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Konstruktive Kritik konstrukive Kritik

Autor:  Hopey

Ich habe kein Problem mit Kritik, aber sie muss mir gefallen - Mark Twain

Genau da liegt das Kernproblem von Kritik, denn diese ist nie angenehm, kann aber durchaus berechtigt sein und/oder sogar gut gemeint.

Was einen konstruktiven Kritiker auszeichnet
Jeder kann Kritik üben, dabei ist jedoch entscheidet wie man das sagt. Sprich: Der Ton macht die Musik.
Das heißt, ob nur destruktiv rumgemeckert wird oder wirklich konstruktive Ratschläge gegeben werden, lässt sich bereits an der Qualität der Kritik ablesen.


 

Die drei Hauptelemente:

  1. Präzise
    Der Kritiker stellt ohne Scheu wichtige, aber unangenehme Fragen zu bisher unbedachten Bereichen und Problemen. Dabei ist es wichtig, dass man das nicht vage oder emotional formuliert, sondern sachlich, klar und präzise. Dabei bleibt der Kritiker stets offen für Gegenargumente.
  2. Analytisch
    Er sammelt Informationen und analysiert diese gründlich, bervor er kritisch was erwidert. Somit sind die Schlussfolgerungen keine "Schnellschüsse", kein Genörgel, sondern ausgewogene und praktische Anregung
  3. Alternativ
    Der Kritiker denkt assoziativ und in Alternativen. Das heißt, sein Ziel ist es eine Lösung zu finden. Entsprechend meckert er nicht herum, ohne einen praktikablen Gegenvorschlag zu machen.

Kritik, die so aufgebaut ist, findet somit immer Gehör (ausgenommen ein Paar Beratungsresitenten). Jedoch sollte man hier anmerken: Solche Kritik und Kritiker sind selten.

Respektvoll den Standpunkt erklären
Die Disskusionen scheitern nicht daran, dass Menschen sich nicht einig werden, sie scheitern daran, dass Menschen sich nicht mehr zu hören, sie gehen nicht mehr auf die Argumente ein, nur um nicht zugeben zu müssen, dass man sich vielleicht geirrt hatte.

Auch wenn man seinen Gegenüber auf respektvolle und sanfte Art anstubst und vielleicht so zum Umdenken oder gar Einlenken motiviert. Dabei geht es aber nicht darum, dass man in jede Kritik (oder Diskussion) Zuckerguss dazu streut, denn das wäre genauso unproduktiv. Manchmal muss man die Dinge einfach klar und deutlich beim Namen nennen (Sprich, dass man das nicht in Zuckerwatte packt).

Natürlich gibt es auch Menschen, mit denen man überhaupt nicht diskutieren kann, weil sie einfach nicht zuhören wollen oder zu dumm sind (was leider auch vorkommt), die Argumente zu verstehen. In solchen Fällen hilft nur eins: ABBRUCH!

 

to be continued

 

(c) Bilder: Internet

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Datum: 06.05.2017 12:11
So eine Sichtweise ist echt gut.
So kann man für sich, nachschauen ob die Kritik die man äußert richtig formuliert ist oder in die falsche Richtung gezielt hat.
:)
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Datum: 06.05.2017 15:01
Also ich sehe das mit der Kritik so:
 
In jedem Fall macht der Ton die Musik. Niemand mag sich gerne eine endlose Liste mit potentiellen Fehlern ansehen und sich mit ihnen auseinandersetzen. Das ist unangenehm, schmerzhaft und demotivierend und sollte nicht das Ziel desjenigen sein, der die Kritik übt. 
 
Denn eigentlich sollte die Kritik den Gegenüber anregen, sich in seinem Tun weiter zu verbessern, nicht alles in die Ecke zu werfen und nie wieder einen Stift in die Hand zu nehmen. 
 
Das umzusetzen ist aber nicht immer ganz leicht. Gerade wenn man sich mit Fanwork auseinandersetzt, hat man oft einen Gegenüber von dem man absolut nichts weiß. Ist er empfindlich in bestimmten Themen? Übt er schon sehr lange? Legt er sein Augenmerk auf Landschaftsbeschreibung, oder hat er sich der Charakterisierung verschrieben? Hat er ein Thema verarbeitet, dass ihn selbst betrifft? Kann er Hände nicht besser zeichnen oder hatte er bei dem Bild einfach nur einen schlechten Tag?
Das kann man nicht wissen. Genauso wenig, wie man wissen kann, wo die persönlichen Grenzen der Person legen. Manch einer ist viel schneller gekränkt als es ein Anderer wäre und manch einer wünscht sich Feedback zu Thema A und ein Anderer vielleicht eher nicht. 
Es ist also nicht einfach zu kritisieren, ohne dabei in ein Fettnäpfchen zu treten, das es dem Gegenüber unangenehm macht, die Kritik auch anzunehmen.
 
Aber sollte man deshalb gar nicht mehr kritisieren? - Nein! 
 
Viele User wünschen sich Kritik, weil sie eben auf Tipps und Verbesserungsvorschläge hoffen. Entsprechend sollte man sich bemühen, eben die auch anzubringen und das möglichst nicht, indem man zwanzig Fehler akribisch mit dem Skalpell auseinander nimmt.
 
Dabei sollte man auf einiges achten:
 
1) Viele User schreiben in die Bildkommentare oder ihr FF-Vorwort etwas über die Entstehung des Werkes. Sowas sollte man lesen. Häufig steht da nämlich schon drin, was dem User selbst aufgefallen ist und wenn er selbst schon sagt: "Mah, der Fuß da sieht aus als würde er zu einem Elefanten gehören", dann muss man ihm das nicht noch einmal aufzählen, weil es der User selbst schon weiß.
Sinnvoller wäre es hier zu sagen: "Als ich früher Probleme mit Füßen hatte, habe ich mir Tutorial B (Link) angeguckt. Vielleicht hilft dir das ja auch." Weil das ist es, was der User sich erhofft. Ein Tipp, mit dem es beim nächsten Mal besser wird.
 
2) Man sollte sich bewusst sein, dass das Fanwork häufig fertig ist, wenn es hochgeladen wird. Anatomiefehler in einem fertigen Bild, lassen sich oft nur noch schwer oder gar nicht mehr ändern. Man kann da also häufig nicht mehr viel tun und höchstens dafür sorgen, dass es beim nächsten Mal anders wird. Ähnlich ist es beim Plot von Fanfiction. Wenn man schon zwanzig Kapitel geschrieben hat, ist es schwer den Plot in Kapitel 1 zu ändern. Man kann höchstens schauen ob man es beim nächsten mal anders machen kann. 
 
3) Wenn schon zehn Kritiker vor einem da waren und hundert Dinge kritisiert haben, lohnt es nicht, die alle noch mal aufzuzählen. Die Punkte sind da, wenn der User sie sehen will, wird er sie sehen und wenn nicht, dann nützt es auch nichts, wenn er sie noch mal hat. Wiederholung lohnt eigentlich nur, wenn man noch etwas anderes zum Thema anzubringen hat. Zum Beispiel noch einen Tipp für Fußgestaltung.
 
4) Wenn an einem Werk wirklich alles scheiße ist und man meint, man möchte das kritisieren, ist es oft tödlich, wenn man alles aufzählt, was einen ankotzt. Da ist es besser, man sucht sich die ein oder zwei schlimmsten Punkte aus und konzentriert sich erstmal auf die. 
Alles auf einmal zu ändern, schafft der Gegenüber eh nicht, da ist es besser, man beginnt mit einem Punkt oder mit Zweien und kritisiert dann halt ein anderes mal an den anderen herum. Dann fühlt sich der User weniger überrannt und kann sich erstmal auf das konzentrieren, was man ihm geliefert hat.
 
5) Kritik muss nicht immer negativ sein. Auch positive Kritik ist Kritik und kann hilfreich sein. Die meisten User hören gerne, was sie gut gemacht haben und was gefällt  - Und wenn sie wissen was das ist, können sie versuchen das beim nächsten Mal wieder ähnlich hinzukriegen. Es ist also durchaus angebracht zu loben, was einem positiv ins Auge sticht und auch auf Verbesserungen im vergleich zu älteren Werken hinzuweisen, wenn man sie bemerkt. Das macht dem Gegenüber Mut weiterzumachen und gibt ihm das Gefühl für seine Arbeit wertgeschätzt zu werden. 
 
6) Arbeit wertschätzen. Wenn man Sachen sieht, die eindeutig viel Zeit und Mühe gemacht haben, kann man das ruhig sagen, selbst wenn man sonst nichts zu sagen hat. Es ist doch toll, wenn Jemand drei Wochen an einem Nachbau des Eiffelturms gesessen hat und sich bemüht hat ihn möglichst originalgetreu darzustellen.
 
7) Manche Dinge sind auch einfach Ansichtssache. Ja, okay, vielleicht gefällt mir das gerade nicht, aber Jemand anders kann es durchaus lustig, cool und spannend finden. Das gilt übrigens auch für Bücher, Animes, Mangas, TV-Serien ect. 
Geschmäcker sind verschieden und die eigene Meinung ist nicht das Maß aller Dinge. Klar kann man sagen: "Ich mag das nicht so gerne, die Figuren sind mir zu albern", aber ich muss auch davon ausgehen, dass der Nächste das vielleicht ganz anders sieht. Insofern kann man immer nur wiedergeben, wie man selbst etwas gerade empfindet.
 
8) Würde ich die Kritik, die ich gerade geschrieben habe auch unter meinem eigenen Werk sehen wollen? Ab und zu muss man mal reflektieren. Wenn man selbst sich von den eigenen Worten schon verletzt fühlen würde, warum sollte es User B dann anders gehen?
 
 
All das sind Punkte, die man im Hinterkopf haben sollte, wenn man etwas kritisiert, denn es ist keinem geholfen, wenn man einen Anfänger total verschreckt, oder eine Person verletzt, nur weil man es zu gut gemeint hat.
"No, I don't like it... I love it!"
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Datum: 06.05.2017 17:08
@_Delacroix_: Was du da sagst ist eigentlich schon einen eigenen Weblog wert. Wenn das hier Facebook wäre, hätte ich den Beitrag definitiv geliked. Gerade Punkt 8 habe ich leider auch schon oft nicht beachtet.
Zu Punkt 1 fällt mir auch ein: Wenn ich sehe dass das ein Fanart / eine Fanfiction von vor 5 Jahren ist oder der User schreibt, dass das Werk schon vor x Monaten entstanden ist und nur erst jetzt hochgeladen wurde, ist Kritik auch relativ müßig, außer man hat neuere Werke zum Vergleich an denen man erkennen kann, dass der User immer noch Tipps zum Zeichnen für Füße braucht (um dein Beispiel mit aufzugreifen).

Ein Tipp, den ich irgendwo aufgeschnappt habe, ich weiß aber gar nicht mehr wo: Wenn man wirklich viel an Kritik zu sagen hat, auch mal den/die Kritisierende/n fragen, ob ausführliche Kritik überhaupt erwünscht ist. Das erspart es einem auch, ewig an einem Kommentar zu schreiben, den der User gar nicht will und vielleicht auch nicht beachtet. Dann kann man z.B. auch anbieten, das per ENS o.Ä. zu machen, denn außer dem User interessiert das vielleicht eh niemanden.

Mein Manga Vampire Blues - wöchentlich neue Seiten der völlig kitschfreien urbanen Vampirjäger-Action.
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Datum: 06.05.2017 20:27
Dein Weblog-Eintrag gefällt mir sehr gut, Hopey! :)

An dieser Stelle muss ich Arcturus jedoch Recht geben:
>
Manchmal muss man die Dinge einfach klar und scharf beim Namen nennen.
 

> Diesen Satz empfinde ich als unglücklich formuliert.
> Ich nehme an, du wolltest damit sagen, dass man die Dinge klar und präzise beim Namen nennt.
> Leider kann man den Satz auch so lesen, dass man die Dinge in scharfem Tonfall beim Namen nennen möge. Das wiederum ist meiner Erfahrung nach ein Garant dafür, dass einem a) der Kritisierte an den Hals springt oder dass man dem Kritisierten b) die Motivation weiterzumachen in ein kleines Häufchen Asche zerbombt.

Ich nehme an, dass das von deiner Seite aus schlichtweg ein Ausdrucksfehler war und du es anders gemeint hast.
Ich persönlich würde die Stelle verändern, damit keine Assoziationen beim Leser geweckt werden, die hier am Thema vorbei gehen.

> Ich überspringe lediglich den Zwischenschritt des Benennens und gehe gleich zu den Verbesserungsvorschlägen über. Ich erspare es mir dadurch, dem Kritisierten zu sagen, das etwas schlecht(er) war und bringe dennoch meine Tipps an den Kritisierten. Das hat für den Kritisierten den Vorteil, dass er nicht unter unnötigen Druck gesetzt wird (weil er nicht verbessern muss, aber kann) und für mich bringt es in den meisten Fällen eine entspanntere Kommunikation mit dem Kritisierten und geschonte Nerven.

Diese Taktik finde ich richtig geschickt :D
 

_Delacroix_
> Viele User wünschen sich Kritik, weil sie eben auf Tipps und Verbesserungsvorschläge hoffen.

Hast du den Eindruck, dass das so ist?
Meine Erfahrung geht da, auf Animexx, eher in eine andere Richtung.
Dazu muss ich aber sagen, dass ich meine Erfahrungen eher um 2005 herum gemacht und anschließend beständig seltener längere und ausführliche Kritiken verfasst habe.
Damals ging es mir darum, dem Künstler, zu helfen und ich hatte Zeit dafür übrig.
Außerdem erhoffte ich mir, ohne die Bitte direkt zu benennen, ähnliche Kritiken zu meinen eigenen Werken, die leider ausblieben, egal, wie viele User ich mit der Intention anschrieb, ihnen helfen zu wollen.
Heute noch versuche ich motivierend zu schreiben, indem ich neben den Fehlern auch gelungene Passagen erwähne.
Jedenfalls haben die User auf meinen Texte, falls überhaupt, eher beleidigt und verletzt reagiert, egal, wie konstruktiv ich die Kommentare gestaltet hatte. Ich las sie mir mehrfach selber vor dem Posten durch und stellte mir vor, wie ich mich mit dieser Kritik fühlen würde. Selbst, wenn ich noch so viele Weichmacher benutzte und meine Texte so freundlich formulierte, wie ich konnte und selbstverständlich direkte Verbesserungstipps lieferte, reagierten die User gekränkt und wurden beleidigend.

Heute habe ich teilweise noch immer den Eindruck, dass sehr viele User eigentlich nur Lobeshymnen lesen wollen und auf Kritik äußerst negativ reagieren.
Positive Reaktionen habe ich persönlich eher selten erlebt.
(Im RL allerdings noch seltener, als hier auf Animexx, deswegen sag ich da schon gar nichts mehr, sofern es nicht unbedingt sein muss, weil es mich direkt jetzt selbst betrifft...)

Kann ja sein, dass du da andere Erfahrungen gemacht hast, das möchte ich gar nicht in Frage stellen.
Für mich ist es nur wichtig, zu erwähnen, dass ich andere Erfahrungen gemacht habe.

Deine Aufzählung finde ich im Übrigen sehr interessant zu lesen ;D
Ich freue mich, dass ich, gemessen an deinem Kommentar, nicht allzu viel falsch gemacht zu haben scheine und dass es wohl eher nicht an mir lag, wie andere auf meine Kritiken reagierten, es also anders ist, als ich es lange Zeit angenommen hatte.


Insgesamt empfinde ich es spätestens dann als schwierig, wenn plötzlich die Freunde einer Person auftauchen, die sich auch nur kritisiert fühlt.
Egal ob im RL oder im Internet, in solchen Fällen ist die K*cke am Dampfen.
Mir drängt sich in solchen Situationen der Eindruck auf, dass gewisse Menschen in der Mehrzahl exponenziell dümmer werden.
Leben und Leben lassen.
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Datum: 06.05.2017 20:51
Jitsch:
> Zu Punkt 1 fällt mir auch ein: Wenn ich sehe dass das ein Fanart / eine Fanfiction von vor 5 Jahren ist oder der User schreibt, dass das Werk schon vor x Monaten entstanden ist und nur erst jetzt hochgeladen wurde, ist Kritik auch relativ müßig, außer man hat neuere Werke zum Vergleich an denen man erkennen kann, dass der User immer noch Tipps zum Zeichnen für Füße braucht (um dein Beispiel mit aufzugreifen). 
 
Stimmt, stimmt. Das kenne ich aus eigener Erfahrung. Manchmal kriege ich Kommentare auf Fanfics von 2008 oder früher und ich sitze dann davor und denke mir: "Joah, find ich ja schön, dass du die Story kommentierst und das sie dir gefällt, aber ich weiß gar nicht wirklich wovon du redest, weil ich mich an die Story inzwischen leider kaum noch erinnern kann."
Das ist dann immer ein bisschen doof.

> Ein Tipp, den ich irgendwo aufgeschnappt habe, ich weiß aber gar nicht mehr wo: Wenn man wirklich viel an Kritik zu sagen hat, auch mal den/die Kritisierende/n fragen, ob ausführliche Kritik überhaupt erwünscht ist. Das erspart es einem auch, ewig an einem Kommentar zu schreiben, den der User gar nicht will und vielleicht auch nicht beachtet. Dann kann man z.B. auch anbieten, das per ENS o.Ä. zu machen, denn außer dem User interessiert das vielleicht eh niemanden. 
 
Hab ich noch nie probiert, aber ich kann mir vorstellen, dass das durchaus hilfreich sein kann.
 
 
Daemion:
> Hast du den Eindruck, dass das so ist?
 
Ja, tatsächlich habe ich den. Wenn man sich so umguckt sieht man den Wunsch nach längeren, hilfreichen Kommentaren doch relativ häufig. Gerade wenn sich wieder mal Jemand über ausbleibende Kommentare beklagt, kommt er früher oder später eigentlich immer von irgendwem. 
 
Ich gebe zu, mir ist es in der Vergangenheit auch schon passiert, dass Leute nicht glücklich mit dem waren, was ich ihnen zu sagen hatte. Ich glaube das kann immer mal passieren, aber wenn ich mich zurück erinnere, dominieren bei mir doch eher die positiven Eindrücke.
 
Allerdings stimme ich dir zu, was die Sache mit den Freunden betrifft. Es ist in der Tat meist sehr unangenehm, wenn Freunde meinen, das Werk ihrer Freunde verteidigen zu müssen. Das ist häufig sehr emotional und verletzend für alle Seiten, weil sich dann sehr schnell alles hochschaukelt. 
Solche Diskussionen mag ich auch gar nicht gerne.
"No, I don't like it... I love it!"
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Datum: 06.05.2017 21:11
_Delacroix_:
> Ja, tatsächlich habe ich den. Wenn man sich so umguckt sieht man den Wunsch nach längeren, hilfreichen Kommentaren doch relativ häufig.

Stimmt, gesehen habe ich diesen Wunsch auch, wie die Häufigkeit dabei war, weiß ich allerdings nicht mehr, tut mir leid. Trotz dieses Wunsches des Künstlers nach Kritik, hatte ich, wie geschrieben, andere Erfahrungen machen müssen. Allerdings habe ich auch viele schlechte Erfahrungen als Betaleser gemacht, einem Bereich, in dem andere User im Vergleich deutlich mehr Glück hatten. Es freut mich für dich, dass du überwiegend positive Erfahrungen in Sachen Kritikgebung machen konntest.

Was mich jetzt persönlich interessiert, denn das könnte evtl. eine Erklärung sein:
Auf welchen Zeitraum beziehst du dich mit deinen Eindrücken?

> Gerade wenn sich wieder mal Jemand über ausbleibende Kommentare beklagt, kommt er früher oder später eigentlich immer von irgendwem. 

Seltsam. Dann scheinen meine Werke wohl die Ausnahme zu sein.
Im Laufe der Zeit habe ich einiges auf Animexx weggelöscht, weil die Kommentare ausblieben.
Ich ging mit meinen Beobachtungen und Annahmen noch weiter, nämlich, dass viele Kommentare mancher Künstler direkt aus ihrem Freundeskreis stammten. Natürlich nicht grundsätzlich, aber es kommt immer wieder vor, habe ich so festgestellt.
Meine Freunde auf Animexx zeigten sich leider weniger... kooperativ, was Kritikgebung anbelangt.
Zurück zu meinen Werken:
Schließlich kommentierten einzelne, meiner damaligen Bekannten mit den üblichen "Toll"-Kommentaren unter meinen Zeichnungen (die FFs blieben kommentarlos, weswegen ich dort besonders viel weglöschte).
Dadurch erhielt ich, trotz nett gemeinter Motivation, leider keine Möglichkeiten, mich zu verbessern.
Als ich das ansprach, reagierten diese User irritiert, deswegen gewöhnte ich mir schnell ab, nachzufragen.
 
> Allerdings stimme ich dir zu, was die Sache mit den Freunden betrifft. Es ist in der Tat meist sehr unangenehm, wenn Freunde meinen, das Werk ihrer Freunde verteidigen zu müssen. Das ist häufig sehr emotional und verletzend für alle Seiten, weil sich dann sehr schnell alles hochschaukelt. 

Dahingehend kann man sich, sofern man in eine solche Lage gerät, meiner Erfahrung nach, nur ausklinken.

Wie Hopey weiter oben treffend schrieb:
Natürlich gibt es auch Menschen, mit denen man überhaupt nicht Diskutieren kann, weil sie einfach nicht zuhören wollen oder zu dumm sind (was leider auch vorkommt), die Argumente zu verstehen. In solchen Fällen hilft nur eins: ABBRUCH!

Manche Leute wollen auch gar keine Argumente verstehen, ihnen geht es einzig darum, eine Diskussion zu GEWINNEN und ihren angeknacksten Stolz zu verteidigen, egal, was das (für das Gegenüber) bedeutet.
Leben und Leben lassen.
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Datum: 06.05.2017 22:37
Daemion:
 
Ich denke, es ist oft die Masse an negativer Kritik, die es ausmacht, und auch die Positionierung derselben.
 
Ich habe aus den Jahren um 2006 und danach ähnliche Erinnerungen - das User häufig gekränkt auf Kritik reagierten, die ich okay fand. (Egal, ob diese nun von mir formuliert war, oder von jemand anderem.)
 
Rückwirkend sehe ich die Sache allerdings doch etwas anders. Ursachen dafür gibt es einige. Dazu zählt unter anderem ein paar Blogeinträge, die ich irgendwann zum Thema gelesen habe. Außerdem habe ich mich generell mehr damit befasst, was eine gute Kritik ausmacht und was ich selbst als Kritik erhalten möchte.
 
Die Ursachen dafür, dass Kritiken, gerade damals, nicht angenommen wurden und nur zu Streit und Ärger geführt haben, hängen meiner Meinung nach mit verschiedenen Faktoren zusammen, von denen nur ein Teil vom Kritiker beeinflussbar ist. Meiner Meinung nach wichtige Eckpunkte sind:
 
- Die Formulierung. Mir ist erst im Nachhinein aufgegangen, wie diese oder jene Formulierung, die ich zum Kritik-Zeitpunkt vollkommen in Ordnung fand, noch wirken kann. Gerade auch im Zusammenhang mit dem Rest des Textes. Ohnehin hatte ich damals noch deutlich weniger Wissen darüber, wie Kommunikation funktioniert und woran sie scheitern kann. Stichwort Eisberg-Modell und Vier-Seiten-Modell und dergleichen.
Du selbst sagst ja auch, das freundliche Formulierung und Weichmacher als Taktik fehlgeschlagen sind. Das ist mir auch schon passiert. Die Ursache selbst sehe ich mittlerweile allerdings weniger beim Kritisierten oder dabei, wie etwas gesagt wurde, sondern dabei, was gesagt wurde.
Ob ich einem User nun "Deine Rechtschreibung ist echt grausam" oder "Deine Rechtschreibung ist verbesserungswürdig" oder "Leider habe ich in deiner Geschichte ein paar Rechtschreibfehler gefunden" sage - der Inhalt bleibt der gleiche. Es ändert sich nicht die Nachricht, sondern lediglich die Lautstärke, mit der ich sie in den Wald rufe. (In dem Fall: "Deine Rechtschreibung ist schlecht.")
 
- Konstruktive Kritik nach Schema F. Im Kontext mit konstruktiver Kritik war damals ein bestimmtes Schema ziemlich beliebt und wurde von denen, die konstruktive Kritik propagierten auch rege empfohlen: Man lobt erst etwas am Fanwork, nennt dann, was einem nicht gefallen hat, gibt dann im Idealfall Verbesserungstipps und beendet den Kommentar dann mit weiterem Lob.
Während dieses Schema allemal besser ist, als dem Kritisierten über drei Seiten aufzuzählen, was er alles falsch gemacht hat, ist es nicht der Stein der Weisen, für das ich es damals hielt. Es kann funktionieren, wenn man es gut anwendet, aber wenn man nicht aufpasst, rutscht man mit diesem Schema allzu leicht in Kritikformen ab, die vor allem destruktiv wirken. Entsprechend waren und sind Kommentare, die diesem Schema entsprechen, leider häufig ein Fall von "Gut gemeint".
 
- Die Ehrlichkeit. Ein Fanwork-Ersteller mag noch so schlecht sein, was das erstellen seiner Fanworks anbelangt. Dennoch merken die meisten User sehr wohl, wenn man ihnen die Hucke volllügt. Leider passiert auch das bei konstruktiver Kritik und es ist meiner Meinung nach einer der häufigsten Gründe, warum Schema F von oben nicht funktioniert: Das Lob, zwischen das man seine Kritik packt, muss ernst gemeint sein. Wenn man sich nur halbherzig irgendein Lob aus den Rippen leihert, weil an die Stelle im Kommentar eben ein Lob gehört, dann sind die Chancen recht hoch, dass der Kritisierte dem Lob das genau ansieht.
 
- Der Umfang. _Delacroix_ bereits schrieb, funktioniert es bei Kritiken selten, dem Kritisierten einfach alles aufzuzählen, was er schlecht bzw. falsch gemacht hat. Das kann man machen, wenn die Kritik abgesprochen ist und der Kritisierte sich genau das wünscht. Ansonsten vermittelt es schnell die Botschaft "An deinem Werk ist alles schlecht!" und das wiederum senkt die Wahrscheinlichkeit, dass der Kritisierte die Kritik annehmen wird.
 
- Die Geisteshaltung hinter dem Kommentar. Fanworks werden in der Regel hobbymäßig erstellt. Viele laden ihre Fanworks hoch, um aktiv am Fandom teilzunehmen und ihre Freude daran mit anderen zu teilen. Außerdem möchte man vielleicht auffallen oder über die Fanworks neue Kontakte schließen, über Pairing AxB fachsimpeln, seinen Headcanon mit anderen teilen, etc.
Das Bedürfnis, sich zu verbessern steht meist nicht im Vordergrund.
Das bedeutet zunächst nicht, dass man Verbesserungsvorschlägen gegenüber abgeneigt ist, sondern lediglich, dass dies nicht die Motivation fürs Hochladen ist.
Entsprechend ist auch die Erwartungshaltung an etwaige Kommentare. Es wird erwartet, dass die Kommentatoren sich mit den Inhalten des Fanwork auseinandersetzen - mit dem Pairing, mit den Charakteren, mit der Handlung, mit der vermittelten Botschaft, etc. - nicht mit den Formularien. Verbesserungsvorschläge können dazu kommen, nur Hauptbestandteil des Kommentars sollten sie häufig nicht sein.
Ich sehe das an mir selbst: Kommentare, in denen sich der Kommentator seitenlang damit befasst, was ich an einer Fanfic gut gemacht habe, was ich vergeigt habe und wie ich die Geschichte besser machen könnte, stoßen mir schnell sauer auf. Erstens liegt das eben daran, dass meine Erwartungshaltung an den Kommentar nicht oder nicht ausreichend bedient wird. Zweitens vermitteln diese Kommentare auf mich häufig die Wirkung, als habe der Kommentator meine Geschichte gar nicht kommentiert, weil er Interesse an meinem Fanwork hat, sondern nur, weil er gerne kritisiert.
Gerade zweiteres ist in meinen Augen tödlich für eine gute Kritiker-Kritisierter-Kommunikation. Ein guter Kommentar sollte meiner Meinung nach in erster Linie dem Fanwork und dem Fanwork-Ersteller dienen, nicht dem Kritiker. Wenn ich nur kritisiere, um zu kritisieren (und mit Pech, um mich selbst zu beweihräuchern), sollte ich vielleicht lieber Tutorial-Blogs und/oder Rezensionen schreiben.
Jedenfalls: Ich denke, die wenigsten Leute mögen es, wenn ihre Werke in dem Kommentaren auseinander genommen werden wie Goethes Faust, damals im Deutschunterricht.
 
- Das Umfeld. Gerade um 2006-2008 herum, als ich in die Fanfic-Szene rutschte und begann, mich mit Kritik auseinanderzusetzen und selbst welche zu schreiben, war die MSTing-Szene auf Animexx ziemlich groß und vernetzt. Als schlecht wahrgenommene Geschichten gingen in dieser Szene schnell rund. Das bedeutete, dass Autoren, die mit ihren Fanfics in diesen Kreisen auffielen, häufig nicht nur einen kritischen Kommentar erhalten haben, sondern gleich eine ganze Reihe. Häufig kamen diese dann von unterschiedlichen Nutzern, teilweise mit enormen Mängeln in puncto Freundlichkeit und Kritik-Qualität. Das Phänomen, dass sich die Freunde eines Autoren, der sich ungerecht kritisiert fühlte, auf den Kritiker stürzte, existierte gerade damals auch umgekehrt: Die Freunde des Kritikers stürzten sich auf den Autoren, teils dadurch provoziert, dass der Autor die Kritik nicht annahm oder sie sogar löschte, teils auch ohne Provokation seitens des Autors.
Das bedeutete damals eben auch, dass diverse Autoren mit verbesserungswürdigen Geschichten entweder selbst einmal Betroffene einer solchen, teils sehr unangenehmen Kritikflut waren, Betroffene davon kannten oder dem Ganzen als unbeteiligte Dritte schon mal irgendwo zugesehen hatten. Das wiederum hat natürlich auch die Art und Weise, wie Kritik wahrgenommen wird, beeinflusst und eben auch zu Abwehrhaltungen geführt und dazu, dass auch Kritiken gescheitert sind, bei denen den jeweiligen Kritiker selbst keine Schuld traf.
The fanfic was on fire and it wasn't my fault.
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Datum: 07.05.2017 09:43
Hey, das ist ja mal ein Weblog der sehr systematisch an die Sache rangeht. Und das to be continued erweckt den guten Eindruck, also soll hier noch ergänzt und verbessert werden.
Das freut mich. In eine späteren KOmmentar wurden Quellenangaben angefragt, dem würde ich mich anschliessen. Ich habe bislang nirgendwo Literatur über richtiges kritisieren gesehen. Das wäre doch interessant.
Völlig richtig betonst Du "Der Ton macht die Musik". Das kann man gar nicht genug wiederholen. Darum war ich umso erstaunter später eine Formulierung zu lesen, die vor allem jene von sich geben, denen der Ton egal ist: Die berüchtige Phrase des "Zuckers" den man in den Arsch bläst. ( Du hast das netter mit Zuckerguss umschrieben ) Ich finde, Zuckerguß darf immer sein.

KURZ:
Wer möchte, dass seine Kritik gut ankommt, der sollte erst die Dinge herausstreichen, die gut geworden sind. Ist das Werk ausreichend gewürdigt, fühlt sich der Künstler verstanden und nimmt Kritik erheblich besser auf.

Das eben hat nichts mit Zucker in den Arsch blasen zu tun, wie es einige Ignoraten gerne formulieren. Ich klopfe ja auch erst an die Tür und sage freundliche Hallo, wie gehts, wenn ich jemanden besuche statt die Tür einzutreten






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