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When midnight knocks on the door

Ein Wirtschaftsseminar mit Folgen...(kapi 3 fertig, demnächst on)
von

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Tag 1

When Midnight knocks on the door
 

Hallööööö! Schön, dass ihr einen Blick auf mein neustes Werk werft. Ich hoffe, dass es mir einigermaßen gelungen ist, ich habe mich damit ziemlich schwer getan und danke an dieser Stelle meinen beiden Betalesern Mephistolino und Sersee, die mich während der ganzen Zeit, die ich für dieses Kapitel gebraucht habe, unterstützt und angetrieben haben und die Geschichte letztendlich zu dem gemacht haben, was sie jetzt ist.

Zur Story an sich: Sie spielt in Wendgräben, das ist irgendwo im Nirgendwo in Sachsen-Anhalt. Wenn ich mich nicht irre, liegt Dessau in der Nähe… Es ist ein kleines hübsches Schlösschen, was in meiner Story aber zu Spukschloss umgemodelt wurde, und liegt mitten im Wald. Ich war da am Anfang des Jahres zusammen mit meiner Klasse zu einem Wirtschaftsseminar dort. Dazu muss ich sagen, dass ich Wirtschaft abgewählt habe und dem Fach auch nicht nachtrauere. Diese Ansicht vertritt auch meine Hauptperson. Aber ich habe nicht die Absicht, jemanden von euch damit zu verletzen oder sonst irgendwie zu beleidigen. Außerdem sind Ähnlichkeiten zu anderen Geschichten unabsichtlich. Die, die mich kennen oder mit in Wendgräben waren, werden mehr Wahrheit aus dieser Geschichte herauslesen, als man denkt. Aber ich denke, das reicht jetzt… Kommen wir zum ersten Kapitel:
 

KAPITEL EINS: TAG 1
 

Mit einem lauten Krachen stoße ich das alte Schlossportal auf und renne panisch auf den Hof, ohne hinter mich zu sehen. Zu sehr ängstigt mich der Anblick von dem, was hinter mir liegt. Auch die wunderschöne Gegend um mich herum, die von der Sonne in eine glitzernde Winterlandschaft verwandelt wird, nehme ich kaum war. Krampfhaft versuche ich irgendeinen Ort zu finden, an dem ich mich verstecken kann, vor ihm verstecken kann, obwohl ich selbst weiß, dass es keinen Sinn macht. Ich blicke nun doch hinter mich. Meine Fußspuren verraten den Weg, den ich gegangen bin und selbst wenn kein Schnee liegen würde, so hat doch das kalte Wetter allen Bäumen und Sträuchern die Blätter entrissen, die mir ein bisschen Schutz hätten geben können.

Plötzlich höre ich Schritte. Hinter mir steigt jemand die Treppe herab. Mit einem kurzen Blick über die Schulter renne ich wieder los, renne um mein Leben. So einfach werde ich es ihm bestimmt nicht machen. Ich komme in einen Park. Rings um mich herum sind zahllose Hecken, alle mit Puderzucker bestreut und dennoch durchscheinend, wie Pergament. Könnte ich mich hier verstecken? Aber nein, die Fußspuren, ich sollte wirklich ab und zu meinen Verstand benutzen und nicht kopflos durch die Gegend rennen. Immer stärker und beißender spüre ich inzwischen einen stechenden Schmerz in meiner Lunge. Das hastige Luftholen bei diesen Temperaturen ist alles andere als gut. Doch ich werde nicht stehen bleiben und mich kampflos ergeben. Noch einmal drehe ich mich nach meinem Verfolger um, doch er ist unauffindbar. Nirgendwo kann ich ihn sehen. Ist das jetzt gut oder schlecht? Positiv wäre: ich habe ihn abgehängt, negativ und das ist um einiges wahrscheinlicher: er hat sich irgendwo versteckt und wartet, dass ich ihm in die Falle laufe. Jedenfalls war er direkt hinter mir, bis ich aus dem Schloss gerannt bin. Er klebte förmlich an meinen Fersen, doch nun? Meine Spuren im Schnee sind die Einzigen, abgesehen von ein paar Vogelspuren. Kann er sich in einen Vogel verwandeln? Der Gedanke schießt mir durch den Kopf und jagt mir einen Schauer der Angst über den Rücken. Die Sonne taucht jetzt langsam hinter eine große Wolke und bringt den glitzernden Schnee um mich herum zum Erlöschen. Der Zauber dieser Landschaft geht allmählich verloren. Doch was soll ich nun machen? Gehe ich wieder rein ins Schloss auf die Gefahr hin, dass mein Verfolger mich dort mit offenen Armen empfängt, oder bleibe ich hier draußen und erfriere? Denn für dünne Stoffhosen und T-Shirts ist es zu dieser Jahreszeit einfach zu kalt. Und jetzt frischt auch noch der Wind auf. Also echt, jetzt kommt wieder alles zusammen. Warum muss ich nur immer solches Pech haben? Als ich noch damit beschäftigt bin, mich selbst zu bemitleiden oder ansatzweise mein Vorgehen zu planen, spüre ich auf einmal etwas Kaltes an meinen Händen, doch ich habe nicht die Möglichkeit nachzusehen was es ist, denn im nächsten Moment werden mir diese schon auf den Rücken gezogen und mit eisernem Griff festgehalten. Völlig erstarrt vor Entsetzen stehe ich da. Unfähig mich zu bewegen und den Kopf nach hinten zu drehen um zu sehen, wer mich in der Mangel hält. Doch eigentlich brauche ich das nicht. Ich weiß sehr wohl wer da hinter mir steht, obwohl sich mein Verstand noch immer weigert, dies zu akzeptieren. Diesen Geruch habe ich bis jetzt bei keiner anderen Person wahrgenommen, außer bei ihm. Unter normalen Umständen würde ich bei diesem Duft dahinschmelzen, doch verbinde ich mit ihm wahnsinnige Angst. “Na, Süße! Ich hab doch gesagt, dass du nicht fortlaufen solltest. Deine Angst und deine Versuche dich zu verteidigen wirken auf mich nur…erregender.”, flüstert eine tiefe Stimme nah an meinem Ohr und ohne hinsehen zu müssen, weiß ich, dass die Person hinter mir höhnisch grinst. Ich zerre ruckartig an meinen Handgelenken und versuche sie irgendwie aus den Klauen meines Verfolgers zu befreien, doch es funktioniert nicht. Sein Griff ist einfach zu fest. “Lass mich los!”, sagte ich und muss mir Mühe geben, die Tränen der Verzweiflung zu unterdrücken und gleichzeitig meiner Stimme einen festen Klang zu verleihen – miserabler Versuch! “Damit ich dich wieder fangen muss? Ein aufregendes Spiel doch ich entscheide lieber selbst, wann ich spielen will und jetzt habe ich gerade keine Lust.”. Die Person drängt mich zu einem Baum, der einen Meter neben mir steht. Dort dreht er mich ruckartig um und ich starre meinem Verfolger direkt ins Gesicht, während meine Arme plötzlich über meinem Kopf gehalten werden. Ich starre direkt in die saphirblauen Augen, die durch die Haare gerade noch zu sehen sind, denn sein Pony liegt Strähnenweise in seinem Gesicht. Langsam löst mein Gegenüber eine Hand von meinen, wobei er mich ohne Schwierigkeiten auch mit nur einer Hand in Schach hält. Ich sollte mich vielleicht bei einer Schule anmelden, die Kampfkünste lehrt, damit ich mich ansatzweise verteidigen könnte, aber dazu fehlt mir sicherlich die Ausdauer. Mit seiner freien Hand greift er jetzt ein paar von seinen pechschwarzen Haarsträhnen und legt sie hinter sein spitzes Ohr. Im nächsten Moment rutschen sie allerdings wieder auf ihren alten Platz zurück. Ich starre ihn immer noch verängstig an, obwohl ich zugeben muss, dass sein Haar wirklich unglaublich gut aussieht und zu ihm passt. Es geht etwas über sein Kinn und ist rabenschwarz und geschmeidig glatt. Das ganze Gegenteil von Kravens Haar, denke ich matt und erinnere mich sehnsüchtig an das Feuchtbiotop, was er Haar nennt. Seine Anwesenheit wäre mir jetzt um einiges lieber. Plötzlich grinst mein Gegenüber, als hätte er meine Gedanken genau gehört. Wieder zieht er seine Lippen dabei leicht hoch, um mich erneut zu ängstigen. Er zeigt mir seine spitzen Vampirzähne, denn er weiß, dass ich bei dieser Betrachtung vor Angst schreien möchte. Dieser Anblick hatte mich immerhin vorhin erst zu meiner Flucht bewegt. Noch einmal versuche ich mich loszureißen, doch selbst mit einer Hand ist er noch wesentlich stärker als ich. Ich sollte mir wirklich Gedanken darüber machen, aber erst, wenn ich aus dieser Situation wieder heil herausgekommen bin. Beinahe lache ich los: Ich habe einen Vampir vor mir, dem es offensichtlich nach meinem Blut dürstet und ich mache bereits Pläne für die Zukunft? Ich funkle ihn weiter verängstigt an, unfähig irgendetwas zu sagen. Seine freie Hand legt sich sanft an mein Kinn und dennoch drückt er meinen Kopf kraftvoll zur Seite, sodass ich ihn nur noch aus den Augenwinkeln sehen kann. Er dagegen hat jetzt den perfekten Blick auf meine Halsschlagader, in der mein Blut immer heftiger pulsiert. Sein Grinsen wird breiter und er nähert sich meinem Hals. Nein, ich will nicht sterben, ich muss irgendetwas unternehmen, fährt es mit durch den Kopf. Denk nach, Fine, irgendwas wird dir schon einfallen! Doch mir fällt nichts ein. Einfach nichts! Mein Kopf ist vollkommen leer. Ich spüre inzwischen schon seinen heißen Atem an meinem Hals, der mir eine leichte Gänsehaut beschert. Ohne zu wissen was ich tue, reiße ich mein Kinn aus seiner Hand und pralle mit meinem Kopf hart gegen Seinen. Mein Schädel fühlt sich an, als ob ich gegen eine Steinwand gelaufen wäre. Mit leichtem Pochen breitet sich der Schmerz über die gesamte Kopfhälfte aus. Okay, wieder ein paar Gehirnzellen vernichtet. Sicherlich aus der Abteilung logisches Denken, bei der mir offensichtlich schon mehrere verloren gegangen sind. Ich sollte mich auf den Partys wohl etwas mit dem Alkohol zurückhalten. Alkohol ist echt böse! Aber wer braucht schon das logische Denken. Es könnte mir nur im Moment helfen mich gegen den Vampir zu wehren und ihm eventuell zu entkommen. Doch nun fixiert er mich wieder und scheint mich mit seinen stechenden Augen zu fesseln. Sie sind vor Wut zu kleinen, engen Schlitzen geworden und seine Pupillen wirken nun so schwarz wie sein Haar. “Du willst also immer noch kämpfen. Nun, dann wirst du den qualvollsten Tod ausstehen müssen, den du dir wünschen kannst”, sagte er kalt und greift unerwartet erneut nach meinem Kinn. Doch diesmal kräftiger, es tut schon richtig weh, wenn seine Klauen sich fast in meine Haut graben und diese bluten lässt, ganz anders als sein erster Versuch. Ich seufze mental auf. Das war ja wieder eine klasse Aktion, Fine. Jetzt steckst du noch mehr in der Klemme, als zuvor. Erneut senkt der Vampir seinen Kopf und ich spüre wie seine Zunge sanft über meine Halsschlagader gleitet, so als ob er sich eine Stelle suchen will, die sich besonders für einen Biss eignet. Dabei lässt er überall feuchte Stellen an meinem Hals zurück, die sich durch den eiskalten Wind, wie Eisfelder anfühlen. Ich muss unwillkürlich erschaudern, was ihm nur ein erneutes Grinsen auf die Lippen zaubert. Ich kann es nicht sehen, doch spüre ich es, da er seinen Kopf ein paar Millimeter von meinem Hals entfernt hat. Aber dieser Augenblick währt nicht lange. Schon im nächsten Moment streifen seine spitzen Eckzähne über meine Haut und plötzlich zuckt ein stechender Schmerz durch meinen Körper…

Mit einem leichten Keuchen schrecke ich schweißgebadet aus dem Schlaf. Hastig sehe ich mich um. Ich sitze im Bus, der gerade durch einen dichten Wald fährt. Schneeflocken treiben am Fenster vorbei. Neben mir sitzt Kraven und beobachtet mich mit einem Grinsen im Gesicht. Mit meiner Hand fahre ich an die Stelle meines Halses, wo der Vampir zugebissen hatte, doch da ist nichts. Gar nichts! “Hey, alles in Ordnung?”, fragte Kraven und lehnt sich ein Stück zu mir. “Ja, alles klar!”, antworte ich ihm hastig - vielleicht etwas zu hastig - und blicke mich zu meinen Füßen um. Dort liegt mein Mantel, den ich als Decke benutzt hatte, um nicht zu frieren. Anscheinend war er währenddessen ich geschlafen habe, weggerutscht und hat mir so die klirrende Kälte in meinem Traum verschafft. Doch nun verlangt Kraven wieder meine Aufmerksamkeit. Er legt eine Hand an mein Kinn, ganz ähnlich, wie es der Vampir in meinem Traum getan hatte und zieht meinen Kopf in seine Richtung. Er nähert sich mir bis auf einige Millimeter, ehe einen Moment später seine Lippen die Meinen berühren. Seine Zunge streicht an meiner Unterlippe entlang und bettelt darum, meine Zunge verwöhnen zu dürfen, doch diesen Gefallen tue ich ihm nicht. Ich löse den Kuss und beginne hastig ein Gespräch, das beleidigte Grummeln ignorierend. “Wie spät ist es? Wann hast du gesagt kommen wir in Wendgräben an?” Ich werfe Kraven einen flüchtigen Blick zu. Er sieht mich mit seinem typischen, anschuldigend, abwiegenden Blick an. “Es ist halb elf und wir sind in ein paar Minuten da. Ich habe das Schloss schon gesehen.” “Ahh… gut.” Etwas anderes fällt mir einfach nicht ein. Ich beginne meine Habseligkeiten, die sich auf der Busfahrt um meinem Platz herum verteilt haben, wieder zusammenzusuchen und sie wieder in meinen Rucksack zu stopfen. Ich verfluche das Wirtschaftsseminar in meinen Gedanken und überlege mir schon diverse Möglichkeiten, mich anderweitig zu beschäftigen. “Kissen?”, fragt Kraven neben mir und hält mir sein überdimensionales Kissen vor die Nase. Meine Nerven spannen sich allmählich. “Kannst du mich mal mit deinem dämlichen Kissen in Ruhe lassen? Ich habe dir schon ein paar Mal gesagt, dass ich es nicht haben will.”, sage ich und schiebe es ihm wieder auf den Schoß. “Weißt du, dass du damit wie ein Kleinkind aussiehst? Echt peinlich!” Nun treffen meine Augen auf zwei graue, die mich ziemlich überheblich und bösartig anfunkeln. Ich erwidere nichts. Mit einem Blick aus dem Fenster stelle ich fest, dass wir auf dem Hof vom Schloss angekommen sind. Mit quietschenden Bremsen kommt der Bus zum Stehen. Der übliche Tumult breitet sich aus. Kraven steht auf und steigt aus dem Bus, ohne auf mich zu warten. Doch ich beklage mich nicht. Seit ich mit Kraven zusammen bin, kenne ich meine Freunde nur noch von hinten. Er beansprucht meine gesamte Aufmerksamkeit für sich und wenn er diese für ein paar Sekunden verliert, ist er für den Rest des Tages beleidigt. Aber, was soll man machen? Er ist halt so, doch ich weiß nicht, wie lange ich es noch mit ihm aushalte, wenn sich da nicht schleunigst etwas ändert. Ich springe nun auch aus dem Bus und von der anderen Seite kommt mir meine Reisetasche entgegen geflogen. Becky hat sie mir zugeworfen. Ich taumle nach hinten und kann mich gerade noch von deinem Sturz bewahren. “Sag mal spinnst du? Du kannst mir das Teil doch nicht einfach so zuwerfen!”, sage ich in vorwurfsvollem Ton und trabe durch den Schnee auf sie und den Rest meiner Freunde zu. “Wo hast du Kraven gelassen?”, fragte Moritz, ein großer, gutaussehender Junge mit wasserstoffblondem, schulterlangem Haar und eisblauen Augen. “Er ist schon vorgegangen.” “…und lässt seine Freundin mit ihrer tonnenschweren Reisetasche, die mindestens zehn Paar Schuhe beinhaltet, einfach stehen. Der Typ hat einfach kein Manieren!”, sagt Joel, taucht hinter mir auf und greift sich meine Reisetasche. “Huh, die ist ja leicht!”, stellt der Schwarzhaarige fest und fixiert seine ebenso schwarzen Augen auf mich. “Bist du sicher, dass du alles hast?” Ich nicke nur. Ich habe keine sonderliche Lust auf eine umfangreiche Konversation. Dafür bin ich noch viel zu müde. “Warum ist deine Tasche dann so leicht?” Ich sehe genervt zu ihm hoch. Es ist schon doof, wenn man die Größe eines Hobbits hat, besonders wenn die Gesprächspartner die von Elben haben. “Weil ich nur neun Paar Schuhe eingepackt habe.”, entgegne ich tonlos. “Ich würde mal sagen, wir machen uns los, oder? Sonst bekommen wir keine ordentlichen Zimmer mehr ab.”, sagte Célestine und läuft zum Eingang, wo schon ein Großteil unserer Mitschüler verschwunden ist. Fabian, ein kleinerer Junge mit braunem, kurzem Haar und grünen Augen hat sich ihrer Tasche bemächtigt und Moritz greift nun nach Beckys. Zusammen gehen wir Richtung Schloss. Meine Blicke schweifen über eben dieses. Es scheint ein schönes, altes Gemäuer zu sein, allerdings sind dessen Glanzzeiten bereits vorüber. Die Fenster wirken alt zu klapprig. Ich spüre schon förmlich, wie der Wind in der Nacht durch die Spalten pfeift und für eisige Kälte sorgt. Das große Eingangsportal aus dunkler Eiche war übersäht mich Löchern, die fleißige, kleine Holzwürmer im Laufe der Jahre hineingemampft hatten. Über dem Eingang war eine große Sandsteinskulptur von einem Wildschwein - oder war es doch ein Wolf? - angebracht. Meine Laune sank buchstäblich in den Keller. Das würden ja wunderbare Tage werden. Zum Einen geht es hier nur um Wirtschaft und zum Anderen sieht dieses Gemäuer aus, als ob es von warmen Wasser und Elektrizität noch nie etwas gehört hatte. Wie konnte man hier nur ein Seminar durchführen? Ich folgte meinen Freunden inzwischen in die Eingangshalle, wo sie sich vor einem großen Tresen aufstellten. Sie wirkt ein wenig verfallen. Die Wände sind mit einem dunklen Rot gestrichen und in den Ecken stehen große Kerzenleuchter, die den Raum in ein schummriges Licht verabreichen. Ich schiebe mich an Joel und Moritz vorbei, um zu Tine und Becky zu kommen. Die Frau hinter dem Tresen sieht uns fragend an. Sie hat eine strenge, nach hinten frisierte Frisur und macht allgemein keinen freundlichen Eindruck. “Wir hätten gern ein Drei-Mann-Zimmer.”, sagt Tine mit kräftiger Stimme. “Tut mir Leid, es sind nur noch Einzelzimmer frei.” “Oh…”, reagiert Becky mit traurigem Unterton in der Stimme. Sie nimmt schließlich die Schlüssel für uns sechs Freunde entgegen und verteilt sie. Tine mustert mich nun fragend. “104”, antworte ich auf die ungestellte Frage und lege den selben fragenden Blick auf. “107”, antwortet sie. Unsere Blicke gleiten nun zu den Anderen. “103” “105” “102” “106” sagen die Vier und auf Tines Gesicht spiegelt sich nun ein Lächeln wieder und auch mich durchströmte ein Glücksgefühl. Wenn wir schon nicht zusammen in einem Zimmer sein können, so sind unsere Zimmer wenigstens nebeneinander. “Wollen wir mal schauen wo unsere Zimmer sind?” Ohne eine Antwort von uns abzuwarten, setzt sich Fab in Bewegung und steigt die Treppe hinauf. Wir anderen folgen ihm und gelangen Sekunden später in einen Gang, der an den Wänden grob gehauenen Stein besitzt und zwischen ihnen hängen, wie ich mir das schon gedacht hatte, Kerzenständer. Durch einen leichten Wind beginnen die Flammen zu flackern und tauchen den Gang in ein unheimliches Licht. Am Ende des Ganges ist ein Fenster, an dem dicke Schneeflocken vorbeistieben. Ich gehe an den verschiedenen Türen vorbei und betrachte die Türschilder. Sie scheinen aus Messing oder so was in der Art zu sein. Jetzt stehe ich vor einer Tür mit der Nummer 104. “Hier ist meins!”, sagte ich und Joel trabt auf mich zu. Meine Tasche über der Schulter hängend. Ich stecke den Schlüssel in das Schlüsselloch und schließe einmal rum. Mit einem lauten Klacken springt die Tür auf und mir kommt eiskalter Wind entgegen. Die Fenster scheinen sperrangelweit offen zu stehen. Joel folgt mir und stellt meine Tasche im Raum ab. “Ich werde dann mal nach meinem Zimmer suchen.”, kommt es von Joel und er macht Anstalten den Raum zu verlassen. “Jo? Danke fürs Tragen!”, rufe ich ihm nach. “Keine Ursache!” ist die Antwort und schon ist er aus der Tür und hat diese sanft geschlossen. Ich sehe mich um. Es ist ein großer, wenngleich dunkler Raum. Die Wände sind aus dem selben Gestein, wie die Gänge, und die Fenster sind durch lange purpurne Vorhänge verdeckt. Einer wedelt mir entgegen und zeigt mir somit, dass das Fenster dahinter offen ist. Bibbernd gehe ich darauf zu und ziehe die Vorhänge zur Seite. Eine Tür zu einem Balkon kommt zum Vorschein, doch ich komme gar nicht erst auf den Gedanken, hinauszutreten, wo doch jetzt einige Schneeflocken in mein Zimmer fliegen. Ich erschaudere leicht vor Kälte und schließe die Tür. Nun wird es zwar nicht mehr sonderlich kälter, dunkel ist es aber trotzdem. Also mache ich mich jetzt an die Vorhänge. Einer nach dem Anderen wird von mir zur Seite gezogen, um das wenige Licht, was die Wolken hindurchlassen auch in meine Gruft hier einzulassen. Trotzdem ist es mir zu dunkel. Ich sehe mich um und entdecke einige Kerzenständer, daneben Streichhölzer. Jippie, da hätten sie mir auch gleich Feuersteine hinlegen können. Gibt’s hier denn keine Feuerzeuge? Missmutig greife ich mir die Packung, nehme ein Hölzchen heraus und ziehe es an der Reibefläche vorbei. Es bricht ab. Klasse Fine, das ist wieder mal so was von typisch. Unfähig irgendwas richtig zu machen. Okay, versuchen wir es noch mal. Wieder greife ich mir ein Streichholz und wiederhole den Vorgang, inklusive Ergebnis. Es ist wieder abgebrochen. Aber keine Panik, wie heißt es so schön? Aller guten Dinge sind drei? Noch einmal hasche ich nach der Packung und ziehe ein weiteres Holzstück heraus. Und? Ha, es hat funktioniert. Eine kleine, angenehm warme Flamme ist erschienen. Mit ihr entzünde ich jetzt die Kerzen auf dem Dreiarmer. Und damit dann die anderen Kerzen im Raum. Mit einem Seufzen besehe ich mir den Raum etwas genauer. So hatte ich mir mein Wirtschaftsseminar eigentlich nicht vorgestellt, aber es kommt ja meistens anders als man denkt. Ich gehe auf einen großen Schrank zu. Er ist aus dunklen Holz und ebenso von Holzwürmern zerfressen. Ich ziehe die Türen auf und beginne meine Sachen aus der Tasche in den Schrank zu räumen. Leise summend versuche ich mir eine gute Laune, die ich nicht habe, einzureden, als sich plötzlich zwei Arme um meine Hüften legen. Erschrocken zucke ich zusammen, wirbele herum und blicke in Kravens graue Augen. “Hey Kleine!”, sagt er und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. “Bist du fertig für die Einführung? Sie geht in fünf Minuten im Kaminzimmer los.” “Ähm… hab dich gar nicht kommen hören. Ja, ich bin gleich fertig”, sagte ich nur. “Hey, du hast ja ein Einzelzimmer, da können wir ja die Nacht zusammen verbringen.”, kam es von Kraven, der begeistert mein breites Himmelbett begutachtet. Ich antworte nicht und werde im nächsten Moment von einem Klopfen an der Tür abgelenkt. “Ja?”, sage ich und Moritz und Becky kommen rein. “Oh!”, sagt Becky, “Wir wollten nicht stören…” “Ihr stört nicht!”, erwidere ich schnell, im Gegenteil sie sind meine Rettung. Schnell gehe ich auf die Beiden zu. Kraven ziehe ich mehr oder weniger hinter mir her. “Wollen wir runter gehen?” “Ja, klar!”, sagt Moritz und wir vier verlassen mein Zimmer, um in das Kaminzimmer zu gehen. Lautes Gebrabbel führt uns zu eben diesen, wo schon ein Großteil unserer Klassenkameraden versammelt ist. Im hinteren Teil des großen, hellen Zimmers sitzen Tine, Joel und Fab. Sie haben uns Plätze freigehalten und winken jetzt, um unsere Aufmerksamkeit zu erregen. Becky entdeckt sie als Erste und führt die kleine Gruppe zu den Anderen. Wir lassen uns nieder, genau in dem Moment, wie am anderen Ende des Raumes unser Lehrer, Herr Waldenburg, aufsteht und in die Mitte des Raumes schreitet. “So, ich bin froh, dass ihr alle den Raum gefunden habt, Ich möchte nur noch kurz etwas sagen. Der Hausherr, der uns diesen Aufenthalt hier ermöglicht, ist im Moment noch nicht da, wird aber im Laufe der nächsten Tage zu uns stoßen und hier sind Professor Barks von der Universität Hamburg und seine Studenten, die in den nächsten Tagen mit Ihnen ein Planspiel durchführen werden, aber das werden sie Ihnen dann noch selber erläutern.” Nun tritt ein sehr alter Mann nach vorn zu dem kleinen Rednerpult und beginnt zu sprechen. Anfangs höre ich interessiert zu, doch dann wird es mir zuviel. Wirtschaft ist eben nicht mein Ding. Ich betrachte die Studenten und bei einem bleibt mein Blick förmlich kleben. Es ist ein großer, gutaussehender, junger Mann. Er hat kurzes, zerzaustes, blondes Haar und sieht mich direkt an. Keine Ahnung warum, aber er tut es. Dies scheint auch Kraven neben mir zu bemerken, denn er legt nun seinen Arm um meine Schultern und gibt mir einen kleinen Kuss, um dem Studenten, er heißt übrigens Collin, klar zu machen, dass ich seine Freundin bin und er die Finger von mir lassen solle. Während der Professor weiter spricht, schweifen meine Gedanken ab. Ich überlege, wie es mit mir und Kraven weitergehen solle. So, wie es jetzt ist, auf jeden Fall nicht. Von dem liebevollen, süßen Typen ist kaum etwas üprig geblieben. Mir scheint es, als ob ich nur ein Prestigeobjekt bin und ihm es scheißegal ist, wie ich mich dabei fühle. So geht es nicht weiter. Ich sollte mit ihm sprechen, aber wenn es um seine Person geht, schaltet er sowieso immer auf Durchzug, also bringt das auch nichts. Aber so kann es echt nicht weitergehen…

Wie ich so meinen Gedanken nachhänge, bekomme ich natürlich nicht mit, wie sich alle erheben. Kraven stupst mich nun an und ich fahre erschrocken in die Höhe. “Willst du nichts essen?”, fragt er und mustert mich. “Ich habe dir gesagt, dass du was auf die Hüften bekommen musst. Du bist viel zu leicht. Iss was!” “Ist ja schon gut.”, blocke ich ihn ab. Ich habe in der letzten Zeit genug über das Thema gehört. Jedes Mal hält er mir vor, dass ich zu dünn bin, aber ich kann doch auch nichts dafür. Ich esse und esse und esse aber ich nehme nicht zu. Dabei ist es egal ob ich nun Salat zu mir nehme oder Unmengen Chips und Schokolade. Der Effekt ist der Selbe. Nun haste ich an seinen Fersen hängend aus dem Kaminzimmer und ins angrenzende Speisezimmer. Dort sind schon so gut wie alle Plätze belegt, nur am Tisch, wo unser Lehrer sitzt, sind noch zwei sich gegenüberliegende Plätze frei. Wir gehen darauf zu und setzen uns. Zu meinem Leidwesen sitze ich neben meiner besten Freundin Vanity, die mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansieht, doch ich ignoriere sie und starre stur geradeaus. An unserem Tisch herrscht ein munteres Geplauder. Die Vorsuppe wird aufgetragen und unser Lehrer verfolgt begierig die dampfenden Teller, doch hat er sich auf den falschen Platz gesetzt und bekommt als Letzter etwas zum Essen. Vanity und ihr Freund René haben in der Zwischenzeit zwei Plätze am Tisch des Zickenclubs entdeckt und verlassen mit eiligen Schritten unseren Tisch, um sich dort hinzusetzen. Doch mich stört es nicht. Im Gegenteil, da gehören sie hin. Mein Blick wendet sich meinem Teller mit Vorsuppe zu. Tomatensuppe. Irgendwie erinnert mich diese an Blut. Meine Gedanken schweifen wieder zu meinen Traum. So real habe ich schon lange nicht mehr geträumt. Immer war irgendetwas sinnloses dabei, was mir keine sonderliche Angst gemacht hatte, wenn man den Traum, als ich mit meiner Deutschlehrerin Kataloge für Kleinkinder verteilen sollte, außer Acht lässt und der war echt hart! Aber der Letzte… Die Kälte, die Rindes des Baumes, an dem ich gelehnt hatte, die saphirblauen Augen meines Gegenüber, all das brannte sich förmlich in mein Gedächtnis und nicht zu vergessen die Vorbereitungen zum Vampirbiss und der Biss an sich. Ich erschaudere mal wieder unwillkürlich und Kraven, der mir gegenüber sitzt, zieht eine Augenbraue hoch. “Du sollst was essen!”, sagt er schließlich und mit einem Nicken beginne ich meine fast kalten Suppe zu löffeln.

Unerwartet öffnen sich die weiten Flügeltüren zum Speisesaal und ein junger Mann tritt herein. Man kann kaum erkennen, wo sein Haar aufhört und sein Mantel anfängt, der genau den selben Schwarzton besitzt. Dieser ist offen und lässt einen Blick auf ein weißes Hemd, unter dem sich sicher ein sehr muskulöser Oberkörper verbirgt, und auf eine schwarze Hose zu. Sein Gesicht hat feine Züge und ein Lächeln liegt auf seinen Lippen. Ausnahmslos alle Mädchen starren ihn berauscht an. Auch ich bin unter ihnen, was Kraven nicht sonderlich zu gefallen scheint. Es herrschte vollkommene Stille, denn als er den Raum betrat waren alle Gespräche unterbrochen worden. Jetzt erhebt er das Wort. “Ich wünsche einen guten Appetit. Ich will nicht lange stören, deshalb komme ich gleich zur Sache. Ich möchte mich erst einmal für meine Verspätung entschuldigen. Mein Name ist Fynn von Eichendorff. Meinem Vater gehört dieses Schloss und er hat mich gebeten, solange er noch auf Reisen ist, dass ich mich darum kümmere. Also, wenn Sie irgendwelche Fragen haben, bin ich für Sie da.” Er hat eine tiefe, samtige Stimme. Irgendwie kommt sie mir bekannt vor. Irgendwo habe ich sie schon einmal gehört, aber im Moment will es mir partout nicht einfallen. “Hier! Ich habe eine Frage!”, ruft mein Lehrer und wedelt mit der Hand in der Luft rum. Dabei wirft er beinahe eine Kellnerin über den Haufen, die gerade die letzten Reste der Vorsuppe beseitigt. Fynn wendet sich zu ihm um und kommt nun auf unseren Tisch zu. Er steht nun direkt hinter Kraven und sieht fragend zum meinem Lehrer. “Ja?”, fragt er freundlich. Ich höre nicht auf die Frage, die Waldenburg stellt. Ich starre Fynn weiter an. Seine blasse Haut bildet einen unglaublichen Gegensatz zum Schwarz seines Haares. Und die Augen sind von einem so intensiven blau, wie ich es noch nie gesehen habe. “…setzen Sie sich.”, höre ich meinen Lehrer noch sagen. Auf Fynns Gesicht erscheint wieder ein Lächeln. “Gerne.” Er steht kurz unschlüssig da, und blickt von einem freien Platz zum anderen und dann zu den Personen, die neben den freien Plätzen sitzen. Als er mich ansieht, stockt er plötzlich, doch dann breitet sich ein Lächeln - breiter als zuvor - auf seinem Gesicht aus. “Fine!”, sagt er mit einem erfreuten Ton in der Stimme und seine saphirblauen Augen funkeln verrückt. Kravens Blick verdunkelt sich schlagartig, als er die Begeisterung hört. Ich aber starre ihn verwirrt an. Woher kennt er meinen Namen? Und warum freut er sich so? Ich habe ihn jedenfalls noch nie gesehen, aber… Was soll’s… Wer kann diesem Blick schon lange widerstehen. “Es ist schön dich mal wiederzusehen. Wie geht es dir?” “M…Mir? Gut.”, antworte ich nach einem kurzen Stocken und dann bricht aus mir die Frage heraus, die ich schon die ganze Zeit, seit er meinen Namen genannt hatte, fragen wollte. “Kennen wir uns?” Fynns Lächeln wird noch süßer, als es ohnehin schon war. “Ja, wir kennen uns. Du warst damals aber noch ziemlich klein. Du wirst nicht älter als fünf oder sechs gewesen sein und mich nicht so wirklich wahrgenommen haben.” “Okay, das erklärt dann einiges.”, sage ich obwohl mich diese Antwort keineswegs befriedigt. Er kommt jetzt auf mich zu und setzt sich zwischen mich und meinem Lehrer auf den freien Platz. “Wie kann ich Ihnen helfen?”, fragte Fynn, während er sich meinem Lehrer zuwendet. Larissa, die am anderen Ende neben dem freien Platz sitzt, blitzt mich böse an, genauso wie einige andere Mädchen im Umkreis unseres Tisches. Es ist offensichtlich, dass sie alle an Fynn interessiert sind und dass er nun neben mir sitzt, passt ihnen überhaupt nicht. Kraven dagegen starrt Fynn todbringend an. Ihn scheint es allerdings nicht sonderlich zu stören. Er wirft ihm lediglich ein Blick mit hochgezogener Augenbraue zu, dann führt er sein Gespräch mit Waldenburg fort. Meine Gedanken schweifen nun allerdings wieder ab. Warum erinnere ich mich nicht an ihn. So einen gutaussehenden Typen hätte ich doch nie im Leben vergessen. Jeden, doch so einen nie. Und das ist nicht das einzige Merkwürdige. Von Fynn geht ein dämonisch süßer Geruch aus, der einen förmlich dahinschmelzen lässt. Doch auch dieser kommt mir bekannt vor. Ich schließe die Augen, um mich besser konzentrieren zu können. Wieder schweifen meine Gedanken zu meinem Traum. Die Bilder des Vampirs tauchen vor mir auf. Ich sehe, wie er mich angrinst und seine schneeweißen Zähne entblößt. Er könnte wirklich für Zahnbürsten oder Zahnpasta Werbung machen. Plötzlich trifft es mich wie ein Schlag. Es ist kein Zufall, dass genau in dem Moment, wo ich Fynns Geruch wahrnehme die Bilder des Vampirs auftauchen. Der Vampir roch genauso und… er sah auch genauso wie Fynn aus. Wie blöd bin ich denn? Warum ist mir das nicht früher aufgefallen, jetzt hab ich einen Vampir neben mir sitzen, der wenn ich Pech habe, total scharf auf mein Blut ist. Ich bin so du-umm. Ich atme tief ein und aus, versuche mich zu beruhigen. Das ist doch Schwachsinn. Vampire gibt es nicht und wenn dann nur in Transsilvanien im Draculaschloss und das ist meilenweit entfernt. Obwohl… Ist Dracula nicht nach London gereist? Aber Vampire sind Sagenfiguren, sie sind nicht real. Ich seufze mental auf. Ich glaube ich kann mich bald in eine Psychiatrie einweisen lassen, wenn ich schon so einen Schwachsinn denke. Es fehlt nur noch, dass mir jetzt eine andere Stimme in meinem Kopf sagen will was richtig ist. Ich glaube meine Freundin wäre begeistert. Dann hätte sie ein Studienobjekt für ihre Facharbeit über Schizophrenie. Langsam öffne ich meine Augen. Wie war das? Vampire haben doch kein Spiegelbild, oder? Aber wie soll ich das nachprüfen. Hier hängen nirgendwo Spiegel. Dann fällt mein Blick auf den kleinen Löffel vor mir, der wahrscheinlich für das Dessert vorgesehen ist. Mit Bedacht nicht so stark aufzufallen, ziehe ich ihn langsam vom Tisch und drehe die gewölbte Seite zu mir. Mein Spiegelbild sieht deformiert zu mir zurück. Ich schlucke hart. Irgendwie scheint mir ein Frosch im Hals zu stecken, obwohl ich nicht weiß, woher das kommt. Jedenfalls neige ich jetzt den Löffel in Fynns Richtung und sehe im Löffelspiegelbild einen leeren Stuhl, obwohl auf der selben Stelle in der Realität Fynn sitzt und weiter mit Waldenburg plaudert. Entsetzt schnappe ich nach Luft, was allerdings von keinem wirklich wahrgenommen wurde. Nur Kraven sieht mich verwirrt an. Doch ich winke ab. Er würde es mir ja sowieso nicht glauben. Wenn er an etwas Übernatürliches glaubte, dann an Gott und nur an Gott. Wahrscheinlich würde er mich in die Klapse einliefern. Also behalte ich meine Angst und meine Erkenntnisse für mich. Das Essen nimmt in der Zwischenzeit weiter seinen Lauf und als der Nachtisch abgeräumt war, wollte sich Fynn wieder erheben, wand sich aber noch einmal kurz mir zu. “Hey, ich würde gern wissen was deine Eltern und dein Bruder machen, hab aber jetzt keine Zeit, ich muss noch etwas erledigen. Hast du heute Abend kurz Zeit für mich?” “Ähm…” Ich weiß nicht was ich antworten soll. Meine Eltern und Tim sind sicherlich nur ein Vorwand um mich in aller Ruhe zu beißen und mir das Blut auszusaugen, andererseits, woher weiß er von meiner Familie? Fynn hat schon wieder dieses knuffige Lächeln aufgelegt und mein Widerstand erstirbt. “Ja, klar!”, sagte ich und versuche fröhlich zu klingen. Kraven schickt mir und Fynn einen Todesblick, der Fynn nun genau ins Gesicht trifft. “Gibt es eigentlich einen Grund, warum du mich die ganze Zeit mit deinen Blicken töten willst?”, fragt er gereizt Kraven, der allerdings keine Miene verzieht und auch nicht antwortet. Janine antwortet für ihn. “Er hat Angst, dass ihm seine Freundin ausgespannt wird.”, sagt sie mit einem Grinsen im Gesicht und nickt zu mir. Fynns Blick ist für einen Bruchteil einer Sekunde ebenso bösartig auf Kraven gerichtet, dann beginnt er wieder zu grinsen. Allerdings kann man dieses nicht mit dem Grinsen vergleichen, welches mir vorhin zuteil wurde. Es ist verächtlich und nun erhebt er das Wort und seine Tonlage stimmt mit seinem Gesichtsausdruck vollkommen überein. “An deiner Stelle würde ich aufpassen. Wenn man so stark von Eifersucht geblendet ist, wie du, tut man sehr schnell Dinge, die man dann sofort bereut.” Mit diesen Worten steht Fynn auf und verschwindet aus dem Speisesaal. Kravens Hass gegen Fynn scheint sich enorm zu vergrößern, wenn man seinem Blicken folgt. Ich hänge schon wieder in meinen Gedanken fest, wie den ganzen restlichen Tag. Alle Referate sind an mir vorbeigeglitten wie nichts und das ist auch alles, was davon hängen geblieben ist. Ich gehe alleine den Gang zu meinem Zimmer entlang. Es ist inzwischen schon nach acht und ich habe mich für halb neun mit meinen Freunden und ein paar anderen aus der Klasse zum Finsterwaldspiel verabredet. Gerade will ich in meinem Zimmer verschwinden, als mich jemand ruft. Ich drehe mich um und sehe Collin. Mein Herz setzt einen Moment aus. Irgendwie habe ich zur Zeit das Glück, dass mir alle süßen Typen nachlaufen. Ich hoffe, dass ich bei ihm nicht auch so eine grauenhafte Entdeckung mache, wie bei Fynn. Ein Werwolf wäre noch möglich, oder ein anderer Dämon. Doch nun reiße ich mich aus meinen Gedanken. Collin steht lächelnd vor mir. “Hi!”, sagt er. “H…Hi!”, antworte ich. Es ist natürlich typisch für mich, dass ich in so einer Situation nicht richtig sprechen kann. “Darf ich kurz mit reinkommen? Ich würde gern etwas mit dir besprechen…” Ich bin mir sicher, dass ich ihn mit Glubschaugen anstarre. Warum will er mit in mein Zimmer kommen? Was will er mit mir besprechen? Ohne zu wissen, was ich tue, trete ich einen Schritt zur Seite und er schlüpft in den Raum und als ich die Tür schließe, herrscht vollkommene Dunkelheit. “Ups!”, sagte ich und bewege mich langsam durch den Raum, auf der Suche nach den Streichhölzern. Im Nächsten Moment hängt eine kleine Flamme in der Luft. Ich sehe genauer hin und entdecke ein kleines Feuerzeug in Collins Hand. Damit entzündet er dann die Kerzenleuchter. Etwas betreten schaue ich zu Boden. Das war ja ein gelungener Start. Okay, eigentlich sollte ich hier nichts starten, immerhin habe ich einen Freund, aber wer kann bei so einem Anblick widerstehen? Mein Verstand kann sich gegen meine Gefühle und meinen Instinkt einfach nie durchsetzen. Good bye Logik! Nun dreht er sich zu mir um und sieht mich ernst an. Ich weiß nicht warum. Hab ich irgendetwas verbrochen? Vielleicht, weil ich in dem einen Vortrag eingeschlafen bin? “Du wirst entschuldigen, aber ich habe vorhin beim Mittagessen dein Gespräch mit Fynn mitbekommen.” Ich starre ihn nur verständnislos an. Er wirft einen kurzen Blick in den Spiegel der mir gegenüber hängt, wie um zu sehen, ob ich ein Spiegelbild besitze. Nun blickt er kurz in meine Augen. “Triff dich nicht mit ihm!” “W…Warum?” “Weil… Weil…”, Collin scheint nicht recht zu wissen, wie er es sagen soll. “Weil er ein Vampir ist?”, frage ich ihn, ohne recht zu wissen, was ich tue und bereue es sofort. Warum bekomme ich eigentlich nicht mit, wie ich bei einem süßen Typen nach dem anderen in Fettnäpfchen trete? “Du weißt es? Woher?” “Aus…”, doch ich breche meinen Satz ab. Ich kann ja schlecht sagen, dass ich ihn in einem Traum gesehen habe. Collin scheint zu spüren, dass ich ihm nicht sagen will, woher ich es weiß, denn er wechselt das Thema. “Und du willst dich dennoch mit ihm treffen? Warum? Ich hoffe doch nicht nur weil er gut aussieht.” “Nein! Natürlich nicht. Was denkst du von mir? Ich will wissen, warum er so viel über meine Familie weiß.” “Sind diese Informationen deinen Tod wert?” “Ich habe nicht vor, mich umbringen zu lassen.” “Dann würde ich an deiner Stelle nicht zu ihm gehen. Bedenke, er ist ein Vampir. Ein bloßes Monster, weiter nichts! Ich bitte dich, geh nicht!”, sagt Collin jetzt schon in einem flehenden Tonfall. Ich stutze. “Warum ist es dir so wichtig, dass ich nicht zu ihm gehe? Woher weißt du eigentlich, dass Fynn ein Vampir ist?” “Weil ich nicht will das du stirbst. Ich kenne die Familie von Eichendorff schon ziemlich lange. Sie ist für ihre Grausamkeit berühmt berüchtigt. Woher ich das alles weiß? Ich bin Vampirjäger und zusammen mit Chloe und Aaron versuche ich die Familie von Eichendorff zu vernichten.” Ich ziehe unwillkürlich scharf Luft ein. Er will die ganze Familie umbringen? Ist das überhaupt legal? Aber man kann die Vampiraktionen auch nicht gerade ordnungsgemäß nennen. “Du bist also kein Wirtschaftsstudent?” “Kein normaler Mensch würde Wirtschaft studieren!”, antwortet mir mit einem leichten Lächeln im Gesicht. “Stimmt. Ähm… ich will nicht unhöflich sein, aber ich würde mich gern umziehen…” “Oh, versteh schon…”, sagt Collin und läuft leicht rot an. “Falls du mich brauchst, die 112 ist mein Zimmer. Pass auf dich auf.” “Klar doch, danke!”, ich grinse ihn an, in der Hoffnung einen mutigen und gelassenen Eindruck zu hinterlassen, doch seine Worte über Fynn machen mir schon ein wenig Angst. Warum habe ich mich auch zu diesem Treffen hinreißen lassen? Ich bin echt so verdammt dumm, das ist doch schon nicht mehr normal! Während ich so in meinen Gedanken fest hänge, hat Collin das Zimmer verlassen. Die Kerzen flackern kurz durch den Luftzug, dann ist alles wie zuvor. Seufzend gehe ich zum Schrank und öffne ihn wieder. Was zieht man zu einem Treffen mit einem Vampir an? Mein Blick fällt auf einen schwarzen Rollkragenpullover. Der schützt meine Halsschlagadern immerhin schon mal vor hungrigen Blicken.

Kaum habe ich mir diesen über den Kopf gezogen, spüre ich einen eiskalten Windzug und alle meine Kerzen erlöschen. Erschrocken drehe ich mich zum Fenster um und finde dort eine dunkle Silhouette, die vom Mond beschienen wird. Sie kommt mir vage bekannt vor, dennoch gehe ich einige Schritte nach hinten. Die Person kommt langsam auf mich zu. Die Balkontür schließt sich von alleine und einige Kerzen flammen im nächsten Moment wieder auf. Sie sorgen für eine gruselige aber auch romantische Stimmung. Nur leider ist die falsche Person anwesend… Fynn steht mir gegenüber und hat sein Lächeln von heute Mittag wieder aufgesetzt. “Hey Süße!” “H…hey…”, stottere ich. Warum muss ich immer bei ihm und Collin anfangen zu stottern? “Wie war dein Tag?” Ich verenge meine Augen zu Schlitzen. Was will der jetzt mit diesem sinnlosen Smalltalk bezwecken? Er will mich doch ohnehin nur beißen. “Was willst du von mir, Vampir?” Fynn blickt mich einen Moment verwirrt an, dann begann er laut zu lachen. “Wie kommst du darauf, dass ich ein Vampir bin?” “Nun… zum Einen hast du kein Spiegelbild, was ich schon mehr als merkwürdig finde und normale Menschen betreten Räume durch Türen und nicht durch Fenster.” Fynns lachen erstirbt. “Es war eine Balkontür!”, sagte er kleinlaut. Sein Blick wird nun aber dunkel und ernst. Er kommt auf mich zu. Der Ausdruck in seinem Gesicht verunsichert mich und ich weiche immer weiter zurück, bis ich die kalte Wand in meinem Rücken spüre. Fynn stützt seine Arme auf der linken und rechten Seite meines Kopfes auf und steht direkt vor mir. Mir ist es unmöglich irgendwie zu fliehen. Toll gemacht Fine. 1:0 für den Vampir. Fynn sah mich kalt an. “Seit wann weißt du es?” “Indirekt oder direkt?” “Gibt es da Unterschiede?” “Nun, ich hatte auf der Fahrt hier her einen Traum, wo du aufgetaucht bist und mich gebissen hast und dann beim Essen habe ich gesehen, dass du kein Spiegelbild hast.” “Wie? Im Speisezimmer hängen keine Spiegel.” “Ich habe einen Löffel als Spiegel verwendet!” “Schlaues Mädchen.”, sagte Fynn mit einem Grinsen, was seine Eckzähne wiedereinmal zum Vorschein bringt, und kommt mir etwas näher. Ich fühle mich zwanghaft in die Situation aus meinen Traum hineinversetzt. “Dir ist aber schon klar, dass ich dich kaum am Leben lassen kann, wenn du soviel über mich weißt.” Klasse! 2:0 für Fynn. Ich bin echt ein Spezialist, wenn es darum geht mich in eine unheilvolle Lage zu bringen. “Aber… Collin weiß auch, dass du ein Vampir bist und ihn tötest du ja auch nicht!” Prima jetzt ziehe ich auch noch Collin mit in die Sache hinein. Ich bin echt so ein Feigling. Warum kann ich nicht einmal mutig sein? Immer muss ich alles noch schlimmer machen. “Keine Sorge, Blondie und die anderen Jäger kommen auch noch dran.” Fynn sieht mich mit einem Lächeln an. Es ist ein gemeines Lächeln. Da bin ja mal wieder genau zwischen die Fronten geraten. So was passiert natürlich nur mir. Fynns Gesicht ist Millimeter von meinem entfernt. Mit hastigen Blicken suche ich einen Ausweg, doch ich sehe keinen. “Was hast du jetzt mit mir vor?”, ohne recht zu wissen, was ich tue, habe die Frage aus meinem Kopf gestellt. “Was ich mit dir mache? Nun ich werde etwas überprüfen. Wenn der Test positiv ausfällt bleibst du am Leben, wenn nicht, warten die Engel auf dich.” Ich starre ihn entsetzt an. “Wie hast du vor das nachzu…”, doch ich breche ab. Ich kann meinen Satz gar nicht zuende bringen, denn Fynn verschließt meinen Mund mit seinem. Er hat unglaublich weiche Lippen und sie schmecken… nach was schmecken sie eigentlich? Ich kann es nicht beschreiben. Ich spüre langsam, wie mein Widerstand erschlafft. Doch ich kann mich jetzt nicht einfach gehen lassen. Immerhin hat mich gerade ein Vampir in der Mangel, der mich wahrscheinlich umbringen will. Ich versuche mich zu wehren, mich seinem Kuss zu entziehen, doch meine Hände werden von seinen eingefangen und gegen die Wand gedrückt. Tränen der Verzweiflung beginnen mir aus den Augen zu laufen. Kurz löst sich Fynn von mir. Ich sehe, wie sein Blick auf meine Tränen fällt. Wieder nähert er sich mir und wischt mit seiner Zunge die Tränen weg. “Bleib ruhig, sonst wird alles nur noch schlimmer.”, sagt er grinsend und blickt in meine verängstigt wirkendes Gesicht. Wie soll es denn jetzt noch schlimmer kommen? Ich sehe, wie sein Blick auf meinen Hals fällt. Es ist offensichtlich, dass ihm mein Rollkragen missfällt, versperrt er ihm doch den Anblick auf meinen Hals. Wieder zwingt er mich zu einem Kuss, den ich nicht lösen kann. Seine Zunge spüre ich deutlich an meinen Lippen, er drängt darauf, dass ich meinen Mund öffne, doch ich tue es nicht, ich drücke meine Lippen fest aufeinander, als ich kleine Stiche an meiner Unterlippe spüre. Er scheint seine Vampirzähne leicht darin versenkt zu haben und als ich entsetzt aufkeuche, schmecke ich etwas Blut. Diesen Moment nutzt Fynn aber auch, um seine Zunge in meine Mundhöhle zu schieben. Na toll, jetzt habe ich seine Zunge in meinem Mund und kann nichts machen, um ihn wieder loszuwerden. 3:0 für Fynn. Und nun spüre ich auch noch, wie er am unteren Ende meines Pullovers hantiert. Langsam zieht er ihn nach oben und löst den Kuss dann, um mir den Pullover über den Kopf zu ziehen. Zerzaust und entsetzt starre ich ihn an. 4:0. Jetzt ist mein Schicksal besiegelt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sein Test für mich positiv ausfällt, ist doch relativ gering, wobei er mich auch in meinem Traum umbringen wollte. Und die Tatsache, dass ich von ihm geträumt habe, ohne, dass ich ihn kannte, ist nicht gerade ermutigend. Meine Tränen quillen wie Sturzbäche aus meinen Augen. Die Angst schnürt mir die Kehle zu. Ich kann nichts mehr sagen. Ihn nur anstarren. Jetzt neigt er seinen Kopf wieder, diesmal aber tiefer, zu meinem Hals. Seine Zunge streift wie damals in meinem Traum an meiner Halsschlagader entlang, lässt das Blut schneller pulsieren. Dann wieder dieser stechender Schmerz und ich spüre wie das Blut, was nicht sofort von Fynn aufgenommen wird, an meinem Hals entlang läuft und mein T-Shirt rot färbt. Wie versteinert stehe ich da, kann nichts machen. Lasse den Vampir einfach machen. Mir ist alles egal. Doch was werden die anderen sagen, wenn sie mich tot in meinem Zimmer finden? Eigentlich will ich nicht sterben. Ohne zu wissen wie, ertönt ein schriller Schrei in meinem Zimmer und ich brauche noch ein paar Sekunde bis ich mitbekomme, dass ich es war, die den Schrei ausgestoßen hatte. Fynn weicht von mir zurück und blickt mich verwundert an. Mein Blut läuft an seinen linken Mundwinkel herunter. Auf dem Gang höre ich nun Schritte und Getuschel vor meiner Tür. “Fine? Alles klar?” höre ich Fabs Stimme dumpf von der Tür her. Jetzt mischt sich Collins darunter. Fynn sieht mich an. “Wir sehen uns wieder, Süße!”, sagt er und gibt mir noch einen flüchtigen Kuss. Dann dreht er sich Richtung Fenster und ist im nächsten Moment verschwunden. Verstört, rutsche ich die Wand, an die ich gedrückt worden war, herunter. Plötzlich wird die Tür aufgebrochen und eine kleine Menschentraube tritt in mein Zimmer. Und bleibt dann entsetzt stehen und mustert mich. Es muss auch genial aussehen, wie ich da am Boden sitze. Mit vom Blut rotgefärbten Lippen, die sich stark von meinem blassen Gesicht abheben und dann noch die blutende Wunde am Hals und die Blutflecken auf meinem T-Shirt. Collin drängt sich schließlich zwischen Joel und Moritz durch und kniet sich vor mich. Ich sehe alles aus weiter Entfernung, wie ein unbeteiligter Zuschauer. “Fine!”, sagt er und dreht meinen Kopf in seine Richtung. Ich starre ihn mit leerem Gesichtsausdruck an. “Fine!”, wiederholt er meinen Namen jetzt kräftiger und als ich mich immer noch nicht rege, trifft mich seinen Hand hart an der Wange. Sie feuert vor Schmerz und ich blicke ihn wütend an. “Musste das jetzt sein? Weißt du wie weh das tat?”, sage ich in vorwurfsvollen Ton. Jetzt bin ich kein Beobachter mehr. Ich bin wieder mitten im Geschehen. Collin dreht jetzt meinen Kopf leicht zur Seite, um sich die Bisswunde anzusehen. “Wer war es?”, fragt Collin und blickt mir starr in die Augen. “Fynn!” Ich sehe Collin deutlich an, wie ihm die Worte ‘hab ich es dir nicht gesagt’ auf den Lippen liegen, doch er verkneift sich diese. “Moritz, kannst du eine Schüssel mit Wasser holen und ein Tuch?”, fragt der Vampirjäger ohne den Blick von mir abzuwenden. Doch jetzt wird es mir zu viel. Alles beginnt sich zu drehen, mir ist furchtbar kalt und dann wird alles schwarz.

Das Nächste was ich spüre, ist, dass ich auf etwas weichem liege und es ist warm. Schön warm. Ich liege hier ohne einen wirklichen Bezug zur Wirklichkeit. Ich höre zwar dumpfe Stimmen, doch ich verstehe sie nicht. Mein Kopf ist vollkommen leer. Ich weiß noch nicht einmal, warum ich hier liege. Aber es interessiert mich auch nicht. Zu angenehm ist das Nicht-Wissen, indem ich mich gerade befinde. “Sie wird es doch schaffen, oder?”, höre ich nun eine Stimme direkt neben mir. Es ist die eines Mädchens und kommt mir bekannt vor. “Ich weiß es nicht. Es kommt darauf an, wie stark der Biss war. Wir müssen warten bis sie aufwacht.” Dies ist die Stimme eines Mannes. Nun nagt aber doch die Neugier an mir, sodass ich meine Augen aufschlage. Ich starre direkt auf den purpurnen Baldachin von meinem Bett. Nun will ich aber auch die Personen sehen, die vorhin gesprochen haben, also drehe ich den Kopf zur Seite. Ich sehe einen jungen Mann mit kurzem blonden Haar an meinem Bettrand sitzen, den ich nach kurzer Zeit als Collin identifizieren kann und daneben steht Becky, die mir jetzt besorgte Blicke zuwirft. “Hey, Fine! Wie geht es dir?”, fragt Moritz, der hinter Becky an einem Tisch lehnt und lächelt mich an. Alle Blicke wenden sich mir zu. Ich werde leicht rot. Collin sieht mich an. Ich werde noch röter. “Alles in Ordnung?” Ich nicke nur, ich bin viel zu aufgewühlt auch nur irgendetwas zu sagen. “Kann ich noch einmal einen Blick auf den Biss werfen?”, fragt mich Collin, nachdem ich mich aufgerichtet habe und nun auch die Anderen in meinem Zimmer entdecke. Alle meine Freunde sind da, außer Kraven. Collin neigt sich zu mir und wirft einen Blick auf die Wunde, wobei sein Kopf nur Zentimeter von meinem entfernt ist. Seine warme Hand streicht über den Biss. Die Haut die er dabei berührt kribbelt, als ob tausend kleine Käfer darauf spazieren gehen würden. “Es sieht gut aus. Der Biss ist nicht sonderlich tief und dein Körper scheint damit klarzukommen.”, stellt Collin fest. “Eine Frage noch. Hat Fynn irgendwas gesagt, als ihr euch getroffen habt?” Ich krame in meinem Gedächtnis. Alle Erinnerungen an diesen Abend sind wie weggeblasen. Ich lege die Hände auf die Augen und schließe sie, um mich besser konzentrieren zu können und langsam kommen dunkle Fetzen einiger Erinnerungen zum Vorschein. Eine Gestalt vor mir im dunklen Zimmer, die kalte Wand, die weichen Lippen von Fynn. Alles kommt wieder. “Fynn meinte er müsse etwas nachprüfen.” “Hat er gesagt was?”, fragt mich Collin und blickt mich intensiv an. “Er meinte nur, dass ich, wenn der Test positiv ausfallen würde, am Leben bliebe und wenn er negativ ausfällt sterben müsse.” “Argh! Es ist zum Verrücktwerden. Hat er gesagt zu welchem Ergebnis er gekommen ist?” Ich sehe Collin an, dass sich seine Ermittlungen nicht von der Stelle bewegen und das macht ihn wütend. “Hat er von allein von dir abgelassen oder erst, als es für ihn gefährlich wurde.” “Huh! Du fragst mich was! Wenn ich mich richtig erinnere, dann hat er aufgehört mir mein Blut auszusaugen, als ich losgeschrieen habe.” “Hat er bevor er verschwand noch was gesagt?” “Er hat nur gesagt, dass wir uns wiedersehen würden.” “Okay, das kann für ein positives und ein negatives Ergebnis sprechen.”, sagt Collin nachdenklich. Wenn ich mir die Sache so ansehe, fühle ich mich entsetzlich dumm. Ich weiß absolut nicht, was hier gerade vor sich geht, nur, dass ich irgendwie mitten drin stecke. “Collin? Kannst du mir die ganze Situation mal erklären? Warum ist Fynn gerade zu mir gekommen und was will er von mir?” “Ich kann dir auch nicht alle deine Fragen beantworten. Wenn ich es könnte, wäre Fynn sicherlich nicht mehr am Leben.” “Aber du weißt auf jeden Fall mehr als ich!” “Okay, ich sage dir, was ich weiß. Also…”, beginnt Collin, doch dann unterbricht er sich selbst und sieht zur eben aufgeflogenen Tür. Kraven kommt hereingestürmt und blickt sich im Raum um, dabei wirft er jedem meiner Freunde, einschließlich Collin einen stechenden Blick zu. “Warum schafft es keiner von euch ignoranten Sturköpfen mal zu mir zu kommen und mir zu sagen, dass meine Freundin verletzt ist?”, sagt er und unterdrückt seine Wut so gut es geht. “Weil du zu sehr damit beschäftigt warst, dich beim Tischtennis feiern zu lassen.”, sagte Fab und blickte ihn düster an. Kravens Blick fällt währenddessen auf mich. Er kommt auf mich zu und stößt Collin von meiner Seite, um sich auf seinen Platz zu setzen. “Hey, Kleine. Wie geht es dir?” “Geht schon…”, murmele ich und weiche seinem Blick aus. Er ist mein Freund und ich habe Fynn geküsst. Ich habe ihn verraten und obwohl unsere Beziehung mehr als mies ist, bekomme ich Schuldgefühle. Kraven will seine Hand an meinen Hals legen, um mich wahrscheinlich zu ihm zu ziehen, doch er trifft genau den Biss und er zieht die Hand ruckartig zurück. Dabei reißt die Wunde wieder auf und beginnt leicht zu bluten. “Ihh. Ähm Schatz, du hast da was!”, sagt er und dreht mein Kopf so, dass er das Übel betrachten kann. Ich sehe einen Anflug von Ekel in seinem Gesicht, doch dann verdrängt er ihn und sieht mich an. “Das sieht schlimm aus. Wir sollten zu Waldenburg gehen.”, sagt er und will mich schon auf die Beine ziehen. “Es geht schon. Collin hat gesagt, dass es nicht so schlimm ist.” In Kravens Augen erscheint die blanke Wut. “Oh, wenn Collin, das sagt.”, sagt er abfällig und wirft dem Vampirjäger einen tödlichen Blick zu. Ohne noch ein Wort zu sagen, verlässt er mein Zimmer wieder und knallt die Tür zu. “So ein arrogantes Arschloch!”, sagt Moritz und schüttelt mit dem Kopf, “Ich versteh immer noch nicht, warum du dir den angelacht hast!” “Genau das Selbe habe ich mich auch gerade gefragt.”, seufze ich und lasse mich nach hinten auf mein Bett sinken. Collin nimmt seinen angestammten Platz wieder ein und betrachtet mich nachdenklich. “Du wolltest mir sagen, warum das alles passiert.”, sage ich zu ihm und sehe zu ihm hoch. “Ja… Ich überlege, wo ich anfangen soll…” “Also, ich denke, dass Fynn nach seiner Auserwählten sucht.” “Inwiefern auserwählt?” Ich bin vollkommen verwirrt. “Es gibt genau eine Person, die ein Vampir lieben kann, jemand, mit dem man bis in alle Ewigkeit glücklich sein kann. Aber soweit ich weiß, ist seine Auserwählte tot!” “Und warum kommt er dann zu mir, wenn sie tot ist?” “Ich weiß es nicht, vielleicht will er einfach mal wieder etwas Spaß mit einem Mädel haben und du warst die, die ihm zuerst über den Weg gelaufen ist.” “Na klasse!”, was anderes fällt mir einfach nicht ein. Für alle bin ich nur ein Ding. Keiner scheint sich dafür zu interessieren, wie ich mich dabei fühle, geschweigedenn was ich mir bei der ganzen Sache denke. Für Kraven bin ich nur dazu da, um seine Macht zu präsentieren, Fynn braucht mich um seinen Trieb zu befriedigen und ich bin mir sicher, dass der einzige Grund, warum Collin jetzt hier ist, und sich um mich kümmert die Tatsache ist, dass ich den perfekten Köder für Fynn abgebe. “Mach dir keine Sorgen, wir werden dich vor dem Vampir beschützen.”, sagt Collin und streicht mit seiner rechten Hand über meine Wange. Es ist ein schönes Gefühl, doch mein voriger Gedanke lässt mich nicht los und bringt die Schmetterlinge in meinem Bauch zum Absturz. “Woher weißt du eigentlich, dass Fynns Auserwählte tot ist.” “Oh, die ganze Sache hat Jahre gedauert. Wir haben in tausend verschiedenen Bibliotheken und Archiven Informationen über die Eichendorffs gesucht und sind dann auf einen Tagebuchauszug einer gewissen Amelie von Cosel gestoßen. Sie hat darin pausenlos von Fynn gesprochen.” “Das heißt aber nicht gleich, dass sie seine Auserwählte war, oder? Es könnte bei ihr genau der Selbe Fall sein, wie bei mir!” “Oh, die Schriftstücke waren eindeutig. Täusche ich mich, oder würdest du lieber mit ihr tauschen?” “Wie kommst du darauf? Ich verabscheue Fynn! Ich mag es nur nicht, wenn ich ausgenutzt werde. Egal wer es tut.”, antworte ich ihm in aufgebrachten Ton. “Ach so… Dann bin ich aber erleichtert.”, sagt nun Collin. Moritz meldet sich seit langem mal wieder zu Wort: “Ich denke mal, wie lassen dich jetzt ein bisschen schlafen. Der Tag war ganz schön hart für dich.” Collin stimmt ihm zu und alle verlassen nacheinander mein Zimmer und überlassen mich meinen Gedanken. Ich bin total verwirrt und keiner versucht diese Verwirrung zu beheben. Außerdem habe ich furchtbare Angst vor Fynn. Er hat nicht gesagt, wie sein Test ausgefallen ist und ich bin der festen Überzeugung, dass er nicht positiv für mich ist. Außerdem kann ich nicht glauben, dass mich Collin und seine Freunde vor Fynn beschützen können, da sie ja anscheinend nicht einmal mitbekommen, wenn er auftaucht und auf Beschattung meinerseits habe ich absolut keine Lust. Aber es ist immer noch besser, als zu sterben. Also muss ich mich mal wieder den Tatsachen beugen und meinen eigenen Willen außer Acht lassen. Wie ich das hasse! Aber jetzt schiebe ich meine Gedanken fort und kuschele mich wieder in meine Decke. Mit einem leichten Seufzen sinke ich in die Kissen und döse vor mich hin. Nur am Rande bekomme ich mit, dass jemand den Raum betritt und die Kerzen löscht und nun vor meinem Bett steht. Die Person scheint mich zu beobachten. Ich öffne noch einmal die Augen, doch die Dunkelheit ist so dich, dass ich nichts erkennen kann und ehrlich gesagt, verspüre ich nicht die geringste Lust, herauszufinden wer sich da gerade auf meinen Bettrand gesetzt hat. Die Müdigkeit hat aus mir ein gleichgültiges Wesen gemacht. Langsam tauche ich in einen tiefen Schlaf und bemerke nur noch ansatzweise, wie mir jemand sanft eine Haarsträne aus dem Gesicht streicht.
 


 

Sooo.... Das war der erste Streich und der Zweite folgt, wenn sich jemand für die Story interessiert. . Ich freue mich, dass ich solange durchgehalten habt und hoffe, dass ihr dieser Geschichte noch nicht überdrüssig seid und noch etwas mehr über Fine, Fynn und Co. erfahren wollt. Ich würde mich sehr über ein paar Rückmeldungen mit Anmerkungen, Kritik, etc. freuen. Bis dahin…

Grüüüße

Die Banshee

Tag 2

When Midnight knocks on the door
 

Hallihallo… Hier bin ich wieder mit dem zweiten Kapitel meiner Geschichte. Ich möchte mich auch ganz doll bei meinen Kommischreibern bedanken *um den Hals fall* und *durchknuddel*. Als ich die Kommis gelesen hab, hab ich mich gleich wieder an die Geschichte gesetzt und weiter geschrieben und das ist dabei rausgekommen. Ich hoffe es gefällt euch… Ach ja und noch mal danke an Sersee und mephistolino, die sich gleich nach ihrem Winterurlaub wieder an das Kapitel gesetzt haben und es korrigiert haben. *knuddel* Aber jetzt los…
 

[Ich öffne noch einmal die Augen, doch die Dunkelheit ist so dicht, dass ich nichts erkennen kann und ehrlich gesagt, verspüre ich nicht die geringste Lust, herauszufinden wer sich da gerade auf meinen Bettrand gesetzt hat. Die Müdigkeit hat aus mir ein gleichgültiges Wesen gemacht. Langsam tauche ich in einen tiefen Schlaf und bemerke nur noch ansatzweise, wie mir jemand sanft eine Haarsträne aus dem Gesicht streicht.]
 

KAPITEL ZWEI: TAG 2
 

Am nächsten Morgen erwache ich durch etwas Weiches und Warmes, das sanft meine Lippen streift. Es fühlt sich schön an. So schön, dass ich sofort gute Laune bekomme. Ich schlage die Augen auf, um zu sehen, wer mich schon so früh am Morgen verwöhnt. Ein Blick auf die Person über mir genügt und meine Laune ist wieder im Keller. Es ist nicht wie erhofft Collin, nein. Es ist Fynn, der mich jetzt, nachdem er mitbekommen hat, dass ich wach bin, mit seinem üblichen Lächeln begrüßt. Er weicht ein Stück von mir zurück, sodass ich mich aufrichten kann. “Morgen, Dornrösschen!”, sagt er und besieht sich genauer mein vor Wut und Angst verzerrtes Gesicht. “Was ist los?” “Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen und dir ein anderes Opfer suchen?”, frage ich ihn und muss mich bemühen ruhig zu bleiben. Die Wut überdeckt meine Angst vollkommen und mein Verstand hat sich ausgeschaltet. “Verschwinde!”, schreie ich jetzt schon fast. Fynn Grinsen friert ein. “Was fällt dir ein, so mit mir zu reden?”, fragt er drohend. Ich schlucke. Das war wieder eine Aktion, die nur ich hinbekommen konnte. So habe ich Fynn noch nicht erlebt. Ich hocke vor Angst versteinert in meinem Bett und ihm scheint aufzufallen, dass er ein bisschen zu stark reagiert hat, um sein Ziel bei mir zu erreichen, denn im nächsten Satz spricht er wieder nahezu normal mit mir. “Warum bist du so wütend?” “Weil ich gehofft hatte, dich frühestens heute Abend, nachdem die Sonne untergegangen ist, wiederzusehen. Aber, dass du jetzt schon am Morgen kommst, nur um mit mir zu spielen…” “Oh, versteh ich das richtig, dass es dir lieber wäre, wenn Blondie hier an meiner Stelle säße und mit dir spielen würde?” Ich werfe Fynn einen bösen Blick zu. “Du glaubst nicht, dass er mit dir spielt? Wie naiv bist du? Es ist doch offensichtlich, dass er dich nur braucht, um an mich ranzukommen.” “Darf ich dir auch eine Frage stellen?”, frage ich ihn bissig. “Ja, klar!”, antwortet Fynn anscheinend ein wenig verwirrt, dass ich ihn das frage. “Du willst doch leben, oder?” “Ja, natürlich, ich glaube das würde fast jeder antworten, wenn du ihn fragst.” “Warum…?”, beginne ich, doch Fynn unterbricht mich. “Was hast du vorhin gesagt? Darf ich dir EINE Frage stellen? Das war sie!”, sagt er und grinst mich zuckersüß an. Mein Blick verdunkelt sich. “War ein Scherz. Was wolltest du sagen?”, sagt er hastig, als er meinen Blick bemerkt. “Wenn du schon die ganze Zeit weißt, dass ich nur der Köder bin, warum kommst du dann immer wieder zu mir?” “Weil ich keine weiteren dreihundert Jahre ohne mein Mädel aushalte!”, sagt Fynn in einen aufgebrachten Ton. “Warum kommst du dann zu mir?”, wiederhole ich meine Frage, diesmal aber bestimmter, “Amelie ist tot!” Fynn stutzt. “Woher weißt du von Amelie?”, fragt er verwirrt und mustert mich eindringlich. “Collin!” Mehr ist nicht nötig, um Fynn eine zufriedenstellende Antwort zu geben. “Hast du schon mal was von Reinkarnation gehört?”, fragt Fynn schließlich in seinem fast normalen Tonfall. Seine Wut auf Collin scheint er ziemlich gut unter Kontrolle zu haben. Sollte ich mir vielleicht von ihm abgucken… Aber nun zu seiner Frage… “Reinkarnation? Wiedergeburt?”, ich hab immerhin Kamikaze Kaito Jeanne gelesen, “Ja schon, aber was hat das damit zu…!”, ich breche ab. Jetzt verstehe ich, was Fynn damit meint und die Wucht dieser Nachricht würde mich glatt umhauen, wenn ich nicht schon im Bett sitzen würde. Ich soll die Reinkarnation von Fynns Amelie sein? “Bist du dir sicher?”, frage ich schließlich und blicke ihm direkt in die Augen. “Zu Siebzig Prozent! Ich bräuchte Blut von dir, um einen hundertprozentigen Beweis zu erhalten.” “Du hast mich schon gebissen! Warum hast du da nicht den Test gemacht?”, frage ich ihn vorwurfsvoll. “Ich hatte es vor, doch der Geschmack deines Blutes war so ungewöhnlich, dass er mich total berauscht hat. Das ist mir das letzte Mal passiert, als ich auf einer Reise durch China Opium in einer Pfeife geraucht habe. Und das ist gut dreihundert Jahre her!” “Du hast Opium geraucht? Wie bist du denn drauf? Aber mal was anderes: was ist, wenn ich nicht die Reinkarnation von Amelie bin? Was wirst du dann mit mir machen?” “Hm… Ich weiß nicht.” “Gestern wolltest du mich noch zu den Engeln schicken und heute weißt du nicht, was du mit mir machen sollst?” “Nun, ich war besorgt, da Blondie sich ganz schön an dich rangeschmissen hat und er Vampirjäger ist, dachte ich, du würdest dich ihm anschließen. Immerhin weißt du im Vergleich zu anderen ziemlich viel über mich.” “Ach und woher willst du wissen, dass ich mich jetzt nicht Collin anschließe?” “Du bist ein Dickkopf und nach seiner tollen Aktion, bei der er dir vorgespielt hat, er würde sich für dich interessieren, wärst du viel zu nachtragend, um dich ihm anzuschließen.” Ich betrachte ihn nachdenklich. Er hat recht. Genauso würde ich reagieren, doch woher weiß er davon? Bin ich tatsächlich die Reinkarnation von Amelie, die er ja ziemlich gut gekannt hatte? “Fynn, würde es dir was ausmachen, wenn du mich alleine lassen würdest, ich würde mich gern umziehen und dann zum Frühstück gehen, denn im Gegensatz zu dir, brauche ich noch was zum Essen!”, sage ich, schwinge mich neben ihm aus dem Bett und gehe durch das Zimmer zum Kleiderschrank. “Und ob es mir etwas ausmacht. Ich brauch noch Blut von dir!”, sagt Fynn, steht ebenfalls auf und folgt mir. “Nicht jetzt! Ich muss erst einmal etwas essen, um wieder auf meine normale Blutmenge im Körper zu kommen, da kannst du mir jetzt nicht noch mehr aussaugen, als du es ohnehin schon getan hast!”, versuche ich ihn umzustimmen. “Du tust ja gerade so, als ob ich dich wie ein Tetrapack leer getrunken hätte. Es ist nur eine kleine Menge. Nicht mal ein Milliliter!” “Nein!”, sage ich eindringlich und laufe aus seiner Reichweite, allerdings ohne Erfolg, denn auf irgendeine unergründliche Weise ist er an mir vorbei gehuscht und steht jetzt direkt vor mir. Ich drehe mich sofort auf dem Absatz, na ja eigentlich auf meiner Ferse, denn ich habe keine Schuhe an, um und will in die Gegenrichtung gehen, doch seine Hand umschließt blitzschnell mein Handgelenk und zieht mich zurück zu ihm. Ich pralle mit voller Wucht gegen seine muskulöse Brust und verliere das Gleichgewicht. Genauso schnell legt er seine Arme um meine Hüften und zieht mich an sich, damit ich nicht falle. In meinem Körper herrscht jetzt ein riesiger Adrenalinüberschuss und mein Herz schlägt wahrscheinlich doppelt so schnell, wie normal. “Nicht fallen!”, sagt er nun und blickt zu mir herunter. “Lass mich los!”, sage ich und versuche mich aus seiner Umarmung zu lösen. “Das selbe Spiel wie gestern…”, grinst Fynn und legt die Hand an mein Kinn. Er zieht es leicht in die Höhe, sodass ich ihn direkt ansehe. Er neigt den Kopf und Sekunden später spüre ich wieder die weichen Lippen, die mich vorhin geweckt haben. In meinem Kopf wird alles neblig. Ich kann nicht denken, spüre nur Fynns Kuss. Mein Widerstand erschlafft langsam, doch ein letzter Rest bleibt dennoch üprig. Fynn löst den einseitigen Kuss mit einem leichten Seufzen. “Warum musst du nur so verdammt stur sein. Lass es doch einfach geschehen. Ich spüre doch, dass es dir gefällt.” Ich starre in Richtung Boden, beziehungsweise auf Fynns Bauch, da ich direkt an ihm lehne und keinen Boden sehen kann. Ich versuche stur auszusehen, doch der eigentliche Grund, warum ich Fynns Blick meide ist, dass ich bei seinen letzten Wort leicht rot angelaufen bin und das triumphierende Gefühl will ich ihm nicht geben. Fynn seufzt noch einmal, doch diesmal genervt. Er zieht meinen Kopf wieder in die Höhe und drückt ihn leicht zur Seite. Anscheinend ist ihm jetzt egal, ob es mir weh tut oder nicht. “Au… Fynn das tut weh!”, sage ich doch ich ernte nur ein “Sei still!” in einem ziemlich sauren Ton. Er neigt seinen Kopf zu meinem Hals und ich spüre seinen Atem, der mir die Nackenhärchen in die Aufrechte treibt. Seine Zähne streifen an meiner Halsschlagader entlang. Langsam beißt er in mein Fleisch und ich bemerke das altbekannte stechende Gefühl am Hals. Ich spüre förmlich, wie die Wärme meinen Körper verlässt und ich erschaudere. Doch so schnell wie er zugebissen hat, löst er sich auch wieder von mir. Einige Bluttropfen hängen auf seinen Lippen und geben ihnen einen roten Schimmer. “Und?”, frage ich und blicke ihm direkt in die Augen, um eine Antwort aus ihnen lesen zu können, doch man kann in ihnen genauso viel lesen, wie in einem kleinen, zugefrorenen Dorfteich. Fynn öffnet den Mund, um etwas zu sagen, doch im selben Moment fliegt meine Zimmertür auf. “Du miese alte Fledermaus, lass gefälligst die Finger von meiner Freundin!”, schreit Kraven, der die Situation blitzschnell erfasst hat, doch Fynn lässt sich davon keineswegs beeindrucken. “Ich sage es dir später!”, antwortet er auf meine Frage, berührt mit seinen Lippen für Millisekunden meine und lässt mich dann los. Er geht in Richtung Tür und muss zwangsläufig an Kraven vorbei. Dieser hatte den Kuss zornerfüllt betrachtet und sieht Fynn jetzt mit dem selben Blick an. Fynn bleibt vor ihm stehen “Genieß die Zeit, die du noch mit ihr hast, denn lange wird sie nicht mehr deine Freundin sein.” Mit diesen Worten verlässt Fynn den Raum und ich bin mit Kraven allein. “Was sollte das denn?”, fragt er mich jetzt wütend. “Woher soll ich das wissen. Ich kann mich auch nicht in einen Vampir hineinversetzen!”, antworte ich ihm ebenso gereizt und beginne jetzt einen Pullover, eine Hose und diverse andere Kleidungsstücke aus dem Schrank zu holen. “Lass gefälligst die Finger von ihm. Du bist meine Freundin!” Bei diesen Worten wirbele ich herum und blicke ihn zornerfüllt an. “Du tust ja gerade so, als ob diese Aktion von beider Seiten Einverständnis, also von Fynn und mir aus, gelaufen wäre!” “So kam es rüber!” Kraven hat jetzt seinen trotzigen Ton aufgelegt. “Dann such deine Brille! Fynn hatte mich voll in der Mangel, da hatte ich keine große Möglichkeit mich zu wehren. Glaubst du mir macht das Spaß, andauernd gebissen zu werden?” Während ich das sage, huscht Kravens Blick zu meinem Hals und er entdeckt einen neuen Biss. Seine Wut scheint sich zu legen. Er kommt langsam auf mich zu und betrachtet sich die Wunde. “Das sollte sich wirklich jemand ansehen! Komm wir gehen zu Waldenburg!”, sagt er, nimmt meine Hand und will mich aus dem Zimmer ziehen. “Lass uns lieber zu…” Collin gehen, wollte ich eigentlich sagen, doch eben fallen mir Fynns Worte wieder ein: ‘Du glaubst nicht, dass er mit dir spielt? Wie naiv bist du? Es ist doch offensichtlich, dass er dich nur braucht, um an mich ranzukommen.’ “…Ach es geht schon. Warte kurz.”, sage ich zu Kraven und wühle kurz in meiner Tasche und ziehe zwei Pflaster aus dieser. Ich trete vor den Spiegel und klebe mir die Pflaster auf die Bisse, da der eine noch blutet und die Bisse an sich schon sehr merkwürdig aussehen und ich unangenehme Fragen vermeiden will. Kraven sieht mich nicht ganz überzeugt an. “Sicher?”, fragt er und beäugt mich misstrauisch. “Ja, es geht schon!”, sage ich und lächele ihm entgegen. Zusammen gehen wir aus meinem Zimmer und den Gang entlang. Die hölzerne Treppe knarrt, während wir dem immer lauter werdenden Geräuschen von Tellerklirren und Gesprächen folgen. Das Speisezimmer ist schon relativ voll. Auch Tine, Fab, Becky, Joel und Moritz sitzen bereits an einem Tisch für acht Personen. Kraven und ich gehen zu ihnen. “Morgen!”, sage ich und versuche fröhlich zu klingen. Ein toller Morgen ist das bis jetzt, wirklich, “Ihr hättet ruhig etwas sagen oder warten können.” “Wir wollten warten, doch Kraven hat gesagt, dass er dich abholt!”, sagte Fab und nickte Kraven zu. “Achso, gut!”, antworte ich nur und schnappe mir den Teller vom Platz neben Moritz und mache mich auf, dass Büffet zu entern. Ich sehe noch aus den Augenwinkeln, wie Kraven den Teller neben meinem Platz nimmt und die Verfolgung startet. Beim Büffet angelangt betrachte ich mir die Auslagen und beginne meinen Teller zu beladen. Nachdem ich ein paar mal an diesem auf und ab gegangen bin, gehe ich zu den anderen zurück. “Du hast dir ja ganz schön was vorgenommen!”, stellt Moritz grinsend fest, als ich mich wieder neben ihn setze. “Kaffee, Fine?”, fragt Becky und hält mir eine Kaffeekanne entgegen. “Nein, heute nicht.”, antworte ich. Mit dem Adrenalinschock, den mir Fynn vorhin verpasst hat, werde ich wohl den ganzen Tag ohne Kaffee oder irgendwas anderes Wachmachendes auskommen. “Wow, was ist denn passiert, dass unsere Lorelai Gilmore keinen Kaffee will?”, frage Joel verblüfft. “Mir wurde heute morgen von einem gewissen jungen Mann mit unnormal langen und spitzen Eckzähnen ein Besuch abgestattet.” “Fynn war da?”, fragt Tine entsetzt. “Ist was passiert?” “Ich bin etwas Blut losgeworden, sonst nichts!” “Er hat dich wieder gebissen?” Ich nicke nur, weil ich mir gerade die letzten Reste meines Brötchens in den Mund geschoben habe. “Warum wehrst du dich nicht?” “Wie kommst du darauf, dass ich mich nicht wehre? Glaubst du mir gefallen die Bisse? Aber Fynn ist einfach zu stark, da komm ich nicht gegen an!” “Ist doch auch egal, oder? Solange es Fine gut geht! Geht es dir gut?” “Ja, es geht schon. Man gewöhnt sich daran.”, sage ich schulterzuckend. “Guten Morgen!”, sagt eine Stimme direkt hinter mir. “Morgen Collin!”, sagt Becky und lächelt der Person hinter mir zu. “Möchtest du dich nicht zu uns setzen?” “Klar! Mann, bin ich froh, dass es noch etwas zu essen gibt. Ich habe nämlich verpennt.” “Das Frühstück ist in einer zwanzig Minuten zuende, also würde ich dir raten nicht so viel zu quatschen und dir lieber was zu spachteln zu holen!”, grinst Moritz. Collin verschwindet für gut eine Minute und kommt dann ebenfalls mit einem vollen Teller wieder und setzt sich mir gegenüber auf den einzigen noch freien Platz. “Woh, Fine! Sitzt du schon die ganze Zeit hier?”, fragt er, als er aufsieht. “Ja, eigentlich schon!” “Da habe ich dich ja glatt übersehn, Sorry!” “Ich bin kein VIP, der es dir übel nimmt, wenn man ihn übersieht!”, antworte ich ihm tonlos. Irgendwie mag bei mir keine glückliche Stimmung aufkommen. Fynns Worte hallen immer noch in meinem Kopf wider. “Collin, Fynn hat Fine schon wieder gebissen!”, sagt Tine jetzt. Ich werfe ihr einen bösen Blick zu. Eigentlich sollte Collin das nicht erfahren. Ich will sein besorgten Blick nicht sehen, wenn er um seinen Köder fürchtet und meide seinen Blick. “Fine?”, fragt er und ich hebe gezwungenermaßen meinen Kopf und blicke ihn genervt an. “Ist es schlimm?”, fragt er und sieht mich beunruhigt an. Dieser Blick regt mich auf, doch ich unterdrücke meine Wut und schüttele den Kopf. “Ich sehe es mir nachher mal an, okay?” “Von mir aus!”, sage ich mies gelaunt und trinke den letzten Rest meines Orangensafts aus. “Wann geht das Planspiel los?”, frage ich und erhebe mich. “In einer halben Stunde. Was hast du vor?” “Ich gehe noch einmal kurz in mein Zimmer. Was nachsehen…” “Du solltest nicht allein gehen! Wer weiß, wann Fynn wieder auftaucht.” “Ich glaube nicht, dass er so schnell wieder auftaucht. Immerhin hat er mir erst vor einer halben Stunde Blut abgezapft.” “Trotzdem…” “Ich komme mit!”, sagt Joel und erhebt sich ebenfalls. “Dann los! Sagt Kraven, wenn er wieder da ist, dass ich in meinem Zimmer bin, sonst dreht er noch vollkommen durch.”, sage ich und betrachte Kravens leeren Stuhl. “Machen wir!” Joel und ich verlassen die Gruppe und gehen schweigend zurück zu unseren Zimmern. “Was willst du eigentlich nachsehen?”, fragt Joel schließlich, als wir vor meiner Tür stehen. “Ich will nachsehen, ob sich Tim gemeldet hat. Er ist ja gestern nach Kanada geflogen und hat versprochen, dass er sich bei mir meldet, wenn er angekommen ist.”, sage ich und betrete mein Zimmer. Das ist zwar nicht ganz das, was ich nachprüfen will, aber es scheint ausreichend, um Joel zufrieden zu stellen. In Wirklichkeit habe ich gehofft, dass Fynn da ist, um endlich eine Antwort zu bekommen, ob ich nun die Reinkarnation von Amelie bin, oder nicht. Aber außer mir und Joel ist niemand da. Auch keine Nachricht oder sonst irgendein Zeichen, dass Fynn hier war. Während ich mein Handy anschalte sehe ich zum Fenster. Es ist ein ganz anderer Tag, als gestern. Der Himmel ist strahlend blau und die Sonne scheint kräftig durch die Fenster. Kein Wunder, dass Fynn nicht da ist. Die Sonne würde ihn umbringen. Dann würde ich eben noch etwas warten müssen. Ich blicke auf mein Handy. Netzsuche. Klasse, jetzt ist das hier auch noch das totale Funkloch! Ich gehe zu der Balkontür und ziehe sie auf. Kalte, klare Luft weht mir entgegen und ich trete hinaus. Joel folgt mir und wir genießen einige Minuten einfach nur das schöne Wetter. Nebenbei höre ich, wie es an der Tür klopft. “Ja?”, rufe ich und gehe zurück in mein Zimmer. Collin kommt durch die Tür. “Hey…”, sagt er und kommt auf mich zu. “Hey!”, sage ich und stecke mein Handy wieder in meine Tasche zurück. “Ich verdrück mich dann mal…”, sagte Joel und verlässt mein Zimmer mit einem ziemlich zweideutigen Grinsen. “Wie geht es dir?” “Gut. Warum sollte es mir schlecht gehen?” Ich spiele einfach mal die Unwissende. “Weil du schon zum zweiten Mal von einem Vampir gebissen wurdest? Es tut mir übrigens Leid, dass wir dir nicht geholfen haben, aber irgendwie haben die Schutzmaßnahmen, die sonst bei jedem Vampir funktionieren, bei Fynn nicht funktioniert. Sorry. Das wird nicht noch einmal vorkommen. Das verspreche ich dir!” Collin kommt jetzt auf mich zu und nimmt meine Hände in seine. Ich spüre, dass er mich intensiv ansieht, doch ich meide seinen Blick. Fynn hat es erfolgreich geschafft, dass Collin aus meinem Herzen verschwindet. Irgendwie scheint auch Collin mitzubekommen, dass ich nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen ist. “Zeig mir mal deine Bisse.”, sagt er schließlich. Ich löse meine Hände aus seinen und ziehe die Pflaster von meinem Hals. “Es sieht nicht so sehr schlimm aus. Ich habe dir aber mal eine Salbe mitgebracht, die gegen diese Bisse hilft. Warte ich mach sie dir drauf…” “Ich kann das alleine!”, sage ich schnippisch und ziehe ihm die Tube aus der Hand. Collin mustert mich verständnislos. “Was ist los mit dir?” “Gar nichts! Was soll los sein?”, sage ich, während ich mir nebenbei die Creme auf die Wunden schmiere. Es brennt fürchterlich und wird ziemlich warm. “Das glaube ich dir nicht. Warum bist du sauer auf mich? Was hat Fynn vorhin getan? Was hat er über mich gesagt, was dir nicht mehr aus dem Kopf geht?” Ich starre ihn entsetzt an. “Ah, Jackpot!”, sagt er und lächelt. Wieder kommt er auf mich zu, er steht ganz dich vor mir. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut. Jetzt streicht er mit einer Hand über meine Wange. “Egal was Fynn über mich gesagt hat, es ist nicht wahr. Er versucht dich gegen mich aufzubringen. Er will mich durch dich schädigen, damit er sich selbst nicht die Finger schmutzig machen muss.” Ich starre ihn an. Na toll und wem soll ich jetzt glauben? Fynn sagt, glaub Collin nicht und Collin, dass ich Fynn nicht trauen soll. Was mach ich denn jetzt? Collin zu glauben wäre sicherlich besser, denn immerhin ist er ein Vampirjäger und sorgt dafür, dass diese von der Welt verschwinden und nichts böses mehr tun können. Er tut gutes für die Welt und Fynn? Er ist ein Vampir. Er saugt den Menschen das Blut aus, verbreitet Angst und Schrecken… Kurzum er verkörpert das Böse. Aber es ist schon erstaunlich, dass Vampire lieben können und da das auch Collin gesagt hat, glaube ich auch daran. Fraglich ist allerdings, wie stark er versucht an diese Liebe heranzukommen, was er bereit ist, zu tun…. “Fine? Alles okay?”, fragt Collin und mustert mich. “Was? Ja, na klar… Ich bin nur ein bisschen durcheinander.” “Kann ich dir helfen?” “Nein, damit muss ich allein klar kommen.” “Okay… Dann lass uns runter ins Kaminzimmer gehen. Die Einführung des Planspiels geht gleich los.” “Okay, lass uns gehen.”, sage ich nun wieder mit besserer Laune und wir gehen zusammen in den großen hellen Raum, wo schon am Vortag die ganzen Vorträge gehalten wurden. Ich setze mich zu Tine und Joel, die mal wieder im hinteren Teil des Raumes sitzen. Professor Barks tritt nun wieder zu dem Rednerpult. “Guten Morgen. Ich freue mich Sie hier begrüßen zu dürfen. Sie werden heute ein Planspiel, was ich selbst entwickelt habe, spielen. Dazu werde ich Ihnen jetzt die Regeln erklären. Die große Gruppe hier wird in vier kleinere geteilt und diese stehen dann für vier verschiedene Länder, wobei jeweils zwei gegeneinander antreten. Die Mitglieder eines Landes werden noch einmal unterteilt und zwar in die Bereiche Notenbank, Regierung, Unternehmen und Haushalte. Diese vier Gruppen müssen dann zusammenarbeiten und versuchen die Wirtschaft des Landes auf Vordermann zu bringen. Die vier Bereiche haben bestimmte Möglichkeiten, dies zu tun. Die Haushalte können ihre Arbeitskraft anbieten, die von den Unternehmen nachgefragt werden. Außerdem legen sie ihren Lohnsatz fest. Die Regierung legt die staatliche Güternachfrage und die Gewinn- und Einkommenssteuer fest. Die Unternehmen können entscheiden, wie viele Leute sie einstellen und wie viel Geld sie investieren, um neue Geräte anzuschaffen. Die Notenbank legt schließlich die Geldmenge fest, sodass es so gut wie keine Inflation oder Deflation gibt. Diese Daten werden dann in den Computer eingegeben, der dann berechnet, wie gut die Wirtschaft in dem Land ist…” “Also ich versteh hier nur Bahnhof!”, sage ich und versuche die Informationen in meinem Kopf zu ordnen. “Ich habe es auch nicht gerafft!”, sagt Tine neben mir. Joel seufzt. “Das ist doch alles ganz einfach…” “Im Gegensatz zu uns hast du Wirtschaft auch noch in der Schule. Und außerdem bist du sowieso ein Wirtschaftsgenie, immerhin hast du auch das Angebots-Nachfrage-Diagramm verstanden!”, sage ich und sehe ihn gespielt beleidigt an. “Um dafür zu sorgen, dass die Gruppen gut durchgemischt sind, zieht jeder beim Herausgehen eine Karte, wo die Gruppe, das Land und der Sektor drauf steht. Das war’s erst einmal, wie treffen uns um vierzehn Uhr wieder hier zu einer didaktischen Einheit. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.” “Wie spät ist es?”, frage ich und blicke mich zu Tine um. “Kurz vor dreiviertel zwölf.” “Um zwölf gibt’s essen, oder? Was machen wir dann noch die zwanzig Minuten?” “Gehen wir erst einmal hoch in unsere Zimmer und irgendwas wird uns schon einfallen.”

Die Zeit vergeht wie im Flug und jetzt sitze ich mit der Hälfte aus meiner Klasse in einem Zimmer und diskutieren über die Wirtschaft in Land B. Ich gehöre zur Regierung und habe keinen blassen Schimmer, was ich machen soll. Anscheinend habe ich auch den Anfang der Diskussion verpasst, die gerade in vollem Gange ist. “Die Einkommessteuer liegt bei 0,235 und die Gewinnsteuer bei 0,18. Das ist extrem niedrig”, sagt Sandra, die als Einzige in der Regierung wirklich einen Plan zu haben scheint. “Bist du sicher, das das reicht?”, fragt Kai und sieht sie misstrauisch an. “Das ist niedriger als davor. Da lagen die Steuern bei 0,265 und 0,2!” “Das können wir uns leisten!”, singt Jonas aus der Abteilung Notenbank. “Staat? Staat? Erde an Staat.”, ruft Marcus ebenfalls aus der Notenbank “Ja?”, fragt Sandra, doch bevor sie mit Marcus sprechen kann, mischt sich der Haushalt mit Lawrence dazwischen: “Sandra? Wie sieht’s mit der Güternachfrage aus?” “26!” “27!”, sagt Kai von den Unternehmen. “Nein, 26!” “Wie war die staatliche Güternachfrage die Runde zuvor?”, mischt sich jetzt auch Lawrence wieder mit ein. Wie kann man sich da nur so reinsteigern? Wirtschaft ist doch total langweilig und das Spiel bringt nichts. Das ist einfach nur Rumgerate! “Letzte Runde lag die Güternachfrage bei 25,5!”, antworte ich um mich ein wenig in die sinnlose Diskussion einzubringen. “Und dabei bleiben wir auch!” “Aber das ist viel zu wenig. Ich bin für 26!”, sagt Kai “Ich auch!”, sagt Jonas “ja, 26 ist gut!” “Hallo? Wir sind der Staat, wir entscheiden das! Nicht ihr!”, ruft Sandra über die Massen hinweg und lacht. “Wartet mal, warum macht ihr die scheiß Steuern so niedrig?”, ruft Lawrence, nachdem er sich die Zusammenfassung an der Tafel betrachtet hat. “Na weil wir ein Defizit ertragen können. Dadurch können die Haushalte dann den Konsum erhöhen und die Unternehmen können mehr produzieren.” Die Diskussion geht lautstark weiter, bis die Tür aufgeht und ein großer, schwarzhaariger junger Mann hereinkommt. Als ich ihn erkenne, sehe ich verwirrt zum Fenster und muss feststellen, dass die Sonne durch dicke Wolken verdeckt ist und schon wieder Schnee vom Himmel fällt. “Wow, ihr seid ja ganz schön engagiert, was das Planspiel angeht. Solche lautstarken Diskussionen hatten wir seit Jahren nicht mehr hier!”, sagt Fynn und zeigt sein süßes Lächeln. Als er meinen gelangweilten Gesichtsausdruck sieht, grinst er noch breiter. “Fy-nn!”, sagt meine ‘beste’ Freundin Vanity, die bisher in ihren Unternehmen nichts gesagt hat und einfach nur dagesessen hat, und klimpert mit ihren Wimpern. “Ja?”, fragt er und wendet sich lächelnd ihr zu. “Kennst du dich mit Wirtschaft aus? Ich sehe nämlich gerade wie unser Land den Bach runter geht, weil der Staat nicht in der Lage ist, ordentliche Steuern zu verabschieden.” “Na hör mal! Wir sind bisher die Einzigen, die für unser Land Punkte geholt haben, also sei mal ganz still!”, sagte Sandra und wirft Vanity einen bösartigen Blick zu. “Nein, ich kenne mich leider nicht mit Wirtschaft aus. Ich habe historische Heilmethoden studiert und das hat nicht sehr viel mit Wirtschaft gemein.”, antwortet Fynn auf Vanitys Frage. Historische Heilmethoden? Also ist er früher Arzt gewesen. Immerhin müssen die ‘historischen Heilmethoden’ zu seiner Zeit hochmodern gewesen sein… Hätte ich ihm gar nicht zugetraut… Mein Bild von Fynn in meinem Kopf scheint sich langsam von ‘blutrünstiger, gemeiner Vampir’ zu ‘interessante Persönlichkeit’ zu verschieben. “Du hast historische Heilmethoden studiert? Das ist ja interessant, das hatte ich nämlich auch vor… Also, dass ich Arzt werden will, mein ich…” “Ja? Was für ein Zufall.” Gestern als sie sich mit Collin unterhalten hat, wollte sie unbedingt Wirtschaft studieren. Die dreht es sich auch so, wie sie es gerade braucht…

Während Fynn mit Vanity spricht, beobachte ich die Beiden ununterbrochen und als Vanity eine Atempause braucht, sieht Fynn kurz zu mir und erstarrt für einen Moment. “Vanity, wenn du mich entschuldigen würdest, ich muss noch etwas erledigen…” Er erhebt sich und geht in Richtung Tür. Dabei nimmt er Umständlicherweise den längeren Weg, der an meinem Platz vorbeiführt. Neben mir, bleibt er kurz stehen und beugt sich zu mir runter. Ich sehe ihn verwirrt an. “Eifersüchtig?”, fragt er mit einem schelmischen Grinsen. “Wie kommst du darauf?”, frage ich kühl und ziehe eine Augenbraue in die Höhe. “Nun, dein Gesicht eben, war jedenfalls ziemlich süß!”, sagt er und gibt mir einen kleinen Kuss auf die Wange. Erschrocken starre ich ihm nach, bis er zur Tür hinaus und verschwunden ist. Vanity versucht derweil mich mit ihren Blicken zu töten und als ich das mitbekomme, muss ich unwillkürlich grinsen. Ich liebe es einfach ihre Pläne zu durchkreuzen. Es ist ja immerhin offensichtlich, dass sie versucht, Fynn um den Finger zu wickeln, nur das er nicht klein bei gibt. Und so habe ich es mit meiner bloßen Anwesenheit geschafft, dass ihre kleine Welt wie ein Kartenhaus zusammenbricht. Mit plötzlich extrem guter Laune widme ich mich wieder der Arbeit in der Regierung.

“Wenn ich richtig informiert bin, hattest du schon wieder ein Treffen mit der alten Fledermaus!”, sagt Kraven und blitzt mich böse an. “Ich habe dir doch gesagt, dass du die Pfoten von ihm lassen sollst! Du bist meine Freundin, meine, kapiert? Und ich verbiete dir, dich mit anderen Kerlen zu treffen.” Ich schließe kurz die Augen, um mich zu beruhigen. Als ich sie wieder aufmache, sehe ich gerade noch, wie er sich mit der der Hand an dem Wangenknochen umdreht und verschwindet. Meine rechte Hand schmerzt und ich sehe zu ihr herunter. Sie ist zu einer Faust geballt, aber sonst nichts, wovon der Schmerz rühren könnte. Ich drehe mich um. In einiger Entfernung stehen Tine, Becky, Joel, Moritz und Fab und schauen ab und zu zu mir herüber. “Ihr wisst nicht zufällig, warum Kraven gerade abgehauen ist, oder?”, frage ich sie und reibe meine Faust, in der Hoffnung, der Schmerz würde verschwinden. “Ähm…Weißt du das nicht selber?”, fragt Joel und blickt mich fragend an. “Sonst würde ich nicht fragen!” “Also, ich kann ihm seine Reaktion nicht verübeln, nach so einer Aktion eben…”, sagt Moritz und blickt mich an. “Hallo? Kann mir jemand mal sagen, was eben passiert ist? Ich kann mich an nichts erinnern…” “Du hast das aber ganz schön schnell verdrängt…”, bemerkt Fab. Irgendwie sind die Jungs heute nicht sonderlich kooperationsbereit. “Was?”, frage ich nun ziemlich aufgebracht und blicke von einem meiner Freunde zum Nächsten. “Du hast gerade höchst lautstark mit Kraven Schluss gemacht!”, sagt schließlich Tine und blickt mich komisch an. Ich brauche einige Sekunden, bis ich verstanden habe, was sie gerade gesagt hat. “Ich habe was?” “Du hast dich von Kraven getrennt und als er dich umstimmen wollte, hast du ihm eine verpasst! Kannst du dich daran nicht erinnern?” “Nein, ich habe den totalen Filmriss…”, sage ich, vergrabe mein Gesicht in den Händen und lasse mich auf das Sofa hinter mir fallen. Becky setzt sich neben mich und legt ihren Arm um meine Schulter. “Was hat das zu bedeuten? Warum kann ich mich an nichts erinnern? Es ist doch erst ein paar Minuten her und ich habe nicht einmal Alkohol getrunken…” “Vielleicht sollten wir Collin fragen. Ist das bei dir schon einmal vorgekommen?”, fragt Moritz und lässt sich zu meiner anderen Seite nieder. “Nein, es ist eben noch nicht vorgekommen… Wisst ihr wo Collin ist?” “Er war vorhin in unserer Gruppe und hat die Notenbank beraten, weil die absolut keine Ahnung hatte.” “Das heißt, dass er hier irgendwo ist?” “Er ist vorhin aber wieder verschwunden. Wohin auch immer…” “Lasst uns erst einmal nen Kaffee trinken gehen. Wozu ist denn sonst die Kaffeepause da?”, Joel hält mir seine Hand hin und zieht mich auf die Beine. Wir gehen ins Speisezimmer, wo auf jedem Tisch eine Kanne Kaffe und ein Teller mit Kuchen steht. Auf halben Weg zu unserem Tisch treffen wir auf Collin. Er sitzt mit den anderen Vampirjägern und Professor Barks an einem Vierertisch und wirkt ziemlich beunruhigt. “Fine, pass gut auf dich auf, heute ist die ganze Eichendorfffamilie da. Alle Familienmitglieder sind Vampire!”, sagt er und nickt mit dem Kopf zu einem runden Tisch in einer Ecke am Fenster. Dort sitzt Fynn mit einem älteren Mann. Er ist groß, hat ein faltiges Gesicht und grau meliertes Haar. Dann sind dann noch drei andere Vampire. Sie scheinen ungefähr in Fynns Alter zu sein. Teilweise etwas älter, teilweise jünger. Aber alle sehen sie umwerfend gut aus.

Ich schließe wieder zu den Anderen auf, die sich an unseren Tisch gesetzt haben und setze mich neben Joel. Somit habe ich direkten Blick auf Fynn und seine Familie. Ab und zu flackern Fynns Blicke zu mir herüber und auch die von seinem Vater liegen ungewöhnlich oft auf unserem Tisch. Jetzt neigt sich der Alte zu Fynn und spricht mit ihm. Fynns Blick huscht zu mir, dann redet er aufgebracht mit ihm. Es scheint, als wolle er den Alten zu etwas überreden. Jetzt starrt die ganze Gruppe von Vampiren zu Fynn und dann wenden sich alle mir zu. Unter dieser Aufmerksamkeit werde ich leicht rot und wende mich blitzschnell wieder meinen Kuchen zu. Bei einem Seitenblick auf Collin, sehe ich, dass auch ihm diese Aufmerksamkeit nicht entgangen ist. Er betrachtet beunruhigt die Vampire. Dann steht er auf und kommt zu uns. “Darf ich?”, fragt er und setzt sich ohne eine Antwort abzuwarten neben mich. “Hast du das eben mitbekommen?”, fragt er und sieht wieder beunruhigt zu Fynn und Co. “Was?” “Irgendwas haben die mit dir vor. Ich weiß aber nicht was. Du solltest auf der Hut sein! Ich denke, es ist am besten, wenn ständig ein Vampirjäger bei dir ist…” “Ich glaube nicht, dass sie irgendwas mit mir vorhaben und wenn doch, wird Fynn sie daran hindern.” “Wie kommst du darauf?” Collin sieht mich überrascht an. “Nun, weil Fynn doch glaubt, dass ich seine Auserwählte bin und da wird er denke ich mal nicht zulassen, dass seine Familie irgendwas mit mir anstellt.” “Aber, Vampire, die lieben sind verletzlich. Vielleicht wollen sie dich aus den Weg räumen und Fynn weiß gar nichts davon.” “Bist du dir sicher?”, frage ich nun ebenfalls beunruhigt und blicke zu Fynn, der nicht gerade glücklich wirkt. “Es ist möglich. Bei Vampiren sind die Moralvorstellungen anders als bei uns Menschen.” “Na klasse… Ich habe da aber noch einmal eine andere Frage. Und zwar haben meine Freunde mir erzählt, dass ich mich vorhin ziemlich heftig mit Kraven gestritten haben soll. Ich habe aber einen Filmriss und kann mich an nichts erinnern. Weißt du woran das liegen könnte?” “Du kannst dich an nichts mehr erinnern?”, fragt er nachdenklich. “Nein. Ich kann mich an die Situation davor und danach erinnern, aber nicht an das, was dazwischen lag. Da ist das totale schwarze Loch!” “Ist euch irgendwas merkwürdiges aufgefallen?”, richtet sich Collin nun an meine Freunde. “Nun, nur das sich Fine recht merkwürdig verhalten hat. Normalerweise schreit sie nicht so rum und klärt solche Probleme nicht, wenn zwanzig Leute um sie herum sind, sondern unter vier Augen.”, sagt Becky. “Apropos Augen. Ihre Augen waren zu diesem Zeitpunkt nicht grau, wie üblich sondern von einem ziemlich kräftigen Blau.” “Ich hatte eine andere Augenfarbe?”, frage ich nun vollkommen verblüfft. “Dache ich es mir.”, sagt Collin bekümmert und blickt mich traurig an. “Was dachtest du dir?” “Du bist besessen. Von einem Geist oder etwas in der Art. Etwas, was die Kontrolle über deinen Körper ergreifen kann.” Ich starre ihn vollkommen erstarrt an. “Na Klasse! Was kommt als Nächstes? Werde ich von einem Werwolf angefallen? Oder erscheint mir eine Todesfee? So langsam glaube ich, ich werde verrückt…” “Hey, man kann den Geist austreiben. Mach dir keine Sorgen. Allerdings kann ich das nicht tun. Wir müssen zu einer alten Bekannten von mir. Sie wohnt aber hier im Wald. Am besten gehen wir gleich nach dem Planspiel los. Wer weiß, was sonst noch passiert.” “Du machst mir ja tolle Hoffnung… Wie weit wohnt sie von hier entfernt?” “Ich denke so ein einhalb Stunden zu Fuß.” “Jippie… Was für ein toller Tag, wirklich…”, sage ich und trinke den Rest meines Kaffees. “Fine, du tust mir echt leid. Immer trifft alles dich!”, sagt Becky und legt mir mitfühlend die Hand auf die Schulter. “Tja… Kann man nichts machen.”, sage ich und versuche ein Lächeln, was wohl eher einer Grimasse gleicht.

Die nächste didaktische Einheit und das Plansiel bekomme nicht wirklich mit. Ich hänge in meinen Gedanken fest. Warum passiert mir das alles? Warum muss ich immer das schwarze Schaf sein, was von Vampiren und Geistern angefallen wird? “So, wir machen für heute Schluss und treffen uns morgen um neun wieder im Kaminzimmer zu einem Vortrag über den Burgenlandkreis und wie dieser wirtschaftlich aufgebaut ist. Bitte seien Sie pünktlich.”, sagt Waldenburg und beendete den wirtschaftlichen Bereich des Tages. Ich gehe mit meinen Freunden in Richtung Zimmer, als uns Florian entgegen kommt. “Hey, ihr! Kommt ihr mit Finsterwald spielen?” “Ja, klar, wir sind dabei!”, sagt Fab begeistert. “Ich kann nicht mitmachen!”, sage ich und Flo wendet sich mir zu. “Warum nicht?”, fragt er verwirrt und blickt mich an. “Weil… Ich habe mich gestern am Hals verletzt und werde gleich mit Collin zum Arzt gehen.”, sage ich und deute auf die Pflaster an meinem Hals. “Oh! Na gut. Dann hoffe ich für dich, dass es nicht ganz so schlimm sein wird. Kannst ja, wenn du wieder da bist, nachkommen! Kommt ihr gleich mit?” Der Rest meiner Freunde sahen zu mir. “Geht schon. Ich finde den Weg zu meinem Zimmer auch alleine.” “Pass auf dich auf!” “Klar doch!” Mit dem Versuch einer freundlichen Verabschiedung mache ich mich wieder auf den Weg in mein Zimmer. Die Treppe knarrt wie immer, während ich die Stufen erklimme und in den Gang, indem mein Zimmer liegt, einbiege. Zu meinem Erstaunen, steht eine große dunkle Gestalt vor meiner Tür und scheint auf mich zu warten. Als ich näher kommen, erkenne ich sie. Es ist der ältere Mann, der vorhin bei Fynn und den anderen Vampiren am Tisch gesessen hatte. Er blickt mich nun mit seinen leuchtend grünen Augen an. “Kann ich Ihnen helfen?”, frage ich höflich, obwohl meine Angst gerade dabei ist, meine Kehle zuzuschnüren. “Ja, das können Sie. Bin ich richtig in der Annahme, dass Sie Fine Blaschke sind?” “Ähm… Ja, das bin ich.” “Mein Name ist Lucian von Eichendorff.”, sagt er und streckt mir seine Hand hin. “S…Sehr erfreut.”, sage ich und ergreife sie nach einem Zögern. Lucian neigt sich und küsst meinen Handrücken. Etwas verblüfft stehe ich da und starre ihn einfach nur an. “Fynn hat viel von Ihnen erzählt!” “So, hat er das?”, frage ich und blicke ihn verwirrt an. “Er hat gesagt, Sie seien seiner verstorbenen Geliebten sehr ähnlich.” “So?” “Fynn mag Sie sehr und das macht ihn schwach. Ich werde nicht zulassen, dass Fynn wegen einem schwachen und wertlosen Menschenmädchen, wie Sie es sind, sich selbst vergisst und im Endeffekt von den Vampirjägern umgebracht wird.” Seine Stimme ist eiskalt. Ich schlucke. “Und was gedenken Sie dagegen zu tun?”, frage ich leicht beunruhigt. “Das werden sie schon früh genug sehen! Aber fürs erste, rate ich Ihnen, sich von ihm fern zu halten, sonst werde ich Sie umbringen!” “Aber…”, setze ich an, doch Lucian geht nun an mir vorbei und verschwindet ohne ein weiteres Wort um die nächste Ecke. Ich blicke ihm seufzend nach. Jetzt, wo mich Fynn nicht mehr umbringen will, will es sein Vater. Was habe ich getan, das mich jeden umbringen will? Ich gehe in mein Zimmer und hole meinen Mantel. Als ich wieder auf den Weg hinunter in die Eingangshalle bin, um mich dort mit Collin zu treffen, geht neben mir eine Zimmertür auf und Collins Kopf schiebt sich heraus. “Ah, da bist du ja…”, sagt er und winkt mich zu sich herein. Sein Zimmer ist ähnlich eingerichtet wie meines, doch bei ihm herrscht das totale Chaos. Klamotten, Bücher, merkwürdig aussehende Flüssigkeiten in Phiolen und andere Waffe gegen Vampire liegen auf Tisch, Schrank, Bett und Fußboden verteilt. “Sorry, für das Chaos. Ich suche gerade nach einem silbernen Dolch. Siehst du ihn irgendwo?”, fragt er und wirft einen Pullover in die Luft, um zu sehen, ob der Dolch darunter liegt. “Wozu brauchst du einen Dolch?”, frage ich ihn verwirrt und blicke mich genauer nach dem Dolch um. “Hey, wir gehen in der Dämmerung in einen Wald, wo es von bösartigen Kreaturen nur so wimmelt. Wir sollten nicht unbewaffnet gehen.” “Na das sind ja tolle Aussichten…”, sage ich mies gelaunt. “Hier nimm das hier zur Sicherheit.”, sagt Collin nun und wirft mir eine Kette zu. Da ich absolut nicht fangen kann, habe ich mir den Reflex angewöhnt, mich vor allem was auf mich zugeflogen kommt, zu ducken und so mache ich es auch jetzt. Collin sieht mich entgeistert an, als ich mich wieder aufrichte. “Was sollte das denn jetzt?” “Ich bin in Sport eine Null. Da kannst du nicht voraussetzen, dass ich fangen kann.”, antworte ich ihm und hebe die Kette auf. Sie ist vollkommen aus Silber und der Anhänger ist ein kleines, ebenso silbernes Kreuz. “Und das soll mich gegen Vampire schützen?”, frage ich misstrauisch. Mir fällt gerade die Szene aus Van Hellsing ein, wo Van Hellsing Dracula das Kruzifix vor die Nase hält, Dracula es nimmt und es in seiner Hand schmilzt. “Ja, das hilft!”, sagt Collin abwesend und steckt sich einen silbernen Dolch in eine Gürtelschlaufe. Jetzt geht er zu dem Stapel von Phiolen und steckt die mit der farblosen Flüssigkeit in seine Jackentasche. “Hier, das könntest du auch noch gebrauchen…”, sagt Collin und macht Anstalten mir eine dieser Phiolen zuzuwerfen. “Nicht werfen!”, sage ich und ducke mich vorsichtshalber. Collin lächelt und hält sie mir hin. “Was ist das?” Die Flüssigkeit sieht nicht sonderlich spannend aus. “Weihwasser. Nur für den Fall.” Collin zieht jetzt auch seine Jacke an und sieht sich noch einmal im Raum um. “Brauchen wir noch etwas? Knoblauch?”, frage ich und blicke mich ebenfalls im Raum um. “Nein, ich denke das reicht. Komm! Je früher wir loslaufen, desto schneller sind wir wieder da.” Collin nimmt meine Hand und zieht mich aus seinem Zimmer und wir gehen die Treppe hinunter. “Hey, wo wollt ihr denn hin?”, ertönt eine Stimme hinter uns und Fynn kommt auf uns zu. Collin dreht sich genervt um und da seine Hand immer noch meine festhält, drehe ich mich auch um. “Das geht dich gar nichts an!” “Oh, ich denke schon, dass es mich was angeht, wenn du mit meiner Auserwählten verschwindest, Blondie!”, sagt Fynn und verengt seine Augen zu Schlitzen. Er wirkt ziemlich gruselig, doch Colin scheint es nicht zu stören. “Du vergisst da nur eine Kleinigkeit.”, antwortet Collin und ein Grinsen erscheint plötzlich auf seinem Gesicht, “Sie will dich nicht!” Fynns Blick ist für den Bruchteil einer Sekunde auf mich gerichtet. “Bist du dir sicher? Fines Augen sagen mir was anderes!” Ich starre Fynn verblüfft und entsetzt zugleich an. Collin mustert mich prüfend, während Fynn vor sich hin grinst. “Erzähl nicht so ein Schwachsinn!”, entgegnet Collin, dann geht er weiter, ohne noch einen Blick auf Fynn zu werfen. Fynns lautes Lachen schallt uns hinterher. Schließlich treten wir hinaus in die Winterlandschaft, die um Schloss Wendgräben liegt. Schnee wirbelt um uns herum. Collin orientiert sich kurz in der Dämmerung, dann sagt er: “Hier lang!”, und er führt mich durch das große Eingangstor und zu einem kleinen gewundenen Weg - Ein Trampelpfad eher - , der tief in den Wald führt. “Zu wem gehen wir eigentlich?”, frage ich und stecke meine eine Hand in meine Manteltasche. “Zu einer alten Bekannten von mir. Sie st eine Hexe und kennt sich mit Sachen wie Geisteraustreibung besser aus als ich. Ihr Haus steht hier im Wald.” Bei den Worten fange ich an zu Lachen. “Was ist?”, fragt Collin und sieht mich ebenfalls belustigt an. “In was für einem Haus wohnt sie denn? In einem Pfefferkuchenhaus?” Collin lacht nun ebenfalls. “Nein, leider nicht.” “Oh… Dann aber vielleicht in einem, was auf Hühnerbeinen steht und den Standort wechseln kann.”, versuche ich es noch einmal. “Da hat aber jemand als sie klein war, ziemlich viele Märchen gesehen, oder? Deine Naivität ist voll süß, weißt du das?” Bei diesen Worten verblasst mein Grinsen. Vor meinem inneren Auge taucht Fynn auf, der mit mir spricht: “Wie naiv bist du?” Ist es doch so, wie Fynn gesagt hat oder war die Wortwahl nur zufällig? Ich weiß nicht mehr, wem ich glauben soll. Ich bin total verwirrt. Während ich nachdenke, verfalle ich in Schweigen und sehe mir meine Umgebung an. Wir gehen nun direkt auf ein Stück Nadelwald zu, indem es noch dunkler ist, als es durch die Dämmerung ohnehin schon ist. Hier und da sind einige Spuren von Tieren, die aber nicht sonderlich bedrohlich aussehen. “Ist vorhin eigentlich noch irgendetwas passiert?”, fragt Collin nun, um das Schweigen zu unterbrechen. “Meinst du irgendwas bestimmtes?” “ich weiß ja nicht. Irgendetwas, von dem du denkst, dass ich es erfahren sollte.”, sagt Collin schulterzuckend. “Nun, ich habe Lucian von Eichendorff kennen gelernt und mal wieder eine Morddrohung bekommen.” “Du hast was?”, fragt Collin entsetzt und bleibt stehen. Den Blick unruhig auf mich gerichtet. “Was wollte er von dir?” “Nun, er hat gesagt, dass ich mich von Fynn fernhalten soll, wenn mir mein Leben lieb ist, wobei ich das total unfair finde, da Fynn immer zu mir kommt.” “Er wird dich nicht umbringen, dafür werde ich sorgen.” Collin blickt stur geradeaus und ich folge seinem Blick, doch dort ist nichts. Er starrt einfach nur vor sich hin, während wir weitergehen. Ich lasse ihn in Ruhe und schaue auf den Weg, den wir gehen. Jetzt sind da aber nicht nur Tierspuren, sondern auch welche, die aussehen, als ob sie von einem Menschen stammen.

Knappe zehn Minuten später merke ich, wie Collin unruhig wird, meine Hand fester in seiner hält und seine andere Hand zu dem Dolch an seinem Gürtel huscht. “Was ist?”, frage ich beunruhigt und Collin deutet mit dem Kopf nach vorn. Dort zwischen den Bäumen steht eine dunkle Gestalt, die nun auf uns zu kommt. “Hey, Collin. Dich habe ich ja lange nicht mehr gesehen. Du existierst also noch. Find ich gut, ansonsten wäre das Leben für uns ziemlich langweilig geworden. Was treibt dich zu dieser Zeit hier in den Wald? Und noch dazu mit einer jungen Dame, die besser nicht hier sein sollte.”, sagt die Person und bleibt vor uns stehen. “Collin, wer ist das?”, frage ich verunsichert, doch Collin schweigt. Er blickt konzentriert auf den Jungen im Teenageralter. Dieser kommt jetzt direkt auf mich zu. Er stutzt. “Irgendwie riechst du nach meinem Bruder.”, sagt er und mustert mich. “Dann bist du Fine? Ich bin Gregor von Eichendorff. Freut mich sehr dich kennen zu lernen.”, sagt er und grinst mich an. Ich betrachte ihn etwas genauer, zumindest versuche ich es, denn die Dunkelheit hüllt seinen Körper so gut es geht ein. Er scheint strubbeliges braunes aber kurzes Haar zu haben und seine Augen wirken schwarz, wie die Nacht. “Hi!”, sage ich ausdruckslos. “Gregor, wir wollen nicht unhöflich sein, aber wir müssen weiter. Du entschuldigst uns.”, sagt Collin, geht an Gregor vorbei und zieht mich mit. “Wo wollt ihr hin?”, ruft uns Gregor nach. “Das geht dich nichts an und ich rate dir, uns in Ruhe zu lassen, sonst wird’s schmerzhaft für dich.”, sagt Collin drohend. Gregor bleibt stehen, während Collin und ich weiter durch den immer dichter werdenden Schnee stapfen. Langsam sterben mir meine Füße ab und mein Gesicht wird taub. “Wie weit ist es denn noch?”, frage ich Collin nach einiger Zeit. “Wir sind gleich da! Siehst du? Dort hinten ist das Haus.”, sagt Collin und deutet auf eine Baumlücke, von der Licht kommt.

Wieder zehn Minuten später stehen wir vor einem kleinen, niedlichen Haus, dessen Fenster hell erleuchtet sind. Collin klopft an die Tür und nach einer halben Ewigkeit wird diese von einer kleinen, runden Frau geöffnet. Sie trägt ein langes, dunkelviolettes Kleid. Darüber hat se eine befleckte Schürze gebunden. Das graue Haar ist zerzaust und aus dem Haarnetz gerutscht. “Hallo, Trudy!”, sagt Collin. Die Frau mustert ihn kurz. “Ahh, Collin! Ahh, Collin! Schön dich mal wieder zu sehen, schön dich mal wieder zu sehen, ich habe dich gar nicht erkannt, ich habe dich gar nicht erkannt. Was treibt dich hier in den Wald, was treibt dich hier in den Wald zu meinem kleinen Häuschen, zu meinem kleinen Häuschen?” “Ich… nein wir brauchen deine Hilfe.”, sagt er und nickt mir zu. “Oh, was für eine entzückende junge Dame! Oh, was für eine entzückende junge Dame! Deine Freundin? Deine Freundin?”, fragt sie und tritt schließlich zur Seite, um uns einzulassen. “Nein, sie nur eine Freundin.”, sagt Collin matt und zieht seine Jacke aus. Ich tue es ihm gleich und reiche ihm schließlich meinen Mantel. “Kommt rein, kommt rein!” höre ich Trudys Stimme aus dem Nachbarzimmer und ich folge Collin leicht nervös. Das Hexenhaus erinnert mich an ein Antiquitätengeschäft. Überall stehen alte Möbel, die nicht zueinander passen. An der Wand hängen merkwürdige Bilder und überall riecht es nach Schwefeldioxid, was mir kurzzeitig den Atem verschlägt. Die Bilder von meinem letzten Italienurlaub, als ich auf den Ätna geklettert bin, um mir den Ausbruch anzusehen, sind deutlich vor meinem inneren Auge zu sehen. Genauso roch es da auch. “Setzt euch, setzt euch!”, sagt Trudy und wuselt in der Küche umher und kommt Sekunden später mit einem Tablett zurück, auf dem eine Kanne, drei Tassen und ein Teller mit Keksen steht. Collin und ich setzen uns auf ein kleines, durchgesessenes Sofa und sehen ihr zu, wie sie die Tassen auf dem kleinen Couchtisch verteilt, den Rest vom Tablett räumt und sich dann uns gegenüber auf einen Sessel setzt. “Wie kann ich euch helfen? Wie kann ich euch helfen?”, sagt sie und schaut uns gespannt an. Warum muss sie immer alles zweimal sagen? Klingt schon irgendwie krank, aber was soll’s. “Ähm…”, meint Collin. Er will die Sache also erzählen, okay. Ich habe immerhin keine Ahnung, was mit mir passiert. Ich sehe immer noch ein großes Puzzle vor mir, wo kein Teil zum anderen passt. Während Collin immer noch herumdruckst, nehme ich mir meine Tasse. Im Inneren ist eine sehr, sehr dunkle Flüssigkeit. Soll das Kaffee sein, oder doch irgendein Tee? Es riecht immerhin ziemlich stark und nicht gerade lecker. Ich tue so als ob ich einen Schluck davon nehmen würde, unterdrücke den Brechreiz und stelle die Tasse wieder auf den Tisch. Ihre Kekse versuche ich gar nicht erst. “Also, ich vermute, dass Fine, hier von einem Geist besessen ist.” “Oh! Oh! Wie kommst du darauf? Wie kommst du darauf?” “Weil ihre Freunde von Taten von ihr berichten, an die sie sich selbst nicht erinnern kann und sich ihre Augenfarbe ändert. Außerdem scheint sie recht anfällig für übernatürliche Wesen zu sein.”, erzählt Collin und deutet auf meinen Hals. Dort sind immer noch die Pflaster, die ich mir, nachdem ich Collins Salbe darauf geschmiert hatte, wieder auf die Bisse geklebt hatte. “Was hat sie da? Was hat sie da?” “Sie ist Fynn zum Opfer gefallen.” “Dem Vampir? Dem Vampir?” “Ja und das schon zwei Mal.” “Und sie lebt noch? Und sie lebt noch?” “Fynn glaubt, dass sie seine Auserwählte ist.”, erzählt Collin. “Das glaubt er? Das glaubt er?” “Ja, aber seine Auserwählte ist vor dreihundert Jahren gestorben. Genauer gesagt, hat Lucian sie umgebracht.” “Was?”, platze ich dazwischen. Trudy und Collin sehen mich erstaunt an. “Lucian hat sie umgebracht? Und Fynn hat ihn einfach machen lassen?” “Er scheint sich damit abgefunden zu haben.”, sagt Collin schulterzuckend und wendet sich wieder Trudy zu. “Wo war ich? Wo war ich?”, fragt diese verwirrt und trommelt mit ihren kleinen, runzligen Fäusten auf ihrer Stirn herum. “Ich hatte gesagt, dass Fynns Auserwählte tot ist.”, half ihr Collin auf die Sprünge. “Ach ja! Ach Ja! Und du bist dir sicher, und du bist dir sicher, dass sie nicht die Reinkarnation ist, dass sie nicht die Reinkarnation ist?” “Die Reinkarnation… Scheiße, daran habe ich nicht gedacht… Das kann sein…” “Hat Fynn was dazu gesagt? Hat Fynn was dazu gesagt?”, richtet sich die Hexe jetzt an mich. “Er wollte es mir sagen, doch dann kam Kraven dazwischen geplatzt und Fynn ist verschwunden.” “Wer ist Kraven? Wer ist Kraven?” “Ihr Freund.” “Oh! Oh!” “Du kannst inzwischen schon ein ‘Ex’ davor sagen.”, sage ich genervt und lehne mich auf der Couch zurück, nur um mich im nächsten Moment wieder nach vorn zu bewegen, da eine Feder mir kräftig in den Rücken sticht. “Oh! Oh!” “Seit wann seid ihr nicht mehr zusammen?”, fragt Collin verblüfft. “Seit heute Nachmittag. Ich kann mich aber nicht dran erinnern. Das war die Aktion, bei der ich den Filmriss hatte.” “Und du glaubst nicht, dass du die Situation nur schnell vergessen wolltest und sie so verdrängt hast?” “Innerhalb einer halben Minute?”, ich blicke ihn ungläubig an, “Man kann doch innerhalb von dreißig Sekunden so seine Tat nicht vergessen!” “Wie verstand sich Fynn mit Kraven? Wie verstand sich Fynn mit Kraven?” “Oh, sie haben sich gehasst.”, sage ich und muss unwillkürlich grinsen, “Fynn war Kraven immer einen Schritt voraus und das hat er ausgenutzt um Kraven fertig zu machen.” Langsam aber sicher regen mich der ihre Wiederholungen auf, wobei mir jetzt eine King of Queens Serie in den Sinn kommt. Doug und Carey haben sich über jemanden aufgeregt, weil sie so oft ‘eindeutig’ gesagt hat. So langsam aber sicher, denke ich auch, dass ich getrost mit meiner Story einen Film machen kann, denn das, was ich durchlebe ist ja nun wirklich nicht normal und würde bei den Leuten bestimmt ankommen. “Könnte sein, dass Fynn von ihr Besitz ergriffen hat, um Kraven loszuwerden?”, fragt Collin und blickt zu Trudy. “Möglich, möglich.” “Dann müssen wir nur noch den Geist, also Fynn vertreiben.”, sagt Collin. “Oja! Oja! Ich werde alles vorbereiten! Ich werde alles vorbereiten!” Trudy steht auf und wuselt in die Küche, um diverse Sachen zu holen. Die Sachen legt sie jetzt auf einem kleinen Stuhl ab und rollt ihren Teppich zur Seite. Ein alter morscher Holzboden kommt zum Vorschein. “Tadaa! Tadaa!”, ruft sie und hält eine weiße Kreide in die Höhe. “Was soll das denn?”, frage ich Collin verwirrt und sehe zu wie sie uns triumphierend ansieht. “Du einfach so, als wäre die Kreide was ganz tolles!”, sagt Collin leicht belustigt. Es ist offensichtlich, dass er ebenso wenig einen Schimmer von der Sache hat wie ich. Trudy krempelt jetzt die Ärmel hoch und beginnt ein Pentagramm auf den Boden zu zeichnen. “Stell dich hier rein! Stell dich hier rein!”, sagt sie und deutet auf die Mitte des Sterns. Mit mulmigen Gefühl trete ich hinein und sehe Collin ängstlich an. Er kommt jetzt auf den Stern zu, bleibt aber außerhalb und lächelt mich ermutigend an. Jetzt stellt die Hexe fünf Kerzen an die Spitzen und legt in die durch das zeichnen entstandenen Zwischenräume den anderen Krimskrams, den sie vorhin noch geholt hatte. “Die Hand der Fatima oben! Die Hand der Fatima oben!”, murmelt sie und legt eine Tonhand mit vier gleich langen Fingern in den einen Zwischenraum, der direkt hinter mir liegt. Eine getrocknete Blume legt die in den Spalt zu meiner Linken. “Das Auge des Osiris… Das Auge des Osiris…” murmelt sie weiter und legt einen unförmigen Gegenstand aus Metall auf die Rechte Seite. Als nächstes sehe ich, wie sie einen Caduceus (AdA: Hermesstab) in die linke untere Ecke legt und schließlich einen Ring in die letzte noch freie Ecke. “Collin! Collin! Lösche das Licht. Lösche das Licht!”, sagt Trudy. Collin geht zu den großen Kerzenleuchtern in der Ecke und bläst die Kerzen aus. Für einen Moment herrscht vollkommene Dunkelheit, doch dann gewöhnen sich meine Augen an das wenige Licht, das der Vollmond hineinwirft. Neben mir flammt ein kleines Licht auf. Jetzt sehe ich, wie Trudy eine Kerze nach der anderen entzündet und dann vor mir stehen bleibt. Ich sehe der Sache immer noch missmutig zu. Ich habe das Gefühl, dass irgendwas bestimmt schief laufen wird. Allgemein ist hier in Wendgräben noch nichts wirklich gut gegangen. Trudy schließt die Augen und breitet die Arme aus. “Du musst verstehn! Aus Eins mach Zehn, und Zwei lass gehn, und Drei mach gleich, so bist du reich. Verlier die Vier! Aus Fünf und Sechs, so sagt die Hex, mach Sieben und Acht, so ist’s vollbracht: Und Neun ist Eins und Zehn ist Keins. Das ist das Hexeneinmaleins!” “Das glaub ich jetzt nicht!”, platzt es mir heraus. Trudy erwacht aus ihrer Trance und Collin sieht mich erschrocken an. “Das ist Goethe! Aus Faust! Wie soll mir das bitte helfen?” “Lass mich doch einfach machen. Lass mich doch einfach machen. Jetzt muss ich noch mal anfangen. Jetzt muss ich noch mal anfangen.” Trudy blickt mich leicht beleidigt an. Jetzt schließt sie ihre Augen erneut und beginnt von Neuem das Hexeneinmaleins aufzusagen. Mir fällt auf, dass sie dies nicht noch einmal wiederholt, wie es bei ihren ganzen anderen Sätzen der Fall war. Jetzt beginnt sie etwas in einer fremden Sprache zu murmeln und mein Körper wird plötzlich ganz heiß. Die Temperatur treibt mir den Schweiß auf die Stirn, doch dieser Zustand bleibt nicht lange. Im nächsten Moment wird mein Körper von eisiger Kälte durchflutet. Und jetzt ein stechender Schmerz im Kopf. So stark, dass ich mich kaum auf den Beinen halten kann. Meine Beine Zittern als seien sie aus Wackelpudding und geben jetzt doch nach. Hart schlage ich mit den Knien auf dem Holzboden auf, die Hände an meinem Kopf, jetzt unfähig einen klaren Gedanken fassen zu können. In meinem Kopf breitet sich Nebel aus und es fühlt sich an, als hätte ich Watte in den Ohren. Alles höre ich nur noch dumpf, wie aus weiter Ferne. Doch der Schmerz in meinem Kopf wird immer stärker und nicht nur das. Er breitet sich in meinem ganzen Körper aus und raubt mir nun völlig den Verstand. Alles beginnt sich zu drehen und in den verschiedensten Farben zu leuchten. Mir kommt es vor als ob ich voll auf einem LSD-Trip bin. Die Gesichter verformen sich und nehmen merkwürdige Gestalten an, wieder beginnt sich alles zu drehen und dann wird mir schwarz vor Augen.
 

Soo, das war’s schon wieder. Ich hoffe das Kapitel ist einigermaßen akzeptabel und ihr schaut euch das dritte auch noch an… sobald ich es fertig habe ^^’ … Aber zuerst zu diesem Kapitel. Wie hat es euch gefallen? Eure Meinungen interessieren mich brennend. Das war’s aber erst einmal von mir. Bis zum nächsten Mal! *wink* See ya!

Die Banshee



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  RaMonstra
2007-07-11T18:01:19+00:00 11.07.2007 20:01
Ok, aslo der Humor in der Geschichte ich klasse ^__^
Das mit dem Tetrapack war genial XDDD

Was ich allerdings merkwürdig finde, ist die Tatsache, dass jeder es irgendwie normal findet, das Fine von einem Vampir angegraben wird o__Ò
Es scheint niemaden wirklich zu schockieren, dass sie in einem Schloss mit Vampiren wohnen ._______. und sie ständig gebissen wird.

lg Sei
Von:  Izumi_2412
2007-02-18T19:22:25+00:00 18.02.2007 20:22
finde es bis jetzt sehr interessant...
Von: abgemeldet
2007-02-17T11:55:34+00:00 17.02.2007 12:55
ha, so obwohl ich nich sofort n kommi hinterlassen hab, bin ich doch noch die erste, die zu diesem kapitel ihre spurren hinterlässt^^

die hexe is wirklich genial. die hexe is wirklich genial.

dafür, dass so viel in diesen zwei tagen passiert ist, bleibt sie ziemlich ruhig, ich würd ja, glaub ich, voll den kopf verlieren ><

dat isielie
Von:  FrauLang
2007-02-15T16:25:35+00:00 15.02.2007 17:25
Also ich habe ja das Privileg deinen Fanfic immer vorher lesen zu dürfen ^^
ich mag die Story und die Erzählweise..
der Untertitel ist der Hammer XDD
ich hoffe du wirst mit der fertig ^^
Von: abgemeldet
2007-02-06T21:53:23+00:00 06.02.2007 22:53
Hi
interessante Geschichte.
du hast aber auch alles drin von nervenden tusssen bis zu eifersüchtigen typen.
ich möchte gerne wissen wie es weiter geht XD
also mach bidde schnell weiter
und kannst du mir ne ENS schicken wenn es weiter geht???

Daisuki
Mewgeany
Von: abgemeldet
2007-02-05T16:23:35+00:00 05.02.2007 17:23
ich hab letztents erst nachgedacht wie es wohl klingen würde,wie es wohl klingen würde, wenn man in der gegeanwart schreibt und bin zum entschluss-doof gekommen, aber wenn man sich deine geschichte durchließt, gewöhnt man sich ziemlich schnell dran^^(also doch nich so doof, wär allerdings nichts für mich so zu schreiben, brauchs ja aber auch nich ;))

ich finds gut das sie nich so ewig lange auf der strippe steht und erst nach drei jahren rausfindet, dass er n vampir is (davon gibts schon sooooo viele -.-)

nur die stelle wo sich *nachdenk* (mist der name is entfallen ><) eine gewisse person als vampirjäger outet ist ist nicht so ideal (klingt leicht wie: "hey, hör ma her, ich bin ein vampirjäger")

dat isielie


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