte er auf Passions ruhendes Gesicht. Noch schlief sie. Die Lippen waren leicht geöffnet. Saber schmunzelte, als er ihr leicht auf die Nase stupste und sie im Schlaf damit wackelte wie ein Häschen. Er richtete sich auf, stütze sich auf einen Arm und linste zu Colt rüber. Der schlief auch noch. Wenigstens schnarchte er nicht mehr, stellte Saber zufrieden fest und schaute wieder zu Passion. Sie lag auch auf der Seite, ihm zugewandt. Ihr linker Arm ruhte auf der Bettdecke. Behutsam und langsam fuhr er von ihre Hand über den Arm, die Schulter entlang zu ihrem Hals und in ihr Haar. Sie seufzte verschlafen, also wiederholte er das. Diesmal nicht nur mit den Fingerspitzen, sondern mit der Hand. Als er von ihrem Hals zum Hinterkopf strich, schlug sie die Augen auf. „Ich bin wach,“ verkündete sie leise. „Hab ich dich geweckt?“ fragte er naiv. „So lass ich mich gern wecken,“ lächelte sie und kuschelte sich näher an ihn. Es war schön, so bei einander zu liegen. Keiner von beiden hatte große Lust aufzustehen. So blieben sie, sich gegenseitig liebkosend, im Bett. „Gegen einen flotten Dreier hab ich nichts.“ Mit dieser Aussage machte Colt klar, dass er nun ebenfalls wach war und die beiden im Auge hatte. Die Schmusenden schauten ihn überrascht an. „Statt Saber wär mir ein Mädel lieber,“ fügte Colt munter hinzu. „Ich glaub, Robin hätte da was dagegen.“ Der Verschmähte hob die Augenbrauen. Passion drehte sich zu Colt herum. „Ich teile eh nicht gern,“ versetzte sie. „Vergiss den Dreier.“ Das Grinsen des Cowboys wurde breiter und zweideutiger. „Schade, wirklich schade,“ neckte er. Saber rollte die Augen. „Sieh zu das du Land gewinnst, Colt. So blöde Sprüche so früh am Morgen kann ich nicht brauchen.“ Der Angesprochene schnitt eine Grimasse. „Ich vertrag euer Gekuschle vorm Frühstück auch nur schlecht,“ gab er zurück und richtete sich auf. „Passion, Augen zu.“ Unschuldig fragte sie zurück. „Wieso?“ – „Weil du meinen Prachtkörper ohnehin nicht verkraften würdest,“ entgegnete er keck. „Saber, halt ihr die Augen zu.“ Passion grinste. „Schon gut.“ Sie schloss die Augen gehorsam. „Ich will mich ja nicht totlachen müssen.“ Colt stand auf und griff nach seiner Hose. „Wieso? Den mickrigsten Körper unserer Truppe kennst du doch schon,“ parierte er, als er die anzog. „Colt ich schwör, ich war nicht bei dir im Bett.“ Passion hob die rechte Hand zum Schwur und grinste munter, trotz der geschlossenen Augen. Hinter ihr lies Saber sich ins Kissen fallen. „Ich würd mit den Kopfschmerztabletten gerne noch eine halbe Stunde warten,“ informierte er. „Die soll man nicht auf nüchternen Magen nehmen. Könnt ihr euer Geplänkel auf Nachher verschieben.“ Dann richtete er sich auf, drehte Passions Kopf zu sich und raunte ihr zu. „Musst du wirklich dauernd Konter geben?“ Sie schlug die Augen auf und lächelte ihn an. „Ich kann auch was anderes geben, aber wir sind nicht allein.“ – „Bin schon weg, das will ich doch gar nicht sehen, will ich nicht.“ Im nächsten Moment fiel die Tür hinter Colt ins Schloss. Erstaunt schaute Passion ihm nach. „Ach, das war der Zauberspruch,“ grinste sie. „Das hat er schon nicht mehr gehört,“ entgegnete Saber ebenfalls grinsend. Passion wand sich wieder dem Recken zu. „Nur schade, das wir sein Schnarchen hören mussten,“ bemerkte sie und fuhr ihm mit den Fingern kraulend über die Brust. Er schloss genüsslich die Augen. „Das war vergangene Nacht noch harmlos. Der kann noch viel lauter,“ murmelte er zurück. „Dann schlage ich vor, dass du heute Nacht bei mir schläfst, damit du auch mal deine Ruhe hast,“ meinte Passion beiläufig. Saber nickte, öffnete die Augen und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. Sie erwiderte ihn. Wieder glitt seine Hand von ihrem Arm zur Schulter. Sanft aber bestimmt drückte er sie rittlings auf die Matratze. „Bist du sicher, dass ich dann wirklich zum Schlafen komme?“ fragte er dabei und ließ seine Finger über ihr Dekolleté wandern. „Nicht, wenn du so weitermachst,“ murmelte sie und umschlang seinen Hals. Erst hatte er geglaubt, er träume, als sie zu ihm ins Bett geschlichen war und auch, als er aufwachte und sie neben sich liegen sah. Er wollte das genießen. Aber im bevor er dazu kam, schrillte Faith‘ Stimme durch die Flure. „Passion, verdammt. Steh auf. Du kommst zu spät zur Uni.“ Die Gerufene riss die Augen auf, schob Saber leicht zurück und spähte zur Uhr. „Scheiße,“ fluchte sie entsetzt. „Ich komm echt zu spät.“ Damit sprang sie aus dem Bett, schoss durchs Zimmer und riss die Tür auf.
 

„HÄ???“ Der entgeisterte Ruf kam gleichzeitig von Search, Faith und Love. Passion blieb irritiert im Türrahmen stehen und starrte verblüfft auf ihre Schwestern. Die standen vor ihr und realisierten nicht wenig fassungslos, dass ihre Jüngste eben aus dem Zimmer eines Mannes kam. Aufgescheucht durch den Schrei fanden sich auch April, Fireball und Colt ein um zu sehen, was so schockierend war. Saber schlüpfte in seine Hose und spähte hinter Passion hinaus. Keine der drei Schwester brachte einen Ton hervor. Der Rotfuchs wusste ebenfalls nicht, was sie sagen sollte. Die vier Starsheriffs schwiegen gebannt. Dann begann Faith‘ rechte Augenbraue zu zucken. Love flüsterte: „Ich hab euch doch gesagt, die ist verknallt.“ Faith quiekte irritiert zurück: „Ja, aber in den?“ Search fand als erste ihre komplette Fassung wieder. „Und? Was geht es dich an?“ Damit kehrte sie auf dem Absatz um und verschwand in ihrem Zimmer am Ende des Flures. Love grinste. „Lass uns gehen, Faith. Langsam wird das peinlich.“ Doch die stand da, als wäre sie zur Salzsäule erstarrt. „Sie kommt aus dem Zimmer eines Mannes…“ stammelte sie. „Ja,“ bestätigte Love die Feststellung. „… in ihrem Schlafzeug …“ – „Ja.“ – „ … mit zerzausten Haaren … - „Ja.“ – „… er hat auch nicht viel mehr an …“ – „Ja.“ Jetzt brauste Love auf. „Herrgott Faith. Jetzt stell dich nicht so an. Es wurde ja langsam mal Zeit, dass sie jemanden für sich findet.“ Immerhin war Faith jetzt in der Lage, den Kopf zu drehen. Sie schaute verwundert auf Love: „Aber den Stockfisch?“ fragte sie dann. „FAITH,“ schrie die Blondine. Die Grünhaarige griff sie bei den Schultern und schüttelte sie verzweifelt. „Du verstehst nicht, was dass bedeutet. Ich muss mir `nen neuen Spruch für Passions Grabstein einfallen lassen. ‚Ungeöffnet zurück‘ hat sich jetzt erledigt.“ Passion und Love ließen ihre Köpfe schlaff sinken. „Wenn du sonst keine Probleme hast …“ Passion löste sich endlich aus der Tür und trollte sich in ihr Zimmer. Love schüttelte den Kopf. „Ich hab grad Kopfschmerzen bekommen,“ erklärte sie. „Die kann man raufv…“ Loves Hand hinderte Faith am weitersprechen. „Nein, kann man nicht. Nicht heute. Du darfst auf dem Sofa schlafen,“ erklärte sie ungerührt und stapfte in die Küche. „Auf dem Sofa? Warum? He, Schatz, warte.“ Sie lief ihr nach.
 

Erst jetzt brachen die vier Freunde in schallendes Gelächter aus. Sie sanken auf den Boden und rangen nach Atem. Passion kam aus ihrem Zimmer, bereit für die Uni. Saber rappelte sich auf, als er sie sah. Sie drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Ich muss. Der Professor wartete nur auf einen Grund, mir die Rübe endgültig runter zu reißen.“ Damit war sie auch schon raus. Gleich darauf hörte man Reifen quietschen. Search trat aus ihrem Zimmer. Sie trug einen dunkelgrünen Hosenanzug und weiße Absatzschuhe. „Wie sehe ich aus?“ wollte sie wissen. Saber blickte sie verständnislos an. „Professionell,“ erwiderte April. „Ist heute irgendwas besonderes?“ Die Weißhaarige nickte. „Zwei Vertreter kommen heute. Es geht um die Werke. Ihr wisst schon. Dass worüber wir geredet haben.“ Colt, Fire und April nickten. „Also dann.“ Search winkte kurz. „Ich muss“ und weg war auch sie. „Worüber habt ihr geredet?“fragte Saber und sah streng auf seine Kollegen. Wenn sie was besprochen hatte, warum wusste er, als ihr Vorgesetzter, nichts davon? „Weißt du, Saber,“ meinte Fireball mit einem schiefen Grinsen. „Es ist wirklich schwer, dich als Boss ernst zunehmen, wenn deine Hose noch offen ist.“ Saber schoss die Schamesröte ins Gesicht. Er wand sich ab und schloss die Hose. Seine Kameraden lachten vergnügt. „Das kann ja heiter werden,“ murmelte der Recke. „Ist es schon,“ krähte Colt munter. „Hat angefangen, als ich dich und deine Lady hab kuscheln sehen.“ – „Moment,“ schaltete sich Fireball ein. „Was treibt ihr eigentlich?“ fragte er grinsend. „Bin ich grad auf dem Beichtstuhl gelandet?“ fragte Saber zurück. „Noch nicht, aber das können wir ändern.“ Lachend schlug Fire ihm auf die Schulter. „Ich brauch was zu futtern,“ meldete April und erlöste so ihren Boss aus seiner unangenehmen Lage.
 

Als Passion am späten Abend in den Rasthof zurückkehrte, registrierte die wenig begeistert die Frau an der Bar, die sie erst gestern Colt und Saber beschrieben hatte. Sissi trug wie gewohnt enge Jeans, aber diesmal eine helle Bluse unter der ein schwarzer BH hervorleuchtete. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sie auf Beute aus war. Unterdrückt schnaufte Passion und taxierte den Raum. Faith bediente. April half ihr dabei. Es war relativ ruhig in dem Restaurant. Hauptsächlich waren Stammgäste anwesend. Es war nicht leicht für den Rotschopf sich darauf zu konzentrieren, denn ihr Hauptaugenmerk galt den drei Herren, die neben Sissi an der Bar saßen: Colt, Fireball und Saber. Vor allem aber störte sie, dass dieses Flittchen offensichtlich den Recken anbaggerte. Jetzt legte die ihm auch noch die Hand auf die Schulter. Höchste Zeit einzugreifen. „Hi, Sissi, “ grüßte sie freundlich lächelnd. Doch dieses Lächeln gefror auch gleich wieder. Passion presste zwischen den Zähnen hervor. „Was zur Hölle machst du denn hier?“ Amüsiert hoben die drei Freunde die Augenbrauen. Da dürfte gleich ein hübscher Schlagabtausch zwischen einer eifersüchtigen Passion und ihrer erklärten Rivalin folgen. Zunächst klimperte Sissi süß mit den Augen. „Hi. Saber und ich haben uns gerade über Hemingway unterhalten. Er schreibt ja so schön romantisch, “ schmachtete sie. Passion hob missbilligend die Augenbrauen. „Hemingway?“ wiederholte sie. „Der Schwachkopf war ein Alkoholiker, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, bei Picasso abzuhängen und das zu poppen, was der nicht geschafft hat“, klärte sie dann auf und fügte spitz hinzu. „Würdest du dich nicht auf dem Rücken liegend durchs Studium ackern, wüsstest du das auch.“ Beleidigt riss Sissi die Augen auf und fuhr sich durch ihr feines, hellbraunes Haar. „Du tust ja gerade so, als hätte ich während des Studiums noch nie ein Buch gelesen“, entgegnete sie verstimmt und mimte die ungerecht Behandelte. „Lektüren wie ‚Die Braut des Highlanders‘, und ‚Die Geliebte des Highlanders‘ kann man wohl schlecht als literarisch wertvoll bezeichnen. Das ist Papierverschwendung und kein Buch. Da geht es ja doch nur um Clifforts pulsierendes Glied, “ erwiderte Passion sachlich. Prompt parierte die Brünette. „In dem Roman, den ich gerade lese, heißt die Hauptperson aber nicht Cliffort.“ Passion schenkte ihr einen vorwurfsvollen Blick, hob die rechte Augenbraue und fragte: „Wen interessiert der Name, wenn das Glied nur pulsiert?“ Colt, Fire und Saber glucksten erheitert. „Warum musst du mich immer fertig machen?“ wollte Sissi scheinbar tief verletzt wissen. „Ja, ich werde dafür in die Hölle kommen“, räumte Passion beiläufig ein. „Aber du wirst von Gott persönlich ein Paar großer, weißer Flügel bekommen.“ Die Angesprochene tappte ihr prompt in die Falle. „Nur gute Menschen werden Engel“, bestätigte sie. „Wer sagt, dass du ein Engel wirst?“ – „Na, du. Grad hast du doch gesagt, ich würde Flügel bekommen. Also werde ich deiner Auffassung nach ein Engel, “ erwiderte Sissi irritiert. „Nee,“ berichtigte Passion. „Eine dumme Gans. Wenn ich nämlich nur halb so viele Typen abschleppen würde, wie du, würde ich anfangen mich dafür bezahlen zu lassen, “ fügte sie hinzu. „Ich bin keine Hure, “ brauste die Brünette auf. „Stimmt. Du bist ein blödes Flittchen. Jede Hure ist clever genug fürs Kartenspielen auch abzukassieren.“ Empört warf Sissi den Kopf zurück. „Das hör ich mir nicht länger an.“ Sie hängte sich ihre Tasche über die Schulter und rauschte zur Tür. „Warte“, rief Passion ihr nach. „Du hast was verloren.“ Sie hob eine Packung mit Kapseln zur Nahrungsergänzung empor und las den Druck darauf. „Biotin? Für was soll das denn gut sein?“ hakte der Rotfuchs nach. „Für schönes Haar“, gab die Gefragte an der Tür herablassend zur Antwort. „Oh, dann solltest du es nehmen.“ Damit warf Passion ihr die Schachtel zu. Diese fing sie ungeschickt auf und verließ schnaubend das Restaurant. Faith schenkte ihrer Schwester einen belustigten Blick. „Ich hab einen tollen Spruch für ihren Grabstein. ALLZEIT BEREIT, “ verkündete die Punkerin. „Ich hab was besseres, “ grinste Passion. „SIE WAR GUT ZU VÖGELN.“ Alles lachte. „Also hör mal“, mahnte April. „Über Tote nur Gutes.“ Schulterzuckend entgegnete der Rotschopf. „Ach was. Abkratzen kann sogar Sissi.“

Kriegsrat und Vulkanausbruch

Sie warteten bis die letzten Gäste gegangen waren, ehe sie Love in der Küche halfen und dabei Kriegsrat hielten. Bevor Search zu ihnen kam, berichteten Colt, Fireball und April, was sie mit der Abwesenden noch besprochen hatten. Faith schenkte Saber einen düsteren Blick. „Sind Stockfische mit Blindheit geschlagen, wenn es drauf ankommt?“ fragte sie provozierend, als die drei geendet hatten. „Sei nicht so“, mahnte Love. „Er hat sicher nur Augen für Passion. Nicht wahr?“ Erwartungsvoll blickte sie ihn an. Tatsächlich rang Saber mit sich. Als Starsheriff durfte er eigentlich nicht wegsehen, wenn Diebesgut weitergereicht wurde. Und genau das würde schlussendlich eintreten, wenn die Schwestern sie unterstützten. Sie würden Mittel und Wege finden Various‘ Werke verschwinden zu lassen um sie ihrer Bestimmung durch den selbigen zu kommen zu lassen. Various‘ Arbeit würde nie mehr auftauchen und die Schwestern würden sicher nicht versuchen, Profit daraus zu schlagen. Das stand fest. Aber der Auftrag lautete V-Angel zu stoppen und die Werke sicher zu stellen. Andererseits waren die wahrscheinlich bei den Schwestern sicherer, als irgendwo sonst, wo andere Diebe auf dumme Ideen kamen. Passion war ihm entgegengekommen. Er wollte sie jetzt nicht enttäuschen. Er sah, wie sie ihn gespannt musterte. Fast war sie sicher, dass er an diesem Punkt nicht nachgab und auf die Auslieferung der Bilder bestand. Alle in der Küche hielten den Atem an. „Liebe macht blind“, antwortete er schlicht. Erleichtertes Aufatmen ging durch die Küche. Der Rotschopf schenkte ihm einen dankbaren Blick.
 

Im nächsten Moment trat Search ein. „Ich habe gute Neuigkeiten“, verkündete sie. „Die Museen von New Wichita und Durango Hill sind bereit, die Werke leihweise nach Yuma zu liefern“, berichtete sie. „Aber nur unter der Bedingung, dass das Museum of Art seine Sicherheitsmaßnahmen verstärkt“, ergänzte sie. „Sie wollen Morgen die entsprechenden Schritte einleiten und hoffen auf eure Hilfe.“ Dabei deutete sie auf Team Ramrod. „Wir helfen gern“, grinste Colt. „Wann kommen die Werke? Zeitgleich?“ wollte Passion wissen. „Nein. ‚Engelsherz‘ kommt nächste Woche und ‚Madonnas Leid‘ in der darauffolgenden.“ – „Wir haben diesmal also einen sehr kurzen Abstand zwischen den Zugriffen, die alle am gleichen Ort und unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen stattfinden müssen und einen Gegner, der sich für mich ausgibt und jederzeit zuschlagen kann,“ fasste diese dann zusammen und strich eine rosa Strähne hinters Ohr. Alle verfielen in dumpfes Brüten. Auf diese Diebstähle mussten sie sich verdammt gut vorbereiten. „Das wird schwer“, überlegte Fireball laut. „Du hast dein Schema nie beibehalten. Also wird auch er es tunlichst vermeiden, sich zu wiederholen.“ – „Solange ich nicht weiß, wie die Sicherungen aussehen, kann ich den Plan nicht ausarbeiten, wie ich vorgehen würde und er es dann vielleicht auch tun wird“, erklärte Passion sachlich. „Ist das die andere Formulierung für: Uns sind grad noch die Hände gebunden?“ fragte Colt. Die Vorstellung missfiel ihm. „Ein bisschen“, räumte der Rotfuchs ein. „Wir können ihn in die Enge treiben. Ab morgen haben wir die Sicherheitspläne. Dann kann ich die Vorgehensweise erarbeiten. Sobald ‚Engelsherz‘ ankommt, hat die Polizei meine Karte. Eine kleine Info aus der Presse und wir zwingen ihn, sich in unseren Plan einzufügen, “ schlug sie vor. „Gute Idee, “ stimmte Saber zu. „Wir prüfen ob jemand im Umfeld der Polizei oder dem Museum aufgetaucht ist, der da nicht hingehört.“
 

Saber folgte Passion auf ihr Zimmer, wie Colt grinsend feststellte. Ehe er den beiden noch einen frechen Spruch nachrufen konnte, war die Tür hinter ihnen schon zu gefallen. Jetzt stand der Recke an einer Kommode daneben und sah sich das Reich des Rotfuchses an. In einem Regal über diesem Möbelstück befanden sich einige Pokale, Goldmedaillen und Urkunden von Wettkämpfen, an denen Passion früher teilgenommen hatte. An der rechten Wand standen ein Bücherregal und der Schreibtisch, auf dem ein heilloses Durcheinander herrschte. Irgendwie wunderte Saber das überhaupt nicht. Nur, wie sie in dem Chaos irgendetwas wiederfand, dass erstaunte ihn wirklich. Hinter dem Schreibtisch und vor dem Fenster stand ein kleiner Frisiertisch, der ähnlich wüst aus sah. Auf dem breiten Fensterbrett lag ein weiches Polster. Offenbar saß sie dort gern und häufig um zu lesen, zu schreiben oder einfach nur hinauszublicken. An der linken Wand stand das Bett, auf welchem Kissen in allen möglichen Formen und Farben lagen. Jetzt setzte sich Passion auf die Fensterbank und fragte beiläufig: „Na, wie gefällt dir unsere stadteigene Hohlbirne?“ Leichthin entgegnete Saber: „So hohl hat sie gar nicht gewirkt, immerhin kann sie lesen.“ Unzufrieden hob der Rotschopf die Augenbrauen. „Ja, das Ergebnis von einem Schwangerschaftstest vielleicht, das Flittchen, “ schnappte sie bissig. „Ach, komm schon, Passion, “ meinte er und kam zu ihr hinüber. „Ich glaube wirklich nicht, dass sie so blöd ist wie du das schilderst.“ Sie lehnte sich gegen die Scheibe. „Es gehört nun wirklich nicht viel Grips dazu, Bücher wie ‚Die Braut des Highlanders‘ zu lesen oder die Beine breit zu machen, “ stellte sie dann gehässig klar. Verwirrt blieb er stehen. „Wieso regst du dich denn gleich so auf? Wenn sie doch eh keine Leuchte ist, weshalb nervt sie dich dann so? Sie könnte dir doch egal sein.“ Passions Miene verdüsterte sich. Saber begriff nicht so recht, warum. „Das ist wieder so typisch. Jedes männliche Wesen auf diesem Planeten nimmt sie in Schutz, “ blaffte sie und fügte affektiert hinzu. „Die kleine Süße.“ Er runzelte die Stirn und versuchte zu verstehen, was auf einmal in den Wildfang gefahren war. „Okay?“ kam es gedehnt von ihm „Das hab ich jetzt getan, weil...?“ Passion rollte die Augen. „Oh, man. Du hast doch gesagt, ich soll mich nicht über sie aufregen, “ gab sie zurück und ahmte ihn nach. „So blöd ist sie doch gar nicht.“ Dann schnaubte sie verächtlich. „Nein, natürlich nicht. Sie ist ja so süß.“ Skeptisch zog er eine Augenbraue hoch. „Aha. Erstens hab ich nicht gesagt, dass sie süß sei und zweitens finden auch manche Leute schwedische Kanalratten süß.“ Aber die Frau auf dem Fenster vor ihm beharrte darauf. „Vielleicht hast du es nicht zu mir gesagt, dass sie süß ist, aber ich wette zu Colt und Fireball“, versetzte sie gereizt. „Was soll denn das, Passion? Wir haben ein paar Worte mit ihr gewechselt, “ Er hob die Schultern. „uns unseren Teil gedacht und sie nicht weiter beachtet. Die interessiert mich genauso viel, wie ein Arne auf dem Elsholz.“ Das „Glaub ich sofort“, welches sie ihm darauf entgegen warf, klang eindeutig nach dem Gegenteil „Deswegen hast du dich ja auch von ihr anfassen lassen.“ Nun war er davon überzeugt, dass sie eifersüchtig war.
 

„So zerbrechlich bin ich ja auch nicht, “ grinste er. „Komm schon wieder runter von deiner Palme. Jeder Affe wird da ja neidisch.“ Irgendwie fand er das komisch. Ein Mädchen wie sie war argwöhnisch wegen eines Mädchens wie Sissi. Er musste sich das Lachen verkneifen. Das konnte er nur schwer ernst nehmen. „Was für ein Vergleich? Da will ich mir lieber nicht ausmalen, wie ich abschneide, wenn du mich und Sissi vergleichst, “ parierte sie prompt. „Aaaach, ziemlich gut, aber immer noch nicht berauschend.“ Sein Grinsen wurde breiter. Passion fegte vom Fensterbrett hinunter und funkelte ihn angesäuert an. „Ja, logo, ihre Möpse sind berauschender.“ – „Nein, schlagkräftiger“, antwortete er amüsiert. Das fand er wirklich lustig. So weit er sich erinnern konnte war noch nie war eine seinetwegen eifersüchtig geworden. „Aber das steht ja nicht zur Debatte“, fügte er dann hinzu. Für den kleinen Vulkan vor ihm war das zu viel Provokation. „Schlagkräftig?“ rief sie aufgebracht. „Das ist schlagkräftig.“ Damit holte sie aus und hatte augenscheinlich vergessen, wie leicht er Ihre Handgreiflichkeiten abfangen konnte. „Ja, so wie sonst auch! Kommt nur nicht nahe genug heran um schlagkräftig zu sein, “ lachte er und schüttelte den Kopf. „Bist du doch tatsächlich eifersüchtig, “ stellte er schmunzelnd fest. „Na, im Gegensatz zu dir hat mir nicht gefallen, wie sie dich anfasst.“ Passion riss sich los. „Du hättest sie ja gleich auf dem Tresen flachlegen können.“ Er strich ihr grinsend eine rosa Strähne aus dem Gesicht und entgegnete „Das mach ich lieber mal mit dir.“ Seine Hand zog er schnell wieder weg, als sie danach schlagen wollte. „Außerdem ist mir das gar nicht aufgefallen. Ich werd öfter mal angetatscht.“ Er räusperte sich. Aufgebracht wiederholte sie. „Öfter mal? Was soll das bitte heißen?“ Durfte ihm etwa jede Frau an die Wäsche gehen? „April zum Beispiel. Die tätschelt mir dauernd den Oberarm, wenn sie was braucht oder was wissen will. Willst du unserem Blondschopf etwa auch verbieten, mich anzusehen, “ erklärte er wahrheitsgemäß und erheitert, bei der Vorstellung, was wohl passieren würde, wenn Passion tatsächlich versuchte April in die Schranken zu weisen. „Das ist ja wohl ein Unterschied. Erstens ist April keine Schlampe auf Beutezug, sondern deine Kollegin und zweitens vergeben, “ behauptete die Hitzige. „Das könnte ein Grund sein, ist aber nicht wirklich ein Hindernis, wenn man es ernsthaft darauf anlegt. Zu so einem Quatsch gehören immer zwei dazu und mein Bedarf ist momentan gedeckt. Hab ja mit dir schon genug zu tun.“ Tatsächlich hatte er genug damit zu tun, den Lachanfall niederzudrücken. Einmal mehr stellte er fest, was für ein süßer Vulkan sie doch war. „Oh, ach so, “ fiel Passion auch noch auf seine Provokation herein. „Das ist dir zu viel. Weißt du, dann tu doch einfach was alle andern tun.“ Damit versuchte sie ihn zur Tür zu schieben. „Geh zu Sissi und heul dich aus. Sie gibt dir sicher ein tröstliches Flötenkonzert.“ War ihre unlogische Ergänzung. Ohne Probleme stemmte er sich gegen sie. Er dachte gar nicht daran den Raum zu verlassen. „Jetzt fahr deine Krallen wieder ein, Passion. Offenbar vertraust du mir überhaupt nicht, “ begann er versöhnlich. Dass ihre Miene unbewegt blieb, reizte ihn sie zu necken. „Naja, dass Sissi unter aller Würde wäre, ist dir auch plötzlich egal, “ stichelte er dann, „aber ein bisschen ehrenwerter als sie sind meine Affären in der Regel schon.“ Das wirkte wie geplant. Passion ließ ihn los, als hätte sie sich verbrannt „Deine Affären? Mehrzahl? Wie viele hast du neben mir denn noch zu laufen? Ach vergiss es. Ich will es gar nicht wissen. Hau einfach ab. Ich will ganz sicher nicht zu dieser Sammlung zählen.“ In ihrer Eifersucht war sie nicht in der Lage zu erkennen, dass er sie auf den Arm nahm und dass auch noch gewaltig. Gespielt ernst begann er aufzuzählen. „Eine hier, eine auf Alamo, zwei sogar zuhause in den Highlands... Lass mich mal überlegen... eine auf Ramrod natürlich...“ Jetzt lachte er. „Benutz deinen Kopf mal zum Denken, Passion, und nicht nur, um damit durch die Wand zu wollen. Du bist ja eifersüchtiger als April und Robin zusammen. Ich hätte nie gedacht, dass die zwei zu überbieten sind, “ gluckste er. Dass er ihm das alles so lächerlich vorkam, machte Passion noch wütender. „Was ist so witzig daran?“ schnappte sie und erweckte dabei den Eindruck, als würde sie gleich wie eine Rakete durch die Decke schießen. So ernst es ihm möglich war versicherte er ihr. „Weil du keinen Grund dazu hast. Mich interessieren keine anderen Frauen.“ Aber weil ihre Raserei ihn immer wieder zum Lachen reizte, wirkte es nicht so offenkundig. „Das hab ich gesehen. Wirklich sehr überzeugend, wie du Sissi klar gemacht hast, dass sie dich in Ruhe lassen soll.“ Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und funkelte ihn beleidigt an. „Ich kann sie ja schlecht vor die Tür setzen. Ist ja nicht mein Zuhause.“ Trotzig gab sie zurück „Vielleicht hätte es gereicht, wenn du gesagt hättest, dass du nicht mehr zu haben bist.“ Da diese Aussage sehr besitzergreifend klang, konnte er sich nicht verkneifen sie weiter zu trizen. „Ach so? Ist das zwischen uns schon so ernst? Irgendwas muss ich wohl verpasst haben.“ Passion fand das überhaupt nicht witzig. „Wenn es dir nicht ernst ist, dann verschwinde.“ Wieder versuchte sie ihn aus dem Zimmer zu schieben und wieder stemmte er sich dagegen. Er ergriff ihre Hände und hielt sie fest. „Lässt du dich immer so aufziehen?“ Allerdings erstickte er dabei fast vor Lachen. „Lass mich los, verdammt“, fauchte sie und versuchte sich aus dem Griff zu winden. „Lieber nicht. Nein, kommt ja gar nicht in Frage. Ich bin doch nicht blöd. Wenn ich dich jetzt loslasse, versucht du mich bloß wieder zu hauen.“ Kindisch streckte er ihr die Zunge heraus. Wann hatte er sich das letzte Mal so albern aufgeführt? Man, dass war ewig her, aber es tat gut. „Hast du auch verdient.“ Da er ihre Hände nur fester hielt, versuchte sie nach ihm zu treten, aber er wich ihr aus. „Du hättest auch was verdient. Und zwar einen Klaps auf den Hintern.“ Damit zog er sie an seine Brust, umgriff mit einem Arm ihre Schultern und gab ihr mit er der anderen einen leichten Patsch auf ihr hübsches Hinterteil. Prompt stemmte sie sich energisch von seiner Brust ab und versuchte ihm für diese Schande eine runterzuhauen. „Was fällt dir eigentlich ein?“ rief sie empört. Einmal mehr lobte er gedanklich seine Ausbildung in den Himmel. „Was sollte mir denn einfallen?“ fragte er lächelnd zurück. Er hielt noch ihr Handgelenk und zog sie jetzt wieder zu sich, umschlang sie mit dem anderen Arm und drückte ihr einen Kuss auf den Mund. Heftig befreite sie sich von ihm. „Das jedenfalls nicht, wenn es kein Wir gibt.“ Er zog einen Flunsch. „Och, jetzt hab dich nicht so. Es gibt doch ein Wir, sonst wärst du nicht auf so eine Bauerndirne wie Sissi eifersüchtig, “ stellte er mit einem schiefen Grinsen fest. Passion wand sich ab. „Vielleicht gilt das ja nur für mich und was dich betriff, gibt es womöglich kein Wir.“
 

In ihrer Stimme lag nicht mehr nur Eifersucht. Irgendwo im Unterton schwang die Angst mit, ihn gleich wieder zu verlieren. Saber hörte das und wurde wieder ernster. „Es gibt ein Wir. Ansonsten würde sich Faith nicht so maßlos darüber aufregen, dass sie den Spruch für deinen Grabstein revidieren muss, “ sagte er und trat an sie heran. Behutsam legte er ihr die Hände auf die Schultern und strich ihr von dort sanft über die Arme. „Es geht doch nicht darum, was Faith denkt. Irgendeiner musste ja mal der Erste sein. Das bedeutet noch lange nicht, dass es so ernst ist, “ erklärte sie und fügte gedanklich hinzu „wie ich es gern hätte“. Er schloss sie in die Arme. „Wie ernst soll es denn sein?“ Sie befreit sich wieder von ihm, wand sich ihm zu und fragte zurück: „Wie viel bedeutet es dir denn?“ Dabei musterte sie ihn genau. „Sehr viel“, antwortete er ernst. „Genug, um einen Dieb nicht zu verhaften.“ Er zog sie wieder zu sich und hielt sie fest. „Ich breche damit den Schwur, den ich auf das Neue Grenzland geschworen habe, Passion“, erinnerte er sie leise. „Ich weiß ... schon ..., “ stammelte sie. Jetzt gingen ihr die Argumente aus. „Na, siehst du“, raunte er ihr ins Ohr. „Kein Grund eifersüchtig zu sein.“ Behutsam hauchte er ihr einen Kuss auf den Mund. „Na hör mal“, wand Passion ein, als er seine Lippen von ihren löste. „trotzdem hätte Sissi ihre Hände bei sich lassen sollen.“ – „Sie wird ihre Hände nicht mehr an mich legen.“ Seine Lippen fanden ihr Ohrläppchen und knabberten liebevoll daran. „Glaub ich nicht, die ist wie ein Tintenfisch - hat ihre Finger überall“, murmelte Passion zurück. „Auch Frutti di Mare verbrennen sich mal die Finger“, raunte er. Der Gedanke an Sissi und ihren Annäherungsversuch an Saber ließ Passion nicht so recht in Ruhe. „Was hättest du gemacht, wenn ich später gekommen wäre?“ wollte sie deshalb wissen. „Vernascht natürlich. Ich mag Meeresfrüchte, “ neckte er sie prompt. „Sag mal.“ Empört versuchte sie ihn wieder von sich zu schieben. „Das ist jetzt hoffentlich nicht dein Ernst?“ Seine Hände glitten über ihren Rücken zur Taille und umschlangen sie innig. „Nö“, erwiderte er, hob sie von den Füßen und trug sie zum Bett. „Ich bin nicht Sissi. Ich hoffe, dass ist dir klar, “ meinte sie. „Ja, “ gab er knapp zurück und drückte sie auf die Matratze. „Aber du bist meine Lady.“ Damit beugte er sich über sie und versiegelte ihren Mund mit einem innigen Kuss. Seine Hände strichen liebkosend über ihren Körper und seine Lippen wanderten ihren Hals entlang. „Das bedeutet?“ fragte sie, jetzt, da sie wieder reden konnte. „Dass es mir sehr ernst ist“, gab er zurück und fuhr mit dem Zeigefinger die Konturen ihrer Lippen nach. „Mit mir oder …“ Die Hand auf ihrem Mund gebot ihr zu schweigen. „Passion?“ Aufmerksam sah sie ihn an. „Halt den Mund. Noch ein Wort über Sissi und ich gehe wirklich zu ihr, “ erklärte er. Überrascht schluckte sie. Bevor er auf die Idee kam, dass in die Tat umzusetzen, schlang sie ihm die Arme um den Hals und küsste ihn stürmisch. Zufrieden erwiderte er diesen Kuss.

Engelsherz

Das „Engelsherz“ schlägt in mir. – V-Angel
 

Die Presse veröffentlichte diese Visitenkarte. In dem dazugehörigen Artikel stand, dass das Gemälde am folgenden Tag ausgestellt werden sollte und dass man hoffte, es würde Team Ramrod gelingen den Dieb aufzuhalten.
 

Die Nacht war verheißungsvoll schwarz. Weder Mond noch Sterne erhellten sie. Die Straßenbeleuchtung wirkte unrealistisch und gespenstisch. Ein leichter Dunstschleier umfing sie. Die Strahlen der beweglichen Lichtschranken tauchten das Gemälde, welches sie schützen sollten, in ein mattes Licht. Die Gestalt in schwarz wand sich geschmeidig hindurch. Grazil, als hätte sie keine Knochen im Leib, bog sie sich unter den Alarmsensoren hindurch, so dass es beinahe schien, als tanze sie mit ihnen. Es war kein Geräusch zu hören. Der Einbrecher atmete verhalten und flach. Er glitt unter der letzten Schranke hindurch und presste sich gleich danach flach an die Wand, den Kopf links neben dem Bild. Rechts daneben hätte er eine weitere Lichtschranke durchbrochen und den Alarm ausgelöst. Jetzt musste es ihm gelingen, das Bild aus dem Rahmen zu lösen ohne die den rechten Teil der Einfassung aus seiner Lasersicherung zu entfernen. Er streckte die Hände über den Kopf, presste die Handgelenke gegen die Wand und zog sich an den Haftstreifen, die auf der Tapete wie Klettverschlüsse funktionierten, nach oben. Als sich die Figur so aufwärts bewegte, setzten die Streifen am Anzug mit ein und erfüllten ihre unterstützende Aufgabe. Vorsichtig brachte der Dieb seinen Körper in eine Position parallel zum Boden. Bedächtig glitten die Finger unter den Rahmen und kippten ihn leicht an. Gerade so weit, dass die Hand darunter passte.
 

Unter der Überwachungskamera im Schatten der spärlichen Beleuchtung war er nicht zu erkennen. Er nutzte die toten Winkel, der Geräte um sich den Flur entlang zu bewegen. Geschmeidig wie ein Panther, schnell und genauso gefährlich. Vor ihm breitete sich der Ausstellungsraum aus. Er taxierte ihn genau. Von rechts nach links glitt sein Blick über Bilder, die bei weitem nicht so wertvoll waren, wie das, nach dem er suchte. Gerade wollte er sich von der Wand lösen, da erstarrte er. Die leere Umrandung schien ihm einen Augenblick lang unbegreiflich. Dort sollte das Objekt seiner Begierde hängen, doch außer dem schlichten Holzrahmen war nichts geblieben. Dafür erhob sich eine Gestalt anmutig vor der ersten Lichtschranke vom Boden. Ehe sie ihn sehen konnte, verbarg er sich im Dunkel.

Unfassbar. Das Miststück war ihm zuvor gekommen. Jetzt musste er seinen Plan ändern. Also gut.
 

Dort befand sich ein Bewegungsmelder. Also musste sie den Bereich meiden, sonst würde sie den Alarm auslösen. Aber da sie dies wusste, würde sie nicht in diese Falle tappen. Deshalb wand sie sich von dem Gang ab und tauchte im Schatten eines Ausstellungsockels ab. Dann spürte sie ihn. Er war hier. Bewegungen, die sie nicht sah, nur ahnte, verrieten ihn. Und er war näher als sie erwartet hatte. Nichts wie raus hier. Die Gefahr war zu groß.
 

Die Glasvitrine auf dem Sockel stürzte, fiel zu Boden und zersplitterte hinter ihr. Ehe sie es richtig begriff, polterte der Sockel ebenfalls. Sie sprang zurück. Etwas riss ihr die Beine weg. Nein, jemand. Sie fiel über die Beine eines Menschen und schlug hart auf das Parkett. Sie sah auf. In dem dunklen Raum erkannte sie die Statur eines Mannes, welcher sich über sie beugte. Das war er. Sie streckte rasch die Hand über den Kopf in eine Lichtschranke, von der sie wusste, dass sie dort entlang lief. Der Alarm ging los. Der Mann über ihr sah überrascht auf und wand hastig den Kopf. Sie nutzte den Moment um wieder auf die Beine zu kommen. Gerade hatte sie sich erhoben, da blickte sie ihn direkt an. In der Notbeleuchtung, die mit dem Auslösens des Alarmes eingeschaltet worden war, erkannte sie seine Augen. Bis auf einen Sehschlitz in der Maske, war sein Gesicht komplett verhüllt. Seine Augen verwirrten sie. Sie blickte in zwei Pentagramm, die auf einer Spitze standen und somit als Zeichen Satans galten. Würden sie auf zwei Zacken stehen, wären sie das Symbol der reinen weißen Magie. Ihr Gegner war gefährlich und skrupellos, sagten ihr diese Augen. Ihr Kontrahent bewies ihr dies, indem er ihren Überraschungsmoment ausnutzte und ihr derb ins Gesicht schlug. Erneut stürzte sie. Benommen registrierte sie, den Ruck auf ihrem Rücken. Er hatte die Bildrolle an sich gerissen. Sie schüttelte den Kopf. Einerseits um die Benommenheit abzuschütteln und andererseits wegen ihrer eigenen Fassungslosigkeit. Sie hörte Schritte, die sich rasch näherten. Ihre Freunde würden ihr helfen. Sie musste es nur schaffen ihn an der Flucht zu hindern. Sie erhob sich so eilig, sie dies mit ihrem unklaren, schmerzenden Kopf konnte. Ihn aufhalten war leichter gesagt, als getan. Er schwirrte eben, mit den Füssen voran, an einem Drahtseil durch die Luft auf die Glaskuppe zu. An ihrem Gurt trug sie die gleiche Vorrichtung. Sie katapultierte den Haken nahe dem seinen und schoss ebenfalls mit den Beinen voran durch die Luft, als sich das Drahtseil spannte und die Spule zu surren begann.
 

Ihre vier Freunde erreichten den Ausstellungsraum, als sie mit ihren Füssen die Scheibe zertrümmerte und die Splitter hinab rieselten. Zum Glück hatte ihr furchtloser Anführer auf die Jetpacks bestanden. Jetzt aktivierten sie die und glitten durch die beiden zertrümmerten Fenster. Die Wachposten des Museums konnten nur noch den Verlust des Gemäldes feststellen.
 

Er lief die Glaskuppe hinab und funkte die Unterstützung an. Auch wenn er das Bild hatte, so hatte die ganze Aktion nicht laufen dürfen. Es war von Anfang an nicht gut geplant gewesen. V-Angels Ankündigung hatte ihn, nein sie alle, kalt erwischt. Ausgetrickst von einer kleinen Diebin. Wie war dies nur geschehen? Er fluchte vor sich hin. Ein Geräusch hinter ihm brachte ihn dazu sich umzudrehen. Sie folgte ihm. Hinter ihr tauchten vier Starsheriffs in Kampfanzügen und mit Jetpacks auf. Verdammt. Jetzt hatte er nicht nur dieses kleine Luder, sondern auch noch die vier Gesetzeshüter auf dem Hals. Und sie alle kamen schnell auf ihn zu.
 

Das Gebrumm von sich nähernden Rotorblättern zerriss die Luft und übertönte die Alarmanlage. Dennoch hielten diese verdammten Blechsterne auf ihn zu. Einig die Rivalin hielt kurz inne. Warum gab sie nicht einfach auf? Er hatte das Werk. Warum war es ihr wichtig genug ihn zu verfolgen? So weit er wusste, hatte V-Angel nie eines der Gemälde auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen versucht. Stattdessen waren die Stücke von Various verschwunden geblieben. Na, egal. Wer dämlich genug war, den Geldsegen, den diese Bilder mit sich brachten, auszuschlagen, war auch dämlich genug ihn jetzt zu verfolgen. Weiber. Wer sollte die schon verstehen?
 

Ein Helikopter? Oh nein. Jetzt musste sie handeln. Sie rannte so schnell sie konnte hinter dem Flüchtigen her. Die Glaskuppe und der Gegenwind, den die Rotorblätter erzeugten, erschwerten ihr Vorwärtskommen. Jetzt kletterte der in den Hubschrauber. Verdammt.
 

Der Helikopter hob ab. Ihre Schutzengel setzten zur Verfolgung an und wurden beschossen. Sie blieb wie angewurzelt halb auf der Kuppe stehen und beobachtete, wie die vier knappt den möglichen Treffern auswichen. Das Feuer wurde erwidert um die Innensaßen des Helis an der Flucht zu hindern. Abgelenkt durch die Schießerei gewann er nur wenig an Höhe. Als die Kufen des Hubschraubers über ihren Kopf glitten, handelte sie. Er durfte mit dem Bild ihres Vaters nicht entkommen. Sie hechtete in die Luft und klammerte sich an der Linken fest. Der Hubschrauber nahm sie mit sich, als er weiter abhob.
 

„Feuer einstellen“, rief Saber. „Verdammt, was treibt sie da?“ schimpfte Fire. „Weiber. Man fasst es nicht, “ fluchte Colt. „Er hat das Bild, “ stellte April fest. „Was?“ – „Ja, sonst würde sie das doch nicht tun. Er hat das Bild ihres Vaters, “ erklärte Die Blondine fest. „Aber sie bringt sich damit in Lebensgefahr, “ rief Colt. „Das musst du ihr sagen, “ warf Fireball ein. „Folgen wir ihnen, “ entschied Saber und war schon dem Hubschrauber auf den Fersen.
 

Das war ganz sicher nicht ihre beste Idee gewesen. Jetzt hing sie zwar an der Kufe des Helis, doch es brachte ihr nichts. Die zwei Männer darin waren zum einen bewaffnet und zum anderen wesentlich stärker als sie. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Okay, gut. Sie hatte nicht gedacht. Und was sollte sie jetzt tun? Der Helikopter glitt über die Dächer der Stadt. Zu hoch um sich auf eines davon fallen zu lassen. Da gewahrte sie ihre vier Schutzengel unter sich. Na, ein Glück.
 

Aus dem Hubschrauber wurde erneut geschossen. Diese lästigen Verfolger mussten sie los werden Doch diesmal schoss nur einer von ihnen zurück.
 

„Colt, ziel auf den Tank“, befahl Saber.
 

Sie verlor langsam, aber sicher, die Kraft in ihren Armen. Sie konnte nur noch ein zu tun. Auf ihn vertrauen.
 

„Oh mein Gott, “ riefen Fireball und April wie aus einem Mund. Sie befand sich im freien Fall. Saber nahm sich nicht die Zeit, entsetzt zu sein, sondern glitt auf die Fallende zu. Er musste sie erreichen. Er manövrierte sich in ihre Sturzbahn und beendete ihren Fall mit seinem Körper. Er schloss sie in die Arme. Durch den Schwung des Aufpralls stieß sie sich den Kopf an seiner Schulter. Man, war der Kampfanzug hart. Aber er hatte sie aufgefangen. Sie hatte doch gewusst, dass sie ihm vertrauen konnte. Ihre Arme klammerten sich an ihm fest.
 

Kaum hatte die fünf wieder sicheren Boden unter den Füssen, da rissen sich die vier Starsheriffs die Helme von den Köpfen. Das Donnerwetter, was nun folgte, würde Passion ihr Lebtag nicht vergessen. Worte wie „Leichtsinnig“, „Lebensmüde,“ „Wahnsinnig,“ und „Unüberlegt“ fielen am laufenden Band und mit jedem Mal schrumpfte die Rothaarige immer mehr in sich zusammen. Im ersten Moment hatte ihr Trotzkopf ihnen Einhalt gebieten wollen, doch sie kam nicht zu Wort. Von vier Seiten gleichzeitig wurde gemotzt, gemeckert und gezetert, dass sich der Dickkopf in Nichts auflöste und ein Mädchen zurückließ, welches seine unbedachte Tat bitter bereute. Sie hatten ja Recht. Sie wusste, dass sie zu impulsiv gehandelt hatte. Wäre sie nicht auf die Kufe des Helis gesprungen, wäre es der Ramrodcrew sicher gelungen ihn und seine Passagiere vom Himmel zu holen, ehe er dort überhaupt hinaufgekommen wäre. Die Männer darin hätten sie auch in Gewahrsam genommen. Aber als sie mit dem Hubschrauber in die Nacht hinaufstieg, hatten sie die Aktion abbrechen müssen, sonst wäre Passion womöglich ins Kreuzfeuer geraten und verletzt worden. Nun war nicht nur das Gemälde ihres Vaters verloren, sondern die ganze Mission gescheitert. All diese Vorwürfe hagelten jetzt auf sie ein. Passion schämte sich in Grund und Boden, fühlte sich wie ein kleines Kind behandelt und musste zu allem Überfluss auch noch zugeben, dass es gerechtfertigt war. Sie hatte versagt. Verdammt. Genau das war geschehen. Sie war gescheitert und hatte nicht nur ihre Freunde und Schwestern, sondern vor allem ihren Vater enttäuscht. Tränen der niederschmetternden Erkenntnis stiegen ihr in die Augen. Nicht ein Wort mehr der unschönen Wahrheit konnte sie ertragen. „Denkt ihr, dass ich das nicht alles weiß“, schrie sie aufgebracht. Die Vier verstummten augenblicklich. Perplexes Schweigen folgte. Unter ihre Maske waren nur die Augen zu erkennen, doch die Tränen darin verrieten, dass sie ihren Fauxpas begriffen hatte. Es reichte wohl.
 

Fireball seufzte. „Ok, sie haben das Bild. Wie weiter?“ Für Colt war es nicht ganz so leicht abzuhaken. „Du hast vergessen, unserem kleinen Vulkan hier dafür zu danken, “ meinte er bissig. Der Rennfahrer kratzte sich am Kopf. „Aber sie war nah dran. Näher als einer von uns. Vielleicht hat sie was gesehen, was uns jetzt weiterhilft, “ wand er ein. „Wir wären auch näher rangekommen, hätte sie nicht im Schussfeld gehangen, “ gab der Scharfschütze postwendend zu bedenken Jetzt kullerten Tränen über Passions Gesicht. „Hör auf, Colt! So wie es gelaufen ist, ist es gelaufen und wer weiß wozu es gut war, “ nahm April die Weinende in Schutz. „Wenn ich mal Mist mache, nimmt mich keiner in Schutz.“ Nur noch halb so verstimmt rollte Colt die Augen. „Doch! Ich, “ grinste Fire ihn an. „Jetzt im Ernst, Passion. Hast du was gesehen, was uns weiterhelfen könnte?“ Die Gefragte schluckte die Tränen hinunter und schüttelte den Kopf. „Gar nichts“, erwiderte sie. „Nur seine Augen.“ Seine Augen? Irgendwas an dieser Aussage, brachte Saber darauf, dass etwas damit war. „Waren sie irgendwie außergewöhnlich oder stinknormal blau, braun, grün oder sonst was?“ fragte er deshalb. „Das waren so schwarze Augen mit roten Pentagrammen, die auf einer Zacke stehen.“ – „Vermutlich Kontaktlinsen, “ überlegte April laut. „Kleiner Grufti war das, was?“ Grinste der Cowboy schon wieder gut gelaunt. Passions unwirsches „Was weiß ich“ zeigte, dass sie immer noch unglücklich über den Verlauf des Unternehmens war. Fireball runzelte nachdenklich die Stirn. „Solche Kontaktlinsen kriegt man nicht an jeder Ecke...“ überlegte er dann. „Da dürftest du recht haben, “ pflichtete ihm sein Vorgesetzter bei und ergänzte den Gedankengang. „Bei den Organisationen im Untergrund dürfte es auch nicht viele geben, die das als Markenzeichen tragen.“ – „So weit so gut.“ Der Rennfahrer fuhr sich mit der Hand durchs Haar und fasste die Erkenntnisse zusammen. „Sie stehlen auch nur hier in Yuma, also sollten wir uns mal von Passion aufzeichnen lassen, wie die Linsen genau ausgesehen haben, und dann mal gucken, was der Computer dazu ausspuckt.“ Dabei blickte er auf April, die sofort verstand. „Ja klar. Ich scann die Skizze ein, wenn Passi mir eine macht. Irgendwas wird die Datenbank schon hergeben, “ entgegnete sie. „Vielleicht suchen wir auch nach Leuten, die sich außer für Kunstdiebe auch noch für kleine Satanisten oder so was halten, “ bemerkte Saber noch. „Also, ab in Aprils Schminketui und einen auf Graf Dracula machen! Das mach ich sogar freiwillig, mach ich das. Wollt schon immer mal wissen, wie die so ticken, “ erklärte Colt heiter. Passion schniefte und zog sich ihre Maske vom Kopf. „Skrupel haben sie jedenfalls nicht viele“, stellte sie fest. Ihr blaues Auge, von dem Schlag, den sie im Museum bekommen hatte, leuchtete wie zum Beweis dafür. Saber riss die Augen auf und fuhr den Umriss des Males nach. Dann verzog er unwillig das Gesicht. „So ein Armleuchter! Streckt der einfach eine Frau nieder.“ Er schüttelte den Kopf. „Der kriegt von mir ein paar hübsche Abhandlungen über Gewalt an Frauen, wenn ich ihn in die Finger kriege.“ Er konnte nicht dulden, dass ein Mann eine Frau so grob behandelte. „Verglichen mit der Hantelstange ist das gar nichts“, gab Passion leise zurück. „Sonst noch was?“ Hatte er sich gerade verhört? „Dafür wird er sich verantworten müssen.“ Sabers Freunde wussten, dass dies eine sehr nette Umschreibung dafür war, was dem Kandidaten wirklich blühen konnte. Ihr Vorgesetzter hatte in diesem Punkt einen besonders ausgeprägten Beschützerinstinkt. „Wenn man es genau betrachtet, hat sie es ja ein bisschen verdient, für den Unsinn, den sie verzapft hat“, ließ sich der Kuhhirte vernehmen. „Wenn du jedes Mal eine gewischt bekommen hättest, wenn du es mal wieder verdient hättest, würdest du dir die Radieschen schon von unten ansehen“, versetzte Fireball und spendierte eine Kopfnuss dazu. „Keine Frau hat es verdient, geschlagen zu werden, egal was sie macht“, betonte er dann. April zog dem Scharfschützen auch noch eine über und schüttelte abwertend den Kopf. „Ja ja, das war ja wieder klar.“ Colt griff sich an den Kopf. „Gehen wir heim und sehen, ob Love was für die Beulen hat“, schlug er dann vor. „Für die Beulen sicher, aber für deinen Hohlraum muss Faith erst was erfinden“, pariert April spitz.

Am Tag danach

Passion war doch recht erstaunt, als Saber in dieser Nacht leise in ihr Zimmer kam und zu ihr ins Bett kroch. Nachdem er, genauso wie die anderen drei, sie runtergeputzt hatte, dachte sie, dass er zumindest für heute nichts mehr von ihr hören oder sehen wollte. Gerade wollte sie etwas sagen, da drückte er ihr einen heißen Kuss auf die Lippen. Erst überraschte es sie, dann schmiegte sie sich an ihn und hielt ihn fest. Saber presste sie seinerseits ebenfalls an sich. Er würde sie heute Nacht bestimmt nicht loslassen. Er war viel zu erleichtert darüber, dass die Ereignisse der Mission so glimpflich ausgegangen waren und wollte ganz sicher nicht daran denken, was passierte wäre, hätte er sie nicht aufgefangen. Dass sie ihm so blindlings vertraut hatte, machte ihn unsagbar glücklich und dieses Glück und seine Erleichterung ließ er sie deutlich spüren.
 

„Hat sie dich aufgebaut oder fertig gemacht?“ fragte Colt anzüglich grinsend, als Saber am nächsten Morgen, mit einem leuchtenden Knutschfleck am Hals und gut eine halbe Stunde zu spät, das Büro in der Polizeistation betrat. „Für gewöhnlich tun Frauen des Nächtens beides“, kommentierte Fireball ebenfalls grinsend. „Mein Liebesleben geht euch gar nichts an“, entgegnete Saber. „Ein Gentleman schweigt und genießt.“ – „Oho“ ertönte es von seinen Kollegen. „Klingt so, als hättest du was zu beichten, “ versetzte der Cowboy munter. „Jungs, wir haben zu tun, “ schaltete sich April dazwischen. „Hast du denn schon was gefunden?“ Damit trat Saber um den Tisch herum an den Laptop der Blondine und schaute aufmerksam auf den Bildschirm. „Na ja, “ antwortete die. „Wo sie die Kontaktlinsen herhaben, wird schwer nachzuprüfen sein. Eine Zeitlang war das der Renner schlechthin Da kann wirklich jeder an die Dinger gekommen sein, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Jetzt läuft das nicht mehr so gut. Bis jetzt habe ich noch keine verwertbaren Daten gefunden.“ – „Bleib dran. Vielleicht kommt doch noch was, “ gab der Recke zurück. Fireball nahm die Füße vom Tisch und setzte sich richtig auf den Stuhl. „Und was tun wir so lange?“ fragte er. „Die Verbrecherdateien durchstöbern“, entgegnete sein Boss. „Ich bin sicher, wir graben eine Gruppe aus, die diese Kontaktlinsen als Markenzeichen benutzt.“ Colt rollte die Augen. „Ich hasse Computerarbeit“, bemerkte er. Nickend nahm Saber dies zur Kenntnis. „Deshalb wirst du dich ans Telefon hängen und versuchen rauszufinden, wo man Helikopter auftanken kann und wann dies in der vergangenen Woche passiert ist. Vielleicht auch heute. Den Tank hast du ja gestern getroffen. Sie müssen also sich also Treibstoff besorgen und den Heli reparieren. Prüf also noch, wo, im Umkreis von Yuma, man einen Hubschrauber wieder in Ordnung bringen oder sich das notwendige Material beschaffen kann.“ Der Angesprochene erhob sich, salutierte scherzhaft und war mit einem „Zu Befehl“ verschwunden.
 

Während Saber, Fireball und April an der Recherche brüteten, bemerkten sie Search, die auf dem Revier auftauchte. Durch die Glaswand ihres Büros konnten sie sie mit Andrew Heart reden sehen. Das Gespräch schien nicht gut zu laufen. Andrews Körpersprache und Mimik waren kühl und abweisend. Augenscheinlich war er enttäuscht von ihr. Searchs Augen zeigten Verzweiflung, auch wenn sie sonst sehr beherrscht wirkte. Andrew kanzelte sie schließlich ab. Die Weißhaarige musste einsehen, dass dies Gespräch keinen Sinn machte. Als sie wieder an dem Büro der Freunde vorbeiging um das Gebäude zu verlassen, sahen die drei Tränen in ihren Augen glitzern. Sie hatte Andrew nicht benutzt. Nicht nur. Sie liebte ihn wirklich. Doch er konnte ihr nicht so schnell verzeihen. Immerhin hatte er genug Gefühle für sie um sie nicht zu verhaften, wie er es eigentlich sollte. Mit einem unterdrücken Seufzer stand Saber auf und trat aus dem Büro. Als er bald darauf zurückkam, war seine Miene genauso unergründlich, wie beim Rausgehen. Fire und April tauschten einen kurzen Blick und entschieden sich, nicht zu fragen.
 

Passion hatte Mühe der Lesung zu folgen. Die Ereignisse der letzten Nacht lenkten sie immer wieder ab. Der Überfall war so daneben gegangen und noch immer schalt sie sich dafür. Wie hatte sie nur so unüberlegt handeln können? Thomas hatte ihr immer gesagt, sie solle nicht so viel aus dem Bauch heraus agieren. Es sei denn, es ginge um Kunst. Da wäre es wichtig. Aber Passion hatte sich stets mehr von ihren Gefühlen leiten lassen, als von ihrem Verstand. Das war genauso oft gut gegangen, wie es schief gelaufen war. In letzterem Fall hatte ihr Verstand sie dann vor einer Bruchlandung bewahrt. Gestern hatte Saber das getan. Ohne ihn wäre sie jetzt platt wie ein Pfannkuchen. Saber. So nah wie ihm, hatte sie sich noch nie einem Menschen, außerhalb ihres Familienkreises, gefühlt. Er war ihr Gegenstück und ergänzte sie. Da, wo sie an die Decke ging und unbedacht vorgehen würde, behielt er einen kühlen Kopf und bremste sie aus. Obwohl, der kühle Kopf war gestern Nacht nicht benutzt worden. Versonnen lächelte sie vor sich hin. „Miss Sumatra. Was ist so lustig?“ Mit diesen Worten riss der Professor sie aus ihren Gedanken. „Ich meine, er erfreut mich sehr, dass sie sich ihre Unterbrechungen heute ersparen, aber komisch kann ich das nicht finden“, erklärte er. Einige Studenten kicherten leise, als Passion zerstreut ihre Mitschriften zusammen schob, während sie verlegen nach einer Antwort suchte. Dass sich der Dozent jetzt auch noch neben ihrem Tisch aufbaute, machte es ihr nicht leichter. „Also, Miss Sumatra. Welcher Tatsache verdanken wir Ihre Wortkargheit in der letzten Zeit?“ bohrte er weiter. „Der Tatsache, dass Schweigen manchmal mehr sagt, als tausend Worte“, gab sie zurück. Der Professor musterte sie skeptisch. Solche Töne war er von ihr nicht gewohnt. Zwar war sie eine gute Studentin, doch zeichnete sie sich vor allem durch Unterbrechungen, die in herzhaften Diskussionen endeten, aus, als dafür ruhig und unauffällig in einer Lesung zu sitzen. Er entschied sich, erstmal fortzufahren. „Kommen wir nun zurück dazu, Gefühle in Widersprüchen auszudrücken. Sie sollten sich für heute darauf vorbereiten.“ Bei diesen Worten kehrte er zu seinem Pult zurück. „Wer ist mutig genug, sein Werk vorzutragen?“ Schweigen. Niemand wollte. „Kommen Sie. Nur ein Gedicht, bevor die Stunde zu Ende ist, “ drängte er. Passion suchte in ihren Unterlagen. „Miss Sumatra“, hörte sie ihn rufen. „Wie wäre es mit Ihnen? Damit wir Sie nach so langer Zeit mal wieder reden hören, “ schlug er vor, würde aber keinen Widerspruch dulden. Das folgende unterdrückte Gelächter zeichnete ihr die Schamesröte ins Gesicht und ihre berüchtigte, unwillige Falte auf die Stirn, derweil sie hastig in ihrem Block nach dem geforderten Werk suchte. Da war es ja. Eilig hatte sie es heut morgen hin gekritzelt. Kaum hatte sie den Stift angesetzt, war es regelrecht aus ihr herausgeströmt. Sie trat an den Pult. Der Professor machte ihr Platz.
 

„Trotz mir

Wer hat die Wahl

Irgendjemand sagte jeder

Aber wer kann schon die Gefühle

kontrollieren, die man hat

Ich weiß, du bist jemand besonderes

und das Verrückte daran ist

Du bist in der Lage mich zu lieben

trotz mir und meiner Art

Ich bin nicht hier um zu sein

wie andere mich gern hätten

Ich lebe, wie ich mich fühle

Ich sage, was ich denke

ohne Rücksicht zu nehmen

Manchmal in dieser bestimmten Laune

geht mein Mundwerk mit mir durch

und ich sage dir unschöne Dinge

Wenn ich sauer werde

weißt du, dass du besser gehst

bevor dich irgendwas am Kopf trifft

Du bist dennoch in der Lage bist mich zu lieben

trotz mir

Ich bin jedesmal überrascht

wenn du mich anlächelst

Du veränderst mich

Du zeigst mir Dinge

welche ich nur in meinen Träumen gesehen hatte

Du legst Tränen in meine Augen

von denen ich glaubte sie waren verloren

Du gibst mir Wärme

welche ich vor langer Zeit fühlte

Du malst Bilder in Farben

deren Existenz ich schon vergessen hatte

Du veränderst mich zu jemand

den ich schon begraben hatte

Danke dafür

Danke für dich und deine Art zu du zu sein“
 

Als Passion geendet hatte, herrschte Stille im Raum. Niemand war in der Lage, etwas zu sagen. Gespannt blickte sie sich um. So schlecht war sie? Dann hörte sie den Professor applaudieren. „Sehr schön. Auch, wenn Sie das Thema nicht ganz getroffen haben, “ sagte er. „Wer auch immer es war, der diese Veränderung in Ihnen hervorgerufen hat, geben Sie nur nicht wieder her.“ Dann entließ er die Studenten aus der Stunde. Bevor Passion ebenfalls ging, hielt er sie kurz zurück. „Miss Sumatra. Das war mein Ernst. Sie haben viele gute Arbeiten geliefert, seit Sie hier sind. Aber dieses Gedicht war das Beste.“ Überrascht sah sie ihn an und nickte verlegen.

Gewissheit

„… können jetzt mit Gewissheit alle bei diesem Überfall zu Beklagenden zweifelsfrei identifizieren … bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass Thomas Valerius darunter ist … Übersendung der sterblichen Überreste erfolgt in den nächsten Tagen …“
 

Passion saß auf der Fensterbank in ihrem Zimmer und starrte blicklos aus dem Fenster in eine der strahlendesten Abenddämmerungen, die der Sommer hervorbringen konnte. Gewissheit bedeutete nicht auch Erleichterung. Außer diesem Gedanken war ihr Kopf leer. Sie nahm weder sich noch sonst etwas wahr. Apathisch, ohne Gefühl verharrte sie in der gleichen Position.
 

Search war noch nicht heimgekehrt. Nach dem langen Tag mit einem gescheiterten Versuch Andrew alles zu erklären, fühlte sie sich außer Stande zum Rasthof zurückzukehren. Sie irrte ziellos durch die Stadt.
 

Love und Faith arbeiteten wie gewöhnlich im Restaurant. Für sie war die Welt noch völlig in Ordnung. Nur in dem kleinen, chaotischen Reich von Passion lag sie in Trümmern. So oft hatte sie das hochoffizielle Schreiben gelesen und nicht ein Wort wirklich in ihrem Kopf begriffen. Nur ihr Herz verstand und blutete nun. Noch weniger, als zu verstehen, war sie in der Lage, das Dokument ihren Schwestern auszuhändigen. Wie eine Skulptur hockte sie auf der Fensterbank, als die Sonne sank und der nächtliche Schleier alles umhüllte. So fanden die vier Mitglieder von Ramrod sie vor. Leicht seitlich sitzend. Das rechte Bein lag auf dem Polster. Mit dem Arm stützte sie sich ab. Das linke Bein stand angewinkelt auf der Matte. Der Arm, mit dem Brief in der Hand, ruhte darauf. Sie hatte sich von der Tür abgewandt und schien die Besucher gar nicht wahrzunehmen. Das Chaos auf ihrem Schreibtisch wuchs scheinbar jeden Tag an. Sie musste ein Genie sein um darin nicht den Überblick zu verlieren. Colts „Wir haben gute Neuigkeiten“ verhallten unbeachtet. Verwundert sahen sich die Freunde an. Schließlich trat Saber zu ihr, wobei er über ihren achtlos auf den Boden geworfenen Rucksack stolperte, und nahm ihr das Schreiben aus der Hand. Passion reagierte nicht. Der Recke überflog die Zeilen, dann schaute er sie an. „Was ist los?“ fragte Fireball. Die Stille behagte ihm nicht. Wortlos reichte sein Boss ihm das Schriftstück. Während die Drei gemeinsam die Köpfe darüber zusammen steckten, trat Saber an Passion heran und strich ihr behutsam über den rotrosa Schopf. „Es tut mir leid“, brachte er dann hervor. Was hätte er sonst sagen sollen? Jetzt bewegte sie sich leicht. Ihr Körper schmerzte von der Bewegungslosigkeit und war ganz steif geworden. Sie ließ ihren Rücken an seine Brust sinken. Er schloss die Arme um sie. „Wir wussten es ja irgendwie die ganze Zeit“, erwiderte sie tonlos, den Blick noch immer aus dem Fenster gerichtet. „Aber irgendwie … Gewissheit. Wir wollten sie. Wir haben sie. Ich wünschte nur, es würde sich besser anfühlen.“ Saber antwortete nicht und hauchte ihr stattdessen einen Kuss aufs Haar. „Es fühlt sich so an, als hätte ich Paps zum zweiten Mal verloren.“ In Passions Flüstern klangen Tränen mit. „Ich will ihn wieder haben“, schniefte sie, wie ein kleines Kind. Saber zog sie noch fester an sich. Passion schluchzte auf. Die Tränen, die sie seither nicht im Stande war zu weinen, bahnten sich jetzt ihren Weg. Colt stieß seinen Hombre und die Blondine an und gab ihnen ein Zeichen zu verschwinden. Er folgte ihnen und schloss leise die Tür.
 

Love sank weinend an Faith‘ Schulter. Search konnte kaum den Blick von dem Schreiben nehmen. Keine der drei war fähig ein Wort zu sprechen. Deshalb sagten auch Colt, Fireball und April nichts. Schließlich ließen sie die drei allein. Die Schwestern verfielen in eine gewisse Lethargie. Am folgenden Tag blieb der Rasthof geschlossen. Die Mädels zogen sich zurück. Einzig Passion war einigermaßen zu etwas zu gebrauchen. Sie hängte ein Schild an den Eingang, das besagte, dass aus familiären Gründen heute nicht geöffnet sein würde. Auch fuhr sie mit ihren vier Freunden ins pathologische Institut nach Yuma, nachdem sie den Anruf bekommen hatte, die sterblichen Überreste seien eingetroffen. Dort nahm sie eine schlichte, kleine Urne in Empfang und zeichnete irgendein Schriftstück gegen. Es war offensichtlich, dass sie dies alles mechanisch tat. Man hätte ihr genauso gut ein Schuldgeständnis oder ihr Todesurteil vorlegen können, sie hätte es unterschrieben. Zurück am Rasthof rief Saber Andrew Heart an und informierte ihn über die Geschehnisse. Es dauerte nicht lange, da stand der vor der Tür. Ein kurzer Blick zu Saber, dann suchte Andrew Search auf. Es war der Ramrodcrew nicht schwer, die Reaktion der Schwestern nachzuvollziehen. Es war, wie Passion gesagt hatte. In gewisser Weise hatten sie ihren Vater zum zweiten Mal verloren. Diesmal jedoch mit der Klarheit, dass dieser Verlust endgültig war. Alle vier Schwestern waren angenommen und vertraten die Auffassung, dass sie niemand sonst hatte haben wollen. Außer Thomas Valerius und seiner Frau. Ihre Liebe zu ihren Adoptiveltern grenzte schon an Anbetung, hatte teilweise fanatische Züge. Kaum ein Mensch außerhalb dieser Familienbande, hatte die Möglichkeit darin aufgenommen zu werden. Nur innerhalb des Clans konnte man sich bedingungslos aufeinander verlassen. Fremde galten als nicht vertrauenswürdig und unzuverlässig. Unter diesen Voraussetzungen war es kein Wunder, dass die Schwestern das Gefühl hatten, den Boden unter den Füßen verloren zu haben. Dass dieser Tag auch noch völlig verregnet war, schien die Erlaubnis zu sein hemmungslos in Depressionen versinken zu dürfen.
 

Am späten Nachmittag hockte Ramrods Team in der Bar im Lokal. Passion hatte jedem eine Tasse Kaffee hingestellt und nippte ihrerseits auch an einer großen Tasse des Getränks. Sie stand hinter der Theke und starrte auf irgendeinen Punkt am Boden. Geistig abwesend. „Jetzt reicht es.“ Colt schlug mit der Faust auf den Tresen, das die Tassen klapperten. Alle schraken zusammen. Passion verschluckte sich fast und hustete. Dann setzte sie die Tasse ab und schaute den Kuhhirten verständnislos an. „Würdest du jetzt bitte mal von den Scheintoten zu den Lebenden zurückkehren. Schließlich ist Valerius gestorben und nicht du, “ fuhr er den Rotfuchs an. „Das weiß ich, “ erwiderte sie schwach. „Schön, dass du das begriffen hast. Dann kannst du jetzt ja weitermachen, “ erklärte Colt energisch. Passion blickte von ihm zu dem Stammtisch neben der Bar, auf dem die kleine, schwarze Urne stand. Bevor sie etwas sagen konnte, war Colt aufgesprungen und zu ihr hinter den Schanktisch getreten. Er fasste sie bei den Oberarmen und schüttelte sie leicht. „Herrgott Passion. Steh wieder auf.“ Es klang nicht wütend, eher besorgt. „Du kannst es ja doch nicht ändern. Tot ist tot. So leid es mir tut. Ich weiß doch, wie das ist. Du kannst ihm nur noch seinen letzten Wunsch erfüllen. Sonst nix.“ Eindringlich sah der Scharfschütze sie an. Seine drei Kollegen mussten grinsen. Das war typisch für ihn. Saber verließ ebenfalls seinen Platz und trat hinter den Tresen. Colt schob Passion zu ihm hinüber. „Sag ihr, dass ich recht hab“, verlangte er. „Auf dich hört sie vielleicht.“ Der Recke zog sie in seine Arme. „Du weißt es“, raunte er ihr zu. Sie nickte. „Es ist so schwer.“ Damit schmiegte sie sich nah an ihn. Dass er sie festhielt, gab ihr das Gefühl von Stärke zurück. Sie war nicht allein. Mit dieser Erkenntnis keimte neue Kraft in ihr auf. „Ich hab da irgendwann was von guten Nachrichten gehört“, murmelte sie an Sabers Brust. „Die könnte ich jetzt verdammt gut gebrauchen.“ Colt grinste zufrieden.
 

„Ja, damit können wir dienen“, bestätigte er. „Wir sind uns nämlich sicher, wer unser und euer Gegner ist.“ Ruckartig riss Passion den Kopf von der Brust des Blondschopfs und sah jeden einzelnen fragend an. „Wer?“ – „Sie nennen sich Darkness“, antwortete April. Sie erhob sich und ging die Akten holen. Als sie zurückkam, hielt Saber Passion immer noch m Arm. Schmunzelnd stellte sie fest, dass die Beiden einander gut ergänzten. Sie kam zum Tresen und legte die erste Akte darauf. „Das ist der Typ, dem du dein Veilchen verdankst. Nathan Racoon, 25 Jahre alt. Als Dieb machte er bereits mit 15 auf sich aufmerksam. Er war damals schon ausgesprochen geschickt. Wie Fireball vermutet hat, war er davor Reckturner und Meister der Junioren All Galaxie League. Im Untergrund hört er auf den Decknamen Vishap.“ Sie legte eine weitere Mappe auf den Schanktisch. „Stan Schneider. Ebenfalls 25 und unter dem Decknamen Ays bekannt. Als Darkness-Pilot fliegt er alles, was zum Fliegen gebaut wurde.“ Dann legte sie die dritte Mappe hinzu. „Duncan Allister, 26 Jahre, bekannt als Chival und Leibwache des Kopfes von Darkness. Ebenfalls Leibwache“ Jetzt gelangte die vierte Akte in Passions Hände. „Robert O’Neal. Auch 26 Jahre alt. Bekannt als Alk. Zu guter Letzt, der Boss der Truppe.“ April wollte den fünften Ordner auf den Tresen legen, da hörte sie Passion und sich selbst zeitgleich sagen. „Damien McCoy.“ Verblüfft hielt die Blondine inne. Die vier Starsheriffs blickten überrascht auf Passion. Die löste sich aus Sabers Umarmung. „Es ist doch erstaunlich, wie viel Trivialität es doch gibt“, begann sie und ordnete die Akten so, dass die ersten Blätter mit den Fotos der genannten Männer nebeneinander lagen. „Damien McCoy war einer der talentiertesten Kunststudenten. Paps gab gelegentlich Kurse an der hiesigen Uni und Damien fiel ihm auf. Aus zwei Gründen. Erstens war er, wie gesagt, sehr talentiert und zweitens war er … mysteriös. Er bevorzugte Werke über Abgründe, düsterer Legenden und Okkultismus. Er fertigte insgesamt fünf Werke über den Höllenschlund und je eines über die Dämonen, deren Namen die Mitglieder Darkness nun tragen. Alk heißt übersetzt so was wie Schlucht. Der Dämon schadet Kleinkindern und Ungeborenen. Ays ist ein Sturmgeist, mit der Gabe in den Körper von Menschen einzudringen und sie in den Wahnsinn zu treiben. Der böse Geist Chival sucht nachts die Träume der Schlafenden heim und versetzt sie in Angst und Schrecken. Und Vishap … nun so viel ich weiß, bedeutet es ‚Drachenaufstieg‘. Paps konnte, obwohl die Bilder technisch perfekt gemalt waren, Damien nicht als guten Studenten einstufen. Seine Neigungen waren besorgniserregend, weshalb Paps ihn auch dem Dekan meldete. Kurz darauf verschwand Damien McCoy. Sein Interesse an Kunst frönt er wohl jetzt als Krimineller, “ schloss Passion ihre Erklärung. „Dann hat das vielleicht auch etwas mit Rache zutun, “ überlegte Fireball nach einigen Minuten überraschten Schweigens. „Er straft Various indem er ihm und seiner Familie, sofern er weiß, dass es eine gibt, die Werke nimmt.“ Saber nickte. „Behalten kann er sie nicht. Er wird sich gedemütigt fühlen und die Werke würden ihn daran erinnern. Also verkauft er sie und tut damit genau das, was Various nie gewollt hat. Das ist seine Art ihn zu bestrafen, “ führte der Recke die begonnene Überlegung seines Piloten zu Ende. „Das ganze ist persönlicher als wir dachten, “ stellte Colt fest. „Was hat dich darauf gebracht, dass Damien McCoy der Boss ist? Ich meine …“ April konnte die Frag nur schwer formulieren, aber Passion verstand ihre Verwunderung und erläuterte: „Paps sagte, dass McCoy ein sehr auslegender Mensch sei. Einem einfachen Ja oder Nein konnte er tausend Bedeutungen geben und jetzt sehe ich seine Handlanger. Nicht nur die Namen, auch die Gesichter passen zu den Bildern der Dämonen. Paps hat sie uns mal gezeigt, Search und mir.“ – „Was für ein Spinner“, bemerkte Colt. „Ich rate mal … Er signiert seine Bilder mit schwarzen Kreisen auf denen ein rotes Pentagramm auf der Spitze steht.“ Gemäß Fireballs Erwartung nickte Passion. „Das Genie ist dem Wahnsinn verfallen“, erkannte Saber. „Aus den Akten“, ergänzte der Rennfahrer für Passion. „geht hervor, dass die Gruppe perfekt zusammen arbeitet und deshalb auch nie geschnappt wurde. Vor allem aber sind sie skrupellos und gelten alle fünf als Musterbeispiel an Grausamkeit. Ihre Gegner foltern sie gern. Teilweise sogar bis in den Tod. Auf ihr Konto gehen nicht nur zahlreiche offene Raubzüge sondern auch bislang fünf Morde. Sie schrecken sicher nicht vor weiteren zurück, “ erklärte der Rennfahrer dann nachdrücklich. Wieder stimmte Saber ihm zu. „Das ganze ist genauso persönlich wie riskant. Wenn Damien McCoy erfährt, oder schon erfahren hat, wer ihr seid, ist euer Leben in Gefahr, “ fügte er hinzu und sah Passion bedeutungsvoll an. „Vergiss es, “ sagte die. Sie hatte aus seinen Worten herausgehört, dass es ihm am liebsten wäre, sie würde sich ab sofort raushalten. „Das ist alles, was ich für Paps noch tun kann und nicht mal der Teufel selbst könnte mich davon abhalten“, gab sie entschieden zurück. Nun, niemand von Team Ramrod hatte eine andere Antwort von Passion erwartet.
 

„Dann entwerfen wir mal einen Plan für ‚Madonnas Lied‘“, schlug Colt vor. „Erstens: ‚Madonnas Leid‘ und zweitens nicht ohne Search, “ erwiderte Passion. „Ich brauche ihren kühlen Kopf dazu, sonst wird das nichts.“ Verwundert sahen Colt, April und Fireball zu Saber. Er war schließlich auch ein kühler Kopf mit weiser Voraussicht und strategisch kaum zu schlagen. Der schluckte unwillkürlich. Was hatte das zu bedeuten? Es hatte ihn gewundert, dass sie gestern nicht mit ihm über ihre Gefühle gesprochen hatte und jetzt sagte sie so was. Er war davon ausgegangen, dass sie gelernt hatte, ihm zu vertrauen. Es schien, als hätte er sich darin getäuscht. Alle vier sahen jetzt verunsichert auf Passion. Verständnislos wollte Fireball wissen: „Hab ich mich grad verhört?“ Colt deutete auf seinen Boss. „Kühler Kopf steht da neben dir, Passion“, wies er sie hin. „Blond, groß, verdammt clever und eigentlich deiner. Wundert mich, dass du ihn nicht für einen kühlen Kopf hältst.“ – „Das eigentlich schon, “ gab die Angesprochene zu, „nur von dem, was Search und ich zu besprechen haben, hat er keine Ahnung.“ Damit wollte sie eigentlich sagen, dass Saber kein Dieb ist, doch ihre Wortwahl war reichlich daneben. Unweigerlich trat der Recke einen Schritt von ihr weg. „Verstehe.“ Warum reagierte er darauf so angegriffen und ging auf Abstand zu ihr? Passion verstand das in dem Moment nicht. „Ich weiß nicht, was du willst. Aber so ist es nun mal, “ entgegnete sie. Saber packte die Unterlagen zusammen und schob sie unter den Arm. Also traute sie ihm das nicht zu. Das war für ihn grad klar geworden. „Und weil es so ist, werden wir vier jetzt unseren Job machen.“ Damit gab er seinen Freunden ein Zeichen zu gehen. Nein, mit einer Frau, die ihm so wenig vertraute, wollte er nicht länger in einem Raum sein. Die Tiefschläge, die sie gerade ausgeteilt hatte, schmerzten grauenhaft. „Ja, klar. Das könnt ihr doch gar nicht ohne uns, “ rief Passion den Vieren nach. Was hatte sie falsches gesagt, dass die es vorzogen abzutreten? „Wie hättet ihr die Sachen über Damien rauskriegen wollen? Und ganz abgesehen davon: Wir haben einen Deal.“ Saber ließ die Türklinke los, die er eben ergriffen hatte und wand sich zu ihr um. „Ja, wir haben einen Deal“, räumte er ein. „Aber ein guter Plan ist die halbe Miete. Ich will nicht, dass bei der nächsten Aktion was schief geht.“ Die Erklärung war gut und auch wenn Passion das Gefühl bekam, dass dies nicht der einzige Grund war, ging sie zunächst auf dieses Argument ein. „Wie willst du Genie die nächste Aktion planen ohne den Dieb?“ fragte sie und zeigte bei „Dieb“ auf sich. „Wir brauchen zunächst mehr Hintergrundwissen. Die Bande ist gewalttätig. Wir müssen für alles gerüstet sein, “ antwortete der Blondschopf sachlich. Über seine Professionalität mussten seine Teamkameraden staunen. Es war ihnen schon aufgefallen, dass ihm die Aussagen von Passion an die Nieren gegangen waren, aber das ließ er eben nicht durchblicken. „Das Hintergrundwissen liefert dir Search“, erwiderte Passion. „Sie kennt die Räume und damit das wichtigste für den Raubzug. Sie weiß, wo die Sicherheitssysteme sind und wie sie funktionieren.“ Das war vielleicht nicht die klügste Taktik von ihr, Search wieder ins Spiel zu bringen, doch immerhin schaffte sie es so, Saber noch am Gehen zu hindern. „Ich rede eigentlich noch immer von der Bande.“ Bekam sie zur Antwort. „Ich will meine Freunde nicht unvorbereitet in ein Desaster schicken.“ Langsam wurde er ein bisschen säuerlich. Am liebsten wäre er schon aus der Tür und weit weg von ihr. „Ich versteh dich nicht ganz.“ Passion schüttelte den Kopf. Das tat sie wirklich nicht. „Wir werden Darkness nicht vor dem nächsten Überfall begegnen. Also sollten wir uns darauf vorbereiten. Schließlich wissen wir, dass Vishap mich kopiert. Das heißt, er wird wieder allein zuschlagen und einen zur Rückendeckung dabei haben.“ April schaltet sich kurz dazwischen und nahm Saber die Akten ab. „Koordiniert ihr beide mal eure Ideen, während wir drei weiter Infos sammeln“, schlug sie vor und schleifte Fire und Colt mit sich, bevor jemand Einspruch erheben konnte.
 

Jetzt waren die beiden Streithähne allein. „Er hat daraus gelernt. Er wird mehr als einen zur Rückendeckung dabei haben, “ erklärte der Recke nüchtern. „Deshalb ward ihr von Anfang an zu viert. Weil ihr euch an dem Punkt nicht sicher sein konntet.“ Passion hob die Schultern. „Was um alles in der Welt ist denn jetzt los?“ – „Ich möchte mich darauf verlassen können, dass niemanden etwas passiert, wenn wir die Bande einkassieren.“ – „Das will ich doch auch ...“ Der Rotfuchs hatte das untrügliche Gefühl, dass es bei dem ganzen Gespräch weniger um die Zusammenabreit ging, als um etwas anderes. Doch was, darauf kam sie nicht und Saber hielt diesen Punkt auch gut verdeckt. „Dafür muss man aber miteinander reden und nicht alle anderen Beteiligten außen vor lassen, “ versetzte er energisch. „Wir reden miteinander. Außerdem sagte ich bereits, dass ich Search bei einem solchen Gespräch dabei haben will. Ich werde nur das Gefühl nicht los, dass du ein Problem damit hast?“ Nein, sie verstand ihn grad gar nicht. „Ich hab kein Problem damit, dass du Search dabei haben willst“, antwortete er. „Aber wenn Search und du Geheimnisse vor uns habt, muss ich davon ausgehen, dass ich meine Freunde beim nächsten Mal ins Verderben schicke“, rechtfertigte er sich. Entgeistert starrte sie ihn an. „Wie bitte? Geheimnisse?“ In welche Richtung drehte sich denn dieser Dialog? „Was denn sonst? Wenn du vorher mit Search alleine reden willst, wirst du ihr wohl was zu sagen haben, was uns nichts angeht, “ gab der Blondschopf zurück. Allerdings meinte er vielmehr „was ich nicht wissen darf“ und der Unterton in seiner Stimme machte Passion stutzig. Sie runzelte die Stirn und musterte ihn aufmerksam. Nein, es ging definitiv nicht um die Kooperation. „Darf ich nicht mit meiner Schwester reden?“ wollte sie deshalb wissen, jetzt fest entschlossen herauszufinden, worum es sich für ihn eigentlich drehte. „Das kannst du gerne tun. Aber wenn es um die Raubüberfälle geht, wäre es nett, wenn wir anderen auch involviert wären, “ erwiderte er kühl. Er hatte nicht vor, sich in die Karten schauen zu lassen. „Okay, ja“, meinte sie zögernd und fügte hinzu. „Ich werd das Gefühl nicht los, dass du wegen was angepisst bist.“ Ohne eine Miene zu verziehen fragte der Recke zurück: „Weshalb sollte ich?“ Passion bekam den Eindruck, bald durch zu drehen. „Ich weiß nicht. Da ist irgendwas in deinem Ton?“ versuchte sie erneut hinter seine Fassade zu kommen. „Außer der Sorge um meine Freunde“ blockte der Schwertschwinger ab. „Nö, da ist sonst nichts in meinem Ton.“ – „Ja, klar. und ich bin die Jungfrau Maria, “ schnappte Passion ungeduldig. „Nein, so gut kenn ich dich, um zu wissen, dass dieser Ton und diese Wortwahl bedeuten: Du bist sauer. Ich weiß nur nicht wegen was.“ Jetzt hatte sie es endlich ausgesprochen. Was würde er antworten?
 

„Du kennst mich noch nicht lange genug, wie es scheint.“ Düster sah er sie an. Es behagte ihr nicht. Als hätten sie sich gerade von einander entfernt. Aber warum? „Genauso wenig wie du mich. Wir lernen uns doch beide erst noch richtig kennen.“ Sie warf die Arme in die Luft. Offenbar musste sie das auch noch tatenlos akzeptieren. Gott, das durfte nicht wahr sein. „Manche Dinge aber spürt man, bevor man sie weiß“, klärte Saber sie auf. „Und was spürst du?“ Irgendwo hier lag also das Problem. Saber setzte sich auf den Barhocker, der der Tür am nächsten stand. „Dass du mir nicht vertraust“, antwortete er dabei. „Das ist doch gar nicht wahr“, brauste Passion auf. „Wenn ich dir nicht vertrauen würde, wieso warst du dann der Erste? Wieso war ich dann auf Sissi eifersüchtig? Wieso hab ich mich vom Heli fallen lassen ? Verrat mir das.“ Gut, da war ein Stück weit was dran. „ Weil einer der Erste sein musste? Weil du Sissi sowieso nicht leiden kannst? Weil dir die Kraft ausgegangen ist und du konntest dich ganz einfach nicht mehr halten?“ entkräftete er ihre Argumente. „Nichts, was für dich wichtig ist, besprichst du mit mir, gar nichts.“ Noch immer verzog er keine Miene, doch seine Augen verrieten ihr seine Trauer. Verwundert schwieg sie. „Wie kommst du darauf ... ich ... wir sprechen doch miteinander ..., “ stammelte sie dann. Er hatte ihr den Wind aus den Segeln genommen. „Ja, viel Blabla um nichts. Du sagst mir nicht, was dich bedrückt oder was dich bewegt.“ Der Recke schaute ihr jedoch nicht ins Gesicht dabei, sondern starrte auf die Theke. Das änderte sich, als sie leise wissen wollte: „Tut man das denn? Entschuldige, wenn ich so dämlich frage, aber ich hatte noch nie eine Beziehung. Woher soll ich wissen, wie man eine führt? Das ist nicht das gleiche, wie mit Eltern und Geschwistern und ich habe schnell gelernt, dass das, was auf meine Eltern oder Schwestern zu trifft, nicht unbedingt auch auf mich zu trifft. Also ...“ Sie senkte den Kopf. Das war ja schon peinlich, so etwas zugeben zu müssen. „Eine Beziehung basiert auf Vertrauen. Und Vertrauen bedeutet, dass man auch miteinander redet, Probleme gemeinsam löst, “ informierte er sie und konnte nicht gleich begreifen, dass sie ihn das wirklich gefragt hatte. „Glaubst du, eine Beziehung würde auf Dauer funktionieren, wenn es nur um Sex ginge?“ Leicht schüttelte sie den Kopf. „Nein, dass glaub ich nicht. Aber wie soll ich dir erklären, dass ich dir vertraue. Was muss ich tun um dir das zu beweisen?“ Als sie ihn jetzt ansah, blieb eine vorwitzige rosa Strähne an ihren Wimpern hängen. Passion strich sie zurück. Er seufzte. „Ich stelle dir jetzt eine simple Frage und ich möchte, dass du sie mir ehrlich beantwortest: Was fühlst du?“ Sie schluckte unwillkürlich. „Das ist schwer in einem Satz zu beantworten“, begann sie. Während sie nach Worten suchte, knetete sie nervös ihre Hände. Da konnte ja nichts Gutes bei rauskommen, wenn sie eine so einfache Frage so durcheinander brachte, dachte der Schwertschwinger. „Ich weiß.“ Damit fing Passion an hinter dem Tresen in den Blöcken und Geschäftsbüchern zu kramen. Als sie gestern den Brief geöffnet hatte, hatte sie ihren Block von der Uni hier abgelegt. Den brauchte sie jetzt. Saber beobachtete sie. Er hatte keine Vorstellung, was nun kommen würde. Sie hatte den Block gefunden, blätterte auf eine bestimmte Seite und schob ihn schwungvoll über den Schanktisch zu ihm. „Da.“ – „Was?“ Ein Gedicht? Mit einem unterdrückten Seufzer begann er es zu lesen. Was stand da? „… Du bist in der Lage mich zu lieben … trotz mir und meiner Art … Du bist dennoch in der Lage bist mich zu lieben … trotz mir … Ich bin jedesmal überrascht … wenn du mich anlächelst … Du legst Tränen in meine Augen … von denen ich glaubte sie waren verloren … Du gibst mir Wärme … welche ich vor langer Zeit fühlte … Du veränderst mich zu jemanden … den ich schon begraben hatte … Danke dafür … Danke für dich und deine Art zu du zu sein …“ Hatte er jemals so etwas zu lesen bekommen? Nein. Noch nie. Ein ungläubiges „Oh“ war alles, was er über die Lippen brachte.
 

Er spürte sie neben sich stehen. „Ich hab es nach der Sache mit dem Heli geschrieben.“ Saber wand sich zu ihr um und nahm verlegen ihre Hand. Woher diese Verlegenheit kam, konnte er allerdings nicht so genau sagen. Entweder lag es an dem, was er grad gelesen hatte, oder an seiner Fehleinschätzung. „Es tut mir leid“, murmelte er und hauchte ihr scheu einen Kuss auf die Hand. „Mir tut es auch leid. Ich wollte dir kein schlechtes Gefühl geben. Ich ...“ Er legte ihr den Finger auf den Mund. „Scht ... Sag nichts, Passion.“ Damit drückte er ihr einen Kuss auf die Lippen. „Okay“, murmelte sie ergeben und schlang ihre Arme um seine Taille. Dass Colt kurz zur Tür rein linste und dann zu frieden Fireball und April informierte: „Na also, geht doch“, bemerkten die beiden nicht. Zwischen zwei Küssen flüsterte Passion. „Du bist wie Luft, Saber.“ Irritiert sah er sie an. „Wirklich?“ – „Ja“, kicherte sie, amüsiert darüber. „Wer kann schon ohne Luft leben.“ Dann küsste sie ihn rasch wieder, bevor er irgendwas dazu sagen konnte. Der Blondschopf strich ihr sanft über den Rücken, woraufhin sie sich wohlig an ihn schmiegte. Sie genoss seine Nähe, drückte ihren Kopf an seine Schulter und kraulte ihm liebevoll den Nacken. „Wir sollten lieber erst Paps‘ Asche zu ihrer letzten Ruhestätte bringen“, überlegte sie laut. „Ich bin sicher, dass Search, Faith und Love das auch so sehen. Meinst du, ich darf trotz der richterlichen Auflage Yuma aus diesem Grund verlassen?“ Er fuhr ihr mit der Hand durchs Haar. „Wahrscheinlich nur unter der Bedingung, dass wir ein Auge auf dich haben“, erwiderte er. „Damit kann ich leben“, gab sie zurück. „Er muss dir sehr fehlen“, meinte Saber dann. „Ja, tut er. Jeden Tag, “ gestand sie. Ihre Umarmung wurde fester. „Weißt du, ich erinnere mich noch, wie er lachte, als er ging. Ich sehe es so deutlich vor mir, als wäre es erst gestern, “ flüsterte sie. „Immer, wenn er ging, sang er. ‚Nanana, nanana, hey, hey, good bye‘. Wenn er Heim kam, sang er ‚Hallo, hallo, je t’aime, je t’aime.“ Sie lachte leise. „Er sang immer mit Begeisterung, laut, kräftig und furchtbar falsch.“ Saber schmunzelte ebenfalls. „Einmal klagte Mummy, dass wir einfach nicht einschliefen, obwohl sie uns schon zwei Geschichten vorgelesen hatte. Ich weiß noch, wir waren den ganzen Tag auf Achse gewesen und am Abend so aufgekratzt, dass wir keine Ruhe fanden. Paps schlug ihr vor, er könne uns ja ein Schlaflied vorsingen und sie meinte: Ich glaube, ich lese ihnen lieber noch eine Geschichte vor.“ Jetzt lachten sie beide. Saber konnte sich die Szenen doch recht lebhaft vorstellen. Er glitt vom Barhocker und presste sie innig an sich. „Sehen wir mal, dass wir die Erlaubnis bekommen, Yuma zu verlassen“, meinte er dabei. Sie nickte. „Danke.“

Die etwas andere Beerdigung

Search hatte ein knielanges Kostüm an, Faith einen Anzug, Love ein langes Kleid und Passion ein enges, knielanges Etuikleid. Alles in derselben Farbe. Alles in schwarz. Faith grüner Struwwelkopf war gekämmt und mit Gel gebändigt. Sie wirkte ungewohnt brav. Loves blondes Haar war zu einem straffen Zopf zusammengefasst. Search hatte ihres zu einem scheitellosen Dutt gesteckt und Passion hatte versucht ihre Mähne zu flechten. Rosa Strähnen lösten sich daraus, wodurch sie weniger streng wirkte. Alle vier hatte ihre Augen stark schwarz geschminkt. Passion trug die kleine Urne. Die vier Schwestern liefen im Gleichschritt einen schmalen, sandigen Pfad zu einer Klippe, nahe Yumas, hinauf. Als der Weg einen Bogen machte und von der Steile wieder fortführte, traten sie auf die Wiese. Der milde Wind schien sie über das Plateau zu dessen Spitze zu schieben, von wo aus es senkrecht hinab ging. Ihre Begleiter waren am Wiesenrand stehen geblieben und warten. Sie wollten nicht stören. Der Himmel war wolkig, die Sonne warm. Passion hockte sich hin und setzte vorsichtig die Urne ab. Ihre Schwestern kauerten sich zu ihr. Faith zückte ein Messer und reichte es Search. Diese nahm es, ritzte sich die Kuppe des linken Daumens auf und hielt ihn über die Öffnung des Aschengefäßes. Langsam rann die rote Flüssigkeit zu einem Tropfen zusammen und fiel hinein. Dann reichte die Weißhaarige das Messer an Faith weiter, die es ihr gleich machte, bevor sie es an Love abgab. Die Blondine folgte dem Tun, ebenso wie Passion, die als Letzte dran war. Wenigstens im Tod wollten die vier ihr Blut mit ihren Eltern teilen. Genauso hatten sie vor Jahren auch schon ihre Mutter beigesetzt. Das Gras unter ihnen beugte sich zum Meer. Die blaugraue Decke der See war beinahe spiegelglatt. Der Wind kam vom Land her und plättete die Wogen. Jetzt frischte er auf und wirbelte Strähnen von Love und Passion in die Höhe. Sie standen auf, der Rotschopf mit dem Aschengefäß in den Händen. Behutsam umschloss Faith Loves Finger. „Wir werden beenden, was wir begonnen haben“, sagte Search gefühlvoll. „Für Mutter“, fügte der Zauskopf hinzu und die Blondine ergänzte: „… und Vater.“ Jetzt hielt Passion die Urne auf Armlänge von sich weg und ließ sie kippen. Ein Gemisch aus Asche und vielen, bunten Blütenblättern rieselte heraus. Der Wind fing es auf und trug es aufs Meer, in die Weite. Die Urne fiel in die Tiefe und zerschellte unter ihnen, wie schon Jahre zu vor die ihrer Mutter. Sie standen auf der Klippe und sahen den Blütenblättern nach, bist das letzte aus ihren Augen verschwunden war. Search begann zu summen. „Nananana…“ Faith stimmte ein. „… nananana…“ Dann folgten Love „… hey, hey …“ und Passion. „…good bye…“ Zu viert summten sie die kleine Melodie noch einmal. Dann verstummten sie und ließen ihre Augen über das Meer gleiten. Eine kleine Ewigkeit lang ohne es wirklich wahrzunehmen, bis jede ihre Erinnerungen verlassen hatte und in die Gegenwart zurückkehrte. Sie drehten sich um und kehrten zu ihren Freunden zurück, die geduldig am Wegrand warteten. Die Mienen der Schwestern waren ernst, jedoch nicht traurig. Tatsächlich war es einigermaßen faszinierend gewesen alles zu beobachten. Dieser Abschied hatte sehr viel Liebe und Wärme. Man konnte sich gut vorstellen, wie die Schwestern aufgewachsen waren. Es war ein Segen für sie, von Thomas Valerius und seiner Frau aufgezogen worden zu sein. Kein Wunder hingen sie so sehr an ihren Eltern.
 

Die Stimmung war seltsam, als die Schwestern zu den Starsheriffs aufschlossen. Vor allem Colt und April mussten daran denken, wie sie sich bei dem Verlust ihrer Eltern beziehungsweise eines Elternteils gefühlt hatten. Im Hintergrund hing auch noch die knappe Zeit bis zum nächsten Überfall. Zwangsläufig blieb nicht viel Zeit zum Trauern, oder dazu in bedrückenden Erinnerungen zu schwelgen. Sollten sie die Schwestern nun also trösten, oder versuchen, sie auf andere Gedanken zu bringen? Saber legte Passion den Arm um die Schulter. „Geht es dir gut?“ fragte er. Sie nickte tapfer und schlang ihrerseits den Arm um seine Taille. „Ich komm klar.“ Die Acht traten den Rückweg an. Ein bisschen unsicher versicherte April: „Ihr seid nicht alleine. Wir alle helfen euch.“ Etwas bissig erwiderte Faith. „Wir sind auch nicht allein. Wir haben uns vier.“ – „Hör mal, wir meinen es nur gut“, meinte Colt und verdrängte rasch den letzten trüben Gedanken an seine Eltern. „Wir können auch gehen, können wir, “ grinste er dann. Sein Versuch sie aufzuziehen, ging auf. Prompt schnappte der Struwwelpeter. „Du Trottel läufst doch grad, falls dir das nicht klar ist.“ Das Grinsen des Scharfschützen wurde breiter. „Und du fliegst gleich, wenn du nicht aufpasst.“ Damit deutete er auf einen Stein deutet, der im Weg lag. „Mist.“ Rasch wich die Grünhaarige aus. „Würdest du wenigstens heute aufhören zu fluchen, Liebling“, bat Love. „Das war doch noch gar nicht richtig geflucht. Nicht wahr, Baby?“ setzte Colt seine Neckerei fort. „Baby?“ parierte die Punkerin erwartungsgemäß. „Pass bloß auf, sonst mach ich mal ernst. Dann bist du deine Kronjuwelen los. So zimperlich wie Passion bin ich nicht.“ – „FAITH!“ Love fiel es nicht so leicht, sich dem Geplänkel anzuschließen. Passion auch nicht. „Vielleicht kannst du dein Clandenken mal ablegen“, kritisierte sie ihre temperamentvolle Schwester. „Ich häng an meinen Kronjuwelen“, gestand Colt. „Kein Bedarf, Faith.“ Die Angesprochene lief mit Love und Search voraus, während hinter ihr die beiden Pärchen mit dem Kuhhirten in der Mitte folgten.
 

Der bekam einen kleinen Seitenhieb von Fireball: „Verdient hättest du es manchmal.“ Faith wand sich leicht zu ihnen um. „Das glaub ich sofort.“ April lächelte leicht: „Wir sind einfach nur sehr gnädig.“ Die Punkerin schien gerade in Fahrt zu kommen. „Na, vielleicht ..., “ begann sie, aber Passion schnitt ihr das Wort ab. „Faith, jetzt halt dich mal zurück. Das hält ja keiner aus.“ Der Rotfuchs wusste schließlich genau, dass diese Antwort ziemlich tief unter der Gürtellinie wäre. Gespielt verstimmt hob Colt die Hand zum Schwur. „Nie wieder wird ein nett gemeintes Wort meine Lippen verlassen. Ich schwöre hiermit den Frauen für immer ab.“ Jetzt musste Passion schmunzeln. Sie löste sich von Saber und legte dafür dem Cowboy den Arm um die Taille. „Ich frage mich, wie lange wohl.“ Sie klimperte ihn munter an. „Bis die nächste scharfe Biene um die Ecke biegt, die nicht an das Superschwert vergeben ist“, erklärte Fireball mit einem frechen Grinsen. Erneut meldete sich Faith zu Wort. „Der Stockfisch erweckt ja nicht gerade den Eindruck, als würde es ihn stören“, gab sie trocken zurück. „Superschwert? Ha, wohl eher ein Zahnstocher, “ versetzte sie dann. „Wie lautet doch ein altes Sprichwort? In der Ruhe liegt die Kraft.“ Mit diesen Worten ergriff der Recke wieder die Hand seiner Liebsten und lächelte leicht überlegen. „Ach, tut es das. Ist das der Grund, warum ich nicht so richtig gegen dich ankomm?“ Sie lächelte zurück, hielt aber an der anderen Hand noch Colt. Auch als der Schwertschwinger sie noch ein Stück näher zu sich zog. „Muss wohl so sein“, meinte er leichthin. Jetzt schaltete sich Love ein. Mit einem Schmunzeln registrierte sie das Händchenhalten ihrer jüngsten Schwester. „Typisch du, Passion. Du musstest ja auch immer Mummy UND Paps in Beschlag nehmen, “ stellte sie fest. Die Angesprochene schaute sie unschuldig an. „Bin das Nesthäkchen. Darf das, “ antwortete sie mit Schmollmund. „Solang du mich nicht in Beschlag nimmst, hab ich nichts dagegen, “ ließ sich der Rennfahrer vernehmen und zwinkerte April zu. „Ich hab nur zwei Hände, “ kam es zurück. Lächelnd deutete der Rotschopf dabei auf ihre. „Na, welch ein Glück, “ gab April zurück und ergänzte scherzhaft drohend „Für dich!“
 

Love stieg in den Schlagabtausch ein. „Für gewöhnlich ist das bei Passion nicht ernst zu nehmen. Normalerweise hat sie ihre Hände unter Kontrolle, “ grinste sie vielsagend. „Ja, klar. Sieht man auch grade sehr schön, wie sehr sie sie unter Kontrolle hat.“ Fireball grinste von einem Ohr zum anderen. „Trotzdem“, beharrte die kleine Blondine vor ihm. „Solange sie ihren berüchtigten EKG nicht anwenden muss, sind ihre Füße gefürchteter.“ Faith begann zu lachen. „Oh ja. Ich sag nur Brian Clark.“ Alarmiert ließ Colt Passion los und flüchtete an Aprils Seite, so dass er nun sie und den Rennfahrer zwischen sich und dem gemeingefährlichen Rotschopf hatte. „Ich verzichte immer noch“, bekundete er von dort aus. Faith und Love lachten munter. Auch Search grinste von einem Ohr zum andern. Verstimmt beklagte sich das Nesthäkchen bei ihnen. „Warum müsst ihr mir die Sache mit Brian Clark immer noch vorhalten?“ Jetzt fiel ihr auch noch Saber in den Rücken. „Ich würde doch nun zu gerne wissen, was da mit Brian Clark war“, lächelte er fies. Love klärte ihn auf. „Brian Clark war ihr Date für den Abschlussball. Sie hat ihm einen Hodenbruch verpasst.“ – „Er hatte es verdient. Als ich mir Punsch holen wollte, hat er versucht mich zu befummeln, “ verteidigte sich Passion sofort. „Wie ich höre, hat er sich gut von der Aktion erholt, “ merkte Faith an. „Aber mit Kinder ist, glaub ich, nix mehr. Klingt so schmerzhaft.“ Der Cowboy verzog das Gesicht und hielt sich schützend die Hände vor das Körperteil. „Oh weit gefehlt. Er ist Vater von sieben Kindern, “ berichtigte die Punklady. „Wann hat der denn angefangen, du meine Güte?“ Fireball riss die Augen auf. Das war ja nicht gerade wenig Nachwuchs. „Vor allem gleichzeitig. Es gibt sieben verschiedene Mütter dazu, “ informierte die Gefragte. „Hätte ich das gewusst, hätte ich kräftiger zu getreten.“ Passion schüttelte den Kopf. „Ich frag mich grad, wer mir mehr leid tut. Die Kinder, oder er, weil er löhnen muss?“ überlegte April laut. Gleichzeitig kam es von den Schwestern: „Die Kinder.“ Faith ergänzte herzlos. „Wenn er sich nicht unter Kontrolle hat, ist er doch selbst schuld.“ Neckend wand sich Colt an seinen Hombre: „Warten wir erst mal ab, bis die erste bei dir klingelt und dir ein Balg unterschiebt“, meinte er. Erstaunt blickte Faith ihn an. „Das würd ich eher bei dir vermuten, Colt“, erklärte sie rundheraus. „Wow, dass ich mal Hilfe von dir bekomme, hätte ich jetzt nicht erwartet.“ Fireball war beinahe sprachlos. Dann fasste er sich wieder und warf an den Scharfschützen gerichtet zurück. „Bei dir taucht doch sowieso nur Robin vor deiner Tür auf, früher oder später. Wenn du so weiter machst, Kuhtreiber, eher später.“ Jetzt nahm Passion Fires Hand und wollte unschuldig wissen: „Wieso, was tut er denn mit ihr?“ – „Noch... Gar nichts, weil er sich nicht traut, sie anzurufen!“ – „Aha“, grinste sie vielsagend. „Gut, dass ich das weiß.“ Der Pilot drückte ihre Hand zu seinem Boss zurück. „Du, Fräulein, solltest eher zusehen, dass deine Hände zu den richtigen wandern“, erklärte er dabei.
 

Grinsend langte sie an dem Japaner vorbei, zwinkerte April zu und streckte ihr ihre Hand entgegen. „Okay“, sagte sie gedehnt. Ramrods Navigatiorin stieg darauf ein. Sie erwiderte das Grinsen, ließ ihren Freund los und nahm Passions Hand an. Fassungslos schüttelte Fireball den Kopf. „Frauen.“ – „Ja“, gaben die beiden zurück. Der Rotschopf ließ den Recken los und umarmte April. Diese versicherte: „Wir halten zusammen.“ Saber verschlug es die Sprache. Der Rennfahrer schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn: „No comment.“ Allerdings kommentierte Colt das: „Ein Grund mehr, schwul zu werden. Alle tollen Frauen sind entweder vergeben oder...“ Er zeigte auf Faith und Love. Die Punklady versetzte prompt. „Als ob du da erfolgreicher wärst.“ Breit grinsend schmetterte er das ab. „Erfolgreicher als andere hier mit Sicherheit.“ Schließlich hatten seine Kollegen in den vergangenen Jahren kein oder nur wenige Dates vorzuweisen. Faith hob skeptisch die Augenbrauen. „Das glaub ich weniger. Der Stockfisch läuft doch sowieso durch die Gegend als hätte er was im A...“ – „FAITH, “ unterbrachen ihre Schwestern sie sofort. „Danke, Ladies, “ antwortete Saber, amüsiert darüber. „Das ist doch das mindeste, wenn Passion dir schon untreu wird, “ winkte Love ab. Er sah zu seinem kleinen Vulkan. „Na, komm endlich her du treulose Tomate“, forderte er leicht. Die hielt noch April im Arm. Als dann auch noch der Rennfahrer mit den Schultern zuckte und der Navigation gespielt beleidigt erklärte: „Du kannst bleiben, wo du bist, Verräterin.“ schenkte Passion Saber einen entschuldigenden Blick. „Sorry. Du erwartest doch nicht, dass ich April jetzt noch im Stich lasse?“ Der Recke funkelte seinen Piloten an. „Danke, Kamerad!“ Search schüttelte erheitert den Kopf. Gewöhnlich würde sie sich an solchen Schlagabtäuschen beteiligen, doch heute fehlte ihr Andrew. Dass er nicht mitgekommen war, trübte ihre Stimmung. Dafür genoss sie das Zuhören umso mehr. „He, wie wär es mit einem Lied. Mir ist nach singen, “ schlug Faith vor. Ihre Schwestern schalteten einmal mehr zeitgleich. „Halt bloß die Klappe.“ Colt schlug sich auf die Seite des Struwwelpeters. „Was denn? Ich will sie singen hören!“ – „Glaub mir, willst du nicht“, beteuerte Passion. Faith protestierte: „Was soll das heißen?“ Der Scharfschütze hob die Schultern. „Schlimmer als ein brünstiger Bulle kann es nicht sein.“ Der Rotschopf seufzte leicht. „Lass es mich so formulieren: Wenn du einem Huhn einen Besen in den Arsch schiebst, macht es die gleichen Geräusche, wie Faith.“ April hielt sich die Hände an die Ohren. „Autsch, das arme Huhn und autsch, meine armen Ohren.“ Passion nickte. „Genau, Schatz.“
 

Faith knurrte ihre jüngste Schwester an: „Du kleine Made.“ Ganz beiläufig fragte Love: „Willst du auf der Couch schlafen, Liebling?“ Da April so gut aufgenommen war, zog Saber seine Kollegen mit sich nach vorn. „Bei so einer eingeschworenen Frauengemeinde, sind wir drei überflüssig.“ Faith rief ihm nach: „Du schon dreimal, Stockfisch.“ Sie, Search und Love liefen nun hinter den Jungs her, während April und Passion die Schlusslichter bildeten. Passion trat nach Faith. Wenn auch nicht kräftig, aber eben doch in deren Hintern. „Saber ist kein Stockfisch“, korrigierte April. „Eher eine Ente, “ schmunzelte sie. Laut überlegte Faith: „Was hat Paps mal gesagt? Eine Ente sieht auf dem Wasser ruhig aus, aber unter der Oberfläche ackert sie, was das Zeug hält.“ Sie riss die Augen auf. „Oh ha.“ April lachte: „So genau will das hier niemand wissen, nicht wahr, Faith?“ – „Iih, nee. Lieber nicht.“ Die Gefragte schüttelte sich gespielt angeekelt. „Das geschieht dir ganz recht, Faith, wenn du jetzt Alpträume hast“, meinte Search trocken. „Du schläfst heute wirklich auf der Couch, wenn du so weiter machst“, mahnte Love. Nicht alle Witze, die die Punklady riss, fand die kleine Blondine angebracht. „Was?“ fragte Faith naiv. „Was ... hast du eigentlich gegen Saber?“ wollte Passion wissen und bezog damit nicht nur Partei für ihn, sondern zeigte auch, dass ihre Schwester dabei war eine Schmerzgrenze zu erreichen. „Er ist ein, “ begann diese. Dann überlegte sie es sich anders. Irgendwie gefiel ihr Aprils Spruch mit der Ente. „Er ist eine Stockente.“ Das Nesthäkchen gab sich damit nicht zufrieden und bohrte weiter. „Und sonst?“ Ungeduldig folgte die Antwort. „Schau ihn dir doch an. Blond, nix Besonderes. Eine Stockente halt.“ Den Jungs war der Schlagabtausch nicht entgangen. Fireball drehte sich um. „Hey, jetzt werd mal nicht persönlich!“ Love schloss sich ihm an. „Das reicht. Die Couch ist dein. Ich bin auch blond, “ meldete sie. Auch Colt sprang für seinen Vorgesetzten in die Bresche. „Unser Säbelschwinger ist der Beste.“ Kritisch runzelte Faith die Stirn. „In was? Dem schänden unschuldiger Jungfrauen?“ Freundlich lächelnd entgegnete der: „Für gewöhnlich bin ich der Retter unschuldiger Jungfrauen, das hatte bisher mit Schänden nicht viel zu tun.“ – „Na gut, “ räumte die Grünhaarige ein. „Du hast sie entko...“ – „FAITH“, ertönte es prompt von ihren Schwestern und Love drohte noch. „Wenn du so weitermachst, wirst du in die Garage ausgewiesen.“ Munter lachte der Cowboy. „Faith umständehalber abzugeben. Ob dich ein Tierheim nimmt?“ Passion schloss sich ihm an. „Nur um sie einzuschläfern.“ Grinsend deutet der Rennfahrer auf seine Freundin. „Unser KO-Schläger ist da.“ Die rollte die Augen. „ Das ist ja echt peinlich für uns Frauen. Sogar Colt weiß, wann er besser die Klappe hält.“ Sie schüttelte den Kopf. „Dem hast du auch oft genug eins übergezogen, wenn er sie mal nicht gehalten hat“, erinnerte Saber sie amüsiert. „Weißt du, wie viele Pfannen ich mir auf die Weise ruiniert hab, für nix“, warf Love ein.
 

„Außerdem ist Faith nicht meine Schwester“, rechtfertigte die Navigatorin sich und raunte Passion zu. „Zum Glück.“ Prompt schnappte der Scharfschütze: „Ich bin auch nicht dein Bruder und trotzdem kassier ich alle Meter weit eine von dir. Lass deine Aggressionen an deinem Freund aus, wozu hast du ihn sonst?“ Schulterzuckend konterte der weibliche Starsheriff: „Den hab ich jetzt ja nicht mehr. Aber zu Passion werd ich nur lieb sein, wie die Kleine es verdient.“ Damit drückte sie der Grinsenden einen Kuss auf die Wange. Fire hob die Augenbrauen, dann die Achseln. „Ich sollte wohl mein kleines schwarzes Buch mal wieder zücken.“ Search sah ihn ein wenig verständnislos an. „Was für ein kleines, schwarzes Buch? Sissis Nummer steht im Telefonbuch.“ Er schenkte ihr einen bedeutungsvollen Blick. „Ein bisschen mehr Stil darf es schon haben“, meinte er darauf und ergänzte nachdenklich: „Ich sollte wirklich dem Rennzirkus mal wieder einen Besuch abstatten.“ Sofort meldete Faith begeistert. „Da komm ich mit.“ Da hatte sich ein hübsches Paar gefunden. Der Rennfahrer hakte sich bei der handwerklich Begabten ein. „Gute Idee, ich brauch eh einen fähigen Mechaniker.“ Die hatte keine Schwierigkeiten damit. „Aber gern doch. Wenn ich schon aus meinem Rasthof in meine Garage verbannt werden soll, kann ich gleich das Beste draus machen.“ Und ab da waren die beiden Himmel für Liebhaber heißer Öfen. „Wie gut kennst du dich mit Biturbos aus, Faith? “ teste Fire gleich ihr Knowhow aus. „Wie gut kannst du damit fahren?“ prüfte sie ihn ihrerseits. „Vor dir steht der jüngste Champion aller Zeiten, da erübrigt sich wohl die Frage, ob ich fahren kann“, konterte er nicht ohne Stolz. „Dann hast du grad die Mechanikerin deiner Träume gefunden“, grinste die Punklady zurück. Neckisch schwärmte er: „Wenn du nicht schon vergeben wärst, würde ich dich glatt meiner Mum vorstellen. Meine Traumfrau.“ Hinter ihnen fragte Search: „Soll ich den Pfarrer holen?“ – „Ja, bitte“, gabt der Rennfahrer zurück. Allerdings ohne die Frage wirklich verstanden zu haben. Auch Aprils Feststellung „Ja, dass gibt dann eine Doppelbeerdigung“ kam nicht richtig in seinem Gehirn an. „Aber bitte erst, wenn Faith und ich das erste Rennen zusammen gewonnen haben“, ließ er sich vernehmen und begann mit der über Autos zu fachsimpeln. „Sonst noch Wünsche? Ich gestatte euch doch keinen Liebesurlaub, “ schnaubte April prompt. So wie die beiden sich über das Thema unterhalten konnten, käme ein Trip auf die Rennstrecke doch auf dasselbe hinaus. „Wenn ich auch noch gewinne, wäre ich schon glücklich, April.“ Immerhin hatte er ihren Namen noch nicht vergessen. Das fand die Blondine schon mal löblich. Zu Faith meinte er dann: „Ich sehe schon, wir zwei sind ein Dreamteam. Sobald wir mal Zeit haben sollten wir uns zusammensetzen und mal übers Geschäft reden, “ schlug er ihr vor. Sie nickte eifrig. Unter den Umständen wollte April testen, wie gut er ihr noch zu hörte. „Ich bin übrigens von einem Alien schwanger“, sagte sie. „Freut mich“ bekam sie zur Antwort. „Dein Vermögen hab ich auf mich überschreiben lassen.“ – „Gerne.“ Damit bewies er klar, dass er gar nichts mitbekommen hatte. Die anderen folgten aufmerksam den Dialog. „Hör zu Faith, was hältst du vom nächsten Yuma Grand Prix? Wär in der Nähe und noch eine Zeitlang hin bis dahin, “ begann Fire zu planen. „Ich organisier uns ein Auto und die Starterlaubnis und du bringst das Kätzchen zum schnurren.“ Wieder nickte die Mechanikerin begeistert. „Deine Autos gehören auch mir und werden morgen verschrottet“, lieferte April einen Volltreffer. Zu Tode erschrocken fuhr der Angesprochenen herum. „Meinen Babies tust du nichts!“ Die Zuhörerschaft kicherte. „Das war ein langes Blackout, oh man“, feixte Passion. „Hat er öfter, du darfst nur nichts von Autos sagen, “ gluckste Saber. April entschied sich ihn ein wenig zu trizen. „Bei Fuß, Fireball“, befahl sie grinsend. „Was heißt hier „bei Fuß“? Sehe ich vielleicht aus wie unser gut dressierter Kuhtreiber?“ Augenblicklich spielte die Navigation ihre Trumpfkarte aus. „Dann verabschiede dich von deinen Babies.“ Ihrer Miene konnte er in dem Moment nicht entnehmen, ob sie das nicht wirklich tun würde. „Nicht meine Autos, Süße. Alles, nur das nicht, “ flehte er und fand doch wieder brav an ihre Seite. Mit einem entschuldigenden Lächeln ließ die Blondine Passion los.
 

„Typisch Faith. Bringt doch jede Beziehung auseinander.“ Der Rotfuchs schüttelte den Kopf. „Na, die zwei Kletten da bringt nicht einmal Jesse Blue auseinander“, behauptete Colt und revidierte das Statement gleich wieder. „Ok, der hat sie ja erst zusammen gebracht, war kein gutes Beispiel.“ Dreist grinsend versetzte Faith. „Du, Passion, troll dich mal lieber zu deiner Stockente, wenn sie dich noch will.“ Dabei deutete sie mit dem Finger auf den Recken. Scherzhaft besorgt folgte das Nesthäkchen dem Finger und sah Saber fragend an. Faith stand förmlich auf dem Kiefer, als der auf die Ente einging und, recht überzeugend, zu quaken anfing. Dazu nickte er noch. „Hab ich ein Schwein.“ Passion fiel ihm erleichtert um den Hals. „Äh, ich meine: Stockente, “ berichtigte sie dann. „Na, lieber Ente, als Fisch, “ entgegnete er leicht hin. „Oink oink, “ ertönte es jetzt von Colt, der sich offenkundig einsam fühlte. Mit treuen Augen erinnerte er sie: „Dein Glücksschweinchen steht hier.“ Passion lachte heiter, streckte einen Arm aus und winkte ihn fröhlich zu sich. „Komm her, Schweinchen Babe. Schließlich habe ich zwei Hände, “ erklärte sie munter. Mit verstellter Stimme fragte der Scharfschütze: „Darf ich Mama zu dir sagen?“ Laut lachend hakte sich der Rotschopf bei beiden Männern unter. „Aber klar.“ Sie blickte von einem zum andern und erklärte zufrieden. „Hach, die Welt ist wieder im Lot.“ Weniger zu frieden war Saber. Er löste kurz den Arm von ihr um ihn ihr gleich darauf etwas besitzergreifend um die Schulter zu legen. Grinsend an Colt gewandt stellte er klar: „Meins.“ Unverändert munter bestätigte sie. „Ja“, und setzte gleich noch eine Einschränkung hintendran. „Nachts.“ Hinter ihnen meldete April: „ Das will niemand hier wissen, was ihr nachts macht.“ Mit Verschwörermiene drehte sich Passion zu ihr. „Das wird hier niemand erfahren“, versicherte sie.
 

„Na, hoffentlich, “ meinte Fireball erleichtert. „Ich muss nicht alles wissen, was mein Boss so treibt.“ Er lief mit der Blondine in der Mitte. Vor ihnen liefen Saber, Passion und Colt. Die älteren drei Schwestern bildeten das Schlusslicht. Aber sie spitzen die Ohren. Das klang verdächtig nach einem Wortgefecht zwischen den beiden. Tatsächlich nahm der Recke die Herausforderung an, wie Faith ihm dummerweise anerkennen musste. „Ich nehme wenigstens Rücksicht auf deine Bedürfnisse. Im Gegensatz zu dir,“ antwortete Saber. Schließlich wusste er mehr über das Liebesleben seiner Teamkollegen, als umgekehrt. „Schön wär es“, maulte der Rennfahrer. „Wenn du Rücksicht auf meine Bedürfnisse nehmen würdest, würdest du nicht morgens um halb sechs schon versuchen, mich aus den Federn zu katapultieren.“ Saber ließ Passion los und wand sich zu ihm um. „Ich will jetzt mal nicht davon anfangen, wo du mich rücksichtsloserweise schon überall hin katapultiert hast, “ konterte er trocken. Lachend gab Fire zurück. „Aber du bist immer sanft gelandet.“ Der Schwertschwinger verdrehte die Augen. „Oh bitte. Von einigen Bruchlandungen konnte ich wochenlang nicht mehr sitzen, “ grinste er zurück. „Soviel zum Thema: Meister in Selbstverteidigung, “ warf der Pilot zurück. Sein Vorgesetzter verstand, dass der damit auf die Momente beim Training abzielte, in denen Fire seine Chance Ramrods kommandierenden Offizier auflaufen zu lassen, auch gnadenlos genutzt hatte. Unbeeindruckt erhielt er zu Antwort: „Lern mit deinem Steuerknüppel umzugehen.“
 

Jetzt wechselte die Laufformation. Fireball schloss zu Saber auf. Colt noch mit Passion im Arm ließ sich zu April zurückfallen. Von so viel Zweideutigkeit in Angst und Schrecken versetzt suchten beide Schutz beim Kuhhirten. Fireball setzte munter den lustigen Machtkampf fort. „Bis jetzt hat sich noch keiner beschwert“, entwerte er die Kritik. „Ja, weil es keiner überlebt hat oder du ihm den Mund gestopft hast“, grinste Saber. „Überlebt haben es alle, gefallen hat es auch und na ja, dann brauchte ich den Mund nur noch auf ausdrücklichen Wunsch zu stopfen.“ So leicht ließ sich Fire nicht unterkriegen. „Die Behauptung kannst du dir wohin schieben“, winkte Saber ab. Searchs „Wisst ihr, wie ihr euch anhört?“ wurde geflissentlich überhört. Dafür hatte der Rennfahrer schon einen Konter parat. „Wenigstens hab ich da keinen Stock drinnen, Boss.“ – „Das können wir sofort ändern“, schlug der vor. „Wenn du wieder auf deinem Hintern landen willst, Säbelschwinger“, bot der Pilot an. Aber der Recke war nicht um eine Antwort verlegen. Im Gegenteil. „Okay, dann wird aus dem Stock ein Schirm und den spann ich auch auf.“ Ungläubig schauten die Zuhörer zwischen den Beiden hin und her. Das war eine Premiere. Eindeutig. Nicht mal Colt und April waren vergleichbare Wortgefechte von ihnen gewöhnt. „Wie gesagt, da musst du erst mal rankommen und das wirst du nicht schaffen.“ Fireball Grinsen reichte von einem Ohr zum andern. „Hochmut kommt vor dem Fall“, hieß es darauf ungerührt. „Deswegen landest du alle Nase lang im Dreck“, hakte der Rennfahrer nach. „Nein, eigentlich tu ich dir nur einen Gefallen um dir die Blamage zu ersparen“, erklärte sein Boss gnädig. „Blamage? Das hättest du gern, “ parierte der Pilot. „Vergiss es, Saber, es wird Zeit, dass du mal von deinem hohen Ross runter steigst.“ Der schüttelte entschuldigend den Kopf. „Das verkneif ich mir. Womöglich tret ich dich Zwerg sonst platt.“
 

Unvermittelt fuhr Passion mit einem herzhaften „SCHNAUZE“ dazwischen. „Alle beide, “ ergänzte sie noch. Irritiert blickten Saber und Fire sie an. Dann bemerkte der Rennfahrer. „Deine Kleine solltest du besser bändigen.“ – „Versuch du es doch“, versetzte der Recke. „wenn du meinst, du kannst es besser.“ Das Angebot schlug der jedoch aus. „Verzichte, das ist deine. Da misch ich mich nicht ein.“ Erneut rief Passion „KLAPPE“ und sprach dann aus, was alle anderen dachten. „Herrgott noch mal. Ist das noch Spaß oder schon Ernst?“ Sie schüttelte ungläubig den Kopf. „Vorschlag zu Güte. Geht ein Stück nach da hinten holt Sie raus und messt ab.“ Prompt nutze Fireball die Chance die zweite Runde einzuläuten. „Bitte, ich lass dir den Vortritt, Boss“, lachte er munter. „Ich dachte, dass war der Part, denn du nie sehen wolltest, “ gab der grinsend zurück. Nein, was war seine Passion süß, wenn sie sich aufregte. „Wer sagt denn, dass ich dir nachgehe?“ Jetzt war doch sehr offensichtlich, dass die beiden Freunde sich hätten totlachen können über den Schlagabtausch. „Na, Gott sei Dank“, seufzte Saber. „Jetzt bin ich beruhigt. Alles andere hätte mir Sorgen gemacht.“ – „Solange du sonst keine Sorgen hast...“ Sein Pilot hob einigermaßen unschuldig die Schultern. „Du meinst außer dir? Nö, sonst hab ich keine, “ beteuerte Saber freimütig. „Selber schuld, “ erklärte Fireball. „Du hättest Eagle nicht zu sagen brauchen, dass ich bleiben soll. Jetzt kann dir keiner mehr helfen.“ – „Das hat April ihrem Vater eingeredet“, entkräftete der den Vorwurf postwenden. „Und du warst nicht Manns genug um das Gegenteil durchzusetzen?“ Fire hob die Augenbraue. „Man, da kann der nächste Krieg ja kommen. Das kann ja Eiter werden.“ Schmunzelnd holte Saber zum finalen Schlag aus. „Zu dem Zeitpunkt hab ich schon gegen die Lachattacken kämpfen müssen.“ Dem Haken konnte der Pilot nicht gleich folgen, wie sein überraschtes „Hä?“ und die vielen Fragezeichen in seiner gerade weniger intelligenten Miene bewiesen. „Genau die“, lachte der Schwertschwinger. „Die Lachattacken vom Anblick deines dummen Gesichtes.“ Verdammt, da war er reingefallen. „Du Ar.... Also echt!“ Dann musste er ebenfalls lachen.
 

„Ich bekomme das heiße Verlangen zur Klippe zurück zu rennen und mich hinunter zu stürzen“, erklärte Passion noch immer etwas fassungslos und machte sich auf den Weg zurück. „Passion, warte. Ich komme mit. Ich muss die zwei ja schließlich länger als du ertragen.“ Der weibliche Starsheriff folgte ihr. „Okay. Zu zweit springt es sich lustiger.“ Damit nahm der Rotfuchs Aprils Hand. „Sagt mir dann, wie warm das Wasser heute ist, ja?“ rief der Rennfahrer ihnen nach. Unbeirrt setzen die beiden ihren Weg fort. „Geh doch selber nach messen“, rief der Rotschopf über die Schulter. „Na, da geh ich doch lieber was anderes nachmessen.“ Der Rennfahrer lief ihnen nach und erwischte April am Handgelenk. „Komm her, Süße.“ Damit drehte er sie ruckartig zu sich herum und schaute ihr in die Augen. „Ich will noch wissen wie groß die Liebe bei dir heute noch ist.“ – „Das dürfte nach innen losgehen“, erwiderte sie trocken. Vielsagend lächelte er sie an. „Da hab ich nichts dagegen.“ Sie musste schmunzeln. „Bei dir nach innen. Der kommt nicht raus, der rollt sich ein, “ erläuterte sie dann. „Bei deinem Anblick kommt er schon wieder vor, “ entgegnete er zuversichtlich. Saber räusperte sich. „Hkm... Das will keiner wissen.“ Vorwurfsvoll sah der Rennfahrer ihn an. „Du sollst nicht lauschen sondern dich um deine kümmern.“ Die lief tatsächlich immer noch zurück. „Bevor sie wirklich von der Klippe springt“, erinnerte April „ Sonst ist die Leidenschaft nicht nur heute Nacht erloschen.“ Der Rotfuchs hatte alles genauso gehört. „Ich hab genug, Saber“, rief sie. Der Recke hatte sie jedoch schon eingeholt und riss sie schwungvoll zu sich herum. Etwas zu schwungvoll allerdings. Beide verloren dabei den Halt und plumpsten ins Gras. „Genug von mir?“ fragte er und schenkte ihr einen betroffenen Blick aus seinen blauen Augen. Natürlich musste sie erstmal protestieren. „He, es ist noch Tag. Das ist kein Park. Also: Runter von mir.“ Sie versuchte ihn wegzuschieben. Einmal mehr erfolglos. „Nur, wenn du mir versprichst, nicht zu springen“, beharrte er. „Fireball hält in Zukunft auch seine große Klappe.“ Ja, klar. Nur Fireball war Schuld. Fiel ihm nichts Besseres ein? „Da brauch ich einen triftigeren Grund für, “ meinte sie. „Oh, ich kann dir viele bessere Gründe zeigen, wenn du mit mir nachhause gehst, anstatt dich von einer Klippe zu stürzen, “ versicherte er sogleich. „Was? Worte allein? Mehr nicht?“ Lächelnd strich er ihr die Strähnen zurück. „Nein, nicht nur Worte“, flüsterte er und gab ihr einen kleinen Kuss auf den Schmollmund, den sie zog.
 

„Ich glaub, wir stören“, bemerkte Fire. „Und wie“, knallte ihm Passion sofort an den Kopf. Die Zuschauer der Szene wandten sich zum gehen. Auch April schob ihren Freund vor sich her. „Ruf mich, solltest du dich nicht wehren können, “ bot sie dem Rotschopf ihre Hilfe an. „Wer will sich wehren?“ fragte die Angesprochene leise. Aber nicht leise genug. Faith fuhr herum. „Nicht wehren, verhindern.“ Sie war wirklich aufgeregt und es schien, als wolle sie tatsächlich zu dem Pärchen auf der Wiese eilen um es zu trennen. Love und Search hielten sie fest. „Das geht dich nix an“, informierte die Weißhaarige nüchtern. „Ist schon zu spät.“ Saber lächelte erheitert Faith an. „Zu spät?“ entfuhr es der. Das war ihrer Seelenruhe nicht gerade dienlich gewesen. „Das kann keiner mehr verhindern, dass ich deine Schwester liebe, Faith“, gestand der Recke und grinste noch breiter. „Aber sie ist unser Baby.“ Die Punklady heulte fast. Search hielt ihr vor Augen. „Sie ist erwachsen.“ Auch Love war von dieser Aufregung wenig begeistert. „Komm klar, das ist ja peinlich.“
 

Jetzt schaltete sich Colt ein. Er nahm Faith am Arm und zog sie mit sich. „Komm, wir ersäufen den Verlust von Passion an Saber mit einem guten Tropfen.“ Die klagte: „Einer wird nicht reichen.“ So richtig wollte sie sich nicht fortschleifen lassen, aber der Cowboy ließ nicht locker. „Kann ja auch mehr werden. Wenn er schmeckt, sogar eine ganze Flasche, “ meinte er. Tatsächlich hatte er ernsthaft den Drang sich die Birne zu zu kippen. Bei dem Geturtel seiner Kameraden merkte er, wie sehr ihm seine Robin fehlte. Dabei stand diese Beziehung noch in Kinderschuhen. Robin viel beschäftigt, als Lehrerin und als große Schwester. Sie hatte den ganzen Tag mit Kindern zu tun. Sogar wenn sie zu Hause war, bereitete sie irgendwas für die Schule vor oder spielte Telefonseelsorge für ihre Schüler. Sie war bei denen sehr beliebt. Auch wenn Frieden war, war Colt mit seinen Kollegen viel unterwegs. Es gab schließlich immer wieder Leute, die sich nicht an die Regeln hielten und so galt es, die Ordnung zu erhalten oder wiederherzustellen. Hinzu kam, dass der Scharfschütze einfach nicht den Mund aufbrachte und seiner Herzdame verklickern konnte, was er wirklich fühlte. So konnte die Beziehung nur schwer die nächste Stufe erreichen, die beide gern wollten. Ein bisschen sehr beneidete er seine Kollegen. Vor allem, da sie ihre Liebsten in der Nähe hatten und nach Herzenslust mit ihnen Zeit verbringen konnte. Aber Tranquility war unglaublich weit weg. Im Moment, so schien es ihm, am anderen Ende der Galaxis. „Die Flasche wird auch nicht reichen“, behauptete Faith und riss ihn so aus seinen Gedanken. „Du musst mir den Fusel schon intravenös geben, damit ich damit klar komm.“ Jetzt grinste er schief. „Gerne. Ich bin ja sozusagen ausgebildeter Sanitöter.“ Wenigstens folgte sie jetzt einigermaßen brav. „Das Töten von ihr steht nur mir zu. Das will ich genießen, “ mischte sich Passion ein. Ihr war Colts Blick aufgefallen, weshalb sie entschieden hatte, ihn nicht länger durch ihr Geschmuse mit Saber zu quälen. Außerdem mochte sie den Kuhhirten sehr und wollte ihn aus seinem Liebeskummer erlösen. „Ich verabreich ihr eh nur Fusel“, antwortete der. „Das bringt sie schon nicht um.“ Der Rotfuchs schob sich zwischen Colt und Faith und legte ihm den Arm um die Taille. „Na, dass hoff ich doch. Aber du musst mit trinken, wenn du genug hast, bist hoffentlich mutig genug deine Robin anzurufen.“ Als sie sah, wie er aus allen Wolken fiel, musste sie sich das Lachen verkneifen.
 

„Wie bitte was?“ Entgeistert starrte er sie an. Was hatte sie denn in seinem Kopf verloren? „Außerdem ich hab doch ihre Telefonnummer gar nicht“, versuchte er sich rauszureden. „Unter deinem Kopfkissen, Kuhhirte“, fiel der Rennfahrer ihm in den Rücken. Mit April im Arm sah er zu, dass er so schnell wie möglich zum Rasthof kam. Das Geplänkel um das Abmessen ihre Liebe zu ihm, hatte die beiden auf diverse Ideen gebracht. Passion drehte Colts Kopf zu sich. „Ansonsten: Nicht verzagen Passion fragen.Die Nummer krieg ich schon raus. Wozu bin ich so süß, “ erklärte sie munter. „ Nach welcher Robin willst du denn fragen, ohne Nachnamen? Das können Millionen Nummern sein, “ versuchte er sie wieder davon abzubringen. Doch da hatte er sich bei der Kleinen gewaltig verschätzt. Was sie sich in ihren Kopf gesetzt hatte, tat sie auch. Unbeeindruckt und heiter gab sie zurück: „Lass mich nur machen. Du wirst dann auf deinem Zimmer eingeschlossen, mit dem Telefon in der Hand, vom andern Ende der Leitung her ihre liebliche Stimmung. Und keiner kriegt es mit, wenn ihr Telefonsex macht.“ Dem Cowboy schoss die Verlegenheitsröte ins Gesicht. Er löste sich von Passion und zog seinen Hut ganz tief ins Gesicht. „Ich doch nicht, “ murmelte er darunter hervor. Ob sie eine Ahnung hatte, wie nah sie mit dem Spruch seinen Wünschen gekommen war? Amüsiert fuhr sie fort ihn zu necken. „Du, echt kein Drama, “ versicherte sie. „Die Decke in dem Zimmer braucht sowieso einen neuen Anstrich.“ Ach du lieber Himmel. Na gut, ein Stück tiefer konnte der Kuhhirte den Hut schon noch ins Gesicht ziehen. „Wenn, dann zum Fenster raus.“ Man hörte deutlich, wie verlegen er war. „Und morgen haben wir die Presse vor der Tür, die Vermutungen über den seltsamen Schneefall auf unserem Rasthof anstellt? Spinnst du?“ versetzte sie gespielt entsetzt. „War wohl glukosehaltiger Regen, wenn du mich fragst“, warf Faith ein. Als ob das besser war. Colt wünschte sich, er könne sich in Luft auflösen. „Ist doch Wurstpiepe“, winkte die Rothaarige ab. „Die Presse können wir nicht gebrauchen. Also Colt: Decke streichen.“ Dabei klopfte sie ihm auf die Schulter. „So was mach ich nicht“, wand er ein und wollte seinen Schritt beschleunigen. Nur weg hier.
 

Passion verstellte ihm jedoch den Weg. Sie ließ die anderen an sich und dem Kuhhirten vor beigehen, schob seinen Hut aus dem Gesicht und umarmte ihn kurz. „Auf jeden Fall rufst du deine Robin an. Okay?“ flüsterte sie. „Mal schauen“, antwortete er und fügte gedanklich hinzu. „ob ich mich trau“. Passion ließ nicht locker. Sie drückte ihre Stirn an seine, schaute ihm in die Augen und sagte: „Colt, bring mich nicht dazu alle Register zu ziehen. Ich mein es ernst. Du rufst sie an.“ Okay, jetzt war es höchste Zeit das Thema abzubiegen. „Wo ist der Rest geblieben?“ wollte der Scharfschütze wissen und schaute sich um. „Das werte ich als Ja.“ Der Rotschopf gab ihm einen kleinen Schmatzer auf die Wange. „Fire und April sind schon im Rasthof“, beantwortete Love Colts Frage. Sein gedehntes „Ok?“ galt sowohl Loves Info als auch Passions Feststellung. „Ich bin auch so gut wie weg“, meinte Search. „Ich will noch Andrew anrufen. Hoffentlich redet er mit mir.“ Love schloss die Tür zum Restaurant auf. „Dann sehen wir mal zu, dass wir noch was zu essen auf den Tisch bringen“, sagte sie dabei. „Ich hab keinen Hunger. Aber mal ganz ehrlich Schwestern. Das war eine Beerdigung, wie Paps sie sich gewünscht hätte. Vor allem ohne Trauermienen, “ stellte die Älteste fest. „Ja, wir sind doch gute Töchter, “ bestätigte Faith und begann zu singen „Nananana, nananana, hey, ...“ Passion stimmte mit ein: „…hey, good bye.” Love stieß die Tür auf und begann von neuem. „Nanana …“ Search sang mit: „… nanana… “ Dann erklang es vierstimmig: „…Hey hey, good bye.“ Sie betraten das Haus.

Madonnas Leid

Love und Faith begannen für sich Colt, Saber und Passion das Abendessen zurichten. Währenddessen saßen die Herren der Schöpfung sich am Tisch gegenüber. Passion hockte auf dem Schoss des Recken. Sie hatte es geschafft, den Cowboy ganz unverfänglich in diverse Spielchen zu verwickeln. „Nenne mir einen Frauennamen, deine Lieblingsfarbe, eine Zahl von eins bis neun…“ Es folgte eine Runde „Schiffe versenken“ und „Tresorverschluss“. Besonders das letzte Spiel zielte auf Robins Telefonnummer ab, denn der Scharfschütze musste stets instinktiv und mit geschlossenen Augen die Zahlen nennen. Da er sehr große Sehnsucht nach seiner Herzdame hatte, verriet er so unweigerlich ihre Rufnummer, wie Saber schmunzelnd feststellte. Passion war da ausgesprochen clever vorgegangen. Nicht weniger geschickt waren Love und Faith. Beim Essen gab es unverfängliches Geplänkel, das lediglich dazu diente, einen Vorwand zu liefern, Faith vom Tisch zu jagen. Die verschwand dezent und zielgenau im Zimmer ihres Gastes. Dort montierte sie fachmännisch einen Monitor an das Telefon, da die Apparate üblicherweise nicht damit ausgerüstet waren. Ganz selbstverständlich musste Passion irgendwann mal auf Toilette, ging aber auch in Colts Zimmer und prüfte die Funktion des Fernsprechers.
 

Weniger überrascht, als die Frau auf dem Bildschirm schien, war der Rotschopf bei deren Anblick. Ja, Robin musste so große, blaue Augen haben. Sie musste blond sein und trotz ihrer sanften, ruhigen Art eine gewisse Strenge besitzen. Colt, da war der Rotschopf sicher, würde sich kein anderes Mädchen aussuchen. Ihr zufriedenes Lächeln verwirrte ihre Gesprächspartnerin noch mehr. Munter, schlicht und ergreifend setzte Passion Robin daraufhin ins Bild und erklärte den Stand der Dinge. Na gut, nicht in allen Details. Man musste schließlich nicht jedem auf die Nase binden, dass man wie ein Rabe klaute. Aber man musste schildern, wie der Liebeskranke heute gequält worden war. Wer für diese Qual noch verantwortlich war, war weniger interessant. Als Passion geendet hatte, spielte ihr Colt unabsichtlich in die Hände und betrat den Raum. „Ha“ war alles, was der Geschockte über die Lippen bekam. Erheitert blickte der Rotfuchs von ihm zum Monitor. Robin unterdrückte ein Kichern. Auch, wenn sie ihn nicht gesehen hatte, sie hatte ihn gehört. Passion erhob sich und schob die Salzsäule, zu der der Scharfschütze erstarrt war, zum Telefon. „Hallo Held“, grüßte Robin lächelnd. Der stand jedoch erstmal auf dem Kiefer. Hätte die junge Frau neben ihm ihn nicht auf den Stuhl gedrückt, hätte er dass auch grad nicht geschafft. Er konnte nur auf die großen, blauen Augen der Lehrerin schauen und suchte nach Worten. „Redest du nicht mehr mit mir?“ fragte die Blondine. „Bist du aus irgendeinem Grund böse auf mich?“ – „Nein, gar nicht“, erhielt sie sofort zur Antwort. Also gut. Er hatte seine Sprache wieder gefunden. Passion schlich aus dem Zimmer.
 

Im Gang wartete Saber auf sie. Sie lehnte sich an die Tür und lächelte zufrieden. „Ich muss dich heute nicht mehr teilen“, erriet er. Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin ganz dein, “ versicherte sie. „Dann komm endlich her, “ forderte er sie auf und breitete seine Arme aus. Aber Passion wäre nicht Passion, wenn sie ständig brav wäre. Sie tat, als wolle sie ihm wirklich in die Arme laufen, duckte sich aber im letzten Moment und schlüpfte unter seinem Arm an ihm vorbei. Lachend lief sie zu ihrem Zimmer. „Du kleines Biest.“ Er folgte ihr gespielt verärgert. An der Tür erwischte er sie und schlang seine Arme um sie. „Das wird dir noch leid tun“, drohte er scherzhaft. „Tatsächlich?“ kicherte sie. „Oh ja.“ Er langte an ihr vorbei, drückte die Klinke zu ihrem Zimmer hinab und schob sie hinein. „Wenn du mir drohst, bereu ich doch glatt, dass sich nicht gesprungen bin, “ gab sie keck zurück. „Jetzt hör mir mal gut zu, du kleiner Chaosbolzen.“ Damit drehte er sie zu sich herum. „Du wirst zur Abwechslung mal tun, was ich dir sage.“ Sie mimte die Eingeschüchterte, dann grinste sie wieder spitzbübisch. „Und was sagst du mir? Zieh dich aus, leg dich hin, ich muss mit dir reden?“ Grinsend hob Saber die Brauen. „Ein wirklich guter Vorschlag“, gab er zu. Wie zufällig glitten seine Finger an ihre Taille hinab zu ihren Schenkeln und schoben ihr Kleid nach oben. Dann hob er sie hoch. Sie schlang ihre Beine um seine Hüften und hielt sich an seinen Schultern fest. Er trug sie zum Bett und drückte sie vorsichtig darauf. „Bist du sicher, dass deine Gründe besser sind, als meine Idee von der Klippe zu springen?“ fragte sie neckend. „Lass dich überraschen“, entgegnete er vielsagend.
 

Ihr unruhiger Schlaf weckte ihn. Erst hatte sie sich nur hin und her gedreht, wovon er auch wach geworden war. Dann begann sie zu murmeln. Undeutlich, aber ängstlich. Saber richtete sich auf. Besorgt betrachtete er sie. Passions Arme lagen neben ihrem Kopf. Die Hände auf Höhe ihrer Ohren, als hielte sie jemand fest. Trotz der geschlossenen Augen verriet ihr Gesicht Furcht. Sie warf sich von einer Seite auf die andere. Was träumte sie nur? Saber setzte sich nun im Bett auf. Eben wollte er sie wecken, da fuhr sie in die Höhe und direkt in seine Arme. „Ah.“ Er hielt sie fest. „Alles okay. Ich bin es. Ich bin da, “ raunte er ihr ins Ohr, als sie mit Fäusten auf ihn einschlagen wollte. Sie sah ihn mit großen Augen an und begann zu realisieren, dass sie gerade noch geschlafen hatte. Erleichtert schmiegte sie sich an seine Brust. „Was hast du denn geträumt?“ wollte er liebevoll wissen. „Alles und nichts“, gab sie zurück. „Es war, als würde alles schlechte, das ich je erlebt hab, binnen einer Sekunde durch meinen Körper rasen“, fügte sie dann hinzu. Behutsam strich er ihr übers Haar. „Also der Tod deiner Mutter, das Verschwinden deines Vaters …,“ begann er aufzuzählen. „… der Brief, der bestätigt hat, dass er tot ist. Die Attacke mit der Hantelstange, “ führte sie die Liste fort und fügte noch Dinge hinzu, von denen er noch nichts wusste. Die halbe Nacht waren sie deshalb wach. Passion erzählte und er hörte ihr aufmerksam zu. Je mehr sie berichtete, desto klarer wurden ihm einige Dinge. Vor allem aber war er sicher, dass ihre Schwestern nur die Hälfte davon wussten und er keinerlei Zweifel mehr an ihrem Vertrauen zu ihm haben musste. Dann schwieg Passion und schaute ihn an. „Kannst du mich immer noch lieben?“ fragte sie mit Unbehagen. Er zog sie wieder zu sich heran. „Du glaubst ja gar nicht, wie sehr ich das tue“, murmelte er dabei. Eine solche Aussprache hatte sie noch nie gehabt. Doch nicht nur, dass sie sich alles von der Seele geredet hatte, sondern auch sein Verständnis und sein geduldiges Zuhören waren Balsam für sie. Sie kuschelte sich an ihn. „Danke“, flüsterte sie und gab ihm einen Kuss. Vorsichtig drückte er sie wieder aufs Bett. „Ich danke dir“, flüsterte er zurück. „Ich danke dir.“
 

Nach der Frühstückszeit im Rasthof kehrte ein wenig Ruhe ein. Außer der vier Starsheriffs saßen nur noch drei Gäste an den Tischen, welche schon gezahlt hatten und demnächst gehen würden. Abräumen konnte Passion also später noch, wenn die Kunden aufgegessen hatten. So ging sie zu Love in die Küche und half ihr mit dem Spülen des Geschirrs, so dass die Blondine sich schon mal auf die Vorbereitung des Mittagstisches kümmern konnte. Der Rotschopf war mit seiner Arbeit so gut wie fertig, als Team Ramrod sich in die Küche gesellte. Während des Frühstücks hatte Colt erzählt, wie ausgeklügelt Passion vorgegangen war um ihn in das Telefongespräch mit Robin zu verwickeln. Fireball und April staunten nicht schlecht. Saber musste wieder schmunzeln, weil sie den Scharfschützen so geschickt manipuliert hatte. Als sie jetzt eintraten, meinte Colt beiläufig zu seinem Boss: „Du solltest ihr mal den Hintern versohlen.“ Der hob die Schultern. „Hab ich schon. Bringt nichts, wie du gemerkt hast.“ Passion in der Spülnische wand sich halb zu ihnen um. Da beide sie ansahen, wusste sie, dass sie gemeint war und sich das Gespräch wohl auf ihr Tun des Vorabends bezog. „Ich hab nicht mal was angestellt“, meinte sie missbilligend. „Das war eine fiese Aktion gestern von dir. Mich so zu überfahren, “ widersprach Colt. Ungerührt mit den Schultern zuckend setzte sie ihre Arbeit fort. Sie stellte den letzten Teller in den Spülkorb, schob den in die Maschine, schaltete die ein und zog den Stöpsel aus dem Waschbecken. Dann erklärte sie: „Du hast es ja überlebt. Also hör auf zu heulen.“ Gluckernd rann das Wasser durch den Abfluss. „Du bist jedenfalls unmöglich. Sowas tut man nicht mit so lieben Kuhhirten wie mir, “ erwiderte er. Sie lachte frech. „Klar doch. Nur und nix anderes.“ Bei so viel Uneinsichtigkeit war es für den Scharfschützen dann nötig sie zu bestrafen. Sie bettelte ja förmlich darum. Ehe sie es sich versah, war er bei ihr am Waschbecken, hatte das Leichtgewicht geschnappt und drehte den Kaltwasserhahn auf. Da konnte sie zappeln so viel sie wollte, er hielt ihren Kopf darunter. Geschickt genug hielt er sie, dass sie ihn dabei nicht schlagen konnte und zum Treten bot er kein Ziel. Love lachte sich schlapp. Sie bekam kaum noch Luft. Sehr viel anders ging es Colts Freunden auch nicht. Das war ein Bild für die Götter. Passion quiekte und quietschte hilflos. Als sie ihre Gegenwehr aufgab, entschied Colt, das Wasser wieder abzudrehen und sie auf den Boden zu stellen. Kaum stand sie, schüttelte sie heftig den nassen Kopf. Von den Tropfen, die dabei flogen, hatten alle Anwesenden was. Der Cowboy lachte munter. „Du bist nicht die Hexe von Oz“, stellte er fest. „Die wäre jetzt tot.“ Halb verärgert, halb lachend gab sie zurück. „Da musst du dir was besseres einfallen lassen“, entgegnete sie. Während er sich mit einem sauberen Tuch trocken tupfte, meinte er: „Na, da hab ich doch glatt was auf Lager, hab ich doch glatt.“ – „Ach ja?“ – „Klar. Eine Woche Saberverbot, “ erklärte er amüsiert. Sie riss entsetzt die Augen auf. „Sagt dir: grausame und ungerechte Bestrafung etwas?“ Alles lachte. Colt versuchte sich wieder zu beruhigen: „So viel steht fest“, gluckste er. „Wenn du mir das noch mal antust, werde ich dich gefesselt und geknebelt neben ein Telefon setzten, die süße Sissi anrufen und du wirst zu hören, was sie so zu erzählen hat.“ Jetzt wurde Passion blass vor Entsetzen. Man konnte annehmen, dass sie gleich umfallen würden, wahrscheinlich sogar tot, weshalb Saber sich jetzt einmischte. „Das ist ihr Todesurteil, Colt. Das kann ich nicht zu lassen, “ informierte er. Der Angesprochene musterte ihn. Sein Boss grinste genauso breit wie er selbst. „Du findest also, ich sollte noch mal Gnade vor Recht ergehen lassen.“ Bedächtig nickend lächelte der Recke zurück. „Diesmal.“ Colt wand sich zu Passion. „Na gut, “ meinte er dann gnädig. „Der Schock dürfte tief genug sitzen.“ Immer noch entgeistert nickte der Rotschopf. Munter zog der Scharfschütze sie zu sich und platzierte, etwas ungenau, einen Kuss auf ihre Wange. „Aber nur, weil ich Rot mag.“ Prompt rief Fireball. „He, Colt. Das ist die falsche Frau.“ April wiegte ihren Kopf. „Na, Saber wird ihn schon nicht gleich töten. Das überlässt er den Experten, “ meinte sie leichthin. Keck fragte der Rennfahrer zurück: „Dir?“ Dass er dafür eine Kopfnuss kassierte, war ihm klar. „Nein, Darkness“, gab sie zurück. „Hier wird niemand umgebracht“, entschied Saber und lenkte das Thema in die wichtigere Richtung. „Aber über Darkness sollten wir reden.“
 

„Madonnas Leid“ war das wichtigste der Werk. Thomas Valerius hatte seinen Töchtern dies immer gesagt. Nur verstanden hatten sie es nicht und er hatte nie erklärt, warum. Sie hatten ihn sowieso nie in Frage gestellt. Noch war das Werk nicht ausgestellt. Auch die Presse hatte diesbezüglich nichts verlauten lassen. Nur Eingeweihte konnten wissen, dass es Yuma überhaupt schon erreicht hatte. Jetzt, da die Nacht ihren schwarzen Schleier über die große Stadt gelegt hatte, begann das Schauspiel auch schon. Alle Akteure kannten ihre Rollen. Diesmal würde es nach Plan laufen. Ob Plan A oder B war ganz gleich. Dafür hatten sie ja einen.
 

Die Sicherheitsvorkehrungen im Lager des Museums waren zwar verstärkt worden, aber nicht so gut, wie in den Ausstellungsräumen. Als sie sich unter der Kamera hindurch drückte und die Tür zum Aufbewahrungsraum aufdrückte, erstarrte sie in der Bewegung. Mist, das konnte doch nicht wahr sein. Wieso hatte sie das nicht erwartet? Gerade verschwand er aus dem Fenster. Die Bildrolle auf dem Rücken. Flink schob sie sich zurück und lief den Verwunderten April und Saber in die Arme. „Er war schneller“, rief sie ihnen zu. Augenblicklich wurden die Jetpacks eingeschaltet. Der Recke schnappte sich V-Angels und sie flogen den Gang zurück aus dem Gebäude und über dessen Dach. Sie wäre diesen Weg gegangen, deshalb war er einkalkuliert, und offensichtlich war auch Darkness vom Vorteil dieser Überlegung überzeugt gewesen. April informierte die Kollegen. Auf der Rückseite des Lagerhauses sahen sie Vishap in Richtung des angrenzenden Parks laufen, doch die Packs glichen den Vorsprung aus. Als sie ihn erreicht hatten, riss sie sich von ihrem Träger los und zog bei ihrer unsanften Landung den Flüchtigen mit sich ins Gras. Die Bildrolle löste sich dabei vom Gurt und kullerte auf einen Busch zu. Sie sprang auf und folgte dem Transportbehälter. Vishap hatte ebenfalls nicht gezögert. Als er seine Verfolger bemerkt hatte, hatte auch er Verstärkung geordert. Jetzt setzte er ihr nach. Er durfte das Gemälde nicht an sie verlieren. Der Boss würde wenig begeistert sein. Doch erst musste er sich mit einem blonden Starsheriff auseinandersetzten. April würde nicht zu lassen, dass er V-Angel überwältigen konnte. Vishaps Unterstützung, Chival und Alk, wurden an ihrem Vorhaben gehindert. Fireball war rechtzeitig zur Stelle um einzugreifen. Auch Saber ließ ihnen keine Chance, ihrem Kompagnon gegen April zu helfen. Dann passierte alles unwirklich schnell.
 

Fireball wurde zu Boden gerissen, ehe er begriff, wie ihm geschah. Sein Gegner war von der Statur her leicht zu unterschätzen. Alk war nicht viel größer als der Japaner und etwa genauso schlank. Doch sein Körper schien ein einziger Muskel zu sein. Das hatte der Rennfahrer nicht erwartet. Er war von einem ebenbürtigen Gegner ausgegangen.
 

Saber geriet ebenfalls ins Wanken. Chival war offenkundiger muskulös und der sicher platzierte Hieb in die Magengegend trotz des Kampfanzuges recht wirkungsvoll. Der Recke ging in die Knie, stützte sich mit einem Arm ab und hielt mit dem anderen die getroffene Stelle. Im Augenwinkel bemerkte er wie Chival sich von ihm abwand und eine Waffe zog.
 

Fireball gelang es nicht Alk abzuwehren. Der Angreifer schien alles vorauszusehen und reagierte entsprechend. Der Rennfahrer wurde an den Oberarmen auf den Boden gedrückt, so dass er nicht zum Gegenschlag ausholen konnte. Chival zielte mit seinem Blaster auf die Brust des Piloten.
 

Ein Schuss fiel. Chival griff sich an den Oberarm, wo Saber ihn getroffen hatte, und hätte beinahe die Waffe fallen lassen. Der Recke hatte den Schussarm des Gegners gestreift. Bevor der Blondschopf jedoch zur Seite springen konnte, hatte Chival, trotz der Verletzung zurückgefeuert und besser gezielt. Saber fiel rittlings ins Gras.
 

Der Lärm sich raschnähender Rotorblätter zerriss die Nacht. Vishap, Alk und Chival ließen von den Starsheriffs ab und verschwanden im Dunkel. April und Fireball eilten zu ihrem Vorgesetzten, der noch immer im Gras lag und sich nicht regte. Passion glitt die Bildrolle aus der Hand. „Saber.“ Schon war sie bei ihm.
 

Sollte das Licht am Ende des Tunnels nicht weiß sein? Er hatte es sich zumindest immer so vorgestellt. Aber das, was er wahrnahm war blau und rot. Dann folgte Dunkelheit und gleißende, grelle Helligkeit. Irgendwie herrschte Unruhe um ihn herum. Er konnte jedoch nicht einordnen, woher sie kam und weshalb sie entstanden war, aber sie behagte ihm nicht. Als dann Stille eintrat, war das nicht wirklich angenehmer. Er fühlte Spannung um sich herum. Das Licht war weniger grell, so wagte er vorsichtig die Augen zu öffnen. Sein Blick begegnete den besorgten seiner Teamkameraden, die am Fußende des Bettes standen. Er taxierte den Raum. Das Krankenhauszimmer war in hellem, blassen Gelb getüncht und offensichtlich ein Einzelzimmer. Ein Fenster war rechts von seinem Bett und links davon stand Passion. Sie schaute ihn nicht weniger sorgenvoll als Fireball und April an. Ihr Gesicht war blass. Langsam versuchte Saber seine Gedanken wieder zu sammeln. Die Stille war unbehaglich und Fireball brach sie schließlich. „Danke, Boss“, sagte er. Noch ganz benommen, konnte der Angesprochene die Aussage nicht ganz einordnen. „Was ist denn los?“ fragte er deshalb zurück. „Du bist angeschossen worden“, informierte April ihn. „Wann?“ Da war eine Lücke in seinem Gedächtnis. Fire guckte auf seine Uhr. „Naja, vor gut einer halben Stunde, wenn der Chronometer richtig tickt, “ gab er zurück. Auch wenn Saber langsam die Benommenheit los wurde, so richtig zusammensetzen konnte er die Dinge noch nicht. Wie war er ins Krankenhaus gekommen? Und warum war er angeschossen worden? „Was ist genau passiert? Ich kann mich grad nicht erinnern, “ meinte er dann. Sein Pilot löste sich vom Fußende und setzte sich neben ihm auf die Bettkante. „Wir haben die Räuber verfolgt, aber wir sind nicht mit ihnen fertig geworden“, erklärte er dabei. „Ich zumindest nicht. Als Chival abdrücken wollte, bist du ihm zuvor gekommen. Aber er hat dich dafür erwischt.“ Okay, dass erklärte, warum Fireball sich bei ihm bedankt hatte. Zwar konnte er sich nicht an den eben erwähnten Schusswechsel erinnern, aber er wusste wieder, was davor geschehen war. „Und das Bild?“ wollte er als nächstes wissen. Passion wurde noch blasser, als sie schon war. „Das hab ich fallen lassen“, gestand sie kleinlaut. „Aber Colt ist an Darkness dran“, erklärte April gleich darauf. „ Oh, gut. Dann wird er sie finden, “ meinte der Recke sachlich. Passion hatte sie von der Wand gelöst. „Ich muss kurz weg.“ Damit war sie schon an der Tür. „Wo willst du hin?“ rief er ihr nach. „Search anrufen. Sie muss das Bild holen. Das liegt noch im Park.“ Passion wurde rot und war schon halb aus der Tür raus, als April ihr ebenfalls nach rief: „Bist du dir da sicher?“ –„ Ich hoffe doch ... ich hoffe ...“ Die Tür fiel ins Schloss. „Und wie weiter?“ wand sich Fire seinem Boss zu. „Du fällst erst mal flach, Säbelschwinger“, seufzte der Pilot. „Was sagt denn der Arzt? Für wie lange?“ Trotzdem der Angesprochene sich im Moment recht matt fühlte, arbeitete sein Gehirn schon wieder auf Hochtouren. Erstmal also den neuen Informationsstand abfragen und auswerten. „Ein paar Tage“, erhielt er zur Antwort. „Sie wollen dich, zu unser aller Freude, noch zur Beobachtung hierbehalten.“ Das zynische Grinsen konnte sich der Rennfahrer nicht verkneifen. „Na, schön. Wenn es sein muss. Darkness wird vorerst ja nicht mehr auftauchen. Sie werden die anderen Bilder von Various suchen und da sie seither noch nicht bei den Schwestern aufgetaucht sind, wissen sie auch nichts von der Verbindung zwischen ihnen, “ überlegte der Blondschopf laut. „Aber sie haben uns gesehen, Säbelschwinger. Wir sind nicht unauffällig, wenn du weißt, was ich meine. Sie könnten nach uns suchen und wir führen sie zu den Schwestern. Wir sollten das Quartier wechseln, “ wand April ein. „Ja sollten wir. Sie haben immerhin auch zwei Gemälde in ihren Händen. Wenn Passion erst weiß, wo die Truppe ihren Unterschlupf hat, wird sie da einbrechen und die Bilder zurückholen wollen, “ setzte ihr Freund diese Überlegung fort. „Dann sagt es ihr nicht, “ antwortete Saber nüchtern. Fireball und April warfen sich einen kurzen Blick zu. „Kein Wort verlässt meine Lippen. Da hab ich schon mehr Angst, dass du dich verplapperst. Oder Colt.“ Bedeutungsvoll hob Fire die Augenbrauen. Ebenso Saber, als er erwiderte: „Es ist ihr Todesurteil, wenn ich es ihr sage.“ Just in diesem Moment kam Passion wieder ins Zimmer und hatte den letzten Teil des Satzes aufgeschnappt.
 

„Wenn du mir was sagst?“ hakte sie prompt nach. „Ach, dass er heute nicht heim darf“, versuchte April das Ganze abzubiegen. Doch Passion schenkte ihr einen sehr ungläubigen Blick. „Das hab ich mir schon gedacht, dass er noch bleiben muss“, gab sie trocken zurück. „ Also, Säbelschwinger, doch kein Todesurteil. Sie kommt auch ohne dich klar, “ meinte April leichthin. Der Rotschopf musterte die drei Starsheriffs, dann stand für sie fest, dass ihr was verschwiegen wurde, dass sie nicht herausbekommen würde. Die würden mauern, was das Zeug hält. Sie brauchte gar nicht erst versuchen, weiter nach der Wahrheit zu graben. „Willst du was trinken?“ wand sie sich daher an den Blondschopf. „Gerne. Nur kein Abwaschwasser bitte.“ Mit einem Scherz würde er sie hoffentlich noch weiter vom Thema ablenken. „Okay, dann Spülmittel pur, “ versetzte sie, doch auch wenn sie grinste, war klar, dass sie etwas verstimmt war. „Ich glaube, er hätte gern was Klares, “ grinste Fireball. „Wasser zum Bleistift oder Gebranntes.“ Sollte sie jetzt etwa schon wieder gehen? Das konnte doch nicht wahr sein. Tatsächlich wollte sie lieber mit Saber allein sein. „Dann hol doch was gebranntes“, schlug sie vor und hoffte, dass der wenig freundliche Tonfall den Wink mit dem Zaunpfahl noch unterstreichen würde. Fire lehnte sich jedoch nur an das Fußende des Bettes und dachte nicht daran, ihr irgendeinen Gefallen zu tun. Nicht nach diesem Ton. „Bringst du mir auch was mit, wenn du schon unterwegs bist?“ fragte er stattdessen. Der Rotschopf rollte die Augen. „Du musst erst noch angeschossen werden, um Ansprüche an mich zu stellen.“ Damit trollte sie sich verärgert erneut aus dem Raum. „Mit Bitte wär es vielleicht gegangen“, meinte April kopfschüttelnd. Ihr Boss musste schmunzeln. „Bitte kennt sie nicht. Nur Flott.“ Das war typisch für seinen Wildfang. „Na, dann ist sie gut erzogen“, stellte der Rennfahrer fest und bedachte Saber mit einem strafenden Blick. Der hob nur die Schultern. „Kommt auch auf ihre Laune an. Also, wo waren wir? Quartierwechsel?“ – „Ramrod?“ schlug die Blondine vor und ging auf den Themenwechsel ein. „Gut. Wenn Colt weiß, wo sich Darkness verkriecht, können wir uns mit dem Schiff vielleicht sogar in die Nähe wagen, “ überlegte der Recke. „Ich will dir ja nicht dagegen reden, genialer Saber, “ erhob Fire Einspruch. „Aber Ramrod ist ein bisschen groß.“ Der Angesprochene wiegte grüblerisch den Kopf. „Kommt drauf an, wo sich der Unterschlupf befindet. Wenn er außerhalb von Yuma liegt, oder an der Stadtgrenze, hätten wir sicher noch Tarnmöglichkeiten, “ entgegnete er darauf. „Also erst mal abwarten und dann weitergucken. Wie immer wartet alles auf Colt, ist doch typisch, “ seufzte April. Als ob das Ganze nicht schon nervenaufreibend genug wäre. Der Überfall, Sabers Verletzung, Geheimniskrämerei damit Passion keine Dummheiten machen konnte und dann konnte man nicht mal eine klare Richtung für die Fortsetzung festlegen. „Ja, manche Dinge ändern sich nie,“ grinste Saber leicht. Auch Fireball fand, es angebrachter, dass ganze mit Leichtigkeit zu sehen. Im Moment konnten sie nichts tun. Ob es ihnen nun passte oder nicht. Wenigstens war die Lage seines Vorgesetzten nicht so dramatisch, wie es im ersten Augenblick gewirkt hatte. Leichthin erklärte auch er: „Egal, was er macht, Colt wird immer trödeln.“
 

Passion öffnete die Tür gerade rechtzeitig um dies zu hören und wieder nachzuhaken. „Wer macht was?“ Dabei trat sie zu Saber an den Nachttisch, stellte die mitgebrachte Flasche Wasser darauf und schenkte ihm etwas in ein Glas, das sie ihm anschließend reichte. „Du.“ Fire Grinsen wurde zweideutig. „Wirst unseren Säbelschwinger nämlich noch weichkochen, das hab ich schon gesehen.“ Irritiert sah sie ihn an. „Was werd ich?“ Das war ihr zu Zusammenhangslos. „Du betüddelst ihn,“ erläuterte der Rennfahrer. Jetzt war Passion wieder leicht verstimmt. Was war denn daran so komisch? „Ich kann auch gehen,“ bot sie an. „Hey, Fire meint es nicht so,“ griff April beschwichtigend ein. „Saber kann ein bisschen liebevolle Betreuung brauchen.“ Damit nahm sie ihren Freund beim Arm und zog ihn vom Bett runter. Bei liebevoller Betreuung konnten auch schnell ein oder zwei Personen zu viel sein. „Ich bring meinem jetzt mal Manieren bei,“ fügte die Navigatorin hinzu und manövrierte den Rennfahrer Richtung Tür. „Wenn du meinst, es lohnt sich noch,“ gab Passion schulterzuckend zurück. „Hey! Bei mir ist wenigstens noch nicht Hopfen und Malz verloren,“ wehrte Fire sofort ab. „Hört auf zu streiten,“ schaltete sich Saber nun ein. „Ich brauch Ruhe.“ Dass er vor allem aber nicht wollte, dass Passion womöglich doch ging, sagte er nicht dazu. Fireball würde sonst glatt noch ein Wortduell beginnen und bei aller Freundschaft – Sabers Bedürfnis nach ein paar Streicheleinheiten von Passion überwog gerade. Der Rennfahrer konnte sich jedoch eine kleine Stichelei nicht verkneifen. „Ups. Tut mir leid,“ flüsterte er leise und legte den Finger auf den Mund. Dann wechselte er in einen frech fröhlichen Tonfall. „ Nö, tut es nicht. Man sieht sich, Chef,“ grinste er und hob die Hand zum Gruß. Passion schüttelte den Kopf. „Hau einfach ab. Flott. Bitte.“ Wenigstens war sie lernfähig, stellte April fest. „Tschüss und gute Besserung.“ Dann schob die Blondine ihren Freund endgültig zur Tür raus und ließ Saber und Passion allein. Der Rotfuchs setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett des Recken. „Und was sagt der Arzt? Wie lange musst du hierbleiben?“ fragte sie sachlich. „Ein paar Tage,“ gab er unbestimmt zurück und musterte sie. Es war nicht ihre Art sich zurückzuhalten. Wenn sie es tat, hieß es wohl, dass sie mit der Situation nicht umzugehen wusste. Sie hatte das Bild im Park gelassen. Ein Gemälde ihres Vaters war zur Nebensache geworden, als Saber verwundet worden war. Jetzt aber saß sie hier als gehörten sie nicht zu einander.
 

„Komm,“ bat Saber schließlich und klopfte einladend mit der klinken Hand neben sich auf die schneeweiße Decke. „Setz dich zu mir,“ forderte er sie auf. Sie folgte der Bitte und hockte sich zu ihm auf die Bettkante. Er griff nach ihrer Hand. Sie musste einen gewaltigen Schrecken bekommen haben. Noch immer war sie blass und wagte kaum ihn anzusehen. Sein Daumen fuhr streichelnd über die Innenseite ihres Handgelenkes. Sie beobachtete es. Dann legte sie ihre freie Hand auf seine und zog zärtlich mit den Fingerspitzen Kreise über seinen Handrücken. Er schloss die Augen. Das tat gut. Mit sanft kreisenden Bewegungen glitt sie seinen Arm hinauf, wanderte über seine Schulter zu seinem Hals. Sabers Gesichtszüge entspannten sich zusehends. Jetzt fuhren ihre Finger seinen Kiefer nach übers Kinn auf die andere Gesichtshälfte. Sie hatte sich leicht über ihn gebeugt, das spürte er. Als ihre Hand seine Schläfe erreichte, hielt sie kurz inne, löste die andere aus seinem Griff und legte sie an die andere Schläfe. Mit zartem Druck begann sie ihn zu massieren. Er wagte kaum zu atmen. Das musste ein Traum sein. Die Behandlung dehnte sich über seine Stirn aus. Als sie mit dem Daumen eine Acht zwischen Nasenwurzel und Haaransatz zeichnete, wäre er fast eingeschlafen. Doch dann trat der Arzt ein und Passion fuhr, wie von der Tarantel gestochen zurück. Saber schlug die Augen auf. Der Störenfried unterdrückte ein Schmunzeln. „Bei so guter Pflege sind Sie in einer Woche wirklich wieder auf dem Damm,“ meinte er und warf einen Blick auf die Krankenakte unter seinem Arm. Dann sah er auf Passion. „Darf sie bleiben?“ fragte er an Saber gewandt. „Ich muss das fragen. Es geht …“ Aber der Recke hatte schon nickend sein Einverständnis gegeben. „Schön,“ fuhr der Doktor daher fort. „Sie hatten Glück, dass Sie den Kampfanzug an hatten. Ohne den wäre der Schuss tiefer gegangen und hätte womöglich wichtige Adern unterhalb des Herzens in Mitleidenschaft gezogen. So ist Ihnen das Schlimmste erspart geblieben. Wenn die Wunde gut verheilt, und davon kann ich ja jetzt ausgehen,“ Er warf einen erheiterten Blick auf Passion, die verlegen zum Fenster schritt. „sind Sie bald wieder fit. Nur vor Ablauf einer Woche lasse ich nicht mit mir über eine Entlassung verhandeln,“ erläuterte er dann. Passions Blick fiel auf die angrenzenden Nebengebäude des Hospitals, die von Straßenlaternen erleuchtet wurden. ‚Glück gehabt‘ hallte es in ihrem Kopf. Was Schlimmere hätte passieren können, wollte sie sich lieber nicht ausmalen. Ihr stiegen Tränen in die Augen.
 

Was der Arzt Saber noch alles zu sagen hatte, hörte sie nicht mehr. Aber wie die Tür wieder geöffnet und geschlossen wurde, bekam sie mit. „Hey Lady, komm wieder her,“ hörte sie ihn bitten. Sie versuchte hastig die Tränen weg zu klimpern, ehe sie sich zu ihm wand. Sie setzte sich wieder aufs Bett. In seinem rechten Arm steckte eine Infusionsnadel. Der Schlauch führte zum Tropf und irgendeine klare Flüssigkeit füllte ihn. Sie bettete den Kopf auf seine Brust. „He, ist doch alles in Ordnung. Du hast doch gehört, was der Arzt gesagt hat,“ murmelte er ihr tröstend zu. „Aber ein Schock war es trotzdem,“ gab sie leise zurück. „Du hättest dich sehen sollen. Einen Momentlang dachte ich, du seist tot.“ Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen. „Das hätte ich …“ Sie schluckte und hob den Blick. „Hast du deshalb das Gemälde vergessen?“ fragte er. „Gemälde? Scheiß drauf. Du wärst fast abgekratzt,“ entgegnete sie verständnislos. Gegen seinen Willen musste er schmunzeln. „Was ist daran so lustig?“ fuhr sie ihn an. Noch immer Tränen in den Augen. Sie konnte das nicht nachvollziehen. Saber jedoch gefiel es, für sie wichtiger zu sein, als ein Bild ihres Vaters, besonders da es sich dabei um „Madonnas Leid“ handelte. „Es ist nur schön,“ antwortete er versöhnlich, „dass ich dir so wichtig bin.“ – „Natürlich bist du das,“ erwiderte sie unwirsch und fügte dann leiser und zärtlich hinzu: „Ich liebe dich.“ Sie senkte den Blick, aber er legte ihr die Hand unters Kinn und drückte es zu sich hinauf. „Sieh mich an und sag das noch mal,“ bat er. Passion wand den Kopf von seiner Hand und beugte sich nah zu ihm, so dass sie halb auf ihm lag und ihm direkt ins Gesicht schaute. „Ich liebe dich, Saber,“ wiederholte sie dann. Er umschlang sie mit dem freien Arm und strich ihr über den Rücken hinauf zwischen die Schulterblätter. Leicht drückte er sie noch näher zu sich. Sie gab ihm einen liebevollen Kuss. Dass die Nachtschwester eintrat um den Tropf zu prüfen, interessierte Passion diesmal nicht. „Lassen Sie ihn auch noch schlafen,“ meinte die noch, ehe sie wieder ging. Erst jetzt löste Passion den Kuss. „Sie hat Recht. Du solltest schlafen,“ flüsterte sie zärtlich und begann erneut die Acht auf seine Stirn zu zeichnen. Wieder schloss Saber die Augen. Erst als Passion sicher war, dass er schlief, hörte sie auf und setzte sich leise auf den Stuhl neben dem Bett.

Auch Engel können gebrochen werden

Auch wenn Passions Temperament, die damit verbundene Launenhaftigkeit und ihre teilweise kindischen Reaktionen einige ihrer Mitmenschen in den Wahnsinn treiben konnten, und gelegentlich tat Passion genau das mit Begeisterung, als Freundin hatte sie dennoch so einiges zu bieten. Sie rationalisierte ihren Zeitplan auf die wichtigsten Lesungen herunter, während Search Überstunden im Museum damit abfeierte, dass sie die Schichten ihrer jüngsten Schwester im Rasthof übernahm. So konnte sich der Rotschopf um Saber kümmern. Seine Teamkollegen sollten, wenn sie schon ausgezogen waren, sich schließlich um den Fall kümmern und das Versteck von Darkness aufspüren. Dass dies schon geschehen war, wusste Passion nicht. Denn würde sie es wissen, bestand kein Zweifel daran, dass sie unvorsichtig genug sein würde um die letzten beiden Werke ihres Vaters zurückzuholen. Dafür versuchten Colt, Fireball und April mögliche Schwachstellen an ihren Gegner zu finden. Die Schwestern jedoch saßen vorerst auf dem Trockenen. Ohne Informationen konnten sie keine neuen Schritte planen. Vor allem Faith machte ihrem Unmut darüber stets und ständig Luft.
 

Passion entging dies glücklicherweise, da sie ihre freie Zeit im Krankenhaus am Bett des Recken verbrachte. Jedoch ohne dabei zu glucken. Vielmehr war sie recht unaufdringlich zur Stelle, wenn er etwas brauchte. Sie zog nicht alle fünf Minuten die Bettdecke glatt oder fragte ihn, ob er dies oder jenes wolle. Aber sie stützte ihn, als er zum ersten Mal aufstand, um auf die Toilette zu gehen, zumindest die ersten beiden Schritte lang. Dann versicherte er ihr, dass er den Rest allein schaffe und sie ließ ihn los. Aber sie hielt sich neben ihm um sofort reagieren zu können, sollte dennoch etwas geschehen. So verwöhnt wie in diesen Tagen war der Blondschopf schon lange nicht mehr worden. Passion war in ihrer Sorge um ihn recht anschmiegsam und brav. Beides Eigenschaften, die nur wenige Auserkorene von ihr kannten und gegen die Saber keinerlei Einwände erhob. Er verkniff sich jedoch sie damit zu necken, da sie sonst womöglich auf die Idee kam, dies wieder einzustellen. Für sie waren die, wenn auch freundlich gemeinten, Spötteleien des Krankenhauspersonals genug. Für den Rotschopf war es unverständlich, wie sich jemand darüber lustig machen konnte, dass sie den Mann umsorgte, den sie liebte. Sie ging davon aus, dass ihr Verhalten selbstverständlich war. Warum also verlor man darüber noch groß Worte? Recht unbeholfen fand sie sich daher in Neckereien durch die Schwestern oder den Arzt wieder und wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Ein Fakt, der Saber und seine Freunde, wenn sie ihn besuchten, immer wieder zum Lachen reizte. Es fiel ihnen schwer, das zu unterdrücken. Schließlich wollten sie ihr nicht das Gefühl geben, sie würden sie auslachen. Allein der Anblick, wenn Saber und Passion gemeinsam auf dem Krankenbett lagen, war goldig. Sie lag mit angewinkelten Beinen auf dem Rücken. Er lag zwischen ihren Beinen. Den Kopf auf ihrem Bauch gebettet, die Arme an ihren Beinen vorbei, während sie ihm liebevoll über die Brust strich. „Pascha“, lachte Colt beim Eintreten. Sein Boss grinste bloß. „Sei froh, dass wir sie so und bekleidete vorfinden. Wir könnten auch richtig stören, “ kommentierte Fireball. April stand nur lächelnd dabei. Offenkundiger konnte nicht sein, dass ihr Vorgesetzter im siebten Himmel schwebte. Aber Passions Anwesenheit war ein Problem. Sie konnten nicht über den Fall reden. Der Rotfuchs war clever genug, so ziemlich jede Metapher zu verstehen und jede Info, die sie erhielt würde unweigerlich zu einer unüberlegten, riskanten Aktion ihrerseits führen, die am Ende eher Schaden als Nutzen bringen würde. Folglich mussten sie einen Weg finden, sie hinauszukomplimentieren ohne das sie Verdacht schöpfte. Das war genauso schwierig. Aber der Zufall kam ihnen zu Hilfe. In Form und Gestalt von Andrew Heart, welcher schlicht und ergreifend unter vier Augen mit Passion reden wollte. So wurden zwei wichtige Gespräche geführt. Bei einem ging es um die Strategie im aktuellen Fall und bei dem anderen um Vertrauen in Beziehungen und um Search.
 

Die Unterhaltung zwischen Andrew und Passion verlief nicht sehr angenehm. Passions leidenschaftliche Versuche den Standpunkt der Schwestern zu erklären, scheiterten an der Impulsivität des Rotfuchses. Andrew mochte allzu ungestüme Menschen nicht sonderlich und wann immer Passions Temperament mit ihr durchging, schaltete ihr Gesprächspartner auf Durchzug. So zwang er sie in ruhigere Verhaltensweisen, die ihr nicht so lagen. Dieses Gespräch war für den Detective zu wichtig, als dass er, wie sonst bei Passion, ihre aufgebrachte Art ignorieren konnte. Für ihn musste dieses Thema sachlich geklärt werden. Nicht gerade die Stärke der Rothaarigen und so beendete sie den Dialog schließlich mit dem einzigen Satz, der ihr noch passend erschien. „Ich dachte, Liebe bedeute niemals um Verzeihung bitten zu müssen.“ Andrew wand sich ab. Recht abrupt, was zeigte, dass auch für ihn die Debatte erledigt war. Er wechselte unvermittelt das Thema. „Da ihr mit den Starsheriffs gegen Darkness vorgeht, ist es wichtig für mich und die Unterstützung zu wissen, was deine Aufgabe bei der Pier-Falle 7 ist …“ Er hielt inne. Ihr Gesicht ließ vermuten, jetzt, da er sie wieder ansah, dass sie von einer Pier-Falle 7 bis eben noch nichts gehört hatte. „Du wusstest nichts davon?“ fragte er verblüfft. Geistesgegenwärtig antwortete sie. „Ich soll mich raushalten.“ Ach so. Andrew atmete auf. Passion jedoch wurde klar, dass man sie genau aus diesem Grund über nichts informiert hatte. Man wollte sie nicht dabei haben. Man glaubte wohl, sie stelle ein Risiko dar. Weshalb sonst war sie nicht involviert? Weder Colt noch Fireball oder April hatten erwähnt, dass sie das Versteck gefunden hatten. Aber nach dem Raubzug, bei dem Saber verwundet worden war, hatte April auch gesagt, Colt wäre an Darkness dran. Nach allem, was Passion über Ramrods Crew wusste, war es unwahrscheinlich, dass der Cowboy nichts entdeckt hatte. Als ihr vorgesetzter Offizier wusste auch Saber Bescheid. Krankenhaus hin oder her. Er hatte es ihr jedoch verschwiegen. Warum? Sie wussten doch alle, was es für die Schwestern bedeutete. Passion fühlte Enttäuschung in sich aufsteigen. Sie verabschiedete sich von Andrew und betrat das Zimmer wieder ohne anzuklopfen.
 

Sofort verstummte das Gespräch der Vier. Passions Enttäuschung wuchs an. Sie fühlte bestätigt, dass sie bewusst ausgegrenzt wurde. Seufzend nahm sie ihre Tasche, die neben dem Stuhl auf dem Boden lag. „Was ist los?“ fragte Saber, der sie verwundert dabei beobachtete. Ratlos sahen sich die Kollegen an. Passions versteinerte Miene war ihnen nicht entgangen. Sie versuchte niemanden anzusehen, was verriet, dass etwas nicht in Ordnung war. Ebenso die Tatsache, dass sie nicht gleich antwortete. Etwas plumpste aus der Tasche. Sie hob es auf. „Hey Lady“, versuchte es Saber erneut. „Was ist denn passiert? Du bist so … anders.“ Ein besseres Wort fiel ihm nicht ein. „Menschen“, erwiderte Passion tonlos und stopfte in die Tasche zurück, was entfallen war. Dann sah sie den Recken an. „verändern sich“, fuhr sie fort. „Manchmal genau dann, wenn man sie ansieht.“ Damit wand sie sich ab und verließ den Raum. Verständnislos schauten sich die Starsheriffs an. Da sie nicht wussten, was Andrew und Passion gesprochen hatten, konnten sie sich keinen Reim auf diesen Auftritt machen. Vielleicht brauchte sie nur etwas frische Luft. Da sie jedoch gegen Abend noch nicht zurück war, drängte sich besonders Saber der Verdacht auf, dass sie sauer war. So wie sie ihn angesehen hatte, auf ihn am meisten. Er schnappte sich das Telefon neben seinem Bett und rief Detective Heart an. Schweigend warteten seine Freunde das Gespräch ab. Als der Blondschopf wieder auflegte, seufzte er unterdrückt. Alarmiert sahen seine Kollegen ihn an. Er fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Kein gutes Zeichen. „Was ist?“ fragte Colt ungeduldig. „Sie weiß es“, erhielt er zur Antwort. Nun, das erklärte ihr Verhalten. Gleichzeitig warnte es sie auch. Ab jetzt konnte das ganze Vorhaben in Gefahr sein. Passion konnte schon aus Trotz dazwischen funken. Sie war in keiner guten Laune gegangen. Bei jemand so unberechenbarem wie ihr, war alles möglich. Vielleicht war sie augenblicklich aufgebrochen, die Gemälde zu holen. Jetzt da ihr sicher klar war, dass Pier-Falle 7 bedeutete, dass sie sich Pier 7 vornehmen musste. Vielleicht ließ sie ihren Frust auch erst auf dem Rasthof und machte sich dann daran die Bilder zu holen. Oder sie wartete bis morgen. Oder, oder, oder. Saber griff erneut zum Hörer und rief im Rasthof an. Stirnrunzelnd nahm er zur Kenntnis, dass Search völlig überrascht reagierte. Passion war weder dort aufgetaucht, noch hatte sie sich gemeldet. Eines davon hätte der Wildfang jedoch gemacht. Das versicherte Search dem Recken. Beunruhigt leitete er auch diese Info weiter. Passion würde nicht auf Beutezug gehen ohne das Search es wusste. Zumindest diese Option schied aus. Die älteste hatte zu besorgt geklungen, als das es vorgetäuscht sein konnte. Passion war weg. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
 

Der Arzt wollte Saber morgen früh entlassen. Dann konnte er auch heute Abend noch gehen Während er seine sieben Sachen packte, besprach er mit seinen Kollegen, wo sie Passion suchen konnten. Bald darauf hatten sie das Krankenhaus verlassen und verteilten sich über Yuma. Zuerst suchten sie alle, Saber bekannten, Lieblingsplätze des Rotfuchses ab. Dann den Rest der großen Stadt. Die Nacht brach herein, doch Passion blieb verschwunden. Die Sorge wuchs bei ihren Freunden und ihren Schwestern. Als die den Rasthof schlossen und sich an der Suche beteiligten, stieg die Hoffnung wieder an. Jedoch neigte sich diese Zuversicht mit der Nacht auch wieder. Im Morgengrauen, nach erfolgloser Fahndung, fielen die Schwestern genauso besorgt wie müde in ihre Betten. Ehe Ramrods Team gleiches tun konnte, wurden sie auf die Polizeistation gerufen. Unbemerkt war ihnen dort eine Nachricht hinterlassen worden. Commander Luza händigte Saber einen Briefumschlag aus. Der Recke öffnete ihn nervös. Darin befand sich eine Visitenkarte, wie V-Angel sie immer benutzte. Ein eiskalter Schauer jagte dem Schwertschwinger über den Rücken. Ihm schwante gar nichts Gutes. Entsetzt schnappte er nach Luft, als er die Botschaft darauf las.
 

„Auch Engel können gebrochen werden.“
 

Irgendwann waren sie zu Ramrod zurückgekehrt und hatten Schlaf gefunden. Notwendigerweise. An all dies unausgeschlafen heranzugehen, konnte dazu führen, dass sie unkonzentriert arbeiteten und Fehler machten. Der Umstand, dass ihnen schon ein Schnitzer unterlaufen war, brachte Saber um die erforderliche Ruhe. Schlussendlich knockte er sich mit zwei Schlaftabletten aus. Doch bevor die wirkten, fragte er sich unablässig, warum er zu gelassen hatte, dass Passion bei ihm im Krankenhaus geblieben war. Sie waren aus dem Rasthof der Schwestern ausgezogen um die Verbindung zu ihnen vor Darkness noch zu vertuschen. Im gleichen Atemzug hätte Saber jedoch darauf bestehen müssen, dass keine von ihnen im Hospital auftauchte. Aber er hatte nicht. Er hatte zu sehr genossen, von Passion umsorgt zu werden. Einmal mehr standen ihm seine Gefühle im Weg. Das durfte einem Starsheriff nicht passieren. Wie oft hatte er das Colt oder Fireball gesagt? Hätte er lieber seinen eigenen Rat befolgt. Passion war ihm viel zu nahe gekommen. Er hatte es zugelassen, hatte sich darauf eingelassen sie zu lieben, als wäre er ein normaler Mann und kein Starsheriff. Wie hatte er nur so dumm sein können? Womöglich musste nun Passion dafür bezahlen. Ehe sich der Recke jedoch vorstellen konnte, auf welche Weise, wirkten die Tabletten.
 

Schwarz war seine Lieblingsfarbe. Seine Schuhe, sein Shirt und der Anzug hatten diese Kolorierung. Die Kontaktlinsen in den Augen ließen die schwarze Kajalumrandung besonders düster wirken. Sein Haar war kurz und lockig. Er war sehr schön. Seine mandelförmigen Augen passten zu der Mystik seines Erscheinungsbildes. Die Brauen waren fast gerade, bogen sich aber an der Nasenwurzel zusammen, so dass er ständig finster zu schauen schien. Seine markante Nase, die hohen Wangenknochen und die vollen Lippen vervollkommneten sein Aussehen. Groß, schlank und sportlich war seine Statur, wie die eines Modells. Einzig die Narbe, die quer über seinen Mund lief, entstellte ihn.

Gefangen

Er hatte sie beobachtet, während sie schlief. Jetzt bewegte sie sich. Er erhob sich von der Kiste, auf welcher er saß und die unweit des Käfigs, in dem sie auf dem Boden lag, stand. Er kam langsam und lautlos zu ihr herüber Durch die, mit schwarzem, schwerem Stoff, verhangenen Fenster drang kaum Tageslicht. Jedoch genügend um etwas zu sehen. Was er sah, gefiel ihm. Der Rotfuchs war wunderschön. Sie schlug die Augen auf. Ihr Blick versuchte zu erkennen, wo sie war und wer vor ihr stand. Sie versuchte ihre Erinnerung mit dem, was sie wahrnahm zu verbinden. Die Pier-Falle 7. „Menschen verändern sich. Manchmal genau dann, wenn man sie ansieht.“ Die Krankenhaustür. Der Parkplatz. Dann nichts. Dunkelheit. Darkness. Jetzt der Raum und ihr Beobachter. „Damien McCoy.“ – „Du kennst mich?“ überrascht hob er die Brauen. „Sie haben dir also von mir erzählt“, stellte er dann fest. Sie? Also wusste er von ihrer Verbindung zu den Starsheriffs. Deshalb war sie hier. Wo auch immer Hier war. Quatsch. Hier war natürlich Pier 7. Aber er schien nichts von einer Verbindung zu Various zu wissen. Sonst hätte er anders gekontert. Da er eine Reaktion von ihr erwartete, nickte sie zögernd. „Nun, Süße, “ lächelte Damien finster. „Dann sag uns, was du weißt.“ Bei „Uns“ traten sie aus der Dunkelheit des Raumes. Der Muskelprotz Chival, der drahtige Alk, der athletische Vishap und Ays, der Pilot. Sie alle bauten sich beunruhigend vor Passions Käfig auf. Oh Gott. Sie musste hier raus.
 

Faith passte es überhaupt nicht, dass sie sich raushalten sollte. Nein. Sie wollte nach ihrer Schwester suchen. Egal, was die andern sagten oder Love ihr androhte, Faith wollte mit der Ramrodcrew gehen. Dann brach Love vor Kummer in Tränen aus und der revoltierende Struwwelpeter gab nach. „Bringt sie uns wieder“, bat Search, als die vier den Rasthof verließen. Die Angesprochenen nickten knapp.
 

„Bloß gut haben wir die Visitenkarten nicht erwähnt“, stellte Fireball fest, als sie wieder in der Polizeistation waren. Die zweite Botschaft hatte sie gegen Mittag erreicht und war der Anlass gewesen, weshalb sie die Schwestern eindringlich gebeten hatten sich nicht einzumischen. Es war zu riskant. Für alle. In ihrem Büro lagen diese Karten auf dem Tisch. Saber las sie beide noch einmal. „Auch Engel können gebrochen werden.“ Das war eine Warnung oder Drohung. Wie man es eben sehen wollte. „Die Dunkelheit ist überall.“ Vielschichtig klang das, wie Saber fand. Zum einen war er sicher, dass Passion von Darkness gefangen gehalten wurde. Zum anderen war dem Recken auch klar, dass die Bande sie Ramrodcrew beobachtet hatte. Wahrscheinlich noch immer belauerte. Er musste einfach davon ausgehen. Noch mehr Vorsicht war nun geboten. „Was jetzt?“ Colt sprach aus, was der Schwertschwinger dachte. Ein wenig ratlos sahen sich die beiden an. Ja, was jetzt?! Wie viel Spielraum blieb ihnen noch, wenn sie davon ausgehen mussten, dass ihr Gegner ein Druckmittel gegen sie hatte und über ihre geplante Vorgehensweise sicher auch informiert war. „Gehen wir“, sagte Fireball unvermittelt. Erstaunt blickte auch April ihn an. „Wohin?“ fragte sie verwirrt. „Weg aus Yuma“, antwortete er. „Wenn Darkness Passion hat, und das ist für mich klar, dann nur um uns zu erpressen. Sie wissen, wie sie zu uns steht. Mit der nächsten Nachricht werden sie uns mitteilen, dass wir die Finger von dem Fall lassen sollen. Sicher haben sie uns im Auge. Also, lassen wir uns von dem Fall abziehen. Wir haben versagt und V-Angel nicht geschnappt. Es ist nur logisch, wenn wir eine andere Mission zugewiesen bekommen, “ legte der Rennfahrer seine Überlegungen offen. „Wenn sie glauben, wir wären keine Gefahr mehr für sie, schlagen wir zu, “ setzte Colt die Idee fort. Sein Hombre nickte. „Aber inzwischen hat sie bestimmt ihre Gesichter gesehen“, wand April ein. „Ja, aber die kann jeder kennen. Die fünf sind aktenkundig. Passion ist wertlos für sie, wenn wir weg sind, “ entgegnete der Pilot. „Stimmt schon.“ Saber hatte seine Sprache wieder gefunden. „Aber das heißt nicht, dass Passion es überleben wird. Die haben keine Skrupel. Wenn sie wertlos für sie wird, können sie sie genauso gut auch töten.“ Betroffen sah Fireball seinen Boss an. Was jetzt also tun? Verdammt. Soweit hatte es nicht kommen dürfen.
 

Der Knebel in ihrem Mund hatte die Form und Größe eines Tischtennisballes. Zwei Latexbänder führten am Hinterkopf zusammen und waren straff gebunden. Langsam begann ihr Mund zu schmerzen und sich trocken anzufühlen. Sie hatten ihr eine Augenbinde verpasst unter deren Latex sie allmählich zu schwitzen begann. Auch das Würgeband um ihren Hals fing an sie zu quälen. Durch eine Kette waren die Handschellen, und damit auch ihre Handgelenke, daran befestigt, so dass sie ihre Arme nicht über den 90 Gradwinkel hinaus nach unten hängen lassen konnte. Bald würden ihr die Ellenbogen ebenfalls schmerzen. Ihre Füße waren auch in Ketten gelegt worden. Wenn sie gesehen hätte, wohin sie laufen konnte, könnte sie damit jedoch nur kleine Schritte machen. Auch ihre Fußfesseln waren durch eine Kette mit dem Halsband verbunden. Sie hatte gehört, wie die Käfigtür geschlossen worden war. Sie lag als in ihrem Gefängnis auf dem Boden. Sie wagte kaum sich zu rühren. Es tat ihr bereits alles weh. Aber sie hatte nicht ertragen können, was fast passiert wäre. Passion hatte nicht reden wollen. Sie wusste ja nichts über das Vorhaben der Starsheriffs. Aber diese Unkenntnis, obwohl sie wahr war, nahmen ihr die fünf Männer von Darkness nicht ab. Sie hatten an ihrem Haar gerissen, ihr brutal die Arme auf den Rücken gedreht, sie erbarmungslos in die Knie gezwungen und geschlagen. Außer den Lauten unterdrückten Schmerzes hatten sie jedoch nichts mehr von ihr gehört, nachdem Passion aufgehört hatte, ihnen zu versichern nichts zu wissen. Damien hatte Vishap angesehen und gefragt, ob er eine Idee hätte, sie zum Reden zu bringen. Als Antwort hatte der dreckig gegrinst und sich vor ihr aufgebaut. Dann hatte er seine Hose geöffnet und heruntergelassen. Chival, Ays und Alk hatten sie festgehalten und gelacht. Damien war im Hintergrund geblieben und hatte das Geschehen ruhig beobachtet. Es schien ihm sehr zu gefallen. Als Vishap seine Boxershorts ebenfalls herunterließ, griff Chival nach Passions Kinn. Sie presste die Lippen aufeinander, doch unter seinem unbarmherzigen Griff musste sie sie zwangsläufig öffnen. Erst als sie Vishaps jämmerliches Aufheulen hörte, begriff sie, dass sie zu gebissen hatte. Wütend schlug er ihr ins Gesicht. Sie prallte auf dem Boden auf. Ays und Chival wollten nach ihr treten, aber Damien trat dazwischen und verbot es. Deshalb lag sie nun gefesselt und geknebelt in ihrem Zwinger. Sie hörte, wie Vishap die Heiligen vom Himmel geiferte. Offensichtlich hatte ihr Biss noch ungeahnte Folgen.
 

Sie hörte sie reden. Passion versuchte sich in eine bequemere Position zu bringen um sie besser hören zu können. „Wir haben nur diese zwei“, stellte Damien fest. „Wir haben ‚Hinter der Maske‘ und ‚Engelsherz‘. Da fehlt noch einiges. Wir müssen die übrigen Werke finden. Dazu brauchen wir V-Angel.“ Passion konnte sich ein erleichtertes Aufatmen nicht verkneifen. Sie wussten also nicht, dass sie V-Angel schon hatten. Wer weiß, wozu ihr das noch dienlich sein konnte. „Und die Blechsterne?“ fragte Ays. „Wir haben die Kleine ihres Bosses“, gab McCoy nüchtern zurück. „Die werden sich raushalten, damit ihr nichts geschieht.“ Saber. Deshalb hatte er geschwiegen. Weil sie ein Risiko und selbst in Gefahr war. Das hatte sie dabei nicht bedacht, als sie ihm so gefühllos begegnet war. Er hatte sie nur schützen wollen, vor ihrer eigenen Leichtsinnigkeit und vor Darkness. Hätte sie das Krankenhaus nicht allein verlassen, hätte die Bande es nicht gewagt, sie am helllichten Tag zu entführen. Oh, sie hatte Saber ungerecht und lieblos behandelt. Ob er sich wohl Sorgen um sie machte? Oder hatte er genug von ihren Macken und konzentrierte sich nun mehr auf seine Aufgaben. Vielleicht würde er ihr aus der Patsche helfen, aber danach würde er ihr sicher sagen, dass er genug von ihrer impulsiven Art hatte. Egal, was für Geständnisse die gemeinsame Zeit ihm schon entlockt hatte, er würde gehen. Gott, sie war so eine Idiotin. Wieso konnte sich nicht einmal erst nachdenken und dann handeln? Das hatte sie nun davon. Saber. Mit den Schmerzen ihres Körpers wuchs auch der in ihrem Herzen – die Sehnsucht nach ihm. Wäre er doch nur hier. Sie sah ihn vor sich. Sein leicht tadelnder Blick, wenn sie sich daneben benahm, in dem doch auch Liebe und Heiterkeit lagen. Sie wollte sein Gesicht sehen, streicheln. Sie wollte seinen Atem spüren und seine Wärme. Als sie sich so hilflos gefühlt hatte, waren es seine Arme gewesen, die ihr Kraft und Geborgenheit geschenkt hatten. Seine ruhige Art fehlte ihr. Sie wollte ihn sagen hören, dass alles gut würde. Aber, dessen war sie sich sicher, er würde sie nicht im Stich lassen. Nein, unabhängig davon, was sie diesmal wieder für Blödsinn angestellt hatte. Sie musste nur warten. Darkness rechnete nicht damit, dass sich die Ramrodcrew noch an ihre alten Pläne halten würde. Wenn das Team nun aber dennoch genau dies tat, hatten sie das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Wie lange wohl Saber brauchte, bis er darauf kam?
 

Mühsam versuchte sie aufzustehen. Der Rücken tat ihr vom Liegen auf dem steinigen Untergrund weh. Die Fußfesseln scheuerten an ihren Knöcheln. Sie trug Hotpants. Es war schließlich ein verdammt heißer Tag gewesen, gestern. Es war doch gestern, oder? Wie lange war sie schon hier? Wie viel Zeit war vergangen? Ein oder zwei Tage bestimmt. Wie lange sie ohne Bewusstsein gewesen war, wusste sie nicht. Aber ihr Körper meldete, dass er Nahrung haben wollte. Ihre Beine zitterten, als sie stand. Die Arme schmerzten. Sie bewegte sie so gut es der gebundene Zustand zuließ. Sie schwitzte. Der Latex rieb unangenehm auf ihrem Gesicht. Ihr Mund fühlte sich trocken an. Der Knebel erlaubte ihr kaum den Kiefer zu bewegen. Sie hörte, wie die Käfigtür geöffnet wurde und fuhr herum, in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Sie spürte, wie jemand auf sie zu kam und sie langsam umrundete. Kräftige Hände strichen ihr derb über den Rücken und unter ihr Top. „Eine Haut wie Seide“, hörte sie Damien sagen. Instinktiv wich sie von ihm weg, doch die Fesseln an ihren Füssen brachten sie zu Fall. Sie hatte zu große Schritte machen wollen. Mit den Händen konnte sie eine unsanfte Landung verhindern. Damien lachte spöttisch. Er trat vor die Kniende und löste die Augenbinde. Passion klimperte vorsichtig mit den Lidern. „Wenn du mich beißt“, sagte er, „schlag ich dir die Zähne aus.“ Sie schluckte. Die Art, wie er es aussprach, ließ keinen Zweifel daran, dass er es tun würde. „Wirst du brav sein?“ Sie nickte. Es war demütigend so vor ihm zu knien, auf allen vieren. Er hatte sie in der Hand, das wusste sie. Oh, wie sie es hasste, unterlegen zu sein. Er löste den Knebel. Passion würgte unwillkürlich und schnaufte. Der Ball fiel zu Boden. Sie schloss vorsichtig den Mund. Erleichtert stellte sie fest, dass sie es noch konnte. Er erhob sich, ging zur Tür des Zwingers und brachte eine Flasche Wasser mit. Er schraubte langsam den Verschluss ab und hielt ihr die Falsche nah vor die Lippen. Jedoch weit genug, dass sie sie nicht erreichen konnte. „Durstig?“ fragte er scheinheilig. Sie nickte. Sprechen konnte sie nicht. Über den ausgedörrten Rachen wollte kein laut hinaus. „Dann sag mir, was ich wissen will“, forderte er und ließ einen Schluck der Flüssigkeit in ihren Mund laufen. Sie schluckte gierig. Wie sehr hatte sie sich nach etwas erfrischendem gesehnt. „Also.“ Damien setzte sich vor ihr auf den Boden. „Ich höre.“ Er sah sie wartend an. „Ich weiß nichts“, krächzte sie. Er nickte, als verstünde er. Dann nahm er die offene Flasche und ließ langsam ihren Inhalt auf den Steinboden laufen. Er hielt inne und stellte die Flasche neben die entstandene Pfütze. „Wenn du mich anlügst, werde ich alles auskippen“, erklärte er kalt. „Ich lüge nicht“, brachte sie mühsam hervor. „Sie haben mir nichts erzählt.“ Erneut goss er Wasser auf den Boden. „Irgendetwas weißt du“, stellte er dabei fest. „Lass es dir wieder einfallen. Denn wenn die Flasche leer ist, hast du Pech gehabt.“ Passion riss die Augen auf. Immer größer wurde die Pfütze. „Warte“, flehte sie. Er stellte die Flasche wieder ab. Sein Blick ruhte interessiert auf ihr. „Ich weiß, wer V-Angel ist“, krächzte sie. Ob es klug war, es ihm zu sagen? Wenn sie sich bloß als die Diebin enttarnte vielleicht. Sie durfte nur auf keinen Fall ihre Schwestern und die Verbindung zu Thomas Valerius offenbaren. Was konnte er mit ihr tun, wenn er wusste, dass sie V-Angel war? Eigentlich konnte er sie nur zwingen, ihm zu verraten, wo die übrigen Various-Werke waren. Damit konnte sie Zeit schinden. „Wer?“ Sein scharfer Ton riss sie aus ihren Gedanken. Als sie mit der Antwort zögerte, begann er drohend den Flaschenhals zu neigen. „Ich“, flüsterte sie. Jetzt erstarrte er in der Bewegung. Sie wollte V-Angel sein? Hart setzte er die Flasche ab. Dann stand er auf, griff mit zwei Fingern in ihr Halsband und riss sie auf die Füße. Sie rang nach Atem. Das Band schnürte ihr die Luft ab. „Ich warne dich“, zischte er ihr drohend ins Ohr. „Lüg mich nicht an.“ Verzweifelt griff sie nach dem Band und versuchte, es von ihrer Kehle weg zu ziehen um besser atmen zu können. Sie schüttelte den Kopf. „Ich … bin es“, japste sie. „Prüf …es … Ich war … Jugendmeisterin der rhythmischen Gymnastik … Wer sonst …“ Unsanft landete sie wieder auf den Knien, als Damien ihr Halsband losließ. Sie schnappte nach Luft. Du lieber Himmel, durchfuhr es sie mit Entsetzen, als sie die halbvolle Wasserflasche erblickte. Wenn er nun auf die Idee kam, sie dafür zu bestrafen, dass sie ihm ins Handwerk gepfuscht hatte und darum doch alles Wasser ausschüttet? Tatsächlich nahm er die Flasche in die Hand. Seine Miene dabei konnte sie nicht deuten. Dann griff er ihr grob ins Haar und zog ihren Kopf zurück. Sie fühlte die Öffnung an ihren Lippen, dann floss das ersehnte Getränk kühlend und erfrischend ihre Kehle hinab. Gierig trank sie. „Morgen wirst du uns zu den anderen Werken führen“, hörte sie ihn sagen. Dann nahm er die geleerte Flasche von ihrem Mund und drückte den Knebel wieder hinein. „Wenn du uns verarschst“, warnte er, „werde ich meine Männer nicht wieder zurückpfeifen.“ Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Die Augenbinde schickte sie wieder in die Dunkelheit und nahm ihr die Orientierung. Aber sie war sich nun sicher, dass sie Zeit gewonnen hatte. Er würde ihr nichts tun, bis er die Gemälde hatte. Glück für sie, dass er nur daran interessiert war.
 

Passion hatte nicht gemerkt, dass sie eingeschlafen war. Es wurde ihr erst bewusst, als sie fühlte, wie ihre Glieder von den Fesseln befreit wurden um gleich darauf hart gepackt zu werden. Man trug sie aus dem Käfig. Sie versuchte sich frei zu strampeln, doch die Griffe wurden nur unbarmherziger. Dann klackten Eisen um ihre Handgelenke. Ihre Beine wurden losgelassen. Kurzzeitig fühlte sie festen Boden unter ihren Füßen. Dann wurde sie an den Armen in die Höhe gezogen. Sie trat hilflos ins Leere. Wie hoch sie gezogen wurde, konnte sie nicht sagen. Es machte ihr Angst. Irgendetwas klackte und rastete ein. Sie hing irgendwo, vermutlich an der Decke des Lagerraumes. Sie hörte Personen sich leise entfernen. Dann trat Stille ein, und Ungewissheit. Nicht sehend, nicht in der Lage zu rufen und in der Luft baumelnd konnte Passion nur noch beten. Etwas anderes fiel ihr nicht ein um die nutzlose Panik, die in ihr aufstieg, zu bekämpfen. Oh, Gott. Saber. Bitte. Komm.

Gerettet

Pier 7 lag in Dunkelheit, als sie das Lagerhaus erreichten. In der Ferne sahen sie einen Gleiter verschwinden. Saber vermutete, dass alle fünf darin waren. Womöglich hatten sie auch Passion mitgenommen. Colt und Fierball blickten dem Gleiter nach. „Boss?“ fragte Fire. „Gehen wir rein?“ Der Gefragte nickte knapp, woraufhin Colt die schwere Tür aufschob. Das erste, was sie in der Finsternis ausmachen konnten, war ein Käfig. Er war jedoch leer, wie der Rest der Halle. So schien es. Dann vernahmen sie undeutlich so etwas wie ein Wimmern, das aus dem hinteren Teil des Raumes kommen musste. Der Cowboy tastete nach dem Lichtschalter und knipste die Beleuchtung ein. Ein schwarzer Vorhang trennte den Teil ab, aus welchem sie das Stöhnen vernommen hatten. Rasch schritten sie darauf zu und rissen den Stoff nach oben. Im ersten Moment gefror ihnen das Blut in den Adern. Über ihnen an der Decke hing Passion. Beide Handgelenke waren in breite Handschellen gelegt, deren Ketten je über einen Eisenring zu einer Winde rechts und links an den Wänden führte. Kraftlos baumelte sie da, mit Augenbinde und geknebelt, als wäre sie tot. Dann winselte sie schwach. Colt und Fireball sprangen zu je einer der Winden, lösten die Raster und ließen rasch, aber vorsichtig Passion wieder hinab. Ihr Körper glitt in die Arme des Recken, der sie sogleich fest an sich drückte. „Passion“, flüsterte er. Ihr Kopf sank gegen seine Brust. „Hey Lady.“ Er löste den Knebel und die Augenbinde. Ihr Kopf fiel in ihren Nacken. „Wie geht es ihr?“ wollte Colt besorgt wissen. „Sie ist …“ begann Saber. Langsam öffnete Passion die Augen. Nur verschwommen nahm sie ihn wahr, aber sie erkannte ihn. „Du bist da“, flüsterte sie schwach. „Ich wusste, du würdest kommen.“ Er presste sie an sich, unfähig seine Gefühle zu ordnen. Er war erleichtert, sie lebendig zurückzuhaben, besorgt wegen ihres Zustandes und rasend vor Zorn über das, was ihr angetan worden war. All das jagte gleichzeitig durch seinen Körper. Ähnlich empfanden auch seine Kollegen. Das würden sie bereuen. Sie befreiten Passion von den Eisen und dem Würgeband. Saber hob sie auf seine Arme. Kraftlos versuchte sie sich an ihm festzuhalten, doch ihre Hand rutschte vom glatten Kampfanzug ab.
 

Sie fühlte keine Schmerzen mehr, nur noch die Geborgenheit, die seine Anwesenheit verriet. Langsam öffnete Passion die Augen. Saber. Es saß auf ihrem Bett. Matt streckte sie ihm die Arme entgegen. Er beugte sich zu ihr hinab. Ihr einziger Wunsch war, dass er sie hielt. Sie hatte keinen Blick für das Krankenzimmer und die darin anwesenden Besucher. Sie wollte seine Nähe spüren. Und er hielt sie fest. Hätte sie jedoch nicht die Arme nach ihm ausgestreckt, hätte er sie nicht angerührt. Er hätte es nicht gewagt, weil er nur raten konnte, was sie durchgemacht hatte. Vielleicht hätte sie seine Berührung nicht ertragen. Der Arzt hatte die Folgen der Folter bei ihr festgestellt. Male von den Schlägen und den Ketten, so wie die Schwäche ihres Körpers, die auf die Hitze und die mangelnde Nahrung zurückzuführen war. Erleichtert waren alle, dass ihr nicht noch die schlimmste Gewalt angetan worden war. „Auch Engel können gebrochen werden“, hatte Damien gewarnt. Hoffentlich hatte er es nicht schon geschafft. „Wie geht es dir?“ fragte Faith, die weder das Warten noch das Schweigen länger aushielt. Auch Love und Search, sowie Colt, Fireball und April waren anwesend. „Ich bin okay“, gab Passion zurück, ohne sich vom Recken zu lösen. „Wird alles heilen.“
 

Die eintretende Schwester scheuchte die Anwesenden aus dem Raum. Die Patientin bräuchte Ruhe. Widerwillig gehorchten sie der Aufforderung. Noch widerstrebender ließ Passion Saber gehen. Als die Schwester jedoch energischer mit ihrer Forderung wurde, gab Passion nicht nur nach, sondern fand auch genügend Kraft um die Frau als das fieseste, grausamste, herzloseste und gefühlsunterkühlteste Weib, das je exsistiert hatte, zu betiteln. Diese hob nur die Schultern, ehe sie das Zimmer verließ und gleich darauf mit dem Arzt zurückkehrte. Der Arzt war der selbe, der Saber behandelt hatte. „Ich höre, Sie sind schon auf dem Weg der Besserung,“ neckte er sie beim Eintreten. Als sie schwieg, fuhr er fort: „Sie müssen dennoch ein wenig bleiben. Fünf Tage um es genau zu sagen.“ – „Wie lange war ich überhaupt weg?“ fragte sie. „Nun,“ Er räusperte sich. „das lassen Sie sich am besten von Ihrem Freund berichten. Ich gebe nur über ihren Gesundheitszustand Auskunft. Der ist zwar nicht dramatisch, aber auch kein Grund zur Freude. Da ich hörte, dass Sie gern zu Unvernunft neigen, kann ich Ihnen nur raten, sich an die Anweisungen zu halten, die Sie bekommen. Sonst muss ich mich bei Ihnen in Ungnade stürzen und Ihren Aufenthalt hier verlängern.“ Er schenkte ihr einen väterlich mahnenden Blick. „Ist okay, Doc,“ erwiderte sie leise. „Gut,“ nickte der Mediziner. „Sie können Ihren Freund noch kurz sehen, wenn Sie möchten. Aber nicht so lange. Sie brauchen viel Ruhe. Alle anderen müssen bis morgen warten.“ Sie nickte ergeben. Die Schwester rief Saber hinein und verließ gemeinsam mit dem Arzt das Zimmer.
 

Der Blick seines Wildfangs verriet dem Recken, dass sie ihm wenig erfreuliches zusagen hatte. Jetzt, da sie den ersten Schrecken überwunden hatte, konnte sie sich mit einigen anderen Dingen auseinandersetzen. Dazu gehörte in erster Linie sein Schweigen bezüglich der Vorgehensweise an Pier 7. Zwar hatte sie inzwischen begriffen, dass er sie so nur hatte schützen wollen. Aber es hieß für sie auch, dass er nicht erwartet hatte, dass sie sich an die Absprache gehalten hätte, wäre sie einbezogen worden. Dies wiederum bedeutete auch, dass er ihr in diesem Punkt nicht ganz vertraute. Als er sie jetzt so an sah, lag nicht nur Sorge um sie in seinem Blick, sondern auch ein schlechtes Gewissen. Mit Bedacht näherte er sich dem Fußende ihres Bettes. „Und, was sagt der Arzt?“ wollte Saber ganz unverfänglich wissen. Sie hob die Schultern. „Fünf Tage Ruhe,“ erwiderte sie dann. „Das wird dir sicher gut tun. War eine ereignisreiche Zeit,“ entgegnete er. Aber das verhinderte nicht, dass sich eine gewisse Spannung zwischen ihnen aufbaute. Das wurde nicht besser, als der Rotfuchs antwortete. „Langweilig war es nicht, da hast du Recht.“ Verlegen blickte er sich im Raum um. „Tja, was soll ich dazu sagen.“ Für den Vulkan im Bett reichte das um Auszubrechen. „Jetzt brauchst du nichts mehr zu sagen! Es wär besser gewesen, wenn du den Mund vorher aufgebracht hättest! Ich mein, die Wahrheit wäre doch gut gewesen, “ katapultierte sie ihm einen früher mal erhobenen Vorwurf an sie zu ihm zurück. Saber schnappte nach Luft. „Du hättest dich auf eigene Faust aufgemacht um die beiden Bilder zu holen, ich kenne dich doch“, versuchte er sich zu rechtfertigen. Doch Passion war bei den vorangegangen Auseinandersetzungen eine gute Zuhörerin gewesen. „Auf einmal.“ Skeptisch hob sie die Augenbraue. „Ist noch nicht allzu lange her, da hast du was anderes behauptet.“ Sie schlug ihn mit seinen eigenen Waffen und das auch noch ungemein treffsicher. Saber fühlte sich mit dem Rücken an der Wand stehen, was nicht nur daran lag, dass er gerade tatsächlich an der Wand lehnte. „Zumindest kenne ich dich heute besser, als zu dem Zeitpunkt, da ich das behauptet habe“, räumte er notgedrungen ein. Er konnte ja schließlich kaum abstreiten, dass gesagt zu haben. „Ach, deshalb traust du mir nicht zu, dass ich auch mal für einen Cent vernünftig sein kann. Danke. Gut, dass ich das jetzt weiß, “ gab sie beleidigt zurück. Saber stieß sich von der Wand ab. „Du drehst mir das Wort im Mund um, Passion. So habe ich das nicht gemeint, “ verteidigte er sich, aber sie verschränkte abweisend die Arme vor der Brust. „Okay. Erkläre.“ Einen Moment lang war er sogar dankbar dafür, dass sie gerade nicht so wohlauf war, dennoch hütete er sich davor ihr zu nahe zu kommen. Erstmal setzte er sich auf einen Besucherstuhl, der etwas mehr Abstand zu ihr garantierte, als der auf der anderen Seite des Bettes. „Ich weiß, wie viel dir die Bilder deines Vaters bedeuten und ich weiß, dass du dafür jedes Risiko eingehen würdest“, begann er erneut sich zu erklären. „Ich wollte dich beschützen, dich nicht in Gefahr damit bringen …“ Sie schnitt ihm das Wort ab. „Hat ja wunderbar geklappt. Ich war nicht eine Sekunde lang in Gefahr.“ Die Ironie darin erfüllten Saber mit noch mehr Unbehagen. „Ich konnte nicht ahnen, dass sie dir auflauern“, wand er ein. „Es tut mir leid, Passion.“ Aber die war noch nicht gnädig gestimmt und versetzte ihm einen weiteren Seitenhieb. „Also doch nicht das Genie, dass du gern wärst, was? Ich würde gern selbst entscheiden, in wie großer Gefahr ich wann schwebe und wie nötig das ist. Verdammt, ich hätte echt gedacht, dass ausgerechnet du mit mir über alles redest, “ konterte sie. Ein Faustschlag hätte ihn nicht härter treffen können. Der Blondschopf zuckte förmlich zusammen. „Wir... ich hatte nicht einkalkuliert, dass sie uns beschatten.“ Er rutschte unruhig auf dem Stuhl vor. „Hättest du mich nicht im Krankenhaus besucht, hätten sie es niemals herausgefunden. Passion, bitte glaub mir, ich vertraue dir, aber ich wollte dich beschützen, “ fügte er dann eindringlich hinzu. „Na wenigstens wirfst du mir nicht vor, dass es meine Schuld sei, “ stellte sie fest. „Aber das mit dem Vertrauen ... sorry, dass nehm ich dir nicht ab.“ Er blickte an ihr vorbei an die Wand. „Ich kann dir nichts vorwerfen, wenn du keinen Fehler gemacht hast“, erwiderte er seufzend. Er konnte sehr gut verstehen, dass sie sich aufregte. Im Nachhinein hatte er sich selbst gefragt, ob es nicht klüger gewesen wäre sie einzuweihen. Er hatte sich Vorwürfe gemacht, weil er es nicht getan hatte. Er machte sich noch immer Vorwürfe. Passion schnaubte und funkelt ihn düster an. „Mehr hast du nicht zu sagen?“ wollte sie wissen. Er antwortete nicht gleich. Sein Blick wanderte von der Tapete auf den Boden und seine Stiefelspitzen. „Meine Gefühle für dich haben dich in diese Lage gebracht“, gestand er dann. „Mehr schuld als ich kann niemand sonst sein, Passion.“
 

Die Reue in seiner Haltung und seiner Stimme erweichten sie. Vor allem, da sie selbst sich schon längst eingestanden hatte, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. „He, sieh mich an, wenn wir reden“, forderte sie schon in milderem Ton. Er hob die Augen und sah sie an. „Es tut mir aufrichtig leid, Passion“, erklärte er schlicht. „Weißt du“, lenkte sie ein. „Saber, ehrlich. Dass du mich außen vor gelassen hast, dass tut am meisten weh.“ Jetzt erhob er sich vom Stuhl und trat ans Fußende des Bettes. „Wir wollten dich und deine Schwestern nicht in Gefahr bringen. Nach dem Angriff hatten sie ja keine Ahnung, dass eine Verbindung zwischen uns besteht, “ erläuterte er ihr seine Entscheidung. „Passion, es ist unsere Aufgabe, die Menschen im Neuen Grenzland zu beschützen und genau das, wollten wir tun.“ Jetzt starrte er schüchtern auf die Bettdecke. „Ich will dich nicht verlieren, aber wegen meines Unvermögens hätte ich dich beinahe verloren“, flüsterte er leise. „Vielleicht ist das erschreckende daran“, setzte sie an. Sein Kopf fuhr hoch, als sie sprach. Was meinte sie nur mit „erschreckend“? Ihm wurde kalt. „Besonders für mich erschreckend ist, dass du mich schon so gut kennst“, gestand sie nun ihrerseits. „Ich hab gar kein Recht dir so die Hölle heiß zu machen, nur weil du, aufgrund dessen, was ich seither so geliefert hab, die für dich einzig richtige Entscheidung in dem Moment getroffen hast. Oh, Gott. Ich hab gedacht, ich sehe dich nie wieder.“ Die letzten Worte waren schlecht zu verstehen. Tränen hatten sich in ihre Stimme gemischt. Was sollte er jetzt dazu sagen? Erst machte sie ihn rund wie einen Buslenker und dann zeigte sie Einsicht. Einen Moment lang wollte er ihr am liebsten den Hintern dafür versohlen, dann musste er ein Lächeln unterdrücken. Passion lernte Einsicht. Na, wenn das kein Fortschritt war. „Saber.“ Sie streckte die Arme nach ihm aus. Viel zu warm durchflutete es ihn, als dass er etwas anderes hätte tun können, als sie in den Arm zu nehmen. Für sich selbst fasste er zusammen, dass jetzt sich nicht mehr ändern ließ, was geschehen war. Aber wie sehr es ihm auch leid tat, dass Glück und die Freude, darüber, sie jetzt halten zu können, war das einzige, was wirklich zählte. „Lass mich heut Nacht nicht allein“, bat sie flüsternd. Eigentlich sollte er gehen, dass wusste er. Er hatte einen Fall zu lösen und sollte das mit seinem Team auf Ramrod tun. Doch er brachte es nicht fertig, sie jetzt allein zu lassen.

Man kann es ja mal versuchen

Das Begrüßungskommitee, welches ihn am nächsten Morgen erwartete, wirkte recht eigentümlich. April stand, die Arme in die Hüften gestemmt, vor ihm und fragte: „Wo warst du?“ Colt hockte breit grinsend in seinem Sattelmodul und stellte grinsend fest: „So ausgezehrt kann Passion nicht gewesen sein, wenn es die ganze Nacht gedauert hat.“ Während Fireball sich vom Panoramafenster zu ihm wand und tadelnd den Kopf schüttelte. „Ziemlich unvernünftig war das, wenn du mich fragst. Egal, wo du warst .“ Saber gab ihm Recht. Er hätten zu erst an seinen Auftrag denken sollen. Von seinen Kameraden hatte er dies ja auch immer verlangt. Aber er war auch nie zu hart mit ihnen ins Gericht gegangen. „Seid mal gnädig. Ich nehm euch auch nicht so in die Mangel, wenn ihr mal was verzapft habt, “ meinte er friedfertig darauf. „Nimmt dir doch keiner übel, wenn du auch mal Spaß hast, aber du hättest wenigstens anrufen können und sagen, wo du dich rumtreibst, “ lachte Colt. Der Scharfschütze hatte volles Verständnis für seinen Vorgesetzten. Der Blondschopf registrierte das munter. „Du musst reden. Wieso fällt dir jetzt ein, was ich dir schon die ganze Zeit predige?“ grinste er. „Damit er dir mal vorhalten kann, was sonst immer wir zu hören kriegen“, schaltete sich Fireball ein. „Fühlt sich nicht so toll an, was Boss?“ Saber musterte seinen Piloten. Bisher schien er zu versuchen, das ganze von der komischen Seite zu nehmen. Aber unter der Oberfläche, so hatte der Recke den Eindruck, lastete noch etwas auf Fire. „Dass ich es jetzt dreifach abkrieg, ist ein bisschen unfair. Findest du nicht?“ antwortete der Blondschopf daher. „Nö, gar nicht“, grinste der Rennfahrer prompt. „Du predigst schon seit Jahren, wir machen es nur jetzt.“ Saber schüttelte den Kopf. Was sollte er davon halten. „Wenn ich nicht so müde wäre ...“ – „Hat sie dich so geschafft?“ wollte Colt lachend wissen. „Neidisch?“ fragte Saber zurück. Er folgte dem Schlagabtausch vor allem um herauszufinden, was tatsächlich los war. Sein Pilot schien verstimmt, auch wenn er versuchte das zu verbergen. Aber das „Worauf? Dass du grad nicht fähig bist, deine Arbeit zu machen?“, das er jetzt vernehmen ließ, bestätigte Sabers Ahnung. „Okay, gewonnen, du übernimmst das Kommando. Mal sehen wie es so läuft, wenn sich einige Mitarbeiter nicht konzentrieren können, “ erwiderte der Recke, gespannt auf die Reaktion. „Siehst du Lametta an meiner Brust?“ warf Fire zurück. „Soll ich dir meins leihen?“ Saber gab sich munter, aber er achtete sehr genau auf den Rennfahrer. „Nee, Geschenktes schenkt man nicht weiter“, schlug der das Angebot aus. „Feigling. Da hast du mal die Chance, es mir heimzuzahlen in dem du für einen Tag das Kommando übernimmst und dann zierst du dich wie ein Mädchen. Sorry April.“ Der Blick seine Vorgesetzten ruhte auf ihm. „Das hat mit Zieren nichts zu tun, Saber. Ich kann warten, bis ich meine eigene Crew kriege, “ wiegelte Fire erneut ab. „Verräter.“ Damit kassierte er von April eine Kopfnuss. „Bitte, du hast ja wohl mehr zu bieten, als eine große Klappe“, versetzte der Recke. Der Rennfahrer zog den Kopf unter dem strafenden Schlag ein. „Du wirst für die Arbeit bezahlt und nur weil du heute zu nix zu gebrauchen bist, halt ich dafür den Kopf nicht hin. Du darfst deinen Kopf heute schön selbst hinhalten, der Polizeichef wartet schon auf unseren kommandierenden Offizier.“ Das klärte für Saber einiges.
 

Offensichtlich hatte sein Pilot mit dem Polizeichef ein hübsches, nettes und ruhiges Telefonat geführt. Dieses Gespräch war offensichtlich der Grund für Fires gute Laune. „Seid wann hast du Angst vor der Obrigkeit?“ grinste der Blondschopf. „Was will er denn, der Polizeichef?“ Fires angesäuerte Stimmung war nicht mehr zu verbergen. „Gar nicht. Aber es war deine Freundin, die wir da gestern vom Pier gefischt haben, “ warf er zurück. Also schön. Was auch immer der Kleine hatte, es sollte wohl besser unter vier Augen besprochen werden. Saber winkte ihn zu sich „Komm mal mit“ und wand sich zum gehen. Mürrisch knurrte Fire: „Wohin?“ – „Von Board.“ Die Tonlage des Recken war nicht scharf, aber bestimmt. Er duldete keinen Widerspruch und so trotte Fireball missmutig hinter ihm her die Rampe runter. Draußen begann Saber direkt die Aussprache. „Und jetzt Klartext, Fireball. Wenn du ein Problem mit mir hast, raus damit, “ forderte er ihn auf. Der Pilot lehnte sich gegen die Rampe und ließ seinen Blick auf die Stadt schweifen. „Wie wär es, wenn du deine Arbeit machen würdest?“ Er wagte Saber nicht anzusehen. Immerhin war so ein Vorwurf gegen einen Vorgesetzten, etwas anderes als gegen einen Freund und ihm war gerade nicht so klar, als was Saber nun vor ihm stand. „Du findest, ich vernachlässige meinen Job?“ hakte der nach. „Ein ganz klein wenig vielleicht“, versuchte Fire das Ganze nicht so hart wirken zu lassen. „Und du findest das, weil ...?“ bohrte sein Boss weiter. So sachlich wie möglich deutet Fire auf den Friedenswächter. „Weil sich seit Beginn der Mission deine Arbeit stapelt“, antwortete er. „Sprichst du da ausschließlich vom Papierkram?“ Saber hob skeptisch die Augenbraue. „Oder ist dir noch was anderes aufgefallen?“ Gespannt wartete der Recke auf die Reaktion. Er wusste selbst, dass der Pilot momentan die Aufgaben seines Vorgesetzten übernahm. Saber hatte sie ihm bewusst zu geschustert und wie für alles was er tat, hatte er auch dafür einen guten Grund. „Ich meine, als du im Krankenhaus warst, war es klar, dass alles liegen bleibt, aber nicht...“ Fireball wusste nicht so Recht, wie er es formulieren sollte. „Du bist kaum erreichbar.“ Saber griff den ersten brauchbaren Punkt der Beschwerde auf und erklärte sachlich: „Seit ich aus dem Krankenhaus entlassen bin, war ich nur einmal nicht erreichbar, und das war gestern Nacht. Das ist Fakt.“ Der Rennfahrer legte den Kopf in den Nacken. „Und davor? Und sag jetzt bloß nichts von wegen Recherche, “ gab er mürrisch zurück. „Mir steht es bis hier, deine Sekretärin spielen zu müssen.“ Auch auf die zweite verwertbare Kritik antwortete der Recke nüchtern. „Du musst nicht meine Sekretärin spielen, nur weil ich einmal - und das ist auch Fakt - zu spät zu einer Besprechung gekommen bin. Was ist wirklich los?“ – „Was wirklich los ist?“ Jetzt hob Firerball die Augenbrauen. Seit wann war Saber denn begriffsstutzig? „Ich hab weder Zeit noch Nerven, auch deine Arbeit mitzumachen, das ist Fakt. Colt und April verlassen sich auf dich, aber ich …“ Er brach ab. Der Recke musterte ihn. „Du hast also weder Zeit noch Nerven Aufgaben zu übernehmen, bei denen du was dazu lernst und ich sehen kann, wie weit du wirklich schon bist. Denkst du eigentlich das ist nur weil ich nachlässig bin?“ – „Für mich sieht es so aus, Saber. Seit du mit Passion anbandelst, läuft alles leicht aus dem Ruder.“ Unwillkürlich zog Fire den Kopf etwas ein. Sein Vorgesetzter konnte ihn für so ein Statement schließlich auch den Kopf waschen. Aber das geschah nichts.
 

Unverändert freundschaftlich war dessen Tonfall, als er entgegnete: „Das hat jetzt aber nichts mit Passion zu tun. Nicht so wie du glaubst. Das hat damit etwas zu tun, dass ich dich ganz bewusst mit diesen und jenen Aufgaben allein lass. Ich muss sehen, wie weit du bist. Wie willst du dich verbessern, wenn du nichts dazulernst und mehr Verantwortung übernimmst?“ Der Pilot blaffte zurück. „Zum Dazulernen gehört aber eine leitende Hand, nur ist die im Moment anderweitig beschäftigt. Ich kann mich nicht verbessern, wenn du mir nicht sagst, was ich falsch mache.“ Unbeeindruckt von dem Temperamentsausbruch gab Saber leicht zurück. „Ich sag dir schon, wenn du was falsch machst. Aber, dazu musst du erstmal Fehler machen.“ Für dieses indirekte Lob seines Bosses hatte Fireball aber kein Ohr. Er fühlte sich mit dem erweiterten Aufgabengebiet etwas überfordert und ohne Sabers richtungsweisende Hand verunsichert. Wie auch Colt, war Fireball bei seinem Dienstantritt auf Ramrod kein ausgebildeter Starsheriff gewesen. Aber das Oberkommando hatte eine Ausnahme gemacht und beiden den Rang eines Gefreiten zugesprochen. Normalerweise war dafür die Grundausbildung erforderlich. Seither bemühte Saber sich stets die beiden nebenher zu Auszubilden um die fehlenden Lücken der Grundausbildung auszumerzen. Sowohl Colt als auch Fireball wussten das. Nur anders als der Pilot ging der, ein wenig ältere, Scharfschütze souveräner an die gestellten Forderungen und ließ sich nicht so leicht aus der Bahn werfen. Fire tat sich schwerer mit der aufgebürdeten Verantwortung umzugehen, weil er sich selbst zu wenig zu traute. Diese Gedanken schossen Saber durch den Kopf als der Rennfahrer immer noch blaffte: „Du kriegst wohl kaum mit, was ich verbocke, wenn du nicht da bist“, Der Recke runzelte die Stirn. „Als ob Colt und April dich nicht im Auge hätten. Ganz besonders April.“ Die Blondine war schließlich ebenso Starsheriff wie Saber und hätte im Falle eines sich anbahnend Desaster längst Saber informiert oder selbst eingegriffen. „Ja, die zwei sind sehr aufmerksam, wenn sie nicht grad irgendeinen Blödsinn machen“, erklärte Fire trocken. „Okay, wie du willst.“ Saber hob die Schultern. Noch einmal musterte er seinen Piloten. „Ich will von dir klare Anweisungen haben. Entweder du sagst mir klar, welche deiner Aufgaben ich übernehmen soll, aber mach es nicht so halbherzig. Das ganze endet sonst in einem Drama. Für dich und für mich, “ machte der klar und Saber verstand, was gemeint war. „Ich will klare Anweisungen, noch, weil ich nicht so weit bin.“ Der Blondschopf seufzte. „Okay. Dann melde dem Polizeichef, was immer er wissen will, er soll sich an Andrew Heart wenden. Ich werde, wenn es um V-Angel geht, nur mit Detective reden.“
 

Gegen eine gewisse Enttäuschung kam Saber nicht an, als er die Rampe wieder hinaufstieg. „Schon klar, du und Heart habt ja beide das selbe Problem“, lächelte Fire jetzt. Doch sein Boss nickte nur knapp. „Na, dann geh mal frühstücken“, rief er ihm nach. „Hab schon, aber die Arbeit wartet“, kam es zurück. Saber war schon halb die Rampe rauf. „Ach ja, das böse A-Wort. Wenn das alles hier vorbei ist, melde ich mich erst mal ein Monat vom Dienst ab, “ scherzte der Rennfahrer. Saber grinste nur. Das machte Fire stutzig. Bis eben war sein Vorgesetzter noch offen und gesprächig gewesen. Was hatte er denn auf einmal? „Bist du jetzt sauer auf mich?“ fragte Fireball, als er hinter Saber die Rampe raufschlich. „Mann, das nächste Mal halt ich wirklich meinen Mund.“ Der Gefragte wand sich halb zu ihm um. „Ich bin nicht sauer. Warum sollte ich?“ – „War nur eine Vermutung“, überspielte Fire seine Bedenken. „Ich werd jetzt mal im Präsidium anrufen und den Polizeichef noch ein bisschen höher auf die Palme treiben“, meinte er dann munter. „Tu das.“ Saber blieb am oberen Ende der Rampe stehen und zögerte. Im Näherkommen erklärte Fireball fröhlich. „Das wird ein Spaß. Der ruft Commander Eagle nachher an und beschwert sich über mich, wenn ich mit ihm fertig bin.“ Der Blick, der bei dieser Aussage auf dem Recken ruhte, war wachsam. „Wenn er das tatsächlich tut, wird Eagle nur mir den Kopf waschen und mir sagen, dass ich es mir noch mal überlegen soll“, erwiderte dieser recht trocken. Mit der Reaktion hatte der Pilot nicht gerechnet. Etwas verwirrt schaute er aus der Wäsche, blieb abrupt stehen und fragte verständnislos: „Was solltest du dir noch einmal überlegen?“ Gedanklich schüttelte Saber den Kopf. Es stimmte wohl, wenn es hieß, dass die Dinge, die man nicht aussprach, mehr Ärger brachten, als die, die man sagte. „Also hör mal, dass ist so: Ich wollte dich für die Beförderung zum Korporal vorschlagen. Ich hab den entsprechenden Antrag schon bei Commander Eagle eingereicht. Aber…“ Er hielt inne. Fireball starrte ihn so entgeistert an, dass es schien, als würde er gleich die Rampe wieder hinunter kullern. „Du hast was?“ – „Reg dich ab. Du hast ja gerade deutlich gemacht, dass du es sowieso nicht willst, also werd ich den Antrag zurückziehen, “ versuchte Saber den Kameraden zu beruhigen. „Irgendwas muss dir in letzter Zeit auf den Kopf gefallen sein.“ Mit dieser Feststellung lehnte sich der Pilot haltsuchend an einen der Pfeiler. „Weshalb hast du so viel Vertrauen in etwas, was ich nicht kann?“ Unwillkürlich musste der Recke schmunzeln. „Mir ist überhaupt nichts auf den Kopf gefallen. Wenn ich der Meinung wäre, du könntest das nicht, hätte ich den Antrag auch nicht ausgefüllt. Ich war der Ansicht, du bist so weit. Aber ich werde dich nicht in einen Dienstgrad zwingen, der dir unter anderem mehr Verantwortung aufhalst, wenn du nicht willst. Also krieg dich wieder ein.“ Noch immer völlig perplex gestand Fire: „Ich würd eher behaupten, dass ich der Verantwortung nicht gewachsen bin.“ Sein Boss hob die Schultern. „Wie gesagt, dass sehe ich nicht so.“ – „Dann siehst du was, was ich sonst keiner sieht“, meinte der Rennfahrer. „Oder aber du glaubst es nur zu sehen, weil du die letzten Tage ja nicht viel da warst.“ Saber musste immer noch grinsen. „Ich hab genug gesehen. Besonders in diesem Fall.“ Da hatte sich der Rennfahrer mehr als einmal selbst übertroffen. „Das ist jetzt sicher ungebührlich, wenn ich das so frag, aber bist du sicher, dass du in diesem Fall noch hormonfrei urteilen kannst?“ wollte der wissen. Entrüstet kam es zurück. „Na hör mal.“ Fireball zuckte zusammen. „Es geht nicht nur um deine Arbeit bei dem Fall. Es geht um das, was du auch schon davor geleistet hast, “ wies ihn Saber dann sachlich zurecht. „Wenn du meinst. Aber ob das eine gute Idee ist, wag ich immer noch zu bezweifeln.“ Fire hob die Schultern und trollte sich um den Polizeichef anzurufen.
 

„Wie geht es denn Passion?“ fragte Colt, als Saber auf die Brücke zurück kam. „Sagen wir, sie ist mit dem Schrecken davon gekommen. Nachdem, was sie mir erzählt hat, kann sie da oben nicht länger als zehn Minuten gehangen haben. Alles andere, so hat der Arzt bestätigt, hätte Schäden hinterlassen, “ erwiderte der Gefragte. „Und sonst? Was erzählt sie sonst noch?“ wollte April wissen. „Na ja, sie hat gesagt, dass sie…“ Eben hatte sich der Recke in seine Satteleinheit setzen wollen, da erstarrte er in der Bewegung. Aufmerksam sahen ihn Colt und April an. „Was?“ – „Colt, geh ins Krankenhaus und bleib bei ihr“, befahl Saber. Der nickte knappt und wand sich zum gehen. „Warum?“ wollte April wissen. „Weil Damien weiß, dass sie V-Angel ist. Sie hat es ihm selbst gesagt. Er wollte, dass sie ihn zu den restlichen Werken führt.“ Colt gab Vollgas und war schneller aus der Kommandozentrale verschwunden, als er „Hasnijrk“ sagen konnte. Aprils verwundertem Blick wich Saber aus und begann aufzuarbeiten, was liegen geblieben war. Einerseits, um seinen Piloten wieder zu entlasten und andererseits, weil er wusste, dass der Cowboy sich melden würde, falls etwas nicht stimmte. Ansonsten war Passion bei dem Scharfschützen in guten Händen.
 

Ramrod stand auf dem Gelände eines abgerissenen Supermarktes. Keine gute Startbahn, aber günstig gelegen um innerhalb von wenigen Minuten sowohl die Polizeistation also auch das Hospital zu erreichen. Und Zeit konnte so kostbar sein, wie Colt feststellte, als er recht schwungvoll Passions Krankenzimmer betrat. Die Tür flog auf und der Scharfschütze erblickte drei Personen vor sich. Vor dem Fußende des Bettes hatte Vishap Passions Oberarm umgriffen, als wolle er sie mit sich ziehen. Ihr Mund war mit Klebeband verschlossen. Ays stand neben den beiden uns schickte sich an, die Passions Hände damit zu binden. Die ungeplante Unterbrechung ließ ihn innehalten. „Hoppla. Hallo Passion .Hallo Passions Entführer, “ grüßte Colt und überspielte geschickt seine Überraschung. Ays fiel das Klebeband aus den Händen. „Verdammt, ein Blechstern.“ Der Scharfschütze winkte ab. „Nö, nicht verdammt. Gott sei Dank bin nur ich es. Saber würdet ihr nicht überleben, “ erklärte er beinahe heiter. „Dafür überlebst du es nicht.“ Ays hatte offensichtlich seine Fassung wieder gefunden und die Gelassenheit seines Kumpanen half ihm dabei. „Wag ich zu bezweifeln, Kleiner.“ Auch Colt war nicht so leicht zu beeindrucken. „Wir haben einen Optimisten vor uns“, knurrte Vishap und hielt Passion dabei einen Blaster an die Schläfe um zu verdeutlichen, dass er den Trumpf in der Hand hatte. „Was willst du überhaupt mit dem Rotfuchs? Ich meine, sie ist vorlaut, hat keine Manieren, macht nur Ärger und ist total kratzbürstig, “ versuchte Colt die Entführer in ein Schlagabtausch zu verwickeln. Entweder fand er den Schwachpunkt oder ihm fiel inzwischen was Besseres ein. Passion gab nur undeutliche Laute von sich. Das Klebeband auf dem Mund erfüllte seine Aufgabe. „Und bissig ist sie auch“, ergänzte Ays und bedachte seinen Darkness-Kameraden mit einem Blick, den Colt nicht deuten konnte. „Ja, sie hat scharfe Beisserchen“, meinte der Cowboy deshalb trocken. „Diesmal bin ich drauf vorbereitet“, gab Vishap düster zurück. „Und jetzt sieh zu, dass du uns aus dem Weg gehst, bevor ich ihr den Kopf weg puste.“ Er hatte nicht vor noch mehr Zeit zu verplempern. Colt hob die Schultern, drehte die Hände so, dass sie sehen konnten, dass er unbewaffnet war, setzte sein unschuldigstes Gesicht auf und machte einen Schritt zur Seite. „Bitte, tu dir keinen Zwang an. Wenn du ihr nichts tust, werde ich sie mir vorknöpfen. Und glaub mir, Compadre, Star Sheriffs sind nicht so zimperlich wie du.“ Naiv wollte der Darkness-Pilot wissen: „Was willst du denn von ihr?“ Vishap fuhr ihm über den Mund. „Halt die Klappe! Das kann uns doch egal sein.“ Ays war nur zum Fliegen zu gebrauchen. Sonst war er nicht sonderlich clever. Zudem fühlte er sich nur in der Gruppe stark und war ohne die oder klare Anweisungen schlichtweg aufgeschmissen. Colt durchschaute das und antwortete ihm deshalb: „Ach, weißt du. Ich kenn da ein paar tolle Kniffe um ein Mädchen wie sie zu bändigen und zu zähmen." - „Wie schön für dich.“ Vollkommen unbeeindruckt schob der Dieb Passion an Colt vorbei in Richtung Tür. Ays trotte hinterher. Da Passion sich nicht einfach schieben ließ, wand Vishap kurz den Blick von Colt weg, auf ihre Hände, die er ihr auf dem Rücken zusammendrückte. Das reichte Colt um dazwischen zu fahren. Blitzschnell versetzte er dem Entführer einen Kinnhaken, auch wenn Passion dadurch den Ellenbogen des Scharfschützen zwischen die Schulterblätter bekam. Ihr Kidnapper hatte sie losgelassen und sie stolperte durch die, seid Colts Eintreten, noch offene Tür auf den Flur. Vishap taumelte gegen Ays. „Für dich hab ich noch eine Überraschung, Luschi“, grollte Colt. „Luschi? Du Sternschnuppe.“ Der Darkness-Dieb zielte mit dem Blaster auf den Starsheriff. Doch der blieb cool. „Was? Kein größeres Kaliber? Also, wenn an dir alles so klein ist, wie dein Blaster, bist du ja fast ein Mädchen.“ Nun zückte auch Ays eine Waffe. „Doppelt hält besser“, erklärte er und visierte den Cowboy ebenfalls an.
 

Passion war kaum auf den Gang getaumelt, da riss sie sich schon das Klebeband vom Mund und begann Alarm zu schlagen. „Doc! Schwester!“ Sie stürmte zum Empfang vor und fuhr die perplexe Pflegerin aufgeregt an. „Hey Eule, funk mal Ramrod an.“ Die wollte sich eben über den rüden Tonfall beschweren, da setzte Passion noch eins drauf. „Los, oder willst du eine Kugel im Kopf haben.“ Geschockt tat die Krankenschwester wie ihr geheißen.
 

„Haut mich jetzt auch nicht vom Hocker“, gab Colt lässig zurück. „Ihr zwei bräuchtet ja einen Blindenführer um zu treffen.“ Er musste sie hinhalten bis endlich mal Wachpersonal oder ähnliches antrabte. Sicher war Passion clever genug um Ramrod zu rufen. „Dir ist die kleine Hexe auch grad entkommen, Blechstern“, versetzte Vishap, der Passion hatte laufen sehen. „Ach, ich weiß, wo sie schläft“, grinste Colt und trat, die Blaster im Auge behaltend einen Schritt auf seine Gegner zu. „Sind die Dinger überhaupt geladen?“ Ays richtet seine Waffe auf den Kopf des Scharfschützen. „Kannst du gleich herausfinden.“ Der lachte nur. „Das sehe ich doch im dicksten Nebel noch, dass du mit dem Schießeisen nicht umgehen kannst, Junge.“ Von der Tür her rief Passion, kaum das sie zurück am Ort des Geschehens war. „Colt, lass mir Vishap.“ Der Angesprochenen drehte sich leicht zu ihr um. „Was du alles Bettruhe nennst, tststs.“ – „Mit Ruhe ist grad nicht mehr so. Schieb die Ratte rüber. Den hab ich das letzte Mal fast kastriert, dass schaff ich diesmal ganz, “ warf der Rotschopf kampfeslustig zurück. „Was willst du da noch kastrieren, der hat ohnehin keine Eier in der Hose?“ lachte der Cowboy munter. Jetzt war er sicher, dass bald Verstärkung da war. „Dank mir“, erklärte sie nicht ohne einen gewissen Stolz. „Gut zu wissen“, parierte Colt, noch immer seine Widersacher im Auge haltend. „Dann halt ich meine Kronjuwelen in Zukunft unter Verschluss.“ Weniger amüsant fand Vishap das Ganze. „Das reicht du Miststück.“ Er schoss nach vorn, stieß Colt zur Seite und stürmte auf Passion zu. Die machte sich angriffsbereit und meinte kämpferisch: „Komm nur ...“
 

Mit einem „Schon da“ baute Saber sich vor ihr auf und bremste ihren Angreifer aus. „Was machst du denn schon hier?“ Verwundert blickte Colt den Recken an. Im nächsten Augenblick tauchte Fireball an der Tür auf. „Der hatte einen guten Shuttle-Service hier her.“ Dabei zog er seinen Blaster und richtete ihn auf Ays. Die Warnung „Das würd ich bleiben lassen“ verwirrte diesen erst recht, da ihm das alles zu schnell gegangen war. Irritiert blickte er sich um und warf dann seine Waffe nach dem Rennfahrer. Der duckte sich unter dem Geschoss weg. „Nanana, wer wird denn?“ An der Reaktion seines Widersachers hatte Fire sofort erkannt, dass er das schwächste Glied in der Kette vor sich hatte. „Lass ihn nicht entkommen, Fireball“, rief Saber seinem Piloten zu. „Dann pack ich doch meine Laufschuhe aus.“ Mit diesen Worten hechtet er hinter Ays her, der versuchte über das Bett hinweg zu entkommen. Es gab ein kurzes Gerangel, dann klickten die Handschellen für den Darkness-Piloten.
 

Vishap, der sich auf Passion stürzen wollte, war von Saber gestoppt worden. Der Dieb hielt kurz inne. Einen Moment zögerte er, dann wollte er sich den Recken vorknöpfen, bekam jedoch die Faust des Scharfschützen zur spüren und landete unsanft auf dem Boden. Passion, die an der Wand im Flur stand, meldete unzufrieden. „Mist, dass wollt ich doch zu Ende bringen.“ Saber kickte die Waffe des Geschlagenen weg und legte ihm Handschellen an. „Du hast das Recht, uns die Informationen zu geben, die wir brauchen, Vishap“, erklärte er dabei trocken. „Ich hab ihn doch nicht kastriert, Baby. Das überlass ich dir, “ grinste Colt den Rotschopf an. „Den Teufel werd ich, “ knurrte der Dieb Saber an und fauchte dann Colt zu. „Schlag ihr lieber die Zähne aus.“ Dafür bekam er noch einen Tritt vom Scharfschützen. „Ist schon klar.“ Der hatte vielleicht Nerven. Fireball schob Ays zur Tür hinaus. „Was haben Passions Zähne mit dem Kastrieren zu tun?“ hakte er nach. Colt drehte sich zu ihm um. „Was hat da jetzt so lange gedauert, den Knilch einzukassieren? Mensch, Junge, du wirst langsam alt und lahm, “ stichelte er. „Das beantwortet meine Frage nicht, OPA, “ erwiderte Fire. „Können wir das später klären, meine Herren?“ mischte Saber sich ein und zog Vishap auf die Füße. „Ich schlage vor, wir statten der Polizeistation einen Besuch ab.“ Augenblicklich fragte Passion: „Kann ich mitkommen?“ Als hätte sie nichts gesagt, reihte sich der Rennfahrer mit Ays hinter Saber und dessen Gefangen ein. „Hätt ich das vor fünf Minuten gewusst, hätt ich den Polizeichef nicht so angeblafft, Boss“, beschwerte er sich. „Na, wenigstens bringen wir ein Versöhnungsgeschenk mit“, fügte er dann munter hinzu.
 

„Wartet. ich komme mit, “ meldete Passion, doch ehe sie folgen konnte, versperrte Colt ihr den Weg. „Hey, langsam mit den jungen Hexen.“ Er umfasste ihre Taille und legte sich das Leichtgewicht auf die Schulter. „Wir zwei machen uns einen schönen Vormittag hier.“ Immerhin hatte der Cowboy ja eine Aufgabe von Saber diesbezüglich bekommen und hatte vor, diese auch zu erfüllen. „Was?“ setzte der Wildfang zum Widerspenstigkeit an. Der Recke warf ihr einen Blick über die Schulter zu. „Ab ins Bett mit dir“, meinte er ungerührt. „Ja, kleine Kinder brauchen viel Schlaf, Passion“, neckte Fireball. Bei drei Männern gegen sich, half Passion auch ihr Name nichts mehr. Sie strampelte sich von der Schulter des Kuhhirten und protestierte „Moment, Moment. Das ist unfair.“ Doch Colt hatte sie schon wieder geschnappt. „Du kannst zappeln, was du willst, Revers wird keiner unterschrieben. Das sieht der Boss nicht gerne, “ mahnte er Augenzwinkernd. Es folgte erwartungsgemäß ein kleiner Vulkanausbruch. „Das ist mir doch egal.“ Jetzt fuhr Saber heftig herum. „Mir aber nicht, Passion! Marsch, zurück in dein Zimmer, “ befahl er einigermaßen barsch. „April kommt dich nachher besuchen und bringt dir Klatschzeitungen mit.“ Damit hatte sie nicht gerechnet. Mit großen, erschrockenen Augen starrte sie Saber an. Er hatte ihr etwas befohlen. Ihr hatte noch nie jemand was befohlen. „Okay“, nickte sie perplex und verschwand brav in ihrem Zimmer. Colt wischte sich den nicht vorhanden Schweiß von der Stirn. „Boah, da bin ich aber froh, dass du bei uns nie zu solchen Mitteln greifst, Boss“ meinte er heiter. „Ach was, Klatschzeitungen liest du doch so auch“, versetzte Fireball grinsend. Beiden war jedoch klar, was Passion wirklich eingeschüchtert hatte. Der Cowboy folgte dem Wildfang ins Zimmer, während Fireball und Saber in der Polizeistation aufmarschierten.

Verhör

Luza stand mit dämlichen Gesichtsausdruck und großen Augen an der Tür seines Büros, als die Starsheriffs mit ihren Gefangenen eintraten. „Hey, Meister. Wir haben ein kleines Geschenk mitgebracht, “ grüßte der Rennfahrer frech fröhlich. „Wie wär es also, wenn Sie Ihre Feiertagslaune wieder einpacken und Säbelschwinger und mir eine Tasse Kaffee ausgeben?“ Nach den beiden Telefonaten mit ihm hatte der Pilot überhaupt keinen Respekt vor Luza. Für Fire war klar, dass der Mann der inkompetenteste Schwachkopf mit dem er je zu tun hatte. Wie zum Beweis dafür bekam Luza nun den Mund kaum zu. „Geschenk? V-Angel?“ fragte er überrascht und deutete auf die Gefangenen. „Nein! Saber hab ich mitgebracht!“ Fireball schüttelte den Kopf und warf seinen Vorgesetzten einen missbilligenden Blick zu. Da hatte er ja eine tolle Aufgabe übertragen bekommen. Saber ignorierte das alles. „Wir brauchen zwei Verhörräume. Sind 1 und 2 frei?“ meinte er stattdessen sachlich. Luza nickte lahm und gab sich so die Blöße vor seinen Untergebenen, dass er gerade gar nichts verstand. „Ich hätt meinen Kaffee gern schön schwarz und stark, ja“, stichelte der Pilot im Vorbeigehen. Dann wurden Vishap und Ays in die beiden Verhörräume verfrachtet.
 

Kurz entschlossen entschieden sich der Recke und Fire mit dem Verhör bei Vishap zu beginnen. Dumpf prallte der auf dem Stuhl auf und lehnte sich so gleich lässig an. Er musterte die beiden Starsheriffs vor ihm geringschätzig. „Sitz du bequem Vishap?“ fragte Saber scheinheilig um das Gespräch zu eröffnen. Der Gefragte nickte. Fireball schloss die Tür. „Vishap, der Drachenaufstieg“, setzte der Recke an. „Gab wohl heute eine Bruchlandung.“ Dabei platzierte er sich locker auf dem Tisch. Vishap hob nur die Schultern. „Gesprächig ist er ja nicht gerade“, stellte Fireball fest und schlenderte von der Tür weg zu Saber an den Tisch. „Hat Colts Rechte bei dir was durcheinandergewirbelt?“ wand er sich an den Darkness-Dieb, doch der starrte nur vor sich hin. „Vielleicht hätten wir Passion mit nehmen sollen. Die hat ihn aus der Reserve gelockt, “ schlug der Rennfahrer vor. Saber nickte leicht. Abfällig knurrte Vishap. „Die kleine Schlampe.“ Der Recke beugte sich drohend über den Tisch. Das war schließlich der Mistkerl, der seiner Lady auch schon ein blaues Auge verpasst hatte. Noch weniger, als irgendwer sonst, hatte er das Recht, sich abwertend über Passion zu äußern. „Pass auf, was du sagst“, drohte der Blondschopf. „Verklag mich doch“, schnappte sein Gegenüber augenblicklich. Saber erhob sich und ging um den Tisch herum. Er lehnte sich an dessen Kante und stand Vishap nun direkt gegenüber. „Du hast genug angestellt, da fällt Verleumdung auch nicht mehr auf, dass ist wohl wahr, “ meinte der Recke, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte den Dieb. Fireball schnappte sich einen der freien Stühle, platzierte ihn auf der anderen Seite des Straftäters und setzte sich so darauf, dass er seine Arme auf der Lehne verschränken konnte. „Blöd nur, dass du bis an dein Lebensende keine Sonne mehr sehen wirst, wenn wir mit dir fertig sind. Da fällt Passions Kastration auch nicht mehr ins Gewicht, “ erklärte er und hoffte, dass der Name des Rotfuchses Provokation genug war um ein paar Informationen aus Vishap heraus zu kitzeln. Tatsächlich fauchte der: „Glück für sie, wenn ihr es tatsächlich schafft mich einzubuchten. Sonst schlag ich ihr nämlich wirklich die Zähne aus.“
 

Die Aussage kratzte empfindlich an Sabers Beschützerinstinkt. Niemand drohte einer Frau. Der Recke griff Vishap unsanft am Kragen und zog ihn auf die Füße. „Du lässt deine dreckigen Finger von ihr!“ warnte er finster. Nein, er konnte einfach nicht unbefangen an dieses Verhör gehen. Nicht, nachdem er seinen Wildfang einigermaßen hilflos erlebt hatte und ihr Schweigen über ein paar Vorfälle ihm die übelsten Fantasien über die Ereignisse spinnen ließen. Dem Darkness-Dieb war bis eben nicht klar gewesen, wer der Anführer der Ramrodcrew war. Immerhin saß die nicht komplett vor ihm. Aber die Reaktion des Blondschopfes auf die Drohungen gegen Passion ließen in Vishap ein Licht aufgehen. „Jetzt versteh ich“, grinste er böse. „Du bist ihr Stecher. Na dann pass auf, dass du die Braut nicht verärgerst, sonst kriegst du beim nächsten Blowjob auch ihre Zähne zu spüren.“ – „Nicht nur eine scharfe Zunge, das Mädel, sondern im wahrsten Sinne des Wortes bissig, “ grinste Fireball. Saber stieß Vishap so heftig von sich, dass der hart im Stuhl landete und mit dem selbigen zu Boden stürzte. „Du verdammter...“ Dem Recken ging auf, was die Hinweise auf Kastration und Zähne zu bedeuten hatte. Der Liegende fand das jedoch nur lustig. So konnte er seinen Gegner also reizen. Gut zu wissen und Grund genug, es gleich noch mal zu tun. „Oh. Hab ich da was gekriegt, was du gern wolltest?“ lachte er herausfordernd. Der Gentleman in Saber ging flöten. Das war zu viel. Das war mehr, als er ertragen konnte. Das Bild in seinem Kopf, wie Passion dazu gezwungen worden war … Nein, das konnte er nicht einfach hinnehmen. „Dir hätte sie ihn ja am liebsten abgebissen. War das schmerzhaft? Aber nicht so schmerzhaft, wie das.“ Im nächsten Augenblick war das logische Denken bei Saber nicht mehr möglich. Rasend vor Wut fand er sich über Vishap gebeugt wieder und versetzte ihm mehrere harte Schläge ins Gesicht. Jetzt begriff sein Pilot ebenfalls die ganze Tragweite des gesagten. Er sprang vom Stuhl auf, fuhr energisch dazwischen und versuchte den Tobenden zurückzuziehen. „Boss, komm wieder runter. Der ist es nicht wert“, versuchte er ihn zur Vernunft zu bringen. „Der braucht keinen Anwalt mehr, wenn ich mit ihm fertig bin!“ Saber war kaum zu beruhigen und noch schwerer war es, ihm Einhalt zu gebieten. „Und was nützt das deiner Lady, wenn du dann eingesperrt wirst. Man, hör auf jetzt, “ rief Fireball, während er weiter an Saber zerrte. Die Hoffnung ihn durch die Erinnerung an Passion wieder zu besänftigen zerschlug der Recke im wahrsten Sinne des Wortes. Im Ausholen zum nächsten Schlag, erwischte er seinen Kollegen unbeabsichtigt, aber hart an der Stirn. Fire taumelte zurück. „Danke, Boss.“ Aber der hatte es im Rausch gar nicht mitbekommen. „Du kratzt ihre Ehre nie wieder an“, fauchte er Vishap zu. Der lachte unbeeindruckt provokant. „Lady? Die? Und Ehre?“ – „Sie ist mehr Lady als du Gangster bist!“ Damit zog der Schwertschwinger voll durch und knockte seinen Gegner aus. „Saber!“ Doch der Versuch des Rennfahrers, den vom Schlag abzuhalten, kam zu spät. Schnöde Genugtuung erfüllte den Recken. „Jetzt fühl ich mich besser. Wenigstens hält er jetzt die Klappe, “ meinte er, als er sich erhob und seine Kleidung in Ordnung brachte. „Wenigstens einer von uns, “ murmelte der Pilot und hielt sich wieder die getroffene Stelle. „Man, hast du einen Bums drauf.“ Den vorwurfsvollen Blick seines Kameraden konnte Saber nicht zu ordnen. Jetzt, da er wieder bei klarem Verstand war.
 

Irritiert fragte er: „Wie meinen?“ Sauer über den unverdienten, wenn auch ungewollten, Schlag versetzte Fireball. „Ich bin nicht der.“ Er wies auf den Bewusstlosen. „Aber ich hab genauso was kassiert. Holst du mir jetzt mal Eis, “ fuhr er ungehalten und respektlos auf. Jetzt musste der Recke grinsen. „Du hast zwei gesunde Beine, hol dir selber Eis.“ Es war schon immer erheiternd für ihn, wenn Leute aus der Haut fuhren. Fireball trieb es in dem Moment auf hundertachzig. „Eins dieser Beine tritt dir gleich kräftig in deinen kommandierenden Arsch“, gab er zurück. „Ich zieh das Ansuchen auf der Stelle zurück. Du bist noch Welten davon entfernt überhaupt erwachsen zu sein.“ Vorsichtshalber trat er jedoch hinter den Tisch zurück. „Ach ja, äh... Sorry, Kleiner.“ Er deutete auf dessen Stirn. „Na, geht doch.“ Der Pilot lies sich auf einen der Stühle fallen und schüttelte den Kopf. Man, war sein Boss grad aus der Haut gefahren. Wer konnte es ihm aber auch verdenken? Er selbst hätte nicht anders gehandelt. Das stand mal fest. Saber lies sich auf den zweiten Stuhl plumpsen. „Hat jetzt gar nichts gebracht, Vishap zu verhören“, stellte er ernüchtert fest. „Nein, das für den Eimer, “ bestätigte Fire und warf noch mal einen Blick auf den Darkness-Dieb. „Aber sauber durchgezogen, Säbelschwinger, “ grinste er dann anerkennend. „Da kannst du noch was bei lernen, “ kam es lachend zurück. „Hab ich nie abgestritten.“ Er schwieg kurz, dann fragte er: „Sollen wir uns mal Ays vornehmen?“ – „Vorher bräuchte ich noch Eis. Gehst du welches holen?“ Jetzt, da der Adrenalinrausch nachließ, schmerzte Sabers Hand, wie er bemerkte nachdem er ein paar Mal die Faust auf und zu gemacht hatte. „Du hast zwei gesunde Beine, hol dir selber Eis“, grinste der Gefragte frech. „Wer ist hier der Boss?“ Scherzhaft mahnenden sah Saber seinen Piloten an. „Ja, das ist aber auch der letzte Trumpf, den du ausspielen kannst.“ Damit stand der auf und verließ das Zimmer. Der Blondschopf lachte ihm nach. „Und wenn du so weitermachst, bleibt er das auch.“
 

Sie tankten bei der Sekretärin einen schnellen Kaffee und kühlten die Blessuren. Die Frau, die von Luzas Inkompetenz schon seit seinem Amtsantritt genervt war, grinste amüsiert, als Saber und Fireball auf sie zu kamen. „Wer war wer?“ fragte sie. „Wer war der gute und wer der Böse?“ fügte sie auf den verständnislosen Blick des Piloten hinzu. „Na, was glauben Sie?“ grinste er darauf breit. „Hauptsache es führt endlich mal was zum Erfolg“, meinte sie. „Luza schafft es ja kaum sich selbst die Schuhe zu binden.“ Die beiden Starsheriffs warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu und traten da in Verhörraum Zwei.
 

Sie waren gerade halb zur Tür rein, da wurde Ays schon etwas farblos im Gesicht. Was hatten wohl die Kampfspuren zu bedeuten? Mit welchen Methoden holten die sich denn ihre Informationen? Seine Fassungslosigkeit registrierten sie und hatten sich mit einem leichten Kopfnicken gegenseitig zu verstehen gegeben, wie hier vorzugehen war. Fast schon unbekümmert wollte der Rennfahrer wissen. „Na, was meinst du, Saber? Noch mal die guter Rennfahrer - böser Starsheriff Nummer? Oder sollen wir ihn gleich mundtot machen?“ Ays schluckte hörbar. Er saß der verspiegelten Scheibe gegenüber, die Hände noch auf dem Rücken gebunden und fragte sich scheinbar, wie hoch die Gefahr für seine Gesundheit war. Saber ließ sich lässig auf einen der beiden Stühle gegenüber vom Darkness-Piloten fallen und erklärte Fire cool. „Wie wäre es mit, Guter Starsheriff - böser Rennfahrer. Will sehen, was du grad gelernt hast.“ Der nickte. „Gerne.“ Er nahm seine Armbanduhr ab, legte sie auf die Platte neben seinen Vorgesetzten und trat dann am Tisch vorbei zu Ays. „Also“, begann er dann und lehnte sich gegen die Tischkante. „Ays. Mein Lieber. Du sagst mir jetzt, was ich hören will, oder es wird ungemütlich für dich. Dein Kumpel macht schon ein Nickerchen deswegen, “ erklärte er. Der Angesprochenen wusste, dass man Vishap nicht so ohne weiteres außer Gefecht setzen konnte, deshalb war ihm klar, dass er höllisch aufpassen musste. Vor allem gab er sich Mühe, die Fassung zu wahren. „Ich hab keine Frage gehört“, schnappte er so gelassen er konnte. Es war jedoch wenig überzeugend. „Wo ist dein Boss?“ schoss ihm Fireball daraufhin ganz direkt die wesentlichste entgegen. Das überforderte den Pantoffelhelden vor ihm. „Ich … äh“, stammelte er nach einer Ausrede suchend. Der Rennfahrer verstärkte den Druck sofort. „Ich rate dir, eine schnelle Antwort zu geben. Dir werde ich die Handschellen nicht abnehmen, bevor du die erste fängst, “ drohte er und richtete seine Schweißbänder. Er war sicher, dass er nur lange genug einschüchtern musste und Ays würde einbrechen. „Der Boss …,“ setzte der zögernd an. Noch immer hatte er keine Ausflüchte parat. „Ich würde die Wahrheit sagen, Kumpel“, mahnte Saber freundlich. „Wenn Fireball erst mal zuschlägt, gehen dir die Lichter aus.“ Wie zur Bestätigung formte Fireball die Rechte zur Faust. „Der Boss .... hat das Quartier gewechselt ... ich weiß nicht wohin.“ Dass dies gelogen war, erkannte die beiden Starsheriffs kaum, dass es ausgesprochen war. Gefährlich beugte sich Fireball zu dem Darkness-Piloten. „Wollte er euch zwei abholen, wenn ihr Passion hattet? Also hör mal, gleich kriegst du einen Freifahrtsschein zum Friedhof der Kuscheltiere!“ Der sah sich ohne den Rest der Band hilflos den Tatsachen ausgeliefert. Mit großen Augen starrte er auf den Rennfahrer. „Friedhof“, brachte er dann hervor. „Das meint er ernst“, informierte Saber sachlich, hätte aber am liebsten laut zu lachen begonnen. Das war ja kaum zu glauben. Jetzt schluckte Ays auch noch geschockt. Der war sehr leicht zu durchschauen.
 

Wäre er nicht als Pilot so begnadet, wäre er für Damien McCoy nutzlos und wahrscheinlich schon längst nicht mehr am Leben. Fireball verschwendete darüber keinen Gedanken sondern hielt dem Furchtsamen die Faust unters Kinn. „Wenn ich nicht gleich Antworten erhalte, mach ich meinem Namen alle Ehre und auf deinem Leichnam wächst kein Gras mehr“, knurrte er. Jetzt verlor Ays endgültig die Fassung. Fast panisch kniff er die Augen zusammen und sprudelte hervor. „Hillman Road, Ecke Southwest Avenue. Das verlassene Anwesen South Honour Hill 72 neben dem Honour Hill Friedhof. Es ist das weiße Nebengebäude mit dem Kupferdach.“ – „Ach schade.“ Schniefend sank der Rennfahrer wieder gegen die Tischkante. „Ich hab mich schon so auf eine kleine Übungsstunde gefreut.“ Er drehte sich zu seinem Vorgesetzten und erklärte unglücklich. „Verdammt, ich bin einfach schon zu gut.“ Da der erwartete Schlag ausgeblieben war, öffnete Ays irritiert die Augen. „Hä?“ kam es ungläubig von ihm. „Ruhe“, fuhr Fireball ihm prompt über den Mund. „Ich unterhalte mich grad!“ Geschockt wäre der Angefahrene fast tot vom Stuhl gefallen. Grinsend mahnte Saber daraufhin. „Übertreib nicht. Sonst fällt es unter fahrlässige Tötung.“ Damit stand er auf. „Dann wissen wir, was wir wissen müssen. Gehen wir, “ meinte er munter. „Ja.“ Fireball öffnete die Tür und ließ dem Recken den Vortritt. „Ich hätt da noch eine Idee, Boss“, setzte er an, als der an ihm vorbei aus dem Raum trat.
 

„Ich höre“, ermutigte der Blondschopf seinen Kameraden. „Wir waren ziemlich gut in der Zeit jetzt. Noch wird Damien nicht vermuten, dass die zwei Hampelmänner geschnappt wurden. Wenn wir uns also beeilen, erwischen wir ihn eiskalt, “ überlegte Fireball laut. „Leichter Anflug von Genialität, was?“ schmunzelte sein Vorgesetzter. „Ich war schon immer genial, Säbelschwinger“, lachte der Rennfahrer zurück. „Nur wir beide, oder nehmen wir Colt und April mit?“ Statt zu antworten, schenkte ihm Saber nur einen vieldeutigen Blick. „Das Riesenbaby dürfte auf dem Friedhof dann doch auffallen“, ergänzte Fire dann seine Ausführungen. „Sprich doch einfach mal aus, was du denkst. Und zwar deutlich, “ seufzte Saber leicht. „Ich weiß noch nicht, was ich denke, “ erwiderte Fireball erschrocken. „Ich spinn nur so rum.“ Das tat er doch dauern. Was hatte der Oberheld denn auf einmal? Und wieso grinste der jetzt so komisch? „Nein Fireball. Du bist gerade dabei, eine Strategie zu entwickeln und den entsprechenden Befehl zu geben, “ klärte der Blondschopf seinen verdatterten Freund auf. „Mach mich jetzt ja nicht schwach, CHEF, “ entfuhr es dem. „Kein Grund geschockt zu sein. Dass machst du in letzter Zeit doch ständig, “ beruhigte Saber ihn halbherzig. Fire ignorierte, in welche Richtung er dabei geschoben werden sollte und fasste zusammen. „Also, noch mal von vorn: Uns läuft die Zeit davon. Ramrod ist zu groß. Es bleiben nur die Jetpacks, denn auch der Bronco, mein Red Fury und dein Hotti dürften soweit draußen in der ländlichen Stille zu laut sein. April sollte zur Rückendeckung mit Ramrod irgendwo in der Nähe bleiben. Ja? Nein? Gut? Schlecht?“ –„ Düsen wir los“, schlug Saber grinsend vor. „Ja, was denn nu? Kein Kommentar?“ – „Nicht gemotzt ist gelobt genug, “ rief der Recke zurück und war schon halb den Gang runter. „Ja, und am Ende krieg ich die Fristlose, weil ich meine Kompetenzen übertreten hab.“ Ein wenig lachte Fireball, als er ihm folgte und ihn einholte. „Vor dir bin ich dran“, erinnerte Saber. „Du gehörst zum Inventar beim Oberkommando. Die können keine Kündigung mehr aussprechen. Nur noch höflich bitten, dass du von selbst gehst, “ grinste der Pilot munter. „Nicht quatschen, rennen.“ Sein Vorgesetzter beschleunigte das Tempo zum Ausgang. Fireball überholte ihn und stichelte. „Dann mach mal hin, du lahme Ente. Langsam wirst du echt alt, Saber.“ – „Zu viel Energie für Respektlosigkeiten“, konterte der trocken. „Wird wirklich Zeit, dass du mehr zu tun kriegst.“ Fire tippte sich andeutend an die Stirn. „Ich hab alle Hände voll mit deiner Urlaubsvertretung zu tun. Ich passe.“ Klar, dass er mit Urlaub eigentlich Passion meinte. Saber schüttelte nur noch grinsend den Kopf. Sie hatten noch etwas zu tun, also ließ er seinem Piloten das letzte Wort. Sonst würde der Schlagabtausch noch andauern, wenn sie an der Adresse angekommen wären, die Ays ihnen vorgeträllert hatte.

Darkness Fall

Der Schlagabtausch hatte zwar geendet, zwischenzeitlich. Aber er setzte wieder ein, als sie die Jetpacks abschnallten und mit den Helmen im Gebüsch hinter dem Haupthaus verbargen. Dann liefen sie dort aus geduckt zu dem kupferbedachten Nebengebäude. Colt drückte sich gegen die Wand. „Mann, ziemlich noble Gegend hier´, “ stellte er leise fest. „Da sag ich nicht nein, wenn sie mir so ein kleines Hüttchen anbieten.“ Saber presste sich neben ihn an die Wand. „Ich hab was gegen die Aussicht“, meinte er leise. „Hast du Angst vor deiner nicht allzu fernen Zukunft, alter Mann.“ Grinsend fand sich Fireball bei ihnen ein. „So wie uns die Würmer angesehen habe, als wir über den Friedhof gekommen sind, fanden sie dich auch recht appetitlich“, raunte sein Boss zurück. „Ja, ich glaub auch. Asiatisch bekommen sie hier nicht so häufig. Bist eine Delikatesse für die Würmer, Turbo, “ stimmte der Cowboy zu. „Das wird es auch heute nicht geben. Hab nicht vor, hier zu bleiben, “ gab der Japaner zurück. „Na, dann geh endlich mal rein, “ erwiderte Saber. Schließlich wurde es Zeit, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentriere. „Wieso ausgerechnet ich?“ protestierte Fireball jedoch. „Bin ich etwa das Kanonenfutter? Lass mal Kuhtreiber hier vorgehen, der hat heute noch gar nichts geleistet.“ Damit deutete er auf Colt. Der Recke schüttelte den Kopf. „Hat sein Soll fast schon erfüllt.“ Dabei betonte er FAST um den Scharfschützen nicht auf dumme Ideen zu bringen. Dann erinnerte er Fireball. „Außerdem diskutiert man mit den Vorgesetzten nicht.“ Der Einwand war aber auch grade nicht so angebracht. Grummelnd und geduckt schlich der Rennfahrer von der Rückseite des Gebäudes nach vorn. „Ich hasse es, der Jüngste zu sein, ehrlich. Immer auf die kleinen und auf die Minderheiten, wie ich betonen möchte.“ – „Sagt der mit der höchsten Anteil an der Weltbevölkerung.“ Colt folgte ihm kopfschüttelnd. Sie schlichen unter den niedrigen Fenstern an zur Tür vor. Dort stoppte Fireball, lud seinen Blaster und hielt ihn Colt unter die Nase. „Ich bin kein Chinese, merk dir das endlich“, entgegnete er dann. Das es nun ein mal einen Unterschied zwischen Japanern und Chinesen gab, war für Colt gehopst wie gesprungen, nervte das jüngste Teammitglied aber gelegentlich gewaltig. Jetzt wand sich der Rennfahrer wieder seine Arbeit zu, bevor sein Boss die Möglichkeit hatte, ihn weiter mit mahnenden Blicken zu bedenken, und klopfte an die Tür. Aus dem Haus waren Geräusche von Schritten zu vernehmen. Der Scharfschütze gab dem Piloten ein Zeichen, die Tür aufzustoßen. Der tat es. Die Flügel schlugen innen gegen die Wände und Schüsse fielen durch die Öffnung. „Sie wissen jetzt, dass wir da sind“, ließ Saber sich vernehmen. „Ich schlage vor, wir gehen uns mal vorstellen.“ Colt bot an: „Nach dir.“ Der Recke schüttelte den Kopf. „Junges Gemüse geht vor“, entgegnete er. „Also, nach euch.“ – „Äh Boss, Kompromiss, “ meldete sich Fireball. „Wir gehen gleichzeitig. Durch das Fenster da.“ Damit wies er nach oben. „Wieso nicht durch die Tür? Wär doch einfacher, wär es doch.“ Colt warf seinem Boss einen fragenden Blick zu. „Das erwarten sie aber. Spring, Colt, “ kam es zurück. Die Fenster waren recht niedrig, so dass es kein Problem war, sie zu überwinden. „Man, ich komm mir vor, wie im Zirkus“, maulte der Cowboy. „Spring! Mach eine Rolle! Zeig dein eintrainiertes Kunststückchen! Und ein Leckerli bekomm ich doch nicht.“ Dann hechtete er durch die Scheibe, rollte drinnen gekonnt ab und zielte mit dem Blaster in die Richtung der Gegner. Saber und Fireball folgten ihm augenblicklich.
 

Sie fanden sich in einem kleinen Raum wieder. Der Tür gegenüber, etwa in de Mitte des Raumes auf einem hölzernen Podest, stand ein Sessel in dem Damien McCoy gelassen thronte. Rechts und links vor ihm standen Alk und Chival. Hinter dem Sessel befanden sich einige Holzkisten. Die drei Starsheriffs vermuteten darin das Diebesgut der Bande. An der Front des Podiums waren dekorativ zwei Schwerter angebracht, die sich kreuzten. Augenscheinlich hatte Damien auch eine Schwäche dafür. Rasch hatten die Starsheriffs den Raum taxiert. „Sind wir überhaupt schon mal normal durch eine Tür gekommen?“ wollte Fireball dann wissen. Erhaben wies Damien auf den Eingang. „Du kannst dadurch wieder gehen“, bot er an. „Wenn du mitkommst, gerne“, antwortete der Rennfahrer. „Du willst gehen? Schön, ich begleite dich.“ Alk warf seine Blaster fort und griff Fireball an. Er liebte Mann-gegen-Mann-Kämpfe. „Mal sehen, wie lange ich diesmal brauche um dir die Lichter auszublasen.“ Damit hatte der Pilot nicht so gerechnet. Ehe er richtig begriff, wie ihm geschah, segelte er durch die Tür in den Garten. Alk kam ihm nach. „Also doch keine Herausforderung“, bemerkte er unzufrieden. Fire lag rittlings im Gras. Sein Blick fiel auf das Haupthaus und wanderte von dessen Dachgeschoss hinunter zum Boden. Ein Rosenspalier, das seit Jahren nicht mehr gepflegt worden war, war daran befestigt. Die Farbe blätterte ab und die Rosen wucherten unkontrolliert und wüst durch die Gegend, wie der Rennfahrer feststellte. Doch viel Zeit sich an dieser Feststellung aufzuhalten, hatte er nicht. Alk näherte sich ihm und wollte sich auf ihn stürzen. Der Rennfahrer rollte sich zur Seite und rappelte sich auf. Nein, Alk, so leicht wie das letzte Mal, wird es nicht, versprach er sich innerlich.
 

Als Fireball so unsanft aus dem Haus befördert wurde, schüttelte Saber innerlich den Kopf. Fireball brauchte wohl dringend Nachhilfe. Nur April kam dafür nicht mehr in Frage. So unvorbereitet, wie der Kleine gerade war, konnte der Recke getrost davon ausgehen, dass das Paar unter Nahkampf etwas anderes verstand als er. „Ich staune, dass du noch stehst.“ Chival riss ihn aus seinen Gedanken. „Du wirst nicht viel Gelegenheit haben weiter zu staunen“, versetzte Saber ungerührt. „Zeig ihm, was wir unter Kunst verstehen, Chival“, befahl Damien. Noch immer saß er lässig auf seinem Sessel, schien von seiner Überlegenheit überzeugt und machte nicht die geringsten Anstalten, sich an der Auseinandersetzung zu beteiligen. Chival gehorchte der Aufforderung, warf seine Kanone weg und zog eines der Schwerter aus der Halterung des Podestes. Offensichtlich kam er sich sehr cool vor, als er es Saber vor die Nase hielt. Der zog ebenfalls seines und machte sich bereit, den Angriff zu parieren. Colt trat einen Schritt zurück. Der Bodyguard hatte offensichtlich keine Ahnung mit wem er sich da anlegte. Das würde eine interessante, kleine Szene geben. Der Scharfschütze zweifelte nicht, dass Chival bald seine Herausforderung bereute. „Wem habt ihr das Brotmesser geklaut?“ fragte Saber trocken. „Deine Sprüche werden dir noch vergehen.“ Chival griff an. Auch Damien genoss das Duell in seiner ganzen Kürze. Denn Saber parierte nur zwei Attacken von seinem Gegner und entwaffnete ihn bei der zweiten Abwehr mit Leichtigkeit. Das Schwert flog durch den Raum und hinter die Kisten. Überrascht wich Chival zurück, stolperte über seine eigenen Füße und landete auf dem Boden, wie der größte Trottel. Das war demütigend und nicht zu dulden. Er griff nach dem Blaster unter seinem Hosenbein und zielte auf den Recken. Zum Schuss kam er nicht. Seine Waffe flog gegen die Wand. Verdattert sah er zu Colt. Der ließ seinen Blaster locker um seinen Zeigefinger kreisen und sagte: „Dieses Mal nicht, kleine Ratte.“ Von seinem Thron aus befahl Damien. „Stell sie kalt bis Vishap und Ays hier sind.“ So erhob Chival sich und stürzte sich auf den Cowboy. „Du Zackenblech.“ Colt fragte sich, ob man als Verbrecher automatisch dämlich genug war, seinen Gegner zu unterschätzen, oder ob Team Ramrod einfach nur zu gut war. Er entschied sich für letzteres und schaltete kurzerhand Chival mit einem fröhlichen „Das war nicht gut genug, Schnuckiputz“ die Lichter aus.
 

Indes gab Saber Damien nicht die Möglichkeit sich aus dem Staub zu machen. Er stellte sich ihm in den Weg, als der von seinem Thron herabstieg. „Nicht so schnell, Junge.“ Saber hielt ihm die Klinge vor die Brust. Damien grinste und zog das zweite Schwert aus der dekorativen Befestigung. Gegen ein kleines Duell hatte er nichts einzuwenden. „Zu langsam für mich“, meinte er, nachdem er den Recken abschätzend gemustert hatte. „Abwarten.“ Mit einer leichten Bewegung der Klinge forderte er McCoy zum Angriff auf und machte sich in makelloser Grundposition bereit. „Engarde. “ – „Touché.“ Damiens Eröffnung war sauber. Das hatte der Blondschopf so nicht erwartet. Da war er doch glatt ein wenig zu selbst sicher. Damien parierte auch ausgezeichnet Sabers Angriff und hinterließ einen langen Kratzer auf dessen Kampfanzug. „Das stell ich dir in Rechnung“, knurrte der Starsheriff. „Ich zahl auch deinen Sarg und lass dich mit deiner schicken Rüstung beerdigen“, gab Damien zurück. „Kümmer dich lieber um deine eigene Bestattung.“ Saber touchierte und schlitzte Damiens Hemdärmel am Oberarm auf. „Irgendwelche wünsche für deinen Grabstein, Blechstern.“ McCoys nächster Angriff kam scharf und hinterließ einen Kratzer unterhalb vom Auge des Recken. Verblüfft wischte er über die Stelle. „Das war ganz und gar nicht nett.“ Das war gefährlich nahe gewesen. Im Gedanken nahm Saber sich vor, sein Training zu verschärfen. „Na, zu gut für dich?“ frotzelte sein Gegner. „Träum weiter.“ Ein weiterer Vorstoß des Recken verletzte die Hand des Kontrahenten, in welcher er die Klinge hielt. Noch hielt Damien die Waffe. „Glückstreffer“, gestand er dem Blondschopf zu. „Jetzt ist es mit dem Glück vorbei für dich.“ Sabers Schneide fuhr noch einmal vor und stieß zielsicher zu. Der Anführer von Darkness ließ die Waffe fallen. „Ah, verdammt.“ Er ging in die Knie um den Degen aufzuheben, aber der Recke schleuderte die Klinge aus Damiens Reichweite. Der sah zum Recken. Colt, der das Duell aufmerksam und begeistert verfolgt hatte, rief aufgeregt: „Wo bleibt das S? Mensch, mach ihm das S auf die Brust! Zorro hat sein Z und du das tolle große S! Komm, er soll sich schließlich an dich erinnern.“ In was für einem Film war der denn unterwegs? Saber ignorierte den Zuruf und fragte: „Tut es wenigstens weh?“ In Damiens Augen flackerte Kälte auf. Der große Anführer der Starsheriffs. Er kannte dessen Schwachpunkt. „Nicht so sehr, wie es deinem Rotfuchs wehgetan hat“, provozierte er. McCoys Rechnung ging auf. Ungehalten fuhr Saber ihn an. „Was hast du ihr angetan, du Ratte?“ „Oh.“ Ruhig und böse lächelnd erwiderte der Gefragte. „Ein Gentleman schweigt und genießt.“ Saber setzte ihm den Degen an die Kehle. „Raus damit, was hast du mit meiner Lady gemacht?“ forderte er. Auch Colt missfiel das Gehörte. „Komm schon, Säbelschwinger! Der Sack da hat es nicht anders verdient.“ Ganz besonders dann nicht, wenn es stimmte, was der Darkness-Anführer angedeutet hatte. So viel stand für den Scharfschützen fest. „Ich hab keine Angst vor dem Tod. Mir ist schon genommen worden, was mir wichtig war, “ entgegnete Damien. „Wichtig für dich, aber ohne Wert für alle anderen, “ knurrte der Recke und versetzte dem Knienden eine Schlag mit dem Handrücken. Saber würde tatsächlich die Beherrschung verlieren, wenn er erfuhr, dass nicht nur Vishap versuchte hatte, etwas von Passion zu erzwingen, was sie nicht zu geben bereit war.
 

Im Gerangel war Fireball gegen das Rosenspalier geprallt und hatte eine lockere Latte abreißen können. Jetzt, da Alk über ihm war, ihn würgte und knurrte: „Stirb“, war es für den Piloten höchste Zeit zu handeln. „Ja“, krächzte er zurück. „Aber nicht heute.“ Dann holte er mit der Latte aus und nahm seinem Widersacher das Bewusstsein.
 

Saber holte zu einem weiteren Schlag aus, als Fireball, Alk hinter sich her schleifend, das Nebenhaus betrat. Augenblicklich ließ er den Bewusstlosen los und sprang auf die Drei zu. „Geht das schon wieder los, Saber?“ Er fuhr dazwischen. „Hey, Matchbox, weg da“, rief Colt aufgeregt. „Ich hab auf den Chef gewettet.“ – „Einer reicht ja wohl für heute. Der hat vorhin schon Vishap gebügelt, “ warf der Rennfahrer zurück. „Das hätte ich zu gern gesehen, “ gab der Kuhhirte zu. „Und jetzt lass unseren Boss das zu Ende bringen, was er angefangen hat. Fürchterlicher Moralapostel bist du in letzter Zeit, ehrlich.“ Damiens böses Lachen lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf ihn und das eigentliche Geschehen. „Und das nur für eine kleine rote Hexe.“ Saber wurde nur noch rasender. „Ich vergesse mich gleich.“ Doch Fireball stand immer noch zwischen ihm und seinem Ziel und hielt ihm unerbittlich den Arm fest. „Der lügt, Boss. Der würde Various Tochter gar nichts tun, “ beschwor er den Blondschopf und erkannte im Aussprechen, dass dies genau Damiens Absicht war. Saber hatte vor Zorn jedoch nicht richtig hingehört und versuchte die Hand seines Kameraden abzuschütteln. „Er wird meiner Lady nichts mehr tun, so wahr ich hier stehe“, fauchte er. Damien wurde gleichzeitig blass. „Wessen Tochter?“ Das klang fast schon zärtlich. „Various Tochter. Passion ist eine von vier Töchtern von Thomas Valerius, “ informierte der Rennfahrer sachlich. McCoy schluckte und starrte zu Boden. Das hatte er nicht erwartet. Er versuchte das Gesagte zu verdauen. „Der ist im Oberstübchen nicht so helle, wie er gern wäre.“ Colt rollte die Augen. Saber fand seine Fassung wieder und legte dem Darkness-Anführer die Handschellen an. Er schwieg, während Fireball an Colt gewandt zurückgab: „Jedenfalls wusste er, wie er Saber auf die Palme bringt.“ Das war dummerweise richtig. Fassungslos lies sich Damien vernehmen. „Ich wusste, er hat Familie.“ – „Hat doch jeder“, meinte Fireball unbeeindruckt.
 

Der Recke zog den Gefangenen auf die Füße und sah an ihm vorbei zur Tür. „Passion?“ Sie stand dort, wie aus dem Boden gewachsen. Der Scharfschütze stand mit dem Rücken zu ihr. „Und Search, Love und Faith, das kleine Biest“, klärte er Damien auf. „Alles die Kiddies von Valerius.“ – „Ich bin allein.“ Damit trat der Rotfuchs ein, erntete tadelnde Blicke vom Rennfahrer und ungläubige vom Kuhhirten. „Wo sind die Bilder, Damien?“ wollte sie sofort wissen. Ein kurzer Blick hatte ihr gesagt, was hier passiert war. „Ja, wo sind die Bilder eigentlich?“ wand sich auf Fireball an McCoy und schluckte ein Kommentar zu Passions Erscheinen hinunter. Sie machte nicht den Eindruck, als wäre es das gesündeste sie darauf anzusprechen. Der Gefragte hob die Schultern. „Such, Foxy“, lächelte er Passion zynisch an. Der kleine Vulkan brach aus, griff ihn am Kragen und fauchte: „Verarsch mich nicht. Wo sind die Bilder?“ Colt ging dazwischen. „Ho, Rote.“ Er umschlang ihre Taille und versuchte sie von Damien wegzutragen, während er erklärte: „Das ist unser Job. Du gehst wieder schön brav heim.“ Aber der Wildfang dachte nicht daran. „Brav“, schnaubte sie und strampelte sich von dem Kuhhirten los. Dann gewahrte sie Saber hinter dem Darkness-Anführer und die Wunde unterhalb seines Auges. Verletzt. Sowohl Damien, also auch Colt und der Rest der Welt verkamen zu Nebensache. Sie trat auf ihren Recken zu und berührte sacht dessen Wunde. „Hey.“ So zärtlich wie er das aussprach, nahm er ihre Hand. Passion brachte keinen Ton hervor. Sie war überwältigt, weil sie sicher war, dass sie der Grund für seine Verletzung war. Denn wie man es auch drehte, alles, was Saber in diesem Fall tat, tat er für sie. So wie sie gerade einander gegenüber standen und sich in die Augen sahen, war weder der große Held noch seine Lady in der Gegenwart. Sie kehrten jedoch dahin zurück, als Fireball einen Funkspruch absetzte. „Süße, komm uns abholen und bring ein paar Dunkelmützchen mit.“
 

Auch Damien machte auf sich aufmerksam. Various hatte vier Adoptivtöchter. Vier. Adoptiert. Und was war mit ihm. Mit Damien McCoy. Auch er war im Heim groß geworden. Ihn hatte niemand gewollt. Gut, für diese Kindheit konnte auch Various nichts, aber eines blieb dennoch. Various hatte ihn auch nicht gewollt. Als Student. Er hatte Damiens Werke nie mit der gebührenden Anerkennung bedacht. Nein, die Schmach war noch viel schlimmer. Der Wahlmentor … nein, der Wahlgott Damiens hatte mit dem Dekan darüber gesprochen. Der Universitätsvorsteher hatte die Gemälde „krank“, „gestört“ und auch „gefährlich“ genannt und ihn der Uni verwiesen. Und Various, der Gott der Kunst, hatte tatenlos zu gesehen. Das hieß, dass auch er ihn abgelehnt hatte. Das war mehr, als Damien hatte ertragen können. Diese Rote jedoch hatte alles von Various. Vor allem dessen Aufmerksamkeit. Das war nicht fair. „Diese Demut hätte Vishap besser gefallen.“ Zorn lag in Damiens Stimme, als er erneut versuchte, seine Gegner aus der Reserve zu locken. Noch waren die georderten Dunkelmützchen, noch war keine Polizei da. Alles noch möglich. Tatsächlich fuhr Saber ihn auch an „Halt den Mund, Damien“ und schien bereit, auf ihn los zu gehen. Doch Passion legte dem Blondschopf die Hand auf die Brust. „Lass es. Der ist es nicht wert.“ Saber hielt inne. „Meine Rede, aber auf mich hört ja hier keiner“, grinste Fireball. Colt nickte ihm zu. „Na schön, bringen wir die mal raus.“ Damit bugsierte er Damien in Richtung Tür und schleifte Chival mit sich. Der Pilot half ihm dabei. „Geh und hilf ihnen“, sagte Passion. Saber zögerte: „Das willst du nicht sehen, sonst musst du mich verhaften.“ Stimmt, dass wollte er dann wirklich nicht sehen. Schon April, die vor der Polizei eintraf, konnte nur noch das Fehlen der Kunstwerke feststellen. Einmal mehr gab es keinen Hinweis auf ihren Verbleib und hätten die Jungs Passion nicht selbst gesehen, hätten sie nicht sagen können, dass sie da war. Man, sogar am helllichten Tag verschwand sie ohne Spuren zu hinterlassen. Sie war wirklich gut.

Vorbei?

Als sei sie nie verschwunden gewesen, saß sie brav in ihrem Krankenhauszimmer, als der Arzt eintrat um noch einmal nach ihr zusehen. Was immer Damien nun auch behaupten würde, die Starsheriffs und alle anderen würden bestätigen, er halluziniere. Er konnte Passion unmöglich am Tatort gesehen haben. Die war ja schließlich im Krankenhaus. Wie der Arzt und die Schwestern auch aussagen würden. Einmal mehr hatte sie alles so einfädeln können, dass nichts auf sie hinwies. Aber über diesen Geniestreich konnte sich Passion nicht lange freuen. Jetzt, da sie Zeit hatte und Ruhe fand, kam in ihr hoch, was sie seither unterdrückt hatte. Sie ließ sich aufs Bett fallen und schloss die Augen. Dann sah sie Ihn vor sich. Der wird doch wohl nicht ... Nein ... auf keinen Fall ... Vergiss es ... Ich will nicht ... Nein ... Nimm ihn raus. Nimmihnraus. NIMM IHN RAUS ... " AAAHHH" .... "Miststück" ... Eklig ... das war eklig ... Widerlich ...
 

Passion fuhr hoch. Sie keuchte. Sie schüttelte sich. Aber das Gefühl der Erniedrigung ließ sich nicht abschütteln. Die Hilflosigkeit blieb. Sie wollte sich nicht so fühlen. Sie wollte sich nicht machtlos dem Unausweichlichem gegenüber stehen, nicht tatenlos. Sie sprang vom Bett auf und trat eilig zu dem kleinen Waschbecken inder Nische. Mit so viel Paste wie mit aller Gewalt auf den Bürstenkopf zu bringen war, putzte sie sich die Zähne. Als könne sie ihn so von sich ab und aus sich heraus putzen. Aber auch wundgescheurtes Zahnfleisch änderte nichts an der Demütigung und dem Gefühl schmutzig und benutzt worden zu sein. Furstrierd ließ sie sich wieder aufs Bett fallen. Sie hatte das leise Klopfen nicht gehört und setzte sich erschrocken auf, als ein Mann eintrat. Saber. Ein wenig gelang es ihr sich zu entspannen. Er blieb am Fussende des Bettes stehen. „Du hättest nicht dorthin kommen dürfen,“ begann er leise und musterte sie besorgt. Sie brachte es nicht fertig ihn anzusehen und starrte auf die Bettdecke. „Ich weiß, dass es nicht so clever war, dass Krankenhaus zu verlassen. Aber du weißt wie wichtig mir das ist.“ Die Rechtfertigung war auch einsichtig. „Die Bilder hätten wir dir schon mitgebracht, keine Sorge,“ schmunzelte er verhalten. „Aber jetzt musst du nicht lügen, wenn du sagst, dass du nicht gesehen hast, was damit passiert ist.“ Es fühlte sich seltsam an, dass er bei ihr war. Normalerweise genoss sie seine Gegenwart, doch im Augenblick fühlte sie sich überfordert damit. Nachdem die Erinnerung über sie hereingebrochen war, wußte sie nicht, wie sich verhalten sollte. „Das hätt ich sowieso nicht gesehen, weil ich Colt um die Bilder geschickt hätte. Der kann besser lügen als ich,“ meinte der Recke leicht hin. Das rang Passion ein unsicheres Grinsen ab. „Verplappern kann er sich sicher genauso gut.“ Nun begann der Blondschopf sich langsam an das Thema heranzutasten, über das er mit ihr reden wollte und weshalb er seine Arbeit auf Ramrod unterbrochen hatte. Eigentlich war es Zeit, die Berichte zu schreiben. Aber er konnte sich nicht darauf konzentrieren. So viele Ereignisse waren hereingebrochen und vor allem die Geschehnisse, bei denen er nicht anwesend gewesen war, beunruhigten ihn.
 

„Im Gegensatz zu dir? Ja, der lässt sich schnell mal weichkochen,“ sagte er deshalb. „Weich zu sein kann gefährlich werden.“ Warum sah sie ihn nicht an? „Aber zu hart zu sein, ist auch nicht besser. Weil dann niemand da ist, der dir hilft, solltest du jemanden brauchen,“ gab er zurück. „Ich hab dich doch. Was brauch ich mehr.“ Kurz sah sie ihn an, dann blickte sie wieder auf die Bettdecke. Worauf wollte er hinaus? Auf das, woran sie sich eben erinnert hatte? Er setzte sich zu ihr auf das Bett und griff sanft nach ihrer Hand. „Aber ich bin nicht immer da, bedauerlicher Weise. Zum Beispiel, als du in der Hand der Gauner warst,“ erklärte er bedrückt. Da kam er wieder hoch, der Vorwurf, der ihn einfach nicht loslassen wollte und steif und fest behauptete, er hätte es verhindern können. „Es hätte vielleicht auch nicht viel gebracht, wenn du da gewesen wärst,“ versuchte sie seine Bedenken zu mildern. „Ich hätte nicht zugelassen, dass Vishap...“ Er brach ab. Das konnte er nicht aussprechen. „Dass Vishap was?“ hakte sie nach. „Er wollte dich zwingen...“ Wieder brachte er es nicht über die Lippen. Unweigerlich drückte er ihre Hand fester. Sie riss sich heftig los und krabbelte auf das Kopfende es Bettes. Dort winkelte sie ihre Knie schützend vor ihren Körper und schlang die Arme daraum. „Ich hab es auch nicht zugelassen,“ protestierte sie schwach und schielte über ihre Knie zu ihm. Er rutschte zu ihr auf. „Du hast dich zähnefletschend verteidigt,“ entgegente er und strich ihr übers Haar. „Es tut mir so leid, Passion, dass ich nicht da war.“ Sie hatte an der Wahrheit seiner Worte keinen Zweifel. „Das ist doch nicht deine Schuld,“ erwiderte sie heftig. „Außerdem kann ich auf mich aufpassen.“ – „Keine Frau sollte jemals in eine solche Situation kommen. Und ich weiß, dass du auf dich aufpassen kannst, Lady, aber trotzdem...“ Den Rest des Satze musste er nicht aussprechen. Er stand ihm im Gesicht geschrieben und lautete „ich fühl mich schlecht deswegen und weil du nichts davon gesagt hast“.
 

Passion sprang auf der anderen Seite vom Bett hinunter und ging zum Fenster. „Es passieren immer Dinge, mit denen wir nicht rechnen und die wir nicht wollen,“ antwortete sie unbestimmt. „Ich weiß, du hast Recht, Passion.“ Wieso konnte er ihr nicht erklären, was in ihm vorging? „Aber ich wollte nicht, dass meiner Lady etwas zustößt.“ Sie wand sich nicht zu ihm um und starrte weiter aus dem Fenster. „Ich bin keine Lady. Hast du selber mal gesagt.“ Er zuckte zusammen. Das hatte ihn verletzt. „Seit wann hörst du auf das, was ich sage?“ fragte er verstimmt. Aber so abweisend wie es geklungen hatte, hatte Passion es nicht gemeint. Sie wollte nur nicht, dass er sich zu große Sorgen machte. Leise meinte sie: „Hab ich aber immer getan.“ Geknickt trollte sich Saber vom Bett. Passion machte nicht den Eindruck, als würde sie wieder dahin zurückkommen, so lange er darauf saß. „Ja, gehört vielleicht schon, aber gehorcht nie.“ Vorsichtig umrundete er ebenfalls das Bett und kam auf sie zu. „Hören ist doch mal ein guter Anfang. Saber, mach dir keine Sorgen. Ich komm klar.“ Da sie sich aber immer noch nicht zu ihm umdrehte, wußte er, wie sie damit umgehen würde. Sie würde es solange verdrängen, bis ihre Alpträume wieder wie ein Stromschock durch ihren Körper jagten. Was für Aussichten? Er ließ den Kopf hängen. „Das kann ich nicht, dafür ist es zu spät,“ gestand er. Seine Gefühle für sie gingen schon viel tiefer, als er selbst geahnt hatte. Jetzt wand sie sich zu ihm um. „Zu spät?“ wiederholte sie. „Du musst nicht mehr alleine damit klar kommen,“ erklärte er und machte einen Schritt auf sie zu. Sie blieb stehen. „Ich weiß.“ Es kostete sie Mühe, nicht wieder zurück zu weichen. „Aber warum darf ich dir dann nicht nahe sein?“ Er sah sie traurig fragend an. „Darfst du doch,“ versicherte sie und schluckte unwillkürlich. Behutsam legte er ihr die Hand auf die Schulter, erwartete aber, dass sie sie wieder fortstrich. „Nein, du gehst immer, wenn ich näher komme, Passion. Nicht ich war es, der dir das antun wollte. Ich bin nicht so wie Vishap.“ Eindringlich erinnerte er sie an diesen Fakt. „Ich geh gar nicht weg,“ fülsterte sie zurück. „Es ist erniedrigend …. macht einem Angst ... wenn es keine Chance zu geben scheint ...“ Tränen stiegen ihr in die Augen. Sofort zog Saber sie sanft in seine Arme. Es schien ihm besser zu sein, als Worte, die ihm gerade nicht einfielen. Doch dann flehte sie leise „Bitte“ und er ließ sie los. Wenn sie das wollte, dann würde er sie nicht anfassen. Aber der Kloß in seinem Hals war hart. Er streckte ihr offen die Hände entgegen, vermied es dabei, sie noch mal zu berühren. „Was immer du willst, Passion, ich werde es tun,“ erklärte er. Sie rang mit sich. Sie Frau in ihr war stark genug, nicht augenblicklich zusammen zu brechen. Aber das Kind in ihr hatte gelernt sich vor Männern zu fürchten und vor dem, was sie einem antun konnten, wenn sie nur wollten. „Geh,“ raunte sie kaum hörbar. Er würgte den Kloß hinunter. Das tat weh. Er wollte ihr helfen, darüber hinweg zu kommen. Doch sie schickte ihn fort. Gestern hatte sie ihn gebeten zu bleiben. Heute sollte er gehen. Er wand sich getroffen schweigend zur Tür. Mit jedem Schritt, den er darauf zu machte, schrie es mehr in Passion. Ihr Herz schrie nach ihm, aber ihr fehlte der Mut sich in seine Arme zu ergeben.

Kein Ende ... Ein Anfang

Nachdem Darkness endlich gefasst worden war, verbrachte die Bande in der Untersuchungshaft und Team Ramrod an den Berichten zu dem Fall. Der geschätzte Wert, der verschwundenen Werke musste festgestellt, die Vorgehensweise erläutert und gerechtfertigt, und aus allem die Schwestern herausgehalten werden. Alles auf dem Papier so hinzubiegen, dass es passte, war gar nicht so leicht und ehe sich die vier versahen, waren fast zwei Monate rumgegangen. Die Arbeit schien jedoch nicht weniger zu werden. Fireball verkniff sich, Saber darauf hinzuweisen, dass ein Grund dafür darin lag, dass der Recke nicht konzentriert bei der Sache war. Entgegen seiner gewohnten Arbeitsweise starrte er zwar auf die Papiere, aber ohne wirklich hinzusehen. Seid er Passion noch im Krankenhaus besucht hatte, war er wie ausgewechselt. Warum, wussten seine Kollegen nicht.
 

Auch heute starrte Saber vor sich hin und bekam kaum etwas, von dem, was um ihn herum geschah, kaum etwas mit. „Auch was zu beißen, Boss? “ rief Colt und das inzwischen schon zum vierten Mal. Nicht mal, dass der Scharfschütze mit einem belegten Brötchen vor dem Gesicht seines Vorgesetzten herumfuchtelte, hatte der bemerkt. „Schrei nicht so“, meinte Saber, als er endlich aus seinen Gedanken zurück fand. „Und nimm das vor meiner Nase weg.“ Vom Schreibtisch neben ihm ließ Fireball sich vernehmen. „Du solltest aber auch mal was essen, Boss. Bist ja inzwischen nur noch die Hälfte von dem was du vorher warst, “ versuchte er ihn aufzuziehen, doch es scheiterte kläglich. „Ohne eine bessere Hälfte ja auch kein Wunder,“ entgegnete der Blondschopf. „Was der Bleifußheini da sagen will, Saber. Iss das oder ich fütter dich! Es könnte allerdings sein, dass ich dir dabei unabsichtlich ein paar Zähne mit rausdrück,“ erklärte Colt in seiner bekannten Hart-Aber-Herzlich-Art, packte das Brötchen aus der Folie und hielt es Saber vor die Lippen. „Mund auf.“ Der Recke drehte den Kopf zur Seite. „Gib her. Mit Füttern lassen hab es nicht so.“ Dann nahm er seinem Scharfschützen die Semmel ab und biss hinein. „Ich wette, wenn ich rote Haare hätte und eine verdammt schlechte Ausdrucksweise würd ich dich schon füttern dürfen“, neckte der Kuhhirte in keinster weiser beleidigt, aber perfekt auf dem wunden Punkt treffend. „Nein, ihr Service endete beim Vorkauen.“ An das Wortgefecht konnte sich Saber noch gut erinnern. Die kleine Wildkatze war ihm ständig mit ausgefahrenen Krallen begegnet. Wer hätte gedacht, dass sie so zärtlich sein konnte, wenn sie mit ihm allein war? Oder auch so grausam. Saber schluckte rasch den Bissen hinunter. „Colt wirft auch nichts nach dir“, stellte April fest. „Aber, wenn du dich besser fühlst, Boss, dann mach ich das in Zukunft“, bot der sofort heiter an. „Woher willst du wissen, wie ich mich grad fühle?“ fragte der Recke sachlich. „Weil man es dir an der Nasenspitze ansieht, Saber“, erklärte April rundheraus. „Es sei denn, du hast es dir zur Lebensaufgabe gemacht, diese Totenkopf-Miene zu perfektionieren“, warf Fire ein. „Ja, unser kleines Totenkopfäffchen“, lachte Colt. „Passt doch. Aber setz dich ja nicht auf meine Schulter, dafür bist du immer noch zu schwer, Säbelschwinger.“ Dem stand der Sinn aber überhaupt nicht nach Neckereien. „Keine Sorge. Ich hab ganz sicher nicht vor mich bei dir irgendwo hinzusetzen, “ erklärte er nüchtern und kaute weiter an seinem Brötchen. „Der Fall ist so gut wie abgeschlossen, alles hat sich in Wohlgefallen aufgelöst, vor allem für die Schwestern. Was bekümmert dich?“ fasste April zusammen und beobachtete Saber von ihrem Schreibtisch genau. „Es ist überhaupt nichts, April. Der Fall war halt sehr anstrengend, “ wehrte der Gefragte ab. Dem Rennfahrer war nicht entgangen, wie sich die Miene des Recken verdüstert hatte. Jetzt gähnte Fire demonstrativ und erklärte: „Ich hol mal Kaffee, sonst schlafen wir hier alle gleich im Sitzen ein.“ Im nächsten Augenblick war er auch schon verschwunden.
 

April ließ unterdessen nicht von ihrem Verhör ab. „Das mag ja sein, der Fall war wirklich anstrengend. Aber Saber, keiner von uns sieht so schlecht aus, wie du grad, “ stellte sie fest. „Keiner von euch lag im Krankenhaus, weil er angeschossen wurde, “ entkräftete der Blondschopf das postwenden. „Das ist schon fast zwei Monate her und damals hätte es dich nicht mal die verordneten fünf Tage drinnen gehalten, Saber, “ ließ die Blondine das gesagte nicht gelten. „Schmerzen hast du doch keine mehr, oder, “ wollte sie aber vorsichtshalber wissen. Saber blieb ihr die Antwort schuldig, biss noch einmal in die Semmel um festzustellen, dass das Futter, dass man hier aus dem Automaten ziehen konnte, überhaupt nicht vergleichbar war, mit dem was Love und Passion so zaubern konnten. Unwillkürlich verzog er das Gesicht. In der vergangenen Zeit war es ihm nicht gelungen, sie zu vergessen oder vor seinen Kollegen zu verbergen, dass ihn etwas bedrückte. Colt versuchte ständig ihn mit seinen Späßen aufzuheitern, während April versuchte aus dem Recken heraus zuhorchen, was nicht stimmte. Jetzt tauschten die beiden einen wenig begeisterten Blick und der Cowboy murmelte frustriert. „ Ich sag es doch. Ihr Weiber macht nichts als Ärger und bringt unsere Welt durcheinander.“ Dann zog er es jedoch vor, sich hinter seinem Schreibtisch zu verschanzen, ehe sie ihm einen überziehen konnte. „Wie kommst du auf Weiber?“ hakte Saber prompt nach. ‚Ha, getroffene Hunde bellen,‘ dachte Colt und antwortete unschuldig: „Nur so. Ist doch immer das gleiche, mit den Frauen. Irgendwann reißt dir jede Mal das Herz aus der Brust, zwangsläufig.“ Die ganze Aussage unterstrich er noch mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Stimmt was mit dir und Robin nicht?“ wollte Saber daraufhin wissen, dankbar darüber, das Gesprächsthema in eine andere Richtung lenken zu können. Der Gefragte zog den Hut tief ins Gesicht, so musste er Aprils missbilligendem Blick nicht länger begegnen und konnte außerdem seine eigene Verlegenheit überspielen. Schließlich hatte der Scharfschütze es immer noch nicht fertig gebracht, seiner Herzdame seine Gefühle zu gestehen. „Welche Robin?“ fragte er unter der Krempe hervor zurück. Der Recke erinnerte: „Aus Tranquility. Die kleine, süße Lehrerin.“ – „Die meinst du.“ Colt tat als würde er endlich verstehen. „Beim nächsten Urlaub werd ich einen Abstecher nach Tranquility wagen, vorausgesetzt, wir haben mal wieder Urlaub“, erklärte er dann trocken. „Sicher“, warf Saber zurück und versuchte sich nun wieder auf seine Arbeit zu konzentrieren. „Sicher was? Sicher, wir haben wieder mal Urlaub? Oder glaubst du etwa nicht, dass ich mal ohne euch eine Sause mache?“ bohrte der Kuhhirte nach. „Beides.“ Saber wollte sich nun wirklich wieder um die Papier vor ihm kümmern, aber da kam von Colt ein Satz, der den Blondschopf beinahe aus dem Sitz geworfen hätte. „Ich bin eher bei meinem Schatz, als du endlich mal deinen Hintern hoch kriegst und Passion anrufst, Säbelschwinger!“
 

Mist, musste der ausgerechnet davon anfangen. Wie oft hatte Saber vor dem Telefon gesessen und ihre Nummer gewählt um gleich danach wieder aufzulegen, noch ehe das Klingelzeichen ertönt war. Wie sehr hatte er gehofft, der Fernsprecher würde schellen und sie würde anrufen. Nichts. „Warum sollte ich Passion anrufen?“ fragte er und schluckte leicht. Erschüttert runzelte April die Stirn. Was war denn da nur vorgefallen zwischen Passion und ihrem Vorgesetzten? „Willst du sie denn gar nicht sprechen oder sehen?“ Die Erklärung allerdings war ein vages „Es geht nicht darum, was ich will, sondern darum, was sie will“ und ließ Colt ungeduldig zu zappeln anfangen. „Und was will sie?“ rief er. Sein Vorgesetzter verbarrikadierte sich hinter einer aufgeschlagenen Akte und murmelte: „Nicht mich.“ Jetzt brauste der Scharfschütze auf. „Und wie kommst du darauf?“ – „Weil sie das gesagt hat. Das letzte Wort, dass sie für mich hatte war: Geh.“ Wie aufs Stichwort kam Fireball ins Zimmer zurück und hörte gerade noch das letzte Wort. „Wieso sollte ich?“ fragte er irritiert. Saber sah von der Akte auf. „Nicht du.“ Als sein Blick über den Eintretenden glitt, fiel ihm auf, dass der ohne Getränke zurück gekehrt war. „Wo ist denn jetzt der Kaffee?“ wollte der Recke deshalb wissen. „Im Automaten, wieso? “ erhielt er zur Antwort. „Wolltest du uns nicht einen holen?“ hakte der Blondschopf nach. „Wollt ich das, wirklich?“ Fireball lächelte unschuldig. „Das tut mir aber leid. Dafür hab ich was anderes mitgebracht.“ Verwundert hob Saber die Augenbrauen. „Deine Urlaubsvertretung“, beantwortete der Pilot die stumme Frage. Nun verstand der Recke gar nichts mehr. „Meine Urlaubsvertretung? Wovon redest du?“
 

Mit einem gewissen Stolz auf die Idee, die ihn beschlichen hatte, legte Fire seinem Boss die Urlaubsbescheinigung hin. „Du fährst jetzt mal eine Woche aufs Land. Vielleicht übernachtest du an einem netten kleinen Rasthof, der vier ungleichen Schwestern gehört und um alles andere kümmern wir uns. Soll übrigens schöne Grüße von Commander Eagle ausrichten und du sollst dich gut erholen, “ erklärte er und grinste übers ganze Gesicht. Er fand das einen guten Plan. Kaum war er aus der Tür raus gewesen hatte er entschieden den von Liebeskummer geplagten Recken auf Urlaub zu schicken und zwar ganz klar zu Passion und ihren Schwestern. Wenn er sie sah, konnte er endlich klären, was da zwischen ihnen stand und würde nicht mehr so halbherzig versuchen, seinen Freunden weiß zu machen, dass alles in Ordnung sei. Fireball war schließlich nicht entgangen, was los war, nur weil er sich dazu nicht geäußert hatte. Aber das, was er gerade eingefädelt hatte, war seiner Meinung nach ein totsicherer Plan um seinen Boss wieder zum Lachen zu bringen. Der jedoch starrte ihn entsetzt an und kippte beinahe vom Stuhl. „Ich hab mich doch grad verhört, oder. Wo soll ich hinfahren? Hast du auch gleich noch ein Zimmer gebucht?“ fragte der leicht sarkastisch. „Klar, bin ja deine persönliche Tippse“, lachte der Rennfahrer. Jetzt fuhr Saber in die Höhe. „Vergiss es. Ich fahr nirgendwo hin, “ entschied er. „Ist schon zu spät, Love hat schon zu kochen angefangen und Faith holt dich nachher ab. Wenn ich du wäre, ich würde packen anfangen. Faith ist irrsinnig ungeduldig. Sie wird dich umbringen, wenn du sie warten lässt, “ entgegnete der Pilot. Man, war er genial. „Ich setzt wohl lieber mal mein Testament auf“, erwiderte Saber trocken, dann schrie er auf einmal. „Bist du eigentlich bescheuert?“ Fireball fuhr zusammen. Bescheuert? Während er so begeistert an seiner Idee herum gefeilt hatte, war er nicht darauf gekommen, dass die Hauptperson darin vielleicht gar nicht verreisen wollte. Warum auch immer. Etwas schwach setzte Fireball zum Konter an. „Du hast gesagt, ich solle mehr Verantwortung übernehmen. Nichts anderes mach ich grad. Ich übernehme Verantwortung für dein Seelenheil, Saber, “ rechtfertigte er sein Tun. Der Recke holte tief Luft. Also gut, sein Pilot hatte es nur gut gemeint. „Aber nicht es geht nicht ... Okay, hör zu. Es war Passion, die mich weggeschickt hat. Alles klar? Sie will mich nicht in ihrer Nähe haben. Das war deutlich. Also, was bitte, soll ich jetzt auf dem Rasthof. Mein Seelenheil ist dann restlos im Eimer, wenn ich unter dem gleichen Dach leben soll, mit der Frau, die mich nicht mal sehen will, “ machte Saber seinen Standpunkt deutlich.
 

Fireball seufzte. „Hör zu, Saber. Ich hab jetzt öfters mit Search telefoniert, wegen dem Schätzwert der Werke, die uns da so schön durch die Lappen gegangen sind und sie hat nichts dergleichen gesagt. Der kleine Wirbelwind fühlt sich mindestens genauso elend wie du. Also, tu vor allem dir und Passion den Gefallen und besuch sie wenigstens mal.“ War seine Idee echt so mies? Da hatte er nur helfen wollen und dann war es auch nicht richtig. „Wenn sie mich sehen wollte, warum hat sie nicht angerufen?“ fragte Saber. Der Rennfahrer fühlte sich jetzt doch verunsichert. Hilfesuchend sah er zu Colt und April. „Vielleicht ist sie zu feige ist, so einfach, Säbelschwinger, “ schlug der Cowboy vor, schloss aber augenblicklich den Mund. Die Jacke mit der Feigheit konnte er sich getrost selber anziehen. Aber auch April schloss sich ihm und Fireball an. „Ich weiß ja nicht, was vorgefallen ist, aber vielleicht hat sie ein furchtbar schlechtes Gewissen und glaubt, dass du nichts mehr von ihr wissen willst“, präsentierte sie die weibliche Logik an der Sache. Durch die Unterstützung der beiden wieder ermutigt meinte der Pilot. "Liebe ist schön, aber in oft genug auch verdammt kompliziert und besch...eiden. Das weißt du, das weiß ich, und die zwei wissen es auch, Säbelschwinger. Aber, eins sag ich dir, wenn du nicht über deinen ziemlich langen Schatten springst, verlierst du sie ganz und das nur, weil Vishap...“ Den Rest des Satzes schluckte er hinunter. Saber wusste schließlich auch so, was er meinte. Gegen drei Teammitglieder, die mit ihm wohl auch persönlich zu dem Rasthof hinaus und ihn sicher nicht wieder mitnehmen würden, ehe er mit Passion geredet hatte, kam er gerade nicht an.
 

„Was soll ich denn da jetzt noch sagen?“ seufzte er überfahren. Just in diesem Moment platzte Faith zur Tür rein. „Hoffentlich, dass du gepackt hast, “ erklärte sie in ihrer gewohnten, rüden Art. „Mädel, du knackst jeden Streckenrekord! Wie viele Gesetze hast du damit gebrochen?“ grinst Fireball begeistert. Womöglich ging sein Plan jetzt doch auf. „Ich brech der Stockente da die Beine, wenn sie nicht fertig ist“, antwortete der grüne Struwwelpeter rundheraus. „Ich hab dich auch vermisst, Faith“, gab Saber trocken zurück. „Du solltest jemand anderen mehr vermissen als mich, sonst hast du wirklich einen Stock im Arsch, wenn wir am Rasthof ankommen“, schüttelte diese unzufrieden den Kopf. Lachend schob Colt nun auch noch Saber zur Tür. „Ich wünsche schöne Reise und angenehmen Urlaub! Komm ohne Stock im Hintern wieder, “ verabschiedete er seinen Boss heiter. „Und wer kümmert sich um die Berichte, “ wollte der noch mal protestieren, gab es dann aber von allein auf. „Ach, ja Fireball ... Na, dann auf geht es Faith.“ Damit ergab er sich in sein Schicksal. Der Rennfahrer winkte ihm noch kurz zu. „Das Schiff geht auch ohne dich unter, Chef“, versicherte er. „Tschüss.“
 

Faith und Saber hielten vor der Garage des Rasthofs. „Ich hab noch zu tun. Aber wos zum Restaurant geht weißt du ja, “ erklärte sie und begann mit ihrer Arbeit. Als Saber nur zögernd sich in die angegebene Richtung bewegte, krähte sie hinter ihm her. „Beeil dich gefälligst, wenn dein Hintern Jungfrau bleiben soll.“ Man, die war ja noch schlimmer als Colt. Saber legte vorsichtshalber an Tempo zu. Wie bei Colt, konnte man auch bei Faith nie wissen.
 

Der Himmel war wolkenverhangen. Bis gestern hatte es noch geregnet und die Luft hatte sich merklich abgekühlt. Hoffentlich war es wirklich nur die Luft, betete er, als er ins Lokal trat. Der Mittagstisch leerte sich gerade. Die meisten Gäste waren schon gegangen oder in Begriff zu Gehen. Zögernd trat Saber ein und sah sich um. Passion räumte eilig im hinteren Teil der Gaststube das Geschirr von den Tischen und schien ihn nicht gesehen zu haben. Offensichtlich hatte sie heute keine Lesung, weshalb sie schon im Rasthof anzutreffen war. Sein Herz begann zu rasen. Was sollte er bloß sagen? Hinter ihm fiel die Eingangstür ins Schloss. Der letzte Gast war fort. Unschlüssig ließ der Recke sich am Tresen nieder. Kaum hatte er Platz genommen, da erklärte Passion, die dies in ihrer Hektik nicht richtig mitbekommen hatte. „Sorry, die Küche hat schon geschlossen.“ Sie fegte, mit Geschirr voll beladen, an ihm vorbei und hinter die Theke. Im Augenwinkel hatte sie den Gast an der Bar erkannt. Sie drehte sie sich zu ihm um und hielt inne. „Saber.“ Sie starrte ihn überrascht an. Auch er brachte keinen Ton hervor und blickte sie seinerseits ebenfalls nur an. Dann kippte das Tablett auf Passions Arm und mit lautem Klirren fielen die Teller zu Boden und brachen in Scherben. Sofort sprang Saber auf und half ihr beim aufsammeln der Scherben. „Passion, ich …“ Aber mehr brachte er gerade nicht hervor. Etwas gefasster konnte sie antworten. „Setz dich wieder. Ich schaff das schon. Willst du was trinken?“ Doch dass ihre Stimme zitterte konnte sie nicht verhindern. „Danke, nein“, wehrte er ab. Er würde nie im Leben einer Frau beim Aufräumen zuschauen, wie ein Pascha. „Ich wollte... Hast du kurz..., “ stammelte er völlig durcheinander. Das Gepolter war natürlich bis in die Küche zu hören gewesen. Love hatte diese jedoch nicht verlassen, damit die beiden in Ruhe reden konnten. Doch mit zusammenhängenden Sätzen war da draußen in der Gaststube nicht viel, wie die Köchin kopfschüttelnd feststellte, als sie an der Tür lauschte. Also schön. Zeit dem Schicksal ein wenig auf die Sprünge zu helfen. „Ach Gott, Passion“, rief die Blondine besorgt. „Du bist ja doch völlig überarbeitet. Ich hab dir gesagt, du sollst dir mehr Ruhe gönnen. Saber, sei so gut, geh mit ihr etwas raus.“ Bevor der Recke oder der Rotfuchs begriffen, wie es passiert war, fanden sie sich vor dem Lokal wieder.
 

Beide gleichermaßen unbeholfen. Irgendwer sollte was sagen, stellte Saber fest, während sein Blick immer wieder von Passion in die Ferne und wieder zurück glitt. „Gut siehst du aus“, brachte er schließlich hervor. Das war wenigstens ehrlich und unverfänglich. Sie schaute ihn überrascht an. „Danke.“ Und was jetzt? Wie angewurzelt vor dem Eingang zu stehen, kam dem Rotschopf albern vor, also begann sie langsam um das Restaurant herum zum Moteleingang zu schlendern. Saber folgte ihr. „Was macht das Studium?“ fragte er und fühlte sich dabei, wie ein Idiot. Hatte er den wirklich keine intelligenteren Fragen, die er ihr stellen konnte. „Es läuft ganz gut“, erwiderte sie und legte die Arme um sich. Der Wind war sehr frisch heute und spielte mit ihrem Haar, wirbelte feine Strähnchen empor. „Das höre ich gerne. Wie lange noch, bis du fertig bist?“ Wenn sein Herz mal wieder normal schlagen würde, wäre es sicher leichter mit ihr zu reden. Aber dieser Muskel wollte scheinbar eine neue Bestleistung erreichen, denn er schlug mit jedem Blick, den Saber auf Passion richtete noch ein wenig schneller. „Noch zwei Semester“, erwiderte sie und rieb sich die Arme. Sie vermied es jedoch sehr, Saber anzusehen. Aber er hatte sie gut im Blick. Als er sah, dass sie fror, legte er ihr liebevoll seine Jacke über die Schultern. „Ziemlich kalt heute, was?“ stellte er unbeholfen fest. „Es geht. Danke.“ Sie konnte ihn auch jetzt kaum ansehen. Sie bekam das Gefühl, es würde noch genug Liebe geben um dort weiter zu machen, wo sie vor fast zwei Monaten einen Bruch herbei geführt hatte. Es verwirrte sie. Sein Erscheinen hier verwirrte sie. Denn sie war davon ausgegangen, dass es kein Zurück mehr gab. „Wie läuft es bei dir?“ fragte sie um dieses Chaos in ihrem Inneren zu überspielen. Er hob die Schulten. „Nach mir die Sintflut. Ich hab Urlaub.“ Wieder schaute sie auf den Boden. „Ich hatte nicht gedacht, dass ihr schon welchen bekommt, wo ihr den Papierkram noch erledigen müsst, “ meinte sie. „Also, macht ihr hier einen Zwischenstopp, bevor es weiter geht.“ Das war eine logische Schlussfolgerung. Saber musste doch leicht schmunzeln. „Nur ich hab Urlaub. Ich gehe einem angehenden Korporal wohl schon ziemlich auf die Nerven.“ Sie hatten den Moteleingang erreicht. „Und nein, kein Zwischenstopp, Passion.“ Im Augenwinkel sah sie den traurigen Blick, als er ihren Namen aussprach. Konnte das wirklich sein? War er etwa ihretwegen hier? „Du besuchst Freunde hier?“ hakte sie deshalb nach. „Ich... ich bin deinet... unseretwegen hier, “ brachte er endlich hervor. Erschrocken blieb sie stehen. „Was?“ Sie brachte kein Wort mehr hervor. Erst recht nicht, als sie ihn flüstern hörte. „Passion, ich vermisse dich.“
 

Ihr Herzschlag setzte kurz aus, dann raste er. Er war hier, weil er sie vermisst hatte. Sie hätte jubeln können, würde ihr nicht im Kopf rumgeistern, wie sie sich getrennt hatten. Das bedeutete dann auch, dass sie ihm eine Erklärung schuldig war und die passenden Worte dafür hatte sie noch nicht gefunden. Er war wegen ihnen hier. „Das ... glaub ... ich ... nicht..., “ stammelte sie zerstreut. Schnell öffnete sie die Tür und trat hinein. Bei ihren Worten wäre er am liebsten nur tot um gefallen. Er hatte schon wieder das falsche gemacht. „Das... es tut mir leid“, stotterte er und trottete ihr mit gesenktem Kopf hinterher. Vor ihrem Zimmer blieb sie stehen und wand sich zu ihm um, ohne ihn anzusehen. „Du ...“ Verdammt, ihr fielen nicht die richtigen Worte ein. Sie hatte nicht wirklich daran geglaubt, dass sie ihn wiedersehen würde. „Ich weiß... du willst, mich nicht mehr sehen“, murmelte er bedrückt und zählte innerlich bis 10, dann würde sein Herz endgültig brechen. „Nein“, rief Passion heftig und fügte noch schnell hinzu. „Das hab ich gar nicht gesagt.“ – „Aber gedacht... Passion, ich...“ Es war schon unter normalen Bedingungen schwer über seine Gefühle zu reden, doch jetzt war es noch viel schlimmer. „Nein, hab ich nicht. Wie kommst du darauf?“ Wenn sie ihn doch wenigstens ansehen würde. „Du hast mich kein einziges Mal angerufen, seit ich wieder im Stützpunkt bin. Du siehst mich kaum an, “ antwortete er traurig. „Ich weiß, ich hätte dich anrufen sollen, “ gab sie zu. „ aber, ich wusste nicht ...“ Sie schluckte verlegen. „Ich beiße doch nicht, Passion“, erinnerte er sie sanft und etwas hilflos. „Vielleicht hättest du auch einfach nur aufgelegt“, entgegnete sie. „Niemals.“ Er schüttelte entschieden den Kopf.
 

„Weshalb denn nur, Passion? Warum ist dir meine Liebe nichts wert?“ fragte er flehend. Das tat ihr weh. Sie fiel tatsächlich recht fassungslos bei dieser Frage gegen die Wand. „Wer sagt denn sowas?“ fragte sie verständnislos und sah ihn zum ersten Mal, seit sie vor die Tür gesetzt worden waren, direkt an. Saber lehnte sich sicherheitshalber auch gegen die Wand und schielte auf seine Schuhe. „Das muss man auch nicht sagen, um es zu spüren“, erwiderte er tonlos. „Wenn das so ist, warum bist du hier?“ Dabei kämpfte sie die aufsteigenden Tränen. „Ich möchte es glauben, aber ich...“ Einmal mehr brachte er den Satz nicht zu Ende. „Aber was, Saber? Sag schon, “ hakte sie sofort nach. Er schloss die Augen. „Ich komme nicht zu dir durch. Du stößt mich weg, sagst, ich solle gehen. Mein Glaube in uns ist so tief erschüttert. Auch meine Hoffnung. Sie stirbt jeden Tag ein Stückchen mehr.“ Das war ein tiefer Blick in seine Seele gewesen. Passion konnte die Tränen kaum noch zurück halten. Er irrte sich so sehr. „Du bist mir näher, als du glaubst. Und das tut weh. Ich ... Weißt du, wie ich mich gefühlt hab, als du gegangen bis? Als müsste ich sterben. Ich wollte so gern, dass du bleibst. Aber ich hatte Angst vor der Gegenwart eines Mannes. Ich ...“ Jetzt erstickten Tränen ihre Worte. Ihr Kopf sank auf ihre Brust und schließlich rutschte sie die Wand hinunter. Saber öffnete die Augen wieder. Es war nicht so, dass er sie nicht verstand, aber sie hatte ihn sehr verletzt damit. Sie jetzt so hilflos zu sehen, machte es ihm nicht leichter. Vorsichtig machte er seinen Schritt auf sie zu und hockte sich zu ihr. „Du hast mir das Herz aus der Brust gerissen, Passion. Ich denke Tag und Nacht an dich, stelle mir immer dieselbe Frage, die ich nicht beantworten kann. Warum hast du mich nur weggeschickt?“ – „Weil ich Angst hatte. Saber. Ich hatte einfach nur Angst. Ich hab mich so erniedrigt gefühlt, so schmutzig und benutzt und ich konnte gar nichts tun, “ kam es kläglich von ihr zurück. „Und egal, wie klar mir war, dass du mir sowas nie an tun würdest, ich hatte auch vor dir Angst. Das war das schlimmste daran.“ Er hätte sie am liebsten sofort in seine Arme gezogen, doch war er unsicher, ob er ihr damit nicht zu nah trat. „Passion“, flüsterte er zärtlich. „Verzeih mir, ich hätte wissen müssen, was dir Angst macht.“ Wieder suchte er die Schuld bei sich. Sie schniefte: „Es tut mir leid, dass ich dich weggeschickt hab.“ Das bereute sie. Doch sie wusste auch, dass es für sie beide nur schlimmer geworden wäre, hätte sie es nicht getan. Diese Zerrissenheit, die seine Gegenwart ihr zu diesem Zeitpunkt verursacht hatte, war unerträglich gewesen. Das hatte sie an jenem Tag im Krankenhaus gespürt. Angst zu haben vor dem Mann, den sie liebte, ihm nah sein zu wollen und nicht die Kraft dazu zu haben, seine Hilfe angeboten bekommen und nicht annehmen können, weil es nur Marter für sie beide bedeutet hätte. Aber, und das wurde ihr jetzt auch klar, er wäre da gewesen. Der Weg, für den sie sich entschieden hatte, war nicht weniger qualvoll gewesen. Die Ungewissheit und Sehnsucht nach dem anderen, war kaum den Tausch wert.
 

„Ich liebe dich, Passion“, hörte sie ihn sagen. „Du bist ja doof“, stellte sie ungläubig fest und holte ein Taschentuch vor um sich erstmal die Tränen wegzuwischen. Er riss die Augen auf. „Doof?“ Wie kam sie jetzt denn darauf? „Du musst doof sein, wenn du nach allem, was passiert ist mich immer noch lieben kannst“, klärte sie ihn auf und sah ihn über die Knie hinweg an. Noch hingen Tränen in ihren Wimpern. Er nickte ihr zuversichtlich zu. „Ich bin so klar bei Verstand, wie selten zuvor“, antwortete er warm. Sie steckte das Tuch weg und wollte aufstehen. Er nahm ihre Hand und half ihr, erhob sich ebenfalls. „Geht es wieder?“ – „Ja.“ Sie schaute auf ihre Hand, die in seiner lag. Ein warmes Gefühl durchflutete sie. Es fühlte sich so herrlich vertraut und sicher an. Aber Saber deutete ihren Blick falsch und zog seine Hand zurück. Traurig sah er zu Boden. Er durfte sie also noch nicht berühren. „Entschuldige“, murmelte er rasch. „Das ist unverzeihlich.“ Erschrocken blickte er auf. „Dass du mich wieder loslässt“, lächelte sie leicht. Erleichtert zog er sie fest in seine Arme. „Mach das nie wieder, Passion.“ Sie bekam kaum noch Luft und japste: „Was hab ich denn gemacht?“ Er ließ sie ein wenig los. „ Quäl mich nie wieder so“, mahnte Saber dann sacht. „Es tut nämlich weh.“ – „Mir hat es auch weh getan.“ Damit schmiegte sie sich an ihn. „Du hast mir gefehlt.“ Dadurch jetzt ermutigt hauchte er ihr einen Kuss auf die Stirn. „Mach das noch mal“, hörte er sie flüstern. „Was? Das?“ fragte er und küsste sie wieder. Sie hob den Kopf und schaute ihn an. „Noch mal“, bat sie. Er fragte nicht nochmal, sondern gab ihr einen sanften Kuss auf den Mund.
 

„Habt ihr kein Zuhause?“ mit dieser Frage ließ Faith die beiden auseinander fahren und lachte keck. Passion machte sich wieder an ihre Arbeit im Rasthof. Saber wich ihr nicht von der Seite und half ihr. Dabei sprachen sie all das aus, was sie sich zuvor nicht getraut hatten. Leicht schmunzelnd bemerkte Passion, dass der Recke sich nicht recht wagte, sie zu berühren. Noch immer hatte er Angst ihr so zu nahe zu treten. Nach dem die Schicht am Abend auch vorüber war, wurden er und Passion aus dem Restaurant gejagt. Sie sollten endlich Zeit für sich haben. Auf Passions Zimmer fand der Recke unverändertes Chaos vor. „Ich schaffe das mit der Ordnung einfach nicht“, meinte sie entschuldigend. „So lange ich dich wieder finde“, gab er lächelnd zurück. „Dann such mal“, neckte sie und warf sich zwischen die vielen Kissen auf ihrem Bett. Saber folgte ihr zögernd. „Ich hab dich“, flüsterte er. Dabei kniete er nun über ihr auf der Matte und stütze sich rechts und links von ihrer Taille ab. Die Gedanken, die ihm durch den Kopf schossen, riskierte er jedoch noch nicht umzusetzen. Vielleicht war sie noch nicht so weit. Sie griff nach seinem Hemdkragen und zog ihn sanft zu sich. Nach genug für einen Kuss. Dann glitten ihre Hände in seinen Nacken und auf seinen Rücken, während ihr Mund seinen Hals entlang wanderte und dann an seinem Ohrläppchen knabberte. Saber schoss es heiß durch den Körper. Hatte er etwa doch ausgesprochen, was er dachte? „Ich kann auch warten, wenn du noch nicht so weit bist“, raunte er belegt. „Ich will nicht, dass du denkst, du musst…“ – „Ich weiß, dass ich nicht muss, “ gab sie leise zurück. „Aber … Saber, bitte halt mich.“ Er zog sie in seine Arme und presste sie nah an sich. „Tu mir niemals weh“, bat sie leise. „Das könnte ich nie“, murmelte er zurück. Sein Mund fand ihren. Aus vorsichtigen Küssen wurden stürmische, aus Zurückhaltung Leidenschaft und irgendwo mittendrin tauchte die Gewissheit auf, dass von nun an nichts mehr zwischen ihnen stehen würde.
 

In Sabers zweiter Urlaubswoche stießen seine Kollegen zu ihm und quartierten sich in ihre alten Zimmer ein. Fireball passte e nicht so recht, dass sie so schnell mit allem fertig geworden waren. Denn damit bestätigte er Saber in seiner Überzeugung, auch das jüngste Teammitglied sei soweit, befördert zu werden. Der Pilot hatte jedoch noch etwas Muffensausen Colt auf diese Position zu folgen. „Sieh es als meine Art, mich bei dir dafür zu bedanken, dass du mich in den Urlaub gejagt hast“, grinste Saber munter, als hätte er die Gedanken seines Piloten gelesen. „Zwischen Dank und Strafe scheint es für dich keinen Unterschied zu geben“, knurrte der missmutig zurück. „Und für dich nicht zwischen echten Ferien und Zwangsurlaub“, konterte der Recke leichthin. „Dafür siehst du aber gut erholt aus“, warf Fire zurück. „Wer sagt, dass das dein Verdienst ist?“ Der Blondschopf hob belustigt die Brauen. „Etwa nicht?“ schnappte der Pilot sofort. „Auf wessen Mist ist denn diese glorreiche Idee gewachsen?“ – „Auf deinem“, gestand der Saber ihm zu. „Aber ohne Commander Eagles Segen wäre es immer noch nur eine glorreiche Idee.“ Als er sah, dass Fireball darüber ernsthafter verstimmt war, musste er zugeben, dass der Rennfahrer es zu Recht war. Wenn auch nur im Spaß, es war nicht fair zu schmälern, dass der Pilot ihm nur hatte helfen wollten. „Danke, Kleiner“, sagte Saber darum. „Ohne dich wäre einiges schief gelaufen“, fügte er dann hinzu und Fire wusste, dass es sich auch auf die Mission bezog. Prompt funkelte Stolz in den Augen des Piloten. „Ich bin eben der Beste“, behauptete er überzeugt. „Ja“, lachte Saber. „Ich wird dir einen Tempel errichten.“ – „Aber bitte aus Marmor“, forderte Fireball. „Nur.“
 

Das verlassene Anwesen South Honour Hill 72 und der dazugehörige Friedhof hatten eine besondere Bedeutung. Damien hatte sich das Nebengebäude nicht ohne Grund gewählt. Das Anwesen war der einstige Wohnsitz des Künstlers Thomas Valerius. Hier waren die Schwestern aufgewachsen. Auf dem Friedhof daneben erinnerte eine Engelsstatue aus schwarzem Marmor an seine geliebte Frau. Auf die berechtigte Frage, wo die Schwestern die Gemälde versteckt hatten, die sie Darkness entwendet hatten, erwiderte Search geheimnisvoll: „Dort, wo man sie nicht suchen würde.“ In derselben Nacht folgten die Starsheriffs Passion über den Honour Hill Friedhof zu jener Skulptur. Der schwarze Stein glänzte silbrig im Schein des Mondes. Auf einem schmalen, hochkantigen Sockel stand der Engel. Seine Schwingen reichten von den Schultern bis auf den Podest. Schlanke Beine lugten unter einem weich fallenden Gewand hervor, das an die Nymphen des alten Griechen erinnerte. Die Hände des Engels waren auf dem Dekolleté gefaltet, das Haupt blickte hoffnungsvoll in den Himmel. „Das Haar, “ flüsterte April überrascht.“ Es sieht aus wie deines.“ Passion lächelte. „Es ist meins. Sieh dir die Figur genau an.“ Dann wurde es deutlich. Der Sockel erinnerte an ein aufgeschlagenes Buch, das irgendwo gegenlehnte, … Search. Die gefalteten Hände sahen aus, als hätte der Engel ein Gebet beendet. Der Glaube … Faith. Die wilde Mähne wies auf eine unbezähmbare Seite … Passion. Die herzförmigen Lippen galten … Love. Und doch konnten sie sicher sein, dass Various Frau tatsächlich so ausgesehen hatte, wie die Statue. Es war dem Meister gelungen, alle seine Engel in einem zu vereinen. Jetzt öffnete Passion die „Seite“ des Buches hinter der sich ein Hohlraum im Sockel befand. Daraus zog sie die beiden Bildrollen hervor. „Wann übergebt ihr die Bilder nun ihrer Bestimmung?“ fragte Colt. „Morgen. Es ist nämlich ihr Hochzeitstag.“
 

Der Tag neigte sich dem Ende, als sie das Anwesen betraten Die Schwestern hatten sich freigenommen und waren durchs Haus gelaufen. Auch wenn es verlassen, und daher recht herunter gekommen war, wenn auch Bretter die Fenster verschlossen und es muffig nach Staub roch – für sie steckte es voller Erinnerung. „Weißt du noch …?“ – „Ha, hier war doch …“ – „Du hast immer …“ – „Ja ja … und hier haben Mummy und Paps immer…“ So und ähnlich hallte es durch die Räume. In der Zwischenzeit standen die Starsheriffs in der Eingangshalle. An den Wänden hingen sämtliche Werke Various, auch „Hinter der Maske“ und „Engelsherz“. Über das Talent und das Geschick des Meisters konnte man nur staunen. Jedes Bild fing seinen Betrachter ein, zog ihn in seinen Bann. Ebenso die Gedichte, die in Bilderrahmen dazwischen hingen. Sogar Colt und Fireball, die sich normalerweise nicht so von Kunst beeindrucken ließen, konnten sich nicht gegen diese Faszination wehren. Die Schritte auf dem Holzboden holten sie jedoch langsam in die Gegenwart zurück. Noch einmal sahen sich alle in der Halle um, ehe sie sich in der Mitte des Zimmers versammelten. Gegenüber der Eingangstür hing „Madonnas Freude“. „Ich glaube, es ist so weit“, ließ Search sich vernehmen. Passion näherte sich mit einem verpackten Werk der Wand gegen über dem Eingang. Sie war offensichtlich das Zentrum dieser Privatausstellung und neben dem ersten Madonnenbild war Platz gelassen worden. Jetzt riss Passion das Packpapier von dem Gemälde und befestigte „Madonnas Leid“ an dieser Stelle. Alle Anwesenden sahen auf die Werke. „Madonnas Freude“ zeigte eine Frau, die ein Baby im Arm hielt und einfach nur Mutterglück ausstrahlte. Dieselbe Frau winkte weinend einem gelben, weißen, grünen und rotrosafarbenden Punkt hinterher – „Madonnas Leid“. Dann geschah etwas seltsames Nebel stieg aus der Umrandung der Werke.
 

Überrascht klappten den Anwesenden die Münder auf. Aus den Schwaden formte sich das Gesicht eines Mannes. Thomas Valerius. Einen Momentlang thronte die Erscheinung über den Madonnen, dann löste sich der Rauch auf und Flammen schlugen aus den Bildern. In wenigen Augenblicke waren nur noch die Rahmen übrig und das Feuer in seiner Hitze griff auf die seitlichen Werke über und das Packpapier, das am Boden lag. Es ging so rasend schnell, dass die Acht gerade noch genug Zeit hatten das Haus zu verlassen. „Wir sollten die Feuerwehr rufen“, keuchte April geschockt. „Nein, sollten wir noch nicht.“ Search schien sich als erste wieder gefasst zu haben. „Vater wollte es so“, erklärte sie auf die verdatterten Gesichter der anderen hin. „Seine Werke sind bei seinem Engel. So sollte es sein. Das hat er gesagt.“ Dann zitierte sie: „Wenn es Zeit wird Madonnas Freude und ihr Leid zu vereinen, werden sie Madonna folgen.“ Passion übersetzte diesen etwas wirren Wortlaut. „Madonnas Freude war, uns zu bekommen. Ihr Leid, dass wir irgendwann in unser Leben hinausgehen, sie verlassen. So wie Mummy eingeäschert wurde, so sollten es auch Paps Werke. Das muss man nicht verstehen, nur akzeptieren. Es war sein letzter Wille.“
 

Das Feuer fraß sich indes ins obere Stockwerk hinauf. Noch immer überrascht standen die ach davor und sahen zu, wie de Flammen alles verschlangen. „Ich verstehe nicht, wie ihr das zu lassen könnt“, meinte Fireball. „Das war euer Leben.“ – „Das war ein Teil davon. Wir haben noch die Erinnerung und die kann uns keiner nehmen, “ antwortete Love. „Auch die Liebe nicht, “ fügte Faith hinzu, „die wir bekommen haben. Das wird ewig unser sein.“ Passion griff nach Sabers Hand. „Es war Zeit sich von der Vergangenheit endgültig zu trennen. Wir werden nicht vergessen. Aber wir müssen uns langsam auch auf Neues einlassen.“ So verließen sie gemächlich das Grundstück. Hinter ihnen brannte das Haus nieder und erhellte die Nacht weithin. Irgendwo in der Ferne ertönten Sirenen. Bis die Feuerwehr jedoch ankommen würde, würde es zu spät sein. Das war gut so. Phönix war aus Asche wieder auferstanden. So würden es auch die Schwestern tun. In ihren Gesichtern lag Hoffnung und vor ihnen die Zukunft.
 

Ende



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Kommentare zu dieser Fanfic (13)
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Von:  Nuko
2009-01-12T20:57:45+00:00 12.01.2009 21:57
Okay ^^

ich habe dir versprochen auch zu dieser Geschichte ein Kommi zu schreiben und das tue ich hiermit. (auch wenn ich lange überlegt habe ob ihc es wirklcih tun sollte wiel es nicht so positiv ausfällt wie die andern)

Ich gebe zu das mir diese Geschichte absolut nicht so gut gefallen hat wie die andern.
aber wie immer fange ich mit dem positiven an ^-^

Wieder ist dir sehr gut gelungen Situationen und Orte gut zu beschreiben, ebenso ist mir positiv aufgefallen das es mir hier wesentlich leichter gefallen ist zu sehn wer gerade spricht.
Ich fand die Namen der Charas schön gewählt, wobei mich das alles recht oft an Cats eye erinnert hatte ^^°
Auch den roten Faden in der Story hast du nie verloren und schön durchgezogen, ich finde es immer sehr wichtig das eien FF Strucktur hat und das hat deine auf jeden Fall *beide Daumen hoch*

So leider fand ich den Chara den du diesmal an Sabers Seite gestellt hat absolut gar nicht passend, zumal ich gemerkt habe das sie sehr CAT (aus 10 Dinge die ich an dir hasse) ähnelte. Ich liebe CAT und ihre Sprüche und fand es darum sehr schade das du diese zum Teil 1:1 übernommen hast, aber das ist geschackssache. Da CAT mein absoluter Liebling ist fand ich es halt schade ihre Sprüche wiederzufinden.

ansonsten fällt mir schriebtechnisch hier nichts negatives auf.

Nun möchte ich dir gerne eien Frage beantworten die du mir vor ein paar Tagen gestellt hattest.
Es ging um die Frage ob alle andern außer Saber wie Statisten rüber kommen, meine Antwort in dieser Story muss leider absolut JA lauten.
Die andern kommen wenig bis überhaupt nicht vor, was ich wirklich schade finde.
Ganz selten mal die eher lustigen Diskussionen mit den andern, aber auch das ist nach einem bis zwei Absätzen fertig, was auf dauer die Geschichte langweilig macht.
Ich hatte ja schon gesagt das es absolut okay ist seinen liebliing bevorzugt zu behandeln aber in dieser Geschichte finde ich es etwas übertrieben ^^° entschuldige wenn ich etwas arg ehrlich bin aber du wolltest es wissen ..

Alles in allem war es eine gute Geschichte, schön erzählt mit wirklich lustigen Stellen, nur mein persönlicher Geschamck ist sie einfach nicht.

ich hoffe trotdem das du jetzt net all zu arg sauer auf mich bist weil ich wieder mal zu ehrlich war .__.

liebe Grüße

Von:  Misano
2008-07-24T09:54:53+00:00 24.07.2008 11:54
Klasse Geschichte und jetzt habe ich sie auch endlich ganz gelesen! Du hast da wirklich eine tolle Partnerin für Saber geschaffen!!!!!
Von:  Misano
2008-06-08T21:43:33+00:00 08.06.2008 23:43
Wie? Hier hat noch niemand was geschrieben?
Dabei gefällt mir dieses Kapitel besonders gut! Auch wenn ich etwas irritiert war, weil das Spiel mit der Flasche bei uns "Wahrheit oder Pflicht" heißt.
Also das Timing von Gefühlen, Wortgefecht, Verhör und zur Tat Schreiten hast du perfekt hinbekommen!!!
Von:  Klein_Claudi
2008-06-05T16:16:22+00:00 05.06.2008 18:16
Oh, schon zu Ende.

Aber es war eine schöne Geschichte. Das hast du sehr gut gemacht.
Ich freu mich schon auf die nächste Geschichte von dir.
Von:  Turbofreak
2008-05-30T11:29:42+00:00 30.05.2008 13:29
Hi, Süße!

Das ist mit Abstand mein liebstes Kapitel, das muss ich jetzt mal gestehen. Das ist einfach so toll, lustig und irgendwie auch verwirrend... Ich meine, wann lässt sich Saber schon mal auf so eine Diskussion mit Fire ein? *g*... Naja, ich weiß es ja *lach*, kommt ja später noch auf...

Bis denne
dickes Bussi
Niki

Von:  Turbofreak
2008-05-24T12:39:59+00:00 24.05.2008 14:39
Süße, was soll ich da noch groß sagen oder bekritteln, hab ich ja vorher schon gemacht *lach*

Ich freu mich schon so, wenn die anderen zu lesen kriegen, was ich schon längst weiß... Freu mich wie ein Schneekönig auf das, was da noch kommt.

Viel Spaß weiterhin, den haben wir ja beide dabei ^^
dickes Bussi
Niki
Von:  Misano
2008-05-21T16:26:53+00:00 21.05.2008 18:26
Liest sich schon mal sehr gut "an", aber ich bin ja noch bei deinen Highland Affairs und muss da erst mal durch, was mir aber sehr viel Vergnügen bereitet!
Mein erster Eindruck zur neuen Story: Kann es sein, dass mir die drei Mädels irgendwie bekannt vorkommen? *G* Irgendwie hatte ich immer die drei von Cat's Eye vor Augen, frag mich nicht, wie ich darauf komme...*pfeif*
Von:  Klein_Claudi
2008-05-16T17:37:10+00:00 16.05.2008 19:37
Mir gefiel die Geschichte bisher auch ganz gut.
Mal was anderes, dass Saber mal auf andere Art und Weise das Herz einer Frau erobert. Auch wenn diesmal etwas ruppiger und so gar nicht gentlemenlike.
Von:  Turbofreak
2008-05-16T15:11:45+00:00 16.05.2008 17:11
*lach*

Das war das mitunter beste Streitgespräch, das es jemals gegeben hat. Es hat erstens riesen Spaß gemacht, das mit dir durchzugehen und das Lesen danach war auch eine Freude. Es ist einfach nur genial, Süße

knuddels

Von:  Kittykate
2008-05-14T18:16:17+00:00 14.05.2008 20:16
Ist das süß. Die Zankerei zwischen Passion und Saber so cool. Einfach göttlich wenn man sich das bildlich vorstellt... (sie explodiert fast und er verkneift sich das Lachen.) *lach* einfach toll.


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