Zum Inhalt der Seite




Schlagworte
[Alle Einträge]

Top 15

- Delfinium Prints (42)
- Entoman (24)
- Review (19)
- Signierstunde (17)
- Kino (16)
- tokyopop (16)
- Convention (15)
- 78 Tage auf der Straße des Hasses (12)
- Gedicht (12)
- Kritik (10)
- Struwwelpeter: Die Rückkehr (9)
- Manga-Madness (8)
- Blutrotkäppchen (7)
- Comicstars (7)
- Leipziger Buchmesse (7)

Serien-Review: Niklaas, ein Junge aus Flandern Belgien, ein Junge aus Flandern, Furandāsu no inu, Nello, Niklaas, Patrasch, Review, WMT, World Masterpiece Theatre

Autor:  Yeo

Kleine Serien-Review:
Nach dem eher zufälligen Spontankonsum verschiedenster kleiner Fragmente über die letzten 20 Jahre hinweg sowie etwa drei konkreten Anläufen in den letzten drei Jahren hab ich nun (zusammen mit der Su als kleines Mittagessenritual) die ’75er Anime-Serie „Niklaas, ein Junge aus Flandern“ durchgeguckt.

Die Serie, die zur grandiosen Reihe „World Masterpiece Theatre“ gehört und direkt auf „Heidi“ folgte, hat in Japan etwa den Stellenwert, den angesprochener Vorgänger bei uns inne hat.
Vergleicht man die beiden Stoffe wird auch ein kultureller Unterschied deutlich – medienbiografisch und gesellschaftlich.
Während des Deutschen Liebling Heidi die denkbar positivste Geschichte bietet und einen mit Glücksgefühlen überschüttet, bekommt des Japaners Liebling Niklaas – genauso wie sein durch Empathien gefesselter, zur Passivität verdammter Zuschauer – ununterbrochen aufs metaphorische Maul.

Story: 19. Jahrhundert, Belgien: Der arme, aber stets tüchtige und künstlerisch hochbegabte Waise Niklaas wächst bei seinem altersschwachen Großvater auf, dem er täglich bei der körperlich anstrengenden Arbeit des Milchauslieferns ins weit entfernte Antwerpen beisteht. Recht früh begrüßen sie mit dem großen Hund Patrasch ein neues Familienmitglied in ihrer kärglichen Hütte. Das Arbeitstier wurde so gut wie tot am Straßenrand aufgesammelt und seine intensive Pflege bildet den ersten Handlungsbogen der Serie.
Es folgen zahlreiche sehr ruhige Abschnitte, in denen neue unspektakuläre Figuren eingeführt oder unspektakuläre kleine Ereignisse aus dem einfachen Leben im Dorf geschildert werden. Geschichten übers Blumen pflücken, die Reparatur der örtlichen Windmühle oder das Sparen für Zeichenpapier.
Nichts für Adranalin-gefixte Zappelphilippe, die an die schnelle Überfluss-Action modernerer Standards gewöhnt sind. Niklaas lehrt einen den Sinn für Langeweile und lässt den Zuschauer schon bald (hinter)fragen, wohin die Geschichte führt.
Doch da kommt der geniale Dreh, irgendwann Richtung letztes Drittel, wenn nicht gar letztes Viertel der Serie. Die vermeintliche Idylle kippt und Niklaas’ Leben wird zur grausigen Tour de Force. Eine Hiobs-Geschichte, die dem tapferen kleinen Helden keine Prüfung erspart lässt.

Dementsprechend dickes Fell muss man als Zuschauer mit in den Rezeptionsprozess bringen, da einen die überbordende Grausamkeit und Traurigkeit sonst durchaus übermannen kann und wird. Der Weg bis zur letzten Folge wird zunehmend härter und das Ende lässt einen auch nicht einfach mental abschalten, sondern wirkt eine Weile nach.

Und ohne zu viel zum Inhalt vorweg zu nehmen: Die deutsche Version der letzten Szene ist leider um 180° gekippt. Der verfälschte Off-Kommentar ist eine schlichte Lüge, der der halbwegs gescheite Zuschauer jedoch nicht auf den Leim gehen dürfte.

Alles in allem eine Serie, die man heute noch schauen kann und sollte, wenn einem der gemächliche lange Vorlaufprozess zum emotional lohnenden Schlussakt nicht zu anstrengend ist.

Die DVD-Box kriegt man übrigens hintergeschmissen:
http://www.amazon.de/Niklaas-ein-Junge-aus-Flandern/dp/B007CU4F3Y