Inugami

Prolog - Das Horrormärchen

Das Horrormärchen
 

Es war eine eiskalte Nacht und die Hundesoldaten von Ohu hatten sich allesamt in das alte Gewölbe zurückgezogen, das ihnen als Lager diente. Dicht an dich kuschelten die Hunde sich zusammen um sich gegenseitig zu wärmen und vertrieben sich die Zeit indem sie sich Horrorgeschichten erzählten. „…und seit diesem Tag, hört man in besonders kalten Nächten die Geister der hier getöteten Bären vor Zorn brüllen!“, beendete Ben seine Geschichte. Dass der alte Doggenrüde lediglich die Geschichte Ohus mit einer Prise Horror gewürzt hatte, störte niemanden sondern sorgte eher für allgemeine Belustigung.

„Wer ist jetzt dran?“, wollte Weed wissen und sah sich in der Runde um. Dem jungen Akita-Inu war die Freude an den Geschichten anzusehen. „Wie wäre es mit Jerome?“, schlug Kyoushiro vor und sah den deutschen Schäferhund auffordernd an. „Du hast doch ein Labor der Menschen bewacht, da hast du doch sicher mal was unheimliches aufgeschnappt!“, meinte der Kishu-Inu. Mel und Weed taten es Kyoushiro gleich und sahen den Schäferhund begeistert an. „Au ja! Erzähl uns bitte ne Horrorgeschichte, Jerome!“

„Wenn es sein muss!“, grummelte Jerome, setzte sich hin und überlegte kurz, dann grinste er Kyoushiro hämisch. „Wenn du unbedingt etwas gruseliges hören willst, dann wird ich dir etwas erzählen, das ich selbst erlebt habe!“, begann er, hielt jedoch inne als Rockte aufstand und dabei GB von sich runter warf, da der englisch Setter neuerdings gerne halb auf dem Barzoi drauf lag. „Sorry, Freund! Ich geh kurz das Bein heben. Jerome, du kannst ja schon mal anfangen.“, meinte der braunweiße Barzoi und trottete davon.

Als er weg war räusperte sich Jerome: „Nun, dann will ich mal Anfangen!“ Er richtet seinen Blick auf einen scheinbar weit entvernten Punkt und begann zu erzählen. „Ich war noch ein halber Welpe, als mein Mensch mich auf das Forschungsgelände brachte, für dessen Schutz ich ausgesucht wurde. Zuerst durfte ich bei meinem Mensch in der Wohnung schlafen, doch als ich älter wurde und meine Ausbildung begann, wurde ich bei den anderen Wachhunden untergebracht. Die Wachhunde erzählten sich Schauergeschichten über riesenhafte Hunde, die die Menschen in ihren Laboren züchteten. Die Augen dieser Hunde sollten in der Dunkelheit leuchten und mit ihren Kiefern sollten sie sogar Büffelknochen zerbeißen können. Ich hielt das damals nur für ein Schauermärchen, das sich die Alten ausgedacht haben um die Jüngeren zu erschrecken, nun, zumindest bis zu jener eiskalten Dezembernacht. Es war weit nach Mitternacht, wir waren alle in unseren Zwingern als wir hörten wie sich etwas mit Krallen an den Türen zu schaffen machte, die zum Schutz vor der Kälte geschlossen waren. Wir dachten die Türen würden uns vor dem, was da Draußen war, schützen da sie mit einem Kartenschloss verriegelt waren. … Wie naiv wir doch waren. Kurz nachdem das Kratzen anfing, hörten wir wie das Schloss entriegelt wurde und als sich die Tür dann öffnete, sahen wir sie zum ersten mal! Die von den menschen gezüchteten Riesenhunde, die Inugami! Sie waren hast doppelt so groß wie Doggen und ihre Augen loderten wie Feuer als sie Zwingertür nach der anderen öffneten. Sie töteten jeden Hund, zerrissen sie förmlich und verschlangen ihr Fleisch. Auch mich hätten sie getötet, wenn nicht in dem Moment die Menschen gekommen wären. Kaum waren sie da, wurden die Inugami friedlich und ließen sich ohne wiederstand wegbringen.“

Mel sprang auf. „Warum haben diese Inugami den Hunde getötet aber den Menschen nichts getan?“, wollte der junge Golden Retriver wissen. Jerome sah den jungen Hund an. „Weil, Mel, sie alle wahnsinnig waren! Es heißt, sie würden nur Hundefleisch fressen, am liebsten wenn es noch warm ist. Außerdem sollen sie, wenn sie Zeit haben, ihre Opfer über Stunden, wenn nicht sogar Tage und Wochen quälen bevor sie sie endlich töten.“, fuhr Jerome mit bebender Stimme fort „Ob das Stimmt, weiß ich nicht. Aber ich weiß ganz genau, das Drei dieser Monster aus dem Labor ausgebrochen sind und das Gelände verlassen haben. Die Menschen haben sie überall gesucht und 2 von ihnen sind wieder aufgetaucht. Aber der 3. ist seit nun mehr als einem Jahr wie vom Erdboden verschluckt. Die Menschen denken, er wäre tot, da es nie zu einem Zwischenfall gekommen ist. Aber ich glaube das nicht! Ich bin mir sicher, das der Inugami immer noch da Draußen ist und nur auf einen leckern Hundebraten lauert!“

Unter den versammelten Hunden herrschte entsetztes Schweigen. Ihnen war anzusehen das sie sich vorzustellen versuchten, was es bedeutete, wenn auch nur die Hälfte von Jeromes Worten wahr wäre.

Es war Sasuke, der das Schweigen brach. „A-aber du glaubst d-doch nicht, dass d-der I-inugami hier auftauchen w-wird, oder?“, stammelte der Shiba-Inu mit eingezogenen schwanz.

„Keine Sorge, er taucht hier nicht auf! Ich bin schon da!“, erklang eine Stimme hinter Sasuke & GB und ließ die beiden Hunde vor Schreck aufspringen und gute 2 Meter nach vorne Springen. Kurz wurde es wieder still, dann brach schallendes Gelächter aus und als sich Sasuke und GB umsahen, erblickten sie Rocket, der sich mit einem frechen: „Sorry, Jungs, ich konnte einfach nicht wiederstehen!“, niederließ.

Inugami? Oder optische Täuschung?

Inugami? Oder optische Täuschung?
 

Weed trat vor den Bau und gähnte herzhaft. Er hätte gestern Nacht doch nicht so lange auf bleiben sollen, denn er war todmüde. Aber ein Blick auf GB und Kyoushiro, die direkt nach ihm raus kamen, sagte ihm dass es den anderen nicht besser ging. „Guten Morgen, alle zusammen!“, grüßte der kleine Akita als sich nach und nach auch der Rest seiner Meute an die frische Luft bequemte. Zumindest alle außer einem. „Wo ist Rocket?“

„Der ist heute schon sehr früh raus!“, antwortete Jerome, als er sich zu Weed gesellte. „Sagte, er könne nicht mehr schlafen!“

„Woran das wohl lag?“, kicherte Weed und sah zu GB und Sasuke. Von dem English Setter und dem Shiba Inu kam synchron ein noch recht verschlafenes „Hä?“, was den jungen Akita noch mehr kichern ließ.

Man hatte in den letzten Tagen beobachten können dass GB jedes mal Rockets Nähe suchte, wenn er die Gelegenheit hatte und Sasuke hing an GB wie eine Klette. So auch in der vergangenen Nacht. Weed hatte nicht schlafen können und war kurz nach Draußen gegangen um etwas frische Luft zu schnappen. Als er dann wieder ins Lager zurückkehrte, hatte er gesehen wie GB auf Rocket drauf lag während Sasuke sich in die Flanke des Barzois vergraben hatte. Da war es also kein Wunder, wenn es Rocket irgendwann zu eng wurde und er das weite suchte.

„Nun, wie dem auch sein. Wir sollten uns jetzt langsam mal um unser Frühstück kümmern!“, sagte Akame und traf damit auf Weeds Zustimmung als auch auf Die der restlichen Meute.

Also teilten sich die Hunde in kleine Gruppen auf. Während ein teil nach Beute suchte, behielt der andere Teil Hougens Armee im Auge.
 

Kyoushiro war etwas genervt als er neben GB und Sasuke her trabte. Gegen GB als Jagdpartner hatte er nichts einzuwenden, aber Sasuke war leider Gottes nicht der beste Jäger und heute war er so tollpatschig, dass er die ganze Beute verschreckte. Eigentlich hatte es alleine jagen wollen, aber sowohl Weed als auch Jerome hatten Alleingänge verboten, seit GB in zwei von Hougens Leuten hineingerannt war. Zu seinem Glück hatte er den Beiden weiß machen können, dass er zu ihnen gehören. Zwar amüsierten sich immer noch über ein derartiges Ausmaß an Dummheit, aber sie waren vorsichtiger geworden. Also bewegten sie sich, mit Ausnahme von Rocket, nur noch in Gruppen von 3 oder mehr Hunden unterwegs.

„Rocket hat es gut! Der ist so schnell, dass ohne hin keiner mithalten kann…“, grummelte Kyoushiro leise als Sasuke wieder zu plappern begann.

„Was meint ihr, erlegen wir einen Hirsch? Oder doch nur einpaar Hasen und Rebhühner?“, wollte der Shiba Inu wissen und merkte nicht, wie sich rechts von ihm ein Kaninchen duckte. GB jedoch war es nicht entgangen, denn der English Setter machte einen kräftigen Satz zur Seite und packte das Kaninchen bevor es überhaupt wusste wie ihm geschah.

„Das war ja klasse, GB!“, kam es prompt von Sasuke. Kyoushiros Blick traf den GBs, der Setter signalisierte, dass der Kishu Inu sich jedes Wort verkneifen sollte um Sasuke nicht zu verunsichern. Der Shiba Inu war in den letzten Tagen durch sein Ungeschick zum Ziel einiger Spötteleien geworden, was seinem Selbstbewusstsein nicht gut getan hatte.

Normalerweise hätte Kyoushiro GBs stumme Warnung ignoriert und Sasuke seinen Unmut spüren lassen, aber er wollte sich jetzt nicht mit GB anlegen. Der English Setter war bereits eine Nuance weit in Kampfstellung.

Und genau das machte Kyoushiro Angst. Als er GB kennen gelernt hat, war er ein netter Kerl mit gutem Willen aber befriedigenden Kampffähigkeiten; aber seit ihrer Ankunft in Ohu hatten sich GB regelmäßig mit Rocket abgesetzt und war stärker zurückgekommen. Kenzan, einer von Kyoushiros Männern, hatte die Beiden gefragt was sie so trieben und hatte sowohl von Rocket als auch von GB ein schlichtes „Wir haben trainiert!“, zu hören bekommen.

Noch währen der Kishu Inu sich über GBs Veränderung wunderte, wand sich der Setter zu Sasuke und warf ihm das erbeutete Kaninchen zu. „Hier, du hast es aufgeschreckt, also ist es auch zum Teil deine Beute!“

Der Shiba Inu war unschlüssig ob er nun freuen sollte oder nicht. Einerseits war er stolz, dass er GB geholfen hatte, wenn auch nur indirekt, andrerseits wurmte es ihn das der Setter ihn damit bevormundete. Trotzdem nahm er das Kaninchen an. „Danke, GB! Aber die Nächste Beute schnapp ich mir alleine“

Zur Antwort lachte GB: „Gut! Dann kann ich ja jetzt Pause machen!“

Nach diesem Smalltalk ging die Jagd weiter und in der tat schaffte es Sasuke wirklich etwas zu erlegen. Zwar war es nur eine Maus, aber immerhin hatte der Shiba Inu sie selbst erlegt und sowohl GB als auch Kyoushiro hatten ihn für seinen Fang gelobt, was das Sasukes Selbstwertgefühl anhob.

„Okay, okay! Können wir jetzt weiter?“, nörgelte Kyoushiro, nach einer weile genervt nachdem GB und Sasuke in eine ernsthafte Diskussion, über die beste Methode zum Mäusefangen, verfallen waren. Der English Setter und der Shiba Inu entschuldigten sich etwas verlegen und setzten ihren Weg fort. Immerhin musste Kyoushiro noch etwas Fangen um nicht leer auszugehen.

Während das Trio weiter durch den zugeschneiten Wald lief wurde es auf einmal unheimlich still. Die drei Hunde blieben Stehen.

„Hört ihr das?“, flüsterte Kyoushiro.

„Ich höre nichts!“, antwortete Sasuke ebenfalls flüsternd.

„Das ist es ja, Sasuke. Man hört absolut nichts. Es ist als würde die Welt den Atem anhalten!“, meinte GB leise und schlich voran. Sasuke und Kyoushiro folgten ihm.

Sie waren schon ein gutes Stück voran geschlichen, als ihnen 2 von Hougens Männern entgegen stürmten. Kyoushiro und GB gingen sofort in Kampfstellung, doch die Hunde rannten einfach an ihnen vorbei. „Sasuke! Ein Monster! Lauf Weg!“, schrie einer der Hunde panisch. Dann waren die Zwei auch schon aus der Sicht des Trios verschwunden.

„Was war das denn?“, fragte Kyoushiro teils irritiert, teils belustigt.

„Das waren Aarno und Jasha!“, stellte Sasuke fest.

„Du kennst die Zwei?“, wollte der Kishu Inu wissen.

Sasuke nickte. „Ja, sie waren meine Freunde, als ich noch Hougen dienen musste! Aarno ist ein Karelischer Bärenhund und Jasha ein Russisch-Europäischer Laika. Die Beiden sind eigentlich sehr nett und auch ausgesprochen Mutig!“

„Mutig?“, wiederholte Kyoushiro und begann zu lachen. „Ja, klar! Und ich bin ein Braunbär! Kommt, Leute, wir sehen uns mal das Monster an. Bestimmt ist es nur eine mies gelaunte Katze!“ Dann war der Kishu Inu auch schon vorgelaufen. GB und Sasuke warfen sich noch einen wenig begeisterten Blick zu, dann folgten sie Kyoushiro.

Nach kurzer Zeit hatte sie Kyoushiro eingeholt. Der Kishu Inu kauerte hinter einem Busch und horchte angestrengt. Bevor sie fragen konnten was los war gab Kyoushiro zu verstehen, dass sie sich ruhig verhalten sollen. „Hinter dem Busch ist etwas Großes!“, flüsterte er und wie zum beweis hörten sie wie sich etwas Schweres bewegte.

Vorsichtig robbten die drei Hunde weiter vor um durch die Blätter des immergrünen Busches zu spähen. Doch mitten in ihrem Streben flog etwas von der anderen Seite des Gebüschs über sie hinüber und landete hinter ihnen, wobei es den halb zu Tode erschreckten Sasuke festnagelte. Der Shiba Inu kniff die Augen zu und dachte er würde sterben als… „Sasuke?“

Sasuke riss die Augen auf und starrte direkt in die warmen, braunen Augen Rocktes.

Der Barzoi entließ den Shiba Inu in die Freiheit und sah nun zu den beiden anderen Hunden. „Was macht ihr denn hier?“

„Wir jagen! Und was treibst du hier?, antwortete Kyoushiro.

Rocket grinste. „Ich jage auch und nebenbei hab ich noch 2 von Hougens Leuten erschreckt!“

Kyoushiro war verblüfft. „Ach! Dann warst du also das Monster von dem die Beiden von vorhin geredet haben?“

„Wie? Sind die euch entgegen gekommen?“, wollte Rocket wissen.

„Ja!“, mischte sich GB ein und erzählte von ihrer Begegnung mit Aarno und Jasha.

Rocket brach in schallendes Gelächter aus. „Nein, wie herrlich! Dass ich so überzeugend bin, hätte ich nun wirklich nicht gedacht!“

„Was hast du denn gemacht?“, wollte Sasuke jetzt genau wissen. Er kannte Aarno & Jasha und wusste, das ein einzelner Hund die Beiden nie hätte erschrecken können.

„Na ja, ich hab eigentlich nichts getan, außer mich als eines dieser Inugamiviecher auszugeben, von dem Jerome gestern erzählt hat. Nur hab ich noch hinzugefügt, dass ihre 'Bälle' eine Delikatesse für mich sind! Dann sind die beiden auch schon gerannt als wäre der Leibhaftige persönlich hinter ihnen her.“

Es entstand ein kurzes Schweigen, dann lachen Kyoushiro, GB und Sasuke los.

„Ich glaub es nicht! Wie doof kann man denn sein? Erst schleicht sich GB in Hougens Lager ein und jetzt lehrst du zwei von seinen Leuten das Fürchten!“

Ach Rocket lachte. „Ach, ich hatte glück, dass ich mich hinter dem Busch verbergen konnte, andernfalls hätten die die Beiden mir das auch nie abgekauft.“

Dann ging der Barzoi wieder in Richtung Gebüsch und verschwand mit einem eleganten Satz dahinter. Als er sich durch das Gebüsch zurück kämpfte, zog er einen erlegten Hirsch hinter sich her.

GB, Kyoushiro und Sasuke erschraken. Nicht wegen dem Hirsch sondern wegen Rockets Augen, die im Gegenlicht der Sonne Golden zu glühen schienen. „Rocket, deine Augen!“, schrie sasuke ängstlich.

„Was?“ Rocket sah den Shiba Inu direkt an, der Einfallwinkel der Sonnenstrahlen in Rockets Augen veränderte sich und sie waren wieder braun. „Ähm, nichts…“, stammelte Sasuke und stellte sich wie GB und Kyoushiro die frage, ob ihnen ihre Augen einen Streich gespielt hatten.

„Also, wenn das jetzt die Rache dafür ist, dass ich euch gestern erschreckt habe, dann ist das weder einfalsreich noch witzig!“, brummte der Barzoi, packte seinen Hirsch und machte sich auf den Weg zurück zu Weed und den Anderen.

GB, Kyoushiro und Sasuke sahen sich kurz an, dann folgten sie ihrem Kamerad.