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Der Suizidmord

Ein märchenhafter Krimi
von

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Das Kommissariat im Schloss

Manchmal ist Selbstmord der lauteste Schrei nach Leben.
 

Biederer Geruch, morsches altes Holz. Holz aus einer anderen Zeit. Ein Schloss, indem die Wahrheit gesucht wurde.
 

Irgendwo tief in den alten Wänden war irgendwo eine kleine Tür eingelassen. Eine Tür in ein kleines Kommissariat unter dem Carl Eugen Appartement des Neuen Corpis de Logis.

„Herr Oberkommissar, hier ist Ihr Kaffee und der aktuelle Polizeireport“, piepste eine kleine Stimme.
 

Eine haarige Pfote nimmt eine Tasse Kaffee und die Polizeiakten entgegen. „Danke, Fräulein Gebur“, nuschelte eine ältere Maus in ihren weißen Bart, „und was haben wir da…? … Hm… langweilig… das mach die Polizeidirektion.. das geht rüber zum Herrn Pfalz und ach ja, rufen Sie bitte Jannes rüber.“

Fräulein Gebur tritt aus dem Chefbüro. Von innen hört man immer noch: „Nein… nein… das auch nicht.“
 

Sie lief den kleinen Flur entlang in das hinterste Eckbüro. Dort, hinter einem Stapel Zeitungen und Tassen, schien ein kleines Fellknäuel friedlich zu schlafen. Fräulein Gebur tippelte um den Tisch und sah dort den schlummernden Jannes. Eine Feder aus ihrem Hutgesteck zupfend, machte sie sich daran den jungen Mäuserich zu wecken.
 

„Hatschi!“ Er schreckte hoch.

„Der Chef will dich sehn.“

„D… der Chef?“, Jannes kräuselte mit der Nase, „ich hab doch nichts angestellt.“
 

Mit weichen Knien stand er nun da vor dem Büro des Chefs. Seines Chefs um genau zu sein. Er war der Assistent des etwas zu jung gebliebenen Oberkommissars der Barockpolizei. Ein kleiner Beamte, hätte man sagen können.

„Nun kommen Sie schon rein!“, rief es von innen.

Oh nein, wie peinlich. Langsam trat er verschüchtert ein. Der Oberkommissar saß hinter seinem Schreibtisch und hatte eine Akte vor sich aufgeschlagen. Leise schlich Jannes an den Tisch heran.
 

„Jannes, seit Wochen werden immer wieder die Leichen kokainabhängiger Jugendliche gefunden. Sie alle starben an einer Überdosis schlecht gemischten Kokains. Der Streckanteil war zu groß, viel zu groß. Das Labor hat festgestellt, dass bei den Süchtigen Scopolamin und Hyoscyamin im Blut vorhanden war. In hohen Dosen ist die Wirkung stark berauschend. Überdosierungen können allerdings Tobsucht, Halluzinationen und Atemlähmungen herbeiführen.“

„Und was war nun das Streckmittel?“
 

„Stechapfel! Aber keine der hier wachsenden Arten. Laut botanischen Angaben wächst diese Art nur auf dem Balkan und dort auch einzig im Gebirge. Es ist die so genannte Datura stramonium“

„Meinen Sie der Dealer ist ein Einwanderer aus dem Balkangebiet?“

„Das ist meine Ansicht.“
 

„Denken Sie, es war Absicht oder dass er nicht mischen kann?“

“Und seine Kunden damit umbringt, genau“, die alte Maus räusperte sich kurz, „die Ludwigsburger Polizei tappt im Dunkeln. Außer ein paar kleine Unterdealer und weitere Drogenabhängige haben sie noch nichts. Sie versuchen schwitzend heraus zu finden, wer der Dealer des Kokains ist, aber die Verdächtigen verpetzen sich nur gegenseitig und es wurde weder der Unterhändler mit dem Stechapfel, noch der Großlieferant des Kokains gefunden.
 

Aber nun das Außergewöhnliche bei diesem Fall!

Ich habe hier ein Schreiben von der Spürhund Truppe. Es wurde bei einer Leiche 10 g reines Kokain gefunden.“ –

„Aber das reicht schon allein für 100 Abhängige! Denken Sie, das Opfer hatte direkten Kontakt mit dem Großhändler?“

Der Chef nickte nur und brummte: „Der alte Dackeltreiber, Major Strolch hat mir die Daten des Mädchen zukommen lassen. Nun ist es Aufgabe des KoAt. Würden Sie bitte Fräulein Gebur sagen, dass sie das Telefon nach einem Taxi nach Markgröningen abhören soll.“
 

„Verzeihung Herr Kommissar, aber wäre es nicht einfacher und schneller mit Bus und Bahn zu fahren?“, murmelte Jannes in seinen nicht vorhanden Bart. Der Chef drehte sich vor Schreck, ihm dabei einen ordentlichen Stoß versetzend, um und starrte ihm ins Gesicht. Sein Bart vibrierte und seine Augen weiteten sich: „Sie wissen doch, dass solche Fahrzeuge unter meiner Würde sind.“
 

Jannes stutzte: „I… ich dachte, Sie haben Angst vor Menschen-massen.“

Nun lief der Chef rot an und begann zu faseln:

„Nein, wie…? Aber Jannes, wie kommen Sie darauf?“ Das ist doch ein alter Hut.“

„Aber er steht Ihnen noch immer ausgezeichnet, mein lieber Kommissar.“ Eine rauchige Stimme, ein süßer Duft und weißes Fell in einem beigen Kittel. Jannes schluckte schwer und krächzte: „Frau Dr. Brosi.“
 

Dem Inspektor ging es nicht besser. Er hatte wohl aufgehört zu atmen, denn er lief schon blau an. Ja! Das war sie. Pathologin Frau Dr. Brosi. Sie und der Kommissar, der Kommissar und Sie, das war eine lange Geschichte. Eine Geschichte aus einer früheren Zeit, wie er immer zu sagen pflegte.

Jannes blickte zum Chef: „Herr Kommissar, Sie müssen etwas Sagen.“

Der Kommissar schreckte auf aus seiner Trance: „Oh, Frau Brosi. Was verschafft mir die Ehre?“
 

„Ich dachte, ich biete Ihnen eine Mitfahrgelegenheit an, wenn wir schon dasselbe Ziel haben, mein Lieber.“

„Sie müssen auch zum Haus des Opfers, meine Liebe?“

„Majo Strolch schickt mich. Ich hab die Ergebnisse der Obduktion dabei. Nun, würden Sie mich bitte zu meinem Flugzeug begleiten?“

„Flugzeug? F… Fliegen…?“, stotterte Jannes.

Das durfte alles nicht wahr sein. Er und Fliegen? Da lagen Welten dazwischen. Er war doch keine Fledermaus!
 

„Ch… Chef… Ich fühl mich nicht besonders wohl. Kann mich Fräulein Gebur nicht vertreten?“

„Ach Jannes. Tun Sie nicht so. Sie sind doch jung und werden wohl keine Angst haben?“

Mit diesen Worten und den freundlichen Blicken Dr. Brosis war sein Todesurteil unterschrieben.
 

Bleich hing er über dem Zimmerbrunnen. Fühlte alle seine Knochen nur zu deutlich und der Muskelkater brachte ihn um.

„Armer Junge, geht es Ihnen wieder besser?“ Fürsorglich legte Dr. Brosi eine Pfote auf Jannes Rücken, während er nur etwas wie: „Ich lebe…“ von sich gab.

„Ach, Jannes, das nächste Mal dürfen Sie mit dem Bus fahren.“ Der Kommissar klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, was Jannes aber nur einen Gang auf die Toilette bescherte.
 

Als er zurückkam, sahen sich der Kommissar und Dr. Brosi bereits im Zimmer des Mädchens um. Jannes packte schweren Magens die Akte der Obduktion aus und las sie dem Kommissar laut vor.

„Name des Mädchens ist Nina Prächtinger. Sie war siebzehn Jahre alt und ist an einer Überdosis Kokain wie alle anderen gestorben. Vater berufstätig als Ingenieur, Mutter Hausfrau. Über die familiäre Lage ist nichts Außergewöhnliches bekannt. Der Freundeskreis von ihr bewegt sich nicht im Drogenmilieu und sie ist die einzige, die mit den anderen Opfern nichts zu tun hatte.“ –
 

„und Sie hatte reines Kokain in sich. Sie hatte von den 10 g, die in Steinform besaß, welches abgeschabt und zu sich genommen. Ein goldener Schuss reinster Klasse!“, eröffnete uns Dr. Brosi, „sie war, anders als die anderen Jugendlichen, nicht drogenabhängig.“

Der Kommissar und Jannes starrten sie an. Sollte es wirklich das gewesen sein, was Jannes meinte? Er hoffte es nicht, aber der Kommissar sprach seine grausame Vermutung aus: „Suizid.“
 

„Selbstmord“, flüsterte Jannes leise. Nina hatte sich umgebracht mit reinem Rauschgift. Sie hatte es sich gespritzt voller Bewusstsein, dass die Konsequenz der Tod ist. Sie ist diejenige, die die Wahrheit mit sich in den Tod genommen hatte. Dar war er sich sicher.
 

Traurige Stille breitete sich im Zimmer aus. Jannes starrte umher. Ein ganz normales Mädchenzimmer und auf dem Boden die weiße Markierung. Der Nachweis, dass hier ein toter Körper lag, hing immer noch in der Luft. Der Duft nach Tot, Verzweiflung und Tränen stieg ihm in die Nase, schoss durch seine Lungen hoch in seinen Kopf bis in seine Augen.
 

Dr. Brosi durchblätterte bereits sämtliche Taschenkalender, Adressbücher oder Dinge, die eine Rolle in Ninas Leben gespielt haben könnten.

Jannes begann derweil mit dem Chef das Haus nach möglichen Zeugen zu durchsuchen.
 

„Ich hoffe bloß, dass in dem Haus Haustiere leben oder Mäuse.“

„Ich hoffe, dass das Haustier kein Kater ist, Chef.“

Sie bogen um eine Ecke ab und wurden durch einen ohrenbetäubend, hohen, schrillen Schrei erschreckt.

„Eindrillinge! Holt die Polizei, die Kammerjäger und die Feuerwehr!“

Sie blickten auf. An der Decke hing ein elliptischer Käfig und in dem Käfig hüpfte ein Wellensittich umher und schrie aus Leibeskräften.

„Polizei, Hilfe, Pooooolizeeei! Sie sind hier wegen den Drogen! Holt Hilfe! Poooooli – „
 

Der Kommissar war an der Gardine hochgeklettert und hatte sich zu dem Käfig gehangelt, um dem Wellensittich eine Traube – die er sich vom Wohnzimmertisch ausgeliehen hatte - in den Schnabel zu stecken.

„Gestatten, Oberkommissar des Kommissariat der Barockpolizei.“ Er hob seinen Hut an und verbeugte sich.

„Das da unten ist mein Assistent und zukünftiger Nachfolger Johann Baldrian de Pucke kurz Jannes. Wir sind hier, weil wir ein paar Fragen zu dem hier passierten Selbstmord hätten.“

„Mooooooooooord!“
 

- „Wie bitte?“

„Es war Mord! Er hat sie dazu getrieben. Hat sie wahnsinnig gemacht, bis er von ihr gefordert hat sich umzubringen, wenn sie nicht mehr mitmacht!“

Jannes drehte sich der Kopf. Mord? Mord?!

„Bitte erklären Sie das näher, Herr…“

„Dimitrij und es war ein Mord!“

„Heißt das, Nina Prächtinger hat sich gar nicht selbst umgebracht?“

„Nein, er stand direkt daneben. Hat zugesehen mit einem dreckigen Grinsen auf seiner Fratze. Mööörder!“
 

„Und wer ist er?“

„Das weiß ich nicht. Er kam immer, wenn niemand sonst im Haus da war. Manchmal redeten sie stundenlang. Wirres Zeug das alles.“

„Können Sie eine genauere Beschreibung von dem Mann geben? Aussehen, ungefähres Alter?“ Der Chef zückte seinen Notizblock und drückte ihn Jannes in die Pfote.

„Ich hab ihn gesehen, er hat eine raue Stimme, mit einem südländischen Stil. Ich wurde meistens abgedeckt, wenn er kam… oder halt… Mööööööööööööööööörder!“
 

„Können Sie uns noch mehr berichten?“

„Er ist ein Mörder. Ein Psychopath. Der Bruder meiner Nina. Ein hässlicher Mann, schon über dreißig Jahre alt. Er war hier! In diesem Raum! Hatte immer so eine Tüte voll weißes Zeugs dabei. Ich glaub es war Vogelkacke.“

„Laut Akte hat Nina keine Geschwister. Sie ist ein Einzelkind“, berichtete Fr. Dr. Brosi.
 

„Vielleicht – “

„ - der Wellensittich könnte auch lügen.“

Der Kommissar beugte sich zu Fr. Brosi und fing an zu flüstern:

„Sie sollten eine psychologische Analyse machen. Sein Verhalten deutet ganz klar auf eine geistige Verwirrtheit hin, meine Liebe.“

„Ich bin Pathologin, Herr Kommissar, nicht Psychologin. Ich denke aber, der Vogel leidet einfach an Hyperaktivität bedingt durch den zu kleinen Käfig.

Vielleicht – “
 

„ – vielleicht gibt es ja ein uneheliches Kind!“, rief Jannes nun endlich dazwischen, „man sollte die vollen Lebensläufe besorgen und nach Lücken suchen.“

„Jannes, Sie sind ja heute mal richtig enthusiastisch.“

„Danke, Chef.“

Der kleine Mäuserich wurde rot.

„Gehen Sie und suchen Sie ein Kommunikationsmittel in diesem Haus. Wir müssen Kontakt mit dem Koat aufnehmen.“
 

…PASSWORT…

„Hat Fräulein Gebur Ihnen das Passwort zukommen lassen?“

„Ja, Chef. Wir konnten eine Verbindung zu dem Server der Polizei herstellen. Sie übermittel gerade die gesamten Informationen, die wir zur Familie Prächtinger haben.“

…VERBINDUNG WIRD HERGESTELLT…

Auf dem Bildschirm erschienen zwei Lebensläufe.

„Hm, nichts Auffälliges. Beide hatten ein recht ruhiges Leben. Abitur, kennen gelernt während dem Studium, hervorragende Abschlüsse, haben nach den Studium geheiratet, nie in Konflikt mit dem Gesetz geraten Ich kann nichts außergewöhnliches erkennen, sehen Sie was meine Liebe?“

„Ein ruhiges Leben. Halten Sie an, Jannes. Schauen Sie dort, Herr Kommissar. Wieso ist bei der Versicherung eine siebzehn Jahre alte Behandlungsnummer eingetragen? Fräulein Gebur soll uns die Behandlungsart zu dieser Nummer suchen.“
 

34895AI0707

künstliche Befruchtung 07.07.1988

Name: Nina Prächtinger
 

„Frau Prächtinger hatte sich künstlich befruchten lassen? Konnten sie denn keine Kinder bekommen? Eigenartig, wie soll sie dann noch ein Kind bekommen haben?“

„Wenn der Vater nur unzeugungsfähig ist und die Mutter ein Affäre hatte oder umgekehrt, Chef?“

„Aber das Kind ist ja nicht bekannt, keine Einträge zur Unterhaltszahlung, auch nicht zur Adoption frei gegeben worden.“

„Kompliziert. Jannes kappen Sie bitte die Verbindung und folgen Sie mir bitte, meine Herren.“

Computermäuse

Eine alte Tür. Eine alte vermoserte Tür.

Wir standen da vor einer Tür, die bestimmt seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt wurde.

„Meine Liebe, sind Sie sich sicher, dass wir hier richtig sind?“

„Völlig, mein Lieber. Völlig!“
 

Fr. Dr. Brosi klopfte an, doch ihr Klopfen wurde ganz vom Moos geschluckt.

„Lassen Sie mich das machen, meine Liebe. Jannes, holen Sie ein Metallrohr und schlagen Sie damit gegen die Tür! Ich stelle derweil meinen Arm Dr. Brosi zur Verfügung, sollte sie sich festhalten wollen.“

Jannes kräuselte sauer die Nase. Na klar, der Alte ließ ihn mal wieder die Drecksarbeit machen. Er suchte sich ein Metallroh, was es hier zu genüge gab, da wir uns am Monrepos Schloss befanden. Ein ohrenbetäubender Schlag erdonnerte und Jannes lag bewusstlos am Boden.
 

„Mit soviel Kraft hätte er nun auch nicht zuschlagen müssen.“

„Der arme Junge, aber man hat uns sicher gehört.“

Eine Zeit lang passierte einfach nichts und wir standen da, wie bestellt und nicht abgeholt. Doch plötzlich begann die Tür unter Knarren sich langsam zu öffnen und ein alter Mäuserich mit weißem Bart kam zum Vorschein. Dr. Brosi trat vor.
 

„Guten Abend. Wohnt hier ein Herr ‚Alteweber’?“

„Ja, aber der ist nicht mehr im Geschäft, sollten sie dafür gekommen sein.“ Der alte Mäuserich schaute uns finster an, doch Fr. Brosi ließ sich nicht beirren und fragte tapfer weiter:

„Können wir nicht persönlich mit ihm sprechen?“

„Nein, er ist gerade beschäftigt mit ein paar Mäusen, die ihn einfach belästigen.“

„Bitte, er kann sich doch sicherlich zehn Minuten für uns Zeit nehmen.“

„Tut mir Leid, aber nein. Kommen Sie einfach nie wieder. Guten Abend!“

Der kauzige Alte war schon im Begriff die Tür unter großem Kraftaufwand zu schließen, als Jannes Stimme ertönte:

„Bitte Herr Weber. Sie müssen uns helfen. Es geht hier um ein junges, unschuldiges Mädchen. Bitte, wir brauchen Ihre Hilfe!“

„Hm, nun gut. Kommen Sie rein, und kleiner Mäuserich! Du kannst mich einfach den alten Weber nennen.“
 

Der alte Weber wohnte unter dem Monrepos Schloss in den Fundamenten. Unsere Mäusescharr musste sich durch Wurzeln und Erde kämpfen, die sich über die Jahrhunderte ihren Weg hier runter gebahnt hatten. Schließlich erreichten wir die warme Wohnstube. Großartiges gab es hier nichts zu sehen. Der Boden war mit alten grünen Teppichen ausgelegt – einer hässlicher als der andere. An den Wänden hingen alte Sepiabilder und Zeitungsartikel. An einer Ecke war ein offener Kamin eingebaut, zu dem passend zwei Sessel standen und ein kleiner runder Tisch. Mehr gab es in diesem schmuddeligen Raum nicht.
 

„Setzen Sie sich!“, bot bzw. befahl uns der alte Weber. Er selbst wählte einen Platz in einem der Sessel. Rutschte seinen Hintern in die richtige Position und schaute wartend zu, wie wir anderen das Platzproblem lösten.

Fr. Dr. Brosi bekam als Dame natürlich den Platz im zweiten Sessel. Kommissar Wendelborn setzte sich auf den kleinen Tisch und Jannes dürfte als Assistent sich mit dem Boden lieb nehmen.
 

Als nun alle ihren mehr oder weniger behaglichen Sitzplatz hatten, begann der alte Mäuserich zu fragen:

„Also, fangen sie an. Weswegen rauben Sie mir meine Zeit?“

Dr. Brosi rutschte etwas in ihrem Sessel vor und begann zu erzählen: „Wir untersuchen einen Selbstmordfall und haben beim Opfer Indizien gefunden, denen wir nun versuchen nachzugehen-“

„Sie wollen also herausfinden, warum das Opfer sich selbst umgebracht hat? Schon über Depressionen nachgedacht? Die meisten beenden deswegen ihr Leben“, unterbrach sie der alte Weber unhöflich.

„Sie wurde laut Zeugenaussagen in den Selbstmord getrieben beziehungsweise dazu gezwungen“, antwortete Kommissar Wendelborn an Stelle von Dr. Brosi und war sichtlich angesäuert: „Wir müssen nun den Täter finden, der höchst wahrscheinlich mit dem Opfer verwandt war.“
 

„Sehen Sie, Herr Weber. Wir haben hier eine Nummer einer Behandlung von vor fünfzehn Jahren. Es war eine künstliche Befruchtung der Mutter des Opfers, allerdings kann es sein, dass Mutter oder Vater davor anderswo bereits mal ein Kind hatten. Leider wissen wir nicht, was mit diesem Kind geschehen ist, wie es heißt und wo wir es finden. Deswegen brauchen wir Sie. Es heißt Sie seien einer der kompetentesten Computerexperten hier im Landkreis und wir müssen an Informationen kommen, die selbst mit einem Durchsuchungsbefehl verborgen bleiben. Bitte, helfen Sie uns.“
 

Fr. Dr. Brosi hatte sich richtig in Rage geredet und schaute nun den alten Weber flehend an. Dieser konnte wohl den braunen, großen, leicht tränenden Kulleraugen von Fr. Dr. Brosi nicht wiederstehen und kräuselte nachdenklich die Nase.

„Nun, ich würde Ihnen wirklich sehr gerne helfen, aber das Problem ist, dass ich nicht mal einen Computer anschalten kann.“

„Was?!“ Fr. Dr. Brosi war erstaunt aufgesprungen.

„Aber laut Polizeiakte von Major Strolch, haben Sie der Polizei schon öfters geholfen.“
 

„Nun, das nicht direkt ich, aber ich bin der Ansprechpartner vom Werner Strolch. Kommen Sie mit. Ich zeige Ihnen den kleinen Hacker.“

Der alte Weber erhob sich nun mühselig aus seinem Sessel, streckte seinen alten Knochen und begann an der Pathologin und dem Rest von uns vorbei zu schlurfen. Er verschwand in einem anderen dunklen Tunnel. Uns blieb nichts weiteres übrig als ihm zu folgen. Der Tunnel – miefend und stinkend – endete in einem großen Raum in dem – man glaube es kaum – ein Laptop stand.

Auf der Tastertur des Laptops sprang eine kleine Maus hin und her , während sich auf dem Bildschirm zwei Ninjas bekämpften.
 

„Ja! Komm‘ her du. Ich hab‘ dich gleich, jetzt mach‘ ich dich fertig.“

Der alte Weber räusperte sich kurz und sagte:

„Andrea, wo ist dein Bruder?“

Die kleine Maus erschrak, verhakte sich mit einem Füßchen an einer Taste und stürzte kullernd auf uns zu.

„Hallo Opa“, sie schaute kurz fragend zu uns, dann wieder zum alten Weber, „ähm, der Andi, der ‘isch geraaaade… auf dem Klo. Du weißt schon, dass da hinten, unter den Kabeln und Lehrbücher über EDV und so.“

Sie schaute während sie das sagte überall hin, nur nicht zu uns.

„Schon gut, Andrea. Das sind Kunden für euch. Hol‘ bitte deinen Bruder.“

Die kleine Maus musterte uns nochmal kritisch und rannte davon.
 

Wenige Minuten später rannte sie wieder her, aber diesmal im Schlepptau mit einer zweiten Maus, die genauso aussah wie sie. Bloß irgendwie männlich.

„Nun gut“, grummelte der alte Weber, „das sind meine beiden Enkel Andrea-“ das Mädchen machte einen Knicks „-und Andreas.“ Der Junge hob einfach die Pfote leicht zurBegrüßung und ließ sie dann wieder cool in der Hosentasche verschwinden. Er hatte eine dieser neumodischen Hip Hopper Hosen an, die erst unterm Hintern begannen.

„Fr. Dr. Brosi wird euch gleich die Einzelheiten erklären. Ich mach‘ währenddessen ein Nickerchen.“
 

Er drehte sich zu Fr. Dr. Brosi um und deutete mit einer Kopfbewegung in Richtung der Zwillinge an, ruhig sich den beiden anzuvertrauen.

Jannes hingegen beugte sich zu Kommissar Wendelborn und fragte ihn flüsternd: „Warum wohl die beiden so ähnliche Namen haben?“

„Weil ich sie manchmal nicht auseinander halten kann“, rief der alte Weber bereits aus dem Tunnel: „da nenn‘ ich sie einfach beide Andi und warte welche Stimme weiblich ist und welche männlich.“

Er verschwand in der Dunkelheit. Selbst sein Schlurfen wurde von ihr geschluckt.

Jannes blickte nun zum Laptop, auf dessen Tastatur nun die beiden jungen Mäuse bereits saßen und zeitweise etwas eintippten.

„Nun Fr. Brosi. Was sollen wir für die rausfinden?“, fragte Andreas, ohne dabei seinen Blick vom Bildschirm zu lassen.
 

„Erstmal, ob der Vater oder die Mutter noch ein weiteres Kind haben. Möglichweise vor der Zeit der Ehe.“

„Also die Eintragungen im Stadtarchiv sowie Rathaus und Kinderheime zeigen nichts. Auch nichts auf den früheren Nachnamen von Fr. Prächtinger.

Andrea kicherte leise: „Sie hieß Schlüpfer mit Nachname und mit Vorname Rosa. Da hätte ich aber auch so schnell wie möglich geheiratet.“

„Sucht bitte weiter“, sie drehte sich zu uns anderen um und fragte nun nachträglich:

„Was wissen wir denn eigentlich über diesen mysteriösen Bruder? Er soll südländischer Abstammung sein, über dreißig Jahre alt und unehelich.“

„Wenn er etwas mit dem gestreckten Kokain zu tun hat, dann könnte er aus dem Balkangebiet stammen“, bemerkte Kommissar Wendelborn.

„Andis, könntet ihr bitte nach früheren Reisen von vor ca. dreißig Jahren schauen bei beiden Eltern?“, wandte sich Jannes an die Zwillinge.

„Wird gemacht“, kam im Chor.
 

„Der Vater-“

„er heißt Hans Dieter-“

„hatte vor seinem Studium als Ingenieur erstmal ein Jahr lang in Europa herumgereist.“

„Mit verschiedenen Organisationen wie Brot für die Welt und so.“ Hat in ärmeren Ländern mitgeholfen.“

„Er war auch im Balkangebiet zur Krisenzeit-“

„Genauer gesagt im heutigen Kroatien.“

„Kann sein-“

„Dass er dort eine Affäre hatte-“

„Mit einer Einheimischen.“
 

„Denken Sie, Fr. Brosi, dass Herr Prächtinger von dem Kind wusste?“

„Eventuell. Aber als Jugendlicher ist man sehr leichtsinnig. Es könnte sein, dass es nur Liebe für eine Nacht war. Da merkt man die Konsequenzen nicht so leicht.“

„Vielleicht doch. Wir könnten schauen, ob er vielleicht Geldsummen ins Ausland überwiesen hat oder Briefkontakt mit der Einheimischen hielt“, Jannes überlegte schon fieberhaft wie man an diese Informationen kommen könnte.

„Jannes, nehmen Sie bitte Kontakt mit Fräulein Gebur auf und sagen Sie ihr, dass sie nochmal die Wohnung nach Briefen, die aus Kroatien bzw. Balkangebiet kommen, durchsuchen lassen soll.“

„Der Vater hat auch ein Ingenieursbüro in Möglingen“, rief Andrea uns zu.

„Das Ingenieursbüro auch. Es könnte sein, dass er seiner Familie nichts von dem eventuellen Kind gesagt hatte.“

„Und Jannes! Fräulein Gebur soll bitte doch auch das Tagebuch, den Kalender, das Hausaufgabenheft und das Notizbuch von Nina besorgen, sollte irgendetwas von diesen Dingen existieren“, meldete sich Fr. Dr. Brosi noch zu Wort.



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von: abgemeldet
2008-07-11T18:01:01+00:00 11.07.2008 20:01
Hi! Danke, dass du an meinem WB teilgenommen hast! Leider musste ich dich disqualifizieren, weil du die Geschichte abgebrochen hast. Trotzdem wollte ich loswerden, dass mir die Idee sehr gut gefallen hat und auch der feine Humor der darin steckt. Mäuse als Detektive – das hat was und vor allem hat es Potential! Vielleicht hast du ja doch noch irgendwann Lust, die Geschichte zu beenden. Sag mir dann mal bescheid, ich werde es gern lesen!
LG,
b_k

Von: abgemeldet
2008-03-13T12:37:19+00:00 13.03.2008 13:37
Hmmm ... so lange, wie es her ist, dass Du das geschrieben hast, scheint wohl n ichts mehr nachzukommen. Das ist schade. Die Geschichte fand ich nämlich wirklich interessant und vielversprechend.

Schreibe zufällig an etwas, nunja, Ähnlichem.

Solltest Du je weiterschreiben, versuch doch bitte, nicht so viele Absätze zu machen. Nur einen nach jedem Monolog, das reicht und wenn sich der Spielort wechselt.


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