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Summer Wine

von

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Teil 1

Alles begann an einem Morgen, an dem ich mal wieder fast verschlafen hätte. Meine Mutter kam hoch zu mir ins Zimmer und warf mich aus dem Bett. „Los raus, du kommst sonst zu spät!!“ Und zog mir die Decke weg. Ich zog sie natürlich wieder zu mir hin, war ja klar dass ich nicht aufstehen wollte. Wieso auch!? Ich hatte heut voll keine Lust auf Schule. Wir schrieben heute einen Mathe – Test und von dem wollt ich schon gleich gar nix wissen. Aber schließlich raffte ich mich doch noch auf und verließ mein wohlig warmes Schlafgemach. Was soll’s, in 12 Stunden würd ich eh wieder hier liegen. Oder so ähnlich.

Ich wankte schlaftrunken hinunter in die Küche und machte mir erst mal meinen morgendlichen Kakao. Völlig ordinär wie jeder andre auch. Schmierte mir ein Brötchen und las Zeitung. Zeitung... das war wovor mir am allermeisten graute, ich war bei der Schülerzeitung, Jenny hatte mich überredet, mitzumachen und jetzt hatten wir den Schlamassel. Der Rektor hatte uns eine Aufgabe gestellt – wir sollten uns irgendeine berühmte Persönlichkeit suchen und die für die Zeitung interviewen. Das Problem war nur – die deutschen Promis sind langweilig und sonst is hier nix los. Und mir hatte man natürlich nahegelegt, Vorschläge zu bringen, denn ich sollte das ganze leiten. Argh. Wo ich bei gewissen Promis doch eh kein Wort rauskriegen würde wenn ich vor ihnen stünde bzw. säße. Gewisse Promis... ach, ich schweife schon wieder ab. Ich stellte meine Tasse in die Spüle und machte mich auf den Weg ins Badezimmer.

Wieder aus der Nasszelle entkommen durfte ich feststellen dass es bereits halb war und ich in fünf Minuten raus musste zum Bus. Also noch schnell irgendwo einen Apfel grapschen, eine Flasche Limo einpacken und ab dafür, hoffentlich hatte ich oben nichts liegen lassen, aber um nachzusehen war keine Zeit mehr.
 

„Und, was glaubst du was du kriegen wirst?“ Fragte mich meine Banknachbarin Mandy. „Ich schätze mal, nachdem ich ja soo fleißig war und die ganze Nacht im Schlaf gelernt hab...“ Wir mussten lachen. Dann kam unser Mathelehrer mit strenger Miene und einem Stapel Papier im Arm herein. Sofort wurde es mucksmäuschenstill. Scheiß Mathetest. Als ob ich nicht andere Sorgen hätte, ich musste immer noch einen Interviewkandidaten finden. Im hintersten Eckchen meines Hinterstübchens fiel mir da was ein – war nicht in zwei Wochen die Premiere vom dritten Fluch der Karibik hier in München? Ich musste heimlich grinsen, da würde sicher jedes Mädchen an der Schule mitwollen wenn ich das veröffentlichte. Ich selber fand die Jungs ja auch nicht übel, aber zu alt... Mandy stieß mich am Ellenbogen. „Hey, es hat angefangen, schläfst du?“ – „Nein, ich hab nur nachgedacht.“ – „Ruhe da hinten!“ Unterbrach der Lehrer unser Gespräch. „Ich erzähl dir in der nächsten Stunde wieso.“ Und beugte mich über mein Aufgabenblatt. Dreisatz, na toll. Ich hasse es.
 

Nach der Stunde dauerte es gute zehn Minuten bis unsere Aushilfslehrerin für Deutsch kam, denn die eigentliche hatte sich den Fuß gebrochen und saß mit Gips zu Hause. „Also was is los.” Löcherte mich Mandy. Ich zuckte mit den Schultern. „Du weißt doch, dieses blöde Interview für die Schülerzeitung, glaubst mir würde was einfallen?!?“ – „Ja, nicht leicht. Aber such dir doch Alfons Schubeck oder so.. Is doch egal wer. Schülerzeitungs – Interviews sind eh immer todlangweilig.“ Das ging mir gegen den Strich, dass Mandy alles so auf die leichte Schulter nahm. Ich wollte aber mit Ruhm glänzen. „Is ja langweilig. Nein, ich will einen Knüller, einen der sie alle vor Neid erblassen lässt.“ Mandy grinste. „So einen wie Jonny Depp auf dem Cover einer Bravo?“ Wir mussten wieder lachen. „Zu dem Thema hatte ich scho so einen Hintergedanken... in zwei Wochen ist doch die Filmpremiere im Mathäser...“ Mandy wurde auf einen Schlag stumm. „Jetz nicht dein Ernst.“ – „Mein voller. Nur wird die ganze weibliche Belegschaft hier wahrscheinlich mitwollen.“ – „Nimm mich mit, bitte!!“ Bettelte Mandy nun. „Bist du bei der Zeitung?“ – „Leider nicht...“ Sie sah mich traurig an. Wie ein Kind, das gerade erfahren hat, dass ihr Kuschelhase gestorben ist. „Na gut, ich werd sehen was sich machen lässt. Aber erst mal muss ich Becky und Jazzy bescheid sagen dass mir was eingefallen is. Und unsrem Redakteur...“ Wir mussten beide bei dem Gedanken kichern, weil der Redakteur natürlich niemand andres war als unser aller Oberstreber persönlich, Tobi. Aber er war ein netter Mensch und erfüllte dir jeden Wunsch. Er konnte dich sogar auf die Titelseite bringen wenn du das wolltest. „Wobei ich sowieso meine Zweifel hege ob das klappen wird... ich wett, wenn ich vor dem oder denen steh krieg ich eh kein Wort raus...“ – „Und du kippst schielend um...“

Wir lachten uns grade halbtot, als unsre schrullige Aushilfslehrerin den Raum betrat. So eine alte abgetakelte Rentnerdame, die nichts besseres zu tun hatte, als Schüler zu quälen. „So Leute, heut hab ich mir für euch einen Lernzirkel ausgedacht. Ich verteil das Material auf verschiedene Tische, dann könnt ihr nach und nach die Stationen abarbeiten. Ich muss nachher noch zu einer Besprechung ins Sekretariat, also verhaltet euch ruhig und gesittet.“ Das war ihr Lieblingssatz. Ruhig und gesittet. Seit drei Tagen bekamen wir nichts andres zu hören. Aber so konnten Mandy und ich uns wenigstens unterhalten und keinen interessierte es. Wir mussten nur aufpassen dass vor allem Tina und Jeany nichts mitbekamen, die zwei waren verrückt nach unseren Interviewzielscheiben und würden wahrscheinlich vor nächster Woche nicht mehr aufhören zu kreischen wenn sie was spitz kriegten. Also setzten Mandy und ich uns an den allerletzten Tisch ganz hinten in der Ecke wo sowieso niemand hinkommen würde.

„Und vor allem müssen wir aufpassen dass unsre beiden Piratenbräute da vorne nichts spitz kriegen. Kennst sie ja.“ – „Oh ja... die würden dir dann ewigst lange in den Ohren liegen, dass du sie mitnehmen musst weil sie dich sonst verfluchen oder so was ähnliches.“ – „Oh ja, die hetzen mir dann den Fluch von Cortez auf den Hals...“ Mit Mandy konnte man richtig schön ablästern und sich einen Ast nach dem andren lachen. Just in dem Moment betrat Jazzy den Raum, mit der ich eh noch reden wollte. Ich winkte sie zu uns her.

„Hey, gut dass du da bist, mir is was eingefallen!“ Begrüßte ich sie. „Ich wollt eigentlich zur Schiefenbach... aber schieß los, dann sag ich's Becky gleich auch und Tobi.“ – „In zwei Wochen is doch die Filmpremiere im Mathäser... was hältst du davon, Orli oder Johnny auszufragen?“ Einen Moment lang wollte Jazzy mir das glaub ich nicht abkaufen. „Pass ja auf dass das niemand andres mitkriegt, sonst will die ganze weibliche Belegschaft hier noch mit... prima Idee, mein Onkel ist Journalist, ich kann ihn ja bitten dass er uns Presseausweise besorgt...“ Mir rutschte nun das Herz in die Hose. Scheiße, das würde wirklich klappen... „Eine Frage hätt ich noch...“ – „Schieß los.“ – „Ich geh nicht ohne Mandy.“ Die warf mir einen freudigen Blick zu und ich wusste dass sie einen lauten Aufschrei unterdrückte. „Eins, zwei... weißt was, ich muss da gar nicht so unbedingt mit, ich besorg euch die Presseausweise und dann könnt ihr die Jungs löchern. Becky kann die eh nicht ab. Kennst sie doch, die steht eher auf US5...“ Wir mussten lachen. „Super, danke!“ Nun sah mein Tag schon ein wenig lichter aus. Scheiße. „Ach so, mein Onkel macht das natürlich mit den Interviews auch klar und ruft da vorher an! Super wenn man Beziehungen hat...“ – „Und ob...“ ich war nämlich auch kurz davor, vor Freude an die Decke zu springen. „Aber vorher muss ich noch nen Besenstiel verschlucken und du musst mir Schuhe mit Bodenhaken besorgen damit ich nicht aus den Latschen kippe...“ Grinste ich Jazzy an. Die lachte. „Neunundneunzig Prozent der Mädchen hier an der Schule stehen auf Johnny und Orli... ich bräuchte auch Hakenschuhe, keine Sorge...“ – „Und für Mandy auch ein Paar bitte.“ Jazzy hob die Hand zum Abschied und verschwand in der Tür. Wir waren mit dem Lernzirkel keine Station vorangekommen, aber das würde mit Sicherheit keinen stören. Besonders die alte Schiefenbach nicht.
 

Nach dem Unterricht hatten wir nur eins im Sinn – so schnell wie möglich nach Hause und den Schrank nach passenden Klamotten durchsuchen. Leider fand sich in meinem nichts passendes und so kam es dann auch dass keine fünf Minuten später mein Handy klingelte und Mandy anrief. „Hast du auch nichts gefunden?“ – „Nur Müll... gehn wir shoppen?“ Das übliche weibliche Laster halt, den Schrank voller Klamotten aber nichts anzuziehen...
 

Um drei trafen wir uns im Einkaufszentrum zu einer ausgiebigen Shopping – Tour a la Piratenbraut. Wir probierten viele Sachen, manche waren schon fast zu gewagt, wie das träger – und ärmellose Oberteil das ich irgendwo gesehen hatte.. damit würde es sicher nicht lange dauern und der nächstbeste Security – Typ würde einen aus der Menge fischen. Was gestreiftes wär am besten, Piraten tragen doch gestreift... „Ich mag aber keine Streifen, die machen Dick.“ Kam es aus der Umkleidekabine neben mir. Ich hatte Mandy dazu überredet, wenigstens mal ein Oberteil in dieser Variation anzuprobieren. Sie sträubte sich zwar anfangs, aber ich hab so lange nachgebohrt bis sie nachgab. Aber Mandy behielt Recht, das Ding sah wirklich nicht vorteilhaft aus. Ich hatte mein Teil schon gefunden, so ein schönes weißes Teil mit vielen Rüschen, ganz Piraten – like. Dazu noch meine schönste Jeans und einen Gürtel mit Totenkopf – Schnalle und das Outfit war perfekt. „Und, für was entscheidest du dich jetz?“ Fragte ich Mandy nachdem sie schon fünfzehn Oberteile wieder zurückgehängt hatte. „Ich glaub ich nehm das. Sie hielt mir ein beiges Oberteil entgegen, das ein wenig altertümlich aussah, aber perfekt ins Genre passte. Ich nahm den Daumen hoch. „Super, dann gehn wir zahlen, is schon spät und ich muss meiner Mutter erst noch einhämmern dass ich da hingehe..“ Meine Mom war da ein bisschen fies, wenn’s ihr zu gefährlich wurde mit den Männern dann verbot sie mir alles. Wie die Frisur meines letzten Freundes, die hat ihr nicht gefallen, also durfte ich ihn auch nicht behalten. Da half selbst umstylen nichts. Ich mag halt mal Kerle mit langen Haaren, da kann ich doch auch nichts dafür! Aber bei Orli is das was andres... „Hey, du bist dran, zahlen!“ Mandy weckte mich wieder auf. „Oh, t’schuldigung...“ Ich gab der Kassiererin einen zwanziger und verschwand dann mit Mandy aus dem Geschäft.
 

Am Mittwoch saßen wir dann in der Redaktion zu einem Meeting zusammen in dem alles besprochen wurde. Mandy war auch dabei, sie war ja schließlich meine Begleitung und sollte da nicht ganz unwissend hineingeworfen werden.

„Hast du noch Fragen?“ Fragte Jazzy, an Mandy gewandt. „Nicht wirklich. Und dein Onkel hat das wirklich alles schon unter Dach und Fach? Nicht dass wir dann vor verschlossenen Türen stehen.“ – „Wo denkst du hin, er hat gestern im Management angerufen und die ham sich nur allzu gerne bereit erklärt ein Interview für eine Schülerzeitung abzugeben, mal was anderes ham sie gemeint. Hier sind übrigens eure Ausweise...“ Jazzy gab mir und Mandy unsre Presseausweise. Cool. „Sind aber nur für den 24. Mai gültig, danach leider nicht mehr.“ Ich sah unter Jazzys Pullover etwas hervorblitzen. „Du, kann es sein dass er dir auch einen besorgt hat?“ Fragte ich sie schelmisch grinsend. Jazzy lief ein bisschen rot an. „Das ist sein Geburtstagsgeschenk...“ Das war richtig, Jazzy war vor zwei Tagen 18 geworden. Und zum achtzehnten bekam man normal schon mal was Besondres geschenkt. „Dann sind wir eben drei, auch egal. Also das Ding läuft wie folgt – ihr seht euch erst den Film an zusammen mit den ganzen andren Berühmtheiten – normale Paparazzis dürfen da nicht rein, aber da ihr Schülerinnen seid und ihnen ja nicht gefährlich werden könnt ham die gesagt ihr dürft euch den Streifen auch reinziehen. Danach wird noch was gegessen eben und dann könnt ihr die Jungs löchern. Bzw. den Jungen.“ – „Ui, wer hat denn zugestimmt?“ Jazzy grinste übers ganze Gesicht. Dann wusste ich wer’s war. „Wenn du so grinst, dann weiß ich schon, wer. Oh Gott dann musst du mich aber festnageln...“ – „Wer denn, wer denn?“ Quengelte Mandy. „Na kannst du’s dir nicht denken, in wen is Jazzy denn schon seit Herr der Ringe verknallt?“ – „Oh, verstehe...“ Gab Mandy zurück, ebenfalls übers ganze Gesicht grinsend. „Also in eineinhalb Wochen. Ich nehm das Diktiergerät von meinem Onkel mit, der hat an dem Tag grad keine Interviews und kann’s mir borgen.“ – „Alles klar, geht klar!“ Gab ich zurück und schlug bei Jazzy ein. „Auf dass das ein einmaliger Erfolg wird, der alle an dieser Schule vor Neid erblassen lässt!“ Nun war der Kampfgeist in mir geweckt und nichts würde ihn so schnell wieder zum Erlöschen bringen.
 

Nun ging es daran, sich Fragen auszudenken. Unser beider Gehirne liefen die nächste Woche fast heiß vor Ideen, Mandys und meines. „Aber nix allzu privates.“ Wir saßen am Dienstag darauf nach der Schule bei mir zu Hause auf meinem Zimmer und schrieben bei einer Tasse Tee Fragen auf. Meiner Mutter hatte ich es inzwischen beigebracht, die reagierte ganz lässig und meinte, die seien eh unerreichbar, also würd sie da nix drauf geben. „Frag ihn doch, wie viele Paar Strümpfe er inzwischen besitzt... sammelt die Dinger doch wenn ich mich nicht irre?“ Lachte Mandy. Ich verstand nicht, wie man Socken sammeln konnte... und zuckte mit den Schultern. „Schreibs einfach mal auf. Sehn wir dann schon, aber wahrscheinlich wird er sich erst mal nen Ast lachen, genau wie wir. Wie wär’s mit... mir fällt echt nix mehr ein.“ – „Soll ich das auch aufschreiben?“ Ich gab Mandy einen freundschaftlichen Schubs. Die Schubste zurück und so entwickelte sich erst mal eine kleine Rangelei. Ich hatte mich inzwischen eingehend mit der Materie befasst und die ersten beiden Teile vom Fluch der Karibik mit Mandy zusammen angesehen. Zugegeben, ich mochte ihn irgendwie, unsern Interviewpartner... mögen war eigentlich kein Ausdruck mehr. Wir hatten uns schon zu Fans entwickelt. Ob das gut oder schlecht war werden wir nie erfahren. Und so zwei Tage vor dem Großereignis war auch schon alles vorbereitet, die Klamotten lagen fertig gebügelt über dem Schreibtischstuhl, Stifte waren gespitzt, Blöcke besorgt ... Fotoapparate mit Film gefüllt, man konnte ja nie wissen, aber ein Erinnerungsfoto wollte ich schon haben. Damit konnte ich nachher überall herumprahlen – seht, ich hab Orli getroffen!! Bei dem Gedanken freute es mich immer wieder, dass die anderen dann absolut neidisch werden würden und mich ausquetschen würden wie er so war. Ob ich wusste wie er ist? Keine Ahnung! Hoffentlich kein Arroganter, mies gelaunter Schnösel dem’s nur ums Geld geht! Nein, aber ich glaub so is er nicht. Morgen wollte Mandy bei mir übernachten, damit wir uns zusammen vom Acker machen konnten, Jazzy würde uns um neun hier abholen und zum Kino fahren. Um zehn machte der Schuppen auf und die ganzen Leute kamen. Natürlich aus piekfeinen Luxushotelzimmern und nicht aus einer Mietwohnung irgendwo in der Innenstadt. Aber das war mir momentan egal.
 

Der Mittwoch kam schneller als erwartet. Nach der Schule wurden noch die restlichen Utensilien gepackt, die Ausweise zurechtgelegt damit wir auch ja reinkamen. Jazzy hatte mir heute noch das Diktiergerät gegeben und erklärt wie es funktioniert, das lag jetzt auch auf dem Schreibtisch neben meinem Presseausweis, zusammen mit meinem richtigen Ausweis, zwei Pack Kaugummi, meiner Handtasche, Geldbeutel und Handy. Taschentücher... falls ich heulen musste. Was ich aber nicht glaubte. Eher lachen. Mandy und ich saßen zusammen auf dem Bett und studierten gesammelte Zeitungsartikel. Inzwischen war es schon acht Uhr abends, die Zeitbombe tickte. Man hatte uns für morgen von der Schule freigestellt. Langsam sollten wir ins Bett gehen um morgen fit zu sein...
 

Alles begann an einem Morgen, an dem ich mal wieder fast verschlafen hätte. Meine Mutter kam hoch zu mir ins Zimmer und warf mich aus dem Bett. „Los raus, du kommst sonst zu spät!!“ Und zog mir die Decke weg. Ich zog sie natürlich wieder zu mir hin, war ja klar dass ich nicht aufstehen wollte. Wieso auch!? Ich hatte heut voll keine Lust auf Schule. Wir schrieben heute einen Mathe – Test und von dem wollt ich schon gleich gar nix wissen. Aber schließlich raffte ich mich doch noch auf und verließ mein wohlig warmes Schlafgemach. Was soll’s, in 12 Stunden würd ich eh wieder hier liegen. Oder so ähnlich.

Ich wankte schlaftrunken hinunter in die Küche und machte mir erst mal meinen morgendlichen Kakao. Völlig ordinär wie jeder andre auch. Schmierte mir ein Brötchen und las Zeitung. Zeitung... das war wovor mir am allermeisten graute, ich war bei der Schülerzeitung, Jenny hatte mich überredet, mitzumachen und jetzt hatten wir den Schlamassel. Der Rektor hatte uns eine Aufgabe gestellt – wir sollten uns irgendeine berühmte Persönlichkeit suchen und die für die Zeitung interviewen. Das Problem war nur – die deutschen Promis sind langweilig und sonst is hier nix los. Und mir hatte man natürlich nahegelegt, Vorschläge zu bringen, denn ich sollte das ganze leiten. Argh. Wo ich bei gewissen Promis doch eh kein Wort rauskriegen würde wenn ich vor ihnen stünde bzw. säße. Gewisse Promis... ach, ich schweife schon wieder ab. Ich stellte meine Tasse in die Spüle und machte mich auf den Weg ins Badezimmer.

Wieder aus der Nasszelle entkommen durfte ich feststellen dass es bereits halb war und ich in fünf Minuten raus musste zum Bus. Also noch schnell irgendwo einen Apfel grapschen, eine Flasche Limo einpacken und ab dafür, hoffentlich hatte ich oben nichts liegen lassen, aber um nachzusehen war keine Zeit mehr.
 

„Und, was glaubst du was du kriegen wirst?“ Fragte mich meine Banknachbarin Mandy. „Ich schätze mal, nachdem ich ja soo fleißig war und die ganze Nacht im Schlaf gelernt hab...“ Wir mussten lachen. Dann kam unser Mathelehrer mit strenger Miene und einem Stapel Papier im Arm herein. Sofort wurde es mucksmäuschenstill. Scheiß Mathetest. Als ob ich nicht andere Sorgen hätte, ich musste immer noch einen Interviewkandidaten finden. Im hintersten Eckchen meines Hinterstübchens fiel mir da was ein – war nicht in zwei Wochen die Premiere vom dritten Fluch der Karibik hier in München? Ich musste heimlich grinsen, da würde sicher jedes Mädchen an der Schule mitwollen wenn ich das veröffentlichte. Ich selber fand die Jungs ja auch nicht übel, aber zu alt... Mandy stieß mich am Ellenbogen. „Hey, es hat angefangen, schläfst du?“ – „Nein, ich hab nur nachgedacht.“ – „Ruhe da hinten!“ Unterbrach der Lehrer unser Gespräch. „Ich erzähl dir in der nächsten Stunde wieso.“ Und beugte mich über mein Aufgabenblatt. Dreisatz, na toll. Ich hasse es.
 

Nach der Stunde dauerte es gute zehn Minuten bis unsere Aushilfslehrerin für Deutsch kam, denn die eigentliche hatte sich den Fuß gebrochen und saß mit Gips zu Hause. „Also was is los.” Löcherte mich Mandy. Ich zuckte mit den Schultern. „Du weißt doch, dieses blöde Interview für die Schülerzeitung, glaubst mir würde was einfallen?!?“ – „Ja, nicht leicht. Aber such dir doch Alfons Schubeck oder so.. Is doch egal wer. Schülerzeitungs – Interviews sind eh immer todlangweilig.“ Das ging mir gegen den Strich, dass Mandy alles so auf die leichte Schulter nahm. Ich wollte aber mit Ruhm glänzen. „Is ja langweilig. Nein, ich will einen Knüller, einen der sie alle vor Neid erblassen lässt.“ Mandy grinste. „So einen wie Jonny Depp auf dem Cover einer Bravo?“ Wir mussten wieder lachen. „Zu dem Thema hatte ich scho so einen Hintergedanken... in zwei Wochen ist doch die Filmpremiere im Mathäser...“ Mandy wurde auf einen Schlag stumm. „Jetz nicht dein Ernst.“ – „Mein voller. Nur wird die ganze weibliche Belegschaft hier wahrscheinlich mitwollen.“ – „Nimm mich mit, bitte!!“ Bettelte Mandy nun. „Bist du bei der Zeitung?“ – „Leider nicht...“ Sie sah mich traurig an. Wie ein Kind, das gerade erfahren hat, dass ihr Kuschelhase gestorben ist. „Na gut, ich werd sehen was sich machen lässt. Aber erst mal muss ich Becky und Jazzy bescheid sagen dass mir was eingefallen is. Und unsrem Redakteur...“ Wir mussten beide bei dem Gedanken kichern, weil der Redakteur natürlich niemand andres war als unser aller Oberstreber persönlich, Tobi. Aber er war ein netter Mensch und erfüllte dir jeden Wunsch. Er konnte dich sogar auf die Titelseite bringen wenn du das wolltest. „Wobei ich sowieso meine Zweifel hege ob das klappen wird... ich wett, wenn ich vor dem oder denen steh krieg ich eh kein Wort raus...“ – „Und du kippst schielend um...“

Wir lachten uns grade halbtot, als unsre schrullige Aushilfslehrerin den Raum betrat. So eine alte abgetakelte Rentnerdame, die nichts besseres zu tun hatte, als Schüler zu quälen. „So Leute, heut hab ich mir für euch einen Lernzirkel ausgedacht. Ich verteil das Material auf verschiedene Tische, dann könnt ihr nach und nach die Stationen abarbeiten. Ich muss nachher noch zu einer Besprechung ins Sekretariat, also verhaltet euch ruhig und gesittet.“ Das war ihr Lieblingssatz. Ruhig und gesittet. Seit drei Tagen bekamen wir nichts andres zu hören. Aber so konnten Mandy und ich uns wenigstens unterhalten und keinen interessierte es. Wir mussten nur aufpassen dass vor allem Tina und Jeany nichts mitbekamen, die zwei waren verrückt nach unseren Interviewzielscheiben und würden wahrscheinlich vor nächster Woche nicht mehr aufhören zu kreischen wenn sie was spitz kriegten. Also setzten Mandy und ich uns an den allerletzten Tisch ganz hinten in der Ecke wo sowieso niemand hinkommen würde.

„Und vor allem müssen wir aufpassen dass unsre beiden Piratenbräute da vorne nichts spitz kriegen. Kennst sie ja.“ – „Oh ja... die würden dir dann ewigst lange in den Ohren liegen, dass du sie mitnehmen musst weil sie dich sonst verfluchen oder so was ähnliches.“ – „Oh ja, die hetzen mir dann den Fluch von Cortez auf den Hals...“ Mit Mandy konnte man richtig schön ablästern und sich einen Ast nach dem andren lachen. Just in dem Moment betrat Jazzy den Raum, mit der ich eh noch reden wollte. Ich winkte sie zu uns her.

„Hey, gut dass du da bist, mir is was eingefallen!“ Begrüßte ich sie. „Ich wollt eigentlich zur Schiefenbach... aber schieß los, dann sag ich's Becky gleich auch und Tobi.“ – „In zwei Wochen is doch die Filmpremiere im Mathäser... was hältst du davon, Orli oder Johnny auszufragen?“ Einen Moment lang wollte Jazzy mir das glaub ich nicht abkaufen. „Pass ja auf dass das niemand andres mitkriegt, sonst will die ganze weibliche Belegschaft hier noch mit... prima Idee, mein Onkel ist Journalist, ich kann ihn ja bitten dass er uns Presseausweise besorgt...“ Mir rutschte nun das Herz in die Hose. Scheiße, das würde wirklich klappen... „Eine Frage hätt ich noch...“ – „Schieß los.“ – „Ich geh nicht ohne Mandy.“ Die warf mir einen freudigen Blick zu und ich wusste dass sie einen lauten Aufschrei unterdrückte. „Eins, zwei... weißt was, ich muss da gar nicht so unbedingt mit, ich besorg euch die Presseausweise und dann könnt ihr die Jungs löchern. Becky kann die eh nicht ab. Kennst sie doch, die steht eher auf US5...“ Wir mussten lachen. „Super, danke!“ Nun sah mein Tag schon ein wenig lichter aus. Scheiße. „Ach so, mein Onkel macht das natürlich mit den Interviews auch klar und ruft da vorher an! Super wenn man Beziehungen hat...“ – „Und ob...“ ich war nämlich auch kurz davor, vor Freude an die Decke zu springen. „Aber vorher muss ich noch nen Besenstiel verschlucken und du musst mir Schuhe mit Bodenhaken besorgen damit ich nicht aus den Latschen kippe...“ Grinste ich Jazzy an. Die lachte. „Neunundneunzig Prozent der Mädchen hier an der Schule stehen auf Johnny und Orli... ich bräuchte auch Hakenschuhe, keine Sorge...“ – „Und für Mandy auch ein Paar bitte.“ Jazzy hob die Hand zum Abschied und verschwand in der Tür. Wir waren mit dem Lernzirkel keine Station vorangekommen, aber das würde mit Sicherheit keinen stören. Besonders die alte Schiefenbach nicht.
 

Nach dem Unterricht hatten wir nur eins im Sinn – so schnell wie möglich nach Hause und den Schrank nach passenden Klamotten durchsuchen. Leider fand sich in meinem nichts passendes und so kam es dann auch dass keine fünf Minuten später mein Handy klingelte und Mandy anrief. „Hast du auch nichts gefunden?“ – „Nur Müll... gehn wir shoppen?“ Das übliche weibliche Laster halt, den Schrank voller Klamotten aber nichts anzuziehen...
 

Um drei trafen wir uns im Einkaufszentrum zu einer ausgiebigen Shopping – Tour a la Piratenbraut. Wir probierten viele Sachen, manche waren schon fast zu gewagt, wie das träger – und ärmellose Oberteil das ich irgendwo gesehen hatte.. damit würde es sicher nicht lange dauern und der nächstbeste Security – Typ würde einen aus der Menge fischen. Was gestreiftes wär am besten, Piraten tragen doch gestreift... „Ich mag aber keine Streifen, die machen Dick.“ Kam es aus der Umkleidekabine neben mir. Ich hatte Mandy dazu überredet, wenigstens mal ein Oberteil in dieser Variation anzuprobieren. Sie sträubte sich zwar anfangs, aber ich hab so lange nachgebohrt bis sie nachgab. Aber Mandy behielt Recht, das Ding sah wirklich nicht vorteilhaft aus. Ich hatte mein Teil schon gefunden, so ein schönes weißes Teil mit vielen Rüschen, ganz Piraten – like. Dazu noch meine schönste Jeans und einen Gürtel mit Totenkopf – Schnalle und das Outfit war perfekt. „Und, für was entscheidest du dich jetz?“ Fragte ich Mandy nachdem sie schon fünfzehn Oberteile wieder zurückgehängt hatte. „Ich glaub ich nehm das. Sie hielt mir ein beiges Oberteil entgegen, das ein wenig altertümlich aussah, aber perfekt ins Genre passte. Ich nahm den Daumen hoch. „Super, dann gehn wir zahlen, is schon spät und ich muss meiner Mutter erst noch einhämmern dass ich da hingehe..“ Meine Mom war da ein bisschen fies, wenn’s ihr zu gefährlich wurde mit den Männern dann verbot sie mir alles. Wie die Frisur meines letzten Freundes, die hat ihr nicht gefallen, also durfte ich ihn auch nicht behalten. Da half selbst umstylen nichts. Ich mag halt mal Kerle mit langen Haaren, da kann ich doch auch nichts dafür! Aber bei Orli is das was andres... „Hey, du bist dran, zahlen!“ Mandy weckte mich wieder auf. „Oh, t’schuldigung...“ Ich gab der Kassiererin einen zwanziger und verschwand dann mit Mandy aus dem Geschäft.
 

Am Mittwoch saßen wir dann in der Redaktion zu einem Meeting zusammen in dem alles besprochen wurde. Mandy war auch dabei, sie war ja schließlich meine Begleitung und sollte da nicht ganz unwissend hineingeworfen werden.

„Hast du noch Fragen?“ Fragte Jazzy, an Mandy gewandt. „Nicht wirklich. Und dein Onkel hat das wirklich alles schon unter Dach und Fach? Nicht dass wir dann vor verschlossenen Türen stehen.“ – „Wo denkst du hin, er hat gestern im Management angerufen und die ham sich nur allzu gerne bereit erklärt ein Interview für eine Schülerzeitung abzugeben, mal was anderes ham sie gemeint. Hier sind übrigens eure Ausweise...“ Jazzy gab mir und Mandy unsre Presseausweise. Cool. „Sind aber nur für den 24. Mai gültig, danach leider nicht mehr.“ Ich sah unter Jazzys Pullover etwas hervorblitzen. „Du, kann es sein dass er dir auch einen besorgt hat?“ Fragte ich sie schelmisch grinsend. Jazzy lief ein bisschen rot an. „Das ist sein Geburtstagsgeschenk...“ Das war richtig, Jazzy war vor zwei Tagen 18 geworden. Und zum achtzehnten bekam man normal schon mal was Besondres geschenkt. „Dann sind wir eben drei, auch egal. Also das Ding läuft wie folgt – ihr seht euch erst den Film an zusammen mit den ganzen andren Berühmtheiten – normale Paparazzis dürfen da nicht rein, aber da ihr Schülerinnen seid und ihnen ja nicht gefährlich werden könnt ham die gesagt ihr dürft euch den Streifen auch reinziehen. Danach wird noch was gegessen eben und dann könnt ihr die Jungs löchern. Bzw. den Jungen.“ – „Ui, wer hat denn zugestimmt?“ Jazzy grinste übers ganze Gesicht. Dann wusste ich wer’s war. „Wenn du so grinst, dann weiß ich schon, wer. Oh Gott dann musst du mich aber festnageln...“ – „Wer denn, wer denn?“ Quengelte Mandy. „Na kannst du’s dir nicht denken, in wen is Jazzy denn schon seit Herr der Ringe verknallt?“ – „Oh, verstehe...“ Gab Mandy zurück, ebenfalls übers ganze Gesicht grinsend. „Also in eineinhalb Wochen. Ich nehm das Diktiergerät von meinem Onkel mit, der hat an dem Tag grad keine Interviews und kann’s mir borgen.“ – „Alles klar, geht klar!“ Gab ich zurück und schlug bei Jazzy ein. „Auf dass das ein einmaliger Erfolg wird, der alle an dieser Schule vor Neid erblassen lässt!“ Nun war der Kampfgeist in mir geweckt und nichts würde ihn so schnell wieder zum Erlöschen bringen.
 

Nun ging es daran, sich Fragen auszudenken. Unser beider Gehirne liefen die nächste Woche fast heiß vor Ideen, Mandys und meines. „Aber nix allzu privates.“ Wir saßen am Dienstag darauf nach der Schule bei mir zu Hause auf meinem Zimmer und schrieben bei einer Tasse Tee Fragen auf. Meiner Mutter hatte ich es inzwischen beigebracht, die reagierte ganz lässig und meinte, die seien eh unerreichbar, also würd sie da nix drauf geben. „Frag ihn doch, wie viele Paar Strümpfe er inzwischen besitzt... sammelt die Dinger doch wenn ich mich nicht irre?“ Lachte Mandy. Ich verstand nicht, wie man Socken sammeln konnte... und zuckte mit den Schultern. „Schreibs einfach mal auf. Sehn wir dann schon, aber wahrscheinlich wird er sich erst mal nen Ast lachen, genau wie wir. Wie wär’s mit... mir fällt echt nix mehr ein.“ – „Soll ich das auch aufschreiben?“ Ich gab Mandy einen freundschaftlichen Schubs. Die Schubste zurück und so entwickelte sich erst mal eine kleine Rangelei. Ich hatte mich inzwischen eingehend mit der Materie befasst und die ersten beiden Teile vom Fluch der Karibik mit Mandy zusammen angesehen. Zugegeben, ich mochte ihn irgendwie, unsern Interviewpartner... mögen war eigentlich kein Ausdruck mehr. Wir hatten uns schon zu Fans entwickelt. Ob das gut oder schlecht war werden wir nie erfahren. Und so zwei Tage vor dem Großereignis war auch schon alles vorbereitet, die Klamotten lagen fertig gebügelt über dem Schreibtischstuhl, Stifte waren gespitzt, Blöcke besorgt ... Fotoapparate mit Film gefüllt, man konnte ja nie wissen, aber ein Erinnerungsfoto wollte ich schon haben. Damit konnte ich nachher überall herumprahlen – seht, ich hab Orli getroffen!! Bei dem Gedanken freute es mich immer wieder, dass die anderen dann absolut neidisch werden würden und mich ausquetschen würden wie er so war. Ob ich wusste wie er ist? Keine Ahnung! Hoffentlich kein Arroganter, mies gelaunter Schnösel dem’s nur ums Geld geht! Nein, aber ich glaub so is er nicht. Morgen wollte Mandy bei mir übernachten, damit wir uns zusammen vom Acker machen konnten, Jazzy würde uns um neun hier abholen und zum Kino fahren. Um zehn machte der Schuppen auf und die ganzen Leute kamen. Natürlich aus piekfeinen Luxushotelzimmern und nicht aus einer Mietwohnung irgendwo in der Innenstadt. Aber das war mir momentan egal.
 

Der Mittwoch kam schneller als erwartet. Nach der Schule wurden noch die restlichen Utensilien gepackt, die Ausweise zurechtgelegt damit wir auch ja reinkamen. Jazzy hatte mir heute noch das Diktiergerät gegeben und erklärt wie es funktioniert, das lag jetzt auch auf dem Schreibtisch neben meinem Presseausweis, zusammen mit meinem richtigen Ausweis, zwei Pack Kaugummi, meiner Handtasche, Geldbeutel und Handy. Taschentücher... falls ich heulen musste. Was ich aber nicht glaubte. Eher lachen. Mandy und ich saßen zusammen auf dem Bett und studierten gesammelte Zeitungsartikel. Inzwischen war es schon acht Uhr abends, die Zeitbombe tickte. Man hatte uns für morgen von der Schule freigestellt. Langsam sollten wir ins Bett gehen um morgen fit zu sein...
 

Ihr glaubt doch nicht im Ernst dass ich diese Nacht auch nur ein Auge zugetan habe?!? Die Aufregung machte mir mehr zu schaffen als die Tatsache dass Mandy mir immer wieder die Decke wegzog, denn sie schlief seelenruhig vor sich hin. Wie konnte man nur im Angesicht des fast sicheren Ohnmachtsanfalls so ruhig bleiben?? Irgendwann musste ich aber dann doch eingeschlafen sein, denn ein rythmisches Piep – piep riss mich aus meinem Traum von.. na ja ihr wisst schon wem ;o) Ich streckte meine Gliedmaßen und wischte mir erst mal den Schlaf aus den Augen. Mandy tat mir gleich, sie war auch grade erst aufgewacht. Es war halb acht. Ich stand auf und setzte meine Füße auf den kalten Boden. Wir marschierten runter in die Küche wo es schon lecker duftete... „Mom?“ Ich schaute um die Ecke und sah sie an der Küchenzeile stehen, am Toaster herumhantierend. „Ich hab euch ein stärkendes Frühstück gemacht, damit ihr auch stehen bleibt heute!“ In so was war meine Mom spitze, Überraschungen machen. Ich fiel ihr um den Hals. „Danke!“ – „Bitte! Los, und jetzt esst, die Eier werden kalt!“ Mandy und ich sahen uns an und prusteten los. Meine Mom schüttelte nur den Kopf. „Tss, Teenies...“ Das ließ ich nicht auf mir sitzen. “Hey, ich bin auch schon 18, ich bin kein Teenie mehr.” Doch sie konterte knallhart: „Du verhältst dich aber wie einer.“ – „Sag mir mal was du machen würdest wenn du an meiner Stelle heut da hingehen müsstest.“ – „Ich würd das Ding professionell durchziehen und keine emotionale Regung zeigen...“ – „Ja ja, in deinen kühnsten Träumen. Ich kenn dich Mom.“ Ich wusste nämlich genau, dass sie immer heimlich meine Bravos studierte. „Nein ich weiß nicht, ach was, der is doch noch ein Kind. Was soll ich mit dem.“ Stimmt auch wieder, sie stand eher auf Jonny, der entsprach eher ihrer Altersgruppe, sie war 44. „Weißt du, ich hab immer davon geträumt, einen wie Johnny zu heiraten, aber sieh dir an was ich für einen abgekriegt hab...“ Sie spekulierte auf meinen Dad, der mit einer andren davon war. „Ich kann dir nur immer wieder sagen dass es mir furchtbar leid tut für dich, und du sicher noch nen besseren findest, also gräm dich nicht. Die Welt is voller Männer!“ Wir mussten lachen. Inzwischen war es viertel vor neun und wir saßen fertig angezogen und geschniegelt mit allen Utensilien unten am Küchentisch und warteten, dass es an der Tür klingelte.

Um drei vor neun schellte schließlich die Türglocke. Wir hüpften in freudiger Erregung zum Portal hinaus, runter zum grünen Golf von Jazzy. (Anm.d.A.: *LOL* Hab erst lange nach diesen Zeilen herausgefunden dass Orlis erstes Auto ein grüner Golf war... Wasn seltsamer Zufall ^^ o.O) „Bringt mir wenigstens ein Autogramm mit!“ Rief mir meine Mutter noch nach. Ich schüttelte grinsend den Kopf und stieg zu Jazzy ins Auto.
 

„Hey ihr zwei, man ihr seht ja richtig gut aus... im Gegensatz zu mir.“ Jazzy hatte es tatsächlich gewagt und Streifen angezogen. „Ach was, das wird keiner merken. Wir wollten nur ein bisschen edel aussehen.“ Sagte ich und hängte mir meinen Presseausweis um den Hals. „Hast du das Diktiergerät?“ Fragte Jazzy mich. Ich klopfte auf meine linke Hosentasche. „Dabei.“ – „Ausweis? Sowie den Perso?“ – „Alles da. Oh man, was glaubst du wie der is?“ – „Nach alledem was ich schon gelesen und gehört hab ein total lieber. Aber jetz mach dir mal noch keinen Kopf, wir schaun ja erst mal den Film, da sitzen die natürlich ganz vorne, meilenweit weg von uns.“ – „Hoffentlich. Ich glaub ich würd sogar samt dem Kinosessel umkippen wenn der auch nur näher als zwanzig Meter käme...“ Wir mussten lachen. „Mandy, du gar nicht aufgeregt?“ Die zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Ich freu mich und gleichzeitig hab ich auch überhaupt keinen Bock.“ – „Aber du wolltest doch unbedingt mit.“ Ermunterte ich sie. „Das schon, na ja du kennst das doch wenn du einen geil findest, in der nächsten Minute interessiert er dich nicht mehr. So etwa.“ – „Das wird sich spätestens dann ändern, wenn du ihn auf der Leinwand bewundern kannst.“ Noch mal lachen, dann bog Jazzy rechts ab und fuhr den nächsten Parkplatz an. „So bitte, alles aussteigen...“

Wir kletterten aus dem Fahrzeug und sahen schon von weitem den roten Teppich vor dem Mathäser, eine Menge Leute stand darum, Paparazzi, Fans... und wir durften da rein, Wahnsinn. „Los, lasst uns gehen, um viertel vor sollen wir da sein ham sie gesagt, wir würden gesondert reingelassen und müssen dann erst mal im Foyer warten...“ Jetzt war mein Herz ganz unten an den Schuhsohlen angelangt. Vorne warten würde heißen wir würden sie ja schon vor Filmbeginn sehen... Wir waren vorm Kino angekommen und zeigten unsre Presseausweise einem Security – Mann, der uns sogleich die Tür öffnete.
 

Drinnen war es angenehm warm, alles war sauber, kein Staubkorn zu sehen... vor Kino 1 stand ein riesiger Pappaufsteller mit Fluch der Karibik 3 – Design. Ein Security kam zu uns herüber. „Sie dürfen sich schon mal in den Saal begeben.“ Wies er kurz angebunden an. Wir stiegen also die Treppen hinunter in den dunklen Kinosaal. Es war wirklich stockfinster und wir mussten aufpassen dass wir nicht über unsre eigenen Füße stolperten. Wir suchten uns ein paar Plätze etwa in der Mitte. Jazzy links, Mandy in der Mitte und ich rechts. Es dauerte auch nicht lange, da hörte man von draußen Schritte. Ich wurde nervös, das Herz schlug mir bis zum Hals. Mandy legte mir ihre Hand auf meine und wir hielten uns fest. Inzwischen lief schon Werbung, aber es war immer noch stockdunkel. Nun kamen die ersten drei Gestalten ins Kino. Sie schienen sich über irgendwas zu streiten, nicht böse aber sie diskutierten. Einer sonderte sich von der Gruppe ab, die andern beiden gingen ganz nach vorne. Wo der andre hin ging hab ich nicht mehr gesehen, bis... „Is der Platz noch frei?“ ... mich jemand diesen Satz fragte und ich, steif vor Entsetzen, kein Wort herausbrachte und schon die Flucht ergreifen wollte, als Jazzy das Wort für mich ergriff und die Situation rettete. „Bleib nur sitzen, es is frei.“ Ich sah mich Hilfe suchend um und formte lautlos das Wort „Hilfe“ hinüber zu Jazzy. Die grinste jetzt noch breiter als jemals zuvor. Mandy brachte ebenfalls kein Wort heraus. „Ihr müsst die sein, die mich nachher noch löchern dürfen?“ Grinste der jemand neben mir. Komisch, ich wusste dass er grinste, obwohl es stockfinster war. „Jap. Wieso sitzt du eigentlich hier hinten und nicht bei Johnny und Keira vorne?“ – „Ich krieg immer Genickstarre wenn ich soweit vorne sitz, weißt ja bestimmt, mein Kreuz...“ Stimmte, er war ´98 ja vom Dach gefallen und wär bald nicht mehr aufgestanden. „Außerdem wollt ich mal andre Gesellschaft. Mit denen hock ich Tag und Nacht aufeinander, hast ja grade gesehen dass wir uns gezankt haben.“ Wir mussten kichern. Wie gut dass es noch dunkel war, ich wusste schon dass er da neben mir saß, aber ich war froh dass ich ihn nicht in vollen Licht sah weil ich sonst wahrscheinlich ohnmächtig geworden wäre. „Und, wer hatte die glorreiche Idee?“ Ich sah betreten zu Boden, denn zwei Finger zeigten auf mich. Die von Jazzy und Mandy. „So?“ Das Licht ging an und ich sah wie er mich zuckersüß angrinste. Ich fing schon leicht an zu schielen als Mandy mir einen Stoß gab, der mich wieder in die Realität zurückholte. „Nein weiß nicht, ich hatte da im Hinterkopf dass heute diese Filmpremiere war und da dacht ich mir, das wär doch mal ganz interessant, weil die deutschen Promis sind langweilig.“ Er grinste weiter. Hatte ich was Falsches gesagt? Sonderlich gesprächig war er ja nicht. „Außerdem wollt ich den Film sehen.“ Gestand ich nun. „Ich sag dir gleich, so toll isser gar nicht.“ Gab Orli zurück. „Jeder Film mit dir ist toll.“ Ups. Jazzy und Mandy lachten nun. Scheiße, ich hatte mich verquasselt. Ich sah ihn mit hochgezogener Augenbraue von der Seite an und wartete auf eine Reaktion. Er schmunzelte, was hieß er hatte verstanden. Mist. „Wo kommt ihr her?“ Fragte er schließlich nach einer Zeit Schweigen. „Alle aus der Umgebung, Innenstadt. Wir sind eine gute Stunde gefahren mit Berufsverkehr. Du glaubst nicht wie voll die Straßen hier sind.“ Man sah, dass Jazzy auch kurz davor war, umzukippen. „Oh doch, das kenn ich aus London, da is auch ständig alles verstopft und du musst höllisch aufpassen dass dich keiner erkennt in deinem Auto.“ – „Is sicher nicht leicht. Die ganzen kreischenden Teenies, die Paparazzis...“ Orli seufzte. „So is das Business nun mal, damit muss ich leben, ich hab's mir ja ausgesucht.“ – „Du tust mir leid... ständig sind die Fans hinter dir her.. ich vermute mal 70 Prozent der weiblichen Bevölkerung ist dir nicht abgeneigt...“ Er musste lachen. „Ich weiß, ich hab noch keine gesehen die mir nicht ins Hotelzimmer gefolgt wäre wenn ich sie darum gebeten hätte.“ wir lachten. Dann fing der Film an.

Ich muss sagen, der Streifen war alles andre als schlecht, sogar der beste bis jetzt, wie ich finde. Und irgendwann mittendrin muss es auch gewesen sein, ich war so vertieft, ich muss es wirklich nicht gemerkt haben – sich eine Hand auf der meinen befand – und zwar nicht die links von Mandy, sondern die rechts von mir. Erschrocken und kurz vor der Ohnmacht sah ich Orli an, der es aber merkte und seine Hand verlegen zurückzog. Aber eins wusste ich – ich würde diese Hand nie mehr waschen! *lol* Lieber einen Klumpen Dreck an der Hand haben als jemals wieder waschen. Aber das grade war schon irgendwie angenehm gewesen... keine rauen Männerhände, nein, er schien sie gut zu pflegen... ich rutschte nach links. „Jetz hör halt auf!“ Scherzte ich zu ihm hinüber, als er ebenfalls nach links gerutscht war über die Lehne des Kinosessels in meine Richtung. Ich warf Mandy und Jazzy einen verzweifelten Blick zu. Jazzy war ein wenig neidisch, das sah ich ihr an. Und Mandy... die sah nur zu und grinste sich eins.
 

Als der Film zu Ende war, blieben wir noch eben sitzen. Warum nicht gleich hier das Interview machen, dafür waren wir ja da eigentlich. So ermahnte ich mich selber. Ich hatte nämlich selbst auch ein bisschen zu baggern angefangen.

Das Interview selbst gestaltete sich ein bisschen chaotisch, unsre Fragen waren auch wirklich zu komisch. Bis Jazzy schließlich das Ruder in die Hand nahm und ihre eigenen Fragen herausholte. So nahm das ganze doch noch ein gutes Ende.

„Wir gehn uns draußen schnell nen Kaffee holen, kommst du mit oder bleibst du eben?“ wir machten Pause und Mandy und Jazzy wollten sich was zu trinken holen. Ich wäre eigentlich immer noch am liebsten abgehauen, aber ich wollte eigentlich auch bei Orli bleiben... langsam fand ich ihn sympathisch. Ich drehte mich wieder um und musste feststellen dass er mich anstarrte. Als er merkte, dass ich mich ihm wieder zugewendet hatte, grinste er mich lieb an. Ich schluckte. Unsre Blicke trafen sich und ich sah in diese wunderschönen Augen... Hammer. Doch dann ergriff mich Panik, ich war immer noch voll konzentriert, aber merkte dass er immer näher kam... HILFE!! Just in dem Moment eilten Mandy und Jazzy zur Rettung. „Na na, was läuft denn hier?“ Lachte Jazzy. Ich prallte in meinem Stuhl zurück, als hätte jemand ein Seil losgelassen, das mich festhielt. „Danke Leute, das war Rettung in letzter Sekunde...“ – „Hat man gesehen, ja. Wie gut dass hier keine Paparazzi rumhängen, die hätten sofort wieder ein neues Gerücht in die Welt gesetzt.“ Orli sah verlegen zu Boden. „Hey, brauchst dich net schämen! Schon in Ordnung, macht was ihr wollt, wir werden kein Wort verlieren.“ Ich sah Jazzy entsetzt an. Wollte sie mich etwa wirklich in die Fänge dieses lebendigen Wahnsinns werfen?!? „Bitte lasst mich nicht im Stich...“ – „Oh... in dem Fall isses glaub ich ganz gut wenn. Machen wir weiter? Noch fünf Fragen dann hast du’s geschafft.“ Orli lehnte sich wieder lässig zurück und beantwortete auch noch den Rest unserer Fragen.

„Wir gehen eben die Becher wegschmeißen, ihr könnt euch ja aussprechen... wir warten dann draußen auf dich, Marie.“ Jazzy zwinkerte mir zu und verließ mit Mandy den Kinosaal. So, da saßen wir also, Orli und ich, einsam und verlassen. „Na ja also...“ Fingen wir beide an und mussten kichern. Das war wie in diesen berühmten Filmszenen. „Du zuerst.“ Meinte er dann zu mir. „Na ja, hör mal, du lebst in England, ich kann hier nicht weg...“ – „Wozu hat man Sommerferien?“ Grinste er. Mist. Ich wollte das nicht, nein, ich wehrte mich innerlich dagegen obwohl er mir total die Sinne vernebelte. „Trotzdem.“ Leider sind mir in dem Moment die Argumente ausgegangen. Ich wollte ihn, um jeden Preis dieser Welt… Und merkte nicht wie ich ihn schon wieder anstarrte. Und diesmal ist es (leider) passiert – wir küssten uns, bzw. er konnte es einfach nicht lassen. Danach weiß ich nicht mehr was passiert ist.
 

Ich bin erst wieder aufgewacht als mir jemand kaltes Wasser drüberschüttete. Ich sah mich um und merkte, dass ich auf dem Kino – Klo saß. Jazzy und Mandy sahen besorgt auf mich herunter. „Orli hat dich hergebracht, war wohl ein bisschen zu viel... er dachte schon, du hättest nen Herzinfarkt oder so.“ Ich musste grinsen. „Wo isser denn?“ – „Lehnt vorne an der Wand und bangt um dein Leben. Einfach süß. Ich wünschte, ich hätte rechts gesessen...“ Ich grinste Jazzy frech an. „Leider hat’s mich getroffen.“ – „Küsst er wirklich so gut wie man immer sagt?“ – „Du meinst die Filmküsse? Also wenn die nur halb so gut sind....“ – „Verstehe. Und jetz erlös ihn von seinem Leid. Er war kreidebleich als er zu uns gerannt kam mit dir auf dem Arm.“ Ich musste grinsen. Das musste ja lustig ausgesehen haben. Verrückter Teenie fällt in Ohnmacht... was mochte Orli nur gedacht haben. Ich wankte nach draußen, wo er wirklich an der Wand stand und die Klotür anstarrte. Als ich rauskam konnte man förmlich sehen wie er von einer Last erleichtert wurde. Er nahm mich fest in seine Arme. „Schön dass du noch lebst. Sorry, das wollt ich nicht, war wohl zu viel für dich.“ Oh man, ich wollte nie wieder aus diesen Armen entlassen werden... andrerseits hatte ich immer noch Schiss, dass es mich ein zweites Mal umhauen könnte. Aber er hielt mich ja fest... „Na ja, nächstes Mal kannst du mich ja festhalten...“ Grinste ich ihn an. Er schmunzelte zurück. „Und jetz? Musst du nicht zurück ins Hotel oder noch Interviews geben?“ – „Nö, für heute is Sense. Ich hab extra alles abgesagt um den Rest des Tages blau zu machen.“ Cool. Nun verließen auch Jazzy und Mandy das Klo, nachdem sie mein Aufweck – Wasser ein bisschen aufgetrocknet hatten. Ich zog den Fotoapparat aus meiner Tasche. „Fotos?“ Ich sah zu Orli hinauf. Na ja gut hinauf ist ein bisschen übertrieben, er war grad mal drei Zentimeter größer als ich. Ich gab Jazzy den Fotoapparat und warf mich zurück in seine Arme. *grins* Das Foto ist richtig gut geworden. Dann noch Jazzy und Mandy. Und Jazzy war auch nahe am ohnmächtig werden. Mandy hingegen schien ganz gelassen, aber als beste Freundin sah ich dass es in ihrem Inneren brodelte. „Ich lass den Film so schnell wie möglich entwickeln.“ Mit diesen Worten steckte ich den Foto wieder ein. Ich merkte gar nicht dass ich immer noch neben Orli stand.. zack – wieder seine Hand um meine Hüfte. Nun gab ich halt nach und lehnte mich an ihn. „Und was machst du jetz noch nachdem du dich mit uns aufgehalten hast?“ Er winkte ab. „Ach was, war mal ganz schön was andres zu erleben, nicht immer nur dieses Schicki – micki Getue. Schön wenn man sich mit Leuten mal ganz normal unterhalten kann.“ Er zog mich noch weiter zu sich hin. Von Jazzy erntete ich einen baffen Blick zusammen mit einer herunterklappenden Kinnlade. Okay, für mich war das ein kleiner Sieg, was heißt eigentlich ein riesengroßer, aber mit ihm zusammen sein würde ich nicht. So große Filmstars sind nichts für mich kleines Landei. Außerdem würde mir das eh keiner glauben. Er ließ mich einfach nicht los... ich zog und zerrte, aber er lockerte seinen Griff nicht. Ich sah zu ihm hoch – er grinste natürlich frech. „Komm, lass los. Der Tag is vorbei und du kannst nun wieder deinen eigenen Weg gehen. Es war wunderschön, und vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder, aber für heute war’s das...“ Er ließ immer noch nicht los. Mandy und Jazzy lehnten an der gegenüberliegenden Wand und sahen mit verschränkten Armen und einem Grinsen zu. „Gehn wir noch was trinken? Ich nehm dich mit.“ Ich musste lachen. „Ja klar, an irgend ner Hotelbar und dann lichten mich die Paparazzis ab und stellen mich als deine neue Freundin hin... und meine Mom fällt um wenn sie das erfährt, das gibt mindestens ein Jahr Hausarrest.“ Andererseits wollte ich ihm nie wieder von der Seite weichen, die Art wie er mich festhielt, was er tat, wie er war... so ganz anders als alle, die ich kannte. Aber ich 18, er 30... und schon wieder schweifte ich ab. „Dann werd ich halt in den Interviews so lange die Gerüchte dementieren bis sie mir glauben... aber komm noch mit einen trinken, auch wenn’s nichts werden sollte mit uns.“ Süß, einfach nur süß. „Na ja, ihr müsst dann wohl erst mal ohne mich nach Hause gehen...“ Mandy und Jazzy sahen ziemlich enttäuscht aus, aber ich würde ihnen ja nachher jedes Detail erzählen. Oh nein, danach verschwand der noch ins Hotelzimmer mit mir als Beute... allein hier könnte man schon aufhören zu erzählen, aber ich finde, da sollte noch mehr sein.

Traurig verschwanden die beiden hinaus. Jetzt stand ich da ganz alleine ... was heißt, nicht ganz alleine, aber allein mit dem schärfsten Kerl der Welt. Jetzt endlich ließ er ein bisschen lockerer, aber nicht los. „Und wie kommen wir jetzt hier raus, ohne dass wir abgelichtet werden?“ Fragte ich. „Ganz einfach: getrennt. Du zuerst, dann ich eine Minute oder so später. Wir treffen uns Um die Ecke wo mein Geländewagen steht... und ein englisches Kennzeichen kannst ja net übersehen. Bis gleich also.“ Wir wagten noch mal einen zaghaften Versuch, uns zu küssen. Diesmal passierte nichts...

Ich machte mich also auf den Weg nach draußen. Die Fotofuzzis hoben schon ihre Kameras, aber als sie mich erblickten ließen sie sie gleich wieder sinken. Hehe, die hatten mich wohl zusammen mit Orlando erwartet. Tja Jungs, so dumm sind wir nicht. Ich schlich also um die Ecke und da stand tatsächlich ein großer schwarzer Geländewagen mit englischem Kennzeichen. Ich lehnte mich an die Wand des Kinogebäudes und tat ganz unauffällig. Oje, aber was, wenn Orli jetz um die Ecke kam und ihm einige Knipsies folgten? Ich betete, dass das nicht so sein würde. zwei Minuten später kam er dann auch daher, ganz ohne die lästigen Knipser. Nie hatte ich mich so gefreut, jemanden wiederzusehen. Diese zwei Minuten waren die Hölle gewesen, wieso weiß ich nicht, wahrscheinlich weil ich ihn einfach liebe und nichts dagegen tun kann außer mich in jeder Minute der Abwesenheit nach ihm zu verzehren. Er umarmte mich noch mal, dann stiegen wir ein. „Is nicht weit, eine Viertelstunde durch die Stadt.“ Ich sah ihn verwundert an. „Du kennst dich hier aus?!?“ – „Das nicht, aber es is leicht zu finden.“ Er grinste mich verschmitzt an. Was wenn jetzt vor dem Hotel tausende Fans warteten? „Du? Wie machen wir's vorm Hotel? Da stehen doch bestimmt ein paar Hundert Fans...“ – „Wieder die Getrennt – Methode... ich park um die Ecke, du gehst ganz lässig hinein und ich folg dir dann ne Minute später... kann sein dass ich noch eben ein paar Autogramme geben muss aber spätestens in fünf Minuten bin ich dann da.“ – „Na gut wenn du das sagst... hoffentlich verschleppst du deine Beute nicht hoch ins Zimmer... ich bin doch gefangen wie eine Fliege im Spinnennetz.“ Er sah mich schief an. „Denk nur so was nicht, du kannst gehen wann immer du willst. Aber du gehst nicht weil du nicht kannst.“ Forderte der jetzt ein Geständnis von mir?! „Nein, weil ich nicht kann, ja. Du bist einer von diesen Menschen, von denen man sich nur schwer lösen kann.“ Er grinste mich an, sichtlich zufrieden.
 

Die Trenn – Methode funktionierte bestens und komischerweise waren drinnen überhaupt keine Paparazzis zu sehen. Keine zehn Minuten nach mir kam dann auch Orli herein, zufrieden seinen Autoschlüssel schwingend. Grinsend und kopfschüttelnd kam er auf mich zu. „Ich muss immer wieder lachen was denen alles einfällt... grad eben meinte eine zu mir, sie wolle ein Kind von mir.“ Ich musste lachen. „Wenn ich welche wollte würd ich sicher von dir auch eins haben wollen.“ Aber ans Kinder haben denken war jetzt zu früh. „Wirres Gerede...“ fügte ich grinsend hinzu. Orli musste lachen. „Der Satz is geklaut.“ – „Woher weißt du das.“ – „Weiß ich halt.“ Wir stiegen in den Aufzug und fuhren nach oben. Mist, er verschleppte mich wirklich...
 

Mir blieb der Mund offen stehen, nachdem Orli die Zimmertür geöffnet hatte. Luxus pur wohin man schaute. Diese Suite hatte mindestens 60 Quadratmeter. Genug Platz um sich auszutoben... ich schlug mir den Gedanken schnell aus dem Kopf. Orli war um die Ecke verschwunden. „Also was magst, O-Saft, Schampus, Gin...“ – „Nur O-Saft, danke... sag mal wo darf ich mich denn hinsetzen, hier is alles so edel, ich trau mich gar nix anfassen...“ – „Wo du willst.“ Grinste er. „Muss das geil sein, jedes Mal in einem Luxushotel zu pennen...“ langsam lockerte sich meine Zunge. „Nix besonderes mehr für mich.“ – „Klar.“ Wir ließen uns auf einem gemütlichen großen Sofa nieder und stießen an.

Unsere Gläser waren noch halb voll, da trafen sich unsre Blicke wieder. Jetzt konnte ich meinem Verlangen ja freien Lauf lassen... bloß nicht zu weit gehen. Auf jeden Fall knutschte ich ihn erst mal nieder. Außer Mandy und Jazzy würd ich das eh keinem erzählen. Jetzt erst wusste ich, was für Glückspilze seine Filmpartnerinnen waren... wenn die Filmküsse auch nur halb so toll waren wie dieser hier... irgendwas befand sich an meiner Bluse... er versuchte, den obersten Knopf aufzubekommen. Sollte ich es wirklich zulassen...? Dabei hab ich so oft davon geträumt... „Langsam...“ flüsterte ich „Ich weiß nicht ob ich das verkrafte... bedenke, mich hat’s heut schon mal aus den Latschen gehauen...“ - „Wenn dir schummrig wird musst sagen, dann lass ich's.“ Ich nickte nur und er machte weiter...
 

Ich weiß nicht warum – aber das war mit Abstand – weitem Abstand – das Schönste was ich jemals erlebt habe. Von diesem Augenblick an wollte ich ihn nie mehr wieder gehen lassen. Also halten die Gerüchte ihre Versprechen...
 

Erschöpft lagen wir aufeinander, denn für Nebeneinander war kein Platz auf dem Sofa. „Du bist ein Hammer...“ Brachte ich nur noch raus. Er schmunzelte. „Ach was.“ – „Doch, ehrlich! Absoluter Wahnsinn.“ – „Danke...“ Ich hätte stundenlang so rumliegen können... hatte gar nicht gemerkt, dass es draußen allmählich dunkel wurde. Oje, was meine Mom jetzt wohl durchmachte... Aber sie würde wohl neidisch werden wenn sie wüsste was da abgelaufen war... na ja, sie musste halt akzeptieren dass ihre Tochter langsam erwachsen wurde. Orli strich mir über den Rücken und bemühte sich, aufzustehen. Ich wollte ihn aber nicht gehen lassen. „Bitte bleib noch da, lass mich nicht los. Jedes Mal loslassen ist wie wenn du fortgehst. Ich will dich immer spüren um zu wissen dass du da bist...“ Er grinste mich lieb an und ließ meine Hand nicht los. „Dann musst du jetzt mal kurz mit ins Bad. So einfach ist das.“ Ich folgte ihm bereitwillig. Aber für heute hatte ich genug.

Langsam wurde es Zeit dass ich mich auf den Nachhauseweg machte. Und dann erst mal eine Stunde oder zwei mit Mandy telefonieren. Ich umarmte Ihn von hinten. „Du?“ – „Es is schon spät, ich muss langsam nach Hause... um elf fährt die letzte Ubahn...“ Er grinste mich zuckersüß an. „Nix da Ubahn, ich bring dich selbstverständlich heim!“ – „Aber du kennst dich doch hier gar nicht aus und ich will nicht dass dir womöglich noch einer reinfährt bei den Verkehrsverhältnissen hier. Obwohl, nachts wird’s immer bissel ruhiger...“ – „Na dann steht dem ja nichts mehr im Wege, ich mach mich nur noch eben ein bissel frisch und dann können wir los.“ Er drehte den Wasserhahn auf. „Ey, spritz mich nicht voll hier!“ Er hatte mich gerade nassgespritzt als er sich eine Hand voll Wasser ins Gesicht beförderte. „Du wolltest mich nicht loslassen, also musst auch damit leben wenn du mal nass wirst.“ Gab er zurück. Da hatte er leider Recht. Ich würde ihn ganz sicher nie mehr gehen lassen. Wir mussten nachher unbedingt noch Handynummern tauschen. Ich musste ihn irgendwann wiedersehen, auch wenn’s erst in einem Jahr sein sollte oder so. Das war ein absoluter Glückstreffer. „So, ich bin soweit, können wir?“ riss er mich aus meinen Gedanken. Ich nickte, ließ ihn aber nicht los. „Jetzt musst du mich aber mal kurz loslassen, wir müssen wieder getrennt raus, wenn du keine Gerüchte wecken willst.“ ich kann euch gar nicht sagen wie schwer es mir fiel, seine Hand loszulassen, diese Geborgenheit für einen Moment aufzugeben...
 

Unten an der Ecke trafen wir uns wieder, wo er sein Auto abgestellt hatte. Drinnen nahm er mich sofort wieder bei der Hand und lächelte mich lieb an. Dann fuhren wir los durch den Großstadtdschungel Münchens. Ich lotste ihn so gut es ging in Richtung meines Zuhauses, was sich als gar nicht einfach herausstellte, denn die Ecke in der das Hotel sich befand kannte ich selbst nicht wirklich. Ich konnte nur raten, wohin wir mussten, aber am Ende standen wir dann doch noch vor meiner Haustür...

„Ich denk mal, uns haben keine Paparazzis verfolgt oder?“ Fragte ich Orli, bevor wir ausstiegen. Er sah sich um. „Sehen tu ich nix, ich komm noch schnell mit raus.“ Sagte und öffnete die Autotür. Draußen war es ganz schön kalt und es blies ein gemeiner Wind. Orli sah dass mir kalt war und umarmte mich von hinten... „Ich will nicht dass du jetzt schon gehst... bitte lass mich nie mehr los, hörst du?“ Er legte seinen Kopf auf meine Schulter. „Alles hat ein Ende... Aber lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende... ich komm ja wieder. Und wir telefonieren. Ich vergess dich nicht, keine Sorge.“ So ganz glaubte ich ihm das nicht. Bestimmt hatte er nächste Woche schon wieder eine Hollywoodschönheit an seiner Seite und ich war passé. Er hatte gemerkt dass ich ein paar Hintergedanken hatte und versuchte sie zu zerstreuen. „Nein ehrlich, lieber bleib ich ein Jahr solo um nachher wieder zu dir zurückzukommen, als jedes Vierteljahr eine neue zu haben... Hollywood is auch nicht das was die Leute immer denken. Es ist nicht alles Gold was glänzt.“ Ich lehnte mich zurück und wurde erneut fast ohnmächtig. Wir standen inzwischen auf dem Treppenabsatz vor meiner Haustür und der Moment des Abschieds rückte immer näher. Irgendwo hörte man eine Eule rufen. Wir umarmten uns noch einmal zum Abschied. „Also, versprich dass du mich nicht sitzen lässt und pass auf dich auf du Bruchpilot...“ Er grinste und seine Augen funkelten im Licht der Lampe über uns. Ich konnte nicht anders, ich musste ihn einfach noch mal küssen... ich weiß nicht wie lange, aber das ging sicher zehn Minuten so. Ich wollte ihn nicht gehen lassen. Jetzt wo ich das Glück förmlich greifen konnte wollte es mir schon wieder durch die Finger rutschen... Aber es blieb mir nichts andres übrig. Mir stiegen ein paar Tränen in die Augen, als er die Treppen hinunterstieg und seinen Wagen aufsperrte. Er drehte sich noch einmal um und lächelte mich an. Den Blick auf mich gerichtet, stieg er ins Auto und ließ den Motor an. Ich sah ihm lange nach, bis ich nichts mehr erkennen konnte.
 

Leise schloss ich die Haustür auf, drinnen war es totenstill. Kein gutes Zeichen, denn normalerweise schnurrt mir Snoopy, unser dicker Kater immer um die Beine wenn ich nach Hause komme. Aber es war ja auch schon spät und er schlief sicher irgendwo in der Ecke. Aber in der Küche brannte noch Licht... ich schlich um die Ecke. Meine Mom saß am Tisch und las Zeitung... Ich hob zaghaft die Hand zur Begrüßung, aber sie sah mich nur ein bisschen verwundert an, so als hätte sie mich jetzt noch nicht erwartet. „Wart ihr so lange aus?“ Fragte sie dann. „Hat ein bisschen länger gedauert, ja...“ Ich versuchte, die Wahrheit zu vertuschen, weil sie dann sicher einen Anfall gekriegt hätte. „Das war aber nicht Jazzys Wagen...“ kam es dann. „Becky war doch noch dabei, sie hat mich heim gebracht.“ Und da konnte sie nicht meckern, denn Becky hatte tatsächlich das selbe Auto wie Orli. „Lüg mich nicht an, der Wagen stand lange vor der Tür, so lange kannst du mit Becky nicht geredet haben, ihr wärt reingekommen.“ Scheiße. Sollte ich’s ihr sagen? „Du brauchst mir nichts verheimlichen, ich weiß was hier gespielt wird.“ Das gab Hausarrest, mindestens ein Jahr. Ich hakte zur Sicherheit lieber noch mal nach. „Und, wie lang, ein Jahr? Länger?“ Meine Mutter hob die Augen von ihrer Tasse Kaffee. „Wovon sprichst du?“ – „Du erteilst mir doch sicher Hausarrest nachdem was heute passiert ist...“ Jetzt grinste sie. War meine Mom verrückt geworden?? „Ich hab euch zwei beobachtet.. ihr gebt ein süßes Paar ab.“ Jetzt klappte mir die Kinnlade runter. „Das is nicht fair.“ – „Wieso?“ – „Du verbietest mir doch sonst auch jeden Umgang mit einem männlichen Individuum...“ – „Jedem normalen Individuum, aber bei dem... ich weiß nicht, der is was andres, ich würd auch nicht nein sagen, wenn Johnny plötzlich vor der Haustür stehen würde... Ich vermute mal, es is nicht nur beim Händchenhalten geblieben oder?“ Sie schmunzelte. Na ja, sie kannte mich ja auch schon 18 Jahre, da wunderte es mich nicht, wenn sie wusste wie ich handelte. „Ich hab versucht, zu widerstehen, aber es war nicht möglich...“ Man sah, dass sie ein klein wenig neidisch war. „Und?“ Fragte sie dann. „Wie war er?“ – „Das willst du nicht wissen.“ – „Verstehe... hast du ein Glück. Ich hätt gern mal wieder einen, der morgens an meiner Seite aufwacht...“ Meine verbitterte Mutter... „Dann geh halt mal aus und such dir einen. Wenn du nur hier rumsitzt, wirst du auf keinen grünen Zweig kommen.“ Denn außer auf Arbeit hatte meine Mom keinen großartigen Kontakt zur Außenwelt, außer ihre Freundinnen, mit denen sie ab und zu beisammen saß. Sie lehnte sich zurück. „Vielleicht hast du ja Recht. Aber stell mir meinen Schwiegersohn mal vor wenn er wieder mal in der Stadt ist, ja?“ Ich grinste. „Aber nicht dass du ihn mir ausspannst, ja?“ Jetzt prustete sie los und spuckte dabei fast ihren Kaffee auf die Zeitung vor ihr. „Was soll ich mit so einem Bubi? Der is fünfzehn Jahre jünger als ich.“ – „Und elf Jahre älter als ich...“ – „Na und? Älter geht immer, aber jünger geht nimmer...“ Mom und ihre Reime... „Ich muss jetz ins Bett... hab morgen wieder Schule und die werden mich sicher von A bis Z löchern was da vorgefallen ist.“ – „Du erzählst es der ganzen Schule?“ Ich verdrehte die Augen. „Nein, natürlich nur Jazzy und Mandy, die auch dabei waren, die ham ja schon mitbekommen wie er sich an mich rangemacht hat der Schlingel...“ – „Ah okay, na dann ab in die Federn.“ sie scheuchte mich mit einer Handbewegung raus und ich ging nach oben, mich bettfertig machen.
 

Aber ich lag noch lange wach. Diese Nacht würde ich sicher auch kein Auge zubekommen. Nicht nachdem was heute passiert war. Unvorstellbar, ich konnte es immer noch nicht glauben und ich weiß bis heute nicht wie oft ich mich gekniffen hab. Auf jeden Fall hatte ich am nächsten Morgen einige blaue Flecken...
 

In der Schule warteten Mandy und Jazzy schon in einer Ecke des Klassenzimmers auf mich. Die erste Stunde fiel heute aus und ich hätte eigentlich noch ausschlafen können, aber ich zog es dann doch vor, noch eine gepflegte Unterhaltung mit meinen Freunden führen zu können. Erwartungsvoll sahen sie mich an. ich setzte mich an einen Gruppentisch – anscheinend hatten sie gestern nicht mehr aufgeräumt. „So, und nun rück raus, wir wollen jedes einzelne Detail wissen. Habt ihr miteinander...?“ Fragte Jazzy gleich als erstes. Ich kniff die Lippen zusammen und nickte kurz. „Wow... tausende Mädchen träumen davon und du...“ – „Ich wollt ja eigentlich gar nicht, aber es ist dann doch passiert... und ich bereue nichts. Er war unglaublich...“ Ich lehnte mich im Stuhl zurück, den Blick an die Decke, ich schwebte immer noch. „Der hat dir ja ganz schön den Kopf verdreht... was gäb ich darum an deiner Stelle zu sein.“ Ich grinste Jazzy an. „Wir können dich ja nächstes Mal als mich verkleiden und dann kommst du auch mal in den Genuss seiner Handlungen...“ – „Sag bloß...“ Ich grinste noch breiter und hob mein Handy hoch. „Jap, er meldet sich sobald er wieder zu Hause ist...“ Mandy und Jazzy klappte die Kinnlade herunter. „Du Glückspilz...“ Ich holte die beiden wieder auf den Boden zurück. „Habt ihr das Interview schon aufs Papier gebracht?“ – „Noch nicht, das Ding liegt in der Redaktion gut verschlossen in meinem Fach, ich werd mich morgen mal dran machen, muss die Ereignisse auch erst mal verkraften.“ – „Kann ich verstehen, so einen wie Orlando trifft man auch nicht jeden Tag...“ – „Ja, und da du leider das Original abgekriegt hast muss ich mich jetz nach nem Verschnitt umsehen...“ Es ging nun gut auf die zweite Stunde zu und langsam kamen meine Klassenkameraden hereingetröpfelt, darunter auch Tina und Jeany, unsre beiden Piratenbräute. Doch was war das, die beiden kamen freudestrahlend auf uns zu... „Hey ihr Reporter... wir haben euch gestern gesehen!“ Ich hatte ganz vergessen zu erwähnen dass beide natürlich blond und – entschuldigt den Ausdruck, denn sicher nicht alle Blondinen sind das, aber die zwei schon – blöd waren. Immer nur eins im Kopf, Männer und die Horizontale Lage... „Hä?“ Ich sah die beiden schief an. „Wir waren gestern auch auf der Filmpremiere du Dummerchen, um uns ein paar Autogramme zu ergattern, aber das habt ihr ja vermasselt, weil sie gleich rein sind.“ Anscheinend schienen sie nichts über mein Verhältnis zu Orli zu wissen. Gut so. „Aber das krasseste war ja vorm Hotel... Da kam eine daher, die hat ausgesehen wie du, Marie!“ Oh man, wie dusselig musste man eigentlich sein... Mir klappte jedenfalls (scheinheilig) die Kinnlade herunter. „Also ich war das nicht falls du das meinst, ich bin nachher noch mit Jazzy und Mandy ein Eis essen gegangen. Stimmts?“ Ich zwinkerte den beiden zu. „Stimmt.“ Kam es Ton in Ton zur Antwort. „Ach schade, wir wollten dich nämlich löchern was ihr da oben so alles angestellt habt... oh Gott ich würde sterben für eine Nacht mit diesem Schnuckel!!“ Tina faltete die Hände und richtete den Blick an die Decke. „Tjaa...“ grinste ich frech zurück. Worauf sie mich dumm ansah. „Ich doch auch... wir ham leider nur den Film zusammen gesehen und das Interview gemacht.“ Enttäuscht, dass sie mich nicht nerven konnten, zogen die beiden von dannen. Jazzy schlug bei mir ein. „Das hast du super gemacht. Müssen die doch nicht wissen, denn dann weißes die ganze Schule und du kriegst keine Ruhe mehr.“ – „Dann müsst ich wohl die Schule wechseln ja...“ Witzelte ich und hatte dabei in einem Auge immer unsre beiden Damen in Beobachtung ob sie nicht doch zuhörten. In dem Moment piepte mein Handy, was mir natürlich den Puls wieder in die Höhe trieb, denn das konnte nur Orli sein, mit allen andren Sms – Schreibern saß ich hier grade zusammen... Hey... bin wieder sicher gelandet. Vermiss dich jetzt schon, hoffentlich sehen wir uns bald wieder. Ich mach jetz eine längere Pause nachdem der Dreh zu FdK3 beendet ist, kann sein dass ich die nächsten Wochen noch mal vorbei schau... Kuss, Orlando Ich umarmte das Handy und ließ mich im Stuhl herunterrutschen. „Was schreibt er?“ Fragte Jazzy neugierig. Ich gab ihr mein Handy. „Oh wie süüüüß!! Ein Traum der Kerl.“ Ich nickte und steckte das Handy wieder weg, denn unsre beiden Missies da vorne sollten das sicher nicht lesen. Ich musste höllisch aufpassen von nun an dass mir keiner das Handy klaute. Orli wäre sicher nicht sehr erpicht wenn plötzlich seine Handynummer öffentlich wurde... Ich tippte noch eben zurück bevor unser allseits verhasster Mathelehrer hereinkam. Hey du... ich sterbe tausend Tode jede Sekunde die du nicht bei mir bist... vermiss dich wie die Hölle, komm bald zurück, ja? ILDFIUE, Marie Ich steckte das Handy weg, denn gerade war unser Zahlengenie eingetrudelt.

Die Mathestunde war langweilig und grausam wie immer. Und konzentrieren konnte ich mich heute eh nicht, weil ich die ganze Zeit nur an Orlando denken konnte.. Ich sehnte mich mit jeder Faser meines Herzens nach ihm, aber jetzt war er gute tausend Kilometer weit weg... und die einzige Verbindung das Handy, aber das konnte mir keine Zärtlichkeit schenken wie er es tat.. Ich war erst 18, aber ich wusste von diesem Zeitpunkt an, ich würde nie mehr jemanden so lieben wie ihn. Und das nicht aus reinem Fanatismus, sondern ehrlich und aufrichtig. Auch wusste ich, dass diese Beziehung nicht ewig halten würde. Aber lieber ein Jahr mit ihm als alle Jahre alleine und einsam ohne ihn. Ich wachte wieder auf, als unser fieser Mathelehrer mit dem Zeigestock vor mir auf den Tisch klopfte: „Miss Marie, es ist ja verständlich dass der Kinobesuch Sie gestern mitgenommen haben muss, aber könnten Sie jetzt bitte wieder dem Unterricht folgen? Geschlafen wird zu Hause!“ Ich wäre am liebsten aufgesprungen und hätte ihn an der Gurgel gepackt. Hatte der eigentlich eine Ahnung wie weh es tat, von einem Menschen getrennt zu sein, den man mehr liebt als sein Leben?? Ich glaube nicht. Doch ich blieb sitzen und sah ihn nur giftig an. Ich hätte am liebsten losgeheult, wäre rausgerannt und hätte den nächsten Flieger nach London genommen. Mandy klopfte mir auf die Schulter. „Hey, du wirst sehen, in einer Woche ist es nicht mehr so schlimm, er kommt ja wieder.“ Ich wies sie an, zu flüstern, das sollte ja keiner mitkriegen. Nicht jetzt, wo ich mich in einem emotionalen Sumpf befand, in dem ich zu versinken drohte...
 

In der Pause saß ich dann mit Mandy in einer Ecke und mir war kurz vorm Heulen. Ich ging innerlich fast drauf vor Sehnsucht. Denn noch nie hatte ich jemanden – hatte mich jemand so geliebt wie er... und wie ich ihn. Es schien mir unabdingbar dass Orli und ich zusammengehörten wie Pech und Schwefel, Butter und Brot... „Du bist nicht die einzige, der er gehörig den Kopf verdreht hat... glaub mir.“ Meinte Mandy zu mir und ich lächelte zu ihr hinüber, immer noch geistesabwesend. „Ich weiß... ich hab gesehen wie du dich beim Fotos machen nur schwer zurückhalten konntest... hättest ihn ruhig niederknutschen dürfen, hätt ich nix gegen gehabt.“ Ich lachte. Das hätte bestimmt lustig ausgesehen – die 1,60 - Mandy knutscht den 1,80 – Orli nieder... Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Und das sagst du mir jetzt!“ Mandy sah mich leicht bedrückt an. „Ich lad dich ein wenn er wiederkommt. Und das is hoffentlich schon sehr bald...“ Ich versank wieder in meiner Ecke und hatte keine Ahnung ob ich diese Tag, diese Woche, die Zeit bis er wiederkam, überleben würde...
 

Nach der Schule hatte ich Mandy zu mir eingeladen, wir wollten uns noch mal den Herrn der Ringe reinziehen und mein Zimmer mit den Postern tapezieren, die ich aus meiner Schublade gekramt hatte. Ich hatte vor Jahren schon einmal einen Orlando – Tick, aber das hat sich wieder gelegt, da hab ich alle Poster runtergenommen und sicher in meiner Schreibtischschublade verwahrt. Nun kam der Zeitpunkt da sie wieder von meiner Wand strahlen durften. Auch wenn das eher nach einem Fan aussah als nach seiner Freundin, ich musste über mich selbst lachen, als ich mich als seine Freundin bezeichnete... eigentlich war ich ja nur ein One – Night - Stand für ihn. Mehr nicht. Aber wir hatten ja noch Kontakt, also konnte man nichts ausschließen. Ich knipste den Fernseher aus und wir gingen nach oben ins Zimmer. Zuerst zog ich die ganz großen aus der Schublade... gut, ich hatte eigentlich nur drei – zwei mit Jack Sparrow, eins hatte mir meine Schwester zu Weihnachten geschenkt letztes Jahr, und ein großes mit Jack und Will das man sich normal an die Tür hängt... das musste an die Wand. Dazu noch ein paar kleinere, vor einem Schwarz – weiß – Poster stand ich glaub ich mindestens zehn Minuten und musste aufpassen dass ich keine Sabberpfütze auf dem Boden hinterließ ^.^“ Wenn ich die Poster so um mich sah war er mir schon wieder ein bisschen näher. „War das nicht eben dein Handy?“ Fragte mich Mandy und sah zum Schreibtisch. Ich rannte natürlich sofort hin. Hey Süße... ich schnapp mir den nächsten Flieger wenn’s recht is, meine Agentin hat mir zwei Wochen Urlaub gegeben! Is das nicht schön? Kuss, Orlando Ich ließ mich rückwärts aufs Bett fallen, denn stehen konnte ich in diesem Moment nicht mehr. Der Mund blieb mir offen stehen und es hatte mir die Sprache verschlagen. Ich sah Mandy nur ungläubig an und die wusste bescheid. Ich simste zurück. Wann kommst du denn an? Ich fahr mit der S-Bahn zum Flughafen und hol dich ab! *ganzliebknuddelundküss* Marie Er kam ... noch heute! Dussel, wieso war er dann überhaupt zurückgeflogen. Piep... So was gegen sieben... freu mich schon auf dich, kann es gar nicht mehr erwarten! Orli Und ich zurück - Ich kann’s auch nicht mehr erwarten, wieso bist du dann erst zurückgeflogen?? Vermute mal, du musstest drüben erst mal alles klar machen... Und beeil dich, bevor ich hier sterbe ohne dich... Marie :o] Mandy kicherte neben mir. „Der is ja ein schlimmerer Simser wie du...“ stimmt, normal verschickte ich nicht so viele sms. Ein Mann mit Handy – Fimmel... ich musste lachen. Gegen sieben würde er kommen, das waren also noch gute drei Stunden... am besten wir fuhren gleich los, denn ich kannte mich am Flughafen null aus und wusste dass wir uns verlaufen würden. Aber das war mir total egal, Hauptsache Orli wieder in die Arme schließen und nie mehr loslassen. „Los komm, lass uns aufbrechen!“ – „Es sind doch noch drei Stunden...“ – „Ja das schon, aber zweieinhalb davon werden wir wahrscheinlich mit Terminal –Suchen verbringen...“ Mandy musste grinsen, sie kannte meinen Orientierungssinn, der der einer tauben Fledermaus war. Wir gingen runter zur Ubahnstation. Ich hatte vorsichtshalber meinen Schnellbahnplan mitgenommen. Man wusste ja nie. Trotz dass ich hier zu Hause war kannte ich mich im Münchner Untergrund nicht sonderlich gut aus, denn ich benutzte die Ubahn nur um zur Schule und wieder zurück zu kommen. Und vielleicht mal um in die Einkaufsmeile zu fahren, aber das kam nicht oft vor.
 

Nach einer – wie es mir vorkam - schier endlosen Ubahnfahrt kamen wir am Flughafen Franz Josef Strauß an. Allerdings mit der S-Bahn. Ubahn fuhr hier keine raus. Egal. Wir stiegen die Stufen hoch zum Eingang.

In der Eingangshalle hing eine riesige Tafel auf der alle Terminals ausgewiesen waren. Am besten, wir fragten, wo ein Flug aus London gegen sieben ankommen würde dann könnten wir uns in aller Ruhe auf die Suche machen, denn wir hatten immer noch zwei Stunden Zeit, was evtl. auch noch einen Kaffee an einer der vielen Kaffeebars hier zuließ. Wir gingen zu einem der vielen Schalter und ich fragte die Dame dort nach dem Flug. „Terminal 28, einfach den Wegweisern nach.“ Gab sie mir zur Antwort. Wir gingen vor zur Tafel. Oje, das war ja ganz am Ende... „Mandy, ich fürchte wir müssen durch den ganzen Gebäudetrakt hier... 28 is ganz am Ende..“ Die zuckte mit den Schultern. „Wenn’s sein muss..“ – „Muss sein, für Orli würd ich die Alpen überqueren und in den Vesuv springen...“ Wir lachten und machten uns auf den Weg.
 

Nach einer guten halben Stunde Herumirren kamen wir schließlich ans Ziel und machten es uns auf einer Sitzbank an der Wand bequem. Jetzt konnten wir nur noch abwarten. Je näher 19 Uhr kam, desto schneller ging mein Puls. Ich musterte jeden, der aus dem Gateway kam, ob es nicht Orli war. Er würde sich sicher gut verkleiden müssen. 18 Uhr 45... noch eine Viertelstunde, ich starb schon fast vor Ungeduld. Mandy neben mir hatte ihren Gameboy eingepackt und spielte Super Marioland... wie konnte man nur so cool bleiben?? Ich werd sie nie verstehen. 19 Uhr und 5... draußen kam ein großes Flugzeug herangefahren. Durch das Glas konnte man sehen wie der lange Tunnel angeschlossen wurde durch den die Passagiere das Flugzeug verließen. Einer nach dem anderen kam heraus... wie viele Leute gingen eigentlich in so ein Ding rein?? Viele... jeder wurde gemustert, aber Orli war nicht dabei.. schon als ich die Hoffnung aufgegeben hatte, kam einer raus, der ihm ein bisschen ähnelte, graue Jacke, Schal und graues Cap, sein berühmtes Army – Cap, das konnte nur Orli sein! Ich tippte Mandy an, die steckte ihren Gameboy ein und wir gingen hin.

Orli sah sich fragend um, offenbar erwartete er, dass wir hier irgendwo waren. Ich schlich mich von hinten an und umarmte ihn. Er wollte schon ausholen und mich wegschubsen weil man mich ja gut für einen fanatischen Fan halten hätten können, aber dann erblickte er mich und schloss mich wieder in seine Arme... „Bitte lass nie mehr los, bitte...“ Da war es wieder – dieses Gefühl der absoluten Geborgenheit, niemand auf der Welt konnte einem was anhaben. „Ich hab Mandy mitgebracht, sie war heute Nachmittag bei mir, Zimmer tapezieren und Filme schauen...“ ich zwinkerte Orli zu, der grinste. „Hey – lang nicht gesehen!“ Witzelte er. „Komm lass uns gehen, bevor mich noch jemand erkennt. Wollt ihr noch nen Kaffee trinken drüben an der Bar? Ich brauch jetz Koffein...“ – „Warum nicht, aber halte deine Tarnung aufrecht, sonst können wir uns hier vor Fans bald nicht mehr retten...“ Er zog sein Cap tiefer ins Gesicht und wir folgten ihm.
 

In der Kaffeebar hatten wir dann erst mal unsre Ruhe. War ja klar – keiner vermutete Orlando an einem Freitagabend am Münchner Flughafen ohne direkten Anlass... Er überlegte schon, ob er sein Käppi nicht abnehmen sollte, aber das war ihm dann doch zu riskant. Scheiße wenn man so berühmt ist. „Und, habt ihr die Fragen schon ausgewertet?“ Fragte er mich und nahm einen Schluck Kaffee. „Nein, Jazzy hat das Diktiergerät noch bei ihr in der Schublade in der Redaktion liegen... sie packt’s wohl nicht, dich noch mal reden zu hören.“ Wir mussten lachen. „Ja, ich glaub sie hat’s ganz schön mitgenommen unser Treff... ich kann aus den Gesichtern lesen wie die Leute sich fühlen.. schau zum Beispiel den da drüben an, den Dicken im Anzug...“ Ich sah rüber, dort drüben saß ein Geschäftsmann mit ein bisschen Überbreite und las Zeitung. „Der is grade total in Gedanken versunken und grämt sich wegen irgendwas.“ Ich war baff. „Einfach cool. Du beeindruckst mich immer wieder.“ Orli strahlte, stolz auf seinen Erfolg. „Ach was... das kann man lernen. Und was habt ihr die übrige Zeit gemacht in der ich abwesend war?“ Blöde Frage. Ich hätt ihm schon bald gesagt dass ich fast draufgegangen wär ohne ihn und dass er das ja nie wieder machen soll, aber ich wollt ihm nicht die ganze Suppe auf einmal hinklatschen. „Na ja, wie gesagt, Zimmer tapeziert, Filme geschaut, Tina und Jeany veräppelt...“ – „Tina und Jeany?“ – „Achso, hab ich dir das noch gar nicht erzählt? Unsre beiden Piratenbräute in der Klasse, die waren gestern auch auf der Premiere und sind nun gelb vor Neid dass wir rein durften und sie nicht.“ – „Gelb, das gefällt mir...“ Grinste Orli. „Ja ja ich weiß. Auf jeden Fall sind die uns auch noch zum Hotel gefolgt und behaupteten steif und fest sie hätten eine mit dir reingehen sehen die aussah wie ich... da hab ich natürlich dementiert und gesagt ich wär mit Mandy und Jazzy noch ein Eis essen gegangen, das ham die mir glatt abgekauft...“ Ich kringelte mich vor Lachen über unsre beiden Barbies. Auch Orli musste lachen. „Das sind Fans vor denen man sich besser in Acht nimmt, die schleppen dich nämlich garantiert in die nächste Hotelsuite und dann geht’s ab...“ Ich sah ihn schelmisch grinsend an. „Ach, und was war dann das gestern mit uns beiden?“ Er kniff den Mund zusammen und sah zur Seite. „Immerhin bist du keine Barbiepuppe. Und außerdem hab ja ich dich abgeschleppt und nicht andersrum.“ Grinste er dann. Ich knuffte ihn in die Seite. „Stimmt eigentlich gar nicht, ich bin freiwillig mitgegangen, du Keks.“ Er sah mich ein bisschen komisch an, hatte wohl nicht verstanden was ich meinte. „Ich meinte, du bist ein Keks.“ – „Definier das mal genauer.“ Ich kratze mich am Kopf, wie konnte man den Begriff – du bist ein Keks – genauer definieren... „Schelm, Schlingel...“ Langsam ging ihm ein Licht auf. Ich weiß nicht warum die Leute meine Art Humor nicht ganz verstehen. Bis heute nicht. „Aber du bist, wenn man’s ganz genau nehmen würde, das Gegenstück zu Barbie – Ken...“ Wir konnten uns vor Lachen nicht mehr halten, denn das war ein lausiger Vergleich – Orli sah um Längen besser aus als der glatt geleckte Ken. Und nicht dass ihr jetzt denkt – ja klar, er sieht geil aus und deshalb liebt sie ihn! – Nein! Er is ein so ganz andrer Mensch, bodenständig, hat seine Eigenheiten die ich absolut faszinierend finde... und sieht nebenbei halt auch noch zum Sterben gut aus... ich wendete mich wieder der Unterhaltung zwischen Mandy und Orli zu. „... der Lehrer musste sie heute schon aufwecken weil sie die ganze Zeit von dir geträumt hat...“ Ich gab Mandy einen Stoß – freundschaftlich natürlich. „Wie würdest du dich fühlen, wenn du am Tag zuvor den Wahnsinn in Person erlebt hast und der dann tausend Kilometer weg ist und du nicht weißt wann du ihn wiedersiehst, he??“ Feixte ich sie an. „Is ja schon gut, ich versteh dich ja.“ Mandy funkelte zu Orli hinüber. „Wag es ja nicht, ihn mir auszuspannen.“ Lunste ich zurück, denn ich hatte gesehen dass sie ihn anflirtete. Für die schüchterne Mandy ging sie aber ganz schön ran heute. Na ja, sie hatte mir ja gestanden dass sie ihn auch nicht uninteressant fand... Orli grinste nur zu mir herüber. Irgendwie wusste ich, dass er sich nicht ausspannen lassen würde... Schon befand sich seine Hand wieder in der meinen... natürlich so dass es keiner sah, denn irgendjemand hatte ihn sicher erkannt, traute sich aber nicht, ihn anzusprechen. Da waren wir lieber vorsichtig, denn Paparazzis lungerten um jede Ecke... Wobei es mir auch nicht ganz unrecht gewesen wäre wenn ich öffentlich seine neue Freundin gewesen wäre, denn dann hätte er zu mir stehen müssen, aber das war gemein. Ausnutzen wollte ich ihn sicher nicht. „Machen wir uns dann auf den Weg?“ Fragte Orli nach einer Zeit des konzentrierten Grübelns. „Wo pennst du heute eigentlich?“ Fragte ich ihn dann, denn er hatte noch keine Anstalten gemacht, mir seinen Aufenthaltsort zu nennen. „Oh, ich denk ich such mir ein Hotel in deiner Nähe.. Das Arabella Sheraton liegt da doch irgendwo in der Gegend oder nicht?“ Stimmte, das war nicht weit von mir, zehn Minuten zu Fuß vielleicht. „Jap, gute zehn Minuten zu Fuß von mir... aber sag mal, nur wenn’s dir nicht zu runtergekommen ist und du vielleicht was feineres vorziehst.. kannst ja auch bei mir nächtigen wennst willst. Meine Mom wird’s zwar an der Türschwelle umhauen, aber das kriegen wir schon.“ Ich grinste ihn an in der Hoffnung, er würde zustimmen. „Also ich will deiner Mom ja keinen Herzinfarkt bescheren so wie’s bei dir gestern fast der Fall gewesen wär... aber ansonsten hab ich nix dagegen, mal wieder ein normales Leben zu führen... bzw. in einer nicht – Luxus – Unterkunft abzusteigen...“ – „Sag nur, es is dir nicht fein genug.“ Lunste ich zu ihm rüber. Mit großen Augen wehrte er ab: „Aber nein! Ich bin keiner dieser versnobten Promis, denen nichts gut genug ist! ich bin sogar froh wenn nicht dauernd jemand um mich herumwuselt!“ Na dann war ja alles klar... Wir befanden uns inzwischen schon auf halbem Weg zur S-Bahn und hatten schon zwei, drei misstrauische Blicke abbekommen, aber passiert war zum Glück noch nichts. Ich konnte nur hoffen, dass Tina und Jeany nicht wieder auf Prominentenjagd waren, das machten sie öfter nach der Schule, denn sie wohnten nicht weit vom Flughafen. Eine Viertelstunde mit der S-Bahn vielleicht hatten sie hierher. Aber heute war zum Glück nichts von ihnen zu sehen. Wie oft hatte ich mir schon Storys anhören müssen, dass sie da und dort den und die da getroffen hatten... mir wurde regelmäßig übel davon.

Teil 2

In der S-Bahn war es um diese Zeit leer. Es war eh die vorletzte, halb elf war es jetzt schon, wir hatten ganz schön lange zusammengesessen und auch eine Zeit gebraucht um wieder aus dem Flughafengebäude herauszufinden. Dort konnte man sich leicht verlaufen. War mir schon mal passiert, als ich mit meiner Tante meine Cousine aus Amerika wieder zum Flieger brachte, haben wir uns total verlaufen und mussten uns zum Ausgang durchfragen, ich glaub wir haben vier oder fünf Stunden gebraucht bis wir wieder draußen waren. Ach wie schön ist so eine leere S- Bahn... keiner der einen blöd anquatscht und schon gar keine Fans die Orli auf die Pelle rücken konnten. Gar keine? Na ja, ich hoffte es mal, denn weiter vorne saßen ein paar Mädchen ungefähr in meinem Alter, aber die waren mit Ohrstöpseln und Glamour – Magazin so abgelenkt dass sie nichts anderes mehr um sich herum registrierten... ich sah noch mal genauer hin. Ach du Scheiße, da saß Tina! Ich geriet in Panik. „Verhalt dich ganz unauffällig und sag keinen Ton, ja?“ Flüsterte ich zu Orli. Der sah mich ein bisschen verwirrt an, und ich deutete mit dem Kopf auf die Person sechs Sitzreihen weiter. „Das ist Tina, einer deiner Fans denen du lieber nicht begegnen wolltest... die dümmliche kleine Barbiepuppe aus unsrer Klasse... war wohl doch auf Promijagd und wir haben sie nicht bemerkt... Scheiße!“ Doch Tina rührte sich zum Glück nicht von der Stelle und stieg an der nächsten Haltestelle aus, nachdem wir sie bemerkt hatten und ohne uns zu bemerken... Erleichtert atmeten wir auf. „Jetzt darfst du wieder was sagen, sie ist weg.“ Weg war sie schon, aber gesehen hatte sie uns dennoch durch die Scheibe der S-Bahn... Scheiße... verdammter verfluchter Mist, jetzt würde das am Montag die ganze Schule erfahren, denn Mandy war auch dabei und dass zwei Leute Ähnlichkeit mit uns hatten war ja wohl kaum möglich. Oje, und mein Handy piepte, sie würde mir garantiert drohen, mich mit irgendwas erpressen oder Orli... Hey Süße, wart ihr das grade in der S-Bahn? Ich meinte, dich, Mandy und einen gewissen Jemand gerade gesehen zu haben... Ich schluckte, na ja dumm genug war sie ja dass man ihr eine Lüge auftischen konnte. Ich schrieb ganz frech zurück: Ich hoffe dir ist klar dass du mich grade aus der Badewanne geworfen hast! Wer auch immer das war den du da gesehen hast, ich kann’s nicht gewesen sein und Mandy auch nicht. Denn ich sitze hier genüsslich in der Wanne, Mandy unten vor dem Fernseher, weißt doch dass sie heute nach der Schule bei mir war. Also hör auf dir was einzubilden und lass mich endlich in Frieden bloß weil ich dieses blöde Interview gemacht habe!! So, das musste sie jetzt schlucken. Ich grinste Orli an und gab ihm das Handy mit meiner sms. Der grinste auch schelmisch. „Hast du gut gemacht. Wenn die wirklich so doof ist wie du sagst dann kauft sie dir das glatt ab.“ Schon piepte mein Handy ein weiteres Mal. Ich trau dir zwar immer noch nicht ganz über den Weg aber beim Baden werd ich dich nicht weiter stören, aber mach dich auf ein paar Fragen gefasst wenn du am Montag zurück in die Schule kommst! Ich warf mich nach hinten in den Sitz. Na das mochte ja was werden, die würde mich bis auf den letzten Buchstaben ausquetschen, aber aus mir würde sie nichts herauskriegen, ich würde meiner Mutter einbläuen, ihr zu sagen dass ich um diese Zeit zu Hause in der Wanne saß und danach mit Mandy noch ein paar Filme geschaut habe. Die S-Bahn hielt an, wir mussten umsteigen. Wieder das alte Rennen mit der Tarnung. Auch hier bemerkte uns niemand. Wir fuhren mit der S25 weiter Richtung Süden.
 

Endlich zu Hause angekommen, klingelte ich erst mal vorsichtig an der Tür, Orli hielten wir noch versteckt unten im Gebüsch damit meine Mom nicht jetzt schon einen Herzinfarkt bekam, ich musste ihn erst ankündigen... „Wieso klingelst du, du hast doch einen Schlüssel...“ – „Das schon, aber ich wollte, dass du’s vorher weißt, wär womöglich ein Schock für dich sonst...“ – „Sag bloß...“ Sie stellte sich auf Zehenspitzen und sah über meine Schulter hinweg runter in die Büsche, wo Mandy und Orlando standen. „Bitte keinen Schock kriegen Mom und ganz ruhig bleiben. Er’s ein Mensch wie jeder andre auch und wird dich nicht beißen.“ Meine Mom musste lachen. „Na also hör mal ich bin doch kein fanatischer Teenager mehr! Kommt ruhig rauf, ich werd nicht umfallen! Muss doch meinen zukünftigen Schwiegersohn begutachten!“ Ich musste lachen. „Mom!“ und gab ihr einen Knuff in die Seite. „Hey! Was denn, glaubst du etwa das wird nix Festes mit euch?“ Dazu hüllte ich mich in Schweigen. Nun kamen Mandy und Orlando die Treppe herauf und ich konnte sehen wie die Augen meiner Mutter zu leuchten anfingen, wie die eines kleinen Kindes das zu Weihnachten sein Lieblingsspielzeug geschenkt bekommt. „So so, man hört ja allerhand von dir... Marie hat mir schon einiges erzählt...“ Sie musterte ihn von oben bis unten. Orli war das sichtlich unangenehm, aber er ließ es über sich ergehen. „Nicht übel, wirklich nicht übel, ich muss schon sagen... wär ich ein paar Jahre jünger...“ Ich knuffte meine Mutter noch mal. „Schlag dir das aus dem Kopf, Mandy hat heut auch schon versucht, ihn mir auszuspannen.“ Sie grinste. „Aber kommt doch rein in die gute Stube, ihr friert euch ja einen ab!“ Tatsächlich hatte es draußen nur fünf Grad, ich hatte eben gerade auf den Thermometer gesehen, der unter der Hauslampe hing.
 

Drinnen war es schön warm, Mom hatte die Heizung aufgedreht. „Wieso bist du eigentlich noch so spät wach, is doch sonst nicht deine Art...“ Fragte ich, während ich meine Jacke an die Garderobe hängte. Ich nahm Orli die seine auch ab und hängte sie dazu. Mom zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht, hatte so ein Gefühl dass es bei euch heute später werden würde... und behielt recht.“ Sie strahlte immer noch bei Orlandos Anblick. Man konnte sehen, wie sehr sie sich im Zaum halten musste. „Und du, bleibst wohl übernacht hier wenn ich richtig vermute.“ Orli entwischte nun ein kleines Grinsen. Nanu, erst so frech und nun so stumm? Ich knuffte ihn in die Seite. „Hey, meine Mom beißt nicht, sie ist auch bloß ein Fan...“ Ich hatte ganz vergessen zu erwähnen wie schön Orli dumm gucken kann... Ich musste jedes Mal lachen wenn er eine seiner Mienen zog. Einfach süß! „Na ja, ich bleib natürlich nur wenn ihr nix dagegen habt...“ – „Ganz im Gegenteil...“ Grinste meine Mom. „Wo is eigentlich der Rest des Haufens, Johnny und Co?“ Ich wusste dass das kommen würde. „Die sind schon wieder drüben in Amerika und gönnen sich erst mal ein paar Tage Ruhe... ah verstehe!“ Er grinste schelmisch zu meiner Mom hinüber, er hatte gecheckt dass sie auf Johnny stand. „Ich kann ihn ja mal bitten rüberzukommen ...“ Jetzt wurde meine Mom rot und sah verlegen zu Boden. Hehe, haben wir dich erwischt.
 

Nachher gingen wir rauf in mein Zimmer... ach herrje, ich hatte ja ganz vergessen dass wir es heute Nachmittag noch mit Orlando – Postern vollgekleistert hatten... „Bitte lass die Augen zu, ja?“ Bettelte ich. Er betrat mein Zimmer aber trotzdem mit offenen Augen und musste sich ein bisschen unter dem Türrahmen ducken, genau wie ich, denn dieses Haus war schon ein bisschen älter und eigentlich für kleinere Leute als mich gebaut... Orli musste erst einmal lachen, als er meine Bude sah. „Oje, wie hast du die denn so schnell zusammengesammelt?“ Ich schämte mich trotzdem, auch wenn es ihm nichts auszumachen schien. „Ich hatte vor Jahren schon mal so nen Anfall, als der Herr der Ringe rauskam, danach landeten die alle wieder im Schreibtisch und heute Nachmittag bin ich auf die Idee gekommen, sie wieder auszupacken... werd sie aber alsbald wieder runternehmen solange du hier bist, versprochen!“ Er reagierte aber ganz gelassen und ließ sich erst einmal auf meinem Bett nieder, nicht ohne vorher die Matratze zu testen. „Lass dir nur Zeit, mich stört das nicht weiter. Ich mag gute Fotos. Hast ja die Besten rausgesucht, gibt auch ganz miserable, zum Beispiel die ganzen Paparazzifotos... die ham echt keine Ahnung von Fotografie.“ – „Stimmt ja, du bist ja Hobbyfotograf. Du, dann müssen wir mal in den englischen Garten und den Tierpark gehen, da kannst du dir tolle Motive aussuchen.“ – „Oh ja, immer doch.. ich muss mich nur gut genug verkleiden. Man is das blöd wenn man überall erkannt wird... hey!“ Schon lag er flach, ich war zu ihm aufs Bett gekrochen und kraulte ihn ein bisschen. Wie eine Katze. „Ich werd mich dann mal auf den Weg machen, meine Mom macht sich bestimmt schon Sorgen..“ Machte sich Mandy dann bemerkbar – oje die hatte ich ganz vergessen. „Ach herrje, sorry Mandy ich hatte dich ganz vergessen über diesen Lümmel hier...“ Ich stand auf und umarmte sie zum Abschied. „Dann bis Montag und pass auf unser Tinchen auf, damit ihr ja nix rausrutscht ja, und wenn, erzähl es sofort mir!“ – „Mach ich, also macht’s gut ihr zwei, und schön brav sein, ja?“ Sie zwinkerte mir zu und verließ das Zimmer.

Ich warf mich zurück aufs Bett zu Orli. Sollte ich schon wieder...? Nein, heute nicht. Wir kuschelten uns eng aneinander und irgendwie mussten wir wohl eingeschlafen sein, denn ich wachte durch einen warmen Sonnenstrahl in meinem Gesicht auf – von Orlando keine Spur. Ich sah mich um. Wo steckte der Lümmel schon wieder?? Ich hörte die Klospülung, und mir wurde alles klar. Frisch geduscht und wie aus dem Ei gepellt kam er herein, allein bei seinem Anblick fiel ich schon fast wieder in Ohnmacht. Wie zum Teufel konnte man nur so gut aussehen?? „Sag mal hast du deine Seele an den Teufel verkauft?“ – „Wieso?“ Fragte er, während er sich wie ein Raubtier an mich heranpirschte. „Weil dein Anblick mich ganz irre macht...“ – „Vielleicht...“ grinste er frech. Na ja, nun passierte es halt am Vormittag, auch egal... noch schöner als das letzte mal – ich könnt es jeden Tag tun...
 

Wie schade, dass mein Bett so quietscht, meine Mom hatte es (leider) gehört und empfing uns mit einem breiten Grinsen. „Marie, du verdammter Glückspilz... kommt, es gibt Essen, ihr müsst doch am Verhungern sein!“ Den Satz kannte ich doch irgendwoher... „Der is geklaut!“ Gab ich zurück. „Kann schon sein.“ Wir hauten kräftig rein, ich hatte wirklich großen Hunger und seit glaub ich drei Tagen nichts richtiges mehr gegessen, ich hatte nur von Luft und Liebe gelebt. Eigentlich hatte ich auch jetzt noch keinen richtigen Appetit nach meiner Verausgabung oben mit Orlando... *feix* Ich täuschte meinen Riesen – Appetit also nur vor. Immer wieder musste ich zu ihm rübersehen, ich konnte meine Augen heute einfach nicht von Orlando abwenden... Jetzt sah er ziemlich wild aus nach unserm kleinen Abenteuer da oben, aber das machte ihn nur noch ansehnlicher, ich hätte ihn am liebsten gepackt und irgendwo in der nächsten Ecke weitergemacht oder auf dem Küchentisch. Vielleicht später, aber für jetzt war erst mal genug. Meine Mom hätte sich sicher daran erfreut. Danach wär sie auch noch auf Orli losgegangen, nein, das wollten wir nicht haben. Lieber schön versteckt im Schlafzimmer *hehe*

Ich musste sehen dass ich fertig wurde mit Essen, denn lange konnte ich mich nicht mehr halten, dann würde ich erneut über ihn herfallen... Auch Orlando zog mich mit seinen Blicken schon wieder aus und beeilte sich ebenfalls mit essen. Meine Mom lehnte hinten in der Ecke und grinste sich eins. Wir stellten noch eben schnell die Teller in die Spüle – auch da konnte er schon die Finger nicht von mir lassen und ich meine nicht von ihm... – und machten uns dann schleunigst auf den Weg nach oben, bald konnten wir uns nicht mehr halten...
 

„Na wenn das den ganzen Tag so weitergeht dann gute Nacht...“ seufzte ich erschöpft, nachdem wir uns „abreagiert“ hatten. „Wieso, ich glaub du hättest nichts dagegen...“ sagte Orli und begann wieder, mich zu küssen... Ich weiß nicht, aber ich glaub das ging noch ein paar Stunden so, bis es langsam dämmerte. Wir hatten tatsächlich den ganzen Tag nur im „Bett“ verbracht... Solche Tage wollte ich öfter haben. Ich liebte es einfach, ihm ewig lange in die Augen zu schauen bis mir ganz schwindelig wurde. Irgendwann klingelte aber mein Handy vorne auf dem Schreibtisch... wiederwillig und Orlandos Hand nicht loslassend stand ich auf und streckte mich nach vorne nach meinem Handy. Zurück auf dem Bett hob ich ab. „Ja?“ – „Hey Marie, hier Jazzy, sorry, ich hoff ich stör grade nicht…“ Klar störte sie! Aber andererseits auch gut dass sie uns mal abgelenkt hatte. „Nicht die Bohne... ein bisschen vielleicht...“ Ich küsste Orli, sodass man es durchs Handy auch hören konnte. „Mandy hat mir schon berichtet dass ihr ihn vom Airport abgeholt habt. Was ich sagen wollte, hast du Lust, das Interview auszuwerten? Ich hab den Schlüssel für die Redaktion gekriegt, heute ist keine Sau in der Schule, ihr könnts also auch in irgendeinem Klassenzimmer treiben nachher...“ Ich sah auf die Uhr, es war schon 16 Uhr... Aber ich stimmte trotzdem zu, nicht ohne vorher Orlando gefragt zu haben. „Was hältst du davon.“ Ich hatte mein Handy auf Lautsprecher sodass er auch mithören konnte. Der zuckte mit den Schultern. „Warum nicht, aber fall bitte nicht um, Jazzy.“ Ich konnte durch die Leitung sehen wie Jazzy der Mund offen stehen blieb, bei der Tatsache dass er ihren Namen noch wusste. Na ja gut es war auch erst zwei Tage her. „Also um halb fünf vor der Schule? Bring deine Utensilien mit...“ – „Wird gemacht, wir machen uns gleich auf den Weg.“ – „Soll ich euch holen?“ – „Wieso nicht, dann sind wir wenigstens sicher und er hier wird nicht erkannt...“ ich deutete auf Orlando, der hinter mir saß und die Arme um mich geschlungen hatte. Es fiel mir schwer, zu telefonieren weil das so gut tat dass alle Bewegungsabläufe außer Betrieb und ich wie gelähmt war... Ich ließ mich in seine Arme sinken und Jazzy sprach weiter. „Ich komm gegen zehn nach bei euch vorbei, aber zieht euch was Anständiges an, ja?“ Ich konnte sie durch die Leitung grinsen sehen. „Geht klar, wir machen uns dann fertig.“ – „Also bis gleich, Ciao!“ – „Namaríë!“ Jazzy kicherte und Orli sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. „Sagte ich nicht dass ich vor Jahren schon einen Tick hatte?“ dann grinste er.
 

Wir zogen uns noch eben was andres an, denn unsre Klamotten von vorhin waren völlig verknittert und verschwitzt. So wollten wir Jazzy nicht unter die Augen treten. Wieder perfekt gebügelt traten wir vor die Haustür, wo man einen wunderschönen Sonnenuntergang bewundern konnte. Ein Idealer Anlass für einen laaaangen Kuss... bis uns ein Hupen aus den Träumen riss, Jazzy war da. „Los kommt rein ihr zwei Turteltauben.“ Grinste sie. „Ihr könnt ja auf der Rückbank weiterknutschen.“ Sie öffnete uns die Autotür vom Fahrersitz aus und wir sprangen hinein.

„Und? Ich vermute mal ihr habt den Tag im Schlafzimmer verbracht...“ grinste Jazzy, um uns abzulenken. Ich grinste einfach nur zurück, was bei Jazzy und mir so viel wie Ja bedeutete. „Du weißt dass ich schon neidisch auf dich bin, Marie... na ja gut, aber du hattest jetzt so lange keinen mehr, du hast mal was besseres verdient.“ Stimmte, ich war inzwischen seit drei Jahren solo, woran das lag wusste ich nicht. Jazzy hatte alle zwei Wochen einen Neuen, also wär es sicher nicht von Vorteil für Orlando gewesen wenn er sich Jazzy geangelt hätte, die hätte ihn nach zwei Wochen wieder abgesetzt. Ich selber war eher der beständige treue Typ. Klar, wenn man mal einen hatte wollte man ihn auch nicht mehr hergeben, denn wer wusste ob man danach was Besseres erwischte. Komisch dass Jazzy so viele abbekam, sie sah nicht gerade Männerfreundlich aus... feuerrote Haare, ich vermute, sie war ein Punk. Sie hatte mir nur nie verraten was sie war, drum stell ich jetzt einfach Vermutungen an. Ich selber... na ja, ich war ja auch nicht gerade auffällig, eigentlich mehr ein Mauerblümchen könnte man so sagen. Wenn ich mich richtig aufmotzte und mal Kontaktlinsen trug sah ich ein bisschen aus wie Shania Twain. Aber nur ein bisschen. Ich wunder mich schon ein bisschen dass Orli sich für mich entschieden hat obwohl ich nicht blond bin. Ich hatte mir vor ein paar Monaten die Haare schwarz gefärbt, und langsam wuchsen sie wieder in dunkelblond, meiner Naturfarbe heraus. Ich hatte ja schon überlegt, sie zum Treffen zu blondieren um meine Chancen zu erhöhen, es aber dann doch bleiben lassen. Ich erwachte wieder aus meinen Gedanken, denn Jazzy bog gerade um die Ecke auf den Lehrerparkplatz, den wir ja benutzen konnten weil kein Lehrer da war. *grins* Wir stiegen aus und sogen die frische Abendluft ein. Ich liebte diesen Duft.

Jazzy sperrte den Hintereingang der Schule auf. Drinnen war es stockfinster, wie damals im Kino... das nutzte ich natürlich sofort, um Orlando niederzuknutschen. Jazzy hörte das aber und gab zu verstehen, dass wir das nachher in der Redaktion auch fortsetzen konnten. Wir stiegen eine Treppe hinauf und bogen nach rechts ab. Dann noch mal nach Links. Neben dem Chemiesaal befand sich unsere Redaktion, sehr komisch gewählter Standort, weil alle flüchten mussten wenn mal wieder ein Experiment in die Hose ging und es hier nach Pech und Schwefel stank. Das war schon öfter vorgekommen. Immer wenn die 8a Chemie hatte. Aber seit die Klasse in den Neubau umgezogen war, herrschte hier reine Luft. Auch die Redaktionstür wurde aufgesperrt und wir betraten den nach Papier und Druckerschwärze riechenden Raum. Jazzy knipste das Licht an und musste grinsen, denn Orlando und ich hatten uns immer noch nicht voneinander lösen können und so hatte er immer noch den Arm um mich und ich den meinen um ihn. „Da drüben können wir uns hinsetzen, der Tisch is groß genug. Für euch ist eigentlich nicht groß was zu tun grade, ich muss das Band nur abhören und aufschreiben... hey, ich hab die Kamera hier liegen, wir können ja nachher noch ein paar Fotos machen...“ Grinste Jazzy. „Unsre Erinnerungsfotos können wir ja auch reinstellen. Wir haben doch auch ein Gruppenfoto gemacht, das der Security für uns geschossen hat... ich glaub das nehmen wir. Und ein extraschönes das wir hier noch mit meiner Digicam schießen, das lass ich dann morgen zu Hause aus meinem Computerdrucker. Ich muss es einfach tun weil du heute umwerfend aussiehst...“ sie sah Orlando mit gierigem Blick an. Dass nur alle was von ihm wollten... langsam wurde das nervig. „Du kriegst ihn nicht, vergiss es, nach zwei Wochen lässt du den Armen sitzen.“ Nun schwieg Jazzy, denn da hatte ich ja Recht. Während sie das Band abhörte und sich Notizen machte, sank die Sonne langsam hinter den Horizont und Orlando legte sich müde auf den Tisch und sah mich mit halb offenem Mund an... klar dass er im Halbschatten mehr als verführerisch aussah und ich wieder nicht widerstehen konnte... Jazzy sah von ihrem Blatt Papier auf. „Leute, könnt ihr zum Knutschen bitte woanders hingehen? Ich kann mich nicht konzentrieren bei so viel Geilheit im Raum...“ Wir mussten lachen und verzogen uns nach draußen auf den Flur. Orli lachte immer noch. „Wirklich so geil?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Scheint so!“ Wir lachten weiter und setzten uns auf den Treppenabsatz weiter vorne. Dort machten wir weiter. Lang dauerte es auch nicht, dann hatte Jazzy das Interview aufs Papier gebracht und rief uns wieder herein. Natürlich grinsend und kopfschüttelnd.

Drinnen gab sie Orlando das Blatt. „Lies du’s dir noch mal durch ob du auch damit zufrieden bist, wir können ja noch was korrigieren.“ Er las sich das Ganze noch mal durch, war aber vollkommen zufrieden damit. „Vollkommen in Ordnung, kannst du so abdrucken.“ – „Super, das hätten wir schon mal, das tipp ich dann daheim aufm Computer fertig... nun zu den Fotos... da vorn is ein Spiegel, vielleicht zupfst du dir die Haare noch einmal ein bisschen zurecht, Marie hat dich ja ganz schön zugerichtet...“ Ich musste grinsen. Im Halbdunkel war eben nicht viel zu sehen... und da wusste man auch nicht wo man hinfasste.. Orli ging vor zum Spiegel und betrachtete sich noch mal. „Ich find es passt so. Wir brauchen aber einen neutralen Hintergrund, sonst denken die, ich war hier...“ – „Stimmt... das muss ja alles schon vor zwei Tagen passieren...“ Jazzy schnappte sich ihre Digicam und wir gingen ein Stockwerk tiefer wo wir eine reinweiße Wand hatten. „Perfekter Hintergrund...“ Jazzy knipste das Licht an, damit es ein perfektes Bild wurde und Orlando stellte sich vor die weiße Wand. „Man, dieses lila Piratenhemd passt einfach perfekt, als hättest du’s gewusst...“ sagte Jazzy und drückte ab. Sie gab Orli die Cam damit der seinen Konterfei bewundern konnte. Der hob den Daumen. „Eins a. Lassen wir so.“ Er kannte sich ja aus, er war ja Hobbyfotograf.

- Was ich nicht gesehen haben musste... oder beziehungsweise ich hatte - vor zwei Minuten einen Schatten durch den Flur oben huschen sehen, wer das gewesen war weiß ich nicht, aber wenn derjenige uns beim Knutschen erwischt hatte, würde das böse Folgen haben. Wir gingen wieder zurück hoch in die Redaktion. „Ach wisst ihr was, ich mach das Ganze gleich hier.“ Meinte Jazzy und warf den Computer an. „Du, wir werden solange mal die Schule durchsuchen, bzw. ich werd mal sehen, denn ich hab vorhin was huschen sehen... Orlando du bleibst besser hier, denn sollte es eine unsrer Barbies sein könnte das böse enden...“ Er nickte nur ernsthaft. „Und dass ihr ja die Finger voneinander lasst, ja?“ Ermahnte ich Jazzy. „He, was denkst du von mir, hab ich jemals den Freund einer andren angefasst??“ Stimmt, hatte sie nicht. Ich machte das Licht draußen wieder aus und schnappte mir meine LED – Taschenlampe. So Tinchen, jetzt bist du fällig du Miststück. Ich ging nach oben ins dritte Stockwerk, da wollte ich anfangen, denn so konnte sie mir nicht entwischen, von hier aus sah man bis ganz nach vorne. Und irgendwo auf dem Weg musste sie mir begegnen. Jedenfalls vermutete ich, dass Tina hier rumschlich. Ich öffnete die Tür jedes Klassenzimmers, lugte in jede Ecke, Klos... im zweiten Stock jedenfalls war keiner. Runter in den ersten. Auch hier – nichts. Erdgeschoss – nichts.

Keller... vorne in der Ecke der Schulküche hörte ich etwas rascheln. So, jetzt bist du erledigt. Ich schlich nach vorne, das nächstbeste Werkzeug in der Hand um einen Einbrecher erschlagen zu können ... Und wer sah mich da mit großen Augen an – „Hab ich’s mir doch gedacht! Was machst du hier?!?“ Es war wirklich Tina, die vorne unter der Tafel einen Stapel Papier liegen hatte. Und... oh nein, die schnappte ich mir gleich –eine Videokamera. „Was beabsichtigst du eigentlich mit deiner Spioniererei?“ Hehe, alleine war sie nicht mehr so mutig wie mit Jeany zusammen. Sie wagte es nicht einmal, mir die Kamera abzunehmen, aus der ich das Band nun herausnahm. Das würde daheim im Ofen landen. „Hast du sonst noch irgendwelches Filmmaterial? Fotos? Wenn ja, rück raus!“ Klein wie eine Maus gab sie mir noch fünf Fotos. Verflucht, die hatte uns am Flughafen gesehen. Das waren Fotos von Mandy, Orli und mir wie wir hinausrannten und eins vom Café... „Du warst im Café? Da hätten wir dich doch gesehen...“ – „Ganz versteckt hinter den Topfpflanzen, drum sind da auch ein paar Blätter im Weg. Jetzt hab ich euch!“ Feixte sie mich an. „Ja schon, doch wie willst du das beweisen ohne Beweise... ich glaube kaum dass dir das jemand abkaufen wird.“ – „Och, ich hab daheim auch noch ein paar Fotos...“ Dreckiges Miststück. „Was erhoffst du dir eigentlich für einen Vorteil aus der Sache? Mehr als die andern neidisch machen und mich in Erklärungsnot bringen springt für dich doch dabei nicht raus...“ Ein bisschen sah ich die eingerosteten Zahnräder in ihrem Hirn sich bewegen. Aber heraus brachte sie nichts. „Ich warne dich, wenn du auch nur ein Foto ans schwarze Brett hängst bring ich dich um. Dann erwartet dich ein Leben in der Hölle.“ Immer kleiner wurde sie, das gefiel mir. „Nein, ich hab die Fotos dabei, du kannst sie auch noch haben, aber tu mir nichts...“ Zugegeben, ich sah schon ein bisschen bedrohlich aus als Schatten mit einem Handbesen in der Hand... *lol* Sie gab mir noch drei Fotos, die uns in den wildesten Posen zeigten... erst jetzt merkte ich dass das Fotos aus einer Sofortbildkamera waren, denn diese Bilder waren vielleicht grade mal 10 Minuten alt und zeigten Orlando und mich oben an der Treppe... ich hatte doch gewusst dass ich was gesehen hatte. Das Ding musste Nachtmodus haben, denn Blitz hab ich keinen gesehen. „So, ich hoffe das ist alles und jetz bring ich dich zum Ausgang. Verschwinde hier und lass uns in Frieden! Oder was würdest du sagen wenn ich dir und deinem Macker hinterherspionieren würde??“ Tja da war sie still, denn das wollte sie mit Sicherheit auch nicht. Zögerlich stand sie auf und ging vor mir her Richtung Ausgang. Ich öffnete die Tür, sie ging raus und ich machte zu. Von außen bekam man die Tür nicht ohne Schlüssel auf. Aber den hatte sie in der Schulküche liegen lassen, dafür hatte ich gesorgt. Ich ging noch mal nach unten und nahm das Papier, die Fotos und den Schlüssel mit und gesellte mich wieder zu Jazzy und Orli.
 

„Und, wer war's?“ ich wedelte mit den Fotos vor Orlis Nase herum. „Tina das kleine Miststück, hat uns gestern doch gesehen. Ich hab ihr ein Videoband und acht Fotos abgeknöpft. Lustiger Anblick, sie kauerte da wie Gollum in seiner Höhle.“ Wir mussten lachen. „Du hast sie hoffentlich vor die Tür gesetzt...“ Bemerkte Jazzy während sie ein Bild zum Artikel hinzufügte. „Jap.“ Ich wedelte mit dem Schlüssel. „Den muss sie der Finkenberg geklaut haben.“ - „Unsre Finkenberg ja...“ – „Was lehrt die?“ Fragte Orli. „Die Finkenberg is unsere Sportlehrerin und lässt ihre Schlüssel immer herumliegen sodass jeder drankann und in einer unbemerkten Minute muss Tina wohl den Hauptschlüssel mitgehen lassen haben. Ja nicht schwierig für eine Meisterdiebin – sie is unten im Drogeriemarkt schon einmal beim Klauen erwischt worden und hat Hausverbot bekommen...“ – „Hola, nicht schlecht. Na ja, wenn man so dumm ist...“ – „So, fertig, jetzt kannst du das Prachtstück bewundern.“ Jazzy drehte den Monitor zu uns herüber und wir konnten einen fix und fertigen Artikel bestaunen. „Okay, der kann so raus, du hast mein Okay.“ – „Danke. Und, was fangen wir jetzt mit dem angebrochenen Abend an?“ Fragte Jazzy, nachdem sie den Artikel abgespeichert hatte. Orli und ich sahen uns an – wir hätten da schon was gewusst, aber das wäre für Jazzy nicht sonderlich amüsant gewesen. „Wie wär's wenn wir noch in die Disko gehen?“ Mir klappte die Kinnlade herunter, war die wahnsinnig?? „Bist du bekloppt?? Da erkennt Orlando doch jeder!!“ Doch Jazzy grinste schelmisch. „Ich hab noch ein paar Sachen vom Fasching über, die Haare kriegen meine auswaschbare grüne Farbe und auch ein bissel lila wenn du magst – geht nach einer Wäsche wieder raus – Ich hab noch blaue Kontaktlinsen... so erkennt dich keiner. Die werden dich höchstens mal bedrängen dass du ihm ähnlich siehst.... äh dir...“ Wir lachten. Keine schlechte Idee. Aber es würde dennoch auffallen dass ich plötzlich einen Freund hatte, der wie Orlando Bloom aussah... Hmm. Denn in die Disko die Jazzy meinte gingen viele von unsrer Schule. „Oder, wenn dir das zu gefährlich is fahren wir mal eben raus aufs Land, da is heut ein Zeltfest mit Coverband, da isses nicht so voll und dich kennt keine alte Sau.“ Stimmt, draußen am Stadtrand war heute Schützenfest. Ich zuckte mit den Schultern. „Irgendwas müsst ihr verkleidungstechnisch aber trotzdem machen, so können wir ihn nicht gehen lassen. Ich okay, aber da draußen gibt’s sicher auch ein paar Fluch der Karibik – Fans...“ Jazzy winkte ab. „Mach dir da mal nicht in die Hose, das kriegen wir schon hin.“ Und sperrte die Tür hinter sich zu. Draußen war es inzwischen stockfinster und 20 Uhr. Wir hatten drei Stunden in diesem alten muffigen Schulgebäude verbracht, in das ich normal nicht freiwillig ging.
 

Zu Hause bei Jazzy ging es an Orlis Generalüberholung... oh man ich werd diesen Anblick nie vergessen, er sah aus wie ein schwuler Clown. Ich konnte den ganzen Abend nicht mehr aufhören zu lachen. Sehr zu Orlis Leid, denn wir konnten uns nicht mal küssen ohne dass ich aufhören konnte zu lachen. Ich musste mich tausendmal entschuldigen... Erkannt hatte ihn zum Glück niemand. Na gut.... einen Orlando mit halb grünen und halb lila Haaren erwartet auch niemand. Und ohne Bärtchen sah er aus wie ein Bubi. Jetzt musste ich wieder warten bis der nachgewachsen war... :o( Aber so konnten wir uns ein bisschen freier in der Umgebung bewegen, denn ohne Bart kannte ihn kaum jemand. Eigentlich niemand. Und so kam es dass wir den Sonntag im Tierpark verbrachten. Natürlich hatten wir uns wieder mal den besten Tag ausgesucht, denn es war gesteckt voll. Wie logisch dass alle Familien Sonntags in den Zoo mussten... Orlis Haare waren inzwischen feuerrot, Jazzy hatte ihm noch was von ihrer Paste mitgegeben und irgendwie schien er’s lustig zu finden, die Haarfarbe zu wechseln wie andere Leute die Unterhosen... hoffentlich blieb das nicht so. Ich hoffte es wirklich! Ich hab ganz vergessen zu erwähnen dass wir uns zu Hause erst mal eine Farbschlacht geliefert hatten, die man mir deutlich ansah, ich hatte nämlich lauter rote Flecken in meinen Haaren. Zum waschen war keine Zeit mehr gewesen und so musste ich jetzt wohl damit leben...
 

Um Mittag setzten wir uns am Elefantengehege auf eine Parkbank, die dort stand und aßen genüsslich ein Eis. Natürlich nur wie verliebte das tun... Ein Eis für zwei. Und ab und zu schleckten wir ein bisschen zu weit und küssten uns dann so lange dass das Eis schon zu tropfen anfing... war das schön wenn ihn mal niemand erkannte. Selige Ruhe. Nachher gingen wir weiter zu den Raubtieren. Orli hatte doch glatt seine Digicam dabei... hatte ich gar nicht gesehen als er vor zwei Tagen seinen Koffer ausgepackt hatte. Wir wollten uns die Fotos dann zu Hause ansehen und vielleicht ein paar ausdrucken. Auch mich musste er knipsen vor dem Raubtiergehege als ein großer Löwe direkt hinter mir stand und bedrohlich das Maul aufriss... Und ich knipste Orli, war doch klar. Ich würde noch ewig über die roten Haare lachen müssen. Ich weiß nicht, ohne Bart piekste es zwar nicht so beim Küssen aber es war irgendwie nicht dasselbe... nicht dass es direkt piekste, aber da fehlte was. Na ja, in ein paar Tagen war der ja schon wieder nachgewachsen. Und so schön getrimmt wie eh und je. Aber die Haare... das sah schon frappierend aus... knallrote Haare wie eine Tomate und braune Augen, ich fand das passte überhaupt nicht, aber Orli fand es passend... hoffentlich machte er sie morgen nicht blau, denn blaue Farbe hatte er auch noch mitbekommen. Das würde noch schlimmer aussehen. Wir gingen rüber ins Tropenhaus zu den Schmetterlingen. Das war meine Lieblingsabteilung weil einem da immer die schönen bunten Falter um die Ohren flattern. Ich liebe Schmetterlinge, sowohl in Natura als auch in meinem Bauch... und grade setze sich einer voll auf meine Nase! „Stillhalten...“ Orli holte die Digicam heraus und versuchte, den Schmetterling auf meiner Nase abzulichten. Zu Hause würden wir erfahren ob das geklappt hatte, denn der Flattermann war sehr schnell wieder weggeflattert, als ich anfing, auf ihn zu schielen. Sogleich nahm ich Orli aber die Kamera ab, denn bei ihm hatte es sich ein Flatterer auf dem rechten Ohr bequem gemacht. „Wir riechen wohl wie Blumen, weil die sich bei uns so wohlfühlen...“ grinste ich. Orli duftete wirklich gut heute... natürlich nicht nach Blume! Ich hatte keine Ahnung was das für ein Wässerchen war, aber es roch verdammt gut... ich entfernte mich heute glaub ich nie weiter als zwanzig Zentimeter von ihm... Ich selber benutze fast nie Parfüm, nur zu besonderen Gelegenheiten. Schulfest, oder so was wie die Filmpremiere, da hatte ich meinen Lieblingsduft drauf. Meinen Glücksbringer könnte man so sagen. Und schon wieder setzte sich ein Schmetterling auf mich... „Komm lass uns abhauen, die werden langsam bedrohlich...“ lachte ich a la sich ein riesiger Falter mit großem Augenmuster auf meine Schulter setzte und zog Orlando weiter ins Vogelhaus. Da war alles mit Netzen abgesperrt und die konnten uns nicht gefährlich werden. „Wow schau mal, is der nicht schön?“ Orli deutete auf einen wunderschönen Paradiesvogel, der hinter uns im Baum saß. Digicam raus...
 

Irgendwann am Nachmittag saßen wir dann müde und erschöpft am Eingang und futterten eine Portion Pommes. Orlando hatte seine Speicherkarte vollbekommen und wollte so schnell wie möglich nach Hause um die Fotos zu begutachten. „Mensch jetz iss doch erst mal fertig...“ Ich aß eh schon den Großteil der Pommes damit er möglichst schnell weiterkam... brauchte sich aber nachher nicht beschweren wenn ich eine Wampe bekam!
 

Wir schnappten uns dann die Ubahn und fuhren wieder nach Hause, denn für heute waren wir wirklich fix und fertig von der vielen Rennerei. Obwohl Orli noch ein bisschen Power hatte, er hatte ja genug Kondition von den vielen Drehs... Er versuchte auch glatt noch, mich ins Bett zu kriegen, aber ich war so fertig, ich pfiff aus dem letzten Loch. So setzten wir uns ins Büro an den Computer und sahen uns die Fotos an. Eins war dabei, da waren wir alle zwei drauf, das hatte jemand Unbekanntes geschossen... „Am Besten find ich ja noch das hier... die hat dich wirklich nicht erkannt! Schon krass.“ – „Okay du musst bedenken, die is auch oberhalb meiner Altersgruppe und ich glaub kaum dass die auf mich stehen, siehst ja deine Mom, die steht auf Jack... äh Pardon, Johnny...“ – „Wieso, soll ich dich auch Will nennen?“ Grinste ich ihn an. „Mach wie du willst. Hihi, und das ausgerechnet vor dem Lamagehege...“ Stimmte, da steckte ein fieses Lama einfach den Kopf zwischen uns beide... aber lustig sah’s schon aus. „Du darfst keinem erzählen dass das Viech mich angespuckt hat...“ schmollte Orli und wischte sich noch mal den Ärmel, auf dem immer noch ein Fleck zu sehen war. Stimmt, das Lama hatte ihn angespuckt nachdem er es am Kinn gekrault hatte... warum weiß ich bis heute nicht, ich würde schnurren wie ein Kätzchen wenn er das täte... und merkte gar nicht wie ich wieder in seinen Armen landete... was solls, ich seufzte und ließ mich einfach sinken. Und irgendwie checkte ich's immer noch nicht dass das da wirklich Orlando war und nicht irgendein Verschnitt.... auch wenn er jetzt aussah wie Pumuckl. „Und nachher schmeißt du dich bitte ganz schnell untern Wasserhahn, ich will dich wieder in voller Schönheit bewundern...“ Meinte ich dann zu ihm. Du aber auch, du hast auch rote Flecken.. oje, steck mich bitte nicht an!!“ Er machte mit den Fingern ein Kreuzzeichen vor mir und wir mussten lachen.
 

Nachher gingen wir dann rauf ins Bad um uns die Farbe vom Kopf zu waschen... na ja, dabei blieb es aber nicht, wir waren ja ganz verschwitzt vom Zoobesuch, und so landeten wir unter der Dusche...
 

Frisch gewaschen und gut duftend fanden wir uns dann in der Küche wieder. Meine Mom saß vor der Glotze und sah ihre sonntägliche Serie, ich schob uns eine Pizza in den Ofen. Ich fasste in meine Hosentasche, hatte ich ja ganz vergessen, das Band von gestern... Ich hielt es Orli vor die Nase. „Und was machen wir damit?“ Fragte ich ihn. „Nicht wegschmeißen... das sind Erinnerungen!“ Grinste er schelmisch. Ja klar, das wollte er dann zu Hause vorführen und allen seinen Triumph zeigen. „Das bleibt aber schön bei mir, nicht dass du zu Hause damit rumprahlst dass du schon wieder einen Fan umgenietet hast.“ sagte ich und streckte ihm zum Spaß die Zunge raus. „Du weißt dass du nicht irgendein Fan bist...“ – „Doch, nur einer mit viel Glück.“ – „Stimmt nicht.“ – „Ach komm, mach mir nix vor, du stehst doch auf blond.“ Das konnte er nicht verleugnen, seine letzten beiden Damen waren blond gewesen, Kate und Kirsten. „Nicht ausschließlich, die letzten beiden Male waren völliger Zufall... wenn du sie siehst muss es einfach peng machen...und dann isses ziemlich egal ob blond oder schwarz.“ Ich sah ihm tief in die Augen. „So wie im Kino.. ich hab dich gesehen und vorbei war’s... ich war vorher eigentlich gar nicht richtig in dich verknallt, aber da hat dann der Blitz eingeschlagen...“ Ich erntete wieder dieses zufriedene Grinsen von seiner Seite. Männer, tss. Nur glücklich wenn sie mal wieder auf der ganzen Linie erfolg hatten. Ich bin sicher mit einer seiner Exen ist er bestimmt nicht so oft in der Horizontalen gelandet wie mit mir die letzten drei Tage. Die Pizza war fertig und ich holte sie mit meinen selbstgestrickten Topfhandschuhen aus dem Ofen.
 

Nach dem Essen gesellten wir uns zu meiner Mom vor den Fernseher, ich natürlich als Puffer zwischen Mom und Orli, man wusste ja nie was passieren konnte. Meine Mom kannte ich inzwischen gut genug um zu wissen dass sie ihn mit Sicherheit begrapscht hätte. Und Orli hätte ihr eins auf die Finger gegeben *grins* Aber Mom schielte schon immer wieder zu ihm hinüber... und ich funkelte sie an, worauf sie ihren Blick wieder abwendete. Tss. Wieso konnte ich keine Mutter haben, die nichts an solchen Kerlen fand und zum Beispiel auf Dieter Bohlen stand? Das hätt ich noch eher verstanden... *g*
 

Unten wurde es uns aber irgendwann zu langweilig. Also ging es wieder hoch zu mir ins Zimmer, aber da wurden wir auch nicht alt. Irgendwas musste noch passieren heute, sonst würden wir hier vor Langeweile sterben. „Hey, was hältst du davon wenn wir uns nen Film reinziehen? Den Weg zum Kino kennst du ja schon.“ Orlando sah mich schief an. „Das schon, aber heute hab ich mein Auto nicht dabei.“ – „Na dann fahren wir halt mit der Ubahn.“ Beschloss ich. Im Kino war’s dunkel und so erkannte ihn wenigstens keiner. Um die Zeit waren eh alle müde und unaufmerksam, sodass sich sicher keiner mehr für Orli interessieren würde und die braven Mädchen die sonst immer hinter ihm her waren lagen jetzt schon im Bett. „Nimm doch mein Hilfiger – Käppi, mit dem erkennt dich keiner weil du immer nur deine Army – Mütze auf hast. Und mit Drei-Tage-Bart kennt dich eh keiner. Also. Was sehn wir uns an?“ Ich reicht ihm die Kinozeitschrift mit dem Programm für die nächsten drei Wochen. „Die fertige Kinofassung? Oh bitte, welcher Schauspieler ist schon erpicht darauf sich selbst auf der Leinwand bewundern zu können?? Beziehungsweise wer sieht sich seine eigenen Filme an??“ Er hatte auf Fluch der Karibik gedeutet. „Irgendwas was nicht allzu lang dauert, denn morgen hab ich wieder Schule! Was machst du eigentlich so lang??“ Jetzt fiel es mir erst wieder ein, ich musste ja morgen wieder zur Schule und Orli würde eine Zeitlang alleine sein... „Och, ich geh shoppen.“ Grinste der. Männer und shoppen, hatte ich was verpasst?? „Gucci, Prada...“ Fing ich an, aufzuzählen, weil ich sicher war dass er nur in Designergeschäften kaufte. „Nur wenn ich mal zu viel Geld hab.“ Grinste Orli. „Sonst kauf ich auch wie jeder normale Mensch da ein wo alle hingehen.“ Ich drückte ihn ganz fest. „Schön dass du so bodenständig bist. Und kein abgehobener Schnösel dem das Geld zu Kopf gestiegen ist...“ Er seufzte. „Ja leider, solche gibt’s auch. Oder der hier...“ Er deutete auf Ice Age 3. „Oh bitte, das is ein Kinderfilm. Weißt was, wir gehn da jetz einfach hin und suchen uns den erstbesten Film aus der uns vor die Nase kommt.“ Und so machten wir es dann auch und landeten im allerneuesten Horrorfilm. Aber das machte nichts, denn ich konnte mich ja in Orlis Arme verkriechen wenn’s mir zu schrecklich wurde. Ich weiß gar nicht wie oft wir uns geküsst haben während des Films, aber es war sicher oft. Und immer hielt er mich in seinen Armen... oh ich hätte dahinschmelzen können...

Schade dass der Streifen um zehn zu Ende war, ich hätte lieber noch ein paar Stunden so da gehangen... aber ich musste nach Hause und ab in die Federn, denn morgen musste ich um halb sieben schon wieder raus. Aber die Nacht war ja umso schöner, denn ich hatte ja noch jemanden bei mir. Da konnte man so richtig schön seelenruhig einschlafen und man wusste, dass da jemand war der dich vor allen bösen Geistern bewahrt ;o)
 

Am nächsten Morgen weckte mich nicht der Wecker... ich merkte nur dass irgendwelche Hände sich an mir zu schaffen machten und genoss es... Ich drehte mich um und küsste Orli erst mal. „So will ich immer geweckt werden...“ hauchte ich, denn zu mehr war ich momentan nicht in der Lage, er hatte mich schon wieder völlig aus der Puste gebracht und das am frühen Morgen! Ich sah vorsichtshalber auf den Wecker und stellte fest, es war grade mal sechs Uhr... Ich sah Orli ein bisschen beleidigt an, wieso hatte er mich so früh geweckt. Ich gähnte erst mal herzhaft und drehte mich dann wieder um, um weiterzuschlafen. Doch daraus wurde nichts, er konnte schon wieder die Finger nicht von mir lassen... „Komm, bitte nicht schon am frühen Morgen, ich will noch eine halbe Stunde schlafen bitte.“ Doch er ließ es nicht und wenn ich auch noch so fertig war von gestern, mir jeder Knochen weh tat vom Gehen, ich konnte nicht widerstehen, fragt mich jetzt bitte nicht warum, aber ich machte trotzdem mit...
 

„Na toll, wegen dir muss ich jetzt noch duschen, das wird verdammt knapp.“ Grinste ich Orli an und zog meinen Morgenmantel an. Sich am frühen Morgen vernaschen lassen hatte was... was Aufweckendes. Ich verschwand unter der Dusche. Orli lehnte grinsend in der Ecke, immer noch zugedeckt. Oh ich hätte stundenlang da sitzen und ihn einfach nur betrachten können.. so schön zerzaust und sexy... wie eins dieser Kalendermodels.

Während ich mir drinnen die Zähne putzte, hörte ich draußen einen Gürtel klappern, Orli zog sich wohl auch an. Na ja, wenn es nach dem Badwecker ging war es jetzt kurz vor sieben, ich hatte also noch eine gute halbe Stunde, um zu frühstücken. Ich ging wieder hinaus. „Wieso stehst du eigentlich schon auf, um sieben hat noch kein Geschäft offen... schlaf doch noch eine Runde, du musst doch fertig sein von gestern und eben...“ Na gut, angezogen war gelogen, er hatte nur seine Hose an, sonst nichts. Ich musste mich beeilen, nach unten zu kommen, sonst wär ich womöglich noch mal über ihn hergefallen und damit zu spät zur Schule gekommen. „Zieh dir bitte was drüber bevor du runtergehst, sonst komm ich zu spät zur Schule...“ rief ich hoch. Ich konnte sehen wie Orli eine beleidigte Schnute zog und sich ein Hemd aus seinem Koffer schnappte. Dann kam auch er nach unten.
 

„Du, deine Klamotten kannst bei uns in die Wäsche schmeißen wenn du willst.“ Er hatte inzwischen schon einen ganz schönen Stapel da liegen, ich fragte mich wirklich was für eine ostasiatische Falttechnik er verwendete um so viel Wäsche in einen nicht gerade großen Koffer zu kriegen. „Gut dass du’s sagst, ich hab nämlich nur noch ein Hemd... wir ham ja mächtigen Verschleiß die letzten Tage...“ Grinste er. Das stimmte, ein Hemd war voller roter Farbe, drei oder so völlig verschwitzt und der Rest war normale Wäsche. Ging ganz schön rund, dafür dass er erst seit Freitag da war...

Diesmal dauerte es ein bisschen, bis ich aus dem Haus gehen konnte, denn Orli durfte nicht mit an die Bushaltestelle, das hätte Probleme gegeben, also küssten wir uns noch ewig lange in der Küche. „Hey, ich hau doch nicht wieder ab, es is doch nur ein Tag Schule! Wie soll das denn morgen weitergehen...“ Lachte er, weil ich mich einfach nicht von ihm trennen wollte. Aber nur diese paar Stunden könnten reichen um mich um den Verstand zu bringen vor Sehnsucht nach ihm. „Schick mir zwischendurch mal eine sms, ich will wissen dass du noch da bist und lass dich nicht enttarnen, ja?“ Bläute ich ihm ein, während er am Küchentisch saß, Zeitung las und nicht aufhören konnte zu grinsen. Ich küsste ihn noch einmal um seinen Kaffeegeschmack mit in den Bus zu nehmen und den ganzen Tag daran zu zehren... dann musste ich leider gehen.
 

„... weißt du, was wir heute aufhatten?“ Mandy drehte sich um und sah mich ein bisschen verblüfft an. „Schon da?“ Ich setzte mich grinsend hin. „Grade so geschafft, hätte mich fast festgenagelt...“ Mandy grinste ebenfalls. „Verstehe.“ – „Der Abschied fiel wirklich schwer... was so ein paar Stunden doch ausmachen... Gott ich glaub’s immer noch nicht. Das kommt mir vor wie ein viel zu schöner Traum aus dem ich gleich aufwache.“ Mandy seufzte und senkte den Blick. „Wenn du mal einen abkriegst erwischst du immer die Guten...“ Ich zog eine Schnute, eine nachdenkliche. „Ich weiß nicht, ich zieh solche Leute halt an...“ wir mussten lachen. „Ach, hab ich dir eigentlich schon erzählt, dass wir vorgestern noch eben hier waren und das Interview ausgewertet haben? Jazzy hat uns rausgeschickt weil sie sich nicht konzentrieren konnte, und da hab ich jemanden durchs Gebäude huschen sehen... rate mal wer’s war.“ – „Jetz nicht dein Ernst...“ Ich hatte mit dem Kopf nach vorne zu unsrer Barbie gezeigt, die mich seit dem Vorfall am Samstag nicht mehr ansah. „Ich hab ihr acht Fotos und ein Videoband abgeknöpft... was glaubst du was für ein Tumult hier an der Schule herrschen würde wenn die die Fotos ans schwarze Brett gehängt hätte... Und mündlich wird sie’s sich sicher nicht trauen zu verbreiten, wenn sie keine Beweise hat...“ ich rieb mir schadenfroh die Hände aneinander. Mandy freute sich auch über meinen Triumph. Morgen würde eh die Schülerzeitung rauskommen, denn nur noch das Interview hatte gefehlt. Dann konnten uns alle bewundern wie wir da so freudestrahlend Arm in Arm mit Orlando standen... und dieses hammerscharfe Foto das wir am Samstag noch geschossen hatten.. ich glaub das werden sich bestimmt einige ausschneiden und an die Wand hängen... ich werd’s mir auch aufheben. *g* Ich sah noch mal nach vorne zu unsren Barbies.. irgendwas war da im Gange. Die tuschelten schon die ganze Zeit. Na ja, sicher würde sie allen erzählen dass ich mir ihren Lieblingsschnuckel geangelt hatte... selber schuld wenn man blond und doof war, hehe. Aber Orli wär es bei ihr sicher nicht grade gut ergangen, die hätte ihn wahrscheinlich ausgestopft und in ihr Bett gelegt... armer Orlando. Doch was war das? Jazzy kam herein, zusammen mit einigen Ausgaben der neuen Schülerzeitung... Hä? Sie kam zu uns nach hinten.

„Hey ihr zwei, ich hab euch schon mal eine Zeitungsausgabe besorgt, die Hälfte is schon fertig. Bitteschön...“ sie legte Mandy und mir je ein Exemplar vor die Nase. Von außen sah sie ziemlich harmlos aus. Ich suchte sofort die Seite mit dem Interview mit Orli. Oh man, das Bild war umwerfend! Wie schön, dass unsere Schülerzeitung in Farbe war und wenigstens hier nicht gespart wurde. Ich umarmte Jazzy vor Freude. „Super gemacht, das haut sie alle aus den Latschen, die werden gelb vor Neid.“ Ich musste grade dran denken wie Orli gesagt hatte dass Gelb ihm gefällt... *g* Solche Sätze fallen einem immer in solchen Situationen ein. Die Zeitung würde ich ihm gleich zeigen zu Hause. „Und niemand wird etwas herausfinden, du wirst allerhöchstens noch ein paar Fragen zur Person beantworten müssen vermute ich mal... Mandy und ich auch, denn wir drei haben ihn ja getroffen.“ Jap, das war richtig. Gerade in dem Moment piepte mein Handy, das war sicher Orli. Hey Süße... bin grade im Olympia – Einkaufszentrum... Wahnsinn *grins* Bisher hat mich nur eine erkannt, Foto gemacht, Autogramm, die übliche Routine halt. Hoff du lebst noch? *Kuss* Orlando... „Mmh, was für ein Mann...“ seufzte ich. Jazzy zeigte mir ein zustimmendes grinsen, sie hatte ihn ja am Samstag auch in privat erleben dürfen. Aber dass er mit der Ubahn bis ins Olympiazentrum gefunden hatte wunderte mich schon ein bisschen. Na ja gut, er hatte wahrscheinlich die Ubahn genommen und war bis zum Ende gefahren... so konnte man das eigentlich gar nicht verfehlen. Machte ich auch immer so, wenn mir langweilig war, ich setzte mich in die nächste Ubahn und fuhr einmal bis zum Ende, stieg um und tingelte ein bisschen durch den Untergrund... es is wirklich wahnsinnig interessant was da für Leute rumrennen, einfach mal in der Ubahn sitzen bleiben und Leute beobachten, echt! Ich sah von meiner sms auf und schrieb zurück. Hey... noch bin ich am Leben doch jede Sekunde sterbe ich mehr ohne dich... oje, hoff sie is dir nicht zu nahe gekommen? *grins + Kuss* Marie Zack – weg war das Ding. Ich wendete mich wieder unserem Artikel zu, der inzwischen schon in der Klasse die Runde gemacht hatte und über den nun alle aufgeregt tuschelten. Niemand hatte von unsrem Ausflug gewusst... Mich wunderte ja, dass sie selbst dann nicht stutzig wurden als am Freitag unser oberfieser Mathelehrer mich aufgeweckt hatte...Da hatte er ja was von Kino gesagt. Dumm warn die Leute halt. Von vorne hörte ich nun Sachen wie man das ist gemein, wieso ham sie uns nichts gesagt und oh ich würde sterben... die alte Leier halt. Insgeheim freute ich mich wie ein Schnürsenkel dass ich den andren ein Schnippchen geschlagen und mir den begehrtesten Typ Hollywoods geangelt hatte... was heißt ich ihn, er mich... Ich konnte nur hoffen, dass er nicht doch noch auf die Idee kam, hier an der Schule aufzutauchen und ein riesiges Tohuwabohu zu veranstalten... Nein, so doof war er nicht. Und die nervigen Fragen würden wohl auch bald kommen, Jeany und Caz sahen schon in unsere Richtung.

Doch ehe sie aufstehen konnten, um mich zu nerven, betrat unser allseits beliebter, - weil viel netter als der Mathelehrer – Englischlehrer unser Klassenzimmer. Ab jetzt wollte ich mich besonders anstrengen, um mich später mal bei Orli daheim verständigen zu können, er kam ja schließlich von der Insel und die weigerten sich ja, Deutsch zu sprechen. Jedenfalls soweit ich das gehört hatte. Ein tief dröhnendes „Good Morning, Class!“ Dröhnte durch den Raum. Brav antworteten wir natürlich. „Good Morning, Mr Schnabel!“ Den Namen fand ich irgendwie lustig. Er hatte so einen bisschen schwulen Touch, drum nannten wir ihn auch öfter mal Schnabeltässchen und lachten uns dann kaputt darüber. Der fand das natürlich gar nicht lustig, ich hatte schon mal nachsitzen aufgebrummt gekriegt wegen so ner Sache. Da merkte ich, dass irgendjemand meine Schülerzeitung hochhob. „Ah was haben wir denn da... ihr wart auf der Filmpremiere? Und, habt ihr eure Englischkenntnisse anwenden können?“ Ich sah betreten zu Boden. Hatte der ne Ahnung. „Ging so...“ Na ja, bei meinen bisherigen Noten brauchte das auch keinen wundern. Ich schrieb bis jetzt immer nur vieren in Englisch. „Und wie habt ihr ihm das Interview dann schmackhaft machen können? Ich nehme mal an, Jazzy hat das für euch übersetzt.“ Jazzy war eine Klasse höher als ich und konnte viel besser Englisch als meine Wenigkeit. „Zu unsrer Verblüffung brauchten wir die Übersetzung gar nicht...“ Schnäbelchen sah mich schief an. „Wie.“ – „Er konnte genauso gut Deutsch wie Johnny Depp... und es is ja allseits bekannt dass der unsre Landessprache spricht.“ (Anm.d.A.: Erste Anmerkung – mal angenommen, Orli spricht auch Deutsch so wie Johnny - „Ich habe viiiiiiiele Flöhe“ - Depp...) Das war gerade ein sehr persönliches Er gewesen und so sahen mich alle in der Klasse ein bisschen seltsam an. Und konnte war ja gelogen, er kann’s ja immer noch. „So... na ja dann. Schade, wär eine gute Übung gewesen.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Tja, Pech.“ Und grinste hämisch. Ich durfte ja nicht zu viel ausplaudern, sonst würden sie sich auf mich stürzen wie ein Rudel Wölfe auf einen toten Hirsch... aber Schnäbelchen ging nicht weiter auf das Thema ein sondern fuhr mit dem Stoff von letztem mal fort. Erleichtert atmete ich auf.
 

Nach der Mittagspause hatten wir Sport. Bei der blöden Finkenberg. Was heißt blöd nicht im allgemeinen, aber schusselig. Ich mochte sie trotzdem nicht. So ein langnäsiges Gesicht... Ihr wisst schon, wie die Bürodame an der Ballettschule wenn ihr Flashdance gesehen habt. So ähnlich sah sie aus. Und jedes mal hatte sie ihre schrecklichen rosa Turnklamotten an. Wusch sie die denn niemals?? Wir hatten letztes Mal damit begonnen, eine Choreographie einzustudieren zu irgend nem Lied das ich nicht kannte. Ich mochte zwar tanzen, aber ich hatte keinen Bock mir eine vorher festgelegte Schrittfolge zu merken. So tat ich halt die ganze Zeit als könnte ich es... bis ich eines besseren belehrt wurde und über meine eigenen Füße stolperte. Klasse. Finkie ging einen Kühlbeutel holen, weil es ziemlich weh tat und geschwollen war. Ich war beim Ausfallschritt nach rechts umgeknickt und auch noch blöd nach links gedreht. Musste ich wohl zum Onkel Doc damit. Das rosa Moorhuhn kam mit dem Kühlbeutel zurück und gab ihn mir in die Hand. Das tat gut, die Schmerzen wurden etwas besser. Natürlich durfte ich jetzt nicht mehr mitmachen und so klaffte zwischen Conny und Mandy ein großes Loch in der Blockaufstellung.
 

Nach der Sportstunde gingen wir eben rüber ins Lehrerzimmer, wo man mir einen Verband mit Kühlsalbe anlegte. Orlando würde schauen wenn ich mit dem Fuß heimkam... ja genau, wie wollte ich eigentlich heimkommen. Ohne Stütze konnte ich nicht gehen. Mandy und Conny hatten mich auf meinem Bisherigen Weg links und rechts abgestützt und ich musste nur mit dem linken Bein auftreten. Und meine Mom würde auch erst mal einen Herzinfarkt bekommen und sich wieder zu Tode sorgen. dann läge ich wieder zwei Wochen auf dem Sofa vor dem Fernseher mit einem Milchshake in der Hand und zugedeckt wie eine Grippekranke.
 

„ Mom!! Es ist doch bloß mein Knöchel!!“ Fuhr ich sie nun schon zum fünften Mal an, sie konnte es einfach nicht lassen, mich zu ummuttern. Grauenhaft. Schlimm genug, dass Orli nun nicht mehr von meiner Seite wich – was ich aber durchaus angenehm fand – aber nun auch noch meine Mom?? Na ja, aber wenn’s nach dem Ich-war-zuerst-hier – Prinzip gehen würde hätte meine Mom leider Vorrang. Irgendwann gelang es mir dann, sie wegzuscheuchen.

Und Orli... der dachte gar nicht daran, abzuhauen. Nicht so wie meine letzten, die einen einfach im Stich ließen wenn man krank wurde – nein, er umsorgte mich so liebevoll ... ich glaub wir hingen wirklich den halben Tag nur küssend in der Ecke. Sehr angenehm. Da schmerzte mein Fuß gleich auch nicht mehr. Nach der Schule waren wir noch eben beim Doktor gewesen, der eine Bänderzerrung festgestellt und mir sofort einen Gips verpasst hatte. Super, nun durfte ich morgen mit Klotz am Bein zur Schule gehen. Aber wenigstens konnte ich so vorerst mal nicht am Sportunterricht teilnehmen, das fand ich klasse. „Hey, nicht hier, Mom könnte uns beobachten...“ Ich schubste Orli sanft weg, der versucht hatte, mir meinen Pulli hochzuziehen. Und mit dem Gips war das eh ein bisschen schwierig, na ja, wenn ich ihn hochlegte ging’s vielleicht. Aber die Hose auskriegen war eine Katastrophe. Er kuschelte sich an mich und wir wandten uns wieder dem TV zu.
 

Eine gute halbe Stunde später klingelte es an der Tür. Nanu, wer konnte das denn sein... „Mom, machst du mal auf?? Ich bin ja verhindert wie du weißt...“ Rief ich aus dem Wohnzimmer nach vorne. „Is okay Schatz!“ Kam es zurück. Ich hörte wie sie die Haustüre öffnete. Mädchenstimmen... oh nein, hatte etwa jemand herausgefunden, dass Orli hier war?? Panik ergriff mich, verflog aber sogleich wieder, als Jazzy und Mandy durch den Türbogen ins Wohnzimmer kamen. „Na unsrer Patientin geht’s ja blendend...“ Lachte Jazzy, als sie Orli und mich da so in der Ecke lehnen sah. Es musste wirklich so ausgesehen haben als könnte man uns nur mit dem Schuhlöffel oder Brecheisen da wieder aus der Ecke kriegen, so eingequetscht waren wir. „Hey ihr zwei, schön dass ihr vorbeischaut!“ Begrüßte ich meine beiden besten Freundinnen und bot ihnen einen Sitzplatz an. „Hier, was Süßes für unsre beiden Süßen, damit du mir nicht vom Fleisch fällst während du hier rumliegst und dir nix zu futtern holen kannst...“ Sagte Jazzy und gab mir eine große Schachtel Pralinen. Ich umarmte sie so gut ich es konnte. „Wie lieb von euch, danke! Damit wird er mich wahrscheinlich nachher gleich voll stopfen...“ Grinste ich zu Orli herüber. Der grinste nur schelmisch zurück. „Und, was habt ihr noch so getrieben heut?“ Fragte Mandy und legte ihre Jacke auf den Stuhl neben ihr. „Nix großartiges, Fern gesehen... die üblichen Dinge halt..“ Ich kniff die Lippen zusammen, was die beiden verstehen ließ. „Besser als Schmerztabletten.“ Grinste ich. „Solltet euch auch einen zulegen, wenn euch mal was wehtut.“ – „Ja komisch, dass er bei dir bleibt, die meisten Typen die ich kenn, die machen dann einen auf Was, du bist doch nicht krank, mit einem Bein kannst du doch gehen! und lassen dich allein... aber wenn sie selbst mal krank sind geht das große Gejammer los. Also ich muss echt sagen, Orli das find ich klasse von dir.“ Er wurde ein bisschen rot. „Is doch selbstverständlich, ich will doch auch nicht allein gelassen werden wenn ich krank bin. Was du nicht willst...“ Der olle Spruch, jetzt kam er auch noch damit daher. Ich knuffte ihm in die Seite. „Für solche Sachen lieb ich dich. Ein echter Mann, keiner dieser ekelhaften Machos.“ Wir mussten lachen. Tja, das sind beste Freundinnen, die besuchen dich wenn du dir den Fuß gezerrt hast sogar zu Hause, auch wenn du am nächsten Tag wieder zur Schule sollst... „Willst du morgen wirklich mit dem Bus fahren, mit deinem Fuß?“ Fragte mich Jazzy. Ich zuckte mit den Schultern. „Wieso nicht, das krieg ich schon hin, halbe Stunde eher aufstehen und es funzt.“ – „Ich könnt auch vorbeikommen und dich mitnehmen wenn du magst.“ Bot sie mir dann an. Jazzy fuhr ja inzwischen selbst zur Schule mit ihrem Golf. „Nur wenn’s dir keine Umstände macht, sonst nehm ich natürlich den Bus.“ Antwortete ich dann. Lieb von ihr, wirklich, ich fand die Idee nett! Sie freute sich. „Super! Dann morgen um halb acht vor deiner Haustür.“ – „So spät? Is morgens net immer unheimlich viel los auf der Straße?“ – „Ich kenn inzwischen ein paar Abkürzungen und kann die Hauptverkehrszonen umgehen... brauch immer nur zwanzig Minuten zur Schule.“ Cool. Was den Verkehr anging hatte Jazzy den vollen Durchblick. Orli durchbrach meine Gedanken, weil er mich zu sich hin zog... und ich muss immer noch aufpassen dass ich nicht in Ohnmacht falle wenn er mich anfasst... das ist einfach noch zu unglaublich um wahr zu sein. Jetzt kenn ich ihn grade mal ... was war's... Donnerstag und heut war Montag. Fünf Tage. Schon komisch, ich muss immer wieder grinsen wenn ich daran denke. Der geilste Typ Hollywoods befindet sich mitten in München unter einem Haufen Teenager und keiner weiß es. „Hey, nicht so stürmisch! Ich muss immer noch aufpassen dass mein Kreislauf nicht absackt...“ Grinste ich Orli an. „Hast du deine Ohnmachtsanfälle immer noch nicht unter Kontrolle?“ Grinste mich Jazzy an. „Inzwischen geht’s aber momentan isses wieder schlimm weil ich mich jeden Tag mehr in ihn verknalle...“ Ich sah zu Orli hinauf, der ein bisschen über mir saß. Der schenkte mir ein zärtliches Lächeln. Wir küssten uns. „Wie süüüß!“ Entfuhr es Jazzy. Ich musste grinsen. Insgeheim war ich ja unheimlich stolz auf meinen Fang. Fast schon überheblich könnte man sagen, ich hatte wirklich Mühe das zu verbergen, nicht arrogant zu wirken weil ich nun was Besseres ergattert hatte als jeder Ottonormal – Bürger sich erträumen hätte können. He. Und schadenfroh war ich ja gar nicht *g* Da saßen nun unsre ganzen Tussis an der Schule und glotzen ihr Schülerzeitungs – Foto an während ich das Original in Händen hielt. „Schade, wir können dich ja nicht fragen ob du mit uns ein Eis essen gehst...“ weckte mich Mandy wieder aus meinen Gedanken. „Wieso, ich kann ja aufstehen, hab doch meine Krücken.“ War eine gute Idee, ich wollte eh irgendwie raus hier. Und abends noch schön ein Eis essen, das war's jetzt. Die nächste Eisdiele war vielleicht hundert Meter die Straße runter. Und die würd ich doch wohl schaffen. „Und er hier?“ Ich deutete auf Orli. „Verkleiden. Um die Zeit sind eh nur noch Leute unterwegs die ihn nicht kennen... Ali und Co weißt scho...“ Ich musste grinsen. Hier in der Umgebung wohnten ziemlich viele Ausländer und ich war eigentlich froh drüber, denn die interessierten sich nicht für Orli. Und die hingen abends immer unten an der Eisdiele ab.... ich hatte da zwar keine so große Lust drauf, aber Hunger auf ein Eis. Plötzlich wurde ich hochgehoben. „Hey, ich kann selber gehen!“ Lachte ich zu Orli, der tatsächlich meinte, er könnte mich ja eben runtertragen. „Na ja dann nimmt halt eine von euch die Krücken mit, ich trag sie jetz die hundert Meter.“ Grinste er und ließ mich nicht runter. Und wenn ich ganz ehrlich bin, ich wollte auch gar nicht runter. Dieser sanfte Griff, als hätte er dreißig Schachteln mit rohen Eiern im Arm... einfach klasse. Und immer darauf bedacht, dass mein Fuß nirgends anstieß. Dabei tat es gar nicht so weh wenn ich irgendwo gegen kam, nur wenn ich auftrat.

Auf einem Barhocker an einem großen runden Tisch setzte er mich wieder ab. Ich küsste ihn. „Also, was wollt ihr, wir laden euch ein.“ Jazzy gab mir die Eiskarte. „Einen großen gemeinsamen?“ fragte ich Orli. Wir würden uns wieder gegenseitig füttern, so wie im Zoo. „Vanille mit heißen Himbeeren?“ Fragte er mich. Ja, da hatte ich jetzt nix dagegen. Obwohl mir ja schon heiß genug war wegen ihm. Ich nickte und gab Mandy die Karte. „Ich nehm ein gemischtes.“ Sie reichte die Karte an Jazzy weiter. „Für mich auch, aber mit viiiiiiiel Sahne!“ Jazzy war absoluter Sahne – Fan. Wir hatten das zu Hause schon mal gemacht, jeder hatte ein gemischtes Eis gekriegt, das war auf meiner letzten Geburtstagsfeier gewesen, und Jazzy nur eine Kugel und den Rest der Schüssel mit Sahne aufgefüllt. Danach war ihr schlecht und wir haben sie eine halbe Stunde lang nicht mehr gesehen... Ich musste grinsen. „Achso, für mich zwei Löffel bitte...“ Bestellte Orli, wir aßen unsren Becher ja gemeinsam. Der Ober nickte und schrieb auf, nicht ohne vorher einen komischen Blick auf Orli geworfen zu haben. Er schien sich zu fragen ob er ihn kannte. Der Typ sagte aber nichts und ging rein. Fünf Minuten später kam unser Eis.
 

Nachdem wir alle genüsslich aufgegessen hatten... unser Eis war inzwischen nur noch Soße, weil wir nach jedem zweiten Löffel nicht widerstehen konnten und laange knutschen mussten ... aber die Soße schmeckte auch ganz gut. Vor allem die auf Orli’s Lippen... *feix* Ich glaub mehr ineinander verknallt wie wir beide gerade konnte man nicht sein. Einer war verrückt nach dem anderen. Und ich fand das gut so... Ich streckte mich und gähnte. „Du, ich glaub wir sollten dann mal so langsam in die Federn huschen... sonst komm ich morgen net raus.“ Mandy und Jazzy stimmten mir zu. Es war schon fast elf und um sechs wollte ich raus. Unter sechs Stunden schlaf konnte man mich vergessen. „Trägst du mich wieder?“ Bettelte ich Orli an, ich wollte wieder in seinen starken Armen liegen... Er musste grinsen und hob mich hoch. Die Krücken nahm ich in die rechte Hand. „Also danke für die Einladung, war schön mal aus der Bude rauszukommen! Wir sehen uns morgen dann... halb acht vor meiner Tür.“ – „Genau. Schafft ihr’s alleine nach Hause?“ Fragte Jazzy grinsend. „Nur keine Sorge, ich hab ja hier meinen Beschützer...“ wofür ich mir einen Kuss von Orli einhandelte. Jazzy stand auf und nahm ihre Handtasche. „Also dann bis morgen, schlaft schön und treibts nicht mehr allzu schlimm heute ja?“ Wir lachten und machten uns dann auf den Heimweg.
 

Zu Hause knipste Orli erst mal das Licht an. Es war heut den ganzen Tag über ziemlich finster gewesen, auch als wir vor der Glotze saßen, und so sah ich ihn erst jetzt im Licht. „Mmh, weißt du dass du mal wieder umwerfend aussiehst?“ bemerkte ich. Ihr kennt das doch sicher wenn man lange im Dunkeln war und das die Augen angestrengt hat.. die leuchten dann irgendwie. So war es bei ihm auch. Dieser Blick haute mich fast um. Er lächelte mich lieb an. Ich wusste dass er auf Komplimente steht. Ich hätte ihn den ganzen Abend nur betrachten können. Ich hab bis heute keinen Schimmer wie man nur so gut aussehen kann... da muss ein Engel vom Himmel gefallen sein. Behutsam legte er mich auf mein Bett, nachdem ich noch eben Zähneputzen war. Ebenso behutsam kroch er zu mir unter die Decke und legte seinen Arm von hinten um mich. Ich drückte mich näher an ihn. „Nicht loslassen...“ Flüsterte ich. Er drückte noch ein bisschen fester zu und ich fühlte mich nun als könne mir auf dieser Welt nichts mehr geschehen. Zufrieden mit der Welt schlief ich ein...
 

... und wir verpennten am nächsten Morgen tatsächlich, Orli schnarchte noch seelenruhig neben mir, als ich einen Blick auf den Wecker warf und einen Schock bekam, es war schon viertel nach sieben! Wie von der Tarantel gestochen sprang ich aus dem Bett und vergaß dabei ganz meinen Fuß... „AU!!!!“ Schrie ich und sprang auf die nächstbeste Sitzgelegenheit die ich finden konnte... „Wer was wo??“ Fuhr Orli herum, ich war glatt auf ihm gelandet.. „Autsch Orli, das tut mir leid ich wollt dich nicht wecken, hab grad meinen Fuß vergessen und außerdem noch verpennt... ich muss sehen dass ich nach unten komm!“ – „Ich helf dir anziehen.“ Waren seine ersten Worte, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. So griff er sich meinen Stapel Klamotten den ich mir gestern noch hergerichtet hatte und zog mich an wie eine Schaufensterpuppe. Muss ein lustiger Anblick gewesen sein. Zum Küssen blieb uns heute keine Zeit, ich musste so schnell wie möglich noch irgendwas frühstücken und dann raus, denn zehn Minuten später hupte es schon vor meiner Tür, Jazzy war da. Ich verpasste Orli trotzdem noch einen leidenschaftlichen Kuss und verschwand dann nach draußen.
 

„Oje, verpennt?“ Jazzy musterte mich. Ich musste mich in der Schule noch eben aufmöbeln, sah total zerzaust aus. Bürste und MakeUp hatte ich dabei. Obwohl, das ging ja auf der Fahrt auch. Ich klappte die Sonnenblende herunter, hinter der sich ein Spiegel befand. „Oder verpennt weil ihr’s zu lang getrieben habt?“ Grinste Jazzy. Ich sah sie entsetzt an. „Dann wär ich aber früher dran gewesen, weil früher aufgewacht... schade eigentlich, warum is mir das nicht eingefallen. Na ja, ich hab ja heut Morgen erst mal schon meinen Fuß vergessen und daraufhin Orli plattgemacht...“ – „Wie.“ – „Na ja, ich bin vor Schock dass es schon viertel nach sieben ist wie eine Irre ausm Bett gesprungen, auf mein Fuß gekommen - und du kannst dir ja denken dass das schmerzte... jedenfalls hab ich mir dann die nächste Sitzgelegenheit gesucht und die war zufällig Orli... der Arme. Hättest mal sein Gesicht sehen sollen, als hätte er vollkommen die Orientierung verloren...“ Wir lachten. Aber irgendwie war's schon gemein, über ihn zu lästern, wo ich ihn doch liebte... nicht nur ein bisschen, sondern mehr als alles andere auf dieser Welt, vielleicht sogar mehr als mein Leben wenn er nicht bei mir wäre. Auch jetzt wär ich bereit, mein Leben für ihn zu geben um seins zu schützen. So etwas Schönes darf nicht einfach dahingehen...

So, frisch aufgemöbelt und fertig zum „Angriff“ stieg ich aus dem Auto. Was heißt – ich versuchte es und Jazzy gab mir meine Krücken. Natürlich würde ich jetzt wieder von meinen Mitschülern beliebäugelt werden weil sie ja alle soooolches Mitleid hatten... *hmpf* half nichts, da musste ich jetzt durch. Aber Jazzy leistete mir ja Beistand und Mandy würden wir auch gleich treffen.
 

Im Klassenzimmer selbst herrschte noch Ruhe. Nur ein paar Leute waren da, weil wir heute in der ersten Stunde erst mal Religion hatten und der Großteil der Klasse Bekenntnislos war, demnach frei hatte. Nur ich war auf dem Papier katholisch und musste mir leider jeden Dienstag die Predigt reinziehen. Und wer saß da hinten neben Mandy? Ein schwarzer Haarschopf... das konnte doch nicht sein, sie war wieder da? Ich ging näher hin um besser zu sehen... „Janine!! Wieder fit?“ Sie drehte sich um – ja, es war Janine, noch eine meiner besten Freundinnen, die vor zwei Wochen von einem Auto angefahren worden war vor unsrer Schule und seitdem im Krankenhaus gelegen hatte... sah eigentlich wieder total fit aus. „Bin wieder die Alte, aber du anscheinend nicht...“ sie lugte auf meinen Fuß. Ich grinste. „Dämlicher Sportunfall, Bänderzerrung... schön dass du wieder hier bist, hast einiges verpasst!“ – „Ja, leider...“ Sie sah ein bisschen traurig aus, und als ich die Schülerzeitung neben ihr liegen sah, wusste ich auch warum, denn Janine war schon seit Herr der Ringe in Orli verknallt, mindestens genauso schlimm wie ich jetzt, sie hatte ihr Zimmer volltapeziert mit Postern, sammelte jeden Zeitungsschnibbsel... Ach du heilige Scheiße, was wenn sie erfuhr dass ich ihn mir geangelt hatte? Sie würde mich nie mehr ansehen... „... hat mir erzählt du hast ein dunkles Geheimnis?“ den ersten Teil des Satzes hatte ich nicht mitgekriegt. „Was?“ – „Mandy...“ Mandy sah mich ein bisschen beschämt an, sie hatte geplaudert... was sie sonst eigentlich nie tat. „Los erzähl, du weißt ich kann schweigen wie ein Grab.“ Jetzt wurde es peinlich, und ich setzte mich erst mal auf einen Stuhl neben Janine, denn das Stehen war mit Krücken sehr anstrengend. „Wenn ich dir das verrate, siehst du mich nie wieder an.“ – „Glaub ich nicht, du kannst mir alles erzählen und so schlimm is es doch sicher nicht.“ Ich sah betreten zu Boden. „Überhaupt, wie war eigentlich das Interview? Oh Gott ich wär gestorben vor Angst...“ Ich grinste gekünstelt. „Echt klasse, der is total locker drauf, super netter Mensch...“ – „Und das Foto...“ Sie seufzte. Oje, das würde schwer werden, ihr das beizubringen... Und vor allem wenn sie erst mal zu mir nach Hause kam... die würde einen Herzinfarkt kriegen oder Schlimmeres und dann läge sie wieder im Hospital... „Sag schon endlich, ich will es wissen!“ – „Na ja weißt du, es is wie eine unheilbare Krankheit, wenn du dich erst mal angesteckt hast wirst du sie nicht mehr los...“ Janine zog die Augenbrauen hoch und sah mich schief an. Hieß: sie hatte nix verstanden. Irgendwie auch gut so. Stimmte ja irgendwie, ich hatte mir den leibhaftigen Orli – Bazillus eingefangen und nun klebte er an mir und ich hoffte – nicht wie bei einer Krankheit – ihn nie wieder loszukriegen. „Na ja, ich hab mir da was eingefangen am Donnerstag...“ Und nieste gespielt. Jetzt wurden Janines Augen groß, ach du Scheiße, sie hatte es gecheckt... „Oh mein Gott... du ... das is ein Scherz.“ Ich schüttelte breit grinsend den Kopf. „Die reine Wahrheit. Du kannst dich gern selbst überzeugen heut Nachmittag wenn du willst. Der Bazillus sitzt auf meinem Sofa und schaut Fern.“ – „Wie kann... hat der keine Termine??“ – „Seine Agentin hat ihm zwei Wochen frei gegeben... Bin ja gespannt was er heut wieder anstellt.“ – „Hä.“ – „Gestern hat ihn im OEZ eine erkannt... grad noch mal gut gegangen, aber unsre Barbies hätten die Sache schon beinah auffliegen lassen, ich konnt es zum Glück verhindern.“ – „Ging ja noch mal gut... aber sag mal wie kommst du dazu... man hast du ein Glück, ich würde sterben dafür, du zu sein...“ – „Lass das mal lieber, du kommst grad aus dem Krankenhaus, da will ich dir meinen Fuß nicht zumuten. Aber der andre Teil meines Seins... o ja, da würden viele für sterben...“ – „Ihr habt doch nicht etwa...“ Ich grinste noch breiter, breiter ging’s nicht mehr. „Wenn man so will bin ich eins dieser abgeschleppten Groupies...“ – „Schon am Donnerstag?? Whoa.“ – „Ich wollt ja eigentlich nicht, aber s kam so über mich... und ich bereue nichts! Er is das Schärfste was rumläuft auf diesem Planeten...“ – „Du bist doch nicht etwa ...“ Ich wehrte mit einer Handbewegung ab. Ein Kind von Orli? Das hätte mir grade noch gefehlt. Beziehung schön und gut, auch auf reiferer Ebene, aber ein Kind? Später vielleicht. Aber jetzt nicht. Ich wollte das Leben einfach nur genießen so wie es war. Und schöner hätte es momentan nicht sein können... bis auf den blöden Fuß. Der nervte, aber alles andre war ... wie sagen die Italiener? Perfetto? *grins*

In der großen Pause dann waren wir wieder alle zusammen, Jazzy, Mandy, Janine und ich. Das war unsre Clique seit der Grundschule. Wir hatten schon eine Menge Unsinn miteinander angestellt. Unter anderem auch schon mal den Ubahnverkehr lahmgelegt, weil Jazzy auf die Gleise gesprungen war und in den Tunnel laufen wollte um rauszufinden ob sie am entgegengesetzten Ende wieder rauskam wie in Matrix... das hatte mächtig Ärger gegeben und wir bekamen Sachen wie „Dieser Film gehört verboten!“ und so weiter zu hören. Aber am Ende lachten wir alle drüber. Wir beschlossen dann kurzerhand, Janine ins kalte Wasser zu werfen, was hieß ich würde sie heut nach der Schule mit nach Hause nehmen und sie Orli vorstellen. Aber zuvor musste ich ihn noch warnen... vor einem verrückten Fan. Hey du, was treibst du grade? Ich bring heut nach der Schule Janine mit, noch eine Freundin von mir. Aber nimm dich in Acht, sie is einer deiner größten Fans und ihr könnt es vielleicht genauso gehen wie mir am Donnerstag... Kuss, Marie Lange dauerte es auch nicht da kam schon die Antwort. Hey Süße... ich schau grad Fern... oje *Grins* na ja das managen wir schon irgendwie, bei dir hab ich's ja auch hingekriegt. Freu mich auf sie, bestell ihr nen Gruß! Kuss, Orli Ich steckte das Handy weg. „Schönen Gruß von ihm, er freut sich schon dich kennen zu lernen.“ Feixte ich Janine an, weil ich genau wusste dass sie hyperventilieren würde... oder so was in der Art was verrückte Fans halt immer tun. „Sieht er denn genauso aus wie auf den ganzen Plakaten und so?“ Ich grinste schelmisch. Nein, er sah in Natura noch tausendmal geiler aus... hätt ich selber nicht gedacht, aber es is wahr! „Das musst du dann selbst herausfinden. Zu viel werd ich dir nicht verraten.“ Janine schmollte. „Fies.“ – „Tjaa...“ *grins*
 

Nach der Schule fuhr uns Jazzy wieder nach Hause. Bzw. zu mir nach Hause. Und wer stand da in der Tür?? Ich deutete Orli, wieder reinzugehen, weil ihn jemand sehen könnte und dann würden wir vor Paparazzi nicht mehr froh hier... er zuckte mit den Schultern und ging ein Stück nach hinten. Janine hatte ich vor dem losfahren die Augen verbunden, sie sollte richtig geschockt werden. Fies, aber sie brauchte so was. *g* Langsam führte Jazzy sie die Treppe hinauf, während ich auf Krücken hinaufhinkte. Scheiße wenn man selbst nicht gut gehen kann und dann auch noch eine Blinde dabei hat. Orli grinste. „Also du bist ja echt gemein...“ sprach er lautlos zu mir. Ich zuckte nur mit der Schulter und grinste. Oben angekommen, hakte sich Janine bei mir ein und wir gingen ins Wohnzimmer, wo wir uns auf die Couch setzten. Es war zum Glück keiner da, denn meine Mom arbeitete unter der Woche in einem Supermarkt. „Ich setz mich da hin, du da...“ flüsterte ich so leise ich konnte und wies Orli seinen Platz links neben Janine zu. Ich setzte mich rechts von ihr um sie aufzufangen wenn sie mir umkippte. Langsam nahm ich das Kopftuch ab, das wir als Augenbinde benutzt hatten... Janine sah sich um, fand aber niemanden. „Da hast du mich ja schön angeschmiert.“ Meinte sie zu mir, ein bisschen sauer, drehte sich nach rechts, wollte aufstehen und bekam den Schock ihres Lebens als sie Orli dort sitzen sah. „Heilige Scheiße, es ist wahr!“ Entfuhr es ihr, als hätte ich ihr erzählt, dass im Wohnzimmer meine Oma rumgeistert und sie den Geist nun leibhaftig sah. Sie war kreidebleich. Wirklich wahr, so was hatte ich nicht beabsichtigt. Ich zog sie zurück aufs Sofa. „Hey, ganz ruhig, er beißt nicht. Ganz sicher nicht... ganz im Gegenteil.“ Janine brachte immer noch kein Wort heraus, sie starrte Orli immer noch an als wäre er ein Geist oder so. Nun ergriff er das Wort. „So, du bist die Janine vor der mich Marie schon gewarnt hat? Na komm, ich beiß nicht. Hat sie auch schon gesagt. Oh man...“ So, ihm fiel auch nichts mehr ein. Ich griff mir Janine und rüttelte sie wach. „Mädel, jetz krieg dich mal wieder, der is auch nur ein Mensch wie jeder andre auch! Eben nur einer der besondren Sorte. Und es ist höchst unhöflich, jemanden anzustarren.“ Langsam löste sich ihre Verkrampfung. „Äh ja, sorry tut mir leid. Ich bin Janine...“ sie streckte ihm die Hand hin und er schüttelte sie. Ich bin mir sicher, das glaubt sie auch Monate oder Jahre später nicht, dass er das wirklich ist. Bin mir ja selbst manchmal nicht sicher... ;o) „Und damit eins klar ist, geflirtet wird hier nicht!“ Grinste ich Janine an. „Bist du des Wahnsinns? Dazu hab ich doch viel zu viel Schiss!“ Kam es von ihr zurück. Mist, kontern konnte sie schon immer gut. Orli grinste. Sicher würde Janine gleich heute Abend noch im Fanforum - wo sie angemeldet war - prahlen, sie hätte Orli kennen gelernt, was ihr eh keiner glauben würde ohne Beweise. Hieß wir würden wohl ein Foto machen müssen. Janine hatte ja am Donnerstag nicht dabei sein können, sie war nämlich auch bei der Schülerzeitung. Na ja, damals hatte sie das auch noch nicht großartig gestört, denn ich hatte ja noch keinen Schimmer wen wir interviewen würden, aber jetzt war sie insgeheim unheimlich stinkig auf mich. Weil ich diese geniale Idee gehabt hatte. Hehe. „Was treibst du eigentlich jetz die ganzen zwei Wochen hier in München?“ Fragte Janine ihn dann. „Weiß noch nicht, mir von Marie einiges zeigen lassen... natürlich blöd dass sie ihren Fuß hat jetz aber mit Krücke geht das schon.“ Er zwinkerte mir zu. „Fernsehen, essen, schlafen... Fans nerven...“ Grinste er. „Ha ha, voll witzig!“ Lachte Janine. Hehe, wenn man ihn am richten Punkt erwischte konnte Orli richtig lustig sein. „Hey, was haltet ihr von ner Runde Orli’s Lieblingstee?“ Jeder wusste sofort was gemeint war. „Hätt ich jetz auch Lust drauf, ja.“ ließ Orli verlauten und erhob sich vom Sofa, um am Küchentisch Platz zu nehmen. Janine hastete mir hinterher. „Ich helf dir!“ Hehe, ich war auf den Krücken inzwischen ganz schön schnell, hätte ein Wettrennen gegen Andi, den schnellsten Läufer in unsrer Klasse machen können und hätte gewonnen. Na ja, vielleicht. Hihi, Andi, die Rennmaus. Zusammen stellten wir also den Wasserkocher an und hängten Teebeutel in die Tassen. Sicher hatte Mom auch noch irgendwo Sojamilch rumstehen, sie war gerade auf ihrem Vegetarier – Trip... Was Orli natürlich gefiel, denn er war auch einer. Vermutete ich jedenfalls, so wie er sich in den letzten Tagen ernährte. Ich hatte noch kein Stück Fleisch auf seinem Teller gesehen, geschweige denn Milch oder Eier. Mir soll’s Recht sein – und eigentlich hat er ja Recht – wieso sollen Tiere sterben nur weil wir Hunger haben? Ich goss das heiße Wasser in die Teetassen. Nun mussten wir ein bisschen warten bis er durchgezogen hatte.
 

Ich hatte inzwischen beschlossen, dass wir eine Runde Mensch – ärger – dich – nicht spielten. Was mir zum Verhängnis wurde, denn ich flog fünf mal Raus und Orli und Janine lieferten sich einen erbitterten Kampf um den Gewinn. Orli gewann. Ich kam als Letzte ins Ziel und Janine wurde zweite. „Dafür machst du jetzt noch ein Foto mit mir dass mir das auch jeder glaubt... und zum einrahmen.“ Grinste die. Ich verdrehte die Augen. Fans. Wenn sie nicht meine beste Freundin gewesen wäre hätte ich nen Anfall gekriegt, aber ich wusste ja inzwischen wie das sein konnte ;o) Also ging ich meine Digicam suchen. Und fand sie – im Schreibtisch meiner Mom. Was das Ding da machte? Ich will es gar nicht wissen. Ich konnte nur hoffen, dass Janine mir jetzt nicht umkippte, wenn Orli sie in den Arm nahm. Na ja, aber wenn er das so tat wie bei mir dann würde es schon gefährlich werden. Janines Kreislauf hielt nämlich auch nicht allzu viel aus, sie war ziemlich dürr und zierlich. In der Sportstunde hatte sie es schon so manches Mal umgehauen. Aber ein paar Stückchen Traubenzucker und die Sache ging wieder. Es war lustig anzusehen, wie Janine sich nur zögerlich von Orli in den Arm nehmen ließ, immer Angst, er könnte sie sogleich vernaschen. Na ja gut okay, ich hätt natürlich vor so einem Megastar auch einen Höllenrespekt wenn ich ihm das erste Mal begegnen würde. Aber sie blieb standhaft und ich schoss ein wirklich gutes Foto. Passten irgendwie zusammen die zwei, aber das schlug ich mir ganz schnell wieder aus dem Kopf. Wir gingen nach oben an meine Computerkiste um das Foto auszudrucken. „Verzeih die Unordnung, ich hab heut schon nen Hechtsprung aus dem Bett gemacht...“ Grinste ich beim Anblick meiner total zerpflückten Bettdecke und knipste meinen Computer an. Der war inzwischen sechs Jahre alt und brauchte dementsprechend lange zum Hochfahren. Aber bis jetzt fraß er noch jedes Programm das ich ihm einhämmerte und funktionierte einwandfrei. Harry sei dank – ein guter Freund von mir und absolutes Computergenie. Und wenn er seine Brille aufhatte nannten ihn auch alle schon mal scherzhaft Harry Potter. Der hatte meine Blechkiste schon oft vor dem Absturz bewahrt. Irgendwann musste ich mich mal erkenntlich zeigen.
 

Es dauerte auch nicht allzu lange bis der Drucker ein Hochglanzfoto ausspuckte, das ich wie eine Trophäe Janine überreichte. Sie betrachtete es eingehend. „Geil!“ Kam dann, mehr nicht. Mir hätten in so einer Situation auch die Worte gefehlt. „Danke Orli, du bist ein Schatz! Aber ich werd mich wahrscheinlich die nächsten Tage trotzdem noch paar Mal kneifen müssen, um zu glauben dass das wahr ist.“ Orli grinste, er fühlte sich geschmeichelt. „Na ja, wir sehen uns ja sicher noch öfter. Is ja nicht aus den Augen aus dem Sinn.“ Ich stemmte die Fäuste in die Hüften. „Na das will ich doch mal schwer hoffen, nicht dass du mit irgend ner Hollywood – Blondine abzischst wenn du mal nicht bei mir bist!“ Orli zog eine Grimasse. „Sag mal für wen hältst du mich.“ Das konnte ich mir eigentlich sparen aber ich sagte ihm trotzdem meine Meinung. „Für den geilste, schärfsten, absolut.... ich weiß nicht was – esten Kerl der Welt den ich garantiert nie mehr hergebe!!“ So, da hatte er den Salat. Musste er jetz mit fertig werden *feix* Orli hatte meinen Kalender erspäht und begutachtete ihn. „Wann habt ihr eigentlich die nächsten Ferien?“ Ich sah Janine an. „Wann ham wir Ferien?“ Sie sah auf den Kalender und ich merkte wie sie sich zurückhalten musste, nicht vor Freude in die Luft zu springen. „Wart mal heute ist... Dienstag? Wenn mich nicht alles täuscht. 30. Mai bis 9. Juni sind Pfingstferien... Heißt morgen keine Pauke!! Ich werd nicht mehr.“ Ich sah Orli freudig an. „Ich auch nicht!“ Der grinste nun noch breiter. „Du, ich hätt da n Vorschlag, nur wenn’s dir nix ausmacht natürlich und deine Mom das erlaubt!“ Janine warf ihm einen schiefen Blick zu. „Ich hätt Lust auf Urlaub und würd dich gern einladen.“ Jetzt bekam er einen schiefen Blick von mir. „Was hältst du von Hawaii? Ich bring dir das Surfen bei.“ Das kaufte ich ihm nicht ab, der machte Witze. „Das is ein Scherz.“ – „Sollte ich scherzen? Wenn ja, warum? Vorgezogene Flitterwochen...“ Grinste er, woraufhin ich ihn umnietete, denn wir saßen eh schon auf dem Bett. „Vergiss es, ich heirate nicht. Nicht jetzt. Bin grade mal achtzehn und das will ich genießen so lang ich kann! Frag in zehn Jahren noch mal.“ – „Kein Hawaii?“ – „Das mit dem Heiraten du Dussel. Hawaii wär schon geil...“ – „Ich befürchte, für mich habt ihr keinen Platz...“ sah mich Janine an und dann Orli. Der legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter. „Wir schreiben dir ne Karte und bringen Fotos mit wie sie sich auf dem Surfbrett blamiert...“ Grinste er, worauf ich ihn abermals auf der Matratze festnagelte. „Äh... ich hätt da nur ein Problem...“ ich deutete auf meinen Gips. „Mit dem kann ich ja wohl schlecht surfen.“ Scheiße, dumm gelaufen. Aber ich konnte ihm ja zusehen wie er sich graziös wie ein Raubtier auf dem Wasser bewegte... der Gedanke gefiel mir. Er bewegte sich zwar nicht ganz so geschmeidig wie ein Elb, aber trotzdem liebte ich es, ihm zuzusehen. „Wir können ja schon mal mit der Reha beginnen auf der Insel.“ Grinste mich Orli an. Oje, das bedeutete nichts gutes. Eineinhalb Wochen mit Orli allein auf Hawaii... Unten hörte ich die Haustür, Mom kam nach Hause. Ich rief sie eben nach oben und vernahm gleich darauf das knarrende Geräusch der Holztreppe die in den ersten Stock führte. Mom öffnete die Tür. „Was gibt’s? Oh hi Janine, geht’s dir wieder gut?“ Janine nickte und wandte dann den Kopf zu Orli und mir. Ich rückte mit der Sprache raus. „Äh Mom... wir haben doch jetz Ferien ab morgen...“ – „Und?“ Hoffentlich gab sie mir kein Nein. Das würde ich nicht aushalten. „Na ja, der da...“ ich zeigte auf Orli „.. hat mich auf einen Urlaub eingeladen...“ – „Und wo soll’s hingehen?“ Was, das war's schon? Na ja, wenn ich Hawaii sagte würde sie sicher sagen Niemals, das ist viel zu weit weg „Hawaii.“ Jetzt zog Mom dieses – nicht übel – Gesicht, ihr wisst ja wie so was aussieht. „Wie lang?“ – „Eineinhalb Wochen.“ Gab Orli zurück. „Vorgezogene Flitterwochen, he? Von mir aus, macht euch nen schönen Lenz, ich komm auch allein klar, aber pass auf deinen Fuß auf, Marie.“ Ich wollte hochspringen vor Freude aber das ging ja leider nicht... :o( „Danke Mom!“ Sie kam zu mir ans Bett, damit ich sie umarmen konnte. „Und wann soll’s losgehen?“ Ich sah zu Orli, genau, wann wollte er los? „Morgen? In aller Frühe? Sind immerhin zehn Stunden Zeitunterschied, heißt...“ er sah auf die Uhr, es war jetzt 19 Uhr. „Auf Hawaii is es jetzt neun Uhr Vormittags. Besser wir kommen spät an, dann können wir uns ausschlafen und sind am nächsten Morgen fit.“ Ich nickte zustimmend. „Soll ich euch zum Flughafen bringen?“ Fragte Mom dann. „Mit den Koffern... na ja so viel brauchen wir auch nicht, das geht schon ich hab ja meinen großen Trolleykoffer. Wir fahren mit der Sbahn raus. Oder?“ Ich sah zu Orli. Na ja, das Risiko, erkannt zu werden war in der Sbahn höher. „Ich würd’s vorziehen wenn deine Mom fährt, da is das Risiko, erkannt zu werden, nicht so groß...“ Mom sah ihn an. „Bis wann wollt ihr denn den Flieger kriegen morgen früh?“ – „S sind ungefähr zehn Stunden Flug... drei Stunden eher am Flughafen sein, Tickets lösen... eineinhalb Stunden braucht man mit dem Auto raus... halb vier so was.“ Mom überlegte. „Macht für mich drei Stunden Fahrt hin und zurück, dann wär ich halb sieben wieder hier... könnt ich mit der Arbeit arrangieren. Einverstanden?“ Wir nickten einvernehmlich. „Dann heißt es für uns jetz aber langsam schlafen gehen, wir müssen morgen früh raus. Noch eben Koffer packen... Ich schätze mal wir kommen gegen neun oder zehn ins Bett.“ Jetzt war es halb acht. Also vernaschen war heut nicht mehr drin. Das würden wir dann morgen am Strand von Maui tun. *feix* Mom fuhr eben Janine nach Hause und ich kramte meinen Trolley aus der Ecke. Ich war schon so lange nicht mehr verreist, dass er ganz verstaubt und voller Spinnweben war. Seit mein Vater vor fünf Jahren abgehauen war, konnten wir uns keinen Urlaub mehr leisten. Mom rackerte jeden Tag um uns über Wasser zu halten und ich war ihr für die vielen Freiheiten die sie mir trotzdem gab sehr dankbar. Letztes Weihnachten hatte ich sogar ein paar Chucks geschenkt gekriegt von ihr. Und die waren beileibe nicht billig... Nachdem ich meinen Koffer abgestaubt hatte, ging es daran, den Reißverschluss aufzukriegen. Der war ebenfalls eingerostet. Was war denn das für eine chinesische Qualität? So machten wir es schließlich anders – ich hielt den Koffer fest und Orli zog am Reißverschluss. Schließlich bekamen wir den Koffer auf. Und Orli landete in der Ecke von Bett und Kommode. Ich kroch zu ihm hin. „Hey, alles okay?“ Er grinste und küsste mich. „Alles in Ordnung. Is ja voll hartnäckig das Ding...“ Ja klar, seinen hatte er ja gleich gepackt, er hatte ja nur ein paar Sachen dabei. Unter anderem auch eine Badehose die ich ja nicht grade als den Renner empfand... bis zu den Knien runter. Ich nahm ihm das Ding aus der Hand. „Also so geht das nicht, du hast so eine tolle Figur, wieso versteckst du die unter diesen Elefantenhosen?“ er nahm sie mir wieder ab und konterte: „Weil nicht jeder Paparazzo auf dieser Welt meinen Arsch sehen soll!“ – „Aber doch nicht auf Hawaii...“ antwortete ich, nicht ohne mich vorher gefragt zu haben, was eigentlich die korrekte Mehrzahl von Paparazzi war, oder war das schon die Mehrzahl? „Hast du eine Ahnung wo die einen überall hinverfolgen... aber ich glaub wir werden Ruhe haben weil keine Sau weiß dass ich in Hawaii bin, die denken alle ich sitz zu Hause in London...“ Er grinste. „Schon mal gut für uns, dann können wir die Nächte ungestört am Strand verbringen...“ ich sah ihn begierig an. „Mit dem Gips ins Wasser? Vergiss es.“ Scherzte Orli. „Wir finden schon nen Weg. Und mein Fuß tut eh schon nicht mehr so weh.“ – „Na, übernimm dich mal nicht. Das kann böse Folgen haben.“ Orli, der Vernunftsapostel. Dafür bekam er einen innigen Kuss von mir. Ich liebte es, ihn zu küssen. Keine Ahnung was diese Keira da gefaselt hat von wegen Pieksen... gar nicht find. Vielleicht bemüht er sich auch absichtlich, mich nicht zu pieksen... *grins*
 

Und so kam es dann auch, dass wir uns todmüde um halb drei völlig verdreht auf meinem Bett wiederfanden, wo uns der Wecker eben aus dem Schlaf gerissen hatte. Selbst schuld wenn man noch bis Mitternacht knutschen musste. Aber den Schlaf konnten wir ja während des Fluges nachholen. Ich küsste Orli wach, schade eigentlich, denn ich liebte es, ihm zuzusehen wenn er schlief. Dann sah er aus wie eine Puppe aus Porzellan, so rein und unschuldig, so wunderschön... Ich knipste meine Nachttischlampe an und sah mal wieder in diese großen, braunen Augen. Wir küssten uns erst mal zum Frühstück...
 

Meine Mom war auch noch todmüde, sie musste gestern wohl noch lange vor dem Fernseher gesessen haben... und die Nachtmusik im Autoradio machte die Sache nicht gerade besser. Aber ich fand die Musik schöööön... Breathe – Hands To Heaven... konnte mich richtig schön in Orlis Arme kuscheln und träumen. Und das war noch schöner. Ja, ich fing gerade an, mich richtig, unsterblich, in ihn zu verlieben. Er weckte dieses Ur – Vertrauen in mir, dass mir überhaupt nichts mehr passieren kann wenn er bei mir ist. So was hatte ich bis jetzt noch gar nicht gekannt, aber mit Orli war das irgendwie anders. Auch wenn ich ihn noch nicht mal eine Woche lang kannte, irgendwas sagte mir, der und sonst keiner! Und normal pflegte ich, auf meine innere Stimme zu hören, die bis jetzt immer richtig gelegen hatte. Und Orli war schon so ein kleiner Traum... auch wenn ich ihm vorher nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte – gut, ich hatte den zweiten Fluch der Karibik gesehen, Herr der Ringe auch, aber in FdK hatte ich damals eher Johnny im Auge gehabt, auf Orli hatte ich gar nicht so aufgepasst und Herr der Ringe nur gesehen weil es alle taten... vor dem Interview hatte ich eigentlich auch keine Angst gehabt, trotz schlechtem Schlaf. Ich wusste, dass das entweder total nette Leute waren oder abgehobene, geldgeile Snobs. Und als glücklicher Zufall stellte sich heraus dass Orli eher zur ersteren Sorte gehörte. Die ganze Szenerie lief vor mir grade herunter wie ein Film.. ich schien einen Wachtraum zu haben... die Begegnung im Kino, der Kuss, das Hotelzimmer... Ich musste wohl in Orlis Armen eingeschlafen sein, weil mich ein Kuss aufweckte. Ich sah nach oben und wieder in seine Augen. Er grinste mich an. „Wie du mir so ich dir...“ – „Diese Revanche lass ich mir gerne gefallen...“ gähnte ich und küsste ihn noch einmal. Meine Mom hielt vor dem Zentraleingang des Flughafengebäudes und ließ uns raus. „Also, ich wünsch euch nen erholsamen Urlaub, macht keinen Unsinn und kommt heil wieder!“ Küsschen links, Küsschen rechts.. Mütter. -_-´´ Dann sah sie Orlando mit ernstem Blick an. „Pass gut auf sie auf, ja?“ Er nickte nur ernsthaft zurück. Dann drehten wir uns um und schlenderten zum Eingang.
 

Also für vier Uhr früh war hier einiges los. Die Leute standen Schlange an den Schaltern, hatten wohl alle die gleiche Idee wie ich. Orli hatte sich gut verkleidet, gelbes Käppi, ich hatte ihm meinen Mickymaus – Schal geliehen, auch wenn es lächerlich aussah, so würde sicher keiner auf die Idee kommen, dass das Orlando Bloom sein könnte... Nur seine Chucks konnte ich ihm nicht abschwatzen. Aber so im Großen und Ganzen sah er nicht Orli – like aus. Also auch nicht zu erkennen – hoffte ich jedenfalls. So konnten wir uns zwischendurch auch schon mal küssen ohne Aufsehen zu erregen.
 

Nach einer halben Stunde Schlange stehen hatte Orli zwei Tickets hin und zurück nach Hawaii ergattert und wir gingen zur Terminaltafel, auf der wir uns unser Terminal aussuchten von dem wir abflogen. „Uff, na toll, 30. Noch weiter hinten wie letztes Mal…“ Hustete ich. „Müssen wir durch. Im Flugzeug können wir ja dann schlafen.“ So packten wir wieder unsre Koffer bei den Griffen und machten uns auf den halbstündigen Irrweg in Richtung Terminal 30. Inzwischen war es halb sechs, draußen wurde es langsam hell. Ein wunderschöner Sonnenaufgang. Richtig romantisch.
 

Am Terminal angekommen, suchten wir uns einen Platz in der Warteschlange, setzten uns auf den Boden und warteten darauf, dass die Zugangsbrücke zum Flugzeug freigegeben wurde. Wir hatten Glück und mussten nur eine halbe Stunde warten. So saßen wir um sechs schon im Flieger. Wohlgemerkt saßen – losfliegen würden wir erst in einer weiteren Stunde. So hatte ich wieder Zeit, mich in Orlis Arme zu kuscheln und weiterzuträumen. Auch Orli zog sein Käppi ein bisschen tiefer ins Gesicht und versuchte zu schlafen.

Irgendwann nahm ich dann mitten im Traum das Dröhnen von Düsen wahr, wir starteten offensichtlich. Und weil wir uns nicht angeschnallt hatten und keiner uns geweckt hatte um uns das zu sagen, purzelte ich kurzerhand vom Sitz auf den Flur. Orli hatte das nicht gemerkt, der schnarchte weiter. Nachdem sich die Lage wieder beruhigt hatte und das Flugzeug nicht mehr so gefährlich schwankte, kletterte ich wieder zurück in seine Arme. Wie ein Reflex legte er sie sofort wieder um mich. Ich schlief weiter.
 

Einige Stunden später wachte ich auf. Ich kletterte über Orli und sah aus dem Fenster. Nur blau war zu sehen. Wir befanden uns vermutlich irgendwo über dem Ozean. Orli tat ein Auge auf, um zu sehen was ich da über ihm mache. „Wir sind gleich da. Hast aber lange geschlafen. Ich war zwischendurch schon mal wach und hab was gegessen, hab dir was übrig gelassen, willst was?“ Er bot mir ein belegtes Brötchen an. „So, kein Vegetarier, wie?“ moserte ich ihn an. Wenn, dann sollte man seinen Grundsätzen schon treu bleiben. Er zuckte mit den Schultern. „Mir war danach, aber normal ess ich kein totes Tier.“ Ich musste lachen bei diesem Ausdruck und nahm ihm das Brötchen aus der Hand. „Danke.“

Nachdem ich aufgegessen hatte musste ich ihm da mal ein paar Fragen stellen. „Sag mal, müssen wir da jetz dann Baströcke anziehen und Hula tanzen?“ Orli musste lachen. „Ich kann ja mal sehen ob ich einen Hulakurs buchen kann...“ Dabei sah er auf meinen Gips. Die Krücken lagen über uns im Handgepäckfach. „So ein Bastrock steht dir bestimmt gut...“ Grinste ich ihn frech an. Orli nur im Bastrock... au ja. Ich hegte schon die wildesten Fantasien, dabei waren wir noch nicht mal angekommen. „Ah, da unten sieht man schon Hawaii.“ Orli deutete nach unten. Da zeichnete sich ein braun - grünes Fleckchen ab. Na ja, eher grün als braun. Und schon ertönte die Ansage, wir sollten uns bitte anschnallen, wir würden zur Landung ansetzen.
 

Draußen empfing uns wunderbarer Sonnenschein, es war viel zu warm für die Klamotten, die ich an hatte. Ich schwitzte mir einen ab. Mit dem Taxi fuhren wir ins Hotel. „Hehe, schon wieder ein Hotelzimmer...“ Grinste ich Orli an. „Und es wird sicher wieder was drin passieren...“ Grinste er zurück, nahm dem Empfangsmann den Zimmerschlüssel ab und ging mit mir zum Lift. „Scheint als wärst du hier schon mal gewesen weil du dich so gut auskennst...“ – „Hawaii ist wunderbar zum Surfen, war oft mit meinen Herr der Ringe – Kumpels hier und mit Johnny... und du wirst auch wieder herwollen wenn du erst mal wieder im grauen, kalten Deutschland bist.“ Wir waren oben angekommen und Orli warf noch mal einen Blick auf den Schlüsselanhänger, auf dem die Zimmernummer stand.

Wieder staunte ich über dieses wunderschöne Hotelzimmer. „Also für mich hätt es gar kein Luxus sein müssen...“ Ich hängte meine Jacke an die Garderobe im Eingang. Das Zimmer war wunderbar, groß, Sofas, ein Fernseher, ein großer Tisch und eine große Fensterfront. Die Balkontür stand offen und man konnte bis aufs Meer hinaus sehen. „Für dich ist mir nichts gut genug...“ Meinte Orli mit einem liebevollen Blick zu mir. Ich sag ja – die Chemie stimmt.
 

Hier auf Hawaii war es inzwischen schon 21 Uhr und es wurde langsam dunkel. Zeit für uns, schlafen zu gehen, denn trotz des Nickerchens im Flugzeug waren wir erledigt vom Jetlag. Wir kuschelten uns in die weiche Bettdecke und eng aneinander. Hier war es egal, wie lang wir uns küssten, und mir auch, denn ich wollte nie mehr aufhören... Zehn Tage Hawaii, das würde der Himmel auf Erden werden.
 

Am nächsten Tag wachten wir um die Mittagszeit auf. Im Zimmer war es brütend heiß. Also hatte uns wohl die Hitze aufgeweckt. Was heißt hier uns... Orli tobte sich schon im Bad aus, ich hörte Wasser laufen. Dann lugte ein nasser Lockenkopf aus der Tür zu mir herüber. „Hey, auch schon wach? Wollt dich nicht aufwecken. Gehn wir nachher an den Strand? Ich will die Wellen testen, soll heute gut sein.“ Ich erhob mich langsam aus den Federn. „Ja, warum nicht...“ Dann blieb mir der Mund offen stehen ... Okay, er hatte zwar diese ober – unpassende Badeshorts an, aber der Rest... mir verschlug es echt die Sprache. Orli grinste nur. Wollte mich der mit Absicht provozieren? „Du, wenn du so weitermachst, kommen wir nicht mal bis zum Strand...“ funkelte ich ihn an, in der Gewissheit, wahrscheinlich in der nächsten Sekunde umzukippen. Mir war jetzt schon ganz duselig. Was hatte mal in einer Bravo gestanden... Was für ein Mann! Was für ein Körper!... Oder so ähnlich, keine Ahnung, die hatten völlig untertrieben... Für so was gab es keinen Ausdruck, man musste es selber gesehen haben. Wow. Nun kam er mit einem T-Shirt drüber zurück. Schade. Aber am Strand würde er sich dessen ja wieder entledigen... „Och schaaade...“ Grinste ich. „Na ja, ich will schon noch surfen gehen heute... danach kannst ja von mir aus anstellen mit mir was du willst.“ Tss, Scherzkeks. Aber auch das T-Shirt ließ vermuten was darunter steckte. Nachdem Orli mir geholfen hatte, mich anzuziehen – ich kam mir vor wie eine alte Oma die sich nicht mehr selber anziehen kann – schnappte ich mir meine Krücken und wir machten uns auf den Weg zum Strand.
 

Unten im Sand suchte ich mir ein Plätzchen unter einem Sonnenschirm und Orli setzte sich neben mich. Natürlich hatte ich meinen Bikini mitgenommen, was denkt ihr denn!! Und dann zog er das T-Shirt aus... *umfall* Diese Szene lass ich ohne Worte.

Das Surfbrett steckte neben Orli im Sand, und das schnappte er sich jetzt um aufs Wasser hinauszulaufen. Ich sah ihm zu wie er sich durch die Brandung surfte. Echt ein Hammer der Kerl. Aber es dauerte gar nicht lang und er kam wieder zurück...

„Ich Dussel... die Sonne knallt heut ganz schön... Schmierst du mir noch eben den Rücken mit Sonnencreme ein?“ Fragte er mich grinsend. Natürlich würde ich... ich wollte und konnte meine Finger heute nicht von ihm lassen...

Danach war ich dran... oh diese Hände... ich kam mir vor wie im Himmel. Ich war so entspannt, ich traute mich gar nicht aufstehen. Aber ich musste den Kopf einmal heben, um zu sehen was Orli trieb, denn der war schon eine Zeitlang weg. Vermutlich surfen. Aber was war das? Er kam mit etwas wedelnd wieder. Oh nein, das waren tatsächlich Baströcke. „Die hab ich drüben an der Hula – Bar ergattert... jetzt kommst du nicht drum rum.“ Grinste er. Oh doch, kam ich... oder er musste sich diesen Gefallen erkaufen... „Aber nur wenn du mir noch mal so ne Massage verpasst...“ Er schmunzelte und machte sich noch mal über mich her...

„So, das war's... ich bin erledigt...“ seufzte ich und ließ mich endgültig – flach wie eine Flunder – in das warme Strandtuch sinken. Schöner konnte es nicht mehr werden. Oder doch? „Hey, ich sagte doch ich bin erledigt... willst du dass ich ohnmächtig werde?“ Er fing schon wieder an... volle Absicht sag ich euch! Aber das hätte noch den ganzen Tag so weitergehen können... „Willst du nicht noch ne Runde surfen?“ Hauchte ich mit dem letzten Bisschen Stimme das ich aufbringen konnte. „Die Wellen sind grad nicht so, später wieder.“

Das Komische an der ganzen Sache war ja – ihn hatte bis jetzt noch keiner erkannt! Vielleicht lag es auch daran dass heute nur Hawaiianer am Strand zu sein schienen. Wo waren denn die ganzen Urlauber? „Du, wieso kommt’s mir eigentlich vor als wären wir hier die einzigen Ausländer?“ Orli zuckte mit den Schultern, auf denen ich grade meine Hände kreisen ließ... „Weiß nicht. Is doch gut so, so erkennt mich keiner... au ja, genau da...“ Wir hatten vorhin unsre Baströcke angezogen und uns halb tot gelacht über den Anblick des jeweils anderen. Orli hatte sich noch eine rosa Blumenkette um den Hals gehängt und ein bisschen Hula getanzt, worüber ich mich natürlich noch mal kaputt gelacht hatte. Langsam wurde es ein bisschen finsterer und die Leute zündeten Fackeln an. So was liebte ich. Strandfeste Abends, Fackeln, Meer... Ich war mal mit meiner Tante an der Nordsee gewesen, da haben die auch so was gemacht, aber das war lange nicht so schön gewesen wie hier weil zu kalt... Am Ende lehnten Orli und ich unter unserm Sonnenschirm aneinander und beobachteten den Sonnenuntergang, der den Himmel rosarot färbte. Einfach himmlisch.
 

Gegen acht, halb neun leerte sich dann der Strand, nur wir beide blieben übrig. Trotz dass es Nacht war, war es gar nicht so kalt. Lag vielleicht auch daran dass Orli mich wärmte. Wir küssten uns schon seit mindestens zwanzig Minuten und bekamen nicht genug voneinander. Immer weiter kullerten wir von unserm Schirm weg hinüber in den immer noch warmen Sand... Und ihr wisst ja was bei solchen Gelegenheiten passiert. Der krönende Abschluss dieses wunderschönen Tages. Ich hatte heute nicht mal was gegessen, lebte nur von Luft und Liebe wie man so schön sagt... Und was machte Orli spät Nachts? Er hob mich hoch, schnappte sich meine Krücken und trug mich bis ins Bett... einfach süß. Ein Traum. Ein totaler Traum...
 

Der Wecker schepperte und ich schreckte auf. Verwirrt sah ich mich um. Wo war ich? Wer war ich und vor allem – was war das da neben mir im Bett?? Dann fiel es mir wieder ein, ich war ja auf Honolulu – Dingsda... der Begriff Hawaii fiel mir in dem Moment nicht ein. Und dann betrachtete ich den süß schlummernden Orlando. Wie hatte mal einer der Hobbits gesagt? Oder so... Er könnte nicht schöner sein... so war es. Ich setzte mich auf und sah ihm beim Schlafen zu. Jetzt hatte ich ein Bisschen Zeit zum Nachdenken und es kam mir schon komisch vor – ich armes kleines Stadtkind mit diesem Hollywoodstar... hatte ich so was überhaupt verdient? Leise erhob ich mich und schlich hinaus ins Bad. Ich weiß nicht warum, aber ich musste raus. Der Morgen dämmerte und es war schon ein bisschen warm. Ich liebe den Geruch, der frühmorgens in der Luft hängt. Ich hinterließ Orlando eine Nachricht, damit er sich keine Sorgen machte. Leise schloss ich die Zimmertür und machte mich auf den Weg nach unten.
 

Am Strand war noch kein Mensch zu sehen. Ich ging ein bisschen auf und ab, sog die frische Luft ein und sah der Sonne zu, wie sie über den Horizont stieg. Ich glaub was Schöneres hab ich noch nie gesehen... außer Orlando natürlich. Und den kann man eigentlich nicht übertrumpfen. Über mir zog ein Schwarm Vögel aufs Meer hinaus. Der Himmel wurde immer mehr orange – rot, das rosa verschwand langsam. Und dann spitzte der erste Sonnenstrahl aus dem Meer. Schon komisch, das war jetzt das erste Mal seit langem dass ich wieder mal für mich alleine war, ohne jemanden, der dauernd um mich herum war. Und ich wunderte mich schon irgendwie dass ich es mit meinen Krücken bis hier runter geschafft hatte, es waren ja doch ein paar Steine im Weg gewesen. Aber mein Fuß befand sich auf dem Weg der Besserung, es tat fast nicht mehr weh beim Auftreten, in zwei, drei Tagen würde ich vielleicht ohne Krücken gehen können und einen Hawaiianischen Arzt fragen ob er mir den Klotz am Bein abnahm damit ich mit Orli auch mal den Mauna Loa oder so besteigen konnte. Inzwischen war die Sonne schon zur Hälfte aufgegangen und wärmte mich auf. Es war doch ein bisschen kalt geworden, nachdem ich eine Weile auf diesem Stein gesessen hatte... he, schon komisch ohne einen Orlando der einen aufwärmte... wo er nur blieb... wahrscheinlich schnarchte er noch in Ruhe vor sich hin. Ja, er schnarchte wirklich – musste ich leider feststellen, als wir die erste Nacht nebeneinander verbrachten. Aber das macht mir nichts aus, wenn ich wach bin kann ich ihn ja betrachten und das ist die schönste Entschädigung. Es wurde immer wärmer, je höher die Sonne stieg. Oben auf dem Felsen über dem Strand regte sich langsam Leben, ich hörte einige Motoren brummen und Leute reden. Aber hier runter kam keiner. Zum Glück. Ich stand auf und machte mich auf den Rückweg.
 

Und – welch Zufall – kaum hatte ich das Hotel betreten, kam mir Orli entgegen. Er schenkte mir eins seiner wunderschönen sanften Lächeln... „Hey, wollt grad zu dir runter. Gehn wir frühstücken?“ Ich nickte und ließ mich von ihm in die Arme nehmen. „Hab mir den Sonnenaufgang angesehen... wunderschön.“ Er lächelte immer noch. „Ich weiß, ich hab oft da unten gesessen und mir gewünscht, ich hätte jemanden neben mir...“ – „Aber du hattest doch Kate und Kirsten und...“ – „Die? Die ham lieber ausgeschlafen! Für so was konntest du die nicht haben. Und wenn du dann was gesagt hast hieß es nur ich brauch meinen Schönheitsschlaf, Orli!“ Wir lachten. Okay, jeder hatte so seine Macken, ich war normal auch kein Frühaufsteher, aber heute musste ich raus, vielleicht lag es auch daran dass ich nicht mehr schlafen konnte weil ich woanders war... Wir frühstückten in aller Seelenruhe und überlegten dann, was wir mit dem Tag anfangen könnten. „Du kannst mit deinem Fuß ja nicht klettern...“ Meinte Orli und sah auf meinen Gips. „In ein paar Tagen können wir richtig loslegen, da lass ich mir den Gips abnehmen, der Arzt hat ja gesagt so um Freitag, Samstag rum kann ich das Ding abnehmen und meinen Fuß wieder belasten. Aber ausreizen dürfen wir's trotzdem nicht, es is noch nicht ganz verheilt.“ Orli grinste mich an. „Ich glaub die hier im Hotel haben einen Arzt, den können wir ja dann fragen. Also, was willst du machen, Inselrundfahrt?“ War keine schlechte Idee, aber ich hatte nicht großartig Bock darauf, von allen angestarrt zu werden, wenn ich mal wieder eine Knutschattacke bekam. Ich zuckte also mit den Schultern. „Etwas, wo wir möglichst unerkannt bleiben.“ Er überlegte lange. „Die fahren doch mit Booten raus aufs Meer zu den Korallenriffen... ach ja scheiße, du kannst mit deinem Gips ja nicht tauchen...“ Ich sah ihn skeptisch an. „Du kannst doch auch nicht tauchen...“ Er wurde rot. Erwischt. Hehe. „Aber zum Delfine beobachten kannst du mit, is das was?“ ich mochte Delfine, diese intelligenten Meeressäuger die sogar Kinder von Behinderungen heilen konnten... Ich stimmte zu und Orli ging an die Rezeption, fragen wo man so was buchen konnte. Glücklicherweise gab’s das gleich dazu in unserm Rundum – Paket... Orli, da hast du mal wieder an was nicht gedacht. Wir gingen noch eben nach oben, uns umziehen. Um neun würde das Boot ablegen, und zum Steg war es schon ein Stück zu gehen. Orli bot mal wieder an, mich zu tragen, aber so würden meine Beinmuskeln ja völlig verkümmern wenn er mich immer nur durch die Gegend schleppte... *grins* Ich beschloss also, selbst zu gehen.
 

Um viertel vor neun kamen wir am Steg an, an dem etwa noch... ich zählte durch... mit uns waren’s sieben Leute. Das ging, da hätten wir schön Platz. Hoffentlich erkannte Orli keiner. Bis jetz war aber alles gut gegangen, auf Hawaii kannte ihn offenbar niemand. Hatten die denn hier kein Kino? Na ja, war jedenfalls gut so. Wir kletterten aufs Boot, Orli hob mich über die Kante, weil ich sonst mit meinen Krücken zwischen Steg und Boot hängen geblieben wäre und über dem Wasser geschwebt hätte... sicher kein schöner Anblick *grins* Zum Dank küsste ich ihn und wir setzten uns auf eine Bank nahe des Führerhauses. Das Meer glitzerte in der Morgensonne und es war schon ganz schön warm... ich schätze mal 25 Grad oder so. Ich setzte meine Sonnenbrille auf, damit die Sonne nicht mehr so blendete. Orli setzte die seine auch auf. Der Kapitän startete den Motor und wir fuhren hinaus ins offene Meer. Und es dauerte auch gar nicht lange, da kamen die ersten Delfine neben uns hergeschwommen, steckten ihre Schnauzen zur Begrüßung aus dem Wasser und vollführten Kunststücke. Sagte ich, ich mag Delfine? Ich liebe sie! Wenn doch nur die Menschen halb so intelligent wären wie die Delfine...
 

Die Tour war aber ziemlich schnell wieder zu Ende, um 13 Uhr waren wir schon wieder am Steg. Es war auch höchste Zeit für’s Mittagessen, ich war schon halb am Verhungern, Delfine beobachten macht hungrig *Grins*
 

Hatte ich eigentlich schon erwähnt dass Orli uns einen Platz in einem fünf Sterne – Wellnesshotel besorgt hatte, der alte Schlingel? Klar, für die Großverdiener nur das Beste, er hatte ja mit seinen Filmen Millionen gemacht, die er jetzt ausgeben konnte. Hä, ihr denkt bestimmt ich wär nur auf sein Geld scharf. Nein! Orli ist der wunderbarste Mensch der Welt, nur das zählt und sonst nichts, nicht mal dieses beschissene Geld. Und ehrlich – ich hätt ihn ebenso genommen wenn er ein armer Schlucker wäre! So ein Goldstück fällt einem schließlich nicht alle Tage in den Schoß.

Nach dem Mittagessen ließen wir uns eine Schoko – Massage verpassen, über die wir uns am Nachmittag auf dem Balkon bei einem Drink amüsierten. „Schade, ich hatte solchen Hunger auf Schoki...“ Lachte Orlando. „Ich auch... aber mal ehrlich, du massierst zehntausendmal besser als die Tussi da unten...“ Er grinste verschmitzt. Ich fragte mich, wo er das gelernt hatte. Bestimmt nicht in der Masseurschule. „Jahrelange Übung macht den Meister...“ Ich musste lachen. „Deine arme, erste Freundin muss ja was mitgemacht haben damit du von einem Stück Kohle zu so einem Diamanten wurdest...“ – „So schlimm nu auch wieder net.“ Schmollte er. Glaubte ich auch nicht, er hatte das im Blut. Er war eben perfekt :o) Na ja, keiner ist perfekt, auch Orli hatte so seine Ecken aber das war mir egal. Wenn man jemanden liebt, sieht man über die kleinen Fehler hinweg. Ja, ich fing sogar an, Gelb zu mögen! Komisch. *g*

Wir beschlossen dann, den Nachmittag auf dem Balkon in der Sonne zu verbringen. Ich muss irgendwann eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, war es eiskalt und stockdunkel. Oje... ich rannte nach drinnen und sah in den Spiegel. Orli lehnte an der Ecke zum Badezimmer und drückte mir eine Tube in die Hand. „Ich hab auch nen Sonnenbrand, bin auch grad eben erst aufgewacht...“ Ich cremte mich dick ein und suchte dann nach etwas zu trinken, bei Sonnenbrand soll man viel trinken... oder war das bei Sonnenstich... keine Ahnung, ich schüttete jedenfalls erst mal ein Glas Wasser in mich hinein, denn ich hatte wirklich Durst. Wir sahen beide aus wie frittierte Krebse. Na ja, was waren’s gewesen... drei, dreieinhalb Stunden bis die Sonne untergegangen war... es war rot, aber schälte sich nicht, das wäre in ein paar Tagen wieder gut. „Du siehst aus wie ne echte Rothaut.“ Witzelte ich über Orli. Er hatte ja die Haare ein bisschen länger jetzt und sah wirklich aus wie ein Indianer grade. Er verbeugte sich. „Danke.“ – „Kannst ja im nächsten Winnetou – Streifen mitspielen...“ Grinste ich. Er knuffte mir in die Seite. „Wasn?“

Wir schalteten den Fernseher ein und warfen uns aufs Bett. Komisch, dass ein Tag, an dem man nichts tut, einen so fertig machen kann. Vielleicht hatte ich auch wirklich einen leichten Sonnenstich. Friedlich schliefen wir ein.
 

Der nächste Tag war Samstag... in Deutschland, aber hier war es einen Tag früher, also Freitag. Ich wollte mich heute daran machen, Postkarten zu kaufen um meinen Freunden zu schreiben. Und meiner Mom. Für die musste ich eine extra schöne Karte raussuchen, dafür dass sie schon nicht mit konnte. Das hätte mir grade noch gefehlt, Mom unten am Strand mit Orli... wer weiß was da alles hätte passieren können *grins* Danach hätte ich noch ein Geschwisterchen gekriegt von meinem eigenen Freund.. Ich liebe solche absurden Gedanken ^_^“

Wir waren irgendwann, ich glaub es war gegen zehn, aufgestanden. Und was jeder als erstes Tat, war in den Spiegel schauen was der Sonnenbrand machte. Eitel waren wir ja gar nicht. *kicher* Aber es war schon deutlich besser. Ich hoffte nur, dass ich keine Pigmentflecken bekam. Am Arm hatte ich mir schon mal einen Sonnenbrand geholt und jetzt so hässliche braune Flecken davon. Na ja, aber der war auch etwas heftiger gewesen als dieser hier. Ich schmierte mir noch mal eine Portion Creme ins Gesicht und ging mich dann umsehen wo Orli steckte. Im Bad war er und tat das Selbe wie ich. Ich musste grinsen, sah schon lustig aus, auch wenn es das eigentlich nicht war. „Können wir uns so eigentlich aus dem Haus trauen?“ – „Wieso nicht, hier laufen viele mit rotem Gesicht rum... die können alle nicht aufpassen und sehen dann was sie von ihrer Leichtsinnigkeit haben... ich hoff nur ich krieg keine Flecken...“ Orli betrachtete sein Gesicht kritisch im Spiegel. „Die sieht man bei dir doch eh net, du bist eh schon so dunkel.“ – „Na ja, aber wenn ich mal eine Zeitlang keine Sonne abkrieg werd ich auch weiß wie du. Hast ja bei Herr der Ringe gesehen, blonde Haare machen einen gleich noch bleicher...“ – „Ach so, dachte du wärst von natur aus ein bisschen dunkler.“ – „Hmm...“ Er sah noch mal genauer hin und knipste dann das Licht über dem Badezimmerschränkchen aus. „Wo wir grad dabei sind...“ – „Hm?“ Ich wendete mich wieder von meinem Oberteil ab, das ich grade auf der Bettdecke ausgebreitet hatte. „Was hast du eigentlich für ne Naturhaarfarbe?“ Wieso wollte der das denn wissen... „Dunkelblond bis hellbraun, wieso? ... Ah, du stehst auf Blondinen, wie? Ich kenn dich schon, keine Sorge...“ Grinste ich ihn an und er wurde ... na ja gut, rot kann man nicht sagen, das war er ja eh schon, aber man sah dass es ihm dann doch ein bisschen peinlich war. „Hat mich nur mal interessiert. Is doch scheißegal ob du blond bist oder rot oder sonst was. Rot sieht auch gut aus, aber das sind dann meistens Iren oder Schotten oder so was.“ – „Du wirst dich wundern.“ – „Was.“ – „Meine Mom hatte als sie jung war feuerrote Haare... ich vermute dass da was schottisches oder so drin is in unsrer Familie, frag aber nicht was.“ – „Cool.“ Er zupfte sich an den Haaren und schien zu überlegen ob er rote Haare an sich selbst nicht auch cool finden würde... „Soll ich dir die Haare auch mal rot färben?“ Zog aber dann eine Schnute, denn dann müssten wir ihm Kontaktlinsen besorgen in grün oder blau, würde sonst nicht zum Typ passen. „Lass mal lieber, ich gefall mir so wie ich bin.“ Wenigstens einer war mit sich zufrieden. Ich zog mir mein Oberteil also über und versuchte den Sonnenbrand mit ein bisschen Schminke zu übertünchen, was Orli in Erstaunen versetzte: „Man könnte meinen, du hättest keinen Sonnenbrand...“ Ich hatte mir ja auch Schminke gekauft die gut deckte! Nicht dieses fast nicht pigmentierte Zeug unter dem du noch deine Augenringe siehst! „Soll ich dich auch schminken damit du nicht mehr rot bist?“ grinste ich ihn an, worauf er mit seinen Zeigefingern ein Kreuz vor mir formte. „Bleib mir bloß vom Leib!“ Wir mussten lachen. Als schließlich alles fertig war, machten wir uns auf den Weg nach unten.
 

Vor dem Hotel knallte die Sonne schon wieder gnadenlos auf uns hernieder. Aber Orli hatte da ja vorgesorgt – und sein graues Army – Cap übergezogen. Konnten wir nur hoffen dass ihn so keiner erkannte, denn das Käppi war ja schon auf der ganzen Welt bekannt. Bis jetzt hatte aber noch keiner was gesagt. Ich hatte mir auch ein Käppi übergezogen, ein gelbes, das ich mir von Orli geborgt hatte. Und so zogen wir ein bisschen um die Häuser, um hier mal zu halten, da was zu kaufen... wir hatten in einer Gasse einen wunderschönen Basar entdeckt, auf dem du alles mögliche kaufen konntest, von Armbanduhren bis zum Zahnstocher. Ich wollte meiner Mom einen Schreck einjagen und hatte mir eine hölzerne Tiki – Maske (Ihr wisst schon, diese hässlichen Fratzen...) gekauft, die Orli natürlich brennend interessierte als Inventar für seine antike Wohnung in London... Ich entschied mich dann auch noch, mir an einer Ecke einen Strohhut zu kaufen. Den fand ich ein wenig passender als dieses quietschgelbe Käppi, das ich dann Orli aufsetzte und seine graue Mütze in meinem Rucksack verstaute, denn vorhin waren wir schon von zwei Mädchen erkannt worden. Ich amüsiere mich jetzt noch über deren Gesichter, denen sind fast die Augen rausgefallen als sie Orli gesehen haben. Immer wieder haben sie sich gegenseitig die Ellenbogen in die Seiten gestoßen weil keine glauben wollte dass er das wirklich ist. Wir hatten dann versucht, uns unbemerkt aus dem Staub zu machen, aber es hatte nichts geholfen, eine hatte dann die Initiative ergriffen und kam zu Orli gerannt und bat ihn völlig außer sich um ein Autogramm und Foto. Orli – Profi wie er alt einer ist – wickelte das ganz lässig ab und wir verschwanden hinter der nächsten Biegung bis die beiden außer Sichtweite waren. „Wow, das war aber verdammt knapp...“ Bemerkte ich schließlich, denn eine hatte mich ziemlich böse angesehen, wie ich da so Arm in Arm mit Orli stand... Neid sag ich nur, purer Neid. Aber wer wäre da nicht neidisch... Ich sah zu Orli hoch, der grade etwas weiter vorne im Visier hatte... „Ich dachte du bist Nichtraucher?“ Meinte ich zu ihm, als wir „da vorne“ angekommen waren – an einem Stand, der Wasserpfeifen verkaufte. „Ich seh sie mir doch nur an...“ Na ja, stimmte schon, schön anzusehen waren sie, diese Wasserpfeifen. Ich zog ihn weiter, so gut das halt auf zwei Krücken ging. Heute Nachmittag wollten wir den Doc fragen ob er mir den Verband abnahm. Dann konnte ich endlich mit Orli surfen gehen. „Ich glaub da nehm ich ein paar mit...“ Ich hatte an einem Stand Glas – Armreifen zum Spottpreis gesehen und wollte mir beide Arme damit voll machen.

Stolz auf meine klimpernde Errungenschaft zogen wir ein paar Stände weiter. Ich kaufte mir noch eine riesige, bunt bedruckte Decke als Bettüberwurf für zu Hause.

Zurück im Hotel ruhten wir uns erst einmal bei einem Eisbecher in der Lobby aus. Klar dass wir ein paar Stunden für den Becher brauchten, bei den Knutschanfällen die ich immer wieder bekam... Nachher gingen wir dann zur Rezeption, fragen wo die Krankenstation war. Der Potier wies uns den Weg in den dritten Stock irgendwo ganz hinten. Freundlich empfing uns ein sehr Hawaiianisch aussehender Arzt, wohl ein Ureinwohner oder so... sah einem dieser Fanta – Werbungs – Typen ziemlich ähnlich.

„Also, ich wollte den Gips ab haben, hab mir am Montag zu Hause eine Bänderzerrung geholt, und der Doc meinte ich könne Freitag oder Samstag so was den Gips abmachen und wieder belasten...“ – „Okay, dann machen wir das Ding ab. Aber noch nicht übertreiben, es ist noch nicht ganz verheilt.“ Gab der Arzt zu verlauten und holte die Gipssäge. Ich hatte bei solchen Dingern immer Angst, dass der mir das Bein auch noch absäbelt... Aber es passierte nichts, und nach zehn Minuten hatte ich den Klotz los. „Oje, haarige Angelegenheit...“ Grinste Orli, als er mein entgipstes Bein zu Gesicht bekam. „Dann gehn wir halt eben noch rauf und beheben das...“ schlussfolgerte ich. Der Arzt wusch noch eben die letzten Gipsreste ab und gab mir dann die Krücken in die Hand. „Versuchen Sie’s erst einmal ohne und wenn es nicht geht, benutzen Sie sie noch für ein paar Tage.“ Darauf hatte ich aber keine Lust, ich wollte nachher mit Orli surfen gehen!! Wir verzogen uns erst einmal aufs Zimmer, um die haarige Bescherung zu beheben.
 

Orli lümmelte derweil auf dem Bett herum, während ich im Bad war. Ich konnte ohne die Krücken ganz gut stehen, musste nur aufpassen dass ich nicht nach links umknickte mit dem Fuß, denn das tat verdammt weh. Aber sonst ging’s. Ich hatte mir einen Jux gemacht und zum Strand runter meine Hotpants angezogen, die ich besaß. Ich hatte die Dinger schon seit Jahren nicht mehr getragen, aber sie passten noch. Dazu ein schönes Top... dann musste mich Orli wieder einschmieren, hehe. Er sah gerade aus dem Fenster als ich aus dem Bad geschlichen kam. Und diesmal blieb ihm der Mund offen stehen. Hehe, so jetzt hab ich dich am Wickel, Orlando. „Wow!“ War alles, was er noch hervorbrachte. Und dann grinste er mich schelmisch an. „Gehn wir surfen?“ Fragte ich ihn und setzte mich zu ihm aufs Bett. Er machte einen auf überrascht. „Nicht so schnell, ich bin doch noch nicht mal umgezogen...“ Jap, er lag immer noch in Hawaiihemd und kurzer Hose auf dem Bett herum und dachte nicht daran, aufzustehen. Ich schubste ihn sanft aus dem Bett. „Hey, das war grad so bequem...“ Schmollte er, ging aber dann zum Schrank, um seinen Surferanzug herauszuholen. Vor meinen Augen zog er sich um... X–P Das war das erste Mal dass ich ihn bei Tageslicht genauer betrachten konnte, denn sonst war es immer ein bisschen düster gewesen... Was für ein Mann... „Du kannst es nicht lassen, was?“ Grinste ich ihn an. Er grinste zurück und holte dann sein Surfboard aus der Nische. „Für dich werden wir unten was ausleihen, ich kenn den Typen da recht gut, der wird dir sicher einiges erklären und helfen.“ Ui, das freute mich schon! Wir gingen also runter an den Strand, der heute, ja sagen wir zu zwei Dritteln belegt war. Würde schwer werden, da nicht erkannt zu werden. Wir gingen zu einer Schilfhütte am Rande des Strands. In der Hütte befand sich wieder so ein Hawaii – Typ wie aus dem TV... komisch, sahen die alle gleich aus oder war das der Arzt?? So ein Quatsch. Der Verpasste mir dann auch erst mal eine Lektion in Grundlagen des Surfen und ein für meine Verhältnisse viel zu großes Brett, das aber genau richtig war, so wie Orli mir das erklärte. Und auch ich bekam so eine Schnur um den Fuß, die mit dem Brett verbunden war und dafür sorgte dass es auf offener See nicht wegtrieb... Orli und ich suchten uns erst mal ein freies Plätzchen etwas abseits der Menge und machten ein paar Trockenübungen... wie man auf dem Brett steht, paddeln, was man auf keinen Fall machen darf – all solche Sachen halt und nach eineinhalb Stunden durfte ich (endlich!!) ins Wasser. Na ja, ich brauch euch ja nicht erzählen wie jämmerlich meine ersten Versuche waren. Und Orli amüsierte sich natürlich köstlich. Er hatte seine Digicam dabei und schoss richtig peinliche Urlaubsfotos. Aber nach drei Stunden surfen am Stück – ich wollte nicht raus und aufgeben – hatte ich es schon einigermaßen drauf, mir tat mein Fuß zwar ziemlich weh, aber das war mir in dem Moment egal, denn der Ehrgeiz hatte mich gepackt. Trotzdem zog Orli immer noch an mir vorbei und ließ mich wie einen Amateur aussehen, was ich ja auch war. Zwischendurch saßen wir immer wieder auf unsren Brettern im Wasser uns spritzten uns gegenseitig nass. War lustig *g* Schließlich kriegte er mich doch noch dazu, wieder an Land zu kommen. Außerdem war eine Auffrischung unsres Sonnenschutzes nötig...
 

Da lag er, flach im Sand und ich cremte ihm den Rücken ein. Ein klein wenig jagte mir das immer wieder einen Schrecken ein, wenn ich die lange Narbe sah von seinem Unfall... ich hatte davor ja schon davon gehört, aber dass das so heftig aussah... aber Orli beteuerte immer wieder, das wäre nur noch äußerlich und sie würde manchmal ein bisschen kneifen. Ich hoffte das und drückte an der Stelle nie zu fest, aus Angst, ihm weh zu tun. Hätte ich gekonnt, hätte ich im Himmel oder so einen Antrag auf völlige Schmerzfreiheit für Orli gestellt, denn er hatte, wie ich fand, schon viel zu viel durchmachen müssen. Das war nicht fair. Aber momentan ging’s ihm ja prächtig. Er genoss es genauso wie ich, eingecremt zu werden... und ich genoss seinen Anblick, wie er sich einfach sinken ließ...

Mich cremte er nachher auch noch ausgiebig ein... er hätte wieder den ganzen Tag so weitermachen können und die darauf folgenden auch noch. Der Kerl war so zärtlich dass einem die Sinne schwanden... Wirklich, ich glaub ich bin fast eingeschlafen, so gut hat das getan. Aber bald war die Sonnencreme alle... wir küssten uns noch eine Weile und machten uns dann wieder auf den Weg in die Wellen. Langsam mussten wir uns beeilen, es war schon nach 17 Uhr und in ein paar Stunden würde es dunkel werden. Und statt uns diesmal wieder nass zu spritzen, saßen wir nebeneinander auf unsren Boards und küssten uns... und ich weiß jetzt schon dass ich diesen Urlaub nie vergessen werde, denn er war der schönste meines Lebens. Würden die in meiner Klasse staunen wenn ich braungebrannt wiederkam. Inzwischen hatten wahrscheinlich eh alle gecheckt, dass ich mit Orli zusammen war, bzw. Christinchen hatte es ihnen wahrscheinlich geflüstert. Sollte mir gleich sein, denn bis jetzt war ja noch nichts großartiges passiert. Wieso hab ich eigentlich solche Gedanken im Kopf wenn mich dieser lebende Wahnsinn küsst... ich ließ mich rückwärts in den Sand sinken. Inzwischen war es schon wieder ziemlich leer, und wir konnten noch stundenlang weitermachen... heute hatte ich ja wieder jemanden, der mich wärmte. Ich hatte ja schon gesagt, dass ich mich unsterblich in Orli verliebt hab, oder? Na ja, jedenfalls wurde das von Tag zu Tag mehr... Ich hoffte wirklich, er würde mir nie wieder von der Seite weichen. Aber was würde sein, wenn seine zwei Wochen Urlaub um waren? „Du, Orli...?“ Wir lagen nebeneinander im Sand, dem andern gegenüber. Er sah mich an. „Hm?“ – „Was machst du jetz dann eigentlich wenn deine zwei Wochen Urlaub um sind?“ Er schien nachzudenken. „Eigentlich wollte ich ja nach Fluch der Karibik eine längere Pause einlegen...“ Mein Herz sprang in die Luft vor Freude, aber meine Miene trübte sich sogleich, als er weitersprach. „Aber meine Agentin meinte, ich sollte noch ein paar Pressetermine und so machen... heißt ich müsste dafür zurück nach England und das kann ein paar Wochen dauern... Hey, nicht weinen...“ Er lächelte mich lieb an und küsste mir sanft meine Tränen weg, die mir hochgekommen waren. Ich wollte nicht wieder ohne ihn sein! Ich hasste dieses Gefühl, allein zu sein, ohne den Menschen den man mehr liebt als alles andere auf der Welt. Ich würde sterben ohne ihn. Ohne Orli war ich kein kompletter Mensch, und wenn jemandem etwas wichtiges fehlt, dann kann er auch nicht überleben. Er nahm mich in seine Arme. „Lass nie mehr los, ja?“ Flüsterte ich.
 

Als ich aufwachte, war es erst einmal eiskalt. Dann sah ich mich um und musste feststellen dass ich mich immer noch am Strand befand. Wir waren gestern doch tatsächlich hier eingeschlafen... Ich küsste Orli wach. „Wir sind am Strand eingeschlafen...“ Grinste ich ihn an. Der war zwar anfangs noch ein bisschen verwirrt, wusste dann aber schnell wieder was Sache war. Wir mussten erst einmal lachen. Aber dann überfiel mich der kleine Unmut wieder, der mich gestern Abend schon beherrscht hatte. Orli würde bald ein paar Wochen verschwinden, womöglich erst mal länger... „Lass uns hochgehen, mich friert...“ Orli zog sein Surfboard aus dem Sand und wir gingen nach oben ins Hotel.

Oben war noch keine Menschenseele zu sehen, was musste es gewesen sein, sieben? Irgendwas um den Dreh. Oben zogen wir erst mal unsere sandigen Klamotten aus und machten es uns im Bett gemütlich. Aber ich bekam kein Auge zu. „Du Orli?“ Er konnte anscheinend auch nicht schlafen, denn von drüben kam ein „Hm?“ – „Ich will nicht ohne dich sein...“ Erst mal lange Pause. „Ich weiß, das wird verdammt schwer, mir fällt es auch nicht leicht, mich so lang von dir zu trennen, aber ich weiß nicht wie wir das bewerkstelligen sollen... du musst zur Schule, kannst da nicht weg.“ – „Aber ich sterbe ohne dich...“ Er drehte sich um, strich mir durchs Haar und küsste mich. „Das schaffst du schon, du bist doch bis jetzt auch stark gewesen.“ – „Das war nur gespielt, innerlich bin ich draufgegangen, ich hatte keine Sekunde, in der ich nicht an dich gedacht hab als wir getrennt waren.“ Orli sah wieder zum Fenster hinaus, ich konnte den Rauch förmlich aus seinen Ohren kommen sehen. „Ich hab's.“ Ich stutzte. Was war das jetz wieder für eine geniale Idee. „Habt ihr nicht so was wie ein Schüleraustauschprogramm?“ Ich musste überlegen. Einige aus der Klasse über mir waren schon nach Amerika gegangen letztes Jahr, aber ob dieses Jahr auch wieder so was statt finden würde und vor allem wohin, das wusste ich nicht. „Kann ich dir erst sagen wenn ich wieder Schule hab... wär eine Idee, aber als Au Pair muss ich ja in eine Familie...“ – „Na ja, vielleicht kriegen wir das ja hin, dass ich deine Familie sein kann...“ Wir lachten. Lustige Vorstellung. „Hey, ich mach aber dann nicht deine Putze, ja?“ Gab ich ihm schließlich zu verstehen. „Also hör mal, hat sich schon je eine beschwert, dass sie bei mir nur putzen musste?“ Stimmt, gehört hatte ich noch nichts. „Ich werd dir den Himmel auf Erden bieten, soweit das in meiner Junggesellenbude halt möglich ist...“ Grinste er. Schelm. Das würde bestimmt schööön... aber meine Freundinnen würde ich vermissen. Jazzy mit ihrer Art, durch die Wand zu gehen und Mandy für ihre Zuhörerqualitäten. Und Janine, oh je, die würde mir das nie verzeihen wenn ich mit Orli durchbrenne. Aber damit musste sie leben. Ich weiß nicht warum, aber ich spürte innerlich dass ich meine Bestimmung gefunden hatte... wie Puzzleteile die genau ineinander passen. Und meine Mom... Na ja, Jazzy und Mandy müssten ihr halt mal einen Schubs zur Tür hinaus geben damit sie mal wohin geht und sich einen Typen angelt... Wie ich mir Orli, da hatte es ja geklappt *grins* Ich wusste jetzt am Ende eigentlich gar nicht mehr, wer von uns beiden angefangen hatte. Aber ich glaub es war Orli, denn von mir selbst aus hätte ich ihn niemals geküsst, dazu hatte ich viel zu viel Schiss. Ich musste innerlich grinsen, wenn ich an den Tag unsres Kennenlernens zurückdachte, war doch erst eine gute Woche her. Ihr werdet jetzt sagen – Was, eine Woche und du fährst schon mit ihm weg?? Spinnst du?? – Ähm... ich weiß nicht, siehe Puzzleteile *g*
 

Wir schliefen noch bis ungefähr Mittag, wie meistens. Und da hier auf der Insel jetzt Sonntag war, gingen wir den Tag sehr ruhig an. Unten im Hotel gab es Frühstück heute später für die ganzen Langschläfer die Sonntags auspennen wollten, und so gesellten wir uns in einer stillen Ecke zur Menge und frühstückten erst mal in aller Ruhe, um dann zu überlegen was wir mit dem angebrochenen Tag anfingen. Da fiel mir ein, die hatten doch sicher hier irgendwo ein Telefon. „Du, können wir nachher mal fragen ob wir telefonieren können? Ich werd meiner Mom gleich mal den Auftrag geben, an der Schule nachzuhaken, was da mit Schüleraustausch is...“ An unsrer Schule wurde verwaltungstechnisch auch noch unter den Ferien weitergeschuftet, also müsste Mom am Montag mal nachfragen können, ob das irgend möglich wäre. „Du wirst ihr so einiges erklären müssen...“ Schmunzelte Orli. Ich zuckte mit den Schultern. „Das muss sie in Kauf nehmen, ich bin keine zehn mehr und sie muss mich langsam gehen lassen. Andere ziehen schon mit sechzehn aus.“ Wir gingen also zum Schalter und fragten nach einem Telefon, das man uns dann prompt auf den Tresen stellte mit genauer Anleitung wie man nach Deutschland telefonieren konnte. Es läutete sechs Mal bis jemand abhob...

„Ja?“ – „Mom?“ Ich konnte förmlich durchs Kabel sehen, wie meine Mom große Augen bekam, verblüfft dass es auf Hawaii Telefone gab. „Marie? Bist du das??“ Ich kicherte. So war meine Mom... „Ja, ich bin’s... wollt nur mal fragen ob alles okay is bei dir.“ – „Ich hoffe dir is klar wie spät es ist.“ Ich sah auf die Uhr, hier war es halb eins, also war es in Deutschland... au scheiße, halb drei nachts... „Oh Sorry Mom, ich hatte die Zeitverschiebung ganz vergessen...“ – „Schon gut, es sei dir verziehen. Jetz erzähl mal, wie isses auf Hawaii? Muss ja geil sein...“ War das ihr neues Lieblingswort?? „Is es auch, Strand, Wellen, Sonne... Orli hat mir das Surfen beigebracht...“ Ich wusste was jetzt kam...“Mit Gips??“ – „Den hab ich mir abnehmen lassen, der Doc hat ja gesagt Samstag oder Sonntag. Läuft schon wieder ganz gut. Sonnenbrand haben wir beide leider auch weil wir vorgestern auf dem Balkon eingeschlafen sind...“ – „Oh je, man cremt sich ein wenn man in die Sonne geht, weißt du das nicht??“ Mütter... „Normal tun wir das schon, und zwar ausgiebig...“ ich betonte die letzte Silbe übermäßig und ließ ein bisschen Platz für Mom um zu verstehen. „Aber warum ich eigentlich anrufe...“ – „Jetzt kommt bestimmt wieder was Superschlaues...“ Ich verdrehte die Augen und sah zu Orli hinüber, der mich angrinste. „Nicht wirklich, aber du weißt doch sicher dass Orli nur zwei Wochen Urlaub hat. Und wir haben lange überlegt, was man da machen kann, denn ohne ihn will ich nicht mehr leben, sterbe ich.“ – „Hab ich damals von deinem Vater auch gesagt, und was is? Abgehauen isser, der Arsch...“ – „Werd nicht unsachlich. Folgendermaßen – kannst du mal an der Schule fragen ob die dieses Schüleraustausch – Programm noch haben? Ich würd, wenn’s möglich ist gern als Au Pair nach London gehen..“ – „Ja, aber da müssen wir doch erst mal eine Familie finden...“ – „Brauchst du nicht, du brauchst nur fragen ob ich eventuell bei Orli bleiben könnte, sozusagen als Familie...“ – „Ach so denkst du dir das. Und was wenn ihr euch mal in die Haare kriegt, dann sitzt du mutterseelenallein auf der Insel und hast keinen mehr den du da kennst.“ – „Ich werd da an der Schule ja auch Freunde finden, also das wär nicht so tragisch, außerdem glaub ich nicht dass ich mich mal groß streiten werde mit ihm...“ Ich gab Orli einen Kuss, den man auch durchs Telefon hören konnte. „Ich sag ja, vorgezogene Flitterwochen... wann wollt ihr heiraten?“ – „Voll witzig, Mom. Zurück zum Thema – bitte frag in der Schule nach dem Programm und ob ich bei... na ja sagen wir, meinem Freund bleiben könnte, der dort lebt. Statt einer Familie. Ich ruf dich dann am Donnerstag, also Mittwoch bei euch noch mal an und frag nach.“ – „Is ja schon gut, ich mach’s ja. Ich soll dich übrigens von Jazzy, Mandy und Janine grüßen, ham sie gesagt falls du anrufen solltest. Macht euch ne schöne Woche ihr zwei.“ – „Werden wir, grüß die drei zurück von mir, ich meld mich dann am Donners.. äh Mittwoch noch mal. Verdammte Zeitverschiebung....“ – „Okay, also bis dann, macht’s gut, grüß den Großen, Hübschen von mir...“ Ich konnte sie durch die Leitung grinsen sehen. „Werd ich, der steht neben mir und schneidet Grimassen...“ Ich musste lachen, Orli stand die ganze Zeit schon neben mir und machte Faxen, um mich zum Lachen zu bringen, offenbar sah ich beim Telefonieren so ernst aus... „Also bis dann, Servus...“ – „Ciao Mama, bis bald!“ Ich legte auf. „Du alter Clown!“ ich knuffte Orli in die Seite und gab ihm dann einen Kuss. „Ich soll dir Grüße von meiner Mom bestellen. Sie hängt immer noch an dir...“ grinste ich ihn an. Orli verstand was ich meinte.

Wir setzten uns an einen Tisch in der Lobby und lehnten uns erst mal zurück. „Und, was gedenkst du heute anzufangen?“ Fragte ich Orli. Er musste entscheiden, denn er kannte sich hier besser aus als ich. Er überlegte lange. Ich wollte eigentlich wieder raus an die frische Luft, die jetzt ein bisschen wärmer war als noch heute Morgen als wir am eiskalten Strand aufgewacht waren... „Wie wär's mit... nein, zu langweilig.“ Oje, fing das auch schon an. „Kann ich den Herrschaften behilflich sein?“ Wie aus dem Nichts war ein Kellner neben uns aufgetaucht. Befanden wir uns immer noch im Essbereich? „Oh T’schuldigung, danke, wir wollen nichts mehr essen, aber wissen Sie vielleicht was man an einem Sonntag hier so anfangen kann?“ Der Kellner überlegte eine Sekunde. „Draußen in der Bucht gibt’s Wasserski, Oder Sie gehen mit der Wandertour den Berg hinauf. Hulakurs im Keller des Hotels, Strandfeier heute Abend... wirklich nichts mehr?“ Oje, da war ja jede Menge Auswahl. Ich winkte ab, war noch total voll vom Frühstück. Orli auch. „Und, was meinst du.“ Fragte ich ihn, nachdem ich im Kopf noch mal alles überschlagen hatte. Für eine Wandertour war es schon ein bisschen spät. Fand ich jetzt... „Wandern? Ich bräuchte mal wieder bisschen Bewegung...“ Orli sah mich mit seinem Dackelblick an. Ich wusste aber nicht ob mein Fuß das schon aushielt. „Ich weiß aber nicht ob mein Fuß schon soweit ist...“ – „Wir können ja Pause machen wenn’s dir zu viel wird. Ich meine mich zu erinnern, dass die Wandertour immer abends zu Ende ist und man dann am Fuße des Vulkans demselben beim Lava spucken zusehen kann.“ – „Is das nicht gefährlich?“ – „Keineswegs, ihr seid ja weit genug weg. Der spuckt nicht viel, aber im Dunkeln sieht das beeindruckend aus.“ – „Hast du keine Angst, dass der hier irgendwann ausbricht und die Insel dem Erdboden gleich macht?“ – „Damit musst du leben können. Keine Sorge, der is schon ewig nicht mehr richtig ausgebrochen, pafft immer nur so dahin.“ Na ja, wenn er das sagte... Ich wollte zwar lieber Hula tanzen lernen, aber Wandern war mir eigentlich dann lieber, weil ich dann meine Beinmuskeln wieder auf Vorderfrau bringen konnte, die während meiner Krückenzeit ziemlich verkümmert waren wie ich fand... „Wann geht’s denn los?“ Fragte ich Orli und rutschte näher zu ihm, um den Plan mitlesen zu können, den er vom Kellner bekommen hatte. Und natürlich um ihm nahe zu sein... „Um drei, jetz isses...“ er sah auf die Uhr. „Zwei, wir haben also noch genug Zeit, uns umzuziehen und Rucksäcke fertig zu machen.“ Au ja, ab nach oben und ihn erst mal niederknutschen... hab ich schon erwähnt dass er heute umwerfend aussah? Nicht normal, was auch schon umwerfend war, aber heute noch besser also normal... Wirres Gerede *g* Halt umwerfender als umwerfend... ach egal jetzt! Wir verzogen uns also erst mal aufs Zimmer und richteten unsere Klamotten her. Ich zog meine besten Turnschuhe an, die ich dabei hatte. Nikes, die ich mir vor einem halben Jahr gekauft hatte. Natürlich im Sonderangebot bei Deichmann ;o) Orli war natürlich voll gerüstet mit Trekkingschuhen, passender Hose... „Na du alter Extremsportler? Wenn ich mal genug Kohle hab dann schaff ich mir auch so ein Hobby an.“ Ich knuffte ihn in die Seite, worauf er mich von hinten umarmte und nicht mehr losließ. „Hey, lass los, du zerquetschst mich ja.“ – „Wie lautet das Passwort?“ – „Sprich Freund und tritt ein?“ Wir mussten lachen. Ich konnte den ersten Teil von Herr der Ringe inzwischen schon auswendig. Aber ich wusste was er wollte und so küsste ich ihn eben, worauf er mich losließ. Ich hatte meine zweite Hotpants angezogen, um ein wenig Bewegungsfreiheit in der Wildnis zu haben. War ja klar dass Orli mich noch eincremen musste... aber daraus wurde nichts, weil die Tube leer war... „Du, ich glaub wir müssen noch eben Sonnencreme kaufen...“ – „Sieht ganz so aus. Also los.“ Wir ließen erst mal alles liegen und gingen runter in den nächsten Supermarkt (auch auf Hawaii gibt’s so was!) und besorgten uns eben eine Tube Sonnencreme. Na ja, besser gleich zwei ;o)

Und jetzt konnte er mich eincremen... und ich natürlich ihn *grins* Sonnenhut, Käppi, Sonnenbrille... Sogar Walkingstöcke konnte man sich ausleihen hier, wow! Ich nahm welche um meinen Fuß ein bisschen zu entlasten, worauf Orli mich als Weichei bezeichnete, denn er musste natürlich ohne Stöcke gehen, er war ja auch ein Mann und keine Nordic Walking – Oma. Ich schaffte es dann doch noch irgendwie, ihn zu einem paar Stöcke zu überreden, mit dem Argument, das sei besser für sein Kreuz, das ihm heute ein bisschen weh tat. Hoffentlich war er nicht wetterfühlig? Regnete es hier überhaupt mal? Musste ich nicht unbedingt haben, aber so ein schöner Sommerregen war bestimmt angenehm. Allein die Vorstellung, Orli mal im Regen zu küssen...
 

Um fünf vor drei war die Wandergruppe schon vor dem Hotel versammelt, waren vielleicht zehn Leute mit uns, glaub zehn ja, die hatten das limitiert damit der Führer bessere Übersicht behalten konnte. Wir gingen durch den Ort hindurch und langsam stieg der Weg an. War schon ein komisches Gefühl, der Boden hier war schwarz von Basalt. Aber um uns das pure Leben, grüne Bäume, viele schöne Vögel, solche wie wir sie im Zoo gesehen hatten und wirklich große Schmetterlinge, einmal kam mir so ein riesen Teil entgegen geflogen und ich versteckte mich voller Panik hinter Orli, der sich köstlich über mich amüsierte. Na hör mal, ich war noch nie auf Hawaii, wie kannst du mir dann so was zumuten?? Nach eineinhalb Stunden gehen legten wir die erst Rast ein. Unter einem riesengroßen Baum von dem viele Lianen herunterhingen. Orli und ich machten es uns auf unsrer Picknickdecke gemütlich, die wir mitgenommen hatten. Na ja, dieses Ding halt das ich gestern gekauft hatte. Verspeisten ein paar Bananen, tranken ein bisschen Kokosmilch... ich fing an, Hawaii richtig zu mögen, das war wie das Paradies hier, du konntest dich mit allen möglichen Südfrüchten voll stopfen bis du kurz vorm Platzen warst. Dazu noch leckere Cocktails, die der Barkeeper unten am Strand anrührte... geil ;o) Wir fütterten uns gegenseitig mit Weintrauben wie die Kaiser von Rom. Aber die Viertelstunde Pause war schnell vorbei. Wir machten uns wieder auf den Weg hoch zum Mauna... ach keine Ahnung wie der Berg hieß, ich wusste nur dass es ein Vulkan war. Man hatte uns vorher noch informiert und gesagt, dass wir allerhöchstens bis tausend Meter hinaufsteigen würden, der Berg selber seit über viertausend hoch. Na ja, da konnte uns ja wirklich nix passieren. Ich war beruhigt und hakte mich wieder bei Orli ein. Wir hatten es aufgegeben, mit unsren Stöcken zu gehen, weil wir dann so langsam wurden und hinter der Gruppe zurückblieben. Nicht gerade von Vorteil wenn man sich hier nicht auskannte.

Wir waren noch gute drei Stunden unterwegs, hieß wir kamen also gegen... viertel vor acht wieder unten an. Das angebliche Feuerwerk war gar nicht sooo spektakulär gewesen, da der Berg heute nicht grade spuckfreudig war. Außerdem hing ein Ring aus Nebel und Rauch um die Bergspitze, sodass man eh nicht viel sah. Ich fragte mich, wieso ich da eigentlich raufgelatscht war, zudem mir mein Fuß jetzt ziemlich weh tat und Orli mir nasse Handtücher drum wickelte.

„Hätt ich das gewusst... ich glaub Wasserski hätt dir besser gefallen. Ich war schon mal oben mit der Tour, da war's wunderschön, der Berg hat gespuckt wie blöd, aber heut war's ein totaler Reinfall. Tut mir leid dass ich dich dazu überredet hab..“ Jetzt gab er sich auch noch die Schuld dafür. Mensch Orli... ich zog ihn zu mir aufs Bett und küsste ihn. „Du kannst doch nichts dafür, mach dir keine Vorwürfe. Wir können ja sehen wie’s meinem Fuß gleich geht und noch ein bisschen runter zur Strandparty gehen..“ Aber andererseits war ich total fertig und wollte nichts mehr sehen außer mein kuscheliges Bett. „Traust du dir das wirklich noch zu? Du bist den ganzen Tag gegangen...“ Fragte er mich mit sorgenvollem Blick. Orli selbst merkte man nichts an, der hatte ja auch eine bessere Kondition als ich. „Vielleicht, ich weiß es noch nicht. Ich würd aber lieber gleich schlafen gehen als da unten noch zu versiffen...“ Er rückte ein bisschen weiter zu mir her. Seine Nähe war das was ich jetzt brauchte. Ich fühlte mich total ausgelaugt und fertig, ich würde morgen sicher einen ziemlichen Muskelkater haben. Aber dafür hatte ich ja Orli, um mir den wieder auszutreiben *grins* Eng umschlungen schliefen wir schließlich doch ein.
 

Oje *grins* ich darf gar nicht daran denken wie der nächste Morgen anfing, ich hatte ein furchtbares Ziehen in meinen Beinen, mir taten alle Knochen weh und Orli sprang munter herum... ich bat ihn, noch ein bisschen zu mir ins Bett zu kommen, damit ich mir nicht ganz so verloren vorkam da wie ein Pflegefall der sich nicht bewegen kann. Und dann kam natürlich wieder der ganz andere Orli zum Vorschein... wir küssten uns ewig, die Schmerzen verflogen... war ja klar dass es nicht nur bei Küssen blieb... Ich sag euch, wenn man Muskelkater nur durch *peep* vertreiben kann, dann steig ich öfter auf einen Berg... aber war klar dass ich danach noch fertiger war als davor eh schon. Aber es war mal wieder schön, wie jedes Mal mit Orli...

Langsam und ohne Eile standen wir dann wieder gen Mittag auf, gingen runter was Essen und dann zum Strand. Heute war die zweite Surflektion angesagt und ich stand anfangs noch ein bisschen wackelig auf dem Brett, war ja klar, einen Tag nicht drauf, schon verlernt... Orli musste mir alles noch mal eintrichtern, was er natürlich gern tat *grins* Wir landeten desöfteren auch knutschend im Sand, sodass die Geschichte heute etwas länger dauerte. Dazu noch das Eincremen... ich weiß nicht was das heute war, aber wir konnten einfach die Finger nicht voneinander lassen... aber wir brachten es dann in der Gesamtheit schon noch auf gute drei Stunden im Wasser. Ich hatte heute mal meinen zweiten Bikini, den rosafarbenen, angezogen, den ich eigentlich lieber daheim im Schrank gelassen hätte weil meine Mom ihn mir zum Geburtstag geschenkt hatte und ich fand, dass das Ding oberpeinlich aussah. Aber Orli fand, rosa steht mir, und so zog ich das Ding halt an. Besser als der mit dem Tigermuster. Ich hatte lauter so lach – Bikinis, warum weiß ich nicht, entweder geschenkt oder im Billigladen gekauft sahen die Dinger halt auch dementsprechend aus. Ich traute mich außerdem selten im Bikini ins Bad, weil ich mich viel zu fett fand. Vor allem meinen Hintern fand ich viiiel zu groß... aber das schien Orli ja nicht zu stören... wunderte mich.

Diesmal surften wir bis Sonnenuntergang und sahen dann vom Strand aus zu wie die Sonne im Meer versank. Ich sagte ja, ich liebe Hawaii, für die Köstlichkeiten und die Sonnenuntergänge. Die Leute haben hier eine ganz andere Mentalität, nehmen alles viel lockerer. Trinke Fanta, sei Bamboocha... ich konnte den Spruch eigentlich nicht leiden, aber irgendwie passte er. Auch wenn ich hier noch keine Fanta gesehen hatte. *grins*

Wieder wurden Fackeln angezündet als es dunkel wurde. Heute war der zweite Tag der Strandfeier und so gesellten wir uns zu der Menge. Orli brachte noch mal ein paar Baströcke daher, dabei hatten wir die andern doch oben im Zimmer liegen... na ja, würden Mandy und Jazzy halt auch welche kriegen. Und Hula tanzen mit Orli war was richtig Geiles... wusste gar nicht dass er so die Hüften schwingen kann. X–P Wir probierten auch noch hie und da ein paar Drinks, und es dauerte gar nicht soo lange bis Orli ein bisschen angetrunken war. Ich selber schlürfte natürlich nur alkoholfreies, denn ich musste ihn ja im Auge behalten damit er keine Dummheiten machte... Ein paar leicht bekleidete, blonde Strandschönheiten hatten sich vorhin auch schon an ihn rangemacht, aber ich hatte ihn am Rockzipfel wieder zu mir herübergezogen und ihm mal ordentlich die Meinung gesagt. Mir war ja klar dass er auf Blondinen steht, also musste ich aufpassen, denn hier lauerte ernsthafte Konkurrenz für mich. Als Orli schließlich mit einer dieser Tussis von vorhin verschwinden wollte, packte ich ihn mir und zog ihn wieder hinauf in die „Ausnüchterungszelle“, unser Hotelzimmer. Wenn Blicke töten könnten... die beiden Damen hätten mich sicher gekillt. Oh nein Orli, so leicht mach ich dir das nicht. Aber so sind die Jungs eben, wenn sie ein, zwei oder drei intus haben... ich war ihm deswegen nicht böse, das is einfach der natürlich Jagdtrieb der dann im Manne erwacht. Man muss ihn nur zu zügeln wissen...
 

Und dafür hatte er dann am nächsten Morgen auch Kopfschmerzen, geschah ihm recht. Ich löste Orli eine Aspirin auf und brachte sie ihm ans Bett. Irgendwie tat er mir leid wie er so dahing, andererseits auch wieder nicht, denn er hatte seinen Kater ja selbst verschuldet. Aber er war ja wieder bei vollem Verstand und hatte sich schon tausendmal entschuldigt was für Dummheiten er angestellt hatte und dass er nur Augen für mich hätte... ich glaubte ihm nur die Hälfte. Ich muss zugeben, auch wenn ich noch so verschossen in ihn war, so ganz traute ich Orli nicht, er war einer dieser berühmten Sternchen, die jeden haben konnten wenn sie nur wollten, konnte sein dass ich nur eine vorübergehende Affäre war in seinem Liebesleben und er sich, wenn wir wieder zu Hause waren, gleich die nächste Blondine suchte... Normal sollte man demjenigen, den man liebt ja total vertrauen, aber ich weiß nicht... wenn es sich um so einen wie Orli handelt... Er beteuerte zwar immer wieder, wie sehr er mich liebte, aber trotzdem... Nicht dass ihr jetzt denkt ich wär chronisch eifersüchtig! Jeder braucht seinen Freiraum bis zu einem gewissen Grad, aber wenn’s dann drüber hinausgeht muss man eingreifen.

Nachdem die Aspirin gewirkt hatte und einigen Küssen ging’s Orli wieder einigermaßen. Draußen war es heute nicht wirklich schön, graue Wolken hingen über uns und es sah ganz nach Regen aus, also hatte Orli’s Wettergespür gestern doch Recht gehabt. Aber draußen war es noch ziemlich warm, und so beschlossen wir, trotzdem runter zum Strand zu gehen und ein bisschen zu planschen wenn die Wellen nicht zu heftig waren. Man wusste ja nie ob da noch ein Sturm kam oder so...
 

Es dauerte auch gar nicht lange, wir waren glaub ich fünf Minuten oder so unten, dann fielen die ersten Tropfen. Weiter unten am Strand waren ein paar Surfer, die die Wellen nutzen wollten, wirklich hohe Wellen. Aber die registrierten uns gar nicht. Und so saßen wir im Sand und bauten Sandburgen so gut es halt ging bis der Regen sie zerfließen ließ, um danach wieder ins Wasser zurückzugehen. Wir waren beide pitschnass, aber das ließ Orli unheimlich sexy aussehen... ihr wisst schon, wie diese nassen Models... ich drohte umzukippen bei seinem Anblick. Und dann kam dieser magische Moment – wir standen mitten in einer tosenden Welle – sahen uns in die Augen und näherten uns langsam... oh ich liebe es, ihn im Regen zu küssen. Hätte jemand ein Foto gemacht, wir hätten es glatt auf ein Kuschelrock – Cover geschafft. Und wären die anderen Surfer nicht gewesen, wer weiß was dann noch passiert wäre. Wir küssten uns ewig, so lang bis die Wellen zu heftig wurden und wir kaum noch stehen konnten.
 

Oben im Hotel trockneten wir uns erst mal gründlich ab, wir waren von oben bis unten nass geworden, aber das war angenehm, der Regen war nicht kalt wie zu Hause, der war hier schön warm und verbreitete einen angenehmen Geruch in der Luft, wie im Sommer wenn es tagelang brütend heiß ist und dann ein erfrischender Regenguss... ich liebe diesen Geruch. Ich trocknete Orli ab und er mich. Natürlich nicht ohne den ein oder anderen Kuss... Wir kamen aber gar nicht dazu, uns wieder etwas trockenes anzuziehen, denn wir landeten sofort wieder im Bett... hatte ich gesagt ich trau ihm nicht? In diesem Moment wurde mir klar wie blöd ich eigentlich war, denn wenn er gewollt hätte, hätte er sich gestern von meiner Hand losgerissen und wäre mit der Blondine abgehauen, aber er hat es nicht getan! Wie blind war ich eigentlich...
 

Erschöpft lagen wir nebeneinander. Es war das erste Mal seit gestern Abend, dass wir uns mal wieder angrinsten. Wir hatten gestern so einen kleinen Tiefpunkt gehabt, nachdem ich ihm die Standpauke unten am Strand gehalten hatte. Und unten am Strand grade eben... das war einfach nur blindes Verstehen, so wie das einfach passiert, du siehst ihn und weißt was er tun wird und umgedreht... „Bist du noch sauer wegen gestern?“ Fragte Orli mich. „Aber nein. Ihr könnt eben nicht anders, du bist nun mal männlich und das kannst du nicht verleugnen. Wär ich ein Typ wär ich den Blondies auch nach. Aber mal ehrlich – wenn so ein blonder Surferboy sich an mich rangemacht hätte, was hättest du getan?“ Orli grinste, ich musste da an diese Typische Rangordnungs – Kampf – Szene denken. Sie kloppten sich so lang bis einer übrig war. Aber in dem Fall glaub ich wäre das sicher nicht Orli gewesen, dafür wirkte er zu schmächtig auf mich. „Weiß nicht, hätte ihm erst mal mit Wortgewalt klar zu machen versucht dass du mir gehörst und wenn das nicht geholfen hätte hätt ich ihm wohl andere Gewalt zeigen müssen...“ Ich musste lachen. „Du großer Kämpfer?“ – „Du zweifelst an mir?“ – „Nein... ich hab dich ja schon mit Schwertern kämpfen sehen und das kannst du wirklich gut. Als du Johnny das Schwert direkt vor die Nase geknallt hast...“ Ich musste lachen, diese Szene aus dem ersten Fluch der Karibik ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Auch Orli lachte. „Ja, da hatte er verdammtes Glück, Gore meinte, einen Millimeter weiter rechts und Johnny wär seinen Bart los gewesen...“ – „Oje, ... da fällt mir ein, ich hab Johnny eigentlich noch nie ohne Bart gesehen... ah doch, in Charly und die Schokoladenfabrik, aber ich find ohne Bart sieht er irgendwie tuntig aus. Du nicht auch?“ – „Irgendwie schon. Und ein Pirat ohne Bart geht schon gleich gar nicht. Das muss sein.“ Um ganz nebenbei zu bemerken – seiner war ja wieder nachgewachsen nach der Aktion vom Samstag.. weiß gar nicht mehr, wann sind wir weggegangen? „Ich will dir ja dein glattrasiertes Image nicht madig machen, aber mit Bart siehst du viel besser aus..“ bemerkte ich schließlich, worauf Orli mich angrinste und an seinem Schnauzer herumzupfte. Ich weiß nicht, aber es machte ihn einfach ein bisschen männlicher, ich steh auf Jungs die so ein kleines Bärtchen haben wie Orli. Ich weiß nicht warum, aber ich find so was anziehend *grins* Und da ich ihn die ganze Zeit angestarrt hatte während ich nachdachte, musste ich ihn natürlich erst mal wieder umnieten...

Tja, und so verbrachten wir den verregneten Tag knutschend im Bett... auch nicht schlecht. Konnte sich mein Bein und Orlis Kopf erholen.
 

Am nächsten Tag wollte Orli unbedingt mit dem Schiff auf Maui hinüberfahren um dort zu surfen. Ein Kumpel hatte ihm das empfohlen. Na das konnte ja was werden, das waren Mörderwellen. Ich lag in Orlis Armen und sah zweifelnd zu ihm auf. „Du, ich hab Schiss...“ Er grinste mich an. „Schau mir erst mal zu und dann sehen wir weiter. Das is halb so schlimm wie es aussieht und wenn du runterfällst landest du halt im Wasser, na und?“ – „Ich mag aber keine Haie...“ Jup, ich wollte ganz sicher nicht von Haien gefressen werden, auch wenn mir das schon auf Hawaii hätte passieren können. Trotzdem, was der Bauer nicht kennt... Ich küsste Orli und entließ ihn in Richtung Wasser. Von mir aus konnte er da rumsurfen bis er selber ein Hai war... mich würden da keine zehn Pferde raus bringen bis ich es nicht besser konnte. Orli hatte natürlich kein Problem damit... er war ja auch ein Profi!

Später gingen wir noch ein bisschen die Insel erkunden, Orli zeigte mir dies und das, Ureinwohner und lauter so Kram... fand ich schon irgendwie interessant, ich hatte mich zu Hause eigentlich nie für Hawaii interessiert, aber irgendwie flammte da langsam was auf. Schon interessant die ganze Geschichte...

Abends schnappten wir uns das letzte Boot wieder zurück nach Hawaii. Zurück ins bequeme, warme Hotel, denn es war ganz schön kalt geworden abends. Und nach einer ausgiebigen Knutschpartie schliefen wir ein...
 

Dann war da der Donnerstag an dem ich meine Mom anrufen würde und an dem sich unser aller Schicksal entscheiden würde... ich sah auf die Uhr, es war jetzt zehn Uhr früh, das hieß Mitternacht zu Hause. Ich rief wohl besser abends an. Meine Mom wäre mir sicher auf ewig böse wenn ich sie jedes Mal aus ihrem Schönheitsschlaf reißen würde... Wir gingen also ein bisschen auf der Insel spazieren um uns die Langeweile zu vertreiben, denn so ein Urlaub kann ganz schnell ausufern in gähnende Langeweile... wenn man nichts mehr mit sich anzufangen weiß als den ganzen Tag nur küssend im Bett zu verbringen oder zu surfen... langweilig. Aber irgendwie schien heute ein Feiertag zu sein oder so hier, denn auf dem Dorfplatz oben wurde Hula getanzt... oder einfach nur eine spontane Feier. Auch das mochte ich an Hawaii, die Leute waren hier dauernd in Feierlaune, wie auf dem Ballermann *grins* Auch wenn wir keine Baströcke dabei hatten, Orli und ich konnten es nicht lassen mitzutanzen. Beziehungsweise ich hatte ihn dazu angehalten, weil ich wieder seinen Hüftschwung sehen wollte... *grins*

Gegen drei Uhr Nachmittags kamen wir dann wieder runter ins Hotel und machten es uns erst mal vor dem Fernseher gemütlich, der sich bei uns auf dem Zimmer befand. CNN, ABC... blabla… Orli mochte sicher verstehen, was die da von sich gaben, aber für mich war das englische Kauderwelsch nach wie vor Bahnhof Moskau… Aber er übersetzte ja brav jedes Wort für mich. „Du hättest Dolmetscher werden sollen, und nicht Schauspieler, weißt du das?“ – „Ja, das schon, aber dann hätt ich ja dich nie kennen gelernt...“ – „Charmeur..“ Ich gab ihm einen Kuss. Er war schon so ein kleiner süßer Schlingel...
 

Um acht Uhr abends gingen wir dann runter an die Rezeption und fragten wieder nach einem Telefon. Diesmal dauerte es ein bisschen länger bis jemand abhob. „Ja?“ – „Hi Mom...“ – „Ach du bist’s. Und, haben euch die Haie noch nicht gefressen?“ Ich musste grinsen. Mom. „Nein, wir sind noch am Stück… und du, erzähl, was macht der Schüleraustausch?“ Mom holte ganz tief Luft, wie sie es immer tat, wenn man einen längeren Redeschwall zu erwarten hatte. „Also pass auf, das Programm gibt’s noch, du müsstest dich aber erst anmelden. Das mit dem Freund würden sie durchgehen lassen, würden im Hintergrund aber noch eine Familie bereithalten wenn’s wirklich krachen würde, was ich bei euch aber nicht glaube. Ihr seid doch noch zusammen oder?“ Ich sah vorwurfsvoll in den Hörer. „Sonst wär ich sicher mit einem der nächsten Flieger heimgekommen. Erzähl weiter.“ – „Du könntest nächsten Montag schon die Biege machen, hieße am 18. Juni. Eine Woche würdest du ohne deinen Schatz auskommen müssen…“ Ich wurde still. Die Woche würde sicher die Hölle werden, aber die würde ich auch überleben um dann in den Himmel zu kommen. „Weil die dich noch auf der Schule da anmelden müssen und so. Aber derweil kannst du ja mir in den Ohren liegen. Und danach kannst du von mir aus für immer da drüben bleiben. Ich komm schon zurecht.“ Ich musste grinsen. Meine Mom war auch eine alte Schauspielerin, nicht von Berufswegen, aber sie konnte einem gut was vorspielen. „Ich werd Jazzy und Mandy mal beauftragen, dir mal einen Schubs zur Tür hinaus zu geben. Dann kommst du auch mal rum.“ Meine Mom lachte. „Na das versuch mal, mich alte Hexe kriegst du nirgends mehr hin.“ Jetzt übertrieb sie aber schamlos. „Du, gibst du mir mal dein Anhängsel? Ich muss da was besprechen.“ Ich sah ein wenig irritiert erst den Hörer und dann Orli an und flüsterte ihm zu. „Sie will mit dir reden…“ ich gab ihm den Hörer.

„Hallo?“ – „Er isses tatsächlich.. und, wie läuft’s mit euch zwei?“ – „Wollen Sie mich jetzt ausquetschen?“ – „Doch nicht so förmlich! Du darfst mich ruhig duzen, sonst fühl ich mich so alt… aber nein, ich will nur sichergehen dass sie bei dir auch in guten Händen ist, man hört ja allerhand von euch Hollywoodstars.“ Orli musste lachen. Was würde sie ihm wohl für Storys erzählen. „Na ja, also ich glaub das hält zusammen wie Pech und Schwefel… mich wird sie jedenfalls so schnell nicht mehr los, da brauchst du dir keine Sorgen machen.“ Nanu, war er jetzt mit meiner Mom per du? „Na dann passt ja alles. Ich werd in der Woche die zwischen euch liegt für das seelische Wohlbefinden meiner Tochter sorgen damit du keinen ausgelaugten Zombie zurückbekommst.. ich weiß wie sie wird wenn sie auf Entzug ist.“ Orli musste herzhaft lachen. Das bedeutete nichts gutes. „Also, pass noch schön auf meine Marie auf, wann kommt ihr wieder?“ Orli grübelte. „Also wenn hier Sonntag ist und bei euch Samstag… wir würden am Sonntag um Mitternacht fliegen, dann sind wir am Samstag um zehn Uhr vormittags wieder bei euch.“ – „Ich hol euch vom Flughafen wenn ihr wollt.“ – „Gute Idee, wir ham ja kein Auto…“ – „Alles klar, dann macht euch noch nen schönen Lenz und bis Samstag dann!“ – „Werden wir, bis Samstag!“ Orli legte auf. „Sag mal seid ihr jetz schon per du oder was.“ Er grinste ungläubig. „Sie fühlt sich sonst so alt hat sie gesagt… die Frau macht mir Angst.“ – „Ich weiß, sie steht auf dich… aber du gehörst mir, ganz allein mir… mein Eigen, mein Lieber, mein Eigen, mein Schaaaatzsssss….“ Ich machte Gollum nach. „Jetzt machst du mir Angst.“ – „Sorry, wollt ich nicht. Doch ich bin dir auch schon verfallen wie Gollum dem Ring…“ (Anm.d.A.: Um ganz nebenbei zu bemerken – ich bin ein riesengroßer Herr der Ringe – Fan, also nicht wundern wenn hie und da ein Kommentar auftaucht… ^.^“) „Nur mich wird man nicht so leicht los wie den Ring, wie?“ – „Aber du kannst dir auch einen neuen Träger suchen…. also Trägerin in dem Fall.“ – „Schlag dir das aus dem Kopf, ich hab meine Ringträgerin schon gefunden…“ Ich zog die Augenbraue hoch. „Damit du’s weißt, mit Hochzeit wird das so schnell nix!“ – „Ja aber ich darf dir doch mal was schenken…“ Was war das jetzt. Er zog ein kleines Kästchen hinter seinem Rücken hervor. „Wann hast du denn den besorgt… oh mein Gott, bist du wahnsinnig??“ Das Ding hatte mindestens ein paar tausend gekostet, so wie das funkelte. Er steckte mir den Ring an den Finger, er passte wie angegossen. Ich fiel ihm um den Hals. „So was hab ich doch gar nicht verdient… so wertvoll bin ich doch gar nicht.“ Ich küsste ihn. „Doch, für mich bist du wertvoll, noch wertvoller als dieser Ring.“ Ich wollte auch gar nicht wissen, was der Ring wert war. Mir hatte es nur gerade die Sprache verschlagen, so einen Liebesbeweis von Orli zu bekommen… und das, nachdem wir uns gerade mal … zwei Wochen kannten? Ich betrachtete den Ring an meinem Finger, er funkelte wirklich wunderschön. „Ich dachte, dir einen dieser Fan – Ringe zu schenken wäre ein bisschen kitschig…“ Jetzt fiel es mir erst auf, das war doch der Ring… „Ist das nicht dieser Ring von …“ – „Ist er, aber nicht irgendeiner, sondern das Original…“ – „Hä, wie.“ – „Das Original, sie hat ihn mir nach dem Dreh gegeben… warum weiß ich bis heute nicht, das ist doch ein Damenring, stell dir vor ich würde mit ner Blume an der Hand rumlaufen…“ Er lachte. Ein echtes Filmrequisit also… „Sind Requisiten nicht immer Attrappen?“ – „Der nicht, der ist echt Silber. Ebenso der eine und der Abendstern, das waren echte Schmuckstücke die man extra hat anfertigen lassen, und heute werden sie tausendfach kopiert und zu Wucherpreisen verscherbelt..“ Schade war das schon. Aber welcher Fan wünschte sich nicht so was… „Aber das kannst du mir doch nicht schenken, der ist doch viel zu wertvoll… verwahr ihn lieber zu Hause im Safe!“ Ich mochte die Millionen oder Tausend die dieser Ring gekostet hatte nicht einfach so in der Öffentlichkeit herumtragen, das war zu viel für mich. Ich hätte es mir nie verziehen wenn ich den Ring verloren hätte oder er mir gestohlen worden wäre… „Ist schon in Ordnung so, ich finde du sollst ihn bekommen. Denn für mich kommst du einer Elbin gleich, schöner als menschenmöglich von Angesicht…“ – „Jetz hör aber auf.“ Jetzt fing er wirklich an zu schleimen. „Sollen wir dir die blonde Perücke wieder aufsetzen? Ich schau wo ich eine herkrieg und dann bist du fällig, Legolas!“ Ich weiß das war fies aber er wollte es ja nicht anders. Wir befanden uns inzwischen schon wieder auf unsrem Zimmer. Ich konnte immer noch nicht aufhören, den Ring zu betrachten in all seinen Einzelheiten, denn der war wirklich wunderschön… Aber ich packte ihn zurück in sein Kästchen und steckte ihn weg, gleich in meinen Koffer damit er nicht hier liegen blieb wenn wir abreisten. Aber dann traute ich dem Frieden doch nicht so ganz und steckte ihn ins Schließfach, dass sich in unsrem Schrank befand. Ich musste mich nur erinnern, ihn nicht zu vergessen wenn wir gingen.
 

Der Freitag kam und ging... draußen war es mal wieder trüb, irgendwie schien uns das Wetter in den letzten Tagen nicht mehr hold zu sein. Und sonderlich warm war es auch nicht. Wir genehmigten uns einen Kaffee unten im Hotel und verzogen uns dann gemütlich aufs Zimmer zum fernsehen. Orli hatte ja schon spekuliert ob wir nicht unten im Pool schwimmen gehen wollten, aber das war mir dann zu gefährlich, denn sicher wäre das halbe Hotel dort unten und die Mädels würden Orli reihenweise nachlaufen. Musste ich heut wirklich nicht haben, ich wollte ihn lieber ganz für mich allein.

Teil 3

ich wollte mir noch ein bisschen Bräune mit nach Hause nehmen. Und Orli surfte mal wieder die Brandung. Inzwischen war ich soweit dass ich mich auch in größere Wellen traute. Ich würde zu Hause ziemlich aus der Übung kommen, denn so schnell würden wir sicher nicht wieder auf Hawaii landen. Noch ein bisschen Hula, noch ein paar Pina Coladas... Irgendwie wollte ich gar nicht mehr heim, es war so schön hier und vor allem nicht so grausig kalt wie in Deutschland. Jetzt war zwar schon Juni und der Sommer würde nicht mehr lang auf sich warten lassen, doch zweifelte ich sehr daran dass der dieses Jahr so üppig ausfallen würde...
 

Am Sonntag ging es dann ans Kofferpacken, was sich als ziemlich schwierig erwies, denn irgendwie ist es immer so dass man die Klamotten zu Hause zwar perfekt reinkriegt, aber wenn man dann heimreisen will sieht es so aus als hätte man viel zu viel mitgenommen. Als allererstes und allerwichtigstes holte ich meinen Ring aus dem Safe. Ich saß noch mal ein paar Minuten da und betrachtete das schöne Ding. Der war schon auf Neuseeland... vielleicht würde ich da ja auch eines Tages hinkommen und Orli würde mir mal die Filmkulisse aus Herr der Ringe zeigen... Ich verstaute die Schachtel sicher in meinem Koffer.

Orli hatte seinen Koffer natürlich schon lange wieder beisammen mit seiner Ostasiatischen Falttechnik... ich verstand immer noch nicht wie der das fertig brachte. Unglaublich einfach. „Zeigst du mir mal wie du so viele Klamotten in so einen kleinen Koffer kriegst?“ Bettelte ich ihn schließlich an, als ich langsam an meinem Gepäck verzweifelte weil ich den verflixten Deckel einfach nicht zubekam. Er erklärte es mir wieder und wieder, aber irgendwie fiel der Groschen nicht ganz. Schlussendlich schaffte ich es dann doch noch irgendwie, meine ganze Garderobe in mein Miniköfferchen zu bekommen.
 

Am Flughafen war es gesteckt voll, irgendwie wollten alle nach Hause. Wir hatten uns sehr gut getarnt, ich hatte Orli mein Rosa Käppi übergezogen, das ich mir neulich noch gekauft hatte und ihm das Ding ziemlich tief ins Gesicht gezogen. So kamen wir unbehelligt bis in die Maschine, wo wir uns einen gemütlichen Platz suchten.

Den Flug verpennten wir komplett, weil wir eh schon seit Morgen wach waren und um 10 Uhr in Deutschland ankommen würden – hieß wir hätten noch mal einen ganzen Tag ohne Schlaf vor uns... Ich gähnte herzhaft und kuschelte mich an Orli.
 

So, und da waren wir wieder, zu Hause in good old Germany, wenn auch nur für eine Woche aber doch freute ich mich, meine Heimat wiederzusehen. Mom stand schon am Terminal zusammen mit Jazzy, Mady und Janine. Mit einer stürmischen Umarmung wurde ich begrüßt und Orli genauso. „Man, du bist ja schon fast schwarz...“ Grinste mich meine Mom an, war ich wirklich so braun geworden? „Hey, na, habt ihr ohne mich überlebt?“ Fragte ich schließlich meine drei Freundinnen. „Na ja, wir mussten halt sehen wie wir die Zeit irgendwie totkriegen...“ Witzelte Mandy. Und was in Janines Kopf vorging wusste ich eh schon – sie war einfach nur heilfroh, Orli wiederzusehen. Jazzy kam zu mir und flüsterte mir was ins Ohr. „Wir haben Janine von dem Schüleraustausch erst mal noch nicht erzählt, wir fanden das solltest du erledigen...“ Oje, da würde ja noch eine Krise auf mich zukommen. Aber jetzt nahmen wir erst mal die Koffer und gingen zum Auto.
 

Zu Hause saß ich erst mal mit Orli am Tisch und genehmigte mir ein Marmeladenbrot. Wir hatten auf dem Flug die Stewardess verpennt, die mit dem Esswagen kam und waren hungrig wie zwei ausgehungerte Wölfe. Orli hatte sich einen Joghurt geschnappt und futterte munter drauflos. Und jetzt würde der schwierigste Teil kommen – denn Janine saß mir gegenüber am Tisch, Mandy und Jazzy jeweils neben ihr... „Du Janine, es gibt da noch was, das dich dir sagen muss...“ Ein wenig begeistertes „Hm?“ Kam zurück, während sie sich ebenfalls einen Löffel mit Joghurt in den Mund schob. Schrecklich, Orli und sie waren wie Zwillinge, jedenfalls kopierte Janine alles was Orli tat. „Es is so, er geht doch jetz wieder für eine Zeit nach England.“ – „Ich hör’s schon klingeln, das Schüleraustauschprogramm, hab ich recht?“ Ich schwieg, was bei mir immer so viel hieß wie ja. „Ich hoff du kommst doch irgendwann wieder oder?“ Das war schwer zu sagen, denn wahrscheinlich würd ich mir wenn das mit Orli gut ging, eine Existenz in England aufbauen wollen. Ich hatte eh nicht mehr lang bis zum Abi, das war nächstes Jahr und danach würd ich halt irgendwas studieren oder so. Oder Schauspielerin werden wie Orli... aber dann würd ich ihn ja wieder ewig nicht sehen, nein das ging nicht. „Ich weiß es noch nicht.“ Schlussfolgerte ich und schob mir den letzten Bissen Brot in den Mund. Meine Freundinnen sahen mich jetzt traurig an. Klar waren sie mir ans Herz gewachsen, aber ich liebte diesen Kerl abgöttisch und wollte nie mehr ohne ihn sein, auch wenn das bedeutete dass ich in ein anderes Land ziehen musste. „Für mich musst du das nicht tun, deine Leute zurücklassen...“ Durchbrach Orli schließlich das Schweigen. „Werd ich aber weil ich's ohne dich nicht aushalte, ich sterbe ohne dich, hast du das denn immer noch nicht begriffen?“ Er sah mich sorgenvoll an. Klar steigerte ich mich da in was hinein, aber einen besseren als Orli würde ich nie wieder finden! Außerdem fand ich England schon immer cool. Bis auf das Essen, das war eine verkehrte Welt. „Es tut mir schon weh, meine Familie und meine drei besten Freundinnen zurücklassen zu müssen, aber ihr könnt mich ja besuchen! Kommt in den Ferien doch mal nach England!“ Klar, das war jetz ein kleiner Witz gewesen, denn keine von ihnen konnte es sich ohne einen Lottogewinn leisten, weiter in Urlaub als nach Österreich zu fahren. Aber dann müssten sie halt ein bisschen sparen und dann ging das schon. „Hey, don’t panic, es gibt immer einen Weg. Telefonieren, Email... du hast doch einen Computer, oder Orli?“ Er sah mich ein bisschen schräg an. „Ich hasse das Internet... kannst dir ja nen PC zulegen wenn du willst.“ – „Na dann eben Telefonieren. Ich schreib jeden Monat einen laaaaangen Brief mit allen Ereignissen, versprochen. Hey, nicht weinen...“ Janine stiegen nun die Tränen in die Augen, war ja auch irgendwie klar, sie liebte Orli genauso und vielleicht noch mehr als ich und musste nun zusehen wie ihre beste Freundin mit ihrem Traummann auswanderte. „Und wenn wir zwei mal Ferien und Urlaub haben, dann kommen wir vorbei.“ Orli würde sicher auch ein paar Tage Urlaub im Jahr haben, also konnten wir ja nach Deutschland fliegen wenn es die Zeit erlaubte. Und Janines Miene hellte sich schon wieder ein bisschen auf. „Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder, keine Frage!“ Grinste ich dann. Und Orli grinste mich an.

Nach Mittag dann mussten wir uns was überlegen, wie wir meinen ganzen Krempel einpacken würden, gut, es war nicht viel, aber meine CDs, Bücher.. Klamotten... „Kannst du irgendwelche Möbelstücke von mir gebrauchen?“ Orli sah sich bei mir um. „Wär viel zu umständlich, dein Zeug kriegen wir schon unter bei mir.“ Sagte er dann und half mir, einen Stapel Klamotten fachgerecht zu verstauen. Ja, er hatte sie diesmal sogar so gefaltet dass bequem alles in zwei Kisten passte! Orli, unser Pack – Profi... Na ja, er lebte ja auch den größten Teil des Jahres aus dem Koffer, was sollte er also sonst tun? Am Abend war schließlich alles verstaut und wir konnten den Sonntag noch ausspannen. Am Montag würde dann die Nerverei in der Schule losgehen, denn sicher würde es nicht unbemerkt bleiben dass ich mich einfach so davonschlich nach Großbritannien... Vor allem Tinchen und Jeanie würden anfangen zu bohren. Oh diese elenden Groupies, ich war heilfroh dass sie bis jetzt noch nicht bei mir aufgetaucht waren und Orli entführt hatten *g* Oder Schlimmeres... o.Ô So viel Anstand besaßen unsre beiden Barbies anscheinend doch noch.
 

Am Sonntag saßen Orli und ich draußen auf der Bank vor der Haustür und die Sonne schien uns ins Gesicht. Ich vermisste Hawaii richtig, denn hier war es bibberkalt, auch wenn kein Winter war, aber irgendwie war das hier anders. Es hatte schon 30 Grad aber mich fror trotzdem. Aber nicht wenn ich in Orlis Armen lag... zurück in Germany kam seine Bräune erst richtig zu Geltung, er sah umwerfend aus. Wieder richtig frisch, wie eine Pflanze die vor Leben nur so strotzt. Der Urlaub hatte ihm wirklich gut getan. Und mir auch... *grins* Wir sahen gar nicht mehr aus wie richtige Europäer, ich war auch ziemlich braun geworden und das sah schon ein bisschen ungewöhnlich aus. Tinchen würde sicher wieder denken, ich hätte die ganze Woche auf der Sonnenbank verbracht.

Orli und ich verbrachten den Nachmittag küssend auf der Hausbank. Mein, ganz allein meiner...
 

Ich fuhr hoch und sah mich wirr im Zimmer um. Es dämmerte und ich sah auf meinen Wecker – halb sieben! Ich musste doch zur Schule! Ich sah neben mich. War das alles ein Traum gewesen?? Diese halbe Ewigkeit mit meinem Postergott? Schien so... (Anm.d.A.: Nicht erschrecken, das war geplant... ^^) Ich war richtig frustriert, dass das alles nur ein Traum war, denn es war irgendwie so real... Aber träume muten einem oft real an und verpuffen dann wie eine Seifenblase.

Immer noch todtraurig über das Entfleuchen des schönsten Traums meines Lebens stand ich auf und zog mich an. Dann ging ich runter zu meiner Mom in die Küche. „Hab dir deinen Kakao schon hingestellt, willst was essen?“ Ich schüttelte nur den Kopf und starrte ins Leere. Meine Mom sah mich bekümmert an. „Was ist los Schatz, bist du krank?“ Ich schüttelte erneut den Kopf. Mir war nicht nach Essen, ich hätte heulen können! Wie das so ist, wenn man was geträumt hat das einem nicht mehr aus dem Kopf geht. „Ich hab nur nen unheimlichen Mist geträumt...“ Gab ich leise zurück. „So schlimm dass du keinen Hunger hast? Das muss ja ein Alptraum gewesen sein!“ Die Mom in meinem Traum glich im Wesen überhaupt nicht meiner Realen, meine reale Mom war viel bodenständiger und stand eher auf Typen wie Hansi Hinterseer... Allein bei dem Namen wurde mir regelmäßig übel wenn sie ihre CDs laufen hatte. Ich biss ein Stück Brot ab und ging dann aus dem Haus.
 

Den Schulweg legte ich mit der Ubahn zurück, jeden Tag fünf Stationen hin und zurück. Ich hatte mal gelesen dass Orli gerne in Ubahnen flirtet, aber ob das wirklich wahr war wollte ich ehrlich gesagt gar nicht wissen. Ich war Fan seit dem ersten Herr der Ringe, fand ihn als Elb schon klasse obwohl ich überhaupt nicht wusste wer den spielt. Ich fand nur seine Bewegungen sexy. Jetzt versank ich schon wieder in meinem Traum! Ich rüttelte mich wach. Ganz zufällig sah ich nur kurz den Typen an, der mir gegenübersaß – ich dachte, bestimmt wieder so ein notgeiler Italiener – und mich traf fast der Schlag. Unauffällig, aber hastig und mit einem Herz das mir bis zu Hals schlug, begab ich mich weg von meinem Sitz, weg von diesem Typen hin zur Tür. Das konnte nicht sein. Das musste ein gutes Duplikat sein. Niemals! Auch wenn er es sein sollte, ich traute mich in dem Moment nicht, auch nur einen Pieps von mir zu geben, aus Angst, das könnte sich blöd anhören oder ich könnte was falsch machen, aber andererseits bereute ich es jetzt schon, denn das war vielleicht die einzige Gelegenheit die ich je bekommen würde und die Endstation war nicht mehr weit... aber was war das... der stand auch auf und ging Richtung Tür...
 

Verunsichert blieb ich einen Moment am Bahnsteig stehen und sah mich um. Er schien verschwunden zu sein, also atmete ich erleichtert auf. Man, ich hatte ja schon Halluzinationen! Aber irgendwas streifte in dem Moment meinen Arm, ich drehte meinen Kopf nach dem Etwas und sah in zwei große, braune Augen.... mir blieb fast das Herz stehen und ich stolperte einen Schritt rückwärts, bei dem ich fast auf die Gleise gestürzt wäre, wenn mich nicht jemand an der Hand festgehalten hätte... Nein, das war wieder einer dieser verdammten Träume, ich kniff mich und hoffte aufzuwachen, doch diesmal geschah nichts... aber im Traum hatte ich mich ja auch gekniffen und es war nichts passiert, also konnte ich nur abwarten...
 

Als ich endlich wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte, brachte ich ein zögerliches „Danke...“ heraus und dieser Typ grinste mich lieb an. „Kein Problem... weißt du zufällig wie ich zum Matthäser komme?“ Antwortete mir der Typ in gebrochenem Deutsch, den Akzent konnte ich nicht genau einordnen. „Fahr einfach bis zum Hauptbahnhof und geh dann die Straße runter, kannst nicht verfehlen!“ Ich versuchte, mich seinem Griff zu entwinden, denn er hielt mich noch immer an der Hand. Einige Leute sahen schon zu uns herüber, denn sicher hatten ein paar Mädchen bemerkt, dass der da wie Orlando aussah... Verfluchte Scheiße, was wenn...? „Du weißt wer ich bin, nehm ich an, so wie du vorhin reagiert hast...“ Ich kniff die Augen zu und hoffte, aufzuwachen. Mit skeptischem Blick sah ich ihn an. „Ich glaub nicht dass du das Original bist, du bist allerhöchstens eine gute Kopie die einen auf Wichtig macht weil sie dem Original so ähnlich sieht...“ Autsch, der war fies, aber wenn er wirklich ein Double war hatte er es nicht anders verdient. Stattdessen grinste er mich wieder an. „Hör auf zu grinsen, ich find das nicht witzig. Du hast mir grad den Schock meines Lebens verpasst.“ – „Tut mir leid, das wollte nich nicht...“ Schien ja wirklich kurz angebunden zu sein die Kopie.. Ich konnte mich endlich loseisen und versuchte, mit einer Ausrede zu verschwinden. Hastig sah ich auf die Uhr. „Du sorry, ich muss zur Schule!“ Was war das, seine Miene wurde plötzlich traurig. „Schade dass du mir nicht glaubst, du bist nett! Sehen wir uns wieder?“ – „Sorry, ich muss jetz wirklich, danke dass du mich gerettet hast! Komm gut zum Kino!“ Und eilte davon, die Stufen hinauf zur Schule.
 

Mandy holte ganz tief Luft: „WAAAAAAAAAAAAS? Und du hast ihn nicht um ein Autogramm gebeten, bist du denn des Wahnsinns??“ Ich zuckte mit den Schultern, glaubte ich doch nach wie vor nicht dass er das gewesen war. „Na ja, da stand noch die Tatsache im Raum dass ich heute Nacht einen wunderschönen Traum von genau demselben hatte...“ Mandy stützte den Kopf auf die Hände und sah träumerisch an die Decke. „Er hat dir das Leben gerettet... na ja, jedenfalls hat er dich davor bewahrt, auf die Gleise zu fliegen und vom nächsten Zug überrollt zu werden...“ – „Wenn ich's dir doch sag, das war ne billige Kopie!“ – „Und ich sag der war echt, hast du dir nen Ausweis zeigen lassen?“ – „Nein...“ Gab ich kleinlaut zurück, scheiße das hatte ich vergessen, so hätte ich Gewissheit gehabt. Hoffentlich lauerte der mir jetzt nicht vor der Haustür auf um mich in den nächsten Busch zu zerren...
 

Auf dem Heimweg war mir nicht ganz wohl, ich hatte immer Angst, der könnte wieder auftauchen und noch mehr Verwirrung stiften. Aber im Ubahnhof war nichts zu sehen. Und darüber war ich so froh, dass ich glatt über jemandes Füße stolperte und auf die Schnauze fiel. Wieder reichte mir jemand die Hand, diese Hand kannte ich doch... über mir stand wieder die grinsende Orlando – Kopie (siehe Bild – so etwa ^^) und bemühte sich, mich vom Boden aufzuklauben. „Verfolgst du mich?“ Gab ich ein bisschen angefressen zu erkennen dass ich ihn irgendwie nicht leiden konnte. „Vielleicht...“ – „Also, damit nun endlich Klarheit herrscht, hast du nen Ausweis dabei den du mir zeigen kannst um die Wahrheit ans Licht zu bringen?“ Fragte ich schließlich frech. er zog seinen Reisepass heraus, den ich auf alle Sicherheitsmerkmale prüfte, leider war er echt... „Verdammte Scheiße, du bist es wirklich....“ – „Sag ich doch schon andauernd.“ ganz zu vergessen – Jazzy und Mandy kamen nun die Treppe heruntergehastet, sie waren wie immer zu spät dran und beiden klappte die Kinnlade herunter als sie das vermeintliche Orli – Double erblickten. Mandy nahm sich sofort meiner an und zog mich von dem angeblichen „Strolch“ weg. „Nimm ja deine schmierigen Pfoten von ihr du Weibervernichter...“ Fuhr sie Orli an. Ich löste mich aus ihrem Griff und klärte Mandy auf. „Mandy, darf ich vorstellen, Orlando! Hab ihn vorhin nach seinem Ausweis gefragt, und der is leider echt...“ – „Is es hier so heiß oder bin ich das... wow...“ Jazzy, wie sie leibt und lebt, musterte Orli von oben bis unten. „Ich hab ihn zuerst gesehen!“ Konterte ich. Hier war es aber auch wirklich heiß.... Und wenn ich nicht bald hier wegkam, würde wahrscheinlich ein Unglück passieren... langsam panisch werdend, gab ich Mandy und Jazzy mit einem Blick zu erkennen, dass ich hier weg musste und zwar ganz schnell. Ich wollte Orli ja nicht vor den Kopf stoßen, um Himmels willen! Aber mir wurde das ganze für den Moment zu viel. Ich war auch nicht der Typ die gleich in Ohnmacht fällt wenn sie ihrem Traummann gegenübersteht... aber es wäre fast soweit gewesen. Allein die Art wie er mir dauernd Blicke zuwarf... Dummerweise war ich – nicht wie im Traum schwarz – blond. War irgendwie eine logische Schlussfolgerung, dass Orli was an mir fand, er stand ja auf Blondinen. Oh hätt ich sie doch bloß nicht umgefärbt... damals hab ich noch gehofft, ihm zu gefallen wenn ich ihm eines Tages begegne, aber dass das dann tatsächlich der Fall sein würde, damit hatte ich ja nicht mal im Traum gerechnet! Und da stand er jetzt, ein bisschen größer als ich mit seiner grauen Armymütze eingewickelt in eine ziemlich groß geratene Jacke... Die Mädels versuchten ihm irgendwie klar zu machen, dass es jetz wirklich sehr ungünstig war, weil unsre Mütter daheim mit dem Essen warteten und wir außerdem schönen Ärger bekommen würden wenn wir zu spät nach Hause kommen... da hatten sie gar nicht mal so Unrecht, Mandys Eltern waren da sehr streng, sie musste immer um punkt viertel vor zwei zu Hause sein wenn wir bis eins Schule hatten. Arme Mandy. Ihre Eltern würden ihr doch sicher nicht glauben, wenn sie heimkäme und als Ausrede daherbrachte, sie hätte Orlando Bloom getroffen... die wussten sicher noch nicht mal wer das eigentlich ist. „Was hältst du davon...“ mischte ich mich in die Diskussion ein „... wenn er dir zum Beweis ein Autogramm mitgibt, dann kann sie nicht meckern, deine Mom.“ Mandy zog irgendeinen Zettel aus ihrer Hosentasche, oje, das war ihr Zeugnis... und Orli kritzelte ein Autogramm hinten drauf. Und nach ein paar weiteren Minuten Gespräch und langsam nervig werdenden Blicken von Orli mussten wir dann wirklich. „War schön, dich getroffen zu haben!“ – „Die Freude war ganz meinerseits, ich hoff wir sehen uns wieder?“ Ich verdrehte die Augen, der ließ einfach nicht locker! „Du bist doch sicher nicht dauerhaft hier oder? Und wie sollen wir bitte nach England kommen.“ – „Habt ihr keine Schüleraustausch?“ Nicht das auch noch, schlimm genug dass das in meinem Traum vorgekommen war. „Ja schon, aber der geht erst wieder ab nächstes Jahr! Wird also nix, außerdem, was sollen wir in England. Ihr habt nen verdrehten Geschmack und seid außerdem viel zu steif.“ Oje, sorry Orli, aber so sah für mich der Großteil der Britischen Bevölkerung aus! „Sorry...“ Wie konnte man eigentlich dauernd grinsen? „Ich weiß, die Briten sind so... sieh mich an, ich bin auch einer!“ Wir mussten lachen. Scherzkeks. Nun mussten wir uns aber wirklich verabschieden, denn die Ubahn fuhr ein. Zum Abschied noch mal eine Umarmung für jeden... Schade, irgendwie gefiel er mir jetzt besser als vorhin. Vielleicht, eines Tages.
 

Zu Hause hatte ich Join me laufen und versank ein bisschen in Trauer. Erst hat man so einen schönen Traum mit den geilsten Kerl der Welt und dann fall ich auch noch über seine Füße... Would you die tonight for love... Scheiße, wieso war ich abgehauen?? Ich beschimpfte mich selbst mit allen möglichen Namen für einen Trottel und ich war ja auch wirklich blöd gewesen. Aber das war jetz nicht mehr zu ändern. Chance has passed away... und sie würde nie mehr wiederkommen. Oh wie ich mich noch irren sollte! Is this love, that I’m feeling… ich war ja eigentlich schon immer in Orli verschossen, aber wenn man ihm dann real gegenübersteht sind vor Aufregung die Gefühle wie weggeblasen... gut eigentlich, denn das lässt einen ein bisschen klarer denken. Aber bevor ich irgendwas andres tat, beschloss ich, mir die Haare feuerrot zu färben, nie wieder blond! Auch wenn das meine Chancen bei Orli gleich null werden ließ, war mir egal, so was hatte ich eh nicht verdient!
 

Die nächsten Tage gingen wieder ganz normal weiter, Mandy erzählte mir, ihre Mom wäre ausgeflippt – nicht aus Ärger – sie hatte Mandy Vorwürfe gemacht, weil sie sie nicht angerufen und sofort herbeordert hatte. Oh mein Gott, ich vergaß ganz, die Mom in meinem Traum war Mandys Mom, die war nämlich auch ein großer Fan von Orli und Johnny. Tja, wir waren nun im Vorteil... Jazzy hatte immer noch feuchte Träume, war ja klar. Wir waren damals alle drei zusammen im Herrn der Ringe und Jazzy wäre fast in Ohnmacht gefallen, so geil fand sie Legolas. Ich fand damals eigentlich nur sexy wie er zu den Hobbits am Baum in Lothlórien spazierte. Diese schmalen Hüften hatten es mir angetan... Und er hatte seine Figur behalten... glaubt nicht, ich hätte ihn nicht auch gemustert! Es war verdammt schwer, sich zurückzuhalten und ihn nicht in aller Öffentlichkeit niederzuknutschen. Auch Tage danach konnte ich unser Unfall – Treff nicht vergessen. Das würde mich für den Rest meines Lebens prägen. Und was er im Kino wollte – fragt mich nicht! Vielleicht hat er sich nur nen Film angesehen. Wir ahnten ja nicht...
 

Am folgenden Montag hallte eine Durchsage durchs Schulgebäude. „Mandy, Jazzy und Marie bitte in die Redaktion, Mandy, Jazzy und Marie bitte in die Redaktion, ich hab was zu besprechen mit euch!“ Der Redakteur war derselbe wie im Traum, Toby. Ihr könnt ihn euch etwa wie den Toby aus „18 – allein unter Mädchen“ vorstellen, so ähnlich sah er aus und wir zogen ihn immer wieder damit auf wo er denn die anderen drei gelassen hätte. Aber er war ein super Zeitungs – Kollege und guter Freund wenn du mal jemanden zum Ausheulen brauchtest. Wir machten uns also nichts ahnend in die Schülerzeitungs – Redaktion auf. Auch das war leider eine wahre Tatsache, ich war Schreiberling bei der Schülerzeitung.

„Hey ihr drei...“ begrüßte uns Toby mit einem Grinsen im Gesicht. „Was gibt’s dass du uns aus Schiefer’s Unterricht extrahierst?“ Schiefer war unser Chemielehrer und extrahieren war hier nur allzu passend. *grins* „Also folgendes, der Direx will was in der Zeitung sehen von dem ich persönlich weniger halte, aber ihr kennt ja den Rex, wenn sich der was in den Kopf gesetzt hat musses durch... Also die Sache sieht wie folgt aus...“ Er erklärte uns, dass wir uns irgendeinen Promi suchen sollten und dann ein Interview mit dem in der Zeitung abdrucken sollten. Mir klappte die Kinnlade runter, hatte ich etwa so was wie Vorhersehungen? Wahrträume? „Toby du machst mir Angst...“ antwortete ich kleinlaut. „Warum denn?“ – „Na ja, ich hatte vor ner guten Woche genau so einen Traum ...“ – „Und, wer war der Interviewpartner?“ – „Unser Ubahn – Gespenst...“ Ich hatte Toby natürlich schon alles erzählt. Jetzt wurde er auch ein bisschen blass. „Jetzt muss ich euch aber noch mal schocken... denn auch das wirst du sicher geträumt haben, Marie... am Donnerstag is die Premiere vom dritten Fluch...“ – „Der Karibik??? Spinnst du??? Ich will aufwachen, bitte zwick mich!“ Er kniff mich in den Arm aber es brachte nichts. „Verdammte scheiße was tu ich jetzt, Mädels ihr müsst da alleine hingehen, ich kann das nicht!“ Toby wedelte mit drei Presseausweisen vor unsren Nasen herum. „Die hat uns der Direx besorgt, also ich kann ja auch mitgehen wenn du nicht willst. Ich sorg schon dafür dass keine von beiden abgeschleppt wird.“ Na ja, das war auch nicht allzu wahrscheinlich, denn Mandy und Jazzy entsprachen nicht Orlis Typ, Jazzy hatte ihre Haare braun mit grünen und Rosa Strähnen, meist zu Zöpfen geflochten. Und Mandy war naturrot. Ich beneidete sie immer für ihre tollen langen, lockigen Haare. Meine waren arschglatt, sahen ziemlich stumpf aus und gingen mir etwa bis zu den Ellenbogen. Die Attraktivste von uns dreien war ich also nicht. „Ich überlegs mir noch mal, aber sehr wahrscheinlich is das nicht. Das wollte der also im Kino...“ – „Wie.“ – „Na ja, an dem Morgen als ich fast aufs Gleis gepurzelt bin hat er mich gefragt wie er zum Matthäser kommt.“ Die andern drei grinsten schelmisch. „Ja gut okay ihr habt mich an der Angel. Aber ich hab n Riesenschiss... aber ich glaub wohl kaum das der noch mal was von mir wollen wird, jetzt wo ich Feuerlöscher – Rot bin...“ Wir mussten lachen, dann ging es ab zurück ins Klassenzimmer, die Ausweise hatte Toby uns schon mitgegeben. Jazzy wollte ihre Digicam mitnehmen um Fotos von ihrem heißen Schnuckel zu schießen wie sie sagte und ich... ich machte mir fast vor Angst in die Hose. (Anm.d.A.: Hätte jetzt fast geschrieben – machte mir vor Hose fast in die Angst ^_^“) Gut, er war ein wirklich netter Kerl und es gab auch nicht auszusetzen, aber ich war eben nun mal verknallt in ihn!! Das ließ sich leider in einer Woche nicht ändern, dazu hätte ich Jahre gebraucht um mir das abzugewöhnen. Und als ich ihm so gegenüberstand – ich brauchte ihn nur ein bisschen länger am Stück anzusehen – wurde mir ganz duselig. Das fing an, auszuarten, ich musste aufpassen... das sollte nicht wieder so enden wie mit meinem Ex, dem ich ein Jahr lang noch hinterhergerannt war weil ich nicht checkte was für ein Arsch er ist... (Anm.d.A.: leider wahr... auch wenn’s kein richtiger Ex is) Denn wenn ich verknallt war, war mir alles egal, ich ging durch Wände wenn es sein musste. Ich hatte dann keinen Peil mehr für die Realität, richtete mich nur am Ideal, an ihm aus und vergaß mich selbst total dabei. Könnte mir bei Orli passieren also musste ich höllisch aufpassen.
 

Zu Hause brauchte ich auf den Schock erst mal einen Walnussjoghurt. Und dann ging das Zittern los. Diese Woche, ich weiß bis heute nicht wie ich sie überlebt hab. Dann ging’s natürlich auch ums Klamotten aussuchen, denn auf so einer Filmpremiere erschien man nicht mit Lochjeans. Ich entschied mich schließlich für ein schwarz - weißes Kleid ganz im Piratenstil, das ich schon ewig im Schrank hängen, aber nie angezogen hatte. Dazu meine roten Haare – vielleicht noch ein Kopftuch und meine riesigen Ohrringe... das sah einfach geil aus. Der würde mich mit Sicherheit nicht mehr wiedererkennen. Vielleicht würden wir ja auch ein Erinnerungsfoto mit Johnny kriegen... ich fand Jack Sparrow unheimlich lustig. Ich war im letzten Karneval als Pirat in ebendiesem Outfit gegangen und hatte den Kostümwettbewerb gewonnen – unbeabsichtigt natürlich! Jetzt hatte ich so einen Porzellanclown im Regal stehen, der vor sich hin staubte. Vielleicht sollte ich ihn Johnny mitbringen, denn wegen ihm hatte ich ja schließlich gewonnen. Ich überlegte mir das noch mal und kam zu dem Schluss, dass er in meinem Regal besser aufgehoben wäre. Und für Orli... ich überlegte noch was ich ihm mitbringen konnte, er hatte doch eh schon alles. Was gelbes vielleicht. Was Neues, was Geborgtes, was Gelbes... ich musste grinsen. Ich entschied mich dann aber gegen Gelb und besorgte am Mittwoch noch eben eine Kette mit einem Bergkristall dran.

Die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag schlief ich kaum, zu groß war die Aufregung und die Angst, Orli könnte wieder zu stochern beginnen. In Gedanken ging ich noch mal alles durch ob ich auch alles hatte...
 

Am Donnerstagmorgen schließlich holte mich Jazzy mit ihrem Golf ab, auch der war real. Auch in Grün. Wir fuhren noch eben bei Mandy vorbei und holten die ab und dann ging’s Richtung Hauptbahnhof. Es war ziemlich schwer, einen Parkplatz zu finden, weil die Bayerstraße größtenteils wegen der Premiere gesperrt war um die Promis von der Öffentlichkeit abzuschirmen...

Wir mussten nach langer Suche dann einen guten Kilometer zu Fuß zurücklegen, aber das war die Sache wert. Wir zeigten unsere Presseausweise und wurden anstandslos reingelassen. Das war ja richtig gemütlich! An der Bar standen ein paar Hocker, nicht wie sonst immer gar nichts. Die hatten sich wohl extrafein gemacht für die Hollywoodstars... Es dauerte auch nicht lang, da kam jemand in weißem Hemd, löchriger Jeans und einem Bandana ums Handgelenk aus dem Kinosaal. Den Typen kannte ich doch? Noch ehe ich was sagen konnte, war er schon bei uns. „Hi Girls! Ihr müsst die Zeitungsdamen sein, kommt rein kommt rein, Will erwartet euch schon...“ Johnny wie er leibt und lebt. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Der Pirat eben. Im Kinosaal brannte noch Licht und ungefähr in der sechsten Reihe Mitte saßen Orli und Keira. Regisseur und Co ganz vorne in der ersten Reihe. „Was is los, wollten die ihre Ruhe?“ Fragte Johnny Orli. Der zuckte nur mit den Schultern. „Na ja, solln sie nur rumzicken. Rum...“ Johnny spielte den Besoffenen. Alle drei mussten lachen und Keira gab ihm einen Stoß in die Rippen. „Ach übrigens, die Zeitungsdamen sind da...“ Ich schluckte laut hörbar, als er das verkündete. Orli stand auf und strahlte uns an. Scheiße. Wir gingen gaaaanz langsam nach vorne. „So sieht man sich wieder...“ wurde ich von Orli begrüßt. Auch die andern schüttelten allen Beteiligten die Hände. Johnny setzte seinen Jack – Sparrow – Blick auf. „Ihr kennt euch?“ – „In der Tat...“ – „Er hat mich vor der Ubahn bewahrt vor ungefähr ner Woche...“ – „Ah, du bist Ubahn gefahren?! Ich hätt viel zu viel Schiss dass mich jemand erkennt!“ Orli schubste Johnny ein bisschen zur Seite, natürlich nur Spaßeshalber. „Schau dir mal den Stadtverkehr an dann weißt du warum ich das gemacht hab... Na ja, sie war so geschockt von meinem Anblick dass sie glatt nach hinten gestolpert und fast auf die Gleise gefallen ist.“ – „Oh der Lebensretter...“ Grinste Johnny. Das mit dem Komikerduo war wirklich wahr. „Wie heißt ihr eigentlich?“ Fragte Johnny schließlich. Ich stellte meine Gefolgschaft vor. „Also, das da...“ ich deutete auf Mandy – „ist Mandy, und die neben mir, die grade so rumzappelt, das is Jazzy.“ Jazzy konnte sich in der Tat nicht stillhalten und schien nicht zu wissen wen sie als erstes besabbern sollte, Johnny oder Orli. „Und meine Wenigkeit... ich bin Marie.“ Worauf Johnny dieses dämliche Lied Anstimmte... „Marie, Marie...“ Wir lachten uns halb tot bevor irgendjemand wieder was sagen konnte. „Ach so... ich hatte ja was ganz vergessen!“ Ich zog einen kleinen, grünen Samtbeutel aus meiner Handtasche. „Sorry Johnny, Keira, ich dachte wir würden uns gar nicht sehen, jetz hab ich nix für euch... aber ich lad euch nachher noch auf nen Kaffee an der Bar ein wenn ihr wollt...“ – „Ach was, is schon in Ordnung!“ – „Geht schon klar, ihr seid schon Geschenk genug, es is immer schön, Fans zu treffen...“ Keira mit ihren langen Ausschweifen... Dann gab ich Orli die Kette, die er sich sogleich um den Hals hängte. „Danke!“ Sagte und umarmte mich... oh nein, bitte nicht! Du weißt ja nicht was du da tust! Und nach der Umarmung hat er mich den ganzen Tag nicht mehr losgelassen, immer hatte er einen Arm um mich oder was anderes. Ich ließ es einfach geschehen, in der Hoffnung dass dieser Tag nur schnell genug vorbei ging, wirklich schnell, denn ich ging fast drauf vor Schmetterlingen, jedes Mal wenn er mich erneut anfasste... „Also der Film fängt gleich an, ich glaub wir machen die ganze Geschichte dann hinterher, wir haben’s nicht so eilig.“ Ich stimmte Johnny zu. Dann wurde es dunkel und ich konnte endlich tun was ich schon lang vor hatte – jetzt sah mich ja keiner mehr – ich lehnte mich an Orli. Mh, das war soooo schön... ich wär fast eingeschlafen. Aber Einschlafen war nicht, ich wollte doch den Film sehen!
 

Der Film war genial, ich würde ihn mir sicher die nächsten Tage noch ein paar Mal reinziehen. Vorausgesetzt ich hätte die Gelegenheit dazu... Noch war der Streifen ja nicht ganz aus, aber ich fand eben schon in der Mitte dass er genial war. Orli... der kam mit jeder Szene immer näher... Ich flüsterte ihm immer wieder zu er solle bitte aufhören, wenn er nicht wollte dass ein Unglück passiert, aber er ließ einfach nicht locker. Aber so leicht wollte ich ihm das nicht machen. Der konnte doch jede haben wenn er wollte, wieso sich also mit mir abgeben?? Oooh nein, nicht mit mir. Auch wenn mein Innerstes nach ihm schrie... In einer helleren Szene dann kam es, ich wollte ihm grade einen Anschiss verpassen, aber stattdessen sah ich ihm direkt in diese wunderschönen Augen... reiß dich zusammen, Marie! Ich wendete mich wieder ab und tat so als wäre nichts gewesen. Auch seine Hand schob ich jetzt weg, die er versuchte auf meine zu legen. Ich musste mal eine Weile für mich sein. Das musste aufhören, und zwar sofort. Ich fasste also den Entschluss und setzte mich neben Jazzy, sodass zwischen Orli und Mandy jetzt ein Stuhl frei war. Orli sah mir mit seinem berühmten Stirnrunzeln nach. Es tat mir wirklich leid, ihn so zu sehen, aber ich konnte das nicht! Ich war erst verdammte 18, und er schon 30! Wobei mich der Altersunterschied jetzt gar nicht so störte, es war eher die Tatsache dass er ein englischer Hollywoodstar war und ich nur irgendeine Schülerin die er getrost als Groupie sehen konnte...
 

Nach dem Film gingen wir dann raus an die Bar, bestellten uns was – ich lud Johnny und Keira natürlich noch ein! – und Jazzy führte das Interview, wo sie auch noch ein paar Kommentare der anderen dazubekam, was den Direx doppelt freuen würde. Und immer wieder dieser fragende Blick von Orli... „Bitte hör auf...“ sagte ich lautlos zu ihm. Ich konnte nicht mehr, ich hing komplett in den Seilen. Er hatte seine gewisse Masche, die Frauen schwach zu machen, und die funktionierte bei mir bestens. Erst die Beute schwächen und dann zuschlagen... Ich versuchte dann einfach, ihn nicht mehr anzusehen. Verdammt dass die da so ein blödes Radio laufen hatten oder was auch immer Careless Whisper ... machte es mir nur noch schwerer, ihm standzuhalten. Bis mich Jazzy mal kurz zur Seite zog und Mandy weitermachen ließ – nicht bevor sie ihr das Diktiergerät genau erklärt hatte.
 

„Wenn du dir jetz auch noch die zweite Chance vermasselst, dann bist du aber saudämlich!“ Wies sie mich zurecht. „Es ist nur, er is ein großer Star und ich ein kleines Groupie..“ – „Ja willst du’s denn nicht? Sieh ihn dir doch an, der Traum aller Mädchen... was würd ich drum geben, du zu sein!“ – „Du kannst ihn haben, wirklich!“ Jazzy hob einen ihrer Zöpfe hoch. „Ich bin aber nicht blond so wie du! Und ich färb mich auch sicher nicht um bloß wegen dem. Verdammt schnapp ihn dir!!“ – „Und was wenn er mich aufs Hotel abschleppt??“ Jazzy schmunzelte, in Gedanken zog sie Orli wohl schon aus... der Gedanke war auch gar nicht so schlecht, aber er würde mich sicher nur einmal flachlegen und dann fallen lassen wie eine heiße Kartoffel... „Und dann lässt er mich fallen wenn er hat was er wollte.“ – „Mit der Gefahr musst du leben, aber du kannst dann von dir behaupten, schon mal mit ihm im Bett gewesen zu sein...“ – „Jazzy....“ Sie dachte wieder nur an das eine. Typisch. Aber wenn, dann wollte ich schon längerfristig was, und nicht nur eben kurz in die Kiste, ich konnte One Night – Stands nicht leiden. Auch wenn ich noch so verknallt war in ihn. Er war schließlich auch „nur“ ein Mann. Und das hielt mich davon ab. Da ich mit dem Rücken zur Interviewgruppe saß, sah ich nicht wie sich Orli von ihnen entfernte und zu uns herüberkam.

„Was is los bei euch, geht’s um mich?“ Ich fuhr zusammen, als ich ihn hinter mir sprechen hörte. Zu allem Überfluss wollte er mich auch noch von hinten umarmen, aber das wurde nichts weil ich mich ganz schnell wieder seinem Griff entwand. „Ah verstehe...“ Er sah ein bisschen geknickt aus. Das war eben seine Masche, in den Mädels Mitleid erwecken damit sie nicht anders konnten als ihm zu geben was er wollte damit er nicht mehr so traurig dreinschaute. Aber das zog bei mir nicht. „Weißt du...“ fing ich dann an – „ich kann One Night – Stands nicht ausstehen...“ Er sah ein bisschen belustigt drein. „Das war's doch was du anstrebst.“ – „Wenn du mich für so notgeil hältst...“ Voll witzig. Darauf fiel ich auch nicht rein. Nicht mit mir. Trotzdem sah ich ihn jetzt ein wenig überrascht an und Jazzy auch. „Ich dachte du hältst nichts von Groupies?“ Wohl wahr, das hatte ich auch mal wo gelesen. „Grundsätzlich ja, aber du bist mir ja nicht nachgelaufen. Eher ich dir.“ Grinste er. Sollte ich jetz zu Mami heim und fragen bitte bitte er is mir nachgelaufen, darf ich ihn behalten? Der Gedanke gefiel mir nicht. Irgendeinen Hintergedanken hatte der doch! „Es gibt da noch einen anderen Grund wieso ich zögere... ich hab letzte Woche einen irren Traum gehabt... mit dir.“ – „Sag bloß.“ – „Und das hat auch alles auf dieser Premiere angefangen, und du hast mich dann ins Hotel abgeschleppt und ich war auch noch so blöd und ging mit.“ – „Jetz versteh ich dich schon besser. Manchmal mach ich so was, aber die Zeiten sind vorbei.“ Um nicht zu vergessen, er stand immer noch hinter mir, was ich alleine schon unhöflich fand. Männer eben. Er wollte mich schon wieder von hinten umarmen, diesmal ließ ich es einfach geschehen. Warum weiter gegen die Gefühle ankämpfen wenn das das Tor zum Himmel war? Und Orli sah mich erstaunt an, er hatte sicher erwartet dass ich ihn wieder wegschiebe. Jazzy freute sich. „Na endlich! Können wir jetz nach vorne gehen und weitermachen? Ich trau Mandy nicht so ganz, danach schrottet sie noch die Kassette und wir können von vorne anfangen...“ Jazzy. Ich grinste und schüttelte nur den Kopf. „Geh schon mal vor, wir kommen gleich.“ Von vorne kamen eh schon grinsende Blicke. Nun stand Orli vor mir und ich sah ihn plötzlich ganz anders... so anders dass mir ganz schwindelig wurde. Mehr weiß ich nicht mehr.
 

Als ich wieder anfing mich zu erinnern, lag ich mitten im Raum, ein Haufen Leute stand über mir und begutachtete mich. Nein, ein Krankenhaus war das nicht, das unter mir war rot und flauschig. Jetzt kam es mir wieder, das war ja der Teppich im Kino. Verdammt, es hatte mich wirklich umgehauen. „Na endlich, sie ist wieder wach!“ Hörte ich Johnny sagen. Er stand auf. Jazzy und Orli halfen mir auf. „Danke, jetzt hast du mir schon zweimal das Leben gerettet...“ – „Ach was, nicht der Rede wert...“ Und wieder sah ich in diese großen braunen Augen.... und diesmal konnte ich nicht anders, er wohl auch nicht – wir küssten uns. Von der Bar drüben kam tosender Applaus. „Das nenn ich mutig, beim ersten Date gleich knutschen!“ Grinste Johnny. Orli streckte ihm die Zunge raus. Komikerduo war noch untertrieben. Ich musste grinsen und schmiegte mich an Orli. Wie lange hatte ich das vermisst... meine letzte Beziehung war vier Jahre her. Endlich wieder diese Geborgenheit, jemand der die Lücke in deiner Seele schließt.... Ich küsste ihn gleich noch mal. Wenn dies das letzte Treffen sein sollte, dann wollte ich das bis zur letzten Sekunde auskosten. Orli und ich stellten unsere Hocker nebeneinander und Jazzy führte das Interview zu Ende. Oje, jetzt kamen die Fotos... ich durfte ja nicht zu verliebt wirken, sonst wäre in der Schule der Teufel los wenn die die Fotos sehen würden... also, abwechselnd einmal mit Mandy, dann mit Jazzy und schließlich mit mir zwischen zwei Piraten und einer Gouverneurstochter. In dem dämlichen Radio lief jetzt Black Velvet ... das würde klasse Fotos geben. Selbstverständlich für den Privatgebrauch! Jazzy machte die Fotografin. Ich weiß nicht, aber wir fanden das in dem Moment irgendwie lustig. Jazzy wohl auch, uns küssend und in anderen Positionen zu fotografieren. „Hey, tu doch mal so als ob ich deine Freundin wär...“ Grinste Jazzy und drückte mir die Kamera in die Hand. Ich sah sie ein bisschen irritiert an. „Filmküsse my Darling, die sind harmlos!“ – „Sag das nicht...“ kam von Orli. „Keira kann’s bezeugen.“ Keira sah betreten zu Boden. „Dann tu also nur so, ja?“ Orli zwinkerte mir zu, was wohl heißen sollte dass ich mir keine Sorgen machen sollte. Und so gab es auch ein Knutschfoto für Jazzy. Die kam wieder, ein bisschen außer Puste und nahm ihre Kamera wieder an sich. „Wie hältst du das nur aus??“ Ich grinste sie schelmisch an. Jazzy konnte man wirklich als Groupie bezeichnen, die wäre mit Orli sicherlich ins Hotel gegangen wenn sie Gelegenheit dazu gehabt hätte. Aber dummerweise war sie nicht das Objekt der Begierde... hehe. Ich fing an, ein bisschen auf mich stolz zu werden, so einen Fang an Land gezogen zu haben. „Was macht ihr jetzt eigentlich noch?“ Dumme Frage, ins Hotel gehen natürlich. „Och, mal sehen... noch bissel die Stadt ansehen, ins Hotel gehen...“ – „Und du?“ Ich sah Orli an. „Keine Ahnung. Mir ist nicht mehr großartig nach irgendwas, ich glaub ich verzieh mich ins Hotel und hau mich vor die Glotze.“ Jetzt wollte er wohl fragen ob ich mitkommen würde, aber daraus würde nichts werden. „Wenn du jetzt denkst dass ich mit dir komme hast du dich geirrt.“ – „Dacht ich mir schon dass du dich nicht abschleppen lässt.“ Grinste Orli. Haha, voll witzig! Ich wollte mich aber nicht jetzt schon von ihm trennen. „Wie spät is es eigentlich?“ Jazzy sah auf ihre Uhr. „Viertel nach vier, wieso?“ – „Könnten wir nicht gleich noch in die Schule gehen und den Artikel bearbeiten?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Warum nicht, dann sind wir um eine Arbeit leichter. Kommt der da mit?“ Sie deutete auf Orli. „Natürlich nur wenn’s euch keine Umstände macht – ich mein so ne Schule is ja sozusagen ein Groupie – Nest...“ – „Da brauchst du dir keine Sorgen machen, die Schule is für heute vorbei, da befinden sich nur noch Lehrer. Wenn überhaupt.“ Und so willigte er ein, noch eben mit in die Schule zu kommen. Der Artikel würde ja schnell fertig sein, die Fotos eben von der Digicam rüberholen und gekonnt platzieren... das Interview abhören und aufschreiben.... na ja unter ner Stunde würde das nichts werden, aber was soll's, so hatte ich mehr Zeit, mich Orli anzunähern... hehe. Mein Ehrgeiz war geweckt. Gut getarnt beförderten wir Orli runter zum Parkplatz wo Jazzys grüner Golf stand. Oje... „So einen hatte ich auch mal!“ Grinste Orli als er Jazzys Auto sah. „He, nicht wahr.“ – „Doch! Bloß dass meiner ein englisches Kennzeichen trug... noch gut in Schuss!“ – „Dankeschön... aber jetz steig ein bevor die Groupies kommen...“ Runter hatten Orli leider ein paar Mädchen erkannt und waren uns nachgeschlichen, die konnten jetzt jeden Moment auftauchen also mussten wir sehen dass wir uns vom Acker machten. Jazzy parkte aus und rettete uns vor fünf Girlies, die soeben angekommen waren. Traurig sahen sie uns nach. Tja, Pech gehabt Mädels, jetzt is er meiner!
 

In der Schule herrschte tatsächlich Totenstille, alles war schon zugesperrt, aber wir Zeitungsleute hatten ja einen Schlüssel für solche Gelegenheiten.... leise sperrte Jazzy die Tür auf, immer die Umgebung im Blick, ob uns auch ja niemand folgte. Wir wollten Orli schließlich höchste Sicherheit gewähren dafür dass er sich uns einfach so anvertraute... Er hatte übrigens die ganze Fahrt über meine Hand gehalten und ließ sie auch jetzt nicht los... er hatte schöne, weiche, warme Hände, es war richtig angenehm... und er duftete nach irgendwas undefinierbarem, das mir die Sinne schwinden ließ. Aber ich hielt mich wacker auf den Beinen. Denn hier war keine „Notarzttruppe“, die mich mal eben so wiederbeleben konnte wenn ich umkippte. Na ja, aber Jazzy und Mandy konnten das ja sicher auch übernehmen. Und eigentlich scholt ich mich selbst einen Dummkopf, dass ich ihm einfach so blind vertraute... er machte es mir nach wie vor nicht leicht, zu widerstehen. Das mit der Hand ließ ich jetzt einfach geschehen, aber glaubt nicht, ich würde mich nicht mehr wehren! Die Küsse waren auch nur damit er endlich Ruhe gab. Aber diese Küsse waren wie Gift, das jetzt durch meinen ganzen Körper strömte und mich zu vergiften drohte...

Jazzy schloss die Tür des leeren Klassenzimmers auf, in dem wir unsere Redaktion hatten. Hier sah es noch chaotischer aus als bei mir zu Hause, und das mochte was heißen! Überall lagen Papierstapel, der Boden war übersät mit Locherschnipseln und diversen Papierstreifen... der Hausmeister sollte eigentlich schon letzte Woche mal durchkehren, aber er traute sich nicht hier rein weil ihm das Chaos einfach zu groß war. So mussten wir eben in unsrem Unrat leben. Während Jazzy den Computer anknipste und Mandy die Digicam gab, damit sie schon mal das passende USB – Kabel suchte, verzogen Orli und ich uns in eine dunkle Ecke...

Er schien es förmlich auszukosten, wie ich innerlich mit mir rang. Ich starb tausend Tode, jede Sekunde die ich ihn nicht berührte... allein sein Anblick ließ mich schon schummrig werden... „Könnt ihr euch mal bitte verziehen? Ich kann mich nicht konzentrieren wenn du mich auch noch schwach machst, Orli...“ Selbiger grinste nur und wir verzogen uns auf den (ebenfalls dunklen) Flur. Aber ein bisschen Licht fiel von draußen herein, direkt auf Orli und beleuchtete jedes noch so kleine Detail seines so perfekten Körpers... Da kam mir dieser Song in den Sinn, von Santana... I love you much too much… das könnte man hier einbauen. Es war totenstill und die Tür des Physiksaals stand offen... hatte wohl wieder jemand vergessen, abzuschließen, das kam öfter vor. Dort hinein verzogen wir uns.
 

„Hey ihr zwei, los, lasst uns gehen!“ Wir fuhren auseinander... erst jetzt sah ich was ich angerichtet hatte... Orlis Hemd lag hinten über der letzten Sitzreihe... wir mussten uns über eine Stunde geküsst haben.... wie lange kann ich nicht mehr sagen, denn ich war wie auf Alkohol oder Drogen, total weggetreten. Im Liebesrausch *grins* Ein bisschen beschämt grinsend zog sich Orli sein Hemd wieder über, knöpfte zu und folgte uns nach draußen. Inzwischen war es wirklich stockfinster geworden, nur die Straßenlaternen warfen noch ein fahles Licht auf den Gehsteig. Oh ich hätte ihn am liebsten noch einmal niedergeknutscht... Aber jetzt würde er ins Hotel gehen und dann wieder nach England fliegen, vielleicht sahen wir uns nie wieder. Das ließ mir die Tränen in die Augen steigen. Jetzt wurde mir eigentlich klar, dass ich mich grade Hals über Kopf verliebt hatte, nicht so wie das bissen verknallt sein als Fan, nein, das war wirklich echte Liebe. Aber wir hatten Morgen wieder Schule, also sah ich auch keine Chance, ihn wenigstens zum Flieger zu begleiten. „Hey, was is los?“ Orli legte seinen Arm um mich. „Du fliegst morgen wieder, hab ich Recht?“ Jetzt wurde auch Orlis Miene traurig. „Leider...“ – „Also war das doch nur eine einmalige Gelegenheit die du einfach ausgenutzt hast.“ – „Nein! Wir sehen uns wieder, versprochen!“ Ich kuschelte mich auf Jazzys Rücksitz ganz eng an ihn, ich wollte ihn nicht wieder gehen lassen, nicht jetzt! Das war nicht fair. „Hey, don’t cry, wir sehen uns wieder!“ Doch ich konnte nicht anders. Sollten mich die andren ruhig so sehen, war mir egal. There’s no chance for us, it’s all decided for us, this world has only one sweet moment, satisfied for us… Who wants to live forever… ich wollte nicht mehr leben, wenn ich nicht bei Orli sein konnte, nein. Wenn dies der einzige schöne Tag in meinem Leben gewesen sein sollte, dann wollte ich die anderen gar nicht mehr erleben, denn noch schöner konnte es nicht werden... In deinen Armen zu sterben... Das hätte ich jetzt am liebsten getan, mit der Gewissheit, glücklich gestorben zu sein. Ach was fasel ich hier für einen Dünnsinn, aber in dem Moment fehlte mir wirklich der Verstand. Jazzy hielt vor dem Hotel. „Hey, wenn du willst kannst du gern noch die Nacht bei ihm verbringen, ich hol dich dann morgen früh hier ab und nehm dich mit zur Schule...“ Es war ein verdammt verlockendes Angebot, aber mein Traum ließ mich davor zurückschrecken, denn vielleicht würde er mich dann tatsächlich noch in die Kiste zerren. Ich überlegte lange und musste zwischendurch immer wieder Orli küssen um den Geschmack nicht zu verlieren... aber ich konnte nicht anders, das Verlangen war zu groß. „Also bis morgen, um sieben? Wir müssen dich in der Schule noch frisch machen, sonst schöpfen unsre Mädels Verdacht“ – „Okay, sieben...“ sagte ich noch und verschwand mit Orli nach draußen. Oh nein, wo war ich da nur hineingeraten... I would do anything for love, I’d run right into hell and back, I would do anything for love, I’d never lie to you and that’s a fact…Ja, für Orli würde ich durch die Hölle gehen und sie zum gefrieren bringen wenn es sein musste und wenn es meine Bestimmung war. Maybe I’m crazy... no one else can save me now but you…
 

Aber das gefürchtete Ins – Bett – Zerren blieb mir erspart, (nahm er extra wegen mir Rücksicht?) wir küssten nur ewig lang und schliefen schließlich selig nebeneinander ein. Ich allerdings schlief nicht viel, denn der Gedanke zerfraß mich, auch nur eine Berührung von ihm zu verpassen... ich hielt den Arm, den er um mich gelegt hatte, fest. Ich wollte ihn nie wieder loslassen, aus Angst das könnte auch wieder nur ein Traum sein. Aber der war schon fast zu real um ein Traum zu sein, und der Schmerz war zu groß.

So kam es dann auch dass ich am nächsten Morgen völlig übermüdet aus dem Bisschen Schlaf erwachte das ich erwischt hatte... Orlando schlief noch, ich hätte ihn noch stundenlang betrachten können, so schön war er wenn er schlief.... doch es war kurz vor sieben und ich musste sehen dass ich runterkam zu Jazzy. Ich hinterließ Orli einen Zettel mit meiner Handynummer und Emailadresse und gab ihm noch einmal einen Kuss. Mit Tränen in den Augen verließ ich das Zimmer.
 

Jazzy stand schon seit fünf Minuten unten, wie sie mir erzählte. „Na, alles noch dran? Du siehst ja ganz schön fertig aus.“ – „Es fiel mir auch verdammt schwer, mich da loszueisen, er schlief noch als ich raus bin. Oh du müsstest ihn sehen wenn er schläft...“ Jazzy biss sich auf die Lippen. „Ich kann’s mir vorstellen. Aber jetz los.“ Sie bog um die Ecke und auf die Hauptstraße ab.
 

In der Schule war noch relativ tote Hose, ein paar Lehrer und Streber bewegten sich über die Flure, irgendwer schimpfte über das Chaos im Physiksaal... ups, hatten Orli und ich ein paar Stühle umgeworfen? Still und heimlich schleuste mich Jazzy ins Mädchenklo, wo sie mir erst mal eine Haarbürste, mein MakeUp und einen Waschlappen gab. „Ich war gestern noch schnell bei deiner Mom und hab das Zeug geholt.“ Wow, meine Mom hatte Jazzy die Story abgekauft? „Sie hat dir die Story abgekauft??“ Fragte ich, während ich mir den Schlaf aus dem Gesicht wusch. Jazzy reichte mir noch ein Handtuch. „Ja, sie hatte zwar keine Ahnung wer Orlando Bloom ist, aber ich hab ihr ja erzählt du pennst bei mir....“ – „He, guter Trick!“ Ich kämmte mir meine völlig zerzausten Haare, legte noch ein bisschen MakeUp auf und ging dann mit Jazzy rüber in die Redaktion, wo Toby schon fleißig am Schuften war. „Morgen Mädels, so früh schon hier?“ – „Wir mussten Marie noch eben aufbügeln...“ Toby grinste. „Verstehe... Widerstand zwecklos, was?“ – „Ha ha.“ – „Ihr wart ja gestern noch ganz schön fleißig, aber die hier können wir nicht in die Zeitung packen, die Mädchen flippen doch aus!“ Autsch, die eindeutigen Fotos mit Orli und mir... „Ups, hab ich wohl gestern vor lauter Gedusel auch noch reingehauen...“ Hab ich schön erwähnt dass Jazzy aus Bamberg kam? Ich liebte ihr Fränkisch. Das war für mich der geilste Dialekt überhaupt. „Die Fotos sind aber hoffentlich noch auf der Speicherkarte?“ – „Ja ja, keine Sorge, ich bring das Ding noch heut Nachmittag zum Entwickeln. Ich würd die doch nie wegschmeißen, da is doch schließlich des Fodo mit mir und deim Schnuggel auch drauf...“ Toby gab mir die Cam und Jazzy nahm sie mir aus der Hand. „Also ihr könnt euch dann verziehen, ich krieg das hier noch alleine hin.“
 

Im Klassenzimmer herrschte noch gähnende Leere, bis auf Mandy, die schon hinten an unsrem Vierertisch saß und uns mit erwartungsvollem Blick ansah. „Hey ihr zwei... und Marie, ging gestern noch was?“ Ihr war nicht im Geringsten klar, dass sie schon jetzt alte Wunden aufriss... Ich schluckte, denn es tat immer noch ganz schön weh. Ich wusste mit Sicherheit dass Orli jetzt noch in seinem gemütlichen Bett lag und schlief. Und ich wollte verdammt noch mal zu ihm!!!! Ich schüttelte also den Kopf. „Was habt ihr eigentlich da im Physiksaal getrieben, da hat’s heut Morgen ja wüst ausgesehen, der Direx hat schon einen Wutanfall bekommen...“ Ich grinste. „Nur ein bisschen rumknutschen... wieso, was war denn chaotisch? Hab ihn vorhin auch schon schreien gehört...“ – „Na ja, fünf Stühle lagen am Boden und der Stapel mit Papierhandtüchern lag schön verteilt auf dem Boden... ihr habt doch nicht etwa...?“ Wieder schüttelte ich den Kopf. „Ich sagte doch ich kann One Night – Stands nicht ausstehen.“ Das genügte ihr vorerst. „Also ich weiß ja nicht ob ich da standhaft geblieben wär...“ Grinste Jazzy jetzt. „Das war mir irgendwie klar. Aber ich bin halt mal kein kleines Groupie das man einfach so ins Bett zerren kann... hehe... wartet mal.“ Soeben hatte sich mein Handy mit dem Piepton für eine Sms gemeldet. Mandy und Jazzy sahen mich erwartungsvoll an. Und ich das Handy. Oh wie süüüß... „Sag schon, was schreibt er?“ Neugierig waren die zwei ja gar nicht. Ich las vor. „Hey Maus! Vermute du sitzt jetzt in der Schule und trauerst... aber ich hab gute Neuigkeiten für dich! Konnte meiner Agentin einen freien Tag aus den Rippen leiern und fliege so erst morgen! [Textteile fehlen]“ kurze Zeit später piepte es ein zweites Mal. „Kommst du heute nach der Schule wieder vorbei? Vermiss dich! *Kuss* Orlando“ Jazzy ließ sich im Stuhl sinken und seufzte, ich tat dasselbe. Sofort tippte ich zurück bevor die Mathestunde anfing. Hey du... Wahnsinn, dass es noch Wunder gibt... klar komm ich vorbei! Ich sah zu Jazzy auf. Die nickte mir zu. Sie würde mich nach der Schule hinfahren. „Ich würd aber erst noch schnell heim und was andres anziehen...“ Stimmt, ich hatte immer noch das Kleid von gestern an... oje, das würde auffallen. Na ja, vielleicht nicht so krass wie ich mir das eventuell ausmalte, vielleicht dachten die dann auch einfach, ich würde das Kleid sowieso nie wieder waschen wollen... irgendwie verständlich. Ich fahr aber noch eben heim und zieh mich um... *ganzlangerKuss* schrieb ich zurück. Piep... Ist okay, ich warte auf dich. Ich umarmte das Handy und steckte es dann wieder in meine Schultasche. Allmählich füllte sich der Klassenraum. Komischerweise hatten wir, nicht wie in meinem Traum, keine Tussis in der Klasse, die Mädels waren alle total okay. Die Tussis die in meinem Traum vorgekommen waren, waren von einer anderen Schule, von der ich hierher gewechselt war, weil es nicht mehr ging, jeden Tag stocherten sie auf mir herum. Eines Tages hab ich dann den Schlussstrich gezogen und bin nicht mehr in die Schule gegangen, hab gesagt wenn ihr mich nicht versetzt geh ich nicht mehr. Seitdem hatte ich Ruhe, aber in meinem Alpträumen verfolgten sie mich immer noch.
 

Der Tag schleppte sich dahin, ich konnte es gar nicht erwarten, mich noch schnell umzuziehen und dann zu Orli zu gehen. Jazzy nagelte meine Mom wieder mit der Aussage fest, ich würde die Nacht noch mal bei ihr verbringen um Mathe zu lernen... Und dann kam der Moment... ich stand wieder vor der Hotelpforte. Das Herz schlug mir bis zum Hals und ich konnte schon jetzt nicht mehr klar denken. Zögerlichen Schrittes ging ich durch die Lobby hinüber zum Aufzug. Drinnen war es total still, kein Anzeichen dass hier jemand hauste.
 

Oben klopfte ich an die Zimmertür. Es dauerte auch nicht lange da hörte ich jemanden aufsperren. Und dann stand er wieder vor mir, dieser Wahnsinn auf zwei Beinen. Ihr könnt euch das etwa vorstellen wie auf dem Bild rechts, nur noch viel schöner... Er nahm mich wieder voll in Beschlag. Wie ein Schlangenbeschwörer. Ich war die Schlange... Wir küssten uns zur Begrüßung... lang und innig... und Orli schloss die Tür. „Du hast mir so gefehlt...“ Ich glaubte ihm das zwar nicht so ganz, auch nach dem gestrigen Tag nicht, aber ich vertraute ihm einfach. Er küsste mich bis mir schwindelig wurde und ich mich hinsetzen musste um nicht umzukippen. Wie kann einem ein Typ nur so den Verstand rauben... und vor allem verstand er war er tat. Und wie er mich zwischendurch immer wieder ansah... oh diese Augen, ich hätte in ihnen versinken können. Der Traum letzte Woche war lange nicht so real gewesen wie das hier... Irgendwie schaffte ich es dann nach langer Zeit der Besinnungslosigkeit ihn ein bisschen von mir wegzuschieben. Ich musste Luft holen. „Lass mir bitte einen Augenblick Zeit... lass mich wieder zu Puste kommen...“ Er legte sich neben mich – kein Blatt Papier passte mehr zwischen uns – und ließ mich kurz aufatmen. „Man, wie machst du das bloß...“ Er grinste mich an. Und dieses Lächeln hatte ich ganz vergessen... Das einen so schwach werden lässt dass man nicht mehr weiß wo oben und unten ist...
 

Mein Kreislauf stabilisierte sich langsam wieder, nachdem ich kurz hinaus auf die Terrasse gegangen war und etwas Luft geschnappt hatte. Verdammt, ich war noch nicht mal zehn Minuten hier, wie sollte das weitergehen?? Ich drehte mich um und sah durch das Glas der Balkontür Orli auf dem Bett sitzen, der mich erwartungsvoll ansah. War dies wirklich das was ich wollte? Aber wir hatten ja eh nur noch heute, also sollte ich den Tag eigentlich noch genießen... Aber wie er da saß, so schön, und doch irgendwie zerbrechlich – ich glaube nicht dass es ihm gleichgültig sein würde wenn wir uns heute Abend oder Nacht trennten. Er ging wieder nach London und ließ mich hier im Weißwurstloch zurück. Und die Chance auf ein Wiedersehen war eigentlich gleich Null, denn ich hatte nur das Geld das ich mir nebenbei noch mit Babysitten oder Hunde ausführen verdiente und würde in einem Jahr mein Abi machen, und als Student hätt ich dann eh kein Geld mehr. Und er würde doch ganz sicher nicht jede Woche rüberfliegen bloß wegen mir. Ich seufzte, was auch Orli drinnen hörte, aufstand und zu mir kam. „Was bedrückt dich denn? Ich kann es ja schon aus deinen Ohren rauchen sehen...“ Ein kleines Grinsen huschte mir übers Gesicht. Qualmte es wirklich schon aus meinen Ohren? Er schloss mich in seine Arme und ich lehnte mich an ihn. „Ich will nicht dass du morgen fliegst. Wir werden uns nie wiedersehen...“ Er fuhr mir mit der Hand über den Rücken. Man hör auf... oh nein, mach weiter... „Doch, das werden wir, das versprech ich dir! Ich muss zu Hause jetzt noch einige Interviews geben und vielleicht ein paar Fotos schießen... aber komm doch in den nächsten Ferien zu mir!“ Ich lachte ein bisschen gekünstelt. „Wie stellst du dir das vor, ich hab nicht so viel Geld um mal eben in den Flieger zu steigen!“ Er drückte fester zu. „Ich lad dich ein, so teuer ist ein Flug nun auch wieder nicht.“ Konnte er ja sagen, er hatte ja Geld en masse. Mit seinen zwanzig Millionen allein für den dritten Fluch... wenn das reichte. „Aber das musst du doch nicht tun, gib dein Geld doch lieber für was Sinnvolles aus...“ Er sah mir in die Augen und lächelte mich an. „Du bist momentan das Sinnvollste was mir einfällt...“ Er war so süß... aber wie konnte er mir nur so blind vertrauen. Wir kannten uns grade mal zwei Tage. In meinem Traum noch viel länger, aber das zählte nicht. Ich küsste ihn, weil ich keine Worte fand.

Draußen wurde es langsam dunkel, und damit auch kühl, so gingen wir wieder rein und Orli knipste das Licht an. Ein wunderschöner Kronleuchter funkelte über uns. Fehlte nur noch ein Ballkleid. *Grins* Aber mir war gar nicht nach Grinsen zumute, auch jetzt nicht. Denn selbst wenn ich in den Ferien zu Orli fuhr, bis dahin waren es noch ... nein Moment mal, vier Tage, ja trotzdem. So schnell würde ich mich sicher nicht loseisen können und ich wusste schon gleich gar nicht, wie ich das meiner Mom beibringen sollte dass ich zu meinem Freund nach London fliege, der zu allem Überfluss auch noch ein berühmter Schauspieler ist und mir das Flugticket einfach mal so spendiert.... Meine Mom würde die größte Hürde werden. Erst würde sie ihr – du weißt was ich sagen werde – Schweigen antreten, um mir dann in den Hintern zu treten und zu sagen „Los, zisch ab und seid anständig!“ Aber bis dahin würden es sicher drei Tage werden und dann lohnte sich der Flug auch nicht mehr. Aber ich würde tun was ich konnte... „Mm.. bitte mach weiter, das is ja wie am Strand von Hawaii...“ Er hatte es geschafft, mich flachzulegen *grins* und massierte mir den Rücken... oh Gott das war der Himmel auf Erden wenn es einen solchen gab... „Wo hast du das gelernt...“ – „Übung...“ Grinste Orli, ich wusste dass er hinter mir grinste. Danach wurden Seiten gewechselt. Orli der kleine Scherkeks, ich musste ihn dauernd in die Aufrechte zurückschieben, weil er sich ständig nach hinten auf mich fallen ließ, was gar nicht mal so unangenehm war wie es sich anhört....Es dauerte dann auch immer ein bisschen bis ich ihn wieder losließ. Es fühlte sich einfach so gut an, ihn im Arm zu haben... obwohl er mit der Zeit ganz schön schwer wurde, vielleicht auch nur weil mir langsam die Puste ausging. Als er sich erneut fallen lassen wollte, wich ich aus und er plumpste ins weiche Kopfkissen. „Hey! Das war aber nicht nett von dir..“ grinste er. Oh man dieser Anblick haute mich um... wenn ihr schon mal ein Foto von ihm in Bademontur gesehen habt wisst ihr was ich meine.

Wenige Augenblicke später kam ich mir vor wie Helena von Troja. Oh wie ich mich nach dem verzehrte, was er nun vor hatte, aber andererseits wollte ich doch nicht... Ich hielt seine Hand fest, gerade, als er den Reißverschluss meiner Sweatjacke herunterziehen wollte. Er küsste mich. „Hey, was ist los.“ Nicht verärgert, nein, er machte sich Sorgen. Oh wie süß er die Stirn runzelt *grins* Ich küsste ihn ebenfalls. „Wir kennen uns doch erst zwei Tage.. nicht mal. Das geht mir viel zu schnell...lass uns damit noch ein bisschen warten, bis wir uns besser kennen.“ Er überlegte einen Moment, aber ließ dann von mir ab, und seine Lippen wanderten meinen Hals hinunter...
 

Selbst ein Knotenöffner – Profi hätte uns jetzt nicht auseinander bekommen. Wir mussten - ineinander verschlungen - kurz eingeschlafen sein, kein Wunder... Doch bald nahte der Abschied. Es war schon zehn Uhr abends und ich sollte langsam daran denken, nach Hause zu gehen... Jazzy hatte mir ihren Ubahn – Plan geliehen damit ich sicher ankam. Aber ich wollte nicht weg von Orli! Wir küssten uns immer und immer länger, ich hielt ihn fest in meinen Armen, wollte ihn nicht mehr loslassen, denn dieser Traum war zu schön um real zu sein. Aber ich wollte nicht aufwachen, nicht wieder auf den harten Boden der Realität zurückgeworfen werden auf dem man mir sagte, ich hätte mal wieder schlecht geträumt... Oh Orlando... er hatte vorhin ein paar Kerzen angezündet, die er in der Bar (?!) gefunden hatte, und nun sah ich in diese wunderschönen, großen braunen Augen... ich hätte in ihnen versinken können. Wie konnte man nur so schön sein, wie machte er das?? Er sagte nichts, küsste mich nur noch einmal. Hell is living without you, love ain’t nothing without you... Ich hatte grade diesen Song im Kopf, wusste nicht warum. Doch würde es die Hölle sein, wenn sich wieder Luft zwischen uns befand... Ich hätte ihn am liebsten überall mit hingeschleppt, nur um ihn in meiner Nähe zu haben. Musste er halt so tun, als wär er ein Pappaufsteller *grins* Bloß 3 – D kam bei solchen Sachen nicht grade gut... die Idee war also ein Fall für den Mülleimer. Ich setzte mich kurz auf und griff nach meinem Handy, das auf dem Nachttisch lag. Ich hatte beschlossen, noch eine Nacht hier zu verbringen, Jazzy musste das irgendwie meiner Mom beibringen und mich morgen früh wieder aufmöbeln. Ich wollte hier nicht weg, um nichts in der Welt. Ihr hättet mir alles Geld dieser Erde bieten können, zehn Pferde hätten mich nicht von Orli weggekriegt. Von Jazzy bekam ich schließlich ein Okay, mit der Warnung, ja anständig zu bleiben. So schlief ich ein letztes Mal für diese Woche in seinen Armen ein...
 

Am nächsten Morgen weckte mich der erste Sonnenstrahl. Ich wischte mir den Schlaf aus den Augen und sah mich ein bisschen verwirrt um, wo war ich? Ach ja genau, bei Orli im Hotel... wo war er eigentlich? Das Bett neben mir war leer. Ich streckte mich ausgiebig und ging hinüber ins Bad. „Guten Morgen...“ Grinste Orli, immer noch leicht schlaftrunken. Auch ich war noch nicht ganz wach, obwohl ich so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen hatte. „Ich wollte dich nicht aufwecken, bin ganz leise rausgeschlichen...“ Er gab mir einen Kuss, der nach Zahnpasta schmeckte. „Oh bitte hör auf, mach mir den Abschied nicht noch schwerer als er eh schon ist...“ Ich zog ihn an mich und verpasste ihm ebenfalls einen innigen Kuss. „Ich werf dir das Flugticket in den Briefkasten...“ Oh man sah ich fertig aus, Jazzy würde ihre liebe Not haben. „Ich lass dir meine Adresse da. Pass auf dass du nicht gesehen wirst, ja? Nicht wegen mir.“ Er nahm mich in den Arm. Oh wie mir das fehlen würde... wieder niemand, der einem das Herz wärmte wenn es drohte, zu erfrieren. Ich machte schnell ein bisschen Katzenwäsche und trocknete mir das Gesicht ab. „Ich hol dich dann in Heathrow ab. Sei dir dessen sicher, ich lass dich nicht im Regen stehen.“ Nein, das glaubte ich jetzt auch nicht mehr. Und trotzdem würde das verdammt schwer... ich sah auf meine Uhr. Ach du Scheiße, heute war ja Samstag!!! „Wann geht dein Flieger?“ – „Drei Nachmittag, wieso?“ – „Hast du schon mal auf den Kalender gesehen, es ist Samstag...“ Sofort rannte ich hinaus und griff nach meinem Handy. Aber das war wahrscheinlich eh schon zu spät, weil Jazzy wahrscheinlich schon vor der Tür stand. „Am Montag ist Feiertag... ich könnte theoretisch jetzt schon mit dir kommen.“ ich wollte, mehr als alles andere, aber da war noch meine Mom, der das alles beigebracht werden müsste. Kannst du uns zu mir bringen? Ich muss meiner Mom einen Schock verpassen und dann gleich meine Sachen packen... schrieb ich zurück. WAS? o.O?? Kam wieder. Montag is doch keine Schule!! Ich könnte also bis 9. Juni oder so nach London gehen... Keine Antwort mehr, stattdessen klopfte es an der Zimmertür. „Marie? Mach mal auf!“ Ich scheuchte Orli zurück ins Bad, er war immer noch oben ohne, und so sollte ihn Jazzy nicht sehen. „Zieh dir was drüber!“ Ich warf ihm ein Hemd zu, vor dem er erst mal die Nase rümpfte, aber er hatte ja keine Wahl. Ich sperrte auf und Jazzy stand vor mir. „So, und jetzt erklärst du mir das noch mal in Ruhe. Kann ich reinkommen? Wo steckt er denn...“ – „Ich hab die Waffe schon entschärft, falls du das meinst, er kommt jetzt nicht nackt daher.“ Jazzy zog eine Schnute. „Schade. Also, wie gedenkst du das zu managen?“ Ich schilderte ihr mein Vorhaben, Orli zu mir nach Hause zu schleppen, meine Mom zu überzeugen dass er vertrauenswürdig war und ich gern mal woandershin in die Ferien wollte als immer nur nach Österreich. „Und du glaubst das kauft sie dir ab.“ – „Mit dem Argument schon...“ Ich deutete hinter mich, wo Orli grade aus dem Bad kam. „Ach, hi!“ Grinste Jazzy. Orli grinste zurück. „Weiß dein Traummann schon was du vorhast?“ – „Geht’s um mich?“ Fragte Orli, knöpfte den letzten Knopf seines Hemdes zu und setzte sich neben mich. Nach was roch der heut nur wieder... Ich lehnte mich an ihn. „Ein Herz und eine Seele...“ – „Sag mal, willst eben mit zu mir, das mit meiner Mom regeln?“ Fragte ich Orli dann. „Na ja, wenn der Apfel nicht weit vom Stamm fällt und sie genauso reagiert wie du in der Ubahn... ich weiß nicht.“ Ich musste lachen, meine Mom würde ihn allerhöchstens für einen Playboy halten, der nur mal eben ein Mädel zum Abschleppen brauchte, so wie er aussah... „Das mit deinem Äußeren wird schwierig, aber wenn sie Hansi mag wird sie dich auch mögen.“ Orli sah mich schief an. „Wer ist Hansi?“ – „Musst du nicht wissen. So n dämlicher Volksmusiker aus Österreich. Ekelhaft.“ Orli hatte verstanden. Das gefiel ihm auch nicht sonderlich. So machten wir uns also gut getarnt auf den Weg nach unten. Jazzy hatte genau vor dem Hotel parken können, das machte uns die Sache wesentlich leichter. Keine Groupies, kein Berufsverkehr... so war das schön.
 

Leise öffnete ich die Haustür. „Die Luft ist rein, ihr könnt kommen!“ ich winkte Jazzy und Orli die Treppe herauf. Meine Mom schien ausgeflogen zu sein. Jetzt stürmten wir die Bude. Und welch belustigender Anblick bot sich uns da? Meine Mom, mit einer Tasse Kaffe und den Haaren voller Lockenwickler saß am Küchentisch uns las Zeitung.. „Bist du auch mal wieder im Lande?“ War das einzige was von ihr kam, sie sah nicht auf. Also gingen wir erst mal nach oben. Ich wusste aber, dass Mom eben ein Auge von der Zeitung abgewendet und uns begutachtet hatte, sie hatte nicht mal einen Pieps gesagt wegen Orli! Da kam noch was auf mich zu. Wenn sie so still war, bedeutete das meistens nichts gutes.
 

Oben kramte ich den großen Koffer unter meinem Bett hervor und warf einfach ein paar Klamotten hinein, meine Lieblingspullis und einiges zum Wechseln, man wusste ja nie... Ein paar CDs... MakeUp – Koffer, den musste ich so nehmen, der passte nicht in den großen Koffer. Gesamt brachte ich eine Reisetasche und einen großen Koffer voll mit Zeug. Schwer beladen machten wir uns wieder auf den Weg nach unten.
 

Au, das verhieß nichts gutes, meine Mom stand nun am Treppenabsatz und sah uns mit großen Augen an. „Mom, darf ich vorstellen...“ – „Isser das?“ – „Wer.“ – „Er.“ – „Hä?“ Jazzy verschränkte die Arme im Rücken und sah zu Boden. „Ich hab sie schon mal aufgeklärt, dachte das wäre besser so. Tut mir leid.“ – „Jazzy, du... danke dass du dich mit meiner Mom bekriegt hast....“ – „Hat ganz schön Nerven gekostet, ja...“ Kam es von meiner Mom. „Und was wollt ihr mit den ganzen Koffern? Ziehst du aus?“ Aber das hatte sie meiner Mom noch nicht gesagt. „Na ja, wir haben doch Ferien...“ Ein Schmunzeln bildete sich auf ihrem Gesicht. „Du willst nach England in die Ferien, hab ich Recht? Na ja, wenn es das ist was dich glücklich macht, dann geh. Und du, bring sie mir unversehrt wieder...“ Wandte sie sich dann an Orli. „Ich würde doch nie zulassen, dass ihr auch nur das Geringste passiert...“ Wir küssten uns. „Hach, wie gern wär ich noch mal so verliebt. Ihr passt echt gut zusammen.“ Meine Mom und ihre Sprüche, ich fand, rein äußerlich harmonierten Orli und ich so irgendwie überhaupt nicht, er war groß und dürr und ich war ein bisschen, ungefähr fünf Zentimeter, kleiner als er, hatte aber, wie ich fand, einen viel zu großen Hintern. Eine Hose für mich zu kaufen war jedes Mal eine Katastrophe. Dann waren da noch die Feuerlöscher – Roten Haare, die Orli irgendwie überhaupt nicht zu stören schienen... Aber wenn Mom meinte... „Aber jetzt geh erst mal ins Bad und mach dich frisch, du siehst ja aus als wärst du einem explodierten Staubsaugerbeutel entsprungen. Ich mach euch Frühstück.“ Gegessen hatten wir heute auch noch nichts, ja. Außerdem sah ich ziemlich zerzaust aus, da wir uns ja den ganzen Abend im Bett gewälzt hatten. Während Orli und Jazzy sich in die Küche begaben, wo Mom ihnen Brote schmierte, verschwand ich im Bad und trimmte mich wieder auf normal.
 

Zurück in der Küche gab es erst einmal einen Kuss für Orli und dann ein Brot für mich mit einem schönen warmen Kakao. So schön sollten alle Tage beginnen. „Wann geht denn dein Flieger, fliegt ihr noch heute?“ Orli sah auf die Uhr, es war jetzt kurz nach zehn. „Um drei, wir haben also noch jede Menge Zeit.“ – „Soll ich euch zum Flieger bringen?“ Oh Mom, bitte... Jazzy winkte ab. „Ich mach das schon, ich will mich ja auch noch von Orlando verabschieden.“ In das Orlando hatte sie einen spanischen Akzent eingebaut, der deutlich werden ließ dass sie auch auf ihn stand. Wir mussten grinsen, insbesondere Orli. Wie gut dass meine Mom auf blond stand, sonst hätte ich jetzt ein Problem gehabt. *grins*

„Ich denk mal, wir werden uns langsam auf den Weg machen, was meinst du...“ Fragte Jazzy. Wir (Orli + ich) sahen sie verwirrt an. „Na ja, es heißt doch immer, man soll ungefähr drei Stunden vor Abflug am Flughafen sein... du als Vielflieger müsstest das doch wissen.“ Orli zuckte nur mit den Schultern. „Hab da noch nie wirklich aufgepasst. War meistens so ne halbe Stunde vorher da und hat reibungslos funktioniert. Aber wenn ihr meint, sicher ist sicher.

„Also, passt auf euch auf, kommt heil wieder. Und seid artig!“ Mom... wir sind keine kleinen Kinder mehr! Und große Kinder machen nun mal unartige Dinge... Ich grinste in mich hinein. Jazzy verlud unsre Koffer und wir machten es uns auf dem Rücksitz bequem. Das war zwar jetzt nicht Hawaii wo wir hingingen, aber trotzdem auch schön. Vor allem schön, immer in Orlis Nähe zu sein.

Wie im Traum lag ich auch jetzt auf der Rückbank in seinen Armen, bloß dass es heute nicht vier Uhr früh war und nicht Hands to heaven lief. Jazzy hatte da irgendwas laufen das ich geil fand. Jenny don’t be hasty, no don’t treat me like a baby… Ich wippte mit dem Fuß dazu.
 

Und leider kam es wie es kommen musste – jeder wollte über die Ferien weg, und so war die A99 dicht. „Wart nur, das haben wir gleich.“ Grinste Jazzy. Zum Glück war die Ausfahrt nicht weit und wir fuhren über Ismaning hoch auf die A92 in Richtung Flughafen. Trotzdem brauchten wir eine gute Stunde raus. Am Flughafen selber war auch alles dicht, denn nicht nur die Autofahrer wollten eine Woche weg... Hätte ich von jedem, der sein Auto hier abgestellt hatte, auch nur einen Euro verlangt, wäre ich stinkreich gewesen. Jazzy fuhr ins Parkhaus und suchte sich einen Stellplatz, den sie sich gut merken konnte. So lange würde sie ja nicht aus sein. Wir schon... ich sah Orli an, der mich glücklich anstrahlte.

Unauffällig schlichen wir uns in die Vorhalle. Hier standen viiiele Leute... ohje, das würde dauern bis Orli das Ticket lösen konnte... Womöglich Tage. Aber er suchte sich die kürzeste Schlange und hielt nach einer halben Stunde schon zwei Papierstreifen in der Hand. „Ich hätt sie schon vorher besorgen müssen“ Meinte er dann, ein bisschen frustriert. „Na ja, aber du hättest dir ja auch denken können dass alle über die Ferien wegwollen.“ Er grinste. „Ja schon, aber ich dachte, in Deutschland wird bloß Auto gefahren...“ Miese Ausrede, er hatte ja keinen Schimmer... ^.^“

Schwer bepackt mit vier Koffern (Orli hatte seine zwei ja auch noch dabei) machten wir uns auf den nicht grade einfachen Weg zum Terminal. Wir mussten höllisch aufpassen, dass uns niemand erkannte. Aber da hatte Jazzy eine exzellente Spürnase für. Sobald sie eine Gruppe Mädchen oder so bemerkte, die zu uns hersah, suchte sie gleich ein gutes Versteck und wartete bis der Haufen vorbei war. So brauchten wir zwar wieder fast eine halbe Stunde runter, aber sicher war sicher. Verstecken mussten wir uns eh nur zweimal, denn Orli war ziemlich gut getarnt, er hatte eine große Puck-die-Stubenfliege – Sonnenbrille auf und ein weißes Käppi, das ich ihm geliehen hatte. Dazu noch der Rosa Schal, den mir meine Mom mitgegeben hatte, es sah zwar lächerlich aus, aber es half...
 

„So, das hast du jetzt von deinen drei Stunden früher fahren...“ Bemerkte ich zu Jazzy, denn jetzt saßen wir eine Stunde zu früh vor dem Terminal, keine Sau zu sehen. Die waren alle klüger als wir. „Lasst uns doch ne Runde – ich seh was, was du nicht siehst – spielen..“ Witzelte Jazzy. Da hatte ich jetzt echt keinen Bock drauf. Ich weiß nicht, aber so langsam schlug mir das frühe Aufstehen aufs Gemüt. Ich bin normal ein notorischer Langschläfer und morgens immer ziemlich mies drauf. Heute war das aber anders gewesen, weil ich vor Orli nicht meine Laune spielen lassen wollte... aber er hatte sicher was gemerkt, ließ es mich aber wiederum nicht merken... hmpf. Ich saß auf meinem Koffer und starrte auf die Anzeigentafel über dem Türbogen zu diesem Tunnel, der einen zum Flieger bringt. Wieso eigentlich, da stand ja eh nichts. Das war auch eine meiner Eigenarten, ich neigte dazu, jemanden oder etwas anzustarren wenn ich nachdachte. Irgendwas bewegte sich meinen Rücken hinunter und ich erschauderte. „Ahh, kannst du das bitte lassen? Mich so zu erschrecken...“ Orli wedelte mit der rechten Hand und grinste. „Dachte du wärst eingeschlafen, weil man nix hört von dir...“ – „Ha ha...“ Das fing ja schon gut an, wenn er jetzt schon seine Späße mit mir trieb. So kannte ich ihn gar nicht. Hatte der heut zusammen mit seinem Donut einen Clown gefrühstückt? Wie würde das erst im Flieger weitergehen... ich sah auf die Uhr, immer noch 50 Minuten... wie langsam die Zeit doch verging, wenn man warten musste. Wir setzten uns im Kreis zusammen, denn langsam tat mir der Hintern weh vom Koffergriff, auf dem ich gesessen hatte. „Hey, spielt doch mal dieses Spiel, wer zuerst lacht hat verloren...“ Danke Jazzy, aber mir war grade nicht nach Lachen. Das ist immer so wenn ich irgendwo hingehe, auf einmal hab ich keinen Bock mehr, will wieder nach Hause, aber das sind dann meistens die Ereignisse, die am geilsten werden. Also konnte ich mich schon mal theoretisch auf meinen „Urlaub“ freuen. Ich verzog das Gesicht, was Jazzy wissen ließ, dass ich keinen Bock hatte. Ach Orli, sorry dass ich so bissig bin grade... hoff das geht in England nicht so weiter, aber da werd ich wahrscheinlich eh keine Zeit haben für schlechte Laune. Im Flughafenradio lief grade Summer wine, ich fand, das passte irgendwie zu meiner momentanen Stimmung. Der Aufbruch ins Unbekannte. Über dem Türbogen erschien jetzt eine rote sieben. Noch eine halbe Stunde. Schon wieder Orlis Finger auf meinem Rücken – ich hatte gar nicht gemerkt, dass er seinen Arm nach mir ausgestreckt hatte. Ich ließ ihn gewähren, das fühlte sich einfach zu geil an... aber ich packte ihn trotzdem am Genick, als Strafe dafür dass er mich vorher nicht informiert hatte. *grins* Aber dann lockerte ich den Griff und kraulte ihn ein bisschen, wobei er anfing, wie eine Katze zu schnurren. Jazzy und ich lachten uns halbtot über Orlis Faxen. Jetzt waren es eh nur noch 20 Minuten, die würde ich auch noch überleben. „Ach übrigens, vergiss nicht, mir eine Postkarte zu schreiben, ja?“ Ich kramte in meinem grünen Mini – Rucksack, den ich dabei hatte und zog mein Adressbuch heraus. „Hab dran gedacht, Mom bekommt auch eine.“ Wenn man sich im Urlaub befand, musste man auch Postkarten schreiben, fand ich jedenfalls. Und sicher war es in Notting Hill schön... die paar Ecken die ich vom gleichnamigen Film gesehen hatte, versprachen einiges, aber wer wusste ob der da gedreht worden war... danach war das eine Siedlung aus Betonblöcken. Zehn Minuten. In der Anzeigetafel über dem Türbogen lief London Heathrow 3pm durch. (Anm.d.A.: Ich hab keinen Schimmer ob da ne Tafel is und was da durchläuft, war noch nie auf nem Flughafen...) Wir standen auf und klopften uns den „Staub“ von der Hose, na ja, ein paar Bodenfussel waren an uns hängen geblieben. „Also ihr zwei, macht’s gut, passt auf euch auf und bleibt anständig, ja?“ Jazzy umarmte mich und Orli. „Ich werd schon aufpassen dass er keine Dummheiten anstellt...“ grinste ich. Dann klaubten wir unsre Koffer auf und machten uns auf den Weg in den Flieger.
 

Und dann übermannte mich die Müdigkeit, just als ich in den weichen Sitz fiel und meinen Kopf an Orlis Schulter platzierte. Wieso war ich heut auch so früh aufgestanden? Ich hätte doch wissen müssen, dass Samstag ist, aber wenn man verliebt ist, verliert man schon mal sein Zeitgefühl. Ich hatte einen total seltsamen Traum, Orli und ich waren in einem Westerndorf, wo ein großes Fest stattfand und wir tanzten zu Summer Wine... Aber irgendwas nervte mich am Arm, dauernd stubste mich jemand. Ich tat schlaftrunken ein Auge auf und sah Orli, der grade damit beschäftigt war, mich aus meinem Schlaf zu reißen... „Was willst du...“ gähnte ich. „Wir sind da, aufwachen!“ Ich kletterte über ihn und sah aus dem Fenster, da unten näherte sich eine Stadt. London. Ein großer, rot – grauer Fleck befand sich unter uns. „Anschnallen, gleich landen wir.“ Ich machte meine Gurtschnalle zu und wartete darauf, dass wir auf dem Boden aufsetzten. Es ging dann auch ein kleiner Ruck durch die Maschine, als die Räder den Asphalt berührten. Nach drei Minuten kam der Flieger zum Stillstand und ich sah erst mal aus dem Fenster. Hier schien die Sonne, genauso wie zu Hause. War wohl ein sehr großes Hochdruckgebiet. Wir standen auf, schnappten unsre Koffer und bewegten uns mit dem Gedränge hinaus is Freie. „Ach ich hatte ganz vergessen... wer holt uns denn ab?“ Fragte ich Orli. Er zog einen Schlüssel aus der Hosentasche und wedelte damit in der Luft herum. „Ich fahre, das Auto steht unten auf dem Parkdeck.“ – „Was hast du denn für ein Auto?“ Fragte ich, neugierig geworden. Hoffentlich keinen BMW X3, ich konnte Leute nicht ausstehen, die so was fuhren. Das waren diese Prolle, die einen immer auf der linken Autobahnspur überholten und dann ohne zu blinken einscherten. „Sag ich nicht.“ Grinste er. Oje, das verhieß nichts gutes.
 

Leider konnte ich dann sein Auto nirgends einordnen, denn das Marken – Emblem fehlte und es stand auch keine Typbezeichnung drauf. „Du hast das Ding aufmotzen lassen, he?“ Grinste ich. Vielleicht ein bisschen, aber Alufelgen hatte jeder. „Ich wollte nur einfach nicht, dass alle Welt weiß was für ein Auto ich fahre, das ist alles.“ Kam es von Orli zurück, der mir half, meinen schweren Koffer ins Auto zu hieven. Na ja, aber ich fand das schon okay so. Musste ja auch nicht jeder wissen. Ich wusste bis jetzt nur so viel – es war ein schwarzer Geländewagen. „Zum Glück is das Teil nicht gelb...“ witzelte ich, denn ich wusste dass das seine Lieblingsfarbe war, als Fan weiß man so was. Orli grinste nur. „Ich hatte schon überlegt, ihn gelb lackieren zu lassen ja, aber das wär dann wohl zu auffällig gewesen...“ Das kaufte ich ihm aber jetzt nicht ab. Hatte ich auch gar keine Zeit dazu, ich hatte vielmehr Arbeit damit, mir London anzusehen. Die Häuser, an denen er vorbeifuhr... wobei ich bemerken muss dass sein Fahrstil nicht grade ungefährlich war. „Ich sag dir eins gleich im Voraus, wenn du was getrunken hast, fahr ich keinen Meter mit dir!“ er legte die Hand auf mein Bein. „Keine Sorge, da pass ich schon auf.“ Und grinste mich an.

Es dauerte auch nicht lang, da hielten wir vor einer Art Holzhütte – ihr wisst schon, diese komischen Neubauten, die ja soo umweltfreundlich sein sollen... „Was willst du denn hier?“ Fragte ich, ein bisschen irritiert. „Ach, weißt du das noch gar nicht? Ich hab mir ein Haus bauen lassen... Solarzellen, Energiesparlampen...“ Uff, Orli, der Öko – Freak. Na ja, aber irgendwie fand ich schon cool was er da machte. „Nein, hast du mir nicht erzählt... drinnen riechts bestimmt nach frischer Luft.“ Witzelte ich. Orli sperrte auf, nein, drinnen roch es nicht nach frischer Luft, irgendwas holziges lag in der Luft, aber es roch gut. Es roch eben neu. „Wie lang steht das Ding schon?“ Fragte ich und stellte meine Koffer an die nächste Wand. „Is letzten Monat erst fertig geworden. Ich zeig dir gleich alles.“ Er hörte seinen Anrufbeantworter ab, drei Nachrichten, wobei er bei jeder lauter seufzte. „Sieht so aus als müsste ich gleich am Montag an die Arbeit, Fotoshooting, danach noch ein Interview für irgend ne Frauenzeitschrift...“ Ich musste grinsen. Frauenzeitschrift. „Ich komm schon klar, mach dir da mal keine Sorgen. Wenn du unterwegs bist, werd ich mit der Ubahn in die Stadt fahren... Tower Bridge und so... glaub nicht, dass mich London nicht interessiert!“ Er lächelte. Jetzt fühlte er sich wieder zu Hause und war plötzlich ganz anders. Ein Mann mit Haus, das war doch was. Plötzlich wollte ich für immer bei ihm bleiben. Es ist einfach seine solide Bodenständigkeit, die mich irgendwie anzieht. Ich hängte meine Jacke an den Garderobenständer und folgte Orli durchs Haus. „Also hier hätten wir das Wohnzimmer.“ Er zeigte mir einen schönen geräumigen Raum mit vielen Büchern, einem großen Fernseher (das Ding war wirklich riesig... und ich war platt.), diversen Dekoobjekten die er wohl so über die Zeit gesammelt haben musste, darunter auch eine Tiki – Maske aus Hawaii... Na ja, aber mich wunderte inzwischen ja nichts mehr. „Hier das Bad.“ Er knipste das Licht an und ich war sprachlos. Eine ebenerdige Duschkabine... der Raum sah so edel aus, da würde ich sicher nichts anfassen... „Schlafzimmer...“ Ich musste grinsen. Da würde sicher noch einiges abgehen. Wenn doch nur die gelbe Bettdecke nicht wäre... aber das Bett selbst war riesig. Ich legte mich gleich mal rein und versank fast darin, so weich war das Teil. „Und Schließlich noch die Küche.“ Auch hier verschlug es mir die Sprache, das war eine dieser Küchen wie man sie bei MTV Cribs sieht, verdammt groß, Marmor und Edelstahl. „Ich vermute mal, du wirst die nie benutzen oder?“ Meinte ich zu Orli, nachdem ich einmal um den Herd geschlichen war. Er grinste. „Doch doch, ich koche eigentlich gern... könnte man eins meiner Hobbys nennen, könnte sein dass du mal als Versuchskaninchen herhalten musst...“ Ich öffnete den Kühlschrank. Keine Eier, keine Milch, keine Wurst... ich hatte ja gelesen, dass er Vegetarier war, aber ich dachte da eher an einen, der zwar kein Fleisch mehr isst, aber noch Eier und Milch... oje. „Du kannst dir natürlich besorgen was du willst, du musst dich wegen mir nicht auf fleischlos umstellen. Nur werd ich dich ab und an aufziehen über das was du da isst.“ Grinste Orli. „Nö du, geht schon klar, aber ein paar Eier werd ich vielleicht besorgen, ich bin noch jung, später kann ich ja mal auf vegan umstellen. Ich wachse noch...“ Ich sah noch mal ganz nach oben und schloss dann die Kühlschranktür. „Achso... aber ich glaub das Gästezimmer brauch ich dir ja nicht zeigen oder, du pennst ja eh bei mir vermut ich mal.“ Na, der wurde aber ganzschön direkt. „Wenn du so weitermachst werd ich's mir noch mal überlegen...“ feixte ich ihn an, worauf er eine Schnute zog. „Aber jetz lass uns erst mal ins Schlafzimmer gehen, ich werd dir eine Ecke im Schrank freimachen dass du dein ganzes Zeug unterbringen kannst... deine Schminksachen kannst du im Bad verteilen wie du lustig bist, mach ich auch nicht anders.“ Ha ha. Orli der Chaot? Na ja, Junggeselle halt. Ich zog meinen großen Koffer ins Schlafzimmer und hievte ihn auf meine Hälfte des Bettes. Wenn ich nur diese verdammten Schnallen einmal auf Anhieb aufkriegen würde... oh Orli... lass das, nicht heute... er stand hinter mir, kein Blatt Papier passte mehr zwischen uns und half mir, den Koffer aufzukriegen... ich fühlte seinen Atem in meinem Nacken, was mich ganz duselig werden ließ. Aber leider hatte er den Koffer aufgekriegt, Pech also, hehe.

Meinen Stapel Bücher packte ich derweil auf den Nachttisch, ich hatte mir zur Vorsicht mal was zu Lesen mitgenommen, falls es todlangweilig würde. Aber das würde sicher nicht passieren, so wie ich das sah. Mit meinem Kulturbeutel oder wie man das nennt watschelte ich ins Bad. Ich konnte mich nicht entscheiden, wohin ich mein Zeug stellen sollte weil alles so schön sauber und ordentlich war... Ich überwand mich schließlich und ließ Orli die linke Seite neben dem Waschbecken für seine Sachen frei. Mein Badetuch und die Handtücher warf ich oben über die Wand der Duschkabine. Das würde für’s erste genügen. Wenn Orli am Montag unterwegs war, würde ich mal in die City fahren und mir Harrods ansehen, dieses Kaufhaus, das ich schon mal im Fernsehen gesehen hatte und das mich nicht mehr losließ. Madame Tussaud’s wollte ich auch mal besichtigen, aber da musste man sicher Schlange stehen. Vielleicht konnte ich Orli auch mal überreden und mit dem Zug nach Birmingham fahren, ins Crab Mill Inn, wenn es das noch gab. Das war ein Pub, den die Mutter meines früheren Boygroup – Schwarms betrieb, vielleicht würde er mir über den Weg laufen *grins* Aber ich hatte ja jetzt Orli und durfte da eigentlich gar nicht daran denken. Wo war der eigentlich hinverschwunden, während ich meine Klamotten einsortierte? Ich ging um die Ecke und fand ihn im Wohnzimmer vor der Glotze. Irgendwie klar. Ich setzte mich zu ihm, wobei mir erst auffiel, dass er überhaupt keinen Computer besaß. „Sag mal wieso hast du keinen Computer?“ Er sah mich an als hätte ich grade von einem Monster gesprochen das gleich kommen und ihn fressen würde. „Ich hasse Computer.“ Gab er kleinlaut zu. Ich musste grinsen. „Dann schaff dir einen an, ich zeig dir wie’s geht.“ Er schmunzelte nur und schüttelte den Kopf. Ich sah eine Weile mit ihm fern, das brachte aber nicht allzu viel, denn da lief nur englisches Gequassel und mein Englisch war .. na ja, nicht recht toll jedenfalls und ich verstand nur die Hälfte die da gebrabbelt wurde. Das würde mir sicher bei meinem Stadtbummel auch noch Probleme bereiten. Orli legte den Arm um mich und ich lehnte mich an ihn. So, da saß ich also jetzt, für eine Woche in England. Es war doch nicht ganz so scheiße wie ich zuerst gedacht hatte. Orli hatte wirklich ein schönes Häuschen, teilweise ziemlich antike Einrichtungsgegenstände, die ich mich nicht anzufassen traute aus Angst, sie könnten unter meinen Händen zu Staub zerfallen... er schien ein Näschen für Kunst zu haben. Aber was erwartet man von einem Steinbock... auf jeden Fall fand ich die Bude stylisch. *grins* Es klingelte an der Tür. Hö? „Bin gleich wieder da. Könnte jemand Bekanntes sein.“ Er gab mir ein Küsschen und verschwand dann eben aus der Tür. Von draußen hörte ich wie sich zwei Männer stürmisch begrüßten. Die zweite Stimme kannte ich irgendwoher. „Wie konntest du ahnen, dass ich schon zu Hause bin?“ Fragte Orli den Unbekannten, während sich Schritte dem Wohnzimmer näherten. „Bitte komm rein, willst was trinken?“ Ich grinste, als der Jemand um die Ecke kam, Johnny war zu Besuch gekommen. Was mich ein bisschen verblüffte. „Sag mal, wohnst du nicht in Paris??“ Er grinste nur und setzte sich in den Fernsehsessel. „Du weißt das noch nicht? Oh Orlando, du informierst sie ja auch gründlich...“ Orli stellte Johnny ein Glas Wasser hin. „Hm?“ – „Na Vanny und ich wollen doch nach England aufs Land ziehen... liest du denn keine Klatschpresse?“ Konnte schon sein dass ich das mal wo gelesen hatte. „Also Orli, alter Kumpel, erzähl mal, was macht die Zeitungsdame bei dir?“ Fragte Johnny ganz nüchtern... „Aso, da bist du wieder unterinformiert. Bei ihr haben grad die Ferien angefangen. vor drei Stunden saßen wir noch in München.“ – „Hey, nicht schlecht, und was sagst du zu seiner Holzhütte? Also ich find's ja wie im Wald hier...“ Orli gab Johnny einen Stoß in die Rippen. Ich musste lachen. Da war das Komikerduo wieder. Erwartungsvoll sah Orli mich an. „Ganz ehrlich? Klasse.“ Sofort erhellte sich seine Miene. „Schön wenn’s dir gefällt.. ich hätt dir ja über die Ferien gern was besseres geboten, Hawaii oder Neuseeland, aber leider muss ich arbeiten und kann nicht weg...“ Hör mir bloß auf mit Hawaii, schlimm genug dass ich das geträumt hatte. „Ach was, London ist auch interessant, ich hab ein dickes Buch zu Hause drüber und würd mir echt gern mal die Sehenswürdigkeiten in Real ansehen. Wenn du also aus dem Haus bist werd ich mich mal unter die Touristen mischen.“ Die beiden mussten lachen. „Ich hoff nur, mein Englisch reicht aus um mich hier durchzuschlagen...“ Johnny klopfte mir ermutigend auf die Schulter. „Wenn Vanessa sich hier mit ihrem französisch – Slang durchschlagen kann, dann kriegst du das auch hin.“ Hm.

Wir quasselten noch bis spät in die Nacht, unglaublich welchen Unterhaltungsfaktor Johnny besitzt. Schon um acht Uhr abends konnte ich nicht mehr, weil ich Bauchschmerzen hatte vor Lachen. Ich verzog mich relativ früh ins Bett – früh war für mich um 23 oder 0 Uhr. Ich war ziemlich geschafft vom Flug, obwohl ich da gepennt hatte. Auch die Zeitumstellung – gut, es war nur eine Stunde früher, aber trotzdem – brachte mich ein bisschen durcheinander.

Aber schlafen konnte ich nicht wirklich, vor allem erst recht nicht, als Orli hinter mir ins Bett gekrochen kam und mich wie schon so oft in seine Arme nahm. Da fiel mir erst (schon wieder) auf, Orli hatte doch einen Hund? Wo war der denn? „Du?“ – „Wo steckt eigentlich Sidi?“ Kurze Pause. „Du weißt von meinem Hund?“ – „Na also hör mal, immerhin beobachte ich dich seit Herr der Ringe.“ Ich konnte sehen dass er hinter mir grinste. „Die is bei meiner Mom, und da bleibt sie vorerst, weil ich die ganze Woche viel zu tun hab und kaum Zeit mich um den Hund zu kümmern.“ – „Ich könnte doch ...“ Er zog mich näher zu sich. „Du machst dir eine schöne Woche, ich will dir keine Arbeit aufhalsen.“ – „Aber das wär doch keine Arbeit, ich liebe Tiere.“ – „Du kennst Sidi nicht, die kann manchmal ziemlich ... na ja, sagen wir mal so, wenn sie gute Laune hat geht die Post ab. Außerdem kennt sie dich nicht, und das könnte gefährlich werden.“ Stimmt, Sidi war... glaub die Labrador – Hündin, und vor großen Hunden hatte ich ein bisschen Schiss. Susi, eine Freundin meiner Mutter, hatte einen Yorkshire – Terrier, den fand ich total niedlich, und der mich auch, aber alles was größer war als der konnte mir eigentlich gestohlen bleiben. Ich seufzte und schlief ein.
 

Am nächsten Morgen weckten mich ein paar sanfte Küsse. Ich vergrub mich in der kuschelweichen Bettdecke, aber das half nichts. Orli wusste genau, dass ich wach war, küsste mich aber trotzdem weiter. So will ich ab jetzt immer geweckt werden... „Hey Süße, aufstehen, Frühstück...“ Frühstück, ja, irgendwie duftete hier was. Tatsächlich, auf dem Nachttisch stand ein Plastiktablett mit einer Semmel, Marmelade und einer Tasse.... „Dachte, ich mach dir mal meinen Lieblingstee, weiß ja nicht was du gern magst.“ Ich schnupperte in die Tasse, roch irgendwie komisch. Ich nahm einen Schluck, aber es schmeckte lecker. „Was is das?“ – „Chai – Tee mit Sojamilch…” Einen Moment sah ich ein bisschen verduzt in die Tasse. Stimmt, das war ja sein Lieblingsgesöff. „Schmeckt er dir nicht? Dann mach ich dir was anderes.“ Ich zog ihn zurück auf die Bettkante. „Hör auf, du musst mich nicht dauernd bemuttern. Und was den Tee angeht, der ist echt lecker, du hast mich da auf was gebracht.“ – „Freut mich wenn’s dir schmeckt. Ich wollt nachher noch schnell rüber zu meiner Familie, willst mit?“ Oha, ich wurde der Familie vorgestellt, der meint’s ernst. „Musst nicht wenn du nicht magst.“ Ich winkte ab und wischte mir die Brösel vom Mund. „Ach was, ich wär sogar hocherfreut mal deinen Clan kennen zu lernen. Dann seh ich mal von welchem Stamm der Apfel gefallen ist.“ Wir mussten lachen. Ich hatte schon mal Fotos von ihm mit Familie gesehen, und fand, er sah seiner Mutter ein bisschen ähnlich, die Augen hatte er aber vom Vater. „Aber lass dich nicht hetzen, ich will erst Nachmittags fahren, wenn es aufgehört hat, zu regnen, dann können wir mit Sidi auch noch ein bisschen raus.“ Draußen regnete es in Strömen, na ja, war in England ja auch nicht anders zu erwarten. Ich beschloss also, mich noch eben unter die Dusche zu schmeißen, um ja einen guten Eindruck zu hinterlassen.
 

Ich stand noch nicht lange unter der Brause, da hörte ich eine Tür quietschen... eine quietschende Tür im neuen Haus? Da hatte aber jemand gepfuscht. Ich drehte mich um. „Dachte, ich spring auch noch schnell rein...“ Vor mir stand Orli, mit nichts als einem Handtuch um die Hüften... „Du weißt schon dass sich das nicht gehört, einfach in die Dusche platzen... Mach mich bloß nicht schwach...“ Ich musste nun wirklich gegen mich selbst ankämpfen, denn sein Anblick ließ mich fast ohnmächtig werden, und das wollte ich nicht noch mal, nicht wie am Donnerstag im Kino. Aber wie er so dastand... mh. Na gut, ich ließ ihn gewähren, auch wenn ich im Hinterstübchen vermutete dass er etwas ganz bestimmtes wollte.
 

Und nach dem Duschen kam es uns gar nicht in den Sinn, uns anzuziehen, geschweige denn richtig abzutrocknen – wir zogen eine nasse Spur durchs ganze Haus. Was uns dazu gebracht hat weiß ich bis heute nicht. Ich konnte meinen Blick nicht von Orli lassen, er war einfach zu umwerfend... Werde ich es bereuen? Ich glaube nicht. Ehe er sich versah, schleppte ich ihn ins Schlafzimmer, und da passierte das, wovor ich so lange Schiss hatte. Ich fragte mich hinterher, wovor ich eigentlich Angst hatte. Wie oft hatte ich das geträumt... aber der Traum war untertrieben, die Realität übertraf alles. Dieser Kerl war, wenn man so will – der Hammer.
 

Hinterher saßen wir uns grinsend gegenüber. „Lass das ja deine Mom nicht spitz kriegen, dass du schon nach nicht mal einer Woche mit mir in die Kiste gestiegen bist...“ Orli winkte ab. „Ach was, die is solche Kapriolen schon gewohnt... von den ganzen Groupies, die ich Anfangs immer abgeschleppt hab...“ Ich wusste ja, dass er ein kleiner Aufreißer war. Ich musste grinsen. Nein, das nahm ich ihm nicht übel, so sind gutaussehende Männer eben. Entweder besetzt oder beschissen, oder sie sind okay, schleppen aber eine nach der anderen ab. Also konnte ich's mir aussuchen. Nein, aber Orli war schon ein ganz Ordentlicher. So langsam kam mir der Gedanke, da könnte ja auch was Längerfristiges draus werden – und das nach noch nicht mal einer Woche. Wow. Ich wunderte mich über mich selbst. Normal brauchte ich eine halbe Ewigkeit bis ich jemandem auch nur einen Meter weit traute. Vielleicht lag’s auch daran, dass Orli nun mal was Andres war. Orli eben. „Sag mal, wozu haben wir eigentlich geduscht.“ Fragte ich mich wirklich, denn wir waren schon wieder ziemlich verschwitzt, nachdem wir ja vorher aufeinander losgegangen waren... Aber es war jetzt schon nach 12 und ich hatte eigentlich keine Lust, schon wieder in die Dusche zu steigen. Na ja, so sah ich ja noch ganz sauber aus, ein bisschen zerzaust vielleicht. Orli hatte es da leichter, der brauchte sich nicht mal mehr um seine Haare Sorgen machen mit dem neuen Schnitt. Vergaß ich ganz zu erwähnen, ich hab mich damals schon in der Ubahn gewundert, und deshalb fiel es mir auch so schwer, zu glauben dass er’s wirklich ist, weil die Haare ab waren. So ein kleiner süßer Wuschelkopf war er jetzt. Nix mehr Zopf, schade eigentlich.

Wir zogen uns also wieder an, Orli wischte noch eben die Sauerei von vorhin auf, die wir aus dem Bad mitgebracht hatten, schnappte sich dann seine Autoschlüssel und wir fuhren raus aufs Land.

Seine Familie hauste immer noch in Canterbury. Ich hatte in der Grundschule mal im Deutschen Theater „Das Gespenst von Canterbury“ gesehen, daher kannte ich den Ortsnamen zumindest, aber ob es hier ein Gespenst gab? Nun, ich glaube das saß neben mir ^.^“
 

Wir hielten vor einem schönen alten Backsteinhaus. An einer Wand rankte sich Efeu hoch und der Garten war voller Blumen. „Deine Mom muss ja einen grünen Daumen haben...“ Bemerkte ich, während ich die unzähligen Rosen betrachtete. Meine Mom brachte sogar Gras zum Verwelken. Orli klingelte an der Tür. Es dauerte eine Weile, bis aufgemacht wurde. Ich hielt mich dezent im Hintergrund neben dem Blumenbeet, wollte sicher nicht mit der Tür ins Haus fallen wie man so schön sagt. Dann öffnete eine schon etwas ältere Dame die Tür und umarmte Orli erst mal. „Hey Orlando, hast dich aber lang nicht sehen lassen, komm rein, komm rein, ich hab Kuchen gebacken!“ Dann sah sie an ihm vorbei und erspähte meine Wenigkeit. „Oh, neue Bekanntschaft?“ Grade erfreut schien sie ja nicht zu sein. „Oh sorry, dich hatte ich ja ganz vergessen, Mom, das ist Marie. Sie kommt aus Deutschland, die ham grade Ferien, also hab ich sie mitgenommen.“ – „Mitgenommen, soso. Aber lass uns das drinnen besprechen, hier wird’s langsam kühl.“ Ich mochte Orlis Mom irgendwie. Sie hörte nicht auf, ihn zu umdoktern.

Drinnen war es schön warm und roch nach frisch gebackenem Kuchen. Der Flur war mit grünen Fliesen ausgelegt und an der Wand stand eine schon etwas älter wirkende Kommode. Gemütliches Häuschen. Wenn man weiterging, führte hinten eine steinerne Treppe mit schmiedeeisernem Geländer hinauf in den ersten Stock. Wir setzten uns in die Küche und Orlis Mom servierte uns ihren Apfelkuchen. „Und jetzt erzähl mal.“ Orli holte tief Luft. Ich wollte ja selbst das Wort ergreifen aber er hielt mich zurück. „Also, das lief folgendermaßen ab – Marie arbeitet bei der Schülerzeitung in ihrer Schule, und die mussten ein Interview machen mit irgendjemandem, zufällig fand dann in München doch die Premiere vom dritten Fluch statt und der Interviewpartner war leider ich...“ – „Ah ja und dann hast du dich in sie verguckt, was?“ – „Eigentlich bin ich ihm schon vorher in der Ubahn über die Füße gefallen...“ grummelte ich. „Ach, die berühmte Szenerie... Blick schweift rum und trifft zufällig den seinen.“ Ich musste grinsen, genauso war es gewesen. „Aber du denkst nicht dass sie mir abgekauft hat, dass ich ich bin...“ Orlis Mom sah von ihrem Kaffee auf und zog die Augenbrauen hoch. „Na ja, sie hielt mich für ein Double.“ Wir mussten lachen. „N verdammt gutes Double, hab ich gedacht, lag alles nur an seinem neuen Haarschnitt.“ – „Ich sag ja, Junge lass dir die Haare nicht schneiden, die erkennen dich nicht wieder! Aber wann hört er schon auf mich...“ – „Mom...“ Wir mussten wieder lachen. „Wo steckt Colin?“ – „Der is irgendwo draußen im Wald und sucht nach Brennholz...“ – „Achso. Willst mal mein Kinderzimmer sehen, Marie?“ Fragte mich Orli, ich nickte begeistert. Na ja, viel konnte man von einem Jungenzimmer eigentlich nicht erwarten.

Wir polterten die Treppe hoch. Oben war alles noch mal genauso groß. „Das ist das Elternschlafzimmer.“ Orli deutete auf eine Tür zu seiner linken. „Und das is meine Chaotenbude.“ Er öffnete eine Tür, die voller Reißnägel war und wir betraten den wahrscheinlich chaotischsten Raum den ich je gesehen hatte. „Entschuldige, ich lagere meine Fanpost hier...“

Ich kramte ein bisschen in den Briefstapeln und sah mir den ein oder anderen genauer an, wobei ich jedes Mal fast einen Lachanfall bekam. Ich hatte zwar selbst schon so einige Fantasien gehegt, aber die Briefe übertrafen alles. „Orli, ich will ein Kind von dir...“ kicherte ich und legte den Brief wieder zurück auf den Stapel. „Heißt soviel wie ich will mir dir in die Kiste...“ Grinste er. „Na ja, das isses halt.“ Er drehte sich einmal im Kreis mit ausgestreckten Armen. Es war halt eine kleine Kammer unterm Dach, links vorne in der Ecke stand ein Einzelbett, gleich davor ein Schrank aus dunklem Holz, dem gegenüber sich ein Fenster befand. Hier eine Kommode, da ein paar Poster. „Und, wie viele Damen durften dieses Gemach schon erblicken?“ Fragte ich frech. Sicher war ich nicht die erste, die hier rein durfte. Orli sah nur zu Boden und sagte garnichts. Hehe. Wir gingen wieder runter, wo sich für Orli ein weiteres Rätsel auftat. „Mom?“ – „Ja?“ Kam es aus dem Wohnzimmer. „Wo ist Sidi?“ – „Draußen im Garten, hab sie an den Baum gebunden, damit sie bisschen frische Luft kriegt, du führst sie ja nie aus!“ Wir eilten nach draußen, wo Sidi unter einem Ahornbaum lag und ein Nickerchen in der Sonne machte, die vorhin durch die Wolken gebrochen war. Als sie Orli sah, sprang sie freudig auf und wollte auf ihn zurennen, doch die Leine hielt sie zurück. „Hey Sidi, Süße, wie geht’s dir?“ Er knuddelte seine Hundedame und band sie vom Baum los, woraufhin sie ihn sofort mit sich fortriss. „Halt, nicht so schnell!!“ Lachte Orli, ich lief ihm nach, einmal durchs Haus und hinaus auf den Gehsteig. „Da siehst du, was ich meine, mit Post abgehen...“ Grinste Orli, als Sidi wieder etwas zur Ruhe gekommen war. Wir spazierten die Straße hinunter, in einen kleinen Feldweg. „Darf ich sie auch mal nehmen?“ Fragte ich vorsichtig. Sicher würde Sidi mich ebenfalls mitreißen. „Na ja, aber wenn sie dir zu sehr zieht, gib mir die Leine wieder.“ – „Okay.“ Aber Sidi lief ganz brav vor mir her, schnupperte hier mal ein bisschen, da mal ein bisschen... „Sie scheint dich zu mögen.“ Bemerkte Orli nach einer Weile, weil ich mit dem Hund so gut klar kam .“Ja, wundert mich selber ein bisschen...“ Ich hockte grade am Boden und wurde von Sidi besabbert. „Ich hab sonst eher Schiss vor so großen Hunden.“ – „Sidi tut dir nichts, die ist brav wie ein Lämmchen. Vor der kann sogar eine Katze hocken, die rührt keine Pfote.“ – „Das will ich erst mal sehen und dann glaub ich dir.“ – „Können wir ausprobieren, meine Mom hat eine Katze, Minka, aber ich glaub nicht dass die sonderlich erfreut ist, einen Hund in ihrer Gegenwart zu haben...“ – „Dann lassen wir das lieber, bevor deine Mom noch Angst um ihre Minka kriegt.“ Grinste ich. Die Arme Katze wollte ich jetzt wegen dieser doch etwas seltsamen Theorie nicht strapazieren.

Auf dem Rückweg blies uns ein kühler Wind um die Nase und ich vermutete, dass es jeden Moment wieder anfangen könnte, zu regnen, also beeilten wir uns. Sidi gefiel das Tempo natürlich gut, sie zog mich mit ihr, sodass ich fast nicht selbst rennen musste, sondern nur meine Beine dem Zug folgen mussten... Orli kam fast nicht hinterher. Und – welch Zufall – gerade als wird das Vordach erreichten, fing es an, wie aus Kübeln zu gießen. „Sag mal bist du hellsichtig?“ Fragte Orli mich. Ich antwortete nicht, denn es machte mich schon ein bisschen stutzig, erst träumte ich von einem Urlaub mit ihm auf Hawaii und dann das hier... hm. Sidi schüttelte sich aus und verteilte das ganze Regenwasser auf meiner Hose. Klasse. Gerade eben, als Orlis besorgte Mutter aus der Tür kam. „Kind, was hast du denn angestellt? Böse Sidi!“ Ich winkte ab, war doch nur Wasser. „Ist doch nur Wasser, das trocknet.“ – „Na gut. Ihr wollt schon wieder gehen?“ Wir sahen uns an, eigentlich hatte Orli noch nichts gesagt, von abhauen. Aber ich wäre eigentlich ganz froh gewesen, hier wegzukommen und mir eine trockene Hose anzuziehen. „Marie?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Mach wie du willst.“ – „Na ja, nachdem du jetzt nass bist und es hier ziemlich kalt ist schlag ich vor, wir verziehen uns wirklich. Also Mom, ruf an wenn du was brauchst, ich hab am Montag ein paar Pressetermine und ein Fotoshooting, da bin ich nicht zu Hause.“ Seine Mom musterte ihn noch einmal. „Na gut, fahrt, bevor du dir einen Schnupfen holst.“ Sie sah mich an.
 

„Fotoshooting... darf ich da zusehen?“ Fragte ich Orli auf der Heimfahrt. Ich wollte gerne mal sehen wie er sich in Pose warf und dabei diese geilen Fotos entstanden. „Ich werd Basti mal fragen ob er einverstanden ist.“ – „Basti?“ – „Sebatian Copeland, du hast doch sicher einige Fotos von ihm im Zimmer hängen.“ – „Wie soll ich Fotos von dem Typen im Zimmer hängen haben wenn ich ihn nicht mal kenne.“ – „Nein nein, Fotos die er von mir geschossen hat, Basti und ich sind gute Freunde inzwischen und er übernimmt für mich immer die Rolle des Fotografs...“ – „Achso. He, zum Telefonieren fährst du aber bitte rechts ran.“ – „Nicht nötig.“ Orli drückte auf den Knopf für die Freisprechanlage, also eins musste man ihm ja lassen, in Sachen Handy kannte er sich aus. Glaubte ich zumindest.
 

„Basti“ hatte zugestimmt, ich durfte am Montag mit zum Shooting, aber ich sollte Orli nicht zu nervös machen hat er gemeint, aber es würde nicht schaden wenn seine Augen ein bisschen verliebt funkeln würden auf den Bildern, hatte er dann noch hinzugefügt. Ich wusste was er meinte, ich hatte inzwischen rausgefunden, was das für Bilder waren die der schoss und festgestellt dass ich drei Poster zu Hause hatte, deren Bilder Basti geschossen hatte. Und die sahen wirklich klasse aus.
 

Zu Hause die übliche Szenerie, Anrufbeantworter abhören und so weiter. Es war inzwischen schon 19 Uhr abends, wir waren ziemlich lang bei Orlis Mom geblieben. Der Hund hatte die Sache dann noch länger hinausgezogen, der Spaziergang hatte ziemlich lang gedauert. „Du kannst dir auch ne DVD reinziehen oder so wenn du magst, fühl dich wie zu Hause und lass dich von mir nicht stören.“ Kam es von Orli aus der Küche, während ich im Bad meine Hose auszog und in eine bequeme Jogginghose schlüpfte. „Weiß noch nicht was ich mach, ich glaub ich ess erst mal was.“ Gab ich zurück und warf die nasse Hose über den warmen Heizkörper. Danach ging ich in die Küche und durchstöberte den Kühlschrank nach etwas essbarem. Aber außer Tofu und Karotten war nichts zu finden. „Unten is noch ein Eisfach, da hab ich ein paar Packungen Pizza, wenn ich mal Besuch krieg, was ja öfter vorkommt wie du gesehen hast.“ Au ja, das war's jetzt, Pizza. Ich holte mir eine heraus und schob sie in den Ofen. „Komisch, du und Pizza? Da ist doch Wurst drauf...“ – „Ich sagte ja, für Besuch... ich ess keine toten Tiere.“ Ich musste grinsen. Ich kannte selbst ein paar Vegetarier, die sagten alle diesen Satz. Da kamen dann so Sachen wie „Da is totes Tier drin, das ess ich nicht.“ und so. Fand die Einstellung aber ganz gesund. Aber solang ich noch keine 20 und damit ausgewachsen war, fing ich damit nicht an. „Du solltest übrigens mal wieder einkaufen gehen, dein Kühlschrank is leer...“ – „Werd ich gleich nach dem Shooting am Montag erledigen, kannst ja mitkommen, dann besorgen wir auch für dich was Genießbares. Sorry dass ich dich mit meinem Futter hier dazu zwinge, Fastfood zu essen...“ Jetz hör aber auf. „Hey, ich liebe Pizza, ganz im Ernst, wenn du mir Sojageschnetzeltes vorsetzen würdest, würd ich's auch essen. So schlimm is das Zeug auch nicht. Hab das bei nem Freund schon mal gegessen.“ Genau genommen war es Toby, bei dem ich das Zeug probiert hatte, er war vor einem Jahr zum Veggie konvertiert. Hatte gar nicht schlecht geschmeckt, aber es schmeckte irgendwie nach Karton, fand ich, gepresster Karton.
 

Ich überlegte was ich den Rest des Abends noch anfangen sollte. Ich saß grade im Wohnzimmer auf der Couch und kam mir schon ein bisschen komisch vor. Lass mich einfach so nach London schleppen von jemandem den ich kaum kenne. Und heut Morgen lass ich mich auch noch umnieten. Meine Moral stand Kopf. War das der Anfang vom Ende? Ich lachte in mich hinein, was dachte ich hier denn eigentlich?! Seltsamerweise kam ich mir grad winzig klein vor, unwichtig, im Angesichte eines großen Hollywoodstars, der die Güte besaß, mir zu erlauben, in seinem Schatten zu verblassen... „Mh...“ Orli hatte sich angeschlichen und küsste meinen Nacken. „Du siehst so abwesend aus, was ist los?“ Ich konnte aber nicht antworten, denn er hatte mich grade wieder auf meine Wolke befördert. „Hör bitte nicht auf...“ – „Erst wenn du mir erzählst was los ist.“ Sagte und stoppte sofort die Handlung. Eigentlich war ja nichts. Ich hatte nur mal wieder einen meiner Unwichtigkeits – Anfälle. „Nichts, es ist einfach nur ungewohnt hier, so weit weg von zu Hause und mit einem Kerl der eigentlich alle Frauen der Welt haben könnte...“ Er ging einmal ums Sofa und küsste mich von der anderen Seite... „Das war früher.“ – „Ich dachte du stehst auf Blond?“ – „Wieso, willst du mich loswerden? Ich weiß dass du unter dem Feuerlöscher blond bist.“ – „Achso und nur deshalb.“ Je weiter ich mich in meine absurden Ausreden verstrickte, desto intensiver wurden seine Küsse. „Das mit dem Blond is eh totaler Dünnsinn, das hab ich damals gesagt, am Anfang meiner Karriere, aber ich steh eigentlich auf alle Typen, Hauptsache weiblich.“ Er grinste und versuchte, meine Sweatjacke aufzukriegen, aber der Reißverschluss klemmte. Still feel your breath on my burning skin... Ich half ihm schließlich, weil ich jetzt nicht einfach abbrechen konnte, das würde mir und ihm heute den Schlaf rauben. Bless me, undress me... Oh Orlando, du hast mich in deiner Gewalt... Ich will an dieser Stelle ja nicht versaut klingen, aber es ist einfach unglaublich, was ein Kerl mit seinem Mund alles machen kann...

Es dauerte hernach eine Weile bis ich wieder bei Sinnen war. „Nochmal, bitte...“ bettelte ich Orli an. Er grinste. Wir küssten uns noch eine Zeitlang und machten uns dann auf den Weg in die Federn, schließlich musste Orli morgen raus und für die Fotos gut aussehen. Aber er ließ mich nicht ruhen, ohne mir meinen eigentlich scherzhaft gemeinten Wunsch von vorhin zu erfüllen... Oh Gott ich liebe ihn, wie konnte ich nur ohne Orli leben, all die Jahre? Ich glaub das werd ich mich mein ganzes Leben fragen.
 

Am nächsten Morgen schepperte schon um sieben Orlis Wecker und riss mich zwangsweise mit aus dem Schlaf, denn ich musste ihm ja folgen, um erstens beim Fotoshooting zuzusehen und zweitens nachher noch einkaufen zu gehen. Und wieder küsste er mich so lange bis ich ganz wach war... was ein Mann... ich mochte gar nicht daran denken, was kam, wenn die Woche um war. Ich würde sterben vor Sehnsucht. Und dass ich dann den Verstand verlor, war gar nicht so unwahrscheinlich. Die Gefahr bestand schon, seitdem ich wusste dass es ihn gibt. Schon damals saß ich vor meinen Postern und hab mir nichts sehnlicher gewünscht, als einen, nur einen Kuss... Und jetzt lag das Poster lebendig neben mir und lächelte mich lieb an.

Küssend bewegten wir uns in Richtung Bad, wo sich erst mal aufgemöbelt wurde nach der Nacht, ich sah total fertig aus. Kein Wunder, er hatte mir ja gestern auch noch mein letztes Bisschen Energie abgezogen mit seiner Aktion... aber das durfte er jederzeit wieder machen. Sogar beim Zähneputzen mussten wir uns küssen. Das würde nachher am Set schwierig werden, mein Verlangen nach ihm war einfach zu groß. Ich musste ihn spüren, auch wenn ich nur seine Hand hielt. Jetzt war es genau umgedreht wie im Kino – damals hatte er mich nicht losgelassen, heute konnte ich ihn nicht loslassen.

Wir frühstückten noch schnell, packten unsere Siebensachen und gingen dann aus dem Haus. Bei den Presseterminen würde ich die Finger noch ein bisschen an ihm haben können... hm, würde aber schwierig, weil dann in jeder Schlagzeile stehen würde – Orlando Bloom hat eine neue Freundin... ich fragte Orli um Rat. „Wenn du dir wirklich sicher bist, dann bleib bei mir und wir gehen damit an die Öffentlichkeit, aber wenn du das nicht willst werden wir dich solang im Auto unterbringen.“ Eigentlich wollte ich ja, dass alle Welt wusste dass Orli mir gehörte, aber ich wollte wirklich keine Bombendrohungen von eifersüchtigen Fans erhalten... Im Auto lief A whiter shade of pale Und ich konnte meinen Blick nicht von Orli lassen, wie schön er heute war... als wenn er das nicht immer wäre, aber heute kam es wieder ungefähr dem Niveau gleich, auf dem er sich am Samstag bei meinem Hotelbesuch befunden hatte... ich verzehrte mich auf dem Beifahrersitz nach ihm, konnte ich ihn doch jetzt nicht küssen weil er sonst gegen den nächsten Laternenpfahl gefahren wäre... Wie würde ich erst die Interviews überstehen?? Er lächelte mich an und seine wunderschönen Augen funkelten... „Wir sind da... und, was wirst du tun?“ Vor lauter Schmetterlingen hatte ich ganz vergessen, darüber nachzudenken ob ich aller Welt sagen würde, dass Orli mein war oder es lieber geheim halten wollte. Würde ich an die Öffentlichkeit gehen, könnte ich weiter seine Hand fühlen und ihm nahe sein, würde ich nicht, würde das jetzt eine elend lange halbe Stunde in diesem Auto. I love you much too much … Aber wenn er mich doch schon seinen Eltern vorgestellt hatte, musste da was Ernsteres dabei sein. Dann wären halt die Klatschblätter voll damit, mein Gott. Ich würde zwar ne Menge Ärger in der Schule kriegen, aber ich hatte zwei beste Freundinnen, die mir zur Seite standen. „Ich geh mit.“ Sagte ich, fest entschlossen. Orli sah mich fragend an. „Ganz sicher? Sobald du den Fuß aus der Tür setzt wird uns jeder sehen...“ – „Ganz sicher. Bombensicher. Ich hoffe du weißt, dass ich dir vertraue, also nutz das bitte nicht aus.“ Er küsste mich. „Wie könnte ich? Einer Frau wehzutun ist ein Verbrechen!“ Oh Orli, lass doch bitte nicht so den Kavalier raushängen... Schleimen schön und gut, aber doch nicht so, dass ich drauf ausrutsche! So, da hatte ich nun eine Entscheidung für's Leben getroffen, nun würde ich in die Zeitung kommen. Ich stieg also aus. Von wegen, jeder würde uns sehen, der Gehsteig war leergefegt. Montagvormittag waren ja auch alle arbeiten. Wir betraten den Betonblock, in dem sich die Zeitungsredaktion befand. Vielleicht konnte Orli ja auch was drehen, dass die kein Wörtchen von mir erwähnten? Aber zu spät. Händchenhaltend betraten wir das Büro. „Ah Herr Bloom, schön dass Sie kommen konnten, bitte nehmen Sie doch Platz! Wer ist denn die Dame an Ihrer Seite?“ Klar, das wollte er als erstes Wissen, neugierig war der ja gar nicht. Er sah mich noch mal fragend an. Ich nickte. „Sie wissen doch, dass ich ganz sicher mit meiner Schwester hier auftauchen würde..!?“ Witzelte Orli. „Nein, meine Freundin, Marie... aber bitte drucken Sie’s nicht ab wenn möglich, das würde ihr und mir eine Menge Ärger ersparen.“ Der Reporter überlegte kurz und strich dann seine Notiz durch, wobei er mir kurz zuzwinkerte. Er führte uns in einen Hotel – Lobby – artigen Bereich, offensichtlich ein Aufenthaltsraum oder so, denn er war nicht abgeschlossen und man konnte über den ganzen Flur bis hin zur Eingangstür sehen.
 

Das Interview war recht schnell vorbei, und ich war heilfroh, dass ich nicht von Orlis Seite hatte weichen müssen. Er ließ die ganze Zeit über meine Hand nicht eine Sekunde los und drückte sie immer wieder ein bisschen, so als wollte er sagen, mach dir keine Sorgen, bald hast du’s überstanden.
 

Danach ging es weiter ins Fotostudio zu „Basti“, ich war ja gespannt was das für einer war, der so geile Fotos von meinem Schatz schoss... Aber Fotografen haben einen Haken – die sind meistens schwul, genauso wie Friseure. Wir betraten das Atelier, na ja, ich weiß nicht als was man das bezeichnen konnte. Das „Studio“ befand sich etwas außerhalb in einer alten Eisenbahnhalle. Basti stand schon am Tor und grinste. „Hey Orli, hast dir wieder mal was eingefangen?“ Orli verdrehte die Augen. „Voll witzig. Denk dir nichts, Marie, der is immer so.“ Oje, schon wieder Komikerduo. Ich musste grinsen. „Also, dann lass uns die Sache schnell hinter uns bringen, dann könnt ihr euch wieder einander zuwenden. Is noch recht frisch, he?“ Ich sah Basti beeindruckt an. Woher weiß der denn das?? Orli grinste nur. „Er is Experte wenn’s um so was geht.“ Erklärte er mir, während er seine Jacke auf einen Regiestuhl warf, der am Rande einer großen, weißen „Kulisse“ stand, ihr wisst schon, diese weißen Tapeten, diese Riesigen Dinger wo die Leute draufstehen und die als Hintergrund für Fotos dienen. Ich küsste Orli, ich konnte einfach nicht anders. Plötzlich blitzte es neben uns. „Hehe, Schnappschuss!“ – „Basti!!“ Blaffte Orli. „Keine Sorge, den Abzug kriegt ihr fürn Privatgebrauch, ich würd euch doch nie verpfeifen!“ Tss, ich mochte den Typen irgendwie. Er war fast genauso groß wie Orli, na ja, lag zwischen mir und ihm, hatte etwas längeres Haar, wie diese Heavy – Metal – Brüder immer aussehen halt. Zu einem Pferdeschwanz gebunden. Und ein Kopftuch, ganz wichtig. (Anm.d.A.: so stell ich mir den Typen halt vor... ^.^“) „Also, du weißt ja wie’s abläuft. Wir brauchen ein paar Pics für dein Interview das du da grad gegeben hast. Wie wär’s noch mit nem Oben-ohne für deine Schnecke?“ Er zwinkerte mir zu. „Wie wär’s wenn ich dir nachher das Motiv vorgebe?“ Grinste Orli und ließ ihn erst mal die Fotos für die Zeitung knipsen.

Gleich darauf lag sein T-Shirt ebenfalls über dem Regiestuhl und ich sollte mit auf die Plane. „Tut einfach mal, als wär ich nicht da.“ Grinste Basti. „Ich glaub das würde dir nicht mehr jugendfrei genug sein...“ Grinste Orli. Wollte er mich hier und jetzt auf der Stelle vernaschen? Ich glaub der spinnt. *grins* Wir taten halt unser Möglichstes...

Während Basti die Fotos entwickelte, konnten wir uns weiter küssen, ich hatte Orlis T-Shirt in Beschlag genommen und übersäte ihn nun mit Küssen... „Na na, nicht hier!“ Grinste Basti, der gerade aus dem Labor gekommen war und einen Stapel Fotos in der Hand hielt. Er nahm sich ebenfalls einen Stuhl und setzte sich zu uns. „Woha, das wird Jazzy umhauen.“ Grinste ich. „Ich mach mir zu Hause die Wand voll damit.“ Basti grinste. „Für jeden jeweils einen kompletten Satz. Habt viel Spaß und noch viel Glück euch beiden, Orli, die Dame ist echt in Ordnung.“ Ich sah beschämt zu Boden. „Danke...“ Er gab jedem von uns eine Papiertüte, in der sich die Fotos befanden. „Aber jetz zieh dir was über, Junge, sonst gibt’s morgen Schlagzeilen wenn die dich so draußen sehen... Du weißt doch dass die Zeitungs – Mädels ganz heiß auf solche Fotos sind...“ Grinste Basti. Orli zog sich sein Shirt wieder über, packte die Jacke und wir verschwanden wieder durchs Tor.

„Verrückter Typ.“ Grinste ich und holte meine Fotos aus der Tüte. „Wow... hehe, das wir Jazzy erblassen lassen...“ Basti hatte ja gesagt, wir sollen so tun, als wär er nicht da, also hat Orli glatt die Hosen runtergelassen... ich versteh nicht wie Basti da so kühl hatte bleiben können, als ich Orlis Wohltat von gestern wieder gut machte... Ja wirklich! Er hockte nur da und knipste weiter. Unglaublich. „Wir kennen uns seit der Schauspielschule. Er hat’s nicht gepackt und is Fotograf geworden. Ein verdammt guter.“ Er grinste auf meine Abzüge hinunter. „Und ab und zu tut er mir halt auch mal einen Gefallen so wie eben. Oje, der Arme muss ja fast in die Luft gegangen sein...“ Ich grinste nur. Wir hielten eben am nächsten Supermarkt und holten noch was zu Essen, wobei ich Orli mal gehörig was in den Einkaufswagen stopfte, sonst wäre der Kühlschrank wieder halbleer geblieben, so wenig wie der kaufte.
 

Wieder zu Hause, wie schööön... hier war die Luft nicht ganz so voller Autoabgase wie eben noch in der Stadt. Und wir lagen gut in der Zeit, es war kurz nach Mittag und ich würde uns jetzt erst mal was schönes bruzzeln. Heute war Orli mal dran mit verhätschelt werden. Ich suchte die Küchemaschine und machte uns Reiberdatschi nach Art meiner Mom. Orli weigerte sich heute nicht mal, die Eier zu essen, die darin enthalten waren... „Wasn mit dir passiert, du isst ja Eier...“ Er schmunzelte. „Na ja, weil du hier bist und weil’s so gut schmeckt...“ Er haute wirklich kräftig rein, ich kam kaum mit Nachschub nach. Am Ende blieben nur vier Stück für mich übrig, den Rest hatte Orli verputzt. Satt und zufrieden lehnte er in der Ecke. „So gut hab ich schon lang nicht mehr gegessen...“ Grinste er. „Dankeschön... möchte aber auch nicht wissen was es bei dir tagein tagaus gibt. Bestimmt nicht mehr als nen Apfel und ne Scheibe Knäckebrot so wie du aussiehst.“ Jap, Orli war ziemlich dürr. Nich dass ich sagen könnte klapperdürr, aber sehr schlank halt. Hab ich schon mal gesagt, dass mich diese Hüften um den Verstand bringen? Allein wenn er ein paar Schritte ging... ich musste wirklich aufpassen, nicht anfangen zu sabbern. Orli wusste das natürlich und bewegte sich bewusst so. Und auch jetzt, als er seinen Teller griff und ihn zur Spülmaschine brachte. Er hatte CD im Hintergrund laufen, und ich musste jetz einfach mit ihm tanzen, ganz eng... Momentan war es für mich eigentlich nicht vorstellbar, mal eben selber in die Stadt zu fahren, und was zu machen, wenn er unterwegs war, weil ich es nicht ertrug, von ihm getrennt zu sein... ich brauchte diese Nähe wie die Luft zum Atmen... jap, ich gestehe, es hat mich voll erwischt. Volle Breitseite. Oh wie würde Jazzy neidisch werden auf unsre Fotos... Hehe. Und dann würde erst mal ein anderes Thema zur Diskussion kommen und sie würde mich über jedes noch so kleine Detail über ihn ausquetschen.... besser ich zeigte ihr dieses eine spezielle Foto nicht. Und wenn uns heute keiner gesehen hatte und der Reporter kein Wort drüber verlor, so blieb ich ja weiterhin anonym. Hieß ich konnte die nächsten Tage mal rumgondeln. Orlis Telefon klingelte und er rannte hinaus. Nicht ohne mich vorher zu küssen, erst dann ließ ich ihn gehen. *g*

„Uff, meine Agentin...“ Autsch. „Was meint sie denn.“ Orli machte erst ein enttäuschtes Gesicht, das nichts Gutes erwarten ließ, aber dann fiel er mir um den Hals wie ein kleines Kind, das grade sein Wunschgeschenk zu Weihnachten bekommen hat. „URLAUB!!! Ich soll mir ne Auszeit nehmen bis der nächste Termin ansteht, das sind also gute sechs Monate...“ Ich kriegte den Mund nicht mehr zu. „WOW! Geil... du und ich, ganz allein...“ Freute ich mich und verpasste ihm einen fast endlosen Kuss, der wieder im Schlafzimmer endete. Aber nur in den weichen Bettdecken. Nach Vernaschen war mir jetzt nicht, dafür freute ich mich zu sehr. „Ich meinte ja eh, ich würd mir gern ne Auszeit nehmen nach fünf Jahren Dreh am Stück... die hat sie mir offensichtlich genehmigt...“ – „Wir bleiben die Woche aber schon noch hier, oder? Ich würd mir gern London ein bisschen näher ansehen noch...“ – „Können wir glatt machen, es is noch nicht zu spät, komm!“ Orli schnappte sich seine Autoschlüssel, so schnell konnte ich gar nicht schauen und riss mich mit nach draußen. „Was willst dir denn ansehen?“ Fragte er mich dann, als wir im Auto saßen. Ich dachte kurz nach, Puh, es gab so viel... „Tussaud’s werden wir nicht mehr reinkommen oder?“ Orli zog eine Schnute. „Da stehn doch eh nur die reichen und doofen drin. Wie wär's mit den Kronjuwelen oder der Tower Bridge oder so was ähnliches?“ Ich sah auf die Uhr, 15 Uhr. Na ja, ich fands ja ein bisschen spät für so ne Aktion. Also blieb es bei einer wilden Knutscherei im Auto.
 

Mal was anderes, im Auto *Grins* Als es langsam dunkel wurde, gingen wir wieder rein, da konnten wir wenigstens was sehen. Ich gähnte erst mal herzhaft und streckte mich in alle Winkel des Raums. So langsam begann ich, mich hier zu Hause zu fühlen, wenn ich die Schule fertig hatte, und das mit Orli bis dahin hielt würd ich mal an einem englischen College nachfragen ob die mich haben wollten. Ich fand England sowieso schon immer schön, auch wenn sie hier einen verdrehten Geschmack haben, allein die Mentalität find ich klasse.

Da saß er nun auf dem Sofa, mit weit ausgestreckten Beinen und schaute irgend so ne Seifenoper. Ich hätt mich am liebsten vor das Fernsehgerät gesetzt und ihn einfach nur beobachtet. Jede Bewegung die er machte ließ meine Knie noch mehr zu Pudding werden. Wie macht er das nur...

Viel fiel uns heute nicht mehr ein, was wir tun könnten, so naschten wir noch ein paar Reiswaffeln und gingen dann schlafen. Schade, auch der Montag war vorbei. Nächste Woche würd ich schon wieder Schule haben und Orli... na ja, er hatte ja Urlaub und konnte machen was er wollte. Ich hoffte er würde sich für mich entscheiden und eine Zeitlang bei mir bleiben, wenigstens bis zu den Sommerferien, da hatte ich ja dann gute vier Wochen am Stück und wir konnten irgendwohin fahren wo es schön warm war... Hawaii? Ich musste grinsen. Wär schon ein Traumurlaub mit so einem Traumkerl unter Palmen am Strand von Waikiki... wie im Traum, war es mein Traum, ihn einmal wenigstens irgendwo am Strand zu vernaschen... ich hoffte das würde kein Traum bleiben.
 

„Mh...“ Ich sag ja, so will ich immer geweckt werden... Orli küsste mich wieder wach, was hieß, ich war ja schon wach, aber er hörte trotzdem nicht auf. Sollte er auch nicht. „Hör nicht auf, ja?“ Flüsterte ich und wehrte mich nicht mehr. Brachte auch nicht viel, denn ich war morgens noch zu schwach, um gegen ihn anzukommen. Und so langsam fing das an, wie in meinem Traum, dass wir schon morgens übereinander herfielen...
 

Auch nachher konnten wir die Finger nicht voneinander lassen, aber trotzdem wurde erst mal gefrühstückt, ich bekam Orlis Lieblingstee serviert, irgendwie wurde das langsam auch mein Lieblingsgesöff. Danach beratschlagten wir, was wir mit dem angebrochenen Tag anfangen sollten. „Willst du immer noch in die Stadt?“ Fragte Orli und fixierte meinen Blick, ich konnte nicht ausweichen... Ich zuckte nur mit den Schultern. „Weiß nicht was du für ne Überraschung parat hast, sonst hätt ich gesagt ob wir zu Harrods gehen...“ Ich sah zum Fenster hinaus, es war wunderbar sonnig heute und gar nicht kalt, Orli war vorhin schon draußen gewesen und hatte 23 Grad vom Thermometer abgelesen, natürlich in der prallen Sonne. „Wir könnten ja auch runter ans Meer fahren, ich weiß da ein schönes Fleckchen wo uns niemand stört... dann könnten wir auch Sidi mitnehmen, die kriegt dann auch ein bisschen Auslauf, da gibt’s nur eine Klippe und Meer, sie kann nicht abhauen.“ Meer, oja, ich hatte schon einige Pilcher – Filme gesehen und fand die Klippen einfach nur großartig, wie das Meer an die Felsen brandete, einsame Strände.. Ich sah ihm tief in die Augen, wich ihm nicht aus. „Okay, dann holen wir noch eben Sidi und machen dann ein Picknick am Strand?“ Er grinste. Ich suchte schon mal alles zusammen, was wir brauchen würden. Ja, er hatte sogar Pappteller zu Hause, stellt euch das vor! Nichts im Kühlschrank, aber Pappteller. „Im Keller steht noch ein Korb, den hat Mom letztes Mal vergessen als sie hier war, den kannst mitnehmen und unser Essen drin verstauen.“ Ich ging den Flur hinunter zu einer großen Tür, die hinunter in den Keller führte.
 

Ich fand es ja irgendwie unheimlich hier, trotz der Tatsache dass das Haus neu war. Irgendwo in der Ecke in einem großen Raum fand ich dann schließlich einen Weidenkorb, der schon ziemlich verstaubt war. Ich nahm ihn mit nach oben, wo Orli schon Brote schmierte. „Was willst du lieber, Orangensaft oder Apfelschorle?“ Fragte ich ihn, wobei ich ihm zwei Flaschen unter die Nase hielt. „Is egal, pack beide ein wenn du magst.“ Gut, dann nahm ich halt alle zwei mit.
 

Zu Hause bei Orli holten wir noch eben Sidi, die sich wieder nicht einkriegen konnte vor Freude, uns zu sehen. Gut dass Orli ein Hundegitter eingebaut hatte hinter seiner Rückbank, denn Sidi tobte wie wild im Kofferraum und Orli hatte schon mal Schwierigkeiten mit dem Lenken, weil das Auto so schwankte. „Bist jetzt endlich ruhig da hinten, Sidi! Sitz!“ Giftete er nach hinten. Nach einer – wie es schien – endlosen Fahrt hielt Orli an einem lauschigen Plätzchen oberhalb des Meers. Es gab sogar einen Parkplatz hier, aber keine Menschenseele war zu sehen. Und die Sonne brannte uns aufs Haupt. Ich kam mir fast vor wie auf Hawaii, aber hier war es lange nicht so heiß. Wir kletterten die Klippen hinunter, in die Stufen gehauen waren, und machten es uns unten gemütlich. „Kann man da eigentlich auch baden?“ Fragte ich Orli, nachdem ich die Decke auf dem Sand ausgebreitet hatte. „Na ja, wenn du Eisschwimmer bist, sicher.“ Ich grinste. „Wieso, in Finnland machen die so was.“ Jetzt grinste er. Ich fürchtete, das würde nicht lang dauern hier und wir würden uns im Sand wälzen... aber wir setzten uns erst mal und futterten drauflos. Jeder von uns hatte einen Bärenhunger, trotz des Frühstücks. Immernoch hafteten unsre Blicke aneinander. Ich wollte mal testen, wie er reagiert und biss ganz langsam und demonstrativ von meinem Brot ab, wie die Damen im Film immer, wenn sie jemanden heiß machen wollen und dann suchen sie die Beine des andren unterm Tisch... schade dass hier kein Tisch war. Ich konnte sehen wie er sich nur mit viel Selbstbeherrschung zurückhielt. Aber das würde ihm nicht viel nutzen. Ich machte einfach weiter, bis er nicht mehr konnte, zu mir herüberkroch und anfing, mich zu küssen.

Wie gut dass hier keine Paparazzis waren, wie wären sicher ganz scharf auf solche Fotos gewesen, Orlando mit der Freundin am Strand, die unsittliche Dinge tun... schon komisch, bis jetzt hatte uns noch kein einziger Paparazzo abgelichtet. Auch gut so. Oh Orli... es gibt nichts Schöneres, als es am Strand zu tun wenn einen die Sonne noch dazu wärmt... sollten wir öfter machen, ich fand irgendwie Gefallen daran. Der Sand war weich und warm...

Nur bei Orli zu Hause mussten wir uns ein bisschen zurückhalten, ich wusste ja nicht was seine Mom von mir hielt. Auf der Rückfahrt dann trafen wir Samantha, seine Schwester. Ich fand sie nett, sie war ein bisschen offener als ihre Mutter und wir unterhielten uns prächtig, während Orli nach draußen ging, Colin suchen.

„Du kommst aus Deutschland hab ich gehört?“ Fragte mich Sam. Wir saßen draußen und tranken ein Tässchen Tee. Ich nickte, denn ich fand es unhöflich, mit dem Mund voller Tee was zu sagen. „Ich war da mal kurz geschäftlich. Nette Leute, aber viel zu hastig.“ – „Ich weiß, hier is alles viel gemütlicher. Ich überlege schon ob ich nicht hier studiere und nicht in Deutschland. Vorausgesetzt, das mit ihm und mir hält.“ Sam grinste mich an. „Ein echter Schlawiner mein kleiner Bruder. Vor dir hat er jede Woche ne neue Blondine angeschleppt, die ich alle dusselig fand, aber du bist okay.“ Ich hob eine Haarsträhne hoch. „Weil ich nicht blond bin?“ *grins* „Hat damit nix zu tun, die andren waren alles Nullchecker, weißt schon, das typische blond-blöd... was hast du für ne Naturfarbe?“ – „Das willst du nicht wissen.“ Sie schmunzelte. „Wenigstens gibt es noch eine kluge Blondine auf der Welt. Orli scheint endlich zur Vernunft zu kommen.“ – „Na ja, er is ja auch keine zwanzig mehr.“ Wir kicherten. Dann kam Orli von hinten und massierte mir kurz die Schultern, oh ich hätte sterben können, so gut tat das.... Er hockte hinter der Bank und hatte die Arme um mich geschlungen. „Ihr passt echt zusammen. Da hat er grad die Passende gefunden, Orli liebt es, die Damen so richtig nach Strich und Faden zu verwöhnen, hab ich recht?“ Er grinste nur. Das mit dem Verwöhnen hatte ich ja schon mitbekommen... Ich kannte keinen bis jetzt, der das so drauf hatte wie Orli. Und nach der anfänglichen Kühle war er ja richtig aufgetaut.

Richtung Nachmittag verabschiedeten wir uns dann langsam von den Blooms und Stones und fuhren wieder zurück nach Notting Hill. Ich nahm für Orli die Post mit rein, er hatte es sich nicht nehmen lassen, den Korb zu schleppen, meinte ich hab ihn hin geschleppt also könne er ihn ja zurück schleppen. Orli, du bist n Keks.

Er stellte den Korb vor den Kühlschrank und ich gab ihm die Post. „Rechnung, Rechnung, Werbung... wieder nur Müll.“ Er warf den Briefhaufen auf den Küchentisch und wandte sich wieder mir zu, indem er mich von hinten umarmte. In seinen Armen fühle ich mich so geborgen... ich kann euch nicht sagen wie, es ist unbeschreiblich. Er hat diese gewisse Art, jemanden anzufassen, die einen ganz schwach macht. Ich legte meinen Kopf nach hinten, wollte ihn komplett fühlen. „Was wirst du machen, wenn ich wieder Schule hab?“ Fragte ich ihn. „Hast du eine Ecke frei für mich?“ Fragte er und küsste mich. „Du willst ins spießige, graue Deutschland?“ Grinste ich. „Na ja, ich find München auch nicht grade uninteressant, und ihr habt Berge in der Nähe, da kann man Snowboarden gehen und Fallschirmspringen...“ Ich musste lachen, hatte ich doch sein Faible für Extremsportarten ganz vergessen. „Hey, brich dir aber nicht den Hals ja? Ich brauch dich noch länger, ein ganzes Leben lang...“ – „Keine Sorge, ich pass schon auf.“ Er zog mich noch ein bisschen näher zu sich. „Ich will lieber ein einziges Leben mit dir verbringen, als alle Zeitalter der Welt allein zu durchleben...“ – „Den kenn ich woher.“ – „Ach ja?“ Grinste ich. Hatte ich von Arwen aus Herr der Ringe geklaut. Fand ich einfach passend an der Stelle. Lieber ein Leben mit Orli als gar keins. „Nur das du keine Elbin bist.“ Grinste Orli und verpasste mir einen Kuss. Ich entschied mich dann noch eben, duschen zu gehen nach der Aktion heut Morgen und am Strand. „Du, ich schmeiß mich noch eben unter die Dusche, wenn du mich suchst!“ Ein lautes „Okay!“ War aus der Küche zu hören. Ich konnte ja nur hoffen, dass er nicht wieder ins Bad gestolpert kam ... sonst musste ich heut noch mal duschen. *grins*

Ich spülte mir also den Sand aus allen Ritzen und gesellte mich wieder zu Orli in die Küche, der grade über einer Zeitschrift saß und Kreuzworträtsel löste. „Hey, du rätselst?“ Er grinste. „Tu ich manchmal wenn mir langweilig is. Bevor du da warst war ich ja immer alleine hier. Ein großes Haus für einen alleine, manchmal komm ich mir schon blöd vor.“ Ich strich ihm über den Rücken, ganz langsam, sodass er fast anfing zu stöhnen. „Aber nicht doch. Wenn du sonst was bist, aber blöd bist du sicher nicht.“ Er lächelte mich lieb an und küsste mich dann. „Schön dass du da bist, ehrlich.“ Kleiner Schleimer. Das hatte mein voriger auch zu mir gesagt, aber ob es wahr gewesen war werd ich nie erfahren. Aber Orli glaubte ich das. Der war zu ehrlich um mir was vorzumachen. „Zu Hause wär ich gestorben vor Sehnsucht.“ Gab ich kleinlaut zu. Ich hätt es keine Sekunde ohne ihn zu Hause ausgehalten, allein die Schultage waren schon schlimm genug. Er legte den Arm um mich und zog mich zu sich. „Eines Tages werden sie wahrscheinlich schreiben wie bei Sarah Connor und Marc Terenzi – da haben sich zwei gesucht und gefunden...“ grinste ich. Das hatte ich damals in irgend ner Bravo gelesen und fand den Satz irgendwie passend. Orli sagte nichts, küsste mich wieder. So hätte er den ganzen Tag weitermachen können. Tat er auch...
 

Inzwischen war es Mittwoch und ich sah mich schlaftrunken im Zimmer um, wo steckte Orli? Aus dem Bad hörte ich Geräusche, er stand doch nicht etwa unter der Dusche? Ich wickelte mich in ein Handtuch und schlich mich ganz leise an. Vor der Duschkabine warf ich das Handtuch zu Boden und öffnete leise die Tür. Orli stand mit dem Rücken zu mir und sah mich nicht. So umarmte ich ihn von hinten... ich hatte eigentlich erwartet dass er jetzt erschrickt, aber denkste. Na ja gut, ich war auch die einzige hier im Haus die noch außer ihm da war. Stattdessen gab er einen lauten Seufzer von sich und ließ sich nach hinten in meine Arme sinken. Fast wäre er mir entglitten, weil er voller Schaum war, der natürlich gut rutschte. „Ich hab dich schon gehört, mach dir da mal keine Sorgen, ich hab die Ohren einer Fledermaus.“ Ich lachte. „Dann kannst du auch Ultraschall hören?“ – „Ähm... nö...“ grinste Orli zurück, während er nach dem Duschschwamm griff, mit dem ich ihm dann den Rücken einseifte.

Wir küssten uns auch einige Male unter fließendem Wasser, das war fast wie im Regen küssen *grins* vor allem aber wärmer. „Hey, was hältst du davon wenn wir auch nackte Sonntage machen wie die Aguilera?“ Grinste ich Orli an. „Na ja gut, von mir aus, aber nur hier bei mir und wenn ich keinen Besuch erwarte... ich fürchte deine Mom würde über so was nicht sonderlich begeistert sein.“ – „Ihr müssten wir wohl eher Scheuklappen aufsetzen...“ Wenn meine Mom Orli ohne alles sah... hm. Ich glaube sie würde auch schwach werden. Ausprobieren wollte ich's aber trotzdem nicht. Er gehörte mir, mir ganz allein.
 

Nach der Dusche zogen wir uns natürlich nicht an, es war ja keiner da *grins* Und warum nicht schon mit einem nackten Mittwoch anfangen. Mir wurde es aber dann doch ein bisschen zu kalt und kramte ein paar Klamotten aus dem Schrank. Orli fand das nicht fair und zog sich auch was über, natürlich was richtig enges das mich so richtig schwach machte, der kleine Schelm. Es war jetzt

Teil 4

kurz nach zehn Uhr morgens, mir war zwar nicht großartig nach was unternehmen heute, aber eigentlich musste ich mich fast selbst zur Tür raustreten, denn wer wusste wann ich wieder hierher kommen konnte? „Marie?“ – „Hm?“ Orli befand sich im Wohnzimmer und ich in der Küche – holte mir grade was zu Knabbern… „Wie wär's, fahrn wir heut in die Stadt? Ich müsst eh noch paar Besorgungen machen.“ Ich kam mit einer kleinen Schüssel Cornflakes um die Ecke. „Wieso nicht, bevor ich hier alles verpass... ich zieh mir nur noch eben was Gescheites an.“ Ich lief nach wie vor nur im Hausanzug rum. Orli konnte so bleiben von mir aus. Jeans und so ein figurbetonter weißer Pulli...

„Du brauchst dich doch nicht umziehen...“ Orli war gerade ins Schlafzimmer gekommen und öffnete grade die Schranktür. Er wendete sich zur Seite und grinste mich an. „Hoffen wir dass wir nicht erkannt werden, dann kann ich den Fummel anbehalten.“ So schlimm fand ich den „Fummel“ auch nicht. „Soll ich dir mal zeigen was ein Fummel ist?“ Grinste ich. Ich hatte noch irgendwo unter meinen Sachen ein langes einfarbiges Kleid. Ich glaube, das hätte ihm sogar gepasst. Orli im Kleid. Ich bog mich innerlich vor Lachen bei der Vorstellung. Dazu noch eine schöne Perücke und ein bisschen Schminke und er könnte glatt bei To Wong Foo mitspielen und Chi Chi ersetzen. Er blieb also in seiner heißen Montur und zog sich nur einen Mantel über. *grins* Und mein weißes Käppi. Sei nicht ganz so auffällig wie das Armycap, meinte er. Wie Sie meinen, Sir...
 

Die Stadt war knallvoll, an jeder Ecke standen Autos und wir hatten Schwierigkeiten, einen Parkplatz zu finden. „Genau deshalb fahr ich lieber mit der Ubahn...“ bemerkte Orli. Ich musste ihm Recht geben, ich würde auch den Führerschein nicht machen, solang ich Jazzy hatte und in München wohnte. Ich könnte, wenn ich wollte, denn ich war ja schon 18, aber ich hatte einfach keinen Bock und außerdem kein Geld für so was. Schließlich fanden wir doch noch einen Stellplatz. Erst jetzt fiel mir was Erschreckendes ein... ich hatte ja immer noch meine Euros in der Tasche... In England gab es immer noch keinen Euro... „Orli?“ – „Hm?“ – „Ich hab ein Problem...“ Ich zeigte ihm mein Münzfach voller Euros. Aber er grinste nur. „Da vorne is ne Bank, da kannst wechseln lassen. Ich helf dir mit der Verständigung. Man, hoffentlich sitzen da keine Damen am Schalter, sonst bin ich geliefert...“ Ich grinste nun auch. Ob ganz England wusste, wer Orlando Bloom ist? Ich wollte es ehrlich gesagt gar nicht wissen.

Glücklicherweise saß da nur ein komischer Typ am Schalter, der meine Euros ganz schnell zu Pfunden werden ließ. Interessiert betrachtete ich die Geldstücke. „Für mich is das Spielgeld, ich kann mit ausländischem Geld nichts anfangen...“ Ich war einmal mit meiner Mom in der Schweiz gewesen und hatte auch viel zu viel Geld ausgegeben, weil ich keine Ahnung von der Umrechnung hatte. Für mich war das ganz einfach Spielgeld, alles was kein Euro war.

Wir drängten uns durchs Gedränge (*g*) bei Harrods. Das unterste Stockwerk war ziemlich überfüllt, aber je weiter man raufkam, desto lichter wurden die Menschenmassen. Feinkost, Seidenstrümpfe, Elektrogeräte... Ich kam mir vor wie bei Hertie am Hauptbahnhof.
 

Nach geschätzten drei Stunden und mit einigen Tüten unterm Arm – Orli hatte sich Schuhe gekauft – Ohne Worte – kamen wir wieder zum Ausgang. Wisst ihr eigentlich schon dass Orli einen Schuhtick hat? Hätt ich selber nicht geglaubt, aber als ich mich einmal in der Tür geirrt hab und aus Versehen im Gästezimmer landete traute ich meinen Augen nicht – drei Regale voller Chucks und andrer Kostbarkeiten. Ich hatte aber lieber nichts gesagt. Eigentlich konnte ich Leute mit Schuhticks nicht ausstehen, aber Orli... dem konnte man einfach nicht böse sein, er war praktisch fehlerlos. Flawless, makellos. Bis auf seine Lieblingsfarbe gelb, mit der konnte ich mich nie anfreunden und werd ich auch nie. Ich war sonst ein recht fröhlicher Mensch, aber fröhliche Farben konnte ich nicht leiden, ich mochte eher rot oder schwarz, beizeiten auch schon mal grün, aber gelb? Wäh. Eine Zeitlang stand ich auch auf blau.
 

Zu Hause wurden die Einkäufe erst mal säuberlich verstaut, ich hatte mir ein paar schicke Oberteile zugelegt, die ich stolz nächste Woche in der Schule präsentieren würde. Ein paar Lebensmittel hatte ich mitgenommen für Orli, damit er mal was Vernünftiges zu Essen bekam, denn den Vorrat von Montag hatte er schon fast verputzt – so komisch das klingt, aber seit ich da war, entwickelte er irgendwie einen Heißhunger. Ich hoffte, ich hatte ihn nicht zum Frustfressen angestiftet... aber vielleicht schmeckte ihm mein Gekoche auch einfach nur. Ich hoffte nur, er würde nicht allzu sehr zulegen... na ja, aber spätestens wenn er wieder hier war nach dem Urlaub bei mir würde er eh wieder in sein veganes Leben zurückfallen. Vielleicht war er auch einer dieser Typen, die essen konnten, was sie wollten, und nicht zunahmen... ich weiß es nicht.
 

Da heute wieder die Sonne schien und es noch mal sehr warm wurde, fuhren wir noch mal raus aufs Land und führten Sidi aus. „Wer kümmert sich eigentlich um Sidi, wenn du bei mir bist?“ Fragte ich mich und dann auch Orli, denn da wo wir wohnten durften wir keine Haustiere haben. „Macht meine Mom, geht schon klar. Gell Sidi, schön brav sein wenn ich weg bin!“ Sidi sah ihn an, als wollte sie sagen „Ey Alter, was willst du, ich komm schon klar!“ „Ich werd nie Hundisch können...“ schlussfolgerte Orli dann und kratzte sich am Kopf. Ich grinste. „Hundisch... is das verwandt mit Ungarisch?“ – „Weiß net.“ Wir lachten uns noch ein paar Mal einen Ast, während wir Sidi wieder zurückbrachten. Orlis Mom schien mich inzwischen recht gern zu mögen, denn sie war immer bekümmert darum, dass es mir auch gut ging, genauso wie sie Orli umsorgte. Vielleicht hatte sie festgestellt, dass ich keine doofe Blondine war. (Anm.d.A.: Sorry an alle Blondinen hier – ich hab echt nix gegen Blonde! Auch nur eine Haarfarbe die nichts über den Charakter eines Menschen aussagt.)

„Was hast eigentlich morgen vor?“ Fragte mich Orli, nachdem wir wieder zu Hause angekommen waren. Ich zuckte nur die Schultern. „Frag mich nicht, du bist hier zu Hause, du kennst dich hier aus.“ Er grinste. „Wie wär's wenn wir die letzten Tage woanders verbringen?“ – „Woanders? Wo denn anders?“ – „Weiß nicht, was interessiert dich denn an Großbritannien noch außer London?“ Ich überlegte, da gab es schon einiges, ich hatte zum Beispiel die Nebel von Avalon gesehen und wollte mal nach Glastonbury... Stonehenge... „Glastonbury, Stonehenge, Schottland...“ Ey nee oder, Orli grinste noch breiter als eh schon. Was hatte der vor? „Wir können auch von Glasgow wieder zurückfliegen, ein paar Tage in den Highlands verbringen wenn du magst.“ – „Das is doch viel zu weit zu fahren...“ Ich hatte zu Hause schon mal ausgerechnet. Von Southampton bis Glasgow brauchst du zehn Stunden. Das wollte ich Orli nicht antun. „Das sind zehn Stunden Fahrt, ich glaub nicht dass du dir das antun willst...“ Orli winkte ab. „Glaub nicht ich nehm mein Auto nur, um zu meiner Mom zu fahren! Ich fahr auch gern in die Highlands.. außerdem braucht man nur acht Stunden. Da oben isses so wunderbar abgeschieden und es erinnert mich irgendwie an die Drehzeit in Neuseeland zu Herr der Ringe...“ – „Na ja, wenn du meinst... ich will dir bloß nicht zuviel aufhalsen...“ – „Ich will dir nicht zuviel zumuten, acht Stunden sind ganz schön lang.“ – „Na ja, aber es gibt ja auch viel zu sehen auf der Fahrt... ich werd ganz sicher nicht pennen.“ Und so kam es, dass wir unsere Köfferchen erneut packten und bis Sonntag nach Schottland fuhren.
 

Wir fuhren natürlich nicht durch, das musste ja auch nicht sein. Kurz hinter Liverpool legten wir eine ausgiebige Pause ein. Orli konnte es nicht lassen und entführte mich noch einmal ans Meer, an die raue Küste der Irischen See. Hier blies uns der Wind ganz schön um die Ohren und ich hatte meine liebe Not, mein Gesicht von meiner Frisur zu befreien... Orli half mir dabei, und sobald er mein Gesicht wieder frei hatte, wurde sich geküsst. Eigentlich hätten wir ja hier schon kampieren können, ich musste gar nicht unbedingt weiterfahren... Aber nach einer guten Stunde Pause und einiger Landschaftsbesichtigungen fuhren wir weiter. Jetzt begannen die Pennines und die Landschaft wurde immer bergiger, genau wie bei mir zu Hause. Carlisle... und über eine riesige Brücke über den Solway Firth... Erinnerte mich so ein bisschen an die Lechbrücke bei Schongau. (Anm.d.A.: So ganz detailliert kann ich da net vorgehen, hab hier nur einen Schulatlas... ^^) „Macht’s dir was aus wenn wir den Samstag in Glasgow verbringen? Ich würd gern veranlassen dass die mein Auto nach Deutschland einschiffen, ich brauch ja schließlich einen fahrbaren Untersatz wenn ich bei dir bin...“ Na wenn er sogar sein Auto rüberschiffen ließ... „Überhaupt kein Problem.“

Wir ließen uns dann in Paisley nieder, unweit von Glasgow. Strategisch geschickter Schachzug, Orli... Er war noch voller Energie und wollte gleich noch irgend ein Loch besuchen, aber für mich war's heut genug. Wir waren erst spät losgekommen, Nachmittag und jetzt war es kurz vor Mitternacht. Ich konnte ja verstehen, dass so ein See bei Nacht was Schönes war, aber dazu war ich heute echt zu müde. Ich kuschelte mich an Orli und schlief ein.
 

Am nächsten Morgen klingelte kein Wecker, den hatten wir glatt vergessen. Aber stattdessen knallte mir die Sonne ins Gesicht. Und ich bemerkte, dass ich zuerst aufgewacht war, denn Orli schlief noch seelenruhig wie ein Baby. Oh ich hätte ihn stundenlang beobachten können, er war so schön wenn er schlief... wie eine Porzellanpuppe. So zart und zerbrechlich... jeder seiner Gesichtszüge entspannt... Ich gab ihm einen kleinen Kuss und stand dann auf, um aus dem Fenster zu sehen. Der Ausblick war atemberaubend, ich hatte – außer Orli natürlich – noch nie etwas Schöneres gesehen als einen Sonnenaufgang in den Highlands. Wie sich die Sonnenstrahlen langsam über die vielen Hügel und Täler tasteten... hinter mir seufzte jemand. Orli schien aufgewacht zu sein. „Komm doch wieder rein, es ist doch noch viel zu früh...“ Gähnte er und bat mich wieder zurück ins Bett. Ich folgte ihm dann auch und kuschelte mich wieder eng an ihn. Im Bett war es auch viel wärmer als draußen. Wenn ich vor 6 Uhr aufstand, konnte ich sicher sein, dass ich mir erst mal einen abfror, wieso weiß ich nicht, es konnte noch so warm sein im Zimmer. Aber bei Orli unter der Bettdecke war es wohlig warum und so schlief ich auch bald wieder ein.
 

Um Mittag dann gingen wir ein bisschen durch den Ort, sahen uns ein paar Denkmäler an und taten uns gütlich an der schottischen Kultur. Ich hatte die Schotten schon immer gemocht, für ihren Urigkeit. Und man sagte den Schotten nach, sie hätten einen Deutschen Akzent... wenn ich manch schottisches Lied höre, glaub ich das fast. Die sprechen’s dann glatt so wie sie’s schreiben. Aber ganz amüsant.

Nachmittags wurde es ganz schön warm und wir beschlossen, in die Highlands zu fahren, durch die Grampian Mountains hoch nach Inverness, wo der gute Whiskey herkam. Susi’s Mann – ebenfalls ein Freund meiner Mom – war Whiskeykenner, und ich wollte es nicht versäumen, ihm eine Flasche mitzubringen. Und Orli war auch nicht grade uninformiert was Whiskey anging, er probierte ein bisschen hier, ein bisschen da... und drückte mir schließlich eine Flasche des – wie er meinte – besten Whiskeys in die Hand, den er je getrunken hatte. Na ja, wenn ich ihm das glauben sollte... nach den vielen Schlucken war er schon ein bisschen angeheitert... was hieß – er hatte einen knallroten Kopf auf, aber sonst war er noch bei Verstand. Trotzdem hatte ich Angst im Auto... Ich wollte nicht, dass es mir erging wie Torrie in Dolphin’s Cry (Hatte ich natürlich gelesen, das ist Pflichtlektüre für einen Fan! *grins*) und Orli mich gegen den nächsten Laternenmast fuhr... obwohl hier ja weit und breit keiner zu sehen war. Hier ein paar Lochs, da ein paar Lochs... Fand ich schon komisch, dass die ein deutsches Wort für See hatten. Na ja, aber wenn man mal nachdachte war so ein See ja eigentlich auch nicht viel mehr als ein Loch voller Wasser... *g* Ich bettelte Orli an, noch nach Skye rüberzufahren, die Insel wollte ich unbedingt einmal sehen, aber er meinte, dafür sei es jetzt schon zu spät. In den Sommerferien wollte er mit mir da hin hat er dann gesagt. Schade. Eines Tages komm ich sicher noch rüber.

Zum krönenden Abschluss entführte mich Orli noch ans vielbesungene Loch Lomond. Das Wasser war stahlblau und glitzerte in der Sonne und der See war umwachsen von dichtem, dunkelgrünem Nadelwald. Wir ließen uns kurz in einer Wirtschaft nieder und aßen etwas. Den ganzen Tag hatte es noch nicht wirklich was gegeben. Mein Magen knurrte schon vor Hunger. Und trotzdem hatte ich wiederum keinen Hunger, denn sobald ich Orli nur sah war der Hunger wie verflogen. Von Luft und Liebe leben... *grins* Wenn es nicht zwanghaft überlebensnotwendig wäre, bräuchte ich grade wirklich nichts zu Essen! Vielleicht war das seinen letzten Freundinnen zum Verhängnis geworden, sie lebten nur noch von Luft und Liebe und vergaßen dabei ganz das Essen... *kicher*
 

Wieder zurück in Paisley – es war später Nachmittag, etwa um fünf oder so – griff Orli erst mal zum Telefon. Am Flughafen anrufen, hat er gemeint, damit er alles für morgen klarmachen kann, damit sein Auto in Deutschland ankommt... Morgen um acht sollte er’s hinbringen. Der Stellplatz in München wurde ihm auch noch genauest deklariert, so konnte eigentlich nix mehr schief gehen. „Wehe die machen mir auch nur eine Beule rein...“ grummelte Orli, während er noch unsere Habseligkeiten aus dem Auto kramte, damit wir auf dem Flug nichts missen mussten.
 

Der Samstag war schneller da als gedacht – wir mussten schon um halb sieben raus, uns fertig machen, denn das Auto musste pünktlich da sein.

Am Flughafen sah ich Orli schon an, dass es ihm ein bisschen schwer fiel, sein Auto mal eben so auf Reise zu schicken. Er klopfte auf die Motorhaube und murmelte etwas wie „Das schaffst du schon.“ Männer und Autos... Ich hatte immer gedacht, Orli hätte ziemlich unmännliche Eigenschaften wie Schuhtick, sein ganzes Gepflegtsein... aber nein, er guckte auch Fußball und liebte sein Auto... *grins* Das wollt ich ihm auch gar nicht nehmen, das gehörte einfach zu ihm. So ist Orli. Und dafür liebe ich ihn, für jede kleine Eigenschaft die er besitzt, für jede seiner kleinen Ecken und Macken und für all das was ihn so perfekt macht. Und nicht zuletzt kommt ganz nebenbei noch dazu dass er umwerfend aussieht. Es würde zwar lange dauern, bis ich jede kleine Ecke seiner Denkweise kennen würde, aber ich hatte ja Zeit... Momentan war mir eh alles egal, Hauptsache er war bei mir.

Wir verabschiedeten uns von Orlis Auto und machten uns noch einen schönen Tag in Glasgow. Noch ein bisschen Sightseeing, viele Küsse... Wir schafften es am Ende sogar zu Fuß wieder zurück nach Paisley, denn das war ein Vorort von Glasgow. (Anm.d.A.: Danke, Routenplaner! *grins*)

Am Abend saßen wir dann auf einer Bank auf irgendeiner Anhöhe, nicht weit von unsrer Unterkunft, und sahen uns den Sonnenuntergang an. Das hätte das Motiv für ein romantisches Foto werden können, ein Pärchen auf einer Bank vor dem Sonnenuntergang...
 

Am nächsten Tag bestellte Orli uns ein Taxi zum Flughafen, unser Flug ging um elf Vormittags, so hatten wir zu Hause noch genug Zeit zu relaxen. Ich hatte vorhin Jazzy schon angerufen, sie würde uns bei mir zu Hause begrüßen und meine Mom schon mal vorbereiten. Holen musste sie uns ja nicht, wir hatten ja Orlis Auto. Oje, der Arme, er musste sich durch den Stadtverkehr schlängeln... Ich wohnte in der Nähe des Hauptbahnhofs, genauer gesagt Königsplatz, zur Schule ging ich in Laim. Und da war immer Chaos pur auf den Straßen. Meine Mom war unablässig am Fluchen, wenn sie mit dem Auto unterwegs war. Deshalb fuhr ich auch nicht allzu gerne mit ihr, weil mir danach immer die Ohren klingelten. Einmal waren wir beinah einem Crash entgangen. Das war verdammt knapp, beim Einscheren auf die linke Spur wäre uns fast einer reingefahren. Aber zum Glück erwischten wir noch rechtzeitig die Lücke. Meine Mom fuhr ungefähr so gefährlich wie Orli. Na ja, aber Orli war zehn Jahre jünger als meine Mom. Die war jetzt vierzig. Ich erinnerte mich noch gut an ihre Geburtstagsfeier Ende Februar, ihr ganzer Freundeskreis war da und sie haben ganze 14 Flaschen Prosecco weggekippt, die Piccolos und Cocktails die nebenbei noch flossen nicht mitgezählt. Und wer konnte die Sauerei wegmachen? Ich natürlich.

Arm in Arm schlenderten wir Richtung Terminal, ein Wunder dass uns keiner erkannte. Obwohl er heut ziemlich eindeutig nach Orli aussah. Na ja, die Schotten standen wohl eher auf was Andres, echte Highlander oder so *grins* Susis Mann war ja auch so einer, wenn man ihn so sah konnte man sich glatt denken, er käme aus Schottland, topfit wie ein junger Hüpfer, obwohl schon über 40, lange blonde Haare und ein wandelndes Whiskey – Lexikon. Aber ich fand, Susi hatte einen guten Geschmack. Wir hatten schon oft etwas miteinander unternommen, wenn meine Mom mich mal nicht im Haus haben wollte wenn sie einen ihrer „Freunde“ zu Besuch hatte. Ich war mit den beiden sogar schon in Kroatien gewesen, wo mir beim Frühstück glatt ein Gecko in meinen Kaffee gefallen ist, der an der Decke gesessen hatte. Martin (so hieß er - also nicht der Gecko sondern Susi’s Mann ^^) war natürlich sofort zur Stelle und fischte ihn aus der Suppe, die ich natürlich jetzt nicht mehr trinken wollte. Vielleicht würde ich denen Orli auch mal vorstellen, immerhin waren sie fast so was wie Onkel und Tante für mich. Sie würden es eines Tages sowieso rauskriegen, dass ich nun die Freundin eines Filmschauspielers war... und Susi würden die Augen rausfallen bei seinem Anblick *grins* Sie hatte ein Faible für gutaussehende Kerle, genau wie ich. Wahrscheinlich müsste ich Orli in Stacheldraht einwickeln um ihre Finger von ihm fern zu halten. Aber da war mir in Watte packen dann doch lieber... Erst Watte und dann Stacheldraht drum *grins* Damit der wertvolle Inhalt nicht beschädigt wird... Inzwischen war Orli wirklich wertvoll für mich, ja, wertvoller als alle Diamant- und Goldvorkommen auf diesem Planeten und – wie ich fand – wertvoller als ich selbst. In seiner Gegenwart fühlte ich mich wie ein Kieselstein im Vergleich mit einem Diamanten. Unscheinbar und unattraktiv, aber er versuchte immer wieder, mir das auszureden, sagte mir, er fände sich auch nicht sonderlich hübsch... Oh Orli, hast du eine Ahnung! Schaust du morgens nie in den Spiegel? Na gut, morgens sah er nicht ganz fit aus, aber sobald er ganz aufgewacht war, strahlte er wieder wie die Sonne und erhellte mir meinen Tag.
 

Im Flugzeug war es still, heute flogen nicht viele nach Deutschland, wie es schien. Außer Orli und mir saßen nur ganz vorne noch zwei Leute. „Find ich großartig von dir, dass du mit zu mir kommst.“ Orli grinste und winkte ab. „Ich würd’s ohne dich auch nicht aushalten zu Hause, glaub mir. Meine Empfindung ist nicht so kalt, wie sie nach außen hin wirkt.“ – „Ich weiß, Männer können schlecht Gefühle zeigen...“ Grinste ich Orli an. „Hm.“ Gab er zurück, nahm mich in den Arm und küsste mich. Leider nicht lange, denn da ertönte die Durchsage, wir sollten uns anschnallen, weil wir bald abheben würden... in eineinhalb Stunden waren wir wieder zu Hause, was hieß, ich war zu Hause, aber Orli war sozusagen im Urlaub. Diese eineinhalb Stunden lehnte ich in Orlis Armen. Es gab nichts Schöneres, diese Geborgenheit... wo würde das noch hinführen?
 

Am Flughafen wurden wir (leider) erst mal von einer Gruppe kreischender Mädchen verfolgt, denn wir hatten ganz vergessen, noch eine Verkleidung für Orli ins Handgepäck zu nehmen, weil uns in Glasgow keiner erkannt hatte und das hatte uns leichtsinnig gemacht... *blitz* ach du Scheiße, das war’s mit der Heimlichtuerei... Wo würde das morgen stehen, Bildzeitung? Bravo, Yam...? Oje, tausende Mädchen würden eifersüchtig sein auf mich, ja, die wollten mich vielleicht sogar killen, nur weil sie Orli für sich haben wollten.. Hilfe. Half nichts, wenn du mit einem Hollywoodstar zusammen bist, musst du da durch. Ich zeigte dem Paparazzo ganz frech meinen Finger, damit er wusste, was ich von ihm hielt. Oh nein, ich war kein braves Mädchen das sich immer gesittet verhält, glaubt das ja nicht! Ich machte zwar nach außen den Anschein, eine Barbie zu sein... na ja nicht ganz, aber der Schein trog.. ich war schon einmal mit einer Clique aus meiner Klasse an einer Brücke am Hauptbahnhof und hab diese mit Graffiti besprüht... aber keinem verraten, ja? (Anm.d.A.: Frei erfunden, ich könnt so was gar net ^^) Keiner hatte uns erwischt und unser Kunstwerk prangt dort noch heute. Bis vor einem Jahr hatte ich auch noch blau – grüne Haare. Aber das musste Orli ja nicht mitkriegen dass ich es faustdick hinter den Ohren hatte. Ich hatte damals Jazzy angesteckt mit Haare färben und sie war dabei geblieben. Gut dass sie noch kein Wort verloren hatte darüber. Und ich würde ihr auch einhämmern, dass sie zu schweigen hatte.
 

Endlich bei mir zu Hause angekommen (die Mädels hatten die Tiefgaragenausfahrt blockiert, und wir mussten ein Schreck – Manöver veranstalten indem Orli die Reifen quietschen ließ beim Losfahren, was ihnen einen Schreck einjagte und sie zur Seite sprangen, aus Angst, überfahren zu werden) erwartete uns schon Jazzy in der Küche, zusammen mit meiner Mom. Ich hatte Jazzys Golf schon vor dem Haus stehen gesehen, was mich gleich ein wenig erleichterte, mich nicht gleich wieder mit meiner Mom rumschlagen zu müssen. Die Koffer hinter uns herziehend, betraten wir das Haus. Jazzy stand schon im Türbogen zur Küche und grinste. „Hey ihr Turteltauben, wieder da?“ Ich musste auch grinsen. Jazzy. Mehr konnte man dazu nicht sagen. „Jep.“ Gab ich nur zurück und stellte meinen Trolly an die Wand. „Hast ja ne ganz schön bullige Kiste.. hab euch vorhin herfahren sehen.“ Bemerkte Jazzy über Orlis Auto, das er direkt hinter Jazzy geparkt hatte. „Na ja, damit kann man die andern Verkehrsteilnehmer besser aus dem Weg schieben...“ Grinste Orli und stellte seine Koffer neben meinen. Arm in Arm gingen wir in die Küche, wo meine Mom wieder mal über der Zeitung saß. „Hey, auch wieder da?“ dem Strahlen in ihrem Gesicht nach zu urteilen, freute sie sich wie ein Schnürsenkel, mich wiederzusehen. „Besonders braun bist du ja nicht geworden...“ bemerkte sie dann. „Mooom, ich war in England, nicht auf Hawaii.“ In England konnte man nicht sonderlich braun werden, außer man verbrachte den ganzen Tag auf irgend ner verlassenen Ebene in den Highlands und ließ sich die Sonne ins Gesicht grinsen. Uff, Jazzy grinste auch schon die ganze Zeit, sie konnte den Blick nicht von Orli wenden. Ob sie mir ansah, dass wir es getan hatten? Ich kannte Jazzy seit dem Kindergarten, und ich glaube sie sieht mir so was schon an. Ihr hatte ich auch angesehen, als sie zum ersten Mal mit einem Jungen im Bett gewesen war. Sie setzte sich neben mich und flüsterte mir zu: „Du musst mir nachher alles erzählen...“ Ich verdrehte die Augen. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“ Da fiel mir ein, ich hatte ja die Fotos noch im Koffer, die Basti geschossen hatte... Sollte ich ihr die zeigen oder besser lassen und warten bis sie mal in mein Zimmer kam und die Wand voll mit den Bildern sah? Ich würde Orli nachher gleich noch raufschleppen und die Fotos aufhängen. Am besten ich spannte mir so eine Leine mit lauter kleinen Wäscheklammern dran, da konnte ich die Bilder dranhängen und es sah aus wie in einem Fotolabor... Mom hatte sicher noch irgendwo Bindfaden rumliegen. Auch ich konnte meinem Blick nicht von Orli lassen, im Flugzeug war es wieder richtig in mich gefahren, oh ich liebte ihn direkt abgöttisch, betete ihn an. „Achso, deine Post hab ich dir rauf gelegt.“ Kam es dann von meiner Mom, um die Stille zu durchbrechen. Das machte sie immer so – mit der Post, wenn ich Briefe bekam, legte sie mir die rauf in mein Zimmer auf meinen Schreibtisch – praktisch eigentlich, aber jedes Mal musste ich rauflatschen... „Gehn wir rauf, Koffer auspacken?“ Fragte ich Orli. Der nickte. Jazzy folgte uns.
 

Oben dann ließen wir die Bombe platzen. Ich holte meine Fotos aus dem Koffer. „Verdammte Scheiße, ihr habt es wirklich getan. Wow...“ Jazzy fiel fast in Ohnmacht, als sie unsere in – Aktion – Bilder sah. Hehe, ich weiß dass er einfach scharf wie Chili ist, das musst du mir nicht auch noch sagen. Jazzy half mir beim Aufhängen der Leine, die ich mit Pinnnadeln von einem Ende des Zimmers ins andere spannte. Und Orli packte dann mit an, als es ums Fotos aufhängen ging. Ich sah ihm an, dass er die Bilder genauso heiß fand wie ich... und dass es ihn an den Tag zurückversetzte, an dem sie entstanden waren... scheiße dass Jazzy hier war, sonst wär gleich was passiert. Armer Orli...

Jazzy schien schon zu merken, dass Orli sich nur schwer zurückhalten konnte... „Hey, ich lass euch dann mal wieder allein... hab noch eine Verabredung mit Jenny heut. Wir sehn uns morgen in der Schule!“ Ich umarmte sie zum Abschied. „Bis morgen dann!“ Jazzy verschwand grinsend in der Tür. Da standen wir jetzt... ich hatte ja irgendwie Schiss, meine Mom könnte gleich ins Zimmer kommen. Aber dafür hatte ich eine ganz einfache Lösung – ich sperrte einfach ab und zog die Vorhänge zu, hehe. Noch ein paar Kerzen... Orli, wie er dasaß mit einem Blick den man nicht beschreiben kann... Einem, der dir durch Mark und Bein geht, einen so schwach macht dass man Mühe hat, sich auf den Beinen zu halten. Langsam kroch ich zu ihm hin...
 

Schon irgendwie komisch... ich weiß, das sag ich immer wieder, aber es kommt mir immer noch so unreal vor, ich kleines Stadtkind und dieses lebende Wunder... konnte mein Glück immer noch nicht fassen. Tausende, wenn nicht Millionen Mädchen träumen von ihm... und ich hab ihn ganz für mich alleine. Langsam schwand auch die Angst, er könnte mich von heute auf morgen sitzen lassen. Ich sah ihm an dass er genauso verknallt war wie ich, und wenn man sich einmal in diesem Stadium befindet, dann kann man nur schwer wieder loslassen. Da müsste er schon einen sehr guten Grund haben, um mich zu verlassen.
 

Wir verbrachten den Nachmittag noch mit Mensch – ärger – dich - nicht spielen, meine Mom gewann vier mal, vier mal von fünf Spielen, das fünfte gewann Orli und ich musste mich als kläglicher Verlierer geschlagen geben. Na ja, aber ich bin ja kein schlechter Verlierer. He. Und meine Mom schien Orlis Gesellschaft langsam auch zu mögen.. oje, ich musste aufpassen dass da nix schief ging! Na ja, sagen wir mal, ich glaub sie fand ihn nett. Aber dass sie ihn richtig gemocht hätte... ich glaube da hätten wir ihn erst blondieren müssen. *grins* die alte Legolas – Perücke wieder aufsetzen. Morgen, wenn ich in der Schule war wollte er sich im Olympiapark die Beine vertreten hatte er gemeint, Sealife würde ihn mal interessieren. Wäre zwar lieber mit ihm hingegangen, aber er konnte ja nicht die ganze Zeit alleine hier sitzen und darauf warten dass ich aus der Schule zurückkam, um mit ihm was zu unternehmen. Nein, einsperren wollte ich ihn nicht. Ich wollte ihn nur hüten wie einen Goldschatz. Mein Eigen, mein Liebes, mein Eigen, mein Schaatzssss.... *grins* Langsam fragte ich mich schon, ob ich noch ganz dicht war, noch alle Tassen im Schrank hatte, so sehr wie ich Orli liebte. Ich war regelrecht verrückt nach ihm. Ich glaube, mehr kann man einen Menschen nicht mehr lieben als ich es tat. Wenn das hier je vorbeigehen sollte, dann würde ich wahrscheinlich eine Therapie anfangen müssen um ihn aus meinem Kopf zu kriegen. Und selbst dann würde mich meine Umgebung, alles, an ihn erinnern, die schönen Tage die wir hier verbracht hatten... was quassel ich hier eigentlich, wir sind doch noch zusammen wie Pech und Schwefel! Sei vorsichtig mit dem was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen! Also nur nichts Schlechtes wünschen. Nur ewiges Glück für Orli und mich...
 

Am nächsten Tag griff ich auf dem Küchentisch gleich nach der Tageszeitung, um zu sehen, ob man uns schon abgedruckt hatte, aber nichts. Nur in der Bildzeitung würde wahrscheinlich die Hölle los sein... konnte nur hoffen, dass die bei uns in der Schule keiner las. „Pass auf dich auf, ja?“ Sagte ich zu Orli, als ich das Haus verließ, nicht ohne ihm vorher einen laaaangen Kuss verpasst zu haben. Er lächelte mich an. „Keine Sorge, heut Nachmittag bin ich wieder bei dir.“ Na das wollte ich doch mal schwer hoffen...
 

„Hey Süße!“ Begrüßte mich Jazzy in der Schule. Ich warf meine Schultasche unter den Tisch neben die von Mandy und setzte mich zu den beiden. „Also erzähl mal, wie war der Urlaub. Muss ja ganz schön heiß hergegangen sein, nachdem was ich gestern schon bei dir gesehen hab...“ Ich grinste. Es war in der Tat nicht gerade kühl hergegangen. „Na ja, du hast’s ja gesehen... da hatte er ein Fotoshooting bei diesem berühmten Copeland und der meinte dann, wir solln mal so tun als wär er nicht da... und Orli is beiweitem nicht so prüde wie ich dachte...“ – „Wie wohnt er denn? Du warst doch sicher bei ihm zu Hause..“ Fragte Mandy und baute ihre Stifte zu einer Pyramide auf. „Du wirsts nicht glauben, der Kerl hat sich glatt eins dieser Öko – Häuser bauen lassen... total gemütlich, wirklich. Und eine riesengroße Küche. Schönes großes Bett...“ Wir mussten alle drei grinsen. „Ich muss ja nicht fragen um zu wissen, was da passiert ist.“ Hehe, genau. Ich erinnerte mich nur zu gern an den Tag, an dem wir aus der Dusche gleich in die Federn waren... „Das müsst ihr ja nicht wissen.“ Gab ich dann frech zurück. Klar, ich würde hier mein Liebesleben ausplaudern, ging’s noch?? Die kleinen Details gingen nur mich und Orli was an. Sie waren zwar meine besten Freundinnen, aber alles mussten sie auch nicht wissen. „Von Donnerstag bis Sonntag sind wir dann nach Schottland gefahren... oh ihr müsst mal in die Highlands, es is himmlisch dort!“ Jazzy warf einen träumerischen Blick an die Decke. „An einem himmlischen Ort mit einem himmlischen Kerl....“ *grins* „Du kriegst ihn nicht, kannste vergessen...“ – „Ich hätt doch eh keine Chance, weil ich nicht blond bin...“ Fing das wieder an. „Er hat mir zu verstehen gegeben, dass er gar nicht mehr auf blond fixiert is, is ihm inzwischen egal...“ Jazzy schluckte, als sie das hörte. „Scheiße..“ murmelte sie dann. „Am besten du verhältst dich möglichst unauffällig...“ Grinste ich sie an. Na ja, aber Orli hatte momentan eh nur Augen für mich *frins* Jazzy hätte also keine Chance. Und ob Orli auf rothaarige stand wie Mandy eine war, wusste ich nicht. Wollte es auch gar nicht wissen. Aber wahrscheinlich eher nicht.

Für den Nachmittag hatte ich Orli noch angeboten, ein bisschen mit ihm shoppen zu gehen, ich wusste ja, dass er das liebt, genauso wie ich. In der Kaufingerstraße befand sich ein Footlocker, da konnte sich Orli neue Chucks kaufen wenn ihm danach war. Oder wir fuhren hinaus in die Riem-Arcaden. Ich war dort schon ein paar Mal und fand es einfach klasse. Vor allem der Saturn, wo man fast jede DVD bekam. Würden wir schon sehen was er tat.
 

Ich stand noch keine fünf Minuten unten an der Ubahnstation, als mich etwas von hinten begrapschte. Ich wollte schon ausholen, denn ich vermutete, es könnte wieder Martin aus meiner Klasse sein, der was an mir fand, fragt mich nicht was! Grade eben als ich ausholen wollte, drehte ich mich um, um dem vermeintlichen Unhold noch so ein richtig fieses Grinsen zu schenken, und wen sah ich als ich mich um 180 Grad gedreht hatte?? „Orli!!! Was zum Teufel tust du hier, man könnte dich erkennen!!“ Ich bemühte mich, so leise wie möglich zu sprechen. Er grinste nur vor Freude und knutschte mich fast nieder. „Na, was is denn in dich gefahren?“ Fragte ich, überrascht von seinem stürmischen Angriff. „Ich hab dich halt vermisst... das erste Mal getrennt seit fast einer Woche!“ Oh Orli, du bist so lieb... Ich nahm ihn also am Arm und wir stiegen in die Ubahn, immer darauf bedacht, dass uns keiner erkannte.

Am Hauptbahnhof mussten wir dann auf die U2 umsteigen um zu mir nach Hause zu kommen, das wurde ein schwieriges Unterfangen, denn Orli verwirrte mich so, dass ich glatt vergaß, wo es zur Ubahn ging. (Den Weg kannte ich sonst auswendig!) Und so kam es dann, dass wir statt mit der U2 Richtung Feldmoching mit der U1 Richtung Mangfallplatz fuhren. Danke Orli! Am Sendlinger Tor schubste ich ihn aus der U1 rüber in die U2 nach Hause.

„Laber mir nicht noch mal in meinen Fahrplan, ich weiß wo ich hin muss!“ Stutzte ich ihn dann zu Hause zurecht. Orli hatte grade einen MVV – Netzplan in der Hand und versuchte, ihn zu verstehen. Ich klopfte ihm schließlich auf die Schulter. „Mach dir nix draus, ich hab mich anfangs auch kein bisschen ausgekannt mit der Scheiße hier...“ Wir lebten ja noch nicht allzu lang in München, meine Mom und ich waren vor acht Jahren in die Stadt gezogen, als ich aufs Gymi sollte. Ursprünglich stammen wir aus der Nähe von Rosenheim. Jazzy und Mandy war es komischerweise genauso ergangen, unsre Mütter waren Freundinnen und gründeten so was wie eine Umzugs – Karawane, sodass wir schließlich alle in München landeten. Anfangs fiel es mir nicht leicht, mich in der Stadt zurechtzufinden – so viele Ecken wo man sich verlaufen konnte! Aber jetzt, nach acht Jahren, ging es einigermaßen und inzwischen war ich meiner Mom sogar dankbar, dass wir umgezogen waren, sonst hätte ich sicher Orli niemals getroffen...

Wir lehnten in einer Ecke des Wohnzimmersofas beieinander, ich selig in Orlis Armen. Meine Mom war ausgeflogen, wohin wusste keiner. Ich vermutete, sie war wieder auf Arbeit, denn mir sagte sie ja nie, wann sie arbeiten musste und wann nicht. Aber so hatten Orli und ich wenigstens sturmfrei *grins* Als hätt ich ihn in den letzten Tagen nicht oft genug haben können, wollte ich ihn doch für immer... Nie wieder zur Schule, nur noch in seinen Armen liegen und schweben... ein Traum, der leider nicht möglich war, aber ich hatte ihn ja eh oft genug um mich. Sein lachen, das mir den Tag erhellte, seine Art, einem die Sinne zu vernebeln...

Wir entschieden uns dann doch noch, außer Haus zu gehen, Orli wollte unbedingt dass ich ihm die Riem-Arcaden zeigte. Unser kleiner Shopping – Tiger... *grins* Wir fuhren also nach Messestadt West. Eines schönen Tages war ich mal eine Station zu weit gefahren und in Messestadt Ost ausgestiegen, und hatte mich gewundert, wo plötzlich die ganzen Gebäude geblieben waren die ich kannte.. dann erst fiel mir ein, ich war ja eine Station zu weit! *grins* (Anm.d.A.: is mir neulich wirklich passiert! Da stand ich dann und schaute recht belämmert ^^) Diesmal aber stiegen wir richtig aus, ich hatte mir’s inzwischen gemerkt, Orli hielt sich vornehm zurück, wollte mir nicht wieder die Orientierung verwirren wie er meinte.
 

Von der Ubahnstation hinauf zum Gebäude machten wir ein Wettrennen, wer schneller die Treppe oben war. Hinauf führte nämlich eine flache Treppe mit vielen Stufen, über die man prima Wettrennen veranstalten konnte. Daneben führte zwar eine Rolltreppe hoch, aber das wäre ja gemogelt. Außerdem wäre Orli dann schneller oben gewesen als ich. Und gewinnen lassen wollte ich ihn sicher nicht *hehe* Völlig außer Puste kamen wir oben an und lachten uns erst mal halb tot über unsere Kindereien. Er hatte natürlich gewonnen, denn er hatte ja auch die bessere Kondition von uns beiden und konnte schneller laufen. Ich als ultra-Unsportliche konnte da nicht mithalten... Ich legte den Arm um ihn und verpasste ihm erst mal einen Kuss. Scheißegal was die Leute dachten. In der Ubahn hatte uns eh keiner erkannt, je weiter wir gen Osten der Stadt kamen, desto leerer wurde das Abteil, bis zum Schluss nur noch wir beide übrig waren und zwei Stationen lang unanständige Sachen machen konnten... *grins* Nein, nicht so was, aber sobald wir nach der Kreillerstraße im Tunnel verschwunden war hatte Orli mich umgenietet und niedergeknutscht... Wie gesagt, er war heut ganz schön stürmisch drauf... Stürmisch wie der Wind der uns bei Liverpool um die Nase geblasen hatte. Jetzt kam der wahre Orli zum Vorschein, der nicht davor zurückschreckte, mich auch mal umzunieten und nicht immer nur ich ihn. Und das gefiel mir irgendwie, dass er jetzt aus sich rauskam.
 

„Pass auf dass du nicht zulegst...“ Grinste ich und prüfte mit der freien Hand Orlis Speckröllchen, die nicht vorhanden waren. Wir hatten uns in den Schlemmer-Arcaden jeder eine Portion Pommes besorgt und futterten jetzt vor uns hin. Ein Pommes zu zweit essen war was ganz Neues für mich, aber nicht schlecht, da es immer in einem Kuss endete... der nur leider nach Pommes schmeckte. Aber wir machten es immer und immer wieder, solang bis keine Pommes mehr da waren. Und die, die noch übrig waren, waren schon fast kalt, weil wir jedes Pommes einzeln genüsslich verspeisten... aber es machte einfach zu viel Spaß.

Als unsre Tüten schließlich leer waren, wurden sie entsorgt und wir machten uns auf ins oberste Stockwerk um die Arcaden von oben bis unten zu durchkämmen. Ich musste natürlich erst mal in den Müllermarkt ganz am Ende... ich brauchte noch einen Block und einen neuen Radiergummi für die Schule. Orli war vorhin schon mit dem Blick am Footlocker hängen geblieben und so schleppte er mich leider da mit hinein... ich weiß nicht, ich mag diese amerikanischen Schuhgeschäfte nicht, in denen du bedient wirst. Ich mag es nicht, die Leute zu fragen ob sie das und das und das haben und mir bitte bringen... Orli schien damit keine Probleme zu haben. Na ja, er hatte ja auch tagtäglich mit solchen Leuten zu tun... Ich war eigentlich froh wenn ich mit niemandem reden musste, mochte es eher zurückgezogen. Der einzige der Zugang zu mir hatte war Orli... und meine beiden besten Freundinnen, aber selbst die wollte ich manchmal nicht sehen. Ich war einer dieser – wie man so schön sagt – Einzelgänger, Querdenker... genau deshalb hatten sie mich damals aufs Gymi geschickt, weil sie dachten, ich wär eine dieser Überintelligenten... der Test mochte ja irgendwas über 100 rausgebracht haben, aber ich fühlte mich nicht danach irgendwie... ich wollte das nicht sein, solche Leute waren eben genau wie ich, Querdenker, Rebellen... und Ausgestoßene. Ich hatte Glück, zwei so gute Freundinnen zu haben, die mich verstanden. Woanders eckte ich dauernd an, weil keiner meine Kommentare verstand. Das nervte. Aber jetzt hatte ich ja Orli... der mich inzwischen weiterschleppte, zwei Tüten a 2 Schuhschachteln in den Händen. „Dir is klar dass du das nachher alles fünfzehn Ubahnstationen weit schleppen musst?“ Aber Orli zuckte nur mit den Schultern. Schien ihm egal zu sein. Na ja, er hatte ja auch Muckis. *grins* Wir schlurften weiter durch ein paar Dekogeschäfte hinein in den C&A. Orli brachte mir ein Kleid, von dem er überzeugt war, ich solle es gleich mal anprobieren.. na gut, ich folgte ihm, fand das Ding auch gar nicht sooo schlecht, aber das war doch eher was für besondere Anlässe. So ein langes Schwarzes Teil mit Glaskristallen an den Trägern. Ich hängte es wieder zurück, denn ich fand, dass ich nie Gelegenheit haben würde, so was zu tragen. Außer auf einer Filmpremiere zusammen mit Orlando, aber der hatte ja jetzt erst mal eine Auszeit. Ich konnte mir also mit den Gedanken um ein passendes Kleid noch Zeit lassen. Orli war nur schwer von seiner Meinung abzubringen, dass ich dieses Kleid unbedingt haben musste, aber schließlich konnte ich ihn doch noch überzeugen.

Im Saturn kauften wir uns noch ein paar DVDs und CDs, Orli musste noch eben das aktuelle Digicam – Angebot durchstöbern – er war ja Hobbyfotograf... aber er befand alles für Schrott und wir verließen den Markt. Na ja, er musste es ja wissen. Im Edeka – Markt gleich nebenan besorgten wir noch eben ein paar vegetarische Sachen für Orli, denn bei mir sollte er ja schließlich nicht verhungern.
 

Beladen mit fünf Tüten, zwei aus dem Schuhladen, eine kleine mit meinen Müller – Sachen, der Saturntüte und der Edeka – Tüte machten wir uns auf den Heimweg. Oh ich liebe es wenn die Ubahn so leer ist und man sich einen Platz aussuchen kann... wir suchten uns eine der hintersten Ecken aus und machten es uns gemütlich. Und wieder war außer uns niemand im Abteil, das blieb auch bis zum Kolumbusplatz so und Orli konnte seinen Blick nicht von mir wenden. Ich den meinen auch nicht von ihm...*g*

(Anm.d.A.: inzwischen hab ich gemerkt, dass ich mich sauber verkalkuliert hab... die Ferien dauern doch bis 9. Juni und ich hab sie nun schon am 2. beendet... ^.^“ Egal, dann sind die Ferien halt bissle früher aus.)

Inzwischen war es fast acht Uhr abends und stockfinster. Vor unsrer Haustür brannte schon sie Straßenlaterne. Ich setzte meine Tüten vor der Tür ab und sperrte auf. „Hey Mom, wir sind zu Hause...“ rief ich vorsichtig ins Haus. In der Küche brannte Licht.

„Hey Marie... bin auch grade nach Hause gekommen. Ihr habt ja ordentlich zugelangt...“ Grinste meine Mom und schloss die Tür des Küchenschranks. „Nanu, du hast ja heute ganz schön gute Laune, was is los?“ Irgendwas war da im Busch. „Ich hab ne Gehaltserhöhung gekriegt, is doch klasse oder?“ Schön für sie. Dann würde für mich vielleicht auch ein bisschen mehr Taschengeld abfallen. „Achso, Susi hat angerufen, sie hat morgen einen Termin beim Zahnarzt, ob du nicht eben auf ihren Hund aufpassen könntest...“ Oh ja, dann würde Orli die kleine Ginny mal kennen lernen. „Wieso nicht, dann lernt Orli gleich mal Ginny kennen...“ Meine Mom grinste weiter. „Ich hab ihr schon erzählt was du für einen Fisch an Land gezogen hast und sie war erst mal sprachlos. Sie will erst fahren, wenn du den Hund geholt hast, weil sie Orlando noch kennen lernen will.“ Ach du Scheiße. „Na gut, ich nehm ihn mit, aber dass sie ihm ja nicht an die Wäsche geht, ich kenn Susi doch.“ Die begrapschte jeden Typen der ihr gefiel. Aber wenn Martin nur eine Frau ansah, wurde sie schon fast gelb vor Eifersucht. Bei ihr war alles egal, aber Martin wenn sich für's andere Geschlecht interessierte... Die Frau war irgendwie nicht ganz sauber. Aber ich mochte sie trotzdem unheimlich gerne. „Ich kann aber erst morgen Nachmittag, ich hab doch Schule!“ Gab ich dann zurück, ich würde erst ab halb zwei können. Mit der Ubahn brauchte ich zehn Minuten bis Moosach, wo Susi und Martin wohnten. „Komm halt nach der Schule einfach vorbei oder wart wieder unten am Ubahnhof. So wie du’s heute auch schon getan hast, dann können wir gleich weiterfahren nach Moosach und ich muss nicht wieder zurück nach Hause und dich noch eben holen.“ Orli sah mich zwar fragend an, stimmte aber dann zu. „Wir haben hier eh einen Hundeexperten.“ – „So?“ – „Er hat zu Hause eine Labrador – Hündin, Sidi. Total lieb, ich hab sie auch schon geführt.“ – „Na, dann wirst du mit Ginny ja locker fertig, sie is ein Yorkshire – Terrier.“ Orli lachte. „Diese kleinen Viecher, die dir die Schuhe zerfressen wenn du nicht aufpasst?“ Ich lachte mit. „Jep, genau so einer.“ Ginny war wirklich ein kleiner Wirbelwind. Sie hatte schon einmal Susis Sandalen angeknabbert, das stimmte. Und ihr einmal morgens den Cappuccino ausgeschlürft, den ich ihr mit so viel Sorgfalt gemacht hatte... dann kam der Hund und weg war das Zeug. Anfangs waren wir stocksauer auf die kleine Hundedame, aber dann haben wir uns halbtot gelacht.
 

Leider musste sich Orli nun wieder mit meinem schmalen Bett begnügen, ich hatte leider keine so schöne große Bettstatt wie Orli zu Hause. Aber dafür konnte er auch nicht groß ausweichen wenn mich an ihn schmiegte... und wieso sollte er auch ausweichen. Eng umschlungen schliefen wir ein.
 

Nach einem anstrengenden Schultag wollte ich grade, gut gelaunt, das Gebäude verlassen – doch wer lehnte da am Eingang? Verdammt man, du bist so leichtsinnig!! „Orli! Was zum Teufel tust du hier?! Du bist verdammt leichtsinnig, hier wimmelt es nur so von Fans!“ Doch er grinste nur. „Ich weiß nicht, die scheinen mich alle für n Double zu halten, so wie du damals. Gucken mich nur mal komisch an und gehen dann weiter...“ Da war ich selber verwundert. „Na ja, mit dem Haarschnitt erkennt dich ja auch keiner. Und das wird gut sein so. Und jetzt komm, sonst verpasst Susi ihren Termin.“

Wir schnappten uns die S1 und fuhren nach Moosach. Und an der Haustür erwartete uns Susi schon. Ihr fielen fast die Augen aus dem Kopf, als sie Orli sah. „Dann hatte deine Mom also recht. Mein Gott, Glückwunsch!“ – „Danke... na ja, ich brauch ihn dir ja nicht vorzustellen, Orli, das is Susi, Susi, Orli...“ Sie schüttelten sich die Hände. „Freut mich. Kommt rein, Ginny wartet schon ganz ungeduldig.“ Wir betraten die Wohnung. „Wo steckt denn Martin?“ Der wuselte hier um die Zeit sonst immer herum. „Is auf Arbeit, die ham ihn heut gebraucht.“ Ich vergaß ganz, Martin war ja für diverse künstlerische Sachen zuständig. Unter anderem für eine Kunstschmiede am Rande der Stadt, und da hatte er wohl heute hingemusst. Und es dauerte keine fünf Sekunden, da kam mir schon Ginny entgegengesprungen, laut bellend und schwanzwedelnd. „Ich freu mich auch, dich zu sehen, kleiner Wollfrosch!“ Ich nahm sie auf den Arm und wurde von ihr abgeleckt. „Bäh. Hör auf, das is ja unhygienisch.“ Lachte ich. „Also Orli, das is Ginny Weasley. Schön brav sein ja?” Orli versuchte, die kleine am Kopf zu kraulen, aber die knurrte ihn nur an. „Ach so ich vergaß ganz, lass sie mal an deiner Hand schnuppern, sie kennt dich noch nicht.“ Kam es von Susi. Orli hielt Ginny die Hand hin, jederzeit bereit, sie wieder zurückzuziehen wenn sie zuschnappen sollte. Aber Ginny leckte ihn nur kurz ab und ließ sich dann auch von ihm streicheln. „Die is ja zuckersüß, süßer als ich sie mir vorgestellt hab.“ Grinste er und ich gab ihm die Kleine auf den Arm. „Wollt ihr noch was trinken, n Kaffee oder so was? Ich hätt noch bissel Zeit.“ Wir winkten ab. „Nein danke, geht schon klar. Schau dass du zum Zahndoktor kommst.“ Ich wollte Susi eigentlich so schnell wie möglich loswerden, denn sie war die ganze Zeit Orli am Mustern. „Wie lang wirst du denn aus sein?“ Fragte ich Susi dann. „Könnte bis vier dauern, wenn der bohren sollte... was ich nicht hoffe, sollte nix sein komm ich so um drei, halb vier wieder.“ – „Okay, wir passen solang auf dein Säbelzahnmeerschweinchen auf.“ Orli musste lachen bei dem Begriff. „Was denn, die Bezeichnung hat Martin erfunden, find sie nur allzu passend...“ Kicherte ich und schnallte Ginny die Leine um. „Okay Süße, let’s take a walk!“ Wie auf Kommando watschelte sie los, hinaus zur Tür. „Bis später dann!“ Winkte uns Susi hinterher.

Wir gingen mit Ginny in den nächstgelegenen Park und ließen sie ein bisschen herumtollen. „Hast du keine Angst dass sie abhaut?“ Fragte mich Orli misstrauisch. „Nein, die kennt mich schon, die kommt immer wieder zu mir zurück.“ Zum Beweis lockte ich sie her. „Komm Ginny, komm zu Marie!“ schon kam sie angeflitzt. „Hast du mal ein Stöckchen?“ Fragte ich Orli, der sah sich am Boden um und hob einen kleinen Ast auf. Den warf ich und Ginny rannte hinterher. „Hab ich ihr beigebracht. Da war sie noch kein Jahr alt.“ Ginny brachte mir das Stöckchen wieder. Und ich warf es wieder weg. So ging das eine ganze Weile. Ab und zu musste Ginny aber warten, weil ich mich wieder in Orlis Augen verlor, immer wenn sich unsere Blicke zufällig trafen... ich weiß nicht warum, aber ich fand, er hatte so ein unergründliches Leuchten in den Augen, das einen gefangennahm und nicht mehr freiließ...
 

Um drei rief mich Susi dann auf dem Handy an, wo wir wären und dass sie wieder zu Hause wäre und ihre Ginny wiederhaben wollte. Wir brachten den Hund also zurück zu Susi. „Hier, kauft euch nen Cappuccino oder geht fein essen...“ Ich starrte mit offenem Mund auf den zwanziger runter, den sie mir grade gegeben hatte. „Aber Susi, das is doch nicht der Rede wert, komm, nimm dein Geld!“ Aber sie wollte es nicht wiederhaben. Na gut... Wir umarmten uns zum Abschied. Susi wollte unbedingt auch eine Umarmung von Orli, na ja, der gab dann nach, was sollte er auch machen. „Diesen Pulli werd ich nie wieder waschen...“ seufzte Susi und grinste mich an. „Du bist n verdammter Glückspilz, Marie.“ Tja Susi, aber Martin war ja auch ein ganz Ordentlicher. Wäre er 20 Jahre jünger gewesen – er war jetzt 46 – hätts vielleicht gefährlich werden können, aber alles was über 33 war, war bei mir unten durch. Orli war eh schon hart an der Grenze. Meine Gedanken wurden jäh von einem klingelnden Handy durchbrochen. Orlis Handy hatte gescheppert. „Ja? Was? Verdammt, ich dachte du hättest mir Urlaub gegeben und ich hätte keine Termine mehr! Na super. Na wenigstens etwas, aber danach lässt du mir meinen Frieden, ja? Ja, dir auch, tschüss.“ Orli sah wütend auf sein Mobiltelefon. „Scheiße. Marie, du musst jetzt stark sein.“ Was, sag nicht er trennte sich von mir! Bitte nicht, dann weiß ich nicht mehr was ich tun soll!! „Meine Agentin hat grad angerufen, die hat glatt vergessen, zwei Interviews abzusagen... ich muss noch mal nach England...“ Ich fiel ihm um den Hals. Na wenn es nur das war! Und trotzdem würde er mir fehlen, so sehr... „Wann kommst du wieder?“ Fragte ich ihn dann. „Wenn ich jetzt gleich noch einen Flieger nehme, am Freitag... hey, es sind doch nur zwei Tage, die kriegst du schon rum. Ich werd dich auch vermissen wie die Hölle, glaub mir das. Können diese Augen lügen?“ Nein konnten sie nicht, ich glaubte diesen Augen alles. Aber es fiel mir trotzdem furchtbar schwer, ihn für ein paar Tage gehen zu lassen. Er umarmte mich ganz fest. „Du schaffst das. Ich bin bald wieder zurück.“ Remember, after the fire, after all the rain, I will be the flame... na ja, wollte ich hoffen, dass seine Flamme immer noch für mich loderte, wenn er wiederkam.
 

Zu Hause packte er noch schnell ein paar Sachen ein und fuhr dann mit der S-Bahn hinaus zum Flughafen, ich konnte ihn nicht begleiten, weil der Schmerz einfach zu tief saß. Auch wenn er wiederkam, dieser Abschied war wie eine Trennung. Ich liebte diesen Kerl verdammt noch mal schon fast mehr als mein Leben. Er bedeutete alles für mich, füllte meinen Alltag aus, der nun grau und leer sein würde, die paar Tage. Na ja, ich würde solange bei Jazzy und Mandy Trost suchen. „Machs gut und pass auf dich auf!“ Ich umarmte ihn noch einmal innig zum Abschied. „Werd ich machen, sei dir da sicher.“ Er lächelte mich lieb an und küsste mich noch einmal. Er war schon an der Straßenlaterne, als mir noch was einfiel: „Orli?“ – „Hm?“ – „Ich wollte noch dass du was weißt..“ – „Was denn?“ – „Ich liebe dich!“ Diese drei Worte hatte ich schon lange nicht mehr ausgesprochen, doch hier war es mehr als angebracht. „Ich dich auch, mehr als du denkst! Grüß deine Mom noch von mir, wir sehen uns am Freitag in alter Frische! Vielleicht schmeiß ich dich aus dem Bett oder hol dich aus der Schule, mal sehen!“ Grinste er und verschwand dann die Straße hinunter. Mit Tränen in den Augen sah ich ihm nach wie er da seinen Trollykoffer hinter sich herzog. Nun stand ich da, der kalte Wind blies mir um die Nase und ich fühlte mich einsam und verlassen. Ich würde die nächsten Tage sicher kein Lachen herausbringen. Dazu war ich grade zu niedergeschlagen über den Verlust des Kerls den ich so sehr liebte... die zwei Tage ohne ihn würden die Hölle werden.
 

„Hey, was ist denn mit dir los?“ Fragte mich Jazzy am nächsten Tag in der Schule, als ich auf meinen Armen auf dem Tisch lag und an die Wand starrte. „Ihr habt euch doch nicht getrennt.“ Ich schüttelte den Kopf. „Er hat zwei Termine in London, seine Agentin hat gestern noch angerufen die dumme Kuh. Am Freitag kommt er erst zurück. Ihr habt keine Ahnung, ich sterbe ohne ihn.“ Ich vergrub mein Gesicht und versuchte nicht zu heulen anzufangen, so elend war mir zumute. Jazzy strich mir über den Rücken. „Hey, es sind doch nur zwei Tage, die schaffst du schon! Du hast vorher auch fast sechs Jahre ohne ihn überlebt!“ – „Aber da hab ich ihn noch nicht so sehr geliebt... da war ich doch nur verknallt!“ protestierte ich. Richtig verliebt in ihn war ich erst seit ... na ja, seit dem Abend, an dem wir hier den Artikel noch bearbeitet hatten und ich ihn dann so im Licht der Laterne gesehen hatte, da hat der Blitz so richtig eingeschlagen. Wer schon einmal richtig verliebt war kennt den Unterschied zwischen oberflächlicher Verknalltheit und richtiger Liebe. An jenem Abend wurde die Verknalltheit bei mir zu echter Liebe und ist seitdem geblieben. Oh Gott ich würde den Tag nie rumbringen! You were the first, you’ll be the last, Wherever you go, I’ll be with you, whatever you want, I’ll give it to you… oh was würde ich darum geben, bei ihm zu sein. Dass er wieder da wäre. Hier direkt neben mir. Dass ich mich nur umdrehen müsste und in diese wunderschönen Augen sah... Aber alles was ich sah wenn ich mich umdrehte war eine weitere Schulbank. Jazzy, Mandy und ich hatten es durchgebracht, dass wir uns einen Vierertisch hatten bauen dürfen, Freunde – Tisch sozusagen. Ich fand das viel gemütlicher als sich ständig umdrehen zu müssen wenn man was miteinander zu besprechen hatte.

Die Mathestunde war fast nicht auszuhalten, ich sah dauernd auf die Uhr, die Minuten kamen mir vor wie Stunden und konzentrieren konnte ich mich schon gleich gar nicht. Ich würde sicher krank werden wenn das so weiterging. Ich hatte jetzt schon Kopfschmerzen. Jazzy hatte mir in der Pause eine Aspirin besorgt, aber die wirkte irgendwie nicht. Nicht mal die zwei in der Mathearbeit, die wir zurückbekommen hatten, bereitete mir Freude. Alles war so sinnlos ohne Orli. Wie hatte ich nur all die Jahre ohne ihn überlebt? Ich weiß es bis heute nicht.
 

Zu Hause haute ich mich vor die Glotze und sah mir den Fluch der Karibik auf DVD an, ich musste Orli einfach irgendwie vor Augen haben, scheißegal wie. Danach noch Troja und Elizabethtown. Irgendwann musste ich dann eingeschlafen sein, weil mich meine Mom aufweckte und auf ihre Armbanduhr deutete. „Schatz, du musst zur Schule!!“ Verwirrt sah ich mich um. „Was, schon Donnerstag? Morgen kommt Orli wieder!“ Schon ging es mir besser, da ich wusste dass ich nur noch einen Tag ohne ihn überleben musste. Ich zog mir noch schnell was anderes an, frischte mein MakeUp ein bisschen auf und machte mich dann auf den Weg zur Schule.
 

Dort angekommen ging ich zur Sicherheit lieber noch mal aufs Mädchenklo und fand dort Mandy vor, die vor dem Spiegel noch mal ihr Äußeres überprüfte. Ich sah auch in den Spiegel und musste feststellen, dass ich grauenhaft aussah, so, als hätte ich ein paar Tage nicht geschlafen. Wie ein Vampir mit Augenringen, die man trotz MakeUp sah. „Du siehst ja schrecklich aus...“ Bemerkte Mandy. „Ach ja? Ich frag mich warum...“ witzelte ich. „Hey, morgen kommt er doch eh wieder, also lass dich nicht so gehen, den Tag kriegst du auch noch rum! Alles hat ein Ende!“ – „Nur die Wurst hat zwei, ich weiß, ich weiß! Und trotzdem ist es verdammt noch mal die Hölle!“ Dann sagte sie nichts mehr und wir verließen das Klo, um uns ins Klassenzimmer zu begeben. Na toll, Donnerstag erste Stunde Englisch, das hatte mir grade noch gefehlt. Das würde mir das Leben noch mehr zur Hölle machen. I’m going crazy, I’m loosing sleep, I can’t believe you’re gone.. verdammt Orli, ich will dich zurück!! Meine Hände fingen schon an, zu zittern, wie bei Drogenabhängigen auf Entzug. Für Außenstehende musste ich aussehen wie eine lebende Leiche. Und das nach nur einem Tag ohne Orli... ich musste sehen dass ich wieder auf den Damm kam, sonst würde er ja einen Herzinfarkt kriegen wenn er mich so sah! Ich neigte einfach dazu, äußerlich ein bisschen zu verfallen wenn ich Kummer hatte... insbesondere wenn es sich um Liebeskummer handelte. Wobei ich ja eigentlich keinen Grund dazu hatte, denn mein Schatz kam ja wieder...

Folglich ließ ich mir zu Hause erst mal ein schönes heißes Bad ein, um für eine Weile abschalten zu können. Das tat gut, danach fühlte ich mich wie neu geboren und freute mich schon auf Morgen, wo ich Orli wieder in die Arme schließen konnte. Und diesmal würde er mir sicher nicht mehr so leicht entwischen!
 

Am nächsten Morgen klingelte mich der Wecker aus dem Schlaf. Ich sah mich um, aber Orli war noch nicht da. Na ja, er wollte sicher meine Mom nicht wecken um sechs Uhr morgens. So kroch ich erst mal hinunter in die Küche und machte mir einen Tee. Mit dieser Sucht hatte mich Orli auch angesteckt, ich trank nun jeden Morgen Tee. Doch der Tee blieb mir fast im Halse stecken, als ich in die Tageszeitung sah. Flugzeug in London kurz nach dem Start abgestürzt stand da. Oh Gott, ich musste sofort Orli anrufen! Hoffentlich war er nicht in der Maschine. Ich wählte die Nummer und es klingelte verdammt lange. „Ja?“ Meldete sich eine etwas verschlafen klingende Stimme am andern Ende. „Orli?“ Der andere Gesprächsteilnehmer holte erst mal Luft. “Marie?“ – „Verdammt, wo steckst du? Ich les grade Zeitung und seh dass in London ein Flieger abgestürzt ist... ich bin fast gestorben vor Angst!“ Ich konnte seinen besorgten Blick förmlich sehen. „Hey Süße, mach dir keine Sorgen, ich kreise grade irgendwo über München, müsste bald da sein.“ Ich atmete erleichtert auf. „Man bin ich froh... dann bis ... heut Nachmittag oder schaffst du’s noch bevor ich in der Schule bin?“ Ich sah auf die Uhr, zehn nach sechs, von Erding brauchte man eine gute halbe Stunde bis hier. Dazu noch eine halbe Stunde durch den Flughafen irren.. zehn nach sieben, nein, das würde er nicht mehr schaffen. „Ich würd eher sagen heut Nachmittag. Ich leg dir einen Hausschlüssel unter den Fußabstreifer damit du reinkannst. Bis später, ich liebe dich.“ Ich gab ihm durchs Telefon einen Kuss. „Ich dich auch. Und mach dir keine Sorgen, du klingst eh schon so fertig...“ Hörte man das wirklich? „Bis später...“ sagte ich und legte auf. Nun war mir ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Orli war wohlauf. Ja verdammt, und er würde heute Nachmittag wieder vor mir stehen, so schön und strahlend wie eh und je. Zur Feier des Tages zog ich mein Premierenkleid wieder aus dem Schrank.
 

Draußen roch die Luft so richtig schön frisch und langsam wurde es hell. In der Ubahn war nicht viel los, aus meinem Viertel kamen nicht viele Schüler, drei andere standen da noch, sonst niemand.
 

Am Nachmittag nach der Schule konnte ich es gar nicht erwarten, wieder heim zu kommen und Orli endlich wieder in meine Arme schließen zu können. Ich war die letzten Stufen zur Ubahn noch nicht ganz unten, da wurde mir schon unwohl. Ich hatte die letzten zwei Tage kaum was gegessen, bis auf meinen Tee heute Morgen. Ich musterte die Leute, die hier standen. Das tat ich immer. Warum weiß ich nicht. Auch die, die auf den Bänken saßen und warteten. Und der da hinten, der kam mir irgendwie bekannt vor, ein brauner Lockenschopf mit einigen Ketten um den Hals. Den Kopf auf die Hände gestützt, starrte er auf die Werbetafel die über den Gleisen hing. Nein oder? Oh Gott, wie lang war es her, es kam mir vor wie Jahre, wo es doch nur zwei Tage waren. Freudestrahlend lief ich auf den Lockenkopf zu. Der registrierte mich erst mal gar nicht, sah sich nur wieder um und musterte die Menge, genau wie ich das immer tat. Dann war er in meinem Winkel angelangt und auf seinem Gesicht bildete sich ein Lächeln. So ein richtig verliebtes Lächeln. (ungefähr so wie auf dem Bild, das beige Hemd hatte er auch an) Er stand auf und rannte auf mich zu. „Orli!!“ Ich fiel ihm um den Hals und er hob mich erst mal hoch. “Marie! Verdammt tut das gut, dich wiederzusehen. Diese blöden Pressetussis haben mich so was von genervt, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Alle starren dich an von oben bis unten...“ Ich sagte nichts, küsste ihn einfach. „Schön dich wiederzuhaben, die letzten Tage waren die Hölle...“ Er betrachtete mich genauer. „Du siehst auch nicht unbedingt gesund aus...“ – „Ich war ja auch auf Entzug...“ Seufzte ich und kuschelte mich an ihn. Scheißegal was die Leute um uns dachten. Dann fuhr die Ubahn ein und wir mussten uns für einen Moment voneinander lösen. Aber unsere Hände ließen einander nicht los. Keine Sekunde, bis wir vor der Haustür standen. Diesmal hatten wir sogar auf Anhieb durch den Hauptbahnhof gefunden, denn meine Sinne waren nun wieder so scharf wie vorher. Ich konnte wieder klar denken. Es war wieder Leben in mir. Meine triste graue Welt bekam wieder Farbe. Take my breath away ... Oh ja, er raubte mir wieder mal den Atem, Wunder dass die Mädchen nicht Schlange gestanden hatten unten in der Ubahn, so hammermäßig wie er sich heute zurechtgeputzt hatte... mir kam es wirklich nicht aufs Äußere an, aber er sah eben einmal wahnsinnig gut aus... irgendwie hatte er Glück, dass seine Mutter damals einen Seitensprung gewagt hat... und dass dabei etwas so Wunderschönes herausgekommen ist... (Anm.d.A.: Mal ehrlich, wer wüsste, was rausgekommen wäre, wenn Harry Bloom sein Vater wäre? Er ist eine (verdammt gut gelungene) Fügung des Schicksals...)
 

Meine Mom war mal wieder auf Arbeit, als wir nach Hause kamen. Ich pulte den Haustürschlüssel unter dem Fußabstreifer hervor, denn das war meiner. Ich hatte ihn extra für Orli dagelassen, aber das hatte sich ja schon erledigt. Wir konnten keine zwei Sekunden die Finger voneinander lassen, küssten uns immer wieder. Wie hatte ich das vermisst, dieses ständig auf der Wolke schweben. Endlich wieder jemanden in meiner Nähe haben...

„Willst du was essen? Du musst doch hungrig sein!“ Fragte ich ihn, nach der langen Reise musste der doch einen Bärenhunger haben... Irgendwie sah ich es schon in seinem Blick, was er wollte. „Habt ihr ne Küchenmaschine? Natürlich nur wenn’s dir nicht zu viel Arbeit macht, ich will hier nicht von hinten bis vorne verhätschelt werden...“ So, Reiberdatschi, ja? „Ich geh mal kurz in Keller und schau ob noch Kartoffeln da sind.“ Normalerweise müsste meine Mom erst vorige Woche einen neuen Sack Kartoffeln mit nach Hause gebracht haben. Den fand ich dann auch und nahm eine Schüssel voll mit nach oben. „Du, dir geht’s aber schon gut oder?“ – „Wieso?“ – „Na ja, die Eier in den Dingern... dachte du bist Veganer?“ – „Ich kann mich ja auch mal auf Eier und Milchprodukte umstellen... mal so mal so. Mach dir keinen Kopf deswegen. Nur mit einem Wurstbrot wirst du mich hier nie sehen.“ Wir lachten. „Soll ich die Kartoffeln schälen?“ Fragte Orli dann. „Würd ich schon gerne selber machen... lehn du dich zurück und genieß das Leben.“ Er war jetzt lange unterwegs gewesen und sicher hundemüde, also wollte ich ihm nicht auch noch lästige Pflichten auferlegen.

Ich stand noch gar nicht lange über meiner Schüssel mit den Kartoffeln, das spürte ich schon wieder etwas hinter mir... und eine Hand, die nach dem Schäler griff. „Ich hab doch gesagt, du sollst da sitzen bleiben und nix tun... aber so kannst du ruhig stehen bleiben...“ Ich legte den Kartoffelschäler beiseite und schmiegte mich an Orli. Und diese Nähe, die hatte mir auch gefehlt. Seine kleinen Zärtlichkeiten, die einem fast den Verstand raubten. Er war einer von denen, die das einfach konnten, fragt mich nicht warum. Aber die Kartoffelpuffer sollten schließlich auch mal fertig werden, also entwand ich mich einer Umarmung. Aber Orli dachte gar nicht daran, zu verschwinden, bis ich die Kartoffeln fertig geschält hatte. „Hey... hör auf, sonst schneid ich mir am Ende noch in den Finger!“ Lachte ich, als er anfing, mich von hinten zu küssen. Das war verständlich genug, er hörte auf. Schade eigentlich...
 

Nachher verspeisten wir genüsslich die Kartoffelpuffer, und es dauerte auch nicht lange, bis wir wieder Appetit aufeinander bekamen... Nach zwei Tagen Abstinenz eigentlich nur zu verständlich... ich hatte mich vorher wirklich nur schwer zurückhalten können. Jeder Blick, jeder Hauch von ihm, den ich spürte war schon fast zu viel. Man weiß erst was man hat wenn man es nicht mehr hat... soviel war mir jetzt klar. Küssend stolperten wir die Treppe hinauf in mein Zimmer... Bis spätabends ließen wir nicht mehr voneinander. Bis ich unten eine Tür aufgehen hörte, das musste meine Mom sein. Uns immer noch küssend, stolperten wir die Treppe wieder hinunter.

„Ach, da is er ja wieder... Marie wäre fast gestorben ohne dich.“ Kam es als allererstes. Ich sah meine Mom finster an. Das musste Orli nicht wissen. Aber er konnte es wohl erahnen, weil ich ja immer noch ein bisschen fertig aussah. „Ich hab euch was von Mac Donalds mitgebracht, wollt ihr was?“ – „Pommes ja, aber alles andre, nein danke...“ – „Ach sorry Mom, ich vergaß ganz, dir zu sagen dass er Vegetarier ist...“ Mom sah Orli daraufhin erst mal schief an. „So, ein Öko – Bruder, ja? Na ja, du hast auch die Figur eines solchen.“ Ich gab meiner Mom mit einem Blick zu verstehen, dass sie Orli in Ruhe lassen solle. Es war schließlich seine Sache, was er mit sich machte. „Das hat mit Öko gar nichts zu tun, auch wenn der CO² - Ausstoß durch Verminderung der Viehbestände drastisch gesenkt werden könnte... ich find es einfach nur ethisch und moralisch nicht vertretbar, Tiere zu essen.“ Wow Orli, der hatte gesessen. Zeig’s meiner Mom, lass dich nicht unterkriegen. Ich hängte mich an seinen Arm und kuschelte mich an ihn. „Na ja, wenn es das ist was dir gefällt...“ Gab meine Mom schließlich gleichgültig zurück, was bedeutete, sie hatte aufgegeben, Sieg für Orli. „Okay, dann kriegst du die ganzen Pommes und ich ess den Rest.“ Der Rest bestand aus zwei Schachteln Chicken Mac Nuggets a 6 Stück und einer Schachtel Emmentalerherzen a vier Stück. „Aber die Käseherzen magst du doch.“ Orli sah mich ein bisschen skeptisch an. „Na gut, für dich ess ich sie.“ – „Ich zwei, du zwei.“ – „Pass auf, das machen wir so...“ Er nahm ein Emmentalerherz, nahm es in den Mund und deutete mir, die andere Hälfte zu nehmen. Meine Mom sah grinsend zu. Die Herzen waren leider ein bisschen zu umständlich zum gemeinsam essen, aber mit den Pommes klappte das perfekt, wie schon beim Shopping vor ein paar Tagen. Und meine Mom amüsierte sich köstlich. Hatte sie das denn früher nicht gemacht?

Nachdem die Pommes alle waren, überlegten wir, was wir noch anfangen könnten, aber es war schon fast 23 Uhr, hieß wir konnten eigentlich schlafen gehen. Morgen war Samstag und ich überlegte, wohin ich Orli ausführen konnte. Vielleicht in den Zoo oder den englischen Garten... Deutsches Museum... Imax... doch es kam völlig anders...
 

„Hey Süße, aufwachen...“ Ich gähnte und streckte mich. Dann sah ich auf den Wecker. Sieben Uhr. Ich hatte heute keine Schule. Trotzig drehte ich mich wieder um. „Hey, aufstehen...“ Oh hör auf mich zu küssen, dann kann ich erst recht nicht mehr schlafen... hinter mir klimperte ein Schlüssel. „Es ist sieben Uhr, spinnst du? Ich hab heut keine Schule also lass mich schlafen...“ Gähnte ich. „Ich hab aber ne Überraschung für dich...“ Nicht das auch noch. Irgendwas warnte mich vor dass das keinen Spaß machen würde... Na gut, ich drehte mich um. Und dann stand Orli vor mir, schon in voller Montur mit Jacke und seinem Autoschlüssel in der Hand. „Was hastn du vor...“ Ich setzte mich auf und rieb mir den Schlaf aus den Augen. „Ich dachte, ich geh mal Gleitschirmfliegen heut... hab da schon angerufen, um elf sollen wir da sein...“ – „Wo.“ – „Sag ich dir nicht.“ – „Ich mach da nicht mit, ich hab Höhenangst.“ – „Ooch... was glaubst du was ich hab?“ Orli, Höhenangst? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Dann erfuhr ich dass er mit mir ins südlichste Österreich wollte, ab in die Dolomiten... Oje, da würde er ohne Navi nie hinfinden. Ich grinste. „Mich kriegst du auf so n Teil nicht drauf, das kannst du vergessen.“ Polterte ich weiter. Orli grinste nur noch mehr. „Pass auf, nächstes Mal darfst du Bungeejumpen...“ Sollte das ne Drohung sein? „Willst du mir drohen oder was.“ Sagte ich und setzte mich auf. „Vielleicht...“ sagte Orli und gab mir einen Kuss. „Na gut, aber ganz allein lass ich dich da sicher nicht runterfliegen... wenn dann will ich schon mit dir abstürzen... da muss ich wohl durch.“ – „Jep. Und jetz zieh dir was an, wir haben drei Stunden Fahrt vor uns.“ Ich wurde stutzig. Woher kannte der sich hier so gut aus?! „Sag mal, woher besitzt du so gute Ortskenntnis?“ Orli zuckte mit den Schultern. „Ich war schön öfter Snowboarden in der Ecke... ich kenn den Fallschirm – Veranstalter... “ Honey I’m home ich brauchte erst mal was Gescheites in den CD – Player um wach zu werden. Draußen war es noch relativ dunkel und wenn es dunkel war, bekam man mich nur schwer aus dem Bett. Na ja, half nichts. Ich zog mir vorsichtshalber mal einen dicken Rollkragenpulli an, falls es da oben saukalt werden würde. Orli war auch nicht grade dünn angezogen. Er kannte das Bergklima wohl schon recht gut... Na ja, was soll's, ich beugte mich seinem Willen.
 

So früh morgens war die Autobahn wie leergefegt. Im Nu waren wir auf der Brenner – Autobahn. Ein paar Stunden später kamen wir dann in Südtirol an, ich hatte zwei Stunden von drei verschlafen und Orli weckte mich mit ein paar Küssen. Ich aber schlug nach ihm wie nach einer Mücke, wollte ihn verscheuchen und weiterschlafen. Ihr wisst schon, wie ein Hund, der sich kratzt mit einem Bein und dann wieder weiterschläft. Genauso war das bei mir grade. Plötzlich merkte ich, wie ich hochgehoben wurde. „Hey!!“ Orli grinste auf mich runter und verschloss seinen Wagen per Fernbedienung. Wir befanden uns auf einem ziemlich hohen Berg wie mir schien, denn es war nicht nur saukalt – lag vielleicht auch daran dass mein Kreislauf total am Boden war weil ich geschlafen hatte – sondern die Luft schien auch ganz schön dünn zu sein, weil ich nicht gescheit denken konnte. Wir betraten eine rustikale Holzhütte. Drinnen empfing uns ein bärtiger Typ, musste um die 40 gewesen sein und schüttelte Orli erst mal erfreut die Hand. „Hey, lang nicht mehr gesehen, was treibst du so die ganze Zeit? Oha, ein Anhängsel...“ Er sah rechts an Orli vorbei und erblickte mich, wie ich mich müde dahinschleppte. „Ach so, das is Marie... noch ein bisschen müde, sie hat auf der Fahrt geschlafen...“ Der Fallschirmverleih – Typ grinste. „Die kriegen wir schon wach, spätestens wenn ihr in der Luft seid. Das erste Mal?“ Er sah mich an. Ich verzog das Gesicht und nickte. „Zwangsweise mitgeschleppt, ich will ihn nicht alleine abstürzen lassen.“ Der Typ grinste. „Okay, dann kriegt ihr nen Tandem – Schirm. Orlando, du zeigst ihr ja alles oder?“ Orli nickte. Ich nannte ihn Orli, fand das passender als das viel zu förmliche und steife Orlando... Oder OB wie er gerne genannt werden wollte, ich wollte ihn aber nicht nennen wie einen Tampon. *g* Obie Wan Kenobi... Fehlte nur noch der Mantel und das Laserschwert. Ich musste kichern bei den Gedanken. Orli erklärte mir lang und breit was ich wie machen sollte, woraus ich am Ende nur den Schluss zog, ich solle mich einfach an ihn klammern und ihn machen lassen. Man! I feel like a woman! Na ja, ich fühlte mich aber eher wie ein Angsthase, als wir da oben auf der Klippe standen, von der wir gleich runterrennen würden... Oh mein Gott ich sag euch, ich hatte die Hosen voll! Ein Wunder dass Orli nichts roch *grins* Mit dem Helm sah er ja zum Schießen aus. Aber Sicherheit ging vor. Ich bekam auch einen Helm auf und so nen Anzug... Und dann standen wir da, Auge in Auge mit dem Tod. Ich schloss beim Runterrennen einfach die Augen. Und dann hatte ich plötzlich keinen Boden mehr unter den Füßen. „Du kannst die Augen wieder aufmachen, wir fliegen...“ Grinste Orli. Ich machte ein Auge auf und gleich wieder zu, denn unter uns ging es mindestens fünfhundert Meter in die Tiefe. „Du, wenn mir schlecht wird sag ich dir bescheid...“ – „Lass einfach fallen...“ Grinste Orli. Ha ha, voll witzig. Wenn da unten einer stand würde der sich freuen. *g* Aber je weiter wir flogen und je länger desto mehr gewöhnte ich mich eigentlich daran und am Ende wollte ich sogar noch mal. Na ja, das war auch sicher nicht das letzte Mal, dass er mich da mitgeschleppt hatte. Wir schnallten uns ab und Orli faltete den Schirm gekonnt wieder zusammen. Na ja, er war ja auch schon Profi in so was. „Sag mal weißt du wo hier in der Nähe noch ein Skigebiet Betrieb hat?“ Fragte Orli dann den Fallschirmfuzzi. „Da müsst ihr schon in die Schweiz fahren... hier is alles weggetaut, erst nächsten Winter wieder...“ Orli machte ein enttäuschtes Gesicht. „Schade, ich wär gern noch Snowboarden gegangen...“ Er grinste mich an. Das war ja wohl nicht sein Ernst. Man, der hatte ja Energie endlos wie eine Duracell – Batterie... Er war immer so brav und eher ruhig was Unternehmungen anging, aber jetzt drehte er voll auf... Ich war gespannt, was als nächstes kam. Skydiving? Ich würde mit einem Sprungtuch unterm Gebäude stehen und Orli auffangen.

Selber würde ich mit Sicherheit nicht von einem Hochhaus springen. Niemals. Nicht für alles Geld der Welt. Nicht mal für Orli, sorry Süßer, aber da is bei mir Sense. Kann ich mich genauso gut gleich ohne Fallschirm runterschmeißen.
 

Auf dem Heimweg kehrten wir noch in einer urig – Österreichischen Wirtschaft ein und aßen etwas. Für Orli wurde das schwierig, weil fast alle Gerichte Fleisch enthielten. Aber schließlich kam man ihm entgegen und zauberte ihm doch noch was vegetarisches, das nicht auf der Karte stand. Orli hatte Glück, dass der zweite Koch Vegetarier war und sich auskannte. So spachtelte er eine schöne Gemüsepfanne. Sah gar nicht mal so schlecht aus, ich klaute ihm ein paar Stückchen aus der Pfanne. Von meinem Schnitzel konnte er mir ja nichts klauen. Hehe.
 

Endlich wieder zu Hause. Es war inzwischen schon 18 Uhr, und wir hatten den Tag damit ziemlich totgeschlagen. Na ja, wie man Tage rum bekam, wusste Orli auf jeden Fall. Aber morgen konnte er nicht allzu viel machen, denn morgen war Sonntag. Und Sonntags hat kein Geschäft offen. Außer Tankstellen. *grins*
 

Den Sonntag durfte ich dann auch im Bett verbringen, so lange schlafen wie ich wollte. Irgendwann kam dann Orli auch wieder reingekrochen und machte ein Sonntagsnickerchen, wie meine Mom das auch immer zu tun pflegte. Sonntagnachmittag war bei ihr Ruhe. Ich war eigentlich ganz froh, dass ich heute lange schlafen konnte, denn mir taten von gestern alle Knochen weh. Komisch dass einem vom Gleitschirmfliegen die Knochen wehtun können, aber es war wirklich so. Orli hatte da keine Probleme, der war ja trainiert. Und weil er nicht fies sein wollte, wie er sagte, verpasste er mir glatt eine Massage. Oh das könnte er immer und immer wieder machen... wenn er das jedes Mal machte, dann ging ich öfter Fallschirmspringen... ich war schließlich so entspannt, dass ich mich kaum mehr bewegen traute. Orli hatte die ganze Zeit nie die Hand von mir gelassen, strich immer noch meinen Rücken rauf und runter... oh ich dachte ich würde gleich sterben vor Schmetterlingen... Mir war schwindelig und ich dachte, ich würde jeden Moment in Ohnmacht fallen. Da hatte er mich nun wieder, sein willenloses Opfer. Aber momentan war ich das gerne... das tat einfach zu gut. Irgendwann konnte ich aber nicht mehr, er musste aufhören. „Bitte hör auf, ich kollabier gleich...“ hauchte ich mit dem letzten bisschen Kraft das ich aufbringen konnte. Er ließ sich neben mich in die Kissen fallen, sodass ich ihm genau in die Augen sah. „Ich sagte doch ich kollabier gleich...“ Er sagte nichts, küsste mich einfach. Mir wurde immer nur noch schwindliger. Wenn ich kurz meine Hand hochhob, konnte ich sehen, wie sie zitterte... Oh Orli was hast du nur mit mir angestellt...
 

Schade dass irgendwann Montag war und ich wieder zur Schule musste... jedoch nicht, ohne mich mit einem langen Kuss von Orli zu verabschieden. Hmm, war das schön wieder den ganzen Tag zu schweben. Jetzt war ich wieder richtig glücklich, nicht mehr so einsam und verlassen ohne die Liebe meines Lebens... oh ja, er würde in meinem Leben sicher eine große Spur hinterlassen. Aber eigentlich wollte ich keine Spur, ich wollte mit Orli alt werden... je älter der wurde desto geiler sah er wohl aus... ich weiß es nicht, mal sehen was die Jahre bringen würden.

„Mein Gott du strahlst ja wie die Sonne..“ Grinste Jazzy, als sie mich kommen sah. Ja, ich fand heute morgen auch, dass ich vor Kraft nur so strotzte. „Man sieht dass Orlando wieder bei dir ist.“ Hehe, sah man mir das jetzt schon an? Ich packte meinen Bücherstapel auf den Tisch. „Oh man, vorgestern hat er mich zum Gleitschirmfliegen mitgeschleppt... das müsst ihr euch mal vorstellen, kein Boden unter den Füßen und unter euch geht’s fünfhundert Meter in die Tiefe...“ – „Oje, scheiße...“ – „Jap, hab ich mir auch gedacht. War aber dann gar nicht mehr so schlimm, je länger du in der Luft bist.“ – „Ach so, hast du jetzt ein neues Hobby, was?“ Grinste Mandy. „Nein, ganz sicher nicht. Ich bin gespannt mit was er als nächstes ankommt. Skydiving oder Bungeejumpen... Hilfe.“ Wir mussten lachen. Na ja, grad so angenehm war der Gedanke immer noch nicht, sich irgendwo runterzuhauen... Gleitschirmfliegen war ja noch okay, aber bei so was hörte bei mir der Spaß auf.

Heute hatte ich gleich doppelten Grund zu Freude: die letzte Stunde fiel aus, weil unser Biolehrer eine Abiklasse in der Prüfung hatte. Hieß ich konnte schon früher wieder nach Hause zu meinem Schnuckel... Fragte mich nur, ob er schon zu Hause war, denn er würde sicher nicht den ganzen Tag nur daheimsitzen und auf mich warten... Na ja, dann wär ich halt zu Hause und würde auf ihn warten... Und ihn sogleich wieder umnieten, sobald er mir in die Finger kam... Ich grinste schelmisch. Ja ich gebe zu versaut zu sein, am liebsten seh ich Orli ohne alles. Er hat einfach die Figur.. diese schönen, starken Schultern, an die man sich anlehnen kann... Ich seufzte, den Kopf auf eine Hand gestützt und sah träumerisch zur Decke. Noch war der Schultag nicht vorüber. Wir hatten noch zwei Stunden vor uns, davon gerade Geschichte und gleich darauf Latein. Ich hasste Latein. Ich kannte niemanden, der das Fach mochte. Nicht mal Tobi. Und der hatte wirklich überall einsen. Und eigentlich brauchte er gar nicht damit angeben, dass er Latein hasste, denn er schwafelte uns dauernd lateinische Sätze vor wenn wir in der Redaktion beisammensaßen. Insgeheim liebte er das Fach, das wusste ich. Hehe.
 

Nach der Schule beschlossen Mandy, Jazzy und ich dann, eben zu mir nach Hause zu gondeln und uns dann Orli zu krallen und ihn ins OEZ, Olympia Einkaufszentrum zu schleppen. Dafür dass er mich neulich in die Berge geschleppt hatte. Auch wenn sich das für mich im nachhinein gelohnt hatte, er hatte eine Rache verdient.
 

Als wir zu mir nach Hause kamen, war noch keine Menschenseele da. Orli vermutete wohl, ich würde bis eins Schule haben und war noch unterwegs. So vertrieben wir uns die Zeit mit DVDs schauen. Was Jazzy natürlich sehr gefiel... vor allem Troja, oh ich hätte sterben können, ich wär am liebsten vor den Bildschirm gesprungen und hätte ihn verdeckt, damit auch ja niemand außer mir diesen Kerl zu Gesicht bekam wie er, wie Gott ihn geschaffen hatte, am Bett von Helena stand... oder hieß die anders? Ich hatte immer noch keine Ahnung. Aber Jazzy kam und schob mich zur Seite. „Wenn wir ihn schon nicht in real so bewundern dürfen, dann wenigstens auf Plastik!“ Plastik? Na ja okay, DVDs bestanden ja eigentlich aus nichts anderem. Aber die Mattscheibe war aus Glas... Dann hörte ich etwas zur Tür hereinkommen und schlich mich leise hinaus.

Auf dem Flur knutschte ich Orli erst mal nieder. „Hey Engel... dachte du bist noch in der Schule...“ Hauchte er und knutschte mich seinerseits nieder. „Ich hab dir glaub ich schon mal gesagt was für ein Glückspilz du bist, oder?“ Jazzy stand im Türbogen und grinste uns beide an. Ich konnte nichts sagen, nur glücklich zurückstrahlen, während ich mich an Orli kuschelte. Er war wie ein großes, gemütliches Kopfkissen, man wollte den ganzen Tag drauf liegen bleiben... *g* Ja, und irgendwo hatte Jazzy schon Recht, ich konnte mein Glück selbst immer noch nicht fassen, nicht mal nach über zwei Wochen. Ich fragte mich immer noch, womit ich das eigentlich verdient hatte. Vielleicht wollte mir Fortuna auch nur einmal ein bisschen Glück schenken nach all der Scheiße die ich mit den Männern durchgemacht hatte... Now I need you more than ever… ich hatte noch Bruchstücke von Total Eclipse im Kopf, das ich heute irgendwo gehört hatte. Inzwischen war es soweit, man hatte es ja gesehen die zwei Tage die er nicht hier war, ich brauchte ihn schon wie die Luft zum Atmen. Ohne ihn erstickte ich. Aber ich dachte zu lange nach, da hatten sich Mandy und Jazzy schon ihre Jacken geschnappt und deuteten mir zum Aufbruch. „Du kannst gleich so bleiben, wir gehen ins Olympia Einkaufszentrum, gehst mit?“ Orli sah mich ein bisschen schief an. Hatte wohl schon ein bisschen im Hinterkopf dass das die Rache für seinen Feldzug vom Samstag war. Er hob eine Tüte hoch. „Da war ich heut schon... aber ich komm gern noch mal mit wenn ihr wollt. Dann scheuch ich euch durchs Gebäude...“ Er machte einen auf HuiBuh, das Schreckgespenst. Ich verpasste ihm einen Kuss und er war wieder brav. Na ja, nicht ganz. Seine Hand auf meinem Rücken.. oh er wusste dass mich das ganz kirre machte. „Wenn du nicht willst dass ich dir in der Ubahn umkippe, dann hör auf damit...“ Aber er nahm die Hand nicht weg. Zugegeben, es war verdammt angenehm, aber ich konnte nicht mehr klar denken, und so konnte es sein dass wir vielleicht am Ende das Umsteigen vergaßen und in Feldmoching landeten... na ja, aber dafür hatte ich ja Mandy und Jazzy. Die würden für mich solang das Denken übernehmen. Jazzy grinste nur weiter. Ich wusste, sie wäre gerne an meiner Stelle gewesen... Und Mandy... bei der wundert’s mich eigentlich, dass die noch keine größeren Gefühle gezeigt hat, ich wusste sie stand auch auf Orli. Wir hatten damals im Kino zusammen Troja angesehen – hab ich ja schon erzählt – und ich sah nur mal kur zu ihr rüber, Blicke sagen alles... sie war total in ihn verknallt. Ach Mädels, es tut mir doch auch leid! Glaubt ihr für mich is das leicht? Ich hab ja den geilsten Kerl der Welt für mich, aber ihr müsst daneben sitzen und bekommt allenfalls mal eine Umarmung... ich weiß wie schlimm das ist. Sollte es einmal nicht mehr funktionieren, könnt ihr ihn haben. Das versprech ich euch. Aber momentan war ja noch alles in bester Butter und ich schwebte nach wie vor auf Wolke sieben. Ich konnte es wirklich nicht fassen, dass er mein war... Orli war für mich all die Jahre lang so was wie eine Art Gott gewesen, ich sah zu ihm auf und betete ihn an... auf meine Art, bis der Blitz dann richtig einschlug. Nun stand da ein lebender Halbgott neben mir am Ticketautomaten. Wenn er den Arm nicht um meine Taille gelegt hätte, hätt ich gesagt, ich hab Halluzinationen. Allein der England – Trip war wie ein Traum, wie eine Halluzination für mich gewesen. Ich schüttelte den Kopf um meine Gedanken wieder in Ordnung zu bekommen und in die Realität zurückzukehren. Inzwischen saßen wir in der ziemlich leeren Ubahn. Das wunderte mich, denn normal war sie um die Zeit gesteckt voll. Na ja, Glück für Orli, so wurde er von niemandem erkannt.
 

Wir ergatterten einige Raritäten, darunter auch ein neues Paar Schuhe für Orli, als ob er nicht schon genug hatte... zu Hause musste ich dann erst mal Mandy und Jazzy nach Hause schicken, leider, denn mich fraß das Verlangen fast auf. Orli hatte sich beim Shopping dermaßen lasziv bewegt, jeder Schritt den er tat machte mich halb wahnsinnig... so schleppte ich ihn rauf zu mir und stillte mein Verlangen... Das hat er mit Absicht gemacht, da wett ich was drauf.
 

Später lag ich dann wieder in seinen Armen und genoss das Leben einfach nur. Ich konnte nicht mehr. Schöner konnte es nicht mehr werden. Mein größter Traum war in Erfüllung gegangen, besser konnte es nicht mehr werden. Außer dass ich in Harvard aufgenommen wurde. Oder wie das heißt. *g* Aber dafür waren meine Noten nicht gut genug. Und Harvard war zu weit von Orli weg. Ich könnte sicher nicht in so einer Studentenbude leben ohne ihn. Ich brauchte Orli. Wie die Luft zum Atmen, meine Fanta zu Trinken... oh Gott, könnte ich nur in Worte fassen wie sehr ich ihn liebe! Wirklich wahr. Ich war auf dem Tollwood – Festival (das war so ein internationaler Markt, der zweimal im Jahr hier stattfand) aus Jux zu einer Wahrsagerin gegangen, und die hatte mir die große Liebe prophezeit... und es war Wirklichkeit geworden... verdammte Scheiße, sie hatte Recht behalten. Und wenn dies mein Schicksal war, dann würde ich es gerne annehmen. Vielleicht würde ich auch später gar nicht studieren, sondern gleich arbeiten gehen. Orli hatte mir schon mal angeboten, eine Komparsenrolle oder ähnliches in einem seiner Filme zu übernehmen, aber Schauspielern kam für mich überhaupt nicht in Frage. Das war eines dieser Dinge die ich überhaupt nicht konnte, noch nie. Schon in der Grundschule war ich zu blöd dafür. Und dabei wollte ich es auch belassen. Nein ich weiß nicht, ich hätte auch die Hausfrau für ihn gemacht. Aber ich wollte ihm nicht auf der Tasche liegen wie die kleinen Mädchen die immer davon träumen, einen Millionär zu heiraten. Auf sein Geld war ich sicher nicht aus. Mein voller Ernst. Nichts, nicht mal alles Geld der Welt, war so wertvoll wie Orli. Er hätte zehn Yachten und fünf Karibikinseln haben können... allein der Mann interessierte mich, und nicht sein Besitztum.
 

Am nächsten Tag nach der Schule wollte Orli mit mir an den Starnberger See, ein bisschen schwimmen gehen. Ich fand die Brühe noch zu kalt im Juni, aber muss er ja wissen. Ich legte ihm nahe, mal eine gescheite Badehose anzuziehen, denn diese Surferhosen konnte ich nicht ausstehen, die ihm bis zum Knie gingen und nichts sehen ließen. (Anm.d.A.: Wirklich wahr, die Dinger sehen doch schrecklich aus...) Aber das scheiterte daran, dass er nichts anderes dabei hatte. Würden wir wohl die nächsten Tage noch mal shopping gehen müssen *Grins*
 

Wider Erwarten war es am See gar nicht soo kalt wie ich gedacht hatte. Heute hatte es den ganzen Tag schon fast 30 Grad gehabt und ich freute mich eigentlich über Orlis Einfall, denn ich konnte mich mal schön in die Sonne legen und ein bisschen Farbe kriegen. Und so lag ich da dann auch auf meinem Strandtuch, während Orli planschte. „Komm rein, es ist nicht kalt!“ Nein danke, ich ging lieber im sauberen Schwimmbad baden. Ich weiß nicht, aber im See hab ich immer Angst, dass mir was in die Zehen beißt ^^ Außerdem is das da ekelhaft glitschig auf den Steinen. Ich war gerade am vor mich hin – dösen, da wurde es auf einmal nass... Ich machte die Augen auf und durfte feststellen, dass Orli sich den kleinen Plastikeimer geschnappt hatte, der hier rumgelegen hatte, und dessen Inhalt nun über mich schüttete.. Und dabei grinste er auch noch. Ich sprang ihm nach und brachte ihn im Wasser zu Fall. Das war also seine Strategie, ja? Orli du kleiner Schelm. Ich nahm ihn in die Arme und küsste ihn. Nass... das hatten wir seit London nicht mehr gehabt. Und jetzt erst merkte ich, wie ich das vermisst hatte. Und dann fiel es mir plötzlich ein: „Orli, die Sonnencreme...“ Ich hatte glatt verpennt, mich einzucremen. Er natürlich auch. Wir wateten zum „Strand“ zurück, der ja eigentlich mehr aus Kies bestand, und machten es uns gemütlich. Genüsslich cremte ich Orli den Rücken ein... er schnurrte wie ein kleines Kätzchen. *g* Danach legte ich mich auf mein Handtuch... mh, das war fast wie in meinem Traum auf Hawaii. Nur noch viel besser...

Fix und fertig lag ich dann da, ich hatte eigentlich vorgehabt, noch mal ins Wasser zu gehen, jetzt wo ich festgestellt hatte, dass es doch gar nicht soo glitschig war, aber Orlis Cremerei hatte das nun unmöglich gemacht, weil ich mich nicht mehr aufstehen traute. „Kannst du mal bitte deine Hand da wegnehmen? Ich will gleich noch ins Wasser...“ Wie vor ein paar Tagen schon befanden sich immer mindestens zwei Finger in Kontakt mit mir... Er hörte auf, nahm mich aber in die Arme und ich schmiegte mich an ihn...
 

Küssend und knutschend kamen wir wieder zu Hause an. Meine Mom war wiedermal nicht zu Hause, wieder arbeiten. So hatten wir sturmfrei und weil es heute so warm war, ging ich mal eben in den Keller, nachsehen ob wir noch Eis im Gefrierschrank hatten. Normalerweise hätte von der Geburtstagsfeier noch was übrig sein sollen... Ich fand eine halbe Dose Vanille und noch einen Rest Erdbeer. Oben hatte Mom sicher noch irgendwo Erdbeersoße stehen. Und dann würde ich Orli genüsslich mit dem Löffel füttern... solange bis das Eis zerlaufen war...
 

So vergingen die Tage, und ehe wir uns versahen war es schon der 28. Juli, wir saßen draußen vor dem Haus und ließen uns die Sonne aufs Haupt scheinen. Es hatte heute fast 35 Grad im Schatten und ich schwitzte gehörig. Ja, inzwischen war ich schon über zwei Monate mit Orli zusammen, und unsere Gefühle füreinander waren kein Bisschen schwächer geworden. Inzwischen hatte er mich leider mit seinem Schuhtick angesteckt. Ich hatte nun schon mehr Paare im Regal stehen als ich eigentlich brauchte. Bei Deichmann hatte es neulich ein Sonderangebot gegeben, da musste ich einfach zuschlagen. Danke Orli... nein, böse war ich ihm nicht. Ihm konnte man nicht böse sein. Ich erst recht nicht, dazu liebte ich ihn zu sehr.

Meine Mom hatte Urlaub und versuchte, uns einen möglichst schönen Lenz zu gestalten indem sie uns hier draußen bemutterte... Mütter. „Wollt ihr noch Limo? Noch ein Eis, Kekse...“ Ich winkte ab und hielt mir den Bauch. Für heute hatte ich genug gefuttert. Orli neben mir ging es genauso. Ich hatte ihn dazu gekriegt, seine Haare wieder wachsen zu lassen, und nun hatte er wieder diese schönen Locken... Ich hatte oft meine Finger in seinen Haaren, weil sich das einfach toll anfühlte. Er sah richtig glücklich und zufrieden aus. Fand ich jedenfalls, denn er blendete mich fast mit seiner Schönheit. Wie Katzen, die sind zu Weihnachten immer besonders schön... Bald war ja Ferienbeginn und wir überlegten schon lange, wo es hingehen sollte, denn Orli hatte mich eingeladen. Irgendwo hin in den Urlaub. Ich durfte aussuchen. Er wollte natürlich am liebsten nach Hawaii zum Surfen, das war mir klar. Ich knabberte ein paar Kartoffelchips und ließ mir die Sache noch mal durch den Kopf gehen. Noch mal England, zu ihm nach Hause... aber da war ich ja schon. Auf Skye wollte ich eigentlich noch mal, aber das konnten wir ja auch noch erledigen. Orli hatte gemeint vielleicht Neuseeland, dann würde er mir die ganzen Drehplätze aus Herr der Ringe zeigen und wir würden vielleicht sogar Elijah oder Viggo dort antreffen, die dort ebenfalls gerne Urlaub machten. Aber so große Lust hatte ich eigentlich nicht, noch mehr von seiner Sippe kennen zu lernen. Anfang Juli hatte Johnny vorbeigeschaut, da waren wir dann bis fast vier Uhr morgens mit Lachen beschäftigt. Ihr könnt euch ja vorstellen dass ich den nächsten Tag glatt verpennt hab. Orli auch.

Wir dachten und dachten, und raus kam nichts. Also ließen wir es für heute gut sein und gingen rein, nachdem die Sonne verschwunden war und es langsam kalt wurde. Achso, bei Ikea waren wir auch gewesen, und hatten ein Doppelbett für mich besorgt, jetzt wo Orli länger da war. Eines Morgens meinte er, er hätte jeden Morgen Kreuzschmerzen weil er aufpassen müsse dass ich ihn nicht aus dem Bett schiebe nachts. So gingen wir los und besorgten ein größeres Bett. Das aber nicht halb so bequem war wie das bei Orli zu Hause... Trotzdem ließ sich mit dem Ding wesentlich mehr anfangen als mit meinem Teenagerbett...
 

„Wie wär's eigentlich mal mit Karibik.“ Überraschte mich Orli am nächsten Morgen mit der Zahnbürste im Mund in der Küche. Hm. Mal einen auf Piratenbraut machen, wieso nicht... Johnny hatte doch da irgendwo eine Insel wenn ich mich nicht irrte. Oje, das würde heißen jeden Tag bis vier Uhr Nachts saufen... „Aber nicht zu Johnny auf die Insel.“ – „Na gut. Dir zuliebe.“ Er nahm die Zahnbürste aus dem Mund und grinste mich an. „Es is ja nicht so dass ich Johnny nicht auch mögen würde, aber ihr seid mir einfach zu lange wach... hast ja gesehen was letztes Mal rausgekommen is.“ – „Jep...“ Orli war wieder im Bad verschwunden. Mittlerweile ging das morgens ganz von alleine. Ich machte Frühstück und er verschwand seine halbe Stunde im Bad, um nachher glänzend wie ein frischpolierter Diamant wieder in die Küche zu kommen. Und da heute Sonntag war, war meine Mom auch zu Hause. Sie saß mit ihren Pantoffeln und im Morgenmantel am Tisch und ließ sich meine Spiegeleier schmecken. „Ein Gutes hat dein neuer Freund... er animiert dich zum Kochen.“ Hatte sie vor ein paar Tagen bemerkt. Stimmt, seit ich Orli kannte, kochte ich mehr. Vorher hatte ich das schön meiner Mom überlassen weil ich keine Lust auf spritzendes Fett aus der Pfanne hatte. Ich ging lieber zu Mac Donalds und holte mir da was.
 

Nach dem Essen wollte ich mit Orli die Koffer packen, damit wir morgen oder übermorgen los konnten. Ab ins warme. Nicht dass es hier nicht auch warm gewesen war, aber Karibik war halt das schönere Warme ^^ Da konnte Orli schön surfen gehen und ich konnte mir das Antlitz bräunen. So war das schön. Wir waren inzwischen schon fast wie Eheleute. Der eine machte das, der andere das und alles passte. Und dazwischen wurde immer wieder übereinander hergefallen. *grins* Er hatte inzwischen gut rausbekommen, wie er mich auf Wolke sieben und höher befördern konnte. Er war ein wahrer Künstler was solche Dinge anbelangte.
 

Und die in meiner Schule? Irgendwie mussten sie rausbekommen haben, dass ich was mit Orli habe, auf jeden Fall kam irgendwann der Tag, an dem mir alle Mädels an unserer Schule neidische Blicke zuwarfen, einige kamen sogar mit blöden Sprüchen daher wie Und, wie is er im Bett? Lauter solche Sachen. Ich hab nur gegrinst und die Mädels innerlich ausgelacht. Die hatten doch keine Ahnung wer Orli wirklich war, die sahen in ihm doch nur das Sexsymbol oder den geil aussehenden Schauspieler. War er für mich ja eigentlich auch *grins* Aber ich hatte festgestellt, er hatte eigentlich so gut wie keine Macken, wirklich. Er umsorgte mich als wäre ich etwas besonderes, ich fand bis jetzt keinen Grund, mich bei ihm über irgendwas zu beschweren. Er war einfach perfekt... schön dass es doch noch solche Männer gab, auch wenn er vielleicht der einzige von dieser Sorte war.

Ich holte Luft, denn mir war grade eine grandiose Idee für unseren Urlaub gekommen. „Das isses!“ Orli sah mich verwundert an. „Was isses?“ – „Mauritius!“ Er grinste. Ich hatte schon im Fernsehen einmal Bilder von dieser Insel gesehen und fand, dass das das Paradies schlechthin war. Palmen, Strand, Sonne, Meer, Kokosnüsse, Papayas, Mangos... ^^ „Dann eben dorthin, ich hab dir ja gesagt, du darfst aussuchen. War dort auch schon mal, es ist wunderschön da.“ So war es also beschlossen, es ging nach Mauritius. „Wir können auch eine Weltreise machen wenn du willst...“ Äh wie bitte? Der Herr belieben zu scherzen. Sicher wollte ich einiges sehen, aber gleich eine Weltreise? Das war mir zu viel Stress. Lachend winkte ich ab. „Nein danke, das is mir zu stressig. Lass uns lieber einen schönen gemütlichen Urlaub in den Tropen verbringen, ja?“ Ich legte meine Arme um ihn und küsste ihn im Nacken. Selbst nach zwei Monaten musste ich ihn immer noch ständig in meinen Fingern spüren um zu glauben dass er auch real war. Er drehte sich um und fing ebenfalls an, mich zu küssen.

Meine Mom hate sich inzwischen schon daran gewöhnt, ein Pärchen um sich zu haben. Seit neuestem war sie nun auch wieder öfter mit ihren Freundinnen unterwegs und klapperte die Discos ab auf der Suche nach einem passenden „Gegenstück“ wie sie sagte. Bis jetzt war aber noch nichts Vernünftiges dabei rausgekommen. Lauter so blonde Sunnyboys. Auch Mom hatte ihr Ideal... *grins* wie es bei mir Orli war, so war es bei ihr Hansi *würg* Nicht auszudenken was passieren würde, wenn sie dem eines Tages wirklich über den Weg lief. Ich würde sofort die Koffer packen und zu Orli ziehen.
 

Apropos Koffer packen. Wir gingen gleich nach dem Frühstück nach oben und packten unsere Koffer. Ich hatte Orli inzwischen eine Ecke freigemacht im Schrank für seine diversen Kleidungsstücke - er war Ende Juni noch mal schnell zu Hause gewesen und hatte was geholt – Wo er jetzt feinsäuberlich seine besten Sachen heraussuchte. „Weißt du was?“ Ich sah zu ihm rüber. „Hm?“ – „Wir können ja nach zwei Wochen Mauritius oder drei noch einen Abstecher zu mir nach Hause machen, dann kannst du dir Skye auch noch ansehen.“ Ich war sprachlos, fiel ihm um den Hals. „Oh Orli, du denkst aber auch an alles!“ From this moment, as long as I live, I will love you, I promise you this... ich hatte gerade Shania Twain im CD – Player und fand die Zeile irgendwie passend zu meinem momentanen Gedanken. „There is nothing, I wouldn’t give..“ sangen wir beide mit und lachten uns hinterher einen Ast. Ihr werdet es nicht glauben, aber Orli kann singen! *g* Auch wenn er das nur sehr selten tat. Ich hatte ihn schon einmal angespornt, bei der nächsten DSDS – Staffel anzutreten, aber als wir unter den Anmeldebedingungen das Höchstalter sahen, war's leider vorbei. Schade. Aber dann würde ich ihn ja noch seltener sehen, und das wollte ich nicht. Ich war eh überglücklich dass jetzt Sommerferien waren und ich ihn fast fünf Wochen nur für mich alleine hatte. Jazzy war mit ihren Eltern nach Ibiza geflogen und Mandy nach Italien. In den Sommerferien trennten sich unsere Wege immer, ich war normalerweise immer die, die zu Hause bleiben musste weil wir uns keinen Urlaub leisten konnten. Aber seit ich Orli kannte war das ganz anders. Er zwang mich fast dazu, mit ihm zu verreisen, auch wenn ich schon gesagt hatte, dass er sich wegen mir nicht in Unkosten stürzen muss. Ich war all die Jahre immer nur bis Österreich gekommen und das konnte ja auch so bleiben. Wenn’s nach mir ginge, müsste ich in den Sommerferien nicht durch die Welt tingeln. Ich hatte gelernt, da sehr genügsam zu sein.
 

Am Montagmorgen dann standen wir wieder mal am Flughafen Schlange. Die ganze Stadt wollte offensichtlich verreisen und es dauerte fast eine Stunde bis Orli die Tickets hatte. Ich meinte ja, ich würde mich anstellen und er solle warten, aber er konnte es nicht lassen. Ich fühlte mich wie eine Schwangere, die sich nicht anstrengen darf. Er nahm mir Bewegung ab wo er nur konnte. Bald würde ich nur noch im Fernsehsessel hocken und dick und fett werden. *grins* Eigentlich wollte ja ich ihn verhätscheln, aber jetzt hatte er glatt den Spieß umgedreht.
 

Nach fünf Stunden Flug – mein bisher längster Flug – kamen wir am Flughafen bei Camp Carol an. Hier war es zwei Stunden später als zu Hause, wir waren um acht Uhr losgeflogen, plus fünf Stunden machte 13 Uhr plus noch mal zwei machte 15 Uhr war es hier jetzt. Die Sonne schien vom Himmel, keine einzige Wolke war zu sehen und draußen vor dem Flughafen standen Palmen in einer langen Reihe. Das war wirklich ein tropisches Paradies hier. Mit dem Auto ging es weiter bis Baie du Cap, wo wir uns in einem wahrhaft luxuriösen Hotel einmieteten. Man Orli, du brauchst doch nicht so viel Kohle für ein Zimmer ausgeben in dem wir eh tagsüber nicht sind! Na ja, aber es war sein Geld. Am Abend dann saßen wir draußen im „Biergarten“ und genehmigten uns ein paar Cocktails, um nachher noch in den Pool zu springen. Morgen wollte Orli in Macondé, auf der anderen Seite der Bucht, surfen gehen. Und mir selbiges beibringen, hatte er gesagt. Na das mochte ja was werden. In meinem Traum hatte ich ja auf Hawaii das Surfen gelernt. Na ja, das würd schon gut gehen. Oder Wasserski fahren, das wollte ich auch mal ausprobieren. Kitesurfen vielleicht? Irgendwie hatte Orli mich angesteckt.

Um neun gingen wir raus ins Wasser. Es war schon dunkel und alles schön beleuchtet. Es war fast niemand mehr hier, fast alle schliefen schon. So hatten Orli und ich genug Platz.. wir schwammen ein paar Bahnen um immer wieder im flachen Wasser stehen zu bleiben und uns zu küssen. Ich kam mir fast vor wie in meinen Flitterwochen *grins* Obwohl ich eigentlich nicht vor hatte, Orli zu heiraten. Auch wenn das mit uns noch so fest war, ich hatte immer Angst es könnte eines Tages zerbrechen und dann stünde mir eine schön teure Scheidung vor der Tür. Darauf hatte ich echt keine Lust.
 

Am nächsten Tag herrschte wieder strahlender Sonnenschein und wir standen früh auf um noch eine Ecke am Strand zu erwischen. Mauritius ist ein beliebtes Touristenziel und ich konnte nur hoffen, dass das nicht auch ein beliebter Orli – Fan – Treffpunkt war. Bis jetzt hatte ihn noch keine erkannt. Na ja, waren ja auch alles Einheimische, die selten übers Ufer hinausblickten was in der Welt um sie geschah. Orli hatte sich ein Auto gemietet und hievte nun sein Surfbrett auf den Dachträger um es dort festzuschnallen. Seine Surfermontur hatte er sich schon angezogen, dieses enge Oberteil mit der knielangen Hose, ihr wisst schon. Ich hatte da keine Lust drauf, ich ging im Bikini. Schließlich wollte ich ja etwas Farbe abkriegen und nicht kreidebleich wieder nach Hause zurückkommen.

Am Strand angekommen, suchten wir uns ein stilles Plätzchen, wo uns nicht jeder gleich begaffen konnte. Ich wusste ja wie die Leute waren, immer neugierig wenn es was zu sehen gab... Ich holte die Sonnencreme aus meiner Stofftasche und wir cremten uns erst mal gegenseitig ein... das dauerte eine gute halbe Stunde – für jeden von uns wohlgemerkt. Orli konnte ich sogar dazu überreden, dieses blöde Shirt wegzulassen und oben ohne zu gehen... tat er nur mir zuliebe *g*

Nachdem er ein paar Stunden auf den Wellen geritten war, kam er, klatschnass, zu mir und drückte mir das Surfbrett in die Hand. „So, und jetz bist du dran.“ Grinste er. „Was?“ Hehe, du bist echt witzig. Kannst du’s mir nicht vorher erklären wenigstens?? Ich stand auf und schleppte das Brett bis zur Brandung. So leicht war das gar nicht wie es aussah. Im Traum wog es weniger... Ich legte es in den Sand und machte erst mal ein paar Gleichgewichtsübungen. Orli sah mir grinsend zu. „Sag mal du bist mir ja auch so einer, kannst du mir nicht ein bisschen Unterricht geben?“ Argh... das hatte ich jetzt davon, er stieg hinter mir aufs Brett und nahm mich in seine Arme. Dabei war es ihm egal, ob ich in dem Moment noch klar denken konnte. „So musst du dich draufstellen und immer auf der Welle bleiben... kannst eigentlich nicht viel falsch machen.“ Aha. Oh nimm deine Arme von mir, du machst mich wahnsinnig... Das war pure Absicht, ich schwör’s euch.

Ich schnappte mir also das Brett und paddelte hinaus aufs Wasser, um mich vorsichtig draufzustellen – und gleich wieder runterzufallen. Orli lachte sich am Strand einen Ast und kam zu mir ins Wasser gewatet. Er hielt das Brett fest, während ich versuchte, draufzusteigen. Dann stand ich endlich oben, aber es war keine Welle in Sicht... „Jetzt üb erst mal Gleichgewicht und dann such ich dir mal eine Welle mit der du anfangen kannst.“ Meinte Orli dann. „Musst heute nicht gleich mit einer Welle anfangen, denk dran, wir haben zwei Wochen Zeit...“ Hehe, gut dass du mir das jetzt sagst.

Ich balancierte noch eine Weile auf dem Brett, sprang dann runter und versuchte, irgendwo eine Welle auszumachen. Dauerte auch gar nicht lang bis die erste kam, aber die war mir zu hoch. Die nächste war besser, auf der versuchte ich es. Spontanes Aufsteigen war aber nicht so mein Ding und so schwappte die Welle über mich hinweg, das Brett trieb über mir und Orli kam angehastet, weil er dachte, ich sei ertrunken. Ach Orli.... Ich nahm ihn in meine Arme. Im Wasser. Klar dass wieder eine Welle kam und nun über uns beide hinwegspülte.

Spuckend und keuchend kamen wir wieder an Land. Ich das Brett an der Fangleine hinter mir herziehend. „Okay, für heut war's das, ich bin ein Amateur...“ Grinste ich. Wir ließen und auf unsren Strandtüchern nieder und genossen noch ein bisschen die Sonne bis es dunkel wurde.

Abends gab es ein großes kaltes Büffet im Hotel, wo wir kräftig zulangten, nach einem so anstrengenden Tag... *grins* Für Orli gab es nur Salat, weil er immer noch Vegetarier war, ich hatte ihn nicht davon abbringen können. Ich haute kräftig rein, probierte sogar mal Shrimps, mit denen ich sonst überhaupt nichts zu tun haben wollte und befand sie für essbar. Essen tu ich sie, aber kaufen würd ich sie mir nicht *grins*
 

Nächster Tag am Strand verlief genauso sonnig wie der letzte. Heute schaffte ich es sogar, aufs Brett zu springen, als eine Welle kam und Orli applaudierte. So langsam wurde das schon! Im Hotel wurden Wasserskikurse angeboten, und ich hatte Orli gefragt ob wir das nicht mal versuchen wollten. Gleich würde es soweit sein. Wir standen am Steg und warteten auf den Bootskapitän.

Nachdem man mir alles erzählt und erklärt hatte, schnallte ich mir die Ski an die Füße und machte mich bereit zur Abfahrt. Die Leine in der Hand, sah ich Orli nun doch ein bisschen zweifelnd an. Er wollte später auch noch fahren. Aber er war ja auch der Profi hier... Mit einem Ruck war ich im Wasser, zuerst unter Wasser, aber dann zog es an der Leine und ich fuhr auf dem Wasser. Ein komisches Gefühl ^^ Aber es macht Spaß, mit fast 80 Sachen durchs Wasser zu fetzen ohne auf Gegenverkehr achten zu müssen.

Danach war Orli dran, und der war natürlich erste Sahne, der machte sogar schon Kunststücke, stieg durch die Leine und all solche Scherze. Selbst der Käptn staunte über Orlis Leistung. Na ja, was seine sportlichen Leistungen anging wunderte mich inzwischen überhaupt nichts mehr. Orli konnte halt einfach alles!
 

Am nächsten Tag hatte Orli sich was besonderes überlegt – eine Safari quer durch dem Black River Gorges Nationalpark. Hieß, wir würden zwei Nächte im Zelt pennen. Kreuzschmerzen jetzt schon inbegriffen. Es war Donnerstag, sechs Uhr morgens und wir standen in schwüler Dunkelheit vor dem Hotel mit unserer Safarigruppe. Orli und ich hatten jeweils einen riesigen Rucksack bekommen, in dem sich Zelt und Ausrüstung befanden. Um viertel nach würden wir losmarschieren. Ich hatte jetzt schon Angst vor den ganzen Hu – hu’s, die mir im Nacken saßen. Hier gab es anscheinend irgendwelche Eulenviecher, die seltsame Geräusche fabrizierten... Und menschenfressende Krokodile... brr.

Aber eines konnte ich auch im fahlen Morgenlicht erkennen – Orlis Dschungeloutfit. Zum Schießen sah er aus in dieser beigen Kluft. Ich musste zugeben, ich sah mindestens genauso witzig aus, aber man hatte uns das Zeug halt angedreht, was anderes durften wir nicht tragen... Und doch sah er irgendwie verdammt sexy aus, denn die Hose ging ausnahmsweise mal ein bisschen oberhalb des Knies zu Ende, also konnte er nicht verbergen was er hatte. Er sah aus wie Dr. Livingston oder wie der geheißen hatte dieser Anthropologe. (Schreibt man das so?!) Mir war jetzt schon hundeelend, aber da musste ich wohl durch. Wir konnten unser Zelt ja ein bisschen abseits stellen damit keiner unsre nächtlichen Machenschaften zu hören bekam. *Grins* Aber besser bei der Gruppe bleiben und auf ein paar Kleinigkeiten verzichten, als von wilden Bären gefressen zu werden. Meinst du nicht auch, Orli? Orli? Ich sah mich um, wo war er? Dann sah ich ihn unter mir hocken und zu mir heraufgrinsen. Er war noch ziemlich müde, so wie er aussah. Wie konnte man so müde noch grinsen?? Na ja, aber Orli verfügte ja eh über Endlos – Energie.

Langsam setzte sich der Trupp in Bewegung, immer geradeaus, am Hotel vorbei. Bald kamen wir an eine Straße, die wir in aller Seelenruhe überquerten, denn um sechs Uhr morgens war hier noch nicht allzu viel los. Die Mauritianer oder Mauren oder wie man sie nannte schienen gemächliche Leute zu sein. Alles schön ruhig, nichts drängte...

Aber so richtig Safari konnte man das nicht nennen, denn wir folgen einer scheinbar nicht sehr viel befahrenen Straße. Und da Orli französisch sprach übersetzte er für mich die Ansage unseres Expeditionsführers, demnach ging es erst mal hinauf nach Chamarel Coloured Earth... was auch immer das sein mochte. Doch ich würde bald den Grund erfahren, wieso wir so früh losmarschiert waren.

Nach zwei Stunden (eine halbe Stunde Pause inbegriffen) kamen wir am Chamarel an, genau zur rechten Zeit als die Sonne aufging. Wir hatten es uns am Fuße eines Hügels bequem gemacht und rasteten nun ein wenig. Dann spitzten die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont und wir glaubten nicht was wir da sahen – der Hügel – gut, es war ein Hügel, aber er sah aus wie die zerknitterte Haut einer Bulldogge oder so was ähnliches. Und die Erde schillerte in allen Farben...

(Siehe Bild, Anm.d.A.: ist das nicht unglaublich!? Ich muss euch das Bild beipacken weil ihr’s mir sonst nicht glauben würdet... da schreibt man von Mauritius und so was kommt dabei raus...)

Ich bekam meinen Mund nicht mehr zu, weil ich einfach nicht glauben konnte, was ich da sah. Echt, ich dachte ich hab Halluzinationen! Ich glaubte an Lichtreflexe, oder dass jemand das Areal mit der Sprühdose angemalt hatte, aber ich konnte es nicht lassen, ging hinauf, nahm eine Handvoll Erde und das Resultat war dasselbe – die Erde war lila – rosa! „Orli, ich glaub ich hab Drogen genommen oder so, ich glaub nicht was ich hier sehe.“ Er grinste mich nur wieder an, was er in letzter Zeit ja öfter tat, fragt mich nicht warum. „Ich konnte das erste Mal auch nicht glauben dass das echt ist, aber inzwischen geht’s... es ist trotzdem immer noch total faszinierend.“ Ich nickte nur zustimmend. Ich war einfach zu baff in dem Moment. Ich hätte alles erwartet, aber nicht so was. War doch gut dass wir nicht nach Hawaii geflogen sind *grins* (Anm.d.A.: sicherlich auch für den Autor, denn der kriegt die Kinnlade jetzt auch nicht mehr hoch... ^^)

Inzwischen erklärte uns der Führer dieses Phänomen. Laut ihm fanden die Wissenschaftler keine Erklärung für das bunte Schillern. Man vermutete mineralreiches Vulkangestein, das die Farben verursachte, wie Edelsteine, die schillern ja auch in allen Farben.
 

Nachdem wir eine Zeit geruht und etwas gegessen hatten, wanderten wir weiter nach Chamarel und von dort aus in den Dschungel des Nationalparks hinein. Ich hatte mich vorsichtshalber schon mal dick mit Mückencreme eingeschmiert und Orli auch, man konnte ja nie wissen was hier auf einen lauerte. Aber alles was wir zu sehen bekamen waren Affen, Vögel und hier und da ein Schmetterling. Aber die Mückenbiester merkte man ja meistens erst, wenn sie einen schon gestochen hatten.

Gen Abend dann schlugen wir unser Lager auf, irgendwo mitten in der Wildnis und machten ein gemütliches Lagerfeuer an dem wir uns alle wärmten als es kälter wurde. Wir waren alle müde und geschafft von den Erlebnissen dieses Tages und ich musste mich nun erst einmal von dem Farben – Schock von heute Vormittag erholen. So ganz konnte ich das immer noch nicht glauben. Ich hatte mir ein bisschen was mitgenommen in einem kleinen Plastikröhrchen, das sich komischerweise im Rucksack befand und das man mit einem Stöpsel verschließen konnte. War wohl so geplant dass die Touris sich hier ein Häufchen Erde mitnehmen durften. Wenn das so weiterging mit so großen Gruppen wie wir eine waren, würde der Hügel bald verschwunden sein, fürchtete ich. „Ich hab schon so eins daheim stehen.“ Bemerkte Orli, als ich die seltsame Materie noch mal genauer betrachtete. Ich hatte das Teil aber nicht bei ihm gesehen. „Und wo bunkerst du das? Ich hab's nirgendwo entdeckt, als ich bei dir war...“ – „Doch doch, das steht im Wohnzimmer auf der Fensterbank, damit die Sonne morgens draufscheint und das Ding schön schillert...“ Ach das da... „Ach das, das hab ich für so ein Schau – Dingens gehalten, weißt schon, diese Sandspiele, die sie immer auf dem Basar verkaufen, oder Kerzensand... aber so was...“ Ich betrachtete immer noch fasziniert mein Röhrchen. Das würde mir Mom nie glauben zu Hause, die würde sagen, ich hätt da Kerzensand hineingeschüttet. Ein bisschen was davon würde ich Tobi geben, der konnte das mal chemisch untersuchen und mir sagen um was es sich hier handelte. Fünf Körnchen von jeder Farbe *g* Jetzt war meine Neugier geweckt.
 

Die Nacht schlief ich sehr unruhig auf dem harten Boden in meinem Schlafsack. Ich kuschelte mich schließlich an Orli und fand doch noch ein bisschen Schlaf. Jetzt war ich wieder ein Steinzeitmensch und Orli der Mann, der seine Frau vor den wilden Tieren schützt... *grins* Der Gedanke gefiel mir irgendwie.
 

Am nächsten Tag hallte um halb sieben ein Weckruf durch die Zeltkolonie und ich sah mich verwirrt um. Alles um mich war dunkel, es roch ein bisschen seltsam und es war verdammt kalt. Orli neben mir schlief noch, aber ich weckte ihn mit ein paar sanften Küssen auf. „Was ist, wo bin ich...“ Auch er war erst einmal ein bisschen verwirrt. Aber als er mich sah, war sofort wieder alles da. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und lächelte mich an. „Und, wie hast du geschlafen?“ Fragte er mich. Gute Frage nächste Frage. „Na ja, geht so. Aber du warst ja da.“ – „Ja, hab ich gemerkt, du hast mich dann als Wärmflasche benutzt.“ Grinste er und zog den Reißverschluss unsres Zeltes auf.

Draußen war es noch ein bisschen dämmrig, aber in der Mitte unsres Zeltkreises brannte schon ein Lagerfeuer und es roch nach Eiern und Speck. „Tja Orli, scheint als müsstest du deine Gewohnheiten mal für ein paar Tage aufgeben...“ Eier waren tierischer Herkunft und Speck erst recht, aber Orli wollte sicherlich nicht verhungern und ließ sich dazu bewegen, mit uns gemeinsam zu frühstücken, auch wenn ihm jeder Bissen zuwider war, das sah ich ihm an. „Hey, übermorgen hast du’s überstanden, dann brauchst du kein totes Tier mehr essen.“ Er sah mich nur mit diesem Das-hier-war-ne-saublöde-Idee – Blick an, verdrehte die Augen und sah auf sein Toastbrot, auf dem ein paar Speckstreifen lagen. Er sah da sicher keine Speckstreifen, sondern ein lebendiges, quietschfideles Schweinchen. Zugegeben, mir taten die Tiere langsam auch leid, ich überlegte schon ob ich nicht doch noch seinem Beispiel folgte. Denn manchmal hatte er so Tage, wo er mir wieder vorpredigte, was man mit den Tieren alles anstellte und so weiter... Ich hatte schon mal eine Sendung über Geflügelmast im Fernsehen gesehen, und da hatte es mir schon den Appetit verdorben, aber damals hatte mir meine Mutter einen Strich durch die Rechnung gemacht, ja, sie wurde ganz hysterisch, meinte der Mensch kann ohne Fleisch nicht leben, und ich würde ja magersüchtig werden und all solche Sachen. Also gab ich es für's erste auf. Immer noch angewidert sah Orli auf sein Speckbrot, biss schließlich aber doch hinein. Ich konnte sehen wie er kaum schlucken konnte, weil ihm das Ganze im Halse stecken blieb. Ihr wisst schon, wie jemand, der etwas von Haus aus ablehnt weil es ihm nicht schmeckt, dann wird einem schon vorher schlecht, bevor man es überhaupt gegessen hat. Armer Orli. Ich biss zeitgleich mit ihm in mein Toastbrot, sodass er es nicht ganz so schwer hatte. Ehrlich gesagt war ich auch froh wenn dieses Abenteuer vorüber war, denn mir taten alle Knochen weh von dem harten Dschungelboden, auf den wir geschlafen hatten. Auch wenn ich Orli mit im Zelt hatte, der war ja nur Wärmflasche und nicht Schlafunterlage ^^

Als wir dann weitermarschierten, dauerte es nicht lange, dann überquerte eine Horde Affen unseren Weg. Jeder den Schwanz in der Höhe und ein paar blieben kurz stehen um die seltsamen Besucher zu begutachten, die wir doch für sie waren. Einer traute sich sogar zu uns her, Orli hatte eine Banane dabei, und ihr wisst ja dass Affen die Dinger zum Fressen gern haben... jedenfalls kam der Affe dahergesprungen und hüpfte wie ein kleines Kind vor Orli herum, der die Banane über dem Kopf des Affen hielt, damit dieser sie nicht bekam. Aber ein kleines Stückchen gab er ihm dann doch und die Reisegruppe applaudierte. Orli und ich lachten uns nur halb tot über den lustigen Affen.

Wir kamen an diesem Tag bis in die Nähe von Chemin Grenier, wo wir noch mal für eine Nacht kampierten, um am Samstag wieder nach Baie du Cap zurückzukehren.
 

„Ah is das schön, wieder eine weiche Schlafunterlage zu haben...“ Orli ließ sich mit einem zufriedenen Seufzer und einem seligen Grinsen in unser Hotelbett fallen. Ich kroch zu ihm hinauf und legte mich ganz knapp neben ihn. „Du sagst es. Aber die Tour war schon spannend...“ Ich hatte mein Plastikröhrchen in der Hand und hielt es nun vor meinem Gesicht hoch. „Das Beste war ja dein Gesicht als du die Farbige Erde gesehen hast, glaub mir.“ Lachte Orli . „Ha ha, ich möchte dich mal gesehen haben als du das zum ersten Mal gesehen hast.“ He, jetzt hab ich dich. Er sagte nichts mehr. Na ja, vielleicht auch, weil ich ihn nun küsste. Küssen und sprechen geht schlecht in einem. ^^

Langsam zog es kalt herein und Orli stand auf, um die Balkontür zuzumachen. Wir waren relativ spät zurückgekommen, es war jetzt fast 21 Uhr. Am Himmel draußen war keine Wolke zu sehen und die Sterne funkelten auf uns herab. War das schön. Ich kam mir wirklich vor wie im Paradies, auch wenn mir von der anstrengenden Safari wieder alle Knochen schmerzten. Ich hatte nun einmal keine Kondition. In der Schule stand ich in Sport auf einer 4. Das war das einzige Fach in dem ich nichts auf die Reihe brachte. Ich weiß nicht, war ich zu fett oder einfach nur zu faul? Ich schaffte nicht mal ein Rad. Ich ging hinaus zu Orli und umarmte ihn von hinten, hängte mich an ihn, wollte einfach nur das Gefühl genießen, dass er da war.
 

Nächster Tag war Sonntag und wir gingen runter zum Strand, um uns ein bisschen von den Strapazen der letzten beiden Tage zu erholen. Komisch dass sogar Urlaub stressig sein kann. Na ja, aber das war ja gewollter Stress, wir hatten es ja nicht anders gewollt *grins*

Nun lag ich unten am Strand und Orli cremte mir den Rücken ein... ich dämmerte fast weg, so gut tat das. Orli hätte kein Berufs – Masseur werden dürfen, denn dann wären ihm die Damen unter den Händen weggeschmolzen... und er hätte nachher immer Arbeit mit Hände waschen gehabt weil er dann das ganze geschmolzene Zeug in den Händen hatte ^^ Leider musste ich mich dann aber erheben und Orli auch noch eincremen.

Nachher gingen wir ein bisschen surfen. Ich hatte es inzwischen schon ein bisschen drauf, fiel nicht mehr so oft vom Brett und Orli schien richtig stolz auf seinen Erfolg als Lehrer zu sein. Schließlich lieh er mir ein eigenes Brett aus, weil er keine Lust hatte, dauernd am Strand zu stehen und zuzusehen während ich draußen vor mich hinsurfte. Zusammen machten wir uns dann ans Wellenreiten. Wobei Orli aber immer noch eine bessere Figur abgab als ich auf dem Surfbrett. Vielleicht würde ich ja doch irgendwann so was wie Kondition aufbauen wenn ich ständig mit Orli unterwegs war... schön wär's...

Ich erwachte aus meinen Gedanken und sah Orli wie er mich zum Strand winkte. „Was is los?“ Ich packet mein Brett und lief zu ihm hin. „Willst mal Kiteboarden? Die bieten grade einen Kurs an. Ich würds gern mal ausprobieren, machst mit?“ Kiteboarden, was war denn das schon wieder. Ein paar Meter vor uns starteten schon die ersten Teilnehmer. Sie bekamen einen Schirm ummontiert, der sie hinaus aufs Wasser zog, wie beim Gleitschirmfliegen, bloß dass man hier nicht abhob. „Mach du zuerst, du bist hier der Profi.“ Orli grinste mich an, ich konnte ihm nicht ganz glauben dass er das noch nie gemacht hatte. Der konnte doch alles von Abflusstauchen bis Zwiebelwettschneiden... *g* Da stand Orli dann, der Gurt mit dem Schirm wurde ihm umgeschallt und er glitt hinaus aufs Wasser auf seinem Brett. Sah schon irgendwie lustig aus, aber er machte das, als ob er nie etwas anderes getan hatte. He, ich hatte es doch gewusst, dass er Vollprofi war. Aber Orli und lügen? Ich weiß nicht.
 

„Hey, du hast mir erzählt das sei dein erstes Mal.“ Haute ich ihn dann an als er wieder am Ufer zurück war. Er machte den Gürtel auf und sah mich an. „War es.“ – „Ganz ehrlich? Du hast das gemeistert als hättest du nie was anderes gemacht....“ – „Is ähnlich wie Windsurfen, kannst nicht viel verkehrt machen.“ Grinste er dann und machte die letzte Gürtelschnalle auf.

Danach war ich fällig. Orli legte mir die Montur an. Natürlich nicht ohne unauffällige Berührungen... „Pass auf, wenn ich wieder da bin, bist du fällig..“ flüsterte ich ihm zu. Ich zitterte bis auf die Knochen, nicht nur vor Angst... ganz langsam zog der Wind den Schirm hinaus aufs Wasser. Hoffentlich würde ich nicht abheben... aber das verhinderten ja ein paar Gewichte, die ich als Gürtel trug. Eher schlecht wenn ich unterging.. dann konnte ich als Taucher weitermachen. Aber dafür hatte das Teil ja nen Haken, um es abzuschnallen wenn ich sank.

Am Ende stellte sich das Kiteboarden als gar nicht so schlimm heraus und ich fand, wie schon beim Gleitschirmfliegen, langsam Gefallen daran, als ich erst mal rausgefunden hatte wie man das Ding steuert. Ich wollte gar nicht mehr aufhören ^^

Leider musste ich den Schirm dann aber an den nächsten Kursteilnehmer abgeben und Orli und ich verzogen uns wieder in unsre sonnige Ecke vom Strand. Und dann war er fällig – ich knutschte ihn nieder, als niemand hinsah. *hehe*
 

Gen Abend leerte sich der Strand langsam, wir waren die letzten und hatten es nicht eilig, denn heute waren wir nicht auf der anderen Seite der Bucht. Hier war auch ein Strand, nicht weit vom Hotel, der nicht gar so überlaufen war wie der in Macondé.

Eine leichte Brise blies uns um die Nase, wir lagen im noch warmen Sand und sahen uns den Sonnenuntergang an. Nach dem in den Highlands war das der schönte Sonnenuntergang. Oder war der in den Highlands ein Aufgang gewesen? Ich erinnerte mich nicht mehr so ganz.

Die Dämmerung ließ Orli wieder einmal funkeln wie einen frisch geschliffenen Diamanten... ich hätte ihn die ganze Zeit nur betrachten können, so schön war er. Aber betrachten reichte mir dann doch nicht. Wir küssten uns... Und es ist ja wohl klar, was man macht wenn am Strand keiner mehr ist... *g* Das war sogar noch schöner als in England am Strand, weil hier der Sand warm war und etwas besser nachgab. So wurde es mir warm von allen Seiten....

Es muss irgendwas nach vier Uhr morgens gewesen sein, als wir uns ins Hotel hinaufschlichen und dort in unserem bequemen Bett einschliefen...
 

Am nächsten Tag wachte ich auf. Aufwachen schön und okay, aber so langsam hatte ich die Schnauze voll... ich sah mich um und war wieder mal zu Hause. „Verdammte scheiße, was hab ich nur verbrochen?!“ Schrie ich und schlug mit der Faust gegen die Wand. Wieder so ein verdammter Traum. Verflixte Südseeinsel. Verdammte Sehnsucht... ich legte mich wieder hin und starrte das Poster an meiner Decke an. Wie im Traum war ich auch in real ein riesengroßer Orli – Fan. Und das war ich noch gar nicht lange, erst Anfang des Jahres hatte ich mich in ihn verliebt. Aber das würde wohl immer ein Traum bleiben... Wir schrieben heute den 30. April, 6 Uhr früh. Draußen war es noch stockfinster, aber ich stand trotzdem auf weil ich nicht mehr schlafen konnte. Wie kann man nur einen Traum im Traum und das auch noch in derselben Nacht haben?? Oh Orli... ich konnte meine Augen nicht von dem Bild wenden, er fesselte mich. Ich hatte schon so viel über ihn gelesen und wusste, das ist er. Der oder keiner. Nur dass der ein bisschen weit weg war... aber das machte mir eigentlich nichts, ich war mir sicher, ich würde ihm eines Tages über den Weg laufen. Sag niemals nie. Ich machte ein bisschen schlampig das Bett und zog mir meine Pantoffeln an, die sich jetzt auch real anfühlten. Hoffentlich war das jetzt nicht auch so ein beschissener Traum, denn dann hatte ich wirklich die Nase voll, immer und immer wieder aufzuwachen ohne Orli in den Armen.
 

Unten machte ich mir meinen Tee – damit hatte er mich allerdings wirklich angesteckt, als ich gehört hatte, dass er gerne Chai – Tee mit Sojamilch trinkt, hab ich das natürlich sofort probiert und für äußerst lecker befunden. Zu meiner Mom... na ja, die war eigentlich halbwegs normal, stand nicht auf Hansi, sondern eher auf Abba und Co. Ich hasste Abba. Die waren mir echt zu fröhlich und die Lieder konnte ich auch nicht mehr hören. Ich schlug die Zeitung auf und las ein paar Zeilen. Darunter auch mal wieder Schlagzeilen von Orlando. Orlando und Penelope haben sich getrennt. Waren die jemals zusammen gewesen? Ich wusste es nicht.

Ihr fragt euch jetzt sicher was ich tun werde, wenn er mir heute doch noch über die Füße fällt? Oh man, ich weiß es nicht. Einerseits die Flatter kriegen, andererseits entnervt denken, wann der Traum diesmal zu Ende ist. Ich hab langsam keine Lust mehr, wisst ihr? Ich stellte meine Tasse ins Spülbecken und ging wieder nach oben, um mich anzuziehen. Eine zweimalige Enttäuschung, das war nicht so leicht zu verkraften. Brauchten bloß noch Jazzy oder wer anders daherkommen und mir erzählen, sie wollten zur Premiere. Aber wohl kaum, denn hier war nirgends was zu sehen von einer Filmpremiere. Das Leben ging seinen gewohnten Gang und keinen interessierte es, wo wann welche Premiere stattfand. Hier in München hatte ich so was noch nie erlebt, also war es sehr unwahrscheinlich, dass man das mal anfangen würde. Hoffte ich auch schwer, denn noch mal würde ich das nicht durchmachen. Ganz sicher nicht. Da konnten Jazzy und Mandy schön alleine hingehen wenn es wirklich so weit kam. Oh wie ich diesen Tag jetzt schon hasste, obwohl er noch nicht mal angefangen hatte. Ich steckte mitten in den Abiprüfungen, war also 18 Jahre alt. Da hatten wir Schüler Wichtigeres zu tun als was für die Zeitung zu machen. Ich musste sehen dass ich die Prüfung in Chemie schaffte, denn darin war ich eine absolute Niete. Der Schiefer hatte Glück, dass ich ihm noch nie das Labor in die Luft gejagt hab... *g* Langsam kehrte meine gute Laune zurück, die ich hatte, wenn ich verliebt war. He, verliebt in einen Hollywoodstar, ja ja ich weiß was ihr denkt. Die spinnt doch, verstrickt sich in Fantasien. Nein, tu ich nicht, ich steh fest am Boden. Ich weiß nicht, von Orli geht einfach irgendwas Magisches aus. Er zieht mich in seinen Bann, so wie das noch keiner zuvor getan hat. Und ein bisschen glaube ich auch ans Schicksal. Ich hatte sogar die Gabe, morgens ein Lied im Kopf zu haben, das eine viertelstunde drauf im Radio lief. Komisch, was? Ich putzte mir die Zähne und machte mich ein bisschen zurecht. Ein bisschen besser als sonst, denn man konnte ja nie wissen. *g*

Inzwischen war es zehn nach sieben und ich ging runter zur Ubahnstation. Auch das stimmte, hier war es morgens immer relativ leer, weil in unserem Eck nicht viele Kinder wohnten. Die Geburtenrate hier war nicht sonderlich hoch wie mir schien. Die Bahn fuhr ein und ich suchte mir einen Platz drinnen. Und es war leer, kein Orli – Double in Sicht. War ich schon mal erleichtert. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, also immer die Augen offen halten. Holzauge sei wachsam *g* Ich liebte solche Piratensprüche. Am Hauptbahnhof musste ich raus, rüber in die S4. Eigentlich war es egal, mit welcher S – Bahn ich fuhr, die fuhren alle in die selbe Richtung. Ich hatte also jeden Morgen von neuem die Qual der Wahl. Aber meistens nahm ich die S4 weil ich mich da schon auskannte.

Vom Hauptbahnhof weg war es schon ein bisschen voller. Aber auch hier nur Blondschöpfe und Türken, kein Orli.

In Laim stieg ich aus und verließ die Ubahnstation. Bis zur Schule waren es nur ein paar hundert Meter, immer praktisch, so fror ich mir im Winter nicht alles ab. Langsam wurde es hell und die Straßenlaternen gingen aus.
 

In der Aula herrschte großer Trubel, wie immer morgens. In einer hinteren Ecke sah ich Mandy und Jazzy hocken, jede mit ihrem Ordner auf den Knien. Ich schlich mich zu ihnen hin. „Morgen ihr zwei!“ Gähnte ich. „Morgen Marie! Was hast du heute für Prüfungen?“ Ich zählte alles an drei Fingern runter. „Chemie Theorie, Englisch mündlich und Mathe...“ Mathe, das kotzte mich jetzt schon an, das war auch was, was ich überhaupt nicht hinkriegte... ich war eins dieser Sprachgenies – in Englisch eine eins und in Mathe dafür eine fünf. Jazzy klopfte mir ermunternd auf die Schulter. „Hey, das packst du schon.“ Ich sah sie unsicher an. „Keine verborgenen Schülerzeitungs – Aktionen?“ Stocherte ich nach. Jazzy sah mich schief an. „Wie.“ – „Na ja, ich hatte heut so nen blöden Traum, das is alles. Na ja, eher ein Traum im Traum...“ Jetzt grinste sie. „Erzähl.“ – „Lieber nicht, damit versau ich mir den ganzen Tag. Orli kam drin vor.“ Sie grinste noch breiter. Im Traum war das noch untertrieben, Jazzy vergötterte Orli, genau wie ich. Sie hatte sich die Haare vorgestern sogar blond gefärbt, wenn auch mit einigen Lücken dazwischen, die erkennen ließen dass sie normal braunes Haar hatte. Aber blond musste es sein. Hatte ich auch vor, aber irgendwie sträubte ich mich innerlich dagegen, mich nur wegen diesem Dussel zu verbiegen. Ich wollte so bleiben wie ich war. Eine kleine Rebellin. Die Feuerroten Haare aus dem Traum stimmten schon. Normal war ich naturrot, aber ich hatte nachgeholfen und das naturrot in ein Feuerlöscher – Rot verwandelt. Gefiel mir wesentlich besser. ^^ „Du musst mir nachher alles erzählen, bitte...“ Bettelte Jazzy und stand auf, um in die Prüfung zu gehen. Mandy und ich mussten wohl auch.

Die Zeit in der Turnhalle schien nicht enden zu wollen heute, ich sah jede halbe Minute auf die Uhr und wünschte mir nur, der Tag wäre endlich vorbei. Was er nach vier endlosen, quälenden Stunden auch endlich war. Wir setzten uns in der Aula zusammen und aßen unsere mitgebrachten Brote. Hmpf. „So, und jetz raus mit der Sprache. Erst den ersten, dann den zweiten.“ He, erster dann zweiter, die waren doch alle beiden relativ gleich abgelaufen, nur dass ich am Ende auf Mauritius gelandet bin und nicht auf Hawaii. Das mit den bunten Steinen war mir gleich schon komisch vorgekommen. Ich schilderte Jazzy und Mandy also die Erlebnisse. Jazzy bekam mit jedem Wort glasigere Augen. „Ich wünschte ich hätte solche Träume, ich träum immer nur von Monstern.“ – „Hast du ein Glück.“ Seufzte ich. Ich wollte eigentlich auch von allem anderen träumen aber nicht von Orli. Es war ja schon ein geiler Traum gewesen, aber er hatte so einen bitteren Nachgeschmack...

Wir verließen das Schulgebäude und gingen runter ins Café, noch einen Latte Macchiato trinken. (Oder wie man das schreibt)

You’re the one, I put all my trust in your hands … Ich stocherte lustlos in meinem Glas herum. Jetzt kam alles wieder hoch. Ich wusste nicht dass mich ein Traum je so mitgenommen hatte, aber ich hatte ja, wen man’s genau nahm, noch nie einen mit Orli gehabt, und dann gleich zwei wenn man so will. I guess, loneliness found a new friend … Nun fühlte ich mich wieder einsam und verlassen, wie immer. Ich wusste nicht was ich falsch machte, seit ich auf dieser Schule war, hatte sich kein einziger Typ für mich interessiert. Offenbar war ich das hässlichste Entlein, das auf dieser Welt rumlief. Also würde Orli schon gleich dreimal nichts an mir finden und das machte mich noch trauriger. In diesen Tagen fiel ich wieder in meinen Pessimismus zurück, der mich all die Jahre geprägt hatte. Denn ich war mir nun wieder sicher, dass ich Orli sowieso nie treffen würde und eh alles für die Katz sei. I wish I could fly.. over this town, following you… Oh Orli, wenn du doch nur einen Schimmer hättest wie verdammt noch mal ich dich liebe! Und selbst dann wüsste ich nicht ob das was bringen würde.

Wir begaben uns langsam zur Ubahn, Mandy und Jazzy wohnten im selben Viertel wie ich, wir hatten die gleiche Endstation. Das machte die Sache auch praktischer, wenn mal wieder Gleisbauarbeiten angesagt sind und die Strecke dicht ist. Dann mussten sie keinen Umweg fahren... ich verlor mich in wirren Gedanken. Ich würde erst mal eine Nacht drüber schlafen und dann würde sich die Sache schon wieder einrenken. Verdammt, der Traum war so real gewesen... Orlis Hände, seine Stimme, seine Küsse... aber im Traum kommt einem immer alles real vor. Anyone who had a love close to this knows what I’m saying… Ich war so gedankenverloren, dass ich glatt gegen irgendjemanden knallte, der mir entgegenkam. „Oh, T’schuldigung... hab nicht aufgepasst..“ sagte ich und ging weiter. Nur um mich gleich noch mal umzudrehen. Oh nein, das verdammte Schicksal nahm seinen verdammten Lauf. Ich hasste mich jetzt schon dafür, diesen Traum jemals gehabt zu haben, geschweige denn ihn jemandem erzählt zu haben! Das da musste ein verdammtes Double sein, die liefen hier zuhauf herum. Jazzy hatte neulich sogar schon mal eins abgeschleppt... Der Typ mit dem ich zusammengeknallt war, kam zu uns zurück. Grinsend blieb er vor uns stehen. „Entschuldigt, wisst ihr wie ich zum Hauptbahnhof komme?“ Fragte er uns in gebrochenem Deutsch. Verdammte Scheiße. „Sag mal, du heißt nicht zufällig Orlando oder?“ Fragte Jazzy mit ihrem 1a – Englisch. „Was wenn?“ Grinste der Typ. „Zeig uns das Tattoo an deinem Handgelenk, dann wissen wir’s sicher.“ Ich stieß Jazzy in die Rippen. „Ich hab's schon gesehen, er is es.“ Sie rieb sich die Seite. „Aua! Verdammte Scheiße, du bist es wirklich.“ Orli amüsierte sich natürlich über unsre Unschlüssigkeit. „Is eigentlich ganz einfach, du nimmst irgendeine S-Bahn die nicht bis Freising, Petershausen, Altomünster, Mammendorf, Geltendorf, Herrsching oder Tutzing fährt sondern in die andere Richtung.“ Orli kratzte sich grinsend am Kopf. „Toll erklärt. Komm doch einfach mit, wir müssen auch zum HbF. Was suchst du denn dort?“ Sag jetzt nicht Kino. „Ein Kino, in dem nächsten Monat die Premiere stattfinden soll...“ Ich stieß einen spitzen Schrei aus und fuhr zurück. „Jazzy, bewahre mich vor ihm...“ Orli sah uns ein bisschen verwirrt an. „Hab ich dich erschreckt?“ Fragte er dann besorgt. Oh bitte, fang nicht damit an! „Na ja, es is so, ich hab heut Nacht ziemlich wirr von dir geträumt, und das steckt mir immer noch in den Knochen... hat auch alles auf ner Premiere angefangen...“ Er grinste. „Ein schöner oder ein schrecklicher Traum?“ – „Schön weil er mit dir war, aber schrecklich weil das jetzt wahr zu werden scheint...“ Orli sah sich ein bisschen hilflos um. „Hm.“ – „Ich schlag vor wir bringen dich erst mal zum Mathäser und dann kannst du entscheiden was du mit uns anstellst, ja?“ Grinste Jazzy, um die Situation zu entschärfen. Oh man ich kann euch gar nicht sagen wie voll ich die Hosen hatte *g*

Ich wette, zum Mathäser hätte er eh nie alleine gefunden, hatte ich ja schon Schwierigkeiten mich an der Oberfläche zu orientieren wenn ich am Hauptbahnhof war. Hier gab es so viele Hotels und Bars, man konnte sie gar nicht alle zählen.

Wir brachten ihn also zum Kino, wo er kurz hineinging, offenbar um was zu besprechen, nach einer viertelstunde kam er wieder zum Vorschein. Mandy, Jazzy und ich hatten es uns am Geländer zur Straße bequem gemacht und auf ihn gewartet. Ein bisschen verblüfft war er schon, dass wir immer noch da waren. „Hey, immer noch da?“ Grinste er. „Kommst noch mit auf nen Kaffee? Wir laden dich ein!“ Platzte Jazzy dann raus. Er zuckte die Schultern. „Wieso nicht, ich hab Zeit. Muss erst morgen wieder nach Hause.“
 

„Wieso schicken die eigentlich einen berühmten Hollywoodschauspieler los um ihre Angelegenheiten zu regeln, können die das nicht selber?“ Fragte Mandy dann, als wir im Café saßen. Orli hatte sich einen Latte Macchiato bestellt mit ordentlich Sahne drauf. (Sahne? Wohl eher Soja – Sahne.. er hatte der Bedienung vorher irgendwas geflüstert...) „Das is ne Sache unter uns, Johnny, Keira und mir. Die ham mich geschickt. Keira is da ein bissel pingelig und ich sollte sehen ob das Kino auch picobello ist, ihren Ansprüchen genügt und so... Also mir würds ein langweiliges Hinterhof – Kino auch tun.“ Kicherte er. Keira... ich weiß nicht, aber ich hatte sie eigentlich noch nie so richtig gemocht. Ich hasste sie nicht, aber ich mochte sie auch nicht. Also neutral. Ich war nur furchtbar neidisch, als sie am Ende vom ersten Teil Orli küsste. „Und ihr, was macht ihr eigentlich, ich weiß weder eure Namen noch was ihr macht. Also sagt mal.“ Neugierig bist du ja gar nicht, was? „Also, ich bin Jazzy, das zu meiner linken ist Marie und zu meiner rechten Mandy. Wir gehen alle drei aufs Gymi in Laim und stecken grade mitten in den Abiprüfungen.“ – „Dann müsst ihr irgendwas um die 18 sein wenn mich nicht alles täuscht.“ Wow, der kannte sich mit dem deutschen Schulsystem ja gut aus. Ich hatte ja keinen Schimmer wie das in England ablief, aber hier kannte der sich echt gut aus. Aber 18 war ihm sicher zu jung... „Und, was treibst du heute noch? Ich mein, es is ja schon bissel spät und das Nachtleben erwacht...“ Orli grinste. „Ich bin kein Partygänger.. war ich früher mal ein bisschen, aber das gibt mir nicht mehr wirklich was. Ich seh mir schon mal ein gutes Konzert an, ja, aber das war's dann auch.“ – „Och schade, ich kenn da eine echt coole Disco..“ Orli schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Lieb, danke, aber für heute hatte ich genug Stress. Ihr glaubt gar nicht wie viele Fans es hier gibt...“ – „Uns eingeschlossen.“ Grinste ich. So, das hatte ich jetzt davon, er sah mir direkt in die Augen. „Na ja, ihr seid welche von der angenehmeren Sorte, die einem nicht so auf die Pelle rücken wenn ihr versteht was ich meine.“ Was heißt hier auf die Pelle rücken?? Der rückte mir doch schon die ganze Zeit auf die Pelle! Vorhin war er (natürlich völlig unbeabsichtigt) mit seinem Fuß an meinen gekommen. Und hatte mich dabei auch noch unauffällig angegrinst... na ja ihr wisst scho, so geheimnistuerisch halt. Aber dass mir das Herz dabei fast stehen geblieben wäre, das musste er ja nicht wissen. Er sah schon wieder so zu mir herüber. Argwöhnisch schaute ich zurück.

Wir schlürften unsere Sachen fertig und machten uns dann auf den Nachhauseweg. Orli in sein Hotel hier irgendwo in der Nähe, glaub er residierte im Hilton wenn mich nicht alles täuschte. „Wir sehn uns ja dann auf der Premiere nehm ich an oder?“ Hä? „Äh was?“ – „Premiere..“ Oh bitte hör doch auf. Ich hab die Nase voll, das hab ich schon mal gesagt! „Ja, aber mich wirst du da nicht finden. Der Traum is mir echt ein bissel zu sehr an die Nieren gegangen als dass ich das jetz einfach so geschehen lassen kann.“ Traurig sah mich Orli an. „Na dann mach’s gut, schade dass wir uns nicht wiedersehen. Aber ihr zwei kommt ja oder?“ – „Mal sehen.“ Ein klein wenig geknickt war er schon, unser kleiner Orli. Für jeden gab es zum Abschied noch eine Umarmung. Ich stand nachher mindestens noch fünf Minuten da und war kurz vorm Umfallen, wirklich. „Man, wir haben ihn einfach so gehen lassen!!“ Ärgerte sich Jazzy jetzt. Nun half es auch nix mehr! „Wenn ihr das Interview auf der Premiere macht, seht ihr ihn ja wieder.“ – „He, du glaubst du kannst dich drücken, was? Entweder wir gehen alle oder keiner geht.“ Das könnt ihr mir nicht antun, bitte! Klar wäre es der Himmel auf Erden gewesen wenn ich dann mit Orli zusammen wäre, aber das war mir viel zu unreal. Oh nein, nicht mit mir. Dann könnt ihr eben auch nicht hingehen, tut mir leid. Aber mich kriegen da keine zehn Pferde hin.
 

Hmpf. Wider meinem Willen wurde ich am Dienstagmorgen in der Schule eines besseren belehrt, als wir mit Tobi zusammen in der Redaktion saßen und die anstehende Ausgabe besprachen. Hier die Schnappschüsse der Lehrer, da der übliche Klamauk. „Und, das beste kommt erst noch.“ Grinste Tobi. Ich mimte die Nachdenkende wie im Film, ihr wisst schon, Hand vor die Stirn halten und Augen zukneifen. „Sag nichts, sag nichts, wir sollen wen interviewen, hab ich recht?“ Jetzt fiel Tobi förmlich das Gesicht runter. „Woher...“ – „Frag nicht, ich hatte heute Nacht einen echt merkwürdigen Traum. Wir haben sogar schon jemanden, mit dem bin ich gestern in der Ubahn zusammengeknallt.“ Jetzt grinste Tobi wieder und verwies mit einem Kopfdeuten auf das Fluch der Karibik – Poster das neben seinem Tisch an der Wand hing. Ich verdrehte die Augen und nickte nur. „Jenny hat euch gestern gesehen, sie kam von Pasing und saß im Wagen, hat sich aber nicht aussteigen getraut, geschweige denn ihn ansprechen, ihr kennt ja Jenny.“ Ich grinste. Jenny, oh ja, auch eine gute Freundin von mir, die ganz hysterisch wurde, wenn ein neuer Film ins Kino kam oder irgendwo ein neues Poster erschien... Und dann sah sie Orli in Real. Ich verstand gar nicht, wieso sie nicht aufgesprungen und kreischend zu uns hergerannt war... „Die arme Jenny, heute schimpft sie sich selber alle möglichen Dummköpfe dass sie gestern sitzen geblieben ist.“ – „Hey, is doch super, dann muss ich nicht mit...“ Das war’s, er schickte Jenny statt mich und ich war den Fluch los. „Da gibt’s nur einen Haken.“ Nein, bitte. „Auf dem Presseausweis steht dein Name.“ Ja und?? „Ja und, dann lass ihn halt auf Jenny überschreiben.“ – „Die Teile sind sauteuer... sei froh dass euch der Direx überhaupt welche spendiert! Außerdem ist Jenny ein ziemlich hysterischer Fan, na ja, gestern hat sie wohl der Schock gelähmt, aber ich weiß nicht wie sie reagieren würde wenn sie mitdürfte.. liegt mir eh schon die ganze Woche damit in den Ohren.“ Yar... ich wollte da aber verdammt noch mal nicht hin!!!!!!! Dass er wieder anfing mich anzubaggern, ja, das hätte mir gerade noch gefehlt, meine Gedanken noch mehr verwirren, jetz wo ich eh mitten im Abi steckte und schauen musste dass ich nen gescheiten Abschluss schaffte! Oooooh nein! Bezeichnet mich ruhig als einen Überstreber, aber mir ist nun mal die Schule wichtiger als irgend so ein dahergelaufener Orlando. Auch wenn ich total in ihn verknallt war. Shit happens... Falsche Zeit, falscher Ort. Scheiß drauf ob er der begehrteste Typ der Welt war!! Wirklich scheiß drauf? Oh man, und dann fraß sie das Gewissen...

Ich saß draußen vor der Tür am Boden und grübelte. Nach Jenny war ich abgehauen, weil ich's nicht mehr ertrug. Ich wollte ihn, und gleichzeitig wollte ich ihn nicht, weil mir schwante, dass wenn ich mich wieder auf ihn einließ, irgendwann der Moment kam wo ich wieder aufwachen würde. Aber dieser Traum erschien mir als ein bisschen zu kompliziert, um ein Traum zu sein. Jetzt prasselten die negativen Emotionen nur so auf mich herunter, was sie in meinen Träumen nicht getan hatten, da fühlte ich nur das Positive. Ich schüttelte den Kopf. Es war einfach zu verwirrend. Jazzy kam raus und setzte sich neben mich. „Hey...“ – „Es ist alles so kompliziert... woher weiß ich dass ich nicht wieder im schönsten Moment aufwache und die gleiche Scheiße wieder von vorne anfängt?? Ich fühl mich wie in einer Zeitschleife gefangen.“ – „Wenn das so wäre dann würdest du jetzt nicht fast heulen. In Träumen erlebt man meistens nur schöne Sachen. Klar is auch im Traum alles möglich, aber...“ – „Jazzy, ich halt das nicht mehr aus, ich zerbreche daran! Nur wegen diesem scheiß Traum! Schon allein dass die Premiere im Mathäser stattfindet ist für mich ein einziger Witz! Eine Filmpremiere in München, also hör mal!! Die großen Dinger feiern doch höchstens in London Premiere, aber doch nicht hier! Ich wünsch mir einfach nur, aufzuwachen und ein ganz normales Leben weiterzuführen, vielleicht sogar ohne zu wissen, wer Orli überhaupt ist! Seit ich weiß wer er ist hab ich nichts als Ärger.“ – „Marie..“ Jazzy legte den Arm um meine Schultern. Ich fühlte mich so klein, nutzlos, ein Werkzeug des Schicksals, nichts weiter. Nun kamen auch Mandy und Tobi. „Hey, wie geht’s dir? Du hör mal, wenn du das wirklich nicht packst, dann frag ich den Direx was er machen kann. So schlimm...?“ Ich sah verunsichert zu Tobi auf. „Wie würdest du reagieren wenn du zweimal einen Traum mit der schönsten Frau der Welt gehabt hättest und sich dieser Traum nun in allen Details bewahrheitet?“ – „Ich würd mir sicher denken, ich wach gleich auf, das kann nicht sein..“ – „Siehst du, so geht’s mir auch grade. Ich hab Angst, dass das noch mal losgeht. Dass mir das Schicksal lediglich einen streich spielt. Einen verdammt beschissenen Streich...“ – „Hey, wenn das ein Traum wäre...“ – „Ich weiß, dann würd ich sicher nicht hier sitzen und heulen. Hat mir Jazzy alles schon erklärt.“ – „Na ja also was du dann tust is deine Sache, sag mir zwei Wochen vorher bescheid. Aber das packst du schon. Hey, welches Mädchen würde dich nicht darum beneiden, allein dass du ihn schon getroffen hast! Schau mich an, ich bin auch ein bisschen neidisch.“ Heh, das war ein Witz. „Du bistn Kerl, Tobi...“ – „Ja und, darf man keine berühmten Vorbilder haben?“ Ich knuffte ihm in die Seite. Er verstand es immer wieder, mir die Laune zu erheitern. „Außerdem ist dein Vorbild eher Albert Einstein, aber doch nicht Orli...“ Tobi zeigte auf sein Kinn. „Da, aber in Sachen Bart...“ Wir mussten lachen. Die paar Stoppeln die er hatte nannte der Bart? Ich kriegte mich fast nicht mehr ein. „Okay is ja gut, ich geh mit, aber eins sag ich euch, wenn das noch mal ein Traum sein sollte, dann dürft ihr mich erschießen wenn ich erneut aufwache. Ich will so ein Drama nicht noch einmal miterleben. Das verkrafte ich nicht.“ Okay das mit dem erschießen war übertrieben, aber ich konnte mir kein ordentliches Leben mehr vorstellen, sollte ich wieder aufwachen. Ein Leben ohne Orli? Undenkbar!!

Wir verbrachten den Nachmittag bei Jazzy zu Hause mit Fragen ausdenken für's Interview, auch wenn noch ein guter Monat hin war, man wusste ja nie. Außerdem überlegten wir natürlich fieberhaft wie alle weiblichen Lebewesen, was wir anziehen sollten. Denn mit Fransenjeans ließen die uns bestimmt nicht rein. Während wir die Reste von Jazzys Geburtstagskuchen (Sie war vor drei Tagen 18 geworden) verspeisten, schauten wir Fluch der Karibik 2 auf DVD. Pech für den Kuchen, denn der blieb lange liegen, weil wir alle gebannt auf die Mattscheibe starrten, jedes Mal wenn Orli auftauchte...

Den Presseausweis hatte ich mir zu Hause an die Pinnwand gepinnt. Der durfte ja nicht verloren gehen, der war mein Ticket zum eventuellen Glück... Mich plagten immer noch meine Gewissensbisse. Ich hatte riesen Schiss vor Orli und wusste eigentlich gar nicht warum, außer der Tatsache dass er versucht hatte, sich an mich ranzumachen, ja. Aber das konnte genauso harmlos gewesen sein. Jungs flirten eben mal gerne. Musste ich schon oft feststellen. In der Schule wenn ich war, interessierte sich kein einziger Typ für mich, aber wenn ich mal shoppen ging, wargh ich hasse es wenn einem diese Weiberhelden nachgeifern und einen schon in Gedanken ausziehen. Ekelhaft.
 

Am nächsten Schultag stand Chemie praktisch an. Ich hatte noch so viele andere Dinge im Kopf, dass ich leider die falsche Substanz ins richtige Reagenzglas goss und das Labor in die Luft jagte... *g* Na ja so schlimm auch nicht, aber zwei Meter um mich war alles voller schwarzem Niederschlag... mich inklusive. Wir hielten uns die Nasen zu und die Luft an und verließen fluchtartig den Raum bis die Feuerwehr kam und das Zeug beseitigte. Klar dass heute keine Prüfung mehr stattfinden würde. Und für mich ging’s erst mal ins Klo, mir das schwarze Zeug abwaschen. War ja zum Glück nicht klebrig, so brauchte ich mir nur meinen Kittel abklopfen und die Haare ein bisschen ausschütteln.

Jazzy, Mandy und ich saßen draußen vorm Gebäude und ließen uns die Sonne ins Gesicht scheinen während wir unsere Pausenbrote verspeisten, die eigentlich erst in ein paar Stunden dran gewesen wären. Aber durch mein Ungeschick hatten wir jetzt früher Schluss. Das wollten wir nutzen und in die Riem Arcaden hinaus fahren, um uns was passendes für die Premiere zu kaufen. Glaubt nicht ich hätte den Schrank nicht voller Klamotten gehabt, aber es war halt einfach nichts dabei, was so richtig passte.. zu aufreizend durfte es auch nicht sein, denn sonst würde Orli gleich wieder loslegen...
 

Am späten Abend kamen wir dann wieder nach Hause und begutachteten unsere Einkäufe. War gar nicht schlecht ausgefallen. Jazzy wollte wie immer gehen, nur ohne Löchern in der Jeans und mit so einem rot – schwarz – gestreiften Piratenoberteil. Mandy ganz brav im weißen Rollkragenpulli. Ich fragte mich schon ein bisschen ob es ihr beim Anblick der Jungs nicht heiß wird... Ich für meinen Teil hatte mir auch ein Piraten – T-Shirt besorgt und dazu einen karierten Mini... ja, ich hatte es leider geschafft, mir das geilste Teil rauszusuchen und würde jetzt wohl auf die Rache Orlis warten müssen... das würde sicher nicht unbemerkt bleiben. Ich sah ihn jetzt schon sabbernd im Kinosessel hocken. ^^

Die Klamotten wurden sorgfältig in einer staubfreien Ecke verstaut, bis zum Tag X. Danach warf ich mich noch ein bisschen vor den Fernseher, vor dem ich dann einschlief.
 

Leider war am nächsten Tag das Labor wieder gebrauchsfertig, und so mussten wir die Chemieprüfung wiederholen, zusammen mit Deutsch und Physik. Toll. Ich hatte zwar wieder nur Orli im Kopf, versuchte letzteren aber klar zu behalten damit ich nicht wieder eine Sauerei anrichtete.

Das klappte an diesem Tag dann auch ganz gut. Ich war erleichtert, als ich nach Hause kam, meine Mom ausgeflogen und alle still. So konnte man richtig schön die Gedanken kreisen lassen. Man, ich hatte eine Heidenangst vor unserem Termin in drei Wochen. Ich war ja immer noch unsterblich in Orli verliebt... Mandy und ich hatten das Thema verliebt und verschossen mal diskutiert und waren zu dem Schluss gekommen, dass man nur verliebt sagen darf wenn es einen wirklich erwischt hat und es keine kurze Spinnerei ist. So konnte ich getrost sagen, dass ich in Orli verliebt war. Er hatte die schönsten Augen, die ich je gesehen hatte, eine atemberaubende Figur... aber nicht nur das Äußere fand ich anziehend. Orli war so ein Mensch, der trotz des Ruhmes noch auf dem Boden stand, und das fand ich großartig. Ich hasste nichts mehr als Leute mit Allüren.

Oben warf ich mich auf mein Bett und starrte das Poster über meinem Kopf an. „Da hast du mir ja was schönes beschert, weißt du das?“ Sagte ich zum imaginären Orli auf Papier. Ich rang immer noch mit mir, ob ich es zulassen sollte, den Gefühlen freien lauf lassen sollte und dass er mich dann womöglich flachlegte... nein, so einer war er nicht. Aber trotzdem, er war ein Megastar und ich nur das kleine Landei... das konnte nicht gut gehen. Ich stand zwar irgendwie auf nicht alltägliche Beziehungen – mein letzter war Gitarrist in einer Coverband gewesen – aber Orli schien mir irgendwie eine Nummer zu groß. Something’s gotten hold of my heart... Dabei gehörte ihm eh schon mein ganzes Herz. Bis jetzt war er immer nur der unerreichbare Star gewesen, von dem viele Teenies träumen und ich schämte mich irgendwie, mit 18 immer noch einem nachzueifern den ich eh nie kriegen würde... Und auf einmal trat er in mein Leben. Erst im Traum und dann in real. Inzwischen hatte ich mich damit abgefunden, dass dies kein Traum war, sondern vollkommene Realität. Wenn Fortuna es so wollte, dann würde ich mich eben meinem Schicksal stellen. Ich würde sehen was kam. Schon geil wenn das die ganz große Liebe für's Leben wär... aber das glaubte ich nicht. An so was glaubte ich sowieso nicht. Und bei Orli schon gleich dreimal nicht. Er hatte es eh schon schwer genug, eine passende zu finden, die nicht nur auf sein Äußeres achtete oder nur auf sein Geld aus war. Na ja, ich geb ja zu, so eine war ich eigentlich nicht. Klar, er sah umwerfend aus und hatte sicher ein paar Milliönchen auf dem Konto, aber war er deshalb interessanter? Für mich nicht. Ich hätt mich auch in ihn verliebt wenn er der Barkeeper in der nächsten Disko gewesen wäre. Er hatte eine gewisse Ausstrahlung, die mich wie magisch anzog. Das war mir schon damals aufgefallen, als ich Herr der Ringe zum ersten Mal gesehen hatte. Irgendwas umgab ihn das ihn unwiderstehlich wirken ließ. Ich zappte durch die Radiosender, die ich auf meiner Anlage gespeichert hatte, fand nichts passendes und machte das Teil wieder aus. Dann schnappte ich mir ein Buch und setzte mich auf die Bank vor der Haustür, wo mir die Sonne ins Gesicht schien und mich wärmte. Drinnen war es ziemlich kalt gewesen, das Haus war gut isoliert.
 

So vergingen die drei Wochen fast wie im Fluge und ehe ich mich versah, war der 23. Mai, einen Tag vor Tag X. Wir saßen zusammen in der Redaktion und besprachen die letzten Einzelheiten. So easy to begin and then impossible to end... So, nun war es soweit. Ich würde ins lidlose Auge blicken müssen, mich dem Grauen stellen das jetzt in mir hochkam. Ich hatte auf heute schon fast nichts geschlafen, so aufgekratzt war ich. Ich ging im Kopf jede Möglichkeit durch, die sich ergeben könnte, bis zu dem Punkt dass er mich ins Hotel abschleppte. „Seid pünktlich, die Parkplätze werden knapp, wenn viele Fans kommen... Die arme Jenny, sie hat mir gesagt, sie wird sich unter die Leute mischen und euch zusehen. Schaut mal ob ihr sie in der Menge entdeckt. Und winkt ihr wenigstens nett zu.“ – „Was macht sie heute?“ Fragte ich Tobi. Wir hatten heute keine Schule mehr, ich würde im September anfangen zu studieren, wusste aber noch nicht was. Außer uns war heute niemand hier. „Sie sitzt zu Hause und überlegt was sie anziehen soll...“ Ich musste lachen. „So ging’s uns vor nem Monat auch, aber das Problem ist gelöst.“ Ich bekam langsam Zweifel, ob ich den Minirock wirklich anziehen sollte. „Na gut, dann entlass ich euch für heute, und macht euch nicht so viele Gedanken, wird schon schief gehen!“ He, das sagte der so leicht. Klar, wir hatten Orli schon getroffen und waren bekannt, aber die Tatsache dass er wieder anfangen könnte zu baggern nagte immer noch an meiner Moral. Wir verließen das Schulgebäude und Tobi sperrte hinter uns zu.

Zu Hause legte ich feinsäuberlich alle Kleidungsstücke auf meinem Bett aus, um die Kombination noch mal durchzugehen. Draußen ging die Sonne unter und warf ein dämmriges Licht in den Raum, das das Ganze irgendwie unwirklich werden ließ. Ich hatte ein Gefühl, als ob da was ganz großes kommen würde. Wie vor einer Reise, die man zum ersten Mal alleine macht, sich gleichzeitig freut und Angst hat. Ich hatte OMD - Maid of Orleans laufen, ließ den Blick noch mal über mein Outfit gleiten und packte es dann zufrieden weg. Würde schon schief gehen...

Die Nacht kriegte ich wieder kein Auge zu, ich war einfach zu nervös. Ich war schon kurz davor, um vier Uhr früh Frühstück zu machen weil ich wirklich nicht schlafen konnte, egal was ich versuchte, selbst heiße Milch mit Honig half nichts. Irgendwie musste ich aber dann doch eingeschlafen sein und wachte gegen acht Uhr morgens auf.

Ich zwang mich dazu, aufzustehen, weil ich mich innerlich gegen das sträubte, was mir nun bevorstand. Aber es half nichts, da musste ich jetzt durch. Ich ging runter in die Küche, wo meine Mom saß und Zeitung las. „Hey, schon wach? Dachte du schläfst mindestens bis Mittag...“ Ha ha, sehr witzig. Die Premiere fing um 13 Uhr an. Ich ging hinter und machte mir meinen allmorgendlichen Tee. Ich versuchte auch, ein Brot mit Erdbeermarmelade hinunterzubekommen, aber irgendwas klemmte mir die Speiseröhre ab... „An deiner Stelle wär ich auch nervös. Aber lass dir einfach nichts anmerken, sei ganz du selbst...“ – „Mom! Das sind nicht irgendwelche albernen Schuljungs, das sind Hollywoodstars von denen einer versucht, sich an mich ranzumachen!“ Mom wusste, wie sehr ich in Orli verschossen war. Schon seit sie das erste Poster in meinem Zimmer gesehen hatte. Immer wenn es bei ihr auf Arbeit (sie war Verkäuferin in einem Supermarkt um die Ecke) irgendwas vom Fluch der Karibik oder Orli gab, sei es auch nur ein Schnipsel, brachte sie mir den ganzen Kram mit nach Hause. Meine Mom war die Größte.

Um neun ging ich wieder hoch in mein Zimmer, schnappte mir mein Handy und rief Jazzy an. Es dauerte lange bis jemand abhob. „Guten Morgen...“ hörte ich eine verschlafene Stimme antworten. „Oh Jazzy, sorry wenn ich dich aufgeweckt hab!“ – „Was? Nein nein, ich muss wohl kurz eingenickt sein, ich sitz hier vor der Glotze und zieh mir den zweiten Fluch noch mal rein um auf dem Laufenden zu sein...“ Sie kicherte. Jazzy. Ich konnte mir schon vorstellen dass sie jetzt im Pyjama vor dem Fernseher sah und Orli nachsabberte. „Bis wann willstn du fahren?“ Fragte ich sie dann. „Nun, ich glaub es is gescheiter wenn wir mit der Ubahn fahren, das is nicht so nervig mit der ganzen Parkplatzsucherei. Ich hasse das.“ Jep, Jazzy hatte ein Auto. Einen Marienkäfer. Letztes Jahr im Sommer hatten wir ihn aus Spaß umlackiert. Das Ding war eh schon rot, also bekam es noch schwarze Punkte. Sah gar nicht mal schlecht aus. „Wir treffen uns dann unten an der Station?“ – „Wie viel Uhr?“ – „Wir brauchen grad mal fünf Minuten bis zum Bahnhof... Treppe rauf... sagen wir zwölf. Dann eilt die ganze Sache nicht so.“ – „Okay, zwölf unten an der Station. Bist du nervös?“ – „Hörst du meine Hände zittern?“ Lachte Jazzy. Ich hob meine linke Hand hoch, die zitterte auch wie die Hand einer alten Frau. „Ich zittere wie eine alte Oma...“ Gab ich zu. „Hey, freu dich doch, du siehst deinen Schatz wieder!“ – „Haha.“ – „Nein ehrlich, ich würd was drum geben, wenn er sich an mich ranmachen würde statt an dich. Obwohl ich blond bin, zeigt er kein Interesse...“ Das fand ich allerdings schon ein bisschen seltsam. Im Hintergrund hörte ich Geschirr klirren. „Du, ich muss noch eben meinen Teller abspülen.. wir treffen uns dann um zwölf an der Ubahnstation.“ – „Jap. Ich nehm noch eben meine Baldrian...“ Lachte ich. „Ich auch. Valium.“ Jetzt lachten wir beide. “Also bis später dann.” – „Jop, bis Späder...“ Ich legte auf und trabte wieder die Treppe hinauf in mein Zimmer, wo ich gestern schon mein Outfit über den Schreibtischstuhl gehängt hatte, sodass ich es nur noch anziehen musste. Gott war ich aufgeregt!!!! Ich würde Orlando Bloom leibhaftig und in Person wiedersehen... den Traum meiner schlaflosen Nächte... dieses Wunder auf zwei Beinen... und doch der größte Horror, der mich an diesem Tag ereilen konnte...

Immer noch den Kopf in den Wolken, zog ich mich langsam an. Ich musste sehen dass ich wieder am Boden war, bis die ganze Sache anfing, sonst würde ich nachher ein Problem haben, weil ich mich nicht beherrschen konnte... wenn ich richtig verliebt war, war ich zu allen Schandtaten fähig. Ich würde es sogar fertig bringen, mit Orli anzubandeln, genau.

Der Rock saß perfekt und ging zum Glück bis ungefähr fünf Zentimeter über meinen Knien, war also nicht ganz sooo kurz wie ich zuerst befürchtet hatte. Dann noch mein Piraten – Oberteil.. jetz noch ne Kette um den Rock und ich wär glatt als Punk durchgegangen *grins*

Die Schminke musste auch perfekt werden. Leider haute ich immer wieder daneben, weil meine Hände so zitterten. So kam es dass ich allein für die Augen eine halbe Stunde brauchte. Man Orli, was hast du bloß mit mir angestellt... überhaupt, ich glaub der würde überrascht sein, hatte er doch damit gerechnet dass statt mir eine andere kommen würde... dem würden sicher die Augen fast aus dem Kopf fallen. Der Gedanke gefiel mir, Orli zu überrumpeln ^^ Langsam fing die Sache doch an, Spaß zu machen.

Ich nahm noch eine Magnesiumtablette um das Zittern endlich zu beruhigen... ich hatte keine Ahnung ob man gegen so was Magnesium nahm, war nur mein erstbester Einfall... Ich sah auf die Uhr. Elf. Eigentlich sollte ich noch was essen, aber ich hatte absolut keinen Hunger, der war wie weggeblasen. Trotzdem zwang ich mich noch zu einer Portion Spaghetti. Meine Henkersmahlzeit sozusagen. Ich hatte die Angewohnheit, während des Essens Zeitung oder was anderes zu lesen, und so tat ich das auch jetzt. Allerdings überflog ich die Seiten nur, immer im Kopf ob ich auch ja nichts vergessen hatte. Jazzy hatte ihr Diktiergerät dabei, ich braucht eigentlich nichts weiter machen. Aber ich hatte meine Digicam und mein Autogrammbüchlein eingepackt, nur für den Notfall. Sicher würden wir auch Johnny und Keira begegnen, nach all dem was Orli uns da so erzählt hatte. Tell me now what you see... Ich hatte grade dieses Lied aus dem King Arthur – Soundtrack im Kopf, der mir komischerweise immer bei Großereignissen im Hirn rumspukte. Passte halt irgendwie zur feierlichen Stimmung. Wie viele Mädels würden alles dafür geben, an meiner Stelle zu sein... Und trotzdem hatte ich verdammt noch mal immer noch einen riesen Schiss vor der ganzen Angelegenheit. Ich hatte gestern Abend das Poster über meinem Bett wieder zu lange angestarrt und mich schon wieder Hals über Kopf in Orli verliebt. Ich spürte den Kloß in meinem Hals. Viertel vor Zwölf. Wurde Zeit dass ich zur Ubahn runterging. Ich wollte schließlich nicht zu spät sein. Okay, Tasche, Foto, Stift... alles dabei. Ich öffnete die Utensilienschublade in der Küche und fand dort noch einen Pariser von meiner Mom... ob der noch haltbar war? Scheißegal. Wenn was passierte wollte ich sicher kein Kind von Orli. Aber der hatte für solche Situationen sicher vorgesorgt. Trotzdem steckte ich das Ding ein. Man konnte ja nie wissen.

Leise schloss ich die Haustür und sperrte ab. Warum leise? Ich weiß nicht, machte vielleicht die Nervosität. Draußen knallte die Sonne vom Himmel, es war ein herrlicher Tag, um Orli wiederzusehen. Langsam wurde ich ganz hibbelig vor Freude.
 

„Hey, man, du hast dich ja rausgeputzt...“ Empfing mich Jazzy in der Ubahnstation, die wieder mal gähnend leer war. Wie Messestadt Ost spätabends, so sah das hier aus, keine Sau da. „Oh Gott ich kann dir gar nicht sagen wie aufgeregt ich bin. Seid ihr gar nicht nervös??“ Ich ließ meinen Blick zwischen Jazzy und Mandy hin und her wandern. Jazzy hob ihre Hände, die ebenfalls zitterten wie Espenlaub. Mandy schien ganz ruhig. „Sag mal du hast ja die Ruhe weg oder?“ Grinste ich sie an. „Das scheint nur so. Ich bin nur einfach nicht der Typ für Händezittern weißt du...“ Aber man merkte ihr schon eine gewisse Unruhe an, wenn man ihre Mimik beobachtete. So als ob sie jeden Moment schreiend davonlaufen wollte. „Das packen wir schon. Was glaubst du was Orli für Augen machen wird, wenn du wieder dabei bist ...“ Grinste Jazzy. „Gaaaaanz große wahrscheinlich.“ Grinste ich. „Groß wie Suppentassen oder eher wie Unterteller?“ Grinste Jazzy zurück. Ich zuckte mit den Schultern. Wusste ich doch nicht! Die Ubahn fuhr ein. Ich musste meine Haare festhalten, weil mir der Fahrtwind sonst die Frisur ruiniert hätte... ja, ich hatte mich extra für Orli herausgeputzt. Ich fragte mich grad wirklich, ob ich ein bisschen spinne vielleicht. Jede mit dem Herz in der Hosentasche bzw. der Rocktasche stiegen wir ein und fuhren zum Hauptbahnhof.

Dort sah man uns ein bisschen schief an. Was denn, habt ihr noch nie drei weibliche Wesen gesehen?? Na ja, vielleicht strahlten wir was aus... ach keine Ahnung. Mich nervten die Gaffer auf jeden Fall nur.

Wir verließen das Gebäude und gingen die Bayerstraße hinunter. Es waren vielleicht grade mal hundert Meter bis zum Mathäser. Wie ein riesiger Glasblock hing es zwischen zwei altertümlich wirkenden Häusern. Vor dem Gebäude war schon ein roter Teppich ausgerollt und daneben Absperrungen aufgestellt worden. Ich schluckte. Noch war keiner zu sehen, keine Stretch – Limo, kein Star in Sicht. Nur eine Menge Fans standen da hinter den Absperrungen... ich zog schon mal meinen Presseausweis aus der Handtasche, Mandy und Jazzy auch. Wir wollten ja schließlich reinkommen.

Vorm Eingang hielt man uns erst mal auf, kontrollierte die Ausweise. Aber dann machten sie uns den Weg frei und wir stiegen ein paar Stufen hinauf zum Foyer des Riesenkinos. Meine Beine waren Pudding, meine Hände zitterten als hätte ich ein vibrierendes Handy in der Hand, mein Kopf schwirrte und ich wusste nicht, ob ich im nächsten Moment vielleicht ohnmächtig wurde. Scheißegal, jetzt gab es kein Zurück mehr.

Aber für's erste wurden wir entwarnt, drinnen war keine Sau zu sehen, außer dem Typen, der immer Popcorn verkauft und ein paar Damen an der Kasse, die anscheinend Feierabend hatten... Na ja, das Kino war ja auch für den normalen Betrieb gesperrt worden für diesen besonderen Anlass... Wir setzten uns in eine Ecke auf ein gemütlich wirkendes rotes Sofa und warteten ab...

So gegen viertel vor eins trudelten dann mal die ersten Leute ein, Gore Verbinski erkannte ich, den kleinen Dicken... Hinter ihm drein schlurfte Naomi ... ihren Nachnamen wusste ich nicht mehr, Tia halt. Dann kam wieder lange nichts.

Irgendwann hörte man von draußen lautes Gekreische. Ach du scheiße, es war so weit. Orlando, Johnny und Keira würden jeden Moment das Kino betreten. Wieder warteten wir gute zwanzig Minuten. Na ja, die gaben sicher noch Autogramme draußen und machten Fotos... Dann ging die schwere Glastür auf und Keira schlurfte herein, besser gesagt, wackelte, denn sie schien auf ihren Pfennigabsätzen nicht ganz gerade stehen zu können, so wie das für mich aussah. Hintendrein, Johnny. Er grinste uns an und zwinkerte zu uns herüber. Und dann – mein Herz blieb fast stehen, man sah der heute GEIL aus!! – Orlando... Ich wurde schwach, meine Knie zitterten, ja, ich zitterte komplett.

Fragend sah er sich um, offenbar auf der Suche nach uns. Als er dann den Haufen zitternder Mädchen erblickte, grinste er uns lieb zu, drehte ab und kam herüber. Oh man, hab ich schon erwähnt dass dieser Kerl ein absoluter Gott ist? Die Art allein wie er sich bewegt macht mich schon ganz duselig. „Hey, du bist ja doch gekommen...“ Lächelte er mich dann an und umarmte mich... Bewusstsein ade... nein, ich blieb wach, aber nahe am ohnmächtig werden. „Na ja, wir ham keine andere mehr gefunden... und ohne mich wollten sie nicht gehen...“ Orli setzte sich glatt neben mich, sehr, sehr nahe.. „Das war ein hartes Stück Arbeit, Marie dazu zu kriegen, doch noch mitzugehen.“ Kommentierte Jazzy. „Ich hab jetzt noch die Hosen voll.“ Grinste ich. „Hey, brauchst keine Angst haben, ich bin’s doch nur, Orlando...“ Hast du eine Ahnung... murmelte ich durch meine zusammengebissenen Zähne, als er mir über den Rücken strich... oh man bitte hör auf, ich kann jetzt schon nicht mehr! Das ist zu viel!! Jazzy sah nur zu mir herüber und schien sich unglaublich für mich zu freuen. Sie hatte diesen man, wie gern wär ich jetzt an deiner Stelle – Blick... Mandy saß zwischen Jazzy und mir und sagte nichts. Aber ich wusste dass es in ihr brodelte. „Wolln wir in den Saal gehen? Der Film fängt gleich an.“ Fragte Orli dann. „Klar... ich kann’s gar nicht mehr erwarten...“ Freute sich Jazzy. Ich konnte es auch nicht mehr erwarten, endlich den dritten Fluch zu sehen, wo die Poster aus der Bravo doch schon viel versprachen, dass Orli geiler denn je aussehen würde.. Wie schade dass die Haare jetzt so kurz waren... länger warn sie schöner.

Drinnen war es schon zappenduster, der Rest der Meute hatte sich ziemlich weit vorne einen Platz gesucht, weit ab von uns. Wir machten es uns in der oberen Hälfte der vielen Sesselreihen bequem, Orli ganz außen, dann (fatalerweise hatte ich mich da hingesetzt) ich, neben mir Mandy und dann Jazzy. (von der Leinwand aus gesehen jetz) Und wie das bei mir immer so war, hatte ich grad den passenden Song im Ohr... Can’t fight the moonlight… You can try to resist… sollte ich widerstehen und mir die Chance vermasseln? Ich glaub ich war mir in dem Moment nicht klar darüber, wer hier wirklich neben mir saß. Ich drehte mich nach rechts und sah mir Orli noch mal an, der gerade mit auf-die-Leinwand-starren beschäftigt war, mich also nicht bemerkte. Wenn er nur nicht sooo perfekt wäre!! Ich hielt sonst wirklich nichts von Schönlingen wie er einer war, aber das war nicht irgendeiner, das war verdammt noch mal Orli! Der Traum meiner schlaflosen Nächste saß leibhaftig neben mir. Im grellen Licht des Vorspanns leuchteten seine Augen einfach zu schön... warum eigentlich nicht, er war ja auch nur ein Kerl wie jeder andere, er hatte nur einen anderen Beruf... Please remember... Ach was soll’s, du hältst es ja doch nicht aus, wenn du nachher alleine wieder zu Hause sitzt und Trübsal bläst... Grade liefen die ersten Minuten des Films und ich lehnte mich an Orli. Dann sollte es halt passieren, was soll's. Er sah kurz ein bisschen verwundert zu mir herunter, das merkte ich, aber ich wendete meinen Blick nicht von der Leinwand ab. Er nahm einfach meine Hand... so, der Beginn einer neuen Romanze.. ich musste kichern bei dem Gedanken und schmiegte mich noch ein bisschen enger an Orli. Ich weiß nicht warum, aber hier fühlte ich mich irgendwie geborgen, als könne mir nichts mehr passieren...

Irgendwann kam dann diese Szene mit Keira wo er sie küsste.. ich realisierte gar nicht, dass er mir in Real auch näher kam... Moment mal, das ging mir viel zu schnell!!!! Und trotzdem konnte ich nicht widerstehen, wollte auch gar nicht... ich sah nur noch kurz die verblüfften Gesichter von Mandy und Jazzy bevor Orli mich ins vorübergehende Nirvana beförderte... scheiße, das hatte mir den Rest gegeben, es hatte mich tatsächlich umgehauen. Lovin you isn’t really something I sould do…
 

„Marie? Hallo? Sag doch was!“ Wir saßen draußen auf dem roten Sofa, besser, ich lag, den Kopf auf irgendjemandes Beinen, wessen wollte ich gar nicht wissen. „Is okay, mir geht’s gut. War wohl ein bisschen zu viel...“ Ich erhob mich, mir war schwindlig. Ich sah mich um, wo war Orli? „Wo steckt Orli?“ – „Er wollte vor dem Interview noch schnell aufs Klo... hat sich voll Sorgen gemacht um dich und sich die Schuld gegeben, du hättest n Herzinfarkt gekriegt oder so was... er war kreidebleich, sag ich dir... da kommt er wieder.“ Von ziemlich weit hinten kam ein kleiner Orli immer näher. Ich konnte sehen, wie sich seine Gesichtszüge erhellten, als er mich da wieder sitzend sah. Am Sofa angekommen setzte er sich wieder neben mich und nahm mich ganz fest in den Arm. „Bin ich froh dass ich dich nicht ganz ausgeknockt hab, sorry, das wollt ich wirklich nicht.“ Ich winkte ab. War doch ganz angenehm gewesen, von einer Welle Schmetterlingen in einen Traum hinüberzugleiten... unsere Blicke trafen sich. „Tu’s einfach noch mal...“ forderte ich dann und küsste ihn noch einmal. Diesmal blieb ich bei Bewusstsein und konnte es voll genießen... unglaublich, so was hatte ich noch nie erlebt. Niemand küsste so wie Orli. Keiner. Von dem Moment wusste ich, ich würde ihn nie wieder gehen lassen können, und wenn, würde es mir Herz und Seele zugleich brechen.
 

Nachher erfuhren wir, dass er sich tatsächlich im City Hilton eingenistet hatte und er fragte uns, ob wir nicht dort das Interview machen wollten, das Kino sei doch völlig ungeeignet. Wir würden uns ein paar Cocktails kommen lassen und über Gott und die Welt tratschen... „Keine Sorge, ich hatte schon einige Reporter auf dem Zimmer. Da hat man seine Ruhe und wird von niemandem belästigt. Ich beiße nicht.“ Grinste Orli. Aber ich würde beißen wenn ihm auch nur eine meiner Gefährtinnen zu nahe kam... Jazzy zuckte mit den Schultern „Meinetwegen. Aber pass auf dass uns in der Ubahn keiner erkennt...“ – „Ich werd nicht mit der Ubahn fahren, ihr müsst auch nicht wenn ihr wollt.“ Hä. „Hä?“ – „Da draußen steht ne Limo...“ Grinste Orli. „Ohja klar, ihr Stars seid es ja gewohnt, in so was rumkutschiert zu werden...“ Für uns war das was Besonderes... wir sollten wirklich da mitfahren? Ich sah durch die Glastür ein Stück vom Heck der Limo unten an der Straße. Krass fand ich das schon ein bisschen. Auf der Rückbank Sekt und Schampus konsumieren... *grins* Na ja, aber wenn man schon einmal die Gelegenheit hatte...
 

Im Hotelfoyer war niemand zu sehen, anscheinend alle ausgeflogen. Wir fuhren mit dem Lift hoch in den dritten Stock. Orli hatte vorhin beim Rezeptions – Menschen noch ein paar Cocktails für nachher aufs Zimmer bestellt um es uns gemütlich zu machen.

Na ja, die Zimmerausstattung kannte ich schon ein bisschen aus meinen Träumen, Luxus halt, goldene Wasserhähne und all so Schnickschnack. Mandy und Jazzy waren platt, ich war's schon gewohnt und sie fragten mich wieso ich so cool blieb. Cool? Also hört mal Leute, wen hat Orli vorhin umgenietet, he?

Wir setzten uns an einen Tisch, der im Raum stand und schlürften genüsslich die Cocktails, die der Zimmermensch vorhin gebracht hatte. Jazzy legte mit dem Interview los, während Orli und ich uns immer wieder Blicke zuwarfen, die nichts gutes verhießen... *grins*

Ich hatte mich vorsichtshalber ihm gegenüber gesetzt, nicht dass wir plötzlich übereinander herfielen und die andern damit verscheuchten und der Direx dann sauer war, weil wir kein Interview hatten, mir einen Verweis gab weil ich schuld war...
 

Und trotzdem haftete mein Blick immer noch auf ihm... wir hatten uns zwar vorhin geküsst, aber ich war mir trotzdem noch nicht ganz schlüssig was ich tun sollte. Er lebte in England, das war fast 1000 Kilometer weit weg, wie kam ich da rüber? Ihr werdet jetzt sagen, flieg doch! Aber womit? Ich hatte kein Geld für mal eben nach England fliegen. Außerdem war die letzte Fernbeziehung mit dem Gitarrenzupfer kläglich an der Distanz gescheitert. Aber mein Herz schrie nach Orli... seine ebenmäßigen Gesichtszüge, die ruhige Ausstrahlung... so zerbrechlich wie er wirkte, als er da saß... oh Marie, entscheide dich! Du hast nur noch vielleicht eine Stunde! Oh do you care... bedeutete er mir ernsthaft was oder war das wieder nur eine Spinnerei weil ich schon ewig ein Fan war und nun endlich meinem Idol begegnete? Irgendwie war es beides.

Ich sah zu Orli auf, und liebte ihn gleichzeitig wie niemand anders. Außerdem hätten wir morgen die letzte Prüfung und dann würde man uns in die Ferien entlassen bis die Ergebnisse da waren... I still feel for you… seit .. wann war der erste Herr der Ringe raus? 2001? Seit sechs Jahren war ich schon in Orli verliebt und hatte die Hoffnung schon aufgegeben, ihn jemals zu treffen... und so hatten auch meine Gefühle nachgelassen, ich fand ihn eigentlich nur noch einen klasse Schauspieler der unheimlich geil aussah, mehr nicht. Dann knall ich in der Ubahn mit ihm zusammen...

„Marie?“ Ich wachte aus meinen Träumen auf. „Hm?“ – „Wir sind fertig, kommst du?“ Ich sah panisch zwischen Orli und den beiden Mädels hin und her. Das war's? Hier würde alles enden? „Scheiße, ich hab ja vergessen dass es gefunkt hat bei euch... du kannst natürlich bleiben wenn du willst.“ Wollte ich das? Orli sah mich mit sehnsüchtigem Blick an, als wollte er sagen, bitte geh nicht. Wenn ich jetzt ginge, würde ich ihn vielleicht nie wieder sehen... Morgen waren Prüfungen... „Bis wann bist du noch in der Stadt?“ Fragte ich Orli dann. „Morgen Mittag flieg ich zurück, wieso?“ Scheiße. „Scheiße... morgen haben wir die letzten Prüfungen und danach Ferien... kannst du nicht noch ein bisschen warten? Ich würd gern mal nach England in die Ferien... außerdem könnten wir uns dann bissel besser kennen lernen, ich weiß ja kaum was über dich!“ Er stützte den Kopf auf die gefalteten Hände und sah mich schmunzelnd an. „Ich hab keine Ahnung wie viel du über mich weißt... vielleicht viel, vielleicht wenig, aber komm mit wenn du willst, ich hab ein schönes gemütliches Häuschen in Notting Hill, da lässt es sich aushalten.“

PENG – der nächste Schock – auch das Haus war real. Hieß nackt durch die Bude laufen... ich musste grinsen bei dem Gedanken. Ob er wirklich so geil aussah wie in meinem Traum....? Man, schlag dir solche Gedanken aus dem Kopf bis es soweit ist!! „Na ja, aber das musst du wissen, ich will dich zu nichts zwingen.“ Sagte er weiter. „Na ja, ich muss meine Mom erst mal überreden... aber ich glaub nicht dass sie da was gegen hat. Die wird sicher sagen, das tut meinem Englisch ganz gut wenn ich mal rüberfahr...“ Wir mussten lachen. „Na ja, ihr könnt ja noch bissel quatschen, du findest doch alleine zurück, oder Marie? Aber wenn du morgen nicht in der Schule erscheinst hol ich die Polizei, klar?“ Grinste mich Jazzy an. „Is okay, wir sehen uns morgen, ich muss sehen wie ich das hier hinkriege ohne die Flatter zu kriegen...“ – „Na denn, aber seid anständig, ja?“ Waren Jazzys letzte Worte bevor sie in der Tür verschwand und Orli und mich alleine zurückließ. Verdammt, ich war das arme Opfer das alleine mit der Spinne auf dem Hotelzimmer gelandet war und nun darauf wartete, verspeist zu werden...

Orli sah mich immer noch interessiert an. „Und, was gedenkst du nun zu tun?“ Fragte er mich. Ich zog mein Handy aus der Tasche, ich würde jetzt zu Hause anrufen und Mom versuchen zu überreden. „Ich telefonier erst mal nach Hause und versuche meine Mom rumzukriegen...“ – „Okay, tu das...“ Er stand auf und nahm mit einer Bewegung, die mir die Nackenhaare zu Berge stehen ließ und mir einen Schauer über den Rücken jagte, seine Hand von meiner. Dann bewegte er sich nach vorne, setzte sich aufs Bett und schaltete den Fernseher ein.
 

Es klingelte eine Weile bis jemand abhob. „Mom?“ – „Marie? Wo steckst du? Seid ihr noch im Kino?“ Oje... „Nein, wir sind ins Hotel gefahren für das Interview, du, ich hätte eine Bitte, na ja, ein Anliegen...“ – „Das bedeutet nix gutes wenn du so anfängst. Aber schieß einfach los.“ – „Na ja, du weißt sicher dass ich Orli kennen gelernt hab, schon vor einer Weile... kurzum, wir sind dabei, mehr als nur ein bissel Freundschaft zu entwickeln...“ – „Ja und? Man, ich würde sterben, um an deiner Stelle zu sein!“ – „Ach was, Orli ist ... fünfzehn Jahre jünger als du??“ Meine Mom war jetzt 45... „Aber weshalb ich anrufe, damit wir morgen keinen großen Tamtam mehr haben und ich gleich abhaun kann...“ – „Wie, abhaun?“ – „Na ja, ich würd gern über die Ferien zu Orli nach England....“ – „Na ja, wird deinem Englisch sicher nicht schaden... wann fliegt ihr?“ Ich wusste dass der Satz mit dem Englisch kommen würde! Ha! Ich hielt den Hörer zu und wandte mich zu Orli um. „Du, wann fliegen wir dann?“ Er sah auf seine Uhr. „Entweder morgen Nacht noch oder am Samstag, ganz wie’s dir beliebt, aber ich glaub Samstag is besser, dann hast du mehr Zeit zum Packen.“ Ich nahm die Hand wieder vom Hörer. „Samstag...“ – „Na gut, bringst ihn morgen noch mit?“ Ich deckte abermals den Hörer mit meiner Hand ab. „Kommst zu morgen mit zu mir?“ Fragte ich Orli. „Na ja, wenn ich nicht wieder mit drei Fans in der Ubahn zusammenknalle... warum nicht?“ – „Jap, er kommt mit.“ – „Oh coool!!!“ Ach Mom... sie hätte – wenn auch ein wenig jung – Orlis Mutter sein können! He, Orli mein Bruder... am Ende hätte das aufgehört wie in Angel Sanctuary... da wollte ich besser gar nicht daran denken. „Vergiss es, du kriegst ihn nicht.“ Gab ich zurück. „Is ja schon gut, ich will ihn ja gar nicht, der is ja noch grün hinter den Ohren.“ – „MOM??“ Langsam wurde ich giftig. Niemand beleidigt Orli in meiner Gegenwart. Auch nicht am Telefon. „Sorry. Das hast du doch von den Jungs in der Klasse unter dir auch immer gesagt...“ – „Scheißegal, wir kommen dann morgen vorbei, ich fahr nach der Schule noch schnell ins Hotel und hol Orli ab.“ – „Okay, dann bis morgen, und seid anständig ihr zwei, ja?“ – „Jahaa...“ Langsam nervte die Sache, Jazzy vorhin schon und jetz auch noch meine Mom. Nein danke. Ich lunste zu Orli rüber wie er so gebannt auf die Mattscheibe starrte. Ob Mom hätte widerstehen können, wenn sie einen so sexy Kerl vor sich hatte... Ich legte auf und packte mein Handy wieder ein.
 

Ich stand auf und setzte mich zu Orli aufs Bett. Der sah sich grade die Simpsons an. „Du guckst Simpsons? Hätt ich jetzt nicht gedacht.“ – „Gell da schaust ...“ grinste er mich an und legte einen Arm um mich... oh bitte hör auf... Na ja, scheiß drauf. Ich legte meinen Kopf an seine Schulter und fühlte mich wieder total geborgen. Er knipste den Fernseher aus und wir ließen uns rücklings aufs Bett fallen. He Romeo, mach mal langsam! Gleich nach nicht mal einem Tag in die Kiste steigen, wie ham wir’s denn da?? (Anm.d.A.: Bayrischer Ausspruch für „Was soll denn das?“ Für alle nicht – Bayern ^^) Aber küssen, das mochte ich jetzt schon... oh ich konnte gar nicht genug kriegen davon... er schmeckte immer noch nach den Cocktail von vorhin...

Dann hielt ich aber seine Hand davon ab, den Gürtel meines Minis aufzumachen. Verdammt, wieso hatte ich das Ding angezogen?? Ich entfernte mich ein bisschen von ihm. „Sorry, aber so was is nicht bei mir. Wart bis wir uns besser kennen, ja?“ Orli sah mich erst ein bisschen zerknirscht an, fand meine Entscheidung dann aber okay. „Wir haben jetzt ganze zwei Wochen für uns, da kannst du mich in und auswendig kennen lernen wenn du willst.“ Grinste er dann. „Für so was lern ich liebend gerne...“ Ich nahm ihn in die Arme und wir küssten uns weiter...
 

„Und, was lief gestern noch so?“ Fragte Jazzy mich am nächsten Tag in der Pause. „Nicht viel, ewig geknutscht aber sonst nix mehr... der wollte mich glatt schon in die Kiste kriegen...“ Jazzy klappte die Kinnlade herunter. „So, so einer is der also. Na ja, du hattest ja auch dein reizvollstes Teil angezogen, da wird normal jeder Typ schwach...“ Ich knuffte Jazzy in die Seite. „Ha ha. Nö, ich hab's ihm dann verboten und gesagt er soll warten bis er mich besser kennt. Was er sicher nach den zwei Wochen wird...“ Oje, wenn Orli erst mal meine ganzen Macken kannte... ich war manchmal zickig, sehr leicht reizbar und furchtbar faul... Aber für Orli würde ich versuchen, die ganze Scheiße abzustellen. Orli... ich sah an die Decke. Irgendwie war ich schon verknallt in ihn, ja... niemand konnte so küssen, keiner war so zärtlich... jedenfalls keiner den ich bisher kannte. Er hatte mich glatt auf meine Wolke befördert. Your poison’s running through my veins... er hatte mir sein Gift eingeflößt, das mich jetzt langsam abhängig machte... der berühmte Orli – Virus über den so viel gemunkelt wurde... *grins*

Ich hatte mir das Teil wohl oder übel eingefangen und musste jetzt damit leben... aufgeregt wie vor dem Kinobesuch gestern bestieg ich die Ubahn Richtung Rosenheimer Platz, dort wo das Hilton stand in dem Orli sich wohl grade befand... merkte man mir meine Nervosität an? Alle um mich herum starrten mich mehr oder minder an. Na ja, da stand ich drüber, denn die brauchten ja nicht wissen dass ich Orli persönlich kannte... was mir immer noch als zu große Ehre erschien eigentlich... scheiße, wieso war die Ubahn um Mittag immer so voll??? Was wenn Orli jemand erkannte. Dann hatten wir einen Haufen Groupies hinter uns und müssten irgendwo anders hin, denn wenn die einmal bei mir zu Hause angelangt waren, würden die glauben, Orli wohnte hier und meine Mom hätte keine Ruhe mehr.. ich dachte zu viel nach. Am Hauptbahnhof wurde der Wagon halb leer. Sah schon besser aus. Je weiter ich nach Osten kam, desto weniger wurden die Leute. Gut so.
 

Dann kam der Moment an dem ich wieder vor seiner Zimmertür stand, die genauso aussah wie in meinem Traum. Noch eine Realität. Vorsichtig klopfte ich an, jederzeit bereit umzukippen wenn mir danach war...

Ich hörte das Türschloss schnappen und jemanden „Komm rein“ sagen. Leise öffnete ich die Tür. Drinnen war es fast blendend hell, denn Orli hatte wohl ein Zimmer in Südlage, sodass die Sonne direkt hereinknallte. Als Schatten am Fenster zeichnete sich eine große Gestalt ab, die wie Orli aussah... Ich umarmte ihn von hinten, er drehte sich um und wir küssten uns erst einmal. „Na, wie war dein Tag?“ Fragte er mich dann. „Och geht so, die letzte Matheprüfung und Englisch.. na ja, das war ja kein Problem, hab mich wegen dir immer besonders angestrengt...“ Er lächelte mich lieb an, seine Augen funkelten im Sonnenlicht, so schön dass mir fast schwindelig wurde davon. Er nahm mich in die Arme und ließ erst mal nicht mehr los. „Und deiner? Muss langweilig sein, immer nur auf dem Zimmer rumzuhocken und fern zu sehen...“ Orli grinste und setzte sich aufs Bett. „Ich war heute schon in der Fußgängerzone shoppen, paar neue Chucks...“ Erst jetzt sah ich das Paar Schuhe und eine Schachtel hinten auf dem Tisch stehen. „He...“ Grinste ich. „Hast du deine Koffer gar nicht gepackt? Du könntest die Nacht auch bei mir bleiben, dann können wir gleich gemeinsam los morgen früh...“ Orli schien einen Moment zu überlegen und zog dann einen Koffer unterm Bett hervor. „Na gut, dann verlass ich die Nobelsuite hier..“ – „Na also hör mal, bei mir isses nicht staubig und voller Kakerlaken, falls du das damit meinst.“ Gab ich zu bemerken dass mir seine Ansprüche ein bisschen zu hoch waren. „Du, bei mir sieht’s auch nicht anders aus...“ Grinste er und schichtete ein paar Pullover in seinen Koffer. „Soll ich dir was helfen?“ Fragte ich schließlich, denn ich fühlte mich hier ein bisschen überflüssig, während Orli die ganze Arbeit alleine machte...“ Er wehrte mit einer Handbewegung ab. „Nein, geht schon, danke, aber du könntest mir mal eben die Schuhe samt Schachtel rüberbringen wenn du magst.“ Ich griff mir die Schuhe samt Schachtel und reichte sie Orli. Der nahm sie mir mit einem „Danke“ ab und küsste mich. Ich setzte mich wieder aufs Bett und beobachtete ihn. Mir wurde heiß und kalt wenn ich ihn so sah, jede Bewegung die er machte... Schade dass der Koffer nun voll und Orli fertig war... „Können wir?“ Fragte er mich dann, während er seine Jacke schulterte. „Willst du dich nicht irgendwie tarnen?“ Fragte ich ihn. Es war eigentlich zu offensichtlich dass Orli er selbst war, hieß, jeder würde ihn erkennen... tu mir das nicht an, meine Mom bringt mich um! Orli zog ein weißes Käppi aus einer Tasche und zog es sich tief ins Gesicht. „So besser?“ Ich machte den Daumen hoch. „Viel besser.“ So getarnt, was heißt getarnt, ich war ohne alles und offen einsehbar... verließen wir das City Hilton und gingen runter zur Ubahnstation.

Am Hauptbahnhof lotste ich Orli zur U2 Richtung Olympiapark, obwohl wir die eine Station eigentlich auch hätten gehen können, doch das Risiko, dass er erkannt wurde und wir nach Hause verfolgt wurden, war mir zu groß, also schnappten wir uns die Untergrundbahn.
 

Zu Hause musste ich erst mal klingeln, denn meine Mom hatte zugesperrt und ich keinen Schlüssel dabei. „Mom, mach auf, wir sind’s!“ Rief ich hinein, denn nichts rührte sich. Frustriert setzte ich mich auf den Treppenabsatz. Hatte die uns glatt vergessen? Ausgesperrt? Dann hörte ich das Türschloss klicken hinter uns. „Sorry, ich war grad oben und hab Wäsche aufgehängt.. kommt rein!“ Mir entging nicht, dass Mom Orli hinterherlunste. Ich warf ihr einen giftigen Blick zu. „Komm, ich zeig dir gleich mein Gemach, da kannst deinen Koffer derweil abstellen. Ich nehm an du pennst bei mir im Bett oder?“ Orli grinste mich an. Schön dass ich ein etwas breiteres Bett hatte, da passten auch zwei rein. Hoffentlich passierte nichts unvorhergesehenes... denn der Lattenrost war schon ziemlich marode und ich musste eigentlich jede Nacht aufpassen dass ich nicht durchbrach. Armer Orli, wo er’s doch eh schon im Kreuz hatte... Na ja, aber eine Nacht würde er sicher aushalten.

„Wow...“ Kam es von Orli, als er vor mir mein Zimmer betrat. Ach du heilige Scheiße, ich hatte die Wände ja immer noch mit Postern voll gepflastert... „Oh mein Gott, sorry!! Ich hätte nie im Traum daran gedacht, dass du diesen Raum mal betreten würdest, also hab ich sie nicht abgenommen...“ Orli sah sich interessiert um. „Man, die sind ja noch von ganz früher, die haben ja schon Sammlerwert...“ Meinte er, als er ein paar meiner Herr der Ringe – Poster sah, die ich neben der Tür hängen hatte. „Was, ehrlich? Wusste gar nicht dass Poster Sammlerwert kriegen können...“ – „Oh doch... genauso wie Münzen, Briefmarken, Schallplatten...“ Uff. „Wo darf ich meinen Koffer hinpacken?“ Fragte Orli mich dann. „Hau ihn einfach in irgendeine Ecke, is eh egal. Bei mir sieht’s immer aus wie sau, da kommt’s auf das eine Teil auch nimmer an.“ *grins* Ach, ganz zu vergessen, von der Wand gegenüber kam ein nagendes Geräusch... „Was war denn das...“ Meinte Orli, sich ängstlich umsehend. „Ach, hab ich ganz vergessen, meine beiden Jungs...“ Ich führte ihn zum Käfig und zeigte ihm meine beiden Mäuse. „Niedlich... besser als Spinnen.“ Grinste Orli und ich konnte ihn lange nicht von Käfig wegeisen. „Wer versorgt die eigentlich während du weg bist?“ Fragte er schließlich. „Meine Mom macht das, sie kümmert sich eh immer drum, obwohl ich ihr dauernd einhämmere, dass das meine Mäuse sind, und nicht ihre. Na ja, in dem Fall isses sogar von Vorteil.“ Orli näherte sich mir immer weiter, bis sich unsere Knie berührten und er mich rücklings auf dem Bett festnagelte... eigentlich musste ich ihn nicht mal küssen, es reichte schon, wenn ich seine Nähe spüren konnte, um mich selig zu machen. So lagen wir eine ganze Weile eng umschlungen da... Nur das Kratzgeräusch meiner Mäuse im Käfig störte ein bisschen...
 

Die Nacht verlief ohne Zwischenfälle, ich schlief allerdings nicht wirklich viel, wollte einfach nur Orli bei mir fühlen... Wie oft hatte ich mir so was eigentlich vorgestellt? Die Matratze mit Orli teilen? Ich wusste es nicht, es mussten tausende Male gewesen sein. Mein größter Traum war wahr geworden, was konnte noch kommen? Besser konnte es nicht werden. Nach den Jahren voller Pein und Gram schien sich das Blatt jetzt zum Guten zu wenden... Irgendwann schlief ich dann doch ein, wurde aber nicht viel später von ein paar Küssen geweckt, die mich erschauern ließen.... Ich drehte mich um und schnappte mir Orli, um ihn niederzuknutschen.

Es war sechs Uhr früh, um neun ging unser Flieger, wir hatten also drei Stunden Zeit, um unsre Koffer herzurichten, uns fertig zu machen und mit der SBahn hinaus zum Flughafen zu fahren. Ganz schön knapp, wenn man bedachte, dass wir uns ungefähr eineinhalb Stunden davon küssten... Ja ich weiß, nur küssen hört sich furchtbar langweilig an, aber mit Orli war das was anderes, das war besser als Sex... seine kleinen Berührungen... das reichte schon aus.
 

In der SBahn suchten wir uns ein stilles Plätzchen wo wir ungestört weiterknutschen konnten. *grins* Oh Orli... wieso hab ich mich nur gegen dich gesträubt, du bist der Himmel… und das jetzt schon, ich kannte ihn doch grade mal vielleicht zwei Tage? Mit unserm Zusammenprall vielleicht fast nen Monat, aber trotzdem... Endstation, leider mussten wir hier mal kurz voneinander lassen, um nicht hinzufallen beim Aussteigen. Man, das ging ja schon gut los...
 

Oh ich hoffte ja sooo sehr, dass uns niemand erkannte. Kreischende Mädels, darauf hatte ich jetzt echt keine Lust, morgens schon gleich gar nicht, denn morgens war ich meistens mieser Laune und froh, wenn ich kein Wort sagen musste. Wahrscheinlich würde ich im Flieger noch eine Runde schlafen. Orli sah ja auch nicht gerade wirklich fit aus, ich vermutete, er würde auch ein Nickerchen einlegen, während wir über den Ärmelkanal düsten. Frühmorgens war natürlich alles randvoll mit Berufsreisenden... Lauter Typen in Anzug und Schlips rannten hier herum.. na ja, besser als kreischende Teenies, die Orli hinterher jagten. Ich hatte mich ein bissel zurechtgemacht so a la Hollywoodstar – Braut... Streifenschal und Puck die Stubenfliege – Brille... ^^ Musste das einfach haben, auch wenn Orli mich ein bisschen seltsam anguckte. Ich wusste dass ich ein bisschen aussah wie Nicole Richie. Nur dass die im Gegensatz zu mir blond war, also keine Gefahr einer Verwechslung bestand.
 

Natürlich waren wir viel zu früh dran, was uns den Vorteil verschaffte, uns noch eben wo hinzusetzen und etwas zu uns zu nehmen. Ich einen schönen heißen grünen Tee und Orli auch einen. Seit ich Orli „kannte“ war ich ein ziemlich guter Teetrinker geworden, jeden Tag eine Tasse, wenn’s hart kam auch schon mal zwei. War ein gutes Aufputschmittel das nicht nach Kaffee schmeckte und trotzdem Koffein enthielt (Fälschlicherweise auch als Teein bezeichnet) Bla bla bla... ich nippte an meiner Tasse und sah Orli tief in die Augen, was mich ganz zittrig machte, ich merkte, wie die Tasse in meiner Hand zu schaukeln begann. Ich musste sie hinstellen, sonst hatte mein Schal bald braune Teeflecken. Orli wendete den Blick nicht von mir, er fixierte ihn, ich stellte meine Tasse endgültig hin. „Man hör auf bevor ich den Tee noch verschütte...“ sagte ich leise. Er grinste nur und sah dann eben zur Seite wo dieses komische Rollband vorbeiging, auf dem sich wieder ein paar Kofferträger befanden. Jetzt konnte ich ihn beobachten. Ich war zwar hundemüde, weil ich ja kaum was geschlafen hatte, aber trotzdem hellwach irgendwie... und es genügte mir schon, ihn einfach nur zu beobachten, ich hatte schon im Film seine Bewegungen geliebt, wie er als Legolas in Lothlorien so sexy dahinspazierte, aber die Realität übertraf alles beiweitem. Sein Kurzhaarschnitt machte ihn zwar nicht mehr ganz soooo süß wie er immer war, aber der Rest war ja noch beim Alten, und der haute mich bei jedem Blick erneut vom Hocker, soweit ich auf einem Saß, sonst halt von den Socken ^^ Und wie schön seine Augen funkelten... das brachte die neue Frisur wiederum sehr gut zur Geltung. Da hatte der Frisör ganze Arbeit geleistet.

Wir zahlten und machten uns dann auf dem Weg zum Terminal. An diesem befand sich schon eine lange Schlange Schlipse und Anzüge. Ungefähr in der Mitte eine Frau mit Kleinkind, davor ein Typ mit ziemlich langen Haaren und einem SEHR großen Koffer... davor wieder Krawatten und Fliegen... war heute die ganze Agentenbrigade aus Matrix unterwegs oder was.
 

Nach einer halben Stunde Schlange stehen kamen wir endlich im Flieger an, hier war es schön warm und gemütlich, doch mir war irgendwie nicht ganz wohl in so einem Teil. Ich konnte nicht ganz glauben dass so ein Ding aus Eisen fliegen kann, deshalb war ich auch noch nie geflogen, dies war mein erstes Mal. Fliegen versteht sich, nicht was ihr denkt ^^
 

Wir schlummerten dann tatsächlich irgendwann ein, ich den Kopf auf Orlis Schulter und er den seinen auf meiner. Aber nicht lange, denn der Flug nach Heathrow dauerte vielleicht eineinhalb Stunden. Das reichte aber, um meinen Geist wieder auf die Höhe zu bringen. Auch zu Hause schlief ich oft mal eine halbe Stunde um wieder klar denken zu können. Danach ging’s mir immer viel besser ^^
 

Gähnend und die Glieder zu allen Seiten streckend schleppten wir uns aus der Maschine um unsere Koffer an der Gepäckausgabe einzusammeln. Orlis und meine zwei. Ich hatte vorsichtshalber mal mehr mitgenommen, man konnte ja nie wissen... vielleicht würde ich mich ja an einem englischen College bewerben und gleich bei Orli bleiben... England faszinierte mich eh schon immer. Die Kultur, die Leute, die Landschaft... nicht so langweilig und mit Beton zugepflastert wie in Deutschland. Die Engländer hatten irgendwie noch einen Schuss „Grün“ intus. Manchmal waren sie aber auch blau... aber das gehört woanders hin ^^

Ich folgte Orli in die Tiefgarage, wo viele Autos standen, alle auf gut gekennzeichneten Parkplätzen. Vor einem Auberginefarbenen Geländefahrzeug blieben wir stehen. „So, schmeiß deinen Koffer einfach hinten rein, wir haben eh nicht weit.“ Bemerkte Orli und ich warf meine Taschen einfach auf den Rücksitz oder vielmehr, die zurückgeklappte Rückbank, die in den Kofferraum überging, in dem sich allerlei Zeug befand, Plastiktüten und all so Kram. „Sorry, hier sieht’s aus wie in ner Müllhalde, ich hatte am Mittwoch keine Zeit mehr, aufzuräumen...“ Grinste Orli und gab mir ein Küsschen. Ich seufzte und rutschte im Sitz ein Stück nach unten. Überhaupt, das Auto kannte ich woher... ich hatte da mal so ein Bild gesehen, am Strand, mit Surfbrett... nach langem recherchieren hatte ich rausgefunden, dass das Vehikel von Toyota war und Landcruiser hieß. Na ja, eigentlich hatte ich es rausgefunden, als sich auf der Autobahn mal so ein Ding vor uns befand... (Anm.d.A.: so hab ich jedenfalls rausgefunden wie das Ding heißt...)

Orli war ein ein bisschen gefährlicher Fahrer, ich hielt mich am Türgriff fest, aber es ging schon. So sind halt die jungen Hüpfer mit ihren PS – Protzen.. auch nicht viel anders wie die bei uns zu Hause. Irgendwann hielten wir vor einem Haus, das so gar nicht aussah wie die Holzhütte, die ich geträumt hatte, aber trotzdem irgendwie heimelig aussah. Orli stellte den Motor aus, grapschte sich seinen Koffer von der Rückbank, ich mir meine zwei und wir schlenderten hinauf zur Haustür.
 

Drinnen roch es noch ziemlich neu, kein Wunder, das Ding stand ja auch noch nicht lange. Ich stellte meine Tasche im Flur ab und folgte Orli in die Küche. Die entsprach allerdings meinen Träumen, denn genau wie in ebenjenem befand sich in dem Raum eine riesige Küche, mit so einem Mittel – Einbau Ding, um das man komplett herumgehen konnte und das jede Menge Arbeitsfläche bot, ein riesiger Kühlschrank – der – wie ich vermutete – leer war, ein schöner großer Tisch in schwarzer Marmoroptik – ich klopfte darauf und durfte feststellen, dass es echter Stein war....

„Aaaalso...“ Begann Orli, und seine Stimme hallte durchs ganze Haus. „Das hier is meine Küche, dachte der Raum hier soll was besonderes werden, also hab ich alles ein bissel auf edel machen lassen – nicht dass du denkst ich will protzen, nein! Das hier is der Kühlschrank – hol dir was raus wenn dir danach ist, wer lange fragt geht lang irr...“ Ich grinste, der Kühlschrank war tatsächlich fast leer, eine Gurke, ein Salatkopf und eine Tüte Sojamilch befanden sich darin. „Du kannst dir auch im Supermarkt Eier und Zeug besorgen, wegen mir musst du nicht vegetarisch leben.“ Ich winkte ab. „Das is das wenigste, hab ich schon mal ausprobiert, schmeckt gar nicht so schlecht.“ Er führte mich weiter in einen noch größeren Raum in dem sich ein paar antike Möbelstücke und Deko – Sachen aus Hawaii und Neuseeland befanden. „Das hier is mein Wohnzimmer, hier stehen meine ganzen Mitbringsel aus Urlaub und vom Herr der Ringe – Dreh...“ – „Gemütlich... hier könnt ich's wirklich länger aushalten...“ Wir marschierten weiter.

„Das is mein schönes Königsgemach... nein Schmarrn, Schlafzimmer. Such dir eine Seite aus, ich schlaf immer links oder rechts wie ich grad Lust hab.“ Ich setzt mich mal zur Probe aufs Bett, oh war das weiiiiich.... der lebte hier ja wie Gott in Frankreich... „Du, das is so weich, ich mag gar nimmer aufstehen..“ Orli grinste mich lieb an. „Du musst dir aber noch das Bad ansehen...“, nahm meine Hand und zog mich aus dem Bett. Während wir rübergingen ließ ich seine Hand nicht los, das fühlte sich einfach zu gut an.

„Sooo, und hier die Nasszelle...“ Auch hier blieb mir der Mund offen stehen, denn es war wieder nahezu wie in meinem Traum, ebenerdige, sehr geräumige Dusche, wirkte ein bisschen orientalisch irgendwie mit den blauen Muster – Fliesen, aber es gefiel mir. „Du hast Geschmack, das muss man dir lassen...“ Meinte ich, als wir wieder nach vorn in die Küche spazierten. Mit einem „Danke.“ Nahm Orli mich in den Arm und wir küssten uns laaaange...
 

„Willst noch schnell in den Supermarkt, was besorgen? Wir ham ja kaum was hier, ich will nicht dass du mir verhungerst...“ Kam es irgendwann von Orli hinter der Ecke, denn ich stand grad im Bad und möbelte mich ein bisschen auf, während er irgendwas im Wohnzimmer herumkramte, was einen riesigen Lärm veranstaltete. „Meinetwegen, aber ich will nicht dass du von einer Horde Teenies erkannt wirst... den Stress musst du dir wegen mir nicht auftun, ich kann auch mal einen Tag ohne was zu essen aushalten.“ – „Hör bloß auf und werd nicht so wie Kate.“ – „Nur keine Sorge, dafür schmeckt das Essen einfach zu gut...“ – „Dann is ja gut...“ Die Stimme befand sich nun direkt hinter mir, und jetzt umarmte er mich von hinten... „Mh.. jetz gehst du wohl zur Sache, nun da wir alleine sind...“ Grinste ich und küsste ihn. „Könnte schon sein...“ – „Jetzt hast du mich wie die Spinne in ihrem Netz gefangen... ich komm nicht mehr raus weil ich mich in diesem Land nicht auskenne...“ Ich schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn abermals. Scheißegal ob er die Spinne und ich die Fliege war, alles was hier zählte war die Liebe, und die war bei mir grade fast am Siedepunkt angekommen, fehlte nur noch dass wir ins Bett stiegen... aber dazu würde er mich vorerst nicht kriegen, ooooh nein! So leicht war ich nicht zu haben, da musste er schon schwerere Geschütze auffahren... Orli was tust du da... „He, ich hab dir schon mal gesagt, ich kenn dich noch nicht so gut...“ Er hatte grade sein Hemd aufgeknöpft, gaaaanz langsam... nun kam er wie ein Tiger zu mir aufs Bett gekrochen. „Warte nur, du wirst nicht anders können...“ hauchte er und machte sich über mich her. Ich konnte wirklich nicht mehr anders, mein Herz schlug mir bis zum Hals, mir war heiß als wenn mir die Sonne in der Sahara aufs Fell knallte... Orli verstand schon, was er da tat... er war ein Meister seines Fachs.
 

Nachher lagen wir ziemlich erschöpft nebeneinander. Orli drehte sich zu mir und gab mir einen Kuss. „Na, war das jetz so schlimm?“ Fragte er mit einem kleinen Grinsen im Gesicht. „Du bist ein Schelm. Die Damen gleich am ersten gemeinsamen Tag schon zu vernaschen...“ Er grinste weiter, während ich seinen so perfekten Körper betrachtete... nicht ein Makel, keiner. Wie konnte jemand nur so perfekt sein? Er kam wieder zu mir herüber und wir küssten uns noch eine Weile.

Heute brauchten wir sicher nicht mehr in den Supermarkt zu gehen, denn keiner von uns beiden hatte auch nur ein bisschen Appetit.. wie man so schön sagt, von Luft und Liebe leben... Er ließ mich den ganzen Tag nicht mehr los, ich berührte immer ein Stück von ihm. Es war so warm im Haus, dass er glatt oben ohne herumlief.... oh mein Gott, wie konnte mich jemand nur so schwach machen. Orli war nicht einfach nur ein Mann, er war verdammt noch mal ein Gott...
 

Hatte ich schon erwähnt dass er mitten in der Großstadt einen Garten besaß? Nicht zu glauben aber wahr, denn am Nachmittag lagen wir draußen und ließen uns von der Sonne den Pelz bräunen. Orli hatte sich eingecremt und lag nun da wie eins dieser Playboy – Models... er hatte zwar nicht soooooo viele Muckis, aber es reichte, um ihn unheimlich geil aussehen zu lassen. Und am liebsten mochte ich ihn wenn er schön braun war. Das betonte seinen Typ besser, als wenn er so käsebleich war wie ein gewöhnlicher Engländer. Eine blasse Leiche mit braunen Augen? Neee danke! ^^
 

Irgendwann verschwand die Sonne aber dann hinter den Häusern und es wurde ziemlich kalt. So packten wir unsere Decken und gingen wieder ins Haus, wo es jetzt richtig schön warm und gemütlich war. Wir machten uns jeder noch eine Tasse Tee und sahen uns auf dem noch einen Film an. King Arthur mit Keira. Da konnte ich mich so richtig schön in Orlis Arme kuscheln, der Tee wärmte mich von innen, Orli von außen. So ging mein erster Tag in England friedlich zu Ende...
 

Am Sonntag ließen wir’s ganz gemütlich angehen, schliefen bis kurz nach Mittag und Orli weckte mich mit ein paar Küssen auf... „Hey Süße, aufstehen... Frühstück...“ Ich merkte schon, dass ein Duft nach Brötchen in der Luft lag, aber in dem Moment erinnerte ich mich nicht an den Duft von Brötchen ^^ Ich roch einfach was, fand es gut, aber ich wusste nicht was es war, dann sah ich erst mal hoch und Orli direkt in diese wunderschönen großen braunen Augen... ich fiel gleich wieder zurück in mein Kissen, denn dieser Anblick haute mich um. Ich hatte eine Tonne Schmetterlinge in meinem Bauch, um mich drehte sich alles... hatte ich mich übernacht wieder in ihn verknallt?? Sah ganz so aus. Das würden wohl die wundervollsten zwei Wochen werden die ich je erlebt hatte. Ich nahm Orlis Hand, die er neben mir auf der Bettdecke liegen hatte. „Ich kann nicht aufstehen, sonst haut’s mich wieder um wenn du mich so ansiehst.“ Grinste ich ihn an und mir wurde schon wieder schummrig. Was er dann tat? Ganz einfach, er hob mich hoch und trug mich in die Küche.. nicht zu fassen oder? *grins*
 

Mit einem langen Kuss bedankte ich mich für seine Abschleppaktion und goss mir dann Tee in meine Riesen –Tasse. „Hast du auch gern so große Tassen wie ich zu Hause?“ Grinste ich ihn an. Auch zu Hause trank ich am liebsten aus großen Humpen, das war ergiebiger als so ein kleines, normales Tässchen. Nur große Dimensionen machten bei mir großen Eindruck. Natürlich nur wenn’s um Tassen ging. Andere Details werden hier nicht ausgeplaudert ^^
 

Nach dem Frühstück saßen wir wieder draußen im Grünen, es war heute wieder so schön warm wie gestern. „Du, was hältst du davon, wenn wir zu mir nach Hause nach (Gott wie hieß das gleich wieder... ahja) Canterbury fahren? Dann lernst gleich mal meine Familie kennen, netter, bissel chaotischer Haufen, Sidi und Maude...“ – „Deine beiden Wauwaus, ich weiß. Du wohnst ja da gar net weit vom Strand, gehn wir uns noch das Meer ansehen? Ich war noch nie am Meer...“ Er legte den Arm um mich. „Können wir gerne machen, bissel am Strand relaxen, vielleicht sogar ins Wasser springen...“ – „Brrr... das is doch saukalt hier in der nördlichen Hemisphäre... ich geh da net rein, es sei denn du willst mich die nächsten zwei Wochen wieder gesund päppeln...“ Grinste ich und verpasste ihm einen Kuss. Ich bekam einfach nicht genug von ihm, er schmeckte so gut nach Tee...

So gut, dass ich nicht mehr von ihm loskam, ich knutschte ihn mal wieder nieder. Er war wie Schweizer Schokolade, von der konnte man auch nie genug bekommen, man brauchte immer mehr, und mehr und mehr... irgendwann musste man dann feststellen, dass man zu viel gefuttert hatte und einem dann entweder schlecht war oder man sehr zugenommen hatte. Aber das konnte mir mit Orli ja nicht passieren, von dem würde mir mit Sicherheit nicht schlecht werden, und zunehmen, dafür würde ich schon sorgen dass das nicht passierte. *g* Wenn wir in zehn Jahren noch zusammen waren, würd ich’s mir vielleicht überlegen, aber jetzt noch nicht. Wieso hatte ich eigentlich solche Gedanken. Ich saß ihm immer noch gegenüber und wir sahen uns in die Augen. Wenn das nun wirklich ein Traum war, dann lass mich bitte nie wieder aufwachen!! Und ganz langsam näherten wir uns wieder...
 

Bis wir mal loskamen war es fast 16 Uhr abends, oder Nachmittag, oder... ach egal, hieß auf jeden Fall, wir würden in Kent pennen. Als wir vor die Tür traten war es superwarm draußen, die Sonne brannte uns aufs Haupt, es hätte nicht schöner sein können. Wir mussten auch nicht weit laufen, weil Orli sein Auto direkt vor dem Haus stehen hatte... so gefällt mir das *g*

In Canterbury selbst schien auch die Sonne, beinahe so als befände sich über ganz Europa ein Hochdruckgebiet das alle Wolken zur Seite schob... Ich streckte mich erst mal in alle Richtungen, sah mich um und hakte mich dann bei Orli unter, während wir zusammen auf sein Elternhaus zumarschierten. Dann kam plötzlich etwas Schwarzes um die rechte Hausecke geschossen und stürmte auf uns zu. Orli ließ mich los und ging in die Hocke, um das Schwarze Etwas zu empfangen. „Sidi! Ja, is ja gut, ich bin ja wieder da! Komm hör auf...“ Lachte er. Jetz fiel es mir wieder ein, er hatte ja zwei Hunde... und das hier musste wohl Sidi sein. „Is das eigentlich ein er oder eine sie?“ Fragte ich Orli und kniete mich auch zu dem Hund runter, der versuchte, mir das Gesicht zu lecken. Komisch, so ein freudiger Empfang obwohl er mich gar nicht kannte? „Sidi is ein Rüde... viele meinen fälschlicherweise, er wär ein Weibchen, weil sich Sidi so nach weiblich anhört...“ Grinste mir Orli zu und wuschelte gleichzeitig auf dem Kopf des Hundes herum. „Warum knurrt er mich eigentlich nicht an, er kennt mich doch gar nicht!“ Orli sah Sidi fragend an. „Ich weiß nicht, vielleicht riechst du schon wie ich...“ Na ja, oft genug in den Armen hatte er mich ja inzwischen... ein bisschen hing der Duft seines Parfüms noch in meinem Oberteil. He, das würde ich sicher nie wieder waschen! *Grins* Aber daran durfte ich jetzt nicht denken, denn wer wusste ob nach den zwei Wochen nicht Schluss war? Ach, egal. Sidi folgte uns dann zur Haustür, die Orli ganz vorsichtig öffnete. „Mom, bist du zu Hause?“ rief er ins Haus. „Ich bin hier drüben!“ Hörte man eine Frauenstimme, kurz darauf kam eine Frau um die Ecke, die ich etwa auf Mitte sechzig schätzte. „Orlando! Schön dass du mal wieder vorbeischaust! Sidi hatte schon Sehnsucht nach dir, sie ist letzte Woche schon mal fast ausgebüchst, gut dass die Nachbarin ihn noch halten konnte!“ Wir lachten. „Wer ist denn die junge Dame an deiner Seite?“ Ich sah verlegen zu Boden. Schwiegereltern waren immer so ne Sache, man musste sich gleich gut benehmen, sonst hatte man verspielt und zwei Feinde mehr... Orli grinste. „Das ist Marie, Marie, meine Mom Sonia.“ Wir gaben uns die Hand. „Freut mich. Du kommst nicht aus England hab ich so das Gefühl, oder?“ Ich packte mein bestes Schul – Englisch aus. „Nein, ich komme aus München, wir sind zufällig in der U-Bahn zusammengeprallt...“ Jetzt grinste sie. „Er hatte schon immer eine Vorliebe, Mädels aus der Ubahn gleich nach Hause zu schleppen, gell Orlando?“ Er tat ein bisschen verlegen. „Mom!“ – „Was denn, ich sag doch nur die Wahrheit...“ – „Wo sind Sam und Colin?“ – „Sam ist geschäftlich in Amerika, Colin müsste irgendwo hinterm Haus am Holzstapel zugange sein, der ist letzte Nacht mal wieder umgefallen... kennst ja seine Stapelkünste. Aber kommt rein, kommt rein, ich hab leckeren Kuchen gebacken!“ Stimmte, drinnen duftete es herrlich nach Kuchen. „Wollt ihr Kaffee oder Tee? Heiße Schokolade?“ Sie warf dabei einen Blick auf mich. „Nur Tee, danke!“ Wir setzten uns in die ein bisschen rustikal wirkende Küche und sahen Orlis Mom zu, wie sie einen Kuchen anschnitt. Sah aus wie Marmorkuchen, schmeckte auch so, nämlich vorzüglich. Da konnte sich meine Mom echt eine Scheibe von abschneiden!

Nachdem wir gegessen hatten, wollte mir Orli sein Zimmer zeigen, sein ehemaliges. Jetzt stapelt sich die Fanpost drin, erzählte er mir, während wir eine Marmortreppe mit Eisengeländer hinaufstiegen. Auch hier war nicht viel anders als in meinem Traum. Die Treppe, das Haus... nun auch noch die Tür voller Reißnägel. Quietschend öffnete sie sich und wir betraten einen Raum, der nach abgestandener Luft roch und aussah wie eines dieser typischen Jugendzimmer. Schreibtisch, recht wacklig aussehendes Bett, ein großer Kleiderschrank... Und in einer Ecke stapelweise Umschläge und Zettel. „Oh mein Gott, da hast du ja ganz schön was zu tun...“ Grinste ich und setzte mich auf das knarrende Bett, während Orli die Tür seines Kleiderschranks öffnete und etwas zu suchen schien. „Du warst lange nicht mehr hier, der Luft in diesem Raum nach zu urteilen...“ bemerkte ich und überflog kurz ein paar herumliegende Briefe. „Ohgott, wann war ich das letzte Mal hier... letzten November?“ Grinste Orli und legte einen Stapel T-Shirts neben mich auf die Bettdecke. „Du willst was mitnehmen?“ – „Na ja, drüben hab ich nur meine Lieblingsshirts.. wird Zeit dass ich mal wieder was normales trage.“ – „Du kannst sowieso tragen, was du willst – du siehst immer gut aus.“ Er beugte sich zu mir herunter – das Bett war ziemlich nah am Boden – und küsste mich. „Danke...“ Super, jetz war es eh schon so heiß hier drin, jetzt war mir gleich auch wieder heiß... egal. „Die können wir ja derweil hier liegen lassen. Komm, lass uns runter gehen und nach Colin sehen. Vielleicht kann ich ihm beim Holzstapel helfen...“
 

Unten im Garten stand dann tatsächlich ein stämmiger alter Mann, vermutlich irgendwas gegen Ende sechzig und mühte sich an einem Stapel Holzscheite ab. Orli hob eines auf, und noch eines, bis Colin merkte, dass da jemand war. „Herrje, Orlando! Du hier?“ – „Hey Dad!“ Orli umarmte ihn erst einmal. Dann schaute Colin über Orlis Schultern hinweg und sah mich. „Na, wer ist denn die junge Maid die du bei dir hast? Ne neue Freundin, he?“ Er knuffte Orli in die Seite. „Au! Das ist Marie, wir ham uns in München kennen gelernt...“ – „Hallo, freut mich!“ Ich schüttelte auch Colin die Hand. „Und, wie lang?“ Fragte Colin dann. Orli sah in die Luft und schien nachzudenken. Was heißt, er dachte nach... „Vier Tage...“ – „Oha, na dann schau mal dass das auch so bleibt, die scheint mir ziemlich in Ordnung! Und ausnahmsweise mal keine Blonde...“ Er zwinkerte mir zu. Hatte der ne Ahnung dass ich ebenfalls blond war, es nur keiner wusste...
 

Wir halfen Colin noch eben den Holzstapel mit aufbauen bis der wieder einigermaßen stabil stand und gingen dann wieder rein. (Anm.d.A.: verdammt, wieso zuckt mein Bildschirm so??) Es war inzwischen ziemlich dunkel geworden, na ja, sagen wir, es dämmerte stetig dahin. „Wo willst du heut überhaupt pennen?“ Fragte ich Orli dann. Das Zimmer schien mir nicht grade geeignet, denn das Bett war alt und reparaturbedürftig und sonst im Haus wusste ich nichts. „Unten am Strand haben wir eine kleine Hütte, dahin werd ich dich heute entführen wenn du magst... sonst können wir auch im Zimmer meiner Schwester übernachten, mach ich meistens wenn sie nicht da ist, denn ich hab Angst dass mein Bett zusammenbricht...“ Grinste Orli und stopfte ein paar Sachen in eine Stofftasche. „Es ist nicht weit, nur ein paar Kilometer. Ich pack dir ein paar warme Decken ein, drinnen können wir den Kamin anmachen oder draußen ein Lagerfeuer anzünden...“ Lagerfeuer, au ja, das war was, wofür man mich immer haben konnte. Das letzte war einfach schon zu lange her, damals war ich mit Jazzy, Mandy und ein paar anderen Leuten am Chiemsee Zelten. Wir haben Kartoffeln gegrillt und uns köstlich amüsiert. Etwas stubste mich. „Marie?“ Ich sah nach rechts. „Hm?“ – „Komm, wir fahren...“ Ich schulterte meine Tasche und folgte Orli hinunter zum Auto.
 

Die Fahrt im Dunkeln kam mir ein wenig unheimlich vor, Nebel, Moos... als ob hier jederzeit an der Straße Zombies auftauchen würden... ich verdrängte den Gedanken und legte meine Hand auf die von Orli, die sich grade auf dem Ganghebel befand. Das gab mir schon ein besseres Gefühl. Mein edler Beschützer, der mich verteidigt... ich musste kichern bei dem Gedanken. Als wie wenn plötzlich ein Legolas aus dem Auto springt dann und den Zombie mit Pfeil und Bogen attackiert ^^

Außer einem beinahe – Zusammenstoß mit einem Bambi fiel aber nichts mehr vor auf der Fahrt zum Strand. So packten wir – schon ziemlich müde – unsere Sachen aus und stapften durch den Sand zu der kleinen Holzhütte am andern Ende des Strands. Orli sperrte die Tür auf, die sich knarzend und quietschend öffnete. Drinnen roch es nach Meer und Sand. Fühlte sich auch so an, denn unter meinen Füßen knirschten Sandkörner. „Hat Colin wieder nicht ausgefegt, als er letzte Woche hier war...“ ärgerte sich Orli und knipste das Licht an. „Ich schmeiß dich morgen raus, dann kannst du dir den Sonnenaufgang ansehen...“ Grinste er dann zu mir herüber, während er seine Tasche auf einen der Stühle warf, die an einem hölzernen Tisch standen und anscheinend aus den 70ern übrig geblieben waren. Der Bezugsstoff war mit Karos bedruckt... schrecklich. „Also, sollen wir noch Lagerfeuer machen? Ich hab noch ein bisschen Holz hier...“ Fragte er mich und warf einen Blick in die Ecke neben dem Kamin. „Oh ja, bitte... aber wenn du zu müde bist will ich dir das net auftun.“ Orli winkte ab und nahm mich von hinten in den Arm. „Für dich ist mir keine Arbeit zu viel.“ Ich neigte meinen Kopf nach hinten und gab ihm einen Kuss. „Du kleiner Charmeur...“

Zusammen trugen wir die Holzscheite vor die Hütte und Orli versuchte mit etwas trockenem Gras und Sägespänen, die hier rumlagen, ein Feuerchen zu entfachen. Das schließlich lichterloh brannte und uns mit wohliger Wärme versorgte. Orli hatte noch ein paar Kartoffeln aus Mama’s Küche mitgehen lassen, die wir jetzt – auf kleinen Ästen aufgespießt – über dem Feuer grillten und sie uns danach schmecken ließen.

Irgendwie musste es dann gekommen sein, dass wir am Feuer einschliefen. Es war in der Nacht so warm, dass man es bequem auch ohne Decke aushalten konnte. Ich wachte allerdings irgendwann auf, weil ich etwas in den Büschen rascheln hörte, die den Strand einsäumten. Ein bisschen ängstlich sah ich mich um und griff mir den nächsten Stein, der neben mir lag. Zwei leuchtende Augen kamen auf mich zu und mich ergriff die Panik. Sollte ich Orli wecken? Hilfesuchend sah ich mich um, hatte aber nicht mehr als den Stein in meiner Hand und Orli in die Hütte zerren konnte ich alleine nicht schaffen. Ich musste ihn aufwecken. Sorry Orli!! „Wach auf Orli, da ist was!“ Flüsterte ich, schon fast gelähmt vor Angst. Ich hasste es normal, draußen im Dunkeln zu schlafen, weil ich Schiss vor wilden Tieren hatte... „Was ist denn..?“ Er drehte sich um und rieb sich die Augen. Ich deutete auf die Augen. „Mach dir wegen dem keine Sorgen...“ Gab er schließlich zu verstehen. „Katze...“ Grinste Orli. Ich ließ mich zurück in den Sand fallen und fühlte mich wie ein Idiot. „Sorry dass ich dich deswegen aufgeweckt hab...“ Orli zog mich zu sich hin und küsste mich. „Hey, lieber einmal zu viel als zu wenig. Und wenn Not am Mann beziehungsweise der Frau ist, zieh ich mein Elbenschwert und hack dem Monster den Kopf ab.“ Ich musste lachen. Dass er so spät Nachts noch solchen Humor hatte, das fand ich einfach klasse. Der ganze Kerl war klasse. Nun kam das „Monster“ immer näher und wir konnten tatsächlich entdecken, dass es sich um eine getigerte Katze handelte, die auf leisen Pfoten durch den Sand schlich. Orli lockte sie zu uns her. „Das muss die Katze vom Bauern oben sein, die schleicht hier öfter rum...“ Meinte er und kraulte die Mieze am Kopf, worauf sie zu schnurren anfing. „Jap, das ist sie, ich erkenn die Narbe am Ohr.“ Ich sah näher hin, das Kätzchen hatte einen Schlitz im Ohr, was auf eine wilde Rauferei schließen ließ, die sie nicht als Gewinner verlassen hatte. Ich streichelte das Tier ebenfalls, sie schien gar nicht mehr gehen zu wollen. Alles endete damit, dass wir wieder einschliefen, die Katze zwischen Orli und mir. Also wie weit kam es denn schon dass mir eine Katze meinen Kerl wegnahm? *g*
 

Am nächsten Morgen stubste mich schon wieder etwas. „Man, hör auf mit deiner Stubserei...“ Gähnte ich und setzte mich auf. Das Lagerfeuer brannte wieder und über dem Meer stieg ein roter Feuerball empor. „Ah ist das schön...“ – „Sonnenaufgang über der Ostsee... war schon die Ostsee oder?“ Orli kratzte sich am Kopf. „Keine Ahnung, nennen wir es einfach Meer.“ Lächelte ich Orli an und kuschelte mich an ihn, um mich aufzuwärmen. Es war noch ziemlich kalt so früh morgens. Gemeinsam tranken wir erst mal eine schöne Tasse Tee, für die Orli in einem alten Topf über dem Feuer Wasser erhitzt hatte. Nein, kein Wasser aus dem Meer, so viel stand fest, denn sonst würde der Tee jetzt salzig schmecken. „Was ist eigentlich mit dir, hast du Urlaub oder wieso musst du heute nicht arbeiten?“ Fragte ich Orli. Der zuckte mit den Schultern. „Sieht so aus als hätte man kein Interesse mehr an mir...“ stand auf und klopfte sich den Sand von der Hose. „Das ist aber nicht gut. Was hast du eigentlich als nächstes vor?“ Fragte ich Orli, während ich unsere Tassen zusammenpackte und ihm in die Holzhütte folgte. „Mal sehen, ich hab da ein Angebot für einen very British Movie... wenn du verstehst was ich meine.“ Grinste er. Hatte ich schon gesagt dass ich den britischen Humor echt geil fand? „So in etwa, ja... ich bin gespannt. Wann geht’s los?“ – „Vorerst mal noch nicht, frühestens nächstes Jahr. Dieses Jahr sehen wir uns erst mal Drehbücher und lauter so Zeug an. Ich glaub nicht dass dich so was interessiert, ich sitz da nur da und lese...“ – „Na und, allein dich beobachten ist schon spannend genug...“ – „So, findest du?“ Kam es von unter dem Tisch. „Was suchst du da eigentlich.“ – „Hab nur die Mausefalle nachgesehen... das Biest will einfach nicht reingehen...“ – „Du Tiermörder...“ – „Na ja, ich hab sie ja nicht aufgestellt, das war Colin, und ich hab es längst aufgegeben, die immer wieder wegzumachen weil jedes Mal wenn ich wiederkomme eine neue dasteht...“ – „Trotzdem. Die arme Maus.“ – „Na ja, bevor ... eigentlich hast du Recht, komm, wir verstecken das Teil, bzw. entschärfen sie.“ Orli sah mich mit hinterlistigem Blick an. Was wohl Colin dazu sagen würde...

Aber der musste es ja nicht erfahren. Orli nahm das Stück Mausköder aus der Falle und legte es daneben. Sollte sich das Mäuschen ruhig gütlich tun am Futter... wir packten unsre Taschen und machten uns auf den Rückweg nach Canterbury. Jetzt wo die Sonne schien, kam mir die Gegend nicht mehr ganz so unheimlich vor, obwohl sich trotzdem noch hie und da ein paar Nebelfetzen befanden.
 

Leise öffneten wir die Tür von Orlis Elternhaus. Drinnen war alles totenstill, schliefen wohl noch alle. Sollte uns recht sein, so konnten wir ungestört abhauen. Orli hinterließ seinen Eltern noch einen Zettel auf dem Küchentisch, dass wir gefahren waren, holte noch seine Sachen von oben und packte sie ins Auto.
 

Die Autobahn zurück nach London war gesteckt voll, irgendwann blieben wir im Stau stehen, weil vorne irgendwo ein Unfall passiert war... nicht lange drauf klingelte Orlis Handy. „Ja? Was? Ja, wir befinden uns grad im Stau... nicht dein Ernst.... oh mein Gott!“ Ich sah Orli besorgt an. „Was ist los?“ – „Sam, auf dem Weg nach Hause... der Wagen da vorne ist ihrer... und sie drin!“ Orli geriet in Panik. Zum Glück befanden wir uns auf der ganz rechten Spur, so konnte Orli rausfahren und den Wagen neben der Autobahn im Grün parken. Wir steigen aus und rannten nach vorne zur Unfallstelle.

Vorne waren schon Feuerwehr, Polizei und Krankenwagen versammelt um ein zerquetschtes Auto. Orli drängte sich durch eine Menschentraube ganz nach vorne. „Was ist passiert?“ Schrie er voller Verzweiflung. „Ich vermute Sekundenschlaf, sie ist gegen die Leitplanke gefahren und hat sich überschlagen...“ Gab der Polizist zu verstehen, der neben Orli stand. „Es grenzt an ein Wunder dass sie überlebt hat...“ – „Lasst mich zu ihr, ich bin ihr Bruder!“ Gab Orli dann zu verstehen, keine Sekunde meine Hand loslassend. „Und wer ist das?“ Der Sanitäter deutete auf mich. „Meine Freundin, sie kommt mit wenn Sie nichts dagegen haben. Ich muss zu Sam!“ – „Orli, das Auto...“ – „Um das kümmre ich mich später, das is da erst mal sicher. Ich muss zu Sam!“ Orli rannte zu den Sanitätern nach vorne, die soeben eine ziemlich schwer verletzt aussehende Person auf einer Trage in den Krankenwagen beförderten. „Wo bringen Sie sie hin?“ – „London City Hospital...“ (Anm.d.A.: Angenommen es gibt so eins jetz einfach mal...) „Ich komme mit!“ – „Ja aber...“ – „Nichts aber.“ Gab Orli ein bisschen giftig zurück, sprang in den Krankenwagen und zog mich mit hinein.

Die Fahrt schien ewig zu dauern, vorbei an den stehenden Autos voll mit Gaffern auf dem Standstreifen mit Blaulicht... „Sorry dass du das miterleben musst... ich hätt dir bessere Ferien gewünscht...“ Flüsterte Orli, der Verzweiflung nahe. Ich nahm ihn tröstend in die Arme. „Hey, das wird schon wieder. Und mach dir um mich keine Sorgen, ich hab schon schlimmere Sachen gesehen. Ich hab mal zwei Wochen Praktikum in einem Unfallkrankenhaus gemacht.“ Sam sah wirklich schlimm aus, eine große Platzwunde am Kopf, das Bein schien irgendwie gebrochen... na ja, ich erspar euch die Details. Aber die würden das sicher wieder richten und danach wäre sie so gut wie neu. Oh Orli... ich wünschte ich könnte was für dich tun!! Ich konnte nicht zusehen wie er da so mit gesenktem Kopf saß, todtraurig...Wir alle müssen Schicksalsschläge hinnehmen, aber warum traf es ausgerechnet Orli? Den bis jetzt liebsten Menschen den ich kannte?? Das war nicht fair. Ich kuschelte mich noch enger an Orli, um ihn wissen zu lassen, dass er nicht alleine war. Er nahm das offensichtlich wahr und hielt mich im Arm wie ein kleines Kind einen Stoffteddy, den es furchtbar gern hatte... ich fürchtete fast, er würde gleich zu weinen anfangen. Dann würde ich auch weinen müssen, denn Orli so traurig zu sehen stimmte mich auch traurig. Ich hatte damals schon fast geheult, wollte ihn in den Arm nehmen, als er in Elizabethtown da so halb heulend im Auto saß. Das hier war viel schlimmer.
 

Nach einer schier endlos wirkenden Fahrt kamen wir am Krankenhaus an, die Sanitäter rissen die Tür auf und rannten mit der Trage in die Notaufnahme, wir hinterher.

Drinnen herrsche helle Aufregung, sofort waren die Ärzte zur Stelle und untersuchten Samantha. Orli und ich saßen bang draußen vor der Tür und fanden keine Ruhe. Ich strich Orli immer wieder über den Rücken um ihn zu beruhigen. „Hey, die kriegen sie wieder hin. So schlimm sah das nicht aus. Glaub mir, ich weiß was ich da rede.“ Oje... Oh Orli... er sah mich mit tränennassen Augen an. „Marie, das ist meine Schwester... ich will nicht dass sie stirbt!“ Ich nahm ihn in den Arm, konnte nicht anders in dem Moment. „Du musst die Sache ganz nüchtern angehen, auch wenn der Schmerz noch so groß ist, ich weiß du bist ein Angehöriger, dir geht das näher als mir weil ich sie noch nicht kenne...“ In dem Moment öffnete sich die Tür des Behandlungszimmers und ein Arzt kam heraus. Seinem Gesicht nach zu Urteilen war alles weder gut noch schlecht. „Herr Bloom?“ Orli sah hoffnungsvoll zu dem Weißkittel auf. „Wie steht es um Sam?“ Fragte er und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Nun... Gehirnerschütterung, Platzwunde am Kopf, rechter Arm gebrochen und eine Oberschenkelhalsfraktur... alles in allem hat sie verdammtes Glück gehabt, keine inneren Verletzungen, keine Risse...“ Orli sprang auf und fiel dem Arzt um den Hals. „Danke!!“ Der Arzt konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Sie wird wieder in Ordnung kommen, doch wird sie ein paar Wochen hier verbringen und nachher zur Reha müssen, der Oberschenkelhals braucht seine Zeit...“ Dann fuhren sie das Bett mit Sam aus dem Raum und Orli blickte auf sie hinunter. Da lag sie, bleich und leblos, wie tot. Aber wir wussten, sie schläft nur. Wir folgten den Pflegern noch aufs Zimmer und merkten uns die Stations- und Zimmernummer. „Wann wird sie wieder zu sich kommen?“ Fragte Orli. „Nun, wir haben ihr erst mal ein Schlafmittel gegeben, damit der Schock sie nicht so trifft und Schmerzmittel... ich denke heute Abend, aber schauen Sie am besten morgen wieder vorbei, da wird sie wieder munter sein.“ – „Danke Doktor.“ – „Nichts zu danken, das ist mein Job... machen Sie sich nicht so viele Gedanken, sie wird wieder gesund.“ Er klopfte Orli ermunternd auf die Schulter und verließ dann den Raum. Wir betrachteten Sam noch einmal wie sie so dalag, an all die Maschinen angeschlossen und gingen dann. Ich ertrug den Anblick nun auch nicht mehr.
 

„Wer hat dich da eigentlich vorhin auf dem Handy angerufen?“ Fragte ich Orli, als wir wieder in Notting Hill waren. „Ihr Mann... den haben sie wohl als erstes benachrichtigt... gut dass ich grade in der Nähe war...“ ganz zu vergessen, jemand war noch so nett und hat uns wieder zu Orlis Auto rausgefahren, das immer noch neben der Autobahn in der Böschung parkte.

Orli holte nun erst mal das Telefon und rief Sonia und Colin an. Die waren natürlich alles andere als begeistert von den schlimmen Neuigkeiten. Wir würden morgen alle gemeinsam Sam besuchen kommen.
 

Es war noch nicht wirklich spät, aber wir waren ziemlich geschafft von dem anstrengenden Vormittag. Immer noch ein wenig verloren dreinblickend saß Orli mit dem Rücken zu mir auf der Bettkante, den Kopf in die Hände gestützt. Ich kroch zu ihm hinüber und begann, ihm die Schultern ein bisschen zu massieren damit er sich entspannte. Er griff nach meiner rechten, drehte sich um und küsste mich. „Schön dass du da bist, alleine wär ich sicher verzweifelt.“ Ich strich ihm durchs Haar. „Hey, ICH bin froh dass DU da bist... zu Hause wär ich sicher gestorben vor Sehnsucht. Meistens passierts mir ein, zwei Tage nachdem ich einen Kerl getroffen hab dass ich mich total in ihn verknall... na gut, bei dir is das ja scho bissel länger...“ Grinste ich, was redete ich da! Orli deutete mir, nichts mehr zu sagen und küsste mich weiter. Mach weiter... es wunderte mich ja schon ein bisschen, dass er von einem Moment auf den anderen die Sorgen einfach so abwerfen konnte... vielleicht brauchte er jetzt einfach Zuneigung. Ging mir damals genauso als ich einen Riesenkrach mit meiner Mom hatte, ich weiß das hört sich für damalige zeiten skurril und völlig bescheuert an, aber ich hab mich damals wirklich an Orli „geklammert“, mir einfach vorgestellt, die Poster wären echt und geben mir die Nähe die ich brauche... so musste es Orli wohl grade auch gehen. Ich wär sicher auch nicht besonders erfreut darüber wenn meine Schwester einen Autounfall bauen würde... wobei ich nicht mal eine Schwester hatte. Ich zwang mich einfach, nicht mehr nachzudenken und nur noch die Küsse zu genießen...
 

Am Dienstag fuhren wir mit Orlis Familie ins Krankenhaus, Sam besuchen. Sie war schon wach und sah schon ein bisschen besser aus, auch wenn ihr alle Knochen weh taten so wie sie uns das schilderte. Orli ließ mich keine Sekunde aus seinen Armen, weshalb Sam ein klein wenig grinsen musste als sie uns beide da so neben sich stehen sah. „Wir gehen zusammen aus wenn ich wieder fit bin, ja?“ Zwinkerte sie mir zu. Wir hatten uns in den zwei Stunden, in denen wir bei ihr im Zimmer waren, ziemlich gut angefreundet, Sam hatte es faustdick hinter den Ohren, was man ihr so gar nicht ansah. Sie war zwar bedeutend älter als Orli, aber im Geiste noch so etwa in seinem Alter, fand ich jetzt.
 

Draußen rannte Orli auf einmal los und riss mich hinter sich her. Es war schon Richtung Abend und die Sonne ging langsam unter. „Komm, wir fahren noch eben auf den nächsten Hügel und sehen uns den Sonnenuntergang an...“ In der Tat hatte ich bemerkt dass hier die Sonnenuntergänge wunderschön waren, die hatten irgendwas magisches an sich. Leuchteten, als hätte man sie mit dem Textmarker gemalt. (Ihr wisst schon, diese Neonfarben)

Irgendwie kam ich mir dann vor wie Claire Coleburn oder wie die hieß... wir saßen auf einer kleinen Bank hoch oben auf einem Huckel der den Blick nach Westen frei gab. Langsam sank die Sonne unter den Horizont, ich in Orlis Armen... das Leben könnte nicht schöner sein! Und ich konnte nicht aufhören, in diese Augen zu sehen, komisch warum mir das erst jetzt so auffiel, aber sein Blick fesselte mich einfach. Obwohl ich ja damals schon die Szene geliebt hatte im zweiten Fluch der Karibik, wo er nach dem K.O. auf dem Deck der Black Pearl liegt und die Augen wieder aufschlägt...Schade dass es irgendwann dunkel war und ich nichts mehr erkennen konnte außer Schatten. Wir tasteten und im Dunkel noch mal zueinander vor und küssten uns noch mal bevor wir, ein bisschen fröstelnd, wieder zurück zum Auto marschierten. Orli stellte die Heizung an, und so wurde es ganz schnell wieder gemütlich warm.
 

Zu Hause knabberten wir noch ein paar Salzstangen und tranken noch eine Tasse Tee bevor wir uns in die Federn hauten. Was Orli morgen vor hatte? Ich weiß es nicht. Ich kuschelte mich in seine Arme und schlief selig wie ein Baby ein.
 

Am nächsten Tag riefen wir Sam im Krankenhaus an um uns nach ihrem Zustand zu erkundigen. Sie meinte, der Gips juckt furchtbar, sie würde ihn am liebsten runterhauen. Außerdem fand sie das Krankenhausessen eklig. War mir damals nicht anders gegangen, ich hatte ja in der Kantine das selbe Essen vertilgen müssen wie die Patienten oben bekamen, von dem Kartoffelbrei bekam ich schließlich sogar Dünnpfiff. Ich hasste Krankenhausessen auch. Sonst ginge es ihr gut, ließ Sam noch verlauten und fragte nach wie es bei uns beiden so läuft *grins* Die Sam... Das wird spaßig wenn die erst mal raus aus dem Hospital ist. Aber das kann noch ein paar Monate dauern, dann muss sie erst mal zur Reha... na ja, ich wär ja sicher noch länger mit Orli zusammen. Was der grade macht? Ich weiß nicht... Ich lunste um die Ecke hinaus in den Flur, aber da war niemand zu sehen. „Orli?“ Mehr bekam ich nicht mehr raus, denn er hatte sich von hinten angeschlichen... „Irgendwann krieg ich noch einen Herzinfarkt...“ keuchte ich. Ich war echt ein bisschen nah am Kreislaufkollaps... wenn einem jemand von hinten kommt in den man unsterblich verknallt ist dann bringen die Schmetterlinge alles zum kollabieren... Ich reichte ihm schließlich den Hörer. „Dein Schwesterlein will noch eben mit dir telefonieren.“ Er nahm mir das Teil ab und ich löste mich aus seiner Umarmung um eben dahin zu gehen wo der Kaiser zu fuß hingeht (Danke Seren für diesen Spruch ^^)
 

Als ich wiederkam hörte ich schon den Wasserkocher. Schon wieder Tee... na ja, es war fünf Uhr, und um die Uhrzeit pflegte der zivilisierte Engländer seinen Tee zu sich zu nehmen... Und diesmal kam ICH von hinten... ganz leise schlich ich mich an Orli an, der konzentriert den Wasserkocher anstarrte und sonst nichts bemerkte. Ganz vorsichtig schob ich meine Arme unter seine und kuschelte mich dann an ihn. Er fuhr erschrocken zusammen. *grins* „Hey, willst du dass ich n Herzinfarkt krieg oder was...“ Grinste er mich an. „Das selbe hast du bei mir vorhin auch fast fertiggebracht, Rache ist süß mein Lieber...“ Grinste ich zurück und küsste ihn. Orli nahm den Wasserkocher vom Aufsatz und goss die heiße Brühe in zwei Tassen in denen Teebeutel hingen. (Wie logisch, heißes Wasser mit Sojamilch schmeckt scheiße.)
 

Und während der Tee zog, zog Orli mich an sich und wir küssten uns eine halbe Ewigkeit, so schien es... bis es mir irgendwann einschoss dass der Tee inzwischen wohl viel zu stark war... Ich probierte einen Schluck, ließ aber Orlis Hand dabei nicht los. Ich weiß nicht, aber ich brauchte immer Kontakt zu ihm, musste ihn fühlen um zu wissen dass er da war. Und außerdem verursachte das so ein richtig schönes Kribbeln in meinem Bauch. Hm... so schlecht war der Tee noch gar nicht, wir hatten uns wohl gar nicht so lange von ihm abgewendet wie wir dachten... Orli holte die Sojamilch aus dem Kühlschrank und füllte die Tassen damit auf. Natürlich nicht, ohne vorher die Teebeutel zu entfernen ;o) Wir setzten uns dicht nebeneinander an den Küchentisch und schlürften unsren fünf Uhr – Tee. „Was hast du morgen eigentlich vor?“ Fragte ich Orli und schmiegte mich an ihn. Der zuckte nur die Schultern. „Naja, Sam ist erst mal sicher aufgehoben, das dauert noch eine Zeit. Weiß nicht, ich hab grad keine Pressetermine... und hier isses ganz schön kalt..“ – „Hä. Hör auf um den heißen Brei zu reden, du brütest doch was aus, das seh ich dir an.“ Was hatte er vor. Ich hatte ja gehört dass er in L.A. noch ein Haus hatte und auf den Bahamas... wer hat, der hat... „Was is dir lieber, shopping in L.A. oder Südseeurlaub auf den Bahamas.“ Shopping wäre schon geil, aber 1. hatte ich kein Geld momentan und zweitens konnte ich es somit auch nicht in Dollars umwechseln. „Dann würd ich sagen Bahamas, ich mag Amerika nicht. Klimaschutz – Muffel die und Müllberge – Produzierer...“ Orli grinste mich zuckersüß an nachdem ich den Satz beendet hatte. „Ich weiß dass du n riesen Umweltschützer bist, keine Sorge. Wieso hast du ein Haus in Amiland wenn du eh so für die Umwelt bist, Amerika is doch der größte Luftverpester den es gibt...“ Orli sah mich fragend an, wohl eher fragte er sich selbst. „Ich weiß nicht. Is ganz praktisch wenn du mal Termine hast oder so, dann muss ich net dauernd ins Hotel, das nervt mit der Zeit auch wenn dir dauernd die Paparazzis nachrennen, so hast du ein Fleckchen wo du dich zurückziehen kannst und deine Ruhe hast...“ Ich kuschelte mich noch enger an ihn, weil ich grad so schön schwebte... Und Orli legte seine Arme um mich. „Na gut, dann werd ich nachher Tickets organisieren, dann fliegen wir morgen rüber.“ – „Denk dran, ich hab nur zwei Wochen Ferien... danach kriegen wir die Abi – Ergebnisse.“ – „Hey, und danach bist du frei...“ – „Ich weiß worauf du hinauswillst.“ – „Nein weiß ich nicht, sag.“ – „Dass ich mein Leben da drüben erst mal aufgeb und zu dir zieh...“ – „Keine schlechte Idee, aber du musst nicht wenn du nicht willst.“ – „Naja, ich werd halt erst mal meine Mom fragen... die wird sicher erst mal nicht begeistert sein, mir aber dann einen Arschtritt geben und sagen geh und leb dein eigenes Leben... ich kenn meine Mom schon zu gut. Und in dem Punkt muss ich dir irgendwie recht geben, mich hat England ja schon immer fasziniert irgendwie... coole Mentalität hier.“ Grinste ich. Bis auf den verdrehten Geschmack waren die Englishmen eigentlich voll okay. Und manchmal auch so wunderschön wie der in dessen Armen ich grade lag..
 

„Sollten wir nicht noch ein paar Sachen packen?“ Fragte ich, nachdem wir uns lange in die Augen gesehen hatten und ich fast ohnmächtig war. Orli streckte sich erst mal und überlegte dann. „Naja, ich hab mein Zeug eigentlich drüben, aber du solltest vielleicht schon deinen Koffer mitnehmen...“ Irgendwie war ich aber grade zu faul zum Aufstehen und küsste ihn, statt mich von der Bank zu erheben. Ich bekam einfach nicht genug von ihm... er war wie eine Droge, die abhängig macht und wegen der du immer wieder Rückfälle erleidest... doch von erleiden war hier nicht die Rede, ich weiß keinen Moment in meinem Leben, in dem ich mich je wohler gefühlt hätte als hier in Orlis Armen, keiner störte uns, nur die Küchenuhr tickte aber sonst war es totenstill im Haus. Ich hätte jetzt glatt einschlafen können, so friedlich war es hier. „Ham die Razzis noch nicht rausgefunden wo du wohnst?“ Kam mir so in den Sinn. „Komischerweise nein, aber es dauert sicher nicht mehr lang, so ein Haus wie meins übersieht man nicht so leicht... scheiße dass die Dinger so auffällig sind, aber was tut man nicht alles für Mutter Erde...“ Ich grinste. Innerlich wie äußerlich ^^ Zu Anfangszeiten war mir sein Umweltengagement ein bisschen auf den Geist gegangen, aber inzwischen war ich schon selbst fast so eine, und konnte verstehen wie er dachte. Dafür liebte ich ihn ebenfalls, für seine Bodenständigkeit, dass er anderen half und sich für Dinge einsetzte die sonst keinen interessierten. Orli war halt einfach... perfekt, mehr konnte man nicht sagen. Ich wusste nichts, was ich an ihm bemängeln hätte können. Wie kann man nur so verdammt perfekt sein... Doch es half alles nichts, ich löste mich aus seiner Umarmung und machte mich auf den Weg ins Schlafzimmer, um meine Utensilien zusammenzusuchen.
 

Weit kam ich nicht, denn gerade als ich mich runterbeugte um meinen rosa Flauschpulli aufzuheben, der vor dem Schrank am Boden gelegen hatte, umarmte mich Orli schon wieder von hinten. „Lass mich doch mal in Ruhe einpacken...“ Doch daraus wurde nichts, ich klammerte mich an ihn und ließ mich aufs Bett schleppen. Widerstand zwecklos. „Hey nicht so hastig, wir haben Zeit...“ verlangsamte ich seinen Versuch, meinen Pulli auszuziehen, der daran scheiterte, dass der Knopf oben am Kragen noch zu war und ich das Ding somit nicht über den Kopf bekam. Tja, und mit Geduld kriegt man auch den schlimmsten Knoten auf...

Dann wusste ich was mir die letzten Tage gefehlt hatte... mir hatte diese Nähe gefehlt, die man nur bekommt wenn man miteinander schläft... nicht als ich in der Küche in seinen Armen lag, das war auch schon zu unglaublich um wahr zu sein, aber das hier raubte mir den letzten Atem. Die Lästermäuler hatten nicht ganz unrecht gehabt mit ihren Gerüchten über den Sexgott... (Anm.d.A.: he, ich kann frei schreiben, is das wahr?! Keine Blockade! Supaaaa!!!) Und Orli vernaschte einen wirklich nach allen Regeln der Kunst.

„Süßer, du hast echt was drauf...“ hauchte ich nachher, als wir ziemlich erledigt nebeneinander lagen. Orli grinste nur zufrieden. Ich drehte mich zu ihm hinüber und wir küssten uns noch einmal lange. Sehr lange.

Teil 5

Nächster Tag, strahlender Sonnenschein und 35 Grad im Schatten. Ich hatte alle Hände voll zu tun, keinen Hitschlag zu kriegen, wie hielt Orli das nur aus hier? Zugegeben, es war wunderschön, dieses türkise Wasser, das du nur in der Karibik findest... Strände soweit das Auge reicht, Palmen... „Dankeschön!“ Ich nahm Orli den Cocktail aus der Hand den er mir gemixt hatte. Joa, er kann halt nicht nur schauspielern... Ich lag draußen bei ihm im Garten auf einer Strandliege und ließ mir die Sonne auf den Pelz knallen, brauchte jetzt ein bisschen Ruhe nach ... was waren’s... 10 Stunden waren wir sicher geflogen. Dazu kam auch noch der Jetlag... zu Hause war es jetzt abend und hier fing der Tag grade erst an. Das würde gewöhnen brauchen. Aber ich hatte ja einen der mir gewöhnen half... Orli stand neben mir und sein Schatten fiel auf mich. Ich lugte unter meiner Sonnenbrille hervor. „Kannst du mal ne Zeitlang so stehen bleiben? Is angenehm..“ – „Für den Nachteil meinerseits dass ich mir n Sonnenbrand hol... ich hol dir nen Schirm.“

Hä? Wie? Ob ich hier jetz Prinzessin spiel? Keinesfalls! Orli wollte mich nur einfach nicht im Haus haben, er hatte mich vorhin förmlich raus gescheucht, mit der Betonung ich soll mich vom Flug erholen, den Rest würd er schon machen. Tss. Es dauerte auch keine fünf Minuten, da hörte ich schon, wie irgendwas hinter mir in die Erde gesteckt wurde. „Danke, du bist ein Schatz...“ Er beugte sich runter und ich gab ihm einen Schmatzer. „Aber wenn ich was tun kann, Wäsche aufhängen oder so keine Ahnung, scheuch mich hier weg ja! Ich will nicht dass du den ganzen Krempel alleine machen musst!“ – „Nein, du bleibst schön hier und spannst aus. Die Bahamas sind ja nicht umsonst ein beliebtes Reiseziel.“ – „Ich bin aber kein Tourist!!“ gab ich, ein bisschen angefressen, zurück, stand auf und brachte mein leeres Glas ins Haus, spülte es sogar ab. Orli versuchte natürlich mit aller Gewalt, mich davon abzuhalten, hier auch nur einen Finger zu rühren, aber das vermasselte ich ihm. ^^
 

Achso, ich vergaß ganz, man hatte nur ein paar, na ja, vielleicht hundert Meter runter zum Strand... Zwischen Orlis und dem Nachbarhaus führte ein schmaler Steig hinunter zum Wasser. Vögel zwitschern, Grillen zirpen (wobei mich das eigentlich mehr nervt), und man hört das Meer rauschen... „Gehen wir runter ans Meer?“ Fragte ich Orli dann, als wir uns endlich wieder voneinander lösen konnten und draußen auf der Rattan – Bank saßen. „Jetz noch nicht, is noch zu heiß, du würdest dir in nullkommanichts einen Sonnenstich holen. Aber Spätnachmittag, abends dann können wir ja mal runtergehen, ich würd auch ganz gern mal wieder ins Wasser springen.“ Oi.. na ja hoffentlich zog er nicht wieder diese ur – hässlichen Badeshorts an... Aber Orli im Pokneifer... musste auch net sein. Ich musste grinsen wenn ich mir das allein nur vorstellte. Aber seine Figur käm dann ganz gut zur Geltung... *g* Aber dann würd es schwer für mich, ihn nicht in aller Öffentlichkeit am Strand umzunieten... ich unterbrach meine Gedanken selbst weil das eh immer nur im Irrsinn endete. „Aber du kannst mitkommen, ich wollt noch schnell einkaufen gehen, dadurch dass ich relativ selten hier bin hab ich auch dementsprechend selten was zu Essen hier... weißt ja sicher dass bei der Hitze alles ziemlich schnell schlecht wird, trotz Kühlschrank.“ Orli holte seinen Autoschlüssel vom Schlüsselbrett neben der Garderobe und wir verließen sein schmuckes Appartement. Wirklich, die Hütte gefiel mir. Sowas wollte ich zu Hause auch immer haben, aber Grundstück alleine kostete einen ja schon gute 100 000 Euro... und das war noch ein kleines! Also aus der Traum vom eigenen Traumhaus... Außer ich gewänn mal eins dieser Fertighäuser, die sehen ungefähr auch so aus. Zwar eventuell nur ein Stockwerk aber Hauptsache schick.
 

Wir fuhren also hinaus aus der Siedlung und in irgendeine andere Siedlung rein, wo so ein kleiner, bisschen heruntergekommen wirkender Supermarkt stand. Ein paar Bananen, hier was, da was... Ein schönes Eis für jeden von uns weil wir schwitzten wie Bergarbeiter... Orli hatte sich irgendwas neuartiges gekauft das wie Banane schmeckte, von dem ich natürlich probieren durfte ^^ Und er von meinem Capri. Ich mochte lieber Wassereis, Milcheis fand ich hier net so angebracht, das kühlte weniger.
 

Inzwischen war es schon 15 Uhr und die Sonne knallte immer noch erbarmungslos aufs Hausdach. Orli und ich saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher und sahen uns eine dieser vollkommen schwachsinnigen Sitcoms an die in Amerika rauf und runter laufen. Orli lachte sich tot, aber ich fand das ganze einfach nur wäh. So kam es dann, dass ich mich erhob und in die Küche ging um mir was zu Knabbern zu suchen. Irgendwie hatte ich Kohldampf gekriegt. Ich schnappte mir einen Apfel aus der Obstschale und gesellte mich wieder zu Orli, der immer noch gebannt auf die Mattscheibe starrte. Ich legte meinen freien Arm um ihn und er lehnte sich an mich. War zwar ziemlcih warm bei der immer noch brütenden Hitze, aber echt angenehm... Orli deutete mir, er wolle auch einen Bissen vom Apfel und so gab ich ihm das Ding. Er biss ab und reichte mir den Apfel wieder. Heh, das war wie sich küssen, bloß dass wir uns nicht berührten sondern über den Apfel... Aber lang ging das nicht und der Apfel verschwand als Vermittler. So war das gleich viel besser...

Langsam wurde es dann merklich kühler und Orli beschloss, dass das der richtige Zeitpunkt war, um runter ans Wasser zu gehen. Wir zogen unsere Badesachen (Ich meinen schrei – gelben Bikini und Orli leider eine dieser Badeshorts...) an und stiefelten mit ein paar Handtüchern auf dem Arm runter zum Strand.
 

Das Wasser war herrlich, schön warm wie ich es aus dem Schwimmbad zu Hause kannte. Nicht zu kalt und nicht zu heiß. Das erfrischte Geist und Seele, mal wieder ein paar Runden zu schwimmen. Orli planschte neben mir herum wie ein kleines Kind und pirschte sich immer wieder heimlich an, immer wenn ich mich umsah wo er geblieben war, zog mich etwas an den Beinen nach unten. Wofür er dann die Strafe bekam, ich knutschte ihn unter Wasser nieder. Ein echt krasses Erlebnis ^^ Ich spritzte ihn dann gehörig nass und rannte so schnell ich konnte zurück zum Strand damit er nicht das selbe mit mir anstellen konnte. Naja, aber Orli war eh schneller als ich, er war der sportlichere von uns beiden.

Ganz zu vergessen, wie gut er einem den Rücken eincremen konnte... ich lag da, na ja, was hieß, ich schwebte eigentlich auf einer Wolke. Ich war völlig bewegungsunfähig.

„Du bist verdammt gerissen, weißt du das?“ Grinste ich ihn nachher an, als wir unterm Sonnenschirm saßen und ich ihm den Rücken eincremte, natürlich bemühte auch ich mich, ihn auf eine Wolke zu befördern... aber Orli war ein harter Brocken was das anbelangte. Er grinste mich nur an, nachdem ich diese sieben Worte von mir gegeben hatte.

Teil 6 - The End

Dann schaffte ich es aber, ihn aufs Badetuch zu befördern, sodass ich richtig loslegen konnte. An seiner Mimik erkannte ich schon bald dass er auch irgendwo da oben zwischen den Wolken flog... ^^ Und wenn es Orli gut ging, gings mir auch gut. Er schien es richtig zu genießen... ^^ Vielleicht sollten wir den Spieß mal umdrehen und ich beförderte ihn regelmäßig in die höheren Hemisphären...
 

Langsam wurde es kühler und eine kleine Brise wehte uns um die Nase. Ein paar Wolken zogen auf und es sah nach Regen aus. Ich beschattete mit der Hand meine Augen und lugte in den Himmel. „Regen, hier?“ Fragte ich Orli verwundert. „Jap, auch hier regnets ab und an mal, schade dass das ausgerechnet jetzt kommt.“ – „Ja, echt schade... ah.“ Ich hatte soeben drüben eine Holzhütte erspäht, unter deren Vordach ich jetzt unsere Sachen verstaute. Der Regen war ja nicht giftig und ich wollte Orli nur einmal im strömenden Regen küssen. Er wollte zwar ins Haus, aber als ihm der erste Tropfen auf der Nase landete wurde ihm klar was ich wollte. Ich packte ihn und knutschte ihn nieder, während es anfing, in Strömen zu gießen. Nass waren wir eh schon, also von daher war das schon mal egal. Wir verzogen uns schließlich unters Vordach bis der Regen aufhörte.

Später gingen wir wieder hoch zum Haus... Wo er mich mal wieder nach allen Regeln der Kunst vernaschte...
 

Nun ja, so viel zu meiner ein bisschen unheimlichen Geschichte... aus Traum wurde Realität... Inzwischen sitze ich hier in London vor dem PC, ich bin nach dem Abiturergebnis nach England gezogen, habe Musik und Gesang auf Lehramt studiert und unterrichte nun junge Sänger und Sängerinnen... schon immer ein kleiner Traum von mir. Während ich dies hier schreibe, huscht mir unser Kleiner durchs Zimmer. Vor vier Jahren – ja, es ist schon ziemlich lange her jetzt – bekam ich unseren Sohn Andy. Quirliger kleiner Knilch, die gleichen Augen wie Orlando, seine dunklen Haare hatte er auch vererbt bekommen. Die Mädchen würden ihm sicher mal scharenweise hinterherlaufen wenn er erst mal zur Schule ging. Noch war er vier Jahre alt und manchmal ziemlich stur und Bockig. Von wem er das wohl hatte... nein, nicht von Orli ^^ Der war nach wie vor sanft wie eine Sommerbrise... und ich liebte ihn mehr denn je. Wir waren noch nicht verheiratet, da gab es ein paar Probleme weil ich auf dem Papier noch katholisch war und er Buddhist. Aber sobald das bereinigt war, würden wir vor den Altar treten...

Tja, so entscheidet sich manchmal das Schicksal... Mom hat es immer noch nicht ganz verkraftet dass ich gegangen bin. Sie ruft jeden dritten Tag an und erzählt mir wie einsam sie ist. Ich gebe ihr jedes Mal den Rat, sie soll sich doch auch mal vor die Haustür trauen...

Jazzy und Mandy? Die kommen nächste Woche zu Besuch. Können es schon gar nicht mehr erwarten, ihren Orlando und meinen kleinen Andy zu sehen. Jazzy macht grade eine Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik, wahrscheinlich wird sie Tontechnikerin. Und Mandy arbeitet in einem Edeka nicht weit von meinem Zuhause. Somit wären alle untergebracht. Jeder hat seinen Platz in dieser Welt. Ich hab meinen Gefunden. Grade steht mein Schatz neben mir... „Du schreibst immer noch Tagebuch?“ Grinst er. Wir küssen uns... „Bald nicht mehr..“ Gebe ich ihm zur Antwort.

Ich mache hier jetzt Schluss, der Rest der Geschichte würde jeden nur zu sehr langweilen. Doch wisset, dass es uns gut geht und Orlando und ich uns noch kein einziges Mal in all den Jahren gestritten haben. Ich liebe ihn immer noch wie am ersten Tag. Auch wenn es damals eher eine Art Teenie – Liebe war, ist doch wahre Liebe daraus geworden.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  swansongs
2007-05-16T08:40:41+00:00 16.05.2007 10:40
cool!
nya ich fand halt geiol XD was soll ich sagen?

dat Shai^^
Von:  swansongs
2007-05-14T11:52:56+00:00 14.05.2007 13:52
Also ich find den anfang cool^^
wenn cih zeit hab les ich mehr

dat Shai
Von: abgemeldet
2007-05-12T05:52:26+00:00 12.05.2007 07:52
ohnee ic will auch mitkommen und johnyy interwiewen!!
ist doch klar der typ ist der genialste schauspieler überhaupt!!!


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