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Tolle Anime die kaum einer kennt: Tatakau Shisho The Book of Bantorra Anime-Empfehlung, Review, TAdkek

Autor:  Jitsch

Nachdem ich jüngst meinen Weblog katalogisiert hatte, hat mich die Lust gepackt, endlich mal wieder einen Eintrag der TAdkek-Reihe zu verfassen. Zu einer Serie, die ich persönlich von vorne bis hinten liebe. Sie gehört zu den ganz wenigen, die ich zweimal geschaut habe und hat beim Rewatch bei mir fast noch stärkere Emotionen hervorgerufen als beim ersten Mal.

Und trotzdem kennt auf Animexx anscheinend kaum jemand die Serie. Das bisher einzige Fanart und der bisher einzige Weblog der mit der Serie getaggt ist stammen von mir, ansonsten gab es sage und schreibe 3 Cosplayer und die Serie hat hier lediglich 9 ausgewiesene Fans und 19 Personen, die angeben, sie zu kennen. Die Rede ist von:

Tatakau Shisho: The Book of Bantorra

(Bildquelle)

Japanischer Titel:

戦う司書 The Book of Bantorra
[Tatakau Shisho The Book of Bantorra]

Titel des US-Release: The Book of Bantorra
Studio: 

David Production

Produktionsjahr: 2009 / 2010
Anzahl der Episoden:

27

Genres:

Fantasy, Supernatural, Action

Vorlage:

Romanserie (10 Bände) von Ishio Yamagata

Verfügbarkeit: In Deutschland nicht lizensiert.
Lief in den USA auf Crunchyroll und wurde dort auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht.
Ähnliche, bekanntere (?) Serien:

Baccano!, Attack on Titan


Alle Bilder in diesem Eintrag sind von mir erstellte Screenshots, außer wenn anders gekennzeichnet.

 

Plot:

Menschen werden in diese Welt geboren, um geliebt zu werden, sich zu erfüllen, und niemals zu leiden. Sie werden geboren, um ewiges Glück zu erfahren... doch Colio Tonies ist kein Mensch. Er ist eine Bombe. Geschaffen, um im Namen der "Kirche der in Gottes Gnade Ertrinkenden" seine Mission zu erfüllen, die da lautet: Töte Hamyuts Meseta.

Doch als er sich zusammen mit ein paar anderen "Bomben" aufmacht, diese zu erfüllen, fallen ihm nach und nach Bruchstücke eines "Buchs" in die Hand, die fossilisierten Erinnerungen einer jungen Frau, die mit ihm zu sprechen scheint. Nun steht er vor der Wahl: Soll er das tun, für das er geschaffen wurde oder kann er vielleicht doch noch ein Mensch werden?

Was die Serie so gut macht:

Wenn ich es in einem Satz sagen müsste, ist die Serie deshalb gut, weil sie sich traut, anders zu sein als andere Anime.

Kerninhalt und immer wiederkehrendes Thema ist die existenzielle Frage: Wie kann der Mensch glücklich werden, und was ist Glück überhaupt? Die Serie gibt darauf keine einfachen Antworten. Eigentlich ist sie im Gegenteil eine Aneinanderreihung von Schicksalen von Menschen, die auf der Suche nach dem Glück sind - und schließlich sterben müssen, ohne je eine Antwort gefunden zu haben.


So wie die armen Leute hier. [Quelle]

Ja, Sterben ist überhaupt sehr häufig in dieser Serie. Und da wird niemand verschont, weder der arme Sklave noch der Würdenträger der Kirche - und erst recht nicht der idealistische Bibliothekar, der doch nichts anderes will als Menschen zu helfen. Einen Hauptcharakter im klassischen Sinne gibt es nicht, in jedem Story-Abschnitt, der auch immer die Adaption eines der Romane darstellt, ist es jemand anders, dem wir aus nächster Nähe bei seinem Streben nach dem Glück zusehen. Und Colio, der von der Kirche durch ein Implantat zur "Bombe" gemacht wurde, hat dabei nicht einmal unbedingt das härteste Schicksal.


Enlique hat zum Beispiel auch schon richtig viel mitmachen müssen [Quelle]

Jetzt sollte das nicht so missverstanden werden, dass ich die Serie gut finde, weil Leute sterben. Aber, und das haben die Erzähler verstanden, wenn es um den Sinn des Lebens, um das Streben nach Glück und zwei gegensätzliche Entwürfe hierzu geht, dann bekriegt man sich bis aufs Blut, und dann sterben Menschen. Dabei schafft es die Serie, durchgehend deutlich zu machen, dass der Tod etwas Bedauernswertes, unumkehrbares ist - bedauernswert auch, wenn er die vermeintlichen Bösewichte trifft, denn es ist ja nicht so, als hätten diese keine Träume oder Ziele.


Zum Beispiel dieser arme alte Mann
- der federführend in der Erschaffung von "Bomben" war [Quelle]

Eine große Stärke der Serie ist ihre Vielfalt an Lebensentwürfen und Charakteren, die sich aneinander reiben. Der, der sich selbst schon nicht mehr als Mensch sieht. Der, der um jeden Preis leben will, egal ob er dafür selbst morden muss. Die, die völlig selbstlos alles tun möchte, um andere Menschen glücklich zu sehen. Und so weiter. Es gibt keine Pauschal-Bösewichte und erst recht keine Pauschal-Helden. Hamyuts Meseta, die Leiterin der Bantorra-Bibliothek, ist die Blutrünstigste von allen.


Sie spricht übrigens mit dem aufgestickten Maskottchen auf ihrer Bluse [Quelle]

Kurz: Wir sehen hier, anders als in vielen Anime, erwachsene Menschen mit gefestigten Überzeugungen und Idealen, die versuchen, aus einer grausamen Welt das Beste zu machen und dabei oft selbst die größten Verbrechen begehen. Die Serie lädt zum Nachdenken ein, und trotz aller Grausamkeit präsentiert sie auch immer wieder Lichtblicke, Momente der Menschlichkeit, die berühren. Und das macht sie großartig.


Es gibt auch
solche Glücksmomente [Quelle]

Letztlich, auch wenn solche Vergleiche oft falsche Erwartungen wecken, ist Tatakau Shisho das, was für mich einem "Game of Thrones der Anime-Welt" am nächsten kommt. Hier wie dort gibt es keine "Helden", gleichzeitig aber auch nicht "das Böse" - nur Menschen, die versuchen in einer ihnen feindlich gesinnten Welt ihren Idealen zu folgen. Hier wie dort ist es nicht so, dass guten Menschen auch Gutes widerfährt, im Gegenteil ist gut gemeinter, unbeugsamer Idealismus eher der beste Weg ins Verderben. Und am Ende überleben diejenigen, die am skrupellosesten ihr Wissen über andere Menschen und ihre Macht ausnutzen.

Was man nicht verschweigen sollte:

Bei alledem muss ich zugeben, dass Tatakau Shisho: The Book of Bantorra nicht für jeden etwas ist. Ich selbst liebe die Serie, habe aber schon Stimmen gehört, die mit der wenig subtilen Präsentation der Philosophie, dem hohen Anteil an Gewalt und den stellenweise zur Überzeichnung neigenden Charakteren nicht viel anfangen können. Das ist in dem Fall wohl wirklich eine klassische Geschmacksfrage.

Optisch bekleckert sich das Studio gerade in der Auftaktepisode nicht gerade mit Ruhm, wo die Darstellung eines großen Schiffs in Computeranimation anscheinend sehr viele gleich zu Anfang so sehr abgeschreckt hat, dass sie der restlichen Serie gar nicht erst eine Chance gegeben haben. Auch wenn CG später nicht mehr ganz so häufig auftaucht, sieht es doch meist etwas fehl am Platz aus. Die Serie macht zwar einen extrem guten Job gerade mit Lichstimmungen und Regieführung, ist aber optisch und von den Animationen her einfach nicht das Ende der Fahnenstange und war es auch 2009 nicht.

Auch die Charakterdesigns kann man gerne in Frage stellen: Gerade die Outfits von zwei zentralen weiblichen Charakteren wirken in der Welt, die am ehesten an das ausgehende 19. Jahrhundert erinnert, mit ihrer Freizügigkeit extrem fehl am Platz. Andererseits verdankt ja auch Game Of Thrones zumindest einen Teil seiner Beliebtheit der Freizügigkeit und Sexszenen, und im Vergleich dazu was andere Anime an unnötigen Fanservice bieten ist es mal erst recht harmlos.


Dicke Möpse, wer will nochmal, wer hat noch nicht? [Quelle]

Und nicht zuletzt ist es selbst beim aufmerksamen Zuschauen nicht immer leicht, alle Zusamenhänge zu verstehen. Die Welt von The Book of Bantorra ist ohnehin schon komplex und allein das Konzept, dass Menschen nach ihrem Tod zu Büchern werden (eigentlich eher Steintafeln) hat bei Leuten, denen ich versucht habe den Plot zu erklären, gerne mal für Kopfschütteln gesorgt. Dazu kommen noch individuelle, übersinnliche Kräfte und magische Gegenstände mit seltsam klingenden Namen (ich nenne hier nur mal das lachende Schwert Schlamuffen), was im Prinzip typisch für Light Novels oder darauf basierende Serien ist. Und bei alledem muss der Anime die Handlung der Romane auch stark kondensieren und lässt sogar einen Roman quasi komplett weg. Allerdings gelingt den Anime-Machern dabei das große Kunststück, trotzdem noch eine zusammenhängende, nachvollziehbare und bewegende Gesamtgeschichte mit einem befriedigenden Ende zu erzählen.

Empfehlung:

Wer gerne mal erwachsenere Serien schaut, keine Scheu davor hat seine Lieblingscharaktere auch sterben zu sehen und sowieso auf der Suche nach Abwechslung von typischen Fantasy-Settings und Serien mit hauptsächlich japanischem Cast ist, wird hier denke ich fündig.

Wer sich noch nicht sicher ist, sollte sich auf jeden Fall die ersten vier Episoden anschauen, die eine weitestgehend geschlossene Handlung haben und den Grundton der Serie vermitteln, der sich in deren Verlauf auch nicht dramatisch ändern wird. Wem diese erste Story aus dem Bantorra-Universum nicht gefällt, kann dann immer noch aussteigen.

Letztlich ist Tatakau Shisho, auch wenn das jetzt blöd klingt, kein Anime wie jeder andere. Um die Geschichte erzählen zu können, die er erzählen will, traut er sich was - was dazu geführt hat, dass er sich anscheinend in Japan außerordentlich schlecht verkauft hat. Wie auch, so ganz ohne Moe Schulmädchen, alleskönnende Teenager und die aufbauende "wo ein Wille ist, ist auch ein Weg" Moral? Und ja, ich kann auch typischen Anime etwas abgewinnen, aber hin und wieder braucht es eben Perlen wie Tatakau Shisho - und vielleicht macht es auch den Reiz aus, dass der Anime nicht für jeden etwas ist.

Trotzdem hoffe ich, dass ich den ein oder anderen mit diesem Eintrag dazu bringen kann, zumindest mal einen Blick auf die Serie zu riskieren - und wer weiß, vielleicht findet sie ja dadurch doch noch ein, zwei neue Fans.


Bitte, bitte? [Quelle]

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