Zum Inhalt der Seite

Diary

the biography of yuu shiroyama || reita x aoi [gazette] || uploaded the seventh chapter on decembre, 18th 2006
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prologue: Pain

P.R.O.L.O.G.U.E: L.O.S.T
 

===
 

Schon seit Wochen wird es in ihrem Haus immer kritischer. Von einem Familienleben kann man kaum noch reden. Immer mehr Differenzen zwischen ihm und seinem Vater entstehen, meist aus heiterem Himmel, doch sie reichten, um daraus einen riesigen Krach entstehen zu lassen. Immer wieder steht er alleine dort, verlassen von seinen engsten Verwandten.

Sein ältester Bruder war schon lange ausgezogen, war in die große Stadt Tokio geflüchtet. Er hatte sich auch dauernd mit ihrem Vater gestritten, doch ließ sich das Gitarrespielen und die Musik nicht verbieten und ehe sein Vater ihn rauswerfen konnte, hatte er selbst seine Koffer gepackt und ist abgehauen.

Auch sein liebster Großvater hatte ihn verlassen, als er noch ein kleines Kind war. Ertrunken bei dem erfolgreichen Versuch, ihn aus dem reißen Strom hinter ihrem Haus zu retten. Verhasst dadurch bei seiner Großmutter, dadurch dass er ihre Liebe gestohlen hat, dass er lebte, anstelle von seinem Großvater. Seine Großmutter war sowieso die verwirrteste Frau in der ganzen Familie. Immer wieder beschimpfte sie den Schwarzhaarigen als eine Ausgeburt der Hölle, kam komisches Murmeln von sich, verhielt sich ihm gegenüber komisch.

Seine älteste Schwester, eine geldgeile, verruchte Ehefrau eines Abteilungsleiters im Konzern seines Vaters. Seine Mutter, nicht willensstark genug, sich gegen ihren Mann aufzulehnen. Wie eine kleine, mickrige Maus, sie sich hinter einem Löwen versteckt. Kein Wunder, dass der Löwe immer wieder auf ihre herumtrat, wenn die Maus sich nicht mal zu Wort meldete. Und da sagt man, dass es natürlich sei, dass eine Mutter ihre Kinder beschützte.

Die einzige, die noch bei ihm war und ihm half, war seine kleine Schwester. Obwohl sie erst 9 Jahre alt war, verhielt sie sich mehr wie eine Jugendliche, nicht wie ein kleines Kind. Und für jedes Lächeln, dass sie ihm schenkte, war er ihr dankbar. Nichts rettete ihm mehr den Tag, als mit ihr herumzualbern.

Und sein Vater war sowieso der Schlimmste von allen. Immer wieder schimpfte er darüber, dass sein Sohn sich der Musik hingab und sie nicht aufgeben wollte. Schließlich sollte er doch irgendwann seinen riesigen Konzern übernehmen, da es ja schon bei seinem missratenen, älteren Bruder nicht geklappt hatte. Nichts sollte dieser Zukunft im Wege stehen. Die Tatsache, dass es sich hierbei um seinen Sohn handelte, vergas er entweder teilweise oder ignorierte es gekonnt. Obgleich sein Sohn schon 21 Jahre alt war, also vollständig volljährig, hatte er es nie geschafft, sich durchzusetzen.
 

===
 

Ein lautes Poltern verriet, dass jemand mit schnellen Schritten die Treppe herunterging. Danach wurde die Haustür geräuschvoll aufgerissen, eine männliche Person stolperte regelrecht hinaus, fiel aufgrund von Gleichgewichtsproblemen auf seinen Hintern, blickte nun mit geweiteten Augen auf die zwei Personen, die in der Tür standen.

„Verschwinde endlich, Yuu. Ich bin es leid, dich durchzufüttern und in meinem Haus zu haben! Trete mir nie, NIE wieder unter die Augen! Verrecke irgendwo, weit, weit weg von deiner Familie!“

Eine Tasche mit wenig Inhalt, danach ein Gitarrenkoffer flogen aus dem Haus in den Vorgarten. Panisch sprang der Schwarzhaarige dem Koffer hinterher, fing ihn auf und drückte ihn an sich, als sei es das einzige, was er hatte.

„Siehst du das, Liebling?“ Der liebt die Musik mehr als ein Dach über dem Kopf!“, brüllte die erzürnte männliche Stimme, sprach damit seine Frau an, die neben ihm stand. Doch diese nickte nur stumm.

„Otoo-san..“, wisperte Yuu leise, schaute seine Eltern fast verstört an.

„Verzieh dich endlich, ehe ich mich vergesse, du.. du.. Hundesohn!“

Panisch stand der Schwarzhaarige von dem Stein auf, sammelte seine Tasche und den Koffer auf und verließ den Vorgarten des kleinen Hauses. Als er ein letztes Mal zurückblickte, entdeckte er seine kleine Schwester am Fenster im ersten Stock stehen. Ein Lächeln umspielte seine Lippen.

„Daisuki.. ich komme bald zurück und hole dich.“, formte er mit den Lippen.

Das Lächeln seiner Schwester zeigte ihm, dass sie verstanden habe. Sie formte mit den Lippen einen Kussmund und sandte ihm einen imaginären Kuss. Danach kehrte Yuu seinem Elternhaus den Rücken, lief die Straße entlang, bis zum Bahnhof, Er würde einen Zug nach Tokio nehmen zu seinem Bruder. Dann würde schon alles werden..

chapter one: journey // mie -> tokio // party

Hey~ho~!

Nach langem das erste Kapitel!! Beta-gelesen von meinem Saku-schatz =33 viel Spaß!
 

===
 

C.H.A.P.T.E.R O.N.E: J.O.U.R.N.E.Y // M.I.E -> T.O.K.I.O // P.A.R.T.Y
 

===
 

Genug Geld hatte er zum Glück noch. Und ein Zug fuhr fast stündlich in Richtung Tokio, sodass er nicht lange warten musste, bis er sich auf die Reise machen konnte. Darüber konnte er richtig froh sein, dass sein Bruder nicht in das naheliegende Kuhdorf gezogen war. Andererseits war er mehr als betrübt darüber gewesen, dass sein älterer Bruder es vorgezogen hat, aus ihrem gemeinsamen Elternhaus auszuziehen. Er hoffte, dass er den Weg noch im Kopf hatte, wie er vom Bahnhof zu der Wohnung seines Bruders kam. Und er hoffte, dass sein Vater plötzlich nicht auf die Idee kam, ihm zu folgen und ihn zurückzuholen. Dieser Chance war die ultimative und auch die letzte.

Auf der Fahrt nach Tokio saß Yuu die ganze Zeit alleine, in seinen Gedanken versunken, schaute er fast die ganze Zeit aus dem Fenster. Er dachte darüber nach, was passiert wäre, wenn er einiges anders gemacht und sich seinem Vater gegenüber auch anders verhalten hätte. Dann würde er jetzt noch zu hause sitzen, hätte jedoch seine Musik aufgeben müssen. Er würde in einem Anzug hinter einem Schreibtisch sitzen, Unterlagen durchblättern und sich langweilen. Vielleicht war es auch besser so. So schaffte er wenigstens endlich den Absprung in das selbstständige Leben.

Im Grunde genommen war er noch nie selbstständig gewesen. Nicht im Kindergarten, nicht in der Grundschule, auch nicht auf der Oberschule und erst recht nicht innerhalb seiner Familie. Er hatte immer seinen Großvater oder seinen großen Bruder, an die er sich lehnen konnte. Sie würden ihn schon lenken. Doch als erst sein Großvater ging und danach sein großer Bruder war er schlussendlich auf sich alleine gestellt. Seine große Schwester wollte nicht viel von ihm wissen, weil sie eifersüchtig auf die Aufmerksamkeit war, die er bekam, obwohl er, in ihrem Kopf, ein Taugenichts war. Und seine kleine Schwester war noch viel zu jung, um sich auf sie zu stützen.
 

Erst als der Zug langsam auf die Großstadt zufuhr wurde Yuu nervöser. Was würde er tun, wenn sein Bruder nicht da war? Oder sein Vater ihm zuvorgekommen war und ihm verboten hatte, ihn aufzunehmen? Dann wäre es vollkommen aufgeschmissen. Keine Bleibe und fast kein Geld mehr.

Als der Zug endlich in Tokio hielt, stieg der 21-jährige als einer von vielen aus dem Zug aus, wurde von der Großstadt mehr oder weniger herzlich empfangen. Eine Lautsprecherdurchsage dröhnte ihn am Ohr und die Leute, die aus dem Zug kamen, drängelten sich zu den Treppen und zu den Ausgängen. Es blieb fast gar keine Möglichkeit auch nur einmal durchatmen zu können.

Schon jetzt, wo die Mittagssonne sich langsam senkte, begannen die ersten Lichter in der Großstadt zu leuchten. Zuerst versuchte Yuu sich an diesen Lichtern zu orientieren. Er rief sich ins Gedächtnis zurück, ob ihm eine Reklametafel besonders ins Auge gestochen war, als er das letzte Mal hier war und von seinem Bruder abgeholt wurde. Irgendetwas musste ihm einfach im Gedächtnis geblieben sein.

Nachdem er sich einige Male um seine eigene Achse gedreht hatte, entdeckte er ein Gebäude, das ihm bekannt vorkam. Plötzlich voll Euphorie seinen Bruder wiederzusehen ging Yuu schnellen Schrittes aus dem Bahnhof heraus. Er besah sich das Gebäude erneut und ging die Straße entlang. Er war sich nun schon fast sicher, dass er zumindest die erste Etappe geschafft hatte und so weit war der Weg vom Bahnhof auch gar nicht zu seiner Wohnung.

Immer wieder blieb der schwarzhaarige Jüngling einige Minuten stehen, um sich zu orientieren, doch dann fand er relativ schnell den Weg in die kleine Gegend, in der sein Bruder eine 2-Zimmer-Wohnung bewohnte. Aufgeregt trat er die zwei Stufen hoch, klingelte bei der Klingel mit dem Namen „Shiroyama“ und wartete ab. Mehrere Sekunden geschah nichts und auch als er ein zweites Mal klingelte, wurde die Tür immer noch nicht geöffnet.

„Das darf doch jetzt nicht wahr sein...“, hauchte Yuu entmutigt, ließ seinen Kopf sinken.

Sein Bruder war nicht zu hause. Das war das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Und natürlich wusste er nicht, wann er zurückkehren würde.

Egal, mehr als warten konnte er sowieso nicht. Also setzte er sich auf die Bank auf der anderen Straßenseite, die den Blick auf einen kleinen Bach zuließ. Er ließ seine Tasche auf den Boden fallen, lehnte seinen Gitarrenkoffer daran und setzte sich auf die Lehne der Parkbank. Gedankenversunken starrte er auf den See. Seine Gedanken daran, wie lange es wohl dauern würde, bis sein Bruder nach hause kommen würde, vermischten sich damit, wie es wohl wäre in einem See oder einem Fluss zu ertrinken.

Er philosophierte in seinen Gedanken darüber, ob es ein leichter Tod sein würde oder qualvoll. Im Vergleich zum Verbrennen.. Was ist besser? An Luftmangel zusterben, weil wirklich nichts da ist, weil nichts unter das Wasser gelangen kann, oder an Luftmangel zu sterben, weil er mehr und mehr verbraucht wird und dazu noch spüren, wie das Feuer qualvoll am eigenen Körper hinaufklettert?

Was wohl passieren würde, wenn er wirklich sterben sollte, was seine Familie davon halten würde? Sein Vater hätte nicht die geringste Trauter gezeigt, da war er sich nahezu sicher. Doch ebenso war er sich sicher, dass seine kleine Schwester todtraurig darüber wäre. Aber im Ganzen wäre es seiner Familie wohl egal, ob er noch da wäre oder nicht. Bei seinem Bruder wusste er nicht recht, teilweise war seine Fassade recht undurchsichtig.
 

„Yuu?“, ertönte eine Stimme plötzlich aus dem Hintergrund, man hörte Schritte näherkommen, bis sie schließlich verstummten. Weil der Schwarzhaarige die Stimme sofort erkannt hatte, drehte er sich erfreut um.

„Nii-san!“, rief Yuu aus, fiel seinem größeren Bruder um den Hals.

„Was tust du hier?“, fragte dieser.

„Otoo-san hat mich nach einem kleinen Streit rausgeschmissen. Ich wusste nicht wohin. Kann ich bei dir bleiben?“

Yuu’s Stimmt wurde immer leiser, während er sprach, wartete er hoffnungsvoll auf ein Nicken. Und das Nicken kam, sodass Yuu seine Bestätigung hatte.

„Komm erst mal mit rein!“

Das kühle Treppenhaus spendete einen Moment Schatten vor der prallen Sonne. Es sah sauber aus, als sei es vor relativ kurzer Zeit gesäubert worden. Sein Bruder wohnte im dritten Stock, auf der linken Seite. Das ganze Haus bestand nur aus 2-Zimmer-Wohnungen, wie er in einem alten Brief berichtete. Und die Wohnung war gerade so eben eingerichtet.

„Entschuldige bitte den Saustall. Hätte ich gewusst, dass du kommst, hätte ich natürlich aufgeräumt und einen Kuchen gebacken.“

Ein typisches Grinsen zierte die Lippen seines älteren Bruders. Und dieser hatte schon ewig eine Vorliebe für die Farbe Rot, sodass sich diese Liebe auch in seinen Haaren wiederspiegelte. Ein Streitpunkt, weswegen auch er das Haus in Mie verlassen musste – rote Haare, statt seine gewohnten, natürlichen braunen Haare.

Lässig fuhr er sich mit den Fingern eben durch diese, kramte noch ein paar Sachen bei Seite.

„Und Vater hat dich wirklich rausgeschmissen?“

Yuu nickte leicht, schaute sich in der Wohnung um. Seitdem er das letzte Mal da war, hatte sich nicht viel getan. Sie war vielleicht noch ein bisschen mehr vergilbt, da sein Bruder ein unbändiger Kettenraucher war und auch nicht damit aufhören konnte geschweige denn wollte.

„Ja, nach einem Streit um irgendeine Kleinigkeit.“

„Und das, ohne dass du dir die Haare färben musstest?“

„Genau das. Das Sara allerdings ihre Haare aufgehellt hat, interessiert ihn gar nicht. Sie darf ja alles.“

Genau das war es, was wohl einen großen Punkt der Frustration in ihm auslöste. Seine älteste Schwester Sara durfte alles, scheinbar aufgrund ihrer Ehe mit einem Abteilungsleiter in der Firma seines Vaters. Und scheinbar war sie auch das Lieblingskind ihrer Eltern, bei ihr ist wohl alles gut gelaufen in der Erziehung und auch im Kopf. Obwohl dies ganz und gar nicht der Fall war.

„Klar, ist doch irgendwie verständlich. Sie wohnt ja auch nicht mehr zu hause und hat sich „losgelöst“. Alles klar. Wenn die mir erzählen will, dass sie mit ihrem Kerl glücklich ist, fresse ich einen Besen. Die ist doch nur glücklich mit dem Geld, dass er an Land bringt, damit sie sich ihre Chanel-Sachen kaufen kann und hier und da ein Accessoires.“

Der Schwarzhaarige fiel in ein Lachen, sah amüsiert zu seinem Bruder hin. Er fand es urkomisch, wie sehr er seine Stimme dabei veränderte, wenn er über ihre Schwester herzog.

„Egal, lass uns von was anderem Reden. Bock auf eine Party zu gehen, heute Abend? Findet bei einem Freund von mir statt und du brauchst sicher ein bisschen Ablenkung, hu?“, schlug das Rothaar vor. Freudig stimmte Yuu darauf ein, bestätigte seine Annahme mit einem Nicken.

„Ablenkung wird uns beiden ganz gut stehen.“
 

===
 

Die laute Musik drang schon ein paar Straßen weiter an ihre Ohren. Musik aus älteren Zeiten und aus der Gegenwart, viele verschiedene Richtung verschiedener Stile, alles auf ein paar Quadratmeter gequetscht.

„Erschreck dich nicht, okay? Dieser Freund ist schwul und es werden wohl auch ein paar Schwule dort sein.“

„Sehe ich aus wie Sara oder was?“, gab Yuu von sich und lachte. Sein Bruder stimmte darauf ein.

Seine Schwester war wohl die Konservativste von ihnen. Sie fang Tausende von Argumenten gegen eine Beziehung von Schwulen, Lesben oder anderem „Nicht-Normalen“. Auch wenn man oft davon sprach, dass Japan selbst als sehr konservatives Land gilt, war Sara mindestens 3 Mal so stark.

„Daisuke!!“, ertönte aus von einem Balkon, ein paar Stockwerke höher. Ein Braunhaarige junger Mann blickte auf die Beiden herunter und winkte ihnen zu. Daisuke selbst, der Rothaarige, winkte selbst hoch und grinst frech. Daraufhin erklang schon das Summen des Türöffners. Die Tür sprang aus dem Schloss und gab den Weg ins Treppenhaus frei. Oben an der Wohnung angekommen, blinkten verschiedene Farben in den wenigen Räumen hin und her.

„Amüsier dich, Yuu-chan. Und häng mir nicht am Rockzipfel.“, sagte Daisuke mit einem Grinsen auf den Lippen, mischte sich dann unter seine Freunde, verschwand schon kurz darauf in der tanzenden Menge. Natürlich würde er ihm nicht am „Rockzipfel“ hängen, schließlich war er nicht so verklemmt und in der Lage sich mit Leuten zu unterhalten. Jedoch visierte Yuu erst einmal die kleine Bar an, nahm sich einen dieser Plastikbecher und füllte ihn mit irgendetwas, was auf dem aufgestellten Tapeziertisch stand.

Immer wieder unterhielt er sich mit ein paar Leuten. Sie fragten, woher er den Gastgeber kennen würde, was er beruflich so machen würde, woher er kommen würde. Und jedes Mal antwortete Yuu mit dem gleichen: „Der Gastgeber ist ein Freund meines Bruders, deswegen bin ich hier. Momentan hab ich noch keine Arbeit, aber ich bin auf der Suche, hab auch erst vor kurzem die Schule entgültig abgeschlossen. Und kommen tue ich aus Mie, ich bin erst seit heute in Tokio und schon schleppt mich mein Bruder mit durch die Stadt.“

Immer wieder imitierte er ein fröhliches Grinsen, versuchte nicht allzu unhöflich zu wirken. Aber wirklich Lust sich hier auf der Party zu amüsieren und Spaß zu haben, hatte er nicht. Immerhin wusste er nicht, wo er hin sollte, hatte kaum Geld in der Tasche und nicht mal einen Job. Er konnte immerhin nicht ewig bei seinem Bruder leben.

Nachdem er einige Becher von diesem undefinierbarem Zeug heruntergeschluckt hatte, wurde es in seinem Kopf ein kleines bisschen schummrig. Als Yuu sich wieder von der Couch erhob, wankte er leicht, ging dann aber geraden Schrittes wieder auf die Bar zu und kippte sich erneut das Glas voll. Ein Glück ließ er sich Zeit mit dem Trinken und exte sie nicht, wie die meisten anderen hier. Sonst wäre er wohl nicht mehr so sehr Herr über seinen Körper.

Auf dem Weg zurück zu seinem Platz geriet er wieder leicht ins Wanken, als er sich zwischen mehreren Menschen hin- und herschlängeln musste. Schließlich, aus diesem Parcours raus, rannte er beinahe in einen Blondhaarigen und verlor dabei beinahe sein Gleichgewicht, hätte er ihn nicht gehalten.

„Vorsicht, Vorsicht.“, gab der Blonde von sich, grinste und half Yuu wieder in eine aufrechte Position.

„Entschuldigung.“, erwiderte er verlegen und musterte seinen Gegenüber von unten nach oben. Schwarze Schuhe, eine schwarze Hose, die an seiner Hüfte mit einem schwarzen Sweater verschmolz. Und in seinem Gesicht prunkte ein leicht graues Tuch, dass er um seine Nase gespannt hatte. Auf Yuus Lippen zeichnete sich ein Grinsen ab.

„Schon mal an eine OP gedacht?“, fragte er frech und deutete auf das Tuch um seine Nase.

„Natürlich.. aber hast du das nötige Kleingeld in der Tasche?“, erwiderte der Blonde grinsend.

„Nö, das auf keinen Fall.“, sagte Yuu und streckte seine Hand aus. „Ich bin Yuu.“

„Ryo, sehr angenehm.“, kam es von dem Anderen.

„Darf ich trotzdem fragen, warum du das Ding trägst?“

„Eigentlich nur, damit mich niemand nachher auf der Straße erkennt, sollte ich auf Partys irgendetwas peinliches tun, irgendetwas voll kotzen oder mich einfach nur total daneben zu benehmen. Sogar äußerst praktisch.“

Ein Lachen entkam aus Yuus Mund. Er deutete auf die Balkontür, bekam ein Nicken und ging dann mit dem Blonden hinaus. Wie gut die frische Luft in seinen Lungen tat..

„Du bist neu hier, hm?“, fragte Ryo, natürlich wie jeder andere auch.

„Jap, das stimmt. Steht das irgendwo auf meine Stirn gedruckt?“ Oder sah man ihm einfach an, dass er nicht aus Tokio stammte.

„Ich wollt dich nur mal ärgern. Ich hab’s mitbekommen, wie dich die einen oder anderen gefragt haben, ich stamme auch nicht aus Tokio, deswegen.“

Yuu nickte und zeigte so, dass er ihm zugehört hatte. Beide genossen nun die Aussicht aus dem fünften Stockwerk. In Tokio gingen immer wieder Lichter an oder aus, allerdings konnte man keinerlei Muster erkennen. Und so suchte der Schwarzhaarige nahezu jedes Gebäude ab, bis er plötzlich das Geräusch der Balkontür hörte und herumfuhr. In dem Licht sah er seinen Bruder stehen.

„Ich hau ab. Willst du noch hier bleiben oder mitkommen?“, fragte das Rothaar, musterte daraufhin amüsiert Yuus Begleitung, nickte ihm dann freundlich zu.

„Du bist ein Spaßvogel. Ich kenn mich hier gar nicht aus, natürlich komm ich mit.“ Schnell stellte er seinen Becher auf den kleinen weißen Plastik-Tisch auf dem Balkon und verschwand wieder ins Innere. „Vielleicht sieht man sich ja irgendwann noch mal, Sayonara.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Yuu von Ryo, verließ kurz darauf mit seinem Bruder die Wohnung und stand schließlich nur wenige Sekunden später wieder im Freien. Die frische Luft hatte den Nebel in seinem Kopf zumindest etwas gelichtet..

chapter two: ecstasy

Halli hallo~
 

Dieses Mal nicht beta gelesen, ich hoffe ihr könnt mir verzeihen, wenn der ein oder andere Fehler drinne ist T_Tv
 

Tja, hoffe die Story gefällt euch auch weiterhin, denn bisher ist ja noch nichts richtig in Fahrt gekommen, ne.. aber man darf halt auch nicht die "unwichtigen" Sachen auslassen, sonst verstrickt man sich in irgendeiner Story, die niemand kennt.
 

Also, viel Spaß beim Lesen & ich würd mich über Kommi's freuen <3
 

Chaira Keliyah
 

===
 

C.H.A.P.T.E.R T.W.O: E.C.S.T.A.S.Y
 

===
 

Es waren bereits einige Tage vergangen. Yuu hatte sich in dem kleinen Zimmer bei seinem Bruder eingelebt, er kannte die Umgebung mittlerweile auch einigermaßen und genoss es, abgekapselt von seinen Eltern in einer neuen Stadt zu leben und das Leben einfach mal zu genießen. Er telefonierte fast täglich mit seiner kleinen Schwester, damit sie ja nicht dachte, dass sie ihm egal sei.

Aber gleichzeitig begann Yuu aus Frust, dass er einfach keine Arbeit hatte, seinem Bruder auf der Tasche lag und nicht mal wusste, etwas mit sich anzufangen, sich Abends in einen Club zu setzen und sinnlos vollaufen zu lassen, bis er gerade noch wusste, wie er nach Hause kommen würde.

Und anders lief es an diesem Abend auch nicht. Sein Bruder hatte schon früh die Wohnung verlassen, weil er bei Freunden zum Essen eingeladen war. Und Yuu selbst hatte sich nur irgendein Fertiggericht in der Pfanne gemacht, das reichte für ihn. Da er sowieso relativ schlank war und sein Magen dementsprechend klein, war er schon nach ziemlich wenig pappsatt. Nun konnte er sich wieder aufstylen gehen.

Aus den wenigen Sachen, die er mitgenommen hatte, und aus ein paar Sachen seines Bruders zauberte sich der Schwarzhaarige jeden Abend ein neues Outfit, wenn auch er nur anders kombinierte. Und es dauerte meist auch nie lange, bis er in der Disco war. Sein Bruder hatte ihm eine riesige Auswahl zur Verfügung gestellt, hatte ihm nahezu jede Disco in der Nähe gezeigt und war auch jeden Abend weg, sodass er weder mitbekam, wann sich Yuu aus der Wohnung schlich und, weil Daisuke dann schon zu tief schlief, wann er nach Hause kam.

Mit einem prüfendem Blick musterte Yuu sich ein letztes Mal im Spiegel, strich sich noch eine Strähnen zurecht, wühlte dann aber in seiner Tasche und stellte fest, dass er etwas vergessen hatte.

Rasch rannte er in sein provisorisches Zimmer, kramte in der gestrigen Hose und zog ein kleines Tütchen hinaus, voll mit farbigen Pillen.

„Nicht vergessen..“, sagte er sich selbst, steckte sie in seine Hosentasche, nahm jedoch zuvor noch eine blaue Pille heraus und warf sie sich in den Mund. Kurz darauf verließ er die Wohnung, stapfte das Treppenhaus hinunter und befand sich schon wenige Zeit später in der Zieldiskothek.

Schon wenige Minuten später schienen die ersten Wirkungen einzusetzen. Den Hunger, den der Schwarzhaarige zuvor verspürt hatte, schwand immer mehr, auch sein Durst wurde reduziert. Die Musik schien in seinen Ohren lauter zu werden und die Lichter strahlten in seinen Augen intensiver. Doch nichts der beiden Wahrnehmungsveränderungen störte ihn. Nicht einmal seine ständig wechselnden Tanzpartner konnte er sich merken, geschweige denn sah er sie sich genau an. Wie eine ihm bekannte Person die Disco betrat, merkte er nicht. Wie auch.. immerhin war er viel zu tief in der tanzenden Traube drinnen.

Der unbekannte Blonde mischte sich unter die Leute, kämpfte sich dann jedoch zur Bar vor um etwas zu trinken. Mit dem Rücken zum Tresen gelehnt, ließ er seinen Blick über die tanzende Menge schweifen, versuchte jemanden zu entdecken, den er kannte. Es war immer langweilig gewesen, alleine in die Disco zu gehen, aber wenn jeder seiner Freunde etwas anderes vor hatte, blieb ihm schließlich nichts anderes übrig.

Genüsslich trank er Schluck für Schluck sein Getränk aus, konnte das Glas dann rechtzeitig auf den Tresen zurückstellen, ehe ihm ein schwarzhaariges Lebewesen direkt in die Arme stolperte. Dank seiner guten Reaktion war es ihm gelungen einen unsanften Sturz zu verhindern. Dunkelbraune Augen schauten direkt in die des Blonden, ehe sich langsam ein überschwängliches Grinsen auf den dazugehörigen Lippen abzeichnete.

„Kennen wir uns nicht?“, schrie Yuu mit heiserer Stimme, stellte sich dann auf und klopfte sich überflüssig den nicht vorhandenen Staub von den Klamotten. „Oh..“, sagte er, als er sich an die Hose gegriffen hatte, beugte sich dann hinunter. Der Blonde hingegen musste dafür sorgen, dass er nicht von den anderen an der Bar umgestoßen wurde. Schließlich beugte er sich zu ihm hinab und schaute, was er eigentlich dort machte.

„Hast du was verloren?“, fragte Ryo schlussendlich, hielt auch Ausschau nach diesem Etwas, obwohl er nicht wusste, wie es aussah.

„Ja, hab ich. Muss wohl aus meiner Tasche gefa- Ah! Da ist es ja.“, sagte der Schwarzhaarige freudig, hob nun die durchsichtige Tüte in die Luft. Von den 6 Pillen, die am Anfang darin waren, füllten nur noch 2 Stück das kleine Tütchen. „Auch eine?“, fragte Yuu fast schreiend, als er den musternden Blick seitens des bekannten Unbekannten sah.

Ecstasy. XTC. E. Wie auch immer man es bezeichnen konnte.

„Nein danke.“, entgegnete er, half seinem Gegenüber dann aber auf und stand ihm nun wieder gegenüber.

„Hn, schade. Es hebt die Laune wirklich um einiges an.“

Ryo gab ein bloßes Schulterzucken von sich. Er hatte wirklich nicht gedacht, dass der Schwarzhaarige in solchen Kreisen hing, er hatte ihn als „harmlos“ eingestuft, hatte gedacht, dass er so etwas nicht mal für Geld schlucken konnte. Aber woher behauptete er auch, dass er ihn kennen würde, immerhin hatte er ihn jetzt das zweite Mal erst gesehen. Als sich ein dritter zu ihnen gesellte, schien Ryos Interesse noch einmal geweckt. Irritiert zog er die Augenbrauen zusammen, musterte den völlig Unbekannten.

„Bist du soweit? Kommst du wieder mit tanzen?“, gab der Mann mit einer ziemlich tiefen Stimme von sich, meinte ganz klar Yuu, den er besitzbeanspruchend an sich zog. In Yuu’s Augen mischte sich die Frage, wie der Name des Kerls sei. Dass er vor wenigen Minuten mit ihm getanzt hatte, war ihm noch in Erinnerung. Nur der Name nicht mehr. Schließlich entschied er sich doch dazu, den Mann ohne seinen Namen zu antworten.

„Natürlich.. Also Ryo, mach’s gut. Vielleicht sieht man sich ja noch mal.“, sagte Yuu zum Abschied, verschwand daraufhin mit seiner ominösen Begleitung wieder in Richtung Tanzfläche.

„Mach’s besser.“, sagte der Blonde ihm nach, folgte mit seinem Augen dem schwarzen Haarschopf, bis dieser schließlich völlig aus seinem Blickfeld verschwand. Ein Seufzen verließ seine Lippen. Er ließ sich noch einmal nachschenken und versank dann, wieder an den Tresen gelehnt, in seinen Gedanken.
 

===
 

Einige Drinks hinterlassen nun mal ihre Wirkung. Davon abgesehen, dass langsam ein kleiner Nebel in seinem Kopf aufzog, schlug es ihm auch ungeheuer auf die Blase, sodass diese nach einiger Zeit doch endlich gefüllt war. Der Gang auf die Toilette war nun also die einzige Möglichkeit. Mittlerweile hatte die Disco sich ein wenig geleert, sodass man ohne Probleme und ohne Angst, jemanden umzustoßen oder bei etwas zu stören, auf Toilette gehen konnte oder sich sonst wo frei bewegen kann.

Nachdem Ryo die Männertoilette betreten hatte, ging er in eine dieser grünen Kabinen und leerte seine Blase. In dem Moment, in dem er seine Hose wieder geschlossen hatte, hörte er die Tür der Toilette aufschnellen und wieder ins Schloss fallen. Plötzlich ein Geräusch, einem Stöhnen gleich, daraufhin eine männliche Stimme.

„Nicht so schnell..“

Yuu. Yuu’s Stimme. Danach das tiefe Lachen des Mannes von vorhin. Und das Stöhnen ließ nur eine Situation zu. Ryo spürte förmlich das Grinsen, das auf dem Mund des Schwarzhaarigen lag. Doch er entschied sich dazu, sich nicht zu rühren, drückte sich leicht an die Kabinenwand und zwang sich dazu, ruhig zu atmen. Hoffentlich war es nicht die falsche Entscheidung zu warten.

Zuerst war Poltern zu hören und es war klar, dass sich zu diesem Zeitpunkt nur drei Personen in der Männertoilette befanden. Das Auf- und Zugehen einer Kabinentür war zu hören, jedoch nicht das Geräusch des Schlosses, das eigentlich folgen sollte. Scheinbar hatten sie die Tür offen gelassen.

„Nghh..“

Die Stimme des Schwarzhaarigen.

Erneut ist Gepolter zu hören und wie jemand plötzlich gegen die Kabinenwand gedrückt wurde. Gegen die Wand, an der auch Ryo lehnte. Wie durch Zufall lagen ihre Kabinen scheinbar nebeneinander. Daraufhin wieder ein leises Stöhnen. Erneut wurde etwas gegen die Wand gedrückt, etwas hohlklingendes. Wahrscheinlich ein Kopf. Und da der Schwarzhaarige eigentlich sehr schmächtig aussah, ging Ryo davon aus, dass es wohl er sein würde, der gerade brutal an die Wand gedrückt wurde.

„Nicht.. bitte.. Lass es..“

Die Stimme klang nun fast weinerlich. So sicher wie sie am Anfang geklungen hatte, war der Blonde davon ausgegangen, dass das Verlangen auf beiden Seiten bestand, doch nun kam in ihm das Gefühl auf, dass gerade irgendetwas dort drüben passierte, womit der Schwarzhaarige nicht einverstanden war. Fast panisch suchte Ryo in seinem Kopf nun nach der richtigen Lösung. Was würde jetzt überhaupt das Richtige sein? Je mehr Sekunden verstrichen, desto bedeutender würde die Antwort auf seine Frage sein.

„Nein.. bitte nicht...“

Dieses Mal klang es fast schmerzerfüllt, ungewollt. In diesem Moment tauchte plötzlich die Silhouette des schwarzhaarigen Schönlings vor Ryo’s innerem Auge auf. Er sah, wie Yuu vor ihm auf dem Boden saß, wie er ihn von unten ansah und wie er stumm um Hilfe bat. Immer und immer wieder liefen Tränen über seine Wangen.

Für einen Moment schloss Ryo seine Augen und schüttelte den Gedanken mit einem Kopfschütteln regelrecht aus seinem Kopf. Nun schoss der Blonde aus der Kabine, ignorierte jegliches laute Geräusch, dass er damit wahrscheinlich herbeigeführt hatte und riss die Kabinentür der nebenanliegenden Kabine auf. Zwei Augenpaare starrten ihn an. Das eine dankbar und zugleich irritiert, das zweite ziemlich verärgert.

„Ey Alter. Mach die Tür zu und zieh Leine. Siehst du nicht, dass wir beschäftigt sind?“, knurrte die Stimme des Mannes, der Yuu fest an der Wand hielt. Doch der Blick des Gefangenen verriet, dass er Angst hatte und dass er Ryo dankbar war, dass er gekommen war. Vielleicht einfach nur, weil es sich nicht gehörte, in einer öffentlichen Toilette so etwas zutreiben, wenn auch es nur von einer Seite gewollt ist, vielleicht aber auch, weil er seine Stimme erkannt hatte und ihm wirklich helfen wollte.

„Ich zeige Ihnen mal, was es heißt, Leine zu ziehen.“

Ryo trat nun in die Kabine hinein und ließ seine Faust auf das Gesicht des Unbekannten Mannes zurasen. Danach zerrte er ihn von dem Schwarzhaarigen weg. Der Unbekannte stolperte einige Schritte zurück, blickte dann wütend auf den Blonden. Als er einen neuen Angriff startet und auf Ryo zurannte, bohrte dieser seine Faust in den Magen des großen Mannes. Dieser ging keuchend zu Boden.

Ohne ein weiteres Wort zog er den Schwarzhaarigen aus der Kabine und dann aus der Toilette, durch die Menge von Leuten hinaus aus der Disco. Yuu gab kein einziges Wort von sich, ließ sich von dem Blonden mitziehen. Kurz vor dem roten Auto von Ryo befreite sich Yuu nun doch und schaute ihn verwirrt an. Sofort drehte sich der Andere um.

„Geh entweder zurück und lass dich vergewaltigen oder komm mit mir und ich bringe dich in Sicherheit.“

Ryo stellte ihn vor eine Wahl, die Yuu ein Glück zu Gunsten des Blonden entschied. Und dieser wiederum entschied nun erst einmal den Schwarzhaarigen in seine eigene Wohnung zu bringen..
 

===
 

Immer wieder erhellte der grelle Scheinwerfer seines Autos ein Stück der dunklen Straße. Zwar spendeten Leuchtreklameschilder und Straßenlaternen schon genug Licht, doch war dieses Vorrüberfahren der Scheinwerfer als würde man etwas Verborgenes, etwas Verstecktes für einen Moment aufdecken, sehen und sofort wieder verschließen, damit es nicht verbraucht wird. Das Haus, vor dem der rote Kleinwagen hielt, glich allen anderen in dieser Straße in der Dunkelheit. Es war kaum zu unterscheiden, weder von der Farbe noch von irgendeiner Unstimmigkeit in der Architektur.

Neben dem Schwarzhaarigen lief Ryo, wollte ihn auffangen, sobald die ersten Wirkungen des Alkohols und der Pillen einsetzten, damit dieser nicht auf sehr unsanfte Weise die Treppen hinunterging.

Erst das Angehen des Lichtes und die Schritte zweier Personen, hauchten der kleinen 2-Raum-Wohnung ein wenig Leben ein Der Blonde half seiner Begeleitung dabei, sich seiner Jacke und Schuhen zu entledigen. Die Nachwirkungen der Drogen hatten bereits eingesetzt, sodass Yuu schweigsam wurde und ziemlich schlapp aussah. Das Hungergefühl, das durch die Pillen so erfolgreich vergessen wurde, lehrte nun schmerzhaft und mit einem lauten Geräusch wieder.

„Geh Duschen. Ich mach’ dir schnell was zu essen.“, schlug Ryo vor und deutete zuerst auf das Badezimmer, dann auf die kleine Küche.

Yuu nickte nur, folgte seiner Anweisung und ging in die Richtung des Badezimmers. Dort entdeckte er Handtücher, suchte sich zwei heraus, zog seine Klamotten aus und stellte sich unter die Dusche, schaltete kurz darauf das Wasser ein.

In seinen wenigen Gedanken versunken, fühlte sich das warme Wasser entspannend und beruhigend an. Fast wäre er eingeschlafen, wenn nicht die Fließen, an die er sich einen Moment lehnte, so kühl gewesen wären. Das Gefühl, dass nun in ihm aufkam glich dem, als wäre er aus einer angenehmen Traumwelt in die kalte, harte Realität gerissen worden.

Nachdem der Schwarzhaarige die Dusche verlassen hatte, entdeckte er frische Klamotten auf dem Toilettendeckel liegen. Scheinbar hatte Ryo sie ihm hierher gelegt. Einerseits war er froh, dass er an ihn geraten war und sie beide am selben Abend in der selben Bar gewesen waren. Doch andererseits kannte er ihn kaum. Yuu wusste nur wie er heißt, jetzt auch wo und wie er wohnt, und dass er ihm irgendwie sympathisch vorkam.

Erst jetzt stieg ihm der wohltuende Geruch in die Nase und er bemerkte, dass sein Hals ziemlich ausgetrocknet war. Sein Magen meldete sich erneut schmerzhaft und nachdem er sich schnell angezogen hatte, folgte er dem Duft von Essen bis in die Küche.

„Schon fertig?“, fragte Ryo leicht lächelnd, als er Yuu im Türrahmen wahrnahm. Nur ein Nicken folgte auf die Frage.

Ryo bat ihn doch Platz zu nehmen. Der Schwarzhaarige setzte sich im Schneidersitz auf einen der beiden Stühle und leerte das gefüllte Glas, das vor ihm stand, in einem Zug.

„Tut gut..“, murmelte er erleichtert, mehr zu sich selbst, füllte sich jedoch sofort nach und trank dann auch das Glas wieder aus.

Kurz darauf wurde auch das Essen serviert. Dafür, dass es in kurzer Zeit zusammengestellt wurde, roch und sah es verdammt lecker aus, sodass Yuu schon im Mund das Wasser zusammenlief. Und als er zu essen begann, bekam er seinen Mund gar nicht mehr zu. Lecker. Einfach lecker..
 

===
 

to be continued..

chaptor three: finding out the truth

Soo, das Kapitel ist nun um einiges länger =D
 

allgemein scheint die Story ja nicht allzu beliebt zu sein oder es liegt erst daran, dass sie so wenig Kapitel hat? ^^;; auf jeden Fall glaub ich, dass ich zu sehr mit den Extremen spiele.. *seufz* aber ich kann euch versprechen, dass Gazette auf jeden Fall noch dran kommt und alles was mit der Gründung zu tun hat, wenn auch etwas abgeändert, okay? =D
 

Also, viel Spaß beim Lesen und ich bitte im Kommentars? Sagt mir, was schlecht ist und was gut ist, nur so kann ich irgendwann die ultimativ Fanfiction schreiben XDD
 

Chaira Keliyah
 

===
 

C.H.A.P.T.E.R T.H.R.E.E: F.I.N.D.I.N.G O.U.T T.H.E T.R.U.T.H
 

===
 

Ungefähr eine halbe Stunde später waren beide Mägen wohl gefüllt. Der Abwasch war auch schnell erledigt und die beiden hatten sich in einen lockeren Smalltalk vertieft. So lernten sie sich wenigstens etwas kennen.

„Wie alt bist du eigentlich? Wenn ich so dreist sein und fragen darf?“, fragte Ryo nach einer kurzen Pause, in der er getrunken hatte.

„Darfst du. Ich bin 22 und du?“

„Nur 20.. Hätte dich für jünger gehalten.“

„Das tun viele.“, gab der Schwarzhaarige lachend von sich. Und das entsprach durchaus der Wahrheit. Er konnte nichts dafür, dass er zum einen sehr feminin aussehen konnte, zum anderen aber auch noch jünger, als er eigentlich war. Wenigstens hatte es auch einen Vorteil, so würde er vielleicht nicht den Falten und sonstigem erlegen sein, wenn seine Freunde bereits in der Midlife-Crisis stecken.

„Und was bringt dich nach Tokio?“

„Meine Eltern haben mich rausgeschmissen. Mein Bruder wohnt hier seit einiger Zeit.. Gott sei dank. Ich hätte nicht gewusst, wohin.“

„Ungefähr das Selbe. Nur bin ich selbst gegangen. Komme ursprünglich aus Kanagawa.“

Yuu nickte leicht. „Ich komme aus Mie.“, antwortete er knapp, trank dann aus dem Glas, das direkt vor seiner Nase stand.

Zwischen den Beiden kehrte nun Stille ein. Immer mal wieder trank Yuu aus seinem Glas, wirkte aber kaum fitter. Das Zittern, was sich langsam in seine Muskeln geschlichen hatte, wollte kaum aufhören. Ryo blickte ihn anfangs einmal irritiert an, doch Yuu winkte ab. Zeitgleich war in Yuu’s Magen, obgleich dem Essen, eine starke Übelkeit aufgetreten. Schon einige Male hatte er das Gefühl, dass jemand seinen Magen fest umgriffen hatte und fast in einem Takt oder Rhythmus hin- und herschleuderte. Typische Nachwirkungen der Pillen.

„Soll ich dich nach Hause bringen?“, fragte der Blonde, nachdem er wahrnahm, dass ausnahmslos fast jedes Körperteil an Yuu zitterte.

„Nein, danke. Ich hab dir schon genug Zeit genommen. Ich gehe gleich, keine Sorge..“

„Komm gar nicht in die Tüte.“, wiedersetzte sich Ryo, „Ich bring dich gleich mit dem Auto nach Hause.“

Ein Lachen kam aus Yuu’s Lippen hervor. „Wenn es eh schon fest steht, warum fragst du dann?“ Die Frage kam frech zurück.

„Weiß ich nicht..“

Ein verlegenes Lachen füllte einen Moment die Stille zwischen ihnen, ehe ein zweites darauf einstimmte und daraus ein freudiges Lachen wurde. Kurz darauf saßen die Beiden schon im Auto auf den Weg in die Richtung der Wohnung von Yuu – oder besser die von seinem Bruder. Von seinen Anweisungen geführt, hielt Ryo wenige Minuten später in einer Seitenstraße.

„Hier wohnst du?“, fragte Ryo irritiert. Die Gegend war relativ nobel. Irgendwie wirkte yuu nicht so, als wenn er gerade aus so einer Gesellschaft kam.

„Fast. Eine Straße weiter.“, sagte er, deutete auf eine weitere Seitenstraße, „Ich will nur nicht, dass mein Bruder davon groß Wind kriegt. Er muss es ja nicht unbedingt wissen, ne?“

Ryo schüttelte bloß mit dem Kopf, schaute einen Moment seinen Gegenüber an. Er versuchte irgendein Indiz dafür zu finden, dass er ihn gerade angelogen hatte, aber irgendwo klang seine Antwort auch plausibel. Lüge hin oder her. Vielleicht wollte Yuu auch nicht gleich jedem sagen, wo genau er wohnte. Durchaus verständlich.

„Sieht man sich mal wieder?“, fragte der Blonde schließlich in normalem Ton, ohne jegliche Hoffnung, die irgendetwas verraten haben könnte. Er fand den Schwarzhaarigen einfach sympathisch.

„Vielleicht? Vielleicht kann ich mich ja an den Weg zu deiner Wohnung erinnern? Wenn es hell ist, vielleicht?“, gab Yuu leise lachend von sich.

„Hm.. vielleicht.“

Obgleich Ryo nichts gehofft hatte, war er von der Antwort ein wenig enttäuscht. Doch er selbst konnte dieses Gefühl für einen Moment nicht zuordnen, also verdrängte er es schnellstens.

„Mach’s gut, Ryo. Vielleicht bis bald mal.“ Mit diesen Worte öffnete Yuu die Beifahrertür und beugte sich hinaus, bereits zum Aussteigen.

„Mach’s besser, Yuu.“, gab Ryo zurück, schaute seinem Gegenüber dabei zu, als dieser aus dem Auto stieg, die Beifahrertür zumachte und schließlich den Bürgersteig entlang stakste. Ryo sah ihm noch lange nach, bis seine Silhouette letzten Endes doch mit der Dunkelheit verschmolz. Er startete wieder seinen roten Wagen, wendete und fuhr zurück in seine Wohnung.
 

===
 

Einige Zeit war vergangen. Ryo hatte die ersten beiden Tage in dem Restaurant eines Freundes ausgeholfen, hatte den dritten gefaulenzt und den vierten schließlich wieder gearbeitet. Von dem Geld, dass er verdient hatte, wollte er sich nun etwas gönnen.

Der Verdacht, dass Yuu sich nicht bei ihm melden würde, beschlich ihn bereits auf dem Weg nach Hause. Allerdings hatte er doch gehofft, dass die beiden sich noch mal über den Weg laufen würden.

Der Abend des fünften Tages war gerade erst angebrochen, die Sonne tauchte gerade erst in das rotfarbene Licht am Horizont und verschwand schließlich in den Farben am Himmel. Die Rush-hour war bereits vorüber und nun waren nur noch die letzten Pendler auf dem Weg nach Hause. Die U-Bahnen, noch ziemlich gefüllt, die Straßen ur mäßig belebt.

Ein Gähnen entkam seinen Lippen, als er aus dem Kino trat und die frische Luft in seine Lungen drang. Obgleich er nicht wirklich Lust dazu gehabt hatte, hatte er sich eine Dokumentation im Kino angeschaut. Auf den Splatter hatte er noch weniger Bock und auch eine Komödie oder eine Liebesromanze wäre ebenso schlecht gewesen. Ryo streckte seine Glieder und machte sich dann, mit den Händen in den Hosentaschen, auf den Weg zu seiner Wohnung. Er hatte bereits in den letzten fünf Minuten des Films hin und her überlegt und sich schließlich dazu entschieden zu gehen, anstatt die U-Bahn zu benutzen.

Mit jedem Schritt, den er ging, wurde der Abendhimmel um eine winzige Nuance dunkler, bis schließlich nur noch eine lilafarbene Wolke am Himmel hing. Eine Mischung aus Smog der Industrien und der Autos und Wasser, dass bald wieder auf die Erde prasseln würde. Die Straßenlaternen waren immer nur einen kleinen Kegel auf den Bürgersteig, erhellten und hob den blassen Stein hervor. Ungewollt betrat Ryo nun eine Gegend, in der das Licht kaum richtig stark leuchtete. Mehrere Silhouetten lehnten an der Mauer und immer wieder hielt ein Auto an, ließ entweder eine Silhouette in seinem Innenleben verschwinden oder fuhr weiter.

Öfter ging eine dieser Gestalten auch auf ihn zu, hatte gerade den Mund aufgemacht und wollte ihn ansprechen, doch Ryo gab nur ein „kein Interesse“ von sich, ging weiter und ließ die frustriert seufzende Person wieder mit dem Dunkel der Mauer verschmelzen.

„Ngh..“, drang aus einer Seitenstraße.

Ryo blieb stehen, blickte in die Gasse hinein und versuchte erst mal seine Augen an die plötzliche Dunkelheit zu gewöhnen. Er schärfte seine Sinne, falls gleich etwas auf ihn zuspringen würde, sodass er schnell handeln konnte. An der Wand kauerte sich ein Umriss, erhob sich zitternd und umklammerte seinen eigenen Körper.

„R-Ryo?“, erklang eine Stimme aus dem Dunkel. Die Person wanke mit zitternden Beinen in das wenige Licht, das eine etwas entfernte Straßenlaterne gab.

Der Blonde erkannte die Stimme sofort. Und al schließlich Licht offenbarte, wer es wirklich war, stand der schwarzhaarige Schönling vor ihm, den er vor fünf Tagen in seinem Wagen nach Hause gebracht hatte. Seine weiße Stoffhose vollkommen zerrissen und verdreckt, besonders der Hosenbund war lädiert. Das schwarze T-Shirt, das seinen Oberkörper umschloss, war auch an mehreren Stellen zerrissen. Es bot zwar tiefe Einblicke, jedoch gleichzeitig auch auf Kratzer und Stiemen, die in einem leicht dunkleren Ton auf seinem Oberkörper prunkten.

„Yuu.. w-was tust du hier?“, fragte Ryo mit leicht geweiteten Augen, musterte den geschundenen Körper erneut. Er wusste nicht, ob er wütend, traurig, froh ihn wiederzusehen oder einfach nur überrascht sein sollte. Als ein Windzug kam und der Körper vor ihm erzitterte, reagierte er schnell, zog seine Jacke aus und hing sie dem Schwarzhaarigen über die Schultern.

„Hab die.. falsche Straße.. genommen..“, gab der Gefragte in einem müden Ton von sich, „Kannst.. du mich.. vielleicht-“

Er konnte seinen Satz nicht mehr zu Ende sprechen, sank leicht in die Knie und fiel vornüber. Im rechten Moment reagierte der Blonde, schloss vorsichtig seine Arme um den schlanken Körper. Egal, was er sagen wollte, wichtig war, dass sie beide hier weg kamen.

Ohne ihm wehtun zu wollen, hob Ryo ihn auf seine Arme und trug ihn zum nächsten Taxistand, bis er plötzlich eine Stimme hinter sich vernahm und stehen blieb.

„Gut, dass der hier wegkommt..“, erklang die recht hohe Männerstimme, „Erstens verträgt er nichts und zweitens ist so was schlecht für’s Geschäft.“

Ohne dem Gesagtem mehr Aufmerksamkeit zu schenken, drehte Ryo sich einem Taxi zu, lud sich und den schlafenden Körper ein und ließ sich dann nach Hause fahren.

Dort angekommen trug der Blonde Yuu in sein Schlafzimmer, legte ihn vorsichtig aufs Bett. Die Matratze gab nur leicht unter dem Gewicht von Yuu nach. Doch eine Regung des Körpers zeigte sich nicht. Yuu schien tief und fest zu schlafen und seine Erschöpfung zu korrigieren.

Der Anblick, den der Blonde vor Augen hatte, rief in Ryo Sorgen hervor. Seine Gedanken kreisten, er konnte den Sturm in sich kaum beruhigen, geschweige denn bändigen. Auch wenn er Yuu noch kein bisschen besser kannte, machte er sich Sorgen.

Erst sah er den Schwarzhaarigen, wie er Ecstasy bei sich trug und mit großer Wahrscheinlichkeit auch nahm und dann sah er ihn in einem zwielichtigem Milieu in einer Seitenstraße liegen, total verletzt und mit zerrissenen Klamotten und dazu noch der dumme Spruch dieses dämlichen Strichers.

//Stricher..?//

Plötzlich machten Ryo’s Gedanken ihm selbst Angst. Gehörte Yuu auch zu ihnen? Ist Yuu wirklich ein Stricher? Steht er dort mit Absicht oder wird er dazu gezwungen? Deshalb die Drogen? Um seine Sinne zu betäuben, damit es möglichst schnell vorbei geht?

Er drückte die Augen aufeinander und schüttelte einmal den Kopf. Eine Geste, um die Gedanken daran zu vertreiben. Woran er jetzt denken musste ist Yuu. Und er musste nachgucken, ob er irgendwelche schwerwiegenden Verletzungen hatte.

Leise und vorsichtig schlich Ryo ins angrenzende Badezimmer, holte einen nassen Waschlappen und einen Verbandskasten und ließ sich neben Yuu auf dem Bett nieder, jedoch immer darauf bedacht ihn nicht zu wecken. Der Schwarzhaarige brauchte seinen Schlaf jetzt, dringend.

Vorsichtig begann Ryo den Hosenknopf von Yuu zu öffnen und ihm die Hose langsam über die Hüfte zu ziehen, doch plötzlich schreckte dieser auf und zuckte zusammen. Sofort sank er vor Schmerzen aufstöhnend in die Kissen zurück. Er versuchte sich soweit es geht zusammen zu rollen und nahm eine eher abwehrende Haltung ein.

„Yuu.. keine Angst, ich bin’s, Ryo. Ich will dir nur helfen..“, sagte Ryo in einem beruhigenden Ton, jedenfalls versuchte er diesen zu treffen, verfehlte ihn aber um einige Tonlagen. Seine Gedanken waren noch viel zu wirr, als dass er einen klaren Gedanken fassen geschweige denn richtig aussprechen konnte.

Vorsichtig und trotzdem noch skeptisch entspannte sich der schlanke Körper vor ihm langsam, beobachtete aber sorgfältig jede der Bewegungen die Ryo tat. Und dieser versuchte bei allem, was er tat, so vorsichtig wie möglich zu sein, wollte dem Schwarzhaarigen noch mal die Chance lassen in seiner Traumwelt zu verschwinden.

Nachdem er den Hosenknopf geöffnet hatte, zog er die dreckige weiße Hose über die schlanken Beine, ließ sie achtlos zu Boden fallen. In ihren war ein schweres Gesicht und als die Hose schließlich auf dem Boden landete, kamen ein paar Geldscheine zum Vorschein. Ryo biss sich einen Moment auf die Lippen, schüttelte erneut den Kopf, um einen Gedankenansatz, der gerade herauf kam, sofort wieder abzuschütteln.

//Er trägt einfach nur Geld bei sich.. kein Grund zur Sorge.//

Nun legte der Blonde seine volle Aufmerksamkeit auf den Körper vor ihm, nahm den Waschlappen zur Hand und entfernte vorsichtig einige Bahnen von getrocknetem Blut, die sich über seine Beine zogen. Die Kratzer und kleinen Wunden desinfizierte er vorsichtig, schmierte dann eine kühlende Salbe darauf. Als Ryo wieder zu Yuu aufschaute, hatte dieser wieder die Augen geschlossen, atmete regelmäßig zwischen seinen leicht geöffneten Lippen hindurch und schien zu schlafen.
 

===
 

Darauf bedachte das Schlimmste zu erblicken öffnete Yuu langsam die Augen, Millimeter für Millimeter, ließ weiches Licht der Sonne auf seine Augen fallen. Ein undefinierbares Geräusch verließ seinen Mund. Vorsichtig drehte Yuu sich auf die Seite, um dem Licht zu entwischen, es brannte furchtbar in seinen Augen, er musste lange geschlafen haben. Doch mit jeder Bewegung die er tat, wurde der Schmerz größer. Nahezu jede seiner Bewegungen schmerzten, besonders der Unterleib. Und auch das Atmen wurde ihm langsam zur Last, also versuchte er so flach wie möglich zu atmen. Neben der leichten Taubheit, spürte er die Verletzungen und Wunden regelrecht und konnte sie genau lokalisieren.

„Wo.. bin ich?“, säuselte Yuu leise, guckte sich vorsichtig um. In dem selben Moment ging die Tür auf und ein mit Frühstück beladener Bekannter traut in den Raum hinein.

„Ah.. du bist schon wach. Das hier ist meine Wohnung, nicht wundern.“

Es klang fast, als habe der Blonde relativ gute Laune. Doch es ist nicht immer so, wie es scheint, heißt es ja bekanntlich. Sein Lächeln wirkte mindestens dreimal so fröhlich, wie er eigentlich war. Doch Ryo war schon immer ein Meister darin gewesen, seine Gefühle zu verstecken.

„Hier ist Kaffee und Wasser plus eine Kopfschmerztablette. Dazu alle Leckereien, die der Bäcker bot. Ich hoffe, du hast Hunger?“

Ein stummes Nicken folgte auf die Frage. Die Drogen hatten in seinem Magen ein riesiges Hungerloch geschaffen. Bevor Yuu sich aufsetzen konnte, war Ryo schon neben ihm und half ihm dabei. Ein dankbares Lächeln umspielte für einen Moment Yuu’s Lippen, ehe er das

Frühstück auf die Beine gestellt bekam.

„Ich.. erinnere mich an.. gar nichts..“, gab Yuu geniert von sich

„Kein Wunder..“, murmelte Ryo, aber so, dass nur er es hörte, „Aber auf jeden Fall bist du ausgeruht, du hast immerhin 11 Stunden geschlafen.“

„Ich fühle mich, als wären es nur 2 gewesen..“

Als Yuu sprach, begann das erste Zittern sich in seinen Körper zu schleichen. Und ab diesem Moment hatte er die Herrschaft über seine Muskeln verloren, sie zitterten nun ununterbrochen. Auch die Sicherheit, mit der Yuu etwas anhob, schwand mit jedes Sekunde, die er wacher wurde. Beim Essen begangen dann die ersten gravierenden Schwierigkeiten.

Immer mal wieder gehorchte ihm sein Kiefer plötzlich nicht mehr. Besonders dann, wenn er zubeißen oder abbeißen wollte, versagten sie ihm ihre Kraft. Auch die Übelkeit, die sich mittlerweile wie ein dichter Schleicher über Yuu’s Magen gelegt hatte, wollte nicht nachlassen, sodass auch das Essen langsam zur Qual wurde.

Doch Ryo saß direkt neben ihm, ignorierte Yuu’s gequälten Blick gekonnt, der von Zeit zu Zeit seinen eigenen Blick traf und drückte ihm sofort das nächste Brötchen in die Hand, sobald er eines aufgegessen hatte. Fast, als hätte er es geahnt, nahm der Blonde im rechten Moment das Tablett auf seinen eigenen Schoß. Schon wenige Augenblicke später sprang Yuu plötzlich auf und stolperte in das angrenzende Badezimmer. Vor der Toilette kniend, entleerte er dann seinen Magen.

Ryo kam schon kurz darauf zu ihm, zog ihm seine schwarzen Haare aus dem Gesicht und streichelte beruhigend seinen Rücken. Als sich das Erbrechen des Schwarzhaarigen für einen Moment gelegt hatte, stand Ryo auf und holte seinen Becher voll Wasser, reichte diesen dann Yuu und zwang ihn fast dazu zu trinken. Darauf folgte ein weiteres dankbares, aber schwächeres Lächeln und er torkelte zurück zum Bett. Yuu wollte gerade das Frühstückstablett entgültig abstellen, als er schon das nächste Brötchen vor der Nase hatte. Yuu drehte jedoch den Kopf weg.

„Mir ist schlecht.. ich kann nichts mehr Essen.. außerdem kommt es sowieso wieder raus.“

„Das ist doch egal. Du musst etwas essen. Und wenn es nur ein Bissen pro Minute ist.. aber dein Magen muss arbeiten, damit jedes bisschen Übelkeit langsam heraus kommt.“, erklärte Ryo, würde nicht locker lassen, ehe Yuu nicht das Brötchen genommen hätte.

„Mhm..“ Es war mehr ein Knurren, als ein zustimmendes Geräusch. „Kannst du mir.. dann einmal bitte das Telefon geben..? Damit ich meinen Bruder erreichen kann? Er macht sich sicher Sorgen..“, bat Yuu, schaute auf die Bettdecke und pulte an seinem Brötchen herum.

„Natürlich.. einen kleinen Moment, ich bring es dir hierher“

„Ach und.. kannst du mir vorher mein Portemonnaie geben? Da ist die Nummer drin.“

Ryo tat, worum er gebeten wurde, verschwand danach aber aus dem Schlafzimmer. Sofort als der Blonde einen Schritt über die Türschwelle getan hatte, begann Yuu panisch in seinem Portemonnaie nach etwas zu suchen, beruhigte sich erst, als er wieder eine durchsichtige Plastiktüte, deren Inhalt zwei rosafarbene Pillen waren. Er griff nach dem Glas Wasser und schluckte eine der Tabletten mit der Flüssigkeiten herunter. Sofort löste sich der Knoten in seinem Magen und er begann aufzuatmen. Je länger er das Zeug nahm, desto schneller trat die Wirkung ein.

Als Yuu plötzlich Schritte im Flur vernahm, stopfte er das Tütchen grob in seine Geldbörse zurück und zog einen anderen Zettel mit einer Nummer hervor. Ryo, der nun wieder den Raum betrat, reichte seinem Gegenüber das Telefon vorsichtig, erwiderte sein kurzes Lächeln und setzte sich nichtsahnend. Yuu wählte die Nummer und hielt sich schließlich das Telefon an das Ohr.

„Moshi moshi, Yuu desu.“

“…”

“Keine Sorge, O-Nii-Chan. Mir geht es gut.. Jaa, ich komme nachher nach Hause.“

„...“

„Was los war? Ich.. bin zusammengeklappt. Die Luft in der Disco war so stickig.. Und Gott sei Dank hat mich ein Freund gefunden. Du weißt doch, der nette Blonde.. von Toshi’s Party.“

“…”

“Nein.. mir geht es wirklich gut, mach dir keine Sorgen, ja?”

„...“

„Jap, Nii-chan. Bis nachher dann.“

Ohne irgendetwas weiteres abzuwarten, legte Yuu dann auf. Er schaute einmal kurz zu Ryo, lehnte sich dann aber entspannt an das Kopfteil des Bettes. Tief durchatmend, aß Yuu das nächste Brötchen. Diesmal sah es bei ihm so aus, als hätte er gute Laune.

„Ich pack dein Portemonnaie wieder weg.“, bot Ryo an und nahm es entgegen, als Yuu es ihm

dankbar hinhielt. Ohne Gedanken an eventuelle Konsequenzen.

Gerade als Ryo das Portemonnaie wieder auf die Kommode legen wollte, öffnete er es vorsichtig und entdeckte die Tüte mit der Ecstasy-Pille oben auf liegen. Denn als er reingeschaut hatte, um nach einer Nummer zu suchen und seinen Bruder oder zumindest irgendwen zu verständigen, hatte er diese noch nicht gesehen. Natürlich hatte er seinen Bruder schon erreicht, aber er hatte sich nichts dabei gedacht, wenn Yuu es noch mal tun würde, schließlich hatte sein Bruder immer noch sehr skeptisch geklungen.

Ryo legte, so als sei nichts gewesen, dass Portemonnaie geschlossen auf die Kommode und kam zurück zum Bett, sah gerade, wie Yuu sich das zweite Brötchen schnappte, nahm es ihm dann doch aus der Hand.

„Was soll denn das? Jetzt esse ich und dir ist es auch nicht recht?“

Die Sicherheit, mit der Yuu sprach, war zurückgekehrt. Auch das Zittern seines Körpers ebbte langsam ab und seine Finger zitterten nicht mehr so, wenn er den Kaffeebecher anhob.

„Wer Drogen nehmen kann, muss auch mit den Konsequenzen leben.“

Ohne ein weiteres Wort nahm der Blonde das Frühstückstablett vom Bett und brachte es direkt in die Küche. Er stelle es bloß auf den kleinen Tisch und kehrte zurück ins Schlafzimmer, zog nun die Vorhänge ganz auf. Geblendet von dem plötzlichen Licht gab Yuu ein entnervtes Geräusch von sich.

„Was geht denn jetzt mir dir ab? Ich habe Hunger. Außerdem ist das Licht zu grell, ich hab die ganze Zeit im Halb-Dunklen gesessen, da blendet es nur eiin wenig.“, sagte Yuu mit einem ironischen Unterton. Schützend hielt er sich seinen Arm vor die Augen, bis sie sich an das helle Licht gewohnt hatten.

„Ich sagte doch. Wer Drogen nehmen kann, muss auch mit den Konsequenzen leben. Und jetzt verlass bitte meine Wohnung.“, erklärte Ryo trocken, kam zum Bett zurück und zog ihm die Decke weg, hing sie feinsäuberlich zusammengelegt über einen Stuhl, „Ach und das T-Shirt, das du anhast, kannst du behalten. Deine Sachen liegen dort. Also, wenn ich bitten darf.“

„Bist du jetzt vollkommen übergeschnappt? Was ist denn nun los? Welche Laus ist DIR denn über die Leber gelaufen?“

„Gott, Yuu. Glaubst du wirklich ich bin SO blöd und check es nicht, wenn man noch ne Pille nachwirft? Bitte, wenn du so leben willst. Aber sei dir sicher, dass ich dich nicht noch mal rette, wenn ich dich in irgendeiner Scheiße Seitengasse liegen sehe, von Drogen zerfressen und vor dem nächsten Freier flüchtend!“

Ryo erschrak einen Moment innerlich, ließ sich aber äußerlich nichts anmerken. Hatte er es gerade wirklich ausgesprochen? Hatte er seine Gedanken gerade eben preisgegeben? Auch, wenn es bisher unausgesprochen in seinem Kopf herumspukte, hatte er sich langsam damit abgefunden, was Yuu wirklich in dieser Gegend gesucht hatte.

„So etwas muss ich mir nicht anhören!“

Yuu’s Stimme wurde ebenso wie Ryo’s eben ein lauter. Sofort schwang er die Beine über die Bettkante und erhob sich, ignorierte die Schmerzen und zog sich seine Hose an. Er schnappte sich Schlüssel, Handy und Portemonnaie, die auf der Kommode lagen.

„Danke mein edler Retter! Aber du hättest mich da liegen lassen sollen, dann wäre alles besser gewesen!“, schrie Yuu nun schließlich und verschwand auch aus dem Schlafzimmer.

Draußen hörte Ryo, wie er sich die Schuhe anzog und dann die Wohnungstür hinter sich zuzog. Schließlich erschien er ein paar Sekunden später unten auf der Straße und suchte die Gegend nach einer Metro-Haltestelle ab, fand kurz darauf auch eine.

Ryo seufzte frustriert und strich sich einmal durch die Haare.

„Verdammt. Warum hast du das gesagt?“

Doch ändern konnte er das jetzt auch nicht mehr. Nur noch besser machen, wenn er Yuu begegnete.. hoffentlich sei er nicht allzu sauer, wenn Ryo ihm sagte, dass es ihm so rausgerutscht war. Doch die Hoffnung daran gab er schnell auf, als er noch mal an ihr Gespräch zurückdachte.

„Scheiße. Verdammte Scheiße.“
 

===
 

to be continued..

chapter four: delusion

Erstmal: SORRY, dass es so lange gedauert hat @_@; Schule hat neu angefangen und dann sind wir auch noch einmal umgezogen und meine Mum zieht nächste Wochenende um, wo ich dann auch helfen muss. Ich versuch's so schnell wie möglich hinzukriegen, aber erwartet nicht zu viel, ja? ;_;
 

So lang wie das letzte, ist das vierte Kapitel nun auch nicht, aber es treibt den Verlauf ein wenig vorran <3 außerdem wollt ihr ja lesestoff, nicht wahr?
 

Viel Spaß beim Lesen,

Chaira Keliyah
 

===
 

C.H.A.P.T.E.R F.O.U.R: D.E.L.U.S.I.O.N
 

===
 

Wieder vergingen Tage. Tage, in denen der Kontakt zwischen Ryo und Yuu nicht ein einziges Mal statt gefunden hatte. Dieses Mal war Ryo sich wirklich sicher, dass er sich nun entgültig alles mit Yuu verscherzt hatte. Momentan versuchte er sich einfach nur abzulenken.

Er wusste selbst noch nicht, ob er das Ganze positiv oder negativ werten sollte. Hatte er nun eher ein Problem weniger oder einen potentiellen guten Freund verloren?

„Ryo!! Du bist schon wieder mit den Gedanken ganz woanders! Ich muss gleich weg und du bist nicht mal mental in diesem Raum!“, ertönte die gespielt empörte Stimme seines besten Freundes und riss ihn wieder aus seinen unendlichen Grübeleien heraus, wofür er ihm dankbar war.

„Tut mir leid, Nori-chan.“, entschuldigte Ryo sich mit einem Grinsen, jedoch mit einem ehrlichen.

Es war einfach einen Spaß, den er sich immer wieder machte und erlaubte, den Namen seines besten Freundes Takanori zu Nori-chan abzukürzen. Mittlerweile ärgerte es ihn gar nicht mehr allzu sehr. Aber um seinem letzten ärger darüber auszulassen, schlug er Ryo immer leicht auf die Schulter.

„Wo warst du denn mit deinen Gedanken?“

Die Neugierde war nicht zu überhören und mit Sicherheit hatte Takanori sich auch keine Mühe gegeben, dies zu verstecken.

Die beiden kannten sich schon jahrelang. Schon seit der Vorstufe, doch zuerst entstand bei ihnen der Konkurrenzkampf. Wenn man sie heute fragen würde, warum überhaupt – sie wüssten es nicht mehr. Doch auf jeden Fall war das alles damals nötig gewesen, damit die Beiden sich anfreundeten. Und das taten sie, sodass aus einer Feindschaft die beste Freundschaft wurde, die Ryo je gehabt hatte.

„Weiß ich selbst nicht so richtig..“

Und das war nicht mal so falsch. Seine Gedanken drehte sich einfach, manchmal zum Thema Yuu und manchmal zu irgendeinem anderen.

„Oh man, Ryo. Schalt mal ab.”

„Versuch’ ich doch! Aber das ist gar nicht so einfach.“, beteuerte Ryo. Ein frustriertes Seufzen verließ seine Lippen.

„Hm.. ich will ja nicht unhöflich sein, sondern dir lieber zuhören. Aber ich muss los. Mein Zug geht bald und Okaa-san erwartet mich. Also mach’s gut. Bis in ein paar Tagen, Ryo.“

Eine obligatorische Umarmung folgte, ehe Takanori sich seine Reisetasche schnappte und Ryo hinter ihm die hölzerne Wohnungstür schloss.

//Jetzt ein kühles Wasser aus dem Kühlschrank holen und vor den Fernseher legen..//

Gesagt, getan. Die Sendungen, die liefen, waren nur halb so interessant wie Ryo annahm, sodass er schließlich auf irgendeinem Kinderkanal hängen blieb, wo gerade irgendein drittklassiger Anime lief, der mit Sicherheit das letzte Mal ausgestrahlt wurde, als Ryo’s Mutter mit seiner ältesten Schwester schwanger war. Also vor mehr als 25 Jahren.

Langsam begann der Blonde wirklich gefallen daran zu finden, diese vollkommen sinnlose Serie zu schauen, als die Türklingel seine Aufmerksamkeit stahl.

„Hat man nicht ein Mal seine Ruhe? Sicher hat Takanori hier irgendetwas liegen gelassen.“, murrte Ryo genervt, stapfte zur Tür und drückte auf den Summer. Er hörte kurz darauf Schritte im Treppenhaus und öffnete daraufhin die Wohnungstür.

„Y-Yuu?“, fragte Ryo verblüfft und zugleich irritiert, als er den schlanken Schwarzhaarigen erblickte.

„Darf ich reinkommen?“, fragte dieser, ein wenig unsicher dreinschauend, jedoch mit einer sichereren Stimme, als man ihm hätte zutrauen können.

„Natürlich. Komm rein.“

Yuu kam der Aufforderung nach und betrat das Wohnungsinnere, steuerte direkt das Wohnzimmer an und setzte sich sogleich auf das Sofa, wartete dort auf den Blonden. Dieser schloss mehr als irritiert die Tür und folgte Yuu mit langsamen Schritten, setzte sich ihm gegenüber schließlich in den Sessel.

„Was gibt es denn?“, fragte Ryo so höflich wie möglich.

Auch wenn ihm seine Worte von letztens leid taten, konnte er seine Wut nicht einfach herunterschlucken. Er konnte nicht verstehen – wenn es so sein sollte – wie der Schwarzhaarige zu so etwas fähig sei. Drogen zu nehmen, um dann, betäubt wie er dann war, seinen Körper zu verkaufen, um wiederum genug Geld für die Drogen zu kassieren. Doch alles waren nur Hypothesen in seinem Kopf, nicht einen einzigen kleinen Beweis hatte er gefunden.

„Ich.. also... mir tut es leid.. wegen letztens.“

Und das war das Letzte gewesen, womit Ryo gerechnet hatte. Eine Entschuldigung.

„Ich.. hab mich echt scheiße verhalten. Du hast mir.. immerhin geholfen.. Und es ist nur dein gutes Recht, das auch wissen zu wollen... also warum.. und so.“

Mit jedem weiterem Wort, dass Yuu sprach, wurde er leiser, zum Schluss wäre er für andere kaum mehr verständlich gewesen, doch bei Ryo kam jedes einzelne Wort gut an.

„Also.. es tut mir wirklich leid. Wirklich.. wirklich!“, beteuerte der Schwarzhaarige, verbeugte sich leicht, indem er den Kopf senkte, „Ich hätte dich nicht so anfahren dürfen.. ich weiß einfach nicht, was.. mit mir los war. Das war alles so viel und ich wollte.. das alles auch gar nicht. Ich komm einfach nicht.. klar mit meinem Leben, glaub ich.“

Noch immer hatte Yuu den Kopf gesenkt, jetzt aber eher, damit Ryo nicht seine Tränen merken würde, die an seinen Wangen hinabperlten. Hastig wischte er sie weg, noch bevor sie entdeckt werden konnten, machte sich mehr als auffällig genug. Spätestens jetzt hatte der Blonde gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmte. Besorgt stand er auf und ließ sich neben Yuu auf dem Sofa sinken, legte einen Arm um seine Schultern.

„Hey. Ist okay.. Ich war gestern gekränkt, aber du hast dich entschuldigt.. damit ist die Sache gegessen.“, sagte Ryo vorsichtig, lächelte seinen Gegenüber leicht an und wollte ihn beruhigen. Doch es verfehlte seine Wirkung ein wenig.

Anstatt sich zu beruhigen, schmiegte Yuu sein Gesicht an Ryos Oberkörper und fing nun erst recht an zu weinen. Immer wieder erzitterte der dünne Körper. Vorsichtig schlang Ryo seine Arme um Yuu, drückte ihn sanft an sich und streichelte beruhigend seinen Rücken.

„Ist doch alles okay.. wirklich.“, hauchte Ryo in sein Ohr, versuchte ihn weiter zu beruhigen. Es war nicht unbedingt so, dass ihn die Situation überforderte – ein wenig vielleicht -, er war es wohl einfach nur nicht mehr gewohnt, jemanden trösten zu müssen.

Nach einigen weiteren Minuten war auch das letzte Schluchzen von Yuu verklungen und er setzte sich vorsichtig auf, schaute aus verheulten Augen zu seinem Gegenüber auf. Ein schwaches Lächeln umspielte seine Mundwinkel, ehe er mit den Lippen ein ‚Danke’ formte.

„Dafür nicht.. wirklich nicht.“
 

===
 

Es waren seit dem kleinen Gefühlsausbruch von Yuu einige Stunden vergangen. Die beiden hatten es sich auf dem Sofa bequem gemacht und schauten auf die Mattscheibe. Irgendeine Serie lief dort gerade, immer mal wieder hörte man Yuu’s herzhaftes Lachen zwischen dem künstlich eingespieltem Lachen der Serie. Das Ablenkungsmanöver hatte vorzüglich geklappt. Zu der Komödie tranken die Beiden Bier und aßen dazu Chips. Doch plötzlich begann Ryo zu lachen, ohne dass ein Anflug von Witz im Fernsehen zu sehen war.

„Was ist denn?“, fragte Yuu irritiert und schaute zu Ryo, der direkt neben ihm saß.

„Du hast Chips an der Wange.“, gab dieser von sich, versuchte ein weiteres Lachen zurückzuhalten.

Doch nun gab der Schwarzhaarige eines von sich. Yuu wischte sich fahrig über die Wange, erwischte aber nicht das, was darauf lag.

„Weg?“

„Ne, noch nicht. Warte, ich mach.“, sagte Ryo, hob seine Hand und strich das störende Objekt mit vorsichtigen Berührungen von Yuu’s Wange. „So.. jetzt ist es weg.“

Doch als Ryo seinen Blick wieder richtig hob, traf er direkt auf Yuu’s. Beide schauten sich jetzt direkt in die Augen, drohten darin zu versinken. Die fast onyxschwarzen Augen von Yuu strahlten obgleich der dunklen Farbe ein ungewohnte Tiefe und Wärme aus, zeigten aber auch die Naivität des Besitzers. Und das helle Haselnussbraun, dass Ryo’s Augen schmückte, wurde mehr und mehr zu einem Spiegel seiner Seele.

Yuu’s Lippen standen leicht offen, ein leichtes Lächeln wurde sichtbar. Ebenso auf Ryo’s Lippen entstand die Andeutung eines sanften Lächelns. Der Schwarzhaarige hob schließlich seine Hand, strich sanft über die weiche und blasse Haut seines Gegenübers, unterbrach hierbei jedoch nicht den Augenkontakt, den sie beide aufgebaut hatten. Zwischen ihnen entstand so etwas wie eine Spannung. Keine feindliche, eher eine angenehme.

Vorsichtig, ohne es wohl selbst zu realisieren, kamen sich beide näher, bis sich ihre Lippen berührten. Fast wie das Auslösen einer Kettenreaktion, fielen auch die Lider ihrer Augen.

Beide verloren sie sich in dem Kuss, der zunehmend inniger wurde. Am Anfang war die Berührung nur ein vorsichtiges Abtasten der neuen Lippen, doch bald darauf entstand ein heißer Zungenkampf, ließ keinen Gewinner feststehen. Für einen Moment schlug Yuu’s Herz hart gegen seine Rippen, schlug dann aber im normalen Rhythmus weiter. Er gab ein wohliges Seufzen in den Kuss ab, schmiegte sich näher an den Blonden, der seine starken Arme bereits um ihn geschlungen hatte.

Erst nach schier endloser Zeit wurde ihr Kuss wieder gelöst, erneut ein tiefer Blick ausgetauscht. Das Verlangen loderte einen Moment in den Augen von Yuu auf und wurde von Ryo aufgefangen und richtig gedeutet. In seinem Inneren sah es nicht anders aus.

„Komm mit..“, hauchte der Blonde, erhob sich vorsichtig von dem Sofa und zog Yuu mit sich hoch, führte ihn dann vorsichtig ins Schlafzimmer und schloss dort die Tür.

Erneut schenkten sie einem Kuss neues Leben, ließen ihr Verlangen weiter ansteigen und auflodern, so wie die Flamme einer Kerze auflodern würde, sobald neuer Sauerstoff vorhanden ist.. Zwei Körper ließen sich auf dem Bett nieder, sofort wieder ineinander verschlungen. Nach weiteren Küssen schaute Ryo plötzlich auf, schaute in die halboffenen Augen seines Gegenübers. Eine Stille entstand, ehe der Blonde Yuu langsam sein Sweatshirt auszog, es achtlos zu Boden fallen ließ...

Mit jeder Sekunde die verstrich, wurde das Atmen schneller. Mit jeder Sekunde die verstrich, das Verlangen größer und die Hemmungen kleiner.

„Nhh.. Ahh..“

Ein leises Stöhnen erfüllte den Raum um sie herum. Yuu verspürte keinen großen Schmerz, als der Blonde in ihn drang. Die Wellen der Lust packten ihn erneut und ließen ihn auf dem Meer der Wollust treiben, immer wieder tauchte er unter, bewegte seinen Körper in einem angemessenen Rhythmus, fing jedes Stoßen mit seinem Becken auf.

Doch es blieb nicht bei diesem einen Mal in dieser Nacht..
 

===
 

Die ersten Sonnenstrahlen kamen gebrochen durch den Vorhang, erhellten in einem fast romantischem Licht das Schlafzimmer. Doch so romantisch, wie es aussah, waren sie nicht, denn sie störten jemandem beim Schlafen. Und zwar gewaltig.

„Nghh.. Licht.. aus..“, ertönte eine schläfrige Stimme in den vier Wänden.

Zwei Hände hoben das Kopfkissen an und legten es wieder ab, ließen den Kopf darunter verschwinden. Es dauerte noch eine Sekunden, bis die Bilder der letzten Nacht in seinem Kopf auftauchten und er schlagartig wach war. Langsam, fast als könnte er jemanden verschrecken, wenn er eine zu schnelle Bewegung tat, nahm er das Kopfkissen von seinem Kopf und lugte hervor, setzte sich schließlich enttäuscht auf, als er neben sich keinen Körper liegen sah, sondern bloß einen Zettel auf dem Kopfkissen.

„Er ist gegangen..“, war der resignierende Kommentar.

Mit einem fahrigen Bewegung strich Ryo sich seine Haare zurück, angelte dann nach dem Zettel und las ihn gleich mehrere Male durch.
 

Guten Morgen, Ryo.
 

Ich bin schon gegangen, ich hab noch einige Sachen zu tun. Vielleicht will es das Schicksal ja, dass sich unsere Wege noch mal kreuzen, vielleicht auch nicht. Danke, dass ich die Nacht bei dir schlafen konnte, wir hatten wirklich Spaß, nicht wahr? Aber lass dir gesagt sein..

Andere Menschen bezahlen für meine Anwesenheit viel. Sieh es also als kleinen Freundschaftsdienst an, wenn man das, was zwischen uns herrscht, schon Freundschaft nennen kann.
 

Noch einen schönen Tag,

Yuu ♥
 

„Das... darf doch nicht wahr sein.“, war das leise Hauchen, das zu vernehmen war.

Alle seine Befürchtungen hatten sich durch diese wenigen Worte brutal bewahrheitet. Ryo fühlte sich plötzlich furchtbar schlecht und er hatte das Gefühl, dass sich für einen Moment ein undurchdringbarer Schleier der Übelkeit über seinen Magen legte und er hatte das Gefühl, er würde jeden Moment das Würgen anfangen, doch er beruhigte sich kurz darauf wieder. Und die Übelkeit wurde mehr und mehr zu Wut.

Zum einen die Wut über sich selbst und zum anderen die Wut über Yuu. Mehr die Wut über seine Dreistigkeit, die er sich erlaubt hatte. Zuerst hier aufzutauchen, obwohl der Blonde ganz sicher seinen Standpunkt dazu geäußert hatte, wenn auch es ihm nur so ‚herausgerutscht’ war und danach noch so einen Kommentar zu hinterlassen. Ja verdammt, sie hatten wirklich viel Spaß gehabt. Und es war auch etwas, was Ryo unweigerlich gebraucht hatte, genau in diesem Moment. Doch Yuu hatte kein Recht, so auf dem herumzutrampeln, was Ryo versucht hatte für ihn zu ebnen.

Doch genauso wie eben war auch schon wieder die Wut verraucht und die Enttäuschung kam auf. Noch einmal ließ er den Zettel, wollte sich entgültig vergewissern, sodass die ‚Neuigkeit’ auch in die letzten Gehirnzellen vordrang und langsam ein betäubtes Gefühl hinterließ. Irgendwie konnte er es nicht so recht glauben, aber er musste wohl. Auch wenn er es nicht wahrhaben wollte.

Und so schälte er sich schließlich aus der Bettdecke. Er erhob sich schläfrig von dem Bett, zog seine Boxershorts wieder über und schlürfte in die Küche. Ein paar Sekunden brauchte er zur Orientierung, ehe er dort einen Kaffee aufsetzte und sich dann noch etwas zum Überziehen holte. Er musste einfach das Beste daraus machen. Und vor allem musste er an allem irgendetwas Positives finden. Was nicht tötet, härtet ab, heißt es doch, oder nicht? Also würde er aus jedem Fehler nur schlauer werden und das nächste Mal würde er nicht so einfach auf jemanden hereinfallen, wie es bei Yuu der Fall war. Nein, er würde schlauer sein.
 

===
 

„Uhnn..“

Ein schmerzerfülltes Stöhnen erklang in einem kleinen Raum, als eine schlanke Gestalt zu Boden sank und sich so gut es ging versuchte mit seinen eigenen Armen zu schützen.

„Du nutzloses Ding! Wer hat dir eigentlich erlaubt, eine Nacht wegzubleiben?“, ertönte eine harsche Stimme, ließ den schmalen Körper, der am Boden lag zusammenzucken.

„E-Es.. tut mir leid..“, kam es vom Boden. Die Stimme wirkte zerbrechlich, unnatürlich in den vier Wänden, die sie mehrfach lauter werden ließen.

„Ich.. war einfach.. bei einem Freund und hatte ein wenig getrunken und war eingeschlafen..“

Es klang wie das schnelle Suchen einer Ausrede, denn immerhin war es auch nur die halbe Wahrheit, was der stämmiggebaute Riese vor ihm aber nicht wusste.

Ein verächtliches Zischen verließ die unförmigen Lippen des Größeren, ehe er sich mit einem „Wenn du das noch mal machst.. erlebst du dein blaues Wunder.“ abwand und schließlich den Raum verließ.

Ein erleichtertes Seufzen erklang und langsam stellte die Silhouette sich auf, klopfte den Dreck von seinen Sachen und schlang seine Arme um seinen eigenen Körper.

„Was hast du dir nur dabei gedacht..?“, hauchte er verzweifelt, wusste, dass nur er selbst sich hören würde, doch das war ihm egal. Sollte man ihn doch für jemanden halten, der Selbstgespräche führte.

Schließlich fing er sich wieder, schüttelte einmal mit dem Kopf als Geste dafür, den momentanen Gedanken abzuschütteln und rückte seine Sachen vor einem Spiegel zurecht. Er konnte doch so kaum hinaus auf die Straße treten. Mit viel Liebe zum Detail richtete Yuu seine Sachen und strich schließlich seine Haare etwas zurück, bauschte sie dann aber wieder auf, um ihnen mehr Volumen zu verleihen.

Mit wackeligen Beinen ging er ein paar Schritte, räusperte sich schließlich, als wenn dadurch die Unsicherheit verschwinden würde. Und scheinbar klappte es auch, denn sofort ging Yuu viel sicherer und grader. Als ihm die kalte Nachtluft ins Gesicht schlug, wich er einen Moment zurück, ging dann doch auf die Straße und lehnte sich gegen eine dunkle Mauer. Er wartete einige Zeit, schluckte dann schließlich, als eine Person auf ihn zu kam. Nun hatte er wieder Arbeit...
 

===
 

to be continued..

chapter five: escape and protection

So, nächstes Kapitel. Das andere liegt knapp nen Monat zurück, aber das macht nichts.. dafür ist dieses hier wieder ein wenig länger <3.
 

Ich hoffe es gefällt euch wieder und ja.. freu mich über Comments!
 

Viel Spaß beim Lesen,

Chaira Keliyah
 

===
 

C.H.A.P.T.E.R F.I.V.E: E.S.C.A.P.E A.N.D P.R.O.T.E.C.T.I.O.N
 

===
 

Die Sonne war schon längst am Horizont verschwunden, tiefes Schwarz, stellenweise dunkles Blau, füllten den Nachthimmel, nur die Straßenlaternen erhellten immer einen kleinen Kegel um sich herum, doch der war nicht von großem Nutzen. Nicht einmal ein Windzug, der Blätter tanzen ließ, hauchte der Nacht ein wenig Leben ein, alles wirkte abgestumpft und total falsch in der jetzigen Konstellation.

Doch eine Person durchbrach die Stille der Nacht, zerschnitt den verhüllenden Umhang, den das Dunkel um ihn gelegt hatte. Er rannte so schnell wie er konnte, blickte panisch nach links und nach rechts, versuchte verzweifelt irgendetwas zu erkennen, was er kannte, doch er war noch neu in dieser Stadt. Zumindest zu neu, um sich bei Nacht zurechtzufinden.

Neben den leichten Schritten, die Yuu trotz seiner Schnelligkeit tätigte, waren schwere Schritte zu hören, die gar nicht allzu entfernt erklangen. Man hörte, wie die schwere Sohle immer wieder auf Beton traf, es klang fast schon hohl.

Auch wenn Distanz zwischen den beiden war, spürte Yuu regelrecht, wie der Andere näher kam. Am Anfang hatte er das Gefühl die Schritte immer mal lauter und dann leiser zu vernehmen, doch er schob es schnell auf die panische Angst, eingeholt zu werden. Weil er befürchtete, dass er langsamer werden würde, drehte er sich auch nicht ein einziges Mal um, doch er wusste, dass er noch immer verfolgt wurde.

„Scheiße..“, keuchte der Schwarzhaarige schwer, wurde einen Moment langsamer, um richtig zu Atem zu kommen, beschleunigte dann aber wieder seine Schritte um einiges, um die Distanz wieder zu vergrößern.

Seine Lunge brannte bereits und er hatte das Gefühl, dass seine Beine taub waren, eigentlich müssten sie sich nicht mehr bewegen, doch fast mechanisch setzte sich immer wieder der eine Fuß vor den anderen und zog somit die Beine und den Körper mit.

Plötzlich schaute der Schwarzhaarige auf und erkannte einen Häuserkomplex, den er bereits gesehen hatte. Und nachdem er sich nach und nach die Leuchtreklame ansah, welche die Straße säumte, kamen ihm immer wieder Erinnerungsfetzen auf.

//Ryos Gegend... Endlich irgendetwas, was ich kenne, wo mir jemand helfen kann..//

Die Hoffnung darauf, dass es nicht mehr weit sein konnte, bis er endlich an dem Haus war, in dem Ryo wohnte, ließ ihn noch mal zu Hochformen auflaufen, sodass er noch einmal schneller rannte, ehe er durch ein Hindernis gestoppt wurde, das ihn zu Boden riss. Aus Panik stiegen ihm Tränen in die Augen, jeden Moment würde der Andere ihn eingeholt haben, er würde nicht mehr schnell genug aufstehen können.

„Du schon wieder.. was suchst du in der Gegend?“, ertönte eine Stimme von Oben, daraufhin kam eine Hand in Yuus Blickfeld, die ihm dabei helfen sollte, aufzustehen.

Dankbar zog er sich hastig daran hoch, schaute direkt Ryo ins Gesicht. Die ersten paar Tränen übertraten nun sein Unterlid und liefen an seinen Wangen hinab. Hinter ihm kamen die schweren Schritte zum stehen und verstummten schließlich.

„Ich muss weiter.. du hast ja scheinbar zu tun.“, sagte Ryo, schlängelte sich zuerst an Yuu vorbei, dann an dem ziemlich stämmigen Mann hinter ihm, der seine Augen hinter einer schwarzen Sonnenbrille verbarg, obgleich die Sonne nicht mehr schien.

„Du.. warum rennst du einfach weg..?“

Ryo hörte noch die tiefe Stimme des Mannes, die mit jedem Wort lauter wurde, als er sich entfernte und wenige Meter nach den Beiden um die Ecke bog, sich dort an die Wand lehnte und zuhörte, abwartete, was zwischen den beiden geschah. Yuu seinerseits schaute dem Blonden irritiert hinterher, er hatte gehofft, dass er ihm helfen würde. Er war seine letzte Hoffnung. Demotiviert senkte der Schwarzhaarige den Kopf, er konnte seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Er wollte doch! Er wollte doch damit aufhören, aber er kann konnte einfach nicht.

Der Unbekannte riss Yuu schließlich an seinem Handgelenk wieder den Weg zurück, den die beiden gekommen waren.

„Warte nur.. wenn wir wieder dort sind.. Du wirst so windelweich sein, du wirst nicht mal mehr ans Laufen denken.“

Die Kraft sich loszureißen hatte Yuu nicht mehr, geschweige denn den Mut dazu. Und seine Beine fühlten sich an wie Pudding, sie würden schon nach wenigen Metern nachgeben und dann wäre der Ärger nur noch größer. Ein leises Schluchzen entfuhr ihm, was aber ungehört von dem Unbekannten blieb, dafür hörte der Blonde es, der noch in ihrer Nähe war.

Dieser zerbiss sich gerade fast seine Lippe. Er war nicht so halbherzig, wie er eben gesprochen hatte, er wollte ihm helfen, doch was brachte es ihm? Er machte sich im Endeffekt doch nur Hoffnungen, die nicht erwidert werden, die niemals auch nur erfüllt werden könnten. Doch ein kleines wenig Hoffnung war noch immer in ihm, das kleine bisschen loderte grade von einem Funken zu einer riesigen Flamme auf. Ein einziges Mal würde er es noch versuchen, ein einziges letztes Mal.

Mit dem neugefassten Mut kam Ryo aus seinem Versteck heraus, ging mit schnellen Schritten auf den Mann zu, der Yuus Handgelenk fest umschlossen hielt und ihn hinter sich her zog. Dort angekommen holte er aus, platzierte seine geballte Faust in dessen Gesicht und riss Yuu aus seinem Griff, brachte ihn hinter sich in Sicherheit.

Von der plötzlichen Aktion total überrascht, stockte Yuu einen Moment der Atem, er vergaß sogar zu weinen, ehe es ein leichtes Lächeln auf seine geröteten Lippen zauberte, das aber sofort wieder verschwand, als er die wütende Miene des schwarzgekleideten Mannes sah, der von dem Schlag seine Brille verloren hatte.

„Duu.. was fällt dir ein?!“, schrie er in die Richtung es Blonden, holte ebenfalls aus und rammte ihm seine Faust in den Magen, danach ins Gesicht und schließlich an die Schulter, was Ryo zum Zurückstolpern brachte.

Doch anstatt zurück zu schlagen, blieb er stehen und wischte sich einmal über sein Gesicht, schaute mit festem Blick in die offenbarten Augen des Anderen, ehe dieser sich abwandte.

„Päh.. alles dasselbe Pack. Werdet doch glücklich.“

Mit einer abfälligen Handbewegung ließ er schließlich von den Beiden ab, hob seine Sonnenbrille ab und ging den Weg, den er angefangen hatte zu gehen, weiter, blickte nicht noch einmal zurück. Seine Schritte erklangen in einem Rhythmus, der sich bei den beiden Zurückgebliebenden ins Gehör brannte. Noch lange nachdem der unbekannte Mann um eine Ecke verschwunden war, bildeten die beiden sich ein zu hören, welche Gangart er an den Tag legte.

Ohne ein weiteres Wort drehte Ryo sich um und ging in die Richtung seiner Wohnung, ließ Yuu dort stehen, doch der ließ sich nicht bitten und holte schnell auf, sodass er auf Ryo’s Höhe lief. Neben ihm her, folgte er ihm zu seiner Wohnung und kam auch mit hinein, ohne ein weiteres Wort zu sagen.

„Danke..“, hauchte er schließlich, als er die Wohnungstür schloss.

„Ich hätte jedem geholfen. Egal, wer in deiner Lage gesteckt hätte..“

Erneut versuchte er so unterkühlt wie möglich zu wirken. Yuu sollte merken, dass er alles andere als erfreut darüber war, ihm noch mal aus der Patsche geholfen zu haben. Erst recht nicht nach der kleinen Notiz, die er vor ein paar Tagen hinterlassen hatte, als er verschwunden war.

„Wegen letztens.. es tut mir leid..“

„Moment, warte, lass mich überlegen. Das kenne ich irgendwoher.. Ach ja, genau. Du hast es davor auch schon gesagt, folgt jetzt wieder, dass du dich echt scheiße verhalten hast? Vergiss es Yuu, das zieht bei mir nicht mehr.“

Bisher klappte sein Vorsatz, kein zweites Mal darauf herein zu fallen, ja ganz gut.

„Ich meine es wirklich ernst!“

„Du meinst es also wirklich ernst? Dann erzähl mir endlich klipp und klar, was da eigentlich abgeht, was du machst, warum du Drogen nimmst und warum du soviel Geld hast und mitten in der Nacht irgendwelche Typen hinter dir herrennen und so aussehen, als würden sie dich gleich abstechen!?“

Noch immer stand der Blonde mit dem Rücken zu Yuu, es sah auch nicht so aus, als hatte er in nächste Zeit vor, dies zu ändern.

„Ich..“

„Ja? Du? Ich höre?“

„Ich.. kann..“

„Du kannst? Was? Gott, Yuu, jetzt rede endlich, wenn du irgendetwas sagen willst! Wenn du willst, dass ich dir das nächste Mal auch helfe oder dir auch da raus helfe! Ich gehe jetzt auf Toilette und dann kannst du dir überlegen, was du sagen willst. Wenn dir nichts einfällt.. dann geh.“

Ohne ein weiteres Wort ging Ryo weiter, verschwand dann im Badezimmer, lehnte sich an die hölzerne Tür. Nur wenige Sekunden nachdem er aus Yuus Blickfeld verschwunden war, hörte er die Haustür ins Schloss fallen.

„Ich wusste es..“, flüsterte er zu sich selbst, „Ich wusste, dass du gehen würdest.. du willst scheinbar keine Hilfe, aber wenn du meinst.“

Er sollte aufhören, seine Gedanken daran zu verschwenden. Ebenso wie viele andere, wollte Yuu scheinbar auch nur ein kurzer Teil seines Lebens sein und dem stellte sich Ryo nicht in den Weg. Schließlich sollte jeder nach seiner eigenen Fassung leben, nicht wahr..?
 

===
 

Überall Schwärze. Erst langsam formt sich nach und nach ein Raum mit kompletter Einrichtung. Es sieht nicht ganz aus wie ein normaler Raum, irgendwo entdeckt er noch einen zweiten Raum, ein angrenzendes Bad. Doch irgendetwas sagt ihm, dass es nur ein ganz normaler Raum war, zumindest in der Welt, in der er hier war. Plötzlich geht hinter ihm die Tür herein, ein schlanker Mann kommt herein, Yuu nicht gerade unähnlich.

„Yuu..?!“, ertönt seine irritiert Stimme.

Er erkannte sich selbst nicht wieder, so verängstigt war seine Stimme gerade.

„Yuu? Ist alles okay mit dir? Seit wann nennst du mich denn wieder so..“ Ein leises Lachen ertönt, ehe der Schwarzhaarige weitersprach. „Ich glaub du hast das „neu anfangen“ nach unserem letzten Streit nun doch –zu- ernst genommen. Aber okay.. Ich bin Aoi, und du?“

Mit einem lächelndem Ausdruck streckte er ihm die Hand entgegen, lachte dann wieder leise auf. Doch der Angesprochene reagierte nicht, starrte zuerst auf die dargebotene Hand, dann in das dazugehörende Gesicht. Der Blick des sogenannten Aois wurde immer besorgter.

„Erde an Reita, Erde an Reita, bitte kommen. Ist alles okay bei dir? Du wirkst ein wenig verwirrt..“

Yuu, oder besser gesagt Aoi, setzte sich nun aufs Bett, zog Ryo dann sanft an seiner Hand zu ihm und brachte ihn schließlich zum Sitzen, indem er ihn mit sanfter Gewalt auf das Bett zog.

„H-hast du mich gerade Reita genannt?“, fragte der Blonde, wusste nichts intelligenteres zu sagen.

„Ja, habe ich.. Oh Gott, Schatz, was ist denn mit dir los.. ich mache mir langsam wirklich Sorgen.“

S-Schatz?! Okay, was war hier eigentlich los?! Wo befand er sich gerade und wer verdammt war der Kerl neben ihm, der zufällig den gleichen Körper wie Yuu hatte.

„Am besten legst du dich einfach ein wenig in’s Bett und schläfst.. du scheinst noch ein wenig müde.“

Der besorgte Ton war aus der Stimme des Schwarzhaarigen herauszuhören. Ebenso besorgt wie seine Stimme war, musterte er jetzt den Blonden, beugte sich dann vor und verwickelte ihn in einen sanften Kuss. Zuerst perplex wusste der andere gar nicht, was er tun sollte, schließlich erwiderte er den Kuss dann zaghaft, bis er wieder gelöst wurde.

„Leg dich hin.. ich geh währenddessen nach Hideto gucken.. und nachher gehen wir drei in den Park.“

„Hi-hideto?“

„Unser kleiner Sohn.. Reita, so langsam machst du mir Sorgen.. lass dich nachher mal bitte am Kopf untersuchen, vielleicht hast du einen Schlaf darauf bekommen. Bis nachher, Liebster.“

Mit einem letzten Kuss verschwand Yuu wieder aus dem Raum und nachdem sich seine Schritte auch hörbar entfernten, wurde der ganze Raum plötzlich wieder dunkel, ehe alles dorthin verschwand, wo es herkam – in die Dunkelheit.
 

Ryo schreckte schließlich aus dem Schlaf hoch. Sein Atmen ging schnell, ebenso wie sich rasch sein Oberkörper hob und wieder sank. Panisch blickte er sich um, fand sich aber in den eigenen vier Wänden wieder. War das gerade nur ein Traum? Hatte er wirklich geträumt, dass er mit Yuu zusammen war und dieser Aoi hieß und er jedoch Reita. Und die beiden hatten dann noch einen Sohn? Adoptiert oder..?

//Natürlich adoptiert! Das wäre anders doch gar nicht möglich... oder?//

Er war sich nicht einmal mehr sicher, ob dieser Traum wirklich in einer existenten Zeit oder Welt gespielt hatte. Das einzige, was er bestimmt wusste, war, dass der Traum ihn sehr verwirrte und um seinen Schlaf brachte. Denn den konnte er jetzt für die restliche Nacht vergessen. Aber der Mann, den er im Traum gesehen hatte, sah Yuu schon relativ ähnlich, er könnte es sogar wirklich gewesen sein. Aber die ganzen Umstände. Die beiden wirklich ein Paar? Das wirkte alles so surreal, viel zu falsch.

Ryos Gedanken drehten sich, er schloss für einen Moment die Augen, um wenigstens ein bisschen Ordnung hineinbringen zu können, doch es half nichts. Er entschied sich dann dafür aufzustehen und sich hinter seinen PC zu setzen, vielleicht würde er davon ja irgendwann müde werden.

Gesagt, getan. Doch auch das Internet gab nichts wirklich Spannendes her. Zu allem Überfluss hatte er auch bereits alle Filme geguckt, die in seinem Schrank standen. Er musste es sich endlich abgewöhnen, die DVD Hüllen sofort aufzureißen und einzuwerfen, sodass er schon zwei Stunden später nichts mehr mit sich anzufangen wusste und auch, wenn ihm langweilig war oder solche Situation wie gerade jetzt eintraten. Aber irgendwie musste er sich doch beschäftigen können.

Schließlich scrollte er versehentlich über das Bild von einem Vater mit seinem Kind, wurde dadurch sofort wieder an seinen Traum erinnert, der sich wie eine riesige Wolke über alle anderen Gedanken legte und sie sofort verschwinden ließ.

Was hatte dieser verdammte Traum zu bedeuten?

Diese Frage war es, die ihn einfach nicht in Ruhe oder schlafen ließ. Und er verfluchte es.

Wie durch Zufall landete er plötzlich auf einer Seite, auf der man seinen Traum analysieren lassen konnte. Er würde ihn einfach nur abtippen, dann abschicken und unter Angabe seiner E-Mail-Adresse irgendwann eine Antwort von einem Professor oder einer Professorin der Parapsychologie erhalten. Klang wirklich interessant und es kostete ja auch nichts. Auch, wenn er sich lächerlich vorkam, begann Ryo zu überlegen, wie er seinen Traum am Besten formulierte. Das gelang ihm auch schon nach ein paar Minuten und schließlich rasten seine Finger über die Computertastatur, ließen sich kaum mehr aufhalten.

Knapp 10 Minuten später hatte er den Traum mit allen seiner Details aufgeschrieben und drückte den ‚Senden’-Button. Kurz darauf erschien die Meldung, dass seine Mail erfolgreich verschickt war.

Als er entdeckte, dass bereits die Sonne am Horizont erschien und den Morgenhimmel in ein sanftes Blau erhellte und die ersten gerade aufstanden und sich fertig für die Arbeit machten. Ein entnervtes Seufzen verließ seine Lippen. Wenn er es zusammenzählte, dann hatte er den Schlaf in dieser Nacht auf ganze 4 Stunden gebracht. Mit nicht vorhandenem Elan erhob der Blonde sich schließlich nach einigem Hin- und Her von dem Schreibtischstuhl und ging zu seinem Schrank, wo er einige Klamotten herauszog und sie sich überzog. Er würde erst mal frühstücken, danach dann duschen gehen und schließlich aufräumen, einkaufen oder sich irgendwie beschäftigen. Seinen Laptop ließ er erst mal an, vielleicht viel ihm ja nachher noch etwas an, was er unbedingt sofort nachgucken sollte. Auch, wenn er die Befürchtung hatte, dass dem nicht so seien wird.

Frühstück war schnell gemacht und verschlungen. Das Ab- und Aufräumen ging etwas träge vonstatten, war aber in 10 Minuten erledigt. Irgendwie hatte Ryo nun wieder das Bedürfnis, sich hinzulegen, einfach ein paar Stunden zu schlafen, zur Mittagszeit aufzuwachen und nach dem Mittagessen wieder schlafen. Aus seinem Körper war jeglicher Elan gewichen und die Lustlosigkeit, die sich mit jeder vorbeigehenden Minute in ihm breit machte, wollte auch nicht weichen.

Eher aus Neugierde setzte er sich noch mal hinter seinen Laptop und checkte seine Mails, hoffte fast wie wahnsinnig darauf, dass er eine Antwort auf seinen Traum bekommen hatte, doch im nächsten Moment lachte er innerlich über sich selbst. Er war einfach zu blöd gewesen und war auf irgend so einen Mist im Internet reingefallen, wie 1000 andere Leute vor ihm auch. Doch als plötzlich ein kleines blauer Kasten auf dem Bildschirm erschien, der ihm verriet, dass er eine neue Mail hatte, schlug sein Herz einen Moment höher, machte dann aber im gewohnten Rhythmus weiter. Die Mail war tatsächlich von demjenigen, an den er seinen Traum geschickt hatte.
 

Lieber Träumer,
 

erst einmal vielen Dank, dass Sie diesen Service in Anspruch genommen haben. Nicht jeder Mensch traut einem Wildfremden solch intime Sachen an, behält sie lieber für sich und tut solche Einrichtung eher als ‚Spinnkram’ ab.
 

Doch nun zu der Analyse ihres Traumes:

Zuerst einmal das ganze, was Sie umgibt: Das Zimmer, in dem Sie sich im Traum befinden. Wenn man von einem Zimmer träumt, dann soll dieses oft das eigene Innenleben darstellen, deswegen ist es besonders wichtig, dass Sie sich zur kompletten und vollständigen Deutung dieses Traumes noch mal in den Kopf rufen, wie das Zimmer aufgebaut war, ob vielleicht Bilder oder Poster an den Wänden hängen oder ähnliches. Oft zeigt das Zimmer auch einen abgeschlossenen Lebensabschnitt.
 

Der Geliebte, von dem Sie reden, stellt oft die bewussten und unbewussten Ansprüche, die sie an jemanden stellen, der Ihnen gefallen könnte. Es dreht sich hierbei um Ihr Suchbild und somit um die – für Sie – ideale Beziehung bzw. den idealen Partner. Unser Unterbewusstsein zeigt uns oft durch so etwas, was unsere eigentlichen Wünsche sind – unser inneres Verlangen. Besonders wichtig ist, wie der Geliebte in ihrem Traum auf sie wirkt. Eher zutraulich und harmonisch oder eher ängstlich und übertrieben respektvoll.
 

Bei dem Kind würde ich persönlich entweder die Sehnsucht nach Reife und Vollendung oder das neue Möglichkeiten dargeboten werden assoziieren. Oftmals könnte ein Kind in einem Traum auch als Kinderwunsch interpretieren, aber da das Kind in Ihrem Traum nicht richtig auftritt, ist das wohl auszuschließen. Doch die Sehnsucht nach Vollendung könnte nicht nur auf Sie bezogen sein. Beziehen Sie das besonders auf Dinge oder Personen, die in Ihrem Traum vorkamen, wenn Sie den Traum richtig deuten wollen und daraus einen Nutzen schlagen wollen. Ganz wichtig ist vielleicht auch das Alter des Kindes, denn oft wird die Geburt eines Kindes mit etwas „Neuem“ verbunden.
 

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Interpretieren Ihres Traumes. Lassen Sie sich dabei ausreichend Zeit, setzten sie sich keinem Druck aus. Ihr Traum spricht besonders innere Gefühle und besonders Ihre gesamte Gefühlswelt an, sodass daraus keine Warnung hervorgeht, dass etwas schleunigst geändert werden sollte oder ähnliches.
 

Sollten sie noch Fragen haben, wenden Sie sich doch bitte wieder an mich. Ich hoffe, dass ich Ihnen dabei dann weiterhelfen kann.
 

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Takahashi Matsumoto
 

Einige Minuten der Stille vergingen. Als er noch gelesen hatte, konnte man immer wieder das Rad an seiner Maus hören, wenn er etwas hinunterscrollen wollte, doch jetzt hatte sich eisige Stille über den Raum gelegt, in der Ryo wie weggetreten auf den leuchtenden Monitor vor sich schaute. Es waren nur wenige Gedankenfetzen, die gerade in seinem Kopf kreisten, doch sie schienen ein aufgebautes System ineinander einstürzen zu lassen.

//Verlangen.. Vollendung.. Sehnsucht.. Geliebter? – Kind?//
 

===
 

Es waren wieder einige Stunden vergangen und Ryo hatte nichts von dem geschafft, was er sich vorgenommen hatte. Nachdem er die E-Mail noch ganze drei Mal gelesen hatte, schloss er schließlich jegliche Programme und ließ den Laptop herunterfahren, stellte ihn in die Ecke und ließ ihn dort erst mal ruhen. Seitdem waren in seinem Kopf unglaubliche Kopfschmerzen am Werk, wie wenn man mit einem Presslufthammer auf seinem Kopf herumhämmerte, darin ein Muster zu machen versuchte. Er hatte es zuerst mit Schlaf probiert, war aber bereits zwei Stunden später wieder aufgewacht und hatte noch immer die selben Schmerzen. Eine Schmerztablette wollte er nicht schlucken, noch nicht jetzt. Immerhin waren die Schmerzen auf brutale Art und Weise doch aushaltbar.

Also hatte er sich dazu entschieden, draußen ein wenig herum zu laufen. Er hatte furchtbares Talent dafür, sich erst tierisch zu verlaufen und dann – wie durch einen dummen Zufall – eine Straße zu finden, die er kannte und die ihn wieder auf den richtigen Weg zurückbrachte. Und wie jedes Mal verließ er sich auf diesen xten Sinn.

Doch irgendwie war der Blonde auch durch die frische Luft nicht wieder in seinen Körper zurückgekehrt. Seine Gedanken waren gerade in einer ganz anderen Hemisphäre unterwegs, ließen sich auch nicht mehr so leicht einfangen, wo sie einmal aufgestiegen waren. So hatte er auch erst spät realisiert, dass es mittlerweile angefangen hatte ein wenig zu nieseln. Doch im Grunde genommen war es ihm so etwas von egal.

Da er gerade dort war, wo er sich am wenigstens auskannte, urteilte er einfach nach seinem Instinkt, ob er die nächste rechts oder links einbiegen sollte oder ob er einfach geradeaus weitergehen sollte. Bisher hatte ihn sein Instinkt noch nicht verlassen, wer weiß, wie lange das noch gehen würde.

Schlussendlich war er so in Gedanken versunken, dass er nicht einmal richtig mitbekam, wie sich die Straße etwas füllte und er plötzlich jemanden anrempelte. Da der Blonde mit dem plötzlichen Widerstand überhaupt gar nicht gerechnet hatte, stolperte er zwei Schritte zurück, hob dann erst den Blick und sah einem Mann in seinem Alter entgegen.

„Entschuldigen Sie bitte, meine Schuld. Ich hab einfach nicht aufgepasst.“, entschuldigte sich Ryo formgemäß, wollte weitergehen, als noch eine zweite Person in sein Blickfeld trat.

„Was ist denn los? Können wir we-.“

Doch als diese Person auch Ryo erblickte, hielt sie schlagartig inne. Sämtliche Gesichtszüge entgleisten Yuu, doch Ryo war ebenso gefasst wie vorher. Dass er Yuu dennoch mit seinem Blick fixiert hatte, schien nur der Gemeinte zu sehen.

„Macht nichts, kann ja mal passieren. Passen Sie das nächste Mal einfach besser auf. Lass uns weitergehen, das Hotel ist nicht mehr weit.“, erklärte der fremde Mann, der zwischen ihnen stand, nachdem er sich freundlich entschuldigt hatte.

Ryo nickte noch einmal, um zu zeigen, dass er die Entschuldigung angenommen hatte, ließ dann aber die beiden an sich vorbeiziehen. Nachdem beide einige Schritte getan hatten, drehte der Blonde sich doch um, schaute Yuu hinterher und sah sie beide dann in ein Gebäude verschwinden. Ein frustriertes Seufzen verließ seine Lippen und er ging weiter, was sollte er auch anderes tun.

//Warum.. tut es plötzlich so weh? Vorher tat es das nicht, vorher warst du nur ein normaler Kerl, der in mein Leben getreten ist und wieder gehen wollte. Aber jetzt kann ich dich nicht mehr gehen lassen.. jetzt kann ich es nicht mehr zu lassen, tut mir leid, Yuu, dass ich dir ein neues, ein anderes Leben schenken will.//

Langsam, Stück für Stück, das Yuu in seinen Kopf einnahm, machte sich der Gedanke breit, dass es Liebe sein könnte, die mittlerweile entstanden war, wenn auch sie erst mal nur einseitig existierte..

chapter six: clean

Oh je, jetzt liegen schon zwei Monate zwischen dem fünften und dem sechsten Kapitel, aber jetzt ist es ja endlich soweit ^^ Hoffe, dass ihr mir nicht allzu böse seit, jetzt geht's ja schließlich weiter.
 

Ich habe vor ein paar Tagen eine neue Fanfiction veröffentlicht, die den Namen "Affinit - special Love" trägt. Die Fanfic ist eine Collaboration zwischen Sesana (der Autorin der wohl bekanntesten Gaze-FF "Decision) und mir. In jedem Kapitel ändert sich die Sichtweise und ja.. es macht uns sehr Spaß daran zu schreiben ^____^b. Hier ist der Link: http://animexx.onlinewelten.com/fanfic/?doc_modus=startseite&ff=128633
 

Okay, dann wünsch ich euch jetzt viel Spaß beim Lesen und hoffe, dass ihr mir ein paar Kommentare hinterlasst .___.; Ich hoffe, dass ich die Begebenheiten aus dem siebten Kapitel realisitisch darstellen konnte. Und nein, ich habe noch nie in so einer Situation gestanden ^_^
 

Chaira Keliyah
 

===
 

C.H.A.P.T.E.R S.I.X: C.L.E.A.N
 

===
 

Ein schrilles Klingeln ließ den Blonden zusammenfahren. Jemand stand draußen vor der Tür und bat auf diese komische Art und Weise um Einlass. Von Zeit zu Zeit fragte er sich, wie so eine Klingel überhaupt funktionierte und warum sie verdammt noch mal immer dann klingelte, wenn man gerade sein Ruhe haben wollte. Mit einer fahrigen Bewegung betätigte Ryo den Summer, öffnete die Tür einen Spalt und ließ sich überraschen, wer wohl dieses Mal die Treppen heraufgestapft kommen würde. Takanori hatte sich noch nicht von seiner Reise zurückgemeldet, demnach war er immer noch irgendwo außerhalb von Tokio unterwegs.

Doch als eine Person die Treppen heraufkam, die er bei weitem als letztes erwartet hätte, rang er mit sich die Tür überhaupt offen stehen zu lassen.

„Yuu. Welch Ehre.. Darf ich dich bitten, mich als Fußabtreter zu missbrauchen, um in mein bescheidenes Gemach einzutreten?“, fragte Ryo.

Die Ironie war aus seiner Stimme kaum zu überhören.

„Hallo Ryo.. Auch schön dich zu sehen..“

Ganz entgegen dem Blonden, wirkte Yuu eher verschüchtert, fast schon ängstlich.

„Was kann ich für dich tun?“

„Darf ich nicht reinkommen?“, fragte der Schwarzhaarige, fast kindlich naiv klingend.

„Oh mein Gott! Entschuldige bitte meine Unhöflichkeit! Natürlich dürfen Sie eintreten.“, sagte Ryo mit sarkastischem Unterton, allerdings mit keinerlei Andeutung von einem Lächeln oder Grinsen auf den Lippen.

Der Blonde ging nur einen halben Schritt zur Seite, sodass Yuu gerade genug Platz hatte, um einzutreten. Unnötigerweise deutete Ryo mit ausgestrecktem Arm in die Richtung des Wohnzimmers, deutete Yuu, dass er dort Platz nehmen könnte.

„Darf ich dir was zu trinken anbieten? Sekt? Champagner vielleicht? Oder gibt sich der Herr mit einem Glas Saft zufrieden und entschuldigt meine Gastunfreundlichkeit?“

Genau, immer schön verletzend sein. Das war sowieso das Beste, was Ryo in dieser Situation einfiel. Er würde nichts mehr an sich heran lassen. Die ganze Sache ging ihm sowieso schon viel zu nah. Und eben dies würde er jetzt auch nicht mehr zeigen. Solange er immer schön verletzend und so unterkühlt wie möglich ist, kann er seine errichtete Mauer aufrecht erhalten.

Yuu schüttelte stumm den Kopf, ging gar nicht auf den Sarkasmus ein, den Ryo immer wieder hart wie ein Messer in seine Rippen rammte. Ryo selbst nahm sich eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank, ließ sich im Wohnzimmer dann auf das Sofa nieder, gegenüber von Yuu, der im Sessel Platz genommen hatte.

„Was führt dich in mein bescheidenes Reich?“

„Kannst du nicht einmal deinen dämlichen Zynismus sein lassen?“, fragte Yuu nun leicht gereizt. Wenn auch er es vielleicht mehr als verdient hatte, war er nun hier, um mit Ryo zu reden und sich nicht von ihm mit dummen, unangebrachten Kommentaren zukippen zu lassen.

„Nun gut. Dennoch.. was führt dich zu mir?“

„Ich.. habe ein Problem..“, begann Yuu nach einer kleinen Stille, „Ich..“

„Oh, Einsicht ist der beste Weg zur Besserung.“, unterbrach der Blonde ihn, tat dann aber eine Geste, als seien seine Lippen von nun an versiegelt. „Ich sag’ schon kein Wort mehr.“

Nun entstand wieder ein Moment, in dem beide nichts sprachen. In Yuu kam der Gedanke auf, dass er hier seine Zeit verschwenden würde. Ryo hatte wohl in seinem Kopf auf Durchzug geschaltet, sodass die Worte, die der Schwarzhaarige sprach im einen Ohr verschwanden und durchs andere wieder in die Welt hinaustraten. Aber er musste es einfach versuchen.

„Ich..“, begann er wieder, unterbrach sich selbst einen Moment und wartete, ehe er fortfuhr, „Ich hab mich echt scheiße dir gegenüber verhalten. Aber ich brauch deine Hilfe..“

Die Stimme des Älteren war kaum lauter als ein Flüstern.

„Meine Hilfe?“, fragte der Andere, ohne auch nur einen Anflug von Sarkasmus zu zeigen, „Wobei?“

„Wobei..? – Mein Leben wieder in den Griff zu kriegen.“, gestand der Schwarzhaarige leise, ehe er normallaut weitersprach. „Mein Bruder hat mich vor 4 Tagen rausgeworfen, weil er herausbekommen hat, was sein kleiner, unschuldiger Bruder so in den Nächten tut. Ich hab ein Drogenproblem, ich kann ohne dieses verdammte Zeug einfach nicht mehr Leben. Und ich will endlich los davon kommen. Ich will mein Geld anständig verdienen können.. und ich will dir, meinem Bruder.. und meiner kleinen Schwester endlich wieder.. in die Augen gucken können.. Bitte.. hilf mir, Ryo.“

Yuu’s letzte Worte waren in einem Schluchzen untergegangen. Er war vom Sessel gerutscht und auf seine Knie gesunken, kniete nun vor Ryo. Tränen liefen unaufhaltsam über seine Wangen. Er hatte den Kopf gesenkt, hatte sich so tief runtergebeugt, wie möglich.

„Bitte.. ich bitte dich, ich flehe dich an. Hilf mir.. Du bist der Einzige, den ich fragen kann.“

Obgleich Ryo sich geschworen hatte, nichts mehr an sich heran zu lassen, ging es ihm verdammt nahe die Tränen des Schwarzhaarigen zu sehen. Ein leises Seufzen entkam seinen Lippen. Hin- und hergerissen zwischen den Möglichkeiten, die ihm sich als Antworten boten, schloss er einen Moment die Augen und dachte konzentriert nach. Kurz darauf öffnete er sie wieder, streckte die Hand nach Yuu aus und zog ihn und sich selbst in einen aufrechten Stand.

„Lektion eins, damit du wieder in dein Leben zurückkehren kannst: Nase oben halten.“

Ein ungläubiger Blick ging von dem älteren Blut zum jüngeren.

„Zweitens: Ab jetzt wohnst du hier. Wir holen gleich deine Sachen und wenn du dann hier wieder die Wohnung betrittst, beginnt dein Entzug. Wenn du es dir anders überlegst und lieber den Schwanz einziehst, dann betrete diese Wohnung einfach nicht mehr. Aber dann verschwinde auch ganz aus meinem Leben, verstanden?“

Es glich eine Predigt, der Unterton von Ryo zeigte Strenge und Disziplin, doch dann stahl sich ein Grinsen auf seine Züge.

„Und guck nicht, als hätten Aliens deine Großmutter entführt und du nicht weißt, ob du dich freuen oder darüber tieftraurig sollst.“

Die wenigen Sachen, die Yuu bei einem Freund herumliegen hatte, waren schnell zusammengesucht. Ryo hatte zuvor alles sorgfältig durchgeguckt, hatte jegliche Droge aus seinen Sachen entfernt. Sobald sie wieder in seiner Wohnung ankamen, wurde diese zur Drogenfreien Zone erklärt. Mehrere Male bot Ryo dem Schwarzhaarigen an, noch mal ne Tablette zu schlucken, doch dieser verweigerte eisern. Wenn auch es ihm beim ersten Mal nicht so leicht viel, weil es die bloße Macht der Gewohnheit war, so wurde er willensstärker mit jedem weiteren Mal, das Ryo ihn fragte. Und das machte Yuu nach kurzer Zeit schon ein kleines wenig stolzer auf sich selbst.
 

===
 

Auszug aus dem extra angelegten Suchttagebuch von Ryo:
 

Erster Tag:

Noch ist Yuu ganz ruhig.. die ersten Entzugserscheinungen treten schon auf. Gerötete Augen, Müdigkeit, übergroßer Hunger. Noch dazu kratzt er sich ziemlich oft auf der Haut herum. Ich hab ihn erst mal in meinem Schlafzimmer einquartiert und dort natürlich alles entfernt, womit er sich wehtun könnte. Ebenso aus dem Badezimmer. Selbst den Spiegel habe ich abmontiert und auf den Flur gestellt. Also kann Yuu nur in meiner Gegenwart an den Spiegel heran..

Die Tür zum Schlafzimmer ist meistens abgeschlossen, wenn ich drin bin, aber auch wenn ich nur kurz in die Küche gehe, um zum Beispiel etwas zu trinken zu holen. Das einzige, was Yuu erst mal zu trinken bekommt ist Mineralwasser. Essen nicht mehr als Brot.. natürlich lasse ich ihn nicht verhungern, er bekommt so viel er will. Aber erst mal möchte ich das auf das beides beschränken.
 

...
 

Dritter Tag:

Er hat mittlerweile starke Stimmungsschwankungen. Manchmal brüllt er mich ohne Grund an, beschimpft mich aufs übelste und würde am liebsten auf mich einschlagen.. deswegen halte ich mich so selten wie möglich in dem Raum auf, und manchmal da lacht er nur noch und erzählt von irgendwelchen total zusammenhangslosen Dingen, die er in seiner Kindheit erlebt hat oder in der Zeit, wo er jetzt in Tokio ist. Manchmal ist er sogar vollkommen auf Kuschel-Kurs, aber oftmals muss ich ihn abweisen, er weiß doch nicht, was er tut. Er hat auch selten noch richtigen Appetit. Ich zwing ihn manchmal dazu ein paar Scheiben Brot zu essen, aber dennoch hilft es nicht immer.
 

...
 

Sechster Tag:

Bin ich froh, dass mein Schlafzimmerfenster zum Hinterhof rausgeht und meine Wohnung am Rand des Hauses liegt, so fühlen sich keine Nachbarn durch seine Schreiereien gestört. Immer wenn er im Badezimmer ist, lüfte ich den Raum. Vom Badezimmer geht zum Glück kein Fenster ab, sonst würde er noch herausspringen. Und das in dem Schlafzimmer kann man abschließen.. ein Glück.

In ihm wütet tierische Wut auf mich, schließlich bin ich derjenige, der ihm das antut. Klar, das weiß ich sehr wohl, aber immerhin wollte er das auch. Aber es ist okay, er scheint alles andere zu vergessen, außer die Schmerzen, die er bei diesem Entzug hat. Die Drogen haben sich viel zu sehr in seinen Körper gefressen. Es muss sich anfühlen, als wenn man etwas in seinen Körper schraubt. Und dieser Gegenstand hinterlässt langsam Rillen, in denen sich die Schraube einfügt. Also tut es kaum mehr weh.. Doch jetzt reißt man die Schraube Stück für Stück heraus und ignoriert die Einkerbungen..
 

...
 

Zehnter Tag:

Yuu ist stiller geworden. Er schläft viel, bekommt fast nie mit, wenn ich im Raum bin. Und er starrt stumm an die Decke. Er scheint vollkommen versunken zu sein. Körperlich anwesend, aber seine Seele schwirrt in ganz anderen Hemisphären. Wie so oft, frage ich mich, was in seinem Körper wohl vorgeht. Ich würde es zu gerne wissen.. aber für Yuu bin ich gerade das größte Arschloch, dass auf dieser Kugel existiert.
 

...
 

Sechzehnter Tag:

Er isst wieder regelmäßig. Wenigstens etwas. Und er scheint langsam aus dem Loch, in dem er sich verkrochen hat, herauszukommen. Natürlich hat er noch ein paar Aussetzer, in denen er wieder anfängt mich wüst zu beschimpfen und zu beleidigen. Aber kurz darauf entschuldigt er sich meist, sodass ich ihm nicht sauer sein kann. Ich könnte es eh nicht, weil ich weiß, in was für einer Lage er gerade steckt.. Aber wenigstens geht sein Zustand bergauf. Steil bergauf.
 

...
 

Achtzehnter Tag:

Geschafft. Yuu ist vollkommen genesen. Die letzten zwei Tage ist er entgültig wieder zu dem geworden, der er war, als ich ihn das erste Mal getroffen hatte. Er legt eine gesunde Frechheit an den Tag, lächelt öfter, als ich gedacht hatte und genießt das Leben wieder. Er hat es endlich geschafft..
 

===
 

Yuu sog die wohltuende frische Luft tief in sich ein, fühlte, wie sie langsam seine Lungen ausfüllte und mit genau der gleichen Euphorie atmete er auch wieder aus. Es war so schön endlich wieder unbeschwert durch die Welt laufen zu können. Die Sorgen mit seinen Drogen konnte er nun vergessen, er hatte sie nicht mehr. Und er hatte noch keine Idee, wie er Ryo dafür danken konnte. Eigentlich kannten die zwei sich immer noch nicht besser. Oder Ryo war für den Schwarzhaarigen zumindest immer noch ein kleines Rätsel. Wenn auch unfreiwillig hatte er in letzter Zeit ja mehr von sich preisgegeben, als er eigentlich wollte.

„Wie geht’s dir?“, hörte Yuu plötzlich die Stimme von Ryo neben sich sagen, die ihn aus seinen Gedanken zurück in die Realität riss.

„Gut.. sehr gut sogar.“, gab der Schwarzhaarige zu, lächelte leicht und schaute auf den Boden vor ihnen.

„Freut mich zu hören. War äußerst selten so was von dir zu hören.“

Ryo lief weiter neben Yuu her, verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf und schaute geradeaus. Auf seinen Zügen ruhte ein zufriedener Ausdruck. Er war sogar ein kleines bisschen Stolz darauf, es geschafft zu haben, Yuu davon loszubringen.

Langsam begann es dunkler zu werden, die Straßenlaternen leuchteten auf und erhellten einen Kegel um sie herum. Der Park leerte sich langsam, die Menschen schienen ihren Weg nach Haus anzutreten. Nur zwei Personen liefen noch auf dem Weg herum, ließen sich davon nicht irritieren, dass sie die einzigen waren.

„Wie geht es jetzt eigentlich mit deinem Bruder weiter?“, fragte Ryo nach einer kurzen Stille, hatte seine Arme mittlerweile wieder heruntergenommen.

„Ich weiß nicht..“, sagte Yuu und seufzte dabei auf, „Ich würde ihm gerne alles erklären.. aber ich bezweifle, dass er mich noch sehen will. Er war ziemlich sauer, als er das herausgefunden hat.. er dachte wohl, ich bin wirklich so unschuldig wie ich aussehe.“

„Ich denke, er war einfach nur sehr enttäuscht und zugleich sehr besorgt. Schau mal.. du bist sein jüngerer Bruder, er will einfach nur das es dir gut geht. Und er dachte sicher, dass er dabei versagt habe, dir ein guter Bruder zu sein, weil du mit deinen Problemen nicht zu ihm gekommen bist. Er hat sicher einfach nur überreagiert.“

„Das wünschte ich mir..“, stellte Yuu mit einem weiteren Seufzen fest.

Er schaute mit einem Versuch eines Lächelns zu Ryo, schaute dann weiter gerade aus.

„Na ja.. von nichts kommt nichts. Du solltest ihn schon anrufen.“

Yuu nickte bloß kurz, war dann wieder still. Erneut atmete er tief die frische Abendluft ein und stieß sie wieder aus. Es füllte sich an, als hätte sich die ganze Zeit eine Korsage, gestrickt aus Sorgen und Ängsten, um seine Taille geschlungen. Und erst jetzt waren die Bänder endlich aufgeschnitten worden und er konnte wieder frei atmen. Welch ein Glück, dass er auf Ryo getroffen war. Jeder andere hätte seine Hilflosigkeit vielleicht ausgenutzt.

Doch plötzlich wurde die fast schon idyllische Nachtruhe gestört, als lautes Geraschel von Blättern zu hören war und plötzlich eine Gestalt aus dem Schatten auf die kleine Gruppe zukam. Ryo und Yuu fuhren herum, blickten einem hochgewachsenen Mann in sein wütendes Gesicht, der sich gerade vor ihnen aufzubauen schien. Blitzschnell griff dieser nach Yuu’s Arm, zerrte ihn in seine Richtung. Dieser erschrak plötzlich, als er das Gesicht des Mannes im Licht der Straßenlaterne sehen konnte.

„Du... Bastard!!“, ertönte die harsche und tiefe Stimme des Unbekannten.

Er holte aus und ließ seine flache Hand in Yuu’s Gesicht rasen, hinterließ dort eine gerötete Wange.

„Was fällt Ihnen ein?!“, mischte Ryo sich ein, schnellte auf die beiden zu und versuchte Yuu wieder seinem Griff zu entreißen, doch sein erster Versuch scheiterte kläglich an der Kraft des Kerls.

„Was mir einfällt? Was fällt DIR ein, dich an ihm zu bedienen? Zahlt er für dich, Yuu? Oder treibst du dich schon wieder herum, weil du zu feige bist, um nach Geld zu fragen, he?!“

Die Stimme des Mannes war mittlerweile lauter geworden, war deutlich hörbar für andere Menschen, die sich vielleicht in der Nähe befanden. Aber das war allen Beteiligten egal.

„Nein.. ich.. bitte.. Tatsurou. Lass mich bitte los..“, stammelte Yuu leise und ängstlich, schaute scheu zu dem Größeren auf.

„Egal, was der Kerl hier mit dir vor hat, ist mir egal. Du kommst sofort mit und machst dich wieder an die Arbeit. LOS!“, brüllte die Männerstimme, ließ keinen Widerspruch zu.

Yuu schaute hilfesuchend zu Ryo, doch tief in sich drinnen fühlte er sich schlagartig wieder furchtbar schlecht. Erneut war er auf seine Hilfe angewiesen und wahrscheinlich würde er ihn nun in Gefahr bringen, deswegen schaute Yuu wieder weg. Er wollte sich gerade dem fügen, was ihm gesagt wurde, als er eine Hand um sein Handgelenk spürte, dass ihn wieder zurück zog. Erneut hatte Ryo ihn hinter sich gezogen, um ihn zu schützen.

„Yuu bleibt bei mir.“, entgegnete er mit starker Stimme dem vermutlichen Zuhälter von Yuu, „Sonst..“

„Ohoho.. sonst was? Bekomme ich sonst Ärger von dir?“, fragte der Mann mit dem selben Sarkasmus, den Ryo noch vor einiger Zeit an den Tag gelegt hatte.

Doch erst mal erwiderte Ryo nichts. Yuu versteckte sich schutzsuchend hinter dem Blonden, hatte nicht den Mut hervorzutreten und die beiden Männer auseinander zu bringen. Er wollte nicht wieder auf die Straße zurück. Und wenn er jetzt nachgeben würde, dann wäre alles das, was Ryo ihm aufgebaut und geschenkt hatte, mit einem Schlag wieder nichtig geworden.

„Ich glaube, du weißt nicht wen du vor dir hast.. Ich bekomme von niemandem Ärger. Eher bekommen diejenigen eine von mir drauf!!“, brüllte der stämmige Mann.

Er raste auf Ryo zu und platziert seine geballte Hand in das Gesicht des Blonden. Dieser ging keuchend in die Knie, stand schon kurz darauf wieder auf seinen Beinen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Schlag so hart sein würde.

„Ryo!!“, schrie Yuu ängstlich, wollte auf ihn zugehen, als der Fremde schon wieder bei ihm stand, „Tatsurou!! Nein, bitte.. lass ihn.. er hat dir nichts getan!“

Ryo schaute durch halboffenen Augen fast schon spöttisch zu Tatsurou auf, hielt seinem Blick stand, auch als er ihn am Kragen packte.

„Sieh mich nicht so an, du Bastard!“

Erneut kassierte Ryo einen Schlag ins Gesicht, gleich darauf zwei weitere. Seine Wange leuchtete leicht rot auf, doch im Dunkel erkannte niemand etwas. Aus seinem Mundwinkel rann ein Tropfen Blut, der von seinem Kinn gen Boden fiel.

„Hast du genug? Oder willst du ne richtige Tracht Prügel?“

Es war mehr eine rhetorische Frage, zumindest für Ryo. Er würde nicht nachgeben, ganz und gar nicht. Und deswegen antwortete er erst gar nicht. Er schmeckte das Blut in seinem Mund, aber er ignoriert den süßlichen Geschmack. Er würde jetzt nicht den Schwanz einziehen.

Das nächste was er spürte, war eine Faust, die sich in seinen Magen bohrte. Ryo hustete auf, atmete tief ein. Er hatte das Gefühl, man hatte ihm irgendetwas in den Bauch gerammt, aber als er nach unten schaute, entdeckte er nichts. In ihm kam einen Moment Erleichterung auf, ehe er schon die nächste Faust in seinem Gesicht spürte.

„Und? Noch mehr?“, erklang wieder die sarkastische Stimme von Tatsurou.

Der Blonde hatte wohl bemerkt, dass seine Lippe aufgeplatzt war. Er leckte sich vorsichtig über das Blut. Würde er nicht am Kragen festgehalten werden, dann hätten seine Beine sich schon nachgegeben.

„Tatsurou! Ryo! Hör bitte auf.. er kann doch wirklich nichts dafür!“

Wenn auch Yuu sich bisher ängstlich im Hintergrund gehalten hatte, konnte er nun nicht mehr mit ansehen, wie Ryo einen Schlag nach dem anderen kassierte. Er war nun aus dem Schatten hervorgekommen und zerrte an Tatsurous Arm, wollte ihn irgendwie von Ryo abbringen. Doch dieser ließ Yuu mit einer bloßen Armbewegung zu Boden gehen und zog Ryo noch ein Stück höher an seinem Kragen.

„Rede endlich mit mir, du Wichser. Ich will eine Antwort. Noch einen Schlag oder reicht es dir mittlerweile?“

In der Stille, die wieder entstand, da Ryo immer noch nicht sprach, erkannte keiner, wie sich zwei Männer der kleinen Gruppe näherten.

„Ist alles okay? Sollen wir die Polizei rufen?“, fragten einer der beiden leise, als er sich zu Yuu heruntergebeugt hatte und ihm aufhelfen wollte.

Yuu nickte ängstlich, schaute zu Tatsurou und Ryo herüber. Doch in dem Moment zog Yuu und der hilfsbereite Fremde die Aufmerksamkeit von Tatsurou auf sich.

„Scheiße..“, hörte man ihn zischen.

Schließlich ließ er von Ryo ab, der sofort auf seine Knie fiel, und wandte sich ein letztes Mal zu Yuu. Mit einem vernichtenden Blick verschwand er dann jedoch im Schatten und ging in die Dunkelheit.

Sofort stürmte Yuu auf Ryo zu, setzt ihn vorsichtig auf und drückte ihn fest an sich. Die beiden Unbekannten verabschiedeten sich wieder, nachdem sie sich vergewissert hatten, dass Ryo nicht allzu schlimm verletzt war.

„Es tut mir leid..“, wisperte Yuu leise, hauchte vorsichtig einen Kuss in das blonde Haar und drückte ihn vorsichtig noch näher an sich, „Ich wollte dich damit nicht hineinziehen.. warum hast du nicht zurückgehauen? Warum hast du dich unbedingt vor mich gestellt..?“

Ein schwaches Lächeln zierte Ryos Lippen, ehe er den Mund öffnete und zum Sprechen ansetzte.

„Ich.. dann wäre ich doch nicht besser.. als er, hm..? Hätte ich zurückgeschlagen, dann wäre er vielleicht noch viel saurer geworden. Und bevor er das dann irgendwann an dir auslässt.. Das mit dein-“, er unterbrach sich einen Moment selbst, ehe er weitersprach, „..mit dem Kerl.. das kriegen wir auch schon auf die Reihe.“, hauchte er schließlich schwach, strich eine Strähne von Yuu hinter sein Ohr.

„Ach Ryo.. danke.. ich weiß gar nicht..“, hauchte Yuu, sprach aber auch nach einer kurzen Stille nicht weiter.

Er klang irgendwie verzweifelt und es war auch verständlich, doch Ryo belächelte das Ganze nur, versuchte vorsichtig aufzustehen, wobei ihm Yuu schlussendlich helfen musste. Schließlich standen beide wieder.

„Lass uns nach Hause gehen.. und was.. das Gutmachen angeht. Koch einfach mal was Schönes für mich..“

Ryo zwinkerte dem Schwarzhaarigen zu, wollte sich dann auf den Weg machen, ehe ein Kopf unter seinen Arm hindurchschlüpfte und ihn vorsichtig stützte, auf dem Weg zur Wohnung von Ryo.. ihrem neuen gemeinsamen Zuhause.

chapter seven: reconciliation

So, hier kommt das nächste Kapitel. Ich hab mir überlegt, dass ich es noch rechtzeitig hochlade, bevor ich die Woche vom 30. nicht in Hamburg und somit weder Internet haben werde, noch meinen eigenen PC. Ich hoffe (egal, wie egoistisch das klingt), dass ein paar mehr Leute sich nun dazu durchringen können, Kommentare zu hinterlassen.
 

Mit jedem Kapitel nimmt das Leben von Yuu und Ryo normalere Formen an, ich hoffe das merkt ihr auch. Wenn ihr anfangs Probleme mit den Extremen hattet, die ich angewandt habe, dann hoffe ich, dass diese sich jetzt auflösen.
 

Viel Spaß beim Lesen,

Eure Chaira Keliyah
 

===
 

C.H.A.P.T.E.R S.E.V.E.N: R.E.C.O.N.C.I.L.I.A.T.I.O.N
 

===
 

„Verdammt.. wo bleibt er?! Ich habe ihn eben nur zum Einkaufen geschickt.. und das war vor drei Stunden!“

Er wollte nicht sauer sein, er hatte in letzter Zeit angefangen Yuu zu vertrauen. Er hatte sich geändert, zumindest hoffte Ryo das. Er würde nicht mehr zurückgehen und er würde auch nicht wieder anfangen, Drogen zu nehmen. Aber so langsam begann er wirklich sich Sorgen zu machen. Ryo hatte plötzliche Panik, dass ihm einer seiner alten „Freunde“ wieder begegnet sein könnte oder jemand anders. Aber von Zeit zu Zeit machte sich immer wieder der Gedanke in ihm breit, dass er vielleicht auch seinen Bruder getroffen hat, sie zu ihm gegangen sind und gerade dabei sind, alles zu klären. Doch dann wurde die Hoffnung wieder zerstört, weil Ryo wusste, dass Yuu sich melden würde. Er hatte sich letztens sogar gemeldet, als er nur die Metro verpasst hatte und 10 Minuten später kommen würde.

Der Blonde war schon fast krank vor Sorge, er war dem Schwarzhaarigen in letzter Zeit ziemlich nahe gekommen – auf freundschaftlicher Ebene. Das Fernsehprogramm bot ihm schon seit knapp einer und einer halben Stunde keine Ablenkungen mehr. Seine Gedanken verflüchtigten sich immer wieder zum Vermissten.

Als plötzlich das schrille Klingeln ertönte, das verriet, dass jemand vor der Tür stehen musste, sprang Ryo von dem Sofa auf, sprintete fast nervös zur Tür und drückte auf den Summer. Er wartete einige Sekunden und öffnete dann die hölzerne Tür, blickte dann in das freudige Gesicht von Takanori.

„Uh.. du bist es..“, sagte Ryo, verdrehte leicht enttäuscht die Augen.

„Was soll das denn heißen?“, fragte der Besuch empört, verschaffte sich Eintritt zur Wohnung.

„Ich warte auf jemanden.“

„Und auf wen?“

„Auf meinen neuen Mitbewohner.“, erklärte Ryo, setzte sich mit Takanori in das Wohnzimmer und stellte ihm ein Glas mit einer Flasche Saft vor die Nase.

„Dein neuer Mitbewohner? Und du erzählst mir nichts davon?“

Erneut klang Takanoris empört. Sie waren seit Jahren befreundet und Ryo hatte es nicht mal für nötig gehalten, ihm davon zu erzählen.

„Yuu. Er hatte ziemlich viele Probleme.. und ich hab ihm da raus geholfen. Die ganze Palette, weißt du. Drogen, Prostitution und so was. Und jetzt ist er seit drei Stunden weg und kommt einfach nicht wieder.“

Der Kleine von beiden zog die Augenbrauen zusammen, schaute zu seinem besten Freund und wartete darauf, dass er weitersprach.

„Ich hab die Vermutung, dass er auf seinen Zuhälter getroffen ist. Er will ihn unbedingt wieder auf den Strich zurückschicken.. aber er könnte auch seinen Bruder getroffen haben, sodass sie sich wieder versöhnen. Die beiden hatten sich gestritten.. deswegen. Ach scheiße.. ich hab einfach Angst um ihn und mache mir Sorgen.“

„Bist du.. an ihm interessiert?“, fragte Takanori plötzlich, schaute mit viel Einfühlungsvermögen zu dem Blonden.

„Vielleicht..“, antwortete dieser.

Gerade wollte Takanori zu einem neuen Satz ansetzen, ehe ihm ein weiteres Klingeln davon abbrachte. Ryo stand wie von der Tarantel gestochen auf, ging wieder rasch zur Tür, drückte erneut den Summer und öffnete sie dann voller Hoffnung.

Ihm entgegen schauten dunkelbraune Augen voller Tränen, die Wange, von den Augen hinabgehend, zierte eine unnatürliche Rötung. Die Lippen, die sich von den Wangen deutlich durch ihr Volumen abhoben, wurde überzogen von getrocknetem Blut, das wohl aus einer Wunde am Mundwinkel gequollen war.

„Y-Yuu..?“, war Ryos ungläubige Frage.

Es war nicht seine Stimme, die gesprochen hatte. Zumindest hörte sie sich nicht so an.

„R-R-Ryo.. ich… ich..”, begann der Schwarzhaarige, wischte sich über die beiden Augen.

In ihnen waren Tränen aufgekommen, die er versuchte, mehr schlecht als recht, zu verbergen. Doch Ryo waren sie schon aufgefallen.

„Was.. ist denn passiert?“

Mit einem prüfenden Blick musterte der Blonde den Älteren. Immer wieder trafen seine Augen auf zerrissene Stellen seiner Kleidung und Wunden, die daraus hervorlugten.

„Ich.. wollte das nicht... wirklich.. wirklich nicht.“

Die Stimme des Schwarzhaarigen wurde immer wieder von seinem Schluchzen unterbrochen. Wenn auch er nicht vorhatte, seine Tränen zu zeigen, so blieb ihm nichts mehr anderes übrig. Die Tränen flossen einfach aus seinen Augen heraus, er hatte nicht mal mehr Kraft sie aufzuhalten, selbst, wenn er wollte.

„Komm.. erst mal rein.“

Ohne Yuu ein Wort der Widersprache zu lassen, zog der Blonde ihn in die Wohnung, schloss die Tür hinter ihm. Sofort ertönte wieder das herzzerreißende Schluchzen, das der Schönling nicht mehr in seinem Inneren verschließen konnte. Zuerst fühlte Ryo sich ein wenig hilflos. Er wusste nicht, was passiert war und wenn, dann sollte Yuu von sich aus erzählen. Schließlich entschied er sich dazu, den Schwarzhaarigen in seine Arme zu schließen und fest an sich zu drücken. Die beiden verharrten in der Position, bis das Schluchzen verklungen war.

„Ehhm.. Ryo.. Ich glaube, ich sollte gehen.“, erklang plötzlich die Stimme von Takanori, der sich in den Türrahmen gestellt hatte.

Ryo schaute entschuldigend zu seinem Freund.

„Tut mir leid.. wir reden ein anderes Mal, ja? Ich.. tut mir wirklich leid.“

Yuu schaute verschüchtert zu Takanori, versteckte sich dennoch in den Armen des Stärkeren.

„Macht nichts.. ruf einfach mal an, das könnte auch schon reichen. Ja ne, Ryo. Und Yuu.“

Mit einem Lächeln und einer kurzen Verbeugung verabschiedete Takanori sich schließlich, öffnete die Tür, trat ins Treppenhaus heraus und schloss sie wieder von außen.

Ryo drückte Yuu wieder sanft an sich, bemerkte aber dann wie sein Shirt ein wenig nass wurde. Als er den Verdacht hegte, dass der Schwarzhaarige weinen würde, drückte er ihn vorsichtig von sich und schaute in seine tränengefüllten Augen. Yuu biss sich auch wieder auf der Lippe herum, sodass die Wunde an seinem Mundwinkel wieder aufriss.

„Hey.. mach das nicht. Sonst hinterlässt das eine Narbe.“

Ryo strich zart über seine Unterlippe und wischte das Blut davon weg.

„Magst.. du mir nicht erzählen, was passiert ist?“

Yuu war einen Moment still, ehe er den Mund aufmachte. Doch noch verließen keine Worte seine Lippen. Man sah, wie er innerlich mit sich rang. Er war sich nicht sicher, was er erzählen konnte und wenn, wie er es sagen sollte.

„Ich.. Tatsurou..“, hauchte er schließlich nur.

„Tatsurou? Was.. bist du ihm begegnet? Hat er dir das angetan?!“

Zuerst nickte Yuu, schüttelte dann aber energisch den Kopf. Ryo schaute ihn mit einer Mischung aus Irritation und Verwirrung in die Augen.

„Zwei... Männer.“, hauchte Yuu leise, senkte seinen Blick.

Er konnte dem Blonden nicht in die Augen gucken.

„Zwei Männer? Aber.. wieso? Ich dachte, du wolltest das nicht?“

Schlagartig schaute Yuu wieder auf, schüttelte heftig seinen Kopf.

„Ich wollte das nicht! Du musst mir glauben.. bitte.. Ich.. Tatsurou.. er..“, brachte Yuu nur heraus, ehe Ryo ihn zum Schweigen brachte, indem er seinen Zeigefinger auf die Lippen des Schwarzhaarigen legte.

„Ich glaube dir.. Keine Sorge. Aber.. meinst du.. Tatsurou hat dir zwei Freier besorgt und dich.. dazu gezwungen?“

Yuu konnte kein Wort sagen, aus seinem Mund kam sofort ein herzzerreißendes Schluchzen und kurz darauf flossen auch schon wieder Schwalle von Tränen an seinen Wangen herunter.

„Er.. er hat gesagt.. er würde dich.. sonst töten.“, brachte Yuu zwischen zwei Schluchzern heraus.

„Du Dummerchen.“, sagte Ryo mit einem Lächeln auf den Lippen, „Du sollst dir doch keine Sorgen um mich machen.. Komm, ich reinige deine Verletzungen und am besten nimmst du ein Bad, auch wenn es ein wenig brennen wird.“

Gerade löste sich der Blonde von Yuu, drehte sich weg und wollte sich auf den Weg machen, um im Badezimmer eine Wanne mit warmem Wasser einzulassen, ehe er die schlanken Finger des schwarzhaarigen Schönlings um sein Handgelenk spürte.

„Ich.. Ryo.. die.. beiden Männer, sie.. sie haben.. kein Kondom.. benutzt.“

Das leise Geständnis stand einige Zeit im Raum, ehe Ryo sich wieder traute sich herumzudrehen.

„Was.. soll das heißen?“

„Ich.. weiß nicht. Ich habe Angst..“

Ohne auch nur irgendetwas darauf zu sagen, entzog sich Ryo aus dem Griff von Yuu, eilte zum Telefon und wählte hastig eine Telefonnummer. Mehrere Male musste er es probieren, ehe er es endlich schaffte die Nummer richtig zu wählen. Seine Hände zitterten unnatürlich stark. Er sprach etwas mit jemandem am Telefon ab, erklärte nur schemenhaft die Lage und legte schließlich nach ein paar Kopfnicken auf.

„Wo.. hast du angerufen?“, fragte Yuu ängstlich, näherte sich vorsichtig dem Blonden.

„Bei einem Arzt.. Wir können den Test erst in 3 Monaten machen, bis sich die Viren in deinem Körper festgesetzt haben und du das nachweisen kannst.“

„3 Monate.. Ungewissheit?“

Ein bloßes Nicken seitens des Blonden. Ohne irgendetwas anderes zu erwidern, ging er ins Badezimmer und ließ dort Wasser einlaufen. Yuu folgte ihm schon kurz darauf und tat alles das, was Ryo ihm sagte. Wenigstens glaubte er ihm und er wollte ihm weiter helfen.. das war das Wichtigste.
 

===
 

Ein frischer Wind umspielte des Bahnhofsgelände, aus Yuu aus dem Zug stieg. Er hätte fast das Gleichgewicht von dem plötzlich Windstoß verloren, wären da nicht zwei schützende Arme, die sich rechtzeitig um den schlanken Körper wandten, damit er nicht fiel. Ein leichtes Lächeln wurde ausgetauscht, ehe Yuus Füße wieder den festen Boden unter den Füßen spürten.

„Wir müssen noch mit einem anderen Zug fahren, der hält dann direkt in meinem Ort..“, erklärte Yuu seinen Begleiter, ehe sie sich mit zwei Rucksäcken beladen auf dem Weg zu besagtem Zug machten.

„Warum.. bist du eigentlich mitgekommen, Ryo? Es sind doch meine Eltern?“

„Ich wollte dich halt nicht alleine gehen lassen, weil ich weiß, dass es mit deinen Eltern nicht so rosig aussieht. Außerdem.. das hier ist nur die erste Etappe, die zweite ist dein Bruder. Ich werde deinen Eltern auch nichts von dir erzählen, das ist deine eigene Entscheidung, okay? Ich bin bloß einer deiner Freunde..“, erklärte Ryo mit einem Lächeln, stiefelte die Treppen herunter, die zum nächsten Bahnsteig führten.

Auf Yuus Lippen ruhte ein dankbares Lächeln. Er konnte sich einfach nicht erklären, womit er jemanden wie Ryo verdient hatte. Manchmal kam ihm seine Welt so schwarz und trist vor, aber Ryo erhellte alles um ihn herum mit seiner bloßen Anwesenheit, er wollte den Blonden nie mehr von seiner Seite weichen lassen, aber wenn er länger darüber nachdachte, klang sein Gedanke wohl sehr naiv. Dadurch, dass Ryo ihm geholfen hatte, hatte er sich keinesfalls zu seinem Leibeigenen verschrieben. Ebenso wäre der Wunsch, dass der Blonde weiterhin bei ihm bleiben würde, wohl ein wenig zu viel der Freundschaft.

Ryo bemerkte seinen stummen Beobachter nicht, als er auf den Zeitplan schaute, um herauszufinden, wann der nächste Zug Richtung Shiroyama Residenz fahren würde. Und als er sich zu Yuu drehte, wandte dieser seinen Blick in eine andere Richtung, sodass es auch weiterhin unbemerkt blieb.

„In 12 Minuten kommt ein Zug. Möchtest du etwas trinken? Dann hole ich uns eben etwas von dem Laden dort hinten?“

Yuu schüttelte bloß den Kopf, lächelte dennoch dankbar.

„Okay.. ich hole mir trotzdem einen Kaffee.“

Nachdem Ryo zurückgekehrt war, dauerte es nicht mehr lange, bis der Zug in den Bahnhof einfuhr. Beide stiegen schnell ein, sie wussten dass der Halt nur wenige Minuten betrug, und setzten sich auf zwei der freien Sitzplätze.

„Weißt du, wie lange wir fahren?“

„Ungefähr eine Viertelstunde.“, antwortete Ryo auf die Frage, versuchte Yuus Blick zu erhaschen, doch der ging starr aus dem Fenster.

Er wollte nur ein kleines Indiz auf seine derzeitige Gedankenwelt sehen, wollte wissen, ob er dem Haus seiner Eltern mit Angst, Respekt oder mit Freude entgegenblickt. Aber dieser kleine Hinweis blieb ihm verwehrt.

„Ich bin nie oft mit der Bahn hier gefahren.. Hatte ja mein Motorrad.“, erklärte Yuu mit einem leichten Lächeln.

„Du kannst Motorrad fahren? Cool.“

Die 16 Minuten Fahrzeit gingen ebenso schnell herum, wie die Wartezeit und so standen die beiden an einem Bahnhof, der weitaus kleiner war, als der, wo sie noch vor wenigen Minuten waren. Nur zwei Gleise waren vorhanden, ein Bahnsteig teilte sich beide.

„Wir müssen jetzt die Straße dort entlang.“, erklärte Yuu und zeigte mit dem Finger in die Richtung.

„Okay, dann mal los.“

Ihr Gepäck war nicht sonderlich schwer. Die Beiden hatten sich nicht vorher angekündigt, das heißt, dass sie entweder bleiben dürfen oder sofort wieder nach Hause geschickt werden. Doch die Reise war es Ryo wert, wenigstens hatten sie dann für diesen Tag etwas zu tun und würden nicht nur in der Wohnung rumhängen, Yuu in seinen Gedanken versunken und er selbst keine Ahnung, was er machen könnte.

Die Straße wurde an beiden Seiten von großen Villen gesäumt. Die Familien, die in dieser Straße lebten, waren allesamt wohl sehr reich und wohlhabend oder haben zumindest sehr reich geerbt. Egal, welche der Optionen es war, Ryo wollte so wenig wie möglich damit zu tun haben.

Je mehr sie sich der Residenz der Shiroyama Familie näherten, desto nervöser wurde Yuu. Er knetete seine Finger, die er vor dem Bauch verschränkt hielt, und kaute sich auf der Lippe herum. Er schaute immer wieder von der linken zur rechten Straßenseite, versuchte einen Blick in eines der Fenster zu erhaschen. Schließlich kannte er den größten Teil der Nachbarschaft. Sie hatten oft Essen veranstaltet in ihrem Haus, fast jedes Wochenende war eine andere Familie da.

„Da sind wir..“, sagte Yuu gedankenabwesend.

Er war fast wie von selbst gestoppt, er kannte die Länge von dem Bahnhof zum Haus, obgleich er sie sehr selten gegangen war.

„Und? Bist du bereit oder wollen wir die Straße noch ein paar Mal auf und ab gehen, bevor wir das Grundstück deiner Eltern betreten?“, fragte Ryo vorsichtig, er wollte den Schwarzhaarigen weder bedrängen noch verärgern.

„Nein.. ist schon okay. Dann fahren wir wenigstens nicht allzu spät zurück, wenn wir hier nicht willkommen sind.“

Ein gequältes Lächeln blitzte kurz auf seinen Lippen auf, ehe er sich dann dem Grundstück zudrehte. Ryo folgte ihm, als er die Steinstufen hinaufstieg und schließlich an der Tür klingelte. Es dauerte nur wenige Sekunden, ehe die Tür aufgerissen wurde und eine alte Dame den Beiden entgegenlinste.

„Yuu..-san?!“, fragte die alte Dame.

Sie blinzelte mehrere Male, schaute als wenn sie nicht glauben wollte, dass die Person, die vor ihm stand, nicht nur eine Erscheinung war, sondern aus Fleisch und Blut.

„Watanabe-san.“, begrüßte der Schwarzhaarige die Haushälterin und umarmte sie vorsichtig.

Sie war alt und gebrechlich, das wusste Yuu sehr genau.

„Was.. m-machen Sie.. denn hier, Yuu-san?“, ertönte ihre gebrechliche Stimme, ehe sie einen abschätzenden Blick hinter den Schwarzhaarigen warf und Ryo musterte.

„Oh.. entschuldige, Nabe-san. Das ist Suzuki Ryo-san. Ein guter Freund von mir.. aus Tokio.“, erklärte Yuu, nickte lächelnd zur Bestätigung und ging dann mit dem Blonden herein, nachdem die Haushälterin einen Schritt zur Seite gegangen war.

„Eure Eltern.. sind aus zu einem Geschäftsessen, sie sind gegen Abend.. wieder zurück. Aber ihre Schwester.. Kumiko-san ist oben auf ihrem Zimmer.“

Yuu nickte dankbar, deutete auf den Weg die Treppe hoch und er bemerkte nach kurzem, dass Ryo ihm folgte. Er kannte den Weg noch ganz genau. Das Zimmer seiner kleinen Schwester lag am Ende des Ganges, sein ehemaliges Zimmer genau daneben. Vorsichtig klopfte er an die hölzerne Tür an, wartete einen Moment ehe ein liebliches „Herein?“ ertönte. Yuu steckte seinen Kopf in das Zimmer. Er erblickte nur den Rücken seiner braunhaarigen Schwester, da sie am Schreibtisch saß und über etwas gebeugt saß.

„Magst.. du dich gar nicht umdrehen?“, fragte er schließlich, nachdem sie nicht die Anstalten machte sich umzudrehen.

Ihr überraschtes Gesicht schaute auf die lächelnden Züge ihres älteren Bruders. Er öffnete die Tür ganz und trat in das Zimmer ein, kurz darauf Ryo. Auch wenn der Blonde sich gerade wie das kleine Hündchen vorkam, das Yuu hinterher ran, redete er sich selbst ein, dass er nur ein stummer Beobachter und eine stumme Unterstützung sei. Es machte ihm nichts aus, dass er gerade aus derselben Materie wie Luft bestand, er wollte Yuu helfen.

„Yuu-chan!! Was machst du denn hier?“, rief Kumiko aus, sprang von ihrem Stuhl und lief direkt in ihre Arme.

„Dich besuchen.. was denn sonst?“

„Ahh!! Ich freue mich tierisch. Du hast dich lange nicht gemeldet! Schäme dich! Geht es dir gut? Und wie geht es Daisuke-chan? Und.. wer ist.. das?“, fragte sie irritiert, deutete mit einer nickenden Geste in die Richtung von Ryo.

„Oh.. entschuldige, dass ich euch nicht vorgestellt habe. Das ist Ryo.. er ist.. mein bester Freund. Hab ihn in Tokio kennen gelernt.“

Mit einem Lächeln schaute er zu dem Blonden, erhielt ein Lächeln zurück und streichelte durch das braune lange Haare seine Schwester...
 

Einige Stunden waren vergangen, seitdem Yuu zusammen mit Ryo sein Elternhaus erneut betreten hatte, nach fast einem ganzen Jahr seiner Abwesenheit. Er hatte seiner Schwester schemenhaft erzählt, was ihm widerfahren war, nachdem er nach Tokio gegangen war, erläuternde Details ließ er einfach mal aus. Aber scheinbar kaufte sie ihm jedes seiner Worte ab, warum sollte sie auch daran zweifeln. Vielleicht würde er es ihr irgendwann erzählen, wenn sie älter war. Aber jetzt war sie garantiert noch zu jung.

Yuu erzählt lang und breit davon, wie er Ryo kennen gelernt hatte, dass eine Party von einem Freund von Daisuke zu dieser glücklichen Begebenheit geführt hatte. Ryo erzählte auch einige fiktive Sachen, welche die beiden erlebt hatten. Er war auf das kleine Lügenspiel von seinem neuen Freund eingestiegen, er wollte ihm nicht unnötig Probleme bereiten. Und ihm Grunde genommen kam er sich so vor, als würde er einem kleinen Mädchen Geschichten erzählen und keine Lügen.

Doch plötzlich ging die Zimmertür auf und Yuu schaute sofort auf, blickte in das überraschte Gesicht seiner Mutter und in das fragende Gesicht seines Vaters.

„Was tust du hier, Yuu?!“, fragte er mit einem harschen Unterton, „Habe ich dich hier nicht rausgeschmissen?“

„Liebling.. bitte sei nicht so aufbrausend, bitte.“, versuchte die Dame mittleren Alters ihren Mann vorsichtig zu beruhigen.

Dabei fiel ihr Blick auf Ryo, doch sie sagte nichts.

„Was hat dich dazu veranlasst hier wieder aufzutauchen?“

„Ich wollte euch, Kumiko-chan und Nabe-san besuchen. Es tut mir leid, wenn ich Euren Zorn auf mich gezogen habe, Otoo-san, aber ich bitte Euch nur für ein paar Tage hier bleiben zu können.“

Ryo schaute irritiert zu dem Schwarzhaarigen. Hatte er sich gerade verhört oder siezte Yuu seinen Vater?

Ein unverständliches Murmeln verließ die rauen Lippen des älteren Mannes, ehe er kurz zu seiner Frau und zu der Haushälterin, die nur einen halben Meter hinter ihnen stand, schaute.

„Watanabe-san.. veranlassen Sie eines der Mädchen dazu, dass sie eines der Gästezimmer herrichtet. Wir haben für die nächsten Tage Besuch.“, verkündete der griesgrämige Mann und verließ das Zimmer durch die noch offenstehende Tür, während seine Frau an ihm vorbeilief und Yuu in ihre Arme zog.

„Yuu, mein Sohn.. ich freue mich sehr, dass du wieder bei uns bist...“

„Verstehe mich nicht falsch, Mutter.. ich.. bleibe nur für ein paar Tage, wie Vater gesagt hat. Ich werde auf jeden Fall zurück nach Tokio und zurück zu Daisuke kehren.“, entgegnete Yuu, ganz entgegen den Hoffnungen, die seine Mutter gehegt hatte, wie er an ihrem Blick erkannte, „Entschuldige dennoch meine Unhöflichkeit.“ Mit einer Handbewegung deutete Yuu auf seinen Begleiter. „Das ist Suzuki Ryo-san, mein neuer bester Freund. Ich wollte ihn euch vorstellen.“

Yuus Mutter sandte ein Lächeln in die Richtung des Blonden, deutete eine Verbeugung mit einem kurzen Nicken an. Schließlich löste sie die Umarmung um ihren Sohn, blickte auf ihre Uhr und schaute dann wieder auf.

„Das Essen ist gleich angerichtet, wollen wir uns nicht langsam runter begeben?“, fragte sie höflich und ging bereits auf die Tür zu, ohne eine Antwort abzuwarten, und durchquerte diese dann auch, verließ somit das Zimmer.

„Lasst uns auch runtergehen..“, sagte Yuu etwas leiser, fast schon schüchtern.
 

Das Essen verlief relativ still. Man merkte deutlich, dass der Mann des Hauses das Gespräch dominierte, die Teilnehmer des Essens sprachen nur dann, wenn sie von ihm gefragt, ja regelrecht aufgerufen wurden. Ebenso deutlich wurde, dass der größte Teil seiner Aufmerksamkeit auf der ältesten Schwester Sara und ihrem Mann lag. Yuu verhielt sich komplett still, er wurde nur einmal kurz von seinem Vater angesprochen, als dieser nach dem Wohlbefinden des ältesten Sohnes Daisuke fragte. Ebenso ruhig wie Yuu verhielt sich sein Freund Ryo. Ihn langweilten die Gespräche der sogenannten Familie ziemlich schnell, sodass er – selbst wenn er angesprochen worden wäre – nicht wirklich Lust gehabt hätte, darauf zu antworten.

Schließlich saßen die beiden auf den vorbereiteten Betten, die einander gegenüber standen. Yuu war gerade dabei seine Haare zu bürsten, während Ryo dabei war, sich bis auf die Boxershorts auszuziehen und schließlich mit Zahnbürste und dazugehöriger Zahnpasta in dem angrenzenden Gästebad zu verschwinden. Als er zurückkehrte war der Ältere bereits mit seinem Unterkörper unter der Decke verschwunden, lehnte an dem Kopfende und schaute nachdenklich an die von Stuck verzierte Decke.

Ryo verstaute seine Sachen wieder in seiner Tasche, setzte sich auf sein Bett und schaute hinüber zu dem Denkenden.

„Darf ich dich was fragen?“, begann er leise fragend, um sich Aufmerksamkeit und Gehör zu verschaffen.

„Was gibt’s denn?“

„Ist es normal, dass du deinen Vater siezt?“

„Ja.. das ist normal. Ich bin der Einzige, der das muss.. er meinte, ich habe nicht genug Respekt vor ihm, also musste ich damit anfangen. Außerdem wäre das „normal“, dass die Söhne eines so erfolgreichen.. Mannes ihn siezen müssen. Frag mich nicht, was in seinem Kopf vorgeht..“

„Hatte ich nicht vor.“, entgegnete Ryo mit einem Grinsen, legte sich nicht unter die Decke, sondern blieb ganz normal darauf liegen.

„Meine Vater ist ein richtiger Arsch, hm?“

Es war eine rhetorische Frage. Natürlich war er einer, aber es war nicht Ryos Aufgabe ihn einzuschätzen oder gar zu ändern.

„Darüber lässt sich streiten..“

„Wer braucht schon Väter..“, hauchte die plötzlich brüchige Stimme des Schwarzhaarigen.

Es klang, als würden gleiche Wellen von Tränen seine Wangen überfluten.

„Na ja, nicht jeder Vater ist ein Arsch. Ich hab viel von meinem Vater gelernt..“

„Echt? Du hattest wohl einen richten Supervater, oder?“

„..er war auch kein Supervater. Und erst recht kein Superehemann. Er hat meine Mum sogar zweimal betrogen, aber das war eine Sache zwischen denen. Ich hab heute noch Kontakt zu ihm, allerdings ein bisschen wenig, aber das ist gut so. Manchmal tut es gut, wenn Eltern nicht so sehr an einem klammern, verstehst du?“

„Ich verstehe schon.. aber manchmal wünsche ich mir schon ein bisschen Aufmerksamkeit. Ich will weder so rumlaufen wie meine Schwester und jedem in den Arsch kriechen, noch den Konzern meines Vaters übernehmen, darauf habe ich gar keine Lust.“

„Kann ich verstehen.. du – im Anzug..?“, fragte Ryo sich selbst leise, ein breites Grinsen ruhte auf seinen Lippen.

„Spinner.. der Anblick bleibt dir auf ewig verwehrt.“

Mit spielerisch verengten Augen schaute er rüber zu seinem Freund, grinste ihn kurz darauf frech an.

„Wir werden sehen, oder?“, antwortete dieser nur, erwartete nun keine Antwort.
 

===
 

Der Zug war schon wieder eine ganze Stunde lang unterwegs. Die letzten vier Tage, die beide in Yuus Elternhaus in Mie verbracht hatten, waren nicht die besten ihres Lebens, aber notwendig. Yuu konnte endlich seine Schwester wiedertreffen, der einzige Grund – neben der liebenswürdigen Haushälterin natürlich – der ihn immer mal wieder in das Haus holte. Er konnte daraus Kraft schöpfen, Kraft weiter zu machen und nicht aufzugeben, so kurz vor dem Ziel.

Für diese vier Tage konnte Yuu zumindest tagsüber den Gedanken an den bevorstehenden AIDS-Test vergessen, aber sobald er am Abend im Bett lag, holten ihn seine Gedanken ein und überrollten ihn, wollten ihn nicht los und auch nicht einschlafen lassen. Gerade in diesem Moment konnten ihn seine Gedanken nicht heimsuchen. Er war mit dem Kopf in dem Schoß von Ryo eingeschlafen, konnte sich nicht mehr wach halten. Die Zugfahrt wirkte auf längerer Sicht auch wirklich einschläfernd. Der Gesprächsstoff war ihnen schon relativ schnell ausgegangen, sodass sie sich nicht mal mehr gegenseitig wach halten konnten – oder zumindest nicht wussten, womit.
 


 

===
 

to be continued..



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (47)
[1] [2] [3] [4] [5]
/ 5

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Deida-chan
2009-11-06T11:45:03+00:00 06.11.2009 12:45
die ff ist toll schade das du sie abgebrochen hast !
Von:  Sairenji
2008-02-13T12:43:03+00:00 13.02.2008 13:43
mou wie schön *-*
so traurig und so schön geschriebn >///<
ich mag die FF sehr ^^
würd mich freun wenn du mir bescheid sagst wenn es weiter geht öö
lg, Sai
Von: abgemeldet
2007-07-27T22:09:57+00:00 28.07.2007 00:09
hihi^^
nicht schlecht, ehrlich!
ziemlich viele probleme, (das mag ich^^) und dann denkt man mal alles klappt und.......bums.
ich mag die ff von dir wirklich sehr^^
ich freue mich schon total auf das nächste chap^^
aber.......aoi.......lass ihn bitte nicht krank sein. (er stirbt mir einfach zu oft =.='')
^^

okay.........bevor ich dich hier noch total zulabere......mach weiter sooooooooo^^
*fähnchenschwenk*

Von: abgemeldet
2007-04-09T19:15:26+00:00 09.04.2007 21:15
Die Story reißt mich förmlich mit und liest sich super. Ich find's immer schade wenn ich die letzte Seite erreicht habe. *snif*
Du schreibst einfach unglaublich schön. Das liest sich runter wie nichts. Ich kann gar net genug kriegen.^///^

Die Idee für die Story ist schon nen Knüller.^^
...ist zwar fies das Aoi so leiden muss, aber du triffst die beiden immer ziemlich gut. Man könnte sich schon vorstellen, dass die beiden so sind.
Aoi der naive und Reita der starke Beschützertyp.

Jedesmal bin ich auf's neue von dir beeindruckt... ich glaub das wird net nur nen Kommi zu der FF^^''... nein im ernst... ich lese unglaublich gern etwas von dir. Der Schluss von Vesperi Hora hat mich sehr berürt, hab fast geweint. Um so schöner war das Happy End bei Aethra.
Man kann fast sagen, dass ich deine Storys stalke. XD Ich hab alle Gaze FF's von dir gelesen und das nicht nur weil ich auch ein riesen Fan von dem Paaring ReitaxAoi bin.
Deine Storys und Ideen machen Spaß und berüren.

Also schreib bitte schnell weiter. Bitte, bitte. Ich freu mich schon drauf. Immer weiter so.^^
*winku*
Von: abgemeldet
2007-03-21T14:59:09+00:00 21.03.2007 15:59
ich werd echt immer süchtiger von dem pairing >Q<
aber sag mal, warum passiert immer nur aoi dieser mist?, er tut mir so leid >.<

bin aufjeden fall mal gespannt, wie du das schicksal der beiden weiterstrickst XDDD
Von:  Yuj
2007-03-12T19:06:14+00:00 12.03.2007 20:06
Man T_T Des arme Yuuchen...
Deine FF ist echt toll und am besten fand ich bisher sowieso Reitas Traum! Der Gedanke das die beide einen Sohn haben.. omg muss der niedlich sein!**
Von:  jocomella
2007-02-09T11:08:31+00:00 09.02.2007 12:08
wow
ich bin mal wieder beeindruckt!!!!!
schrieb schnell weiter, ich würd mich sehr über ein happy end freun^^ *hüpf*
zwar hattest du manchmal wieder ein paar zeitformen fehler und auch kleine, minimale rechtschreibfehler drin, aber das war nicht wieter ne große sache^^
*ganz großes Lob überreich*
vllt kannst du mir ja bescheid sagen, wenn es weitergeht? *liebschau*
also dann^^
Von: abgemeldet
2007-01-12T23:27:50+00:00 13.01.2007 00:27
Huch oO hab ja garnich bemerkt das du neue Kapitel hochgeladen hattest xD" *drop*
na ja ^O^
Also:
Ich find die Geschichte wirklich schön ;___________;
Du hast wirklich Talent dafür mit Worten ein komplettes Szenario bildlich zu erzählen. Wirklich toll.
Dann natürlich wie Rei sich um Aoi kümmert T_T Zuckersüß.
Hoffentlich kommen sie bald zusammen und ich drück Aoi die Daumen für den AIDS-Test ;_____;" [Aber der wird bestimmt positiv ausfallen uu wegen der Dramatik ne? TT *flen* DU SCHAFFST DAS AOI TOT""]
Nun ja xD" kurz und kompakt: ich freu mich auf das nächste Kapitel TT

*knuddl*
Von:  xXSakiChan
2006-12-23T18:29:57+00:00 23.12.2006 19:29
toll *_____________*
ich hoffe nur das das mit dem test gut geht ;-; *daumen drück*
Freu mich aufs nächste kapitel *_*
Von: abgemeldet
2006-12-20T13:55:52+00:00 20.12.2006 14:55
woah, das is irgendwie richtig niedlich. ^~^
Auch wenn es teilweise ein bisschen unrealistisch ist, mag ich es.
Ich hoffe du bist bald ein bisschen fleißiger und lädtst schnell ein neues Kapitel hoch.
Bai~


Zurück