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A Highschool Story

von

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Neue Schüler, neues Unglück

A Highschool story
 

Author: Leiser_Tod

Pairing: Gackt/Hyde

Genre: Romance, Humor, Drama

Warnings: Contains shonen-ai. Or: two boys on action – not your cup of tea? You know where the back-button is.

Summary: Ein Neuer und viele Probleme, mit denen Haido-kun fertig werden muss. Fangirlterror, regelmäßige Krankenhausaufenthalte und leidenschaftliche blonde Kühltruhen. (Kurz: Haido-kun hat es wahrlich nicht leicht.)
 

Besonderer Dank gilt meiner Rechtschreibqueen -Ashitaka- für die Korrektur der gesamten 180 Seiten und die herrlichen Kommentare zwischendurch. Mit dem Bau des Schreins wird sogleich begonnen.
 

Kapitel #1
 

Das Klassenzimmer flirrte vor heißer Luft. Obwohl alle Fenster aufgerissen waren, bestand nicht die geringste Hoffnung auf ein kleines Lüftchen in der sengenden Mittagshitze.

Hyde kam sich wie ein in kochendes Wasser geworfener Hummer vor. Die langen Haare klebten ihm auf der Stirn und am Rücken.

Gott, wie er heiße japanische Sommer verabscheute!

Nur verschwommen konnte er an der Tafel die mutige Figur des Lehrers ausmachen. Insgeheim bewunderte Hyde dessen Courage, den Schülern kurz vor den Sommerferien den restlichen Stoff in die Schädel zu stopfen. Selbst die Geschwätzigsten, die sonst nie Gelegenheit für einen Plausch verpassten, dämmerten in einem Zustand gleichgültiger Verkochtheit dahin.

/Regen…ich wünsche mir Regen…sofort!/ In Gedanken an kaltes Wasser, das seine recht kleine Statur herunterlief, verschwindend, bemerkte Hyde nicht, wie die Klassenzimmertür mit einem Ruck aufgerissen wurde. Beim Anblick des beinah ungesund roten Gesichts des Schulleiters dümpelte eine dunkle Erinnerung, dass heute ein Neuer kommen sollte, in die wasserreichen Träume Hydes.
 

Der rote Luftballon von einem Schulleiter schleppte einen recht desinteressiert dreinblickenden Jungen in die Klasse, drehte ihn an den Schultern mit dem Gesicht zur Halbschlaf haltenden Klasse. Erst bei einem fordernden Räuspern krochen die müden Blicke der Schülerschaft auf die Neuankömmlinge.

Sofort wurden die Mädchen wach; aufgeregtes Tuscheln, intensive Inbetriebnahme des Zettelchenverkehrs waren eindeutige Zeugen reger Interessensbekundung. Durchaus berechtigt, fand Hyde, wenn man das Äußere des Neuankömmlings betrachtete.

Blondes Haar, schlanker, dennoch muskulöser Körper und klare blaue Augen waren für jedes weibliche Wesen attraktiv. Allerdings strahlte der Neue eine Kälte aus, die die Klassentemperatur um einige Grade sinken ließ. Ein paar Seitenblicke bestätigten Hyde, dass nur er sich bei der Anwesenheit des Neuankömmlings unwohl fühlte.

Das Quietschen der Kreide auf der Tafel riss ihn aus seinen Gedanken. Neben Kotangensfunktionen und Ungleichungen stand der Name „Gackt“. Nach weiterem (mehr genervtem) Räuspern widmeten die aufgeregten Mädchen ihre Aufmerksamkeit dem Direktor und dem unbeweglichen, nichtsdestotrotz heftig umdiskutierten Objekt.

Mühsam rappelte sich die Klasse auf, um den Neuen zu begrüßen. Dieser antwortete mit einem Hauch einer Verbeugung, die fast schon an Unhöflichkeit grenzte. Der Direktor wagte es nicht, vor so vielen Zeugen nachzuhelfen. Ohne ein weiteres Wort verließ er die Klasse, nicht ohne den ganzen Weg zu seinem Büro auf die doofe, unhöfliche Jugend zu zetern, einen halben Herzinfarkt zu bekommen und festzustellen, dass er seinen Autoschlüssel vergessen hatte. (Ob er es gesund zu seinem Büro geschafft hat, verbleibt vorerst im Ungewissen.) Zurück blieben eine von Hitze geplagte müde Klasse, ein kalter, starrer Neuling und ein hilfloser Mathelehrer.
 

„Nun“, war ein vager Versuch, die Stille zu brechen, „seid freundlich zu Gackt. Du“, an den Neuen gewandt, „kannst dich neben Hideto setzen. Da ist noch ein Platz frei.“

Mit diesen Worten schob der Lehrer ihn sanft der richtigen Richtung entgegen.

Beim Klang seines Namens schreckte Hyde aus den Tiefen seiner Gedanken auf, sah mit leichtem Schrecken auf Gackt, der (immer noch in eisernes Schweigen gehüllt) sich neben ihn setzte. Anscheinend war ihm das pure Entsetzen ins Gesicht geschrieben, denn als Gackt sich auf die freie Bank niederließ, drehte er leicht den Kopf und wisperte ein vielsagendes:
 

„Was glotzt du so, Kleine?“
 

Daraufhin verwandelten sich Hydes Züge vom Fassungslosen zum unsagbar Wütenden. Dennoch schaffte es Hyde beharrliche Ruhe zu bewahren. Den plötzlich völlig grundlos aufgetauchten Wunsch, dem frechen Neuzugang die Fresse zu polieren, unterdrückte der Langhaarige gerade noch. Eine öffentliche Schlägerei könnte ihn seine Haare kosten – nach wochenlanger Bearbeitung und Gehirnwäsche des Direktors durfte er seine Haarpracht behalten, solange er nicht auffiel und gute Leistungen brachte.
 

Im nächsten Moment wunderte Hyde sich selbst über seine Gedanken. Normalerweise ließ er sich nicht so leicht aus der Fassung bringen. Er sollte sich von diesem Objekt so weit wie möglich fernhalten. Naja, so weit es der bemitleidenswerte Meter, der ihrer beider Tische trennte, eben zuließ; doch Hyde war zu allem bereit.

Entschlossen zerrte der Langhaarige seine Aufmerksamkeit wieder zum aufgeschlagenen Mathebuch – und nach drei Anläufen gelang ihm das auch.

Wobei er die an ihn gerichtete Frage des Lehrers überhörte und sich prompt eine Mahnung einfing. Eine positive Wirkung auf Hydes Meinung von Gackt hatte dies allerdings nicht…

Ganz im Gegensatz zu seinen Mitschülerinnen (und - zum großen Schock des Langhaarigen - Mitschülern), die mit aufgeregtem Herzklopfen auf das Klingelzeichen warteten, um dann aufzuspringen, zu Gackt zu laufen und ihn mit der Erklärung, ihm die Schule zu zeigen, aus dem Klassenraum zu schleifen.
 

Beinah schadenfroh sah Hyde dem recht traurigen Abgang des Blonden zu und hätte fast gelacht als dieser versuchte bei dem Gezerre an seiner Person eine stolze und unnahbare Körperhaltung zu bewahren. In Augen der anderen Schüler gelang es ihm, in den Augen Hydes versagte er kläglich.
 

/Idiot./ In seiner durchaus lebhaften Vorstellung zerfloss der Beschimpfte in Blut. Seinen wütenden Gesichtsausdruck behielt er auch bei als Tetsu seinen Kopf in das Klassenzimmer steckte und nach seinem Freund rief. Als dieser nicht reagierte, schüttelte Tetsu ihn leicht an der Schulter.
 

„Erde an Hyde! Bitte kommen!“
 

Der Angesprochene zuckte unwillkürlich zusammen ob des unsanften Rausschmisses aus der ersonnenen Folterkammer, in der ein bestimmter Neuankömmling bearbeitet wurde.

Die Begrüßung fiel dementsprechend vorwurfsvoll aus.
 

„Tet-chan! Was machst du denn hier?“
 

„Äh, Haido, zufällig gehe ich auch auf diese Schule. Falls es dir noch nicht aufgefallen ist. Was ist denn los mit dir? Hat dir jemand was getan? Wenn ja, dann werde ich…!“ Tetsus Ratlosigkeit wechselte mit Lichtgeschwindigkeit in den Schwarzer-Rächer-Tetsuya-Modus, Beschützer der Langhaarigen und Hydes. Er informierte seinen Schützling auch gleich ausführlich, was er mit dem (ihm zwar noch unbekannten, aber es spielte nicht wirklich eine Rolle) Lebensmüden vorhatte.
 

„Nichts“, unterbrach Hyde ihn knapp, „war nur in Gedanken. Wir haben heute einen neuen Mitschüler bekommen.“
 

„Ah, meinst du vielleicht den Pseudo-Schönling, der gerade mit seinem Harem den Gang herunter lief?“, präzisierte Tetsu, nun mittlerweile wieder lachend.
 

„Hmpf. Genau der“, war Hydes kurz angebundene Antwort. „Sag mal, Tet-chan, wieso bist du eigentlich gekommen?“

Die Ablenkung gelang.
 

„Ach ja! Hätte ich beinah vergessen! Du weißt doch, dass bald der Wettbewerb stattfinden soll. Und dass Sakura leider die Schule wechseln musste…“, traurige Pause.
 

„Nun ja“, fuhr Tetsu fort, „auf jeden Fall habe ich einen neuen Kandidaten gefunden. Heute bei den Proben können wir dann sehen, was er an Fähigkeiten besitzt. Immerhin wollen wir diesmal gewinnen!“

Hyde konnte fast die Sternchen in Tetsus Augen erkennen. Die Nachricht hob seine Laune immens.
 

„Das ist wirklich super, Tet-chan! Wir treffen uns dann im Klubhaus?“
 

Nach einem kurzen Blick auf die Uhr bemerkte der Langhaarigen trocken:

„Ich glaube, du musst ein wenig rennen, es klingelt nämlich in einer Minute.“
 

Mit einem „Oh, verdammt, wir haben jetzt mit Katsuragi-sensei Unterricht!“ verschwand der Braunhaarige, wobei er zu Hydes großem Vergnügen den hereinkommenden Gackt anstieß. Dennoch beneidete Hyde seinen Freund nicht, denn Katsuragi-sensei war für ihre ausgeprägte Abscheu gegenüber Unpünktlichkeit allgemein bekannt.
 

***
 

Sobald die Klingel das Ende der nervenaufreibenden Stunden verkündete, rannte Hyde ohne sich zweimal umzudrehen aus dem Klassenzimmer. Die sonnenerhitzte Luft war zum Ende durch die Seufzer und heimliche hoffnungsvolle Blicke der massenweise dem (nach Hydes Meinung nicht vorhandenen) Charme Gackts verfallenen Mädchen, einfach unerträglich geworden.

Eingeholt wurde er schließlich von einem schwer atmenden Tetsu an den Schulfächern.
 

„Oh, Mann...also laufen kannst du gut“, schnaufte er.
 

„Tja, ein wenig Sport würde dir auch nicht schaden“, spöttelte Hyde.
 

„Lach nicht, ich hab schlechte Nachrichten. Du weißt ja, unsere heiß geliebte Katsuragi-sensei, die den sehnlichsten Wunsch ihrer Schüler, für sehr lange Zeit krank zu werden, einfach nicht erfüllen will...“
 

„Oh, nein!“, stöhnte der Langhaarige, „du hast eine Strafe aufgebrummt bekommen und kannst nicht zur Probe. Na, toll.“
 

„Nun ja, vielleicht wäre es ja möglich, dass du - “
 

„Kommt nicht in Frage!“, eine wütende Unterbrechung seitens Hyde. „Ich bin nur ein Gitarrist in dieser Band. Ich SINGE NICHT! Nicht in diesem Leben! Nur über meine Leiche...!“

Nach fünf Minuten pausenloser Abneigungsbekundungen sah Hyde auf und bemerkte das Lächeln auf Tetsus Gesicht.

Dieser hörte nicht auf zu lächeln, als der Langhaarige ergeben seufzte und schließlich mit „jaja, schon gut, ich mach’s ja…“ aufgab.

Ein überglücklicher Tetsu zog den Überrumpelten in seine Arme für eine kurze, feste Umarmung, wuschelte ihm durch die Haare (was Hyde wie einen auf die Elektroleitung getretenen Igel aussehen ließ) und rannte schnell davon, bevor besagter Igel ihm den Hals umdrehen konnte.

Obwohl aus den Flüchen Hydes hervorging, dass dieser sich nie und nimmer mit solch einem schnellen und gnädigen Tod zufriedengegeben hätte.
 

Keiner der Schüler bemerkte den beobachtenden Schatten, der sich leise von der Wand löste und verschwand.
 

TBC
 

A/N: Jaah. Da fragt man sich doch glatt, welcher Teufel einen geritten hat, so was zu produzieren. (Die Vorsehung bleibt uns natürlich eine Antwort schuldig.) All die Leute, die auf lange Kapitel stehen muss ich enttäuschen (wunderbar, gleich nach dem ersten Kapitel kommen die Leserabschreckungen) – bezweifle stark, dass meine Kapitel länger als 3 Seiten werden.
 

Aber tja, wer sich traut das zu lesen, alle Kommentare werden sehnsüchtig beim lustig-kranken Tod erwartet.

Eine Probe muss nicht nur musikalischer Art sein

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A/N: Klammern. Ich liebe sie. Verzeiht mir.
 

Kapitel #2
 

Immer noch in Gedanken darüber, ob es nun nicht doch sinnvoll wäre, die Todesstrafe für bestimmte Personen (bzw. Schwerstverbrecher, die unschuldige Frisuren grausam und bestialisch zerstören, an denen man sage und schreibe zwei Stunden gesessen hat) wieder einzuführen, begab sich ein niedergeschlagener Hyde in den Klubraum der Band „P’unk-en-Ciel“ (Bass: Ken; Vocal: Tetsu; Guitar: Hyde; Drums: Sakura – durch Yukihiro ersetzt).

Draußen schien die Sonne nur auf ihn gewartet zu haben.

Mit aller Macht drücke sie ihre Strahlen auf den armen Schüler. Seine langen, dunkelbraunen Haare waren bei der Abwehr der lästigen Hitze keinesfalls eine Hilfe. Schon nach wenigen Minuten lief ihm der Schweiß in Strömen den Nacken herunter.

Hyde fühlte sich, als ob er bei jedem Schritt zusammenschrumpfen würde, bis er schließlich als ein watschelndes Pünktchen bei den sicherlich auf ihn wartenden Bandmitgliedern am anderen Ende des Schulgeländes ankam.
 

Als er fast die Hälfte des Weges unter großen Entbehrungen überwunden hatte (wenigstens half ihm die Schulmädchenuniform ein kleines Bisschen – die kurzen Röckchen waren bei japanischen Sommern durchaus von Vorteil – schon allein beim Gedanken an die langen Pflichthosen der Jungenuniform hätte Hyde einen Sonnenstich gekriegt), durchfuhr ihn ein Stromschlag.
 

Er hatte die Schlüssel zum Klubhaus vergessen.
 

Das bedeutete doppelten Weg in dieser unmenschlichen Hitze.
 

Doch Hydes sonnenverachtendes Stöhnen wurde durch die Wahrnehmung von Stimmengewirr, durchmischt von leichtem Bass- und Drumshauch unterbrochen.

Moment mal...warum war das Klubhaus offen? Normalerweise hatte niemand Zugang zu den Schlüsseln außer dem Bandleader. Und der befand sich gerade wahrscheinlich im Klassenraum der Lebenden Toten (aka Kasturagi-sensei), eifrig „Ich darf nicht zu spät kommen und meine Lehrer unnötig warten lassen“ etwa 10 000 Mal abschreibend. Wie also…?

Solche und ähnliche Gedanken beschleunigten die Geschwindigkeit des Langhaarigen immens (aus dem watschelnden Pünktchen wurde ein rennender Punkt).
 

Die offene Tür des kleinen überhitzten Häuschens mit der leicht verblichenen Plaquette mit der Aufschrift „P’unk-en-Ciel“ nahm Hyde endgültig die Illusion eines altersschwachen Gehörs.

Ohne zu zögern trat er dem Klang der improvisierten Stücke (es musste einfach Improvisation sein, so schlecht war ihre Musik nun auch wieder nicht…) entgegen.
 

„Hey, Hyde! Da bist du ja endlich!“ Ken sprang auf und zog einen rotbraunhaarigen Schüler hinter sich her.
 

„Hiermit möchte ich dir Yukihiro, unseren neuen Drummer…- “
 

„Ach, Unsinn!“, wurde er vom Besagten unterbrochen, „soweit ich weiß, müssen erst alle Bandmitglieder darüber abstimmen und…- “
 

„…vorstellen.“ Ken ließ sich nicht beirren.
 

Lachend, mit dem ihn selbst überraschenden Wissen, keine schlechte Wahl für den Drummer vor sich stehen zu haben, gab Hyde Yukihiro die Hand und verbeugte sich leicht.
 

„Auf gute Zusammenarbeit“, murmelte der Langhaarige.
 

„Ach, übrigens“, wurde sich rasch an etwas erinnert, „wie seid ihr eigentlich hier reingekommen?“
 

„Das war ich“, die dunkle – aber nicht unangenehme – Stimme meldete sich sofort, als hätte sie nur darauf gewartet, dass bestimmte kleine langhaarige Gitarristen (mit ausgesprochen femininen Zügen) diese Frage stellen würden.

Langsam drehte sich Hyde dem Eigentümer der Stimme zu und mit jedem Zentimeter, der in sein Blickfeld rückte, breitete sich auch das Entsetzen auf seinem Gesicht aus.
 

„Du!“, wurde fast keuchend hervorgebracht.
 

Sein Gegenüber runzelte leicht die Stirn. Ken und Yukihiro tauschten einen Blick, der von Verständnislosigkeit und Verwirrung sprach.
 

„Ja, ich.“ Blaue Kälte bohrte sich in haselnussbraune Unschuld. „Falls du dich nicht mehr an mich erinnern solltest…ich bin Gackt und neu an dieser Schule.“

Seine nun weiche Stimme stand im krassen Gegensatz zu der Sprache seines Blicks.

Für Hydes Ohren war es purer Spott, für die anderer – freundliche Erinnerung.
 

„Ich mag Musik sehr und war positiv überrascht, dass diese Schule eine Musik-AG hat. In meiner Freizeit nehme ich Gitarrenunterricht und wollte nur sehen, ob ich mit den Musikern dieser AG mithalten kann.“

Hydes Wut über die sorgsam verdeckte Arroganz war eine sichere Unterkunft für sein Entsetzen und seine Unsicherheit.
 

„Es erklärt immer noch nicht, wie du an die Schlüssel für das Klubhaus gelangt bist“, unterbrach er kühl den selbstherrlichen (denn etwas anderes war es in Hydes Augen nicht) Monolog Gackts.
 

„Hyde.“ Verwundert über das kratzige Benehmen des normalerweise freundlichen und offenherzigen Schülers legte ihm Ken die Hand auf die Schulter.

„Du warst eine Viertelstunde zu spät, wir dachten schon, die Proben fallen aus. Da kam Gackto-san mit den Schlüsseln und ließ uns herein. Ein Vergnügen in dieser Hitze zu stehen war es sicherlich nicht.“
 

Klang einleuchtend. Dennoch spürte Hyde das leise Kratzen einer Enttäuschung. Warum nahm Ken ausgerechnet diesen Widerling in Schutz?

Im nächsten Moment schüttelte er seine Gedankengänge frei. Schwachsinn, so etwas überhaupt in Erwägung zu ziehen. Ein Themawechsel wäre gar nicht mal unwillkommen.
 

„Hey!“ Gespielte Enttäuschung seitens Hyde war die Folge. „Was kann ich denn dafür, dass unser vorsichtiger, vernünftiger Vocalist es wieder einmal geschafft hat, eine Strafarbeit verpasst zu bekommen?“

Die Ablenkung wirkte Wunder in Form von grinsenden Gesichtern der anderen.

Gackt rang sich nur ein müdes Lächeln ab, wurde von Hyde jedoch nicht weiter beachtet. Der Langhaarige hatte effektiv auf Stures-Ignorieren-Egal-Was-Kommt-Modus umgeschaltet.
 

„Das ist ja wieder so typisch Tetsu!“, lachte Ken.
 

„Ich glaube, wir sollten langsam anfangen, meint ihr nicht auch?“, warf Hyde ein, „sonst beerdigt er unsere Ohren mit seinen ebenfalls typischen Strafpredigten.“

Wieder eine Ernte von Zustimmung seitens der anderen (Gackt zählte nicht).
 

„Wäre es für mich möglich, den Gitarrenpart zu übernehmen?“, erinnerte der mit aller Macht Ignorierte an seine Präsenz.

Zähneknirschend musste sich der Langhaarige eingestehen, dass er Kens fröhlicher Erlaubnis Gackt spielen zu lassen nichts entgegenzusetzen hatte.

Selbst für ihn, der eigentlich recht passabel mit der Gitarre umgehen konnte, war es schwer, den Einsatz für beide Stimmen im Kopf zu behalten. Somit begnügte sich der Langhaarige damit, das Mikrofon von seiner Nase in Gackt zu verwandeln und ihm in Gedanken sehr schlimme Dinge anzutun.
 

„Hyde! Du sollst das Mikro nicht essen, sondern da reinsingen!“ Ken schien die Abscheu in Hydes Augen bemerkt zu haben.

Oder ihm riss einfach der Geduldsfaden, denn schon seit fünf Minuten, die Gackt gereicht hatten, sich die Noten durchzuschauen und sich mit den anderen einzuspielen, tat Hyde nichts anderes als den armen, als Gackt missbrauchten Mikrofon durch die Luft zu wirbeln und mit Todesblicken zu erstechen.

Die Töne Hydes waren vom knirschenden Sandpapier kaum zu unterscheiden, doch nachdem er das Gitarrensolo des Zwischenspiels nach nur fünf Minuten Übens so perfekt gespielt hörte (wofür er selbst mindestens eine halbe Stunde gebraucht hatte), wurde der Langhaarige ehrgeiziger.
 

Hyde straffte unter dem forschenden Blick Gackts, den er die ganze Zeit auf sich spürte, die Schultern und hob den Kopf. Er konzentrierte sich nur auf die Musik, legte alle seine Emotionen in seine Stimme hinein und sang sich die hilflose Wut und den Ärger von der Seele.

Begleitet vom launigen Auf und Ab der Melodie suchte sich der Klang seiner Stimme den Weg hinaus ins Freie. Auf taube Ohren schien sie nicht zu stoßen, denn als der Langhaarige geendet hatte, war plötzlich ein Klatschen zu vernehmen.
 

Ein grinsender Tetsu stand im Türrahmen und strahlte die anderen an.
 

„Das hätte sogar ich nicht besser machen können, Haido.“
 

„Ach was, gegen mich kommst du sowieso nicht an“, feixte Hyde. Dabei drehte er sich, um Anerkennung bei Ken zu suchen und beging hiermit einen gewaltigen Fehler. Er brach seinen Vorsatz, bestimmte blonde Schüler bis auf weiteres zu ignorieren, was einen äußerst unsanften Sturz auf den Boden der Tatsachen zur Folge hatte.

Das Eis der blauen Augen glühte mit Abscheu.

Aufkeimender Ärger erstickte effektiv das Schamgefühl und Irritation Hydes.
 

„Ist was?“, fragte er kühl.
 

„Nein“, kam eine nicht viel wärmere Antwort, „ich habe mich bloß gefragt, ob das, was du gerade von dir gegeben hast, überhaupt als Gesang bezeichnet werden kann. Noch ein Ton und ich hätte Ohrschützer verlangt.“
 

Stille.
 

Ein Lächeln, das die Temperatur im Häuschen – trotz der unermüdlich arbeitenden Nachmittagssonne – um ein paar Grad sinken ließ, breitete sich auf Hydes Gesicht aus.
 

„Nun…–“, setzte er an.
 

„Ich bin der Meinung, dass Hydes Gesang – der sehr wohl als solches bezeichnet werden kann – sehr viel Potential hat.“ Tetsu schienen die Äußerungen des Blonden ganz und gar nicht zu gefallen.
 

Hyde wusste nicht, ob er Tetsu auf Knien danken sollte, dass dieser ihm zur Hilfe eilte oder ihm einen saftigen Kinnhaken verpassen dafür, dass er ihn (in diesem entscheidenden Moment verbaler Rache) unterbrochen hatte.
 

„Tss.“ Nun war es an Gackt mit seinem Lächeln die Atmosphäre um weitere Eisschichten zu bereichern. „Also, wenn jemand, der sich der wirkliche Sänger dieser Band (kam es Hyde nur so vor, oder erhielt das Wort einen besonders verächtlichen Klang?) schimpft, dieses personifizierte Raucherhusten als hörenswert empfindet, dann ist demjenigen wirklich nicht zu helfen.“

Ein theatralisch perfekt ausgehauchtes Seufzen folgte dieser schlüssigen Gedankenfolge.
 

„Nun, es scheint, dass ich für den Wettbewerb eine gänzlich neue Band zusammensuchen muss“, wurde der Monolog weitergeführt, „diese AG gibt ja wirklich nichts her…“
 

„Woher weißt du von dem Wettbewerb?“ Obwohl äußerlich die Ruhe in Person, brodelte in Tetsu ein zweiter Vesuv (das konnte Hyde förmlich riechen).
 

„Ich weiß alles.“
 

TBC
 

A/N: Na, bin ich nicht gemein, mitten in einem Streit abzubrechen? Nein, ich bin tatsächlich nicht gemein, nur extrem faul.

Öh ja, falls es etwas schwer zu verstehen war, warum Hyde nicht singen wollte, hier habt ihr den Beweis. (Außerdem, als Gitarrist hatte er nicht wirklich eine Gelegenheit zum üben.)

Und ist Gackto-san nicht das letze Arschloch? Hach, ich mag ihn.
 

Und natürlich, selbstverständlich, kaum anders zu erwarten - zu diesem Kapitel sind weiterhin Kommentare erwünscht.
 

Ach ja. Noch eine unglaublich unwichtige Anmerkung: Ich schreibe L’Arc-en-Ciel nie mit Wellen! (Ich leide an ausgesprochener Sprach- und Tippökonomie.) ... Verzeiht den Insiderwitz.

Tage wie dieser

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Kapitel #3
 

„Ich weiß alles.“ Gackt fuhr sich lässig durch das Haar.
 

/Garantiert stundenlang vor dem Spiegel geübt./ Nur mit Mühe konnte sich Hyde ein Kichern verkneifen. Eine seltsame Welle verrückter Aufgedrehtheit hatte ihn erfasst.
 

Plötzlich trat Ken vor, legte sich auf eine sehr feminine Art und Weise die Hand auf die Hüfte, fuhr sich ebenfalls mit der Hand durchs Haar und wiederholte Gackts Worte mit einem viel schwuleren Unterton.

Der Langhaarige konnte die zweite Lachattacke nicht mehr abwehren und prustete lauthals los.

Yukihiro, Ken und Tetsu stimmten mit ein. Hyde weinte mittlerweile Tränen, während er sich den Bauch hielt, da sein Rücken vor Lachen schon wehtat.
 

„Tja, dann will ich die Herrschaften nicht weiter stören.“ Der Blonde war verletzt. Obwohl er es nicht offen zeigte – ja sogar vorzüglich zu verbergen wusste – sahen Hydes tränendurchtränkte Augen das zersplitterte Eis.

Auf einmal war ihm nicht mehr nach Lachen zumute und auch der Rest erholte sich langsam.
 

„Ich würde dir raten, einen Gesangslehrer einzustellen“, gab Tetsu dem Alleswisser einen gut gemeinten Rat. „Ich fürchte, du bekommst bald Konkurrenz, falls du dich überhaupt erst auf die Bühne traust.“
 

„Keine Sorge, solche Versager wie ihr machen mir keine Angst!“
 

„Na, dann wird’s ja allmählich Zeit, nicht wahr?“ Zuvorkommenheit und Freundlichkeit in Person. „L’Arc-en-Ciel heißt die Band, die dir deinen Schönheitsschlaf rauben wird. Merk ihn dir gut.“ Das Lächeln auf Tetsus Gesicht war das pure Wohlwollen.

/Es fehlt nur noch die Rüstung und das Schwert.../
 

„Pah“, schnaubte der Blonde. „Ich an eurer Stelle würde mir den Notausgang merken, um dann nach einer vorprogrammierten Pleite ganz schnell und leise verschwinden zu können!“
 

„Ich glaube, du solltest dich langsam auf die Suche nach deiner Band machen“, meldete sich schließlich der Langhaarige zu Wort. „Unser Gast möchte gehen, meint ihr nicht auch?“ Dabei vermied Hyde sorgfältig, in die Augen Gackts zu schauen, er hatte es entschieden satt mit dessen derart offensichtlichen Emotionen konfrontiert zu werden.

Ja, der Langhaarige konnte deutlich erkennen, dass dieser getroffen war, aber Gackt selbst war ja auch nicht gerade ein Engel gewesen! Mit Beleidigungen hatte schließlich der Blonde angefangen. Und warum zur Hölle noch mal fühlte sich Hyde schuldig und rechtfertigte sich vor sich selbst?!

Ach, zum Teufel das alles.

Nur kurz streifte der Blick des Langhaarigen den tobenden Eissturm, während er – sein freundliches Lächeln tapfer aufrechterhaltend – auf die offene Tür wies.

Mit einem verächtlichen Schnauben drehte der Angesprochene sich um und verließ das Klubhaus.
 

Weit genug zu gehen, um den Jubelschrei Hydes - seine kleine Statur sich um den Hals des Bandleaders werfend - nicht zu bemerken, schaffte der Blonde nicht. War es wegen ihm? Weil er endlich gegangen war und den Langhaarigen von seiner Gegenwart befreit hatte?

Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte Gackt einen seltsamen, jedoch äußerst schmerzhaften Stich in seiner Brust.
 

/Ich…bin. So. Ein. Idiot. Statt mit ihm Freundschaft zu schließen, vergraule ich ihn…Ich gehe jede Wette ein, dass er mit dem Bandleader liiert ist. Verdammt./ Solche oder ähnlichen Gedanken kreisten in Gackts Kopf während des langen Wegs nach Hause herum.
 

Das gleiche Trauerspiel wiederholte sich in Hydes Kopf, als er (sehr viel später allerdings) zu Hause vor seinen Büchern saß und diese nervigen Gedanken durch eine gute Portion Mathe, Englisch und andere Fächer (wofür man ausnahmsweise seine grauen Zellen benutzen muss) zu vertreiben suchte.

Scheitern war vorprogrammiert.

Zwischen jeder Zeile sah er diese Augen, versuchte sich vorzustellen, wie sie wohl aussehen würden, wenn er lächelte. Ob sie dann genauso eingefroren wären. Oder würde diese kristallene Schicht auftauen und seine echten Gefühle offenbaren?
 

Schwachsinn!

Wütend über sich selbst schüttelte Hyde den Kopf, um diese dummen Gedanken zu vertreiben. Der Blonde hatte es nicht mal verdient, dass ein Vogel auf ihn kackt! Und nach dem, was sich heute im Klubhaus abgespielt hatte, schon gar nicht!

Ruckartig stand Hyde auf. Er musste sich jetzt sofort die Haare kämmen. Er wusste zwar, dass das Badezimmer nach dieser Prozedur aussehen würde, als ob dort alle Katzen Tokyos auf einmal gehaart hätten, aber irgendwie musste er ja seine Nerven beruhigen.

...L’Arc-en-Ciel... klang gut. Aber Tetsu war ja auch ein Scherzkeks. Er, Hyde, ein Sänger! Er könnte doch nicht mal gut singen, wenn 100 Auftragskiller hinter ihm her wären!

Tet-chan hat das bestimmt nur behauptet, um ihn zu schützen.
 

Hyde wusste gar nicht, wie sehr er sich irrte.
 

***
 

Am nächsten Tag (sowie an darauffolgenden auch) begrüßte den Langhaarigen die schon menschenverachtend anmutende Sonnenwärme.

Die Schule, die Welt und die Sonne (weil sie ersteres überhaupt erst möglich gemacht hatte und wegen der Affenhitze bereits am frühen Morgen) verfluchend schlurfte Hyde ins Bad.

Genau wie an allen anderen Tagen auch verwand er eine Viertelstunde darauf, seine Haare festzumachen, damit sie ja nicht nass wurden, um dann schnell in die Dusche zu steigen und merken, dass es doch viel später war, als er vermutet hatte.

Schließlich sprang er beim Aufdrehen des Wassers schnell aus der Dusche, da es viel zu kalt war, um dabei auszurutschen, auf dem Boden landen und festzustellen, dass die Viertelstunde zum Haarefestmachen völlig umsonst vergeudet worden war.

Dann sprang er fluchend auf und wusch die Haare mit, wodurch er für das Trocknen noch mehr Zeit verschwendete und dafür das Frühstück ausfallen lassen musste.

Schließlich stürzte er aus dem Haus und rannte mit einer hundsmiserablen Laune, weil er sein Lunchpaket vergessen hatte, Richtung Schule.
 

Alles in allem, ein erfolgreicher Start in den Tag.
 

Kein Wunder also, dass Tetsu es nicht leicht hatte, den Langhaarigen davon zu überzeugen, dass ein klärendes Gespräch helfen würde. Ein übellauniger Hyde ist zickiger als eine pubertierende Halberwachsene, aber was tut man nicht für seinen besten Freund…

Seufzend begab sich Tetsu zu seinem Schafott – aka das Schulcafé mit astronomischen Preisen, das als Treffpunkt ausgemacht worden war.

Er brauchte nämlich das Einverständnis des Langhaarigen, denn Änderungen in der Bandaufstellung wollten die Veranstalter natürlich als erstes wissen. Und das am besten drei Monate vor dem Wettbewerb, bei dem der Sieger einen Plattenvertrag mit Ki/oon Records© bekommen würde.

Blöde Bürokraten.

Aber bei dem Gedanken an den ersten Preis bekam Tetsu glänzende Augen. Massen von schreienden Fans, beglückt, in Ekstase von ihrer selbst komponierten Musik. Interviews. Fotoshootings. Ihre Gesichter auf jeder zweiten Ausgabe der Fool’s Mate®. Ruhm. Erfolg. Reichtum.

Nie wieder Bier selbst kaufen gehen!

Aber vor allem ihre Musik komponieren zu dürfen und ihre Leidenschaft dafür in die ganze Welt hinauszuschreien.

Ein sehnsüchtiger Seufzer entglitt Tetsus Lippen.
 

Gleich darauf folgte ein kleiner Aufschrei, als er über eine herumliegende – extrem hässliche, nach ein paar Sekunden jedoch realisierte er, dass es Hydes war – Schultasche stolperte. Ein kleiner Schubs von einem hungrig-ungeduldigen Schüler machte Tetsus Landung in der vor ihm auf dem Tisch stehende Suppe perfekt.
 

„Hmm, ich glaube, ich sollte mich beim Personal dieser Einrichtung beschweren…“, erhob sich die dunkle Stimme des Besitzers des zweckentfremdeten Gerichtes.

„Eine Misosuppe mit Tetsu-Geschmack habe ich nicht bestellt.“
 

„Ups, sorry, Haido-chan“, kam es vom Teller. „Ich bin geschubst worden.“
 

„Dann hör gefälligst auf, wie ein liebeshungriger Tagträumer durch die Weltgeschichte zu laufen!“ Eindeutig ein sehr angepisster Hyde.
 

„Verzeih mir. Ich werde mir alle Mühe geben, das nächste Mal dein Milchglas zu treffen.“
 

„Die Suppe war teuer…“ Hyde versuchte verbissen, seine zuckenden Mundwinkel beim Anblick eines unschuldig lächelnden, jedoch von Miso triefenden Gesichtes des Braunhaarigen unter Kontrolle zu halten.
 

„Das werden wir ihnen heimzahlen. Wer es wagt, meinem Haido-chan auch in entferntester Weise Unwohlsein zu bereiten, bekommt es mit mir zu tun!“ Mit diesem heldenhaften Ausspruch wischte sich Tetsu sein Gesicht an der weißen Tischdecke ab.

Der Langhaarige lächelte müde.

Nebenan jedoch – versteckt hinter dem einzigen Farn des immer überfüllten Cafés, der als Sauerstoff-Lieferant diente und dementsprechend auch gelb aussah – schüttelte es einen gewissen Blonden vor Rage.

Wie. Konnte. Er. Es. Wagen. Hyde. Sein. Zu. Nennen?!

Gackts Aufmerksamkeit wandte sich wieder den beiden Schülern zu, als der Verhasste (aka Tetsu) wieder zu sprechen anfing.
 

„Haido? Was ist heute eigentlich los mit dir? Schon den ganzen Tag bläst du Trübsal. Das passt irgendwie nicht zu dir.“
 

„Ach, ich bin heute leider lebend aufgewacht, das ist alles“, versuchte der Langhaarige mit einem lahmen Witz abzulenken.

Er konnte Tetsu wohl schlecht sagen, dass er die ganze Nacht von einem bestimmten blonden Schüler mit kalten blauen Augen geträumt hatte.
 

„Wie, lebend aufgewacht?!“ Der Braunhaarige schien über alle Maßen verwirrt zu sein.
 

„Ach, vergiss es bitte. War schlecht ausgedrückt.“ Hyde hatte nicht den geringsten Wunsch, die genaue Sachlage klarzustellen.
 

„Aber Haido! Du bist doch nicht etwa...nein, das kann nicht sein...“
 

„Was? WAS? Tetsu, sprich bitte in ganzen Sätzen!“ Der Langhaarige wurde unruhig.
 

„Also, ich glaube du bist...-“ Tetsu machte eine dramatische Pause.

Hyde lehnte sich nach vorn.

Gackt versuchte es auch – sein Buch wies beunruhigende Anzeichen einer Verwässerung höchsten Grades auf (um sich zu tarnen hielt er die ganze Zeit einen Wälzer vor seinem Gesicht – sonst würde ihn jedes Mädchen erkennen und ihn bitten, sich doch den einen bestimmten Teil dieser vermaledeiten Schule anzusehen – unglaublich, wie erfinderisch diese Gänse doch sein konnten…einmal wollten sie ihm das Dach zeigen, mit der festen Überzeugung, dass er das noch nie gesehen hat).
 

In diesem Moment kam eine Gruppe dieser oben beschriebenen Gänse vorbei und übertönte das Gesagte.

Gackt hätte sie am liebsten mit dem verdammten Dach auf den Mond geschossen!
 

TBC
 

A/N: Und das dritte Kapitel wäre dann auch geschafft. Ach ja, und damit Gackt sich nicht allein ärgern muss, nicht zu wissen, was den nun genau Tetsu zu Hyde gesagt hat, werdet ihr es auch nich erfahren. Höhö.

Dann später vielleicht...aber es spielt auch nicht wirklich eine große Rolle.
 

Ach ja, Kommentare?

Ein Gitarrist wechselt unfreiwillig seine Profession

A Highschool story
 

Kapitel #4
 

Hydes Lachen brachte den Blonden von seinen Mordplänen wieder auf die Erde zurück.
 

„Ich? Du bist gut! Ich doch nicht!“ Weiteres künstliches Lachen folgte.

Tetsus Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass er dem Langhaarigen nicht glaubte.

Hyde versuchte es anders.

Augenblicklich wurde er ernst.
 

„Du hast mich doch nicht extra herbestellt, um über dieses Thema zu reden, oder?“, fragte er kühl. Die Methode zeigte sich von ihrer glänzenden Seite.

Seufzend gab Tetsu auf.
 

„Nein, du hast Recht. Ich wollte dich fragen, ob du Vocalist der erst kürzlich gegründeten Band „L’Arc-en-Ciel“ sein möchtest.“
 

„A-aber...ich dachte, du hättest mich bei dem Streit nur in Schutz genommen“ Tetsu einmal im Leben ohne dessen Grinsen zu sehen, verunsicherte den Langhaarigen.
 

„Nein, ich habe mir Gedanken darüber gemacht, warum wir bisher immer nur am zweiten oder am dritten Platz gelandet sind. An unserer Musik kann es nicht liegen, denn sonst wären wir ja nie so weit gekommen. Also ist es die Stimme, die allem Anschein nach nicht die besten Erfolge erzielt. Daher habe ich unsere Plätze etwas vertauscht.“
 

„Tetsu! Du weißt doch genau, dass ich mit Singen genauso viel am Hut habe, wie ein Vogel mit einer elektrischen Zahnbürste! Gitarre liegt mir nun mal besser! Und außerdem, was ist mit Ken? Oder Yuki?“
 

Bildete sich Hyde das nur ein, oder hatte Tetsu tatsächlich genervt aufgeseufzt und sich bekreuzigt?
 

„Haido-chan...Ken könnte nicht einmal dann einen Ton halten, wenn ich hinter ihm mit einer Peitsche stehen würde und Yuki – “
 

„Ganz genau! Yuki hast du nicht einmal singen gehört!“ Hyde dachte sich am Ziel. Es lebe die Freiheit! Viva la libertà! Feliz Navidad! Gut, letzteres streichen wir, aber trotzdem! Gewonnen! Aus die Maus! Weg mit dem Mikro, her die goldene Gitarre! YEAH!

Der Langhaarige setzte ein beunruhigend manisches Grinsen auf. Hach, Triumph!
 

Moment.
 

Wieso hatte Tetsu das gleiche beunruhigende Grinsen?
 

„Das stimmt, Haido-chan, ich habe ihn nicht singen gehört...aber wenn Yuki singt, wer wird dann der Drummer sein?“ Unschuldiges Lächeln gratis dazu.
 

Krach. Schepper.
 

Hyde besah sich die kläglichen Überreste seiner gerade zersplitterten Zuversicht. Kein aufmunternder Anblick.

Doch bevor sich der Langhaarige eine weitere Ausweichungs- und Vertröstungsstrategie zurechtlegen konnte, setzte Tetsu mit dem Blick eines sterbenden Dackels nach.
 

„Bitte! Nur dieses eine Mal! Du musst ja nicht ewig Vocal sein, ich möchte, dass du es wenigstens probierst! Weil ich der Überzeugung bin, dass du eine sehr schöne Stimme hast!“
 

/Ja klar. Nur weil ich laut genug krächzen kann, um unsere Schrammel-Musik zu übertönen. Bin geehrt./ Diesen kleinen Anfall von leichtem Trübsal konnte sich Hyde nicht verkneifen.

„Hmpf.“ Ein unzufriedener Langhaariger gab schließlich nach. „Na gut, aber nur diesen einen Wettbewerb! Nicht mehr!“
 

„Danke! Ich liebe dich!“, jubelte Tetsu.
 

Hinter dem Farn zog sich Gackts Herz zusammen. Das durfte doch wohl nicht wahr sein! Erst schafft es dieser Idiot Hyde zu überreden, doch noch Sänger zu werden – was eine wirklich harte Konkurrenz für ihn, Gackt, bedeutete – und jetzt das!
 

„Ach übrigens, wusstest du, was der erste Preis ist?“ Jetzt, wo Tetsu auf der sicheren Seite war, konnte er ruhig die Bombe platzen lassen.
 

„Hmm…ein neues Klubhaus könnten wir schon gebrauchen…?“, sinnierte Hyde. „Aber keine neuen Instrumente, oder?“
 

„Ein Plattenvertrag ist doch wirklich ein Nichts gegenüber neuen Instrumenten“, präzisierte der Braunhaarige trocken.

Hyde blieb die Luft weg.
 

„Was...?“, wisperte er. „Ein Vertrag? Und das sagst du mir erst jetzt, nachdem ich eingewilligt habe, Sänger zu werden?“
 

„Nun ja, ich habe mir gedacht, es könnte dich motivieren...“ Tetsu zuckte nonchalant mit den Schultern.
 

„Motivation?!“ Nun überschlug sich Hydes Stimme. „Das ist Erpressung! Unterdrucksetzung! Aber keine Motivation!“
 

„Na na, du darfst das nicht so pessimistisch sehen“, lächelte Tetsu – wie ein gutmütiger Psychologe dem gefährlichen Geisteskranken zu.

Der Langhaarige stöhnte nur als Antwort.
 

Nebenan starb Gackts Schulbuch eines grausamen Todes durch qualvolles Zusammenquetschen der fragilen Seiten und erbarmungsloses Herausspülen der Buchstaben. Kaum hatte er es aus der Hand geworfen, kamen sogleich Massen von notgeilen Fangirls angerannt. Leider war ein gewisser Langhaariger in Schulmädchenuniform nicht dabei.

Hm, vielleicht konnte er sie überreden, ihm die Mädchentoiletten zu zeigen? Denn dort ist er wirklich sehr selten gewesen…

Der Blonde seufzte.

Heute war definitiv nicht sein Tag.
 

Hyde konnte seltsamerweise nicht das Gegenteil behaupten. Zuerst wurde er unfreiwillig Sänger und dann auch noch von der oben bereits erwähnten Menschenmasse fast zu Tode getrampelt. Das waren Momente, in denen er sich wünschte, Tetsus Platthochhäuser anzuhaben (okay, viel nützen würde es nicht, aber was soll’s). Aus sachlicher Neugier, um denjenigen zu bemitleiden, der das traurige Los gezogen hatte, so gut auszusehen, dass alles und jeder ihm die Schule zeigen (meistbenutzte versteckte Andeutung – man sagt nicht: „Hey, du siehst gut aus, willst du mit mir gehen?“ sondern: „Ich möchte dir die Schule zeigen“, kein großer Unterschied) oder sonstigen Scheiß andrehen wollte, drehte Hyde seinen Kopf in die Herzschmerz– und Augenaufschlag verseuchte Richtung.
 

Und bereute es sogleich.
 

Einem aufblitzenden Wasserstoffblond folgten kalte blaue Augen. Doch dieses Mal durchbohrten die Eiszapfen nicht ihn, Hyde, sondern seine Begleitung.

/Tet-chan?/ Sehr zu seinem Unwillen musste der Langhaarige zugeben, dass dieser Gedanke geradezu danach schrie, sich mit ihm zu beschäftigen.
 

Eine neue Welle aufgetakelter, mit Liebesbriefen (und Freundinnen) bewaffneter Hochzeitsanwärterinnen half jedoch dieses Gedankengut in die hinteren Ecken seines Verstandes abzulagern.
 

Das eigene Leben zählte nun mal mehr.
 

Von dieser Erkenntnis beflügelt, begann er sich durch die Mengen zu kämpfen, von neidischen Blicken anderer Mädchen begrüßt (sie waren der Meinung, dass er seinen Liebesbrief schon abgegeben hatte, während sie noch warten mussten…).

Kein leichtes Unterfangen, in der Tat. Als Hyde schließlich das rettende Ufer (sprich: das Ende der Welle) erreicht hatte, lief der Schweiß in Strömen und er keuchte vor Anstrengung.

Tetsu hatte dagegen mehr Glück, denn ihn versuchte man nicht schon im Vorfeld als eine Rivalin auszuschalten.

Das waren die Nachteile der Mädchenuniformen.
 

Der Langhaarige knurrte vor Wut.
 

„Dieser elende Perverse! Warum ist er überhaupt an diese Schule gekommen? Soll er gefälligst dorthin verschwinden, wo er hergekommen ist! Mitsamt seinem Fanclub!“ Hydes Atem kam jetzt stoßweise.

Falls Tetsu auch nur den Hauch des Gedankens gehabt hat mit Hyde zu diskutieren, dass es ja nicht seine Schuld wäre (von wem redete Hyde überhaupt?), so beliebt zu sein und dass mit dem Fanclub wahrscheinlich die ganze Schule verschwinden würde, dann hätte er auch getrost seinen Kopf in eine Schlinge stecken können.

Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, Hydes Suppe als Gesichtswasser zu benutzen...

Ein hungriger Langhaariger ist schlimmer als eine Löwin, die ihre Jungen verteidigt.
 

Tetsu versuchte sein aufmunterndes Lächeln, legte seine Hand auf Hydes Schulter (obwohl er ernsthaft befürchtete, dass sie ihm abgebissen wird…) und machte den lebensrettenden Vorschlag:
 

„Haido! So etwas sagt man doch nicht. Komm, lass uns lieber in ein richtiges Café gehen. Ich lade dich ein!“
 

„Hmpf. Du musst mir sowieso meine Suppe abbezahlen.“
 

Ein Stunde, Tetsus leeres Portemonnaie und Hydes vollen Bauch später schwor sich der Braunhaarige, nie, NIE wieder mit Hyde essen zu gehen. Und Schulden bei diesem Vielfraß zu haben.

Der frischgebackene Bassist konnte sich nur wundern, wie der Langhaarige es schaffte, bei solchen Mengen an Essen (drei Teller Miso, ein Menü Sushi inklusive Salat und sonstige Beilagen) eine so gute Figur zu behalten.

Ein Vorzeigebeispiel für jede Diät und Vorher-Nachher-Shows.
 

Das oben erwähnte bodenlose Fass wanderte derweil zufrieden nach Hause, um vor den Hausaufgaben die Löcher in die Luft zu starren mit dem besten Wissen, sich doch nicht konzentrieren zu können.

Seltsamerweise schienen seine Gedanken immer öfter Völkerwanderungen in eine von Hyde allerdings nicht begrüßte Richtung zu unternehmen.

/Da sah ja jemand so aus, als wäre er tatsächlich eifersüchtig! Auf Tet-chan! Wegen mir? Kann so ein Prototyp künstlicher Schönheit überhaupt etwas empfinden? Mit solchen Augen? Zum Totlachen ist das Ganze!/

Wenn Hyde wüsste, wie nah er an der Wahrheit war, dann wäre ihm ganz und gar nicht nach Lachen zumute.
 

Den Beweis, dass die Aufmerksamkeit eines gewissen Blonden nichts anderes als eine fortlaufende Pechsträhne bedeutete, führte ihm der nächste Probetag vor die Augen.
 

TBC
 

A/N: Ah, wir nähern uns langsam einer sehr lustigen Situation. Oder halt...#vorausles# nein, das tun wir nicht. Aber es ist furchtbar - ein ganzes Kapitel, das sich in einem Schulcafé abspielt, mit einem armen, bemitleidenswerten Farn (Wo ist Greenpeace, wenn man‘s braucht?!) und einer Handlung, die sich in zwei Sätzen zusammenfassen lässt.

Ach ja, für alle, die kein schönes, EU-orientiertes Weihnachtspapier haben: ‚Feliz Navidad‘ bedeutet ‚Fröhliche Weihnachten‘. |D
 

Kommentare - nach wie vor der beste literarische Ausguss an diesem Ding, und nach wie vor überaus erwünscht.

Missverständnis? Von Wegen.

A Highschool Story
 

Kapitel #5
 

Der (seiner Meinung nach viel zu frühe) Morgen begrüßte Hyde mit der strahlenden Umarmung einer hitzefreudigen Sonne. Sich die immer wieder zufallenden Augen reibend machte sich der Langhaarige auf den Weg zur Dusche – ohne sich dabei den Zeh anzustoßen, was ihn allein hätte misstrauisch machen sollen.

Nicht einmal der kleinste Zwischenfall, der ihn das Leben gekostet hätte (einmal war ihm der Fön in die Dusche gefallen, doch Hyde konnte schnell genug herausspringen und trug nur ein Trauma davon) trübte diesen wunderschönen Morgen (Es war ja gar nicht so heiß.)

Sogar mit einem vollen Bauch erreichte Hyde seine Schule.

Sein Gehirn – zufrieden, aber schläfrig – konnte nur eine müde Überraschung verarbeiten, als seine Augen ihm über eine seltsame Ansammlung von allesamt älteren Schülern (ausnahmsweise männlich...) um Gackts Pult Bericht erstatteten.
 

/Aha. Gackts Fanclub ist scheinbar erweitert worden. Hoffentlich fangen diese nicht auch noch an zu kreischen.../

Der Langhaarige zuckte mit den Schultern.
 

Anscheinend war dies das Signal für bestimmte Lebewesen mit wasserstoffblonden Haaren, dass Hyde nun ansprechbar sei.
 

„Guten Morgen, Hyde-san. Ich hoffe, du hast gut geschlafen.“ Ein fälschlich lächelnder Gackt verbeugte sich.
 

/Schlaf? Was ist das? Verarsch mich nicht, Idiot, es ist eindeutig viel zu früh!/

Nach außen jedoch verbeugte sich der Langhaarige ebenfalls, meisterte sogar, sich ein schiefes Lächeln aufs Gesicht zu klatschen.
 

„Guten Morgen, Gackt-san. Das hoffe ich auch.“ Perfekte Small-Talk-Atmosphäre war geschaffen.
 

„Wie du hier sehen kannst, habe ich meine Band zusammen...“
 

/Sehen? Gott, ich erblinde. Sehen aber irgendwie gekauft aus. Sind sie nicht ein wenig alt für dich, um wirklich mit jedem in die Kiste zu steigen?/
 

/...wo kam DAS denn jetzt her?!.../
 

Hydes Lächeln wurde fast panisch aufrechterhalten. Nein, er war NICHT eifersüchtig, nein, da standen NUR ein paar sehr gut aussehende Schüler, mit denen...verdammt.
 

„...der Meinung, dass wir uns über die Aufteilung des Klubraumes einig werden.“
 

„Hm? Der Raum darf von jedem genutzt werden, wenn vorher ein Antrag erstellt und bewilligt wurde. Schließlich sind die Musikinstrumente das Eigentum der Schule. Ich denke nicht, dass es ein Problem darstellen sollte...“

Morpheus hatte den Langhaarigen wieder effektiv in seinen Armen. Die Denkzellen weigerten sich stur, ihre Arbeit aufzunehmen. Hyde unterdrückte mühsam ein Gähnen.
 

„Oh, das freut mich, dass du derselben Meinung bist. Wann habt ihr eigentlich Proben, Haido-kun?“
 

„...dienstags...“, konnte der Angesprochene murmeln.

Das leise Kichern der Bandmitglieder hörte der Langhaarige nicht, denn kaum hatte er seinen Kopf auf die Arme gelegt, war er auch schon wieder eingeschlafen.
 

Die grausam schrille Klingel riss Hyde aus seinem friedlichen Schlummer.

/Memo an mich selbst: Denke nie an gewisse blonde Mitschüler, wenn du für die Schule lernst./

Der Langhaarige versuchte sich krampfhaft an seinen (leider viel zu kurzen, wie er fand) Traum zu erinnern.

Jemand streichelte ihm leicht über die Schultern, zupfte sanft an seinen Haaren. Die Erinnerung an dieses Gefühl jagte Hyde einen wohligen Schauer über den Rücken. Er hätte zu gern gewusst, wer das in seinem Traum war.

Wie von selbst glitt sein Blick zu seinem Nachbarn.
 

/Könnte es vielleicht sein, dass...?/
 

Gackt schickte ihm einen Eispfeil als Antwort.
 

/Nee.../ Hyde schüttelte innerlich den Kopf. /Dieser grobe Klotz doch nicht. Außerdem, warum sollte ich ausgerechnet von DEM träumen?/
 

Die stille Zufriedenheit, mit leichten spitzbübischen Nuancen beigemischt, die sich durch leichtes Glühen der blauen Augen äußerte, entging dem Langhaarigen.
 

***
 

„Tet-chan! Wo bleibst du denn? Du hast doch hoffentlich nicht schon wieder eine Strafarbeit eingeheimst?“

Damit wurde ein braunhaariger Bandleader begrüßt, nachdem er sich aus einer Schülertraube gelöst hatte und nun auf einen etwas ungehalten wirkenden Hyde zuging.
 

„Huh? Wieso habt ihr nicht schon ohne mich angefangen? Ich wäre dann nachgekommen...“

/Und mir wäre solch eine herzliche Begrüßung erspart/, fügte Tetsu noch in Gedanken hinzu.
 

„Na, wie denn? Die AG-Leiterin hatte die Schlüssel für das Klubhaus nicht. Also musst du sie haben und wer will schon in dieser Affenhitze vor dem Klub auf dich warten?“

Zustimmendes Nicken von Ken und Yukihiro, die ebenfalls die Ehre hatten, einen schlecht gelaunten Hyde live mitzuerleben – was in der letzten Zeit verdächtig oft passierte.
 

Klang einleuchtend. Nur eine Sache machte Tetsu stutzig.

Schnell zog er seine Schuhe um und eilte zum Überlebensort von L’Arc-en-Ciel. Die anderen hatten keine Zeit ihn zu fragen, was das zu bedeuten hatte.
 

Schon von weitem konnten sie Musik ausmachen. Kein als Improvisation getarntes Amateurgeklimper, sondern eine Ansammlung von Klängen, die den Namen Musik wirklich verdiente. Als er den Sänger hörte, bekam Hyde eine Gänsehaut (/Schön.../) und blieb kurz stehen.

Nur, um dann doppelt so schnell und doppelt so wütend weiterzulaufen.
 

Hyde hatte die Stimme erkannt.
 

Der Langhaarige überholte sogar Tetsu, obwohl dieser schon einen beachtlichen Vorsprung hatte. Plötzlich legte sich eine Hand auf Hydes Schulter und zwang ihn stehen zu bleiben.
 

„Haido-kun. Es ist nicht sicher nur ein Missverständnis. Es kommt alles wieder in Ordnung, davon bin ich überzeugt. Wahrscheinlich hat die AG-Leiterin nur einen Fehler gemacht.“ Testu ahnte, was in seinem Freund vorging.

Der Angesprochene drehte seinen Kopf in Tetsus und nickte bloß. Dieser seufzte innerlich.

Das sah nicht gut aus.
 

Hyde marschierte ohne anzuklopfen in das bedeutungsträchtige Häuschen – direkt auf den Sänger zu und brachte das Mikrophon mit einer nicht gerade sanften Bewegung vor ihm in Sicherheit.
 

„Es tut mir Leid, dass ich euch unterbrechen muss.“ Das Lächeln des Langhaarigen wäre beinah herzlich, hätten seine Augen nicht eine Kälte ausgestrahlt, die sogar Gackt Konkurrenz gemacht hätte. „Aber ich glaube, hier liegt ein Irrtum vor. Heute ist der reguläre Probetag von L’Arc-en-Ciel. Demnach bedauere ich sehr euch mitzuteilen, dass ihr leider irgendwo anders üben müsst!“
 

/Uhoh, das klingt gar nicht gut. Er ist wirklich sehr wütend./

Tetsu und Ken sahen sich an – sie hatten beide dasselbe gedacht.

Gackt jedoch hob die Augenbrauen. Verwunderung malte sich perfekt auf sein Gesicht.
 

„Wie bitte? Ich habe gedacht, es wäre alles geklärt. Du hast heute Morgen alles genau dargelegt und mit diesem Prinzip auch meine Vorgehensweise bestimmt.“ Täuschend ähnliche Unschuldsmiene.

In Hyde brodelte es.
 

„Tu mir einen Gefallen, ja? Lasse doch bitte von deiner Angewohnheit ab, unser Gehör mit deiner des normalen menschlichen Verstandes abweichenden Deutlichkeit zu malträtieren, OKAY?! Also, warum vergeudest du unsere Zeit mit deiner Anwesenheit?“
 

/Ohoh, wirklich sehr, sehr wütend./ Doch bevor Tetsu einschreiten und das Gespräch in freundlichere Bahnen lenken konnte, meldete sich Gackt wieder zurück.
 

„Aber sicher, wie du wünschst.“ Freundlichkeit und Herzlichkeit in Person. Hyde hätte ihn erwürgen können. „Gleich in der ersten Pause nach unserem aufschlussreichen Gespräch habe ich einen Antrag auf Erlaubnis zur Nutzung dieses Raumes bei der Leiterin gestellt. Sie hat ihn bewilligt und nun spielen wir hier.“ Gackts ehrliche Hilfsfreude verdeckte nur bruchstückhaft seine Belustigung.
 

„Was soll das?!“ Hyde regte sich immer mehr auf, was vor allem immer höhere Oktaven in seiner Stimme zur Folge hatte. „Du wusstest doch genau, dass wir nur dienstags hier proben können. Das hast du mit Absicht gemacht! Im Musik-Wettbewerb wären wir große Konkurrenz für dich, deswegen willst du uns schon im Vorfeld ausschalten, du elender Feigling!“
 

„Nur so zur Information...“ Alle aufgesetzte Freundlichkeit fiel von Gackt ab. „Selbst wenn eine Schulband wie ihr nur den Namen ändert – der nicht besser klingt als der vorige – muss sie einen erneuten Antrag auf Erlaubnis zur Nutzung stellen, falls ihr das vergessen haben solltet.“
 

„Oder noch einfacher...“ You, der Geiger, konnte sich ein spöttisches leises Lachen nicht verkneifen. „Selbst die AG-Leitung kann euer Babyrasselgeklapper nicht mehr ausstehen!“ Belustigtes Kichern seitens der restlichen Bandmitglieder pflichtete dem ebenfalls blonden Musiker bei.
 

„Ich kann mich nicht erinnern, nach deiner Meinung gefragt zu haben“, schnappte Hyde. „Du elender...“ Jedoch bevor der Langhaarige seinen bunten Sprachschatz von Schimpfwörtern über You ausschütten konnte, stoppte ihn – wieder einmal vor dem sicheren Untergang (oder Sieg) bewahrend – eine Hand auf seiner Schulter.
 

„Doiha-kun, es ist völlig unnötig den Kopf für diese Feiglinge zu riskieren.“ Mit einem gewinnenden Lächeln strich Tetsu sanft über Hydes langes lockiges Haar. Dieser verstand sofort, worauf sein Freund anspielte. Sollte er bei einem Streit – oder noch schlimmer bei einer Schlägerei – erwischt werden, müsste er sich von seiner Haarpracht verabschieden.
 

Gackts Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen bei einem plötzlichen Wutanfall beim Anblick dieser Berührung. Wie – WIE KONNTE ER ES WAGEN? ER HAT GEFÄLLIGST SEINE DRECKIGEN PFOTEN VON DIESEM WUNDERSCHÖNEN HAAR ZU LASSEN! Hass strömte wie heiße Lava durch seine Adern und er fand nur einen Weg sich abzureagieren.
 

„Ooohhh, der Kleine braucht Trost, damit er keinen Nervenzusammenbruch erleidet...“, säuselte Gackt. „Aber ich meine, mit oder ohne Kopf – bei der Größe fällt es ja doch nicht auf. Zwerg.“
 

Das brachte das ohnehin brodelnden Fass erfolgreich zum Überlaufen. Einen Sekundenbruchteil lang hielt der Blonde Hydes Blick mit seinem fest.

Ein Sturm aus Wut, Ärger, Enttäuschung wirbelte in den braunen Augen und sog Gackt weiter in sich hinein.

/Wow. Wunderschön./ Mehr schaffte er nicht zu denken, bevor ein äußerst glaubwürdiges Knurren erklang und Hydes vor Rage verzerrtes Gesicht direkt vor seinem eigenen auftauchte.

Grob wurde der Blonde an seiner Jacke gepackt und noch näher an Hyde herangezogen. Gackt sah zwar wie Hydes Mund sich bewegte, doch hören konnte er ihn nicht. Fasziniert starrte er auf die vollen Lippen, die sich immer wieder einladend öffneten.
 

Gackt konnte einfach nicht widerstehen.
 

Schnell befreite er seinen Arm, schloss durch leichten Druck auf Hydes Hinterkopf die kleine Distanz zwischen ihnen und versiegelte die begehrten Lippen mit den seinen.
 

TBC
 

A/N: Hm...hoffe, es ist nicht allzu sehr klischeehaft geworden. Dieses Kapitel ist sogar etwas länger, obwohl ich eigentlich das Gegenteil erwartet habe. (Wobei das natürlich Ansichtssache ist.)

Nur für den Fall, dass eure Begeisterung für die griechische Mythologie sich in Grenzen hält: Morpheus ist der Gott des Schlafes und der Träume.
 

Kommentare?

Auseinandersetzungen

A Highschool Story
 

Kapitel #6
 

Es herrschte Totenstille im Raum, als sie sich lösten.
 

Wo zuvor noch grenzenlose Wut tobte, war das Gesicht Hydes in erstauntem Schock erstarrt. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen.

Den übrigen Anwesenden ging es scheinbar nicht anders. Auch wenn die Bandmitglieder des Blonden dieser äußerst wirksamen Methode, bestimmte Hydes zum Schweigen zu bringen, nicht unbedingt abgeneigt schienen (oder sie sollten vielleicht aufhören, dämlich in der Gegend herumzugrinsen).
 

/Lecker. Diese Lippen schmecken genauso wie sie aussehen. Mahlzeit!/
 

Gackts Blick wanderte zu Tetsu und ein selbstgefälliges Lächeln schlich sich auf seine Züge, als er dessen geschockten Ausdruck bemerkte.
 

/Egal, ob zusammen oder nicht. Hyde gehört mir!/
 

Der Langhaarige folgte seinem Blick aus den Augenwinkeln und verstand. Die Erkenntnis traf ihn mit voller Wucht und riss ihn effektiv aus seinem Stupor.
 

KLATSCH!
 

Gackts Grinsen verwandelte sich in eine schmerzverzerrte Grimasse, als er sich seine rote Wange rieb. Hyde hatte mit voller Kraft zugeschlagen.

Tränen der Wut glitzerten in den haselnussbraunen Augen, der Langhaarige hatte die Fäuste so fest geballt, dass die Knöchel weiß hervortraten.
 

„Duuu...duuu...“ Hydes Stimme zitterte genau wie der Rest seines Körpers. „Wage es ja nicht, mich noch einmal anzufassen! Du Scheusal!“
 

Er wischte sich demonstrativ mit dem Handrücken über den Mund.

„...und so was war mein erster Kuss...“, knurrte der Schüler leise. Nicht leise genug für Ohren eines blonden Schülers allerdings.
 

Nach ein paar weiteren Todesblicken und gedanklichen Morddrohungen in Gackts Richtung drehte sich der Langhaarige um und verließ das vehement umkämpfte Klubhaus.

Zu seinem grimmigen Vergnügen stopften die Gewitterwolken der lachenden Sonne endlich das Maul.
 

Tetsu war hin und her gerissen. Sollte er dieser blonden Schwuchtel ordentlich die Fresse polieren oder lieber seinen Freund trösten? Obwohl, ein Blick auf Hydes Rücken verriet ihm, dass sein Freund eher einen Baseballschläger und ein Opfer brauchte, als Trost.
 

Dennoch, das seelische Wohlbefinden wurde als höhere Priorität eingestuft. Mit einem „Wir sind noch nicht fertig! Das wird Folgen haben!“–Blick (wobei die oben erwähnte Schwuchtel diese stumme Kriegserklärung wohl falsch verstanden hatte – denn statt sich in einem Bunker zu verbarrikadieren, nahm Gackt sein Mikro wieder auf) folgte der Braunhaarige seinem Freund.
 

„Hey, Hyde! Warte doch!“, rief Tetsu, während er und der Rest versuchten, den Langhaarigen einzuholen.
 

„Sorry, Leute, aber die Proben müssen heute ausfallen“, segnete dieser seine Bandmitglieder mit seiner Aufmerksamkeit. „Außerdem scheint es, dass wir uns erst einen neuen Musikraum suchen müssen.“

Hydes hilfloses Lächeln hing sich selbst auf.

Tetsu wollte schon weitersprechen, als eine Bewegung ausgehend vom Fenster des Hauses sein Interesse auf sich lenkte.
 

„Was war das?“ Nur das Gebüsch raschelte als Antwort.
 

„Was war was?“, meldete sich nun erstmals Ken zu Wort.
 

„Ich glaube, ich habe da hinten jemanden wegrennen sehen...“ Es folgte eine vage Geste zum Fenster.

Als wäre es das Startsignal ging Yukihiro los, um nach dem Rechten zu sehen. Nach einer kurzen, oberflächlichen Inspektion des verdächtigen Buschwerks kehrte er wieder zu den Wartenden zurück.
 

„Da ist niemand.“
 

„Hab ich mir wahrscheinlich nur eingebildet.“ Tetsu kratzte sich am Hinterkopf.

Hyde hob nur skeptisch die Augenbraue.
 

„Tolles Ablenkungsmanöver, Tet-chan“, schien sein Blick zu sagen. Mit einem Kopfnicken verabschiedete sich der Langhaarige.
 

Bevor die anderen diesem Beispiel folgen konnten, hielt sie Tetsu mit einer kleinen Geste zurück.

„Ich möchte euch bitten, über die heutigen Ereignisse stillschweigen zu bewahren. Manchmal können Mädchen grausamer sein, als Jungs es je vermocht hatten. Bisweilen glaube ich, dass einige Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts nur deshalb Zickenterror veranstalten, weil Hyde besser aussieht als sie. Und das als Junge!“

Zustimmendes Lächeln erschien auf den Gesichtern der anderen.
 

„Nicht, dass es viele davon gibt.“ Ken legte eine Hand auf Tetsus Schulter. „Soweit ich weiß ist unser Vocal nicht gerade unbeliebt in seiner Klasse. Aber ich weiß, was du meinst–“, beeilte er sich fortzufahren, als er den Braunhaarigen gefährlich tief Luft holen sah, „will gar nicht wissen, was diese Fanclubs – die wie Pilze aus dem Boden schossen sind – aus ihm machen werden, sollten sie erfahren, dass ihr geliebter Gackt von einer Verehrerin angegriffen und vergewaltigt wurde!“
 

Yukihiro und Tetsu starrten ihn schockiert an.
 

„Was? Wisst ihr etwa nicht, wozu Frauen fähig sind?“, versuchte sich Ken zur Wehr zu setzen.
 

Der Schock wechselte zum Misstrauen.
 

„Argh! Schaut mich nicht so an! Ich hab nichts getan, ehrlich. Die Sensationsgeilheit und Tratschausdauer ist ausschließlich ein weibliches Gen!“ Tetsu und Yuki nickten sich zu. Ken und die Frauen. Explosionsgefahr zum Kubik.
 

„Na, wie auch immer.“ Yuki versuchte seinem Freund (und vor allem sich selbst) weitere Enthüllungen seiner Abenteuer fraulicher Art zu ersparen. „Ich hoffe nur, dieser Widerling wird auch seinen Mund halten….“
 

„Vergiss nicht, Hyde ist immer noch ein Junge – nicht alle Eltern sind über Söhne vom anderen Ufer erfreut...und nicht nur Eltern, auch Lehrer und sogar Schüler könnten bei diesem Thema sehr allergisch reagieren.“ Tetsu gab sich zuversichtlich.

„Nun gut, ich muss jetzt noch einen Proberaum für L’Arc-en-Ciel suchen. Also, bis morgen!“

Sie verabschiedeten sich.
 

Das kleine Mädchen aber schlüpfte aus ihrem Versteck im Gebüsch und rannte zur Schule.
 

Ungeahnte Folgen nach sich ziehend.
 

***
 

Hyde war definitiv nicht ansprechbar.
 

Selbst seine Eltern ließen ihn in Ruhe, denn sein wütender Blick sprach Bände. Er lief in seinem Zimmer auf und ab und suchte sich etwas zum Zerbrechen.

Doch seine vorausschauende Mutter hatte alle Blumentöpfe und Vasen (die das Glück hatten, die vorherigen Wutausbrüche Hydes zu überleben) aus der Gefahrenzone geschafft.
 

/Ich glaube das einfach nicht! Wie konnte er es wagen?! Dieser blonde Perverse wollte sich nur mit Tetsu messen! Das Schwein! Warte nur, bis du mir unter die Finger kommst! Dann werde ich garantiert nicht nur mit der flachen Hand zuschlagen! Idiot!/
 

Dass seine Rage nicht auf den Kuss gerichtet war, sondern auf die Tatsache, dass es ihm gefallen hatte, dass er wusste, Gackt hatte das nicht ernst gemeint und dass das VERDAMMT NOCH MAL WEH TAT, das wollte sich der Langhaarige nicht eingestehen.
 

***
 

Gackt biss krampfhaft die Zähne zusammen als die Schläge gnadenlos auf seinen am Boden liegenden Körper niederprasselten.
 

„Deine schmutzigen Neigungen werde ich dir schon noch austreiben!“ Der Atem kam stoßweise, sicherlich kosteten die Prügel Kraft.

Immer und immer wieder versenkte der Vater seinen Fuß in Gackts Bauch. Dieser hatte sich zu einer Kugel eingerollt, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Er versuchte sich zu schützen, umklammerte verzweifelt seine Mitte.
 

„Du wirst einmal mein Nachfolger, der Erbe des Konzerns! Ich habe nicht Blut und Wasser geschwitzt und alles für das Unternehmen geopfert, damit DU es mir versaust! Ich tue das nur zu deinem Besten, glaub mir!“
 

Gackt hätte beinah aufgelacht, doch sein Überlebensinstinkt sagte ihm, dass es bei seinem momentanen Zustand keine so gute Idee wäre, den Vater noch mehr zu reizen.

Er erinnerte sich noch gut an das eine Mal, als er versucht hatte, sich gegen den Mann aufzulehnen, sich zu schützen vor seinen Schlägen, er wollte doch nur, dass es endlich AUFHÖRTE!

Und genauso gut erinnerte sich Gackt an das laute Zischen der Peitsche, bevor sie auf seinen Rücken niedersauste, die Haut aufriss.
 

Die Striemen vernarbten, doch die inneren Wunden bluteten immer noch und speisten seinen Hass. Hass gegenüber sich selbst, weil er so schwach war, Hass gegenüber seinem Vater und Hass gegenüber dieser beschissenen Welt, die seine Qual einfach übersah, in der Väter einfach so ihre Kinder verprügeln konnten!
 

„...kleiner Perverser! Hast du dir die Haare blond gefärbt, damit du den anderen Jungen schönen Augen machen kannst, wie? Mein Gott, du widerst mich an! Aber da du ja mein einziger Sohn bist und deine Mutter bei deiner Geburt gestorben ist, muss ich wohl das Beste aus dir machen, nicht?“
 

Die Tritte wanderten nun zu Gackts Brustkorb. Deutlich hörte der Junge die Knochen hilflos knacken, die Splitter drangen in seine inneren Organe. Gackt spuckte Blut.

Sein Vater vermied es wie jedes Mal, das Gesicht seines Sohnes anzurühren, da er Gackt schnell wieder in die Schule schicken wollte. Und blaue Flecken im Gesicht warfen viel mehr Fragen auf, als eine dunkle Stelle am Bauch.

Gackts sarkastisches Schnauben wurde schnell von einem schmerzerfüllten Stöhnen abgelöst. Er versuchte seine Rippen mit seinen Armen abzuschirmen, doch die hinzu gekommenen Fäuste zerschmetterten ihm beinah die Handgelenke.
 

Der Geist des Jungen wurde mit jedem Schlag der kühlen, nebligen Schwärze entgegengetrieben, bis diese die geschundene Seele zu sich nahm.
 

Das bösartige, schadenfrohe Gekicher seiner Schwester hallte ihm in den Ohren.
 

TBC
 

A/N: Ah, ja. Ein Schritt in die Richtung „Wie tickt Gackt und warum ist er so böse zu Hyde“ ist getan.

Hoffe, ich hab die Reaktionen der anderen Charaktere mehr oder weniger deutlich rübergebracht. Obwohl der Ausflug nach KENada und seinen Abenteuern eigentlich gar nich geplant war. (Ursprünglich wollte ich ihn mit Yuki verkuppeln, aber nun hat sich herausgestellt, dass Ken eingefleischt-frauenverrückt ist...)
 

Oh, ein paar Kommentare eurerseits wären natürlich sehr nett.

Erinnerungen und Strafarbeiten

A Highschool Story
 

Kapitel #7
 

Lange, kühle Finger tasteten sanft nach seinen Wunden, verbanden sie vorsichtig.

Brachten Gackts von schwarzem Nebeln umhüllten Geist wieder der Realität nah.
 

„Du wirst noch deine Stelle verlieren, wenn du mir hilfst, Yuki...“ Ein leises, heiseres Wispern. Er konnte das Metall des Blutes schmecken.
 

„Schh...Gackt-sama, Ihr müsst ruhen.“ Der Blonde fühlte, wie seine treue Dienerin – die als einzige immer zu ihm hielt und ihm fast seine Mutter ersetzte – ihn vorsichtig hochhob (nicht ohne Gackts mit Stöhnen geleistete Mithilfe) und auf das Bett legte. „Macht Euch keine Sorgen, es wird alles wieder gut.“

Mit diesen Worten strich sie über Gacktos Stirn und deckte ihn zu.
 

Sein Körper schmerzte. Die kleinste Bewegung tat weh. Sein Kopf jedoch arbeitete auf Hochtouren – überschwemmte ihn mit nutzlosen, lästigen Gedanken; er wollte nicht mehr.

Es war immer wieder dasselbe.
 

Er hatte genug, wann würde das endlich aufhören?
 

Es wäre doch viel einfacher, würde sein Vater einen Jungen adoptieren, der seinen Erwartungen gerecht wurde. Gackt schien dies versagt – egal, wie sehr er sich auch in der Schule angestrengt hatte, unwichtig, wie viele gute Noten er bekam oder wie oft er den ersten Platz machte – sein Vater hatte stets etwas an ihm auszusetzen. Nur knapp erster geworden. Ein A mit einem Minus. („Wann hörst du auf, mir ständig Schande zu bereiten?!“)

Er hatte es versucht! Ehrlich!

Nicht ein einziges aufmunterndes Wort, nicht ein einziges Lächeln – was hätte er nicht dafür getan?!
 

Und dann...dann hatte der Blonde dem Druck nicht mehr standhalten können.

Seine Leistungen sanken.

Zunächst waren es nur Beschimpfungen, Strafen, Hausarreste. Er verlor all seine Freunde, die wenigen, die er noch hatte. Sein Vater hatte sehr überzeugend dargestellt, dass sein Sohn sich nicht mehr mit diesem Schlamm, der eindeutig unter seiner Würde war, abgeben würde.

Dann kamen die Nachhilfelehrer. Kein einziger von ihnen blieb länger als einen Tag lang angestellt.

Geholfen hat es allerdings nicht viel.

Schließlich kamen Schläge zum Einsatz. Wie billiges Spiegelglas zerbrach das letzte – sich verzweifelt am Leben erhaltende – Stückchen Vertrauen, dass Eltern doch ihre Kinder liebten, dass sie alles taten, damit es ihnen gut ging (auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussah).
 

Dass er für seinen Vater mehr war, als nur ein Objekt, das später seine Nachfolge übernehmen würde.

Sein Verhalten in der Schule spiegelte seine Situation zu Hause wider – er wurde ignorant, gleichgültig, nur an den eigenen Vorteil bedacht. Für Gefühle Zutritt verboten.
 

Nein! Nicht mehr! Der Blonde machte eine plötzliche Bewegung, die ihm Tränen in die Augen trieb.

Die Schmerzenswelle flutete die ekelhafte Pfütze seines Daseins – wenn auch nur für wenige Sekunden.

Wenigstens konnte er danach sich selbst anlügen, dass er nur wegen der Schmerzen geweint hatte.
 

Dunkle Wolken verdunkelten auf einmal den Himmel. Wolken aus Hass. Aus Verachtung. Rachsucht.

Bald! Bald würde sein Vater erfahren, was es hieß, wenn die Welt vor den eigenen Augen zerbricht! Ja, er würde lernen, er würde Nachfolger werden, so wie es sein Vater wollte.

Und dann würde der Blonde zusehen, wie das Gesicht seines Zeugers langsam zerfällt, wie sein Körper schlaff wird, unwillig sich zu bewegen – wenn dieser erfährt, was der gehasste Sohn mit der Firma angestellt hatte! Zum billigsten Preis verscheuert, wie die letzte Ruine!

Vielleicht würde er danach Sänger werden – sein Vater verabscheute Stars („Diese Nutten haben sich doch nur hochgeschlafen! Talent?! Dass ich nicht lache!“), das würde dem Alten definitiv den Rest geben.
 

Nur diese Gedanken hielten Gackt aufrecht – nicht aufzuhören, nicht wegzulaufen.
 

Und seit neustem auch...ungebeten, ungewollt erschien das lachende Gesicht Hydes vor seinem inneren Auge. Nein, er durfte nicht. Auf gar keinen Fall, das wäre sein Ende. Der Langhaarige würde ihn wahrscheinlich nicht einmal verstehen. Hyde lebte in einer anderen Welt – in einer Welt, wo es noch richtige Freunde gab, liebende Eltern...Freiheit.

Aber warum wünschte der Blonde, dass er hier wäre, an Stelle von Yuki? Würde Hyde sich genauso um ihn kümmern?

Müdigkeit legte sich leise wie ein warmer Mantel um Gackts Gedanken, dämmte sie. Langsam sank sein Geist wieder in die schwarzen Nebel zurück.
 

***
 

Ratlos blickte Hyde auf Gackts Platz, der nunmehr seit einer Woche nicht mehr in Anspruch genommen wurde.

/Hat er etwa so viel Angst vor mir?/

Ein schwacher Versuch, mit sich selbst zu scherzen. Sein Gefühl sagte ihm, dass etwas nicht in Ordnung war (schon seltsam, wenn ein gesundes arrogantes Arschloch plötzlich beschließt, nicht mehr die Welt mit seiner strahlenden Anwesenheit zu beehren!).
 

/Aaargh, verdammt! Seit wann mache ich mir Sorgen über Gackt?/ Dieser blöde...gut aussehende...gut küssende...Blonde interessierte ihn doch kein...Stück?

Was um Gottes Willen dachte er sich da für einen Mist zusammen? Das hielt man ja im Kopf nicht aus! (Ohne ersichtlichen Grund an seinen Haaren zu zerren, half da jedoch wenig. Es sei denn, man wollte sich seltsame Blicke anderer Mitschüler einfangen.)

Hyde war immer noch damit beschäftigt, mit sich selbst zu diskutieren, ob er nun den Seelenklempner anrufen sollte oder lieber gleich aus dem Fenster springen (Bullshit! Sicherer Tod erst beim 10. Stock! ...verdammt...), als –
 

„...ai-san! Takarai-san! Hideto Takarai!!“ Erst beim Aussprechen seines vollständigen Namens zuckte der Langhaarige erschrocken zusammen und starrte mit Bangen seinen Lehrer an.

„Das war jetzt das dritte Mal, dass du in meinem Unterricht schläfst!“ Uhoh, das hörte sich aber ganz und gar nicht gesund an. „Du meldest dich sofort beim Direktor!“
 

/Nicht, dass es mich überrascht. Man ackert sich einen über die Jahre hinweg ab, um immer gute Noten zu bekommen, um dieser dummen Schule das beste Ansehen in diesem Bezirk zu geben, obwohl sie es eigentlich gar nicht verdient hat und dann so etwas! Kaum ist man in seine Gedanken versunken, muss man schon zum Direktor! Gott, ich liebe es.../

Innerlich knurrend stand der Langhaarige schließlich auf und schlurfte aus dem Klassenzimmer.
 

„Takarai-san. (/Ihnen auch einen wunderschönen, guten, sehr heißen Tag, Herr Direktor.../) Mir ist viel über dich zu Ohren gekommen. Leider nicht viel Positives. Ich weiß, dass du mittlerweile zu den Besten dieser Schule gehörst. Deshalb werden dir auch ein paar Vorteile eingeräumt.“
 

/Ich glaub’s einfach nicht. Die Sache mit meinen langen Haaren geht ihm wohl immer noch nicht aus dem Kopf, dabei ist es schon gute vier Jahre her, oje. Dabei denkt er, mir damit einen Gefallen getan zu haben. Was glaubt der wohl, wie viel Mühe und harter Arbeit es kostet, sie jeden Tag zu pflegen und so schön glänzen zu lassen?! Mal von dem riesigen Shampoo-Verbrauch ganz abgesehen!/
 

Nach außen jedoch pflasterte sich der Langhaarige den Ausdruck eines zu Tode eingeschüchterten und reuevollen Schülers aufs Gesicht.
 

„So sehr sich alles in mir sträubt, so darf ich nicht die Beschwerden ignorieren – ich muss dir eine Strafarbeit aufgeben.“ Der Direktor sah Hyde eindringlich in die Augen.
 

/Huh, also wenn er gehofft hatte, dass ich vor lauter Freude einen Tanz aufführen werde – oder noch besser, auf die Knie falle, und um Begnadigung bettle – so hat er sich mächtig geschnitten!/
 

„Also, melde dich nach dem Unterricht bei deinem Lehrer.“

Schon hatte der Direktor angefangen, in seinen Unterlagen zu wühlen.
 

/Was? Da latsche ich sage und schreibe zwei Stockwerke bis hierher und alles, was ich zu hören bekomme ist ‚melde dich beim Lehrer’! So’n Rotz!/
 

„Jawohl, Herr Direktor.“ Der brave Schüler stand langsam auf, als sei er sich nicht sicher, ob es wirklich klug war.
 

„Sie dürfen jetzt gehen.“ Der Direktor wedelte mit seiner Hand, ohne hinzusehen.
 

/Es ist immer schön, wenn die eigene Person so viel Aufmerksamkeit bekommt.../

Plötzlich fiel Hyde etwas ein.
 

„Ah, Herr Direktor, ich habe da eine Frage. Es geht um das Klubhaus...“, doch bevor der Langhaarige den Satz beenden konnte, klingelte das Telefon, vom dem man den Direktor sehr schwer trennen konnte.

/Wahrscheinlich seine Geliebte...und wahrscheinlich sehr verzweifelt, die gute Frau...wer wirft sich freiwillig diesem Wal an den Hals?!/
 

Frustriert trottete er wieder in seinen Klassenraum.
 

Nach dem Unterricht – bei dem er penibel drauf achtete, keine Gedankenwanderung zu einem bestimmten Blonden zu unternehmen – schlich der Langhaarige (ganz und gar das nervöse und schuldbewusste Schulmädchen) zu seinem Lehrer.
 

„Aah, Takarai-san! Wegen der Strafarbeit, nicht wahr?“ Ein wohlwollendes Lächeln begleitete die Begrüßung. Hyde nickte.

/Grins nicht so blöd! Was ist daran so toll? Und wenn du schon schadenfroh bist, dann versuche es wenigstens nicht in die ganze Welt hinauszustrahlen.../

Doch in seinen braunen Augen war nur angespannte Erwartung zu sehen.
 

„Der Herr Direktor war sehr großzügig, was Ihren Fall betrifft. Ihre Aufgabe ist es lediglich, Hausaufgaben einem kranken Schüler zu überbringen und ihm den Stoff zu erklären, damit er den Anschluss nicht verliert.“
 

/Wauu. Wie großzügig! Ich bin so gerührt! Es ist schon immer mein Traum gewesen, als ein Botenjunge durch diese Stadt zu tuckern und irgendwelchen Idioten zu helfen, den Unterricht nachzuholen! Süüüüß! Krank? Pah! Dass ich nicht lache! Da schwänzt doch garantiert jemand! Muss aber wohl der Liebling dieses Kotzbrockens sein – der übrigens IMMER NOCH nicht aufgehört hat zu grinsen (hab ich etwas auf dem Gesicht, oder was?!)! Klaaassse./
 

Hydes geschockte Ungläubigkeit war echt.
 

Stumm starrte er den Lehrer an (vielleicht hilft es ja was und er fällt tot um...man sollte die Hoffnung auf jeden Fall nicht aufgeben...ach, verflucht, klappt nicht).
 

Bis dann endlich der Groschen gefallen war.
 

/Moment mal. Der Einzige, der schon seit einer Woche fehlt, ist ja...-/
 

TBC
 

A/N: Ich zweifle keine Sekunde lang, dass ihr richtig raten werdet, wer nun gemeint ist.

Irgendwie hat Hyde leichten Touch einer gespaltenen Persönlichkeit...außen ganz brav und innen sarkastisch bis zum Gehtnichtmehr. Absolut keine Ahnung, von wem das Kind es hat.

Gackt wird ja mittlerweile Nakahara aus „Der kleine Schmetterling“ immer ähnlicher, mit seinen Problemen. (Aber ich darf zu meiner Verteidigung sagen, dass die FF ein Jahr vor der Anschaffung des Mangas entstanden ist.)

Und warum habe ich eigentlich zwei Yukis in meiner FF?! Argh, elende Einfallslosigkeit!
 

Nya, über eure Kommentare würd ich mich freuen.

Eine Reise, die ist lustig, eine Reise, die ist schön...

A Highschool Story
 

Kapitel #8
 

„Gackt ist der Name des Schülers. Hier ist seine Adresse“, bestätigte der Lehrer Hydes Todesurteil und hielt ihm ein Stück Papier entgegen.

„Da du ja einer der Besten bist, wird es dir sicherlich nicht schwer fallen, Gackto-san alles zu erklären, nicht?“ Ein weiteres wohlwollendes Lächeln.
 

/Ach. Nur keine falsche Bescheidenheit. Am liebsten hättest du doch die Guillotine neu erfunden. Extra für mich. Wir wissen doch beide, wie sehr du es hasst, wenn der Herr Direktor mich vorzieht, deine Lieblingsschüler dagegen alle Klassenräume nach ihren Eskapaden schrubben dürfen.

Durchaus zu Recht./
 

Das brave Schulmädchen dagegen nahm den Zettel und die bereits vorbereiteten Bücher vom Lehrertisch – grummelte innerlich darüber, dass diese unnütze Papierverschwendung eigentlich viel zu schwer für ihren kleinen, zarten Körper war – verbeugte sich und verschwand.
 

„Haaaiidooo!“ Ein braunhaariger Blitz kam auf den Schwerbepackten angestürmt. „Ich habs gefunden! Ich hab endlich...- ooouuhhh...“
 

Der bereits erwähnte Blitz hatte wohl seine Einschlagkraft falsch kalkuliert.
 

Bei dem Versuch rechtzeitig zu bremsen, schaffte Tetsu es, zu stolpern und erfolgreich auf schreckerstarrtem Hyde zu landen.

Unnötig zu erwähnen, dass sich die Schulbücher die Köpfe derer als Landeplatz heraussuchten, die sich unglücklicherweise nach Schulschluss noch in diesem bedeutungsträchtigen Schulkorridor aufhielten.

Schmerzerfüllte Beulenbekundungen waren die Folge.

Des Langhaarigen von Höllenqualen zeugendes Stöhnen bahnte sich unter Tetsus linkem Bein hervor.
 

„Tet-chan. Ich weiß ja, dass du mich liebst, aber jetzt ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt und vor allem Ort, um das zu zeigen!“ Hydes etwas schwache Stimme – kein Wunder, Tetsu lag auf seiner Brust – triefte vor Sarkasmus.

Sofort sprang der Braunhaarige von seiner unwillig wirkenden Matratze auf und reichte dem Angequetschten die Hand.
 

„Sorry, Haido-chan! War echt keine Absicht!“ Tetsus breites Sonnenscheingrinsen begleitete verzweifelte Versuche des Langhaarigen, auf die Beine zu kommen, ohne seine in Mitleidenschaft gezogenen Gliedmaßen benutzen zu müssen.
 

„Wehe dir, wenn es so wäre! Du hast mir sämtliche Knochen im Leib zertrümmert! Noch nie etwas von Schrittgeschwindigkeit gehört?“, stöhnte Hyde als Antwort. „Zur Strafe wirst du die Bücher einsammeln. Alle.“

Tetsu spürte instinktiv, dass es äußerst ungesund wäre, zu widersprechen und machte sich an die Arbeit.
 

„Wozu brauchst du eigentlich noch mehr Bücher?“
 

„Strafarbeit“, murmelte Hyde kurz angebunden.
 

„WAS?!“ Tetsu hätte die Bücher beinah wieder fallen lassen. „DU?!“
 

„Jaja, jetzt tu nicht so, als ob du nie welche kriegst! Muss bloß die Hausarbeiten einem kranken Schüler überbringen. Was wolltest du mir eigentlich sagen?“ Hyde lenkte schnell vom Thema ab. Er wollte nicht verraten, wem genau er nun einen Hausbesuch abstatten musste. Der Braunhaarige war seit dem Vorfall im Klubhaus (und dem Kuss) nicht so gut auf Gackt zu sprechen (wenn eine Schlinge und Baseballschläger im Schuhschrank einen Beweis darstellten). Daher wollte Hyde schon im Vorfeld das Risiko ausschalten, dass der Blonde noch kränker würde als unbedingt nötig.
 

„Ach ja!“ das Atomgrinsen meldete sich augenblicklich wieder zurück. „Ich habe eine Halle auftreiben können, in der wir ungestört üben dürfen! Sogar für Instrumente, Mikrophone und Lautsprecher ist gesorgt! Ist das nicht super?“ Tetsu verstrahlte alles um sich herum.
 

„Du bist nicht umsonst unser Leader! Das sind wundervolle Neuigkeiten, Tet-chan!“ Nun schloss sich auch Hyde der Atomaktion an. „Wie hast du das so schnell organisieren können?“ Ehrliche Verwunderung.

„Öööhm, naja...hab halt Verwandte, und diese haben Freunde, die wiederum Freunde haben...“ Tetsu kratzte sich am Kopf. Hyde lachte; das war doch mal wieder typisch Tetsu.
 

Nachdem sie sich für die erste Probe in der neu erworbenen Räumlichkeit verabredet hatten, machte sich der Langhaarige auf den Weg zu seinem Strafort – das Gefühl der Erleichterung niederkämpfend, endlich eine Entschuldigung gefunden zu haben, selbst nachsehen zu können, ob es bei Gackt alles mit Rechten Dingen zuging.
 

Des Blonden Haus lag in einem ihm unbekannten Teil der Stadt.
 

Bald wusste Hyde auch, warum.
 

Hohe Zäune und sehr bissig und hungrig aussehende Hunde bewachten die Paläste der wohl reichsten Bewohner von Tokyo. Je weiter Hyde die von Bäumen gesäumte Straße (/Straße?! Das ist doch ein halbes Fußballfeld!/) hinunterging, desto größer wurden die Abstände zwischen den einzelnen Villen.

/Aha. Der Unterschied zwischen reich und seeehr reich...wie viel Grundstück darf ein Mensch besitzen?/

Als hätte Hyde es gerochen, war die Nummer des Palastes (/Na, na, wir sollten lieber nicht übertreiben.../), der am weitesten entfernt war, identisch mit der auf seinem mittlerweile recht in Mitleidenschaft gezogenen Zettel (ob nun vor Wut oder vor Zorn, wir werden es leider nie erfahren).
 

Die Residenz selbst war, strategisch lobenswert mitten in einem dichten Wald platziert, kaum zu erkennen. Aber wenn schon das Wachhäuschen halb so groß wie sein eigenes Haus (/Gut, jetzt ist Übertreiben offiziell erlaubt.../) war, dann durfte er auf keinen Fall vergessen, den Pförtner nach einem Hausplan zu fragen.
 

Hyde wurde von einer kurzfristigen – aber dafür sehr effektiven – Panikwelle überrollt. Er wollte da nicht rein! Dieser schier unermessliche Reichtum schreckte ihn ab. Was, wenn er sich allein und hilflos einer Abendgesellschaft gegenübersah? Musste er dann noch Lieder zur Belustigung vorsingen?! Und was, wenn er falsch gekleidet war? ... DAS sollte er lieber nicht denken.
 

Nach fünf Minuten erbitterten Kampfes zwischen Panik und erwachender Neugier siegte schließlich die Vernunft.
 

Immerhin hatte Hyde bisher kein einziges Mal die Schule geschwänzt. Und von einer Strafarbeit würde er erst recht nicht davonlaufen. Nach fünf weiteren Minuten – solange hatte es gedauert, bis er sich selbst davon überzeugt hatte – wagte der Langhaarige sich an das Wachhaus heran.
 

Als ob man auf ihn bereits mit großer Ungeduld erwartet hatte, kam auch gleich ein Wachmann heraus – worüber Hyde persönlich sehr erfreut war, denn die Fenster waren (für ihn) definitiv zu hoch, um darauf zu klopfen und eine Klingel sah er nirgendwo.
 

„Womit kann ich behilflich sein, junges Fräulein?“
 

/Oh, Mann. Dem fehlt ja nur noch die obligatorische Sonnenbrille und schon befinden wir uns in einem hohlen Hollywood-Streifen.../

Tatsächlich war der Wachmann durch die beträchtliche Körpergröße und dem schwarzen Anzug von einem billigen FBI-Agenten-Abklatsch kaum zu unterscheiden.

/Und auch noch unfähig Männlein von Weiblein zu unterscheiden. Ojeee. Auch die Reichte haben’s scheinbar schwer, gutes Personal aufzutreiben./

Innerlich schüttelte der Langhaarige missbilligend den Kopf.

Äußerlich jedoch verbeugte er sich und murmelte:
 

„Ich bitte vielmals um Entschuldigung für die Störung. Ich besuche die gleiche Klasse wie Gackuto-san. Er hat seit einer Woche gefehlt, daher bin ich gekommen, um ihm die Hausaufgaben zu überbringen, damit er den Anschluss nicht verliert.“ Hyde sah ihn mit einem Mitleid erregenden Hundeblick an.

Der Wachmann nickte.
 

„In Ordnung.“ Damit drehte er sich um und schritt zum Wachhaus zurück. Ein spitzbübisches Grinsen schlich sich auf Hydes Gesicht, während er dem FBI-Abklatsch folgte. Der Blick eines sterbenden Dackels verfehlte seine Wirkung niemals.
 

„Ach ja“, erinnerte sich plötzlich der Wachmann. „Wen darf ich vorstellen?“ Und erntete lediglich einen verständnislosen Blick seitens Hyde.
 

„Wem vorstellen? Mir?“
 

„Nein“, lachte der FBI-Verschnitt mit einem väterlich-geduldigen Gesichtsausdruck, mit dem man seinem Kind das Prinzip des Legostein-Bauens erklärt. „Ich würde gern Ihren Namen wissen, damit ich Ihr Ankommen ankündigen kann.“
 

/Ein einfaches „Wie heißt du?“ hätte auch gereicht!/ Der Langhaarige unterdrückte krampfhaft das Verlangen, diesem Agenten-Fuzzi die Weichteile zu bearbeiten (fürs Gesicht bräuchte er einen Tisch, um sich drauf zu stellen).
 

„Ah, verzeihen Sie bitte.“ Hyde schaffte es zum richtigen Zeitpunkt rot zu werden (aber eher vor Wut als vor Scham). „Ich bin Hyde.“
 

„Einfach nur Hyde?“

/Also, NOCH einfacher geht’s ja wohl nicht! Für „Hy“ kann ich mich persönlich nicht gerade erwärmen!/

Anscheinend war man volle Namensangaben gewöhnt.

Doch ein entwaffnendes Lächeln, ein perfekter Augenaufschlag und ein bescheidenes Nicken zerstreuten die Zweifel des Wachmannes (/Tja, es gibt viele Vorteile, wenn man für ein unschuldiges Mädchen gehalten wird...trotzdem ist der Mann ein Trottel./) im – bei der Hitze leider nicht vorhandenen – Wind. Schon begann dieser eine Telefonnummer einzuwählen und öffnete nach einem kurzen Gespräch das Tor.
 

„Hat mich sehr gefreut, Sie kennen gelernt zu haben, Fräulein.“
 

/Autsch. Die Firma, die ihn vermittelt hat, würde ich nicht weiter empfehlen./
 

„Das Vergnügen lag ganz auf meiner Seite.“ Der Langhaarige fühlte praktisch, wie er von der Schleimwelle nach draußen befördert wurde.

Hyde atmete erleichtert auf, als er außer Sehweite war.
 

Schon für diesen Kräfte raubenden Freundlichkeitsakt hätte er einen Oscar verdient. Fand er.
 

TBC
 

A/N: Toll. Gackt ist also nicht nur ein Arschloch, sondern auch noch ein reiches Arschloch. Wie süß.

Ich hoffe, dass Hyde es im nächsten Kapitel endlich ins Haus schafft. (Es wird nicht einfach!) Wenn wir Glück haben, dann erfahren wir dann auch, wieso Gackt es sich eigentlich so krampfhaft mit Hyde versauen will. Vielleicht.
 

Äh ja...diese eine Zeile ist generell an die Leser gerichtet. Über Kommentare würd ich mich sehr freuen.

Wiedersehen

A Highschool Story
 

Kapitel #9
 

Etliche Meter weiter der schon einer Allee gleichenden Auffahrt stand ein gewisser Blonder starr vor Erstaunen vor seinem Zimmerfenster.
 

/Hyde. Hyde?! Was will er nur hier? Will er überhaupt irgendwas? Gut, die letzte Frage streichen wir. Wegen mir? Wegen was anderem? Verdammt! Er sollte nicht herkommen! Doch! Ich würde ihn gerne sehen...NEIN! Nein. Zutritt verboten. Hör auf. Ist bestimmt sowieso nicht so wichtig. Wieso glaube ich das selbst nicht? Ob er noch wütend ist? Ich habe ihn geküsst...und zur HÖLLE NOCH MAL! ICH WÜRDE ES WIEDER TUN!/
 

Gackts Gedanken wirbelten wie hilflose Schneeflocken in seinem Kopf, verdeckten die Sicht seiner Vernunft, ließen ihn hilflos mit seinen Gefühlen zurück.

Was sollte er machen? Er konnte doch Hyde nicht einfach so als wäre nichts gewesen vor die Augen treten!
 

Oder doch?
 

ARGH! Er hatte hunderte, Tausende, UNZÄHLIGE Mädchen am Ende dieser langen, einer Allee gleichenden Auffahrt erwartet! Und noch nie, NIE! hatte er auch nur einen Hauch von Aufregung verspürt!
 

Wieso ausgerechnet jetzt?
 

Es war ja nicht einmal ein Mädchen...
 

Das war wirklich zum Verrücktwerden! Nicht, dass er richtig im Kopf war, aber das ging nun wirklich zu weit! Er sollte sich zusammenreißen!

Plötzlich spürte er etwas Kühles auf seinen Handflächen. Erstaunt hob Gackt den Kopf und bemerkte, dass er unbewusst seine Hände auf das Fensterglas gedrückt hatte.

Wie musste das denn jetzt aussehen? Ein eingesperrtes Tier im Käfig mit einem verzweifelten Hilferuf? An Hyde?!

Verwirrt und beschämt über sich selbst nahm Gackt schnell die Arme herunter. Unangenehme Wahrheiten vertrug er nicht.
 

Ein dumpfer Schmerz in den Schultern breitete sich langsam aus.
 

Seltsam.
 

Scheinbar konnte der Blonde nicht aufhören zu glauben, dass sein Vater davon abließ ihn immer weiter zu prügeln, wenn er das Bewusstsein verlor.

Langsam. Ganz langsam köchelte Gackts Zorn vor sich hin. Dann nahm er ebenso langsam immer heißere Ausmaße an.

Sein Blick rutschte zu der Uhr, die an der Wand hing. Ein Glück, keiner war um diese Zeit zu Hause – sein Vater verbrachte manchmal auch ganze Nächte bei seinem geliebten Konzern. Was seine Schwester tat, war Gackt völlig gleichgültig, Hauptsache sie war nicht in der Nähe und lief Gefahr, dass er ihr das Genick brach.

Letzteres würde seinem Image als Ladykiller überhaupt nicht gut tun.
 

Ayumi...Gott, wie sehr er sie hasste! Der Blonde hatte wirklich Nachforschungen angestellt, ob sie vielleicht nicht die Tochter eines anderen Mannes war. Dann könnte er sie mit einem glücklich-erleichterten Lächeln auf die Straße setzen. Aber nein! Seine Mutter war diesem Scheusal treu geblieben!

Und nun lief diese...diese Kreatur durch die Geschichte und berichtete seinem Vater, wen er küsste und wen nicht, mit wem er zusammen war und wer seine Freunde waren! Letzteres hatte der Blonde jedoch nicht mehr (wem hatte er DAS wohl zu verdanken?!).

Diese organische Spionageabteilung war doch zum Kotzen!

Sein Vater war zum Kotzen!

Alles war zum Kotzen!
 

Mit einem vor Zorn verzerrten Gesicht drehte sich der Blonde um und rannte ins Bad. Er musste seinen mittlerweile siedenden Wutschwall abkühlen. Die hässlichen blauen Flecken und die Blutergüsse, die sich wie Pestbeulen über seinen Oberkörper verteilten, ignorierte er.
 

Familie! Zum Teufel noch mal! Warum war er so erleichtert zu wissen, dass niemand zu Hause war, ha?! Warum wollte er mit aller Macht verhindern, dass jemand von den Bewohnern dieses Hauses erfuhr, dass Hyde ihn heute besuchen würde?! Zum Kotzen!

(Die kalte Dusche schien nicht so gut zu wirken...)

Und dieser Brutalo von einem Vater! Irgendwann würde er es ihm heimzahlen! Lachend würde Gackt neben seinem Vater stehen, während dessen heiß geliebter Konzern vor seinen Augen zusammenbrach und seine ganze Arbeit und Aufopferung zunichte machte! Mit all seiner Kraft sehnte sich der Blonde nach diesem Augenblick!
 

Gackt versuchte das Wasser noch kälter zu drehen, obwohl sein Körper schon zitterte. Irgendwie wollte er nicht mit dieser Wut dem Langhaarigen gegenübertreten.

Der Blonde hatte schon seit längerem das Gefühl, dass der Kleinere in der Lage war, in seine Seele zu schauen (was natürlich Quatsch war, denn so was gab es ja überhaupt nicht...jedenfalls nicht bei ihm).

Aber es war kein angenehmes Gefühl.

Niemand kam an ihn heran. Niemand kam zu ihm durch. Niemand konnte seine eiserne Festung der Gleichgültigkeit und Arroganz durchbrechen!
 

Wirklich niemand?
 

Wenn Hyde von all dem Schmutz hier erfuhr – er würde Gackt verabscheuen. Als wenn er es nicht bereits täte! Dafür hatte der Blonde ja wirklich gut gesorgt!
 

Okay. Es reicht. Schluss jetzt! Sei wieder ein arrogantes Arschloch, das nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist! BITTE!
 

Während Gackt mit aller Macht versuchte, sein inneres Gleichgewicht (und sein Gesicht) wiederzufinden, kämpfte sich Hyde die Auffahrt hinauf.

Im wahrsten Sinne des Wortes.
 

/Spinnen die denn? Verdammt, nicht jeder hat eine Luxuskarosse, mit der er diese Tour de France-Strecke bewältigen kann! Elende Angeberei!/

Die schweren Bücher taten ebenfalls ihr übriges.
 

Endlich angekommen, konnte der Langhaarige sich ein leises „Ach, du heilige Sch...“ nicht verkneifen. Das einzige, was dieses Domizil von einem Schloss unterschied, waren die fehlenden Türme. Es umfasste ein riesiges Areal (und Hyde bekam nur ein Bruchteil davon zu sehen, da der Rest effektiv im Wald verschwand). Zwei Flügel waren sichtbar, beide mit jeweils extra Eingang versehen. Und alles strahlte in einem blenden Weiß.

Glasfenster, die manchmal ganze Wände ausmachten, gewährten Einblick in luxuriös eingerichtete Zimmer.

Überall waren kunstvolle Überbauten, Balkone und eine große Dachterrasse. Daneben Garagen und eine große Parkanlage, in dessen Mitte ein kitschiger Engel aus Marmor Wasser in hohem Bogen ins Fontanebecken spuckte.

Hyde konnte seinen Blick nicht von dieser bescheidenen Behausung abwenden.
 

„...sama? Hyde-sama?“ Eine Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.

Erschrocken wirbelte der Angesprochene herum und sah eine hübsche junge Frau in Dienstmädchenuniform auf sich zugehen.
 

„Sind Sie Hyde-sama?“, wiederholte sie lächelnd.
 

„Äh...ja.“ Irritiert ob der ehrerbietigen Anrede, kratzte sich dieser den (am) Kopf.

„Aber Hyde tut’s auch. Und wer sind Sie?“
 

„Ich bin Yuki. Ich habe die Ehre, Sie zu Gackto-sama zu geleiten.“
 

„Ah, das ist gut, ich habe nämlich vergessen, den Wachmann nach dem Hausplan zu fragen...!“

Lachend wies Yuki Hyde den Weg in die Höhle des Löwen.
 

Eine sehr große, prächtige, Angst einflößend luxuriöse Höhle, in der Tat. Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Kräften versuchte Hyde so würdevoll wie möglich zu gaffen. Und darauf aufzupassen, nicht über die eigenen Füße zu stolpern.

Ein ungemein schwieriges Unterfangen, wenn man eine reich verzierte Treppe viktorianischen Stils heraufstieg und die Originale von van Gogh gleichzeitig zu betrachten (ver)suchte.

Vorbei an vollen Bibliotheken, großen, vor Prunk überquellenden Wohnräumen, offenen Schwimmbädern.
 

Den Langhaarigen schwindelte es. Eine halbe Ewigkeit später (es könnten durchaus auch nur fünf Minuten gewesen sein) bog das Dienstmädchen in einen Gang, der eine Verbindung zu einem etwas abgetrennten Wohnkomplex darstellte, ein.
 

Die Schmucklosigkeit der nicht vorhandenen Ausstattung schlug Hyde wie Schwall kalter Luft entgegen.

Nur ein einziges Bild verzierte die weißen Wände. Als Hyde näher kam, entpuppte sich das Bild als ein eingerahmtes rotes Rechteck.

Ein paar sterile Gänge und hölzerne Türen weiter blieb Yuki endlich stehen. Doch bevor sie, wie der Langhaarige richtig kombiniert hatte, an Gackts Zimmertür klopfen konnte, wurde sie durch Hydes von Unsicherheit geprägter Äußerung davon abgehalten.
 

„Ich hätte da nur eine kleine Frage, die mich schon seit Beginn dieser Sightseeing-Tour quält: Wie komm ich wieder zurück?“
 

„Oh.“ Das Dienstmädchen war etwas verwirrt. „Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen gerne ein Auto zur Verfügung stellen. Sie bräuchten nur Ihre Adresse anzugeben.“
 

„Nein, das meine ich doch gar nicht. Ich habe mich gefragt, wie ich aus diesem Labyrinth von einem Haus herauskomme. So etwas wie Schilder gibt es hier ja nicht...“

Yuki konnte sich ein Lachen aufgrund dieser aufrichtigen Beunruhigung nicht verkneifen.
 

„Es wäre mir eine Ehre, Sie wieder hinaus zu begleiten.“ Das Dienstmädchen musste beim Anblick seliger Erleichterung wieder lachen.
 

„Nun, da wir jetzt so gute Freunde geworden sind, wäre es vielleicht ratsam mit der Arbeit anzufangen.“ Die kalte Stimme ließ sie beide zusammenzucken.

Gackt stand an seine Zimmertür gelehnt und durchbohrte Hyde und Yuki abwechselnd mit den blauen Glasscherben seiner Augen.

(Digitation zum blasierten Schwein erfolgreich abgeschlossen.)
 

„Ich wünsche dir auch einen schönen Tag.“ Jede Silbe triefte vor Sarkasmus. „Aber ausnahmsweise muss ich dir Recht geben, je schneller du dein Zeug hast, desto schneller kann ich hier weg.“

Das aggressive Funkeln in Hydes Augen erhellte sein von kalter Wut gekennzeichnetes Gesicht wie ein Blitzschlag.

Doch auch Gackt gab sich bei diesem Blickduell keine Blöße.

Erstaunt sah Yuki zwischen den beiden hin und her. Sie konnte sich immer noch nicht das seltsame Verhalten des Blonden erklären. Normalerweise wartete er immer bis sie ihm den Besucher angekündigt hatte, bevor er den Gast hereinließ, egal, wie ungeduldig (ungeduldig? Hatte Gackt wirklich jemanden mit Ungeduld erwartet – daran konnte sich Yuki auch nicht so richtig erinnern) der Blonde war.

Nie ging Gackt selbst an die Tür – genauso wie er sich nie provozieren ließ.

Doch dieser Kleine schaffte es mit ein paar harmlosen (nun gut, bei jedem anderen Besucher würde dies die Todesstrafe bedeuten...) Bemerkungen, Gackt aus der Fassung zu bringen. Dass er aufgeregt und nervös war, konnte Yuki deutlich herauslesen – sie kannte Gackt schließlich seit seiner Geburt.
 

„Nun?“ Der Langhaarige wurde langsam ungeduldig. (Die eindringliche Musterung seitens Gackt trug einen Großteil dazu bei. /Hab ich etwas im Gesicht oder weiß er nicht mehr, wer ich bin?/)

„Ist es mir gestattet, dieses Zimmer zu betreten oder zieht es der gnädige Herr lieber vor, seine Hausaufgaben auf dem Fußboden zu verrichten?“
 

Der Blonde verzog nur seinen Mund zu einem abfälligen „tse!“ und trat beiseite, um den angeblich Unerwünschten vorbei zu lassen.

Das Dienstmädchen erstarrte vor Schock.

Es war das allererste Mal, dass Gackt um eine Antwort verlegen war. Sie fragte sich, wie es dieser Junge in Schulmädchenuniform (tjaja, Frauen kann man eben nicht an der Nase herumführen...) es fertig gebracht hatte, den sonst so spitzfindigen Blonden dermaßen aus dem Konzept zu bringen.
 

Konnte es sein, dass...?
 

TBC
 

A/N: Ah, hier wurden mit Absicht ein paar Rechtschreibfehler eingebaut. (Soweit ich weiß, schreibt man ‚tausende‘ klein, aber ich konnte einfach nicht auf meine hübsche Klimax verzichten.)

Äh ja, eigentlich hatte ich vorgehabt, die beiden etwas länger in dem Kapitel agieren zu lassen – aber irgendwie haben sie sich wieder so schön angegiftet... So wie immer eigentlich. Aber hey, immerhin ist dieses Kapitel etwas länger geworden. Von Makrolänge auf Minilänge. #hust#
 

Also über Kommentare würde ich wirklich SEHR freuen.

Annäherung

A Highschool Story
 

Kapitel #10
 

Jäh wurden ihre Gedanken von einem Eisblick unterbrochen. Yuki wollte schon zur einer Entschuldigung wegen Pflichtversäumnis ansetzen, doch der Blonde winkte ab und befahl ihr, Erfrischungen zu bringen (was an sich ebenfalls merkwürdig war – seit wann war Gackt Personen, die er – angeblich – verabscheute, so gastfreundlich gegenüber?!).
 

Dieser jedoch beachtete sie nicht weiter und schickte sich an, sein Zimmer zu betreten. Beim Umdrehen wäre Gackt beinah mit einem vor Staunen erstarrten Hyde kollidiert.
 

Das Zimmer war wirklich sehr groß. Obwohl es äußerlich eher schlicht wirkte, wurde einem genauen Beobachter Einblick in das luxuriöse Innenleben des Raumes gewährt. Schon allein die Rosensträuße, die auf (wie der Langhaarige vermutete – extra dafür angefertigten) kleinen Beistelltischen platziert waren, müssten ein Vermögen gekosten haben.

Regale um Regale – gefüllt mit Büchern jeder möglichen und unmöglichen Art – stapelten sich bis hin zu der hellen Zimmerdecke. (/Wozu zur Hölle musste ich denn all diese Bücher schleppen, bitteschön?!/). Dieser Raum hätte spielerisch der kleinen Bibliothek in der Nähe von Hydes Wohnort Konkurrenz gemacht.

Die hintere Wand dieser Räumlichkeit bestand komplett aus Glas – mit einem großen Schreibtisch davor.
 

Der Langhaarige atmete tief durch und schritt dann zu dem rettenden Abstellplatz auf vier Beinen, um endlich seine stark beanspruchten Armmuskeln von diesen vermaledeiten Büchern zu erlösen.
 

Kaum die Fracht abgeladen, fühlte er plötzlich zwei Arme, die sich sanft um seine Mitte schlangen und Hyde an weiteren Bewegungen (und vor allem an der panischen Flucht) hinderten.

Warmer Atem strich an seinem Hals entlang, Hydes Nackenhärchen stellten sich auf, als ein angenehmer Schauer seinen Rücken herunter lief.
 

Langsam, als habe sie Angst, dieses kleine zerbrechliche Wesen abzuschrecken, löste sich eine Hand von der Taille des Langhaarigen und wanderte nach oben, um sich anschließend auf Hydes Hals zu platzieren. Sanft – Stück für Stück wurde der Druck erhöht, sodass der Kopf des Langhaarigen nun auf der Brust des Blonden ruhte.
 

Hatte er sich verhört oder war da wirklich ein zufriedener Seufzer zu vernehmen gewesen? Hyde fühlte sich seltsam entspannt – all seine Befürchtungen und Ängste in weite Ferne gerückt, konzentrierte sich sein Verstand nur auf das Gefühl.
 

Zart, einem Hauch gleich spürte der Langhaarige federleichte Küsse auf seinem Hals. Weiche Lippen auf der empfindlichen Haut ließen Hydes Körper erzittern.
 

/Gott, was geschieht mit mir?/
 

Dieses Gefühl war...schön. Sagenhaft. Unvergleichbar. Ohne sich selbst zu verstehen, bog Hyde seinen Kopf etwas zur Seite, um diesem ausgesprochen talentierten Mund mehr Freiraum zu gewähren. Das großzügig offenbarte Gebiet wurde mit Freuden eines Feinschmeckers erforscht. Von den Schlüsselbeinen (Hyde griff in das unschuldige Holz des Schreibtisches) bis zu seinem Kinn wurde die feucht-süße Wanderung fortgesetzt (Hyde presste die Lippen zusammen – etwas einem Stöhnen gefährlich Ähnelndes versuchte sich seinen Weg nach außen zu bannen).
 

Und dann fühlte der Langhaarige diese Lippen sich auf die seinen legen. Es war so ganz anders als der erste Kuss – so viel...sanfter, vorsichtiger...Keine spontane Ausnutzung der Situation sondern genau darauf bedacht Vergnügen zu bereiten...Hyde konnte sich nicht halten. Er seufzte seinen Genuss in des Blonden Mund, ließ sich von der immer schneller werdenden Welle der Erregung mitreißen.
 

In diesem Moment wurde die Tür nach einem kurzen Klopfen aufgerissen und eine etwas außer Atem gekommene – aber dennoch lächelnde – Yuki erschien im Rahmen.
 

Das bis dahin selbstvergessene Pärchen fuhr erschrocken auseinander. Oder eher gesagt – Hyde, aufs grausamste aus seiner Trance auf den Boden der Tatsachen geholt, riss sich los und fegte dabei seine Bücher vom Schreibtisch (...späte Rache an Lernutensilien?), wobei einige schamlos auf Gackts Fuß zusteuerten.

Diese unfreiwillige Landeplattform winselte leicht auf vor Schmerz, denn die Wälzer waren nicht gerade als federleicht zu bezeichnen, und stolperte ein paar Schritte zurück.
 

Die junge Frau sah von einem hochroten Hyde zu einem verärgerten Blonden und ihr Lächeln wurde noch breiter. Mit einem angedeuteten Knicks stellte sie das Tablett mit den kühlen Getränken auf einem der Beistelltische ab und verschwand – dabei jedoch leicht bedauernd keine Kamera zu haben.
 

Gackt fluchte leicht vor sich hin.

Okay, sie war immer nett zu ihm. Okay, sie hat ihm immer geholfen, wenn er in Schwierigkeiten war. Okay, sie hatte ihm die Mutter ersetzt.

ABER VERFLUCHT NOCH MAL, hätte sie nicht zu einem ETWAS GÜNSTIGEREN Zeitpunkt hier auftauchen können?!

Oder am bester GAR NICHT ERST hier auftauchen?!

Was es denn zuviel verlangt mit der Liebe seines Lebens mal allein gelassen zu werden? Wann hatte er denn noch eine Gelegenheit dazu?! Ständig waren sie von irgendwelchen Idioten umgeben. Tetsu und die Welt eingeschlossen.

Ach, Teufel noch mal.
 

Die Liebe des Lebens hatte in diesem Moment ihre gute Mühe nicht alles stehen und liegen zu lassen und einfach Kopf über Fuß schreiend aus diesem Haus zu rennen.

Aber dann erinnerte sich der Langhaarige plötzlich, dass er das gar nicht konnte. Ohne Begleitung würde es wahrscheinlich Monate dauern hier heraus zu finden. Und irgendwo in einer Snob-Villa zu verhungern war auch keine befriedigende Aussicht auf einen heroischen Tod...
 

Sein Hirn zog es vor, sich mit diesen Banalitäten am Normalen und des Vernünftigen fest zu krallen, anstatt das eben Erlebte zu verarbeiten.
 

/Oh, Gott, ich bin doch nicht...doch nicht vom anderen Ufer! Nur weil ich wie ein Mädchen aussehe, muss ich mich doch noch lange nicht wie eines benehmen!/

Und doch, irgendwo zwitscherte eine honigsüße Stimme, dass das, was Gackt mit ihm angestellt hatte, gar nicht mal so schlecht war.

Um sich von seinen widerspenstigen Gefühlen abzulenken, fing der Langhaarige an, die bis dahin unbeachteten Bücher – als trauriges Überbleibsel ihres schönen (HA! Da hast du’s! ...honigsüße Stimmen können zuweilen ziemlich gehässig sein...) Moments (auch wenn sie eher hinderlich waren – aber Dabeisein ist alles...) einzusammeln und aufeinanderzustapeln.

Nach einer langen Reise und vielen Umwegen kamen diese Lernhilfen endlich auf einem Tisch eines gewissen Blonden in einer gewissen Villa zur Ruhe.
 

Um die Situation wieder auf eine zivilisiert-normale Ebene wieder zurück zu bringen, versuchte Hyde mit einem kühlen und geschickt-cleveren Schachzug in Form eines Gesprächsbeginns auf sein Hiersein hinzuweisen.
 

„Ähm...“
 

Mit hochrotem Kopf (ja, immer noch...) starrte Hyde auf die Wand hinter dem Blonden, als würde sich dort – wenn er lange genug daraufstarrte – eine Tür öffnen, durch die er schnell und problemlos verschwinden konnte.

Diese Tür dachte gar nicht daran, aufzutauchen.
 

Gackts Wut war abgekühlt und wich nun vollends seinem schlecht verborgenen Amüsement. Einen stotternden, zutiefst verlegenen Hyde traf man nicht alle Tage.
 

„Äh, tut mir Leid...das wegen der Bücher. Hoffe, es hat nicht zu sehr wehgetan...“
 

Einen Augenblick lang fragte sich Gackt ernsthaft, ob der Langhaarige sich gerade tatsächlich nach dem Schmerzempfinden der Wälzer erkundigt hatte, doch da Hydes Blick nun auf den Boden gerichtet war, konnte daraus geschlossen werden, dass diesem das Wohlbefinden der Füße Gackts mehr am Herzen lag.
 

Mit einem mörderischen Casanova-Lächeln (von dem Hyde allerdings nicht viel mitkriegte, da er immer noch am Inspizieren des Bodens war) erwiderte der Blonde nur:

„Danke, es geht schon.“ (Obwohl er tatsächlich ein paar Momente lang in Erwägung gezogen hatte, furchtbare Schmerzen vorzutäuschen, um von Hyde dann eine Entschädigung in Form eines Kusses zu verlangen. Böser Junge.)
 

Bildete Gackt sich das nur ein oder war Hyde wahrhaftig NOCH röter geworden? Süß.
 

Dieser war in der Zwischenzeit dabei, sich alle Zusammenstöße mit dem Blonden vor die Augen zu führen. Was um Gottes Willen hatte er, Hyde, denn angestellt, um dieses Benehmen des Blonden zutagezufördern?!

Sein Entsetzen, als dieser seinen Gesang beschimpft, seine Wut und Enttäuschung, als Gackts Band das Klubhaus besetzte...was sollten also diese Küsse?! Wollte er sich nur über Hyde lustig machen oder was?
 

Das wirkte. Effektiv, wie ein Eimer voll eiskaltem Wasser.
 

Mit leicht gerunzelter Stirn beobachtete Gackt wie verschiedenste Emotionen sich in Hydes Augen spiegelten – kurzes Aufleuchten, nur um dann wieder zu verschwinden, bevor sich dessen Gesicht verschloss.
 

„Es tut mir Leid“, sagte Gackt noch bevor der Langhaarige einen Ton herausbringen konnte.
 

„...Leid...?“, schienen Hydes Augen zu fragen. Er selbst schwieg jedoch, wartete.

Gackt konnte ihm ansehen, dass er nicht bereit war, seiner Verwirrung nachzugeben; Hoffnung zu schöpfen. Es stellte sich allerdings die Frage, ob der Langhaarige Hoffnung wollte.

Der Blonde wünschte es jedenfalls.

Auf einmal wurde ihm bewusst, was er da eigentlich zusammendachte und er lächelte innerlich über sich selbst. Nie zuvor in seinem Leben hatte es ihn gekümmert, wie jemand anderes dachte oder was er fühlte.

Den Blonden hatte dies niemals interessiert – so wie es den Rest von diesen Bauern im Schachspiel Gottes gegen sich selbst interessiert hat.
 

Warum war das jetzt anders geworden? Der Blonde wollte so sehr, dass dieser Mensch (nur dieser eine!) ihm Gefühle entgegenbrachte. Ganz gleich, welche. Sei es Wut, Hass, Zorn...oder Zuneigung...alles, nur kein Abschieben in den Treibsand der Ignoranz!

Gackt verstand sich selbst nicht mehr. Seinem Verstand (und seinen Plänen) war dies ein Dorn im Auge. Seinem Herzen (...er wähnte es gestorben...) tat das gut.
 

Aber Totgeglaubte hatten von jeher länger gelebt.
 

„Alles“, konnte der Blonde endlich herausbringen, als er realisierte, wie lange er nun schon hin und her überlegte.
 

Die fein geschwungene (göttlich! Aber Gackt wollte sich weigern in diesem Augenblick Hydes Gesichtsteile anzubeten) Augenbraue wurde halb fragend, halb spöttisch angehoben. Irgendetwas sagte dem Blonden, dass Hyde eine weitere Gesprächspause nur schwerlichst vertragen würde (ohne einen Gesichtskrampf zu bekommen, zumindest).
 

„Ich...du hattest Recht. Damals (konnte man überhaupt ein paar Wochen als „damals“ bezeichnen?) im Klubhaus...als ich zum ersten Mal die Gitarrenstimme gespielt habe und du gesungen hast...“
 

„Danke für die Blumen. Deine Meinung hast du ja zu dem Zeitpunkt sehr deutlich gemacht. Oder möchtest du noch etwas dazufügen?“ Die Augen des Langhaarigen hatten kein gesundes Leuchten – doch im Gegensatz dazu klang seine Stimme kalt und ruhig.
 

Ah, da hatte der Blonde wohl einen wunden Punkt getroffen. Oder vielleicht hätte er die Entschuldigung erst am Ende anbringen sollen. Der Langhaarige hatte wahrscheinlich ganz vergessen, dass es eine sein sollte.
 

„Nein, ich wollte nur sagen, dass du Recht hattest“, wiederholte er. Nur, um zu erkennen, dass sich die langen (wunderschönen – nein, Gackt wollte sich wirklich nicht ablenken lassen) Finger Hydes in wütende Fäuste ballten. Der Blonde musste einen frustrierten Seufzer unterdrücken. Er liebte dieses Feuer ja, aber musste der Langhaarige denn wirklich alles in den falschen Hals bekommen?
 

„Recht mit dem als du sagest, ich wäre ein Feigling“, wagte Gackt einen neuen Versuch. Die Fäuste Hydes hörten auf, vor Anstrengung zu zittern. (Na, das war doch schon eine Verbesserung...)
 

„Ich habe dich damals beleidigt (aber wenn ich sagen würde, es hätte mir wehgetan, dann wäre dies eine Lüge), um dich vom Singen abzuhalten. Du...hast wirklich eine sehr schöne Stimme...(dieser samtweiche Tenor und wie er mit den Basstönen harmoniert...Schluss jetzt). Ich hatte ernsthafte Konkurrenz bekommen und wollte dich nicht zum Rivalen haben.“
 

„Und du dachtest, wenn du mich schlimm genug beleidigst, würde ich – als ein kleiner Wurm ohne Rückgrat – sofort aus Scham vor diesem Urteil des Spezialisten aus der Band aussteigen? Und stattdessen würde ich dir dann als treuer Freund beistehen, weil du der bessere von uns bist?“ Purer Sarkasmus und diesmal eindeutig spöttisch gehobene Augenbraue.

Ins Schwarze getroffen.

Allerdings konnte auch sein Gesichtsausdruck nicht gänzlich verdecken, dass der Langhaarige positiv von diesem Kompliment berührt war (wie oft kriegt jemand von seinem selbst erklärten Feind – der schon so viele Folterkammern besucht hatte – zu hören, dass man schön singt?)
 

Der Blonde konnte es sich gerade noch verkneifen, bestätigend mit dem Kopf zu nicken. Ein sechster Sinn flüsterte ihm zu, dass es die Höhe der Dreistigkeit wäre und den Langhaarigen ganz und gar nicht gnädig stimmen würde. Aber Gackt wollte, dass Hyde gnädig gestimmt war.

Vielleicht wäre ja für ihn noch ein Kuss drin – wenn er es richtig anstellen sollte...
 

TBC
 

A/N: Hm. Irgendwie passiert hier nichts. Eigentlich hatte ich vorgehabt nur endlich mit diesem vermaledeiten Treffen fertig zu werden, aber naaaain - die Charaktere tun nur das, was sie wollen. Mal wieder.

Gott, diese ganze FF is dermaßen inhaltsarm, dass mir scho bei dem Gedanken dran die Tränen kommen. Und diese komische Kussszene...

Gott, lass Hirn runterfallen. =.=
 

Wenn ich sagen würde, dass es mir egal ist, ob ihr mir Kommentare schreibt oder nicht – dann wäre es eine aalglatte Lüge.

Entscheidungen

A Highschool Story
 

Kapitel #11
 

GOTT! (Gackt glaubte zwar nicht an ihn, aber es war ein alltäglicher Ausdruck und erlaubte mit wenigen Worten das Wesentliche zusammenzufassen). Wäre er nicht Gackt – Selbstbeherrschung und Emotionslosigkeit in Person – würde er sich die Haare raufen, dabei stöhnen, lachen und weinen zugleich! Was, zur Hölle noch mal, war nur los mit ihm?! Dieses Gefühlschaos, das in ihm tobte wie ein Orkan – diese Empfindungen überhaupt! – sie ließen ihm keinen Raum für Rationalität.

Diese dumme Eifersucht zwang ihn zu beleidigen, obwohl der Blonde wusste, dass das KEIN kluger Schachzug war oder dieses Verlangen, das ihm Entschuldigungen, Erklärungen abrang, obwohl er sich noch niemals zuvor dieser Demütigung unterworfen hatte.
 

Als wäre er in Pein, schloss Gackt mit verzerrtem Gesicht die Augen. Er benahm sich ja so, als wäre er ...verliebt?!

Nein, das durfte nicht sein.

Sex, ja. One-Night-Stands, in Ordnung. Nehmen und wieder fallen lassen, kein Problem!

Aber nicht Liebe.

Alles, nur das nicht...
 

Scheinbar hatte sein angeblich schmerzverzerrtes Gesicht bei dem Langhaarigen Wunder bewirkt. Denn als Gackt wieder aufsah, überraschte ihn ein warm lächelnder Hyde mit dem Kopf (unglaublich niedlich) zur Seite geneigt.
 

„Ich hoffe schwer, dass du nicht vorhast, weitere Freunde auf diese Art und Weise zu gewinnen. Sonst hast du nämlich bald die ganze Schule gegen dich.“

/Ich scheiße auf die Schule. Und auf den Rest der Welt gratis mit dazu. Ist dir gar nicht aufgefallen, dass ich mich nur in deiner Nähe so idiotisch benehme...? Nein! HÖR AUF!!!/

Der Blonde schaffte es, ein (wie er hoffte) charmantes Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern.
 

„Das werde ich mir merken. Und vielleicht wäre es auch für uns möglich, wieder von vorn anzufangen?“ Gackt versuchte krampfhaft einem lässig-arroganten Snob zu gleichen, anstatt einem Dackel mit großen Augen, der nach Tagen des Hungers hoffnungsvoll auf eine Dose Katzenfutter starrt.

Irgendetwas sagte ihm, dass ein Erfolg sich partout nicht einstellen wollte. Und zwar ausgesprochen hartnäckig.
 

Ein mögliches Indiz hierfür wäre, Hydes Reaktion auf diese Bitte zu nennen.

Immer noch lächelnd ging er ein paar Schritte auf den etwas verwirrten Gackt zu, und streckte ihm seine Hand entgegen.
 

„Hallo! Mein Name ist Takarai Hideto. Du kannst mich auch Hyde nennen.“
 

War sein, Gackts, Blick etwa dermaßen wirkungsvoll gewesen? Allerdings war es nichts Neues, wenn man genau darüber nachdachte. Immerhin schmelzen Tausende von Mädchen unter seinem Schlafzimmerblick weg. Warum sollte es bei diesem (zugegeben etwas außergewöhnlichen) Exemplar anders sein?

...oder?
 

„Äh, Seika Hiroshi, freut mich sehr. Aber nenn mich bitte Gackuto.“ Lächelnd gab der Blonde seinem tiefsten Herzenswunsch die Hand.
 

Der Rest des Tages verging in freundlich-vorsichtigem Kennenlernen des Gegenübers. Wobei in kürzester Zeit gemeinsame Leidenschaften entdeckt wurden (nun ja, eigentlich war es nur eine, aber es sollte nichts heißen...) – allen voran die Musik.

Hyde wurde in das Schmuckstück der Appartements geführt – ein riesiges Musikzimmer, die Erfüllung aller Wünsche schlechthin. Reich zu sein hatte allem Anschein nach doch hübsche Vorteile...

Unnötig zu erwähnen, dass Hausaufgaben bei diesem Treffen eine verschwindend geringe Rolle spielten – nämlich überhaupt keine.
 

Hyde fiel auf, dass je weiter die Zeit fortschritt desto mehr wurde die Uhr an der Wand in Augenschein genommen. Wollte der Blonde, dass er ging? Oder beschäftigte ihn ein kommender Besuch? Ersteres war wirklich schwer zu glauben, da Gackt den Langhaarigen von Zimmer zu Zimmer zerrte, um ihm alle möglichen technischen Repräsentanten der Avantgarde vorzuzeigen. Die meisten drehten sich um Tonaufnahmen.

Hyde stimmte das traurig. Der Blonde benahm sich fast so, als ob Hyde der erste Mensch auf Erden war, der Gackt in seinem Zuhause besuchen durfte – dem er wie ein kleines reiches Kind all sein schönes Spielzeug vorführen konnte...in der Hoffnung einen Freund zu finden.
 

Und wieder. Es waren ja nicht mal fünf Minuten seit der letzten Inspektion der Uhr vergangen...

Vielleicht sollte er sich wirklich langsam auf den Heimweg machen.

Gackt auf seine Entscheidung vorbereitend betrachtete der Langhaarige nun demonstrativ seinerseits den Zeitanzeiger.
 

„Hm, ich glaube, es ist Zeit zu gehen. Es wird schon spät – und ich habe einen langen Heimweg vor mir.“ Bildete sich Hyde das nur ein oder erschien der Blonde wirklich betroffen? Seltsam. Es war ja nicht so, dass er für immer fortging.
 

„Ach, mach dir deswegen keine Gedanken. Ich werde dich in meinem Auto nach Hause bringen lassen – dann kannst du etwas länger hier bleiben.“

Und wieder.

Hyde seufzte.
 

„Gackto...ich habe das Gefühl, dass du noch jemanden erwartest. Ich will da natürlich nicht im Weg sein...“ Gackt stand abrupt auf, unterbrach damit Hydes Erklärungen. Er ging zu einer an der Zimmerwand lehnenden Gitarre, zupfte in Gedanken versunken an einer Saite.
 

„Ich...Haido, geh nicht...“ Damit drehte sich der Blonde zu dem in einem Sessel sitzenden Hyde um, der sichtlich verwirrt zu ihm aufschaute. „Kannst du nicht wenigstens noch ein paar Stunden bleiben? Du wirst es nicht bereuen...“, wurde ein weiterer Versuch gestartet.
 

„Was ist denn bloß los mit dir? Warum schaust du dauernd auf die Uhr?“ Hyde verstand gar nichts mehr. Der Blonde war aus irgendeinem Grund verstört und nervös – nur die Ursache dafür wollte sich nicht einstellen. Wieso wollte Gackt, dass er blieb, wo der Blonde doch eindeutig das Ende dieses Treffens wünschte? Sollte das wieder einer seiner Scherze sein, oder was?

Bevor sich Hyde in Rage denken konnte, trat der Blonde an seinen Sessel, setzte sich auf die Armlehne.

Mit einer Hand wurden vorsichtig vorwitzige Strähnen hinter Hydes Ohr gestrichen. Dieser hielt den Atem an. /Was...?/ Gackt fing seinen Blick, zog den Langhaarigen in die blauen Tiefen, ließ ihn gewissenlos darin ertrinken. Unzusammenhängende Gedankenfetzen schwirrten in Hydes Kopf und alles endete mit einem /Was...?/ Der Blonde senkte langsam seinen Kopf zu dem Hydes – als wolle er ihm Zeit lassen, sich das Kommende durch den Kopf gehen zu lassen, um dann eventuell zum Aufhören zu veranlassen. Der Langhaarige war viel zu sehr mit dem warmen Atem an seiner Wange beschäftigt, um diese Option tatsächlich in Betracht ziehen zu können.
 

Aaaahhh, und da war sie. Die Belohnung...Der Langhaarige versank in einer Woge des Wohlbefindens, als weiche Lippen sich auf seinen Mund legten. Hände vergruben sich in seinem Haar, zogen Hydes Kopf näher an den Blonden heran, während eine Zunge Einlass fordernd um Hydes Lippen strich. Der Langhaarige hatte gar keine andere Möglichkeit als ihr dies zu gewähren. Nach anfänglicher Zurückhaltung erwiderte Hyde die Streicheleinheiten – der Druck zwischen den beiden wuchs. Die Bewegungen wurden schneller, fahriger. Hände glitten ruhelos die Körper entlang, nach Kontakt suchend.

Erst als der Langhaarige ungeduldige Finger an den Knöpfen seines Oberteils spürte, riss er sich los.
 

„...nicht...“, wurde schwer atmend geflüstert.

Gackt nickte nur, versuchte sich die unordentlichen Haare glatt zu streichen.
 

„Es tut mir Leid. Ich wollte dich nicht bedrängen...“
 

„...schon gut. Nur, tu so etwas nicht mehr...“ Der Blonde schloss bei diesen Worten die Augen, damit Hyde den Schmerz in ihnen nicht lesen konnte.

Eine drückende Stille breitete ihren bleischweren Mantel aus, wo gerade noch die Leidenschaft wütete.

Der Langhaarige stand vorsichtig auf.
 

„Ich...ich müsste jetzt wirklich nach Hause gehen...“
 

Der Blonde seufzte. Scheinbar konnte er Hyde wirklich nicht noch länger bei sich behalten. Abends war jeder Zeitpunkt ungünstig, unbemerkt zu verschwinden, da sein Vater gnädigerweise seine ekelhafte Snobvilla aufsuchte, um sich dort von den Strapazen des Tages (HAHA) auszuruhen.

Hyde bemerkte mit Schrecken, wie sich Gackts Gesichtsausdruck vor Wut verzerrte – auch wenn nur für einen Sekundenbruchteil. Galt das ihm? Der Langhaarige hätte heulen können.

Uch, warum zum Teufel musste er sich auch an die schwierigste Person dieses Planeten geraten, hä?! So ein Schrott.
 

„Komm. Ich werde dich zur Tür begleiten...“ Es klang wie ein Todesurteil.
 

Nein, Gackt kein Glück im Leben. Nein, das hatte er wirklich nicht.

Es kam, wie es kommen musste.
 

„Hiroshi.“ Die Stimme seines Vaters war leise und dennoch klang eine immerwährende Bedrohung heraus. Der Blonde hasste sie.

Hyde und er waren gerade dabei, sich am Wohnzimmer vorbeizuschleichen, als das Familienoberhaupt die Muße hatte, sich just in diesem Moment zu dem Eingang umzudrehen.

Verdammt! Es war doch zum Lachen! Nie hatte sich sein Vater auch nur einen Zoll bewegt, als der 6-jährige Gackt an dieser Tür gestanden und seinen Papa innerlich angefleht hatte, sich zu ihm umzudrehen!

Wieso denn ausgerechnet jetzt?!
 

Der Blonde spürte eine beruhigende Hand an seiner Schulter, ein aufforderndes Lächeln war an ihn gerichtet. Und dennoch – eine gewisse Anspannung hatte Hyde nicht verstecken können.

„Guten Abend, Vater. Entschuldige bitte diese Unhöflichkeit von mir.“

Hyde war gelinde gesagt bestürzt. Wie...wie...das war doch schier unglaublich! Noch Sekunden vorher hatte der Blonde den Eindruck gemacht, als würden ihn nicht einmal 100 Pferde in dieses Zimmer bewegen können – und nun diese...so kalte Gleichgültigkeit! Wie hatte er sich so schnell verwandeln können – von einem Feuerball an Leidenschaft zu einem Eisblock auf zwei Beinen!
 

„Das ist Hyde. Hyde, das ist mein Vater.“ Ein kurzer Blick von einem zum anderen.

Der Langhaarige verbeugte sich.
 

„Es ist mir eine Ehre, Sie kennen zu lernen, Seika-san“, murmelte er leise.
 

„Ganz meinerseits.“ Auch wenn der Ton das genaue Gegenteil verriet. Das soll ein liebender Vater sein? Ein Vater überhaupt?! Kein Wunder, dass Gackt so...so abgeschottet war. In solchem Zuhause wird ja jeder zu einem herzlosen Bastard ausgebildet! Vielleicht war ihre Vater-Sohn-Beziehung ganz anders, wenn sie allein waren...aber Hyde glaubte selbst nicht daran.
 

„Darf ich den Grund Ihres Besuches erfahren?“ Ein mehr oder minder versteckter Befehl. Der Langhaarige wollte sich empören, doch eine lähmende Bangigkeit verhinderte dies. Er konnte nicht anders, als zugeben, dass er diesem Menschen so fern wie nur möglich bleiben wollte.
 

„Während seiner Abwesenheit von der Schule wurden Aufgaben durchgenommen, die zu lösen bei der nächsten Arbeit relevant ist. Ich wurde damit beauftragt, sie Gackto-san...- “
 

„Hiroshi.“

Gab es Augen noch kälter als die Gackts?
 

„Wie bitte?“
 

„Sein Name ist Hiroshi.“
 

Hyde schluckte. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Wie nur? Wie konnte ein Mensch so unheilvoll und Angst einflößend wirken?! Er hatte eigentlich nicht viel gesagt – auch wenn dies an Unhöflichkeit grenzte. Doch wie er es gesagt hatte...
 

„Ich habe ihm diese Aufgaben gebracht.“ Der Langhaarige zeigte seine Art von Trotz.

Er inspizierte seine Armbanduhr und verbeugte sich.
 

„Wenn Sie mich nun entschuldigen würden. Meine Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen um mich. Gackto-san, würdest du mich bitte zur Tür bringen?“ Es war ein eindeutiger Seitenhieb, den zu unterlassen für Hyde ein Verrat an sich selbst gewesen wäre. Und an allem, woran er glaubte – Familie, Freunde...

Ein flüchtiger Blick auf den erstarrten Eissturm: „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.“
 

Sobald sie die Villa verlassen hatten, umklammerte der Blonde Hydes Hand und zog ihn in den Park, in den Schutz der hohen Bäume.

Dort wurde der Langhaarige gegen die harte Rinde gedrückt, während ein zitternder und aufgebrachter Gackt ihn mit einem panisch-übergeschnappten Blick durchbohrte.

Hyde fand sich zu Tode erschrocken.
 

„Was? Was ist denn jetzt schon wieder?!“
 

„Du...du...“

Noch bevor Hyde nach Erläuterungen dieser recht auskunftskargen Antwort verlangen konnte, wurde er in eine beinah schmerzhafte Umarmung Gackts gezogen. Der Körper des Blonden wurde von Schluchzern durchgeschüttelt.
 

„Gackto! Was zur Hölle...?!“ Hyde brachte den nötigen Abstand zwischen ihnen, um sein Gegenüber genauestens in Augenschein nehmen zu können, als er merkte, dass Gackt vor Lachen verging.
 

Mehr als ein „Du...“ brachte er für die nächsten fünf Minuten nicht heraus. Der Blonde fiel auf die Knie und lachte aus vollem Halse.

Hyde war aufgebracht.
 

„Also, ich finde das ganz und gar nicht lustig! Hör auf damit! Ich bin knapp diesem Monster entkommen...Oh!“ Er hielt beschämt inne. Mit einem entschuldigenden Blick auf den – sich mittlerweile beruhigten – Blonden, fuhr er fort. „Entschuldige. Ich hätte so etwas nicht sagen sollen, er ist schließlich dein Vater...“

Gackt winkte ab. Schließlich konnte der Kleinere nicht ahnen, wie nah an der Wahrheit er lag. Und vor allem in welcher Gefahr er sich befand. Er rappelte sich wieder auf und schüttelte den Kopf.
 

„Du bist einfach unglaublich.“ Hyde konnte bei diesem Statement nur hilflos blinzeln.

„Dass du ihm so...so...unschuldig die Stirn bieten kannst! Du hast ihn ganz schön auf die Palme gebracht. Und das mit ein paar Worten.“ Gackt lächelte. /Ich bin ein Feigling./
 

„Gackto? Geht’s dir nicht gut? Ich habe gerade deinen Vater beleidigt und du lachst? Und findest es auch noch gut?“
 

„Mach dir darüber keine Gedanken...ich würde mir an deiner Stelle nur gut überlegen, ob du mich noch einmal besuchen solltest...“ Gackt versuchte alle Traurigkeit aus seiner Stimme zu verbannen.
 

„Was? Aber ich...“
 

Abermals schlossen sich des Blonden Arme um die zierliche Statur. Gackt vergrub sein Gesicht im weichen Haar, wollte sich deren Duft genau einprägen, wusste er doch, dass es wahrscheinlich das letzte Mal sein würde.
 

„Haido, bitte. Du weißt nicht, was für ein Mensch mein Vater ist. Und vor allem, zu was er fähig ist. Ich möchte nicht, dass...dass Unannehmlichkeiten aufkommen.“ Gackt spürte, wie sich der Langhaarige befreien wollte, doch er ließ nicht los.
 

„Ach, komm, das sind doch Gespenster! Wieso sollte dein Vater ausrasten? Nur weil ein Schüler ihn ausgebootet hat? Das ist doch lächerlich!“ Hyde blieb nichts anderes übrig, als seinen Frust in (an) des Blonden Hals auszuschütten.
 

„Trotzdem...ich will nicht, dass du kommst.“ Damit wurde der Langhaarige losgelassen. Gackt hatte wieder auf asozial umgeschaltet. /Ich bin so ein verdammter Feigling./

Doch bevor ein genervter Hyde mit einem unzufriedenen „Hmpf“ sich aus dem Staub machen konnte, wurde sein Gesicht mit einem Ruck an Gackts Lippen gezogen. Der Kuss war verzweifelt und schmerzhaft, als wollte der Blonde etwas sagen – und konnte es nicht.

Hydes tränenfeuchten Augen begegnete ein gepeinigt-leerer Blick.
 

„Verzeih mir...“
 

Und der Langhaarige floh.
 

Floh vor den Gefühlen, die sich in den blauen Tiefen spiegelten und an die zu glauben seinen Untergang bedeuten würde. Vor seinen eigenen Gefühlen, die ihm befahlen, den Blonden zu trösten, ihn in den Arm zu nehmen und zu wiegen, wie ein kleines verängstigtes Kind. Denn nicht anders hatte dieser auf ihn gewirkt. Und das seltsame Benehmen des Blonden...

Aber wieso wunderte sich Hyde überhaupt? Er war sich sicher, dass die Ursache bei dessen Vater zu suchen war. Oh Gott, wie konnten nur solche Menschen Kinder bekommen? Nur um der Erfahrung Willen? Hey, Nachbar, ich hab jetzt auch ein Kind und es sieht besser aus als deins und es ist klüger als deins!
 

Zum Kotzen!!!
 

Aber wie konnte er zu Gackt durchkommen? Er, Hyde, hatte schließlich auch Gefühle, die so leicht verletzt werden konnten – vor allem von Gackt...Es schien so aussichtslos.

Vielleicht sollten sie getrennte Wege gehen...

Nein. Unmöglich. Das könnte Hyde nicht über sich bringen, nicht nach allem, was heute passiert war. Und den...Küssen...nach denen er hungerte. Außerdem konnte er den Blonden doch nicht einfach im Stich lassen, oder?
 

Es war eine sich ewig drehende Zwickmühle.
 

***
 

Gackt war ein Feigling. Ein verdammter Kriecher ohne Rückgrat. Jedoch sich das immer wieder vorzuhalten schwächte nicht die Bedeutung. Aber hier, in der dunklen Stille seines Zimmers konnte er es zugeben.
 

Er würde den Langhaarigen gegen ein bisschen Frieden eintauschen.
 

Der Blonde drehte sich auf den Bauch und vergrub sein Gesicht tief ins Kopfkissen – vielleicht war das Schicksal ja gnädig und er würde ersticken, ohne es zu merken...

Wieso musste Hyde auch so anders sein? Wieso konnte er nicht genauso billig wie all die anderen sein, mit denen er sich vergnügte, um sie ohne jegliche Gewissensbisse wieder fallen zu lassen? Und wie sie bereitwillig angekrochen kamen, sollte er nur in ihre Richtung blinzeln? Wieso zum Teufel noch mal musste er den Eindruck erwecken, dass er, Gackt, ihm nicht gleichgültig war, auch als er gesehen hatte, was für ein Monster in seinem Haus wohnte? Dass er ihn trotz allem besuchen würde?

Ein Ozean von Fragen und nicht ein Sandkörnchen Antwort in Sicht. Ein kleines Boot, das bald die Kontrolle verlieren würde...
 

Der Blonde durfte solche Gefühle nicht haben. Es war gefährlich, es machte ihn verwundbar. Sein Vater würde ihm keine Ruhe lassen, sollte er erfahren, dass sein nichtsnutziger Sohn an jemandem hing. Und vor allem an wem! Er würde sicherlich nicht begeistert sein – eine Schwuchtel als Sohn mit ’ner Transe als Freund. Das perfekte Paar.

Nein, sein Vater durfte auf keinen Fall darüber Bescheid bekommen.
 

Und Hyde! Oh Gott, Hyde! Gackt wollte sich nicht vorstellen, zu was sein Vater imstande war. Es wäre sicherlich ein leichtes für ihn Hydes Vater um seine Arbeit zu bringen. Es gab so viele effiziente Mittel und Wege ein Leben zu zerstören. Gackt konnte nicht zulassen, dass dem Langhaarigen etwas passierte.

Es wäre viel besser, wenn sich ihre Wege trennen würden. Der Blonde konnte Hydes Glück nicht seinen eigenen egoistischen Motiven opfern – den Umgang mit ihm, so schön er auch sein mochte, aufrechtzuerhalten, war ein Todesurteil. Gackt zweifelte nicht daran, dass sein Vater erfahren würde, wer Hyde in Wirklichkeit war und in welcher Beziehung er zu seinem Sohn stand.

Nein. Er würde dieses wunderbare Geschöpf aufgeben müssen.

Der Blonde wollte, dass Hyde glücklich wird, auch wenn es Gackt selbst verwehrt bleiben würde, dieses Glück mit dem Kleineren an seiner Seite zu genießen.

...war das Liebe?
 

TBC
 

A/N: Na, endlich. Hat sich die Alte endlich dazu aufgerafft! Ja, man mag es nicht glauben. Aber ich habe dieses bescheuerte Kapitel FERTIG!!!

Dummer Perfektionist. Ich hab natürlich so ziemlich alles umgeschrieben, was umzuschreiben ging. Ach ja. Logischerweise hab ich keinen blassen Schimmer von Gackts echtem Namen, daher habe ich mir einfach einen ausgedacht. (Keine Sorge, der wird nicht oft benutzt. ;)

Puh. Moi ist alle.
 

...Leutz. Schreibt mir was.

Willkommen in der Realität

A Highschool Story
 

Kapitel # 12
 

Hyde fragte sich, ob er eventuell unter Halluzinationen litt.
 

Vielleicht hatte er das gestrige Treffen nur geträumt? Literweise Whisky gefressen und sich dann anschließend eine Dose verpasst, nur wusste Hyde selbst nichts mehr davon?

Gackts Verhalten schien diese Theorie jedenfalls zu bestätigen.
 

Ein abweisend kaltes, arrogantes Arschloch, wie immer.
 

Das zaghaft-freundliche „Guten Morgen!“ erfror auf den Lippen des Langhaarigen, von Eispfeilen zerstoßen, in Mitleid erregendes Häufchen Staub verwandelt. Nur ein verächtliches Schnauben als Begrüßung seitens Gackt, die Mundwinkel kräuselten sich zu einem herablassenden Grinsen.
 

Hatte Hyde da etwas nicht mitgekriegt? Sich irgendwo den Kopf verbeult und eine Amnesie eingehandelt?
 

Doch egal, was der Blonde momentan anstellte. SIE war da. Die Hoffnung. Dieses elende Gefühl, mit dem der zu Tode Verurteilte seinen Galgen ansieht – es wäre ja nicht unmöglich, aber vielleicht bricht er und ich kann doch noch weiter leben? Vielleicht war Gacktos Verhalten ja nur eine Fassade? Nicht echt...eine Ablenkung. Aber von was? Niemand hat sie gesehen. Und Hyde würde sich eher die Zunge abbeißen, als preis zu geben, was in der Villa zwischen ihnen passiert war.

Hatte der Blonde Angst, Hyde würde zur nächsten Zeitung mit einer brisanten Story rennen – „Das reichste Arschloch der Welt ist ein furchtbarer Küsser“?!

Oder WAS?!
 

/Okay, atmen. Ganz ruhig. Nur das Atmen nicht verlernen. Nein, ich werde nicht aufspringen und Gackt die Arterie mit einem spitzen Bleistift durchpieksen. Nein, ich werde auch nicht versuchen, seinen Kopf so lange gegen die Tischplatte zu schlagen, bis von diesem Dickschädel nur ein blondes Haarbüschel übrig ist.

Und nein, zu ihm hingehen, ihn umarmen und ihm einen Kuss auf die Lippen drücken werde ich schon gar nicht!/
 

Moment.

Irgendwas flüsterte dem Langhaarigen zu, dass die letzte Möglichkeit, Gackt auf seinen Unmut hinzuweisen, nicht wirklich ins Konzept passte.

Mit dem Gefühl, dass dies nur Theater war, weigerte sich Hydes Herz die Geschehnisse an die Rationalität des Verstandes überzugeben. Möglicherweise hatte der Blonde triftige Gründe („...ja zur Hölle noch mal, welche dummen Gründe könnte es auf dieser noch dümmeren Welt geben, so mit mir umzuspringen?!“, wurde sich sogleich im Inneren Hydes empört) für sein Verhalten.

Der Langhaarige verstand nur zu gut, dass die eventuelle Offenbarung ihrer...Beziehung? (konnte man das überhaupt so nennen?) zu gewissen Problemen führen könnte.

Sich vor seinen eigenen Eltern für seine Neigungen entschuldigen zu müssen...und womöglich noch Gackts Vater gegenübertreten...das war etwas, zu dem sich Hyde absolut und gar nicht imstande fühlte.

Und wofür überhaupt? Waren es diese drei Küsse eigentlich wert, dass man für die Fortsetzung ihrer ringt?

Ein Ozean von Fragen und nicht ein einziges Inselchen mit dem einsamen Fähnchen mit der Aufschrift „Antwort! Nächste Welle links!“ in Sicht.

Das Schiff geht langsam unter. Die Gefühle ertrinken. Doch noch hält sie eine einzige Luftblase – ein kleines Rettungsboot am Leben.

Hoffnung.
 

Und dann kamen die Bandmitglieder Gackts. Kein Grund, sich aufzuregen, wirklich.

Wären da nicht diese verstohlenen Blicke. Und dieses entnervendes Gekicher – wie die letzten Klatschweiber, wirklich! Ein kaum merkliches Kopfnicken in Hydes Richtung und ein antwortendes arrogantes Lachen.

Der Langhaarige konnte es nicht sehen. Aber er spürte es, als ob all seine Sinne ihren Wohnsitz auf seine Haut umverlegt hätten, um ihm über all die gemeinen Scherzchen Bericht zu erstatten, die die Gruppe garantiert über ihn austauschte.
 

Wie blöd, kindlich und naiv musste ein Mensch sein, um Gackt zu glauben, dass er es mit seiner Versöhnungsnummer tatsächlich ernst meinte?!

Oh, dabei ist die Antwort doch recht einfach.

Kleine Hydes mit langen Haaren, die wie (zwar hübsche, aber momentan spielte es keine große Rolle) Mädchen aussehen. Dabei war es nicht mal das Schlimmste. Sondern die Tatsache, dass Hyde auch genauso zu fühlen schien. Wie ein Mädchen. Das verrückt nach einem Jungen ist.
 

So, danke sehr. Das Experiment „Wie verwandeln wir unsere Söhne“ ist erfolgreich zum Abschluss gebracht worden. Wir stehen auf, verbeugen uns höflich und verkaufen das Patent der Hydeisierung für großes Geld an jungenreiche Familien.

Der Coup schlechthin.
 

Ja, verdammt, heul doch!

Der Langhaarige erschrak. Das hatte er doch wohl etwa nicht laut ausgesprochen, oder? Ein kurzer schneller Blick zurück in die Realität.

Keine verwunderten Gesichter oder Hände, die heimlich die Nummer der nächsten Psycho-Anstalt in Handys eingeben.

Puh, dann war’s wohl nur der Rest seiner männlichen Seite. Irgendwie ein tröstlicher Gedanke. Dann war ja noch nicht alles verloren.

Der Langhaarige beruhigte sich langsam, erhellte seinen Körper wieder mit seiner geistigen Präsenz.
 

Und wünschte sich im nächsten Moment, er hätte es nicht getan.
 

„...du es geschafft?“
 

„Klar, was denkst du denn?“ Eindeutig Gackts Stimme.
 

„Ich hab ja gesagt, dass die Wette für ihn viel zu einfach sein würde, aber auf mich hört ja niemand.“
 

„So, wie jetzt zum Beispiel.“ Gelächter.
 

„Nein, jetzt mal im Ernst. Hast du sie etwa...?“ Effektive Pause.
 

„Nein, was denkst du denn? So weit würde ich nicht gehen, noch ist sie mir zu teuer. Später vielleicht.“ Höchstwahrscheinlich eine wegwerfende Handgeste. Wir wollen doch wie der echte snobistische Abschaum wirken, nicht wahr? Und das gelingt uns auch so verdammt gut!
 

Der Langhaarige verkrampfte sich.

Eine Wette.

Eine gottverdammte Wette. Na, wer kriegt diesen komischen Typen in der Schulmädchenuniform zuerst geknutscht? Ja, und dann lachen wir uns kollektiv ins Fäustchen über so viel Dummhyde.

Die Bitterkeit und den Zorn konnte der Langhaarige förmlich schmecken.

Er musste hier schlicht und einfach raus. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass Hyde für seinen Abgang auf die Toilette (wohin sonst sollte ein betrogener androgyner Gitarrist der hiesigen Musik-AG schon verschwinden?! In dieser Penne gabs doch nichts anderes!) noch fünf Minuten blieb. Na, reicht ja, um ein paar Spiegel kaputt zu schlagen.

Nicht, dass Hyde dies wirklich vorhatte, aber der Gedanke tat so gut. Stellen wir uns einmal vor...(A/N: Es folgen an dieser Stelle blutige, brutale Szenen, die zu beschreiben ich mich leider weigern muss, aus Rücksicht auf meine minderjährigen Leser.)

Aber der Fortuna schien Hydes Frisur nicht zu gefallen. (An der Kleidung kanns nicht liegen, er trug ja jeden Tag das gleiche...). Sie drehte sich nämlich von ihm weg.

Am Ausgang war der Langhaarige gerade dabei, wütend herauszurennen, als sich ihm ein Hindernis organischer Natur (ohne vorher um Erlaubnis zu fragen) einfach in den Weg stellte.
 

Wie lösen wir nun das Problem? Einfach.

Wir laufen direkt dagegen und fliegen dann höchst graziös auf den Hintern.

Was Hyde auch genau tat.

Das Hindernis entpuppte sich als ein hübsches Mädchen mit langen braunen Haaren und mit blauen, vor Schrecken geweiteten Augen. Hyde fragte sich resigniert, warum ausgerechnet ER intime Bekanntschaft mit dem Boden machen musste, wenn er gegen ein Mädchen lief! Die Welt war so verdammt ungerecht heute! Musste wohl die gute Erziehung sein...
 

Mit einem frustrierten Seufzer, sich ein weiteres Mal zum Narren gemacht zu haben, rappelte sich der Langhaarige auf. Die interessiert zuschauenden Schüler (toll, dass einer hilft...) in die weitesten Ecken seiner Wahrnehmung gequetscht, verbeugte sich Hyde mit einer leise gemurmelten Entschuldigung. Dabei bemerkte er, wie das Mädchen ihren Blick hinter seinen Rücken wandern ließ (danke auch, ich entschuldige mich gern, wenn man mich nicht einmal beachtet), plötzlich zusammenzuckte, sich anmutig an den Bauch griff und mit einem sehr überzeugend wirkenden schmerzhaften Seufzer langsam auf den (von soviel Intimität schon rosig gewordenen) Boden sinken ließ.
 

Bis dato war sich der Langhaarige gar nicht bewusst, dass seine Entschuldigungen einen dermaßen...umhauenden Effekt hatten.

Diese Erkenntnis ließ Hyde - ganz der Gentleman der alten Schule - blitzschnell zu reagieren, die Schülerin sanft mit seinen Armen auffangend. Das Mädchen nutzte die Gelegenheit, schmiegte sich an ihn und flüsterte gebrochen:
 

„Ent...entschuldige...mir...mir ist ganz plötzlich so übel...bitte, kannst du mich zum Krankenflügel begleiten? Ich...allein schaffe ich es nicht...bitte.“
 

Hyde, nun doch etwas besorgt über die Situation - lag es etwa an ihrem Zusammenstoß? - zögerte nicht und legte sich den Arm der Schülerin um seinen Hals, während er mit seinem eigenen ihre Taille umschlang, um sie zu stützen.
 

Langsam machten sie sich auf den Weg.

Hätte der Langhaarige nur für eine Sekunde ins Klassenzimmer geblickt, so wäre er sicherlich mit offenem Mund in Schock erstarrt, als Gackts Augen einen Moment lang in purem Hass und Zorn explodierten.

So jedoch konnte sich Hyde wenigstens einen Teil seiner Vernunft und seiner Würde bewahren.

Endlich war das Mädchen sicher in eines der Krankenbetten verstaut worden - wie sie hieß und was nun genau ihr weh tat, das hatte der Langhaarige, während sie sich mit Geschwindigkeit eines Regenwurms durch die Gänge schleppten, nicht aus ihr herausbekommen können. Jedes Mal erklang ein Schmerz erfüllter Seufzer - zur Abwechslung auch Mal ein Stöhnen - von dem Hyde schließlich die Nase voll hatte (ihn beschlich langsam das Gefühl, erneut das Versuchkaninchen für Theaterkünste zu sein) und beschloss in einem unhöflichen Schweigen zu verharren. Seltsames Mädchen.

Gerade war er dabei, das kleine Zimmer mit den zwei Betten, die jeweils mit einer Gardine voneinander getrennt wurden, zu verlassen, als eine ihm nur zu gut bekannte Stimme sein vor sterbenden Seufzern traktierte Gehör erreichte.
 

„...de! Hyde! Haido-chan, bist du in Ordnung? So antworte mir doch, Haido! Ist dir...?“ Der Angesprochene zog wortlos die Tür auf und fand sich Angesicht zu Angesicht mit einem vor Sorge umkommenden Tetsu wieder. Dieser brauchte nicht lange, um seine Erleichterung kundzutun. Mit einem angemessen lauten Ausruf: „Haido-chan, bin ich froh!“ warf er sich auf den Langhaarigen.

Dieser hätte beinahe ein weiteres Mal den Fußboden geküsst, hätte ihn Tetsu nicht aufgefangen und hochgehoben. Wie ein Vater, der sein geliebtes Kind lachend auf die Arme nimmt.

Würde Hyde so etwas nicht abgrundtief verabscheuen, weil es ihn an seine geringe Größe erinnerte und er sich dabei wie ein Püppchen vorkam - hätte er es vielleicht amüsant gefunden. Betonung auf „vielleicht“.

Der Braunhaarige in all seiner atomar-strahlenden Fröhlichkeit schien die düsteren Holt-mich-hier-raus-Gedanken seines Freundes nicht zu bemerken (A/N: wie auch...).
 

"Haido, ich liebe dich! Mir ist gerade eine wunderbare Idee gekommen!" Der Bassist hüpfte aufgeregt auf und ab (möglicherweise sollten wir das mit dem Vater und Kind noch mal überdenken...).
 

„Äääh...“ Zugegeben, nicht gerade geistreich, aber immerhin ein Anfang.

„Echt?“ Na bitte, wir machen langsam Fortschritte.

„Was denn für eine Idee, Tet-chan?“ Es lebe die korrekte Inbetriebnahme der menschlichen Artikulation!
 

„Wieso fahren wir heute denn nicht gleich nach der Schule zu den Proben? Heute ist doch Dienstag.“
 

„Proben...?“, schlüpfte es dem Langhaarigen heraus, bevor dieser überhaupt erst realisieren konnte, was er da von sich gab.

Tetsu blinzelte.
 

„Haido-chan? Bitte sag mir nicht, dass du es geschafft hast zu vergessen, dass du Sänger in einer Band bist...?“ Klang eindeutig enttäuscht. „Und zur unserer ersten Verabredung bist du auch nicht gekommen...“ Nun ließ der Braunhaarige den Kopf hängen.
 

„Oh. OH! Die - die Proben!“ Endlich war der Groschen gefallen. Hyde tat schnell einen Schritt auf seinen besten Freund und Bandleader zu, nahm dessen Gesicht in die Hände und zog es zu sich hin.
 

„Es tut mir aufrichtig Leid, Tet-chan! Ich hatte so unglaublich viel zu erledigen, ich habe es vergessen. Bist du mir böse? Was ist mit den anderen?“ Es wurden die schwersten Geschütze aufgefahren. Große, glänzende Augen, zitternde Unterlippe, mit feinen weinerlichen Strähnchen durchzogene Stimme.

Der Braunhaarige hatte dieser geballten Puppyhaftigkeit nichts entgegenzusetzen. Er lächelte und winkte großzügig ab. Na bitte, wer sagts denn. Die altbewährten Methoden wirken immer.
 

„Nein, wie könnte ich dir denn jemals böse sein?“ Der Langhaarige war nicht wirklich überzeugt. Er erinnerte sich nur zu gut an Momente, in denen ihn der Braunhaarige seine Unzufriedenheit deutlich spüren ließ. Er wollte schon diesbezüglich seine Meinung kundtun, als Tetsu bereits fortfuhr.
 

„Dafür haben wir ein Lied komponiert.“ Der selbstgefällige Gesichtsausdruck wurde von Hydes durchdringend-forschendem Blick auf eine harte Probe gestellt.
 

„Na gut, na gut“, gab Tetsu auf. „Uns fehlt nur noch der Text.“

Der Langhaarige sagte nichts, sah den Bandleader immer noch skeptisch an.
 

„Gut, du hast gewonnen! Eigentlich fehlt der Drummer-Part und das Stück für die Gitarren-Stimme müsste noch ausgearbeitet und angepasst werden...“ Ein resignierter Seufzer folgte. Hyde trat von seiner Kampfstellung zurück und meinte gnädig:
 

„Das ist ja schon mal was...Ein neuer Song ist gar nicht mal so schlecht. Hast du denn schon Ideen für den Text?“

Freudig wurde die Chance von dem Braunhaarigen beim Schopfe gepackt. So wie alle anderen leidenschaftlichen Musiker liebte es Tetsu, seine musikalischen Ideen jedem möglichen und unmöglichen Lebewesen zu unterbreiten. Einmal hatte er aus Trotz einer Sanddüne vorgesungen, weil kein anderer ihm zuhören wollte (lag unter Umständen daran, dass ihm diese fabelhafte Idee um zwei Uhr morgens kam). Ob es der Düne gefallen hatte, behielt sie wohlweislich für sich.

Das hatte Tetsu jedoch nicht davon abgehalten, seinen Willen bezüglich des Liedes durchzusetzen und schließlich damit auch auf dem zweiten Platz bei dem vorangegangenen Wettbewerb zu belegen.

Der Langhaarige konnte sich nie ein Grinsen verkneifen, wenn er daran dachte.
 

„...mir überlegt, dass wir vielleicht ein paar französische Wörter mit einbringen. Was meinst du? Die närrische Wahrheit...“ Eine auslandende Geste folgte. Tetsu war in seinem Element.
 

„Enticher“, übersetzte Hyde automatisch. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass sie die ganze Zeit im Krankenzimmer gestanden hatten.
 

„Oi, Tet-chan, wäre es für uns nicht zufällig an der Zeit, zum Unterricht zurückzukehren?“ Der Langhaarige wagte einen zaghaften Versuch, seinen Freund wieder in die Realität zu holen.
 

„Jaahh, das klingt doch schön! Entichers...shinjitsou ga...“ Klappte nicht so ganz. Hyde setzte sich langsam in Bewegung, Richtung Ausgang. Vielleicht würde der Gruppenzwang ja den gewünschten Erfolg erzielen.
 

„...nein, man bräuchte noch ein Bisschen Pepp, eine gewisse Betonung, Ausruf.“ Ohne mit seinen Überlegungen aufzuhören, folgte der Braunhaarige Hyde aus dem Zimmer. Dieser grinste. Er wusste ja - die alt bewährten Methoden...

Sie hatten noch nicht einmal ein paar Schritte den leeren Korridor hinunter gemacht (all die anderen braven Schüler saßen schwitzend hinter ihren Bänken und ließen sich berieseln), als Hyde eine nicht unwichtige Tatsache auffiel: Er hatte absolut keinen Schimmer, wo sich die neueste Niederlassung ihrer AG befand. Der Langhaarige verlor keine Sekunde, sein Unwissen zu äußern.
 

„Wo wir hin müssen? Oh. (/Ja, genau! Schön, dass es dir doch noch auffällt, dass selbst wenn ich an die Verabredung gedacht hätte, meine Chancen, die Halle zu finden bei Null lägen?!/) Unser Musikzentrum befindet sich in Hinodai...Ich hol dich dann gegen 6 Uhr ab, okay?“

Noch bevor Hyde seinen Bandleader in einer alles vernichtenden Tirade darauf hinweisen konnte, was genau er von einer zweistündigen Fahrt in dieses Viertel hielt, wurde der Langhaarige sehr abrupt und sehr unsanft zum Stehen gebracht.
 

TBC
 

A/N: Wau. Wir habens wieder mal geschafft, etwas zu produzieren. Alle, die grade vor Langeweile gestorben sind, kann ich beruhigen - das, was in diesem Kapi beschrieben wurde, hat großen Einfluss...auf später. Im nächsten wird es dann etwas interessanter...hoffe ich jedenfalls.
 

...Kommentare? Klein Tödchen ist auf Entzug.

Wenn Proben in Krankenhäuser verlegt werden...

A Highschool Story
 

Kapitel #13
 

Schnell erkannte der Langhaarige, dass mögliche Schritte, die er im Begriff war gegen Tetsu einzuleiten (anschreien und Haare ausrupfen war die anvisierte Haupthandlung), vielleicht doch ein wenig warten sollten.

Der Bandleader hatte Hyde erfolgreich vor einer wiederholten Kollision mit einem Schüler bewahrt (indem er ihn nicht gerade sanft am Hemd packte und zum Stillstand zwang), die für den Langhaarigen wahrscheinlich noch unangenehmer ausgegangen wäre.
 

Fünfzehn Zentimeter Abstand zwischen ihm und einem gewissen Blonden sagten eindeutig, dass es Rettung in letzter Sekunde gewesen war.
 

„Gott, Hyde, wo bist du denn mit deinen Gedanken?“
 

Rhetorische Frage.

Wo könnte er denn mit seinen Gedanken denn zufällig sein, hä?!

Wut war das beste Mittel gegen Verlegenheit und Bitterkeit. Sei es auch auf sich selbst. Oder auch auf Tetsu, der solche bescheuerten Fragen stellte. Oder auch auf Gackt, der mit eisigem Gesicht (/Verfluchte Scheiße, noch nie eine Sauna von innen gesehen, oder was?!/) vor ihm stand.
 

Als der Langhaarige endlich seinen flammenden Blick hob, um das dreiste Hindernis zu Asche zu verarbeiten, musste er feststellen, dass man mit der Party schon ohne ihn angefangen hatte. Die beiden Herren versuchten sich in kürzester Zeit in einem stummen Duell die Kehlen durchzuschneiden.

Es ging doch nichts über ein hübsches Mordchen zwischendurch! Ein bisschen Adrenalin fördert die Verdauung!
 

Hyde war lustig.
 

...Uuund hier, meine Damen und Herren, sehen Sie den Herausforderer! Teeetsu, daaas Grinsen! Niemand ist dieser atomaren Fröhlichkeit gewachsen! Doch kann diese Attacke gegen den bewährten Blickduellanten, DEN Meister des Eises, Gackt, bestehen?! Das ist die große Frage, meine Damen und Herren, die jetzt, hier, in diesem Moment entschieden wird!!! (gleich nach der halbstündigen Werbepause.)
 

Yepp, Hyde war eindeutig lustig.
 

Unnötig zu erwähnen, dass Tetsu verlor. Sein spöttisch-begrüßendes Lächeln wurde zu blutigem, von Gletscherpfeilen gespicktem Hackfleisch verarbeitet.

Und dann...eine Drehung um 180.

Hyde wurde es langsam warm. Wie – wie konnte Gackt nur? Zuerst so – so...und dann genau das Gegenteil?

Dieser Blick! Wie er langsam von oben nach unten wanderte – bewertend, einschätzend, ausziehend.

...ausziehend...?

Okay.

HYYYDEE! Komm sofort auf die Erde runter! Hallo! Der Typ hat eine Wette abgeschlossen! EINE WETTE! Und du hast noch den Nerv, unter seinem Blick wegzuschmelzen?!
 

Effektiver Realitätsschub.

Der Langhaarige riss sich los (errötete kurz zwischendurch) und schritt mit erhobenem Kopf weiter.
 

Erst nach zehn Metern schaffte er es, seinen perfekten Hüftschwung einzustellen. Und seinem Herzen zu versichern, dass der Körper keine zusätzliche Blutzufuhr brauchte und dass es endlich aufhören sollte, Überstunden zu machen.

Hyde seufzte. Er verstand weder die Welt, noch sich selbst.
 

Er hasste den Blonden doch, oder? Nach allem, was dieser ihm an den Kopf geworfen hatte...

‚Aber er hat sich für sein Verhalten entschuldigt.’

Trotzdem erlaubt es ihm noch gar nicht, sich wie das letzte Arschloch zu benehmen!

‚Also, wenn er sich jedes Mal SO entschuldigen würde...’

Haaalt! Bis hierher und nicht weiter! Nicht ein Gedankenschritt in diese Richtung! Er hat mich überfallen, klar? Ich...ich wusste nicht, was zu tun ist, also habe ich ihn einfach gewähren lassen...!

‚Na klar.’

Graaah! Okay, gut, du hast gewonnen! Es hat mir gefallen, in Ordnung? Zufrieden? Goott, wieso sind immer alle gegen mich? Sogar meine innere Stimme.

Aber was ist mit ihm? Hatte er das gleiche gefühlt? Oder hatte er sich nur ein kleines Späßchen am Rande erlaubt? So, wie er sich heute benommen hat...

‚Man sollte nicht zu voreilig mit seinen Urteilen über andere sein.’

Komm mir jetzt nicht mit diesen abgegriffenen Floskeln. Ich bin verwirrt. Ich sollte Gackt hassen.

‚Das schaffst du aber nicht.’

...echt? Verdammt.
 

Zwei grinsende Gesichter– ein fröhlich-erkennendes und ein spöttisch-zufriedenes – bemerkte der Langhaarige (Gott sei Dank) nicht.
 

***
 

Die Halle sah...etwas verlassen aus. Hyde war sich durchaus bewusst, dass dies die Untertreibung des Jahrhunderts war. Sollte er aber tatsächlich das Richtige denken, so wäre die Erhaltung eines gemütlichen und wohlwollenden Lächelns auf seinem Gesicht definitiv vom Aussterben bedroht.

Der Langhaarige schluckte.

Und da sollten sie spielen?
 

Zerbrochene Fenster, überall Schmutz und Berge von Gerümpel. Das i-Tüpfelchen bildete ein Sofa in einer dunklen Ecke. Die Sprungfedern schaukelten düster hin und her. Die Innereien des Bezuges genossen Urlaub auf dem staubigen Boden.

Nur mit ganz viel Mühe konnte Hyde an den hinteren Ausläufen dieses Müllberges etwas Mikroständer-Ähnliches erkennen.
 

Und mit noch viel mehr Mühe konnte er Tränen unterdrücken.

Ken und Yuki sahen zwar gefasster aus, aber überglücklich schienen sie auch nicht zu sein.

Tetsu dagegen strahlte.
 

„Seht euch nur diesen Raum an! So groß! Da könnte man doch locker drei von unseren Klubhäusern unterbringen!“
 

Just in diesem Moment stolperte der Langhaarige, riss sich an etwas Spitzem die Haut blutig und fiel auf den staubigen Boden. Undefiniert-länglicher Bereich an seinem Bein heulte auf vor Schmerz, doch es waren Verzweiflung und Resignation, die ihm die Luft zuschnürten. Er konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken.

Was für eine Enttäuschung!

Natürlich hatte er gewusst, dass sie kein Aufnahme-Studio erwartete (Selbstbetrug! NATÜRLICH hatte er es gehofft!), aber diese Müllhalde hier?

Noch ein Schluchzer. Miserabel unterdrückt.
 

„Haido? Haido! Du blutest ja!“

Ken hatte ihn als erster gefunden. Der Langhaarige hatte sich nach seinem Sturz mühsam wieder aufgerappelt und kauerte sich hin, in depressive Gedanken versunken.

Hyde hatte es verdient. Es war schließlich seine Schuld, dass sie aus der AG vertrieben worden waren. Hätte er keinen Streit mit dem Blonden angefangen, könnten sie jetzt schön in ihrem kleinen Haus üben...(Anflug von Märtyrertum).

Ken fasste den Langhaarigen vorsichtig an der Schulter.
 

„Haido, bist du in Ordnung?“ Eindringlich wurden die Worte geflüstert.

Aufgeschreckt sah Hyde nach oben. Wurde sich jedoch im gleichen Moment der Sturzbäche auf seinen Wangen bewusst und senkte sogleich den Kopf. Vielleicht bestand ja noch Hoffnung, sich dieser nicht zum Aufhören geneigten Tränen zu entledigen.
 

„Schhh...“ Das Geräusch wurde von tröstendem Streicheln über den Rücken begleitet. Gerade als Hyde einen genervten Blick Richtung des Gitarristen schicken wollte (/Also, wirklich! Wegen solchen Kleinigkeiten fange ich doch nicht an zu heulen! Für wen hältst du mich eigentlich? Ein Mädchen?!/ ...doch möglicherweise sprach die Uniform etwas dagegen...), als Ken fortfuhr.
 

„Mach dir keine Sorgen. Ich bin zwar auch nicht sonderlich von dieser Einrichtung begeistert, aber ich bin mir sicher, dass wir das schaffen werden.“
 

„Aber wann sollen wir denn üben?“ Ersticktes Flüstern.

Erstaunen, dass sein Freund ihn so gut zu kennen schien, erstarb schnell angesichts der hoffnungslosen Lage.
 

„Vertraust du unserem Bandleader denn nicht?“ Verschwörerisches Zwinkern.
 

„Doch...aber...“ Ken hatte schon Recht. Tetsu hatte sie schon öfter aus einer heiklen Situation gerettet, aber diesmal schien es ausweglos. Der Langhaarige schaute Ken an, als ob sich in dessen Gesicht irgendwo die Lösung versteckt hielt.
 

„Haido, Haido, also das hätte ich nun gar nicht von dir erwartet. Dass du wegen solcher Kindereien in Tränen ausbrichst. Wir sind schließlich nicht allein auf der Welt!“ Ken lächelte.

Hyde verstand. Immer noch unsicher erwiderte er das mittlerweile zu einem Grinsen mutierte Lächeln.

In stummer Bitte streckte er dem Gitarristen seine Arme entgegen – und wurde sogleich mit einem kräftigen Ruck in die Höhe befördert. Als hätten sie nur darauf gewartet, fingen die Nerven in seinem malträtierten Bein an zu kreischen und sich ob dieser unhöflichen Behandlung lauthals bei seinem Schmerz-Empfindungszentrum zu beschweren.

Der Langhaarige kniff die Augen zusammen und verbiss sich mühsam ein Stöhnen.
 

„Uhoh, das sieht aber gar nicht gut aus!“
 

/Ach, nee. Sich anfühlen tut es noch weniger gut!/ (Alles klar, wir sind erfolgreich von unserem Depri-Trip zurückgekehrt.)
 

„AUA! Verdammt, Ken! Das tat WEH! Nur zur Information!“, konnte Hyde es sich nicht verkneifen, als der Gitarrist sich zu Hydes in Mitleidenschaft gezogenem linken Bein hinunterbeugte und an diesem herumzuwerkeln anfing.

Der Angeschimpfte erwiderte nichts, sondern erhob sich und hielt einen blutigen, verrosteten Nagel in Hydes Gesicht.

Aussage genug.

Dem Langhaarigen wurde ganz plötzlich sehr schlecht. Und das Ding hatte in seinem Schienbein gesteckt?! Und er hatte es nicht einmal bemerkt? Gut, er hatte einen Schock gehabt und zudem waren seine Beine eingeschlafen gewesen...dennoch eine erstaunliche Leistung. Fand er.
 

„Das muss schleunigst behandelt werden. Komm, stütz dich auf mich. Ruhig, nur nicht zu sehr das Bein belasten...“

Alle möglichen ironischen Erwiderungen, die dem Langhaarigen auf der Zunge normalerweise Schlange gestanden hätten, verschwanden – weggespült von der Schmerzenswelle, die immer und immer wieder Hydes Nervensystem überflutete. Die Wunde brannte mit Frost – auf eine Weise, die jede Bewegung schon in Gedanken zunichte machte.
 

„Hnnn...“ Der Langhaarige biss sich auf die Unterlippe.
 

„Haido? Was ist denn...Oh, mein Gott!“ Tetsu war angelaufen, nachdem Hyde schon drei seiner Rufe überhört hatte.
 

„Das...geht schon“, konnte der Langhaarige aus sich herauspressen.

Bei jeder Anspannung der Muskeln floss Blut aus dem tiefen Schnitt, färbte die Socken und die Schuhe Hydes in leuchtendes Rot.

Tetsu schüttelte den Kopf. Ohne lange nachzudenken hockte er sich vor dem Langhaarigen hin. Dieser schaute nur verwirrt auf dessen Rücken.
 

„Äh, Tet-chan? Hast du da unten etwas verloren?“ (Die Schmerzen haben jemandem wohl ernsthaften Schaden zugefügt...)

Kurzes Auflachen von drei Seiten. Hyde konnte manchmal wirklich kindlich sein.
 

„Na, wonach sieht es denn aus, Doiha-chan?“, wagte sich Tetsu als Erster den Heiterkeitsausbruch zu erklären.
 

„Die Tetsu-Kutsche – speziell für dich angekommen!“, kam Ken zu Hilfe.
 

„Los, worauf wartest du denn noch? Steig auf! Sonst schlafen meine Beine ein und ich lass dich womöglich noch fallen...“ Tetsus Stimme hatte feine Nuancen von Ungeduld aufzuweisen. Mit einem leisen „Danke dir, Tet-chan“, kletterte der Langhaarige auf dessen Rücken. Vorsichtig, um das verletzte Bein nicht unnötig viel zu bewegen, umfasste Tetsu die Oberschenkel Hydes und stand mit einem Ruck auf. Automatisch umfasste der Langhaarige noch fester Tetsus Schultern und Hals.
 

„Alles in Ordnung?“

Gut, die Frage war vielleicht nicht sehr angemessen – da das Gegenteil blutrot ins Gesicht schrie – aber was sollte man gegen die gesellschaftlich eingebläuten Floskeln machen?
 

„Klar, hier oben alles bestens!“ Hyde hatte absolut nichts dagegen, durch die Gegend getragen zu werden – auch wenn die Umstände etwas weniger schmerzhaft sein könnten. Außerdem würde sinnloses Rumgeheule und Gestöhne sowieso nichts verbessern.
 

Die seltsame Prozession erregte leichtes Aufsehen.

Wenn man denn reihenweise umkippende Damen, das Gesicht verziehende Männer und heulende Kinder als leichtes Aufsehen bezeichnen konnte.

Vielleicht war ja ein langer dunkelroter Einriss in leicht gebräunte Haut, aus dem unablässig Blut in Strömen hervorquoll, Schuld daran. Denn erschien den Freunden das Verbinden des Schnittes nicht sinnvoll – das nächste Krankenhaus war (Gott sei Dank) nicht weit entfernt und außerdem waren schmutzige Lumpen (weitere Mitleid erregende Mitbewohner der Halle) nicht gerade mit Bakterienfreiheit gesegnet.
 

Doch nicht nur Fußgänger bemerkten diesen improvisierten Krankentransport...
 

TBC
 

A/N: Irgendwie hab ich das Gefühl, dass wenn bald nicht etwas passiert, Hyde in der Klapse landet. Er jagt mir Angst ein, wirklich – diese Stimmungsschwankungen sind ja noch schlimmer als bei Schwangeren.

Und außerdem – ein Krankenhaus?! Wie zur Hölle kommt Hyde in ein Krankenhaus?! Obwohl das eigentlich recht hübsche Möglichkeiten bietet...#hüstel#
 

Ja. Ihr habt gut durchgehalten bis jetzt. Vielen Dank. (Und nur nicht nachlassen – Kommentare wie immer erwünscht. :D)

Besuch zu früher Stund’ hat nicht immer Gold im Mund...

A Highschool story
 

Kapitel #14
 

Als sie endlich im – so einladend häuslich nach Desinfektionsmittel riechenden Gebäude ankamen, spürte Hyde sein Bein (und den Rest seines Körpers gratis mit dazu) vor lauter Schmerzen nicht mehr. Der Schock (/Oh, du Liebe meines Lebens, wieso hast du mich verlassen?!/) war nun vollends verschwunden – Hydes Nerven pochten lautstark an ihren Menschenrechten; der Langhaarige versuchte, sie mit einem durch die zusammengepressten Lippen hindurch gezwängtem Stöhnen zur Vernunft zu bringen.
 

Sinnloses Unterfangen, nur so ganz am Rande gesagt.
 

Der Langhaarige bemerkte nicht einmal, wie ein Völkchen Ärzte und Schwestern angerannt kam und der Rücken Tetsus sich spontan in eine Krankenliege verwandelte.

Erst, als ein etwas holpriger Start mit dem neuen Gefährt sein heulendes Bein in unfreiwillige Bewegung brachte, wurde der Langhaarige auf seine Umgebung aufmerksam. Er fand sich auf einer weißen, weichen Liege – mit stockstarrem Rücken, denn Hyde traute sich einfach nicht, seine Muskeln weiterhin zu beanspruchen – und wurde höflich in eine ihm unbekannte Richtung gekarrt.
 

Seine Wunde war diesmal dezent mit einem Stofftuch bedeckt (was nicht gerade großen Nutzen aufwies – denn der Stoff wurde genauso dezent durchgeblutet). Vorsichtig drehte Hyde seinen Kopf zur Seite.

Als hätten seine Freunde die Gedanken des Langhaarigen gelesen, erschienen sie mit besorgten Mienen in seinem Blickfeld.
 

Hyde kratzte sich ein todesmutiges Lächeln ins Gesicht, um zu zeigen, dass mit ihm alles in Ordnung war. (HAHA.)

Die anderen fielen darauf nicht rein.
 

Immer wieder schielte der Langhaarige auf das mittlerweile ganz und gar rote Tüchlein. Unglaublich, wie unwichtig der Rest der Welt war, wenn deine eigenen Zellen so kümmerlich und Mitleid erheischend nach deiner Aufmerksamkeit verlangten!

Oder einfach: ES TAT ZUR HÖLLE NOCH MAL WEH!

Der Langhaarige musste sich auf die Zunge beißen, um diese traurige, unheroische Wahrheit in die Welt hinauszubrüllen.
 

Und dann war die kurze Reise vorbei.

/Na endlich!/, hätte Hyde wohl gedacht, wenn er nicht die geradezu mörderische Sammlung an angeblichen Heilinstrumenten erblickte.
 

Tetsu und die anderen wurden gebeten, draußen zu bleiben, als der Langhaarige in einen unscheinbaren Raum namens ‚Behandlungszimmer 3’ gefahren wurde.
 

„Könnte einer von euch vielleicht Hydes Eltern Bescheid geben?“, fiel dem braunhaarigen Leader plötzlich ein. Beide nickten und verschwanden Richtung Suche eines Telefons. Tetsu war gerade dabei, sich über das ungewöhnliche Paar und deren noch ungewöhnlicheres Verhalten Gedanken zu machen, als ihm siedend heiß etwas bewusst wurde.
 

Hyde...
 

„UUUUUUUUUUAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHH!!! HIIIIIIIIIILLLLLFEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE!!!“
 

...hasste Spritzen.
 

„NEEEEEEEEIIIIIIIIIIIIIINN! GOOOOOOOOOOOOTT! WWWEEEEEEEEEEEEEEEEEEEGG!!“
 

Dumpfe Geräusche, unterdrückte Flüche – dies alles deutete auf einen ungleichen Kampf hin. Ungleich, weil die Ärzte dabei meistens den Kürzeren zogen.

Nach zehn Minuten kam eine schwer atmende Krankenschwester heraus gerannt, ein verzweifeltes „Und holen Sie ihm eine Zwangsjacke, verdammt noch mal!“ schallte ihr aus der offenen Tür hinterher.
 

Die Verwirrung ausnutzend schlüpfte der Braunhaarige in das Kampf geschwängerte Zimmer. Was er sah, ließ Tetsu in geschocktem Staunen innehalten.
 

Auf dem Bett (Laken und Kissen residierten in würdevoller Verdrossenheit daneben auf dem Boden) lag Hyde.
 

An sich keine außergewöhnliche Haltung. Wären da nicht die zwei Krankenschwestern, die jeweils seine Arme hielten, zwei Ärzte für seine Beine (anscheinend hatte Hyde in seiner Panik nicht gezögert, sein in Mitleidenschaft gezogenes Gehwerkzeug als Geheimwaffe einzusetzen – mit Erfolg, denn einer der Ärzte hatte ein prachtvolles Veilchen in seinem Gesicht blühen), während ein weiterer Arzt quer über Hydes Bauch lag und verzweifelt versuchte, dem bockigen Verletzten (...eine himmelschreiende Untertreibung, aus der Sicht der gebeutelten Mediziner) ein Arzneimittel zu verabreichen.
 

Wie es aussah, konnte der Langhaarige sehr eindrucksvoll seine Position halten.

Doch als den Braunhaarigen dessen angsterfüllter Blick streifte, erkannte Tetsu, dass es dem Kleineren ganz und gar nicht nach Siegesruhm zumute war.
 

Seinen ausgeprägten Mutterinstinkten folgend (wobei nur Hyde es vermochte, sie überhaupt auszulösen), drängte sich Tetsu durch die schnaufende und schimpfende Ärzteschar, befreite den Langhaarigen aus der festen Umklammerung der Schwestern und drücke den Verängstigten und Verletzen an sich.
 

„Schhhh...Doiha-chan, es ist doch alles gut...es wird dir niemand wehtun. Ich bin da und gebe auf dich Acht, okay?“ Tetsu streichelte dem Kleineren sanft über das verworrene Haar.

Ein leichtes Schniefen war die Antwort.

„...danke...“
 

Dieser Moment der tiefsten Freundschaft wurde skrupellos von einem der Ärzte ausgenutzt. Bevor der Langhaarige auch nur protestierend piepsen konnte, wurde die Nadel in seine Ader an der Innenseite des Ellenbogens eingeführt und ihr Inhalt endlich in Hydes Blutbahn befördert.
 

„Tet-chan...“, wurde vorwurfsvoll geflüstert, „das...war...fies...“ Nach dieser (den Fakten entsprechenden) Feststellung schlief der Langhaarige erschöpft, aber befreit an Tetsus Schulter ein.
 

***
 

Das erste, was Hyde beim Aufwachen spürte, waren Kopfschmerzen und eine verdächtige Dumpfheit in seinem linken Bein.

Wirklich seltsam.

Logisch betrachtet – wenn gewisse Körperteile dumpf sind, dann kann man sie doch gar nicht spüren, oder? Es sei denn, es war so ein ganz niederträchtiger und gemeiner Schmerz, der sich nur als Dumpfheit ausgab, damit er Hyde hinters Licht führen konnte...aber es war ein gewaltiger Irrtum, Hydes fallen nämlich nicht auf solche faulen Tricks herein!

Um auszutesten, ob sein Bein tatsächlich wehtun würde, bewegte der Langhaarige versuchsweise seine mitgenommene Extremität.
 

Nichts passierte.
 

Es blieb immer noch dumpf und apathisch. Die Inspektion der Funktionstüchtigkeit seines restlichen Körpers wurde mutig fortgesetzt (vielleicht fing ja das andere Bein aus purer Solidarität auch an, wehzutun?).

Nein, alles in Ordnung. Bis auf die Kopfschmerzen.
 

Plötzlich platzte in diese an Genietum grenzenden Überlegungen ein etwas unangebrachtes Knurren hinein. Hydes Magen fand den Augenblick passend, um seinem Besitzer gütig über die Abwesenheit von Essen in seinem Inneren zu berichten.
 

„Ich hab Hunger!“, wurde sich beim leeren (bis auf ein paar Schränke und einem Tisch mit Stühlen) dämmrigen Raum beklagt. Dieser antwortete mit eisigem Schweigen. /Unverschämtheit.../
 

Wie spät war es eigentlich? Merkwürdig.

Dass Hyde nicht einmal auffiel, dass er versäumt hatte, sich Die Drei Wichtigsten Fragen Nach Dem Aufwachen zu stellen.
 

Wo bin ich?

Wer bin ich?

Wie spät ist es?
 

Die ersten beiden Fragen beseitigte der immerwährende Geruch des Desinfektionsmittels (wie viel von diesem Zeug benutzten die Ärzte eigentlich? Oder war das ein besonderer Raumerfrischer, nur um die Leute zu ärgern?). Übler Geruch bedeutet Krankenhaus.

Somit wäre die Frage des Ortes schnell geklärt.
 

Und wer bin ich in einem Krankenhaus? Logischerweise – ein Patient.
 

Doch zu unserem perfekten Weltbild fehlt noch die Uhrzeit.

Hyde drehte den Kopf.

Die Wände wiesen eine selbstmitleiderregende Uhrenlosigkeit auf. Ein Blick auf die Seite – ein Nachttischchen. Mit nichts drauf.

Gerade dabei aufzugeben, fiel dem Langhaarigen etwas Längliches, Tickendes an seinem Handgelenk auf. Oh.

Es war erst...WA?!... 3.45 Uhr?!

Zur Hölle!
 

Es war absolut nicht fair! Er würde jetzt unmöglich einschlafen können! Welcher Idiot hatte ihm denn so wenig Schlafmittel verabreicht? Unmöglich, die Ärzteschaft hier! Und was sollte er bitteschön bis zur morgendlichen Visite machen, hä?!
 

Dies alles wurde vertrauensselig in den Raum ausgegossen.

Dieser blieb nach wie vor abweisend stumm. /Unverschämtheit.../
 

Nach etwa einer Viertelstunde der puren Langeweile (/...gibt’s hier vielleicht irgendwo ein Buch?/), der Verzweiflung (/...es ist so dunkel hier, dass ich nicht einmal lesen könnte! Hilfe, ich werde verhungern!/), der hilflosen Panik (/Oh, Gott und was, wenn ich mal muss? Ich weiß ja gar nicht, wo das Klo ist!/) und der wüsten Beschimpfungen des Personals (...kein Kommentar...), konnte Hyde entfernte, so ganz und gar Krankenhaus untypische Geräusche wahrnehmen.
 

Leise Stimmen, ständiges Aufmachen von Türen und vor allem das ausschlaggebende – ebenfalls unzivilisierte Unmutsbekundungen Richtung Ärzte.

Langsam kamen die Personen näher. An der Dunkelheit des Korridors (die schwarze Ritze der ihm gegenüber liegenden Tür konnte nicht gerade mit Helligkeit prahlen) konnte der Langhaarige erkennen, dass die Eindringlinge eindeutig unbefugt hier waren (welche Krankenschwester würde denn blindlings durch stockfinstere Korridore stolpern wollen?)
 

Aber was wollten sie hier? Gewalttätige Absichten? Mord, Diebstahl? Unsinn, was gab es denn bei Kranken denn zu stehlen – außer sehr viel und sehr gebrauchtes Verbandszeug?
 

Noch während er diesen Gedanken zu Ende dachte, nahm Hyde seine Uhr vom Handgelenk und versteckte sie unter seinem Kopfkissen.

Sicher ist schließlich sicher.
 

Die Unbekannten verringerten immer mehr den Abstand zu seinem Zimmer. Es waren höchst wahrscheinlich zwei – eine männliche und eine weibliche Stimme...sie schienen ein bestimmtes Zimmer zu suchen (Sherlock, Sie überraschen immer wieder...).
 

OH GOTT!
 

Das...das konnte doch nicht wahr sein! Völlig unmöglich!

Woher...?
 

TBC
 

A/N: Nyaha. Und ihr könnt euch natürlich absolut nicht vorstellen, wer das sein könnte, oder?

Hyde bricht mal wieder alle Lustigkeitsrekorde – aber nach zu viel Schlafmittel ist man vielleicht etwas verwirrt. (Oder aber man ist einfach Hyde.)

Öh, die Viecher werden ja immer kürzer. Frech. Nya, beim nächsten Mal wird’s hoffentlich etwas anders sein (aber mir darf man generell nichts abnehmen).
 

Oh, ja. Kommentare sind hier natürlich erwünscht. Sehr sogar. (Wann sind sie es nicht? |D)

Liebeserklärungen anderer Art

A Highschool Story
 

Kapitel #15
 

Wahrscheinlich hatte sein Überlebensinstinkt Hyde dazu veranlasst, sich schnell auf die Seite zu drehen und den tief schlafenden Verletzten zu mimen.

Letzteres war nicht so schwierig – sein hartes Schicksal hatte ihn bereits mit einem durchgeschnittenen Bein ausgestattet – nur der Tiefschlaf wollte nicht so recht klappen.

Kein Wunder, wenn mitten in der Nacht irgendwelche Gackts in deinem Krankenhaus auf der Suche nach deinem Zimmer herumschlichen!

Vielleicht sollte der Langhaarige wütend werden? Nein, dazu war er viel zu verwirrt...und...erfreut?

Schwachsinn! Genau DAS war er nicht!

‚Doch.’

Unmöglich! Er war verletzt, übernächtigt und übel gelaunt! In solchem Stadium des Stimmungsverfalls freute man sich nicht auf dumme Stimmen von noch dümmeren Personen!

‚Man sollte die Menschen niemals nach sich selbst beurteilen.’

Er wollte ihn nicht sehen!

‚In dieser Dunkelheit wäre es ein recht schwieriges Unterfangen.’

GRAAAH! KLAPPE!!!
 

...wie gesagt, an Schlaf war schlecht zu denken...
 

Stille.
 

Sowohl in Hydes Kopf als auch auf dem Flur. Alles nur Einbildung? Oder war Gackuto weitergegangen und das Ziel seines nächtlichen Besuchs war gar nicht ein kleiner unfreiwilliger Vocalist, der sich einbildete, die Welt drehe sich nur um ihn?

Plötzlich war der Langhaarige maßlos enttäuscht. So sehr, dass er sogar eine kleine hämische Stimme überhörte, die ihm unter die Nase rieb, dass er sich DOCH gefreut hatte.
 

Das war doch nicht fair! Kaum geisterte ein Hauch eines Beweises, dass der Blonde in der Nähe war, herum, schon herrschte Uneinigkeit zwischen Hyde und seinen (mittlerweile recht laut gewordenen) Gefühlen.

Der Langhaarige seufzte.

Langsam wurde er dieses Spiels müde.
 

Der Blonde wollte doch gar nichts von ihm. Gut, er hatte Hyde geküsst. Mehrmals sogar. Und es war...schön gewesen. Nur für einen Augenblick erlaubte sich der Langhaarige in Erinnerung zu schwelgen, wo sich die Gefühle des Begehrtwerdens und des Vertrauens ineinander vermischten.

Der Gedanke an das Verhalten des Blonden nach ihrem Treffen zerbrach diese schöne Illusion von Glück. Diese Küsse waren nichts weiter als blöde Späße, nur um danach vor seinen Freunden angeben zu können!

Verdammt! Und er, Hyde, er hatte wirklich...-
 

Ein leises Quietschen der Tür riss den Langhaarigen aus seiner Verbitterung.

War ER das?

Hyde konnte die eingetretene Person nicht sehen – klugerweise lag er mit dem Rücken zur Tür.

Eine Schwester schied aus – zu leise und zu patientenfreundlich. Und außerdem würde sich kein Krankenhauspersonal allein in diese Löwenhöhle begeben.
 

Eine kleine Ewigkeit lang tat sich nichts.
 

Der Langhaarige versuchte verzweifelt, wie ein Schlafender auszusehen, während sein Herz vor Freude Samba tanzte, sein Verstand ihm befahl, diesen Widerling auf den Mond zu schießen und Hyde selbst nach Heulen zumute war.
 

Verfluchte Scheiße, nun tu doch endlich was!
 

Eine Hand legte sich sanft auf die braunen Locken – zähmte spielerisch den tobenden Sturm im Inneren Hydes. Eine Welle der Zufriedenheit hüllte ihn ein (er hätte beinahe geschnurrt, konnte sich aber rechtzeitig klar machen, dass Hydes normalerweise menschlicher Natur sind).

Die Hand wanderte vorsichtig nach oben, tastete sich zu seinem Gesicht, strich dem Langhaarigen liebevoll die Strähnen aus der Stirn.

Der Kleinere fühlte plötzlich warmen Atem an seiner Schläfe, kurz darauf die Lippen...und schließlich ein leise geseufztes
 

„...Haido...“
 

Der Angehauchte versuchte krampfhaft ein wohliges Stöhnen zu verschlucken.

Das war doch völlig unmöglich! Wie...wie konnte der Blonde einfach so nachts kommen dann so...so sanft sein, hä?!

Hyde, der sich eine stabil wirkende Mauer aus Zorn und Bitterkeit geschaffen hatte, um den Blonden endlich aus seinem Kopf zu verdrängen, musste hilflos zusehen, wie dieselbe Mauer ein erschrockenes Quieken von sich gab und einstürzte.

Daraus resultierten wiederum Zorn und Bitterkeit – nur leider nicht mehr auf Gackt gerichtet. Leider.
 

Was sollte er tun?

Nein, versuchen wir es mit einer einfacheren Aufgabe. Was sollte er denken?! Was sollte er fühlen, wie sollte er ATMEN?! Hyde wusste es nicht. Er wusste nichts! Nichts, nichts, nichts!!!

Ein Orkan brach los – ein Orkan der Verwirrung, Verzweiflung, der sich selbst widersprechenden Gefühle. Eine rasende Zerstörung aller Barrieren der Vernunft.
 

Dem Langhaarigen wurde erst bewusst, dass sein angespannter Körper vor Anstrengung angefangen hatte zu zittern, als Gackt ihm beruhigend über die schmalen Schultern strich.
 

„...schhh...nicht, Haido, bitte...“, wurde gebrochen geflüstert, „...ich bin hier – es tut mir Leid...es tut mir alles Leid. Ich habe einen Fehler gemacht und du musst ihn ausbaden...Bitte, verzeih mir...“ Lippen drückten sich fast fieberhaft gegen Hydes Schläfe.
 

„Oh, Gott, Haido, ich habe dich so vermisst...Ich wünschte, du könntest mir glauben, wenn ich sage, dass ich...aber nein, du schläfst und hast einen Alptraum. Werde ich dir immer Unglück bringen, wenn ich in deiner Nähe bin? Haido, wie sehr wünschte ich, wir könnten zusammen sein...so wie das letzte Mal. So wie...“
 

Vorsichtig wurde der Kopf des Langhaarigen herumgedreht, weicher Atem glitt suchend an seiner Wange entlang, bis sich ihre Lippen fanden.

Hyde hielt die Luft an, versuchte sich davon abzuhalten, diesem sanften Mund entgegenzukommen...nein, so etwas fällt meistens nicht in das Tätigkeitsrepertoire von Schlafenden, nein, er wird doch merken, dass...sein Verstand bemühte sich nach Kräften, mit argumentativer Logik auf die möglichen Folgen seines Tuns hinzuweisen, während sein Herz vor Verzweiflung und Sehnsucht seinem Besitzer mit Kündigung drohte.
 

Der Langhaarige schickte alle Konventionen und den Rest der Welt zum Teufel (das eigene Leben war schließlich wichtiger) und erwiderte hungrig den Kuss. Sollte sich doch Gackt selbst Gedanken machen, ob Schlafende so etwas taten oder nicht.

Es war...zu wundervoll...so weich...
 

„Haido...“, wurde keuchend geflüstert, nachdem sie sich getrennt hatten.

In einer beinah kindisch anmutenden Hoffnung, weigerte sich der Angesprochene, seine Augen aufzumachen oder sich in irgendeiner anderen Weise zu seinem Wachsein zu bekennen. Er kam sich fast wie ein Eindringling vor, der unerlaubt Persönliches erlauscht.

Aber eben nur fast.

Gackuto war ihm eine Erklärung schuldig.
 

„Du hattest Recht. So verdammt Recht. Ich bin ein Feigling. Einen größeren gibt es gar nicht...Ich kann meine Finger nicht von dir lassen, obwohl ich weiß, dass...dass ich dir damit weh tue.“
 

...was? Wovon sprach der Blonde da? Was sollte das alles? Das noch ein paar Sekunden zuvor herrschende Glücksgefühl wurde unbarmherzig in einer Welle von Unsicherheit ertränkt.

Weh tun? Machte er das etwa mit Absicht?
 

„Ich dürfte eigentlich gar nicht hier sein, aber als ich erfuhr, dass du ins Krankenhaus gebracht wurdest...da konnte ich einfach nicht länger warten...Ich dürfte mich gar nicht erst für dich interessieren, aber ich bin ein Feigling...

Haido, was muss ich tun, damit du mich hasst? Ich kann den Schmerz in deinen Augen nicht mehr ertragen...war muss ich tun, was nur? Ich...ich darf nicht. Um deinetwillen nicht...

Gott, Haido, ich liebe dich doch...so sehr! Ich wünschte, du könntest es mir glauben...Aber es darf nicht sein, nicht solange er...“
 

Ein leises Kratzen an der Tür unterbrach diesen fiebrig-verzweifelten Monolog.
 

„Ah, Yuki...es ist Zeit...“
 

Hyde konnte fühlen, wie die Wärme des Blonden sich entfernte – nur ein kurzer Kuss und ein gewispertes „Verzeih mir...“ zum Abschied. Eine leise quietschende Tür und sich eilig entfernenden Schritte.
 

Der Langhaarige lag noch lange unbeweglich da, starrte mit nichts sehendem Blick in die Dunkelheit. Gackt hatte die Büchse der Pandora geöffnet und der Schmerz wütete mit ohrenbetäubendem Geheul in seinem Herzen.

...Warum?

War einer der aufgescheuchten Gedanken, die in rasender Geschwindigkeit einander jagten.

Warum bist du gekommen? Nur, um mir zu sagen, dass alles vorbei ist, bevor es richtig angefangen hat? Warum gibst du mir Hoffnung und zerstörst sie im gleichen Moment? Warum sagst du mir, dass du mich liebst und im selben Atemzug Lebewohl?!

WARUM?!

Du elender Egoist! Du wälzt deine Probleme auf mich ab, ohne dich auch nur einen feuchten Kehricht um meine Gefühle zu scheren! Du willst, dass ich dich hasse? Na, prima! Damit hast du es dir auch redlich verdient!

Ich hasse dich!

Ich verabscheue dich aus tiefstem Herzen, hörst du?!

Ich hab gefragt, ob du mich hörst!!!
 

Den Langhaarigen erschrak seine eigene krächzende Stimme und erst in diesem Moment bemerkte er, dass er weinte.
 

...komm zurück...bitte, komm zu mir zurück.
 

ENDE
 

A/N: MUAHAHAHAH. Schönes Ende, nicht? #diabolisches Lachen ertönt#

Aber nein. War nur ein Witz, der der Wahrheit ziemlich nah kommt. XD Ein Ende meiner Aufzeichnungen ist es auf jeden Fall. Ich überlege nur gerade, ob ich erstmal ein paar Monate die Geschichte auf Eis setze, um ein paar weitere Kapitel zu produzieren...oder ob ich versuchen sollte ein Kapitel je zwei Wochen zu schaffen? Huh.

Wird auf jeden noch länger dauern.

Hab Arbeiten zu schreiben, meine Facharbeit ENDLICH abzuschließen und noch ein paar Sachen zwischendurch...
 

Öh, ja. Vielleicht ein paar Kommentare? Nur so ganz klein am Rande?

Besuche am Morgen bringen nur Kummer und Sorgen

A Highschool Story
 

Kapitel #16
 

Der Morgen fand Hyde lustlos in seinem Bett verwesend. Wie zu erwarten, hatte er diese Nacht keinen Schlaf mehr gefunden. Es überraschte ihn selbst, dass er sie überhaupt überlebt hatte. Ständig, ununterbrochen musste der Langhaarige an...

Stopp.

Es half ja doch nichts, sich das Gehirn darüber zu zermartern, wie die Situation gerettet werden könnte. Und wenn noch verführerische Wenns und Vielleichts dazustießen, dann entstanden wahre Abenteuer.
 

/Ich gehe zu ihm und sage ihm, dass ich ihn auch liebe und dann lass ich mich von ihm auslachen. Nein, wir hauen lieber ab, lassen alles hinter uns. Nein, wir werden heiraten und dann kann der blöde Vater von Gackuto uns gar nichts anhaben, weil wir dann unter dem Schutz der Kirche stehen, ha! Moment, wir haben doch gar keine.../
 

(...Haben wir uns gerade nicht klar gemacht, dass Hirnmissbrauch sich nicht gerade positiv auf unsere Psyche auswirkt?...)
 

/Und wenn er merkt, dass er gar nicht von mir wegzulaufen braucht, dann.../
 

(...Hm. Anscheinend nicht so ganz...)
 

Der Langhaarige fühlte sich seltsam.

Er fühlte nämlich gar nichts. Es war, als ob jemand seine Seele und seine Emotionen in ein Vakuum gepackt hatte – nichts konnte herein oder herausdringen.

Als wäre Hyde ein einsamer Zuschauer in einem Billigfilm, dessen Hauptdarsteller er selbst war.

Eine geschmacklose Komödie. Buh!
 

Es hatte alles keinen Zweck. Egal, was der Langhaarige auch versuchen würde – jedes Wort, jeder Versuch einer Konversation würde unweigerlich durch den Blick eiskalter Augen erstickt werden. Gackuto würde ihm nicht einmal zuhören. Weil es so besser war.

Verdammter Samariter!

Hyde bezweifelte ernsthaft, dass der Blonde früher viel Rücksicht auf die die Sicherheit anderer genommen hatte. Wieso ausgerechnet jetzt?! Wo Hyde natürlich das schutzloseste Wesen des ganzen Universums darstellte!

Heiliger Bimbam, was lange Haare und ein hübsches Kleidchen alles ansrichten konnten...
 

Hyde fuhr sich durch die braunen Locken und stöhnte verzweifelt auf.
 

Warum musste der Blonde auf einmal die selbstopfernde Leberwurst spielen? Und dann auch noch diese übertriebene Paranoia...Was konnte ein Snob – ein reicher und mächtiger, aber trotzdem ein Snob – ihm schon anhaben?

Seine Hausaufgaben stehlen oder was?!
 

„Schmerzen?“ Die Stimme kam Hyde bekannt vor. Wann war sie hier reingekommen? Dennoch musste der Langhaarige seiner unangemeldeten Besucherin Recht geben.
 

„Ja, sehr große“, wurde bestätigend genickt. „Blödheit kann nämlich wirklich sehr wehtun.“

Das Mädchen hob skeptisch eine Augenbraue – ihr war es nicht vergönnt zu erfahren, dass die Antwort Hydes sich auf gewisse blonde martyrerische Leberwürste bezog...Aber die stille Infragestellung der Intelligenz des Langhaarigen durch bestimmte Platzveränderungen gesichtlicher Bestandteile erinnerte ihn zu schmerzlich an eine ihm wohl bekannte Person.
 

Für einen Moment erschien ein berechnender Ausdruck auf ihren Zügen, als sie ihn schweigend betrachtete.

Nein. Sie hatte eigentlich nichts mit Gackuto gemein.
 

Plötzlich, als hätte ein Unsichtbarer einen Knopf gedrückt, lächelte die unbekannte Besucherin, sich nunmehr verlegen die Haare aus dem Gesicht streichelnd.
 

„Oh, entschuldige bitte, ich war unhöflich.“ (/Ja. Das stimmt. Aber hey. Besser als die Ärzte allemal.../) Hyde wurde misstrauisch. Erstaunliche schauspielerische Fähigkeiten, in der Tat.
 

„Mein Name ist Seika Ayumi. Ich bin auch neu an deiner Schule. Wir hatten ja diesen kleinen Unfall – erinnerst du dich?“

Der Langhaarige starrte sie an, als es ihm endlich dämmerte.
 

„Du bist Gackutos Schwester?!“ Ein ungläubiger Ausruf. Hydes Aufnahmefähigkeit – die gerade eifrigst damit beschäftigt war, diese neue Tatsache von allen Seiten zu durchleuchten und zu sortieren (/Wie zur Hölle ist Gackt an eine Schwester rangekommen?!/) – entging die kurze Grimasse der Missbilligung auf dem Gesicht Ayumis.
 

„Ja, ich bin Hiroshis Schwester. Hat er dir nichts von mir erzählt?“ Das Mädchen war hübsch – lange Haare, wie seine eigenen. Eine gute Figur. Stilvoll – jedoch nicht zu übertrieben – gekleidet.

Sie kam näher an Hydes Bett, stellte ihre Tasche auf dem Nachttisch ab (...die Bewertung ihrer Manieren fiel ungleich negativer aus...). Lächelte ihn an.
 

Und dennoch.
 

Hyde konnte ein Gefühl von Bösartigkeit und Hinterhältigkeit, das von dem Mädchen ausging, einfach nicht abschütteln. Oder vielleicht lag es nur daran, dass sie den richtigen Namen des Blonden verwendete? Ganz wie der Vater.
 

Ach, Unsinn! Deswegen musste sie noch lange kein schlechter Mensch sein!
 

„Nein, das hat er nicht. Und wahrscheinlich hat er dir auch nichts von mir erzählt. Ich bin Takarai Hideto“, erinnerte sich nun auch der Langhaarige an den guten Ton bei Bekanntschaften. Die Frage wohl auf seinem Gesicht lesend, sagte Ayumi:
 

„Ich bin hergekommen, um mich bei dir zu bedanken. Dafür, dass du mich zum Krankenflügel gebracht hast.“ Sie lächelte wieder. Ihre Augen jedoch blieben ausdruckslos.
 

„Dafür, dass ich dich umgerannt habe? Was doch Ehrensache. Wie geht es dir denn übrigens?“ Der Langhaarige versuchte, freundlich zu sein. Zu seiner Überraschung gelang es ihm außergewöhnlich gut.
 

„Ich glaube, das sollte ich dich fragen.“ Das Mädchen schüttelte leicht den Kopf. „Was ist denn überhaupt passiert?“ Ein Blick auf die Decke.

Hyde hatte keine wirkliche Lust, die Geschichte zu erzählen, ahnte er doch, dass es später zu viele Gelegenheiten dazu geben würde, winkte ab.
 

„Ach, nur eine kleine Dummheit meinerseits. Bin gestolpert und habe als Dankeschön einen rostigen Nagel ins Bein gerammt bekommen. Die Geschenke des Schicksals...“

Ayumi lachte leise auf.
 

„Aber doch nicht mitten auf der Straße?“ Echtes Interesse.
 

„Oh, nein. Für solche Plätze braucht man einen Riecher. In einer alten Halle nicht weit von hier klappt so etwas hervorragend.“ Worauf wollte sie hinaus?
 

„Am Shinjuku-Prospekt? Und was wolltest du da – wenn es kein Geheimnis ist, natürlich?“ Hyde kam es etwas seltsam vor, dass sie solche Details interessierten (für oberflächliche Mitleidsbekundungen waren ein blutiges Bein und die Ursache dieses blutigen Beins vollkommen ausreichend), aber er beachtete diesen Umstand nicht weiter. Das Mädchen war eine willkommene Abwechslung zu seinen grauen Gedanken.
 

„Ja, genau die. Ach, wir dachten, es wäre vielleicht etwas bequemer, wenn wir mehr Platz zum Üben hätten...für zwei Schulbands bietet das Klubhaus einfach nicht genug Raum.“ Hyde hoffte, dass er nicht allzu bitter klang.
 

„Oh. Es tut mir Leid, wirklich.“ (Anscheinend gelang es ihm nicht ganz…) Das Mädchen wirkte aufrichtig. „Weißt du, Hiroshi hat immer davon geschwärmt, ein Sänger zu werden.“ Ayumi lächelte. „Aber ich hätte nie vermutet, dass er andere Bands aus dem Clubhaus werfen würde. Er ist wirklich ein lieber Mensch, er kann es nur schlecht zeigen...“ Das Mädchen warf einen hoffnungsvoll-flehenden Blick auf ihn.
 

Hyde hatte seine Mühe, ein sarkastisches Auflachen zu unterdrücken. Natürlich. Wieso hat er das nicht schon vorher gemerkt?! Ein wandelnder Kühlschrank mit Morgenstern bewaffnet. Aber lieb!

(Er begnügte sich mit sarkastischen Gedanken...)
 

„Wieso bist du hier? Nur, um dich zu bedanken?“, fiel dem Langhaarigen endlich auf.
 

„Ach, es...nun ja...eigentlich habe ich dich nur zufällig im Krankenhaus entdeckt...ursprünglich war ich wegen meinem Bruder hier...“ Ayumi druckste herum – offensichtlich sehr darum bemüht, nicht weiter Licht in die Dunkelheit zu bringen. Doch Hyde konnte unmöglich von ihr ablassen. Zu groß war die Neugier, wie Gackt ihn überhaupt finden konnte (Verletzungen solcher Art waren keine Sensation – läge Hyde mit einem zerschmetterten Schädel mitten auf der Straße, das wäre eine ganz andere Sache...). Oder war dem Blonden womöglich etwas passiert? Und er hatte es in der Nacht nicht bemerkt? Besorgnis machte sich in dem Langhaarigen breit.
 

„Was ist mit Gackuto?“ Ayumi antwortete nicht. Sie senkte den Kopf. Die Stille drückte schmerzhaft auf Hydes Brust. Ihm war doch wohl nichts Lebensgefährdendes zugestoßen? Bevor der Langhaarige das unheilvolle Schweigen unterbrechen konnte, ergriff das Mädchen das Wort.
 

„Weißt du, Haido-san, ich liebe meinen Bruder.“ Die Hände verkrampften sich im Schoß. „Ich liebe ihn sogar sehr...Aber er zeigt mir immer die kalte Schulter. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, dass er mich hasst. Ich würde jedoch alles für ihn tun.“ Sie sah auf.

Hyde schrak innerlich vor ihrem fiebrig-entschlossenen Blick zurück. Ayumi erinnerte ihn an eine Löwin, die ihre Jungen beschützte.
 

Und er konnte nicht anders, als ihr zuzustimmen. Der Langhaarige verstand das Mädchen nur zu gut, unterschied sich seine eigene Gefühlslage nur gering.
 

„Auch wenn das lächerlich klingen mag...ich habe sogar immer ein Foto von ihm als Kleinkind mit dabei...“, wurde nun traurig gelächelt.
 

„Tatsächlich? Darf ich es sehen?“ Eifrig wurde daraufhin in der Tasche gekramt. Ein Blatt Papier fiel herunter. Doch bevor Hyde das Mädchen darauf aufmerksam machen konnte, rief sie ein freudiges „Ah! Hier ist es ja!“ aus und hielt ihm ein Foto von dem Mürrischsten aller Siebenjährigen entgegen. Hyde konnte sich ein Auflachen nicht verkneifen.

Nein, wie typisch, Gackuto! Dieser Blick! Aber niedlich war er schon im zarten Kindergartenalter. Ein selbstvergessenes Lächeln schlich sich auf die Züge des Langhaarigen.

Doch dann wurde ihm bewusst, dass die Besitzerin wohl auf ihre Fotografie wartete.
 

„Sehr verändert hat er sich ja nicht...“, konnte Hyde einfach nicht lassen. Ayumi nickte und seufzte wehmütig auf.
 

„Ich wünschte, er hätte es nicht so schwer gehabt, mit...“ Sie brach ab, lächelte entschuldigend. Hyde hob fragend eine Augenbraue. Wurde von der Schwester jedoch nicht weiter beachtet, als sie ihren Blick über das Krankenzimmer schweifen ließ.
 

„Sag mal, wo befinden sich hier die Toiletten...?“ Hyde blinzelte, versuchte sich zu erinnern. Kam jedoch zu dem Schluss, dass er nicht einmal den Ausgang wusste.
 

„Oh, uhm...vielleicht den Gang herunter?“, wurde aufs Geratewohl vorgeschlagen. Ayumi erhob sich mit einem Lächeln (/Tun ihr denn nie die Gesichtsmuskeln weh?/, musste sich Hyde unwillkürlich fragen).
 

„Bin gleich wieder zurück, in Ordnung?“ Damit verließ sie das Zimmer.

Der Langhaarige nickte der sich schließenden Tür zu. Klar. Kein Problem, ich werde hier warten. Nicht, dass andere Optionen zur Debatte ständen.
 

Der kurze Luftzug ließ das vernachlässigte Papier auf dem Boden nach Aufmerksamkeit fordernd rascheln.

Ächzend beugte sich der Langhaarige herunter und rettete das vereinsamte Blatt vor dem sicheren Staubtod.

Beim flüchtigen Blick – wirklich sehr flüchtig, er war schließlich gut erzogen – wünschte Hyde sich allerdings, er hätte diese Rache eines gefällten Baumes verbrannt und die Asche in alle viel Himmelsrichtungen verstreut.
 

Eine gedruckte Frage. Ein handgeschriebener Name. Lateinische Wörter.
 

Und eine bittere Erkenntnis.

So bitter, dass Hyde weinen wollte. Heulen, schreien. Gegen die Wand schlagen und rufen nach dem WARUM?! Ruckartig beugte er sich vor, strich fest über die Wunde. Eine frische rote Spur bildete sich auf dem Verband. Der Schmerz riss den Langhaarigen kurzzeitig aus seiner inneren Hysterie.

Das ist nicht wahr! Das ist in aller Welt nicht wahr!!! Ein Irrtum, anders konnte es doch gar nicht sein!
 

TBC
 

A/N: Haha. MUAHAHAHAHA. So ziemlich eins der längsten Kapitel. Und nichts drin! >D

Toll. Bin ich nicht ein Meister darin, viel zu schreiben und gleichzeitig absolut gar nichts...? Aber hey. Es geht wenigstens weiter. Nach einer laaaangen Pause.

Aah, die Schwester tritt endlich in Aktion. Aber hier kann man eigentlich recht hübsch sehen, wie ihr Verhältnis zu ihrem Bruder ist. Oder auch nicht.
 

Nya. Beile. Messer. Anklagen und sonstige Freudebekundungen bitte hierher. Ich würde mich freuen.

Immer weiter weg

A Highschool Story
 

Kapitel #17
 

Hyde starrte auf den Zettel, ohne ihn wirklich zu sehen. Seine Hände zitterten nicht.

Er hörte die Schritte der Zurückkehrenden, aber er hatte nicht den Willen, schnell das zerknitterte Stück Papier in ihre Tasche zu stopfen oder ihn hochhaltend entschuldigend zu lächeln.

So zu tun, als ginge es ihn gar nichts an. Ein harmloser Beobachter von außerhalb. Mitfühlend, jedoch nicht weiter gefährlich.
 

Ayumi stockte. Vielleicht bemerkte sie die unnatürliche Blässe auf Hydes Gesicht. Kurze Zeit später wurde dem Langhaarigen der Zettel aus der Hand gerissen.

Schockierter Gesichtsausdruck. Weit aufgerissene Augen. Stammeln. Hyde observierte.
 

„Nein! Das...das hättest du nicht sehen dürfen! Wieso mischst du dich in fremde Angelegenheiten ein?!“ Sie zitterte vor Anspannung.

Der Langhaarige schüttelte unwillig den Kopf. Wozu die leere Aufregung?
 

„Das Blatt lag auf dem Boden, ich wollte es aufheben.“ Er hatte nicht die geringste Lust sich zu rechtfertigen. „Deshalb also war Gackt heute im Krankenhaus?“, wurde tonlos, beinah gleichgültig gefragt.

Die kurze Verwunderung auf dem Gesicht Ayumis übersah Hyde.
 

„Was...? Ach ja! Ja. Er muss ab und zu die Ärzte sehen. Zur Kontrolle...“ Sie sprach es nur ungern aus, das konnte der Langhaarige spüren.

Plötzlich loderte Trotz in ihm auf. Das konnte einfach nicht sein! Hyde schüttelte verzweifelt den Kopf.
 

„Gackt ist völlig normal! Da muss ein Fehler vorliegen! Warum darf er überhaupt auf meine Schule gehen, wenn etwas mit ihm nicht stimmt?!“ Er durchlöcherte die undurchsichtigen Züge der Schwester mit einem flammenden Blick.

Sie schnaubte.

„Warum, glaubst du, hat er sich „Gackt“ genannt und besteht darauf, mit diesem Namen überall angesprochen zu werden? Etwas ungewöhnlich für einen gut erzogenen Jungen von seinem Stand, findest du nicht?“ Leise und unbarmherzig.
 

„Was weiß ich, wie es bei euch Snobs zugeht.“ Der Langhaarige war absichtlich grob. „Und bei dem Namen würde ich auch nicht im Dreieck vor Glücksseligkeit springen...“ Lachhaft! Nur wegen einem Namen als unnormal abzustempeln!

Ayumi wurde rot vor Wut. Hyde erwartete eine weitere Gemeinheit, die ihre Verbalschlacht in eine neue Runde leiten würde.
 

Doch nichts kam. Sie seufzte und drückte fest seine Hand. Schaffte es sogar, zu lächeln.
 

„Als ich von dem Befund hörte, habe ich fast mein gesamtes Zimmer in Schutt und Asche gelegt...und bin dann zu den Ärzten gegangen und habe sie ausgeschimpft...es tut mir Leid. Sicherlich hast du auch bemerkt, dass er sich manchmal merkwürdig benimmt. Für mich ist er jedoch mein Bruder und wird es immer bleiben...“ Merkte sie gar nicht, wie lächerlich ihre Worte klangen? „Er ist in keiner Weise gefährlich für seine Umwelt – daher haben die Ärzte ihm erlaubt, auf eine normale Schule zu gehen. Hiroshi, er...er braucht Freunde. Freunde, die jedoch unterrichtet sind und seine Lage nicht weiter verschlimmern werden.“

Ayumi sah ihn flehend an. Hyde starrte wortlos zurück.
 

„Ich...weiß, was du für eine Wirkung auf ihn hast. Es tut mir alles so furchtbar Leid, aber er ist seitdem...Hiroshi, er...“ Sie weinte fast.
 

„Was also soll ich deiner Meinung nach, tun?“, fragte Hyde mit heiserer Stimme.
 

„Bitte, gib ihm keine Gelegenheit, dich zu verletzen...er weiß es nicht – er kann es nicht unterscheiden. Früher oder später tut Hiroshi allen weh, die er trifft. Und alle wenden sich von ihm ab. Alle behaupten, seine Freunde zu sein, aber sie bleiben nie lange. Vielleicht ist es sogar Glück, dass er nicht merkt, wenn seine so genannten „Freunde“ ihn verraten...“
 

Der Langhaarige zuckte mit den Schultern, nickte. Befreite seine Hand aus ihrem verzweifelt-verschwitztem Griff.
 

„Ich habe verstanden.“ Er ignorierte ihr erleichtertes Aufseufzen.
 

„Es...es ist ja nicht so, dass du überhaupt nicht mehr mit ihm sprechen... –“ Hyde nahm sich nicht die Mühe, Ayumi zu Ende sprechen zu lassen.
 

„Kann ich jetzt bitte allein sein?“ Die Frage war zum Fenster gerichtet. Die Schwester nahm eilig ihre Tasche vom Nachttisch. Ein letzter, mitleidsvoller Blick Richtung des aller Lebensfreude verlustig gegangenen Hyde.
 

„Es tut mir wirklich Leid, es war meine Schuld – ich hätte besser...“ Konnte diese Person denn gar nicht in die Birne bekommen, dass sie nicht erwünscht war? Der Langhaarige winkte ungeduldig ab.
 

„Ich wünsche dir auch einen schönen Tag.“ Er sah ihr Nicken nicht, hörte nur, wie die Tür ins Schloss fiel.
 

Hyde sah jedoch auch nicht, wie Ayumi mit größter Mühe ein zufriedenes Grinsen unterdrückte. Wie sie in die nächste Toilette stolperte, dort in lautes Lachen ausbrach, den vermaledeiten Zettel in viele kleine Stücke riss und in den Mülleimer warf. Und wie sie anschließend ihren Lippenstift nachzog, ihrem feixenden Spiegelbild eine Kusshand zuwarf und das Krankenhaus mit wehenden Schritten verließ...
 

Wieder eine Seika.
 

Wieder ein Stückchen Boden unter Hydes Füßen weg. Er fragte sich, wann er das Gleichgewicht verlieren und stürzen würde...

Vor seinem inneren Auge stand deutlich der Text. Eine wirklich ordentliche, saubere Handschrift.
 

Seika Hiroshi erlitt im Alter von sieben Jahren einen Unfall, der ihn beinah das Leben kostete. Die Auswirkungen auf seine Psyche waren dramatisch. Bei ihm wurden Schizophrenie und Persönlichkeitsspaltung festgestellt. Immer öfter taucht der Name „Gackt“ auf – wahrscheinlich ein anderes Ich. Der Junge meint, Stimmen von Verstorbenen zu hören und zu wissen, wann Menschen sterben werden. Reagiert jedoch positiv auf Medikamente. Für seine Umgebung nicht gefährlich, braucht jedoch Aufsicht.
 

Ja.

Da geht sie hin. Seine Liebe. Der Langhaarige lächelte selbstironisch. Und er hatte sich die wildesten Abenteuer ausgemalt...!

Nein, er liebte den Blonden immer noch. Ha! Wäre er froh, wenn es wirklich so schnell zu Ende gehen würde. Schwupps und schon haben sich die Gefühle selbst abgestellt. Kann nicht, darf nicht – abgefunden.

Er schüttelte den Kopf. Es brauchte doch gar keine erfundenen Geschichten, um zwei Menschen auseinanderzubringen – die Wahrheit reichte völlig aus. Die Wahrheit? War es das wirklich? Aber andererseits war das Blatt unterschrieben und mit einem Stempel versehen worden...

Der Langhaarige fühlte sich leer. Ausgestorben. Nicht einmal Kraft für Selbstmitleid hatte er. Ein undurchsichtiger Schleier hatte sich über Hydes Gefühle gelegt, wiegte ihn im falschen Bewusstsein von Sicherheit. Immer noch besser als Hysterie.
 

Gackuto...was haben sie dir eigentlich angetan...? Ich liebe dich, ich möchte dich beschützen. Liebst du mich auch? Das hast du mir gestern Nacht gesagt. Aber ich kann dir nicht glauben...ich darf nicht. Es ist uns nicht vergönnt, zusammen zu sein.
 

Der Langhaarige zog die Beine an und umschlang seine Knie. Rief sich die sanften Berührungen des Blonden in Erinnerung, die dunkle Stimme, die ersehnten, und dennoch unerwarteten Worte. Er würde dieses kleine Geständnis tief in seinem Inneren bewahren.

Es würde wehtun. Aber Zeit würde hoffentlich auch sein blutendes Herz vernarben lassen.

Es war besser so. Für Gackuto war es besser so.
 

Pfff! Hyde schnaubte abfällig. Klar, lass mal auf der „Wir spielen den Martyrer“- Schiene fahren, vielleicht hilft es ja gegen den Schmerz? Hallo, Selbstbetrug! Das Bittere daran war, dass der Langhaarige diese Beziehung zu Gackt nicht beenden konnte.

Ganz einfach aus dem Grund, weil sie beide gar keine Beziehung hatten! Es war, als müsste Hyde einen Knoten voller aufblühender, aufgeregter Gefühle halb entwirrt wieder liegen lassen. Es kam ihm so...unnatürlich und falsch vor.

Gackt konnte einfach nicht geisteskrank sein. Er konnte es einfach nicht! Dazu war er viel zu normal! Was für einen Schwachsinn verzapfte Ayumi da eigentlich?! Hyde war in den Blonden verliebt, also war mit diesem auch alles in Ordnung!
 

Von weiteren Erkenntnissen mühselig zusammen geklaubter Logik retteten den Verzweifelnden seine besorgten Freunde.
 

„Haido-chan!“ Tetsu kam sogleich auf das Bett gesprungen. „Geht es dir gut? Hast du große Schmerzen?“

Der Angesprochene war froh, seine Beine angezogen zu haben. Denn ansonsten hätte er die letzte Frage aufheulend bejahen müssen. Wieso hatte der Langhaarige immer nur dann Glück, wenn er es am wenigsten gebrauchen konnte? Liebend gern hätte er die wenigen Beinschmerzen in Kauf genommen, wenn ihm dafür diese Enthüllungen erspart worden wären. Alle beide.

Es war menschenverachtend, wie das Schicksal mit ihm umsprang!
 

„Hyde?“ Das besorgte Gesicht des Braunhaarigen erschien in Hydes Sichtfeld. Der Langhaarige ermahnte sich, dass er möglichst überzeugend diesen Besuch hinter sich bringen sollte. Das wenigste, worauf er in diesem Moment Lust hatte, war eine intensive Befragung seines Gemütszustandes.
 

Hyde gähnte demonstrativ, klebte sich ein schales Lächeln auf das blasse Gesicht und versuchte mehr oder weniger überzeugend ein:
 

„Uhm, hallo, allerseits. Ich habe die Nacht schlecht geschlafen; das ist alles. Tut mir Leid, dass ich euch Sorgen bereitet habe.“ Anscheinend waren seine Schauspielkünste in Topform. Das Besucherkomitee ließ ein erleichtertes Seufzen hören, während Tetsu dem scheinbar vor Schmerzen Vergehenden tröstend auf die Schulter klopfte.
 

„Mach dir nichts draus. Bald bist du wieder fit wie ein junges Gürkchen! (Hydes Grinsen wurde eine Spur schiefer – eine Gurke mit langen Haaren und einer Gitarre...die arme Flora.) Es gibt schließlich viel zu tun. Ach ja, deine Eltern sind bereits unterwegs, um dich abzuholen“, wurde breit lächelnd Bericht erstattet.

Hyde war aufrichtig erleichtert. Noch eine Nacht in diesem Hause hätte er einfach nicht überstanden.
 

„Danke“, nickte der Langhaarige.
 

Nachdem er seinen besorgten Eltern die Hintergründe seiner Verletzung erläutert, die restlichen mutigen Ärzte – die tatsächlich Unverschämtheit besaßen, ihm vorzuschlagen, doch ein paar Tage zur vollständigen Untersuchung zu bleiben – fertig gemacht hatte, durfte er endlich die weißen Wände und die Nebel von Desinfektionsmittel verlassen.

Der Schnitt verheilte schnell – bald erinnerte den Langhaarigen nur eine feine Narbe an den Unfall. Die Schmerzen in seinem Herzen, die er davongetragen hatte, sollten jedoch nicht so bald aufhören...
 

TBC
 

A/N: Uch. Ich weiß, das Kapitel ist zwar nich SO schnell gepostet worden – aber hey, immerhin nicht erst einen Monat später.

Die Geschichte vom Unfall Gackts und dass er für ein paar Jahre in eine Anstalt musste, habe ich tatsächlich irgendwo in seiner Biographie gelesen – allerdings weiß ich nicht, ob ich da auf irgendwelche Clichés gestoßen bin. Nya, selbst wenn, betrachtet das als Künstlerfreiheit. |D

Öh, ja. Die Schwester wird irgendwie immer verrückter...hübsch nicht?
 

Ja. Ihr wisst es. Ich weiß es. Aber ich sags trotzdem – mit Kommentaren geht’s schneller. #in sich geh#

Okay, ich belasse es lieber bei einem „Ich würde mich sehr freuen, wenn...“

Kleinvieh macht auch Mist

A Highschool Story
 

Kapitel #18
 

Es war das erste Mal, dass Hyde dankbar für eine Müllhalde (die mit aller Kraft versuchte, dem Proberaum von L’Arc-en-Ciel zu ähneln) war. Neben der Schule, Gackt, Lieder schreiben, Gackt – gab es nun Großaktionen im Singer’s End (geheime Namensgebung Hydes für die oben erwähnte Müllhalde). Und Gackt.
 

Eine nervenaufreibende Mischung.
 

Eine bittere Wahrheit musste der Langhaarige jedoch sehr wohl erkennen:
 

Welcher schwachköpfige Idiot kam auf die noch schwachköpfigere Idee, dass physische Auslastung (in Hydes Fall körperlicher Zusammenbruch) auch nur im Entferntesten von Gedanken ablenken könnte, hä?!

Der Langhaare hätte diesem Dünnhirn am liebsten die Fresse poliert!
 

AUA!
 

Ein Stück Holz beschloss gnädigerweise den Dampfenden aus dessen ganz und gar nicht positiven Gedanken zu holen, indem es dem letzteren einfach auf die Birne klatschte. Das alte Sofa lachte knarzend und bekam prompt einen Rachetritt seitens des mittlerweile Rasenden verpasst.

Das Ergebnis war – neben einer Beule am Hinterkopf – ein zerquetschter Zeh.
 

Heute (wie auch an vielen, vielen Tagen zuvor) war die Welt gegen Hydes.
 

„Scheiße!“, konnte der Schüler nicht länger an sich halten.
 

„Scheiße!!!“, wiederholte er, die verwundert-besorgten Blicke seiner Leidensgenossen ignorierend.

Hyde wusste, dass die anderen die subtilen Veränderungen in seinem Benehmen sehr wohl bemerkt hatten. So sehr er sich manchmal darüber freute, dass Tetsu eine bessere Spürnase in Sachen „Hydes innere Probleme und deren Lösung – nur für Fortgeschrittene“ aufwies als ein ausgehungerter Schäferhund auf der Suche nach Katzenfutter – so sehr verärgerte ihn dieser Umstand jetzt.

Der Braunhaarige hatte eine kleine (wirklich winzige, nicht der Rede wert...“STIRB!!!“) Abneigung gegenüber dem Blonden entwickelt (um es mal sehr zivilisiert auszudrücken) und Hyde wollte nicht, dass Gackt einen ohne Zweifel langen und grausamen Tod erlitt (...wieso eigentlich nicht?) – sollte es sich jemals herausstellen, dass der Langhaarige Gefühle für den blauäugigen Widerling (um es ebenfalls sehr zivilisiert auszudrücken) hatte und dieser sich keinen Dreck darum scherte.

Oder er scherte sich doch, konnte es aber meisterhaft verbergen.

Oder er scherte sich und merkte es nicht einmal, weil er leider psychisch krank war.
 

Oh, Gott! Wenn schon Hyde selbst den Überblick in diesem ganzen Wirrwarr von Emotionen verlor – wie sollte es dann Tetsu verstehen?
 

Der Langhaarige schüttelte den Kopf.
 

Ken und Yuki gaben sehr schnell ihr Vorhaben auf, die Ursache für Hydes Trübsal und Nachdenklichkeit (und auch die Wutausbrüche) von ihm selbst zu erfahren. Und der Schüler konnte sich sehr gut denken, warum.

Wenn er die zusammengesteckten Köpfe, das aufgeregte Flüstern der beiden wahrnahm, das glückliche Lächeln auf Yukis Gesicht – es bereitete ihm beinah körperliche Schmerzen.

Wieso konnte er auch nicht so zufrieden sein?

Wieso wurde es ausgerechnet ihm verwehrt?!
 

Wütend wurde das aggressive Stück Holz an eins der vielen schwarzen Müllsäcke geworfen. Schadenfroh flog es daran vorbei und landete in einer schmutzigen Ecke. Sekundenlang wurde der unmittelbare Landebereich von Hyde mit einem Todesblick bedacht, bevor der Langhaarige sich dem restlichen Müll widmete.

Dieser wehrte sich mit Händen und Füßen dagegen, kleiner zu werden.
 

Hyde kam nicht umhin, diesen eisernen Lebenswillen zu bewundern. Doch er fragte sich ernsthaft, ob sie noch in diesem Jahrhundert überhaupt zum Proben kommen würden. Bis zum Wettbewerb war wenig Zeit – und diese wurde auch noch mit Ausmisten einer menschenverachtenden Halle verschwendet.

Und woher sollten sie überhaupt die Instrumente beschaffen? Hyde bezweifelte sehr, dass die Schule ihnen erlauben würde, die gesamte musikalische Ausrüstung kurzerhand umzufrachten.
 

Ein zweites Stück Holz flog selig an den Müllsäcken vorbei, doch diesmal achtete der Langhaarige nicht drauf. Für ihn schien die Situation hoffnungslos – er versuchte sich jedoch nichts anmerken zu lassen. Hyde wollte auf keinen Fall, dass L’Arc-en-Ciel in der Versenkung verschwand, bevor die Band richtig anfangen konnte zu existieren.
 

Unvermittelt, ungerufen schob sich Gackt in seine Gedanken, lenkte den Langhaarigen von einer Misere in die andere. Oder war es wegen der vertrockneten roten Rosen, die mitleiderregend unter seinen Füßen knackten und zu Staub zerfielen?
 

Es war genauso, wie Hyde es vermutet hatte. Nichts. Keine Blicke, keine Worte. Nicht einmal eine kleine Kopfdrehung in die Richtung des Langhaarigen. Als ob der Kleinere überhaupt nicht existierte. Vielleicht war es auch so? Vielleicht hatte der Blonde ihn tatsächlich bereits vergessen?
 

Es tat weh. Ungeachtet, wie oft der Langhaarige sich selbst eintrichterte, dass es normal war, so zu fühlen, dass es bald vorbeigehen würde – es tat einfach nur höllisch weh.

Je weniger Aufmerksamkeit Hyde geschenkt wurde, desto mehr schenkte er sie dem Blonden. Er betrachtete ihn heimlich aus den Augenwinkeln, seine Gesichtszüge studierend. Die blauen Augen, die gerade Nase, die vollen Lippen.

Manchmal träumte er sogar davon – wie der Blonde ihn anschaute, fühlte Hände ihn streicheln, die leichte Berührung des Mundes und immer wieder das leise Flüstern: „Ich liebe dich...ich liebe dich...“

Nur ein paar Augenblicke Geborgenheit, nur wenige Sekunden Glück – bis die höflich-unbeteiligte Stimme mit einem entschiedenen „Bleib weg von Gackuto, du machst alles nur noch schlimmer! Er weiß nicht, was er sagt. Er ist krank, bleib weg!“ alles zunichte machte.
 

Immer öfter kam es vor, dass Hyde die Nächte nicht durchschlief und in der Schule vor Müdigkeit kaum die Augen offen halten konnte. Wie viele Ermahnungen hatte er schon einkassiert? Seine Leistungen sackten nach unten, aber den Langhaarigen kümmerte es schon lange nicht mehr.
 

Aber wie vergessen? Wie aus dem Bewusstsein verbannen, wenn der Blonde direkt neben ihm saß?

Es blieb Hyde nichts anderes übrig, als die verbotene Frucht von weitem zu betrachten, unwillkürlich nach Anzeichen suchend, die den Befund der Ärzte untermauern würden.
 

Er fand nichts. Seine Hoffnung, dass vielleicht, nur vielleicht die Ärzte sich geirrt hätten, wuchs und er konnte nichts dagegen tun. Auch die Tatsache, dass Gackt eine phobisch anmutende Angst vor seinem Vater hatte und diese Namensänderung konnten den beginnenden Höhenflug nicht aufhalten.
 

Dennoch, Hyde spürte genau, sollte diese Hoffnung wie eine hilflose Seifenblase zerplatzen, so würde sie auch ihn ins Nichts reißen.
 

***
 

„Haidoo...Haido! Träumst du jetzt mittlerweile auch im Stehen? Also echt. Egal, was dich bedrückt, Onkel Tetsu hat immer ein Ohr für dich offen.“

Der bereits erwähnte Onkel setzte ein breites Grinsen auf, der jedem Patienten einen Schrecken eingejagt hätte.

Hyde fragte sich unwillkürlich, wo der Braunhaarige plötzlich einen Arztkittel und einen Stethoskop herhatte.
 

„Äh...“ Mit unglaublicher Sprachgewandtheit versuchte der Langhaarige, diesem brenzligen Thema auszuweichen.
 

„Hab nur schlecht geschlafen heut Nacht...“ Falls Hyde wirklich annahm, dass diese Ausrede beim 37sten Mal noch den kleinsten Überzeugungsgrad hatte –
 

„Das glaubst du wohl selbst nicht! Rück endlich mit der Sprache raus! Niedergeschlagenheit steht dir absolut nicht!“
 

/...verdammt...!/ (Hyde hatte es wirklich angenommen.)
 

Der Langhaarige war vollkommen ehrlich zu sich selbst: Der selbst ernannte Hyde-Therapeut ging ihm auf den Keks.
 

„Tetsu. Kannst du etwas leiser brüllen? Die ganze Schule ist unsterblich daran interessiert zu erfahren, was ich denn für Probleme habe!“ Die Aussagekräftigkeit dieser Aussage wurde durch ein paar lärmende Schüler, die mit Hochgeschwindigkeit an den beiden vorbeisausten, etwas untergraben.

Der Braunhaarige hob wortlos eine Augenbraue.

/...grmbl./ Hyde musste sich wirklich zurückhalten, um dem nächsten anrennenden Paar Unruhestifter nicht das Bein zu stellen. Oh, die Versuchung!

Zur Sicherheit schickte der Langhaarige einen wütenden Blick Richtung Bandleader.

Leider keine Wirkung.

Tetsus wiesen eine beachtlich-erschreckende Immunität gegenüber Todesblicken Marke Hyde. (...zu dumm aber auch...)
 

„Haido, wenn du nicht sofort mit dem „Sterbender-Schwan“-Gehabe aufhörst, dann glaube ich noch, dass du Liebeskummer hast!“
 

Der Flur, den Arzt und Patient – äh, die beiden Freunde hinunter gingen, um zu den Fachräumen zu gelangen, erfuhr einen kleinen Stau.

Vor Schreck und Überraschung war der Langhaarige stehen geblieben und starrte hilflos den L’Arc-Bassisten an. Hinter ihm entstand eine Schlange aus gestolperten und allgemein mit der Situation unzufriedenen Schülern, denen jedoch keinerlei Beachtung geschenkt wurde.
 

„Wa...wa...“ Hyde gab eine verblüffend echte Imitation eines in der Sahara ausgesetzten Fisches ab. „Ach, Unsinn! Ich bin weder verliebt noch habe ich irgendwelchen Liebeskummer!“ Energisch wurde der Weg fortgesetzt.
 

Tetsu schüttelte seufzend den Kopf. Ein Schuss ins Blaue und prompt getroffen. Aber wie konnte er Hyde denn helfen, jetzt, wo er die Ursache für das gar und gar untypische Verhalten seines Freundes in Erfahrung gebracht hatte?

Reden? Keine Chance. Einmal in die schweigsame Ecke verkrochen, konnte dem Langhaarigen nichts aus der Nase gezogen werden. Selbst eine Packung Klopapier war redseliger dagegen...
 

Hyde zu einem Luxusdinner einladen und hoffen, dass er dadurch eine urst gute Laune bekommen und ihm vor lauter Dankbarkeit dem Hungertod entronnen zu sein, all seine Geheimnisse anvertraut? Möglich. Doch soviel Geld hatte nicht einmal der Premier! Der Langhaarige fraß wie ein Dragoner und nahm dabei nicht ein Gramm zu!

Plötzlich auf die eigene Misere aufmerksam gemacht, studierte der Braunhaarige eingehend seinen Bauch. Gut, sieht in Ordnung aus. Aber was für Opfer hatte er dafür bringen müssen?! (Flennt.) Und Hyde? Ein Betrug der Natur ist das!
 

Okay, zurück zum Thema „Wie mach ich aus Hyde wieder einen Hyde.“

Moment mal. Aber ja! Das ist es!

Die Lösung!

Guter Dinge marschierte Tetsu beschwingt (und wieder einmal verspätet, denn es hatte schon längst geklingelt) zum Unterricht.
 

TBC
 

A/N: Whoa. Und wieder ein Kapitel fertig. Eigentlich hatte ich vorgehabt, das gute Stück etwas früher zu posten, aber dann ist mir aufgefallen, dass da die Hälfte fehlte...

Nun ja. Tet-chan eilt wieder mal zur Rettung und es kommt demnächst ein neuer (oder alter, je nachdem, wie mans nimmt) Charakter dazu. Oh, mir fällt grad auf, dass Ken und Yuki aus lauter Langeweile kurzerhand mal beschlossen haben, zusammenzukommen. Aber das werde ich zu verhindern wissen!
 

Öh. Ja. Genau. Kommentare wären wirklich sehr nett.

Die Leiden des jungen T.

A Highschool Story
 

Kapitel #19
 

In der großen Mittagspause wagte der treue Freund einen ersten Anlauf.
 

„Du, Haido? Hast du morgen Abend schon etwas vor?“ Der Angesprochene kritzelte etwas in sein Heft. Erst nach fünf Minuten bequemte er sich, Zeichen des Zuhörens zu geben.
 

„Hn...“ Es war ein subtiler Versuch, sich Tetsu vom Hals zu schaffen. Nicht immer von Erfolg gekrönt, aber dennoch die beste Methode: Einfach ignorieren und hoffen, dass dem Braunhaarigen die Lust an Konversation verging.

Wieso konnte Tetsu nicht wie all die anderen normalen Schüler raus auf den Hof gehen? Ausnahmsweise war es nicht kochendheiß draußen...(und der Grund, warum Hyde selbst das mild-warme Wetter aufs Schändlichste missachtete war ja wohl klar – er wollte seine verdammte Ruhe haben!)

Neben seinem Pult scharrte Tetsu ungeduldig mit den Füßen.
 

„Also, was ist nun? Hast du oder hast du nicht?“
 

„...was?“
 

„Argl! Haido! Jetzt hör doch endlich zu und lass davon ab, dich ständig hinter Hausaufgaben zu verstecken!“ Damit wurde das Heft entschieden weggezogen. Aus reiner Boshaftigkeit spielte der Langhaarige mit dem Gedanken einfach auf dem Tisch weiter zu schreiben – doch die Aussicht, zur Strafe dann alle Pulte putzen zu müssen, winkte nicht gerade mit Enthusiasmus.
 

„Nein, habe ich nicht.“ Vielleicht würde es auf direktem Wege besser klappen?
 

„Ach, tatsächlich? Und wo will Ihre Hoheit sich denn hinbegeben?“ Nix da. Bildete sich Hyde das nur ein oder schwangen in Tetsus Stimme wirklich sarkastische Nuancen mit?
 

Eigentlich wäre dies die Stelle, wo der Langhaarige langsam anfangen würde, etwas angepisst zu werden. Aber in letzter Zeit verspürte er nicht die geringste Lust dazu. Hyde fühlte sich wie ausgepresst – keine Motivation, vollkommen leer. Und müde.
 

„In einen Buchladen.“ Der Langhaarige hatte nicht einmal die Muße, sich eine anständige Ausrede einfallen zu lassen.
 

„Aha. Und was willst du da?“ Tetsu wirkte nun wirklich ungeduldig. Und sogar etwas angespannt. Oder war’s ein und dasselbe?
 

„Ein Buch.“ Hyde schenkte ihm einen bedeutungsvollen Blick.
 

„RAAAAAHHHH! Haido, verdammt!“ Oh, Tet-chan ist ausgerastet. Lustig. Hyde sah, dass es dem Braunhaarigen in den Fingern juckte, irgendeine Vase zu zerbrechen. „Verkaufe mich nicht für blöde! Natürlich weiß ich, dass in einem Buchladen seltsamerweise keine Cremeschnitten verkauft werden! (/...wie kommt er jetzt auf Cremeschnitten...?/) Was für ein Buch? Das wollte ich doch nur wissen!“ Mit Wucht wurde das unschuldige Heft Hydes auf den Nachbartisch geknallt. Auf Gackts...nein, nicht da lang!
 

„Weiß nicht. Irgendeins. Seit wann kümmert es dich denn so sehr? Kann ich nicht einmal ein Buch holen, ohne dass du davon erfahren musst?“ Eine hochgezogene Augenbraue Richtung des dampfenden Braunhaarigen.
 

Dieser holte tief Luft. Schüttelte den Kopf, klatschte sich ein paar Mal auf die Backen. Grinste probeweise.

Und nahm einen zweiten Anlauf.
 

„Mensch, Haido, hab doch Mitleid mit mir! Ich wollte es doch nur so genau wissen, weil ich dich um einen Gefallen bitten wollte...“ Tränende Augen eines sterbenden Dackels gratis.

Tetsu schaffte es sogar, eine Schnute zu ziehen.
 

Der Langhaarige kam nicht umhin, den Todesmut seines langjährigen Freundes zu bewundern. Dennoch reichte es nicht, um Hyde zum Entgegenkommen zu bewegen.
 

„Aha“, wurde lediglich gnädig genickt.
 

Es war offensichtlich, dass der Braunhaarige etwas mehr Mitgefühl erwartet hatte. Ein resigniertes Seufzen war zu vernehmen.
 

„Also, ein guter Freund kommt bald hierher. Er kennt sich in Tokyo nicht so gut aus...(ein hoffnungsvoller Blick Richtung Hyde). Vielleicht kannst du ihm ja die Stadt zeigen? Du kennst doch meine nicht vorhandenen Guide-Fähigkeiten...“ Ein unsicheres Lächeln.
 

Nun ja. Der letzte Satz entsprach durchaus der Wahrheit. Der Langhaarige konnte sich noch gut daran erinnern, wie der gute alte orientierungslose Tet-chan mit Kompass, Tokyo-Stadtplan und „Überleben-in-der-Wildnis“-Ratgeber bewaffnet, spazieren in einen Park ging. Wahrscheinlich würde dieser Freund von Tetsu nur dessen Wohnzimmer als eine Sehenswürdigkeit zu sehen bekommen.

(Wie Tetsu überhaupt die Halle gefunden hatte – das fragte sich der Langhaarige heute noch...)
 

Der Braunhaarige betrachtete ihn mit einem erwartungsvollen Blick.
 

„Nein.“ Ooh, so was nennt man wohl einen Gesichtssturz! Bevor Tetsu einen Klagelaut des Protestes hervorbringen konnte, fuhr der Langhaarige fort: „Meine Mutter braucht das Buch. Irgendwas über Kräuter.“ Zur Bekräftigung wurde mit den Schultern gezuckt.

...Mist.

Tetsu verengte gefährlich die Augen. Er glaubte Hyde offensichtlich nicht so ganz.
 

„Ach? Nun ja, dann hast du ja übermorgen Zeit, oder?“ Uuh, Kampfstellung. Gefährlich.
 

„Auch nicht, da wollte ich mit meinem Vater ins Kino.“ Pariert.
 

Am Ende jedoch blieb Hyde auf dem kommenden Freitag sitzen. Eine passende Ausrede fiel ihm nicht schnell genug ein (das ist die Stelle, wo man bedauert, keine Geschwister zu haben...).
 

„JAH! Freitagnachmittag! Ich hole dich ab, okay?“ Ein grinsend-lebensfroher Tetsu warf sich dem resignierten Langhaarigen um den Hals und türmte, in weiser Voraussicht auch nur eine Silbe des Einspruchs seitens Hyde effektiv verhindernd.
 

Hyde seufzte.
 

Wann war Fortuna je gnädig zu ihm...? Er nahm sein einsames Heft von Gackts Tisch, legte den Kopf darauf und war weg.
 

Die Klingel zum Unterricht schreckte ihn aus einem wunderschönen Traum. Sanftes Streicheln seiner Haare, unsicher lächelnde Lippen an seiner Wange, wandernd...bis die ersten Schritte lärmender Schüler erklangen...

Gackuto?

Saß mit versteinertem Gesicht neben ihm.

Hyde fuhr sich über die Wange und konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass noch feuchte Wärme an ihr haftete. Hast du mich geküsst, Gackuto? Oder will ich es so sehr, dass ich es mir einbilde?

Der Blonde gab keine Antwort.

Wieder ein Seufzen.

Vielleicht hatte Tetsu ja Recht und er sollte wirklich auf andere Gedanken kommen. Neue Bekanntschaften wären da möglicherweise doch eine willkommene Abwechslung.
 

***
 

Wenn Hyde etwas an Freitagen hasste, dann waren es die Nachmittage. Insbesondere Nachmittage, in denen er von Tetsu aus seinem angenehm dunklen Zimmer gezerrt wurde, mit den Worten:
 

„Haido, um Gottes Willen! Du gehst ja ein in diesem Gemüff! Dagegen müssen wir etwas unternehmen!“ Der Langhaarige fühlte sich wie ein Gefangener auf dem Weg zum Schafott. Wahrscheinlich musste er auch genauso ausgesehen haben, denn seine Mutter (am Freitag kam sie früher von der Arbeit zurück) hob fragend eine Augenbraue.
 

„Dein Freund hat vollkommen Recht. Du siehst wirklich blass aus. Etwas frische Luft würde dir gut tun.“
 

/Danke für die Hilfe, liebste Mutter!/, wurde der Matriarch lautlos angeknurrt.
 

Oh, nein. Diesmal beschwerte sich der Langhaarige nicht über sein Schicksal (nicht, dass es jemanden interessieren würde, oder so...). Diesmal klagte er nicht über die schwere Bürde seines Lebens. Ja! In der Tat! Hyde nahm die volle Verantwortung seiner Existenz mannhaft auf seine (freilich femininen) Schultern.
 

/HIIIILFEEEEE! Ich WIIILL NIIIIICHT!!!/

(...Oder vielleicht auch nicht...)
 

Bauchschmerzen? Kopfweh? Impotenz? Halt nein, letzteres wird gestrichen. Aber was könnte Hyde sonst noch problemlos vortäuschen, um diesem unheilvollen Nachmittag letzen Endes doch zu entrinnen?
 

„Haido-chan? Du siehst etwas blass aus. Geht’s dir nicht gut?“ Ein besorgter Tetsu tauchte in seinem Gesichtsfeld auf.
 

„Hn. Bin okay.“ Verdammt. Scheiß-Verneinungsreflex. Ein Seufzer nebenan war laut genug, um das Geräusch der ratternden Bahn zu übertönen, mit der sie zum Treffpunkt mit dem ominösen Freund fuhren (langsam aber sicher kamen Hyde Zweifel ob dessen Existenz).
 

„Haido...wenn du wirklich nicht mitkommen willst...ich will dich ja zu nichts zwingen (/Ach ja?!), ich wollte dich bloß auf andere Gedanken bringen, weißt du. Also, wenn dir dieser Ausflug wirklich unwillkommen ist...“ Bedeutungsvolle Pause.
 

Ja! Tetsu hatte es endlich kapiert! Hyde versuchte, nicht allzu glücklich auszusehen.
 

„Jaaa...ich weiß deine Bemühungen von ganzem Herzen zu schätzen (...Lügner...), aber mir ist nicht zu helfen (...versuch, etwas weniger heiter zu klingen, okay?). Die nächste Station ist Shinjuku! Das passt doch wunderbar, ich steige hier aus, in Ordnung? Viel Spaß noch, Tet-chan!“
 

Hyde machte Anstalten, sich zu erheben, wurde jedoch wieder mehr oder weniger sanft auf seinen Sitzplatz zurückbefördert.
 

„Du bleibst gefälligst hier.“ Eine dunkle Stimme und ein ebenso dunkler Blick seitens des Braunhaarigen.

...Mist. Wäre ja auch zu einfach gewesen...
 

TBC
 

A/N: Hum. Ich habs irgendwie mit Shinjuku. Das erste, was mir einfällt, ist immer Shinjuku...

Ach ja. Hydie wird langsam wahnsinnig. Dank Tetsu. Und dank mir. Das arme Kind. (Damit bin ich übrigens gemeint. ;D)

Aber ja, es wird noch länger dauern, mit den Kapiteln – meine Prüfungen stehen vor der Tür.
 

Uhm, ja Kommentare wären nach wie vor wirklich sehr nett. (Allerdings werden Beschwerden über das Nichtauftauchen von Gackt nicht berücksichtigt – diese FF ist aus der Sicht Hydies geschrieben, er kann nicht wissen, was der gute Eisblock denkt und tut. :)

Entführungen und anderer Zeitvertreib

A Highschool Story
 

Kapitel #20
 

Hyde fühlte sich beobachtet.

Ein äußerst unangenehmes Gefühl. Vielleicht lag es auch daran, dass ein unauffällig protziger schwarzer Mercedes Benz mit getönten Scheiben ebenso unauffällig langsam neben dem Langhaarigen herfuhr, ein empörtes Hupen nach sich ziehend.
 

/Grmpf! Mach, dass du verschwindest!/ Zur Bekräftigung wurde ein wütender Blick Richtung Snobauto geschickt. Als hätte der Wagen sein innerstes Bedürfnis nach Einsamkeit (die Menschenmassen auf der Straße um diese Uhrzeit zählen nicht) erspürt, wurde auf einmal beschleunigt und Hyde verlor ihn bald aus den Augen.

Er fragte sich, ob er jetzt glücklich (/Es lebe die Telepathie...!/) oder traurig (/Nicht einmal ein beschissener Benz mag mich...!!/) sein sollte. Der Langhaarige entschied sich fürs erstere, kratzte sich ein bestialisches Grinsen auf das Gesicht und sah mit Genugtuung ein paar Passanten mit panischem Geschrei von ihm weglaufen.

Es gibt doch noch Gerechtigkeit auf der Welt.
 

Eine entblätternde Frage holte den Langhaarigen von seiner Wolke boshafter Glücksseligkeit zurück.
 

„Äh, Haido-chan! Wo sind wir eigentlich...?“
 

BONK. (Man stelle sich einen niedlich ratlosen Tetsu vor und Hydes zuckende Füße daneben.)
 

„Du bringst mich um, du bringst mich um...“ Der Langhaarige fand es vollkommen natürlich, als Antwort einen Songtext von einer deutschen Band (die ihm eigentlich gar nicht erst bekannt sein dürfte, aber egal) namens „Wir sind Helden“ zu rezitieren.

Verdammte Scheiße noch mal! Er hatte Liebeskummer! Da war so etwas erlaubt, klar?!
 

Tetsu schreckte vor Hydes (unbeabsichtigt) wildem Blick zurück. Unsicher, ob er jetzt gleich einen Arzt rufen sollte oder erst in fünf Minuten, versuchte der Braunhaarige das Gespräch in ruhigere Bahnen zu lenken.
 

„Äh, äh, wir sind in...“ Verzweifelt versuchte Tetsu, ein Schild mit einer möglichst genauen Ortsbezeichnung herzuzaubern. Der Erfolg...nun, man kann es sich eigentlich denken.
 

„In Tokyo“, half Hyde mit bösartiger Freundlichkeit nach. Tetsu suchte immer noch nach dem Schild.
 

„Ja!“ Begeisterung.
 

„In Japan.“ Der Langhaarige war unermüdlich. Sein Blick jedoch war ungesund.
 

„Ge-genau!“ Fächer mit der Nationalflagge wurden gezückt.
 

„Im östlichen Pazifik auf einer Insel.“
 

„Tolle Idee!“ Tetsu schwitzte.
 

„Auf einer Straße.“
 

„JAAAH!“ Einige Passanten eilten noch schneller als üblich davon.
 

„Tet-chan?“ Sanftes Lächeln.
 

„...ja...?“
 

„Geht’s dir noch gut?“ Hochgezogene Augenbraue.
 

„...nein...?“ Hoffnungsvoller Blick.
 

„Dacht ich’s mir doch. Also, sag schon, wo wolltest du eigentlich hin? (/Bevor noch jemand die Polizei ruft.../)“ Der Langhaarige war sich dieses Spiels überdrüssig. Tetsu ließ den Kopf hängen.
 

„Ich glaube in einen Buchladen...er liebt Bücher, weißt du...irgendwo hier in der Gegend...“ Lächelnde Schuld blinzelte unter dem langen braunen Pony hervor.
 

„Jetzt weiß ich, warum du mich mitgenommen hast...Los, komm, dein Buchladen ist nur ein paar Straßen weiter.“ Hyde schüttelte schmunzelnd den Kopf. (/Tet-chan ist einfach unmöglich./)
 

Das schwarze Auto war wieder da. Hyde quittierte diese (zugegeben nervende) Tatsache mit stoischer Gleichgültigkeit. Wahrscheinlich wieder so ein blöder Gaijin, der nicht wusste, wohin er eigentlich fahren sollte. Ein Seitenblick auf den vertrauensvoll-seligen Tetsu. Gut, streichen wir das „blöd“...
 

„Oh my God! Tetsu-san! What are you doing here? What a coincidence! It’s been a fairly long time since we talked to each other, now wasn’t it?”

Die Stimme gehörte zu einem groß gewachsenen (Künstlerfreiheit, zugegeben) Taiwanesen mit schulterlangen schwarzen Haaren. Sein schlanker, und doch muskulöser Oberkörper steckte in einem weißen Unterhemd mit einem schwarzen Hemd darüber. Die onyxfarbenen Augen blickten freundlich-überrascht zu immer nervöser werdendem Tetsu.
 

„Tet-chan, habe ich das richtig verstanden?“, säuselte Hyde mit einem gefährlichen Unterton und Schmerzen versprechendem Blick.

„Du hast mich hierher geschleppt, ohne genau zu wissen, dass dein Freund auch tatsächlich hier ist...?“
 

„Aber er ist doch hier, oder?“ Um Gnade bettelnde Augen.
 

„And who is this striking beauty next to you?“ Machte der Fremde sachte auf sich aufmerksam.
 

Die striking beauty sammelte die letzten Überreste ihrer vor Wut flöten gegangenen Englisch-Kenntnisse.
 

„Fuck off!!!“
 

Tetsu, der hübsche Schwarzhaarige und der Rest der Ladenbesucher starrten den explodierten Langhaarigen geschockt an.

Hyde war sich bewusst, dass er wieder mal überreagiert hatte. Trotzdem! Tetsu heult ihm die Ohren voll, dass Hyde sich ablenken muss – am besten durch eine neue Bekanntschaft - schleppt ihn aus seinem Haus Gott weiß wohin und weiß nicht einmal selbst, ob das Treffen klappt! Das war wieder einmal so typisch für ihn. Und so verdammt unausstehlich!

Wenn der Braunhaarige fand, dass Hyde aufgemuntert werden sollte (wie kam Tetsu überhaupt auf so eine bescheuerte Idee...?), dann hätte er sich schon etwas mehr Mühe geben können.
 

Mit einem wütenden Blick auf seinen besten Freund (/Pah!/) drehte der Langhaarige sich um und verließ mit schnellen Schritten den Laden. (Sehr zur Erleichterung des Besitzers...)
 

Plötzlich wurde er am Arm gepackt.
 

Erschrocken, dennoch mit einem vorbereiteten üppigen Repertoire an Schimpfwörtern, da er Tetsu vermutete, drehte sich der Langhaare nach dem Besitzer um.

Vor Erstaunen und Entsetzen bekam er jedoch kein einziges Wort über die Lippen, als er die Erkenntnis zuließ, WER ihn da eigentlich am Arm hielt. Widerspruchslos ließ sich der Langhaarige zu dem schwarzen Benz ziehen (/...schon wieder dieses Auto...!/). Erst als er sanft-bestimmt in den Innenraum geschoben wurde, fiel Hyde eine Tatsache auf, die er sogleich freundlich-hinweisend seinem Entführer mitteilte.
 

„Sonnenbrillen stehen dir nicht.“
 

Gackt sah ihn verwirrt an, bevor er in lautes Gelächter ausbrach.

Hydes Hirn hatte indessen die Zeit gefunden, sich zu sammeln und nun schossen Fragen wie Fledermäuse in einem Solarium in seinem Kopf hin und her.

Wie, was, wo...? (Okay, letzteres war vergleichsweise einfach zu beantworten: In einem snobigen Benz inmitten Tokyos). Bei näherer Betrachtung wären eigentlich alle Antworten zu finden, aber wie sollte man sich da auf objektive Deduktion konzentrieren, wenn das Herz sich just in diesem Moment entschlossen hatte, sich ein Loch durch die Brust zu klopfen?

Oder wenn man am ganzen Körper vor Aufregung zitterte? Oder vor Wut.
 

/Verdammtes Arschloch, was fällt ihm eigentlich ein, mich so einfach zu entführen?!/ Die Tatsache, dass Hyde sich wie ein selig-betrunkenes Lama hatte abführen lassen, lassen wir mal ganz kokett unter den Telefontisch fallen...
 

/Was soll dieses verdammte glückliche Grinsen auf seiner Physiognomie?! Ich finde das gar nicht lustig! Zuerst so ein Geständnis im Krankenhaus, dann ignoriert mich die Sau und nun auch noch kidnapping!/ Der Langhaarige zwang sich, tief die gekühlte Luft des Innenraumes einzuatmen. Allmählich wurde er ruhiger – das übermäßige Herzklopfen jedoch blieb. Und die Röte in seinem Gesicht leider auch.
 

Aber er...er durfte nicht. Er durfte nicht! Hyde seufzte. Wieso musste dieser Abklatsch von einer Vision ständig in den unpassendsten Momenten auftauchen...? Der Langhaarige verfluchte Ayumi, verfluchte das scheußliche Papier und verfluchte sich selbst. Wieso hatte er sich denn nicht einfach in ein Mädchen verlieben können?!
 

Der beobachtenden blauen Augen wurde Hyde sich erst in diesem Moment bewusst.
 

„Wozu...?“ Der Langhaarige brauchte die Frage nicht auszuformulieren, der Blonde verstand ihn auch so.
 

„Weil ich es einfach nicht ausgehalten habe.“ Ein trauriges Lächeln. „Weil ich mich so sehr nach deiner Nähe gesehnt habe.“
 

Und was sollte Hyde jetzt tun? Neben ihm saß der Mensch, den der Langhaarige liebte. Dieser schien seine Gefühle zu erwidern. Es gab jedoch ein winziges Problemchen in der ganzen Sache. Hydes Erwählter war psychisch krank und hatte eine unerklärlich große Angst vor seinem Vater. Zudem hatte der Langhaarige vor kurzem erfahren, dass seine Nähe den seelischen Zustand Gackts zu verschlimmern schien. Die perfekten Voraussetzungen, eine feste und lang anhaltende Beziehung einzugehen.
 

Hyde lehnte seinen Kopf zurück, schloss die Augen. Was soll das hier alles?
 

„Was...was willst du eigentlich von mir, Gackuto?“, wurde leise in das kaum hörbare Summen des Motors gefragt.
 

„VON dir will ich nichts. Ich will DICH.“
 

So einfach? Hyde runzelte die Stirn. Das...das tat weh. Hatte die Schwester denn wirklich Recht? Wusste der Blonde nicht, dass er verletzte, dass er nicht imstande war, Gefühle für Menschen in seiner Umgebung zu empfinden? Dass das alles hier nur eine Laune war?
 

„Und was hält dich davon ab, deinem Wunsch nachzukommen? Sag mir die Wahrheit, Gackuto. Willst du wirklich mich? Oder willst du nur irgendjemanden?“ Der Langhaarige sah Gackt mit halbgeschlossenen Augen an.

Ein Schleier von Verwunderung und Bestürzung legte sich auf dessen Züge.
 

„Natürlich will ich nur dich! Glaubst du wirklich, ich hätte mir solche Mühe nur wegen ‚irgendjemandem’ gemacht? Aber ich bringe dich in Gefahr – oder denkst du, dass dieser ganze Auftritt hier nur Jux und Tollerei ist?!“ Der Blonde war aufgebracht.
 

„Was für eine Gefahr denn, zum Teufel noch mal?“ Aber auch Hyde konnte seine aufgesetzte Ruhe nicht länger aufrechterhalten. „Ständig redest du davon, ohne mir tatsächlich etwas zu sagen! Und wenn du mir jetzt mit deinem Vater kommst, dann lass mich gleich aussteigen – ich habe nämlich keine Lust, mir ständig dein Gejammer über ihn anzuhören! So mächtig ist er nun auch wieder nicht!“ Wütend wurde Gackt angefunkelt.
 

Die Lippen des Blonden wurden zu einem schmalen Strich gepresst, die Augen verengten sich – wie immer, wenn er seinen Zorn zu unterdrücken versuchte.
 

„Du gehst nirgendwohin.“
 

TBC
 

A/N: Yeah. Hydie und Gackt kommen endlich mal zusammen und es fliegen schon wieder die Fetzen. Hyde ist eine Zicke und Gackt nervt. Ich hab kein Bock mehr auf den...#lach# Kann ich ihn nicht einfach aus der Story streichen? Nicht gerade geistreich, der Bursch.

Ach ja, ich halte übrigens meine Leserschaft für sprachbewandert genug, um mit den wenigen englischen Sätzchen zurecht zu kommen.
 

Gut. Ihr wisst es. Ohne Kommentare geht’s nicht weiter. Also, los. Hopp. XD

Wahrheit, nichts als die Wahrheit

A Highschool Story
 

Kapitel #21
 

Dem Blonden wurde keinerlei Chance gelassen, weiterzureden.
 

„Ach ja? Wie willst du mich denn aufhalten?“ Zum Beweis rüttelte der Langhaarige an der Autotür. Sie blieb sturerweise verschlossen. „Wie kannst du es wagen? Lass mich sofort hier raus!“
 

„Nein. Außerdem bist du doch derjenige, der Erklärungen verlangt hat!“
 

„Ach, was kannst du denn schon erklären? Du bist doch gar nicht zurechnungsfähig!“

Gackt wurde blass.

Shite! Hyde schlug sich (leider etwas verspätet, jedoch zum Zeichen des guten Willens) die Hand vor den Mund.
 

„Was...was hast du da gerade gesagt?“ Ein ungläubiges Flüstern.
 

„Ich...ich sollte besser gehen...bitte. Lass mich raus.“ Ein kläglicher Versuch, den Schaden gering zu halten. Doch Gackts Zorn entgegenzutreten – dazu fühlte er sich einfach nicht in der Lage. Da wurde eine schmähliche Flucht eher bevorzugt.
 

„Haido. Was hast du gerade gesagt.“ Die Aufforderung hatte einen gefährlichen Unterton. Das Gefühl des Unwohlseins wuchs, wandelte sich langsam in Panik um.
 

„Ich...es tut mir aufrichtig Leid. Ich hätte so etwas nicht sagen dürfen, es war unfair.“

Das Gesicht des Blonden war schmerzverzerrt.
 

„Ich...glaube es einfach nicht. Bitte, sei ehrlich zu mir, Haido. Hat Ayumi dich irgendwann mal aufgesucht? Im Krankenhaus, vielleicht?“
 

„Ja“, hauchte der Langhaarige. Er konnte Gackt nicht anlügen, spätestens sein Gesicht hätte die Wahrheit verraten.
 

„Sie hat dir über meine...Verfassung erzählt?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Hyde nickte. Ein Kloß breitete sich in seinem Hals aus, verhinderte das Sprechen. Konnte es sein, dass...?
 

„Ja“, fand der Langhaarige endlich seine Sprachfähigkeit wieder. „Sie meinte, dass sie sich große Sorgen um dich macht und dass ich alles nur verschlimmern würde...“

Gackt schnaubte verächtlich.
 

„Ayumi und sich um mich sorgen?! Es zerreißt mir doch glatt das Herz!“ Als Ayumi-Ersatz wurde die schwarze, unschuldige Bodenmatte mit einer Lawine aus brennendem Eis überrollt. „Ich wusste ja, dass sie extrem ist, aber dass sie so weit gehen würde, um uns auseinanderzubringen...“ Der Blonde schüttelte den Kopf. Hyde wagte zu hoffen.
 

„Dann...dann ist das alles – eine Lüge? Deine psychische Krankheit, dein Klinikaufenthalt – erfunden? Gackuto?“ Nur unter größter Mutsaufbringung schaffte es Hyde, sein Gegenüber anzublicken.

Der Blonde schwieg.
 

„Gackuto, bitte!“ Der Langhaarige konnte die drückende Stille nicht länger ertragen. Gackt schüttelte den Kopf.
 

„Es ist wahr.“ Mit einem gequälten Gesichtsausdruck beugte sich der Blonde nach vorn, öffnete die dunkle Trennscheibe, gab seinem Chauffeur – den Hyde am Rande des Bewusstseins als Yuki identifizierte und sogleich vergaß – einen Wink. Der Wagen blieb stehen, das Türschloss wurde mit einem leisen Knack geöffnet.
 

„...Gackuto? Was...?“

Der Angesprochene seufzte.

„Nur wenige Leute haben je davon erfahren. Ayumi behält diesen Trumpf meistens nur für besonders Hartnäckige.“ Gackt lachte humorlos. „Sie muss dich wirklich für gefährlich halten, wenn sie gleich alle Register zieht.“
 

„Soll ich mich jetzt geschmeichelt fühlen, oder was?“ Hyde gab sich gruffig. Der Blonde lächelte, seine Augen jedoch blieben traurig.
 

„Naja, du bist ja auch etwas Besonderes...(/Für dich?/) Für sie jedoch bist du allem Augenschein nach besonders lästig...Du kannst jetzt gehen, wenn du willst. Alle, die davon erfuhren, hatten plötzlich etwas sehr Wichtiges zu tun. Oder noch schlimmer, sie haben versucht, mich zu trösten.“ Eisiges Glitzern verriet nur andeutungsweise, was genau Gackt mit diesen Samaritern angestellt hatte.

Bevor Hyde auch nur ein Wort des Entrüstens (/Ja, super. Zuerst heiß machen und dann wegschicken. Tolle Strategie, überhaupt nicht zu durchschauen!/) hervorbringen konnte, fuhr der Blonde fort.
 

„Meine liebe Schwester hatte jedoch umsichtigerweise nie das Datum meiner Einweisung verraten. Nicht, dass es für meine Freunde (nein, Hyde täuschte sich nicht, da war tatsächlich ein zynischer Unterton zu hören) von Bedeutung gewesen wäre. Sie blieben nie lange, um mir Zeit zu geben, mich zu rechtfertigen...Mit sieben Jahren bin ich bei einem Unfall auf See fast ertrunken, ich hatte damals Alpträume und konnte sogar Stimmen hören. Mein Vater befand es für das Beste, mich in eine Psychiatrie einzuweisen (ein hässliches Grinsen verzerrte Gackts Züge). Nach zwei Jahren wurde ich wieder entlassen...Sie haben keine Anomalien bei mir gefunden.“

Der Blonde sah Hyde fest in die Augen.

Glaubst du mir? Oder willst du die Flucht ergreifen, so wie all die anderen?

Da ihm nicht unmittelbar der Tod infolge eines Zornausbruchs gewisser Gackts drohte (tststs, man sollte niemals Leute nach sich selbst beurteilen, Haidolein...), fiel dem Langhaarigen noch nie eine Wahl leichter. Er lächelte Gackt so überzeugend wie möglich an. Kristallenes Blau strahlte.
 

„Oh, Mann und das wegen ein paar Stimmen...“ Hyde schüttelte den Kopf. Der Blonde pflichtete ihm bei, abfällig schnaubend.
 

„Hmpf. Sie haben schließlich Geld von meinem Vater für ihre „Arbeit“ bekommen. Es lag ihnen viel daran, so einen vielversprechenden Kunden wie mich so lange wie nur möglich zu behalten. Daher auch die Diagnose. Sehr...eindrucksvoll, nicht wahr? Manchmal haben sie mir Tabletten aufgezwungen, damit ich dem Befund auch gerecht werde, wenn mein Vater mich besuchen kam – was ist schon die Psyche eines Kindes gegen die Millionen von Yen, die mein überbesorgter Zeuger brav an die Ärzte zahlte? Diese zwei Jahre waren die schlimmsten in meinem Leben...“ Gackt blinzelte mehrmals hintereinander – ein erbitterter Kampf gegen die Tränen.
 

Hyde streifte die Schuhe ab (soviel Geistesgegenwart besaß er noch), kletterte auf den Sitz und kniete neben dem Blonden. Sanft nahm der Langhaarige dessen Gesicht in beide Hände und küsste vorsichtig die sich angesammelte salzige Feuchte von den flatternden Lidern weg.

Arme schlängelten sich sogleich um seine schmale Taille, drückten ihn an Gackts muskulösen Körper. Immer weiter wanderten Hydes Lippen, fanden schließlich ihr Ziel.
 

Aaaah...es tat so gut. Der Langhaarige wusste gar nicht, wie sehr er die Berührung des anderen vermisst hatte. So weich, so sanft, nie aufhören, bitte...

Hände strichen ruhelos über seinen Körper, drängten ihn in Gackts Schoß, fuhren frech die Rundung seines Pos nach; Hyde stöhnte leise, teils vor Überraschung, teils vor Empörung auf. Eine vorwitzige Zunge zögerte nicht, die mehr oder weniger willige Einladung zu missbrauchen, drang in die fremde Höhle ein. Der Langhaarige war von so vielen Eindrücken, Gefühlsfragmenten – so viel durcheinander, überschwemmt. Sein Verstand wurde systematisch ausgeschaltet, als er immer weiter in den berauschenden Strudel hineingesogen wurde.

Hyde spürte Verlangen in sich aufsteigen, als er sich immer enger an den Körper des Blonden presste, immer tiefer seine Finger im weichen Haar vergrub, er wollte...mehr...

Um Gottes Willen!

Der Langhaarige riss sich los. Mehr aus Angst vor der Reaktion seines Körpers als vor Sauerstoffmangel. Wie...wie...hatte er sich so hinreißen lassen...

Hyde verstand sich selbst nicht – nie zuvor waren seine Empfindungen so stark gewesen und das verunsicherte ihn zutiefst. Vielleicht wurde ja auch Gackt von Mal zu Mal besser – wenn man von der Gewieftheit ausging, die der Blonde an den Tag legte...(Haido, der Scherzkeks.) Trotzdem. Nie hätte der Langhaarige erwartet, dass ein Kuss allein eine so...so...verdammt erregende Wirkung auf ihn haben könnte. Oder lag es nur daran, dass es der Blonde war?
 

Leichtem Druck an seinem Kopf folgend, legte Hyde seine Stirn an Gackts Brust. Immer noch leicht außer Atem, seine Lippen fühlten sich seltsam an – wie geschwollen, und mit einer Röte im Gesicht, die gnadenlos in die Welt hinausschrie, was genau mit gewissen Langhaarigen vor ein paar Minuten angestellt worden war.

Dämmerndes Blau war das einzige Zeichen, dass Gackt der Mitschuldige war. Unfair. Aber wunderschön...Der Langhaarige seufzte.
 

/Was tust du eigentlich mit mir, Gackuto?/
 

„Hm...also eigentlich würde ich noch viel mehr mit dir tun, aber ich fürchte, du...“ In diesem Moment wurde der Versuch gestartet, eine Erkundungsfahrt unter Hydes Röckchen zu machen – was der Besitzer des besagten Kleidungsstücks mit einem erschrocken-entrüsteten „Yiep!“ quittierte, die Hände des Blonden von seinen (fast vollständig entblößten) Oberschenkeln herunterreißend.
 

„...würdest genau das sagen.“ Nicht ein Funken Reue, dafür umso frecher das Grinsen.
 

„Uch, du...!“ Es fehlte nur ein schwarzer Regenschirm, der mit einem befriedigenden ‚Klonk’ auf den Kopf des Wüstlings niedersausen würde. Den passend-aufgebrachten Gesichtsausdruck einer Oma, die ihren Enkel beim Anzünden ihrer Katze erwischt, hatte Hyde bereits.
 

/Wenn du bereits wusstest, was ich sagen würde, wieso hast du es dann getan?!/, wurde der erwähnte Wüstling angefunkelt.
 

[Alles aus Liebe zu dir, mein Schatz...], ein amüsierter Singsang von klarem Meerwasser.
 

An einem protestartigen Gewinnen von Abstand zwischen ihnen wurde der Langhaarige jedoch erfolgreich durch eine unnachgiebige Umarmung gehindert. Hyde gab seine schwachen Proteste auf und vergrub seinen Kopf in der Halsbeuge des Blonden.
 

„Aber sag, Gackuto“, kam ihm plötzlich in den Sinn, „wenn du wusstest, dass Ayumi versuchen würde, deine Freunde mit diesen Arztberichten zu verschrecken, wieso hast du es denn ihnen nicht selbst gesagt?“ Braune Augen blickten fragend zu Gackts Kinn hoch.

Dieser seufzte.
 

„Ja...wieso eigentlich nicht? Weil ich...ja. Weil ich Angst hatte. Ich hatte Angst, dass sie genauso reagieren würden wie bei Ayumi...so aber hatte ich auch gleich einen Sündenbock. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie sich von mir abwenden, vor mir flüchten – wie vor einem Monster.“ Der Blonde lächelte bitter.

Hyde hob den Kopf.
 

„Du bist ein Idiot, Gackuto. Das ist doch alles ein dummes Missverständnis – du bist doch gar nicht krank! Jeder mit nur einer Unze gesunden Menschenverstandes hätte dir das geglaubt!“ Dieser personifizierte feste Glaube an das Gute in Menschen ließ Gackts Lächeln wehmütig werden.

Er strich dem Kleineren eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
 

„Nein“, schüttelte er den Kopf, „ein Feigling, ja. Idiot nur in wenigen Ausnahmefällen (/Was hat dieser Blick denn nun wieder zu bedeuten?! Hab ich was im Gesicht?/). Außerdem will ich missverstanden werden – das macht Abschiede sehr viel leichter...Mir geglaubt hätten sie wahrscheinlich sowieso nicht – wozu sich die Mühe machen? Wenigstens sind sie sicher...“

Hyde runzelte die Stirn.
 

„Sicher? Nicht schon wieder, Gackt!“ Der Blonde schnitt weitere protestierende Genervtheitsbekundungen mit einem warnend-eindringlichen Blick ab.

„Natürlich gab es auch Menschen, die mich trotz meiner ‚Verfassung’ als einen Freund ansahen...die meisten mussten aus unerklärlichen Gründen umziehen, bei anderen gab es...Unfälle.“ Gackt schluckte, als ihn die Erinnerungen an Verlust und das Gefühl des Betrogenseins heimsuchten. Wieder.
 

„Was?! Du – du denkst doch nicht, dass hinter all dem dein Vater steckt? Woher...?“ Der Langhaarige konnte es einfach nicht glauben.
 

„Nein, es gab natürlich nie auch den leisesten Verdacht gegen ihn. Trotzdem – ich mir sicher, dass mein lieber Papa mich vor inadäquatem Umgang befreien wollte. Es sähe ihm so verdammt ähnlich.“
 

„Aber woher willst du wissen, dass dein Vater – “, gab Hyde nicht auf.
 

„Ich weiß es.“ Der tote Blick des Blonden jagte ihm einen Schauer über den Rücken.
 

„Aber das...das geht doch nicht. Er ist schließlich dein Vater...“ Der Langhaarige war verstört. Eltern liebten ihre Kinder doch, oder?

Gackt lachte humorlos.
 

„Also, was das angeht, so bildet mein herzallerliebster Herr Papa die größte Ausnahme.“
 

„Eh?“ Konnte der Blonde mittlerweile anderer Leute Gedanken lesen oder wie? (Eine SEHR verunsichernde Annahme, wenn man bedenkt, in welche Richtung besagte Gedanken gewisser Langhaariger im Hinblick auf gewisse Blonde abzuschweifen drohten...)
 

„Nein“, lächelte Gackt, „nur, wenn du sie laut aussprichst, ohne es zu merken...“ (/Memo an mich selbst: Halt um Gottes Willen den Mund, wenn du nachdenkst!/)

Als Antwort auf diesen festen Entschluss lehnte sich Gackt zu dem Kleineren vor und umfasste dessen Kinn, verschmitzt lächelnd.
 

„Och, wenn es nur das ist...dann sollte es kein Problem sein...“ Damit überbrückte er den kleinen Abstand zwischen ihnen, Hydes Lippen in einem weiteren sanften Kuss einfangend.
 

TBC
 

A/N: Und es ist noch nicht zu Ende. Ich habe gehofft, diese ganze Auto-Szene in einem Kapitel abzuwickeln...aber nein, zu viel geschrieben. Als Zeichen meines guten Willens ist das Kapitel etwas länger geworden. Etwas. |D

Nya, ihr könnt euch vielleicht nun besser vorstellen, warum Gackt ständig mit seinem Killer-Papi genervt hat. (Ehrlich gesagt traue ich dem Seika-Patriarch so ziemlich alles zu...)
 

Ja, genau, nur eine kleine Bemerkung am Rande. Da ich bald (okay, in einer Woche... #flennt#) Prüfungen hab, müsst ihr euch wieder auf eine längere Pause einstellen. (Nicht, dass ihr es nicht gewöhnt seid, oder so. ;D)

Die mutigsten unter euch werden demnach auch mit ACS für eine Weile verschont bleiben.
 

Aber über Kommentare würde ich mich natürlich wie immer freuen.

Von alten und neuen Bekanntschaften

A Highschool Story
 

Kapitel #22
 

Der Langhaarige wusste nicht, wo ihm der Kopf stand. /Woher...? War er etwa...?/ Die Wärme jedoch, die sich langsam in ihm ausbreitete, ertränkten jeden aufkeimenden Gedanken. Hyde umschlang die schlanke Taille des Blonden in dem Versuch, ihn näher zu sich zu ziehen. Gackt jedoch zuckte zusammen und unterbrach den Kuss, sich so schnell und so sanft wie möglich aus der Umarmung befreiend.
 

„W-was ist? Hab ich...?“, wurde erschrocken und besorgt nachgefragt.
 

„Schhh...“ Der Blonde strich Hyde sachte mit dem Daumen über die leicht geschwollenen Lippen, schaffte sogar ein beruhigendes Lächeln. „Ich habe mir vor kurzem den Rücken aufgeschrammt. Du hast aus Versehen die noch nicht verheilte Stelle berührt, das ist alles.“

Der Langhaarige war nicht zufrieden mit der Antwort – dazu war Gackt viel zu blass geworden – doch er bohrte nicht weiter nach. Vielleicht war es ja endlich Zeit, dass Hyde darauf vertraute, der Blonde würde ihm früher oder später (eher später...) von sich auch alles erzählen?
 

Waren sie beide überhaupt so weit, dass sie einander vertrauen konnten? Noch konnte Hyde zurück. Noch konnte er aus dem Wagen steigen und den Blonden zu vergessen versuchen – einen triftigen Grund hatte er dafür auf jeden Fall. Der Langhaarige wusste, dass Gackt ihm wahrscheinlich nicht einmal böse sein würde, wollte dieser doch selbst Hyde vor allzu engem Umgang mit ihm abhalten. Waren die Gefühle des Langhaarigen für den anderen stark genug, um all diese Hindernisse zu überwinden? Sie waren stark. Aber ob das reichte? Hyde wusste es nicht.

Eins wusste er doch mit Sicherheit – vergessen würde er den Blonden niemals können. Der Langhaarige sah sich hilflos der Frage gegenüber, ob das zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen wäre. Eigentlich hatte er, seit sie sich in der Klasse begegnet waren, ständig an Gackt gedacht...
 

/Vertraust du mir, Gackuto?/ Nein, noch wichtiger war die Frage /Vertraue ICH DIR? Wie kann ich mir deiner Gefühle sich sein, wenn ich dich nicht verstehe?/

Es schien dem Langhaarigen plötzlich sehr wichtig, den Blonden richtig kennen zu lernen. Die körperliche Anziehungskraft war auf jeden Fall stark genug, um sie wie zwei gegensätzlich gepolte Magnete gegeneinander prallen zu lassen.

Aber wie stand es mit ihren Persönlichkeiten? Diese waren doch auch wichtig, oder?

Leidenschaftliche Nächte schön und gut, aber wenn sie einander nicht verstanden, keine Gemeinsamkeiten hatten, dann gab es für sie beide keinen gemeinsamen Weg...
 

Ein leises Lächeln stahl sich auf Gackts Züge, als er seine Finger in den dichten braunen Locken vergrub.
 

„Du grübelst zu viel, Haido..“ Der Kopf des Langhaarigen wurde auf die Brust Gackts gezogen, die Schultern folgten in einer Umarmung nach.

...vielleicht sollten sie ja diese Persönlichkeitssache nicht übereilen...

Es war doch so schön. Warm...
 

„Hmm...wie sollte man da auch nicht ins Grübeln kommen?“ Hydes rationaler (und sehr hartnäckiger) Teil gab nicht auf. „Wenn du da bist, dann brauche ich nicht mehr...aber sobald du fort bist, kommen mir Zweifel...“ Er konnte es nicht ausdrücken, (;) hilfloses Schweigen erfüllte den Salon.

Der Langhaarige konnte den Seufzer der Hoffnungslosigkeit spüren.
 

„Haido, ich...möchte dir vertrauen...“ Dunkle Stimme in seinem Haar. „Aber ich kann nicht. Ich bin so oft von Menschen, die mir nahe standen, enttäuscht worden. Beinahe hätte ich vergessen, wie es ist, normal mit jemandem zu reden – ohne ständig darauf achten zu müssen, nur nicht zu viel zu verraten. Ich habe vergessen, wie man ein freundliches Wort sagt, wie man tröstet. Wie...“ Der Blonde machte eine kleine Pause. „...man liebt...Bedingungslos, alle Bedenken über Bord werfend, das kann ich nicht mehr.“ Die Umarmung wurde fester, als klammere sich Gackt wie ein Ertrinkender an den letzten Strohhalm.
 

„Wenn...wenn das so ist...“ Der Langhaarige richtete sich auf, nahm den blonden Kopf in seine Hände, lehnte seine Stirn gegen die Gackts. „Dann werde ich es dir beibringen.“ Ein lebensfroh-enthusiastisches Grinsen malte sich auf dem Gesicht des ‚Lehrers’.
 

„Ach, tatsächlich?“ Ein gespielt-skeptisches Aufblitzen. „Na, dann sollten wir lieber keine Zeit verlieren...“ Damit wurden resolut die Lippen des Langhaarigen in Beschlag genommen. Unfähig von ihm zu lassen, unfähig zu widerstehen, diese Macht war so viel größer...mit Freuden gab sich Hyde ihr hin.

Eine kleine Weile, zwei paar brennender Lungen und geschwollene Lippen später, fiel dem Langhaarigen etwas auf.
 

„Gackuto, wo bin ich überhaupt?“ Die unbeirrbare Logik dieser Frage wurde von spöttischen blauen Augen angefochten.
 

„In meinem Auto? In meinen Armen? Such dir etwas aus.“
 

„Nein, das – oh.“ Das Ziffernblatt der Armbanduhr Hydes verirrte sich in dessen Blickfeld. „Ich glaube, ich sollte langsam los, Tet-chan macht sich wahrscheinlich schon Sorgen um mich...“ (25 unbeantwortete Anrufe auf dem Handy...)

Nur widerwillig ließ Gackt ihn gehen.
 

„Hmpf. Er kann auch länger warten, er ist ein großer Junge.“ (Er ließ den Langhaarigen gar nicht erst gehen, wäre vielleicht die treffendere Bezeichnung des Sachverhalts...)

Die Tatsache, dass Tetsu mittlerweile in Deutschland angekommen sein könnte, ließ Hyde etwas resoluter vorgehen.
 

„Gackuto...“ Der Angesprochene war viel zu sehr mit dem (vorzüglich schmackhaften) Hals des Langhaarigen beschäftigt.
 

„Oh, Gott, Haido...mein Verlangen nach dir ist so groß, dass es mir Angst macht...“, wurde heiß gegen die gerötete Haut geflüstert.

„...mir übrigens auch.“ Trotz der versuchten Beherrschung konnte Hyde ein verräterisches Erzittern nicht unterdrücken. „Gackutoo...“ Wieso klang das jetzt so flehend?
 

„Jaja, ich höre schon auf. Wo soll ich dich absetzen?“ Gott sei Dank, der Blonde hatte ihn missverstanden.
 

„Genau hier, bei diesem Buchladen.“

Schnell, bevor der Blonde etwas sagen (oder noch schlimmer – tun) konnte, drückte Hyde ihm einen Kuss auf die Wange, murmelte ein „Bis bald, Ga-chan“, und sprang aus dem Auto. (Nein, diesmal stolperte er nicht und fiel auch nicht mit der Nase vorwärts auf den Boden – auch er durfte mal Glück haben. Einen halben Tag im Jahr.)
 

Des Schicksals Vergeltung traf ihn in ganz anderer Form. (Okay, vergesst das mit dem Glück.)
 

„HYYYYYYDEEEEEE!!!“ Das Blut gefror ihm in den Adern. „WO ZUR HÖLLE HAST DU GESTECKT?!!“

Schlagartig änderte der Angebrüllte seine Meinung (in Deutschland ist es schließlich auch schön). /Gacku, ich koommee!/

Doch als hätte der Feigling das gerochen – von einem schwarzen Benz nicht die geringste Spur. War ja klar.

Seufzend ergab sich Hyde seinem unausweichlichen Unstern. Immer auf die Kleinen mit den kurzen Beinen, die nicht schnell genug rennen können...
 

***
 

„Weißt du, das war sehr unfreundlich von dir, Hyde.“ Der Braunhaarige musste erst einmal tief Luft holen, um sein hochgradig in Anspruch genommenes Lungenvolumen wieder herzustellen. Hyde verbiss sich die ebenfalls unfreundliche Bemerkung, dass es in erster Linie Tetsus Schuld gewesen war.

Einen weiteren Brüllanfall von einer Viertelstundenlänge jedoch – der übrigens einem Opernsänger bezüglich der Tonhöhe Konkurrenz gemacht hätte – wollte der Langhaarige seinem angeschlagenen Trommelfell nicht zumuten. Es galt die Gemüter zu beruhigen.
 

„Es tut mir Leid, Tet-chan.“ Verwandlung in gramgebeugten Arbeitslosen, der seine Geldbörse verloren hat, eingeschlossen. Mit einem herzerweichenden Seufzer fuhr Hyde sich durchs Haar – ein vollendetes Bild der Reue.
 

„Ach ja? Wieso fällt es mir so schwer, dir das zu glauben?!“ Hm. Vielleicht sprachen die geschwollenen Lippen, die Röte im Gesicht und das Funkeln der Augen doch etwas dagegen...“ Ich war sogar versucht, zur Polizei zu gehen, weil ich dachte, du seiest entführt worden!“ Uups. Die Reue wurde etwas prominenter.

Aber so ganz daneben lag der Braunhaarige auch nicht.
 

„So sehr hast du dich um mich gesorgt?“ Versuchsweise Lächeln.
 

„Jetzt tu nicht so, verdammt! Wo hast du dich herumgetrieben?!“ Antwortweise Knurren.
 

„...spazieren...“
 

(Die nachfolgende Aufzeichnung bestimmter Reaktionen wird in Rücksichtnahme auf die minderjährigen Leser in abgeschwächter Form dargestellt.)
 

„#$%***&/§?!!!“ Begleitet von gutturalen Lauten.
 

„Ich lieb dich auch, Tet-chan.“ Strahlendstes Lächeln. „Wo ist übrigens dein Freund?“ Nebensächliches Interesse. Irgendwie musste der Langhaarige ja das Gespräch aufrechterhalten.
 

„Er ist gerade dabei, dich zu suchen!“ Ouch, Fettnäpfchen Nr. 3867. Gott sei Dank gehörte der Braunhaarige zu der Sorte Mensch, die dem Charme gewisser Langhaariger nie lange widerstehen konnte... „Oh, Mann, Haido, was machst du nur für Sachen?“ Resignierendes Kopfschütteln.

Hyde zuckte nonchalant mit den Schultern und lächelte mild. Wenn DER wüsste!
 

„Heya, over there!“, lenkte eine bekanne Stimme die Aufmerksamkeit auf ihren Besitzer. Anscheinend konnte dieser Freund von Tetsu Leute aus drei Kilometern Entfernung gegen den Wind erschnüffeln (eine überaus hilfreiche Eigenschaft auf der Suche nach Drogen und Hydes). „It seems the lost beauty had been found...” Der Schwarzhaarige zwinkerte ihnen zu.

Hyde hatte den Anstand, reumütig und verschämt dreinzuschauen – eine Röte im Gesicht gratis dazu.
 

„Umm, I’m sorry about earlier...” Der Freund winkte lächelnd ab (Wahrscheinlich war ihm so etwas schon öfters passiert...).

Wang Lee Hom, wie Hyde im weiteren Verlauf des Gesprächs (das in einem lustigen Konglomerat aus Englisch, Taiwanesisch und Japanisch abgehalten wurde) erfuhr, war angehender Arzt auf der Suche nach einer freien Stelle. Das Glück (oder Unglück, je nachdem, wie man es betrachtete...) führte ihn in Tetsus Schule. Da beide Familien durch eine kinderreiche Heirat miteinander verbunden waren, konnte sich Wang der Unterstützung des Braunhaarigen sicher sein. Eine Besichtigungstour inklusive (das war übrigens der Augenblick, in dem Hyde die Bühne betrat – Tetsu hätte wahrscheinlich doch kleine Schwierigkeiten gehabt, dem Neuankömmling den Tokyo Tower als eine Lehranstalt zu verkaufen...).
 

Der Langhaarige hoffte, dass Wang die Stelle bekommen würde. Es wäre eine nette Abwechslung zu der zurzeit residierenden Krankenschwester, die alle Schüler hasste und stattdessen nur Tiere behandelte („Oh, mein armes Vögelchen! Hast du dir das Schnäbelchen gegen den Boden gestoßen? Was für eine grausame Welt ist das – Vögel müssen ihr Essen von der Straße aufsammeln...!“ – „Aber, Frau Shinonome, mein Freund hat sich beim Sport das Knie ausgerenkt und kann sich nicht bewegen...“ – „Raus! Das Vögelein braucht Ruhe!“ – „Aber, Frau Shinonome...“ – „Ich sagte raus! Lenk mich nicht mit solcher Lapaille von der wichtigen Arbeit ab!“).

Vielleicht war das der Grund, warum es in der Umgebung von Hydes Schule keinen einzigen Vogel gab? Oder es gab sie, nur waren ihnen die Schnäbel verbunden? Hyde wusste es nicht.
 

Der Schwarzhaarige gefiel ihm. Er hatte Witz, Charme und hoffentlich verstand er auch etwas von seiner Profession.

Hyde blinzelte in die Abendsonne. Alles in Allem ein gelungener Tag, oder? Er hatte sich mit Gackuto versöhnt, hatte eine neue Bekanntschaft gemacht...wieso also konnte er die nagende Unruhe nicht abschütteln...?
 

TBC
 

A/N: Erm, ja. Irgendwann doch noch fertig geworden mit dem Kapitel. Der Shinonome-Part bringt mich übrigens auf eine hübsche Parodie. (Die ich sogleich wieder vergessen habe, aber das macht nichts.)

Aber im nächsten Part ist Gackt mal wieder mit dem Leiden dran. MUAHAHAHA. Muss auch mal sein.
 

Äh. Kommentare wie immer sehr willkommen!

Zwei Leiden, eine Freude

A Highschool Story
 

Kapitel #23
 

(Ein paar Kilometer weiter.)
 

„Yuki...schneller, bitte...“ Der Atem des Blonden kam nur stoßweise. Er hatte sich auf dem Rücksitz ausgestreckt, zum Sitzen nicht länger in der Lage.

Aaah, verdammt! Es waren doch nur sieben Peitschenschläge gewesen, er sollte sich nicht so haben...! Sieben waren mehr als genug, schrie ihm sein Rücken in brennenden Schmerzwellen entgegen.

Medizin vergessen, so ein verdammter Mist! Gackt krallte seine Hand in das weiche Leder der Autositze, als sein Körper immer weiter die lokale Betäubung abschüttelte. Der Verband – seit dem Morgen des Tages nicht mehr gewechselt – hatte sich gelockert und scheuerte auf der entzündeten Haut, unerträglichen Juckreiz verursachend.

Hnrgh...Er konnte dem horrenden Drang nicht widerstehen, krümmte leicht seinen Rücken. Und wurde mit verzweifelt aufkreischenden Nerven belohnt. Scheiße. Ein paar der tieferen Wunden waren garantiert wieder aufgerissen...
 

„Liege still, Gackuto-sama!!!“ Yuki drehte sich nicht um, doch er konnte die Verärgerung aus ihrer Stimme heraushören. Ah. Dann blutete es also wieder...

So ein Dreck an so einem Tag! Wieso wurde ihm nie das bisschen Zeit mit Haido gegönnt?! Er hasste seinen Vater dafür. Wie zur Hölle hatte er erfahren, dass der Blonde sich nachts aus dem Haus geschlichen hatte, um Hyde in der Klinik zu besuchen?

Höchstwahrscheinlich von Ayumi. Aber sie kann es nicht selbst gesehen haben – denn Gott sei dank war seinem Dienstmädchen nichts vorgeworfen worden.

Hatte Hyde selbst es ihr etwa erzählt? Oh, Mann...aber er konnte es ja schließlich nicht wissen...Was für ein Müll. Wie konnte er dem Langhaarigen vertrauen, wenn Gackt selbst von ihm Gefahr drohte...?

Denn dann müsste er Hyde alles erzählen – über seinen Vater, über Ayumi, über...die Schläge. Konnte der Blonde es riskieren, dass der Kleinere aus reinem Mitleid bei ihm bliebe – oder noch schlimmer, Gackt verließe, weil er fürchtete, ihm durch ihre Beziehung zu schaden?

Der seelische Schmerz lenkte Gackt für ein paar flüchtige Augenblicke von seinem in Flammen stehenden Rücken ab.
 

Trotzdem. Nie und nimmer würde er den Kleineren missen wollen. Zur Hölle, er vermisste ihn jetzt schon! Der Blonde konnte nur beten, dass Hyde nichts passierte, denn für ihn gab es kein Zurück mehr – er war schon lange nicht fähig, den Langhaarigen – sei es auch um dessen selbst Willen – auf Distanz zu halten...
 

***
 

Kritisch ging Hyde um die Pulte herum.

Irgendetwas war seltsam, aber noch konnte er den Finger nicht drauf legen. Noch eine Umrundung. Ein prüfend-vergleichender Blick zu anderen (momentan schülerlosen) Tischen, die in der trüben Morgenhelle standen (Gott sei dank hatten sich zu dieser Herrgottsfrühe noch keine weiteren Lernbegeisterten eingefunden, um den Langhaarigen mit geweiteten Augen anzustarren und ihn für verrückt zu erklären).
 

Ah, jetzt fiel endlich der Groschen. Sein und Gackts Pult standen näher beieinander! (Man merkt, dass Haido nicht um sechs Uhr in der Schule erscheinen sollte.)

Nach dieser entzückend-erschütternden Erkenntnis ließ sich der Langhaarige auf seinen Stuhl fallen. Wie süß. Hyde konnte sich ein Halblächeln nicht verkneifen; der Blonde benahm sich zuweilen kindischer als er aussah. Der verringerte Abstand war nicht auf Anhieb bemerkbar (ausschließlich für komische, halbverschlafene Hydes, die an nichts anderes als an blonde Mitschüler dachten...) – eine Anomalie von 15 Zentimetern.
 

Hyde fühlte sich auf einmal nicht wohl in seiner Haut. Ungewollt drängte sich ihm eine ähnliche Situation auf – sanfte Küsse und eine brutale Abfuhr am nächsten Tag. Wenn das wieder eintreten sollte, wieder etwas dämliches Wettenähnliches – oh, ekelhafter Gedanke. Ja, genau, was dann? Was würde der Langhaarige tun, sollte Gackt abermals seine Pseudo-Ladykiller-Show vor seinen minderbemittelten Pop-Kumpanen abziehen wollen? Plagefrage.
 

Also, erst mal würde Hyde wütend werden. Sehr wütend sogar! Und danach...würde er höchstwahrscheinlich anfangen zu heulen. Und dann würde er auf die Toilette rennen wollen, dabei mit Ayumi zusammenstoßen – Stopp. Wieso kam dem Langhaarigen dieser Handlungsstrang so bekannt vor? (Okay, diesmal würde er Ayumi mit einem stumpfen Bleistift erstechen – ansonsten waren keine signifikanten Änderungen in der Dramatik vorgesehen.)
 

Der Langhaarige runzelte die Stirn.
 

Tatsache war, dass er nicht den Hauch einer Ahnung hatte, was er tun würde. Oh, beängstigender Gedanke. Mal abgesehen von einem Wutausbruch (Nervenzusammenbruch optional), einem Amoklauf mit dem anschließenden Tod eines blonden Mitschülers (oder am besten aller blonden Mitschüler, um die Gefahr gleich zu bannen) – konnte Hyde sich sicher sein, dass er sich nicht plötzlich in Gackts Armen wiederfinden würde, mit Halbwahrheiten versorgt, niemals imstande diesem herrlich-talentierten Mund, diesen sanften Händen Widerstand zu leisten?
 

Natürlich würde der Langhaarige versuchen, jede kleinste Form von Kommunikation – konstante Verweigerung der Kenntnisnahme der Präsenz des anderen inklusive – zwischen ihnen auf dem Nullpunkt zu halten. Natürlich würde er dem Blonden aus dem Weg gehen.
 

Hyde brauchte sich nicht vorzustellen,, wie er sich dann fühlen würde – er brauchte sich nur zu erinnern. Und du hast ihm geglaubt, du Trottel! Aber damals kannten sie sich noch nicht richtig (taten sie das denn jetzt?) und es war nicht SO schlimm gewesen...Lüge! Es WAR schlimm, es tat so unglaublich weh! Aber jetzt...

Gackuto, bist du tatsächlich so grausam? Der Langhaarige starrte in die leere Morgenluft. Schon allein der Gedanke ließ sein Herz zerreißen – so sehr war er also dem Blonden verfallen.
 

Und dann wieder – nur ganz kurz, flüchtiges Treffen, „Haido, bitte...“ Schmerzerfüllte blaue Augen, „Ich brauche dich...!“ Vorsichtige Küsse auf die flatternden Lider, „Ich liebe dich...“

Der Langhaarige wusste, er würde nicht standhaft bleiben können. Aller Schmerz würde in dieser Umarmung unwichtig erscheinen – bloßes Gespinst einer gemarterten Seele, einer Seele, die endlich ihren Frieden gefunden hatte.

Und der Teufelskreis würde von neuem beginnen.
 

Um der Liebe des Himmels Willen, Gackuto!

Aber es war ja nicht so, oder? Der Langhaarige wusste nicht mit Sicherheit – er sollte doch nicht gleich die Flinte ins Korn werfen, vielleicht war es diesmal ernst gemeint...Hyde war viel zu sehr in seinem Schmerz gefangen, um die flehende Stimme seines Herzens wahrzunehmen.

Nein, Gackuto, so nicht. Mit einer kurzen resoluten Bewegung schob Hyde das Pult des Blonden an dessen Platz zurück.
 

***
 

Seltsam.

Wieso war eigentlich bis jetzt nicht das Getrappel einer Schülerherde, die sich lärmend, stolpernd, beschwerend dem unwillkommenen Klassenzimmer näherte, zu vernehmen? Der Zeiger der unansehnlich-weißen Wanduhr tickte unaufhaltsam auf Unterrichtsbeginn zu. Hatte der Langhaarige wieder mal eine wichtige Ansage überhört?

Kein Lehrer, keine Schüler, nur ein ahnungsloser und verwirrter Hyde (in diesem Moment ein nunmehr seufzender).

Es half alles nichts, er musste in Sekretariat gehen, vielleicht wurden ja Stunden vertauscht? In Gedanken versunken schlürfte der Langhaarige lustlos der Klassentür entgegen. Ganz wie es sich bei wohlerzogenem Mobiliar gehörte, schwang diese auf, sobald Hyde in Reichweite war, knallte fröhlich gegen seine Nase und quietschte vergnügt. Nur die Anwesenheit einer anderen Person hielt den Langhaarigen davon ab, diese Frechheit (a.k.a. Tür) zu Kleinholz zu verarbeiten. Und zwar mit bloßen Händen.

In Ermangelung eines befriedigenden Ventils wurde nun der Eindringling ermahnt, doch besser aufzupassen:
 

„Waf soffte dav, du Idiot?! Kannf tu...“ Das bereits oben erwähnte Ventil lächelte zuvorkommend.
 

„Oh, entschuldige vielmals, Haido-san. Das war keine Absicht.“
 

„Wehe, wenn es eine wäre...!“, grummelte Hyde den Blonden an (nur dieser konnte die Unverschämtheit besitzen, nach solch einem horriblen Anschlag nicht auf die Knie zu fallen und um Vergebung zu betteln. Okay, eigentlich würde so etwas auch ein Anständiger nicht tun, aber die Vorstellung war schön), seine malträtierte Nase beschwichtigend.
 

„Was machst du hier? Wo sind die anderen?“ Der Langhaarige war froh, einen Leidensgefährten zu haben (auch wenn er sich eher die Zunge abbeißen würde, bevor er das zugab; auch Zwerge haben ihren Stolz).
 

„Ah, aber natürlich...“ Der Blonde vergewisserte sich, dass auf dem Gang keine Schülerseele zu sehen war, trat in das Klassenzimmer, schloss die Tür hinter sich (konnte sich gerade noch davon abhalten, einen Stuhl unter die Klinke zu klemmen – das wäre wohl etwas zu eindeutig...). Dann beugte er sich zu dem ängstlich-abwartenden Hyde hinunter und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange.
 

„Guten Morgen, Haido...“, wurde leise in die weiche Haut geflüstert.

Vergessen war der innere Konflikt, die Nase und der Rest der Welt.
 

„Äh...äh...guten Morgen...Ga...ckuto...“ Wieso zur Hölle wurde er SCHON WIEDER rot, hä?! Es war doch bloß ein stinknormaler Kuss in einem stinknormalen verlassenen Raum...! (Okay, das ‚stink’ passt nicht in den Kontext. Das ‚normal’ auch nicht. Wann war denn bei Gackt irgendwas normal?!)
 

„Lass mich mal kurz sehen...“ Der Blonde nutzte die tiefgründige Denkpause und nahm Hydes Hand von dessen Gesicht, um das in Mitleidenschaft gezogene Organ näher in Augenschein zu nehmen. Vorsichtig fuhren Finger die brennende Haut entlang.

„Hm, scheint nicht gebrochen zu sein. Tut es sehr weh?“
 

„Nein...“ Wie hypnotisiert starre der Langhaarige in die offenen blauen Augen. Erst, als er Finger an seinen Lippen fühlte, fiel Hyde etwas interessant-verunsicherndes auf.
 

„Ga-chan, das ist nicht meine Nase“, wurde hilfreich hingewiesen.
 

„Oh, tatsächlich? Wie schade.“ Der Blonde nahm seine Hände von Hydes Gesicht, nur um sie sogleich mit seinem Mund zu ersetzen.

Ah...wie konnte es denn sein, dass er das vermisst hatte, obwohl ihr letztes Treffen erst einen Tag zurücklag?

/Und wenn jetzt irgendjemand hereinkommt? Ein Lehrer, um nachzusehen, ob alles in Ordnung ist?/ Der kleine Adrenalinschuss reizte, Hydes Finger kribbelten, als er die Wange des Blonden streichelte.
 

„Hättest du vielleicht jetzt die Güte, mir zu verraten, wo denn nun der Rest unserer lieben Schülerschaft ist?“, wurde sogleich zum Bombardement übergegangen, nachdem sie sich gelöst hatten.

Gackt zuckte nonchalant mit den Schultern.
 

„Sie sind gerade beim Sport. (Nach einem kurzen Blick auf die Uhr) Oh, ich glaube, du kommst zu spät...“
 

„Wie bitte? Und was ist mit dir? Wieso hast du mir das nicht früher gesagt?!“ Hyde war etwas aufgebracht. Der Blonde hörte nicht auf zu lächeln.
 

„Ich? Ach, ich habe ein Attest, der Lehrer hat mich dazu verdonnert, die Schlafmützen einzusammeln. Wieso? Es sah nicht so aus, als würde dir die kleine Ablenkung missfallen. Und außerdem, du hast doch sowieso keine Sportsachen mit, du Schnarchnase, also können wir uns doch gleich ein gemütliches Eckchen suchen...“

Hyde starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an, als habe sich der Blonde entschieden, eine Karriere als Kakerlaken-Dompteur zu starten. So viel Frechheit verschlug ihm schlichtweg die Sprache.
 

„...natürlich habe ich Sportsachen hier! Im Gegensatz zu anderen mir Bekannten schwänze ich nicht gern!“
 

„...Streber.“ Hyde warf ihm einen Blick zu, der Schmerzen versprach. Mit hocherhobenem Kopf wurde anschließend aus dem Zimmer stolziert und mit einer 15-minütigen Verspätung in der Umkleidekabine eingefunden.
 

***
 

Verschwitzt und missmutig stolperte Hyde in das (mittlerweile beseelte) Klassenzimmer. Er vergaß immer wieder, wie sehr er doch Sportunterricht hasste! Dieser Sklaventreiber! ‚Und noch fünf Runden um den Sportplatz, ihr Warmduscher!’ – waren sie hier in einer Militärschule, oder was?! ‚Hoch die Knie, ihr Schlappschwänze!’ – und wer nicht über das nächste Haus springen kann, der darf dann so lange fünf Runden laufen, bis er es schafft?! Jeder Mensch hat ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, zur Hölle noch mal!
 

Eine Traube von kreischenden Fangirlies, die sich um Gackts Tisch versammelt hatte, diente nicht gerade dazu, Hydes Laune aufzubessern. (/STERBT!!!/) Ohne es zu wollen, vernahm der Langhaarige überbesorgt-quietschige Anfragen über die Gesundheit des freundlichen, tollen, charmanten, witzigen Gackuto-kun (Hyde kotzte diskret unter seinen Tisch).

Nachdem er einem aufdringlichen Weibsbild seine Sporttasche auf die Füße hatte fallen lassen – seine saccharine Entschuldigung troff vor verstecktem Sarkasmus –, wandte er sich mit einem bösen Blick dem Blonden zu.
 

„Wie ich sehe, hast du dir nicht nur ein gemütliches Eckchen gesucht.“ (Was zur Hölle noch mal machen diese Hühner hier?!)
 

„Es gibt wohl nicht viele Menschen, die sich nach DEINEM Wohlbefinden erkundigen wollen.“

(Nicht meine Schuld, ich schwörs!)
 

„Nun, solange du nicht zu ihnen gehörst, muss ich mir keine Sorgen machen.“ (Schon gut. Aber sie gehen mir auf die Nerven...)
 

„Keine Sorge. So interessant bist du nicht.“ (Tut mir Leid. Ich werde versuchen, sie so schnell wie möglich abzuwimmeln.)
 

„Ach, wie schade. Dabei habe ich mir schon immer einen eigenen Fan-Club gewünscht...“ (Ganz und gar der Gentleman, was? Aber ich danke dir.)
 

„Erinnere mich doch dran, beizutreten, damit du wenigstens ein Mitglied hast.“ (Ich liebe dich.)
 

„Idiot.“ (...Ups, falsch verstanden...)
 

Das Klingeln beendete erfolgreich die liebevolle Session. Und Hyde fragte sich abermals, welcher Teufel ihn zu diesen kindischen Pseudo-Duellen verleiten ließ. Morgen würde wahrscheinlich die ganze Schule erfahren, dass Hyde und Gackt die allerfreundlichsten Umgangsformen miteinander pflegten. Er konnte sich die Schlagzeile der nächsten Ausgabe der Schülerzeitung vorstellen: „Klugheit vs. Schönheit – der Wettbewerb des Schuljahres!“
 

TBC
 

A/N: Uh, ich weiß nicht. Den ersten Part von dem Kapitel kann man getrost in den Müll schmeißen, ich habe mich damit so abgequält und trotzdem ist nichts Gescheites zustande gekommen...#seufz# Den zweiten Part kann man eigentlich auch wegschmeißen, so unsinnig das wieder geworden ist. Ach du je. Ich gelobe Besserung.

Aber hey! Diesmal ist es länger! Bin ich nicht toll? %D
 

Ach ja. Vielen, vielen Dank an all die Reviewer, die mir so viele Kommentare hinterlassen haben! Das hätte ich wirklich nie erwartet! #verbeug#

Ohne euch wäre die FF wahrscheinlich schon abgebrochen. Ihr seid eine wirklich große Motivation. (Um nicht zu sagen die einzige...)
 

Die beendende Zeile. Kommentare sind mehr als nur willkommen.

Ein genialer Plan...

A Highschool Story
 

Kapitel #24
 

Am nächsten Tag schrie sich die Schülerzeitung tatsächlich mit großen Überschriften die Seele aus dem Leib. Nur war dabei nicht das Gigantenduell das Thema (worüber der Langhaarige mehr als nur erleichtert war), sondern der kommende Schulball. Das alljährliche Kirschblütenfest verlangte seinen Tribut in Form von ausgelassenen und angeschwipst-heiter tanzenden Jugendlichen der Kamagawa-High.

Bei Unternehmungen solcher Art durften die Schüler alles machen, was sie wollten (nun ja, Kleidung, Ort, Zeit, Getränke wurden vorgegeben, ansonsten herrschte völlige Entscheidungsfreiheit) – Raumgestaltung und Müllbeseitigung inklusive.
 

Hyde war kein Fan von derlei Unterhaltung. Nein, er mochte es wirklich nicht. Natürlich blieb ihm Abwesenheit untersagt. Aus dem einfachen Grund, dass bei dem Ball die Schulbands lauthals und ungehemmt ihre erfindungsreichsten Texte, von Schrammelmusik begleitet, in die brav klatschende Menge hinausbrüllen durften. Ach, was ein Vergnügen...
 

Es war jedes Mal das gleiche.
 

„Haido, hast du schon gehört? Hast du gesehen?“ Im Takt mit der Frage wurde gehüpft.
 

„Ja...Tet-chan, müssen wir wirklich dahin? Können wir lieber nicht so schön abgeschieden und für uns selbst üben...?“ Eine weinerliche Resignation des zum Kloputzen Verdammten.

Meistens folgte dann ein viertelstündiger Vortrag über die Bedeutung der wachsenden Fangemeinschaft (/Welche Fans zum Teufel noch mal? Die Hälfte liegt doch eh besoffen unter dem Tisch, weil SCHON WIEDER einer Sake hineingeschmuggelt hat!/), der Notwendigkeit des PR und das überlebenswichtige Erlangen des „Bühnenfeelings“ (/Aha. Hast du Angst auszurutschen und auf der Nase zu landen oder was?/).
 

„Ah, alles klar. Deine Blumen sind von deinen Gesangsübungen eingegangen und deine Mam hat dir gedroht, dich rauszuschmeißen, solltest du mit dem Katzengejammer nicht aufhören?“ Ein todbringender Blick des Braunhaarigen als Antwort und eine gekichterte Entschuldigung seitens Hyde.
 

Dennoch, es blieb dabei. Jedes Jahr wurde gehorsam auf die kleine Bühne geklettert, gesungen und gespielt und sich anschließend getrollt. Der Langhaarige blieb nie länger als unbedingt nötig – jaja, es gab immer männliche Vertreter, die unbedingt mit der ‚Rockerbraut’ tanzen wollten. Hyde versuchte, das Risiko, ihnen ganz aus Versehen alle Knochen im Leib zu brechen, so minimal wie möglich zu halten.
 

Nun, dieses Jahr würde die traditionelle Nörgelei eine Auszeit erfahren. Mit dem Erscheinen Gackts und den nachfolgenden Auseinandersetzungen entsprang ein leiser Wettbewerb zwischen den beiden Bands – ans Nichterscheinen war nicht einmal zu denken.

L’Arc-en-Ciel würde bald ihren ersten Mini-Auftritt haben.

Und Hyde konnte nicht genau sagen, ob er sich darüber freuen oder den Blonden in die tiefste Hölle verdammen sollte. (Selbstverständlich entschied sich Hyde fürs letztere – er hatte mittlerweile wirklich große Erfahrung darin...)
 

Die Halle wurde so oft frequentiert wie eh und je. Hyde war wirklich dankbar, diesen Raum zugewiesen bekommen zu haben und er war sich sicher, den anderen ging es ebenso. Die zunächst spartanische Einrichtung erweiterte sich um neue Musikinstrumente, neuerdings war auch ein altersschwacher, jedoch voll funktionsfähiger Computer hinzugekommen, begleitet von einem ebenso altersschwachen Keyboard.

Es wurde komponiert, auf die Pauke gehauen, ziellos rumgeklimpert und sich die Lunge aus dem Leib gebrüllt. Kurzum, Produktivität in einem der äußeren Ausmaße.
 

„It’s time tooo faaaalll, it’s time to saaayy goood byeee...Was reimt sich auf ‘fall’?“ Auf einem Stift kauend und ein zerkritzelter Block auf den Knien. Hyde war das Sinnbild nachdenklichen Genietums.
 

„...doll!“ Ken war wieder Mal mit seinen Gedanken woanders...

„Nein, nein, das passt irgendwie nicht...“ Tiefsinniges Grübeln.
 

„Pff, schick sie doch alle zum Teufel!“ Gut gemeinter Rat.
 

„Oh, eine wunderbare Idee...I wish ya’re gooone...!“
 

Auch im Klubhäuschen wurde erregt geprobt. Ab und zu schlich der Langhaarige näher, um die Fähigkeit des Feindes auszukundschaften und etwaige Schwächen auszumachen. Lüge! Er wollte einfach nur Gackts Stimme hören.
 

„Nein, You-chan, das gefällt mir noch nicht ganz. Versuche doch das ‚e’ in F-Moll einen Halbton höher zu heben...ja, so klingt es noch viel besser, meinst du nicht?“
 

Und der Gesang! Wie gerne lauschte er dem Gesang des Blonden – zuerst leise, flüsternd, dann immer schneller und lauter im Takt der Musik...(Leider konnte es sich Hyde nicht immer leisten, wie ein hypnotisiertes Kaninchen die Ohren Richtung AG-Haus zu recken – jeden Tag wäre doch wirklich etwas auffällig...)

Der Langhaarige hatte eine dunkle Vorahnung, wer als Gewinner des Wettstreits um den Plattenvertrag in Frage kommen könnte. Dennoch hatte er nicht vor, kampflos unterzugehen.

Ah, das wird garantiert ein Spaß!
 

***
 

Sie hasste sie! Oh, wie sie sie hasste! Alle beide! Diese widerlichen verstohlenen Blicke auf den Schulgängen. Dieses ekelhafte Lächeln auf beiden Gesichtern gepflastert! Und wie sie für ganze Pausen auf der Jungentoilette verschwanden – glaubten sie etwa, niemand würde das mitkriegen?!

Schmutzig, unnatürlich, abstoßend! Ach, sooo glücklich verliebt – zum Kotzen!

Wie nur, wie? Wie konnte sie das stoppen, wie konnte sie ihren geliebten Bruder vor diesem Abschaum in Mädchenuniform bewahren? Es musste doch einen Weg geben, einen Weg...Gackt durfte sich einfach nicht in diesen Bastard verlieben, niemals!

Er war für sie bestimmt, sie allein hatte das Recht, ihn zu berühren, sie war ein Mädchen!
 

„Mir...du gehörst mir...“ Ein heiser-geflüsterter Schwur in die Schülerstille des Korridors.
 

Aber ja. Wie einfach und zur gleichen Zeit wirkungsvoll! Wieso war sie nicht schon früher drauf gekommen? Ach, das wird sicherlich ein Spaß!
 

***
 

Haaa, mein Liebling, es tut mir wirklich sehr Leid! Aber es ist nur zu deinem Besten, glaub mir. Keine Angst, es ist harmlos, Geliebter, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht. Unser neuer Arzt – und einer, der sogar etwas von seinem Fach versteht, auch wenn ich es nur ungern zugebe – er wird schnell das richtige Gegenmittel finden...
 

Ach, sind Eltern nicht zuweilen seltsam? Immer müssen sie die Kleider ihrer Kinder mit Initialen versehen. Findest du das auch nicht amüsant? Oh, aber wir haben keine Mutter mehr, die das für uns machen könnte – UND DARAN BIST NUR DU SCHULD, DU ELENDER BASTARD!

Aber ich habe dir verziehen, mein Geliebter, schon lange. Wusstest du das nicht? Ich liebe dich schließlich. Irgendwann werde ich es dir sagen...
 

***
 

Gackt ging es nicht gut. Der Langhaarige erkannte es sofort. Nein, nicht weil der Blonde aussah, als hätte er zu lange die Radieschen von unten betrachtet (...Spanner...) oder weil ihm der kalte Schweiß auf der Stirn stand. Nein, einzig und allein wegen der Tatsache, dass er nicht versucht hatte, Hyde vor Augen aller Mitschüler zu küssen (da Gackt es mehrmals angegangen war, gehen wir beruhigt davon aus, dass der Langhaarige Mittel und Wege gefunden hatte, ihn daran zu hindern).
 

Misstrauisch wurde der Blonde gemustert – vielleicht war das alles nur ein Täuschungsmanöver, um die Hand blitzschnell in Hydes Haar zu versenken, dessen Kopf mit einem Ruck zu sich zu ziehen und ... spontan ein Buch ins Gesicht geklatscht zu bekommen.

Danach würde der Langhaarige meist ein entschuldigendes „Oh, war das nicht der Band, den du haben wolltest, Gackuto-san?“ lächeln. Nicht gerade einfallsreich, jedoch sehr effektiv.
 

Doch als Gackt den Langhaarigen nicht eines Blickes würdigte, sondern angespannt sein Pult betrachtete, die Hände zu Fäusten geballt, übermannte die Sorge um den Gesundheitszustand des Blonden diese Überlegungen.
 

„Gackuto, was hast du? Geht’s dir nicht gut?“, wurde leise gezischt (nun ja, dass es ihm nicht gut ging, sah auch ein Blinder – doch auch bei dem Langhaarigen machte die Ausbreitung der gesellschaftlichen Floskeln nicht halt).

Der Angesprochene schenkte ihm keinerlei Beachtung, kniff nur die Augen zusammen, als wolle er die Sicht klären, sein Atem ging flach.

Für weitere Interrogation blieb Hyde keine Zeit, der Lehrer kam herein. Nur mühsam konnte der Blonde sich für die Begrüßung aufrappeln und fiel sogleich wieder auf seinen Stuhl zurück, sobald das handelsübliche „Guten Morgen, Herr Lehrer!“ erklungen war. Der Lehrer warf ihm einen missbilligenden Blick zu, sagte jedoch nichts.
 

Als nach einer halben Stunde immer noch keine sichtliche Verbesserung eingestellt hatte und der Blonde auch keinerlei Anzeichen vorwies, auf sein Problem aufmerksam zu machen, beschloss Hyde die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen.
 

„Ja, Haido-san?“ Die Freude des Lehrers, dass der Langhaarige endlich den Stoff in sein Hirn geprügelt hatte, war dabei einen Stoßdämpfer zu erfahren.
 

„Nein, Fujimori-sensei, mein Anliegen bezieht sich nicht auf die vierte Unbekannte in Ihrer Gleichung...(wieso zogen sie alle so ein langes Gesicht, wenn er mal nicht die Antwort wusste?!). Ich wollte nur anmerken, dass es Gackuto-kun nicht gut geht und fragen, oder es nicht besser wäre, ihn zum Krankenflügel zu bringen...“

Diese Bitte riss den Apathischen aus seiner Starre.
 

„Nein...nicht nötig, Haido-kun übertreibt...mit mir ist...alles in Ordnung...“ Der Blonde wischte sich über die Stirn, doch auch das konnte seinem heiseren Flüstern nicht helfen. Logischerweise diente es nur dazu, die Aufmerksamkeit noch mehr auf seine Person zu ziehen. Beunruhigt trat der Lehrer näher.
 

„Gackuto-san, sind Sie sicher?“ Ein schwaches Nicken. „Nun gut. Haido-san, seien Sie bitte so nett und begleiten Sie Gackuto-san zum Doktor.“ Ein leichtes dankbares Lächeln und ein bestürztes Stirnrunzeln waren die Antwort auf diese Anweisung.
 

Hyde nutzte dieses Entsetzen und zog Gackt sachte von seinem Stuhl. Der Blonde war so schwach, er konnte nicht einmal seinen Arm heben, um den ‚Angreifer’ abzuwehren. Unter den stummen Blicken der Klasse schlurfte Gackt aus dem Raum.

Kaum waren sie draußen, wurde heiser gefleht:
 

„Haido, bitte, bring mich nicht in den Krankenflügel! Es ist nur ein vorübergehender Schwächeanfall...geht...gleich wieder...vorbei...“

Sorge und Verwirrung kämpfen in dem Langhaarigen um Dominanz. /Warum wehrt er sich so gegen den Krankenflügel? Was ist denn nur los mit ihm?/
 

„Tut mir wirklich Leid, Gackuto, aber ich kann dich schlecht sterben lassen, verzeih mir diesen kleinen Egoismus...“ Der letzte Part war nur gemurmelt. Gackt antwortete nicht, legte nur seinen Arm um Hydes Schultern, um einen besseren Halt zu finden. Der Langhaarige konnte sich eines Dejà-vus nicht erwehren – war es doch Gackts Schwester, die sich in ähnlicher Manier an ihn geklammert hatte. Ohne Frage war diese Berührung hier sehr viel angenehmer.
 

Nach einer kleinen Ewigkeit – in der der Körper des Blonden immer schwerer wurde und die Unruhe Hydes anwuchs – wurde der Langhaarige des hilfreichen Schildchens ‚Krankenstation’ gewahr.

Ein Anklopfen und eine knappe Begrüßung später konnte Hyde seine kostbare Last auf einen Stuhl sinken lassen.
 

TBC
 

A/N: Eigentlich geht dieses Kapitel noch weiter, aber ich habe wirklich nicht mehr den Nerv, diesen...diesen Ausguss hier abzutippen. (Gut, der wahre Grund ist – ich hab Hunger!) Nun ja, dafür wird’s beim nächsten Teil nicht mehr so lange dauern.

Hua. Jetzt wisst ihr ja, was die gute Ayumi vorhat. Es hat Wochen gedauert, bis ich mir endlich einen mehr oder wenigen plausiblen Plan für sie ausgedacht hab! Ich bin leider nicht so genial-bösartig wie sie. Ihr könnt euch auch ein Bild von Ayumis Gefühlen ihrem Bruder gegenüber machen...(Gott, was zur Hölle macht Inzest denn hier?!) War nicht beabsichtigt, wirklich. Ist aber wirklich passend im Endeffekt.
 

Uhm. Nun denn. Ich freue mich über jegliche Kritik. Oder sonstige Ausschweifungen schriftlicherseits.

...und eine glückliche Misskalkulation.

A Highschool Story
 

Kapitel #25
 

„Ich habe keine Ahnung, was los ist“, flüsterte Hyde, bevor der junge Arzt eine Frage formulieren konnte. Dessen Augen spiegelten die Besorgnis des Langhaarigen wieder. Vorsichtig näherte sich Lee Hom sich seinem schwer atmenden Patienten, befühlte dessen Stirn.
 

„Gackuto-san, hörst du mich? Kannst du mir schildern, was sich zugetragen hat?“, wurde etwas lauter gefragt. Der Angesprochene hob leicht seinen Kopf, versuchte verzweifelt, seinen Blick zu fokussieren. Es schien, als ob er gegen Schlaf ankämpfte. Seine Erfolgschancen besserten sich ein wenig, als Lee Hom seine Augen mittels einer kleinen Lampe untersuchte.

Unwillig knurrend zeigte Gackt wieder Lebenszeichen, indem er versuchte, seinen ohnehin vor Schmerz berstenden Kopf außer Reichweite dieses Quacksalbers zu bringen. Eine sanft-strenge Hand unter seinem Kinn vereitelte effektiv sein Vorhaben.

Schließlich ließ der Schwarzhaarige von dem Gequälten ab, nickend etwas in seinen nicht vorhandenen Bart murmelnd.
 

„Doktor?“ Der Langhaarige fühlte Panik in sich aufsteigen. „Er wird doch wieder gesund, oder?“ Lee Hom schenkte ihm ein vielsagendes Lächeln.
 

„Natürlich wird er das. (Mit einem lautlosen Krachen fiel der Fels von Hydes Herzen.) Ich habe bereits eine Vermutung, ich muss ihn nur etwas näher untersuchen. Mach bitte den Oberkörper frei, Gackt-san.“

Der Blonde zuckte zusammen und krümmte sich leicht, als hätte diese Bitte ihm einen Schlag in die Magengrube versetzt.
 

„Ich...das kann ich nicht.“ Wie zur Bestätigung umklammerte er seine schwarze Krawatte. Verständnislose Blicke von beiden Anwesenden waren ihm die Antwort.
 

„Gackt-san, ich will nur deine Herz- und Lungentätigkeit überprüfen, sonst nichts. Keine Spritzen, falls du das meinst.“
 

„Das meine ich aber nicht. Sie verstehen das nicht!“ Der Blonde schüttelte den Kopf.

Ein kleiner Schritt auf ihn zu. „Nein!“ Panische blaue Augen.

Der Arzt seufzte resignierend.
 

„Gackt-san, wir sind hier doch nicht im Kindergarten. Hören Sie bitte auf damit.“ Gackt konnte abermals nur stumm den Kopf schütteln, unfähig eine plausible Lüge aufzutischen.

Lee Hom wandte sich bittend dem verwirrten Langhaarigen zu.
 

„Hyde-san? Würdest du mir bitte bei diesem Patienten behilflich sein?“
 

„Nein! Haido, bitte, tu mir das nicht an!“ Ein flehend-verzweifelter Blick aus den blauen Tiefen. Der Blonde versuchte, sich zu erheben, doch sein Körper versagte ihm den Dienst.

Es zerriss dem Langhaarigen das Herz, seinen Gackt so hilflos und entsetzt zu sehen. Aber es ging hier um dessen Gesundheit...Gott, was sollte er jetzt machen? Das war einfach nicht fair. Sich gegen den Arzt zu stellen und damit Gackts Wohlbefinden (und somit Hydes Seelenfrieden) riskieren oder sich gegen seine Liebe zu stellen und somit ebenfalls seinen Seelenfrieden riskieren. Was...was sollte das hier eigentlich? Hyde schaute zwischen den beiden hin und her. Er kam sich wie im Schundroman vor. (Liegt damit nicht mal so verkehrt, der Gute...)
 

„Ah, aber Doktor“, fiel ihm plötzlich ein, „Sie haben den Eindruck gemacht, als wüssten Sie bereits, was mit Gackuto los ist...“ Mit einem Kopfschütteln zerschmetterte Lee Hom die aufkeimende Hoffnung, sich heil aus der Affäre ziehen zu können.
 

„Hyde-san, ich kann ihm doch nicht auf eine schlichte Vermutung hin ein Medikament ausschreiben. Ich muss mir ganz sicher sein, damit ist schließlich nicht zu spaßen.“

Seinen gequälten Blick wandte Hyde dem Blonden zu.
 

„Gackuto, kannst du nicht auf den Arzt hören? Mir zuliebe?“

Die blauen Seen überzogen sich mit Eis. Langsam machte der Angeflüsterte seine Krawatte los. Der Langhaarige konnte einen kurzen erstaunten Blick auf die weißen Initialen ‚H.S.’ werfen, bevor der schwarze Stoff achtlos auf den Boden geworfen wurde.

Erleichtert atmete Hyde auf, doch die Dankesworte erstarben auf seinen Lippen.
 

„Raus.“ Eine steinerne Maske der Verachtung.
 

„W-was? Aber, Gacku...-“
 

„RAUS.“
 

Hyde wandte sich mit blutender Seele dem Ausgang zu.
 

***
 

Was zur Hölle war gerade schiefgelaufen? Diese Frage stellte sich der Langhaarige so oft, bis sie jeglichen Sinn verloren hatte, nur eine leere Ansammlung von Wörtern war. Was zur Hölle...

Hyde presste ein Ohr gegen die Tür.

Nichts. Stille. Nicht ein Sterbenswörtchen klang durch. Was ging da vor sich? Er wollte sich nicht eingestehen, wie besorgt er um den Blonden war. Unruhig maß der Langhaarige den Flur mit den Schritten. Was sollte diese Angst davor, seinen Oberkörper zu zeigen?

Aufregung und Ratlosigkeit jagten ihn hin und her durch den leeren Krankenflügel.
 

Es kam Hyde wie eine Ewigkeit vor – doch es waren nicht mehr als zehn Minuten – bis die Tür aufgerissen wurde und ein gleichmütig dreinschauender Gackt herauskam.

Ah. Der verschwunden geglaubte – und ganz und gar nicht vermisste – Antarktis-Duft. Zu der Verwirrung gesellte sich nun Schmerz hinzu, als der Blonde – ohne auch nur einen Blick in Hydes Richtung zu verschwenden – wieder zurück zum Klassenraum schritt.
 

„Gackuto!“, wurde der Blonde eingeholt. „Bitte, sag mir, was passiert ist!“ Hyde fasste ihn am Arm, versuchte ihn zum Halten zu bewegen. Gackt riss sich mit einem Ruck los, ohne seine Geschwindigkeit zu verringern.

Nein, nicht so!
 

„Gackt! Bleib stehen, erkläre es mir!“ Der Langhaarige wurde immer verzweifelter. „Ich dachte, du willst mir vertrauen...!“
 

„Lass. Mich. In. Ruhe. Kapiert?“ Gackt dachte nicht mal daran, stehenzubleiben. Genauso wenig, wie Hyde daran dachte, aufzugeben. Der Blonde wurde überholt und durch kräftigen Druck auf seine Schultern zum Anhalten genötigt.

Gackt schwieg, sein gleichgültig-steinerner Blick ein starker Gegensatz zu seinem Verhalten. Doch der Langhaarige konnte die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen.
 

„Ga-chan, bitte“, jetzt etwas ruhiger, „ich flehe dich an. Lass mich nicht einfach links liegen. Verrate mir den Grund. Bin ich deines Vertrauens nicht würdig?“ Die Worte klangen so jämmerlich in Hydes Ohren, doch er sah sich nicht imstande, seiner Stimme einen festeren Klang zu verleihen. Für einen kurzen Augenblick erzitterte das eisige Blau und plötzlich glaubte der Langhaarige, die Ursache für all den Ruckus zu wissen.
 

„Hat...hat es etwas mit deinem Vater zu tun? Willst du –“, konnte Hyde sich nicht zurückhalten. Und bereute es sogleich. Gackts Züge waren vor Wut verzerrt, als er die Hände des Langhaarigen – die immer noch seine Schultern umklammerten – wegschlug.
 

„Nein“, wurde eisig gehaucht. „Du siehst ja schon Gespenster. Verschwinde endlich, du nervst!“ Damit wurde der Weg fortgesetzt.

Der Langhaarige versuchte verzweifelt, seine Bitterkeit und seine Tränen herunterzuschlucken. Was...was passierte hier, um Gottes Willen?!
 

War es etwa so schlimm, dass Hyde dem Blonden nicht gegen den Arzt beigestanden hatte? Verflucht, wäre Gackt am Ende krepiert, wessen Schuld wäre es dann gewesen, hä?! Er führte sich auf, als hätte der Langhaarige ihn hintergangen.

Doch es war nicht mal das Schlimmste, dass sie sich gestritten hatten, sondern die Tatsache, dass Hyde dies nicht mehr einfach beiseiteschieben konnte. Dafür hatte er sich viel zu sehr auf den Blonden eingelassen. Er konnte nicht einfach nach Hause gehen, Gackt in die tiefste Hölle verdammen und sich fest vornehmen, ihn zu vergessen – das konnte Hyde nicht mehr!
 

Wenn er daran dachte, dass der Blonde ihn erst ein paar Tage zuvor gewaltsam auf die Toilette verschleppt hat, um den Langhaarigen in Ruhe abküssen zu können. Nun, gut, was hieß gewaltsam – zuerst verschwand Gackt, exakt fünf Minuten später (länger hätten sie beide nicht ausgehalten) verschwand Hyde. Ganz zufällig trafen sie sich auf der Jungentoilette, die ganz zufällig leer war (wie meisten braven Schüler befanden sich kurz vor dem Klingeln auf dem Weg zu ihren Unterrichtsräumen). Ihnen blieb nur wenig Zeit, die sie jedoch voll auszukosten verstanden. Dann wurde gerade noch rechtzeitig vor dem Erscheinen des Lehrers mit hochroten Köpfen ins Klassenzimmer gestürzt, misstrauische Blicke geerntet und sich verstohlen angegrinst.
 

Hyde stützte sich an der weißen Wand ab, als er mit der Erkenntnis kämpfte, dass so etwas wahrscheinlich nie mehr passieren würde. Der Langhaarige hatte keine Ahnung, was er falsch gemacht hatte und noch weniger wusste er, wie er es wieder gutmachen sollte. Jedes Mal, wenn sie sich versöhnten, konnte Hyde einfach nicht nachvollziehen, warum sie sich in erster Linie gestritten hatten und jedes Mal wurde er eines besseren belehrt. Seine düsteren Gedanken niederkämpfend folgte der Langhaarige dem schon längst verschwundenen Blonden zum Unterricht zurück.
 

„Ah, Haido-san! Wie schön, dass Sie uns auch mit Ihrer Anwesenheit beehren!“ Das herzlichste Lächeln wurde aus dem Speicher herausgezerrt. /Ja, genau, du Arschloch, fall mir auch noch in den Rücken. So groß war die Verspätung doch gar nicht. Es sei denn, dieser Idiot von einem Gackt ist bis zum Klassenzimmer gerannt, um mir eins auszuwischen. Nicht zu fassen./
 

Falls irgendein Schüler beabsichtigt hatte, seiner Belustigung, ob der so gar nicht hyde-like Situation, freien Lauf zu lassen, so wurde dieses Vorhaben bereits im Keim erstickt. Braune Augen, die vor Mordlust funkelten, konnten recht einschüchternd wirken. Leider blieben Lehrer von dieser Art der Unmutsäußerung gänzlich unbeeindruckt. Immer noch lächelnd hob der Mathe-Lehrer seine Hand, zeigte auf die Tafel.
 

„Würden Sie uns bitte die Aufgabe vorrechnen, die da steht, Haido-san?“ /Dabei würde ich gern ausrechnen, wie viel Zeit dir noch zum Leben bleibt, wenn du nicht aufhörst so dreckig zu grinsen.../ Aber vielleicht sollte der Langhaarige die Chance wahrnehmen und sich etwas von seiner Misere ablenken – seine Aufregung (Hyde hatte keine Ahnung, wie die Aufgabe zu lösen war, nahm sich aber fest vor, sich nicht vor der ganzen Klasse blamieren zu lassen) überdeckte für eine kurze Zeit seinen Schmerz.

Es wurde gequält gelächelt, genickt und der Hyde-Streber-Modus herausgefahren. Der Langhaarige nahm sich ein paar Minuten Zeit, um das Problem näher in Augenschein zu nehmen und schon bald war die Tafel mit mathematischen Formeln und Zeichen vollgekritzelt, von leisem Erklärungsgemurmel Hydes begleitet.

Und die ganze Zeit brannte sein Rücken von den kalten Blicken Gackts.

Und zum tausendsten Male fragte Hyde sich verzweifelt, wieso er ausgerechnet an diesen unausstehlichen Typen geraten musste.
 

***
 

Die einfachste Lösung des Problems – zu Wang zu gehen und so lange auf ihn eindreschen, bis er endlich mit der Sprache herausrückte – stieß auf ein unüberwindliches Hindernis: Wang.
 

Der Arzt setzte den Langhaarigen mit einem freundlichen Lächeln davon in Kenntnis, dass auch Wahrung von Geheimnissen der Patienten zu seinen Pflichten gehörte.
 

„Aber Lee Hom-san! Und was, wenn es hier um den Seelenfrieden - ?”, bevor Hyde seine weinerliche Überredungskunst in die metaphorischen Gefilde ausweiten konnte, fiel der Schwarzhaarige ihm ins Wort.
 

„Wessen Seelenfrieden, Haido-san?“ Amüsiertes Funkeln den dunklen Augen. „Du magst Gackt-san wirklich sehr, stimmt’s?“

Na, klar. Wer konnte auch nicht Gefriertruhen (vergesst den Kühlschrank, der ist viel zu warm dagegen!) auf zwei Beinen, die immer so freundlich und charmant mit ihren Freunden umsprangen, nicht mögen?! Vor allem bei dieser geballten Kraft an Mitteilungsfreude und Optimismus! Zuerst Hyde an die Wäsche gehen (und das gleich bei ihrem ersten Kuss) und dann sich weigern, auch nur das Hemd auszuziehen! Oh, diese Vertrauensseligkeit war einfach umwerfend!

Wäre der Blonde in diesem Augenblick anwesend und hätten Blicke auch nur den entferntesten Einfluss auf den menschlichen Organismus, dann wäre von Gackt nichts weiter als ein unansehnliches Häufchen frittierte Asche übrig gewesen.
 

Eigentlich hatte der Langhaarige vor, dies alles Wang an den Kopf zu werfen, doch stattdessen seufzte er. Hyde wäre sehr glücklich, wenn er doch selbst daran glauben könnte.
 

„Ich kann dir allerdings versichern, dass Gackt-san keinerlei Folgeschäden von seinem Schwächeanfall davongetragen hat. In dieser Hinsicht musst du dir keine Sorgen machen.“ Hyde quittierte dies Bemühen mit einem schwachen Lächeln.
 

„Können Sie mir sagen, was überhaupt die Ursache für diesen Anfall war? Oder gehört das auch zu Ihren Geheimniswahrer-Pflichten?“ Herausfordernd wurden die braunen Augen verengt.

Der Schwarzhaarige überlegte kurz, dann nickte er leicht.
 

„Nun ja, eigentlich schon. Ich hoffe, dass du mir vielleicht weiterhelfen kannst, denn es war kein normaler Anfall. Vielmehr war es eine extreme Überreaktion auf ein im Grunde harmloses Beruhigungsmittel. So etwas tritt meistens nur dann auf, wenn ein Missbrauch von solchen Medikamenten vorliegt. Weißt du zufällig etwas Näheres?“

Der Langhaarige wurde blass. Beruhigungsmittel? Überreaktion? Wurde Gackt nicht gezwungen, Medizin gegen seine angebliche Krankheit zu nehmen? Um Gottes Willen! Was ging in dieser Familie vor sich?!

Verstört und eindeutig neben sich konnte Hyde nur den Kopf schütteln und sich mit einem leisen Murmeln verabschieden.
 

TBC
 

A/N: Uha. Okay, es war zwar nicht die Sonnengeschwindigkeit, aber immerhin ist dieses Kapitel etwas schneller als voriges Mal.

Gackt sauer, Hydie ratlos und ein Arzt, der zu helfen versucht. (Er hat gar keine Geheimhalte-Pflichten, der kleine Schwindler. Gackt hat ihm gedroht, dass Wang seine Zulassung verliert, wenn er etwas über den Zustand seines Rückens erzählt...Gackuto, der kleine Schlingel. XD)

Ach ja. Falls ihr euch über den Titel wundert. Diese Misskalkulation in Ayumis Plan ist natürlich glücklich. Für sie.
 

Ja. Genau. Ihr wisst es. Ich weiß es. Volunteers for comments, wie immer mehr als nur willkommen.

Hello, my love and my love good-bye...

A Highschool Story
 

Kapitel #26
 

Drei Tage vergingen und immer noch keine nennenswerten Resultate. Wenn man ein Mal von den Explosionen Gackts absah. Darin war der Langhaarige mittlerweile Weltmeister, wusste er doch ganz genau, welchen Knopf zu drücken, damit sich der Blonde in wüst gezischten Beleidigungen erging. Was sollte Hyde auch anderes machen? Lieber unkontrollierte Wutausbrüche, als gar keine Beachtung (in der Schülerzeitung hieß es nicht länger ‚Schönheit vs. Klugheit’, sondern ‚Godzilla vs. Tyrannosaurus Rex’). Der Langhaarige versuchte, es nicht allzu sehr auf die Spitze zu treiben, doch es kribbelte ihm in den Fingern, Gackt zu packen und ihn ordentlich durchzuschütteln, dabei „Ich liebe dich, verdammt noch mal! Wie oft soll ich das noch denken, träumen, fühlen?!“ schreiend. Bis jetzt konnte er sich jedoch zurückhalten. Mit diesen Worten jedenfalls.
 

Was den Rest anbelangte – verächtliches Schnauben, zusammengekniffene braune Augen, ein mit einem böswillig-hinterhältigen Lächeln gemurmeltes: „Oh, Gackuto-san, siehst du heute wieder blass aus! Soll ich dich zum Doktor begleiten?“ (Dabei ein „Ja, bitte...in letzter Zeit kriege ich immer so furchtbare Kopfschmerzen, wenn ich dich sehe“ seitens Gackt erfolgreich ignorierend) – so nahm sich Hyde kein Blatt vor den Mund. Zumal sich der sonst so stoische, gleichmütige Blonde so wunderschön provozieren ließ.

Sie hatten einander den Krieg erklärt. Ganz getreu dem Motto: Wenn schon nicht in guten, dann wenigstens in schlechten Zeiten.

Zu glauben, die Schülerschaft und die engsten Freunde würden die Spannung zwischen den beiden nicht bemerken, wäre schlichtweg utopisch.
 

Doch während der eine vorzüglich mit der Situation umzugehen verstand:
 

„Gackt-san? Was ist das eigentlich zwischen dir und diesem Pseudo-Mädel?“ Ein Blick und schon war von dem aufdringlichen Nervsack nur ein zuckendes Häufchen feuchten Bodens übrig – effektiv niedergebrannt durch die eisigen Kälte der blauen Augen.
 

/Hyde. Sein Name ist HYDE. Ist das etwa wirklich so schwer zu merken?/
 

Hatte der andere ziemliche Mühe, seine Freunde in Schach zu halten:
 

„Haido. Was. Ist. Bloß. Los. Mit dir.“ Tetsu starrte den Angesprochenen mit einem unbeweglichen Du-glaubst-doch-wohl-nicht-im-Ernst-dass-du-diesmal-mit-einer-läppischen-Entschuldigung-davonkommen-kannst-Gesichtsausdruck an. Der Langhaarige starrte mit einem trotzigen Du-glaubst-doch-wohl-nicht-im-Ernst-dass-du-überhaupt-eine-Entschuldigung-bekommst-Gesichtsausdruck zurück. Ken und Yuki waren da übrigens auch keine große Hilfe – mit ihren Analysen der psychischen Beschaffenheit Hydes.
 

„Seit dieser Gackt in deiner Klasse aufgetaucht ist, bist du eindeutig nicht mehr du selbst“, steuerte Ken bei (einem wütend klingelnden Fahrradfahrer absichtlich den Weg versperrend und dabei dreckig grinsend). Der Langhaarige konnte sich gerade noch davon abhalten, genervt die Augen zu verdrehen.

/Ach, tatsächlich?! Na, das war ja wieder mal eine berauschende Beobachtungsarbeit, Captain Offensichtlich!/ Hyde hoffte sehr, dass seine recht labile nervliche Verfassung es ihm doch noch ermöglichen würde, den Rest des Weges – das Quartett war zu der Halle unterwegs – seine Piesacker...äh, Freunde in langweiligem Schweigen ertränken zu können.
 

„Haido-kun, du empfindest doch etwas für diesen Blonden, oder?“
 

„NEIN!“ Oh, verdammt. Na, wenn das nicht eindeutig war. Yuki, der schweigsame, aber umso öfter ins-Schwarze-Treffer, lächelte leicht. Ken hob spöttisch die Augenbraue. Aber Tetsu...
 

„Tet-chan, was ist mit dir?“ Der Braunhaarige war plötzlich blass geworden. Besorgt legte Hyde ihm die Hand auf die Stirn. „Dir wird doch nicht etwa schlecht?“ Vielleicht würde ja die niederschmetternde Fürsorge von dem heiklen Thema ablenken und Tetsu, außer sich vor Glück, wieder ein neues Leben geschenkt zu bekommen, wird sich hüten, seinen Retter weiterhin schamlos auszuquetschen...(Haido, die Dramaqueen.)
 

„Ist das wahr, Haido?“, wurde heiser nachgefragt. (/Mist./) Dem Langhaarigen kam solch eine Reaktion von Tetsu höchst verdächtig vor, doch ein wütender Ausruf aus der Menge hinter ihnen verhinderte ein Stehenbleiben und das genauere Inspizieren der Sachlage.
 

„Ja“, wurde kurz die Beschaffenheit seiner Gefühle für Gackt ausgeforscht, „am liebsten würde ich diesem Arschloch seine Gedärme ausreißen und sie ihm ins Maul stopfen.“ Eine hübsche Metamorphose zur grinsenden Boshaftigkeit in Person gratis. Hyde brauchte ihnen nichts vorzuspielen, er meinte es vollkommen ernst.

Es brauchte eine halbe Minute, bis das Gesagte registriert und verarbeitet wurde, bis (völlig unangemessen, Hydes Meinung nach) der Rest der Gruppe in Gelächter ausbrach. Tetsu klopfte ihm auf die Schulter.
 

„Oh Mann, du kannst einem wirklich Angst machen, wenn du willst!“, wurde mühselig nach Luft geschnappt. /Wenns auch bei gewissen Gackts funktionieren würde, dann wäre ich das glücklichste Kind auf der Welt.../ Aber Gott sei Dank war das alte Grinsen wieder da. „Aber sag, welche Todsünde hat dieser Möchtegern-Casanova denn auf sich geladen?“

Gute Frage. Die Todsünde des Gutaussehens, des herrlichen Lachens, der vor Freude glänzenden Augen, der wundervollen Küsse... (Männer denken wirklich immer nur an das eine). Und die Todsünde der nicht vorhandenen Einfühlsamkeit, des Misstrauens. Aber das konnte der Langhaarige seinen Freunden wohl kaum auf die Nase binden.
 

„Ich habe wegen diesem Bastard eine Verwarnung bekommen. Und das nur, weil ich ihn zum Krankenflügel gebracht habe.“ Kollektive Entrüstung. Dennoch war Lady Fortuna wenigstens für ein paar Sekunden auf Hydes Seite – das würdevolle Auftauchen der verrosteten, mit undefinierbaren Farbresten bedeckten Eingangstür zu ihrer Musik-AG in der visuellen Reichweite bot entzückende Gelegenheit zum Themawechsel.
 

„Ach, ist auch nicht so wichtig.“ Der Langhaarige machte eine wegwerfende Handbewegung, während sein Herz sich schon bei der bloßen Erinnerung an die kalte Abweisung des Blonden schmerzhaft zusammenzog. „Mich würde es mehr interessieren, ob jemand von euch an den Texten weitergearbeitet hat.“

Kollektives Räuspern. War ja klar...
 

Die Tür zu ihrer Halle war offen. Das war sehr ungewöhnlich, wenn man in Betracht zog, dass eben diese Tür die Aufgabe hatte, neugierige Unbefugte von ihrem Territorium fernzuhalten. Und das tat sie am effektivsten, wenn sie zugesperrt war.

Eine böse Vorahnung senkte sich bleiern in Hydes Magengrube. Die Gruppe wechselte besorgte Blicke, doch niemand sagte ein Wort. Tetsu schob den Langhaarigen beschützend hinter sich, eindeutig befürchtend, dass sich jemand von den bereits erwähnten Unbefugten im Raum aufhielt.

Er stieß die Tür auf; mit einem beleidigten Quietschen gab sie den Weg frei. Vorsichtig schlichen sie zu dem hinteren Teil der großen Halle.
 

Ein leichtes Klicken hallte in der staubschweren Luft – erschrocken drehte sich Hyde in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Doch statt eines bewaffneten Verbrechers, der blöderweise vergessen hatte, sein Magazin aufzufüllen, würde der Langhaarige nur eines Kopf schüttelnden Yuki gewahr. Das Licht ging nicht an.
 

Gott, was war hier nur los? Nicht mehr in der Lage, diese Unwissenheit zu ertragen, beschleunigte Hyde seinen Schritt, nur um im nächsten Moment stocksteif stehen zu bleiben. Notenblätter raschelten unter seinen Schuhen. Langsam bückte er sich, hob sie auf. Der Text war kaum noch lesbar. Zerknickt, mit Schmutz überzogen, mit Krickeleien versehen. Wie kindisch! Wie überaus lächerlich! Und wie wirkungsvoll...!

Hyde konnte einen hilflos-wütenden Kloß, der drohte seine Atemwege zu verstopfen, herunterkämpfen. Er traute sich nicht, weiterzugehen.
 

Der Rest der Gruppe hatte sich bereits bei den Musikinstrumenten eingefunden. Oder das, was von ihnen noch übrig geblieben war. Statuen gleich in der Unbeweglichkeit starrten sie auf die Holzsplitter, fahl das Dämmerlicht reflektierenden Saiten. Jemand hatte den Rechner demoliert und den Monitor zerschlagen. Glasscherben mischten sich mit herausgerissenen Keyboard-Tasten. Seitenfetzen bedeckten die Reste des Schlagzeugs.
 

Hyde merkte nicht, dass er am ganzen Körper zitterte. Wer...wer...WER?! Immer wieder. Wut. Entsetzen. Ratlosigkeit. Nie endendes Konglomerat aus flitzenden Gefühlen, das sich auf den Gesichtern der Bandmitglieder ausmalte. Mit krampfhaftem Zwinkern versuchte Tetsu die Tränen wegzublinzeln. Ken ballte so fest die Fäuste, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten, Yuki biss sich die Unterlippe blutig.

Der Langhaarige fand sich keiner adäquaten Reaktion fähig – die bunten Farben seiner negativen Empfindungen überlagerten sich zu einem reinen Schwarz – er fühlte nichts.

Warum...machte jemand so etwas? Es klang so hohl in Hydes Kopf wider, so eine mitleiderregend naive Frage und dennoch konnte er sie nicht aus seinem unstetigen Gedankenstrom herauszerren.
 

Monatelange Arbeit steckte in all diesen Fetzen und Splittern – das mühevolle Aufräumen des großen Raumes, das Schreiben der Texte, der Musik. Aber auch die Freude, als sie die gebrauchten Instrumente geschenkt bekommen, sie in Stand gesetzt hatten.

Wer auch immer es war, er hat gründliche Arbeit geleistet – alles war zerstört. Es konnte kein Zufall gewesen sein, denn gewöhnliche Einbrecher hätten die meisten Musikinstrumente gestohlen, in der Hoffnung, sie irgendwo günstig zu verhökern. Nein, jemand hatte gewusst, wessen Halle das war und dieser Jemand wollte ihnen einen tödlichen Schlag verpassen, was ihm auch gelungen war. Hyde wusste, niemals würden sie es schaffen, rechtzeitig neue Geräte zum Üben zu besorgen.
 

Noch konnte der Langhaarige dies alles unberührt aufzählen und analysieren, noch bewahrte er durch den Schock eine gewisse Distanz zum Geschehenen. Die gleichgültige Ruhe vor dem Sturm.

Dies änderte sich schlagartig, als Yuki sich vorsichtig auf den Trümmerhaufen zubewegte, das einmal sein geliebtes Schlagzeug gewesen war und mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck die zerbrochen Schlagstöcke aufhob.

Ein Stück schwarze Seide segelte sanft auf den Dreck nieder, von dem Drummer nicht weiter beachtet. Wie hypnotisiert starrte Hyde auf den Rhombus ähnlichen Stoff. Es hatte nichts zu bedeuten. Nein, absolut nichts! Beinah gegen seinen Willen schritten seine Füße zu Yuki, sein Rücken beugte sich dem protestierenden Aufschrei seines Herzens zum Trotz, seine Hand umklammerte die ausgefranste Seide.
 

Von H.S. fehlte der obere Teil, dennoch konnte man die weiß gestickten Buchstaben sehr gut erkennen. Vor nicht allzu langer Zeit hatte der Langhaarige das vollständige Kleidungsstück gesehen...Nein. NEIN! Zufall! Es war unmöglich, Gackt konnte es gar nicht getan haben, er wusste doch gar nicht, wo sich die Halle befand! Er, Hyde, hatte ihm das nie erzählt. Aber was spielte das im Endeffekt eine Rolle? Der Blonde hatte mehr als nur eine Gelegenheit gehabt, das herauszufinden...!

Unmöglich, unmöglich! Nicht wahr! Gackt liebte ihn doch, das hatte er selbst gesagt!

Hilflos trieb der Langhaarige auf den Scherben seiner zerbrochenen Welt umher, umgeben vom Meer der Verzweiflung.
 

Er merkte erst, dass er weinte, als Hände ihn aus seine hockenden Position hochhoben, ihn an einen warmen Körper drückten, als eine sanfte Stimme Nebensächlichkeiten in sein Ohr flüsterte.
 

„Doiha-chan, bitte, so schlimm ist es nun auch wieder nicht, hör auf zu weinen – wir sind alle gesund und munter, das ist doch die Hauptsache. Das ist alles nicht so tragisch, das lässt sich alles ersetzen, nur bitte, hör auf zu weinen...“

Der Langhaarige klammerte sich wie ein Ertrinkender an Tetsu, vergrub sein nasses Gesicht an dessen Brust.

Das war es doch nicht! Natürlich wusste er, dass sie schon einen Weg gefunden hätten, mit der Musik weiterzumachen. Es war einzig und allein die Tatsache, dass Gackt ihnen das angetan hatte, sein geliebter Gackuto! Sein sanft lächelnder Blonder, dem Hyde vertraut hatte.

Aaaaahh, es tat so weh, es tat so unglaublich weh! Er verstand es nicht, es wollte einfach nicht in seinen Kopf – Gackt war’s, Gackt war’s!
 

„Vergiss ihn, er hat dich nicht verdient. Ich bin immer für dich da, Haido, verbanne ihn aus deinem Kopf. Denk an mich, nur an mich, ich werde dich beschützen...“ Woher wusste Tetsu das? Ein fragmentarischer Gedankenriss, der sogleich wieder verschwand. Und der Schmerz umwickelte mit stählernen Fäden Hydes Seele in einen festen undurchdringlichen Kokon. Er weinte seiner Liebe nach, das Verlangen in dem heiseren Geflüster des Braunhaarigen nicht wahrnehmend.

Jedoch nur allzu deutlich spürte der Langhaarige die Lippen, die seine Schläfe streiften, die sanft-feuchte Zunge, die seine Tränen aufleckte.
 

„Tet-chan, was tust du da?“, wurde hilflos gewimmert, als die Küsse schließlich seinen zitternden Mund bedeckten.
 

„Verzeih mir, verzeih mir...ich nutze deine Schwäche aus, aber ich kann nicht anders...“ Langsam fing der Langhaarige an, diese Worte zu hassen.
 

„Nein, ich verzeihe dir nicht, niemals...“ Damit grub Hyde seine Hände in das braune Haar, zog den Kopf Tetsus noch näher zu sich heran, vertiefte den verzweifelten Kuss. Er hatte seinen Verstand abgeschaltet. Der Langhaarige wollte Trost und den bekam er in dieser Umarmung, die etwas fester war, als die des Blonden, in diesen Lippen, die etwas fordernder waren, in diesen Händen, die etwas rauer waren.

Ja, vielleicht hatte Tetsu Recht und er sollte den Blonden vergessen, vielleicht war dies die Gelegenheit ihn, für immer aus Hydes Leben zu streichen...
 

TBC
 

A/N. Also, wenn ihr mich fragt, was ich da mit der armen Story mache, dann werd ich euch ehrlich sagen: Ich habe nicht die leiseste Ahnung...!

Haitsu war eigentlich nun gar nich geplant. Hat zwar Spaß gemacht, diese Szene zu schreiben, aber...wääh! T_T Jetzt muss ich noch mehr schreiben und zwar über Tetsu und Hydie! Ich mag nicht. (Wundert euch daher nich, wenn diese ‚Beziehung’ gaaanz schnell in der Versenkung verschwindet.) Aber ich kann euch gleich versichern – gegen Gackt hat Tet-chan nicht die geringste Chance. Und ich denke, das weiß er.

Ach ja, der Captain ist übrigens schamlos dem Englischen entwendet, auch wenn er dort mit „Thank you, Captain Obvious“ eine bessere Wirkung hat.
 

Nun gut. Alle Beschwerden, Kritik (wenn ich Fehler mache, gebt mir bitte Bescheid...ich beiße nicht, ich versprech’s! Ich weiß, wie störend diese sein können) und...äh, Sonstiges...bitte zu mir.

Destruktion. Modus: automatisch.

A Highschool Story
 

Kapitel #27
 

Ein Räuspern zog ihn leicht an die Oberfläche der Realität. Doch es bedurfte ein paar weiterer Versuche, um dem Langhaarigen vorsichtig nahezubringen, was genau er da tat. Und mit wem. Das Ergebnis war eine kleine kalte Dusche zwischendurch, ein kleiner Aufschrei und ein rekordverdächtiger Satz zurück. Die träge hinterherbaumelnde Erkenntnis, dass Hyde dabei auch noch einen Zuschauer gehabt hatte (Yuki hatte sich noch rechtzeitig umgedreht), ließ sein Gesicht mit solcher Intensität entflammen, als hätte ihn jemand mit einer Bratpfanne bearbeitet (und zwar sehr gründlich).
 

„E-es tut mir Leid!“ Hydes vor Schreck und Scham erstarrter Körper brach beinah entzwei bei der steifen Verbeugung. Mit zitternder Hand wischte er sich über den Mund, schüttelte verzweifelt und gleichzeitig um Entschuldigung bittend den Kopf.
 

„Tet-chan...es tut mir wirklich sehr Leid.“ Hyde riskierte einen Blick Richtung des Braunhaarigen. Dieser schwieg. Ein unbewegliches Gesicht. Einer Statue gleich. Erneut überzog ein salzig-nasser Vorhang das Blickfeld des Langhaarigen. Mit einem Aufschluchzen ergriff er die Flucht.
 

Wie...wie konnte er an einem Tag so viel verlieren? Seinen besten Freund, seine große...Liebe. War sie das denn-? Ja, doch, gottverdammt! Er liebte den Blonden über alles – er LIEBTE IHN, kapiert?! Gackt war seine verfluchte große Liebe!!!

Habt ihr das gehört? Ihr idiotischen Zweifel, ihr nervigen inneren Stimmen? Ob ihr das gehört habt!

Blind, von Schluchzern durchgeschüttelt, prügelte der Langhaarige sich seinen Weg rücksichtslos durch die Menge.

Ja. Gackt war seine große Liebe. Gewesen.
 

Leer. Nichts und müde. So fühlte sich Hyde, als er schließlich zu Hause ankam. Am Rande seines Bewusstseins vernahm er die Notwendigkeit, den braven Sohn zu vorspielen, damit sich seine Eltern nicht allzu große Sorgen machten und anfingen, ihn mit Fragen zu löchern. Der Langhaarige stellte jedoch sehr schnell fest, dass er dazu weder große Lust noch Kraft hatte. Gerade noch so konnte er ein unverbindliches „Hn.“ als Gesprächsbeteiligung aus sich herausquetschen, bis er sein Essen erschreckend gründlich zu Matsch verarbeitet hatte – ohne auch nur einen einzigen Bissen anzurühren – um sich dann endlich auf sein Zimmer zurückziehen zu können.
 

Lustlos versuchte Hyde sich an den Hausaufgaben, befand sie missmutig für nicht machbar und brach seine Bemühungen bei der Verfassung eines Aufsatzes zum Thema „Physische und psychische Reaktion des Körpers auf Ausscheidung von Endorphin“ ebenso missmutig ab.

Dann setzte er sich auf sein Bett. Und wartete. Auf den Zorn. Doch alles, was Hyde bei dem Gedanken an den vergehenden Tag fühlte, war Schmerz.

Nein, er wünschte es wäre so. Es war nur ein lächerliches Pochen in der hintersten Ecke seiner Wahrnehmung. Uninteressant und langweilig. Eigentlich sollte er doch froh darüber sein. Der Langhaarige fühlte nichts. Innerlich tot.
 

Ein schwarzer Fetzen segelte hinunter als er aufstand, um sich nachtfertig zu machen. Jedoch stets mit dem leisen, bitteren Wissenshauch, dass dieser Zustand nicht mehr lange anhalten würde.

Ah. Hyde hatte den Stofffetzen mitgenommen. Ungerührt betrachtete der Langhaarige die Initiale. Gewaltsam rief er sich die Küsse im Auto ins Gedächtnis – seine Mauer aus Nichts auf Stabilität prüfend. Und Hyde fühlte...nichts.
 

Nichts überstürzen? Vielleicht war es ja auch seine intrigante Schwester...

Der Langhaarige war viel zu gleichgültig zum Denken. Allein die Möglichkeit zu erwägen, dass es Menschen gab, die viel zu viel Zeit hatten, um solchen Unsinn auszuhecken, machte ihn schläfrig. Das war so kindisch! Wie das An-den-Haaren-Ziehen, eine Vorgehensweise, die kleine Jungs sehr häufig an kleinen Mädchen praktizierten (gut, heutzutage würde sie ihnen einfach die Handys klauen, aber egal...). Haa, lächerlich. Einfach nur lächerlich. Hyde konnte nur den Kopf schütteln.
 

Der nächste Morgen fand den Langhaarigen appetitlos vor seiner Schüssel Müsli und beschloss ihn nicht durch Sonnenstrahlen zu stören. Nicht, dass es da überhaupt etwas zu stören gäbe. Der mentale Schutzwall, den Hyde um sich aufgebaut hatte, funktionierte perfekt. Gackuto. Gackuto, Gackuto. Er horchte in sich hinein. Hm. Ein befriedigendes Nichts. Hyde stand auf, wusch seine Schüssel aus. Ohne zu bemerken, dass sie noch voll war. Hups. Wie ungeschickt...er könnte auf der Stelle einschlafen.

Ach ja, Kraftlosigkeit. Vielleicht war das ja der Haken an der grauen Watte, in die sein Geist gewickelt war – isolierend, vor allen Gefühlen schützend. Aber wen interessierte das? Der Langhaarige vergaß mit Absicht sein Lunchpaket. Essen machte keinen Spaß mehr. Alles andere auch nicht.
 

Es war der denkbar unpassendste Augenblick für einen Kanji-Test. So sehr der Langhaarige sein Gehirn dazu zwingen wollte, doch endlich einen Gang zuzulegen, so sehr weigerte es sich rigoros. Eine zähe Gedankenmasse floss durch seine Gänge. Schriftzeichen vermischt mit der trägen Frage, warum der Platz neben ihm schon wieder leer war, versetzt mit Erinnerungsfetzen des Geschehenen, durchmengt mit einer bunten Anzahl unmöglicher Erklärungstheorien, die im selben Moment vergessen wurden.
 

„Und die Zeit ist um! Bitte gebt eure Zettel ab. Nicht mehr schreiben!“ Oh. Wie bedauerlich. Der Langhaarige schaute gelangweilt auf sein leeres Blatt Papier. Vielleicht hätte er sich doch etwas beeilen sollen...
 

„Haido-san! Sie haben ja nichts aufgeschrieben!“ Schlagartig wurde es still in der Klasse. Ja, die Nachteile eines Schulbesten. Träge hob Hyde seinen Blick.
 

„Ja...“, murmelte er leise, „höchstwahrscheinlich haben Sie recht, Sensei...“
 

„Haido-san, Sie werden frech. Ich möchte, dass Sie nach der Stunde noch hier bleiben.“ Damit ging der Lehrer weiter – ein Musterstück der Selbstbeherrschung und Ruhe. Oder vielleicht fühlte er sich ja auch genau so schläfrig und antriebslos wie Hyde.
 

Nachdem er die zehnminütige Standpauke mit Mahnungsandrohung hinter sich gebracht hatte, verließ der Langhaarige den Klassenraum mit dem begründeten Wissen, dass der Japanisch-Lehrer sowieso nichts tun würde.

Aber es war schon bemerkenswert. Kaum baute Hyde ein paar grazile Schnitzer in seine Schullaufbahn ein, schon stürzten sie sich wie die Geier auf ihn. Die Schüler teils schadenfroh, teils mitleidig, teils neidisch (schließlich war er immer noch besser als der Großteil von ihnen) – die Lehrer...konnten einfach nicht aus ihrer Haut.
 

Einige hatten doch tatsächlich versucht, mit tief-psychologischen Gesprächen (was mitunter die mehr oder weniger subtile Erfragung des Verhältnisses Hydes zu seinem Bett einschloss – der Langhaarige konnte sich gerade noch ein kopfschüttelndes „Sehr einsam, Sensei“ verkneifen) die Ursache für Hydes plötzlichen Absturz in die mittelmäßigeren Schülerregionen herauszufinden. Vollkommen übertrieben, wie der Langhaarige fand – denn alles, was er sich zuschulden hatte kommen lassen, war nur eine Eins minus statt der handelsüblichen besten Note.
 

Ein gefährlich familiäres Aufblitzen eines braunen Haarschopfes ließ Hyde hinter der nächstbesten Ecke verschwinden. Vorsichtig lugte er hervor, entspannte sich jedoch schnell, als er feststellte, dass es nicht Tetsu war. Den ganzen Tag über hielt sich der Langhaarige von seinen Freunden fern (gut, Survivor-Training vom Feinsten wäre da möglicherweise die treffendere Beschreibung...). In jeder Pause wurde eisern die Flucht ergriffen, immer krampfhaft nach seinen Mitmusikern Ausschau haltend, um sich sofort verdünnisieren zu können. Zu Hydes Glück machten sie es ihm besonders einfach – keinerlei Versuche, ihm einen Klassenkameradenbesuch abzustatten, waren zu verzeichnen.
 

Natürlich wusste der Langhaarige, dass er ein Treffen nicht auf die lange Bank schieben konnte (was ihn sicherlich nicht davon abbringen würde, es so zu versuchen) – aber schon der Gedanke an Tetsu ließ seinen Magen sich in eine unfreundlich-verknotete Masse verwandeln. Gott, wie konnte er nach...nach SO ETWAS dem Braunhaarigen in die Augen schauen?!

Wie hieß es gleich noch mal? Wenn du denkst, es geht nicht mehr schlimmer, kommt auf jeden Fall etwas, das dich noch tiefer in die Scheiße reitet.
 

Hyde liebte Tetsu nicht! Er konnte es sich nicht einmal vorstellen, mit ihm...uuuh. Der Braunhaarige war doch sein bester Freund, seine einzige Stütze! Wie hatte er, Hyde, sich nur so hinreißen lassen? Wie hatten sie sich beide nur so hinreißen lassen!

Lautlos stöhnend grub Hyde die Hände in sein Haar. Das konnte doch alles nicht wahr sein...
 

/Tet-chan, sag mir, dass du mich nicht liebst. Bitte! Sag mir, dass es nur deine ganz besondere Art war, mich zu trösten. Um Gottes und unser beider Willen, Tet-chan, sag’s!/
 

Tet-chan jedoch schwieg beharrlich. Hyde wollte seinen Freund nicht verletzen. Aber würde er mit dem Braunhaarigen zusammen sein können, nur um dessen Seelenheil zu erhalten? Und was garantierte ihm, dass sein Freund dann glücklich sein würde? Nichts, nichts, nichts!

Tetsu wusste doch, dass Hyde etwas für Gackt empfand. Warum also...?
 

Aaach! Wo war seine Unberührtheit, Abwesenheit von gestern abgeblieben? Wo war das Seeleneis? Der Langhaarige wollte endlich seine gottverdammte Ruhe!

Resigniert sah Hyde in den schülervollen Gang, in der Hoffnung, die Lösung seiner Probleme würde – fluchend die schweren Bücher zum nächsten Klassenzimmer schleppend – aus einer der vielen Türen auftauchen.

Auf die Lösung hoffte er vergebens.
 

Doch stattdessen tauchte etwas anderes auf. Etwas, womit der Langhaarige mehr als nur sicher war, es heute nicht zu Gesicht zu bekommen. Dieses ‚Etwas’ war blond und gerade bester Laune, sich mit You unterhaltend. Ein Herz erwärmender Anblick. Oder Zorn erhitzend, je nachdem von welchem Standpunkt betrachtet.
 

Hyde atmete tief durch. Nein, er hatte keine Entschuldigung oder Erklärung erwartet (Lügner! Natürlich hatte er das! Er hatte einen gottverdammten Kniefall erwartet!), aber dass Gackt offensichtlich keinerlei Gemütsbewegung zeigte, es ihm dem Anschein nach gar nicht erst interessierte – das...das war einfach zu viel.

Ganz ruhig! Es würde niemandem etwas bringen, wenn er so unprofessionell in die Luft ging. Cool und unberührt würde er (langsam!) zu dem Blonden gehen ihn ganz locker fragen...WAS DENN DIESE SCHEIßE ZU BEDEUTEN HATTE?! Nein!

Bitte eine ruhigere Version.

Ihn fragen, ob er eines langsamen und schmerzhaften Todes sterben wollte?

Und eine weniger lächerliche, wenn’s geht.
 

„GAAAAACKT!“ Oh. Zu spät. Hyde war bereits explodiert. Sämtliche Köpfe drehten sich nach dem Rauchenden um. Dieser überwand den Abstand zu dem paralysierten Blonden in neiderregender Schnelle, dabei das Beweisstück aus der Tasche fingernd.

Funkensprühend biss sich der Blick des Langhaarigen an dem Gackts fest. Dieser schaute verwirrt und besorgt zurück, bevor das eisige Blau sich zu misstrauischen Schlitzen verengte.
 

„Du brauchst nicht so schreien. Ich kann sich auch so sehr gut verstehen.“ Das und die Tatsache, dass der verdammte aufdringliche Gitarrist sich unnötigerweise (Lügner!) schützend neben den Blonden geschoben hatte, ließ Hydes Blut brüllend aufkochen (‚verdampfen’ trifft eher zu...).

Er biss die Zähne zusammen, um sie nicht als Gesichtmalträtierungswerkzeug einzusetzen. Aus Versehen.
 

„Ach? Na, du scheinst ja übermäßig an deinem Gehör zu hängen. Hast du deswegen alles kurz und klein gehauen? Weil dir unsere Musik mal wieder nicht in den Kram gepasst hat? ODER WAS?!“

Es war mucksmäuschenstill im Gang. Noch nie hatten Schüler den hilfsbereiten, freundlichen Hyde so außer sich erlebt.

Auch der Angezischte versuchte krampfhaft, ruhig zu bleiben.
 

„Was ist denn mit dir los? Wer hat dir wieder auf den Schlips getreten?“ Gut, der Versuch schlug fehl. Der Blonde hasste es, öffentlich angebrüllt zu werden – niemand hatte das Recht dazu. Auch Hyde nicht.

Der Langhaarige verschluckte sich an einem freudlosen Lachen.
 

„Dass ausgerechnet du das sagst. Hier!“ Damit hielt er dem Blonden die schwarze Seide vor die Nase. „Kommt dir das nicht zufällig bekannt vor?“

Gackt wurde heiß und kalt. Er starrte auf seine Initialen, dann zu dem zornigen Langhaarigen zurück.
 

„W-was...? Wovon redest du überhaupt?“
 

„Das habe ich in unserer Übungshalle gefunden“, wurde mit aufgesetzter Lockerheit vom gestrigen Fernsehprogramm berichtet. „Unter all den zerbrochenen Instrumenten, weißt du. Sogar alle Notenblätter wurden zerrissen. Du hast nicht zufällig eine Ahnung, wer das gewesen sein könnte?“
 

„Hyde, das bin ich nicht gewesen.“ Der Blonde fing an zu zittern. Vor Empörung. Vor Enttäuschung. Vor Wut.
 

„Hmm...tatsächlich?“ Der Langhaarige schenkte ihm ein großes falsches Lächeln. „Bist du dir da ganz sicher, Gackuto-kun?“ Er legte einen Finger an die Lippen, neigte den Kopf – ganz die wohlwollende Nachdenklichkeit, während seine Augen Mord schrieen.

Gackt konnte nicht länger an sich halten.
 

„Bist du wirklich so blöd oder tust du nur so? Kannst du etwa nicht zwei und zwei zusammenzählen?! Du weißt doch ganz genau, wer deine verdammte Halle verwüstet hat!“

Hyde schmiss seine Pseudo-Freundlichkeit in die Tonne.
 

„Vier, du Arschloch! Und deine beschissenen Böser-Daddy-Geschichten kannst du dir sonstwohin stecken! Manchmal denke ich, du wolltest mit all deinen furchtbaren Erzählungen mein Mitleid erwecken. Und weißt du was? Du hast deine Sache hervorragend gemacht!“ Der Langhaarige ließ seinem Zorn freien Lauf – die ersten leisen Zweifelsansätze erfolgreich in der alles verbrennenden Lava erstickend. Das Adrenalin verbot jeglichen gesunden Gedanken.

Auch bei Gackt brannten alle Sicherungen durch.
 

„Du könntest die Wahrheit doch nicht einmal erkennen, wenn sie dir nackt ins Gesicht springen würde!“, wurde mit vor Rage belegter Stimme geflüstert. „Deine unfähige Band und du interessieren mich nicht, als dass ich mir die Mühe machen würde, eure vermaledeite Halle zu zerstören und dabei auch noch Beweise zu hinterlassen! Denkst du wirklich, ich bin so bescheuert?! KANNST du überhaupt denken? Ach, was rede ich da. Mit deinem Spatzenhirn bist du doch nur für ’n paar schnelle Nummern zwischendurch gut!“
 

In diesem Moment schlug Hyde zu. So fest, dass die Wand dröhnte und die Haut an seinen Fingerknöcheln aufplatzte. Nur ein paar Millimeter am Gesicht des Blonden vorbei. Er wollte nur eins – verletzen, zerstören, zermalmen. Mit ungesund blitzenden Augen beugte er sich zu Gackt vor.
 

„Weißt du was?“, wurde leise gezischelt. „Dich haben sie doch zu früh aus der Klapse entlassen!“

Der Blonde erstarrte.
 

TBC
 

A/N. Haha, jetz hab ich meinen Charas ordentlich die Meinung gegeigt...

Entschuldigt die lange Pause. Ich hatte Stress. Wie soll man sich auch auf eine FF konzentrieren, wenn einem das *** (Zensur existiert!) Jobcenter im Nacken sitzt und einen 1-Euro-Job androht, obwohl man schon einen Nebenjob gefunden hat?! Grmbl.

Hum. Nya, ich weiß nicht, inwiefern euch das glücklich machen wird, aber ich glaub, es war vorerst der letzte große Streit zwischen den beiden...(Es wird ja auch schwer genug sein, diesen Konflikt ins Reine zu bringen...#seufz#)
 

Schreibt mir was hübsches, okay?

Abschied?

A Highschool Story
 

Kapitel #28
 

Als der Schmerz die weit aufgerissenen blauen Seen trübte, erkannte Hyde, dass er einen Fehler gemacht hatte. Einen unverzeihlichen Fehler. Es war ein hinterhältiger Schlag unter die Gürtellinie und ein Vertrauensbruch dazu. Die Erkenntnis kühlte sein hitziges Gemüt in atemberaubender Geschwindigkeit.

Der Langhaarige wich zurück, bedeckte seinen Mund mit seiner unverletzten Hand als könne er das Gesagte in eine stumme Bewegung der Lippen verwandeln. Zu spät. So sehr von der entsetzenden Entwicklung absorbiert, war Hyde in keiner Weise auf den heftigen Stoß vorbereitet, den You ihm versetzte. In seiner Mühe, die Balance aufrecht zu erhalten, konnte der Langhaarige nur undeutlich ein „Ich habe dir vertraut...“ wahrnehmen.

Das donnernde
 

„WAS geht hier vor?!“ des Aufsicht habenden Lehrers dagegen umso mehr.

Schnelle Schritte, die wie Echo eines Erdbebens in Hydes Ohren widerhallten, eine wütende Stimme, die nach Erklärungen verlangte. Trance. Unwirklich. Jemand nahm seine verletzte Hand, ließ sie wieder fallen. Oh. Blut? Wo kam denn all das Blut her...? Jemand drückte ihm schmerzhaft die Schulter, schob ihn in eine unbekannte Richtung. Der Langhaarige folgte mit schweren, schlurfenden Schritten.

Wütendes Schweigen? Vielleicht. Ah. You war zurückgeblieben. Elendes Arschloch, was fiel ihm eigentlich ein, Hyde zu schubsen? Das nächste Mal würde er- der Gedanke verschwand, bevor der Langhaarige die Muße hatte, ihn zu Ende zu denken. Unwichtig. Der Blonde ging vor ihm, den Kopf gesenkt. Er sah...schön aus. Schmerzen in seiner Hand, die mit jedem Schritt größer wurden. Große Risse auf seinen Knöchelchen. Hyde schloss die Hand zu einer Faust – zuckte leicht zusammen, als warnend-heftiger Schmerz ihn durchjagte – fasziniert beobachtend, wie ein Blutschwall seine Finger in rot badete. In Wirklichkeit sah es schlimmer aus als es war. Jedenfalls hoffte der Langhaarige das.
 

Ah, das Büro des Direktors. Lange nicht mehr hier gewesen. Nicht, dass er den Herzinfarkt-Kandidaten Nummer 1 in irgendeiner Weise vermisst hätte oder so...

Hmm, waren diese Stühle neu? Ungewohnt bequem. Oder standen sie schon die ganze Zeit da und er hatte es nicht bemerkt?

Lächerlich. Das waren die falschen Gedanken. Und doch war Hyde unendlich froh, mit solchen Nichtigkeiten sein zerrissenes Herz ablenken zu können.
 

„Haido-san.“ (/Natürlich! Wer denn sonst ist so verdammt optimal für die Rolle des Sündenbocks? Nun gut. Diesmal ist es wenigstens berechtigt.../)

„Ich habe Sie immer für einen vernünftig denkenden Menschen gehalten und dass Sie solch ein Verhalten – und das gegenüber einem Mitschüler (/Wieso? Wär’s etwa besser, wenn ich auf einen Lehrer losgegangen wäre, oder wie?/) – macht mich zutiefst betroffen (/Hn. Tatsächlich. Sie haben Ihre Herzpillen vergessen, Herr Direktor.../). Ich hoffe, Sie haben eine gute Erklärung für Ihr Benehmen! Und ich hoffe, dass Sie im Bilde sind, dass der Vorfall Konsequenzen für Sie haben wird, Haido-san!“ (/Oh, was für eine flammende Rede, Herr Direktor! Oder liegt es vielleicht daran, dass Sie endlich Gelegenheit haben, mich im Beisein von einem Lehrer und Mr. Ice-Bein herunterzuputzen?/)

Wenn der Langhaarige ehrlich zu sich war, dann hatte er keine Lust, zu antworten. Seine Hand schwoll mit Lichtgeschwindigkeit an, bis er nicht einmal seine Finger bewegen konnte, ohne dass diese empört vor Schmerzen aufkreischten. Und außerdem, was sollte er schon sagen? Kopfschmerzen kündigten sich an. Hyde fühlte sich schlapp wie ein zerlöcherter Luftballon.
 

„Haido-san! Hätten Sie bitte die Güte, unsere Zeit nicht zu verschwenden! Sonst sehe ich mich leider gezwungen, all Ihre Privilegien aufzuheben! Ich fürchte, dass Sie sich von Ihrer hübschen Haarpracht und Ihrer Uniform trennen müssen, Haido-san!“ Der Langhaarige schrak zusammen. Was...sollte er tun? Sein Kopf war wie leer gefegt.
 

„Ich...“ Unwillkürlich griff er nach einer braunen Strähne. Verzweifelt marterte Hyde sein Hirn, um ihm eine Lösung abzuringen. Was tun...
 

„Herr Direktor, es war ganz allein meine Schuld.“ Drei verblüffte Augenpaare wandten sich dem Sprecher zu. Der Blonde beachtete sie nicht, ganz und gar auf einen Punkt hinter dem Schulleiter fixiert. „Wie Sie wissen, steht bald das Schulfest bevor und somit auch ein Schulband-Wettbewerb. Nun, ich wollte der Entscheidung der Jury zu meinen Gunsten nachhelfen und habe versucht, die Konkurrenz bereits im Vorfeld auszuschalten. Also habe ich die neue Übungshalle von L’Arc-en-Ciel ausfindig gemacht und ihr Equipment zerstört – denn eine Band kann schlecht ohne Instrumente Musik machen. Hyde-san hat wohl meine Krawatte unter den Trümmern gefunden und mich aufgesucht, um eine Erklärung zu verlangen. Es kam zu einem Streit und ich schätze, wir haben beide etwas überreagiert...“
 

Entsetzt-ungläubige Stille herrschte nach diesem Monolog. Der Langhaarige konnte es nicht fassen. Es war eine Sache, jemanden einer Tat zu verdächtigen, doch eine Bestätigung aus dessen Mund zu hören – eine ganz andere. Wie konnte dieser...dieser snobistische Bastard es wagen, ihre Halle zu verwüsten?

Hyde versuchte mit aller Kraft, wütend zu werden. Doch statt den lodernden Flammen des Zorns wehte nur ein eisiger Wind des Schmerzes durch sein leeres Herz. Vorhin wusste er nicht einmal mit Sicherheit, dass Gackt der Übeltäter war und doch hat es mit der Rage wunderbar geklappt! Warum nicht jetzt?

Vielleicht wegen des kaum bemerkbaren Schimmerns der blauen Tiefen oder weil irgendwas in seinem Inneren immer wieder und immer lauter „Er lügt. Er ist es nicht gewesen.“ flüsterte?

„Gackt-san, sind Sie wirklich sicher?“, überwand der Direktor als erster seine Sprachlosigkeit. Nicht gerade erfolgreich, wie ihm eine hoch gezogene Augebraue des Blonden stumm mitteilte. Der Schulleiter seufzte – der Umgang mit pubertierenden Jugendlichen kostete ihn ein Jahresgehalt an den Nervenzusammenbruch entgegenwirkenden Medikamenten. (Er hat sogar abgenommen! Unerhört.)
 

Ein leises Räuspern machte auf die Anwesenheit des Lehrers aufmerksam.
 

„Wenn Sie mir die Bemerkung erlauben, Herr Direktor...Wie ich dem Gespräch entnehmen konnte, befindet sich die in Mitleidenschaft gezogene Halle außerhalb der Schule. Es ist mir nicht ganz klar, warum die beiden hier während des Unterrichts (/Kluges Kerlchen. Aber hey, verdreh nicht die Fakten – es war immerhin Pause!/) einen Streit vom Zaun brechen müssen, wenn sie ihre Angelegenheiten ungestört danach hätten klären können...“ Vieldeutige Pause an dieser Stelle.
 

Der Schulleiter blickte forschend von einem steifen Gesicht zum anderen, als erwarte er einen der beiden aufzuspringen und lauthals „Ich! Ich will! Bestrafen Sie mich!“ zu rufen. Sicherheitshalber ließ er noch ein paar Sekunden verstreichen (man konnte doch immer noch auf ein Wunder hoffen, oder etwa nicht?).
 

„Gut, wenn das so ist...Gackt-san, Haido-san, hiermit werden Sie beide vom Schulwettbewerb ausgeschlossen. Und eine Woche Strafarbeiten haben Sie ebenso abzuleisten. Sollte mir während dieser Zeit noch ein Streit oder ähnlicher Vorfall gemeldet werden, so bin ich gezwungen, zu härteren Maßnahmen zu greifen (/Eine einschüchternde Drohung, Herr Direktor. Geht’s noch schwammiger oder war an dieser Stelle „Rambo“ zu Ende?/). Ich bin maßlos enttäuscht. Besonders von Ihnen, Haido-san, hätte ich so etwas nie erwartet. Sie können jetzt gehen.“
 

Der Langhaarige hörte nicht einmal richtig zu. Es war zum Lachen. Oder zum Weinen. Tetsu hatte sich sehr darauf gefreut...es war schon Strafe genug, ihm begreiflich zu machen, dass sein Vocal wieder mal alles versaut hatte...Hyde biss die Zähne aufeinander und kämpfte den Kloß hinunter, der ihn zu ersticken drohte. Noch nicht. Damit würde er sich etwas später befassen.
 

Die leise ins Schloss fallende Tür verkündete die Abwesenheit des Blonden. Nach einer eiligen Verbeugung, gemurmelter (nicht ernst gemeinter) Halb-Entschuldigung, folgte ihm der Langhaarige mit einem klopfenden Herzen und einem vagen Gefühl, dass das Bevorstehende (Hyde hatte keine klare Vorstellung davon, was genau bevorstand, spürte jedoch, dass IRGENDWAS passieren musste) für sein Seelenglück entscheidend war.
 

„Gackuto-san“, rief er leise zu dem steifen Rücken ein paar Schritte vor ihm, als der Langhaarige merkte, dass der andere keinerlei Anzeichen gab, stehen zu bleiben. Und auch jetzt nicht. Irgendetwas versperrte Hyde die Atemwege – haha, was hatte er denn erwartet?! Dass Gackt sich auf die Gelegenheit zur Versöhnung stürzen würde wie ein hungriger Köter auf Aas? Nun, vielleicht nicht wie ein Köter...aber trotzdem hungrig...aber trotzdem stürzen...(Hyde, der Galgenhumorist.)
 

Aaah! Es war so sinnlos. Nichts half gegen den zunehmenden Schmerz in seiner Brust, gegen die Tränen, die sich hartnäckig in seinen Augen sammelten und die er vergeblich wegzublinzeln versuchte. Gott, das Ganze war so...so falsch! So verdammt verkehrt! Er musste den Blonden irgendwie aufhalten, sie durften doch einfach so auseinander gehen!

Der Langhaarige würde das nicht überleben. Er sah sich vor den Scherben seines nicht zustande gekommenen Glücks stehen – jede einzelne das blasse, schmerzverzerrte Gesicht mit den dumpfen blauen Augen wiederspiegelnd.

Nein! Das konnte Hyde doch nicht einfach geschehen lassen!
 

„Gackuto-san!“ Der Langhaarige beschleunigte seine Schritte, überholte den Angesprochenen, hielt ihn an seinen Oberarmen fest. Er konnte ein leichtes Aufzucken, als die schützende Kruste aus geronnenem Blut schmerzhaft aufbrach und die Wunde sich abermals öffnete, nur schlecht unterdrücken. Egal! Um seine Hand würde er sich später kümmern.

Aber wieso kam ihm diese Szenerie plötzlich so bekannt vor? Vielleicht würde er ja mehr Erfolg haben als beim letzten Mal...
 

„Gackuto-san, bitte geh nicht. Ich...“ Ein Blick in das vor tiefem Kummer zitternde Eisblau, Worte blieben Hyde im Hals stecken. Das Schlucken tat weh, er hatte Mühe seine belegte Stimme unter Kontrolle zu bekommen.
 

„Es tut mir aufrichtig und unglaublich Leid, Gackuto-san. Ich hatte kein Recht, so etwas zu dir zu sagen. Ich habe dein Vertrauen missbraucht und ich schäme mich dafür.“
 

Hyde ließ seinen Kopf hängen, die Locken schirmten seine bebenden Lippen ab. Er sah nicht, wie der Blonde leicht den Kopf schüttelte und die Augen schloss, dabei die Stirn runzelnd – in einem verzweifelten Versuch die eigenen Tränen zu verbannen.
 

„Mir tut es auch Leid, Haido-san“, wurde schließlich geflüstert. Hyde hob ruckartig sein Gesicht. Sorgsam wurde die Seelenpein in eine Mauer verwebt, die Gackt erneut um sich errichtete – das kalte Gerüst noch fester und stärker machend. Nein, dies war kein einleitender Satz zu einer Versöhnung.
 

„Es tut mir wirklich Leid, dass ich dich in diese ganze schmutzige Sache hereingezogen habe. Für ein paar Augenblicke war ich tatsächlich der Illusion erlegen, dass ich in der Lage bin, einen Menschen glücklich zu machen. Dass ich einem Menschen vertrauen kann und dass dieser Mensch mir vertraut.“

Nein, dies war ein einleitender Satz zum Abschied.

Die Augen des Blonden klärten sich. Einem strahlend blauen Himmel eines kalten Wintertages glichen sie. Genauso wunderschön und genauso leblos. Das Herz Hydes schlug schneller, kalte Schauer rieselten unaufhörlich seinen Rücken hinab. Es rann ihm wie Sand durch die Finger – die Gedanken, die Argumente, die Bitten, die Zeit - und er konnte nichts tun außer hilflos zuzusehen, wie seine Liebe sich immer weiter von ihm entfernte.

Der Langhaarige biss sich auf die zitternde Unterlippe und schüttelte seinerseits den Kopf.
 

„Du kannst doch nicht einfach so gehen!“ Die Stimme Hydes war heiser vor den unterdrückten Tränen. „Du kannst doch nicht einfach vergessen, du kannst nicht einfach alles, was wir beide hatten, was uns verbindet...Mich! zurücklassen.“

Zum ersten Mal hatte der Langhaarige Angst. Angst, von dem Blonden verlassen zu werden, ohne jemals die Chance gehabt zu haben ihm „ich liebe dich“ zu sagen.
 

Trauer legte ihren feinen Schleier über Gackts Züge.
 

„Ich hätte es schon viel früher machen sollen. Auch das tut mir Leid. Ich habe versucht, dir Schmerzen zu ersparen und bin kläglich gescheitert...ich bin keine gute Partie, glaub mir...“
 

„...ich doch auch nicht...“, konnte der Langhaarige nur tonlos wispern.
 

Ja, sie hatten beide den richtigen Moment verpasst...Hyde konnte den Blonden unmöglich bitten, sich ihm anzuvertrauen, auch wenn er wusste, dass Gackt ihm etwas Wichtiges vorenthielt. Nicht nach diesem Streit...Es war ein Teufelskreis. Sie waren in einer Sackgasse gelandet und keiner wusste einen Ausweg.
 

„Das kann doch nicht alles gewesen sein...“ Erstickt, kaum vernehmbar waren die Worte.
 

„Gackt!“ Ein letztes Aufflammen der Kampfbereitschaft. „Gackt, bitte, sag mir die Wahrheit! Bist du es gewesen? Hast du tatsächlich unsere Halle zerstört? Sag’s mir doch, ich flehe dich an!“ Am ganzen Körper zitternd, umschloss Hyde noch fester die Arme des Blonden.
 

Gackt löste sich sanft aus der Umklammerung, hauchte einen Kuss auf den zerschundenen Handrücken.
 

„Du solltest damit lieber schnell zum Arzt gehen, bevor es noch schlimmer wird...“ Das traurige Lächeln des Blonden war undeutlich – verschwommen durch den salzig-feuchten Vorhang, der auf Hydes Augen lag. Gackt ließ seine Hand los, setzte seinen Weg fort. Der Langhaarige starrte ihm nach, bis dieser um die Ecke verschwunden war.

Langsam rutschte Hyde an der Wand hinunter, vergrub sein Gesicht in den Armen und weinte.
 

TBC
 

A/N. Haach, wär das schön, wenn ich ‚ENDE’ daruntersetzen könnte...aber ich glaube, viele hätten etwas dagegen. Etwas.

Nun. Ist es nicht wundervoll? Jetzt heulen sie alle...echt klasse. Die beiden sind in einer Sackgasse und ich auch. Hydie sollte eigentlich noch wütend sein. Aargh! Wieso bringen diese Charas immer meinen schönen, perfekt geplanten Storyverlauf durcheinander?!
 

Ihr mögt es vielleicht kaum glauben, es INTERESSIERT mich, was ihr möglicherweise immer zu dieser Story loswerden wolltet.

Dr. Winter – Klappe, die erste

A Highschool Story
 

A/N. Ah, genau. Hätte es fast vergessen. Die Sache mit den Band-Wettbewerben scheint noch Klärungsbedarf zu haben. Es gibt ZWEI von den Dingern. Der erste wird im dritten Kapitel erwähnt – mit dem Plattenvertrag als Preis. Der zweite ist der Schulwettbewerb, aus dem Hydie sich erfolgreich ausgeschlossen hat, der Depp. (Ich werde mal schaun, ob ich ihm helfen kann, aber viel Hoffnung scheints da nicht zu geben...)
 

Kapitel #29
 

„Zuerst Mist bauen und dann heulen, was?“ Die rüden Worte standen in starkem Gegensatz zu der sanften Berührung, als der Langhaarige vorsichtig hochgehoben wurde, das Gesicht an eine nach Medikamenten riechende Brust gedrückt. Die Bewegung brachte seinen Trauersumpf durcheinander, wirbelte Schlamm auf, ließ den Tränenstrom allmählich versickern.

Er wollte nicht. Selbst Schuld gewesen. Er war müde und gleichzeitig hellwach. Er hasste es. Was? Alles...Oh, schon da?
 

„Ich...kann auch alleine laufen.“ Hyde sagte es, um irgendetwas zu sagen. Lee Hom ließ ihn auf den Boden gleiten, schloss das Krankenzimmer auf, führte den Langhaarigen hinein.
 

„Ja, das glaube ich dir. Dennoch bin ich überzeugt, dass du dich auch dann nicht vom Fleck gerührt hättest, wäre dein ganzer Arm am verbluten. Und nun zeig her...“ Der Langhaarige wollte es doch alles gar nicht wissen. Er setzte sich an den großen Schreibtisch, streckte seine Hand aus. Der schwarzhaarige Arzt zog leise zischend die Luft ein.
 

„Meine Güte, Haido-san! Was hast du nur angestellt!” Vorsichtig befühlte er die Verletzung, der Langhaarige zuckte leicht zusammen. „Der mittlere Knöchel ist gebrochen, die anderen haben Frakturen...du wirst deine Hand für die nächsten Wochen nicht bewegen dürfen.“ (Wang weiß das ohne zu röntgen...)
 

„Hn.“ Was machte es schon für einen Unterschied? Nicht, dass Hyde sie in der kommenden Zeit brauchen würde oder so – das Musizieren konnten sie vergessen.

Warmes Wasser lief seine Finger entlang, als Lee Hom die Wunde vorsichtig säuberte. Der stechende Geruch des Desinfektionsmittels, der kurze, aber heftige Schmerz in seiner Hand – aufflackernde Empfindungen, die sogleich im dickflüssigen Morast der Trauer, Niedergeschlagenheit, Müdigkeit versanken.
 

„...hättest gleich zu mir kommen sollen, Haido-san. Was denken die Lehrer sich eigentlich? Hier, ich werde dir einen Stützverband anlegen...eigentlich wäre es besser, die Hand gipsen zu lassen...“ Unwichtig. Hyde würde gar nicht erst zu einem Spezialisten gehen. Seine Hand tat bei Weitem nicht so weh wie sein Herz...Er würde alles geben, um sich eben dieses mit Gips zuschütten zu können. Vielleicht würde er dadurch besser atmen? Oder warum fühlte sich seine Brust an, als wäre sie zugeschnürt?

Ausdruckslos betrachtete Hyde seine Hand. Bewegte probeweise seine Finger, fing sich prompt einen mahnenden Blick des jungen Arztes ein, der ihn jedoch vollkommen unberührt ließ. Anscheinend würde er jetzt lernen müssen, mit der linken Hand zu schreiben...Oder die Notizen von den Mitschülern kopieren...Das Leben erschien dem Langhaarigen nicht mehr lebenswert. Am liebsten hätte er sich in eine Ecke gelegt und wäre für immer eingeschlafen. Ja, das wäre schön...
 

„...do? Haido! Hörst du mir überhaupt zu?” Nur mühsam drangen die Worte zu dem Langhaarigen durch. Was wollten sie denn alle von ihm? War es denn nicht deutlich, dass er nicht zuhören wollte?
 

„Ja?“ Hyde versuchte, so wenig resigniert wie möglich zu klingen. Dem Seufzen des Arztes nach zu urteilen blieb der Erfolg wohl aus. Egal.
 

„Hattest du Streit mit Gackuto-san?“ Der Langhaarige schrak zusammen. Woher wusste Lee Hom überhaupt, dass sie...? Der Schwarzhaarige lächelte leicht, als er die unausgesprochene Frage von den Gesichtszügen Hydes ablas.
 

„Oh, keine Sorge, auffällig wart ihr beide nicht. Aber sagen wir mal, für jemanden, der genauer hinzuschauen vermag, war es nicht schwer herauszufinden, dass ihr beide nicht einfach gewöhnliche Schulrivalen seid.“

Konnte sich der Typ endlich das süffisante Grinsen aus dem Gesicht wischen?
 

„Oder aber ihr solltet eure mehr oder weniger eindeutigen Streitereien dort austragen, wo euch keiner hört.“

Ups. Waren sie wirklich so laut gewesen? Nun ja. Der Langhaarige lächelte bitter. Es gab kein „sie“ mehr. Er biss sich auf die Unterlippe.

Konnte er jetzt endlich gehen? Hyde wusste nicht genau, wann sein Schockzustand die feste, bodenständige Umklammerung seines Geistes lösen würde – und einen Tränenausbruch vor Augen der ganzen Schule wollte er auf jeden Fall vermeiden.
 

Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf.
 

„Haido-san. Gib nicht auf.“

Jaja. Vergiss ihn, du wirst schon jemand anderes finden, Zeit heilt alle Wunden, leck mich.

Danke, Dr. Sommer, du hast mir damit schon mächtig geholfen! Schon mal darüber nachgedacht, dein Klientel um liebeskranke Idioten zu erweitern, die sich auf irgendwelche Arschlöcher einließen, nur um dann von denen fallen gelassen zu werden?!

Ach, Scheiße noch mal! Hyde versuchte verzweifelt, den Druck in seinem Kopf und in der Brust zu mildern, warum war sein Atem rasselnden Schluchzern so verdächtig ähnlich?!
 

„Haido, gib ihn nicht auf. Er braucht dich genauso sehr wie du ihn brauchst. Nur ihr könnt euch gegenseitig helfen.“
 

„Ach ja?“ Hydes Stimme klang so widerwärtig tränenerstickt und heiser in seinen Ohren. Dennoch konnte er diesen ausgemachten Unsinn nicht länger schweigend ertragen.
 

„Er hat mich gerade eben ad acta gelegt! Uns kann gar nichts mehr helfen, weil es gar kein ‚uns’ gibt, verstehst du?! Nichts, gar nichts! Und nun lass mich gefälligst in Ruhe!“ Er war gerade furchtbar unhöflich. Diese Tatsache jedoch ging ihm furchtbar am Arsch vorbei.

Hyde konnte sich gerade noch zusammenreißen – er würde NICHT vor diesem unverschämten Arzt heulen, klar?! Er würde...nicht...verdammt...! Er konnte nur noch sein Gesicht in den Händen verstecken, als sein Körper gnadenlos von einem Heulkrampf durchgeschüttelt wurde.

Der Langhaarige sah keinen Ausweg aus der Misere. Er wusste sich absolut nicht mehr zu helfen. Wärme legte sich um seine Schultern.
 

„Schhhht, Haido...beruhige dich...“, flüsterte eine Stimme leise. Hyde wollte sich aber nicht beruhigen! Eine andere Wahl hatte er leider nicht. Sich vollkommen zum Trottel zu machen war auch nicht gerade eine meisterhafte Umsetzung seines (noch nicht vorhandenen, aber sehr dringend benötigten) Fluchtplans. Der Langhaarige wollte Wangs Hilfe nicht! Er wollte gar keine Hilfe. Eigentlich wollte er nur noch zu Gackt zurück...

Nur mit Mühe konnte Hyde den Tränenstrom aufhalten. Schniefend, nun jedoch zu einem dankend angehauchten Kopfnicken bereit, nahm er das angebotene Taschentuch, trocknete sich das Gesicht ab.
 

„Haido-san, lass den Kopf nicht hängen. Du...liebst Gackuto-san doch, nicht wahr?“ Von sanften Wellen der Müdigkeit überrollt hatte der Langhaarige es aufgegeben, sich über die Wohlinformiertheit des jungen Arztes zu wundern, senkte Einverständnis zeigend seinen Kopf. Nun, es wäre einfach nur unglaubwürdig, diesen Sachbestand abzustreiten – wer heulte sich denn heutzutage die Augen wegen einer platonischen Beziehung aus?
 

„Hn. Was spielt das schon noch für eine Rolle?“ Seine Augen taten ihm weh, seine Hand tat ihm weh, seine Seele tat ihm weh.

Warum war er immer noch hier?!
 

„Weil du ihn nicht aufgeben kannst und ihn dir zurückholen willst, das ist alles.“ Würde sich nicht gerade wohltuende Schwere in seinem Kopf ausbreiten, so wäre der Langhaarige mehr als gewillt, dem lästigen (SCHON WIEDER grinsenden) Schwarzhaarigen ordentlich die Fresse zu polieren.

So jedoch beschränkte er sich auf einen Todesblick. (Der leider ohne Wirkung blieb, aber man will’s ja mal ausprobiert haben...)
 

„Also, Ihre Aufdringlichkeit finde ich wirklich bemerkenswert, Lee Hom-san.“ Vielleicht würde ja die direkte Konfrontation des Arztes mit der Meinung Hydes zu dessen Aufmunterungsversuchen bessere Abschreckungsdienste erweisen?
 

„Aber Sie scheinen nicht richtig hingehört zu haben. Gackt-san will nichts mehr mit mir zu tun haben! Und außerdem kann ich mich nicht erinnern, Sie um Hilfe gebeten zu haben! Warum mischen Sie sich in Angelegenheiten ein, die Sie nun wirklich nichts angehen?!“ Aaaahhh, es tat so gut, all den Frust am Schwarzhaarigen auszulassen! Hyde fragte sich eine Viertelsekunde lang, ob sein Verhalten dem Arzt gegenüber nicht mehr als nur unfair war, beschloss jedoch schnell, dass dies getrost als Wangs Alleinverschulden abgestempelt werden konnte. (Wütende und verletzte Hydes wurden von normalen Menschen in Ruhe gelassen...auch wenn es ab und zu nervige Ausnahmen gab).
 

Eine dieser Ausnahmen saß ihm gerade gegenüber und lächelte ihn liebevoll an.
 

„Hat er das gesagt? Hat er gesagt, dass er dich nicht mehr liebt?“
 

„...nein. Er hat gesagt, dass er mir nicht mehr vertrauen kann...“

Das tat so weh! Hyde wusste, er war selbst Schuld daran, es änderte jedoch gar nichts. Schon der bloße Gedanke an ihr letztes Gespräch miteinander riss sein Herz erbarmungslos in tausend Stücke. Warum konnten sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen?
 

„Was wollen Sie eigentlich von mir?“
 

„Ich will, dass du kämpfst.“ Der Langhaarige konnte sich ein bitteres Auflachen nicht verkneifen.
 

„Nein, wirklich! Und was soll ich tun? Zu ihm hingehen und sagen, ja, Gackuto-san, du hast mich zwar ein Flittchen genannt und ich dich einen Geisteskranken, aber was soll’s? Shit happens! Lass uns diese Differenzen beiseitelegen und wieder fröhlich durch die Gegend hüpfen! ODER WAS?!“ Der Stuhl ratterte protestierend als Hyde in Rage aufsprang, um sich nah zu dem Schwarzhaarigen vorzubeugen.
 

„Ich wiederhole. Was. Zur Hölle. Wollen. Sie. Von. Mir?!“, wurde giftig gezischelt. Die sanften schwarzen Augen des Arztes jedoch ruinierten den ganzen Effekt.
 

„Ich habe gesagt, du sollst um ihn kämpfen.“ Lee Hom ignorierte gänzlich den Ausfall des Langhaarigen. „Ich habe nicht gesagt, mach dich zum Idioten.“
 

Mit einem frustrierenden Knurren ließ sich Hyde auf seinen Stuhl fallen. Gott, dieser Arzt war ja noch schlimmer als der König der Unklarheit (a.k.a. Gackt) höchstpersönlich!
 

„Warum liegt es Ihnen eigentlich so am Herzen, dass wir uns wieder vertragen?“, gab der Langhaarige es nicht auf.
 

„Liegt es denn nicht auch in deinem eigenen Interesse?“, wurde er sogleich wieder auf die Palme gebracht.
 

„Ich glaube, ich fange an, Sie zu hassen.“ Ein mildes Lächeln war die Antwort.
 

„Du musst ihm helfen, Haido-san“, wurde Lee Hom wieder ernst. „Nur du kannst es, ich bin mir ziemlich sicher, dass du Gackuto-sans Vertrauen hast – man kann wohl kaum von einem Tag auf den anderen damit aufhören. Schon gar nicht, wenn man liebt.“
 

Der Schwarzhaarige hatte Recht. Gackt konnte alle Brücken niederbrennen, die sie beide verbanden. Aber aufhören zu fühlen? Der Langhaarige bezweifelte, dass sich Empfindungen so einfach abstellen ließen (Gott, er wäre so dankbar, sollte es jemals möglich sein...aber wann war Stiefmutter Leben je so gnädig?). Auch wenn die schulresidente Tiefkühltruhe der festen Ansicht zu sein schien, so etwas wie Gefühle gar nicht erst zu kennen. Hyde weigerte sich jedoch, diesen Hoffnungsschimmer als solchen anzunehmen. Zu schmerzhaft, zu deutlich klangen die Worte des Blonden in seinen Ohren.
 

Das Benehmen des Arztes war auch nicht gerade hilfreich. Warum setzte er alles daran, um Hyde dazu zu bewegen, sich mit Gackt zu versöhnen? Was...oh, mein Gott, natürlich! Das musste irgendetwas mit Gackts mysteriösem Anfall zu tun haben. Lee Hom musste etwas gesehen haben, das ihm Sorgen machte (die Untertreibung des Jahrhunderts...). Aber scheinbar konnte er selbst nicht helfen. Hieß das etwa, der Blonde befand sich in Lebensgefahr?

Die Gedankenflut, die diese Vermutung auslöste, drohte Hydes Kopf zum Platzen zu bringen. In der Hoffnung, Ordnung in dieses durcheinanderwirbelnde Gewirr zu bringen, fuhr er sich durchs Haar (der helfende Effekt ließ leider auf sich warten).
 

„Was ist mit Gackt los, Lee Hom-san?“ Höchstwahrscheinlich würde der direkte Angriff gar nichts nützen, aber etwas anderes blieb dem Langhaarigen nicht übrig.
 

„Du bist nicht umsonst der beste auf der Schule, Haido-san. Ja, du hast Recht, es hat etwas mit Gackuto-sans erstem Krankenbesuch bei mir zu tun. Aber wie auch letztes Mal kann ich deine Frage nicht beantworten. Es steht mir einfach nicht zu. Es tut mir wirklich Leid.“
 

„Hmpf. Sie sind mir echt eine tolle Hilfe“, brummelte der Langhaarige vor sich hin. „Aber sagen Sie, es...es besteht doch keine Lebensgefahr für ihn, oder?“ (Warum klang das jetzt so flehend...?)

Der Arzt ließ sich beunruhigend viel Zeit.
 

„Nein, ich glaube nicht. Im Moment jedenfalls nicht...“, wurde dann der Kopf geschüttelt.
 

„Was soll das heißen?!“ Hyde war wieder aufgesprungen, bereit, seinem Blonden zu Hilfe zu eilen. Die Mundwinkel des Schwarzhaarigen zuckten.
 

„Beruhige dich, Haido-san. Er ist in Sicherheit. Aber es liegt an dir, seine Situation zu verbessern...“
 

„Und wer verbessert meine Situation?“, konnte der Langhaarige es sich nicht verkneifen.
 

„Du benimmst dich wie ein Kind, Haido-san.“
 

„Vielen Dank für die Blumen, Lee Hom-san!“ Die Augen Hydes verengten sich zu Schlitzen. Der Schwarzhaarige blieb davon freilich unberührt.
 

„Worüber habt ihr euch überhaupt gestritten?“ Ein Eimer mit eiskaltem Wasser hätte effektiver nicht sein können. Der Langhaarige seufzte, war sich jedoch voll bewusst, dass er die Geschichte dem Arzt nicht einfach vorenthalten konnte.
 

***
 

„Und du hast die Krawatte gesehen und gleich angenommen, es war Gackuto-san?!“ Echtes Unglauben, nachdem Hyde geendet hatte. ‚Wie kann man nur so blöd sein?’, fügte Lee Homs hochgezogene Augenbraue hinzu.
 

„Sie können ruhig etwas weniger direkt sein.“ Der Langhaarige seufzte resigniert.

Der Arzt konnte nur den Kopf schütteln.
 

„Haido-san...ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass du diese Initiale dort finden solltest? War es nicht eher so, dass jemand versucht hat, Gackuto-san ins schlechte Licht zu rücken? Um dann einen Streit zu provozieren?“
 

Wa-?! Was hatte das jetzt zu bedeuten?

‚Sie muss dich wirklich für gefährlich halten, wenn sie gleich alle Register zieht’ ... ‚Ich wusste ja, dass sie extrem ist, aber dass sie so weit gehen würde, um uns auseinander zu bringen...’ Es war eine Ewigkeit her. Ein kleiner Nachhall der glücklichen Minuten ihres Zusammenseins. Aber Hyde erinnerte sich jetzt an Gackts Warnungen und Vermutungen...Gott, konnte es wirklich sein, dass er blöd genug war, um auf so einen billigen Trick reinzufallen?

Aber woher wollte Ayumi wissen, dass sie beide zusammen waren? Ah, was hatte Lee Hom gesagt? Wer genauer hinschaut, wird es auch herausfinden? Sie hatte Gackt vergiftet gehabt...
 

„Nein...“, stöhnte Hyde auf, „...ich bin so ein Idiot...“
 

TBC
 

A/N: Haha. Wie sagt man so schön? Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung? Na, wollen wir es mal ganz stark hoffen...Und hurray! Ich habe ein Kapitel fertig! Und es hat nicht einmal alles drin, was ich haben wollte! Super! Heißt also, im nächsten Kapitel hat Dr. Winter auch seinen Auftritt! Hum. #räusper#

Ach so, wisst ihr überhaupt von wem ich spreche? Von Lee Hom natürlich. Ich konnte nicht übers Herz bringen, ihn tatsächlich Dr. Sommer zu nennen. Also, einfach eine andere Jahreszeit verwendet. Passt zu ihm irgendwie, er bewahrt immer einen kühlen Kopf. :D
 

Ahm, nun ja. Ihr wisst es doch, oder? Und ihr seid doch so nett und schreibt mir was, oder? Bitte?

Lasst uns froh und glücklich sein...

A Highschool Story
 

Kapitel #30
 

Lee Hom schnaubte leise, verkniff sich jedoch jeden weiteren Kommentar.
 

„Und was soll ich jetzt machen?“, fragte der Langhaarige die weiße Stuckdecke, die von ihm eine eingehende Betrachtung erfuhr.
 

„Nun ja“, fühlte auch der junge Arzt sich angesprochen (die Decke schwieg beharrlich), „vielleicht solltest du ihm klar machen, was du für ihn fühlst...“
 

„Hmpf. Eine tolle Idee, danke. Und wie soll ich das anstellen, wenn dieser Sturkopf auf Ignorieren schaltet? Denn das ist ja seine Spezialität! Er schafft es nicht mal dann zuzuhören, wenn man ihm ‚Ich liebe dich’ lauthals ins Gesicht brüllt!“

Wang lächelte auf diese hitzige Beschreibung des eiskühlen Blonden.
 

„Ich glaube, es kommt ganz drauf an, von wem dieses ‚Ich liebe dich’ kommt...Du kannst ja dein Versöhnungsangebot dort vortragen, wo er keine Chance haben wird, dir auszuweichen und dich anhören MUSS.“

Der Langhaarige verengte skeptisch die Augen. Warum bloß war dieser Arzt ihm nicht geheuer?
 

„Was genau meinen Sie damit?“
 

„Ah, nun, es steht doch bald ein schönes Fest ins Haus, wenn ich mich nicht irre...“

Ach ja, genau deshalb! Der Kerl wusste alles und hatte immer die schlimmsten Lösungen parat.
 

„Sie wollen doch nicht allen ernstes vorschlagen, dass ich auf die Bühne irgendeinem kreischenden Halbaffen das Mikro aus der Hand reißen, lauthals ‚Gackuto, ich liebe dich, komm zu mir zurück’ oder ähnliche Schnulze in die Menge brüllen soll und hoffen, dass er nicht schon gegangen ist?!“
 

„Wieso nicht?“ Ein unschuldiges Aufblitzen von schwarzen Augen. „Das würde auf jeden Fall seine Aufmerksamkeit auf dich ziehen.“
 

„Ja und die der ganzen Schule auch!“, wurde empört zurückgefunkelt. „Seine Fangirlies machen Hackfleisch aus mir! Und seine Schwester und seinen Vater nicht zu vergessen...“ Hyde verstummte bei der Erinnerung an Seika, den Älteren. Ein kalter Schauer rieselte seinen Rücken hinab. Diesem Typen würde er nur ungern nachts begegnen. Wie hielt es der Blonde bloß mit ihm aus?
 

„Seit wann fürchtest du dich vor Fangirlies?“, platzte ein junger Arzt in seine Gedanken. „Und was kann Gackuto-sans Vater dir antun?“

Der Langhaarige winkte müde ab und zuckte mit den Schultern. Woher sollte er das wissen?
 

„Er hat schon einmal mit mir Schluss gemacht, um mich vor seiner Familie zu schützen. Sein Vater ist ein mächtiger Mann...“
 

„Hast du Angst?“ Wang blickte ihn durchdringend an.
 

„Ja.“

War das nur Einbildung oder schien Lee Hom tatsächlich in sich zusammenzufallen?
 

„Um Gackuto. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn sein Vater ihn meinetwegen wieder in eine-...“ In diesem Moment realisierte der Langhaarige, WAS genau er da beinahe ausgeplaudert hätte. Erschrocken hielt er inne, studierte eingehend Wangs Gesicht, das etwas blasser geworden war. Hatte er...? Nein, es konnte unmöglich sein, dass der Arzt verstanden hatte, worauf Hyde hinauswollte. Er konnte es nicht verstehen...oder?
 

„Wenn sein Vater was mit ihm machen würde, Haido-san?“, signalisierte der Arzt den Grad seines Wissenstandes. Puh. Glück im Unglück, Lee Hom konnte sich (noch) keinen Reim darauf machen. Und der Langhaarige hatte nicht vor, den Erleuchter zu spielen – jedenfalls nicht, wenn es um des Blonden streng gehütetes Geheimnis ging.

Hyde schüttelte den Kopf.
 

„Das kann ich Ihnen nicht sagen.“ Der Arzt nickte lediglich leicht.
 

„Ich verstehe.“

Wie langweilig. Er hätte wenigstens etwas Widerstand leisten können! Ein Kniefall und eine feurige Arie, um die nötigen Infos ergattern (die er natürlich nicht kriegen würde) – das wäre doch das Mindeste! Wo blieb der lee hom’sche Kampfeswille?!
 

„Man sollte die anderen Leute nicht nach sich selbst beurteilen, Haido“, wurde er lächelnd zurechtgewiesen. Nicht? Schade.
 

Die plötzliche Schrille der Klingel fuhr dem Langhaarigen durch Mark und Bein. Er zuckte erschrocken zusammen, schaute auf seine Uhr. Oh. Die physische und psychische Behandlung hatte eine ganze Unterrichtsstunde in Anspruch genommen.
 

„Äh, ich glaube, es ist Zeit...“ Wieso so zögerlich? Hyde erwartete doch nicht wirklich einen wunderbar-rettenden Lösungstipp zu dieser vertrackten Situation, in die er sich mal wieder erfolgreich hineingeritten hat, oder?

Der Arzt lächelte herzlich zum Abschied.
 

„Ich wünsche dir viel Glück bei deiner Eroberung, Haido-san. Und wenn du Probleme hast – ich bin immer da, um dir zuzuhören.“
 

...Mist. Die ganze Wie-überzeuge-ich-Gackt-und-am-besten-so-dass-es-keiner-merkt-Aktion blieb also ganz allein an ihm hängen. Aber warum wunderte der Langhaarige sich denn überhaupt? In dieser Geschichte musste er doch schon die ganze Zeit die Drecksarbeit erledigen...
 

Mitten in diese tiefpsychologischen und exakt auf die Lösung des vorhandenen Problems fixierten Gedankengänge platzte ein beinah panisches Klopfen herein. Nein, als ‚Klopfen’ konnte man dies nicht länger bezeichnen – ‚mit aller möglichen Kraft auf die arme Tür einprügeln’, ja, das wäre möglicherweise die bessere Bezeichnung dieser Art der subtilen (Streich das Wort) Frage nach Erlaubnis einzutreten. Als nach einer Viertelsekunde keine Antwort seitens des Langhaarigen erfolgte – dieser überlegte krampfhaft: Weglaufen oder sich doch verstecken? – kamen begleitende Kampfrufe hinzu.
 

„Haido? Haido, bist du da drin? Was zur Hölle hat dieser Quacksalber nur mit dir gemacht?!“ Die unverkennbare Todesverurteilung des Schwarzen Rächers Tetsuya.
 

Weglaufen. Eindeutig weglaufen. Der Langhaarige warf einen sehnsüchtigen Blick auf das Fenster.
 

„Vergiss es, Haido-san. Wir sind hier im vierten Stock.“ Konnte dieser Arzt auch mal etwas Hilfreiches beisteuern?!
 

„Egal, was du für Probleme mit deinen Freunden hast – du darfst nicht weglaufen, das macht alles nur noch schlimmer.“ Das war NICHT hilfreich! Dieser gottverdammte §&%§W“&/ Arzt!
 

„Ähm, Haido-san? Auch wenn du mir gerade eine ganze Palette von Schimpfwörtern entgegenschleuderst – würdest du bitte meine Praxistür vor weiteren Angriffen bewahren? Ich persönlich würde etwas länger meine Freude an ihr haben...“ Zur Bestätigung des labilen und hilfebedürftigen Zustandes der bereits erwähnten Tür rieselte Stuck in feinen Staubkörnchen lautlos zu Boden.

Hyde seufzte. Konnte er nicht doch-
 

„Raus hier“, wurde sanft gelächelt. Der Langhaarige ergab sich seinem Schicksal.
 

„Haido? Haido!!!“, sprang ihn etwas Braunhaariges an, kaum als er die Tür aufgemacht hatte. Ken und Yuki grinsten sich im Hintergrund einen ab. Tetsu zeriss sich fast zwischen Sicherstellen der Vollzähligkeit der Gliedmaßen Hydes:
 

„Gott, was ist nur mit dir passiert? Sie haben irgendwas von einer blutigen Prügelei erzählt, dass einer mit einem Messer auf dich losgegangen sei und du im künstlichen Koma liegst, weil man dir die Hand abgehackt hat! Doiha-chan, was machst du nur für Sachen!“
 

und der gedanklichen Zerfleischung von Lee Hom, der amüsiert die ganze Szene beobachtete (nachdem er sich von der Funktionsfähigkeit seiner Tür überzeug hatte):
 

„Hat dieser Arzt dich auch gut behandelt?“
 

Der Langhaarige war ein paar Sekunden lang versucht, Tetsu auf Wang zu hetzten („Tet-chan! Er hat versucht, mir eine Spritze zu geben! Sonnenschein, beiß ihm die Nase ab...!“), entschied sich jedoch dagegen. Er brauchte Lee Hom noch.
 

„Doiha-chan, erklär mir doch bitte mal das hier.“ Ah. Tetsu hatte endlich die weiße Bandage entdeckt.
 

„Ach, das...“ Hyde winkte (unklugerweise) mit der verletzten Hand ab und winselte sogleich ob der Schmerzenswelle, die diese unbedachte Bewegung auslöste. „Weißt du, ich wollte eigentlich nur meine Kraft mit der Wand messen...“ Schuldbewusstes Lächeln folgte.
 

„Haido...“ Der Braunhaarige fiel darauf leider nicht ein. Irgendwas sagte Hyde, dass er langsam, aber sicher seinen Touch verlor. „...ich will nicht länger deine Ausflüchte hören...“
 

„Aber ausnahmsweise stimmt das, Tetsuya-san. Haido-san hat sich tatsächlich mit einer Wand geprügelt“, mischte sich nun Wang lachend ein. Der Langhaarige versuchte, ihn mit seinem Blick aufzuspießen. Hätte dieser vermaledeite Arzt das nicht irgendwie besser ausmalen können? Aus seinem Munde klang das so...kindisch und nur eines Deppen würdig...und hey! Was sollte dieses ‚ausnahmsweise stimmt das’ denn heißen, bitte?!

Bevor Hyde etwas Unüberlegtes (wie die Tür in Wangs Gesicht schlagen) tun konnte, schnappte ihn der Braunhaarige am gesunden Arm und zog ihn fort – auf der Suche nach einem leeren Klassenzimmer.
 

„Also, das...das musst du mir näher erklären, Doiha-chan!“ Der Langhaarige schluckte, warf einen sehnsüchtigen Blick auf das Krankenzimmer und bereute herzlichst, dass er sich nicht gleich tot gestellt hatte.

Ken und Yuki legten jeweils eine Hand auf Hydes Schultern, entlockten ihm ein glückliches Lächeln.
 

„Ich freue mich sehr, dass du halbwegs unversehrt bist, Haido-kun“, murmelte Yuki sichtlich erleichtert.
 

„Ha, genau, die Gerüchteküche brodelt nicht – sie kocht über! Einige meinten, du seiest bereits von der Schule geflogen, andere behaupten, du seiest in einem Krankenhaus mit einem Schädelbruch!“, pflichtete ihm Ken lachend bei.
 

„Wir hatten unsere liebe Mühe, Tetsu davon abzuhalten, die Polizei zu alarmieren!“, konnte auch der Drummer sich nicht länger zurückhalten.
 

„Hey! Ruhe auf den billigen Plätzen da hinten!“ Tetsu schien die Plauderfreudigkeit der beiden (immer noch kichernden) Bandmitglieder ganz und gar nicht zu gefallen.
 

Das Herz wurde dem Langhaarigen schwer. Es schien so, als würde endlich Frieden unter ihnen einkehren und er musste das natürlich wieder zunichte machen. Und auch noch mit solchen Nachrichten...aaach, wieso musste es ausgerechnet seine Bandmitglieder und einzigen Freunde treffen? Natürlich, weil Hydes von Natur aus kein Fettnäpfchen ausließen und einen irrsinnigen Drang verspürten, sich regelmäßig zum Idioten zu machen!
 

„So und jetzt erzähl, was nun eigentlich passiert ist!“, holte eine resolute Stimme den Langhaarigen in die gar triste Realität zurück, während Hände ihn sanft auf den Tisch drückten, damit er sich hinsetze.

Der Langhaarige seufzte und kramte in seinen Taschen herum. Wo war es- ah, da. Immer noch schweigend zog Hyde ein Stück schwarze Seide hervor. Nur ein paar Sekunden genügten, damit die restlichen Beteiligten eine gute Vorstellung davon bekamen, mit wem und worüber der Streit war.

Tetsu stöhnte.
 

„Doiha-chan...sag mir nicht...bitte sag mir nicht, dass du zu diesem Schnösel gegangen bist, um ihn zur Rede zu stellen und dass du dich anschließend mit ihm geprügelt hast!“

Ungelenk strich Hyde seine langen Haare zurück – das mit der linken Hand zu machen, war er nicht gewohnt.
 

„Nun ja. Deine ersten beiden Vermutungen stimmen. Nur geprügelt habe ich mich nicht mit ihm...“, er schaffte ein schiefes Lächeln, doch die Gesichter seiner Freunde blieben besorgt.
 

„Eigentlich wollte ich wirklich nur wissen, was das alles zu bedeuten hatte...aber dann, nun ja. Ich habe angefangen, ihn zu reizen und er stand natürlich in nichts nach. Ich habe ihn beleidigt und er mich ebenfalls und...ich konnte mich nicht zurückhalten, aber er hat mich so wütend gemacht...“ Der Langhaarige studierte bei seinen (mehr oder weniger deutlichen) Ausführungen gründlich den Fußboden.
 

„Ich wollte ihm so sehr die Fresse einschlagen, ich war sogar bereit, dafür meine Privilegien zu opfern...aber ich...konnte es nicht...und ja...hab stattdessen die Wand geschlagen...“ Er wagte nicht aufzusehen.
 

Ein kollektiver Seufzer der Erleichterung ging durch die Versammelten.
 

„Na, das ist ja noch gut gegangen, Haido!“ Ken war zu optimistisch.

Der Langhaarige schüttelte verzweifelt den Kopf.
 

„Du irrst dich. Es war schließlich in der Pause...und ihr wisst doch, Lehrer haben ja diese nervige Angewohnheit alles mitzubekommen, was sie absolut nichts angeht...“
 

„Haido?“, fragte der Braunhaarige besorgt nach, als Hyde eine längere Sprechpause einlegte.
 

„Wir...wurden zum Direktor gebracht, er war total wütend. Gackt hat gesagt, er hat unsere Halle zerstört, um uns als Konkurrenten im Wettbewerb im Vorfeld auszuschalten...“
 

„WAS?!“, kam es ungläubig und wütend von drei Seiten.
 

„Ab-!“
 

„Wa-?!“
 

„Er-...“

Hyde schnitt alle kommenden Proteste und Beschimpfungen mit einer erhobenen Hand ab.
 

„Wartet...lasst mich zu Ende reden. Der Direktor hat uns als Strafe verboten, auf dem Schulfestival aufzutreten – sowohl L’Arc-en-Ciel als auch Gackts Band dürfen nicht singen.“

Stille herrschte auf diese Enthüllung. Der Langhaarige hielt immer noch den Kopf gesenkt. Er brauchte die Enttäuschung auf den Gesichtern der anderen nicht zu sehen, konnte er sie sich doch sehr gut vorstellen.
 

„Es tut mir Leid“, hauchte Hyde. „Ich habe mal wieder alles vermasselt...“

Ein Arm schlang sich um seine schmalen Schultern, dann noch einer. Zum Schluss wurde sein Gesicht an eine familiäre Brust gedrückt.
 

„Haido, du Dummkopf...“ Tetsu lachte leise. „Du bist wirklich ein unverbesserlicher Dummkopf. Und deshalb mag ich dich auch so sehr...“
 

„Dir ist schon klar, dass das nicht gerade für meine Intelligenz spricht, oder? Ich hoffe allerdings, dass du auch positivere Seiten an mir schätzt...“, kam es gedämpft von der Brust des Braunhaarigen.
 

„Denk nicht mehr daran, Haido-kun“, murmelte Yuki tröstend. „Wir haben immer noch den anderen Wettbewerb...“
 

„Und wir werden diesmal den ersten Platz machen!“, fügte nun Ken begeistert hinzu. „Ob die Schule uns hört oder nicht – unwichtig, solange die ganze Welt uns hört!“

Hyde ließ sich nur zu gern vom Enthusiasmus der anderen anstecken.
 

„Dann lasst uns unsere Songs in die Welt hinausbrüllen!“, wagte er endlich den Kopf zu heben. Keine Enttäuschung. Nur lächelnde Gesichter.

Sie ließen ihn los, damit er aufstehen konnte.
 

„Und dieser Gackt wird uns noch kennen lernen!“ Die Augen des Braunhaarigen funkelten kampflustig.
 

„Nein, halt“, hielt Hyde die Gruppe zurück. „Gackt war es nicht!“

Drei paar geschockt starrender Augenpaare waren die Antwort. Der Langhaarige ließ sich nicht beirren. „Er ist es nicht gewesen! Er hat unsere Halle nicht zerstört.“
 

Yuki runzelte die Stirn.
 

„Hmm, anfangs war ich auch sehr skeptisch, was diese Krawatte anging. Es war einfach zu eindeutig...“ Ken pflichtete ihm nickend bei. „Aber da er es selbst zugegeben hat...“
 

„Was meinst du wohl, was der Direktor mit mir angestellt hätte, wenn Gackt mir nicht geholfen hätte – er war drauf und dran, mich zum Frisör zu schicken! Aber ich weiß, wer es getan hat...“
 

TBC
 

A/N. Eine etwas seltsame Stelle, ich weiß, aber es reicht nun wirklich...Aber Hydie ist wirklich lustig. Einer eindeutigen Falle glaubt er, aber wenn man’s zugibt, dann glaubt er’s nicht. Ich sollte mal an dem Guten feilen.

Ansonsten, ja. Es geht etwas bergauf. Denke ich. Gackt und Hyde werden sich versöhnen und dann gibt’s hot action im Auto. So gegen Kapitel #86. |D
 

Nun ja. Ein paar Bemerkungen eurerseits wären sehr nett.

Ein Tag hat 356 Stunden

A Highschool Story
 

Kapitel #31
 

Verwundert-skeptische Blicke forderten stumm nach Präzision des Sachverhalts. Ein ungutes Gefühl, vermischt mit Unsicherheit beschlich den Langhaarigen. Seine Freunde wussten gar nichts über Gackt. Und vor allem hatten sie nicht den leisesten Schimmer, was seine Familie anbelangte (es hieß übrigens keineswegs, dass Hyde in dieser Sache ein Leuchtturm war – dennoch, einen zarten Einblick in das Zusammenleben dieser schrecklich netten Familie hatte er. Und das reichte ihm persönlich für den Rest des Lebens...).
 

Doch wenn Hyde ihnen jetzt ein abstruses Märchen auftischte (denn nichts anderes würde es in ihren Augen sein) über irgendwelche rachsüchtigen jüngeren Schwestern, die aus einem unerklärlichen Grund etwas wollten, etwas...Unangenehmes und es hatte etwas mit Gackt zu tun...Nein, nicht das Unangenehme, das Rachsüchtige!
 

GRAAAHH! Wie um Gottes Willen sollte der Langhaarige seinen – in diesem Moment unterschiedliche Stadien der Ungeduld aufweisenden – Bandmitgliedern erklären, dass er und der Blonde ineinander verliebt waren, Ayumi das (woher auch immer) wusste und sie mit allen Mitteln auseinanderzubringen versuchte – dabei ohne die Wörter ‚ineinander verliebt’ und ‚auseinander bringen’ (und ‚Gackt’ sollte er am besten gar nicht erst erwähnen) zu verwenden, hä?!
 

Tabu, das von allen geliebte Spiel erfährt einen Belastungstest im alltäglichen Leben. Nein, stimmt so nicht. In Hydes Leben. Und das mit ‚alltäglich’ gleichzusetzen wäre genauso unnatürlich wie eine Eier ausbrütende Giraffe.

Der Langhaarige sackte auf seinem Stuhl zusammen. Seufzte. Fuhr sich frustriert durch die Haare und versuchte krampfhaft, ungeduldiges Räuspern und leises „Haido?“ zu ignorieren.

Aaach, warum war das alles nur so kompliziert?!
 

„Nun?“, beschloss Tetsu die Wartezeit etwas zu verkürzen. „Wer ist es nun gewesen?“ Der Langhaarige holte tief Luft. Es galt die Devise ‚mit dem Kopf durch den Zaun’. Oder war das ‚Backen zu und durch’? Ach, unwichtig.
 

„Es...nun, ich denke...nein, ich bin vollkommen sicher...Ihr werdet’s mir nicht glauben.“ So. Fertig.
 

„Haido!“, kam es von allen drei Seiten.
 

„Lass es uns lieber entscheiden“, präzisierte Ken.
 

„Seika Ayumi.“
 

„Wer?!“, war nun Yuki an der Reihe.
 

„Sie ist die Schwester von...Gackt.“ Im Raum wurde es auf einmal beunruhigend ruhig. Hyde konnte förmlich das Rattern der Gehirnwindungen hören.
 

„Was hat denn Gackts Schwester mit uns zu schaffen? Wir kennen sie doch gar nicht!“, sprach Tetsu genau das aus, was die beiden anderen dachten.

Ja, auf diese Frage hatte der Langhaarige schon die ganze Zeit gewartet. (Und er hatte absolut nichts dagegen, wenn sie ihm erst gestellt werden würde, wenn er tot und begraben war.)
 

„Haido, wie lange willst du dich noch ausschweigen?“ (Leider haben unangenehme Fragen eine noch unangenehmere Eigenschaft, solch langen Wartezeiten geschickt aus dem Weg zu gehen...)
 

„Ich...nein, das ist nur etwas kompliziert, wisst ihr?“ Hallo, Untertreibung des Millenniums.

Der Braunhaarige seufzte theatralisch.
 

„Was ist daran denn so kompliziert? Oder hat es etwas damit zu tun, dass du in Gackt verliebt bist?“ Ein hinterhältiges Grinsen zierte Tetsus Gesicht, während das des Langhaarigen von einem Leichentuch farblich nicht zu unterscheiden war.
 

„Woher...woher...“, konnte dieser noch entsetzt stammeln. Seine Freunde verdrehten lediglich die Augen.
 

„Sollen wir dir wirklich alle Seufzer aufzählen, die an Gackts Adresse gegangen waren?“ Yuki war freundlich und zuvorkommend wie eh und je. Hyde konnte sich gar nicht das Verlangen erklären, ihn bescheiden zu erwürgen…(Er hatte NICHT GESEUFTZT!)
 

„Oder deine Kratzbürstigkeit, die seltsamerweise immer dann zutage trat, wenn Gackt in der Nähe war?“, steuerte Ken bei. (/Ich bin NICHT kratzbürstig!/, wurde der Gitarrist still angefaucht.)
 

„Und wie du gestrahlt hast, wenn du ihn gesehen hast? Übrigens, hast du wirklich gedacht, ich merke nichts, wenn du ständig aufs Klo verschwindest?“, setzte Tetsu noch einen drauf. (Er war NICHT auf...Ups. So viel zur Diskretion...)
 

Hyde blieb nichts anderes übrig, als sich schief lächelnd durch die Locken zu fahren.
 

„Oje...wäre sehr unglaubwürdig, wenn ich das alles abstreiten würde, oder?“ Ein Verständnis und Verzeihen heischender Blick zu seinen lächelnden Freunden.
 

„Ja, dieses Gesicht kann nicht lügen!“ Ken zog den Langhaarigen an der Wange – wie es Omas mit ihren unwilligen Enkelkindern machen, wenn sie sie für den Rest des Lebens vergraulen wollen.
 

„Ken, laff mif lof!“, wurde sogleich Protest erhoben. Hyde rieb sich mit einem säuerlichen Blick die schmerzende Gesichtshälfte – nachdem der Gitarrist eingesehen hatte, dass eine Verunstaltung Hydes recht negative Folgen haben könnte – sowohl für ihre Bandkarriere als auch für Kens Leben. (Der Langhaarige hatte nicht gezögert, ihm ans Schienbein zu treten.)

„Also, da wir dies nun geklärt haben – und ich werde gar nicht erst fragen, wie lange du vorhattest, es uns zu verschweigen (strenges Funkeln an dieser Stelle) – würdest du uns jetzt vielleicht verraten, warum Gackts Schwester unbedingt unsere Halle in Schutt und Asche gelegt hat?“ Der Braunhaarige brachte das Gespräch zur ursprünglichen Problematik zurück.
 

„Drei Mal darfst du raten“, lachte Hyde humorlos. „Um uns auseinanderzubringen, natürlich! Und...wie es aussieht, hat sie es diesmal wirklich geschafft.“ Der Langhaarige holte tief Luft. Nein. Er würde nicht...nein! Ganz ruhig. Ganz ruhig! Nicht anfangen zu heulen. Nicht anfangen!
 

Hyde biss sich auf die Zunge. Als es nichts half, ballte er wütend seine verletzte rechte Hand zur Faust. Und schalt sich im nächsten Moment einen Idioten, da diese Aktion ihm erst recht Tränen in die Augen trieb.

Tröstende Hände rieben seinen Rücken, die Schultern, wuschelten ihm durchs Haar.
 

„Haido, du wirst dich doch nicht von so einer daher gelaufenen Witzfigur von einer Schwester ausstechen lassen, oder?“ Überrascht sah Hyde auf – dass ausgerechnet Tetsu das sagen würde, hätte er nun wirklich nicht erwartet. Dieser lächelte nichtssagend.
 

„Aber was mir nicht in den Kopf will – woher wusste sie überhaupt von unserer Halle?“, dachte Yuki laut nach.
 

„Von mir. Als ich damals im Krankenhaus war, wegen des kleinen Unfalls bei den Umbauarbeiten in unserem neuen Klubraum, hat sie mich besucht.“ Hyde ignorierte empörte Ausrufe, denen ganz deutlich zu entnehmen war, was genau seine Freunde (allen voran Tetsu) von seiner Starrköpfigkeit und Geheimniskrämerei hielten.
 

„Ich war auch wirklich erstaunt, dass sie die genaue Adresse wissen wollte, aber vielleicht hat sie ja von uns gehört und wollte bei den Proben zuschauen...Tja. Anscheinend hatte sie ganz andere Pläne.“ Der Langhaarige lächelte bitter.
 

„Und ich dachte immer, so etwas gäbe es nur in seltsamen Geschichten, die verrückte Schreiberlinge ins Netz stellen“, stöhnte Ken auf.
 

Die Klingel schrillte das Ende der Pause und erinnerte die Gruppe daran, dass es neben den persönlichen Problemen auch unpersönliche gab – vorzugsweise die Schule. Ein kollektives Resignationsseufzen ging durch die Runde.
 

Hyde stand auf, was von den Beteiligten als Abschied gewertet wurde.
 

„Egal, was es ist“, drückte ihm Ken fest die Schulter, „wir stehen immer hinter dir.“ Die anderen beiden nickten bekräftigend. Der Langhaarigen konnte nur ein heiser-ersticktes „Danke.“ herausbringen. Die Band wandte sich dem Ausgang zu.

Doch es gab noch etwas, was dem Vocal keine Ruhe ließ.
 

„Tet-chan“, rief er leise, bevor sich ihre Wege trennten. Ein erstaunter Tetsu drehte sich um. „Ich...ich muss mit dir reden.“ Erkenntnis hinterließ ihren ernüchterten Stempel auf den Zügen des Braunhaarigen.
 

„Ah, ja. Gut. Wir treffen uns am Haupteingang nach der Schule, in Ordnung?“
 

„Ja.“ Mit einem letzten Nicken verschwand Tetsu. Der Langhaarige atmete tief durch, beschleunigte seine Schritte, um wenigstens nicht zu dieser Stunde zu spät zu kommen. Und er dankte allen drei Millionen Göttern, dass die wenigen Nachzügler, denen er begegnete, wohl zu sehr mit den gleichen Gedanken beschäftigt waren, um auf ihn zu achten.
 

Zu früh gefreut.
 

Sobald Hyde das Klassenzimmer betrat, wurden sämtliche Last-Minute-Gespräche unterbrochen, neugierige, abschätzige, ja, sogar überraschte Blicke bohrten sich in seinen Rücken, als er auf seinen Platz zusteuerte. Der Langhaarige hatte die größte Mühe, sich ein wütend-fauchendes „was glotzt ihr so?!“ zu verkneifen.

Oh, er hasste es, wenn ihn alle anstarrten!

Zu seinem (in letzter Zeit eher selten gewordenen) Glück wurde er durch das Erscheinen des Lehrers von dem Gefühl erlöst, eine mit fünf Bällen jonglierende Kaulquappe zu sein.

Der Unterricht verlief erstaunlicherweise ganz normal. Seitenhiebe in Form von prozentualer Berechnung von randalierenden Jugendendlichen oder philosophischer Erläuterungen der Missentwicklung der Schulgesellschaft blieben aus.

Die wunderschöne Steinfigur neben ihm bereitete dem Langhaarigen jedoch weitaus mehr Qualen als Schüler und Lehrer es je vermocht hätten.
 

Oh, Gackts Verhalten unterschied sich nicht allzu sehr von den anderen Malen, in denen er Hyde ignorierte. Zerstörerischer war die Sehnsucht nach Berührung, danach, seine Hände in weichem, blondem Haar zu vergraben, das Gesicht Gackts immer näher zu sich ziehend, um...Der Langhaarige schüttelte leicht den Kopf. Noch nicht. Nicht hier. Später, zu Hause...ja, da würde er träumen können...und weinen.

So nah und doch so unglaublich fern. Hatte er wirklich eine solch harte Strafe verdient? Hyde unterdrückte ein Aufseufzen.
 

***
 

Tetsu verspätete sich und es sah ihm mal wieder ähnlich. Schon zum dreißigsten Mal schaute Hyde auf seine Uhr – diese weigerte sich jedoch hartnäckig, irgendeine zeitliche Veränderung anzuzeigen.

/Mann, Tetsu, wo zur Hölle steckst du?!/ Unauffällig versuchte er, sich noch weiter in die dunkle Ecke zu drängen. Ja keine Lebensanzeichen von sich geben, er war gar nicht da, tralala...Die träge zum Ausgang wabernde und schwatzende Schülermenge ließ sich fürs erste täuschen.

Jedoch nicht lange genug, als dass der Langhaarige sich den miesen Verräter (a.k.a. Tetsu) schnappen und sich endlich in Sicherheit bringen konnte.
 

„Haido-kun!“ Die Erde bebte unter den Füßen Tausender von Fangirlies – auf dem Rachefeldzug gegen den streberhaften Mädchenabklatsch (der sich nicht mal schminkte!), der es wagte, die Hand gegen ihr heißgeliebtes Idol zu erheben...

Hyde war sich eine Sekunde lang unsicher – sollte er ihnen höflich lächelnd die Telefonnummer eines befreundeten Psychologen diktieren oder doch kreischend wegrennen? Und Tetsu verspätete sich, verdammt!
 

„Haido-kun, wie konntest du nur?!“ Eine Sprecherin mit etwa zwanzig finster dreinschauenden Freundinnen. (Es fehlten nur noch die Greenpeace-Plakate und schon wären alle Wale dieser Welt gerettet...)
 

„Wie konntest du nur Gackuto-kun schlagen?! Was hat er dir denn getan?!“ Tja. Was sollte er bloß drauf antworten? „...so ein hübscher und freundlicher Mitschüler...“ Am besten ausreden lassen. Frauen sollte man immer ausreden lassen. „...hat mir sogar geholfen...“ Gackt hatte eindeutig zu viele Fangirls. Das könnte sich eines Tages als äußerst ungesund erweisen. „...und du? Du schlägst ihn! Aus einem vollkommen unerklärlichen Grund!...“ Tetsu, wo bleibst du? Meine Beine schlafen gleich ein! Erst jetzt bemerkte der Langhaarige, wie still es um ihn herum geworden war.
 

„Oh, ihr seid schon fertig?“ Ein unschuldiges Lächeln wurde herausgezaubert. Die Mannschaft ließ ein perfekt synchronisiertes Knurren ertönen. Hyde wusste, dass er es sich nicht mit den 80% der Mädchen dieser Schule verderben sollte, die sich als Gacktgirls geoutet hatten (die restlichen 20% waren Lehrerinnen) – bei dieser geballten Dämlichkeit konnte er sich jedoch nur schlecht zurückhalten.
 

„Ladies, lasst mich nur eine Kleinigkeit anmerken. Die ganze Sache geht euch einen feuchten Kehricht an.“ Der Langhaarige konnte nicht verhindern, dass sein Lächeln zusehends zu einem gemeinen Grinsen mutierte. So viel zu ‚es sich nicht verderben wollen’. Aber ach, verdammt, es tat so gut!
 

Mit verzerrtem Gesicht und einem grollenden „na, warte, Haido-kun, dich werde ich...“ hob die Anführerin die Hand. Oh, Hyde wusste genau, was sie vorhatte, sich zu wehren, stand jedoch außer Frage – sie hatte immerhin zwanzig Zeugen auf ihrer Seite.
 

Bevor allerdings die oben bereits erwähnte Hand mit Hydes Wange auf schmerzhaften Kollisionskurs gehen konnte, wurde sie aufgehalten.
 

Gackt lächelte zuvorkommend auf die Verteidigerin seiner Ehre hinab.
 

„Gackuto...“ Hydes gebrochenes Flüstern ging (Gott sei Dank) im verliebten Aufseufzen (in 20facher Ausführung) unter. Er fühlte wie sich seine (normalerweise recht stabilen) Knie langsam aber sicher in (chemisch recht interessante, keine Frage) undefinierbare Masse verwandelten. Und woher kam jetzt bitte schön der Wunsch, sich in den Armen des Blonden zu vergraben, her? Aaach, warum konnte er nicht aufhören, Gackt zu wollen? Knips und ausgeschaltet.
 

Stattdessen musste er mit ansehen, wie der Blonde mit dem Mädchenschwarm abzog, nachdem er sie mit den Worten „Gab es da nicht etwas, was ihr mir noch zeigen wolltet?“ vollkommen in seinen Bann geschlagen hatte.
 

Eigentlich sollte der Langhaarige Gackt dankbar sein, dass er ihn vor einem möglichen Amoklauf bewahrt hatte – Hyde war jedoch nur nach Heulen zumute. Der Blonde hatte nicht einmal in seine Richtung geblickt!
 

/Grmbl. So leicht gebe ich nicht auf! So einfach kommst du mir nicht davon, hörst du?/
 

Leider zeigte sich niemand von dieser Kampfansage beeindruckt. Der Langhaarige ließ seinen Kopf hängen. Dieser Tag weigerte sich einfach, zu Ende zu gehen...
 

TBC
 

A/N: ...und diese FF auch...und dieses Kapitel. Hallo?! Es sollte eine Hydie-Tetsu-Aussprache werden! Nicht dieses...Kuddelmuddel an Unereignissen! Mit jedem Kapitel werde ich immer unfähiger. T_T Ich wollte das doch gar nich in die Länge ziehen...aber Mensch. Wäh, so, nächstes Mal ist dann dieses dämliche Schulfest dran.
 

Ach ja. Da ich nun den ernstesten Ernst des Lebens antreten darf – soll heißen, ich habe mein Studium angefangen – kann es durchaus sein, dass die Wartezeiten sich einen Tick verlängern werden. (Es hat noch gar nich angefangen, da fliecht mir der Stundenplan jetz schon um die Ohren.) Ich verspreche jedoch hoch und heilig, dass ich versuchen werde, meine ‚möglichst-nicht-länger-als-2-Wochen’-Vorgabe einzuhalten. (Hab ich das eigentlich irgendwann mal geschafft? oO)
 

Uhm. Schreibt mir was. Ihr wisst gar nicht, wie motivierend das ist.

Konjunktionen mit schocktherapeutischen Folgen

A Highschool Story
 

Kapitel #32
 

Vor eventuellen Übergriffen seitens männlicher Fans – in diesem Falle stünde es ungleich schlechter um Hyde – rettete ihn schließlich die atemlose, vor Anstrengung rot angelaufene Erscheinung eines gewissen Braunhaarigen.
 

„H-Haido...entschuldige bitte die Verspätung...“ Der Langhaarige gab Tetsu gar nicht erst die Gelegenheit, weitere kostbare Zeit mit unrelevanten Erklärungen zu verschwenden, sondern packte ihn am Arm und zerrte ihn zeremonielos aus dem stickigen Gebäude.
 

„Haido? Bist du sehr wütend auf mich?“, wurde sich besorgt-kleinlaut erkundigt.

Wie bitte? Er, Hyde, wütend? Auf Tetsu? Der Braunhaarige hatte ihn doch bloß einer kannibalistisch veranlagten Fangirlmeute ausgeliefert! Er hatte doch nur zugelassen, dass der Langhaarige fast in der Luft zerrissen wurde!
 

„Nein.“ Es stimmte. Na ja, fast. Oder? Der Braunhaarige neben ihm seufzte.
 

„Haido...bist du Gackt über den Weg gelaufen?“ Verdammt. War das etwa so offensichtlich? Blöde Frage. Wenn schon Yuki! erkannt hatte, dass...Och, menno.
 

„Also doch...“ Tetsu zog mal wieder die unmöglichsten Schlüsse. Blöd nur, dass sie immer zutrafen.
 

„Soll ich dir erzählen, was nun passiert ist oder übernimmst du die Ehre?“
 

„Aach...“, versuchte der Langhaarige abzuwinken. Nein, er war wirklich nicht auf den Braunhaarigen wütend. Sondern auf Gackt. Aber am meisten auf sich selbst. Warum gewannen solche trivialen Vorfälle immer an Bedeutung, wenn sie in irgendeiner Weise mit dem Blonden zusammenhingen? Hyde seufzte.

„Wohin gehen wir?“
 

„In den Park, lenk nicht vom Thema ab.“ Tatsächlich. Jetzt erkannte er auch den gepflasterten Weg wieder, auf dem man sich mit 100%iger Erfolgsrate beide Knöchel gleichzeitig umknicken konnte (manche nutzten diese Möglichkeit, um zwei, drei Wochen Schulferien zusätzlich zu bekommen...).
 

„Was gibt es da schon groß zu erklären? Er hat mich vor einer Meute Rhinozerosse – äh, Mädchen, meine ich – gerettet und ist dann auch mit ihnen abgedackelt...“, ergab sich Hyde in sein unbarmherziges Schicksal.
 

„Ohne dich auch nur anzuschauen.“
 

„Genau! Dieser elende Mistkerl!“ Eine kurze Pause, bis –
 

„Oh! Äh, das – das spielt doch gar keine Rolle, er...“
 

„Schon gut, schon gut. Ich verstehe schon.“ Das Grinsen Tetsus wollte irgendwie gar nicht zu der eben gemachten Aussage passen.
 

„Hmpf.“ Hyde wollte irgendetwas anfügen, um seinem Ärger einen besseren, stilistisch treffender verkleideten Ausdruck zu verleihen als eine vokallose Ansammlung von Buchstaben, doch sein sonst so metaphorisch angereichertes Vokabular beschloss zu diesem Zeitpunkt eine Urlaubspause einzulegen.

Daran war auch Gackt Schuld!
 

Der Boden knirschte mit von den Regengüssen heruntergerissenen Blättern, die wenigen Bäume der verkümmernden Grünfläche konnten den Autolärm der vielbefahrenen Straßen nur schlecht abdämpfen. Sonnenschein und Kindergelächter waren ein weinerliches Grau – für den Langhaarigen war Herbst angebrochen, schmutzig und kalt.
 

„Doiha-chan...“ Hyde blickte nicht auf. „Gib...gib nicht auf, lass dich nicht so hängen, das tut mir in der Seele weh.“ /Verzeih mir bitte, dass ich darauf keine Rücksicht nehmen kann!/
 

Früher war es einfach: Ja. Nein. Vielleicht. Gleich unter der verstohlen hingekritzelten Frage „Willst du mit mir gehen?“ angekreuzt und alle waren glücklich. Nur rachsüchtige Schwestern, Kliniken für Geisteskranke und Eiszeit-Väter passten nicht so recht in das Schema.

Und irgendwie – ganz unerklärlich – fing Hyde an, diese Hindernisse zu hassen.
 

Die Parkbank, vor der sie stehen geblieben waren, hatte Kratzer (anscheinend hatten sich hier alle angehenden Bildhauer Tokyos verewigen wollen) und erweckte nicht gerade einen sauberen Eindruck – doch ihre strategische Lage (inmitten von Tollkirsche, mit atemberaubendem Ausblick auf eine verdorrende Eiche) überwog. Meistens.
 

„Tetsu.“ Hyde mochte sich noch so sehr mit der hiesigen Flora beschäftigen wollen – um dieses Gespräch würde er nicht drum herum kommen können (egal, wie sehr er es sich wünschte) und es wäre am gesündesten, es gleich hinter sich zu bringen.
 

„Ja. Ich weiß.“ Dieses ernste Gesicht...es stand dem Braunhaarigen absolut nicht. Doch Hyde sah sich außerstande, seinem Freund zu helfen. Nicht hierbei.
 

„Also...“ Also was? Was wollte er eigentlich wissen? WOLLTE er überhaupt etwas wissen? Nein, wollen tat der Langhaarige es nicht. Aber müssen. Ach, es...es – wieso hat es so kommen müssen? Hyde in keiner Weise auf den Ansturm von Verzweiflung, Reue und dem unbändigen Wunsch, alles wieder gutzumachen, gepaart mit der festen Gewissheit, dass es unmöglich war, vorbereitet.
 

„Tet-chan!“, brach es aus ihm heraus. „Bitte! Sag mir, dass der Kuss damals nichts zu bedeuten hatte! Sag mir, dass es nur deine Art war, mich zu trösten!“ Der Langhaarige trat näher an seinen langjährigen Freund heran, suchte seinen Blick.
 

„Der Kuss damals hatte nichts zu bedeuten, es war meine Art, dich zu trösten.“ Der Langhaarige schreckte vor dem unbeweglichen Gesicht, der monotonen Stimme dieses ihm völlig unbekannten Menschen zurück.

Auch der Braunhaarige musste bemerkt haben, dass seine Reaktion nicht gerade zu der Verbesserung der Situation beitrug, denn er setzte ein (mehr oder weniger überzeugendes) Halblächeln auf, schaute zur Seite.

„Entschuldige, bitte, Haido. Aber wie kannst du denn so etwas fragen?! Habe ich dich etwa schon einmal auf solche Weise ‚trösten’ wollen?“ Tetsu seufzte, fuhr sich mit der Hand durch das Haar. Der Langhaarige schüttelte lediglich den Kopf, Augen auf den Boden gerichtet.

Was hatte er auch erwartet? Dass Tetsu einen Lachanfall kriegen würde und die ganze Sache mit Lachtränen in den Augen abwinken würde? (Eine sehr attraktive Vorstellung, zugegeben, doch irgendjemand hatte mal wieder Böses mit ihm vor.)
 

„Haido, sag mir, was würdest du tun, wenn der Kuss ernst gemeint war? Wenn du wüsstest, dass ich es nicht aufgebeben habe, von einer Wiederholung dessen zu träumen? Dass ich Gackt am liebsten den Hals umdrehen würde dafür, dass er dich vor der Nase weggeschnappt hat? Sag, was würdest du tun?“ Mit jedem Satz war der Braunhaarige immer leiser geworden, während das Leuchten in seinen Augen weiter an Intensität zunahm.

Hyde wurde blass.

Also doch. Dann gab es wohl keine andere Möglichkeit...
 

„Du willst wissen, was ich tun würde?“ Völlig unwichtige rhetorische Frage, die zur Einstimmung beitragen sollte, der Langhaarige könnte über diese Armseligkeit seiner selbst lachen. „Ich würde mich bei dir für die wundervolle Freundschaft, die wir einmal geteilt hatten, bedanken. Und dann würde ich gehen.“ Seine Stimme zitterte und der Langhaarige hoffte, dass Tetsu es nicht merkte.
 

Dieser jedoch schien viel zu geschockt zu sein, um auf derlei Begleiterscheinungen zu achten.
 

„Du...würdest mir wirklich die Freundschaft kündigen?“, flüsterte der Braunhaarige fassungslos.
 

„Ich liebe dich nicht. Jedenfalls nicht so, wie du es dir wünschst. Weißt du, wenn du den Wunsch, Gackt zu erwürgen, etwas früher geäußert hättest, dann hätte ich dir eigenhändig einen Strick geflochten (ein müdes Lächeln seitens Tetsu war die Belohnung)...Doch nun würde ich ihn mit meinem Leben verteidigen...Tet-chan, wenn du mich akzeptierst, dann musst du auch Gackt akzeptieren. Aber das kann ich von dir nicht verlangen, weil du ja...“ Er konnte es einfach nicht aussprechen – es war so...so unnatürlich. Es sollte so nicht sein.
 

„Es wäre für uns beide besser, wenn sich unsere Wege trennen würden...“ Nun zitterte seine Stimme vernehmbar.
 

„Liebst du ihn wirklich so sehr...?“ Unberechtigte Zweifel.
 

„Ja.“
 

„Auch wenn er nichts mehr mit dir zu tun haben will?“ Berechtigte Zweifel.
 

„Ich werde mich mit ihm versöhnen.“
 

„Was macht dich denn da so sicher?“ Hochgezogene Augenbraue.

Checkst du das Revier ab, Tet-chan? Vergebliche Liebesmüh. Der Langhaarige musste sich ein ironisches Lächeln verkneifen.
 

„Ganz einfach. Ich werde sonst vor Sehnsucht nach ihm vergehen.“ Schocktherapie. Nicht gerade sehr subtil, dafür umso wirkungsvoller.

Eine Sache jedoch machte Hyde stutzig. Warum strahlte Tetsu mit einem Atomkraftwerk um die Wette?!
 

„Na, das ist doch schon ein Schritt nach vorn. Jetzt weißt du ja, was du zu tun hast.“ Ein selbstvergessen-fröhliches Einschlagen auf die Schulter des Langhaarigen.

Moment.

Hatte er etwas nicht mitgekriegt? Waren sie nicht gerade dabei, ihre Freundschaft zu beenden oder hatte Hyde nach der Werbepause ein paar bedeutungsschwere Minuten verpasst? Oder sollte das ein Abschied auf tetsuisch werden? Der Langhaarige verstand die Welt – ach, Quack auf die Welt, das ganze verdammte Universum verstand er nicht!

Und Tetsu lachte.
 

„Du liebst ihn doch! Was bläst du die ganze Zeit Trübsal, hol ihn dir endlich! Ich will meinen fröhlichen, lachenden Haido wieder zurück!“ Es war furchterregend. Keine Spur mehr von Ernsthaftigkeit, Liebeskummer und dergleichen Unnatürlichkeiten (Tetsu war einfach nicht zum Traurigsein geschaffen). Hyde starrte seinen Freund mit großen Augen an.
 

„Würdest du mir bitte gnädigerweise erklären, was zur Hölle du gerade von dir gibst?“ Der Langhaarige verlor langsam aber sicher die Geduld.

Tetsu legte ihm verschwörerisch einen Arm um die Schultern und zwinkerte ihm zu.
 

„Vergiss nie den Konjunktiv, mein Lieber! Niemals den Konjunktiv außer Acht lassen.“
 

„Heißt das, du hast mich die ganze Zeit verarscht?!“ Mit einem Ruck befreite sich der Langhaarige aus der halben Umarmung. Das fand er ganz und gar nicht lustig! Der Braunhaarige schien zu merken, dass übermäßige Verstrahlung und kryptische Analysen der Sprachverwendung keinen besonderen Anklang fanden. Die Wellen wurden etwas reduziert.
 

„Nein, Haido. Es würde mir nicht einmal im Traum einfallen, dich so hinters Licht zu führen. Ich liebe dich wirklich. Ich liebe dich wie einen Bruder.“
 

„Dann was soll-“
 

„Oder vielleicht sollte ich sagen, dass meine brüderliche Liebe zu dir überwiegt. Ich könnte es nicht ertragen, dich wegen eines Kusses zu verlieren. Und außerdem, was würdest du ohne mich machen?“
 

„Weniger Kopfschmerzen haben, das ist ja wohl sicher!“ Hyde rieb sich die Augen. Was, was...uhmpf. Wenn er ehrlich war, dann war der Langhaarige genauso schlau wie vorher. Tetsu liebte ihn. Oder irgendwie auch nicht. Oder auf eine andere Weise. Oder doch nicht? Hyde stöhnte auf. Sein Hirn drohte aus Protest zu platzen.
 

„Tet-chan...könntest du dich eventuell so ausdrücken, dass ich dich auch verstehe?“
 

„Haido-chan...könntest du eventuell deine grauen Zellen auf Trab bringen?“

Nope, keine Chance. Aus dem Braunhaarigen würde er wohl nichts mehr herauskriegen. Es stellte sich hierbei die Frage, ob Hyde wirklich alles herauskriegen wollte. Es wäre ein Lüge zu sagen, dass er sich nicht darüber freute, dass der Braunhaarige keinerlei romantische Gefühle ihm gegenüber pflegte, aber andererseits flüsterte ihm etwas zu, dass dies alles reiner Selbstbetrug war. Tetsu zog ihn in eine Umarmung, strich ihm über das Haar.
 

„Weißt du, Haido, ich brauche nicht viel. Ich möchte einfach dein bester Freund bleiben. Ich möchte dich glücklich sehen und wissen, dass ich dazu beigetragen habe. Und wenn du mir die Freundschaft kündigtest – das würde ich schlicht und einfach nicht überleben. Du bedeutest mir sehr viel, Haido.“

Der Langhaarige spürte, dass es nicht alles war, er spürte es ganz genau. Doch er war viel zu glücklich darüber, dass er den Braunhaarigen nicht aufgeben musste. Denn, ja, was würde er ohne Tet-chan machen?
 

Hyde ließ den Braunhaarigen los, streckte sich. Aah, das war doch schon viel besser!
 

„Ich bin sehr froh“, lächelte er leise.
 

„Ich auch.“ Traurige Augen? Nein.
 

„Und? Wollen wir noch etwas essen gehen?“ Hoffnungsschimmer.
 

„Nur, weil ich dir in einem schwierigen Argumentationsverfahren bewiesen habe, dass ich für immer und ewig dein Freund bleiben möchte, heißt es noch lange nicht, dass ich bereit bin, mein ganzes mühsam zusammengespartes Geld in ein bodenloses Fass namens Takarai Hideto zu werfen!“ Gnadenlos erschlagen.
 

„Och, jetzt komm schon! Es ist doch nur ein läppisches Mittagessen! Du willst doch nicht, dass deinem ‚immer und ewigen Freund’-Dasein ein jähes, durch Verhungern im Park herbeigeführtes Ende bereitet wird, oder?“ Probeweise Schwächeanfall, von ausdrucksvollem Magenknurren begleitet.
 

„...wieso nicht...Wenn es mich von den Schulden erlöst, die ich deinetwegen bei dem Restaurantbesitzer machten musste...“ Misstrauen erregende Kampfunlust.
 

„Pff! So sehr sorgst du dich also um mein Wohlergehen, ja?!“ Probeweise Erpressung.
 

„Natürlich sorge ich mich um dein Wohlergehen! Aber um das meiner Geldbörse auch. Besonders, wenn beides mysteriöserweise miteinander zusammenzuhängen scheint...“

/Mist verdammter. In letzter Zeit argumentiert Tet-chan zu gut für seine Gesundheit...Ich glaube, ich sollte bald mit der Umerziehung beginnen./
 

„Ach, Tet-chan...!” Der letzte Trumpf – der berühmte, von dem Langhaarigen über Jahre hinweg perfektionierte Dackelblick.
 

„Komm, ich bringe dich nach Hause, es ist schon spät.“

Irgendwas flüsterte Hyde zu, dass er seine Tetsu-Erweichungswerkzeuge schleunigst ölen sollte...
 

„Was heißt hier spät?! Es ist erst fünf Uhr! Und außerdem wäre es mir wirklich viel lieber, du würdest mich in ein Café bringen...“
 

„Dort kannst du keine Hausaufgaben machen.“
 

„Das ist doch der Zweck der Sache! Und außerdem kann ich mit vollem Magen besser denken.“
 

Stille.
 

„Was ist?“ Verwirrtes Stirnrunzeln.
 

„Hm. Da muss ich wohl morgen mindestens sieben Fässer Ramen mitbringen...“
 

Stille.
 

„Hey! Was soll das denn nun wieder heißen?!“ Wäre Hyde eine Oma, so wäre er dem Braunhaarigen sicherlich mit einem kampfbereit erhobenen Regenschirm nachgejagt. So aber musste er sich nur auf das Nachjagen beschränken, während Tetsu lachend Fersengeld gab.
 

Oh, tief im Inneren wusste der Langhaarige, dass es alles eine Farce, pure Selbsttäuschung war. Doch in diesem Moment übertönte seine Selbstsucht den stummen Schrei.
 

TBC
 

A/N. Mit viel Liebe und wenig Zeit geschrieben. Im wahrsten Sinne des Wortes...(Mist, dabei wollte ich nicht um halb zwei Uhr morgens ins Bett gehen!)

Übrigens, wer Tetsu diesen Schwachsinn, von wegen Bruder und so weiter, tatsächlich abgekauft hat, der möge lieber aufhören zu lesen...Tja. Der Arme. Und Hydie ist grausam. Aber Tet-chan wird sicherlich irgendwann über ihn hinwegkommen. Bis dahin wird er der beste Freund sein... Aber man kann nichts finden, ohne etwas zu verlieren. (Klinge ich gerade, als hätte ich recht wenig Mitleid mit Tetsu? Ich glaube, zu Recht. Irgendwie hat er mir das Kapitel versaut.)
 

Aber gut. Ihr seid doch so nett und hinterlasst mir ein paar Zeilen eurerseits?

Unfreiwilliges Lauschbusiness

A Highschool Story
 

Kapitel #33
 

So dermaßen erfolgreich zu der Ich-muss-Gackt-wieder-zurückgewinnen-Aktion motiviert, konnte der Langhaarige nur eins tun.
 

Sich einen schnellen und schmerzlosen Tod wünschen.

Welches Arschloch hat behauptet, dass es ein Spaziergang werden würde?! (Niemand, du hast es nur gehofft, Haido...) Ein bisschen herausputzen, ein strategischer Hüftschwung hier, ein verführerischer Augenaufschlag dort und schon baumelt der Fisch hilflos an der Angel.

Ein lautes HA. HA. HA. an dieser Stelle! Bei anderen kleinen Fischen würde es vielleicht klappen. Aber der Langhaarige musste sich ja gleich einen frisch eingefrorenen Wal anlachen! (Einen wunderschönen Wal mit blonder Mähne, zugegeben...)
 

Aber es...es war einfach zum Verzweifeln. Der Blonde würde nicht einmal in seine Richtung atmen! Warum regte der Langhaarige sich eigentlich so sehr darüber auf? Es war doch das gleiche Spiel.
 

/Um Gottes Willen, Gackuto! Du kannst mich doch nicht durch deine Versprechungen, Liebesbezeugungen...Küsse...heiß machen und dann einfach fallen lassen und das mit der idiotischsten Begründung aller Zeiten! Selbst ein verdammtes „tut mir Leid, Haido, ich muss dich verlassen, weil ich die Farbe deiner Socken nicht mag“ wäre einleuchtender gewesen! Von wegen, du kannst mir nicht vertrauen, du blödes Arschloch! Ich bin immer noch der Einzige, dem du die ganze Wahrheit über dich erzählt hast!/

Jedenfalls glaubte der Langhaarige das. Jedenfalls wollte er das glauben.
 

Hyde legte seinen Kopf auf den Tisch und stöhnte verzweifelt in die zerkratzte Holzoberfläche. Es war absolut nicht fair. Wieso musste er den Blonden nur so sehr vermissen? Früher war es anders gewesen...da hatte er sich wenigstens etwas von diesem Mysterium auf zwei Beinen ablenken können...Hoffnungslos. Hyde war absolut hoffnungslos und unrettbar in den Blonden verliebt.
 

‚...Na, dann hol ihn dir doch...!’ Hmpf. Schon zwei Personen hatten das zu ihm gesagt. Und tatsächlich, was hielt Hyde davon ab, sich den Blonden zu holen? So schlecht sah er nicht aus, war sogar Klassenprimus (okay, gewesen). Ach, Unsinn das Ganze. Wenn es Gackt tatsächlich nur darum ginge – er hatte die ganze Schule voll unzähliger Schönheiten und ehemaligen Klassenbesten zur Auswahl, gottverdammt noch mal!
 

Vielleicht war es dieses Gefühl der Resignation, immer wenn er Gackt sich lächelnd, unterhaltend mit diesem Geiger You, wenn ihn sein Gedächtnis nicht allzu sehr täuschte, auf den Schulkorridoren sah. Stets kam es dem Langhaarigen vor, als hätte er etwas zerstört bei ihrem Streit vor einer Woche, etwas irreparabel beschädigt...Und nun war es seine Strafe, den Blonden sehnsüchtig aus der Ferne zu beobachten und sich mit einem leisen Aufseufzen an die kurzen gemeinsamen Momente zu erinnern, in denen dieses Lächeln ganz allen Hyde gegolten hatte.
 

Aber warum gab er sich eigentlich die ganze Schuld an diesem Debakel? Der Blonde war auch nicht die Mitteilungsfreude in Person gewesen, als er Hyde damals zeremonielos aus dem Krankenzimmer geschmissen hatte und dann diese Ich-sag-dir-nicht-wieso-aber-ich-bin-furchtbar-sauer-auf-dich-Tour geschoben hatte, dabei sollte er einfach nur sein verfluchtes Hemd ausziehen, mehr nicht!
 

Der Langhaarige war dieses Nachdenkens müde...seine Gedanken liefen wie Sträflinge auf dem Sonntagsspaziergang ständig im Kreis herum, immer das gleiche Grau, unaufhörlich, mit Ketten verbunden. Gott, er war so unglaublich müde, er...musste mit ihm reden.

Sofort. Jetzt gleich, auf der Stelle. Mit jedem Tag wankte die Entschlossenheit Hydes, sich mit dem Blonden zu versöhnen, er durfte nicht zulassen, dass die Zeit ihrer beider Wunden mit der Staubschicht des Alltags bedeckte.

Der Langhaarige durfte nicht zulassen, dass der Abstand zwischen ihnen die Ausmaße eines Weltmeeres annahm (momentan war es nur die Nord- und Ostsee zusammengenommen).
 

Ein kurzer Blick auf die Uhr teilte ihm ganz sachlich mit, dass er noch genug Zeit hatte, Gackt zu finden, zu versuchen mit ihm zu reden und dabei auch noch eine wunderbare Gelegenheit hatte, um schon wieder zu spät zum Unterricht zu erscheinen. Na, das sah doch alles vielversprechend aus...!

Hyde schoss aus dem leeren Klassenzimmer, in dem er gerade erfolgreich den Todesmarsch geblasen hatte, heraus in den belebten Korridor mit der festen Absicht, den Blonden zu finden, ohne die geringste Ahnung, wo dieser steckte und was er ihm eigentlich sagen wollte.

Aber Improvisation war nicht unbedingt Hydes Schwäche. Nicht immer. Hoffentlich.

Ach, verdammt, er musste ihn erst mal finden, klar?!
 

Wie erwartet entpuppte sich diese – am Anfang voller Enthusiasmus angegangene – Aufgabe als ein Fall für den Drogenhund. Wobei Gackt selbstverständlich die Rolle der Droge übernahm (woher kommt das Bild von einem schwebenden Päckchen mit weißem Pulver gefüllt und blonden Haaren darauf?). Und wenn Hydes sehr gutes Gehör ihm nicht zur Hilfe geeilt wäre, dann hätte der Langhaarige seinen angeschlagenen Stolz (/Wenn ich mit ihm reden will, dann hat dieser...dieses...!!! gefälligst da zu sein, kapiert?!/) zusammengeklebt und wäre mit aufrecht hängendem Kopf zurück zu seiner (ihn und sein Geseufze schmerzlich vermissenden) Tischplatte getrottet.
 

Aber das Pech war mal wieder auf seiner Seite. (Hyde hat nie Glück, auch wenn es auf den ersten Blick danach aussieht.)

Er hörte den Blonden quer über den Schulhof (der gerade erbarmungslos von verdächtigen Langhaarigen durchgestampft wurde), diesen tiefen Bariton, dann wieder sich in die höchsten Tonlagen aufschwingend. Aaach...warum musste er ausgerechnet singen? Warum jetzt? Auf diese folternd-wunderschöne Art zeigen, dass der Langhaarige keinerlei Einfluss auf ihn hatte.

Hyde selbst hatte seit ihrer Auseinandersetzung keinen einzigen Ton herauskriegen können. Oh, unprofessionell, in der Tat – aber er konnte nichts mit sich machen.
 

Vorsichtig schlich der Langhaarige näher, es wäre nicht unbedingt von Vorteil, gesehen zu werden. Oh nein, nicht dass er Angst vor Entdeckung hätte (‚Ich gehe hier ganz unschuldig spazieren, lalala...’), nein, das nicht. Doch wenn sich ein verdächtiges Subjekt dem groß bewachten Gackt-Häuschen (ja, es hieß tatsächlich so, daneben gab es auch einen Gackt-Flur, Gackt-Raum und ein Gackt-Klo – lang leben die Fangirls) auch nur einen Millimeter näherte, so wurde sogleich ein Verteidigungskomitee gebildet, das die klaren Anweisungen hatte, dem Eindringling Beine zu machen.

Nun, mit einem finsteren „ich werde Nacktfotos von dir in der Schulzeitung veröffentlichen, wenn du nicht sofort die Fliege machst“ kann man immer eine höchst zufriedenstellende Wirkung erzielen. (Woher der Langhaarige das wusste? 80% dieser Drohungen waren an ihn gerichtet – er fand es zuweilen dermaßen belustigend, dass er mehrmals am Tag die selbsternannten Gackt-Beschützerinnen mit seinem Auftauchen aufscheuchte, nur um zu hören, welch grausamer Tod ihm jedes Mal zugedacht wurde.)
 

Zu diesem Zeitpunkt allerdings wären Aktionen dieser Art mehr als nur unwillkommen.

Aus offensichtlichen Gründen. Hyde wollte mit dem Blonden sprechen und das ohne lästige Zeugen. Wobei, viel Mühe, diese dämlichen Gören an der Nase herumzuführen, machte der Langhaarigen sich nicht. (Ein in unbestimmte Richtung winkender Arm und ein mit letzter Kraft ausgehauchtes „Gott, habt ihr gesehen?! Brad Pitt ist gerade vorbeigefahren! Los, hinterher!“ – und schon war es leer auf dem Schulhof. Wenn man von der riesigen Staubwolke absah.)
 

Mit einem entspannten Aufseufzen lehnte sich Hyde an die Seitenwand des weißen Häuschens, ließ sich von der Melodie und der sanften Stimme davontragen. Wunderschön...
 

„Ooh, das wird ihm sicherlich gefallen...“ Der Langhaarige realisierte nicht gleich, dass Gackts Band aufgehört hatte, zu spielen.
 

„Wem?“ Die verdächtig unschuldig klingende Stimme des Blonden.
 

„Na, deinem kleinen süßen Schatz!“ Das Gelächter des Sprechers wurde durch ein dumpfes Geräusch unterbrochen, ging anschließend in schmerzhaftes Gestöhne über. Gackt hatte tatsächlich sein Mikro nach dem Unbekannten geschmissen...Doch der Langhaarige hatte nicht wirklich Gelegenheit, sich über die Schlagfertigkeit Gackts zu amüsieren, dazu verschlug ihm dieser kleine Satz zu sehr die Sprache.
 

Nein, er sollte nicht zu vorschnell die Schlüsse ziehen...und diese gottverdammte Hoffnung! Nein, ganz ruhig. Beruhige dich zum Teufel noch mal! Oder meinten sie...jemand anderes?
 

„Misch dich nicht in Angelegenheiten ein, die dich absolut nichts angehen, Ren.“ Hyde musste sich einen drohenden, über dem sicherlich am Boden Liegenden gebeugten Gackt vorstellen, der mit einem ungesunden Glitzern in den Augen nicht minder drohend über ihm mit dem Mikrofon spielte. Eine grausige Vorstellung, die dem Langhaarigen Lachtränen in die Augen trieb.
 

„Wen meint er denn überhaupt?“ Ein ahnungsloser zum Tode Verurteilter. Hyde wartete auf das (sich eigentlich recht hübsch anhörende) KLONK. Es passierte nichts. Ah. Gackt hatte die Frage wohl nicht gehört.
 

„Die Kleine aus seiner Klasse. Sitzt neben ihm...Au!“ Anscheinend hatte der Blonde die Frage (und die dazugehörige Antwort) doch gehört. Für eine Viertelsekunde fragte sich Hyde, woher Gackt eigentlich die vielen Mikrofone hernahm...Wobei, den Trick sollte sich der Langhaarige vielleicht merken. Ein wohl gezielter Wurf und schon ist alles still.
 

„Hmpf, du kannst noch so sehr damit herumwerfen, es ändert doch nichts an der Tatsache, dass dir dieses Mädchen nicht gleichgültig ist!“ Oder auch nicht. (Wenn sich Hyde recht erinnerte, so gab es schon immer solche Todeswahnsinnigen, die einfach nie die Klappe halten konnten.)
 

„You, hör auf so dämlich zu grinsen!“ Also, das hättest du auch unauffälliger formulieren können, Ga-chan. Tja und die Antarktis ist mal ganz spontan im Lava-Meer des explodierten Vesuv ersoffen. Dumm gelaufen, was?
 

Hyde wurde langsam aber sicher verrückt. Vor Freude. Erleichterung. Er biss sich auf die Lippen, um nicht die wie ein Dauergast in Psychoanstalten loszukichern. Gackt liebte ihn! Er sang für ihn! Er hatte eine blöde Band, die ihn, Hyde, anscheinend immer noch für ein Mädchen hielt, obwohl der Blonde ihn schon einmal in aller Öffentlichkeit geküsst hatte, scheißegal! Die Sonne lacht, die Blumen blühen (übertreibe nicht, Haido, es ist Herbst), die Vögelchen zwitschern...KLONK.
 

Ein schwarzes, mit Blut besudeltes (Scherz.) Sängerutensil flog aus dem angekippten Fenster – pfeifend-nah an Hydes linkem Ohr vorbei – landete anmutig vor den Füßen des Langhaarigen. Dieser hob es automatisch auf, wiegte es gedankenverloren in seiner Hand. Die Sonne schien immer noch und auch die Vögelchen zwitscherten. Bis...
 

„Hey! Hol doch mal einer mein Mikro! Ich kann doch sonst nicht singen!“ ...oh, Scheiße! Verdammt, verdammt, was sollte er jetzt machen?! Panisch ruckte der Langhaarige seinen Kopf in alle Richtungen. Er befand sich an der Seitenwand, genau neben dem Fenster, sollte er versuchen zur Rückseite zu sprinten, hoffen, dass niemand ihn hört und dann nachschauen kommt?
 

„Wer hat uns fast mit dem Ding erschlagen?! Hol dir dein Mikro doch gefälligst selbst.“ Mist verdammter, von außen war das Klubhaus viel größer als von innen (...wie kommst du nur darauf, Haido?). Und wenn jemand auf die glorreiche Idee kam, die Abkürzung durch das Fenster zu nehmen, anstatt wie ein normaler und hydefreundlicher Mensch die Tür zu benutzen?!
 

„Soll ich dich aus dem Fenster werfen, damit du es nicht so weit hast?“ Für eine Sekunde machte die Panik der Bewunderung der absoluten Ernsthaftigkeit Gackts Platz.
 

„Jaja, ich geh ja schon...“ Resignierendes Geschlurfe zum Fenster.

Pfui, Deibel. Das war doch so klar! Fuck noch mal, was sollte der Langhaarige jetzt machen? Lösung her, schnell! Schon quietschte der verrostete Verschluss...Nein, Scheiße!
 

Langsam lehnte sich ein braunhaariger Schopf aus der dunklen Öffnung, schaute sich aufmerksam um, suchende Augen erblickten den kleinen schwarzen Gegenstand auf dem Boden, leuchteten auf.

Eine Armverrenkung und einen Beinah-Genickbruch später wurde das Mikrofon sicher in das Haus zurückverfrachtet. Nach einer Weile war erneut Gesang zu vernehmen.

Doch der Langhaarige traute sich erst viel später, aus dem Gebüsch zu kriechen und sich zur Schule zurückzuschleichen.
 

„Haido-san! Warum kommen Sie erst so spät zum Unterricht?!“ Der Langhaarige könnte vor Glück platzen! Gackt liebte ihn immer noch und er wollte sich mit ihm versöhnen, Hyde war ihm nicht gleichgültig!
 

„Haido-san! Hören Sie mir überhaupt zu?“ Nein. Aber gut, dass du das auch merkst. Und dass Gackt gar nicht erst hier ist, fällt dir wohl gar nicht auf, was?

Hyde hatte große Mühe, sein Grinsen unter Kontrolle zu halten. Es war ihm absolut gleichgültig, was der Lehrer oder die Klasse gerade über ihn dachten. Er war viel zu erleichtert und aufgeregt, um auch nur einen einzigen Gedanken an solch Banalitäten wie Schule zu verschwenden.

Hallo, habt ihr gehört? Gackt liebt mich!
 

„Entschuldigen Sie bitte vielmals, Sakumoto-san. Es ist nur, dass meine Hand so furchtbar geschmerzt hat, dass ich mich gezwungen sah, den Schularzt aufzusuchen.“ Okay, so blöd war der Langhaarige doch nicht. Ein verärgertes Grummeln, aber dafür ein schnelles Nachgeben waren die Erwiderungen auf diese kleine Notlüge. (Hyde wunderte sich immer noch, wie ihm solch eine plausible Erklärung einfallen konnte...)
 

Der Langhaarige setzte sich auf seinen Platz, atmete leise tief durch. Es war ihm, als hätte sich etwas, das ihn bis dato unbemerkt zu Boden gedrückt hatte, in Luft aufgelöst. Endlich, endlich! Wie lange hatte er darauf gewartet? (...Exakt eine Woche- KLAPPE!)
 

Hyde fühlte, wie seine alte Selbstsicherheit (als Schulprimus bekommt man so etwas unweigerlich gratis mitgeschickt) sich auf leisen Sohlen anschlich, wie leichter es ihm fiel, dem Unterricht zu folgen (auch wenn er mal wieder geistig abwesend war). Haach, es...es war schön. Es war schlicht und einfach schön.
 

Ein paar dutzend Meter von dem träumenden Langhaarigen entfernt verließ gerade eine Schulband ihren kleinen Proberaum.

Der Sänger streckte sich, um die nicht vorhandene Anspannung zu vertreiben, bemerkte dabei etwas Glitzerndes auf dem Boden.

Nicht in der Lage, dem angeborenen Diebische-Elster-Instinkt (auch Bereicherung-auf-Kosten-anderer-Instinkt genannt) zu widerstehen, beugte sich der Blonde herunter.

Ein Armkettchen. Das ihm verdächtig bekannt vorkam. Wo...hatte er es bloß gesehen gehabt?
 

Aber ja. Natürlich...Aber dann würde das ja bedeuten, dass...Ein paar Augenblicke lang erstarrte sein Inneres. War er etwa hier gewesen? Hatte er alles gehört?!
 

„Hey! Gackt, kommst du? Was machst du denn da?“ You hatte schließlich die Abwesenheit des Blonden bemerkt, winkte ihm ungeduldig zu.
 

„Ja, komme schon...“, murmelte dieser in seinen nicht vorhandenen Bart. Ach, Unsinn. Hyde war öfter hier. Auch wenn er höchstwahrscheinlich davon ausging, dass niemand es merkte. Er war hier, er hörte zu. Er hörte Gackts Gesang zu. Bei diesem Gedanken wurde dem Blonden warm ums Herz.

Hyde hätte die Kette auch bei vielen seiner früherer Besuche verlieren können. Aber...selbst wenn er heute hier gewesen war...was war denn so schlimm daran? Viel gehört hatte er sowieso nicht, außer, wie seine Bandkollegen ihn aufgezogen hatten.

Es war schon erstaunlich, wie der Langhaarige es schaffte, so viele gegensätzliche Gefühle in dem Blonden zu wecken...seichte Verärgerung darüber, dass Hyde gelauscht hatte, Enttäuschung, dass Gackt ihn nicht einmal zu Gesicht bekommen hatte und ungehemmte Freude darüber, dass der Langhaarige ihn anscheinend nicht aufgegeben hatte.
 

„Gaaaackuuutooo!“ Gackt lächelte. Ja, er war heute bestimmt hier gewesen.

Verstohlen schaute er sich um. Seine Bandmitglieder waren in beträchtlicher Entfernung von ihm stehengeblieben.

Schnell führte er das Kettchen an die Lippen. Lächelte selbstironisch ob des kindischen Verhaltens, steckte das Schmuckstück in die Tasche.

Zur rechten Zeit, am rechten Ort zurückgegeben, oh, da war sicherlich eine süße Belohnung für ihn drin...
 

TBC
 

A/N: Hui. Es hat mal wieder länger gedauert...aber es war nicht meine Schuld! Jedenfalls nicht ganz. Mein Internet hatte beschlossen, für eine Woche Urlaub zu machen, aber nun ist alles (mehr oder weniger) in Ordnung. (Entzug ist übrigens eine schlimme Sache.)

Öhm, ja. Ich hoffe, es war deutlich genug, dass es aufwärts geht. (Auch wenn Hydie nicht ganz auf der Höhe ist, was seine pseudo-sarkastischen Äußerungen anbelangt, aber ich werde mir diesbezüglich Mühe geben. ;)

Uhm, ja. Für die Kontinuierlichkeit der Postings kann ich nicht mehr garantieren – Uni ist sehr anspruchsvoll...Aber nur nicht die Hoffnung aufgeben. :D
 

Ihr seid doch so zuvorkommend und schreibt mir was, nicht?

Von herumstreunenden Ketten und angsteinflößend-freundlichen Verkäufern

A Highschool Story
 

Kapitel #34
 

Der Langhaarige durchwühlte exakt zum 156. Male sein Zimmer.

Gott, verflucht nochmal! Es konnte sich doch nicht einfach in Luft aufgelöst haben! Die chemische Konstruktion dieses Planeten ließ es nun mal nicht zu, dass sich Silberketten in Sauerstoff umwandelten! (Oder hatte er wieder mal etwas nicht mitgekriegt?)

Seine verzweifelte Suche erntete gleichgültige Erfolglosigkeit.

Argghh, es war so klar! Jetzt, wo Hyde sie am meisten brauchte!
 

Nun gut, „brauchen“ konnte auf vielerlei Arten ausgelegt werden, aber wenn sich der Matriarch höchstpersönlich nach diesem Schmuckstück erkundigte, dann war „brauchen“ eine eher bescheidene Beschreibung der Gegebenheiten. Verdammt, es ging um Leben und Tod!

Diese Kette (was hatte ihn eigentlich geritten, sie anzuziehen, hä?) gehörte seiner Urururgroßmutter und wurde – ganz nach Takarai-Tradition – von Mädchen zu Mädchen weitergegeben.
 

Moment. Irgendwas kam Hyde an diesem Brauch Spanisch vor. Jedoch konnte er auf Teufel komm raus nicht sagen, was.
 

Fakt war, dass er diese Kette bekommen hatte und ebenfalls Fakt war, dass er diese Ketter verloren hatte. Und dieser Umstand könnte sich als sehr, sehr schmerzhaft erweisen...
 

„Haaiiidoo! Komm runter, Schatz, Essen ist fertig!“ Sein Todesurteil.

Mit einem nostalgischen Blick verabschiedete sich der Langhaarige von seinem Zimmer, seinen Plüschtieren und von dieser Welt. Schluckte ob dieser himmelschreienden Ungerechtigkeit (Er war doch so jung!) und trottete hinunter.

Es waren vielleicht sieben Minuten vergangen. Sieben Minuten des gefräßigen Schweigens, bevor sich seine Mutter nach einem bestimmten Schmuckstück erkundigte...
 

„WAAAS?!“ Der Urschrei der Ungläubigkeit und Wut. „Duu $&“Q§$/(&%$!!!“
 

Als der Langhaarige nach einer halben Stunde schweren Schrittes in sein Zimmer zurückkehrte, war er nicht nur mit dem Essen, sondern auch mit den Nerven fertig. Seine Mutter hatte ihm ein Ultimatum gestellt – entweder er fand die Kette (am besten noch innerhalb der nächsten drei Sekunden) oder er suchte sich ein schönes, bequemes Plätzchen unter der Brücke...

Und sein Vater? Statt seinen verlorenen Sohn in den Arm zu nehmen und zu versprechen, dass er sogar das FBI auf den Kopf stellen wird, nur damit sein einziges geliebtes Kind wieder glücklich ist – nein, stattdessen lacht sein Vater Tränen!

Es lebe die ewig währende Unterstützung der Zeuger...
 

Hyde ließ sich auf sein Bett fallen und überlegte sich, ob er wohl ein paar Pfannen und Decken mit zu der Brücken nehmen durfte. Bis ihm etwas Interessantes auffiel.

Morgen war das Schulfestival. Halt. Warte. Das war jetzt zu schnell.

Morgen. War...OH, MEIN GOTT!!!

Wie eine Kugel schoß der Langhaarige aus dem Bett, lief zum Telefon, hämmerte die Nummer seines besten Freundes in die Tasten.
 

„J-?“
 

„Tetsu! Morgen ist das Schulfestival! Morgen schon! Ich hab es ganz vergessen, ich wollte doch morgen singen!“
 

„Ja, dir auch auch ein herzliches Hallo, Haido-chan.“
 

„Von mir aus, aber was sollen wir machen?“ Hyde klopfte ungeduldig gegen die Tischplatte. Oder versuchte es zumindest, dann seine halbverheilten Knöchelchen quittierten dieses leichtsinnige Vorhaben mit einem schmerzhaften Aufschrei.
 

„Was meinst du denn damit? Ich denke, der Direktor hat dir verboten zu singen...?“ Ein etwas ratloser Braunhaariger am anderen Ende der Leitung.
 

„Aach! Ich werde mir schon etwas einfallen lassen! Ruf die Band zusammen, wir treffen uns in einer Stunde im Park.“
 

„A-?!“ Falls Tetsu tatsächlich vorgehabt hatte, irgendwelche Bedenken zu äußern, so hatte er nur die Möglichkeit diese einem recht bekannten, jedoch nicht sehr artikulationsfreudigen Gesprächspartner namens Tut-tuut-tut mitzuteilen. Er schüttelte grinsend den Kopf. Typisch Haido. Geniale Ideen auf den letzten Drücker. (Oder nur Ideen...)
 

Der Langhaarige kam zehn Minuten zu spät. Außer Atem, mit einem rot angelaufenen Gesicht und einem Packen zerknitterter Notenblätter in der Hand – das vollendete Bild eines verantwortungsbewussten Vocals. (Aber nichtsdestotrotz süß.)
 

„Also“, fing er an, sobald sich seine Atmung etwas stabilisiert und sein Herz aufgehört hatte, Überstunden zu schieben. „Wir werden morgen spielen.“

Seine Bandkollegen waren weniger überrascht, jedoch umso mehr ratlos.
 

„Und was willst du bezüglich des Direktors unternehmen?“, meldete sich Ken zu Wort.
 

„Ach, ich...“ Der Langhaarige verspürte nur wenig Notwendigkeit, sich ernsthaft mit dieser unwichtigen Fragestellung zu beschäftigen. „...ich hoffe einfach auf meinen guten Ruf und mein Glück!“
 

„Deinen Ruf?“ Der braunhaarige Bassist zeigte sich zu Recht skeptisch. Anscheinend war die Lösung dieses Dilemmas für die restlichen Bandmitglieder nicht so einleuchtend und einfach wie für Hyde.
 

„Dein Glück?“, echote Yuki.
 

„Ich weiß, dass es euch schwer fällt, so etwas zu glauben...Aber wollt ihr nun morgen spielen oder nicht?“ Der Langhaarige verengte herausfordernd die Augen. Egal, ob sie einwilligten oder nicht – er musste morgen singen! Es schien, als ob auch die anderen gespürt hatten, dass es absolut keinen Sinn machte, Hyde von seinem Vorhaben abzubringen. Ein synchron-resigniertes Aufseufzen ging durch die Runde.
 

„Einer für alle, alle für einen...“, murmelte Ken ergeben. „Nun, schieß los, was hast du dir überlegt?“
 

„Ähm...“ Wollte Ken jetzt wirklich eine konstruktive und einleuchtende Vorgehensweise geschildert haben? „Naja, ich dachte mir, dass wir einfach auf die Bühne gehen und...spielen.“ Das musste doch reichen, oder?
 

Tetsu brach in lautes Gelächter aus, steckte damit die anderen beiden Bandmitglieder an, während es an Hyde war, dümmlich aus der Wäsche zu schauen. War heute Lachpollenflug oder warum meinte die Welt um ihn herum sich in unkontrollierten Heiterkeitsausbrüchen ergehen zu müssen?
 

„Alles klar, ich bin einverstanden, Haido.“ Tetsu rieb sich den schmerzenden Bauch.
 

„Hm, angenommen, wir ignorieren das Verbot des Direktors und spielen morgen (/Was heißt hier ‚angenommen‘?/) – wo sollen wir dann üben? Und welche Lieder wollen wir nehmen? Ich meine, wenn wir uns schon Strafarbeiten einhandeln, dann soll unsere Performance es wenigstens Wert gewesen sein.“ Yuki, der große Nachdenker und Schwarzmaler. (Die perfekte Mischung aus ‚Schwarzseher‘ und ‚Teufel-an-die-Wand-Maler‘.)

Aber Recht hatte er. Leider. Ihre Halle und – noch wichtiger – ihre Instrumente befanden sich in einem Zustand, bei dem die Bezeichnung ‚funktionsfähig‘ einen Heulkrampf bekam und sich zu ertränken suchte.
 

Doch der Langhaarige war nicht gewillt aufzugeben. Es stellte sich allerdings die schüchterne Frage, wie dieser Mangel nun zu beheben war...In einem langwierigen Denkprozess vertieft, trat Hyde zurück, musterte herausfordernd den Nachmittagshimmel. Dieser schwieg. Dann schweifte sein Blick auf die Geschäftspromenade und fiel auf ein...oh.
 

Ein ungesundes Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Langhaarigen aus, als sich ein vorzüglicher Einfall dazu herabließ, das hirnliche Märtyrium Hydes vorerst zu beenden.
 

„Tet-chan, Yuki, Ken. Kommt mit. Ich weiß, wo wir üben können.“ Ohne die Antwort seiner veblüfften Kollegen abzuwarten, schritt der Langhaarige raus. Den restlichen Bandmitgliedern blieb nichts anderes übrig, als diesem heldenhaften (oder idiotischen, das sei dahingestellt) Beispiel zu folgen.
 

„Äh, Haido? Willst du uns nicht verraten, was genau du vorhast und wann genau wir kreischend weglaufen dürfen?“ Ken zeigte wieder einmal volles Vertrauen in die Fähigkeiten Hydes.
 

„Wieso habe ich nur das Gefühl, dass du nicht an mich glaubst, Ken?“ Eine leichte Dosierung des Sarkasmus-Pulvers, gemischt mit einem Tropfen Belustigung.
 

„Hm, tatsächlich? Aber viellelicht liegt es auch daran, dass du uns zu einem modern eingerichteten Badehaus – und das auch noch kostenlosen Eintritt anbot – geführt hast und wir da nicht reingelassen worden sind, weil es nur für Frauen war! Gütiger Himmel, Haido, wie hast du das nur übersehen können?! Und das schlimmste – DU durftest reingehen...ausgerechnet DU! (Man stelle sich bitte Ken mit Tränenbächen und hilflos erhobener, zitternder Faust vor – jedoch weiterhin brav hinter Hyde hertrottend) Der von Frauen absolut nichts versteht!“ ...daran erinnerte Ken sich IMMER NOCH?! Unglaublich...
 

Der Langhaarige vernahm ein schleifendes Geräusch hinter sich.

Ach so.

Es war nur Yuki, der Tetsu auf seiner Schulter schleppte, da letzterer vor Lachen ohnmächtig geworden war.
 

„Typisch Ken. Dass du immer noch sauer wegen dieses Vorfalls bist, will mir einfach nicht in den Kopf. Beim Baden will man seine Ruhe haben und nicht begafft werden.“ (Na, Yuki? Eifersüchtig?)

Ken verbreitete schweigend depressiv-aggressive Wellen.
 

„Aber was MIR nun wirklich nicht in den Kopf will“, der Braunhaarige kehrte langsam aber sicher zu den Lebenden zurück. „Wie zum Teufel hast du es geschafft, in dieses Badehaus reinzukommen und auch lebend wieder heraus?“ Misstrauische Blicke bohrten sich in den Rücken Hydes. Dieser zuckte non-chalant mit den Schultern.
 

„Och, sie fanden mich nur etwas flachbrüstig, ansonsten war’s ganz okay...“
 

Tetsu wurde abermals ohnmächtig.
 

„So, da sind wir.“ Hyde konnte sich ein selbstgefälliges Grinsen nicht verkneifen. Hach, er war ein kleines Genie! (Betonung liegt auf ‚klein‘...)
 

„Äh, Haido? Was genau sollen wir hier?“ Ken hatte ihm den Badehaus-Verrat immer noch nicht verziehen.
 

„Das, Ken-chan, ist ein Geschäft“, wurde bestätigend gegen den Türrahmen geklopft.
 

„Das, Haido-chan, sehe ich auch“, wurde der freche Vocal mit Blicken erwürgt. Dieser lachte in sich hinein. Ken konnte manchmal so erfrischend nachtragend sein!
 

„Haido, wärst du vielleicht so gnädig uns mitzuteilen, was genau wir in diesem hyperteuren Musikladen sollen. Nur für den Fall, dass es dir entschlüpft ist – wir könnten nicht einmal eine Gitarrensaite in diesem Geschäft kaufen.“ Der Braunhaarige schien auch nicht so ganz zu verstehen, worauf Hyde hinauswollte.

Aach, Schade, dabei hätte er das Spiel so gerne etwas weitergetrieben. Aber gut.
 

„Tet-chan, wer hat hier eigentlich etwas von kaufen gesagt?“, lächelte der Langhaairge seine Freunde an. „Wir sind doch potentielle Kunden, oder?“ Kollektives Nicken. „Na also. Und um die Entscheidung zu erleichtern, müssen wir doch die Instrumente ausprobieren, oder?“ Kollektives semi-zustimmendes Kopfkratzen. „Na also. Und wir sollten diese Instrumente sehr gründlich testen und was macht es für einen Unterschied, was genau wir spielen? Dann schaffen wir auch noch eine hübsche Atmosphäre im Laden...“ Kollektives Groschenfallen.
 

„...Wow...“, äußerte der Braunhaarige die Gedanken der anderen.
 

„Aber meinst du, der Betreiber wird uns das erlauben?“ Yuki zeigte zum wiederholten Male seine bedächtige Seite.
 

„Naja, wir können es nur probieren, oder?“, lächelte der Langhaarige. „Den Kopf abbeißen wird er uns schon nicht...(hoffentlich).“

Nach einem kollektiven Luftholen betraten die Vier ihre neue Übungseinrichtung.
 

Es war unnatürlich. Es war entgegen der hyd’schen Gesetze der Pechvogelhaftigkeit. Es machte Angst. Und unglaublich war es noch dazu. Sie wurden nämlich NICHT (entgegen aller Erwartungen) nach den ersten fünf Minuten ihres Aufenthalts aus dem Laden geschmissen. (Nein, und auch nicht nach einer Viertelstunde.)
 

Der Langhaarige war überwältigt. Von der Auswahl, Form, Farbe, dem Klang. Wie im Traum durchwandelte er die Regale, sich in jedes Instrument verliebend. Er wusste, dass es den anderen nicht viel anders erging – wenn ein zur Salzsäule vor den Drums erstarrter Yuki oder ein selbstvergessen den Hals einer Gitarre streichelnder Ken ein Beweis waren.

Es juckte Hyde in den Fingern – zu nehmen, stimmen, spielen. Haa, es kam ihm vor, als wäre mindestens eine Ewigkeit vergangen, seit er das letzte Mal eine Gitarre in den Händen gehalten hatte.
 

„Kann ich irgendwie behilflich sein?“ Der Langhaarige zuckte zusammen. Wo kam der denn jetzt plötzlich her? Ouh, verdammt, er hatte gar keine Zeit gehabt, seine herz- und steinerweichende Bitte (mit hilflosem Schulmädchenaugenaufschlag und Ich-werde-sterben-und-nur-Sie-können-mir-helfen-wenn-überhaupt-Dackelblick gratis dazu) vorzubereiten!
 

„Ich...äh...also...die Sache ist die...“ Irgendwie kam sich der Langhaarige idiotisch vor. Er konnte jedoch beim besten Willen nicht sagen, woran das lag. (Schon über die Anschaffung des Handbuches „wie formuliere ich ganze Sätze, wenn mich jemand beim Klauen von Musikinstrumenten erwischt hat“ nachgedacht, Haido?)
 

Der Verkäufer hatte engelsgleiche Geduld. Freundlich und offen lächelnd wartete er ab, bis das Hirn des Langhaarigen endlich vernünftig zu arbeiten anfing. (Hyde hätte diesem Schmalzgesicht am liebsten eine reingehauen.)

Hoomm...schütteldieMordgedankenabundwerderuuhiiig...hoomm...Es half zwar nicht gegen die Mordgedanken (bei Gott, der Kerl war ihm einfach nicht geheuer!), aber wenigstens normalisierte sich seine Atmung.
 

„Also, ich wollte Sie fragen, ob meine Freunde und ich ein paar der Instrumente ausprobieren und ein paar Lieder spielen könnten?“ Nervös wurde am Saum des Rockes gefingert.
 

„Ein paar Lieder, sagst du?“ W-was hatte dieser Kerl jetzt plötzlich? Er wirkte noch freundlich-bedrohlicher als zuvor. Oder war das bei dem normal? Irgendwie konnte der Langhaarige nur schwer den Wunsch unterdrücken, gleich, sofort, in diesem Moment alles stehen und liegen zu lassen, um dann in sein Bettchen zu flüchten und sich die Decke über den Kopf zu ziehen. Aus unerklärlichen Gründen wirkte der Mann einfach nicht wie ein gewöhnlicher Verkäufer...
 

„Äh, ja. Unsere selbst komponierten Lieder, wissen Sie. Wir sind eine Schulband und halten Ausschau nach neuen Instrumenten...“ Hilfe! Der Mann war gruselig. Dieser Blick...als wäre er, Hyde, ein Zuchtschaf, das dem König der Wölfe als Hauptgericht vorgeführt wurde…
 

„Ah ja, ich verstehe...gut, dann folgen Sie mir bitte...“ Das Lächeln, das das Gesicht des Mannes zierte, ließ die Nackenhaare Hydes zu Berge stehen. Da kriegt man noch ein Trauma! Doch alle Schutzinstinkte des Langhaarigen schalteten ihre Überfunktion ab, als er von dem Pseudo-Verkäufer in ein großes Musikzimmer, ausgestattet mit allem, was das Musikerherz begehrte, geführt wurde.
 

„So, hier bitte. Sie können hier ungestört alles ausprobieren, was Ihnen gefällt.“
 

„Vielen Dank!“ Das Herz klopfte Hyde bis zum Hals. Wow.
 

„Das macht dann (kurze bedeutungsschwangere Pause) 100.000 Yen pro Stunde.“ Unverbindlich-offenes Salesmanlächeln an dieser Stelle.
 

„WAAS?!“ Hyde hatte Mühe, seine Kinnlade davon abzuhalten, eine Spontanreise in den Süden zu unternehmen.
 

Ganz plötzlich packte den Langhaarigen die Wut. Der Typ machte sich über ihn lustig!
 

„Für so viel Geld könnte ich mir ein eigenes Studio und einen Produzenten leisten. Ich glaube kaum, dass Ihre Einrichtung auch nur ein zehntel davon wettmacht. Guten Tag.“ Damit drehte sich Hyde um, um stolz erhobenen Kopfes aus dem Laden zu marschieren. (Aber vorher noch die schlafwandelnden Bandmitglieder einsammeln, nicht vergessen.) Er würde es nicht zulassen, dass dieser freche Widerling ihn verarschte! Pff.
 

Eine Hand ergriff seine Schulter, drehte ihn um. Ein paar wachsame schwarze Augen musterten ihn ausgiebig von oben bis unten.
 

„Hmm...nicht schlecht. Ja, durchaus nicht schlecht...“, wurde leise vor sich hingemurmelt.
 

„Dürfte ich fragen, was das Ganze wird, wenn’s fertig ist?“ Langsam aber sicher ging der Kerl dem Langhaarigen auf den Sack.

Plötzlich lachte dieser auf (nein, nicht der Sack – der Verkäufer), schubste Hyde in das Zimmer zurück.
 

„Kein Grund zur Sorge! Lassen Sie mal Ihr Stimmchen hören, Goldkehlchen!“, wurde zuckersüß geflötet, bevor der Verkäufer (Hyde würde eher einen Besen fressen – bei solchen Verkäufern wäre der Laden schon längst Bankrott!) dem Langhaarigen einen Handkuss zuwarf und verschwand. Hyde unterdrückte den brennenden Reiz, die Stradivari an der Hohlbirne dieses Widerlings in kleinste Stücke zu hauen. Argh! Wieso musste ausgerechnet er auf solche Idioten treffen?
 

Kurze Zeit später stießen auch die restlichen Schäfchen zu ihrem – mittlerweile etwas abgekühlten – Vocal. Dieser holte tief Luft. Sie hatten ein Zimmer zum Üben und das war schon mehr als der Langhaarige erhofft hatte.
 

„Nun denn!“, lächelte er in die Runde. „Lasst uns anfangen, okay?“
 

Ein paaar Stunden später verließ ein heiserer, müder Hyde mit gemischten Gefühlen das Musikgeschäft. Wieso überraschte es ihn nicht, dass die anderen nicht von dem traumatisierenden Benehmen des Ich-weiß-nicht-was-aber-bestimmt-keinen-Verkäufers mitbekommen...Und dennoch, er hatte endlich wieder singen und spielen dürfen. Hyde wusste gar nicht, wie sehr er das vermisst hatte.
 

***
 

Ich kann es einfach nicht glauben! Nein, ich GLAUBE es nicht! Es kann doch alles nicht wahr sein! Graaahhh! Gott, ich wünschte, SEIN Kopf würde genauso laut zerbrechen wie dieses Glas!

In tausend Stücke zerbrechen, damit niemand ihn mehr zusammensetzten kann, zusammenpuzzeln wie den zerbrochenen Eisspiegel der Königin. Arh, ich hasse ihn! HASSE, HASSE, HASSE ihn! Rraaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhhh!
 

Nein. Nein! So einfach wird es nicht. Nein! Das lasse ich nicht zu! Wie konntest du nur? Wie...wie...ich liebe dich doch so sehr! Bitte...

Nein. Es ist zu spät. Selbst wenn du jetzt vor mir auf die Knie fällst, es wird nichts helfen.
 

Aber...zerbrechen...in tausend winzige Stücke...thihihihihihihi! Zerbrich! Hihihihihi! Zerbrich, zerspring, nichts wird mich aufhalten! Oh, aber diese Kette nehme ich mir, mein Liebling. Keine Sorge, ich werde sehr gut auf sie aufpassen...hihihihihihihihihi!
 

TBC
 

A/N. Oh, mein Gott. Ich penn gleich weg. Ich kann kaum noch meine Augen offen halten. Oh, ist ja auch schon Viertel fünf am Morgen...#seufz#

Sodele, wir nähern uns dem...naja...‘Höhepunkt‘ will ich nicht sagen, das würde ja implizieren, dass alles, was jetzt kommt, besser sein muss als das, was vorher war. Und das kann ich nicht garantieren. Eher das Gegenteil. Aber wir nähern uns. ;D

Ach ja, falls ihr eine vermehrte Fehleraktivität bemerken solltet – mein hypernagelneues MS Word ist auf Englisch...#wein# Ergo, der kann keine Fehler im deutschen Text erkennen.
 

Ach ja. Zum 34. Male die gleiche Bitte. Ihr schreibt mir doch was, oder? (Wieso muss eigentlich immer ich die ganze Schreibarbeit machen, huh? XD)

Ein etwas anderer Auftritt

A Highschool Story
 

Kapitel #35
 

Der Morgen des Schulfestes traf einen panischen Langhaarigen bei der superben Darstellung eines aufgescheuchten Huhns auf Extasy.
 

„Verdammte Mistscheiße! Wo sind die Noten?! Mama! MAMA! Hast du meine Notenblätter gesehen?! Ich kann sie nicht mehr finden! Mama!“ Ein kleiner braunhaariger Wirbelsturm der Windstärke acht wütete unbarmherzig durch den Takarai-Haushalt.
 

„Verdammt, ich werde zu spät kommen! MAMA, Herrgott nochmal! Hast du sie gesehen oder nicht?“ Ein Zusammenkrachen mit der elterlichen Schlafzimmertür hinterließ einen bemitleidenswerten Haufen Kleinholz. „Könntest du dich BITTE für einen Augenblick von deinem umwerfenden Spiegelbild losreißen und mir endlich sagen, ob du diese beschissenen Noten gesehen hast oder nicht!“

Langsam drehte Nadeshiko Takarai ihren Kopf von ihrem Schminktisch weg. Ihren etwas aufgeregten Sohn (in diesem Fall bitte einen wütenden Stier vorstellen, der Anstoß an der Farbe Rot genommen hat und mehr als nur bereit ist, alles auf seinem Wege zu zermalmen) vollkommen ignorierend, schaute der Matriarch nachdenklich auf die Überreste der Tür.
 

„Graaah! MAAAMAAA!“ Der Stier- äh, Sohn versuchte sanft, ihre viel umkämpfte Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „Die Noten, Mama, DIE NOTEN!!!“ Hydes Versuche wurden prompt belohnt. Mit einer (Neid erregend) gut gezielten Puderdose mitten auf dem Gesicht. (Der Langhaarige fand noch einen Moment Gott zu danken, dass seine Mutter keine Parfümflasche zur Hand gehabt hatte...)
 

„Aua! Behandelt man etwa so seine Kinder?!“ Verdrossen wurde die schmerzende Stelle gerieben.
 

„Reg dich ab. Du wirst schon nicht zu spät kommen. Und wenn doch, dann wäre es sowieso nichts Neues. In deinem Zimmer, linke Schreibtischschublade.“
 

„Hättest du mir das nicht früher sagen können?“ Unmutiges Murmeln in den nicht vorhandenen Bart.
 

„Hyde!“ Der Langhaarige zuckte zusammen, hob instinktiv die Hände, um sein Gesicht vor weiteren kosmetischen Wurfgeschossen zu schützen. Doch seine Mutter lächelte lediglich wohlwollend. (Man hätte es beinahe als unschuldig bezeichnen können, wäre da nicht dieses sadistische Glitzern in ihren Augen.)
 

„Die Puderdose, bitte.“ Begleitet von einer fordernd ausgestreckten Hand, keine Widersprüche duldend. „Ach ja, die Tür wird dir selbstverständlich von deinem Taschengeld abgezogen.“ Immer noch das wohlwollende Lächeln.

Der Langhaarige weinte still in sich hinein. (Klarer Fall von adding insult to injury.) Mit eingekniffenem Schwanz und gebrochen-verbittertem Herzen beschloss er felsenfest, seine grausame Mutter nie wieder nach etwas zu fragen.
 

Fünf Minuten später.
 

„MAAAMAAAA! Hast du mein Kleid gesehen?! Gott, so ein Dreck!“
 

Am Ende verließ ein um einige Millionen Yen Taschengeld erleichterter Langhaariger mit schief sitzenden Kleidern, verwuschelter Frisur und zerknickten Notenblättern im Laufschritt das Haus. (Einige Kilometer Abstand hinter sich gebracht, drehte er sich um und flüsterte ein verärgertes „irgendwann werde ich dich beim Jugendamt anzeigen!“ Der Lippenstift verfehlte ihn nur knapp...)

Die anderen erwarteten ihn bereits beim Haupteingang. Seine Verspätung war wirklich nichts Neues mehr. (Verdammt, musste seine Mutter IMMER Recht haben?!)

Schwer atmend stützte der Langhaarige seine Hände an den Knien ab, ließ ein paar Erholungssekunden verstreichen, bevor er zu einer Entschuldigung ansetzte.
 

„Schon gut“, winkte Tetsu ab. „Los, lasst uns lieber reingehen und schauen, wie wir unseren unplanmäßigen Auftritt reibungslos über die Bühne bringen.“ Damit drehte sich der Braunhaarige um und bahnte sich seinen Weg ins Gebäude. Etwas kleiner und somit leicht zu übersehen, hatte Hyde seine gute Mühe, dem Bandleader zu folgen. Überall wuselten Schüler, Lehrer, Eltern von einem Raum in den nächsten, staunend, lachend, gackernd.

Insgeheim klopfte der Langhaarige dem zuständigen Schülerkomitee auf die Schulter. Professionelle Aufmachung, alles Vertretbare an Spiel und Unterhaltung. Wieso konnte es nicht jeden Tag so sein?

Ein besonders nachdrücklicher Rempler veranlasste Hyde zu der Annahme, dass mitten-im-Gang-Herumstehen-und-Deko-Anglotzen in keinerlei Hinsicht eine berauschende Idee war. Er beeilte sich, seine Bandmitglieder einzuholen.

Endstation: Turnhalle. Der Langhaarige wusste nicht so genau, wie viele Gottheiten nötig waren, um ihn durch diesen Teufelskessel zu bugsieren, auf jeden Fall nahm er sich vor, ein paar Münzen einem Schrein zu spenden und ein aufrichtiges Dankesgebet an seine Gönner zu richten.
 

Mit der zitternden Hand des knapp-dem-Erstickungstode-Entronnenen versuchte Hyde seine Haare dazu zu überreden, sich wieder so hinzulegen, wie es sich für normale Haare gehört – nämlich brav um seinen Kopf herum und nicht in alle Himmelsrichtungen. (Unnötig zu erwähnen, dass Hydes Haare sich genauso stur zeigten wie ihr Besitzer.)
 

Doch binnen Sekundenschnelle verschwand Hydes Interesse an seinen Haaren, seinen Kleidern, seiner Umwelt als er der kristallklaren blauen Augen gewahr wurde, die ihn durchdringend anstarrten, jede seiner Bewegungen verfolgend. Alles verlor an Bedeutung, als Hyde von diesem Blick angezogen wurde, durch die eisige Oberfläche, in den Wirbelsturm der Emotionen, der sich darunter verbarg.

Herausforderung. Aber auch...Sorge? Unsicherheit? Er konnte es nicht genau sagen, denn alles wurde von einem Feuer überdeckt, so intensiv, er konnte es nicht deuten...Doch, er wusste es ganz genau...Nein! Er irrte sich ganz bestimmt...Nein. Er DURFTE es nicht hoffen, nicht...Gott, warum schaute der Blonde ihn so an?! Er soll damit aufhören, das...war doch nicht fair! Der Langhaarige wollte zu ihm gehen, er wollte ihn umarmen, ihn küssen, er war doch auch...Diese Augen würden ihn noch bis an sein Lebensende verfolgen...!
 

„Hyde!“ Der Angesprochene zuckte erschrocken zusammen, wandte sich dem Lebensmüden zu, um seine (noch gut versteckte, aber wer weiß wie lange noch) Mordlust an dem Beknackten auszulassen, der es gewagt hatte, diesen Moment zu stören! „Wo treibst du dich denn herum? Denkst du etwa, die Arbeit erledigt sich von allein?“ Den aufgebrachten Tetsu ignorierend, drehte der Langhaarige seinen Kopf, um erneut in diesen süchtig-machenden Augen zu versinken, doch der Blonde war nirgendwo zu sehen. Resigniert schüttelte Hyde den Kopf.
 

Was war das gerade gewesen? Er war nicht wirklich im Begriff gewesen, Gackt um den Hals zu fallen und für den Rest des Lebens sein williger Sklave zu sein, nur damit dieser ja nicht aufhörte, ihn mit Blicken zu erdolchen?! Hatte er es etwa SO nötig? Hyde sah auf sich herunter. Yep. Er hatte es tatsächlich so nötig. So ‘ne verfluchte Kacke aber auch. Er seufzte erneut. Irgendwas roch hier prächtig verdächtig.

Aber fuck hoch drei noch mal! Der Blonde hatte ihn endlich eines verfickten Blickes gewürdigt! Eine Frechheit war es trotzdem. Wie sollte er sich jetzt in Dreiteufelsnamen auf das Singen konzentrieren, wenn ein gewisser Gackt in einer gewissen Turnhalle ihn SO angesehen hatte, hä?! (Bis ein gewisser Tetsu dazu gekommen war und alles vermasselt hatte, aber um den würde sich Hyde später kümmern.)
 

„Hyde? Hallo, Erde an Hyde! Ist noch in diesem Jahrhundert mit Ihrer geistigen Anwesenheit zu rechnen?“ Ein etwas irritierter Braunhaariger, wie Hyde feststellte. Was letzteren überhaupt nicht daran hinderte, verträumt Löcher in die Stelle zu starren, wo gerade noch diese verzaubernden, wunderschönen, blauen- Hallo, Hiiirn!!! Es war doch nur ein gottverfluchter Blick! Wer würde schon wegen eines unbedeutenden Blickes so ausflippen? (Ob es klug war, diese Frage zu stellen?)
 

Es war beinah schon gruselig, wie viel Macht der Blonde über Hyde mittlerweile hatte. Der Streit und die folgende (jahrelange, zumindest kam es dem Langhaarigen so vor) Gackt-Abstinenz stampften Hydes rationales Denken erfolgreich zu Brei. Oh, Mann. Jetzt benahm er sich schon wie eins von diesen Fangirlies! Peinlich. Blöd nur, dass es ihm überhaupt nichts ausmachte.
 

„Argh, Hyde! Hast du Gackt in der Menge entdeckt, oder was?!“ Eindeutig aufgebrachter Tetsu.
 

„W-was?“ Die verquere, aber dennoch in morbider Weise wohlklingende Silbenzusammensetzung ‚Gackt‘ hatte immer einen unfreiwilligen Effekt auf die Wahrnehmung bestimmter Hydes. Der Braunhaarige schüttelte in mutloser Der-wird-es-nie-lernen-Manier den Kopf.
 

„Oh, Mann. Auch wieder da?“ Nur nicht zu sarkastisch werden, mein Lieber. „Na, jetzt komm endlich. Wir haben noch einen Überfall auf die Bühne zu planen!“ Damit wurde der Langhaarige energisch weggeschleppt. Es war nicht ganz so einfach, wie Hyde es sich vorgestellt hatte, aber auch nicht unmöglich.
 

„Okay, die Sache sieht folgendermaßen aus. Wir haben keine Instrumente. Wir haben keinerlei Tapes mit Aufzeichnungen, background music müssen wir wohl vergessen. Ach ja und der Sound ist auch nicht gerade der beste. Haido, du musst aufpassen, dass deine Stimme bei den Rocksongs nicht untergeht.“ Mit diesem nüchternen (okay, vergesst das ‚nicht unmöglich‘) Beitrag eröffnete der Bandleader den Kriegsrat von L’Arc-en-Ciel.
 

„Ist schon in Ordnung“, winkte der Umsorgte lässig ab. „Brüllen kann ich mit Abstand sehr gut. Nur Musik zu der berauschenden Darbietung meiner Stimmbänder wäre auch nicht schlecht, oder?“
 

„Hmm...und die Band vor uns einfach von der Bühne schubsen und dann als Überraschungsact einfach deren Platz einzunehmen ist wohl auch keine gute Idee, oder?“, steuerte nach langem Überlegen Ken bei.
 

„Och, wieso nicht? Wenn die Band grottig ist, hat sie es nicht anders verdient.“ Drei erstaunt-geweitete Augenpaare richteten sich auf den Langhaarigen. „Was? Ich kann schlechte Mucke nun einmal schlecht vertragen, das wisst ihr doch. Und unsere Songs sind doch bisher immer gut angekommen, oder?“ Kollektives Nicken. „Und wer sind wir denn, dass wir unsere Fans einer tollen Vorstellung berauben wollen?“ Der Langhaarige zeigte ein raubtierhaftes Grinsen.
 

„So, jetzt erklär mal den ganz hinteren Reihen“, meldete sich Yukihiro zu Wort, „was genau hast du nun vor?“
 

„Oh, ganz einfach! Auf die Bühne gehen und singen!“
 

KABONK! (Man stelle sich eine leichte Staubwolke und drei Paar zuckende Füße vor.)
 

„Wunderbare Idee, Haido, warum sind wir bloß nicht früher darauf gekommen...!“, gab Tetsu deutlich zu verstehen, was er davon hielt.

Doch der Langhaarige ließ sich nicht beirren.
 

„Hast du eine bessere? Sollen die anderen doch einen erfrischendes Bad in der Menge nehmen, ist doch auch was Schönes.“
 

„Super, sie werden uns für den Rest ihres Lebens dankbar sein.“
 

„Tet-chan, was zur Hölle ist eigentlich mit dir los?“ Hyde hatte absolut keine Lust, sich seine (mehr oder weniger) gute Laune von einem stinkigen Bandleader vermiesen zu lassen. „Wenn du nicht auftreten willst, dann lass es. Ich werde mich hüten, dich zu irgendwas zu zwingen.“
 

„Aaach...“, ließ der Braunhaarige die Schultern hängen. „Wenn ich mir vorstelle, für wen du das alles machst...Ich wünschte nur-“
 

„Fang nicht damit an, bitte. Willst du es mir zum Vorwurf machen, dass ich nicht-“ Der Langhaarige unterbrach sich. Schüttelte den Kopf, als er die fragenden Blicke Kens und Yukis auf sich spürte.

Hyde fühlte sich auf einmal schlecht. Er hatte schon längst vergessen (oder verdrängt?), dass der Braunhaarige scheinbar Gefühle für ihn hegte, die über Freundschaft hinausgingen.

Das konnte doch nicht wahr sein, warum musste Tetsu denn ausgerechnet jetzt damit anfangen?!
 

„Und außerdem, du hast mir doch ständig die Ohren vollgenölt, wie wichtig es für uns ist, hier aufzutreten! Und jetzt sieht es so aus, als wäre ich ein kleines egoistisches Schwein, das seine Band in den Ruin treibt, nur um irgendwelche unlauteren Ziele zu verwirklichen! So viel Vertrauen haut mich echt aus den Latschen, Tetsu!“ Der Langhaarige wurde immer wütender. Vielen Dank, bester Freund, was soll der Scheiß?!

Auch der Bandleader musste wohl bemerkt haben, dass er etwas zu weit gegangen war.
 

„Nein! Es tut mir Leid. Du bist kein ‚kleines egoistisches Schwein‘, du bist nur ‚klein‘.“ Falls Tetsu es endgültig mit dem Langhaarigen verscherzen wollte, so trug er einen berauschenden Sieg davon. Hyde sah mörderisch aus. (Haidozilla, ein sehr seltenes Hydiemon, nur in Momenten extremer Rage anzutreffen. Typus: Virus. Attacke: Isch-mach-disch-fäddisch-Blick.) Ken und Yuki entfernten sich sachte aus der Gefahrenzone. (Es wäre lebensverkürzend, sollte der Langhaarige ihr Lachen mitbekommen.)
 

„Ich hab’s nicht so gemeint, wirklich! Bitte verzeih mir!“ Personifizierte Verzweiflung mit Kicherfältchen.
 

„Auf die Knie.“

Theatralisch fiel Tetsu auf ein Knie, streckte beide Hände nach Hyde aus, der ganz und gar nicht gnädig den Braunhaarigen mit dem oben beschriebenen Blick traktierte.
 

„Meine Königin! Ewig soll das Feuer der Hölle mich für dieses Vergehen in seinen Klauen halten! Ich, Nichtswürdiger habe die höchste Strafe verdient!“, wurde mit voller Inbrunst (und mit entsprechender Lautstärke) rezitiert.
 

„Ach ja?!“ Hydie hatte seine liebe Mühe, seine Mundwinkel unter Kontrolle zu halten. „Wer ist hier die Königin?! Und warum grinst du so bescheuert?“
 

„Oh. Äh...ähm...Grinsen oder nicht Grinsen – das ist hier die Frage!“ Der Braunhaarige gab sich wirklich Mühe.
 

„Hmpf. Steh schon auf.“ Ein strahlender Tetsu hüpfte auf die Beine. „Wir haben ohnehin nicht mehr viel Zeit. Wo sind eigentlich Ken und Yuki?“ Ratlos ließ der (mittlerweile etwas besänftigte) Langhaarige seinen Blick über die Menge schweifen.
 

„Die beiden kringeln sich vor Lachen auf dem Boden.“
 

„Ach so.“
 

„Haido? Es tut mir wirklich sehr Leid. Ich wollte dir keineswegs einen Vorwurf machen, ich hätte wahrscheinlich an deiner Stelle das gleiche für meine Liebe getan...“ Das und noch viel mehr, nur leider...
 

„Schon gut, vergiss es einfach.“ Wenn es doch nur so einfach wäre. Was war das eben? Zum wie vielten Male stellte sich Hyde diese Frage? Hatte er etwas verpasst? Ohne es zu merken 45 Jahre in ein Koma gefallen und ohne es zu merken wieder aufgewacht? Spielte denn hier ein jeder verrückt?! Nahm Tetsu es ihm übel, dass der Langhaarige für Gackt singen wollte? Aber was konnte Hyde für seine Gefühle? Arh, nein, schon die kleinste Verbiegung der Hirnwindungen in diese Richtung verursachte Kopfschmerzen. Es war viel zu kompliziert, zu einem hartnäckigen Knäuel verworren, der schwer in Hydes Magen lag.
 

„Warum tust du dir das an, Tet-chan?“, entschlüpfte es unwillkürlich dem Langhaarigen. „Warum tust du dir mich an?“ Er erntete einen seltsamen Blick von dem Braunhaarigen.
 

„Na, ganz einfach!“ Tetsu zwickte ihn in die Wange (ganz so, wie es Omas mit ihren Enkeln tun, kurz bevor sie auf mysteriöse Weise abnippeln). „Weil du so süüüüß bist!“

Der Langhaarige brauchte ein paar Schrecksekunden, um zu realisieren, welch einen Frevel sein angeblich bester Freund da an seinem Gesicht begangen hatte. Etwas verspätet brachte Hyde ein paar Lichtjahre Abstand zu dem Verbrecher, rieb sich die malträtierte Stelle, blutige Rache schwörend.
 

„Bei dir hackt’s wohl? Was soll der Kack?!“ Ein Schwarm von Todesblicken Richtung des feiernden Braunhaarigen. (Haidozilla back in full motion.)
 

„Tet-chan?“
 

„Ja?“
 

„Wo sind eigentlich Ken und Yuki?“
 

„Ähm, sie liegen auf dem Boden, ohnmächtig nach einem heftigen Lachanfall?“
 

„Das tun sie nicht.“
 

„Nicht?“
 

„Nein.“
 

„Oh.“

Bevor der Suchtrupp nach den Verschollenen losgeschickt werden konnte, dröhnte impressives Geschrammel und Gefiepe von der (nicht gerade mit Stabilität protzenden) Bühne. Ein kleines Mädchen stand nervös zitternd im Lichtkegel, einen Zettel in der verschwitzten Hand knetend. Nach einem tiefen Luftholen stammelte sie mit fiepsiger Stimme eine Dankesrede nach alle Teilnehmer, Zuschauer, Zuhörer, Schüler, Lehrer, Eltern, Hyde schaltete ab.

Die Realität klopfte an sein Hintertürchen (und erhaschte sogar eine Unze seine Aufmerksamkeit), als die Liste der partizipierenden Bands und Solisten vorgelesen wurde. Wie erwartet wurden sie herausgestrichen, doch weit weniger erwartet war die Reaktion des Publikums auf diese Tatsache.
 

„Hey!“, hörte der Langhaarige ein Gebrüll von hinten. „Was ist mit P’Unk-en-Ciel?“
 

„Warum treten sie nicht auf?!“ Aufgebrachte Stimmen ganz in der Nähe der Bühne.
 

„Da muss ein Fehler vorliegen, los, schau noch mal nach!“, erklang es ganz in Hydes Nähe.
 

Die Ansagerin fing noch heftiger an zu zittern (falls es denn überhaupt möglich war), fand jedoch nach einigen Minuten die Geistesgegenwart den Kopf zu schütteln und zu fiepsen, dass die Band aus dem Contest ausgeschlossen wurde.
 

„Na, so ein Dreck! Wenn sie nicht spielen, dann verplempere ich hier doch nur meine Zeit!“
 

„Genau, los, gehen wir!“
 

Der Langhaarige traute seinen Augen und Ohren nicht. Was pass- Nein, er würde diese Frage nicht schon wieder stellen! (Es gab ja doch niemanden, der sie ihm beantworten könnte.) Aber nie und nimmer hätte er gedacht, dass sie so bekannt waren. (Hyde hätte es auch vollkommen gereicht, wenn sich ein paar Schüler an den Bandnamen erinnern konnten...) Auch Tetsu schien weit davon entfernt zu begreifen, was sich in diesem Moment abspielte (was ihn jedoch nicht davon abhielt, ein Himmelhochjauchzend-Grinsen aus seinem vielseitigen Repertoire herauszukramen).
 

„Unglaublich...Nun gut. Planänderung, Tet-chan! Verschieben wir unseren Überfall aufs nächste Mal, lass uns lieber die frohe Neuigkeit kundtun, dass P’Unk-, nein L’Arc-en-Ciel noch nicht ganz in der Versenkung verschwunden sind! Bevor die Hälfte des Publikums sich einfach aus dem Staub macht...“ Damit wandte sich der Langhaarige zum Gehen.
 

„Oh Mann, hättest du auch im Ansatz-?“ Der Bandleader war immer noch starr-verblüfft.
 

„Nein“, wurde er kopfschüttelnd unterbrochen. „Im Leben nicht.“ Bevor sie jedoch ihre wir-müssen-unsere-Zuschauer-retten-(weil-wir-keinen-Bock-haben-den-Turngeräten-was-vorzusingen)-Mission wieder aufnehmen konnten, tauchte Ken auf der Bühne auf. Mit einem charmanten Lächeln erstickte er jeden Protest der Ansagerin im Keim und nahm ihr (mit dem gleichen charmanten Lächeln) das Mikro ab.
 

„Hey, Leute! Ich bin Ken von P’Unk-en-Ciel!“, wurde fröhlich in die Menge gewunken. Die Halle füllte sich zusehends.
 

„Ich habe zwei Nachrichten für euch. Eine gute und eine schlechte. Welche wollt ihr zuerst hören?“ Undefinierbares Grölen aus dem Publikum.
 

„Die schlechte?“ Ken verstand sich anscheinend superb aufs Lippenlesen. „Also gut. Die hübsche junge Dame hier (Wann hatte er es geschafft, einen Arm um sie zu legen?!) hatte vollkommen Recht. P’Unk-en-Ciel werden heute nicht auftreten!“ Protestgeheul und Beschwerderufe. (Ken, du hast deine Berufung verfehlt – du hättest Toast-Ansager werden sollen...Was ein Dummschwätzer.)
 

„He, nicht gleich abhauen! Zumal es sehr unfair den anderen Teilnehmern gegenüber ist. (Bitte? Okay, jetzt reicht’s. Wer bist du und was hast du mit Ken gemacht?) Außerdem gibt es noch die gute Nachricht.“ Die tobende Menge beruhigte sich langsam.
 

„Haido-san, Tetsu-san? Darf ich bitten?“ Begleitet von einem höflichen Knicks. Die Angesprochenen sahen sich etwas ratlos an, setzten sich jedoch brav in Bewegung. Zusammen mit Yuki (der sich schon bei der Bühne befand) traten sie zu ihrem Gitarristen.
 

„JAAAAAAAAHHHHHHHH!“ Geschrei, Gejohle und Getrampel. Der Langhaarige starrte ungläubig auf die wildgewordenen Schüler. Hatte sich diesmal jemand erdreistet und Drogen hereingeschmuggelt?

„Anstelle von P’Unk wird eine neue Band auftreten!“ Ken steigerte sich immer weiter in seine Rolle hinein. „Darf ich vorstellen? Tetsu-san, unser Bandleader und Bassist, Yukihiro-san, unser Drummer, Haido-san, der neue Vocalist und ich, seit neuestem Gitarrist. Wir nennen uns L’Arc-en-Ciel.“

Bildete es sich der Langhaarige nur ein oder war es tatsächlich viel lauter geworden?
 

„Mann, sag doch gleich, dass ihr euch umbenannt habt!“ Gespielte Empörung aus den hinteren Reihen. Begleitet von Gelächter und sinnfreien Satzfetzen. Ganz leise, doch immer schneller immer lauter werdend, konnte Hyde ein „Singen, Singen, Singen!“ ausmachen. Ein unschlüssiger Blick zu Tetsu. Dieser nickte lächelnd und sogleich wurden die bereitgestellten Instrumente unverschämt in Beschlag genommen.
 

„Hey, Hyde!“, war des Langhaarigen einziger Warnruf, als plötzlich ein Mikro auf ihn zugesaust kam. Kaum das Sängerutensil in den Händen, breitete sich ein Grinsen auf Hydes Gesicht aus. Endlich! Aufregung und Vorfreude ließen sein Blut rauschen, er fühlte pure Euphorie in sich aufsteigen, er war unbesiegbar! (...Und wie es aussieht auch größenwahnsinnig...)

Das Dröhnen der Zuschauer drang durch ihn hindurch, was für ein Gefühl! Hyde ließ seinen Blick über die Menge schweifen, er wollte noch lauter hören, noch lauter!
 

Und dann entdeckte er ihn. Sie krallten sich regelrecht mit Blicken aneinander. Ein Machtkampf der besonderen Art, niemand wollte nachstehen, es galt den Gegner in den Boden zu stampfen.

Scheiße verdammte, er wollte zu dem Blonden!

Doch es war nicht die Sehnsucht des Wärme und Zärtlichkeit Vermissenden, sondern der Hunger des Jägers, der zu lange auf der Lauer gelegen hatte.
 

„Du gehörst mir.“ Lautloses Flüstern, kaum merkbare Bewegung der Lippen. „Mir.“
 

Der Blonde verzog spöttisch-herausfordernd seinen Mund.
 

TBC
 

A/N: Huwah. Bin wieder da. Und wage ganz frech drauf hinzuweisen, dass dieses Kapitel wohl das längste ist, das ich bis jetzt geschrieben habe.

Eigentlich wollte ich das nicht so in die Länge ziehen (ich machs nie wieder! Hat mich 5 Stunden gekostet, diese dumme Schose wieder abzutippen!). Aber ich fand einfach keine geeignete Stelle, um ein fröhliches TBC darunterzusetzen. Sonst wäre es schon wieder ein Lückenfüller geworden, in dem gar nichts passiert. (Okay, es passiert auch so gar nichts, aber hey! Es ist wenigstens länger. Yay.)

Es wird etwas aufregender in den nächsten Kapiteln. Hoffentlich.
 

Ah, nun. Ich schreib euch was und ihr schreibt mir was, ein zufriedenstellendes Geben und Nehmen, ja? ;D

Der letzte Trumpf

A Highschool Story
 

Kapitel #36
 

Jetzt oder nie! Es war die einzige Chance – er musste es ihm irgendwie begreiflich machen, er musste ihn wissen lassen, zu lange dauerte dieses Katz-und-Maus-Spiel schon! Wobei die Reaktion des Blonden auch zu wünschen übrig ließ – warum kam keine Schrei-Einlage à la ‚Haido, ich liebe dich über alles, bitte heirate mich!‘...Na gut, wildes Winken mit einem umhauend sexy Lächeln...okay, OKAY, aber ein aufmunterndes Zwinkern war doch auf jeden Fall drin, oder?!
 

Prüfender Blick zu der spottend erhobenen Augenbraue, die ein eindeutig-entnervtes „ Na, hat’s dir die Sprache verschlagen, du Möchtegernjäger?“ zur Schau trug. Ach, Mist verdammter.

/Wenn Gackt nicht sofort damit aufhört, hat er gleich mein Mikro in seinem Gesicht zu kleben! Und mich auch! Hör sofort auf mit diesem sexy fuck! Das ist gegen die Regeln!/
 

Das Übungsgeschrammel seiner (schon längst vergessenen) Band riss den Langhaarigen aus seiner Gackt-induced Reverie. Genau rechtzeitig, damit er ein paar kostbare Augenblicke hatte, um in heillose Panik zu verfallen. WAS ZUR HÖLLE SOLLTE ER SINGEN?! Es war erstaunlich, wie ein Paar kristall-blauer Augen es schaffte, Hyde sein ganzes (mühsam über die Jahre zusammenkomponiertes) Repertoire an L’Arc-Liedern vergessen zu lassen. Traurig aber wahr. Auch bei eingehender Beleuchtung seiner Gehirnwindungen purzelten lediglich völlig unpassende Songfetzen aus seinem traumatisierten Gedächtnis (Gackt-traumatisiert, versteht sich).
 

„I’m leaning on the lamp,

Maybe you think, I look a tramp

Or maybe you think I’m about

To steal a car...”
 

Die schnellen Drumsschläge von Yukihiro trugen nicht gerade dazu bei, Hydes aufgewühlte, im Zickzack hin und hersausende Gedanken zu beruhigen.
 

„What if God smoked Cannabis

Hit the bong like some of us...”
 

Totales Chaos! Maamaaa! Hilfe! Gackt stand im Publikum, bearbeitete ihn mit einem durchdringenden Blick und Hyde fiel absolut nichts ein – nichts Vernünftiges (“Oops, I did it again...“ KLAPPE!) – womit er seine Liebe zu dem Blonden zum Ausdruck bringen konnte! Es war doch zum Haareausreißen!
 

Auf einmal wurde es still auf der Bühne. Ein Rascheln näherte sich dem gar unjägerlich zu einer Salzsäule erstarrten Vocalisten. Bevor Hyde sich den Kopf darüber zerbrechen konnte, wurde ihm von Ken ein Blatt Papier in die Hand gedrückt.

Was für eine Sauklaue! Mann, welches blinde Huhn hat das denn aufs Papier gekotzt?! Er konnte ja gar nichts – oh. Es war ja seine eigene Handschrift. Hehe. Passiert.

Das unbekannte und dennoch so oft gehörte Intro setzte ein. Legte einen Schleier um seine aufgescheuchten Gedanken. Es hatte es so oft in seinem Kopf gespielt, doch nie in Wirklichkeit, sie hatten es noch nie zusammen geübt...Warum also hatten sie es ausgewählt? Er drehte sich zu seinen Freunden um.

‚Sing!‘, stand auf ihren Gesichtern geschrieben. ‚Zeig’s ihnen allen. Sing! Gib dein Bestes!‘
 

Der Langhaarige ließ das Blatt auf den Boden segeln. Er brauchte es nicht, kannte er den Text doch auswendig. Wie lange hatte er daran gesessen, durchgestrichen, neu geschrieben – das Herz blutend bei der Erinnerung an ihren Streit, verzweifelnd bei dem Versuch, seinen Kummer in Worte zu fassen...
 

„Carried as a wind from far away

No matter how many times I try to say these words

They never reach you...’
 

Die Musik passte nicht. Zu fröhlich Hydes Meinung nach. Aber wieso wunderte er sich? Nach tagelangem Abquälen auf der Suche nach der passenden Melodie war Tetsu diese ehrenvolle Aufgabe zugefallen (kalkuliertes Opfer: Es bestand eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich der Langhaarige samt Text in die Luft sprengte vor lauter Frust). Und Tetsu wäre einfach nicht Tetsu, wenn er traurige Melodien zu depressiven Texten schreiben würde.
 

„This foreboding hasn’t changed, I still feel it

Those days are becoming blurry...”
 

Losgelöst, alles um sich herum vergessend, er überließ seinen Körper dem Rhythmus, fuhr sich selbstvergessen durch das volle Haar, krallte seine Hand in seine Brust, nur um sogleich wieder loszulassen. Er sang sich von seinem Schmerz frei, von seinen Zweifeln, die Welt rückte in die Ferne, machte der Melodie Platz und nur zu gern ließ er sich von ihr einnehmen.
 

„The one precious to me looked back

Toward me with those eyes, sighing softly”
 

Hörst du mich? Hörst du mir zu? Es tut mir Leid. Es ist meine Schuld gewesen. Und doch, lass mich nicht zu lange warten. Ich habe kein Herz aus Stein, ich kann nicht ewig im Ungewissen verbleiben. Mach schnell, rette mich aus der Einsamkeit, bevor ich mich an sie gewöhne und dich vergesse...
 

Abschlussakkord. Stille.

Der Langhaarige kam wieder zu sich. Und wünschte sich sogleich ins Koma. Unzählige Augenpaare waren auf ihn gerichtet, kein Mucks kam von den Zuschauern. Nicht...gefallen...es hat nicht gefallen. Die Erkenntnis traf Hyde wie ein Eimer kaltes Wasser. Plötzlich fand er ihre „Wir-stürmen-die-Bühne-und-das-Publikum-fällt-in-Ohnmacht-ob-unserer-Genialität“-Aktion mehr als nur peinlich. Was hatten sie sich nur dabei gedacht? Dass die Leute sich vor Begeisterung heiser schrieen?!

Jesus! Irgendwer rette bitte ihre verwirrten Seelen!
 

Hyde wusste doch von Anfang an, dass er nicht zum Singen geschaffen war – er war ein Gitarrist, verdammt noch mal! Das dürfte Tetsu ja wohl davon überzeugt haben, dass die Umbesetzung der Band nicht gerade eine seiner brillantesten Ideen war. Oh, Mann, das saß...

Der Langhaarige traute sich nicht, das Publikum anzublicken – noch mehr Krater in seinem (ohnehin löcherigen) Selbstvertrauen konnte er einfach nicht vertragen. Tja, nun.

Dumm in der Gegend rumstehen half ihnen sicherlich auch nicht weiter...Aus einem völlig unerklärlichen Grund verspürte Hyde das unbändige Verlangen nach einem hübsch verpackten, mit einem roten Schleifchen versehenen und auf einem Silbertablett servierten Mauseloch, in das er sich bis zum nächsten Jahrtausend verkriechen konnte. (Aber der Weihnachtsmann, der olle Säufer, machte ja nie solch nützlichen Geschenke!)
 

Im Grunde blieb dem Langhaarigen nur eins zu tun – verbeugen und die Fliege machen. (Und sich für eine laaange Zeit nicht sehen lassen.)

Plötzlich durchdrang ein einsames Klatschen den stillgeschockten Raum.

Gackto...?

Der Langhaarige runzelte die Stirn. Wollte sich der Blonde über ihn lustig machen, oder was? Nein...die strahlenden Augen, dieses Lächeln... Bist du...bist du glücklich, Gackto? Hat es dir gefallen? Oh. Anscheinend...Hyde hatte große Mühe, seine Mundwinkel unter Kontrolle zu halten, die jeden Moment drohten, sich in ein ‚Wären-die-Ohren-nicht-im-Weg-so-würde-es-um-den-ganzen-Kopf-gehen‘-Grinsen zu verwandeln.
 

Arh, verdammt tat das gut! Auch wenn Gackt der einzige in diesem ganzen überfüllten Raum war, dem sein Gesang gefiel – das war es Wert. Das war es definitiv. Der Langhaarige legte eine Hand auf die Brust und verbeugte sich, nicht fähig, das glückliche Lächeln von seinem Gesicht zu bannen.

Als wäre dies die entscheidende Reaktion gewesen, stimmten nun andere mit ein. Zunächst zögerlich, dann immer mutiger und lauter, begleitet von Gejohle und Gebrüll. Hyde drehte sich leicht zu seinem (ebenfalls vor Schock in seinen Bewegungen eingeschränkten) Bandleader um und fragte ihn stumm, ob denn jetzt die ganze Welt verrückt geworden wäre. Tetsu antwortete mit einem typischen Atomgrinsen. (Wahrscheinlich hatte er die Frage nicht verstanden...war ja auch furchtbar laut in der Halle.)
 

Langsam ging das Geschrei in rhythmischen Singsang „Zugabe! Zugabe! Zugabe!“ über.

Der Braunhaarige ließ seine Finger über die Basssaiten laufen. Ah, Hyde kannte diese Akkorde. Dieses Lied war das letzte, das in ihrer Halle entstanden war, bevor diese in ihre Einzelteile zerlegt wurde. Miese Arschlöcher! Das werden sie büßen! Sie und die hirnkranke Ayumi! Mitsamt dem hirnkranken Vater! Der Langhaarige knurrte ins Mikro. (Eine kleine Kampfansage nebenbei.) Sofort breitete sich eine erwartungsvolle Stille aus.
 

„It’s time to fall

It’s time to say good bye

I wish you’re gone

I wish you’re ALL DEAD!”
 

Der letzte Satz wurde beinahe geschrien, um die gleichzeitig einsetzende Musik zu übertönen. Erneute Welle der Ekstase begrub den Langhaarigen unter sich, während er – ohne es bewusst zu erfassen – den Text ins Mikrofon brüllte, wild über die Bühne stürmte. Wie ein gehetztes Tier, immer weiter von der Menge angetrieben, während der schwere Sound in seiner Brust wummerte.

Fuck, Scheiße verdammte, er war nicht er selbst, aber er konnte einfach nicht aufhören...Es schien Hyde, als wäre er Sklave seiner eigenen Musik, eine Marionette, die nach ihren erdachten Noten tanzte...Aber gottverflucht, dann war er die glücklichste Marionette der ganzen Welt!
 

Etwas außer Atem, leicht verschwitzt und wie im Rausch – unglaublich, einfach unglaublich. Die Augen des Langhaarigen suchten im Meer der gröhlenden, hüpfenden Schüler nach einer bestimmten Person, das letzte Aufbrausen der E-Gitarre, das Gedröhn der Drums schon nebensächlich geworden.

Als er ihn endlich entdeckte, gefiel Hydie das, was er sah, überhaupt nicht.
 

Ayumi stand neben dem Blonden und redete mit Nachdruck auf ihn ein. Dieser gab sich nicht einmal die Mühe, interessiert zu wirken, als er die Bühnendekoration (schwarzer Vorhang mit Staubflecken verziert...) einer eingehenden Betrachtung unterzog und seine Inspektion mit einem Gähnen abschloss. Hyde lachte in sich hinein – Ayumi wirkte etwas...angespannt. Falls das rot angelaufene Gesicht und die zusammengeballten Fäuste denn eine Aussage waren. Doch dann schlich sich ein hinterhältiges Grinsen auf ihr Gesicht, sie wühlte in ihrer Tasche herum, zog mit einem triumphinierenden Ausdruck etwas Glitzernd-Längliches daraus, wedelte damit vor Gackts Nase herum. Dieser schien ganz und gar nicht begeistert. Nein, ‚mächtig angepisst‘ würde dem Sachverhalt eher entsprechen.
 

Worüber redeten die beiden? Wo war die Lippenlesen-Fähigkeit, wenn man sie brauchte? Wa-?! Hey! Wo wollten die beiden denn hin? Also, der Blonde hätte ruhig auch aus den Socken begeistert klatschen können! Verdammt, er musste hinterher. Aus irgendeinem Grund wollte er Gackt nicht mit Ayumi alleine lassen. Naja, um ehrlich zu sein wollte er Gackt überhaupt nie mehr alleine lassen...aber gut, zurück zum eigentlichen Problem.
 

Die Menge – von Hydes Ambitionen hinsichtlich eines blonden Schulmädchen- (und Schuljungen-) Schwarms absolut unbeeindruckt – schrie und stampfte nach mehr. Hin und hergerissen zwischen dem Wunsch Gackt nachzulaufen und der tobenden Schülermasse eine weitere auditive (und visuelle, aber davon ahnte Hyde nichts) Freude zu bereiten, warf der Langhaarige einen verzweifelten Blick auf die Eingangstür.

Und erstarrte.

Niemals hätte er beim Erscheinen des Direktors solch zwiespältige Gefühle verspürt – Angst (Fuck, jetzt sind wir definitiv Regenbogenfilets! Woher hat der Alte davon bloß Wind gekriegt? Welche Verrätersau hat ihm gezwitschert, dass wir trotz seines Verbotes die Bühne gestürmt haben?!) und unermessliche Freude (Klasse! Der alte Fettsack kommt gerade recht! Perfekter Moment, um sich graziös zu verdünnisieren!) waren in diesem Chaos, das Hydes Innenleben darstellte, dominierend.
 

Ein Blick zu seinen grinsenden Bandmitgliedern verriet ihm, dass diese noch keine Ahnung von dem Damokles-Schwert, das Unheil verkündend über ihren Köpfen hing, hatten. Ein panisch geflüstertes: „Leute, der Direktor stattet uns gerade einen Besuch ab, machen wir die Fliege!“ löste diesen Informationsverschleiß schnell und effektiv. Sogleich wurde die Flucht ergriffen.
 

„Danke, Leute, ihr wart klasse!“ Fröhlich-unbekümmertes Winken ins Publikum, mit Panik im Blick. „So und jetzt müssen wir los, denn eigentlich hat uns der Direktor verboten, hier aufzutreten. Also, sagt‘s nicht weiter, okay?“ Der Langhaarige flüsterte verschwörerisch ins Mikro, zwinkerte den Schülern zu und sprang von der Bühne, bevor der Schulleiter die Chance hatte zu erkennen, was genau passiert war.
 

Hyde wartete gar nicht erst auf die anderen – sie in diesem Gedrängel zu finden, war eine Sache der Unmöglichkeit. Stattdessen steuerte er direkt auf den Ausgang zu, in der Hoffnung doch noch den Blonden samt Schwester zu erwischen.

Seit ihrem Verschwinden konnten höchstens ein paar Minuten vergangen sein – weit waren sie also nicht gekommen. Der Gang war bei weitem nicht mehr so voll wie bei Hydes Ankunft, das erleichterte seine galoppierende Fortbewegungsweise ungemein. Aber wo waren die beiden bloß? Suchend irrte der Blick Hydes über die fremden Gesichter-ah! Ein Blondschopf bog gerade um die Ecke.
 

/Bitte lass es Gackt sein!/ Betend wandte sich der Langhaarige in die gleiche Richtung. Quer durch die Schule ging es, doch Hyde, so sehr auf sein Ziel fixiert, Gackt einzuholen und sich bei ihm zu entschuldigen, alles wieder gutzumachen, bemerkte nicht, dass immer weniger Personen ihm entgegenkamen, dass es immer stiller wurde.

Das Krachen einer ins Schloss fallenden Tür.

Um Gottes Willen, wohin wollte der Blonde bloß? Ein Minimarathon durch die verdammte Schule, oder was? Ohne zu zögern lief der Langhaarige hinterher. Die Tür führte zu einem halbverlassenen Parkplatz. Hyde blieb stehen, blinzelte gegen die gleißende Nachmittagssonne. Was zum Teufel?

Unsicher stolperte er vorwärts. Gackt war wie vom Erdboden verschluckt. Vielleicht war es auch gar nicht der Blonde, den Hyde so verbissen verfolgt hatte? Ein paar prüfende Blicke nach links und rechts – vielleicht kam der Gesuchte ja doch noch angehüpft? Der Parkplatz jedoch wies starrköpfig weiterhin enttäuschende Gacktlosigkeit auf.
 

Seufzend gab Hyde seine Bemühungen auf und drehte sich um, die Rückkehr zu den anderen fest im Sinn. Doch sein Weg war plötzlich von fünf gar unfreundlich und spöttisch dreinblickenden Gestalten verstellt. Hyde erstarrte. Das...war doch nicht ihr Ernst, oder? Was erdreisteten diese Schulfremden sich eigentlich?!
 

„Na hallo. Wen haben wir denn Nettes da?“ Groß. Braunhaarig. Hackfresse.

Oh, Mann. Dabei sah der Tag doch so vielversprechend aus.
 

„Hat‘s dir die Sprache verschlagen, Hübsche?“ Der Langhaarige konnte sich gerade so davon abhalten, seine Hand gegen die Stirn zu schlagen. Wie armselig konnte man sein? Blond. Logisch, was anderes kam für solch einen geistreichen Satz auch nicht infrage. Moment mal. Blond?! Hyde drehte sich zu dem Sprecher. Heilige Kacke, tatsächlich. Blond, hatte fast die gleiche Größe wie das Original, nur ungemein hässlicher. War Hyde etwa dieser Type nachgerannt?! Gott, er sollte sich schleunigst die Augen kontrollieren lassen. Solch ein visueller Fehltritt war einfach unverzeihlich.
 

„Ja, sicher. Bei so viel Blödheit auf einem Raum“, fand der Langhaarige seine spitze Zunge wieder. Unnötig zu sagen, dass dieses Statement (auch wenn es zweifellos der Wahrheit entsprach) nicht gerade auf Verständnis stieß. Unmutiges Raunen ging durch die Runde.
 

„Willst du Ärger mit uns, Cindy?!“ Die Hackfresse kam sich wohl richtig clever vor, mit solch einer vernichtenden Beleidigung.
 

„Nein, John. Ich will nur, dass ihr aus meinem Blickfeld verschwindet.“ Der Langhaarige wusste, dass er zu dick auftrug und zu hoffen, dass die Rowdys tatsächlich das Feld räumten, wäre schlicht und einfach utopisch.

Adrenalin wurde durch seine Adern gejagt. Er war stinksauer und hatte eine Heidenangst, der Gefühlscocktail mit einer ordentlichen Prise todesmutiger Entschlossenheit durchgewürzt.
 

Es war nicht das erste Mal, dass er seinem Vater auf Knien dankte (nur in Gedanken natürlich), dass dieser ihn seinerzeit zu Selbstverteidigungs- und Kampfsportkursen geprügelt hatte. Bald hatte Hyde Begeisterung daran gefunden, Schattengegner, Sandsäcke und gelegentlich auch reale Aufdringlinge zu verprügeln. Das Röckchen diente dabei als ein höchst angenehmer und effektiver Überraschungseffekt (wer vermutete schon hinter einem hübschen langhaarigen Mädchen einen Kung-Fu-Bewanderten, der übrigens auch keine Scheu davor hatte ‚Frauenkampftechniken‘ einzusetzen...).
 

Doch es gab genau zwei Aua-Steine bei dieser Konstellation: Hyde hatte seit Ewigkeiten nicht mehr trainiert und er war allein. Okay, das an sich war das keine große Sache, aber normalerweise überstieg die Zahl seiner Gegner nicht die Zwei. Gut, mit dreien hätte er vielleicht auch irgendwie fertig werden können, doch bei fünf Mordentschlossenen hatte er nicht die geringste Chance. Was ihn natürlich nicht davon abhalten würde, es trotzdem zu versuchen.
 

„Wie war das?!“ Gottseidank waren dem Blonden keine weiteren ‚Schimpfnamen‘ eingefallen. Es schien, dass nur die Hackfresse und Blondchen die großen Reden schwangen – die anderen drei plasterten sich bedrohliche Mienen und hielten sich im Hintergrund.

Der Langhaarige hob lediglich eine Augenbraue. Ein Knurren antwortete ihm.
 

„Weißt du, Schlampe“, riss der Hackfresse wohl endlich der Geduldsfaden, „ich habe große Lust, dir ein paar Rippen zu brechen und dich danach zu nageln...!“ Ein drohender Schritt Richtung Hyde.

Oho. Wir fahren also schwere Geschütze auf! Der Langhaarige nahm unauffällig Kampfstellung an.
 

„Versuchs doch, Homo! Aber beschwer dich dann nicht über die blauen Flecken!“ Die Gesichtsfarbe der Hackfresse nahm einen interessanten Rotton an. Er trat schnell einen Schritt vor, packte den Langhaarigen am Saum des Kleides, zog ihn zu sich heran.
 

„Wie hast du mich genannt, du-“ Seine speichelsprühend-glühende Rede ging in einem schmerzhaften Stöhnen unter, als Hyde sein Knie in dessen Schritt rammte. Noch als sein Gegner, vor Qual gekrümmt, abzurutschen begann, zögerte der Langhaarige nicht, mit voller Kraft mit seinen Handflächen auf die abstehenden Ohren zu hauen. Hackfresse verabschiedete sich mit einem gestöhnten „das...wirst du...mir büßen...“

Die ganze Aktion nahm nur wenige Augenblicke in Anspruch, sodass der Rest der Bande nur mit aufgerissenen Augen auf die Szene starren konnte. Doch leider währte der Stupor nicht lange. Mit einem Geheul stürzten sich die Verbleibenden auf den Langhaarigen.

Es regneten Faustschläge, Tritte, Hiebe auf seinen zum größten Teil ungeschützten Körper herab. Er hatte absolut keine Chance, alle abzuwehren.
 

Und es tat weh. Scheiße, tat es weh! Der Schmerz vernebelte seinen Kopf, nahm ihm die Sicht, die letzte Möglichkeit, wenigstens auszuweichen. Von allen Seiten attackiert, zu keiner Zeit in der Lage aus dieser Umzingelung auszubrechen, sein Körper explodierte in Pein. Er hörte Satzfetzen, verstand nicht, was sie bedeuteten, nur Rauschen in seinen Ohren.

Ein gezielter Tritt in die Nieren ließ ihn schmerzaufstöhnend in die Knie gehen. Hämisches Lachen über seinem Kopf. Und eine Nervenexplosion in seiner rechten Hand, als jemand darauf trat, als die Wunden aufbrachen und die gerade erst halbwegs verheilten Knöchelchen erneut zermalmt wurden.
 

Hyde riss den Kopf zurück und schrie. Schrie so laut er konnte, weil es so verdammt wehtat, weil es so verdammt ungerecht war und weil er so verdammt hilflos war.
 

„Scheiße, bringt ihn zum Schweigen!“
 

Das letzte, was der Langhaarige vernahm, bevor ein widerlich-dumpfes Knacken auf seinem Kopf ihn vollends in den schwarzen Abgrund der Bewusstlosigkeit stieß, war ein panisches

„Haido-san!“
 

TBC
 

A/N: Whoop. Der Tod weilt wieder unter den Lebenden! Man mag es kaum glauben. Es geht tatsächlich weiter. Tja, warum zur Hölle hats diesmal wieder so lange gedauert? Ich kanns sogar erklären – Uni, eine wunderhübsche Schreibblockade und eine andere FF und die Modulabschlussprüfungen...Aber hey! Ich habe mich an dieses Kapitel gesetzt, sobald ich die letzte Prüfung geschrieben habe!

Whoups, jetzt hab ich auch noch Hydie umgebracht. Einige kluge Köpfe unter euch mögen sich fragen, weshalb er nicht einfach weggelaufen ist. Ganz einfach – weil er strohdoof ist, daher! (Und weil ich schon Mittel und Wege gefunden hätte, ihn auf diesem Parkplatz zu halten. Hähähä.)

Also, manchmal bin ich echt fies. >D
 

Tja. Ich würde es sehr begrüßen. Ein paar nette (oder auch nicht, ich bin nicht wählerisch) Kommentare können sich sehr positiv auf die Schreibgeschwindigkeit des nächsten Kapitels auswirken, ihr wisst, was ich meine, oder? ;D

Rache ist ein Gericht...

A Highschool Story
 

Kapitel #37
 

Er gab sich alle Mühe, gelangweilt und nicht genervt zu wirken. Letztere Gefühlsprojektion diente meist dazu, sie noch mehr anzustacheln. Er versuchte sich auf die tanzende Figur (nun, also daran musste der Langhaarige wirklich noch feilen...) auf der Bühne zu konzentrieren. Aah, aber Hyde war schön...Die langen Haare, die zerbrechlich wirkende Gestalt bildeten einen krassen Gegensatz zu seiner dunklen Stimme, seinem feurigen Blick...Und dieses Kleid...um Gottes Willen, wo hatte er bloß dieses Kleid her?!
 

Sie stieß ihn von der Seite an. Verdammt. Man mochte es nicht glauben, aber ‚sich auf die hübscheste, mit außergewöhnlichem Gesangstalent ausgestattete...na, Haido halt konzentrieren‘ und ‚sich von Ayumi ablenken‘ waren zwei ganz verschiedene Dinge.
 

Der Blonde wollte ihr nicht zuhören. Er WOLLTE nicht. Nichts, was sie sagte, war überraschend oder neu. Das übliche Geleier über „wir lieben dich, Gackuto (wir wissen es bloß verdammt gut zu verbergen)“, nicht zu vergessen „wir wollen doch nur das Beste für dich (selbst wenn es dich umbringt)“, meistens gekrönt mit „Hyde, die Schlampe, will dich doch nur an der Nase herumführen, um an dein Geld zu kommen“. Gackt widerstand der Versuchung, sich einfach die Ohren zuzuhalten. Der losgelöste langhaarige Sänger könnte dies unter Umständen falsch verstehen...
 

Seltsam. Nein, nicht seltsam – bemerkenswert! Wie hatte Hyde es geschafft? Seine Mauern zum Einsturz zu bringen, seine Abwehrsysteme auszutricksen und sein Herz zu erobern? Wann war der Langhaarige zum wichtigsten Bestandteil seines Lebens geworden, der unangefochtene Herrscher der Gedanken Gackts? Dabei waren ihre ersten...Aufeinandertreffen gar nicht so vielversprechend. Oh, der Blonde hatte mit leidenschaftlicher Hingabe den schockgefrorenen Arrogantling raushängen lassen – und er war zweifelsfrei sehr erfolgreich damit.
 

Doch sobald er es geschafft hatte, Hyde 10.000 Kilometer hinter die persönliche Verteidigungsgrenze zu befördern, so wollte er im nächsten Moment nichts mehr, als dem Langhaarigen nachzulaufen, ihn zu umarmen, zu küssen...Bemitleidenswert, nicht wahr? Manchmal fragte er sich, wie oft er Hyde von sich stoßen konnte, bevor dieser Gackt endgültigen den Rücken zukehrte. Dieser Gedanke erschreckte ihn zutiefst, ließ ihn seinen Stolz vergessen, ließ ihn Worte der Entschuldigung murmeln – Worte, die ihm unter anderen Umständen nie über die Lippen gekommen wären. Egal, was sein pechdunkles Schicksal ihm an den Kopf warf, er konnte den Langhaarigen einfach nicht aufgeben, viel zu sehr war er dem Kleineren bereits verfallen.
 

Gott, wie sehr ihm doch dieser dumme Streit wehgetan hatte! Nicht zu leugnen, es war zum Teil auch seine eigene Schuld gewesen...diese elende Geheimniskrämerei. Immer noch fürchtete er, sich fallen zu lassen. Immer noch wartete er auf Betrug.
 

Hyde hatte die Lieder für ihn geschrieben – verzweifelte Sehnsucht und grenzenlose Wut. Aufrichtig bis zum Gehtnichtmehr. Wunderschön. Die Augen des Blonden lächelten zum selbstvergessenen Sänger hinauf.

Ja...vielleicht war es endlich an der Zeit. Nach dem Konzert...Ich werde dir alles erzählen. Und dich endlich in meine Arme schließen.
 

„Ich weiß genau, was du jetzt denkst!“, zischelte eine mit der hartnäckigen Aufmerksamkeitsabstinenz seitens des Blonden ganz und gar unzufriedene Ayumi in sein in Mitleidenschaft gezogenes (und eindeutig der Kündigung nahes) Ohr. Gackt schrak aus seinen Gedanken auf.
 

„Immer noch da?“ Ehrliche Verwunderung. Seine Schwester knurrte etwas Unverständliches als Antwort. Der Blonde machte sich nicht einmal die Mühe, einen Hauch des Gedankens an den Inhalt zu verschwenden.

Gackt seufzte innerlich. Eigentlich wollte er nur, dass sie weg ging. Dass sie ihn in Ruhe ließ, warum ließ sie ihn nicht endlich in Ruhe? Allein ihre Präsenz war zermürbend. (Nicht, dass er sich das anmerken ließ – es war jahrelanges Training und bittere Erfahrung in solch ein professionelles Pokerface investiert worden...)
 

„Hör zu.“ Seine ach so geliebte Schwester schien wieder im Vollbesitz ihrer Artikulationsfähigkeiten (so ein Mist aber auch – Gackt hätte nichts dagegen gehabt, diesen Zustand bis zum Ende ihres Lebens während zu wissen) zu sein. „Ich will, dass du diese...diesen (interessante Gesichtsfarbe...) HYDE (Gackt war von den Socken ob dieser Beleidigung) endlich fallen lässt. Such dir doch ein hübsches Mädchen...“
 

Der Blonde hob lediglich eine Augenbraue und lächelte spöttisch.
 

„Sag bloß nicht...“, wurde in einem verschwörerischen Ton zu Ayumi murmelt (er durfte doch auch etwas Spaß haben, oder?), „...dass DU dieses hübsche Mädchen sein willst...“

Statt wie erwartet ihre Krallen im Gesicht kleben zu haben (sie machte sich nie viel aus Nagelpflege) – Ergebnis eines Versuchs, ihm die Augen auszukratzen – gefolgt von einem ansehnlichen Arsenal an koloriten Verwünschungen, war Gackt stocksteif vor Schreck als Ayumi...rot wurde und verlegen den Kopf senkte. Der Blonde konnte sie nur mit einem gläsernen Blick anstarren, während seine Gedanken aus einer einzigen, ununterbrochenen Phrase bestanden – OhmeinGottdasdarfeinfachnichtwahrsein, OhmeinGott...
 

Ayumi schien Gefühle für ihren Bruder zu haben, die jede Grenze der verwandtschaftlichen Zuneigung (ZUNEIGUNG?! AYUMI?! Selbst die Schwarze Witwe ist eine wahre Liebesquelle verglichen mit ihr!) eindeutig überschritt.
 

„Und du...ausgerechnet DU hast mir gesagt, ich wäre krank?!“ Der Blonde hatte ausgesprochene Mühe, seine Empörung, seine Fassungslosigkeit, seine Bestürzung im Zaum zu halten.

Das schien sie wieder auf den Boden der Tatsachen zu befördern, denn sie hob abrupt den Kopf und funkelte ihn an. Gackt hielt ihrem Blick stand, warf ihr den Ekel, den die bloße Vorstellung an ihre...Nähe bei ihm auslöste, ins Gesicht.
 

Liebe! Der Blonde konnte nur verächtlich schnauben.
 

Und gleichzeitig tat er sich schwer, die Tränen zurückzuhalten – ob er Jungen mochte oder nicht, es spielte absolut keine Rolle. Niemand wäre in seinem Haus akzeptiert worden, ob Mann, Frau, Klon oder Hund! Baum oder Maschine! Seine Hände zitterten. Gackt ballte sie zu Fäusten. Er hatte ein halbes Leben damit zugebracht, sich vor seiner Natur zu verstecken, es seiner so genannten Familie rechtzumachen, ja sogar zu bedauern, dass er so war, wie er war! Und alles nur wegen ihr...wegen IHR! Das Zittern drohte, sich auf seinen ganzen Körper auszubreiten und er kämpfte den beinahe schon übermächtigen Drang nieder, Ayumi an die Gurgel zu gehen.
 

Seine Schwester enblößte ihr Gebiss in einem hinterlistig-bedrohlichen Lächeln. Langsam hob sie die Hand, legte sie Gackt in den Nacken (dieser versuchte verzweifelt, seine hochsteigende Galle niedrig zu halten), zog seinen Kopf zu sich herunter.
 

„Na, habe ich dir Angst eingejagt (Angst, die ganze verdammte Halle vollzukotzen, wenn du mich nicht sofort loslässt?! Definitiv!), Brüderchen? Ich hoffe, ich muss dir nicht nahe bringen, was dir blüht, wenn du auch nur einen Mucks von dir über diese ganze Angelegenheit gibst?“ Sie lächelte immer noch. Hoffentlich verkrampften sich ihre Gesichtsmuskeln und sie starb dran! (Medizinisch zwar unmöglich, aber...lasst dem Verzweifelnden seinen Spaß!)
 

„Wieso? Wirst du dann versuchen, mich zu vergewaltigen?“ Gackt lachte ihr ins Gesicht. Ayumi lief wieder rot an, diesmal jedoch vor grenzenloser Rage. Mit wütender Ungeduld fummelte sie an ihrer Tasche, bis sie eine kleine Kette zutage förderte und sie mit ausgesprochener Genugtuung vor Gackts Nase hin und herschwenkte.
 

„Wo hast du diese Kette her?!“ Normalerweise reichte ein Stirnrunzeln mit einem entsprechend kühlen Blick, um einen Normalsterblichen abzukillen, doch bei seiner Schwester musste er weitaus härtere Geschütze auffahren. „Gib sie sofort zurück!“ Gackt versuchte, das Schmuckstück aus Ayumis Hand zu reißen, doch sie wich ihm aus.
 

„Oh, keine Sorge, du bekommst die Kette schon zurück“, wurde geflötet, „aber nicht umsonst...“ mit einem verstörenden Glitzern in den Augen drehte Ayumi sich um und verschwand in der Menge. Dem Blonden blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Die letzte Zeile des Liedes Hydes tönte ihm in den Ohren, als er sich den Weg zum Ausgang bahnte.

I WISH YOU’RE ALL DEAD, in der Tat.
 

Gackt fand seine Schwester an der Tür in ein konspiratives Gespräch mit einem blonden Typen (Autsch. Es gab immer wieder Leute, die sich stur weigerten, der erschütternden – aber umso wahreren – Tatsache ins Gesicht zu sehen, dass ihnen blond absolut NICHT stand. Möge Gott sie dennoch in seine Arme schließen und ihnen Frieden schenken; und einen Frisör) vertieft. Nachdem sie ihren ach so geliebten Bruder erblickte, brach sie die Unterhaltung mit einem Kopfnicken ab, lächelte Gackt betont verführerisch zu. Diesem drehte sich der Magen um.
 

Was zur Hölle wollte Ayumi von ihm? Dass er mit ihr schlief?! Gott, das war doch krank! Nein, SIE war krank. Sie...um Gottes Willen, DAS könnte doch die Gelegenheit sein...Vorsichtig fischte der Blonde nach seinem Handy, als er abermals die Verfolgung Ayumis aufnahm.
 

Wenigstens war es ein stinknormales leeres Klassenzimmer. (Gackt hätte Ayumi durchaus zugetraut, dieses in eine tollwütige Liebeshölle zu verwandeln – wahrscheinlich hatte sie bloß keine Zeit dazu gehabt.)

Ayumi hüpfte auf einen Tisch, schlug die Beine übereinander, blinzelte ihm kokett zu. Der Blonde blieb auf Sicherheitsabstand – Arme auf der Brust verschränkt, nebst firmeneigenem und patentiertem Todesblick.
 

„Also, was willst du von mir?“ Gackt hasste es zu warten. Außerdem drängte ihn ein alarmierendes Gefühl zu dem Langhaarigen – er verspürte ein unbändiges Bedürfnis, sicherzustellen, dass es dem Kleineren gut ging.
 

„Kannst du dir das denn nicht denken?“ Aufreizendes Lächeln. (Urgh...Gott, warum nur diese Strafe?!)
 

„Nein, absolut nicht.“ Der Blonde hatte überhaupt keine Lust auf Ratespielchen à la Ayumi.
 

„Weißt du, Brüderchen, wie lange ich auf diesen Augenblick gewartet habe? Tausende von Jungen waren mir auf den Fersen (selbstgefälliges Kichern an dieser Stelle) – doch niemandem habe ich erlaubt, auch nur einen Finger – geschweige denn etwas anderes – an mich zu legen...“
 

‚Ooh, heilige Jungfrau Maria...Soll dich doch der Teufel holen!‘, doch er konnte es sich nicht erlauben, dies laut auszusprechen und sie zu verärgern. Zu viel stand auf dem Spiel.
 

„Und jetzt hoffst du, dass ICH...?“ Verarschte sie ihn gerade? War das wieder ein Trick, um irgendwelche fragwürdigen Reaktionen aus ihm herauszukitzeln (okay, funktionierte gut, Gackt schwankte zwischen Halsumdrehen, Unfallsturz aus dem Fenster oder panisch-kreischender Flucht. Aus dem oben bereits erwähnten Fenster), um sie dann als Beweis für Gottweißwas bei ihrem Zeuger zu verwenden? Und warum, zum Teufel nochmal, wurde sie SCHON WIEDER rot?!
 

Nein, sie meinte das tatsächlich ernst...Es war, als ob sie nur auf diese Enthüllung gewartet hätte, um einen ganzen Wolkenbruch an weiblicher Reizfaltigkeit auf seinen Kopf niedergehen zu lassen. Dabei schien sie den Tatbestand, dass Gackt ja eigentlich auf Jungen stand, sehr geschickt zu ignorieren. Oder dachte sie, die Prügel hätten geholfen?

Der Blonde presste die Lippen zusammen, um ja kein falsches Wort entwischen zu lassen. Stattdessen rieb er sich – Kapitulation in Person – müde angehaucht das Gesicht.
 

„Wie stellst du dir das vor? Wir sind Geschwister! Und Geschwister gehen miteinander nicht ins Bett!“
 

„Ach ja? Mit einer Schlampe (Ayumi schien verliebt in dieses Wort zu sein) wie Hyde kannst du ins Bett gehen, aber mit mir nicht?!“

Gackts Mundwinkel zuckten – nein, er würde Ayumi NICHT den exakten Unterschied zwischen ihr und Hyde erläutern, nein, er brauchte Ayumi noch lebend – atmen, ganz ruhig, ATMEN!
 

„Ich gehe nicht mit ihm ins Bett. Du bist doch wohl nicht etwa eifersüchtig, Ayu-chan...?“ Der Blonde wusste nicht genau, wie er diese gehauchte Anzüglichkeit aus sich herausgepresst bekam – aber es schien seine Wirkung nicht zu verfehlen.
 

„Blöde Frage!“, wurde als Antwort geknurrt. „Ich hätte alles getan, um ihn von dir fernzuhalten!“
 

„Sogar die Halle seiner Band zu Kleinholz zu verarbeiten, nur um einen Streit zwischen uns anzustiften?“, säuselte Gackt, ganz der Befürworter dieser romantischen Vorgehensweise.
 

„Heh, einer meiner besseren Pläne, findest du nicht?“ Oh, wo war ein Sniper-Gewehr – nein, warum nicht gleich einen Auftragskiller mit dazu – wenn man es am meisten brauchte?

Gackt seufzte innerlich.

Ayumi wedelte mit der Kette vor seiner Nase, lenkte seine heiß umkämpfte Aufmerksamkeit auf sich. Hob herausfordernd eine Augenbraue.
 

Der Blonde konnte einfach nicht glauben, was sich da vor seinen Augen abspielte – seine eigene Schwester versuchte ihn zu verführen! Nein, „zu zwingen“ würde wohl dem Sachbestand am ehesten entsprechen.
 

„Was willst du eigentlich, Ayumi? Dass wir beide heiraten und Kinder kriegen? Bruder und Schwester?“ Er sah schon an ihrem Gesicht, dass keine logischen Argumente helfen würden.
 

„Oh!“, wurde dämlich gekichert, „so weit brauchst du noch nicht zu denken. In diesem Moment will ich nur einen Kuss. Für die Kette. Ist doch ein fairer Deal, meinst du nicht?“ Dämonisches Lächeln.
 

‚Ja, für die Kette, die du mir gestohlen hast, du Miststück. Was soll daran denn fair sein?‘, knurrte Gackt in seinen nicht vorhandenen Bart.
 

„Und was ist, wenn ich dich nicht küssen will?“, wagte der Blonde einen letzten ritterlichen Lanzenstoß. „Was ist, wenn ich für dich keinerlei amuröse Gefühle hege? (‚Überhaupt keine Gefühle‘ wäre bei weitem treffender, doch er wollte am Ende keiner Furie, die die Wahrheit nicht vertragen konnte, gegenüberstehen.) Wenn ich einen anderen Menschen liebe?“ Empörung brodelte ganz langsam an die Oberfläche. Wie konnte sie es wagen, sein Leben zu diktieren?!
 

Ayumis Gesicht erstarrte in Kälte – mit einem Hauch Grausamkeit.

„Du wirst dich wohl oder übel daran gewöhnen müssen, mein Liebling. Denn schließlich bin ich die einzige, die deine Wunden heilen kann, die einzige, die dich so sehr liebt, um dich über deinen Verlust hinwegtrösten zu können...“ Ein träumerischer Ausdruck schob sich auf ihre Züge; Gackt lief es eiskalt den Rücken hinunter. Plötzlich hatte er übermächtiges, beinahe Angst einflößendes Drängen, zu Hyde zu laufen, sich zu vergewissern, dass er wohlauf war.
 

„Welchen Verlust, um Himmels Willen, meinst du?“, er sprach langsam, ihn bangte es vor der Antwort.
 

„Och, wenn dein Hündchen stirbt...“ Wieso lächelte sie? „Oder dein Kätzchen...oder Meerschweinchen...dann wirst du doch traurig sein, oder? Dann werde ich dich an mich drücken – ganz feste – und dich küssen, dann geht’s dir wieder gut.“

Der Blonde schmeckte Galle. Alle seine Sirenen schrien Gefahr – seine Schwester war tatsächlich wahnsinnig!
 

„Um Gottes Willen, was hast du vor?“ Gackt starrte mit aufgerissenen Augen in das lächelnde Gesicht eines sechsjährigen Mädchens. So schlimm stand es um sie? Warum hatte er es nicht früher bemerkt?! Er-
 

Ein Schrei in der Ferne zerriss die Luft, ließ das Blut in Gackts Adern gefrieren.
 

TBC
 

A/N. Huh. Ursprünglich wollte ich nur ein Gackt-Kapitel machen, aber das olle Ding ist tatsächlich zu lang geworden. Und da ich verhindern will, dass alle meine Charaktere so putzig-lustig wie Hydie drauf sind, sprüht dieses Kapitel nicht vor lauter Witzchen und Lacherchens. Hoffe aber, dass man einen seichten Einblick in das ZahnrädchenDenksystem eines Gackts gehabt hat...Und ja. Ayumi. Verrückte alte Vettel...XD

Nya, dafür müsst ihr auf das nächste Kapitel nicht so lange warten! Tolle Neuigkeit, nicht? #hüstel#

Ach ja, ich hab dieses Kapitel um 2 Uhr morgens getippt - habt Nachsicht, was die Fehler angeht. Mein MS-Word meinte zumal, sich allenthalben neu installieren zu müssen, was das ganze ETWAS erschwert hat...
 

Ah, nun. Seid so nett und hinterlasst mir ein paar Sätzchen. ;D

...das man am besten gackt serviert.

A Highschool Story
 

Kapitel #38
 

Haido. Haido, Haido, Haido. Im Takt des Herzdröhnens. Haido.
 

„Hihi, dein Hündchen stirbt, Liebling. Aber sei nicht traurig, ich-“ Der Blonde wartete erst gar nicht das Ende dieser sinnlosen Rede ab. Er stürzte sich auf seine Schwester, riss ihr die Kette aus der Hand und war bereits aus der Tür, noch bevor ihr weinerliches „Nein! Die gehört mir! Ich will meinen Kuss! Gackutooo!“ das Gehör des Blonden weiter traumatisieren konnte.
 

Gackt lief so schnell er konnte in die Richtung, aus der der Schrei kam. War Hyde draußen? Aber wo genau? Verdammt, es waren viel zu viele Gänge!

/Haido, halte durch, bitte!/ Adrenalin donnerte durch seine Blutbahnen, immer schneller wurde er – wo war der verflixte Ausgang?! Der Blonde musste sich beeilen, um Gottes Willen Hai-

DRSCH!

Für einen Moment fuhr die Welt halsbrecherisches Karussell.
 

„Gackt-san! Alles in Ordnung?“ Sorgenvolle Stimme in der farbenfrohen Dunkelheit. Der Angesprochene blinzelte, um seine Sicht zu klären. Keine Zeit! Er musste zum Langhaarigen und zwar schnell!
 

„Ja! Nein! Egal! Haido ist etwas passiert, ich muss ihn finden!“ Gackt war bereits am Loslaufen. Lee Hom (Schularzt und humanoider Fels, mit dem der Blonde auf voller Fahrt zusammengeknallt war) fasste ihn an der Schulter – Gackt kratzte all seine Selbstbeherrschung zusammen, um ihm nicht die Hand abzubeißen. Stattdessen begnügte er sich mit einem Knurren.
 

„Ich suche im Ostflügel, du nimmst den Westen.“ Keine Antwort abwartend war Lee Hom schon um die Ecke verschwunden.
 

Verdammt, verdammt, verdammt! Wo war er?! Überall leere Gänge, nur selten von ratlosen Gesichtern unterbrochen, die mit großen Augen dem blonden Wirbelwind hinterherstarrten.

Na, endlich! Der Ausgang! Schwer atmend stemmte er sich gegen die selten benutzte, starrköpfige Tür.

Leere gähnte ihm entgegen.

Scheiße, Haido, wo bist du?! Sirenengeheul am anderen Ende des Geländes. Dem Blonden wurde übel. Langsam setzte er sich in Bewegung, immer schneller und schneller werdend – jetzt kannte er den Weg.
 

Lee Homs Rücken schirmte die Szenerie von Neugierigen ab. Gackt stieß ihn zeremonielos beiseite, sein Blick suchend – blinkende Lichter, Sanitäter, Bewegung, Rufe...lange braune Locken in einer blutroten Lache...Nein...NEIN!
 

„Haido...HAIDO!“ Ein paar Schritte und er kniete neben der bewegungslosen Gestalt, streckte die Arme aus, wollte ihn berühren, auf seinen Schoß ziehen...Fremde Hände zogen ihn von dem Langhaarigen weg, ein „Nicht anfassen! Du könntest noch mehr Schaden anrichten“ in sein Ohr flüsternd. Warme schwarze Augen füllten sein Blickfeld aus, er hörte das Klackern der Räder der Krankenliege, wollte sich umdrehen, wurde daran gehindert.
 

„Lebt er? Lebt er?!“ Gackt krallte sich an den Schultern seines Gegenübers fest. „Ich will zu ihm!“ Ein Ruck, doch der Schularzt ließ ihn nicht los. „Ich will bei ihm bleiben!“

Er konnte Hyde jetzt nicht gehen lassen, er wusste doch gar nicht, wohin sie ihn brachten! Er musste hinterher, sonst würde er den Kleineren verlieren, er musste – er MUSSTE! Immer panischer werdend versuchte er sich loszureißen, die Umarmung wurde immer fester, immer enger, Gackt bekam keine Luft mehr...!
 

„...noch, hörst du mich, Gackt-san? Haido-san lebt! Er hat eine starke Kopfverletzung, aber er lebt!“ Endlich drang die Stimme zu dem Blonden durch.
 

„Er...lebt...?“ Gackt hob den Kopf, Bestätigung suchend, Lee Hom nickte.
 

„Haido-san ist zäh, ich bin mir sicher, dass er durchkommt.“

Der Blonde sog Luft ein, die er ohne es zu merken angehalten hatte. Er schluckte ein trockenes Aufschluchzen hinunter.
 

„Ich will mit ins Krankenhaus.“
 

***
 

Es folgten Stunden des Wartens. Qualvoll schleppend, Gackt zählte die Sekunden. Der Mantel beklommenen Schweigens drückte tonnenschwer auf seine Brust. Der Blonde fühlte...nichts. Wie in Watte gepackt. Dumpf, grau und leer. Am liebsten hätte er geweint, doch dazu hatte er einfach nicht die Kraft. Nur undeutlich vernahm er das Schluchzen von Hydes Mutter, hilflos geflüsterte Trostworte ihres Ehemannes. Die einzigen Lebenszeichen der vier Freunde des Langhaarigen waren die gelegentlichen „Will noch jemand Kaffee?“

Lee Homs kurze Spaziergänge von seinem Stuhl zum dunkel gewordenen Fenster und wieder zurück.

Kollektives Aufzucken jedes Mal, wenn Schritte erklangen. Nur, um festzustellen, dass es wieder die adrett gekleidete Krankenschwester war.
 

Eine Hand legte sich auf Gackts Schulter, ließ ihn zusammenfahren – er hob den Kopf, sah genau in das sorgenvolle, jedoch höflich lächelnde Gesicht seines Dienstmädchens.
 

„Gackt-sama, ist Euch etwas passiert?“ Respektvolles Flüstern, während unauffällig nach Verletzungen gesucht wurde. Der Blonde schüttelte den Kopf, sein eigenes Wohlbefinden ging ihm sowas von...an einem bestimmten Körperteil vorbei.
 

„Nicht mir“, hörte er seine eigene heisere Stimme. „Haido.“ Gackt fühlte, wie Yuki einen Schreckenslaut unterdrückte.
 

‚Ayumi?‘, fragte ihr Blick. Gackt knurrte zur Antwort.

Das würde sie ihm büßen! Diesmal war sie eindeutig zu weit gegangen, dafür würde sie in der Hölle schmoren! Apropos...er fischte in seiner Tasche, reichte Yuki sein Handy.
 

„Ich möchte, dass du Sicherheitskopien von der Speicherkarte machst. Gleich.“ Sie verbeugte sich mit einem gemurmelten „Sehr wohl.“ und entfernte sich.

Erst jetzt wurde Gackt sich der Blicke der anderen bewusst. Tetsu versuchte ihn mental zu drangsalieren. Der Blonde hob lediglich eine Augenbraue.
 

„Eine hübsche Freundin hast du da, Gackt-san.“ Die Worte hatten ein Giftpotential einer biologischen Vernichtungswaffe. Gackt verdrehte innerlich die Augen. Eine Eifersuchtsszene, wie niedlich.
 

„Ach, Yuki meinst du? Sie wird sich über das Kompliment freuen, schließlich ist sie zehn Jahre älter als ich...“ Hauchfeines sadistisches Lächeln. „Und sie ist mein Dienstmädchen.“ Tetsu grunzte etwas Unverständliches, die restlichen Bandmitglieder versuchten, ihr Amüsement in Schach zu halten.
 

Eine plötzliche Welle der Sehnsucht nach dem Langhaarigen erfasste Gackt, riss ihn beinahe vom Stuhl, ließ ihn innerlich aufheulen. Wie sehr wünschte er sich, Hyde möge lachend um die Ecke gerannt kommen, mit schelmischem Funkeln in den haselnussbraunen Augen, mit wehenden Locken...

Doch das Bild verschwand, ein Schrei hallte ihm in den Ohren und Blut. So viel Blut! Der Blonde biss sich auf die Unterlippe, als Angst den Langhaarigen zu verlieren, schiere Rage über diesen Überfall, luftraubende Empörung bei dem Gedanken an seine Schwester wie apokalyptische Reiter durch ihn hindurchdonnerten. Er ballte die Fäuste, als der Sturm der Gefühle kreischend ein Ventil verlangte – jetzt, sofort, auf der Stelle! Und doch konnte er nicht den Schmerz überwiegen, als Hydes Trugbild sich lächelnd umdrehte und in der Dunkelheit verschwand...
 

Langsame schwere Schritte lenkten die Aufmerksamkeit des Blonden auf den sich nähernden Arzt. Das Herz klemmte ihm in der Brust – was sollte dieser trübe Blick?! Er kämpfte verzweifelt mit dem Verlangen aufzuspringen, zu diesem viel zu lahmen Quacksalber zu laufen und ihm den Hals umzudrehen. Nachdem er die Wahrheit über Hydes Zustand aus ihm herausgeschüttelt hatte, selbstverständlich. Seine Mitwartenden schienen seine Gedanken gelesen zu haben – zumindest, was die erste Aktion anbetraf. Der Arzt sah sich von Eltern und Freunden umringt, mit Fragen nach dem Wohlbefinden des Langhaarigen bombardiert. Er hob die Hände, ein erfolgloser Versuch, Ruhe zu schaffen.
 

„Etwas leiser, bitte, die anderen Patienten dürfen nicht gestört werden.“ Der Satz wirkte wahre Wunder. „Die Operation verlief erfolgreich“, nutzte der Arzt die Pause. „Der Patient hatte schwere innere Verletzungen davon getragen – Rippenbrüche, innere Blutungen, doch in dieser Hinsicht ist sein Zustand stabil...“

Kollektives Aufatmen seitens der Eltern und der Bandmitglieder. Lee Hom runzelte leicht die Stirn, doch bevor er etwas sagen konnte, stand der Blonde auf.
 

„Was meinen Sie mit ‚in dieser Hinsicht‘?“ Gackt verengte misstrauisch seine Augen. Der Arzt lächelte wehmütig, er hätte es den Angehörigen sicherlich gerne erspart.
 

„Der Patient hat starke Schädelfrakturen erlitten. Er...liegt im Koma.“ Mit diesem einen Satz wurde Erleichterung weggefegt, Hoffnung im Keim erstickt.
 

„Wissen Sie, wie lange...?“ Gackt fragte sich, woher er überhaupt die Kraft hernahm zu sprechen, nach Antworten zu suchen. Der Arzt schüttelte den Kopf.
 

„Es kann vielleicht drei Tage dauern. Zwei Wochen, einen Monat oder...Jahre.“
 

„Gibt es denn gar nichts, was wir für ihn tun können, Doktor?!“ Hydes Mutter klammerte sich an ihren Ehemann, die Augen rot vor Tränen.

„Es tut mir Leid, wir können nur abwarten.“

‚Und hoffen‘, doch das brauchte er nicht auszusprechen.
 

„Wann kann ich- wann können wir ihn sehen?“, fiel es dem Blonden noch rechtzeitig ein.
 

„Wir werden ihn noch für ein paar Tage auf der Intensivstation behalten – sollte es zu unerwarteten Verschlechterungen seines Zustandes kommen. Danach wird der Patient in ein Zimmer in für diesen Fall ausgestatteten Flügel im 5. Stock gebracht. Es gelten dann die üblichen Besuchszeiten.“

Der Arzt verabschiedete sich mit einem Nicken und einem gemurmelten Gruß.
 

***
 

Die folgenden Tage ließen den Blonden seine Vorstellung von der Hölle gründlich revidieren. Die Züchtigungen seines Vaters erschienen ihm lachhaft verglichen mit der Tortur endloser Stunden des Wachens, Wartens, Betens.
 

Er weigerte sich für längere Zeit Hydes Bett zu verlassen, aus Angst, Ayumi könnte noch womöglich ihr ‚Werk‘ beenden wollen. Obwohl – so dumm konnte sie doch nicht sein, oder? Wobei dies eigentlich keinerlei Unterschied machte. Gackt war absolut unfähig, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Schon gar nicht auf die Schule (er konnte die Freunde des Langhaarigen absolut nicht verstehen – woher nahmen sie bloß die Energie, sich in irgendeine dumme Lehranstalt zu schleppen, wo sie doch in Wahrheit viel lieber bei Hyde geblieben wären? Gut, möglicherweise hatten sie niemanden, der ihnen in solchen Fällen den Rücken freihielt...).
 

Der Blonde spielte ernsthaft mit dem Gedanken, in Hydes Zimmer einzuziehen...Vielleicht würde er dann aufhören, von Schreien und Blut zu träumen? Egal. Seine Schlafprobleme waren so was von egal. Mit Freuden würde er von noch schlimmeren Dingen träumen – ja sogar seine nutzlose Seele dem Teufel verkaufen, Herrgott nochmal! – wenn Hyde dafür nur seine Augen aufmachen würde...dann höchstwahrscheinlich orientierungslos den Raum studieren und schließlich etwas Hochromantisches sagen – wie „Ga-chan, ich habe Hunger!“ zum Beispiel.
 

Gackt biss sich auf die Lippe und blinzelte, um die verräterischen Tränen zurückzudrängen. Er stand auf, ging zum Fenster, doch sein Blick suchte nach kurzer Zeit wieder die scheinbar nur friedlich schlafende Gestalt auf dem Bett. So schmal und zerbrechlich sah der Langhaarige aus...blass – nun ja, jedenfalls die wenigen Stellen, die nicht bandagiert waren. Notdürftig gewaschene Strähnen hingen leblos vom Kopfkissen herab. Nur die sich rhythmisch hebende und senkende Brust verriet, dass Hyde noch am Leben war.
 

Am Leben...Gackt kam wieder näher, streckte die Hand aus, fuhr vorsichtig mit den Fingerspitzen Hydes Stirn entlang. Zu gerne hätte er die gleiche Behandlung den Wangen des Schlafenden zugedacht, doch die Atemmaske war ihm im Weg.
 

„Wach auf, Haido. Bitte, wach auf. Ich warte auf dich...“ Der Blonde wusste nicht mehr so genau, ab welchem Zeitpunkt ihn die Sehnsucht nach wenigstens einem Abklatsch von Normalität übermannt und ihn zu einseitigen Gesprächen mit dem Kleineren gedrängt hatte. Oder war es, weil er die Stille (das leise Piepsen der Lebenserhaltungsgeräte nahm er schon lange nicht mehr wahr) einfach nicht mehr ertragen hatte? Spielte es überhaupt eine Rolle?

Gackt kam sich dennoch seltsam vor (unnormal – aber das war er ja schon längst, jedenfalls, wenn man der Meinung seines Vaters Glauben schenken wollte), er hielt nichts von Selbstgesprächen und dies war für ihn nichts anderes, selbst wenn die Ärzte behaupteten, dass Hyde alles hören konnte. Aber hören war nicht gleich hören...
 

Oder aber er wollte lediglich etwas Abwechslung schaffen – zu Mrs. Takarais tränenreichem Seufzen, Mr. Takarais eilig gemurmeltes „Werde schnell wieder gesund, mein Sohn, wir vermissen dich“ und ebenso eiliges Verschwinden (der Blonde konnte ihm schlecht einen Vorwurf machen – der Beinah-Tod eines Familienmitglieds galt nicht als Beurlaubungsgrund), Yukihiros sorgenvollem Schweigen, Kens „Na, Haido, wie geht’s dir heute?“ und anschließende Einweihung in den neuesten Schulklatsch und Tetsus traurig gelächeltes „Ich habe dir noch gar nicht gesagt, wie wundervoll du gesungen hast, Haido. Sobald du aufwachst, werden wir es ihnen zeigen, hörst du?“
 

Der Blonde wunderte sich nur am Rande, dass Hydes Eltern wenig bis gar kein Interesse an seiner Person zeigten. Sie hatten ihn nicht einmal nach seinem Namen befragt und Gackt war erleichtert darüber. Sie behandelten ihn wie einen der vielen Freunde ihres Sohnes, was dem Blonden viele umständliche Erklärungen der Wie’s und Warum’s ersparte. Er hatte weder die Lust noch die Kraft noch die Berechtigung Hydes Eltern über die wahre Natur ihrer Beziehung in Kenntnis zu setzen. Sie ließen ihm Zeit mit dem Langhaarigen, mehr verlangte er nicht.
 

Nur eine Woche. Nur eine gottverdammte Woche, doch es fühlte sich wie Jahre an. Mindestens. Irgendwann hatte Gackt es satt, tatenlos herumzusitzen.

Nach gnadenloser Bearbeitung der Krankenschwester mit seinem Charme trug er die hart erarbeitete Erlaubnis, die Haare Hydes waschen zu dürfen, davon. Nur kurze Zeit später (man hatte wohl seine Fähigkeit in diesem Bereich als durchaus passabel eingestuft) durfte der Blonde auch Ganzkörperwascheinheiten übernehmen. Immer weiter baute Gackt sein Krankenpflege-Monopol aus, bis ihm auch Bandagenwechsel und Reinigung der Wunden des Langhaarigen übertragen wurden (unter dem wachsamen Auge der zuständigen Krankenschwester selbstverständlich).
 

Mit dem Einsatz seiner lang bewährten Druckmittel (nein, damit ist immer noch sein Charme gemeint...und sein Heiratsalter) handelte Gackt längere Besuchszeiten heraus, sodass er sich beinahe rund um die Uhr (seine Ausreden, weshalb er um Mitternacht noch unbedingt zu Hyde musste, waren rhetorische Meisterleistungen) an der Seite des Langhaarigen war.
 

In der restlichen ‚freien‘ Zeit (also der Zeit, wo die misstrauischen und verheirateten Krankenschwestern die Schicht übernahmen und ihm seine überwältigend-logischen Erklärungen partout nicht abnehmen wollten) verfiel der Blonden in den angelernten Automatismus des Funktionierens. Essen, waschen, schlafen. Obwohl, wenn Yuki ihn nicht ständig auf ersteres aufmerksam machen würde, so wäre er wahrscheinlich längst verhungert. Schlafen war sowieso eine reine Formsache – angezogen ins Bett fallen, sich stundenlang herumwälzen, kurz einnicken und dann aufspringen und ins Krankenhaus fahren.

Nur in Hydes Nähe fühlte er sich...wie ein Mensch.
 

Eine Entwicklung gefiel ihm jedoch ganz und gar nicht. Und zwar die vermehrte Besucheraktivität. Dieser unglücksselige Umstand machte traute Zweisamkeit mit dem Langhaarigen zum Ding der Unmöglichkeit und dies begrüßte der Blonde absolut nicht.
 

Oder einfacher ausgedrückt: Es kotzte ihn endlos an, wenn irgendwelche Hosenscheißer (die nicht einmal Hyde persönlich kannten, da war Gackt sich sicher) seinen Kleinen beglotzten und abgedroschene Mitleidsfloskeln gluckerten!

(Von der Tatsache mal abgesehen, dass sie aus Hydes Zimmer einen wahren Dschungel gemacht hatten. Warum gab es in der Krankenhausordnung nicht so einen 2396sten Paragraphen Abs. 34, der besagte, dass die Zahl der Blumentöpfe in einem Krankenzimmer auf 279 beschränkt war?!)

Wie sollte man unter solchen Umständen denn normal arbeiten können?!
 

Es dauerte ein paar Tage, bis ihm auffiel, dass immer mehr Mädchen kamen und immer häufiger Blicke in seine Richtung wanderten...Doch der Blonde verweilte in durch Unsicherheit hervorgerufener Untätigkeit (vielleicht war er einfach zu übernächtigt und bildete sich das alles nur ein? Menschen konnten doch nicht so oberflächlich sein, oder?).
 

Bis ihm eines Tages der Kragen platzte.
 

Gackt war gerade dabei, Hydes ziemlich in Mitleidenschaft gezogene rechte Hand neu zu verbinden, als eine Gruppe aufgeregter Schulmädchen in das Zimmer platzte. Er hob kurz den Kopf, konzentrierte sich jedoch wieder auf seine Arbeit und betete, dass die Gören möglichst schnell wieder verschwinden mögen.

Seine Laune war nicht die beste. (Wobei ‚Laune‘ noch mächtig übertrieben war – seit jedem neuen Tag des nicht enden wollenden Hydebesucheraffenzirkus konnte er den Drang, jemandem die Kehle durchzubeißen immer schlechter unter Kontrolle halten...)

Eine der Gören – angefeuert durch geflüsterte Ermutigungen und leichte Stöße in den Rücken – ging zielstrebig auf ihn zu, verbeugte sich steif und hielt ihm mit zitternden Händen einen Briefumschlag entgegen.
 

„Schon seit du auf diese Schule gekommen bist, habe ich gleich gesehen, was für ein wunderbarer Mensch du bist, Gackt-san. Und als ich gesehen habe, wie rührend du dich um einen Mitschüler kümmerst, den du eigentlich nicht kennst - ich hoffe Takarai-san wird schnell wieder gesund...Ich habe mich in dich verliebt...und würde gern deine Freundin sein...wenn du noch niemanden hast.“
 

Der Blonde konnte nur ungläubig auf den Briefumschlag starren. Hatte er etwas nicht mitgekriegt? War Hyde schon entlassen und er, Gackt, bereits wieder in der Schule, wo ihm alles und jeder einen Heiratsantrag machte oder ihm haufenweise parfümierte Briefe überreichte? Er fühlte Wut in sich aufsteigen, nebst dem unwiderstehlichen Wunsch, den Brief zu zerreißen und die Schnipsel aus dem Fenster zu werfen. Zusammen mit der Luftverschwendung auf zwei Beinen.
 

Doch vorerst begnügte er sich, sie zappeln zu lassen, bis er Hydes Hand ordentlich verbunden hatte. Höfliches Anklopfen unterbrach die gedankliche Auflistung der unorthodoxen Methoden, mit denen Gackt die aufdringlichen Besucher aus dem Zimmer zu befördern gedachte. Yuki steckte ihren Kopf in den Raum, verschwand jedoch angesichts der beeindruckenden Versammlung gleich wieder. (Jedoch nicht ohne eine begrüßende Verbeugung anzudeuten – im Gegensatz zu anderen Individuen hatte sie ihre Manieren nicht in der anderen Hosentasche gelassen.)
 

Gackt fühlte sich der geballten Liebestollheit auf so engem Raum einfach nicht gewachsen.
 

Mit einem nicht ernst gemeinten (doch seine gute Erziehung verlangte ihren Tribut) „entschuldigt mich bitte für einen Augenblick“ schlüpfte er aus dem Zimmer.
 

„Yuki!“, wurde ohne Einleitung leise gebellt (okay, vergesst das mit der guten Erziehung, hat sowieso nie funktioniert). „Da drin ist eine Horde verrückter Weiber mit Liebesbriefen! Schaff sie mir vom Leib, auf der Stelle!“ Die Angefauchte verkniff sich klugerweise jede Andeutung auf ein Grinsen, sondern verbeugte sich und flüsterte ein „Sehr wohl.“
 

Dann zerrte sie ihren Herrn zeremonielos in das eindeutig überfüllte Krankenzimmer, seine Proteste einfach ignorierend. Dort angekommen, legte sie ihre Arme um seinen Hals und zog den Kopf des Blonden zu sich für einen langen Kuss. Als Yuki endlich von ihm abließ, war das Zimmer wie leergefegt...

/Verzeih mir, Haido. Ich konnte nichts tun./
 

„Das habe ich eigentlich nicht gemeint.“ Gackt war sich nicht ganz sicher, ob er amüsiert oder verärgert sein sollte. Schließlich entschied er sich für beides.
 

„Aber es hat funktioniert.“ Ein unschuldiges Lächeln.
 

„Also?“ Fragend hochgezogene Augenbraue. Der Blonde war zu faul, um die Frage vollständig auszuformulieren.
 

„Euer ärztliches Attest läuft in zwei Tagen ab. Der Direktor wird langsam misstrauisch...“
 

„Der alte Sack kann mich mal. Ich werde hier bleiben.“
 

„Ich denke, mit einem Attest des Schularztes kann er sich für eine Weile hinhalten lassen.“

Der Blonde nickte.
 

„Gut, das dürfte kein Problem sein, ich muss sowieso noch mit ihm reden. Pass du auf, dass keiner auf die Idee kommt, bei mir Zuhause anzurufen – meinen Alten kann ich hier am wenigsten gebrauchen.“ Damit wandte sich Gackt dem Langhaarigen zu, strich ihm vorsichtig über die Haare. Die Schwellungen auf dessen Gesicht waren zurückgegangen, auch die blauen Flecken verheilten. Wenigstens etwas. Langsam beugte er sich vor und küsste und küsste Hyde auf die Stirn.

Bitte wach auf. Ich vermisse dich...
 

„Ihr müsst ihn sehr lieben, Gackt-sama“, kam es leise von Yuki. Gackt zuckte zusammen, hatte er doch schon längst vergessen, dass noch jemand im Raum war.
 

‚Ja‘, nickte er lediglich, als er neben dem Bett auf die Knie sank und seinen Kopf neben den Hydes legte. „Mehr als du dir vorstellen kannst...“ Doch sein Dienstmädchen und langjährige Vertraute hatte bereits den Raum verlassen.
 

***
 

Zwei weitere Wochen verstrichen ohne nennenswerte Veränderungen. Der Blonde fühlte, wie der letzte Rest Hoffnung, zusammen mit dem letzten Rest seiner Lebensenergie, langsam evaporierte. Hyde wachte nicht auf.

Zuweilen schien es Gackt, als wolle der Kleinere nicht mehr aufwachen, doch er vertrieb diese Gedanken – sie machten die Situation wirklich nicht besser.
 

Die Ärzte hatten dem Langhaarigen die Atemmaske abgenommen – Hyde hatte sich so weit erholt, dass er auch ohne sie sehr gut zurechtkam. Gackt hatte diesen zunächst erfreulichen Umstand schamlos ausgenutzt und die Lippen des Kleineren beinah wundgeküsst.
 

Doch auch das hatte Dornröschen nicht aus ihrem Schlaf geweckt.

Und so wusch und bandagierte und redete er. Und wenn er nichts mehr zu erzählen hatte, dann sang er. Und manchmal legte er den Kopf auf Hydes Kissen und weinte.
 

Amüsanterweise kam Lee Hom wieder öfter vorbei – diesmal jedoch, um sich nach dem Wohlbefinden des Blonden zu erkundigen.
 

„Du hast nicht nur abgenommen – du bist regelrecht abgemagert! Wenn du so weiter machst, wirst du umkippen und das wäre noch harmlos...“
 

„Na und?“, wurde lediglich mit den Schultern gezuckt. „Ich persönlich habe nichts dagegen.“
 

„Gackt-san, Haido ist nicht tot. Er wird wieder aufwachen, da bin ich mir sicher.“
 

„Da sind Sie aber so ziemlich der einzige...“
 

„Gackt-san...“
 

„Was? Egal, was passiert – oder nicht passiert – ich werde hier bleiben.
 

„Gib niemals die Hoffnung auf.“

Wieder ein Zucken. Er hatte diesen Satz zu oft gehört, als dass dieser noch ein Fünkchen Bedeutung hätte.
 

„Haben Sie gesehen, wer es war?“
 

„Nein. Nur die Hinterköpfe der weglaufenden Jugendlichen. Einer davon war blond.“
 

Gackt fuhr zusammen. Oh ja, er konnte sich gut vorstellen, zu welchem Fressbrett dieser blonde Hinterkopf gehörte. Er atmete tief durch. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um in Rage Amok zu laufen. Seine Rache wird niemals kalt genossen. Sondern tiefgefroren. Sollte sich doch Ayumi in Sicherheit wiegen, dass er zu große Angst und zu wenig Mittel hatte, um ihr in irgendeiner Weise zu schaden.
 

„Du weißt, wer das getan hat.“ Sachliche Feststellung.
 

„Ich habe eine gute Vorstellung, ja.“ Zu spät, um zu leugnen.
 

„Die Polizei ermittelt in der ganzen Schule. Wundert mich, dass sie dich noch nicht zu einer Aussage vorgeladen hatten.“ Der Blonde lächelte in sich hinein. Anscheinend hatten sein Name und Yuki ganze Arbeit geleistet.
 

„Bei der Polizei ist diese Angelegenheit in schlechten Händen.“ Lee Hom packte ihn am Arm.
 

„Was soll das heißen? Du willst doch nicht etwa Selbstjustiz üben, oder Gackt-san?“ Machte sich der Arzt etwa Sorgen um ihn? Wie putzig.
 

„Keine Sorge. Ich habe nicht vor, jemanden umzubringen. Zumal das Leben sehr viel grausamer sein kann als der Tod...“ Bevor Lee Hom Proteste einlegen konnte, fuhr Gackt fort. „Der Polizei wären sowieso die Hände gebunden, denn die betreffende Person steht unter dem Schutz meines Vaters. Und er kennt Mittel und Wege, sich Polizisten vom Hals zu schaffen, glauben Sie mir.“

Der Schularzt seufzte.
 

„Egal, was du machst – lass dich nicht erwischen.“
 

„Oh, es geschieht nur zum Besten der Person!“
 

„Ach ja? Und warum grinst du dann so dreckig?“
 

„Weil es auch zu meinem und Haidos Bestem geschieht.“
 

„Schon gut, ich habe verstanden. Und du gehst jetzt nach Hause, trinkst einen Tee und legst dich ins Bett.“
 

Der Blonde hob eine Augenbraue.
 

„Wenn Hyde-san aufwacht und dich so sieht, dann wird er gleich wieder ins Koma fallen.“
 

Der Blonde hob auch die andere Augenbraue.
 

„Übertreiben Sie da nicht etwas?“
 

„Vielleicht. Aber man sieht deine Augen vor lauter Augenringen gar nicht mehr. Was soll ich Hyde-san erzählen, wenn du ohnmächtig auf dem Nachbarbett liegst?“
 

Der Blonde blinzelte.
 

„Aber ich kann jetzt nicht gehen. Haido muss wieder gewaschen werden und-“
 

„Ich bin Arzt, falls dir das entgangen sein sollte. Ich werde sicherlich noch wissen, wie man einen Patienten behandelt, meinst du nicht?“
 

Nun war es an Gackt zu seufzen. Dieser Quacksalber war wirklich eine Pest...
 

„Okay“, flüsterte er denn schwach lächelnd. „Ich denke, dass ich Ihnen Haido für eine kurze Zeit überlassen kann...“ Lee Hom geleitete ihn aus dem Zimmer, Yuki wartete bereits bei der Tür.

Der Blonde fühlte sich schwummrig...benommen. Er konnte fühlen, wie sein Herz gegen die Rippen krachte, wie sich die Vibration wie ein Echo durch seinen ganzen Körper ausbreitete. Er sah, wie der Schularzt schnell einige Worte mit Yuki wechselte, maß dem jedoch keine große Bedeutung bei. Bevor er ins Bett ging, hatte er noch etwas zu erledigen...Eine kleine diskrete e-Mail, ein ebenso diskreter Anruf. Es ging doch nichts über hilfsbereite Bekannte. Vollkommen ausgelaugt lehnte sich Gackt zurück. Bald hatte seine Schwester nichts mehr zu lachen...Hoffentlich hatte sie die letzten Wochen genossen...Um ihre Handlanger würde er sich später kümmern – sie würde ihm ihre Namen und Aufenthaltsorte liebend gern mitteilen, sobald die Zeit gekommen war.
 

Die Teetasse blieb gefährlich schwankend auf dem äußersten Tischrand stehen, doch der Blonde fand nicht einmal eine Unze Bereitschaft, sie vor dem sicheren Scherbentod zu bewahren. Er war sich vollkommen sicher, dass Yuki ihm etwas in den Tee gemischt hatte und fand sogar noch Zeit sich zu wundern, warum alle Frauen in diesem Haushalt ihn unbedingt vergiften wollten...

Der Schlaf traf ihn beinahe unvorbereitet und Gackt konnte beim besten Willen nicht sagen, wie er es überhaupt in sein Bett geschafft hatte...
 

Das Aufwachen traf ihn ebenfalls unvorbereitet. Von einer Sekunde auf die andere saß Gackt kerzengerade im Bett und versuchte sich krampfhaft zu erinnern, wer er war, wo er war und warum zur Hölle sich sein Kopf so anfühlte, als hätte jemand eine Tonne Neon-Gas da reingeblasen. Antworten bekam er natürlich keine, also galt es, gewisse Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Informationsdefizit zu beseitigen.
 

„YUKIII!!!!“
 

Stille. Ach, wie schön, wenn die Dienerschaft so aufmerksam und so fleißig ist! Gackt überlegte ernsthaft, ob er seinen Briefbeschwerer durch seine Glastür schleudern sollte. Und sich am besten gleich hinterher. Doch eilige Schritte auf dem Flur hinderten ihn an diesem noblen Vorhaben. Eine schwer atmende Yuki schoss ins Zimmer, verbeugte sich, stellte den mitgebrachten Orangensaft auf Gackts Nachttisch.
 

„Was soll dieses Rumgehetzte? Soll ich jetzt meine Diener disziplinieren oder was?“, fing der Blonde an zu stänkern. „Du hast bis auf weiteres Hausverbot.“
 

Yuki hob lediglich eine Augenbraue. (Ach wie schön, wenn die Bediensteten einen immer so ernst nehmen...!)
 

„Wenn ich Hausverbot habe, wer soll Euch dann ins Krankenhaus fahren, Gackt-sama?“
 

Die Realität rammte sich mit voller Wucht in Gackts Gehirn.
 

„Oh Gott, Haido!“ Damit sprang er aus dem Bett, fing an, panisch seine Sachen zusammenzusuchen. „Yuki! Warum zum Teufel hast du mich nicht geweckt?! Wie lange habe ich überhaupt geschlafen?“

Die Angesprochene drückte ihm ein ordentlich gefaltetes Kleiderpaket in die Hand, schob ihn Richtung Badezimmer.
 

„Zwei Tage. Und ich HABE Euch geweckt – jedenfalls habe ich es versucht...“ Bevor ihr Herr auch nur einen Laut der Empörung und des Protestes miepen konnte, schlug sie ihn gnadenlos mit knallharter Logik. „Und wenn Ihr jetzt auch noch Zeit mit Streitereien verplempert, kommt Ihr heute gar nicht mehr ins Krankenhaus.“ Der Blonde knurrte und stürzte ins Badezimmer.
 

***
 

Es waren eindeutig zu viele Leute unterwegs. Leute, die es sich wohl zum Hobby gemacht hatten, zweibeinige Stolpersteine auf Gackts Weg zu dem Langhaarigen zu imitieren.

Ein Ärzteschwarm vor dessen Zimmer ließ den Blonden seine Schritte beschleunigen.

/Um Gottes Willen, ihm wird doch nichts passiert sein, oder? Bitte nicht!/
 

Ohne anzuklopfen schlitterte er ins Zimmer...und erstarrte.
 

Ein lockiger Kopf drehte sich langsam zu dem neuen Besucher um. Hyde ignorierte die leise gezischten Anweisungen der Ärzte und kämpfte sich mühselig in eine halbwegs vertikale Position. Vorsichtig streckte er seine Arme nach dem Blonden aus, ein glückliches Lächeln auf dem schmalen Gesicht.
 

„Haido...“, wurde mit tränenerstickter Stimme geflüstert. „Ich...ich...“
 


 

TBC
 

A/N: Chrrr...#wegpenn# Uäh. Gackt verwandelt sich in einen Hund und knurrt alles und jeden an. An den Augenbrauen müsste der schon einen Krampf haben, so oft, wie der sie hochzieht...(so wie der Rest der Crew übrigens.) Doofe Wiederholungen, aber um 3 Uhr morgens fällt mir irgendwie nie was Gutes ein...Und dann dieses Gesülz am Ende – pfui, Deibel. ~.~

Ach ja. Und glaubt mir niemals, wenn ich hoch und heilig verspreche, dass ein nächstes Kapitel schneller kommt. Ich bin eine treulose Tomate. Aber ich hoffe, die Länge entschädigt wenigstens ein Bisschen für die lange Wartezeit.
 

Södele...tastet mir was Hübsches. (Oder nicht hübsches – für critque hat moi immer ein Öhrschän offen.)

Dornröschen auf hyde’sche Art

A Highschool Story
 

Kapitel #39
 

Er kam sich etwas tot vor. So kleinhobby-mäßig am Rande tot. Heftiger Kopfschmerz grüßte mit geradezu bestialischer Intensität aus der Dunkelheit.
 

Falls er nicht tot war, dann wollte er es schleunigst sein, sei es auch, um dem oben bereits beschriebenen Schmerz den Stinkefinger zu zeigen. Hyde erlaubte sich ein leises Aufstöhnen. Ungh. Herr Ober, bitte eine Wagenladung Aspirin an Tisch sieben! Vielleicht sollte er seine Mutter rufen? Das war ja wirklich kaum auszuhalten…
 

Irgendwie kam ihm das vage bekannt vor. War er nicht schon einmal an einem hydeunfreundlichen Ort mit Hyde eindeutig feindlich gesinnten Kopfschmerzen aufgewacht? Nein, nein,nein! Das gerade waren ein paar Gedanken zu viel. Argh, Scheiße tat das weh! Wo zur Hölle war er eigentlich?! Der Langhaarige versuchte, seinen Arm zu bewegen. (Die beste Methode, um seine Umwelt zu identifizieren.) Der Arm verweigerte ihm frech den Dienst, indem er sich schlafend stellte. Okay, gut, ist doch nichts Besonderes einmal im Leben ausschlafen zu wollen, oder?

Hyde versuchte sein Glück mit der Hand. Fehlanzeige. Finger?! Na, klasse.
 

Und wo war er überhaupt, hä? Vielleicht lag er gerade gefesselt und mit Drogen vollgepumpt in irgendeinem Bett mit schwarzer Satinbettwäsche. (Schwarze Satinbettwäsche = Markenzeichen für böse, hinterhältige Drogenbosse, die nichts Besseres zu tun haben, als Tokyo nach irgendwelchen Langhaarigen abzusuchen und dann auch noch Drogen an sie zu verschwenden.)

Okay, ganz ruhig. Atmen. Irgendwie fühlte sich seine Brust nicht wirklich so an, als würde sie einen Anschein von Funktionsfähigkeit machen. Atmete er überhaupt? Langsam machte sich Panik in ihm breit. Hyde versuchte seine Augen aufzumachen; warum fühlten sich seine Lider so tonnenschwer an?! Er war doch nicht etwa blind geworden – von einem Tag auf den anderen?
 

Moment.

Ein Tag? Wie viel Zeit war vergangen, seit...seit was eigentlich? Oh, Gott. Hilfe, sein Körper wie ein Gefägnis; warum konnte er sich nicht bewegen?! Was war los mit ihm? Und sein Kopf...sein gottverdammter Kopf brach alle Rekorde im Migräne-Marathon! Was für eine furchtbare Erfindung, diese Köpfe. Mitsamt Schmerzen. Tse.

ER WOLLTE HIER RAUS! So. Das musste jetzt mal gedacht werden. Abermals versuchte der Langhaarige seine Peripherie zum Funktionieren zu überreden, abermals kein Erfolg. Verzweiflung rauschte zusammen mit Adrenalin durch seine Adern, nährte seine Panik. Er konnte doch nicht ewig so liegen bleiben! (Die Frage „wo überhaupt?!“ stellte sich Hyde aus offensichtlichen Gründen nicht.)
 

Wut mischte sich in den brennenden Cocktail aus Angst und Hilflosigkeit, der durch ihn hindurchjagte. Hyde. Wollte. Sich. Bewegen! Seine Augen aufmachen, mit der Hand durch seine Haare streichen – Jesus, sie haben doch seine Haare nicht abgeschnitten, oder?!

Vielleicht war es gerade dieser kleine Anfall von Schönheitswahn (Wie konnten es diese Schweine wagen, meine wunderschönen Haare anzufassen?! Na, denen werde ich was erzählen!), der Hyde endlich seine Augen aufmachen ließ. Wenn auch für eine Millisekunde. Ein Lichtstrahl unbekannter Herkunft bohrte sich in das Gehirn des Langhaarigen, ließ dessen vergessen gewähnte Kopfschmerzen frohlocken. Seine Augen tränten als hätte jemand ihnen eine kostenfreie Zwiebelreibung verpasst. Hyde winselte innerlich.
 

Erst nach einer ganzen Weile fühlte sich der Langhaarige physisch, psychisch und emotional auf den zweiten Versuch vorbereitet. Ganz vorsichtig hob er Stück für Stück seine Lider an und...bekam prompt einen Herzkasper.

DA! Da genau auf dem Tisch neben seinem Bett! Etwas Großes mit langen Tentakeln! Mama, ein Monster! Es wollte ihm garantiert unschöne Dinge antun, GYAAAAAH!
 

Moment.
 

Benahm sich verdächtig leblos, dieses Monster. Khem. Das...äh, sah mehr nach Blumen aus... (Dem Idioten, der auf die beknackte Idee gekommen war, dieses Herzstillstand provozierendes Ergebnis botanischer Höchstleistung neben Hydes Bett zu stellen, würde der Langhaarige gern den Hals umdrehen. Und zwar ganz langsam und genüsslich.)
 

Nun, etwas Positives hatte diese blumige Nahtoderfahrung ja doch. Hydes Augen taten ihm nicht mehr so weh. Mit langsamen Blicken inspizierte er seinen derzeitigen Aufenthaltsort. Wären seine Arme funktionsfähig, so hätte sich der Langhaarige wohl an die Stirn geklatscht. Oh, welch ein Wunder, welch eine Überraschung, welch ein Hastdunichtgehört – er lag tatsächlich und wahrhaftig in einem Krankenhaus! Wow. Hyde hatte keine Ahnung, wie diese besorgniserregend-magnetische Anziehungskraft zwischen ihm und kreuzgekennzeichneten Orten zustande gekommen war. (Vielleicht hatte Tetsu, diese kleine Drecksau, ihm auf die Stirn „Hyde, single, männlich (auch wenn’s nicht so aussieht), sucht ein hübsches Krankenhaus, nicht zu alt, mit nettem Personal“ geschrieben?)
 

Der Langhaarige stöhnte resigniert auf. Wenn er wenigstens wüsste, wem oder was er seinen zweiten Besuch zu verdanken hatte, obwohl… vielleicht gibt es Dinge zwischen Himmel und Erde, die besser nicht erwähnt werden sollten? Bof. Schwachsinn! Er würde einfach Gackt auf sie hetzen und fertig!

Was der Blonde wohl gerade machte...? Ob er...Hyde im Krankenhaus besucht hatte? Seltsam. Warum bekam er einen leichten Stich ins Herz bei dem Gedanken daran, dass Gackt gerade nicht bei ihm war? Dass er nicht an seiner Seite schlief, den Kopf auf die Arme gebettet? Ach, was sollten eigentlich diese egozentrischen Anwandlungen? Jede Krankenschwester hätte den Blonden um diese Uhrzeit mit einem Besen in der Hand aus dem Krankenhaus gejagt. (Oder mit einem High-Tech-Laser-Staubpartikel-Entferner-Pocket-System-Gerät, um dem 21. Jahrhundert Schuldigkeit zu tun.)
 

Der Lichtstrahl, der Hydes Sehzentrum explodierendes Tageslicht vorgegaukelt hatte, gehörte einer einsamen Neonröhre, die sich asozialerweise genau über dem Bett des Langhaarigen befand.

So. Prima. Er war wach. Und nun? Was sollte er jetzt machen? Sich zu Tode langweilen? Oder sich den „Mein-Finger-bewegt-sich-mein-Finger-bewegt-sich-nicht“-Unterhaltungsschlager zu Gemüte führen? Ihm kamen beide Varianten wenig erbaulich vor. Und sein dummer Finger bewegte sich übrigens immer noch nicht. Vielleicht sollte er es mit seinem Hals versuchen? Uh, lieber nicht. Sollten sich doch die Ärzte darum kümmern!
 

Hyde fragte sich, wie lange er eigentlich schon in diesem Krankenhaus lag. Hatte er viel verpasst? Er fühlte sich irgendwie von der Welt abgeschnitten, wie er hier mit Lücken im Gedächtnis und taubem Körper auf dem Krankenbett ausharrte. Vielleicht sollte er einfach einschlafen? Nach der Schwester klingeln konnte Hyde nicht und selbst wenn, was sollte er ihr sagen? „Ja, hallo, ’schuldigung, dass ich Sie um diese Zeit aus dem Bett (oder woher auch immer Sie kommen) klingel’, aber ich habe gerade so einen kleinen Anfall von Alzheimer. Könnten Sie mir zufällig verraten, wer ich bin und was ich eigentlich hier mache?“ (Womöglich sperrten sie ihn danach in eine Klapse.)
 

Der Langhaarige hatte keine Ahnung, wie lange er augenturnend (was anderes bewegen konnte er nicht) dalag, bis er schließlich in einen leichten Halbschlummer glitt.
 

***
 

Hätte Hyde gewusst, welches Chaos ihn am nächsten Morgen begrüßen würde, hätte er sich wahrscheinlich totgestellt. Der besagte Morgen fing mit einem ungläubigen Ausruf
 

„Haido-kun! Sie sind wach! Gott sei Dank!“ (der in seiner Schrille nur noch von dem Martinshorn übertönt werden konnte) an, gefolgt von Fußgetrappel.

Was genau dieser Satz zu bedeuten hatte, wollte dem Langhaarigen partout nicht einfallen. Er konnte sich nicht daran erinnern, urplötzlich Langschläfergewohnheiten entwickelt zu haben. Hyde fühlte leichte Nuancen der Verärgerung in sich aufsteigen – alle sie schrieen herum, sausten hin und her wie angefackelte Hühner, aber ihn! den Hauptleidtragenden (er hatte zwar immer noch keine Ahnung, wieso, aber aber da er in einem Krankenbett – mal wieder! – lag, musste das ja etwas zu bedeuten haben, oder?) ließ man einfach links liegen! Wasn Scheiß war das denn bitteschön, häh?!
 

Der hereinkommende (zwar ohne Getrappel, aber dennoch ordentlich aus der Puste) Arzt versprach glorreiche Erleuchtung der dümpelnden Wissenslücken des Langhaarigen. Daher ließ sich letzterer dazu herab, den Weißkittel vorerst nicht mit Todesblicken abzuknallen. Es sei denn, der Arzt kam mit diesen dämlichen Fragen wie „Wie geht es Ihnen denn heute, Haido-kun?“ (fälschliches Lächeln gratis mit dazu).
 

„Guten Morgen, Haido-kun! Wie fühlen Sie sich heute?“

Argh!!!

(Okay, leite Start der Operation BC ‚Wie-mache-ich-am-schnellsten-und-umweltfreundlichsten-diesen-nutzlosen-alten-Sack-kalt?!‘ ein. Kommandozentrale, erbitte Feuererlaubnis. Ziel anvisiert. Nur noch 10 Sekunden bis zum tödlichen Feuerschuss. 9,8,7...)
 

„Haido-kun? Haben Sie Schmerzen?“ Nein, aber du gleich!

Es war genau in dem Moment als Hyde (in voller Soldatenmontur, inklusive schief sitzendem Helm und Patronengürtel, mit einer Bazooka bewaffnet) zum alles entscheidenden Schlag ansetzend, auffiel, dass sein Mundwerk ihm weitaus widerwilliger gehorchte als seine Phantasie. Nämlich gar nicht. Der Langhaarige konnte den Arzt nur anstarren.
 

„Haido-kun?“ Der Quacksalber machte einen getretenen Eindruck, ob dieser Gleichgültigkeit seitens seines geliebten Patienten. „Oh, ich verstehe.“ Warum wurde Hyde bei diesem Satz noch mulmiger zumute? Auch als der Arzt sich vorbeugte und einen leblosen Arm des Langhaarigen anhob, wurden böse Vorahnungen nicht zerstreut.
 

„Keine Sorge, Sie sind nicht gelähmt, Ihr Körper braucht eine Weile, um sich wieder an Bewegungen zu gewöhnen. Das ist normal, hetzen Sie sich nicht. Schließlich haben Sie zwei Wochen lang geschlafen.“
 

„W-wah...?!“, krächzte der Langhaarige. Der Schock schien die Aktivitätsbereitschaft seiner Peripherie immens voranzutreiben. „Zw...Wo...?!“ Zwei Wochen? Sollte das jetzt ein Witz sein? Hyde konnte gar nicht darüber lachen! Was zur Hölle haben sie mit ihm angestellt?!

Der Arzt lächelte nichtssagend.
 

„Kein Grund zur Aufregung. Sie brauchen jetzt Ruhe und Zeit, um zu Kräften zu kommen. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen eine Beruhigungsspritze-“ Hyde kramte den mörderischsten Todesblick aus seinem Repertoire. „Ah, wie ich sehe, möchten Sie das nicht. Versuchen Sie zu schlafen, danach wird es Ihnen besser gehen.“
 

Klasse. Kaum aufgewacht, schon wieder zum Schlafen gezwungen. Waren zwei Wochen an Penneinheiten denn nicht genug? Der Doktor ließ sich von der Empörung Hydes nur wenig beeindrucken (wäre er auch nur annähernd telepathisch begabt, hätte der Langhaarige den Weißkittel schon längst mit seinen Gedanken erdolcht), als er der Schwester ein paar Hinweise zuflüsterte und sie daraufhin an dem wehrlos der modernen Medizin Ausgelieferten herumzuwerkeln begann.
 

Hyde ließ die Prozedur ausnahmsweise ohne Panikattacken über sich ergehen. Lag wohl daran, dass er absolut nichts fühlte und seinen Kopf nicht heben konnte (jaja, der Schwerdenker), um der schwarzen Witwe im weißen Kleidchen auf die Finger zu schauen. (Die ultimative SAW II-Erfahrung.)
 

Danach wurde der Langhaarige erschlagender Langeweile ausgesetzt. Logischerweise konnte er nicht einschlafen – wenn man angeblich zwei Wochen im Land der Träume verbracht hatte, dann stand man (jedenfalls für eine Weile) derlei Unternehmung etwas skeptisch gegenüber. Vielleicht würde er dann aus Versehen vier Wochen schlafen? Und dann noch fünf Jahre? Und dann war Hyde alt und Gackt hatte längst geheiratet und hatte Kinder! (Leichter Anfall von jugendlichem Größenwahn.)
 

Er hatte keine Ahnung wie lange er, dem Schicksal Überlassene, einsam auf seinem Bett dahinvegetierte und im Selbstmitleid ertrank – auf jeden Fall viel zu lange – als der Arzt gnädigerweise sich dazu herabließ nach seinem Patienten zu schauen.
 

„Hallo. Irgendwelche Fortschritte mit Ihrem Bewegungsapparat?“, wurde Hydes recht eingeschränktes Gesichtsfeld angelächelt. Der Langhaarige durchtränkte eisiges Schweigen mit beißendem Sarkasmus. Jedenfalls versuchte er das. „Ah, ja. Ich sehe schon. Es ist etwas ungewöhnlich...Ich denke, es wäre besser, wenn wir etwas nachhelfen, was meinen Sie, Haido-kun?“ Der Doktor (immer noch lächelnd) ließ so ganz und gar nicht Misstrauen erregend die Hand in der Kitteltasche verschwinden. Bei der Vorstellung, was genau sich in dieser furchtbaren Tasche befinden könnte, wurde Hyde plötzlich ganz anders.
 

Nein. Das wagt dieser Quacksalber nicht. Das WAGT er nicht! Das...wagt er...doch. Die Nadelspitze grinste den Langhaarigen maliziös an, ganz so als wollte sie ihm ein „Na, Zwerg? Ich fröne hemmungslos der Pieksfreiheit und du kannst absolut nichts dagegen machen. Hähä.“ frech zuwerfen. Der Zwerg war von dieser Idee gar nicht begeistert. Gang im Gegenteil – Hyde fühlte eine immer schneller werdende Akkumulation von purem Horror in seinem System.
 

„Aber Hyde-san, Sie brauchen absolut keine Angst zu haben...“Nachdenklich wurde ein Teil der Flüssigkeit aus der Spritze verbannt. „Sie werden überhaupt nichts spüren, das kann ich Ihnen versichern.“

/Hör endlich auf so wohlwollend auf mich herabzugrinsen! Und komm nicht näher! Bleib mir mit diesem Folterinstrument vom Leibe!/ Adrenalin jagte mit Triumphgeheul durch Hydes Blutbahnen.

Es war genau in dem Moment, in dem der Arzt Hydes Arm beim lebendigen Leib amputieren wollte (sprich: dazu ansetzte, ihm eine Spritze zu geben), als die Panik einen akuten Sieg über den Leichenzustand des Langhaarigen davontrug.
 

„Nein!“ Mit überraschend großem Schwung rollte Hyde auf die andere Seite des Bettes, um der verhassten Nadel zu entrinnen, unterschätzte jedoch gehörig den eingeschränkten Bettumfang und knallte kurzerhand auf den Boden.
 

...aua...
 

Irgendwo außerhalb der leichten Betäubung, die den Langhaarigen erfasste, hörte er den Aufschrei der Krankenschwester (der böse Doktor grinste garantiert immer noch, darauf würde Hyde sein Röckchen verwetten), fühlte Hände, die ihn wieder auf das Bett hoben.
 

„...do-kun! Haido-kun! Geht es Ihnen gut! Haido-kun!“ (Okay, wäre die Wette echt, dann wäre Hyde wohl röckchenlos.) Der Doktor sah sehr besorgt aus, befühlte vorsichtig Hydes Körper – nach eventuellen Frakturen tastend. Einen Moment lang spielte der Langhaarige mit dem Gedanken, sich etwas länger totzustellen, um es diesem blöden Pfuscher heimzuzahlen. Doch leider hatte er eine viel zu gute Erziehung genossen, um dem armen, bemitleidenswerten Dreckfresser so etwas Grausames anzutun. Dem Ruf seines Gewissens folgend, gab Hyde ein leichtes Stöhnen von sich und fasste sich an den schmerzenden Kopf.
 

Moment mal. ‚Fasste‘?!

Ungläubig betrachtete der Langhaarige seine Hand, die scheinbar ohne sein Zutun in seinem Gesichtsfeld schwebte.

...Oh. Er...er konnte sich ja bewegen. Der Langhaarige konnte ein erleichtertes Grinsen nicht von seinem Gesicht bannen. Probeweise wurde der andere Arm hochgehoben. Funktionierte einwandfrei.
 

„Hyde-san, Sie haben uns einen ziemlichen Schrecken eingejagt. Bitte vermeiden Sie in Zukunft solche Akrobatik...“
 

„Hmhm...“ Hyde war viel zu sehr mit der neuen Bewegungswilligkeit seiner Extremitäten beschäftigt, um hinzuhören.
 

„Ich habe Ihre Familie benachrichtigt, Ihre Eltern werden sicher froh sein zu erfahren, dass Sie wieder aufgewacht sind. Und Ihr Freund besonders.“ Die letzte Bemerkung machte den Langhaarigen hellhörig. (Hyde praktizierte gnadenlos selektiv-auditive Wahrnehmung.)
 

„Mein... Freund?!“ Aus einem unerklärlichen Grund schlug sein Herz schneller. Der Arzt meinte doch nicht...? Oder doch? Vielleicht jemand anderen? Hallo, Bett an Hyde, Bett an Hyde! Bitte runterkommen! Tetsu. Es war bestimmt, 100%ig Tetsu. Hyde war sogar bereit, sein Ersatzröckchen darauf zu verwetten. (Pure Freudenverzweiflung.)

„Was für... ein Freund?“, schaffte es der Langhaarige aus sich herauszupressen. Warum hatte er jetzt auf einmal Angst vor der Antwort?
 

„Oh, der blonde Junge, ist das nicht Ihr Freund? Er hat sich wirklich vorbildlich um Sie gekümmert – sogar die Krankenschwestern waren beeindruckt.“ Hyde hatte große Schwierigkeiten, mit dem luftraubenden Kloß in seiner Kehle fertig zu werden. Durfte er wieder hoffen? Nach allem, was passiert ist? Der große Krach zwischen ihnen – der unüberwindlich scheinende Abgrund, durch Geheimniskrämerei noch verstärkt.

Gackuto, zuerst tust du alles, um mich auf Abstand zu halten, dann reißt du mich in deine Arme, um mich dann abermals von dir wegzustoßen. Und ich kann nichts weiter tun, als gegen die kalte Glasmauer anrennen, die du um dich herum errichtet hast. Dämlicher Architekt auf Eistrip!

Merkwürdigerweise verspürte der Langhaarige keine Wut, mehr eine tränentreibende Sehnsucht, den Blonden in seine Arme zu schließen, die Hände im weichen Haar zu vergraben; warum war er jetzt nicht hier? An Hydes Seite, wo alle Gackts hingehörten?!
 

Doch Hyde wurde keine Möglichkeit gelassen, diesen semi-depressiven Gedanken nachzuhängen. Auf einmal vernahm er Hufgetrappel, das sich mit großer Geschwindigkeit seinem Zimmer näherte. Begleitet wurde die nicht ungefährliche Fortbewegungsweise von ohrverachtenden Aufschreien, die sich verdächtig nach „HAI, HAI, HAI!“ anhörten. Hyde setzte eine impassive Miene auf, Marke ‚Egal-wer-es-ist-ich-kenn-ihn-nicht‘.
 

Doch leider ließ sich ein professioneller Krankenhaustürencrasher wie Tetsu einfach schlecht ignorieren.
 

„HAAAIIIIDOOO!!!“, wurde aus voller Kehler gebrüllt, während Rambo 3 ½ zum entscheidenden Hyde-Kopfsprung ansetzte. Von dem Langhaarigen wäre wohl ein bemitleidenswert-plattgedrücktes Pfützchen Etwas übrig geblieben, hätte sich der Arzt nicht todesmutig zwischen den Braunhaarigen und seinem Opfer geworfen.
 

„Halt! Wer sind Sie? Der Zutritt zu diesem Trakt ist nur für Familienangehörige und unter einigen Ausnahmen auch Freunden gewährt. Randallierer gehören nicht zu den Befugten, also raus hier!“

Sollte der Doktor tatsächlich der Vorstellung erlegen gewesen sein, einen Tetsuya (in einem ‚Haido-lebt-wieder-ich-lass-ihn-nie-mehr-los-GLOMPS‘-Modus) durch Arztkittelansprachen auch im geringsten beeindrucken zu können, so war er schwer auf dem Holzweg. Unnötig zu erwähnen, dass selbst ein ganzes Bataillon von Doktoren nicht hätte verhindern können, dass sich Hyde im Klammergriff des freudestrahlenden Braunhaarigen wiederfand. Bei der heftigen Bewegung meldete sich Hydes Kopfschmerz mit der gebührlichen Empörung geschundener Nerven zurück.
 

„Oouuh...Tet-chan... ich würde es sehr begrüßen, wenn ich dieses Krankenhaus in einem Stück verlassen könnte...“, stöhnte der Langhaarige etwas heiser; seine Stimmbänder gewöhnten sich langsam an die rege Inbetriebnahme.
 

„Tschuldige“, kam die gegrinste Antwort. Der Braunhaarige machte keinerlei Anstalten, Hyde loszulassen. „Haido, Haido, ich bin so unglaublich froh, ich hatte so große Angst, du würdest gar nicht mehr aufwachen! Diese Arschlöcher werden das büßen, das schwöre ich dir!“
 

Hyde befreite sich unter einigem Kraftaufwand aus Tetsus Umarmung, um diesen mit einem ungläubig-unwissenden Blick zu bedenken.
 

„Tet-chan...wovon zur Hölle...redest du?“
 

„Huh, weißt du denn gar nicht, was passiert ist? Woran kannst du dich eigentlich noch erinnern?“ Diese Frage verstärkte Hydes Kopfschmerzen immens. Auf Hydes hilflosen Blick hin, schritt der Arzt ein.
 

„So, das reicht jetzt. Haido-kun ist erst einen halben Tag lang wach, er braucht noch viel Ruhe, um wieder zu Kräften zu kommen. Ich muss Sie bitten, den nächsten Besuchern Platz zu machen – einen Volksauflauf werde ich auf keinen Fall dulden.“

Tetsu (sich durchaus dessen bewusst, dass allzu große Auseinandersetzungen mit dem Arzt sich nur negativ auf seine Besuchszeit auswirken könnten) hob den Kopf und sah den Doktor aus großen Dackelaugen an.
 

„Darf ich wenigstens so lange hier bleiben, bis Hydes Eltern kommen? Ich verspreche, dass ich ihn nicht unter Stress setzen werde (/Jedenfalls nicht allzu großen/). Bitte!“ Dem Angeflehten blieb nichts anderes übrig, als mit einem resignierten Seufzen sein Einverständnis zu nicken und das Krankenzimmer zu verlassen.
 

„Wie fühlst du dich, Haido?“ Der Langhaarige hoffte ganz stark, dass diese Floskel nicht zum Ohrwurm werden würde.
 

„Ich lebe noch. Und jetzt verrate mir mal, Tet-chan, was zur Hölle ist eigentlich passiert?“ Hyde hatte es entschieden satt, ständig im Dunkeln gelassen zu werden. Der Braunhaarige seufzte zur Antwort.
 

„Da fragst du den falschen, Haido. Ich weiß nur, dass du nach dem Konzert plötzlich verschwunden bist und dann...war ich schon im Krankenhaus, während du operiert wurdest. Lee Hom hat dich als erster gefunden. Er hat...gesehen, dass du...zusammengeschlagen...“ Der Braunhaarige brach ab und senkte den Kopf, um sich zu sammeln. „Du...lagst zwei Wochen lang im Koma...die Ärzte wussten nicht, ob du je wieder aufwachen würdest...“
 

Der Langhaarige wusste darauf nichts zu sagen. Anscheinend wurde auch keine Antwort von ihm erwartet – immer noch in schmerzliche Erinnerungen versunken, hob Tetsu die Hand, streichelte über Hydes Wange. Als der Braunhaarige sich vorsichtig zu ihm beugte, um sanft einen Kuss auf seine Stirn zu drücken, wertete der Langhaarige die Geste als Bestätigung für den Bassisten, dass Hyde tatsächlich wach war, am Leben, nicht bloß eine Traumerscheinung.
 

„Haido...“, flüsterte der Braunhaarige, als er seinen Kopf an Hydes Schulter vergrub, „ich bitte dich, lass es nicht wieder passieren, bitte sei vorsichtig. Ich weiß nicht, was ich machen würde, sollte sich dieser Horror wiederholen...“

Der Langhaarige deutete ein Nicken an. Es war eine unmögliche Bitte. Überfälle auf seine Person zu verhindern hieß womöglich noch Gackt aufzugeben (sollten sich die Andeutungen des Blonden hinsichtlich Beseitigungen von Freunden tatsächlich als wahr herausstellen) und das konnte Hyde einfach nicht. Das belustigt-tieftraurige Lächeln Tetsus, als dieser ihn wieder losließ – der Braunhaarige hatte nichts anderes erwartet.
 

„Wo sind denn eigentlich-“, fing Hyde an, wurde jedoch von Fußgetrappel, das eindeutig Kurs auf sein Zimmer genommen hatte, unterbrochen.
 

„Tetsu, du kleine Ratte, warum hast du uns nicht Bescheid gesagt, dass Haido schon aufgewacht ist?! Na, warte, wenn ich dich in die Finger-“
 

„Also, wirklich! Das war mehr als nur verantwortungslos von-“
 

Was auch immer Ken und Yuki (ersterer mit eindeutigen Mordabsichten) der weißen Krankenzimmertür mitteilen wollten, verschwand in der Schublade ‚Tetsu. Killen. Später.‘, als ein gesund und munter aussehender Hyde ihnen vom Krankenbett entgegenlächelte.

(Von Tetsu fehlte übrigens jede Spur.)
 

Es folgten freudige Ausrufe:

„Haido! Du lebst!“

„Ken, Haido-kun war auch nicht tot.“

„Ist doch wurst, er ist wieder da!“
 

Feste Umarmungen:

„Urgh, Ken, nicht so fest...ich...keine...L...“

„Haido lebt wieder!“
 

Noch festere Umarmungen:

„Ke...n...“

„Haido lebt!“

„Ähm, Ken, wenn du so weiter machst, dann landet Haido-kun wieder im Koma.“
 

Und die übliche Fragestunde:

„Ken, Haido-kun liegt auf dem Bett und bewegt sich nicht mehr...“

„Ist das jetzt meine Schuld oder was?“
 

„Haido, wir haben dich so vermisst!“ Ken wollte den Langhaarigen abermals in eine Umarmung ziehen, doch Yuki besaß genug Geistesgegenwart, um ihn daran zu hindern.
 

„Ich freue mich so sehr, dass es dir wieder besser geht, Haido-kun“, lächelte der Drummer ihrer kleinen Band. „Kannst du dich eigentlich daran erinnern, wer...?“ Unsicher ob Hydes Reaktion auf das Thema, ließ Yuki die Frage unbeendet. Der Langhaarige schüttelte den Kopf.
 

„Ich kann mich an absolut gar nichts erinnern, was an dem Tag geschah. Ich wusste ja nicht einmal, dass ich zwei Wochen im Koma lag!“
 

„Du siehst sehr gut aus“, lenkte Yuki sogleich vom Thema ab. Ausnahmsweise verstand Ken den Wink.
 

„Heh, bei der exklusiven Pflege wundert mich das absolut nicht!“ Verschwörerisches Zwinkern in unbestimmte Richtung.
 

„Auch wenn ich leider zugeben muss, dass Gackt-san ziemlich egoistisch deine Besuchszeiten monopolisiert hat.“

So sehr sich der Langhaarige auch bemühte, so konnte er ob dieser schreienden Ungerechtigkeit, die Yuki erfahren musste, einfach keinen passenden genervt-mürrischen Gesichtsausdruck basteln. (Dazu störte die dezente Röte, die sich über Hydes Wangen legte, einfach viel zu sehr.)
 

„Oh, einmal habe ich ihn sogar singen hören“, steuerte Ken bei.
 

„Was? Singen? Du meinst, er hat gesungen...für...mich?“ Hyde verfluchte sich für diese Frage im selben Moment, in dem sie unerlaubterweise via ungehorsame Zunge sein gacktüberstrapaziertes Gehirn verlassen hatte. Ooh, er hat Beethoven in F-moll für mich gesummt, ich sterbe gleich vor Verzückung! Er war doch kein gottverdammtes kitsch- und gacktverliebtes Schulmädchen! Nur weil er sich wie eines benahm, hieß das noch lange nichts!
 

„Stellt sofort das dämliche Grinsen ab, alle beide!“ Es musst einfach gesagt werden, auch wenn es das vollkommene Gegenteil bewirkte.
 

„Ach ja, ich habe sogar gesehen, wie er dich...“, Ken legte eine bedeutungsschwangere Pause ein. Dieser Dreckskerl.
 

„...mich verbunden hat. Ich weiß doch genau, was du mir sagen willst, Ken.“ Der Langhaarige lächelte siegessicher.
 

„...geküsst hat.“ Der Langhaarige lächelte immer noch. Nunmehr mit einem verliebt-verklärten Blick und einem rosa-sehnsüchtigen Seufzen auf den Lippen. (Und da behauptet einer, er wäre kein kitsch- und gacktverliebtes Schulmädchen...)
 

„Ken, das hättest du ihm lieber nicht sagen sollen. Hallo? Erde an Hyde?“ Yuki schnippte mit den Fingern.

Das Eintreten dreier weiteren Personen vermochte effektiver Hyde von den Sternen zu holen.
 

„So, ihr drei. Für euch ist die Besuchszeit vorbei, raus hier.“ Der Arzt war mal wieder ganz Zuvorkommenheit und Geduld in Person. Ken und Yuki wechselten ratlose Blicke. Drei?
 

„Ja ja, ihr beide und der junge Mann, der sich unter Haido-kuns Bett versteckt! Los, los!“ Tetsu krabbelte schief lächelnd aus seinem Versteck hervor. Sein Grinsen packte seine Siebensachen und verließ die Erde Richtung Mars als der Braunhaarige Kens unverhüllter Mordlust gewahr wurde. Der Gitarrist griff den sich vom Leben Verabschiedenden am Ohr und schleifte ihn aus dem Krankenzimmer, Tetsus Beteuerungen „Ich hab euch doch einen Zettel geschrieben!“ ignorierend.
 

Das Wiedersehen mit seinen Eltern lief weitaus gesitteter ab. Seine Mutter konnte Freudentränen nicht aufhalten und auch sein Vater fuhr sich verstohlen über die Augen.
 

„Wir sind so froh, dass es dir endlich wieder besser geht!“ Nadeshiko hörte nicht auf, ihrem Sohn über die Haare, Gesicht und Arme zu streicheln, ihn immer wieder in eine Umarmung zu ziehen. Das erleichtert-glückliche Lächeln seines Vaters sagte mehr als Worte es je vermocht hätten.

Müde von dem heillosen Chaos und immerwährenden Aufständen um seine Person, beschloss der Langhaarige seinen Kopf an der Schulter seiner Mutter zu vergraben und egoistisch wegzupennen.
 

Als Hyde nach einer Weile die Welt mit seiner geistigen Präsenz beglückte, waren seine Eltern bereits gegangen. Dafür schwirrte ein Ameisenhaufen an Schwestern, Ärzten und Krankenpflegern um ihn herum – man zupfte an ihm, versuchte ihm etwas anzudrehen (im wahrsten Sinne des Wortes) und ging ihm im Allgemeinen ziemlich auf den Nerv. Der Langhaarige starrte unbeteiligt auf die abwechslungsreich-weiße Krankenzimmerdecke und versuchte so zu tun, als ginge ihn das Ganze überhaupt nichts an.

Abgesehen vom gelegentlichen Knurren, vorzugsweise wenn sich ein Weißkittel mit etwas verdächtig Länglichem näherte (egal, ob Bleistift oder Stethoskopkabel – Vorsorge war eben das A und O im Leben, vor allem, wenn man Hyde hieß), gelang es dem Langhaarigen erstaunlich gut.
 

Diesmal hörte Hyde keine schnellen Schritte über den Flur donnern. Auch keine laute Stimme, die seinen Namen durch die Gegend krakeelte. Eigentlich war es Hydes gutes Recht, die Gestalt, die an der Tür auftauchte, gar nicht erst zu bemerken. Ein Recht, von dem der Langhaarige niemals auf die Idee kommen würde, Gebrauch zu machen.
 

Ohne auf das nervige Gemurmel des Arztes zu achten, kämpfte Hyde seine müden Glieder hoch, streckte seine Arme dem lang ersehnten Gast entgegen.
 

„Haido, ich...ich...“ Es war vielleicht nicht die originellste Begrüßung seit Erfindung von ‚Guten-Tag-du-lebst-ja-immer-noch‘, aber der Langhaarige war viel zu aufgedreht, überglücklich und erleichtert, um sich um solche Nebensächlichkeiten Gedanken zu machen. Er hoffte nur, dass der Blonde noch in diesem Jahrtausend sich dazu bequemen würde, Hydes stummer Einladung zu folgen – dem Langhaarigen taten nämlich schon die Arme weh.

Als würde Gackt seine Gedanken lesen – nur drei, vier hastig gestolperte Schritte später fand sich Hyde in dessen starken Armen wieder, während er selbst sich an den Blonden klammerte wie ein Ertrinkender.
 

„Haido, Haido“, wurde ununterbrochen in sein Ohr geflüstert, immer fester wurde der Langhaarige an den zitternden Körper gedrückt.
 

„Ich bin da, Gackuto, ich bin wieder da, ich gehe nicht mehr weg...“, antwortendes Hauchen, während sich Hydes Finger im blonden Haar vergruben.

In Hydes Welt existierte schon lange nichts mehr außer Händen, die fieberhaft über seinen Rücken strichen, warmen Atem, der über seine Wangen glitt – „Haido, ich habe dich so sehr vermisst...“ – und den rauen Lippen, die sich nach kurzem Zögern auf seinen Mund legten...
 

TBC
 

A/N: Hallo. Mein Name ist Füller. Lücken Füller. Wenn dem Autor auch nach einem Jahr nichts Gescheites einfällt, muss ich natürlich immer ran. Es ist die reinste Sklaverei!

Ahm, ja. Ich wars. Guilty as charged. Aber hey, ich hatte Gründe! Wenn auch ziemlich schlechte. U.N.I = anstrengend und zeitraubend, Autor = hirnverlustig – ihr könnt euch also in etwa vorstellen, warum es (MAL WIEDER!) so lange gedauert hat.

Irgendwas stimmt mit diesem Kapitel nicht. Liegt wohl daran, dass Hyde Angst vor Blumen hat und Soldat spielt. Aus dem Bett kullert und allgemein Dinge anstellt, die ein Bis-Vor-Kurzem-Komatöser eigentlich unterlassen sollte... Ich glaube, ich färbe mich auf Hyde ab. Ich sollte das lassen.

Oh und ich sage an dieser Stelle nicht, dass das nächste Kapitel schneller kommen wird. Das wird es nämlich höchstwahrscheinlich nicht. Ich werde mir natürlich die größte Mühe geben, dass es NICHT wieder ein Jahr dauert. :D
 

Aah, ja. Für Kommentare wäre ich sehr dankbar. (Und es ist ja nicht so, dass ich euch sehr oft dazu nötige. #lach#)

Pudel und Löwe

A Highschool Story
 

Kapitel #40
 

A/N: Genau. Bevor ich es vergesse. Jemand hat es mir ans Herz gelegt, doch mal eine kurze Zusammenfassung des bisherigen Geschehens aufzuschreiben - immerhin war der Autor so faul und hat nicht an der FF gearbeitet, die zudem auch noch so verdammt lang ist und warum soll sich der Leser den Wisch 39 Kapitel lang noch mal antun? Recht so. Also. Hyde und Gackt treffen in hitziger Schulatmosphäre aufeinander und es gibt Stunk. Danach verlieben sie sich ineinander und es gibt wieder Stunk. Danach nimmt Gackt Hyde ein Haus weg und Hyde scheuert ihm eine. Äh. Dann gibt es einen Igel und eine große Bücherwanderung, wobei sich Gack und Hyde versöhnen und danach...gibt es wieder Stunk. Ah und dann kommt Gackts Schwester noch dazu und verfrachtet Hyde ins Koma! Daran kann ich mich noch gut erinnern. Öhm. Vielleicht solltet ihr euch lieber noch mal die Kapitel-Überschriften durchlesen... Ja, dann sollte alles klar sein, oder?
 


 

Ein verhaltenes Räuspern riss Hyde aus seiner gackt-induced Trance. Die Schwestern studierten mit roten Wangen die Krankenzimmerwände.
 

Peinliche Stille.
 

Der einzige, der sich in keiner Weise aus der Ruhe bringen ließ, war der Blonde, der sich mit Enthusiasmus dem (seiner Meinung nach viel zu lange vernachlässigten) Hals Hydes zuwandte. Nun war es an dem Langhaarigen mit roten Wangen die Wände zu betrachten – bis ihm aufging, dass im Gegensatz zu den Schwestern er durchaus Mittel und Wege hatte, Gackt auf die Unangemessenheit ihrer derzeitigen Situation aufmerksam zu machen.
 

Haidoman, der Ritter der holden Subtilität trat unverzüglich in Aktion.
 

Dezent wurde zunächst am Ärmel Gackts gezupft. (Im Hintergrund liefen unaufhörlich die Bestrebungen, die Wellen der Erregung und das Verlangen, wohlig aufzuseufzen, zu unterdrücken. Hyde war sich nicht sicher, wie lange er das noch durchhalten konnte, ohne dem gesamten Krankenhaus auf eine sehr eindeutige und laute Art und Weise mitzuteilen, wie hübsch es sich doch anfühlte, was der Blonde da mit ihm anstellte. Nicht gerade ein Aushängeschild für Beherrschung und Kühle in Pers- Ah! Mach das nochmal!)
 

Überraschenderweise reagierte Gackt nicht. Der Langhaarige zupfte etwas heftiger, dazu kam ein aus dem Mundwinkel gepresstes „Gaahaackt, wir sind hier nicht allein...“ Der Angesprochene hatte zumindest die Güte, seine Lippen von Hydes Ohrläppchen, zu denen er sich mittlerweile hochgearbeitet hatte, zu lösen, um ein gleichgültiges „Sollen sie doch schauen. Und lernen noch etwas dabei“ den Bemühungen des Langhaarigen entgegenzusetzen. Gackt küsste sich der schönsten Kinnlinie der Welt entlang, Schauer über Hydes Rücken sendend, bis
 

„GYAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHH! NEEIIIIIN!“ seine Ohren zum Klingeln brachte.
 

„Haido, was ist denn los?“, wurde der Beinah-wieder-ins-Koma-Zurückgefallene mit besorgten Blicken bedacht.
 

„So, nun können wir ja mit der Untersuchung fortfahren“, lächelte der Arzt und steckte die Spritze wieder in seine Tasche.
 

Der mörderische Blick seitens des Langhaarigen versprach einen langsamen und sehr schmerzhaften Tod in der Besenkammer, doch leider ließ sich der (immer noch freundlich lächelnde, der Teufel soll ihn holen) Quacksalber in keiner Weise davon beeindrucken. (Verdammte Scheiße aber auch. War denn jetzt jeder Hinz und Kunz gegen seinen Trademark-Deathglare immun?! Vielleicht würde es ja mit rot leuchtenden Kontaktlinsen besser klappen? War eine Überlegung wert.)
 

„Wenn Sie dann so freundlich wären, draußen zu warten“, wandte sich der Leider-nicht-vom-Teufel-Geholte an den ganz und gar nicht über diese Unterbrechung begeisterten Gackt. „Wir haben hier noch viel zu tun...“ Bei diesen Worten lief es Hyde kalt den Rücken runter – das sinistre Grinsen des Arztes gratis mit dazu trug auch nicht unbedingt dazu bei, sein Nervenkostüm zu beruhigen. Aber es war ja nicht so, als hätte der Koma-Entlassene eine andere Wahl, denn sein blonder Ritter verzog sich gerade mit einem flüchtigen Abschiedskuss und dem leiste geflüsterten Versprechen, später noch mal nach Hyde zu schauen (also, in fünf, zehn Minuten, denn länger sollte man einen Hyde einfach nicht allein lassen), aus dem Zimmer. Trotzdem konnte sich der Langhaarige aus irgendeinem Grund der Vorstellung nicht erwehren, dass zu dem Zeitpunkt nicht viel von ihm übrig bleiben würde. (Durfte er seinen behandelnden Arzt tauschen? Bitte? Oh Gott, er kam immer näher...!)
 

###
 

Wider Erwarten überlebte Hyde die Prozedur. Und die nachfolgenden Scans, Wertemessungen und was es sonst so an einem menschlichen Körper zu überprüfen galt, ebenfalls. Seine Genesung und Verbesserung der Motorik schritten voran, nicht zuletzt dank einer äußerst professionellen und extra auf Hydes Bedürfnisse abgestimmten Physiotherapie. Der Langhaarige vermutete Gackt hinter dieser, nach Hyperteuer riechenden, Behandlung und fragte sich, ob der Blonde Schuldgefühle wegen seines Überfalls hatte, aus welchem Grund auch immer.
 

Er selbst hatte keinerlei Erinnerungen an den Vorfall, außer vielleicht ein Aufblitzen von blonden Haaren, das immer wieder den dunklen Schleier des Vergessens durchzuckte. Dies verleitete den Langhaarigen unweigerlich zu der Annahme, dass Gackt vielleicht weitaus mehr über das Geschehene wusste, als in die falsche Richtung zu rennen und Hyde dann blut- ... in keiner guten Verfassung wiederzufinden.
 

Einen ruhigen Moment zu finden, in dem er sich mit dem Blonden darüber unterhalten konnte, war viel schwieriger als erwartet. Die schier endlose Kette von Besuchern – Polizei, Freunde, Eltern, Tetsu, Mitschüler, Lehrer (ließen es sich nicht nehmen, ihm zusammen mit Genesungswünschen doch glatt Hausaufgaben zu überbringen), Tetsu, Nachbarn, völlig fremde Leute, die Hyde noch nie in seinem Leben gesehen hatte, Tetsu, Aliens (die sich als Clowns verkleidet hatten und dachten, der Langhaarige würde es nicht merken, als sie ihm mit einem spastischen Lächeln einen Luftballon an den Bettpfosten banden – Hyde wusste es genau, es war ein außerirdisches Überwachungssystem, ihn führten sie nicht so schnell an der Nase herum!) – und den Untersuchungen und Therapien, bot keinen Platz für traute Zweisamkeit (außer vielleicht Drei-Sekunden-Küsse bis wieder irgendein Idiot dazwischen platzte).
 

Ein wunderhübscher Morgen fand Hyde (gefüttert und gewaschen) in seinem Krankenbett über seinen Büchern gebeugt – er hatte noch ein paar Stunden, bevor die Physiotherapie anfing und hatte sich fest vorgenommen, einige Mathematik-Aufgaben zu lösen, um seine grauen Zellen auf Trab zu bringen. Seit seinem Erwachen aus dem Koma waren drei Wochen vergangen und Hyde befand sich eigentlich für lebendig und funktionierend genug, um das Krankenhaus endlich verlassen zu können (Noch nie hatte er sich so sehr nach seinem kleinen blauen Jugendzimmer gesehnt – ach, die Ruhe und Entspannung! Und vor allem brauchte er dann nicht mehr das Klo zu teilen!), doch (gänzlich überraschend wider Erwarten und fern jeder Logik) waren seine Ärzte – besonders dieser eine Spritzenfuzzi, der nie aufhörte zu grinsen, hoffentlich bekam der Typ eine ordentliche Gesichtsverkrampfung – anderer Meinung. Anscheinend konnten sie es sich nicht nehmen, noch ein Weilchen länger an dem Langhaarigen herumzudoktern.
 

So ganz unnachvollziehbar war die kleine Meinungsverschiedenheit allerdings nicht, denn Hyde und die Teufels-... äh, Kanni-... uhm, Ärzte befanden sich (laut hochprofessionellen statistischen Untersuchungen) am jeweils entgegengesetzten Ende der Nahrungskette. Doch, wirklich. Oder warum sonst kam sich der Langhaarige in regelmäßigen Abständen wie ein besonders vielversprechend-fettes Schweinchen auf dem Catwalk für moderne Wölfe vor?
 

Mitten in diese tiefsinnigen Überlegungen platzte ein grinsender Tetsu mit einem Stapel Papier unterm Arm rein.
 

„Oh, ich bin der erste, super! Das muss du dir unbedingt anhören, Haido, ich finde, es ist wirklich gut geworden, aber so viel Zeit haben wir nicht mehr, du musst dich kräftig ins Zeug legen, ich meine natürlich, wir alle, aber du bist nun mal unser bester Mann, wenn es um solche Dinge geht und-“ Tetsus besonderer Körperbau (bestehend aus drei Beinen, sechs Armen und fünf Mündern) erlaubte es ihm ohne besondere Unterbrechungen, Hydes Krankenzimmer im Sturm einzunehmen, auf dem Weg zum Besucherstuhl über die eigenen Füße zu stolpern, noch rechtzeitig seine Unterlagen einzufangen (wie er das geschafft hatte, würde auf ewig ein akrobatisches Geheimnis bleiben), seinen Hintern auf dem besagten Stuhl zu deponieren, dabei wie ein Wasserfall sinnloses Zeug zu sprudeln und gleichzeitig über beide Ohren zu lächeln, zu strahlen und eine ungläubige Miene zu verziehen, die ganz eindeutig „Um Himmels Willen, hast du dich schon wieder mit Büffelnitis angesteckt, bleib ja weg von mir!“ zum Ausdruck brachte.
 

Es schien, als hätte ihr Bandleader gänzlich neue Höhen in Punkto Multitasking erklommen.
 

Hyde schwirrte allein vom Zuschauen der Kopf. Er zögerte daher nicht, dem braunhaarigen Flummi mit einem betont gelassenen „Ja. Dir auch einen guten Morgen. Mir geht's bestens, danke der Nachfrage. Und dein Anliegen ist?“ den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ein Versuch war es zumindest wert, denn Tetsu ließ sich davon in keiner Weise beeindrucken.
 

„Mensch, Haido, siehst du das denn nicht?“ Er fuchtelte mit dem Stapel vor der Nase des Langhaarigen herum, als würde sich dadurch alles selbst erklären. Hyde hob eine Augenbraue.
 

„Also, ich sehe nur homogenisierten Zellstoffbrei mit filibrierten Fasern, der unter Zusatz von Leim, Füll- und Farbstoffen gemischt, gesiebt, nach starker Verdünnung entwässert, gepresst, getrocknet und geglättet wird.“
 

Tetsu starrte ihn verständnislos an.
 

„Häh?“ War sein Kommentar nach einer längeren Pause.
 

„Papier.“
 

„Ach so.“ Nach kurzem Überlegen: „Das wusste ich.“
 

Hyde grinste.
 

„Feh, du brauchst gar nicht mit deinem supertollen Gehirn vor mir herumzuwedeln, ich weiß, dass du es kannst.“
 

Hyde grinste noch breiter.
 

„Willst du mir denn gar nicht zeigen, was denn so Tolles auf deinem Zellstoffbrei-“, bei Tetsus mürrischem Blick ließ der Langhaarige jedoch Gnade walten, „ich meine, Papier natürlich, drauf steht?“ Als hätte jemand einen Schalter umgelegt, waren alle Papierherstellungswissenslücken vergessen.
 

„Das fragst du noch? Schau doch hin.“ Endlich fand der Braunhaarige die Geistesgegenwärtigkeit, seine mitgebrachten Notenblätter – denn nichts anderes waren sie – vor Hyde auf dem Bett auszubreiten.
 

„Oooh...“ Dieser pfiff anerkennend. Vor ihm lagen drei Lieder in Notenform in seelenerwärmend fortgeschrittenem Stadium der Ausarbeitung (soll heißen, es waren nicht mal schnell hingekratzte Melodie-Ideen, sondern einheitlich aufeinander abgestimmte Akkorde). „Wow, ich bin wirklich beeindruckt, Tet-chan. Wie habt ihr das bloß hingekriegt? Soweit ich mich erinnern kann, wurden unsere Musikinstrumente allesamt über den Jordan befördert...“ Ein kurzer Moment der Trauer an dieser Stelle.
 

„Auch wenn ich es nur äußerst ungern zugebe, wir sind in unser Klubhaus eingebrochen und-“
 

„Ihr seid WAS?!“
 

„Ja, das war richtig raffiniert! Du glaubst gar nicht, wie aufregend so ein Einbruch sein kann! Mitten in der Nacht auf das Schulgelände zu schleichen, den nachgemachten Schlüssel in das verrostete Schloss stecken, das Knarzen der aufschwingenden Tür- du musst auch mal irgendwo einbrechen! Das Feeling...“ Der Braunhaarige hatte regelrecht Sternchen in den Augen.
 

„Tet-chan. Was hast du heute Morgen für Pilze gegessen?“
 

„Wie? Pilze? Hm. Also, da waren diese roten, mit den seltsamen Punkten drauf...“
 

„Ich würde den Typen, der sie dir verkauft hat, verklagen.“
 

„Uh, ja... Der kam mir gleich so seltsam vor.“ Tetsu kratzte sich am Kopf. Dann trafen sich ihre Blicke und beide brachen in Gelächter aus.
 

„Oh Himmel, ich kann es echt kaum erwarten, hier endlich herauszukommen“, gluckste der Langhaarige. „Aber jetzt mal im Ernst, wie seid ihr diesmal an Instrumente gekommen?“
 

Tetsu winkte ab.
 

„Es ist wirklich nichts Besonderes gewesen. Gackt hat uns den Klubraum überlassen. Er meinte, unsere Musik zu hören, würde dir guttun.“ Hyde versuchte krampfhaft, freundliche Passivität auf seinem Gesicht zu erhalten, doch das strahlend-hoffnungsvolle Schulmädchen-ist-von-ihrem-Schwarm-hin-und-weg-Grinsen wollte sich einfach nicht bannen lassen.
 

„Und damit du dich nicht aus dem Prozess des Erfolgslieder-Schreibens ausgeschlossen fühlst, habe ich mir gedacht, dass du zu den Melodien die Texte beisteuerst.“ Mit einem atomaren Lächeln machte sich der Braunhaarige daran, Hydes blonde und blauäugige Seifenblase zu zerpieksen. „Der Wettbewerb ist in fünf Wochen, du darfst also keine Zeit verlieren!“
 

„Wie bitte?! Tet-chan, andere Bands brauchen für zwölf Lieder ein ganzes Jahr und ich soll drei Texte in knapp einem Monat schreiben? Ich scheiß die Dinger doch nicht! Außerdem, wann sollen wir überhaupt die Zeit finden, um das Ganze zu üben?“
 

„Ich habe vollstes Vertrauen in dich. Hier“, damit drückte der Bandleader seinem entsetzten Vokalisten ein Diktiergerät in die Hand, „wir haben alle drei Lieder aufgenommen. Du kannst es natürlich auch für deine ersten Gesangsversuche seit...seit etwas länger her benutzen. Dann können wir alle deiner wunderschönen Stimme lauschen.“ Der Braunhaarige strahlte wie eh und je und auch wenn Hyde das kurze Stocken, die Verweigerung allen Vokabulars, das auch entfernt auf „Überfall“ und „Koma“ hinwies, nicht entgangen war, ließ er das unkommentiert.
 

„Aber ich habe natürlich nicht auf der faulen Haut gelegen“, mit einer schwungvoll-theatralischen Bewegung wurden zerkraxelte Blätter hervorgezogen, „und habe mich selbstverständlich auch an literarischer Verarbeitung unserer Musik versucht!“
 

Ein Blick auf das in arge Mitleidenschaft gezogene Papier verriet dem Langhaarigen sofort, warum sie das Schreiben von Texten gerne Hyde selbst überließen.
 

„‚Strawberry‘? ‚A Ghost in my Bath‘? ‚What I see when you open your legs is nothing but brilliance‘...?“
 

„ Also, Letzteres war Kens Idee!“, beeilte sich Tetsu klarzustellen. „Ihm lächelt auch ab und an die Muse zu...“
 

„Ja“, stimmte Hyde trocken zu, „und garantiert eine halbnackte und breitbeinig in einem Hotelbett liegende.“
 

Die just in diesem Moment hereinkommende Krankenschwester versuchte sich an ihrem Lächeln, stammelte etwas von Therapie und verschwand schnell wieder. Hyde seufzte resigniert. Warum mussten Krankenschwestern ein so verdammt schlechtes Timing haben? Hätte sie nicht einen Satz später auftauchen können?
 

„Haha, mach was draus“, klopfte ein grinsender Tetsu auf Hydes Schulter. (Klar, dich hält sie nicht für einen notgeilen Perversling, du bist fein raus.) „Das nächste Mal bringe ich Ken mit und stelle ihn deiner Krankenschwester vor – sie wird dich dann unter Garantie für einen Engel halten“, wurde hinzugefügt, als hätte der Braunhaarige Hydes Gedanken gelesen. (Unheimlich.)
 

„Okay, mein Bester, ich muss dich nun schweren Herzens mit deiner Therapie allein lassen, ich weiß, du wirst mich schmerzlich vermissen, doch! keine Sorge, holde Maid! Morgen komme ich wieder. Und ich will Ergebnisse sehen.“ Tetsu erhob sich und zwinkerte dem ganz und gar nicht Begeisterten fröhlich zu.
 

„Toll. Das hatte mein Mathelehrer auch zu mir gesagt“, kommentierte der Langhaarige mit einem pointierten Blick auf den beachtlichen Bücherstapel auf seinem Nachttisch. Falls der Braunhaarige auch nur einen kleinen Funken schlechten Gewissens verspürte ob dieser – Hydes Meinung nach unmöglichen – Forderung, so wusste er es superb zu verbergen, als er - ganz die Glühlampe auf zwei Beinen – zur Tür heraus spazierte.
 

###
 

Nach einer Reihe von Trainingseinheiten (nicht ohne verlegene Blicke seitens einer rot angelaufenen Krankenhelferin), vereinzelten – mehr oder weniger freiwilligen – Besuchen...
 

„Mamaaa, ich will nicht, ich kenn den doch gar nicht, außerdem verpasse ich die neueste Folge von „Desperate Husbands“! Ich MUSS einfach wissen, ob Paolo Joses Kind abtreiben wird oder nicht!“
 

„Sei still! Er ist der Neffe des Bruders des jüngeren Onkels der Mutter der zweiten Ehefrau deines Vaters! Außerdem schuldet uns seine Familie noch Geld!“
 

...
 

„Ooh, mein Fräulein, Sie sehen aber wieder bezaubernd aus an diesem wunderschönen Tag! Hmm, vor allem in den nördlichen Regionen sind Sie eine Wucht! Darf ich...nur ganz kurz...auf Festigkeit prüfen...?“
 

„Herr der Schildkröten, Sie haben schon wieder Ihre Brille vergessen, das ist ein Arzt!“
 

...verbrachte der nervlich geschlauchte Hyde den späten Nachmittag singend im Bett. (Offenbar hatten die Mathe-Aufgaben den Kürzeren gezogen.) Das Diktiergerät auf dem Laken summte er die Melodie nach, suchte nach passenden Worten und merkte erst in dem Moment, wie sehr ihm das gefehlt hatte. Seine glückliche kleine Vokalistenwelt wurde von einer eindeutig eingeschüchterten Krankenschwester mit Ankündigung von Besuch eingerannt. Sehr seltsam...normalerweise hatten alle seine Besuche ziemlich wenig Hemmung, den Langhaarigen bei seinen Aktivitäten (von Klogang über Umziehen bis in den Zähnen stochern) munter zu unterbrechen, um ihn auf ihre glorreiche Präsenz aufmerksam zu machen.
 

Wer also würde- oh, Himmel. Jeglicher Gedanke erstarb auf halbem Wege in Hydes Großhirn, nur um eine Kehrtwendung zu machen und panisch kreischend in sein Unterbewusstsein zu rennen.
 

Seika Senior höchstpersönlich stand in der Tür.
 

Ach du heilige Scheiße. Sein saccharines Lächeln war nicht weniger bedrohlich als das knurrende Enthüllen der Reißzähne eines hungrigen Säbelzahntigers. Hyde kam sich – gänzlich in seiner Rolle aufgehend – wie eine kleine und hilflose Maus vor, essfertig verpackt in Krankenbettlaken, ohne jegliche Möglichkeit zur Rettung oder Flucht.
 

Mit der Selbstsicherheit eines befehlsgewohnten Menschen schritt Seika der Ältere zu Hydes Bett. Dieser fragte sich für einen kurzen Moment, ob es wohl merkwürdig aussehen würde, wenn er jetzt aus dem Fenster sprang. Oh, nein. Nein, nein! Er war stark, furchtlos und er hatte heut erst einen halben Liter Actimel weggesoffen, Bakterien und sonstige homo sapiens konnten ihm absolut nichts anhaben! (Anti-seikalisiert, wie es so schön in der Werbung hieß. Oder so ähnlich.)
 

Aber ARGH! Es war eine Sache, im Beisein des Blonden den Vati-trotzenden Superhelden zu mimen - dem besagten Vati allein gegenüberzustehen, war schon etwas ganz anderes. (Ja, fuck noch mal, er konnte ja nicht mal stehen!) So ganz plötzlich schienen Gackts Gruselmärchen über die Blutrünstigkeit seines Zeugers nicht mehr so abwegig. Und dennoch, sie waren hier doch in einem Krankenhaus, oder? Hier konnte ihm niemand etwas antun, oder? Ein flüchtiger Blick zum Notknopf. Hyde konnte praktisch fühlen, wie Seikas Grinsen breiter wurde. Das Arschloch genoss es sichtlich, den Kranken in helle Panik zu versetzen.
 

„Guten Tag, Takarai-kun, wir haben uns lange nicht gesehen. (Oh, Hyde hatte absolut nichts dagegen aus dem „lange nicht“ ein „nie wieder bis zum Grab“ zu machen.) Wie geht es Ihnen? Wie ich sehe, sind Sie auf bestem Wege zur Genesung...“ Man gab sich gar nicht erst die Mühe, das Bedauern aus der Stimme zu verbannen. (Die wohlerzogene Höflichkeit in Person.)
 

Der Langhaarige konnte sehr gut die eisige Kälte spüren, mit der ihn der Blick seines Gegenübers überzog. Brr. Hyde versuchte, die drückende Stille, die sich nach diesem Abklatsch von Smalltalk ausgebreitet hatte, so gut wie möglich zu ignorieren. Der Versuch stolperte, schrieb einen Abschiedsbrief, schnitt sich die Adern auf und verblutete kläglich auf der Stelle.
 

„Welchem Umstand habe ich denn Ihren werten Besuch bei mir zu verdanken? (Damit ich ebendiesem Umstand langsam und genüsslich die Kehle zerdrücken kann.)“, erkundigte sich der Langhaarige und pflasterte sich ein Halblächeln aufs Gesicht, hoffend, dass es nicht allzu sehr nach Zähneblecken aussah. Doch egal, wie er sich gebärdete – es war ein ungleicher Kampf. Pudel gegen Löwe. Er konnte knurren und bellen, wie er wollte, aber mit nur einem Tatzenhieb würde die Welt um ein Lieblingsgericht reicher werden – Pudelgulasch. (Was selbstverständlich nicht hieß, dass er es nicht trotzdem versuchen würde.)
 

„Oh, es ist nichts Besonderes. Ich bin lediglich neugierig, warum mein Sohn es für richtig und begründet hält, zwei Wochen Schule an Sie zu verschwenden. Vielleicht könnten Sie mich darüber aufklären?“ Das Lächeln auf Seikas Gesicht war tiefgefroren. Es war alles andere als aufrichtige elterliche Sorge, das aus diesen kalten Augen sprach.
 

Und Scheiße, die Behauptung, dass Hyde nicht eingeschüchtert wäre, absolut keine Angst hätte, wäre eine glatte Lüge. Gut, dass er bereits im Bett saß, sonst wäre das Zittern seiner Knie nicht zu übersehen (ein Hoch auf das Krankendasein). Aber was zur Hölle sollte er darauf antworten? Was wusste der Vater genau? Was wollte er überhaupt mit diesem Verhör erreichen? War das alles nur ein Bluff? Hatte Gackt selbst aus Versehen etwas verraten? Wusste der Blonde vom Besuch seines Zeugers? Eine bestätigende Antwort auf die letzten beiden Fragen befand der Langhaarige sogleich als ziemlich unwahrscheinlich – die Beziehung von Vater und Sohn vermittelte nicht gerade den Eindruck, dass sich beide gerne miteinander unterhielten, geschweige denn ihre Freizeitpläne besprachen. Mist, Mist, Mist, in Hydes Kopf herrschte ein undurchsichtiges Gewusel von Gedanken-
 

„Ach, tatsächlich? Ich bin ebenfalls sehr neugierig zu erfahren, was Sie denn das überhaupt angeht. Außerdem darf ich Sie höflichst auf die Tatsache hinweisen, dass ich in der fraglichen Zeit im Koma lag, sodass ich mich aufgrund dessen außerstande sehe, Ihnen nähere Informationen über den Verbleib Ihres Sohnes zu liefern.“ Doch Hydes große Klappe war anscheinend wieder einmal schneller.
 

Dass man Löwen besser nicht reizen sollte, erfuhr der Langhaarige am eigenen Leib, als Finger in blitzschneller Bewegung sich um seinen Hals schlossen und zudrückten. Mit unverhohlener Mordlust starrten die blauen Augen auf ihn herab, während der Hyde vergeblich an dem Arm zerrte. Paniktragendes Adrenalin schoss durch seine Blutbahn, sein Herz hämmerte wie wild- er wird ihn doch nicht hier umbringen wollen?! Doch, er würde, er würde - eine Stimme flüsterte selbstsicher aus seinem verräterischen Bewusstsein, machte ihn noch panischer-
 

„Lassen Sie mi-“, doch Hyde hatte noch genug Luft, um zu protestieren.
 

„Ich sage es dir nur ein einziges Mal, also würde ich vorschlagen, du hörst gut zu.“ Bei diesen Worten wurde noch fester zugedrückt, noch schmerzhafter und Hydes Gegenwehr immer verzweifelter und kräftezehrender als sein ganzer Organismus nach Sauerstoff schrie. „Lass deine dreckigen Schwulettenfinger von meinem Sohn, verstanden?! Er ist nicht so abartig und krank wie du, also komm ihm ja nicht zu nahe! Ich bin einflussreich genug, um dafür zu sorgen, dass du dieses Krankenhaus lebend nicht wieder verlässt, überlege dir demnach gut, was du als nächstes machst.“ Der Langhaarige konnte die Worte über dem stetig anwachsenden Rauschen in seinen Ohren kaum noch verstehen, zu sehr war er damit beschäftigt, die paar Fetzen Luft, die ihm der stählerne Griff übrig ließ, krampfhaft in seine Lungen einzuziehen (ein paar seiner übermütigeren Gehirnzellen wunderten sich ob dieses eindeutigen sinnlosen Unterfangens, ein Opfer dermaßen zu bedrohen, dass es nichts mehr verstand, doch die Botschaft war auch ohne artikulatorische Untermalung eindeutig).
 

„Ich...hah, kann...mich...nicht...gah...erinnern, Ihnen...das...Du ange...boten...zu haben...“ Schwarze Punkte tanzten an den Grenzen seiner Wahrnehmung, und er verfluchte sich für seine mit letzter Kraft geröchelten Verzweiflungsworte, während er genug Geistesgegenwart zusammenkratzte, um blindlings nach dem Notknopf zu hauen, in der Hoffnung, ihn getroff-
 

Die Finger verschwanden genauso schnell von seinem Hals, wie sie hochgradig unwillkommen damit Bekanntschaft gemacht hatten. Anscheinend doch den Knopf getroffen – nur ein flüchtiger Gedanke, der sogleich in der Riesenerleichterung und gierigem Einsaugen von Luft und starkem Husten unterging.
 

„Oder wäre Ihnen der finanzielle Ruin Ihrer gesamten Familie lieber? Entscheiden Sie sich.“ Das Lächeln war wieder an seinem angestammten Platz, war deutlich herauszuhören, doch der Langhaarige machte sich nicht die Mühe den Kopf zu heben und nachzuprüfen – er hatte genug damit zu tun, seinen vor Aufregung, Nahtoderfahrung und halbverdauter Panik zitternden Körper unter Kontrolle zu bekommen.
 

Die schnellen Schritte auf dem Flur läuteten Hydes Rettung vor seinem Besuch ein.
 

Erst viel später, als sich der Langhaarige nach den besorgten Erkundigungen der Krankenschwester, den gescheiterten Versuchen gegen sein panikbedingtes Schweigen anzukommen, anschließenden Untersuchungen, in resignierter Hilflosigkeit in sein Bett verkroch, sich ganz klein machte, die Drohung immer hämmernd im Kopf – erst als er die nach wie vor verstreuten Notenzettel einsammelte, fiel ihm das Diktiergerät auf.
 

Und die mit einem sehr aufschlussreichen Gespräch zwischen einem bestimmten Patienten und einem sehr unzufriedenen Vater bespielte Kassette darin.
 

TBC
 

A/N: Lang ist's her, wer hätte jemals an eine Fortsetzung geglaubt? Ich jedenfalls nicht. Aber dank einiger sehr überzeugender Arschtritte (naja, bleiben wir bei der Wahrheit, es waren insgesamt zwei) habe ich mich doch durch das nächste Kapitel gebissen. (Gott, das ist ja schon irgendwo peinlich, nach so langer Zeit ein Kapitel hochzuladen, aber nachdem ich den ursprünglichen Plot um 45% gekürzt habe und es bis zum Ende nur noch etwa 5-7 Kapitel sein werden, hat mir endlich die Muse zugelächelt...)

Ach ja. Das Kapitel nicht Korrektur gelesen, etwaige Fehler bitte melden.
 

Beschwerden? Empörung? Ich würde mich freuen. Oder doch lieber eisiges Schweigen?



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Von:  Rockryu
2012-11-20T18:51:22+00:00 20.11.2012 19:51
uhhmmm...
Ich hab das Semester jetzt angefangen, Japanologie zu studieren. Würdest du mir vielleicht die Erlaubnis geben, deine Geschichte im Laufe des Studiums zu übersetzten? Es wäre eine gute Übung, und deine Geschichte eignet sich besonders, da das Vokabular und auch die meisten Namen einigrmaßen alltäglich sind. Außerdem mag ich deinen Stil so gern. Darf ich?
Von:  Rockryu
2012-10-26T14:11:36+00:00 26.10.2012 16:11
Ich liebe deine Metaphern und Vergleiche. Besonders die in den Klammern.
Von:  Mon-Marshy
2012-03-29T20:09:53+00:00 29.03.2012 22:09
Ooooh ich freu mich so, dass es weiter geht!

ich werd's mir merken, dass Arschtritte bei dir funktionieren, falls nochmal ein Hänger kommt... die übrigens nach so vielen Kapiteln total verständlich sind.

sehr geschickt, das mit dem Diktiergerät x) Aber seit wann ist in Japan Polygamie erlaubt?!

Von:  Tiff
2012-02-09T15:43:07+00:00 09.02.2012 16:43
ich machs kurz:
ydxlgjoys#dpfhdfböl
ich liebe deine ff!
schreib bitte weiter, ja? biiiiitte, bitte :)
liebe grüße :)
Von:  KenTsu
2012-02-03T07:10:14+00:00 03.02.2012 08:10
hallo und sorry das ich sooooooo spät zu deiner FF gefunden hab. aber besser als nie.

ich hoffe nur das 1. hyde nix mehr schlimmes passiert und
2. gackt sich von seinem beschissenen erzeuger und seiner
perversen, geisteskranken und was weiß ich noch schwester trennt. egal wie und wohin. die gehören echt eigesperrt.

3. das wir nich sooooo lange auf ein neues kappi warten müssen.

sonst das übliche geprabbel. tolle ff. (kurz und schmerzlos)

LG
Von:  yoshi_
2012-01-31T16:24:27+00:00 31.01.2012 17:24
Oh yeah, hier bin ich, die treueste aller Leser: Ich habe stolze drei Jahre gewartet und ich bin noch da!
Und ich hoffe, dass ich auf das nächste Kapitel nicht NOCH drei Jahre warten muss ;)
Ich musste mich zwar erst wieder einlesen, aber drin ist drin - ich hab nen Herzstillstand gekriegt, als Monsieur der Ältere auf der Matte stand und einen Moment innegehalten um die schlagfertigen, einer Lorelai Gilmore würdigen (Verzeih den Vergleich) Worte Haidos zu feiern.
Und ich war gerade dabei mich zu fragen, wie das ganze bloß jemals aus der Stunk-yay-Stunk-yay-Stunk-yay-Schleife herauskommen soll, als das süße, kleine Diktiergerät aus dem Nichts hervorpoppte und mich sehr glücklich machte...
Ich hoffe, der gute Alte kriegt es gehörig aufs Maul und der Junior endlich seinen holden Bräutigam. Er könnte ihn auf den Armen über die Clubhausschwelle tragen und sein blaues Strumpfband in die Menge jubelnder Fans werfen! ... ich schweife ab.
Bin froh, dass es hier mal weitergeht!
Liebe Grüße!
Von:  PonPonPanda
2010-04-22T16:32:06+00:00 22.04.2010 18:32
haaach~
auch wenn ich die FF irgendwie schon seit ewigkeiten nicht mehr gelesen habe... ich liebe immer noch deinen/haidos sarkasmus~

und... oh mein gott!
was hast du mit dem armen, kleinen, unschuldigen(hust) haido gemacht? ;___; nja... aber der einfachste weg, sie wieder zusammen zu bringen~ xD
obwohl gackto wahrscheinlich sowieso früher oder später über den kleinen hergefallen wäre... oder andersherum *prust* aber ich freue mich darauf, wenn du weiter schreibst ^^~
Von:  Tatsu-addict
2009-12-12T17:40:36+00:00 12.12.2009 18:40
nun habe ich es auch endlich gelesen. ich kann stolz auf mich sein. *gg*
das kapitel war doch gut.
und als lückenfüller, wie du es bzeichnest, fand ich es wirklich gelungen.
ich habe auch wieder herzhaft gelacht. allein wie er angst vor den blumen hatte. und dann tetsu als rambo 3,5 *lol*
wieder ein gelungenes kapitel. (auch wenn der auftritt von gackt etwas zu kurz kam)

jetzt kann ich nur sagen, dass ich auf das nächste kapitel sehnsüchtig warte. auch wenn es wieder ein jahr ist. XDD
LG
Von:  Neleyah
2009-09-11T22:22:43+00:00 12.09.2009 00:22
...Ich habe mir vor knapp einer halben Stunde selbst in den Hintern gebissen (im gedanklichen Sinne zumindest). Seit Ewig und drei Tagen habe ich auf ein neues Kapitel gewartet - und dann bin ich so besch...eiden und bemerke es erst vor eben dieser halben Stunde. Asche auf mein Haupt, ja ich lasse mich von meinen Katzen zu Tode schmusen dafür. >_>;

Nun...ich liebe dich (im übertragenden Sinne)! Ich habe deinen Humor und deinen Schreibstil wirklich vermisst und bedanke mich ersteinmal recht herzlich dafür, dass ich einmal mehr lauthals habe lachen müssen/dürfen (mein Verlobter wirft mir immer noch pieselige Blicke zu weil ich ihn damit genervt habe aber sei's drum).
Es ist mir egal, ob es nur ein Lückenfüller war, ich fand eben jenen Lückenfüller toll. *__* Er hat mich davon abgehalten schlafen zu gehen, er hat mich davon abgehalten das schlafen gehen durch Geschirr spühlen zu verschieben (ja, ich habe seltsame Tageszeiten für Haushaltserledigungen), er hat mich nun wieder hellwach gemacht. o_Ô

Haido tut mir ja echt leid, ich kann mir lebhaft vorstellen, wie es seinem Kopf geht. Und ihm allgemein...Krankenhäuser... *erschaudert* Bäh... >_> Den Todesblick gen Arzt kann ich vollkommen verstehen, diese Quacksalber mit dem elend freundlichen Lächeln und wahrscheinlich insgeheim sadistischen Anflügen verdienen es nicht anders. >P
Tetsus Versteck...ja, ich hatte mich schon gefragt, wo er abgeblieben war. *lach* Ken war aber noch um einen Ticken genialer dieses Mal. „Haido! Du lebst!“ Ja Ken, wie Yuki sagte, Haido war nicht tot...höchstens scheintot. *narf* Wenn Haido tot gewesen wäre, dann wäre eine gewisse Autorin höchstwahrscheinlich an Motz-ENSen und co. gestorben.... *hust* >P

Und Gackuto...ja, Gackuto...lass ihn am besten einfach gar nicht mehr los. Zur Not sperr Haido einfach in ein großes Zimmer mit großem Bett und allem Komfort und dann... *gleitet gerade ein wenig ab* Ähm...verzeihung. *hust*

Wie dem auch sei, ich bin einfach nur froh, endlich mal wieder etwas von dir zu lesen gehabt zu haben, auch wenn ich es vollkommen verpennt habe. Dass Uni stressig ist und vorgeht kann ich voll und ganz verstehen, aber trotzdem hoffe ich, dass es dieses Mal wirklich nicht wieder ein Jahr dauert, bis das nächste Kapitel kommt. ;)
Dürfte ich vielleicht auch anfragen, ob du mich, sofern es deine Zeit zulässt, via ENs drauf aufmerksam machst, wenn ein neues Kapitel online ist? Irgendwie überseh ich gern mal was auf der "neuen" persönlichen Startseite... ~_~;
Von:  Kimiko02
2009-08-30T22:17:17+00:00 31.08.2009 00:17
Hachja, es geht weiter *_* *freu*
... wenn auch nur ein paar Sätze, aber immerhin *_* *am Schluss dahingeschmolzen is* (mal wieder)
Was soll ich sagen, lustig war das Kapitel auf jeden Fall, auch wenn ich jedesmal Angst um Hyde hatte, wenn wieder einer seiner Freunde vor lauter Wiedersehensfreude ihn fast erdrückt hätte ^^;
Besonders süß war aber, wie die anderen ihm von Gackutos Pflege erzählt haben und Hydies Reaktion darauf *fiebs* *_*

Was mich nur wundert, warum kam Leehom in dem Kapitel gar nicht vor? Der wollte sich doch um Hyde kümmern, als Gackt gegangen ist o_O

Naja, egal, ich hoffe jedenfalls auch, dass es nicht wieder ein Jahr dauert *bettel* und freue mich auf die Fortsetzung!
Und falls es wieder nur ein Lückenfüller wird, wäre es schön, wenn der VIEL Wiedersehensfreude zwischen unseren beiden Süßen enthält *breit grins*

Also bitte schnell weiter schreiben! *Dackelblick*


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