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Kartoffeln statt Döner: Vorurteile und Möglichkeiten zur Aufklärung PEGIDA, Politik

Autor:  halfJack

Das ist ein Eintrag, den ich eigentlich schon lange, lange verfassen wollte und der jetzt vermutlich zu einem Sammelsurium an Gedanken werden wird, die ich über die letzten Wochen anhäufte. Wahrscheinlich teile ich das thematisch noch auf; der erste Part befasst sich mit Falschannahmen und Vorurteilen und der zweite soll sich um die Darstellung in den Medien drehen.

Erster Auslöser hierfür war irgendeine Sendung über Foodtrucks. (Sorry für diese äußerst präzise Angabe; wer weiß, wovon die Rede ist, kann das gern ergänzen.) In dieser Sendung war unter anderem ein Mann mit türkischem Migrationshintergrund, der auf ein Schild von rechtstendierten Demonstranten reagierte, auf dem stand: „Kartoffeln statt Döner!“ Als Zeichen für mehr Zusammenhalt entwickelte er daraufhin einen Döner mit Kartoffeln, quasi unter dem Motto: Türkei ♥ Deutschland. Eigentlich eine löbliche Sache, die Idee fand ich ganz gut, aber was mich vielmehr irritierte, war dieses Klischee der Identifikation mit... Essen?
Und dann auch noch unter größtenteils falschen Annahmen. Um es mal salopp zu formulieren: „Kartoffeln statt Döner“ ist an sich schon himmelschreiend absurd und komisch, wenn man bedenkt, dass Kartoffeln aus Amerika stammen und der klassische Döner, wie er noch heute hier verkauft wird, in dieser Version aus Deutschland. Natürlich gab es schon vorher gedrehtes Fleisch am Spieß, was für die Türkei durchaus typisch ist, und zudem waren es türkische Einwanderer, die die Grundlagen nach Deutschland brachten. Ob der Döner nun zuerst in Berlin oder in Reutlingen verkauft wurde, sei mal dahingestellt, aber darin zeigt sich meines Erachtens eine starke internationale Assimilation. Wir können viel voneinander lernen und profitieren, warum sollten wir als Deutsche also nur Kartoffeln essen? Doch Moment, warum soll die Kartoffel überhaupt für Deutschland stehen?
Ja ja, die gute alte Kartoffel, mit der sich die Deutschen so gern identifizieren. Es kommt mir vor, als würden manche dieser Leute glauben, schon die alten Germanen hätten sich ihre Kartoffeln überm Feuer geröstet. Durch mein regionales Umfeld höre ich eine ganze Menge Grütze. Fakt ist jedenfalls, dass Kartoffeln erst im 17. Jahrhundert zu uns kamen und sich die Bauern sogar anfangs mit Händen und Füßen dagegen wehrten, sie anzubauen. Einer geschichtlichen Anekdote zufolge soll Friedrich der Große eine List angewandt haben, indem er Kartoffelfelder von Soldaten bewachen ließ. Was bewacht wird, muss wohl wertvoll sein, deshalb sollen die Knollen nachts von den Bauern gestohlen worden sein. Jedenfalls waren Kartoffeln alles andere als beliebt und vollkommen unpreußisch. Es brauchte schon Zeit und einen „Kartoffelbefehl“, bevor die Deutschen auf den Geschmack kamen.

Wenn man sich also etwas auf sein Deutschsein einbildet, sollte man dann nicht ein bisschen mehr über unsere Geschichte Bescheid wissen? Gerade heute in Zeiten des Internets, wo man nur mal ein paar Sekunden zum Googeln braucht, um etwas herauszufinden? Dabei sehe ich diese Sache gar nicht so eng. Wenn man mitten im Gespräch etwas raushaut, von dem man aufgrund von Klischees überzeugt ist, dann finde ich das nicht so wild. Man kann ja nicht alles wissen und Vorurteile oder falsche Vorstellungen gibt es immer. Doch spätestens wenn ich ein Schild mit irgendeinem Slogan schreiben will, um damit zu einer Demonstration zu gehen, würde ich diese paar Sekunden doch mal aufwenden, um zu überprüfen, ob das stimmt, was ich da behaupte.
Bei einer der PEGIDA-Demonstrationen lief mal jemand mit einem Schild herum, auf dem sinngemäß stand: „Rettet die deutsche Spache!“ Rechtschreibfehler inbegriffen. Klar kann sich jeder mal verschreiben, aber gerade bei solch einer Botschaft würde ich mein Schild vorher lieber zehnmal durchlesen, bevor ich es mir über den Kopf halte und mich damit lächerlich mache.

Gegen Meinungen aus rechts und links habe ich überhaupt nichts, erachte sie sogar als Opposition für notwendig und fruchtbar, solange etwas dahintersteckt. Nur leider begegnen mir immer wieder im Gespräch mit Personen, die sich selbst gar nicht als rechts sehen, die aber eindeutig derartige Meinungen vertreten, größtenteils Falschannahmen, Irrglauben, Halbwissen und ein erschreckend niedriges Bildungsniveau. Mit Argumenten kommt man da dummerweise nicht weit. Damit meine ich nicht, dass sich alle von Anfang an querstellen und nicht zuhören, zum Teil habe ich sogar Einlenken und Zustimmung erlebt, aber bei der nächsten Unterhaltung ist es, als hätte man nie etwas gesagt, als wäre das alles wieder gelöscht. Woran liegt das nur? Ich vermute, dass es dazwischen im familiären und Freundeskreis zu Diskussionen kommt, in denen man sich gegenseitig bestätigt, hochschaukelt und am Ende gestärkt durch das Kollektiv die eigene Meinung für richtig hält. Was kann man dagegen tun? Oder ist es ein Kampf gegen Windmühlen?
Vor anderthalb Jahren ließ ich mal meinen Frust über PEGIDA in einem anderen Blog-Eintrag aus und musste gerade feststellen, dass viele der Falschannahmen noch immer nicht beseitigt sind und dass ich an dieser Stelle einiges wiederholen könnte, obwohl nicht alles aktuell ist. In der Zwischenzeit hat sich in den Köpfen der Menschen jedoch kaum etwas geändert. Kann man tatsächlich nichts tun?

Ins Rollen gebracht von den Stipendiaten der TU Dresden versucht man es jetzt mit einer Bierdeckel-Aktion: Für einen Stammtisch ohne Parolen.
Kurz zusammengefasst handelt es sich dabei um ein Projekt, in dem über typische Vorurteile auf beidseitig bedruckten Bierdeckeln mit nachprüfbaren Fakten und Zahlen aufgeklärt wird. Man machte sich in der AG Asyl Gedanken darüber, wie man an die Leute herankommen könnte, da doch die Debatten meistens in den entsprechenden einstimmigen Kreisen geführt werden. Das Stichwort Stammtischparolen führte dann zu dieser Aktion von Aufklärung durch Bierdeckel, die seit Juli in Sachsen läuft.
Natürlich gibt es auch Bedenken. Bringt das überhaupt etwas? Bewirkt es vielleicht sogar das Gegenteil und führt erst recht zu Aggressionen? Werden diese Argumente wieder nur mit „Lügenpresse“ beiseitegeschoben? Außerdem könnten sich diejenigen davon angegriffen fühlen, die nicht in der Kneipe sitzen und so einen Bierdeckel in die Hand nehmen, die stattdessen über die Medien davon erfahren und das Gefühl haben, man würde sie alle in einen Topf mit alkoholisierten Kneipensitzern werfen. Bereits die negative Berichterstattung über PEGIDA kam bei vielen nicht gut an, weil sie sich nicht ernst genommen und als Rechtsradikale abgestempelt fühlen.

Was denkt ihr? Gibt es Möglichkeiten? Ist so eine Aktion mit Bierdeckeln gut oder eher der falsche Weg?

PEGIDA: Schluss mit dem Unsinn! PEGIDA

Autor:  halfJack

Vorab: Ich sehe kein Fernsehen und daher auch keine Nachrichten. Ich weiß nicht, wie sich das in der Öffentlichkeit darstellt oder wie die PEGIDA sich in den Medien präsentieren. Ich habe gehört, dass ihr Programm angeblich frei sein soll von Rassenhass, dass es nur um Kritik an der deutschen Asylpolitik gehen soll blabla, kann das aber nicht beurteilen. Das Einzige, was ich seit Wochen um Montag herum in Dresden mitbekomme, sind gesperrte Straßen, hohes Polizeiaufgebot und Menschen mit gegensätzlichen Ansichten, deren Meinungen womöglich unbewusst und unbemerkt eine Richtung einschlagen, die mir Unbehagen bereitet. Man möchte es kaum glauben, es wurden in den Bürgerämtern sogar Nottelefone eingerichtet, um sich als besorgter Bürger über die drohende Asyl- und Ausländerschwemme zu informieren.

Nun endlich scheint der ganze - tja, was ist das eigentlich? - "Haufen" dieser europäischen Patrioten gegen die okzidentale Islamisierung (oder wie auch immer) auseinanderzubrechen. Am 2. Februar fand sie nicht statt, die Demonstration. Man ist sich offenbar uneins und die Hälfte der Führungsschicht hat ihren Posten verlassen.
Ich kann es mir bildlich vorstellen, wie ein paar PEGI-Mitläufer, die sich vom Hörensagen für das alles begeistern ließen, ratlos beieinander stehen und nicht mehr wissen, was sie mit ihren Schildern, Kerzen und schwarz-rot-goldenen Kreuzen machen sollen.

PE (Patriotischer Europäer) 1: "Demo findet nicht statt. Die sagen, der Vorsitz ist, äh, vakant."
PE 2: "Heißt das, der macht Urlaub?"
PE 1: "Keine Ahnung. Einige Vorstandsmitglieder sind wohl zurückgetreten."
PE 2: "Wir haben Vorstandsmitglieder?"

Die haben sich aus dem Staub gemacht. Waren sich nicht einig, wie rechts oder nicht-rechts sie nun eigentlich sein wollen.
Die erste Kundgebung des neuen Ablegers "Direkte Demokratie für Europa" ist gestern mehr oder weniger gefloppt. Nur ca. 500 Demonstranten kamen und ein paar Hooligans, die absurderweise Stunk machten, weil sie die neue Organisation als "Verräter" empfinden, obwohl Oertel und Konsorten sich gar nicht als PEGIDA-Gegner sehen. Die Antifa war nicht vor Ort, denen war das vermutlich zu popelig. Die warten lieber auf den 13. Februar. (Gedenktag des Luftangriffes auf Dresden; wird seit den 90er Jahren von Neo-Nazis für ihre Märsche missbraucht; in den letzten Jahren bildeten die Bürger Dresdens eine Menschenkette um die Altstadt oder besetzten die Bahnhöfe, um die Nazi-Demonstration zu verhindern.)
Langsam nervt es echt. Nicht die Tatsache, dass man mit dem Auto nicht mehr problemlos in die Innenstadt kommt, das nicht. Sinnlose Demonstrationen sind in Dresden ja ohnehin beliebt. Nazi-Demonstrationen und "Wir-sind-keine-Nazis"-Nazi-Demonstrationen und Gegendemonstrationen und Demonstrationen gegen die Gegendemonstration...
Nein, was mich wirklich nervt, sind dumme Menschen, die lautstark eine Meinung vertreten und etwas durchsetzen wollen, von dem sie keine Ahnung haben. Wie auch immer das Programm der PEGIDA aussehen mag, die Anhänger - und das ist das eigentliche Problem - sind Leute, die sich allein aus dem polemischen Namen dieser "Bewegung" ihre Ansicht zusammenschustern und sich anhand solcher Massenaufläufe auch noch bestätigt und unterstützt sehen. Genau solche fühlen sich davon angesprochen, sitzen mit ihren Kumpels, jeder eine Bierflasche in der Hand, Dynamo-Schal um den Hals, in der Straßenbahn und erzählen Grütze.
"Die sollen wegbleiben, die Türken, weil die tun ja nicht mal Deutsch lernen. Dann tun wahrscheinlich auch unsere Kinder bald nicht mehr Deutsch reden, wenn wir die mit so "Tuchträgerpack" und "Türkenf***n" auf die Straße schicken tun."
...Haha. Viele Eltern bringen ihren Kindern, wie man sieht, nicht mal mehr ordentliches Deutsch bei, was sollen die da verlernen?
Es ist zum Kotzen. Dieses Vorurteil geht vor allem gegen Asylbewerber. Die würden sich nicht integrieren und kein Deutsch lernen wollen. Wenn ich mir als Asylbewerber eine Zukunft in Deutschland erhoffe, dann will ich natürlich die Sprache lernen. Wie kommt man als Außenstehender darauf, dass Asylbewerber das nicht wollen, wenn man noch nie mit einem geredet hat, sogar stets einen riesigen Bogen um Asylbewerberheime macht? Wer eine solche Meinung vertritt, vergisst offenbar, dass man zum Lernen einer Sprache Lehrer und Material benötigt, die wiederum Geld kosten. Doch solange der Antrag auf Asyl bearbeitet wird, besteht kein Anspruch auf finanzierte Deutschkurse! Letztens habe ich gelesen, dass statt der angestrebten 3 Monate die Antragsbearbeitung derzeit 15 (!) Monate dauern kann. Natürlich hat man als Asylbewerber nicht unbedingt das nötige Kleingeld, um sich einen Privatlehrer zu leisten. Da ist man auf Ehrenamtliche und Spenden angewiesen.

Und das sind nicht die einzigen Vorurteile. Angeblich würden viele Flüchtlinge gar keine Not leiden, sondern sich in Deutschland nur einen Bunten machen, sich schön durchfüttern lassen. Was für eine (sorry) menschenverachtende Scheiße. Als hätten diese Leute nicht schon genug durchgemacht, nun wird auch noch untersucht, ob das Erlittene überhaupt ausreicht oder ob es nur um finanzielle Gründe geht.
Fakt ist, dass ein Flüchtling abgeschoben wird, wenn ein Bundesbeamter solche Absichten bemerkt. Die internationale Genfer Flüchtlingskonvention schützt allein politisch Verfolgte. Armut wird dabei nicht berücksichtigt, selbst wenn man mit der Begründung ankäme, dass die Kinder im eigenen Land verhungern müssen. Das ist meines Erachtens schon hart genug.
Warum hat das Wort "Asylant" bei uns in Deutschland einen so üblen Beigeschmack, wird zuweilen sogar als Schimpfwort verwendet? Asylrecht ist Völkerrecht, das steht allen Menschen in Not weltweit zu. Dabei ist Deutschland übrigens das einzige Land, bei dem die Gewährung auf Asyl ein Grundrecht ist. Warum ist das so? Weil viele Deutsche den Zweiten Weltkrieg nur deshalb überlebten, weil ihnen von Fremden geholfen wurde, sei es auf der Flucht oder in Kriegsgefangenschaft. Wir waren im letzten Jahrhundert als Volk selbst oft genug Asylanten und Fremde in anderen Ländern und haben aufgrund dieser Erfahrung das Recht auf Asyl im Grundgesetz festgeschrieben. Darum finde ich es verachtenswert, einen Slogan wie "Wir sind das Volk!" für seine eigene versteckte Rassenhetze zu missbrauchen. Gerade dieser Spruch, der ursprünglich zu einer friedlichen Wiedervereinigung führte, wird nun zum Auseinanderreißen unserer Multikulturalität benutzt.

Das ist immer noch nicht alles, es geht weiter mit den Vorurteilen: "Asylbewerber wollen nicht arbeiten, die liegen dem Staat nur auf der Tasche!" Ach, so ein deutscher Arbeitsloser (pardon, "Arbeitssuchender") liegt dem Staat auch nur auf der Tasche. Wäre es dann nicht sinnvoll, den ebenso abzuschieben?
Asylbewerber dürfen in den ersten neun Monaten ihres Antragsverfahrens nur Hilfsarbeiten ausführen! Bei Ein-Euro-Jobs können sie sich höchstens 80 Euro im Monat hinzuverdienen. Selbst wenn dann der Antrag bewilligt wurde, wird ihnen die sogenannte Residenzpflicht vorgeschrieben, was bedeutet, dass sie sich Arbeit nur in einem sehr begrenzten Raum suchen können. Zudem darf laut deutschem Arbeitsrecht ein Flüchtling in den ersten vier Jahren nur unter Vorbehalt eingestellt werden. Das Jobcenter muss überprüfen, ob es nicht einen ähnlich qualifizierten deutschen Bewerber oder zumindest EU-Bürger für die Stelle gibt. So viel zur Übervorteilung. Selbst nach vier Jahren dürfen anerkannte Flüchtlinge keiner selbstständigen Tätigkeit nachgehen; sie sind auf Arbeitgeber angewiesen, die sie einstellen. Verständlicherweise wollen sich die Arbeitgeber aber lieber nicht mit dem aufwendigen und langwierigen Prozedere auseinandersetzen.
Asylbewerber leben bei uns außerdem nicht in Saus und Braus. Sie bekommen eine Unterkunft gestellt und für Strom, Kleidung, Essen etc. erhalten sie etwas mehr als 300 Euro monatlich. Sie haben damit weniger als Hartz-IV-Empfänger, obwohl das Arbeitslosengeld II vom Gesetzgeber als absolutes Existenzminimum angesehen wird! Die Erklärung hierfür lautet ganz einfach, dass diejenigen, die nur vorübergehend in Deutschland leben, einen geringeren Lebensstandard haben als dauerhaft Ansässige.
Besonders bescheuert finde ich nun, wenn pöbelnde junge Männer sich darüber aufregen, dass Asylanten von "unseren" Steuergeldern leben. Dann denke ich mir, die haben doch selbst vermutlich noch nie Steuern bezahlt. Von diesen Steuern werden zudem noch Unsummen an Geldern für das Polizeiaufgebot ausgegeben, das man für die Demonstrationen gegen den Islam (von vielleicht 5 % in Deutschland?) und gegen die Flüchtlinge (von vielleicht 0,3 % in Dresden?) benötigt.

Schlimm genug, dass sich solche rechtsradikalen Spinner dafür begeistern, das ist ja noch relativ normal. Bedenklich finde ich aber, dass meinetwegen der Opa, der den Krieg noch miterlebte, sich von solchen Märchen überzeugen lässt oder dass die konservative Hausmutter, die um ihre Kinder besorgt ist, die Parolen zur drohenden Islamisierung für bare Münze nimmt. Das ist wohl auch das Problem bei solchen Büchern wie "Deutschland schafft sich ab" von Thilo Sarrazin, das vor längerem für Diskussionen sorgte und worüber ich schon mal einen Blogeintrag schrieb. Menschen mit rassistischen Tendenzen fühlen sich bestätigt und wissen letzten Endes gar nicht, worum es geht oder was sie da unterstützen, sondern spinnen sich nur irgendeinen Müll zusammen, der in einigen Fällen sogar das Gegenteil vom eigentlichen Programm bedeutet, das sie vertreten (falls es stimmen sollte, dass PEGIDA die Asylpolitik verändern möchte, denn die ist tatsächlich stellenweise überholungsbedürftig, wie ich oben schon andeutete.) Eigentlich geht es doch um völlig unterschiedliche Themen, aber in der Meinungsbildung wirkt es, als würden Asylbewerber mit Islamisierung einhergehen.

Die Frage, die mich beschäftigt: Wo verstecken die sich denn alle, diese islamisierende Flut? Mal ehrlich, der Anteil in Dresden ist verschwindend gering. So wenige Moslems wie hier sehe ist sonst selten. In Berlin, in Dortmund, in Köln, da bin ich durch Viertel gelaufen, von denen man das vielleicht im Ansatz hätte behaupten können (wobei die Leute dort alle sehr nett und hilfsbereit waren, irgendwie gar nicht so gefährlich, wie immer alle behaupten, und Deutsch konnte die auch noch). Doch wovor hat man in Dresden bitte Angst?
Rückbesinnung auf das christliche Abendland? Daran stimmen schon mal zwei Sachen nicht: Erstens ist es allgemein bekannt, dass die neuen Bundesländer größtenteils als konfessionsloser bzw. religionsloser Osten bezeichnet werden. Gewachsen durch den historischen Hintergrund (Wittenberg, Luther, Prag, das Schisma der Kirche etc.) und später noch verstärkt durch die antireligiöse Meinungsbildung in der DDR, ist das Christentum hier nicht gerade populär; über die Hälfte der Leute sind nicht getauft oder glauben nicht dran, wenn sie es sind; viele sind Atheisten und den Rest kümmert's nicht. Inwiefern sollen gerade wir uns also auf unsere christlichen Wurzeln besinnen? Zweitens, obwohl ich da nicht so bewandert bin, meine ich mich zu erinnern, dass es bei diesen christlichen Wurzeln so eine Sache gab, die nannte sich "Nächstenliebe". Letztes Jahr wurden die tollen Montagsdemonstrationen der PEGIDA gerade kurz vor Weihnachten aus der Wiege gehoben, obwohl man allerorts durch traditionelle Lieder an diese christlichen Werte hätte erinnert werden müssen. Wahrscheinlich habe ich die anders in Erinnerung. Als Maria und Joseph durch die Kälte wanderten und niemand ihnen eine Unterkunft bot, haben sie sich offenbar geschworen, es den ganzen Gemeinlingen gleichzutun und aller Welt die Tür zu versperren. Von wegen, macht hoch das Tor, pah! Da kämen nicht einmal die heiligen drei Könige herein. Einer von denen hätte sich sowieso erst weiß anstreichen müssen.
Inwiefern vertragen sich überhaupt der Fremdenhass und die mal wieder ausgegrabenen Hitlerparolen mit der neuen Devise? Sollten wir nicht lieber zurück zu den arischen Wurzeln, den heidnischen Göttern? War das Christentum den Nazis nicht zu verweichlicht? Ach, und das Heilige Römische Reich gab es ja auch noch, was nicht einer gewissen Ironie entbehrt, wenn man bedenkt, dass im Rom der Antike Christen so gern den Löwen zum Fraß vorgeworfen wurden.

Es gibt noch weit mehr Dinge, die man dazu anmerken kann, die ich allerdings teils schon in anderen Weblogs zum Thema gelesen und daher nicht nochmal aufgewärmt habe. Ich weiß, so ein Eintrag ist nur ein Kampf gegen Windmühlen (oder nicht einmal das) und bloß meiner Frustration zu verschulden, dass ich nicht den Mut aufbringe, in der Bahn vor lautstarken jungen Männern aufzustehen und ihnen die Meinung zu geigen oder andere wildfremde Leute, deren Unterhaltungen ich unwillkürlich mitbekomme, von ihren falschen Annahmen abzubringen. Vielleicht würde es ja etwas bewirken. Oder man kriegt nur eine in die Fresse.