Zum Inhalt der Seite




Schlagworte
[Alle Einträge]

Top 15

- DManga (72)
- Doujinshi (21)
- Codex Conventionis Daemonum (18)
- DC (17)
- Manga (14)
- tokyopop (14)
- Baito Oh! (12)
- Carlsen (10)
- EMA (9)
- LBM (9)
- ConHon (8)
- Delfinium Prints (8)
- Dämonen (8)
- MCC (8)
- demon lord camio (7)

Review: "Winternacht - Schamanenpfade" Comicstars, DManga, Fantasy, Sarah Wisbar

Autor:  roterKater



Sarah Wisbar: "Winternacht - Schamanenpfade"
Comicstars/ Droemer Knaur
Einzelband
6,99€



Mit "Winternacht - Schamanenpfade" erschien kürzlich bei Comicstars das Debüt von Sarah Wisbar, der Siegerin des hochdotierten Comicstars-Preises 2009. Man darf als einiges erwarten, bedenkt man, gegen wen sich Sarah so alles durchgesetzt hatte (unter anderem gegen Margarita Till und Hannes Radke).


Was sicherlich zuerst auffällt, ist die wirklich beachtliche Zeichen- und Schraffurtechnik, die eher an frankobelgische Abenteuer- und Fantasy-Comics erinnert denn an typische Manga - am ehesten vielleicht noch an Miyazakis "Nausicaä", der sich ja großteils aus ähnlichen Quellen speist. Die tollen Hintergrundzeichnungen werden nur durch die nötigsten Raster ergänzt. Wer gerne wunderbar geinkte Linearts in deutschen Manga-Publikationen bewundern will, sollte allein deswegen einen Blick in den Band werfen. Die Zeichnungen sind also gerade zu Beginn unheimlich schön, episch und aufwendig, und damit einem Abenteuer-Comic mehr als angemessen.

Leider hat sich mein Lob für den Manga damit aber schon erschöpft, denn inhaltlich ist "Winternacht" eine ziemliche Enttäuschung. Es fängt eigentlich recht vielversprechend an: eine winterliche Fantasy-Welt, ein Schamanenvolk, eine abenteuerlich Reise zur Rettung der Heimat - alles Zutaten für ein schönes Fantasy-Epos. Aber Sarah macht nichts daraus. Die Figuren bleiben blass und unsympathisch, ihre Beweggründe und Gefühle sind dem Leser weitestgehend fremd. Schlimmer noch - ab Kapitel 3 passiert einfach nichts mehr. Weder kommen die Helden ihrem Ziel näher, noch tut sich sonst ein dramaturgischer Konflikt auf. Die Figuren laufen durch den Schnee und verstehen sich gegenseitig nicht. So kann man eigentlich die letzten vier Kapitel zusammenfassen.

Am frustrierendsten ist aber, dass die Story auf absolut nichts hinaus läuft. Was als klassische Heldenreise beginnt, läuft einfach ins Leere. Nicht von dem, was zu Beginn etabliert wurde, wird in irgendeiner Form eingelöst, noch kommen die Helden ihrem Ziel irgendwie näher. Das krasseste Beispiel dafür ist der farbige Prolog, der absolut nichts mit der restlichen Handlung zu tun hat. Weder die Figuren noch die angesprochenen Handlungsindizien darin tauchen später irgendwo wieder auf. Was schade ist, weil es ein wirklich guter Prolog war, der Interesse an etwas weckt, was dann einfach nicht mehr aufgegriffen wird.

So verhält es sich leider mit vielen Aspekten, die im weiteren Verlauf der Handlung angerissen werden. Die dramaturgische Grundweisheit, dass auf ein Set-Up auch ein Pay-Off erfolgen sollte, wird von Sarah geflissentlich ignoriert, und so bleibt man als Leser nur vor der resignierenden Erkenntnis, dass die Autorin einem wohl einfach nichts zu erzählen hatte. Wenn dann am Schluss von Kapitel 6 "Ende" vermerkt ist, fühlt man sich als Leser schon ziemlich verschaukelt.

Es ist natürlich ziemlich naheliegend, dass "Winternacht" hier wohl nicht in der Form vorliegt, die zu Beginn vielleicht einmal geplant war. Sonst könnte ich mir beim besten Willen nicht erklären, wie sich dieses "Konzept" gegen all die anderen Teilnehmer beim Wettbewerb durchsetzen konnte (außer zeichentechnisch). Leider sehen auch die späteren Kapitel so aus, als hätte Sarah keine Lust mehr auf das Projekt gehabt. Von den ungemein detaillierten Zeichnungen zu Beginn ist in der zweiten Hälfte fast nichts mehr zu sehen. Die Seiten werden immer skizzenhafter und weißer, die epische Abenteuerlandschaft schrumpft auf ein paar stoische Gesichtsausdrücke zusammen.

Wirklich Schade. Da war so viel Potential da, was einfach verschenkt wird. Sarah ist eine extrem begabte Zeichnerin, und allein deswegen ist "Winternacht" sicherlich einen Blick wert, aber der Band bleibt leider als Erzählung vollkommen unbefriedigend. Gerade aufgrund der Vorschusslorbeeren und der hübschen Auftaktes ist "Winternacht" so nur eine zumindest zu Beginn toll gezeichnete Enttäuschung.